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G ABL CHRISTIAN SCBMEDT^B
JAHRBtCHER
^ DER
IN- UND AUSLÄNDISCHEN
R E D I G I R T
VON
Dr. HERMANN EBERHARD RICHTER,
Professor der Medieio sa Bresdeo,
und
Dr. ADOLF WINTER
tu Leipüg.
JAHRilfANO 1852.
nnmiM MJNn simHmimrxiasTmn BAim»
IdBBPSBICJ, 18S2« Digitizedby Google
DRÜCK UND VERLAG VON OTTO WIGAND.
CATALOÖUEe>^
E.H.B. ,
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«<T
MHIIÜCHII
! 'Sr.i^ 21
4«r
1» P;
in- und aiisläii<Usch4äi ^esammten Medieln.
M 1.
Bd. 73.
1852.
A. ADSZOSi
\. Medfcinisehe Physik, Chettil« imd ßoüuiik.
1. StlpeterUire ein contttnter Betttnd-
tMl 4er aiBO«pkir. LtTt md ihr rerkäUnüs
»um 9soj|; vorgetragen in der Gei. ierA erste afU
fFttn em 19. Mai 1851, Toft Dr. Xoh. Pfdr.
Heller. Berickt der MUr Frufkng vm K*i Angur^
hen medergeeetsßten CammüHon. (Wien. Zuehr.
yu. 9. 185t.)
SchoB XU Anfang des Jahres balle H. seine Eni-
jteckimg Ten dem constanten Vorkommen der Salpe-
tersSiire in der alm. Luft, sowohl der Akad. der Wiss.
n Wien » als dem Direcloriam der dortigen Gesell-
schaft-der Aerste angeseigi. In ?erliegendem Auf-
salae Uieili er die unlerdeas gemachten weitem Erfah-
nugen mit, wobei er Yorausscbickt, dass man bisher
nur die BntstehaDg ^er Salpetersäure bei wiederhol*
lem Durohleiten elehtr. Funken in eingeschlossener
almospliar. Luft genau gekannt, 6ay-Lussae aber
angegeben habe, daaa luweilen nach heftigen Gewit*
lem in der Luft Spuren ven Salpetersaure, erzengt
durch die unmittelbare Einwirkung des Blilses, gefun*
den werden. H« abereeugte sich, dass es nicht allein
das Ozon ist , was das Jodkaliumstarkeptpier blaut,
sondern dass, diess, sowohl in der alm. Luft als
auch bei der lünsllichen Bitdung des Oxon, Yon der
gleichzeitigMI Entstehung von Salpetersäure herrOhrt.
Zu seinen Versuchen bediente sich H. des reinen
weisaen Piharpapiers, von welchem ^/^ Bogen in eine
gesättigte Losung von kohlens. Kali oder Natron ge-
taucht und von 2 Std. bis zu 3 Tagen (gew. 12Std.)
in der freien Luft (in der Stadt aowehl, als auf dem
KaUenberg« bei Wien) aufgelangt wurde. Das Pa**-
^r ward naeh dem angegebenen Zeiträume in deatilL
Waner unter Erhitzen ausgewaschen u. ausgedraekt»
die Lauge eoncentrirt and auf Salpeleraure geprüft.
«•4. Jahrbk. Bd. TS. MA. 1.
Schon neeh 2 Std. war dieaelbe mehrmals naehmwei-
stU und in ganz freier Luft sohien sie in grgsierer
Menge vorhanden lu sein, als in der Stadllaft. Zur
Ntehweisang in der Lange dieulen feigende Mittel.
1) Ferdum$Un (Krystalle von Salpetef, benonden
deutHch bei Anwendung des kohlens. Nalr.). 2) Zi»-
selaen von ooncenir. Losung des reinen sehwefele.
Eisenozydnl im Uebersehues und dann ^oneentrirtdr
welaaer Schwefelsaure; bei Gegenwart von Salpdtcm.
entsteht in der Schicht, we sieh die Sdlweliilslire
und die andere Plassigkeit berftlire»« eine meHt «kr
weniger rothbraune Fflrbmig« 8> Eiu Mit alkoholi^
aeher TiMtur des Oni^ae befeudktetea Screifblies Fit-
terpapieri Dasselbe ward in einer Glasröhre eiilge«-
schlossen, welche einen SM^sdl durcfaMirte, der die
Mündung eines kleinen Kolbens versehloss , in deüi
die zu prttfende Lauge mit Sebwefela. erhitzt Wurde;
selbst sehr kleine Mengen von Salpeters. bewirkMi
blaue ftrhung dte Papiers* 4) Erhitzen der eone.
Lauge oder der Kryatalle mit KnpferspMett u% Sehwe^
Idaaiire , wo bei Gegenwart von Salpetera. di» gdb»
bmuneii Duapfe der salpetrigen Säm^e entweieften^
Nach H.'s bisherigen Versuchen fehlt die Salpe*
tersaure nie in der Luft, ist an kalten Tagen, und
wenn es lange nicht geregnet hat, in grosserer Menge
vorhanden« und tAre Mniiiekung ist gnn» rnnkkän-
gig ven GewU$em. Ebenso fand er m jedem Bäge^
karne und jedem JRegenwasset Salpet^rsllire, und
in Folge der Absorption derselbin enthalt die Lnft
mach legen oder Gewiuer weniger Salpeten. als 9or
denselben; einmal jedoelt neigte sie dineo gnoaneft
Gehalt dave«, (riiacttoB es %^J^ iwrnr
gn!«gMi iMtte. Sigitizedby Google
Hinsichtlich des Verfaaltniss der ntmospL Säfye^
1
I. Medicinisdie Physik, Chemie u. Botanik.
iersäure zvm Ozon bemerkt Vf. zunächst , dass bei
Ozonisirung der Luft durch Phosphor , stets in dem
Wasser , das man in den Ballon giebt , neben Phos-
phors. Salpeters, gebildet wird. Ja auch in dem
Wasser, in welchem Phosphor aufbewahrl wurde,
will er Salpeters, gefunden haben. Durch diese
Thatsache wird aber die Salpeterbildung in den Sal-
peterplantagen einfach durch Aoziehung der almosph.
Salpetersaure von Seiten des Alkali im Schutte er-
klXrlich • und man braucht nicht anzunehmen , dass
der Stickstoff durch die starke Base, daa Kalium,
disponirt werde, sich mit dem Säuerst, zu Salpeters.
zu verbinden. Ebenso ist dieselbe nach Vf. für die
Mynold^ iea Thier- nnd Pflanzenlebent von grOss-
tar Wichtigkeit, besonders für die Lehre von den
Epidemien und Miasmen , und durfte das Zusammen-
fallen von katarrhal, und entztindl. Epidemien mit der
periodisch starkern S c h ö n b e i n'schen Ozonreaction,
mehr einer grössern Menge von Salpeters, als von
Ozon in der Luft zuzuschreiben sein.
Bei der Discussion flber IL's Vortrag bemerkte
lunflchst Dr. Schneider, dass wenigstens die aus
den Versuchen gezogenen Folgerungen Zweifel erre-
gen mttsslen. Denn die vielaeüig, namentlich von
Bunsen, seit mehrern Jahren angettellten eudio-
metrischen Versuche haben ein stets gleich bleibendes
VerhSltntss zwischen Stickstoff und Sauerstoff in der
atmosph. Luft nachgewiesen. Wenn aber Salpeters.
ein constanter Bestandtheil der atmosph. Luft wäre,
jo mttaste, da sie bekanntlich leicht, ja schon durch
das Sonnenlicht zersetzt wird, die Menge des Säuerst,
wechselnd sein. Ueberdieas würde sieh die Salpe-
ters, mit dem in der atmosph. Luft vorhandenen Am-
moniak verbinden und nur der Ueberschuss frei blei-
ben, was Heller allerdüigB zugab» indem er das
NichtftttIBnden des kleinen Ueberschnsses bei eudio-
metr. Uotersncbungen auf Rechnung des bei densel-
ben nnvermeidlichen Verinetea brachte. Nach Prof.
Rafgsky beweisen H.*s Versuehe nur, dass sich in
den Papierstreifen Salpeter bilde, keineswegs aber,
dass freie Salpeters, in der Luft vorhanden sei ; ebenso
wenig beweise die BlAuung des Jodstärkepapiers , da
sie durch Chlor , O^on und andere Substanzen eben-
falls erfolge. Er sowohl als Dr. S. wiesen darauf
hin, dass die Bildung der Salpeters, in den Salpeter-
plantagen nur bei dem Vorhandensein starker Basen,
bes. ammoniakhaltiger faulender organ. Substanzen
erfolge.
Die von der Geeellsch. der Aerzte zv Prüfung
von H.*s Angaben niedergesetzte Commiaston bestand
aus den Dr. Pleischl, Ragsky u. Schneider,
denen sich die Dr.Herzfelder und Striech frei-
willig anschlössen. Prof. Heller ward als Gast zu
den Untersuchungen derselben hinzugezogen, jeder
Versuch in einer Sitzung zu Ende gebracht , und die
Reinheit der Reagentien stets auf das SorgflUltigate
zuvor geprüft.
Aus dem kurzen historischen UeberbUcke des
vor Heller über den fragl. Gegenstand Bekannten
geht hervor , dass ein Vorkommen von Salpeters, im
Begenwasser schon von Mehrern hier und da bebb-
achtet wurde. Schon Boussingault glaubte, dass
durch die beständigen elektr. EntlaM^en ein gros-
ser Theil der Salpetersäure des sApffftjgebildet
werde , der in trop. Ländern auf der Erd^rfläche
gefunden wird, konnte sie aber in dem Wasser meh-
rerer südamerik. StrOme, so wie in den heissen Quel-
len der Cordilleren nicht nachweisen. Ueberhaupt
ist diess in Betreff des Flusswassers nur von der Mol-
dau durch Pleischl geschehen, und von den zahl-
reichen Min.-Wässern, die in keinem mergelhaltigen
Boden entspringen, enthält nnr das Saidschutzer
nach Berzelius und St ein mann Spuren von
Salpetersäure. Ebenso enthalten die Brunnen auf
dem Lande nach Berzelius, Pleiachl, Lie-
b i g keineswegs die Salpeters. Salze, die sich in den-
selben in Städten vorfinden. Endlich wird noch an-
geführt, dass Schönbein selbst (Möm. sur l'ozone
Bäle 1849; Ann d. Ghem. und Pharm. LXX1I. 222)
angegeben hat, dass die Entstehung von Ozon in der
atmosph. Luft stets von Salpeters.-Bildung begleitet
werde.
Zur Prüfung der atmosph. Luft auf Salpetersäure
wurde vermittels eines Aspirators von 12Wien. Maass
Inhalt' die Luft aus dem Garten des geolog. - ehem.
Reichsinstituls 16 T. hindurch (Juni und Juli 1851)
ununterbrochen durch 2 Kugelapparate geleitet. In
dem erstem befanden sich 3 horizontale Kugeln mit
concentr. Eisenvilriollösung, der wenig Schwefels,
zugesetzt war, gefüllt; der 2., dem Aspirator nähere
Apparat enthielt SodalOsung. Jeden 2. oder 3. Tag
wurde der Inhalt der Apparate auf Salpetersäure ge-
prüft, aber stets vergeblich. Im Ganzen
strömten 1128 Maass Luft durch den Aspirator, und
da Salpetersäure bei 25,000facher Verdünnung noch
nachweisbar ist, so hätte sie aufgefunden werden
müssen. Ebenso wenig Hess sich dieselbe an Ammo-
niak gebunden nachweisen, obschon letzteres ver-
mittels eines ziemlich gleich grossen Aspirators imd
eines mit Sublimatlösung gefüllten Kugelapparates
schon am 2. Tage sieher nachgewiesen werden
konnte.
Hach Helleres Angabe behandelte, 4 Tage hin-
durch der Luft ausgesetzt gewesene Papierslreifen
gaben mit Eisenvitriollösung und Schwefelsäure aller-
dings die beschriebene braune Färbung. Dieselbe
erschien aber in gleicher Stärke, wenn ein Theil der
filtrirten, voltkommen klaren Lauge mit Schwefels.
allein versetzt wurde, rührte also von organischeti
Substanzen her. Ebenso wenig liess sich Salpeters,
nachweisen, als man zu der concentr. Lauge, die
man aus einem V^ Q Ellen grossen neuen BaumWol-
lentuche , das mit Lösung von kohlens. Kali getränkt
und je 3 und 6 Tage der Luft an einem geschoizten
Orte ausgesetzt worden war, erhielt, in einem Kölb-
chen , das durch eine Gasentbindungsröbre mit einer
Eisenvitriollösung in Verbindung stand, Schwefelsäure
I. MedieiDische Physik, Chemie u. Botanik.
setite und dann erhitzte. Aueh mit IndigiOsung und
KupferspSoen ward keine Salpetersäure entdeckt , u.
auf die erwähnte Reaolion mit fiuajaktinctur legt H.
lach der Ansicht der Gommission fülscblich besondern
Werth , da dieselbe Veränderung durch Luft u. Lieht
ebenfalls Erzeugt und durch einen Ueberschuss des
Keactionsmittels wieder aufgehoben wird.
Wie H. Salpeterkrystalle erhalten konnte vermag
die Commtssion bei ihren rein negativen Resultaten
DatUrlich nicht zu erklären ; eine Prüfung des Regen-
* Wassers auf Salpetersäure erschien nach dem oben
Angeführten unnOthig. Die Behauptung endlich, dass
! aus dem erhaltenen negativen Resultate noch nicht
folge, dass auch in der kaltem Jahreszeit keine Sal-
petersSure in der Luft enthalten sei, konnte nur dann
gelten, wenn nachgewiesen würde, dass die einstim-
mige Angabe der Naturforscher, dass die Salpeter-
siturebilduiig besonders durch die heisse Jahreszeit
begünstigt wird, irrig sei.
Die Commfssion stellt daher als Ergebniss ihrer
Fersnche auf; Ammoniak ist ein leicht nachweis-
barer Bestandtheil der atmosphär, Luß, aber in
28,000,000 Th. der Atmosph. Hess sich weder
freie, noch gebundene Salpetersäure entdecken.
(Winter.)
2. Weitere Tersncbe zur Analyse des Blu-
tes; von Dr.. H. Zimmermann zu Hamm. (Pr.
Ver.-Ztg. 37. 1851.)
Unter diesem Titel giebt Vf. eine Fortsetzung der
begonnenen Mittheilung einer „genauem Methode der
BluUnalyse (Jahrbb. LXXL 147). Br will nun 1)
ihre wirkh'che Eiactheit prüfen, und 2) untersuchen,
mit welchem Concentrationsgrade der Lösung vonsal-
petersaurem Baryt man die relativ richtigsten Resul-
tate erzielen kDune.
indem Z. diesmal das Stattfinden end - und exos-
Botiscber Strömungen zwischen den Blutzelien und
(ier Salzlösung von vorn herein einfach zugiebt, fragt
cti 1) wie viel den Blutkörperchen an Wasser und
Sahen durch den salpetersauren Baryt entzogen wer-
dei. Den Wasserverlust erkennt und bestimmt er
Meli folgendem Raisonnement. Entspricht die feste
Substanz des Serums der des Plasma überhaupt (Se-
nm a. Fibrin), so ist kein Wasser aus den Blutkör-
perchen in die InterceUularflflssigkeit übergegangen ;
ist die erstere Zahl grösser, so hat das Plasma Was-
ser ao die Blutkörperchen abgegeben ; ist sie gerin-
ger, so hat dasselbe Wasser vielleicht Ei weiss mit
aufgenommen. Um zu erfahren , ob die BlutkOrper-
eiien Salze verloren haben, soll man Serum u. Plasma
farauf untersuchen.
Es entsteht nun 2) die Cardinalfrage , wie man
fa Menge des salpetersauren Baryts bestimmt, wel-
die die Blulkörperchen aufgenommen haben, um
^raos das eorrigirende Moment für die Analyse zu
gewinnen. Vf. findet im Faserstoff, welcher sich
ziemlich genau bestimmen lasse , das Rettungsmittel.
Derselbe findet sich nur im Plasma, nicht in den
Blutkörperchen. Im Cruor nun des durch den sal-
petersauren Baryt flüssig erhaltenen Bltites kann nicht
mehr serofibrinöse Flüssigkeit enthalten sein, als dem
Faserstoffgehalte des Gruor entspricht. Kennt man
den Faserstoffgehalt des Cruor und weiss man , wie-
viel in einer bestimmten Menge serofibrinöser Flüs-
sigkeit enthalten ist , so lasst sich leicht berechnen,
wie viel von ihr im Gruor vorhanden ist. Betrüge
nun die mit dem Faserstoffe gefundene Menge sero-
fibrinöser Flüssigkeit weniger, als die mit dem salpe-
tersauren Baryt erhaltene, so sei klar, dass die Blut-
körperchen vom salpetersauren Baryt etwas aufge-
nommen haben. Man finde so die betreffende Menge
und corrigire darnach das Resultat für die Wasser-
menge in 1000 Blutkörperchen, ebenso wie das für
die Plasma- und Körperchenmenge in 1000 Blut.
Es folgt nun die Analyse des Blutes von einem
Erysipelkranken. 20 Grmm. salpetersauren Barytes,
in 500 Grmm. destillirten Wassers gelöst, werden
mit 2774 Grmm. Blut gemischt u. s. w. Im Ver-
laufe der Analyse ergiebt sich , dass im vorliegenden
Falle 4^8 Grmm. salpetersaurer Baryt mit 124 Grmm.
Wasser, obiger Berechnungsmethode zufolge, in die
Blutzelien aufgenommen worden sind.
Die Hauptresultate gestalten sich so:
1000 Grmni. Blutes ballen mit Eioscbluss des Salpeters.
Baryts, aber ohne BerücksichligaDg desselben :
■77A DI««.«. ) ^»47 Faserst,
770 Plasma J 59;98 Senim-Rücksl.
230 Blutkörperchen 118,55 feste Subst.
Nach BerecbDuog mit dem Faserstoffe :
533,0 Pias». I 35;j3%^:rkad.U.
467,0 filulkörperchen 138,80 ROckstand.
Nach Berechnung der SaJzquaolität, welche die Zellen
aufgenommen haben :
»78,0 Plasma | »'*' ^"'"'- . .^
' / 43,63 Serum-Ruck»t.
422,0 Blutkörperchen 135,00 Ruckstand.
Uebrigens fand Z. in 1000 Blut 0,361 Eisen, 4,33 Chlor-
natrium , in 1000 Korperchen 3,15 Chlornatrium oder 1,90
Chlor.
Vf. bekennt , weit entfernt zu sein , die Zahlen
der angeführten Analyse für absolut richtig zu halten,
glaubt indess, dass sie sich der Wirklichkeit aufs
Aeusserste nahern.
Als passendste Mischungsverhältnisse empfiehlt
Z. 10 Grmm. Salpeters. Baryt auf 300 Grmm. destill.
Wassers zu nehmen und dazu jjj — jjj Blut fliessen
zu lassen ; eine gleiche Menge Blut aber der Gerin-
nung zu aberlassen , um Serum u. Faserstoff bestim-
men zu können. ^ j
^ , Digitizedby VjOOQIC
Ref. unterlMsst es, auf Einzelheiten fiochmals nä-
her einzugehen, indem er sich den a. a. 0. der Jahrbb.
von Dr. 0 Funke gemachten Bemerkungen vollkom-
6
L Mtdicinuiohe PhyMk, Chemie «. ftitaoik«
meo anscbliesst. Jedenfalls darf die ausführlichere
Zusammenstellung» welche Vf. von seinen Bluianaly-
sen m gebev verspricht — „um endlich einewisse«-
»ehaf^lich verwerthbare Methode der Blutanalyse zu
schaffen'* — , mit um so grösserer Spannung erwar-
tet werden, als der Schlus^hemerkiing des Vfs. Nie-
mand »eine Zustimmung versugen wird, dass nSmlich
die bisherigen Blutanalysen nicht viel werth waren«
(ühle.)
3. neber einen constanten, mit dem Casein
fbereinstimmenden Bestandtheil des Blutes;
von P. Fan um, Arzt am Almindaly-Huspilal zu Go-
penhagen. (V/s u. R/s Arch. III. 2. u. IV. 1.)
In dem Serum des Blutes von einem an Epiglottis
Erkrankten sah^ P. durch Zusatz von Aq. dest. eine
nilchige TrObung entstehen. Da der Rr. zugleich,
wenn auch vorahergehend , an Albuminurie litt, so
kam P. auf den Gedanken , es sei dieser Körper dem
Molekularfibrin bei Morb. Brighlii analog. Doch spä-
tere Versuche lehrten Folgendes.
Dnrch Verdünnung des Serum mit Aq. dest. so-
wohl (I Tbl. Serum auf 4 — 10 Aq.), als durch Hin-
einleiten von Kohlensäure (Hineinblasen), als dnrch
Zusatz von Acid. acet. dil. (1 A auf 100 Aq.) genau
bis zur Neutralisation, wird in dem Serum jedes Blu-
tes (es ward Blut von Gesunden und Kranken, so wie
von frisch geschlachteten Ochsen, Kalbern, Schafen
genommeb) ein weisser Körper prXcipitirt, welcher
sich sehr leicht in Sauren , Alkalien und verschiede-
nen Salzen (NaO PO5, MgO SO3, H4 Gl, Na Gl,
Ca Gl , Ba Gl) wieder auflöst , und aus dieser Lösung
durch gelbes Blutlaugensalz und Neutralisation der
Ssure oder des Alkali aufs Nene niedergeschlagen
wird.
Das Sediment war unter dem Mikroskope amorph,
und zeigte getrocknet nur dann eine bräunliche Fär-
bung, wenn dem Serum Blutkörperchen beigemischt
waren, sonst stets eine grttne, welche nicht durch
Alkohol, Aether und Wasser aufgenommen wird ; im-
mer war die Substanz klebrig , fast wie Terpentinöl.
Es ist dieser Körper in dem Alkali und den Salzen
des Serum als gelöst zu betrachten , und wird durch
Neutralisation des erstem und durch Verdünnung der
letztern ausgefällt; den Umstand, dass diess nicht
geschieht, wenn man fissigsUure dem nicht verdünnten
Serum zusetzt, erklärt Vf. daraus, dass die jetzt vom
Alkali getrennte Substanz sogleich von den Salzen
gelöst werde.
In Betracht dessen, dass nach Abscheidung die-
ses Stoffes noch ebenso viel Albumin als früher im
Serum enthalten war, und dass die Abscheidung des-
selben trotz des vorhandenen Albumin nur bis zu ei-
nem gewissen Punkte geht, wird Vf. zu dem Schlüsse
geleitet, dass es kein Transmutationsstoff des Albumin
sei; die Unterschiede von Fibrin und Proteinbioxyd
sind ganz entschieden ; also bleibt nur die Wahl zwi-
schen Natronalbuminat und Gasein. Vf. entscheidet
sieh für das Letztere gegenüber den'Anmchlen Lnb-
mann*s (Phys. Gben. 2. Aufl. 1. Bd.), welcher dnn
einzigen Beweis für Gaaein in der Geagulirbarkeit
durch Lab setzt« was hier aber nie gekingen sei. Vf.
giebt folgende Unterschiede »wiseben den betreffenden
Stoff und Natronalbuminat an. ^
1) Dieses ist im Ueberscbuss der Essigssm^
schwer löslich.
2) Im balbtrocknenZitstande ist es elastisch, nicht
klebrig, wie der fragliche Stoff.
3) Nalronalbuminat gerinnt in Flocken, die be-
wusste Substanz in leichter Trübung, die sich lang-
sam zu Boden setzt.
4) Albumin ist immer schmutzig bräunlich » un-
sere Materie grün.
Vf. perhorrescirt die Ansicht Lehmann*s, es
müssten alle Reactionen auf Gasein hindeutend seitt,
ehe man diesen Stoff dafür halten könne; während
weder der Beweis geliefert sei, dass es Albumin, noch
dass es nicht identisch mit dem Gasein der Milch sei.
— Vor der Hand könne kein stricter Beweis geliefert
werden.
Wfbhtig ist der Stoff, weil er durch Agentieii
coagulirt wird , die sehr leicht im Körper vorkommen
können.
Folgende Fragen stellt Vf. noch auf: 1) Wel-
che Rolle spielt dieser Körper bei dem physiologischen
und patholog. Zellbildungsf rocesse f 2) Wie verhält
sich seine Menge vor, während, nach der Sängung?
3) Wie weit hat er Aehnlichkeit mit der molekula-
ren Materie in patholog. Producten ? — Eine gute
Methode ihn quantitativ zu bestimmen ist noch su
finden.
Ohne ein Resultat daraus ziehen tn wollen, giebt
Vf. die von ihm gefundenen Mengen an.
Bei 3 Männern 4 — 7 p. nille getrocknet
- 8 Weibern 5,5 — 12,5 - -
- Ammen 6,5 — 7,1 - -
Die grössten dieser Zahlen fand er so kurz nach
der Geburt , dass die Milchsecretion noch nicht ein-
getreten war.
Denselben Körper findet man erwähnt von Lie-
big als „Albuminsedimenl"; von Zimmermann
als Molekularfibrin, doch haben Beide ihre nur ober-
flächlichen Beobachtungen fallen lassen«
(Walther.)
4. Die uorgtnUchen Bettandtheile des
Blutes nnd Fleisches ; von Dr. g. s t ö i s e k (Ana.
der Ghem. u. Pharm. Bd. 77.)
CO,
SiO,
SO,
PO,
FeiOg
I. Oektenbl. II. Oehsenß.
DigitizS^GoO^fe
5,66 94,36
tO,S8 0,98
I. M^diciiiisdM Physit, Chemie «. ft<yCanik*
I. Müeitkl U. Oehtfmß.
Ca6
Cl(
NM
NaO
Ausserdem Kohle und etwas Saod.
Bas haapU. Ergebniss ist» dass im Muskelfleisch
(fergliehen mit dem Blute) die AVi&salze reichlich
anstatt der ganz fehlenden iVisfroft-Verbin düngen vor-
kommen, und dass in demselben die phosphors. und
1,66
1,76
1,0J
3,31
31,06
Cl 4,86
Ra 6,36
20,13
«,4i
fehlt
7,62
66,94
kohlens. ¥erbind«ngen an Menge ssu-, die sehwefel-
snuren aber und das Eisen «^genommen haben.
(fi. E. Richter.)
5. Gdialt des Aomalen Hanui tn Fhoiplior-
861116 ; von Dr. D. B r e e d aus New-York. (Daseiest.
Bd. 78.)
B. prüfte den Harn nach der von L i e b i g ange-
gebenen Methode mittels einer genau bestimmten Ei-
senckloridlilsung, von welcher 1 Cubikcentineter 10
Mgrmm. Phosphorsäure ausfällte. Wir stellen aeiae
Resultate in folgenden Tabellen zusammen.
I. Bioaen 34 Std. wurde überhaupt entleert :
A. von verschiedenen Personen
darebsclMitthch
B. von einem Menschen der viel
Wasser trank
G. ton einem Mensehen der t0»>
iU§ WmB9er trank
I-
1-
1610 C.-Gtmtr. Harn mit 3,782 Gnnm. Pkosphorsinre
*W» „ „ „ 2,317 „ „
2086 „ „ „ 4,228 „ „
1060 „ „ „ 2,027 „
988 ,, ,, jy 4,105 ,, ,,
1000 „ „ „ 4,062 „
II. Die Unterschiede der Tag- und Nachtzeit, des Nüchtern - und Gesattigtseins anlangend, so fanden sich in 1000 Gabik*
centimeter Harn:
Nach d. Schlafe.
A. bei verschiedenen Personen
dnrcbsehn. 2,284
B. bei einem der viel Wasser trank 1,735
C. bei einem d. wenig Wasser trank 8,500
£s geht hieraus hervor, dass die Ausscheidung
der PhosphorsSure aber Tag , und insbesondere nach
der Mahlzeit bedeutend zunimmt, und dass sie bei
reichlichem Wassertrinken absolut zunimmt, jedoch
ein solcher Urin relativ weniger Phosphate enthalt,
als der coocentrirtere eines Durstenden.
(H. E. Richter))
6. Oaber die AissokeiAiuig ¥«ii Harnstof
iBdl 4eB SctWOiSS) von Or. E. Schottin in
Leipzig. (Arch. f. phya. Heitk. X. 3. 1851.)
Früher schon erwartete man , dass der HarnstoCT
Wi rtichlicherem Vorhandensein desselben im Blute
ui bei gleichzeitiger stTIrkerer Aussonderung von
Sehwetts in letzterem wiederzufinden sein wUrde.
^cAoitin nun beobachtete im Jakobshospitale 4
nie von mehrtägiger Harnretention (3 in der Cho-
kra ond t bei Mania puerperalis) , wo er kurz vor
^em Toc/e die obere flalfte des Körpers mit weissen
Irfsiailchen bedeckt fand. Die Krystalle hatten keine
ONistanle Form und zerflossen mit dem Erkalten der
Uicben. Seil, wusch dieselben mit Aq. dest. ab,
teipfle die neutral reagirende Fldssigkeit ein und
«Welt aos dem Spirituosen Exiracte in dem ersten
<%er Fülle ^weisse seidengtainzende Nadeln, nebst
Migedrflckten 4seitigen SSulchen von lamellenarti-
f» Bildung. €r stellte sodann in allen Fallen das
Vtersaure und oialsaure Salz von Harnstoff mit
^ flpetrObnlidien Formen und Erscheimiof^ dar,
^jedoch die WinkM der KrysUlle ^on oralerem
*i»aefi.
Ueber Tag. Vor Tisch. Nach Tiach.
2,763 2,239 3,745 Grmm. Phosphors.
2,130 1,743 2,820 „ ,,
3,97» 3,244 4,541 „
Die Gegenwart von kohlensaurem Ammoniak,
Zucker, Harnsflure (Hammernjk) war in keinem
Falle zu erweisen. (ü h 1 e.)
7. Ueber das Torkommen des Zuckers im
thierischen Organismus; von Dr. Baumert,
prakt. Arzte in Breslau. (C.*s Wchschr. 41. 1S51.)
Baumert versucht , eine annäkemd quoMÜta^
tive Bestimmimg vom Zuckergekaiie der Ltker in
toto zu geben. Er zerkleinerte zu dem Zwecke 2
frische, 6 Pfd. schwere Schdpslebern , presste das
Serum ab und erwärmte dasselbe, um Eiweiss und
Blutfarbstoff abzuscheiden. Er leitete nun Gshrun|
ein und erhielt nach Vollendung derselben aus dem
mit Aetzkalk versetzten Destillate des Serum 3^3
Scrup. Alkohol von 0,892 spec. Gewicht. — Bei 4
Fleischfressern (2 Fochsen, 1 Hund, 1 Katze) war
nach mehrwöchentlicher ausschliesslicher Fleisch-
nahrung der Zuckergehalt der Leber aus den physi-
kalischen Eigenschaften des Alkohols noch zu erken-
nen. Im Blute der Vena portae war der Zucker nur
in einem dieser Falle durch die Trommer'sciie
Probe nachzuweisen.
Es folgen noch Versuche Über das Erscheinen
des Zuckers im Harn nach zuckerhaläger Nahrung
und nach I^jeeU^nen von Zuckeriösungen. Bei
fortgesetzter zuekerhalliger Nahrung Hess sich bei
Kaninchen kein Zucker im Harne nachweisen, der
Harn blieb alkalisch. Injectionen — im Ganzen bei
20 Kaninchen angestellt — von 1 Grmm. Mileh-
oder Rohnnoker, in 1 Grmm. Aq. dest. gelöst, g^
8
L MediciBiiche Physik, Chemie a« BoHnik;
ben einen oft nach 24 Sld. noch zuckerhaltigen Harn»
der meist alkalisch war und blieb , seltener nach d^r
2. und 3. Entleerung sauer wurde ; wurde Trauben-
zucker verwendet, so zeigte der Harn nach 12 Std.
keine Reaction mehr auf Zucker, und war stets
alkalisch.
Aus dem Blute war in 2 Fällen 1 Std. nach der
Operation der Milchzucker krystallisirt zu erhalten.
Vf. empfiehlt schlasslich zu künftigen genauem
Unlersuchungen grössere Thiere. (U h I e.)
8. neber die Entstehnng der Amnios-Flfts-
Sigkeit; von Prof. J. S c h e r e r. (Verhandl. d. pbys.-
med. Gesell, in Wttrzburg. II. 1—5. 1851.)
Vf. theilt zunächst die Resultate einer von ihm
neuerdings angestellten Analyse der Amnios- Flüssig-
keit des Menschen vom 3. Moo. der Schwangerschaft
mit. Die Flüssigkeit hatte eine lichtbräunliche Farbe
und setzte einen geringen flpckigen Niederschlag ab.
Auf Zusatz von starkem Weingeist bildete sich ein
reichliches flockiges Coagulum. Die abfiltrirte Flüs-
sigkeit gab beim Eindampfen einen sehr hygroskopi-
schen Rückstand, worin keine Spur von Harnstoff,
aber Ammoniak, Natron u. Salzsäure, dagegen keine
Schwefelsäure und keine Phosphorsäuret und Milch-
säure nicht entschieden nachzuweisen war, dessen
Asche aber sehr alkalisch reagirte und mit Salzsäure
stark aufbrauste. Vom Coagulum löste sich bei der
Digestion mit Aq. dest. eine geringe Menge; das
Filtrat zeigte die Reaclionen eines dem Schleimstoff
und Pyin verwandten Körpers. Essigsäure und Sal-
petersäure nämlich gaben eine im Ueberschusse der-
selben unlösliche Gerinnung, Salzsäure eine Trübung,
welche im Ueberschusse der Säure verschwand , und
in dieser satesauren Lösung bewirkte Ferrocyanka-
lium keine Trübung.
Die quantitativen Verhältnisse ergeben sich aus
folgender Zusammenstellung mit früheren Analysen
von Scherer. Es enthalten 1000 Theile der vom
flockigen Sedimente abgegossenen Flüssigkeit des
Liq. amnios:
vom 3. Mo-
nate.
Wasser ....
Feste Stoffe . .
Albnmiii mit Sparen
von Schleimstoff
Extractivstoffe
Salze ....
983,47
16,53
7,28
9,25
vom 5. Mo-
nate.
vom aasge-
tragenen
Kinde.
975,84
24,16
7,67
7,24
9,25
991,474
8,526
0,82
0,60
7,06
Daran knüpfen sieb Verhandlungen über den Dr-
sprnng und die Funeüoa der Amnios-Flttssigkeit. Es
fragt sich, ob dieselbe ein Secretionsproduct des
Fötus, oder aus den mütterlichen Gefässen durch die
Eihäute transsudirt sei ; im erstem Falle kommt noch
dia ausscheidende Organ , im letztem die Nährfilhig-*
keit des Transsudats \n Frage. Diese Nährf^higkeit
des Fruchtwassers dürfte schon an sich zu bezweifeln
sein (Scherer, BiscbofQ wegen des zu gerin-
gen Gehaltes an nährenden ßestandtheilen (0,7%
Alb.), wegen Mangels an phosphorsauren Alkalien,
wegen des vorwiegenden Gehaltes an Se- und Ex-
cretionsproducten. ^
Entstände das Amnioswasser durch Transsudalion, |
so sollte, nach Seh., zwischen den einzelnen Ei- ,
häuten , wenigstens in den frühern Perioden , immer
etwas Wasser zu finden sein. I
Obgleich nun das Hautsystem erst im 7. Mon. I
vollständig entwickelt ist, und die absolute Menge '
(wie der Gehalt an festen ßestandtheilen des früher
mehr klaren, später getrübten) Fötalwassers mit dem
Wachsthume des Eies und Embryos bis zur Mitte des
Fruchtlebens zu- (^ jj) und später (bis zu ^ j) ab-
nimmt, so spricht sich doch Seh. für die Annahme
einer Abscheidung desselben durch die Haut des Fö-
tus aus. Zum Belege führt er an , dass die Vern.
cas., abgesehen vom Fette, eine ähnliche Zusam-
mensetzung habe (Epithelien, Eiweiss, EitractiV-
stoffe , Ghlornatrium , essigsaure Salze) , dass in der
Haut des Fötus Schwann Pyin, in der der Erwach-
senen E i c h h 0 1 1 z Schleimstoff nachgewiesen habe ;
dass das Kreatinin, die Essigsäure, Milchsäure auch
Bestandtheile des Muskelsaftes, wahrscheinlich Pro
ducte des Stoffumsatzes seien ; dass durch den Na-
belstrang, nebst den NahrungsstofTen so viel Wasser
zugeführt werde, dass dasselbe noch einen andern
Rückweg brauche, als den durch die rückführenden
Gefässe des Nabelstranges (Denis), und dass beim
Fötus in RUcksiciit auf die starke Gef^ssentwicklung
an der Körperoberfläche und den Mangel des ausge-
bildeten Epitheliums alle Bedingungen zu einer wäa-
serigen Ausscheidung durch die Haut gegeben seien ;
auch liege endlich nichts Auffallendes in der Absonde-
rung einer eiweisshaltigen Flüssigkeit auf der noch
unentwickelten Haut, da ja auch die Nieren zu selber
Zeit Eiweiss neben wenig Harn- und Hippursäure
secernirten.
Virchow hält den Liq. amn. für ein zusam-
mengesetztes Product, und zwar gehöre der fötale
Theil theils der Vern. cas. an — eine besondere
fötale Hautdrttsentransspiration sei unwahrscheinlich —
theils dem Nierensecrete , worauf die Gleichheit der
Bestandtheile und die bestimmte Erfahrung hinwei-
sen , dass bei Hemmung der Harnentleerung durch
Anstauung des Harnes jedesmal in den fötalen Harn-
wegen Krankheiten entstehen. Ein Theil sei aber
entschieden mütterliches Transsudat, das bewiesen
die Hydropsien des Amn. »wobei der Fötus nie hy-
dropisch, eher atrophisch sei. In Bezug auf letz-
tern Punkt weist S c a n z o n i bestätigend auf die oft
so schnell vor sich gehende Vergrösserung des Bau-
ches der Mutter hin.
Auch Kölliker erkennt an, dass in diesen pa-
thologischen Fällen , so wie im ersten Stadium des
Fruchtlebens, vor der Bildung fötaler Gettssey die
II. Anatomie u. Physiologie.
9
auptsächliche Quelle des Wassers die Gewisse der
loUer seien. Der F0tus sei aber später nicht ganz
iinbeüieiligt y denn so got wie dann auf der gefass-
reichen Haut die Talgdrüsen secernirten , mUssten es
auch die Schweissdrttsen und Nieren thun ; obwohl
üe Vorstellung von constantem Uarngehalt des föta-
len Mediums nicht sehr zusage. (ü h 1 e.)
9. Bau und Znsammensetzimg der Corpora
Ui|laC6a dos Henacheil; von Prof. Virchow.
; (Duelbst.)
Ad einen Vortrag von Schenk über die Structur
ud Entwicklung der StXrkekürner des PQanzenreichs,
worio dieser nach eigenen Beobachtungen die Seh lei-
de n'sche Ansicht der exogenen Bildung derselben in
den meisten Punkten bestätigt, knüpft Virchow
onige Bemerkungen über in Bau und Entwicklung
ähnliche Gebilde des thierischen Körpers.
A\s dergleichen aus concen irischen Schichten,
nach dem Principe der Anlagerung von innen nach
aussen, gebildete KOrper führt er, der Analogie der
Structur folgend , zunächst die Gorpuscula amylacea
des Hirns und Rückenmarks an , deren Entwicklung
allerdings noch ganz im Dunkeln liegt; dann die
Amyloidkörper anderer Stellen (welche, wenn grösser,
früher schon von V. als concenlrisch- sphärische Ge-
rinnsel beschrieben); ferner die kleinern concentri-
schen Kolloidkörper in der Niere (Kohlrausch)
und an der Serosa der weiblichen Geschlechtsorgane.
Auch bei den Prostata- Concretionen lagert sich, nach
V., anfangs eine eigenthümliche Proteinsubstanz halb-
weich mit dem Samen farbstoff in concentrischen
Schichten, oft um mehrere Niederschlags-Hittelpunkte,
zusammen; in dem Ausftthrungsgange des Pankreas
hat V. 2mal ganz ähnliche halbweiche Coocremente
gefunden. Ferner gehören hierher die Venensteine,
die reiskornfOrmigen Körper der Sehnenscheiden und
Schleimbeutel, die Körper des Hirnsandes, endlich
die aus den Secretflüssigkeiten sich absetzenden Gal-
len- und Harnsteine. Bei Weitem seltner kommt
nach V. die Entwicklung solcher concentrisch gebil-
deter Körper durch Zellenwachsthnm und endogene
Zellenvorgänge zu Stande. (U h 1 e.)
IL Anatomie und Physiologie«
.10. Deber EntwicUnng der Snbstanz nnd
des fiewebes der Knochen; von Dr. Charles
Bobio. (Gas. de Paris. 19. 20. 23. 1851.)
Die £fltwicklungsgeschichte der Knochen, die
Osteogenese, umfasst 4 Abschnitte: 1) die Bildungs-
weise des anatomischen Bestandtheils der Knochen,
der EnochetuubsUmx, Diese besteht bekanntlich aus
eioer homogenen, amorphen Masse, welche von klei-
len Uöhlangen mit verzweigten Kanälchen durchsäet
1 isL Diese Höhlungen werden als Knochenzellen,
Ksochenkörperchen , Osteoblasten bezeichnet. — 2)
Die Art und Weise, wie aus der Knochensubstanz
mit fliDzulritt der Geßisse sieh das Knochengewebe
i>iiiet; dasselbe bietet hauplsächlich zwei Formen
^t das spoogiöse und das compacte. — 3) Die
I ^AAuigsweise des ganzen Skelets, des ffnochensy-
' *^f»s, wobei man den ganzen Organismus ins Auge
n /»sen hat ; — und 4) die Bildungsweise der
TAeüe des Knochens, des Körpers und der Epiphy-
leo bei den langen , oder der Gelenkflächen bei den
i^nneo Knochen.
Vf. hat sich nur die beiden ersten Abschnitte
vm Gegenstand seiner Untersuchungen gewählt.
I. Bildung vnd Entwicklung der Knochensub-
ff(oix. Zum Verständniss des Folgenden ist es noth-
*€Bdig, zuvor einige Thatsachen zu kennen, auf
faien die ganze Beschreibung der Erscheinungen
fceruht.
1) Die anatomischen Elemente, welche man
Ulen nennt, sind kleine polyedrische Körper, die
li0d.jarbb. Bd. 78. Hft. 1.
im Allgemeinen Kerne mit oder ohne Kernkörperchen
haben. Sie zeigen aber keineswegs alle , wie wohl
ihr Name vermuthen lassen sollte , eine Zellenwand
und eine Höhlung mit einem Inhalte. Der Name ist
nur von den Pflanzen, wo sich alles Dreies findet,
auf das Thierreich übertragen worden, hier aber sind
die Zellen gewöhnlich aus einer im Centrum , wie in
der Peripherie gleich dichten Masse und einem Kerne
gebildet. Bei fast allen Wirbellhieren giebt es nur
während der eigentlichen Embryonalperiode , in wel-
cher das neue Wesen nur aus Zellen gebildet ist,
Zellen , in denen Wand und Inhalt geschieden sind.
Beim Fötus und dem Erwachsenen , wo sich ausser-
dem auch andere Elemente, wie Fasern, Bohren
u. s. w. finden , haben die Zellen keinen von der
Wand getrennten Inhalt mehr, beides ist dann gleich
dicht. Nur in gewissen DrQsenzellen bleiben Zellen-
inhalt und Zellenwand geschieden.
2) Es giebt drei unter einander zusammenhän-
gende Beihen von Thatsachen, welche die ganzen
Erscheinungen bei der Bildung der anatomischen Ele-
mente umfassen. — a) als Zellentheorie bezeichnet
man die allgemeine Thatsache, dass alle organischen
Wesen aus Zellen entstehen. Alle , die aus dem Ei-
zustande sich entwickelt haben, sind anfangs ganz
aus den Zellen gebild^, welche durch den Furchungs-
process des Dotters entstanden sind, und aus welchen
sich dann die andern anatomischen Elemente hervor-
bilden, sowohl die, welche aus sogenannten modifi-
cirten Zellen bestehen, als auch die, welche die Ge-
stalt der Fasern, Bohren u. s. w. angenommen haben.
Diese Zellen sind die embryonalen oder transitorischen
2
10
H. Anatonni« ü, Phfiiologit.
i
Zellen, an deren Stelle dann dfe definrtivett oder blei-
benden Elemenle treten. — b) Theorie der Ztllen-
metamorphose nennt man die Thatsache, dass alle
anatomischen Elemente der Pflanzen und alle Ele-
mente der thierischen „Producte" aus embryonalen
Zellen entstehen, durch Umwandlung derselben in
ihrer Form, GrOsse, Gonsistenz u. s« w. — c) Theo-
rie der Substitution nennt man die Thatsache , dass
bei den Thieren alle Elemente der „constituirenden*'
Gewebe sich dadurch bilden , dass diese Elemente an
die Stelle der verschwindenden embryonalen oder
transitorischen Zellen treten. Dieser Bildungsprocess
ist nur den Thieren und nur den Elementen ihrer
constituirenden Gewebe eigen.
3) Auch die Structur der Knorpel zu kennen ist
endlich durchaus nothwendig. Sowohl die, welche
verknöchern , als auch die permanenten und Gelenk-
knorpel bestehen aus einer homogenen, elastischen,
durchscheinenden Grundsubstanz , in welcher kleine
Hohlräume sich befinden: die Knorpelhohlen. In
jedem dieser Hohlräume liegen eine oder mehrere
Zellen, die Knorpelzellen, Bei 4 — 5monatlichen
Embryonen finden sich statt der Zeilen in den Hohl-
räumen Häufchen kleiner, gelblicher Granulationen,
welche Vf. Knorpelkörperchen nennen möchte.
Die Bildung der Knochensubstanz geschieht auf
dreierlei Weise , von denen aber nur zwei wesent-
lich sind, die dritte zeigt sich nur in sehr beschränk-
ter Ausdehnung. — 1) Die Knochensubstanz ist
vorgebildet als Knorpel, sie entwickelt sich in der
Masse desselben, und tritt an seine Stelle, indem er
verschwindet. Das ist die Kpochenbildung durch
Substitution. Alle Knochen des Rumpfes und die der
Schadelbasis entwickeln sich auf diese Weise. -^
2) Die Knochensubstanz bildet sich, indem erdige
Salze in ein homogenes Knorpelgewebe, sofort als
dieses selbst entstanden i^t, abgelagert werden. Hier
ist der Knochen nicht, wie im ersten Falle, eine Zeit
hindurch in seiner Totalität knorplig präformirl. Das
nennt Vf. die' Knochenbildung durch vorschreitendes
Wachsthum (formation par envaliissement). Diese
Bildungsweise findet Statt bei der Mehrzahl der Kno-
chen der Schädelwölbung und des Gesichts, u. beim
Wachsthum der tlbrigen Knochen , welche als Knor-
pel präexistirten. So wie sich hier ein kleiner Punkt
des Knorpelgewebes gebildet hat , erscheint auch so-
gleich die erdige Substanz in ihm, u. in dem Maasse,
als das knorpelgewebe, in den Raum, den es ein-
nehmen soll, hineinwächst, wird es auch durch Ab-
lagerung von Kalksalzen in Knochen umgewandelt.
Dieses knorplige Gewebe stimmt nicht ganz mit dem
eigentlichen Knorpel fiberein ; es besteht zwar auch
aus einer homogenen Grundsubstanz und eingestreu-
ten Hohlräumen, aber die erstere hat eine etwas
gelblichere Farbe, und die letztem sind um die
Hälfte kleiner, als die Hohlräume der andern Knor-
pel (0,01 — 0,02 Millim.); auch sind sie während
des Föluslebens, und selbst noch einige Monate tiaeh-
her, leer, und erst dann erscheinen darin Häufchen
von Granulationen, wie in den Knorpeln 4-^5nio-
natlicher Fötus. Trotz dieser Unterschiede kann man
doch nicht annehmen, dass die Schädelknochen nicht
vorher als Knorpel sich bildeten, und Vf. kann KöK
1 i k e r nicht beistimmen , wenn derselbe sagt , dass
der Knochenbildung beim Wachsthum der Knochen
eiti weiches Blastem ohne Hohlräume vorhergehe,
welches vom Periost abgesondert werde.
a) Knochenbildung durch Substitution. Findet
man einen Knorpel, in welchem sich noch kein eigent-
licher Ossificationspunkt gebildet hat, sondern im
Mittelpunkte nur eine etwas weniger durchsichtige
Stelle vorhanden ist, so erkennt man, dass eine kör-
nige und undurchsichtige Ablagerung in der Grund-
Bubstani des Knorpels entstanden ist, welche durch
Salzsäure als aus phosphorsaurem und kohlensaurem
Kalk bestehend nachgewiesen werden kann. Sie er- ;
scheint einige Tage früher, als die Blutgefässe. Diese
Ablagerung breitet sich allmälig gegen die Oberfläche
und gegen die Enden des Knochens streifig aus, ohne
anfangs den Knorpel ganz undurchsichtig zu machen.
Die Granulationen haben dunkle Bänder u. eine helle,
gelbliche Mitte. Da die Ablagerung gleichmässig sich
ausbreitet, so erreicht sie in den langen und platten
Knochen das Perichondrium der Diaphyse und der
Flächen eher, als die Enden oder die Ränder. Nach
und nach verschwindet das Granulirte der Ablagerung,
sie wird homogener und lässt die Structur genauer
erkennen. Die Bildung der Knochencapillaren geht
der Ablagerung der Kalksalze nie voraus, sondern
folgt ihr erst nach.
Die Osteoblasten entstehen gleichzeitig mit der
erwähnten Ablagerung. In dem Maasse, als letztere
vorschreitet, scheinen sich die Hohlräume des Knor-
pels zu verengen , die in ihnen vorhandenen Granu-
lationen oder Zellen atrophiren und verschwinden
bald ganz , und ihre Ränder werden unregelmässiger
und dunkler. Sie haben dann einen Durchmesser
von 0,018 — 0,025 Millim. Bald darauf erscheinen
an den Umrissen der neugebildeten Osteoblasten kleine,
schwärzliche Einschnitte, einfach oder gabiig getheilt,
es sind die Anfänge der Ramificationen des Osteo-
blasten. Diese verlängern und verzweigen sich mehr
und mehr, theils durch fortschreitende Verengerung
des Osteoblasten, theils durch Resorption der Knochen-
Substanz am Ende des Kanälchens. Durch lelzlern
Vorgang treten sie endlich in Communication mit ein-
ander. Diese Osteoblasten enthalten keine Spur von
Kalksalzen und der Name der KalklLörpercheu und
Kalkkanälchen ist daher nicht statthaft.
b) Knochenbildung durch vorsehreitendes fFachs^
thum (par envahissement). Die erste Ablagerung hat
Vf. nicht beobachten können, doch geschieht sie
wahrscheinlich wie bei der ersten Bildungsweise. Au
dem zum Tlieil schon gebildeten Knochen sieht man
über den Rand hinaus eine körnige Ablagerung, wel-^
che in dem knorpligen Gewebe zwischen dessen klei_
neu Hohltffumen vorschreitet, u. spffter etwas durcH-^
scheinender und homogener Wird. Aus jedem der
IL Ap«U)««B ü» Physiologie.
11
kleiiMi Hohlrluine geht ein Osteoblast hervor, selten
biUen sich zwei daraus » oder verschwinden ganz,
iiden die Ablagerung der Kalksalze in dieselben hin-
eiiiriagU Spiter erscheinen auch die Einschnitte
u deo Rindern der Osteoblasten und entwickeln sich
10 den ramiäcirten Kanalchen. Es geschieht somit
Mwohl die Bildung der Knochensubstanz, als auch
die der Osteoblasten in ganz übereinstimmender Weist
hier, wie bei der ersten Art.
Besondere Erwähnung verdient es noch, dass
min in neugebiideten Knochen oft einzelne Osteobla-
sten fiodel, welche beträchtlich kleiner sind , als die
übrigen, wihrend bei altern Knochen kein Unter-
schied in der GrOsse derselben bemerkt wird. Wahr-
scheinlich vergrOssern sich die Osteoblasten durdi
Reflorption.
Es ist hier auch der Ort der dritten Bildungs-
weise von Knochensubstanz zu gedenken. Sie ge-
schieht ohne ein priexistirendes Knorpelgewebe oder
Biaslem. Vf. bat sie nur an gewissen Stellen der
Sebidelkoochea beobachtet« Die Knochen des SchH-
deldacbes entstehen, wie schon oben bemerkt wurde,
iidem sich Kaiksalze streifenweise in den erst gebil-
deten ond Ter ihnen herwachsenden Knorpel abla-
gern. Diese Streifen, von Y^ — 8/4 Millim. Breit«
gehen stnldig von einem Mittelpunkte aus, verbinden
flidi onter einander durch Queraste und bilden so das
schwammige Gewebe der Schadelknochen , welche
lidi dann durch weiter entstehende Knochonsubstanz
TerrollstSndigen. Diese strahligen Streifen nun zei-
geo zwar an ihrem Ende das vorgebildete Knorpelge-
webe, ebenso auch an ihrer UrsprungssteJle, und da,
wo Oeffnungen fUr Gelasse in der Knochenplatte blei-
beo sollen, aber den Seitenrändern der Streifen fehlt
dis Knorpelgewebe ganzlich , und doch bildet sich
nch hier Knochenmasse mit Osteoblasten. Letztere
treten hier in der Knoehensubstanz zuerst als kleine,
leichte Grftbchen auf, welche sich bei weiterem
Wichsthume vertiefen und durch Verengerung ab-
ickliessen. Bei dieser Bil^ungsform, die, wie gesagt,
in nnr sehr beschrankter Ausdehnung sich findet , ist
es xwv mttgiich , dass ein Blastem der Knocliensub-
*t>Dx forausgehe , doch ist diess nicht nachge-
wieseo.
Zuletzt ist noch die Bildung der Knoehensubstanz
in Callas zu untersuchen. Sie geschieht in dersel-
ben Weise, wie bei der durch Substitution. P^acb
feschefaener Fractur ist die Umgebung der Bruchstelle
■il Blut infiltrirt. Zwischen Periost und Knpchep
bildet sich ein gelbliches, flüssiges Exsudat, das (nach
Über t 's Beobachtungen bei Hunden u. Kaninchen)
Ken den 4. Tag hin knorplige Consislenz annimmt.
b teigt eine faserige Grundsubstanz und darin kleine
liUraume mit KnorpelkOgelchen. Nach und nach
*iid das JKnorpelgewebe immer deutlicher , und ge-
pi deo 7. Tag l^ngt es schon an zu verku^hern u.
(<6ise zu entwickeln. Die Knoehensubstanz ver-
^^ sich dann mehr und mehr , und eine mikro-
i^pisehe Qntemuchung zeigt die BÄldung der .k0;-ni-
gen Ablagerung und der Osteoblasten, wie frUbßr
angegeben wurde.
II. Bildung und Entwicklung des ffnochenge^
webes. Es ist hierbei zunächst die Verbindung der
Knoehensubstanz mit den Gef^ssen , d. i. die Bildung
des Knochengewebes im Allgemeinen zu betrachten,
und dann noch die Bildung des spongiOsen Knochen-
gewebes einerseits, des compacten andrerseits.
a) Bildung des Knochengewebes im Allgemei-
nen, Wenn in dem Kochenknorpel die Ossification
beginnt , so sind , wie bemerkt , noch keine GefUsse
in demselben vorhanden, er ernährt sich nur aus den
Gelassen des Perichondriums und der umgebenden
Gewebe. Die erste Bildung der Gapillaren scheint
nach des Vfs. Beobachtung in die 10. — 11. Woche
des Fotuslebens zu fallen , nachdem die Knoehensub-
stanz sich in den langen Knochen schon i — 2 Wo-
chen früher angefangen hat zu bilden. In den Kno-
chen , welche spater verknöchern , wie z. B. dem
Garpus, dem Tarsus, den Phalangen, erscheinen die
Gefässe auch später, als die Knoehensubstanz. Bei
den langen Knochen schien dem Vf. die Geßissbildung
dann zu beginnen, wenn die VerknOcherung des
Knorpels bis an das Perichondrium vorgeschritten
war; bei den kurzen Knochen hat er keine Beobach-
tung hierüber gemacht.
Der erste Eintritt der Gefässe in die Knoehen-
substanz ist noch nicht beobachtet worden , doch
Llsst die Analogie vermuthen, dass der Kanal beginnt,
indem der durch vorschreitendes Wachsthum sich
vergrOssernde Knochen an der Bertfhrungss teile eines
Gef^sses der Knochenhaut keine knorplige Schicht
bildet, und dass er durch allmalige, progressive Re-
sorption der Knoehensubstanz sich tiefer und tiefer
aushöhle. Jedenfalls geschieht aber die Bildung der
Röhrchen nicht durch Communication der Hohlräume
des Knorpels unter einander, noch durch Auflösung
und Resorption von unverknOchert gebliebener Knor-
pelsubstanz. Letsteres könnte hi^chstens bei der
Callusbildung geschehen , wo die Verknöoberung von
meörern Punkten ausgeht.
Gegen die Mitte des Fötuslebens überschreiten
die Röhrchen die Grenze der neu entstandenen Kno-
ehensubstanz, indem ihre Bildung rascher geschieht,
als die Verknöcherung, und dringen in den noch un-
verknöcherten Knorpel ein. Hier bilden sie die Knor-
pelröhrchen, welche jedenfalls auch durch Resorption
der Knorpelsubstanz entstehen. Wahrscheinlich gehen
auch gleichzeitig einige Ve^iInde^^ngen in der die
Kanälchen umgebenden Substanz vor sich, denn die
Hohlräume des Knorpels sind hier enger und in der
RiuhUing 4es Kanals verlängert. Diese Röhreben und
die eingeschlossenen GefiUse gehen unter rechtem
Winkel von der VerknOoberungagrenze ab, in die
KAorpelmaase hinein, verzweigen sieh dann und ana-
stomosiren unter einander und später auch mit den
Gelassen des Perichondriums. In der Nähe der Ge-
le^kQilchep steht ihre Bildung still. Ihr Durchmesser
12
II. Anatomie u. Physiologie.
beträgt 0,08 — 0,30 Millim. Ihr blindes Ende ist
oft etwas erweitert. Sie enthalten 1 — 2 grossere
Gefässe» oder mehrere Gapillaren , mit allen Hauten,
selbst der zellgewebigen Adventitia. K 0 1 1 i k e r hat
auch die Muskelhaut in den Arterien nachgewiesen.
Zwischen Gel^ss- und Knorpelsubstanz finden sich
Markzellen und freie Markkerne (cf. Robin, tableaux
d'anatomie) , sie bilden das , was K 0 1 1 i k e r Knor-
pelmark nennt.
In den Knochen des Schadelgewölbes und des
Gesichts, welche sich durch vorschreitendes Wachs-
thum (par envahisseraent) bilden , ist das Knorpel-
gewebe niemals eigentlich vaskulös. Da dieses Ge-
webe in strahligen Fortsätzen vorwärts wachst, wel-
che dann wieder durch quere Aeste sich verbinden,
so entsteht bei ihrer VerknOcherung ein maschiges
Gewebe, in welchem Zellgewebe mit Gelassen übrig
bleibt. Diese Maschen verengern sich später, je mehr
der Knochen sein netzartiges Aussehen verliert, und
den Charakter einer mehr oder weniger dichten , ge-
fksshaltigen Platte annimmt.
b) Eigenthümlichkeiten der Bildung des spon-
giösen Gewebes, So wie die Gefässe sich in dem
Knochen gebildet haben, beginnt auch die Resorption
desselben , so dass nach und nach Gange und Höh-
lungen in der ursprünglich compacten Knochensub-
stanz entstehen , welche unter einander communici-
ren, Mark und Gelasse enthalten, u. durch Knochen-
plaitchen und Trabekeln von einander getrennt sind.
Der Raum in den langen Knochen, welcher später
von der Markhöhle eingenommen wird, hat auch eine
Zeit lang die spongiöse Struclur, bis durch fort-
schreitende Resorption die Knochensubstanz ganz aus
demselben verschwindet.
Die Knochen der Schädeldecke sind gleich bei
ihrem Entstehen spongiös ; hier findet daher ein sol-
cher Resorptionsprocess nicht Statt.
c) Eigenthümlichkeiten der Bildung des com--
paßten Gewehes. Die Aufsaugung der Knochensub-
stanz, durch welche das schwammige Gewebe ent-
steht, dringt niemals bis zur Oberfläche des Knochens.
Es bleibt immer eine Schicht compacter Substanz von
Vs — Va Million- Dicke. Das Wachsthum des Kno-
chens im Dickendurchmesser strebt zwar, diese com-
pacte Schicht zu verstärken, doch folgt ihr die Re-
sorption von der innern Seite her immer in demselben
Maasse. Dei der Knochenentzündung wird die com-
pacte Masse auch oft gelockert durch Erweiterung
der Gef^sse und der Knochenkanäle.
In den Schadelknochen geschieht die Bildung der
compacten Schichten, indem die stralilig vorwärts
wachsenden Knochenmassen immer dichter quere
Anastomosen zu den benachbarten Streifen schicken,
welche verknöchernd , die Maschen immer mehr ver-
engern, so dass schlttsslich nur schmale Kanälchen
für die Gef^sse übrig bleiben.
Zuletzt sind hier noch die concentrischen Schich-
ten von Knochensubstans zu erwähnen , welche die
Kanälchen umgeben, lieber ihre 'Entstehung lässt
sich nichts Bestimmtes sagen. Die an der Oberfläche
des Knochens scheinen von der Verknöcherung des
beim Wachsthum sich schichten weise bildenden Knor-
pelgewebes herzurühren. Die concentrischen Schich-
ten, welche die Kanälchen umgeben, werden vielleicht
durch ein Wachsthum der die Kanalchen umgebenden
Knochensubstanz nach innen erzeugt, da diese Ka-
nälchen bei jungen Subjecten verbal tnissmässig sehr
weit sind, und sich später verengen. K Olli k er
glaubt, dass durch die Gefässe in den Kanälchen ein
homogenes Blastem ausgeschwitzt werde, welches
verknöchere, R. dagegen ist der Meinung, dass die
Verknöcherung von der Knochenwand des Kanals her
durch eine hier stattfindende Ausschwitzung geschehe,
allerdings also auch aus den Gef^ssen , alier indirect
herkomme.
Entwicklung des Knochenmarks. Die Elemente
desselben (cf. Robin, M^m. de la Soc. de Biol.
1849) sind 1) amorphe Bindesubstanz mit Moleku-
larkörnchen, 2) Markzellen und freie Kerne, 3) Pla-
ques mit mehrfachen Kernen, 4) Fetlbläscben und
5) Gefässe. Eine Markhaut giebt es bekanntlich nicht,
es findet sich kein anderes Zellgewebe in der Mark-
höhle, als das, welches die Tunica advenlitia der Ge-
fässe bildet.
Das Knochenmark kann je nach dem Ueberwiegen
des einen oder des andern Elements, drei verschie-
dene Formen zeigen , die jedoch in einander überge-
hen. Das fötale Knochenmark findet sich beim Fö-
tus und bei Kindern bis zum 4. oder 5. J. , es bleibt
bisweilen in den schwammigen Knochen auch bei den
Erwachsenen,* und wird charakterisirt durch seine
rothe Farbe und das Ueberwiegen der GeHlsse, der
Markzellen und der kernhaltigen Plaques ; die Fett-
bläschen fehlen bis zur Geburt sogar ganz. Im gela-
tinösen Mark herrscht die amorphe Biodesubstanz
vor, und das fettige Mark ist durch seine Gonsistenz,
seine Fettfarbe und die überwiegende Menge der Fett-
bläschen ausgezeichnet. Letzlere Form findet sich
nur bei Erwachsenen , nachdem das Mark vorher die
zweite Form gehabt hat. Durch Entzündung nimmt
das Mark ebenfalls die gelatinöse Form , und bei län-
gerer Dauer sogar bisweilen die fötale Form an.
So wie die Resorption der Knochensubstanz beim
Fötus beginnt, entwickeln sich auch die Markzellen
und freie Kerne, dann die vielkernigen Plaques und
die amorphe, oft fast flüssige Bindesubstanz. Zur
Zeit der Geburt kommen im Marke der langen Kno-
chen und noch später auch in den schwammigen, die
Fettbläschen hinzu. So wie dieselben sich vermeh-
ren und das Ueberge wicht über die andern Elemente
bekommen, geht das Mark allmälig in die fettige Form
über. So lange sie aber gering an Zahl bleiben, und
auch die Markzellen und Plaques sich nicht vermeh-
ren , sondern nur die Bindesubstanz zunimmt , ent-
steht das gelatinöse Mark. (Reinhard.)
II. Anatomie n« Physiologie.
13
11. Zv Lekre tob den pathologischeil Ter-
koMerUgen; ▼on Prof. Meyer Id ZOrich. (H. u.
Pf/s Ztsehr. N. F. T. i. 1851.)
1) Ferknöcherung de^ Muskel- und Sehnenfaser,
— Ein 40jähr. Mann hatte ?or 10 Jahren ohne nachweis-
Ikbe Ursache beinahe plötzlich seinen Fnss durch Gangrän
Tcrioren, indem dieser ihm unter heftigen Schmerzen inner-
halb 3 Std. erkaltete und brandig wurde. Nach Abstossong
des Brandigen wurde noch der Astragalus , welcher zurückge-
blieben, entfernt. Da die Hautwunde sich nie schloss , son-
dern stets eiterte , wurde die Amputation des Unterschenkels
vorgenommen. — Die Uotersuchong des amputirten Theiles
ergab Folgendes. In den Arterien wurden nur einige kleine
^erkreidnngen der Wandung gefunden. Die zugänglichen
Nerven, der N. peronaeus superficialis und N« tibialis, zeig-
ten sich in ihrem ganzen Verlaufe sehr verdickt. Diese Ver-
dickung fand jedoch nur in einer Vermehrung des Neurilem-
Zellgewebes ihren Grund , denn die Nervenfasern selbst waren
grösstenibeils schmal und graulich , ein Zeichen der Rück-
bildung. — Von den Muskeln waren die MM. gastrocnemii,
solens , tibialis posticos und fleior hallucis longus im höch-
sten Grade geschwunden u. unbedeutend an Masse u. Hessen
kanm die Structur eines Muskels erkennen , indem sie bleich
waren und nur an wenigen Stelleo noch eine Andeutung von
iaserigem Bau zeigten. Das Mikroskop wies viele Zellgewebs-
fasem und leere Muskelschlaucbe als Bestandtheile derselben
nach. — die andern Muskeln (MM. flexor. digit. comm.
long. , peronaeus long. , peronaeus brev. , tibialis ant. , ex-
tensor hallucis long., extensor digit. comm. long.) waren we-
niger geschwunden, als die vorhergenannten, dabei von Farbe
weissgelb , oft mit Annäherung an das Orangefarbene , und
aosserordentlich fest anzufühlen. Ihre Sehnen hatten zwar
voo aussen beinahe das gewöhnliche Ansehen , waren aber
sebr bart und unbiegsam. Muskeln und Sehnen waren dabei
io ihrer Gestalt durchaus nicht verändert, und namentlich
zeigten erstere deutlich den charakteristischen faserigen Bau.
Bei Verletzungen durch Einschneiden oder Brechen zersplit-
terten Muskelsubstanz sowohl als Sehnensubstanz in dünne,
harte Stäbchen , ähnlich wie Asbest. — Die mikroskopische
Untersuchung solcher Trümmer der Muskelsubstanz zeigte
kleine Säulen von 0,015 — 0,03'" Durchm. , welche bei
durchfallendem Lichte schwarz, bei auffallendem Lichte da-
gegen glänzend -weiss erschienen; sie waren dem Ansehen
nach aus aggregirten Körnchen gebildet , doch waren sie auch
oh ganz oder stellenweise homogen durchsichtig. Es konnte
keJD Zweifel sein , dass diese Säulenstücke Trümmer von ver-
knöcherten Muskelfasern seien , indem sie durch Zusatz von
Salzsäure unter Luftentvricklung meist wieder das Ansehen
der qoergestreificn Muskelfasern erhielten^ ohne dabei an
Ihirekmesser abzunehmen» Auch konnte man an solchen
Moskelhsem , welche noch nicht vollständig verknöchert wa-
ren , die Ablagerung vereinzelter Kalkkrümel im Innern der
Nnskelfaser deotl ich sehen. — In gleicher Weise zeigte auch
die (Jatersuchang der Trümmer von Sehnensubstanz , dass
^eit aus vollständig verknöcherten fibrösen Fasern bestand,
zwischen welchen keinerlei Ablagerung sich vorfand. Fibril-
len von 0,0015'" Durchm. konnten noch durch ihre Weisse
bei anffalleodem Lichte und durch ihr Verhalten zu Salzsäure
als verknöchert erkannt werden. Im Allgemeinen zeigten die
Trümmer der Sehnensubstanz ganz den faserigen Bau der Seh-
nen nnd ihre einzelnen Fibrillen waren für das Ansehen ent-
weder homogen oder feinkörnig, wie aus einer Reihe von
lömchen zusammengesetzt. Bei Zusatz von Salzsäure stellte
neb das bekannte Ansehen gesunder Sehnensubstanz vollstän-
dig her, und zwar ebenfalls ohne Veränderung des Durch-
laeasers der Stücke.
2) Ferknöcherung der äussern Haut. — Bei einem
•Iten Weibe, welches bedeutende syphilit. Narben in der
Scheide und an den Schädel knochen hatte, fend Vf. ein sehr
■Bbagreiches Geschwür mit vmchernden Granulationen auf
^ Fossrücken und der äussern vordem Fläche des Unter-
Kheokels. Auf dem Boden des Geschwürs war der unterKte
Theil der Tibia und Fibula angefressen und die benachbarten
Theile beider Knochen mit flachen Osteophyten bedeckt. In
der Haut, welche die Muskeln zwischen beiden Knochen bedeckte,
jedoch näher der Tibia, lagen 6 harte Täfelchen von verschie-
dener Grösse, das kleinste hatte 7 Mmtr. Länge und 7 Mmtr.
Breite, das grösste 25 Mmtr. Länge und 9 Mmtr. Breite ; die
grösste Dicke betrug bei keinem derselben über 1 — iVs
Mmtr. — Die mikroskopische Untersuchung zeigte, dass
diese Täfelchen aus wirklicher Knockensubstanz bestanden,
indem in derselben zahlreiche Knochenkörperchen sichtbar
waren, sehr ähnlich denen in dem Cämente der Pferdezähne;
sie waren nämlich rundlich und hatten kurze Strahlen, welche
br^it anfingen und sehr spitz endeten. Dass diese Täfelchen
nicht getrennte Stücke eines Ostophytes der Tibia waren, ging
aus ihrer Lagerung hervor; sie lagen nämlich theilweise zwar
auf der Crista tibiae, theilweise aber auch auf der Muskulatur
neben der Tibia. Nachdem sie mit der Haut weggenommen
waren , lag die Muskelfascie des Unterschenkels vollkommen
unversehrt da und liess sich leicht auf den Muskeln sowohl,
als auf dem Periost der Crista und der innern Fläche der Ti-
bia verschieben. In der Haut selbst waren die Täfelchen in
der Fascia superficialis eingebettet und lagen zum Theil mit
freien Oberflächen in dem Panniculus adiposus; an 2 der
Täfelchen war der Panniculus adiposus verschwunden und die
Täfelchen waren ebenso fest mit dem Corium als mit der
Fascia superficialis verbunden.
Dass diese Knochenbildung in der Fascia super-
ficialis in derselben Weise zu Stande gekommen sei,
wie vereinzelte Knochenkerne in fibrOsen Gebilden
überhaupt entstehen und Knochenoberflachen sich in
fibröse Gebilde hinein vergrössern, nämlich durch
vorhergehende Ablagerung von Knorpelzellen , dafür
sprechen nach Vf. folgende Umstände : a) weist die
Anwesenheit der charakteristischen Knochenkörper-
chen darauf hin , dass hier Zellen verknöchert sind ;
b) waren in den ausgebuchleten Rändern die Zellen-
umrisse noch zu erkennen und c) fanden sich io den
mit den Rändern der Täfelchen in Continuität siehen-
den Theilen der Fascia superficialis vereinzelte Kno-
chenzellen. UnverknOcherle Knorpelzellen konnte
jedoch Vf. an den Rändern nicht mit Bestimmtheit
erkennen. >,
3) Die SchUfffiächen an den Gelenkenden der
Knochen, Die Entstehung der Schlifffiächen auf den
Gelenkflächen beruht nach Vf. auf der VerknOcberung
des Gelenkknorpels. Die Art aber , wie der Gelenk-
knorpel verknöchert , ist eine doppelle , und danach
giebt es auch zweierlei in ihrem Wesen verschiedene
Arten der Schliffflächen. Es kann nämlich der Ge-
lenkknorpel verknöchern ohne weitere Veränderun-
gen , als diejenige der Impiägnirung mit Kalksalzen,
oder er kann vor seiner Verknöcherung ein Wachs-
thum erfahren.
Die 1. Form, die allmälige Verknöcherung des
Gelenkknorpels, ist eine Erscheinung, welche ebenso
zu den normalen Enlwicklungserscheinungen in dem
Organismus zu rechnen ist, wie die Verknöcherung
der Rippen - und Kehlkopfknorpel , die Verwachsung
der Nahte u. s. w. Vf. hat schon bei 30jähr. Indi-
viduen die meisten Geleukknorpel theilweise verknö-
chert angetroffen. — Die Verknöcherung beginnt an
der Berührungsfläche des Knorpels mit dem Knochen,
schreitet gegen die Oberfläche des Knorpels fort, er-
reicht diese zuerst an einzelnen Stellen und nimmt
zuletzt dieselbe in ihrer ganzen Ausdehnung ein.
14
IL ÄBatomie a. Physiologie«
Solche Stellen, an welchen die Verkni^cheroog die
Oberflache erreicht, ragen nicht über die übrige Ober-
flache de« Knorpels hervor, sondern bilden eine con-
tinuirliche Pltfche mit derselben ; der Knorpel neben
ihnen ist dann entweder Gelenkknorpel gewöhnlicher
Beschaffenheit bis auf eine gewisse Tiefe , in welcher
er ebenfalls verknöchert ist, oder er ist durch Zer-
faserung seiner Zwischensubslanz sammelarlig. Die
Masse des verknöcherten Knorpels bildet eine com-
pacte Lamelle und eine Fortsetzung der Markraum-
bilduog in dieselbe ist nirgends wahrzunehmen; des-
halb ist diese Lamelle auch sehr fest und glSnzend-
weiss (Eborneatio). Nur im Anfange ihrer Bildung
ist diese Lamelle netzförmig gestaltet; die dem Ge-
leakknorpel zugewendete Flache des Knochens ist
Bflmlich mit vielen papilienartigen Crhabenlieilen ver-
sehen und die in den Vertiefungen zwischen diesen
Papillen liegenden Knorpelmassen mflssen erst ver-
knöchern, ehe eine compacte, continuirliche Lamelle
entstehen kann. — Sowohl netzförmige als conti-
nuirliche Lamellen kann man an skeletirten Knochen
von Erwachsenen in grosser Menge sehen ; sie wer-
den hier sichtbar entweder durch Auftrocknen der
noch knorpligen Theile oder durch Auflösung u. Ent-
fernung derselben durch die Maceration. Auf solche
Weise zu Tage gekommene Lamellen zeigen eine fein-
körnige Oberflache. Wo dagegen die Verknöcherung
wirklich die Oberfläche des Gelenkknorpels erreicht
hat, zeigt die verknöcherte Stelle eine sehr feine Po-
litur und diese geht auch bei der Naceration nicht
verloren. Gewöhnlich misst man diese Politur einer
Abnutzung durch Reiben, einem „Schleifen'* bei.
Wenn diess auch vielleicht für die meisten Falle rich-
tig ist, so ist doch nach Vf. keine Nothwendigkeit
vorhanden , dass es immer der Fall sein muss. Be-
denkt man nämlich, dass der verknöcherte Gelenk-
knorpel unverändert die Gestalt des unverknöcherlen
wiedergiebt, und dass dieser immer, wenn er nicht
zerfasert ist, eine spiegelglatte Oberfläche hat, so
sieht man ein, dass man für die Erklärung einer
spiegelglatten Knochenoberfladie keine Abreibung an-
zunehmen braucht. Eine solche und daher rührende
Polirung der Knochenoberflache muss aber bei länge-
rem Bestehen nothwendig gegeben Bein. Leicht is4
diess verstandlich , wenn an beiden einanderliegenden
Gelenkflachen Knochenoherfladien frei liegen; diess
ist aber selten; meist zeigt nur die eine Gelenkfiache
eine Schliffflache , die gegentlber liegende aber nicht,
und doch geht die Abnutzung an der SchUimache oA
Ins zur Offenlegung der Markraume des Knocliens
selbsL Als Schleifungsmittel kann man in solchen
Fä'ilen nichts Anderes erkennen , als den gegenüber-
liegenden Gelenkknorpel ; als Unterstützungsmittel
kommen hinzu: der vermehrte Druck, unter welchem
eine solclie verknöcherte Stelle ihrer eigenen Unnach-
giebigkeit wegen gerieben wird, und an manchen
Stellen (namentlich in den Gelenken der untern Ex-
tremitäten) der hinzukommende Druck der Schwere
tbcrliegender Theile.
IMese Art der Schleifung der ^xelenkflachen kann
nicht mit bedeutenden Bioderotesen der Bewegung
verbunden sein , wenn die Abnutznng des Knocbeni
nicht bedeutend wird ; dafür spricht auch ihre relativ
sehr grosse Häufigkeit im Verhaltniss zu geklagten
Leiden der Bewegung.
Anders verhalt sich in dieser Beziehung die 2.
Form der SchliflTlachen. Diese charakterisirt sich
dadurch, dass bei derselben stets der Gelenkknorpel
von der Verknöcherung in derselben Weise wachst,
wie der Knorpel der fötalen Anlage , wenn er wach-
send verknöchert. Dieser Process zeigt sich jedoch
nicht auf der ganzen FUche, welche der Gelenkknor-
pel einnimmt, sondern nur an einzelnen, inselförmi*
gen Stellen derselben , u. sein Endergebniss ist, dass
auf der. Gelenkflache eine Anzahl rauher, mehr oder
weniger hervorragender, maulbeerfbrmiger Höcker
entstehen, welche entweder die Bewegung ganzlich
hemmen, oder bei fortgesetzten Bewegungsversuchen
sich gegenseitig abreiben und abschleifen u. dadurch
aufs Neue die Möglichkeit zu ungehinderten Bewe-
gungen geben. Veränderungen dieser Art scheinen
sich vorzugsweise an den Gelenken der untern Extre-
mität, namentlich am Hüft- u. Kniegelenk, zu zeigen.
Sie fuhren oft dadurch, dass Knochenflaclien auf Knq-
ehenflaefaen sich reiben, zu umfangreichen Abnutzun-
gen, namentlich an Hüft- und Kniegelenk, wo der
Reibungsdruck am stärksten ist, und müssen mit be-
deutenden Störungen der Bewegung verbunden sein.
Als erste Veränderung auf der Gelenkflache findet
man grössere oder kleinere warzenartige Erhebungen
des Gelenkknorpels, welche ziemlich weich und ela-
stisch sind. Durchschneidet man diese, so findet
man , dass dieselben ausserlich von einer Knorpella-
melle bedeckt sind, welche mit dem übrigen Knorpel
in Continuitat steht , aber etwas dünner ist ; das in-
nere der Erhebung bildet eine durchscheinende gal-
lertartige Masse, welche auf dem Knochen aufsitzt.
Das Mikroskop zeigt, dass diese gallertartige Masse ein
Continuum mit dem bedeckenden Knorpel bildet, aber
eine etwas andere Zusammensetzung zeigt. Wahrend
nämlich in der oberflächlichen Knorpelschicht die
Grundsubstanz zerfasert ist und einzelne Zellen, so
wie kleinere Mutterzellen der bekannten Art enthalt,
zeigt die gallertige Masse eine durchsichtigere Grund-
substanz, in welcher eine Paserung eben nur ange-
deutet ist, und enthalt grosse runde Mutterzellen von
0,026 — - 0,056"' Ourchra. , welche dicht mit Toch-
lerzellen erfllUt sind. — Es ist demnach kein Zwei-
fel, dass diese gallertartige Masse dieselbe Bedeutung
habe, wie die mit grossen Mutterzellen erfüllte , ver-
grösserte Knorpelsobioht an den Verknöcherungsran-
dem, mit der sie auch dem Ansehen nach die grösste
Aehnlichkeit hat. — In dem Knochen ist der zu- |
nächst gelegene Theil der spongiösen Substanz hy- ^
peramisch.
Dieses iStaKlium sielit man sehr selten, b^ufig da-
gegen dasjenige , in welchem die Höcker verknöchert
sind. Sie haben dann entweder noch eine dünne
Koorpelscbicht als a.ussere Hülle, oder auch nicht.
•il. Avatoini« ib Plqfsi^logi«.
IB
IM der DarchsclitentflDg fihdet men , dafts die Mark-
raombiMang sich io die Hocker fortsetzt, und dass^
die Markrflume der Höeker und die angrenzenden
Hirkrinme der Spongiojia hyperainiscl) sind. Man
kann dies« sogar oft noch an getrockneten Knoch«n
8B der rothen FXrbung erkennen.
Dass diese Hyperämie an einzelnen Stellen der
SpoDgiosa der Gelenkenden in unmittelbarer Verbin-
dung mit diesem Processe steht , ist sicher ; es fragt
sieh nur, ob sie primär oder secundar ist. Vf. ent-
scheidet sich für das Erstere, weil 1) das erneute
Wachsthum des Knorpels eine vermehrte Zufuhr von
Ernlbrungsmaterial voraussetzt und diese in einer
Hyperämie begründet sein rnuss, und weil 2) ein«
fast regelmässig gleichzeitig auftretende Erscheinung
die Bildung von Osteophyten neben dem Rande des
Gelenkknorpels ist, durch welche eine Hinweisung
auf eine gleichzeitige Hyperämie des Periosts an die-
ser Stelle gegeben ist. — Somit wäre als das Grund-
ieideo anzusehen eine Hyperamie des ganzen Gelenk-
I endes, d. h. seines Periosts und seiner Markhaut.
Kleinere , flachere und nur auf einer der beiden
GelenkOachen vorkommende Hocker dieser Art mtls-
sen denselben Gesetzen in Bezug auf ihre Abnutzung
nnd Schleifung folgen, welche oben bei der 1. Form
angegeben sind, nur werden hier durch die Abschlei-
fang sehr bald die Markraume eröflnet. — Grössere
oder kleinere auf beiden G^lenkflachen vorkommende
Hdcker haben dagegen bei ihrer Abscbleifung sehr
wichtige Folgen für die Gestaltung der Gelenkflachen
nd selbst des ganzen Gelenkendes. Indem nämlich
Knochen auf Knochen , also harte Masse auf harter
Masse sich reiht, ist eine viel schnellere Abnutzung
gegeben und mit dieser in längerer oder kürzerer
Eeil, je nach dem Gebrauche des Gelenks, eine mehr
i^er weniger bedeutende Abnutzung des ganzen Ge-
lenkendes, welche bald zu ganzlicher (JntaiigHchkeit
solcher Gelenke fuhren wflrde, wenn nicht das auf
der einen Seite eines Gelenkkopfs Abgehende auf der
andern Seite wieder ersetzt würde. Am deutlichsten
ist diess am Utiftgelenke erkennbar. Es wurde oben
erwähnt, dass eine fast nie ausbleibende gleichzeitige
Erscheinung die Bildung von Osteophyten neben dem
Bande des Gelenkknorpels ist. Wenn nun bei einem
gewissen Grade der Abnutzung die Masse des Gelenk-
kepfs zum Theil entfernt ist, so setzt sich die Ab-
iMzung in die Osteophyten hinein fort; die dadurch
legebeae Reizung des Periosts fahrt zu neuer Osteo-
^ildong oder giebt noch ein neues Moment für die
ilstehuDg der Osteophyten, und so werden bestan-
neae Osteophyten erzeugt , in welche nach und
die Abscbleifung sich fortsetzt. Auf solche
feile kann es geschehen , dass der ganze Gelenk-
des Oberschenkeis vollständig verschwindet und
> Gdenkende desselben für das Hüftgelenk nur noch
Irtsstentlieiis aas Osteopliyten geschliff'ener ke-
«ger Zapfen dient. So erklaren^sich die oft
Iren Mwsstaltvngen des Schenkelkopfs, denen
Mtssstaltungen der Pfanne entspreche«.
In der 1., wie in der 2. Form der Scbliffflacben
werden Markraume geOffhet und damit die Markhant
seihst bedeutenden Reizungen ausgesetzt. Die Marb-
haut kann nun ebenso wie das Periost ein ossificiren-
des Exsudat liefern und es stünde a priori zu erwar-
ten , dass durch ein solches die oflengelegten Mark-
raume geschlossen würden. Diess geschieht aber
nicht; höchstens erscheinen hier u. da die angeschliffle-
nen Balken und PlHttchen der Spongiosa etwas ver-
dickt. Es muss deshalb entweder zu wenig Exsudat
von der Markhaut geliefert werden , als dass es die
Markraume verschliessen könnte, oder, was narh Vf.
wahrscheinlicher ist, ein allenfalls durch die Mark-
haut geliefertes , sonst der Ossification ßfhiges Exsu-
dat, wird durch Vermischung mit der Synovia zor
Ossification ungeeignet gemacht. (M i 1 1 i e s.)
12. Beitrige nx feinern Anatomie der Le-
ber; von Dr. Weja. (M.'s Arch. 1. 1851.)
Vf. richtete bei der Untersuchung der Leber seine
ganze Aufmerksamkeit auf das Verhaltniss der Gallen-
gange zu den Leberzellen. Er fand , dass letztere
immer reihenweise geordnet waren. Krukenherg
und Theile «einen in Bezug hierauf, dass die Le-
berzellen innerhalb Kanälen liegen, welclie in Zvt-
sammenhang mit den Intralobular-Gallengangen ste-
hen , und dass die Darstellung der ersteren wegen
ihrer Zartheit und innigen Voi flpchtnng mit dem Blut-
geHissnetz erschwert sei. Dieser Ansicht pflichtet
Vf. bei. Er benutzte zur Untersuchung Lebern, welche
einige Zeit in Weingeist und Aether gelegen hatten,
nm das Fett zu entfernen. Er Hess dann entweder
die Leber trocknen und machte feine Durchschnitte,
oder schabte von der Schnittfläche einer nicht ge^
trockneten Leber ab. Er fand dann hauSg über zwei
einander nicht berührende Zellen einen structurlosen,
ganz feinen und durchsichtigen Kanal sich erstrecken;
auch structilrlose mit zerrissenen Rändern versehene
memhranartige Stückchen, und einmal auch eine
stniclurlosc Röhre.
Ob diese Kanäle Fortsatze der Gallengange sind,
konnte Vf. nicht nachweisen. Die Zellen scheinen
den hohlen Raum jedes Kanalchens auszufüllen.
(Reinhard.)
13. Ueberdie traibenftrmigMi GalieBgangi-
drflsen; von Dr. Carl Wedl. (Sitzungsber. d.
Akad. d. Wiss. zu Wien , math. - naturwiss. Klasse.
Jahrg. 1850. Dec.)
Nach T h e i 1 e *8 Vorgange hat W. die Drüsen der
Gallengange beim Pferde, Hunde, Schweine, Schafe,
Menschen weiter untersucht und durch Abbildungen
erläutert. Beim Pferde, wo sie sich am besten stii-
diren liessen , waren die Ausführungsgange noch mit
blossem Auge sichtbar. Die Grundbestandtheile der
Drflsen bildeten ovale Zellen von ^- Vsso Mmtr. Durchm.,
die zu mehrern Lappchen gruppirt waren, welche
mit einem gemeinschaftlichen Gange in den Hauptaus-
faliruogsgaag mttndeten. Die Endhlaschen stellle W.
16
IL Anatomie u. Physiologie.
theils durch bloses Aufspannen mittels 2 Nadeln auf
eine Platte, theils an Durchschnitten getrockneter
PrSparale, an einigen nach vorherigem Kochen mit
Essigsäure (Purkinje) dar.
Beim Hunde war der traubenfbrmige Charakter
der Drüsen nicht zu verkennen ; beim Schwemt miss-
lang die Darstellung in 2 Fällen (wegen Verfettung
des subroukösen Zellgewebes); auch beim Schafe
waren sie nur schwer mittels Kali zu finden.
Beim Menschen (und zwar am schwersten in
typhösen, am leichtesten in tuberkulösen und Cho-
lera-Leichen) fand Vf die Drttsen theils von rundlicher
oder ovaler, theils von langgezogener Form und den
Ausführungsgang der letztern am Ende auf die Fläche
der Schleimhaut des Gallenganges schnell senkrecht
umbiegend. Die einzelnen Drttsenzellen sind beim Men-
schen schwerer » als beim Pferde nachzuweisen ; im
Duct. choledoch. die ovalen Drttsen von IY3 Mmtr.
Durchm. , die langgezogenen 1^3 Mmtr. lang; der
Querdurchmesser des ilauptausfahrungsganges s= Y40
— Y30 Mmtr. (nach T heile kleinere Masse). Im
Duct. cyst. in 1 Falle bei Krankheit der Leber wenige,
aber grössere Drtlsen; in der Gallen^/o^tf beim Hunde,
der Kuh , dem Menschen nicht aufzufinden ; in den
OiWenifängen bis zu Verzweigungen von ^/^q Mmtr.
hinauf (nach T h e i 1 e noch höher).
Wegen der grossen Ausbreitung dieser Drüsen
schreibt ihnen W. eine grosse Rolle bei der Gallen-
bereitung zu.
Ihrer Gonformation nach seien sie den Brunner-
sehen Drüsen im Duodenum analog, und Vf. führt
zum weitern Belege derUebereinstimmung der Leber-
und Darmschleimhaut an, dass er bei Anodonta cygnea
in den Fäden , welche in die Höhle der blinden Le-
berdrttsenenden hineinragen, Flimmerepithel gefunden
habe, wie es auf der ganzen Darmschleimhaut der
Acephalen vorkommt.
Schlüsslich noch die Notiz , dass in der bis jetzt
als structurlos angenommenen Umhüllungshaut der
Nierenkanälchen W. eine zarte , sehr nahe aneinan-
der gerückte, ringförmige Querstreifung entdeckt
habe. (Uhle.)
14. Contractilitit der Gallenblase; von Prof.
E. Brücke. (Daselbst VL 4. 1851.)
Kölliker beschrieb bekanntlich zuerst nach
mikroskop. Untersuchungen eine zarte Schicht von
glatten Muskelfasern in den Wandungen der Gallen-
blase, konnte aber an der Leiche eines 50 Min. zuvor
Hingerichteten (Jahrbb. LXXU. 12) durch Reizung der
Gallenblase mittels eines magneto - elektr. Apparates
keine deutlichen Zusammenziehungen derselben erzie-
len. Vf. glaubt , dass diess nur darin seinen Grund
hatte, dass die benutzte Gallenblase bereits ganz, od.
wenigstens zum grössten Theile ihre Reizbarkeit ver-
loren hatte. Er wiederholte daher den Versuch bei
der Vivisection eines grossen, vorher durch Injection
eines Opium -Auszugs in die Jugularvene vollständig
narkotisirten Hundes. Zur Reizung bediente er sich
der mit Kork o. Siegellack vereinigten Enden der Induc-
tionsspirale eines Neef* sehen Magnet-Elektromotors.
Wurde die Wand der Gallenblase an irgend einer
Stelle mit diesen Enden bestrichen, so zog sich diese
langsam, aber ganz deutlich zusammen, und der öfter
wiederholte Versuch führte stets zu gleichem Resultate.
(Gramer.)
15. Terhalten der Nervenfasern bei demFer-
lauf, der Fertheilwig u. Endigung in einem Haut-
muskel des Frosches (Rana temporaria) ; von K. E.
Reichert. (N.s Arch. 1. 1851.)
Das Bestreben, über das ganze peripherische
Verhalten der Nervenfasern in einem willkürlichen
Muskel einen möglichst vollständigen Ueberblick zu
gewinnen , und so eine Lücke auszufüllen , die hier
noch die neueren Entdeckungen gelassen haben, führte
den Vf. darauf, einen möglichst dünnen, platten-
förmigen Muskel aufzusuchen, in welchem sich der
Verlauf sämmtlicher Nervenfasern überallhin so ver-
folgen Hesse, dass es keinen erheblichen Unterschied <
abgäbe, von welcher Fläche aus er auch betrachtet
würde. Er fand einen solchen beim Frosch. Bei
demselben liegt unmittelbar unter der Haut ein klei-
ner, länglich viereckiger, dünner, platter Uautmus-
kel auf dem Brustbein u. dem dasselbe bedeckenden,
vordem und innern Brustmuskel. Er gleicht seiner
Lage u. Function nach noch am meisten dem Platysma
myoides des Menschen, nur geht er nicht so weit vor-
wärts. Bei 273—3'' langen Fröschen hat er eine
Länge von sy^ — 5''^ eine Breite von 3''' und eine
stärkste Dicke von Yis"'. Seine Fasern laufen pa-
rallel der Mittellinie, von der Haut am vordem Rande
des Brustbeins nach dem H. rectus abdominis, mit
dem äussern Rande stösst er an den M. pectoralis u.
mit dem innern an eine feine Membran, die die gleich-
namigen Muskeln beider Seiten mit einander verbin-
det. Er besteht aus einer zum Theil einfachen»
höchstens vierfachen Schiebt von primitiven Muskel-*
bündeln. Von seinem äussern Rande her tritt der
für ihn bestimmte Nerv in Begleitung eines Gel^ssei
ein u. zieht sich mit seinen Verzweigungen nach dem
innern Rande fort.
Diesen Muskel präparirt man nun mit möglichst«
Schonung mittels einer feinen, scharfen Scheere a(
los , dass noch ein Stückchen der Haut an ihm han
gen bleibt, bringt ihn mittels derselben auf eine Gia»
platte, am besten mit der dem Brustbein zugewendet
ten Fläche nach oben und trennt nun erst die Hau
vollends ab. Benetzt man ihn noch mit einer lOpro
centigen Kalilösung , so werden Muskelfasern , Zell
gewebe u. GeHlsse so durchsichtig, u. die Nervenfaseri
so deutlich , dass sie sich leicht mit dem Mikroskopi
beobachten und verfolgen lassen. Bei diesem Präpj
rate sind so viele günstige Umstände beisammen» da
man wenigstens gegenwärtig kein bequemeres u. ii
strucliveres sowohl zum eignen Unterricht, als \
mikroskopischen Demonstrationen wird anwende
können.
II. Anatomie u. Physiologie.
17
Gebt man auf den Verlauf des Ner?en in dem ge-
laaDlen Muskel genauer ein, so sieht man ihn bei
sdiwSeberer VergrOsserung, wie gesagt, am äussern
Raade eintreten , und quer durch den Muskel in des-
seo Biitderem Drittel nach dem innern Rande zu ver-
Iiofea. Sein Torderes und hinteres Drittel bleibt frei
TOB Nervenfasern , oder enthalt deren doch nur ein-
Klae wenige , die nicht einmal für den Muskel allein
kstimmt su sein scheinen. Der Stamm entsendet
nach beiden Seilen hin Aeste und Zweige , die häufig
durch Anastomosen mit einander sich verbinden, und
so ein aasgebreitetes Geflecht darstellen, von welchem
Aie endsllndigen Ausbreitungen der Nervenfasern aus-
gehen.
Vermekrung der Nervenfasern durch Theilung.
Uolersacbt man den Nerven bei einer 170 — 200-
maligen VergrOsserung, so ßlllt selbst bei einem flüch-
tigen Blicke die grosse Vermehrung der Nervenfasern
während der Ausbreitung des Stammes auf. Bei sei-
nem Einü^itt zahlt der Nerv gewöhnlich 8 — 10 Fasern,
nach und nach treten mehrere Aeste, etwa 7 — 10,
jeder aus 3 — 5 Fasern bestehend , von ihm ab , und
dennoch kann seine Endigung noch 2 — 5 Fasern ent-
halten. Die Zahlungen sind leicht auszufahren, und
gewähren schon bei massigem Drucke vollkommene
Sicherheit Bei mehreren Zählungen dieser Art er-
hielt R. z. B. folgende Resultate. 1) Der Stamm
enthieU bei seinem Eintritt 8 Nervenfasern, gab in 10
: Aeslen ab 5, 3, 4, 4, 2, 2, 4, 3, 2, 3 = 32 Fasern,
and endete mit 6 Fasern. 2) Der Stamm enthielt
10 Fasern, gab ab 4, 3, 5, 6, 2, 2, 5, 4, 3, 2, 4
= 40 Fasern , und endete mit 2 Fasern. Ebenso
verhielt es sich mit den Aesten und Nebenästen. Es
ist deutlich, dass hier im Stamm und den grössern
Verawe/gDDgen des Nerven eine Vermehrung der Fa-
sern yorliegi, wie bereits S t a n n i u s nachgewiesen.
Von andern Nerven her kann keine Vermehrung der
Fasern kommen , da man in den Muskel nur diesen
einen Nerven eintreten sieht. Auch durch ein Um-
kehren der Fasern von einem Aste zum Stamm kann
die Vermehrung nicht erklärt werden , da ein solcher
Verlauf zwar öfter zur Beobachtung kommt , aber in
seiner Häufigkeit nicht entfernt in Verhaltniss steht
zur Menge der in den Zweigen enthaltenen Fasern.
Zählt man vollends die frei endigenden Fasern , so
schwindet jeder Zweifel darüber, dass wirklich eine
Vermehrung derselben im Stamme stattgefunden hat.
R. fand in 7 Zählungen, dass Nervenslämrae von 7 —
10 Fasern mit etwa 290 — 340 terminalen Fasern
endeten. Man kann demnach im Durchschnitt auf je
eine Faser wenigstens eine dreissigfache Vermehrung
während ihres Verlaufes annehmen.
Diese enorme Vermehrung der Nervenfasern ge-
Kbieht nun allein durch Theilung, wie sie zuerst von
iQller, Brücke und Savi gefunden, und seit-
fan von vielen Andern beobachtet worden ist. Sie
tkst sich auch an dem Hautmuskel leicht wahrneh-
ta, sowohl im Stamm, als an den Aesten, u. wird
M. Jahfbk. Bd. 78. UA. 1.
schon bei massig verstärktem Drucke deallich. Beim
Eintritt in den Muskel haben die Fasern sämmtlich
eine Breite von Vigo — ^/soo'"» «»e verzweigen sich
in der Art , dass aus einer Theilungsstelle 2 — 5 Fa-
sern hervorgehen , die entweder endigen , oder sich
wieder verzweigen. Die Theilung in 4 — 5 Fasern
ist selten, am häufigsten die in 2 Fasern. Während
der Bamification macht jede Stammfaser scblüsslich
den Uebergang zu dünnen, etwa y^^ — Vioo"' ^^^^^
ten Nervenfasern. Dieser Uebergang geschieht plötz-
lich an den Theilungsslellen einer breiten Nerven-
faser, es scheint daher für die morphologische Be-
schreibung ganz passend , breite und dünne Nerven-
fasern zu unterscheiden. Zu erwähnen ist noch»
dass die Nervenfasern an den Bamificationsstellen eine
Einschnürung erleiden , so dass Stamm u. Aeste bis-
weilen nur durch die Scheide in Zusammenhang zu
stehen scheinen, das Mark aber unterbrochen sich
zeigt; andere Male ist das Mark auf einen mehr oder
weniger schmalen Streifen an der Uebergangsslelle
reducirt, doch ist auch oft genug nicht die geringste
Spur einer Einschnürung zu bemerken. Wahrschein-
lich sind daher diese Einschnürungen nur als Folgen
der Gerinnung des Marks anzusehen.
Verlauf und Fertheilung der Nervenfasern^
ihrer j4este und Zweige in dem Nervengeflechte.
Bamificationen der Nervenfasern finden sich durch das
ganze Nervengeflecht des Muskels, doch kann als Be-
gel angesehen werden, dass sie besonders in der
Nähe solcher Stellen auftreten, wo das Nervengeflecht
selbst sich verästelt. Die aus einer Bamification her-
vorgehenden Fasern verfolgen in der Begel nicht eine
gemeinschaftliche Bichtung, sondern jede derselben
pflegt einem andern Zweige des Nervengeflechtes sich
anzuschliessen. Diese Fasern verästeln sich dann
gewöhnlich weiterhin abermals, wo im Nervengeflecht
ein Ast sich abzweigt, und die Aeste und Zweige der
Fasern verhallen sich wieder wie zuvor. Liegt die
Bamificationsstelle einer Nervenfaser mehr oder we-
niger entfernt von einer Verästelungsslelle des Nenen-
geflechts , so können die daraus hervorgehenden Fa-
sern , wenn nicht etwa einzelne auf die Muskelsub-
slanz übergehen, entweder gemeinschaftlich den Ver-
lauf fortsetzen, und erst bei einer der darauf folgen-
den Bamificationen der Nerven sich von einander tren-
nen, oder nur eine oder einige von ihnen centrifugal
verlaufen , die übrigen , oder nur eine wird rückläu-
fig, centripetal, und wendet sich bei einer vorausge-
gangenen Bamificationsstelle des Nerven zur periphe-
rischen Ausbreitung in die Bahn des Nervengeflechts.
So geschieht es, dass jeder Theil des Nervengeflechts
aus Aesten und Zweigen verschiedener Stammfasem
zusammengesetzt ist, und jede Stammfaser steht wie-
derum durch ihre Aeste mit verschiedenen Theilen des
Nervengeflechts in Verbindung.
Endigung der Nervenfasern. Die terminalen
Fasern sind verhältnissmässig kurz , sie hören nach
Vio — Vs''' langem» geschlängelten Verlauf über und
18
II. Anatomie u. Phymalogie.
Ewischeo den Huskelfotern hin auf, od. scheinen auf-
snhOren. Sie haben im Wesentlichen den Habiius
und die Breite der flbrigen dünnen Fasern. Ihr Ende
erscheint häufig massig angeschwollen, häufiger aber,
und gerade dann, wenn die möglichste Schonung
beim Präpariren angewendet wurde , läuft die termi-
nale Faser, allmälig an Breite abnehmend, also
mehr zugespitzt, aus. Ob man hier das wirkliche
oder nur das scheinbare Ende der Nervenfaser ?or
sich habe, ist nach den Beobachtungen R. Wagner*s
am elektrischen Organ des Zitterrochens zweifelhaft ;
indessen ist doch in dem Haulmuskel des Frosches
die Faser überall auch in der dflnnen Spitze deutlich,
und auch mit Hälfe der stärksten Vergrösserungen
kann man ttber die zuweilen künstlich etwas ver-
dickte Spitze hinaus keine weitere Fortsetzung der
Faser entdecken. Kan muss daher wohl, wenigstens
vorläufig, an die bezeichnete Spitze auch das wirkliche
Ende der Nervenfaser setzen.
Zu den Muskelfasern verhalten sich die termina-
len Fasern in folgender Weise. Sie laufen zwischen
ihnen und über sie hinweg, selten parallel, gewöhn-
lich in querer oder schräger Richtung. Dabei gera-
then die freien Spitzen der terminalen Fasern unver-
meidlich auf bestimmte primitive Muskelbündel. Ein-
zelne Muskelfaeern erhalten nur eine einzige Spitze,
häufiger jedoch fallen deren mehrere auf eine Muskel-
faser, und es möchte keine vorkommen, die nicht an
irgend einer Stelle mit einer terminalen Faser in Be-
rührung käme. An dem Haulmuskel des Frosches
lassen sieh die Muskelfasern leicht zählen , R. fand
deren in mehreren Zählungen 160 — 180. Da nun
der Nerv 280 — 340 terminale Fasern hat, so über-
tritt die Zahl der letztem die der Muskelfasern um
120—160.
Anastomosen und SchHngenbildung. Wenn
man unter Anastomosen die Verbindung zweier Ner-
venfasern vor der peripherischen Endigung, und un-
ter Sdilingenbildung das Ineinanderübergehen zweier
Nervenfasern mit ihrem peripherischen Ende versteht,
so kommt hier in dem Muskel weder das Eine, noch
das Ändere vor. Zwar trifft man oft auf Bilder,
welche aufs Ueberraschendste eine dieser Erschei-
nungen vortäuschen , doch lässt sich die Täuschung
durch ein Verschieben des Deckblältcbens , oder eine
Zerrung am Präparate, oder durch die Betrachtung
desselben von der untern Seite her immer nachwei-
sen, und je häufiger man den Verlauf des Nerven in
verschiedenen Exemplaren des Muskels untersucht,
einen je grössern Ueberbliek man nach und nach ge-
winnt, desto mehr verschwindet auch die Möglichkeit
der Täuschung.
Ueber einige Nervenfasern von einem an-
dern Verhalten , als die beschriebenen. Der
grösste Theil der Nervenfasern , welche vom äussern
Rande in den flautmuskel eintreten, verhalten sich
auf ein und dieselbe eben beschriebene Weise. Es
sind, wie man wehl mit Sicherheit voraossetzen darf,
die für den flautmuskel bestimmten motorischen
Nervenfasern. Ausser diesen finden steh noch regel-
mässig 1 — 3 Nervenfasern vor, die sieh einige we«
nige Male dichotomisch verzweigen und plötzlich en«
den« An ihren Enden sieht man stets einige anage-
flossene Marktropfen. Wenn man mit dem Hautmus«
kel den anliegenden Theil des innern Brnstmuskels
mit wegnimmt, so kann man diese Fasern in den letz«
tern hinein verfolgen, wo man sie dann sich dem
jenem Muskel eigenen Nervenstamm beimischen , und
in gleicher Weise sich verästeln sieht, wie es die an-
dern Fasern im Hautmuskel thnn. Umgekehrt konnte
aber R. nie eine Nervenfaser finden , die aus dem in-
nern Brustmuskel kommend, sich dem Nerven des
Hautmuskels anlegte.
Von grösserer Wichtigkeit scheinen andere (2 — 3)
Fasern zu sein , die aus dem Grenzbezirke des Ner-
vengeflechts als äusserst feine Fasern hervortreten.
Sie sind nur Vvoo'" ^Tt\K, also schmäler als die
übrigen Terminal fasern , u. verbreiten sich mit selt-
nen dichotomischen Verzweigungen nach allen Rich-
tungen über das freie Gebiet des Muskels , wo sie an
den Rändern abgeschnitten endigen. Eine freie En-
digung konnte Vf. nie finden. Nach dem Nervenge-
flechte hin konnte sie Vf. nur einige Male bis zum Stamm
verfolgen , auch sah er sie mehrere Male in eine
Stammfaser, die ausserdem noch mehrere ähnliche
kleine Fasern aufnahm, eintreten. Daraus wird es
wahrscheinlich, dass sie der peripherischen Ausbrei-
tung einer cerebrospinalen, sensibeln Nervenfaser an-
gehören.
Hiernach würde der Hautmuskel in einigen Fällen
in seinem Nervengeflecht eine cerebrospinale, sensible
Faser führen, die mit den feinen Fasern der Endver-
zweigung, namentlich deutlich verfolgbar auf den freien
Feldern, über die ganze Fläche des Muskels sich
ausbreitet, und schliesslich ohne freie Endigung, ohne
Anastomosen- und Schlingenbildungen zu benachbar-
ten Theilen übertritt.
Schlussbemerkungen. In Betrefi" der Innervation
lassen sich , wie es scheint , folgende Schlüsse mit
Sicherheil zielten. Aus der peripherischen Ausbrei-
tung der motorischen Nervenfasern kann geschlossen
werden, dass die von jeder einzelnen Nervenfaser aus-
gehende Erregung nicht sowohl auf bestimmte Mus-
kelfasern oder bestimmte Muskelpartien localisirt
werde, sondern vielmehr auf den ganzen Muskel sich
erstrecke. Da ferner nicht alle Muskelfasern von den
spitzen Enden der terminalen Fasern berührt werden,
so folgt, dass eine solche Berührung nicht als noth-
wendige Bedingung zur Erregung der Gontraction an-
gesehen werden könne. Wird dann gleichwohl vor-
ausgesetzt, dass der Gontact der Muskelfasern mit
einer Nervenfaser zur Innervation nothwendig sei, so
ergiebt sich die Annahme, dass diese Innervation auck
seitlich an jeder terminalen, ja vielleicht an jeder «tun*
nen Faser stattfinden müsse , damit ohne Ausnahme
alle Uttskelfasem willkürlich bewegt werden können*
Für diese Annahme wttrde auch sprechen , daas die
spitzen Enden der terminalen Fasern sich mikrosko-
ni. Hjgieine» DiKteiik, PkarmakoloKie iL Toxikologie.
1»
piieh Bicht wesentlich vob dem Uiurigen Theile deiv
idbeD » ja foa den dttnBen Fasern ttberhaupt UBter-
sekeidcs.
In Besng auf die sensibeln Fasern ergiebt sich,
dass der Muskel die peripherische Ausbreitung seiner
sensibeln Stammfaser gemeinschaftlich mit benachbar-
lea Theüen haben muss , und dass demnach eine auf
da beschränkte Empfindung nicht statthaben kann.
(Reinhard.)
!6. TerbiBduDi; von Teleangiektasie, Fett*
Uld FiSergeSCkWHlSt ; von C. O. Weber, Cand.
med. in Bonn. (Daselbst.)
Die apfelgrotse, ziemlich weiche und gleichoiässig elasli-
scbe Gescbwalst hatte im subcutanen Fett- und Zellgewebe des
Nackens eines lysjäbr. Mädchens gesessen , und war von
Witzer operirt worden. Sie bestand aus einem von fibrö-
sen Streifen durchzöge nen Fettgewebe, zwischen welchem sich
sehr abireiche, grossere und kleinere, cavernenartige Gefass-
crweitenuigen y mit dünnflüssigem Blute erfüllt, eingestreut
fanden. Letztere bedingten allein das fleckige , melanotMcht
Ansehen der Geschwulst, indem nirgends eine Pigmentab)agd-
rung durch das Mikroskop nachgewiesen werden konnte. Das
Fettgewebe bot das bekannte Ansehen dar. Das Fasergewebe
zeigte neben vielen Faserzellen , deren Kerne unter dem Ein-
flösse von Essigs, deutlich henortraten, zahlreiche Bündel
einÜBcher , oft vielfach gescblSngelter fiindegewebefasem , die
in unbestimmter Ordnung durcheinander lagen.
An einer Stelle, die sonst im Aeussern nichts Abweichen-
des von der übrigen Textur darbot, wurden unter dem Mi-
kroskop auch mehrere quergestreifte Faserbfindel sichtbar.
Doch zweifelt Vf. selbst, dass diess Muskelfasern gewesen
seien, und ist vielmehr geneigt, anzunehmen, dass der An-
schein der Querstreifung durch die zickzackformige Biegung
der Bindegewebefasem hervorgebracht worden sei.
Das Afterprodoct ist demnach eine eigenthuBkliche Ver-
bindung zwischen der Teleangiektasie , dem Lipom und dem
Fibroide. Letztere beiden kommen häufig mit einander coro-
binirt vor, erstere wohl nur selten. Wahrscheinlich war die
Teleangiektasie das angebonie, ursprOnglicbe Leiden, während
erst später Fett^ und Fasergewebe zwischen den Gefässerwei-
terungen abgelagert wurden . (Reinhard.)
III. Hygieine, Di&tetik, Pharmakologie and Toxikologie.
17. Fleisch • Zwieback (Meat-BücuU); von
Gail Borden jun. zu Galveston. (Pharm. Journ,
July 1851.)
Das fragL Nahrangsmittel , welches kürzlich von
Pereira in seinen Vorles. über Diätetik empfohlen,
auch aaf der iDdastrieaussteltung zu London mit aus-
gestellt wurde, ist nach der Mittheilung des Erfinders
(Borden) ein concentrirtes Extract aus einem (belie-
bigen) Ihierischen Fleisch . mit Mehl verbunden und
ia eJoem Ofeo wie Zwieback oder SchifTszwieback ge-
baciefi. £s wird von N u n n u. a. amerik. Gelehr-
lea unter dem Namen tragbares, trockenes Suppenbrod
als eine in kleinen Mengen sehr nährende Speise em-
pfohlen , ftlr Seefahrer , Reisende [B. erfand es , als
er für einige nach Californien Reisende ein concentrir-
tes Nahrungsmittel herzustellen beauftragt war], auch
Dir Hospitller , ÖfTentl. Anstalten und Privathaushalt.
Ein Pfund davon enthalt die wesentl. Bestandtheile
Too mehr als 5 Pfund Fleisch. Eine Unze davon
giebl mehr als eine Pinte kräftiger Suppe.
(H. E. Richter.)
18. Thee au Kaffeeblittern ; von Ed. van
den Gorput. (Journ. de Bruz. Od. 1851.)
Eine zuerst von Vf. gemachte Entdeckung, der
afolge die Blatter des Kaffeebaums Gaffeln enihallen,
Bithin gleich den Blättern des chinesischen Tbee ge^
hraneht werden kdnnen, hat bereits in weiteren Krei-
tn Aufsehen gemacht und die brasilianische Regie-
(ug veranlasst, die bisher su nichts benutzten Kaffee-
UlUer als Handelsartikel sa versenden. Auch aus«
Mriich sind die Blätter des Kaffeebaumes denen des
fteestrancbes sehr ähnlich, nur etwas grosser, nicht
gaihnt, glänsender und lederartiger, lassen sich aber
darch die beim ROsten des Thee gebräuchliche Be»
handlungsweise diesem auch dem äusseren Ansehen
nach sehr ähnlich machen. Zu diesem Zwecke wer-
den die Blätter in einem Kessel bei einer Wärme von
etwa 80^ G. erhitzt. Gut ist es, um ihnen ihre Bitterkeit
zu nehmen , sie vorher einige Augenblicke mit sie-
dendem Wasser zu digeriren. Beim Rdsten rollen
sie sich zusammen u. massen fortwährend umgerOhrt
werden , worauf man sie mit den Fingern weiter zu-
sammenrollt. Das Rosten und Rollen zwischen den
Fingern muss 4 — 5mal wiederholt werden , so lange
bis die Blätter vollkommen trocken sind. Auf diese
Weise zubereitet gleicht der Kaffeeblätterthee voll-
kommen dem schwarzen chinesischen Thee , den er
durch die Gleichmässigkeit seiner Ingredienzen über-
trifft. Aehnlich wie der chinesische Thee besitzt er
einen angenehmen, aromatischen, zwischen Thee und
Kaffee mitten inne stehenden Geschmack , erregt den
Girculationsapparat und das cerebrospinale Nerven-
system» fördert die Secretion, schärft die Intelligenz.
Das daraus bereitete Decoct, zu Ökonomischen Zwek-
ken bediene man sich stets der Infusion , besitzt ad-
stringirende Eigenschaften und kann bei Diarrhoen u.
Ruhr nützlich werden. Will man die von einem
nicht unbedeutenden Gehalte von Gerbsäure herrüh-
rende , adstringirende Eigenschaft den Blättern neh-
men , so setzt man sie vor dem ROsten einem Gäh-
rungsprocesse aus. Hierdurch verwandelt sich die
Gerbsäure zum grossen Theil in Gallussäure , welche
weit schwerer lOslich ist, also in die Infusion nicht mit
übergeht. Da das Arom des Thee nur in geringem
Maasse diesem eigenthOmlicb ist, sondern grossen-
tbeils von Beimengung der Bltttben vonOlea fragrans,
Camellia sasanqua oder Rosa bengalensis abbflagig
ist, so kann man dem Kaffeeblätterthee leicht ein
ebenso ngesehmes Arem ertheilen , wenn man die
Blüthen des Kaffeebaums oder in deren Ermangelang
so
III, Hygieine, Diltelik, Pharmakologie a. Toxikologie.
Tonkabohnen (Dipterix odorata) beimengt. Caffeim u.
TheTo sind analog und entsprechen vollkommen dem
Guaranin des Paraguaythees (Hex Guayanensis, Yerva
mate). Aock die übrigen Bestandlheile dieser drei
Substanzen sind einander fast vollkommen gleich. Es
finden sieb darin ausser Tbelfn noch GafTeYn , Gerb-
säure, TheesSure, Gummi, Holzfaser, Salze und ein
flüchtiges Oel.
Dem Gesagten zufolge ist der Gebrauch der Kaffee-
blatter dem des chinesischen Thees leicht zu substi-
tuiren. Bedenkt man die Masse der Blätter desKaiTee-
baums, die Möglichkeit, öfters dieselben abzustreifen,
ohne dem Baume den geringsten Schaden zuzufügen,
so ergeben sich zugleich so manche Handelsvorlheile,
die bei dem hohen Preise des chinesischen Thee die
allgemeinere Einfahrung des Kalfeeblaiterthces als
etwas sehr Erwünschtes erscheinen lassen.
(Julius Gl a r u s.)
[Wir erwähnen hierbei , dass laul Leipz. Ztg. v.
5. Nov. 1851 ein gewisser John Gardner zu
London die Entdeckung, Thee aus KalTeeblatlern zu
bereiten, gemacht haben will. Prof. Blume zu
Leyden» bekannt durch seine Reisen in Java, soll
aber schon seil 1845 die fragl. Entdeckung gemacht
und mit gutem Erfolge praktisch ausgeführt haben.
R e d a c t i 0 n.]
19. Untersachnng des Brodes auf den Ge-
halt von Kleie; von Wetzel und van liees.
(Arch. der Pharm. Sept. 1851.)
In den theuern Jahren 1847 u. 48 fand sich die
Behörde zu Barmen veranlasst, wegen betrügerischer
Verftllschung des Brodes mit Kleie , letzteres gericht-
lich untersuchen zu lassen. Die Aufgabe war, zu
untersuchen, oh und in welcher Menge dem Brode
Kleie zugesetzt sei ; die Lösung derselben wurde an
die Beantwortung der Fragen gebunden: 1) Wie viel
Kleie hat das Brod nach dem Mittel mehrerer Ver-
suche mit den verschiedenen Sorten, wie sie im Han-
del vorkommen, 2) wie viel Kleie darf demgemäss
7 Pfd. Schwarzbrod gesetzlich enthalten , 3) ist in
den vorliegenden Fallen ein betrügerischer Zusatz von
Weizen- oder Roggenkleie gemacht.
Zwei Proben Roggenschrot, aus einer Mühle ent-
nommen, hinterliessen von 6 Loth unlöslichen Rest
200 Gr. Zu diesem Zwecke wurden die gedach-
ten 6 Loth auf dem Dampfapparalbei 80<)R. anhaltend
mit Wasser ausgezogen , die Flüssigkeit mit den lös-
lichen Bestandlheilen öfters durch ein Haarsieb abge-
gossen und das Ausziehen mit frischem Wasser so oft
wiederholt, bis letzteres klar und geschmacklos ab-
lief. Der unlösliche Rückstand wurde ausgepresst
und bei 30 — 36^ R. im Trockenschrank getrocknet.
Zur Sicherung dieser beiden übereinstimmenden
Resultate wurden von einem Müller folgende Roggen-
sorten genommen. 1) Roggen, so gut, wie er im
Handel zu bekommen war; 2) Roggen von gewöhn-
licher Güte, wie er meistens gebraucht. wurde; 3)
Roggen, 80 schlecht als er nur zu erhalten war , so-
genannte „todte FrachU'< Sammtliche Proben wur-
den auf einer Handmühle vonVff. selbst geschroten. Von
Nr. 1 hinterliessen 6 Loth 176 Gr. unauflösliche
Kleie, von Nr. 2 184, von Nr. 3 210, also im Mit-
tel 190 Gr. Nimmt man die ersten Versuche hinzu,
570+ 400
so hat man
194 Gr. als Mittel.
Zwei Proben im Frühjahre 1849 untersuchten
Roggenschrotes gaben von 12 Loth an unlöslicher
Kleie 381 Gr. Rechnet man auch diese Probe hinzu,
so stellt sich als Mittel 193 Gr. heraus.
Hiernach ist also den Bäckern nicht zu nahe ge-
treten, wenn man ihnen bei der gerichtl. Untersuchung
auf 6 Loth Korn an unlöslicher Kleie 200 Gr. zu gute
kommen lasst.
Ausserdem war aber zu bestimmen, wie viel lös-
liche Bestandtheile die im Handel vorkommende Kleie
von Weizen und Roggen enthalte, behufs der Be-
rechnung, wie viel gewöhnliche Kleie das Brod ent-
halten darf. Es wurden deswegen Proben von Wei-
zenkleie, wie sie im Handel vorkommt, wie Roggen-
schrot behandelt, und ergab sich hierbei als Mittel,
dass von 100 Gr. jener Kleie 50 Gr. unlöslichen
Rückstandes blieb. 288 Gr. im Handel vorkommen-
der Roggenkleie hinterliessen als Mittel mehrerer Pro-
ben 107 Gr. unlöslicher trockner Kleie. Hiernach
ist nun die 2. Frage, wie viel Kleie ein Brod von
7 Pfd. gesetzlich enthalten dürfe, durch Berechnen
leicht zu beantworten , nämlich :
6 Loth Roggenschrot hinterliessen durchschnitt-
lich 194 Gr. unlöslicher, trockner Kleie; 107 Gr.
unlöslicher, trockner Kleie entsprechen 288 Gr. ge-
wöhnlicher Roggenkleie; 194 Gr. unlöslicher Roggen-
kleie also 522i%07 Gr. gewöhnlicher Roggenkleie;
6 Loth Roggenschrot dürfen demnach 522**/io7 Gr.
= 2*2/a4o öder in übersichtlicher Zahl 21/5 Loth
gewöhnlicher Roggenkleie enthalten. — Bei der Taxe
des Schwarzbrodes werden von der Behörde 5^4 Pfd.
Roggenschrot zu einem Brode von 7 Pfd. berechnet,
welches nach diesem Ansatz 6OY3 Loth gewöhnliche
Roggenkleie enthalten darf.
Die 3. Frage : ob Weizen- oder Roggenkleie be-
trügerisch zugesetzt sei, ISsst sich nach dem Aus-
kochen und Austrocknen gut unterscheiden. Erstere
nimmt nämlich nach dem Austrocknen eine hellgelbe
Farbe an, während die von Aoggenkleie viel dunkler
erscheint; jene zeigt sich auch sehr glatt und dttun,
während diese mehr zähe und zusammengeschrumpft
erscheint. In gerichtlicher Beziehung ist diese Un-
tersuchung insofern von Wichtigkeit, als der Gehall
an löslichen und nahrhaften Beslandtheilen in beiden
Kleiensorten sehr verschieden ist. Es entsprechen
nämlich 50 Gr. trockner Weizenkleie nur 100 Gr.
gewöhnlicher , 50 Gr. trockner Roggenkleie dagegen
134«Vio7 Gr. gewöhnlicher Roggenkleie.
m. Hygiein«, IHitetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
21
Die UntersDchang des Brodes ist nun nach dem
Vorhergehenden leicht. Eine gewogene Menge Brod
wird wie das Roggenschrot ausgekocht u. der trockne,
na]95iiche ROckstand gewogen. Aus demselben wird
d^BD der Gehalt an gewöhnlicher Kleie berechnet.
Freilich heben die Vf. schldsslich noch hervor,
dass bei einem betrOgerischen Zusätze von Kleie das
Brod eines grOssern Gehaltes an Wasser bedarf, wo-
durch der Betrug sich verdoppelt , und dass sie sich
durch 13 Untersuchungen zu der Annahme berechtigt
hallen, der Wassergehalt bei einem schlechten BroHe
betrage ongeHlhr so viel mehr, als Kleie betragen-
scher Weise zugesetzt wurde.
(Sonnenkalb.)
20. Ueber die hanptsichlichsten Terfäl-
sckingen yon leU n. Brod ; von o o n n y. (m^-
moires couronnds de Tacad. de Belgique. XXII. u. Joum.
filr prakl. Chemie XLIX. p. 240.)
Das Hehl wird gewdholich verfälscht mit Karlof-
felsUrke, Mehl von Bohnen^ Wicken, Erbsen, bis-
weilen auch mit Reis , Hais u. selbst Kreide.
Zor Entdeckung der Fälschung des Weizenmehles
durch Kartoffelstärke hat man 5 Mittel vorgeschla-
gen: i) die mikroskopische Untersuchung; 2) die
mec|)anische Abscheidung des Klebers ; 3) die trockne
Destillation; 4) das Zerreiben des Mehles; 5) die
Fällung der Starke (und das Anreihen mit Salz-
säure).
1) Nach Villars sind die StärlcekOrner der
Karloflel im Durchm. 3mal grösser, als die von Wei-
zen , und nach H a s p a i 1 und P a y a n grösser , als
die d\kT Getrejdearten. Letzterer fand die Stärke-
körner der Kartoflel 0,140—0,185 Mmtr. lang, die
des Weizens 0,050 Mmlr. Obgleich dieser Unter-
schied der Grösse bei Mehlverialschung gewiss von
lieber Wichtigkeit, und von guten Beobachtern mit
trefflichen Instrumenten gewiss auch aufgefunden wer-
den kann, und obgleich die grössten Weizenkörnchen
viel kleiner sind , als die grössten der Kartoffelstärke,
so finden sich doch zwischen beiden Grössen keine
scharfen Grenzen, abgesehen davon, dass es ziemlich
schwierig ist, die absolute Grösse der Objecto zu be-
stimmen ; auch glaubt Härtens, dass die Betrüger
das Volumen der grössten Körner vermindern können,
ond das Mikroskop nicht anwendbar wird , wenn die
Stärke mit dem Getreide zusammen gemahlen ist. 2)
Eine grössere Sicherheit , als das Mikroskop , schien
eine Zeit lang für gedachte Untersuchungen die Be-
stimmung des Klebers zu bieten. Es findet sich näm-
lich im Weizen Gluten oder Kleber, wovon die Kar-
toffelstärke nichts enthält: durch Zusatz der letztern
wird also die relative Menge des Stärkemehls erhöht,
die des Glutens vermindert. Henry fand bei zahl-
reichen Versuchen 10^4 pQL trocknen Kleber im
Weizenmehle, während der diessfallsige Gehalt nach
Vauquelin, Baruel, Orfila u. A. von 5^3
—23 pGt. wechselt. Der Gehalt an Kleber ist dem-
nach zu schwankend , nm als Maass benutzt werden
zu können. — 3)Bodriguez fand das in Wasser
aufgefangene Product der trocknen Destillation des
Weizenmehls bei starker Hitze neutral, während
Mehl von Beis, Mais und Karloffelstärke saures Was-
ser lieferte. Hehl von Bohnen , Linsen und Erbsen
gab dagegen, wie der feuchte Kleber, alkalisches
Wasser. Hiernach würde also Weizenmehl, welches
ein saures Product giebt, mit Kartoffelstärke oder
Mehl von Beis oder Mais gemischt sein mflssen u. ein
alkalisches Product lieferndes, wttrde Bohnen-, £rb->
sen- oder Linsenmehl enthalten. Die Oestillations-
Producte sind jedoch nicht so constant, Baruel
wenigstens behauptet, und mit ihm der Vf., dass
Weizen stets ein saures Product gegeben habe. -—
4) Zweckmässiger ist Gay-Lussac's Verfahren,
wornach man einige Grammen des verdächtigen Meh-
les im Achatmörser zerreibt, mit Wasser anrührt u*
filtrirt. Ist K.-Stärke mit in dem Mehle vorhanden, so
werden einige Körner derselben in Folge des Volu-
mens , der Form und des schlaffen Gewebes zerstört
und zerrissen, so dass sie dem Wasser genng von
ihrer Substanz abgeben, um nach dem Filtriren dieses
durch Jod blau zu färben, während das reine Mehl
nur viel kleinere, glatte, festere Stärkekörnchen ent-
hält, die durch Jod nur eine weinrothe Farbe geben*
Härtens hat diess Verfahren neuerdings wieder
empfohlen und gefunden, dass schon 5 pGt. K.-Stärke
in dem Mehle aufzufinden sind , wenn man dasselbe
5 — 10 Minuten stark reibt und sehr wenig davon auf
einmal anwendet. Dieses Verfahren hat also den
verschiedenen Widerstand, welchen die Körner der
Stärke und des Mehles auf die Beibkeule ausflben, zur
Basis; diese Verschiedenheit kann aber unmerklich
werden; auch können die Starkekörner des Mehles
so verletzlich werden , dass sie sich auch zerreiben
lassen, wogegen man vielleicht auch Methoden findet,
die K.-Stärkekörnchen resistenter zu machen. — 5)
B 0 1 a n d rathet, aus 20 Gr. des verdächtigen Hehles
durch Kneten den Kleber zu trennen, das Stärkemehl
enthaltende Wasser in einem konischen Glasgef^sse
zu sammeln und letzleres mit einem Siebe von Seide
zu bedecken. Nach Absetzung der FIttssigkeit zieht
man mit dem Heber ab, lässt das Gefäss 2 Tage ste-
hen und saugt mit einer Pipette das noch darüberste-
hende Wasser weg. Man entfernt sorgfältig die obere
graue Schicht der Stärke und lässt die untere, von
mattweisser Farbe u. konischer Form, gehörig austrock- ^
nen. Die Kartoffelstärke, welche schwerer ist, als
die des Weizens, schlägt sich zuerst nieder u. nimmt
die äusserste Schichte des Conus ein. Ist derselbe
getrocknet, so entfernt man ihn, unter Schonung der
Form, vom Glase, schabt von der untersten Schicht
1 Grmm. ab , reibt dasselbe mit etwas kaltem Was-
ser, filtrirt und fügt Jod hinzu. War die unterste
Schicht Kartoffelmehl, so erhält man eine schöne
blaue Farbe, war sie Weizenmehl , eine gelbe , oder
bisweilen eine rosa-violetle , flüchtige Färbung. Vf.
wiederholte diese Versuche mit käuflichem, K.-Stärke
enthaltenden Weizenmehle und mit auf einer Hand-
111. Hygteine, Diätetik, Phannakologit lu Toxikologie.
mllhle voa ihm selbst gemahlenem. Die Spitze des
Conus beim reinen Mehl gab eine bleibende blaue Fär-
bung, die des unreinen eine vioielte Farbe ; eine kleine,
anter der abgestumpften Spitze weggenommene
Schiebt zeigte keine blane Farbe , eine zweite darun-
terliegende aber eine violette. Vf. zerrieb gelinde
mehrere Fragmente aus verschiedenen Theilen der
Masse und erhielt von Neuem blaue Färbungen. Bei
Untersuchung eines T^eiles der Spitze des unreinen
Conus, so wie von Fragmenten aus den Obrigen Thei-
len des letztern, bemerkte er in erslerer ein Gemenge
von Kartoffelstärke und Weizenmehl, wobei y«»« vor-
kerrsehie, in letztem gleichfalls beides, doch im ent-
gegengesetzten Verhältnisse. — Die Diflereoz im
spec. Gew. der verschiedenen Stärkekörner ist also
nicht sehr bedeutend ; ausserdem ist die Tiefe der
blauen Färbung von der Kraft bedingt, mit welcher
man die Körner zerreibt.
Dagegen fand aber Vf. in der Einwirkung des
Xah auf die verschiedenen Stärkearten ein Mittel, die
Frage zu lösen. Die Stärkekömer von Kartoffeln,
wie von Weizen, Roggen, Leguminjosen verändern ihr
Ansehn, wenn man sie mit alkal. Flüssigkeiten zu-
sammenbringt. Payan schon weichte die Stärke-
körner in Wasser, welches mit Nairum schwach al-
kalisch gemacht worden war, und sah sie unter dem
Mikroskope aufquellen, ihre Falten verlieren u. sich
ausdehnen. Später fand Vf. , dass Kalilauge sich zu
dieseiK Beobachtung besser eigne , und dass einige
StärkekOrnchen (Kartoffeln) sich sehr stark , andere
(Weizen) sich nur wenig auflilähen. Am Besten be-
ginnt man diese Untersuchungen damit, dass man aus
dem verdächtigen Mehle den Kleber auszieht; die mit
Stärkemehl geschwängerte Flüssigkeit iässt man sich
einige Zeit absetzen , decantirt dieselbe und mit ihr
zugleich die oberste graue Schicht, welche etwas un-
zHsammenhängenden Kleber enthält, u. trocknet zwi-
schen Fliesspapier das weisse, im GeHiss abgesetzte
Stärkemehl. Ein Stttck davon legt man auf eine Glas-
platte und zertheilt es mit Kalilösung (100 Wasser,
1 V4—2 Kali). Die Körner der Kartoffelstärke quel-
len stark auf, die des Weizenmehl bleiben unverän-
dert Man reinigt nun die Platte, so dass die über-
schüssige Flüssigkeit abläuft, u. trocknet den Rück-
stand. Auf die trockne, an dem Glase haftende
Sebicht Iässt man einen Tropfen Jodlösung fallen;
mit einer starken Lupe kann man die Kartoffelstärke-
kttgelchen sehen, in Form schön abgeplatteter Schei-
ben, mit runden Rändern, mehr oder weniger durch
Jod gefärbt, umgeben von kleinen Körnchen, die
nichts anderes, als Weizenstärkekörner sind. Der
Untersciiied zwischen beiden ist nicht zu verkennen.
— Um schneller zu verfahren , kann man auch das
Mehl, nach Befreiung von der Kleie, unmittelbar an-
wenden. Da übrigens, abgesehen vom Klebergehalte,
den man durch Kneten mit Wasser entfernt, die Stärke
im Roggen- und Weizenmehle sich ganz gleich ver-
hält , so ist eine Vermischung des erstem mit Kar-
toffelstärke auf dieselbe Weise zu erkennen , wie die
des Weizenmehles. Im Brode ferner kann man die
Kartoffelstärke finden, indem man Krume, von der
Grösse eines Weizenkornes auf eine Glasplatte legt,
mit Kalilösnng behandelt und leise zerdrückt. Dabei
treten einige Stärkekörnohen heraus, die mit oder
ohne Jod unter der Lupe sich leicht ahi Weizen- oder
Roggenmehlstärkekörner, oder als Kartoffelstärke un-
terscheiden lassen.
Will man die Verfälschung des Weizenmehles
mit dem von Leguminosen erkennen , so kann man
die Entdeckung des Legumins benutzen, welches sich
in grosser Menge im Mehle der letztem findet , da-
gegen aber nickte oder nur unbedeutend (wenn man
das PflaDzencaseVn für identisch mit Legumin hält)
im fFeizenmehle. Marlons rathet, verdächtiges
Mehl mit doppeltem Volumen Wasser zu mengen,
2 Std, stehen zu lassen, dann zu filtriren, den Rück-
stand auszuwaschen, und zu dem Filirate tropfen-
weise Essigsäure zu thun. Wird diese Flüssigkeit
trübe und milchig, so zeigt diess Legumin an. VL
hält diesen Versuch nicht für genügend, da er die ge-
dachte Trübung auch mit Mehl erhielL — Galvani
ferner fand, dass durch Beimischung von Erbsen-,
Bohnen- und Linsenmehl der Kleber die plastischen
Eigenschaften verliere, so dass er durch ein Sieb
durchgehe. Orfila und Baruel zeigten, dass
der Kleber hierbei nur fein vertheilt , und nicht zer-
stört werde , wogegen Rodriguez behauptet, dass
das Gemenge einen viel festern Kleber gebe , als rei-
ner Weizen. Man kann das Verhalten des Klebers
hiernach nicht als Kennzeichen benutzen, da nament-
lich ausserdem verdorbenes reines Weizenmehl gar
keinen Kleber enthält, oder nur solchen, welcher sich
im Wasser leicht vertheilt. — Bohnenmehl soll dem
Brode eine etwas rothe Farbe geben, dem Mehle ertbeilt
sie eine im Handel sehr beliebte gelbliche Farbe. Der
Zusatz muss aber sehr gross sein, denn ein Brod von
100 Gr. Weizenmehl und 20 Gr. Bohnenmehl hatte
keine auffällige Färbung. — Verfälschung mit ^3
Wickenmehl macht das Brod übelschmeckend und
riechend.
Vf. versuchte nun die Einwirkung des Kali auf
verschiedene Mehle, wie bei der Kartoffelstärke als
Kennzeichen zu benutzen , jedoch ohne Erfolg , denn
die Stärkekörner der Leguminosen sind denen des
Weizens sehr ähnlich. Er erfand 2 Methoden der
Untersuchung, welche sich zum Theil auf Bohnen,
Wicken und Erbsen im Allgemeinen, oder auf Bohnen
und Wicken im Besondern beziehen. Wenn man
Mehl von Bohnen oder Wicken mit siedendem Alkohol
behandelt, filtrirt, u. die Flüssigkeit abdampft, so zeigt
sich ein schmutzig-gelber Rückstand, wie beim Weizen.
Salpeters, macht letztere tiefer, Ammoniak bräunt sie.
Wenn man aber das Eztract mit Salpeters, von 35^
befeuchtet, vorsichtig abdampft und dann Dämpfen
von Ammoniak aussetzt, so erscheint eine sehr
schöne kirschrothe Färbung, ähnlich der, welche un-
ter gleichen Umständen Harnsäure liefert. Weizen n.
Roggen zeigen diese Eigenthttmlichkeit nicht. Ist
Weisen- und Roggenmehl mit dem Mehle jener Stoffe
III. Hygietne» UftUtik, PhamaMogM u, Toiikologie.
i»
verftkoht, so siehe m^n es nieki mit Alkdhol aus,
toadero reagirt auf das Mehl selbst. Hiena lisst man
io einer Schale an den Wänden eine sehr dichte
Schiebt de» Mehles anhallen, giesst auf den Boden
eiaige Tropfen Salpetersäure von d5<^, ohne das
Mehl SU befeuchten» und erhitit die Schale schwach
Ober einer Lampe , ohne dass die Säure ins Kochen
kommt, und dann -und wann die Wände der Schale,
nn zu hindern , dass die Dämpfe der Säure sich auf
dem MehJe condensiren. Sehr bald sieht man die
BDiern Theile des letztern sich schön gelb färben,
während die hohern weiss bleiben ; hierauf saugt man
^e SHore ab und ersetzt sie durch Ammoniak, das
gelinde erwirmt wird. War das Hehl rein, so steht
es gM oder weiss aus , war es mit Bohnen oder
f^iekes vermiseJUt so enthält die weisse Masse zahl-
reidie rotke Flecken. Eigenthttmlich ist, dass diese
Substanz weder durch die Bereitung, noch durch das
Backen des ßroden zerstört wird , und dass dieselbe
noch nachweisbar ist, wenn das Brod auf 100 Th.
Weizen 10 Th. Bohnen enthält. — Bei Untersuchung
TOQ verdSchtigein Brode werden etwa 50 Grmm.
Krume mit Vi ^i^^^ Wasser gerührt und durch ein
seidenes Tuch gegossen ; die Flüssigkeit sondert sich
nach einer halben Stunde in 2 Schichten ; die obere
hebt man ab u. verdampft sie bis zur Dicke von fias-
sigem Kleister; der Rückstand wird mit Y^q ^'^^^
Alkohol von 38 r-*- 40^ behandelt und das Filtrat in
einer Porzellanschak eingedampft. Der Rest wird an
den Wänden letzterer umhergeschweokt u. in dünnen
Seilichten darauf aufgetragen, sodann schüttet man
10 G.-Gtmtr. Schwefeläther in die Schale, schwenkt
diese auf dem eingetrockneten Rückstande umher, u.
zieht so einen der Reaction nachtheiligen Stoff aus.
Man trocknet dann gelinde den vom Aether befreiten
Rtfckstand, und wendet Salpeters, und Ammoniak in
der früher bezeichneten Weise an. — Die rotke
Farbe des Rückstandes ^eigt sich vorzüglich da leb*
kaft darch die Einwirkung des Ammoniak, wo die
Salpeters, denselben berührte. Bei undeutlicher
Beaction kann man dieselbe durch neuen Zusatz von
Salpeter! erkennbarer machen. Brod von Roggen
giebt übrigens nickt, wie solches von Weizen, bei der
Verfillschung eine schöne rothe, sondern nur eine
liegelrolhe Farbe.
Zur Darlegung der Verfälschung mit Mehl von Le-
guminosen kann man sich auch der Kalilauge bedie-
nen, welche die Cellulose derselben nicht zerstört,
so dass man nach der Behandlung mit jener Lauge
letztere unter dem Mikroskope erkennen kann ; Wei-
zen- und Roggenmehl dagegen, auf gleiche Weise
behandelt, lässt nichts davon entdecken. — Das ver-
dücbtige Mehl wird, um die Kleie abzuscheiden , de-
ren Cellulose zu grob ist und die Beobachtung stören
kttnnte, durch ein feines, seidenes Sieb gebeutelt, u.
darauf unter dem Mikroskope mit Kalilauge (10 Kali
+ 150 Wasser) befeuchtet. War das Mehl rein, so
vmvandelt es sich in eine gleichartige, gummöse
Ihsse ; im Gegentheil entdeckt man leicht die Structur
to Holztaser. Sind durch Kieienreste dennoch Cel-
failosentheile von Weizen oder Reggen erhalten , so
sind diese durch ihre geringere Dimension , Form n«
Farbe leiclit zu unterscheiden.
Um im Mehle von Weizen u. Roggen Beimischung
von Mais und Reis aufzufinden , rflhrt man dasselbe
mit Wasser an und giesst die stärkehaltige Flüssigkeit
in ein konisches Glas. Die obere Partie letztere
wird nach 15 Minuten abgegossen, und der Absatz
unter das Mikroskop gebracht, woselbst die Mai»*
stärkekömer als isolirte Stärkekörner und eckige,
durchsichtige Bruchstücke, die gefärbt sind, und in
ähnlicher Weise die ReisstSrkekörner sich darstel-
len , die jedoch in ihren eckigen Fragmenten larblee
sind.
Verfälschung des Mehles mit Kreide ist leicht
durch das Aufl)rausen des feuchten Mehles mit Salzs*
zu bemerken.
Zur Erkennung von beigemischtem Kartoffelmehl
soll man das verdächtige Mehl mit verdünnter Salzs.
anreiben, wo sich, bei Gegenwart von Kartoffelmeiil,
ein eigenthümlicher krautartiger Geruch entwickelt,
ähnlich dem von grünen Bohnen.
Um Buchweizen im Mehle nachzuweisen, malaxirt
man dasselbe nach dem Vf. in einem Wassersirahle
auf einem Siebe u. wäscht das durchgegangene Stärke-
mehl , ohne es sich längere Zeil absetzen zu lassen.
Unter der Lupe zeigt dns Mehl ausser den Stärkekör-
nern regelmassige polyedrische Fragmente, gebildet
aus angehäuften, kleinen Stärkekörnern, aus den
Perispermen des Buchweizens.
Leinmehl ferner zeigt mit Wasser vermischt und
mit Kalilauge von 14 pGt., viele regelmässige Frag-
mente von gläsernem Ansehen, kleiner als die Stärke-
kugeln und von röthlicher Farbe , so wie quadrati-»
scher Form , herstammend von der Umhüllung des
Korns. Verfälschtes Brod und Mehl zeigt diese Kör-
ner gleichfalls. Ausserdem lässt der Gehalt des Oels,
da der Oclkuclien des Leins von Gel nicht gänzlich
frei ist, sich gleichfalls als Konnzeichen benutzen.
Hierzu extrahirl man die verdächtige Substanz mit
Aether, verdampft und behandelt den Rückstand mit
rauchender Salpeters. , welche letztere dann das Oel
des Roggens in eine feste, schöne rothe Masse ver-
wandelt. Man wäscht sie mit Wasser, behandelt sie
mit wenig kochendem Alkohol von 36<^ und decantirt
heiss ; nach Abdampfung des letztern bleibt das Lein-
öl zurück. — Endlich hat Martens für ein gutes
Kennzeichen gehalten, den beträchtlichen Gehalt des
Leinsamens an vegetabilischem, in Wasser lössbarem
und durch basisch - essigs. Blei fällbaren Schleime.
Da jedoch eine Gummilösung dieselbe EigenthOmlich-
keit zeigt, und ausserdem nach Einhof Roggen
11 pCt. davon besitzt, so ist jenes Kennzeichen für
ein unsicheres Mittel zu halten, um eine Verralschung
von Roggen u. Weizen mit Leinmehl zu erkennen.
(Sonnen kalb.)
24
in. Bygieine, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
21. likroskopisch- chemische Analyse der
festen nnd flüssigen Nahningsmittel, nebst
deren Terfälschnngen. (Lancet. Sept. i85i.)
Die Ferßlschungen der Milch. Nach einer das
Bekannte enthaltenden Auseinandersetzung der Milch-
bestandtheile ttberhaupl , folgt eine Abhandlung ttber
den Einfluss der Nahrung, der Temperatur und des
Melkens auf die Milch der Kabe. Was den Einfluss
des Futlers anlangt, so haben Henri und Cheva-
lier gefunden, dass durch Möhren, noch mehr aber
durch Runkelrüben die Menge des Casel'n und der
Butter vermindert, dagegen die des Zuckers ausser-
ordentlich vermehrt wird. Es ISsst sich annehmen,
dass der Reichthum beider Wurzeln an Zucker hier-
von die Ursache ist. Trebern und Branntweinspttlig
werden sehr hSlufig zu dem Zwecke gegeben, eine
sehr reichliche Milchsecretion zu bewirken. Die Kühe
werden dabei dick und fett, bekommen aber steife
Gelenke , so dass sie sich nicht niederlegen können,
am Zahnfleisch zeigen sich Geschwüre, die Zahne fal-
len aus, der Athem wird stinkend, die Kühe gehen
bald zu Grunde. Hohe Temperatur und trockne' Jah-
reszeil vermindern die Milchmenge, machen aber die
Qualität derselben besser. Namentlich die Butter
nimmt in der Wärme zu, während in der Kälte der
Zucker^-und Käsegehalt bedeuteuder sein sollen. Hin-
sichtlich der Zeil und der Häufigkeit des Melkens hat
man beobachtet, dass die Morgenmilch besser ist, als
die Abendmilch, dass Milch von nur einmal des Tages
gemolkenen Kühen dicker und in jeder Hinsicht vor-
züglicher ist, als die Milch von mehrmals gemolkenen.
Die bei jedem Melken zulezt abgehende Portion ent-
hält mehr nährende Bestandtheile, als die zuerst ent-
fernte; von 8 Kühen betrug die Gesammtmenge der
Butter in der zuerst beim Melken abgegangenen Milch
6lVt pCt.» in der zuletzt abgegangenen 14lVa P^^«
Welchen schlimmen Einfluss die ausschliessliche Slall-
ftttterung auf die Gesundheit der Kühe hat, ist be-
kannt und dennoch geschieht von Seiten der Besitzer
so gut wie Nichts , um diese Nachlheile wenigstens
einigermaassco zu beseitigen. Nach Thompson's
Berechnung giebt eine Kuh täglich durch den Exspi-
rationsprocess 6 Pfd. Kohlcnslofi* in Form von Koh-
lensäure aus und bedarf dazu956*/4 Kubikfuss atmo-
sphärischer Luft. Diese Menge von Luft aber steht
ihr bei dem engen Zusammengedrängtsein in einem
nicht ventilirten, meist dunklen Räume nicht zu Ge-
bote. Dazu kommt der Mangel an Bewegung, die
meist sehr vcrnachlässigle Reinigung der in der be-
deutenden Wärme des Kuhstalls stark transspiriren-
den Haut. Somit ist es denn nicht zu verwundern,
wenn die Kühe Mund- und Nasenkatarrhe, geschwol-
lene Euter und Gelenke, Krätze und Räude bekom-
men und ihre Kräfte verlieren , und dass die Qualität
der Milch dabei sehr verschleciitert wird.
Bei Prüfung der Güte der Milch bedient man sich
des gewöhnl. Hydrometer, um die specifische Schwere,
des Lactometer und des Lacloskop, um das als Rahm
obenaufschwimmende Fett zu bestimmen. Abbildun-
gen dieser Instrnmente sind beigefügt. Was das Hy-
drometer anlangt , so kann dasselbe zu Täuschungen
Veranlassung geben, da die Milch in dem Maasse, als
sie reich an Butter ist , ein um so leichteres specifi-
sches Gewicht zeigt. Jedenfalls ist die von Las-
sa igne gefundene Mittelzahl des specifischen Ge-
wichts der Milch, nämlich 1031 bei 50^ F. zu hoch.
Das Lactometer, dessen man sich zur Bestimmung
der Buttermenge bedient, besteht aus einem 11'^
hohen und ^f^*' weitem Probirglase, das in der Länge
von 10^' in einzelne Zolle graduirt ist, deren jeder
wiederum in 10 gleiche Theile eingetheilt ist. Man
füllt das Glas mit Milch, lässt diese 12 Stunden lang
stehen und prüft dann die Dicke der obenaufschwim-
menden Rahmschicht. Nach Dr. Normandy beträgt
die Dicke der Rahmschicht in diesem Lactometer bei
reiner Milch 8~8Ya pCl. , doch ist aus bereits frü-
her angegebenen Gründen dieses Verhältniss schwan-
kend. Zusatz von warmem Wasser beschleunigt
zwar die Ausscheidung des Rahms, vermehrt aber kei-
neswegs, wie manche Milchverkäufer glauben, die
Menge desselben. Will man die Fettmenge ganz ge-
nau bestimmen , so muss vorher der Käsestofl" durch
Essigsäure geßlllt werden, wobei das ganze Fett sich
diesem einverleibt , worauf man durch Ausziehen mit
Aether die Fettmenge dem Gewicht nach bestimmen
kann. Zur Bestimmung des Fettes kann man sich
auch des Donn^*schen Lactoskop bedienen, dessen
Abbildung und ausführliche Beschreibung beigefügt
sind. Die Käsemenge wird bestimmt, indem man
denselben durch Essigsäure fällt, die Fettmaterie durch
Aether auszieht und den getrockneten Rückstand
wägt.
ferßlschungen. 1) Ferßlschtmg mit fVas^
ser ist oft sebr schwer zu erkennen, wenn die Menge
desselben gering ist. Das Lactometer zeigt an , ob
ausser dem Zusätze von Wasser auch noch der Rahm
vorher entfernt worden ist; das Hydrometer giebt an-
näherungsweise das verminderte specifische Gewicht
an, worauf man sich aber bei der Verschiedenheit
desselben sogar hei der reinen Milch nicht mitSicIier-
heit verlassen kann. Nur bedeutendere Wassermen-
gen lassen sich demnach mit Gewissheit nachweisen,
wobei das bläuliche Ansehen der Milch als Hülfsmittel
der Erkennung dient. 2) Ferßlschtmg mit Mehl
erkennt man durch die blaue Farbe, welche die Milch
durch Zusatz einiger Tropfen Jodtinctur annimmt, be-
sonders wenn man vorher den Käsestofl' durch Kochen
mit etwas Essigsäure gefällt u. «durch das Filter ent-
fernt hat. 3) Ferßlschung mit Mandelmilch kommt
des Preises wegen selten vor. Man erkennt sie durch
Zusatz einiger Gran Amygdalin zu etwa Y^ ^ der
Milch, wobei sich im Falle der Verfälschung in weni-
gen Minuten der Geruch nach bittern Mandeln entwik-
kelt. 4) Ferßlschung mil arabischem Gummi,
Die Milch wird durch Kochen mit etwas Essigsäure
coagulirt, die Molken abßltrirt und etwas Alkohol zu-
gesetzt, wobei ein reichlicher weisser Niederschlag
entsteht, den man durch die Reagentien für Gommi
erkennt. Traganthgummi bildet nach dem Kochen
lU. Hygieine» Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
26
einen gallertartigen Bodensatz und reagirt seines
Starkemehlgehaltes wegen auf Jodtinctnr. 5) Der
gewOhoUche Glaube, Milch werde hüufig mit Kalk
TerlUlscfal, ist irrig, da derselbe fast augenblicklich
to Boden fifllt und deshalb sofort der Betrog entdeckt
werden würde. Die gewöhnlichen Prttfungsmittel
des Kalks lassen seine Gegenwart leicht erkennen.
t)€urcwna wird der Milch zugesetzt, um ihr ein
recht butterreiches Ansehn zu geben. Man erkennt
sie durch die braune Farbe, die die Milch, nach ?or-
herigem Eindampfen auf etwa Yg ihres Volums , mit
Aetzkali giebt. 7) Soda wird zugesetzt, um das
Sauerwerden zu verhüten. Durch gerütheles Lak-
muspapier und Aufbrausen mit Säuren leicht erkenn-
bar, übrigens ziemlich gefahrlos. 8) Zucker erkennt
man durch die Gährung mit Hefe bei70— 80<^F. Ver-
AIschuDg mit Hanfsamenemulsion kommt nicht vor,
da der Geschmack zu widerlich ist. 9) Ferßlschung
mit Gehirn ist nicht seilen und wird durch das Mi-
kroskop erkannt. 1 0) Die jlußewahnmg der Milch
in Zinkgeßssen^ zu dem Zwecke die Bahmausschei-
doog zu fordern , ist gefährlich wegen Bildung von
mUchsaurem Zinkoxyd. Man erkennt dieses durch
Sattigen der Molken mit Ammoniak und Zusatz von
Schwefelammonium, wobei sich ein weisser Nie-
derschlag, Schwefelzink, bildet.
(Julius Clarus.)
22. Einhllllimg der Pillen in Znckerpalver;
vonMonthus. (Journ. de Toul. Avril 1851.)
4 Grmm. Gummi arab. und 10 Grmm. Syrupus
simpl. werden auf die Pillen , die man einhüllen und
wohlschmeckender machen will, gegossen, worauf
man die überzogenen Pillen auf eine dick mit Zucker-
puJver bestreute Zinnplatte fallen lässt. Terpentin-
piJJen werden auf diese Art am Besten gereicht.
(Julius Clarus.)
[Zu gleichem Zwecke empfiehlt Jozeau (Gaz.
desflöp. 66. 1851) das Casetn vermiltels folgenden
Verfahrens. Man lege vollkommen bullerfreies GaseYn
in kochendes Wasser, presse es dann stark zusammen
0. löse es hierauf in einer hinreichenden Menge Aelzam-
moniakauf, dass die Auflösung die Dicke eines gewöhn-
lichen Syrup hat. Dieser Auflösung menge man Zuk-
ker (1 : 10) bei, lasse das Gemenge abdampfen und
pulverisire den Bückstand. Um Pillen zu überziehen,
löse man von diesem Pulver eine kleine Menge zu
einem dicken Schleime auf, benetze die Pillen mit
demselben und bedecke die angefeuchteten Pillen mit
dem CaseYnpulver. Nachdem man diese Manipulation
2 — 3mal wiederholt hat , lege man die Pillen kurze
Zeit in etwas angesäuertes Wasser und trockne sie
dann. Redaction.]
23. Die Koknm-Bnttery oder das feste Oel der
Mangostana ; von Dr. J o n. P e r e i r a. (Pharm.
Journ. Aug. 1851.)
Dieses feste Pflanzenfett, welches für pharmaceu-
tiiche Q. chirurgische Zwecke anwendbar ist, stammt
Med. Jahrbb. Bd. 73. HA. 1.
aus den Samen der Gareinia purjmrea Roxhurgs ;
der Baum wird von den Eingebornen in Ostindien
ffokum, von den Portugiesen Brindao genannt. Das
Fett ist fest, zerreiblich, zwischen den Fingern fettig
anzufühlen, wie Wallrath ; es erweicht sich bei 90<^
bis 100<» F. und schmilzt erst bei 120^ vollständig;
in Spiritus (bes. heissem) und noch mehr in Aether
ist es löslich. Es scheint identisch mit dem schon
früher aus Borneo im Handel vorgekommenen Minia
ßatia oder Stone Oil [wörtl. Stein-Oel].
(H. E. Richter.)
24. Die Nu Yomica n ihre Bestandtheile ;
von Dr. H. Hirzel. (Leipzig, Baensch 1851.)
Vf. giebt, wie er auf dem Titel bemerkt, eine
Zusammenstellung der bis zum heutigen Tage über
die genannte Drogue gesammelten Erfahrungen. Nach
einer pharmakognostischen Beschreibung der Brech-
nüsse folgt eine Zusammenstellung der neuern An-
sichten über die wesentlichen Bestandtheile derselben,
-nSimlich die eigenthümliche Saure, Igasursäure und
die 2 organischen Salzbasen, Slrychnin und Brucin.
Die Igasursäure, von Pelletier und Caventou
als eigenthümliche Säure betrachtet, wurde von Gor-
riol (1833) der Identität ihres Talkerde- u. Zink-
ozydsalzes mit den entsprechenden milchsauren Sal-
zen wegen , für Milchsäure erklart, eine Ansicht, die
noch bis zum heutigen Tage von den meisten Chemi-
kern getheilt wird. Auf derselben beruht auch die
von Berzelius zur Darstellung der Säure aus den
Brechnüssen angegebenen Methode, und sollen nach
ihm 2 — 3% Milchsäure in denselben enthalten sein.
M a r s 0 n machte jedoch 1848 darauf aufmerk-
sam , dass , wenn man die Eigenschaften der Milch-
säure mit denen der Igasursäure vergleiche , es nicht
möglich sein kOnne, dass die Pelle tierische Iga-
sursäure mit der Milchsäure identisch sei. Ma r s o n
fällte die Flüssigkeiten, woraus durch Magnesia Strych-
nin und Brucin gefällt waren , mit essigsaurem Blei-
oxyd, wodurch er einen sehr voluminösen Niederschlag
erhielt , während das milchsaure Bleioxyd leicht lös-
lich ist , was allerdings offenbar beweist, dass dieje-
nige Säure, welche mit dem zugefügten essigsauren
Bleioxyd einen Niederschlag gab, unmöglich Milch-
säure sein konnte. Ob aber in der nach dem Fällen
mit Bleiessig zurückgebliebenen Flüssigkeit noch eine
andere Säure enthalten sei, hSt derselbe nicht geprüft.
Jedenfalls scheint es sehr wahrscheinlich, dass die
Brechnuss mehrere verschiedene Säuren enthält.
Der wichtigste Bestandtheil der Brechnüsse ist
das 1818von Pelletier und Caventou entdeckte
Strychnin, das nach ihnen zu 0,4% darin enthalten
ist. Gewöhnlich nimmt man an, dass 1 Pfd. Krä-
henaugen höchstens 17 — 18 Gr. reines Strychnin ge-
ben. W i 1 1 s 1 0 c k erhielt nach seiner von Vf. ge-
nauer angegebenen Darslellungsmethode, wegen deren
wir aber auf das Original verweisen müssen , aus 1 6
Unz. Krähenaugen 40 Gr. Salpeters. Strychnin
4
in. Hygieiie. Düttetik, PiuumalM^l^gie u. Toiikologie^
Ais ^ ricMgste Porrael fttr die ZmammeoseE-
cuiig dcrselbea muss die von Nicholson und Abel
■ufgesteUte angesehea werden, nUmlich N^ 0^^ H^^
O4, d. i. in 100 Th. 75,45 C, 6,59 H. 8,38 N,
9,58 0.
Das Strychnin findet sieb in der Nalurfiicht allein
in den Samen von Slrychnos nux vQniicaf sotidern es
charakterisirt das ganze Genus Strychnos undj^ivird in
den verschiedenen Slrychnosarlen , sowohl in^^den
Wurzeln, wie in der Rinde, den BläUern unc^dem
Stamme gefunden. So enthalt die Ignaliusbohne
(Ignatia amara) Strychnin zu 1^3%. Sehr viel
Strychnin enthält ferner Strychnos tieule , ein in den
Urwäldern von Java wachsender Strauch, aus dessen
Wurzel die Bewohner durch Auskochen das bekannte
Woorara - Upas - oder Pfeilgift gewinnen, ein har-
tes, dunkelbraunes, bitteres Extract, welches seine
giftigen Eigenschaften seinem Strychningehalt verdankt.
Der Stamm desselben Baumes enthält eine wässrige,
geschmacklose, vollkommen unschädliche FlQssigkeit,
die aber nicht aus Einschnitten in die Rinde, sondern '
erst dann, wenn man den Stamm der Quere nach
durchschneidet, aus dem porösen Holze ausfliesst.
Das oben genannte Extract löst sich in Wasser mit
Hinterlassung eines ziegelrolhen Pulvers mit gelber
Farbe auf, auch in Alkohol ist es auflöslich , in Ae-
tber nicht. Das Upasgift enthält ausser Strychnin,
welches darin an Milchsäure gebunden sein soll, noch
eine gummiartige , durch Säuren , besonders Salpe-
tersäure, sich intensiv grün färbende Substanz und
einen gelben FarbstofT, der durch Salpeters, roth ge-
färbt wird. -Das Gift wirkt, sowohl wenn es innerlich
genommen , als wenn es dem Blute durch Wunden
beigebracht wird, meist in wenig Minuten tödtlich.
Das eigentliche Upasgift wird oft mit dem An-
thiar gifte verwechselt, welches von Anlhiaris toxica-
ria (Artocarpeae) , Pohon Upas, stammt, welcher
Baum besonders in den Wäldern der Philippinen und
Molukken gefunden wird , und das Gift hauptsächlich
in der Rinde des Stammes enthält, aus dem es durch
Einschnitte ausfliesst. Es bildet eine feste rotiibraune
Masse von Wachsconsistenz , schmeckt bitter scharf,
u. bewirkt das Gefühl von Erstarrung auf der Zunge.
In Wasser löst es sich nur zu einer braunen Emulsion,
leichter in Weingeist , wenig nur in Aether. Seine
giftigen Wirkungen verdankt es dem Antiarin, einer
stickstofffreien Verbindung «= G14 H^o O5 + 2 HO,
welche in perlmutterartig glänzenden Blätlchen kry-
stallisirt.
Ein ebenso stark wirkendes Gift ist das Curara-
Urari- oder Wuraligifl der eingebornen Amerikaner
am Orinocco, Japaro und Niger, welches durch Ein-
schnitte in die Rinde von Slrychnos guianensis Mart.
gewonnen wird und durch eine besondere organische
Pflanzenbasis (Boussaingault und Roulin), das
Gurarin giftig wirken soll.
Das sogeaannte SeMangenholz stammt nament-
lich von Strychnos colubrina (Wall) und Str. ligu-
strina (Blum) und enthält gleichfalls Strychnin.
Neben dem Strychnin enthalten die Kräbenaugen
bekanntlich eine 2. Pflanzenbasis , das ßructu, wel-
ches in etwas grösserer Menge als das erstere darin
enthalten zu sein scheint, indem Wittstock durch
seine Darstellungsweise aus 16 5 Kräbeaaugeo 50 Gr.
reines, salpeters. Brucin erhielt. Die richtigste For-
mel scheint die von Regnauli zu sein, welcher das
Brucin aus N^ G|^ -Hs« O9, d. h. in 100 Th. 70,05 G,
6,60 H, 7,11 N, 16,24 0, zusammengesetzt fand.
Es folgt hierauf eine tabellarische Uebersicht der
Eigenschaften, Reactionen und Zersetzungen des
Strychnins und Brucins\ aus der wir nur Folgendes
entnehmen. 1) Das Strychnin schmilzt nicht, zer-
setzt sich aber schon bei -)- 313 — 315*, wobei
es unter Ausstossung dicker, brauner Dämpfe ver-
kohlt; das Brucin schmilzt schon bei 100<^ und er-
starrt beim Erkalten , nach erfolgter Wasserabgabe,
zu einer wachsarligen, farblosen Masse. In höherer
Temperatur zersetzt es sich. — 2) Strychnin wird
in Ghlorgas sogleich schwach gelb. Leitet m^n durch
eine Strychninlösung Ghlorgas, so Tjüt augenblicklich
ein feiner, weisser Körper (Chlorstrychnin) nieder,
der im Wasser ganz unauflöslich ist. Bromdampf
färbt Strychnin orangegelb , Joddampf cilronengelb ;
Brucin wird in Ghlorgas röthlichgelb. Leitet man
zu fein geriebenem, in Wasser vertheillem Brucin Chlor-
gas , so löst es sich auf. — Bromdampf filrbl das
Brucin ziegelroth, Joddampf braungelb. — 3)
Concentrirte Salpetersäure löst das Strychnin in der
Kälte farblos auf, in der Wärme wird die Flüssigkeit
gelb und das Strychnin wird zersetzt; Brucin wird
durch concentrirte Salpetersäure intensiv roth. —
4) Goncentrirle Schwefelsäure l^rbt Strychnin zuerst
rothgelb, nachher violett; Brucin wird ebendadurch
zuerst rosenrolh und nachher grüngelb. In verdünn-
ter Schwefelsäure lösen sich beide auf. — ^ 5) Pla-
tinchlorid erzeugt mit Strychninlösung einen körni-
gen, gelblichen, mit Brucin einen lockern, gelblichen,
perlmulterglänzenden Niederschlag. — 6) Die Wir-
kung des Strychnin ist etwa 12raal stärker als die
des Brucin. Strychnin erscheint in vierseiligen, vier-
flächig zugespitzten Pyramiden, Brucin in farblosen
vierseitigen Prismen; die Strychninkrystalle sind was-
serfrei, die des Brucin entlialten etwa 15,55 ^/o«
(Julius Glarus.)
25. Die physiologische und therapeutische
Wirkung der immoniakpr¶te; von Dr. J.
Delioux. (Arch. g^n. Septbr. 1851. Schluss v.
Jahrbb. L.\X1I. 159.)
Dem essigsauren Ammoniak spricht Vf. jede ört-
liche irritirende oder stimulirende Wirkung ab , hält
es dagegen für ein verflüssigendes, antispasmodisches
und temperirendes Mittel. Die temperirende Eigen- •
Schaft erhält das Mittel dadurch, dass sich die Essig-
säure durch Sauerstoflaufnahme aus dem Blute in
Kohlensäure verwandelt, und dadurch, indem das Blut
setoe arteriellen Eigenschaiten verliert, die circulato-
rische Bewegung desselben vermindert wird. Wegea
lU. HygieiBe, Düttetik, Phamiakologie u. Toxikologie.
27
der aBgedeoliten dreifachen Wirkang des essigsaure»
AmmoBiak » hat man ee bei den verschiedenartigsten
nenropathiseben Affectionen mit mehr oder weniger
Glttek versacht Dazu gehören: Epilepsie» Bysterie,
hartDicktge Neuralgien u. a. Carri^re erklftrt in
den Ann. mdd. psycholog. Mars 1846 die betref-
fende Wirkung durch eine Veriheilung der in einem
eioselnen Organe angehäuften NerventhStigkeit von
dem Centnutt auf die Peripherie , eine Ansieht , wo-
mit Vf. übereinstimmt und deshalb das Mittel vorzug-
lich bei typhoiden Fiebern in Gaben von 4 — SOGrmm.
in 24 Stunden zur Bekämpfung der vorhandenen Ataxie
anempfiehlt. Der Puls vermindert sich , die vorhan-
denen Depressionserscheinungen verschwinden. In
ähnlicher Weise zeigt sich essigs. Ammoniak bei Pneu-
monien mit dem Charakter der Adynamie , wo ßlul-
enlzieiiungen und Brechweinstein contraindicirt sind,
nOtzIich. Bei Cholera mindert es die Krämpfe und
das Erbrechen und ersetzt den Verlust des Blutes an
Alkali. Eine besondere Beziehung scheint übrigens
der Liqu. Mind. nach Palin (Arch. g^n. 1828) zu
dem Uterinnervensysleme zu besitzen, und ist deshalb
bereits seit langer Zeit bei schwererfolgender und
schmerzhafter Menstruation empfohlen worden , wel-
che Beobachtung neuerdings durch T r o n s s e a n u.
GuSrard bestätigt wird. Nicht nur die gewöhnlich
bei den genannten Zuständen vorhandenen Uterin-
krämpfe lassen nach, sondern es erfolgt auch die ka-
tameniale Blutausscheidung schnell und in erheblicher
Quantität. In gleicher Weise tritt eine temperirende
und antispasmodisch^ Wirkung des genannten Mittels
bei acuter Gicht und bei acutem Rheumalismus her-
vor, nur muss hierbei eine Dose von 80 — 100 Grmm.
des Tags gereicht werden.
Das phosphorsaure Ammoniak ist in neuerer
Zeit, namentlich von B uckler (Journ. de conn.
m^d.-chir. 1846)» gegen Gicht, Rheumalismus und
andere mit harnsaurer Diathese verbundene Krankhei-
ten in der Voraussetzung empfohlen worden, dass die
Harnsäure sich bei den genannten Zuständen als ein
harnsaures, schwerlösliches und deshalb weder durch
die Haut noch durch die Nieren entfernbares Doppel-
salz mit Natron und Kalk im Blute vorfindet , welche
Verbindung durch das phosphors. Ammoniak in phos-
phors. Natron und harnsaures Ammoniak, beides lös-
liche und deshalb ausscheidbare Verbindungen , ver-
wandeil wird. Vf. stellt dieser Ansicht folgende Fr'a-
gen entgegen. 1) Was wird bei diesem Vorgange
mit dem Kalk? 2) Begünstigt nicht das phosphors.
Ammoniak die Bildung von Harnsteinen aus phosphor-
saurer Ammoniak-Magnesia? 3) Ist es rathsam, bei
barnsaurer Dialhese stickstoffige Arzneimittel einzu-
führen ? Uebrigens versichert B u c k 1 e r , dass nach
Darreichung von phosphors. Ammoniak die harnsauren
Sedimente verschwanden.
Was die Dosirung der Ammoniakpräparate an-
langt, so verschreibt Vf. dieselben in kleinerer Menge
als es sonst ttblich ist, nämlich das Aetzammoniak in-
nerlich höchstens zn 50 Gtgrmm. auf 120 — 200
Grmm. Zucker- oder aromatisehea Wasser, das Gar-
bonat lu 40 — 50 Gtgrmm., den Salmiak tu 8--*- 10
Grmm. , das essigsaure Ammoniak im Liquor Minde-
ren seilen Ober 10 — 20 Grmm. täglich.
(Julius Clarus.)
26. Chemische, physiologische und thera-
peutische Beobachtimgeii Ober die Silbeisalxei
von Dr. J. Delioux. (Gaz. de Paris. 34 — 37, 39,'
41. 1851.)
Auf Veranlassung früherer Arbeiten von Las-
saigue über die Verbindung des QueoksilbersubK-
mats mitEiweiss (Compt. rend. 1840. Journ. de Chim.
m^d. 1840 — 42), hat sich Vf. die Aufgabe gestellt
zu untersuchen, welchen Einfluss die Alkalisalze, na-
mentlich die Chlorverbindungen, und die eiweissarti-
gen Materien auf die Silbersalze ausflben.
Das Salpetersäure Silber. X) Chemir-
sehe Erfahrungen. Zunächst sucht Vf. Mialhe's
Ansicht zu widerlegen , der zufolge die Silbersalze im
Magen durch die Ghloralkalien in ein Doppelsalz von
Chlorsilber und einem Chloralkali verwancbelt und un-
mittelbar resorbirt werden. Diese loslichen Doppel-
chlorverbindungen bilden sich nur bei Einwirkung
sehr concentrirter ChloralkaliKtoungen auf Silberehlo-
rttr nach längerem Erhitzen, u. zersetzen sich, nach-
dem sie vorher zusammen krystallisirt waren, bei
Zutritt von Wasser vollständig. Demnach wtirdea
sich, falls wirklich im Magen solche Chlorsilberalka-
lienr gebildet würden, dieselben alsbald wieder zu
Cblorsilber zersetzen und also eine Resorption nicht
erfolgen. Es bleiben also zur Erklärung der Resor-
ption des Silbers nur 2 Wege : entweder die Annahme
der Bildung eines Silberoxydalbuminats , oder einer
Verbindung von Salpeters. Silber mit Albumin. Letz-
tere Ansicht hat die grössere Wahrscheinlichkeit ftlr
sich, da durch dieselbe die Leichtigkeit der erfolgen-
den Resorption erklärt wird, und da ausserdem L a s-
saigne das bei Einwirkung einer Salpeters. Silber-
lOsung auf Eiweiss entstehende Präcipilat zusammen-
gesetzt fand aus 84,5 Albumin und 15,5 Salpeters.
Silberoxyd. Dasselbe löst sich leicht bei Zusatz ei-
niger Tropfen Kochsalzlösung auf, während gewöhn-
liches Chlorsilber in Chloralkalien nicht auflöslich ist.
Setzt man zu Blutserum eine Lösung von Salpeters.
Silber , so bildet sich zwar anfangs eine leichte Trü-
bung, die aber sofort und vollständig beim Umschttt-
teln verschwindet, während Chlorsilber, zu dem man
eine Eiweiss- und Cbloralkalihaltige Flüssigkeit setzt,
sich nicht auflöst. Es scheint demnach hierdurch
erwiesen, dass durch Gegenwart von Eiweiss das
salpelers. Silber in chloralkalihaltigen Flüssigkeiten
in Auflösung erhalten wird. Einen vergleichendes
Versuch kann man in folgender Weise anstellen: Man
ftllt das Eiweiss vom Blutserum durch Salpetersäure,
filtrirt die Flüssigkeit und setzt zu dem Filtral
Salpeters. Silber hinzu. Es bildet sich sofort ein
Niederschlag, der sich im Ueberschusse eines gleieh-
folls seines Eiweiss beraubten Serum nicht anflOst«
28
lU. Hygieine, Diittetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
Setzt man dagegen zu dem eiweisslosen Serum ge-
wöhnliches eiweisshaltiges und darauf einige Tropfen
einer LOsung von Salpeters. Silber zu, so bildet sich
nur eine leichte Trübung , die sofort beim Umschfll-
teln verschwindet. Setzt man endlich zu dem durch
Fällen von Eiweiss mit einer Silbersalpetersolution
entstandenen Niederschlag ein seines Eiweiss beraub-
tes Blutserum, so lOst sich der Niederschlag auf. Vf.
hat ferner versucht , ob auch andere Alkalisalze das-
selbe Verhalten zu dem Salpeters. Silberalbuminat zei-
gen und ist dabei zu folgenden Resultaten gelangt.
Phosphors. Natron löst den Silberalbuminatnieder-
schlag etwas schwieriger auf als die Chloralkalien,
schwefeis. Natron noch weniger, kohlens. Natron und
Kali lösen den Niederschlag vollkommen auf; ähnlich
wirken Aetzkali , Aetznatron und Aetzamnioniak. Es
besitzen somit die organischen Flüssigkeiten mehrere
Körper . welche die Süberalbuminatpräcipilation lös-
lich erhalten. Wenn es nun somit festzustehen
scheint, dass die Verbindung von Salpeters. Silber
mit Eiweiss beim Ueberschuss von Eiweiss in und
wohl auch durch chloralkali haltige Flüssigkeiten in
Auflösung erhalten wird, so ist es doch unrichtig an-
zunehmen, dass die Chloralkalien sich unmittelbar an
der gebildeten chemischen Verbindung betheiligen.
Bemerkenswerth ist auch noch der Umstand, dass die
eiweissartigen Stoffe den Silbersolutionen ihre Fähig-
keit nehmen, durch andere Reagentien als durch
Schwefelwasserstoff und Schwefelammonium gefüllt
zu werden, ja dass sie sogar die Flüssigkeit durch-
sichtiger machen. Die genannten Reagentien dage-
gen sind von einer ausserordentlichen EmpGndlich-
keit, indem sie sofort eine braunschwarze Färbung
bedingen.
Sehr bedeutender Ueberschuss von Silber be-
dingt in eiweisshaltigen Flüssigkeiten eine bleibende
Trübung.
Bringt man trocknen Höllenstein auf Schleim-
häute oder auf wunde Stellen, so bildet sich bekannt-
lich ein weisser Schorf, der, weil das Silber hier in
grossem Ueberschusse vorhanden ist, sich in den Se-
creten nicht oder nur theilweise, wohl aber in einer
Aetzkalisolution auflöst.
2) Therapeutische Schlüsse. Dem Gesagten
zufolge dürfte für die innere Anwendung des Salpe-
ters.. Silbers diejenige Formel die beste sein , welche
den unmittelbaren Uebergang des Silbers in den Or-
ganismus ermöglicht. Pillen eignen sich weniger,
da sie leicht eine örtlich-reizende Wirkung auf den
Darmkanal ausüben , dagegen ist jedenfalls die Form
der Darreichung in einer chloralkalihaltigen Eiweiss-
lösung diejenige, die am Meisten dem natürlichen
Verhalten des Silbers im Organismus entspricht. Vf.
schlägt dazu folgende Mischung vor : Eiweiss 1 Hek-
toliter, destillirtes Wasser 120 Grmm. Nach dem
Filtriren werden zusammen zugesetzt: Argent. nitr.,
Natr. chloret, ana q. s. (0,05 Grmm.), Syrup. sacch.
Grmm. 30. Das Silber und das Kochsalz sind vorher
jedes für sich in Wasser aufzulösen. Allerdings zer-
setzt sich diese Mischung schnell und darf deshalb
immer nur auf kurze Zeit verschrieben werden, ge-
währt aber den Vortheil, dass sie durchaus keine
Darmreizung bedingt. Auch zu Klystiren eignet sich
dieselbe bei Dysenterien und andern Entzündungen
der Dickdarmscbleimhaut. [Es ist sehr zu bezwei-
feln, dass die heilsame Localwirkung der Silhersal-
peterklystire bei den genannten Zuständen eintritt,
wenn man Vfs. Formel anwendet.]
- Ein 2. praktischer Schluss der sich aus den che-
mischen Untersuchungen ergiebt, betrifft die geprie-
sene Wirkung des Kochsalzes als Gegengift bei Sil-
bersalpetervergiftungen. Angenommen selbst, dass
nur eine kleine Menge organischer Flüssigkeiten im
Magen zur Zeit der Vergiftung vorhanden ist, so
würde, wenn Kochsalz eingeführt wird, sich doch
neben dem unlöslicben Chlorsilber stets ein lösliches
Silhernitratalburoinat bilden und die Gefahr nicht be-
seitigt werden. [Dieser Schluss ist falsch. Abge-
sehen davon, dass, wie Vf. selbst zugieht, sich stets
ein unlösliches Chlorsilber bildet, welches keine wei-
tere Reizung auf den Darmkanal ausübt , so entbehrt
auch das lösliche Silbernitralalbuminat der heftig irri-
tirenden Eigenschaften des gewöhnlichen Silbersalpe-
ters, ist also jedenfalls Kochsalz eines der besten Ge-
gengifte und schon deshalb dem von Vf. als Gegen-
gift vorgeschlagenen Protosulphuret des Eisens vorzu-
ziehen, weil es eher zur Hand ist als dieses.] Beher-
zigenswerth ist dagegen der Vorschlag, Milch als
Gegengift anzuwenden, weil das GaseYn nicht gleich
dem Albumin das Salpeters. Silber bei Gegenwart von
Ghlorakalien in Auflösung erhalt , sondern einen nur
in Ammoniak löslichen compacten Niederschlag bil-
det. Die übrigen Silberpräparate , die man zeitwei-
lig empfohlen hat, verdienen wenig Berücksichtigung,
da sie entweder ganz unlöslich sind, oder, wenn sie
löslich sind , vor dem Salpeters. Salze nichts voraus
haben. Die nach liingerem Silbergebrauch entste-
hende Verdunkelung der Hautfarbe hält Vf. für Folge
einer Reduction des Silbersalpeters zu metallischem
Silber, da sich in analoger Weise aus Blutserum , in
welchem man Salpeters. Silber aufgelöst hat , beim
Stehen am Licht ein Niederschlag von metallischem
Silber bildet. (J u 1. C 1 a r u s.)
27. Formeln f&r balsamisch - alkalisclic
■ittel^ von Delioux. (Bull, de Tb^r. Sept
1851.)
Um bei Brustafl'ectionen die balsamischen Mittel
resorbirbar und demgemäss wirksam zu machen, ver-
bindet Vf. dieselben mit doppelt kohlensaurem Na-
tron oder Ammoniak und bedient sich dazu dei
Tablettes baisam o-sodiques oder balsamo-ammonv
ques. Erstere sind folgendermaassen zusammenge«
setzt: Bals. tolut. 150 Grmm. , Natr. bicarbon. 1{
Grmm. , Sacch. alb. 2,000 Grmm. , Tragacanth. 2<
Grmm., Alcohol. (860) 150 Grmm., Aq. dest. dO(
Grmm. Aehnliche Zusammensetzung haben auch dt
in. Hygieine, Diittetik, Pharmakologie u. Toiikologie.
29
leUCern. Die Lege artis gebildeten Tabletten werden
getroeknet. [Es ist nur zn fürchten , dass durch die
Zimmt- und Benzo($$aure eine ziemlich vollständige
Zersetzung der Bicarbonate erfolgt.] Bei den Ammo-
'oiaktabletten , darf keine grosse Wärme angewandt
werden. (Jul. Clarus.)
28. Tinctnra colchici gegen acuten Gelenk-
iftenmatisnius und Gicht; von Dr. Deiasiauve.
(Arcb. g^n. Oct. 1851.)
So alt der Gebrauch der Zeitlose gegen Gicht ist,
so neu ist ihre Anwendung gegen die acute Form des
Gelenkrheumatismus. 5 beigefügte Beobachtungen
sprechen in der That dafttr, dass dem Mittel eine gros-
sere Wirksamkeil zukommt» als man gewöhnlich
meint, (n 3 — 10 Tagen verschwanden nachdem
mehrmals täglich wiederholten Gebrauche von 30 Tr.
Tinctura colchici , Schmerz , Schwellung und Fieber.
Kolik und Durchfall traten nicht ein , die Zahl der
Herzschläge nahm schnell ab. Von der äussern An-
wendung des Chloroform bei der genannten Krank-
heit hat Vf. nicht den geringsten Erfolg gesehen. Oh
bei den obigen Versuchen die Tinctura seminum od.
die T. radicis Colohici genommen wurde, wird leider
nicht gesagt. [Von der T. seminum sah Ref. bei acu-
ten Rheumatismen gar keinen Erfolg ; möglich ist es,
dass die an Golchicin reichere Wurzel besser wirkt.]
(Julius Clarus.)
29. Salpetersaares Eisenozyd gegen Wech-
selfleber; von Dr. William Kerr in Canada.
(Monthly Journ. Oct. 1851.)
VL hat an den Ufern des Ontariosee's eine bedeu-
tende Anzahl von Wechselßeberkranken zu beobach-
ten Gelegenhett gehabt und emp6ehlt zur Verhütung
der auch nach dem Cbiningebrauche so häufigen Rück-
fölle folgendes Verfahren. Zuerst erhält der Kranke
iO Gr. schwefeis. Chinin in 3 Dosen vor dem Anfalle,
am diesen zunächst zu beseitigen. Mit jeder dieser
Dosen nimmt er 1 Theeltfffel voll Salpeters. Eisenoxyd.
Mit letzterem wird dann eine Zeit lang, 3mal täglich,
fortgefahren und bei eintretenden Rückfällen [also
doch Rückfälle!] das Verfahren wiederholt.
(Julius Clarus.)
30. Tersnche mit dem Aether muriaticos
tranSChloratnS , Etker chlorhydrique chlorS , Li-
queur des Hollandais chlor ee ; von Prof. H e y f e 1 d e r.
(Deutsche Klin. 33. 1851.)
Vf. liess entweder das frisch bereitete Präparat
inhaliren.oder er suchte durch Bestreichen eines KOr-
pertheiles oder Auflegen damit getränkter Baumwolle
eine Ortliche Anästhesie hervorzurufen. — Die Ort-
hebe Anwendung bei Zahnextractionen war ohne gün-
stige Wirkung, indem alle Kr. den lebhaftesten Schmerz
änsserlen. Bei Application eines Haarseils wurde
5 MiDUten long zuvor die Haut bestrichen und eben-
falls ein überaus lebhafter Schmerz empfunden , wie
er ohne Anwendung eines Anästheticum nicht stärker
hätte sein können. Bei einer Operation der Hydro-
cele, durch Ausschneidung der vordem Partie des
Hodensackes ausgeführt, wurde 6 Minuten lang der
Theil mit Aeth. mur. transchl. bestrichen, der Kr.
äusserte den lebhaftesten Schmerz, und nach 24 Std.
war die vordere Fläche des Serolum gerade so weit
wie sie bestrichen worden war, schwarz gefärbt, so
dass ein brandiges Absterben und Losstossen der
obem Hautschichten in den nächsten Tagen erfolgte.
Sehr entsprechende Erfolge wurden dagegen durch
Inhalationen erzielt. Bei der Resection einer cariO-
sen Rippe athmete der Kr. den Aether mit grosser
Begierde ein, schloss nach 5 Minuten die Augen,
zeigte keine Aufregung und gab auf alle an ihn ge-
riclitete Fragen ganz entsprechende Antworten ; we-
der die Hauttemperatur noch der Puls zeigten eine
erwähnenswerthe Abweichung vom Nalurgemässen.
Während der ganzen Operation äusserte er nicht den
geringsten Schmerz, und versicherte später, dass er
nicht einen Augenblick das Bewusslsein verloren, son«
dem alles wahrgenommen habe, was um ihn vorgegan-
gen sei. Ganz analog wirkten die Inhalationen bei
einem Bauer, bei welchem eine Krebsgeschwulst aus
dem innern Augenvnnkel, mit Abtragung des untern
Augenlids , exslirpirt wurde. Obgleich Vf. aus die-
sen wenigen Fallen noch keine Schlüsse ziehen will,
so macht er doch auf die eingetretene Empfindungs-
losigkeit bei ungeschwächtem Bewusstsein, auf die
Abwesenheit jeder Aufregung, besonders in der Ge-
föss- und Nervensphäre, welche bei Chloroform-Inha-
lationen so oft wahrgenommen wird , aufmerksam.
(Millies.)
31. Behandlmig der Lmigenentxflndiing mit
CUoroforminhalatioiien ; von Dr. g. Varren-
trapp in Frankfurt a. M. (H. u. Pf.*s Ztschr. N. F.
1. 1. 1851.)
Vf. hat seine Beobachtungen im Heiligen-Geist-
Hospital in 23 Fallen (21 M. und 2 W.) angestellt.
Die Männer waren durchschnittlich 31 J. alt, der jüng-
ste zählte 19, der älteste 62 J., 10 von ihnen halten
nicht das 25. J. überschritten ; Handwerker waren 8,
Tagelöhner 8, Fuhrleute 2 , Soldaten 3. Die Frauen
waren 2 Mägde von 20 und 29 J. , letzlere am Ende
des 5. Monats schwanger.
Die Kr. traten am 1. — 9. Tag der Krankheit,
durchschnittlich am Ende des 4. in das Krankenhaus ;
die Behandlung mit den Chloroformeinathmungen be-
gann in der Regel alsbald oder am nächsten Morgen,
somit zu Anfang des 5. Tages.
In 10 Fällen war die rechte Lunge entzündet, u.
zwar 4mal 2 Lappen und 6mal 3 Lappen ; — in 8
Fällen die linke und zwar 5mal 1 , 3mal 2 Lappen ;
in 5 Fällen beide Lungen. — In 2 Fällen von Ent-
zündung der rechten Lunge und in 2 Fällen linkseiti-
ger Erkrankung kam es nicht bis zu vollständiger He-
patisation.
Als Complication fand sich in 7 Fällen pleuriti-
sches Exsudat; in 1 Fall von Entzündung beider Lun-
gen bei einem dem Trünke Ergebenen Bronchitis aller
30
10. Hygieine, DiXteCik, Pharmakologie u. Toiikologia.
Lappen, in 1 Fall bei einer Schwangern recht» Pneu*>
monie , links Bronchitis ; in 1 Fall endlich Intermil-
tens und Pleurilis und bei Rückkehr desselben Kr.
Icterus mit beschrankter Gangraena pulmonum.
Die 23 Kr. machten durchschnittlich jeder in
lOy^ Tagen 74 Inhalationen; die geringsle Zahl war
27 in 5 Tagen; die grössle 162 in 15 Tagen. Blut-
entziehungen (Imal Aderlass und ImalSchröpfkOpfe)
wurden nur in 2 Fällen gemacht. Von sonstigen
Mitteln wurde 2mal ein Emeticum und 9mal ein Ab-
führmittel (Natr. sulph. mit Fol. sennae) gegeben. In
5 Füllen von Pleuritis wurden Vesicantien, in 2 Calo-
mel und Digitalis angewandt, andere Mittel nicht.
Die Inhalationen wurden im 1. Falle vermittels
eines einfachen Apparates , wie er zur Narkotisirung
gewöhnlich gebraucht wird, in den tlbrigen Fallen in
folgender Weise gemacht: das Chloroform wurde auf
ein fest zusammengedrehtes Stück Baumwolle von 1
— 2 FingergliedgrOsse gegossen , dieses dann von
beiden Seilen in eine kleinhandgrosse , nicht finger-
dicke Partie Baumwolle eingeschlagen und so mehr
oder weniger dicht vor die Nase gehalten. Die ein-
zelne Einalhmung dauerte gewöhnlich 10 — 15 Min.,
in einzelnen schweren Fallen auch langer, und wo es
durch Ergriffenwerden des Sensorium nOthig ward,
mit kurzen Pausen. 6 Einathmungen war die gering-
ste, 8 — 12 die durchschnittliche Zahl der in 24Std.
vorgenommenen Einathmungen; in einzelnen Fallen
wurden einige Tage hindurch bis zu 20 und 25 ge-
macht. Die Menge des Chloroforms betrug im Durchs
schnitt 60 Tr. für jede einzelne Einalhmung.
Sehr selten kommt es vor, dass die Inhalationen
überhaupt nicht vertragen werden, d. h. dass entwe-
der augenblicklich Narkose oder sonstige unangenehme
Erscheinungen eintreten. Oft aber findet man , dass
die ersten Einathmungen schon nach wenigen Athem-
zügen Betäubung des Kopfes , Schwindel oder auch
Uebelkeit hervorrufen, welche Symptome jedoch , so-
bald man das Chloroform von der Nase entfernt, meist
sehr schnell wieder verschwinden. Nach einigen
Inhalationen tritt fast jedesmal vollständige Gewöh-
nung an das Mittel ein. Dass das Mittel bis fast zu-
letzt dem Kr. unangenehm blieb, trotzdem dass es
die Krankheit mit allen ihren Leiden beseitigte, wurde
nur bei einer Frau beobachtet. Bisweilen kam es
vor, dass nach langer und bedeutender Anwendung
ein Widerwille des Kr. gegen das Mittel, eine Art
Uebersattigung entstand.
In der grossen Mehrzahl der Falle wird das Mittel
in jeder Beziehung gut vertragen. Meist wirkt es in
der Weise, dass schon nach wenigen Athemzügen et-
was vermehrte Warme, mehr oder minder reichlicher,
oft lange anhaltender Schweiss, Minderung der Brust-
beklemmung, des Hustens u. Brustschmerzes wenig-
stens für eine Zeit lang, überhaupt eine nicht unbe-
trächtliche Besserung des Eigenbefindens eintritt,
welche Besserung in der bei weitem grössten Zahl
der Falle der wirklichen Besserung, wie sie sich durch
Fieber, Auswurf, physikalieeh« Untersuchung u.s. w.
herausstellt, sowohl voraneilt, als auch sie übertrifft
— Bezüglich der Einwirkung der Inhalationen auf die
einzelnen Symptome ergab sich Folgendet.
Sekweiss. Wenn derselbe zur Zeit der Anwen-
dung der 1. Einalhmung noch nicht vorhanden war^
trat er fast stets bei oder bald nach derselben ein, in
keinem Falle spater als nach der 4. oder 5. Inhala-
tion. Der Schweiss überdauerte in vielen Fallen die
Zeit der Einalhmung, anfangs nur wenig, vom 2.
oder 3. Tage an aber dauerte er auch die ganze Zwi-
schenzeit von einer Einalhmung zur andern. Spater
mit dem Zurücktreten der Krankheitssymptome wurde
der Schweiss weniger reichlich u. weniger andauernd
und hörte dann nach einigen Tagen , meist selbst bei
fortgesetzten Einathmungen auf, durchschnittlich und
in der Mehrzahl der Falle um den 12. oder 13. Tag
der Krankheit, in 3 schweren Fallen und einem todl-
lich abgelaufenen aber erst am 17. und 18. Dass
der Schweiss dem Kr. besonders lastig gewesen wäre,
wurde nicht beobachtet.
Seitenstecktn, Nicht selten tritt gleich nach den
ersten Athemzügen Minderung des Schmerzes ein,
welche dann in der Regel einige Stunden andauert,
wornach der Schmerz entweder in früherer Heftigkeit
oder gewöhnlich etwas gemindert wiederkehrt, bis er
durch jede der folgenden Inhalationen wiederum ge-
mindert, allmalig ganz aufliört. Zuweilen, doch sel-
tener, mindert sich der Schmerz erst am 2. oder 3.
Tage. In 2 Fallen verschwand der Schmerz bereits
am 2. Tage der Anwendung der Inhalationen ganzlich;
durchschnittlich hörte er am 8. — 9. Tage der Krank-
heit oder am 3. — 4. der Anwendung des Chloroforms
vollständig auf.
Brustbeklemmung, Mit dem Geltihle von Druck
und Enge verhalt es sich ebenso , wie mit dem Sei-
tenstechen. Erleichterung dieser Erscheinung trat
nicht selten noch rascher und deutlicher hervor , so
dass die Kr. schon nach den ersten Athemzügen, wenn
auch noch mit etwas Schmerz, vollkommen tief ein-
athmen konnten. Durchschnittlich verschwand 'der
letzte Rest dieses Symptoms zugleich mit dem Seiten-
stechen am 8. — 9. Tage; Imal am 1. Tage.
Häufigkeit der Respiration, Bei sammllichen
Fallen, mit Ausnahme des tödllich abgelaufenen , er-
gab sich folgendes Verhaltniss für die allmalige Ab-
nahme der Häufigkeit, wobei zu beachten, dass bei
mehreren am Abend aufgenommenen Kr., erst am an-
dern Morgen die Behandlung begann.
grösste geringste mittlere
Häufigkeit der Athemzüge in 1 MiaaCe
48 32 37,3
48 25 36
48 20 32,5
»0 18 31
42 20 28,9
42 15 26,8
36 14 25,3
Tag der Aufnahme
1.
Tag darnach
2.
t»
3.
»
4.
9
5.
»
6.
9
7.
n
8.
»
9.
9
10.
9
30
2ftdbyGOÖQle
24 12-^
26 14
24
21
20
20
III. Uy^me, Diätetik, Phamakobgie u. Toxikologie.
31
ifustm und Mutt9firei». Id allen FsUea niiH
dtrte das Ohloroform alsbald , wem aach aDfangs
¥orfibergeiieiid » den Husten und flustenrets. Jn ei-
nem eiBsigen Falle schien auf einige Augenblicke das
Gegenlbeil einzulreten. Ällmälig wurden die Zwi-
schenräume der Httslenandllle geringer und diese
selbst weniger heftig, während der Auswurf sich
leichter Idsle. Die heftigen Huslenanfölle verschwan-
den durchschnittlich am 6. — 7. Tage der Krankheit,
oder am Ende des 2. bis spätestens am Anfang des
3. Tages der Behandlung mit Chloroform. In 1 Falle
widerstanden sie dieser Behandlung bis zum 4. u. in
1 bis zum 5. Tage. Aber auch in den hartnäckigem
Fällen wurde sie schon nach einigen Inhalationen sel-
tener und weniger schmerzhaft und anstrengend.
Auswurf. Der Auswurf erleidet durch die Chlo-
roformbehandlung eine wesentlich verschiedene Um-
wandlung von der, wie sie bei der gewöhnlichen Be-
handlung der Pneumonie statt hat. Dieser Unter-
schied ist bemerkenswerlh, da er namentlich in Ver-
bindung mit den auskultatorischen Erscheinungen den
Scbluss gestattet , dass bei dieser Behandlung die
Rückbildung der hepatisirten oder überhaupt der ent-
zflndetcn Lunge auf eine etwas verschiedene Weise
erfolgt , als bei anderer Behandlung. Der Auswurf
Dämlich, der in den ersten Tagen der Entzündung ein
farbloser, glasiger, äusserst zäher, klebender, mit
einzelnen frischen Blutstreifchen versehener, in der
Mehrzahl der Fälle durch Beimischung von schon seit
einiger Zeil abgesondertem Blute theilweise oder ganz
hell rostfarben gefärbter Schleim ist, verliert bekannt-
lich bei gewohnlicher Behandlung allmälig seine blu-
tige Beschaffenheit, wird etwas dünner und weniger
zähe , wetssgeib od«r gelbweiss , in sich zusammen-
gebauter und haftet dann in flachen Platschen auf
dem Boden des Spuckglases oder formt sich bald in
mehr oder weniger abgerundete Klumpen. Diese
Sputa cocta oder critica werden bei der Chloroform-
behandlung nicht beobachtet, vielmehr werden zweier-
lei Arten der Umwandlung gesehen. Entweder nimmt
der Auswurf, während er zugleich allmälig seine blu-
tige Beimischung verliert , nach und nach an Menge
ab» bleibt aber meist so zähe, wie anfangs, bis er
last ganz verschwunden ist; oder er erleidet, u. zwar
in der Mehrzahl der Fälle folgende Art der Umwand-
lung. Die nächste Veränderung des oben fttr die er-
sten Tage der Krankheit beschriebenen Auswurfs ist,
dass er, während er anfangs ebenso zähe an den
WanduDgen des Spuckglases, ohne an denselben hin-
abzurutschen, festsitzt, als er in sich zähe und faden-
nehend ist, die erste Eigenschaft dadurch verliert,
4as8 sich dem so gestalteten Auswurfe eine geringe,
danne, wässrige Absonderung zugesellt und ihn um-
bollt» wodurch die Zähigkeit des Auswurfs an sich
aiebt abnimmt, derselbe aber nicht mehr andenWan-
dongen des Spuckglases hängen bleibt. Gleichzeitig
Bit diesem Beginn wässriger Beimischung nehmen
aoeh die einzelnen Blutstreifen u. darnach überhaupt
^ rostfarbene Färbung ab; noch häufiger ist es, dass
diess erst geschieht, wenn diese wässrig- schleimige
Beimischung kurze Zeit bestanden hat. Allmälig
nimmt diese Beimischung aber nicht allein in Menge
zu^ sondern sie ist ntin auch mit dem frühem eigent-
lich pneumonischen Auswurf inniger gemischt und
durchdringt denselben. Dieser verliert sein glasiges
Ansehen und wird eigentlich weiss; wenn auch^ im-
mer noch etwas zähe , löst er sich nun meist gut.
Die dünne Beimischung kann zuweilen in bedeuten-
der Menge und für längere Zeit stattfinden ; andere
Male Iritt sie nur für kurze Zeit ein und darnach
nimmt der Auswurf schnell ab. Diese Umwandlung
ist meist den 2. — 4. Tag der Anwendung des Chlo-
roforms vollständig eingeleitet. — Es ist übrigens
diese stärkere wässrige Beimischung, wie man sich
leicht durch genaue Beobachtung überzeugen kann,
keine Absonderung der Speicheldrüsen od. der Mund-
schleimhaut, sondern eine Absonderung der Bronchial-
u. Tracheal-Schleimhanl.
Fieber. Nicht selten, wenn auch meist nur vor-
übergehend , mindert sich die Häufigkeit des Pulses
während und kurz nach den Inhalationen, gleichzeitig
mit der Minderung anderer subjectiver Symptome.
Das Fieber nimmt meist allmälig ab, in einzelnen Fäl-
len sehr rasch. Der Puls war auf 80 Schläge oder
darunter gesunken: am 1. Ta^ge.nach dem Eintritte
in 1 Fall, am 2. in 3, am 3. in 6, an 4. in 11, am
5. in 14, am 7. in 16 Fällen. — Die Pulsabnahme
bis auf 80 u. 70 Schläge tritt nicht selten ein, wäh-
rend die örtlichen Brustsymptome oder auch der all-
gemeine Zustand keineswegs gebessert sind.
Durst, Die Abnahme des Durstes hielt mit der
des Fiebers ziemlich gleichen Schritt.
Schlaf trat durchschnittlich am 3. — 4. Tage
nach Beginn der Behandlung ein und war bis zum 5.
meist befriedigend lang und erquickend. Oefter trat
er schon am 2. Tage für mehrere Stunden ein, 2mal
auch erst am 7. Tage. Er hielt mit keinem einzelnen
andern Symptome genau gleichen Schritt, auch mit
dem Pulse nicht bestimmt. Er konnte vor Nachlass
des Fiebers eintreten oder auch nach diesem Nachlass
noch auf sich warten lassen.
Harn. Die Ausscheidungen im Harn scheinen
nichts wesentlich Verschiedenes darzubieten von dem
Verlaufe bei gewöhnlicher Behandlung. In 1 Falle
war der Harn kaum trüb ; in 2 Fällen reichlich und
längere Zeit trüb, doch ohne Bodensatz ; in 3 Fällen
nur einen Tag lang sedimentirend , wenn auch län-
gere Zeit trüb; in den übrigen 17 Fällen fanden sich
reichliche Ausscheidungen im Harn 2 — 10 Tage hin-
durch. Die Ausscheidung im Urin zwischen dem 5.
und 9. Tag; in 1 Fall am 3., in 1 am 13. Tage. In
den 3 Fallen , wo der Urin nur einen Tag sedimen-
tirte, war diess Imal der 8. u. 2mal der 13. Tag.
Die Harnkrise endete frühestens amv7., spätestens am
16. Tage der Krankheiüigitized by vjOOf
Eigeubefinden und Aussehen. Die Minderung
32
in. Hygieine, Diltetik, Phannakologie u. Toxikologie.
der Brustbeklemmung , des Seitenstechens , der Hef-
tigkeit des Hustens und des Fieliers lassen den Kr.
meist sich viel besser fühlen, ehe selbst nur die Hepa-
tisation vollständig eingetreten ist. Auch das Ausse-
hen der Kranken sinkt in der Mehrzahl der Fälle nicht
80 sehr.
Complicalionen. Gastrische Symptome fanden
sich in 11 Fallen deutlich ausgeprägt. Bei einem
Trinker ward viregcn stockenden Auswurfs und da-
durch drohender Erstickungsgefahr , u. in 1 Fall we-
gen Complication mit Wechsclfieber, ein Brechmittel
gereicht; irv allen übrigen Fällen wurden die gastr.
Symptome, auch Gelbsucht in 1 Falle, sich selbst
überlassen und gingen sehr bald zurück, ohne irgend
ein Arzneimittel, mit Ausnahme von in 9 Fällen noth-
wendig gewordenen Abführmitteln. — In 3 Fällen
war von Anfang an Pleuritis vorhanden, in 4 andern
Fällen trat der pleuritische Erguss, der von ansehn-
licher Menge war, erst nach längerem Bestehen der
Pneumonie und nach längerer Anwendung der Chlo-
roformeinathmungen ein.
Die physikalische Untersuchtmg der Lungen
während der Dauer der Krankhei^l giebt nicht unwe-
sentliche Verschiedenheiten von dem Zustande der
Lungen bei der gewöhnlichen antiphlogistischen Be-
handlung der Pneumonie. Diese Verschiedenheit tälii
grüsstentheils mit den angegebenen Veränderungen
des Auswurfes zusammen. Wenn nämlich die Hepatisa-
tion (mit dumpfem Ton, Bronchialblasen und Bron-
chophonie) sich zurückbildet, so tritt nun nicht, wäh-
rend das Bronchialblasen weniger laut wird. Knistern
und ansehnliches Schleimrasseln ein, sondern entwe-
der wird das laute Bronchialblasen allmälig weniger
heAig , wodurch das Alhmen überhaupt leiser wird,
und macht nach und nach einem allmälig lauter wer-
denden gesunden Athmungsgeräusch Platz, oder, wo
etwas reichlichere Schleimabsonderung staltfindet,
dauern diese Rasselgeräusche wenigstens kürzere Zeit
und sind namentlich viel geringer als da, wo bei ge-
wöhnlicher Behandlung reichlicher Schleimauswurf u.
Sputa critica eintreten. — Wucherer nimmt an,
dass bei der Ghloroformbebandiung geringere Blutan-
häufung in den Lungen und ein geringerer Grad von
Verdichtung des Lungengewebes und von Fibrinabla-
gerung in demselben eintrete, nur die Zeilen mit fast
gallertweichen fibrinösen Ausschwitzungen erfüllt
werden, die Hepatisation aber rascher erfolge. Die
letzte Angabe schien durch die von Vf. beobachteten
Fälle nicht bestätigt zu werden, und auch gegen das
weniger dichte und feste Exsudat sprach die im tüdt-
lich abgelaufenen Falle gemachte Section.
Bezüglich des Ausgangs der Krankheit, so endete
nur 1 Fall tödllich ; er betraf einen 59jähr. Mann,
der erst am 9. Tage der Krankheit in das Hospital
kam. Die übrigen verliessen das Krankenhaus voll-
kommen gesund. Aus dem Bette standen die Kr.
durchschnittlich am 15^4 (frühestens am 10., spä-
testens am 24.) Tage auf; Fleischkost erhielten sie
durchschnittlich am 17^3* (frühestens am 12., späte-
stens am 32.) Tage u. das Krankenhaus verliessen sie
genesen durchschnittlich am 30^3* (frühestens am 1 5.,
spätestens am 54.) Tag der Krankheit. (M i 1 1 i e s.)
32. Anwendung des CUoroform bei Angen-
Operationen ; von Prof. Dr. J ü n g k e n. (Deutsche
Klin. 5. u. 6. 1851.)
Aus den allgemeinen Bemerkungen des Vfs. heben
wir hervor, dass man nicht eher operiren darf, als
bis das Stad. soporos. vollständig eingetreten ist.
Diess soll aber der Fall sein, wenn man das geschlos-
sene obere Lid nach Belieben heben oder fallen lassen
kann, wenn die Augäpfel unempfindlich gegen Licht-
reiz und leise Beführung mit der Fingerspitze unbe-
weglich nach oben gerichtet sind, die Iris ihre Be-
weglichkeit verloren hat. Ebenso ist es nach Vf.
nöthig, dass dieser Zustand während der ganzen
Dauer der Operation unterhallen wird, wovon er bei
der gehörigen Vorsicht nie einen Nachtheil beobachtet
zu haben versichert. Die Fälle aber, in denen die
Anwendung des Chlorof. indicirt ist sind nach ihm
folgende.
1) Bei der Operation von Personen mit sehr
reizbaren Augen, bei solchen mit Neigung zu
Congesäonen nach den Augen , und bei sehr seti'^
sibeln Kr, , darunter besonders solche, die früher
scrophulös waren , welche an einer chron. Reizung
der Augenlidränder, besonders der Meibom'scnen
Drüsen leiden, deren Augenlidränder und Gonjunctiva
sich leicht röthen, die gegen Lichtreiz, Luft und me-
chanische Berührungen sehr empfindlich sind. Je
mehr es bei Operationen Mühe macht die Lider zu er-
öffnen und sie geöffnet zu erhalten , um so heftiger
werden die Zufälle nach der Operation sein und die
entzündliche Reaction um so lebhafter auftreten. Bei
der EUraction kann dann leicht der Glaskörper mit
der Iris vortreten, und bei der Reclination u. Depres-
sion es schwer fallen , die Linse dauernd zu disloci-
ren. Mit Eintritt der Narkose sind alle diese Schwie-
rigkeiten gehoben und die etwaigen nachtlieiligen
Nebenwirkungen des Chloroforms kommen gegen die
genannten Uebelstände nicht in Betracht.
2) Bei allen blind Geborenen oder in Jüngern
Jahren Erblindeten, Alle diese haben die Bewe-
gungen ihrer Augen nicht in ihrer Gewalt und verdre-
hen sie während der Operation so , dass ein Oph-
thalmostat oft nöthig wird.
3) Bei idiopathischem oder symptomatischem
Nystagmus. Auch hier können die Kr. ihre Augen
nicht beherrschen und der Nystagmus wird um so
heftiger, je mehr die Kr. gemüthlich erregt sind.
Der Ophthalmostat war auch hier zur Fixirung nolh-
wendig, obgleich er eine grössere Insultation verur-
sachte; von dem Augenblicke jedoch, wo der Kr.
durch Chloroform narkolisirt ist, stehen die Augen ganz
still, und man kann die Operation so ungestört, wie
an der Leich^ ausführen.
HL Hyi^eilie, DiltetUt, Phaflnakologie u. Toiikologi«.
8S
4) Eni alles Augeno^rationeB , wekhe an Kin^
defn und jugendUeken Fersonen verrichtet werden
eoüen , ao wie aberliaupt bei Personen, weiche eine
grosse Fwrehi vor einer solchen Operation haben.
Parcht vor den Schmerzen ist es nicht ioiiner, oft
auch die moralisciie Bedealung der Operation, welche
die Kr. turttckschreckl , und diese Furcht ist biswei-
len stärker als der Wille des Kr. Die Operation des
grauen Staares oder die künstliche Pupillenbildung
masste früher meist verschoben werden, bis die Kin-
der das Alter von 14 — 18 J. erreicht hatten. Jeden-
falls aber hat die frühere Herstellung des Sehvermö-
gens einen günstigen Einfluss auf die körperliche und
geisüge Entwicklung. Bei Anwendung des Chloro-
form können beide Operationen in jedem Lebensalter
mit Sicherheit verrichtet werden.
5) Bei fremden Körpern, welche zufallig in die
Augen gefallen , zumal wenn^ sie fest sitzen und die
Augen sehr empflndlich oder bereits gereizt sind.
Sitzen sie an der innern Wand des obern Augenlides
oder in der obern Bindehautfalte, so wird die Ent-
fernung um so schwieriger , je mehr der Kr. die Au-
genlider vor Schmerz zusammenkneift. Wahrend
der Narkose entfernt man sie mit Leichtigkeit ohne
Insollalion des Auges.
6) Bei allen schmerzhaften und grössern Ope-
rationen , als bei der Exstirpatioo von Ghalazien und
Balggeschwülsten, der Operation des Entropium, der
sarkomatösen Stenose des Nasenkanals und ThrSnen-
sacks , wo eine Verödung desselben nöthig ist , bei
der Eisürpation des Hornhautstaphyloms und bei der
Exsürpalion des Augapfels selbst.
7) Bei der Piqßillenbildnng, zwar nicht unbedingt
Bölbig, gewahrt sie grosse Vortheile, besonders wenn
man durdi Ansschneidung eines Stückes der Iris die-
selbe verrichtet. Hier begegnet es nämlich leicht»
dsats das Auge in dem Momente, wo man die Iris
/aast und sie ans der Wunde heraoszieht, eine uner-
wartet schnelle Bewegung in entgegengesetzter Rich-
tung macht, so dass die Pincelte ausreisst« Ist aber
der Kr. durch Chloroform narkotisirt , so bleibt das
Auge ruhig oder folgt mechanisch dem Zuge der Iris.
Dagegen ist es nicht so leicht, die Incision in die
Hornhaut gross genug zu machen, weil wegen der
Lähmung der Muskeln , der Augapfel sehr beweglich
ist und dem Drucke der Messerspitze folgt, wenn man
beim Zurückziehen derselben die Wunde dilatirt, und
doch ist es von Wichtigkeit, dass die Wunde gross
ansialle, weil die Iris nicht von selbst durch die Horn-
hautölTaung hervortritt, indem d. hervortreibende Kraft,
der Druck der gereizten u. gespannten Augenmuskeln
fehlt. Man unterlasse daher nicht hier die Pinger-
spitze in entgegengesetzter Richtung an den Aug-
apfel zu setzen u. ihn auf diese Weise sanft zu drUk-
ken u. zu fixiren.
8) Bei Staaroperationen ist die Anwendung des
Ghloroforms eigentlich nur da indicirt, wo sich die
üad. Jahribb. Bd. 78. Hft 1.
allgemeinen Bedingungen für dessen. Anwenduiig vor-
finden. Doch gewahrt die Narkose bei allen Dislocs^
lionen der Gataract den grossen Vortheil , dass sich
die cataraclöse Linse bei weitem leichter in den Grund
des Auges herabsenken läset, weil die hintere Hemi-
sphäre des Auges nicht durch die gespannten Muskeki
gedrückt wird, und daher der zusammengepressie
Glaskörper der Linse keinen Widerstand leistet Der
Einwand, dass nach Anwendung des Chloroforms
leicht Uebelkeit und Erbrechen entsteht» in Folge
dessen die Linse wieder emporsteigen könne » lässt
sich leicht beseitigen, denn das Erbrechen kann da-
durch, dass der Kr. vor der Chlorofonnirung nüch-
tern bleibt, vermieden werden, und 3) veranlasst es
auch, weil längere Zeit nach dem Erwachen des Kr*
alle Muakeln des Auges noch im Zustande der Er-
schUfifung verbleiben, ein Wiederaufsleigen weit
weniger, als in den Fällen, wo ohne Chloroform Er-
brechen in Folge von Reizung u. nervöser Aufregung
entsteht. Auch bei der Extraction zeigen sich grosse
Vortheile, da weder während noch unmittelbar nach der
Operation ein Vorfall der Iris u. s. w. entstehen kann,
da eben der Augapfel zu wenig gespannt ist. Der Hei-
lungsprocess in der Wunde schreitet so gut vorwärts
als es nur unter den günstigsten 'Verhältnissen über-
haupt vorkommt. Vf. räth bei reizbaren, ängstlichen
Personen , wo die Extraction gemacht werden muss,
die Anwendung des Chloroforms sehr an, ebenso in
den Fällen, wo man eine sehr feste, lederartig ver-
dickte Linsen kapsei, zumal wenn sie an der Iris adhärirt,
extrahiren will. Bei der Discision gewährt sie ebenfalls
wesentliche Vortheile , da der Augapfel vollkommen
ruhig bleibt und dadurch die Zerstörung der Linsen-
kapsel nach allen Richtungen möglich wird, wozu
noch der Umstand beiträgt , dass sich die erweiterte
Pupille während der Narkose nicht contrahirt. Man
kann daher die zu trennenden Theile besser überse-
hen , und mit grösserer Leichtigkeit einzelne Linsen-
partien , theils in den Grund des Glaskörpers hinab-
senken , theils in die vordere Augenkammer werfen.
Auch ist bei weitem weniger zu besorgen, dass durch
die Bewegungen der Nadel in der Wunde und die
Trennungen mit der Nadelspitze, dem Auge ein Nach-
theil erwachse , weil es sich im Zustande vollständi-
ger Erschlaffung und gänzlicher Reizlosigkeit befindet.
(Winter.)
33. lagengicbt [I] ^^^^^ innere Anwendung
von Aether «. Chloroform geheilt; von Dr. Bagot.
(Monthly Joum. Oct 1861.)
Ein Mann von 42 J. leidet an Gicht im Kniegelenk, diese
verschwindet plötzlich, wirft sich auf den Magen, es entstehen
dort heftige Schmerzen, Erbrechen, kleiner schwacher Puls.
5ß Aetber mit 12 — 18 Tr. Chloroform mehrmals wiederholt,
heilte den ganzen Anfall in einigen Stunden.
(Julius Clarus.)
34. PtaktiSCbe liSCellen; von Dr. Schind-
ler. (Gttosb. Ztschr. II. 4. Ifi
Zur Chloroformnarkose,
5
tdar-
34
in. Hygieine, Diätetik» Pharmakologie u. Toxikologie.
auf aufmerksam,, dass zur Hervorrufung der Narkose
keineswegs erforderlich sei, wie diess bisher p] ge-
schehen , Mund und Nase gleichzeitig zu verschliea-
sen , sondern dass dieselbe ebenso sicher und leicht
bei vollkommener Freilassimg des Mundes erreicht
werde, wenn der Chloroformdunst nur durch die Nase
eingezogen wird. Hierdurch werde die momentane
Athemnoth u. der Husten vermieden u. die Gefahr der
Narkose auf ein Minin^um reducirl , die ja nach dem
Ausspruche von Clemens durch da^ gleichzeitige
Athmen von atmosphär. Luft in die Lungen in Weg-
fall komme. Die Zeit, in welcher die Narkose durch
das Riechen an Chloroform eintrete , sei beinahe die-
selbe, als wenn die Athmung durch Mund u. Nase ge-
schieht, u. es sei die Frage, ob die Narkose durch eine
grosse Sättigung des Bluts durch Chloroform oder
durch directe Einwirkung auf die Nerven bewirkt
werde. Vf. neigt sich zu letzterer Ansicht.
Endlich räth Vf. mit der Chloroformirung nicht zu
zaghaft umzugehen, sich nicht mit einem schmerzlo-
sen Zustande zu begnügen, sondern jederzeit die
vollkommene Narkose eintreten zu lassen und dieselbe
auch bis zur Vollendung der Operation zu unterhalten,
da im gegenlheiligen Falle dieselbe durch ein früh-
zeitiges Erwachen , durch zu grosse Unruhe u. s. w.
leicht gestört werden könne. Gefahr hierbei sei nicht
vorhanden.
Baumwolle u. Watte zum Verbände,
Vf. rühmt , wie bereits auch schon von anderer Seite
her geschehen , die Eigenschaften und grossen Vor-
züge der Baumwolle als Verbandmittel auf entzündete
und eiternde Flächen. Er empfiehlt sie ihrer beson-
dern Brauchbarkeit und Wohlfeilheit wegen nicht nur
in der Lazareth-Praxis , sondern auch in der Privat-
Praxis. Die Baumwolle werde die leinene Charpie
zwar nicht ganz verdrängen, wohl aber den Gebrauch
derselben wesentl. beschränken, u. in manchen Fäl-
len sei sie durch die Charpie gar nicht zu ersetzen. Als
Eigenthümlichkeiten , welche der Baumwolle als Ver-
bandmittel zukommen, zählt Vf. folgende auf: 1) sie
hält die Luft viel sicherer von der Wundfläche ab, als
die Charpie ; — 2) sie saugt den Eiler nicht auf,
wie die Charpie, sondern wird nur in einer dünnen
Lage von ihm durchdrungen ; — 3) sie geht mit der
Wund- oder GeschwUrsfläche eine feste Verbindung
ein , löst sich nur langsam und schwer von ihr, und
bildet auf dem Geschwflrrande einen feinen, zarten Ue-
berzug eines dünnen Filzes. Sie eignet sich daher
mehr als die Charpie nach Vf. für folgende Fälle.
1) Ferbrennungen, Bei Verbrennungen 2. Gra-
des an den Extremitäten und wohl auch im Anfange
des 3. Grades, besonders aber bei Verbrennungen
der Finger, weil es hier, wie kein anderes Mittel
das Verwachsen verhütet , ist das fragl. Mittel ange-
zeigt. Bei Verbrennungen des Gesichts sei es weni-
ger anwendbar, hier hat sich Vf. mehrmals eines
Streupulvers mit Vortheil bedient, u. nur die Augen-
lider mit Baumwolle bedeckt. Bei Verbrennungen
1. Grades soll das CoUodium alle andern Mittel an
Wirksamkeit ttbertreiien, und auch im 2. Grade dem
Höllensteine vorzuziehen sein, sobald die Verbren-
nung eine grössere Fläche einnimmt. Mittel, wie
kalte Umschlage, das Bestreichen der Brandfläche mit
einem warmen Oel, der Weingeist und der Kartoffel-
brei sind nach Vf. ganz ohne Nutzen.
2) Frische Wunden , bei welchen es darauf an-
kommt , eine Reizung der Wundfläche hervorzurufen
und eine starke Eiterung einzuleiten. Vf. bedient
sich des fragl. Mittels seil langer Zeit bei der Radical-
operation der Hydrocele, bei Lymphgeschwülsten,
nach Exstirpalionen. Von den hierbei längere Zeit
fest adhärirenden Baumwollenflocken hat er nie einen
Nachtheil gesehen.
3) Als blutstillendes Mittel bei parenchymatösen
Blutungen.
4) Geschwüre, bei welchen eine grosse Atonie
der Secretionsfläche stattfindet. Hierher rechnet Vf.
besonders die atonischen Fussgeschwttre.
5) Wunden und Geschwüre , wo es darauf an-
kommt, die Luft abzuhalten, oder den Ausfluss des
Secrets zu verhüten. Bei Eiterhöhlen, Congestions-
abscessen u. s. w.
Das CoUodium. Als Klebemittel giebt Vf.
einem guten Heftpflaster den Vorzug, empfiehlt das
CoUodium aber zur Schliessung leichter Wunden, zum
Bedecken von Hautabschilferungen und Brandstellen,
wo es das weniger brauchbare engl. Pflaster über-
flüssig mache. Besonders empfiehlt er es zum Ueber-
streichen von Vesicatoren, ebenso bei wunden Brust-
warzen. Ein vorzügliches Mittel sei es ferner, um
die Haut gegen den abfliessenden Urin zu schützen,
bei Wundsein der Kinder, auch bei Decubitus. Fttr
die Rose bestätigt Vf. die Abortivkraft des CoUodium,
und empfiehlt dessen Anwendung nicht nur bei acu-
ten Hautentzündungen, sondern auch bei chroni-
schen Hautröthungen (Gutta rosacea).
(Schwarze.)
35. Einspritxiinffen Yon Bleisolutionen in
die Blase gegen p&osphonaiire Harnsteine;
von Dr. £. Hoskins. (Monlhly Journ. Oct. 1851.)
1 Gr. Plumbum nitricum saccharatum wird mit 5 Tr.
starker Essigs, versetzt u. in ^ heissen Wassers auf-
gelöst. Da die Harnsalze leicht diese Lösung zer-
setzen , so muss die Blase vorher entleert und mit
lauem Wasser gereinigt werden. Hierauf werden
4 — 8 5 der Bleilösung auf einmal in die Blase durch
einen Kautschukkatheter eingespritzt, und diese Ein-
spritzung alle 10 — 15 Minuten so oft wiederholt, als
man es für geeignet halt. Es ist besser die Einspriz-
zungen öfter zu wiederholen , als dieselben lange in
der Blase verweilen zu lassen, da sich in letzterem
Falle durch den zuströmenden Harn die Lösung zer-
setzt und um den Stein herum eine die fernere Ein-
wirkung hindernde Hülle bildet. Die Einspritzungen
bieten folgende Vortheile : 1) sie üben eine beruhi-
III. tfygieine, Ditttetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
35
gende Wirkung auf die sehmenhafte Blase aus ; 2)
sie coagalireo den Schleim und erleichtern dessen
ForUchaflung ; — 3) sie bewirken, wenn nicht eine
voUsUttdige, so doch eine theilweise Auflösung phos-
phorsaurer Harnsteine, können namentlich Spitzen
und £cken an denselben beseitigen , und jene Art von
Hanisteinen vollständig zertheileo, in denen harnsaure
oder oxals. Salze durch ein phosphors. Cement an
einander gekittet sind. 6 Fälle dienen zur Erläute-
rung des Gesagten. (Jul. Clarus.)
36. Irgotin als htmosUtiscbes littel ; von
A. S^re. (Journ. de Toulouse. Aoüt 1851.)
Vf. berichtet 4 Fälle von starken Uämorrhagieo,
2 aus den Langen in Folge von Tuberkulose, 2 aus dem
Uterus ohne hinreichend nachweisbare Ursachen , in
denen das Extr. secal. cornut. aquos., zu 2 — 4 Grmm.
in einer Auflösung von 125 Grmm. einer Mixt, gum-
mös, alle Y2 ^^^ ^ ^^^- esslöffelweise genommen, in
kurzer Zeit und für die Dauer ausserordentlich gute
Dienste leistete. Je acliver die Blutung auftrat , de-
sto schneller wirkte das Mittel. Der Puls und die
Berzlhatigkeit nahmen an Frequenz ab, besonders in
den Fallen, wo sie vorher gesteigert waren; andere
Nebensymptome der Arzneiwirkung waren nicht vor-
handen; nur Imal schien die Harnsecretion verstärkt.
Uebrigens glaubt Vf. , dass durch das Ergotin die
Plasticität des Blutes vermehrt und dadurch zum Theil
seine hämostatische Eigenschaft erklärt werde.
(Julius Clarus.)
37. Die blntfitillende Wirkung des Pagliari-
ftdien Liquor ; von Prof. S^dillot. (Gaz. deSlrasb.
7. 1851.)
Der Apotheker Pagliari 4n Rom hat ein blut-
stillendes Wasser erfunden, dessen Wirkung von fran-
zösischen Militairärzten nach der letzten Einnahme
von Bom zuerst erprobt und von S 6 d i 1 1 0 1 in 8 Fäl-
len von heftigen Blutungen nach Wunden oder Ope-
rationen bestätigt gefunden wurde. Dieses Wasser
wird auf einen Schwamm gegossen und dieser in die
Wunde eingeführt. Blutungen ans kleinern arteriel-
len und venösen Gelassen werden gewöhnlich inner-
halb weniger Minuten sistirt , indem sich ein dickes,
sehwarzrothes Blutcoagulum bildet Die gleichzei-
tige Compression der blutenden Gefüsse ist, wenn
auch ntltzlich, doch nicht immer nöthig, wie Vf. bei
einer heftigen Blutung während einer Staphyloraphie
beobachtete. Er verspricht, den Liquor chemisch zu
untersuchen u. das Resultat später zu veröffentlichen.
(Julius Clarus.)
38. Tabakpommade gegen das Ausfallen
der Haare; von Oorvault. (BuII. de Th^r. Aoüt.
1851.)
10 Th. zerschnittene Tabakshlätter werden mit
heissem Wasser 10 Std. lang digerirt, worauf man
sie aosdrOckt, die Flüssigkeit sich absetzen lässt und
dann abschäumt. Hierauf wird dieselbe auf den 6.
bis 7. Th. eingedampft, mit 60 Th. Rindsmark oder
Schweinefett versetzt und dieser Pommade nach Be-
lieben eine wohlriechende Substanz zugesetzt.
(Julius Clarus.)
39. üeber die Wirksamkeit des Friedrichs-
haller Bitterwassers; von Dr. a. f. Speyer.
(Aus der Schrift: Jahresbericht aus dem Landkran*
kenhause der Provinz Niederhessen.)
lieber Zusammensetzung und Wirkung der fragl.
Quelle im Allgemeinen fuhrt Vf. nur das Bekannte an.
Wir wenden uns deshalb sogleich zu den KrankheitS"
zuständen in denen er gute Wirkung davon sah.
1) Bei Trägheit in dem Pfortaderkreislaufe , Ple-
thora abdominalis» und bei den daraus entstehenden
pathologischen Veränderungen der drüsigen Unterleibs-
organe, Verstimmung des sympathischen Nervensy-
stems mit ihren Reflexerscheinungen , bei Hämorrhoi-
dal- und Nenstrualbeschwerden, Lebervergrösserung,
Leberschwund, Fettleber, Milzhypertrophie, Fettsucht,
Geistesstörungen, Epilepsie, Migräne, Aphonie, dyna-
mischen Herzleiden. 2) Bei Torpidität in den Func-
tionen des Darmrohrs und seiner drUsigen Anhängsel
und den daraus folgenden Dyskrasien , wie : Unord-
nungen in der Darmthätigkeit, Dyspepsie, Wurmbe-
schwerden, fehlerhafter Secretion der Leber und
des Pankreas [1], Scrophelsucht, Tuberkulose, Rheu-
marthrosen und Gicht. 3) Bei Abnormitäten in der
Secretion der Schleimhäute,' als: chron. Katarrhen
der Luftwege, des Darmkanals , der Harn - und Ge-
schlechtsorgane, Influenza, Heiserkeit u. s. w. 4)
Bei primären Störungen des Gangliensystems mit ih-
ren nächsten und consensuellen Folgen, so : Paralysen
der Nutritionsorgane, Apepsie, periodischem Erbrechen
oder Wttrgen, Gastralgie, Kolik, Paraplegie, beginnen-
der Amaurose, Krämpfen des verschiedensteu Sitzes.
5) Bei chronischen Entzündungen , wie : der Menin-
gen des Rückenmarks und Gehirns, des Uterus, der
Pleura, des Peritonäums ; der Leber u. anderer drü-
sigen Gebilde. 6) Bei chron. Blutvergiftungen , na-
mentlich durch Metallsalze. 7) Bei allgemeiner und
örtlicher Hyperämie mit ihren mannigfaltigen Erschei-
nungen, so : Gongestionen nach Kopf und Brust, Na-
senbluten, Sinnestäuschungen, Asthma, Schlaflosig-
keit, Herzklopfen u. s. w. 8) Als eröffnendes Mittel
überhaupt , so wie insbesondere während des innern
Gebrauches des Silbersalpeters.
Art der Anwendtmg, Entweder für sich oder
mit andern Arzneimitteln. Als auflösendes Mittel zu
2—6 Esslöfl*el voll l—4mal täglich, oder Va Bierglas
voll des Morgens 1 Std. nach dem 1. Frühstück und
ebenso viel Abends nach der letzten Mahlzeit, bis die
Stühle eine mittlere Consistenz erhalten. Bei länge-
rer Anwendung setzt man das Wasser einen oder
mehrere Tage lang aus. Arzneimittel, die durch diess
Mineralwasser leicht zersetzt werden, wie kohlen-,
phosphor-, essig-, weinsaure Alkalien, Kalkwasser,
salpetersaure und andere Metallmittel, lasse man
mindestens 1 Std. vor oder nachher nehmen. Zu
einer massigen Ausleerung reichen 3 Biergläser voll.
36
ni. Hygteine, DiXtetk» Phinnakologie u. Toxikologie.
Morgens in 2maligen Interyallen von 1/4 Std. genom-
men, vollkommen hin. (Julius G 1 a r u s.)
40. Chemische üntersachung des lineral-
VaSSerS n Stehen, im bayerischen Voigtlande;
von Dr. v. Gorup-Besanez. (Nov. Act. Äcad.
Gaes. Le<^. Garol. Nat. cur. Vol. XXIII. P. 1.)
Verf. giebt von der seit 1444 benutzten, aber
bis in die neueste Zeit ungenau untersuchten Trink-
quelle in Steben eine detaillirte Analyse, welche nach
den besten und schärfsten Methoden der neueitea
Wissenschaft ausgeführt ist. Diese Quelle ist dareich
ein alkalischer Eisensäuerling von der TemyierslQr
SyS^'R., der sich vor ahnlichen durch gSinzliehes Zu-
rücktreten der salinischen Bestandtheile und grossen
Reichthum an KohlensSure (29 C. - Z. in §xyj) ani*
zeichnet.
In einem Pfunde =s 16 Unzen «» 708O Gran sind enthalten :
Pouchen,
Schwefel-
Neubrun-
Trinkquelle
BesUndtheile.
Spaa.
quelle zu
Bocklet.
nen zu
Flinsberg.
zu
Steben.
Struve.
A. Yogel.
Fischer.
Gorup.
Schwefelsaures Kali
0,0790
Schwefelsaures Natron
0,0378
0,25
0,05818
0,0784
Chloikalium
Cbiornatrium
0,4494
0,50 \
0,25 j
0,03820
0,0211
Kohlensaures Natron
0,737»
0,50
0,65080
0,4927
Basisch pbosphorsaurer Kalk
0,0186
—
—
—
Basisch phosphorsaure Thonerde
0,0085
—
—
Spur
Kohlensaurer Kalk
0,9855
2,50
1,89980
1,6734
Kohlensaure Bittererde
1,1228
0,50
0,78410
0,6920
Kohlensaures Eisenoxydul
0,3751
0,40
0,25900
0,3142
Kohlensaures Manganoxydul
0,0519
— ■
0,03090
Spur
Kieselerde
0,4985 1
0 10
0,64140
0,4708
Organische Substanz
- !
4,3593
8,19C..Z.
0,07840
0,1152
Summe der fixen Bestandtheile
5,00
4,44148
3,8578
Freie Kohlensäure
21,5C.-Z.
27,82 C.-Z.
29,3 C.-Z.
41. Chemische Dnteniichuig der Adelheids-
quelle »u Heilbrvnn in Oberbayern; von Dr. Max.
Pettenkofer, ausserordenti. Mitgl. der k. Akademie
der Wissenschaften. (Abhandl. der II. Kl. d. k. Ak.
der Wisa. zu München. VI. Bd. 1. Abth. Pag. 82
— 126.) ^
Vorliegende Analyse, seit 1826 die 8., wurde
angestellt, theils weil die Quellen vor l^a J* ganz
neu gefasst worden waren , theils wegen der Abwei-
chungen in den Angaben der frahern Analytiker. Die
Untersuchung wurde im Nov. u. Dec. 1849 im ehem.
Laboratorium der Münchner Univ. mit einem Wasser
vorgenommen , das im FVtthlinge desselben Jahres zu
Heilbrunn in Glasflaschen gefasst , wohl verkorkt u.
verpicht nach München gesendet und gut auflie wahrt
worden war. Die qualitative Untersuchung ergab
folgende Bestandth. des bei 120<^C. getrockneten fixen
Rückstands: Natron, Kali, Kalk, Bitlererde, Eisen-
ozydy Thonerde y Kieselerde; Kohlensäure, Chlor,
(Uhle.)
Brom, Jod, Schwefelsaure, Phosphorsäure, organi-
sche Substanz und etwas Wasser. Von Ammoniak,
Baryt , Strontian , Mangan und Essigsaure , welche
Bestandtheile in frühern Analysen vorkommen, konnte
P. nichts aufßnden. Das der Quelle entströmende u.
von ihr gebundene Gas besteht ans Säuerst., Rohlens.,
Stickst., Kohlenwasserst. (Grubengas), die in 100
Baumtheilen des Quellengases in den Verhältnissen
2, 2 0, 4. 3 C,- 18 N und 75,5 GH enthalten sind.
Dieses Gas ist brennbar u. leuchtet mit einer Flamme,
deren Licht zu dem d. Leuchtgases sich wie 1:13 verhält.
Von diesem Gase absorbirt das Wasser vorzugsweise
Kohlensäure, sodann Sauerstoff, weniger Stickstoff n.
am wenigsten Kohlenwasserstoff. P. macht hier anl
die Wichtigkeit der in unsern Quell - und Flusswas-
sern absorbirten Atmosphären aufmerksam, und führt
dabei die Erfahrung an , dass gewisse Arten Fische
nur in gewissen Seen oder Flüssen, z. B. die Forelle
nur nahe dem Ursprünge der Wässer, gedeihen , was
111. Bygieine, Diateltk» Pharmakologie u. Toiikologie.
37
er auf Reehoung des Gasgehalts dieser Wässer bringt.
DasErgeboiss der quantitativen Analyse ist Folgendes.
Jodaatrium
0,220 Gr.
Bromnatrium
0,367 «
Cblomatriam
oOjUOo 1,
Cblorkaliam
o.oao ,
Schwefels. Natron
0,048 ,
Kohlena. »
0,216 ,
Kalk
0,884 ,
Magnesia
0,144 ,
, Eiseooxydui 0,072 „
Tbonerde
0,142 ,
Kieselerde
0,147 ,
Organiscbe Stoffe
0,16« ,
Freie Koblens.
13,18 C.-CUDtr.
Kohlenwasserst.
8,02 , ,
Stickstoff
6,ä4 , ,
Sauerstoff
1,38 , ,
Diese Analyse weicht von den frühem in mehrern
' Stücken ab. Ueberhaupt schwankt die Summe der
fixen Bestandlheile in den verschiedenen Analysen
zwischen 52 und 35 Gr. , die DiiTerenz beträgt dem-
nach 17 Gr. und ist so bedeutend, dass sie nicht als
üntersuchungsfehler angesehen werden kann, son-
dern nur anzeigt, dass der Gehalt der Adelheidsqnelle
zu verschiedenen Zeilen ein verschiedener zu sein
pflegt , wie diess auch mit andern Quellen der Fall
ist. Fttr die Praxis mag man daher das arithmetische
Mittel aus den 8 Analysen ziehen, welches fttr 16
Unzen 44 Gr. betragt. Der Kochsalzgehalt ist sich
zu den verschiedenen Zeiten jener Analysen den An-
gaben nach fast ganz gleich geblieben. Anders fallen
die Angaben des Jod- u. Bromgehalts aus. Dingler
gab 0,596 Jodnatrium an , aber zu seiner Zeit war
das Brom noch nicht entdeckt, welches vielleicht in
jener Quantität mit enthalten ist. Auch Vogel giebt
noch keinen Bromgehalt an. Fuchs führt einen
Jodgehalt von 0,912 auf. Diese hohe Angabe rührt
daher, dass Fuchs eine andere Blethode, das Jod
zu bestimmen, anwandte, als Dingler und Vogel,
weiche es als Jodsilber bestimmten. Bauer, Buch-
ner i. u. IL, und auch Pettenkofer bedienten
sich der Lassa ign ersehen Methode, bei welcher
das Jod als Palladiumjodür bestimmt wird , und da-
durch verringerte sich plötzlich der Jodgehalt der
Adelheidsquelle bedeutend. Aehnliche Schwankun-
gen, UDd zwar wohl aus gleichen Ursachen, bemer-
ken wir beim Bromgehalte. So hat B u c h n e r mehr
als die Hälfte weniger Bromnatrium aufgeführt, als
Pettenkofer, weil er eine Methode anwandle,
bei weicher viel Brom unberücksichtigt bleibt. P. hat
dagegen P e h 1 i n g * s Methode befolgt , welche offen-
bar den Vorzug verdient; wie P. diu'ch Vergleichung
der bisherigen Methoden erkannt hat.
Aus dieser Untersuchung geht nun hervor , dass
die Adelheidsqdelle mehr eine jodhaltige Bromquelle,
als eine bromhaltige Jodquelle genannt werden muss.
Ein anderer wichtiger Bestandtheil der Quelle ist das
koUens. Natron, dessen Gehalt von den neuern Ana-
lytikern etwas höher gefunden worden ist, als von
den frttfaern. (Merkel.)
42. ünteniehiiiKderlinerilfiieUenHie-
.der-LaBgenaU ; von Th. Po leck n. Prof. Duflos.
(Journ. f. pr. Chem. Bd. 52.)
Die Quelle liegt in der Grafschaft Glatz , 1330
Fuss über dem Ostseespiegel , in Pianer- n. Qaader-
sandstein , über Glimmer und Gneuss. Sie liefert in
24 Std. 57,600 Quart Wasser; ihre Temperatur ist
9 bis 10<>. Das Wasser ist krystallhell, stark per-
lend, von angenehmem, erfrischendem, sXucrlieh-
prickelndem Geschmack , ohne Geruch. An der Luft
setzt es Eisenozyd ab. Seine Zusammensetzung
gleicht den Stahlquelien von Spaa. Die beiden Che*
miker analysirten es jeder für sich; sie fanden in
1 Pfd. Wasser (=s 16 g = 7680 Gr.):
Poleck. Duflos.
(Juni 1850). (Sept. 1880).
Chlornatriam
Schwefels. Kali
KobleDs. Natron
„ Lithion
„ Kalk
„ Magnesia
„ Eisenoxydui
0,06896 Gr. 0,06912 Gr.
0,22456 , 0,22886 ,
1,28041 „ 1,27480 ,
0,00299 , —
2,79974 „ 2,79552 .
^,36688 „ 1,38240 ,
0,28915 , 0,28876 .
Man^anoxydul 0,03878 , 0,03072
Phosphors. Thonerde 0,00960 , Spuren
Kieselerde 0,41472 , 0,41472 „
Arsenige Sfiurc Spuren (etwa 1 Gr. auf
11328 Pfd.)
Kohlensäure, an Bicarbonate
gebunden 2,59568 ,
Kolilensäure, freie 18,97355 , (= 28,8 C.-Zoll).
Die Vergleichung mit altern Analysen zeigt, dass
sich die Quelle in 30 Jahren nicht verändert hat
(H. E. Richter.)
43. Bemerkangen Aber Tenedig; von Prof.
Sigmund. (Wiener med. Wchschr. 24 und 25.
1851.)
Das l^lima Venedigs gehdrt zu den mildesten und
angenehmsten Oberitaliens. Die Temperalur der
Luft ist verhattnissmassig warm und durch langsame»
allmälige Uebergänge ausgezeichnet.
Für die Jahreszeiten berechnet man folgende
mittlere Wärmegrade im Durchschnitt: Winter +
3,4 C, Frühjahr + 12,6 C, Sommer + 22,8 C.,
Herbst -|- 13,3 G. Die mittlere Jahrestemperatur
wird als + 13,07 C. bezeichnet. — Die Schwere
der Luft betrug nach lOjähr. barometrischen Mes-*
sungen im jahrlichen Durchschnitt 28.0,375; als
höchste Zahl ist 28 . 9,0 , u. als niedrigste 26. 11,8
beobachtet worden.
Die Feuchtigkeit der Luft ergib sich (in 16 J.
beobachtet) durchschnittlich mit 87,187; die gering*
ste Feuchtigkeit wurde mit 36 bezeichnet; oft kam
der Hygrometer auch aur 100, was bei der Lage Ve-
nedigs nicht befremden darf. Heftige Windzüge sind
selten , auch bietet die Bauart der Stadt Schutz da-
gegen. Der herrschende Wind ist Nord-Ost» nach
ihm häufig Südwind. Die durchschnittliche Zahl der
Regentage betragt 80 im Jahre» wobei zu bemerken
38
III. Hygieine , Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
ist f dass im Winter und Frühjahr die Regenlage sel-
tener als im Sommer und Herbst sind ; Schnee bleibt
manchmal halbe Tage lang liegen.
Die VorzOge der Venetianer Klima lassen sich also
auf die milde Jahrestemperatur, insbesondere aber
auf die milde Temperatur des Frühjahres und Spät-
herbstes , auf die Feuchtigkeit der Luft , auf die Sel-
tenheit heftiger Windzüge , auf seltene Regen, u. sehr
viel heitere Tage zurückführen. Namentlich gilt als
besonderer Vorzug, dass in den Uebergängen von hö-
heren zu geringeren Wärmegraden der Luft und um-
gekehrt nicht rasche und namhafte Schwankungen
stattfinden. Für den neuankommenden Bionenländ-
1er hat die Atmosphäre Venedigs einen eigenen , sehr
auffallenden, oft widerwärtigen Geruch, doch gewöhnt
man sich bald daran. Die Verwesung so vieler orga-
nichen Stoffe, welche das Meer selbst liefert, in Ver-
bindung mit den grossen und vielfältigen Abfällen der
Menschen selbst, geben hinreichenden Aufschluss üb.
die Entstehung jenes Geruches.
Es giebt kalte und warme Meerbäder; die kalten
sind in 2 grOssern Öffentlichen Anstalten zweckmässig
eingerichtet; in beiden kann auch geschwommen wer-
den, sie werden im Mai eröffnet, im September ge-
schlossen. Die Temperatur des Seewassers beträgt
durchschnittlich -}- 19 — 21<>R., es ist klar, schmeckt
bitter salzig, der Geruch erinnert an Chlor und Brom
und die chemisch nachgewiesenen Bestandlheile sind
Chlorsodium , Chlorcalcium und Chlormagnesium,
schwefelsaure Magnesia, schwefelsaurer Kalk, koh-
lensaurer Kalk , kohlensaure Magnesia , Bromverbin-
dungen , Jodspuren. Ebbe und Fluth sind nur an
der verschiedenen Höhe des Wasserspiegels erkenn-
bar; Bewegungen, Schwankungen, Wellenschläge
kommen nicht vor. Warme Seebäder sind in meh-
ren Anstalten , selbst auch in Gasthäusern eingerich-
tet. Auch der Lagunenschlamm wird als Heilmittel
angewendet und die Apotheken liefern ihn nach ärzt-
licher Vorschrift. Die eisenhaltigen Wässer von Ri-
coaros werden frisch durch die Eisenbahn zugeführt,
und das Wasser der euganeischen Schwefellhermen
kommt warm in den Bädern zu St. Samuel an.
Als eigenlhümliches Heilmittel Venedigs wird
noch der Sphaerococcus confervoides bezeichnet, der
an Brom- und Jodverbindungen reich, häufig verord-
net und den einfachen Brom- und Jodsalzen deshalb
vorgezogen wird , weil die Wirkung desselben auf
das Gcfässsyslem viel milder ist.
(Millies.)
44. Unterchlorigsanre Magnesia nebst freier
Magnesia als Antidot bei Phosphorvergiftnn-
gen ; von A. Bechert in Polzin. (Arch. der Phar-
maz. Bd. LXVII. Seplbr. 1851.)
Neuerdings ist von Duflos (die wichtigst. Le-
bensbedttrf. u. s. w. 2. Auü. S. 245. 1846.) als
Antidot bei Phosphorvergiflungen eine Mischung aus
1 Th. Magnesia usta und 8 Th. Liquor chlori , also
unterchlors. Magnesia mit feiner Magnesia empfohlen
worden. Vf. nahm in Folge dessen Veranlassung,
die Zuverlässigkeit dieses Gegenmittels näher zu prü-
fen , zu welchem Zwecke mit 2 Kaninchen gleichen
Alters, gleichen Geschlechtes und 14 Tage lang
gleichmässig gefüttert, auf folgende Weise experi-
mentirt wurde,
I. Dem ersten Kaninchen wurde 1 Gran granulirter
Phosphor mit Mehlteig in Pillenform gebracht, durch die
Speiseröhre applicirt; es starb nach 8 Stunden. — II. Die-
selbe Menge Phosphor wurde dem zweiten Kanineben in der-
selben Weise gegeben, eine Viertelstunde spater mit dem Bei-
bringen des gedachten Antidots , balbstundiich Vs Drachme,
begonnen und bis zum Verbrauch folgender Menge fortgefah-
ren : Magnes. ust. 515 , Liq. chlori ^ß , Aq. destill. Sjjjß.
— Das Thier zeigte keine Vergiftungssymptome , blieb mun-
ter und legte dieselbe Fresslust an den Tag, wie früher.
Später ging Vf., nachdem ihm Duflos mitge-
theilt, dass er das gedachte Gegenmittel zwar em-
pfohlen , aber in Bezug anf seine Wirksamkeit noch
nicht geprflft habe, zu neuen Versuchen mit 6 an-
dern Kaninchen von einem Wurfe tlber. Dieselben
wurden 6 Wochen lang gleichmässig gefüttert, wo-
durch ein ziemlich gleiches Gewicht der Thiere —
Differenz höchstens 5 Drachmen — erreicht wurde.
Die letzten 6 Stunden vor Beginn der Versuche wurde
den Thieren kein Futter, sondern nur Wasser im
Ueberfluss gereicht.
1) Einem Kaninchen wurde 1 Gr. Phosphor in derselben
Art, wie unter I. , beigebracht; es starb nach 8 Stunden 20
Minuten. 2) Mit dem 2. Kaninchen wurde ganz wie unter 11.
verfahren und dasselbe Resultat erhalten. 3) Dem 3. Thiere
reichte man 1 Gr. Phosphor in der nölhigen Menge Mohnöl ge-
löst; nach 2 Std. 10 Mio. zeigten sich die ersten aufTallenden
Vergiftungssymptoroe , 1/2 Std. später der Tod. 4) Dem 4.
Kaninchen wurde 1 Gr. Phosphor, wie unter 3. , gegeben , n.
mit dem Gegenmittel , wie unter 11. , verfahren ; das Thier
starb nicht; zeigte auch keine sonderlichen Störungen im
Gemeinbefinden. 5) Mit dem 5. Kaninchen wurde wie mit dem
2. experimentirt u. dasselbe Resultat erhalten. 6) Mit dem
0. Kaninchen sollte der Versuch 4. controlirt werden, musste
aber Hindernisse wegen aufgegeben werden.
Bei dem Kaninchen 1) wurde 7 Std., mit dem 3) 15 Std.
nach dem Tode die Section vorgenommen. Die Ergebnisse
waren bei beiden gleich, und wurde von dem Oberarzte Hart-
wich folgcodermaassen zusammengestellt: Bei Eröffnung
der Bauchhöhle starker Phosphorgeruch , nach dem Eröffnen
des Magens Aufsteigen von Phosphordampfen; äusserlich an
den Eingeweiden der Bauchhöhle nirgends Abnormitäten sicht-
bar. Der Magen gefüllt mit fest-weichem Heu ; im übrigen Darm-
kanal ein dickflüssiger , vom normalen , nicht abweichender
Inhalt. Am Fundus, und besonders am Pylorus, mehrere
stark geröthete Stellen , Blutextravasaten ähnlich , die jedoch
die Muskelhaut kaum zu durchsetzen schienen. Die Schleim-
haut des Magens und die einiger Zulfe des obern Dünndarms
bei leichter Berührung von der Muskelhaut ablösbar und zer-
fallend. Leber, Nieren, Milz u. s. w. nicht abweichend. —
Im untern rechten Lungenlappen eine etwa Silbergroschen
grosse und dem Pleurauberzuge dicht anliegende, beüroth ge-
färbte Stelle, welche auf der entsprechenden Pleuraobernäche
keine Ausschwilzung zeigte, an 2 andern Stellen waren ähnli-
che, nur kleinere Flecken zu bemerken. Einige Bläschen von
halber Stecknadelkopfgrösse zeigten sich in der Mitte der ro-
then Flecke, dicht unter der Pleura. Beim Aufblasen der
Lungen erschienen sie an diesen abweichend gefärbten Stel-
len, wie überall, durchaus wegsam. Beim Einschneiden wur-
den aus den rotlien Stellen einige Tropfen Blut ergossen ; das
Herz schlaff, der rechte Ventrikel mit Blut erfüllt, der linke
IV. Pathologie, Therapie u. medicintsche Klinik.
39
leer. Ib deo Gefassen war das Blut überall dickOussig,
schwänUch.
Die Versuche I. 1) und 3) haben gezeigt, dass
1 Gran Phosphor hinreicht, ein Kaninchen tödllich
zu vergiften, und zwar schneller im aufgelösten Zu-
stande, als in Substanz, wahrend die Versuche II.
2), 4) und 5) beweisen, dass die unterchlorigs. Mag-
nesia neben freier Magnesia — bald nach dem Phos-
phor gegeben — im Stande ist, die vergiftende Kraft
desselben vollständig aufzuheben. Sucht man nach ei-
ner Verbindung des Phosphors, welche sich unter allen
Fällen im Magen des lebenden Organismus mit Leich-
tigkeit bilden und durch unterchlorige Saure zersetzt
werden kann , so findet man bald das Pbosphorwas-
sersloffgas. Bei dem geringen SauerstoflVorrathe im
Magen oxydirt sich nämlich der Phosphor nicht di-
recC za Phosphorsaure , sondern zuuachst zu phos-
phoriger Saure, deren Hydrat die Quelle des reinsten
Phosphorwasserstoflgases ist. Die Elemente des letz-
tem werden durch die untercblorige Saure zu un-
schädlichen Verbindungen — Phosphorsaure und
.Wasser — oxydirt, wahrend sich Chlormagnesium
bildet und die Phosphorsaure, sowie die noch unzer-
selzte phospho'rige Saure, durch die vorhandene freie
Magnesia gebunden werden. Den Vorgang versinn-
licht folgendes Schema; 3 Mg 0 , II^P, 4 (Mg 0 -f-
ClO) = 3 Mg 0 -t- P^* » 3 H 0 , 4 Mg Cl.
Hiernach kann man also annehmen, dass die ver-
giftende Kraft des Phosphors in einer ßlutzersetzung
durch das PhosphorwasserstolTgas, und nicht in einer
Entzündung, durch Anatzung und Corrosion der Ma-
gen- und Daroihaut entstanden, besteht. —
(Sonnen kalb.)
IV. Pathologie, Therapie und medicinische Klinik.
45. Briefe Aber die Neurosen; von Dr. l.
Cerise. (L'Union 80, 83, 84, 1850. 5, 8, 14,
22, 40, 47, 52, 53, 59. 1851.
Ueher die Wichtigkeit der negativen Diagnose
bei den Neurosen. Mit dem Worte , Neurose , kön-
nen wir nicht alle Krankheiten des Nervensystems
bezeichnen. Dieses System nämlich kann wie alle
übrigen Partien des Organismus der Sitz pathologi-
scher Veränderungen , von Entzündungen , Tumoren
Tuberkeln, Ergttssen, Verhärtungen, Erweichungen
n. dgl. m. werden , aber alles Dieses verdient nicht
den Namen der Neurose , es findet hier keine reine
Nervena/Tection statt. Die eigentlichen Neurosen tre-
ten nicht so materiell, gewissermaassen so anato-
misch in die äussere Erscheinung , ihr innerer und
wahrer Ausgangspunkt ist für uns ein Geheimniss,
nnzngänglich den Sinnen , unzugänglich selbst unse-
rem Geiste.
Die Diagnose der Neurosen ist vor Allem eine rein
negative, und doch hat selbst diese negative Diagnose
eine sehr grosse Wichtigkeit. Bedeutenden und be-
ängstigenden Symptomen gegenüber ist es schon viel
werth, mit Bestimmtheit sagen zu können: das ist
nervös. Man spottet, zuweilen mit Recht, über
diese Erklärung, welche sehr einem versteckten Be-
kennlniss des Nichtwissens gleich kommt ; allein es
isi doch gewiss ein Gewinn für den Arzt, selbst
wenn er den wahren und positiven Werth jener Be-
zeichnung nicht völlig erfasst, zu wissen , dass eben
4iese Bezeichnung das sichere u. unbestreitbare Nicht-
vorhandensein einer unheilbaren, gefahrdrohenden
md selbst tödtlichen Alteration andeutet, und dass
dieselbe zu gleicher Zeit, wenn auch nicht die Wahl
eines entschiedenen Heilverfahrens, doch die Verwer-
fung einer nachtheiligen u. barbarischen Kvrmethode
an die Hand giebt.
Die vorherrschende Thatsache in der Neuropatho-
logie ist demnach eine scharfe Sonderung der Neuro-
sen von andern Krankheilen als eine besondere Krank-
heits - Familie oder Gruppe, welche vermittels ge-
wisser der aufmerksamen Beobachtung zugänglicher
Zeichen charakterisirt werden rauss.
Die Neurosen unterscheiden sich nun von allen
andern Aflectionen zunächst durch eine grosse Ge-
neigtheit, nicht nur bei einem und demselben Indi-
viduum , sondern auch hei einer und derselben Fami-
lie auf dem Wege der Erblichkeil, die eine in die an-
dere überzugehen. Dieser zu gleicher Zeit indivi-
duelle und hereditäre Charakter der Umbildung oder
Transformation ist unseres Erachtens von allen der
wichtigste. Nur dem Rheumatismus allein ist eine
ähnliche Geneigtheil zur ömgestaltung eigen; Was
ist aber der Rheumatismus, wenigstens der sogen.
Rheum. vagus, wohl anders als eine Neurose? oder
höchstens eine Uebergangsform zwischen der Gruppe
der Neurosen und andern pathologischen Gruppen?
Jener Charakter der Umbildung hat in der Nosologie
einen grossen Werth. Er ist es, vermöge dessen in der
Naturgeschichte die mit den Namen von Geschlech-
tern , Arten und Familien bezeichneten Gruppen sich
von einander unterscheiden und indirect erkennen
lassen, denn ein gemeinsamer Typus und verschie-
dene Varietäten, sowie die Fähigkeit sich innerhalb
bestimmter Grenzen und den Typus unter verschiede-
nen Formen fortzusetzen , das ist gerade das Zeichen,
an welchem sich eine natürliche u. gesonderte Gruppe
von Krankheiten erkennen lässt. In dieser Beziehung
fügt sich gewiss kein Zweig der Nosologie so leicht
den in der Zoologie und Phytologie sanctionirten Re-
geln der Classiffications- Methode an, als gerade der
der Neurosen. Die erwähnte Eigenthümlichkeit um-
fasst nun wiederum 2 andere. Die Geneigtheit zur
Umgestaltung beruht auf der ungemeinen Beweglich-
keit der nervösen Phänomene, welche ihrerseits wie-
derum auf der innigen Solidarität beruht, die jene
unter einander verbindet. Ausnehmende gewisser-
40
IV. Pathali>gie, Therapie u. tnedioinische KüBlk.
maassen elektrische Mobilität, enge, gewissermaas^
Ben sich gegenseitig ersetzende Solidarität: Dieses
sind die beiden Charaktere jener Älfectionen mit den
wechselnden Formen , mit den Symptomen , welche
sich gegenseitig ergänzen , mit den wandelbaren Stö-
rungen, die zuweilen mit einer staunenswerlben Ein-
förmigkeit sich untereinander verketten. Und eben
diese beiden Charaktere sind nichts anders als 2 Sei-
ten der Umbildungs- Fähigkeit, welche allen Neu-
rosen gemeinsam zukommen. Ein Beispiel genttge
als praktische Veranschaulichung dieser theoretischen
Grundsaitze.
M. Z. aus einer Familie , in welcher schwere
Formen von Neurosen häufig vorkommen, 35 Jahre
alt, litt in Folge von lebhaften und schmerzlichen
GemüthserschUtterungen an AnHllIen, welche denen
der am Deutlichsten charakterisirten Hysterie völ-
lig ühnlich auftraten. Sein Aussehen war das ei-
nes Anämischen , ihm war jährlich mehrmals zur
Ader gelassen worden, im Ganzen ohngef^hr 22mah
Einen heftigen Kopfschmerz hatte man als Ence-
phalitis , einen Anfall von üepatalgie als Hepatitis
acuta behandelt. Alle diese vermeintlichen Hirn-
und LeberentzUndungen haben sich vor unsern Au-
gen wiederholt, und das Fernhalten von aller An-
tiphlogose, sowie eine geeignete tonisirende Be-
handlung beseitigten die Anfälle rascher «ils je,
und verdeutlichten anschaulich das Irrige der frü-
hem Diagnosen. Unsere Diagnose basirte sich
allein auf alle jene oben angegebenen Charaktere
der Neurosen, und war gewiss trotz ihrer rein ne-
gativen Bedeutung von der grössten Wichtigkeit
für das Wohl des Kranken.
Bei den Neurosen gestalten sich die krankhaf-
ten Erscheinungen die eine in die andere um; sie
entstehen und vergehen mit grosser Beweglichkeit,
und dennoch herrscht eine solche Solidarität unter
denselben , dass , so wie die eine entsteht , die an-
dern verschwinden, oder sich in einer bestimmten,
stets fortschreitenden Ordnung bis zum Auftreten aller
möglichen Symptome mit einander verketten. Nehmen
wir so z. B. die Hysterie, die Muster -Neurose, so
haben wir hier zunächst Darm - und Magenpneuma-
tosen, Meteorismus, Tympanilis; bald tritt an die
Stelle derselben das Geftthl von Beengung, von Ein-
schnürung oder Erstickung — des Globus hystericus,
dieses verschwindet wiederum um dem Clavus hysteri-
cus Platz zu machen , und dann treten alle diese
Symptome auf Einmal hervor, um sich insgesammt
wieder zu verlieren, oder um die den eigentlichen
Anfall charakterisirenden Nervenzunille, Delirien u. die
sonderbarsten Verirrungen von Seiten der Moral oder
des Instinkts nach sich zu ziehen. Nur bemerke man
wohl, dass dieselben krankhaften Erscheinungen,
welche bei der Entwicklung eines hysterischen An-
falles als Symptome bezeichnet werden , den Namen
der Krankheit erhalten, wenn sie isolirt im Laufe des
Lebens vorkommen.
Die Physiologen behaupten uud zweifelsohne mit
Recht, dass das Nervensystem allen Thätigketten des
Organismus, den niedersten sowohl wie den höch-
sten, vorstehe, so dass nicht nur die Acte deN
Willensäusserung , die Empfindungen und Bewegun-
gen u. s. w. , sondern auch die Circulation, das Ath-
men, die Verdauung, die Secretionen u. dgl. tt.
unter der Oberleitung des cerebro - spinalen , des
ganglionären oder des gemischten Nervensystems
stehen. Diese Behauptung steht unbestritten fest,
und selbst wenn dieselbe ungenau wäre , so würde
immer noch die Sympathie, jene allgemeine Irradia-
tion der Erscheinungen der Neurosität übrig bleiben,
um das Vorhandensein eines wenn auch nicht unmit-
telbaren, doch wenigstens mittelbaren Einflusses der
Nervenerregung auf die Functionen der Ernährung
nachzuweisen.
Nun macht sich aber bei den Neurosen die Ein-
wirkung des Nervensystems auf die Operationen des
organischen Lebens , so wie sie sich physiologisch,
sei es durch directe Tnnervation oder durch sympa-
thische Ausstrahlung geltend macht, ein wahres Spiel
daraus, alle die am Besten begründeten Behauptun-
gen der Wissenschaft völlig über den Haufen zu wer-
fen. Oft sieht man Kranke in den heftigsten Schmer- i
zen , an Krämpfen , Delirien , Erbrechen u. s. w. und I
zwar Wochen, Monate und Jahre hindurch leiden,
ohne dass die Circulation modificirt , ohne dass die
Verdauung gestört , ohne dass die Assimilation unter-
brochen wird. Ja noch mehr, man sieht Personen]
Monate lang unter den heftigsten moralischen u. kör-
perlichen Leiden im Bette zubringen, ohne die ge-
ringsten Nahrungsmittel zu sich zu nehmen oder die-
selben überhaupt zii ertragen , und dennoch bei allen
den schrecklichen Wecbselerscheinungen der Krank-
heit eine bewundernswerthe Körperfülle , gutes Aus-
sehen u. Frische bewahren.
Somit haben wir denn wiederum eine neue un-
terscheidende EigenthUmlichkeit der Neurosen , wel-
cher wir den Namen: Unabhängigkeit der Er-
scheinungen der Ernährung beilegen möchten,
welche sich nicht nur auf das Ungeslörtbleiben der
Nutrition bei den mannigfachsten und heftigsten kör-
perlichen Leiden , sondern auch bei Anwendung von
Mitteln, welche unter gewöhnlichen Umständen feind-
lich auf die Verdauung wirken , bezieht.
Fersuch einer Classification der Neurosen. In
Bezug auf die Neurosen lässt sich die Geschichte der
nosologischen Systeme in 2 Kategorien abtheilen. In
der erstem von Sauvages bis CuUen haben die
Neurosen weder einen Sammelnamen noch eine be-
stimmte Einreibung, sie finden sich unter verschie-
denen Namen diese in der einen, jene in der andern
Klasse, je nach den gerade vorzüglich hervorstechen-
den Symptomen verstreut und eingereiht. In der
2. Kategorie von Cullen bis jetzt haben die Neurosen
einen Sammelnamen angenommen, sie sind als Par-
tien einer und derselben Gruppe, von einander ge*
sondert, sie machen eine Klasse aus. Die Princi-
pien einer methodischen Coordination der Neurosen
sind keinesweges schwer festzustellen, wenn matt
IV. Patbologiei Therapi« ii. mediciaiiche Dinik.
41
B^ den Gedankeii festhält , dass die Nervenaffeetio-»
aen nur in ihren symptomatischeo Kuodgebungeo
Bludiri und erkaDOt, nur nach ihren constantesten
Erscheinungen , nach ihren evidentesten flussern Zei*
chen classiticirt werden können. Von einer anatcH
misch - pathologischen Localisation kann bei einer
Krankheitsgruppe, welche so wandelbar in ihren
Ertlichen Erscheinungen ist wie die der Neurosen,
wohl nicht die Rede sein. Will man jedoch auch hier
eine Localisation , so kann dieselbe sich nur auf die-
jenigen Partien des Nervensystems beziehen, an
welchen die constantesten u. evidentesten Symptome
hervortreten.
Nach dieser einzig möglichen Classificationsme-
thode der Neurosen haben wir zunächst eine allge-
meine Neuropathie , welche sich durch das Nichtvor-
handensein jeglichen vorherrschenden Symptomes
charakterisirt, und bei welcher der Reihe nach auf
die unvorhergesehenste Weise und beinahe ohne Un-
terbrechung die verschiedenartigsten, ja oft einan-
der entgegengesetztesten Symptome hervortreten.
Diese Neuropathie variirt in Bezug auf ihre Inlensi-
tatsgrade. So haben wir eine massige Intensität in
den verborgenen Störungen der ReizempHinglichkeit
und Innervation, wie sie constant im Geleite der so-
genannten nervOsen und melancholischen Tempera-
mente vorkommen ; ferner eine höhere Intensität in
den augenDilligern Störungen des sogen. Hystericis-
mus, und endlich die höchste Intensität in jener na-
menlosen und fast ohne Unterbrechung fortdauernden
Reihe von nervösen , schmerzhaften und bedeutenden
Störungen , welche die Praktiker , um nicht in die
Verlegenheit zu kommen denselben einen Namen zu
geben, beim Weibe der Hysterie, beim Manne der
Hypochondrie anreihen.
Diejenigen Neurosen , welche sich durch ein vor-
herrschendes Symptom charakterisiren, theilen wir in
3 allgemeine Gruppen ein. Die erste Gruppe um-
fasst die Neurosen , welche sich durch einige beson-
dere Störungen des organischen Lebens zu erkennen
geben. Unter diesen gehören die einen specieller
dem Gangliensystem, die andern specieller dem
pneumo - gastrischen Nervensysteme an. Bei allen
diesen Neurosen ist als vorwaltendes Symptom, eine
mehr oder weniger fixirte und begrenzte , oder eine
mehr oder weniger vage und tumultuarische Störung
der Brust- oder Unterleibseiogeweide zugegen. Hier-
her zahlen wir die nervösen Pneumatosen des Ver-
danungskanales , die dunkeln Visceralgien, die abnor-
men und schmerzhaften Empfindungen , die functio-
nellen Störungen, die spasmodischen Bewegungen
0. 8. w. , welche unter verschiedenen Benennungen
oder auch ganz ohne Benennung sich vornehmlich in
den Apparaten der Nutrition sei es in der Brust , sei
M im Unterleibe, sei es im Becken manifesliren, wie
Eeachhusten , Herzklopfen , Ohnmacht , Erbrechen,
Tympanitis, Magenkrampf, Neuralgie der Gedärme
«. dgl. m. Zur 2. Gruppe gehören diejenigen Neuro-
sen, welche sich durch Störungen der Sensibilität
MmL Jahrbb. Bd. 78. Hft. 1.
und Locomotion eharaklerisiren und deren Symptome
sich namentlich in den verschiedenen Partien des
sensoriell -motorischen Nervensystems entwickeln.
Von diesen Neurosen gehören einige dem Gentrum die-
ses Nervensystems an, so die krampfhaften, tetanischen
paralytischen, kataleptischen Neurosen» der Veits^
tanz, die allgemeinen Hyperästhesien u. s« w.,
andere den einzelnen Sinnen; letztere sind die
sogenapnten sensoriellen Neurosen, welche nicht
qiit den von Delirien begleiteten Halliicinationen ver^
wechselt werden dürfen. Einige jener Neurosen be-
ziehen sich auf die Nerven der Sensibilität , wilB die
Neuralgien, die Hyperästhesien, die örtlichen Anästhe-
sien u. s, w., andere wiederum, obwohl nur selten
und gering an Zahl, auf den Geschlechtsapparat, und
andere endlich bestehen in partiellen Störungen der
Locomotion, wie die Muskelkrämpfe, die partiellen
Contracturen , die auf einen oder einige Muskeln be-
schränkten Paralysen, die nervöse Stimmlosigkeit
u. dgl. m. Die 3. Gruppe umschliesst diejenigen
Neurosen , welche sich durch Störungen der intellec-
tuellen Sphäre charakterisiren, demnach also die ver-
schiedenen Formen der Geistesverwirrung, welche
man früher mit dem Namen Vesaniae bezeichnete. In
gewissen Fällen gehört auch das, was man Hypo-
chondrie nennt, dieser Gruppe an.
Wir kommen nun auf ein von den Physiologen
gänslich vernachlässigtes Gapitel , nämlich dasjenige,
welches von der Rolle des Nervensystems bei den
normalen und krankhaften Kundgebungen der
menschlichen Empfindungen handelt. Wir be-
merken hier zunächst, dass wir unter nervösen Func-
tionen etwas ganz Anderes verstehen, als das, was
die Physiologen Functionen des Nervensystems nen-
nen. Die nervösen Functionen sind nämlich diejeni-
gen, bei welchen die vorherrschenden Apparate des
Nervensystems zur Erzeugung eines complicirten Phä-
nomens concurriren. Hierher gehören z. B. diejenigen
Empfindungen, welche, indem sie eine Idee, eine
Erinnerung hervorrufen, eine Gemttthsbewegung er-
zeugen, hierher die Ideen, welche unter der Herr-
schaft einer GemOthsbewegung in Menge auftauchen,
sich mit derselben zu verketten scheinen so lange sie
dauert, und welche unter dem Einflüsse einer ver-
schiedenen Gemttthsbewegung sich verlieren und ver-
schwinden , um völlig entgegengesetzten Ideen Raum
zu geben , hierher die Geftthlsausdrttcke , welche un-
ter der Einwirkung einer Gemttthsbewegung durch
Gesten, durch den Gesichtsausdruck, durch den Blick,
durch den Ton der Stimme, durch die Stellung
u. s. w. sich kund geben , hierher ferner die Verbin-
dungen der Eindrucke, welche die Gewohnheiten
ausmachen, und hierher endlich im Allgemeinen
jene Ausstrahlungen , welche von einem Nervenappa-
rate zum anderen ttbergehen. Unter Functionen des
Nervensystems verstehen dagegen die Physiologen nur
jene partiellen Operationen, welche partielle und iso-
lirte Resultate hervorbringen, und welche einen mehr
oder weniger partiellen und isolirten Ausgangspunkt,
6
42
IV. Pathologie, Therapie 11. medicinische Klinik.
ein mehr oder weniger begrenztes Vermittlungsglied,
wie ein Nervenbündel, einen Nervenast, ein Ganglion
und dgl. haben.
Bei der Erzeugung der normalsten Phänomene des
Organismus nun, so wie bei derjenigen der hefligsten
nervösen Störungen intervenirt das Nervensystem
durch eine allgemein vorherrschende Thatsache, die
Gemüthshewegung, Schmerzlich oder angenehm,
stets ist die GemUlhsbewegung die lebharieste , allge-
meinste, thatigsle Kundgebung des Nervensystems.
An derselben nehmen nicht nur alle Apparate dieses
Systeins , sondern auch alle die der Locomolion und
der Nutrilion einen wesentlichen Antheil; durch die-
selbe werden die Ideen und Urtheile verändert , die
EmpGndungen modificirt, die willkürlichen oder un-
willkürlichen Bewegungen afficirt^ die Erscheinun-
gen des Kreislaufs, der Verdauung, desAlhmens, der
Absonderung, der Wärmeerzeugung beeinträchtigt:
kurz alles im Organismus unterliegt dem Einflüsse der
Gemüthshewegung.
Gewisse Gemttthsbewegungen stehen durchaus
mit keiner Idee in Verbindung, und diese rein vis-
ceralen oder ganglionären Gemüthserschütterungen
treten besonders bei gewissen nervösen AlTectionen
hervor. Wir haben hier ein Erschrecken ohne Ur-
sache, Gewissensbisse ohne Grund, Verzweiflung
ohne Motiv, und die Kranken selbst sind darüber er-
staunt. Soll die Gemüthshewegung zur wirklichen Em-
pfindung, zum positiven Verlangen werden, so muss
dieselbe mk der Idee der ersehnten Befriedigung sich
verbinden; daher kommt es, dass jede Empfindung,
jedes Verlangen auf 2 von einander untrennbaren Ele-
menten, auf der Idee und der Gemüthshewegung be-
ruht. Bildet sich die Gemüthshewegung als eine
dunkle, unbestimmte, confuse aus, so wird sie sich
durch unfruchtbare u. schmerzliche Aufregung, durch
zweck- und endlose Bewegungen kund geben, so
lange als die entsprechende Idee der aufzusuchenden
Genugthuung nicht vermittelnd hinzugetreten ist. Ist
diese Vermittlung einmal erfolgt, so nimmt die Ge-
müthshewegung alsbald den Charakter einer bestimm-
ten Empfindung an, und hat in ihrem Gefolge die
ganze Reihe der entsprechenden geistigen Anschauun-
gen; daher jener Einfluss ungewöhnlicher und hefti-
ger GemUlhsbewegungen auf Geistesstörungen.
Die Gemüthshewegung also, welche bei den Thie-
ren wie beim Menschen isolirt u. spontan , gleich ei-
ner unbestimmten u. wirren Herausforderung des Or-
ganismus, entstehen kann, welche aber bei den Thieren
sich ausschliesslich mit den Empfindungen verbindet,
verbindet sich beim Menschen zu gleicher Zeit mit
den Empfindungen und mit den Ideen. Diese Sfache
Verbindung gestaltet sich zum physiologischen Ge-
setze unserer Gefühle und Leidenschaften ; nament-
lich enge aber ist die Verbindung der Gemüthsbewe-
gungen und der Ideen. Da nun aber die Ideen unter
dem Namen der Einbildungskraft eine stets vorhandene
Kraft ausmachen, über welche ein jeder von uns nach
seinem Belieben verfügen kann, um die eigenen
- Gemüthsbewegungen entstehen zu lassen, zu erhalten
oder zu bekämpfen , und um durch die Gemüthsbe-
wegungen auf den ganzen Complex des Nervensystems
zu wirken, so tritt die Wichtigkeit der Rolle der
Ideen bei dem Studium der physiologischen und pa-
thologischen Erscheinungen des Nervensystems hier-
durch deutlich und unbestreitbar hervor. Kein phy-
siologischer Einfluss kommt an Kraft und Ausdehnung
der Einwirkung der Ideen auf die Gemüthsbewegun-
gen und durch die letzleren auf den Nervenorganis-
mus gleich. Diese Einwirkung ist immens , unbe-
grenzt, unendlich; sie findet auf zweifache Weise
statt, 1) nämlich, wenn sie Sinnes- und Gefühls-Er-
schütterungen vermöge der ihr eigenthümhchen Be-
thatigungskraft zu Stande kommen lässt , und 2) in-
dem sie diese beiden Arten von Gemüthsbewegungen
in Folge einer vorgängigen Verschmelzung beider neu
hervorbringt.
Die Idee wirkt vermöge der ihr eigenthümlichen
Bethatigungskrafl bei allen Gemüthsbewegungen , den
sinnlichen sowohl wie den sentimentalen , mit. Die
gewöhnlichsten , gröbsten Neigungen finden in den
Ideen eine Quelle der Anregung, welche ihre Stärke
und Ausdehnung unbegrenzt steigert. Der Mensch
und das Thier, beide stehen uuter der Herrschaft des
Hungers, allein bei dem Thiere ist diese sinnliche
Erregung nolhwendigerweise entweder das Resultat
einer primitiven und spontanen Anreizung der Ge-
därme, oder einer durch den Anblick oder den Geruch
einer vorliegenden Speise im Verdauungl^apparate er-
zeugten Aufregung, während beim Menschen diese
Gemüthserregung ganz unabhängig von jenen beiden
Ursachen der Anreizung zu Stande kommen kann.
Ein Wort, welches eine Speise bezeichnet, welches
den Geschmack oder den Geruch derselben angiebt,
die Beschreibung eines Gerichtes, die Erinnerung an
eine Mahlzeit, mit einem Worte die Idee genügt, um
beim Menschen alle jene physiologischen Erscheinun-
gen , welche den Hunger charakterisiren , begleitet
von stärkerer Absonderung des Speichels und Magen-
saftes , hervorzubringen. Dasselbe findet bei andern
sinnlichen Erregungen statt. Man kennt den grossen
Einfluss der Gemüthshewegung auf den Geschlechts-
apparat in Folge einer Mitlheilung, einer Beschrei-
bung, einer Erinnerung, ja eines einzigen Wortes,
kurz also der Idee. Da nun die Ideen unserem Wil-
len unterworfen sind, da wir dieselben hervorzurufen
und bis ins Unendliche hinaus zu combiniren vermö-
gen, so geht daraus hervor, dass d6r Mensch zu Ex-
cessen fähig ist, welche bei Thieren unmöglich sind,
und dass er allein ohne Durst trinken, ohne Hunger
essen , zu jeder Zeit der Liebe pflegen kann.
Die vornehmlichste Mitwirkung der Idee findet
aber bei den sentimentalen Gemüthsbewegungen Statt.
Diese Erregungen , welche ohne Zweifel in der Tiefe
des Organismus die Bedingung ihrer Existenz finden,
kommen nur unter dem Einflüsse des socialen Medium*s
und der in demselben verbreiteten Ideen zu Stande.
Dergleichen entstehen aus den Ideen des Ruhmes, der
Macht , des Ansehens , des Luxus , des Reichthums,
I.V. Pathologie» Therapie u. medicinische Klinik.
43
der Wollust , der Menscbfenliebe , des Patriotismus,
der FamilieuaDhanglichkeit, uud diese unsere senti-
meDtalen Gemttlhsbewegungeo werden uicbt nur
durch die Ideen der Gegenstände, welche uns um-
geben, oder der Begebenheiten , weiche um uns her
vor sich gehen, hervorgebracht, sondern auch durch
die Vorstellung der Gegenstände und Begebenheiten,
welche der Zeit und dem Baume nach ausserhalb des
Bereiches unserer Sinne liegen. Der Mensch besitzt
die Fähigkeit, mit Wesenheiten und Thüligkeilen be-
kannt zu werden , welche durch immense Zwischen-
räume von ihm gelrennt sind. Daraus entstehen
Wünsche und in Folge dieser Wunsche GemUlhser-
reguagen, welche den Charakter der Voraussicht, der
Erinnerung und der Kenntniss enirernl liegender
Thatsacheo an sich tragen. Desgleichen sind die
GemUthserregungen der Hoffnung, der Furcht, der
Verzweiflung, welche aus dem Gedanken an eine zu-
künftige Thatsache hervorgehen, desgleichen die Ge-
mflthserregungen des Bedauerns , der Beue , der Ge-
wissensbisse , welche aus der Idee einer vollendeten
Thatsache entstehen; desgleichen endlich die Ge-
müthserregungen des Zorns, der Freude, des Schrek-
kens, des Mitleids, des Neides, der Eifersucht u. dgl.
m. , welche wir bei der MiUheilung, oder bei dem
Gedanken an eine Thatsache empßnden können, wel-
che gerade vor sich geht, oder welche , wie wir an-
nehmen, gerade fern von uns zu Stande kommt.
£s giebl unvermeidliche, tragische, schmerzliche
Thatsachen, welche uns durchaus keine Gemüths-
bewegung verursachen würden, wenn sie nicht in
unserer Idee eine ideale Form annähmen. Der Art
ist der Gedanke an den Tod , welcher bei den Thie-
ren unmöglich ist , welcher aber für uns ein dauern-
der Gegenstand des Schreckens wird. Der Einfluss
unserer Ideen auf unsere Gemüthsbewegungen tritt
nicht nur in Bezug auf die Gegenstande und Bege-
benheiten, welche ausserhalb unserer Sinnensphäre
auf dem von uns bewohnten Planelen vorkommen,
hervor, sondern sie erstreckt sich noch weiter bis in
die Regionen des Unbegrenzten hinein ; daher die Ge-
müthsbewegungen , welche der religiöse Gedanke
hervorruft. Auf diese Weise scheinen die Ifeberlie-
ferung der Vergangenheit, die Voraussicht der Zukunft
und die socialen Beziehungen der Gegenwart den
Himmel und die Erde in dem weiten Gebiete des
menschlichen Gedankens zu umfassen und zu vereini-
gen, und sie werden zu einer 3fachen Quelle von
Wünschen und Gemüthserregungen , welche die Zahl
und Ausdehnung der nervösen Functionen und Krank-
heiten auf eine wunderbare Weise steigern.
Die Idee , in ihren physiologischen Verbindungen
betrachtet , zeigt sich unter 2 allgemeinen Gesichts-
punkten. Zunächst nämlich ist sie das treue und
stets Yorhandene innere Abbild des von aussen auf-
genommenen Eindruckes, und man kann sogar sagen,
dass die Wesen der Aussenwelt , die den Sinnen zu-
gänglichen Erscheinungen unter dieser geistigen, den
äusseren Sinnen unzugänglichen Form das Vorrecht
bewahren, einen Einfluss auszuüben, weichen der
Abstand der Zeit und des Ortes sonst unmöglich ge-
macht haben wOrde. Durch die einmal aufgenom-
mene und nach Belieben wieder zurückzurufende Idee
besilzen die Dinge der materiellen Welt die Macht,
selbst dann , wenn sie nicht mehr existiren , uns im
Innern zu erregen. Die Gemüthsbewegung, welche
durch den Anblick der äussern Gegenstande einmal
hervorgebracht worden ist, wird allein durch den Ge-
danken an diesen Anblick wieder neu hervorgerufen.
Auf diese Weise vermögen wir nach unserem Belieben
die GemUthsbewegung hervorzurufen oder zu entfer-
nen, je nachdem wir die Ideen hervorrufen oder ent-
fernen. Die Idee ist jedoch keineswegs immer das
innere und treue Abbild Dessen, .was nach aussen
von uns in der physischen Well bemerkt wird , nein,
sie isl mehr, sie ist die Auffassung einer unbegrenz-
ten Zahl von Beziehungen , wie sie durch die Laune
oder das Genie erkannt werden , vemiiltels neuer u.
wechselvoller Associationen. Mit Hülfe einer edlen
und erhabenen Idee vermag der Mensch sich freiwil-
lig dem Tode Preis zu geben , ohne Wanken Marlern
zu ertragen^ seinem Körper und seinen heiligsten
Gefühlen die schmerzlichsten Opfer aufzuerlegen;
vermöge einer selbstsüchtigen und gemeinen Idee
vermag er seine Meinungen zu verschlechtern , den-
selben monströse Wünsche zu entlocken , und den-
selben eine infame Wollust zu gestatten. Hier möchte
es geeignet erscheinen, eine kurze Definition der Ein-
bildungskraft zu geben. Dieselbe ist nämlich inThä-
tigkeit, sobald unter der Herrschaft eines Gefühles,
eines Wunsches, einer sinnlichen oder sentimentalen
Gemülhserregung der Mensch aus seiner Erinnerung
eine grosse Zahl von verschiedenen Elementen auf-
tauchen lässl, welche er dergestalt combinirt u. mit
einander verbindet, dass eine ideale Schöpfung, eine
mehr oder weniger heitere Form der gewünschten
Befriedigung, eine mehr oder weniger düstere Form
der gefürchteten Täuschung, daraus hervorgeht. Auf
diese Weise gelangt er dazu , unbekannte Beziehun-
gen zu idealisiren , Wesen unter den verschiedensten
komischen oder erhabenen Gestaltungen zu schaffen,
welche durchaus nicht den Sinnen zugänglich sind,
und bei wechselvollen, glänzenden oder düsteren,
wunderbaren oder schrecklichen Schauspielen zu as-
sistiren, welche, obwohl nur im Geiste eine substan-
tielle Wirklichkeit vor sich her tragend , dennoch in
den Tiefen des Nervensystems die zahlreichsten, man-
nigfachsten und oft bedeutendsten Störungen hervor-
zubringen im Stande sind.
Bislang sprachen wir von den Ideen, die mit einer
Gemülhserregung zusammenhängen, und welche wir
affective oder emotive nennen wollen, zum Unter-
schiede von den rein sensoriellen oder intellectuellen
Ideen, welche indifferent sind. Der Art ist die Idee
von einem Hause , welches man auf der Beise gese-
hen hat , der Art die Idee vom Kreislaufe des Blutes,
wie sie uns gelehrt wird. Umschliesst jedoch jenes
Haus eine geliebte Person, wird der Kreislauf des
Blutes zum Gegenstande einer lebhaften Discussion,
so wird, die Idee davon zu einer affectiven. Bei
u
IV. Pathologie, Therapie n. mediciiiiaehe Klinik.
gewissen Individuen , welche mit einer grossen Ge-
mOthserregbarkeit begabt sind, giebt es wenige Ideen,
welche nicht diesen Charakter annehmen, und an
diesen Zeichen erkennt man auch namentlich Diejeni-
gen , welche zu Neurosen disponirt sind.
Es giebt gewisse nervöse AiTectionen, welche ihre
Entstehung den Zufälligkeiten eines» sei es im wachen-
den» sei es im schlafenden Zustande empfundenen
Eindrucks verdanken, welcher plötzlich, ohne Wissen
des Kranken selbst , alte und längst vergessene Ge-
mttthserregungen wieder hervorruft. Der Anblick
oder die Idee eines an und für sich ganz indiiTerenten
Gegenstandes ruft oft eine ganze Reihe von GemUlhs-
erregungen und zwar allein dadurch hervor, dass
dieser Gegenstand mit einer mehr oder weniger leb-
haften Traumscene zusammenhängt, welche selbst
längst vergessen ist. Wie viele ungewöhnliche Sym-
pathien und wunderbare Zuneigungen, wie viele bi-
zarre Antipathien und unerklärliche Abneigungen
finden nicht ihre Ursachen in den Abwechselungen
eines Traumes.
Alle diese zarten Analysen , welche der Nerven-
Physiologe geringschätzt, müssen von dem Arzte der
Neurosen sorgf^tltig stndirt werden , indem die phy-
siologischen Verbindungen der Ideen, der Empfindun-
gen undGemülhserregungea sich hier mit einer über-
aässigen und krankhaften Entwicklung kund geben.
Gehen wir nun auf das Zusammenwirken der vor-
nehmlichsten Nervenapparate bei dieser wechselseiti-
gen Action der Ideen und der Gemttthserregungen
Uber.
Die sogen, affectiven Phänomene geben sich be-
kanntlich durch die Gemüthserregtmg kund , welche
sinnlich ist, sobald sie den das Individuum und die
Gattung erhaltenden Neigungen, und sentimental, so-
bald sie der Idee einer aufzusuchenden Befriedigung,
oder eines zu vermeidenden Hindernisses entspricht.
Nun bietet aber die Gemüthserregung an und für sich
durchaus keinen intellectuellen oder sensoriellen Cha-
rakter dar, Gehirn und Sinne bleiben dabei unbelhei-
ligt, und jene erhält erst diesen doppelten Charakter
durch ihre Verbindung mit einer Idee oder mit einer
Empfindung.
Die sensoriellen Phänomene geben sich durch die
Empfindungen knnd, welche wir von den änssern
Körpern aus erhalten. Diese Empfindungen nun aber
bieten an u. für sich durchaus keinen affectiven oder
intellectuellen Charakter dar, das Bauchgangliensystem
und das €ehirn «ind hierbei unbetheUigt , und jener
doppelte Charakter entsteht erst durch das Hin-
mtreten einer Gemüthserregung oder einer Idee.
Die intellectuellen Phänomene endlich manifestiren
sich durch die Ideen, vermittels welcher wir Exi-
stenzen, Beziehungen, Thätigkeiten, Grenzen u. dgl. m.
hestatigen.
Nun besitzen aber die Ideen an u.lttr mck dnrdh-
auB keiwn nABCttan •oAer sensof iellen Giiarakier, die
Baucfaganglien und die Sinne sind dabei unbetheiligt,
und erst das Hinzutreten einer Gemüthserregung oder
einer Empfindung setzt diese beiden Apparate in ThI*
tigkeit. Die nervöse Eindnicksempfknglichkeit des
Menschen findet demnach an 3 von einander geson-
derten Quellen ihre Nahrung, welcher 3 specielle
Apparate entsprechen. Die physiologischen u. ana-
tomischen Elemente der nervösen EindrucksempHing-
lichkeit lassen sich jedoch nicht isolirt betrachten,
wenigstens bieten sie sich nicht dergestalt unserer Beob-
achtung dar. Es sind zwischen denselben so zahl-
reiche und so innige fanctionelle Beziehungen vorhan-
den, die Mitwirkung einer jeden derselben zur Erzeu-
gung der gemeinsamen Phänomene ist eine so ge-
wöhnliche und unentbehrliche , dass^ man unmöglich
das Vorhandensein eines vermittelnden Apparates,
eines gemeinsamen Herdes, kurz einer nervösen Gen-
tralität in Abrede steilen kann, welche dieselben ver-
bindet, concentrirt und zu gleicher Zeit mit dem Sy-
steme der Locomotion in Verbindung setzt. Eine
Idee vermag nicht eine Gemüthserregung, ein Sinnes-
eindruck nicht eine Idee hervorzurufen, eine Gemüths-
erregung vermag nicht einen Geftthlsausdruck zu be-
gleiten , der Wille vermag nicht eine Bewegung) zu
bewirken u. s. w. , ohne die Dazwischen kunft eines '
vermittelnden Apparates, einer sensoriellen motori-
schen Ceniralisation. Vermittels dieser Centralisa-
tion verbinden sich die aus verschiedenen Ursachen
hervorgehenden Eindrücke unter einander, um com-
plicirte Phänomene zu bilden , d. h. solche , welche
mindestens 2 Elemente umfassen , doch auch alle 3
umschliessen , z. B. wenn eine Gemüthserregung von
der Idee einer Farbe, eines Tones, eines Gegenstan-
des untrennbar ist. Diese Association betrachtet man
gewöhnlich als eine Thatsache der Sympathie, und
verwechselt somit eine functionelle und specielle Be-
ziehung mit einer consensuellen und allgemeinen.
Man hat demnach an dem nervösen Organismus
des Menschen 3 grosse Systeme oder Apparate zu un-
terscheiden , welche die 3 Elemente des moralischen
und intellectuellen Lebens repräsenliren. Diese sind
1) der Bauch-Ganglienapparat, welcher die allgemei-
nen Zustände des Organismus, die Bedürfnisse und
Neigungen darstellt, und das Element der Gemüths-
erregung ausmacht. 2) i)ie Apparate der speciellen
Empfindungen , welche die ailgemoinen Erscheinun-
gen der physischen Welt, die durch die Sinne wahr-
nehmbaren Eigenschaften der Körper repräsenliren,
und das sensorielle Element ausmachen. 3) Der
psychisch-cerebrale Apparat, welcher die Ideen und
VernunflLscIiIüsse, die aligemeinen Ergebnisse der Un-
terweisung darstellt, und das inlellectuelle oder
eigentlich so genannte psychische Element ausmacht.
Ferner hat man noch das Hirn-, Rückenmarks- oder
das sensoriell-motorische Centrum zu unterscheiden,
welches zu gleicher Zeit in den 3 angeführten Appa-
raten, so wie in den Locomations - Apparaten aus-
strahlt. ' ^jgitizedby VjOO^
Was den seitUchen Ganglienapparat betrifft, so
IV. PathoiogM» Therapie v. me4Kcini8ebe Klinik.
46
scheint derselbe ganz besonders die consensuellen
Beziehongen zwischen den besondern Theilen des Or*
ganisnus aufrecht zu erhalten, und nimmt wahr*
scheinlich eine ron den Bauchganglienapparale isolirte
Stellung ein.
Bei den complicirlen Phünomenen des moralischen
und intellectuellen Lebens nun findet ein Austausch
der nervösen Ausstrahlungen zwischen den 3 Appa-
raten Statt, welche die wesentlichsten Elemente zu
denselben hergeben. Diese Ausstrahlungen lassen
sich als ganglionär-cerebrale oder als sensoriell-cere-
brale bezeichnen , wenn dieselben in Gemüihserre-
gnngen oder in EmpBndungen» d. h. in ganglionären
oder sensoriellen Erregungen, welche auf die Ideen ihren
Einfluss ausüben, bestehen, sie erscheinen wiederum als
cerebral -ganglionare oder als cerebral - sensorielle,
wenn die Ideen oder die geistig- cerebralen Erregun-
gen es sind , welche die Gemttlhserregungen u. Em-
pfindungen influenciren. Diese Ausstrahlungen oder
besser diese Eindrucke, welche mit Bewusstsein
stattfinden , und welche der Mensch verhüten , her-
vorrufen , modificiren oder wenigstens verdammen
oder billigen kann , dürfen augenscheinlich nicht mit
den Sympathien verwechselt werden . deren Wesen
gerade darin besteht, dass sie ohne Bewusstsein und
auf eine dunkle Weise stattfinden, denen also der
Mensch weder widerstehen , noch beipflichten kann.
Die Physiologen, welche mit einiger Aufmerksam-
keit die gegenseitigen Beziehungen des Physischen u.
des Moralischen beim Menschen studirt haben , stim-
men trotz der Verschiedenheit ihrer Ansichten alle
darin überein , dass gewisse Individuen dazu prfldis-
ponirt sind, mehr die eine Neigung als die andere
kund zu geben, und mehr von der einen Leidenschaft,
als von der andern sich hinreissen zu lassen. Sie
siod weiter gegangen , und sie haben erkannt , dass
diese Prildisposition mit gewissen allgemeinen Zustan-
den des Organismus zusammenhangt. Diese Neigun-
gen aber, welche in der Tiefe des organischen Lebens
schlummern , bleiben so lange ungekannt , bis eine
äussere Ursache eine Gemülhserregung hervorruft,
diese erst enthüllt dann die bis dahin verborgene
Neigung, und nach ihrer Intensität hisst sich auch die
Intensität der letztern abmessen. Die Gemüthserre-
gang kommt in Folge der bereits vorher bestehenden
Beziehung zwisdien den allgemeinen Zustanden des
Organismus und den äussern Eindrücken zu Stande
— nur variirt dieselbe aber an Wesen und Intensität,
je nach den Temperamenten , den Neigungen , d. h.
je nach den einem jeglichen Organismus eigenthüm-
lichen Zustanden , u. sie müssen daher als die allge-
meinen Besultate aus den partiellen Erregungen des
Bauch-Ganglienapparates angesehen werden.
Dieser Apparat ist in der That aus einer Beihe
von partiellen Herden zusammengesetzt , welche eine
Art von Verbindung zwischen den tieferen Partien
des Organismus , mit welchen sie unmittelbar com-
«nmictren, und den seitlioben Herden, welche mit
ihnen commuoiciren , unterhalten. Bieae wiederav
vereinigen sich nicht nnr unter einander, sondeni
stehen auch mit gewissen allgemeinen Herden in Verbin-
dung, welche Verbindung sich bis zu dem grossen
gemeinsamen Herde binerstreckt , dem sogen. Gen-
trum epigastricum , welches als Centralisationsorgan
für die Gemülhserregung dient. Dieses angenommen
wird mau leicht begreifen können, wie alle Aufregun-
gen, welche auf eine mehr oder minder abnorme
Weise an den verschiedenen Punkten des Bauchner-
vengebietes stallfinden, indem dieselben in dem
Gangliennetze ausstrahlen und sich wiederholen, in
dem Centralherde den Charakter einer allgemeinen
Resultante annehmen. Diese Resultante nun aber
ist es, welche die Gemüthsbewegung ausmacht, und
letztere ist demnach das ausschliesslich organische
Element der Empfindung. Sinnlich reprasenlirt sie
die allgemeinen Bedürfnisse des Organismus und ruft
die Befriedigung derselben hervor, sentimental stellt
sie die tief in der Region der Ernährung vergrabenen
Neigungen dar, und enthüllt die Herrschaft dersel-
ben. Beide Arten der Gemülhserregung haben ihre
Quelle in den allgemeinen Zustanden des Organis-
mus, jedoch mit dem Unterschiede , dass die erstere
über specielle Apparate für eine jede Neigung gebie-
tet, wahrend die letztere nur über einen für alle Em-
pfindungen gemeinsamen Apparat zu disponiren hat.
Daher leitet sich die immense Rolle der Ideen bei der
Bestimmung der letzteren, daher die Nothwendigkeit,
dass um eims Empfindung, ein Verlangen, eine Lei-
denschaft nervorzuhringen , die Idee einer aufzusu-
chenden Befriedigung sich mit der empfundenen Ge-
müthserregung in Verbindung setzen muss. Bis hier-
her war die Gemülhserregung eine mehr oder weni-
ger angenehme oder unangenehme Störung, jetzt
erst wird sie zu einer bestimmten Empfindung. Otirch
dieselbe nun , so wie durch den ganglionar-cerebra-
len Eindruck, welchen sie hervorbringt, wird der
Apparat der Intelligenz gewissermaassen angeregt,
den verborgensten Anforderungen des visceralen Lebens
zu entsprechen , die diesen Anforderungen entspre-
chenden traurigen oder heitern, ruhigen oder unru-
higen Gedanken vorherrschen zu lassen und selbst
durch die complicirtesten Acte des Erkenntnisses zu in-
terveniren, um jenen Befriedigung zu verschafTen. Bei
alle dem giebt es aber auch nervöse Affecte, welche
in einer Gemülhserregung bestehen, die durch nichts
im Gedanken ihre Berechtigung findet. Ich empfinde
Furcht, sagte ein Kranker zu EsquiroL — Wor-
über denn? — Ich weiss keinen Grund dafür, aber
ich empfinde Furcht. Bei diesen Affecten ist augen-
scheinlich die geistig-cerebrale Mitwirkung gleich Null,
und die Krankheit gehört rein dem Baurhganglien-
System an. Hierher gehören die Neurosen , welche
sich durch Anfalle von Traurigkeit, Langeweile, Angst,
Schreck, Widerwillen, Abneigung zu erkennen geben,
und welche als Melancholie, Hypochondrie, Panopho-
bie u. dgl. m. bezeichnet werden. Wenn diese krank-
haften Gemüthsaffecte sich mit analogen Ideen verbin-
den, 80 findet eine gangliojiar - cerebrale Eindrucks-
46
IV. Pathologie, Therapie n. medicinische Klinik.
empHlnglichkeit Slatt, deren Resultat Delirien , Hal-
lucinationen, Illusionen u. dgl. sind.
Die krankhaften GemUlhsaffecte drücken sich je-
doch nicht immer mit dieser Einrachheit aus. Mögen
sie von selbst entstehen, oder mögen sie durch äus-
sere umstände, oder durch Ideen hervorgerufen wer-
den, so bekunden sie sich zuweilen durch Paroxys-
men, welche aber die gewöholichen Grenzen des Ge-
fahlsausdrucks hinausgehen. In gewissen Fallen folgt
auf die GemUthserregung Stupidität, oder eine Sus-
pension aller Fähigkeiten, in andern Fallen treten Ad-
täWe von Epilepsie, Hysterie, Katalepsie, Exstase ein,
oft auch beobachtet man Nervenzufälle , Anfalle von
Erstickung, Krampfhusten, Herzklopfen u. s. w.
Auf dieselbe Weise nun , wie diese Anfälle unter
dem Einflüsse einer von aussen hervorgerufenen Ge-
mUthserregung eintreten können, können dieselben
sich aber auch unter dem Einflüsse einer spontanen
krankhaften GemUthserregung entwickeln , ohne dass
eine andere Ursache, als eine Störung im Bauch-
ganglieusysteme vorhanden ist, welche bald nach dem
psychisch - cerebralen Apparate hin, bald nach den
Apparaten der Locomolion, des Kreislaufes , der Re-
spiration hin ausstrahlt. Diese Ausstrahlungen der
Krankheit finden automatisch, ohne Selbstbewusst-
sein und vermöge des Gesetzes Statt, dass funclio-
nell^ Beziehungen, die oft zwischen den Nervenappa-
raten vorhanden sind, durch Gewohnheit oder Krank-
heit leicht dahin tendiren , das Wesen svmpalhischer
Beziehungen anzunehmen. Um das Automalische der
pathologischen Ausstrahlungen recht zu verstehen,
darf man den functionellen Mechanismus der physio-
logischen Ausstrahlungen nicht aus den Augen verlie-
ren. Fassen wir alles oben Angeführte kurz zusam-
men^ so ergeben sich daraus folgende allgemeine
Schlussfolgen.
1) Zufolge der Mitwirkung der allgemeinen Zu-
stände des Organismus bei der Erzeugung sinnlicher
und sentimentaler GemUlhsbewegungen unterliegen
die Neurosen einestheils dem Einflüsse des Lebens-
alters, des Geschlechtes, des Temperaments, der Erb-
lichkeit und vorangegangener Krankheiten, andern-
theils dem Einflüsse der Klimate, der Lebensweise,
der Jahreszeiten, der Wohnung, atmosphärischer
Verhaltnisse u. s. w.
2) Zufolge der Mitwirkung der Ideen bei dem
Zustandekommen der sinnlichen und sentimentalen
Gemüthsbewegungen hängen die Neurosen einerseits
von den Verhältnissen der Struclur und der Gonfor-
mation des Gehirns ab , und unterliegen andererseits
dem Einflüsse der Civilisalion, der religiösen und
politischen Einrichtungen, der moralischen Erziehung,
der Sitte und der herrschenden Doctrinen.
Diese zweifache Aetiologie umschliesst natürlich
auch eine zwiefache Hygieine und eine zwiefache
Therapie.
Fon der nervösen Aufregtmg m. von der Ner-
vositäi oder Neurostiäi. Die nervöse Aufregung
besieht aus 2 allgemeinen Tliatsachen, welche ia
ihrer raschen Aufeinanderfolge sich mit einander xa
vermischen scheinen, welche aber wohl von einander
unterschieden werden müssen. Diese beiden allge-
meinen Thatsachen sind 1) die eigentlich sogen. Aul^
regung , oder die in einem centralen oder peripheri-
schen Theile eines Nervenapparates unter dem Ein-
flüsse einer geistigen, physischen oder organischen
Ursache erzeugte ursprüngliche Nodification , und 2]
die Ausstrahlung oder Weiterverbreitung dieser pri-
mären Erregung. Hier werden wir zunächst nur die
letztere abhandeln.
Zwei von einander untrennbare und denoocb
deutlich von einander verschiedene Elemente sind
dazu bestimmt, bei der nervösen Erregung und zur
Erzeugung der Nervosität mitzuwirken. Diese beiden
Elemente sind das Nervenmark und der arterielle
Kreislauf. Die Veränderungen, welche in den phy-
siologischen Zuständen des ersten dieser Elemenle
bewirkt werden, hängen namentlich von körperhebeD
Uebungen und den Beförderungsmitteln der localen
Ernährung ab, während dieselben Veränderungen dei
zweiten dieser Elemente vornämlich unter dem Ein-
flüsse der Lebensweise und der die allgemeine Er-
nährung befördernden Mittel stehen. Der arterielle
Kreislauf und das Nervenmark sind nicht nur die phy-
siologischen Elemente der Nervosität, sondern sie
machen auch die anatomische Beschaff'enheit der Ap-
parate aus, welche jene bei der nervösen Erregung
zu Stande kommen lassen.
Die vasculär- medulläre Beschafienheit der Ner-
venorgane, welche dazu bestimmt sind, durch die
Berührung eines geeigneten Agens erregt zu werden,
ist keineswegs der Aufmerksamkeit der Anatomen ent-
gangen , und dieselbe giebt sich in der grauen Mass«
der sensoriellen Überfläche des psychisch - cerebralen
Apparates , des sensoriell - motorischen Centrum und
der Ganglien kund. Diese anatomisch-physiologische
Beschafi'enheit lässt es zu. anzuerkennen, dass in Be-
trefl" der arteriellen Circulation , welche die Nerven-
substanz so reichlich versorgt, es sich nicht allein
darum handelt, dass das für die Ernährung erforder-
liche Blut, sondern auch ein functionelles Element
freien Zugang habe, und dass die Absonderung eines
für die Production eines speciellen Phänomens notb-
wendigen Princips zulässig sei. Man ist dahin g^
kommen, die Nervenapparate im Allgemeinen und das
Gehirn insbesondere als Secretionsapparate anzusehen,
welche die animalischen und vitalen Geister, das Ner-
ven-Fluidum, das elektro-dynamische u. das elektro-
galvanische Fluidum u. dgl. m. absondern , und daxu
bestimmt sind, das universelle Leben in den Organis-
mus der Menschen und der Thiere eindringen zu las-
sen, oder ausschliesslich die Thatsachen der Sensibi-
lität , der Intelligenz und der Locomolion hervorzu-
bringen. Als die besser unterrichteten Physiologen
das Gehirn mehr als den speciellen Apparat der Intel-
ligenz, denn als einen Herd der viuien Action betracii-
IV. Pathologie, Therapie u. medicmische Klinik.
47
taten, so behielt dasselbe dennoch bei Einigen die
Stellang eines Seerelionsorgans bei , und Ginige gin->
gen so weit , za behaupten , dass dasselbe den Ge-
danken secernire!
Sehen wir Jedoch von diesen zu weil getriebenen
theoretischen Hypothesen ab, so gelangen wir bei
Berücksichtigung der einfachen Thalsachen , nament-
lich nach Unterbindung gewisser Arteriensiamme , zu
dem von Hrn. Buchez aufgesleHlen Grundgesetze:
die Phänomene der Sensibilität und der Innervation
verhalten sich der Art, als wenn sie in jeder speciel-
len Abtheilung des Nervensystems durch den succes-
siven Verlust einer angehäuften Quantität (Nervosität)
in der Marksubstanz zu Stande kämen ; die Andauer
dieses Verlustes steht in umgekehrtem Verhältnisse
zur fntensttat der Phänomene u. in geradem Verhält-
oisse zur Thätigkeit der örtlichen Circulation. Durch
dieses Gesetz ist die Wichtigkeit der arteriellen Cir-
culation fOr das Zustandekommen der Nervenerregung
bestimmt u. klar festgestellt , u. auf dieser wechsel-
seitigen Beziehung beruhen die fundamentalen Zu-
stände der Gindrucksempfänglichkeil und der Inner-
vation.
Beobachtet man die Entwicklung des mensch-
lichen Embryo, das aufsteigende Fortschreiten in der
Thierreihe , so wird man stets dieselbe gegenseitige
Beziehung vorfinden. Da wo deutlich charakterisirte
Gefässe vorhanden sind, finden sich auch Nerven-
fiiden, da wo ein Herz sich zu gestalten beginnt, be-
merkt man ein Ganglion, welches die Rolle eines sen-
soriell - motorischen Centrums erfüllt ; da wo sich
ein Herz mit seinen arteriellen und venösen Höhlen,
so wie mit einem Athmungsapparate zeigt, findet sich
auch ein Gehirn, welches die Spitze eines sehr aus-
gedehnten und sehr complicirten Nervensystems bil-
det. Der thierische Organismus scheint in seinen
ersten' Anfängen nichts Anderes , als eine wirre Mi-
schung von Nervenmaterie und von im Zellgewebe
verballten Blutgefässen auszumachen. Selbst die Fa-
sern und Eingeweide, welche bei dem Fortschreiten
der Thierreihe oder der Entwicklung des Embryo den
Organismus coropliciren , scheinen uns ein Product
dieser vasculär-nervösen Verbindung zu sein, welches
nach und nach sich in den Zwischenräumen des Fun-
damental-Gewebes abgelagert hat. Verfolgen wir
unsere Untersuchungen in einem den Sinnen zugäng-
licheren Gebiete, so sehen wir die Nerven und Blut-
gefifsse sich gegenseitig treu begleiten, bis sie am
Ende unvermerkt mit einander verschwinden, wir se-
hen sie beide, nachdem sie zahllose Verästelungen
gebildet haben , sich enge mit einander verbinden u.
endlich in der Tiefe der Gewebe sich so eng mit ein-
ander vermischen, dass sie kaum selbst vermittels
des Gedankens sich von einander isoliren Hessen,
würde ihr gesondertes Vorhandensein nicht durch
specielle Eigenthdmlichkeilen angedeutet. Gerade
HOB aber in der Portion , wo die Nervenenden u. die
Arterienenden am Innigsten mit einander verbimden
siad, kommen die nervOsen Erregungen, so wie die
Nervosität zu Stande, um sich dann später nach einer
bestimmten Ordnungen den verschiedenen Partien des
Organismus auszubreiten.
Es ist schwierig , ja fast unmöglich die functio-
nelle Beziehung, welche zwischen der arteriellen Cir-
culation und der HarUsubstanz bei der Nervenerregung
und beim Zustandekommen der Nervosität stattfindet,
in allen ihren Gestaltungen nachzuweisen. Bleiben
wir hier bei der Untersuchung dessen stehen , was
bei den Sinneserregungen, z. B. bei der Erregung des
Gesichtssinnes , vor sich geht. Welches ist hier die
excitirende Ursache der Sinnesempfindung? Das Licht
mit den Modificationen, welches dasselbe bei der Be-
rührung mit den Körpern erleidet, d. h. mit seinen
Farben. Welches ist die erregbare Oberfläche, die
unter der Einwirkung des Lichtes in Thätigkeit ver-
setzt wird? Die Netzhaut oder die peripherische
Ausbreitung des Sehnerven. Was geht in der vascu-
lös-meduUaren Substanz der Netzhaut vor, wenn die
durch das Licht bewirkte Erregung stattfindet? Die
arterielle Circulation bethätigt sich hier unmittelbar
darauf, und es stellt sich eine functionelle Beziehung
zwischen dem Blute und der Nervensubstanz her.
Was wir hier von der Erregung des Gesichtssinnes
sagen, gilt ebenso von allen andern Sinneserregungen,
ja überhaupt von allen peripherischen Erregungen des
Nervensystems. Die Difierenzen, welche wir bei den
Besultalen bemerken, li«lngen mit der Verschiedenheit
der Ursachen, der Apparate, der anatomisch-physio-
logischen Beschaffenheit der letzteren zusammen.
Welches auch immer das excitirende Agens, welches
auch immer der excitirte Apparat sein mag, das Mit-
wirken des Arterienblutes ist die unentbehrliche Be-
dingung, die untrennbare Thatsache bei jeder Ner-
venerregung.
Fahren wir nun mit unserem Beispiele fort«
Bleibt das Auge geölTnet und bleibt der Blick mehrere
Secunden, eine Minute hindurch auf einen hell er-
leuchteten Gegenstand fixirt, so wird das Sehen trübe
werden und endlich sich so sehr verdunkeln , dass
der weisse Punkt, welchen man zuerst fest angesehen
hat, nach und nach farbig, braun, endlich schwars
werden wird. Das Licht hat dann aufgebort, die
Portion des Nervensystems , welche in Thätigkeit ge-
wesen ist, zu erregen. Schliesst man nun das Auge,
so wird nach einigen Augenblicken der Buhe die
functionelle Capacität der Netzhaut sich wieder ein-
stellen. Wir haben hier also zunächst eine Art von
Lähmung, bewirkt durch die Erschöpfung, od. durch
den Verlust der arteriellen und nervösen Elemente,
welche nur durch die Circulation während der Ruhe
wieder ausgeglichen werden kann. Setzt man das
Experiment ;veiler fort, schiebt man die bei jeder
Nervenoperation nothwendige Intermittenz weiter hin-
aus, versagt man dem Auge die demselben nolhwen-
dig gewordene Buhe, so wird sich die Intervention
des Blutes durch eine lebhafte und schmerzhafte
Gongestion zu erkennen geben.
48
IV. Pathologie» Therapie u. medicinische Kliiiik.
Ganz dieselbe Wichtigkeit aber, die das Arterien-
blut für die Nerveofunctionen hat, hat auch die Mark-
substanz der Nerven, und zahlreiche Thatsachen Hes-
sen sich zum Beweise der wechselseiligen und com-
binirten Wirksamkeit beider bei dem Zustandekom-
men der Nervosität beibringen. Kurz also : die Ner-
venerregung oder die physiologische Modification,
vermöge welcher die Phänomene der Eindrucksem-
pf^nglichkeit und der Innervation zu Stande kommen,
ist als das Resultat einer durch eine geeignete Ur-
sache hervorgebrachten functionellen gegenseitigen
Beziehung zwischen einem Elemente des Arlerienblu-
tes und einem Nervenelemente anzusehen. Die Ner-
vosität oder die durch jene functionelle Beziehung
hervorgebrachte Kraft ist dazu bestimmt, auf den be-
stehenden Wegen der Nervencontinuilät sich fortzu-
pflanzen. Diese Kraft ist ihrem Wesen nach unbe-
kannt, wie alle die Kräfte , welche die moralische u.
physische Welt in Bewegung setzen ; nichtsdestowe-
niger giebt sie sich durch unbezweifelbare Phänomene
kund, welche uns mit Bewunderung und Staunen er-
füllen. Sich wiedererzeugend im Schlafe und in den
für jede Nervenfunction nothwendigen Zwischenpausen
der Ruhe, erschöpft sie sich in den Acten des Gedan-
kens, in dem Phänomene der Empfindung, in den
Störungen der Gemüthsbewegung, in den Anstren-
gungen der Ortsbewegung u. namentlich in den grau-
samen Qualen des Schmerzes.
Wenn nun aber, wie erwähnt, die Mitwirkung
der arteriellen Circulation für das Zustandekommen
der Nervosität nothwendig ist, so muss ein jedes
Nervenorgan, welches oft wiederholten Erregungen
ausgesetzt ist und demgemäss in einer gegebeuen Zeit
auch eine grössere Menge von Blut in sich aufnimmt,
Modificalionen der Ernährung erleiden, welche die
functionelle Energie desselben erhöhen. Daher kommen
jene leichtere, zarlere, ausgedehntere Eindrucksem-
pninglithkeil und jene beweglichere , regelmässigere,
intensivere Innervation , welche zu gleicher Zeit eine
Errungenschaft und eine Eigenlhümlichkeit der Ge-
wohnheit ausmachen. Die Gewohnheit aber besieht
sowohl in einer mehr oder weniger häufigen Wieder-
holung von Erregungen , als in einer mehr oder we-
niger häufig zu Stande kommenden Verbindung von
Eindrücken. Man hat behauptet und behauptet noch
heutzutage, dass die Wiederholung derselben Nerven-
erregungen die Sensibilität abstumpfe, während die-
selbe die Energie der Auffassungskraft , der Empfin-
dungen, der Bewegungen und der Leidenschaften
selbst steigert. In dieser Behauptung liegt ein Irr-
thum und ein Widerspruch, welche leicht zu erklären
sind. Man legt auf diese Weise dem Worte Sensibi-
lität eine zweideutige, ungenaue Bedeutung bei, wel-
che dasselbe in der Physiologie als Wissenschaft nicht
haben sollte. Statt die Sensibilität zu vermindern
oder abzustumpfen, vermindert und beseitigt die Ge-
wohnheit die zu starke Erregbarkeit der Nerven, wel-
che um so grösser ist , je länger die normalen Erre-
gungen unterbrochen worden sind, und um so weni-
jyer zu befürchten ist, je mehr die Nervenapparate
durch die allmälige Erneuerung der Erregungen dazu
vorbereitet sind, die Einwirkung der excitirenden Ur-
sachen zu ertragen.
Wenn es unbestreitbar ist , dass die Erneuerung
derselben Erregungen in der Thal jenen Einfluss auf
die functionelle Eindrucksempfänglichkeit und Inner-
vation ausübt, wenn die Uebung die Ausdelinung der
Empfindungen und die Energie der intellectuellen
Operationen steigert und die Intensität der Wünsche
bis so weit erhöht, dass diese unersättlich werden,
so lässt sich unschwer der Schluss daraus ziehen, dass
einige Elemente zur anatomisch-physiologischen Ent-
wicklung der Nervenapparate hinzugekommen sind,
dass eine Modification in Betreff der Ernährung be-
wirkt, kurz, dass eine organische Beschaffenheit ver«
schieden von der, welche früher vorhanden gewesen,
hervorgebracht worden ist. Diese Schlussfolge ist
ganz folgerecht. Jede erworbene oder g^steigerle
Fähigkeit oder Kraft ist sicher der Ausdruck einer or-
ganischen Errungenschaft , gerade so , wie jede ver-
loren gegangene oder verminderte Fähigkeit od. Kraft
der Ausdruck eines entsprechenden Verlustes ist.
Diese unbestreitbare Annahme beherrscht unseres Er-
achtens das ganze wissenschaftliche Gebiet der Func-
tionen und der Nervenkrankheiten.
Deshalb, weil die Zunahme der Ernährung sich
nicht immer durch eine augenscheinliche Zunahme
des Volums der Nervenorgane kund giebt , wird man
gewiss nicht jede auf die Analogie begründete Schluss-
folge verwerfen und eine Thatsache in Zweifel stellea
wollen , deren Wirklichkeit die Erfahrung und Beob-
achtung so oft nachgewiesen haben. Das Volum ist
weder der treue und constanle Ausdruck der functio-
nellen Energie, noch des Grades der Ernährung eines
Organs. Im Gegentheile ist es allgemein anerkannt,
dass die Dichtigkeit oft im umgekehrten Verhältnisse
zum Volum und in geradem Verhältnisse zur* fune-
tionellen Energie steht. Namentlich was das Nerven-
system anbetrifft, strebt die Dichtigkeit dahin , zuzu-
nehmen, und das Volum dahin, abzunehmen, in dem
Maasse , als die Apparate sich mehr vervollkommnen
und weniger erziehungsfähig werden, d. h. in dem
Maasse , als man im Lebensalter vorrückt. Bei dem
Kinde prädominiren in der Thal die Flüssigkeiten , u.
die Gewebe sind weicher, schwammiger. Dieses
Verhältniss verliert sich unmerklich immer mehr und
mehr, bis im erwachsenen Alter das Verhältniss
zwischen den flüssigen und festen Theilen eine Art
von Gleichgewicht erlangt hat. Nun ist aber das
Nervensystem des Kindes nicht so sehr durch das Vo-
lum seiner Theile bemerkenswerth, als dadurch, dass
die Flüssigkeiten die Maschen des Zellgewebes erfül-
len und die noch unausgebildete Markmasse erwei-
chen. In dem Maasse , als das Kind im Leben vor-
rückt, tritt unter dem Einflüsse der auf einander fol-
genden und sich stets erneuernden inslinctiven , sen-
soriellen und geistigen Erregungen die Ausbildung
der gefäissreichen Marksubstanz an die Stelle der Flüs-
sigkeiten; es findet ein fortschreitendes Phänomen
IV. Pathologie , Therapie u. medieinische Klinik.
49
der specielleD und gewissermaassen supplementären
Ernährung Statt, und dasselbe wiederholt sich mit
zunehmender Intensität, bis die Grenzen der Ausbil-
dungsDlhigkeit erreicht sind. Diese Grenzen sind
nun aber dann erreicht, wenn die organische Dich-
tigkeit schon zu gross ist, als dass das fortschrei-
tende Phänomen der speciellen Ernährung noch mOg*
lieh wäre, und dann treten in der Thal die physiolo-
gischen Zustände des höhern Allers ein. Die Erin-
nerung an frühere Eindrücke besteht fort, die gegen-
wärtigen Eindrucke lassen nur schwache Spuren zu-
rflck. Allein die in einem frühem Alter angenomme-
nen Gewohnheiten erhallen sich mit einer gewissen
Zähigkeit, und es ist fast unmöglich geworden, neue
anzunehmen. Da die Erneuerung der Eindrücke
nicht mehr das Phänomen der supplementären Ernäh-
rung bewirken kann , so bleiben dem Greise nur die
Errungenschaften der Vergangenheit. Die Zustände
des Nervengewebes sind der Art geworden , dass die
in der Kindheit so energische örtliche Circulation
nothwendigerweise sich verlangsamen muss , daraus
geht dann eine beträchtliche Abnahme in Betreff des
Zustandekommens der Nervosität u. demzufolge auch
in Betreff der Intensität der Phänomene der Eindrucks-
empfänglichkeit und der Innervation hervor. Gerade
das Gegentheil findet im Kindesalter Statt. Die Ver-
gangenheit ist für das Kind nicht da , es bedarf eines
Anhaltepnnktes für die Errungenschaften der Zukunft.
Dieser Anhaltepunkt ist sein Nervenorganismus. Die
Wegsamkeit dieses letztern begünstigt den arteriellen
Kreislauf in demselben und die Aufnahme des Pro-
ductes der supplementären Ernährung, welches aus
den sich stets erneuernden Erregungen resultiren
muss. Die längere Dauer des Kindesallers beim
Menschen als bei Thieren macht übrigens die Noth-
wendigkeit der langsamen und progressiven Ausbil-
dung des Nervensystems durch die Erziehung augen-
scheinlich. Man möge sich überzeugt halten, dass,
wenn eine neue Gewohnheit an die Stelle einer altern
tritt , wenn man mit Mühe die Fähigkeiten , welche
man auszuüben aufgehört hat, wieder erlangt, dass
dann, sagen wir, ein Phänomen der Absorption statt-
gefunden hat, und dass die durch die frühem Uebun-
gen hervorgebrachte Nervenmaterie mehr oder weni-
ger vollständig verschwunden ist, um einer neuen
Schöpfung Platz zu machen. Ja noch mehr, wenn
die fortgesetzte Uebung eines Nervenapparates, wenn
die Acte der Gewohnheit , wenn eine Profession oder
eine besondere Reihe von vornehmlichen Beschäfli-
guDgen bei den Aeltern eine Disposition erzeugt
haben , die auf dem Wege der Zeugung sich auf die
Kinder übertragen lässt , so geschieht dieses dadurch,
dass eine specielle organische Schöpfung stattgefun-
den hat, und dass das Product dieser speciellen
Schöpfung in dem befruchteten Keime wie alle an-
dern Producte des Lebens sich repräsentirt. V^enn
endlich die von einer Generation erworbenen Fähig-
keiten sich auf spätere Generationen fortpflanzen , so
geschieht dieses dadurch» dass es dem mensch-
Bled. Jahrbb. Bd. 73. HA. 1.
liehen Geiste verlieben ist, die menschlichen Racen
modificiren zu können, und vermittels der socialen
Einrichtungen gute oder schlechte, geistesbegabte od.
geistesstumpfe Racen zu schaffen, kurz dadurch, dass
es Fähigkeiten und Neigungen giebt, welche als der
Ausdruck einer organischen Gestaltung, die von Gott
für das schaffende Gebiet der Gesellschaft aufbewahrt
worden ist, angesehen werden können.
Ungenügende Erregungen und übermässige Erre-
gungen nun sind die beiden Ursachen der zu grossen
Nervenerregbarkett, welche in den meisten Fällen
der Ausdruck eines abnormen Verhältnisses zwischen
den Entwicklungszuständen des vasculär- medullären
Gewebes und den Verhältnissen der Quantität u. der
Qualität des Arterienblutes ist.
Die nervöse Hypererregbarkeit zeigt sich unter
sehr verschiedenen physiologischen Verhältnissen.
Dieselbe kommt nicht allein bei dem nervösen und
melancholischen Temperamente der alten Physiologen
vor , sondern auch bei dem sanguinischen , biliösen
und lymphatischen Temperamente, bei Plethorischen
sowohl, wie bei Anämischen, bei der muskulösen
sowohl, wie bei der scrophulösen Constitution u. s. w.
Sie kann übrigens durch die verschiedensten physi-
schen und moralischen Ursachen hervorgebracht wer-
den, und augenscheinlich ist die schon im Voraus
bewirkte Veränderung des gegenseitigen Verhältnisses
zwischen den Zuständen des Nervensystems u. denen
des Arterienblutes keineswegs in allen Fällen dieselbe.»
Alle Formen der zu starken Nervenerregbarjieit lassen
sich jedoch auf folgende 4 allgemeine Formen zurück-
führen.
1) Das Nervensystem kann, indem dasselbe nicht
ausreichend entwickelt ist, für das Zustandekommen
des nervösen Elements der Nervosität nicht genügen ;
in diesem Falle bewirkt der Zufluss des zur normalen
Production der Erregungen nothwendigen Blutes in
jenem eine Congestion , welche die Operationen des-
selben slörl. Wir nennen diesen Zustand der Uyper-
erregsamkeit den sub- oder hypo-nervösen,
2) Das Nervensystem kann zu stark entwickelt
sein, zu sehr prädominiren , und die arterielle Cir-
culation bei sonstigen ganz günstigen Verhältnissen
nicht für das Zustandekommen des Nervenelementes
der Nervosität ausreichen. Wir nennen diesen Zu-
stand den hy per nervösen,
3) Das Arterienblut kann der Nervosität keine
genügende Menge activer Elemente Uefem, und
bewirkt in dem sonst ganz angemessen entwickelten
Nervensysteme eine unfruchtbare und störende Con-
gestion. Wir nennen diesen Zustand den kypo-
hämischen.
4) Das Arterienblut kann zu reich an aeäven
Elementen sein, während das Nervensystem sich
dabei in normalem Zustande befindet. Wir nennen
diesen Zustand den hyperämisehen. ^
7
so
IV. PAtholtygie , TiterBpie u. Medicittische Klinik.
Der subnervOsen HyperexcitabiliUt entsprechen
di^enigen Störungen der Eindmcksempföngiichkeit u.
der Innervation, welche aus einer zu lange andauern-
den Unlerbrechung der normalen Erregungen hervor-
gehen ; sie kann das Resultat eines erblichen , ange-
borenen oder erworbenen Zustandes sein.
Es giebt Individuen , deren Nervensystem , sei es
durch die Einwirkung einer ursprünglichen Constitu-
tion, sei es durch den Einfluss physischer und mora-
lischer Ursachen beeinträchtigt worden ist. In allen
Fällen ist, so verschieden auch die Ursachen sein
mögen, stets ein Mangel der muskulär - medullären
Bildung vorhanden , wodurch der Nervenurgiinismus
behindert wird, ohne Gongestion und ohne Störung
die Mr das Zustandekommen der bei einer jeden Er-
regung nothwendigen Nervosität erforderliche Blut-
menge in sich aufzunehmen. In die xorliegende Reihe
gehören demnach alle Erscheinungen von zu grosser Er-
regbarkeit, welche sich bei den Personen zeigen, de-
ren zu weichliche Erziehung das Nervensystem ver-
hindert, in Folge der Erneuerung der Erregungen alle
die Entwicklung zu erlangen , deren dasselbe durch
die Uebung ß[hig ist, so wie bei den Personen, de-
ren derartige Disposition die Folge schwächender
Einflösse, schwerer Krankheiten, langdauernder phy-
sischer oder moralischer Schmerzen ist, w^ebeüi'
onjdit ^flWi
Praktikern vorkommen, u. deren Pathogenie unseres
Wissens noch von Niemandem festgestellt worden ist. :
Falle dieser Art zerfallen in 2 Kategorien; zur
ersten gehören die Individuen , bei denen das Blat,
wenn auch reichlich vorhanden . sicli dennoch nicht
im Normalzustande befindet und einer genügenden
Menge acliver Eleuioule ermangelt, welche beim Zu-
standekommen der Nervosität mitwirken. Der Art
sind die ßleichsUchtigen, die Scrophulösen, die Was-
sersüchtigen, so wie die Personen, welche von einer
nährender Principien ermangelnden Nahrung, in dun-
keln , feuchten Wohnungen leben u. dgl. m. Diese
Form der zu grossen Nervenerregbarkeit kommt
von allen am Häufigsten vor. In die 2. Kategorie
gehören die Individuen , welche , sei es durch Blut-
flttsse, sei es durch reichliche und wiederholte Ader-
lässe» eine beträchtliche Menge Blut verloren haben.
Da die Summe der zur Erzeugung einer jeden Erre-
gung erforderlichen ' arteriell - nervösen Elemente
zum Voraus bestimmt und durch ein unveränderliches
physiologisches Gesetz präcisiri ist , so folgt daraus,
dass wenn unter dem Einflüsse einer geeigneten Ur-
sache eine Erregung zu Stande kommen soll , wah-
rend das Blut arm an activen Elementen ist, ein be-
deutend stärkerer Zufluss von Blut nothwendig wird,
uni die erforderliche normale Quantität zu beschaffen.
Einflüsse der Organismus von den erslen,t(®en des.S*''"*^'^"*^''^^''' ^"""'' °"° aberbringt bei jeder
Embryonaüebens bis zur Geburt und vonfdit Gehntl J^!'f^?^J^^!' Congestion im Nervensysteme hervor,
bis iu einem mehr oder minder vorgerückte^ ÖJler 2 ?adiiJ^6«'*deB die Operationen desselben schmerz-
ausgesetzt gewesen sein kann. Der hy^.enfe/yösen
Uebererregbarkeit entsprechen diejenigen Steh^mg^ d«.
EindrucksempßUigliehkeit und der Innervation, ^^elche'
bei den Personen vorkommen, deren Nervensystem
eine zu beträchtliche Entwicklung darbietet, und bei
welchen das Blut unter sonst günstigen Verhältnissen
nicht für die Erregungen ausreicht, welche jene
Mark-Entwicklung beansprucht. Solches beobachtet
man im Allgemeinen bei den Personen , deren Gehirn
grosse Dimensionen darbietet, wenn nicht zugleich
eine robuste und sanguinische Constitution dieser
Prävalenz des Nervensystems entspricht. Daraus ent-
wickein sich jener Charakter der Beweglichkeit und
Veränderlichkeit, jene Neigungen zur Ungeduld
und zur Langeweile unter dem Einflüsse der unhedeu-
lendsten Ursachen, jenes Bedürfniss nach stets neuen
Eindrücken, ohne Kraft den Andrang derselben zu er-
tragen, daraus endlich jene Menge von Neurosen,
welche die dieser so häufig vorkommenden Form der
zu starken Nervenerregbarkeit unterworfenen Indivi-
duen martern. Diese Form kann erblich, angeboren
oder erworben sein ; letzteres ist sie, wenn zu zahl-
reiche Erregungen unaufhörlich auf einander folgen
und die Entwicklung des Nervensystems prädominiren
lassen , wie dieses im Allgemeinen bei den höheren
Klassen der Gesellschaft und in grossen Städten, un-
ter dem Einflüsse stets lebhafterer Gemüthsbewegun-
gen und stets zahlreicherer Sorgen, der Fall ist.
Der hypohämischen Hypererregbarkeit entsprechen
diejenigen nervösen Störungen^ welche alle Tage den
^hafter und unjrollständiger , und wir haben die er-
wähnte zu starke Erregbarkeit vor uns.
Der hyperämischen zu starken Nerven erregbarkeil
endlich entsprechen diejenigen nervösen Störungen,
welche als ursächliches Moment eine allgemeine Blut-
fUlle, eine sanguinische Constitution, den Gebrauch
einer zu saftreichen, zu reizenden Alimentation, eine
zu sehr mit Sauerstoff überladene Luft u. s. w. an-
erkennen. Dieser letzteren Form allein, welche von
allen die seltenste und am wenigsten bedeutende
ist, kann, wie sich leicht einsehen lässt, die anti-
phlogistische Heilmethode mit einigem Erfolge ent-
gegengestellt werden, ohne dass jedoch dieselbe
durch wirkliche Entzündung bedingt ist.
(Ja ff 6.)
46. Geschwulst in dem vordem Gehirnlap-
pen ; von Dr. A. K i r k w o o d. (Monthly Journ.
March 1851.)
Ein Matrose, 44 J. alt, stürzte im J. 1840 von einer
beträchtlichen Höhe auf den Kopf, wobei er mehrfache Fra^
turen der Knochen der rechten untern Extremität erlitt.
Ohngefähr 3 Wochen darauf hatte er zum 1. Male eioea epi-
leptischen Anfall and von dieser Zelt an wiederholten sich
diese Anfälle bis zu seinem Tode , zuerst in längero (6—7-
wöchenll.), dann in kflrzeren u. endlich in ohngefähr lOtäg.)
jedoch keineswegs regelmässigen Zeiträumen. Anfangs be-
hielt er während der Anfälle sein Bewnsstsein , in den letzten
4 — K i. aber verlor er es allemal. Er untemabm später
zwar noch 3 Seereisen als Koch , roosste aber der Häufigkeit
der Anfälle und der Verkürzung seines Beins halber seine ße-
schäftigung aufgeben und ward im Nov. 1850 in das Berwil^
Union Workhouse aufgenommen , wo er am 8. T. nach seiner
IV. Pathologie » Therapie u. mediciniache Klinik
51
Ankanfi nach mehreren äusserst heftigen Anfällen, welche
Lahmang der ganzen rechten Seite hinterlassen hatten, starb.
SecHon 16 Std. nach dem Tode. Der Unke Ann
steif, nach der Schulter gebeugt, die Finger krampfhaft ge-
krümmt; die Muskeln der linken untern Extremität starr und
deiHlich herrortretend ; die der rechten ebenfalls, aber in ge-
ringenn Grade ; über der Mitte der Tibia der rechten Seite
eine angefahr 4" lange , unregelmäsaig geformte Wunde ; an
dem obern, vordem und innern Theile des rechten Oberschen-
kels eine harte , unregelmässige Geschwulst. Die rechte Ex-
tremität Mt 3" kürzer, ak die linke. — Am blosgelegten
Schädel zeigte sich keine Spur eines Bruches oder einer an-
dern Verletzung; ebensowenig an der innern Schädelfläche.
Die Gefässe der Dura mater waren in einem geringen Con-
gestionszustande. Bei der Eröffnung der Membran zeigte sich
ein blasser, grünlich-gelber, einige Linien messender u. sich
ein venig über die Ebene der Windungen erhebender Fleck
am rechten Tordern Gehirnlappen. Er war hart und in un-
mittelbarer Verbindung mit der Arachnoidea , ohne mit der-
selben verwachsen zu sein. An der untern Fläche desselben
Lappens befand sich ein entsprechender Fleck , an dessen in-
nerer Seite der Geruchnerv hinlief, welcher etwas kleiner, als
der der andern Seite war. Diese Flecke bildeten entgegenge-
setzte Flächen einer grossen Geschwulst, welche, ausgenom-
men an diesen beiden Stellen , gänzlich von der Gehirnsub-
stanz umgeben war , aber nicht mit derselben in Verbindung
aland. Ein TheiL der weissen Substanz, ungefähr V4'' ^^
Dorchm. ond der Mitte der hintern Seite der Geschwulst ge-
genüber, war etwas entzündet und erweicht. Ausserdem
war das ganze Gehirn gesund. Die Geschwulst war hart,
elastisch, von einer blassen, grünlich -gelben Farbe, von
etwas rauher Oberfläche, von unregelmässig runder Form,
mass im Umfange von vorn nach hinten 8 1/4 und in der ent-
gegengesetzten Richtung 8", und wog 5V's ^02. und 50 Gr.,
während das Gewicht des Gehirns für sich 3 Pfd. 1 Unz. be-
trug. Die Geschwulst wurde durch einen beträchtlich gros-
sen Zweig von der Art. cerebri ant. mit Blut verseben. Be4
einem Einschnitte in den weichsten Tbeil derselben entleerte
sich eine rahmartige, dunkelrothe Flüssigkeit, welche zum
Tbeil am Hesser hängen blieb. Der ganze Inhalt war in einer
dicken, faserigen Kapsei eingeschlossen .
Nach Vf. kommt diese Geschwulst dem sogen. Haetna-
ioma am nächsten ; Prof. B e n n e t , der sie mikroskopisch
ODtersncbte , giebt folgende Beschreibung. Sie bestand aus
einer festen Kapsel, ungefähr Vs" <lick und ziegelmehlfarbige
Blntgerinnsel enthaltend. Die Kapsel war äusserlich stroh-
gelb, wie gerinnbare Lymphe, innerlich zu 2 Drittel ihrer
Dicke dunkelroth, in Schwarz übergebend. Ein kleiner Theil
der innern Kapselschicht zeigte bei 250maliger Vergross, ein
dichtes Maschennetz von Fasern in welligen Bündeln von Y,s
bi* *Vioo" Durchm. Die dickere innere Schicht war aus
ähnlichen, mit mehr und weniger zersetzten Blutkügelchen
vermischten Fasern zusammengesetzt. Die innern Gerinnsel
bestanden ans ähnlichen Fasern , aus zahlreichen Molekülen
uad Kömchen, u. aus einer Masse von Blutkügelchen, welche
in ihrer Grösse vermindert und in ihrer Form verschiedenartig
veräiDdert waren, aber doch noch ihre normale gelbe Farbe
zeigten. Hieraus geht hervor , dass die Geschwulst gänzlich
aas einer ins Gehirn ausgetretenen Blutmasse bestand , deren
äussere Oberfläche in der Form von Molekularfasern coagu-
liite , welche sich anhäuften , fester wurden und so die äus-
sere Kapsel bildeten. Der innere Theil des Blutklumpens er-
fahr die Veränderungen, welche bei Blutaustrilt in innere pa-
renchymatöse Organe gewöhnlich beobachtet werden.
Dass der Kr. die belrächUieben Verletzungen so
lange Überlebte, ist, wie Vf. bemerkt, höchst inter-
essant. Ohne Zweifel waren die epileptischen An-
nUle Folge derselben, denn der Kr. hatte vorher we-
der an einem solchen Anfalle , oder an irgend einer
Gehirnkrankbeit gelitten, noch Hess sich die geringste
«rbliche Anlage dazu dartbun. Vf. glaubt aber nicht,
dass die Epilepsie von der Verletzung des Kopfes ber-
rttbrte, denn die Erschütterung war nicht bedeutend
und ihre Wirkung schnell vorQbergehend. Die Ver-
letzungen der untern Extremität sind vollkommen
genügend, denn es ist bekannt, dass Verletzung,
Reizung und gewisse Krankheiten entfernter Nerven
fähig sind, allgemeine Krämpfe hervorzubringen. Die
Reizung durch die KnochenbrUche u. der Druck des
verrenkten Gelenkkopfes auf einen bedeutenden Nerven
(N. cruralis ant.), so wie der Sebmerz, der Mangel
an Schlaf und der Blutverlust waren in diesem Falle
gewiss hinreichende Ursachen. Anfangs, wo Pat.
während der AnfjUe sein Bewusstsein nicht verlor,
hatten dieselben mehr einen convulsivisehen , als
einen wirklich epileptischen Charakter. Bei jedem
neuen Anfalle musste der Blutumlauf im Gehirn eine
vorübergehende Störung erleiden und das Gehirn ge-
reizt werden , — genügende Ursachen , um die Ent-
wicklung der Geschwulst zu bewirken. Nachdem
dieselbe an Grösse zugenommen hatte, veranlasste sie
selbst Reizung und steigerte die Häufigkeit und Hef-
tigkeit der Anfälle im Verhältniss ihres Wachsthums,
bis sie endlich, wie ein fremder Körper wirkend,
Entzündung, Erweichung, Goma , Lähmung und
schlusslich den Tod hervorbrachte. — Vf. ist über-
haupt der Ansicht, dass Gehirngeschwttlste fast. tra-
mer Folge und nicht Ursache der Epilepsie sind, denn
sehr selten findet man dieselben in Fällen , wo die
Epilepsie noch nicht lange besteht. Es ist merkwür-
dig, dass bei einer so grossen Gehirngeschwulst we-
der Lähmung, noch Geistesschwäche stattgefunden
hat.
Einen ähnlichen Fall tbeilt WilL Traill in
demselben Hefte des Honthly Journ. mit
Ein Farmer, 31 J. alt, gross und stark, mit ungewöhn-
lich kleinem Kopfe, welcher neben andern vorübergehenden
Leiden bäuGg an Verdauungsbeschwerden und habitueller Ver-
stopfung litt , fiel am 10. Mai 1846 plötzlich bewusstlos nie-
der. Als er sich wieder erholte, war er noch starr und ver-
wirrt und hatte den eigentbiimlicben Gesichtsausdruck, den
man oft nach einem epileptischen Anfall beobachtet. Krämpfe,
Schaum vor dem Munde oder der eigentbüml. epilept. Schrei
waren nicht bemerkt worden. Nach einigen Stunden stellte
sich ein ähnlicher Anfall ein ; einige Tage darauf konnte er in-
dessen seinen gewöhnlichen Geschäften nachgehen und nach
wenigen Monaten war sein Gesundheitszustand, mit Ausnahme
geringer , sehr kurz anhaltender Anfälle von Verwirrung und
Betäubung , ganz so wie früher. Am 26. Mai 1848 traf ihn
ein Anfall , welcher offenbar durch heftige Anstrengung und
Gemüthsbewegung veranlasst war, beim Reiten. Er wurde
auf dem Wege liegend gefunden , jedoch ohne weitern Scha-
den. Von dieser Zeit an bis März 1850 hatte der Kr. Anfälle
in Zwischenräumen von 1 — 6 Monaten, sogar einmal 3 an
einem Tage , und diese Anfälle waren ohne allen Zweifel epi-
leptischer Art. Später erschien nach jedem Anfalle ein Aus-
schlag auf der Stirn, und manchmal Blutaustritt in die Scle-
rotica beider Augen. Eine bestimmte Ursache zu dieser
Krankheit Hess sich nicht finden. Vor 13 bis 14 J. war ihm
ein Holzbalken auf den Kopf gefallen, wonach er mitunter an
heftigem Kopfschmerz gelitten haben soll. Niemand aus sei-
ner Familie hatte je an Epilepsie gelitten. Die Behandlung
war anfünglich die gegen die Epilepsie gewöhnliche. Vom
März 1850 an wurden aber, da man die Krankheit für ein or-
ganisches Kupfleiden halten musste, Aderlässe, knappe Diät u.
Tart. emct. u. Digitalis verordnet. Seit dieser Zeit stellte sich
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
kein Anfall wieder ein , und 3 bis 4 Monate lang fühlte sich
der Kr. wohler als je. Er wurde jedoch nach und nach matt
und schwach, so dass ihm eine kräftigere Diät erlaubt werden
musste. Dabei verfiel er in einen Zustand von Hypochondrie,
wurde sehr nervenreizbar und verfiel allmälig in einen vollstän-
dig comatösen Zustand, in dem er am 20. Dec. verschied.
Section des Kopfes 48 Std. nach dem Tode. Die Hirn-
haute natürlich, aber fest an den Knochen anhängend ; Venen
etwas vergrössert , schwarzes , flüssiges Blut enthaltend ; ge-
ringe seröse Ergiessung zwischen Arachnoidea und Dura ma-
ter; Gehimsubstanz gesund, etwas blass; in der Mitte der
linken •Gehirnhälfte und etwas nach unten eine Geschwulst von
der Grösse einer Wallnuss, von ovaler Form und dunkelrosen-
rotber Farbe, etwas härter als das Gehirn, in der Mitte tbeil-
weise erweicht und eingesunken, und mit eiterähnlichem
Stoffe vermischt. In dem untern und vordem Theile dersel-
ben Hälfte eine Geschwulst von der Grösse einer Haselnuss,
von derselben Structur , aber ohne Erweichung. Beide Ge-
schwülste waren vollständig umschrieben ; die Gehirntheile,
mit denen sie in Verbindung standen , von natürlicher Struc-
tur. In den Ventrikeln ungefähr 2 Unz. klaren Serums ; die
Gl. piluit. vergrössert, von dunkler Farbe; der Theil der
Dura mater, welcher die Drüse u. die Sella turcica überzieht,
übermässig gefässreicb und livid ; der Knochen der Sella. tur-
cica dunkel gefärbt un^ der Fortsatz an der linken Seite zum
Theil aufgesaugt ; die übrigen Theile des Gehirns normal.
(Schröder.)
47. Beobachtimgen fiber Bleiencephalopa-
thio; voa Dr. Empis. (Arch. g^n. Sept. 1851.)
Ein mit den Erscheinungen von chronischer Bleivergiftung
in das Hötel-Dieu zu Paris eintretender Bleiweissarbeiter wurde
durch abfuhrende Mittel in kurzer Zeit so weit geheilt , dass
er als Reconvalesccnt gelten konnte, als plötzlich folgende
neue Krankheitserscheinungen hinzutraten. Der Kranke wurde
still , traurig , verlor den Appetit und legte sich ohne gegen
Jemand zu klagen zu Bett, wo er in einem ganz apathischen,
aber nicht bewusstlosen Zustande verweilte. Sprache, Em-
pfindung, Stuhlausleerungen waren in keiner Weise gestört.
Puls 60. Dieser Zustand dauerte von Mittag bis Mittemacht,
zu welcher Zeit er in kurzen Intervallen von kurzdauernden
Krampfanfällen , die gegen Morgen continuirlich wurden , er-
griffen wurde. Am Morgen antwortete der Kranke auf keine
Frage mehr, war ganz unempfindlich und befand sich in einem
tetanischen, mit heftiger Contraction aller Beugemuskeln ver-
bundenen Krampfzustande. Stuhl und Urinausleerung fehl-
ten, Respiration,stertorös, Puls schwach, 108. Der Tod
trat etwa 30 Std. nach dem Erscheinen des ersten Symptoms
des Gehirnleidens ein. Die Section zeigte weder im Gehirn,
noch im Darmkanal , eine geringe Schwellung der solitären
Follikel des Ileum und Colon abgerechnet, irgend etwas Be-
merkenswerthes
Orfila hat zuerst (Bull, de TAcad. de m6d.
1847) ein Verfahren angegeben, wodurch man das
als Gift eingeführte Blei von dem im normalen Zu-
stande in den Organen enthaltenen unterscheiden
kann. Er kocht die fragliche Substanz mit ange-
säuertem Wasser, und verkohlt dieselbe dann mit
einer Mischung von Salpeters, und chlorsaurem Kali :
der Rückstand der Abdampfung jener Flüssigkeiten
giebt eine Kohle, die man dann nach den Regeln be-
handelt. Nach diesem Verfahren i) konnte Vf. weder
1) Chatin (Journ. de chim. m^d. Fdvr. 1851) will in
300 Grmm. der Leber eines an dem fragl. Uebel Verstorbenen
7« Ctgrmm. , und in der Hälfte des Gehirns 7« Mgrmm. Blei
mit Hülfe von O.'s Verfahren gefunden haben.
Redaction.
in dem Gehirn, noch in der Leber, noch in der Galle
eine Spur von Blei nachweisen , schiiesst also hier-
aus, dass toxisches Blei in diesen 3 Substanzen nicht
enthalten war; dagegen fahd er, als er das Gehirn
auf seinen normalen chemischen Bleigehalt prüfte,
diesen bedeutend vermehrt. Diese Prüfung wurde!
foigendermaassen vorgenommen. Die Hirnsubstani |
wurde 3mal eingeäschert, die Asche mit satpeters.
Wasser gekocht, filtrirt und eingedickt, worauf diel
Flüssigkeit die gewöhnlichen Bleireactionen zeigte.
Vf. schiiesst daraus , dass man bei Bleivergiftungen
zwei Arten der Bleiimprägnalion unterscheiden müsse:
1) eine solche, wo das Blei frei in den organischen
Materien enthalten ist; dahin gehören die acutes
Vergiftungen, und 2) eine solche , wo das Blei , wie
im vorliegenden Falle , innig mit der physiologischei
Materie verbunden ist, dahin gehören die chronischeo.
Auf die Behandlung hat natürlich dieser doppelte Zu-
stand einen sehr wesentlichen Einfluss.
(Julius dar US.)
48. Fall von Hydrophobie; von Dr. J. strn-
thers. (Monlhly Journ. Jan. 1851.)
Der von Vf. beobachtete Fall betrifft einen SYrl
jähr. Knaben, der von einem mitlelgrossen Hunde
oberhalb der rechten Augenbraue 2 Bisswunden er-
halten hatte. Die Section des Hundes ergab nichts
Besonderes. Bei dem Knaben brach die Wuth am:
30. T. nach der Verletzung aus und 50 Std. darauf]
erfolgte der Tod.
Da die Bisswunde an einer unbedeckten, sehr ge-
rjssreiclien^ Stelle sich befand , so war die Möglich-
keit der Uebertragung des Giftes grösser. Durch
. diesen Fall stellt sich die Thalsacbe heraus, dass dii
Aufsaugung des Giftes innerhalb X^j^ Std. statlfindei
kann. Es ist wahrscheinlich , dass , wenn nicht die
betroffenen Theile vor dem Aufhören der Blutung zer
stört werden, schon genug Gift aufgesogen werden
kann , um die Krankheit zu erzeugen. Die Incuba-
tionsperiode war in dem fragl. Falle 30 T. Furcht
hat den Ausbruch der Krankheit beschleunigt; jeden-
falls wäre dieselbe aber später doch ausgebrocheo.
Die Krämpfe waren in den letzten 10 Std. sehr stark,
am stärksten in den Athmungs- und Schlingmuskeln;
sie glichen epileptischen Krämpfen. Die Seclions-
ergebnisse waren secundäre Folgen der Krankheit,
indem die Congestion , die Ekchymose und das Em-
physem in der Lunge und in der Lultröhre Folgen der
Krämpfe der Athmungsmuskeln sind. Der schaumige
Schleim in der Luftröhre und in den Bronchien u. der
Umstand, dass er erst nach dem Beginne der Krämpfe
aus dem Muftde floss, zeigt an, dass derselbe in der
Lunge und in den Luftwegen seine Quell^ hat. In
diesem Schleime, und nicht in dem Speichel, ist das
Gift besonders wirksam. Im ganzen Verlauf der
Krankheil zeigte sich kein Husten. Entzündung oder
Congestion im Schlund und in der Speiseröhre fehl-
ten gänzlich. Der schaumige Zustand des Blutes in
der rechten Herzhälfte , welchen Vf. vorfand , ist bis
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische KliniL
53
jetzt nur von Morgagni und von TroUiet beob-
achtet worden. Die Nervencentra und Nerven wur-
zeln, besonders des N. vagus, welcher bei der Hunds-
wnth vorzOglich betheiligt sein soll , wurden mit der
grOsslen Genauigkeit untersucht, aber weder entzün-
det > noch im Congestionszustande gefunden.
(Schröder.)
49. Encheiniingen n. Wesen derUraemie;
von Prof. Frerichs in Kiel. (Arch. f. phys. Heilk.
X. 3. 1851.)
Es lassen sich 2 Formen der Uraemie unterschei-
den , eine acute und eine chronische.
Die ekronische Form beschleicht ihre Opfer all-
mälig, unvermerkt und tödtet sie fast immer. Man
beobachtet oft schon früh bei H. ßriglilii im Ausdruck
des Gesichts und im Benehmen der Kranken eine ge-
wisse geistige Trägheit und Schiafrigkeit. Die Kran-
ken klagen über dumpfen Kopfschmerz, oder ein
wüstes Gefahl im Kopfe , ihre Augen werden matt u.
ausdruckslos, die Physiognomie hangend; sie leben
theilnahmlos für sich hin, sind vergesslich u. gleich-
gültig, in ihren Bewegungen langsam und trage.
Diese Zufälle vermindern sich wieder, wenn die Harn-
absonderung reichlicher wird, sie verschwinden auch
wohl für eine Zeit lang ganzlich. In anderen Fallen
nehmen sie mehr und mehr an Intensität zu, die
Schlafngkeit wird allmalig zur Betäubung ; die Kran-
ken können anfangs noch durch lautes Anrufen und
Rütteln geweckt werden , spater wird diess unmög-
lich, sie versinken in immer liefere Lethargie, die
HespiraüoQ wird nun stertorös und geht endlich in
Todesröcheln Ober. Meist liegen die Kranken ruhig,
sehnet AeMrireh sie. Dem Eintritt des Todes gehen
oft Convnlsionen voraus, Zittern der Hände, Zuk-
kungen der Gesichtsmuskeln und endlich Über das
ganze willkürliche Muskelsystem verbreitete klonische
Krämpfe. — Diese langsam auf insidiOse Weise vor-
acbreitende Störiing des Nervenlebens ist die gewöhn-
lichste Form der Uraemie bei M. Brightii. Sie kann
sich Wochen lang hinziehen , zeilweise aussetzen u.
wiederkehren, ehe der Tod eintritt. Sie ist, weil
sie in einer wegen vorschreitender organischer Ver-
änderung stetig abnehmenden Harnsecretion begründet
ist, die gefährlichste.
Die acute Form der Uraemie macht ihre Anfalle
rasch und unvermuthet; ohne lange Vorläufer treten
die Störungen mit ihrer vollen Intensität auf. Sie
äussern sich in 3fach verschiedener Weise , bald als
Depression der Hirnfunction , bald als Irritation des
Rackenmarks, bald endlich laufen beide Symptomen-
reihen neben einander. Im 1. Falle sinken die Kran-
ken nach einem kurzen, durch Kopfschmerz, Schwin-
del, Uebelkeit und Erbrechen angedeuteten Vorläufer-
Stadium, welches indessen auch fehlen kann, schnell
in tiefe Betäubung. Das Gesicht erscheint dabei
meist blass , die Pupille unverändert , auf Lichtreiz,
wenn auch träge, reagirend; in andern Fällen be-
merkt man circumscripte Röthe der Wangen und In-
jection der Conjuncliva. Der Puls ist ruhig, 60 —
90 Schläge , und nimmt beim Eintritt des Coma ge-
wöhnlich an Umfang und Härte zu ; die Respiration
wird bald stertorös und beschleunigt. Der Stertor ,
ist eigenthümlicher Art ; es sind nicht die tiefen Guttu-
raltöne , wie sie bei Apoplexia sangninea durch
Schwingungen des Velum palat. entstehen , sondern
höhere Laute, welche dadurch erzeugt werden, dass
der exspirirte Luftstrom gegen den harten Gaumen u.
die Lippen stösst. — Im 2. Falle treten plötzlich
Convulsionen auf, welche den bei der Eklampsie und
Epilepsie vorkommenden in jeder Beziehung gleichen.
Sie verbreiten sich meist über das ganze Muskelsystem,
lassen von Zeit zu Zeit nach , um bald darauf mit
neuer Gewalt wieder anzufangen. Das Selbstbe-
wusstsein kann dabei ungestört bleiben. Sehr oft
tritt indess Coma und stertoröse Respiration hinzu.
Diese acute Form tritt häufiger bei plötzlicher
Unterdrückung der Harnabsonderung ein, so beson-
ders bei M. Brightii nach Scharlach und Typhus, wo
das in ungewöhnlicher Umsetzung begrifTene Blut ein
sofortiges Zerfallen des zurückgehaltenen Harnstoffs
in kohlensaures Ammoniak vermitteU. Die Prognose
ist bei ihr etwas günstiger, sie gehl nicht selten vor-
über und die Kranken genesen vollständig; doch
kann sie auch in wenig Tagen oder Stunden tödten.
— Man beobachtet sie aber auch bei chron. M.
Brightii, wo sie oft ganz unerwartet sich einstellt,
nicht selten ehe die Störung der Harnsecretion selbst,
die Quelle des Uebels, erkannt wurde. Im letzteren
Falle rührt das plötzliche Auftreten der Nervenzufälle
davon her , dass der Ibrnstoff lange Zeit unverändert
im Blute verweilt, bis ein zu seiner Umsetzung in
kohlensaures Ammoniak geeigneter Fermentkörper
sich bildet , welcher dann rasch die Zersetzung ein-
leitet und gleichzeitig mit ihr jene Symptomengruppe
ins Leben rufL
Die Diagnose der acuten Harnstof^ergiftung ist
nicht immer leicht, Verwechslungen mit Apoplexia
sanguinea und serosa, mit hysterischen Convulsionen,
mit Reflexkrämpfen der verschiedensten Art, mit
narkotischer Vergiftung, Typhus u. s. w. leicht
möglich.
Neben den eben beschriebenen allgemeineren Stö-
rungen der Nerventhätigkeit kommen als Folgen der
Uraemie nicht selten auch Beeinträchtigungen der
Functionen der Sinnesorgane, besonders des Gesichts
und Gehörs zur Beobachtung. Am auffallendsten ist
die Ahnahme des Sehvermögens , welche sich bis zur
vollständigen Blindheit steigern kann. Sie entwickelt
sich, wie das Coma und die Convulsionen, bald lang-
sam und allmalig , bald plötzlich in wenigen Tagen
oder Stunden. Das Crslere ist der häufigere FalL
Gewöhnlich klagen die Kranken schon früh, wenn
Kopfschmerzen , Ueblichkeiten und Erbrechen als die
ersten Vorboten der Uraemie sich einfinden, üher Ah-
nahme der Schärfe des Sehorgans ; es scheint ihnen,
als wenn Nebel sich vor ihren Gesichtskreis lager-
84
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
ten. Bei der acuten Form der Uraemie kann sich die
Amaurose in wenig Stunden entwickeln, sie stellt sich
hier gleichzeitig mil dem Goma oder den Convulsio-
nen ein und bleibt nach diesen zurück, um, wenn
nicht der Tod eintritt, nach einigen Tagen wieder
abzunehmen. Die Amaurosis uraemica veranlasst im
Auge selbst keine äusserlich wahrnehmbare Verände-
rung, die Pupille bleibt normal weit, sie reagirt auf
Lichta jedoch langsamer und träger, als im gesunden
Zustande. Die Amblyopie und Amaurosis ist keine
constante Begleiterin der ßrighl'scheu Kraukheit und
der aus dieser sich entwickelnden Uraemie ; unter 37
von Bright und Bar low beschriebenen Fällen
kamen die uraemischen Zufälle in folgender Häufig-
keit vor: Amaurose 4mal, Schwindel 9mal, Convul-
sionen 7mal; unter 41 von Vf. beobachteten Fällen
litten 6 an Störungen des Sehvermögens, 10 an
Schwindel und 7 an Convulsionen. Bemerkenswerth
ist Übrigens , dass einzelne Beispiele vorliegen , wo
die Abnahme des Sehvermögens bei Nierenentartung
das Symptom vorstellt, welches zuerst und fast aus-
schliesslich die Aufmerksamkeit des Kranken u. Arztes
beschäftigt.
Nicht selten leidet bei Uraemie auch das Gehör
und zwar bald gleichzeitig mit dem Sehorgan, bald
ftfr sich allein. Die Kranken klagen über Schwer-
hörigkeit und Ohrensausen. Diese Zufälle treten wie
die Amblyopie in der Begel gemeinsam mit den übri-
gen uraemischen Erscheinungen, dem Schwindel,
Goma oder Gonvulsionen ein. In Bezug auf die Häu-
figkeit des Vorkommens scheinen sich die Störungen
beider Sinnesfunctionen ziemlich gleich zu stehen;
unter Bright's und Barlow*s 37 Fällen wurde
Ohrensausen und Schwerhörigkeit 6mal, unter Vfs.
41 Fällen 4mal beobachtet.
Die Blulbewegung wird während der Anfälle des
Goma meist nicht wesentlich gestört; der Puls wird
weder beschleunigt, noch verlangsamt, nur an Härte
nimmt er zu. Während der Gonvulsionen wird wegen
Störung der respiratorischen Bewegungen der Puls
beschleunigt und bisweilen unregelmässig, in den
Intervallen jedoch kehrt die normale Frequenz u. Be-
gelmässigkeit wieder. In seltneren Fällen bleibt
indess das GePasssystem nicht unbelheiligt; es ent-
wickelt sich aus der Uraemie ein torpides Fieber mit
kleinem, weichem, häufigem Pulse, heisser Haut,
brauner, Irockner Zunge, Uebelkeit und Erbrechen,
grosser Abgeschlagenheit und Gleichgültigkeit, allmä-
lig übergehend in Stupor und Goma mil Subsultus
tendinum u. s. w. Die Febris urinosa hat grosse
Aehnlichkeit mit Typhus und die Unterscheidung ist
nicht immer leicht.
Die Ausscheidung des Harns wird vor dem Beginn
der Zufälle meist vermindert, zuweilen auch fast
gänzlich unterdrückt; in manchen Fällen verändert
sich auch die Beschaffenheit des Harns, derselbe
wird blutig und trübe , sein Eiweissgehalt vermehrt.
Das Letztere geschieht dann, wenn Exacerbationen
des örtlichen Processes in den Nieren die Secrelionen
derselben beschränken und so die Uraemie einleiten.
Es giebt jedoch Fälle , wo der Harn in normaler , ja
in vermehrter Quantität bis zum Tode ausgeschieden
wird. Der Nachlass der uraemischen ZufäUe wird
gewöhnlich von profuser Harnsecretion , welche
hier eine wahrhaft kritische Bedeutung hat, be-
gleitet.
Ein sehr constantes, schon in frühen Perioden
der Uraemie vorkommendes Symptom ist das Erbre-
chen. Anfangs werden durch dasselbe halbverdaute
Ingesta von saurer Beschaffenheit ausgeworfen , spä-
ter dagegen unter heftigem Würgen zähe, schleimige,
durch beigemengte Galle gelb gefärbte, zuweilen auch
dünnflüssige, wässrige Substanzen. Die letzteren
reagiren selten sauer, meist sind sie neutral od. al-
kalisch ; sie verbreiten dann oft einen scharfe« , am-
moniakalischen (urinösen) Geruch und entwickeln
bei Annäherung eines mit Salzsäure befeuchteten
Glasstabes dicke, weisse Dämpfe. Auch in der neu-
tralen oder scbwachsauren Flüssigkeit lässt sich oft
durch Zusatz von Kalilauge die Gegenwart von Am-
moniakverbindungen darthun. Unzersetzten Harnstoff
hat Vf. nie gefunden. Auch bei der durch Exstirpa-
tion der Nieren und Injection von Harnstoff künstlich
erzeugten Uraemie fand Vf. in dem Erbrochenen im-
mer nur Ammoniakverbindungen, namentlich grosse
Mengen von kohlensaurem Ammoniak, mit Spuren
von unzersetztem Harnstoff. — Das Erbrechen bei M.
Brightii ist jedoch bei weitem nicht immer uraemi-
schen Ursprungs. Abgesehen von den Fällen , wo
acute und chron. Katarrhe der Magenschleimhaut,
einfache perforirende Geschwüre u. s. w. die über-
mässige Reizbarkeit des Magens genügend erklären,
stellt sich sympathisches Erbrechen besonders zu An-
fang der Krankheit und bei Exacerbationen des ört-
lichen Processes sehr gewöhnlich im Gefolge der Irri-
tation der Nierennerven ein. Von dem eigentlich ur-
aemischen Erbrechen unterscheiden sich diese For-
men dadurch, dass bei ihnen jene oben beschriebene
eigentbümliche Veränderung des Magensecrets nicht
vorhanden ist. — Das uraemische Erbrechen scheint
dadurch, dass es aus dem Blute den Harnstoff in zer-
setzter Gestalt ausscheidet, die Entwicklung schwe-
rer Nervenzufälle in manchen Fällen hinauszuschieben
oder auch ganz zu verhüten, wofür eine Beobachtung
'Ghristison's spricht. Bernard und Barres-
wil theilen ähnliche Erfahrungen mit, welche sie an
nephrotomirten Thieren mit künstlicher Magenfistel
machten. An ein Vicariren der Magendrüsen für die
Nieren in der Allgemeinheit, wie die Letztgenannten
es annehmen , ist nicht zu denken. Man findet zwar
constant ina Magen nephrotomirter Thiere Ammoniak-
verbindungen; allein die Zufälle der uraemischen
Blutvergiftung werden dadurch meist in keiner Weise
verzögert ; sie träten gewöhnlich zu gleicher Zeit mit
der veränderten Absonderung der Labdrüsen ein;
ausserdem findet man in solchen Fällen Ammoniak-
salze fast iff allen Secreten und auch in der exspirir-
ten Luft. — Bisweilen tritt das Erbrechen bei tf.
IV. Pathologie, Therapie q. medicinische Klinik.
86
Rrightii in dem Maasse in den Vordergrund, dass der
Symptomencomplex dem der Gastritis taiuschend ähn-
lich wird , was um so mehr der Fall zu sein pflegt,
wenn die Nterenkrankheit acut verlauft u. nicht Yon
Wassersucht begleitet ist.
Ob 4lie Diarrhöen, welche in vorgeschrittenen
Stadien der Bright' sehen Krankheit so häufig ohne
nachweisbare Süssere Veranlassung sich einstellen u.
mit grosser Hartnackigkeit allen Mitteln Trotz bieten,
in äbDlicher Beziehung zur Uraemie sieben wie das
Erbrechen, ist schwer mit Sicherheit zu entscheiden.
Allerdings kommen nach Exstirpation der Nieren mit-
unter wässrige Ausscheidungen aus der Darmschleim-
haut zu Stande, aber nicht so constant, wie Er-
brechen ; Harnstoff und dessen Umwandlungsproducte
wurden in den Stuhlausleerungen nicht gefunden.
Bezflglich der Haut- und Lungenexhalationen , so
scheinen sie nur ausnahmsweise dem Geruchsorgane
wahrnehmbare Veränderungen zu zeigen; doch fin-
det sich constant Überall , wo die Symptome der
Harninloxication des Blutes, Comu, Convulsionen
u. s. w. sich einstellen, kohiens. Ammoniak in an-
sehnlicher Menge der ausgealhmeten Luft beigemengt
u. die Quantität desselben hält gleichen Schritt mit der
Intensität der Erscheinungen. Bei kranken Menschen
sowohl, als bei nephrotomirten Thieren, denen Harn-
stoff ins Gefasssystem injicirt war , wurde geröthetes
feuchtes Lakrouspapier in dem Luflstrome vor Mund
und Nase in kurzer Zeit gebläut; ein mit Salzsäure
befeuchteter Stab entwickelte in demselben mehr od.
minder dicke Nebel. Thiere, denen Harnstoff injicirt
war, blieben so lange ruhig und munter, als die von
ihnen ausgeathmete Luft frei von Ammoniak war, so-
bald aber die ihnen vorgehaltene Salzsäure Nebel bil-
dete, traten auch die Störungen der Nerventhäligkeit
hervor, welche fOr die uraemische Blutvergiftung
charakteristisch sind.
Was die anatomischen Verhältnisse der Leichen
an Uraemie Gestorbener betrifll, so zeigen die Gen-
tralorgane des Nervensystems, deren Function so tief
alterirt wird, keine Veränderungen, weiche über das
Zustandekommen jener Anomalien Aufschluss geben
könnten. Das Gehirn und seine Hüllen findet man
bald blutarm, bald von normalem Blulreichthum, bald
hyperämisch ; unter der Arachnoidea findet man oft
massige Mengen seröser Flüssigkeit, die Membran
selbst ist stellenweise trüb und verdickt ; die Menge
der in den Ventrikeln enthaltenen Flüssigkeit schwankt
von Y2 Drachme bis zu 1 Unze und darüber. Das
Letztere ist jedoch selten der Fall. Die Consistenz
aad Textur des Gehirns bleiben unverändert. Der
N. opticus und der Sehapparat wurden Imal von
Bright und Imal von Vf. bei uraemischer Amau-
rose Yollkommen normal gefunden. — Der Magen,
auch wenn er während des Lebens der Sitz heftiger
Zoßrile war, ist gewöhnlich in seinejr Textur nicht
wesentlich verändert. Meist fand Vf. massige Byper-
äarie der Schleimhaut, doch niemals eine solche, wie
sie bei Thieren nach Exstirpation der Nieren und In-
jection von Harnstoff sich zu entwickeln pflegt. Selbst-
versländlich finden sich in zahlreichen Fällen, na-
mentlich wo Trunksucht als ätiologisches Moment des
M. Brigthii mitwirkte , chron. Katarrhe , Ulcus Sim-
plex u. s. w. , allein ihr Zustandekommen steht in
keiner Beziehung zur Uraemie. — Aehnlich wie der
Magen verhält sich der Darmkanal; seine Schleimhaut
bleibt nicht seilen ungeachtet der profusen , wässri-
gen Diarrhöen im Wesentlichen unverändert, während
in andern Fällen Injeclion , hier und da auch Folli-
cnlargeschwüre des Dickdarms vorkommen. — Die
Nieren zeigen die für M. Brightii charakteristischen
Veränderungen in einetn der 3 Stadien ihrer Entwick-
lung. — Das physikalische Verhalten des Blutes ist
nicht immer dasselbe ; es kommen Fälle vor, wo das
Blut nicht, oder nur unvollkommen gerinnt; es giebt
andere , wo derbe , feste Coagula sich bilden ; wie-
derum andere , wo weisse , rein ausgewaschene Fi-
bringerinnsel, dicht verfilzt mit den Trabekeln, das
rechte Herz ausfüllen. Ebensowenig ist die Farbe
des Blutes constant, es ist bald heller, bald dunkler,
doch bat es nach Vfs. Beobachtungen immer einen
Stich ins Violette. Der Geruch des Blutes hat meist
nichts Auffallendes ; bisweilen dagegen ist ein ammo-
niakalischer Geruch vorhanden. In allen Fällen von
Uraemie enthält das Blut kohlensaures Ammoniak u.
nebenbei gewöhnlich noch Ueberrestc unzersetzten
Harnstoffs. Die Menge des kohiens. Ammoniaks ist
im hohen Grade wechselnd ; sie kann so bedeutend
sein , dass sie dem Geruchsorgane sich auf unange-^
nehme Weise hemerklich macht; hier pflegt das Blut
dünnflüssig zu bleiben und auf Zusatz von Salzsäure
aufzubrausen ; meist ist sie geringer ; durch Annäherung
von Salzsäure, durch vorsichtige Destillation des ver-
dünnten Blutes u. s. w. lässl sich jedoch die Gegen-
wart des Ammoniakcarbonats mit Sicherheit dar-
thun.
Bezüglich des Wesens der Uraemie , so werden
die Erscheinungen der uraemischen Intoxication nach
Vf. weder durch den Harnstoff, noch durch irgend
einen andern Bestandtheil des Harns, noch durch die
sämmtlichen Excretionsstoffe dieser Flüssigkeit als
solche veranlasst, sondern sie entstehen lediglich da-
durch , dass der im Blute angesammelte Harnstoff in*
nerhalb des Gefässsystems sich unter Einwirkung
eines geeigneten Fermentkörpers in kohiens. Ammo-
niak umwandeU. Das Ammoniakcarbonat ist die
schädliche Potenz, welche jene Funclionsstörungen
zu Wege bringt. Zum Eintreten der uraemischen
Intoxication sind also 2 Factoren erforderlich; 1)
die Ansammlung von Harnstoff im Blut, 2) die Ge-
genwart eines Fermentkörpers, welcher die Zerle-
gung des Harnstoffs vermittelt. Fehlt der letztere,
so kann das Blut lange Zeit mit Harnstoff geschwän-
gert sein, ohne dass nachtheilige Folgen eintreten.
Fast bei jedem chron. M. Brightii sammelt sich im
Verlaufe der Zeit eine grössere Menge von Harnstoff
im Blute, ohne ihre Gegenwart durch Functionsstö-
rnngen des Nervensystems zu erkennen zu geben. —
56
IV. Pathologie» Therapie u. medicinische Klinik.
Der 2. Factor, der bei jeder uraeinischen Intoxication
vorhanden sein muss , ist ein Ferment , durch wei-
ches die Zerlegung des Harnstoffs in Ammoniakcar-
bonat veranlasst wird. Bei acuten, mit abnormer
Metamorphose einzelner Blutbestandlheile verbunde-
nen Krankheiten fehll ein solches wohl nie. Bei M.
Brigbtii nach Typhus, in früheren Stadien des Schar-
lachGebers, nach Cholera u. s. w. tritt daher die
Zerlegung sehr bald ein und uraemische Erscheinun-
gen lassen nicht lange auf sich warten , sobald die
Harnsecretion heschrünkt wird. Anders verhält sich
die Sache bei einfachen, fieberlosen, chronischen For-
men der Krankheit. Hier sind bei weitem nicht im-
mer die Bedingungen zur Zersetzung des Harnstoffs
vorhanden. Ist diess, wie es bisweilen vorkommt,
der Fall, so treten die Symptome der chron. Uraemie
ein ; die Intensität der Zufälle nimmt hier in umge-
kehrtem Verhältnisse mit der Menge der Harnaus-
scheidung zu und ab, bedeutendere Ansammlungen
von Harnstoff im Blute bilden sich hier nicht, weil
sofort die Zerlegung eingeleitet wird. Gewöhnlich
geschieht diess jedoch nicht, die Kranken bleiben
frei von Intoxication , ungeachtet ihr Blut meljr und
mehr mit Harnstoff imprägnirt wird , bis irgend eine
im Blute vor sich gehende Veränderung der Stoff-
metamorphose die Zerlegung einleitet. Die letztere
kann dann st^hr plötzlich erfolgen. — Die Ursachen,
welche die Entstehung eines fttr die Zerlegung des
Harnstoffs geeigneten Fermenlkörpers veranlassen,
sind nicht genau bekannt. Der verwickelte Complex
chemischer Metamorphosen, welcher stetig im Blute
vor sich gehl, bedarf wahrscheinlich nur einer unbe-
deutenden ModiGcation, um das Zerfallen des Harn-
stoffs zu vermitteln. Unter Umständen scheinen
kleine Fieberbewegungen , wie sie in Folge von Er-
kältung eintreten, dafür ausroichend. Oft geben
auch die secundären Entzündungen, welche sich gern
zum M. Brightii gesellen , indem sie Fieber veranlas- .
sen und den Stoffwechsel modificiren , den nächsten
Anstoss. Sehr gefährlich ist in dieser Beziehung die
Infection mit Typhuscontagium. Die abnormen Um-
setzangsprocesse , welche hiervon die Folge sind,
ziehen, wenn Harnstoff im Blute ist, conslant ein
Zerfallen desselben u. uraemische Infection nach sich.
Bei M. Brightii , welcher sich während der Schwan-
gerschaft entwickelt, giebt gewöhnlich die Entbin-
dung, welche mancherlei Veränderungen des Sloff-
wandels in ihrem Gefolge hat , den Anstoss zur Aus-
bildung der uraemischen Infection. Nicht ohne Eiu-
fluss auf das Zerfallen des Harnstoffs im Blute scheint
endlich noch die Diät zu sein ; schon H e r r i c h und
Popp heben hervor, dass der plötzliche Tod im Ge-
folge von Nierenentartung oft unvermulhet während
der Ferdauung eintrete. Auch Medicamente, welche
den Stoffwechsel modificiren, können , wie Beobach-
tnngen beweisen , ebenfalls die erwähnte Zersetzung
einleiten.
Zur Unterstützung seiner Theorie über die Urae-
mie hat Vf. 2 Reihen von Untersuchungen angestellt.
Durch die 1. Reihe wird dargethan, dass bei jeder
uraemischen Intoxication ein Zerfallen des Harnstoffs
in Ammoniakcarbonat stattfinde. Es wurde Thiereo
nach Exstirpation der Nieren eine Lösung von 2 — 3
Grmm. Harnstoff in die Venen eingespritzt. Diesel-
ben blieben constant in den ersten Stunden vollkom-
men frei von krankhaften Zufällen, ein Beweis , dass
der Harnstoff als solcher keinen nachtheiligen Einfluss
auf das Nervensystem äussert. Nach dieser bald kür-
zeren, bald längeren Frist (IV4— 8Std.) stellte sich
Unruhe ein , die Thiere erbrachen sich und warfen,
je nachdem beim Beginne des Versuchs der Magen
gefüllt oder leer war, bald sauren Chymus, bald eine
schleimige, gelb gefärbte, alkalisch reagirende Masse
aus. Gleichzeitig wurde in der ausgeathmeten Luft
Ammoniak nachweislich , es traten Convulsionen ein,
die zeitweise nachliessen u. wiederkehrten , aber all-
mälig in immer tiefer werdende Betäubung mit ster-
toröser Respiration übergingen. Die Convulsionen
fehlten in einzelnen Fällen und statt ihrer stellte sich
von vorn herein Sopor und Coma ein. Nach dein
Tode, welcher 21/4— lOStd. nach der Injection ein-
trat, wurde im Blute stets Ammoniak in reichlicher
Menge nachgewiesen, der Mageninhalt roch in den
meisten Fällen stark ammoniakalisch (urinös) und
enthielt viel Ammoniakcarbonat, nur Imal war er
schwach sauer, aber ammoniakhaltig. Auch in der
Galle und den übrigen Secreten war diese Base nach-
weislich. Der Magen war meist dunkelroth injicirt,
die Hirnsubstanz und ihre Hüllen von normalem Blut- 1
reichthum , die Menge der Flüssigkeit in den Ventri-
keln nicht vermehrt.
Die 2. Reihe von Versuchen beweist, dass sämmt-
liche für Uraemie charakteristischen Symptome durch
Einbringung von kohlens. Ammoniak ins Blut künst-
lich hervorgerufen werden können. Unmittelbar
nach der injection von einer Lösung von kohlens,
Ammoniak traten Convulsionen ein, die nicht selten
sehr heftig waren , aber bald in Betäubung übergin-
gen. Die Respiration wurde dann mühsam , die ex-
spirirte Luft war mit Ammoniak überladen , Würgei
und Erbrechen galliger Massen trat ein. Die Betäu-
bung hielt mehrere Stunden an, so lange sie vorhan-
den war, wurde auch Ammoniak ausgeathmet. All-
mälig verlor sich dasselbe und die Thiere kehrten
dann nach und nach zur Besinnung zurück. Injicirle
man während der Betäubung von Neuem Ammoniak-
carbonat, so traten wiederum Convulsionen und Er-
brechen ein, Harn und Excremente gingen unwillkür-
lich ab. Nach 5 — 6 Std. war das Ammoniak wieder
aus dem Blute verschwunden und die frühere Munter-
keit zurückgekehrt.
Was die Häufigkeit des Todes durch uraemische
Intoxication im Gefolge von M. Brightii betrifft, so ist
derselbe bei der allmälig fortschreitenden Nieren-
degeneration gewissermaassen der naturgemässe Aus-
gang. Indessen endet das Leben dieser Kranken sehr
häufig durch andere Processe, welche in weniger di-
rectem Zusammenhange mit der Nieren entartung ste-
hen. Durch Entzündungen seröser oder parencbyr
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
67
matöser Gebilde» durch Erschöpfung in Folge des
Erbrechens , der Diarrhöe , der Wasserergüsse , der
gleichzeitig vorhandenen tuberkulösen Verschwörung,
durch Asphyxie u. s. w. Diese Processe setzen dem
Lehen früher ein Ende , als die beiden Bedingungen,
die zur Entwicklung der Uraemie unerJasslich sind,
erfallt werden konnten. Noch nicht Y3 aller Todes*
tüle durch M. Brightii kommen auf Rechnung der
Uraemie ; von 241 von Vf. verglichenen Todesfällen
waren 81 uraemischen Ursprungs.
In Bezug auf das Verhältniss der uraemischen In-
loxication zu einem andern sehr gewöhnlichen Sym-
ptom der Brighlschen Krankheit, zum Hydrops,
scheint das Fehlen des letzteren für den Eintritt der
Uraemie förderlich zu sein. Es erklärt sich dieser
Umstand daraus, dass durch die Wasserergüsse,
welche constant reicher an Harnstoff als das Blut
sind , ein grosser Theil dieses Stoffes aus dem Kreis-
laufe entfernt wird.
In Beziehung auf die Diagnostik bemerkt Vf. Fol-
gendes. Die Krankheitsprocesse , mit denen die
uraemischen Zufälle verwechselt werden können, sind
haupsachlich: Apoplexia cerehri, Typhus, Gastritis,
Convulsionen der verschiedensten Art und narkotische
Vergiftung. Das wesentlichste, allein die Diagnose
sicher stellende Moment ist für alle Fälle die sorgfäl-
tige Berücksichtigung der Harnabsonderung, der
Quantität sowohl, als vorzüglich der Qualität, Gegen-
wart von Blut, Eiweis, Faserstoffgerinnsel u. s. w.
— Neben der Harnausscheidung vernachlässige man
nicht die Prüfung der exspirirten Luft auf Ammoniak,
das Vorhandensein od. Fehlen dieser Base kann durch
Vorhalten eines mit Salzsäure befeuchteten Glasstäb-
chens oder eines Streifens feuchten gerötheten Lak-
muspapier leicht constatirt werden. — Vor der Ver-
wechslung des uraemischen Coma mit Hirnapoplexie
kann schon die Beachtung folgender Punkte schützen.
Beim Coma fehlen Lähmungen willkürlicher Muskeln»
der Puls ist weniger langsam und hart , die Respira-
tion. schneller , als bei Hirnblutung; ausserdem ist
der Stertor beim Coma durch die oben angegebene
Eigenthflmlichkeit von dem apoplektischen Stertor zu
unterscheiden; Beachtung verdient ausserdem noch
die Blässe des Gesichts , etwa vorhandener Anasarka
und der Zustand der Pupille. — Zur Unterscheidung
der Febris uraemica vom Typhus dient das frühe Auf-
treten der Delirien und der Betäubung» das Fehlen
der Roseola und der Milzvergrösserung. — In Bezug
auf diejenigen Fälle von M. Brighthii, welche mit
Gastritis Aehnlichkeit haben, unterlasse man nicht die
Untersuchung des Erbrochenen auf Ammoniak; aus-
serdem ist beachtenswerth das Missverhältniss zwi-
schen der Intensität des Erbrechens und der Auftrei-
Inuig und Schmerzhaftigkeit der Magengegend, das
frühe Auftreten von stillen Delirien oder von Betäu-
bung. — Bei der Unterscheidung der uraemischen
Intoxication von narkotischer Vergiftung muss die Un-
tersuchung des Harns und die Abwesenheit der für
Jahrbb. Bd. 73. Hft.l.
die einzelnen Narcotica charakteristischen SymptomCt
wie beim Opium des Juckens der Haut, bei Belladonna
der Pupillenerweilerung u. s. w.^ den Ausschlag ge-
ben. — Für die Diagnostik uraemischer Convulsionen
gilt im Wesentlichen dasselbe; auch hier ist der Harn
die Hauptsache.
Die Therapie der Uraemie hat 3 Aufgaben ins
Auge zu fassen.
1) Die Wiederherstellung der Harnsecretion oder
die Bethätigung derselben. Sie ist meist nur wäh-
rend des 1. Stadiums der Bright'schen Krankheit aus-
führbar und wird am besten durch die leichteren
diuretischen Mittelsalze und die Digitalis bewerk-
stelligt.
2) Die Verhinderung der Zersetzung des im Blute
angesammelten Harnstoffs. Wir besitzen keine Mittel,
durch welche wir die Umsetzungsprocesse der eiweiss-
haltigen Bestandtheile des Blutes nach einer bestimm-
ten Richtung hin verändern könnten; ebensowenig
wissen wir die leisen Modificationen des Stoffwech-
sels zu bekämpfen, welche hinreichend sind, das Zer-
fallen eines so leicht zersetzbaren Körpers , wie der
Harnstoff ist, einzuleiten. Es bleibt daher in Bezug
auf diese Aufgabe nichts übrig , als nach Kräften die
oben bezeichneten Vorgänge zu verhüten, welche jene
Zersetzung begünstigen.
3) Die Beschränkung der nachtheiligen Wirkung
des im Blute sich entwickelnden Ammoniakcarbonais
auf das Nervensystem. Hierzu empfehlen sieh die
Säuren, von denen wir eine Neutralisation , die Her-
stellung einer unschädlichen Ammoniakverbindung
erwarten dürfen. Chlor, die verschiedenen vegeta-
bilischen Säuren, von denen man weiss, dass sie ins
Blut übergehen und als solche, oder wie Benzoesäure
in modificirter Form im Harn wieder zu Tage
treten. Nebenbei Waschungen von Essig und Essig-
klystire. — Dass von Reizmitteln, von Kampher und
verwandten Mitteln, oder gar Amm. carb. hei Uraemie
nichts zu hoffen ist, liegt auf der Hand; dass. örtliche
und allgemeine Blutentziehungen nicht viel mehr lei-
sten , beweisen die in England gemachten Erfahrun-
gen. Empirisch haben kräftige Purganzen die mei-
sten, wenn auch immer noch sehr unbedeutende Re-
sultate für sich. (M i 1 1 i e s.)
50. üeber Diabetes mellitus; von Dr. Mi-
quel in Nienburg. (Arch. f. phys. Heilk. 3. 1851.)
Vf. bespricht zunächst die Theorien von Bou-
chardatu. vonMialhe über die Zuckerharnruhr,
dann die Ansichten derer , welche in der Leber den
Grund der Krankheit suchen , und weist das Mangel-
hafte derselben nach. Alle diese Theorien suchen
nur den Zuckergehalt des Urins zu erklären; diese
Erscheinung wird als die wesentlichste der Krankheit
hingestellt , und wenn auch die übrigen Erscheinun-
gen mit ihr in Znsammenhang nicht gebracht werden,
so wird doch stillschweigend angenommen , dass sie
8
58
IV. Pathologie, Therapie a. mediciaisehe Klinik.
dadurch bedingt und hervorgerufen sind. Eine nä-
here Untersuchung zeigt aber, dass dieses Verfahren
auf viele Schwierigkeiten stOsst, und dass die That-
Sachen vielfach auf einen andern Zusammenhang hin-
weisen.
Die Leichenöffnungen ergeben im Diabetes melli-
tus fast nur ein negatives Resultat. Constante Ver-
änderungen werden im Verdauungskanale nicht ge-
funden, ebenso wenig in der Leber, welche bald
normal , bald hyperamisch , bald fettig oder speckig
entartet gefunden wird. Ein gewöhnlicher, doch
ebenfalls nicht constanter Befund ist vorgeschrittene
Lungentuberkulose. Die Nieren zeigen sich gewöhn-
lich etwas vergrössert, hyperamisch, jedoch mehr
schlaff als derb ; die mikroskop. Untersuchung zeigte
in mehrern von Vf. untersuchten Fällen , die Harnka-
nälchen weiter als gewöhnlich; sie massen in der
Gorticalsubstanz Yiq — Vao'"» ^'"'o^ zwischen t/30
und V^o^^^* ^^ Nierenbecken, Ureter und Blase
finden sich gewöhnlich auch ausgedehnt u. verdickt;
auch hat man öfter Nierensteine gefunden. Dieser
Befund zeigt nur, was schon eine oberflächliche Beob-
achtung am Lebenden lehrt, dass die Nieren in dieser
Krankheit übermässig benutzte Ausscheidungsorgane
sind, zeigt aber nicht , ob dieser Vorgang ein primä-
rer oder ob er durch Vorgänge in andern Organen
bedingt sei. Mit dieser Frage hängt eine andere nahe
zusammen, nämlich die nach dem Verhältnisse, in
welchem die übermässige Wassersecretion durch die
Nieren zu der abnormen Zuckersecretion steht. Für
einen Einblick in dieses VerhäUniss wäre es von
Wichtigkeit, wenn Beobachtungen darüber vorlägen,
welche Erscheinung in dieser Krankheit die frühere
sei, das Auftreten von Zucker im Urin oder die ver-
mehrte Diurese überhaupt. Wenn es auch Fälle
giebt, wo bei bedeutendem Zuckergehalt des Urins
die Diurese zeitweise nur wenig vermehrt ist, sogen.
Diabetes decipiens, so sind doch nach Vf. keine Beob-
achtungen bekannt, nach denen die Zuckersecretion
durch die Nieren früher auftrat, als die vermehrte
Wassersecretion, und wo diese erst allmälig durch die
fortwährende Wirkung des Zuckers auf den Secre-
tionsapparat sich steigerte. Dagegen liegen Beob-
achtungen vor , nach denen es sehr wahrscheinlich
scheint, dass ein sogen. Diabetes insipidus, d. h.
anhaltend vermehrte Wassersecretion durch die Nie-
ren ohne fremdartige Beimischungen, in Diabetes
mellitus übergehen kann , und wenn man bedenkt,
dass Diabetiker gewöhnlich erst zur Behandlung kom-
men , wenn das Uebel schon längere Zeit bestanden,
so mögen diese Fälle vielleicht nicht so seilen sein,
als sie jetzt scheinen. Andrerseits kommt es bei
Diabetikern vor, dass der Zucker im Urin verschwin-
det, ohne dass die übrigen Krankheitserscheinungen
aufliören, wie z. B. gegen das Ende der Krankheit.
Auch bei fortgesetzter Fleischdiät vermindert sich
ebenfalls die Menge des Zuckers sehr , ohne dass im
gleichen Verhältnisse die Wassermenge abnimmt.
Die Thatsachen zeigen, dass der Uebergang von Zuk-
ker in den Urin nicht als die einzige wesentliche und
bedingende ßrsache der übrigen Krankheitserschei-
nungen anzusehen ist. Es besteht in dieser Krank-
heit eine gesteigerte Secretionsthätigkeit der Nieren,
oder eine grössere passive Durchgängigkeit der ab-
sondernden Nierencapillaren, die unabhängig von dem
Uebergange des Zuckers in den Urin ist. Noch an-
dere Erscheinungen sprechen nach Vf. für dieses
idiopalhiselie Ergriffenseiri der Nieren und des ganzen
Harnsystems ; so vor Anderen das auffallende Erlo-
schen des Geschlechtstriebes, was fast ein pathogno-
monisches Symptom des Diabetes genannt werden
kann und sich schwerlich aus dem Kräfteverfall er-
klären iässt, da es sich schon zu einer Zeit findet,
wo dieser noch unbedeutend ist; eher dagegen lässl
es sich herleiten aus dem Zusammenhange , in wel-
chem erfahrungsgemäss Genital- und Uarnsystem
stehen. — Es fragt sich nun, ob nicht die anhaltend
gesteigerte Secretionsthätigkeit und grössere Permea-
bilität der Nieren die übrigen Vorgänge nach sich
ziehen kann , und ob nicht wiederum die erstere mit
den anerkannten Ursachen des Diabetes sich in Ver-
bindung setzen Iässt. Nieren und Verdauungskanal,
die einen als die bedeutendsten Ableitungsorgane, der
andere als die Quelle des Blutes, stehen in naher
Verbindung; so ist es bekannt, dass bei Exstirpation
der Nieren und so aufhörender Urinsecrelion, alsbald
bedeutende Veränderungen im Verdauungskanale fol-
gen, veränderte und vermehrte Absonderung der
Schleimhaut und Drüsensecrete ; so wird durch die
Nieren einiger Menschen auch Albumin abgesondert,
wenn sich nach einem reichlichen Mahle das Blut mit
eiweisshaltigen Stoffen überfüllt hat. Das Blut ist
zu betrachten als eine in permeablen Kanälen strö-
mende Flüssigkeit, die je nach ihrem Goncentrations-
grade und dem der sie umgebenden Flüssigkeiten
überall Stoffe aufnimmt und abgiebt ; sie wird, tretea
nicht andere Umstände ein , an dem einen Orte um
so mehr von einer Substanz aufnehmen als sie an
dem andern abgiebt. Durch die Hypersecretion der
Nieren wird das Blut wasserarm, concentrirter; nolh-
wendig imbibiren daher die Gapillaren im Verdau-
ungskanale stärker, nehmen concentrirtere Lösungen
auf, als im gewöhnlichen Zustande ; das Verdauungs-
material wird daher rascher, weniger umgeändert
resorbirt, als normal; es erklärt sich hieraus die
gute Verdauungskraft, Ess- und Trinkgier der mei-
sten Diabetiker. So geschieht es, dass einestheils
der Theil des Zuckers, der, wie es scheint, im ge-
sunden Zustande schon im Darmkanale weiter zer-
setzt wird, als solcher ins Blut übergeht , und dass
anderntheiis auch der Theil, der erst nach seineiB
Uebergange ins Blut weitere Veränderungen einzu-
gehen bestimmt ist, schneller resorbirt wird, so
dass also in derselben Zeit eine grössere Quantitit
ins Blut gelangt ; auch hier kann er, wenigstens ins-
gesammt , nicht weiter verändert und verwandt wer-
den , einmal wegen der grösser als normal ins Blut
gelangten Quantität, dann auch wegen der bestehen-
den Hypersecretion der Nieren; die absondernden
Gapillaren sind hier durchgängiger als normal und
IV. Patkologi6i Thempie u. medicinische Klinik.
69
Ussen so xugleich mil einer grOssern Quantität Was-
ser auch Stoffe durch» die ira gesunden Zustande
nicht abgesondert werden. Es wKre demnach der
Diabetes eine durch primtfre Affection eines Secre-
tioBsorganes bewirkte raschere Durchrührung eines
Stoffes aus dem Blute, der im gesunden Zustande
weiter im Orgaoismus verKndert und verwandt wird.
Diese Ansicht von dem Wesen des Diabetes würde
anf weniger Schwierigkeiten stossen , wenn nur hei
amylumbaltiger Nahrung Zucker durch die Nieren
aosgefQhrt wflrde. Es ist bekannt, dass im gesunden
Zustande alles Amylum zuerst in Zucker nrogesetzt
wird, theils im Magen, theils im Dünndarm, vorzüg-
lich nnler Mitwirkung des Speichels und pankreati-
schen SaRes ; von diesem Zucker wird wahrschein-
lich ein Theil zur Gallenhildung verwendet , wahrend
ein anderer Theil vorerst in MiichsSure umgewantlelt
weiter zur Fettbildung dient, oder auch durch die Re-
spiration sofort in Wasser und Kohlensäure zerlegt
ansgeftlhrt wird. Dieser im gesunden Zustande so
verwandte Zucker erleidet nun diese Veränderungen
im Diabetes nicht oder wenigstens nur zum geringen
Theil , sondern wird als solcher durch die ühermäs-
sig secemirenden Nieren weggeruhrt; daher erklart
sich die mangelhafte Gallenhildung, das Schwinden
des Pettzellgewebes , die verminderte Wärmebildung
und Tielleicht auch die Lungentuberkulose. Es bleibt
dabei unbestritten, dass nicht einerseits Verhaltnisse,
die die Umsetzung des Zuckers befördern, wie Ueber-
fluss des Bluts an Alkali (Mialhe), sei er nun vor-
handen oder künstUch bewirkt, den Zuckergehalt des
Tlrins mindern können, und dass andrerseits Verhält-
nisse, die die fernere Umsetzung verzögern, wie viel-
leicht Alkalimangel des Bluts , Veränderungen in der
' Leber, die die Verwendung des Zuckers zur Gallen-
' bildung hindern , die Zuckerausfuhr durch die Nieren
zu steigern im Stande sind.
Es ist nun aber sicher, dass auch bei ziemlich
reiner animalischer Diät eine bedeutendere Quantität
Zacker mit dem Urin entleert wird, als sich aus dem
genossenen Amylum herleiten lässt; es muss daher
im Diabetes ein Theil der eiweissartigen Körper in
Zucker umgesetzt werden, was auch durch eine zwar
noch vereinzelte Beobachtung Scharlau 's bestätigt
wird 9 der durch Erbrechen wieder entleerte Muskel-
lasern'theil weise in Zucker umgewandelt fand. Che-
miscberseits führt diese Annahme keine Absurditäten
mil sich; wir kennen einen Stoff, den sogen. Leim-
zacker, der sich aus einer den proteinartigen Sub-
stanzen nahe stehenden Materie gewinnen lässt, und
der seiner Zusammensetzung nach leicht in Harnstoff
und Zucker zerfallen dürfte; 2 Aequivalente dieses
Stoffs sind = C^« ü^ N» 0^^; fügt man hierzu 2
Aequivalente Wasser, so erhält man G^^ H^« N» 0^^
was die Aequivalente sind: von 1 Aequivalent Trau-
benzacker 0*3 ü^^ 0*^ und 2 Aequivalenten Harn-
stoff C^ E^^ N^ 0^. Wenn auch hierdurch nichts
weiter gezeigt ist , als dass eben im Leimzucker die
Elemente des im Körper sich findenden Zuckers und
Harnstoffs ziemlich gerade aufgehend enthalten sind,
so ist es doch aus andern Gründen nicht unwahr-
scheinlich • dass dieser oder ein ähnlicher Stoff eine
wichtige Rolle im thierischen Organismus spielt, als
Uebergangsstufe von den stickstoffhaltigen zu den
stickstofllosen Substanzen. Die Bildung des Milch-
zuckers bei fleischfressenden Säugethieren , ferner die
Respirationsverhältnisse dieser Thiere zusammenge-
halten mit denen der Urinsecretion machen es wahr-
scheinlich, dass eine Bildung von stickstofflosen Ma-
terien aus stickstoffreichen Grundsubstanzen des Kör-
pers stattfinden kann und stattfindet, so wie andere
Thatsachen eine Bildung dieser stickstoffhaltigen Kör-
per durch den Zusammentritt stickstofiloser mit slick-
stoffreichen Umsatzproducten wahrscheinlich machen.
Dass eine ähnliche Substanz, wie der Leimzucker eine
dieser Uebergangsstufen darstellt, ist mit Recht zu
vermutben, da sich gerade in ihm eine Verbindung
einer sehr verbreiteten und im Körper vielfach ge-
nützten stickstofllosen Substanz mit dem hauptsäch-
lichsten Endproduct der stickstofliiaitigen Körper
findet; bemerkenswerth ist auch in dieser Beziehung,
dass gerade im Diabetes nicht selten der Zucker in
einer Art Verbindung mit dem Harnstoff vorkommt,
welche auf ähnliche VVeise entstanden sein dürfte.
Es fragt sich nun , werden blos im Diabetes die
stickstolfliaitigen Nahrungsmittel auf diese Weise in
Zucker und Harnstoff zerlegt, und zwar durch welche
Alienation der Säfte, oder geschieht diess auch bei
einem Theile dieser Substanzen im gesunden Zu-
stande, und wird im Diabetes der so gebildete Zucker
durch die Nieren ausgeführt, während er im gesun-
den Zustande weiter verwandt oder zerlegt ausgeführt
wird. Die erste Annahme führt, abgesehen, dass
wir für jetzt jeder Einsicht in das Wesen und Zu-
standekommen dieser Sä/lealienation baar sind, einige
UnWahrscheinlichkeiten mit sich; es erscheint be-
denklich, eine Veränderung der Säfte anzunehmen,
die einerseits den aus dem Amylum gebildeten Zucker
hindert, weitere Veränderungen zu erleiden und die
andrerseits die Proteinstoffe anomaler Weise in Zuk-
ker umsetzt; es müsste diess eine absolut zuckerbil-
dende und erhaltende Substanz sein. Nicht abzusehen
wäre dabei auch, warum dann von den Proleinsub-
slanzen nur ein so geringer Theil diese Umwandlung
erlitte. Die zweite Annahme kann zwar durch wenig
Thatsachen unterstützt werden , doch fuhrt sie nicht
so viele Un Wahrscheinlichkeiten mit sich; es würde
demnach auch im gesunden Zustande ein Theil der
eiweissartigen Körper iu Zucker umgewandelt, ein
Vorgang, dessen Möglichkeit in chemischer Beziehung
oben angedeutet und auf dessen Realität viele Er-
scheinungen, besonders bei fleischfressenden Thieren,
hinweisen. Dieser Zucker würde im Diabetes, statt
wie im gesunden Zustande weiter verwandt zu iverden,
ähnlich wie der aus den Amylaceen gebildete, wegen
der bestehenden Hypersecretion der Nieren als sol-
Bekanntlich findet sicii dfer Zucker beim Diabetes
nicht blos im Urin, sondern auch in andern Secreten,
60
IV. Pathologie» Therapie n. medieinische Klinik
so ist er im Speichel , im Auswurf bei gleichzeitig
bestehender Lungentuberkulose, im Blutserum, in
den Päces gefunden worden. Es scheint dieser Um-
stand allerdings auf eine gesteigerte Zuckerbildung
oder durch Sä^ealienation gehinderte Umsetzung die-
ses Stoffes hinzudeuten ; doch ist zunächst zu bemer-
ken, dass die meisten dieser Angaben nicht durch
eine wirkliche Darstellung des Zuckers begründet
sind , sondern nur durch die sogen. Zuckerproben ;
diese geben aber wenig sichere Resultate und sind
namentlich für die Fäces von keinem Werth. Dann
aber ist es auch möglich , dass sich auch bei Gesun-
den kleine Quantitäten dieses Stoffes in verschiedenen
Flüssigkeiten finden, und dass sie nur bei Diabetikern
eher entdeckt sind als bei Gesunden , weil man eben
bei jenen mehr gesucht hat ; so hat man den Zucker
im Äfagen bei Diabetikern eher gefunden , als bei Ge-
sunden ; so ist auch jetzt Zucker im Blute Gesunder
nachgewiesen. Sowohl im eigenen, als im Speichel
anderer gesunder Personen hat Vf. wiederholt einige
Zeit nach dem Essen durch die Trommer'sche Probe
Zucker nachweisen können ; es erklärt sich diese
Erscheinung leicht, wenn man bedenkt, dass der
Speichel die Eigenschaft hat , Amylum in Zucker um-
zuwandeln, und dass von allem Genossenen etwas in
der Mundhöhle hängen bleibt. Es ist möglich, dass
der Zucker im Speichel und Auswurf der Diabetiker
auf gleiche Weise gebildet ist , aber auch die andere
Annahme, dass nämlich der Zucker mit diesen Secre-
ten aus dem reichlich damit versehenen Blute abge-
sondert werde, kann richtig sein und ist mit der
oben angegebenen Ansicht vom Diabetes vereinbar.
Schlusslich sucht Vf. die Aeliologie des Diabetes
und die Wirkung der verschiedenen Mittel in dieser
Krankheil mit seiner Ansicht in Einklang zu bringen.
Unter den Ursachen findet man als die hauptsächlich-
sten: Kummer und Sorgen, deprimirte Gemüths-
stimmung, anstrengende Geistesarbeiten , ferner Ex-
cesse in Venere u. Erkältung erwähnt. Es ist nun
zwar schwer zu erweisen, dass diese genannten
Schädlichkeiten Ursachen des Diabetes sind, doch
scheint ihnen ein bedeutender Einfluss auf Hervorru-
fung desselben zuzugestehen sein ; es stehen übrigens
diese Einflüsse wieder unter sich im Zusammenhange;
so bringt vorzüglich widernatürliche Befriedigung des
Geschlechtstriebes eine deprimirende GemUthsstim-
mung hervor, und geistige Erregung scheint nicht
ohne Einfluss auf das Genitalsystem zu sein. Wäh-
rend nun der Einfluss der erstgenannten Ursachen auf
den Organismus nicht näher zu ergründen ist, möch-
ten letztere sich eher als Grund einer Vermehrung
der Secretionsthätigkeit der Nieren, als einer Ver-
änderung der Säftemischung darstellen lassen. Das
Genital- und Urinsystem stehen in der innigsten
Beziehung, was nicht allein durch die Lagenverhält-
nisse, sondern noch mehr, wie es scheint, durch
das Nervensystem vermittelt wird; zahlreiche Beob-
achtungen verschiedener Art setzen diesen Zusam-
menhang ausser Zweifel, und der grosse Einfluss, den
Excesse in Venere auf Entstehung von Nierenkrank-
heiten haben, ist aj^erkannt. So liegt denn der An-
nahme nichts im Wege , dass eine habituelle Aufre-
gung der Genitalorgane eine Reizung und Blut-
Uberfüllung der Nieren herbeiführen kann , und dass
dadurch allmälig eine chron.-passive Gongestion mit
Erschlaffung der absondernden Capillaren und fein-
sten Harnkanälchen sich ausbildet, welche auf die
oben besprochene Weise weiter die übrigen Erschei-
nungen des Diabetes herbeiführt. Ebenso leicht ist
der Einfluss , welchen die Unterdrückung der Haut-
secretion auf die Nieren ausübt , ersichtlich und es
erklärt sich ein Gongestionszustand u. eine vermehrte
Secretion dieses Organs hierdurch, als ein Mangel
des Bluts an Alkali durch das Aufhören von Absonde-
rung von Säuren durch die Haut (M i a 1 h e) ; auf der
andern Seite möchte der entschiedene Nutzen, wel-
chen warme Bekleidung der Haut mit reizenden Stoffen,
z. B. Flanell, ausübt, eher durch den Antagonismus
zwischen Nieren und Blut zu erklären sein, als durch
das jetzt durch die saure Perspiration freigemachte
Alkali. Der günstige Einfluss , den animalische Diät
auf das Sinken der Zuckermenge ausübt , erklärt sich
daraus, dass von den eiweisshaltigen Substanzen
eben nur ein geringer Theil in Zucker umgewandelt
wird , während die Amylaceen normaler Weise alle
vorerst in Zucker übergehen ; die Verminderung der
Wassermenge bei dieser Diät mag grösstentheils da-
her rühren » dass , wenn ein Kranker auf diese Diät
gesetzt wird , ihm gewöhnlich auch sparsames Trin-
ken anempfohlen wird; übrigens scheint es auch,
als ob bei dieser Diät der Wassergehalt nicht in dem
Verhältnisse abnimmt, wie der Zuckergehalt. Dass
aber bei vorwiegender Fieischdiät auch hier und da
Eiweiss im Urine erscheint, spricht sehr für eine be-
stehende Hypersecretion der Nieren. Diejenigen
eigentlichen Arzneimittel, welche sich in diesem Uebel
wirksam zeigen , sind solche , von denen man mehr
einen Einfluss auf die Secretionsthätigkeit der Nieren,
als auf qualitative Umänderung der Säfte erwarten
darf. Der günstige Einfluss von Alkalien ist von Kei-
nem in dem Maasse beobachtet worden, als von
M i a 1 h e und leicht dürfte hier Eingenommensein für
seine Ansichten die Beobachtung getrübt haben. Dass
zeitweise leichte Abführmittel von Rheum u. Calomel
die Wassermenge mindern können , erklärt sich aus
der dadurch angeregten antagonistischen, wässerigen
Secretion des Darmes, und es ist bezeichnend für die
Wirkung dieser Mittel , dass dadurch die Zuckerse-
cretion nicht in dem Maasse sinkt, wie die Wasser-
secretion. Am günstigsten wirken nach den meisten
Angaben adstringirende Mittel, wie Eisen, Amara,
narkotische, wie Opium, endlich Balsame, wie Peru-
und Gopaiv-Baisam und das ihnen nahe stehende
Kreosot. Von diesen haben Eisen und Amara das
Gemeinsame, dass sie contrahirend auf die feinsten
Gapillaren wirken, mit denen sie in Berührung kom-
men und so sowohl die Resorption, als Secretion von
Stoffen durch dieselben vermindern ; ihr günstiger
Einfluss mag daher seinen Grund darin haben, dass
sie das Resorption sgeschäfl im Darme verzögernd,
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
61
dadurch ein zu schnelles Uebergeführtwerden des
Zuckers ins Blut hindern u. ihm so gewissermaassen
Zeil gewahren, weitere Umänderungen einzuge-
hen. Das> was wir ttber die Wirkungsweise der
Balsame und des Kreosot wissen , ist mehr geeignet,
von ihnen einen Einfluss auf die Spannung der ab-
sondernden Capillaren in den Nieren, als auf die
Slftemischung anzunehmen ; sie mögen hier auf die-
selbe Weise einwirken , wie bei einem chron. Bron-
chiaikatarrh , wo sie ebenfalls die krankhafte Hyper-
secretion zu mindern vermögen. (M i 1 1 i e s.)
51. Zur Lehre vom Typhas; von Dr. de La-
harpe. (Schw. G.-Ztschr. 2. 1851.)
Es lassen sich aus den von Vf. gegebenen stati-
stischen Zusammenstellungen der wahrend der Jahre
1836 — 1850 im Gantonspitale zu Lausanne beob-
achteten Falle von Typhus folgende, für die Typhus-
lehre im Allgemeinen bemerkenswcrthe Resultate
entnehmen.
1) Die Jahreszeiten haben auf den Typhus einen
entschiedenen Einfluss. Die Prädisposition , welche
durch sie bestimmt wird , folgt in der Lausanner Ge-
gend den Entwicklungsphasen der Natur, nimmt mit
denselben zu und verschwindet mit dem Winter. Das,
was das Leben bethstigt , scheint auch die gleiche
Wirkung auf die typhOse Prädisposilion zu haben.
2) Das Geschlecht übt einen merklichen Einfluss
aus , sowohl auf die Häufigkeit , als auch auf die In-
tensität der Krankheit. Die Häufigkeit steht in um-
gekehrtem Verlriltniss zu der Intensität. Die grössere
Sterblichkeil bei dem weiblichen Geschlechte ist von
einer geringem HSlufigkeit begleitet; das Gegentheil
ündel beim männlichen Geschlechte Statt. Dieser
Gegensatz zwischen der Sterblichkeit und der Häufig-
keit wird von Vf. so erklärt , dass letztere mehr von
der Rrankheitsanlage , erstere mehr von dem conta-
giOsen und epidemischen Miasma abhängt.
3) Unter allen Einflüssen ist das Alter derjenige,
dessen Einwirkung am auffallendsten ist. Der Zeit-
punkt, in welchem das Individuum seine völlige Ent-
wicklung erreicht, ist auch derjenige, wo es am mei-
sten dem Typhus ausgesetzt ist. So wie es sich von
diesem Punkte entfernt, nimmt nach beiden Seiten
bin die Krankheitsanlage ab , während die Sterblich-
keit auf der einen Seite sich vermehrt und auf der
andern mit der Zahl der Jahre abnimmt. Diese Er-
schein ung lässt sich nur aus der Störung der Häma-
lose erklären, welche um so bedeutender auftritt, je
älter fjOnger?] der Kranke ist.
4) Aller und Geschlecht üben einen gemeinsamen
Einfluss aus, so dass der Zeitpunkt der grössten Häu-
figkeit der Krankheit nicht bei beiden Geschlechtern
derselbe ist. Das Weib eilt dem Manne stets in der
Entwicklung der Krankheitsanlage und der sämmt-
iichen bei beiden Geschlechtern vorkommenden Ver-
schiedenheiten in der Lausanner Gegend um 2 Jahre
voraus. (Jul. Glarus.)
52. Terbindimi; zwischen dem lagen nnd
der äussern Oberfläche des Abdomen ; von w.
Robertson zu Endinburg. (Monthly Journ. Jan.
1851.)
Isabella Davidson, 36 J. alt, aus gesunder Familie, un-
?erbeiralhet, war bis zum 14. J. yolikommen gesund gewesen.
Zu dieser Zeit litt sie an schiessenden Schmerzen in der linken
Seite des Epigaslriunis und unter den untern linken Rippen-
knorpein. Diese Schmerzen wiederholten sich 7 J. lang in
Zwischenräumen und waren mit Verstopfung , Aufslossen und
VVindauftreibung verbunden. Seit ihrem 15. J. war sie regel-
mässig menstruirt. In ihrem 25. J. bemerkte sie eine weiche,
elastische Geschwulst zwischen dem Poupart'schen Bande und
den kurzen Rippen der linken Seite, welche häufig ihre Stelle
veränderte und endlich verschwand, worauf sich im 26. J.
ein 6 Monate anhaltender Durchfall einstellte. Während die-
ser Zeit war sie jedoch kräftig und fabig zu arbeiten. Im
J. 1842 bemerkte sie zuerst eine erhsengrosse Geschwulst in
der linken Seile des Epigaslriums. Sie war hart , schmerz-
haft, empfindlich, aber nicht entfärbt, und erreichte binnen
2 J. allmälig die Grösse einer sehr grossen Orange. Dann
fing sie an , wieder kleiner zu werden und verschwand in un-
gefähr 3 Mon. gänzlich. Einen Monat lang zeigten sich noch
Schmerz und Empfindlichkeit an der Stelle der Geschwulst^
bis im Septbr. 1844 ein dunkler Fleck von der Grösse einet
Acbtgroschenstucks im linken Epigastrium erschien. Von
dieser Zeit begann die allgemeine Gesundheit zu leiden^ die
Kräfte nahmen schnell ab. Am 22. Oct. 1844 fühlte die Kr.,
dass die schwarze Stelle aufging und fand , dass ein wenig
Blut und Materie [?] entleort war und der Inhalt des Magens
aus dem Risse in dem scliwarzcn Flecke hervorfloss. Sie
trank etwas Milch , jedoch auch diese fioss in vollem Strome
aus der Oefifnung heraus. Am folgenden Tage legte ihr Dr.
Douglas von Kelso einen Verband an. Bei der Abnahme
des Verbandes bemerkte die Kr. eine Art Klappe [Schleimhaut?],
welche in geringer Entfernung von der OberOäche des Abdo-
men gesehen werden konnte. Am Ende des Jan. 1845 war
die OefTnung vollkommen vernarbt und blieb ungefähr 1 J.
geschlossen, so dass die Kr. ihre häuslichen Beschäftigungen
wieder aufnehmen konnte ; jedoch fühlte sie immer Schmerz
an der Narbe. Zu Anfang des J. 1846 wurde die Narbe roth,
kleine Wasserblasen erschienen auf derselben , Verscbwärung
stellte sich ein und die Verbindung mit dem Magen entstand
wieder. Im März 1846 vernarbte die Fistel zum 2. Male,
aber im Juni 1847 stellte sich zum 3. Male Verscbwärung ein
und seitdem bat die Verbindung mit dem Magen ununterbro-
chen fortbestanden. Während der letzten 3 J. mussle die
Kr. immer im Bette liegen und ein Stück Leinwand , welches
mittels eines Polsters und eines Verbandes befestigt wurde,
über der äussern Oefl*nung der Fistel tragen. Sie hat nur
abführende Pillen und mitunter etwas Opium in kleinen Gaben
zur Linderung der schmerzhaften Empfindungen gebraucht.
Ihre Nahrung , welche sie häufig in kleinen Mengen zu sich
nimmt, bestand in Kaffee , Brod, Fleisch und andern einfa-
chen, wenig gesalzenen und gewürzten Stoffen. Sie isst die
Speisen warm und trinkt sehr wenig. Wenn sie etwas Kaltes
geniesst, empfindet sie Schauer, und bei Ausdehnung des
Magens, besonders durch Flüssigkeiten, fühlt sie eine Reizung
um die äussere Oefl'nung.
Der Zustand der Kr. bei der Aufnahme (Nov. 1850) war
folgender. Sie hat eine gesunde Gesichtsfarbe; keine Spur
hektischen Fiebers oder einer Kachexie; sie ist mehr dürr,
aber hat wenig von ihrer Muskelkraft verloren ; Temperatur
des Körpers, Puls nnd Athmen naturlich ; Zunge rein ; Appe-
tit gut; kein Durst; während der Verdauung mehr oder we-
niger Schmerz in der Magengegend und an der äussern Oeff-
nung des Loches ; Unterleib etwas verstopft ; Urin in geringer
Menge, weder durch Hitze, noch durch Zusatz von Salpeter-
säure gerinnend; Menstruation regelmässig; Schlaf gut. —
Die äussere Oeflnung des Loches liegt ungefähr 2^/^' von der
Mittellinie und 37a" vom Nabel , nahe an dem Knorpel der
8. linken Bippe. Sie hat eine ovale Form und ungefähr die
Grösse eines gewöhnlichen Daumens. Der Rand ist gerundet,
IV. Pathologie t Therapie u. medicinische Klinik«.
niedergedrückt , hart und roth , bier und da mit kleinen Ver-
schwärungen besetzl. Die amgebeode Haut ist in einem Um-
kreis von 2'' roth und verbärtel. Bei Einführung des kleinen
Fingers iu die Oeflfnung stösst er nach innen und links auf
Widersland , in der Richtung nach dem Pylorus jedoch nicht.
Die Schleimhaut der hintern Magenwand kann bei gunstigem
Lichte gesehen werden. Das Loch scheint die vordere Wand
des Magens nicht weit von der grossen Curvatur und ungefähr
4" von der Cardia zu durchbohren. Die Einführung eines
Bougie veranlasste Unbehagen und Mattigkeit. Am 4. Dec.
war die äussere OefTnung schon etwas kleiner, als bei der
ersten Untersuchung.
Vf. nimmt als Ursache der beschriebenen Erscheinungen
do perforirendes Magengeschwür an , und bemerkt , dass an
eine TÖlUge Heilung natürlich nicht zu denken sei , denn
wenn man auch einen Hautlappen überpflanzen wollte, so
würde durch die Bewegung des Magens und durch die Einwir-
kung des Magensaftes Verscbwärung entstehen. Es kann nur
durch passende Diät, durch leicht abführende Mittel u. durch
einen passenden Verband palliativ verfahren werden.
Die grosse Aehnlichkeil mit dem Falle des Dr. Beau-
monl bat die Edinburgh med.-chir. Soc. veranlasst, einen
Ansschuss zu beauftragen , den beschriebenen Fall zu Beob-
achtungen über die Physiologie der Verdauung zu benutzen.
(Schröder.)
53. üeber die Ansteckung mit Beziehung
auf die Syphilis der Neugebornen ; von Caze-
nave. (Ann. des Malad, de la peau et de la Syph.
Aoüt el Seplbre 1851.)
Vf. beginnt seinen Aufsatz damit, dass er einen
von Uunter erzählten Fall recapitulirt , den H. sei-
ner Ansicht zufolge, der nach die syphilit. Ansteckung
des Kindes weder durch das Blut, noch durch die
Milch sollte vermittelt werden können , unter die
Krankheiten rangirle, welche der Syphilis ähneln,
ihr aber nicht zugehOren. Eine Stillende giebt einem
fremden Kinde die linke Brust. Die entsprechende
Warze wird durch Exulceration zerstört. Der fremde
Säugling stirbt kachektisch. Dieselbe Frau übergiebt
ein später von ihr gebornes Kind einer Amme. Das
Kind stirbt mit einem squamösen Ausschlage, wel-
cher den ganzen Körper bedeckte. Die Amme be-
kommt Geschwüre an den Brüsten , Nekrose der Na-
sen- und Gaumenknoclien , und stirbt kachektisch.
Die Mutter gebiert ein 3. Kind, welches vor dem 1.
Lebensmonale stirbt. Sie halte viele Behandlungen
tiberstanden , als ungefähr ein Jahr nach dem Tode
des 3. Kindes alle Ulcerationen von neuem aufbra-
brachen , und ein ganzes Jahr zur Heilung bedurften.
Vf. sieht in dem Falle [cf. d. franz. Ausgabe von
Hunter von 1845, S. 656] und Ref. mit ihm, die
Ansteckungsfähigkeit der Amme durch den Säugling
«erwiesen, u. wenn Gullerier 11 Fälle [vgl. Jahrbb.
LXX. 49] erzählte, wo eine Ansteckung des Kindes
durch die Amme und vice versa nicht statthatte, so
meint er, sind diese negativen Beispiele nicht ver-
mögend, die Begründung der positiven zu schwächen.
Sie beweisen nur, was Vf. nicht leugnet, sondern
selbst behauptet, dass die syphilit. Symptome der
Kinder nicht jedesmal Ansteckung nach sich ziehen.
Er erzählt nun einen Fall , den er vor allen andern
fUr geeignet hält» diese syphilit. Ansteckung klar
darzulegen » einen Fall » den er gegenwärtig in Be*
obachtung hat.
Die 24jähr. Tagelöhnerin 0, seit 7 J. verheirathet, Mut-
ter eines 3jähr. und eines 22monatl. Mädchens, früher immer
gesund, ward am 0. Juli 1851 in das Höpital St. Louis auf-
genommen. Sie war an den Geschlecbtstbeilen, den Weichen
bis zum Anus mit Schleimplatten überdeckt , andere sassen
im Gesicht; nirgends Ulccration. Auf dem Stamme und den
Gliedern sass eine syphilit. Boseola, auf dem behaarten Kopfe
Krusten. Viele Cervicalganglien waren geschwollen und
schmerzten, und sollen diese den Symptomen an den Geni-
talien vorhergegangen sein. In dem Munde, besonders aber
an der hnken Clavicula Auftreibungen , mit nächtlich exacer-
birenden Schmerzen. Ansteckung durch den Beischlaf liess
sich durchaus nicht ermitteln , und war der Mann weder je
syphilit. gewesen , noch gegenwärtig. Pat. vermuthete , die
Krankheit von ihrer jüngsten Tochter Gberkommen zu haben.
Diese war gleich nach der Geburt einer, damals ganz gesund
scheinenden, Amme übergeben worden , welche 3 Monate da-
nach noch ein anderes Kind zu stillen anQng. Nach Aussage
der Amme zeigten sich an dem 2. Kinde 14 Tage nach der
Geburt Schleimplatten an den Genitalien und am Munde,
welche im 3. Monate , als das Kind starb , völlig geheilt ge-
wesen wären. Nach abermals 3 Mon. erkrankte die Amine
an Scbleimplatten der Genitalien. Sie leugnete ebenfalls jede
andere Ansteckungsquelle, als die durch das Stillen. Die
Mutter 0. liess ihr Kind entwöhnen. Nachdem sie es 1 Mon.
bei sich zu Hause gehabt hatte, zeigten sich bei ihm in den
Leisten , sodann an den Geschlechtstheilen und dem Gesässe
nach und nach eine Menge Schleimplatten. Fünf Monate
blieb das Kind ohne Behandlung, worauf es die Mutter zu
Cazenave brachte. Eine 5monatI. Kur mit Jodquccksilher
stellte es her. Seit 1 Mon. bemerkte die Mutler an ihrer
altern Tochter Schleimplatten, so wie sie selbst 14 Tage nach
Heilung der jüngsten erkrankt war. Bei der Untersuchung
dieses Kindes fand man platte Tuberkeln an der Vulva , am
After, 2 sehr charakteristische auf dem Bauche , 1 auf einem
Schenkel. Auf dem linken Backen sass eine ülceration mit
kupferfarbener Umgebung, überdeckt von einer graugrünlichen
Kruste. Die Ganglien im Nacken sind sehr aufgetreten. In-
dem sich die 0. vor Berührung der Scbleimplatten des jüng-
sten Kindes nicht in Acht genommen und nachher nicht' ge-
waschen und den Löflel des Kindes oft selbst gebraucht, beim
Füttern von Mund zu Mund geführt, hatte sie das andere Kind
häufig auf Tücher gelegt , die sie während ihrer Krankheit be-
nutzt, und zweimal mit in ihr Bett genommen. Die 0. war-
tete ihre Herstellung nicht ab , ihr älteres Kind starb in dem,
Kinder-Hospitale an den Blattern. Die Amme, welche unter-
dess wieder geschwängert worden war, gebar ein Mädchen, an
welchem Vf., als er es 3 Mon. danach sah, etliche 30 Scbleim-
platten an der Vulva, dem MittelReisch und >4en innern Seiten
der Schenkel vorfand.
Bemerkenswerth ist vor Allem die Gleichförmig-
keit der Krankheitserscheinungen bei den verschiede-
nen beiheiligten Personen. Vf. ist der Ansicht, man
würde sich nicht so oft in Verlegenheit beOndev,
diese oder jene Erscheinung auf dem Gebiete der Sy-
philis zu erklKren , wenn man sich nicht so sehr an
die , »arbiträre" Einlheilung der Symptome in prim.
und secundare befangen hielt , und behauptete , dass
nur die prim. Syphilis anstecke, diese allein durch
den Schanker vertreten werde. Wenn Jemand sich
einen Schanker zuzieht, so, sagt Vf., können gleich-
zeilig, oder doch einige Tage danach, Schleimplatten,
eine Roseola u. s. w. entstehen, und findet es dem-
nach auffällig, wenn man die eine Erscheinung nur
fUr örtlich und ansteckend , die andere für Constitu-
tionen und nicht ansteckend ausgeben will. Der
unmittelbare Eintritt der sogen, constitutionellea Er-
IV. Pathologie, Therapie v. medicinische Klinik«
6S
scbeiDungeii , meint er, hat auch von den za absolu-
ten Benennungen der secundSren Symptome zurüek-
geschreckt , und man hat sie frühzeitige Folge - oder
Uebergangszufillle benannt. Ebenso verwirft Vr. die
fernere Scheidung der Syphilis in tertiäre Symptome.
Sie gelten ihm für Erscheinungen , die zu spät ein-
treten, um seeundclr zu sein, übrigens aber auch den
secund. und selbst den prim. bisweilen vorausgehen.
Vf. will sich ganz einfach an die Beobachtung halten.
Es zieht sich Jemand einen Schanker oder Tripper
zu, dieser oder jener complicirt sich mit einem spe-
cifischen Bubo , wahrend dem zeigt sich ein specifi-
scher Hautausschlag. Dieses Ensemble von Zufällen,
mOgen sie 14 Tage, 6 Wochen, oder langer anhal-
ten, betrachtet er als die prim. Syphilis. Nun wird,
nach 6 Monaten, 2, 40 Jahren, ohne neue Anstek-
kuDg, der Hals afßcirt, es entsteht eine Syphilide,
eine Exostose, oder was sonst, und diese Zufälle
machen für ihn die secund. , die chronische Syphilis
aas. Vf. will also unter prim. Symptom nicht das-
jenige verstanden wissen , womit die Krankheit be-
ginnt, sondern ein jedes, welches in der acuten Pe-
riode auftritt , die prim. Gruppe bildet. Ansteckend
sind aber überhaupt alle Erscheinungen, nur sind es
die einen seltner, als die andern, weil ihnen gewisse
Erlordernisse abgehen, als: eine absorbahle, viru-
lente Materie, der Aufsaugung leichter zugängliche
Oertlichkeitsverhaltnisse, eine grössere Acuität, stär-
kere Absonderung u. s. w. Finden sich solche Um-
stände bei sogen. Secundärleiden, so sind diese eben-
falls ansteckend. Bei solcher Anschauungsweise
seheml dem Vf. die Erklärung der Syphilis der Neuge-
bornen ganz einfach. Er unterscheidet dabei die an-
gebome und die ererbte. Litten Vater oder Mutter
zur Zeit der Empfängniss an acuter Syphilis, oder
ward die Geschwängerte angesteckt, so wird das
Kind mit prim. Syphilis zur Welt kommen , „d. h. es
wird ganz denselben ^tat de Tinfection zeigen , als
derjenige seiner Ei*zeuger war, von welchem es wird
angesteckt worden sein.'* Da nun die prim. Syphilis
der Neugebornen sich fast stets durch acute Sym-
ptome zu erkennen giebt, durch lebhafte Entzündung,
reichliche Secretion , so ist sie äusserst ansteckend,
wie sie sich auch in obigem Beispiele erwies, wo sie
mittels der Schleimplatte, dem ,, wesentlich prim.
Symptome," übertragen wurde. Vf. hebt hierbei
nochmals als nicht gleichgültig hervor, dass daran
alle die Angesteckten, an denselben Stellen und in
gleicher Heftigkeit litten. Diese Syphilis congenita
tri't kurze Zeit nach der Geburt hervor. Wird da-
gegen ein Kind von Aeltern angesteckt, die vor sei-
ler Erzeugung an Syphilis gelitten hatten, bei der
Conception aber kein sypbilit. Symptom an sich tru-
gen, so wird das Kind an derselben syphilit. Ent-
artung leiden, an welcher der ansteckende Aeltern*
theil litt, von welchem es die Krankheit überkam.
Es kann scheinbar gesund geboren werden, und con-
secative ZußtUe kann man nach mehr oder weniger
langer Zeit wahrnehmen. Diess nennt Vf. die Syphi-
iw hevedilaria, das, was sie für die Syphilis der Neu-
gebornen , ist die secundäre für die Syphilis im All-
gemeinen. Ist sie auch für gewöhnlich nicht an-
steckend, so kann sie es doch, ,,und selbst sehr oft,*'
werden , sobald die zur Ansteckung erforderlichen
Bedingungen hinzutreten , wie Vf. diesen Vorgang in
Hunter 's Falle, wenigstens nach Ansteckung der
Mutter durch den fremden Säugling, annimmt. Die
Syphilis congenita bricht einige Tage, die angeborne
6 Wochen, 6 Monate, 1 Jahr und darüber nach der
Geburt aus. Sie kann aber noch längere Zeit zu ihrer
Entwicklung brauchen, und zeigt sie dann andere,
neue Erscheinungen, wovon später. (Hacker.)
54. neber Identität der sogen, secnndlrei
Syphilis und der lercarialdysErasie ; von Dr.
Dürr. (Würtemb. Corr.-Bl. 21. 1851.)
Vf. zweifelt an der secund. Syphilis , daher das
„sogen.**, und mOchte sie lieber als eine Folge der
Quecksilberkur betrachten. [Auch schon dagewesen.
Murpny schrieb 1839 „Pract. observ. , showmg
that Mercury is the sole cause of what are termed
secondary Syphilis." Jahrbb. XXVIII. 246. Folglich
halte Vf. nicht erst durch Wunderlich, wie er
sagt, auf diesen Gedanken brauchen gebracht zu
werden.] Vf. erinnerte sich damals, dass gerade
die Krauken , welche am tüchtigsten mit Mercur be-
dient waren, auch am heftigsten und frühesten von
Secundärleiden befallen wurden, und citirl Wun-
derlich und Bruns, welche mehrere Fälle von
Syphilis ohne Mercur heilten , und sagt, „diese Fälle
bewiesen wenigstens , dass das Quecksilber zur Hei-
lung der Syphilis nicht nöthig sei.'< [Dieser Beweis
ist längst geführt. Ref. selbst lieferte ihn 1840 in
einer ziemlich mühevollen : kistorisch-krü, Darstel^
lurtg der Ansichten und Resultate über die einfache
Behandlung der Syphilis in dem von ihm herausg»
Argos, Bd. IV, S. 37 — 88. Aus dieser Darstellung
kann sich Jeder überzeugen, dass Vfs. Ausspruch:
„Ricord hat zuerst mit seinem Jodquecksilber den
Uebergang von der Mercurial-Behandlung der Syphi-
lis zu der nicht mercuriellen gemacht*' falsch ist.
Ausserdem nämlich, dass sich die einfache Behandlung
lange vor Ricord Bahn gebrochen, so lässt sich
doch auch die Behandlung mit Jodquecksilber in kei-
ner Weise eine nicht mercurielle nennen.] Wun-
derlich soll gesagt haben [wann und wo, ist nicht
angegeben]: „Die Verhütung der secund. Syphilis
besteht nicht darin , die Syphilis im Leibe zu zerstö-
ren , sie herauszutreiben , sondern während u. nach
der Kur alle Einflüsse zu vermeiden, welche in irgend
einem Organe ihren Ausbruch dcterminiren können'* [?],
und bemerkt hierbei Vf. über Wunderlich: „Of-
fenbar war in ihm schon der Zweifel an die Realität
der secund. Syphilis in der Entwicklung, ohne dass
er sich's recht bewusst war." [Ob dem so, hat na-
türlich Wunderlich zu entscheiden.]
Vf. will sich überzeugt haben , dass alle sogen,
secundär Syphilitischen „entweder noch ihre erste
Affection ungeheilt trugen, oder gegen diese, oft
64
V. Gynäkologie u. PädiatriL
8choo vor mehrern Jahren, Quecksilber bekommen
hatten." Die Heilung der sogen. Secundärleiden
erfolgt nur durch Entfernung des Quecksilbers aus
dem KOrper. Werden sie ja dadurch geheilt, so er-
klärt diess Vf. so , „dass der Kranke durch die 2.
Affection mehr geängstigt sich sehr strenge u. warm
hält, dass der Arzt seihst mehr als in frischen Füllen
für gehörige Antreibung der Secretionen und Depo-
tenzirung des Körpers sorgt und so mit dem neuen
auch das alte Quecksilber aus dem Körper entfernt
oder wenigstens die Empfindlichkeit des Organismus
gegen .dasselbe auf eine Zeit lang abstumpft." Mit
Uebergehung anderer von dem Ref. ebenfalls nicht
getheilten Ansichten, Bemerkungen und Erklärungen,
so u. a. , dass es dem Vf. [noch immer?] ,, unmög-
lich , an eine Vererbung der Syphilis vom Vater auf
das Kind zu glauben," erwähnen wir nur noch, wie
er dem Einwände zuvorzukommen sich bemüht, dass
doch auch Secundärleideo auftreten , ohne dass vor-
her Mercur gereicht wurde , die sicher , ihm allein
ausgenommen, kein Anhänger der einfachen Behand-
lung in Abrede stellt, und Anderen, so wie mir, in
Vergleich zu den Mercurialisten, häufig vorgekommen
sind. Vf. leugnet solche Fälle, indem er sich in
folgenden Worten ergeht: „es ist doch wohl zu er-
wägen, dass die Opfer auf Amors Altar so gerne nie-
dergelegt werden, dass wer heute auf einfache Weise
von den venerischen Folgen des Opfers desinficirt
wird, vor Jahren aus demselben Grunde (vielleicht
ohne dass er es weiss) mercuriell inficirl worden sein
kann." Solche Erwägung bedarf keiner Widerlegung.
(Hacker.)
55. Behandlung des Bnbo; von Mathias
Schell. (Wien. med. Wchschr. 26. 1851.)
Sobald bei dem Bubo auf eine günstige Zerlhei-
lung nicht zu rechnen , so soll man ihn , gleichviel,
ob er durch Tripper oder Schanker veranlasst, auch
wenn noch keine Spur von Eiterung wahrzunehmen
ist, sobald er die Grösse eines Taubeneies erreicht
hat, bis in die Mitte des ganzen Umfangs der Ge-
schwulst einschneiden. Uebrigens richtet sich der
Schnitt nach der Grösse des Bubo , und darf nicht
über dessen Länge hinausreichen ; „gewöhnlich reicht
ein Zoll der Oberfläche nach der Länge hin." Nach
Oeffnung des Bubo wird die Schnittwunde von dem
ausgetretenen Eiter oder Blute sorgfilUig gereinigt o.
von einer Jodsalbe (Jod. gr. yj, Pulv. opii gr. x,
Unguent. ^ß) , je nach der Grösse der Wunde , in
sie soviel, als eine Erbse bis Haselnuss beträgt, ein-
geführt. Nur nach der 1. Application soll der Schmerz
durchschnittlich heAlg sein, sich schon bei der 2.
vermindern , um bei der 4. u. 6. ganz zu verschwin-
den. Ist die Eiterung stark, so tritt schon nach der
2. Application , bei dem geöffneten verhärteten Bubo
dagegen 12 — 24 Std. später, eine gelbliche, nach
Jod riechende Flüssigkeit aus. ,,In die Wunde selbst
darf weder Charpie, noch sonst ein anderer Kör-
per, als die Salbe gegeben werden, es muss mit-
bin [?] jede Reizung sorgfältig vermieden werden."
[Dann mflssle vor Allem die reizende Salbe vermie-
den werden.] Der verhärtete Bubo verliert sich nach
der Eröffnung schnell (binnen 8 bis 10 Tagen), der
eiternde bedarf längerer Zeit, und wird mit der Salbe
so lange fortgefahren, bis sich die Ränder zur Ver-
einigung nähern. Klaffen sie sehr, so nimmt Vf.
Heftpflaster zu Hälfe. Als Vorzüge dieses Verfahrens
stellt Vf. auf, dass es zur Heilung einer bedeutend
kurzem Zeit bedarf, weniger Substanzverlust zulässt,
bessere Narbenbildung bewirkt, und die Patienten
leichter ihren Geschäften nachgehen können , als bei
andern Kurarten. (Hacker.)
56. Behandlung des vereiterten Bubo. (Gaz.
des Höp. 11. 1851.)
Vi dal zieht das Messer den Causticis vor. Er
sticht mit einem geraden Bistouri in die fluctuirende
Stelle des Abscesses , sobald die Eiterung nicht sehr
ausgebreitet ist, nur einmal ein, im entgegengesetz-
ten Falle, und wenn die Haut decoUirt ist , macht er
mehrere, dann aber schiefe Einstiche, iu der Gircum-
ferenz der Geschwulst, nach der Mitte derselben un-
ter der Haut hin. Ist nur ein Ganglion suppurirt,
so entleert man dadurch den Eiter mittels eines ein-
zelnen Einstichs, und treten später benachbarte Drü-
sengeschwülste in Eiterung, so werden diese dann
auf gleiche Weise geöffnet. Diese Eigenthttmlichkeit
findet sich besonders bei Bubonen*, ^omit Scrophu-
löse behaftet sind , weshalb bei diesen' die successi-
ven Functionen vorzugsweise erforderlich werden.
(Hacker.)
V. Gynäkologie und Pädiatrik.
57. üeberOvarien-Irritation; von Churchill.
(Dubl. Journ. Aug. 1851.)
Der Aufsatz handelt tlber eine Krankheit, die,
obgleich sie ziemlich häufig vorkommt, doch bisher
nur wenig besprochen worden ist, was seinen Grund
wahrscheinlich darin hat, dass sie mit andern Leiden
verwechselt wurde. Sie hat am meisten Aehnlich-
keit mit der von Tilt als subacute Ovaritis beschrie-
benen Affection I weicht jedoch in vieler Beziehung
von dieser ab, weshalb sie Vf. Ovarien-Irritation nennt
Sie kommt bei Frauen jeden Alters vom Beginne bis
zum Aufliören^ der zeugungsfähigen Jahre vor , am
häufigsten bei Frauen von zarter > nervöser Consti-
tution.
Die hervorstechendsten Symptome sind Schmersi
bisweilen sehr heftiger, in einer oder beiden Hiai-
oder Inguinalgegenden , am häufigsten in der linken»
was Simpson der Nachbarschaft des Mastdarms
y. GyiHkologie u. Pldiatrik.
iiisehreibt Der Schmerz kann ein anhaltesder,
dumpfer sein , oder acut und paroxysmenweide auf*
treleii; beim Stehe« uod Gehen pflegt er steh zu
sleigern, ja in schlimmern Fällen ist das Geben ganz
dadurch gehindert. Obgleich gewöhnlich über ein
Gefühl von Vollsein in der schmerzhaften Stelle ge>
klagt wird , so konnte Vf. Hoch nie eine Anschwel-
lung daselbst wahrnehmen ; die Empfindlichkeit ge*
gen BerQhruBg pQegt gross zu sein. Bisweilen wird
die Blase in Mitleidenschaft gezogen, so dass häufiger
Drang zum Harnlassen entsieht und dieses selbst
schmerzhaft isL Hysterische Zufälle sind keine sel-
tene Erscheinung. Die Untersuchung durch die
Scheide giebt keine Aufschlüsse ; ein SeitwärtsdrOk-
ken der Gebarmutter steigerte zuweilen den Schmerz.
Bei Besprechung der subacuten Ovaritis sagt Tilt,
dass die Eierstöcke bei der Untersuchung durch den
Mastdarm sich schmerzhaft und 2 bis 4mal vergrös*
sert zeigen ; bei der Ovarien-Irritation ist diess nicht
der Fall.
Bei Kranken^ die zuweilen an Amenorrhoe Jeiden,
findet man nicht ungewöhnlich Ovarien-Irrilation zu
dieser Zeit; ob diese die Ursache des Wegbleibeos
der Menses ist, oder nur ein Symptom, ist eine
schwer zu beantwortende Frage; bisweilen mag die
Ovarien-Irritation Ursache, bisweilen aber auch Folge
sein. Bei plötzlicher Unterdrückung der Menses tritt
nicht selten eine Ovarien-Irrilation, weniger oft acute
Ovaritis auf; bei Dysmenorrhöe findet man häufig
bei genauer Untersuchung einen Schmerz, dessen
Sitz dem einen oder dem andern Eierstocke entspricht;
Vf. ist der Ansicht , dass in den meisten dieser Fälle
die Eierstöcke secundär ergriffen sind. Bei Menor-
rhagien bleiben die Ovarien oft lange Zeit ganz ge-
sund, sind jedoch die Anfälle oft wiederkehrend , so
pflegt einer oder beide Eierstöcke in einen Irrilations-
Zostand zu gerathen, der noch fortdauert, auch wenn
die Blutungen aufgehört haben. Häufig fand Vf. Ova-
rien-Irritation in Begleitung von Congestion u. Erosion
des Cervix uteri , selten sah er sie bei Frauen , wo
die Menstruation regelmässig schien , die aber sehr
nervös und kinderlos waren. In manchen Fällen ist
es sehr schwierijg , die durch Erkrankung des Eier-
stocks erzeugten Symptome von denen zu unterschei-
den, die durch begleitende Krankheiten hervorgerufen
werden. Wenn keine C9mp]icationen vorhanden
sind, so veranlasst Ovarien-Irritation nicht leicht Er-
krankung im Allgemeinen ; der Puls ist gewöhnlich
nicht beschleunigt und ist «weder Trockenhat der
Haut , noch Durst vorhanden. Der Appetit ist selten
gut, aber doch nicht geringer, als gewöhnlich bei
nervösen Frauen , der Stuhlgang meist unordentlich.
Dass die Krankheit entzündlicher Natur sei, lässt
sieh Dicht annehmen; das Fehlen einer Anschwellung,
Aie negativen Resultate der Untersuchung per vaginam
nod rectum, das paroxysmenweise Auftreten der
Sehmerzen, die Abwesenheit aller charakteristischen
Kennzeiehea einer Entzttndimg und der Erfolg einer
Med. Jthrbb. Bd, 73. Hit 1.
65
Die
gewissen Art der Behandlung bestätigen diess.
Krankheit gehört vielmehr zu den Neuralgien.
Alles, was die Functionen des Uterus oder der
Ovarien zu stören vermag, kann möglicherweise Ova-
rien-Irritation hervorbringen; besonders häufig mag
eine Erkältung die Ursache abgeben. Auch Ueber-
maass im Geschlechlsgenuss, so wie völlige Enthalt-
samkeit können die Krankheit veranlassen. Als Un-
terscheidungsmerkmal der in Rede stehenden Krank-
heit von Ovaritis fuhrt V7. besonders das an, dass die
Empfindlichkeit gewöhnlich weit grösser ist, als bei
Entzündung; ausserdem ist bei acuter Entzündung
der Eierstock immer geschwollen und vergrössert, u.
wird meistens bei der innern Untersuchung deutlich
wahrgenommen.
Bei einigen kräftigen Frauen erzielte Vf. durch
Application einiger Blutegel etwas Erleichterung,
besser wirken warme Breiumschläge; bei zarten
Frauen brachten Blutegel nur Nachtheil. Beruhigende
Einreibungen und Pflaster schafTen bisweilen Linde-
rung, ebenso anodyne Klystire. Aconit-Tinctur aus-
serlich brachte keinen Nutzen. Glänzende Erfolge
erlangte Vf. durch Einbringung einer Art Ball an den
Muttermund, bestehend aus 2 Gr. Opium, Va Drachm.
weisses Wachs und It/^ Drachm. Fett. Nebenbei
ist für gehörige Leibesöffnung zu sorgen.
(Sickel.)
58. Fibroidc EierstockgeSChwnlst, Stran-
gulation ihres Stiels durch Drehung , Entero-peri-
tonitis und Tod; von Van Buren. (New- York
Journ. March 1851.
Eine 29jähr. Wittwe von mittlerer Statur, ziemlich kräf-
tig gebaut, Mutler von 5 Kindera und ihrer Angabe nach stets
gesund, halle seit 5 J. eine harte, bevvoglicbe Geschwulst in
der rechten Fos^a lliaca , die allmälig und ohne grosse Be-
schwerden gewachsen war. Seit dem Auftreten der Geschwulst
hatte Pat. noch ein Kind geboren. Die Geschwulst selbst
hatte zur Zeit einen Durchmesser von 6", ihre Gestalt war
gleichmässig abgerundet, ihre Oberfläche fühlte sich hart an.
Offenbar hing dieselbe entweder mit dem Ovarium zusammen,
oder hatte selbst ihren Sitz in demselben ; es konnte deutlich
ein Stiel an ihr gefühlt werden , der ziemlich lang und dfinn
erschien und eine gewisse Beweglichkeit und Verschiebbarkeit
gestattete ; auf jeden Fall war der Tumor gutartiger Natur,
enthielt keine Cysten und hatte eine fibroide Beschaffenheit.
Pat. war ziemlich verstopft und klagte zuweilen fiber Mutter-
krämpfe und Kolikschmerzen in den Gedärmen ; die Periode
war regelmässig. Zwei Monate lang bestand die Behandlung
nur in einfachen Klystiren und in Einreiben von Jodkalisalbe.
Nach dieser Zeit stellte sich auf einmal unter heftigen Schmer-
zen ein übelriechender , gelblichweisser u. mit Blut vermisch-
ter reichlicher Abgang ein. Am Muttermunde wurde ein etwa
2 Groschen grosses , unregelmässiges, zum Theil granulircn-
des , zum ^Theil vertieftes Geschwür gefunden , welches nach
3 Aetzungen mit Höllenstein zu vernarben begann. Die Ko-
likschmerzen und die Verstopfung wurden jedoch heftiger als
früher , und Vf. hielt die Exstirpalion mittels Laparotomie in-
dicin. Pat. wurde indessen plötzlich von localer, acuter
Peritonitis befallen. An der Stelle der Geschwulst wurde bei
der Palpation ein dumpf crepitirendes Geräusch wahrgenom-
men und die Geschwulst selbst hatte alle Beweglichkeit verlo-
ren. Nach 3 Tagen stellten sich deutlich die Symptome einer
heftigen Enteritis heraus , welcher die Kr. binn^ kurzer Zeit
erlag.
0
66
V. GynXkologie u. Pädiatrik.
Seetion 12 Std. Dach dem Tode. Die faustgrosse Ge>
schwalst in der rechten Fossa iiiaca war mit der innern Fläche
der Baucbwandung verwachsen; die Geschwulst hatte eine
dunkle , blauschwarze hier und da grünliche Färbung. Das
Peritonäum im Umfange der Geschwulst sah ebenfalls blau-
schwarz und zeigte stark entzündliche Congestion. Das Omen-
tum, ein Theil der dünnen Därme und das Colon waren mit
der Geschwulst verwachsen ; die Adhäsionen waren nicht sehr
fest und liessen sich leicht mit den Fingern trennen. In der
Peritonäalhöhle war keine Flüssigkeit angesammelt und das
Peritonäum selb^ bot nur an der Stelle der Geschwulst die
Kennzeichen der Peritonitis dar. Beim Freilegen der Ge-
schwulst zeigte sich , dass dieselbe vom Ovarium ausging und
durch das breite Band mit dem Uterus zusammenhing. Das
breite Band war etwas verlängert, bildete den Stiel der Ge-
schwulst u. war IVs^' um sich herum zu einem dicken Strang
zusammengedreht. Die Geschwulst, die an der Oberfläche
ausgedehnte Venen zeigte, bestand aus einer hauen, fibroiden
Masse und hatte unregelmässige kleine mit Blut angefüllte
Cavitäten. Die Schleimhaut des Dickdarms war der Sitz einer
intensiven Entzündung , sie war angescliwoUen , verdickt,
erodirt und mit Blutextravasaten durchzogen. Die letzten
18 Zoll des Dünndarms waren gleichfalls auf ihrer Schleim-
hautiläche mit kleinen Blutextravasaten bedeckt.
Im vorliegenden Falle hatte die zufällig stattge-
fundene Drehung der Eierstockgeschwulsl um ihre
Achse das breite Mutterband zu einem so festen Strang
zusammengeschnürt, dass die Blutcirculalion dadurch
ganz unterbrochen wurde. Die Geschwulst schwoll
an, das Blut stockte in den Gefässen und- der nahe
liegende Theil des Bauchfells wurde von Entzündung
ergriffen. Die Enteritis, welche die unmittelbare
Todesursache abgab, war gleichfalls durch Fortpflan-
zung der Gongestion erzeugt worden.
Vf. fand im J. 1849, als er einer jungen Frau
durch die Laparotomie eine fibroidc Eierslocksge-
schwulst entfernte, gleichfalls den Stiel, d. h. das
verlängerte breite Mutterband, gedreht. Die Drehung
war in jenem Falle nicht so stark gewesen, um wirk-
liche Strangulation, Unterbrechung derBlulcirculation
in der Geschwulst zu erzeugen; es bestand noch
einige Beweglichkeit, EntzUndungserscheinungen in
der Geschwulst und den benachbarten Organen waren
nicht vorhanden. Die Operation halte den günstigsten
Erfolg, und einige Wochen nach der Genesung stell-
ten sich die Katamenien, die vorher sehr unregcl-
mUssig und sparsam gewesen waren, auf normale
Weise ein.
Einen weitern , den beschriebenen ähnlichen Fall
konnte Vf. nicht auffinden. Aus den gedachten 2
Beispielen zieht er aber folgende praktische Folgerun-
gen. Da bewegliche Eierstockgeschwülste durch
Drehung um ihren Stiel sich stranguliren können, u.
diese Strangulation durch Entzündung, die sie in den
benachbarten Organen hervorruft, den Tod verursa-
chen kann, so ist die operative Entfernung von Eier-
stockgeschwttlsten , die beweglich sind, einen gut-
artigen Charakter haben und langsam wachsen, zu
billigen und zu bevorworten. Will die Pat. sich der
Operation nicht unterwerfen, oder fürchtet der Arzt
die Folgen der Laparotomie zu sehr, so muss er
durch Bauchbinden und zweckmässige Bandagen den
Tumor zu fixiren suchen i damit derselbe in keiner
Weise zu einer Drehung veranlasst werde. Ist die
Drehung nur Y^ oder Imal um die Achse herum ge-
schehen , so braucht sie keine bedenklichen Erschei-
nungen zu bedingen , es kann immer noch das Blat
in den Theilen circuliren ; ist die Drehung stärker,
oder hemmt sie die ßlutcirculaiiun , so kommt es zur
Blutstagnntion im Tumor und zu iocaler Peritonitis.
Heftige Schmerzen in den Gedärmen, die leichten
Abführmitteln nicht weichen, scheinen die ersten
Symptome von Verdrehung des Stiels der Geschwulst
zu sein, und es ist wohl möglich, dass der Arzt,
wenn er in Zeiten und noch ehe Entzündungssym-
ptome hervortreten, die Geschwulst durch Gegeo-
drchung ohne blutige Operation zu lösen und frei zn
machen versucht, dadurch zu einem erwünschten
Erfolge gelangen kann. Die locale Peritonitis nach
der Strangulation giebt bei der Palpation ein dumpfes
Crepitationsgeräusch , herrührend von der zwischen
Tumor und Bauchfell exsudirlen Fibrine. Fibroide
Eierstockgeschwülste verhindern, wenn sie nur ein
Ovarium betreffen , die Conception nicht ; ebenso
kann trotz dem Fibroid die Periode regelmässig vor-
handen sein. (S t r e u b e 1.)
59. Zasammenhang der Sensibilität uni
Irritabilität des Uterus; von Bern ard. (Lllnion.
78. 1851.)
Das Bcsum^ dieses Aufsatzes besteht mit wenig
Worten darin, dass 1) ein enger Zusammenhang
zwischen der Sensibilität und Irritabilität des Uteras
stattfindet; 2) dass wegen dieses Zusammenhanges
die anästhetischen Mittel nicht isolirl auf den Schmen
einwirken können, ohne die Contractionen mehr oder
minder zu beeinträchtigen ; 3) der Grad dieser Be-
einträchtigung ist bis jetzt noch nicht bestimmt; 4}
ein Dynamometer von grosser Einfachheit und ohne
allen Nachtheil vermöchte vielleicht das Problem da
Zusammenhanges, den die vitalen Eigenschaften des
Uterus besitzen , zu lösen , und zur Bestimmung der
Kräfte des Uterus dienen.
Dieser Dynamometer würde nach Vf. aus einem
mit Gentrifugalkraft versehenen X bestehen , das auf ,
einer Scala die Erweiterungen und die Zusammenzie-
hungen des Muttermundes erkennen liess.
(Herzog.)
60. Zur Anatomie, Physiologie und Patho-
logie des DtemS; von Snow Beck. (Times. Nor.
Dec. 1850, Jan., Febr.> April 1851.)
I. ^dnatomie, Vf. berücksichtigt hier hauptsäch-
lich die Verbreitung der Nerven , da ihre Kenntniss
von besonderer Wichtigkeit in physiologischer und
pathologischer Beziehung ist. Man erkennt bei ge-
nauerer Betrachtung der Nerven zwei deutlich voi,
einander zu unterscheidende Arten, die tubulären,
dem Gerebrospinalsysteme, und die gelatinösen, dem
sympathischen Systeme angehörigen Fäden. An ihrem
Ursprünge, wie an ihrem Ende kann man dieselbei
als deutlich von einander getrennt beobachten , wäh* I
V. Gynikologie u. Pldiatrik.
67
reod sie in ihrem Veriaufe sich vielfach mit einander
berühren und vermischen. Der Uterus empfllngt nun
eine tiberwiegende Menge sympathischer Nervenfasern,
wShrend er nur mit wenigen Cerebrospinalßiden ver-
sehen i^t; das Umgekehrte findet bei den benachbar-
ten Organen Statt, denn Scheide, Blase und Mast-
darm enthalten viele Cerebrospinalßlden und nur we-
nige sympathische. Muskeln und Haut des Dammes,
so wie das untere £nde des Mastdarms werden aus-
schliesslich mit Zweigen von den Sacral nerven ver-
sorgt. Vf. beschreibt den Verlauf der einzelnen
Nerven ganz ausfobrlich; ihm dabei zu folgen, würde
zu weit fahren , weshalb wir nur die Hauptsachen
hier wiedergeben wollen. 1) Der unlere u. mittlere
Theil des Uterus empfangen sympathische Fasern von
den obern Aortenplexus und den Lumbarganglien,
Cerebrospinalfasern vom Lumbar- und untern Dorsal-
Iheije des Rtlckenmarkes ; 2) die Ovarien und der
obere Theil der Gebärmutter werden vom Plex. solar,
und GangL Ihorac. versorgt, spinale Zweige erhalten
sie durch Vermittlung der splanchnischen Nerven von
den Intercostalnerven ; 3) die Scheide und die Blase
empfangen durch die Beckenplexus u. von den obern
Aorten- und Lumbarganglien vermittels der hypo-
gastrischen Plexus sympathische Zweige, von den
Sacralnerven spinale ; 4) das Perineum erhalt Zweige
von den Sacralnerven.
Gegen T. Smith u. A. behauptet Vf., durch ge-
naue Untersuchungen nachgewiesen zu haben , dass
eine Vergrösserung der Nerven der Gebärmutter wah-
rend der Schwangerschaft nicht stattfindet. Der
Umstand, dass der untere, mittlere und obere Theil
des Uterus von verschiedenen , theils tiefer , theils
hober gelegenen Ganglien und Plexus ihre Nerven-
zweige empfangen, macht diess möglich ; ebenso be-
sitzen die Nerven zweige der Gebärmutter eine unge-
mein grosse Dehnbarkeit. Ungleich besser, als durch
Worte, lasst sich das Gesagte durch gute , sorgHlltig
bereitete Präparate beweisen.
IL Physiologie, Die Bewegungen der Gebärmut-
ter anlangend , so bespricht Vf. zuerst die peristalli-
scben, durch die sympathischen Nervenfasern erreg-
ten. In Organen, welche zum Theil oder ganz durch
sympathische Nerven versorgt werden, wie das Herz,
die Harnblase, die Därme, der Oesophagus u. s. w.,
sind die Bewegungen peristaltischer Art, indem sie
sich gewöhnlich von einem Punkte aus in wurmför-
miger Weise über das ganze Organ verbreiten, und
noch eine Zeit lang fortdauern, nachdem der sie ver-
anlassende Reiz bereits aufgehört hat. Diese Art der
Contraction ist dem Uterus eigen ; wenn eine Stelle
desselben durch die Bauchwandungen hindurch ge-
reizt wird, so verbreitet sich die Contraction mit
ausserordentlicher Schnelligkeit von dort aus Über
das ganze Organ ; dasselbe geschieht, wenn ein Pin-
ger die innere Fläche der Gebärmutter bertthrt. Dass
die Contractionen des Herzens und der Därme unab-
hängig vom Einflüsse des Spinalsystems sind, lässt
sich leicht darthun , so dauern z. B. die Contractio-
nen noch einige Zeit fort, nachdem die genannten
Organe aus dem Körper entfernt wurden; dass die
Contractionen der schwangern Gebärmutter ebenso
unabhängig vom Einflüsse des Cerebrospinalsystems
sind, ist schwieriger zu beweisen. Die Art der Ner-
veneinwirkung auf den Uterus gleicht der Wirkung
eines unmittelbar auf dieses Organ influirenden Rei-
zes, und ist ganz verschieden von den gewöhnlichen
Reflexreizen, wie sie in dem Muskelsysteme beobach-
tet werden; die peristaltischen Bewegungen des Ute-
rus sind sein alleiniges Mittel, sich seines Inhaltes
zu entledigen.
Der Einfluss des Willens auf die Gebärmutter ist
allgemein bekannt. Es vermag zwar der Wille nicht,
Contractionen hervorzurufen , wenn noch keine vor-
handen sind, oder dieselben zu unterdrücken, wenn
sie im Gange sind, aber er vermag oft schwache
Contractionen zu verstärken und starke zu massigen.
Zum Theil mag die Verstärkung der Contractionen
durch das willkürliche Herabdrängen der Eingeweide
und das Pressen der Bauchmuskeln veranlasst werden,
indem diese dann einen unmittelbaren Reiz auf das
Gebärorgan ausüben. Nicht minder bekannt ist der
Einfluss , den Gemülhsbewegungen auf den Gebäract
üben ; Schreck, Furcht u. s. w. lähmen die Contrac-
tionen, während freudige Ereignisse, freundliches
Zureden u. s. w. die Contractionen häufig regeln und
fördern.
Reflexbewegungen , durch das Rückenmark ver-
mittelt, entstehen durch sanftes Reiben der Bauch-
decken beim Beginnen einer Wehe, bei Auflegen der
kalten Hand auf den Leib, beim Aufsprengen von
kaltem Wasser auf den Bauch oder die Oberschenkel,
durch kalte Klystire, durch Einführen des Fingers in
den obern Theil der Scheide (nicht an die Gebärmut-
ter selbst , denn dadurch entsteht ein localer Reiz).
Die Art, wie das Rückenmark sowohl, als das Gehirn
einen Einfluss auf die Gebärmutter üben können , ist
durch das im anatomischen Theile Gesagte leicht zu
begreifen ; es geschieht besonders durch Vermittlung
der Sacral- und Intercostalnerven. Zahlreiche Ver-
suche an Thieren zeigen, dass die Gebärmutter ebenso
wie das Herz und die Därme in ihren Bewegungen
fortfährt, auch nachdem das BUckenmark zerstört
wurde, dass die Contractionen im Uterus beginnen,
ihren Fortgang nehmen und den Fötus austreiben
können, auch wenn die untere Partie des Rücken-
markes entfernt wurde. Durch die Einwirkung des
Chloroforms werden die durch das Rückenmark be-
dingten Reflexbewegungen aufgehoben; nichtsdesto-
weniger gehen die Zusammenziehungen im Uterus
ungestört von Statten , ebenso wie diess mit den
Herz - und Respirationsbewegungen der Fall ist. Es
geht hieraus mit Bestimmtheit hervor, dass die Con-
tractionen der Gebärmutter anfangen, ihren Fortgang
nehmen und die Geburt vollenden können, ganz und
gar unabhängig vom Einflüsse des Rückenmarkes.
III. Pathologie. Bei Besprechung der Krankhei-
ten des Uterus will Vf. folgende Eintheilung befolgen :
68
V. Gynäkologie u. Psdiatrik.
1) fuDCtionelle Krankheiten , a) bei Frauen , die ge-
boren haben , b) bei flehen , die nicht geboren ha-
ben ; 2) unzureichende Rückbildung der Gebärmutter
nach der Geburt und deren Folgen ; 3) organiscbie
Leiden des Uterus. Vf. zog es vor, die ungenügende
Rückbildung des Uterus nach der Geburt besonders
zu besprechen , weil dieselbe sich dadurch , dass sie
vergleichsweise leicht zu heben ist , von den organi-
schen Krankheiten unterscheidet, von den funclionel-
len aber dadurch, dass die Structurverhältnisse des
Uterus, die Folgekrankheiten und die Behandlungs-
weise eine ganz andere sind. Im Nachfolgenden will
es Vf. versuchen, so weit als möglich die functionel-
len Erkrankungen und die ungenügende Rückbildung
nach der Geburt mit einander zu verbinden , indem
die Symptome, welche sie veranlassen, viel Aehnli-
ches haben.
A) Directe Symptome, d. h. solche, welche
unmittelbare Folge der Krankheit sind, a) Schmerz.
Ist der Sitz der Krankheit in der Gebärmutter, so
werden Schmerzen in der Lumbar- und Dorsalgegend
und im Verlaufe der von jenen Partien des Rücken-
markes aus sich verbreitenden Nerven empfunden.
Hat die Krankheit ibren Sitz im Gervicaltheiie des
Uterus, so werden gewtibniich in den untern 2 Drilt-
theilen der Lumbargegend Schmerzen wahrgenom-
men , die sich von da aus weiter verbreiten. Ist die
ganze V.iginalportion bedeutend erkrankt, so verbrei-
ten sich die Schmerzen über die Hüfte und Inguinal-
gegend , an der Vorder- und InnenfYaiche beider
Schenkel herab bis in die Fussspftzen ; ist die Er-
krankung nur einseitig, so pflegen es auch die
Schmerzen zu sein. Ist der mittlere Theil des Ute-
rus krank, so zeigt sich der Schmerz im obern Theile
der Lumbar- und dem untersten Stücke der Dorsal-
gegend^ und zieht sich von hier nach dem Nabel vor.
Ist endlich der Uterusgrund der Sitz des Uebels, so
findet man die Schmerzen in der mittlem Dorsalge-
gend , zwischen den Schulterblättern , von wo sie
sich , dem Laufe der Intercostalnerven folgend , ver-
breiten. In heftigen Fällen chronischer Entzündung
des Uterus, die schon längere Zeit bestanden bat,
können die Schmerzen in allen erwähnten Theilen
gefühlt werden, bald in dem einen , bald in dem an-
dern heftiger. Hierzu kommt oft eine grosse Em- .
pündlichkeit der Haut und der Muskeln gegen Berüh-
rung, die Bettdecken und Kleider verursachen Be-
schwerden, ja bisweilen sogar Schmerz, Bewegun-
gen, woran die Bauchmuskeln Theil nehmen, werden
nicht vertragen u. s. w. ; es besteht das Gefühl von
Voll- oder Ausgedehntsein des Unterleibes, obgleich
der Leib nicht aufgetrieben ist. Dass die oben be-
schriebenen Schmerzen wirklich vom Uterus ausgehen,
crgiebt sich hinlänghch aus genauen Beobachtungen ;
so werden , wenn man mit einem Finger , während
der Uterus sich in einem entzündlichen Zustande be-
findet, auf die Vaginalportion einen Druck ausübt,
die Schmerzen sich mit Steigerung oder Verminde-
rung dieses Druckes steigern oder vermindern. Der
Schmerz wird immer an den Stellen empfunden , die
dem Verlaufe derjenigen Nerven enttpreehea, welche
dort aus dem Rückenmarke entspringen, wo die
Krankheit irgend eines Uterustheiles durch Vermitt-
lung der Nervenfasern einen bestimmten Reiz ausübt;
mit andern Worten : die in den Uterusnerven dnrch
irgend eine Krankheit hervorgebrachte Veräadermg
wird durch Vermittlung des Rückenoiarkes auf aa
derselben Stelle entspringende Nerven rcfleelirt, vod
veranlasst im Verlaufe dieser letztem das Gefühl von
Schmerz.
Obgleich die besprochenen Schmerzen im Rücken,
den Hüften , den ßauchdecken u. s. w. , also die
reflectirten Schmerzen, diejenigen sind, über welche
die Kranken am meisten klagen, so werden doch auch
an den einzelnen Theilen des Uterus selbst Schmerzes
wahrgenommen. Nur gehört zum Sichbewusstwerden
dieser Sehmerzen eine gewisse Aufmerksamkeit von
Seiten der Kranken, welche dieselben nach und nach
dadurch erlangen, dass sie den eigentlichen Sitz ihrer
Leiden kennen lernen.
Wenn die Vagina der Herd der Krankheit ist, so
haben die reflectirten Schmerzen ihren Sitz in der
Sacralgegend , den Gluläen^ im Perinäum, in der
hintern Seite der Schenkel, den Waden und den
Fusssohlen. Die Art der Schmerzempfindung soH bei
Krankheilen der Scheide eine andere sein, als bei
Krankheiten der Gebärmutter. Die Schmerzen in den
erwähnten Theilen nehmen zu, wenn ein Druck mit
dem Finger auf eine Scheidenwand ausgeübt wird.
Sollten Scheide und Gebärmutter gleichzeitig afßcirt
sein , so werden beide Arten reflectirter Schmerzet
gleichzeitig wahrgenommen werden. Nicht gar selten
geschieht es, dass die wahrgenommenen Schmerzen
eine Erkrankung der Scheide anzeigen, während der
Sitz des Uebels in der Gebärmutter ist; es geschiehl
diess dann, wenn der Uterus vermöge seiner Schwere
tief herabgetreten ist und die Scheidenwände drückt.
Die Diagnose ist jedoch auch hier nicht schwierig,
indem hei Rückenlage die Symptome der Scheiden-
erkrankung verschwinden, weil der vom Uterus auf
die Scheide ausgeübte Druck aufhört, und indem die
Kranken in solchen Fällen den Schmerz als einen
gajiz charakteristischen bezeichnen» als sei der Rücken
zerbrochen.
b) Menstruationsslorujigen, Der Grad, in wel-
chem die Menstruation gestOrt erscheint, hängt ab
von der Heftigkeit und der Natur der Krankheit, von
der Constitution der Kranken und von der Dauer der
Krankheit. Die hauptsächlichsten Varietäten» denen
Vf. begegnete , sind folgende : a) regelmässiges £i^
scheinen der Menstruation , Schmerz vor u. während
ihres Fiiessens, Quantität, Dauer (3 bis 5 Tage) und
Färbung unverändert; b) regelmässiges Erscheinen,
Schmerz vor und während der Zeit lebhafter, Quan-
tität und Dauer vermehrt (7 Tage und länger), Fär-
bung dunkler ; c) regelmässiges Einlreten , Scbmen
vor und während der Zeit sehr heftig, Quantität und
Dauer sehr vermehrt (7 bis 14 Tage), Färbung nor-
mal, häufig Blulcoaguia ; d) regelmässiges Eintreten,
V. Gpiakologie^ u. Pldutrik.
sehr heftiger Schmerz vor und während der Zeit,
QoaBÜUIt und Dauer vermindert (2 bis 3 Tage), Farbe
bUss; e) regelmässiges Eintreten, sehr heftiger
Schmerz vor und nach dem Fliessen, Quantität varii-
read , meistens vermindert , Dauer unregelmässig (2
Tage anhallend , 1 bis 2 Tage aussetzend , darauf
wieder 1 oder 2 Tage fliessend}, Färbung blass; f)
r^elmässiges Eintreten , Schmerz vor und nach dem
FJiessen» geringe Quantität, Dauer wenige Slunden,.
Fjfrhung blass ; g) un regelmässiges Eintreten (von 2
bis zu 6 Wochen) , heftiger Schmerz vor u. während
dem Fliessen, Quantität u, Dauer vermehrt (1 Woche
und länger) , Färbung fast schwarz ; h) unregelmäs-
siges Eintreten (von 2 bis zu 6 Wochen), heftiger
Schmerz vor und während dem Fliessen, Quantität
und Dauer uoregelmässig (2 Tage , 1 oder 2 Tage
aussetzend, dann wieder 1 oder 2 Tage fliessend),
Färbung normal ; i) un regelmässiges Eintreten (3 bis
6 Monate) , heftiger Schmerz , Quantität ganz unbe-
deutend, Dauer sehr kurz, Färbung blass.
Nur in wenigen Fällen konnte Vf. eine bestimmte
Beziehung zwischen der Utoruskrankheit und dem
Zustande der Menstruation aufßnden. Bei chronischen
und acuten Entzündungen der Gebärmutter und bei
nicht gentigender Bflckbildung nach der Geburt bleibt
der Eintritt der Menstruation ein regelmässiger, wäh-
rend der Schmerz heftig und die Quantität und Fär-
bung verschieden ist. Bei entzOndlichem Zustande
der Vagina tritt die Menstruation häufiger ein , wäh-
rend die Dauer und Quantität vermehrt und die Fär-
bung des Blutes meistens eine hellrothe ist. — Wie
schon erwähnt, übt die Dauer der Erkrankung des
ütenis einen wesentlichen Einflnss auf die Menstrua-
tion; wenn das Allgemeinbefinden in Folge einer
schon lange bestehenden Uteruskrankheit gelitten hat,
so wird das Eintreten der Menstruation unregelmäs-
sig, die Quantität gering, die Färbung blass. Mit
dem allmäligen Besserwerden des Allgemeinbefindens
wird , nach gehobener Erkrankung der Gebärmutier,
auch nach und nach die Menstruation wieder eine
regelmässige.
c) Die Excretionen kommen theils aus der Va-
gina, theils aus dem Uterus. 1) Scheidenausflüsse :
a) durchsichtiger Schleim; diess ist nur eine Ver-
mehrang der normalen Schleimabsonderung u. kommt,
auch in reichlicher Menge, oft bei ungestörter Ge-
sundheit vor; b) weisser, opaker Schleim kommt
häufig als Begleiter der Menstruation vor; seine
Quantität ist sehr verschieden ; beim Trocknen hin-
terlUsst er weisse Flecke in dem Leinenzeug; c) fort-
währender' weisser , dem vorigen ähnlicher Abgang,
der beim Trockenwerden gelbe Flecke hinterlässt;
es ist die unter b) erwähnte Art mit Eiter vermischt ;
d) ein gelber Abgang, dick, wenn er znm Tbeil mit
dem vorigen gemischt ist, dünn, wenn er hauptsäch-
lich aus Eiter besteht ; er hinterlässt auffallend gelbe
Flecke in der Wäsche; e) dünner, mehr serüser Aus-
fluss , der ebenfalls gelbe Flecke macht ; f ) eine der
vorigen Arten, einen starken, verdorbenen Salzfisch
ähnlichen Geruch verbreitend; g) sanginnolenter Aus-
fluss. Der weisse Schleimausfluss hängt von einem
Gongeslionszustande der Schleimhaut der Scheide ab,
der Ausfluss von Eiter zeigt einen entzündlichen Zu*
stand der Schleimhaut an, während die dünnflüssigen
Excretionen Producte eines chronisch -entzttndhchen
Zustandes der Scheide sind ; der bisweilen bemerk*
bare Geruch rührt von Entzündung der am Scheiden-
eingange befindlichen Drüsen her.
2) Excretionen der Gebärmutter, a) Heller,
durchsichtiger, klarer Schleim, dem Eiweisse an Gon-
sistenz ähnlich; unter dem Mikroskope betrachtet,
lassen sich nur Schleimkügelchen wahrnehmen ; er
kommt aus den DrUsen der GervicalhOhle ; b) mehr
oder weniger opaker, glänzender Schleim, von etwas
derberer Consislenz als der vorige ; er enthält einen
Theil EiterkUgelchen und kommt ebenfalls aus den
Drüsen der GervicalhOhIc , die jedoch in einem ent-
zündlichen Zustande sich befinden; c) Blut, zu an-
derer Zeit, als während der Menstruation ergossen,
deutet immer eine Erkrankung des Uterus an ; es ist
bald mehr flüssig, bald mehr dick, mit Faserstoflge-
rinnsel gemischt, und kann aus verschiedenen Stel-
len der Gebärmutter kommen; d) Eiter, von der In-
nenfläche des Uterus abgesondert, kommt nie in so
grosser Menge vor, dass er einen förmlichen Ausfluss
bewirken kdnnte. (Forts, folgt.) (Sickel.)
61. neber Retroversion der sehwangen
ßebärmatter; von Gar in. (Gaz. des Höp. 103.
1851.)
Nach ausführlicher Mittheilung eines von ihm
beobachteten Falles von Relroversion einer im 3. Mo-
nate schwangern Gebärmutter und glücklicher Besei-
tigung dieses Uebcis, erwähnt Vf. einiges Geschicht-
liche hinsichtlich der in Rede stehenden Anomalie.
Hierauf sagt er, dass Retroversionen nur im 3. oder
4. Schwangerschaftsmonate vorzukommen pflegen,
vorher nicht, weil der Uterus noch nicht schwer ge-
nug ist, nach dem 4. Monate nicht, weil er dann zu
umfangreich ist; dann werden die Ursachen aufge-
zählt. Das Uebel entsteht plötzlich oder allmälig,
die Umbeugung erreicht einen höhern oder nur nie-
dern Grad, indem der Grund der Gebärmutter weni-
ger tief oder tiefer am Kreuzknochen herablrilt , der
Mutlerhals dagegen eine mehr oder weniger hohe
Stellung nach vorn einnimmt. Eine sichere Diagnose
lässt sich nur nach genauer Manualuntersuchung der
Kranken stellen, indem manche Symptome, als Druck
im Becken, Ziehen in den Schenkeln, Urin- u. Sluhl-
beschwerden u. s. w. auch andere Ursachen haben
können. Je bedeutender die Retroversion ist und je
länger sie besteht, um desto bedenklichere Zufälle
wird sie verursachen. Eine nicht häufige Folge ist
Abortus, obgleich man diess wohl glauben könnte;
noch seltner sind Zerreissungen der Nachbarorgane
beobachtet worden , häufiger dagegen Metritis , Peri-
tonitis^ Gangrän der Gebärmutter.
Die Zurttckbringung des retrovertirten Uterus in
70
V. Gynäkologie u. Pädiatrik.
seine normale Lage ist die Hauptaufgabe der Behand-
kiDg ; dieselbe ist leichter oder schwieriger ausführ-
bar je nach dem Grade der Retroversion , dem Alter
derselben, der Änfallung der Urinblase u. des Mast-
darms. Die Entleerung der Harnblase mittels des
Katheters ist das notbwendigste Erforderniss ; sie ist
in manchen Fällen äusserst schwierig , wo nicht gar
unausführbar, wie diessCheston undSabatier
beobachteten, welche unter solchen Verhältnissen
zur Function der Blase schreiten mussten. Darauf
ist wo möglich der Mastdarm durch Klystire zu ent-
leeren. Behufs der Reposition lässt Vf. die Rücken-
lage mit angezogenen Schenkeln einnehmen ; die
Knie - Ellenbogenlage will er vermieden wissen; in
der Regel wird es genügen , mit 2 in den Mastdarm
eingeführten Fingern den Gebärmultergrund nach
oben zu drängen, während 2 in die Scheide einge-
führte Finger der andern Hand den Multerhals ab-
wärts zu leiten versuchen. In specinllen Fällen kann
man sich wohl eines Instruments zur Reposition be-
dienen, wie diess Röderer, Bellanger u. A.
thaten.
Gelingt wegen fester Einklemmung der schwan-
gern Gebärmutter die Reposition nicht, so kann man
das Leben der Frucht nicht länger berücksichtigen,
sondern man muss eine Entleerung des Uterus zu er-
zwingen suchen ; zu diesem Behufe sind die Function
des Organes durch die Scheide oder durch das Rec-
tum vorgeschlagen worden. Ungleich besser würde
es sein, wenn man die Function durch den Mutter-
mund hindurch ausführen könnte, doch wird diess
wegen des hohen Standes dieses Theiles in der Regel
unthunlich sein , u. man wird sich deshalb genOlhigt
sehen , zu einer der vorhergenannten Verfahrungs-
weisen zu schreiten*. Die Symphysiotomie ist jeden-
falls verwerflich. Die Entleerung der Gebärmutter
mag nun auf eine oder die andere Weise erzwungen
sein, immer ist längere Zeil hindurch die Rückenlage
der Kranken erforderlich , um die Rückkehr des Ute-
rus in seine normale Lage zu begünstigen ; das An-
legen eines Fessarium ist nicht räthlich. Etwa nach-
folgende Urinbeschwerden erheisdien bisweilen noch
die Anwendung besonderer Mittel. (S i c k e 1.)
62. neber die Anwendung des Chloroforms
in der GebnrtshÜlfe ^ von Dr. Hamier in Cassel.
(N. Ztschr. f. Geburlsk. XXXI. 1.)
Nach allen bisher gemachten Erfahrungen scheint
es gewiss zu sein , dass die Persönlichkeit eines Fa-
tienten niemals einen Anhaltspunkt giebt, nach wel-
chem man vornherein muthmaassen konnte, ob ein
Kranker das Chloroform gut oder schlecht vertragen
werde. Demoach ist die ungünstige Einwirkung des
Chloroforms rein zufällig und unberechenbar und be-
ruht bei vorsichtiger Anwendungsart lediglich auf
einer Idiosynkrasie. Diess zugegeben, ist der Grund-
satz unumslösslich festzuhalten, dass das Chloroform
immer contraindicirt ist , wenn es nicht indicirt ist,
d. h. es muss vor jeder Operation der Grad der Noth-
wendigkeit oder der Nützlichkeit der Anästhesie ftlr
den Fat. erwogen und nur da das Mittel angewendet
werden, wo diese entschieden vorliegt.
Einüjirkung des Chloroforms auf die Geburt
Die Kreissenden und Wöchnerinnen scheinen im All-
gemeinen das Mittel gut zu vertragen , und die Be-
denken von Grenser und Webster (Erslerer
spricht zwar nur über Schwefeläther), dass leicht
Apoplexie, Eklampsie und Geisteskrankheiten entste-
hen könnten, sind jedenfalls ungegründet. Denn
während bei mehrern Tausend mitgetheilten Entbin-
dungsberichten nicht ein einziges Mal der Eintritt von
Eklampsie oder Apoplexie erwähnt wird , ist es im
Gegentheil bekannt, dass Denn et bei Congestionen
nach dem Gehirn , die Convulsionen befürchten Hes-
sen, Chloroform ganz besonders rühmt und dadurch
die Blutentziehungen erspart. Der Umstand , dass
gerade in der Geburtshülfe Chloroform durchschnitt-
lich länger und in grösseren Quantitäten vertragen
wird, als in der Chirurgie, und die Erwägung, dass
von den durch Chloroform verursachten Todesfällen
kein einziger bei einer Gebärenden oder Wöchnerin
vorgekommen ist, dürfte zu der Annahme berechti-
gen, dass der Gebäract die etwa vorhandene Idiosyn-
krasie gegen Chloroform zeitweise auflieben könne.
Und wäre diess auch nicht der Fall , so wird doch
jedenfalls durch die vorliegenden Erfahrungen uns
jeder Grund zu einer besondern Besorgniss entnom-
men. Dass das Chloroform in den Kreislauf des Kin-
des Übergeht, ist nachgewiesen worden; schwieriger
möchte es zu beweisen sein, dass dem Kinde dadurch
ein Nachtheil geschieht. Das Kind, in dessen Nabei-
strange Hueter das Chloroform chemisch nachwiess,
war ein lebendes ; ebenso lebten die Kinder als
Sachse in Berlin 2V2 Sld. , Simpson u. Chri-
stison 13 Std. lang ihre Gebärenden chloroformirt
halten. Auch fand Nunneley, dass neugeborne
Thiere eine positiv grössere Dosis von anästhesiren-
den Mitteln bedürfen, als ausgewachsene, was mög-
licher Weise beim Menschen sich analog verhallen
kann. Solche Erfahrungen in Verbindung mit gros-
sem numerischen Vergleichungen sind jedenfalls im
Stande, den Geburtshelfer zu beruhigen, und so ist
die Ansicht , dass Chloroform auch auf das Kind kei-
nen nachtheiligen Einfluss ausübt, mit Recht jetzt
ziemlich allgemein angenommen.
Nach Erwähnung der verschiedenen, zum Theil
sehr abweichenden Ansichten über die Einwirkang
des Chloroforms zunächst auf den Uterus und seine
Contractionen , führt Vf. Folgendes als feststehend
an. 1) Im 1. Stadium der Chloroformeinwirkung
bleibt die Innervation des Uterus durch die Cerebro-
spinalnerven unverändert, oder wird durch einen vor-
übergehenden Reizungszustand des Rückenmarks ver-
mehrt; die Wehen dauern gleichmässig fort, oder
werden zeitweise verstärkt. 2) Bei längerer Ein-
wirkung des Mittels hört der nach Kilian durch
den Nerv, vagus vermittelte Einfluss des Willens und
der Gemflthsbewegungen auf die Wehen auf; theils
V. Gynäkologie u* Pädiatrik.
71
hierdurch» theils durch Abnahme der Emp6ndlichkeit
in der peripherischen Ausbreitung der Spinalnerven
verlieren die Wehen an SUirke und Haufigkeil. 3)
Bei voller Belüubung durch Ghioroform hört die Ein-
wirkung der RUckenmarksnerven auf den Uterus und
mit ihr die eigentlichen, periodisch eintretenden We-
ben , zugleich aber auch alle krampfhaften Contrac-
tionen der Gebarmutter gänzlich auf; dagegen dauert
die Innervation durch den Sympathicus und in Folge
davon die anhaltende Zusammenziehung des Uterus
unverändert fort, ohne durch einen mechanischen
Reiz verstärkt werden zu können. — Die Besorgniss,
es m<>chte durch die eintretende Verminderung der
Wehen leicht Zurückhaltung der Placenta und somit
heftige Blutung erfolgen , erweist sich ebenfalls als
unbegrflndet. Dem Vf. sind nur 2 Fälle, von Hue-
ter uoff Ben n et, bekannt, wo ungewöhnliche Blu-
taogen eintraten; diesen gegenüber steht aber eine
sehr grosse Zahl von Berichten , in denen ausdrück-
lich erwähnt wird, dass keine Blutung eingetreten
sei, obgleich man sie mit Grund erwarten durfte, so
dass im Gegentheil das Chloroform füglich als Millei
gegen Blutungen nach der Geburt angesehen werden
kann. Der Grund hiervon mag zum Theil darin lie-
gen, dass nach Aufliören der Anästhesie ganz beson-
ders heftige und häuGge Wehen einzutreten pQegen.
Während einige Geburtshelfer eine Verminderung
der Bauchpresse wahrend der höhern Grade der Nar-
kose annehmen, widersprechen dem die Meisten, und
Kilian zeigt, dass die bei der Bauchpresse thUligen
Muskeln sämmtlich Bespirationsmuskeln sind , die
unler der Herrschaft der Medulla oblongata stehen
und somit am spätesten dem lahmenden EinHusse des
Chloroforms erliegen. Miltelfleisch und Scheid«» wer-
den bedeutend erschlafft, weil der untere Theil der
UedulJa spiqalis, von welchem der Tonus jener Theile
abhängig ist, schon frUh durch den Einfluss der anü-
slliesirenden Mittel seine Thätigkeit verliert.
Einzelne Indicationen, 1) Bei natürlichen, ohne
manuelle Kunsthülfe verlaufenden Geburten sind Chto-
roforniinhalationen indicirt: a) bei besonderer Em-
pfindlichkeit und Reizbarkeit der Kreissenden, welche
Grand zu Besorgniss giebt; hierbei ist das Mittel
meist erst in der 4. , höchstens in der 3. Geburts-
periode anzuwenden und wirkt schmerzstillend, b)
Bei allgemein krankhafter Nervenstimmung, welche
schwache , unregelmässige , aussetzende Wehen ver-
ursacht; hier regelt und fördert es die Wehen, nur
muss es in geringer Menge gegeben werden, damit
es das 1. Stadium seiner Wirksamkeit nicht über-
schreitet, c) Bei zu heftigen stürmischen Wehen,
die eine übereilte Geburt befllrchten lassen, d) Bei
krampfliaften Stricturen am Muttermunde oder an
irgend einem andern Theile der Gebärmutter, e) Bei
Gefahr eines Dammrisses, theils wegen Straffheit des
Dammes bei altern , magern Personen , theils wegen,
durch Fettreichthum veranlasster, Aufwulstung und
Engigkeit. — Zwei andere Indicationen unbedingt
aoTzustellen, trägt Vf. zur Zeit noch Bedenken, näm-
lich bei starken Kopfcongeationen u. drohenden Con-
vulsionen , und zur Stillung von BlutflUssen nach de
Geburt Chloroform athmen zu lassen.
2) Geburtshülßiche Operationen, a) Wendung
auf die Füsse ; bei dieser Operation hat Vf. selbst
das Mittel 7mal , und immer mit dem besten Erfolge
angewendet. Das Einfuhren der Hand , ihre Bewe-
gung im Uterus und dadurch die Wendung selbst ging
ungleich leichter und rascher von Stalten; dagegen
machte die nun folgende Extraclion meist mehr Mühe,
jedoch liess sich bei der vermehrten Nachgiebigkeit
der Geburtswege die etwa nöthige Drehung des Kin-
des um seine Längenachse besser machen , die sich
anstemmenden Arme und Schultern leichler entwik-
keln und der Kopf rascher extrahiren, als ausserdem.
Deshalb ralhet Vf. auch bei Exlraclionen bei Fussge-
burten Chloroform anzuwenden , ingleichen beim Ac-
couchement forc^ u. bei der Wendung auf den Kopf.
h) Zangenentbindung. Vf. wendete ll'mal dabei
Chloroform an und machte die Bemerkung, dass das
Einführen der Zangenlöffel zwar sehr erleichtert war,
dass dagegen, wegen Mangel an Wehen , ungewöhn-
lich kräftige Tractionen nothwendig wurden. Er
ralhet deshalb , die Kreissenden nur dann zu chloro-
formiren, wenn das Anlegen der Zange besondere
Schwierigkeilen macht, das Mitlei aber wegzulassen,
sobald das Instrument eingebracht ist. Tritt Gefahr
für den Damm ein, so wende man das Chloroform
nochmals kurz vor dem Durchschneiden des Köpf-
chens an. c) Perforation , Kephalolripsie und Em-
bryolomie. Da diese Operationen an sich für die
Müller nicht schmerzhaft sind [?], so hält Vf. bei
ihnen das Chloroform nicht für indicirt; ebenso will
er es bei der künsllichen Frühgeburl, gleichviel auf
welche Weise sie gemacht werde , nicht angewendet
wissen, d) Beim Kaiserschnitt und Uhnlirhen gros-
sen Operationen ist das Chloroform schon wegen der
heftigen Schmerzen von höchster Wichtigkeil, indem
dem Nervensysteme eine gewallige Erschütterung er-
spart wird, e) Bei allen Nachgeburlsoperationen ist
Chloroform anzuwenden , theils um der Kr. den oft
heftigen Schmerz zu sparen, theils um die etwa hem-
menden Wehen zu beseitigen.
Regeln bei der Anwendung des Chloroforms.
1) Man bediene sich stets nur eines chemisch reinen
Chloroforms ; 2) man sorge während der Inhalatio-
nen für genügend freien Zutritt atmosphärischer Luft;
ob jene mittels eines eigenen Apparates oder mittels
eines Schwammes oder Tuches gemacht werden,
bleibt sich ganz gleich. 3) Man suche die Narkose
nicht zu rasch herbeizuführen, da nach Nunneley*s
Versuchen nicht die absolute , sondern die in einer
bestimmten Zeit eingealhmcle Menge des Chloroforms
die Möglichkeit einer Gefahr bedingt. 4) Man ge-
brauche nicht mehr Chloroform , als zur Erreichung
des vorliegenden Zweckes nölhig ist; ist der ge-
wünschte Erfolg eingetreten , so lasse man dasselbe
weg und gebe es wieder, wenn die nöthige Wirkung
aufzuhören droht. 5) Kann man den Zeitpunkt zur
72
y. Gynäkologie 11. Ptdialrik.
Operation beliebig bestimmen, so wXhle man eine
Zeit, wo der Magen leer ist, denn es treten sonst
leicht Erbrechen und andere Verdauimgsstörangen
ein. 6) Man beginne die Operation, ehe die ge-
wünschte Wirkung vollständig eingetreten ist. [Jeden-
falls soUesheissen : „nicht eher, als bis dieu. s. w/<;
denn Vf. stimmt ganz ausdrücklich P i t h a *s Aus-
spruche bei, welcher sagt: ,,Man verdirbt Alles,
wenn man zu früh, gleich in den ersten Momenten
der eintretenden Narkose , nach dem Messer greift.
Durch den so verursachten Schrecken entsteht eine
Aufregung, die den nöthigen Grad der Narkose gar
nicht oder nur nach sehr langem Einathmen erlangen
lüsst." Ref.] 7) Die Chloroforniinhalationen sind
womöglich während der Rückenlage der Kreisseuden
vorzunehmen , damit der durch den Chloroformdunst
in vermehrter Menge abgesonderte Schleim leichter in
die Speisseröhre fliesst. 8) Sollten Erscheinungen
eintreten , die den plötzlich eingetretenen Tod der
Kreisseuden anzuzeigen scheinen , so entferne man
sofort dieselbe aus der mit Chloroform impriignirtcn
Atmosphäre u. blase Luft ein. — Schlüsslich macht
Vf. noch darauf aufmerksam , dass man dafür Sorge
zu tragen hat , dass nicht die Luft des Zimmers , in
welchem die Geburt unter Anweudung des Chloro-
forms stattfindet, zu sehr mit diesem Stoffe erfüllt
wird, da es in der Regel unthunlich ist, die Mutter
und das Neugebornc innerhalb der ersten Stunden
daraus zu entfernen. (S i c k e L)
63. Anwendung der Geburtszange zur Ver-
besserung der Stellung des vorliegenden Kindes-
kopfes; von F'rof. Scanzoni. (Verhandl. d. phys.-
med. Gesells. in Würzburg. 11. Nr. 12 u. 13. 1851.)
Die Geburtszange wird am sichersten und am we-
nigsten verletzend wirken , woiin sie den Kindeskopf
an beiden Schläfengogenden umfasst und zugleich so
im Recken gelagert ist, dass ihre ReckenkrUmmung
vollkommen der Richtung der Achse des Reckenkanals
entsprichL Ein für die Zaugenoperation so günstiger
Stand des Kopfes wird in den meisten Fällen ver-
misst , indem der gerade Durchmesser desselben
häufig mit dem queren und noch häufiger mit einem
schrägen Durchmesser des Reckens parallel verläuft.
Die in einer so ungünstigen Stellung des Kopfes ange-
legte Zange liegt unsicher an und gleitet leicht ab u.
der Kopf ist dabei der Gefahr ausgesetzt, von den
Zangenlölfeln verletzt zu werden; deshalb ertheilt
schon Paifyn den Rath , die Zangenblätter immer
über die Schlafengegenden zu legen. 41ierbei müssen
aber die Spitzen des Instrumentes , wenn der gerade
Durchmesser des Kopfes parallel mit dem queren oder
einem schrägen des Reckens läuft , mehr oder weni-
ger gegen die eine oder andere Seitenwand des Bek-
kens zugekehrt sein , wodurch das für die Extraction
unerlässliche Vcrhältniss der Reckenkrümmung des
Instruments zur Richtung der Reckenachse aufgeho-
ben wird, ein Umstand, welcher die Extraction ge-
fährlich, ja wohl unmöglich macht. Diesem UebeJ-
stanile abzuheilen, drehte man die an die Seitenflächen
des quer oder schräg stehenden Kopfes angelegte
Zange, wenn sie bei dieser Anlegung ihrer Blätter als
Extractionsinstrument benutzt werden sollte , so aun
ihre Längenachse, dass ihre Spitzen der vordern
Beckenwand zugekehrt waren. Smellie war der
erste, der diesen Gebrauch der Zange methodisch
lehrte.
Diese Au wendungsweise der Zange fand manche
Gegner. Man stellte 1) die Behauptung auf, dass
die künstlichen Drehungen des Kopfes ganz überflüs-
sig seien , indem die tägliche Erfahrung lehre , dass
die Reckenwände auch auf den von der Zange umfassteo
Kopf einen solchen Einfluss üben, dass er selbst io-
nerhalb des ihn gerade hervorziehenden Instrumentes
alle jene Drehungen ausführt, welche man bei seinem
natürlichen Durchtritte durch das Recken beobachten
würde. So richtig im Allgemeinen diese Rehauptuog
ist, so wenig kann Vf. die Meinung derer theilcn,
welche glauben , dass die natürlichen Drehungen des
durch die Reckenhöhle tretenden Kopfes innerhalb
der Zangenlöflel jede künstliche Rotation desselbea
entbehrlich und verwerflich machen; denn es ist
nicht zu bezweifeln , dass die Drehungen zu ihrer
Vollendung immer einen längern Zeitraum in Anspruch
nehmen und nur dann zu Stande kommen, wenn der
Kopf durch die verschiedenen Gegenden des Reckens
herabtritt und so mit den auf ihn einwirkenden Flä-
chen der innern Reckenwand in Rcrührung kommt.
Legt man die Zange an einen Kopf an , welcher eine
der Gegend des Beckens, in welcher er sich befindet,
nicht entsprechende Stellung einnimmt, so ist es Er-
fahrungssache , dass die wünschcnswerthe natürliche
Drehung des Kopfes nur auf länger fortgesetzte kräf-
tige Tractionen , und dann oft nur unvollständig er-
folgt; eine solche Geburt wird man ahor mit wenigen
leichten Tractionen beenden können , wenn man der
Extraction eine passende Verbesserung der Stellung
des Kopfes voranschickl. Man wirft 2) ein, dass das
Einbringen der Zangenlöffel in einem andern, als dem
queren Durchmesser des Beckens, und die Drehung
des Instruments um seine Längenachse häufig Ver-
letzungen der mütterlichen Weichtheile od. des Kopfes
der Frucht veranlasst. Wenn dieser Einwurf gegen
die excessiven, das Verhältniss der Zange zum Becken
ausser Acht lassenden Rotationsversuche der franzö-
sischen Schule gerichtet ist, so ist er völlig begrün-
det ; da aber ein vorsichtiger Geburtshelfer bei Anle-
gung des Instrumentes und bei den künstlich auscu-
führenden Rotationen den natürlichen Geburtsmecha-
nismus nie ausser Acht lassen wird, so HilU jener
Einwand weg. 3) Man führt an , dass die künstli-
chen Drehungen in sehr vielen Fällen unausführbar
seien. Hiergegen ist zu bemerken, dass das in Rede
stehende Verfahren bei jenen Verengerungen des Rek-
kens , die sein Gelingen unmöglich machen , an und
fUr sich überflüssig , ja sogar schädlich ist ; da aber,
wo vou ihm ein Nutzen zu gewärtigen ist, kann es
oft auch ohne besondere Schwierigkeiten ausgeführt
werden. 4) Man sagt, dass der Erfolg der Rotatio-
nen häufig nur ein scheinbarer ist , dass sich die am
V. Gynakok^d u. PXdiatriL
73
Kopfe angelegte Zange dreht, während letzterer sei-
nen Stand nnverrackt beibehält. Wurde die Stel-
lung des Kopfes richtig diagnosticirt , das Instrument
genaa lAch den später anzugebenden Regeln angelegt
nhd gedreht, und erfolgt dennoch die beabsichtigte
Rotation des Kopfes niclit , so ist diess nur als ein
Fingerzeig zu betrachten, dass man ihn aus einem
längern in einen absolut oder relativ kürzeren Durch-
messer des Beckens drehen wollte , wobei er einen
solchen Widersland fand, dass sich blos die Zange
drehte, während er unverrückt stehen blieb. Ge-
schieht diess , so hat man durchaus nichts verloren,
indem die Zange dann nur so liegt, wie sie liegen
wQrde, wenn sie gleich ursprünglich in den beiden
Seitengegenden des Beckens angelegt worden wäre.
5) Endlich wird man sich überzeugen , dass die An-
gaben einiger Geburtshelfer, welche die behufs der
Ausfahrung der Drehung nöthige Anlegung der Zange
für äusserst schwierig, zeitraubend, ja sogar fttr un-
ausführbar erklären, nicht für die hier vorzuschlagende
Methode Geltung haben.
Bedingungen und allgemeine Regeln für die
Ausführung der Operation. 1) Vor allen Dingen
ist eine genaue Ermittelung der Stellung des Kopfes
nothwendig; wo diess aus irgend einem Grunde nicht
geschehen könnte, verzichte man lieber ganz auf die
Ausfahrung einer Drehung. 2) Die Drehung ist fer-
ner nur dann zulässig , wenn der Kopf sich in einem
Abschnitte der Beckenhöhle befindet, welcher das An-
legen der Zangenlöffel an den beiden Seitenflächen
des Kopfes gestattet ; es reicht übrigens oft vollkom-
men hin , wenn das eine Blatt etwas vor dem einen,
das andere hinter dem entgegengesetzten Ohre liegt.
Befindet sich der Kopf noch im Beckeneingange , so
ist die Anlegung des an die vordere Beckenwand zu
leitenden Blattes meistens beschwerlich und gefahr-
voll, und deshalb das ganze Verfahren contraindicirt.
3) Da die natürlichen Drehungen des Kopfes um
seioe Achse in der Regel erst in dem untersten Theile
der Beckenhöhle erfolgen, so sind die künstlichen
Drehungen nie früher zu versuchen, als bis der Kopf
mit seiner grössten Gircumferenz in diesen Abschnitt
des Beckenkanals herabgetreten ist. Stets ist es fest-
zuhalten, dass die künstlichen Rotationen des Kopfes
nichts weiter, als eine Nachahmung der natürlichen
sein sollen , und dass sie immer nur zu dem Zwecke
auszuführen sind , dass ein durch die relativ ungün-
stige Stellung des Kopfes bedingtes Missverhällniss
zwischen diesem und dem» Becken beseitigt wird.
4) Bei Beckenanomalien giebt nicht nur die Art der
Stellung des Kopfes die Anzeige , ob der Extraction
desselben eine Drehung vorauszuschicken ist, son-
dern man hat immer auch die Beschaffenheit des Bek-
kens im Auge zu behalten, wobei es sich nicht selten
herausstellt, dass es für den speciellen Fall räthlicher
ist» jeder Rotation des Kopfes zu entsagen. Diess
gilt besonders von dem sogenannten schiefen Becken.
So ist auch jede Rotation unzulässig, wenn der ge-
rade Durchmesser des untern Theils der Beckenhöhle
ll«d. itJuhh, B(L 73. iia 1.
der verkürzte ist und die Pfeilnaht parallel mit dem
normalen queren Durchmesser verläuft; indicirt ist
dagegen die Drehung, wenn der querstehende Kopf
von den einander näher gerückten Seitenwänden des
Beckens zurückgehalten wird, der gerade Durch«
messer des letztern aber die normale Ausdehnung
besitzt.
Anzeigen. Die Drehungen des Kopfes um seine
senkrechte Achse sind in allen jenen Fällen vorzuneh-
men, in welchen man ermittelt hat, dass die Geburt
durch die nicht, od. regelwidrig langsam erfolgenden
natürlichen Rotationen des Kopfes eine für die Mutter
oder das Kind, oder für beide Theile gefilhrliche Ver-
zögerung erleidet, oder wo irgend ein anderer Zufall
die Extraction des Kindes mittels der Zange erheischt
und zu gewärtigen ist, dass man durch die vorausge-
schickte Drehung des Kopfes die Operation wird er-
leichtern, minder schmerz- und gefahrvoll machen
können , was jederzeit angenommen werden kann,
wenn bei tief in die Beckenhöhle herabgelretenem
Kopfe die Pfeilnahl oder die Gesichtslinie quer ver-
läuft , oder die Stirn , möge deir Schädel oder das
Gesicht vorliegen, der vordem Beckenwand zuge-
kehrt ist.
Ausßkrung der Operation. Die Zangenlöffel
müssen nach beendigter Schliessung so an dem Kopfe
anliegen , dass ihre Spitzen u. concaven Ränder im-
mer demjenigen Theile des Kopfes zugekehrt sind,
welchen man der vordem Beckenwand zuzuwenden
beabsichtigt. Da , wo behufs des vollständigen Ge-
lingens der Rotation ein zweimaliges , verschiedenes
Anlegen des Instruments unerlässlich ist, ist die
Zange so zu appliciren , dass ihre Spitzen zuerst ge-
gen jenen Theil des Kopfes sehen , welchen man von
der vordem Beckenwand entfernen will, und erst,
wenn diess gelungen, legt man das Instrument neuer-
dings mit den Spitzen gegen jenen Theil des Kopfes,
der nun durch die zweite Rotation hinter die Scham-
beine gebracht werden soll, so dass, wenn auch diess
vollbracht ist, die Beckenkrümmung des Instruments
der Achse des Beckenkanals entspricht. Da aber die
beabsichtigte Drehung des Kopfes nur dann bewerk-
stelligt werden kann , wenn derselbe von den Zan-
genlöffeln so gefasst ist, dass sie während der Rota-
tion nicht von ihm abgleiten können, und da diess
dann am sichersten zu gewärtigen ist, wenn die Zan-
genblatter an den beiden Seitentheilen des Kopfes an-
liegen , so erwächst daraus für die Ausführung der
Operation die Regel , das Instrument immer so anzu-
legen , dass sein Querdurchmesser parallel mit jenem
des Beckens verläuft, welcher sich mit demjenigen
kreuzt, der den längsten des Kopfes aufnimmt. Wenn
der längste Durchmesser des Kopfes parallel mit dem
queren des Beckens verläuft , so erfahrt obige Regel
eine kleine Ausnahme, indem es wegen des vorsprin-
genden Promontorium nicht zulässig ist, die Zange
so anzulegen, dass ihr Querdurchmesser dem geraden
des Beckens vollkommen entspräche; in diesem Falle
10
74
V» Or&äkokgii &. Pldiatrik.
werden 4k IMü so ap|>licirt » data der Qvardureb-
messer des iDBlrtmenU sich dem schrigen Durchmes-
ser des Beckens mehr oder weniger nähert.
In jedem Falle ist es räthlich, den linken Zan-
geniOffel , mOge er an die vordere oder hinlere Bek-
kenwand zu liegen kommen, zuerst einzufuhren;
denn wenn beim Schliessen des Instruments die Zan-
gengriffe gekreuzt werden müssen , so werden sie
leicht verrückt. Unzulänglich, oder wühl gar un-
ausführbar ist der von einigen Seiten gegebene Balh,
den nach vorne zu liegen kommenden Löffel unmittel-
bar hinter der vordem Beckenwand an der Stelle ein-
zuführen, an welcher er den Kopf umfassen soll. Vf.
räth, ihn vor der entsprechenden Kreuzdarmbeinfuge
einzuschieben und dann , wenn seine Concavitst den
Kopf vollkommen umfasst, ihn längs der seitlichen
Beckenwand um den Kopf herum hinter die Scham-
beine zu bringen; man legt zu diesem Zwecke die
in die Genitalien eingeführten Finger an den con-
vexen Rand des Löffels und führt ihn durch einen auf
ihn von hinten nach vorne wirkenden Druck längs der
Beckenwand herum. Von besonderer Wichtigkeit ist
es , dass der zuerst eingeführte Löffel während der
Anlegung des andern durch einen zuverlässigen Oe-
hülfen in seiner Lage erhalten wird. Die Rotation
selbsrt wird einfach dadurch zu Wege gebracht , dass
die Griffe des Instruments nach einem vorausgeschick-
ten leichten Probezuge vorsichtig, mit stetig zuneh-
mender Kraft so lange um ihre Achse gedreht werden,
bis ihre, früher nach der Seite gekeiirte obere Fläche
gerade nach aufwärts sieht. Im Allgemeinen wird
man gut thun , nach vollständigem Gelingen der Dre-
hung des Kopfes die Geburt mitteis der Zange vollends
zu beendigen, wenn sie auch in solchen Fällen häufig
durch die Kräfte der Natur allein zu Ende geführt
werden würde.
SpecielU Regeln, a) Bei Schädellagen muss
man dahin trachten , dass das Hinterhaupt der vor-
dem Beckenwand zugedreht und eine solche Stellung
des Schädels herbeigeführt wird , dass sein längster
Durchmesser sich in demselben Maasse dem geraden
Durchmesser des Beckens nähert , als der Kopf tiefer
gegen den Boden der Beckenhöhle herabgetreten ist.
Verläuft die Pfeilnaht parallel mit dem queren oder
einem schrägen Durchmesser des Beckens und steht,
im letztern Fall, das Hinterhaupt bereits der vordem
Beckenwand zugekehrt, so reicht ein einmaliges An-
legen der Zange zum vollständigen Gelingen der Dre-
hung hin. Hierbei muss der Querdurchmesser des
geschlossenen Instruments einem schrägen des Bek-
kens entsprechen, und die concaven Ränder und die
Spitcen der Löffel müssen gegen jene Seitenwand des
Beckens gerichtet sein , mit welcher das Hinterhaiipt
in Berührang stehL Verläuft die Pfeünabt parallel
mit einem schrägen Durchmesser , ist aber die Stirn
der vordem Beckenwand zugekehrt, so reicht ein ein-
maliges Anlegen der Zange mcht bin, um das mit der
hintern Beckenwand in Berührung stehende Hinter-
haupt nach vorn zu drehen« Vfs. Verfahren ist in
selchen Fällen Pelgendes. Steht der Kopf mit nach
vom und hnks gekehrter Stirn so , dass die Pleilniht
im rechten schrägen Durchmesser verläuft , so wird
der linke Löffel vor der linken Kreus-OarmMnverbin-
dnng, der rechte hinter dem rechten eirunden Loche
angelegt; auf diese Weise steht der Querdurcbnesser
der Zange im linken schrifgen des Beckens, ihre con-
caven Bänder und Spitzen sind dem vordem Umfange
der linken Seilenhälfte des Beckens und somit aiioh
der daselbst stehenden Stirn zugewandt. Durch die
nun folgende von rechts nach links gerichtete , du
Achtel eines Kreises beschreibende Drehung des Instra-
ments, wobei dessen rechter LOffel beinahe hinter
die Schambeinverbinduug, der linke hinter die Aut-
höhlung des Kreuzbeins zu stehen konMil, wird der
Kopf so rotirt, dass die früher nach links und von
stehende Stirn ungeföhr an die Mitte der linken , dai
Hinterhaupt an die Mitte der rechten Seitenwand dei
Beckens bewegt und die Pfeilnaht parallel mit dem
Querdurchmesser des Beckens gestellt wird. Nun
werden beide Zangenblätter abgenommen und neuer-
dings so applicirt, dass das linke hinler das liake ei-
runde Loch , das rechte vor die rechte Kreuf-Darm-
beinverbindung zu stehen kommt , worauf durch i
Drehung des Instruments das Hinterhaupt ▼olleods
unter den Sdiaffibogen gebracht wird.
b) Bei Gesichtslagen ist eine Verbesserung der
Stellung des Kopfes unter gewissen Umstanden nicht
nur sehr wünschenswerth , sondern sogar dringeol
angezeigL Es ist bei vorliegendem Gesichte als eine
für den Durchtritt des Kindes durch das Beckei
unerlässliche Bedingung anzusehen , dass das Kinn
früher oder später den Schambeinen zugekehrt wird.
Der tiefe Stand des Kopfes ist bei Gesichlslagen eine
noch unerlässlichere Bedingung zum Gelingen der
Drehung, als bei Schädellagen. Bei im Eingange
stehendem Kopfe räth Vf., wenn die Stirn nach von
gekehrt ist, keine Rotations - Versuche zu machen,
sondern sofort zur Wendung auf einen Fuss zu schrei-
ten. Das die Verbesserung der Gesichtslage bezwek-
kende Verfahren ist ganz dasselbe, wie bei den Schä-
dellagen. (S i c k e 1.)
«4. Httlfkgort bei scbveren Zangenopera-
tiODCli; von Dr. A. Bernhard i. (Bemh. Ztschr.
IV. 1. 1851.)
Nicht nur für den Geburtshelfer sondern auch fiBr
die Kreissende von unangenehmen Eindruck ist es»
wenn es sich bei schweren Zangengeburten ergiebt,
dass eines Menschen Kraft nicht hinreiche, um die
Leidende zu befreien« Es ist meist nicht sowohl die
Erschäpfung der Kraft des Geburtshelfers im Allge-
meinen, welche ihn in schweren Fällen unfllhig macht,
die begonnene Zangenoperation fortzusetzen, sondern
der Umstand, dass er genOthigt ist, die ganae Zug-
kraft auf das Instrument alkin mittels der ^rme
ausüben zu müssen, dass ihm hierzu nidu einmal ein
bequem fasslicher Angriffspunkt für einen kräftigen
Zug geboten ist, um so weniger, als er hei krillvol-
y. Gynäkologie n. Pxdiatrik.
75
r PMsoBg der Zangengriffe unterhalb des Schlosses,
MD Zöge za viel Druck beimischen würde, zamal
eoo vielleicht diese, wegen sehr starken Kopfes
Aar Fassung desselben in einem ungünstigen Durch-
lesser, etwas von einander abstehen. Will er da*-
er gewissenhaft den Druck vermeiden , so sieht er
idi eigentlich darauf beschränkt, die ganze Kraft
aoptsachlich mittels der gabeifbrmig über die Haken
degten Finger auf diese zu beschranken und zu con-
SBtriren. Abgesehen nun davon, dass die hierbei
iltigen Muskeln gar bald ermüden , so erträgt auch
ie weiche Hand des Geburtshelfers einen derartigen
Bechamschen Druck nicht lange.
Der benannte Gurt besteht nun ans feinem Hanf-
»ittdfaden, nach Art der PahrbSnder, vne sie von
khuhkamem gebraucht werden, ist 2" breit, im
vaosen 4^^' lang, besteht aber aus 2 getrennten
ungkioben Hälften, die durch eine starke Schnalle
«rbnnden sind, welche sich etwa auf der Grenze des
!• und dritten Drittels des Ganzen befindet. Der
ort wird so angelegt, dass er Ober eine Schulter,
diräg aber den Rttcken durch die Achseigruhe der
adem Seite geht, und die Schlingen werden (tber
ie Zangengriffe bis über die Haken hinaufgeschoben,
I dass der Seheitel der einen Schlinge nach oben,
er der andern nach unten sieht Das Ende , wel«*
bem ik Schnalle am nächsten liegt , lauft über die
ieho/ternach der Zange, so. dass die Schnalle nach
hen zu liegen kommt, wodurch man den Vortheil
M, den Gurt, ohne ihn abzunehmen, nach ßedUrf-
itt verkUrzen oder verlangem , und sich beim Zuge
Lier in einer der Lage der Zange angemessenen
ttition halten zu können. Dieser Gurt nun gestat-
I die nOthige Kraftentwicklung , ohne erschöpfende
Mrengung des Geburtshelfers , weil es diesem ge-
kict ist, sich bei den Tractionen einen angemesse-
m Stützpunkt, für einen der Füsse zu suchen , um
ifan in halb stehender , rückwärts geneigter Lage
la ganze Wucht seines Körpers auf das Instrument
iiken zu lassen. Gleichzeitig dirigirt die Hand die
nigengnfe ohne die mindeste Kraftanstrengung,
ie Zngriehtinig wird der jederzeitigen Position der
Me dadurch angepasst, dass man sich mit dem
britdrper mehr oder weniger aufrichtet, oder rück-
Iris lehnt y jenachdem es die Richtung der Zan*
feigrüfe vorschreibt Die ganze bedeutende Kraft
fkl hier aoasehliesslich ziehend im Hypomochlion
Zangeobranchen, so dass ein Druck auf die Bran-
fe als Hebelarme gänzlich vermieden wird.
(Sickel.)
•5. Epileptisclie ZifUl^ wikren4 de« Cfebi*
^1; von Dickinson. (Lond. Gaz. Sept 1851.)
Uder ist man tiber das Wesen, und deshalb auch
^die Behandlung der Epilepsie noch sehr im Un-
die Fälle, in denen man die Ursache der
auf eine erfolgreiche Weise zu beseitigen
ftBMi, aiiid sehr selten. Vf. theilt einen Fall mit,
F* kd einer Frau, die schon früher an Epilepsie ge*
litten hatte, die Krankheit durch die Geburtsarheit
aufs I^eue zum Ausbruch kam , und wo die Anfälle
mit Beendigung der Geburt aufhörten. Blutentzie^
huugen sind in solchen Fällen zu vermeiden, dagegen
ist für baldige Beendigung der Entbindung Sorge zu
tragen; Mutterkorn zu geben widerräth Vf.
(Sickel.)
66. Praktisclie KtUteiliuigen aus der 6e-
bnrtslllUfe ; Von Dubreuilh fils. (Journ. de Bord,
Aoüt 1851.)
Placenta praevia. Nach Mittheilnng zweier
Fälle , eines tödtlich verlaufenen und eines glücklich
beendigten , beklagt Vf. die im Allgemeinen so trau-
rigen Resultate , welche beim Sitze der Placenta auf
dem Muttermunde bisher gewonnen wurden, u. sucht
den Grund davon in der meist nicht rechtzeitig gelei-
steten Hülfe. Hierauf erwähnt er kurz die Ursache
der bei Placenta praevia eintretenden Biutnngen , und
wendet sich dann sogleich zur Behandlung. Es wer-
den die zu verschiedenen Zeiten von versehiedenen
Aerzten gemachten Vorschläge erwähnt und zum Theil
näher geprüft. So kann sich Vf. durchaus nicht mit
Simpson dazu verstehen, die Placenta vor dem
Kinde zu entfernen ; die Blutung kommt nicht nur»
wie S. meint , aus den offenen Gef^ssen des Mutter-
kuchens, sondern auch aus den Geßfssmündungen der
Gebärmutter selbst, und kann demnach durch Ent-
fernung der Placenta nicht sofort beseitigt werden ;
die von Waller gesammelten Beobachtungen spre-
chen keineswegs zu Gunsten der Simpson'schen
Methode, indem von 33 Frauen 10 starben und nur
3 lebende Kinder geboren wurden. Vf. empfiehlt als
das sicherste Verfahren bei centralem Aufsitzen der
Placenta auf dem Muttermunde das Durchbohren dei^
selben mit der Hand und sofortige Vornahme der
Wendung auf die Füsse und Eztraction des Kindes.
Verwachsung der Placenta. Im Allgemeinen
ist es zu empfehlen, mit Ausnahme der Fälle, wo
dringende Umstände ein sofortiges Einschreilen noth-
wendig machen , mit der Entfernung der Nachgeburt
2 Std. ruhig zu warten. Bei leichter, zellgewebear-
tiger Verwachsung der Placenta mit der Uteruswand
genügen oft die einfachen vorsichtig ausgeführten
Tractionen am Nabelstrange ; auch könnte sich wohl
in solchen Fällen das Mutterkorn von Nutzen zeigen,
obgleich die Versuche , welche Vf. mit diesem Mittel
machte , nicht sehr zu dessen Gunsten sprechen. Die
von Mojien angeralhenen kalten Injectionen in die
lose verwachsene Placenta werden von Avanzini,
Stoltz, Dupasquier u. A. sehr gerühmt Sind
die bisher erwähnten Methoden unzureichend, weil
die Verwachsung eine festere ist, so soll man nach
Heister 's Vorschlage die Mille des Mutterkuchens
mit dem Finger durchbohren, und von dieser Stelle
aus dann die Verwachsung zu trennen suchen ; nach
Baudelocque soll man die Trennung der Placenta
mit den Fingern vom Rande derselben aus bewirken ;
ist auf diese Weise die Abtrennung einer Partie gelun-
76
y. Gynäkologie u. Pädiatrik.
gen, so soll mao nach Dubois dieselbe milder gan-
zen Hand fassen und durch Ziehen an dem gelö-
sten Stacke den noch festsitzenden Rest zu entfernen
suchen.
Sehr schwierig ist die Beantwortung der Frage,
ob man, wenn alle bisher namhaft gemachten Versu-
che zur Entfernung der Piacenta fehlschlagen, die
Loslösung doch noch erzwingen , oder ob man den
ungewöhnlich fest verwachsenen Mutterkuchen in der
Gebärmutter lassen u. die Resorption abwarten soll.
Die Meinungen sind in dieser Beziehung sehrgetheilt;
G a p ur 0 n rälh zu gewaltsamer Entfernung, wahrend
Ruysch und Hamilton sich entschieden dagegen
erklären. Vf. hält die gewaltsame Lostrennung fUr
weit geföhrlicher , als die Zurückhaltung der ver-
wachsenen Piacenta durch längere oder kürzere Zeit;
denn bei dem Versuche, eine ganz innige Verwach-
sung zu trennen , kann nur zu leicht ein Stück aus
der Gebärmutter selbst mit herausgerissen werden.
Keineswegs verkennt jedoch Verf. die Gefahren,
die das Zurückbleiben der Nachgeburt herbeiführen
kann ; er rälh deshalb in den Fällen , wo die Entfer-
nung der verwachsenen Piacenta nach der Geburt
nicht gelingt, an jedem folgenden Tage zu versuchen,
die etwa aus dem Muttermunde hervorragenden Theile
derselben zu beseitigen, und fleissig erweichende Ein-
spritzungen vorzunehmen.
Forfall der Nabelschnur. Ohne bei den Ursa-
chen und den Kennzeichen des Nabelschnurvorfalls
zu verweilen , wendet sich Vf. sogleich zur Prognose
dieses Zustandes , und erklärt denselben nur für das
Kind, aber nicht für die Mutler geßihrlich , da er nie
ein Geburtshinderniss abgiebt. Durch die Gontrac-
tionen der Gebärmutter werden Quetschungen höhern
oder niedern Grades der Nabelschnur und dadurch
im ungünstigen Falle der Tod des Kindes verursacht,
und zwar Tod durch Asphyxie [?]. In therapeuti-
scher Beziehung begegnen wir wieder sehr grossen
Meinungsverschiedenheiten; während Gapuron ge-
gen jede Kun^thülfe sich ausspricht , haben viele an-
dere Geburtshelfer mannigfache , mehr oder weniger
complicirte Instrumente zu Ausführung der Reposition
der vorgefallenen Schlinge in Vorschlag gebracht.
Vf. entscheidet sich dahin, bei noch unvollständig
geöffnetem Muttermunde die Reposition mittels eines
möglichst einfachen Instruments zu versuchen; ist
der Muttermund schon vollständig erweitert, so hilft
kein Reponiren , der Nabelstrang Hillt immer wieder
vor. In einem solchen Falle hat man, wenn noch
Hoffnung vorhanden ist, das Leben des Kindes zu er-
halten , die Geburt durch KunsthUlfe zu beschleuni-
gen, sind dagegen sichere Zeichen vom Tode des
Kindes da, so überlässt man den weitern Verlauf der
Geburt der Natur. (S i c k e 1.)
67. Bemerkangen Aber
.kydrocephalisclien Kindes;
°lrasb. 9. 1851.)
die Geburt eines
von Stoltz. (Gaz.
Vf. theilt eioen Fall mit , in welchem ein Mädchen mit
beträchtlichem Hydrocepbalus lebend geboren wurde und län-
ger als Y« Std. am Leben blieb. Die Scbwangerscbaft hatte
ibr normales Ende erreicht , der Kopf war bei der Geburt der
vorangehende Theil ; ehe er jedoch zum Einschneiden kam,
platzte während einer Wehe die Kopfhaut und es entleerte
sich eine ungeheuere Menge Wasser aus der Schädelhöhle.
Dennoch wog das Kind nach der Geburt noch 2800 Gr., und
hatte eine Länge von 48 Ctmtr. ; es war sehr gut genährt u.,
mit Ausnahme des Wasserkopfes und einer Spur von Spina
bifida, äusserlich normal gebildet. Bei näherer Untersnchoog
fand sich in der Scbädelböhle die Basis des grossen Gehirns,
einige Reste der Hemisphären und das kleine Gehirn , letzte-
res von normaler Gestalt, aber sehr hart. Die olTene Stelle
des Ruckgrats erstreckte sich über die 6 letzten Ruckenwi>
bei u. die Lendenwirbel bis zum obersten Theile des Kreuzbeins.
Die Oeffnung war durch eine feine , röthliche Membran fer-
schlossen , wahrscheinlich die Arachnoidea , indem die Don
mater fehlte; das Ruckenmark selbst war ganz weich; die
Cauda equina zeigte eine regelmässige Formation. Das G^
sieht des Kindes hatte den charakteristischen Ausdruck der
Hydrocephalen. Der Thorax war gewölbt, wie bei einem
Kinde , das geathmet hat ; als man ihn öffnete , fand sich die
linke Hälfte desselben durch den Darmkanal erfällt, von den
ein Theil Meconium enthielt. In der obersten Spitze der lin-
ken Thoraxhälfte fand sich die bis zum Umfange einer Hasel-
nuss zusammengedrückte, deutlich in 2 Lappen getrennte,
linke Lunge. Das Herz lag in der rechten Brusthälfle , seine
Spitze war nach rechts gerichtet und stand zwischen der 6. n.
7. Rippe. Die Färbung und Structur der rechten Lunge wa-
ren wie bei einem Kinde beschaffen , das noch nicht geathmet
bat. Der Unterleib erschien zusammengedrückt und es fan-
den sich in ihm nur die Harn - und Geschlechtsorgane , fit
Leber und ein Theil des Colon. Die Leber zeigte keine Ano-
malie, der Magen war klein, zusammengezogen, unter der Le-
her verborgen ; das Duodenum ging durch eine Oeffnung itj
Diaphragma hindurch. An der linken Seite der Lendenwm
bei befand sich das Colon descendens , welches seine Cum-
tur bildete und in normaler Weise in das Rectum überging
Der ganze übrige Tractus intest, befand sich im Thorax. Die
rechte Niere war sehr gross , die linke fehlte , und an ihra
Stelle fand sich die Kapsel einer Nebenniere. Der Uteru
war in 2 ungleich grosse Hörner gespalten , deren jedes sei*
nen Eierstock, Trompete und rundes Band hatte. Die Urii-
blase zeigte die Form einer Citrone ; auf der linken Seite wir
kein Ureter vorbanden. (S i c k e I .)
68. Torsion der NabelscbnU) von Dr. ei-
sässer. (Würlemb. Corr.-Bl. 29. 1851.)
Bei eioem todtgeborenen HädchoD , welches alle
Merkmale eines frühen Absterbens im Mutterleibe tt
sich trug, wurde die Nabelschnur von ihrem UrspruD(i
am Nabelring an etwa 1 " lang so stark zusammeng^j
dreht vom Vf. gefunden , dass sie an diesem Ori6i|
ohne alle Sülze, kaum die Dicke eines RabenfederkieU
hatte. Von da ab hatte sie eine braunrothe Farbe u
die Dicke eines kleinen Fingers. Die Piacenta wai^
von mittlerer Grösse , übrigens normaler Textur* toi
der aufgedrehten Stelle der Nabelschnur war das Lo^
men der NabelgeHfsse völlig geschlossen und für diij
feinste Nadel unwegsam.
Vf. hält es ausser allem Zweifel, dass diese locaIl|
Drehung und die dadurch hervorgebrachte völlige Vefi
Schliessung der Nabelgefässe die Ursache des frühzen
tigen Absterbens der Leibesfrucht gewesen , und b^
zieht sich auf die auch von Barkow, Burchardf
Landsberger in gleicher Hinsicht gemachten Beob«
achtungen.
VL Ghinirgie, (^bthalmologie u. Otiatrik.
77
An diese Abnormität reihen sich einige andere,
die ebenfalls den Blulumlauf in der Nabelschnur sehr
beeinträchtigen, oder vollkommen aufheben, wodurch
die Frucht entweder in ihrer Entwicklung verküm-
mert oder getOdlei wird. Hierzu rechnet Vf. eine zu
starke Drehung der (ganzen) Nabelschnur, auf welche
zuerst d*Outrepont aufmerksam gemacht, der
aber die bed^utensten Windungen nie bei lebenden
reifen Kindern beobachtet haben will. Die Beobach-
tungen des Vfs. stehen diesen entgegen, wobei er be-
merkt, dass die sehr gedrehten Nabelschnuren in der
Regel auch sehr dick sind und viel Sülze enthalten,
wodurch eine nachtheilige Compression der Nabeige-
fasse gewöhnlich verhindert werde. Bei localen Tor-
sionen hingegen werde diese Sülze an der gedrehten
Stelle verdrangt, um so mehr, als es sehr wahr-
scheinlich sei, dass ein relativer Mangel an Sülze in
der Nähe des Nabels die daselbst am häufigsten vor-
kommende Torsion der Nabelschnur hegflnstige.
Die sogen« wahren Knoten in der Nabelschnur
haben nach Vf. für sich durchaus keinen nachtheiligen
Einfluss auf die Frucht. Vom Jahre 1828 bis 1850
wurde diese Abnormität in der Gehäranstalt zu Stutt-
gart bei 5000 Gehurten 25mal beobachtet. Alle
Kinder waren gesund und wohlgenährt zur Welt ge-
kommen. Unter ihnen nur ein frühzeitig gebore-
nes Mädchen, welches am Leben blieb.
(Schwarze.)
VL Chirnrgie, Ophthalmologie und Otiatrik.
69. Die TerscUebnng der Brnclistflcke ge-
brochener Knoclieil; von Dr. J. Hoppe. (Rhein.
llon.-Scbr. Juli 1850.)
Malgaigne erklärte sich zuerst gegen das Ver-
jähr«:!, die Verschiebung der Brucbfläche fracturirter
Knochen aus der Wirkung der Muskeln zu erklären.
Indess ist er doch noch immer zu sehr in der alten
Lehre von dem Einflüsse der Muskeln auf die Ver-
schiebung der Bruchstücke befangen, und hat die
physikal. Verhältnisse, die der Verschiebung der Bruch-
stflcke zu Grunde liegen, noch nicht hinreichend ge-
würdigt.
1. Der Bruch des Oberarms.
i) Die Fersckiebung der Bruchstücke beim
Bruch durch den chir. Hals des Oberarms. Man
behauptet, das obere Brnchstttck sei dem Einflüsse
des M. subscapul. , supraspin. , infraspin. und teres
min. Preis gegeben , und zwar erhebe es sich nach
oben, wenn der Bruch nicht schief verlaufe und nicht
den einen oder andern HOcker abtrenne, so dass von
jenen Muskeln der eine oder andere ausser Wirkung
gesetzt werde ; ist letzteres der Fall , so erhebe sich
das obere Stück schief, wie die an ihn sitzenden Mus-
keln es bedingen. Ferner nimmt man an, das untere
Bruchstück werde oben einwärts geg. den Thorax gezo-
gen, durch den Pector. maj., Teres maj.u. Latiss. dorsi,
unten nach aussen gehoben durch den Deltoid. ; aus-
serdem soll es durch den Pect. maj. oder Latiss. dorsi
nach vorn oder hinten , durch den Deltoid. , Triceps,
Goracobrach. und kurzen Kopf des Biceps nach der
Länge dislocirt werden, die Wirkung aller dieser
Muskeln aber durch die Schwere des untern Bruch-
stücks gewöhnlich aufgehoben sein u. deshalb die Dis-
location meist fehlen.
Diese Auffassung ist indessen sehr oberflächlich.
Bricht der Oberarm quer dicht unter den Hockern
durch indirecte Gewalt, so stehen im Augenblicke
des Bruches beide Bruchslücke nach vorn, weil der
Mechanismus des Brechens es so mit sich hringt.
Diese Stellung erhält sich nur am ubern Bruchstück»
nicht weil dessen Muskeln , die vielmehr augenblick-
lich erlahmen, es aufwärts ziehen , sondern weil der
Knochen an und für sich eine Bichtung nach vorn
hat, keine Ursache einwirkt, die das Bruchstück wie-
der in seine Lage zOge und das untere Bruchstück
sogar die Bückkehr des obern in seine normale Lage
verhindert. Das untere Bruchs! Hck hingegen tritt
nach der Achsel hin und etwas nach oben und
hinten.
Das obere Ende des untern Bruchstückes springt
aus der Dehnung nach vorn, die es während des
Brechens hatte, augenblicklich in die Achselhöhle.
Die wichtigste und nächste Ursache kann sein , dass
der Arm während der Abduction zerbrach » wo dann
nolhwendig das untere Ende des untern Bruchstücks
nach aussen steht und hier aufsclilügl, das obere
Ende nach innen stehen muss. Ferner kann , wenn
der Oberarm nicht während der Abduction brach»
diese Dislocation dadurch entstehen, dass der Kr. bei
der Haltung, die er instinktmässig annimmt, das un-
tere Ende des Armes etwas abducirt und erhebt; es
kommt ferner dabei in Betracht, dass das un-
tere Bruchstück auch durch das obere verhindert wird»
in seiner Lage zu verbleiben ; das es durch den Stoss^
den es beim Fallen erleidet , nach irgend einer Seite
getrieben werden muss ; dass es vom Augenblicke des
Bruches an frei und haltlos hin und her balancirt, bis
es sich wieder seinen eigenen und den äussern physi-
kal. Gesetzen gemäss , gebettet hat. Ausserdem ist
in Anschlag zu bringen die Schwere des Bruchstük-
kes , die sich eben bei seiner Länge sehr bemerkbar
macht, die spontane und nur durch die Schwere be-
dingte Achsendrehung des nach dem Brechen passiv
herabhängenden Armes, und endlich der Umstand,
dass die Achselhöhle eine freiere Stelle darbietet, u.
die an den Seiten reichlicher vorhandenen Weichlheile
die Verlagerung, so lange keine genügende Ursache
einwirkt, passiv mechanisch verhindern.
Das nach hinten Treten des untern Bruchstücks
78
Yl« Chirurgie» Oj^ithalmfegie «« Oliatrik.
isl jedenfalls nur die Polg» davon ^ data der gebr^
chene Arm behufs einer hequemern and gesicherten
Lagerung etwas nach yorn bewegt wird. In Folge
dieser Haltung steht daher auch der bei diesem Bru-
che abducirte Ellenbogen etwas weniger nach hin-
ten, als es bei der Luxation der Fall zu sein
pflegt,
IHe Vorwärtsbewegung und die Abduction des
Ellenbogens bewirkt überdiess, dass das vom Gelenk-
kopf abgebrochene lange untere Bruchstück nicht allzu
steil steht und nicht zu sehr gegen die Achsel ein-
drangt , sondern eine mehr schräge Lage von innen,
hinten und oben nach aussen , vorn und unten an-
nimmt. Das untere Bruchstück steht nämlich auch,
und zwar unmittelbar nach dem Bruche, etwas zu
hoch. Es ist aufwärts dislocirt und sieht oberhalb
des untern Endes des obern Bruchstücks. Diese Ab->
weichung konnte zum Theil schon durch die blose
Beugung des Ellenbogengelenks entstehen, weil hier-
bei der untere Charnierknochen den obern etwas auf-
wärts drängt, zumal wenn er abgetrennt und beweg-
lich ist. Diese Einwirkung wird jedoch durch die
Vorwärtsziehung des Armes , die hier bei der nach-
träglichen Haltung des Armes stattündet, geschwächt
und durch diese Vorwärtsziehung, so wie die Abduc-
tion wird die Dislocatien nach oben etwas gemindert.
Sie entsteht daher fast ganz durch den Stoss , wel-
chen der Knochen von unten nach oben erleidet, in-
dem er auf indirecte Weise durch Auffallen auf die
Hand oder den Ellenbogen bricht.
Diese Disloeationen des untern Bruchstackes ver-
anlassen anch die Haltung, welche der Fracturirte
hei diesem Bruche annimmt, die ihrerseits wieder
die Disloeationen unterhält und in ihrer Art modifi-
cirt. Der Fracturirte muss nämlich den untern Theil
des Armes etwas erheben und vom Kürper, wenn er
auch bereits beim Zerbrechen abducirt war, abziehen,
und den Schmerz zu verhüten, oder zu mindern, der
durch die Dislocatien in die Achsel, namentlich durch
das Hinaufdrängen des untern Bruchstückes in die
Tiefe derselben, entsteht. Der Arm will ferner un-
terstützt und fixirt sein, damit das in der Achsel ste-
hende Bruchstück nicht hin und her schwanke und
der Arm nicht zu schwer werde ; der Kr. beugt den
Arm und zwar rechtwinklich, weil jede stärkere oder
schwächere Beugung die Dislocation vermehrt.
Tritt aber das obere Ende des untern Bruchstücks
nach innen, oben und hinten, so muss es das untere
Ende des obern Bruchstückes nach oben und vorn
verdrängen oder wenigstens daselbst fixiren. Das
obere Bruchstück nimmt diese Lage hauptsächlich da-
durch an, dass bei der mehr oder weniger abducirten
Haltung, unter welcher der Bruch zu erfolgen pflegt,
der Gelenkkopf durch die Last des Körpers so nach
unten gedreht wird, dass sich das untere Ende dieses
obern Bruchstückes etwas nach vorn und oben und
sogar etwas nach aussen wendet. Diese Stellung
entsteht aber auch , wenn selbst der Arm beim Zer-
brechen am chir. Halse gar nicht abducirt , und die
Laat des Oberkürpiers nicht sehräg nach vorn nmi un-
ten und aussen geneigt ist, denn das obere Bruch-
stück zeigt ebenfalls diese Stellung , wenn man den
gerade herabhängenden Arm mittels eiu^s von der
Schulterhühe herab und vom Ellenbogen hinauf wir-
kenden Druckes an der genannten Stelle zerspringen
lässl. Dieser Bruch entsteht ja auf indirecte Weise
überhaupt dadurch, dass die coavexeste Stelle des
Halses zu sehr gedehnt und ihre Gonvexitat durch ei-
nen von oben und unten wirkenden Druck zu sehr
gesteigert winL Der Mechanismus des Verbrechens
allein kann daher schon die Dislocation erzeugen » u.
unter welcher Haltung des Armes auch 4er Qruch
erfolgen möge , immer wird der Gelenkkopf eiae Ro-
tation nach der Achselhöhle hin erleiden , das un-
tere Ende desselben mithin nach vorn in die Höhe
springen.
Die Dislocation des obern Bruchstücks ist kaum
wahrnehmbar ; alle Schriftsteller erwähnen bei dieser
Verschiebung, die sie „naeh eben*' bezeichnen, dass,
da der Gelenkkopf in der Pfanne sitze, die eigentli-
che Gelenkstelle und die Schulterhöhe von normaler
Gestalt seien. Verursachten indess die 4 Muskeln
dieses Bruchstücks nur die mindeste Dislocation, so
müsste sich diese mehr bemerkbar machen. Da nun
der Kopf äusserlicb nicht deform hervorragt, so folgt
hieraus, dass diese Muskeln in Folge der Verletzung
erlahmt sind, «nd sie den Gelenkkopf sogar etwas
sinken lassen, der dann durch das untere Bruchstück
wieder um so viel gehoben wird, dass er wenigstens
äusserlich in seiner normalen Lage verblieben zu sein
scheint. Nur convulsivische oder spontane Muskel-
contractionen können eine Dislocation bewirken.
Seibat zur Erhebung u. Abduetion des untern Bruch-
stücks behufs einer bequemen Haltung des fracturir«
ten TheUs ist die Mitwirkung der Muskeln ganz un-
wahrscheinlich, da Niemand seinen Deltoideus benuz-
sen wird, um sich unvermeidlich enorme Schmerzen
zu verursachen; ein bloses passives Abrüqken des
Ellenbogens erzielt dasselbe.
Das Resultat der vorstehenden Untersuchung ist
also Folgendes.
a) Das obere Bruchstück dreht sich mit seinem
untern Ende nach oben , durch den Mechanismus des
Zerbrechena, und namentlich durch den hierbei statt-
findenden Druck von oben ; die normale Richtung
des Knochens nach vorn begünstigt diese Dislocation,
und durch die Art, wie sich das untere Bruchstück
verschiebt, wird dieselbe erbalten.
b) Das untere Bruchstück tritt mit seinem obern
Ende: 1) nach der Achsel hin, in Folge der Abduc-
tion des Ellenbogens beim Fallen , u. der passiv aus-
geführten Abduction und Erhebung des untern Endes
bei der nachherigen Haltung ; weil das obere Brach-
stück nach vom tritt ; wegen seiner Schwere u. des
Gewichtes des ganzen Arms ; endlich weil hier eins
freiere Stelle ist, und zum Theil durch den Stoss von
unten; — 2) etwas nach oben: durch den Stosi
VI. Chirurgie, OiAlhdBuriogi« «. Oliatrik.
79
fim unten «ad 4nrch die nachher angenoroniene Beu-
gung des Vorderarms; — 3) etwa« nach hinten:
durch das VorwXrtaziehen des Vorderarms , das be-
hufs bequemerer Untersttttzung desselhen uod zur
Scbraglagening des langern untern Bruchstücks in-
slinetaiassig auf jpassiv- mechanische Weise bewerk-
stellige wird ; — 4) bildet es mit dem obern Bruch-
stflck einen vorn offenen Winkel , je nach dem Grade
der Ahdvctien des Armes und der Senkung des KiSr-
pers nach der verletzten Seite ; und 5) lagert es sich
schräg von oben nach unten.
2) Die Verschiebung der Bruchstücke beim
Bruch des Oberarmschafles im obern Drittel^ d. A.
zwischen dem Ende des cAir. Halses und der Inser-
äim des Delioideus.
A. Der Querbruch, Von diesem heisst es: die
Verschiebung fehle oder sei gering, weil die Bruch-
ricbtung die Verschiebung nicht begünstige , die Mus-
keln sich an dieser Stelle besser das Gleichgewicht
halten u. der Deltoideus selbst wohl die Bruchstücke
zusammenhalte. Hiergegen ist zu bemerken, dass
höchstens nur starke und straff anliegende Bänder die
Bruchstücke nicht sehr beweglicher, kurzer und dik-
ker Knochen etwas zusammenhalten können, dagegen
Huskelmassen, selbst wenn sie sehr dick sind, diess
nicht vermögen, die Beinhaut aber, die Aponeurosen,
einzelne Muskelbauche und die Fleischmassen-, die
sich etwa an eine Stelle ansetzen, hierzu ganz unzu-
reichend sind.
Dass die Richtung des Bruches die Verschiebung
begOnstige, ist wahr, aber diese Thatsache beweist
nur, dass die dislocirendeu Ursachen eine Verschie-
bung um so leichter u. starker veranlassen , \c leich-
ter sich die Fischen an einander bewegen können.
Endlich heisst es, die Verschiebung fehle oder
sei gering, weil steh hier die Muskeln das Gleichge-
wicht halten. Diess isl aber an keiner Körperstelle
binreiehend mi^glicb, und namentlich hier ist die hin-
tere Seite gegen die Übrigen sehr im Nachtheil. Die
geringe Verschiebung rühr! vielmelir von der Haltung,
die der Verletzte instinktmassig annimmt, her. Sind
nbrigens die BruehflSchen nicht zackig , se wird die
Versehiebung um so grösser sein, je heftiger die
directe Gewali war. Es sind daher beide Bruchsttlcke
nur soviel verschoben, als es der Mechanismus des
Breobens , die Richtung des Knochens , die Schwere
der Bruchstucke and die Beugung des Vorderarmes
Dothwendig mit sich bringen.
a) Das obere Bruchstück stellt sich mit seinem
untera Ende mehr oder weniger nach vorn und aus-
sen, weil der Knochen an dieser Stelle eine Richtung
nadli vorn nnd aussen hat, und weil er, indem er auf
indirekte Weise bricht, nach vom und aussen zuerst
zerspringt, da er unter dem Drucke von ehen n. im-
leii nach dieser Seite hin ttbermassig gedehnt wird.
— h) Das wUere firuehsttiek neigt sich mit seinem
obern Ende in Folge seiner Sciiwere und der spitz-
mnUigen Bengung des Verdennaet» ohgletob es im
Augenblick des Bruches ebenfalls nach vorn gerichtet
war, nach hinten. Die Beugung des Armes veran-
lasst diese Dislocation dadurch , dass bei derselben
das untere Ende des Vorderarmes etwas nach vom
gezogen wird , und die Schwere kann sich an dem-
selben bemerkbar machen , weil das Bruchsttlck lang
ist. Dabei bleibt es aber mit dem obern noch in
BerOhrang.
B. Der Schießruch von aussen und oben nach
innen und unten. Das obere Bruchstück tritt , an-
geblich in Folge der Wirkung des Pect, maj., Latiss.
dorsi und Ter. maj. nach innen; das untere durch
die des Deltoideus nach oben und gleichzeitig nach
aussen durch den Druck des nach innen dislocirten
obern Bruchstückes. Thatsache richtig, Erklärung
irrig.
a) Das obere Bruchstück tritt mit seinem untern
Ende: 1) abwärts: in Folge des Stosses, den die
Körperlast heim Zerbrechen auf indirecie Weise aus-
übt, und nach dem Bruche in Folge der Senkung
des Oberkörpers nach der verletzten Seite hin; 2)
einwärts , weil es die schiefe Richtung des Bruches
bedingt, dass das Bruehstnck einmal abwärts getrie-
ben wird , endlich lum Theil durch den Druck des
auswärts tretenden untern Bruchstücks; 3) etwas
rückwärts, wenn die Richtung, in welcher der Kör-
per fällt, also der Stoss von oben , diess zuHfllig be-
stimmL — b) Das untere Bruchstück tritt mit sei-
nem obern Ende: 1) aufwärts: scheinbar durch das
Herabsteigen des obern Bruchstücks , wirklich durch
den Gegenstoss von unten und durch die nachträglich
angenomuMne spitzwinklige Beugung; 2) auswärts:
weil es so die schiefe Richtung des Braches bedingt,
sobald das Bruchstück aufwärts steigt, und zum Theil
durch den Drack des einwärts tretenden obern Bruch-
stücks ; 3) zuHillig auch wohl etwas nach vorn, wenn
es der Stoss von unten mit sich bringt ; 4) es steht
nach hinten von dem obere Bruchstücke etwas ab,
wenn bei der Beugung des Ellenbogens das untere
Ende des Oberarms sich etwas stark nach vorn be-
wegt und das obere Ende des untem Bruchstückes
bei seiner Stellung nach oben u. aussen etwas nach
hinten gedrängt wird.
G. Der Schießruch von innen und oben nach
aussen und unten. Die Dislocation soll hier fehlen
können , weil der Deltoid. unterstützt vom Tri - und
Biceps den Bruch zusammenhalte. Diess beruht aber
vielmehr auf der günstigen Bruchrichtung, indem die
Bruchstücke, wenn die Rumpf- und Armstellung nicht
zu unzweckmässig sind, gegen einander gedrängt
werden. Das kürzere obere Bruchstück wird durch
das längere und stärkere untere nach aussen in seiner
Lage erhalten , wozu die Haltung des Kr. viel bei-
trägt , denn er beugt den Arm spitzwinklig und hält
ihn an den Rumpf angedrückt, während der Ellenbo-
gen frei bleibt; Verschiebung findet daher nur Statt,
wenn die dislocirenden Ursachen beträchtlich sind.
a) Das ^^ere BruohcUkk tritt «Ü seinem untern
80
VI. GUmrgie» Ophtliilmologie u. OUatiik.
Ende: 1) abwärts: durch den Gegensloss des Ober-
körpers beim Zerbrechen, und nach dem Zerbrechen
durch die Senkung des Oberkörpers; 2) auswärts:
durch die Richtung des Bruches , sobald einmal das
Bruchstück herabsteigt, und zum Theü durch den
Druck des untern Bruchstückes, wenn diess nach in-
nen in die Hohe steigt ; 3) etwas vorwärts : durch
die ursprüngliche Richtung des Knochens an dieser
Stelle, durch den Hechanismus des Zerbrechens, end-
lich durch den Druck des Oberkörpers auf den Ge-
lenkkopf, wodurch das untere Ende sich etwas auf-
wärts richtet. — b) Das untere Bruchstück tritt
mit seinem obern Ende: 1) aufwärts: durch den
Sloss von unten beim Zerbrechen und durch die Beu-
gung des Arms; 2) einwärts: durch die schiefe Rich-
tung des Bruches, wenn das Bruchstück aufwärts
steigt, durch den Druck des obern Bruchstücks, wenn
es nach aussen herabsteigt, und vielleicht auch durch
die Abduction des Ellenbogens; 3) etwas rückwärts:
durch die Beugung des Arms, durch dessen Vorwärts-
bewegung und durch die Schwere des längern untern
Bruchstücks. — c) Beide Bruchstücke können nach
innen, hinten und vorn klaffen, wenn die Ein- und
Rückwärtsstellung des untern und die Vorwärtsdre-
hung des obern Bruchstücks etwas stark sind.
3) Die Fersckiebung der Bruchstücke beim
Bruche des Oberarmschaftes im mittlem Drittel, d. h,
zwischen der Insertion des Deltoid, und dem An-
fange des untern sehnigen Theils des ßi - und
Triceps,
A. Der Querbruch. Die Verschiebung fehlt ent-
weder, oder ist nur gering und nur in Folge der Hal-
tung des Fracturirten und der Form des Knochens
entstanden ; beide Bruchstücke treten nämlich nach
vorn, ausserdem kann das obere etwas nach aussen,
das untere nach innen treten. Der Verletzte beugt
das Ellenbogengelenk rechtwinklig, weil das unlere
Bruchstück kürzer ist u. den Bewegungen des Ellen-
bogengelenks zwar leicht folgt , sogar bei Bewegung
des Gelenkes stärker nach der entgegengesetzten Rich-
tung ausweichen kann, dagegen für sich durch blose
Erschütterungen und zufällige Anstösse , wegen sei-
ner Kürze nicht erhebliche Schwankungen machen
kann und dann auch nicht so empGndliche Stellen
trifft , wie es beim Bruche im obern Drittel mit dem
hier langern untern Bruchstücke der Fall ist. Die
rechtwinklige Beugung mit gerader Richtung des pas-
siv herabhängenden Oberarmes reicht aber aus , um
den Arm so sicher zu legen, als der Verletzte es ver-
mag, eine stärkere oder schwächere Beugung würde
sogar Uebelstände erzeugen, die der Kr. instinktmäs-
sig vermeidet. Das kurze , dem Gelenke leicht fol-
gende Bruchstück dreht sich nämlich mit seinen bei-
den Enden um eine ideale Querachse, sobald sich
das Gelenk bewegt , u. zwar dislocirt sich das obere
Ende nach hinten, wenn der Arm über einen rechten
Winkel gebeugt, nach vorn, wenn die Beugung sich
einem stumpfen Winkel nähert. Uebrigens legt der
Kr. den Arm nicht an den Rumpf, sondern neigt den
Oberkörper nach dem verletzten Oberarm. — Voa
der Insertion des Deltoid. abwärts wird der Knocbea
nach vorn concav und krümmt sich dann bis zu den
untern Gelenkende bogenförmig wieder nach von
aufwärts. Die zunächst unter der Insertion des Del-
toid. gelegene Stelle, ist eine Art UebergangssleUe
ohne entschiedenen Charakter, und die Fracturen nä-
hern sich dem Bruche supra deltoid. , wenn sie im
mittlem Drittel mehr nach oben vorkommen, den
Bruche im untern Drittel, wenn sie weiter nach un-
ten liegen. Beim Querbruch dieser Stelle ist die Dis-
location, wenn sie erfolgt, Folgende.
a) Das obere Bruchstück tritt mit dem unten
Ende: 1) nach vorn: durch den Mechanismus des
Zerbrechens, in Folge der geringern oder stärken
Richtung nach vorn , und wegen des von oben herak
ausgeübten Stosses; 2) nach aussen: wenn derStoss
von oben diese Richtung bedingt, oder durch die
nach dem Zerbrechen angenommene etwas schiefe
Senkung des Oberkörpers nach der kranken Seite
hin; ausserdem scheinbar in Folge der Dislocation
des untern Bruchstückes nach innen. — b) Das
untere Bruchstück tritt mit dem obern Ende: 1) nach
vorn : in Folge des Mechanismus des Brechens, wegeo
der hier noch bestehenden Richtung des Knocbeos
nach vorn, und in Folge der rechtwinkligen Beugung
des Ellenbogengelenkes mit gerade herabhängendem
Arme; 2) nach innen: durch zufälliges zu starkes
Abhalten des Ellenbogens vom Rumpfe; ausserdem
in Folge der Richtung, in welcher der Stoss von un-
ten wirkt, so wie scheinbar, durch Dislocation dn
obern Bruchstücks nach aussen. — Die Form,
Dicke und Richtung des Knochens haben übrigens
liier auf die Art des Bruches , so wie auf den Grad
der Verschiebung grossen Einfluss. Treten beide
Knochenstücke nach vorn, so wird der Arm verkünt,
wodurch der Triceps in einen kurzem Raum zusam-
menrückt, was man nicht als eine primäre, die Dis-
location verursachende Gontraction betrachten darf.
Denn der hier als stärker ausgegebene Triceps kann,
den sonst immer als stärker angenommenen u. durcb
die Beugung des Armes obendrein hier bereits bevor-
zugten Flexoren gegenüber, die Knochenstttcke nicht
nach vorn treiben, da er gerade dieselben um so mehr
zusammenhalten und nach hinten ziehen niuss, je
mehr er contrahirt ist , zumal er bis zu seinem An-
sätze an das Olecranon fortwährend Fasern von den
betheiligten Knochenstttcken aufnimmt.
B. Der Schiefbruch von innen und oben nack
aussen und unten. Das untere Stück soll einwärU
treten und hier eine Erhöhung bilden , während sich
gegenüber eine Vertiefung zeige und gleichzeitig eine
der Verschiebung entsprechende Verkürzung und De-
formität zugegen sei. Um die Verschiebung zu er-
klären, muss an die Haltung mit rechtwinkliger Beu-
gung, ferner daran erinnert werden, dass man bisher
nur von solchen SchiefbrUchen sprach, die seitlich
laufen, u. nicht von solchen, die von vorn nach hin-
ten oder umgekehrt gehen, endlich ist die Form und
VI. Chiruiigie» Ophlbaliaologie u. Oliatrik.
81
Riehtaog des Knochens zu beracksicbtigen. Der
Oberarm ist hier so gedreht , dass er fast von Linie
zu Linie anders erscheint. Vf. beschreibt nun diese
Strecke des Knochens genauer und bemerkt, dass die
Schiefbrache hier seitlich laufen, wenn sie mehrnaeb
oben, dagegen von vorn oder hinten laufen, wenn
sie mehr nach unten vorkommen, und dass der Kno-
chen , wenn er indirect gesprengt wird , an der con-
vexesten Stelle zuerst, an der concavsten zuletzt bricht.
Endlich ist zu erinnern , wie der Grad der Verschie-
bung vom Grade der Schiefheit abhängt , abgesehen
von allen Ubrigen Bedingungen der Verschiebung.
a) Das obere Bruchstflck tritt mit dem untern
Ende: 1) nach unten: durch den Stoss des Ober-
körpers beim Zerbrechen , und später durch die Sen-
kung des Körpers nach der verletzten Seite hin ; beide
Ursachen drängen es auf der schiefen Fläche herab ;
2) nach aussen : weil die Richtung der schiefen Flä-
che es bedingt, sobald das Bruchstück herabsteigt, u.
weil das untere Bruchstück nach innen tritt; 3) nach
vorn , weil die Richtung des Knochens es so bedingt
und der Mechanismus des Zerbrechens es so noth-
wendig macht, doch kann durch die Art u. Weise
des Fallena diese Richtung verändert werden; —
b) Das vntere Bruchstück tritt: 1) nach oben: durch
den Stoss von unten, durch die Beugung des Armes
und etwaige Unterstützung des Ellenbogens ; 2) nach
innen: wegen der Richtung der schiefen Bruchfläche,
und weil der Ellenbogen etwas auswärts steht, oder
zu sehr vom Körper abgerückt erhalten wird; 3)
nach vorn : wegen der Richtung des Knochens an die-
ser Stelle , des Mechanismus des Brechens und der
rechtwinkligen oder gar stumpfwinkligen Beugung
des Vorderarms. — Wie femer das ganze obere
BrochstOck vorherrschend nach innen schief sich
neigt, so aus ähnlichen Gründen das unlere schief
nach aussen; daher erscheint der Ellenbogen bei
den meisten Fracturirten dieser Art deutlich ab-
dttcirL
G. Der Schiefbruch von aussen und oben nach
innen und unten. Die Erscheinungen sind hier wie
bei dem vorigen Buche nur in entgegengesetzter Rich-
tung; das obere Bruchstück tritt mit seinem untern
Ende nach vorn, unten und innen, das untere Bruch-
stück dagegen nach vorn, oben und aussen. Im
Ganzen lagern sich hier die Bruchstücke nicht so
schief wie bei dem vorigen Bruche , weil der schief
von aussen nach unten laufende Bruch ganz der nor-
malen .Richtung des Knochens an dieser Stelle ent-
spricht ; denn es hat das Aussehen , als wäre er ge-
rade hier aus zwei schräg in der Richtung von aussen
nach innen herab zusammenstossenden Knochen zu-
sammengesetzt. Ausserdem klaffen, wenn der Ellen-
bogen stark abducirt gehalten wird, beide Bruchstücke
nach innen und unten.
4) Ferschiebung der Bruchslücke beim Bruch
m untern Drittel Die Verschiebung soll hier be-
trächtlich sein, weil die Bruchstücke nicht durch
Med. Jabrl»b. Bd. 78. HfL 1.
Fleischmassen zusammengehalten werden, sie ent-
steht aber u. wird erhalten dadurch, dass die Bruch-
stücke sich nur mit schmalen Flächen berühren, weil
sie eine winklige Richtung zu einander haben. Der
Knochen bricht immer an der convexern Stelle zuerst,
also hier an der hintern Fläche, so dass während des
Brechens diese Stelle noch mehr nach vorn concav zu-
sammengedrückt wird. Sobald der Knochen aber
gebrochen, knickt das Ellenbogengelenk unter dem
Falle, der den Bruch erzeugt, ganz zusammen, wo-
durch das untere Ende des untern Bruchstücks mit
dem Vorderarme nach vorn, das obere Ende aber
nach hinten dislocirt wird. Tritt aber im Augen-
blick des Zerbrechens das untere Bruchstück nach
hinten, so muss das obere um so mehr hervortreten,
als es durch die Last des fallenden Oberkörpers her-
abgestossen wird. Die nach dem Zerbrechen erfol-
gende inslinktmässige Haltung bedingt keine Dislo-
cation.
A. Der Querbruch, Die Verschiebung erfolgt
hier folgendermaassen. Das obere Bruchstück tritt
mit seinem untern Ende : 1) nach unten : in Folge
des beim Fallen vom Oberkörper ausgeübten Stosses,
und weil das untere Bruchstück , indem das Gelenk
zusammenknickt, nach hinten geht und dem obern
dadurch Platz gewährt; 2) nach vorn, ebenfalls weil
das untere Bruchstück zurücktritt, weil der ganze
obere Theil des Knochens eine vorherrschende Rich-
tung nach vorn hat, und weil er durch den Stoss
beim Fallen mehr oder weniger nach vorn getrieben
wird. — b) Das untere Bruchstück tritt mit dem
obern Ende: 1) nach oben: durch den Stoss, wel-
chen es von unten erleidet, und weil es, indem es
nach hinten tritt, Raum findet um aufwärts zu stei-
gen ; 2) nach hinten, in Folge seiner Achsenrichtung,
denn es bildet die untere Hälfte eines ursprünglich
senkrecht stehenden, nach vorn concaven Bogenab-
schnittes ; ferner wegen Beugung des Ellenbogenge-
lenks, wodurch das längere obere Bruchstück gewalt-
sam nach vorn herabgestossen wird; 3) ausserdem
lagert es sich schief, weil das obere Bruchstück schräg
liegt und ihm nur eine schräge Lage gestattet, und
wegen der Beugung des Ellenbogengelenkes. Ist
diese stumpfwinklig, so legt sich das obere Ende des
untern Bruchstückes hinten gegen das obere Bruch-
stück an und zwar um so mehr, je mehr der Arm ge-
streckt wird; nähert sich die Beugung mehr dem
rechten Winkel, so muss das untere Ende des untern
Bruchstücks mehr nach vorn, und dessen oberes Ende
mehr nach hinten treten, mithin sich vom obern Bruch-
stücke entfernen.
Entsteht der Bruch durch Auffallen auf die Hand
oder auf den gekrümmten Ellenbogen , so wird das
obere Stück durch die Last des Körpers um so mehr
bis in den Ellenbogen herabgestossen , je weiter un-
ten der Bruch erfolgt, je unbeholfener der Fall,
je grösser die Höhe ist, von der man Htllt, und je
schwerer die Last des fallenden Menschen ist. Bricht
11
Vf. Chirurgie, Ophlftolmolögi« m. 9ti«trik.
er (furch Auffallen auf den gebeugten Ellenbogen , so
wird das untere Ende des nnlern Bruchstückes dnrch
das auffallende Olecranon nach vom getrieben , der
ßruch erfolgt mithin unter mehr spitzwinkliger Beu-
gung, das obere Ende bewegt sich mehr nach hinten
▼om obern Bruchstücke ab.
B. Der Schießruck von hinten und oben nach
vom und unten. Die Verschiebung gestaltet sich in
ahnlicher Weise wie beim Querbruch , nur leichter»
weil die Bruchfläche für dieselbe günstig läuft. Das
obere Bruchstück tritt mit seinem untern Ende nach
unten und vorn, während das untere mit dem obern
finde nach oben u. hinten tritt u. sich ausserdem noch
schief lagert«
C* l^er Sehiefhrueh von vom und oben nach
hinten und unten, a) Das obere Bruchstück tritt mit
seinem untern Ende: 1) nach unten, weil es auf der
schiefen Fläche durch die Last des fallenden Körpers
herabgestossen wird; 2) nach hinten, weil diess die
Richtung der schiefen Fläche begünstigt. — b) Das
untere Bruchstück tritt mit dem obern Ende: 1) nach
oben, in Folge des Druckes von unten u. der Zusam-
menstauchung beider Bruchstücke ; 2) nach vorn, der
Richtung des Schiefbruches entsprechend, und weil
es durch das nach hinten herabtretende obere Bruch-
stück nach vorn gedrängt wird; 3) lagert es sich
schief nach vorn, weil seine Lage zwischen dem obern
Bruchstücke und den Gelenkenden des Vorderarms
es so mit sich bringt , sobald das Gelenk sehr ge-
beugt ist.
5) Die Verschiebung bei den Fracturen der
Condylen.
Das Bruchstück pflegt zu klein zu sein, als dass
man ihm eine andere, als eine passive Verlagerung
xuBchreiben könnte , weshalb hier keine Gelegenheit
ist, die bestehenden Ansichten zu kritisiren.
(StreubeK)
70. Fractnr des Oberarmbeins durch Iiis^
kelgevalt beim Hingen; von Laforgue. (Gaz.
des Höp. 98. 1851.)
Das Zustandekommen derartiger Knochenbrüche
suchte man durch vorhandene Knochenkrankheit,
durch dyskrasische Leiden, wie Krebs, Rheumatismus,
Gicht zu erklären, und allerdings fanden sich Bei-
spiele, wo derartige Leiden existirten und die geringe
Muskelanstrengung allein nicht hinreichte das Ent-
stehen der Fractur zu erklären. Allein vielmehr Bei-
spiele von Knochenbrüchen durch Muskelcontraction
existiren, die gesunde, kräftige Individuen betreffen,
und wo die oft nur geringe Muskelcontraction allein
nachweisbar den Knochenbruch zu Stande gebracht
hat. Am merkwürdigsten bei den Fracturen des Hu-'
merus durch Muskelcontraction sind aber jene Fälle,
die durch eine eigenthamlicbe , ganz gefahrlos scbei«^
nende Art des Ringens hervorgebracht worden sind,
wobei mm anfänglich gar nicht begreift, wie die
Muskeln des Oberarms ihren Einflues haben entwik-
keln können.
Ein stafker Mann «nieraatim mit emea wciiger stark ge-
bauten folgeoderniMsaea eiotn Wertkampf. Die beiden Käift-
pfer sassen sicli an eioem Tisch gegeaüber, indem sie sich mit
den Ellenbogeo auf den Tisch stutzten , die Finger der Haode
gegenseitig kreuzten and nun nach gegebenem Zeichen einer
dem andern die Hand nach der Dorsalseite rGckwfivts ai bev*
gen sachten. Bei dieser Art des Kingens, in einer festen
Stellung, wo es nur auf die Kraft der Hand und die Festigkeit
des Handgelenks aukuni , siegle der auch äusserlich starker
gehaute Mann. Als er aber versuchte, auch bei flach auf dem
Tische liegendem Vorderarme die Hand des Gegners umsubea-
gen , vernahmen die Umstehenden auf einmal ein lautes Ge-
räusch, ähnlich dem Klatschen mit einer Peitsche und sahen^
virie er dem Siege sehr nahe plötzlich erblasstc , auf den Stuhl
zurücksank und ausrief, er habe den Arm gebrochen. Yf.
fand den Humerus etwa iVt" unterhalb des Ansatz des Del-
toideus gebrochen. Das untere Bruchstuck zeigte eine grosse
Beweglichkeit, und die Crepitation war sehr deutlich u. wurde
selbst bei den Bewegungen des Vorderarms gef&hlt. Die R^
Position war leicht , da die BruehQ&cben nur wenig sich «er-
schoben hatten und die Muskeln des Oberarms erschlafft wa-
ren. Es wurde der gewohnliche Verband angelegt; der Vor-
derarm wurde mit einer Rollbinde umgeben, und der Oberarm
durch 4 kleine Schienen in seiner Stellung erbalten ; nickt
lange nach der Anlegung des Verbandes verspürte der Pat. für
einige Tage schmerzhaftes Ziehen in den Vorderarmmuskeln.
Nach 8 Tagen wurde ein Kleisterverband applicirt und nach
5 Wochen war die Heilung vollendet. Der Callus an der
Bruchstelle erschien ziemlich voluminös , doch resorbirte «r
sieh aUmälJg heim Gehrauoh de» Armes.
Den ersten Fall dieser Art publicirte 1791 De-
beaumar Chef der Akademie, u. erst 1827 fCfgte
Ca SS ort einen 2. hinzu. Londsdale hat 2mal
Humerusfracturen nach dem sogen, lulte de poigntc
beobachtet, und Malgaigne beschreibt in seiner
Practurenlehre noch ein 5. Beispiel.
Der obige Fall zeichnet sich dadurch aus, dass
das Brechen des Knochens von einem so lauten Ge-
räusch begleitet war, dass es dem Klatschen mit ei-
ner Peitsche glich. Ferner ist die Beweglichkeil an
der Bruchstelle heryorzubeben , die sehen bei Vr^c-
turen durch Muskelkraft so gross ist , und die gleich
zeitig mit einer ebenso seltenen, lauten Crepitation
gepaart war.
Bei dem Ringen mit dem Bandgelenke kommen
weit häufiger Fracturen des Radius zu Stande, als
Humerusfracturen ; ist aber die Humerusfractur ein-
mal entstanden, so kann sie nach Malgaigne nur
auf folgende Weise erklärt werden. Zuerst findet
nämlich bei diesem Ringen eine energische Gontrac-
tion der Beugemuskeln des Vorderarms und der Pro-
natoren Statt , um der RUckwärtsbeugung und Supi-
nation der Hand Widerstand zu leisten. Die meisten
der gedachten Muskeln inseriren sich am innem Gond.
hum., und wenn sie stark wirken, so fixiren sie den
Vorderarm unbeweglich und gestatten das Umbiegen
im Handgelenk nur mit Rotation des Humerus im
Schultergelenk nach aussen. Contrahiren sich die
MM. latiss. dorsi , pector. maj. und deltoid. und wi-
dersetzen sich so der Rotation nach aussen , so i^llt
die ganze rotiremie Gewalt unterhalb der Insertion
des Deltamuskels u. ttber den Gond. int. «• kann in
diesem Zwischenraum bei gehiAiger Intensität eine
Fractur erzeugen, (S t r e u b e I.)
VI. CUnurgic^ OyUMmlogU u. OttetriL
83
71* RrMtV dM •banurmbeilUI imerkulb der
Kofsel; innerer Leu$enbruck; von Dr. Weber m
Bonn. (Deatsche Kiin. 15. 1851.)
Bei eioem 78jähr. Hanae fand mao in Folge eines Falles
eine bedeutende Ekchymuse neben dem Verlaufe der MM.
pector. roaj. und biceps brachii ; die Schulter ein wenig abge-
flacht ; Unmöglichkeit den Arm zu bewegen ; bei Fixirung de«
Annkopfes konnte der Arm nur wenig um seine Achse gedreht
werden, wobei man deutlich Crepitation wahrnahm. Wegen der
heftigen ADSchwellung wurde der Arm nur in eine Mitella
gelegt. Tod 9 Tage darauf durch Lungenentzändung.
Die Untersachung der Schulter gab folgende Besultate :
Uattr der Haut, zwischen den MM. deltoid., pectoralis, biceps
and coracobrach. eine bedeutende Blutinßltration. Zwischen
den Bäachen des M. ancon. ext. und brachial, int. ein Abscess
im Zellgewebe der Fascia. Die Gelenkkapsel der Schulter
war Dicht zerrissen, teigte sich aber beim Aufschneiden , na-
mentlich an den Stellen , welche den Bruch des anat. Ober-
armhalsea bedeckten , wie dieser selbst , stark entzündlich ge-
rotbet. Zwischen den Bruchenden befand sich ausgetretenes
* Blat und einzelne feine Fädchen Faserstoff zogen hie und da
Ton dem einen zu dem andern Brechende hertlber ; von Cal-
Josbildong noch keine Spur. Der Bruch selbst ging in seiner
Haoptrichtung von oben und aussen nach innen und unten.
Der grosse Höcker war durch einen Bruch im Collum anat.
fom Kopfe getrennt, der vom der Langenfurche für die Sehne
des langen Kopfes des Biceps folgend, dann 14'" unterhalb
des kleinen Muskelhöckers und unterhalb der Sehne des M.
teres minor obtt die Spina toberc. min. schräg nach abwärts
gerichtet hindurchging und sich dann wieder über der Sehne
des M. latiss. dorsi an der hintern Seite des Oberarms zum
Coli. anat. in die Höhe wandle. Ein Querbruch hatte , sich
mit dem Hauptbruche vereinigend, das Tnberc. maj.zumTheil
gelost; in ähnlicher Weise war das Taberc. min., so weit
sich die Sehne des M. subscap. an dasselbe ansetzt, durch
dne Fissur als ein fast cubisches Stückchen vom Oberarm ab-
gebrochen. Der Kopf selbst war auf seiner scharfen Bruch-
fläche nm etwa 1'" nach unten und ein klein wenig nach hin-
ten abgewichen.
Der Bruch war also inner- und ausserhalb der Gelenk-
kapsel, und hatte das Coli. anat. in seiner ohern, das Coli.
Chirurg, in seiner vordem Hälfte, endlich auch den obern Theil
der Diapbjse selbst betroffen. Er lasst sich demnach nicht
unter die in den Lehrbuchem aufgestellten Arten der Kno-
chenbrüche unterbringen, ebenso haben A. Cooper o. Mal-
gaigoeieinen ähnlichen Fall beschrieben.
Die Untersuchung des vorhandenen Scrotal braches zeigte,
dass derselbe m vollkommener innerer 'w^t^ d. b. derBrach-
tack senkte sich bis auf die Scbeidenhaut des Hodens herab,
welcher selbst unter ihm in der Tiefe des Scrolums lag. Die
Bmcbmundung bildete eine längliche, schief von oben und
anssen nach innen und unten gerichtete Spalte von 2" 6'"
Lange. Der Brachsack hatte die Grosse einer kleinen Kalbs-
blase , eine Schlinge vom untern Ende des Dünndarms dber
V lang enthaltend. Die Hüllen des Brnchsackes wurden von
aussen her dnreh die Tnnica dartos gebildet, welehe von be-
dentender Dicke, die aasgedehnten Zweige der A. pudend. ext.
bemerken liess. Dana folgte die Tunica vagin. comm., ehen-
blls verdickt, mit deutlichen Fasern des M. cremaster, u. war
durch eine bedeutende Zellgewebsschicht mit dem durch das
Peritonaum gebildeten Bruchsacke verwachsen , so dass beide
schwer zu trennen waren. Das Bauchfell seihst war fester,
vndarcbsicbtiger als innerhalb des Bauches. An der äussere
Seite lagen die Gefässe des Samenstranges, mehr nach hinten
^ Vas deferens. Die A. epigastr. inf. entsprang normal aus
der A. iliaca ext. innerhalb der Bauchhöhle, der A. circumfl.
ilei faat gegenüber, 4'" vom Poupart'schen Bande entfernt.
Sehen wird wohl ein innerer Leistenbruch von solcher Greese
beobaucbtet werden , ohne dass der Kr. jemals besonders be-
sehwert worden war. (S t r e u b e I .)
72. Deber den Brncb 4e» Kronrafortsatses
nm EUenbogenbeine i voo Dn Fr. Lorinser,
CWm. Zucbr, VIL 8. 1851.)
Vf. baaiebt sich bei seiner Betrachtung ttber deii<'
Mlöen oameniiich auf 2 von A. Cooper beschriebe*
neo Flüle, welcher einmal den Bruch des Kronenfort«^
Satzes an einem Lebenden, und einmal an der Leiche
vorfand. In beiden Fallen gaben sich die Erschei-
nungen desselben dadurch zu erkennen, dass das £U
lenbogenbein deutlich nach hinten hervorragte»
wenn der Arm gestreckt war , wurde er aber nach
vorn gezogen und gebeugt, die Ungeslaltheit ver-
schwand. Der Gelenkfortsatz des Ellenbogenbeins
gleitete hinter den innern Knorren des Oberarms.
Nach genauer Erörterung der anat. Verhältnisse
des Ellenbogeogelenkes bemerkt Vf.
1) dass bei dem Bruche des Kronenfortsatzes an*
seinem Grundtheü der Widerstand der Seiten-
blnder gleichzeitig tiberwunden werden muss,
da diese letztem dem Kronenfortsalz einen mttch«-
tigen Haltpunkt gewahren ;
2) dass dieser Widerstand durch die Wirksamkeit
der vordem Bündel der Seilenbander , die be-
sonders bei Streckung des Vorderarmes von
Wichtigkeit erscheinen , verloren gehen nnss,
indem ihr gemeinschaftlicher Ansatz und Stütz-
punkt keine Festigkeit mehr gewahrt.
Zur Hemorbringung eines solchen Bruches be-
darf es nach Vf. nicht allein einer heftigen Gewalt,
sondern es sind hierzu noch besondere Verhältnisse
in der Stellung des Armes , Vorder-Armes und der
Hand erforderlich. Begünstigt wird derselbe beson-
ders dann, wenn Jemand sich im Fallen mit der
auswärts gedrehten Hand und bei gestrecktem Vor-
derarm zu unterstützen sucht, und dabei das volle
Gewicht des Körpers in der Richtung des Oberarms
auf das Ellenbogengelenk, auf den Kronenfortsalz,
einwirkt.
Veränderungen im Innern des Gelenks. Sobald
der Kronenfortsalz abgebrochen ist, hat der halb-
mondförmige Gelenkausschnilt des Ellenbagenbeins
die StützungsfkhigkeJt desjenigen Theils, auf welchem
die Gelenkrolle des Armbeins ruht, verloren. Der
Gelenktheil des Oberarms wird nach abwärts n. zu-
gleich etwas nach vorwärts, den Gelenktheil des El-
lenbogenbeins nach aufwärts u. zugleich nach rück-
wärts getrieben , der Hakenfortsatz wird hinten und
über der hintern Grube des Armbeins stehen , die
Bruchflache am Ellenbogenbein sieh an die hintert
Fläche der Gelenkrolle anfehnen , oder sogar in die
hinlere Gelenkgrube hinaufrücken, mit einem Worte,
es treten die Erscheinungen einer Verrenkung des
Ellenbogehbeins nach hinten auf.
Der abgebrochene Kronenfortsatz steht mit der
Bruchflache am EUenbogenbein nicht mehr iq Be-
rührung , da er mit den Gelenkbändern , oder
mit Anheftungsfasera A%% innern Armmuskels noch
in Verbindung stehend , gehindert ist , dem EUenbo-
genbeine in seiner Ortsveränderung zu folgen. Das
Köpfchen der Speiche wird entweder dem Hafcenfort-
84
VI. Chirurgie, Ophthalmologie n. Otiatrik.
setze folgen, u. ebenfalls nach rückwärts verrenkt
werden , oder es wird in seiner regelmässigen Stel-
lung bleiben. Ist das Erstere der Fall , so wird we-
gen der eintretenden Zerrung des Biceps, der zugleich
Auswartsdreher ist, eine entsprechende Auswärtsdre-
hung des Vorderarms und der Hand stattfinden. Ist
aber das SpeichenkOpfchen an seiner Stelle geblieben,
so ist die Speiche wegen der Spannung des runden
Einwärtsdrehers gezwungen, sich nach einwärts zu
drehen, um der Ortsveränderung des Ellenbogenbeins
so viel als möglich folgen zu können. Bringt man
jedoch den Vorderarm in eine stärkere Beugung, so
entfernt sich der Hakenfortsalz in seiner fehlerhaften
Lage immer weiter von der Gelenkrolle nach rückwärts,
das unlere Ende des Armbeins wird gegen den fest-
gehaltenen Hakenfortsatz hingezogen. Und hier ist
es, wo bei völliger Annäherung das Eingleiten in die
regelmässige Gelenkverbindung mit einem schnappen-
den Geräusche stattfindet. So erscheint die Verren-
kung eingerichtet, die Bruchflächen einander genl-
hert. Sobald man aber den Vorderarm in Streckung
zu bringen versucht, wird ^er Hakenfortsatz sofort,
wegen Mangel des Kronenfortsatzes und wegen der
aufgehobenen Wirksamkeit der vordem Bündel der
Seilenbänder, wiederum nach hinten verrenkt.
Crepitation kann nur entweder bei einer star-
kern Beugung des Vorderarms oder starker Streckung
bemerkt werden. Das Auffinden dieses Geräusches
wird immer besondern Schwierigkeiten unterliegen,
wenn nicht durch Zufall dasselbe, und das geschieht
nicht seilen, unter gewissen Umständen zu Stande
gebracht wird; eine genaue Berührung der Bruch-
enden aber wird wohl selten erzielt werden. Hin-
sichllich der Feränderungen an der Oberfläche
des Ellenbogengelenks durch den fraglichen Bruch,
verweisen wir auf die nachsiehende Tabelle.
Bruch des Krooenforlsatzes.
Bruch des Hakenfortsatzes.
Bruch der Knorren.
Verrenkung des Ellenbo-
genbeins.
a) Das Längenmaass von der
regelmässig.
ein wenig verkürzt.
regelmässig.
Schullerhöhe bis zum äus-
sern Oberarmknorren re-
gelmässig.
.
b) Das Maass von der Spitze
verlängert.
regelmässig.
stark verlängert.
des Ellenbogenhöckers zu
den beiden Knorren etwas
verlängert.
c) Das Maass vom innern Knor-
regelmässig.
regelmässig.
verkürzt.
ren des Oberarms bis zum
GrifTelfortsatze des Ellen-
bogenbeins verkürzt.
d) Der Ellenbogen hocker nach
nicht hervorstehend, son-
nach hinten hervorstehend.
stark nach hinten hervor-
hinten regelwidrig hervor-
dern nach aufwärts ge-
stehend.
stehend.
zogen.
e) Die Hervorragung im Ellen-
erscheint gar nicht.
erscheint über der Knor-
unter der Knorrenlinie.
buge erscheint unter der
renlinie.
Knorrenlinie.
f) Die Länge der Gliedmaasse
die Beugung vermehrt die
durch einen Zug lässt sich
nur bei einem sehr kräftigen
lässt sich durch die Beu-
Entfernung des Eilenbo-
die Länge der Glied-
Zuge ist die Einrichtung
gung oder einen Zng leicht
genhöckers von den Knor-
maasse wiederherstellen,
möglich , welche letztere
wiederherstellen, wobei ein
ren. Ein Zug hat keinen
wobei meist Bruchge-
mit einem schnappenden
schnappendesGeräusch ent-
Einfluss.
räusch vernommen wird.
Geräusche verbunden za
steht.
sein pflegt.
g) Mit nachlassendem Zuge
ebenfalls.
die Gelenkenden bleiben
kehrt die UngesUltheit zu-
nach der Einrichtung in
rück.
der Streckung, sicherer
noch in der Beugung in
Berührung. — Die Un-
0
gestaltheit ist vollkom-
men verschwunden.
Behandlung. Während A. Gooper an einer
vollständigen Heilung dieser Verletzung überhaupt
zweifelt u. den Bath giebt, den Arm 3 Wochen lang
in gebogener Stellung und ruhig zu erhalten , damit
das die Bruchstücke vereinigende Band -Gewebe so
kurz als möglich werde, hat Vf. in dem von ihm beob-
achteten Falle den Forderarm mittels einer Schiene,
die an der Beugeseite des Gelenkes angepassl u. am
Ober- und Vorderarm befestigt wurde, in Streckung
erhalten. Er glaubt zwar nicht, dass auch durch
dieses Verfahren eine vollkommene Vereinigung der
Bruchflächen zu Stande komme, doch hoflt er davon.
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
85
dass das bündige Verbindangsmittel zwischen den bei-
den Bruchflächen doch so kurz ausfalle, dass später-
hin eine Verrenkung des Hakenfortsalzes nicht mehr
zu befürchten sei.
Der Verband soll nach Vf. 4 Wochen lang liegen
gelassen werden , nach Abnahme desselben mit den
Bewegungen begonnen, dieselben aber durch den Ge-
brauch erweichender und aufsaugender Millel, warme
Bader» fette Einreibungen u. s. w. unterstützt und
fleissig fortgesetzt werden.
Schlttsslich theilt Vf. die Krankengeschichte des
fon ihm beobachteten Falles ausführlich mit.
(Schwarze.)
73. Fractur des ircns zygomaticns ; von
Leger. (Rev. m^d. chir. Mai 1851.)
Beobaeht, I, Ein 40jähr., ziemlich starker Mann, der
eineo heftigen Faustscblag auf die linke Wange erhalten hatte,
gab Vt Std. darauf an , der erhaltene Schlag sei so heftig ge-
wesen, dass er geglaubt habe, sein Schädel milsse in Stucken
gebrochen sein ; gleich nach dem Schlag habe er den Unter-
kiefer nicht mehr an den Oberkiefer anzudrucken vermocht,
und als er es zu erzwingen fersucht hätte, habe er einen
stechenden Schmerz und ein krachendes Geräusch in der lin-
ken Wange wahrgenommen. Pat. klagte über ein lästiges
Gefühl von Eingeschlafensein und Ameisenkriechen in der lin-
ken Wange. £s zeigte sich Geschwulst , die dicht vor dem
Ohr begann, sich in die Fossa tempor. erstreckte und das
untere Augenlid betheiligte. Das Unterkiefergelenk erschien
onferletzt ; wurde der Unterkiefer stark abwärts gedrückt , so
empfand Pat. einen stechenden Schmerz entsprechend dem
Jochbogen -, heim Andrucken des Unterkiefers gegen den Ober-
kiefer trat noch intensiverer Schmerz auf. Pat. vermochte
den Hand weder weit aufzusperren, noch die Kiefer zu
achliessen, dessenungeachtet standen die Zähne des Unterkie-
fers in normaler Stellung zu denen des Oberkiefers. Legte
man die Finger der rechten Hand neben einander auf den
Jocfabogen , so dass der kleine Finger sich gegen den Tragus
stützte , so fühlte man trotz der Geschwulst der Weichtheile
deutlich eine Rnochendepression , welche, den Jochbogen zu
eioer Lange von 5 Ctmtr. angenommen , etwa 25 Mmtr. be-
tragen mochte. Durch den Eindruck war die Rundung des
Jochbogens nicht verändert worden ; 2 hervorstehende Kno-
chenhöcker bezeichneten die Stelle der Depression , und von
jedem derselben erhob sich eine härtliche Falte, die sich nach
dem M. tempor. zu verlor, und wahrscheinlich von Einreis-
snng der Temporalaponeurose herrührte. Das kleine aus
dem Jochbogen gebrochene Knochenstück schien sich nach
dem Wangenbeine zu etwas verschoben zu haben ; Beweglich-
keit liess sich daran nicht wahrnehmen. — Die Geschwulst
der Wange stieg zusehends, die Haut wurde gespannt u. glän-
leod, die Coojunctiva des linken Auges fing an sich zu rötben;
nach Vi Std. stellte sich krampfhaftes Zucken ein , der M.
orbicul. contrahirte sich in Intervallen von 20 See. u. erregte
einen copiosen Thränenfluss. Vf. verordnete warme Umschläge
Toa trockner Kleie. Nach 3 Tagen hatte sich die Geschwulst
etwas gesetzt; eine starke Ekchymose bedeckte die Wange u.
zog sich nach dem untern Augenlide hin ; Druck auf die de-
primirte Stelle verursachte Schmerz ; das Gefühl von Einge-
Bchlafensein und Ameisenkriechen war verschwunden und nur
das Kauen verursachte noch einige Beschwerde. Nach 3 Wo-
chen war Pat. völlig hergestellt ; die Knochendepression war
zwar dentlich zu fohlen , durch das Gesicht konnte aber nicht
die mindeste Entstellung wahrgenommen werden.
Vf. bemerkt, dass er bei Entstehung der Fractur
dmrch directe Gewalt die Erklärung des Hindernisses
bei den Bewegungen des Unterkiefers einigermaasseu
schwierig gefunden habe. Er glaubt annehmen zu
müssen , dass Pat. , als er den Schlag empfing , den
Mund geöffnet hatte, dass das kleine dcprimirte Kno-
chenstück durch Knochenhautstreifen noch immer in
Zusammenhang mit dem Arcus geblieben sei , dass es
jedoch so tief nach dem Proc. coronoid. des Upter-
kiefers hingedrückt worden, dass dieser beim Schlies-
sen des Mundes es nothwendig berühren und erheben
musste.
Beobaeht. IL An dem ausserordentlich abgemagerten
Gesicht eines an Schwindsucht gestorbenen 30jähr. Mannes
fand Vf. in der Mitte des rechten Are. zygnm. eine kleine De-
pression; die Haut über derselben war unverletzt, die Apo^
ncurose des Schläfenmuskels schien mil derselben verwachsen.
Nach Entblössung des Jochbogens auf beiden Seiten ergab
«ine vergleichende Messung des untern Randes desselben vom
Tubercul. articul. bis zur Sutura maIo-ni::xi]l. linkerseits eine
Länge von 60, rechterseits von 52 Mmtr. Das deprimirte
Knochenstürk maass 17 Mmtr. an seinem ubern Rande , 22
Mmir. an seinem untern , und war an jedem Ende etwa 2
Mmtr. tief eingedrückt. Die Fractur llng dicht vor der Naht
an, welche die beiden Proc. zygom. vereinigt, das andere
Bruchende befand sich 9 Mmtr. vor dem Tubercul. articul.
Nach der Fossa tempor. zu bildete die Depression eine kleine
abgerundete , gleicbmässige Erhabenheit. Die schädliche Ge-
walt hatte hier das Knochenstück deprimirt und etwas nach
vorn verschoben; die Callusbildung dasselbe gleichmässig an
der hintern Seite des Jochbogens befestigt. Die Depression
war so wenig äusserlich sichtbar, dass ein so abgemagerter
Körper dazu gehörte , um sie überhaupt noch erkennbar wer-
den zu lassen.
Beobaeht. III ^ von Malgaigne im März 1881 be-
handelt. Ein Commis hatte einen Faujttschlag auf die linke
Wange bekommen ; es folgte das Gefühl von Eingeschlafen-
sein und Zucken. Nach 3 Tagen bedeckte ein bedeutendes
Suggillat die linke Wange, die beim Druck schmerzhaft war;
die Haut schien glänzend. Die linke Wange erschien gegen
die rechte abgeplattet und eingesunken. Eine vergleichende
Messung vom Ohrläppchen zum äussern Augenwinkel ergab
rechterseits eine Länge von 12, linkerseits von 11 Ctmtr.
Di.e Bewegungen des Unterkiefers waren frei. Die Geschwulst
der Haut und der andern Weichtheile nelist der Suggillation
verhinderte die Exploration des Jochbogens. Führte man den
Finger in den Mund und befühlte linkerseits die Stelle des
Oberkiefers, von welcher der Proc. malaris abgeht, so zeig-
ten sich kleine Knochenböcker und die Oberkieferböhle er-
schien etwas eingedrückt. Nach 5 Tagen verlor sich die Ge-
schwulst und man erkannte nun die Eindrückung des Wan-
genbeins deutlich und fühlte, dass dasselbe an seiner Verbin-
dungsstelle mit dem Proc. zygom. gebrochen sei , so dass
letzterer über der Depression eine Hervorragung bildete. Pat.
behielt die Deformität der Wange , die bei seiner Magerkeit
ziemlich auffiel.
Im vorliegenden Falle handelte es sich mehr um
ein Umknicken und Eindrücken des Wangenbeins, als
um eine Fractur des Are. zygom. , doch musste diese
letztere gleichzeitig vorhanden sein , weil ohnedem
das erstere nicht hätte stattfinden können. Mal-
gaigne hat in seiner Fracturenlehre die Fracturen
des Wangenbeins von denen des Arcus noch getrennt,
eine Trennung, die nicht statthaft sein kann, wenn
man bedenkt, dass der Jochbogen durch das Wangen-
bein in Verbindung mit den Jochfortsätzen des Ober-
kiefers und Schläfenbeins gebildet wird.
Beobaeht. ly. An der Leiche eines muskelstarken
Handarbeiters , der einige Tage , nachdem er von einer ziem-
lichen Höhe auf den Kopf herabgefallen, gestorben war, wur-
den einige Fissuren der Schädelknochen und Eiteransammlun-
gen im Gehirn gefunden. Eine Ekchymose an der linken
8«
VI. Chirurgie» Ophlbalmologii iu OtialriL
Wange des Leichnains besUmmt« den Vf. , auch diese Gegend
mit dem Messer za uotersucben. Das Kiefergelenk war mit
wassrigem Blute gefüllt und der Gelenkfortsatz des Unterkie-
fers schief an seinem Halse gebrochen , doch hing er noch
mit dem Periost nach innen zusammen. Der Jochbogen war
an der Stelle, wo sich das Wangenbein mit dem Fortsatze des
SchlSfenbeins verbindet, perpendiculär gebrochen und die
Fracturlinie durchschnitt die Verbindungssutur Xförmig. Es
hatte nicht die mindeste Dislocstion an der Rruchstelie statt-
gefunden, beim Äuseinanderziehen der Bruchstücke wur-
den aber einige ganz kleine Knochensplitter wahrgenommen.
Dieser letztere Fall stimmt in Bezug auf die Fractur des
Are. zygom. ganz mit dem von Tavignot üherein, der bei
einem Epileptischen , welcher an Gehirnerschütterung gestor-
ben war, auch eine einfache perpendiculäre Fractur des Joch-
bochens ohne alle Dislocation der Bruchstücke fand.
Vf. glaubt hinsichllicli der fraglichen Fractur, von
weicher Malgaigne bekanntlich nur wenige und
ungenaue Beobachtungen auffinden konnte, folgende
Schlusssatze aufstellen zu dürfen. Einfache Fractu*
reo des Jochbogens in perpendiculärer Richtung ver-
anlassen keine Dislocation ; die Fractur ist daher nie
mit Sicherheit zu diagnosticiren. Fracturen des Wan-
genbeins bedingen auch Fractur des Jochbogens ; ist
das Waugenbein stark deprimirt, so bildet der Jocb-
begen hinter der Depression eine Hervorragung. Bei
den Fracturen des Jochbogens hinler dem Wangen-
beine findet gewöhnlich Depression Statt; dann ist
ein Stück aus dem Arcus hrrnusgebrochen und nach
hinten dislocirt , so dass der Jochbogen an 2 Orten
gebrochen, od. an einem Orte gebrochen an dem andern
eingeknickt ist. Der Jochbogen selbst behalt seine
normale Gonvexitat und zeigt nur an der fracturirten
Stelle einen Eindruck. Das deprimirte Knoohenstück
bangt meist noch mit dem Periost zusammen und ist
nur selten beweglich. Directe Gewalt, Stoss, Schlag
auf die Wange, verursacht gewöhnlich die Fractur u.
bringt die Depression zu Wege. Duverney beob-
achtete einmal bei einem Knaben, der mit einem
Klöppel im Munde gefallen war, dass das Bruchstück
des von innen getroffenen Arcus sich nach aussen u.
vorn dislocirt hatte. Geschwulst der Wange u. Sug-
gillation kann die Erkenntniss der Fractur mit De-
pression erschweren oder verhindern. [Vgl. Pauli
in der Rec. von Malgaigne's Fracturenlehre.
Jahrbb. LXXIl. 361. Red.]
Die Behandlung ist einfach. Ferrier schnitt
die Haut in einem Falle von Depression ein , führte
einen kleinen Spatel unter das Bruchstück und repo-
nirte es; Dupuytren that dasselbe in einem Falle,
wo die Fractur durch eine Hautwunde complicirt war.
Auf jeden Fall ist das Einschneiden ein gewagtes
Verfahren , und es ist besser von der Mundhöhle aus
ohne Einschnitt das Erheben des Bruchstücks zu ver-
suchen. Ist das Bruchstück unbeweglich, festgekeilt,
80 thut man am besten, es ganz unberührt zu lassen,
es verursacht nur kurze Zeit Beschwerden beim Kauen,
und wenn auch nach der Verheilung eine Depression
zurückbleibt, so giebt diese selten eine Entstellung
ab. Die Prognose ist gttnstig, sobald die Fractur
des Arcus ohne Gehirnerschütterung zu Stande kam.
Bei Fracturen des Wangenbeins wird häufig das Auge
heftig erscl^attert« und es folgen dann Ekcbymoais
cenjunet. , Hamophthalrnua , partielle oder tolab
Blindheit u. s. w. (Streubel.)
74. Brach der Wirbelbeine ; von Aber le in
Riedlingen. (Würtemb. Corr.-Bl. 18. 1851.)
Ein 19jahr. Mensch war von einem Baame so getroffea
worden , dass derselbe auf seine vordere Körperhälfte «i lie-
gen kam , während die Rückenlendcngegend auf einen Stock
eines schon gefällten Raumes aufffel. An den 2 letzten BrasU
und dem 1. Lendenwirbel zeigte sich leichte Geschwulst mit
bedeutender Ekchymose und grosser Empfindlichkeit. SSmnt-
iiche 3 Wirbel waren in der Art gebrochen , dass nicht au j
die Proc. spin. und transv., sondern auch der Bogen und der \
Körper davon getroffen waren. Bei der Betaslang dieser
Theiie wurde auffallende Beweglichkeit and de«ilkhe Crepita-
tion wahrgenommen; der Schmerz war an der Bruchsleile
sehr heftig , durch Beugen , Ausstrecken oder Wenden des
Rumpfes sich steigernd , die untern Extremitäten waren toII-
kommen gelähmt, empfindungslos. Ausserdem war noch eil
transversaler Bruch des rechten Schenkelhalses vorhandea.
Dabei heftiges Fieber zugegen , Stuhlgang und Urin zurückge-
halten, Erbrechen mit krampfhafter Contraction des Unterlei-
hes vorhanden. Die Einrichtung wurde , nach einer V. S. n
der Application von 30 Blutegeln, auf folgende Art UDternoni>
men. Nach vorheriger Betäubung des Kr.durch Chloroform ward
der Stamm durch 4 Personen ausgestreckt, so dass Einer
unter beiden Achseln , Einer am Kopfe zog, während die An-
dern den Fluflbeinkamm und die untern Extremitäten fsssteo
und gleichmässig anzogen , und Vf. die Coaptation der Brncb-
fragmente ausffihrte. Nach vollkommener Einrichtung wurde
der Kr. auf einen Spreusack, und zwar auf die linke Seite g^
legt, die Ex- und Contraextension durch Gurte unterhalten, |
und der Körper , damit er nicht aus seiner Stellung weiche,
durch Tucher unterstutzt. Für den Bruch des Schenkelhalsei
wurde der Verband von Hedenus gebraucht. Die fractn«
rirte Stelle wurde fortwährend mit kaltem Wasser begossen.
Während der nächstfolgenden 2 Wochen bot der Verletzte die
Erscheinungen der Entzündung des Rflckenmarks und seiner
Häute dar. Ein kräftiges antiphlog. Verfahren beseitigte je-
doch dieselben, so dass nach Ablauf des gedachten Zeitraums
nur noch die Lähmung der Blase, des Mastdarms und der
untern Extremitäten fortdauerte. Es wurde nun rechts und
links am ganzen RQckgrate eine ausgepolsterte Schiene gefegt,
die die Dornfortsätze in sich einschloss. An der Bruchstelle
erhielt die rechte Schiene eine Art Pelotte, wodurch ein grös-
serer Druck bewirkt werden konnte , um die Dislocation nach
rechts zu verhindern. Beide Schienen wurden mittels Riemei
unter der Achsel und um das Becken befestigt; ausserden
niusste der Kr. bei einer horizontalen Lage eine halbrecbie
Seiten- und Ruckenlage einnehmen, um der rechten Schiene
durch die Lage einen Druck beizubringen. Dabei wurden die
obengenannten Gurte, so wie der Verband des Schenkelhalsei
beibehalten. In der 5. Woche entfernte man die Gurte und
gab dem Körper eine mehr vorwärts gebengte Lage. Nach 6
Wochen war die Consolidation der gebrochenen Wirbel bei-
nahe vollkommen. Ein 3wöchentl. Gebrauch eines Infus, fl.
arnic. bewirkte, dass der Kr. den Harn ohne Katheter entlee-
ren konnte. Gegen die Lähmung der untern Extremitäten
wurde das Extr. nucis vomic. spir. zu ^4 Gr. täglich 3nial
mit allmäliger Steigerung in Anwendung gezogen , Eusserfich
eine Phosphoreinreibung gemacht. Nach 8 Tagen hatte der
Kr. schon ein Geffihl von Ameisenkriechen , nach 3 Wochen
konnte er die untern Gliedmaassen bewegen , nach 5 Wochen
mit Krücken u. nach 8 Woch. am Stocke gehen. Einige Zelt
darauf legte er mit einem Stocke versehen Vt 8td. Wegs nr
rock. (Streubel.)
75. SiebeniekntigigeLuation des Obencheft'
kelS nach hinten und ohen, mit erfolgreicher Eut^
richtung; Bruch des Oberarms ; von Dr. Weber
in Bonn. (Deutsche Klin. 15. 1851.)
Ein 23jähr. Mann worde im Schaehte verscfaQtttt «ad
blieb Bach seiner AvsgnbiiBg fast aoch S Tags i« bsimsslf
VI« Clkinirgie» (^fMkOmMofstt m. Otiatrik.
87
IflMm Zustande. Der kerbeigerofene ArtI StmA dneii Brach
des lioken Obenirma , der mit einem Klei8ter?erbande umge-
beo wurde , ao wie eine Quetschung des rechten Oberschen-
kels, wahrend er die vorhandene Luxation erst 2 Tage später
entdeclEte. Alle Eiaricbtongsversucbe waren erfolglos gebiie-
b«D, weshalb der Kr. in die Klinik oach Bonn gebracht wurde.
Der rechte Schenkel erschien nach innen rotirt und um 2"
verkürzt. Fuss und Knie waren der linken Extremität zuge-
wendet , so dass das Knie fast über dem andern , der Fuss
mit der grossen Zebe auf dem Röcken des linken Fusses anf-
jsg. Id dieser Lage konnte das Bein ohne Schmerzen weiter
bewegt werden , so dass es völlig über das andere zu liegen
kam , während die Abduction heftig schmerzte. Die kranke
Hiifle war abgeflacht, der grosse Trochanter nach hinten und
höher gerfickt als im normalen Zustande , der Schenkelkopf
bei der Rotation des Fasses nach innen deutlich auf der ius-
sero Flache des Darmbeins zu fühlen.
Nachden der Kr. vorher Tart. stibiat. in kleinen Gaben
genomraeu und 4 Hin. lang Chloroform eingeatbmet hatte»
wurde die Reposition wie folgt unternommen. Der Kr. lag
auf dem rechten Rande einer glatt auf die Erde gebreiteten
Matratze. Von jeder Seite her wurde das Becken vermittels
eines Tncbee fixirt, ein Assistent fixirte das gesunde, ein an-
derer leitete das kranke Bein. Die Extension wurde durch
ein um das Knie geschlungenes Tuch ausgeführt, während ein
3« Asaistent den Kopf in die Pfanne zu leiten hatte. Der
Schenkel wurde zunächst gehoben und kräftig angezogen , bis
zu einem spitzen Winkel gegen den Stamm gebeugt , alsdann
unter leichten Rotationen abducirt und durch gleichzeitigen
staikeo Druck auf den Schenkelkopf eingelenkt. Schon beim
ersten Versuche gelang die Reposition , das runde Ansehen
der fläfte war heiigestellt , die Lange des Beines normal , die
ataovuie Drehung nach innen beseitigt, und die Beweglicfakeit
> hergestellt. Heftige Schmerzen , welche nach einigen Tagen
, im Fuss und Knie auftraten , wurden durch Senfteige gemäs-
^ sigt und verloren sich bald von seihst. Leider zeigte sich
aber bei später angestellten Gehversuchen , dass eine theil-
weise Lähmung der Muskulatur der rechten Seite, wahrschein-
lich durch Erschütterung des Rückenmarks , vorbanden war,
weswegen der Kr. im Gehen den Fuss gleich den an Tabes
dersalis Leidenden bewegte, doch besserte die tägliche
Anwendung des elektromagnetischen Rotationsapparates Viel.
— Der Armbruch war in jeder Beziehung günstig geheilt.
(Streubel.)
76. lesection eines Seitentheils des KOr-
pm des Unterkiefers nach dem Verfahren des
Dr. Rima; von Dr. Cappelletti in Tricsl. (Wie-
ser med. Wchschr.^15. 1851.)
Ein i4jähr. scrophulöses Mädchen litt seit 4 J. an einer
Geschwulst des linken Ünterkieferseitenihcils, welche trotz
alier tberap. Mittel die Grösse eines Hühnereies erlangt hatte.
Alle Charaktere des Osteosarkoms waren vorhanden und die
Resection das einzige Rettongsmittel.
Die Kr. auf einem Stuhle sitzend , wurde anästhesirt u.
der Kopf von hinten fixirt. Mittels eines geraden Scalpels
vrorde ein Einschnitt vom linken Unterkieferwinkel längs des
■Dtem Kieferrandes bis über die Mitte des Kinnes geführt, die
Wange bis über die kranke Stelle hinaus vom Knochen von
uinen aus getrennt. Durch 2 stumpfe Haken wurden die
WuttdrSnder auseinander gezogen , so dass man den ganzen
Seitentbeil des Unterkiefers und das Kinn entblösst sah. Hier-
asf wurden 3 Zähne ausgezogen , welche das Uebel genau be-
grenzten und die 2 Durchsägungspunkte anzeigten. Mittels
eiaes spitzen Bistouris wurde der Knochen sowohl an der
vordem , als auch an der Innern Fläche an den 2 Durchsä-
fmgspunkten entblösst, und darauf die Kettensäge zuerst
hialen, dann vorn durchgezogen und der Unterkiefer getrennt.
Hierauf wurde die Geschwulst mit der linken Hand erfasst u.
der Unterkiefer von den innern Weicbgebilden entblösst,
weshalb die Inaertionen des Digastricus, Milobyoideos u. zum
TMI «Mk Hea Geaiobjoidtus und GelHOglossut getrennt wur-
den. Die Wunde mit der Knopfnaht vereinigt« wnrde trocken
verbunden. Nach 22 Tagen war die Operirte vollkommen
geheilt.
Die Melhoden von Dupuytren, Cloquet,
Velpeau, Listoo» Klein, Ulrich, Blasius
u. A. haben alle den Naehlheil , dass die Zerrung des
Mundwinkels und die Narbe der Wange eine sehr
grosse Entstellung hervorbringen , da im Gegentheil
bei dem Verfahren von Rima nur ein Einschnitt am
untern Rande des Unterkiefers gemacht wird, welcher
xar Entblössung und DurchsKgung der kranken Par^
lie des Knochens hinreicht, ohne im mindesten das
Gesieht des Operirten zu entstellen. Die R i m a 'sehe
Methode kann auch bei der Resection des Kinns und
der beiden Seitentheile des Unterkiefers in Anwen-
dung gebracht werden. Ein Schnitt, der in diesem
Falle auf dem untern Rande des Unterkiefers sich von
einem untern Winkel bis zum andern erstreckt, ist
hinlänglich , um den Knochen zu entblttssen und die
Säge an den 2 Grenzpunkten anzulegen. Sollte aber
die Resection eines Seitenlheiles sammt der Lösung
des Gelenkfortsatzes angezeigt sein, so wird es ge-*
nttgen , den Schnitt vom Kieferwinkel senkrecht hin-
auf bis zum Gelenk des Unterkiefers zu verlängern
und den halbmondförmigen Lappen dann von den
Knochen loszutrennen. Vollzieht man aber diesen
halbmondförmigen Schnitt auf beiden Seiten, so kann
man leicht mit einem einzigen Schnitte ohne grosse
Entstellung den ganzen Unterkiefer exarticuliren.
Dieffenbach hat in seiner operativen Chirurgie
ein Verfahren beschrieben , was sich sehr der italiä-
nischen Methode nähert.
Die subcutane Methode von Signoroni hat den
Nachtheil, dass sie die Blosslegung des kranken Knöt-
chens erschwert , dass die Knochenscheere statt den
Knochen rein durchzuschneiden, ihn zersplittert, und
dass wegen der schweren Unterbindung der Arterien
die Nachblutungen häu6ger staltGnden können. Die
Kettensäge bei dem Signoroni'schen Verfahren
nach D'MargoIo zu gebrauchen, hat grosse, oft
unüberwindliche Schwierigkeiten, um sie innerhalb
der Mundöffoung hinler die Knochengeschwulst zu
bringen und sie um den Unterkiefer zu führen.
(Streubel.)
77. Anenrysma poplitaeum durch ftUse
Rnh6 geheilt; von Prof. Syme. (Monthly Journ.
Jan. 1851.)
Ein Seemann, 3Ö J. alt, wurde am 18. Nov. wegen
Aneurysma an der Art. poplit. sin. im Hospitale aufgenom-
men. Die Geschwulst füllte den Kniekeblenraum aus, pul-
sirte stark , und war vor ungefähr 6 Mon. zuerst von dem Kr.
bemerkt worden. Da derselbe ziemlich 200 engl. Meilen weit
hergekommen war, musste er ruhig das Bett hüten und wurde
durch eine beschränkte Diät und gelinde Abfuhrmittel zur
Operation vorbereitet. Nach 2 bis 3 Tagen wurde die Pulsa-
tion weniger deutlich und konnte am 23. gar nicht mehr ge-
fühlt werden. Zu gleicher Zeit war die Geschwulst kleiner
geworden und erregte nicht mehr die geringste Unbequemlich-
keit. Am 9. Dec. wurde der Kr. ^ vollkommen von seinem
Leiden befreit, entlassen.
Ein ganz ähnlicher Fall kam dem Vf. vor einigen inkrtp
88
VI. Chirurgie» Ophtiiaimologie u. OtiatriL
▼or. Ein Weber aus der Grafschaft Fife wurde wegeo Aneu-
rysma poplitaeum im Hospitale aufgenommen, und auf die
ihm daselbst gebotene vollkommene Ruhe erfolgte unmittelbar
Coagulation und hierauf freiwillige Heilung.
Den vr. scheinen diese Thatsachen zu der An-
nahme zu berechtigen, dass die wenigen Fälle , wel-
che nach Anwendung von Druck schnell geheilt wor-
den sind, ihre Heilung mehr der durch die horizontale
Lage bewirkten Unterstützung der vis medicalrix
naturae, als der Wirkung der Zusammendrttckung
verdanken. Er hat die bei Anwendung des Drucks
zur Heilung von Aneurysmen erforderliche Zeit be-
rechnet und aus 23 von verschiedenen Aerzten mit
Erfolg behandelten Fällen gefunden , dass die durch-
schnittliche Dauer, nicht der ganzen Behandlung,
sondern der wirklichen Zusammendrückung, mit
Ausschluss der Zwischenräume , in welchen dieselbe
ausgesetzt wird, sich auf 38 Tage belaufe. Also
38 Tage und Nächte voll Schmerz und Qual, um
einigen Minuten geringer Beschwerde zu entgehen.
(Schröder.)
78. Ueber die Varices arteriales der Kopf-
schwarte; von Robert. (Gaz. des H6p. 31. 32
u. 33. 1851.)
Unter f^arices arterielles versteht Vf. jene all-
mälig sich ausbildenden Erweiterungen der Schläfen-,
Stirn-, Ohr- und Hinterhauptsarterien und ihrer Ver-
ästelungen , die das Aussehen von Varices annehmen.
Jäger hat diese Erweiterungen der Arterien 3. und
4. Ranges, die auch anderwärts, als am Kopfe, wenn-
gleich seltner vorzukommen pflegen , richtiger Aneu-
rysmata anastomotica siv. per anastomosin genannt.
Vf. hat zahlreiche mikroskopische Untersuchungen
der Kopfschwarte vorgenommen, um zu ermitteln,
ob die Structur der Arterien der Schopfliaut eine
histologische DilTerenz in Vergleich zu andern Arte-
rien darboten , oder ob in der Umgebung der Arte-
rien vielleicht ein Structurverhältniss aufgefunden
werden könnte , welches die Prädisposition zu vari-
kösen Erweiterungen zu erklären vermöchte, allein
diese Untersuchungen haben zu keinem Resultate
gefuhrt.
Als Gelegenheitsursachen bezeichnet Vf. Schläge
auf den Kopf und angeborene Anlage. Bei der krank-
haften Erweiterung der Arterien nimmt , wie sich R.
durch Sectionen überzeugte, nicht die Gefässwan-
düng an Dicke zu, sondern sie wird gleichmässig
oder ungleichmässig verdünnt und die verlängerte,
gewundene und geschlängelte Arterie bekleidet sich
mit knotigen Auswüchsen , indem die mittlere Arte-
rienhaut nach und nach schwindet. Zuweilen haben
einzelne Abschnitte der Varices art. das Aussehen
einer Spindel. Die Var. art. sind wahre Aneurysmen,
und was palhol.-anat. über den Bildungsvorgang die-
ser bekannt ist , gilt auch für jene. In den 3 genau
geschilderten Krankheilsgeschichten macht Vf. na-
mentlich auf das schnelle Wachsthum der Var. arL
attfinerksam > und entwickelt wie die wachsende Er-
weiterung immer mehr sich verbreitet und auf die
Arterienverästeluugen übergeht. Anl^nglich fällt deo
Pat. meist nur das stete Pulsiren und Hämmern in
der aneurysmat. Geschwulst lästig, späterhin gesellen
sich stechende, bohrende Schmerzen hinzu, die un-
erträglich werden. Zuweilen färbt sich die Haut im
weitern Verlaufe der Geschwulst blauroth und zeigt
das Bild einer Telangiektasie der Gapillargefllsse. Be-
steht die aneurysmat. Geschwulst erst kurze Zeit und
ist sie noch wenig umHinglich, so hemmt eine gleich-
massige Compression derselben mit einem turniket-
ähnlichen Instrumente die weitere Entwicklung der-
selben, allein eine vollständige Heilung scheint durch
die Compression nicht erzielt werden zu können, ht
die Geschwulst umfänglich und sehr schmerzhaft,
oder kommt es zu copiösen Blutungen durch Platzes
der verdünnten Gefässwandungen , so kann die drin-
gende Gefahr nur durch die Unterbindung der Carotis
communis für eine längere Zeit abgewendet werden.
Der Vf. stellt folgende Schlusssätze auf.
1) Eine Methode zur radicalen Kur der Varices
arteriales ist noch nicht bekannt.
2) Die Unterbindung der Car. comm. auf der
kranken Seite, bleibt das einzige bekannte Mittel,
welches das Fortschreiten des Leidens hemmt. Nach
ihr hören die Blutungen ganz auf, oder treten wenig-
stens selten und weniger copiös ein.
3) Durch die Anastomosen zwischen der A. tem-
por. und occipit. wird die Blutcirculation nach der
Unterbindung wieder hergestellt.
5) Wenn nach Wiederherstellung der Blutcircu-
lation die aneurysmat. Kopfgeschwulst von Neuem
zu wachsen und copiös zu bluten beginnt, so muss
auch die andere Carotis unterbunden werden.
(Streubel.)
79. Beiträge zur Ophthalmoskopie; von Dr.
J oh. C z e r m a k u. Dr. v. H a s n e r zu Prag. (Prag.
Viertelj.-Schr. 4. 1851.)
Nach einem kurzen Hinweis auf den Einfluss,
welchen die bekannte Brechung der Lichtstrahlen von
oder zum Einfallslothe bei ihrem Uebergange aus
einem dichtem in ein dünneres Medium, oder umge-
kehrt, auf die Beurtheilung der Grösse und Lage der
betrachteten Gegenstände hat, bemerkt Czermak
(über das Orthoskop) , dass derselbe bei physiol.
oder pathol. Untersuchung des Auges an lebenden In-
dividuen besonders sich fühlbar mache. Namentlich
ist diess dann der Fall , wenn es sich um eine mehr
seitliche Ansicht handelt. Die von aussen sichlbareo
inuern Theile des Auges erleiden eine Gestaltverän-
derung und scheinbare Verschiebung aus ihrer Lage,
indem die von ihnen reflectirten Strahlen aus den
stärker hchtbrechenden Medien des Auges in die Lult
gelangen und an den sphäroid. Trennungsflächen ge-
brochen werden. Seibit wenn das Brechungsverhält-
niss zwischen wässeriger Feuchtigkeit und Hornhaut
VI. Gbinirgie» Ophtiididologie u. Oüatrik.
89
nicht in Bechnang gebracht, die Substanz der Horn-
haut gar nicht berflcksichligt wird , bleibt doch das
Verhaltniss zwischen wasseriger Feuchtigkeit u. Luft
ein sokhes, dass die Lichtstrahlen bei ihrem Austritte
bedeutend vom Einfallslothe abgelenkt werden. Die
vordere Kammer verliert in Folge dessen ihre Tiefe,
gestattet keine Profilansicht, indem sich die Iris
scheinbar vorwölbt und mit ihrem Bilde beinahe den
gansen von der Hornhaut begrenzten Raum ausfüllt,
so dass wir am gesunden Auge nicht im Stande sind,
von der Seite durch die vordere Kammer hindurch-
zusehen , sondern nur eine Andeutung des durch
anaL Untersuchungen ermittelten Raumes zwischen
Hornhaut und Iris wahrnehmen. Durch grosse Uebung
und genaue Kenntniss der Anatomie des Auges kann
man es allerdings dahin bringen , dass man aus den
verschobenen Bildern einen richtigen Schluss zu zie-
hen im Stande ist. Allein viele physiol. und pathol.
VerSnderungen hinsichtlich der räumlichen Verhalt-
nisse der sichtbaren innern Theile des Auges müssen
unbemerkt bleiben.
Zur Verhütung dieses Uebelstandes ist die Ab-
lenkung der Lichtstrahlen von ihrem geradlinigen
Wege wahrend des Durchtritts durch die verschie-
denen Medien des Auges , als hauptsachlichste Feh-
lerquelle, möglichst aufzuheben. Die Brechungen,
welchen die reflectirten Lichtstrahlen innerhalb des
Auges, bevor sie zur Hornhaut gelangen, unterworfen
aind, lassen sich freilich nicht beseitigen, allein sie
ftind auch von geringerer Wichtigkeit, weil die innern
Theile des Auges keine Profilansicht gestatten, j^lle
Lichtsirablen , aus welcher Tiefe des Auges sie auch
kommen , erleiden übrigens auch die grösste Ablen-
kung an der Oberfläche der Hornhaut. Es lässt sich
daher der Nachtheil der verschieden starken Bre-
chnngskraft der Hornhaut oder wässr. Feuchtigkeit
und der atmosphärischen Luft beseitigen , wenn man
das Ange anstatt mit Luft, mit einem Körper umgiebt,
dessen Brechungskraft der der Hornhaut oder der
wlssr. Feuchtigkeit nahezu gleich ist. Denn da die
reflectirten Lichtstrahlen dann von der vordem Fläche
der Linse an Medien von äusserst wenig verschiede-
ner Dichtigkeit (Brechungskraft) durchlaufen , so
können sie kaum von ihrer Richtung erheblich abge-
lenkt werden. Der Abschnitt vor der Linse muss
deshalb nahezu in seinen wirklichen objectiven Ver-
hSltnissen erscheinen , während die Theile hinter der
Linse allerdings selbst dann nur unter mehr weniger
beträchtlichen optischen Veränderungen wahrgenom-
men werden.
Ein solcher Körper, der zugleich beweglich ge-
nug ist, um sich an das Auge gehörig anzuschmiegen,
ist aber nach Vf. das fFasser , dessen Brechungsver-
mOgen (1,3358) bekanntlich von dem der Hornhaut
(1,33) und der wässr. Feuchtigkeit (1,338) nur
wenig abweicht Schon wenn das Gesicht in ein
mit Wasser gefülltes gläsernes Becken getaucht und
das Auge darin geöifhet wird, lässt sich die Wirkung
IM. Jalirfcb. B4. 78. Hfl. 1.
des Wassers auf das lebende Auge deutlich beobach-
ten. Bei geneigter Stellung des Kopfes lässt sich
zwar das Wasser besser um das Auge zusammenhal-
ten, allein die Beleuchtung ist ungünstig und die
Beobachtung nur unbequem und beschränkt. Cz.
hat daher beistehenden Apparat construirt, vermittels
dessen bei aufrechter Stellung des Kopfes eine genügende
Menge Wasser vor einem der beiden Augen fizirt wird.
Derselbe besteht aus 4 was-
^.
serdicht unter einem rechten
^N. «^ ^nifc* Winkel zusammengefügten
^f^-^^^^^H Wänden, von denen die vor-
JL I ^^^B d«*'e (ab cd) und die äussere
^^■■^1^^^ (c d e f) aus Glas besteht,
^^^^Df während die innere (aghb)
und die untere (bcfh) von
geschwärztem filech gefertigt ist , da so das Bild des
Auges besser hervortritt. Der freie, hintere Rand der
beiden letztem ist so ausgeschnitten, dass die untere
Wand unterhalb des Augenhöhlenrandes an die Wange,
die vordere zwischen dem innern Augenwinkel u. der
Nasenwurzel genau angedrückt werden kann, während
der hintere Rand der äussern flach auf die Schläfe
zu liegen kommt. Für jedes Auge ist natürlich ein
besonderer Apparat erforderlich , hat man aber den
Apparat , der mit Hülfe des an der untern Fläche an-
gebrachten Ringes (i) gefasst wird, gehörig angelegt,
so kann das Auge vollkommen unter Wasser gesetzt
werden, da die Wände des Apparates hoch genug
sind, um so viel Wasser eingiessen zu können, dass
die Oberfläche desselben dem obern Augenhöhlenrande
gleich steht. Um das Abfliessen des Wassers in Folge
des nicht gehörigen Anliegens des Apparats zu ver-
hüten, legte Cz. anfänglich, besonders am innern
Augenwinkel und an der Schläfe, Baumwolle unter.
Später fand er, dass sich gut durchknetete Brodkrume
hesser dazu eignet, indem sich die Ränder der Wände
voUkommner in dieselbe einsenken. Noch zweck-
mässiger würde es jedoch nach seiner Ansicht sein,
an dem Gesichtsausschnitte einen entsprechend ge-
stalteten Kautschuküberzug anzubringen. Ausserdem
kann man noch , um nicht durch das Fixiren des Ap-
parates im Beobachten gestört zu werden , denselben
durch einen Riemen od. metallene Spangen am Kopfe
des Pat. befestigen.
Beim Gebrauche des beschriebenen Apparates
giesst man das Wasser von oben in denselben und
lässt das Auge, um es an den Eindruck des Wassers
zu gewöhnen, nur allmälig öffnen. Zur Milderung
der reizenden Einwirkung kann das Wasser übrigens
etwas erwärmt, oder mit schleimigen Substanzen
vermischt angewendet werden. Allein, obschon nach
Vfs. an sich und Andern gemachten Erfahrungen das
Auge sich recht wohl an die Einwirkung des Wassers
gewöhnt, und auch die Untersuchung kranker Augen
mit dem fragl. Apparate keine nachtheiligen Folgen
hatte , so bleibt doch ein solches Augenbad stets ein
Reiz, und sind deshalb etwaige Contraindicationen
stets zu berücksichtigen. ^
12
00
VL 4]fc(iriifgie> OpIillNliiiotogie «. OtiltriL
üi% V«rtin4er«ngfii , weldit das untor Wasser
geöffnete Auge darbieieU eind besonders bei der Pro-
iialMiciU auffaliend. Die Iris Iriu als eia ebener
Verhäng weit aurtick, die Hornhaut als eine glasbelle,
halbkuglige Blase hervor, und bei sehr erweiterter
Pupille kann die Uosliegende Linse genau untersucht
werden. Hinsichtlich der Frage aber, ob man unter
Wasser sehen k5noe , benEierkt Vf. , dass ein deutU-
ekts Sehen unter Wasser für unser Auge unmöglich
sei , indem dann die optische Wirkung der Hornhaut
«nd der wUssr. Feuchtigkeit («= einer Linse fon
i6''^S982 Brennweite) in Folge der fast gleichen
Breehungskraft, welche die genannten Gebilde u. das
Wasser besitzen , beinahe ganz verloren gebt. Das
Auge wird unter Wasser ausserordentlich weitsich-
tig, Kurzsichiige mtissen deshalb unter den fragl.
Bedingungen relativ besser sefaen , nnd wollte ninn
unter Wasser deutliche Bilder erhalten , so mOssie
man, wie nach der Operation des grauen Staars, eise
Sammellinse vor dem Auge anbringen. Jedenfalls
indessen entstehen auch unter Wasser zerstrente Bil-
der auf der Netzbaut, welche mit Httlfe der erganiea-
4eft Imaginalion der Sinne unvollkommene Gesicbta-
wahmehmungen vermiueln. Das Angeführte gilt auch
ftfr das Sehen durch den Aragl. Apparat, nur darf
nicht abersehen werden , dass die betrachteten <je-
genslände sich hier nicht im Wasser befinden, und
dass die Lichtstrahlen, welche durch den Apparat
zum Auge gelangen, von Seiten der Glaswand und
des Wassers eine doppelte Brechung erleiden , bevor
sie die Hornhaut treffen. Letzteres ßndet natürlich
auch Statt, wenn das Auge mit Hülfe des Apparates
beobachtet wird, und das Auge erscheint deshalb
beim Betrachten durch eine der beiden Glaswlfnde
mehr weniger aus der natürl. Lage verschoben, aber,
da die Glaswand parallele Begrenzungsflfichen besitzt,
in seinen Einzelnheiten nicht wesentlich verändert.
SehlUssIieb bemerkt Vf., dass die Haupteigen scbaft
seines Apparates darin bestehe, dass die aus dem
Auge kommenden Lichtsirahlen eine fast geradhnige
Bichtung erhalten und Bilder erzeugen, welche den
ol]J6<^(iven Verhliitnissen fast vollkommen entsprechen.
Dadurch werde auch der gewählte Name „Orthotkap*'
gerechtfertigt.
Nach v. H a s n e r (a. a. ü.) besteht die Uaupl-
wirkung des beschriebenen Instruments, abgesehen
davon , dass es die Spiegelung der Hornhaut eufbebi,
darin , dass es die richtigen räumlichen Verhiltnisae
der vordem sichtbaren Organe des Augapfels zur An-
schauung bringt. Es ist daher in allen den Fällen
als diagnostisches Httlfsmittel brauchbar, in denen
das räumliche Verbal iniss der Iris zur Hornhaut, oder
beider zur vordem Linsenkapsel , oder pathol. Pro-
ducta an diesen Organen zu untersuchen ist; hierher
gehören nach H. folgende. 1) Verwachsung zwischen
Iris und Hornhaut, hinsichtlich des Sitzes und des
Umfange derselben und des Bauminhaltes des Rests
der vordem Kammer; besonders wichtig bei Pupil*
lenbildung. — 2) Vorbauchung der Iris durch Etsn-
dato; nabelfbrmige Einaehung des mit der Kapsel
verwachsenen PHpillairandes ; KurOcktnetett der hii
in die tellerförmige Grube nach StaaroperatioBen i
Schwund der Linse oder des Glaskörpers. -^ 3) EiJ
sndate auf der Iris oder auf der vordem Kapsel. *«-|
4) Manche Hornhaultrabungen. So be6ndet sieh ii^
H.'8 Abtheilung ein Mädchen mit den Ausgängen ein«
lltdalolilis, Ihm welcliem mittels des Orthoskops meh-
rere hellgelbe Knötchen wahrgenommen werden , diä
von der hitttem Ftäctie aus in die vordere Kamm«
hineinragen und mit Lope oder blosem Auge nieht
zu sehen sind.
Keinen Nutzen gewährt das Orthoskop bei Unter«!
suchung der Organe hinsichtlich der Struciur und
Function, der Reiz des kalten Wassers bedingt leicht
eine nicht zu hebende , krampftiafle Verschliessuig
der Lider , weshalb H. stets Wasser von -|- 23 —
26^ R. anzuwenden räth, und der von G. angegebeoc
Apparat lasst theils oft das Wasser an den Randen
ahfliessen , Iheils läuft es bei der geringsten Neigung
des Kopfes nach vorn über. H. wandle daher ver-
suchsweise gläserne Augenwannen mit krummen ObeN
fläclren an , welche in dem ganzes Umfange «n das
Auge angedrückt werden kdnnen nnd bei keiner fM^
lung des Kr. ein AbAieesen des Wassers xulassa.
Das Bild der Augenkanuner steilAe sich dadurch » mit
Ausnahme geringer Vergrtlaseruiig , wie durch C's
Apparat dar; es ist aher« wie H. bemerit, aölhig,
dass die Wännchen gross genug sind, um da« freie
Oeffnen der Lider zu gestatten; Wollte man ein«
Apparat mit geraden Oberfläche haben , eo kOanle
man einen gläsernen Würfel, ohtie Hinterwand mit
passend geformten Bändern der andern Wände ge-
brauchen, an dessen oberer Wand eine enge, mittels
eines Stöpsels verschliessbare Oeflbung sidi befindet,
durch welche das Wasser eingegossen wird.
Hasner selbst empfiehir als Hulfsmittel zur
Ophthalmoskopie noch folgende Vorrichtungen.
1) Die bei der ophthalmialrischen Untersuchung
der Augen (Bestimmung der Sehkraft, amblyop. Zu-
stände, Accommodationsfehler u. s. w.) hOchst wich-
tige Regelung der Beleuchtung ist lekannllich am
leichtesten in einem Locale, das beliebig als dtmkU
Rammer eingerichtet werden kann. Da aber ein sol-
ches in den meisten Wohnungen nicht herzustellen
ist, so bedient sich Vf. einer portativen dunkeln
Rammer, aus 12 Holzstäben, welche zu einem 6'
hohen, 9' langen und 4' breiten Gerüste vereinigt
werden. Dasselbe ist oben und an den 4 Seiten mit
schwarzer Leinwand Aberzogen , an der dem Fenster
zugekehrten Seitenwand aber befindet sich in der
Leinwand eine runde Oeffnung, welche durch vorge-
schobene Ringe aus starkem Kartenpapier verengert
oder durch eine Klappe ganz geschlossen werden
kann. Der Apparat ist wohlfeil , kann tlberall leicht
aufgestellt und zusammengelegt werden , und bietet
für mehrere Personen und die nöthigen Inetriuneiitfi
hinreichenden Baum dar. /^
2) Znr Beslimmiäi^SliP^euohtungigraden»
dessen Kenntniss besonders fiär genane Ermittlung
VL GUruigia» Opiiliithmelogie •. OUatril.
91
d«r Sdikr»ft yo» grmwer Wichtigkeit ist, bedieitt aicft
Vf. fdlgeaden Phgt^meiers, welches auf deDtelbeo
(^ruBdsftlxen beruht, wie daa von Bumford ang^
gebene. Es besieht aus einem quadralisoben Rahmen
voB 1 Ctmtr. Tiefe und 1 Dcimlr. im Ourcbm. , an
dessen Rflekseite weisses Briefpapier ausgespa&ni ist,
wibreod sich an der Vorderseite, mit einem Abstände
vua 1 Ctmtr. («« der Dicke des Rahmens) ein schwar-
zes Diaphragma befindet. Leister es hst eine Durch-
lassöflTnnng von 6 Ctmtr. Durchm., in deren Mitte ein
2 Mmtr. dickes Holzstübchen rail seinen beiden Enden
senkrecht an den Rand der Oeffnung befestigt ist. Mit
Hälfe dieses Instruments und 2 Kerzenflammen kann
man nach Vf. jeden Beleuchtungsgrad auf folgende
Art messen. Soll z. B. die Lichtmenge bestimmt
werden, welche durch die OefTnung in der beschrie-
benen dunkeln Rammer auf Vfs. Optometer (s. 3)
f^IIt, so wird das Diaphragma des Photomet. der
fragt Oeffhung zugewendet, so dass der Schatten des
Stabchens auf der Papierblende entsteht. Mit der
Flamme einer vor dem Pholomet. auf dem Maassstabe
des Optomet. angebrachten Wachskerze von bestimm-
ter Stärke erzeugt man nun ein 2. Schaltenbild des
Stabchens neben dem 1., dem man durch verschie-
dene Entfernung der Kerze gleiche Starke mit dem
1. giebt. Haben beide Schatten z. ß. bei 4,5 Ctmtr.
Entfernung des Stäbchens von der Kerze gleiche In-
tensität, so kann man die Starke des durch die Oeff-
nimg einfallenden Lichtes sa 4,5 setsen, und so bei
wechselnder Beleuchtung eineScala aufstellen, we&che
von der Einheit zu den höhern Zrffem hinaufsteigend
die gradweiscf Abnahme der Beleuchtung andeutet.
Um zu bestimmen , ob bei verschiedenen Versuchen
derselbe Beleuchtungsgrad stattfindet, ist der be-
schriebene Apparat, sobald die Versuche in demsel-
ben LocaJe , am besten der dunkeln Kammer , ange-
stellt werden, ausreichend. Um aber zu ermitteln,
ob beide Schalten wirklich gleiche Intensität haben»
rath Vf. (nach Pernol: Dingler's polyt. Jeurn.
CXIX. 2) die Papierblende mit einer Kerze von rtkek-
wlrts zu beleuchten. Sind beide Schatten gleich
stark, so verschwinden sie bei einer gewissen Be-
leuchtung gleichzeitig, ausserdem bleibt einer von
ihnen langer zurück.
3) Als Optometer gebraucht Vf. den bekannten
Apparat, dessen Puss in der Rohre eines Stativs auf
jeder Hohe festgestellt werden kann. An dem einen
Ende des Bretts ist aber eine Maske angebracht, wel-
che 1,5 Ctmtr. auf- und abwärts verschoben werden
kvkm, und so eingerichtet ist, dass, wenn das Gesicht
in dseselbe eingelegt wird , die Mittelpunkte beider
H«Eiiliäute nahezu in die Centra der Augenluken fal-
len. Der Maasslab anf der Oberflaehe des BretUs
b^innt bei 14 Mmtr. oder 6,5"' Wien. M. , wobei
d» lla^ss von dem Drehpunkte des in die Maske ge-
legte« Augen «HS geteehnet, die Entfernung des Dreh-
punktes ven der Vorderfläehe der Hornhaut z=s 1 2 u.
die Dicke der Maske cc: 2 Mmtr. aagenommen wor-
den ist Die Entfernung der Drehptmkte beider An-
gdm nen einander betragt 2'^ 6'^', auf dem Maaas-
stabe aber ist» ausser der verlUngerten, geraden Ackse
Jodes Anges und der Mittellinie zwischen beiden , der
gemeinschaftliche äussere Horopter wrnkel Hlr 6ege»*
Stande , die in der Mitte des Brettes aufgestellt wer-
den, bis zur Entfernung von 1 Klafter in Linien und
Gradzahlen angegeben. Die Maske, welche in gleiche
Hohe mit dem Gesichte des (im Sitzen) sn Untersnchen*
den gebracht wird , fixirt den Kopf, wie H. bemerkt,
ohne BelS^tigung zu verursaeben, so gnt, dass die
Drehpunkte der Augen unverrttckbar feststehen. Der
Umstand aber , dass jede Augenluke durch eine seitr*
lieh angebrachte Klappe nach Belieben geschlossen,
das betrefTende Auge also aus dem Gesichtsfelde ent-
fernt werden kann , macht den Apparat nach H. be-
sonders zur Bestimmung der Sehkraft, behnfs der
Wahl einer Brille brauchbar , indem es, um die Seh-
kraft eines Auges zu prttfen, nicht nt^thig ist, das
andre zn schliessen, was stets stOrend wirkt.
4) Zur Bestimmung des gemeinschafllichen Ho-
ropters bedient sich H. eines Horopter ometers, wel-
ches den Abschnitt einer Hohlkugel darstellt. Die
schneidende Ebene^ durch einen Seh-
nenkreis von 12'' W. Halbmesser
angedeutet, liegt 5<> über den grössten
Durchmesser hinaus, während die
Oberfläche des Kugelabschnittes durcii
einen senkrechten (bb) und einen
horizontalen (cc) Kreisbogen, von
1900 Umfang und 12" W. Halbmes-
ser jeder, repräsentirt wird, die sich
in A unter einem rechten Winkel
schneiden, und aus 2 Ctmtr. breiten,
an ihrer dem Centrum zugewandten
Fläche von A aus in Grade einge-
theilten Reifen bestehen. Jeder Bogen beträgt von
A bis zur Abschnittsebene 95^, in der Mitte der Ab-
schnittsebene befindet sich ein ovaler Ring (a) , von
der Grösse des menschl. Kopfes, an der Seite dessel-
ben sind gegen das Centrum vermittels einer Schraube
verschiebbare Pelotten angebracht und der ganze Ap-
parat ruht auf einem Fusse , der in der Röhre eines
Stativs verschiebbar ist. Durch die Pelolten wird
der Kopf des Beobachtenden so in dem Ringe fixirt,
dass die Nasenwurzel in das Centrum der Hohlkugel
zu liegen kommt, wovon man sich durch Visiren nach
den Seilen und in der Hauptachse überzeugt. Bewegt
nun der Beobachter die Augen abwechselnd in der
Richtung der Kreisbogen von A aus gegen die Ab-
schnittsebene hin , indem er die Gradzablen zu lesen
oder am Rande der Bogen angebrachte Nadeln zu
fixiren sucht, so findet die Bewegung der Augen auf
der Kugelfläche des Gesichtsfeldes Statt, dessen
Grenzen durch die äussersten genau unterscheidbaren
Gradzifl'ern bestimmt werden.
Dass der Apparait um die Cnrve, welche jedes
Auge bei den Bewegungen auf den Gesicklafelde ans
seinem Drehpunkte beschreibt, genau wiederzngcbeor
eigentlich eine Combination von 2 excentriscben Ku-
geüi, oder eine Eilifsemit horizontala' grosser Aehse
92
VI. Ghirargie, Opbthtlmolagie iL Otiatrik.
von 1'' ExcentriciUt darstellen mtisste, giebt Vf.
selbst zu. Er bemerkt jedoch, dass dieser Umstand,
besonders- bei grösserem Radius , ohne wesentlichen
Nachtheil fUr die Beobachtung sei. Wichtiger ist es
hingegen , dass der Versuch stets subjectiv bleibt , u.
man sich auf die Angaben des zu Untersuchenden ver-
lassen muss, wobei Täuschungen um so leichter mög-
lich sind, als an den äussersten Grenzen des Gesichts-
feldes das Sehen Überhaupt undeutlich wird und die
Divin ationskraft nicht selten dabei von Einfluss ist.
Dem zu Untersuchenden müssen daher an der Grenze
des Gesichtsfeldes Gegenstände vorgestellt werden,
die er nicht vorher zu bestimmen, sondern nur durch
genaues Betrachten zu erkennen vermag. Vf. benutzt
dazu gewöhnlich Zahlen von miltelgrosser Druck-
schrift, die er ohne bestimmte Ordnung auf die Kreis-
bogen hinstellt. Als normale Grenze für das binocu-
läre Gesichtsfeld lässt sich nach seinen Untersuchun-
gen an den verschiedensten Personen bei fixirtem
Kopfe annehmen : der 40^^ nach aufwärts , der 60^
nach abwärts und der 55^ sowohl nach links, als
nach rechts, so dass das normale Gesichtsfeld im
horizontalen Durchm. 110^ im verticalen aber lOO^'
hat. Das monoculäre Gesichtsfeld hat nach auf-,
ab- und auswärts dieselben Grenzen, nach einwärts
aber reicht es nur bis zum 40.^ weiterhin wird es
hier durch den Nasenrücken beschränkt und hat der
Nasenspitze entsprechend die geringste seitliche Aus-
dehnung. Der Raum, wo sich beide monoculäre
Gesichtsfelder decken , hat eine birnförmige Gestalt
und ist 100<^ hoch, 80<^ breit; zu beiden Seiten des-
selben befindet sich ein je 1 5^ breiter Streifen mo-
noculären Gesichtsfeldes , von denen der rechts gele-
gene dem rechten Auge zugehört und umgekehrt.
In Bezug auf den Nutzen des beschriebenen Appa-
rates für pathologische Zustände des Auges, weist
H. zunächst darauf hin , dass Abweichungen von der
normalen Grenze des Gesichtsfeldes bei verschiedenen
Krankheiten vorkommen, wie Schielen, Luscitas,
Trübungen der Hornhaut, Formfehler der Pupille,
eingesunkene oder hei^orsvp0[gende Augen , feh-
lerhafte Gesichtsbildung irrs, w. Jedenfalls ist bei
ihnen eine genaue Bestimmung der Abweichung in
Graden für die Diagnose von hohem Werthe, ganz
besonders gilt diess aber von dem Strabismus, wel-
cher nach H. auf einer Störung jener Bewegung
der beiden Augäpfel beruht, die behufs des /kör-
persehens eingeleitet wird. Es fehlt hier das Ver-
hältniss der beiden monoculären Sehfelder zu einan-
der, welches nöthig ist, um die Gegenstände der
Aussenwelt nicht nur ihrer Flächenbeziehung, als
Bild, sondern in ihrer ganzen räumlichen Beziehung,
als Korper, wahrnehmen zu können. Das Körper-
sehen (Stereoskopie) entsteht aber durch ein Ueber-
einanderschieben der beiden Sehfelder bis zu einem
gewissen Punkte, auf dem sie durch die Augenmus-
keln erhalten werden. Diese Deckungsbewegung
der Sehfelder ist beim Schielen gestört ; bei Strab.
converg. findet für das schielende Auge eine Be-
schränkung des Gesichtsfeldei nach aussen , bei dem
dhergens nach mnen Statt , und zwar bei ersteren
des monoculären, bei letzterem des binoculären Theili
desselben. Mit Hülfe des Horopterometer lassen sick
solche Abweichungen der Deckungsbewegung , selbst
wenn sie nicht mehr als 5 — 3<) betragen, nachweisen,
was auf keine andere Art möglich ist , da eine Ab-
weichung des Bulbus an seiner Peripherie von kasoi I
Ys Mmtr. , welche am Horopterometer beiläufig die
genannte Abweichung veranlasst, noch keinen falschei
Blick bedingt.
Bei monoculärer Myopie und Amblyopie scheint
nach Vfs. Versuchen mit dem fragl. Instrumente die
äussere Grenze des Gesichtskreises für das schwS-
chere Auge im geraden Verhältniss zur Kurz- und
Schvvacbsichtigkeit zu stehen, was für die objective
Diagnose der fragl. Sehstörungen sehr wichtig wärt
Vf. hat auch in der That zu wiederholten Malen ohne
optometrische Bestimmung, nur aus der Messung des
Gesichtsfeldes die Kurzsichtigkeit des einen Auges
diagnosticirt, indem er einen beschränktem Gesichts-
kreis , als an dem andern , einen leichten Strabismos
fand, der mit freiem Auge nicht zu entdecken war.
(Winter.)
80. Die Scariflcation am Aage fiberhanpt e
die Scariflcation der Homhaatgeßsse ; von Dr.
J. Hoppe. (Rhein. Mon.-Schr. Oct. 1851.)
Vf. fasst seine Ansicht Über das fragl. Verfahr«
in folgenden Sätzen zusammen.
1) An der Lidbindehaut ist nichts zu scarifici-
ren , sondern es sind hier nur wuchernde Schleim-
hautwUlste [bei den bekannten Zuständen] abzutragen.
Höchstens kann man bei torpider Entzündung der
Meib. Drüsen an der dunkelgefärbten Entzündungs-
stelle behufs localer Blutentleerung mit dem Messer
Einschnitte machen, lieber eine Art von Scarifica-
tion, wobei er die callösen Lidränder mit zahlreichei
Einschnitten kerbt, gedenkt Vf. an einer andern
Stelle zu sprechen.
2) An der Augapfelbmdehaut ist nur bei Oedem
eine entleerende Incision zu machen , oder bei sehr
blutreichen Pterygien eine iocale Blutentleerung zu
bewerkstelligen. Den Gebrauch der Scheere zu dem
fragl. Zwecke verwirft Vf. , da mittels derselben bei
ausgedehnter Anwendung zu grosser Substanzverlusl
gesetzt wird, Scarification in beschränktem Maasse
aber nichts nützt.
3) An der Hornhaut endlich ist bei Gefässerwei-
terungen, wenn allen andern Indicationen genügt ist,
noch der meiste Erfolg von Scarificationen zu erwar-
ten. Jedoch ist derselbe auch hier nur massig uad
sind die Scarificationen nach der von Vf. selbst ange-
gebenen Art und Weise auszuführen. Er bedient
sich nämlich dazu eines Dieffenbach*schen Sebnenmes-
sers, mit dessen besonders scharf geschliffener Spitze
alle Geftfsse der Hornhaut bis zu den kleinsten, kaum
sichtbaren , theils angestochen , tbeils angeritzt, ein-
zelne Geftlsse selbst an mehrern Punkten verletzt
VII. PgychiatriL
93
werden , Wobei dunkles Blut nelir oder ■ weniger
reiehlich hervorquillt. Nur bei unruhigen Kr. fand
Vf. Lidhalter y oder ein Häkchen zur Fixirung des
Anges nöthig, stets aber scarificirle er alle GeAsse
in einer Sitzung , da er davon nie , wohl aber nach
partiellen » öfters wiederholten Scarificationen heftige
Reaction auftreten sah. Er betrachtet tiberhanpt die
Scarifieation nur als Einleitung zur Kur, wendet nach
derselben die ntflhigen innern und äussern Mittel an
ond wiederholt die Scarifieation erst nach wochen-
langer vergeblicher Anwendung der letztem. Bei
Vfs. Verfahren wird demnach nur das Gefäss mit dem
dasselbe bedeckenden Epithelium verletzt, während
die von T a vi g n o t (Jahrbb. LXXI. 214) zu gleichem
Zwecke empfohlenen oberflächlichen Einschnitte in
die Hornhaut bei einer Länge von \^/^**' mehr ver-
letzen als nölhig ist, und nicht einmal die Gewissheit
geben, dass die Gewisse auch wirklich ganz durch-
schnitten werden , was nach Vf. indess bei keinem
der hier zulässigen Verfahren mit Sicherheit verbürgt
werden kann. Die Scarif. mit dem schneidenden
Messerrande, wie sie Tavignot empfiehlt, ist aber
auch schon deshalb nicht zweckmässig, weil man bei
zugweiser Führung des Messers nur die Richtung,
nicht aber die Kraft des Messers auf jedem Punkte
der Schnittlinie in seiner Gewalt haL Ebenso wenig
halt es Vf. ftlr zweckmässig, die Gef^sse nach Ta-
vignot am Scleralrande der Hornhaut zu scarifici-
ren, sondern räth diess Überall zu thun , wo sie sich
vorfinden , und zwar besonders im Gentrum der Ent-
z&ndung selbst. Denn es kann nicht die Absicht
sein, die zufahrenden Haargefässe zu veröden, was
bei allen Entzündungen nach Vf. unphysiologisch ist,
sondern auf den Krankheitsherd selbst entleerend ein-
zuwirken. Je ergiebiger die Durcbschneidung nach
seinem Verfahren in der Mitte des Entzündungsherdes
selbst ausgeführt wird, um so schwächer ist nach H.
die darauf folgende Reaction.
Als naebthettige Fe4gt der Scarifieation der Hom«-
hautgefifsse erwähnt Vf. nur die Verschrumpfung des
fipithelialttberzuges, in Folge der zahlreichen dadurch
hervorgerufenen Narben. Besonders ist diess zu
befürchten, wenn die Scarif. oft und mit kurzen
Zwischenräumen wiederholt wird, und wenn man sich
des von T a V i g n 0 1 empfohlenen Verfahrens bedient.
Ileberhaupt unternimmt Vf. die Scarif. gegenwärtig
nur gegen den Pannus, welchen er als oberflächliche»
diffuse Hornhautentzündung betrachtet. Selbst hier
macht er indessen nur selten davon Gebrauch, da
demselben gewöhnlich Lidgranulationen zum Grunde
liegen, nach deren Beseitigung die Guthrie'scbe Salbe
meistentheils zur Heilung ausreicht. Ist diess nicht
der Fall, so soll noch ein snderes Leiden, besonders
Wassersucht der vordem Kammer , ilie Erweiterung
der Hornhautgefässe unterhalten. Krst wenn nach
Beseitigung auch dieses die Guthrie'sche Salbe oder
ähnliche Mittel ohne Erfolg bleiben, lässt sich nach
Vfs. Erfahrungen von der Scarifieation auf die ange^
gebene Art eine günstige Wirkung erwarten.
(Winter.)
81. CoUoüiim bei der Operation des Sym-
blepharon; von Dr. Flügge zu Norderney. (Hann.
Corr.-Bl. IL 13. 1851.)
Vf. op€rirte ein ziemlich bis auf die Homkant sich er-
streckendes Symblepharon auf die gewöhnliche Weise mit
Messer und Scheere. Nach gänzlichem Aufhören der Blntung
aber trocknete er die ganze Wundflache mit einem Tuche
recht sorgfSItig ab und bestrich sie alsdann mit CoUodium,
wobei er das Augenlid so lange abzog, bis der Aether ferdan"
stet war , so dass nur geringe Schmerzen dadurch hervorgeru-
fen wurden. Der auf diese Art entstuQÜcnc Ueberzug musste
nach 12 Std. , da er gelockert war, erneut werden , was alle
12 Std. [wie lange, hat Vf. nicht angegeben] wiederholt ward.
Auf diese Art gelang es, die Wiedervereinigung der getrennten
Flachen vollständig zu verböten. Nur zeigte sich an der
Stelle der Bindehaut ein narbenartiges, glattes Gewebe, wel-
ches indessen nach Verlauf mehrerer Wochen sich nicht zu
ändern schien . (Winter.)
m PsychiatrIL
82. Deber BlOdsinn mit Paralyse ; von Dr.
A. Doehek in Prag. (Prag. Viertel].- Sehr. 1. 1851.)
Auf die allgem. Paralyse bei Geisteskranken mach-
ten zuerst franz. Aerzte aufmerksam; obgleich im
Principe fehlend , indem sie die Paralyse als zufällig
zum Irresein hinzutretende Complication betrachteten
und die anatom. Grundlage der Krankheit in etwas
Anderem suchten , als die neuere Forschung gelehrt
hat, 80 haben sie doch viel zur Kenntniss derselben
beigetragen. Die frühem Autoren beschrieben theils
das Rörperleiden allein, welches sie dann allgem.
Paralyse oder Paral. der Geisteskranken nannten, od.
sie verbanden damit das Seelenleiden, Monomanie des
grandeurs mit allgem. Paralyse, oder Aooia subpara-
lylica.
JeHohgie. Die Krankheit kommt häufiger im
Norden» als im Saden vor, in der Irrenanstalt Aversa
bei Neapel fanden sich 1827 unter 500 Kr. kanm
2 — 3 Paralytische, wahrend Bsquirol in Gharen-
ton unter 619 Irren 109 Paralytische zählte. Das
männliche Geschlecht ist häufiger davon befallen ala
das weibliche, auch kommt die Krankheit vor dem
20. Lebensjahre fast nie, selten zwischen dem 20.
und 30. J., am häufigsten zwischen dem 30. u. 40*
J. vor; später nimmt die Häufigkeit ab und nach dem
60. J. wird sie fasi nie mehr beobachtet. Lunier'a
Angabe, dass nach dem Aufhören der Menstruation
Frauen ebenso häufig an allgem. Paral. erkranken als
Männer , zeigt sich nicht slichhaltig. Die gebildeten
Klassen liefern ein zahlreiches Contingent (Beamte,
Kaulleute, Militairs, Künstler, Gelehrte), namentlich
ist die P. unter MiliUirs häufig. Sexuelle Exeesse u.
starkes Trinken scheinen namentl. dazu zu disponiren;
Esquirol's Angabe, dass der Gebranch von viel
94
VI!. Ptfjdiittrik.
Mmov ftriugsweise dielQraaWbeitveranlMfen kmine,
will Vf. uefat anfirkennen, weil solche Kr. in der Re-
ge} iQgleieh sexuellco Bxeeasen sehr ergebeft waren.
kn HnreditHt scheint sich die Krankheit nicht hesou'*
den zu hnttpfen, Gematliaaffeete , hesanders depri*-
nivcDderArt, hatten unter 68 Füllen I2mal nicht
sowohi die Paratyte , als das einleitende melancho«-
liache Stadium hervorgerufen. In Widersprach mit
Andern , hat Vf. die P. nie mit RfNlepaie complicirt
pafiinden, er glaubt» dass die eonrulsiven Anßllle für
epileptische gefiahen wurden.
Anatomische Ferändenmgtn, SchädefgewOlhe
BMist gerSumig, oval, im Knochen compact, von ver*
nchicdener Dicke, frische Osttophyteo kommen oft
und meist an den Nähten vor, welche Region, so wie
die der ätim nicht seilen egcqnisite Massenaitnahme
des Kneebene zeigt. Bie Osteephylen sind von ver*
schiedenem Volumen, Paechienische Granulationen
verdünnen nicht selten die Knochen bis sur Durch-«
»iebtigkeit. Die Dura mater ist bald gespannt, bald
erschlafft, ihr Gewebe nioht selten blutreich, dick,
injicirt, die Araohnoidea milchig getrübt und verdickt,
und zwar in. sehr verschiedenem Umfaoge. ihr Ge-
webe ist meist leicht zerreisslich, bald blutarm, bald
Von grob injicirten Gewissen durchzogen , mehr oder
weniger serös infiitrirt. Der Arachnoidealsack ent-
htlt »eist Yi%\ Serum, Mut oder Eiter; die Menge
des Serum steigt oft auf IY3 — '^ P^d. und umgiebt
das Gehirn in Form einer gespannten Blase, das Se*
rum seibat ist weiss, hell, klar. Intermeningealexlra-
vesate sind ebenfoUs häufig, ältere erscheinen als
rostbraune mit ebenso gefärbtem Serum durchfeuch-
tete Membranen. Derartige massenhaftere Blutergüsse
sjMjedooh sollen, dagegen findet man öfters rost-
oder greubrtune fest adhSrirende Besdiläge oder An-
flüge mehr oder weniger organistrten Extravasates.
Blutergüsse jüngerer Bildung sind nicht selten , hän^
gen oft mit pyämischen Erscheinungen zusammen u.
haben immer nur secundäre Bedeutung ; man findet
dann tlber einer der Hemisphären oder über beiden,
oder an der Basis des Gehirns im Sacke der Arach«-
noidea eine membranös geronnene Schicht einer grau-
braunen, blutigen Fibrine von verschiedener Dicke,
womit zngleioh die Kriterien der jttvgsten Bildung
gegeben sind. Die Pia meter findet man meist , wie
diie Arachnoidea in versehiedenem Umfange getrübt,
verdichtet und meist von grub injicirten mit dunkel-
flnseigen Blute gefüllten Venen durchzogen, das
Gewebe selten fest, meist zerreisslich , Verwachsung
der weichen Birnbeut mit der Okerfläche der Gortif
onlmbttanz in verschiedener Ausdehnung kommt gletcb
oft vor, als leichte Ablösbarkeit dieser Membran vom
ttekirn, unter bedeutendem Arachnoidealextravaaate
ist die Pia mater immer verdickt , zerreisslich , mit
Exsudat bedeckt und davon infiUrirt. Neben der
Massensunahme der Pia mater bildet vorzüglich ein
hober Grad seröser Infiltration einen constanten Lei*^
chenbefuttd, der nur da fehlt, wo der Sack derArach-
noidea durch Serum abnorm gefallt ist Letzteres
iflt bald klar, durcheiohlig , farbloe, bald geUibch,.
brUnnlieh. An der Bnsis des fleliiras erreicht die In-
filtration selten einen hohen Grad. -*- Des grosse
Gehirn seigt ioNner einen mehr oder weniger hohen
Grad von Atrophie, so dass die Oberftiche der Benv^
Sphären in einzelnen Fällen auf eine Distanz von
mehrern Linien von der harten Hirnhaut entfernt ist;
der Zwischenraum wird durch im Arachnoidealsacke
ergossene, theils durch in den Häuten infiltrirta Pitt»*
sigkeit ausgefium. Die Oberfläclie der Hemisphären
ist bald mit der Pia meter verwachsen , bald ven ihr
leicht löeilieh, die Gyri des grossen Hirns meist dttnn,
sehmai, sehen plattgedrückt, die Siulci lief n. breit,
in ihnen ist die inßltrirle, weiche Hirnhaut eingebettet.
DteCerCiealsuhstanz ist dünn, atrophisch, bald sohlaif,
bald dicht und derb, htnfig serös infiitrirt, selten
ungewöhnlich blutreich, ihre Farbe dunkel, sfthmslzig
rostbrami, das Hirnmark meist dicht und derb, seihst
lederartig zähe, selten vreich, dabei gewöhnlich bkit^
arm, selten übersteigt der Blutgehalt das Nonnale.
Die Farbe des Markes ist graulich weiss , acbnaittzig
mit leichtem Stiche ins Gelbliche. In keinem Falle
fand sich Bluterguss in die Substans des Gehirns.
Di« Hirnventrikel sind immer ausgedehnt und mit hla*
rem» farblosem, selten trflbem Serum geiäUt, die Er«-
Weiterung erreicht nicht selten das 3-**^4fa<he des
normalen Volumens, die Quantität des Serums hXuig
5 — 6 ünnen. Bei bedeutenden IntermeningealeKtra-
vasaten ist der entsprechende Ventrikel eng , der der
andern Seile von Serum ausgedehnt. Die Ausdeh-
nung betrifft zumeist die sämmtliehen Hörner der
Seiten Ventrikel, vrorans Abplattung der Wände folgen
muss, die Thalam. nerv. opt. und Corpora striata
haben gewöhnlieh an Convexität verloren. Die PI ex.
chor. sind blass , blassroih , selbst dunkelroth , ihr
Zellgewebe ist entweder ganz oder theilweise milchig
getrübt, bisweilen kommen variköse Gef^sse darin
vor. Die Sinns der Dura mater enthalten meist düam^
flüssiges, schmutzig- rolhbraunes Blnt in verschiede-
ner Quantität und mürbe , geringe Blutcoagula. Das
Kleinhirn zeigt sich dem Volumen nach immer nor-
mal , ebenso dessen Substanz und Häute. Auch das
Rtfckeitpark und seine Häute bieten nur ein Analogon
zur Beschaffenheit des Grosshirns. Allein es finden
sieh beim Blödsinn mit Paralyse nicht nur die €en-
traltheile des Nervensystenui anatomisch verändert, es
partioipirt auch der ttbrige Organismus. In den Lun-
gen findet sich unter 20 Fällen 7mal Tuberkulose in
meist chronischer weit gediehener Form, hiufig femer
chronischer Bronchialkatarrb mit Lungenemphysem
und lobulären Hepatisationen , Lungenbypestase ist
selten , ebenso croupöse lobuläre Pneumonie , Lnsh
gengangrän ward nie beohaehtet Atrophie des Her-
zens ist gewöhnlich, Klappenfial^r kommen selten
vor , die Leber ist meist klein , von kngliger Form»
reichlich Blut enthaltend, die Gellesblase seigt wenig
wässerige Galle,, selten G^attensleine, Pfertader und
LebergefiKsse von dunklem, dickftttseigena Blute stron-
zend, die Milz vergrössert, von starkem Blutgehalte,
die Nieren blutreich , nicht selten bedenlcnd ausge-
dehnt» manfhmnl Nephriüs, Hamblaso meist ausge«>
ViL Fifihiattfk.
^5
IUI verdkkum WMdungtn» in Stcke ies
Peritottüuiifl ^ckA sallM eine grossere Meage Serum,
datselbe »1 oll im Zuslantfe chronieclmr , fibrinöser
Entstadhiifg, häufig Tuberkul^e 4w Bauchlelies. Oie
Mtgeesebleimhaat leigt meiel cbron. Kaiarrh mit Iril-
uerrbagiaeJben KresioDen , blafig gabeiUe ruikk Ma-
geBgeschwClre , nie Krebs, in der Scbleimbaut des
ihrigen Darmkanaia trifft man gewöhnlich cbroniscbtn
Katarrh «ad tuberkulöse ßeschwitre , bis zur Perfo-
ration des Pirooess. tennteulanB entwickelt, dabei
MUcaiunpers^hwXrung« Hydrops aoeites und ana-
•»ka, ansgebreilete Haütabaeesse md Decubitus sind
biufig. -^ fiel der Terliegended Foroi des Irrseris
finden wir anr Belenebtang und Erklärung der im
Leben beobachteten Symptome vors«glieh 2 wichtige
Proeesse der Nerveaeeotren , ektonueht Memngitis
w^jiir^kie das Gr^sMrns. Die erstem, charak-
lerisirt durch 4ie angefahrten ßrscheanungen , ent-
steht durch die angegebenen Momente : ttbennfiseiger
Genuas geistiger Getränke und geistige Anstrengung ;
sie kouMBt auch bei nicht geisteskranken Trunken-
bolden biufig vor. IKe Hirnotropbie ist der senilen
analag, eine Atrophie seniüs praeoox, welcher chron.
Meningiüs vorhergeht. Das Schnunpfen der Hirn-
üaaae bann aecundiren UOdsinn, ider auf andere
fixallationsfarmen des Irrseins folgt, seigt sich nie
als Atrophie öer gaoaen Masse des Gcosshirns, es
sind Torzugsweise die Ventrihel , weiche mit Serum
geföUt sind, bei keiner andern GeislesatOrung findet
man so ausgebildeten Hydroceph. ext. als Symptom
concenlriscber Schrumpfung der Hirnmasse, wie hier.
«— Dk iwei Hauptprocesse in den Cenlraltheilen des
Narvensysletts« Meningitis und Hirnatropliie, scheinen
den iwei am meisten in die Augen fallenden Symplo-
mengruppen der psychischen Exaltation und der all-
gemanen Paralyse au entsprechen. Dass chron.
Meniogitis den psychischen Exaltationsstand hervor-
rufe, wird durch ahnliche patholog. Vorginge bei
Manie, Wahnsinn nachgewieBen , es ist jedoch vor
ierR^d nach nicht erklärlich, warum eus Process
bald dieaa , bald jene Form Ton irrsein hervorbringt,
ebenso wenig als man ansugeben vermag, warum bei
unserer Krankbett das Irrsein fast immer den Charak-
ter der Monomanie des grandeurs an sich tragt.
Ebenso wie bei der Meningitis ist es bei der Himatro-
phie sehr schwer, den Einfluss direct nachzuweisen,
den aia »mfEatstefaung der ailgem. Paralyae und Atro-
phie eiBxelner Organe, des Herzens, der Leber u. s* w.
wie auf das allmälige Zugruadegehen jeder geistigen
ThitigkaiC austtbt. Ea ist kieht zu vermuthen , dass
bebe Grade von Hirnatropbie Erlahmung der meto-
und psychischen Thitigkeit zur Folge haben
ten, dber wie kommt te» dass sich die Lihmung
L B. zaerst au der Zunge zeigt und dann auf die un-
lern fintremttiten Übergeht. Zwar sind Fifle bekannt,
wo ameh massenballen Araclwatdaalblotongen (Apo-
plexie) uugeablicklich Unvemftgen su sprechen, oder
doch exqnisttas Stammeln bemerkbar war, so dass
SMA glaubeai sollte, eine genügende firklirang dieses
SyaaptofliS gefuidan x« h^hm^ doafa int daoil aacb
nicbt gedient , denn einerseits ist deshalb noch nieht
einzusehen , welchen Einfluss ein solches Extravaeat
gerade auf die Beweglichkeil der Zunge Übt. Andrei^
seits ist bei einer gleichen Anzahl von Fallen keine Spur
von Blutung nachzuweisen; man mUssle denn anneh-
men, dass die reichlichen serOsen ErgUsse io der
Umgebung des Gehirns primär waren u. der Schwund
erst secundär durch den Druck herbeigeführt würde,
um eine Analogie zwischen den beiden Reihen von
Sectionsbefunden festzustellen; es fehlt jedoch xu
solclier Hypothese der Anhaltepunkt. Wir müssen
daher auf die Erklärung der Paralyse durch primir
oder secundir (Geiiirndruck) entstandene Hirnatrophie
zurückkommen. Ebenso wenig ist ein Zusammenhang
zwischen Meningitis und Hirnatrophie nachweisbar,
obschon rücksichtlich der Prognose die »dieser Gei-
stesstörung eigenthümliche SelbstüberschUlzung sehr
zu fürchten ist Das oft gleichzeitige , oder der Zeit
nach wenig entfernte Auftreten des psychischen und
somatischen Leidens, der Charakter der Schwache,
der schon frühzeitig bei aller Exaltation dem Delirium
aufgedrückt ist und bald in Blödsinn übergeht, deu-
tet auf inaigen Zusammenhang beider Processe in der
SchadclhOhle. Vf. betrachtet daher die Paralyse nicht
als zußfllig zu irgend welcher Form des Irrseins hin-
zutretend, und halt deshalb den Namen „Paralyse
mit Blödsinn" fest , noch richtiger würde es Anoia
ex atrophia cerebri heissen. Noch ist hier der An-
nahme zu begegnen , dass jede Art von BlOdsinn von
Hydroceph. chron. und folglich auch von Hirnatrophie
be($leitet werde, diese daher nicht unserer Form
allein zukomme. Dieselbe ist falsch, denn bei 2 —
300 Sectionen Geisteskranker, welchen Vf. beiwohnte»
war kein einziger nicht Paralytischer, der diesen
Befund geliefert bitte. Hydroceph. veatriculor. findet
sich wohl bei jedem Anoicus , Blutextravasate gerin-
gerer Art und chron. Meningitis sind auch andern
Geisleskranken eigen, totale Hirnatrophie aber findet
sich nur beim Blödsinn mit Paralyse, beim Blödsinn
der Greise und bei hochentwickelter Säuferdyskrasie.
— Die Extravasate im Sacke der Arachnoidea, von
denen der Augenschein die spatere Entstehung zeigt,
klaren über die wahrscheinliche Bedeutung jener häu-
figen cofltulsiven Annille bei den Rr. unserer Art auf.
Die Erscheinungen dabei gleichen Tollkommeu denen
einer Hamorrhagie in die Masse des Gehirns , ea «ei-
gen sich Bewosstlosigkeit, Gonvulsionen, LShmnngen,
welche Symptome nach einigen Tagen verschwinden.
Es scheint I dass diesen Erscheinungen die frischeren
Bifflorrhagieu entsprechen, die man hiufig in den
Leichen findet und die secundir durch das SehVdel-
▼acnum bedingt sind. Entsprechen sie aber dem
entstandenen Vacnum nicht, so rufen sie durch ^uek
anfe Gehirn diese Znlillle hervor. Ihre meist geringe
Ausdehnung erklKrt zugleich das Zorückgelien der
Erscheinungen, jedoch mit jedesmaliger Verschlim-
merung des Gesammt^ustaades , indem die Geistes-
fthigkeit tiefer sinkt, die Paralyse sich siSrker ent-
wickelt. Im AnCnige der Krankheit ist die Blutkrase
entsobiaden fibrinas,apiterhypino«i8eh oderpyimisch,
96
VII; Pfychiatrik.
selten hydropisch ; als Folge des Fibrinmangels sind
croupöse Pneumonien sehen, dagegen zerstreute
lobuläre pneumonische Herde mit schlechtem» brflchi-
gea Exsudate häufig.
Symptome. Vf. berührt zuerst die Frage, ob die-
ser Form des Irrseins , gleich den (Ihrigen , ein ge-
trenntes Stadium meiancholicum vorausgehe, und
beantwortet dieselbe bejahend ; wenn auch nicht in
allen Fallen eclatante Melancholie die Krankheit ein-
leitet, so war doch bei der Hehrzahl der Kr. kürzere
oder längere Zeit vorher ein auflallend verändertes
Benehmen, Traurigkeit, Theilnahmlosigkeit , Miss-
trauen u. s. w. zu bemerken. Oft erreicht die Me-^
lancholie einen hohem Grad, es zeigt sich Stupor,
Willensschwäche, Mangel an Combinalion , zuweilen
entdeckt nmn schon jetzt unzweideutige Zeichen der
Paralyse, die den weitern Verlauf der Krankheit ahnen
lassen. Zu Ende dieses Stadiums kommen mitunter
tobsüchtige AnHllle, durch Visionen eingeleitet, vor.
Die Dauer der einleitenden Melancholie ist verschie-
den , von einigen Tagen bis zu 1 ^j^ J. , bald milder,
bald stärker auftretend , selten in gleichem Inlensi-
tätsgrade fortdauernd , und es lässt sich dieses Stad.
melancholic. von dem Eintritte der Monomanie des
grandeurs nicht immer streng trennen. Wie die dem
Wesen nach streng von einander geschiedenen und
aufeinander folgenden Processe der chronischen Me-
ningitis u. der Hirnalrophie als Grundlage der Krank-
heit zu betrachten sind , so mttssten eigentlich dem-
gemäss auch die sämmtlichen Symptome in 2 Haupt-
gruppen zerfallen , allein es lässt sich nicht mit Evi-
denz angeben, wenn der eine und der andere Krank-
heitsprocess beginnt. Vielleicht hat die Meningitis
ihren höchsten Gipfel erreicht, wenn die Selbstüber-
schätzung eintritt , vielleicht entwickelt sich die letz-
tere erst mit dem Erscheinen der Entzündung der
Hirnhäute u. s. w. ; die Aufstellung scharf nach den
pathologisch - anatomischen Processen getrennter Pe-
rioden ist nicht möglich. Man muss daher solche
Stadien der Krankheit abgrenzen , in die der höchste
Entwicklungsgrad der der Entzündung oder der Atro-
phie angehörenden Symptome fällt.
I. Stadium der psychischen Exaltation. Das
Delirium trägt hier unter 30 Fällen 29mal den Cha-
rakter der Exaltation an sich , selten ist Melancholie.
Die Exaltation erscheint als Wahnsinn und seltener
als Tobsucht, ersterer charakterisirt sich in den mei-
sten Fällen durch gleichzeitige psychische Schwäche
und es lässt sich als Ursache davon der frühzeitige
Beginn der Hirnatrophie annehmen. Tritt das Deli-
rium als Wahnsinn auf, so zeigt sich schon im Be-
ginne eminente Perversität aller hohem psychischen
Functionen , vor Allem sticht die Alienation des Vor-
stellens hervor. Den grossen Reichthum an Bildern
und Vorstellungen, meist grossartiger Natur, welcher
den Kr. innerlich beschäftigt, sucht er auch nach
aussen zu zeigen , daher schnelles und vieles Spre-
chen, rascher Wechsel des Gesprächsstoffes ; der In-
halt der Rede ist meist eine stete Vervielfältigung der
verschiedenartigsten Objecte, die glänzendsten Bilder,
ausdrucksvollsten Worte, höchsten Zahlen u. s. w.
Mit der Alienation des Vorstellens parallel geht PeN
versität der Selbstempfindung und des Wollens; das
Seibstbewusstsein des Kr. ist erhöht, er ist im Zu-
stande des höchsten Wohlbefindens, der hOchsleo
Behaglichkeit, glaubt sich im Besitze ausgezeichneter
Persönlichkeit, das Höchste geleistet und erreicht n
haben. Diese Erregtheit steigert sich oft zu einem
der Manie ähnlichen Zustande, ja zu tobsüchtigen
Anfällen, besonders , wenn man der Aeusserung des
krankhaften Wollens und der Verwirklichung dieser
Pläne hindernd in den Weg tritt. Wenn solchen Kr.
methodisch Hemmnisse in den Weg gelegt werden,
z. B. durch Isolirung , Zurückhaltung in einer Irren-
ansUlt, so ruft das Gefühl der Hemmung nie die
Vorstellungsmassen des frühern gesunden Ich wieder
hervor, es tritt kein psychischer Kampf derselben mit
dem Wahne ein , sondern es bleiben dieselben viel-
mehr im Hintergrunde und der Kr. bringt die Wahn-
vorstellung mit der Aussenwelt dadurch in Verbin-
dung, dass er ein ihm feindliches Princip annimmt,
auf welche Weise die abentheuerlichsten Ideen von
Verfolgung, Umgebensein mit Spionen entstehen and
worauf sich der Hass gegen Verwandte und Freunde,
die ihn an seinen extravaganten Handlungen hindern,
gründet. Das erhöhte Streben, das krankhafte Wol-
len nach aussen zu richten , dauert nur kurze Zeit,
bald offenbart sich gerade im Wollen physisde
Schwäche , welche Erscheinung der Zeit nach paral-
lel mit dem Auftreten der Paralyse ist. Man kann
aus der vor sich gehenden Veränderung der psychi-
schen Exaltation einen sichern Schiuss auf alles spä-
ter Eintretende, Paralyse, Blödsinn u. s. w. machen.
Das Widerstreben der Kr. gegen Opposition ist das
sichere Kriterion; scheint Widerstand auch den leb-
haftesten Zorn des Kr. zu erregen , so ist doch die
Ausdauer im Widerstreben und die Willenskraft se
gering, dass das Versprechen , z. B. einer Lieblings-
speise u. dergl. hinreicht , die Erregung des Kr. zu
beschwichtigen. Durch methodischen Widerstand
kann man ihn sogar auf Stunden der Aeusserung sei-
ner Pläne entfremden und seine Aufmerksamkeit
mit der Wirkhchkeit beschäftigen. Aber auch die
Affecte, die Gemttthssphäre , leiden in kurzer Zeit
Der Kr. wird gleichgtiltig gegen ihm wichtige Vo^
gänge, liebgewesene Personen, die Reproduction der
Vorstellungen wird träge , es tritt Mangel an Urtliei-
len ein, weiteres Ausmalen und Durchdenken des
Wahns unterbleibt , oder ist nur in geringem Maasse
der Fall. Die Sinnesthätigkeit zeigt eine auffallende
Perversität; fiallucinationen , Gesichts-, Gehörstäo-
schungen, die Kr. sehen Schätze vor sich, hören
liebliche Musik, wohnen glänzenden Festen bei u. s.w.
Geschmacks-, Geruchs- und Gefflhlshallucinationen
sind seltener, kommen aber auch vor. Die Art, wie
sich die Selbstüberschätzung offenbart, ist immer dem
Bildungsgrade , dem Stande , den Gewohnheiten des
Kr., nicht minder den herrschenden, durch Zeitver-
hältnisse bedingten Ideen entsprechend. Das Beneh-
VII. Psjchiaürik.
97
men der Kr. rechtfertigt das Aber .ihr Inneres Ge-
sagte, anfangs suchen sie zu zeigen, was sie denken,
gebSrden sich stolz, kleiden sich sorgfüllig, brauchen
hochtrabende Redensarten, sprechen fremde Sprachen
u. s. w. , sind heiter , freigebig , verschwenderisch,
aind xu Trunksucht, Excessen in venere geneigt,
Racbegefnhl leitet sie oft zu genneinschadlichen Hand-
lungen , z. B. Feueranlegen. Tritt dagegen Paralyse
und nait ihr physische Schwache ein , so ändert sich
das Benehmen , die Kr. vernachlässigen ihr Aeusse-
res, vom Stolze und der äusserlich ausgeprägten
Selbstüberschätzung bleibt nur die gewohnte Form,
gewohnte Handlungen und Bewegungen, Willens-
schwäche zeigt sich jetzt oft und erfordert Beaufsich-
U'gung, z. B. in Betreff der Unvorsichtigkeit mit Feuer.
KOrperlicherseits zeigt sich vermehrte GeHissthätigkeit
mit Congestionen gegen den Kopf, die Temperatur
desselben ist erhöht, der Garotidenpuls stark, der
Radialpuls meist beschleunigt, Se- und Excretionen
selten verändert , Stuhlgang meist träge. Die Mus-
keln des Rampfes ausserhalb der convulsiven Anfillle
meist gesund, zuweilen krampfhaftes Zucken der Ge-
sichtsmuskeln, der Gang der Kr. ist meist schnell.
Selten ist ausgesprochene Tobsucht die psychische
Grundlage dieses Stadiums, es ist meist kurz und die
Paralyse tritt gewöhnlich noch während desselben
ein. Nach Ablauf der Tobsucht folgt entweder Wahn-
sinn mit Selbstaberschätzung u. psychischer Schwäche,
oder es tritt nach kurzer Dauer der Manie ein hoher
Grad Ton Verworrenheit ein , auf den Blödsinn mit
Apathie folgt. Erscheint das psychische Leiden unter
der Form von Melancholie , so dauert diese gewöhn-
lich ebenso kurz , als die Tobsucht , bald folgt Ver-
rücktheit mit Paralyse. Solche Kr. sind meist länger
als die Wahnsinnigen Heilobjecte, da der Fortschritt
der Paralyse und des Blödsinnes sehr langsam erfolgt.
Charakteristisch ftir dieses Stadium sind die bald un-
ter der Form der Epilepsie, bald unter den Erschei-
nungen der Apoplexie auftretenden Anfalle, sie knü-
pfen nicht selten das melancholische an das Exalta-
tionsstadium und leiten das Auftreten und Fortschrei-
ten der Paralyse ein, da nach jedem Anfalle Ver-
schlimmerung in der psychischen und somatischen
Sphäre erfolgt. In früherer Periode der Krankheit
sind die Anfalle nach dem Vf. kürzer , geringer und
von minder bedeutender Rückwirkung als gegen das
Ende der Krankheit , wo sie nicht selten sogar den
Tod herbeiHlliren. Die Kr. klagen durch 10 — 20
Minuten über Eingeschlafensein u. Schwere in irgend
einer (meist obern) Extremität, die nach aufwärts
sich endlich der Zunge mittheilt, welche schwer be-
weglich und mit Mühe hervorgestreckt wird. Die
betreffende Extremität wird kühler und schwerer be-
weglich, Eingenommenheit des Kopfes, Funkensehen,
Blässe des Gesichts und der Lippen , kühlere Tempe-
ratur des Kopfes, Sprache schwerfällig, Gähnen, Auf-
stossen, rieselnde Kälte, Schläfrigkeit, Zittern der
Fttsse, Puls klein, seltener, nach i — 1 V2 ^^^' ^^^^
der Kr. Erleichterung, nur bleibt durch 12 — 24
Med. Jahrbb. Bd. 73. Hfi. 1.
Std. Eingenommenheit des Kopfes zurück. Nach
jedem solchen Anfalle leidet die Sprache mehr, wird
stammelnder, psychische Schwäche tritt deutlicher
hervor. Nicht immer ist die Dauer des Anfalles so
kurz , in schwerern Fallen ist das Bild der Apoplexia
gravis vorhanden , u. die Erscheinungen weichen erst
nach 3 — 4 — 8 Tagen. Die anatomische Grund-
lage dieser schwerern convulsiven oder epileptischen
Anfalle scheint Bluterguss in den Sack der Arachnoi-
dea zu sein. Mit den angeführten Erscheinungen
zugleich, oft früher, oft später, treten die ersten An-
finge der allgemeinen Paralyse auf, die sich zuerst
durch gehinderte Function der Sprachwerkzeuge be-
merkbar macht (verminderte Sprachgeläufigkeit) , die
Kr. scheinen entweder einzelne Worte schwerer aus-
zusprechen, oder die Rede stockt vollkommen , dabei
erschwert noch schwerere Beweglichkeit der Lip-
pen das Sprechen wesentlich. Die Zunge ist noch
beweglich, nicht zitternd, wenn sie hervorgestreckt
wird, so dass die Muskeln der Zunge nach denen der
Lippen an der Lähmung Antheil zu nehmen scheinen.
Der Klang der Stimme wird verändert, mehr Gaumen-
und Nasenstimme, klanglos, zitternd.
n. Stadium des ausgebildeten Stammeins, Der
Kr. giebt weniger Beweise von Selbstüberschätzung,
die Erinnerung an den gesunden Zustand ist etwas
zurückgekehrt, er nimmt an der Umgebung mehr An-
theil , heftige Exaltation , Tobsucht lassen nach , die
Sprachgeläufigkeit stellt sich grossentheils wieder
her, dieser Zustand dauert oft ziemlich lange, ge-
wöhnlich 3 — 4 Monate. Ist dieser Zeitraum vor-
über, so treten psychische Schwäche und Erschei-
nungen der allgem. Paralyse desto rascher auf. In
den andern Fällen, wo die vorübergehende Besserung
fehlt , tritt der Charakter der Schwäche immer deut-
licher hervor, derReichthum an Vorstellungen schwin-
det mit den Affeclen , ebenso der Rest von Klarheit
im Denken; Gedächtnissschwäche auffallend, nicht
minder die Willenlosigkeit ; wie im 1. Stad. beschäf-
tigen auch jetzt den Kr. die verschiedenartigsten Sin-
nestäuschungen, obgleich sie nicht mehr glänzend u.
reichhaltig sind. Auffallender noch sind die Verän-
derungen in der somatischen Sphäre, die Erscheinung
ungeregelter Sprache tritt deutlicher hervor, die Mus-
keln der Sprachbewegung versagen den Dienst, es
tritt erst Stottern , dann vollständiges Stammeln ein,
die Vocale werden mit geringerer Schwierigkeit aus-
gesprochen, als die Consonanten, besonders die Lip-
penlaute u. s. w. , es kommen convulsive Bewegun-
gen der Gesichtsmuskeln, besonders des Schliessers
der Lippenspalte hinzu , wodurch das Gesicht häss-
lich verzerrt wird. Das Gesicht wird ausdruckslos,
dumm, nichtssagend, die Hautfarbe wird grau , fahl,
die Haut verliert ihre Elasticität, die Epidermis schuppt
sich ab, die Kopfhaare fallen aus. Die Paralyse theilt
sich auch den Muskeln des Rumpfes mit, doch über-
windet der Wille jetzt noch die beginnende Schwäche ;
Urinverhaltung und Stuhlverstopfung sind häufig.
13
98
m Pflr*»ir*-
in. StuMm ckßrokterisiri durch die LäJmung
der untern Extremitatm. Die psycbisdie Schwache
nimmt immer mehr zu, das tr^ge und mangelhafte
Vorslellen findet später nicht mehr Statt, die Affecie
bleiben aus , mit ihnen verschwinden die Wahnvor-
stellungen, oder werden zum blosen Worte, das Ge-
dächtniss hört beinahe auf, der Sinn für Reinlichkeit
und Schamhafligkeit erlischt. Der Wille ist unter-
gegangen, der Kr. muss zu allen Handlungen von
aussen angetrieben werden, in seltenen Fällen geht
sogar der Drang zur Nahrung verloren. Geistige
Gombinationen finden somit nicht mehr Statt, Sinnes-
täuschungen dagegen sind noch vorhanden. Oft
wechselt der apathische Zustand mit tobsüchtigen
Antillen, welche besonders bei Nacht häufig sind,
wobei die frühere Selbstüberschätzung noch hervor-
tritt und ausnahmsweise erhöhte Geßtsslbäligkeit vor-
handen ist. In allen übrigen Fällen prägt sich die
Apathie schon im Gesichte aus, od. dje Kr. zeigen sich
mürrisch, verdriesslich. Parallel mit der Abnahme
der psychischen Functionen geht der rapide Fortschritt
der Paralyse; die früher stotternde Sprache wird
stammelnd, unverständlich, an den Convulsionen der
Muskeln des Gesichts nehmen auch die der Bulbi
Theil, das Gesißbt verfallt, sieht älter aus u. ^ w.
In diesem Stadium sjih Vf. auch melirmals die fälschlich
mit dem Namen Erysipelas auris bezeichnete Ohrge-
schwulst; Cojpgestioneu zum Kopfe gelten, convui-
sive Anfälle wieder häufiger; nachlässige» schiefe
Haltung des Körpers , meist nach der Seite und nach
vorn , wie bei Skoliotischen ; die Unterextremitäten
nehmen Theil an der Lähmung , die Kr. müssen den
grössten Theil des Tages sitzen, der Gang wird un-
sieher, schwankend, die Füsse werden geschoben
oder geschleppt , was oft nur von einem oder dem
andern Fusse gilt. Diese Paresis ist keine reine
Schwäche oder Lähmung, de;nn es ist gewöhn-
lich zugleich Contractur in einem , z. B. im Knie-
gelenke, vorhanden. Unsicherer Gang, leichtes
Straucheln auf unebenem Boden, und Fallen bei klei-
nen Hindernissen. Auch an den obern Extremitäten
beginnt sich die Paralyse zu zeigen , die Hände wer-
den zu jeder, grössere Präcision erfordernden Bewe-
gung untauglich, zittern im ausgestreckten Zustande,
wie es bei den Unterextremiläten der Fall ist. Das
Tastvermögen nimmt ab, man kann starken Druck
anwenden, ehe Schmerz erregt wird. Geschmack
und Geruch schwinden , Blase und Mastdarm werden
von der Paralyse ergriffen , Stuhlverstopfung u. Urin-
verhaltung zeigen sich nicht, Enuresis ist selten, häu-
figer erschöpfende Dysenterien, die auf folliculärer
oder tuberkulöser Darmverschwärung beruhen. Die
Esslust steigert sich zur Gefrässigkeit , ältere Lun-
gentuberkulosen tauchen wieder auf, chronischer
Katarrh mit Emphysem ist fast immer vorbanden. ^
IV. Stadium der allgemeinm Paralyse. Ist der
Kr. nicht ijn vorigen Stadium an Dyse>^terie oder Tu-
berkulose gestorben , so zeigt sich jetzt die höchste
Stufe der Paralyse, wie des Blödsinns. Bewusstsein
und geistige« Leben sind untergef«ngen , F^ibig^eit
der Nittheilung fehlt, Regungslosigkeit, Apathie, kein
Vorgang in ihrer Umgebung rührt die Kr. , selten ist
ihnen eine Antwort zu entlocken, Paralyse und Kör-
perschwäche haben riesige Fortschritte gemacht, da^
Gehen ist nicht mehr möglich, das Sitzen wird
schwer, bald müssen die Kr- das Bett aufsuchen, dai
sie lebend nicht verlassen , sie liegen regungslos und
ändern ihre Lage nicht. Die Gesichtszüge sind bis
zur Unkenntlichkeit gealtert und eingefallen, die äus-
sern Sinne scheinen aufgehört zu haben ihre Functio-
nen auszuüben u. s. w., es folgt lobuläre Pneumonie
und der Tod. Herzschlag schwach, kaum fühlbar,
Arterienpuls klein , Hauttemperatur unter der Norm,
Haut spröde, trocken. Kau- und Schlingmuskeln 9ind
erlahmt, deshalb leichi Erstickung beimEsseo» die
unmässige Essgier bleibt bis zum Tode rege. Läh-
mungserscheinungen der Blase und des Mastdarms
sind wie im vorigen Sudium, nur in höherem Grade
vorhanden. Der Sinn für Reinlichkeit erlischt so
weit , dass die Kr. ihren Koth verzehren , Decubitus
ist häufig, ausgebreitet und verläuft rasch, die Ab-
magerung macht sehr schnelle Fortschritte, hydro-
pische Anschwellung ist selten, convulsivc A^fW«
kommen häufig »vor, oft erfolgt der Tod während
eines solchen Anfalles durch Lungenödem« «ucli
scheinen die frischen IntermeningeaLextrivasiQite, dje
man so oft in den Leichen Paralytischer findet, mit
jenen Annfllen in Verbindung zu stehen.
Verlauf. In allen Fällen geht ein melancholisches
Sudium dem Eintritte der Krankheit voraus, dieses
geht entweder unmittelbar in die Exaltation über, od.
in seltenen Fällen sehwindet die Melancholie, u. erst
nach längerer oder kürzerer Zeit entwickelt sich die
weitere Krankheit. Den Schluss des melancholischen
Stadiums u. den Beginn des exaltativen Deliriums be-
zeichnen entweder ein kurzes Stadium maniacum, od.
einzelne tobsüchtige Anfalle, oder leichtere epilepsie-
ähnliche ZuRflle. Zeigen sieb gegen das Ende des
Slad. melanchol. leichtere convulsive Anfälle , so tri«
meist schon frühzeitig die verminderte Sprachgelau-
figkeit neben und oft vor der Entwicklung des cha-
rakteristischen Deliriums auf und steigert sich nach
jedem Anfalle. Nach apoplexieähnlichen AnfUlen
bleibt oft als Residuum die Paralyse der Sprachwert-
zeuge zurück, der Wahnsinn entwickelt sich dagegen
erst später. Die Paralyse ist der Zeit ihres ersten
Auftretens nach sehr verschieden , doch ist jedenfalls
iCine Veränderung in der Sprachweise schon vorhan-
den , ehe noch gewöhnlich der Kr. Gegenstand arzt-
licher Beacbtung wird. Es lässt sich immer ein drei-
facher Vorgang denken , entweder Paralyse und Gei-
stesstörung treten gleichzeitig auf, oder es geht die
eine oder die andere der Zeit der Entstehung nach
voran; für alle drei fälle spricht die Beobachtung.
Am seltensten sind die Fälle, we Paralyse der Gei^
stesstörung vorausgeht.
Der Tod erfolgt: 1) durch lobuläre Pneus^onie
mit chron. Bronchialkatarrh , S)) «elt^nor durqh Tu—
Vli. Psythiatrik.
d9
b^nlose , 3) durch acutes Lungenödem, entstanden
KrShreod eines eonvulsiYen Anfalles , 4) durch PyS-
mie, 5) äusserst selten durch Hydrops. Heilung sab
Tf. in leinem eintigen Falle erfolgen. — Die Dauer
der Krankheit betrug nie unter 9 Hon. und war meist
mit Ende des 2. — 3. J. abgelaufen , welchen Zeit-
raum sie selten Überschritt.
Die Pr*ognose ist immer ungünstig zu stellen,
indem selbst bei sonst rüstigen Individuen nur aus-
gabmsweise temporäres Stillstehen des Processes ge-
dacht werden kann. Je mehr im ersten Stadium die
Erscheinungen psychischer Schwache entwickelt sind,
je zettiger die Paralyse der Sprachwerkzeuge auftritt,
desto eher fllllt der Kr. als Opfer. Ifach zeitweiliger
Besserung nehmen die wieder auftretenden Symptome
einen desto rapideren Verlauf. — Die Therapie kann
aoreioe symptomatische sein, denn die Atrophie des
Geikirns ist nicht zu entfernen, der Eintritt von Blut-
extravasfeten nicht zu hindern, und letztere sind nicht
Star Resorption zu bringen. Höchstens kann man
den mit der Meningitis cbron. einhergehenden Rirn-
congestionen entgegen treten, doch ohne sichern
Haassstab des Gelingens. Um der Causalindication
ztt entsprechen , sind Etcesse in venere , der Renuss
geistiger Getränke , Geistesanstrengungen u. s. w. zu
vermeideik, deshalb Versetzung in eine Irrenanstalt.
Die Hiracongeslionen verlangen eine gelind antiphlo-
gistische Behandlung, höchstens Blutegel, Venasec-
tionen sind immer schädlich, Ableitungen auf den
Darmkanal, spater Hautreize sind anwendbar. Bei
cottvulsiven Anfallen kalte Begiessungen , stärkere
Purgansen, Hantreize, Blutegel ; maniakische Anfälle
erfordern die geeigneten Zwangsmaassregeln; die
Paralyse erlaubt keine specrelle Behandlung. Genaue
Ueberwacättog ist immer nothwendig , im 3. und 4.
Stad. sind die Kr. mehr Objecte der Pflege , als der
ärztlichen Behandlung. Die intercurrirenden Krank-
heiten, Pneumonien, Dysenterien, Decubitus u. s. w.
erfordern die angezeigten therapeutischen und chirur-
gischen Mittel. (Flach s.)
83. Ueber Störungen der Sensibilität bei
Cfeistesbftnken, namentlich in Bezug auf schwere
Verletzungen und deren physiologische Folgen;
von Dr. Morel zu Mar^ville. (L'Union 34. 1851.)
Die allgemeine Sensibilität zeigt sich bei Geistes-
krankoD mehrfach verSlndert, so dass man in den mei-
sten Fallen entweder eine krankhafte Exaltation, oder
eine vermehrte organische Activitüt , oder auch eine
intermittirende upd periodische Rückkehr der krank-
haften Phänomene bemerkt. Diess ist schon in der
iiciliMlioiiiiperiode der Fall # bei entschieden arusge-
spfdchenem Leiden aber bemerkt man die merkwür-
digsten Perversionen, ja wahre Metastasen. So sieht
man Kr. der Art der Ungunst der Witterung trotzen,
sieh «Me Augen , die Testikel ausreissen , die Hände
nnd Passe verbrennen, ohne Schmerz zu verrathen
und ohne Nachlheil fUr das Leben zu erfahren. Des-
halb seinen Unkundige in der Wissensehalt efk t der-
gleichen Kr. litten nicht, und man könne in Besng
auf sie ungestraft die Vorschriften der Bygieiiie über-
schreiten, diess ist indessen nicht der Fall, und die
milzutheilende« Beobachtungen werden vielleicht dazu
dienen, die Phänomene der allgemeinen Sensibilität
in ihren Beziehungen zur Exaltation oder Depres-
sion der intellectueilen und moralen Facultaten fest-
zustellen.
1. Beobaehtun^, Eine 48jälir. Kranke, (cbron. Manie
mit iQUrmiUirend«r Agitation) liieg auf eise 6 Met. hohe Hauer
und stürzte sich im Delirium fon da auf einen Steinhaufen
herab. Commiautivbrtteh der Fibula und der Tibia der beiden
Beine an deu untern Enden , am rechten Fusse Zerreissung
der Ligamente, die fracturirten Knochenenden stehen hervor,
grosse Beweglichkeit , der Fuss ist wie lerscfamettert. Wah-
rend des Verbandes lacht die Kr. bestÄndig , die Depression
der Sensibilitfit scheint in Bezug aur Exaltation des Willen« zu
stehen-, Fornentatiooen mit kaltem Wasser, Zwangsfaelie,
weil die Kr. den Verband abretasen will , nach 40 Tagen toU-
standige Heilung, Fieber kaum rorkanden, Puls immer 00
— 70.
8. Beobachtung. Ein- Lypemaniacns stürzte sich nach
mebrem Selbstmordversachen von einer Hohe von 15 Met.
herab ; Fractur des Radius, Gontusion der rechten Seite, voll-
kommene Heilung, ohne dass der Kr. über Commotionser-
schelnongen klagt, u. ohne dass das geringste Fiebersymptom
eintritt.
3. Beobachtung. Eine alte Frau von 65 J. brach die
Tibia, indem sie einer andern Frau einen Fnsstritt geben «rollte.
Trotz der Fractur, welche die Tegiimente zerrissen hatt«, ver-
folgte sie ihre Gegnerin durch die Höfe; der unbewegliche
Verband bewirkte trotz der fortwährenden Unruhe der Kr. voll-
kommene Heilung.
4. Beobachtung. M. L., 45 J. alt, von guter Consti-
tution, hat schon mehrere Male Selbstmordversuche durch
Herflbsttlrzen von Hohen gemacht , auch ihren Kindern nach
dem Leben getrachtet. Am Tage ihrer Ankunft in der Anstalt
entwischt sie der Krankenwärterin nnd ersteigt die Dächer,
stürzt sich etwa OMetr. hoch herab, wobei sie auf beide Knie
stürzt und mit dem Kopfe heftig aufschlägt. Alle Zähne waren
theils ausgeschlagen, tbeils locker, im Unterkiefer zwei Brüche,
der eme einfach; der andere, vor dem Winkel der rechten
Seite gelegen , ist comroinutiv u. öffbet sich durch eine grosse
Wunde in die Mundhöhle, der Alveolarrand fehlt an dieser
Stelle gänzlich, die rechte Gesichlsseite ist stark ekchymosirt,
aus dem linken Obre fliesst viel Blut. Auf der Mitte des rech-
ten Knies beßndet sich ein tiefes Loch , welches durch die in
5 — 6 Stücken zerbrochene Rotula hindurchgebt, mit dem Ge-
lenke correspondirt und viel mit Blut gemischte Synovia ent-
weichen lässt. Eine zweite Wunde am äussern Thcile des
Knies ist von geringer Tiefe. Am linken Knie sind die Ver-
letzungen noch bedeutender, obgleich man nur eine kleine
Wunde in der Gegend der Rotula sieht , die Synovia fliesst
reichlich aus , und es liegt ein Knochenstück zu Tage. Die
Rotula Ist auch auf dieser Sehe zerschmettert. Ausserdem
weisen die grosse Bei^eglicbkeif des Gliedes , so wie die Ci^-
pltation und die betracbtiiohe Verhn#:(ung auf Zdrsohmette-
rung der Köpfe des Pemur imd der Tibia bin. Bei so betraehl-
lichen Verletzungen bemerkt man keine Symptome von Con-
gestion oder Gommotion, die Kr. spricht, klagt aber über
nichts, die allgemeine Sensibilität scheint gänzlich erloschen.
Die Kr. ist ganz ihrem Delirium hingegeben , sie hatte durch
den Sturz der Guillotine entgehen vrollen. Puls scbwüch , de-
priasirt, 108 — 110, die Au§cuitati«n des Herzens ergiebt be-
trächtliche Störungen in diesem Organe. Scultet'scher Ver-
band mit fortwährenden Irrigationen. 17. — 19. Oct. Keine
Aenderung im Delirium , die Kr. muss fixirt werden , weil sie
den Verband abreissen will. 20. — 23. Oct. Zittern mit
Verdoppelung der Selbstmordideen , deprimirter Pols , Wein.
24. Oct. Schlechte Nacht, fortdauerndes Zittern , Verweige-
rung der Nahrung , Abends Hitze im Kopfe , imicirte Augen,
Delirium, 8 Blutegel. 25. Oct. Rabige Nacht, Puls schwach
100
VII. Psychiatrik.
ruhig, die Kr. verlangt stürmisch die ausgesetzten Irrigationen
wieder. 26. Oct. Schlaf, die Kr. bittet um den Gebrauch
ihrer Hände, beklagt ihren Selbstmordversuch , bei der Weg-
nahme des Apparates zeigen sich die Wunden in gutem Zu-
stande. 28. Oct. Abwechselnde Hitze im Kopfe , unruhige
Nacht, Verlangen nach kalten Compressen auf den Kopf, Ma-
den im Verbände , adstringirende Mittel äusserlicb. 29. Oct.
Wiederkehr der Selbstmordideen, schiechte Eiterung, An-
schwellung des linken Beines, Pustelbildung auf dem rechten,
so wie bläuliche Färbung. Am linken Beine wird ein Stück
Femur entfernt. 30. Oct. Starker brennender Durs^, Puls
schwach, die Selbstmordgedanken verschwinden, kein Schmerz,
gangränöses Aussehen der Wunden. 1. Nov. Puls gehoben,
100, gute Nacht, grosse Schwäche, die Kr. klagt über Schmerz
in den Knien, Schläfrigkeit, am 2. gleicher Zustand, gehin-
derte Respiration, verändertes Aussehen, Mangel an Stuhlgang.
3. Nov. Die Wunden sehen sehr schlecht aus , Cauterisation
mit Höllenstein, Coma mit Delirium abwechselnd , Tod am 4.
November. Section. Normaler Zustand des Gehirns, weder
Meningitis noch Erweichung, sehr voluminös, die Membranen
des Ruckenmarkes enthalten reichliche Flüssigkeit, sonst
keine patholog. Erscheinung in demselben. Die rechte Lunge
ist in zwei getrennte Tbeile geschieden, deren jeder eine Vene
und einen Bronchus erhält, die obere Lunge hat zwei Lappen,
die untere nur einen, die linke Lunge normal, ohne metasta-
tische Abscesse. Herz von gewöhnlichem Umfange, die rechte
Auricola etwas erweitert , Ossification an der linken Ohr-Ven-
trikelklappe, der rechte Ventrikel ganz gesund. Die rechte
Niere sehr klein, die Leber gross, ohne Abscesse, die übrigen
Eingeweide gesund. Was die durch den Sturz unmittelbar
bewirkten Störungen betrifft, so waren die Comminutivbruche
des Unterkiefers von stinkenden Eitergängen umgeben, der
Condyltts nach rechts und links , so wie der Hals des Condy-
lus gebrochen, keine Anstalt zur Heilung, am linken Knie
Comminutivbruch der Rotula , am Schenkel schiefer Bnich in
der Epiphyse , der Gelenktheil des Knochens steckt zwischen
zwei Fragmenten des obem Theils des Femur. Von Heilungs-
bestrebungen keine Spur, doch hatten die Knochenwunden
ein gntes Ansehen. Am rechten Knie Eiterkanäle, welche die
Seiten- und hintern Muskeln des Schenkels bis zum grossen
Trochanter durchziehen, die primitiven Verletzungen bestehen
in einem einfachen Bruche der Rotula.
In psychologisch-physiologischer Beziehung ist hierbei zu
bemerken , dass sich die Neigung zum Selbstmorde fast bis
zum Lebensende erhielt, die Sensibilität kehrte erst am 8.
oder 9. Tage zurück , als man die kalten Bewässerungen aus-
setzte. Der Zustand der Geisteskräfte hinderte jedoch den Aus-
druck des Schmerzes keinenfalls , da vollkommenes Bewusst-
sein vorhanden war und die Kr. , welche ihr Bewusstsein bis
zuletzt behielt, ihre Dankbarkeit für die angewendete Sorgfalt
oft zu erkennen gab. Es steht indessen fest , duss bei man-
chen Kr. Exaltation des Willens die Sensibilität niederdruckt,
während sich im Gegentheile bei andern unter der Herrschaft
der Depression des Willens die Sensibilität bedeutend steigert.
(Flachs.)
84. Ueber das Inesein im kindlichen Alter
und dessen Zusammenhang mit dem Cretinismus;
von Dr. Rösch, Oberamtsarzl zu Gaildorf. (Reob-
acht. flb. d. Cretinismus. Eine Ztschr. von Dr. K.
Rösch. 2. Hft. 1851.)
Nach dem Vorgange Pinel's, EsquiroTs u.
Anderer hat man bisher das Vorkommen des Irreseins
im kindlichen Alter entweder ganz geleugnet, oder
doch auf viel zu enge Grenzen beschrankt. Die in
neuerer Zeit erst entstandenen, aber zur Ehre der
Menschheit immer zahlreicher werdenden Asyle und
Heilanstalten für Grelinen und Blödsinnige haben zu-
gleich zur Berichtigung dieses Irrthums vielfach Gele-
genheit gegeben. Psychische Krankheiten sind in
der That ziemlich hUufig bei Kindern , am seltensten
und allerdings äusserst selten trifft man den eigentli«
eben Wahnsinn , die Monomanie an , weil die gante
Anschauungsweise der Kinder noch nicht constaat
genug, ihr Denkvermögen noch nicht fixirt genug, ihr
Wille noch nicht nach Einer Richtung hin concentrirt
genug ist, um wirklich Gxe, alle andern beherrschende
u. unterdruckende Ideen in ihnen auftauchen oder doch
sich dauernd festsetzen zu lassen. Schon weniger
selten ist die Melancholie, ein krankhaft anhängender
Trübsinn , häufiger noch die Tobsucht in einzelnen,
manchmal sehr heftigen und lange anhaltenden Anfal-
len bei Kindern beobachtet worden. Dann folgt der
Reihe der Frequenz nach die Form der Verwirrtheit
oder Verrücktheit, die sich in ihren mildern Graden
durch ein unstetes ruheloses Wesen, sowohl in Be-
zug auf Wahrnehmungen als auf Handlungen äussert,
und an welche sich die bei Weitem häufigste Form,
der Blödsinn , anschliesst. Dieser hat ebenfalls die
verschiedensten Grade, von bioser Geistesbeschränkt-
heit an bis zu gänzlichem Mangel aller geistigen Fä-
higkeiten. Auflallend ist namentlich, dass letztere
oft in ganz verschiedenem Grade gedrückt sind, manch-
mal nur Eine oder die Andere leidet , andere Male
wieder bei sonst fast vollständigem Blödsinn doch die-
ses oder jenes Seelenvermögen gesund, ja wohl noch
geschärft erscheint. Solche Fälle sind besonders un-
ter den Cretinen gar nicht selten zu beobachten , u.
der Arzt u. Lehrer können in solchen einzelnen Licht-
erscheinuugen sehr vortheilhafte Anknüpfungspunkte
der Behandlung finden. — Endlich kommen auch
mannigfache Combinationen dieser verschiedenen For-
men vor , unter denen der angeborene u. der totale
Blödsinn meistens gar nicht, die Verrücktheit am
schwersten u. nur selten heilbar ist. Günstiger ist
die Prognose in jenen Fällen partiellen Blödsinns, u.
in denen von Manie u. Melancholie , denen oft secun-
där aufs Gehirn wirkende Störungen zu Grunde
liegen.
An diese Betrachtungen knüpft Vf. die Mittheiluog
von sieben interessanten, sämmllich bis auf Einen
ohne Heilung gebliebenen, Beweis (^11 en : zwei von
Selbstmord, 3 von Verrücktheit, 2 von Verrücktheit
mit Tobsucht. Die im 4. Falle angestellte Leichen-
öffnung zeigte ein auffallendes Vorherrschen der
grauen Rindensubstanz des Gehirns.
(Kohlschtttter.)
85. Zur pathologischen Anatomie des Cre-
tinismilS) v. Dr. Fr. Betz in Heilbronn am Neckar.
(Daselbst.)
Die Leiche eines 69jihr. blödsinnigen an Pneomonie ver-
storbenen Weibes zeigte neben zahlreichen andern, zu der Gei-
sleskrankheit nicht in directer Beziehung stehenden Abnormi-
täten, folgende bemerken swertbe pathologische Veränderun-
gen. Auffallende Breite des Basilartbeils des Hinterhauptbeins ;
gänzliche Verstreichung der Fossa pro medulla oblongata;
grosse Schmalheit der beiden vordem Gehimlappen , so dass
sie einem etwas plattgedrückten Kegel glichen ; die Gyn der-
selben niedrig und dünn; die des übrigen Hirns vollkom-
men entwickelt; die Seitenventrikel sehr weit, jedoch ohne
Serum.
VIII» Suatstmeikunde.
101
Auch dieser Fall spricht daAlr, dass der Gretinis-
mus nur auf AnomalieD des Gehirns beruht; jeden-
falls liegt jeder Form des ßlodsinns eine eigentbUm-
liche anatomische Störung des Gehirns zu Grande,
welche sowohl primSr im Gehirn liegen, als auch se-
cundar durch Verletxungen seiner Httllen u. Geftsie
hervorgerufen werden kann.
(Kohlschütter.)
VIII. Staatearzneikonde.
86. Deber Leichensymptome ; von Dr.
Maschka. (Prag. Vjhrschr. 3. 1851.)
Vf. begreift im vorliegenden Aufsätze unter „Lei-
chensymptomen" nur jene Veränderungen, die sich
aacb physikalischen u. chemischen Gesetzen am thie-
risehen KOrper entwickein müssen , sobald die vitale
Kraft zu wirken aufgehört hat.
Die. erste gleich nach dem Tode in die Augen fallende
Erscheinung ist die Feränderung der Gesichtszüge.
Es verändern sich dieselben während u. nach dem
Tode, aber nur auf eine rein mechanische Weise, in-
dem einerseits die Gesichtsmuskeln erschlaffen, an-
drerseits die die Weichlheile des Gesichts erfüllenden
Flüssigkeiten in Folge ihrer Schwere sich senken, diese
dadurch relaxiren u. dem Gesichte eine andere Form
verleihen. Doch daraus folgt nicht, dass man aus
dieser sogen. Todesmiene einen Schluss auf die dem
Tode vorhergegangenen Momente ziehen darf, wie
dhss von Gerichtsärzlen zu geschehen pflegt, indem
nie der Gesichtsausdruck, der durch eine dem Tode
onmiltelbar vorhergegangene Ursache u. eine dersel-
ben entsprechende Muskelaction hervorgebracht wurde,
noch nach dem Tode wahrzunehmen ist.
Die wichtigsten Ferändermigen im Innern einer
Leiche gehen vom Blute aus. Gleich nach dem Tode
häuft sich dasselbe in den Venen an, während die Ar-
terien frei vom Blute sind u. zwar aus dem (i runde,
weil sich das linke Herz wahrscheinlich länger con-
trahirt, als das rechte, theils aber auch, weil die Ar-
terien vermöge ihrer grossem Elasticilät das Blut nach
vorwärts in die Venen treiben. Es kommt nun in
der Leiche zur Gerinnung des Blutes u. es bilden sich
sowohl im Herzen , als in den grossem Gefässen Fa-
serstolTgerinnungen , die aber von den im Leben ent-
standenen zu trennen sind. Ueber die genaue Unter-
scheidung muss die Berücksichtigung der anderweiti-
gen pathologisch-anatomischen Kennzeichen Aufschluss
geben.
Eine andere Reihe von Veränderungen an der
Leiche erfolgt nach dem Gesetz der Schwere. Zu-
folge dieses Gesetzes sinken alle flüssigen Bestand-
theile der Leiche aus den oberflächlichen allmälig in
die tiefen Schichten herab. Die er'ste der nach die-
sem Gesetze vor sich gehenden Erscheinungen ist die
Erblassnng des Körpers in den höher gelegenen u.
das Auftreten verschiedenartiger Färbungen, Todten-
flecke , in den tiefern Partien der Leiche. Die letz-
tern sind meist ausgebreitet, an den abhängigsten
Stellen auch am intensivsten gefärbt u. werden allmä-
lig gegen die höher gelegenen Stellen hin blässer.
Ihr Sitz ist je nach der Lage der Leiche verschieden;
sie sind desto mehr entwickelt, je grösser die Blut-
menge u. je geringer die Gerinnfähigkeit desselben
war; sie sind daher nach Blutzersetzungen, beson-
ders nach suflbcativen Todesarten, bei Ertrunkenen
durch schnelle Entwicklung u. bedeutende Grösse
ausgezeichnet. Schneidet man die Todtenflecke ein,
so ist auch der subcutane Zellstoff mehr oder weniger
theils mit flüssigem Blute, theils mit schmutzigem
Blutwasser durchtränkt. Die ursprüngliche Färbung
dersolben ist blau, purpur- oder violettroth , u. zwar
von der jedesmaligen Blulbeschaflenheit abhängig, bei
weiterm Vorschreiten der Fäulniss werden sie dann
grünlich gefürbt. Eine andere Art von Todtenfiecken,
die namentlich auf der Schleimhaut des Darmkanals
u. in den Lungen vorkommen, zeichnet sich aus durch
scharfe Abgrenzung einer mehr oder weniger roth in-
jicirten Stelle in einem ringsum erbleichten Gewebe.
Als Ursache der Entstehung derselben führt man die
ungleich verlheille Lähmung capiilarer GeHfsse an,
wodurch sich das Blut in einzelnen Abschnitten des
Capillarsystems anhäuft, wahrend es an andern Stel-
len durch die noch bestehende Contractilität der Ge-
f^sse in die Venen weiter befördert wird.
Es ergeben sich aus dem Gesagten Folgerungen
mannigfacher Art. Ist eine durch stärkere Injection
der Capillargefässe bedingte Rölhung der Haut, eine
Schwellung einzelner Partien mit flüssigem Exsudate
vorhanden, so werden diese Erscheinungen einige
Stunden nach dem Tode verschwunden sein. So
wird auch die Rölhe bei Scharlach , Masern , Erysi-
pelen u. s. w. keine Spur zurücklassen , indem das
Blut zufolge seiner Schwere aus den Capillaren der
Haut sich verliert; so werden auch kurz vor dem
Tode prall gefüllte Pockenpusteln nach dem Tode ein-
sinken , manche selbst leer erscheinen. So wird
man auch aus dem Umstände, dass bei der Rücken-
lage der Leiche die hinlern Partien der Lunge, oder
bei der Seitenlage die eine oder die andere Lunge
eine reichliche Menge Blutes enthalten , nicht gleich
auf einen Lungeninfarkl , oder aus der in den ab-
hängigen Hirntheilen befindlichen Hyperämie u. dem
zufolge seiner Schwere durchgesickerten und auf der
Basis des Schädels angesammelten flüssigen Blute,
oder der Ueberfüllung der Fclsenblulleiter auf einen
Hirnschlagfluss schliesscn dürfen. Auch die Leber
kann einen nicht geübten Obducenten leicht täuschen,
indem diese in höhern, bereits blutarm gewordenen
Partien das Ansehen einer Muskatnussleber , selbst
einer Fettleber erhält.
102
Vni. Staauranmeikukidd.
Eine Verwechselung der an den Hautdecken be-
findlichen Todtenflecfcen mit noch beim Leben in
Folge einer Gewaltlhaiigkeit entstandenen Sugillatio^
nen durfte in den meisten Fallen zufolge der im letz-
tern Falle vorhandenen Zeichen der organ. Gegen-
wirkung, nämlich des aus den zerrissenen GefUssen
ausgetretenen u. coagulirten Blutes, nicht so leicht
stattfinden u. die Entscheidung nur bei weit gediehe-
ner Faulniss zweifelhaft bleiben. Schwieriger sind
sie dagegen zu unterscheiden ?on den verschiedenen
Ausschwilzungen cruorhaltigen Serums , den Ekchy-
mosen, Petechien im Scorbut, Typhus, hei exanlhe-
matiseher Dissolution , Alkoholdyskrasie , da diese
ganz ahnliche Charaktere darbieten, wie die Todten-
ftecke, und sich höchstens dadurch unterscheiden,
dass sie noch an den höher gelegenen Partien der
Hautdecken vorkommen.
Ebenso wie das in den Capillaren enthaltene Blut,
folgen auch andere Flüssigkeiten in der Leiche dem
Gesetze der Schwere. So verlieren sich insbesondere
auch seröse Ausschiüitzungen und Exsudate man-
cher Art durch Ortsveranderung u. Senkung, welcher
Umstand dann bei der Bestimmung der Todesart wohl
zu berücksichtigen ist. So stirbt ein Kr. nach einer
Halsverletzung unter den Erscheinungen eines Oedems
des Kehldeckels, u. dennoch ist es möglich, dass man
keine Spur davon bei der Obduclion findet, weil sich
die geringe Menge Flüssigkeit, die hinreicht, um das
Oedema gloltidis tödtlich zu machen , nach dem Ge-
setze der Schwere gesenkt u. in dem lockern submu-
kösen Bindegewebe verloren hat. So senken sich
auch Exsudate der Pleura, des Peritonäum, der Hirn-
haute an die tiefsten Stellen , obgleich der Herd des
Exsudationsprocesses gerade an den obern Theilen
gelegen sein kann. Solche Senkungen findet man
auch beim Oedem der Lungen, des Hirns u. seiner
Häute. Auch eitrige oder sonst flüssige Exsudate
können in der Leiche in weiter Entfernung vom Ent-
stehungsherde gefunden werden. Aus demselben
Grunde wird mancher Theil u. manches pathologische
Gebilde, das beim Leben prall gespannt war u. lur-
gescirte , nach dem Tode schlaff u. lax ; so scheinen
oft grosse Teleangiektasien nach dem Tode ganz un-
bedeutend.
Eine andere Kette von Leichenveränderungen wird
hervorgebracht durch Transsudation, Gleichwie wäh-
rend des Lebens , durch die Gefässwände als poröse
Körper das zur Ernährung der einzelnen Organe be-
stimmte Plasma durchsickert, so findet auch nach dem
Tode durch die erschlafften u. somit auch permeabler
gewordenen Gef^sswände ein Durchsickern von Se-
rnm mit anhängendem Blutfarbstoff Statt, welches
sich sodann nicht nur nach dem Gesetze der Schwere,
sondern auch nach dem der Capillarität weiter ver-
breitet. Auf diese Weise kommt die rollte Färbqng
des Endocardiums und der innern Strata der Gefässe,
die diffusen Röthungen seröser u. Schleimhäute zu
Stande , auch können dadurch die in serösen Sacken,
Pleura, Peritonäum, Hirnhöhlen enthaltenen Flüssig-»
keilen, die früher vielleicht farblos waren, rMhlich
geftrbt werden.
Eine fernere Berücksichtigung verdient die Imbi-
bition bei ßeurtheilung von Rnochenbriichen u. Fissu-
ren. Man hat als Kennzeichen eines noch während
des Lebens entstandenen Knochenbruches oder Fissur
der Schädelknochen in der gerichtlichen Medicin an-
gegeben , dass die Bruchwände oder Fissur innig mit
Blut imbibirt sind, u. dass sich diese Tingirung nicht
oder wenigstens schwierig wegwaschen lasse. NacA
Vf. ist diess unrichtig, denn bei einem nach dem
Tode enUtandeneu Schädelbruch oder Fissur sind,
wenn die Leiche einige Zeit liegt, die Brucbränder
ebenso mit Blut imbibirt, als wenn die genaDnUi
VerleUungen während des Lebens entstanden wärei,
u. wegwaschen lasst es sich in beiden Fälle« gleicl
gut. Man kann somit aus der blosen Anschauung
des Knochens ohne gleichzeitige Betrachtung des Ver-
haltens der umgebenden Weichtheile nie eine sichere
Diagnose über die Entstehung einer Knochenverlez-
zung vor oder nach dem Tode abgeben , ausgenom-
men den Fall , wo dieselbe bereits längere Zeit vor
dem Eintritte des Todes entstanden ist u. «ich bereit«
Callusbildung u. s. w. eingestellt hat. — Erst beim
weitern Vorschreiten der Faulniss wird die Transsu-
dation auch in den allgemeinen Decken so bedeutend,
dass das ausgesickerte Blutserum die Epidermis in
Form von Blasen in die Höhe hebt; eine Verwechse-
lung derselben mit noch beim Leben entstandenea,
z. B. Brand- oder Vesicantienblasen ist nicht leicht
möglich. — Wie sich das Blutserum in die umge-
benden oft auch in weit entfernte Organe imbibirt, so
findet diess auch bei den in serösen Säcken oder in
andern Organen physiologisch oder pathologisch an-
gesammelten Flüssigkeiten Statt. So kann es kom-
men , dass , wenn ein seröses Exsudat in geringerer
Menge vorhanden war, bei längerem Liegen der Lei-
che die Höhle leer, die seröse Membran getrübt,
lockerer u. dicker u. die Nachbarschaft mit Serum in-
fillrirt gefunden wird. — Zu den Imbibitionsftr"
bungen gehört auch die gelbe Färbung der GalleRbla-
senhäute u. der anstossenden Magen u. Darmbäule ia
Folge von Imbibition von Galle.
Auch das physikalische Gesetz der Verdunstung
von Flüssigkeiten bringt an der Leiche bald nach
dem Tode Veränderungen hervor. Zuvörderst bewirkt
sie, dass die Temperatur der Leiche stets niedriger
ist, als die ihrer Umgebung. Eine rasche Verdun-
stung findet vorzüglich bei Leichen statt , die länger
im Wasser gelegen haben, da bei denselben die Haut-
decken viel Wasser eingezogen haben, die Oberfläche
des Körpers ist daher bei solchen Leichen viel ktfller
anzufühlen , als hei andern ; doch ist diese unge-
wöhnliche Kälte der Haut nicht ein Zeichen des Ertrin-
kungstodes, da diese Erscheinung bei allen Leichen,
die länger im Wasser gelegen haben, vorkommt,
gleichviel , ob sie todt oder lebend dahin gekommen
sind. — Ein anderes Phänomen, weiches dnrch
die Verdunstung hervorgebracht wird, i§i ütrohan^^
mSmiiirMMHlfnnilt.
103
vfrkUinenmg, die oatUrlicb 4e8to avfftiUiger wird,
je mehr Fltfasigkeit in eioem Tbeile eotbaltan ist, «.
je grosser die Zahl der die Verdampfung begünstigen-
den MomeBte isU Hierher gehttrt das Einsinken der
AugSpfel. Auch die Hauibedeckungen erleiden durch
YerdonstUBf der in ihnen enlhalleaen Flüssigkeilen
eine Volvmaverkleinerung , und swar namentlich Zu*
sammenziehuflg ; ebenso bekommen Geschwttre, die
nach dem Tode der Luft ausgesetzt sind > ein ganz
anderes Aussehen. — Durch dasselbe Gesetz wer-
den auch oft die Farbe u. der Glan» gewisser Theile
wesentlich geändert, indem durch die Verdunstung
der FliUsigkeiteA in einem Organe u. durch die da-
durch oothwendig eintretende Schrumpfung auch die
Liehtbrechungs- u. Reflexverhaltnisse ganz anders
werden. So verlieren die Hautdecken u. die Augen
ihren Glanz. Auch jene Veränderung der Farbe
der Longen, des Herzens, der Milz in das Hell- u.
Scharlachrotbe, wenn diese Organe der Luft ausge«
setzt werden, beruht zum Theil wohl auf dem erwähn-
ten veränderten optischen Verhältnisse, wenn auch
der Contact mit dem Sauerstoffe der Luft das Seinige
beiträgt Auch die Haare werden bald nach dem
Tode durch Verdunstung ihrer flüssigen Bestandtheile
sprOde, f&acbsfadenäbniich und verwirren sich leicht ;
auch der flüssigere Theil des Gonienlums des Haar-
follikels verdunstet, derselbe fällt somit etwas zusam-
men, u. je bedeutender dieser Verdampfungsprocess is(,
u. je schneller derselbe vor sich geht , desto leichter
werden auch die Haare ausfallen. Das unter den
Kennseichen einer stattgefundenen Arsenikvergiflung
von manchen Gerichtsärzten aufgeführte Phänomen
des Haarausfallens kommt unter gewissen Verhältnis-
sen auch häu6g bei an andern Todesarten umgekom-
menen Individuen vor, u. rührt gewiss nicht von einer
eigenthfloiL'cben Wirkung des Arseniks auf die Haare
und Haarbälge, sondern nur von dem erwähnten phy-
sikalischen Gesetze her.
Eine weitere Leichenveränderung ist die Todten--
starre t welche in dem Fest- u. Steifwerden, so wie
in der Zunahme des Dicken- u. Abnahme des Län-
gendurchmessers, sowohl der will- als unwillkürli-
chen Muskeln, ja wahrscheinlich sogar aller contrac-
tilen Fasern besteht. Da durch die Todtenstarre eine
Verkürzung der von ihr befallenen Gewebe entsteht,
so werden auch durch sie mancherlei Veränderungen
an der Leiche hervorgerufen werden mttssen« Durch
die Zusammenziehung der Hautdecken , die sie her-
vorbringt, und welche durch die gleichzeitig stattfin-
dende Verdunstung noch vermehrt wird , werden zu-
nächst die Haarbälge u. Talgdrüsen über die Oberflä-
che der Haut vorspringend gemacht u. dadurch die
sogen. Gänsehaut erzeugt. Es ist dieser Zustand kein
diarakterislisches Zeichen des stattgefundenen £rtrin-
hrngstodes, da derselbe fast an jeder Leiche, wenig-
Aens stellenweise beobachtet werden kann. Werden
aber die Hautdecken u, die darunter liegende Musku-
btur verkürzt; so ist es auch erklärlich , dass Wun-
den u« Verletzungen ihre Richtung u. Form auch nach
dem Tode noch in Etwas verändern können; dasselbe gilt
auch von Furchen und Rinnen , namentlich am Halse,
die durch Anlegung eines Würgebandes oder durch
Umschlingung der Nabelschnur entstanden sind.
Durch die sich im Gefolge der Todtenstarre ein-
stellende Verkürzung der Muskeln entstehen ferner
mannigfache Veränderungen in der Lage leicht beweg-
licher Theile, wie z. B. der Finger, und man wird
sich hüten müssen, aus diesen Lageveränderungen,
wenn sie nicht sehr aufl^iUend sind/ Schlüsse zu zie-
hen. So wie aber die durch die Todtenstarre beding-
ten Contraclionen der willkürlichen Muskeln Verän-
derungen veranlassen , so findet dasselbe auch bei
den unwillkürlichen Muskeln Statt. So kann die von
der Todenslarre befallene und straff gewordene Mus-
kulatur des Herzens dem ungeübten Obducenten eine
concentrische Hypertrophie dieses Organs vortäuschen.
Indem sich die Muskelbaut des Darmkanals zu sehr
im Verhältniss zu der Schleimhaut dieser Theile zu-
sammenzieht, bildet die letztere Wülste u. Hervorra-
gungen u. die sogenannte mamellonirte Beschaffenheit
der Magen - u. Darmfläche. Auch der Drflsenspparat
des Darmkanals wird durch die Zusammenziehung der
Muskelfasern vorspringen mUssen. Da durch Kurzer-
werden der Muskelfaser des Darmrohrs dieses selbst
verkürzt wird, so wird es erklärlich, dass Theile
des Darmrohrs, die im Leben aus der Bauchhöhle
ausgetreten und vorgelagert waren und nicht zurück-
gebracht werden konnten, nach dem Tode oft von
selbst zurückgeben, z. B. eingeklemmte Brüche ; doch
wirkt hierbei auch die oben erwähnte Senkung d. Blutes
u. sonstigen Flüssigkeiten mit. — Der bisweilen ge-
fundene Volvulus des Darmes, gehurt wohl eigentlich
nicht in die Reihe der Leichenveränderung^n, sondern
entsteht in den letzten Lebensaugenblicken, in der
Agonie durch ungleich vor sich gehende peristaltische
Bewegung.
Vf. knüpft an die Todtenstarre die Betrachtung
der durch einen bedeutendem Kühlgrad hervorge-
brachten Erstarrung der Leichen, und bespricht
hier einen von dem Gerichtsarzte vorzugsweise zu
berücksichtigenden Umstand , der an erstarrten Lei-
chen, besonders bei Neugeborenen und Säuglingen,
vorzukommen pflegt. Es ist nämlich Thatsache, dass
wohlgebildete , etwas stärkere Kinder die Hautbedek-
kungen des Halses durch darunter liegendes Fett fast
constant in dicke Fallen gelegt haben. Erstarrt nun
dieses Fett in Folge niederer Temperatur , so bilden
sich um den Hals mehr oder minder tiefe Rinnen, die
viele Aehnlichkeit mit wirklichen Strangrinnen dar-
bieten und oft schon zur Verwechselung mit den letz-
tern gefuhrt haben. Der Grund dieser Rinnen ist
vollkommen weiss, ihre Ränder lichtrot^, ihr Lumen
bisweilen ungleich; sie laufen gewöhnlich oberhalb
des Griffes des Brustbeins \äag» der Schlüsselbeine zu
den Schultern, u.von da rückwärts gegen den Nacken ;
beschreiben auf diese Weise einen Kreis um den Hals»
oder aber sie erheben sich im Nacken, von beiden
Seiten etwas convergirend gegen die Nackengrube»
104
Vin. SUaUartneikuBde.
Ist dieser beschriebene Weg hier oder da uaterbro-
chen, so ist diess rein zu^llig und nicht, wie Einige
behaupten, ein wesenlHches Unterscheidungsmerkmal
▼on wirklichen Strangrinnen. Als Uauptkriterium
dient hier das Fehlen der Zeichen organischer Gegen-
wirkung, wie pergaroentarlige Härte der Haut, Sugil-
lationen, Blutaustretungen u. HaulaufschUrrungen, die
in den meisten FSillen einer während des Lebens ent-
standenen Strangulation vorkommen. — Noch grös-
sere Vorsicht erheischt aber die Beiirtheilung derar-
tiger Rinnen am Halse von Kindern , wenn schon ei-
nige Zeit nach der Geburt verstrichen ist, weil dann
der Grund dieser Hautfalten schon wUhrend des Le-
bens durch die stattgefundene Reibung wund gewor-
den sein kann, was nach dem Tode leicht mit Zeichen
organischer Gegen Wirkung^ zu verwechseln wkre ; auch
hier dürfte die Abwesenheit von Sugillationen und
Blutaustretungen zur maassgebenden Richtschnur
dienen.
Wie schon während des Lebens die ein Gewebe
constiluirenden filemenlargebilde durch die sich zwi-
schen sie lagernden, (lässigen oder erstarrten Massen
in ihrer wechselseitigen Adhäsion u. Gohasioo gelok-
kert werden, so werden auch in den Leichen die Or-
gane und Gewebe durch die vorhandenen Flüssigkei-
ten u« das ausgetretene Blutwasser in ihren physika-
lischen Eigenschaften , u. namentlich in ihrer Consi-
stenz wesentlich verändert. Diese Consistensverän"
derung zeigt sich als Leichen symptom durch eine
Maceration der Organe, u. wird hervorgebracht ent-
weder in Folge der Erweichung durch die infiltrirlen
Flüssigkeiten hypostatischen oder transsudirlen Ur-
sprungs , oder der chemischen Einwirkung der ent-
haltenen Flüssigkeiten , wie diess z. ß. beim Magen-
safte, der Galle, dem Harne u. s. w. der Fall isL
Der grössere Grad der Maceration u. Corrosion hängt
ab einestheils von der grössern oder geringern Zart-
heit der Textur des Organes, anderntheils von der
Menge u. chemischen Beschaffenheit der auflösenden
Flüssigkeiten u. von der Dauer ihrer Einwirkung.
Gleichzeitig mit der Gonsistenz wird auch die Elasli-
cität des betreffenden Organs vermindert.
So wie die Organe, Gewebe und Gewebsele-
mente auf die erwähnte Art durch Maceration ange-
griffen u. verändert werden, so geschieht diess auch,
jedoch erst bei höherem Grade der Fäulniss, mit
Blutgerinnungen. In dem Maasse als die Leiche
länger liegt, verflüssigen sich die Blutcoagula, die
sich bei den meisten Todesarten in den grossen Ge-
issen gebildet haben u. verschwinden nach u. nach
theilweise oder gänzlich, indem sich das verflüssigte
Blut nach dem Gesetze der Schwere und Capillarität
einen Weg bahnt. Dasselbe geschieht auch bei hö-
herem Fäulnissgrade mit jenen Blutgerinnungen , die
sich als Zeichen organischer Gegenwirkung in der
Umgebung von Verletzungen gebildet haben, die wäh-
rend des Lebens entstanden sind. Auch diese Blut-
coagula werden durch das immer mehr aussickernde
mutserum gelöst, folgen, flüssig gemacht, ihrer
Schwere und verschwinden demnach allmällig u. mit
ihnen auch das Zeichen , das die beim Leben zuge-
fügten Verletzungen von den nach dem Tode* entstaa-
denen mit voller Gewissheit unterscheiden Hess. Auf
diese Weise wird nach u. nach das ganze in den gros-
sen Gefässen u. den Organen enthaltene Blut äusserst
dünnflüssig, u. so f^hig auf die angegebene Weise
sich in die umgebenden Gewebe zu imbibiren , u. so
kommt es, dass man bei weiter vorgeschrittener Fäul-
niss , sowohl die grossen Gefässe als aucff die mei-
sten Organe blutleer findet, man darf sich aber da^
aus nicht für berechtigt halten, gleich auf einen statt-
gefundenen Verblulungstod zu schliessen. — Von die-
sem Erweichungsprocess werden nach und nach die
allgemeinen Hautdecken der Art ergriffen , dass das
durchsickernde Blutserum die Epidermis in Form von
Blasen in die Höhe hebt , welche dann bersten , und
in Folge dessen sich die Oberhaut zuvörderst bei der
geringsten mechanischen Einwirkung, dann aber auch
spontan ablöst.
Mit dem Aufhören der Todtenstarre, d.i. gewöhn-
lich 24—36 Std. nach dem Tode, beginnt auch die
Gasentwicklung, die in der Regel bisher nur unbe-
deutend war, in merklicher Weise zuzunehmen. Die-
selbe äussert einen doppelten Einfluss auf die Gewebe
u. Organe, einen chemischen u. mechanischen. Der
chemische besteht darin, dass Schwefelwasserstoflgas
u. hydrolhionsaures Ammoniak, die sich vorzugsweise
in den Leichen entwickeln, zersetzend auf das in des
Gewebe enthaltene Blutroth u. auf den Faserstoff der
Muskeln einwirken u. eine grünlich - bräunliche F«r-
bung hervorbringen, deshalb wird auch an jenen Or-
ten, wo die Bedingungen zur Entwicklung dieser
Gase günstige sind , diese grünliche Färbung früher
u. in grösserem Umfange auftreten , u. sich somit n
den Bauchdecken , wegen der Nähe dos Darmkanals
u, an Orten, wo Exsudate eitriger oder jauchiger
Natur angesammelt sind, früher einstellen, als u
andern Gegenden. Die mechanische Wirkung der
Gasentwicklung spricht sich dadurch aus, dass das
Gas nach u. nach jene Organe ausdehnt, die im nor-
malen Zustande luftleer zu sein pflegen , oder wegen
der durch Eintritt frühzeitigen Todes herbeigeführtes
Functionshemmung , noch keine Luft aufgenommen
haben, u. dadurch eine Volumsvermehrung u. Vermin-
derung des specif. Gewichts herbeiführt. Dieser Um-
stand ist für den Gerichtsarzt, namentlich bei der
Obduction von Kinderleichen wichtig , denn auf diese
Art kann eine Lunge, die noch gar nicht geathmet
hat, dennoch den ganzen oder einen grossen Theil
des Brustfellraums ausfüllen ; sie kann im Wasser
schwimmen, ein knisterndes Geräusch beim Zerschnei-
den von sich geben u. unter Wasser ausgedrückt,
Luftblasen aufsteigen lassen. Durch dieselbe Ursache
wird noch die senkrechte, mit dem grossen Bogen nach
links gekehrte Stellung des Magens , welche auch als
ein Erkennungszeichen des neugeborenen Zustandes
benutzt wird, verändert, so wie auch die Harnblase
u. der mit Kindspech angefüllte Dick- u. Mastdarm,
ihres Inhalts entleert werden, indem das sich im
Vin. SUatMiweikiwde.
105
Darmkanal u. im Bauchfeliraume aDhfiufende Gasoach
allen Seiten einen Druck ausübt. Auch bei Verlez-
zungen, sowohl äusserer wie innerer Gebilde , bringt
die Gasentwicklung in sofern Verainderungen hervor,
als durch Anschwellung und Volumsvermehrung
der verletzten Theile auch die Richtung, Lage oder
sonstige Dimensionen derselben verändert werden ^
mdsseUg, — Je mehr die Fäulniss Fortschritte macht,
desto stärker wird auch die Gasentwicklung u. desto
bedeutender die durch sie bedingten Veränderungen.
Nach Devergie's Beobachtungen in der Horgue zu
Paris , ist die Gasentwicklung oft so stark , dass der
KOrper nicht nur aufschwillt, sondern dass selbst die
mannigfachsten Veränderungen in der Lage der Glie-
der, Veränderungen der Gesichtszüge u. sogar Bewe-
gungen des Körpers in dem Maasse vorgekom-
men sind» dass die Leichen oft vom Tische gefal-
len sind.
Auf das schnellere oder langsamere Eintreten der
Fäulniss haben Einfluss : 1) Das Alter; kleine Kin-
der » u. namentlich Neugeborene , faulen schneller als
Erwachsene. — 2) Die Beschaffenheit des Kör-
pers; magere, blutarme Individuen faulen später, als
fette u. blutreiche. — 3) Todesarten, die mit flüs-
siger Beschaffenheit des Blutes einhergehen , so wie
Krankheilen, die mit Blutentmischung verbunden sind,
beschleunigen die Fäulniss, wahrend plötzliche Todes-
arten bei gesunden Leuten, wo diess, wie z. B. beim
Ertrinken, nicht der Fall ist, so wie auch chron. Lei-
den, die den Körper abzehren, dieselbe verlangsa-
men. — 4) Der Zutritt von Luft beschleunigt die
Zersetzung , ebenso auch — 5) Zutritt von ViTasser.
6) Kälte verzögert, Wärme beschleunigt die Verwe-
sung. — 7) Je mehr eine Leiche durch Kleidungs-
stücke verhallt ist, desto langsamer greift die Fäul-
niss nm sich; nackte Körper faulen schneller. —
8) Verletzte , gequetschte oder eiternde Theile ver-
wesen schneller als die andern. — Endlich 9) ist
der Eintritt der Fäulniss verschieden nach dem Me-
dium, in dem sich die Leiche befindet, und zwar
schreitet nach Orfila die Fäulniss im Dünger am
schnellst^ vor , nächst dem Dünger steht das Was-
ser; in Abtrittsjauche geht dieselbe langsamer vor
sich, als im Wasser, schneller jedoch als in der
Erde« Die Erde hemmt die Fäulniss etwas, u. zwar
dann am meisten , wenn der Körper nur einige Fuss
tief begraben u. der Boden sehr trocken ist. Nach
Pellieux verwesen die in grosser Tiefe beerdigten
Leichen schneller, als die nur einige Fuss unter der
Oberfläche gelagerten. Auch die Beschaffenheit des
Bodens bietet in dieser Hinsicht verschiedene Resul-
tate; im sandigen Boden tritt die Fäulniss langsam
ein , schneller im thonigen n. feuchten ; sie erfolgt
schnell, wenn die Erde pflanzenreich , feucht u. von
milder Temperatur ist. Eine Temperatur auf dem
Gefrierpunkte ist ein wirksames Schutzmittel gegen
die Fäulniss ; das Nämliche gilt von der zu grossen
Hitze f denn die sogen, weissen oder arabischen Mu-
mien sind nichts Anderes, als durch die Hitze ausge-
^ Med. Jtbrlib. Bd. 73. HA. 1.
trocknete Körper von Menschen , die in den Wüsten
Arabiens ihren Tod fanden u. daselbst längere Zeit
vom Sande überschüttet verborgen geblieben waren.
Bei äusserst mangelhaAem Zutritt der atmosphäri-
schen Luft, tritt eine Art trockoer Destillation und
Mumification ein, indem sich der Sauerstoff derselben
mit dem Kohlen- u. Wasserstoff zu Kohlensäure u.
Wasser verbindet u. Kohle zurückbleibt. Auch der
Boden bietet bisweilen eigenthümliche Umstände dar,
welche die Erhaltung der unbeerdigten Leichen be-
wirken, so die Keller des Franciskanerklosters zu
Toulouse u. s. w.
Ein neues Product der weiter fortschreitenden
Fäulniss ist die Bildung eines seifenartigen Stoffes,
indem sich nämlich das sich erzeugende Ammoniak
mit dem unzersetzten Fette der Leiche verbindet.
Diese Seifenbilduog erfolgt nach G h e v r e u 1 schnell
bei jungen u. fetten Individuen , im Wasser der Ab-
tritlsgruben, in fliessendem Wasser, leichter in feuch-
tem u. fettem , selten in trocknem Boden , u. endlich
um so schneller , je mehr Leichen auf einander ge-
häuft sind, in welchem Falle sich die am tiefsten lie-
genden auch am schnellsten in Seife verwandeln. Die
Länge der hierzu nöthigen Zeit ist sehr verschieden ;
ein neugebornes Kind kann in einem Abtritte in 6 — 8
Wochen verseift sein; dagegen ist 1 Jahr erforderlich
um einen Ertrunkenen zu saponificiren , in der Erde
dagegen fast 3 Jahr. Dieses Leichenfett erscheint
in der Form einer öligen , seifenartigen , schwärzlich
gelben, mehr oder weniger gefärbten Substanz, die
namentlich bei feuchter Luft mit Schimmel überzo-
gen ist.
Ist die Fäulniss einmal bis zu jenem Grade ge-
langt, wo die Bildung des erwähnten seifenartigen
Productes vor sich geht, so sind es nur wenige Fälle,
in denen der Gerichtsarzt einen Aufschluss geben
kann; und zwar zuvörderst bei Gonstatirung von Ver-
giftungen , da mineralische Gifte oft noch nach einer
Reihe von Jahren nachgewiesen werden können ;
dann bei Gonstatirung von Knochenverletzungen und
endlich , wenn es sich um die Nachweisung von ei-
gen Ihümlichen , im concreten Falle dem Knochenge-
rüste oder den einzelnen Knochen zukommenden Ver-
änderungen , bezüglich der Identität eines verstorbe-
nen Individuums handelt , wie z. B. um Nachweisung
von Verkrümmungen, geheilten Brüchen,. Knochen-
auswUchsen u. s. w. (Millies.)
87. Pathologische Stadien an der Leiche
von Ertrnnkenen ; von Dr. O g s t o n in Aberdeen.
(Lond. Gaz. May and July 1851.)
Die Zahl der untersuchten Leichen betrug 90
(70 männl. u. 20 weibl.). Eine vollständige Lei-
chenöffnung wurde in 53 Fällen vorgenommen.
Das Alter der betreffenden Individuen (theils ge-
nau bekannt, theils annähernd geschätzt) verhielt
sichfolgendermaassenF'^'^^^^y
14
IM
Vin« StaalMriMikund«.
Alter.
Münner.
Weiber.
Sumnia.
unter 5 J.
2
0
2
5—10 -
1
0
1
15—20 -
1
0
1
20—25 -
3
3
6
25—30 -
13
4
17
30—35 -
14
1
15
35—40 -
5
1
6
40—45 -
7
3
10
45—50 -
8
3
11
60—65 -
3
0
3
55—60 -
9
5
14
•0—65 -
4
0
4
70
20
90
Von den begleitenden Umständen war bekannt»
dass in 21 Fällen (13 M. u. 8 W.) der Tod durch
Selbstmord veranlasst wurde. Von 41 Pers. (34 M.,
7 yf.) wurde mit ziemlicher Sicherheit ermittelt» dass
sie durch Zufall ertrunken waren ; 1 Fall (ein Knabe)
glaubte man durch Mord veranlasst. In 27 Fällen
(22 M. u. 5 W.) konnte nichts Bestimmtes ermittelt
werden. Gleichzeitig war bekannt, dass 37 Perso-
nen (28 M. u. 9 W.) sich zur Zeit des Todes in ei-
nem trunkenen Zustand befanden ; 17 Personen (14 M.
u, 3 W.) waren zur Zeit des Todes nttchtern. 1 Frau
war blind, 1 Mann war taubstumm; 1 Mann war
apoplektisch ; 1 Mann ertrank während eines epilep-
tischen Anfalls ; 1 Mann ertrank während er an Deli-
rium tremens litt; 3 Individuen (1 M. u. 2 W.) wa-
ren wahnsinnig. Ueber 31 Personen (25 M. und
6 W.) konnten keine sichern Nachrichten erhallen
werden.
■ /
Bezüglich der Localüalen , in welchen die Lei-
chen gefunden wurden, war 1 Fall bemerkenswerth,
wo ein Mann in einer Pfütze, von X^f^' Breite u. 3
— 4^' Tiefe umgekommen war ; er halte einen epi-
leptischen Anfall bekommen , und nur der Mund und
die Nasenlöcher nebst einer Backe wurde unter
Wasser gefunden. Die übrigen wurden iheils in dem
Hafen von Aberdeen, theils in einem Kanäle, theils in
Flüssen aufgefunden.
« '] Auf die Monate verlheüten »ich die Fälle folgen-
dermaassen: im Januar 12; Februar 6; März 3;
April 11; Mai 7; Juni 5; Juli 5; August 10;
September 3; October 10; November 8; Decem-
cer 10.
Die Zeit in welcher die Leichen im Wasser gele-
gen halten, konnte in 79 Fällen genau ermitlolt
werden und betrug^zwischen 5 Minuten u. 56 Tagen.
Ferletsvngen wurden an 36 leichen (25 männl.
u. 1 1 weibl«) gefunden. Die Verletzungen bestanden
in Wunden, Gontusionen, Abschorfungen, Fracturen
und Luxationen. — fß^unden wurden im Ganzen
19 an 10 Leichen gefunden; in keinem Falle fand
man eine stärkere Zurückziehung der Wundränder ;
an 17 der Wunden wurde kein Blulcoagulum beob-
achtet; in 2 war das Bliiteoaguliim v«n geringer
Festigkeit. Es war sonach anzunehmen, dass die
Wunden erst nach dem Tode entstanden waren. —
Abschoffung der Bedeckungen wurde 45mal an 23
Leichen beobachtet ; in keinem Falle gingen sie lief.
— ContusUmen wurden 39mal an 15 Leichen ge-
funden; in keinem Falle zeigte sich eine beträebtlicbe
Anschwellung des betroffenen Theils. 34mal war
das ergossene Blut flOssig und halte nur zueinerPär-
bung des Unterhautzellgewebes Veranlassung gege-
ben; 5mal waren weiche Blutcoagula vorhanden.
Auch hier war anzunehmen, dass die Contusionea
entweder zur Zeit des Todes oder erst später entstaa-
den waren. — Von Fraeturen wurden nicht we-
niger als 29 in 3 Leichen beobachtet; da weder
Blnterguas , noch Goagula in der Naehbarachalt der
fracturirten Knochen gefunden wurden, so mussle
man annehmen , dass auch die Fracturen »ach den
Tode entstanden waren. — Von l^uxationen wurde
nur eine > das Siernal-Ende der Glavicula betreffend,
beobachtet. — Als Beispiele, welche Verletzungea
an einer in bewegten Wasser befindliehen Leiche
entsleben können, theilt Vf. folgende 2 Fälle mit.
Der 1. Fall betraf einen mann!. Selbstmörder, welcher
32 Tage im Hafen von Aberdeen gelegen hatte ; man fand bei
ihm «ine Fraclur des recbleo Ober- und UnterscbeDkcls ; eise
Fracture compoaita des linken Uoterscbenkels ; einen Schiel-
Bruch des obern Theils des Sternums , und ausserdem waren
alle Rippen, mit Ausnahme der beiden ersten , gebrochen. —
Der 2. Fall betraf einen Polizei-Mann , welcher in der Nacbt
durch den Sturm vom Quai in den Hafen geworfen wurde y u,
dessen Leiche man am 3. Tage nach dem Unfälle fand. Er
zeigte eine Contusion an der Stirn , mit Verletzung des rech-
ten Auges ; eine Dislocation des Sternalendes der rechten Cla-
vicola ; durch eine Wunde der Bauchwand waren sammtlicbe
Därme hervorgetreten und ein Theil der Leber war durch einet
Eiorias des Diaphragma durcbgetreun.
Ktatikheits ' Erscheinungen wurden in 42 Lei-
chen gefunden, und zwar in der Sckädelhohle : Ver-
dickung der Arachnoidea 8mal; seröser Erguss in
der Arachnoidea 6mal ; ungewöhnliche Festigkeil des
Gehirns 8mal (3mal bei Selbstmördern); Verwach-
anng der entgegenstehenden Oberflachen der flemi-
sphSren Inial; Hypertrophie der Zirbeldrüse Imal;
Cysteohilduiig im Plexus choroid. 8mal ; kalkiges Gon-
cremenl in diesem Plexus Imal ; die SchädelknocheB
waren ungewöhnlich dick in 6 Fallen (4 betrafen
Selbstmörder) ; und aullallend dünn in 2 Fallen (1
betraf einen Selbstmörder). — In der BrusthoMi
fand man : massige allgemeine Hypertrophie des Her-
zens 5mal; Hypertrophie des linken Herzens 2mal;
Verdünnung des rechten Herzens 5mal ; Verdickung
u. Stenose der Mitralis Imal; Vegetationen auf der
Mitralis Imal; Verwachsung des Henens mit den
Herzbeutel 2mal ; Emphysem der obern Lungenkippen
12mal; alle Verwachsungen der Lungen mit derRip-
penpleura 9aal; Tuberkel in beiden Lungen imal;
kalkiges Concrement in einer Lunge ImaL — Unter-
ieibshöhle: einfache Hypertrophie der Leber llmal;
cirrhitoe Entartung lOmal; Nagen imgewöbnlich klein
7mal; kleine IMtrme contrahirt Imal; Gonlractionen
des Colons und Rectums 2mal; Erkrankungen der
VIU. StaaUarzneikunde.
107
Milz lOnal; Hypertrophie der Nieren II mal; gra-
ottlirle Nieren Imal; Atrophie der Gorticalsubstanz
der Nieren Imal (in 4 der Falle von Nierenerkran-
kung wurde eiweiahaltiger Urin beobachtet) ; seröse
Cysten in den Ovarien 2mal; knorplige Entartung der
Ovarien Imal. Ausserdem zeigten 2 Leichen Ingui-
nal-Brfiche ; 1 ein chron. FussgeschwUr und 1 Cox-
arthrocace.
Bezüglich der Veränderungen, welche in der
Leiche von Ertrunkenen, die längere 2eit im Wasser
gelegen haben, sich zeigen, muss man 2 Klassen un-
terscheiden ; diejenigen , welche durch LeichenfSlul-
niss im Allgemeinen entstehen, u. diejenigen , welche
durch den Einfluss des Wassers bedingt werden. Zu
den erstem gehören verschiedene Faibeveranderun-
gen, Erweichung der Gewebe, seröse Infiltrationen
und Gasentwicklung. — Die durch Fäulniss beding-
ten Entfärbungen der Gewebe zeigen verschiedene
Nuancen und zwar in Roth, Blau, Grün und Braun;
sie sind bedingt durch Austritt des Bluts aus den Ge-
fitos«D in das Unterheutzellgewebe und nachfolgender
chemieeher Veränderung der Blutflüssigkeit.
Die rotke Bntßrhung wurde an 6 Leichen beob-
achtet, der Sitz derselben war das Gesicht in 5 Filllen,
der untere u. vordere Theil des Halses in i , der vor-
dere Theil der Brust in 2, die untern Theile des Rum-
pfes in 1, die Seitenflächen des Unterleibes in 1 , die
Oberschenkel in 3, die Unterschenkel in 3, die Arme
in 4, der Penis in 1. Von 5 der Leichen war die
Aufenthaltszeit im Wasser bekannt , sie vafiirte von
24 — 50 Tagen, mittlere Dauer 30>5 Tage; 3 dieser 6
Falle kamen auf die Wintermonale u. 3 auf die Frtlh-
lingsmonate.
Die grünt Entfärbung fand man an 15 Leichen;
in 6 Fällen war sie allgemein , mit Ausnahme der
Hände and Füsse in 4 , der Hände und des Gesichts
in 1 , der Hjinde , FHsse und des Unterleibes in 1 ;
in den Übrigen 9 Füllen war der Sitz : die vordere u.
die Seitenflachen des Unterleibes u. das Gesicht in
allen 9 ; die vordere Flache der Brust in 7 ; die vor-
dere Flache des Halses in 6 ; die vordere u. Seiten-
ÜSchen der Schenkel in 4 ; die Leistengegend in 4 ;
die vordere Flache der Schulter in 3 ; der Rücken in
2 ; die Vorderflache der Unterschenkel in 2 ; die Ach-
selgrube in 2 ; die Arme in 2 ; der Penis u. die weib-
lichen Brüste in je 1. — An 6 der Leichen war der
Unterleib grün, während die vordere Fläche der Brust
ihre natürliche Farbe halle ; bei 1 Leiche fand der um-
gekdirte Fall Statt* Es spricht dieser Fall gegen
Deverg ie*s Angaben, nach welcher die grtfiie Fär^
taig des Unterleibes für die Leichenzersetzung im
Wasser charakieristiioh sein soll. — Die mittlere
Aufenthaltszeit der Leichen im Wasser betrug f<ir tl
derselben, von welchen sie genau gekannt war, 26«15
Tage (von 6-^56 Tage); 2 der Fälle kamen auf Mai
u. August, die Übrigen auf die Winter- u. Frühlings-
monate.
Die blaue Entßrbung, welche nur ein kurzes
Uebergangsstadium in die grüne zu sein scheint, wurde
nur an 1 Leiche beobachtet, welche im August 7 Tage
lang im Wasser gelegen hatte , und dann in einer an-
dern, wo sie mit grüner Entfärbung des Gesichts
combinirt war. — Die braune Entfärbung scheint
ebenfalls nur eine Nodification der rothen Entflirbung
zu sein.
Die Entfärbungen im Innern des Körpers zeigen
sich erst, wenn die Leichenfänlniss schon weiter vor-
geschritten ist. Die mittlere Anfenihaltszett im Wes^
ser der Leichen, in denen sie beobachtet wurdeli, be-
trug 31 Tage (von 17 zu 56 Tagen).
Die rotAe Entfärbung fand sich je nach der Häu-
figkeit des Sitzes : in den serösen Membranen mehr
oder weniger allgemein lOmal; in den Schleimhäu-
ten lOmal; in den Wandungen des Verdauungekanals
llmal; in den Muskeln 4mal; im Gehirn 3aal; im
Herzen 4mal; in den Wandungen der Arterien tmal;
in der Leber, den Lungen, demRückenmarke, je Imal;
in den Nieren 3mal.
Die braune Entfärbung wurde nur in 5 Leichen
beobachtet, welche eine mittlere Zeit von 41,75 Ta-
gen (von 26 — 56 Tagen) im Wasser gelegen hatten,
und zwar waren davon betrofifen das Gehirn 2mal ;
die Leber u. Milz je 2mal; die Nieren Imal.
Die grüne Entfärbung fand sich ebenfalls nur in
5 Leichen , welche eine mittlere Zeit von 86 Tagen
(von 21 — 56 T.) im Wasser gelegen hatten; der Sitz
war im Gehirn 3mal ; in den Lungen 2mal ; in der
Leber und Milz ImaL — Alle Falle von brau-
ner und grüner Entfärbung kamen auf die Winter-
monate.
In 1 Leiche, welche im December durch 24 Tage
im Wasser gelegen hatte, fand sich das Gehirn von
tief aschgrauer Färbung.
Erweichung, eine Folge vorgeschrittener Fäul-
niss wurde in 14 Leichen beobachtet. In 10 dieser
Fälle betrug die mittlere Aufenthaltszeit im Wasser
29)9 Tage oder von 7 bis 56 Tage ; 2 der Leichen
kamen auf die Sommer-, die übrigen auf die Win-
termonale. Der Sitz der Erweichung war in ^griaae-
rer oder geringerer Ausdehnung das Uhterhautzellge-
webe in 3 Fallen; die willkürlichen Muskeln in 4;
die weichen Theile des Gesichts in 3 ; das Gehirn In
9 ; die Lnngen in 4 ; die Leber in 3 ; die Milz in 2 ;
das Hers in 3; die Nieren, der Magen u. dasRttoken-
mark in je 1 FalL
Infiltrationen von verschiedener Consistenz, von
einem dünnen röthlichen Serum an bis zu einer dik-
ken, rothen, pulpösen oder gelatinartigen zittern-
den Masse fand man in 15 Leichen; mit Ausnahme
von 3 dieser Fälle , wurden diese Infiltrationen
in dem Unterhautzellgewebe u. in den Hdhlen des
Körpers gefunden. Im Unterhautzellgewebe zeigten
sich die Infiltrationen am ganzen Kopf in 1 Fall ; am
Halse in 5 Fällen (in 1 dieser Fälle waren auch die
108
VII!. Staatsarzneikunde.
Halsmuskeln betroffen); an der Brust in 9 Fallen;
im Gesicht und der Leistengegend in je 1 Fall. Von
den Höhlen des Körpers waren betroffen die Brust in
10 Fallen; der Unterleib in 6; das Pericardium in 8;
die Mund- u. Rachenhöhle in 4; Larynx, Trachea u.
Bronchien in 2; Magen in 2; Augenhöhle in 2 u.
Nasenhöhle in 1 Fall. — Die mittlere Aufenthalts-
zeit im Wasser von 10 dieser Leichen betrug 28,3
Tage (von 3 — 56 Tagen); 7 derselben kamen auf
die 6 Wintermonate mit einer mittlem Aufenthaltszeit
von 31 Tagen oder von 21 bis 50 Tage.
Gasentwicklung wurde in 17 Leichen beobach-
tet, von denen 14 im Mittel 27,78 oder von 7 bis
56 Tage im Wasser gelegen hatten ; 1 1 dieser Lei-
chen kamen auf die 6 Wintermonate mit einer mitt-
lem Aufenthaltszeit von 27 Tagen (von 17 bis 50
Tagen). Die Gase zeigten sich brennbar in 4 Fallen,
in denen reichlicher Entwicklung wegen Versuche da-
mit angestellt wurden. Der Sitz der Gasentwicklung
war in 9 Fallen der Kopf; in 9 das Gesicht; in 10
die Brustwandungen; in 10 das Unterhautzellgewebe
des Halses; in 10 die Wandungen und Höhle des
Unterleibes ; in 6 die obera Theile der Extremitä-
ten ; in 4 das Scrotum ; in 1 der Penis ; in 5 die
Lungen ; in 5 die Arterien ; in 1 das Herz und in 1
die Harnblase. — Die Oberhaut war in grösserer
oder geringerer Ausdehnung abgelöst bei 14 Leichen,
welche in mittlerer Zeit 29 oder von 7 bis zu 56
Tagen im Wasser gelegen hatten. In 1 dieser Fälle
liess sich die Haut wie ein Handschuh von den Hän-
den ziehen.
Die Leichenveränderungen, welche durch Ein-
wirkung des Wassers hervorgerufen wurden, sind :
Erosionen der weichen Theile , Verseifung derselben
u« Bleichen der enlblössten Knochen.
Erosionen wurden in 7 Leichen beobachtet; von
6 derselben war die Aufenthaltszeit im Wasser be-
kannt, sie betrug im Mittel 35,8, oder von 29 bis zu
56 Tagen. Alle diese Fälle kamen auf die Winter-
mon., mit Ausnahme eines Falles, wo die Leiche im Juni
aus dem Wasser gezogen wurde und 56 Tage dariji
verweilt hatte. Der Sitz der Erosionen war: die
Kopfhaut in 5 Fällen ; die Nase (einschliesslich des
Knorpel in 1) in 3; die Ohren, einschliesslich der
Knorpel, in 1 ; der Hals, die linke Schulter, die Brust
an verschiedenen Stellen in je 1 Fall ; die Arme in 2 ;
die Hand u. Finger in 2 ; die untern Extremitäten in
3 Fällen.
Ferseifung zeigte sich in 11 Leichen; in 10
dieser Fälle war die mittlere Aufenthaltszeit im
Wasser 31, oder von 17 bis 56 Tage gewesen. Mit
Ausnahme des einen Falles von 56 Tagen, kamen die
tlbrigen Fälle auf die Wintermonate. In 1 Falle hatte
sich die Verseifung auf die Nachbarschaft verschiede-
ner Wunden des Gesichts und Rumpfes beschränkt;
in den übrigen 10 Fällen wurde die Verseifung beob-
"'^htetin den Unterleibs Wandungen 8mal ; in den Brust-
wandungen 8mal ; an allen Extremitäten 2mal ; an dea
Armen allein 1 mal; an den Oberschenkeln allein 1 mal;
im Omentum 1 mal ; in dem das Herz umgebenden Fette
Imal u. Imal in dem Fettgewebe des vordem Mediasti-
num. An den Wandungen der Brust u. an den Extremi-
täten war die Verseifung in dem Zellgewebe total , in
den Muskeln nur partiell.
Das Bleichen der Knochen wurde in 2 Fällen
beobachtet, in denen durch Erosionen der Kopfliaut
die Schädelknochcn entblösst waren. Die eine Lei-
che hatte einen Monate die andere 56 Tage im Was-
ser gelegen; im letztern Falle war die Verbindung der
Schädelknochen unter einander noch erhalten.
BezOglich der an den Leichen von Ertrunkenen
zu beobachtenden Erscheinungen , welche mehr oder
weniger von der Art und Weise des Todes abhängen,
so betrachtet Vf. zunächst die durch die äussere In-
spection wahrnehmbaren.
1) Lage des Körpers. Abgesehen von einem
geringen Grade von Beugung der Glieder, welche
während der Leichenstarre in allen Leichen beobach-
tet wird, zeigten sich bei allen untersuchten Leichen,
wenn sie, wie gewöhnlich, auf den Bücken gelegt
wurden, sämmlliche Glieder gestreckt, mit Aus-
nahme von 8 Leichen, in welchen die Vorderarme
nach vorn standen u. bei denen Hand-, Ellenbogen-,
Hüft- u. Kniegelenk in halber Beugung waren. In
der einen der Leichen war diese Beugung der Gelenke
nicht vorhanden, als sie das 1. Mal besichtigt wurde,
5 Std. nach dem Tode, sondern zeigte sich erst bei
der 2. Besichtigung, 6Y2 Std. später.
2) Zustand der Gelenke. In 54 Leichen waren
dieselben von Leichenstarre ergrifien. In 40 Fällen,
in denen die Zeit des Todes bekannt war, fand sich
dieser Zustand zwischen V/^ Std. u. 10 Tage, oder
nach mittlerer Zeit 39 Std. 26,5 Min. nach dem Tode.
In den Fällen, welche auf die 6 Wintermonate kamen
variirte die Zeit zwischen 3 Stunden u. 10 Tagen,
oder im Mittel 65 St. 19 AI. nach dem Tode, in den
Fällen der Sommermonate zwischen IV4 St. u. 35SL
oder im Mittel 14 St. 34 M.
3) Stellung der Finger find des Daumens.
In 51 Leichen waren die Finger u. in 33 die Daumen
mehr oder weniger vollkommen gebeugt; in 9 Lei-
chen berührten die Daumen die Hohlband.
4) Die Nägel der Finger wurden in 24 Leichen
mehr oder weniger bläulich gefunden; in einigen
Leichen, welche längere Zeit im Wasser gelegen
halten , beobachtete man ein. Erbleichtsein. In
keinem Falle fand man fremde Stoffe unter den
Nägeln.
5) Der Ausdruck des Gesichts konnte in 36
Fällen nicht bestimmt werden , wegen Anschwellung
in grösserem oder geringerem Maasse. In den übri-
gen Fällen war der Gesichtsausdruck ein sanfter , mit
Vin. SUatsanneikuDde.
109
Aasoahme von 5 FflUen, in denen das Gesicht Angst
aasdrflckte; 1 Fall dieser letzteren betraf eine blinde
Frau, der andere eine kurzsichtige Person, welche
durch Verunglackung umgekommen waren. Bei den
Leichen , in welchen die Mienen Angst ausdruckten,
war die Besichtigung zwischen 30 Min. u. 18 St.,
oder im Mittel 7 St. 32 Min. nach dem Tode an-
gestellt worden ; in 3 der Leichen war schon Todten*
starre vorhanden.
6) Zttstand der Augenlider und Pupillen. In
82 Leichen waren die Augenlider geschlossen ; in 4
waren sie halb geöffnet; in 3 waren sie weit offen u.
in l waren sie auf dem einen Auge geschlossen, wäh-
rend sie auf dem andern offen standen. — Die Pu-
pille fand man im normalen Zustande in 41 Fallen;
in den flbrigen fand man sie theils erweitert , theils
verengert. Die Erweiterung der Pupille beobachtete
man häufiger kurze Zeit nach dem Tode , als in spa-
terer Zeit; so fand man in 13 Leichen, welche 2
Mal besichtigt wurden, die Pupillen bei der 1. Be-
sichtigung erweitert, bei der 2. im normalen Zu-
stande.
7) Der Mund war in 72 Leichen geschlossen, in
18 mehr oder weniger weit offen. In 2 der letzlern
Falle hatte zwischen der 1. u. 2. Besichtigung ein
Herabsinken des Unterkiefers stattgefunden.
8) Die Zunge war in 4 Fallen zurückgezogen ;
in 20 berührte die Zungenspitze die vordem Zähne,
welche in 4 dieser Fälle Eindrücke auf die Zunge ge-
macht hatten; in 15 ragte die Zungenspit^ über die
Schneidezähne, welche in 12 dieser Fälle sich auf
ihr eingedrückt hatten. In keinem Falle ragte die
Zungenspitze Ober die Lippen heraus.
9) Das Gesicht war in 41 Fällen geschwollen,
von dem geringen Grade an , welcher bisweilen auch
bei frischen Leichen aus andern Todesursachen ge-
funden wird, bis zu einem sehr bedeutendem Grade,
durch vorgeschrittene Fäulniss bedingt.
10) Der Hals war in 18 Fällen bedeutend ange-
schwollen , u. zwar in 9 Fällen noch bevor Fäulniss
eingetreten war, von 5 Min. bis zu 12 St. nach dem
Tode. —7 Geschwulst des obern u. vordem Theils
des Thorax fand man in 3 Leichen , welche zwischen
10 Sl. u. 56 Tagen im Wasser gelegen hatten.
11) Den Penis fand man in vollständiger Erec-
tion bei 3 Leichen, welche 7 St., 24 St. u. 24Tage
im Wasser gelegen hatten ; im letzlern Falle war der
ZnsUnd augenscheinlich durch Gasentwicklung be-
dingt. In 2 Leichen war der Penis im halb erigirten-
Zustande.
12) Cutis anserina wurde bei 21 Leichen beob-
achtet, u. zwar in 1 über den ganzen Körper verbrei-
tet; IM den übrigen über grössere oder kleinere Stel-
len der obern oder untern Extremitäten oder beider
gleichzeitig; in 11 Leichen über verschiedene Stellen
des Rumpfes. Sie wurde in allen Monaten des Jah-
res angetroffen 9mal in den 6 Sommer-, n. I2mal in
den 6 Wintermonaten. Eine Leiche hatte 24 St. u.
2 derselben 26 Tage im Wasser gelegen.
13) Farbe der allgemeinen Bedeckungen. Un-
mittelbar nach dem Ertrinkungstode wird die ganze
Oberfläche des Körpers blass. Die Blässe scheint
einige Stunden noch nach dem Tode anzuhalten , so
fand man sie in 22 Leichen, welche von 5 Min. bis
zu 25 St., oder im Mittel 4 St. 12 Min. im Wasser
gelegen hatten. — Einen ähnlichen Zustand der
allgemeinen Oberfläche beobachtete man auch in spä-
tem Perioden, wenn der Körper lange im Wasser ge-
legen hatte; so in 3 Leichen, welche 7,29 u. 35 Tage
im Wasser waren.
Zwischen diesen beiden Perioden nimmt die Haut
verschiedene Farbennüancen an, in denen jedoch das
Roth vorherrschend ist. Die Entstehung derselben
ist durch verschiedene Ursachen bedingt. Die eine
derselben ist die Einwirkung des Sauerstoffs auf das
in den oberflächlichen Capillaren befindliche Blut;
eine andere ist der congestive Zustand der Hautvenen;
eine 3. ist der Austritt des Bluts aus den Geßssen in
das Zellgewebe. Zu der 1. Klasse gehören die dif-
fusen und ganz oberflächlichen hellröthlichen Flecke,
welche man an verschiedenen Stellen der Haut nach
einigem Verweilen im Wasser wahrnimmt, und wel-
che später bläulichroth werden. In 14 Fällen, in
welchen diese Flecke beobachtet wurden, war der
Sitz 7mal an den abhängigen Theilen des Rumpfes u.
3mal an denen der Extremitäten; dagegen wurden
sie an den obern Theilen der Arme 2mal ; im Ge-
sichte 6mal ; an der vordem Fläche des Halses und
der Oberschenkel je 2mal gefunden. 2 der Leichen
kamen auf die Frühlingsmonale, 4 auf die Herbst- u.
8 auf die Winlermonate. Die Aufenthaltszeit im Was-
ser war zwischen Va St. u. 3 Tagen oder im Mittel
23 St. 50 Min. gewesen.
Die bläulichrothe Färbung der allgemeinen Bedek-
kungen verdankt ihr Entslehen , der Anhäufung von
Blut in den subcutanen Venen ; in keiner der sie zei-
genden Leichen wurde Fäulniss beobachtet. Man
fand sie in 36 Leichen zur Zeit ihrer Herausnahme
aus dem Wasser; in 6 andern erschien sie erst ei-
nige Stunden nach Aussetzung der Leichen an die
Luft. Der Sitz derselben war in der Mehrzahl der
Fälle an den abhängigen Partien. Die Jahreszeit
scheint einigen Einfluss darauf zu haben ; so variirte
die Zeit ihres Entstehens in 10 Leichen in den Som-
mermonaten zwischen Va "• ^^ St. , oder im Mittel
3 St. 16 Min., während bei 8 Leichen im Winter
die Zeil zwischen 6 u, 288 SL , im Mittel b2^/^ Sl,
variirte.
14) Zustand der Hoklhand, Fusssohlen u.s.w.
Das Bleichen und Faltigwerden der Unhihand , Fuss-
sohlen und anderer Partien der Oberflache des Kör-
pers entsteht durch Einwirkung des Wassers, in dem
die Leichen gelegen ; es wird . wiewohl in geringem
Maasse, begünstigt durch Bedecktsein der betreffenden
110
VlIL SUatoanneikui^de.
Partien mit Kleidern. — Äa der Fusssolile wurde
dieser Zustand in 46 Leichen gefunden, an der Hohl*
band in 44 ; in 23 dieser Fälle erstreckte sich dieser
Zustand auf die ganze Hand bis zum Handgelenke u.
in ebenso viel Fällen auf den ganzen Fuss bis zum
Fussgelenke. In 7 Leichen fand man die vordere
Fläche des Knie , u. in 3 die hervorragenden Partien
des Ellenbogengelenks gebleicht u. gefallet , während
in 1 Leiche die ganze Oberflache der obern u. untern
Extremitäten in diesem Zustande sich befand. — Die
letzlere Leiche hatte 56 Tage im Wasser gelegen ;
bei 4 von den Leichen mit Gebleicht- u. Fulligsein
des Knies, u. bei 2 Leichen mit demselben Zustande
am Ellenbogen, variirte die Aufenthaltszeit im Was-
ser von 8 zu 21 Tagen, im Mittel 12,25 Tage; bei
18 Leich«o, in welchen das Geblcichtsein sich bis
zum Hand- u. Fussgelenk erstreckte, variirte dieAuf-
entbaltszeit im Wasser von 25 St. bis zu 35 Tagen,
im Mittel 14 Tage 11 St.; bei 12 der Leichen end-
lich , bei denen das Gebleichlsein nur auf die Hohl-
hand u. Fusssohle sich beschränkte, war der Aufenthalt
im Wasser von 30 Min. bis zu 40 St. , oder im Mit-
tel 15 St. 25 Min. gewesen. — Bei 44 Leichen
fand man weder die Hohlhand , noch die Fusssohlen,
noch andere Stellen der Körperoberfläche gebleicht;
38 dieser Leichen waren zwischen 5 Hin. u. 20 St.,
oder im Mittel 6 St. 39 Min. ; 1 Leiche 45 St. , 2
Leichen , mit vorgeschrittener Fäulniss , 29 Tage im
Wasser gewesen.
15) Fremde Stoffe auf der Körper ob er fläche.
Das Fehlen dieser unter den Nägeln ist schon oben
bemerkt. In 2 Fallen war die Hohlhand voll von
Schmutz; in 10 Fallen waren die enlblösslen Stellen
der Haut voll Sand u. Schlamm ; in 9 Fällen wurden
dieselben Stoffe an Stellen der Haut gefunden, welche
von den Kleidern bedeckt waren. In 2 Fällen war
der Mund voll Schlamm.
In 53 Fallen wurde eine genaue Leichenöffnung
vorgenommen; der Befund war, abgesehen von den
verschiedenen, schon oben angegebenen Veränderun-
gen, folgender.
1) Die Kopfhaut fehlte in 5 Fällen; sie war
blutleer in 1 , in normalem Zustande in 14; blut-
reich in 26 u. ausserordentlich blutreich in 7 Fallen.
— Das Fehlen der Kopfhaut war durch die oben er-
wähnten Erosionen bedingt; die blutleere Kopfhaut
gehörte der 2. , oben erwähnten Leiche an , welche
bedeutende Verletzungen im Wasser erlitten hatte. —
Die Leichen, bei denen sich die Kopfhaut in normalem
Zustande zeigte, kamen, mit Ausnahme von einer im
Mai, auf die kälteren Monate von September bis April;
6 von ihnen wurden zwischen 14 u. 29 St. nach dem
Tode, also noch im frischen Zustande der Leiche un-
tersucht; die übrigen 3 hatten zwischen 7 u. 50 Ta-
gen im Wasser gelegen u. in allen war schon Fäul-
niss eingetreten. — Von 3 der Leichen , bei denen
die Kopfliaut blutreich gefunden wurde, könnte die
Zeit des Todes nicht ermittelt werden ; 19 wurden
zwischen 14 u. 71 St. (im Mittel 36 St.) u. die Qbrt
gen 3 Ewiscben 4 u. 26 Tagen (im Mittel 1 5 Y^ Tage]
nach dem Tode untersucht. — Die Fälle ▼on ins*
serordentlich blutreicher Kopfhaut wurden z
11 u. 18 St. nach dem Tode untersucht; in
derselben quoll das Blut in reichlicher Meoge au
der Oberfläche des Hirnschädels nach seioer fiil-
hlüssung.
2) Die5tnt» und grossem Fetten innerhalb i&
Schädelhohle waren theil weise zerstört in 1 FaQ,
leer in 7, normal in 12, blutreich in 26, u. unge-
wöhnlich turgescirend in 7 Fällen. — Der 1. FaB ]
betraf ein Kind, welches 56 Tage im Wasser gelegei i
halte , u. bei dem die Kopfhaut erodirl u. die Hinter- 1
hauptsfontanelle offen war, durch welche das Gebiri |
ausgetreten war. — In 2 der Fälle , in denen dk
Gefässe leer waren , war die Zeit des Todes Qob^
kannt, in den (Ihrigen 5 variirte sie von 4 zu 50
Tagen (im Mittel 28). — In den Fällen, in welch«
die Sinus u. Venen normal , d. h. massig mit fik
erfüllt gefunden wurden, war die Zeit des Tod«
unbekannt in 1 Falle; in 7 Fällen variirte sie von 14
bis 48 St., in den 3 (ihrigen betrug sie 10 , 24 v.
34 Tage. Diese 3 letztern Fälle kamen auf den Mo-
nat December. — Von 24 der Leiclicn , in deaea
die Kopfgefässe blutreich gefunden wurden , wuHea
19 zwischen 12 u. 71VsSl. (im Mittel 33) nach den
Tode untersucht ; die übrigen 5 zwischen 7 u. 3d
Tagen. Die letztern kamen auf die 4 kältesten H»-
nate des Jahres. — 4 der Leichen mit ungewOha-
lichcr Turgescenz der Sinus u. Venen wurden zwi^
sehen 12 u. 18 St. nach dem Tode, die übrigen \
am 4. , 8. u. 20. Tage nach dem Tode u. im ApriL
Januar u. November untersucht. Von diesen 3 letM
ten war bekannt, dass das 1. Individuum zur Zeit do^
Todes im trunkenen Zustande sich befand; wah^
rend das 3. den Selbstmord im Delirium treme»
beging.
3) Bezüglich des Zustandes der Gehirnhäute,
fand man die Dura mater: theilweise fehlend in 1»
ungewöhnlich blass in 1, normal in 43, iujicirt in 5r
stark injicirt in 3 Fällen ; die Pia mater : fehlend ii
1 , normal in 35, injicirt in 6, stark injicirt in li
Fällen. i
4) Das Gehirn selbst fehlte in 1 , war blutled
in 3 , normal in 26 , blutreich in 2, ungewOhnlid
blutreich in 21 Fällen. — In 2 der Fälle von Blut«
armulh des Gehirns war die Zeit des Todes nicht be-
kannt, im 3. betrug sie 11 Vi ^L Im letztern Fall«
war gleichzeitig die Kopfliaut, Pia mater u. Hirnstntu
blutreich. — Die Zeit des Todes war bekannt W
24 Fällen, in denen das Gehirn normal, d. h. fre
von Congestion gefunden wurde; sie variirte in 1(
Fällen zwischen 12 u. 48 St., in 14 zwischen 4 u
50 Tagen. — 17 der Fälle, in denen sich das Ge
hirn ungewöhnlich blutreich zeigte» wurden unter-
sucht zwischen 11 u. 70 St. nach dem Tode; 3 an-
dere am 4., 7. u. 29. Tage nach dem Tode, u. zwm
im December, August u. October. Der letzte dieae
VtfL StaatdanB^ikonde.
111
He betraf eiieii Selbstmörder, der zur Zeit des To- Blut in 2 Fxllen. In 5 der Leicbeo war das ßlulmehr
m an Melancholie litt. ©der weniger coaguliri.
5) Die Bimventrikel boten in der Mehrzahl der
me wenig Anffallendes. In 3 Fallen, am 2., 8. u.
4. Tage nach dem Tode waren sie leer u. trocken.
■" 1d 8 Fallen (zwischen 14 St. u. 7 Tagen nach dem
'•de)waren sie voll Sernni. — In 11 Fallen waren
ie TOtt Flüssigkeit ausgedehnt; in 10 dieser Falle
nr die Zeil der Untersuchung zwischen 11 u. 70
t nach dem Tode. — Die Flüssigkeit salbst war
I 1 Falle röthlich ; in 3 Fallen zeigte sie deutlich ei-
en Geruch nach Alkohol ; eine dieser Leichen wurde
15, eine andere 28 St. nach dem Tode untersucht.
6) Die VtHen des obern Theils des RUckenmark-
(amala, so wie die Jugular-- u. VertehraWenen nah-
aen gewabnlich an dem Blutreichtbum des Gehirns u.
leiner Baute Tbeil ; doch wurden in 2 Fallen die Ve-
ten des fttlckenmarks ungewöhnlich blutreich gefun-
Jen, wahrend die Hirnsinus im normalen Zustande
raren.
7) HerzkSklen. Das rechte Herz war ganz leer
D 2 , etwas feucht in 1 , eine geringe Menge Blut
lallend in 3, fast voll von Blut in 3, voll in 15> aus-
[edehnl von Blut in 17, sUrk von Blut ausgedehnt
Bk 12 Fallen. — Von den Fallen , in welchen das
rechte Herz ganz leer war, betraf der eine eine Lei-
ihe, weiche am 56. Tage nach dem Tode untersucht
¥orde; das Innere von dem Vorhofe sowohl, alsVen-
likel zeigte eine tief rölhlich-schwarze Färbung.* Die
ffiit des Todes der andern Leiche konnte nicht he-
jfiBunt werden, doch musste sie den übrigen Erschei-
|iDgen nach ebenfalls lange gelegen haben. — Die
^che, in welcher das rechte Herz etwas feucht ge-
Imdca wurde , hatte 50 Tage gelegen. — Die 3
Leicbea, welche nur wenig Blut im rechten Herz ent-
tiellea, wurden am 8., 29. u. 32. Tage nach dem
Tode untersucht ; in der einen war das Blut geron-
leo. — Die Untersuchung der Leichen , in denen,
b$ rechte Herz fast voll von Blut war, wurde IIY4
{L D. 4 u. 20 Tage nach dem Tode vorgenommen,
i 2 der Leichen war das Blut im coagulirten Zustande.
»- Die Zeil des Todes war in 13 von den Fallen be-
tDt, in welchen das rechte Herz voll von Blut war;
variirte in 4 zwischen 16 u. 55 Y^ St. u. in 9
;hen 7 u. 35 Tagen. Mit einer Ausnahme im
t, kamen diese 9 Falle auf die Monate vom
smber bis April. In einer Leiche von 7 Tagen
die Herzwandungen tief von Blut tingirt ; in 2
frischen Fallen war das Blut geronnen. — Von
Ftilen , in denen das rechte Herz mehr oder we-
von Blut ausgedehnt, war die Zeit des Todes
t; sie variirte in 25 zwischen Hu. 70 Vj St.
■ 1 betrug sie 4 Tage. In 7 Fallen war das Blut
lise oder ganzlich coagulirt, und in 1 Falle
die Herzwandungen imbibirL
8) Die Lungen waren nicht blutreich in 3 , ge-
ring blutreich in 9. blutreich in 25, sehr blutreich
in 16 Fallen. — Von den erstem 3 Fällen wurde
der eine am 32. , der andere am 56. Tage nach dem
Tode untersucht; im 3. Falle war die Zeit des Todes
unbekannt. — In 4 Fällen von gering blutreichen
Lungen variirte die Zeit der Untersuchung von f 1^/4
bis 67 St. nach dem Tode, in allen diesen Fallen wa-
ren Zustände vorhanden, welche auch sonst zu Blut-
reichtbum in den Lungen Veranlassung geben; so
waren im 1. Falle die Lungen mit den Rippen und
Zwerchfell verwachsen u. das rechte Herz erweitert;
im 2. Falle war allgemeine Hypertrophie des Herzena
vorhanden; im 3. waren Leber, Milz u. Nieren hyper-
trophisch ; im 4. endlich war die Leber vergrOssert
und granulirt. 4 andere Falle von gering blutreichen
Lungen wurden am 8., 20., 21 u. 50. Tage nach
dem Tode untersucht. — In 4 Fällen von blutrei-
chen Lungen war die Zeit des Todes unbekannt; in
12 Fällen variirte sie von 12 zu 55^2 St.; in den 9
übrigen zwischen 4 u. 35 Tagen. 7 der letztern
Fälle fielen in die 6 Wintermonate. — 14 der Lei-
chen mit sehr blutreichen Lungen wurden zwischen
I2Y2 u. 71Y2 Sl. nach dem Tode untersucht, die 2
übrigen am 1 0. u. 29. Tage ; diese beiden kamen auf
Februar und October. — In 2 Fallen von der gan-
zen Zahl wurden die Lungen collabirt gefunden ; in
15 Fallen waren sie so ausgedehnt, dass sie nach
Entfernung des Sternum aus der Brusthohle hervor^
traten; in 5 dieser Fälle (resp. 7, 8, 10, 21 u. 56
Tage todl) war diese Erscheinung durch Gasentwick-
lung in Folge von Faulniss bedingt , * 8 dieser Falle
waren frische Leichen, nicht über 26 St. todt.
9) Die Leber war nicht blutreich in 9, gering
blutreich in 2, blutreich in 23, sehr blutreich in 19
Fallen. — In 7 der 9 ersten Fälle wurde die nach
dem Tode verflossene Zeit ermittelt, sie betrug in 4
Fallen 32, 34, 50 u. 56 Tage; für die übrigen 3
Fälle IIV4' 2^ u. 45 St.; in dem 1. der 3 letzten
Fälle war die Leber stark vergrOsserl u. granulirt. —
In den 2 Fällen von gering blutreicher Leber betrug
die nach dem Tode verflossene Zeit 4 u. 20 Tage (im
October u. November); in beiden Fällen fand sich
transsudirtes Blut in der Bauchhöhle. — In 20
Fallen von blutreicher Leber war die nach dem Tode
verflossene Zeit bekannt; in 14 variirte sie zwischen
12 u. 67 St., in 6 zwischen 7 u. 35 Tagen. Mit
einer Ausnahme, im August, fielen diese letztem auf
die 3 Wintermonate. — Die nach dem Tode ver-
flossene Zeit war in 18 Fällen mit sehr blutreicher
Leber bekannt; sie belief sich in 13 auf llVa ^i^
70 Vj Sl, in 5 auf resp. 4, 8, 10, 19 u. 29 Tage,
diese 5 kamen auf die Monate October, December,
Februar u. April.
Das linke Herz war leer in 14, wenig Blut bal- 10) Die Milz war in einem Zustande^mäaaiger
in 23^ Toll von Blut in 14, u. ausgedehBt von GoQgettion in 19 Fallen. ^
112
VlIL StaaUarzneikuiide«
11) Die Nieren waren nicht blutreich in 15,
blutreich in 30 , sehr blutreich in 8 Fallen. In 1
dieser letzlern zeigte das Nierenbecken deutlichen Ge-
ruch nach Alkohol ; der Fall betrar eine Frau, welche
zur Zeit des Todes trunken war.
12) Im Darmkanal fand man nur in 17 Leichen
die venüsen Geßisse mit Blut überfttlll, in 11 dieser
Falle war der Sitz auf die dttnnen Dürme beschränkt.
Die nach dem Tode verflossene Zeit betrug in 13 Fal-
len im Mittel 30Vs St.
13) Das Blut im ganzen Körper war mit Aus-
nahme der oben bei dem Herz erwähnten Fällen u. 2
andern, in denen Blutcoagula in den grössern GefSs-
aen gefunden wurden, im flüssigen Zustande und mit
Ausnahme eines Falles von dunkler Farbe.
14) Die Unnblase war leer in 27, voll in 10,
in mittlerem Zustande gefüllt in 16 Fällen. — In
2 Fällen (45 St. u. 24 Tage nach dem Tode) war
der Urin röthlich. — In 1 Leiche (45*/9 St. nach
dem Tode) war die in der Blase befindliche Flüssig-
keit geschmacklos und zeigte nur Spuren von den ge-
wöhnlichen festen ßestandlheilen des Harns. — In
der Leiche eines Mannes, welcher 14 St. todt u. zur
Zeit des Todes trunken war, zeigte sich beim
Erhitzen der Urin eiweisshaltig und der Dampf fing
Feuer.
15) Der den Ertrunkenen eigen tbUmliche5cAa»m
(welchen Vf. von dem schaumigen Scbleim und von
den mit übelriechendem Gas gefüllten Blasen, die sich
bisweilen in faulenden Leichen auf der Oberfläche von
wässrigcr Flüssigkeit in den Luftwegen finden , ge-
schieden wissen will) fand sich an den. Nasenlöchern
20 , an den Lippen 27 , in der Mundhöhle 34 , im
Larynx 16, in der Trachea 25, in den Bronchien 11,
u. in den Lungenzellen 27mal. — In 51 Fällen,
in welchen dieser Schaum, an verschiedenen Theilen
der Luftwege beobachtet wurde, variirte die nach dem
Tode verflossene Zeit zwischen 20 Min. u. 4 Tagen
oder im Mittel 22 St.
16) fFasser im Innern des Körpers wurde in
54 Leichen gefunden, u. zwar in der Mundhöhle 10,
in der Rachenhöhle 2, im Oesophagus 8, in der Tra-
chea 25 , in den Lungen 22 und im Magen 36mal.
— In 16 Fällen war die in den Lungen befindliche
Menge Wassers sehr beträchtlich; in 13 Fällen (von
den 22) war das Wasser schaumig. — Die Menge
des im Magen befindlichen Wassers variirte von 1 u.
2 Unzen bis zu einer Masse, welche dieses Organ
bedeutend ausdehnte. Nur in 5 Fällen war dieses
Wasser klar u. rein. In 7 Fällen zeigte die im Ma-
lten beflndliche Flüssigkeit Alkohol-Geruch. — Aus-
serdem wurde in 2 Leichen Wasser in den Pleura-
höhlen gefunden, u. zwar in einer Menge von resp.
10 u. 25 Unzen; die Leichen, beide gesunden Er-
wachsenen gehörig, wurden 12 u. 17 St. nach dem
Tode untersucht« In 1 dieser Fälle war das Wasser
salzig (die Leiche wurde im Hafen von Aberdeen ge-
funden). (M i II i e s.)
88. Ueber die heinliehe Cfebnrt; von Dr.
Schütz. (Verh. der Ges. für Geburtsh. zu Berlin.
IV. Jahrg. 1851.)
Die Verheimlichung der Geburt mit Allem, was
in ihrem Gefolge ist, gehört zu den Verbrechen,
welche mehr Analoges darbieten, als viele andere.
Ihre Ursachen , Ausführung und Folgen sind so eng
verbunden mit dem natürlichsten aller Triebe, dem
Geschlechtstriebe und dem der Erhaltung körperlicher
und moralischer Persönlichkeit, dass ihr Vorkommen
ein sehr häufiges und auch ihre Ausführung eine sehr
ähnliche ist. G a s p e r ist in seiner Arbeit über die
Geographie der Verbrechen (Deukw. der med. Stati-
stik und Staatsarzneik. Berlin 1846) zu den nicht
uninteressanten Resultaten gelangt, dass die grössere
Gultur einzelner Provinzen, nach dem Maassslabe der
Elementarkenntnisse gemessen . die Zahl der Kinder-
morde und fleischlichen Verbrechen nicht mindert,
dass die Kinderraorde in katholischen Gegenden nicht
eben häufiger, als in evangelischen sind, dass der;
Code Napoleon mit seinem , den Schwängerer schflx-
zenden Salze : la recherche de la paternit^ est inter-
dile, auf die Vermehrung der Kindermorde ohne Ein-
fluss geblieben ist, dass mit der Dichtigkeit der Be-
völkerung die Kindermorde zwar zunehmen, da»
aber die dichten Bevölkerungen der grossen SUdle
hiervon wieder eine Ausnahme machen , wahrschein-
lich, weil die Entdeckung der heimlichen NiederkunA
und des Kindermordes in den grossen Städten In
Richter leichter entgeht, als auf dem Lande.
Man findet übrigens in dem Geständnisse der lo-
quisilinnen über die verheimlichte Sahwangerschall
und Geburt viel Analoges. Den Coitus haben sie in
der Regel nicht oft vollzogen , oder nicht geglaubti
dass ein einmaliger Coitus eine Schwangerschaft be-
wirken könne ; die Menstruation war häufig eine uo-
regelmässige , ihr Ausbleiben daher nichts Auffallen-
des für die Schwangern. Die Kindesbewegungen
haben sie nicht genau beachtet; über die Dauer der
Schwangerschaft waren sie im Unklaren ; die heran-
nahende Geburt hatte sie überrascht u. s. w. Findet
nun zwar auch die Aehnlichkeit dieser. Geständnisse
ihre Erklärung in dem gemeinsamen Bestreben, die
Schuld von sich abzuwälzen, so erscheint es dock
auch ganz naturgemäss, dass ausserehelich Geschwäfl-
gerte über den Termin der Schwangerschaft eher io
Zweifel sein können, als ehelich Geschwängerte.
Grösstentheils sind es Erstgebärende , die die Zeit-'
rechnung der Schwangerschaft nicht so genau als
Frauen kennen , die sich aus Scham nicht Raths er-
holen, die in dem lebhaften Wunsche, nicht schwan-
ger zu sein, manche Zeichen anders deuten und sich
aus dem Sinne schlagen. — Ebenso ist es naturge-
mäss, dass ausserehelich Geschwängerte leichter voo
der Geburt tiberrascht werden ; es bringt diess ihre
mangelhafte Kenntniss des Geburtstermins und der
Geburtszeichen, ihre Hülflosigkeit und ihre abhän-
gige Stellung von Dienst- und Arbeitsverhältnissen
mit sich. ^
Vm. StaatsarzDeikunde.
113
Eigenthflmlich ist aber, das« so viele ausser-
ehelich Geschwängerte in ungewöhnlichen Stellungen
gebaren ; Vf. stützt sich hierbei auf die Zusammen-
stellung der bei 2 Hed.-Goliegien in Preussen ▼orge-
kommenen Fälle von verheimlichten Geburten , denen
der Provinzen Posen u. Brandenburg. Die Fälle in
Posen — der Zahl nach 100 innerhalb 30 Jahren —
hat Cohen van Baren (zur gerichtsärzll. Lehre
der verheimlichten Schwangersch. » Geburl u. s. w.,
Berlin 1845) zusammengestellt. Vf. hingegen hat
50 bei dem Berliner Med. - Coli, vorgekommene Fälle
— 50 während 23 J. — in den Acten durchgese-
hen. Von den 100 heimlichen Geburtsß{lleu Co-
hen's sind 50 in den Kreissenden ungewöhnlichen
Stellungen erfolgt und zwar sind 30 Kinder von den
Inqoisitinnen stehend, 18 kauernd, hockend oder
sitzend und 2 knieend geboren. Von den 50 Fällen
beim Berliner Med. - Coli, sind nur 45 in Bezug auf
den Geburtsvorgang genauer beschrieben, von diesen
aber 32 in ungewöhnlicher Stellung erfolgt u. zwar
14 in stehender, 16 in kauernder, hockender oder
sitzender und 2 in knieender Stellung. Die C o h e n -
sehen 50 Fälle betreffen 31 Erstgebärende und 19
Mehrgebärende, die 32 des Berl. Med.-Coll. 13Mehr-
gebärende und 19 Erstgebärende. Rücksichtlich der
Stellung ist ferner zu bemerken , dass in Posen von
20 in kauernder, hockender , sitzender oder knieen-
der Stellung geborenen Leibesfrüchten 12 von Mehr-
gebärenden, und in der Provinz Brandenburg von 18
in solcher Stellung geborenen gleichfalls 12 von
Mehrgebärenden geboren wurden , während in Posen
von 31 Erstgebärenden nur 8 , und in Brandenburg
von 19 Erstgebärenden nur 6 in hockender, sitzen-
der oder knieender Stellung, die übrigen aber stehend
niederkamen.
Beide Zusammenstellungen bieten also mehreres
Analoge dar. Vf. ist die Häufigkeit der ungewöhn-
lichen Stellungen auffällig. Man kann zwar einwen-
den , dass die Med. - Coli, keine sichere Basis bieten,
weil ihnen immer verhältnissmässig nur wenig Fälle
und vielleicht gerade nur solche zukommen, in denen
ungewöhnliche Verhältnisse stattfinden ; und ausser-
dem fragt es sich , ob man den Angaben der Inquisi-
tinnen über die Geburt glauben darf. Der erste Ein-
l^and ist zwar nicht gänzlich zu entkräftigen , indes-
sen gelangen doch auch viele Untersuchungen wegen
Kindesmords zu den Med.-CoUegien , wo die Mutter
im Bette niederkam , u. dann gehen denselben ausser
den zum Superarbitrium übersandten Fällen heimlicher
Niederkunft, auch alle dahin schlagenden Obductions-
verhandlungen , welchen eine Niederkunft voranging,
zur Revision zu. Bei letztem fand Vf. gleichfalls das
käufige Niederkommen der Inquisitinnen in unge-
wöhnlichen Stellungen. Anlangend ferner die Aus-
sagen der letztern , so liefern die Acten in der Mehr-
lahl der Fälle so viele Data, welche die Angaben der
Inquisitinnen unterstützen, dass man deren Aussagen
aber den Geburtsact im Allgemeinen nicht in Zweifel
liehen kann, wie diess auch Cohen von seinen
Med. Jahrbb. Bd. 73. Hfl. 1.
Fällen ausftihrt. Uebrigens ist der bei heimlichen Ge-
burten häufige Sturz aus der Geburt etwas, was auch
in vielen Fällen beobachtet wurde, in welchen Ver-
dacht des Kindesmords nicht entstehen konnte. So
hat Klein (über die Folgen des Sturzes der Kinder
auf den Boden u. s. w. Stuttgart 1837) 283 Fälle
gesammelt, in welchen die Geburt in ungewöhnlichen
Stellungen erfolgte; unter denselben sind nur 4 die
absichtlich verhehlt waren, und 4, bei denen die
Absicht des Kindesmords zu constatiren war. Die
übrigen betrafen Ehefrauen, oder geschahen vor Zeu-
gen. Es geht hieraus hervor, dass das Factum eines
solchen Geburtsvorganges überhaupt nicht so selten
ist , und dass die Ergebnisse der Acten erwähnter 2
Med.-Collegien im Allgemeinen Glauben verdienen. —
2) Die gedachte Zusammenstellung ergiebt das häu-
fige 6ebaren in stehender Stellung, besonders bei
Erstgebärenden. Man war zeither vielfach der An-
sicht, dass heimlich Gebärende die gedachten Stel-
lungen erwählten, um auf diese Weise die Leibes-
frucht zu lOdten, was aber dadurch widerlegt wird,
dass gerade die Erstgebärenden, welche von dem Ge-
burtsverlauf in der Regel keine gehörige Kenntniss
haben , häufiger in stehender Stellung niedergekom-
men sind , wahrend Mehrgebärende in der Mehrzahl
die sitzende, kauernde oder knieende Stellung er-
wählten. Man findet femer, dass die meisten heim-
lich Gebärenden ganz ohne Vorbehalt durch die Si-
tuation, in welcher sie sich bei der Geburt befanden,
zu der Niederkunft in irgend eine der ungewöhnlichen
Stellungen gelangt sind. Oflenbar kommen manche
heimlich Gebärende nicht desshalb im Bett, liegend
nieder, weil sie diese Lage als eine für den Ausgang
der Geburt passende wählen, sondern weil sie im
Bette ihre Schmerzen am besten zu verLergen hoffen,
oder weil sie sich gerade zufällig im Bette befinden,
wenn sie von der Geburt überrascht werden. Andere
verlassen, vom Schmerz überwältigt und weil sie
keine Ruhe finden^ wieder das Bett und werden in
einer andern Situation von der Geburt überrascht,
setzen sich dann auf den Rand des Bettes, eine Bank,
Schemmel, Treppe, Eimer, letzteres geleitet von dem
Triebe, ihre Nothdurft zu verrichten; an einsamen
Orten wählen nur wenige die liegende Stellung auf
dem Erdboden oder den Dielen. Ist ein Bund Stroh
vorhanden , so setzen sie sich auf dasselbe mit dem
Kreuze, oder sie suchen durch eine aufrechte Kör-
perstellung einen festen Halt zu gewinnen. Mehr-
gebärende hocken sich nieder, näher oder femer dem
Erdboden. Ein grosser Theil endlich vollendet die
Geburt in stehender Stellung, und zwar entweder
nach vorn übergebeugt, oder sie halten sich mit den
Händen an einem Gegenstande, wie dem Bettrande,
einer Thüre fest, oder sie stemmen sich mit dem
Rücken gegen die Wand und mit den Füssen gegen
den Erdboden. Nicht ganz selten behaupten auch
die Inquisitinnen, dass beim Einsteigen ins Bett , od.
im Herumgehen das Kind ausgetreten sei.
Bei der hierauf folgenden Erörterung der Frage :
15
114
VltT. Staatsarzneikimde.
welche Stellung des Weibes bei der Geburt die na-
türliche sei , tritt nun Vf. zwar nicht gegen das Ge-
bären im Liegen (mit Seitenlage) auf, bestreitet je-
doch, dass dasselbe gerade das Natürliche sei. Na-
türlich ist nach ihm für eine Erstgebärende nur, dass
sie, wenn sie von den Wehen dazu aufgefordert wird,
dem Drange folgt, feste Stützpunkte fUr die Thätigkeit
der Bauch - und Beckenmuskeln zu gewinnen , ihre
Bürde, welche sie zu neuem Drängen anreizt, so
schnell wie möglich los zu werden suchL Die Stel-
lung , welche sie wählt , hängt gewiss von mancher-
lei Umständen ab, von dem Orte, an welchem sie von
der Geburt überrascht wird, von der Schnelligkeit,
mit der dieselbe eintritt, von der Beckenneignng,
vom Zeitpunkte der Geburt und endlich von der in
vielen Fällen bis zum Austritte des Rindes vorhande-
nen Unkenntniss über die bevorstehende Geburt ; da-
her der nicht seltene Fall , dass heimlich Gebärende,
durch den Drang zum Stuhle getäuscht, auf dem Ab-
tritte oder über einem Eimer niederkommen. Unter
den 45 Fällen des Berl. Med. - Coli, kam diess 5mal
vor« Dass ferner Mehrgebärende viel seltener die
Stellung im Stehen wählen, vielmehr häufiger kauernd,
oder auf dem Rande des Bettes , oder eines andern
Gegenstandes niederkommen, scheint seine Erklärung
darin zu finden , dass sie , selbst bei Ueherraschung
durch die Geburt, doch eher diesen Vorgang als sol-
chen erkennen , als die oft unkundigen Erstgebären-
den, u. instinktmässig das Fallen der Leibesfrucht
aus den Geburtstheilen zu verhindern suchen. Dass
sie an einsamen Orten sich nicht niederlegen, ist ge-
wiss natürliche Folge davon, dass ihnen in dieser Si-
tuation die Gelegenheit fehlt, die gehörigen Stütz-
punkte für die Extremitäten zu finden.
Die Nachtheile des Gebarens in stehender u. auf-
rechter Stellung bei heimlicher Niederkunft sind für
das Kind erfahrungsmässig sehr gross. Unter 4 Fäl-
len tritt nach Cohen etwa 3mal Zerreissung der Na-
belschnur ein ; häufig erfolgen Vt^rletzungen des Kin-
des, Sugillationen und Schädelbrüche. Klein be-
hauptete, dass niemals eine Kopfverletzung durch den
Sturz eines Kindes auf dem Boden entstehe. Henke
u. Andere haben diess gründlich widerlegt. Cohen
hat unter 50 Geburten in ungewöhnlicher Stellung
31mal Sugillationen, Extravasate und Schädelbrüche
nachgewiesen. Während in stehender Stellung un-
ter 4 Fällen 3mal die Nabelschnur zerriss , geschah
diess bei kauernder Stellung unter 19 Fällen nur
10 mal. Auch bei den Fällen des Berl. Med. -Coli,
ist das Verhältniss ein ähnliches, der Kl ein 'sehen
Ansicht widersprechendes. — Weniger gefährlich u.
zahh-eich sind die Folgen der Niederkunft in stehen-
der Stellung für die Mutter, was in den im Allge-
meinen geringeren Dimensionen der Leibesfrüchte
heimlich Gebärender seinen Grund haben mag. Zu
gering darf man letztere indessen auch nicht anschla-
gen, da unter den 50 Fällen von Cohen 40 reife
Kinder und unter diesen wieder 14 über 6 Pfd.
schwer und 19 Zoll lang aufgeführt sind, ferner un-
or den 45 Fällen des Berl. Med. -Coli., 29 reife
Früchte nnd zwar 20 Ober 6 Pfd. schwer sich be-
fanden.
Die heimliche Geburt ist aber aiieh in anderer Be- {
Ziehung von der normalen abweichend. Heimlich '
Gebareode sollen im Allgemeinen schneller nieder- j
kommen , als andere. Von Cohen ist unter 50 '
Fällen in 4 die Dauer der Geburt nicht angegeben;
in 12 ist von längerer, Stunden langer Dauer, in
einigen von Tagen langen Geburtsschmerzen die Red«,
in den übrigen 34 Fällen wird die Geburt als „kun
— rasch«' bezeichnet. Wenn es nun auch ungewiis
bleibt, ob die loquisitinoen alle Geburtszeiten, oder
nur die 3. u. 4. unter letzterer Bezeichnung verstan-
den haben, so meint Cohen, dass eben wegen der
Möglichkeit des Verheimlichens und wegen actenmSs-
sigen Nachweises , dass die Kreissenden oft bei der
Arbeit, auf dem Felde, in den Ställen u. s. w. von
der Geburt überrascht werden, diese in den meistin
Fällen durchweg schnell verlief. — Vf. fand unter seioen
45 Fällen , dass in 25 die Geburt hdch«teos einige
Stunden dauerte, in 12 längere Zeit unter gros«»
Schmerzen , und 8 Fälle unvollständig in dieser Be-
ziehung ge&childert waren. Ausser diesen Datei
giebt es aber auch Momente, welche a priori die kur-
iere Dauer der heittlichen Geburt wahrscheinlich
machen, nämlich 1) die im Allgemeinen geringen
Danensionen der Leibesfrucht, 2) die kräftige Coi-
stitution der Frauenzimmer in der arbeitenden Klaitt,
welche vorzugsweise ihre Niederkunft verheimlichei,
3) die ungewöhnlichen Stellungen, namenliich die
kauernde und stehende, welche doch gewiss in der
Mehrzahl der Fälle zur Beschleunigung beitragen , 4)
die psychischen Einflüsse der Angst, Furcht und Ver-
zweiflung, unter denen sich die heimlich Gebärenden
in der Mehrzahl befinden.
Wenn aber die GemUthsaffecte des Schrecks, der
Angst und Furcht auf den somatischen Vorgang der
heimlichen Geburl von Einfluss sind , so wirkt diese
ohne Zweifel wiederum in vielen Fällen störend auf
die Psyche der Gebärenden zurück. Dieser Gegen-
stand hat die forensischen Aerzte von jeher viel be-
schäftigt. Man war genüthigt, dem Richter ein ge-
wisses Maass der ZurechnungsfShigkeit einer heimlich
Gebärenden für eine bestimmte bei der Gebart voi^
gekommene That zu liefern. Um hierzu eioen Anhalt
zu gewinnen , suchten die Aerzte nach Fällen bei Ge-
bärenden , in welchen sich recht auffallende StOran-
gen der Seele gezeigt haben, und deducirten aus die-
sen die Möglichkeit für den concreten Fall. Fehlt es
an deutlichen Beweisen für eine Geisteskrankheit im
Zeit der That, so klammerte man sich an den gefaetoH
nissvollen Zustand des Weibes während derHeBstroa-
tion, Schwangerschaft und Geburt, und suchte tas
diesem Unbekannten zu erklären, was man in con-
creto brauchte. Ollenbar ist man hierbei hStifig xu
weit gegangen und hat Zustände der verschiedenatefl
Art in den Begriff einer Hania transiteria htneinge-*
zwängt, während sie oft eine einhcfaere natttriieber«
Erklärung in der ungewöhnlichen Situation der Ge-
VItL StaatsarzMikiwde.
US
birttden finden* Henke (Abhandi. Bd. IV) unter-
scheidet 2 Reiben ?on Zuständen , in denen die Zu-
reehnungsfilhigkeit einer Geburt aufgehoben sein
kann; die 1. begreift grosse Ermattung u. Schwäche,
Betäubung und Schwindel der Sinne, Schlafsucht,
Ohnmacht, Scheintod; die 2. vorttbergehende Ver-
wirrang der Sinne, NerveniußiUe mit Störung des
Bewusstseinn (GonvnUionen , Epilepsie, Katalepsie),
Fieber, Delirium, Wahnsinn, Raserei. Durch diese
Classification werden die Verbrechen der Gebärenden
in 2 Hauptschemala, derjenigen aus Unterlassung der
nOthigen HtUfe , u. der von Gewaltthätigkeiten gegen
das Neugeborene begleiteten, gesondert. Geht
man jedoch » ohne BUcksicht auf diese forensische
Betrachtungsweise, den physischen Zustand der heim-
lich Gebärenden und die psychischen Einflüsse der
Gebort auf letztere, näher durch, so stellt sich etwa
Folgendes heraus. Es ist natarlich und auch erfah-
rungsgemäss, dass heimlich Gebärende so gut wie
Andere in Folge der Anstrengung der Geburt , der
Nervenerschotterung , des Blutverlustes u. s. w. , in
grosse Ermattung, Schwäche, Ohnmacht, selbst
Scheintod verfallen. Solche Fälle von Bewusstlosig-
keit aus Erschöpfung sind jedoch nicht so häufig, als
man a priori annehmen sollte. Unter 50 Fällen von
Cohen, in welchen die Gebärenden allein in unge-
wöhnlichen Stellungen niederkamen , sind nur 7 , in
denen die Inquisitinnen behauptet haben, oder an-
derweitig festgestellt worden ist , dass sie während
oder nach der Geburt das Bewusstsein verloren haben.
Auch in den Fällen des Berl. Med.-GoII. sind verhält-
nissmässig wenige, in welchen ein Schwinden des
Bewusstseins wahrend und kurz nach der Geburt an-
zunehmen ist. So natürlich demnach auch eine bis
zur Bewusstlosigkeit gehende Erschöpfung Air eine
Person ist, welche ohne alle Hülfe unter den schwie-
rigsten äuesem Umständen und in der grüssten Angst
niederkommt, so finden wir gerade im Gegentheil,
dass diese Personen in der Mehrzahl eine ungewOhn-
licbe Körper- und Seelenstärke an den Tag legen.
Ein grosser Theil setzt die Verheimlichung der Ge-
burt mit aller Anstrengung auch nach erfolgter Nie-
derkunft fort und gebraucht schon dazu Kräfte. Sie
verstecken die Kinder und die Nachgeburt im Bett, in
Schachteln, an einsamen Orten, vergraben sie , oder
tragen sie ins Wasser, in Gräben, Mistpfülzen u. s. w.
Hierzu sind augenblicklich nach der Geburt Wege u.
Äostrengnngen nOtbig. Aber was noch mehr ist, ein
grosser Theil heimlich Gebärender sucht durch fort-
fesetztes Arbeiten die Niederkunft zu verdecken. Vf.
bhrt hierauf mehrere bei dem Berl. Med.-Coll. vor-
gekommene Fälle vor, aus denen man abnehmen muss,
dass heimlich Gebärende mehr ertragen und eine un-
gleich höhere körperliche und geistige Kraft entwik-
kb, als man von unsern civilisirten Gebärenden,
fcnen freilich Ruhe, Schonung und Kraftlosigkeit von
labammen und Aerzten gepredigt und vorgeredet
vird, erwarten sollte. Offenbar trägt die geistige
Spannung, welche die Verheimlichung der Geburt mit
sich bringt, riel dazu bei, die geistigen u. körperlichen
Kräfte zu stählen.
Ausser der Bewnsstlosigkeit in Folge der Ge-
burt wird in gerichtlichen Fällen auch Öfters gel-
tend gemacht, dass die ganze Geburt ohne Wis-
sen der Gebärenden vor sich gehen kOnne, na-
mentlich bei Eklampsie und verwandten Zuständen.
Diese Möglichkeit ist nicht in Abrede zu sUUen ; sel-
ten werden aber solche Fälle der Beobachtung so
entgehen, dass nicht die verheimlichte Geburt hierbei
zu Tage kommen sollte, und noch seltner ist der
rasche, glückliche Uehergang aus dem eklamptischen
Zustande in vollständiges Wohlbefinden, wie es wohl
zum Schutze heimlieh Gebärender behauptet worden.
Das allergefiihrlichste » aber auch interessanteste
Capilel ftlr die forensischen Aerzte ist endlich da«,
einer durch den Geburtsact hervorgerufenen und nur
während dieses andauernden transitorischen Manie ; es
finden sich zahlreiche Fälle aufgeführt, in denen auch
bei Frauen während der Geburt vorübergehend Ver-
wirrung der Sinne , Wahnsinn , ja selbst' Tobsucht
eingetreten ist. Nachdem Vf. hierbei des überall pa-
radirenden Falles von SchwOrer (Beitr. zur Lehre
vom Thatbestande des Kindermords. Freiburg 1836.
S. 18) erwähnt und dabei den Zweifel geltend ge-
macht hat , ob nicht schon vorher ein Gemüthsleiden
vorhanden war, welches durch die Gelegenheitsur-
sache des Geburtsactes eclatirte, verweist derselbe
aufLeubuscher (Verb, der Ges. für GeburUhülfe,
111. Bd.), welcher auf die nothwendige Unterschei-
dung der Veranlassungen zu einem Wahnsinne im
Wochenbett aufmerksam gemacht hat. Bei vielen ist
die Anlage, oder selbst die Geisteskrankheit bereits
vorhanden und es tritt nur während , oder durch die
Geburt plötzlich das prägnante Bild der Raserei her-
vor. Dahin gehören die Fälle , wo Weiber sich den
Leib aufschneiden woHen , sich heimlich dazu eines
Messers versichern, zum Fenster hinausspringen wol-
len, sich ins Wasser stürzen n. s. w.
Von solchen deutlichen Anfällen von Wahnsinn,
welche gewiss immer nachträglich Spuren zeigen, u.
meistens Andeutungen in dem frühern Leben auffin-
den lassen , sind aber die ungewöhnlichen Gemüths-
zustände Ijebärender zu unterscheiden, die wirklich
lediglich in dem Geburtsacte allein ihre Veranlassung
haben. Hierher gehOrt Wigand's Behauptung,
dass durch überschnelle Geburteu eine vorübergehende
Verwirrung der Sinne entsteht , welche die Gebären-
den zu verkehrten Handlungen treiben kann; auch
Vf. ist der Ansicht, dass ein ungewöhnlicher Seelen-
zustand der Begleiter sehr vieler Geburten ist, u. dass
Joerg nicht zu viel sagt, wenn er im Allgemeinen
keiner Gebärenden von der 3. bis zur 5. Periode die
volle Zurechnungsfähigkeit zugestehen will. Hierher
sind die Ausbrüche von Wuth ehrbarer Frauen wäh-
rend der Geburtsschmerzen zu rechnen , welche um
jeden Preis von ihren Qualen befreit sein wollen , in
die Geburtswege hineingreifen, um die Geburt
116
Origmalabhandlungen u. Uebersichten.
zu beendigeDy die Ehe , den Mann und Alles verwün-
schen. Hontgomery (Dubl. med. Journ. 1834.
Vol. V. 122) erzählt 2 Fälle von Irrsinn, welcher»
veranlasst durch den Durchgang des Kopfes , sofort
nachliess, nachdem letzterer erfolgt war.
Diese Zustände eines vorübergehenden Irrseins
spielen bei den heimlich Gebärenden gewiss eine
grosse Rolle , und vielleicht noch eine grössere , als
bei Frauen. Wenn daher eine heimlich Gebärende
die Nabelschnur zerreisst, und in die Geburtstheile
greift, um den Kopf, oder was ihr dort Schmerzen
macht, hervorzuziehen , und wenn sie im ersten Au-
genblicke nach dem Austritte des Kindes nicht weiss,
was sie mit demselben machen soll , es in ein Geßfss
mit Wasser wirft, in das Bett steckt, so dass es nicht
atbmen kann u. s. w., so sind diess krankhafte See-
lenzustände, die gewiss Öfter vorkommen und oft ge-
nug den armen Inquisitinnen nicht in ihrer gehörigen
Bedeutung angerechnet worden sind. Für verfehlt
hält es aber Vf. , zu ihrer Erklärung eine eigenlhüm-
liche Beschaffenheit der Nervensphäre während der
Geburt anzunehmen. Die Geburtsschmerzen allein
erklären eine vorttbergehende Verwirrung der Sinne
und der Gedanken hinreichend. Kommt hierzu noch
die ganze Situation der heimlich Gebärenden, die
Fluth von Zweifel, Angst , Furcht und Noth , welche
sie umgiebt, so ßndet sich hierin eine so folgerechte
Erklärung eines ungewöhnliehen Seelenzustandes,
dass man einer besondern Manie, welche lediglich in
dem Geburtsacte ihren Grund hat, nicht bedarf. Lei-
der befinden sich nun die Aerzte den Richtern gegeo-
über bis jetzt in einer eigenthümlichen Lage. Wird
nämlich letztern gesagt , der Mensch wäre so leiden-
schaftlich, so betrunken, so geängstigt, so von
Schmerz ergriffen gewesen, dass er seiner selbst
nicht mächtig war, so trifft den Inquisiten doch eia
Theil der Strafe, deren er sofort quitt ist, wenn man
dem Richter eine neue u. besondere Species von Manie
auftischt. Hoffentlich wird aber die Erkenntniss,
dass die Krankheiten nur Modificationen gesunder Zu-
stände sind , u. dass es zwischen dem Gemttthsaffecl
und dem Wahnsinn keine wirkliche Grenze giebt,
auch bei den Rechlsgelehrten Eingang finden.
(Sonnenkai b.)
B. OBKSIALABHAlfDLDNGEN
und
Uebersichten.
I. Neueste Phasen der Homöopathie; von Dr. h. e. Richter.
Der glänzende Sieg, welchen die naturwissen-
schaftliche Richtung der neuern Heilkunde nicht nur
in der Theorie und auf den Kathedern, sondern auch
in der Gunst des Publikums und in der lucrativen
Sphäre der Heilkunst errungen hat, ist nicht ohne
Einfluss auf die Homöopathie und deren Bekenner ge-
blieben. So lange die Homöopathie nur gegen die
alte doctrinäre Facullätsmedicin zu kämpfen hatte,
war sie mit ihrem gesammten verneinenden Elemente
im entschiedensten Vortheil und sogar grossentheils
in ihrem Rechte. Der neuen Schule gegenüber ver-
sagen ihr diese Waffen ; denn wo die Homöopathen
(und als deren Nachtreter die Hydropathen u. Natur-
ärzte) die Gebrechen der alten Medicin und die scan-
dalösen Kurirversuche der von Tag zu Tag mehr aus-
sterbenden Generation der alten Allopathen angreifen,
da finden sie bei den Physiologikern ein ganz harm-
loses und aufrichtiges Einverständniss. Was aber
die exacte Schule wirklich als positives Ergebniss
physikalischer, physiologischer oder statistischer For-
schungen aufstellt, das ist von solcher Natur, dass
gebildete und denkende Aerzte , sofern sie sich über-
^-ipt darum bektlmmern , ihren Beifall« wenigstens
der Tendenz, nicht versagen können u. sogar zu dem
Wunsche gedrängt werden, die meisten so gewonne-
nen Thatsachen in ihr Wissen aufzunehmen und für
das praktische Wirken am Krankenbette zu benutzen.
Es konnte nicht ausbleiben , dass diess sich auch bei
den Gebildeteren u. Denkenden unter den homöopath.
Collegen geltend machte, so dass diese einsahen,
sie könnten sich der neuen Medicin nicht auf die Länge
so feindlich gegenüber stellen, wie der von ihnen mit
dem herkömmlichen Spitznamen Allopathie bezeich-
neten alten Medicin. — Hierzu kam nun eine , der
physiologischen Heilkunde analoge und parallel lau-
fende Umwandlung in der Denkweise des grossem
Publikums , welche wir recht gern mit dem , beson-
ders von dem Münchner Verein (Gleich u. Genos-
sen) beliebten Namen Naturheilkunst bezeichnen wol-
len, nämlich einer Tendenz, Krankheiten nicht durch
Arzneien, sondern durch vernünftige Diät u. Gesund-
heitspflege (Hygieiue) zu heilen. Diese Tendenz hat
zum Theil ihren Ursprung in der allenthalben erwach-
ten Volksvernunft, in dem Bestreben der Laien , ein-
fache, naturgemässe Wahrheiten an die Stelle gelehr-
ter, ehedem bewunderter Doctrinen zu stellen. Zorn
Originalabhandlongen u. Uebersichten.
117
Tfaeü aber stammt sie unleugbar aus Rackwirkungeu
der physiologischen Schule auf die Ansichten der
Masse, theils durch mündliche Belehrungen physiolo-
gischer Äerzte, theils durch volksthUmliche Schriften
derselben, und durch encyklopädische Werke, Gon-
versalioDslexica u. dgl. m. Aus Allem diesen hat sich
in der homOopath. Praxis und Literatur ein unver-
kenobares, wenn auch nicht immer offen eingestan-
denes Bestreben erzeugt, in die Geleise einer natur-
gemassen , physiologischen Heilkunde einzulenken,
oder irgend wie mit derselben zu verschmelzen. La
raison finit toufours par avoir raison.
Diesen Entwicklungsvorgang als geschichtliche
Thatsache aufzuzeichnen und die verschiedenen Wege,
durch welche man jenen Uebergang zu vermitteln
sucht, aufzuklaren, ist der Zweck dieses Aufsatzes,
durch welchen wir zugleich unserer früher (Jalirbb.
LXIX. 265) ausgesprochenen Zusage genügen, jedem
Fortschritt zur exacten Wissenschaft bei unsern ho-
möopathischen Collegen Rechnung zu tragen.
I. Eine sehr einfache Methode , die aber weder
Vermittlong noch Verschmelzung genannt werden
kann, ist diese : Man nimmt das positive, besonders
pathologisch > anatomische Ergebniss der neuern
Schule Aber irgend eine oder mehrere Krankheiten
her, machi es in der Kürze für solche Homöopathen,
weiche nicht an der Quelle schupfen , zurecht, und
hangt hintendran einen Katalog homöopathischer Arz-
neien, welche in der fraglichen Krankheit anwendbar
wären , d. h. man flickt einen alten Lappen an ein
neues Kleid, oder umgekehrt. Auf diese Weise sind
namentlich Dr. C. H. Rosen berg's „Krankheiten
„der Respiraäons' und Circulationsorgane und de-
„reu Behandlung nach homöopathischen Grund-
„*atee«" (Wien, bei Franz Leo, 1850. 8. 190 S.)
zu Stande gekommen. Vf. giehl über die verschiede-
nen Species morboruro zuerst eine Diagnose ihrer
fnnctionellen und physikalischen Zeichen (nach
Skoda, Gaal, Canstatt u. s. f.), dann eine,
doch ziemlich kurze pathologische Anatomie (nach
Rokitansky u. s. w.), Aerologie u. dgL Da das
Ganze Fabrikarbeit ist, so begegnen schon hier
manche von wahrem Mangel an Sachkenntniss zeu-
gende Fehler; z. B. fuhrt R. auf als Charakter. Zei-
cben bei einer^er/en Bronchitis das bläuliche Gesichts-
ansehen, bei Pleuritis gespannten, sSgeförmigen Puls
n. s. w. Der Pcrcussionsschall werde durch eine
mehrere Linien dicke Schichte flüssigen oder festen
Exsudates in der Pleura nicht verändert u. dgl. m.
Von der Krankheitsspecies, welche Vf. unterscheidet,
flüiren wir beispielsweise einige auf: Pneumonia no-
tha, catarrhalis, pituitosa (als 3 verschiedene Arten),
typhosa, biliosa, rheumatica, arthrilica, intermittens,
i Erysipelas pulmonum , croupöse Zufälle der Lungen,
Endocarditis und Cardilis polyposa (als 2 verschiedene
Arten), n. s. f. Hinter jeder dieser Arten folgt dann
ein Verzeichniss der dabei passenden oder doch zu
▼ersuchenden hom. Mittel und ihrer hom. Indicationen,
z. B. bei Pneumonia rheumatica :
y^Aeid. mir. passt für alte, lebeosanne, an Sy<-
,,phili8 oft leidend gewesene Individueo. Aconit, bei
„berumziebenden Schmerzen in der Brust mit Hitzegefiihl
^,in derselben , starkem , synochalem Fieber mit Äufre-
,,gung des gesammten Gefässsystems. Assa foet, ist hier
,,al8 gutes Zwischenmittel zu empfehlen, wenn sich die asth-
,,matiscben Zufalle besonders bervortbun'* u. s. w. Diese
Proben genügen.
In ahnlichem Sinne, doch mit mehr Geist, hat
Dr. A u g. R a p 0 u „de la Fievre typhoide et de son
trait. homoeop.'* (Paris, J. B. Bailli^re, 1851. 8.
107 S.) den Typhus bearbeitet. Er beschreibt (na-
türlich ohne Kenntniss der neueren deutschen Lei-^
stungen) die wesentlichen anatom. und physiolog.
Eigenlhümlichkeiten dieser Krankheit, „deren Cha-
rakteristisches ein in Verschwfirung übergehendes
Exanthem des Darmkanals sei*'; er verweilt bei Er-
örterungen über „Fieber, Miasmen, typhöse Mischung
und putride Fluiditat des Blutes, Darmgeschwüre,
Typhusharn (seine Untersuchung soll für die diäteti-
schen Anordnungen maassgebend sein : wenn er roth
und klar, soll man alle Nahrung entziehen, wenn
blass, aber leicht getrübt und mit wenig Absatz, soll
man reichlich nähren , bei starken Bodensätzen nur
massig) u. dgl. m. Dazwischen finden wir einige ganz
begründete Ausstellungen gegen die französ. Allopa-
then: z. B. wie unsinnig es sei, bei einer solchen
Blutmischung noch Ader zu lassen , bei solcher Nei-
gung der Haut zum Brandigwerden noch ßlasenpfla-
ster zu legen. Endlich kommt unter dem Titel „Be-
handlung des Typho'i'dfiebers" ein Verzeichniss von
hom. Mitteln , welche man in den vom Vf. angenom-
menen drei Perioden (Stadien) des Typhus anwenden
kann ; z. B, in der ersten oder vegetativen Periode :
Pulsatilia (hei lymphatischen, verschleimten Perso-
nen), Nux vomica (bei gastrischen und biliösen Zu-
fällen), Nercur. (hei reichlichen flüssigen , flockigen,
leichtblütigen Stuhlen u. s. w.), in der zweiten, ani-
nialen oder gastrisch-entzündlichen Periode dieselben,
oder Bryonia (bei Febris nervosa versatilis u. s. w.),
Rhus (hei F. n. stupida), Acid. phosph. (bei grosser
Proslralion, Petechien u. s. w.), endlich in der drit-
ten (anonymen) Periode , ausser Obigem z. Th.
Opium (bei Schlafsucht u. s. w.). Belladonna (bei
allg. Aufregung u. s. w.), Acid. nitrie. (bei unstill-
baren Darmblutungen). Dazwischen giebt uns der Vf.
aber auch für jede dieser Perioden, oder fUr einzelne
Zufalle, Regeln zur Anwendung der Kaltwasserkur;
z. B. bei Darmblutung kalte Umschlüge auf den Bauch,
kalte Klystire (mit 4 — 6 Tropfen Salpetersäure), bei
Decubitus des Kreuzbeins Waschungen mit kaltem
Wasser und Weingeist, bei trockner Haulhilze kühle
Abwaschungen oder nasse Einwickeiung des gesamm-
ten Körpers, bei Kopfcongestionen oft erneuerte Kalt-
wasseruroschläge auf den Kopf u. s. w. Unser Vf.
spricht sich als ein grosser Freund der Hydrotherapie
aus, und nennt diese (Gott weiss wnrum) ,,die erste
,, Revolution , welche die homöopathischen Ideen in
,,der alten rationellen Medicin hervorgebracht haben.''
— Am besten gefallt uns an dem Vf. , nach Allem
Dem , das offene Geständniss : „Man kann auch ho-
tl8
Origualabhaadloflgeii iL. UeberaichteD«
„möopatiiisch behandell an dem Typholfdüeber ster-
„ben«*, was er späterhin noehmals, in Betreff eigner
Falle, wie in Betreff des (von Vf. oft citirten) HomOo-
hydropalhen Dr. B a r tl e wiederholt.
Das Broschflrchen des kOn. bayerischen Militär-
arztes Dr. vonGrauvogl: „ Therapeutische Gem-
men und Folien aus meinem Diarium vom Jahre
1850'* (Ansbach bei E. H. Gummi, 1851. 8. 36 S.)
schliesst sich der Tendenz nach an die vorigen beiden
an (wenn nicht etwa Jemand sagen will , es suche
einen Weg von der exacten Medicin zur Homöopathie).
Dr. V. Gr. erzahlt uns 3 Krankengeschichten, wo er
in der Verzweiflung homöopathische Mittel gab und
darauf unverhoflle Besserung beobachtete. Jener
GemUthszustand und die darauf folgeude Freude sind
ihm nun, ihrer Intensität wegen, Ersatzmittel fUr
einen wissenschaftlichen Beweis geworden. Das ist
ein psychologischer Vorgang, der alle Tage vorkommt,
namentlich bei Aerzten , und zwar bei allen Secten.
Es ist mit solchen therapeutischen Gläubigkeiten, wie
mit den innern Erleuchtungen mancher bekehrter
Frommen: wer sie nicht miterlebt, der begreift sie
nicht. Uns z. B. scheint es ganz nalttrlich und ohne
Belladonna erklärlich, dass ein an Bronchiopneumonie
leidendes Kind heute, wo sein Auswurf stockt, allge-
meine Krämpfe und kalte Extremitäten hat, Tags
darauf aber, wo es „ohne Anstrengung mit reichli-
chem Auswurf hustet", eine warme rothe Haut zeigt
und ruhiger ist. Wir finden, wenn Vf. heute we-
gen gewisser Hirnsymptome die Krebssteine zu ^48
Gr. pr. d. eingiebt und darnach morgen die Hirn-
symplome bei dem Kinde noch starker hervortreten,
die Erklärung weit einfacher , dass diess der natür-
liche Gang der Krankheit mit sich gebracht habe, als,
wie Vf. glaubt, dass es eine homöopathische Ver-
schlimmerung sei, hervorgebracht durch die allzu-
grosse Dosis eines Mittels, welches Vf. selbst „oft löf-
felweise ohne alle Nachwehen genommen zu haben"
geständig ist. — Ebensowenig als in diesem, können
wir in den beiden andern mitgetheilten Fallen etwas
Wunderbares finden , ausser dem kindlichen GemUthe
des Berichterstatters. Wir können daher auf den
Haupttrumpf, welchen unser Vf. ausspielt: „Wem
,, diese wenigen Falle nicht die Augen öffnen, den
„werden auch mehrere nicht aus seiner Lethargie
„wecken**, nicht bekennen ; seine Farbe ist nicht
Trumpf bei uns.
II. Ein anderer, ebenfalls rein ausserlich blei-
bender Vermittelungsversuch ist der, dass man die
Mittel zwar in homöopathischen Präparaten, zum
Theil nach homöopathischen Heilindicationen , zum
Theil nach dem Usus in mortis, giebt, aber in Do-
sen , welche nur wenig geringer , nach Umstanden
ebenso gross sind , als die der alten Medicin. Diess
ist eigentlich ein sehr gewöhnliches Verfahren heut-
zutage. Eine Menge sogenannter Homöopathen geni-
ren sich mit den Dosen gar nicht mehr, namentlich
seitdem auch die von der Mehrzahl anerkannte Grü-
ne r'sche Pharmacopoea homoeopathica (bevorwortet
von Trinks, Dresden u. Leipzig, 1845) daa Hah-
ne m a n n ' sehe Verdflnnungsprincip (von 1 zu lOO
auf jeder Stufe) umgestossen und an dessen Stelle
ungeheuer stärkere Dosen (1 r 10 auf jeder Stufe)
gesetzt hat , u. die Grüner* sehe Officin eine Menge
von Aerzten mit solchen Medicin en versorgt.
Diess ist denn nun auch das Wesen von dem
sogen. Medial-System des berühmten und originellen
Beisenden Dr. Job. Martin Honigberger
(^JFrüehte aus dem Morgenlande oder Reiseerkh-
nisse, nebst naturhistorisch -medicinischen Erfah-
rungen, einigen hundert erprobten ^rzneimiUek
und einer neuen Heilart, dem Medial- Systeme."
Wien, bei C. Gerold u. S. , 1851. 8. 590 S. mit
40 lithogr. Taf.). Die Quintessenz dieses sogen.
Systems ist nämlich folgende. H. theilt die Heilmit-
tel nach ihren Kräften in folgende 3 Klassen. I. Mil-
dere Vegetabilien, Erden, Kohlen, Salze , schwache
Sauren u. dgl. , welche von der alten Medicin Skru-
pel-, drachmen- und unzen weise gegeben werden;
diese soll man zu ^/gs bis Y^ Gr. p. d. geben.
II. Scharfe und narkot. Vegetabilien , und gelin-
dere chemische Präparate, welche in der alten Praiis
granweise gegeben werden: diese (z. B. Calomel,
Opium) soll man zu Yjq bis Y35 Gr. geben.
in. Giße aller Art, welche man gewöhnlich nur
unter 1 Tropfen oder Gran p. d. zu geben wagt:
diese soll man zu Yiqq bis ^/^ Gr. geben.
Vf. vergleicht selbst sein System mit dem Juste-
miUeu u. stutzt es auf den alten Philosophenspruch :
^^Mi^ihv äyav (nichts zuviel)." Man muss nun aber
nicht glauben , dass Vf. selbst etwa sich pedantisch
an dieses System gehalten oder je den stricten Ho-
möopathen gespielt habe. Die Reisebescbreibung
lehrt , dass er auf die verschiedenste Weise , chirur-
gisch und innerlich, gross- und kleindosig, auf euro-
paisch, indisch, arabisch, persisch u. s. w., je nach
Umstanden und Laune kurirt haL Der Abschnitt über
das Medialsystem selbst geht in eine ganz habsche
Anleitung zu einem zweckmassigen diätetischen Ver-
halten in heissen Ländern Über, und endet mit einem,
aus dem Anfange des vorigen Jatirhunderts stammen-
den Gedicht des alten Dr. Trrller, welches Vf.,
weil es ihm so gut gefallen hat, ganz abdruckt, und
wo wir unter anderm lesen :
Man hüte sich , will man gedeihen.
Doch ja vor vielen Arzeoeieo.
Sie schwächen und zerstören nur
Gar oft die Ordnung der Natur u. s. w.
Durch Pillen, Pulver, Trank u. Sifte,
Schwächt ein Gesunder seine Kräfte,
Weil solche Mittel nur allein
Im Nothfall Kranken dienlich sein u. 8. w.
Ueberhaupt wUrde man dem Buche sehr Unrecht tbuo,
wenn man annähme, dass Homöopathie od. Medialsyatem
sein Hauptgegenstand waren. Es ist ein arztl. Reisebe-
richt, mit einer Menge von gesammelten od. erlebten
Curiosis. Vf. ist ein fahrender Arzt in Paracelsischer
Art, der sich 10 J. lang im Orient, in verschiedenen
Gegenden, namentlich in Lahore, prakticirend auf-
.OriginalabhaB^VBgeii 4. Uekersiditeii.
119
gehalten, dabei eine Menge Dinge eriebt nnd geseben
vnd gehört bat, die einem stübensitzcnden Gelehrten
in ciTilisirten Landern nicht vorkommen. Er reist
umher, impft Kuhpoeken, schneidet Blasensteine aus
(namentlich mit dem Apparatus altus), macht den
Chirurgen im Kriege, den Pest- und Choleraarzt,
grOndet ein Irrenhaus und ein Dispensatorium , muss
ein Paar orientalische Thronwechsel, RcTolulionen u.
Ermordangen mit ansehen, wird ein paar Mal ge-
plaudert , ein paar Mal todtkrank an Pest , Ruhr u.
dgl. Dabei hat er denn nun theils manche bei uns
wenig oder gar nicht bekannte Krankheiten kennen
griemt (z. B. die Beule von Aleppo und das davon zu
unterscheidende Habet el Kei oder Brenngeschwflr,
die Pest von Pahli , den Medinawurm u. dessen Kur,
die im menschl. Ohr vorkommenden Kuhläuse (7),
die Krankheiten der Opium- und Uanfraucher, die
GtUnjik oder bräutliche Krankheit (Chlorose?) in
der Türkei , das Zeherbad oder giftige Geschwür in
Lahore n. s. w.) ; — manche eigenthUmliche yolks-
mittel and Kurmethoden (z. B. Bandwurmkuren , die
Kttmi^nr in den kirgisischen Steppen , die persische
MmniaTp ein innerlich zu nehmendes Wundheilmiltel,
von welchem Vf. wahre Wunder berichtet, die Me-
löe teUni als span. Fliege , eine Arsenkur gegen gif-
tigen Schlangenbiss, das Wachsdl u. a. m.), manche
Geheimmitlei und sogen. Nostrums u. s. w. Femer
hat Vf. aus den verschiedenen orientalischen arztlichen
Werken eine Menge pharmakologische Notizen zu-
sammengebracht, namentlich aus den beiden perst-
scheo Arzneimittellehren: Tophet-Khanny und To-
pket-el-Mominin, Diese sämmtlichen pharmakolo-
gischen ReisefrQchte hat Vf. am Schlüsse des Werkes
in zwei ausführlichen Verzeichnissen (alphabetisch)
zusammengestellt, in dem einen nach den Namen der
einzelnen Symptome und Krankheüs formen , in dem
andern nach den Namen der einzelnen ^rzneimitteL
Wir finden hier eine Menge Empfehlungen, von denen
wir nur 1 Procent brauchbar wünschten. — Endlich
hat Vf. sich am Schlüsse seines Werks die Mühe ge-
geben, ein medicinisches Polyglotten - Lexikon in 8
Sprachen (Deutsch, Lateinisch, Französisch, Englisch,
Türkisch» Arabisch, Pp^isch und Indisch - Kaschimi-
risch} zusammenzustellen') das ihm gewiss Dank er-
werben wird. Vf. hat übrigens selbst eifrig botani-
sirt und, vor allen aus der Umgegend von Caschmir,
manche interessante, neue oder bekannte, nament-
lich auch arztlich benutzbare Pflanze und andere Na-
turalien gesammelt , von denen das Hauptsächlichste
auf den beigegebenen Steindrucktafeln abgebildet ist.
— Er selbst theilt eine Menge eigne , sehr originelle
Kuren mit (z. B. Breiumschläge von Herba Lawsoniae
inermis auf erfrorene Stellen, blausaures Arsenik ge-
gen Wechselfieber, Salzsaure innerlich gegen Blasen-
stein^ Calemel mit Tabakextract und Ganthariden ge-
gen Bundswuth , galvano - elektrische Zink - Silber-
Ringe als Cholera-Schutzmittel, u. dgl. m.) Mehrere
seiner chirurgischen Kuren zeichnen sich durch ge-
scheute Einfillle aus ; z. B. die Art , wie er eine tief
im Fleisch sitaende Kugel s«r Tiefersenkung bewegt
(S. 49). Daneben finden wir manche andere merk-
würdige Notizen, z. B. über das (schon aus engli^
sehen Journalen bekannte) an den Winterschlaf der
Thiere erinnernde Sichlebendigbegrabenlassen eines
indischen Fakirs (S. 136 mit allen Einzelheiten),
über die geheiligle , von allen andern Menschen sich
absondernde Reconvalescenten - Colonie am Gan-
ges (S. 181), über die in gewissen ostind. Familien
forterbende Kunst der Rhinoplastik, u. s. f. — Es
geht aus dem Allen hervor, dass die Honigber-
ger*sclie Reise bei allem Abenteuerlichen und viel-
leicht Haltlosen, doch eine sehr anregende, aus
einem frischen und bewegten Leben geschöpfte Lec-
tUre darbietet und, ganz abgesehen von ihrem thera-
peutischen Werthe, auch für andere Zweige der Heil-
kunde (z. B. medic. Geo- und Ethnographie) manches
Beachtenswerthe enthalt. Wir werden daher in
unsern Miscellen noch Einiges daraus mittheilen.
111. Ein dritter Weg, der neuerdings immer häu-
figer betreten wird und auch praktische Erfolge ver-
spricht, ist ein Connubium der Homöopathie mit der
Hydrotherapie und andern dergleichen „naturärzt"
liehen** Kurmelhoden (z. B. der Schroth'schen,'
der Heilgymnastik, dem Mesmerismus) u. s. w. Wir
haben schon früher des homöopathischen Propagan-
disten M u r 6 erwähnt, welcher neben Hahnemann
noch Priessnitz, Mesmer und den schwedi-
schen Gymnasien L i n g als Wohlihäter der Mensch-
heit feiert (s. Jahrbb. LXX. 140). Oben erwähnten
wir, wie Rapou und Bartle die Wasserkur mit
der homöopathischen verbinden; schon vor Jahren
schlug diess Kurlz in einem kleinen Schriflchen
vor („Oertel und Fnessnitz u. s, w,** Leipzig 1836.
8. 2. Aufl.). Diess liegt auch praktisch in mehr-
facher Hinsicht nahe. Einerseits hat ein grosser
Theil des Publikums, welcher ehedem aus Opposition
gegen die alte Mediciu und ihre Mixturen sich der Ho-
möopathie zuwandte , sich jetzt mit demselben Eifer
der „Naturmedicin** hingegeben, welche denn auch,
vernünftig und vielseitig genug aufgefassl, das Ziel
der physiologischen Sdiule ist. Andererseits kom-
men einem gewissenhaften Homöopathen wohl eine
Menge Falle vor, wo er sich nicht auf die Verdün-
nungen verlassen mag und daher sehr gern zu den
kräftigen Mitteln der Hydropathen greift, zu den kal-
ten und warmen Umschlagen, Bädern, Begiessungen,
Eittwickelungen, Einspritzungen u. s. w. , von denen
man doch wenigstens noch den Laien sagen kann,
sie seien keine Allopathie. Freilich ist es schwer,
eine Verwandtschaft solcher grobmatcriellen Proce-
duren mit dem Arzneidynamismus der hom. Theorie
herauszudemonstriren , wenn man nicht offen geste-
hen will, eine Decilliontheilverdttnnuog sei ja auch
nichts anderes als pures Wasser. Aber auch dieser
Versuch ist gemacht worden. Dr. Frz. Andr. Ott»
welcher schon vor einigen Jahren „die Hydro-Ho~
möopathie als der bisher erreichte Höhepunkt der
Heilkunst, begründet in emer zweckmässigen Fer-
bindung der Hom. mü der Hydriatrik*' (Augsburg
1846) schrieb y hat neuerdings ein f,lhsoretiseih'
120
OrigiDtid»hairdlv|iigen u. Uebersichten.
praktisches Handbuch der PaHngenesitherapie**
I. Th., München 1851. 6. 114 S.) begonnen, in
welchem er das homöop. Heilverfahren nicht nur mit
der Pries snitz'schen und 0 er tel' sehen Kalt-
wasserkur , sondern auch mit der S c h r o t h ' sehen,
u. der ThieTschen naturärztl. Methode, mit dem
russischen Dampf- und Lohschwitzhad , endlich mit
der Heilgymnastik^) und der übrigen (von ihm sogen.
panYatrischen) Kranken-Diätetik in Verbindung setzt.
Der Hebel, mittels dessen Vr. dieses Kunststück aus-
führt, ist die rerj'ungufigstheorie des trefflichen
Schultz-Schultzenstein, welche (wie wir
schon Jahrbb. LXIX. 373 rügten) jetzt häufig dazu
herhalten muss, die theoretischen Blossen homöopa-
thischer Schriftsteller zu bedecken. Daher nennt
Vf. sein Heilverfahren ,,Regeneralionstherapie , Pa-
Ungenesitherapie,** Unter Hydiiatik versteht er
nicht die Priessn itz'sche, sondern ein alle oben-
genannten diätetisch » gymnastischen Kurmetlioden
umfassendes Verfahren , ,,eine höhere physiologisch-
pathologische Ueillehre ohne Arznei'*, ein nicht-
arzneilichcs Naturheilverfahren. Wer das homdopa-
ithische und das hydrialrische Mittel richtig zu wählen
versteht, ist ein paniatrischer Arzt. ,, Hydropath
und Homöopath sind Naturärzte, weit sie die Natur
in ihren Bestrebungen , krankhaftes Leben auszu-
löschen und Fremdstoffe auszustossen , unterstützen,
was der Allopath nicht thut.** — „Wasser, wie
bom. Arzneien , wirken beide auf dieselbe fFeise^
anregend, bethäligend, die Lebenskraft örtlich und
allgemein erhöhend , gleich den fieberhaften Zustän-
den. Es besteht daher zwischen ihnen die grösste
Aehnlichkeit, wesshalb auch die schönste, natürlichste
und consequenteste Homöopathie in einer gut durch-
geführten Hydrotherapie besteht.*' — Berlickel
Berlocke I
IV. Einfach , sachgemäss und würdig ist das un-
ter einzelnen homöop. Aerzten jetzt auftretende Be-
streben, das Thatsächliche der Homöopathie, also die
Forschungen über die Wirkungsweise ^^v Arzneimit-
tel (denn für eine ganze Heilkunde kann kein Unbe-
fangener die Homöopathie erklären) auf die von der
Physiologie klar dargeboteneu Kategorien zurückzu-
führen, das beisst die Organe und Systeme, auf wel-
che jedes einzelne Mittel hauptsächlich wirkt, aufzu-
suchen, wo möglich auch die Art (Qualität) jeder
einzelnen Arzneiwirkung festzustellen und so einen
wissenschaftlichen Boden, eine anatomisch -physioL
Einsicht in das Wesen derselben, je nach dem derma-
ligen Standpunkte der Wissenschaft zu gewinnen. Dieses
Bestreben finden wir in der von uns Jahrbb. LXIX.
264. angezeigten Schrift von Reil. In demselben
Geiste ist die letzte Hälfte der weiter unten noch ein-
1) Leider hat Vf. diese gar nicht einmal studirt. Seine
Citate, Z.B.TOD Liog, den er französisch schreiben uod
den (von Georg ii stammenden) Namen Kinesitherapie er-
finden läset, von B i c k i n g , den er B i c h i n g nennt u. s. w.^
beweisen , dass er nur Notizen aus zweiter oder dritter Hand
^■Mmmengetragen hat.
mal zu erwähnenden Schrift von Dr. Bernhard
Hirschel, „i/i« Homöpathie. Eine Anleüimg
zum richtigen Ferständniss und zum Selbststudium
derselben'' (Dessau bei Katz, 1851. 8. 367 S.)
abgefassL Vf. bemüht sich in derselben , „als Bei-
„spiel der Bearheitung einer ArzneimittelprUfung*',
S. 247 bis 363, die Wirkungen der Zaunrebe
(Bryonia alba) y „nach Hahnemann's reiner
Arzneimittellehre*' auf physiologische Gesichtspunkte
zurückzuführen. Wir haben nur hierbei, wie bei den
meisten hom. Miltheilungen über Ar zn ei Wirkungen, zd
bedauern, dass Vf. eine Menge von Angaben über
Symptome (namentl. subjective) seines Mitteis als be-
gründet annimmt, ohne dabei die zu exacten Prüfan-
gen vor Allem unerlässliche Kritik walten zu lassei.
Wenn Vf. statt Dessen für sich allein ein paar Huh
dert ArzneiprUfungen an Menschen und Thieren mit
der Bryonia vorgenommen und deren anatomische o.
functionelle Ergebnisse statistisch zusammengestellt,
alsdann aber physiologische Folgerungen daraus ge-
zogen hätte , so würde gewiss das GesanirotresidUl
ein weit befriedigenderes und zuverlässigeres gewo^
den sein. Denn jetzt liefert uns derselbe eine solciie
Menge von angeblichen Wirkungen, dass man fast
sagen möchte, die Bryonia wirke gleichförmig auf
alle möglichen Organe und Systeme des Körpers uod
passe bei allen ersinnlichen Krankheiten. Ein Ge-
sammtbild der Hauptwirkungen dieses Mittels habea
wir uns wenigstens aus dieser Arbeit nicht abnehna
können.
V. Einen anderen, originellen aber wenig Nutze«
versprechenden Weg hat Dr. J. Attomyr in seinen
„Primordien c?«er Naturgeschichte der Krankhei-
ten'*, eingeschlagen, wovon der siarke ernste Bani
die Krankheiten des Gehirns und Rückenmarks
(Wien, bei Braumüller, 1851. 8. 655 S.) uns vor-
liegL A. identificirt gänzlich Arzneien, Gifte und
krankmachende Schädlichkeiten, also Aetiologie, Pa-
thologie , Toxikologie und Pharmakologie. Der Ge-
genstand seiner »^Naturgeschichte** sind nun die ver-
schiedenen symptomatischen Krankheitsspecies, wel-
che durch eine jener krankmachenden Potenzen
(Gifte , Noxen oder Arzneien) hervorgerufen werden.
Er sondert dieselben (etwa nach dem Vorbilde der
sogen, naturhistorischen Schule) in Geschlechter und
Arten. Die von A. in vorliegendem Bande angenom-
menen Geschlechter der Krankheiten sind^):
\) Jmentia [Blödsinn], 2) Morphomtinie [Halluci-
nationen] , 3) Topomanie [Ortsveränderungstrieb],
4) Symphonimanie [Sing -Trieb], 5) Glossomanie
[Sprech-Suchl] , 6) Monomanie [Hochmuths- Wahn-
sinn], 7) Promethimanie [krankhafte Unentschlüssig-
keit], 8) Tristimanie [Traurigkeit], 9) Daemonoma-
nie, iO) Teratomanie [Wunderthun] , ii) Metro-
manie [Verswuth], 12) Xynesimanie [Gewissens-
1) Die in Parenthese beigeschlossenen deutschen Worte
stammen vom Bcferenten und sollen ungefähr bezeichoeD, wu
A. sich anter jeder einzelnen Gattung denkt.
Originalabhandlungen u. Uebersichten.
121
Sfernpel] , f 3) Erotomanie , 1 4) Nostomanie , 1 5)
Mryptomanie [Verhehlungstrieb] , 1 6) Ergasimanie
[Geiz und Diebsinn], 1 7) ^aMa^omoniV [Tobsucht],
18) Bydropkobie, 19) Phreniüs [anhaltend Fieber-
delir a. s. w.], 20) THfphus, 21) Hemicranie, 22)
Jlpopiexie, 23) Epilepsie, 2^) Tetanuh, 25) Mye-
Uäs^ 26) Catalepsie, 27) Chorea. — Die einzelnen
jirien nun, welche A. in jedem einzelnen Krank-
beitsgeschlechte unterscheidet , sind entnommen aus
denjenigen Arzneimitteln, oder sonstigen Potenzen,
dnrcb welche angeblich die fragliche Krankheit her-
vorgerufen werden kann ; also z. B. Opium-Jmentia,
Akokol - /imentia , Helleborus - Heimweh , ßella-
iüuaa- Hydrophobie , Jrsenik - Phrenitis , Sonnen-
sttek-Pkrenitis, Jlkohol-Typhus, Jnthrax'Typhus,
Bryomia" Typhus, Pest- Typhus, Schierling-Apo-
pUxie , Zorn - Apoplexie , Lycopodium- Epilepsie,
Cumpker - Tetanus , Strychnos - Tetanus , Moschus-
Myeütis, Stramonium- Myelitis, Alumina-Chorea,
Fbior^Ckorea, Lycopodium-Chorea. — Für jede
dieser Arten führt A. in sehr ausführlichen Sympto-
men-Verzeichnissen die ihr zukommenden Symptome
auf; einen kurzen , das Hauptsächlichste davon ent-
haltenden Auszug schickt er diesen Aufzählungen vor-
aus. (Gerade wie die systematischen Botaniker von
einer PAanze erst eine kurze Diagnose, dann eine
ausfflbrliche Beschreibung von der Wurzel bis zur
Frucht zu geben pflegen.) Wir geben auch von
letzteren ein paar Beispiele, welche wir ausdrücklich
(gleich den obigen) so wählen, dass unsere Leser
gleich selbst ihr Urlheil über das Haltbare und nicht
Haltbare des ganzen Attomyr'schen Unternehmens
bilden können.
„Alkohol -Morphomanie. Er sieht imaginäre Thiere
TOD den abeoteuerlichsten Gestaltungen ; Samenkörner, kleine
Geldstücke, kleine Branntweinglaser, Katzen, Vögel, Mause,
Räuber, Häscher. Er siebt einen Pfahl für einen Menschen,
einen anwesenden Fremden für einen abwesenden Freund an >).
Er sieht sein Zimmer für ein Schiff, and die Strasse fQr die
See an.»»
y,Mercur'Morphomanie. Er sieht Wasser fliessen, wo
keines lliesst und glaubt seinen Verstand zu verlieren, oder zu
sterben/'
„HyoscyamusSymphonimanie, Er singt Liebeslieder
and Gassenhauer/'
, ,Spongia'Symphonimanie, Singlust mit Ueberlustig-
kelty darauf Arbeiuscheu/' [Scheint weit mehr auf Schnaps
und Wein zu passen. Ref.]
y.IHumbum- Epilepsie. Beim Anfalle ungeheures An-
schwellen [sie!] der Zunge, die zum Munde herausgestreckt
and Toa den Zahnen verleUt wird'» ; und dgl. m.
^, Terror-Epilepsie [d. h. von Schreck erzengte]. Der
Aafall fingt immer [sie !] mit einem heftigen Krampf in bei-
den Händen an, der sich aufwärts bis in die Kehle u. abwärts
SUD Herzen herabzieht. Wiedererneuerung der Fallsucht nach
dem geringsten [sie!] Schrecken. Die Milch der Amme wird
10 verändert, dass die Säuglinge davon epileptisch werden,
1. », w."
1) „Er (der Betrankene) sieht einen Kalenberger Sauer
fir eine Erdbeere an'S sagt Lichtenberg, verm. Sehr.
R.
Jahrbb. Bd.n. Hft.l.
Wenden wir uns nun zur Beurtbeilung dieses
umfangreichen , von grossem Pleiss und ernster Hin-
gebung zeigenden Werkes , so müssen wir dasselbe
zwar theilweise berechtigt, aber zum grossen Theil
verfehlt nennen. Das Streben , die Vielheit der ab-
normen Erscheinungen auf Arten und Gattungen zu- '
rttckzufUhren, kann Niemand ein unwissenschaftliches
nennen. Im Gegentheil kann man es sehr wOnschens-
werth nennen, die Krank heitsspecies , wie Atto-
myr will, auf ätiologische Momente zurückzufüh-
ren ; nir die praktische Medicin sind solche ätiologi-
sche Species morborum (z. B. Bleikrankheit , Syphi-
lis , Mercurialkrankheit) vielleicht sogar Wünschens-
werther und nutzbarer, als die pathologisch-anatomi-
schen (z. B. Pneumonie, Mitralklappenstenose), oder
die rein symptomatischen (z. B. Epilepsie , Asthma).
Aber es ist ein vergebliches Bemühen, solche Genera
und Species den botanischen analog in der Nosologie
haarscharf zu trennen , und je mehr man damit ins
Einzelne geht, desto unwahrer und phantastischer
wird die ganze Sache. Diess ist in dem Streite über
die naturhistorische Schule (SchOnlein, Fuchs
u. A.) , welche dasselbe auf dem Gebiete der ge-
wöhnlichen Nosologie erstrebte , vor einigen Jahren
oft genug erörtert worden. Bedenkt man nun , dass
die Familien, Gattungen uud Arten der naturhistori-
schen Schule aus klinischen Vorkommnissen abstra-
hirt waren,* deren Anzahl zum Theil in die Hunderte
und Tausende von Fallen sich belief (z. B. Typhen) :
so sieht man, wie wenig Grund und Boden die At-
tomyr'schen Species haben, welche grossentheils
nur auf einzelnen , isolirt dastehenden , einmal (oder
vielleicht gar nicht ordentlich) beobachteten Arznei-
prüfungen Hahnemann*s und seiner Schüler be-
ruhen. Denn leider ist Dr. A. wieder in den ge-
wöhnlichen Fehler der homöop. Schriftsteller verfal-
len , diese so wenig beglaubigten Angaben für haare
Münze zu nehmen und den ganzen Vorrath derselben
abermals, nur auf eine neue Art, zu verarbeiten, sie
in eine andere Form zu bringen , wodurch doch der
Werth des Materials nicht um ein Haar besser wird.
Dazu kommt ein zweiter (auch schon bei andern Ho-
möopathen vorkommender) , gegen jede gesunde Kri-
tik verstossender Fehler, nämlich der, auch solche
Symptomengruppen (Krankheitsspecies) , welche ir-
gend einmal , angeblich , durch irgend ein Heilmittel
geheilt worden sein sollen, unter diejenigen Zustande
zu rechnen, welche durch dieses Mittel bei Gesunden
hervorgerufen werden. — Andere der A 1 1 o m y ra-
schen Angaben sind aus älteren und neueren Vergif-
tungsgeschichten, oder aus anektodenarligen Mitthei-
lüngen geschöpft. Was beweist aber so ein Fall, wie
z. B. bei Alkohol-Tobsucht, „Mord ; Alexander, er-
hitzt und rasend von Wein , ermordet seinen Freund
Clytus." Steckt denn der Mord im Weinkruge?
Nein, wie Schiller sehr richtig bemerkt, „der
Wein erfindet nicht, er schwatzt nur aus." Wem
nicht Mordgedanken in der Seele schlummern , oder
Umgang mit Mordwaffen tägliche Gewohnheit ist, der
16
I»
Qriffiiial«bhi|id|inigen n« QeNr«iolil«Vv
wN aacb im Bautphe nicht mordeii. — So kommt
68 denn, dass wir die Mehrzahl der Atton yr'scheu
Species (z. B. Moschus-My^lilis^ Hyoscyamus-Typhus)
als gänzlich aus der Luft gegriffen ansehen müssen ;
und wenn wir auch einige für berechtigter anerken-
nen mdssen » so sind doch auch diese zum Tbeil in
der hier gewählten Art unhaltbar, da in Folge der
falschen Theorie, ,tdas Symptom steckt in dem Mit-
tel", hier oft Dinge zusammengemengt werden, wel-
che gar nicht zusammen gehüren. So z. B. gehören
Ton den bei A. dem Alkohol zugeschriebenen Sympto-
men einige dem Delirium tremens an (z. B. das Sehen
von Hausen und andern kleinen Thieren), andere dem
firischen primären Rauschzustände (z. B. das Schwan-
ken des Bodens , das Verwechseln eines Pfahls mit
einem Menschen) , andere dem Katzenjammer (z. B,
die Niedergeschlagenheit) • andere der Säu/erdyskra-
sie u. 8. w. — Der Glaube des Vfs., 'dass seine Spe-
cies, so wie er sie scliildert« wirklich vorkommen
u. sich von andern unterscheiden , ist völlige Selbst-
täuschung, wie Jeder bestätigen wird, der nur ein
paar Mal einige der gewöhnlichem Fälle dieser Art
(z. B. die von Schreck erzeugte Epilepsie) beobach-
tet bat.
Ein anderes von Dr. J. Attomyr gleichzeitig
veröffentlichtes Schriftchen : ,, Beiträge zur (homöo-
pathischen) JrzneimitteUekre*' (1. Heft. Wien bei
Braumtlller, 8. 47 S.) behandelt die Wirkungen des
Fettgifles auf gesunde Thiere und Menschen , durch
Versuche und Vergiftungen ermillelt, in folgenden 7
Abschnitten. 1) Entstehung, Bereitung und Eigen-
schaften des Fettgiftes. [Hier hat sich Vf. sonder-
barerweise auf Hittheilung der veralteten Angaben von
Justinus Kerner bescbräiikt u. die langjährigen
gediegenen ehem. Untersuchungen seines Landsmannes,
des Prof. bedtenbacher, nicht mit einer Silbe
gedacht.] 2) Vergiftungen gesunder Menschen. [Nach
fremden, besonders Kern er 'sehen Erzählungen«]
3) Versuche an Thieren. [26 an der Zahl , laut S.
23 ebenfalls nach Kern er.] 4) Uebersicht der
Wirkungen des Fettgiftes. [Nach dem bekannten,
seit Hahnemann in homöop. Schriften üblichen
Schema.] 5) Uebersicht der Sectionsbefunde. [Diesel-
ben zeigen von cioer totalen Unkenntniss der neueren,
gerade von ff^ien ausgegangenen patholog. Anatomie,
u* sind daher ganz werthlos.] 6) Verlauf. 7) Klinik.
[D. h. Fälle von Heilung der Fettvergiftung oder heil-
samen Wirkungen solcher Würste.] — Das Ganze ist
lediglich Compilation; und doch, wie leicht hätte
es Vf. gehabt, sich von Bedtenbacher oder einem
seiner Schüler das ^crot und einige andere Zersez-
zungsproducte der Fette schenken ober bereiten zu
lassen und damit auf eigne Faust an Hunden und
Katzen zu experimentiren I Daa ist aber ein beson-
derer Charakter der homöopathischen Schriftsteller :
Niemand redet mehr als Sie von empir. NeubegrOndung
der Kedicin, und doch wird nirgends mehr Altes und
Unhaltbares immer und immer wieder abgeschrieben
nnd nachgebetet.
VI. Mancher wird es liKr einen puren Scherz halten,
wenn er hört» dass Jc^nand ernsütcli behiuplAt IuIm^
die neue physiologiache Medicin sei in ihren Gruo4»
Sätzen mit der Homöopathie g^mz egal; alle ihn
Vorzüge, Eigenihttmlichkeite« und BestrebaDgn
seien theoretisch und praktisch auch in der Homöo-
pathie enthalten. Eine solche Behauptung klingt wie
eine Ironie auf eine jede exact naturwisaenschaftlicki
Bestrebung in der Medicin. Und doch ist dieser Ver-
such gemacht worden, — und zwar mit ernsthafter
Miene, als ob es ein gauz guter Witz wäre, — ii
der schon oben berührten Schrift von Dr. B. Hir-
sch el, „die Homöopathie, eine Anleitung k.*.»,«
— Dr. H. ist der junge Saulus unter den homöop.
Aposteln, welcher sich zum Paulus bekehrt und sick
ktthn nach Athen aufmacht , um die neue Lehre ii
Gewände der griechischen Bitdung zu verkand«
— Unsere Leser kennen ihn bis vor wenig iahren ah
fleissigen Mitarbeiter der Jahrbücher und der Encf-
klopädie , als medic. Geschichuforscher , als Hydha*
triker. Jetzt ist er plötztieh mit demselben Scbaif
sinne und derselben Gewandtheit des Geistes, die wir
an ihm kennen und mit derselben Fruchtbarkeit der
Feder (zwei Werke und eine Zeitschrift in einen
Jahre) als SchriAsleiler im Gebiete der Homöopathie
aufgetreten. Es kann sich begreiflicherweise hierbei
vor der Hand nicht um eigne mehrjährige Erfahruo-
gen handeln, sondern darum, die theoreiisdiea
Standpunkte beider Schulen ans den Aeusserun^ei
der hervorragendsten Autoritäten beider Parteien ii-
sammenzustellen und zu vergleichen (S. 16 ff.).
Diese Zusammenstellung selbst hat historisch-litera-
risch genommen, ohne Zweifel ihren Werüi für beide
Theile , da sich eben beide gewöhnlich gar nicht un
einander zu bekümmern pflegten. Wenn aber V£
das Resultat zieht, dass Alles, was die physiologische
Schule im Gebiete der Pathologie leiste und erslrdM,
von der UomöopatihiA im Gebiet« der Therapee (wel-
che nnsmn Vf. allentkalben mit Pharmakodynanik
glieichbedeutend ist) geleistet und erstrebt werde:
die reale Erfahrungs - Basis , die Verwerfung desAo-
loritäteoglanbens , die objective Untersuchungs weise,
die anatomische Begründung, die klinisch-casuistische
Methode u. s. w., so müssen wir zwar den Witz und
die Dialektik, mit welcher diess von ihm versaoht
wird, bewundern , aber das Ganze doch nur für So-
phislik erklären, u. können höchstens zugeben , daei
hier , wie allenthalben , die EbAreme sich bierflbren» !
— Natürlicherweise war ein solcher Versuch nur da-
dmrch auszuftthrea , dass VC nicht die HomdofMlhie»
wie sie wirklich wtr und ist, in Qvvmde legte, soi^
dem ein selhstgeschaffeaes PhnntMebüd »der Ideal
aufetdiL So sehen wir ihn demi die Ifeliriahl der
von Rahnemann und dessen eigentlichen Jüngern'
festgehaltenen SäUe als theils unwahr» theila unzu-,
reichend darstellen (S. 26 ff.}. Die Symptomnnlho«»'
lichkeit reiche zur Wahl der Mittel nicht aus (S. 27 ff,>'
Die althergebrachten allgemein therapeut. Methoden des
Atleitens, Anslnerew, PanitiMiiMtms, Bkftverbefr-j
sems, Stärken», Erregvns n. s. w., seien noch immer in
der Praxis brauchbar, ebenao die bltwasanr» u. Mi-
arigiiialahhandhiiig«tt a. Itebenlditeii.
lÜ
nerehrassetidren n. dgt. <S. 44 ff. a. a.)' Sogaf
ein dorect etitgegangesetztes (antipathisches) Rekam-
pfen eines Krankheitsznstandes kdnne in dar hom.
Praxis Torkommen (S. 72 ff.). Die kleinen Gaben
seien durchaus nicht das Wesen iKche der Hom.
(S. 4^ ff.), die Dose sei nur Nebensache (ib.) u. die
Yerdffnnungen seien keine Potenzirungen (S. 148 ff.).
Dass die Arzneien materiell , bez. chemisch , auf die
Safte und tiewebe wirken, sei nicht abzuleugnen
(S. 105). Die sogen, honiöopath. Verschlimmerung
sei meistens ein Product der Phantasie (S. 83 ff.),
flas Studium der H ahnemann 'sehen Schriften sei
fiKr den Anfänger geHlhrKch » abschreckend oder ver-
wirrend (S. 175). Das Wechseln mit den Arzneien
sei nicht anbedingt noth wendig (S. 165 ff.), sondern
lediglich nach sichern Anzeigen vorzunehmen (S.
103). bie Anzeige der Arzneimittel mUsse nicht
bbs auf symptomatischer, sondern auf physiologisch-
patbologiscker Grundlage beruhen, wo möglich auf
lenniniss der nächsten Ursache, auf den atiologiachen,
pradispoairenden oder veranlassenden Momenten
u. 8. w. (S. 145 ff.). — Wenn wir nun nach dem
Allen f^gen, „was bleibt denn da an der Hom. Eigen-
thflmlithesT'' so finden wir die Antwort, dass einige
Falle Qbrig bleiben , wo man , wenn man nicht die
Riai^heit ihrem natflriichen Verlauf und einer ver-
nUndigen Diät aberlaasen will, und kein andres,
darch den usus in marbis erprobtes Mittel besitzt,
ein Organheibnitiel, d. h. ein (localspecifisches) auf
das leidende Organ vorzugsweise wirkendes Heilmit-
tel wählen kann. Unseres Vfs. Detinition (S. 54)
lautet: HmnSopaMe ist der Inbegriff Alles dessen,
was im Gebiete der drei Jbiheitungen der Thera-
pie (Pharmakologie, allg. und specielle Therap.,
welche sammtlich nicht zu entbehren seien) sich auf
das homoopatkiseke Heilverfahren besieht, u, letz-
teres besteht darin (S. 61), dass man das Mittel
mäUt nach der höehstmSgHehen Aehnlichkeit des-
selben (sie!) mit dem Krankheitsfälle, [NB. Aus-
tfrflckheh, die Arznei soll der Krankheit ahnlich sein n.
beide auf einander wirken I S. 67.] Doch erklart Vf.
spater selbst , dass er die Aehnlichkeit fttr kein Heil-
prtoctp bdlten , sie nicht fUr den innem Grund der
Heilwirkung, sondern nur fUr einen Heilweg ansehen
kTlone, der zur Wahl eines Arzneimittels fQhre (S.
97 ff.). — Im gemeinen praktischen Leben hat sich
dieser Begriff littgst so definirt , dass ,,ffoma&pathie
ist, wenn die Leute homöopathisch behandelt sein
WüUen.** Du darfst ihnen hi diesem Palle den Le*
berthran oder Cortei rad. granat. unzenweise, das
lodkaU oder Farrenkrautextraet drachmen weise, die
Mercorialien (sogar unter dem Vorwand, dass Pat.
gar iiieht syphilitisch, sondern mercurialkrank sei)
granweise geben (alles Falle , die hierorts wirklich
vurgekimniiett sind), — und Du darfst das Alles „kö-
m8ojHUU9ek** nennen» weH Dir Niemand beweisen
kann, dass Du dabei nicht gedacht habest, die Gra-
aatwunel könne doch einen Bandwurm oder dessen
Sympaome frs«iigeii, uad ein QueckailbetprUparat
mtlsse doch auf das Andre ieopaihiaelt wirken. -^
Die Anfriehtigen unter den Rem. sagen daher aneh
Itngat geradezu, daas es ihnen gleich sei, wie Jemand
die Wirkung eines Mittels erklären wolle ; dafem es
nnpdemPat. wirklich nutze, sei ihnen ein jedes, arz-
neiliches oder ntchtarzneillches, willkommen.
In einem zweiten Schriflrhen : „Die HomöopOr
tkie und ihre Bekenner. Ein Mahnungsruf ^tm
Denkmal H ahnemann" s^* (Dessau bei Katz, 1851.
8. 50 S.) , hat sich der rührige Vf. an seine (jetti*
gen, homöopathischen) Oollegen geWendel, und die-
sen , zum Theil in noch weit stärkerem Tone als wir
es in Obigem ab- und zu thaten, ein Spiegelbild dei
gemeinen hom. Treibens vorgehalten und eine ernste
Mahnung zur Wissenschafllichkeit zugerufen. „Br
Nebe Denkmale nicht. Das beste Denkmal für Sah-
ne m a n n sei , die neue Heilmethode [warum nicht
die Heilkunst und Heilwissenschaft Überhaupt , da S.
doch auch in andern Zweigen gewirkt hat? H.] eüier
höheren Stufe der Entwicklung zuzuführen.'« „Wir
müssen geistig werben, um geistig zu erwerben.'*
Die Einseitigkeit, die Indolenz, die Itoutine, das zur
Charlatanerie führende Hingeben an die Laien seien
zu vermeiden. „Benutzen wir die physiologische
Medicin, folgen wir äen Arbeiten anf dem Gebiete der
Physiologie und verwandter Zweige ; machen wir sie
uns zu eigen u. s. w., um unsem Gegnern die innere
Verbindung der Pathologie mit derTherapie zeigen zu
können, ihnen Achtung abzuzwingen vor dem un-
ter uns herrschenden Geiste. Benutzen wir aueh
den Skepticismus, den Nihilismus, die Verlassenheit,
die Verzweiflung der Physiologiker da , wo es gilt,
praktisch einzuschreiten." Führen wir sie „aus
ihrem Labyrinthe in ein geordnetes Gebiet, aus
dem vagen Nichts in ein positives Etwas." [Eine
unbezahlbare Phrase ! R.] — Zur Vollendung der
arztlichen Persönlichkeit gehöre mehr als blosse
^Routine, gehöre namentlich ürtheilsf^higkeit , Re«
flexion und Abslraction, Logik, eine gewisse phi-
losophische Ausbildung und Richtung, Kenntniss der
Natnrwissenschaflen , Besitz des vollen Inbegrifk der
Physiologie und Pathologie, kurz dieselbe Wissen-
schafllichkeit, welche die gediegenen Aerzte aller
Schulen von jeher für den Arzt erforderlich geftinden
haben. Vf. geisselt die hom. Oharlatane u. Hiseh-
linge, verwirft die Vermittler, die idealisirenden
Theoretiker, wie die sich so nennenden reinen Prak-
tiker , nimmt gegen letztere die Fort schritte der ft--
tholog. und mikroskop. Anatomie und Chemie In
Schutz und beschwert sich bitter Über die Indolenten.
Zur Reform der Homöopathie verlangt er: Vereine
zur Forderung derselben , Organisation einer Propa^
ganda, Anerkennung nnd Gleichstellung der Hom. von
Staats wegen, Hospitäler, Dispensatorien, Rliufken,
Lehrstühle, PrüfungshehOrden , eine wahrhaft phf*
siologische Pharmakodynamik und Therapeutik , Be-*
kmnpfung der Naturheilkrafts-Theorie, Feststelliing
der Grenzen imd der ausnahmsweiaen ZuIMasigkeit
des antipathiacheii und heteropathiacheil Verfehrene,
Erklärung des Sinnlia similibus und der SpedflcRMt
ttb€frhaupt, Regeln cur Behandhwg der «tfikhett
124
Originalabbai^liuigen u. üebernchle«»
KrankheHen, der Complicaüoiien, der Idiosynkrasieoi
PrttfuDg der Gabenlehre, besserp Berflcksicbtigang
der maleriell-chemischen £iDwirkungsweise der Arz-
neien auf die Säfte und Gewebe, rationelle Erklärung
der Krankheils- und Arznei -Symptome, Benutzung
aller Fortschritte der Pathologie u. s. w. , endlich
Begründung einer speciellen Therapie, namentlich
durch Monographien über Heilmittelkrankheiten [nach
der oben unter IV. besprochenen Attomyr 'sehen
Methode], so wie Über Behandlung einzelner Krank-
heiten. Daher auch Gasuistik, zuverlässige u. gute
Krankengeschichten , Klinik.
Letzterer Wunsch schliesst unmittelbar an das
neueste Product des Vfs. an: Dessen „Zeitschrift
für homöopathische Klinih" (Dessau beiKatz, 1851,
vom 1. Oct. an, monatlich eine Nummer). . Vf. be-
harrt in seinem Vorworte dabei, die Homöopathie re-
präsentire die reale Richtung der Heilkunde, sie habe,
wie die ältere Schule in der physiol. Pathologie , so
in der Therapie die Empirie als ihre Fahne entrollt.
Beider Bestrebungen bringe die Physiologie in Har-
monie. Es gelle zuerst , auf dem Wege des Experi-
ments, die physiologischen Wirkungen der Arzneien
zu finden , eine reine Pharmakodynamik zu gründen,
als Physiologie der Therapie. [NB. Als solche kann
man vernünftigerweise nur die Lehre von den spon-
tanen oder Nalurheilungen bezeichnen. Vf. verwech-
selt aber immer wieder Arzneienbrauchen und The-
rapie, zwei Dinge, die gar nicht nolhwendig zusam-
mengehdren. R.] — Aber — wir erstaunten , als
wir diess lasen — diese bedeutende, lohnende und
fruchtbare Arbeit sei nicht die Aufgabe , die sich Vf.
stellt. Er ttberlässt sie den Wiener Homöopathen.
Er will die Pharmakodynamik in ihrer praktischen An-
wendung am Krankenbette zeigen ; Krankengeschich-
ten , Berichte über Epidemien u. Endemien, über die
Leistungen homöopathischer Spitäler und Kliniken ^
liefern u. s. w., desgl. leitende Artikel, Uebersichten,
kritische Bacheranzeigen u. s. w. — Die uns vorlie-
genden 3 Nummern enthalten viel Interessantes. Der
erste Orig.-Aufsatz, ,fAphorismen'' von Dr. K u r l z ,
beginnt so : „Als nalur- u. verstau desgerechte ärzt-
liche Kunslbehandlung kann ich nur die gelten las-
sen, welche, die ursächlichen Umstände , die indivi-
duellen Verhältnisse und die concretpalhischen Zu-
stände ins Auge fassend^ durch die diesen Momenten
entsprechenden Eigenmittel geschieht." Ein Satz,
der ganz vernünftig klingt und gern unterschrieben
werden wird, wenn man statt „Eigenmittel" schreibt
,>HeilmHtel*% od. den Begriff des Eigenmittebi auch auf
diätetische, gynmastische, mechanische, chirurgische,
obstetricische u. s. w. ausdehnt.
VII. Nach dem Allem bleibt eigentlich nichts
übrig, als den Namen f,Homöopathie*' ganz abzuwer-
fen und zu erklären; „wir wollen auch nichts Ande-
res, als was die naturwissenschaftliche , sogen, phy-
siologische oder exacte Schule." Diesen Schritt
(jetzt nichts Seltenes) thun aber nur jüngere Gollegen,
welche in dem Kampfe der Parteien sich nicht nam-
...Jblft gemacht haben. Solche reisen etwa nach Wien,
Prag , Paris u. s. w. , und kehren nach geschehener
Mauserupg unbefangen als Physiologiker wieder. Des
alten tapfern Kämpen ist das nicht zuzumuthen ; es
würde ihnen allzu herbe ankommen, und ihnen im
Publikum wegen der scheinbaren Inconsequenz viel-
leicht schaden , so ehrenhaft auch das Motiv an sich
wäre. — Es bleibt der Ausweg, dass man den Nur
men t, Homöopathie*' gegen einen anderen, bexeiek'
nenderen vertauscht, u. unter der neuen Firma alle Be-
strebungen einer acht wissenschaftlichen Forschunga-
und Behandlungs-Methode in der Heilkunde zu seinen
eignen macht. Diesen Schritt thut der bekannte
Anatom und Physiolog W. Arnold in Tübingen, der
Vf. der pathologischen Physiologie (Zürich 1837—
39), der Lehre von der Reflexfunction (Heidelberg
1842), der Untersuchungen über die BelTsdie
Lehre (Heidelb. 1844) u. a. bekannter Schriflei.
W. Arnold*s neuestes Werk: „Das ralioneU-
specifische oder idiopathische Heilverfahren aU
naturgesetzUche Heilkunst dargestellt** (Heidelberg
bei Bangel und Schmitt, 1851. 8. 334 S.), wel-
ches wir als die bedeulendste Erscheinung der neue-
sten hom. Literatur bezeichnen müssen, enthält nack
Vfs. Angabe die Grundsätze, welche ihm seit 20 Jah-
ren zur Leitung am Krankenbette dienten. Dass
dieselben bei einem so anerkannten Physiologen phy-
siologische sein würden, lässt sich im Voraus erwar-
ten , und trifil auch so weil ein , dass wir (wie bei
andern Forschern) zwar über Einzelnes, nicht aber
über die Grundrichtung mit dem Vf. in Zwiespalt ge-
rathen können. In der Thal will A., wie wir, eioe
naturgemässe, auf gut ermittelte physiologische (bez.
anal., ehem. u. s. w.) Thatsachen begründete u. die
Gesammtheit der ärztlichen Haupt- und Nebenwissea-
schaften in sich fassende Heilkunde. — Er legt, wie
wir, ein Hauptgewicht auf die Ermittelung des lei-
denden Organs oder Systems und der Art der Erkran-
kung desselben , aber ein grösseres als wir auf ^]^
Anwendung jiy(^R ^rzeneien, welche mit dem krankea
Organ (oder Systte) und der Art des Ergriffenseins
desselben in naher und besonderer Beziehung stehen.
Diese Mittel nennt er idiopathische. [Besser wäre,
weil dieses Kunstwort schon anderweil in der Medi-
cin verwendet ist, der Schultz-Schultzen-
stein' sehe Name Idiagoga gewesen ; das Wort be-
deutet also im Wesentlichen Localspecifica, die Oi^
ganheilmittel Rademacher's, die Elecüvmittel
Giacomini's u. s. w.] Denn die idiopathisch
Heilart fasse das Eigene und Besondere des Leideas
{%o idiov) ins Auge und greife diess an seiner Wur-
zel, auf dem ihm zum Sitze dienenden Boden an;
sie sei dasselbe , was Hahnemannals Homöopor
thie bezeichnet habe (S. 13). — Vf. geht nun im 2.
Abschnitte von einer Erörterung des Begriffs Krank-
sein aus, wobei er zur üeberzeugung kommt, dass
dasselbe in einer Krankung ^) der Thätigkeiten ^^
1) Das Wort stamäiryon.^f
Ghouiant's specieller Pathol. R.
6 |4.) Aoll. von
OrighmliMunUBWgeii n« IMbMiuhtm.
ÜB
OfgaBin&iu bestalle, -^ welche meiet, frttber o4er
^ter einen Genesuagsvorgaog xor Folge haben (S.
26). Die Beachtung der Bedingungen dee Krenk-
seiAs und der Heilbestrebungen des Oi^anismui fOh-
ren ihn sodann zu der Ueberiengung , dass die Spe-
eifica der Homöopathen nicht die einaigen und nicht
die wahren sind, weil sie nicht am schnellsten sur
Heilung führen. So passe z. B. bei den MagenUber-
ladangen der Kinder ein AusleerungsmiUel oft weit
besser, als Specifica. Das Forschen nach dem We-
sen der Krankheit, richtig aufgefasst, sei durchaus
lieblich» und üabnemann's angeiilicbe Verwerfung
desselben nur ein NissverstaodDiss. — lu einem fol-
genden 3. Haupubschnitte betrachtet Vf. die GeseUe
der Natur- und Kunstheilung, wobei er H ahne-
mann's verächtliches Urtheü über die Selbslheiluogs-
vorgSnge im Organismus entschieden verwirft und die
den 5atQrltei1ungen zu Grunde liegenden organischen
Gesetze durchgeht: Assimilation und Ausscheidung,
Vicariren eines Absond.-Qrgans far das andere, Blut-
enlleerungen (und ihr Nutzen, S. 95), Steigerung
oder Verminderung' des Stoffwechsels , HomOo- und
Heteroplasien (auch hei letzteren lasse steh ein heil-
sames Bestreben des Organismus nicht verkennen,
S. 109), Dyskrasien, Wechsel der organ. Tbätig-
keit, heilsame fieactionen , Consensus , Sympathie u.
Antagonismus der Organe (darauf beruhend die Nütz-
lichkeit der Ableitungsmiltel, S. 123 ff.), Association
der somatischen , wie der psychischen ThStigkeiten,
Modificirbarkeit des Organismus, Erregbarkeit u. Er-
regung (Hauptsatze der Erregungstheorie und ihre
Anwendung auf die Therapie, S. 133 ff.)* Itüosyn-
krasien und Indifferentismus. — Im 4. Abschnitt sind
die allgemeinen //iei/re^e/)! behandelt: Sympt. activa
und passiva, Indicahs, Indicatum, Indicationes (prae-
servatoria, curativa, causalis, essentialis, symptoma-
tlea, palliativa, vitalis, a juvante vel nocente , ex-
spectativa, jegliche in ihrer Berechtigung am Kranken-
bette), die Heilmethoden. Unter letzteren unter-
scheidet Vf. 1) die anti' oder enanttopatftiscAe, wel-
che bei Hitze kühlt, bei Schlaflosigkeit beruhigt
u. s. w. , und gesteht ihr fUr viele Falle wohlthStige
Wirkungen zu, indem er Hahneman's Ansichten
theils bekämpft, theils aus dessen eignen Worten und
Thaten (z. B. bei dess»en Anwendung des Kamphers
gegea die Cholera) widerlegt. Ihr gegenüber 2) die
homa&pathische , nach dem Grundsatze simiUa dmi-
Hhts heilende» welche ihre Berechtigung darin finde,
daae die Krankheit eine zur Heilung strebende Beac-
tion sei, welche man unterstützen müsse. Vf. be-
klmpft H.*s Psora-Theorie , welche nur von wenigen
Schwindlern und Nachtretern angenommen worden
sei (S. 185). Das Wahre daran sei die Existenz der
Dyskrasien, deren jedoch mehr als 3 (wie H. zahlte)
an oDtersdieiden seien (S. 193). Die von den Iso-
pathen eingeführte Darreichung thierischer Se- und
Kxereta nennt er eine Schwindelei, die zu den Zeiten
von P a u 1 1 i n i 's Dreckapotheke zurückführe (S. i 97).
— Die Sicherheit der Araneiwahl nach dem Princip
auii* nmü» werde sehr ttberscbStat; jetst sei zu
fllfeblea, dass nebrere hoM^opethiechen Aente
bei einem und demselben Falle jeder ein anderes
Mittel voraefalage (S. 199). Und oft schlage das»
gerade nach der grOssten Symptemenahnlichkeit
gewählte MiUel fehl (S. 200). Dennoch spreche das
Resultat beider Behandlungsweisen entschieden xa
Gunsten der homöopathischen. [Leider hat Vf. keine
Vergleichuttg mit einer rein diätetischen Behandlung
angestellt. B.] Namentlich sei die Entfoebrlichkeil
des Aderlasses bei Entzündongskrankheiten darge*
tJian. Vf. giebt nun eine Anzahl Regebi für die rich-
tige Auswahl idiopathischer oder Organ-Heilmüiei
(wie er sie selbst nennt), für die Erklärung ihrer Wir-
kungsweise, und für die Ansehung des idiop. Heil-
verfahrens selbst. Man solle mit dem Gesetze der
Symptomen-Aebniichkeit (welches nur den Schlüssel
zur Auflindung der Arzneien gebe), die pkysiologiMeke
Analyse zur Ermittelung des Herdes der Krankheit
und Arzneiwirkung verbinden (S. 245). Man dürfe
bei diesem Verfahren nicht blos auf ein Organ wir-
ken, sondern müsse auch die Verkettung der Organe
unter sich berücksichtigen (S. 248), daher auch oft
Ableitungsmiltel nöthig werden (S. 250). — Im
letzten 5. Abschnitte handelt Vf. von den HeilmiUeln^
ihrer Wirkung auf den Organismus , ihrer Beziehung
zu dem Heilobjecte und ihrer Benutzung zu dem Heil-
zwecke. Er hebt (mit Recht) die Prüfung an Gesun-
den hervor; will aber auch Berücksichtigung von
Vergiftungsfallen, so wie der physikalischen und che-
mischen Eigenschaften der Arzneimittel , der Verän-
derungen , welche sie am Einverleihungsorte hervor-
bringen und erfahren , der Gesetze ihrer Weiterver-
breitung in den Geweben und im Blute selbst (in
welchem sie oft aufHlllige Veränderungen hervorbrin-
gen, S. 277), so wie andere, das physiologische
Zustandekommen der Arznei wirkung erläuternder Um-
stände. Z. B. sei es sehr wünschenswerlh , zu wis-
sen, in welchen besondern (chemisch-physiologischen)
Beziehungen gewisse Arzneien zu einzelnen KOrper-
theilen stehen (z. B. der Salmiak zu den Schleimhäu-
ten , der Harnstoff zu den Nieren , der Phosphor zu
dem Hirnmarke). — Es genüge nicht blos zu wissen,
dass ein ,,elektorales'' Mittel ein bestimmtes Organ
oder System ergreife : man müsse auch die j4rt des
Ergriffenseins näher zu ermitteln suchen. Wichtig
sei dahei die Unterscheidung der Erst- und Naehr-
Wirkung, welche übrigens die Aerzle längst (vor
H a h n e m a n n) als primäre und secundäre, unmittel-
bare und mittelbare unterschieden hätten (S. 285).
— Die Gausalkur sei eine der wichtigsten in der The-
rapie und werde mit Unrecht (von Hahnemann u.
A.) bekämpft. ,Von den Symptomen unterstütze das
idiop. Verfahren besonders die acliven. Die Heilsam-
keit der kleinen Gaben sei bewiesen. Aber es ver-
rathe eine arge Verwirrung der Begriffe, wenn man
von einer Trennung der Kraft und der Materie
spreche (S. 311). llie Theilharkeit der Metalle, die
Verdüonharkeit, welche die Diastase, der Frosch-
samen u. s. w. zeigen , ohne an Kraft zu verlieren,
sprechen für die kleinen Dosen. Doch hat Vf. aus-
iie
OviginaliMuAdluqQii ». iM^rsioliteii.
MNl «eilen, bei gfOMtr RewbaiMl der Kranken, die
5. bi« 6. Betmal- Vefdüfunmg (also 1 : 100,06a
bis 1 : 1,000,000) gegeben; in der Regel halte er
lieh an die ersH und zweite (1 : iO und i : 100);
nfters maaste er avch atttrkere Gaben geben ; a. B.
die primitive Eesena tropfenweiae , das ursprUngliehe
FrUparat zu ^f^, y^, i vnd mehreren Granen. Nur
in seltenen Falien reiche eine Gabe hin ; doch sei das
Abwarten der Wirkung von WiehtigkeiL {Das Ab^
warten des spontanen VeriaufSs ist die Hauptsache, R.]
Vf. giebt ein paar Regeln ftfr* die Wiederholung der
6Mien, und schlieasl, nachdem er sich gegen das
Vermischen von awei oder mehreren Arzneimitteln
ausgesprochen und die Wahl der richtigen Tageszeit
für jedes Mittel und einer passenden Diät (welche je-
doefi pedantisch die von Hahnemann vorgeschrie-
bene sein mtfsae) anempfolden hat.
Wir sind zu Ende. Unser Referat zeigt, dass
das besprochene Werk seiner ganzen Tendenz u. sei-
nen gesammten Rubriken und Kategorien nach völlig
gleich ist einem Lehrbttch der allgemeinen Thera-
pU, wie wir deren viele haben. Mit dem einzigen
Unterschiede, dass Vf. eben mehr Gewicht und mehr
Ra«mi fflr die Besprechung der Sfecifiea htaUä
wendet, und dass er etwas mehr als die Neueren, an
die Nothwendigkeit n. Nützlichkeit des Arzneigebnni*
chee tberhaupt glaubt. Dtess liegt aber wabrscbein-
Itoh in den individuellen Verhältnissen des Vfs. (dem
Leben in kleineren Städten, der Beschrinkung auf
Privatpraxis u. s. w.). Wenn derselbe in gediegenen
grossen Spitalern (z. B. an der Wieden in Wien
1846 unter DietTs Leitung) durch eigene An-
schauung sich überzeugt liaben wOrde, wie ganze Slle
voH Kranker , ohne alle Arznei , lediglich durch die
Naturbeilung und durch eine passende Pflege , ge-
nesen : so würde sich gewiss in ihm der Physiologi-
ker begeistert erheben und den letzten Rest des ho-
mOopathischen Medtcinglaubens herausjagen.
Die Tendenz^ der heutigen Zeilepoche in der
Therapie gehl nicht auf specifische ArxneimiteU
sondern auf Unterstützung der Naturheilungspro^
cesse durch eine den gesammten EigenthümlicAkei-
ten jedes einzelnen Falles wohl angepassle u. ums
physiologischen Gründen gerechtfertigte, daher
specifische, di&tetische BehaBdlong, auf ew
laiodiätetilL
II. Heber Pteryg^iHin, mit besonderer Berücksichtigung der Lehre des Dr, Des mar res;
von Dr. Leop. Wertheimber, prakt. Arzte in Paris.
Wenn wir die verschiedenen Werke über Augen-
heilkunde bezüglich des Pterygiums zu Rathe ziehen,
so können wir nicht umhin, uns darüber zu wundern,
wie die Autoren dieses Capilel abhandeln. Diese
Krankheit soll der Heilung so leicht zugeführt wer-
den können , dass es sich gar nicht der Mühe lohne,
ihr besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Nach
den meisten Schriftstellern ist die Prognose immer
günstig (Uimly, Rosas, Well er u. s. w.).
Beer bat in seiner 32jäbr. Praxis 376 Plerygien
von verschiedener Dicke und Ausbreitung operirt und
geheilt, ohne ein einziges schlimmes Symptom , oder
eine üble Folge bemerkt zu haben. R u e t e sagt :
„Das Pterygium lasst sich leicht vollständig exslirpi-
ren, ist aber auf andere Weise nicht zu heilen.** Es
ist wohl kein Zweifel darüber, dass es sich leicht
exstirpiren lasse, aber gewiss ist es, dass es auf
diese Weise nicht immer leicht zu heilen ist.
Scarpa war unseres Wissens der erste, der die
fragl. Krankheit einer genauem Beobachtung unter-
warf. „Es entsteht, sagt er, durch den verursachten
Hittdehautverlust , so wie durch die Richtung der
Wunde selbst, eine unförmhche Narbe, welche den
Augapfel gegen die ThrSnenkarunkel verzieht (beim
Innern Pterygimn) , ihn seiner freien Bewegung be-
raubt, insbesondere vom innern znm äussern Augen-
winkel. Um diesem Uebelstande in der Behandlung
den Pterygiums , dessen Basis sehr ausgebreitet ist,
zu begegnen, schien es mir von grossem Nutzen,
einen Einsohnttl von der Spitze bia zu derjenigen
Stelle zu machen , wo sich die Cornea mit der Scie-
rotica verbindet. Man trenne sodann den Lappen
von seiner Basis durch einen halbmondförmigen
Schnitt, welcher zugleich die Substanz der Bindehaut
in der Ausdehnung i'" in sich fasst, und zwar in
concentrischer Richtung zum Hornliautrande. Auf
diese Weise entstehen keine Narbenstricke, und die
Bindehaut , so wie die Narbe sind dann gleichförmig
über den Augapfel ausgebreitet. Indessen werden
solche Vorsichtsmaassregeln überflüssig, wo es sich
lilos um ein kleines Pterygiwn handelt, welches sich
nicht bedeutend über das Weisse des jiuges aus-
breiteL**
Beck bemerkt auf die Bemerkungen S e a r p a *s :
„Hierin stimmt meine Erfahrung nicht Uberein.*'
Bei der Behandlung des Pterygiums handelt es
sich nicht darum, ob es hantig, sarkomatOs u. s. w. »ei,
sondern es ist vorzüglich darauf zu sehen , ob das
Pterygium mit schmaler oder breiter Baeis aufsitzt.
Im ersteren Falle ist es gleiehgaltig , welches
Verfahren man befolgt, um dasselbe in seiner ganten
Ausdehnung zu entfernen , es gelingt hier , das Pte-
rygium zu heilen, ohne besondere Nachttbel herbm<'
zuführen , Recidive ausgenommen , wenn es nicht in
seiner Totalität entfernt wnrde. Bei Pterygien mit breiter
Basis führt das einfache Abtragen nor selten zu einem
glück!. Resultate. Die Basis erstreckt sich efteinereeits
bis zur halbmondf^rm. Haut, andererseits erreieht sie
nicht selten die Unsehlagnfaken der Augeolidbindekaut,
u.wird sie nicht in gamen Umfange abgetragen, so «^
OiigiiubWiwidlmgett vu II«b«nickie*.
ttfl
btadie Best« sa Reddmii Jeiobt Aokss. Sear-
pa*ft Vetlahren half «war den von ihm aogeftthrte«
UebelsUadea» die wir sp^iar naher beleuchles wer-
den t ab , beugte aber hierdurch Recidiveo nicht vor.
Wenn auch die Spilze des Pterygiums genau von der
Cornea abgetragen wurde» so erneuert sich dennoch
das abgetragene Stück von dem Wundrande der Basis
aus, da hierzu schon die nalttrliche Prädisposition
vorbanden ist ; dieses abnorme Product nimmt näm-
lich von der Basis gegen die Spilze zu.
Bemflht si€h aber der Chh*urg, ein solches Ptery-
gium in tetner ganzen Ausdehnvii^, sammt der mit
ibn versclimolzefii» Conjanettva absuIVsen , so enl-
siebt »mäellst ein dreieckiger, ven der ündehaut
enlUOsdter Raui», welcher von Narbengewebe ausge-
fillh wird. Dieses Narbengewebe lieht sich immer
mehr zusammen, und bewirkt eine Zerrung der Gon-
juoctiva bulbi, allmSlig auch der Lidbindehaut an der-
jenigen Stelle , wo die beiden Spitzen der Basis des
Pterygiums eingepflanzt waren. Die unmittelbaren
Folgen dieser Verkürzung der Bindehaut sind 1) im
leichteren Grmde , eine leichte partielle Auswarts-
kehrung des Augenlides u., da die Thranenkanülchen
aus ihrer normalen Richtung gekommen sind, leichtes
Tbranentraofeln *). — 2) Im vorgerückteren Grade
zeigt sich ein hervorstechendes partielles Ectropium,
das nun zu Ophthalmien bereits Anlass giebt, ein
reichlicheres ThranentrSufeln , und in Folge dieser
Zuftrile wird der ThrSnensack endlich in Mitleiden-
schaft gezogen. — 3) Im he/Hgeren Grade hat sich
6u Narbeogewebe so stark zusammengezogen , dass
das Ange in seinen Bewegungen gehemmt wird , und
es nicht mehr nach auswärts gewendet werden kann,
ein Umstand, der die bekannten Zußlle des Strabis-
mus mit sich führt, wie Diplopie, und nach längerem
Bestehen, Gesicbtssehwttche.
Der mit einem Pterygium behaftete Kranke ist
wohl nicht eher Aber sein Uebel ernstlicher besorgt,
als bis ein Theil der Hornhaut bedeckt» und das
Gesicht in seiner Function beeinträchtigt wird. Was
die VeruDstaltung anbetrifft , zu der das Pter. Anlass
giebt, so ist sie minder zu beachten, besonders wenn
das Aufheben derselben so bedeutende Verunstaltun-
gen und functionelle Störungen nach sich ziehen
kann, wie sie oben angegeben wurden. Es darfle
nur wenige Kranke geben , die sich einer Operation
aus blosser Eitelkeit unterwerfen. Die Hauptaufgabe
ist demnach, die Sehfunction so vollständig wie miß-
lich herzustellen. Das war auch das Hauptaugen-
merk D e s m a r r e s', der eine Operationsmelhode an-
gegeben hat, die der genannten Indication vollkom-
men entspricht, das kranke Organ keinem der er-
wähnten Zufälle aussetzt, und Recidiven so weit ver-
beugt 9 dass die Sehfunction nicht leicht von Nenem
gestört werden kenn. Die Opetatien selbs;, «en D.
Operation par d^viation genannt » wird in 3 Zeitrlttt-
men vorgenommen«
t. Moment. L^itrennung des Pterygiums von
den unieriiegenden Theilen von seiner Spitze bis
xter Basis, Zwei AogefrlidauAieber ^) halten die Au-
genlider von einander entAsrnt, und werden einem
6ehalfen tibergeben. Bin anderer Gehtflfe fitirt den
Bulbus mittels einer Pincette an der dem Pter. ent-*
gegengesetzten Seite, f n einiger Entf^ming von der
Hornhant hebt der Qperatenr das Pter. mittels einer
Pincette anf, schiebt vom nntem Bande nach dem
Obern ein Staarmesser durch, und verllngert den
Schnitt bis lur Ceniea. Nachdem das Staarmesser
zurückgezogen , fasst er mit der Pincette den obern'
oder den untern freigewordenen Rand und praparirt
die Spitze des Pterygitmis von der Hornhaut los. Da*-
mit die Blutung die genaue Untersttchnng der Schnitt-
stellen nicht hindert, u. um das Abtragen zu erleich-
tern , wird wahrend der Operation von einem GehUl-
fen ein continuirlicher Wasserstrom aus einer Anel-
schen Spritze auf die frische Wundflifche unterhalten.
Nachdem die Spilze frei gemacht worden ist, so fasst
man sie mit der Pincette und präparirt das Pter. bis
zur Basis mittels der Scheere los. Es ist darauf zu
sehen, dass das Pter. genau von der Hornhaut abge-
tragen werde, u. zu dem Ende ist es gut, die letzten
Reste mit dem Staarmesser abvuschaben. Ist sodann
das Pter. in angegebener Ausdehnung losgetrennt, so
wird dasselbe Über den innern Augenwinkel zurOck-
geschiagen , und in dieser Stellung voa einem Gehttl-
feo festgehalten. Durch die Lostrennung des krank-
haften Productes entsteht ein dreieckiger von der
Bindehaut entblösster Raum.
2. Moment. Trennung der Bindehaut in ver-
ticaler, der Hornhaut paralleler Richtung. An
dem untern Wundrande der Conjunctiva , beiläufig 3
bis 4 Mrotr. von der Hornhaut , beginnt ein in verti^
caler Richtung etwas gebogener , der Peripherie der
Cornea entsprechender Schnitt , der die Conjunctiva
an benannter Stelle trennt. An beiden Seiten dieses
Schnittes wird die Conjunctiva in geringer Ausdeh-
nung von dem darunter liegenden Zellgewebe abge**'
Itfst. Die Lange der verticalen Einschnittslinie muss
eine solche sein , dass die Spitze des Pter. , welche
in diesen von der Bindehaut befreiten Raum hinein^
gelegt wird, bequem Platz finden kann.
3. Moment. Einlagerung der Spitze des Ptery-
giums in den durch den verticalen Einschnitt her-
vorgebrachten Zwischenraum der Conjunctiva und
Verbindung der Spitze des Pterygiums mit den
Wundrändem der Bindehaut durch die Knopfhdit.
Die Spitze des Pter« wird nun mit . der Pincette ge-
fasst, leicht angezogen und in den Zwischenraum der
1) Wir sprechen in diesem Aufsätze blos von Pterygien^
üfe am ioaem Atigemriokel vortornnMo , Ja sie da am Uuflg-
tten beobachtet werden , und hinsichtlich der Behaadlnng am
ichwiengvten sind.
1) D. bdllent: sich siefs Biassiver Augonlidbalter, im die
Bildung VM Faiften lu varmctdsn , die sich bd den |e»obn-
licheo, aus. Silhcrdmht ferfeiügteo, eneugcn.
IM
Moleschott, Physiologie des Stoifvrecbsels' a. s. w.
Confimctifs (durch die Terticale Bindehautlrennung
hervorgebracht) gebracht, worauf sie durch die
Knopfnaht folgendermaassen an den Wundrändern
der Conjunctiva befestigt wird.^Zuefst wird ein Naht
angelegt, die den fllussersten Theil der Spitze dos
Pter. mit dem Winkel der Bindehautwunde verbindet.
Dann werden die Ränder des eingelegten Tbeiles des
Pterygiums mit den entsprechenden Wondrindern
der Conjunctiva mit 1 oder 2 Nahten befestigt, u. die
Fäden an der Wange mittels Heftpflaster festgehalten.
Zu den Nähten soll man keinen Seidenfaden, sondern
einen ziemlich dicken Zwirnfaden nehmen.« da die
Bindebaut nach einigen Stunden sich wulstet und
dUnne Seidenfäden in dem entstandenen Wulst bei-
DabB verschwinden. Es ist ferner vortheilhaft , die
Fäden in einen voluminösen Knopf tu binden , damit
er nach 24 oder 48 Std. , wo die Nähte entfernt
werden, leichter zu finden sei.
' Die Nachbehandlung bei dieser Operation bleibt
dieselbe, wie bei den andern Methoden. Wir sahen
kQrzlich einen auf diese Weise behandelten Fall , wo
ein Pter. mit ganz breiter Basis aufsass , in denn der
Kr. das Sehvermögen vollkommen wieder erlangte,
und die Bewegungen des Auges nicht im Geringsten
beeinträchtigt waren.
Die eben besprochene Operalionsweise ist bei
Pterygien mit breiter Basis anwendbar. Ganz anden
verhält es sich , wo man es mit Recidiven und Nar-
hengewebe der Conjunctiva zu thun hat, die nach
Exstirpation von Pterygien mit breiter Basis entstan-
den sind, und die oben angeführten üblen Folgen
hervorgebracht haben. Einen interessanten VM die-
ser Art hat D e s m a r r e s selbst in der Gaz. des Udp.
52. 1650. verüffentlicht, aus welchem das einzu-
schlagende Verfahren ersichtlich wird i).
Fig. I.
Fig. II.
Fig. III.
FHg, f. Ein inneres Pterygium mit sehr breiter
Basis, das sich in der halbmondßrmigen Haut verliert.
A. Die Spitxe, die sich Ober die Cornea erstreckt. B. Sichel-
förmige Falte , die sich in der Conjunctiva unter dem ubero
Augenlide verliert. C. Dasselbe, unler dem untern Augen-
lide. — 1) Eine punktirte Linie, die Stelle anzeigend, wo die
Incision an der Bindebaut des Augapfels angebracht werden
soll.
Pig, II. Das Pterygium ist von der Cornea bis %ur
Basis losgetrennt^ und über den innem Augenwinkel
%urüekgesehlagen. A. Die Stelle, die das Pterygium vor
seiner Ablösung eingenommen. B. Der Baum, der durch
die Incision , der in Fig. I. mit Punkten bezeichneten Linie,
entstanden ist. In diesen dreieckigen Raum wird das los-
priparirte Pter. gelegt. C. Das gegen den innern Augenwin-
kel zurückgeschlagene Pter. nach seiner Lostrennung.
Fig, III. Das losgetrennte Pterygium ist durch die
Knopfnaht in dem dreieckigen Baum , durch den Binde-
liauteinschnitt entstanden , fixirt, A. Die Stelle , welche
das Pter. vor der Lostrennung einnahm. B. Basis des Pter.
C. Die Spitze des Pter. mittels der Knopfnaht befestigt. Zwei
Hefte beGndcn sich zur Seite. D. Eine Linie, die Stelle be-
zeichnend, welche der unlere Band des Pterygiums vor deasea
Lostrennung eingenommen.
In manchen Fällen ist es gut , die Wundränder der Con-
junctiva in der Abbildung A und B mittels der Knopfnaht zu
verbinden, um desto sicherer einem Kecidiv vorzubeugen.
1) Wir verweisen deshalb auf unsere Jahrbb. LXXI. 91,
wo sich auch schon eine kurze Notiz über das von Dr. Wert-
heim b e r beschriebene Verfahren findet. R e d a c t i o n .
G. KRmKSH.
1. Fhifiologie des StolhFecksete in Pflauen
Ud ThiereiL Ein Handbuch für Naiwfor^
scher, LanduHrtke und Aerxte; von Dr. Jac.
Moleschott. Erlangen 1851. Enke. 8. XXII
u. 592 S. (BVs Thlr.)
Bisher haben wir dem Titel nach blos Chemien
Molesehott, Physiologie dei Stoffwechsels u. s. w.
129
des Stoffwechsels in Pflanseii und Thieren gehabt,
obgleich sie immer den Anspruch gemacht haben,
physiologische Lehren zu. sein. Jetzt erhallen wir
nun auch eine Physiologie des Stoffwechsels Tür Aente,
und es möchte nicht ohne Interesse sein, die Bedeu-
taug dieser Lehre fflr die theoretische und praktische
Medicin näher zu betrachten. Der Inhalt dieser Phy-
siologie des Stoffwechsels ist in folgende Ablheilun-
gea gebracht. 1) ErnShrungsquellen der Pflanzen
(Ackererde, Luft, Wasser, Nahrungsstoffe). 2) All-
gemein verbreitete Bestandtheile der Pflanzen (Ei-
weiss, SUirke, Fett, Salze). 3) Allgemein verbrei-
tete Bestandtheile der Tbiere (Nahrung, Gbylus,
Blut). 4) Bestandtheile der Pflanzen innerhalb der
Pflanzenleiber (Sauren, Alkaloide, Farbstoffe, flüch-
tige Oele). 5) Bestandtheile der Thiere innerhalb
der Tbierleiber (Gewebe , Absonderungen , Aussonde-
raogen). 6) Zerfallen der organischen Stoffe nach
dem Tode. Man erkennt leicht , dass in einer etwas
veränderten Zusammenstellung hier dieselben Gegen-
stSnde , wie in den physiologischen Chemien , beson-
ders von Mnlderu. Liebig, auftreten, u. es fragt
sich nur, ob die Behandlungsart sich unterscheidet,
wobei denn, was tlber diese Schrift zu sagen ist,
aoeh von der Stoffwechsellehre überhaupt gelten
wird.
Nach Vf. soll die Physiologie des Stoffwechsels
die Angel sein, um welche sich die Weltweisheit dreht.
Die Kraft der Bewegung der Stoffe sei Eigenschaft der
Materie, und notbwendiges Merkmal derselben. Ein
bestimmter Grad zusammengesetzter Mischung der
Materie lasse mit der organisirten Form die Verrich-
tung des Lebens entstehen. Erhaltung des Mischungs-
zostandes bei fortwahrendem Stoffwechsel soll das
Leben bedingen. Organische Stoffe sollen lockeren
Zusammenhang und bewegliche Moleküle haben. Alle
Verrichtungen der organischen Natur sollen bedingt
sein durch Stoffwechsel. Lebenskraft soll wesenlose
Abstraction sein, weil die Vorstellung einer Kraft,
die nicht an Materie gebunden \v[{:e, Unsinn sei.
Verschiedene lebende und todte Kr ilic werden nicht
unterschieden ; das organische Lebeu soll durch den
Kreislauf in der Veränderung der Elemente bestehen.
Niemand soll den Trager der Lebenskraft kennen ; Vf.
kennt selbst die Natur der organischen Formgebilde
nicht. Die sinnliche Wahrnehmung soll uns blos
Stoffe und ihre Eigenschaften zeigen. Vf. beruft sich
auf die sinnliche Wahrnehmung , und doch nimmt er
den Unterschied von Leben und Tod nicht wahr.
Weno aber Leben und Tod verschieden ist, müssen
auch lebende und todte Kräfte verschieden sein. Der
rein dynamische Kraftbegriff waF allerdings unzurei-
chend ; wenn KrafI überhaupt Eigenschaft der Mate-
i rie ist, so wird die Lebenskraft auch Eigenschaft der
organischen Materie sein, und auf die Erkenntniss
dieser Eigenschaften kommt es an. Die Abstraction
des Kraftbegriffs im Dynamismus war bei den todten
Kräften ganz dieselbe wie bei der Lebenskraft. Aus
dem Grunde, dass eine abstracto allgemeine Kraft
Med. Jahriib. Bd. 73. HA. 1.
nicht vorhanden ist, könnte man ebenso gut die
Schwerkraft als die Lebenskraft leugnen.
Die Physiologie des Stoffwechsels soll ein neues,
wissenschaftlichere^ Gebäude sein. Aber genauer
betrachtet giebt es gar keine Physiologie des Stoff-
wechsels, sondern nur eine Chemie des Stoffwechsels,
worin das Leben todt gemacht ist, keine organische
Erregung zu sehen ist ; das neue Gebäude ist aus al-
ten Stücken zusammengesetzt ; es könnte auch Phy-
siologie des Todes heissen.
Zellen und Gefasse, alle organischen Gebilde
werden nur unter dem Gesichtspunkte der chemi-
schen Stoffverbindungen betrachtet: Zellenstoff, Holz-
stoff mit Starke und Zucker in einer Reihe , ohne zu
sehen, dass in den verschiedensten Formgebilden
dieselben Stoffe wiederkehren. M. spricht von Um-
setzungen der Stoffe nach dem Tode, ohne zu sagen,
wodurch sich diese von denen im Leben unterschei-
den , da in beiden nur chemische Eigenschaften auf
gleiche Art wirken. Er bat mit der Lebenskraft das
ganze Leben zur Thür hinausgeworfen , und spricht
doch von einem lebenden und todten Stoffwechsel,
obgleich es nur Einen Stoffwechsel giebt, der che-
misch, u. nicht lebendig ist.
Indem man die Lehenskraft leugnet, leugnet man
das Leben selbst, reducirt das Lebendige auf todten
Stoff. Die Erscheinungen der Lebenserregung wer-
den daher übergangen , weil man sie aus den Stoffen
nicht herleiten kann, da der Stoff keine Erregung
hat. Die Verschiedenheiten der Nerven, Muskeln,
Gefasse , Drüsen und ihrer Lebenseigenschalten sind
aus Stoffwechseln und Stoffverschiedenheiten nicht
zu erklaren. Versucht war diese Erklärung schon
bei den Alten; die Schrift des Aristoteles: De
generatione et corruptione ist eine Stoffwechselerkla-
rung. Man ist noch auf diesem Standpunkte ^ ohne
den Unterschied von Leben u. Tod zu sehen.
Der Stoffwandel hat keine Lebensfunctionen , u.
doch sieht man ihn stillschweigend als die Lebenslha-
tigkoil an.
Man will die Ursache des Lebens aus dem Stoff-
wechsel erklaren, aber indem man das Todte ebenso
aus dem Stoffwechsel erklart, identificirt man beide,
und erkennt so das Leben gar nicht an. M. (Einl.
XII.) behauptet sogar, das Leben habe gar keinen
Zweck zu erfüllen; er sieht also gar nicht, was das
Leben ist, u. wie es vom Tode verschieden ist; dass
es ein organisches System von Thatigkeiten mit indi-
vidueller Einheil u. innerem Princip ist ; Wachsthum,
Entwicklung, Fortpflanzung der Zweck ist. Dass der
Bildungstrieb nicht Wirkung des Stoffwechsels, die
Zeugung nicht Wirkung von Gahrung und Humusme-
tamorpbosen sein kann , begreift man in diesen Leh-
ren nicht. Wachsthum, Wiedergeburt müsste eine
Eigenschaft von Fett, Eiweiss, oder Natron, Kalk
sein. Wenn Erhaltung des Mischungszuslandes bei
fortwahrendem Stoffwechsel das Leben bedingen soll,
so fragt es sich, welche Ursache es ist, die den Mi-
17
ISO
Naa»ft> Binflutt d. Maifimg kvli* Blmt
sehttagsxMUtd «rfallt. Die leUte Ursache , welche
die StoffwechaeUehre anrnmintv ist inmer nur (che-
mische) Eigenschaft der Materien und Stoffe selbst,
die ehem. Verwandtschaft. Wenn nun aber etwas da
sein soll, was bei dem fortwährenden Stoffwechsel
einen gleichen Mischungssustand erhalt , was den le-
benden Körper vor ehem. Zersetzung', GSbrung und
Faulniss schiltst, so muss diess doch übtr der ehem.
Verwandtschaft u. deren Wirkungen stehen ; es muss
die ehem. Wirkungen leiten und regieren. Hier ist
nun der springende Punkt, wo die Stoffwechsellehre,
die das Leben als etwas vom Tode verschiedenes, was
den Stoffwechsel in der Gewalt hat , leugnet , u. die
Lebenskraft nicht anerkennt, mit ihren Erklärungen
zu Ende geht, so dass ihr der wahre Anfangs- und
Endpunkt fehlt.
So drehen sich denn alle sogenannten Erklärun-
gen des Lebens nach der Stoff^echsellefar« nur um
solche Erecheinungen, die das Leben selbst als regie-
rendes und bildendes Prineip , als organisches Schn-
plbngsprincip gar nicht angehen, so wie um Erschei-
nungen f die neben dem Leben heriaufen , u. die au
den Lebensbedingungen im Verarbeitungs - u. Assimi-
lationsprocess, so wie zu den Lebensresiduen n. Lei-
eben gehnrea. Es sind slse Alles nur Sclieiaerklä-
rongen des Lebens» die das Leben seM»st nicht tref-
fen» sondern nur sein Verhaitniss zur Aussen weit be-
rühren. Das Material der ehem. Untersuchung der
Lehensresidueo ist zu achten ; aber der Irrthum liegt
darin, dass ntan es für Physiologie ausgeben will, der
ein entgegengesetztes Bildungsprincip zu Grunde liegt.
Es giebt keine Physiologie des Stoffwechsels.
Dass es verschiedene Alaterien u. Kräfte, lebende
u. lodte, giebl, sieht man nach dieser Lehre nicht, u.
darin liegt eben der ganze Irrthum u. die Verwirrung
derselben, in welcher Lebens- u. Todeserscheinungen
ordnungslos durch einander laufen. Es ist von be-
sonderer Wichtigkeit ftlr die prakt. Medicin, sich von
dem alten Wahne zu befreien , als ob das Lehen nur
in Umsatz von Stoffen bestehe , u. man die Gesufrd-
lieit dvrch Stoffverändemngen wiederiierstellen oder
nach den Regeln der chemischen Fabrikenkonde die
VerjUngong des Lehens bewirken , bei Irren die Ge-
hinwteffe, im Fieber die Blntstoife umseizen kOnne.
Ea ist eine grosse Täuschung , sich hier immer auf
Empirie zu berufan , u. doch den Wald vor Bävmen
nicht tu sehen. Die erste u. höchste Empirie fir
den Ant ist die, dass er Leben u« Tod unterscheiden
u. lebendige n. todte Kräfte auseinander halten lernt.
Denn auf dem empirischen Dasein des Lebens beruht
die. ganse Medicin, die das kranke Leben vom Tode
retten aoll. Wenn man nun die Lebenskraft, u. sn-
nait das Leben seihat nicht sehen kann , sondern es
lengnnt, indem man es auf todte Kräfte redoeirl, so
sollte MNin daneben doch nicht Arst sein und das Le-
ben triiaiten wollen. Das System der organischen
Verjtngnig muss hier neue Bahn brechen , wozu die
Ftidnaophie der Verjüngung von S c h u 1 1 i^S e h u 1 z-
zenstein die Richtung angiebt. Ob man die Stoff-
wechsellehre eine Ghemie «der eine Physiologie nennt,
ändert an dem Wesen derselben nichts. Es sind
nicht die Beobachtungen als solche (welche kein Ta-
del trifft) , sondern die wissenschaftlichen Principi«
n. der natürliche Zusammenhang der Erscheinnngea,
worauf es hier ankommt. Wir glauben hiermit ver-
liegende Schrift hinreichend charakterisirt , u. gewiss
vielen Aerzten aus der Seele gesprochen zu habea,
welche am Krankenbette mit der Stoffwechsellehre zu
wirken versuchten« u. dort ähnliche Erfahrungen da-
bei machten, als wir hier ausgesprochen haben.
Joseph Bruner.
2. Deber den linflnss der Habnuig auf das
Blut; von Prof. Hermann Nasse. Mar-
burg u. Leipzig 1850. Elwert*s Verlag, gr. 8.
99 S. (12 Ngr.)
Der um die Chemie u. Physiologie des Bluts heoh
verdiente Nasse hat uns in vorstellender Schrift einen
neuen werthvollen Beitrag zu den genannten Doctri-
nen geliefert , indem er nicht nur durch eigene sahi-
reiche Beobachtungen die Veränderungen festzustelles
suchte, welche das Blut unter dem Einflüsse derNalh
rang erleidet, sondern auch die bereits bezüglich die-
ses Gegenstandes wr ihm vorbandenen Baten eiaer
sammelnden u. sichtenden Kritik unterzog.
Vor Allem macht Vf. auf die sahireichen and
schwer zu beseitigenden Schwierigkeiten aufmerksam,
die sich der Erforschung der oben berührten Verhäll-
nisse in den Weg stellen , zu welchen Schwierigkei-
ten in erster Linie die Wirkung der nüthigen Ader-
lasse gehört , die eine sehr veränderliche und daher
kaum absuschätzende Grösse ist. Dass man zur Ver-
gleiehung mit dem durch die Nahrung verändertes
Blute einem andern Thiere von gleichen Alters-, Grös-
sen- und Racenverhältnissen Blut entzieht, ist, wie
Vf. ganz richtig hervorhebt , ein Verfahren , welches
ebenfalls zu Irrthflmern Veranlassung geben kaaa,
weil es mannigfaltige individuelle Verschiedenheilan
giebt, welche sogar so gross sein können, dasssie
auch selbst , wenn man, wie diess hauig bei Vena-
chen SU andern Zwecken zu geschehen pflegt, tod
zwei aus mehrem Individuen bestehenden Gruppei
von Thieren nur die eine der der Prüfung zu unter-
werfenden Einwirkung aussetzt, noch einen bemerk-
baren Einfluss auf das berechnete Mittel zu aussen
vermögen, falls nicht die Kahl der Thiere sehr gross
ist. Ikmungeachiet jedoch hält Vf. dieses Verfahren
for das allerl)«ste , wenn man viele Thiere zu saiaer
Verfügung hat, u. eine grosse Kahl auf die Weise
gruppiren kann, dass man stets gleichartige einander
gegenCbersiellt , und wenn man solche ausscheidet,
bei denen aaan ein abnormes Verlialten aehonausfre-
liem Beobachtungen in Erfahrung gebracht haL Wo
Vf. ein derartiges Mnter4al zu Gebote ainnd, be-
diente er sich in der Tiiat dieses Verftdn^easv {[cwOhn-
hch aber beschränkte er die Vergleichmg nur auf das
Blut eines u. deseelben Tbieres, welches er zu «ner
zusammenhängenden Reihe von Versuchen benniste.
Zwischen zwei Aderlässen Hess er jedesmal mehrere
N« SB e, £iiiil«s« d« Nahnut a^f d, Blut
13t
Wdchen veratreicheii , am die durch den Blut?erlusl
herbeigeführte Veränderung wieder auszugleichen.
Doeh aiich hier treten wieder Mangel in den Weg:
der Umstand , dass das Blut eines u. desselben Thie-
res sicherlieh nicht immer von gleicher Beschaffenheit,
u. der durch die Jahreszeit in der Zusammensetzung
des Bluts bedingte Wechsel. In Bezug auf erstem
Unstand ist vorzugsweise die Verwendung junger
Thier« zu vermeiden, da sich bei diesen nach Vfs.
Erfahrungen das Blut in seiner Mischung auch noch
dann oft beträchtlich verändert, wenn der KOrper die
volle Grttase erlangt hat. Um die durch die iahres-
Zeiten bedingten Veränderungen möglichst unscbäd«-
lieh zu machen » ist es noch am Besten , einen und
desselben Versuch zu verschiedenen Jahreszeiten zu
wiederholen, u. nur die sich ergebenden miuiern
Werthe zu vergleichen , oder aucli wohl stets blos
die Versuche . welche in dieselbe Jahreszeit fallen,
mit einander zu vergleichen. Nasse hat beide Wege
eingeschlagen.
Zum Ausgangspunkt der Untersuchung nahm er
meist die Beschaffenheit des Blutes 24 Stunden nach
der leisten Fütterung , n. benutzte zu den Versuchen
vorzugsweise Hunde. Seine analytische Methode war
eine jener von Andral u. Gavarret vorgeschla-
genen sehr ähnliche. Die Verhältnisse auf die er
Blleksicht nahm, sind Folgende. 1) Farbe des Blu-
tes , 2) mikroskopische Veränderung der Blutkörper*
eben, 3) Gerinnungszeil des Blutes, 4) Gewichts*
verhaltniss des Blutkuchens zum Serum, 5) ScbneU
ligkeit der Senkung der Blutkörperchen, 6) Farbe
des Serums, 7) specifisches Gewicht des Blutes, 8)
speeifisches Gewicht des Serums, 9) Gewichtsver*
hsllnisse der Blutkörperchen , 10) GewichtsverhSit-
ntsse des Faserstoffs, 11) Gewichtsverhaltnisse des
Etweisees, 12) der Extractivstoffe , 13) der Fette,
14) der löslichen Salze.
Die Farbe des Blutes scheint nach durch längere
Zeit fortgesetzter Fleischnahrung eine dunklere zu
sein, als nach Pflanzenkost.
Was die mikroskopischen Veränderungen der
Blutkörperchen anbelangt, so fanden sich bei der wie-
derholten Vergleichung des Blutes ausgehungerter Frö-
sche mit dem gesunder folgende Verschiedenheiten :
durah das Hungern wird die mittlere Länge der Blut-
schnibcben grösser (um 7 Proc), n. die Breite etwas
geringer (um 5 Proc); dabei sind die Unterschiede
in der Lange nicht so gross, wie bei frischgefangenen,
gutgenahrten Fröschen. Die Blutkörper ganz atro-
phischer Frösche widerstehen der Einwirkung des
Wassers langer als die kräftiger Thiere. Auch die
Kerne zeigen in ihrer Grösse bei ausgehungerten
Thieren grössere Differenzen , wie bei kraftigen , die
Lymphkörperchen sind weniger zahlreich bei den ab-
gemagerten Fröschen, und zwar im Verhaltniss von
15 : 28.
Die Unterschiede in der Gerinnvngsj$eit he*
stimmte N. in der Weise, dass die Zeit von der Miitf
des Ausflusses bis zur Mitte der Gerinnung gemeaaeui
u. bei verschiedener FtUterung mit einander vergU«-
eben wurde. Nach dreitägigem Fasten beobachtete
Vf. nicht unbetrachtliehe Verlangsamung der Gerin*-
nung, wogegen er bei Thieren, welche nur 24 Stiuw^
den gehungert hatten , das Blut sehr rasch gerinnen
sah. Fleischkost gab in allen Fallen eine etwas ra-
schere Gerinnung als Pflanzenkost. So lange die
Verdauung wahrte fand er sehr abweichende Zahlen,
im Ganzen höhere als nach eintägiger Entziehung von
Nahrung.
Das Getvichis verhaltniss des Blutkuchens zum
Blutwasser fand Vf. bei alten Hunden, welche 24
Stunden gehungert haben im Mittel = 63:37, bei
jungen 5 : 45. Ein bis zwei Stunden nach der Füt-
terung fand er es bei Fleischkost sbs 65:35, hei
Pflanzenkost »= 70:30. In den darauf folgenden
Stunden nahm auch hei der erstem Nahrung das Ge«-
wicht des Blutkuchens zu. Auffallend ist es , daaa
Vf., wenn das Fasten 30 Stunden gedauert hatte, an^
wohl hei alten als bei jungen Hunden einen grMsnm
Blutkttchen antraf, als wenn gerade nach AUauf einea
Tages der Aderlass gemacht worden war.
Das SenkungsvertnUgen der Blutkörperchen ist
im geschlagenen Blute der Fleischfresser weit grös-
ser als in dem der Pflanzenfresser. Ganz damit in Ue-
bereinstimmung steht, dass, wenn die Hunde anhal-
tend mit Fleisch genährt werden , die Neigung der
Blutkörperchen an einander zu kleben und sich zu
senken , grösser ist, als wenn sie eine aus Brot oder
aus Kartoffeln bestehende Nahrung erhalten haben.
Die Farbe des Serums eines Hundes ist nach
Nasse*s Erfahrungeu nach vollendeter Verdauung
entweder klar u. blassgelblich, oder zuweilen auch
wohl durch aufgeschwemmte Blutkörperchen röthlieh,
nie aber weisslich oder graurölhlich. Diese Beschaf-
fenheit hat das Serum nur einige Stunden nach der
Fütterung , u. zwar blos dann , wenn das Futter fett«-
reich gewesen ist. Die Trübung erreicht ihr Maxi-
mum von der fünften bis siebenten Stunde. Das wah-
rend der Verdauung von Fleisch erhaltene Blntwassor
giebt nach Zusatz von Essigsaure fast dieselbe Menge
Niederschlag, wie das klare Blutwasser bei Pflanzen-
kost. Aber Wasser schlagt aus jenem mehr Biweisa
zu Boden , als aus diesem , u. ebenso Sssigaüure,
wenn sie dem mit Wasser verdünnten Blutserum zuge^
fügt wird.
Das specifische Gewicht des Blutes betrug bui
alten Hunden, welche einen Tag gehungert hatten,
1,062 — 1,069, im Mittel 1,0653, Wahrend in
den ersten drei Stunden die vegetabilische Nahrung in
der Begel, namentlich wenn ihr viel Eucker zugefügt
ist, das specifische Gewicht etwas erhöht , findet bei
Fleischnahrung eine kleine Abnahme Statt. Gegen
das Ende der Verdauung , in der achten n. neanteo
Stunde stellte sieh jedoch das Mittel für die mit FLeiach
gefütterten Hunde höher, als für die, welche Brot
oder Rartoffeln erhalten hatten. Wird dam Thiere
längere Zeit (3**-4 Tage) die Nahrang entaogen, da^
bei aber zu trinken gegeben» ao steigt daa spe^iflacbe
132
Nasse, Einflass d. Nahrung auf d. Blat.
Gewicht etwas, bei Entziehung des Wassers sinkt es.
Vf. bemerkt hier aber, dass der Versuch nicht ganz
rein ist, indem das Hungern nicht ohne Einsperrung
bewirkt werden kann.
Der Gehali des Blutes an festen Bestandtheilen,
welcher bei Hunden nach eintägigem Hungern im
Mittel 231 p. m. betragt [im Originale heisst es 769,
damit kann aber offenbar nur das Wasser gemeint
sein], geht im Ganzen gleichen Schritt mit dem spe-
cifischen Gewichte, u. es entspricht im Blute der
Hunde fast durchwegs 3,1 p. m. feste Bestandtheile
0,001 spec. Gewicht.
Das specifiscke Gewicht des Serums seil 24
Stunden nicht gefütterter Hunde betrug im Mittel aus
mehreren Versuchen 1,0243, der Gehalt an festen
Stoffen betrug 76,5. Nach Fütterung mit Brot steigt
das spec. Gewicht mit seltenen Ausnahmen von der
zweiten bis zur neunten Stunde. Das Serum nach
Fleischkost ist bis zur fünften Stunde bald leichter,
bald schwerer als nach Pflanzenkost. Auch hier war
der Unterschied am GrOssten, wenn die Pflanzenkost
sehr viel Zucker enthielt. Nach 3 — 4tagigem Hun-
gern fand es Vf. nicht unbeträchtlich schwerer, be-
sonders wenn auch das Wasser dem Thiere entzogen
war. Die Uebereinstimmung des Wassergehaltes mit
dem spec. Gew. ist beim Serum zuweilen geringer
als beim ganzen Blute. Im Allgemeinen aber entspre-
chen 3,5 — 3,8 p. m. feste Bestandtheile 0,001 spec.
Gewicht.
Die Zahl der Blutkörperchen bei allen Fliin-
deu, die 24 Stunden gefaslet hatten, betrug 158
— 173 p.m., im Millel 163,5. Während der Ver-
dauung randea sich bald mehr bald wenig(?r, wie im
nUchlernen Zustande, und zwar wie die Siimmn aller
festen Bestandtheile ,. so war auch die des Cruors in
der Regel von der ersten bis neunten Stunde beträcht-
licher nach Pflanzenkost als nach Fleischkost. Anhal-
tendes Fasten (9 — 11 Tage) scheint, zwei Versuchen
zu Folge, ihre Zahl eher zu vermehren. Auch Fleisch-
nahrung scheint Zunahme derselben zu bewirken, wenn
den Thieren so viel Fleisch gereicht wurde , als sie
fressen wollten..
Was die Menge des Faserstoffs betrifft, so macht
Vf. darauf aufmerksam, dass hier, namentlich bei jün-
geren Thieren, Schwankungen vorkommen, welche
die Gewinnung sicherer Resultate sehr erschweren.
So traf er unter Andern mehrere Hunde , welche re-
gelmässig durch höhere Zahlen sich auszeichneten,
ohne dass irgend etwas Krankhaftes bei ihnen zu be-
merken war. Die Reihe der altern Hunde gab nach
24stündigem Hungern im Mittel 1,8 p. m. , die der
Jüngern aber schon ausgewachsenen 1,94 p. m. Fa-
serstoff. In den ersten sieben Stunden nach der Füt-
terung mit Fleisch war mit sieben Ausnahmen unter
35 Beobachtungen die Menge des Faserstoffs geringer
als jene beiden angegebenen Mittel. Bei 2 Fällen
von 7 fand dagegen bei vegetabilischer Kost starke
— ^^nahme des Faserstoffs Statt* Nach der achten
Stunde steigt die Menge des Faserstoffs sowohl bei
Pflanzen - als bei Fleischkost. Hungern durch 3—4
Tage bewirkt Verminderung desselben. Das Blnt von
sieben Hunden, die abwechselnd wochenlang mit
Fleisch u. dann mit Brot u. Kartoffeln gefuttert wor-
den, zeigte stets im erstem Falle mehr Faserstoff als
im letzten , und zwar in dem durchschnittlichen Ver-
haltniss wie 9:7. Nach der Fütterung mit Fleisch
fand Vf. den Faserstoff weicher und weniger weiss,
als nach Nahrung mit Brot u. Kartoffeln.
Der Eiweissgehalt des Blutes, einschliesslich der
sogenannten Extractivstoffe , belief sich bei alten
Hunden, 24 Stunden nach der letzten Fütterung, im
Mittel auf 54,5 p. m., der GesamrotrUckstand des Se-
rums auf 63,7. Diese Menge nahm ungefiihr bis zor
neunten Stunde nach AnfUUung des Magens mit ver-
daulichen Stoffen etwas zu. Gegen das Ende der
Verdauung trat wieder eine Verminderung des Serum-
rückstandes ein. 3 — 4 Tage langes Hungern be-
wirkte die beträchtlichste vom Vf. beobachtete Zu-
nahme (72,62). Nach anhaltender Fütterung mit
Brot u. Kartoffeln betrug die Menge in der Regel mehr
als bei Fleischkost. Interessant ist die Beobachtung
des Vfs. , wonach ein Hund ein Blut besass , dessea
Serum 96,4 — 103,0 p. m. feste Bestandtheile ent-
hielt , wahrend die normale Menge , wie aus obigem
erhält, bedeutend geringer ist. Von diesem Thiere
wurden zwei Junge gross gezogen ; beide hatten diese
Abnormität von ihrer Mutter geerbt; einer namentlich
gab einen Serumrückstand von 115 p. m.
Die Summe der Extractivstoffe beträgt im Blate
der Hunde durchschnitllirli 9,29 p. m. Bei Fleisch-
kost steigt die Menge, 1j(m IMlanzenkost ßlllt sie. Hun-
gern scheint ohne l^liniluss darauf zu sein. Der in
Weingeist lösln Ii" Thcil derselben vermehrt sich bei
Fleischnahrung .mt ineisten in den ersten 3 — 5 Stun-
den, während zu dieser Zeit das Wasserextrat gerin-
ger ist. Vier Stunden nach der Fütterung mit Brot
zeigte das Blut deutlich nachweisbaren Zz^c^er^eAa/^»
der nach der Fütterung mit Fleisch fehlte, ebenso
nach 24stündigem Fasten. Die Menge des aus dem
Blute durch Aether ausziehbaren Fettes beträgt bei
Hunden nach 24stündigem Hungern etwas über 2 p.m.
Nach fetthaltiger Nahrung ist schon am Ende der er-
sten Stunde eine Zunahme zu bemerken , welche von
da an bis zur achten Stunde noch grOsserwird. Zwi-
schen der Menge des Fettes u. dem Grade der Trü-
bung des Serums besteht eine bestimmte Beziehung.
Sowohl Fleisch- als Pflanzenkost bewirkt Vermeh-
rung des Fettes , u. zwar erhielt Vf. nach Fleischkost
als Mittel 2,93, nach Pflanzenkost 2,02. Wird der
vegetabilischen Kost Fett zugesetzt, so ßfllt die Diffe-
renz weg. Fasten vermindert den Fettgehalt; so
fand Vf. nach 9 Tagen nur 1,75, und nach 11 Tagen
1,43. Nach Pflanzenkost erhält man aus dem Blute
ein festeres u. weisseres Fett als nach animalischer
Kost. In jenem befindet sich mehr Cholestearin.
Durch Hungern vermindert sich hauptsächlich das
Elain, denn das Fett ist fester als während u. unmit-
telbar nach der Verdauung.
Beneke, lur Physiol. u. Pathol. des phosphor- u. Oxalsäuren Kalkes.
133
Die Menge der WtUehen Salze im Blute der Hunde
beürigt nach 24st0ndigem Hungern 6,8 — 7,1 p. m.
Nach Aufnahme einer vollen Porlion Nahrung erfolgt
sehr allmailig stattfindende Zunahme , die auch nach
7 — 8 Stunden ihr Maximum noch nicht erreicht hat.
Wird mit der Nahrung viel Salz gereicht, so ftlllt der
Culminationspunkt in eine frühere Zeil. 3 — 4t8giges
Fasten bewirkt Verminderung des Salzgehaltes, noch
längeres scheint aber auffallenderweise eher eine Ver-
mehrung desselben zu bedingen. Nach Fleischkost
isl die Menge der Salze bedeutender u. die Vermeh-
rung tritt früher ein wie bei Pflanzenkost. Als Nittd
bei Fleischkost erhielt Vf. 6,51, u. 6,18 bei Pflan-
zenkost. Was nun die einzelnen Salze anbetrifft, so
zeigt der Gehalt an kohlensaurem Alkali keine grosse
Verschiedenheit während der Verdauung u. im nUch-
teroen Zustande. Auch Verschiedenheit der Nahrung
äussert keinen bemerkbaren Einfluss, wohl aber be-
wirkt Entziehung der Nahrung Verminderung dessel-
ben. Die an Alkali u. Erden gebundene Phosphor-
sXure fand Vf. durch Fleischgenuss vermehrt; Bitter-
erde erhielt er aus dem Serum mehr nach Pflanzen-
kost als nach Fleisch. Gleiches gilt vom Kalk , des-
sen Menge sich durch das Hungern keineswegs ver-
Snderle.
An diese eigenen Beobachtungen des Vfs. schlies-
sen sich kritische Bemerkungen Über das, was ttber-
hanpt aber den Einfluss der Nahrung auf das Blut be-
kannt ist. Es werden die einschlagigen Beobachtun-
gen Gollard de Martigny's, Thakrah's, C. H.
Schultz's, Magendie's, Lehmann's, Ha-
tin's, AndraTs, Buchan an's, Thomson's,
Herbstes, Boussingault's, Pr6vost*s, Don-
ders' u. Moleschott's, Verdeil's, Fr. Chr.
Schmid's u. A. kritisch besprochen, u. hie u. da
eigene Beobachtungen beispielweise bestätigend und
berichtigend eingestreut. Bezüglich dieses Abschnit-
tes, als eines Auszugs nicht wohl f^hig, mUssen wir
auf das treffliche Sehriftchen selbst verweisen.
G 0 r u p.
3. Zur Physiologie nnd Patholorie des phos-
phorsanren and Oxalsäuren Kalkes. Ein
zweiter Beitrag zvr physiolog. Heilkunde.
Nebst Bemerkungen über den Gesundheitszu-
stand der engl. Küstenstadt Margate u, einige
dort an scroph. Kranken gemachte Beobach-
tungen; von Dr. Friedrich Wilhelm Be-
neke, Hausarzt am deutschen Hospitale zu
London. Güttingcn 1850. Bei Vandenhoeck
und Ruprecht. 8. 138 S. Nebst 3 lithogr.
Tafeln.
Die frühere Schrift desselben Vfs., als deren wei-
tere Ausführung die gegenwärtige auftritt , ist in un-
sern Jahrbb. Bd. LXVII. S. 255 von einer sachkundi-
geuHand angezeigt. Wir referiren über die zweite Ab-
handlung Beneke*s um so lieber, da uns noch der
anziehende Vortrag in frischem Gedächtniss vorschwebt,
den ihr Vf. vor der medicin. Section der Naturfor-
scherversammlung lu Gotha über denselben Gegen-
stand hielt. Wir beschränken uns jedoch hierbei auf
die Hauptresullate, und bemerken ausdrücklich , dass
ausser den speciellen Nachweisen, wie Vf. dieselbe
erlangt hat, das Schriftchen noch eine Menge Andeu-
tungen u. Anregungen enthält, die dasselbe für das
Studium jedes denkenden Arztes wichtig machen.
In der frühem Abhandlung (,, der phosphars,
Kalk in physiol. und patholog. Beziehung *') hatte
B. hauptsächlich nachgewiesen , dass der phosphors.
Kalk auf die Zellbildung, daher auf Ernährung, Wachs-
thum , Wund - und GeschwUrsheilung von grossem
Einfluss ist , und sogar als Heilmittel zu diesem Be-
hufe mit Nutzen dem Organismus einverleibt werden
kann, wenn jene Zellbildungsprocesse mangelhaft vor
sich gehen. — In dem vorliegenden Werke beschäf-
tigt Vf. sich hauptsächlich mit dem Verluste an
phosphorsauren Erden, welchen der Körper bei
manchen Krankheiten erleidet, und weist nach, dass
in den meisten chronischen Krankheitsprocessen , bei
weichen ein mangelhafter Zellbildungsprocess, bezieh
hentlich Abmagerung, Verjauchung, Hektik» stattfin-
det , auch die Menge der mit dem Urine ausge^
schiedenen Erdphosphate zunimmt^ und dass der
Stoff, welcher diese Ausscheidung vermittelt, welcher
die Erdphosphate aus den Knochen und Geweben löst
und sie den Harnwerkzeugen zuführt, wahrscheinlich
kein anderer sei, als die Oxalsäure, Diese Säure
sei zwar ein gewöhnliches Erzeugniss des gesunden
Körpers; aber sie erscheine nur dann im Urin mit
Kalk verbunden (und mit einer gleichzeitigen reichli-
chem Menge der Erdphosphate auftretend), wenn sie
in abnormer Menge erzeugt werde. Als Ursa-
che dieser krankhaften Vermehrung der Oxalsäure
im Blute [einer sauerkleesauren Diathese ^ welche
demnach mit der phosphatischen Diathese mancher
Äußren ziemlich identisch sein würde] , können mit
Wahrscheinlichkeit folgende betrachtet werden : bald
ein üebermaass im Genuss zuckeriger und mehlrei-
cher Nahrungstoffe, bald Aufenthalt in einer die Oxy-
dation des Biules nicht genug fördernden , ungesun-
den , unreinen, feuchten [?] Atmosphäre, bald eine
krankhafte Umwandlung der Harnsäure in Oxalsäure
und Harnstofl^ [welche Vf. aus den Zersetzungen des
Guano als möglich nachweist], bald endlich ein ver-
mehrter Gehalt des Blutes an Alkalien.
Vf. gewann diese Resultate durch 4 bis 5000
Untersuchungen, welche er mit dem Urine der zahl-
reichen Kranken des German-Hospital täglich , oder
wenigstens jeden 3. Tag anstellte, und welche er
ausführlicher beschreibt, auch auf 2 lilhographirten
Tabellen die Schwankungen der Oxalsäure, der Phos-
phate, der Säure und des specif. Gewichts des Urins
durch Curven erläutert. Seine Abschätzungsmethode
war allerdings nur eine approximative, indem er die
Menge der phosphors. Salze durch den Grad der Trü-
bung bestimmte, welchen Soda in dem gekochten
Harne hervorbrachte, während er die Menge des Oxal-
säuren Kalkes unter dem Mikroskope taiirte. Jedoch
134
OesierleD, iorzaeimitteUehre.
bM Vf. d»bei mehrere speoiellf , 4as Re9ttltat sicher-
»teilende VorsichUmaassregeln gebraucht, auch zum
Theil sich durch quantitative Analysen überzeugt, dasa
Jene AbschMlzungen der Wahrheit ganz nahe kamen.
HierOber verweisen wir auf das Buch selbst.
Am bedeutendsten ist der Verlust an phosphors.
und Sauerklees. Salzen bei scrophulOsen u. rhachiti-
sehen Kindern, bei Tuberkulösen (sobald nicht acule
und Fieberzuslifade dazwischen Irelen), ferner bei
chron. Rheumatismen, wenn sie in Auümie übergin-
gen, und in den coliiquativen Stadien der Carcinome,
der Vereiterungen u. s. w. — Dagegen zeigen die-
selben und eine Menge anderer Krankheiten, so lange
sie frisch auftreten oder acut verlaufen , keine Ver-
mehrung der Phosphate und Oxalate; letztere tritt
aber (bei sehr verschiedenen Krankheitsformen) im
Stadium des Nachlasses und der Anämie, also um die
Reconvalescenz-Periode , ein. Mit der zunehmenden
Erholung und Blutfülle mindern sich dann die Phos-
phate wieder. [Wichtig wäre es gewesen, die Kr.
gleichzeitig zu wagen.]
Die Darreichung des phosphorsauren Kalkes als
Heilmittel (in Solution) hat sich fortwahrend in dem
Hospitale bei Rhachitischen, Atrophischen, Scrophu-«
lOsen, Tuberkulösen u. s. w. bewahrt. Allerdings,
meint Vf., würde diess nur ein palliatives Heilverfah-
ren sein, in jenen Fallen , wo es sieh , Obigem zu-
folge, darum handelt, die Oxalsäure- Erzeugung im
Organismus durch Bekämpfung ihrer oben erwähnten
Ursachen in Schranken zu halten. — Jedenfalls ist
die vorliegende Präge, u. das ganze Gebiet chemisch-
physiologischer Fragen, welches sich daran anschiiesst,
gerade für die Lebensaufgabe des prakticirenden Arz-
tes so wichtig, dass Vf. Dank und Anerkennung ver-
dient, auf diesem schweren Wege so unernittdet vor-
wärts gedrungen zu sein. Es eröffnet sich hier ein
Feld für die rationelle Therapie, welches für sie wich-
tiger werden kann , als pathologische Anatomie und
physikalische Diagnostik, die uns bekanntlich so oft
bei der Aufsuchung unserer lieilanzeigen rettungslos
im Stiche lassen.
In dem Anhänge (S. 116 bis Schluss) be-
spricht Vf. die Kürorte Margate und Ramsgate bei
London , welche sich Jahr aus Jahr ein mit Hunder-
ten von scrophulOsen und «Ihnlichen Pat. füllen, die
daselbst unter dem Einflüsse der reinen, trocknen
Luft, der MeeresausdOnstungen, des trocknen Kalk-
bodens, des kalkreichen Trinkwassers, der guten
kraftigen Kost u. s. w. in Menge u. rasch sich erho-
len. Vf. untersuchte auch hier den Urin von 120
bis 130 Pat. und fand denselben durchschnittlich (im
Vergleich zu den Pat. seines Londoner Krankenhau-
ses) saurer, reicher an Harnsaure, aber etwas armer
an Phosphaten und Oxalaten , was für die Heilsam-
keit des dortigen Aufenthalts zu sprechen scheint.
H. E. Richter.
4. lasttieh der irxneimittellohro ; von Dr.
Fr. Oesterlen lu Heidelberg 4. neu wngear-
heiute Auflage. Tttbiogen 1851. Laupp^sche
Buchhandl. gr. 8. XXXI u. 965 S. (51/3 Tqlr.)
Einem Lehrhuche gegenüber, welches in etwa 7J.
(die 1. Ausg. erschien im Herbste 1844) vier Aufli-
gen erlebt hat, muss die Frage entstehen, ob die ein-
fache Anzeige des Factums nicht genüge und ob nicht
jede kritische Beurtheilung seines Inhalts unangemes-
sen sei. Wo die Öffentliche Meinung bereits entschie-
den hat, könnte Lob oder Tadel des Einzelnen ebenso
überflüssig als unberufen erscheinend Dennoch ist et
Pflicht der Kritik, gerade bei einem Werke, das zun
Unterricht für AnHfnger bestimmt zu sein erklSrt und,
wie der Erfolg zeigt, durch glänzende Eigenschaflei
die Menge besticht, auf solche Eigenthümlicbkeiten
desselben, die anerkannten wissenschaftlichen Gruod-
sHtzen nach Fehler sind, wieder und wieder aufmeii-
sam zu machen, um auf deren Beseitigung hinzu-
wirken.
Der Vorwurf, der bereits von einem anden '
Rec. (Jahrbb. LVIII. 89) dem Vf. bei der ersten
und 2. Auflage seines Werkes gemacht worden ist,
„dass er aus Mangel eigener Erfahrung über dieWi^
kung der Arzneien auf Kr. in seiner Darstellung za
skeptisch verfahren und bei seiner Beurtheilung der
Heilmittel in den Fehler der Einseitigkeit verfallen
sei*', greift noch immer in vollem Maasse Platz. Das
Gesammlresultat von des Vfs. pharmakodynamiachea
Studien, das er für wohl begründet ansehen su kön-
nen vermeint, u. in dieser Auflage niedergelegt bH,
iJfsst sich etwa dahin zusammenfassen: dass Queekr
Silber das wahre Heilmittel fflr Syphilis, dass Breclh
Weinstein gut gegen Lungenentzündung, dass Kreth
sol, oder richtiger Kreasot, ein vortreffliches Aetz-
mittel, so brauchbar als Höllenstein oder Jodtinctur,
u. dass Conium gegen AnschweHungen u. Krebs st
empfehlen sei. Diesen Arzneiwirkungen liesaen sich,
hei einigem guten Willen noch manche andere ebenso
sicher begründete anfügen I
Zu einer richtigen Würdiguug der Arzneimittel
kann man nur durch fortgesetzte unbefangene Prüfung
ihres Verhaltens zum menschlichen KOrper u. au sei-
nen Elementen gelangen. Um sich in wegwerfenden
Aeusserungen über den Zustand der Pharmakologie
überhaupt, oder über das Urtheilder Aerzte zu erge-
hen, welche Arzneimittel zu ihren Heilzwecken be-
nutzten, u. Beobachtungen über deren Erfolg gemacht
zu haben glaubten , bedarf es freilich keiner eigenen
Forschungen. Mag man die Ueberzug hegen, dass
Constatirung der nach eingenommener Arznei im Zu-
stande der Pat. hervortretenden Veränderungen nicht
ausreicht, um eine vollständige Einsicht in die Wir-
kungsweise der Medicamente zu erlangen , mag man
meinen, dass unter den mitgetheilLen Beobachtungen
der Art viele sind , die auch uns zu dem Ausrufe B<
Bayle's veranlassen: „non parum mirandum est,
qualia sibi imaginantur nonnuUi, ne alüs minus ocu-
lad mdeantur*'. Keinem Vf. einer Arzneimittellehre
kann es zustehen , den Einfluss auf die Beseitigung
von Krankbeitsprocessen bei den sogenannten Arznei*
OftftttrUn, Ahnttnittellefare.
I3B
outtdo SU bexweifeln und ibren Gebrauch xu bespttl»
telA, ihn dagegea bei sogesaviiten hygieiaischeti
HalfstniUelo zh erheben und Kaltwasserkuren, beson-
dere IHaten, Körperbewegung u« s. w. fast ohne
Wahl md Beschränkung zu Heilzwecken zu empfeh-
len. Glaubte unser Vf. behaupten zu können (S. 3) :
,»es ist Thatsache , dass mit äusserst wenigen Aus-
Dahmen bei den Heiinilteln nicht einmal bis auf diese
Stunde nachgewiesen ist, ob sie denn wirklich und
posHiT zur etwaigen Heilung Kr. beigetragen haben";
so nniss man billig fragen » wie und wo er nackge-
wiesen hat« dass kaltesWasser, Fleischdiät, Bewegung
keiUt. HteR er sich aber fflr berechtigt , etwa aus
der häufigen Wiederkehr des GeMhls von Erquicktsem
«. 8. w. saeh dem Genüsse von kaltem Wasser die "
Folgeraiig KU ziehen, dass dem Wasser eine kühlende,
erquickende u. s. w. Wirkung zukommen mtlsse , so
durfte er diejenigen nicht ISstern, die aus der hSnfi-
geo Wiederkehr des Genesungsgefühls bei Kr. nadi
Arzneigebrauch eine Heilwirkung der Arzneien er-
schlossen. Glaubt der Einzelne solche zu einer der-
artigen Folgerung berechtigende- Wahrnehmungen
nicht in hinreichender Anzahl gemacht zu haben , so
könnten doch Andere sehr wohl in der Lage gewesen
sein. Darin liegt an sich nichts Widersinniges, ja
nicht einmal etwas Ungewöhnliches !
Was wir Menschenleben nennen ist eine Reibe
sinnlich wahrnehmbarer Körperveränderungen, deren
einzelne, allgemeinen Naturgesetzen nach, nur unter
ganz bestimmten oder neihwendigen Bedingungen
hervortreten können. Jede mechanische, chemische
oder physikalische Einwirkung auf einen lebenden
Menschen muss ebenso, allgemeinen Naturgesetzen
nach, irgend eine den concreten VerhUltnissen ent-
sprechende Feränderung in seinem Zustande hervor-
rufen. Ob der Beobachter des Wecbselverhältnisses
zwischen Einwirkungen u. Lebenszuständen die ein-
tretenden Veränderungen von irgend einem doctrinä-
ren Standpunkte aus physiologische, pathologische
oder gar nicht benennt , oder ob er jene Einwirkun-
gen als Lebensreize, Speisen, Arzneien oder gar nicht
unterscheidet, ändert in dem allgemeinen Verhaltnisse
nichts. Oder meint man etwa, dass jene bekannte
ästhetische Ansicht, wonach das Wohlgefallen des
Rvnstkenners so wesentlich zum Begriffe des Kunst-
werkes gehöre, dass ein solches in den Urwäldern
Sadaoierikas , wo es keine Kunstkenner giebt, kein
Kunstwerk mehr sei^ auch für die Naturwissenschaf-
ten Geltung haben müssen ? Dann freilich schlösse die
Einsicht des Einzelnen auch die Natur objectiv ab,
jede Manung würe Naturgesetz. Wie sich das
Wechselverhaltniss zwischen Einwirkung und Lebens-
znstand im concreten Falle gestaltet, kann man im-
mer nur durch Beobachtung, durch Trennung des
Heterogenen vom Homologen in den Erscheinungen
lernen. Wer hinreichend geprüft find sich dadurch
fiberscngt sn haben glaubt, dass einer besondern
EiatwirkuDf ein nnterschiedener Lebenszustand so aus-
■ahmaios nachfolgt , nm den letztem aus der erstem
— mm iffBii die Obrigen KArperverbihnisse als bekannt
gehen -^ iforhersagen , sein Eintreten 0kne seine
Einwirkung im voraus verneinen zu können , der int
der Art unseres Denkens entsprechend ebenso berech-
tigt als genöthigt Gausalzusammenhang zwischen Mit^
tel- und Lebenszustand anzunehmen und die Flhig^
keit letzteren zu bewfrken , dem erstem als Eigene
schalt zuzuschreiben. Die Frage ist nur, ob Krank-
heit, Heilung, Arzneimittel, Lebensreiz u. s. w. ih-
ren Merkmalen nach so genau bekannte n. klare Vor-
stellungen sind, um sie für die naturwissenschaftliche
Prüfung, besonderer KörperzustSnde u. ihrer Veran-
lassungen anwendbar zu machen. Je weniger man
alle Bedingungen zu Übersehen vermag, welche durch
ihr Zusammenwirken denjenigen Lebensznstand her-
vortreten lassen, dessen eine Veranlassung wir in ei-
ner Arzneiwirkung erkannten , desto hHufiger müssen
wir uns im praktischen Leben Hber den faktischen
Einfluss dieser Arznei täuschen; desto dringender
wird mithin fflr jeden nach Klarheit u. Bestimmtheit
seiner Erkenntniss strebenden Forscher die Nöthigung,
die Erscheinung für seine Betrachtung zu vereinfa-
chen, und die Verhältnisse zu isolireu, deren Gausal-
zusammenhang er studtren wiH ; desto geringer muss
die Zahl der Körper ausfallen, deren Eigenschaften
man nach dem Bewirken besonderer Lebenszustünde
bezeichnen kann. Für das bürgerliche Leben I&sst
sich daraus keineswegs folgern, man dürfe zur Errei-
chung seiner Zwecke nur solche Mittel anwenden.
Aber deren Erfolg sich zu täuschen unmöglich ist.
Damit verfiele man vielmehr jener Narrheit, nicht frtl-
her ins Wasser gehen zu wollen, bevor man schwim-
men gelernt habe , u. geriethe auf die cynische Ro-
heit eines Diogenes zurück, Nichts bedürfen zu wol-
len , um nur Nichts vergeblich erstreben zu müssen.
Der praktische Arzt soll sich zu seinen Heilzwecken
auch solcher Mittel bedienen, die er noch nicht voll-
ständig kennt. Eine theilweise Einsicht in ihre Wir-
kungssphäre berechtigt vollkommen , sie als Arzneien
bestimmten Kr. zu reichen. Ein Lehrbuch der Arz-
neimittellehre soll doch aber dem angehenden Prak-
tiker und Leser die Mittel kennen lehren , vermittels
deren er relativ am sichersten , schnellsten und an-
genehmsten seine Heilzwecke erreichen zu können
hoffen darf. Was für ein Fortschritt läge dann aber
wohl darin, wenn die junge medicinische Generation
ihre Kr. durch „Leinöl — etwa mit einem Laxirsalz
vermischt — statt durch Ricinusöl" (S. 609) ab-
führte? Kaltes Wasser und Bewegung sind gewiss
höchst beachtenswerlhe Agentien — sollte es aber
nicht Pat. gegeben haben, die kaltes Wasser nicht
nehmen wollten u. im Bette liegen mflssten? Was
soll mit ihnen geschehen? Diät n. Ruhe reichen nach
des Rec. Ueberzeugung aus, um unendlich viele
KörperstOrungen wieder auszugleichen , dennoch
würde ihm der Anfllnger sehr leid tbun , der durch
die Behauptungen unseres Vfs. verleitet, als Ur-
Hygienast in die Praxis treten , keinem Hämorrhoida-
rius Schwefel, keinem Dyspeptischen kohlens. Natron,
keinem vom chronischen Bronchialkatarrhe Gepeinigten
Aea fbetida u. s. w. geben wollte.
136
Oesterlen, ArxneimittdMure«
Wenn denn aber der Vf. den Zustand der Phar-
makologie wirklich fUr so bejammernswerth erachtet,
als es den Anschein gewinnt , hätte der vom Glttck
begüostigte da nicht eine doppelte Verpflichtung ge-
habt, Hand ans Werk zu legen, und durch das eigene
Beispiel zu zeigen , wie man Arzneimittel prüft und
kennen lernt? wie man die Pharmakodynamik zu der-
jenigen Exactheit bringt, die ihr sehr nützlich wäre?
Von eigenen pharmakologischen Untersuchungen ver-
räth aber dieses Handbuch keine Spur. Des Vfs. be-
fremdliche Mittheilungen über das Verhalten der Queck-
silbersalbe bei Einreibungen in die Haut oder von der
Resorption eingefutterter Kohlensplitter können als
Euverlässige Beobachtungen nicht gelten. Kein an-
derer Forscher vermochte unter den angegebenen Be-
dingungen die vom Vf. gefundenen Resultate zu con-
statiren , und der Vf. selbst wagt nicht sie zu Folge-
rungen zu benutzen. Auf des Vfs. Mitlheilungen üb.
die Wirksamkeit der einzelnen Mittel darf Rec. nicht
weiter eingehen. Bei der im Allgemeinen festgehal-
tenen Ansicht, können ja nur?? ihm eigenthümlich
zugehören. Die beabsichtigte und darum in allen
vier Auflagen wiederkehrende Vernachlässigung des
pharmakognoslischen Theils der Arzneimittellehre
kann Rec. nicht billigen . obgleich das Publikum sich
damit zufriculcn erklärt hat. Wie die Sache einmal
liegt, wäre es besser gewesen, wenn das Wenige,
was geliefert i<t, ganz wegblieb. Durch seine Unvoll-
, ständigkeit wird es nur zu Irrthümern Veranlassung
geben. So finden sich z. B. für Hg^S (S. 125) und
Hg S (S. 126), für Kü. CIO« (S. 237) und KCl +
KO, CIO (S. 302) wörtlich dieselben Darstellungs-
weisen angegeben; vom Argentum nilricum fusum
.(S. 142) wird irrthümlich behauptet, dass es sich
weniger gut zum innerlichen Gebrauche eigne; die
Bereitungsweise des goldsauren Ammoniaks (S. 156)
ist unverständlich und die des Emplastrum Cerussae
(S. 165) unrichtig. Calamina (S. 179) besteht nicht
immer aus kohlensaurem , sondern sehr häufig aus
kieselsaurem Zinkoxyd und löst sich nicht vollständig
in ChlorwasserstoflTsäure ; nicht die Zusammensetzung
der Antimonialpräparate (S. 191) überhaupt ist un-
beständig , die Pharmakopoen haben nur unter Ker-
mes minerale oder Stibium oxydatum album verschie-
dene Präparate verstanden , deren Zusammensetzung
man kennen lernen kann. Die säurebindende Eigen-
schaft der Basen (S. 226) ist nichts Zufälliges , son-
dern lässt sich nach der Aequivalentzahl des Radikals
u. nach dem SauerstofTgehalte der Base berechnen,
ein Gewichtstheil MgO bindet viel mehr Säure als das
gleiche Gewicht KO, CO^ ; die krystallisirten Natron-
saUe (S. 242) enthalten oft über die Hälfte ihres Ge-
wichts Krystallwasser, welches sich in trockner Luft
verflüchtigt, wobei die Sähe faiisciren , nicht efflo-
resciren, wie der Vf. (S. 247, 249 u. öfterer) schreibt;
Kali tartaricum (S. 239) ist kein zerfliessliches Salz.
Die Seifen (S. 249) enthalten kein Oelsüss, ihr Ver-
halten ist verschieden , je nachdem ihre fette Säure
aus einem trocknenden Oele oder aus einem nicht-
trocknenden Oele, oder einer Talgart herstammt;
gemeine fette Oele (S. 251) ist keine chemische Ka-
tegorie. Beim kohlensauren Kalk (S. 256) fehlt Os
sepiae; bei Galle (S. 352) werden die Resuluce der
Untersuchungen St reck er 's, beim Castoreum (S.
461) die Mittheilungen Wöhler's über Garbolsäare,
beim Leberthran (S. 750) de Jongh's Aoalysea
vcrmisst. Radix rumicis obtusifol. Patient. (S. 356)
gehören ihrer Zusammensetzung u. Wirkung nach niebl
zur Rad. tormentillae , sondern zur Rad. rhei ; Radix
bardanae (S. 361) ist nie bitter, sondern schmeckt
süsslich, hintennach säuerlich; Boletus laricis (S.
576) ist ein altes Draslicum, dagegen wurde Boletis
Salicis von d e H a e n gegen Nachtschweisse der Phthi-
siker gerühmt ; Graupen (S. 767) kommen nicht von
Weizenkörnero ; Rad. glycyr. echinat. (S. 782) im
südlichen Russland liefert die Drogue gleichen Nameis,
die geschält vorkommt, ein helleres Pulver liefot
und vielfältig officinell ist, wenn auch nicht naeh
Phar. Bad.
bie Anzahl der vom Vf. angeführten ArzneimiUel
ist überaus gross und nicht leicht möchte irgend eins
übergangen sein, welches der überseeische Handel
oder die pharmaceutische Industrie Englands oder
Prankreichs an den Markt gebracht hat. Rec. würde
es zweckmässiger finden, wenn eine für angehende
deutsche Aerzte bestimmte Pharmakologie mehr die
deutschen Pharmakopoen als die französischen Jour-
nale berücksichtigte. Mag es im Ganzen auch sehr
gleichgültig sein, wenn eine oder die andere officineüe
Drogue, z. B. die in der Phar. Bad. aufgeführte Rai
Garlinae übersehen wurde, so muss man es dock
entschieden tadeln , dass , wenn einer Pharmakopoe
gedacht wird, häufig unrichtig cilirl ist. Fast aüe
Anfuhrungen aus der Phar. Boruss. ohne Ausnahne
beziehen sich auf die bereits seit dem 1. ^pril 1847
ausser Geltung gesetzte editio quinta.
Es wäre wahrlich eine geringe Mühe gewesen,
die sehr knapp eingerichtete edil. VI etwas sorg/Mlü-
ger zu vergleichen I Befremdet hat es Rec. die ron
Rademac her empfohlenen Mittel u. Präparate gar
nicht erwähnt zu sehen. So viel wie Mr. Boudin
u. A. dürfte R. wohl auch wiegen.
Ernstliches Bedenken endlich erregen des Vfs.
Dosenbestimmungen bei vielen starkwirkenden Arz-
neien. Wollte der angehende preussiscAe Arzt dem
Vf. unbedingt trauen , so hätte er zu befürchten , im
Staatsexamen selbst durchzufallen^ bevor er noch seioe
Pal. übermässig laxiren würde. Beispielsweise führt
Rec. an : der Vf. bestimmt Tr. Lobeliae ^j — Dr. j
p. dos. (S.604). Ph. B. setzt ad guttas xxxl; derVf,
hat Exlract. colocynth. Gr. v— x p. d. (S. 604), Ph,
B. setzt ad granum unumi; der Vf. rühmt Oleum cro-
tonis für die Kinderpraxis , und verordnet 2stündlich
Gutt. jjj, Ph. Bor. setzt ad gultam unam!
Die ersie Auflage dieses Handbuches wurde, wie
fast überall , so auch vom Rec. mit grosser Frend«
begrüsst. Zerstörte sie mehr als sie Neues schallte,
80 Hess sie doch die Hoffnung, dass aus Trümmern
Auerbach, Bademctaer*« H«llttUMl. i « s 1 1 « r , Heuet. tH Deutsch-Altenborg.
137
Kb ein scboilterer u. iditderer Km erheben Wttfde.
Mbst 4fe vierte Auflage hat iH)cb üiebts tur VerwiHL^
Irtimii^ billiger Brwaitungeii gelhaA tmd mit den €9*
Ihle TOlÜgster Ntehtbefriedtgoeg l^te ate Ree. ans
ler Hand. L. Rrabmer (Halle.)
9. Radenacher's HeilmitteL Für den
PraJuiker zusammengestelU; von Dr. H. M.
Auerbach. Berlin 1851. A. Hirschwald. VIU
u. 76 S. (% Thlr.)
Bin kufier Auszug aus R.'s bekannten] grOasem
Werke, der ohne lierttckaichtigung a94er 'weiteren
mm Arsneigefmiuch gegebenen ErUuternngen nur den
Hameo und die Dosis des Mittels und den Namen der
Krankheitszustande enthalt, gegen welche es von R.
angewendet worden ist. Die überall nicht eben geist-
reiche Auffassung pathologischer Zustände, die uns in
dem grossem Werke durch mancherlei pikante oder
liebenswürdige Eigenschaften des Vfs. geniessbar ge-
macht wird, erscheint in diesem Auszüge doch gar zu
jämmerh'ch. Jene classischen Stellen : „der beson-
dere krankbaAe Zustand der Leber, in welchem das
Quassiawasser sicheres Heilmittel ist, offenbart sich
nicht durch bestimmte Zeichen." „Es giebl eine
Milzkrankheit , welche vorzugsweise unter der Heil-
kraft der weinsteinsauren Bittererde steht** u. s. w.
feUen hier natttrlich nicht. Auerbach wünscht
lebhaft, dass sein Buch zur Wohlfahrt der Menschen
seinen Beitrag liefere, Rec. muss ihn verschwindend
klein erachten. L. K r a m e r (Halle.)
6. Dit Beilqnelle zi BMteoh-AItenbiirg ^et
Hamburg am dtr Benau\ von Dr. A. <f. Basl^
! ler, prakt Arzte in Wien u. s. w. 2. verm.
Amfl. Wien 1650. Druck aus der P. P. HeeiM-
nslen Buchdruckerei [Franz Leo] Sedez. 35 S.
(e l%r.)
Dentsch-Aftenburg liegt in Oesterreich, 7 bis 8 Std.
Ton Wien an der Pressburger Postatrasse, eine kleine
kalbe Std. von Hainburg, hart an der Donau. Der
Karort war schon zu Römereeiten , dann wieder zu
Caris des Grossen Zeiten in Aufbahme , wurde aber
das Erstemal durch Atlila, dann durch Soliman zer-
stört» 1548 durch DOrr u. nach ihm durch die Prei-
berrn v. L u d w i g s d 0 r f , die es noch jetzt besitzen,
wieder gehoben. Der kaiserl. Leibarzt J. W. M a n a-
||e t ta schrieb eine Abhandlung darüber, welche 1 758
IJiie ä. Aufl. erlebte. Nach den neuesten Untersuchun-
ben des Prof. SchrOlter am polylechn. Institut
Natbalt die Quelle in 1 Osterr.« Med. -Pfund (= 5760
|€no) 0,31680 Gr. gasförmige u. 18,06336 feste
I lotandtbeile, nämlich :
I Chlomatriiim 9,70560 Gr.
i SckwefeU. Kalk 3,20832 —
— Magnesia 2,36730 —
ÄthweMnatTium 1^61280 —
Chlemaenetinni 0,471106 —
SelHrafelwaaaentoff 0,30528 —
Kieselerde 0,23040 —
JodkaliuDi 0,06336 —
K<fli1enslQre 0,01162 —
Hfld. ilflkr^b. M« W. <f|.a.
We Temi^efatuf ist 21^R., steigt aber in der Som-
ttei^tett oder wevin die Quellen ausgiebig geschöpft
werden, auf 22Va^^* ^' hat also diese erdige Seh we-
feltheme mit tfer von Baden bei Wien grosse Aehn-
Itchkeit, nur dass letztere stoff^rmer, aber auch war^
mer ist (25— 20«R.). Vielleicht gelingt es dem Be-
eilzer, dnrch die neue Fassung des Brunnens die (nach
obigen Temperaturschwankungen zu vermulhenden)
wilde« Wasser abznschliessen u. dann die Quelle war-
mer u. noch sloiTreicher zu erhalten. — Vf. empfiehlt
dieses Mineralwasser „i/d» Wildhad re» D.-A,**, als
auflösendes u. zugleich reizendes Heilmittel innerlich
u. äusserlich : besonders bei Gicht , Rheumatismus,
Srrophelkrankheiten u. a. DrUsenUbeln, Bleichsucht,
Krankheiten des Uterus , des Unterleibes , der Harn-
wege, bei chron. Hautkrankheiten, chron. Ncrvenübeln
(Lähmungen, Neuralgien u. s. w.), bei Tuberkulose,
Mercurialdyskrasie, alter Syphilis, in den Nachkrank-
heiten der Ruhr u. des Abdominaltyphus, bei Mast-
darmblasenßsteln, Ankylosen u. s. w. — Er beginnt
innerl. mit 1- Becher (Ya 8eidel) u. steigt bis cu 4
oder 6, alle 10 bis 15 Min. getrunken. FtU" die Bade-
kur benutzt er die daselbst seit Jahrhunderten geübte^
von den altem Aerzlen beschriebene Methode : 1. Pe-
rtode, «faw Aufhad (wo die Dauer des Bades von Tag
ziiT«g attmalig verlängert wird), 2./Vr., dasFoUbad
(wo der Kr. diese h#ohste BaAedauer längere oder kttr-
cere Zeit, bis zum EinUitt «kr „Krisen" festhält), u.
3. Pe?'., dasAbbad (wo die Dauer desBadena wieder
abninmt). — Die Frequenz des Kurorts hat neuer-
dings immer mehr zugenommen, u. die Einrichtungen
u. Annehmlichkeiten für Kurgaste haben sich vervoU-
kommt Darunter zu erwähnen : Molkenanalalt,
Schioasgarten, Palfy*sche Villa nebst Park, Badehaus,
Casino u. manche Natnrschönheiten in der Umgegend.
H. fi. Richter.
7. Dantellimg des nachtheiligen EinfluflSM
desTrepenUimas auf Bewohner gemässig-
ter Zenen und des Verlaufes u. der Behand-
lung der Tropenkrankkeiten : des gelben Fie-
bers und der astatischen Cholera; in zwei
Abtheilungen von Dr. E d. J ö r g (Nord-Amerika).
Leipzig 1651. Amoldische BuchhandL 8. XVi u.
576 S. (3V3 Tlilr.)
Mit besonderem Interesse bat Ref. dieses Werk
seines Landsmannes und frflheren Studtengenossen
zur Hand genommen , mit nicht geringerer Befriedi-
gung dessen Lesung beendet. Eine Warme u. Frische
der Schilderung des tropischen Lebens , wie sie nur
die eigene iSngere Anschauung gewtfhren kann , auf
der einen Seite, untl eine Genauigkeit und Gründlich-
keit der wissenschaftlichen Forschung u. Darstellung,
wie sie verzugsweise den deutschen Beobachter aus-
zeichnet, auf der andern, verleihen dieser Arbeit einen
unendlichen Vorzug ebensowohl vor den deutschen,
der Autopsie entbehrenden Sammelwerken über die
ftratikbeiten der Tropen, wie vor vielen 9^ (k*anz5ai*-
18
138
Jörg, Einfluss det TropenUini« n. s. w.
sehen und englischen Federn geflossenen Schilderun-
gen des Lebens und Leidens in jener Zone. Rechnen
wir hierzu noch die Schilrfe und Nüchternheit eines
durch Studium und Erfahrung gereiften Urlheils, die
von der bisher üblichen wesentlich verschiedene , in
den milgetheilten Erfolgen glänzend bewahrte Be-
handlungsweise zweier üauptkrankheiten der Tropen,
so wie endlich das sich vielfach aussprechende tiefe
HumanitatsgefUhl des Vfs. , so vereinigt sich gewiss
Alles, um dem Buche einen ausgezeichneten Platz
auf dem betreffenden Gebiete der Literatur zu sichern.
Die Wiedergabe des reichen Inhalts kann freilich
hier nur in allgemeinen Umrissen geschehen, doch
werden diese genttgen, den Leser darauf aufmerksam
zu machen, wie viel er von dem Studium des Werkes
selbst zu erwarten habe, das namentlich fUr nach
Weslindien Reisende von höchster Bedeutung sein
wird.
Die 1. ^blheiltüigy dem gelben Fieber,
yomito, oder wie es wohl passender bezeichnet wird,
dem Strangers fever Westindiens gewidmet, beginnt
mit einer interessanten Schilderung der nachlheiligen
Einwirkungen des Tropenklima auf Ankömmlinge aus
nördlichen Ländern und der Entstehungsursachen des
genannten Fiebers. Vf. liefert uns hier eine leben*
dige Beschreibung der Stadt Habana und ihrer Umge-
bung, woselbst er seit dem Jahre 1838 gelebt u. als
Arzt gewirkt hat. Er erklärt uns die Entwicklung
der dortigen Malaria aus dem Zusammenwirken von
Unreinlichkeit, Hitze, Feuchtigkeit und einer Menge
verpestender organischer Faulungsproducte, während
er den verrufenen Nanglesümpfen in dieser Beziehung
einen weil geringern , oder vielmehr gar keinen Ein-
fluss zuschreibt. Wie die tropische Sonne durch
ihren erhitzenden Strahl dem Leben feindlich wird,
und zunächst eine eigenlhUmliche Umwandlung der
Blulmasse herbeiführt, so wirkt auch das Licht des
Vollmonds in jenen Gegenden buchst nachtheilig auf
unbedeckte Körperstcllen , indem dadurch heftige,
dem Rheumatismus ähnliche Schmerzen in den be-
troffenen Theiien und, wenn diess der Kopf war,
eine meist vorübergehende Betäubung und Blindheit
veranlasst werden. Vf. musste seinen Unglauben in
dieser Beziehung durch eigene schlimme Erfahrungen
büssen und fand die Wahrheit dieser unter den Be-
wohnern jener Gegenden allgemein anerkannten Thal-
sache auch durch zahlreiche Beobachtungen an An-
dern bestätigt.
Wie gross aber auch der Antheil des tropischen
Klima und namentlich der sehr bedeutenden , ja fast
täglichen heftigen Gewittern führenden Hitze an Er-
zeugung des Vomitomiasma ist, so müssen demselben
doch nothwendig auch noch andere ätiologische Mo-
mente zum Grunde liegen. Als eii^ solches glaubt
Vf. namentlich einen gewissen Volksreichthum anse-
hen zu dürfen , indem er als unbestrittene Thatsache
hinstellt, dass die Krankheit niemals an andern Orten,
aU solchen . die eine Einwohnerzahl von wenigstens
5000 Seelen haben , auftrete. Er ftthrt als Beweis
dafür mehrere in der unmittelbarsten Nähe Habannu
gelegene kleine Städte an, welche trotz ihrer an-
scheinend sehr ungesunden Lage und selbst während
des heftigsten Wüthens der Epidemie doch niemals
davon heimgesucht werden. Ein Gleiches gilt nach
ihm auch von den überall zerstreuten Landhäusern n.
Pflanzungen. Diese Wahrnehmung ist eine in jeder
Beziehung so äusserst wichtige , sie würde von so
bedeutendem Einfluss auf Verhütung und Beseitigung
der Krankheit sein , dass es allerdings fast unerklärt
lieh erscheint, wie eine so leicht zu ermittelnde
Thatsache bisher völlig übersehen werden konnte.
Weitere die Entwicklung des Vomito begünsti-
gende und herbeiführende Momente flndet Vf. in dea
unmässigen Genüsse von Früchten (namentlich Ana-
nas) und Spirituosen, dessen sich Neuangekommene,
besonders Nordländer, so häufig schuldig machen,
in geschlechtlichen Ausschweifungen und in den häu-
figen Erkältungen , die durch die Beschaffenheil der
Wohnungen und Lagerstätten, durch un zweckmässige
Bekleidung, so wie durch den oft jähen Temperalur-
wechsel nach Gewittern und während der Nächte sehr
begünstigt werden. Ebenso gehören dahin körper-
liche Anstrengungen , besonders wenn dabei der ge-
hörige Schutz gegen den glühenden Sonnenbrand
fehlt. Aus letzterem Grunde verfallen namenUicli
Malrosen dem Vomito so unverhältnissmässig häufig,
der durch die meist sehr unverständigen Heilversuche
der Kapitäne gewöhnlich bedeutend verschlimmert
wird. Auch trägt die Ladung der Schiffe durch ihre
mephitischen Ausdünstungen vielfach zu Verbreitung
der Krankheit unter der Bemannung bei. Diess gilt
namentlich von Stemkohlen, Bohzucker und dem so-
genannten Tasajo, d. i. gedörrtem Fleische, welches
in grossen Massen aus Südamerika eingeführt wird,
und weithin eine wahrhaft verpestende Atmosphäre
um sich verbreitet. Endlich ist die psychische De-
pression, und namentlich Furcht vor der Krankheit
ein wesentlich begünstigendes Moment für deren Ent-
wicklung und tödtlichen Verlauf.
Eingeborene der Vomitogegenden bleiben davon
verschont, so lange sie keinen nordischen Winter
durchgemacht haben, und auch Fremde verlieren,
nachdem sie sich acclimatisirt, grossentheils die Ge-
neigtheit dazu. Diese Acclimatisirung erfolgt in der
Begel hinnen 1 bis 2 Jahren und giebt sich durch die
eintretende Empfindlichkeit gegen die Kälte des tro-
pischen Winters zu erkennen , der dem Neuangekom-
menen wie eine angenehme Frtthlingslufl erscheint.
Welches sind nun aber die Veränderungen, welche
die Versetzung aus einer gemässigten Zone in eine
heisse im menschlichen Körper hervorbringt u. wor-
auf sich speciell die Prädisposition zur Entwicklung
des Vomito gründet? Vf. giebt uns hierauf ans seioer
Erfahrung folgende Antwort. Der Bewohner gemäs-
sigter Himmelsstriche besitzt einen weit ihätigem
Digestions- und Sanguificationsproceas , ein plasti-
15 rg, Binflass des Tropenklima u. s. w.
139
scheres und sauerstoflVeicheres Blut , als der Einge-
borne der Tropen und behalt diese Eigenschaften
auch noch ISngere Zeit nach seinem Uebertritt in
diese, d. h. bis nach erfolgler Acciimatisation, wozu,
ivie schon erwähnt , gemeiniglich zwei Sommer und
ein Winter gehören. Er befindet sich folglich bis
dahin in einem Zustande von Plethora, der sich auch
durch die grosse Geneigtheit zu Congestionen u. Ent*
zflndnngen zu erkennen giebt. Wie das GeflTsssy-
stem, wird aber andererseits auch das Nervensystem
durch den genannten Klimawechsel in liohem Grade
afßcirt , anfangs durch den Reiz der Neuheit bedeu-
tend aufgeregt, dann aber durch Hitze, Entbehrun-
gen , Anstrengungen ebenso gewaltig abgespannt und
erschlafft Mit dem Beginn dieser nervOsen Abspan-
nung werden natürlich die Wirkungen der Plethora
doppelt fühlbar, es treten Congestionen und Stockun-
gen aller Art ein , die , besonders unter Mitwirkung
direcl schädlicher Einflüsse, schnell zu wirklichen
Krankheiten , namentlich intermittirenden und remit-
tirenden Fiebern führen. Rechnet man hierzu noch
die mit dem Uebertritt in die Tropen noth wendiger-
weise verbundene ungeheure Schweissneigung , die
davon abhängenden häufigen Störungen der üautlhü-
tigkeit durch Erkültung und die durch das viele
Schwitzen erzeugte Trägheit der Darmfunctionen, die
oft sehr hartnäckigen Verstopfungen, die durch die
Uilze vermehrte Geneigtheit des Darminhalts zu fau-
liger Zersetzung, die weit reichlichere, den Darmka-
nal ebenfalls überfüllende und reizende Gallenab-
scheidung, so finden sich darin die wesentlichsten
Momente für die Prädisposition zu Entwicklung des
Vomito vereinigt.
Als nächste Erzeugerin der Krankheit betrachtet
Vf. ein Miasma, welches, wie gesagt, an die Anhäu-
fung einer grössern Bevölkerung gebunden zu sein
scheint, und deshalb seinen Ursprung muthipaasslich
der Verschlechterung der Luft durch die grosse An-
zahl auf einem verhaltnissmüssig kleinen Räume ath-
mender Menschen, so wie durch die verschiedenen
Ausdünstungen ihrer Wohnungen und der in grossen,
Seehandel treibenden Städten unvermeidlichen um-
fangreichen Waarenlager und Lebe^smittelmagazine
verdankt.
Vf. wendet sich nun zur speciellen Schilderung
der Krankheit selbst, wobei er sich zunächst über
deren Begriffsbegrenzung dahin ausspricht, dass das
hier in Rede stehende gelbe Fieber Westindiens, Vo-
mito negro oder prieto, auch sehr passend Slranger's
fever, Fremdenfieber genannt, eine von dem Typhus,
Hospitalfieber und namentlich von dem in einigen
Hafenstädten Südeuropas vorgekommenen gelben Fie-
ber wesentlich verschfedene Krankheitsform bilde.
Das von ihm abgehandelte Fieber Westindiens ist ein
rein miasmatisches, an bestimmte Oertlichkeilen ge-
bundenes, und wie es scheint durchaus nicht anstek-
kendes Leiden. Eine gelbe HautHlrbung kommt da-
bei ebenso wie das schwarze Erbrechen fast nur kurz
vor dem tödtltehen Ausgange vor, und wird daher bei
der gegenwärtig rationellem Behandlungsweise in den
allermeisten Fällen gar nicht mehr beobachtet. Das
Grundelement der Krankheit bildet eine durch die
früher erwähnten Einflüsse bedingte Entmischung des
Blutes, welche sich durch eine dicke, theerartige
Beschaffenheit und dunkelbraune Färbung desselben
charakterisirt. Hierzu gesellt sich als zweites essen-
tielles Element ein krankhaftes Ergriffensein der Di-
gestionsorgane, das sich zunächst bald als Verstopfung
mit Aufstossen , bald als Diarrhöe , beide sehr häufig
mit hartnäckigem Erbrechen verbunden, ausspricht.
Endlich gehört eine liefe Alteration des Nervenlebens,
die sich bald durch starke Aufregung, Delirien, heftige
Schmerzen , bald durch Stupor , Anästhesie und den
höchsten Grad der Schwäche kund giebt, zu den Haupt-
factoren der Krankheit.
In seinen einzelnen Symptomen, wie in seinem
ganzen Verlauf zeigt der Vomito eine grosse Mannig-
faltigkeit, die Iheils durch dessen eigenen, vielfach
wechselnden Charakter , theils durch die damit ver-
bundenen Gomplicationen bestimmt wird. Vf. stellt
aus diesem Grunde folgende , sich wesentlich unter-
scheidende Formen auf:
1. Gruppe. Fomüo mit dem Charakter der
Congestion: a) mit Diarrhöe; b) mit Verstopfung;
c) congestiv nervös.
2. Gimppe. Mit dem Charakter der Entzün-
dung: d) Gastritis, Gastroenteritis; e) Enteritis,
Enlerogastrilis ; f ) Encephalitis ; g) rheumatisch-ka-
tarrhalische Form; h) gutartige metastatische Form;
i) Hepatitis.
3. Gruppe. Nervöses Fieber: k) Febris nervosa
versatilis ; 1) Typhus.
4. Gruppe. Faulfieber: m) mit passiven Blu-
tungen ; n) bösartige metastatische Form.
Diese verschiedenen Formen werden noch durch
gegenseitige Annäherung und Uebergänge der einen
in die andere, so wie durch mannigfaltige Gomplica-
tionen modificirl und vervielf^iltigt. Als die haupt-
sächlichsten dieser letzteren sind der gastrische und
gallige Zustand, Würmer, Syphilis, organische Krank-
heiten des Herzens, Hirns, Epilepsie zu nennen. Sie
alle verschlimmern, höchstens mit Ausnahme des ein-
fachen Gastricismus , die Prognose in sehr bedeuten-
dem Grade.
Ein scharfes, abslractes Bild des Vomito zu geben»
ist, wie diess schon aus der bedeutenden Anzahl der
hier aufgezählten Formen und Gomplicationen erhellt,
nicht möglich , indem jede derselben ihre eigenthüm-
lichen Erscheinungen und meist auch ihren besondem
Verlauf hat. Ref. muss daher in dieser Beziehung
auf das Studium des Werkes selbst verweisen, welches
gerade diesen Punkt mit grösster Ausführlichkeit und
Genauigkeit abhandelt.
Die Leichenuntersuchung bietet ebenfalls ver-
hältnissmässig nur wenige constante Erscheinungen
14«
i^ilS» EiathiSA de« Tro|»6iiU|ffm u. $. w^
dar, indem di« verscliiedeiM Form jer^Krankbait ipa**
tttrlich auch verscbiedene Producta saUt. Ebanso
muss man sich Torsehen, zuftUige Befuiide, naman^*
lieh Peaorganiflationen früherer Eatatehung odar ea*
daverische Faulungssymptome nicht ala dem Vomito
angehörend 2U betrachten. Conslaot ist eine
schmutzig*, bald mehr braun«, bald mehr oraogegelbe
Hautßfrbuog der Leichen , Ueberfüllung der Schädel«
bohle, besonders der Sinus, mit einem braunrolhen,
ja schwarzbraunen, Ölig flüssigen Blute, eine müssige
seröse Exsndation in den Ventrikeln und in der Buk-
ken markshohle. Ebenso sind die Lungen und meist
das Herz mit Blut ttberfallt. Namentlich aber findet
diess in der ganzen Lunge des Verdauungskanala
Statt. Häufig erscheint der Magen und gesammte
Dünndarm Susserlich schwarzgrün, mit einem dicbien
Netze der feinsten, kohlschwarz aussehenden Gefässe
durchzogen, welche eine schwarze, brOckliche Masse
enthalten. Im Innern des Magens findet sich dann
jedesmal die eigenthflmliche, schwarze, kaffeesatzXhn-
liehe Flüssigkeit, die Schleimhant desselben ist auf-
gelockert, schwarzgrün, morsch oder sogar in eine
Art Schleim aufgelöst. Auch die innere Flache des
Dünndarms bietet, so weil äusserlich die schwarz-
grüne Färbung reicht, die gleiche Beschaffenheit dar,
nur dass der Inhalt hier gewöhnlich in einem aashaft
stinkenden, schwarzgrünen Schleime besteht. Andere
Male befindet sich der Magen in einem offenbar ent-
zündeten Zustande, während die Schleimhaut des
Dünn- und theilweise seihst des Dickdarms breiartig
erweicht, die Serosa in der oben beschriebenen
Weise von einem schwarzen GeHissnetze durchzogen
ist. In wieder andern Fällen dagegen hat der Bauch-
feliftberzug des Magens und Leerdarms eine schon
hochrothe, feinverästelte Färbung mit gleichzeitiger
ROthung und geringer Auflockerung der Schleimhaut,
während der Dickdarm das schwarze Gefässnelz und
die bedeutendste Schleimhauterweichung zeigt. End-
lich kann auch der Verdauungskanal ganz ohne krank-
hafte Veränderungen bleiben, od. sich höchstens nur
in einem leicht congestionirten Zustande befinden.
Die Leber fand J. nur etwa 5mal in ihrer Sub-
stanz verändert, hellgelb, derb, trocken, mit leerer
Gallenblase, wogegen letztere bei normaler Beschaf-
fenheit der Leber stets mit einer dunkeln , dicken,
fast natürlich gefärbten Galle erfnllt war.
Die übrigen Organe , als Milz, Pankreas, JNierao,
Harnblase , so wie Drüsen und Nerven zeigten fast
nie etwas Abnormes.
Die Reconvalescenz erfolgt im Vomito , wie fast
bei allen Krankheiten in den Ttopen, mit überraschen-
der Schnelligkeit , doch treten leicht schlimme Bück^
fälle ein« wogegen ein zweimaliges Befallen werden
in verschiedenen Zeiten zu den Seltenheiten gebort.
Hinsichtlich der Behandlung verwirft Vf. die frü-
her übliche Darreichung von Mercurialien, namentlich
Calomel in starkan Dosnn ala oftsnbar schädlich und
die Krankheit varacblimmerad. Dagegen bat er durch
kräftige allga|nei^e und Qrüiebe Bluleni
(zur VerminderuQg d(» ateta vorioBd^en plel
»eben Zuatandea) , durch Oarretcbung auldac Abi
initial» besonders des Ricinua<ila (^ur Entfarqung
im Darmkanal angebänUen Stoffe) , durch wieder!
Hautreize (Sinapismen und Vcsicantian) » «Q wie
mentlicb durch den energischen Gebrauch 4fi*
(etwa 20 Gran innerhalb einiger Stunden) «äl
der sich immer kundgebenden , aber atypischen B
miasionszeitan , eiaen seiner Versicherung nach
glänzenden Erfolg erzielt . dass in seinen Augen
Vomito unendlich viel von aeiner bisherigeii Furd
barkeit verloren hat. Natürlich ist dabei 4ie sar
liqhe Beseitigung aller äuasern Schädlichkeiteii ,
besondere die Ueberführung der Patienten nus ih
eigentlichen KrankheiUherde in eine gesunde Um|
buDg ein wesentlich unterstützendea Moment.
Ausführliche Untersuchungen über die von J.
neinte Contagiositätsfrage und über QuaranUlnen,
wie Vorschriften für nach heisaen Ländern Eeii
zu Erhaltung ihrer Gesundheit , ingleicbea eine li
sammenstellung von 80 Krankengeschichten ötr
schiedenen Vomitoformen besehliessen dieses ebei
interessanten, als lehrreichen Abschnitt den Werkei
Die 2. Jbtheilung ist der Cholera gewidmet
deren Krankheitsbild in ihrem ungestörten oder durch
eine zweckmässige ärztliche Behandlung modificirten
Verlaufe Vf. in srharf u. treulich gezeichneten Zfigeo
darstellt. Er weicht hierbei von den gewObnlickiB
Schilderungen in sofern wesentlich ab, als seiner
Beobachtung nach die Krankheit einen typischen Cha-
rakter hat , d. h. aua mehrern einzelnen Anfällen mit
dazwischen liegenden Intermissionen besteht. Der
erste, mildeste dieser Anfülle, dem oft schoo eia
mehrtägiges Unwohlsein (das Stadium A»s aufgeoonH
menen aber noch nicht zur vollen Entwicklung ge^
langten Contagium) vorangeht, erfolgt meist in dei
ersten Morgenstunden u, giebl sich namentlich durpii
eine heftige Diarrhoe mit mehr oder weniger Baiinb-
achmerz und Kollern zu erkennen , wobei dem Kran-
ken das Gefühl zurückbleibt , als sei ihm der gan^
Unterleib ausgeleert worden und als solle Alles beiv
ausfallen. Hiernach tritt im Verlaufe des Tages einf
an vollständiges Wohlsein grenzende Inlermiasiop
der Erscheinungen ein , welche jedoch schon in der
nächsten Nacht verstärkt wiederkehren, jetzt auch
unter Tages mehrere krankhafte Erscheinungen zu-
rücklassen , in der darauf folgenden Nacht noch hef-
tiger auftreten und nun am dritten Tage schnell zn
dem Zustande führen, den wir als Cholera asphycUca
zu bezeichnen pflegen.
Als besondere Forme» unterscheidet VL die Cb^
lerfi mit vorherrschenden Symptomen von Hirnleiden
(begünstigt theils durch individualle Aqlage, theili
durch heftige Gemüthabew^gungen . tbeils ^dlidi
durch den Missbra4ch der Nar/cotica, dea Opiiw,
Kampber) , sodann die Cholera mi( vorwaltepdep B^
schwerden der Atiimungawerkaeqge , und pudiiab dif
^ampfhMfte Form. ^
Scilfeher, iiig^ptMliiilichk, d. kindl. Orga]|K^B^f.
m
f BiMiditfich 4er Jietukhgie ist J. ei« «nUcbiede-
M-O^QUgmiiHii. hd4 es Ijtm w\^ wohl »icht v^f-
44P« die Erfahrungen der ^'euzeit mehr uad
dieser Ansicht das Wort reden, w^n auch Ref,
te ton J. unter andern ^h Beweismittel angefahrten
Hnliea der miliuiriscben Cordona gegen Verbrettung
der Cholera nicht als ßo schlageod auuerkennefi
nnnag.
Für die Bekandhmg der Krankheit stellt Vf. fol-
gende flaaptindicationen. 1) Beförderung oder Wie-
derherstellung des gestörten oder schon sehr ge-
heanten Blalumlaufs ; 2) drtiiehe Beruhigung oder
inrtgeng» um je nach dem vorhandenen Stadium der
Krankheit im erstem Falle au verhüten , dass durch
einen fortdauernden Beiz die Gongestieeen wieder^
kehren, oder im zweiten durch Beförderung der Le-
kensthaiigkeit gewisser Organe den Rückfluss des
Blites zu ennOglieheo ; 3) Unschädlichmachung des
im Knrper eelhaltenen Genlagiuma mit gleichzeitiger
Anregung des sehr gesch wuchten Nerwensystems.
DemgemJIss beginnt Vf. die Kur in dem aller-
dings selten zur ärztlichen Behandlung kommenden
Vorläufersiadium mit einem Aderlass von 12 — 30
Unz., bis das schwarze, dicke Blut eine hellere und
fl&ssigere Beschaffenheit annimmt. Hierauf ISsst er
den Ueterleib, Arme u. Beine abwechselnd mit Oapsi-
camtinctop einreiben und alle 2 — 4 Std. einen
Tropfen Opiumtinctur nehmen. Gegen heftiges Kol-
lern im Dnterleibe empfiehlt er 2 — 4stdndlich einen
Grao Kampher.
Fflf den Eintritt des wirklichen Choleraanfalls
rehmt J. dieselben Mittel. Bei sehr heftiger Diarrhöe
«trbiodet er aber jetzt mit der Opiumtinctur zwei-r
stüBdlirh 1 bis 2 Tropfen Spiritus lereb. und Itfsst
auf die Schenkel Seqfleige , auf die Wadep Blasen-
pfl^ster legen, auch die reizenden Einreibungen mit
Liq. ammon. caust. geschärft fleissig wiederholen,
Sobald hierdurch ein wesentlicher Nachlass erzielt
worden ist, werden ohne Zeitverlust binnen 5 Std.
20 Gr. Chinin mit PfefTermUnzthee oder Rejswasser
verabreicht, durch welche die gründliche Beseitigung
der Krankheit erfolgt. Der grOssern Sicherheit we-
gen soll jedoch letzteres Mittel am 7., 13.» 20. und
26. Tage früh odchtern ^'edesmal zu 2 Gran wieder-
holt werden. Ebenso ist es zweckmassijg, nicht blos
wsbrend der ersten Darreichung des Chinin , beson-
ders wenn Öftere dünne Stühle oder das Kollern fort-
iauem» 2 — ^stündlich 1 Tropfen Opiumtinctur und
etwas Kampher fortgebrauchen zu lassen, sondern
diess auch noch einige Zeit spater zu thun , selbst
wenn weder Durchfall, noch Kollern bemerkbar ist.
Weicht die Diarrhoe den angeführten Mitteln nach
$--6 Std, nich^ und droht d^r Eintritt eines neuen
I AaUlp, so mns« ungesäumt d^s Ghjnin zv 2r— 4 Gr.
m, Opiuni und Terpeotinspiriius gegeben und damit
kalbmiQdlieb ao Ijinge fortgefahren werdep , bis von
ersterem Mitt^ ein S^upel genommen ipt. Hierauf
w^de inaf» e« pu nipem h/llhen Qran 2sMudlich an,
bis Klingen in den Qhvei» eintritt , U4) dem lirefiheif.
nen 4ea sehr lieftigen und seilen iMilharep dritttft
Anfall« vorzubeugen«
Selbst dann noch redet Vf. dem Aderlass mit
WXrme das Wort, nur dass hier leider der Versuch
dazu häuflg ein vergeblicher ist. Wo jedoch eine
reichliche Blutentziehung glückte, will er stets eine
schnelle Besserung wahrgenommen haben. Gegen
den brennenden Durst und das Erbrechen in diesem
Stadium hat sich ihm eine Mischung von 1 Tropfen
Liq. ammon. caust., 3 Tropfen Tinct. capsici, 1 Tr.
Spirit. terebinth. und ebenso viel Opiumtinctur auf
einen Esslöflnsl voll Reiswasser am besten bewKhrt»
wahrend er Enthaltung von allem andern Getrink all
Bedingung für die Leben«rettung ansieht,
Ref. glaubt von weiterer specieller Wiedergabe
der therapeutischen Vorschriften gegen die Qkolert
hier abstehen zu müssen , hofll aber , daae das hier
MjtgetheiUe genügen werde, um auch in dieser, uns
naher liegenden Beziehung die Aufmerksamkeit der
Leser auf dieses wichtige Werk zu lenken , für wel-
ches der Vf. unbedingt den innigsten Dank und die
wärmste Anerkennung verdient. K ü 1 1 n e r.
s. Di9 KigepthftmliclikßiUB des kindlichon
OrgMliBinilS i^ gesunden und kranken f^Un
Stande. Eine Propädeutik der speciellen /T»}*
derkeilkunde von Df. D. G. M. Schreber,
Leipzig 1852. Fr. Fleischer, 8. VI u. 118 S*
(Va Thir.)
Wenn es richtig ist, dass wichtige Wahrheiten
nicht oft genug gesagt werden können , so ist auch
diesem Schriflchen seine Zweckmässigkeit gewiss
nicht abzusprechen. Allerdings fehlt es sieht an
Arbeilen gleicher Tendenz , indess erschien es dem
Vf. doch zeitgemäss, ihnen eine neue, dem gegeU"
wtfrligen Standpunkte der physiologischen ued patho?
logischen Forschung allseilig entsprechende Zueam-
menstellung der EigenthUtalichkeiten des kindliehea
Organismus in seinen gesunden und krankhaften Ver^
hSfltnissen an die Seite zu stellen , indem die raatloa
fortschreitende Wissenschaft uns auch auf diesem
Feldo in jedem Decennium wichtige Bereicherungen
bringt. Und wer müohte dem widersprechen t Bran-
chen wir uns doch nur des einzigen Punktes, der
zweckmassigsten Ernührung kleiner Kinder zu er-
innern.
In einfacher, leicht verstandl/cher Sprache hat
Vf. die 3 wichtigen Qapii^l der Diätetik des kindlichen
Alters, ä^r aUgemeieen Methodik für Erkenntiiiss u.
Behandlung der Kinderkrankheiten , so wie des ver*
wallenden Auftretens bestimmter Krankheitsprocesse
und ihrer EigenlhUmlichkeiten bei Kindern abgehan-
delt, denen er eine kurze Physiologie dieser Lebens-
periode vorausschickt, wahrend einige Bemerkungen
Aber den Zahnungsprocesa und .desisen Anopnalien den
Beschluss dßs Buches machen.
Ueberall erkennen wir den erfahrenen, vorur-
theilsfreien , seines Stoffes diirchaiie m^ehtigeA und
u%
Weber, zur pathol. Anat. d. Neugeb. — Sehnizlein, das Scharlachfieber.
mit dem neuesten Stande der Wissenschaft vertrauten
Arzt, der nur Brauchbares giebt. In Einzelnheiten
allerdings kann Ref. nicht immer mit ihm Überein-
stimmen , so z. B. in dem Balhe , die Kuhmilch für
kleine Kinder abrahmen zu lassen , was offenbar den
neuern Forschungen widerspricht, denen zufolge die
Kuhmilch nur wenig butterreicher , ja oft sogar but-
terärmer ist, als Frauenmilch , und mithin durch das
Abrahmen wesentlich an Aehnlichkeil mit lelzlerer
verlieren muss. Ebenso hätte bei dem Auffuttern
der Kinder wohl noch mancher, unter Umständen
zweckmässiger Substanzen, wie insbesondere des Ei-
dotters , der Fleischbrühe , der mehligen Substanzen
a. s. w. gedacht werden können.
Indess sollen diese kleinen Ausstellungen den
Werth des Ganzen nicht herabsetzen u. seine Brauch-
barkeit fUr Laien, wie für Aerzte in keiner Weise
verdächtigen. K U 1 1 n e r.
9. Beitrage zur pathologischen Anatomie
der Nengebomen ; von ur. f. w e b e r , Pro-
sector an der Univ. zu Kiel. Kiel 1851. Karl
Schröder u. Comp. 8. Erste Lieferung , Kopf
und Rücken. VI u. 74 S. (»/j Thlr.)
Mit anerkennenswerthem FIcisse hat Vf. in diesem
Schriftchen, welches den Anfang eines umfassendem
Werkes bilden soll, seine anatomischen Beobachtun-
gen an dem Kopfe und Rücken Neugcborner zusam-
mengestellt. Natürlich beziehen sich dieselben, ab-
gesehen von einigen Blissbildungcn, hauptsächlich auf
die Wirkungen des Geburtsacles, als welche nament-
lich die Kopfgeschwttlst » Kopfblutgeschwulst, die
verschiedenen blutigen und serösen Exsudate, so wie
die Koocbenverschiebungen und Verletzungen abge-
handelt werden. Das dem Vf. zur Disposition ge-
stellte Material war , wie er selbst zugesteht , kein
gerade sehr reiches , und so hat steh natürlich auch
die Zahl der selbstständigen Beobachtungen — nur
solche aber sind in derSchrifll aufgenommen — nicht
sehr vervielfiilligen lassen. Diess ist wohl auch der
Grund, warum namentlich manche wichtige Missbil-
dungen , wie z. B. der Hirnbruch , ganz mit Still-
schweigen übergangen werden, andere, wie z. B. die
Spina bifida, nur nach einem einzigen Sectionsergeb-
Diss beurtheilt sind.
Um so mehr Werth ist dafür auf das zu legen,
was Vf. als Augenzeuge giebt, und sind in dieser
Beziehung namentlich die Kopf- und Kopfblutge-
schwulst, die verschiedenen Hirnblutungen, die Schä-
delknochenverschiebuugen und das anatomische Ver-
halten der Klumpfüsse hervorzuheben.
Ein Weiteres muss sich Ref. für die hoffentlich
bald folgende Fortsetzung des Werkes vorbehalten.
Küttner.
10. Das Scharlachfleber, seine Geschickte,
Erkenn tniss u, Heilung; von Dr. Ed. S c h n i z-
lein. München 1851. Christian Kaiser. 8. VI
u. 247 S. (11/5 Thlr.)
Bekanntlich hat Schon lein den Scharlach als
höchste Bluthenentwicklung der RothlaulTormen hin-
gestellt. Einen diesem ziemlich nahe stehenden Platz
weist auch Vf. gegenwärtiger Schrift der genannten
Krankheit an, indem er sie als eine „acute rheuma-
tisch - biliöse Affection*' bezeichnet. Mit weldiem
Grunde und mit welchem Erfolge er diess gethan,
wird sich aus einem gedrängten Ueberblicke des In-
halts der Schrift am besten ermitteln lassen, welchem
Ref. seine einzelnen Bemerkungen einzuflechten sich
erlaubt.
Den 1. Abschnitt des Werkes bildet eine literär-
geschichtliche Zusammenstellung der Nachrichten über
den Scharlach, die bis auf die frühesten Zeiten der
Heilkunde zurückgeht und ein glänzendes Zeugniss
für die Belesenheit und die historischen Studien des
Vfs. ablegt. Er sucht darin nachzuweisen, dass der
Scharlach nicht, wie man diess meist ausgesprochen
findet, erst im Mittelalter als eine neue KrankheiU-
form aufgetreten sei, sondern schon in den Schriften
des Hippokrates und Galenus, wenn auch
unter sehr verschiedenen Bezeichnungen geschildert
werde. Mit noch weit grösserer Bestimmtheit treten
seiner Ansicht nach Beschreibungen des Scharlachs
in den Werken der arabischen Aerzte hervor. Ihren
gegenwärtigen Namen erhielt die Krankheit jedoch
erst durch Sydenham, während selbst später noch
immer Schilderungen derselben unter andern Benen-
nungen, namentlich als Angina maligna^ gangraenosa
(Fothergill, Huxham) vorkommen. Ebenso
weist uns Vf. nach , dass die in neuerer Zeit durch
D a h n e und Schneemann gegen Scharlach ange-
priesenen Oel- und Speckeinreibungen schon von
Gaelius Aurelianus bei dieser Krankheit er-
wähnt werden.
Von dieser ebenso wertbvullen, als interessanten
historischen Forschung wendet sich Vf. zur Darstel-
lung des Scharlachs selbst, wie er denselben aus
eigener, zahlreicher Beobachtung kennen gelernt hat.
Zunächst glaubt er wahrgenommen zu haben, dass
dessen Ausbruche stets ein Stadium charakteristischer
Vorboten vorangehe, welche vorzugsweise in gastrisch '
biliösen Erscheinungen bestehen sollen. Wahr mag
dieser Ausspruch für viele Fälle spontaner Entwick-
lung der Krankheit — und diese geboren bekanntlich
nicht zu den Seltenheiten — sein , unrichtig ist er
aber jedenfalls für die noch weit häufigere Entstehung
durch Ansteckung, wo das Eruptionsfieber oft plötz-
lich und ohne alles vorgängige Unwohlsein beginnt,
wie diess Bef. häufig genug beobachtet hat.
Auf Form und Ausbreitung des Exanthems legt
Vf., u. gewiss mit Becht, keinen allzugrossen Werth.
Er meint , dass dasselbe bei früheren Schilderungen
von Scharlachepidemien (wie z. B. bei den von Hux-
ham und Fothergill unter dem Namen Angina
maligna, gangraenosa gelieferten) oft ganz übersehen
worden sei, aber auch wirklich gänzlich fehlen kOnne,
ohne dass deswegen die Krankheit an ihrem Charak-
ter verliere. Dagegen ist er offenbar im Irrthum,
S • h n i 1 1 e i n > das Scharlaebfteber.
143
weiiB er die Röthein nur als eine Spielart des Schaff
lachexanthems betrachtet und mit dem Namen Scarla-
tina variegata bezeichnet. Mehrere neuere ziemlich
ausgebreitete und charakteristische ROthelepidemien
Irelen dieser Ansicht entschieden entgegen. Wenig-
stens wOrde sich mit völlig gleichem Rechte darin
auch eine Varietät der Masern oder eine Zwilterform
von Masern und Scharlach erkennen lassen, wie diess
mehrfach wirklich ausgesprochen worden ist.
Dass die bei dem Scharlach so häufig eintreten-
den sogenannten entzündlichen Hirnzuf)ine immer
nur rheumatisch eongestiver Natur seien, und dass
ebenso die ScharlacbbrSune als eine rheumatische
Affiection angesehen werden mOsse, ist unbedingt
tbeils nicht richtig, theils wenigstens bei der gegen»
wartig schärfer gezogenen Begriflsbestimmung des
Wortes ,, Rheumatismus'* unklar. Zugegeben näm*
lieh , dass in nicht wenigen Fallen die searlatinöse
HimafTectiott, selbst wo sie zum Tode führt, nur den
anatomischen Charakter der Congestion, meist mit
Setzung eines klaren , wässrigen Exsudats, trage, so
lasst sich doch kein Grund für deren Bezeichnung als
eine „rheumatische", d. h. in einer specifischen Uy-
perSmie des muskulösen oder fibrösen Gewebes be-
gründete auffinden. Anderntheils fehlt es aber auch
durchaus nicht an Beobachtungen , wo der Sections-
befund in Scbarlachleichen wirklich EntzUndungspro-
ducte, namentlich plastische Lymphablagerungen, im
Hirn nachgewiesen hat. Am richtigsten ist daher
wohl die Annahme , dass durch die nicht wegzuleug-
nende Specificiiat des Scharlachs eine wenn auch
chemisch noch nicht nachgewiesene Intoxication des
Blutes eintrete, in deren Folge das Hirn, gleich dem
Übrigen Organismus abnorm ernährt, gereizt und in
einen bald nur congestiven , bald wirklich entzünd-
lichen Zustand versetzt wird.
Was aber zweitens die Angina scarlatinosa an-
langt, so ist sie, gleich der charakteristischen Zungen-
rtfthung und der lebhaften Turgescenz der Zungen-
wSrzchen, wohl am natürlichsten als Ausdruck einer
exanlhematischen Schleimhautafiection anzusehen, als
welche sie auch der nachfolgende reichliche Abgang
von EpitheliumtrUmmern mit den Ausscheidungsstof-
fen charakterisirt. Unbedingt ist diess wenigstens
weit einfacher und verständlicher , als die Annahme
einer rheumatischen Schleimhautafi'eclion.
Ebenso wenig kann ferner Ref. der Ansicht bei-
stioamen , dass die dem Scharlach so leicht folgende
Wassersucht ein einfacher Rheumatismus cutis , ein
Hydrops telae cellulosae rheumaticus sei, wobei die
Nieren meist unversehrt blieben. Denn wenn auch
iie Anregung dieser Wassersucht , welcher gewöhn-
lieh erneute Fieberbewegungen vorausgehen, aller-
meist von einem feindlichen Temperatureindruck auf
das durch die Häutung in erhöhte Empfindlichkeit
versetzte Hautorgan abhangt, so ist doch nicht zu
übersehen , dass es ebenso Fälle giebt , wo bei der
grOssten Vorsicht und fortgesetztem Aufenthalt im
Beile Hydrops erscheint, dass überhaupt manche Epi-
demien eine weit grössere Geneigtheit dazu erkennen
lassen, als andere, und dass endlich auch Beispiele
vorkommen , wo der seröse Erguss sich ohne vor-
gangigen Anasarka sogleich primSr in einer der innern
Höhlen bildet. Namenilich aber schlägt Vf., wohl
seiner Theorie zu Liebe, die seiner Behauptung nach
hierbei nur selten vorhandene AfTeclion der Nieren
viel zu gering an. Denn nicht allein rouss Ref. ihm
entgegnen, dass er bei den unter Hydrops scarlatino^
sus gestorbenen Kindern die Nieren stets hypcrämiscb
und sehr häufig in mehr oder weniger weit vorge-
schrittener albuminöser Degeneration befindlich ange-
troffen hat, sondern es ist auch eine bekannte That-
«sache , dass der Harn derartiger Kranker allermeist
sehr reich an Eiweiss und häufig mit einem beträcht-
lichen Gehalt von ßlutkUgelchen versetzt ist.
Eine ganz besondere Aufmerksamkeit hat Vf. den
Darmausscheidungen gewidmet. Sie erfolgen seiner
Beobachtung nach gewöhnlich unter der Form gelber
oder grüner, gehackter oder zäher , theerartiger und
aashaft stinkender Massen, deren Abgang stets die
auffallend günstigste Einwirkung auf die Fieber- und
locaien Erscheinungen äussert. Wie daher dem Aus-
bruche des Scharlachs nach Vfs« Meinung stets eine
Störung des Verdauungsprocesses und namentlich der
Gallenausscheidung vorangeht , so ist es i behauptet
er, auf der andern Seite auch eine unfehlbare Beob^
achtung, dass kein Fall von Scharlach ohne gallige
Ausscheidungen aus dem Darmkanale gründlich ge->
heilt werde. Ebenso sollen jene Fälle immer am
leichtesten verlaufen, wo sogleich mit dem Eintritt
des Fiebers diarrhoische, biliöse Darmausscheidungen
stattfinden , zumal wenn keine fäcalen Anhäufungen
in dem Dickdarme vorhanden sind, oder dieselben im
ersten Beginne der Krankheit beseitigt wurden.
Ref. schliesst sich diesen Worten aus vollster
Ueberzeugung in soweit an , als bei der Anwesenheit
fäcaler und insbesondere biliöser Anhäufungen im
Darmkanale deren frühzeitige spontane oder künstlich
angeregte Ausscheidung einen wesentlichen Einfluss
auf den gelindern Verlauf der Krankheil ausübt, er
muss aber entschieden in Abrede stellen , dass die
Darmausleerungen Scharlachkranker stets die oben
geschilderte eigenthümliche Beschaffenheit haben«
Noch in der jüngsten Zeit hat er, angeregt durch die
Leetüre gegenwärtiger Schrift, die Stühle einiger
Scharlachpatienten durch den ganzen Verlauf der
Krankheit genau beobachtet und obige Angabe nicht
bestätigt gefunden. Welcher Art übrigens jene „bi-
liöse Erkrankung" sei , ob sie in einer einfachen An-
häufung normaler Galle bestehe, oder ob letztere
dabei eine pathische Mischungsveränderung erlitten
habe und, wie Vf. vermuthet, etwa zu arm an Natron
sei, liegt, die Richtigkeit der ganzen Theorie voraus-
gesetzt, noch durchaus im Dunkeln.
Als zweiten Factor des Scharlachs bezeichnet Vf.,
wie schon erwähnt, die Combination eines rheuma-
tischen Leidens mit dem galligen. Er sacht den Be-
weis für dieses „rheumatische'' Element theils in den
iU
S t! ti h i z U 1 ft , dks SbhAriaichfieber.
dthdta Vor Begintt dfeB Flebefs am Halse , ttacki^rt , iti
den ExtremiUleli aüftrötetid^h Sthtuerteii, welche
gleich allen Rheumatismen dairbh kiiltes GetrSiAt^,
kalte Umschlage , Blutentziehungen Termehrt , durch
^Iwäs warmerel^ Verhallen, namehllich aber durch
Blasenpflaster und Senfleige auffallend gemindert
werden, theils in den bei Scharlach vorkömmenden
ter^chiedenen serOsen Ergflssen , welche nach der
Beseitigung gastrischer oder biliöser Störungen durch
Schweisse gehoben wenden, theils isndlich darin, tlass
Scharlachepidemien namentlich dann erscheinen, wenn
äüf andauernde heisse Sömmertage kühle Abende und
Nichte, oder später kalte, regnichle und insbeson-
dere stürmische Tage des Het-bstes folgen. Ref. hat
seine Zweifel gegen diese Annahme iheil weise schon
oben ausgesprochen , kann ab^r namentlich diä
Sehmel'zen, welche mit Aosflohme der angindseii bei
ScbadachkrankeB oft gar nicht so bedeutend sind,
#4er günilich felikn, in andern fieberhaflen u. offen-
bar nicht rheumatiseheB Kravkbetlen aber» wie t% B.
im Typbus, häufig eiten weit bedeuiendern Grad er-
reichen» durchaus nicht CUr noibwendig aus rlieuma-
tieeher Quelle entsprungen ansehen. Ihm scheinen
dieselben vielmehr nur Ausdruck des in seinen Cen-
iTJilofganen krankhaft ergriffenen Nerveiiayatems und
wMkin a« sich durchaus nnwesentlieii fflr dieJ>euiUBg
ddr Naiiir ^t Kr»«kheii zu Miil. Ansserdein darf
man aber iaucii nieltt flherseliefi, düs der Scfoarlaeli
voraugsweiae ilas Kin<iesBller und mithui di^enige
Lebenaperiode bef^Ut, welche am wenigsten au rheu-
«aliscben Affeclionen geneigt isti wogegen Schar-
lacherkrankun^en Erwachsener, wie Vf. selbst an^
giebti beinahe za den Ausnahmen gehören.
Sollte sich aber auch Vf. durch diese Einwände
nicht widerlegt finden , so wird er Wenigstens zuge-
ben müssen» daas die Bezeichnung des ScharladiB als
,,acuier rheuosatisch biliöser Krankheitszusland" noch
durchaus nicht genüge, um dessen Natur erschöpfend
zu erklären. Immer werden wir uns eingestehen
mttasen , dass demselben gleieh den Masern , Pocken
II. s. w. eine speeifisehe Ursache, eine eigenthflmlicbe
Blutvergiftung, oder wie wir es sonst nennen wollen,
aum Grunde liege, die freilich unserer Forschung
neck nicht unmittelbar tast- oder sichtbar geworden
ist« Schon das nur einmalige Befallen und die Gon-
tagiosität nnterscheiden ihn doch zu bestimmt von
den gewöholicheB rheumatischen und bili#sen Fieber^
austlndeo , um ihn mit solchen gana in eine Klasse
stelleB zu köBBcn.
Einfach und rationell ist der therapeutische Theil
des Werkes. Vf. schildert uns hier zunächst mit
grosser Ausführlichkeit den Gang der Maturheilung
des Scharlachs, um daran die entsprechenden Vor-
schriften fUr die Kunstheilung der Krankheit zu knü-
pfen. Den obersten t*lätz hierbei nimmt , wie wohl
in erwarten, die Sorge far eine gehörig^ Entleerung
der im Darmkanale angehäuften galligen .StofDe durch
milde, besonders salinische Abführmittel 6in. Rächst- |
dem ettipfiehlt er dringend wahrend der Fieberperiode |
fein kohles Verhalten dfer Kranken und eine strenge |
Diät , von denen ersieres freilich mit seiner Iheoreti-
sehen Ansiehl einer rheumatischen GmAdlage de«
Scharladis in Widerspruch steht , durch die Erfah«-
rung aber um so melir gerechtfertigt wird. Dais
jedoch im Beobachtung dieser Vorschriften jeder
Scharlachkranke genesen miUse, ist eine sehr sat'*
guinisclie Verheissung , die niebl weniger Zweifel er-
regen wird^ als die zweite Versicherung, 4ass nän»
lieh Vf. van seinen vielte Scharlach kranken niemals
einen durch den Tod verieren habe. Um ietztetei
wahrhaft aBSsergewöhnliche Glttck ist er im böcbsteii
Grade zu beneiden«
Ueberhaupt aber fordert Vf. von dem ärstlicheb
Handeln doch etwas gar zu viel , wenn er verlangt, ,
dass, sobald es das richtige sei, mit dem Beginn des-
selben auch jedesmal Sogleich ein andauerndes Bes-
serwerden des Kr. eintreten mUss^c. Zweifelnd darf
man hier wohl fragten, ob ihm diess z. B. hei Packen,
Typhus, Keuchhusten immer möglich gewesen sei,
der chronischen Uebel gar nicht zu gedenken.
Im Gebrauch des kalten Wassers sieht Vf. kein ,
besonderes Heilmittel des Scharlachs , doch verwirft
er dessen vorsichtige Anwendung namentlich in kal-
ten Aufschlägen und Abreibungen bei bedeutender
Wärmeerhöhung auch nicht. Nur kalte Begiessungen
erscheinen ihm ihrer allzueingreifenden Wirkung we-
gen als unbedingt verwerflich. Entschieden spricht
er sich gegen das Galomel aus, ja er malt die schäd-
lichen Folgen desselben sogar mit allzu grellen Far-
ben, die doch nur anf den Missbrauch pass^en. Ueber-
haupt aber finden sich in seinen therapeutischen An-
weisungen manche wunderliche Dinge, die die eia-
fachslen Gesetze der Chemie arg in die Aog-en schla-
gen, 50 t. B. die Verbindung des Natrum nitr., eines
seiner Lieblingsmitlei, und des Tartarus stib. mit
Magnesia sulph. Ob es wahr ist, dass ein Zusatk
von Salpeter znr Aqua laxativa den Leibschmerz ver- ,
httte, vermag Ref. aus eigener ErDahrung nicht tu
bestätigen.
Trotz aller hier gemachten Gegenbemerkntrg^D
ist jedoch der Schrift ein grosser praktischer Werih
nicht abzusprechen und wird gewiss kein Arzt di^-
s^Ibe unbefriedigt aus der Hand legen.
Kflttner.
■ is cell».
Am 21 Nd^. starb der bekannt« GrSfenberger Walserattt Vitaceoz P)rie8SBliS',^'^|äi^^dV9.Q^^m.
JAHIBOCIEI
der
in- und ausländischen gesammten Medicin.
Bd. 73.
1852.
M±
A. AUSZÖGE.
I. Medicinische Physik ^ Chemie und BotaDilc«
89. Zur Kenntniss der gUtton luskelii;
vonC. R. Waitheri).
Unter dksem Tilel stellt Vf. die Ergebnisse der
oeaesleo Forschungeo tlber Siructur, Vorkommen u.
chemische Beschaffenheit der organischen Muskeln
zusammen und fügt xugleich eigene, im L e h m a n n -
sehen Laboratorium ausgeführte, histochemische Un-'
tersnchuDgen bei. Diese enthalten theils eine Wie-
derholung des kürzlich von Lehmann gegebenen
Nachweises der chemischen Identität der Faserzellea
in Arterien und Muskeln, theils eine aosftthrlichere
Darlegung der Zusammensetzung des beide umspü-
lendeo Saftes.
In Betreff der Siructur (Cap. I.) erwähnt Vf.,
ausser dem bereits Bekannten, dass er für die Faser-
zelle ein Perimysium nachweisen zu können glaube.
Nach längerer Einwirkung von hOchst verdünnter
Salzsaure, welche den Paserstoff lOst, sei nämlich
ausser den Kernen noch eine Art Substrat der Zellen
in Form einer anfangs fein granulirten, hyalinen
Membran wahrzunehmen.
Die GrOssenverhaltnisse fUr eine einzelne Zelle
bestimmte W. folgendermaassen. Die Lange «s
0,0165 — 0,055'", die Breite = 0.0055 —
0,0082'''; die Lange der Kerne = 0,0082—
0,0247'", ihre Breite = 0,00137'".
Cap. II. Die Untersuchungen ttber die Ferbrei-
tmg der organ. Muskeln sind noch nicht geschlos-
sen. Bis jetzt fand man sie im Darmkanalt in der
Tunica muscul. ; ob in den Zollen (Brücke) , wird
1) Nonnuila de museulü laevibw» Diss. inaag. phy-
nolog.-chem, Lipsiae 1851.
IM. Jahrbb. Bd. 78. Hft. S.
noch bestritten; — Hamwege: in den Kelchen imd
Becken der Niere, den Ureteren, der Tun. huihc
der Harnblase, selbst im Corp. trigon. fand Arnold
dicke Bandet ; — Geschlechlsorgaae : in den niSliin*
liehen, in der Tun. vag. conim. , Epididymis, IhirL
defer. und ejuculator. , Vesic seminal., Prostata,
Urethra ; in den weiblichen, in der Tuba, im Uti*rtuiy
namentlich im schwangern die EiilwickUing di^r Zel-
len gut XU verfolgen , in der Scheide ; — > milfUre
jirierienhaui: nach Henle u. Valentin ist das
Gewebe den glatten Muskeln des Dannkanals sehr
ahnlich; Ktflliker und Eylandl besUitigen das
Vorhandensein der Faserzellen und zeichnen sie ab;
E. H. Weber macht dagegen geltend, dass selbst
durch die feinsten Injectionen keine licfasse in der
mittleren Haut der Arterien nachzuweisen seien, und,
wo die GeRisse fehlten, man weder Nerven, noch
von diesen abhangige ContractiliUl erwarten dtlrle;
— Fenenhäute: in allen, ausser denen derPlacenta,
der Hirnhaute, der Knochen, der tSehirnsinus , der
Corp. cavernosa ; — in den Lymphgefassen nur von
Kdlliker beobachtet; — Drwten: in der Milz
(Kölliker), in der Leber (M e y e r) ; in einfachen
Drüsen bald gefunden, bald nicht; in fast allen
Ausführungsgangen ; — in der Trachea, in den
Lungenbläschen (Moleschott); — in der Iris
(Valentin, Brttcke, Kölliker); — äussert
HoMti in der Tun. dartos., Papilla mammaL u. ihrer
Areola ; an den Haarwurzeln (Eylandl).
Vf. uniersuchte, ausser dem Darmtractus u. der
Harnblase^ nur die mittlere Jrlerienhaul. Er be-
obachtete Bändel, conslant mit länglichen Kernen
versehen , von derselben Form , wie bei den organ.
Muskeln, ohne jedoch freie Zellen darstellea zu kön-
nen. Wthrend so Vf. vom mikroskop. Standpnnkrc
19
146
I. Medicinische Physik, Chemie n. Botanik.
dieses Gewebe eio muskulöses zu Dennen sich nicht ge-
traut» Tcrfolgt er die mikrochem. ReacHonen (Caju
]ll.) weiter, wie sie Kolliker tum grotsaet Theil
schon angestellt und Lehmann ausfll^rlichcr aus«-
einandergesetzt hat. BemerkenswMh iL Mu adieiiit
in diesem Theile , ausser der oben erwähnten Beob-
achtung eines Sarkolemma nach längerer Anwendung
höchst verdünnter SalzsSure, eine (S. 17 beschrie-
bene) VerSlnderung, welclie concentr. Salpetersäure
henrprruft. Naqh mehrsttlndiger Einwirkung dcrsel-
ttl IpMKl li<hk feOmlidh das gelb gewordene PiHpa-
rat , durch Drucken und Ziehen des Deckplailchehs,
in dünne Fasern , welche unter dem Mikroskope als
4«t By4andt ftlr freie Biuskclzellen hält.
Cap, IV handelt von der chemischen Zusammen-
setzung der organischen Muskeln. Vf. weist nach,
dass die morphologiscli diflerenlcn Theile, «4s: \^Mi
der Faserzelle , Kern und Uebcrzug , auch dieniisch
verschieden sind. Denn verdünnte Salzsäure löst den
ersteren und lässt die letzteren ungelüst zurück. Die
chemische Natur des Perteiysiani tod der Kerne ist
unbekannt. Den in Salzsäure lüslichen Zelleninhall,
MuskelfaserstofT, von Lehmann Syntonin benannt,
welchen V/. als „Ursprung und Quelle der Conlracti-
lität'* zu bezeichnen beliebt, untersucht er nach
L i e b i g * s und Lehmann* s Vorgange auf folgoude
Art.
Itie Mnskelhaut des Schwein emagcns, von Serosa,
#ucci8a , Fett , BindegewelMe durch PrSparation mög-
lichst beft^it, wurde zerkleinert, mit Wasser ausge-
zogen tind au9gepr«s«(t, so lange '(3mal), als das ab-
laufeinde Wasser in der Sredcfhilze coagulirende Be^
M«ndtfie9le enthielt. Der Rückstand wurde mit
fiOclAt verdünnter S^rizsäure (Gtt. j zu §j Aq. dest.)
ausgezogen. 9ie LOsung gab sowohl beim Küchen,
oh mK Gyanersenkfiltam einen NTederstMag. Sie
wurde mit Aetzammoniak neutralisirt , worauf ein
Ifiederschlag y^ weissen Flocken entstand , wdchisr
itich in verdCfnnten Hineralsäaren , kaustischen Alka-
IfMi tmd einigen Neutralsalzen, nfcht in Salpeterwas-
0er und -Losung von kohlensatrrem Kali, lOsle.
Die Klementaninalyse , welche Vf, mit derselben
Substanz anstellte , |^b folgende Resultate.
Anorgan. Salze
J,!36%.
Schwefel
iMi n
Kohlenstoff
Wasserstoff
6,666 „
Stick^off
15,295 „
äanz dieselben Reactionen fand Vf. bei dem auf
dieselbe Weise dai^estellten Stoffe aus der ipittieren
Arlerienhaut und der Harnblase (vom Ochsen).
Beb Saft «Icr giaiiem Mmkeln (0^. V) unier^
sneble V/. naeh folgender Methode. Die «r&ten 8 bei
dar fDigealiOn der Ifaisenl. des Sekvifeiiramageas mit
WAowechaltepen CMaluion -wordn bis «un Koclmn
erhitzt und die Goagulaie entfernt. Die so gewon-
nene Flüssigkeit roch nach Fleischbrühe und rOlbele
Lakmus. Sie wurde mit Aetzbaryt versetzt und Nie-
lencMag iflid Flüssigkeit nun einzeln weiter uatsr-
iuclit.
Die abfiltrirte Flüssigkeit, leicht opalisirend n.
alkalisch (vom überschüssigen Aetzbaryt) reagirend,
wurde abgedampft, eingetrocknet und verbrannt, um
aus der Asche die Kali- und Natronsalze, auf die ge-
wöhnliche Weise mittels Alkohol und Platinbichlorid,
quantitativ m besiifflmen. Aus den gefundenes ak-
soluUn Mengen berechnet Vf. das Verhiliniss, wor-
aus hervorgeht, dass die Kaliumquaotität wenigstens
die des Blutserums übertrifft.
Die weitere Untersuchung auf Krealin, Kreatisia,
Inosit, Inosinsäure bedauert W. nicht haben fbrt((lh-
ren zu können.
Der Niederschlags welcher voraussichtlich schwe-
ieli. und Phosphors. Baryt und Magnesia , und Kalk-
Pliosphat enthielt , wurde mit Salzs. versetzt , filtrirl
und aus der LOsung mittels essigs. Natron u. Eiseo-
chlorid phosphors. Bisenoxyd niedergeschlagen ; nadi
Ahscheidung und Wägung des Niederschlages, die
Flüssigkeit (die Chloride von Baryum, Calcium,
Magnesium liahend) mit Schwefels, veroelzt und der
Niederschlag zur Abscheidung des schwefets. Kalkes
und nachheriger Bestimmung der an Baryt gebundea
gewesenen Phosphors., mit Wasser ausgevaacfaeB.
Aus den Daten des Vfs. geht hervor, dass sichln
Muskelsaftc des Schweinemagens:
1) die Schwefelsäure zur ^-liosphorsäure (der Al-
kalisalze) verhält = 1 : 47,83 ;
2) die Phospliorsänre der uolOslichen Phosphüe
zu der der loslichen t« 1 : 9,64;
3) unter den unlöslichen Phosphaten das Magoe-
siasalz das des Kalkes weit überwiegt (:^ 1 :3,1).
Für den Saft der mittleren Arterienhaut (Aorta
thorad. des Ochsen), ganz auT dieselbe Art hehandelt,
ergaben sich folgende Verhältnisse :
l)Na:Ka«r t00;45,7.
^) S6, : PO5 (der lOsYidien Salze) ss: t : 5,9.
3) POsder unlöslichen Pho^hate zu der der los-
lichen = 1:10,766.
Die grossere Quantität von Natrium und Schwe-
felsäure in dem Safte der mittleren iUterienhaut» in
Vergleiche zu dem der Muscul. ventriculi vom Schwein,
setzt Vf. auf Rechnung der Beimischung von Flüssig-
keit aus andern Geweben , welche bei den Arterien
weit schwerer mechanisch sich abtrennen lassen.
(Uhle.)
90. Oebir piUialogiiobaFettUldesg; m
Beruh. Sig. Schultze^*
1) De adipü pM"^ ^a
ornaui. Gryphiae 1851.
issert. ptaenio
I. IkiliciDisdi» Pliy»ik., GhenM h. BoUnik.
W
Dm medie. liieuIlHi zu Greift wilde b«llt 18M
die Aii%ake »emr MtperimtmtBÜem Ukttrtuekimg
ittpaikälügkekem F^üervemgumg'* geitelk, wftlch«
Vf. m dem vorKegondäii Sehrtftcheii zu IOm« vei««clil
hat. Wir flodfott in d«n«elben eke tfkr fleistife
ZMammeiiitfysBf der Mtem md neuem UdMmi^
ctanftii und Aosicblen ttber PeUbUdUng» und de»
dAcr wwderlioKea Vereiieb einer andern, «on den
Anleren abweicbenden Denlnng der Thaleeehen« Wir
Termieten indeeaen eigene ezeote Veranebe und L^n**
Ben uns mit der oft eigeDthttnilic(ien physiologischen
AaaehaQongsweise des Via. nicht recht vereinigen.
Aach möchten wir den Vf. insofern einer iheil weisen
Abweichung vom Thema beschuldigen , als sich seine
Abhandlung grossentheila mehr auf das Vorkommen
von Fett Oberhaupt, als auf dessen patholog. Genesis
bezieht.
Der allgemeine Theil behandelt die Grnndha-
griffe; die Beschreibung, Ein- und Vertheilung der
Feite im ThierkOrper; ferner die Pettqucllen; den
Einfluss der einzelnen Hauplfunctionen des Organis-
mus auf die Fetterzeugung ; endlich die Folgen der
Fettablagernng, d. h. den physikalischen, chemischen
und pbysinlogiaehen Notsen de« Fetiea»
Oa die Frage auf Untersuchung eines pathologi-
schen Zustandes gestellt worden, bemüht sich Vf.
(Cap. 1.) den Begriff der Krankheit festzostellen ; er
findet endlich da Krankheit, wo im lebenilen Orga-
nismus entweder blose Functionsstdrung « oder im
Gegentbeile blos unregelmassige Umsetzung der leben-
den Malerie wahrzunehmen sei. Pathologische Fett-
erzeugung ist somit diejenige , welche entweder aus
einer abaormen Mischung der NährsUfle, oder aus
verkebrler Thatigfceit [ ! ] der Elementartheile irgend
eines Organe« hervorgeht, und entweder eine in
OnantiUlt oder Qualität abnorme Fettablagerung, oder
eine Ueberiadang des Blutes selber mit Fett zur
Fotgebat.
Cap. n. Fettquellen im Organismus,
Mflglicbe FeUqnellen :
1) Schon gebildetes Fett , mit den {fahrnngsmit«
lein eing«fQlirt.
2) Erzeugung aus nicht fettigen, stickstofflosen
Nahrungsmitteln.
8) firseugung ans BtickateAiaUigen Nährmitteln*
4) EnUlehung aus nicht fettigen Substanzen des
KSrpers.
1} Die Bimfmkr des Fettee ml 4en Nakrungs^
T^aeb M nid er wesden die F^lte iw lin
ierscifier Fom vom Diarmkaoale aus ins BUt «inuT-die
ifBpbe nufgenoHMsen, da Galle und Lympbe s4^s
Anlinck rtiagipen. Letaleres ist nach €. A. S^
tthuUze nicht immea' derFsfU, nach säwerlidiMi
fielrSDlieB trete «agar saure Renction der Galle <eia;
ktner aeiea im €byliis nnch iFettgemm Fetuappfen
ipeadirt mlMr ^m üUmskofft ^n ^)m (Viir-
chöw tt. a« w«), md in KrnnUieilnn 9#«itralea FeU
im Bkile mi inden (Simon). — We A^doftboi« von
Fett vom Darmkanale ans bat für eine bestimmte Zciit
ihre Grenze (Boussingault),
2) Erzeugung tron Fett stiss sHeiski/fleeer,
nickt fettiger Nahrung. Liebig sucht die Mg«
liehkeit und zugleich die Nothwendigkeit ein^r der-
artigen Feitbildung au9 Surkemebl , Zucker u. s, w,
bei Pikinzenfressern darzuthun. Gundlacb (Du-
mas, Milne-Edwards) bewiesen diese Art der
Fetterzeugung an Bienen, welche» mit Zucker er-
nährt , ausser Bonig , aueh Wachs absonderfi* Die
Entstehung von ButtersXure aus Zucker durch G^i-
rung spreche auch dafür (Felo uze und 6elis).
Das häufige Vorkommen der Fettsäuren im VerhUU-
niss Kum seltenen Ersclieinen des Qlycerins im ()rga-
nismua weist auf die selbstst^tndige Entstebungsweise
jener hin. Die Verwandlung von AmyluxQ in ZucKer
im Darme siebt Vf. für den Ausgangspunkt der fett«
bildung [jedoch ohne weiteren Nachweis] an. Ueber-
masaage Aufnahme derselben mOsse bei guter Ver-
dauung und gewtfbnliclMir Bespiration eipe patholog,
Fetterzeugung provociren (Hüatung der Hausthiere).
Uebermassiger Alkoho]genuss wird empirisch Ursache
abermfissiger Fetterzeugung» besonders d^r Fettleber ;
und wenn auch L i e b i g u. A. in der gestörten Le-
berfunction die Ursache der anderweitigen Verfettung
suchen , so rührt doch gewiss die fettige InGUration
der Leber zunächst von der Umwandlung des Alkohols
in feit her.
B) Fettbildung aus stickstoffhaltigen Nßkrungs-
miUeltt, Im Diabetes mellitus fand Budge« daes
4mal so viel Zucker ausgeschieden wurde» als in der-
selben Zeit Zuckar und Amylum aufgenomiuen wor^
den war, ohne jedoch die Abnahme des Körper-
gewichts bei der gleichzeitigen Abmagerung zu be-
stimmen. Traube beobachtete eine fortgehend
gleich grosse Zuckerahaonderung. der Leber, trotz*
Veränderung der Nährmittel.
Naoh 12tllgiger Einahrong einer beleibten Henne
von 4 PM. 4 Uns. GeWichl nil Eiereiweiss fand Vf.
eine Abnahme des Körpergewichts jpp ^3 mit Ahr
ma^rnng des Unierhautzellgewebes, ohne in Musldel-
und Ifervenernlihrung eine Störung au bemerken.
Bieaelbe Henne, mit Gerste und ftrod 7 Tage gis«-
nahrt, aeigle wieder bemerkliohes Fettpolster u. eine
Gevncblszunahme von 5 Unz. 1 Draohne. \L
sehliesst daraus [ ! ] , dass Prolein Substanzen im ge^
suiiden Körper in Fett umgewandelt werden.
4) Fetterzeugung aus Substanzen des Organis-
mus selbst. V i r ch 0 w ' s Erfahrungen von Verfet-
tung der Hirn- und ^ungensubstanz in abgekapselt
ten apoplektischen Heiden benutzt Vf. als Beweis fttr
diese Fettquelle, und sttftzt sich weiter in diesem
Sinne auf die Entstehung der ButtersSure beim fau-
len dea Fibrina» Caaeme «n^ E^li^rs, Ca ^ei diess
jedoch ib patholog Heff|mff> uiid Air d«n gc^^^ndf^i
ZnaUnd aei dm» Uaapruitg d^ f^it^p nii;f^f ^ai^i-
148
L Mediciniscbe Physik, Chemie n. Botanik.
Dehmen, w«il bei oben erwähnter Henne das Fett
aus den Obrigen KOrpertbeilen nicht restiluirt worden
sei. —
Cof. Ilf behandelt die Frage, durch welche Mo^
mente die Fettbildwig und jiblagerung modifieirt
werde,
t) Einflusi der Gallensecretion, Unbezweifelt
trage die Leber viel dazu bei , um Fett aus dem Kör-
per abzusrbeiden. C. F. Schmid's und Leh-
man n * s Untersuchungen Über Pfortaderblut führt Vf.
hier zunächst an ; auch in den Faeces ist Fett ent-
halten (Lehmann). In der Galle findet sich stets
viel Fett, sowohl neutrales, als verseiftes. — In viei
len Krankheiten (Polycholia, Hungertod u. s. w.) sei
zu sehen , wie Abmagerung und Gallenabsonderung
parallel gingen; im Icterus (Lassaigne) und bei
Hepatitis (Steward Traill) sei das Blut fettrei-
cher; bei Saufern und bei Tuberkulosen treffe die
Fetlleber immer mit Erhaltung der Körperfülle zusam-
men. Bei der Gansemast hange die fettige Infiltra-
tion der Leber nur von dem Fettreichlhum der Nah-
rung ab (Persoz); bei fettloser Kost werden die
Tbiere wohl am Übrigen Körper fett, aber ohne Fetl-
leber zu bekommen [?]. — Aus alledem folge , dass
Störung der Lebcrfunction das Fett im Blute zurück-
halle. Folge für die Therapie : bei Leberkrankhßiten
aei Fett schädlich und bei grosser Fettheit müsse man
die Lebcrfunction in Ordnung erhalten.
b) Einfluss der Respiration auf die Fettgenese,
Vergleich der Lungen- und Lebcrfunction: beide
sondern aus Venonbliile ab, erstere scheiden Was-
serstoff und Kohlenstoff, letztere blos Kohlensluff
aus; im Embryo fungirt die Leber für die Lunge.
Weil im Blute der Carotis weniger Fett . als in dem
der Ven. jng. (Lehmann), so werde in der Lunge,
srliliesst Vf.. das Feit direct zersetzt. — Leute mit
engem Thorax sollen vorzüglich leirht fett werden ;
durch starke Muskelnrtion: Bespiration^vermehrung,
Feltverminflerung; Stnllvieh wird eher fett, als Acker-
vieh ; Araber und andere Naturmenschen seltener, als
cuhivirie Niilionen (L i e b i g). Uemütlisaufregung
hindert ilas Fettwerden durch Beschleunigung der
CireuUlion und Bespiralion , wahrend Schlaf u. ein-
faches Nachdenken bei ruhiger Haltung es bensrdern
(II aller). Kinder athnien häufiger, als Erwach-
sene, weil sie wachsen ; abgesehen vom Fettpolster,
was sie liesitzen, bedürfen sie deshalb auch der fett-
reichen Milch »der ähnlicher Nahrung (Lieb ig). —
1h der Pubertltsentivicklung und bei Männern, welche
dem Coitus zu liSufig obliegen, mindert sich das Fett,
auch bei Thieren in der Brunstzeit (Hall er). In den
klimakterischen Jahren, bei Castraten mehrt sich das
Fett ; ebenso bei Amputirten. Demnach ist das Ver-
hallniss zwischen Nahrung und Athmung von dem
grössien Gewichte.
c) Einfluss der Hauttransspiraäon. ^Varme
Luft hat eine grössere Siitigungscapacitat m Was-
serdsmpfe. Je höher die Temperatur, desto mehr
Ansbauchung von Waiaer und zugleich von Re*
siduen des Stoffbmaattet. Daher die lebenden We«
sen des Nordens dickere Fettlagen unter ihrer Harn
führen ; nördliche Nationen beachmierea sieh initittkt-
mXssig mit Fett , nicht J>los der Erwärmung halber,
sondern aucli um durch Behinderung der Hauttraoi-
spiration die Fettgenesis zu mehren. Mit Wasle^
dampf gesattigte Luft (England, Holland, verschie-
dene Ipiseln) macht fett; Lerchen und Ammern soa-
dem bei nebligem Wetter mehr Fett ab(C anstatt).
dy Einfluss der Urinseeretion, Aus Tiede-
m a n n ' s und G m e 1 i n * s Versuche (mehrtägige FQt-
terung eines Hundes mit Butter) und Lehmann's
Erfahrungen (im Harne Schwangerer butterahnliches
Fett, bei lentescirendem Fieber Fetttröpfcheo im
Urin) glaubt Vf. schliessen zu dürfen, dass, wenn za
viel Fett im Blute, die Nieren dessen Absouderung
mit Übernehmen.
e) Einfluss der hydrämischen Blutmischung,
Häufige Aderlasse mit Ruhe und guter Nahrung be-
günstigen das Fett werden (Haller), wahrscheinlich
werden auch deshalb Phlegmatische fetter.
f) Einfluss mechanischer Einwirkungen auf
Fettbildung. Durch Schlag und Druck sollen Lipome
entstehen (Rokitansky), und Verfettung des Un-
terleibes sei durch Hautfrictionen gehoben wordeo
(Z acutus Lusitanus).
Cap. IV. Folgen der Fettablagerung im R^
per, besonders der pathologischen. Als solche be-
handelt Vf. 1) i\\e physikalischen Eigenschaften des
Fettes. Als schlechter Wanneleiter setzt es alln-
feiste Personen im Sommer einer unerträglichen Hitze
aus; hindert die Muskeln und passiven Bewegungs-
organe in ihrer Functionirung ; stört innere Orgaoe
(Herz, Baucheingeweide, Ausführungsgange) durch
Raumwegnahme und Druck. — Chemische Eigeih
Schäften, Sowohl das Fett der Nahrungsmittel, als
das bereits im Körper abgelagerte dienen der Respi-
ration (L i e b i g). Hungernde Thiere athmen fort,
aber magern ab. Ein fettes Schwein , durch einen
Bergsturz verschüttet, lebte 160 Tage ohne Nahrung
und verlor dabei 120 Pfd. an Gewicht (TransaeL of
tlie Linn. Soc). Vf. folgert daraus , dass das Fett
mit Hülfe des Stickstoffs der atmosphärischen Lull
(Davy), auch zum Ersätze der Übrigen Gewebe die-
nen könne. Von chemischer Seite kann demDacb
übermassige Fetterzeugung nie dem Organismus Scha-
den bringen , ausser etwa , dass das Fett des Blutes
die Bespiration stören könnte [!] , wohl aber ntttzeo,
well es die Respiration u. vielleicht auch bei Nabrangs-
manyl die Ernährung erhalten könnte. — Ueber den
Einfluss des Fettes auf die Zellenbildung. Ascher-
s 0 n ' s Entdeckung der Hymenogenie und Membrana
haptogenea würde nach des Vfs. Drtheile genügen,
denselben zu constatiren und sogleich zu erküren,
wenn er nicht in dieser AdhlsionserscheiBung die
der Zelle nöthige Lebenskraft vermisste. Für die
Entstehung ier FettgesekwiUsie in Folge OMchtni-
I. Medicioische Physik, Chemie u. BoUoik.
149
scher EiDwirkaagen glaaht Vf. die BrklXiting voni^
hett BQ iDAsseii, da«« dadurch die Nerven mechaniach
gereixl und so den Httasigen Theile des Zellgewebe«
eine grossere PlasticilSt ertheilt würde, worauf denn
mitlels des Lebenprocesses die Zellen Feit abson-
derten. —
Der zweite oder spedelle Theil der Disserlalton
behandelt das pathologische Feit, wie es vorkommt :
A. in den FlOssigkeit'en des Körpers ; B. in den Fest-
theilen und zwar 1) im Panniculus adiposus; 2) in
der Snbotani der dbrigen Organe vertlieilt; 3) an
der Stelle normaler Substanz in den Organen ; 4) in
abnormen Neubildungen.
Der Vf. bespricht auch hier in den meisten Capi-
tdn weniger den Entstehungsprocess , als vielmehr
einfach das pathologische Vorkommen des Fettes Ober-
haupt
A. Das Fett in den Flüssigkeiten des mensch-
ticken HSrpers, — In den yerdauungsflüssigkeiten,
d. h. Speichel und Galle. Im Speichel, worin das
Fett im normalen Zustande (Tiedemann und
Gmelitt, Frz. Simon) in geringen Mengen [nach
Lehmann flbrigens nur 0,0403% fettsaures Kali
im Parotidenspeichel des Pferdes] vorkommt , mehrt
es sich [natttrlich] bei Mercurialsalivation. — In der
Gaue ist nach Berzelius' Analyse Cholesterin,
Seroh'n, Margarin- und Elainslure. Die Vermehrung
der Cholesterine, als zur Bildung der Gallensteine
beitragend, ist die pathologisch wichtigste. Auch
entscheiden sich Krankheiten, besonders Icterus,
bSofig durch Hlcale Fettabsonderung {^Kunzmann
in flu fei. Journ. 1821).
In den Emährungsflüssigkeilen : Chylus , Blut,
Lymphe. Der Chylus enthalt immer, je nach der
Art und Menge der genossenen Nahrungsmittel, mehr
oder weniger FetltrOprchen suspendirt. Sobald er
zu viel enthalt , entsteht ein pathologischer Fall [wie
aber, da Boussinganlt's Versuche an Enten und
die von Schmidt, Bidder, Lenz an Kalzen ge-
zeigt haben , dass nur eine bestimmte Quantität von
Fett in bestimmter Zeit vom Darme aus resorbirt, der
Ueberschuss stets durch die Fäces abgeführt wird ?].
Ein solcher Fall sei ohne Symptome, weil die Materia
peccans noch uiclit ins Blut eingelreleji ; das Fett
aber würde, weil es diesen Weg nehmen müsse, auf
diese Weise gewiss oft Kranheitsursache. — Im
Bbüe kämen im normalen Zustande bekanntlich we-
nig neutrale Fette vor; aber einen pathologischen
Zustand, Piarhämia [I], gebe es, wo Fetttröpfchen
im Serum suspendirt seien, ein Zustand , der beson-
ders im Resolutionsstadium grosser pneumonischer
Bzsudate eintrete; das Serum habe dann ein milch-
arliges Aussehen (Zanarelli, Bertazzi, Le-
canu, Traill). Virchow beschreibe eine an-
dere Art des Auftretens von Fett im Blute, in den
letilen Schwaugerschaflsmonaten , wo es chemisch
nichl gebunden und doch ftlrs Mikroskop unsichtbar
Mi. — Die JLyjMpAe entbult» ausser in krankhaften
ZusUtnden (namentlich bei der Resorption von Exsu-
daten), gar kein Fett (Gmelin).
Das Fett in den Flüssigkeiten, welche der Sen-
sation und der Bewegung dienen. Im Sehleime,
z. B. dem normalen der Nase , sei kein Fett enthal-
ten (Berzelius); dagegen finde es sieh darin in
entzündlichen Zustanden der Respiralionsschleimhaut
(Simon)I — - Die Hautsalbe, deren normale Mi-
schung wenig gekannt, flnde sich im Ganzen und be-
sonders ihr Fettgehalt, in den Zustanden vermehrt,
welche man Seborrhagia und Ichthyosis sebacea
(Wilson) nenne; z. Th. krystallisirt sei das Fett
der Hautsalbe in den Comedonen.
In den geschlechtlichen Flüssigkeiten: in den
Graafschen Follikeln und in der Milch. In ersteren
kommt Fett nur abnormer Weise entweder in Form
körniger Zellen (Reinhardt) u. bei der Entartung
in Cysten als flüssiges Gel und krUmliche Masse (C.
A. S. Schnitze), oder als schmieriger Talg in Ge-
stalt erbsengrosser, faceilirter Kugeln (Rokitansky)
vor; in der Milch als Butter, deren Quantität von
der Art und Menge der aufgenommenen Nahrungsmit-
tel abhingl (Simon): abnormer Weise in Form kör-
niger Zellen, Colostrumkörperchen (Donn^).
Excretorische Flüssigkeiten: Schweiss, Urin.
Im Schweisse: Spuren eines buttersiiurehaUigen Fet-
tes (Simon); im krankhaften , namentlich colliqua-
tiven Schweisse soll Fett enthalten sein, wenn es
nicht von den Follicnlis sebaceis herrtthrt. Im nor-
malen Harne kein Fett; im kranken oft auf der Ober-
flache aufschwimmend (EUiotson und Bache-
toni); mit Hülfe des Mikroskops sei es auch in Form
von Tröpfchen zu entdecken ; oder in Übrigens nor-
maler Mischung mit Albumin und CaseTn vorhan«
den. —
ß. Das in den festen Theilen des Körpef*s
krankhafter fVeise abgelagerte Fett.
1.) Im Panniculus adiposus und andern Theilen
des allgemeinen Zellgewebes. Die rein hypertro-
phische Ablagerung bildet flebergUnge von gewöhn-
licher fetter Constitution bis zur sogen. Polysarcia.
Auch giebt es eine locale Hypertrophie, Lipoma diffusum
(C hei ins), ohne Abkapselung. — Ablagerung qua-
litativ abnormen Fettes kommt nur zu Stande durch
Vorwiegen des einen ßcstancllheils, des ElaYns oder
Margarins ; im ersteren Falle ist es zu flüssig ; so soll
es sein bei Carcinom , Osteoporose , Osleomalacie,
der senilen Rigidität der Arterien ; im letzteren Falle
ist es dagegen zu fest, so nach dem Vf. bei jungen
Saufern mit Fettleber.
2) Die pathologische Fettdurchsetzung der
Substanz der übrigen Organe. Beschreibung der
ffussern Erscheinung der Fett- u. tVachsleber; un-
ter dem Mikroskope erscheinen die Elementarorgane
mit Fetttröpfchen durchsetzt, und die erkennbaren
Parenchymzellen mit Fett erfüllt. Die Fetlleber bei
„Pbthisikern und andern Tuberkulösen'* erklare sich
150
I. Medicioisehe Physik, Chemie u. Botanik.
leicht durch die gehinderte WaiBerstoflOiaiseheidung
(Andral); Rokitansky verwirft diese Erkll-
TUBg, weil Fettleber audi bei Darm-, Drüsen- und
Knochentnberkulose vorkomme. Bei Säufern rUhre
sie vielleicht von vermehrter Zufuhr von Wasserstoff
und Kohlenstoff her. — Von der Fettinfillration des
Pankreas gilt dasselbe. — Feitnicre ist ebonso häu-
fig; Rokitansky*« Hypertrophie der Felthaut sei
eine wirkliche Durchsetzung der Nierensubstanz selbst
mit Fett» wie sich aus seiner Beschreibung ergebe.
— Hierher recheet Vf. noch die fettige Durchsetzung
der Mtukeln uod Nerven nach langer Ruhe. An
Herzen beginne dieselbe zwischen der Muskelsubstanz
und dem innern „Sacke** des Pericardium ; bei den
willkürlichen Muskeln schreite sie vom Perimysium
gegen das Centrum vor. Bei den Nerven sei das
Neurilemma der Sitz der Fettablagerung (G. A. S.
Schnitze).
3) jiblagerung von Feit an die Stelle normaler
Substanz, Die fettige Metamorphose der Drüsen,
Muskeln, Knocken beschreibt Vf. kurz nach Roki-
tansky, vorher bemerkend , dass der Umwandlung
der einzelnen Gewebsatome in Fetl eine fettige Durch-
setzung vorausgehen müsse, die Scheidung beider
(nach Rokitansky, Ganstatt, Virchow) so-
mit keine bestimmte Grenze habe.
4) FeUkaUige Neubildungen (meist Ge-
schwülste), Vf. giebt die gewöhnlichen Beschrei-
bungen von Lipom, Atherom, Cholesteatom ; unter
dem Namen Gypsosteatom begreift er nach seines
Vaters (C. A. S. Schnitze) Vorgange die als Fer-
kreidungen bekannten Bildungen aus Fetl und Kalk,
in welche sich verschiedene Exsudate in verschiede-
nen Geweben umsetzen.
Die ffomehenzUlent Aggregate von Fettkörnchen,
sogenannte Enlzflndungskugeln , sinü nach Rein-
hardt der regressiven Metamorphose angeliOrig. Die
Art ihrer Entstehung ist folgende (Reinhardt). In
normalen oder auch pathologisch in irgend einem Ex-
sudate, in der Form von Eilerkörperchen entstandenen
Zellen werden ProleinmolekUle durch Fett in Form von
Körnchen ersetzt; der früher sichtbare Kern wird
bedeckt. Die Zelle wachst, die Feltmolckule meh-
ren sich ; endlich geht die Zelle unter, und jene Ag-
gregate theiien sich in einzelne Körnchen oder Tröpf-
chen.' Dieser Hergang findet Statt in der Brighl'-
schen Krankheit , bei der Granularentartung der Le-
ber, hei den Epithelenlartungen in den Milchkanal-
cben (Golostrumkörperchen) , in den Hoden der
Greise , bei Krankheiten der Lymphdrüsen , auf dem
Pleuraepithel , so wie auf der Lungenschleimhaul in
den meisten Psiten von Pneumonie im 1. Stad. , in
den Lungenzellen bei der gelatinösen Infiltration
tuberkulöser Lungen, bei leichten Katarrhen der
Darmschteimhaut, auf dem PeritonSum bei Hydrops,
in den Gntaracien , in den farblosen Blutkörperchen
in einigen Krankheiten (Virchow). Auch in den
Elementarorganen „palbologisdier Gewebe'* kommen
dergteiehoa HttimorphoMn vor, &• in ien lliterkör-
perelien, in GoHoidmassen , in Tuberkeln , im Onr«»»
nöm, besonders dem Caroinoms retic«ltre (Rein-
hardt, Virchow).
Das Vorkommen dieses Processes unter so ver-
schiedenen Verhaltnissen veranlasst Vf. , folgende 3
Fragen in stellen , um sie tum Theil abweichend von
den Auteren zu beantworten.
1) Was für Zellen können die fettige Umwand-
lung eingehen ?
3) Unter welchen Bedingungen geschieht das und
nach welchen Gesetzen u. in welcher Weise erschein!
das Fett in der Zelle?
3) Welchen Einfluss hat die fettige Metamorphose
der Zelle auf das Leben derselben und auf das Leben
des Organs, in welchem sie vor sich geht.
Ad 1) Alle Elementars4dlen können unter gewis-
sen Bedingungen in KOrncbenzellcn umgewandelt wer-
den (Virchow u. Reinhardt).
Ad 2) Virchow findet die Bedingung der Ent-
wicklung voreflglicb geknüpft an das Quaatum des in
in den Zelienreum aufgenommenen Mnterials. Vf.
findet in der Quantität eher ein Symptom der bereits
begonnenen Entwickhtng, als die Bedingung daiu;
und sucht letzlere in der verschiedenen Natur und
Entstehnngszeit der Kerne. Woher es komme, dnss
das Fett in Zellen erscheine, wissen wir nichl; ke«*
nen nur die allgemeine Norm der Umwandlung thieri-
sdier Flüssigkeiten , nSmlich dasi dieselbe abhüngig
ist von einem chemischen Gegensätze zwischen Zel*
leninhalt und Blastem, „vermittelt durch die lebende
Membran der Zelle." — Warum in Körnchenformt
möchte Vf. auch noch erklaren. Es brauchte, nach
ihm, dieses graniforme Fett im lebenden Körper nicht
fest zu sein ; das Zusammenfliessen würde durch die
Eiweiss- oder GaseYnhülIe verhindert.
Auf dreifache Weise nun kann das Fett in Zellen
erscheinen (Virchow):
a) Von aussen her resorbirt, d. h. inßltrirl,
Virchow leugnet das Vorhandensein dieser Entstc-
hungsweise. Dergleichen infillrirtes Fett erscheine
nämlich nicht feinkörnig, sondern bilde Tropfen von
verschiedener, oft bedeutender Grösse, welche allmä-
lig confliiiren. Vf. gesteht die Richtigkeit der Beob-
achtung zu, glaubt jedoch , dass das Zusammenflies-
sen durch die sofortige Bildung der Proteinhülle ver-
hindert werden könne ; die Beobachtung selbst an-
langend , so habe Vf. in derartigem Blastem oft grös-
sere und kleinere Fettzellen ausserhalb der bereits
gebildeten Körnchenzellen gesehen.
b) In Zellen präformirtes Fett werde frei m
demseliben. Auch diese Art der Fetibildung giebt
Virchow nicht zu. Allein es ist zu bedenken, diss
mit den Proteinsubstsnzfe« ausser F«tt ««cfa Kalktttse
verbunden sind , und dass dna Protein in einen IIb**
lidien Eitractivsloir sich «vnrwtndetai jMum, dem die
I. MedioinitdiA Pkjnk» Gliaime u. Botanik.
l&l
iaiksdani Mfhivfti ktfimin ;
so worde das ilell allein
t
Vircbo W beruft sich zunächst darauf, dass das
auf diese Weise oiedergeschlagene Fett ebenso leicht,
aU der Extractivsloff resorbirt werden könne. Diese
Ndglichkeit beweist nicht die Ifothwendigkeit des
Vorgangs ftlr alle Falle. Einmal in feste Körper nie-
gergescblagen , scheint das Fett nicht wieder durch
Etosmose aus den Zellen abgeschteden werden zu
können, und oft werden in des granuHrten Zeflen
neben Fett noch Kalksalze gelinden.
Vircbow*s anderer Beweisgrund beruht auf 3
Fallen, wo nicht so viel Protein zugeführt werden
konnte» dass alles Fett dadurch ausgezogen wurde.
Daraus folgt, nach VL, blos, dass dort der Granu-
lalionaprocesa auf andere Weise vor sich gegan-
gen sei.
«) In der l^roteinumBetiung» d. h. der Netanor-
phose des Inhalts der Zolle seibat, auokc Virchow
die einzige Quelle der KOrnchenzellenbildung. Vf.
widerspricht dem und glaubt in Vorstehendem den
Beweis der Möglichkeit der Bildung auf allen drei
Wegen gegeben zu haben. —
Ad 3) Anch im 3. Punkte, in Betreff der Geltung
der KOmchenzdle für dos „ Leben" des Theiles , in
welchem sie anflritt , glaubt Vf. der Meinung von V.
Mid R. widersprechen zu mttseen , welche diese Bil-
dung für ein Product der retrogaden Metamorphose
hallen, wahrend Vf. ihre Function fyr eine plastische
nnd swar ,Ms zum £xcess gesteigerte* ' plastische
aBsieln. Denn bei der Aufnahme von körnigem Fette
erlangen die Zellen das 3 — ifache Volumen. Wenn
sieh WEin anch abgestorbene Zellen in einer dannern
FIflssigkeit ausdehnen, so tliun sie es doch nicht ums
Dreifache; ja Reinhardt bewies für diesen Fall
selbst, dass die Membran der Rörnchenzelle nicht
mechanisch gespannt sei. Folglich erlangen die Zel-
len, nach ihrer ursprunglichen Function, durch orga-
nisches Wachsthum der Membran ihre ausgezeichnete
Grösse.
Baeh Ubist sich nicht leugnen, daaa das letale
Ae^itat der fettigen Metamorphose der Einaalaette
eine Zerstörung des hetreilenden Organes sein könne,
wieichea die Zellen frOher xttsammei^eizten ; nur bil-
ligt Vf. nieht die Reinhardt'sche Art au sobliea-
sea : weil %. B. der Graafache Follikel in der Rikck-
bildiiDg begriflhi sei, könne er auch woU nur RUok-
Inldungrfonnen von Zellen enthalten. VL erläutert
seine Ansieht dwroh einen Ver^leieh mit der AnOösung
eines Staates , bei welcher das fiinzelindividaum un-
beeinträchtigt bleibeui sogar gewinnen könne. —
Schltlsalich fasat Vf. seine Ansichten tlber Fett-
bildung, insofern sie zum Theil ^n Andern ab-
weichen» in folgenden 11 Hauptsätzen zusammen:
I) ikns fiatthskigen NnbrangamiUehi geht das Fett
nl« neHMles in der Gestalt von Tropfen ebensowohl»
ate k itvneifter Form in den Ghyloa «her.
2) Ans nichAfetligen • stickatoWosen Nahrung»-
railteln kann im gesunden Thierkörper Fett erzeugt
werden.
3) Eiweiss und andere Proteinsobstanzen vermag
der gesunde Organismus nicht in Fett zu verwan-
deln.
4) Im kranken Mensehen können Proteinsubstao-
%%^ in Fett verwandelt werden.
5) Die FeitaMagerung in den Urperoi^pnen
hangt zum Tlierl ve« der Function der Leber ab,
vrelche in 4er Galk das Fett dea PfortaderWulca an^
sehetuet.
6) Den hauptsHchlichslen Einfluss auf die Zurück-
haltung oder Ausscheidung des Fettes aus dem Blute
haben die Respiration und Transspiration.
7) Das aut den Nahningsmitteio aufgenommene
nnd im Körper abgelagerte FeU dient vor Allem der
Beapiretion , zmweilen auch zur Ernährung der (Ibrir
gen Organe.
8) Zur Zellenbildang selieint das Fett viel beizu-
tragen.
9) Zwischen der feUfgen Durchsetzung der Or-
gane und der fctlmetaTOorpliose der eigentlichen Ge-
webe dieser Organe lassen sich keine bestimmten
Grenzen festsetzen.
10) Üie V«J*^r4id^.^gsbildungen stellen die rück-
schreilen4e U^^wandiung vieler abnormen Neubildun-
gen dar.
11) Die Umwandlung der Zellen in Körnoben-
aellen ist keine regressive Metamorphose. —
Schade, dass dem Vf. die neuern Untersuchungen
von ßernard, R. Wagner, ßidder u. Andern
unbekannt geblieben zu sein scheinen. (U h I e.)
91. Zur Eiterfrage; von Dr. G. Zimmer-
mann. (Pr. Ver.-Ztg. 46. 1851.)
VL zieht gegen „die Hypotheae der Zellcnneubil-
dung in Exsudaten'' zu Felde und setzt an ihre Stelle
die andere Hypothese, daaa der Eiter ond andere zel-
lenbaltige fiisndate weiter niclita aeien, aU modificir-
tes BlMt^sma, nel^l farblosen und entfilrbten» oder
noch hämatinbaltigen Blutblaschen. Um dieselbe zor
Theorie zu erheben * verspricht er in spateren Arti-
keln „Andeutungen und Beweise« dafür zu geben,
dass:
1) ein Theil der entzündeten Gaptllaren und klei-
neren Gef^sse sich erweitere, mit der Zeit ihre Wände
zerstört werden, und ihr Inhalt zusammenfliesse ;
2) die gefürbten von den farblosen Blutkörper-
chen in den erweiterten Capillaren sich trennen , so
dass diese fast nur mit letzteren erfüllt sind, wahrend
die dazwischen liegenden gefilrb^Blaschen sich zum
Theil entfärben. — jgitized by vjOO^IC
Vf. beginnt mit dar Behauptung, daaa er frflbar
162
IL Anatomif u. Phytiologie.
(Pr. Ver.-Ztg. 9. 11. 1848) bewiesen habe, dass
aus hypotbeliscli formlosem Exsudate keioe neuen
Zellen sich bildeten , und anderwärts (Arch. f. phys.
Heilk. Uft.2. 1848) gezeigt habe, dass überhaupt von
formlosem Exsudate in einer Wunde keine Rede sein
könne. Vielmehr überwiegen darin anfänglich die
gefärbten Blutbläschen, die freien Kerne sind sehr
sparsam, zahlreich die farblosen u. die jungen, noch
ungefärbten Blutkörperchen. Im Verlaufe „der Ent-
sttttdttttg'' erlangen die farblosen Blutgebilde das
Uebergewicht. Die gefilrblen BlutbiUschen sind theils
entfärbt und damit kuglig geworden , theils noch bi-
concav und hämatinhaltend. Die bis zum Schlüsse
der Wunde vorhandenen Kernzellen sind nicht von
den farblosen Zellen des Blutes zu scheiden. Den-
noch soll ihr Ansehen verralheu , dass sie in regres-
siver Metamorphose begriffen sind, u. diese sehr ver-
schieden sein von der, welche die farblosen Zellen
im Blute selbst erleiden. Freie Kerne sind vorhan-
den , wie im Blute ; von einer Entstehung derselben
im Wundsecrete ist nichts zu entdecken.
Ohne Untersuchung des Blutes, aus welchem das
Exsudat stammt , und ohne sehr genaue Exploration
der Gefässe ,^ die jenes liefern , könne man nicht be-
haupten, ein zellenhaliiges Exsudat (Eiter) sei ur-
sprünglich ganz formlos gewesen ; andererseits haben
die Mikroskopiker stets zu beweisen unterlassen , dass
während des Eilcrungsprocesses die Gefässe unver-
sehrt blieben. Plasma endlich sei ein rein ideeller
Begriff, Niemand habe es gesehen. Niemand analysirt.
In jedem faserstoffhaltigen Serum seien Zellen sus-
pendirt.
Der übrige theil des Aufsatzes enthält Angriffe u.
zum Theil förmliche Invectiven gegen „die gegenwär-
tigen Machthaber der Mikroskopie und pathologischen
Anatomie'', wie sich Vf. auszudrücken beliebt«
Virchow z. B. berufe sich in seiner „Krebs-
arbeit*' für die Fälle , wo bei Krebsen kein primäres
Exsudat zu finden war, auf das anderweitig gefundene
Gesetz des Vorkommens desselben. Ein derartiges
Gesetz ist nach Z. reine Hypothese. Z. beklagt sich,
dass man seine Kritik der neuesten Untersuchungen
aber Entstehung der Zellen in Exsudaten ttberhört
hat. Werde doch auch noch tuberkulöses Exsudat
mit progressiver Entwicklung von Tuberkelkörperchen
angenommen (T|.
Man habe den Vf. belehren wollen, dass in Blut-
gerinnseln sich Bindegewebe bilde und dass die ge-
schwänzten Zellen daselbst nicht aus farblosen Blut-
zellen entstehen. Allein die Blutcoagula seien nie
frei von farblosen Blutkörperchen , welche als Kern-
lellen zn jeder formellen Entwicklang befthigt sind.
Die 2ellen aber, aus denen die geschwänzten entste-
hen, sehen in frühem Stadien der Entwicklung farb-
losen Blutkörperchen ganz gleich. Jene „belehrende
Autorität" (Virchow) habe übrigens im Pfortader-
blute einmal gescbwänzle Zellen gefunden und dort
könnten sie doch nicht anders, als aus farblosen Blut-
körperchen entstanden sein.
Vf. entsetzt sich ferner über Virchow^s Defini-
tion der Entzündung, nach welcher diese eine Stei-
gerung der bei der Ernährung geschehenden Vor-
gänge, der Exsudation und Resorption, sein soll. Er
nimmt zunächst Aulass, die Existenz einer bei der
Ernährung vor sich gehenden Resorption zu bezwei-
feln ; wie solle z. B. bei den Epithelien, welche in so
ausgebreitetem Maasse consumirt werden , etwas zu-
rück ins Blut treten? Ferner: würde behufs der Er-
nährung continuirlich Plasma exsudirt, so mttsste,
obiger Ansicht zufolge, auch jedes bei der Entzün-
dung gesetzte Exsudat faserstofflialtig sein.
Als mrsslungene Auffassung V i r c h o w's bezeich-
net Vf. endlich die Darstellung, wornach primäre Ge-
webselemenle in Drüsen, Knochen u. s. w. vollstän-
dig untergingen, um z. B. krebsigen Exsudaten
„Platz zu machen,** Es seien \m dergleichen Pro-
cessen vor Allem die Art des Exsudats , der Druck.
welchen es auf die Gcwebselemenle ausübt , die Be-
schaffenheit derselben in Betracht zu ziehen. Ebenso-
wenig gelungen dürfte es n«-ich dem Vf. bezeichnet
werden , wenn structurlose Exsudate , deren chemi-
sche Eigenschaften von denen der Proteinkörper
durchaus verschieden, als Beweise hingestellt wür-
den, dass die Exsudate anfangs stets formlos sind u.
durch ihre „Differenzirung*' erst Zellen entstehen. —
Obgleich nun alle Elemente , welche wir in Ex-
sudaten finden, im Blute schon vorhanden sind, oder
wenigstens die im Blute vorhandenen zu den Formen
sich entwickeln können . welche wir später in Exsu-
daten treffen . so giebt doch Z. allerdings zu , dass
der specialisirtc empirische Beweis für seine Hypo-
these, wie z. B. die Zellen sich vom Blute abscheiden
und aus demselben frei werden, schwer za fuhren ist.
Die Untersuchungen der „entzündeten" Froschhaut
lehren nicht viel, weil im Blute der Frösche die ge-
färbten Blutkörperchen kernhaltig und grösser sind»
als die farblosen Zellen , u. weil bei ihnen zur Exsu-
dation und Eiterbildung es gar nicht kommt 3 sie leh-
ren nach des Vfs. Ansicht nur so viel , dass die Ca-
pillaren sich nach und nach mit farblosen Blutzellen
anmilen, respective die unter ihnen befindlichen
gefärbten Zellen sich entfärben. (Uhle.)
IL Anatomie und Physlologie#
92. Ueber einige lodilcationen des Genich-
Sinns ; von B. Fröhlich. (Sitzungsber. der k. k.
Akad. d. Wissensch. in Wien. Math, naturw. Kl. VI. 3.)
Vf. machte seine Beobachtungen bei einer mit
Dr. v. Lichten fei s und Andern längere Zeit fortr*
gesetzten pharmakodynamischen Arbeit» nnd haben
n. Anatomie u. Physiologie.
153
dieselben einen um so grAssern Werth , da dae ttber
das Gerachsorgan Vorhandene kaum ttber das Bereich
der Anatomie desselben, der Beschreibung einiger
Experimente und pathologischer Zustände und etwa
einige allgemeine Betrachtungen nber die Riechstoffe
selbsl hinausgeht.
Das Geruchsorgan wird bekanntlich vom N. olfact.»
der den reinen Geruehsempfindungen vorsteht, und
den Nasenästen des Trigeminus, die die GeßkU-
empfiiiiungen vermitteln, versorgt Die Prüfung des-
selben muss daher in dieser sweifachen Richtung
vorgenommen werden. Zu dem Zwecke ist es nd-
thig, die Gerüche (die verschiedenen riechbaren Sub-
stanzen) in 2 Klassen einzulheilen.
1) In solche, welche retneGeruchseindrOcke be-
wirken , duftende Gerüche (die meisten atherisrhen
Gele, Harte, Balsame u. a. w.) und keine Reflex-
bewegungen hervorrufen.
2) In scharfe Riechstoffe, die neben der Geruchs-
empfindung, vermöge ihrer chemischen Eigenschaf-
ten, noch eine grössere oder geringere Irritation der
Nasensclileimhaut und mithin Reflexbewegungen ver-
anlassen (Chlor, Brom, Jod, SenfOl, Meerrcttig
0. s. w.)
Vielleicht könnte man noch eine 3. Klasse anneh-
men, die keine eigentliche Genichsempßndung, son-
dern nur GefÜhlseindrUcke bewirkt, und als deren
Repräsentanten Vf. die Kohlensaure betrachtet.
Vf. bediente sich , ohne auf die von vielen Auto-
ren versuchten Eintheilungen weiter Rücksicht zu
nehmen , nur einiger weniger Gerüche , die er nach
ihrer Aehnlichkeit so zusammenstellte, dass die betref-
fenden Mittelglieder der grösseren Reihen nur mit
einiger Aufmerksamkeit, die entfernteren Endglieder
aber durch ihre grell verschiedenen Eindrücke selbst
von dem Ungeübtesten unterschieden wurden.
Aus der eriten Klaase ordnete er 6 verschiedene
Reihen.
1) Gl. aeth. Terebinth. ; Juniperi ; Cajeputi ; Cu-
mini; Carvi.
2) Gummi Ladanum; Styrax; Resina Guajaci;
Balsamum peruvianum; Resina Benzoes; Vanille.
3) Ol. Rosmarini ; Lavendul. ; Orygani ; Thymi«
4) Ol. Aurantior. ; de Bergamo.
5> Hb. Patchouli ; Valeriana celtica.
6) Knoblauch ; Asa foetida ; Schwefelkohlenstoff.
Aus der zweiten Klasse der Riechstoffe benutzte
er die Essigsaure und das Ammoniak.
Ausserdem wurden noch folgende Riechstoffe: Ol.
caryopliyllorum ; Ol. cinnamomi ; Iris florenlina und
Moschus angewendet, die sammllich weder in eine
der angeführten Reihen der 1. Klasse, noch unter
Bb4. Jakrkb.nd. TS. Un. i.
sieh geordnet v^erden konnien, und gewtssermaassen
die Uebergangsgiieder der 1. zur 2. Klasse bilden.
Es wurden nie alle Reihen nach einander geprüft,
da sonst Ermüdung eintrat, die das Urtheil ungemein
schwächte, und es musste unter den in Gehrauch ge-
zogenen selbst eine gewisse Reihenfolge eingehallen
werden , da einige derselben einen so heftigen Ge-
ruchseindruck hervorbringen , dass das Geruchaorgan
für längere oder kürzere Zeit zur Perception anderer
Gerüche völlig untauglich wird. Besonders gilt dies«
von Ol. caryophyll. und cinnamomi, weniger von Va-
leriana, am wenigsten von Iris. Die Methode des
Versuches bestand einfach darin , dass die genannten
Riechstoffe , um aie von ziemlich gleicher Intensitll
herzustellen, mit einer hinreichenden Menge Amylum
verrieben in kleinen Probefläschchen dem Experimen-
tator, nachdem derselbe die Augen geschlossen, vor*
gehalten wurden. Man ging von grössern Distan-
zen allm«1lig zu kleinern über und berflcksichligle so-
wohl die Entfernung, als die Zeit» welche der Ezp.
zu Fällung seines Unheils btMhirfle. Denn es zeigten
sich hier Modificationen in Bezug auf Qualität (die
Angaben fielen unrichtig aus) und Intensität (die Ge-
ruchseindrücke wurden gar nicht, oder nur schwach
empfunden). — Diese Modificationen wurden auf dop-
pelte Art hervorgerufen. 1) Durch Wasserinjerlion
in die Nasenhöhlen, ausserlirhe Anwendung des Mor-
phium, Slryohnin, um das Geruchorgan durch Örtliche
Eingriffe in seinen Functionen zu heeiiitrachligen,
und 2) indem durrh einen leichteren Grad einer attr-
gemeinen Fergißung iler betreffende Sinnesnerv in
Mitleidenschaft versetzt wurde.
A. Directe F er suche. Einspritzungen
mit Wasser von 20<^ C. Diese Injectionen, bei
denen man die ganzen Nasenhöhlen mit Wasser an-
füllen kann , ohne dass das Wasser in den Schlund
hinahlliesst, wurden nach E. II. Weber*« Methode
ausgeführt und erregten nur einen leisen Schmerz in
der Gegend der Stirnhöhle und der hinlern Flache
des weichen Gaumens. Nach Entfernung des Was-
sers war Vf. für kurze Zeit, höchstens Y^ Min., für
alle Geruchseindrücke, selbst für Essigsaure irad Am-
moniak, unempfindlich; das Gemchsvermögen kehrte
zwar bdid zurück , blieb aber längere Zeit etwas ge-
schwächt.
Bei Lichten feie wnhrte die völlige Gernchs-
losigkeil 5 Min., die Geruchsscchwarhe beinahe */|
Std. ; hei einem 3. Experimentator hingegen viel
kürzere Zeit. Vf. erklärt die<<e Erscheinung durch
das mechanische llinderniss von Seiten des Wassers.
E. II. Weher hingegen nimmt an, dass die Zellen
des Cyliitder-Epitheliiims, die im hohen Grade die
Eigenschaft besilKen , das Wasser anzuziehen , diese
Eigenschaft aber verlieren, wenn sie mit reinem
Wasser erfüllt werden , dadurch auf einige Zeil un-
geeignet werden, die Einsaiigung zu bewirken, die
nölhig ist, damit die Riechstoffe von den Nerven per-
cipirt werden« Nach Vf. kann indessen das einge*
20
154
II. Anatomie u, Physiologie.
spritzte Wasser nie so plötzlich und so ganz u. gar
entfernt werden, dass nicht eine Schicht davon in
der Nase zurUckbliebe. Obgleich nun ein gewisser
Grad von Feuchtigkeit zum Riechen nothwendig ist,
so ist doch eine Übermässige als ein den Geruch hin-
dernder ZwischenkOrper zu betrachten. Wenn die
Wasserschicht noch dicker ist, besteht völlige Ge-
ruchslosigkeit , und diese mindert sich nur mit Ab-
nahme dieser Schicht. Die Schwäche der Geruchs-
empfindung scheint nur die Folge einer grössern Ver-
dünnung der Riechstoffe zu sein, selbst Ammoniak u.
Essigsäure werden schwächer empfunden.
Einspritzimgen von mit 10 Th. fFasser ver-
dünntem Alkohol, Bei diesem, ziemlich schmerz-
haften Versuche tritt die Geruchstörung merkwürdi-
gerweise weniger auf. Vf. roch auf kurze Zeit gar
-nichts, bei L i c h t e n f e 1 s war aber der Geruch nur
so geschwächt , dass er in den ersten Augenblicken
nicht deutlich Ol. lavendul., auranlior. , de bergamo,
valerianae u. s. w. unterscheiden konnte. Bei beiden
Exp. kehrte aber die normale Schärfe des Geruchs
sehr bald zurück , ja sie waren für manche Geruchs-
eindrücke sogar empfänglicher , als im normalen Zu-
stande. Essigsäure und Ammoniak wurden ebenfalls
nach ganz kurzer Zeit sehr gut gerochen.
Unmittelbare örtliche Vergiftung durch Mor-
phium. Vf. schnupfte innerhalb 1 Std. 5 Ctgrmm.
mit Zucker verriebenes essigs. Morphium und sorgte
dafür, dass der darauf reichlich abgesonderte Schleim
weder durch die Nasenlöcher, noch durch die Ghoa-
nen abfloss. Der Geruch war nur wenig geschwächt,
Ammoniak wurde zwar nur wenig empfunden , aber
die meisten reinen Gerüche ganz gut unterschieden,
doch verging mehr Zeit, bevor das Urtheil gefällt
werden konnte; nur Ol. thymi und orygani wurden
nicht erkannt, letzteres sogar für Ol. M. pip. gehalten.
Zwei Stunden hatte Vf. eine schwache, dem Gerüche
von frischgesoltenem Leime ähnliche, subjective Ge-
ruchsempfihdung. Nach 12 Std. war keine Spur
einer Intoxicalion mehr zu bemerken.
ümniUettare örtliche Vergiftung durch Sirych-
nin. Vf. schnupfte 1 Ctgrmm. Strychnin mit 1 Grmm.
Zucker vermischt und erhielt das Pulver trotz des
reichlich dadurch abgesonderten Schleimes 20 Min.
lang in der Nase. Er sowohl, wie L., der den glei-
chen Versuch machte, bemerkte schon innerhalb der
ersten Viertelstunde eine auffallende Verschärfung des
Geruchs und nach 50 Min. wurden noch sehr ver-
dünnte RiechstofTe erkannt, die im normalen Zustande
nicht wahrgenommen wurden ; auch wurde die Na*
senschleimhaut viel empfindlicher, Ammoniakdämpfe
wurden schmerzhaft empfunden. Sowohl die Zweige
des Trigeminus, als auch der Olfactorius zeigten eine
gesteigerte Funclionsthätigkeit , und obgleich längere
Zeit hindurch ein profuser Katarrh erfolgte, wobei
jedenfalls auch das Flimmerepithelium grösstentheils
Qusgestossen wurde , so blieb doch das Geruchsver-
mögen ausserordentlich geschärft.
B. Indirecte Versuche, AlkohoL Vf.
und L. genossen innerhalb 2 — 3 Min. 200 Grmm.
einer Flüssigkeit, in welcher 40 Grmm. ah;sol. Alko-
hols enthalten waren; nach 10 Min., als bereits ein
ziemlicher Grad von Betäubung fühlbar wurde , zeig-
ten sich die reinen Geruchseindrücke sehr gut ^ ja
sogar besser als im normalen Zustande, während das
Gefühl für die scharfen Geruchseindrücke abgestumpft
war. Nach 50 Min. wurde das Geruchsorgan auch
für die reinen Geruchseindrücke weniger empfänglich
nnd das Urtheil war ungemein verlangsamt. Obgleich
Reflexbewegungen (Niesen) eintraten , wurden selbst
Ammoniakdämpfe kaum bemerkt.
Chloroform, Das Chloroform wurde bis zur
vollständigen Narkose durch den Mund eingeathroet,
dabei aber die Nasenflügel fest comprimirt, um das
Eindringen der Dämpfe in die Nasenhöhlen zu verhin-
dern. Wenige Augenblicke nach dem Erwachen wa-
ren die Experimentatoren für alle GeruchseindrUcke
mehr oder minder unempfindlich , doch war nur jlas
Vermögen , Gerüche zu unterscheiden , aufgehoben.
Nach kurzer Zeit wurden sie für reine Geruchsein-
drücke sehr empfänglich , Essigsäure und Ammoniak
empfanden sie aber noch ziemlich lange Zeit sehr
schwach. Demnach scheint der N. olfact. nur wenig
und auf kurze Zeit, die Zweige des Trigeminus, eben-
so wie alle Tastnerven, mehr und auf längere Zeil
gestört zu werden. Die grössere Schärfe des Geruchs-
sinnes nach dem Gebrauche des Chloroforms und Al-
kohols dürfte nur eine scheinbare sein, da der Ge-
ruchssinn am allerwenigsten durch diese Narcotica affi-
cirt wird, seine Sensibilität darnach am längsten
erhält und am frühesten wiedererlangt.
Tabakrauch. In Folge des Rauchens einer star-
ken Cigarre wurde bei allen Experimentatoren nicht
die geringste Veränderung der Functionen des Ge-
ruchsorgans wahrgenommen.
Atropin und Datutin. Bei L. brachte das Atro-
pin , das in der Mund- , Rachen- und Nasenschleim-
haut eine bedeutende Trockenheit hervorruft, in einer
Gabe von 5 Mgrmm. eine bedeutende Wirkung her-
vor. Essigsäure wurde gar nicht gerochen , die rei-
nen Gerüche verwechselt und später trat eine voll-
kommene Unempfänglichkeit für alle Gerüche ein, die
einige Stunden anhielt. — Nach einer gleichen Gabe
Daturin konnten nach Verlauf einer Stunde die ver-
schiedenen Gerüche wohl unterschieden, jedoch nicht
näher bestimmt werden , auch war Vf. weniger (ür
Essigsäure und Ammoniak empfänglich. Nach 10
Min. trat diese Geruchsstumpflieit noch mehr hervor,
dass selbst Terebinlhina und Bals. peruv. nicht er-
kannt werden konnten ; völlige Geruchslosigkeit fand
bei ihm nicht Statt. Bei L. wurde der Geruch weni-
ger geschwächt. Es ist daher diese Modification des
Geruchssinnes nicht sowohl einer Functionsverände-
rung des N. olfact. zuzuschreiben, als einer Secre-
tionsstörung der Nasenschleimhaut, die durch die an-
gegebenen Mittel ihres leitenden Zwischenkörpers
des Schleimes beraubt wird. Es kann diess um so
IL Anatomie u. Physiologie.
155
mehr angenommen werden, da auch die EmpfindUeh"
keü der Taslnerven nach Atropin und Daturin nicht
gesekwäeht wird.
Mcrphin, Vf. verschluckte 8 Ctgrmm. u. roch
nach etwas mehr als einer halben Stunde , nachdem
die narkot Wirkung in etwas höherem Grade bemerkt
wurde. Essigsaure aufrallend schwacher u. alienirt, Am-
moniak ebenfalls viel weniger. Die Auffassung der reinen
Geruchseindrtlcke war bedeutend geschwächt. Am
besten wurden noch Hb. Patchouli, Valer. cellica, Knob-
lauch, Asa foetida u. Schwefelkohlenstoff unterschie-
den. SSmmtliche andere Riechstoffe wurden ver-
wechselt. Alle , selbst wenn sie unmiltelbar unter
die Nase gehalten wurden, schienen wie in weiter
Entfernung zu sein. Drei Std. nach dem Beginn des
Experiments halte diese Wirkung ihren Höhepunkt
erreicht, scharfe Riechstoffe wurden gar nicht mehr
empfunden und die reinen sammtlich verwechsek.
Dabei fühlte Vf. weder Trockenheit, noch Schwellung,
noch irgend eine andere Veränderung der Nasen-
schleimhaut. Der N. olfact. war fast vollständig nar-
kotisirt und diess filllt um so mehr auf, wenn man
damit die erwähnten Ortlichen Versuche mit dem Mor-
phium vergleicht, wo nur die Zweige des Quintus u.
zwar in geringem Grade afficirt wurden.
Strychnin. Bei diesen Versuchen wurde jeder
Lnftstrom, welcher zur Verbreitung der Gerüche in
der Atmosphäre beitragen konnte, vermieden. Die
Entfernungen , in welchen gewisse Riechstoffe noch
erkannt werden konnten, wurden wiederholt an einem
Lineale abgemessen und die die Riechstoffe enthalten-
den Flaschchen erst dann geOffnet, wenn sie sich am
Lineale in der Richtung der NasenOffnung befanden.
Das Strychnin hat die merkwürdige Eigenschaft, die
Sensibilität des Geruchssinnes zu scharfen. Vf. roch
in einer Entfernung von 140 Mmtr. noch deutlich
Nelkenöl, L. dasselbe in einer Entfernung von 105
Mmtr. Die Experimentatoren nahmen 2 Clgrmm.
Strychnin lind Vf. machte 30 Min. nach dem Einneh-
men den ersten Versuch. Alle Geruchsempfindungen
wurden deutlicher, prSciser und machten einen äus-
serst angenehmen Eindruck, selbst solche , die sonst
unangenehm oder widerwärtig sind , wie Asa foetida,
Knoblauch. Diese Exaltation und Alienation des Ge-
ruchssinns trat aber, und zwar in noch bei weitem
hdhern Maasse, auch bei der äussern Anwendung
durch Schnupfen ein. Hierbei fand eine ausserge-
wOhnliche, durch 8 Tage andauernde Schleimsecre-
tion Statt und dennoch nahm noch 8 Std. nach dem
Versuche die gesteigerte Schärfe des Geruchs nicht
ab. Dabei war die Empfindlichkeit der Schleimhaut
so gesteigert, dass scharfe Gerüche Sehmerzen be-
wirkten. Nach 24 Std. war der Geruch noch gleich
geschärft.
Gegen sämmtliche Versuchsreihen lassen sich 2
Einwürfe machen. 1) Die Schärfe des Geruchs kann
sehr snbjectiver Natur sein, so dass diese selbst
schwer zu bestimmen ist. — 2) In den Fällen , wo
eine Ortliche Affeclion des Geruchssinnes angestrebt
wurde , kann dieselbe durch eine Allgemeinwirkung,
in Folge der Aufsaugung getrübt worden sein. Auf
den ersten Einwurf erwiedert Vf., dass selbst bei
grosser Uebung Täuschungen leicht möglich sind, und
dass von einer genauen Grenzbestimmung gar nicht
die Rede sein kann, dass aber der Fehler nie so gross
werden kann, dass er die doppelte und dreifache Ent-
fernung erreicht ; auf den zweiten, dass bei den ört-
lichen Versuchen, ausser einem geringen Kopfschmerz,
nichts bemerkt wurde, weder gesteigerte Pulsfrequenz,
noch die geringste Affection der motorischen Nerven,
was auf eine allgemeine Wirkung [?] schliessen liess.
Aus den gesammten Versuchsreihen erhellt:
1) dass der N. olfact. vielleicht unter allen Ner-
ven am wenigsten in seiner Function zu stOren ist.
Die übrigen Sinnesfunctionen wurden mehr oder min-
der alienirt.
2) Die meisten Veränderungen des Riechens be-
ruhen auf Störungen der Mechanik desselben. Gröss-
tentheils wurden dergleichen Störungen durch eine
abnorme Beschaffenheit der Nasenschleimhaut hervor-
gerufen.
3) Der N. olfact. wurde nur durch den inner-
lichen Gebrauch des Morphium und den innerlichen
und äusserlichen Gebrauch des Strychnin afficirt.
4) Die Nasensweige des Quintus wurden leicht u.
fast bei jedem Versuche afficirt.
Subjective Geruchsempfindungen ^ die gewiss
nur höchst seilen vorkommen dürften, beobachtete
Vf. nur ein Mal, nach dem äusserlichen Gebrauche
von Morphium. Auf mechanischem Wege, durch Zu-
sammendrücken der Nasenflügel und plötzliches Auf-
schnellen derselben (Valentin) konnte Vf. keine
Geruchsempfindungen erzielen. (Gramer.)
93. Das Verhalten des Tastsinnes bei Har-
kose derCentralorgane, geprüft nach e. u. pfc-
ber's Methode; von Rud. v. Lichten fels.
(Sitzungsber. d. k. k. Akad. d. Wissensch. in Wien
math.-naturw. Kl. VI. 3.)
Vf. hatte die Idee , das Verhalten des Tastsinnes
unter gewissen Umständen nach der Methode von E.
U. Weber zu prüfen, und fand in dieser ein Mittel,
veränderliche Zustände des Nervensystems zu ent-
decken und deren Ab- und Zunahme durch sichtbare
Linien nachzuweisen. Bekanntlich stellt Weber,
gestutzt auf den isolirtcn Verlauf der Nervenprimitiv-
röhren und auf seine Versuche mit dem Tasterzirkel,
folgende 2 Sätze auf.
1) Wenn 2 Reize einen und denselben Nerven-
faden, aber an verschiedenen Orten, treffen , so ent-
stehen nicht 2 örtlich getrennte Empfindungen, son-
dern nur eine einfache. Ein jeder Nervenfaden ver-
sorgt mehrere Papillen , eine grössere Hautstelle , u.
somit kann man die Hautoberfläche in verschiedene
Empfindungssphären eingctheilt denken, von denen
eine jede zwar Raum genug zu sehr vielen Angriffs-
156
II. Anatomie a. Pbytiologie,
punkten der Reizung darbietet, aber dennocb dem
Bewusstsein nur eine örtlich einfache Empfindung
xufahrt.
2) Wenn 2 Eindrücke (Reize) gleichzeitig 2
Empfiodungsspharen trelTen , deren Durciimeüser sich
experimental ermitteln lässt» so entsteht eine Doppel-
empflndung.
Auf dieaen 2. Salz beziehen aich die Beobachtun-
gen , denen zufolge zwar nicht bestritten wird • dasa
die Möglichkeit des Auftretens localisirter Empfindun-
gen peripherischer Seils von der Existenz der isolirt
verlaufenden Nervenfasern abhangt, welclie aber an-
dererseits experimental nachweisen, dass der Durch-
messer der Empündiingssplilfren eine veränderliche
Grösse hat . weil er noch von den Dispositionen der
Centraiorgane abhangig ist«
Der bei den Versuchen angewandte Taslerzirkel
hatte seinen Drehpunkt in der Mitte ; nach der einen
Seite hin waren die beiden Schenkel in feine, zum
Ablesen der Distanzen an einem Mmtr. Maassslabe
bestimmte , aber auch hier und da bei Fallen grosser
Unempfindlichkeil (bei ßleivergiUnng) dienliche Spitzen
ausgezogen; das andere Sriienkelpaar endigle mit
aenkrecht aufstehenden, etwa 1,0 Mmtr. Durchmesser
habenden Knöpfehen, die, nm die störende Kälte-
empfindung bei Berührung der Haut mit Metall zu
vermeiden , mit einem Guttapercha- Uaulchen überzo-
gen waren. Die meisten Keidiachlungen wunlen an
der Doraalflache des Unterarms etwa 3'' Ober dem
Handgelenke angestellt, theils wegen der Bequem-
lichkeit des Experimenlirens , theils weil hier nach
Weber die Empfindungsspharen schon einen ziem-
lich groasen Durehmesser hahen, und somit Beob-
achtungsfehler leichter vermieden werden konnten.
Attsserilem wurden auch an mehr empfindlichen Stel-
len (Zunge, Vola manus) Untersuchungen angestellt,
die aber nur unsichere Resultate ergaben. Bei die-
aen Versuchen muss man die beiden Knöpfe gleich-
zeitig und gleich alark an die Haut andrücken. Um
den Tauschungen so viel als möglich zu entgehen,
wurde jede Normalheobachtung immer auf dfacfae
Weise vorgenommen. Man ging von den kleinsten
Distanzen der Spitzen ao lange zu grössern aber, bis
eine deutliche Doppelempfindung erschien, näherte
die weit von einander entfernten Spitzen nach und
nach, bis die Doppelempfindung einfach wurde, und
Inderte endlich die Dimensionen bei abgewendetem
Gesichle ganz regellos. Die Versuche müssen Übri-
gens melirere Tage hinler einander wiederholt wer-
den, wobei ea häufig scheint, als wenn die Empfin-
dungsspharen nicht durch scharfe Grenzen von einan-
der getrennt wären, und in der Regel, als hätten die
Zirkelspitzen zwar zwei Eindrücke hervorgerufen,
von denen aber der eine von geringerer Stärke wäre,
als der andere , was doch in der Thal nicht der Fall
ist. Dieser Umstand bedingt schon in den Normal-
angaben Schwankungen , und man muss mit dieaen
bekannt sein, um nichl Reobachtungsfehler für patho-
logische Störungen anzusehen. Folgende Tabelle,
deren Zahlangaben für die Dorsalfläche des rechten
Unterarmes des Vfs. 3^' über dem Handgelenke gel-
ten, macht diess ersichtlich.
Ergebnisse
der
Grenze der ein-
fachen Empfin-
dung.
Beginn der deutlichen
DoppelempQnduDg.
1. Versachsreibe
28 Mmtr.
28 —
26,8 -^
27 —
2« —
26 —
29 Mmtr.
34 —
32,8 -
83 —
28 —
38 —
Mittel :
26,4 Mmtr.
Grösse d. Schwan-
kung : 3 Mmtr.
32 Mmtr.
Schwankung: 6 Mmtr.
Fe r s u c h e.
Mittel nod Eipe-
rimentatur.
Pose.
Zeiten nach dem
Einnehmen.
Grenze der einracben
Empfindung.
Beginn der deutlichen
DoppelempQndung.
Vor dem Versuche: 26 Mmtr.
Vor dem Versuche : 30 Mmtr.
1. Atropio.
040 Grmn.
100 Min.
Nach d. Einnehmen: 38 -
Nach d. Einnehmen: 46 -
Vf.
0,20
3 Std.
• - - 39 •
. . . T -
0,20 .
18 -
. - • 36 -
- - 48 -
0,008 -
70 Min.
- - . 34 -
Vor dem Vers. 30 -
. . 86 -
Vor dem Vers. 41 -
n. Daturin.
R. rrdhlicb.
Vf.
0,008 .
1 0,008 -
80 Min.
118 .
±6 Std.
130 Min.
Nach d. Einnehmen 44 -
- - - 48 .
Vor dem Vers. 33 -
Nach d. Einnehmen 40 -
Nach d. Einnehmen 87 -
88 -
litizedby VjOO^"
Vor dem Vers. 39 -
Nach d. Einnehmen 84 «
n. AMtomie a. Physiologie.
157
Mittel und Expe-
Dose.
Zeiten nach dem
Grenze der einfachen
Beginn der deutlichen
rimentator.
Einnehmen.
Empfindung.
Doppeiempßndang.
Vor dem Versuche: 20 Mmlr.
Vor dem Vereuche : 38 BImtr.
ULMorpli. acet.
0,060 Gnnin.
2Std.
Nach d. Einnehmen : 48 -
Nach d. Einnehmen : 60 -
Jl. Fröhlich.
4 -
- . . 40 -
. . - 50 -
1» -
- - - 38 -
Vor dem Vers. 28 -
44 -
Vor dem Vers. 35 -
IT. StryGhoin.
0,01
50 Min.
Nach d. Einnehmen 30 -
Nach d. Einnehmen 39 -
Vf.
110 -
- - - 34 -
- - - 46 -
Vor dem Vers. 33 -
Vor dem Vers. 38 -
R. Fröhlich.
J0,02
50 Min.
110 -
Nach d. Einnehmen 36 - '
- - . 40 -
Vor dem Vera. 28 -
Nach d. Einnehmen 41 -
- . - 49 -
Vor dem Vers. 34 -
V. Alkohol.
: 40 Grmm.
10 Min.
Nach d. Einnehmen 43 -
Nach d. Einnehmen 55 -
(noch nicht deutlich)
Vf.
1 Absolut
< In 160 Grmm.
1 Wasser binnen
14 Minuten ge-
f trunken.
60 .
- - - 51 -
Vor dem Vers. 33 -
. - - 60 -
Vor dem Vers. 36 -
R.Fröhlich.
40 Grmm.
12 Min.
60 -
Nach d. Einnehmen 38 -
. - - 50 .
Nach d. Einnehmen 58 -
- - . 89 -
VI. Chloroform. Bei diesen Versuchen ist eine
Vergleichung der Zahlen mit dem Normalzustande
QberOüssig. In dem Augenblicke, in dem nach einer
vollkommenen Narkose das Bewusstsein bis zur Ur-
theilsf^higkeit zurückkehrte, wurden die Zirkelknöpfe
noch in der enormen Distanz von 91 Hmtr. als ein
vollkommen einfacher, sehr scharfer, heller und nicht
pelziger Eindruck aufgefasst. Aber bereits nach 15
Min. erzeugte die Distanz von 45 Mmtr.^ eine deutliche
Doppelempfindung, und am folgenden Tage halte der
Versuch ein vollkommen normales Resultat
VII. FoUa nicotianae. Die Aenderungen, welche
sich nach schnellem und starkem Rauchen (bei nicht
starken , aber doch gewohnten Rauchern) einstellen,
sind zwar nicht bedeutend , aber doch zu gross , um
ab Beobachtungsfehler gelten zu können, nämlich
bei den einzelnen Experimentatoren rückte die erste
Grenze bei dem einen um 4Mmtr. und die zweite um
8 Mmlr., bei dem andern die erste um 5 und die
zweite um 11 Mmlr. hinaus.
Diese Erfahrungen, die die Veründerlichkeit des
Durchmessers der Empfindungsspharen zur Gendge
beweisen, bieten 1) bei der geringen Anzahl von
Reagenlien , durch die man Veränderungen der Gen-
tralorgane auf wissenschafliiche Weise verfolgen und
messen kann , ein praktisches Interesse , und werfen
2) auch manches Licht auf die Vorgänge im Allgemei-
nen, welche jede Narkose charakterisiren. Das Ver-
schwimmen u. Verwischen aller Eindrücke , das end-
lich das Bewusstsein selbst aufhebl, bezieht sich
wohl auf Veränderungen der sammllichen Nerven-
massen, die denen hier in Betreff der Organe des
Tastsinnes beobachteten gleichen. Während hier-
durch die Perception der Nerven für die Aussenwelt
vermindert (abgesperrt) wird, werden die Marklager
gleichzeitig der Silz selhstsländiger Productionen,
Phantasmen und Visionen, welche ihrem Wesen nach
den Erscheinungen der Irradiation anzugehören
scheinen.
Von diesen Veränderungen in den Gentralorganen
sind aber jene nicht minder interessanten zu trennen,
die das Leilungsvermßgen der peripherischen Nerven
betreffen. Die Narcolica, die solche Veränderungen
bedingen, lassen sich in 2 verschiedene Gruppen
einlheilen, in solche, die das LeilungsvermOgen ver-
mindern oder aufheben, und in solche, welche es er-
höhen. Als Prototyp der ersten Gruppe gilt das Mor-
phin. Die 2. Gruppe ist weniger bekannt, bei ihr
ruft 1) derselbe Druck, welcher sonst nur eine malte
Empfindung erzeugte , eine sehr helle und bestimmte
hervor, die deshalb aber nicht schmerzhaft oder min-
der begrenzt zu sein braucht.
2) Die Qualität der Empfindung wird verändert.
3) Die Dauer derNachempfindung ist auffallend gross.
Besonders besitzt das Slrychnin diese Eigenschaflen
und kann so gewisserraaassen als Prototyp dieser
letzten Gruppe gelten. (Gramer.)
94. Ueber Ricbtnng und Wirkung der Flim-
morbcWOgnng ouf der Respirationsschleimhaut
des Menschen , Kaninchens und Hundes ; von Dr.
Biermer. (Verhandl. d. phys.-nied. Ges. zu WUrzb.
I. 14.)
Vf. fand, dass bei einem bereits seit 12 Std.
verstorbenen Phthisiker, die mit dem Secret der La-
ryngeal- und Trachealschleirohaut abgestreiften Epi-
thelien noch eine sehr lebhafte Flimmerbewegung
158
III. Hygieine, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
besassen, und zwar nach einer bestimmten Richtung.
Wurde feiner Kohlenstaub auf unversehrte Stellen
der Trachea gestreut » so Hess sich mit freiem Auge
ein Fortrücken dieser Kohlenmolekttle in der con-
stauten Richtung von unten nach oben , d. h. gegen
Larynx und Mundhöhle zu erkennen. Die einzelnen
Gruppen der Kohlenslaubparlikelclien änderten be-
ständig ihre Gestaltung, ähnlich wie die Ghladni-
sehen Klangfiguren, nur dass die Veränderung der
Configuration viel langsamer war und die einzelnen
Moleküle dabei in einseitiger Richtung fortrückten.
— Die Lage der Trachea war während der Beobach-
tung eine wagerechte, das Secret auf der Schleim-
haut consistent und zäh ; aber auch bei senkrechter
Richtung konnte man das regelmässige Fortrücken
von unten nach oben beobachten. Auch auf der
Trachea eines Kaninchens glaubt Vf. dieselbe Richtung
der Bewegung gesehen zu haben, doch will er wegen
zu geringer Menge des Schleimhautsecrets , welches
die Dauer des Flimmerns begünstigt, sich auf diese
Beobachtung nicht stützen. Dagegen konnte die
Flimmerbewegung in den Respirationsorganen eines
jungen Hundes deutlich verfolgt werden. In der
Trachea sowohl , als in den Bronchien zweiler Ord-
nung vvar das Fortrücken der Kohlenstaubpartikelchen
von unten nach oben ganz evident, und zwar mit der
Schnelligkeit von 2 — 3'^* in 1 Minute. In der Na-
senhohle war die Richtung von hinten nach vorn und
aussen gehend. Zu bemerken ist, dass die Moleküle
bei der Bewegung keine gerade, sondern eine unre-
gelmässig gebogene Linie beschreiben.
Für die physiologische Bedeutung scheint von
Wichtigkeit zu sein, dass die Richtung der Flimmer-
bewegung der Hypothese von ihrem Einfluss auf die
WeiterschafTung des Schleimhautsecrets nicht wider-
spricht; es scheint vielmehr dem Vf. die Behauptung
nicht unbegründet zu sein, dass durch dieselbe in
den Luftwegen die Expectoration unterstützt werde
(Günsburg).
Bei der sich an die vorstehenden Bemerkungen
knüpfenden Discussion bemerkte zunächst K ö 1 1 i k e r,
dass die willkürlich zu bewegenden Flimmerhaare der
Infusorien von den Cilien der Epithelialzellen zu un-
terscheiden seien , die bald an Kanälen vorkommen
und hier eine zweckmässige Richtung der Bewegung
hervorbringen , bald aber so gefunden werden , dass
sich ein besonderer Zweck nicht nachweisen lässt.
Dr. Markusen hingegen bezweifelte die Identität
der Flimmern bei Infusorien und hohem Thieren.
V i r c h 0 w endlich erwähnte , dass er in dem Stiele,
womit die jungen Echinococcen auf der Mutterblase
aufsitzen, Flimmerbewegung beobachtet habe.
(Winter.)
HL Hygieine, Diätetik, Pharmakologie nnd Toxikologie«
95. Ueber Terändernng der tbierischen
Wärme in FoIp;e der Einfabrang verscbiedener
Anneimittel m den Organismns ; , von Aug.
Dumcril, Demarquayu. Lecointe. (Gaz. des
9dp. 123. 1851. Vgl. Jahrbb. LXXI 288.)
allgemeine Resultate. 1) Sehr viele Arzneistoffe
(Eben einen Cinfluss auf die Temperatur aus; die Tem-
peraturschwankungen sind in solchen Fällen meist so
bedeutend, dass sie mit dem Thermometer gemessen
werden können. 2) Eine Erhöhung der Temperatur
tritt weit häufiger ein, als eine Verminderung. 3) Die
häufig beobachteten Temperatur -5cAt£^a;i^i^en ge-
ben gewissermaassen den Naassstab für die Intensität
der Einwirkung des Mittels auf den Ihierischen Orga-
nismus und für den Grad des durch die lebendige
Thätigkeit desselben der Wirkung der Mittel entge-
gengesetzten Widerstandes ab.
Specielle Resultate : A. f^erminderung des Tem-
pei'atu/f^grades. Die Temperatur wurde um 1 3^ ver-
mindert, nach Anwendung von Kupfervitriol, um
7 — 8^ durch Jod, ätzenden Sublimat u. essigsaures
Morphium, um 5^ durch Grotonöl, um 3^ durch
Atropin. In allen diesen Fällen trat der Tod ein.
Die Vrf. schliessen daraus , dass eine Temperaturver-
minderung um mehr als 4 Grad tOdtlich ist. Wenn
die reactive Thätigkeit des Organismus nicht recht
thätig ist, so kann der Tod schon bei einer Tempera-
turverminderung von 3^ eintreten; ist dagegen die
Reaction kräftig, so erhebt sich die Temperatur bald
wieder um ein Bedeutendes und kann hierdurch bei
Krankheiten, die mit bedeutender Temperaturvermin-
derung verbunden sind (Gholera) , ein Heilerfolg er-
zielt werden. Ist die Wirkung des Giftes sehr heftig,^
so kann trotz der eintretenden Reaction die Tempera-
tur sich später wieder vermindern und der Tod doch
noch die Folge sein. Bei äusserster Heftigkeit der
Giftwirkung erfolgt der Tod ohne alle vorhergehende
Temperaturveränderung. — B. Erhöhung des Tem-
peraturgrades, 1) Dieselbe erfolgt zwar im Allge-^
meinen häufiger, aber nicht in dem Maasse, wie die
Verminderung. Vff. sahen in keinem Falle die Tem-
peratur über 2,9<> steigen, und auch dieser Grad kam
nur einmal vor. Nur 11 Mal bei 125 Beobachtungen
schwankte die Temperatur zwischen 2 und 2,7<^;
meist blieb sie unter dieser Ziffer. 2) Eine schwache
Temperaturerhöhung geht öfters dem Tode kurz vor-
aus und kann demnach als ein ungtlnstiges Zeichen
gelten. — C) Was die einzelnen Medicamente mit Rück-
sicht auf die durch sie erzeugte Temperaturverände-
rung anlangt, so kann man dieselben in 3 Klassen
iheilen : a) solche, die in jeder Dose die Temperatur
erhöhen : Jodkalium , Strychnin , Mutterkorn , ' Phos-
phor, Canthariden ,' schwefeis. Chinin, essigs. Am-
moniak, b) Solche , welche in jeder Dosis die thie-
rische Wärme vermindern : unter den alterirenden :
IIL Hygieine , DiSteÜk, Phannakologie u. Toxikologie.
169
Jod, Sublimat; unter den evacuirenden, Kupfervitriol,
endlich die ganze Klasse der Stupefacientia , Cyanka-
lium, Godeltii, essigs. Morphium, Laudanum, Bella-
donna mit Atropin, Bilsenkraut und Stechapfel, c)
Solche, welche je nach der Dosis einen verschiedenen
EiTect ausüben. Coloquinlen, Gummigutt, Crotonöl
vermehren die Temperatur in nicht vergiftender Dose,
nachdem sie vorher 2 — 3 Std. lang vermindert war,
dagegen bleibt die Temperaturverminderung, wenn
die Dose bis zu einer absolut tödllichen Höhe gestei-
gert wird. 5 — 6 Ctgrmm. Emelin vermehren die
Temperatur , durch 50 Ctgrmm. wird sie vermindert.
Ipecacuanha verhält sich umgekehrt. Viel hängt von
der Schnelligkeit der Wirkung ab. — D) Vff. fanden
bei fast allen die Körpertemperatur herabsetzenden
Arzneistoffen eine Injection der Ganglien des Sympa-
thicus und schliessen daraus, dass diesem Nerven die
Regulirung der Wärmeerzeugung im Blute zukomme.
(Jul. Glarus.)
96. üeber Kocbsalzwirknngen ; von Dr.
Liedbeck in Stockholm. (Ztschr. f. hom. Klin.
Nr. 1. 1851.)
An Personen, welche viel Kochsalz essen (Haia-
phagen) beobachtete L. folgende pathol. Erscheinun-
gen, welche Iheils durch Enthaltung vom Kochsalz-
geouss, theils durch Spiritus nitri dulcis (das Hahne-
mannsche Antidot gegen Kochsalz) gehoben wurden.
Biechenden Alhem (einmal periodisch wiederkehrend
mit geschwollener Oberlippe und Wundsein des Zahn-
fleisches) ; geschwfirige Mundwinkel (Jahre lang vor-
her den Adstringentien , Höllenstein , Alaun u. dergl.
widerstehend); Magenleiden nach dem Essen (das
Salzen während der Mahlzeil rufe dergl. eher hervor,
als die Bereitung der Speisen mit Salz); juckende
Ausschläge [wo und welche?]; Schlaflosigkeit; kalte
Füsse; Leukorrhöen; Kopfhilze und Kopfschmerzen;
Begierde nach geistigen Getränken , nach Pflanzen-
säuren oder nach Kaflee; Schweisse, bes. Nasen-
schweisse u. s. w. — L. wünscht i dacs sich Dr.
Becker einer grandlichern Prüfung dieses Genuss-
mittels unterziehen möge. (H. E. B i c h t e r.)
97. Seesalz als diamostiscbes und thera-
peutisches litte! bei Trunkenheit. (Gaz. des
Hdp. 121. 1851.)
Die Schwierigkeit einer differentiellen Diagnose
zwischen den höchsten Graden der Trunkenheit und
andern Gehirnaflectionen giebt der Entdeckung von
L a 1 a u X einen gewissen Werth , zufolge deren man
durch Klyslire von Seesalz (2 Essl. voll auf 4 Gläser
lauwarmen Wassers) in ganz kurzer Zeit einen Be-
trunkenen zum Bewusstsein bringen und dadurch zu-
gleich seinen Zustand von andern mit Betäubung ver-
bundenen Zustanden unterscheiden kann. Einige
Falle werden als Beleg erzählt.
(J u 1 i u 8 C 1 a r u s.)
98. Ueber einige pharmacentische Anwen-
dungen der Weinsteinsinre ; von f. c a s o r a 1 1.
(Gazz. med. federat Lombard. 8. 1851.)
Nachdem 1847 Soubeyran in der Pariser
Akademie d. Medicin die cilronensaure Magnesia als
ein vortreffliches antiphlogistisches Abfuhrungsmittel
empfohlen hatte , stellte auch Vf. Versuche damit an
und fand jenes Lob vollkommen begründet. Nur der
hohe Preis des Mittels — da zur Saturation von 2^^
Drachm. Magnesia carbonica» der mittlem Dosis für
einen Tag, nicht weniger als 5 bis 8 Cilronen nOthig
sind — steht der Verbreitung desselben und nament-
lich seiner Einführung in Hospitälern entgegen. Daher
substituirie er die Weinsleinsäure dem Citronensafte
und erhielt eine noch reinere, farblosere und ebenso
wenig übelschmeckende Solution , welche durch Zu-
satz von etwas Syrupus citri zu einer hOchst ange-
nehmen Limonade gemacht werden konnte. Diese
weinsaure Magnesia äusserte eine höchst milde, reiz-
lose Wirkung auf Magen und Darmkanal, war zugleich
sehr sicher abführend und diuretisch, so dass sie der
citronensauren Magnesia , noch weit mehr aber dem
weinsleinsauren Kali (Tartarus solubilis) und dem
Borax (Cremor tartari solubilis) unbedingt vorgezogen
zu werden verdient. Trotz der Unlöslichkeit der
kohlensauren Magnesia löst sie sich doch im Act der
Verbindung mit der Weinsteinsäure selbst in wenigem
Wasser, und zwar in kaltem in Zeit einer halben
Stunde, in kochendem aber sofort, vollständig auf,
wenn man 2 Theile Magnesia und 3 Theile Acid.
tartar. fein gepulvert unter einander gemengt hatte«
Die kryslallisirte weinsteinsaiire Magnesia ist aber
ebenfalls wieder äusserst schwer, namentlich in kal-
tem Wasser, löslich, wcslialb es rathsam ist, die
Solution jedesmal frisch zum Gebrauch machen zu
lassen, Was auch vom Kranken selbst geschehen kann.
Sollte die Magnesia mit Kalk verfälscht sein, so giebt
sich diess sogleich dadurch zu erkennen, dass letzte-
rer ungelöst bleibt. Gewöhnlich lässt Vf. 3jj Magnes.
carb. und Sjjj Acid. tartar. pulv. in ^xjj Aq. ferv. mit
5J Syr. citri lösen und aller 1 bis 2 Std. ein halbes
Glas trinken.
Ferner empfiehlt der Vf. die Weinsteinsäure zum
gewöhnlichen Getränk für Fieberkranke in Spitälern,
wo die ächte Limonade immer zu kostspielig ist. Man
solle nur nicht mehr als Vs Drachme auf das Pfd.
Wasser mit 1 Unze Citronensyrup nehmen , so werde
man das gesundeste , angenehmste u. zugleich wohl-
feilste Getränk haben , dem alle bisher üblichen Sur-
rogate der Limonade , namentlich die Schwefelsäure
bei Weitem nachstehen müssen.
Endlich kommt derselbe auf den schon von B i g-
hini, Bouchardat, Buspini u. A. gemachten
Vorschlag zurück, zu Auflösungen des Chininum
sulphuricum anstatt einiger Tropfen Schwefelsäure,
wie es nicht ohne häufige üble Inconvenienzen zu
geschehen pflege, lieber etwas Acidum tartaricum
zuzusetzen. Er ist vollkommen damit einverstanden,
nur sei die von jenen Autoren angegebene Dosis der
Weinsteinsäure (24 Gr. auf 20 Gr. Chinin, sulph.)
160
10. Ejpmnef Billetili, Ph«rmak*logie u. Tonkologie*
viel zu gross und nicht immer ohne Nachtheil. Nach
seiner Erfahrung genüge 1 Gr. der Saure auf 3 Gr.
des Salzes und sollte wenigstens das Verhältniss von
1 zu 2 nie Überschritten werden. Er pflegt von
einer Lösung von gr. xjj Chin. sulph. und gr. jv — yj
Ac. tart. in ^jv Aq. mit 5Jß Syr., aller 2 Std. 1 Essl.
voll zu verordnen.
In Nr. 24 derselben Gazzetta erinnert G. F. in
Bezug auf obigen Aufsatz, dass Franc. Toma schon
1848 eine chem.-phannaceut. Monographie Über die
Weinsteins. Magnesia in d. Annali diChimica. Vol. VI.
gegeben habe, dass dieses Salz unter Zusatz von
etwas Salmiak sehr leicht und auch ohne denselben
in 52 Tb. Wasser von 16^ lOslich sei, dass sowohl
eine neutrale, als auch eine saure Verbindung existire,
dass endlich das Doppelsalz aus Weinsteins. Magnesia
und Kali noch wirksamer und jedenfalls viel wohlfei-
ler, aber allerdings von weniger angenehmem Ge-
schmack sein würde. Gegen diese Angaben tritt
Gasorati in Nr. 31 in einem langern Artikel auf,
worin er im Wesentlichen bei seinen frühem Behaup-
tungen stehen bleibt. (K o h 1 s c h ü 1 1 e r.)
99. Endermatische Anwendong des Brech-
W6ill8tein; von Jules Guörin. (Gaz. de Paris.
44. 1851.)
Vf. ist durch eine lange Reihe von Beobachtungen
zu dem Resultate gelangt, dass 1) öfters nach länge-
rer Anwendung der Brechweinsteinsalbe keine Pu-
steleruption erfolgt, 2) dass das Verschwinden des
Schmerzes nicht an die Eruption gebunden ist , son-
dern dieser oft vorhergeht und auch stattfindet, wenn
gar keine Pustelbildung auftritt. Was zunächst die
nicht erfolgende Pustelbildung anlangt , so ist diese
weder von der Dose, noch von einer besondern Idio-
synkrasie des Kranken abhängig. Vf. fand nämlich,
dass bei der gewöhnlichen Dose von 1 Theil Brech-
weinstein auf 3 Th. Fett eine Pusteleruption erfolgt,
dagegen in vielen Fällen, wo er Y3 und selbst die
Hälfte Brechv^einstein genommen hatte, zwar eine
Hautröthung, aber keine Pustelbildung erfolgte. Hin-
sichtlich der Annahme einer besondern Idiosynkrasie
zur Erklärung dieser Thatsache y hat man zwar auch
an Gesunden wahrgenommen, das» gewisse KOrper-
theile, z. B. der Ellbogen oder die vordere Fläche
des Knies nur sehr schwer zur Pustelbildung zu brin-
gen sind , doch darf diese Beobachtung mit der pa«
thologischen nicht verwechselt werden, nach welcher
von 2 entsprechenden KOrpertheilen immer die ge-
sunde Partie eher Pusteln producirt als die kranke.
Der Annahme einer eigenthümlichen Idiosynkrasie des
Kranken überhaupt bedarf es nicht.
Man konnte glauben, das Nichterscheinen der
Pusteln sei von einer nicht erfolgenden Resorption
abhängig , und in der That ist es Vf. nie gelungen,
den Brechweinstein im Harn nachzuweisen, doch
sprechen theils die an entfernten Korperstellen auf--
tretenden secundären Exantheme, theils die bei
Brechweinsteinvergiflung gewöhnlichen Symptome :
Blässe, Abnahme des Pulses, allgemeines Unwohlseitt
und Schwnidel für die erfolgte Resorption. In ähn-
licher Weise erzeugt ja der Brechweinstein bei inne-
rer Anwendung ofl kein Erbrechen und Abführen und
zeigt dennoch therapeutische Effecte. Vf. hat die
endermatische Methode mit grossem Nutzen in fol-
genden Fällen gebraucht.
1) BA ^rtkrocace. Diese Krankheit zerfallt
vom praktischen Gesichtspunkte aus betrachtet in 3
Perioden, in die Anfangsperiode, wo noch keine
Schwellung, wohl aber Schmerz u. Fieber vorhanden
ist, in die dynamische Periode , wo zwar gehinderte
Function des betroffenen Theils , nicht aber Störung
der Ernährung desselben da ist, u. in die organische
Periode, wo letztere das Hauptmoment bildet. In der
ersten Periode beobachtet man stets bei der ender-
matischen Methode eine schnelle Abnahme aller
Krankheitssymptome , aber keine Pustelbildungen der
kranken Stelle, sondern höchstens in der Umgebung,
dasselbe findet man in der 2. , doch ist der Erfolg
weniger sicher, und es treten häufig secundäre Pu-
stelbildungen am Scrotum und After auf, in der 3.
ist das Mittel unwirksam, die Pusteln erscheinen stets
spät und in geringer Menge.
2) Bei Pneumonie und Pleuresie hat Vf. schnelle
Abnahme des Fiebers u. Schmerzes, schnelle LOsung
und Auswerfung des Exsudats beobachtet.
(Julius Clarus.)
100. Formeln fllr Ammoniak; von Gazen ave.
(Ann. des mal. de la peau et de la Syph. Oct. 1851.)
Vf. bedient sich bei secundär syphilit, Sympto-
men folgender Formel : Syrup. daphn. mezer. Grmm.
60, Syrup. Tolutan. Grmm. 125, Amnion, carb.
Grmm. 15, früh und Abends 1 Essl.; bei Psoriasis
und Lepra vulgaris verordnet er : Ammon. subcarb.
Grmm. 2, Syr. sudorif. Pharm. Gall. Grmm. 200,
3mal tägl. 1 Essl. Zu Inunctionskuren bei Syphilis
braucht G.: Ungu. einer. Grmm. 30, Galcar. eitinct.
Grmm. 8, Sal. ammon., Sulph. ana Grmm. 4; diese
Salbe verdirbt die Wäsche weniger als die reine,
graue Salbe und bewirkt keinen Speichelfluss. Gegen
Favus wird von ihm empfohlen : Sevi ovill. , Axung.
porci ana Grmm. 30, Ammon. caust. Grmm. 60;
gegen ^cne indurata: Ammon. caust. Grmm. 1,
Decoct. farinae Grmm. 500 als Waschung.
(Jul. Glarus.)
101. Kressensafl; als Heilmittel ; von Sta-
nislas Martin. (Bull, de Th^r. Oct 1851.)
Chatin hat in dem Safte der gewöhnlichen
Kresse Jod nachgewiesen , Vf. empfiehlt ihn deshalb
von neuem der Aufmerksamkeit der Aerste. Man
verschreibt den Saft rein oder als Syrup und prüft
die Beinheit des Präparats durch bas.-essigs. Blei,
welches einen dunkelgelben Niederschlag giebt , der
mit Meerrettig- oder Brunnenkressensaft gar nicht,
mit Spargelsafl nur in sehr geringer Menge entsteht.
(iul. CUrus.)
'^P# ^^P^BP^W^^™# ^'"^W^^^^^ " ^P^^^^^^Ä'^^^^^W "• * "^^^%WBW[^*^^
1«(
IM. Uektr du Oel ud die Saaien tob
Gntra tigliUl; von DubUuc (Gai. des H6p.
128. 1651.)
Wir erhallta in dem vorstehenden Aafiielte eini«
gen Ntehweis Ober das chemische Verballen derSvnre
des Crolonöls* Vf. erklUrt dieselbe fdr eine nicht
flflchlige Subslani , weil die bei der Destillaüon des
ans den Samen ansgepressten Oels mit Alkohol in die
Vorlage flbergehende Substanz Lakmus nicht rOthet.
Vielmehr ist die in dem Oele enthaltene Saiure ^ine
fixe» die seihst bei einer Warme von 100* und bei
der Destillation sich von der Fettsubstanz nicht trennt«
Die bei der Destillation übergehende Substanz ist von
scharfer» aber nicht saurer Beschaffenheit. Die höchste
Starke der Wirkung erhalt man durch folgendes Verfah-
ren: 2 Kilogramm ansgepressten CrolonOls werden all-
malig mit ^/^ Riiogrmm. Alkohol von 95^ versetzt, wor-
auf alsbald sich 2 Schichten zu bilden anfangen ; in
der obem ist nur wenig Oel enthalten , weshalb sie
entfernt wird, der Rückstand wird mit Aether ausge-
zogen und tritt , mit diesem vermischt an die Ober-
flache, worauf der Aether durch einfache Verdun-
stung an der Luft entfernt wird. Bei diesem Processe
entwickelt sich eine Mehlige , die Augen , Nase und
Lippen heftig reizende und eine rosenartige Entzün-
dung der Haut hervorrufende Substanz. Das so ge-
wonnene Oel ist schwarzbraun, undurchsichtig, dick»
von starkem Geruch , saurer Beaction , auf der Haut
in wenig Augenblicken heftigen Schmerz und eadann
Biesen- und Sehorfbildung hervorrufend. Es lOat
ticb in. allen VerhaHniseen in Alkohol von 95<^ und in
Aether von 5B* auf. Eine Miachung deaselhw mit
Vfo OlivmnM wirbt noeh starker, als das aus den
Samen direet gewonnen Oel.
(Julius GlarnsO
103. Tenifik« tber die lobikafMla; von
Dr. L Buchner aen. (Bncbn. Bep. VUL 3. 1851.)
Die getrockneten reifen, nach Entleerung der
Samen benutzten, Mohnküpfe enthalten weit mehr
wirksame, opiumahnlich (beruhigend, schmersstillend
and schlafmachend) wirkende Bestandtheile , als die
unreifen (welche ihren Saft durch das Einsammeln
Teriieren und irrigerweise als wirksamer betrachtet
wurden). Der Gehaft an Alkalofd (wahrscheinlich
meconsaures Morphium) verhalt sich bei jenen, im
Vergleich zu diesen , wie 258 zu 100. Ein, nach
Dr. Enger er 's Vorschlage, mit Hülfe von Wein-
geist bereitetes Extract derselben würde sehr zu em-
pfehlen und im Grossen dargesteNt sehr billig sein.
(fl. E. Richter.)
104. lemeikugeB «ber Belladmuia; von
Hofr. Dr. Schmidt in Celle. (Hann. Corr.-M. li.
15. 1851.)
¥f. empfinbU 4ae A«gL Mittel, geeUUii imf eine
hHjahriseEfMuniDg, ^onOgHohhei Agenden Jürenkr
IM. j«|iri»^ A4. TS. Bit s.
1) Bei eiromicfkem Bu»$fin^ krarnj^fhafter Att,
dem kein organisches Leiden der Lungen eder des
Herzens zu Grunde liegt Er giebt dann '/i Gr. der
Wurad, die er den Blattem ateta vorzieht, mit etwa
6 Gr. Bhenm.
2) Bei Mthma spasticum • nervosum , convulsi-
vum, wenn das Leiden völlig nervDs, dynamisch ist,
8) Bei kypoekondriscken Leiden der mannif»
faltigsten Art
Vf. rath die Wnnel Ton ^ahr. Pflanzen im Früh-
jahre SU sammeln, im Scliaiten an einem kühlen
Orte zu trocknen und ebenfalls an einem dunkeln^
kühlen Orte, in nicht zu grosser Menge aufzubewah-
ren. Er gieht anfangs nur kleine Gaben (Yg — Y| Gr.)
un4 steigt nor allmnUg mit denselben. Die etwa
eintretende Trockenheit im Halse, das Eingenommen-
sein des Kopfes und daa Flimmern vor den Augen
wird am besten durch Trinken von etwas Milch
(welche Vf. den Kr.* in der 19acbt bereit zu halten
anrathet) beseitigt.
Zuletzt erwähnt Vf. noch , dass bei träger Lei--
bes&ffhnng , bei Torpor des Darmkanals , wenn man
durch Rheum Stuhlausleerung erzielen will, die ab-
führende Wirkung desselben durch einen geringen
Zusatz der Belladonnawurtel (Yi — % Gr.) bedeup
tend gesteigert wird. (Gramer.)
105. BeUadoiiM aU ProphyUctiei« gegan
SeharliCll; von Dr. f. Peyre Poreher. (Ghar-
leston Med. Journ. iuly 1851.)
Nach Hersahlung der Ansichten einer grossen
Anzahl allerer und neuerer Autoren über die Scfautz-
kraft der Belladonna gegen Scharlach, giebt Vf. seine
eigenen Ansichten und Erfahrungen über den fragli-
chen Gegenstand. Diesen zufolge wirkt die Bella-
donna auf die Haut, indem sie die Thaiigkeit der Ca-
pillarien und die Haulausdünstung steigert, einen
scharlachartigen Ausschlag hervorruft, die Secretion
aus Havtgeschwüren vermehrt; »uf die Sehleimhaute,
insofern sie Trockenheit, Hitze, Schwellung der Ra-
ehenschteimbaut hedingt; airf die Nerv«ii, indem sie
das ganse Cerebrospinalsystem alBeirt nnd Delirien,
Erweiterung der Pupille, ielaiation derMnekelfaeem,
Narkose und endlich den Tod veranlasst Alle diese
8]pnptome entstehen dnreh ihre Aufnehme in dae
Blut Bei Scharlach treten dieselben Symptome auf,
nnd ¥f. hegt die Ansieht , daea die Belladenna durch
ihre aMmalige Rinftlhmng in den K5rper auf dem
Wege des Antagonismus, indem sie durch Reiiuttg
der Oiigone dieselben für das selUldliche Agene un«-
empftoglich mecht p] , das Sobariach verhütet. So
wie Kuhpoefcenimpftuig die Blauem, an modifieirl
ieüadenna das Sebmiaeh. Ein heigefügier Fall von
BelladeanaiergflUing enthalt des iefcaBute.
(Julius CUrus.)
106. lUllAd»UA als Prlaanraittf gegn ayi-
21
III. Hygieine, Diätetik, Pharmakologie u. Tonkologie.
leptitdie AnfUle. (L'Union. 126. 1851. L'Obser-
vAteun Oct. 1851.)
Id dem Uospice des Vieiliards de Courlrai Ledieni
man sich einer Auflösung von 3 Gr. Exlr. beilad. ifl
6 ^ Wasser, 3mal tagl. 1 Essl. voll, mit gutem Er-
folge, um epileptische Anfälle hinauszuschieben und
zu vermindern. Die Dosis braucht nicht gesteigert
zu werden , es scheint also die Gewöhnung an das
Mittel keinen Einfluss auf dessen Wirksamkeit zu ha-
ben. (Jtil. Clarus.)
107. Heilnng der Epilepsie durch Atropin ;
von Dr. Angelo Volonterio. (Gazz. med. federat.
Lombard. 24. 1851.)
Eine Frau von 20 i., zarler Constitatioo; doch Qbrigeos
gesund , litt seit einigen Jahren an periodischen epilepUscbea
Anfällen (Epilepsia centrica) in Folge von Schreck , wogegen
vielerlei Mittel erfolglos gebraucht worden waren. Vf. gab
1 Gr. Atropin in 12 Tropfen Alkohol gelöst, davon alle 2 Std.
1 Tropfen zu nehmen, später, da das Alkaloid im Alkohol
sich nicht vollständig aufzulösen schien , anstatt des letztem,
Essigsäure in gleicher Menge, und liess nach und nach die
nimliche Dosis io kürzeren Intervallen nehmen. Die epilep-
tischen Anfalle minderten sich sofort in demselben Verhält-
nisse , als die der Solanum-Vergiftuog eintraten , und waren
nach Verbrauch von 8 Gr. ganz verschwunden, als die Kr.
aus Versehen eine grössere Dosis einnahm und nun plötzlich
in Delirien verflel , mit voUkommncr Unbeweglichkeit der un-
tern Extremitäten, fortwährendem Bestreben mit den Fäusten
nach dem Kopfe zu schlagen und Unvermögen zu schlingen
und artikulirt zu sprechen. Ein Lavement von Wein brachte
letztere Fähigkeiten wieder , ein Haarseil in den Nacken und
der innere Gebra^ich von Manna , dann ölige I^vements und
erweichende Kataplasmen verscheuchten die übrigen Vergif-
tungssymptome , nachdem sie noch 3 Tage lang täglich von
Neuem eingetreten waren. Die Epilepsie war zugleich voll-
ständig gehoben. [Seit wie lange ist aber nicht angegeben.]
(K 0 h 1 8 c h a 1 1 e r.)
108. Bebeem, Bebeerin nnd schwefelsaures
Bebeerin , ^nd seine Anwendung gegen fFechsel--
fieber ; von Stanislas Martin und Becqucrel.
(Bull, de Tb6r. Oct. 1851.)
Der Bebeeru oder Sipeirabauin (Nectandra Ro-
diaei, Laurineae) ist ein Baum voa 60' Höhe, dessen
Höh in seinem Vaterlande Guiana xom Schiffbau fer-
wendet wird. Die Rinde, wie sie in deo Handel
kommt» besteht aus grosses, flachet, mit einer grau-
braunen Epidermis bedeckten 1 — 2' iaageo, 2 — 6'^
breiten und 3 — 4'" dicken Stücken; auf den Bruche
sind dieselben faserig und unebeu, im Innern von
simmtbrauner Farbe, von anhaltend bitterem, adstrin-
girendem, etwas aromatischem Geschmacke. Die
Frucht ist eine verkehrt eirunde, leicht susanMuenge-
druckte Beere 6V4 — ^^/k* >"« Umfange. Ihr Peri-
carpium ist graubraun , mit weissen Flecken marmo-
rirt, hart, xerbrechlich , 1''' dick« Jede Beere ent-
halt einen nussgrossen, nussförmigen Kern, der aus
2 grossen, planconvexen Samenlappen besteht, in
welchen eine grosse , von den £ingebornen als Nah-
rungsmittel benutzte Menge von Starkemehl enthalten
ist. Die von Douglas Haclagan und Tilley
gemachte Analyse ergab folgende ResulUte:
Rinde.
Getrocknete
Kerne.
Unreines Bebeerin u. Sipirin
2,M
2,20
Tannin n. Harzsabstanz
2,53
4,04
Gommi, Zucker, Salie
4,84
9,46
StSrkeaebi
0
53,ftl
Holzfaser u. Pflanzeneiweiss
62,92
11,24
Aschenrackstand (Kalksalze)
7,13
0,31
Wasser
14,07
18,13
Verlust
6,4»
1,17
Die wirksame SubsLinz der Bebeerurinde ist das
Bebeerin (das von M a cl a g a u aufgefundene Sipirin
ist wohl nur ein Oxyd des ersteren). In den Ker-
nen ist eine eigenthümliche Säure, die BebeerinsSure
enthalten. Um das schwefelsaure Bebeerin darzu-
stellen, verRlhrt man ähnlich wie bei der Darstellung
des schwefelsauren Chinin. Man kocht zuerst die
Rinde in einer Losung von kohlensaurem Natron , um
das Tannin und den Farbstoff zu entfernen. Sodann
kocht man sie nochmals in einem mit Schwefelsäure
angesäuerten Wasser, um das schwefeis. Bebeerin in
Auflösung zu erhalten. Zu der filtrirten Flüssigkeit
setzt man kohlens. Natron ; die hierdurch gefällten
unreinen Basen werden mit Schwefelsäure neutrali-
sirt, die Lösung mit Tliierkohle entfärbt, concentrirt,
filtrirt und in einem flachen Gefässc unter Luftzutritt
abgedampft. Zweckmässig ist es, Säure im Deber-
Schüsse zuzusetzen, um das Ueberlaufen der Flüssig-
keit während des Abdampfens zu verhüten.
Das im Handel vorkommende schwefelsaure Be^
beerin ist ein hasisches Salz, das in Gestalt einet
grobkörnigen, aus platten, glänzenden, gelbrothen
Schuppen bestehenden Pulvers erscheint; es löst sieh
in Alkohol und sehr leicht in kaltem Wasser, doch
bleibt die Auflösung trübe, theils wegen des Vorwal-
tens der Base, theils wegen der Neigung des Alkaloids
zur Zersetzung. Zusatz einiger Tropfen Schwefel-
säure macht die Lösung vollständig. Als Tonicum
gicbt man das Bebeerinsulphat zu 5 — 15 Ctgrmm.,
als Febrifiigum zu 25 Gtgrmm. bis 1 Grmm., in
Pillen oder am besten in einer Solutio acidulata:
Suipbat. bebeerin. Grmm. 2, Acid. sulphur. diluL
gtL XXV, Syrup. sacchar. , Tinct. cortic. aurant. ana
Grmm. 32, Aq. destiU. Grmm. 120; tägL 3mal 1
Esslöffel. Becqucrel wandte das Mittel bei 7
Wechselfieberkranken an, deren Krankheil theilweise
sehr veraltet und mit Sumpfkachexie verbunden war.
In 2 Fällen leistete 1 Gramm schwefeis. Bebeerin,
8mal wiederholt, gar nichts; in den 5 übrigen Fäl-
len blieb das Fieber nach dem Gebrauche von 1 — 2
Grmm. aus. VL repetirte diese Dose in einem Falle
2mal, in 2 Fällen 3mal und in den übrigen 4mal.
Jedesmal war der nächste Anfall bedeutend schwa-
cher. Uebrigens wurde einer dieser Falle bestimmt,
ein anderer höchst wahrscheinlich recidiv.
Das reine Bebeerin ist nicht krystallisirt Man
erhält es durch einen Auszug mit Aether als weisses,
in Alkohol, weniger in Aether, schwer in Wataer
auflösliches Pulver, oder durch Behandeln der Be-
beerinsulphatlösung mit Ammoniak, Auswaschen mit
)il. Hygieine» Diätetik, Pharmakdogie u. f Onkologie.
163
kallen Wasser, Verretben mit Bleioxydhydrat» Troek-
Beo im Marieabade und Wiederaollilsea in Alkohol.
(Julius Clarus.)
109. Salnlik gegen WeohseMeber; von
ih". Aran. (Aus einem Protoeol! der Acad^mie de
Med. L*Umon. 126. 1851.)
Veranlasst durch eine alte Dissertation von G u i 1-
laume Muys (De salis ammoniaci praeclaro ad
febres tertiana» et qaartanas intermitlentes usu. Lon-
dini 1716), der zufolge von 28 Wechsel fiekernillen
nur 2 recidiv wurden, na.chdem die Kr. H/^ — 2
Drachmen Salmiak auf einmal kurz vor dem Anfalle
genommen halten, versuchte Vf. dieselbe Behand-
lungsweise in 1.3 Fällen derselben Krankheit. Er
gab 8 Grmm. Salmiak in einer AuilOiiuog von Aqua
menthae und Plor. naphae ana Grmm. 50, auf 2raal
in 2sldg. Pause, und liess jedesmal hinterher etwas
▼ersUssten Kaffee trinken. Von 13 Fallen wurden
7 sofort, 4 nach dem 2. Anfalle, 2 nach dem 3. u.
4. Anfalle geheilt Vf. liess aber stets, auch bei sofort
eintretender Heilung das Mittel 2 — 7 Tage lang fort-
brauchen. Bemerkenswert h ist noch die physiologische
Thatsache, dass ausser vermehrtem Appetit durchaus
keine Veränderung in irgend einem System des Kör-
pers eintrat. (J u 1. G 1 a r u s.)
110. luerer ffebraich des Spinnengewebes
gegen Wechsellleber; von Dr. Achille Voghera.
(Gazz. med. iUL federau Lombard. 12. 1851.)
Vf. fand das bekannte , auch in der Provinz von
Cremona gebrauchliche Mittel, das Dr. Fuochi mit
Mehl in Pillenform zu geben pflegt, nicht ohne Wirk-
samkeit gegen das Wediselfieber. Es nttut jedoch
nur in leichten und ganz reinen Fallen , bei Comf li-
cationen und bei verlarvten Fiebern kann es das Qhi*
ein nimmermehr ersetzen , wie Vf. durch Mittheilung
mehrerer Falle belegt. (K o h 1 s c b ü 1 1 e r.)
111. Behandlimg der WechseUeber mitteb
Tesicantien avf die Regio epigastriea; von Dr.
Francesco Brntti. (Ibid. 5.)
Vf. fand das fragliche von Dr. G e r o m i n i , diri-
girendem Arzte am Civilspitale zu Cremona, beson-
ders der Ersparniss halber empfohlene Verfahren bei
beiden Geschlechtern gegen reine Wechselfiebcr durch-
aus erfolglos. Ja bei den mit einer sensiblem Haut
▼ersehenen Frauen schien es vielmehr die Krankheit
zu verlängern , wodurch natürlich die gerühmte Er-
sparniss aufgehoben werden würde. Die von Andern
gerühmten Erfolge beruhen nach ihm theils auf Täu-
schung, indem in dem betreffenden Beobachtungs-
jahre der verminderte Verbrauch von Chinin von der
zoftllig sehr geringen Zahl achter WechselBeber ab-
geliangen habe, theils darauf, dass andere leichte
Fieber, welche oft inderConvalescenz einen Anschein
von Periodieitit annehmen und ohne Chinin so gut
wie ^bne Vesicator in Genesung überzugehen pflegen,
SQ den Weehselflebem gezählt worden seien. Er
vergleicht diese Methode mit dem von quacksalbern-
den Weibern in Cremona lange geübten Verfahren,
durch ein über den kleinen Finger gelegtes Reizpfla-
ster allerband Fieberkrankheiten zu vertreiben. —
Dagegen empfiehlt er dringend die von ihm angewen*
dete Verbindung des eisenblausauren Kali mit dem
Chinin im Verhaltnisse von 14 zu 4 Gr., als ein
ebenso wirksames, wie Kosten ersparendes Febrifu-
gura, wodurch sich hauptsachlich der im J. 1849
auf 29 Pfd. gestiegene Verbrauch von Chinin in sei-
nem Spilale im J. 1 850 auf 9 Pfd« reducirt habe.
(Kohlschfltter.)
112. Heilnng der Lmgenphthise dnreh Spon-
gia nsta; von Dr. Beyran in Constantinopel.
(I/Union. 118. 1851.)
Bei den Türken gilt der gebrannte Meerscliwamm
(SuDgncr losi) zu 3v in 2 Liter Theerwasser gekocht
und täglich verbraucht als ein sicheres [?] Heilmittel
gegen Lungentuberkulose. Ein Fall wird erzählt, in
dem ein sich selbst an dieser Krankheit behandelnder
Türke dadurch ein besseres Ansehen bekam, an Kör-
perfülle zunahm un|l für geheilt angesehen werden
konnte. Spater setzte er das Mittel aus , die Tuber-
kulose erschien von neuem , er starb daran und Vf.
fand bei der Section mehrere Narben von geschlosse-
nen Tuberkelcavernen neben neuer Ablagerung tuber-
kulöser Massen. (J u I. G 1 a r u s.)
113. Anuntriphyllnm gegen Lnngenphthise;
von Poitevin. (Gaz. des Hdp. 124. 1851.)
Vf. schreibt dieser Pflanze ausserordentliche
Ktafte zu , indem er behauptet , dass durch den Ge-
brauch derselben bei selbst weit fortgeschrittener
Lungenschwindsucht Husten , Auswurf , Diarrhoe,
schlechtes Ansehen u. s. w. verschwinden. Er giebt
einen Lüffel der Wurzel früh und Abends [in welcher
Form?], und beobachtete stets schon nach 14 Tagen
den besten Brfolg [!]. (Jul. Glarus.)
114. üeber den Rntzen der Exntorien in
derPhthisiS; von Dr. Costes. (Journ. de ßonl.
Fum.'Aoni I851.y
%ek den ältesten Zeilen haben die Revulsivmittel
eine gewisse Rolle in der Behandlung der Phthisis
gespielt; sie werden, trotz ihres erfahrungsmassig
geringen Nutzens nodi jeut in allen Stadien dieser
Krankheit angewendet. Auch B a y 1 e empfiehlt die-
selben im 1. Stadium, wo die phthisische Diathese,
ehe sie noch die Lungen selbst zu ihrem Krankheits-
herde gewühlt hat, sich in verschiedenen Organen,
wohl selbst in der Brust, durch allerlei verdächtige
Symptome bemerkbar macht. Hier soll man nach
Bayle dnreh Anwendung von Vesicatoren, Moxen,
Haarseilen, Cauterien bisweilen im Stande sein, einem
traurigen Aasgange vorzubeugen, wenn man gleich-
zeitig die erkannte allgemeine Diatfaese mit den geeig«
ch-
IM
HL H^gielbe, Di«Mlft» PlütinaiMilogi« u« Toxikologie^
netea Mtttela hskimpfl. Ginlfto «Nigegen mb^
äats , wo immer eise Kraakheit deft gaasen Orgiais-
nras ergreift^ aad eia Gesummter Herd* vea dem
dieselbe aasgebl, sich aichC aechweisea llüst, RoYal-
, siva oaillta aad selbst schMdlioli siad. Uad weiter
sagt er: ,,KraBkbeitea> wekhe eiae liefe Oesorgaan
satioB der Theile, welche sie befallea, berbeifQhreai
kOaaea, weaa ftie irgend Fortsebritle geeaaelit habett»
darch die Meihodus revulsita aicht gelieih werden ;
ihre Nalzlosigkeit ist dana gewiss. Zu solchea Kraak-
beitea gebOrea die TuberkeUiDblea". Diese Ansicht
tbeilt Vf. felistlladig; detta weaa irgead eiae» so ist
die Phthisis eine Kraakheit des Gesaromtorganismus,
ia welcher sich eine Diathese, eiae Kachexie detttlich
itt erkennea giebt; apad gegen diese siad die Hevul-
siva obae Wirkaag. Als paeseadsteo Zeitpaakt ihrer
Anwendung hat man ferner herforgehoben , dass sie
zur Verhütung einer Krankheit, zu welcher PrSfclispo-
ftition vorhanden , also aU PrIlserVativ nützlich seien,
und auch G i n t r a c gesteht ihnen dann einen , wenn
auch relativen Nulzen tu, indem dadurch auf eine
alimilige und kaum merkliche Weise die verderbliche
Tendenz der Krankheitsanlage von dem bedrohten
Organe abgelenkt, und durch eine künstlich hervor-
gerufene neue ftinctionelleThatigleit paralysirt werde.
Allein auch hier schreibt Vf. dem speciellen hygieini-
sehen Präventivverfahren und nicht den Exutorien den
etwa erzielten Erfolg zu. Ganzlich spricht er ihnen
diesen jedoch ab, wenn die Tuberkeln in Eiterung
übergegangen und Eiterhüblen gebildet sind. Wenn
man demungeachtet fast keine Leiche eines Phthisi-
ichen sieht, ohne die Spuren angewandter Exütoriea
wahrzunehmen, so liegt der Grund davon weniger in
üirer Nützlichkeit, als in der Uazulänglichkeit unserer
Heilmittel gegen diese Krankheit, welche uas bei der
Erfolglosigkeit aller» trota huadertfadier Tüuschua^
gea immer wieder auf die Exatoriea, als „zum HeiU
apparate aothweadig" zurückkommen lAsst [?n].
Bei der Debatte über vorstebeadea Aufsatz ia der
Soc. de m^d. de Bord, sprach sich Giatraa dabia
aus, dass er bei seorbtüUcher^ scr^piuiSser, syphh-
ääseher u. s. w. Diathese Revulsiva allerdings für
annflts halte. Er glaubt aber, dass bei 4er Luagea-
phthise oft ein rein localer Krankheitsherd in dem
afficirten Organe vorhanden sei , der sich weder aus
constitutioneller , noch erblicher Diathese herausge-
bildet, aondera dessea Ursprung in eieer Pneumonie
ZH Sachen sei , welche bei schlechtea hygieiaiselKa
Verheltaissea chronisch gewordea» and aus der «di
eadlich Taberkela entwickeln k<9anlea. Er Mt also
aicht bei jeder TubeHtalose die Einwirknag aligemei«-
aar ooastitatioaeller Verhältnisse für aothWeadig» uad
da , wo die Kratakkeit voa eiaeai loeolen firankheita*
herde ausgiag, die Exutorfea nicht aar aicht füt*
schfldKefaf sondern hat sie am eigner BriMiraag sehr
4ft als atttxlich erkannt. Auch ist aach üin woU
eia üfiteracined au oMchea swiaehen eiaem Itodivi-
duom mit Gavarnea uad erwaicbtea Taberkela » aad
eiaem» das eiwaa iwilett wenig Eiler aasWirll, etwas
diuB^ea Toa in 4ir üataiachliiMieibeiagegeBd aeigl,
w» aber die pfaysikaiisahe Diigoase Dooh keine la^
stittBBrien Verän^erilBgen verrlth. Hier aiod fixiita^
rien an den ualera Extremitäten oder auf der Bruat
wohl geeignet , den Lauf der Krankheit aufzuhalten«
NafliieBtIicb bebt er als gaeigaat die MIa hertOf ^ wo
bei Frauen oder jungen Midchen bei Suppretston odeif
Retardation der Regeln sidi verdächtige Bniatsyi»-
ptome einstellen. Hier sind nach Gintrac Exuto-
rien an die Uhtefextremitäten der beste ftalh, den
man geben kenn. Bei ausgebildeter Tuberkelschwind-
sucht dagegen ver^virfl er, gleich Cost^s, deren
Anwendung vollständig. Cooles bestreitet die An-
sicht Gintrac's, dass Tuberkeln rein ih Folge
einer vernachlässigten chronischen Entzündung , also
local auftreten können , und hält seine Ansicht fest,
dass zu deren Entwicklung stets eine allgemeine toü-
stitutionelle Disposition , eine wahre Kachexie ntfthig
sei; er glaubt, dass, wenn nach Anwendung von
Exutorien Besserung eingetreten, diese in andern
Umständen ihren Grund gehabt haben m5ge. Jean-
nel unterscheidet mit Gintrac eine nach vernach-
lässigter Entzündung locat auftretende Tuberkulose,
und hält für diese den Nutzen der Exutorien aufrecht.
Costes entgegnet, dass vieles für Tuberkulose ge-
halten werde. Was keine sei, und in solchen Fällen
mOefaten Wohl die Exutok'ien Nutzen geschafft haben.
Er empfiehlt schlflsslich zur Bekämpfung der tuber-
kulöse Reisen und die Bäder der Pyrenäen.
(Krdg.)
115. Behandling «les ttsems mit Baum«
WOUb 3 von Dr. M e n d e in Einbeck. (Hana. Gorr.-
BL IL 13. 1851.)
Als Grundbedingung zur Heilung des Ekzems
betraohtet VL die Ai»haltuag der Luft darch eine
küqstliebe Epidermis. Niir dttH;h EAtl^nung dieses
Reizes sei es mdglicb, dass ^ich dut-ch Ansetzen neuer
Moleküle eine neue Epidermis bilde. 9tess werde
aber durch kein anderes Mittel besser erreicht, ata
durch Baumwollenwatte. Nachdem man den Leim-
aberzug der eihen Seile al>getogsa bat, drückt man
die weiche Seite der Watte fest an die kranke Hätt^-
stelle. Sie bildet mit denb absfliesseaHea SerdA
sehr rasch eine undurchdringliche Decke, unter der.
der Heilungsprocess ungestört vor sich geht u. schon
nach 8 — 10 Tagen .so weit gedeiht, dass er des
schützenden U^berzugs, der nun von selbst abfitUt,
nicht weiter bedarf.
VL hat seit 4 J. 21 Fälle von Ekzmn, welehes
an den verschiedensten Orten des Kürpers , den Oh-
ren, dem Gesicht» Brust» Armen» Händen, Beinen»
den Brüsten, den Scbamlefzen verbreitet war» nur
mit Baumwolle behandelt und in allen Fällen einen
gleich günstigen Erfolg gesehen. Nur wo an der
Baumwoile gezerrt» oder dieselbe vor der Zeil ge»
waltsam abgerissen wurde, verzögerte sieh die
Heilung^
Gazenave bestreal die afBcirtenBantslelleii mit
Stirkenalil» Troasaea« iVaaC 4m AasseUag nü
10. BygMoe, DilMik, PlMMaluilogw u. Toiikologi««
166
Wa9««r iMlreicheii nwä da«« den Kleister-
verband anweBdeo, Cossu bOfstet denselben mit
harten BQraten, Robert gebrauchte eine Lffsung
vMi 5 Th. Gatla-Pereba in 30 Th. Chkiroforai »um
Beairaeben der leidenden Stelle. In Rnekaieht auf
Einraehheil, Weblfeilheil und Iciobter Handhabung
flbcrtrilft aber nach Vf. kein MiUel die Baumwollen-
watte. (Schwane.)
IIB. vtitr lediisa, ibre ABVeiidtng und
WirkungBII; von J. Ebbesen. (Norsk Magazin,
Andere Raekke. Bd. 4. HeA 10.)
Bie Meduaen bringen, wenn aie von ihrer Epider-
mis nicht entbldsst worden sind, auf der Haut, mit
der aie in Berührung gebracht werden , ein Stechen
uBd Bf^nnen , so wie einen der Essera oder Urtica-
ria gleichenden Ausschlag hervor, der 1 — 3 Tage
anhtlt. Man llfsst sie an (fer obem Seite fassen und
mit der untern den Theit, auf den eingewirkt werden
soll, in grosserer oder geringerer Ausdehnung be-
streichen. Auf diese Weise lüsst sich das Mittel ge-
nau localisiren, und kann man durch stärkeres oder
schwächeres Bestreichen eine stärkere oder schwä-
chere Wirkung hervorbringen. Bas fragi. Verfaliren
wird gcgOBWärtig in Sandel}ordbad sehr allgemein
angewendet' und hat sich als ein sehr kräftiges Ad-
jiivans in Fällen von Cerek'^malirriMieneM, Neu*
tmighn und Pmntysen erwiesen. Ebenso find Vfv,
dass ein gelindes Beslfeichen des Unterleibes mit
Mednsen in Fallen tmi teAi&Ai^er FBrimaing mit
lästiger Gasentwicklung, träger Leibesdffnung u. s. w.
Linderung verschalTte. Die Erscheinungen bei An-
weodiiDg des Mittels bestanden in mehr oder minder
heftigen Schmerzen, Unruhe, Stechen, Brennen, und
ealstanden nanehmal ErschtttteruBge«, wie von elek-
ttisdieli ^ehitgen. tlieae lelstere Wirkung bemerkte
iban besonders in (rällen von Lähmung, in welchen
die Kr., wenn bei ihnen am Morgen die Medusen
angewendet Worden waren, den ganten Tag tiber
2ucken und unwillkürliche Bewegungen in den ge-
lähmten Händen oder Fdaaen empfanden. Biese Art
der WIrkvng iet es , wodurch die Medwsen sieh von
andern reizeBden und blasenziehenden Stoffen unter-
acbeide«, «»d glaubt Vf., dass ihnen gerade deshalb
eine besondere Rcdeutjing in den Krankheiten des
peripherischeo und centralen Nervensystems zuge-
schrieben werden mnsse. Da es bei Spinalirritation
nicht immer angezeigt ist, langwierige Suppuration
zu unterhalten, so hat der Gebrauch der Medusen
auch noch deshalb den Vorzug vor blosen ziehenden
Substanzen.
Bei Neuralgien, von welchen 4 Fälle erzählt wer-
den , liess Vf. die Stellen , in welchen der aflicirte
Nerv verlief, mit den Mednsen bestreichen. — Un-
ter den ttMCgetlMeilten FäUen von Lähmung verdien!
folgender hcachlet zu werden.
0er Kr. , ein früher sehr rühriger Mann , litt in Folge
von CVkältang tretreits leit 5 J. aftk Lähmung de« rtfchten Bei-
nes. Er kam «m dfte «itte Mi 1840 netk SlkideQord , und
asD 0. Aug. wandele Vf. Merst die Medeaeo Ifegi der hinteni
Fläche der gelähmten Extremität an. Eiaige Stunden naoh
dem Bestreichen hatte der Kr. ziemticb heftigen Scbm^n längs
des Beines und einen papafösee Ausschlag ; ausserdem ent-
stand aber ein äusserst heftiger Schweiss aliein an den mit
den tfedeien bestrichenen Stdleo. Am Tage darauf wer die
Lähmung völig gehoben , oad kennte das Bein wieder anhfr«
hindert bewegt werden. (v. d. B n s c h.)
117. Aenssorliche Anwendiuig des CUoro-
forms tagen lenralgien iml alte Geschwüre ^
vom Oberarzte Dr. Daniel lasen. (Ibid. Hfl. 12.)
Vf. heilte dadurch in einigen Tagen eine Isebias , indem
er ein 4" langes «ad 9f" breites 8(5ck Wette mit S ikachme«
Chloroform begoss und dasselbe hinter den Trocbanter magn.
gerade Aber die Gegend des Nerv, ischiad. legte, darüber, um die
Verdampfung zu verhindern , zuerst dickgestrichenes Heftpfla-
ster und dann WocbstafTet legte, and das Gonie 13 Std.
liegen Uess. Gleich nach dem AuHegen der Watte klagte der
Kr. über ein heftiges Brennen , als wenn eine gKiheade Kohle
aufgelegt sei, welches 1 Sld. lang anhielt, worauf er sich
schmerzensfrci fählte und das Bein besser bewegen konnte.
Als die Watte abgenommen wurde , hatte sieh auf der Haut
eia Schorf gebildet uad war dieselbe gefühllos. Der Kr. stand
ohne Schmerzen auf und war am folgenden Tage hergestellt.
Hei alten sehmerzliaften Geschworen beförderte
Vf. die Heilung und hob die Schroerahalligkeit da-
durch , dass er diesellien t.iglich nnt Banmwolle be*
deckte, darauf Chloroform tröpfelte, und denn dns
Ganze mit einem kalten Waeserumschlag umgab.
(v. d. iuncb.)
1 1 8. CUorofom - Apparat ; von Dr. W. L i n*
hart. (Wien. med. Wehschr. 26. 1851.)
Der von L. angegebene und jetzt in der Klinik
mit GlOck angewendete Chloroform - Appsrat hat die
Form einer dosenUhnlichen Büchse.
Ihre vordere Wand ist der Form des Mittalstacks
vom Oberkiefer entsprechend concav geschweift; die
hintere Wand hingegen convex ausgebogen» damit
die NasenspiUe darüber Platz habe. Den Grund der
Büchse bildet die sanft nach aufwärts und zu beiden
Seiten, die sie gleiebzeitig bildet , nach vorwtfrts ge-
bogene Platte. Auf der Oeftiung ruht ein mit icorzen
Leisten sich daselbst einklemmender Deckel» der die
Biegung der Grundflilohe hal.
Auf der Innenflache des Bodens befinden sich
3 Stifte, woran das das Chloroform einsaugende Ma-
terial (L. verwendet hierzu Kuhfila) angespiesst wird»
und die dann umgebogen werden.
Die Anwendung des Apparats ist wie die bei dem
Schwamm ; ein Gehnlfe bringt die get^lThete Büchse
allmaiig» aber unmittelbar unter die Nüse mit der
concaven Seitenwand lest an die Oberlippe des Krau-
ken. Ist die Narkose eingetreten , so wird der Dek-
kel eingeklemmt und damit dem weitern Verdunsten
des Chloroform Einhalt gethan.
Die erste FrobeMichse war aus Messingblech ver-
fertigt und kostete 24 Kr. C. M. — Die gegenwärtig
benutzte ist von Silber, und kostet dVs Fl. C. M.
(Schwarze.)
166
III. Hygieine, DiSteUk, Phtrmakolo^e q. Toxikologie.
119. Salbe von Amntvm nitricnm gegen
Phlegmone nnd Eiysipelas; von l. Th. Back er.
(Norsk Magazin. Bd. 4. Hell 12.)
In der chir. Abtheiluog des Reichshospitals za
Chrisdania hat man in neuerer Zeit das Ungn. arg.
nitr. in Fällen von Phlegmone und Erysipelas, beson-
ders in der Wanderrose mit grossem Nutzen ange-
wendet, sobald die Krankheit nicht schon zulange
gewahrt hatte. Man bediente sich immer einer Salbe
von 1 Th. Arg. nitr. und 3 Th. Fett, von welcher
Morgens und Abends nicht blos in die ergriifene
Stelle, sondern auch etwa einen Finger breit im Um*-
fange derselben eingerieben wurde. Es entsteht
danach ein Gefühl von Brennen , welches aber nicht
lange anhält; die ersten Wirkungen verspürt man
aber in der Regel nach zwei bis drei Einreibungen,
indem die Haut dann anfängt, sich zu runzeln, wo-
bei die Geschwulst abnimmt, pder aber ein vesiku-
löser Ausschlag ausbricht. — Wenn die Sallie gehö-
rig und sorgfiiltig eingerieben worden ist, so kann
man nach den ersten 2 bis 3 Einreibungen damit
aufhören , weil die Salbe nicht durch die degenerirte
Epidermis wirken kann , und mitss man , wenn man
die Salbe länger anwenden will , vorher die Epider-
mis sich abschälen lassen. Bei sehr zarter Haut,
z. B. bei Weibern und Kindern ist eine Salbe von
1 Th. Arg. nitric. und 15 Th. Fett anzuwenden.
Auf gleiche Weise, wie das Arg. nitr. wirkt auch
die Tinctura jodi, jedoch bedeutend schwächer.
Dieses Mittel passt nach Vf. besser, wo die Haut ent-
weder sehr dünn, oder die Krankheit von geringer
Intensität und Extensität ist. Die langen Incisionen»
nach Rust's Methode, in Fällen, in welchen ein
ganzes Glied von bereits in Suppuration abergegan-
gener Phlegmone ergriffen worden ist, pflegt Vf.
nicht mehr zu machen, macht aber dagegen verschie-
dene zolllangc Einschnitte, weil diese besser heilen.
(v. d. Rusch.)
120. Radicalheilnng eines Ganglienknoten
dnreh Jod^Einspritinngen ; von Dr. Faur^s.
(Journ. de Toul. F^vr. 1851.)
Bei einem jungen MSdchen halte Vf. ein Ganglion von
der Grosse eines Taubeneies , welches am Carpas der rechten
Hand , in der Gegend der Sehnen des Extensor propr. indicis
und digit. comm. aufsass, durch Compression vergeblich zu
zerthßilen Ter^iuchl. Die Exstirpation gelang nur unvollkom-
men, da sich die Geschwulst bis tief in die sehnigen Ausbrei-
tungen des Extens. digitor. comm. fortsetzte; F. begnügte
sich daher damit, die Cyste zu öffnen, den Inhalt zu entlee-
ren, die leere Tasche so tief wie uiuglich auszuschneiden,
und nachher wiederholt zu ätzen. Es erfolgte hierauf die
Yernarbung am 12. Tage nach der Operntion. Allein nach
»/a J. kam die Kr. wieder; die Geschwulst war seit ungefähr
2 Mon. wieder zum Vorschein gekommen, und hatte jetzt be-
reits die Grosse einer kleinen Nuss. Einreibung von Jodkali-
salbe u. Compressivverband blieben ohne Erfolg ; Vf. machte
daher Einspritzungen von einer Mischung aus 5 Decigrmm.
Jodknii , 4 Grmm. Jodtinctur nnd 30 Grmm. Wasser in die
durch die Lancette pnnctirte und entleerte Geschwulst. Nach
der 3. Einspritzung entstand heftiger Schmerz, deutliche
Hitze, Rotbnng U.Anschwellung, nicht blos in der Geschwulst,
sondern auch in deren Umgebung. Hierauf wurde ein einfa«
eher Compressivverband angelegt, worauf zvoacbst der SchiMi
und die Hitze, später auch die AnschwelluDg sich miodeite,
unter gleichzeitiger Abnahme der Gangllengeschwulst. Zeki
Tage nach der 1. Einspritzung war letztere vollständig Ter-
schwanden, und ist bis jetzt, nach Jahr aod Tag, .nicht wie*
der anfgetreteo. (Krag.)
121. Griecliische Tolksheilmittel ; von Prot
Dr. L a n d e r e r zu Athen. (Arch. d. Pharm. Oclbr.
1851.)
Das vom Ro$t befallene Getreide (cattQ* ä(^nr\
in halbverkohltem Zustande , dient gegen cbron. Motterhfai>
tungen. Man bringt das Getreide in ein Loch in der Erde,
zündet es an, u. bedeckt es, ehe es ganz verkohlt, mit Erie.
Das stark brenzlich riechende (wahrscheinlich Essigsaore uid
Kreosot enthaltende) Polver wird tägl. zu i bis 2 DracbneB
in Wasser gerührt genommen.
Der Meidano (Oreotelinum)^ in Kataplasmen (aoi ks
zermalmten frischen Pflanze) auf die Miereogegeod gelegt, ^
gen Dysurie, Jschurie u. a. Harn bescb werden.
Als Rubefacietu und Feeieane wird in Bomelieife-
stossener Knoblauch aufgelegt ; anderwärts die mit Essig eil*
gelegten Fruchte des spanischen Pfeffers. Für Kinder ea-
phielt L. das Acetum fruetuum capsici als gutes Haatreib-
mittel.
Ol, aelk. MelÜoti ereticae , sehr wohlriechend, als
Carmioativum und bei Koliken.
Das Rkodeser Holz (Lign. rhodinum) als Viftm-
stärkend, besonders in Latwerge ; sehr tbeoer bezahlt.
Bei Fallsucht' Anfällen entkleidet man auf den Md
des Archipels den Patienten and wickelt ihn nackt ia oiitl^
Indigo frisch gefärbte Leinentucber , Hocke od. dgl. a. legt
ihn so ins Bett, bis ein starker Schweiss entsteht.
Der Saft von Melia a%edaraek wird zum BestreidM
der Milchborke bei Kindern benutzt, welche darauf in dm
Tagen abtrocknet und abfällt. Man gewinnt ihn, indeai au
die frischen saftreichen Zweige abschneidet nnd ao eiaea
Ende anzfindet, worauf der Saft am andern Ende henos*
sickert.
Aus den Beeren des Elasagnus gewinnt man ein fett«
Oel, das man, mit Syrup zu einem Linctoa gemacht, tigl- n
2 bis 3 Essl. gegen Bauhigkeit der Schlingwerkzeuge gebno*
eben kann.
Radix Leontices leontopetali verdient bei Himor-
rhoidallciden die Aufmerksamkeit der Aerzte. Vf. aahin «s
Pulver selbst und fand (nach Verbrauch von 3 Drachmen) die
Angabe der Türken , dass es Hämorrboidalblotnngen henw-
rufe, vollkommen bestätigt. — Auch Glaucium M^m
bat bei den Türken Buf gegen Hämorrhoiden.
Das frische Hasengehxm reibt man den Kindern taglick
ins Zahnfleisch um das Zahnen zu befördern.
Die arabisch» Seife (Arabo sapono)^ eiae scbi*
Schmierseife, angeblich aus Kameelfett mit Ascbeniaoge berei-
tet , dient bei Kindern auf die Haut gelegt als Vesicaas oder
um Fontanelle zu legen. (H. E. Bichler.)
122. Dntersachaiigen Aber das Gift desSrd*
Salamanders nnd der uöte; von g ratio Jet o.
Cloöz. (nnslilut 23. Avril. Nr. 903. 1851; Fror.
Tagesber. 370. 1851.)
Die durch die Hautdrttsen des Erdsalamaaders
(Lacerta salaniandra) abgesonderte Flassigfceit «ien
weiss aus , hat einen widerlichen , scharfen Gerochi
beim Heraustreten aus den DrOsen die Consistenz ei-
ner dicken Milch , coaguiirt aber sehr bald und xeigt
eine sauere Reaction. Wurde dieser milchige S>il
111. Hygieine» DiateUk, Pbtrmtkolofjift u. Toxikologie.
167
aater die Haut des FlageU oder Sehenkele vertehie-
dener V5gel eingeimpft, so bekanen diese Vogel
slmintlieb epileptische Krämpfe. Eine Taube starb
oBler beftigen GoDfulsionen und damit abwechsela-
den UbmuDgeii nach 20 Min. Kleinere Saagetbiere
(Manae, Meerschweincben) aeigten mir vorflberge-
hende GonTulsionen, starben aber nicht.
Die ahnliche mÜcbige Flüssigkeit, welche die ge-
meine Kröte (Rana bufo) absondert, ist dick, klebrig,
gelblich geRirbt. von widrigem Gerüche und einer
unerträglichen Bitterkeit. Auf der Schleimhaut des
Mundes macht sie keinen schmerzhaften Eindruck,
VOgel, denen dieselbe eingeimpft worden war, star-
ben innerhalb 5 — 6 Min. , aber ohne Gonvulsionen.
Sie Oftnelen die Schnabel , taumelten wie betrunken
hin und her, schlössen die Augen und fielen endlich
todt nieder. Selbst die eingetrocknete und durch ein
Alkali ihrer Saure beraubte Flüssigkeit ilödlele con-
stant kleinere Vögel. In dem kleinen Gehirne der-
selben bemerkte man stets eine beträchtliche Apo-
plexie. Somit wäre die früher allgemein verhreilele
Annahme, dass diese Thiere ein Gift absondern, voll-
kommen bestätigt. (Gramer.)
123. Tod durch den Biss einer ^per; von
Dr. Ant. Agazzi. (Gazz. med. ilal. feder. Lomb.
25. 1851.)
Der von Vf. mitgetheilte Fall belriifi einen Kna-
ben der in den Fuss gebissen worden und bewusstlos
hingesunken war. Ammoniak mit Malagawein 2 Sld.
darauf gereicht bewirkte belräehlliche Besserung. Da
aber eine weitere Behandlung, in Folge der Annahme
des Arztes , dass in der betreffenden Gegend giftige
Schlangen nicht vorkamen, unterlassen wurde, erfolgte
spater der Tod. Vf. bemerkt wie nöthig es sei , das
erwlbale Antidot in dergleichen Gegenden in allen
Gemeinden vorrätbig zu haben.
(Kohlschütter.)
124. Fall TOB Pkosphorrergiflang *) von Dr.
Bondant. (Gaz. des Höp. 122. 1851.)
Ein 54 J. alter, dem Tranke sehr ergebener Mann vcr-
schlaekte , nachdem er sich vorher töcbtig beranicht haue»
eine bedeutende Quantit&t einer mit Phosphor verseUten Paste.
7 — 8 Standen nachher entstanden die heftigsten Schmerzen
längs des ganzen Verdauungskanals , anhaltendes Erbrechen,
harter, grosser, beschleunigter Pols, Harnbrennen, Dys-
urie; der Tod trat unter Steigeroog des Schmerzes nach 3 Ta-
gen ein.
Seeüan, Extremititen starr und contrahin, Mnnd-
schlcinhaot eoUandlich gerolhet , Magenschleimhaut carmoi-
sinrotb, sielleoweis schiefergrau und erweicht, in der Nahe
des Pylorus ein mit aufgetriebenen , bräunlichen Rändern ver-
sehenes Geschwur Yon der Grösse eines ZweifrankstQcks , ein
etwas kleineres an der grossen Cunratur, die Dunndarm-
sehleimhaut stark entsandet, die Kerfcring'Behen Falten ge*
sehwellt 9 aber ohne Excoriation und Erweichung, das Colon
von Enuandung frei, das Rectum, je näher dem After, desto
sehr entzündet. Die Blasenschleimbant injicirt , das Endo*
cardiom im rechten Herzen erweicht, sonst keine auf die
tuttgehabte Vergiftung bezügliche pathologische Erschei-
nungen.
Chemuehß Analy»9, ISO Grmm. der Leber, die Qbri-
gens keine pathologische Veränderung zeigte, wurden mit
aOO Grmm. coneentrirter Salpetersaure im Porcellanliegel ge-
kocht, die Flüssigkeit auf Vi ihre> Volums eingedampft , mit
destillirtera Wasser TerdOnnt und flUrirt. Das Filtrat gab mit
Schwefelwasserstoff keine Reaction , mit Silbersalpeter einen
bellgelben Niederschlag, mit schwefelsaurer Magnesia ein im
Ueberscbuss der Säure lösliches Präcipitat. In derselben
Weise wurden der Magen und dessen Flässigkeiten behandelt,
die PräcipiUte waren dieselben, nur noch stärker. War niin
gleich hierdurch die Gegenwart von Phosphor oder phospbor-
sauren Salzen erwiesen , so wurde doch , am zur völligen Ge-
wtssbeit zu gelangen , der Phosphor auch rein dargestellt.
200 Grmm. des Magens wurden deshalb mit 400 Grmm. Sal-
petersäure gekocht, bis zur Trockenheit abgedampft , dann
mit destillirtem Wasser bebandelt, Dltrirt und von Neuem zur
Trockenheit abgedampft , hierauf die Masse mit dem 5fachen
Volum vegetabilischer Kohle hei hober Temperatur verseUt u.
hierdurch der reine Phosphor dargestellt.
(Julius Claras.)
125. Tergiftug durch saluaures Ziu;
von Dr. E. A. Meinel. (Deutsche Klin. 41. 1851.)
Der vom Vf. beobachtete Kr. hatte Salz gegessen , das
früher feucht geworden, auf einen zinnernen Teller geschüttet,
aaf dem massig erwärmten Ofen getrocknet worden war. Kurze
Zeit darauf stellten sich Schmerzen in der Präcordial - Gegend
und Singultus ein, am andern Tage vollständiger Speicbelfloss
mit starkem Geruch aus dem Monde. Der Kr. klagte fiber
Frost , Hitze , Kopfschmerz im Hinterhaupt und in der Stirn-
gegend, über Appetitlosigkeit und heftigen Schmerz in der Ma-
gengegend. Zunge war gelblich belegt. Stuhl gebalten , Puls
beschleunigt (100), Haut trocken und heiss.
Nachdem Vf. gegen die bestehende Gastritis äusserllch
Antiphlugose angewendet, innerlich Kirschlorbeerwasser mit
Belladonoaextract und RicinusÖI , und zur Beseitigung des
Speichelflussesein Gurgelwasser mit Chlorkalk verordnet hatte,
war die Gastritis nach 4 und der Speichelfluss nach 6 Tagen
völlig verschwunden.
Die von Vf. mitgetheilte Vergiftung durch Crotonöl be-
trtift einen Kranken, welcher nach einer Einreibung des Mittels
in den Hodensaek, hier und im Gesieht einen Pnstelaussehlag
bekam. Beide heilten bei einem einfachen Verfahren.
(Schwarze.)
126. Verdacht auf AnenUnrergiftimg; wakr-
scheinliche Todesursache das Forhandensein einer
eigenthüm liehen organischen Substanz im ^rte-
rienkreislauf der wichtigsten Organe-, von D6-
granges u. Lafargue. (Journ. de Bord. Juin
— Aoül. 1851.)
Eine hochschwangere Frau war nach 12sttiadiger Krank"
heit den 4. Decbr. früh 8 Uhr plötzlich unter Verdacht erre-
genden Umstanden gestorben. Der behandelnde Arzt war um
Mitternacht vom Ehemanne , welcher sich sehr ängstlich ge-
zeigt, gerufen worden ; die Frau hatte seine (des Arztes) Fra-
gen noch richtig beantworten können, war aber plötzlich
von Gonvulsionen, deren Heftigkeit sich bei jedem neuen
Anfalle steigerte , befallen worden ; es war Erbrechen hinzu-
gekommen , welches jede Medication unmöglich machte , und
früh war der Tod erfolgt. Der Arzt hatte Eklampsie diagno-
sticirt , welche in der Schwangerschaft der Frau und einem
bevorstehenden Abortus ihre ausreichende Erklärung finde.
14 Tage nach dem Tode ward die Ausgrabung und Legalsec-
tion angeordnet. Ans den Specialitäten dieser letztem heben
wir nur hervor , dass die Fäulniss der Leiche bereits einen
auffallend hohen Grad erreicht hatte, und dass man im Magen
in der Gegend der grossen Cunatur eine Anhäufung kleiner^
mattweisser, verschieden gestalteter und verschieden grosser
Körpereben fand, welche unter dem Fingerdnicke resistent u.
nicht zerreiblich waren. Aehnlicbe, mitunter leicht rosig ge-
16S
liL Bnßibme, MMüft» thamOutle^ u« ToiüioW^
ürMe Körperohoi gewahrte mtn u «iMr fiteile te Oberflfi-
ebe der Leber, auf deren kleiaem Lappen, uamitielbar un-
ter dem eeroten üebenuge , eo wie auch beim Diirchschoei-
dea des Organa ionerbaK) der l^bergefiaae. Auob im in-
termediären Zellgewebe fanden sidi deiyieicben Körperchen
leratreut. Die Unteraochnng dei Ueraa und den darin enfr-
ballencn Fotna, ao wie der Placenta lieaa keine Spur einer
wihrend des Lebena begonnenen Geburtath&tigkait wahmeh*
men. Zufolge dieaea Befnndee acbloaaen die £xperten ver*
Itaig und ▼orbebälliicb der cbemiaeben ünterauobung jener
Korperchen auf VergiCtuag durch weiaaen Araenik. Dteae
Unterancbung , wobei auch in Herzen und in den arteriellen
Lungengelisaen dergl. Körpereben gefunden wurden, eingab
Folgendes. Die Körpereben waren seir klein , die gnlaslea
bis au 1 Mmtr. , vcracbieden geformt , jedoch meiat eckig,
■altwaisa , zuweilen mit einer Nuance in daa Boaige , wider-
atanden dem Fingerdrucke, fühlten sich rauben, gaben, wenn
m«n mit dem Scaipelle Sber sie hinatrich, ein leiaes Geräusch ;
zerdrückt und mit etwaa Waaaer rermiacht bildeten aie eine
dichte, kornige, weisslicbe, rauh anzufühlende Masae, ähn-
lich einem mit etwas Wasser Tcrriebenen Stückchen Kalk.
Venaöge ihrer Schwere sanken aie im Waaaer eh Boden. Im
AllgemeineD sassen sie an den Stellen, wo man aie fand, fest,
nur auf der Schleimhaut des Magens waren einzelne so aufge-
lagert, daaa sie bei geringer Berührung ihren Ort veränderten .
Sie aaasen in den obersten Lagen der Schleimhaut fast , auf
der Leber unterhalb der Seroaa , in den Gefaaaen fand man
aie an deren innerer Haut festsitzend , in dem Herzen am En*
docardiom und den Papillarmuakeln. --> Einige aua dem
Magen genommene Körpereben, auf glühende Kohlen ge-
atreut, gaben keinen knoblauchartigen Geruch, auf einer
Platioplalte erhiüt rerbrannten aie fast ohne Rückstand, ohne
Knoblaachgerucli ; in Schwefelaiure aufgelöat und in einen
kleinen Marsh'srlien Apparat gebracht, hintnrlieaaen aie kei-
nen Fleck. Mit Aeüwr behandelt gaben sie etwas Fettigkeit
ab, in Wasser uud Aikultui waren sie unlöslich, lösten sich
dagegen leicht in mit S;ilis&are gesäuertem Wasser; diese
Audösung mit Ammoniak gesattigt , gab einen kaum bemerk-
baren Niederschlag , welcher durch Zusatz von Chlorbarynm
nicht vermehrt ward. Schwefel wasserst oflTsäure brachte keine
Veränderung in der AuRöaung hervor. Die Körperchen waren
demnach aia eine organische , durch pathologische Einflüsse
erzeugte Materie ai betrachten. Die chemische üntefsnelrnng
des Magena, der Leber und der übrigen Organe, in denen eich
jene Körperehen gefunden, ergab nur negative Reanitate, und
ea fühlte demnach das ehem. Verrahren zu dem Schlüsse, dass
die Verstorbene durch ein auf chemischem Wege erkennbares
mineratiacbna Gilt nieht gestorben aei.
Es fragt sich Dun , ob die Verstorbene wirklich
darch Eklampsie hiAgerafH wurde. Als ausdrücklich
angegebene Symptome liegen nur vor : Erbrechen und
Gonvulsionen. Ersteres wird von den besten Auto-
ritäten nicht als Symptom der Eklampsie aufgeführt,
aaeh kmiste 4ias ErbrediM nicht durch die begon-
nene Geburtsarbeit erklärt werden, da die Obduction
der Gebärmutter diese in allen Theilen gesund und
kene Spur eines begonneBen Abortus geieigt hat.
Der Verdacht, das« dae Erbreelien dureh ein beige-
brachtes Gift erzeugt worden, lag deshalb sehr nahe,
und es ist zu bedauern » das« von dem Erbrochenen
nichts chemiach iwienHielU worden ist. Auch 4ie
GoMTulaioneii sind an tich noch kein Beweis, dasa
wiricfich Eklampsie vorgelegen habe, denn Gonvulsionen
sind bei einer schwangern Frau hüufig auch durch an-
der« Krankheitsmomente bedingL Dagegen zlUiieii
allerdings mehrere Autoren die GonvulsioBen ak Sym-
ptom bei Arsenikvergiftung auf, wenn es auch als
solches nicht constant ist.
Die Frau kalte UbrJgeAS lange Zeit an GUorose
gelitlen, klagte biaBg Ober bebitiieUes Sehleeksea n.
Mteres Henkloplen, welches seibat «ut synfcoptiselien
Zttftllen endete ; am Tage vor dem Teds war »icfata
UngewOhnlkhes paaairt, die Mabbeit war eNifaeb n.
näaiig geweaen« Alle diese Momente atehe« iji kei^
nem Betnge zu der vermeistliohen Eklampsie; stall
einen GongestivzestaAd nach Gehirn und BJtekenaiark
zu bedingen, sind sie wohl eher geeignet, davon ab-
zuleiten.' Pagegen dürften sie wohl ihren Grund fin-
den im Vortiandensein krankhafter Producte, welche
durch den vitalen Chemismus erzeugt, in den Strom
der Circulation gerissen und so in die Gewebe und
Höhlen der Organe abgesetzt wurden. Und als sol-
che müssen jene weissen KOrperchen betrachtet
werden.
Innerhalb der GellUse zeigte sich keine Spur jener
pathologischen Aflectionen, welche sonst in denselben
krankhafte Producte zurücklassen; die Tunica in-
terna war normal, maji fand nirgends VerknOche-
rung oder Verknorpelung der Tunica propria , keine
durch BlulpfrOpfe oder Eiter obliterirten GeDisse, nir-
gends im ganzen KOrper der Verstorbenen Jüiteran-
sammlung, welche auf Eiterresorption in die Blut-
masse hatte schliessen lassen ; kurz es fehlten
alle S|>uren vorhanden gewesener Art«rritis. Die
fraglichen körperchen köuneo also nur Producl einer
krankhaften Secretion der innern Arterienhaut, oder
Folge eines gestörten Wechselverhaltnisses zwi-
schen den constrtuirenden Elementen des Blutes, viel-
leicht anch eines Zusammenwirkens dieser beiden
pathologischen Veriiültnisse sein. Die RUrpercben
fanden sieh im Innern der Arterien, deren innerer
Haut anklebend , ohne letztere in ihrer normalen Be*
sehaflenheit zu andern; sie waren auch dureh dem
arteriellen Blutstrom in fast alle bedeutendem splanoh-
. nisclien Gingeweide abgesetzt worden. Sie besta»-
den weder .aus Fibrin, noch aus Albumin, noeb anch
wesentlich aus Fett, wie die ehem. Analyse dargethan
hat. Bas CaeeTU, welches neuerlich als normaler
Bestandtheil des Blutes entdeckt worden , und in
Maximo kurz vor der Niederkunft und wahrend des
Stillens in demselben vorhanden ist, ist nur in aufge-
löstem Zustande im Blute, und kann keine Ablage-
rungen machen. Audi v^en dem Leberfette, welches
unter gewissen Nerven einflüssen in das Arlerienbint
übergeht« namentlich bei Stillenden, und« in den
Lungen nicht gttnzlicb ausgeschieden, bei» Durch-
gang durch das ailgemeiiie GapiUersyatem sieh ab-
setzt, sind jene Körperchen wesentlich verschieden.
Bs erscheinen 4iese letztem deAwach als eine ganz
eigentbttmlicbe , ein Anelogon in der Wiaseoaebaft
nicht darbietende, organische, mit einigen Spuren
von Fett gemischte Substanz, deren Aetiobgie in den
Modificationen und Alterationen zu suchen ist» ienen
die ebemisehen filensente des Bluts unlerwerlen sein
können.
Die Verstorbene war über die fiatfte derSehwinger-
schaft hinaus» als sie der Tod ereilte» und hatte vor-
her an Chlorose gelitten. Durch diese beiden um-
IH. AygMine, WHKltik» Ph«nn«JiK><ogi« »• Toxikologie.
169
A&lniie eriiU 4a« Blut me ModiilciilioQ in Minen Bl^
mea^eo, namentlich in dem proportionalen VerbiilV^n
iwischen Eiweis und Serum» und nXchst andern un-
bestimmbaren Störungen eine Verminderung der Blut-
kOgelchen. Es folgt daraus , dass die gleiche Modi-
fication der Blutbeolandtheile in beiden EusUiuden
(Schwangerschaft und Chlorose) auch gleiche Func-
tioasstArangen bei beiden hervorrufen kteoe, und es
tat wahrseheinlich , dass bei der Verstorbenen, wo
beide ZaslUnde gleichzeitig bestanden , jene VerSnde-
rang d^r SlutoMsse einen spkbQn Grad erreiohl^,
I das« sie die Ursache wurde, dass jene eigenlbOmli-
eben weissen KOrperchen aus derfilatmasseabgesetct
wurden. FOr die Erklärung der Natur und Ursachen
der Chlorose der Schwängern sind diese KOrperchen
jedenfalls von hober fiedeulung. Nachdem dieselben
längere oder kürzere Zeit im Blutstrome suspendirt
erhalten wurden, werben sie durch die Systole
mit ihm forlgerissen und in die Ramifiditionen des
GeAlseslaiiimee bineingelriehen, dadur^ werden diese
verengert oder ganz verschlossen und der Capillar*
kreislauf behindert, oder ganz aufgehoben, die KOr-
perchen aber werden endlich durch die Mündungen
der Capillaren auf die heutigen Oberüacben der Or-
gane abgesetst, erscheinen unter der Serosa der Le-
ber , am Endocardium , auf der Schleimhaut
des Magens u. s. w. , und unterbrechefi so das
Aormale Punelioniren der uim Leben nOlhigsten
Organe. Hierdurch erklart sich der Symptomen-
complex in dem fraglichen Krankheitsfälle fast
durchgängig. Die Verstorbene litt an Herzklopfen,
blttfig nait Ohnmächten verbunden , weil die lütrper-
eben im Merzen, an Schiucksen, weil dergleichen
im Hagen vorhanden waren , und die Convulsionen,
welche dem Tode vorangingen , sind jedenfalls auch
folge des Vonhandeneeins .von diesem Krankheils|iro-
doet im Gehirn gewesen , obgleich bei der weit vor-
geschrittenen Verwesung ^es letztern bei der Obduc-
tion dergleichen hier nicht gefunden worden sind.
Gemriss ist daher dieses eigentliümliche Krankheits-
prodoct die directe Ursache der pathologischen Ver-
änderungen qnd spater des Todes gewesen, wenn
auch nicht bestimmt werden kann , ob sich dasselbe
plOtsliefa, oder nach und nach gebildet hat
Chevalier und Lassa ignc hatten übrigens
Gelegenheit bei der Obduction einer nach 2 Mon. aus-
gegrabenen Leiehe ähnliche KOrperchen in verschie-
denen Organen zu beobachten.
Dieselben bsstandeo aus einer stickstoffhaltigen on^aoi-
scben Msteric, velcbe t»eiai Luruutritt ohne bemerkbaren
Böckstaod verbrannt«, demnach keine flxenKalksolze enthielt.
Sie vfirden aufgefunden auf der Scblfimhaut des Magens und
DuQDilamis, in geringerer Menge auch im Dickdarm , dessen
Schlsimbani nebr oder weniger £nUundung«spureB zeigte;
elienso fanden sie licb auf der Oberfläche der Leber, des Pe-
ricardiums und im Leberparenchym, inmitten kleiner Hublen.
Sie waren opak wei«8 , unregelmassig rupdiicb, uad wurden
durch eine Zusammenbäufung kleiner weisser Tuberkelcben
mit warziger Oberfläche gebildet , welche mehr oder weniger
Med. JOrhb. Bd. 71. UA. S.
an der Schleimhaut lesthingen^ auf der sie sich entwickelt
hatten. Chemische Eigenschaften. Im PlatiDlön*el erhitzt
wurden sie nicht flüssig ; bevor sie sich aufblähten , wurden
sie gelbbraun, dann schwarz und verbreiteten einen gelbbrau-
nen Dampf mit deutlichem Geruch nach verbranntem Hom.
Bei der Verbrennung im Giascylinder färbte der Rauch das
dqrsk Säuren gorÖthele Lakmuspapier wieder blau , Wasser
löste die Substanz In keiner Temperatur auf, ebenso Alkohol.
Verdünnte Mineralsäuren und Ammon. liquid, lösten sie ohne
iLüChnittsen sehr leicht. Die Auflösungen ip Salz- und Salpe-
tersaure bei schwacher Hitze abgedampft gaben klare , laroeU
löse oder unregelmässige Krystalie. Die aus der saipeters.
Lösung erhaltenen waren etwas gelb und wurden bei schwa-
cher £rhilcuBg noch dunkler. Dampfte man die Auflösung
in Ammoniak ab , so entstanden die ursprQnglichon Körper-
eben wieder. Unter dem Mikroskope zeigten sie dieselben
^igepscbaflen , wie dap Cjstin. — Mach dem Berichte des
Arztes war die Verstorbene unter den Symptomen des Typhus
gestorben. Kann pian nun auch nicht behaupten , dass jene
cystipartigen Tuberkel ein Typhusproduct seien , so ist duch •
ihre erwiesene Anwesenheit jedenfalls von Wichtigkeit. Das
Vorhandensein derselben in so vielen Organen lässt auf eine
wahre Diatbese des betrefl'enden Subjecis für dergl. krankhafte
Producte schli^ssen. Da diese letztern ihren chemischen Ei-
genschaften nach die Mitte halten zwischen Cystin und Xan-
Ihin, so wählen die Beobb. für dieaeibeu einstweilen den Na-
men Ximiho-Cystin.
Bei so mancher Aehnlichkeit zwischen den KOr-
perchen der beiden milgelheilten Beobachtungen fin-
den sich doch auch wesentliche Verschiedenheiten.
Die im Falle der Vff. gefundenen waren nicht in klei-
nen Hirtilen des Leberparenchyms, sondern im Innern
der Gefifsse und unterhalb des serOsen Ueberzugs der
Leber, nicht im Pericardium, sundern am Endocar-
diiim der Papillarmuskeln : die Auflösungen in Sau-
ren gaben beim Abdampfen keine laniellOsen Krystalie,
auch keine mit gelbem Scheine. Von Neuem durch
Darbet unterssucht, erschienen sie als amorphe,
warzige, mallweisse KOrperchen, auch aus der sau-
ren Auflösung und der mit Ammoniak wieder darge-
stellt, zeigten sie keine Spur von Krystallisation ; end-
lich fehlte der eigenthUmlich fOlide Geruch, den Wol-
last on u. A. heim Cyslin ausdrücklich heiucrklen.
Die KOrperchen der ersten Beobachtung sind demnach
kein Cyslin , sondern eine sich demselben sehr nä-
hernde organische Substanz, welche sich von jenem
nur durch den Mangel zweier chemischer Eigenschaf-
ten unterscheidet.
So gut sich aber durch krankhafte organische
Thatigkeil auf der Schleimhaut des Uarnnpparats eine
eigcnlhamliche organische Substanz, das Cystin , bil-
den kann, so gut können sich dergleit'hen auch auf
andern Schleimhäuten und an<lern mit diesen in Rap-
port stellenden Membranen entwickeln. Im woitern
Verfolg dieser organischen Störung werden jene ab-
normen Producte durch Absorption oder einen andern
vitalen Process den Organen einverleiht, und kOunen
sich , wie der harn - und kohlens. Kalk in den Syno-
vialkapseln Arlliritischer, im Innern der Organe, in
deren llOlilen oder Gefifssen vortinden. Und diess
mochte denn in der That , wie Chevalier u. L a s-
saigne sagen, als Diatbese anzusehen sein. Ober
deren Entwicklung und Ausbildung mehr Klarheit
22
170
IV. Pathologie y Therapie a. medicinische Klinik.
kommen dürfte , wenn man die Störungen der harn- Eklampsie , Albuminurie genauer untersnchl haben
absondernden Organe in Krankheiten wie Chlorose, wird: (Krug.)
IV. Pathologie 9 Therapie und medicinische KliniL
127. levrose auf epileptischer Gnindlage,
welche 6 Jahre lang bestanden u. jeder ärztlichen
Behandlung getrotzt hatte; von Dr. A. Q u a g 1 i n o.
(Gazz. med. ital. federat. Lombard. 13, 14 u. 15.
1851.)
Der jttzt 29 J. alte Doctor der Rechte A. M. in Mailand
war als Sjäbr. Knabe durch einen ihn Terfolgenden Stier der-
maassen erschreckt worden , dass er in Convulsionen verflel,
welche das folgende Jahr um dieselbe Zeit wiederkamen, im
Alter Ton 5 J. trat in Folge Erschreckens über einen grossen
Hund ein somnambulischer Zustand ein. Seine Erziehung
war nicht frei von Eindrücken , welche die Einbildungskraft
aufzuregen, Furcht und Aberglauben zu nähren pflegen. In-
zwischen blieb er, mit Ausnahme einiger Wechselfieberanßille,
bis zum 13. J. ziemlich gesund. Im Jünglingsalter litt er an
bäuflgen Kopfschmerzen und an einer heftigen Enteritis, wes-
wegen er Ton verschiedenen Aerzten mit maasslosen örtlichen
und aligemeinen Blutenlziehungen behandelt wurde. Obgleich
in Folge neuer gegen den Kopfschmerz angewendeter Aderlässe
im 23. J. Convulsionen u. Delirien eingetreten waren, behielt
der Hausarzt doch diese depielorische Behandlung auch gegen
eine im folgenden Jahre aufgetretene Gelbsucht und Herzpo-
chen , in Verbindung mit Tart. stibiat. , bei. Pat. verheira-
thete sich, litt fortwährend an einer tief melancholischen
Stimmung und häufigen convulsivischen Anfällen in den Ar-
men, an habituellen Kopf- und Leberschmerzcn, Schlaflosig-
keit, dann plötzlich an Photophobie. Nun wurde neben den
Blutentziehungen die kalte Douche auf das Ruckgrat verordnet,
welche convulsivische Anfälle , Singultus, dann aber ruhigen
Schlaf zur Folge halle. Später wurden wegen erneuerten Sin-
gultus, Convulsionen, nervöser Schmerzen und Hustcnan-
fällen die verschiedensten Nervina, Tart. slib., Einreibungen
, von Crolonöl , auch die Acupunctur und Caulerisationen am
Rucken angewendet. Erneuerte Douchen versetzten den Kr.
in 27slundige Convulsionen mit Bewus^tlosigkoil. Endlich
trat noch Sprachlosigkeit und ein sumnambulislischcr Zustand
abwechselnd mit Delirien hinzu, während welcher der bewusst-
lose Kr. gerade die unglaubüchste Vohibilität der Sprachwerk-
zeuge besass. Verzweifelnd entsagte er eine Zeit lang aller
Medicalion, das Nervenleiden dauerte fast unverändert fort,
dabei schien das organische Leben wenig bclrofleu , auch die
Ernährung des Körpers hatte nicht merklich gelitten. Eine
neue Kur mit Chinin, kohlens. Eisen und kalten Bädern
schien den Zustand nur zu verschlimmern , so wie allerhand
Haus- und Geheimmiltel. Am meisten sagte noch der Aufent-
halt auf dem Lande zu , mit der Ruckkehr nach Mailand trat
jedesmal Verschlimmerung ein. Zu den periodischen Anfällen
von Somnambulismus, Convulsionen und Aphonie trat nun
auch periodische Lähmung der Extremitäten mit vervösen
Schmerzen hinzu. Die Elektricität verschlimmerte alle Zu-
fälle auifallend , obwohl während der Action selbst der Ge-
brauch der Stimme jedesmal zurückkehrte. Die Aufregung
durch die Märzereignissc 18i8 und der unerwartete Tod eines
Bruders führten einen merkwürdigen Nachlass für mehrere
Monate herbei , doch zeigte sich statt dessen eine bedeutende
Geistesschwäche, und mehr noch hielt sich der Kr. für geistes-
unfähig, als er wirklich war, nahm aber dabei, besonders
während eines Aufenthalts in der Schweiz, an Körperfülle zu.
Im Frühjahr 1849 waren die alten Nervenleiden wieder zurück-
gekehrt, tägliche regelmässige Anfalle von Scblafwachen, Sin-
gultus, Convulsionen, Aphonie, und als neue Zugabe im Au-
gust desselben Jahres Diplopie. Vf. , als Augenarzt, zu Ra-
the gezogen , gab anfangs das Extr. spirituos. nucis vomicae,
aber bald, als der Kr. bei ihm selbst einen idio-somnam-
buliscben AnfaH halte, auf die Idee, ihn zu magDeüsiren.
Wenige Manipulationen brachten einen ruhigen Schlaf hervor,
wobei die Aphonie verschwand.
Nachdem im Laufe eines halben Monats 48 Gr. Schwe-
fels. Chinins und 16 Gr. des Extr. nuc. vom. verbraucht
worden waren , trat unter Mitwirkung wiederholten Magoetisi-
rens bedeutender Nacblaas ein, der aber nur von karzer
Dauer war. Im Juli IStfO bei grosser Hilae u. vielen Unwet-
tern gesellten sich neue Erscheinungen zu den bereits so zahl-
reichen Symptomen: Schlaflosigkeit und periodisches Erlö-
schen einer Sinnesthätigkeit nach der andern, erat des Ge-
aichts , dann des Gehörs , /leg Geruchs , Geschmacks a. des
Tastsinnes, welchen letztern Zufall der Kr. unbeschreiblich
peinlich nannte und mit dem Gefühl verglich , als falle man
von einer Rohe herab und bleibe schweben. Durch wieder-
holte Anwendung des animalischen Magnetismus worden jedoch
diese Sinne jedesmal wiederhergestellt , und es trat nun auf
einige Monate wieder erhebliche Besserung ein. Der magne-
tische Schlaf erschien in der Regel nach Ablauf von 15 — 20
Minuten unter den Symptomen vollkommener Empflndungslo-
sigkeit , Katalepsie, mit lang gezogenem Antlitz und Regungs-
losigkeit, dagegen wurden die Uebertragung des Willensauf
Andere, das Hellsehen, die Versetzung der Sinne und andere
von manchen Magnctiseurs gepriesene Wundererscheinungen
von dem Vf. nie beobachtet.
Eine Erkältung brachte alle jene nervösen Leiden zu-
gleich mit physischem Unwohlsein wieder zum Vorschein, und
jetzt wollte auch das Chinin , die Nux vomica und das Magne-
tisiren nichts mehr helfen. Man versuchte nun das Extract.
alcohol. des Lolium temulentum , aber es hatte , wie alle
Narcptica, nur anfangs scheinbaren , dann desto scbUmmem
Erfolg. Die früher periodischen Lähmungen zeigten sich mehr
permanent, und die Lcbcnscncrgic sank auf ein Minimum
herab. Vf. wandle von Neuem Galvanismus mit Acupunctur,
aber erfolglos , an , weshalb er das neueriich gegen Epilepsie
empfohlene Atropin verordnete. Er gab dasselbe (zuvor ge-
löst in einer kleinen Portion Schwefelsäure) in Pillenform zu
Vs4 Gr. aller 2 Std. und stieg alluiälig bis zu Vs^r., so das«
m 16 Tagen zusammen 11 *Gr. genommen wurden , binnen
welcher Zeil fast alle Zufälle nach und nach schwiegen (nur
als 2 Tage das Mittel ausgesetzt wurde sich zeigten) und der
kr. selbst fortwährend zu Steigerung der Dosis drängte. Jetzt
aber kam Dilatation der Pupillen und Delir , bald lauter und
fröhlicher, bald melancholischer Art. Abführungen, Wein u.
Laudanum brachten das Bewusstsein zurück , allein die Alie-
nation kehrte von Tag zu Tag in gesteigertem Maasse wieder, u.
Delirien wechselten mit Sopor und Hessen mit Meteorismus,
Verstopfung,. Anuria und unwillküriichem Abgang den Tod als
nahe bevorstehend erscheinen. Nach 14 Tagen legten sich
endlich unter dem Gebrauche der genannten Mittel zwar die
Vergiftungssymptome , es folgte wieder eine täuschende Bes-
serung, allein nur zu bald trat das ganze Heer der alten Lei-
den in unverminderter Stärke wieder auf. Es ist diess der
vierte Fall von Vergiftung durch Atropin , welchen Vf. beob-
achtete, einmal auch auf endcrmatiscbe Anwendung bei einem
Kinde. Mydriasis, furiose Delirien, Sopor, Strabismus,
Presbyopie, Dysphagie, Dysurie , Meteorismus , endlich Ady-
namic. Kälte, Suffbeation — waren die constanten Erschei-
nungen ; Laudanum, Elixir. acid. Halleri , starker Wein und
andere Spirituosa bewährten sich als sichere Antidota, wenn sie
längere Zeit nach dem Schwinden der Symptome fortgegeben
wurden.
Der unglückliche Kr. ward schlfisslich vom Vf. als unheil-
bar aufgegeben, da sein Leiden jedenfalls auf einer unangreif-
baren organischen Alteration beruhe.
(Kohlschutter.)
IV. Pathologie , Therapie u. medicinische Klinik.
171
irel.
128. TumeB gegen Chorea; von Becqn(
(Gas. des Höp. 128. 1851.)
Das vom Vf. gegen Chorea bei einem jungen Mad-
chen angeordnete Turnen halle folgenden Beilelfecl :
1) die heftigen alle 2 Tage wiederkehrenden Anfillle
wurden bald seltener u. verschwanden endlich ganz ;
2) die Menstruation kehrte einmal wieder, obgleich
die vorhandenen übrigen chlorotischen Symptome
nicht verschwanden; 3) nach Ausselien der gymna-
stischen Behandlung kehrten alle Krankheitssymplome
wieder» wiewohl in schwächerem Grade. Eine län-
gere Anwendung des Turnens wird sie vermulhlich
völlig beseitigen. (1 u I. C 1 a r u s.)
'129. üeber Blitentxiehimgen bei Lungen-
entiAndiing und im Allgemeinen *, nach d. c. j.
G. Maller; Dr. Malin, Dr. A. Bernhardi und
Edw. Crisp.
Die Abhandlungen der 3 erstgenannten VfT. sind
xoDichst veranlasst durch die Sohria Biet l's: Der
Aderlass in der Lungenentzündung klinisch und phy-
siologisch erörtert, Wien 1849 *), und wir halten
es daher für zweckmässig, hier kurz die Hauptresul-
tate dieser Schrift zusammenzustellen, welche ein so
grosses Aufsehen in der ärztlichen Welt gemacht hat.
Dietl und mit ihm die wiener Schule (Rokitansky,
Engel, Wittich u. A.) nehmen als Grundlage
der Pneumonie eine croupöse Hyperinose , oder eine
primäre fibrinöse Krase an , bei welcher eine quanti-
tative Zunahme des Faserstoffes , und in Folge dessen
eine Aboahme der Blulkügelchen , aus welchen der
Faserstoff »ich bildet, slaltfindet. Durch Abnahme
der Bkitkflgelchen , dem vorzüglichsten Trager des
Sauerstoffes, wird auch dieser abnorm dem Blute ent-
zogen und in der congestiven Lunge nicht geliörig
neu gebildet. Daher Störung des Gaswechsels in
den Lungenbläschen , und nicht genügende Abschei-
dong der Kohlensaure, daher Störungen der Inner-
vation und Respiration. Ihrem natarlichen Verlaufe
nach , d. h. ungestört durch arzneiliche Einwirkung
zerftlU die Pneumonie in 2 deutlich gesonderte Sta-
dien. 1) Das Stadium der Bildung des ExsudaU.
Dieses wird durch allgemeine /Vorfrome : Abgeschla-
genheit, ziehende Sehmerzei^ Frost, Kopfweh , wel-
che 3 Tage oder wenige Stunden, zuweilen auch meh-
rere Wochen andauern, eingeleitet. Darauf folgt die
CoHgestion: starke Dyspnoe. Fieber, dumpfer oder
tyrapanitischer Percussionslon , gross- und kleinbla-
siges Schleimrasseln, vesiculares Athmen unbestimmt
und kürzer; Dauer 3 Tage — und dann die Stase
und Ex9udaäoH 5—7 Tage dauernd: Steigerung des
Fiebers und der Dyspnoe, Husten, Auswurf u. s. w.,
Percussionslon dumpf, bronchiales Alhmen, Bron-
1) S. Jahrbb. LXY. 262. Vgl. auch eine kritische
Besprechung der D i e t P sehen Schrift von Dr. H e i n r. N e u-
mann, Casp. Wochenschr. 42. 18Ö0, and von Zimmer-
mann, dessen Arch. 1. 1. 1851. Redaction.
chophonie oder consonirendes Rasseb. Am 9 — 11.
Tage der Krankheit erlöschen Fieber und Dyspnoe
plötzlich, und das 2. Stadium der Rückbildung be-
ginnt, welches gleichfalls 7—9 Tage andauert. Am
günstigsten ist gegen den 8. — 9. Tag ein kurzes
Hüsteln mit Entleerung eines fast wasserhellen, tropf-
baren, dann sich mehr spinnenden Auswurfs albumi-
nöser Art; die sogen. Sputa cocta sind nicht kritisch,
sondern mehr eiterartig und ein Producl des Aderlas-
ses. D i e 1 1 fand aus der Zusammenstellung seiner
Beobachtungen im Wiedener Krankenhause in Bezug
auf die Behandlung, dass bei rein diaielischer Behand-
lung die Pneumonie in 2 beslimmlen Abschnitten ver-
lauft, die Hepatisation kürzer andauert, und Nach-
krankheiten viel seltener vorkommen. Den Aderlass
verwirft er bekanntlich fast ganz, und halt nur ganz
im Anfange der Krankheil etwas von demselben; der-
selbe sleigerl nach ihm das Mortalilälsverhällniss.
Müller schildert nun in seinem sehr gediegenen
und gründlichen Aufsalze (der Aderlass in der Pneu-
monie. Big. Beilr. 1. 3. 1851) zunächst die mo-
derne Lehre der Pathologie und Palhogenie der Pneu-
monie vom humoral -pathologischen (Rokitansky
u. A.) und solidar-pathologischen Standpunkte (E i-
s e n m a n n, M e n d e 1 s 0 h n), u. weist nach, dass die
Pathologie der Lungenentzündung noch auf sehr
schwankender und zumeist hypothetischer Basis be-
ruhe. Was daher Di eil als Fundament seiner An-
sicht und Behandlung annimmt, steht keineswegs
unbestritten u. sicher da, obwohl ihm ganz besonders
das Verdienst zukommt , zu einer natürlichen , phy-
siologischen Symptomalologie der Pneumonie den Weg
gebahnt zu haben. M. lässl sich dann über die ei-
gentliche Wirksamkeit des Aderlasses (vomamlich
nach Zimmermann: zur Dynamik des Aderlasses, im
Archiv f. physiol. Heilk.) aus, wornach derselbe stets
das proportionelle Verhalten des Blutes verändert, die
Wassermenge vermehrt, die festen Bcstandlheile ver-
mindert, zuweilen vermehrt ; er ist entschieden wohl-
thatig bei massiger Hyperämie, bei Blutanhäufungen
in den grössern GefHssen , zweifelhaft ist seine Wir-
kung bei Exsudaten und Extravasalen, sehr proble-
matisch ist die sogen, revulsorische Blutentziehung.
Jedenfalls übereilt ist die Annahme, dass der Aderlass
die Fasersioffmenge im Blute vermehrt, auch kann
die blose Verminderung derselben unmöglich das ein-
zige Object der Behandlung sein. Die Gründe Dietl's
gegen den Aderlass sind nicht allgemein stichhaltig,
denn seine Fälle sind zu gering an Zahl ; die Kr. wa-
ren Hospitalkranke, und daher zumeist bei vorge-
schrittener Krankheit aufgenommen , vornehmlich ist
aber hier der Genius epidemicus adynamicus zu be-
rücksichtigen, der in letzterer Zeit wesentlich vor-
herrschend gewesen ist. Dietl rühmt selbst den
Aderlass im Stadium der Vorboten u. einfacher Stase,
wer sagt uns aber, dass dieses Vorläuferstadium,
welches nach Dietl mit einer Atonie der örtlichen
Blutcirculalion zusammenhängt, während später eine
Lähmung derselben eintritt, nicht schon unmittelbar
172
IV. Pathologie, Theraf^ie U. mMcitawtht Kfinik.'
den Anfnng der Krankheit ausmache. Nach kürter
Uebersiclit der direct heilenden , and der exspectati-
ven (Unlcrarl: diaietiscli) Melhoden der Behandlung
gelangt M. zu folgenden Resultaten : der Aderlass Ter-
u)«ig den pneumonischen Process vor dem DeginAö
der Exsud.'ition direct zu heilen , resp. zu coupiren,
doch wird er auch in diesem Zeiträume durch epide-
mische und individuelle Momente conlraindicirt. Er
kann imal, höchstens 2mal angestellt werden, muss
aber zuerst ergiehig (12 — 18 Unzen) sein. Vom
Beginn der Exsudalion an beginnt die exspectative
Behandlung, der Aderlass ist hier nur ausnahmsweise
als symplomalisches Crleiphterungsmiltel zulassig, im
Allgemeinen aber zu verwerfen, namentlich bei Com-
plication mit starker Bronchitis. Schlüsslich erklärt
sich Vf. für den vorwiegend empirischen Standpunkt.
M a 1 i n (Soll in der Lungenentz. zur Ader gelas-
sen werden oder nicht? Pr. Ver.-Zig. 42. 1851)
bespricht gleichfalls, namentlich das Ungenügende un-
serer jetzigen Krasenlehre , vindicirt den Sputis coc-
tis ihre kritische Eigenschaft, und macht namentlich
in Bezug auf das seltnere Vorkommen der Nachkrank-
heilen nach der Diell'schen Behandlung darauf
aufmerksam , dass bei Hospilalkranken die Beobach-
tung nach der Entlassung nur sehr ungenügend sein
könne.
Bernhardt (Ueber die Pneumonieolelire der
Gegenwart. Bernh. Ztschr. IV. 3. 1651) unterwirft
die D i e t r sehen Ansichten einer tehr aas[ahrlicheD
Kritik, und liefert zahlreiche Beitrage zum Studium
der physiologischen und therapeutischen Wirkungen
des Aderlasses (Polli), des Nitrum, des Eisens, des
Kupfers, des Calomels, des Tart. slibiat., des Gold-
schwefels, des Salmiaks, so wie der Örtlichen An«
Wendung des Schwefel2ithers und Chloroforms. Er
betrachtet die Pneumonien nicht als Lungenkrankhei-
ten , sondern als Localisation von Blutkrankheiten,
halt den Aderlass gleichfalls nur im Anfange und aU
symptomatisches Mittel für zulässig, und bewegt sich
sonst auf dem pathologischen und therapeutischen
Boden ganz nach dem Vorbilde Rademach er* s.
Seine Arbeit ist weniger ihrer beslimmlern Resultate
halber, als wegen des reichlichen, höchst fleissig zu*
sammengetragenen und bearbeiteten Materials, so wie
der vorwiegenden Beröcksichtigung der Naturge-
schichte der Krankheit und ihrer Heilmittel schäz-
zenswerth i).
1) Wenn Herr Dr. B er n b. S. 397 , gestfitU auf P o t-
1 i's Versuche (die er S. 369 mitlheilt), den von mir im Orgaoon
der physiol. Therapie S. 482 ausgesprochenen Satz , y,dass
der Aderlass den Drttck der Blutsäule auf die Geßsse
des kranken Organs vermindere ^'^ in Abrede stellt: so
bemerkeich, dass dieser Satz durch Volkmann's Hämo-
dynamik bestätigt und durch Polli's Versuche nicht wider-
legt wird. Dieser Satz muss auch jedem Unbefangenen klar
werden, der sich einen schollentreibenden Strom oder ein toll
Flüssigkeit gepresstes Rohr (z. B. einen Spritzenscblauch)
denkt : sobald stromaufwärts ein Nebenabfluss entsteht (i. 6.
ein Dammbrucb des Stromes, ein Riss im Schlauche), so
stromabwärts der Druck nachlassen. R. E. R.
Auch Grisp (Ueber di« Vn^ntfcMlSfingnng d. all-
gem. Blulentzieh. bei den jetzigen engl. Aerzteu und
ihre nachtheiligen Folgen. Lond. med. Exam. Sept.,
Oct. 1851) erklärt sich enUchieden für das Wohl-
thaiige des Aderlasses beim Beginne acuter fintzttnr-
düngen , und sucht durch eine Zahl von Fallen —
obwohl nur sehr problematisch — nachzuweisen,
dass die jetzt so häufige Vernachlässigung des Ader-
lasses bei acuten Krankheiten die Ursache zahlreicher
chronischer Krankheiten abgebe. (Jaffe.)
130. üeber die Bedefltimg ehilger aiuilnd'
tatorischet Symtttome in den frthesten Perid-
den derLnngenpnUiisis; von slt. Speer. (Lond.
Gaz. June — Aug. 1851.)
Nach Vfs. Ansicht besteht das Wesen der Phlbi-
sis der Lungen in einer scrophulösen BntzOndung der-
selben, und es sind ihre Symptome zum Theil aus der
Natur der Entzündung seihst, zum Theil.aus der eigen-
thttmlichen Beschaffenheit der Exsudate herzuleiten.
Diese scrophuldse Entzündung, welche übrigens sehr
viel Aehnliches in Bezug auf die Langsamkeit des Ver-
laufs, auf die ßesohuffenheit des Exsudates, auf die
Neigung zu Fistelbildung n. s. w. mit den äusserlichen
scrophulosen Entzündungen hat, kann unter Serlei
Form die Lunge befallen. 1) Als eine Entzündung
in deren Gefolge Tuberkelbildung eintritt, 2) als eine
Entzündung (Pneumonie) ohne Tuberkelbildung , 3)
als Bronchitis, bei welcher eine charakteristische pii-
ruiente Flüssigkeit die Bronchien ausfüllL Die Falle»
in welchen Tuberkel abgelagert werden, sind die häu-
figsten, es sind aber die Tuberkel seihst nur als Pro-
duct und nicht als Ursache der Krankheit au betrach-
ten > denn es sind die charakleristisehen Symptome
der scrophulüsen Entzündung, nämlich: schleichen-
des Fieher» Ahmagening, Respirationsbescb werden»
Diarrhoe, stets dieselben« es mag nun zur Tuberkel-
bildung gekommen sein oder nicht. In einigen Fäl-
len werden schon in Folge reiner Hyperämie Tuberkel
abgelagert, in andern nur erst in Folge hochgradiger
Entzündung. Die durch Hyperämie geaetzten Tuber-
kel können lange Zeit mitten im gesunden Lungenge-
webe bestehen und beweisen eben, dass durch sie an
und für sich das umgebende Gewebe nicht im Gering-
sten beeinträchligr wird.^ Bei den durch hochgradige
Entzündung abgelagerten Tuberkeln tritt EitefQUg u.
Versch warung im Lungenparenchyme ein, jedoch nur
als Folge der Entzündung und nicht als Folge der
Gegenwart von Tuberkeln. Die Häufigkeit von Tuber-
kelbildung in den Lungen erklärt Vf. aus der grossen
Neigung derselben zu Hyperämien, welche davon her-
rührt , dass durch die Lungen verhältnissmässig eine
grossere Blutmasse durchströmt als durch andere Kdr-
pertheile, und dass sie den atmosphärischen Einflüssen
sehr ausgesetzt sind. Dazu kommt noch , dass das
Blut hier chemische Veränderungen erleidet, dass Fi-
brin erzeugt wird, welches dem Tuberkel in seiner
Zusammensetzung sehr ähnelt; ferner ist auch das
Lungengewebe seiner feinen Textur liegen sehr in
Exsudationen geneigt. Der obtore Lttli|[ettlappen y^i
iV. Pathol6g?«, Thtffafif« n. meditkiiM^e KlinÜc
17»
deshalb am «rst^fi urgrUf^n, weH derselbcf die mdsf»
respiratorische ThStigkeit eutwickeU, hierdurch wird
eine lehhaftere Ch'cufation , und somit eine grossere
Reixang zur Hyperamie hervorgeruren. Zugleieh ist
auch diese limgeDparüe den äussern atnospbUrischen
VerballBisseD am meisten ausgeselit, d« die in sie
eiiMlringeoden Bronchien am kOrzesten sind.
Die Irübeeten auskttltaloriAebe» Zeichen v^nPbtbi-
sis btogea nun nach des Vfs. Ansicht nicht von der
Gegenwart von Tuberkeln ab , sovdern von der Rei-
zung und Entzündung der beireffenden Partien, wel-
che der Ablagerung der Tuberkel vorhergeht, und da
von diesen Processen alle Gewebe der Lungen ergrif- .
Ten werden können, so ^ind natürlicher Weise dfe
Symptome sehr verschieden, je nachdem das eine ofdfer
das andere Gewebe mehr weniger betheiligt worden
ist. hn Allgemeinen bieten die ersten Stadien der
Phfhisis folgende auskutttftoh Zeichen dar , die ihrer
Subtilitat wegen allerdings öfters flber^ehen werden
kennen. Das Ifispiriutn kann verlüngeft , verkflfzt, in
Absätzen, rauh, trocken, etwas bronchial, metal-
lisch , • pueril oder sehr schwach erscheinen , ja
es kann auch gär nicht wahrnehmbar sein. Das
Exspirinm ist manchmal verlängert, seilen in Ahsaz-
zen, rauh, oft metallisch, und wird gewöhnlich eher
broncliial als die Inspiration. Ausserdem kann man
bei In- und Exspiration bisweilen Rasselgeräusche der
verschiedensten Art wahrnehmen. Als ziemlich ge-
wöhnlicher Ausgangspunkt der Phthisis sind die die
kleinett Rfonclrialföhreben anskleidevdeii Membranen
la betrachten^ Im normalen Zustand ziehen sich
diese R^hrciien ausammen , wenn Luft in dieselben
einifilt« and treiben dieselben weiter , in Folge des
Reite«* welehen die atmospliärische Luft auf j^e
auskleidende llembl*an anfiittbt. In Polge aber von
Hyperimie diese? Membran wird diese Reizbarkeit ver-
mehrt, die Luft schneller durch sie hindnfch getrie-
ben und dadurch das EinathmungsgerSusch kUrieri
laater und scharfer. Das Exspirium erscheint unter
diesen Verhältnissen gedehnter als gewöhnlich , denn
durch jene oben erwähnte stärkere Gonlraclion von
RroncbialrOhrchen wird mehr Luft in die Lungenzel-
len eingetrieben , als im normalen Zustand , und es
werden zugleich Lungenzellen mit Luft gefüllt die
sonst leer zu bleiben pflegen. Bevor nun diese
grosse Menge Luft ausgetrieben wird , vergeht natür-
lich längere Zeil, als wenn weniger Luft eingeathmet
worden isL — Es kommt auch vor , dass die Lun-
genbläschen selbst u. das interstitielle Gewebe zuerst
afllcht werden, ohne dass die fironcliiert in Mitleiden-
schaft gezogen Worden sind, so dass dieser Zustand
dem ersten Grade der Pneumonie analog ist. Aber
im Allgemeinen ist dieser Zustand selten. Ist er vor-
handen , so nimmt matt Aber def betre/Tenden Stelle
pueriles Athmeh wahr, d. h. ein Athmen, bei wel-
chem die Dauer und Inieesiiat beider Athmungsge-
räusche, vorittglich abef das exsptratorische vermehrt
ist. Dt^ Ursache dl^^e^ puerilen Athmens sucht Vf.
in Folgendem : Die Lungenkellen befinden sich in ei-
nem Zustande Itt'attkhaflef' Reizung, es strömt mehr
Blut durch ihre Wandungen. Die Ltft , die in' die-
selben eintritt, und die sich, so wie das B\pi hier
chemisch verändert, ist fur die vermelirl« Mengo des
vor haAdenen Dlntes unzureichettd , und es wird auf
diese Weise ein vermehrter Luftsutritt , eiine eehnel^
lere Ernewerung bedingt ; hierdurch werden die be-^
treffenden Lungenzellen mehr erw^tert und die bei
gewöhnlichem Athmen hoch leer bleibemlen Zetlen
ebenfalls mit Luft gemilt. Da nun die Silrfce u. 6w
Dauer der Aihmungsgeräusche von det Zahl der mk
Laft geftflllen Zellen , ton dem Grade ihrer Ausdeb^
nimg. so wfe von ihrem ReaclionsverSftögen zum grOes-*
ten TheH abhängen, so ist es erkitfrlieb, dese in veiv
liegenden Verhälinissen , wo mehr Lungenvette» aln
gewöhnlich in Anspruch genowmei» werde« , diMdl-
bcn meht^ als gewöhnlich erweitert werden, während
ihre Wandungen in einem krankhaften Reiaauetande
sich befhiden , die Athmungsgeräusclie lauter und ge^
dehnter erscheinen. Dieses puerile Athmen entbehrt
daher in didsen Fällen gänzlich den Gharskiei^ dt»
supplementären , udd es ist Vf. cfer Meinung , dae^
auch hei andern Krankheiten der Lungen , wo pueri-
les Athmen auftritt, vorzüglich wenn es in der er-
krankten Lufige selbst wahrgebommen wird, dasselbe
hädftg auf obige Weise zu erklären sei, nnd nicht als
vicarifendes Athmen anzusehen, denn 1) ist es un^
wabr^heinlich , dass ein Stack Lunge, welches olt
gerade neben dem erkrankten liegte so gesund sein
soll, dass es mehr als gewöhnlich seine Functionen er-
füllen konnte , und 2) werden gerade diese Theile,
Ober Welchen man das puerile Athmen hOrl, am ersten
von der AflTection hefallen, welche in dem benachbar*«
'ten Theile ihren Sitz hat. Ausserdem beweist der.
Umstond, dass das puerile Athmen einen trocknen
Charakter hat , d. h. dass auf das Ohr der Eindruck
gemacht wird, als wenn die Luft Ober eine trockene
Fläche strich, «bcnfdils , dass die Wandungen der
LungcHKellen sich nicht in ihrem normalen , feuchten
Züslahde befinden , sondern dass vielmehr die Ober-
fläche derselben trocken ist, wie man sie im byperä^
mischen Zustande findet.
Vf. berücksichtigt nun im Folgenden die einzel-
nen Stadien der scrophulOsen Entzündung der Lun-
gen. Diese scrophulOse Entzündung, mag sie nun
von Tuberkelablagerung begleilet sein oder nicht,
kann in 3 Stadien gelheilt werden , und zwar in ein
Stadium i) der Cöngcsiion, 2) der Entzündung und
3) der Induration. In dem 1. Stadium nimmt man
folgende physikalische Zeichen wahr: sowohl die
Stärke als auch die Dauer des Injtpiriums ist vermin-
dert. Dieser Umstand rührt davon her, dass durch
die in den Wandungen der Lungenzellen verlaufen-
den , durch die Hyperämie angeschwollenen Capilla-
ren der Raum in den Lungenzcllen um Vieles vermin-
dert wird, und deshalb nur wenig Lull in sie aufge-
nommen werden kann. Das Exspirium ist von län-
gerer Dauer als gewöhnlich , weil die Lungenzellen
durch den hyperämischen Zustand ihre Elasticilät ver-
loren haben , u. demnach viel langsamer sich zusam-
mensiehen und die Luft austreiben als im vermalen
174
IV, PadMlogie » Therapie n, medieiniflche KUiiik.
"ZusUnd. Die Gerflusche erscheinen flbrigens aU
trockne, RasselgerSusche werden nicht wahrgenommen;
die Stimme ist normal » der Percussionston ist etwas
matt, weil durch die HyperUmie des erkrankten Theils
ein geringerer Luftgehalt bedingt wird. Auf Tuber<«
kel kann man dieses matlcn Tones wegen noch nicht
schliessen. Im 2. Stadium verhalten sich die In - u,
Exspirationen noch wie im 1. Stadium, jedoch ver*
niirimt man hier und da gelegentlich ein feines Kni-
st.errasseln. In diesem Stadium werden nUmlich ge-
*wObnlich Tuberkel gesetzt, und VL ist der Meinung,
dass dieses Knislerrasseln , welches man für einige
Zeit an gewissen Stellen hOrl, davon herrühre , dass
die eittgeathmete Luft in der noch flüssigen Tuber-
kelmasse Blasen erxeuge. Die Stimme wird etwas
resonirend , der Percussionston dumpf. Im 3. Sta-
dium wird das Inspirium noch ktlrzer, jedoch lauter
4il8 zuvor, metallisch, das fixspirium gedehnter und
lauter, metallisch, bronchial, die Rasselgeräusche
sind bisweilen noch da, bisweilen verschwunden,
fironchophonie vorhanden, der Percussionston leer.
Vf. hat viele derartige Fälle beobachtet, wo diese In-
duration in Folge chronischer Pneumonie den obern
Lappen eingenommen und so Veranlassung zu den
obigen Symptomen gegeben hatte , während die Zahl
der Tuberkel sowohl alterer als neuerer Ablagerung
sehr unbedeutend war , so dass diese an u. für sich
jene Symptome nicht erzeugen konnten. Die Gründe
für die anomale Dauer des In - und Exspirationsge-
räusches sind die schon bei den ersten beiden Sta-
dien angefahrten Verhältnisse , welche hier in einem
noch hohem Grade erscheinen. Lauter erscheinen
diese Geräusche , so wie die Stimme , weil die ver-
dichtete Lunge ein besserer Schallleiter ist u. s. w.
Die spätem Perioden der Phthisis, wo Eiterung, Caver-
nenbiidung u. s. w. eintritt, übergeht Vf., da es eben
nur seine Absicht , die frtthern Perioden derselben zu
beleuchten und zu beweisen, dass die hier auftreten-
den physikalische Symptome unabhängig von der Ge-
genwart der Tuberkel sind.
(Herm. Günther.)
131, üeber Tukerkiilose ; von virchow.
(VerhandL d. phys.-mcd. Ges. zu Würzburg. IL 5.
1851.)
Bei Gelegenheit der Besprechung gewisser Prio-
ritäts-AnsprUche, welche Dr. Gros bans in Rotter-
dam in Beziehung auf die Lehre von der Örtlichen Na-
tur der Tuberkulose gegen Vf. geltend gemacht hat,
fassl Letzterer nochmals seine Ansichten über diesen
Gegenstand in folgenden Aphorismen zusammen.
1) Die Tuberkulisation , der unzweifelhaft Ort-
liche Vorgang, durch welchen der mit dem Namen
Tuberkel belegte KOrper gebildet wird , besteht nicht
in einer eigenthUmlichcn , speciGschen Exsudalion,
sondern in einer eigenlhümlichen Umwandlung von
Gewübsciementen.
• 2) Die tuberkelartige Metamorphose steht daher
coordinirt der fettigen und wachsartigen Metamor-
phose, der Verkalkung, der atheromatüsen Entartung»
keineswegs aber der Entzündung, der Wassersucht
und ebenso wenig der Eiterung oder der Krebs-
bildung.
3) Die tuberkelartige Metamorphose kommt in
Stande bald an pathologisch neugebildeten Geweben,
bald an alten, sogen, physiologischen , bald endlich,
und das ist das gewöhnliche und eigentlich charakte-
ristische, an beiden, alten tind neuen gleichzeitig.
Sie trifft sowohl zellige, transitorische, als auch fas-
rige, permanente Bestandtheile.
4) Sie besteht in einer Aufhebung der Ernäh-
rungs - und Bildungsvorgänge , in einer Morlificalion,
Nekrose der Gewebselemente, mit nachfolgender peri-
pherischer Resorption der flüssigen Bestandtheile und
Eintrocknung der ausser Ernährung getretenen Par-
tien , welche Nekrose bedingt ist durch die Anhäu-
fung zelliger Elemente, und zu Stande kommt durch
die Compression der Gefässe des Theils.
5) Diese Zellen können hervorgehen aus einer
absoluten Neubildung, oder aus einer vermehrten Bil-
dung der normalen Elemente (Epithelien, Enchym-
kOrner u. s. w.), oder endlich aus einer endogenen
Bildung. Die Processe, durch welche sie entstehen,
tragen daher .bald den Charakter der blosen Hyper-
trophie, bald den der Eiterung, der Krebs- u. Sar-
kombildung, der Typhus- und Rotzinfiltration.
6) Alle diese Processe setzen bestimmte Slttron-
gen des localen Ernährungsactes , namentlich eine
veränderte Exsudation voraus, und führen demgemäss
entweder auf Entzündung selbst, oder auf analoge
Erkrankungen zurück, gleichviel, ob sie einer Reizung
durch Örtliche Schädlichkeiten, oder einer consecuti-
ven Erregung aus constitutionellen Ursachen , primä-
ren Veränderungen des Blutes u. s. w. ihre Entstehung
verdanken.
7) Es gieht demnach eine entzündliche, kreb-
sige, typhöse, rotzige, sarkomatOse u. s. w. Tuber-
kulisalion , welche sich in Beziehung auf das Wesen
des Ortlichen Vorgangs, soweit derselbe in der Gewebs-
Melamorphose beruht, ganz gleich stehen, allein in
Beziehung auf das Wesen des Gesammt - Vorgangs,
sowohl soweit er Örtlich ist (Ernährungsstörung, Ex-
sudalion u. s. w.) , als auch da , wo er allgemeine
conslitulionelle Ursachen hat, mehr oder weniger un-
terscheiden.
8) Die Tuberkulose ist der Gesammt- Vorgang
der Erkrankung, welcher die Bedingungen der loca-
len Ernährungsstörung mit den dazu gehörigen Ver-
änderungen in der Exsudation, so wie in der Zellen-
hildung und Umbildung enthalt , und welcher in der
Tuberkulisation seinen constanten, regulären Aus-
druck findet. Nicht jede Tuberkulisation (tuberkelar-
tige Metamorphose) geht aus Tuberkulose hervor;
Tuberkulose kann in ihren frühem Stadien ^Exsuda-
tion, Zellenbildung), zugegen sein, auch wenn noch
kein Tuberkel da isL Tuberkuloae ist also derjenige
IT. Pathologie , Therapie a. medicinische Klinik.
176
Krankbettsprocess, der in seineoi gewöhnlichen Ver-
lauf immer zur Tuherkulisation ftihrt, wahrend der
Krebs, das Sarkom, welche zuMig tuberkulisiren,
einem ganz andern Process angehören und ein einge-
dickter Abscess , kSsig gewordener Eiter nie mit dem
Kamen Tuberkel zu belegen ist.
9) Die Scrophuloae ist die consliluUoneile Er-
krankung, welche, naehsl Roli und Typhus, am hXu-
figslen die Tuberkulose, d. b. Localerkrankungen mit
regutorem Ausgang in Tuherkulisation hervorbringt
Allein nicht alle ihre Prodncte sind tuberkulös , viel-
mehr steht die Tuberkulose einer Reihe anderer Ört-
licher Processe coordinirU
10) Der Tuberkel, in sofern er überall aus der
Anhäufung von Zellen in den Geweben der mannigfal-
tigsten Art entsteht , diese Zellen aber in der Mehr-
zahl der Fälle zerfallen , entbehrt aller vollständigen,
eigentlich charakteristischen Elemente. Von den Re-
sten der Zellen zeigen am meisten Constanz in ihrer
äussern Erscheinung die eingeschrumpften Kerne und
daher kann man ftfr diese den Namen Tuberkelkörper
beibehalten. (Mi 1 lies.)
132. üeber die Bildung von HAUen in der
Lnnge; von Virchow. (Das. 2.)
Vf. bespricht im vorliegenden Aufsatze die Krite-
rien . durch welche m«in eine Bronchieklasie von an-
dern, namentlich ulceraliven Hohlen in der Lunge un-
terscheiden kann.
Hohlen in der Lunge können, wenn man von En-
tozoän und fremden Körpern , so wie vom Krebs ab-
sieht, entstehen aus Tuberkeln, Brand, abscess. In
jedem dieser Fälle wird eine gewisse Masse von Lun-
genparenchym zerstört, d. h. eine Partie von Lun-
genzellen gehen zu Grunde. Da nun die Bronchien
sich unmittelbar in die Alveolen fortsetzen , so wird
im Allgemeinen in jede Hohle sich ein oder mehrere
Bronehialäste eröffnen, so jedoch, dass die Bronchial-
wandong an der Eintrittsstelle mehr oder weniger
zerstört ist. Neben dem Bronchus verlaufen die Lun-
gengef^sse, welehe in der Mehrzahl der Fälle gleich-
falls zerstört werden, nachdem sie vorher durch Blut-
gerinnsel, die sich in Bindegewebe umsetzen , obiite-
rirt sind. Man hat daher zunädist 2 Kriterien zur
Unterscheidung der ektatischen und uicerativen Hoh-
len : die Beschaffenheil der Bronchialwand u. den
Zustand der Lungengefasse»
Bei einer Ektasie setzt sich die Bronchialwand,
mag sie verdickt oder verdünnt sein, über die ganze
Ausdehnung der Hohle fort , und es zeigt sich daher
nicht hios eine glatte , meist spiegelnde Oberfläche,
welche auch bei der Heilung ulcerativer Hohlen vor-
kommen kann , sondern man findet auch überall die
glasartig homogene , elastische Membran , welche die
Oberfläche der Lunge auskleidet. Auch sitzen bei
grossen Ektasien auf dieser Membran häufig flimmernde
Cylinderepithelien ; in andern Fällen grossere nind-
Ucho, manchmal pigmentirte Zellen oder junge, puru-
lente Bitdungen. — Bei einer uicerativen HOhle,
mag auch immerhin ihre Oberfläche von einer glatten
Pseudomembran ausgekleidet sein, die continuirlich
mit der Bronchialwand zusammenhängt, iMsst sich
doch keine GontinuiUlt der Gewebe, namentlich nicht
der elastischen Haut verfolgen. Die Pseudomembran
stellt das durch eine interstitielle Pneumonie entstan-
dene narbige Bindegewebe dar, welches sehr bald
das eigenthtlmlich schwielige Ansehen aller Narben
annimmt, und sich dann meist leicht auch von ver-
dickter Bronchialwand unterscheiden lässt.
Eine Ektasie ferner drängt das umliegende Gewebe
auseinander, comprimirt dasselbe, atrophirt es, in-
dem es die Circulation hindert, allein die Gefllsse,
wenn auch comprimirt und alrophirend, werden doch
nicht direct durch äussere Gewalt zerstört. Diess
geschieht aber bei allen uicerativen Processen und
aberall kann man daher beobachten, dass zerfressene
GeRisse auf der Wand der Hohle endigen. Neben
dem eintretenden Bronchus findet sich gewohnlich
eine Stelle, wo man mehrere, meist durch ihre weis-
sen Buden leicht erkennbare Stümpfe zusammen her-
vorragen sieht. Jeder obliterirte Stumpf erhebt sich
gewöhnlich etwas über das Niveau der Wand ; auch
kann man zuweilen schon von der Fläche aus deutlich
den oblitcrirenden Thrombus und die umgebende Ge-
fllsswand unterscheiden.
Uehrigens schiiesst die Ektasie die Ulceration
nicht aus ; vielmehr ist die letztere , namentlich bei
grossem Ektasien, eine der häufigsten Complicatio-
neu. In allen Fällen , wo sich die Wand der Bron-
chialsäcke heftiger entzündet, sieht man an der
Schleimhaut eine Reihe von Veränderungen eintreten.
Eine derselben besteht in einer starken Verdickung
der Schleimhaut, welche sich mit einer grossen Zahl
runder und oblonger Hervorragungen, gleich den
Darmzotten, bedeckt. Es sind diess papilläre Hyper-
trophien , welche eingeleitet werden durch enorme
Hyperämien , die mit einer Neubildung und VergrOs-
serung der BroncbialgcHlssc — offenbar in Folge der
Entzündung, verbunden sind. Unter dem Mikroskope
sieht man hier zahllose, sehr weite Capillargefifss-
Schlingen, die vielfach unter einander anastomosiren,
und so dicht liegen , dass ihre Zwischenräume klei-
ner als ihre Durchmesser sind , u. die dabei so ober-
flächlich hervortreten, dass nur noch eine ganz dünne,
structurlose Haut sie von der epithelialen Zellenlage
und der Fläche selbst trennt. Neben diesen Hyperä-
mien und zottigen Wucherungen bilden sich nun die
(Jicerationen der ektatischen Hohlen aus. Man findet
sie im Anfange auf kleine Stellen beschränkt , meist
mit Granulationen, sowohl im Grunde, als namentlich
am Rande besetzt, wo dieselben bisweilen einen dik-
ken, rothlich weissen, bisweilen markig aussehenden
Wulst bilden. — Allmälig greift die Zerstörung,
ganz nach Art der fressenden Hautgeschwüre, weiter
um sich , so dass oft die eine Hälfle einer Hohle ein-
fach ektatisch , die andere ulcerativ ist. Anflinglich
ist der Geschwttrsgrund zottig, fetzig, unregelmäs«
176
|V, PaÜuiUigiß, ThQr«pi^ u. inediduDJyMhe ¥hm^
»ig; allmliig reinigl er sich , (bun ttbersieht er ticfi
mU weichen , saaunelartigen GranttUtioneo , endlicii
glUUel ,er sich, iocleai $ißk das pette ßiniifigewehe
contrabirt.
Es giebt also einfaeAe Ektasien , emfä^ke tdee-
T0ti»€ (Tuberkel-, Ahseest-, Brani-) ffökieu, u.
gemuc/Ue Fermen der Ektasie mit l/leeratian, Da
die Ulceration ihrerseila auch in diesem Falle tuber-
Jkuliöa, Boppuraliv oder brandig sein kaon, ao
bann man also allgemein sagen , dass sowohl
die Wand der Lungenbläschen als die Wand d«r
ektatisciien und der nicht eklatischen Bronchien
durch Brand , Eiterung u. Tuberkulose zerstört wer-
den kann. — Die Ektasie mit Ulceration bildet dann
die Hauptform der Phlhisis piluitosa ulcerosa, die al-
len Anschein der tuberkulösen Phthise darbieten und
Jahre lang hindurch den hektischen Zustand unterhal-
ten kann.
Dil trieb hebt in der von ihm beschriebenen
besondcrn Form von Lungenbraod ab Folge von Bron-
chialerweitcrung (Jabrbb. LXIX. 313) die eigen ibUm-
lieben , das Lumen der erweiterten Brouehialaitle ver-
stopfenden, schmutiig-grauctt . missCarbigen , stin-
kenden Pfropfe als Ausgangspunkt der brandigen Zer-
störung hervtir. Nach Vf. sind aber diese Pfropfe,
welche bald aus fiiulcodem, eingedicktem Eiter» bald
aus zerfallendnit F.iscrstofT bestehen, aUo aus ein-
fachen oder cruiipösei) llroncbitisformen hervorgehen,
nicht auf die ßronchieklasie beschrankt, sondern fin-
den sich auch ohne irgend erhebliche Veränderungen
im Lumen der Bronchien.
Für die klinische Diagnose ist einer der besten
Anhaltungspunkle die Beschaffenheit der Sputa. Je-
der ulceraUve Frocess der Ltmge bringt Gewebjt-
beslandtheile der Lunge in den ^uxwurf, Remak
leugnet das Vorkommen von elastischen Fasern an
den Lungenbläschen , und will daher ihr Erscheinen
in den Sputis stets als Zeichen der Brouchial-ZerstO-
rung ansehen. Allein die Wand der Lungenbläschen
zeigt ausser der homogenen , elastischen Membran
nach aussen noch deutlich isolirbare, elastische Faser^
netze; ebenso findet sich in den Bronchien, ausser
den elastischen Fasern, die homogene Membran. Wo
also auch die Zerstörung stattfindet, stets können ho-
mogene, faltige Membranen und elastische Pasern in
den Auswurf gelangen, und nur dann, wenn den letz-
tern schwarze Pigmentkörner anhangen, kann man
mit grosser Wahrscheinlichkeit den Sitz der Ulcera-
tion im Parenchym der Lunge bestimmen.
Wahrend so die diagnostische Bedeutung dieser
Elemente für die Unterscheidung einer einfachen Ekta-
sie von allen ulcerirendeo Processen sehr gross ist,
geben sie auch ein prognostisches Moment ab. Fin-
den sich bei einer altern Ulceration elastische Ele-
mente , so kann man daraus auf eine Fortdauer der
Ulceration , auf immer neues Umsichgreifen der Zer-
störung schliessen. Verschwinden sie aus dem Aus-
wurfe, so darf man schliessen, dass die Ulceration
begrenzt bat. — So sieht man sehr bestimmt
die Art der Zerstörung auf der Wan^ von Lvnge^-
Gavftrnen in der Art vor aich gebep , dass aich gelb- *
.weisse» trockne» glatte liröckel auf der Wandflacbe*
bilden, meist gana pOaMerartig an einander gelageflt
aebr leicht ablösbar oder ttherhaupt nur lo^e auflie-
gend. Diese Bröckel bestehen aus nekrotisirieai Lon-
gengewebe, welches mit meist amorphem Exsudat er-
füllt ist — einer Art von diplHherilisehem , aekroli-
sirendem Exsudat. Mengen sie ganz in die Sp«4a,
«o bilden sie die eeg. Corpuseuia cry%cideat welche
im Wasser cu Grunde geben u. denftodeo derSpuek-
gklser bedecken , gemisehC mit cahlreichen Brodkro-
men. Di« mikroekopische sowohl, als die cbemisohe
Untersuchung (Jod) zeigt leicht den Unterschied , ob
Starke- oder stickstoffhaltige Substanz zugegen ist.
Diese Körper bedeuten also nicht Tuberkulose, ioo-
dern nur Excavation mit nekrotisirender Wand. So-
bald sie sich vorfinden, sind schon Cavernen vorhan-
den und so lange sie vorkommen, so lange besteht
die Verschwarung u. Zerstörung auf der Cavernen-
fläche fort. (M i 1 1 i e s.)
133. Bifltase Lugeiapopiexie, liptiff der
Pleura, HifflOthoraZ; von Dr. SianhopeTemple-
mao Speer. (Monthly Journ. Oci. 1851.)
Ein 62jähr. Mann wurde nach längcrcin ÜQwvhUeio ploti-
lieb von äusserst heftiger Orthopnoe hefuilen. Die physika-
lischen Zeichen waren : Oäinpfuog iu beiden unteren Luageo-
lappen , troeknes bronchiales Rasseln , die Exspiration fer-
längert und tönend , die Inspiration schwach , die Zahl der
Be.4pirationcu war 98 in der Minute , der Puls schwach und
unregelmässig. Husten war vorbanden , dar Auswarf dnrdi-
sichtig , klebrig u. schleimig , nicht mit Blut gefärbt. Patient
genaas zwar allmfilig von diesem Anfalle , starb aber 3 Monate
sp&ter plötzlich ontcr den Erscbtinangen einer starken Lu-
genhämorrhagie.
Section 24 Std. nach dem Tode. Die Lungen nicht col-
labirt , das Herz vollständig verdeckend , das Gewebe beider
Lungen dunkel gerötbet , enorm mit Blut erfOIlt, weich, brai*
artig, vollatindig in eine friable Maase verwandelt. Am
atirksten war dieae Veränderung auf der linken Seite am un-
tern Lappen, wo sich eine 2" lange OelTnung in der Pleura
befand , durch welche etwa ein Quart Blut in die Pleurahöhle
ergossen war. Die Bronchialschleimhaut war hiass, die Arte-
rien vollkommen gesund , nur die Aorta von ctwaa geringem
Lumen , die Herzklappen normal , die Wände der Jltravon-
trikel befanden sich im Zustande einer A|;t von gelber Erwei-
chung. Keine Ursache dieser merkwürdigen Lnngenapoplexie
konnte ermittelt werden. (JuliusCIarua.)
134. Deber Fettentartang dea flenew, mt
besonderer Rücksicht mf einige diagnostisehe
Funkte; von Dr. James Beg hie. (Monthly Journ.
March. 1851.)
Die Histologen unterscheiden iwei Arten des
fraglichen Uebels. Bei der einen Form ist das ans
Oelzellen zusammengesetzte Fett auf der Oherfläche
des Organs abgelagert, heeintrachtigl alsdano die
Muskel-Fasern und drangt sich zwischen diesellien»
so dass sie grOsstentheils verdeckt werden und end-
lich in ihrer Masse abnehmen und scliwindeo. Bei
der andern Form nimmt der aus Ktfrnchen und klei-
nen Oelkttgelchen zusammengesetzte Fettstoff die
Scheide der frühern Muskelfaser ein u. füllt dieselbe
au;». Die eine Art beateht in Bildung von Fell ««f
IV. Pathol«ffe, Therapie h. nedidiusdte Klinik.
177
im Mvskelfcewebe , die andere in Efilarhmg der
Sinietiir selbst in Pettoloff ; die eine isl d«-» Brgel>-
nss einer Anhlfttfiing' der Beslandtheiie des FeHes im
Mirte, die »ädere daa Ergebnis» des Verfalls und der
lorseliuMg. Kokitansky bat eine dritte vollkom-
■en onterschiedene Art der Feltentarlung beschrie-
kio, welche fast MisschliesslieJi bei iiyperlrophiseben
lifiaa WA Spsren aincr ffUher» EiMloeardütie und
brditis vorkemit. Bei dieser Form iat das Feil
ickt in Maasen angeirilufi » iadein teeine in leU^e-
aibkSadel cingeachfesaenen FeAtblä seilen vorban^ea
liai, sondern ta ist in kleinen mikroekopiseben KMf n-*
ikca M eintitder gereüil unU> swiaehcn den Primiiiv-
btm der Henunoskeln eingewoben und eing el>etlet.
Der Yf. benfteriit, dasa (Uit Feltbüdun^ auf dein
BenenieboD frflber besehrieben worden wKre, ohne
Ins die Natur und 4ie Felgcni derselben iiekannt ge-
weieaieifn. Er nennt die verzdglichslen Scbrtft-
Iteller, ') welche diesen Gegenstand verfolgt haben»
veodel sich aber, ohne auf die Lileralur und Ge-
ichiclüe dieser Krankheil weiter eiozugelicn, zur Mit-
dieiliing ztveier von ihm heobachlcten Fdlle, an die
ir eiee kritische Beleuchtung einiger das fragliche
Hebel betreffenden Punkte knttpft.
1. Füll, Dr. C b a I m e r s , ein äusserst tbötiger Mann,
lersichfast stets einer guten Gesundheit erfreut hatte starb
iaseiDCHi68. J. Er war 13 J. tof seinem Tode von einem
lUnoQDpanigen Anfall mit vermin deilcr Empfindung in der
ineanckten Seite, vorzägHeh in Arm und Bein, plötztich
ftiriSin Torden , ao dass es ibm verkam, als würde ihin ein
lllwerei Gewicht von Buchern in die Tasche seines Ober-
ijnäkti gesteckt u. zöge ihn so auf eine Seite. Er wurde nach
Im» gebracht, wo ihn Vf. ruhig rm Bett fand. Sein Geist
tgiotaoversebrt, die Sprache etwas ergriffen, die Articu-
D onrollkommen ', die Muskeln der rechten Seite des Ge-
ifcbls varen tfaeilweise , die des Armes und des Beines ent-
iäii«leQ gelähmt. Das Gesicht war hlass, die Haut kühl, der
^b weich and häuflg. Kein Kopfschmerz, kein Schwindel,
•odiirgesd eine andere Beschwerde. Die Behandisng be*-
Mas^ ie der AnwendoDg einer massigen Btuteatziehung, im
Miocbe TOD alifuhrenden und schweisstreihenden Mitteln,
h Rilke. Mach wenigen Wochen konnte sich Pat. seinen
fcnnsGhen und amtlichen Geschäften mit ganzer Kraft wie-
ier biogeben and führte viele Jahre lang ohne aJie Störung
^■Mtr ein sehr thätiges Leben. Mit den zunehmenden Jab-
Mangtesich eine Fle'rgung zur Fettleibigkeit, zngleicb aber
teMiiR etwas krinkiiche Aosaebea sinkendier Gesuodlieit.
fr U^teoor selten über achlecbte Verdauung und Ueblich-
in't. Er hatte weder Präcordialschmerzen , noch Athmungs-
'erden, weder Herzpoeben, noch Aussetzen des Pulses,
^bnte HSIien mit Leichtigkeit besteigen , schlief auf jeder
^ «ad der Schlaf war ruhig oad erquickend. Im Mai
' kan Dr. Ch. von einer Geaohäftareise aus London wohl-
izarück, besuchte den 30. Mai den Gottesdienst und
^»gesund wie gewöhnlich zu Bett. Montag, den 31.,
Nvsa ihn am Morgen Itait und Tebfos im Bett. Er lag in
NMkaeader SUlkng , den Kopf wäX Kissen unlerstutrt, die
W aif jer Bcaai gefaltet. Die Bettdecke war kaum Ter-
^^% and auf derselben stand ein Gefäss, in welches er
J^fcgeoiohall erbrochen halle. Dieser Umstand und der
"^ t^hmangsanfati , machten es wabrsrheinlicb , dnss
**^(chimvcrleizang die Todesarsacbt sei.
1^. leanett fand bei dev LeichanöSnung an foigeo-
Lj) Vgl. 0 r m e r 0 d (Jabrbb. LXV. 183) ; Q u a i n (Jahrbb.
IwW.«»); Dittricb (Jabrbb. UfX. 31«). Redaction.
1hi4afcebkB4.iawitfta.
folgenden Abend Folgendes. Aeusivrn Erscheinungen: der
Hör|)er feti und stark, der Kopf gross, die Brust breit; die
FSulniss schon ziemlich vorgeschritten ; das Gesicht geschwol-
len , gedunsen und porpurfai-ben ; Hals und oberer Theil der
Brust von grüner Farbe nnd empbysematös. *— Kopf: Kopf-
haut ungewöhnlich dich , aus der Schnitlfliebe trat Dössiges
Blut heraus; Cranium sehr dick und dicht, die Hirnschale
uberaH V4 , an manchen Stellen %" dick, von ungewohn-
liebcni Gewicht ; die beiden Oberftacben der Anicbnoidea fest
vereinigt, bei der Trennung des Gehirns zerreissend ; an dem
Winkel, wo sich die Falx eerebri nach unten wendet , in der
Rieliaung von vorn nach hinten, ziemlich zoillange, feste Bän-
der von chronischer Lymphe und Fasergewebc; ungefähr in
der Mitte der Falx eine crbsengrosse, kalkige Ablagerung; die
Gehimspinn webhaut verdickt , in der Nähe der grossem Him-
hautgeKsse vullkemmen undurchsichtig und von weissem,
glänzendem Aussehen; leicht trennbar von den Gehirnwin-
dungen; die Furchen tief; Gehirn 53 Unzen schwer, überall
gesund; in den Plexus cborioidei kleine Gruppen einfacher
Cysten ; eine Menge flGssigen Blutes floss aus den zerschnit-
tenen Arterien an der Basis des Gehirns. — Brust: Beide
Lungen dorch geringe chronische Anheftung an ihren Spitzen
leicht anbangend ; die Pleura der linken Seite am Sitze der
Anbefting verdickt ; Lungen und Pleura übrigens voltkommen
gesund. > — Das Pericardium gesund. Das Herz schlaff und
ungewöhnlich weich; die Art. coron. mit kalkiger Ablagerung
angefüllt, sehr zusammengezogen , an einer Stelle obliterirt,
dem Messer Widerstand leistend ; das Herz kein Blut enthal-
tend ; seine innere Auskleidung tief rötblich und purpurfar-
ben gefleckt ; die Klappen gesund; die Wandungen des lin-
ken Ventrikels gegen die Basis und an ihrem dicksten Theile
nur Y2" ^^ ^^^^^ Stelle der Spitze sogar nur ^/g" dick ; die
Scbnittaache zeigte Feltentartung der Muskelsubstanz; a^
einigen Stellen war die Hälfte , an andern ziemlich die ganze
Dicke der Substanz bis auf eine dünne Linie von ^10'' Dicke
vollständig in Fett verwandelt, u. auch dieser Best derMuskcl-
sobstanz war von blasser und gelblicher Farbe ; der rechte
Ventrikel ungewöhnlich dilnn u. so weich, dass er unter dem
Finger zerriss ; die ganze Substanz des Herzens weich und
zerreiblicb. — Abdomen: Leber klein, von schmutzig oli-
vengruner Farbe; die Gallenblase von gelber, flüssiger Galle
ausgedehnt; Milz klein, auf der Durchschnittsnäche von
schwarzer Farbe; das Omentum und sub-peritonäale Zellge-
webe mit Fett beladen ; die Nieren in einer zolldicken Fett-
masse eingebettet, weich und schlaff, von dunkler Mahagony-
farbe , im Gewebe gesund ; der Magen innerlich nach der
grossen Curvatur zu von grünlicher Farbe mit geringem Blut-
austritt unter dem Epilhelium ; die Eingeweide gesund.
Mikroskopische Untersuchung : die Herzsubstanz be-
stand durchgängig aus Fettkörnchen. Die Muskelböndel
konnton kaum wahrgenommen werden, obgleich sich hier und
da Spuren von Längenfäserchen bemerken Hessen ; Quer-
siretfen waren nirgends sichtbar.
^. Fall. Dr. Abercrombie, bekannt als Scbriftsteller
u. Iiescbäiligter Arzt starb in seinem 65. J. Er erfreute .sich
während einer langen Beihe von Jahren immerwährender Ge-
sundheit, bis er im Winter 1841 von einem lähmungsartigen
Anfall mit verminderter Empfindung in der linken Seite plötz-
lich ergriffen wnrde, wobei sich jedoch weder Bewusstlosigkeit
noch irgend ein Ergriffenacin der Sprache zeigte. Er verordnete
sich blutige Schröpfköpfe. Dr. Hunter, welcher sogleich
gerufen wurde, fand ihn in grosser Aengstlichkcit. Er klagte
über Präcordialbesch werden nnd leichten Kopfschmerz mit
baufigeni Seafaea, kalter Haut und blasser Gesichtsfarbe.
Der Puls war Anfangs klein und häufig , wurde jedoch bald
kräftiger und langsamer. Starke Blutentziehungen , an der
Schläfengegend und am Arme, und kräftige Abfuhrmittel wur-
den angewendet. Nach einigen Wochen konnte A. seine ärzt-
lichen Geschäfte wieder verrichten ; er blieb jedoch blass und
sah etwas kränklich aus, aber sein Geist war ungestört.
Schon vor dem erwähnten Anfalle war er etwas stark und fett
geworden ; es zeigte sich in den 3 folgenden Jahren nicht die
geringste Wiederkehr ähnlicher Symptome , noch auch irgend
23
178
IV, Pathologie, Therapie xu medicinigche Klinik.
eine Spur eiaer verborgeoen Krankheit , ausser dass er einige
Tage vor seinein Tode beim Steigen einer Treppe elwas ausser
Aüiem war.« Den 14. November 1844 befand er sich so ge-
sund wie gewöhnlich, frühstückte mit Appetit und begab sich,
nach einem Besuche bei einem Diensibuten in der Familie,
auf das Wasserkloset , wo man ihn nach einiger Zeit im Ster-
ben fandf.
Prof. G 0 o d s i r , fand bei der Scction Folgendes. Kopf:
die Kopfhaut dick , die Crista galli , die Processus eliooidei
posteriores und die Kopfknochen im Ailgemcineo sehr ent-
wickelt; Gehirn etwas weicher, als man ÖO Stunden nach
dem Tode erwarten soUte ; Keine Spuren alter oder neuer
Blutergiessungen ; die Carotis interna , der Circulus arterio-
sus Willisii und alle Arterien des Organs mit atheromatöseo
Ablagerungen besetzt; die inneren Carotiden an ihrer let2ten
Krümmung etwas ausgedehnt ; das Gehirn sehr gross, 63 Un-
zen wiegend, die Ventrikel geräumig, mit einer entsprechen-
den Menge Serum angefüllt. — Herz: Im Pericardium ein
grosser Blutklumpen , weleher das Herz wie eine Form um-
schloss; an der hintern Oberfläche des linken Ventrikels,
zwei Drittel von seiner Basis und ungefähr IVj" von der
Scheidewand ein V«'' langer Spalt cjiler Hiss mit zerrissenen,
ekchymotischen Rändern, in der ilii-lilung der Ventrikelfasern ;
gegen den Riss hin ein Zweig der linken Kranzarterie; in dem
Risse die geborstene Oeffnung einer Vene , durch welche sich
eine Borste bis in den aufgeschnittenen Ventrikel führen liess ;
in der Nähe des Risses zwei unregeltiiässige ekciiymotiscbe
Flecke , durch welche Zweige der kranzarteriü hindurchgin-
gen ; die seröse Haut darüber unversehrt ; beide Kranzarte-
rien an ihren Ursprungstellen sehr erweitert, nicht verknö-
chert, aber in ihren Wandungen athcromatösen Stoff enthal-
tend; die nicht vergrösserte Aorta und die halbmondförmigen
l^appen denselben Stoff entballend ; das Herz etAvas vcrgros-
sert und erweitert, mit Fett überladen und ausnehmend
weich , wie von untcrbrochner Ernährung ; alle Hohlen des
Herzens leer. — Ausgebreitete Anhcfluugen der Lungen - und
Rippenpleura der rechten Seite ; die übrigen Kingeweidc ge-
sund.
Mikroskopische Untersuchung: Die Muskelfasern des
zerrissenen Ventrikellheiles, welche allein untersucht worden
sind, zeigten Fettentarlung, indem sie hier und da mit, ge-
wöhnlich inQuerreihen geordneten, Fettkörnclien untermischt
waren ; in Zwischenräumen waren Massen von Feitzollcn und
Fettkügelchcn , während einige der Fasern fast leer waren.
Zu der Zeil, als Dr. A. starb, halle man dieser
elgenlhttmliclien Vcrlelzung, welche den Tod so
schnell herbeiführt, noch wenig Aufmerksamkeit
geschenkt und das, was man jetzt unter Fetlentar-
tung versteht, noch kaum erkannt, obgleich Good-
8 i r es sclion aussprach , dass der wie hei unterbro-
chener Ernährung vorkommende weiche und schlaffe
Zustand des Herzens jener krankhaften Veründerung
sein Entstehen verdanke. Die atheromatOsen Ab-
lagerungen in den Rlutgenissen sind nur mit der ge-
nannten Verletzung gleichzeitig vorkommende Vermin-
derungen, und das Zerreissen der Muskelfasern ist
als einer der gewöhnlichsten Ausgange des Fellher-
zens erkannt worden.
Dr. A. und Dr. Ch. waren Beide in dem Alter,
wo die Neigung zur Peltbildung am häufigsten auf-
tritt. Unter 83 von Dr. Qua in gesammelten Fallen
trat der Tod hei 14 in dem Aller zwischen 50 und
60, bei 18 zwischen 60 und 70, und bei 14 zwi-
schen 70 und 80 J. ein. Bei Beiden kündigte sich
die Anlage zu dieser Krankheit durch eine constitu-
tionelle Neigung zur Fettbildung und durch das bei
krankhafter Ernährung vorkommende blasse u. krank-
liche Aussehen an, — Thatsachen, welche von vielen
Beobachtern wahrgenommen worden sind. Beide star-
ben in der Weise , wie es bei diesem Leiden am ge*
wohnlichsten geschieht, der Eine an Zerreissung des
Herzens, der Andere an Ohnmacht. In Dr. Quain's
83 Fallen starben 28 Kr. auf die erste, 26 auf die
letzte Weise.
Paget bemerkt, es sei für »ile Falle der Pelt-
entartung des Herzens charakteristisch , dass Perso*
nen, welche an dieser Krankheit leiden, wohl die
gewöhnlichen Ereignisse eines rohigen und stillen
Lebens ertragen können , dass sie aber völlig unfiihig
seien, dem Sturme einer Krankheit , eines Unglacks-
falles oder einer Operation zu widerstehen. Im All-
gemeinen ist diess wahr. Von den beiden erwähnten
Mannern, weiche in ihrem schweren Berufe bis zu
ihrem Tode sehr thatig gearbeitet hatten , wurde der
Eine im Acte des Erbrechens, der Andere bei einer
Anstrengung zum Stuhle vom Tode ttberrascbt. —
Dr. Qua in behauptet, dass man nicht so oft
nach dem Tode Feltcnlartung des Herzens iindeo
wUrde, deren Vorhandensein man wahrend des Le-
bens gar nicht vermulhel habe, wenn alle Symptome
gehörig untersucht und gewürdigt wUrden, indem
bei Örtlichen HerzafTeclionen das richtige Verhallniss
zwischen dem Organismus und dem Herzen gestört
werde und sich klare und bestimmte Erscheinungen
entwickeln müssten , welche die Natur und den Sitz
der Krankheit erkennen liessen. In keinem der bei-
den eben erzahlten Falle wurden aber wahrend des
Lebens Erscheinungen beobachtet, welche klar und
bestimmt auf die nach dem Tode gefundene eigen-
tliUmliche krankhafte Herzbeschaflenheit hatten schlies-
sen lassen. Vf. glaubt, dass die von Dr. Quain
als charakteristisch aufgeslelllen Symptome mehr
von den gewöhnlich in Begleitung der Fettentarlung
vorkommenden, krankhaften Veränderungen und Ver-
letzungen des Organes abhangig sind, als von der
Feltcntartuiig selbst, und er unterwirft dieselben da-
her in Beziehung auf die mitgetheilten Falle einer
nähern Betrachtung.
1. Symptome der Gehirncongestion , nämlich:
Schwindel, Schläfrigkeä, Schlafsucht. Obgleich
wegen mangelnder Muskelkraft im Herzen Zeichen
eines unterbrochenen ßlutumlaufs im Gehirn zu er-
warten waren , so liessen sich doch , den in beid^
Fallen erwähnten Lahmungsanfall ausgenommen, keine
Symptome dieser Art wahrnehmen. Es ist Über-
haupt fraglich , ob diese Anfalle mit den Veränderun-
gen in den Muskelfasern des Herzens in Verbindung
stehen, obwohl es alsdann, wenn man auch aonahme,
dass sie in dem Verhaltniss der Ursache und Wir-
kung standen , immer noch schwer zu erklaren is^
warum sich diese Anfalle in dem einen Falle wahrend
der letzten 3 , und in dem andern wahrend der letz-
ten 13 J. nicht wiederholt haben. Schlagfluss und
Lahmung haben wohl eher in andern, mit derFetient-
artung des Herzens gleichzeitig vorkommenden Herz-
krankheiten» wie z. fi. Hypertrophie des linken und
Erweiterung des rechten Ventrikels, besoDdem bei
IV. Pathologie. Therapie o. medicinische Klinik.
179
krankhafter Beschaffenheit der Rlulgentsse des Ge-
hirns — ihren Ursprung.
2. Ohnmacht, Auch dieses Symptom wurde
nicht heobachtet , obwohl im 1. Falle in Abwesen-
heit anderer Ursachen eine tödlliche Ohnmacht als
nSchste Todesursache anzunehmen ist. Aber Ohn-
macht ist auch ein gewöhnliches Symptom anderer
Hersaffectionen » besonders solcher , wo die Muskel-
kraft der linken Herzkammer zu schwach ist, um das
Blot in genOgcndem Naasse nach dem Gehirn zu trei-
ben, mag diessnun in der Pettbildung auf dem Her-
ten , o4er in einer andern Entartung seines Muskel-
gewebes, oder in Erweiterung u. VerdOnnung seiner
Wandungen durch andere Ursachen seinen Grund ha-
ben. Die Peltentartung findet zuweilen nur im reeh-
len, soweilen nnr im linken, oft aber auch in beiden
Ventrikeln Statt. Daher kommt es wohl auch , dass
in manchen Füllen das Symptom der Ohnmacht,, in
anderen die Kopfsymptume vorherrschen, denn da
bei Erweichung und Schwache des rechten Vcnlrikcls
der Rtickfluss des Ulutes aus dem (ichirn geslOrl
wird, und da hei denselben VcrSndernngcn des Jiri<
ken Ventrikels der Umlauf des ßlules tr/z Gehirn nicht
hl gehöriger Falle und Freiheit vor sich gehl, so
muss man im erstem Falle Coma , im letztern Ohn-
macht erwarten, wahrend, wenn beide Hcrzhällten
gleichmSssig entartet sind, der ßlutumlnuf nur schwach
und langsam, und nicht den Störungen ausgesetzt
sein kann, welche bei aufgehobenem Gleichgewicht
der Kraft in den beiden Herzhälflen zum Vorschein
kommen.
3. Kurzer Athem. Weder Dr. Ch. noch Dr. A.
litt an kurzem Athem, im Gegenlheil konnten B(Mde
mit Leichtigkeit und ohne alle Alhmungsbcschwerde
Berge besteigen und Treppen hinauf gehen. Wenige
Tage vor seinem Tode kam zwar Dr. A. heim Hinauf-
steigen einer Treppe ausser Athem , jedoch ist dieser
Umstand wohl auch mit auf Rechnung einer kaum
aberstandenen BronchialalTeclion zu schreiben. Je-
doch muss man allerdings bei erweichtem und ent-
artetem Zustande des Herzens Schwcralhmigkeit er-
warten , obgleich dieselbe nicht immer beob.ichlet
wird , und auch , wenn sie vorhanden ist , von irgend
einem gleichzeitigen Hinderniss des freien ßiiilum-
laufes in den Lungen herrühren kann.
4. Präcordialschmerz ist bei Vielen, welche
an Fettentarlung des Herzens gestorben sind , beob-
achtet worden, jedoch fehlte in unsern beiden Fällen
aach dieses Symptom. Dr. A. halle nur wahrend
des erwähnten Lähmungsanfallcs Prncordialbesrhwer-
den u. hatte überhaupt, obglcicli er sich selbst sehr
genau beobachtete , nie Verdacht, dass er herzkranH
sei. Bei Beiden waren die Kranzarterien von krank-
hafter Beschaffenheit, aber keiner von Beiden liit,
wenn nicht etwa unmittelbar vor dem Tode , an
Symptomen der Angina pectoris.
5. Functionsstärung der Leber und der chylus-
bereitenden Organe wird als ein Symptom ange-
sehen, welches die Fettentartung des Herzens be--
ständig begleitet. Hasse sagt in seiner pathologi-
schen Anatomie, dass die Fettentartung des Herzens
nicht etwa eine blos Örtliche Krankheit, sondern
vielmehr das Ergebniss verschiedener Affectionen in
andern Organen sei, und dass sie sich auch nicht
durch speciflsche Örtliche Symplome kund thue, aber
durch Berücksichtigung der gesammlcn , in anderen
Organen auftretenden Symptome mit ziemlicher Ge-
wissheit diagnosticirt werden könne. So findet man
gewöhnlich bei Functionsstörungen der grösseren
Secretionsorgane , und besonders derjenigen , welche
zur Bildung des Venenblutes dienen, Fettanhäufung
des Herzens im 2. Slad., wobei sich gleichzeitig an-
dere Veränderungen vorfinden, welche mehr oder
weniger von Leber- oder Lungenkrankheit abhängen,
oder doch jedenfalls auf venöse Plethora deuten. In
mehreren Fllllen des Dr. Q u a i n sind krankhafte Zu-
stände der Leber angegeben , und bei Dr. Ch. wurde
ebenfalls eine kranke Leber gefunden. Ueberhaupt
zeigten sich bei Dr. Ch. nach Diälfehlern und nach
dem Genüsse reizender Getränke sogleich Leber-
symptome, so dass er die Gewohnheit, mit Wasser
und Zucker vermischte spirituösc Getränke zu ge-
niessen , aufgeben musslc , indem dadurch die Fett-
bildung nicht unbedeulend zunahm, bald aber, nach-
dem er diese Gewohnheit aufgegeben halle, wieder
nachliess. Diese Thatsache und der Umstand , dass
bei Personen , welche dem Genüsse spiriluöser Ge-
tränke ergeben sind, sehr häufig Fettentarlung des
Herzens vorkommt, sind in prophylaktischer Bezie-
hung nicht ohne Bedeutung.
6. Die Beschaffenheil des Pulses giebt für die
Diagnose der Fettentartung des Herzens kein be-
stimmtes Zeichen ab. In manchen Fällen ist er un-
regelmässig, in manchen schwach , \n anderen lang-
sam, aber immer muss er, nach den gleichzeitig
mit der Entartung der Muskelfaser vorkommenden an-
derweitigen Herzaffeclionon , sehr verschieden sein.
In unseren beiden Fallen war der sonst natürliche
Puls weich u. schwach, aber niemals unregelmässig,
noch so beschaffen , dass er den Verdacht einer or-
ganischen Herzkrankheit liifile erregen können. Es
wurde daher nueh niemals die Aiiscullation angewen-
det , vermillcls welcher vielleicht physikalische
Zeichen der Fellenlarliin^' des Herzens hätten cnl-
ileckt werden können. Diese Zeichen — (wahr-
scheinlich, schwacher, rntfernter Herzschlag , unvoll-
kommener erster Ton) — der weiche und schwache
Puls, das Lebensnllcr, die blasse Gesichtsfarbe und
die deutliche Anlage zur Fellbildung hätten vermu-
then lassen können, dass in beiden Fällen das grosse
Organ des Lebens solchen organischen Veränderun-
gen unterliege, welche den Verfall seiner Struclur
und das baldige Aufhören seiner Function andeuten.
(Schröder.)
135. Bemerkungen Aber die Wechselfleber-
Epidemien im Rosenberger /{reise ( Oberschlesien J
während der J, 1847 u. 48 ; von l^r. R osien l h a 1
in Oh lau. (Pr. Ver.-Zlg. 41. 1851 ?PX^^
Die Wechselfieber - Epidemie begann im März
180
IV« Pallialegie, Therapie u. medkiDitelie KMmk.
1B47 und herrschte bis zum Juni, wo sie der B«hr
wich, die ihrerseits im Octob. dem Typh. eianlhem.
den PlatE eifirduDien musste. Im Mai 1848 begana
eine neue VVechselfieber-Epidemie, weiche bis »ud
Juli dauerte, worauf die Ruhr wiederum zum Vor-
schein kam. —
Weder Alter noch Geschlecht machten einen Um-
terschied in der Prädisposition für das Wechseliieber.
Vf. beobachtete dasselbe an Säuglingen von 12 — 16
Wochen, an Schwangeren und Wöchnerinnen. Bei
den Säuglingen war die Natur der Krankheit , insbe-
sondere wenn sie als Quotidiana auftrat, mehr aus dor
herrschenden Epidemie und der Wirkung des Ghiniiis,
als aus ihren Symptomen zu erkennen. Die Paroxys-
men waren bei ihnen selten deutlich ausgesprochen
und die Uebergänge aus dem einen Stadium in das
andere unregelmässig. Oft fehlte das Froststadium
ganz ; die Kleinen wurden unruhig , der Kopf heiss,
Gesicht geröthet, verfielen bisweilen in einen sopo-
rösen Zustand, auf welchen reichlicher Schweiss
erfolgte. In andern Fällen fehlte das Hitzestadium.
Die Kinder wiirden auflallend bleich , die Temperatur
der Haut kühl; sie verweigerten die Brust, waren
malt und hinfällig, gähnten häuGg, dehnten und
streckten sich; zuweilen traten Convulsionen hinzu,
damit war der Paroxysmus beendet. —
Zwischen den regelmässig verlaufenden Intermit-
tenten kamen auch andere vor, die, ohne von Fieber
begleitet zu sein , sich als locale Neurosen mit inter-
millirendem Charakter darstellten (interm. larvat.) ;
Odontaigia lyposa; Cephalalgia typosa.
Geföhrlicher als diese waren Fälle von Febr. co-
mitat,y deren GcHihrlichkeit sich nach den Organen
richtete , in welchen sich der typtfse Proeess locali-
sirte. In prognostischer Beziehung zeigte sich noch
am günstigsten die Interm. dysenterica.
Anders verhielt es sich mit der Interm, apo-
pleclica, die besonders im Mai 1846 um Landsberg
herum auftrat und wegen ihrer Heftigkeit und des so
schntill eintretenden Todes, vom Volke ,,Todtenfieber'*
genannt wurde. So viel Vf. über die Natur der ein-
zelnen Anfälle erfahren konnte, so waren sie mit
Schlafsucht, in einigen Fällen auch mit Symptomen
von Schlagfluss verbunden.
Einen Fall von Interm. splenilica bei einer 33jähr.
Frau und einer von Interm. telanica bei einer 60jähr.
Frau theilt Vf. ausführlich mit. Im ersteren Falle
war die conscnsuelle Affection des linken Bippenfel-
les eine selbstsländige Krankheit geworden , die nach
Beseitigung des Primärleidens eine eigene ßchamllung
erforderte. Im letzteren Falle wurde der Paroxysmus
durch zweckentsprechende Behandlung gehoben und
der Ausbruch fernerer Anfälle durch zweimaliges Dar-
reichen des Chinin mit Opium vollkommen gehindert.
Wns die Behandlung im Allgemeinen anlangt,
so hat Vf. namenilich hei der armem Volksklasse
wegen des Iheuern Preises des Chinin sehr oft das
Chinoidin angewendet und wie er sagt, mit dem
glänzendsten Erfolge , so dass er seine Wirksamkeit
der des Chinin vollkommen gleich setzt. Ebenso
heilkräftig und »war gegen alle ForneB i»
fand Vf. den Arsenik» Er war oft da Doeh vom he-
sleo Erfolge, wo das Chinia im Stiche geltssen
hatte. Vf. gab die Tc. Fowler. (5 — 6 Tr. pr. doi.
dmal täglich); 45 — 60 Tr. reiclUen gewfihnlidi
hin das Fieber zu verbauDea. Ueble Wirkongm ^at
Vf. nie wahrnehnen ktfnncn. Das Mittel empfiahl «eh
durch seiae Billigkeit und wurde lieber geMniei
als die bittern Chininsalzc , weswegen Vf. den Ar-
senik auch in der Privotpraxis in Gebrauch zielo.
Schlüsslich iheik Vf. jedocii mit, 4a6s er, we«n dat
Fieber ausgeblieben, ailerdinga z^ir Verhülwig vei
Becidiveo längere Zeit noch etwas Chinia oder €hia«i-
din' fortgebraucheo lasse. [Warum das, w€na Vf.
de« Arsenik gegen alle FV>rmen der loterm. ebease
heilkräftig, zuweilen noch heilkräftiger fand als das
Chinin ? War es aber (iberhaupt möglich , sich vea
der heilsaipen und reinen Wirksamkeit dea Iragliehea
Mittels gegen die Interm. so sicher zu Überzeugen,
wenn nach der Anwendung desselben Vf. wiederuoi
längere Zeit Chinin oder Chinoidin reicht? Jed«B-
falls dürften die Beobnchlungen des Vf. in Betreff der
Wirksamkeit des Arseniks gegen die Wechcielfieker
etwas an Werth verlieren.] (Schwarze.)
136. üeber das „Fieber'' der Ruhrkranken)
von Dr. Zimmermann in Hamm. (Deutsche Kiia.
No. 36. 1851.)
Nach Vf. ist dieTemperatur-EThöhung des Kranken
das Wesentliche des Fielters ; setzt man daher „Fie-
ber** = Eigenwärme-Zunahme, so muss das stärkste
Fieber dn sein, wo der Thermometer am hOchsteo
steigt. Vf. hat nun die Temperatur von 2 Rnlirisran-
ken untersucht und gefunden , dass sie entweder
kein oder nur ein geringes Fieber hahen.
1) Ein zieinlicb robuster Mann aei^te bei seiner Auf-
nabine am 30. Juli ins Lazarcth folgendes: Haut wurm, guter
Turgor, kein Schweiss; Puls 100, gross, voll, schnell.
Kopfschmerz, Scliwindci. Zunge gelblich belegt, feucht;
Brechneigung. Viel Durst. Leib weich , nicht aufgelrieliefi,
schmerzhaft. Heftiger Tonesmus ; alle 5~^ Minuten StuiU-
gang. Stühle heürolh, wie arterielles Blut; sie sind eine
dickliche, fadeuziebende Flüssigkeit, in der weissrGthliche
Flocken schwimmen , ohne Geruch ; FücalmaYerien febleD;
Galle scheinen sie wenig zu enthalten. lOOO Gr. eingetrock-
net hinterlassen 63,8 Gr. feste Subsl<jnz. Das Mikrovkop
zeigt: 1) Gefärbte Blutkurperchen. Viele sind gut erhalten,
bicuncav, in RoIIcnverbänden liegend; iinderc sind platt und
gesternt, andere kuglig zusammengeschrumpft, andere aof-
gequollen, entfärbt. 2) Epitbelien. 3) F<irbi«6e tlotceHto,
viele gut erhalten, kuglig, mit Molekülen im undurcbsichligeo
Inhalt, und einfachem, runden oder gelappten Kern; viele
sind in Zerstörung bcgriflcn, ihre Membran geraltet, ge-
schrumpft, durchlöchert, oft ganz zerstöit, so dttss sie wie
Körnerbaufen aussehen. 4) Fetttropfen. Der Harn klar,
sauer, gelb wird hei jedem Stuhl gelassen. Klein« Venä-
seciion : in 1000 Gr. Blut 3,1 Gr. Faserstoff. Das Blut war
anfangs dunkel, später heliroth; keine Faserhaut. Serum
honiggelb, klar, alkalisch, keinen Ga^lenfarbstolT enthal-
tend; 1000 Tb. hinterliessen 03,0 feaie SuäsUinz. Bebfiod-
lung: Emulsion mit Nalr. nitr., scbleJoiiges Getränk. Am
31 : Schlaf und Schweiss fehlen ; Stühle wie den Tag Torber,
Puls 112, gross, voll, schnell und hSrtlich also ,, fieber-
haft'' Temperatur deä Kranken im Munde 37* C. also so
viel wie bei einem Geauoden. Ira Aactum , dem flasptiits«
IV. PalMogit, Thorapie «• nedkHaebe KlinÜL
1«(
pilhttlttitebcii f roccMat war «e amr S7<*, J(C^
at ^pe^emheil foi 4eB bai CbolenlnraAken im
Slftd. alfltd. gefoftdeiieB fteMiUaten. Atoods war am- Zu-
•taad wie ftth; aaler der Zun^e waren 97o, i C, im AeBttm
38*, 35 C. , Harn klar, gelb, sauer , wird wmig geluatii,
Salzsäure trübt ibn nicht, Salpetersäure ebenfalls nicht, färbt
ihn nur braun. — 1. Aug. Weder Schlaf noch Schweifs, viele
Sttflile : Beschaffenheit wie frSher , nnr dass Reste der Sap-
pen , dt9 Oetriinfcs etc. darin sind ; -mehr Gollapsua , grosse
MaHigfceit; Sehwindel und Ohrensausen. Zunge weniger
belegt, Leib weich, nicht aufgetrieben, mehr schmerz-
Mt. Uta 1. wieder Siiigaltns. Hast war«, nicht schwitzend.
Puls 120, weich , klein , schwächlich. Im Munde 37o, 75 C.
und im Rectum 38<^, OC. Statt Emulsion Dec. cascaHI. mit
Mcsanrc. Amykimkl|filif« mit OpiMilinolnr. -* 2. Aug.
Maut warn 9 Geaiohi mehr verfaUen. AfOlhiscfae Lage. Zu-
aeteien der Kraftlosigkeit. Puls 124, etwas kräftiger als
«eateni. l|n Hunde nur 36o, 5 C. im Rectum 38«, 85 €. Das
Qaeekailber stieg anffftlleiid langsam im Thermometer. Stähle
wie sonst; Harn wenig, gelhbrännUch , klar, sauer, Saife-
ieraaare färbt ika grßn. Abends 7 Ohr Puls 120; Tem^^
Ralnr im Rectum 38<>, 25 f . , ias Munde wegen heftigen Sin-
gvteas aieht xu unlersuchen. — - 3« Ang. Kein SoMaf und
Schweiss; Stühle immer zahlreich und blutig; Haut warm;
Kraftlosigkeit grösser; Abmagerung nicht erheblich; keine
Cjanose. Schwindel. Zunge feacbt. Quälender Siagoltus,
Puls 100, klein und schwach; Herzschlag nicht zu fühlen.
Harn nicht ganz klar, bräunlich, sauer; Salpetersäure färbt
ihn grün ; beim Kochen keine Trübung oder Flockenbildung.
Bei mikroskop. fJntersuchnng fallen jedoch die bekannten
Faaerstoflgerinoaagea aus den Nierenkanälcben in die Aagea ;
sie sind blass, äueaarsi zart «on4ourirt ; in einigen Moleküle
und Karnzelleii. Temperatur im Munde nur 36«, 85 C, im
Rectum dagegen 37», 75 C. — 4. Aug. Haut warm ; guler
Turgor. Gesicht mehr rerfallen. Schwindel, Ohrensausen.
Zunge feucht, rein, rothbläulich. Tenesmus heftiger. Sin-
gultos nicht zu beseitigen. Puls 88. Temperatur im Rectum
37«, OC, wie bei einem Gesunden um diese Zeit. Harn spar-
sam wie gestern. Abends Eztreroitäten und Gesicht kalt« apa-
thische Lage, Schlummern, Stühle oft unwillkilrlich, Puls 72.
3. Aag. Nachts blande Delirien, Augen wie gebrochen. Puls 80,
klein, schwach. Temperatur im Rectum 37^, 85 C. Mittags
Tod.
2) 4 Tage später eArankt« der Wärter dieses Kranken
ebenfalls an der Ruhr; da sie sonst nirgend in der Stadt
herrschte u. derselbe keinen Diätl^hler begangen so lag hier
nach Tf. die entschiedenste Conlagion vor. Pat. bat weder
Frost noch Hitze gehabt. 12. Aug. Kein Schlaf, starker
Schweiss ; 5 Stühle während der Nacht. — 9Va Uhr Morgens.
Maut warm, schwitzend. Puls 84, voll, kräftig, weich. Herz-
»toss in der Rückenlage nicht zu fühlen; von den Herztönen
ist der 1. matt, dumpf, der 2. klappend, hell. 18 Inspiratio-
nen. Kein Schwindel u. Ohrensausen. Zunge rein, feucht.
Leib weich, nicht aufgetrieben, nur über dem Os pubis schmerz-
haft. Tenesmus nicht sehr stark, Stuhle alle Vs Std., sie stellen
eine theilweise röthliche , stellenweise furlilose Gallerte dar ;
der derMsssc nach flberwiegendc Bcstandtheil in ihnen istgal-
iertartig «geronnener Fasserstoff. Sonst weist das Mikroskop
in ihnen gefärbte Blulkotpercheo, farblose Blutzellen etc. nach.
Keine Gdtle. lo IQiO Gr. der ton 18 Std. gesaromellea Stuhle
48,2 Gr. feala Subslaai. Temperatar im Mumie nur 37o,
25 C, im Rectum wollte Vf. nicht untersuchen. — Infus,
rad. ipecac. mit G. minios. u. Tinct. opii. — 13. Aug. Kein
ScUaf, flchwitzeade, warme Haut; heftiger Tenesmus, 16
Stible wnbread der Nacht. Mittags: Gesiebt roth, unver-
faHeo. Puls 88. Temperatur 37«, 25 C. Harn wenig ge-
iaaae«, klar, saturirt, rölblicbgelb, sauer. Sah- und Sal-
petersfiure trüben ihn nicht; heia GallenfarbstolT. — 14. Aug.
Etwas Schlaf, weniger Stuhle von derseltten Beschaffenheit.
Poia M; Temperatur im Moade 37o, 85 C. Alles Uebrige
wie 4em Tag vorher. — 15. Aug. Schlaf, Schweiss, nur 6
Stühle. Puls 68; Teaiperaiur im Munde 37«, 75 C. —
16. Aug. Nur ein Ruhrstuhl, gelatinös-hlulig , und ein
fäoalenler, gaUig-branacr Sinhl. Gutes Befinden. Puls 60.
Temptratvr 87«, 85 C. — 17. Aag. Beandea gut. Palt 72,
Xemi^ftraMr 37«, 35 C Am *9. aarliesa der Kranke das
Bett.
Bei beiden Kranken zeigte sich sonach die Eigen-
wärme Üieüs normal« theils nur weni^ alter die Norm
^rlittbt: das ^Fieber*' war entweder «» 0 oder nur
sehr gering. — Dieser Befvnd stimm uiit ^m ga»*
zen Krankheitsprocess flberein; die Summe ti. Att
der cJiemischen Umsetzungen Überschreitet wenig das
Kormale. Während bei andern acuten Kraniten sehr
viel B4nt diemiacbe Metamorphosen durchtlnft, bei
denen Wanne entstehen mu.ss , wird von den Ruhr-
JuTiinhen ein Tbcil des Blutes direct nach aussen ent-
leert. Da aie aueaärde« huogera , so wird laat kein
nevea Marteriat gebildel, dareh deMen ehemisohe
Umsetzung Warme entstehen könnte. (M i 1 1 i e s.)
137. PancrefttitiS ; von l^r. Filippo Lns-
sana. (Gazz. med. ital. federat. Louib. 28. 1S51.)
Im Juni 1850 wurde ein Bauer in mittlera lahren ins
Hospital aufgenommen ; die Physiognomie zeugte für ein ön-
teileibsleidcn, weldies er seihst nicht mit Unrecht seiner elen-
den kargen Lebensweise zuschrieb. Es war allmiilig gestiegen
n. Susserte sich in folgenden Symptomen : SnfldcsriionsanlaHe
hei und stundenlang nach dem Esset;, gewaltige fast puriforme
Salivation ohne wahrnehmbare Affeclion der Speicbeldnisen,
kalte Haut, kleiner, seltener Puls, langsame Respiration,
normale ßrosCtÖoe, hSuflges Aufstossen, druckender spannen-
der Schmen in dem Epigastrinra o. um den Nahe!, wo man in
der Lage des Pankreas eine empfindliche Geschwulst durch-
fühlen kann. Hartleibigkeit. Aderlasse brachten Erleichte-
rung, das Blut zeigte jedesmal Speckhaut. Starke Gaben von
Tan. emet. und Purgantia thaten ebenfalls sehr gut. jtttf
den Darmentleerungen tchwammen jedesmal mehrere
KHimpehen Fett und Oelaugen oben auf, so dass auf J
Pinten Ausleerungen wohl 40 hts 50 solcher Partikeldiea ka-
men , entweder nach Verhaltniss des mit der Nalwrung genos-
senen Fettes oder der Heftigkeit der Krankheit \ mit deren
Nachlass nach etwa 3 Wochen auch die Fettausscheidungen
gleiehiaassig abnahmen; die andern Nabrungamittel leigien
sich alle gut verdaut. Gestruzt auf B e r n a r d * s Hypolhese,
dass derSuccus pancreaticus die Digesiion und Assimilation
des Fettes bewirke, diagnosticirte der Vf. eine Poncreatitis.
Sie wurde mit vielen Aderliissen , Blulcgeln , Purganzen , Ci-
cuta, Sopo, Araaricantien, Mercurial - und Jodeinrclbongen
behandelt , der Kranke jedoch erst nach 2 Monaten nur halb
genesen entlassen.
Verga , welcher zuvor zwei Fälle von Pankrcasenlarlung
mitSection hekannt gemacht halte, wo die Ausleerungen kein
Fell enthalten hallen u. In dein einen sogar Adiposis vorhan-
den gewesen war, bemerkt dagegen nicht mit Unrecht, dass
der Fall nicht beweisend genug sei, weil er nicht palhol.
anatomisch begründet worden nnd die Fettthcilchen im Stuhl
auch in irgend welchen andern Umsländen ihre Quelle gehaht
haben konnten . (K o h I s c h u 1 1 e r.)
1 3H. FYeUtis mit nachfolgendem Tnmor re-
nalis, während der Schwafi gerschaß, Nephro-
tomie, fermnuenU Urinfmlel; von Rr. Reiiuoneng.
(Jouni. i\i\ ßord. Aoüt 1851.)
Eine Bäuerin hatte vor einem J. plötzlich einen heftigen
Schmerz in der linken Nierengegend gefühlt, nach dessen
48stündiger Dauer reichlicher Abfluss Iruben Urins erfolgte.
Diese Zufalle erneuerten sich periodisch unter Abgang von
Sand und Grics im Harn. Seit ^ Mon. waren die Regeln weg-
geblieben , und die son»i interroitlirendcn Scbuirrzen hatten
seitdem fast nie ausgesetzt. Vf. fand die Kr. in licfligem Fie-
ber mit kleinem, sehr beschleunigtem Pulse, fortwährendem
Schweiss, seit einigen Tagen heftiges Erbreclicn, Abmage-
rang, SoUaflotigkcil lividea Gesicht, fuligindte Lippen und
182
IV. Pathologie, Therapie a. mediciaiiclie Klinik.
Zähne. Brüste sehr entwickelt, contrastireDd gegen diesoostige
Abmagerung, Lungen anscheinend gesund, nur links unten ver-
decktes Respiraliunsgeräusch , matter Ton, das Herz nach
rechts gedrängt, mit der Spitze an das Sternum anschlagend.
Die Bauchhöhle schien von 2 enormen Geschwfilsten erfflllt,
'welche durch eine in der Linea mediana perpeodiculir vei^
laufende Falte getrennt wurden. Der Querdurchmesser des
Bauches hesonders rechterseits bedeutend vergrössert -, man
fühlte rechts eine feste, rundliche , nicht bis zu den falschen
Rippen reichende, oberhalb der Crista itei vorspringende
Masse , links dagegen eine ovale , weniger seitlich vorsprin-
gende Geschwulst, welche aus der Fossa iliaca sin. bis unter
die letzten Rippen sich erstreckte. Die Percussion ergab über-
all , ausser an einer kleinen Stelle zwischen der rechten Ge-
schwulst und der Leber, einen ganz matten Ton. Tn der
rechten Fossa iliaca hörte man ganz deutlich ein intermitti-
reodes brnit de souffle, und fühlte fast überall FJuctuation,
welche jedoch nach hinten und links undeutlich war. Die
Untersuchung per Vaginam setzte das Vorhandenspin einer
Schwangerschaft ausser Zweifei , auch wollte die Kr. bereits
Bewegungen gespürt haben. Hinsicbliich der Natur der andern
Geschwulst kam Vf. nach genauer Erwägung der vorausge-
gangenen nephritischen Symptome zu der Diagnose einer Py-
elitis calcuiosa. Nach vorheriger Application des kausti-
schen Kali in der Lumbnrgegend , 8 Ctmlr. von der Wirbel-
saule, ein wenig unter dem Niveau desProc. spin. des 2. Len-
denwirbels, öffnete er die Geschwulst mit einem schmalen
Bistouri, worauf sich ein Strom serösen, wenig dicken
Eilers entleerte. Nach 6 Minuten wurde die Wunde millels
einer Wieke und einfachen Verbandes geschlossen. Der
Abfluss dauerte 8 Tage lang in enormen Massen fort, wobei
die Geschwulst unter sichtbarer Erleichterung der Kr. sich
merklich verkleinerte. Der Leib nahm seine natürliche Form
wieder an, der Uterus ruckte in die Linea mediana, die Frau
erholte sich vollständig , nur bildete sich in der linken Lum-
bargegend eine UrinOstel, welche, durch einen andern Arzt
unvorsichtig zugeheilt, Anlass zur Wiederholung der oben
geschilderten Zufälle gab, so dass Vf. eine neue, seitdem sorg-
fältig unterhaltene Fistel elabliren rousste. Vier Monate
später gebar die Frau oltne besondere Zufalle ein lebendes
Kind. (Krug).
139. Tödtliche Invagination des Colon,
Section; von Dr. Franc. Volta. (Gazz. med. ital.
federat. Loinb. 32. 1851.)
Ein 19jäbr. Mädchen ward ohne bckunntc Ursucbe von
Schmerz im linken llypochondrium und Verstopfung berulleo,
wogegen sich anfangs Kicinusöl heilsam crwiess. Allein
schon nach 5 Wochen kehrten beide Erscheinungen wieder u.
trotzten allen Mitteln. Schmerzen, Todesangst, Erbrechen
alles Genossenen, unbesiegbare Verstopfung, bei Abwesenheit
von Zeichen einer Hernie , eines Utcrinlcidens oder einer Un-
terleibsentzündung leiteten bald auf die Diagnose einer mecha-
nischen Versperrung. Durch in den Mastdarm eingebrachte
Bougies, gelang es noch einmal, eine Stuhlentleerung zu be-
wirken, die jedoch nur kurze Zeit erleichterte. Eigentliches
Kotherbrechen trat nie ein , aber weder Speise , noch Arznei
ward bebalten, der Leib blähte sich ungeheuer auf, heftige
Koliken, Abmagerung, alle Zeichen des Ergusses und der
Bauchfellentzündung schlössen die Scene und nach 36tagtger
Verstopfung erfolgte der Tod. — Section. Die üntcrlcibs-
böhle, deren Organe in gehöriger Ordnung lagen, enthielt
eine Menge von pnrulcntem Serum, mit FäcalstofTen vermengt.
Im absteigenden Colon zwischen Milz und linker Niere ent-
deckte man nun eine Intussusception , indem sich ein Darm-
stück von 2" Länge nach oben eingestülpt hatte und an die-
ser Stelle leicht eingeschnürt war. Zwei Finger breit höher
befanden sich zwei kleine Perforationen , durch welche sich
Eiter u. Excremente mit geringem Drucke auspressen Hessen.
Das eingestülpte üarmstück war dunkelroth, verdickt, in eine
speckige, compacte Masse degenerirt, die den Darm gleich-
sam terstöpselte , jedoch nirgends mit der Schleimhant des
amhüllenden Darms tückes verwachsen war. Am untern Ende
derselben zeigte aicb eine DemancatioDalioie , welche anzwei-
felhaft machte, dass die Natur schon auf Abstossung hioarbci-
tete und wohl Natorheilung erfolgt sein würde, wenn die Per-
foration und der Erguss in die Bauchhöhle nicht so schnell
eingetreten wären.
Vf. hält die Unsitte des festen Schnurens für die wahr-
scheinlich prädisponirende, und irgend welche zu angestrengte
Bewegung bei der Feldarbeit für die occasionelle Ursache.
(Kohlschütter.)
140. Passio iliaca oderTolnliu durck ler-
curins viTtts gehoben, (ibid. 24.)
Im Spital von Codogno wurde ein 43jiihr. Bauer mit den
drohendsten Symptomen von Gastro-Enteritis u. KothbrechcQ
aufgenommen, unabhängig von Hemia incarcerata. Nach
4tfigigen unfruchtbaren Versuchen zur Stillung des Erbrechens
und Herbeiführung eines Stuhlganges, wurden 6 Unzen me-
tallischen Quecksilbers in zwei Dosen verabreicht. Die Wir-
kung war schnell und sicher, ohne alle Nebeobeschwerden
war der Kranke hergestellt und binnen 3 Tagen ging ziemlich
die ganze Menge eingenommenen Quecksilbers mit dem Stuhl-
gange wieder ah. (Kohlschütter.)
141. Zerreissmig des Jejunnm ; von Dr. z i e hi
in Nürnberg. (Deutsche Klin. 33. 1851.)
In den meisten Fällen von Darinzerreissung wurde
nur ein Riss , entweder in die Lffnge oder Quere ge-
hend,, gefunden. Vollkommene Durchreissung ist
seltener; Andral theilt 2 Falle, Collier 1 mit;
folgender wurde vom Vf. beobachtet.
Ein 36jähr. Mann fiel mit dem Unterleibe quer über cineo
Baum , worauf die heftigsten Schmerzen sofort eintraten , so
dass er nur mit Mühe in seine Wohnung gebracht werden
konnte. Gesicht entstellt, bleich; Stirn und Extremitäten
kübl; Puls klein, frcqucnt, kaum fühlbar; Unterleib nicht
aufgetrieben und ohne Spur einer Gewaltlhätigkeit, doch ge-
spannt, keine Berührung vertragend. Dabei die grosste Un-
ruhe, nicht zu stillender Durst. Unblutiger Stuhlgang er-
folgte einige Mal, dabei aber immer noch Drang dazu; kein
Erbrechen. Morgens der Puls etwas gehobener, Extremitä-
ten wärmer, sonst derselbe Zustand. Abends delirirte der
Kr. Atbem kurz und schnell ; 24 Std. nach dem Falle er-
folgte der Tod. — Section, Nach gemachtem Einstich in die
Unlcrleibsliuhle trat Luft unter knallendem Geräusch hervor.
SäinnUüche Muskeln in vollkommener Integrität. Netz und
Gedünne geröthet, auf dem Peritonäalüberzug derselben leich-
tes Exsudat. In der UnterleihshÖhle ein Maass blutig gefärbte
Flüssigkeit. Bei Auseinanderlegung der Gedärme fand man
das Jejunnm 6'' vom Ende des Duodenum in seinem ganzen
Lumen auseinandergerissen, beide Ende lagen 4'' von einan-
der entfernt frei in der Bauchhöhle. Eine weitere Verletzung
war nicht vorhanden. (M i 1 1 i e s.)
142. Günstige Wirkung des Aumm miriati-
com natronatnm bei inveterirter Syphilis ; von
Wassiljew. (Med. Ztg. RussL 26. 1851.)
Ein 30jähr. Soldat „von eigenthümlicher, Weicbselzopf-
Diathesc verrathender Gesichtsfarbe", litt an ziemlich grossen
Bachengeschwüren, veralteter Verdunkelung der Hornhaut des
rechten und, bei Conjunctivitis des linken Auges , an einem
grosso Geschwüre auf dessen unteren Lide, wobei der Tarsus
und die Wimpern völlig zerstört worden waren. Pat. ward mit
Merc.jodatus, Opium und Guajac behandelt. Die Rachen*
geschwüro schlössen sich binnen 3 Wochen, dasjenige auf
dem Lide blieb in dess unverändert, bis endlich, nach vielen
fehlgeschlagenen Versuchen mit andern Mitteln, eine Salbe
mit Aurum muriat.-natr. die Heilung im Verlaufe vod 3 Wochen
vollkommen zu Stande brachte. (H fl c k e r.)
IV» PaÜM^giet Therapie u. medicimseiie Klinik.
183
143. Wiu lemr, waan Jfd? van h.
Herscümann. (Wien. med. VVochcnscbr. 28. 29.
30. 1851.)
Das froher so hoch gepriesene Quecksilber ward
ohne Grund aufgegeben, dtc Stimmen Einzelner, die
sich für Beibehallung desselben in beslimniten Fällen
erhoben, wurden nicht gehört, und denkende Aerzte
fanden sieh bei den Meinungsverwirrungen und bei
der jeweiligen offenbar sciiSIdlichen Wirkuug des Über-
all, selbst ohne Indication, angewendeten Mittels ver-
anlasst, nach anderen zu suchen, worunter sich in
neuerer Zeit das Jod beland. Es machte in Kurzem
fast alle Phasen durch , wozu der Mcrcur Jahrhun-
derte brauchte. Es fiintl allgemeine Anwendung,
ward ebenfalls bald vergöUert, doch Uccidive und
schädliche Folgen blieben nicht aus, und wUrde es
ohne gehörige Sichtung ein gleiches Schicksal errah-
ren. Um nun obengenannte Fragen zu lösen , be-
trachtet Vf. A. die Einwirkung des syphiL Giftes
auf den menschl. Organismus. Vf. zahlt die Er-
scheinungen, wie sie bei dem Tripper [der nicht hier-
her gehört] und dem Schnnker, so wie dessen Folgen
auf, und definirt Syphilis als „eine auf contagiosa
Weise gesetzte Vegetationskrankheit, die sich mani-
festirt als vegetative lymph. bedeutende Entzündung
des afßcirten Ortes , und durch diese bei günstigem
Verlaufe und zweckmässiger Behandlung sich aus-
gleicht, bei übler Behandlung hingegen jedoch tiefer
eindringt'S d.h. „eine bestimmte, das Individuum
gleichsam zernagende Kachexie bildend.*' Das Lymph-
system nimmt das Contagium als organisches Gift,
„d. h. als einen organisch lebenden fremden , feind-
lichen Körper auf/' welcher, nach stattgehabter Auf-
saugung, bald die örtl. Entzündung setzt, „die durch
die vorwaltende Schürfe des GiPtes in keine gutartige
Eiterung sich verwandeln kann." Die örtl. unzurei-
chende Thätigkcit der LymphgeHisse spornt nun nach
den Gesetzen der Sympathie andere näher oder ent-
fernter liegende LymphgcPJsse , denen das Gift zuge-
führt wurde, dazu an: so entstehen Bubonen, Hals-
geschwttre u. s. f. Doch auch hier können es diese
Gefilsse in unserm Klima zu keiner Ausscheidung des
Virus als gutartige Eiterung bringen , sondern unter-
liegen der Zerstörung ebenfalls, wie später das Haut-
und Knochensystem u. endlich, in desperaten Fällen,
der ganze Organismus.
h. Wirkungen des Mercurs. Der Mercur wirkt
der Vegetation direct entgegen ; er wirkt blutverdün^
neod, zersetzend, verflüchtigend, vom Grunde auf-
lösend, Colliquation direct herbeiführend. Das mer-
curielle Gift hat nur niederes, metallisches Leben,
als fremder. Kihrper, — Reiz wirkend. Dieser wird
enffemt, wenn keine neuen Massen Mercur zuge-
fuiri werden, während das sypkiL Contagium lebt,
ohne Zuführung neuen Stoffes fortwächst, vegetirt,
xunimmt und sich auf hosten des Organismus fort-
während vergrössert. Beide Agenticn und das Jod
haben ihre gegenseitige Aehnlichkeit vorzüglich darin,
dass sie sämmtlich auf das DrUsen- und Lymph-Sy-
stem wirken , und wie jedes Gift mit Zerstörung en-
den. Diess Süll unä jedoch nicht verwirren. ,, Ins-
besondere muss hier die örtL Entzundwig ohne Auf-
schwung zur Lymph-- und Eiterbildung bei dem
syphiL Gifte, dagegen die Verpflanzung auf dem Re-
spirationswege mit allsogleich putriden Erscheinung
gen beim Mercur fest im Auge behalten werden",
weil letzterer alier organischen Vegetationsthätigkcit
direct entgegenwirkt. Um nun die Wirkung des
Mercurs in der Syphilis zu erklären, heisi^t es: „Da«
Quecksilber regt das Lymphsystem an, welches sich
demnächst dessen ohne Steigerung zur Entzündung
zu entledigen suchL'* Es hebt durch seine specifisch
antiphlogistische Tendenz jene Entzündung, „ohne
jedoch diciNalurkrafl zu hindern, die nutnUs Fremde,
Schädliche durch des Mercurs besagte Eliminations-
Anspornungs- Eigenschaft um so eher ausslösst."
Das Gift verlässt dann den Körper durch die verschie-
denen Exhalations-Processe, „wahrscheinlich in einer
fttr den Körper unschädlich gemachten Verbindung
mit dem Mcrcur — etwa wie Eisen oxydhydrat mit
Arsenik — auf biochemischem Wege , als Mercur-
Syphiloid,** [Erst hier stehen 2??] So wie die
Wirkung des Mercurs in Zerstörung alles Lebens in
dem Organismus, und in niederen Organismen der
Läuse, Wanzen u. s. w. hinlänglich und axiumatisch
bekannt ist, warum sollte er nicht „durch seine an-
erkannte Eliminations-, Vcrdttnstungs- und Liqua-
tionskraft mit ihm — dem Parasiten — verbunden,
den Organismus als unschädliches Drittes, composi-
tum, Caput mortuum verlassen?*' Wird sofort Mer-
cur gegen Syphilis längere Zeil und in grösseren Ga-
ben gereicht, als zur Ausscheidung des syphil. Giftes
nöthig ist, so wirkt er forlzerstürend auf die Vegeta-
tion des Organismus, daher: „Mercurial-Kachexic —
Complication von Syphilis mit Mercurial - Kachexie
u. s. f.**
C. Einwirkungen des Jod auf den mensch-
lichen Organismus. Das Jod ist ein kräftig auflö-
sendes Mittel mit vorwaltender Erregung und Be-
schleunigung der Thäligkeilen des lymphatischen und
venösen Systems, angezeigt, wenn es sich hierum
handelt, vorausgesetzt, dass in keinem wichtigen Or-
gane Entzündung staltßndeL Demnach ist a. priori
anzunehmen , dass das Jod gegen Syphilis zuträglich
sein muss. Die Erfahrung lehrt aber, dass es in
priro. Syphilis wenig, viel weniger als der Mercur,
mehr in sccundärer, vorzüglich bei scrophulösen
Kranken , leistet , aber doch dem Mercur weit nach-
steht, besonders Aätt/i^e/?MC^/a7/ü zulässt; wogegen
es bei letzterer, nach vorausgegangener Sättigung
mit Mercur, und in der Mercurial- Kachexie selbst,
die erspriessächsten und durch kein ü^ittel zu cr-
selsenden Dienste leistet. Das Jod, mit dem syphiL
Gifte zu keiner Verbindung geneigt , ist nur insoweit
ein Antisyphiliticum , als es, vermöge der angegebe-
nen Erregungskraft, die unzulänglichen Bestrebungen
zu unterstützen strebt, was ihm bisweilen gelingt.
In andern, namentlich hei RücklUllcn, fehlt es an
Fixirung der Wirkung , un^l brachte den Vf. die Fixi-
191
IV. Pathologie, Therapie u. ffledidmaehe fflinik«
ning der LichlliiMer durch das €o1d auf die Idee, da-
mit in der Syphilis ein Gleiches zu eraielen , um so
mehr, lU es ohnehin Kräfte gegen die Syphilis besitzt.
Der Erfolg entsprach Vfs. ETwariuogen in 2 Fällen,
wo er p nach vorgängigem iodgebraach , das salzs.
Gold, früh und Abends zo t/^ (ka«, 8 Tage bmdurch
in die Zunge einreiben Hess, und sich bii jetzt, 6 —
8 Monate darnach, kein Rttehfall eingestelk hal.
D. Hesultate, Als solche werden aufgestellt :
1) „Die Luatseache, auch die prim.,wird von der
Natur in unserm Klima nie sicher und für indier ge-
heilt."
2) Andere Kurarien, ausser Mercur und Jod, füh-
ren seilen und nie sicher zur Heilung. [Diese auch
nicht, nämlich nicht sicher.]
3) Die priro. und secu»d. Syphilis wird durch
vorsichtig und regelliaft angewendete Mereurialien
voUsUndig geheilt. AVo alle Bedingungen zur
Kur von Seiten des Arztes, Kranken und der Umge-
bung befolgt wurden , haA Vf. nie einen Rückfall be-
obachtet. [Das ist Gluck.]
4) Das Jod leistet die ausgezeiclinefslcn Dienste
[unter den bereits angeg<*henen UmstJhiden].
Vf. behandelte, als PrimUrarzt am Krzh.-Ferdi-
nands-Hospilale in Stanislan, m 10 J. ülicr 4000
Syphilitische, u. wandle speciell vom Moreur an: 1)
Calomel zu Vs — Va ^^' ^''**'* ""^ Aliends bei
Kindern und Schwängern. 2) SubUmat ward obenio
20 1/g — 3/g in Pillen, zu Rädern bei hartnäckigen
Hautausschlägen zu 3jj — gß, verordnet. 3) Die
Schmierknr nach R u s t bei Hals- u. andern Geschwü-
ren, Syphilis universalis. 4) Rother Pntcipitat haupt-
sächlich gegen hartnäckige Rhagaden, innerlich g^. d.
Vi6 ^^^^ ' äusserlich in Salhenform. 5) Mercurius
solubtl. zu Vs — Va ^^^" ^^ Fällen, wo der Sublimat
angezeigt war, aber nicht vertragen wurde. 6)
Aethiops in leichteren Pälleo. Als Oegenprohe wer-
den 4 — 0 Wochen nach dem Gebrauche der Mereu-
rialien Flores sulphnris u«d, wo es angelit, Schwe-
felbäder verordnet [worin Vf. wenig Anhang finden
dSrfle]. Das Jod ward 1) gegen örtl. und allgem.
Syphilis bei hervorragend scrophulOsen Subjecten, 2)
in den selteneren Fällen, wo der Mercur „keine Art von
Einwirkung hervorbringt", angewendet. In beiden Fäl-
len kann eine Nachbehandlung mit Mercur von Nutzen
werden. 3) Rei veralteter Syphilis, Mercnrialkachexie
und in zweifelhaften Fällen. Das Kalijod reicht Vf.
serophuldsen Kindern zu 2 — 10, Erwachsenen stei«-
gend von 20 — 40 Gran , mit od. ohne Beigabe von
. 1/4 Gr. Jod, des Morgens, bei Vermeidung aller Mehl-
speisen bis gegen Abend. Verlässlicher wirkt das
Jod , wenn es zugleich äusserlich angewendet wird,
und hat Vf. mit der Mojs isovics' scheu Badekur
[vgl. Jahrbb. XLIX. 121] 25 inveterirle u. verschie-
dentlich complicirle Fälle von Syphilis grandlich ge«-
hoben. Wenn Ref. anfangs viele Stellen verbotenus
cHirte, so rOhrte diess daher, weil er den Vf. nicht
immer fasste, und Aesaen Avniaandflvanlaningen doeh
keinen Abbrucli thon wollt«« (Hacker.)
144. Biiefi Akw die SypUlis ; «on R i c 0 r d.
(l'Uniou 113 u. 131; Schiuss; vgl. Jahrbb. LXXU.
202.)
Dem 93. Briefe \st ein anderer vor Auzias-
Turenne eingeschaUel, welchen dieser an den Re-
dactenr Latour geschrieben, der ihn zur gleichzei-
tigen Beantwortung an Rico rd geschickt. Auzias
handelt in dem semigen über die Syphillsation (vgl.
dessen und Spcrrno*s Aufsatz in den lahrhb. LXXII.
206 u. 207) , welchem Ausdrucke R i c 0 r d einen
falschen RegrilT nntergelegt u. sie selbst als unwahr-
scheinlich dargestellt habe. Ricord entgegnet,
wenn die Syphilisation gleich von vom herein keine
Wahrheit zu sein scheine , so sei diess niclit seine
Schuld, und verlangt, nachdem er die Einzelheiten
des Briefes von Auzias durchgegangen mid zu wi-
derlegen gesucht hat, 1) dass Auzias seine SypW-
lisirten vorzeige, 2) angebe, wie lange sie geschätzt
bleiben, worauf A. keinen grossen Werth zu legen
scheint, obschon er darüber doch etwas wissen mnss,
denn es lässt sich in solchem Falle nicht mit Beob-
achtungen von gestern ein Beweis führen. 3) ver-
langt R. , A. solle verhärtete Schanker erzeugen,
einige davon durch die SyphiÜsation auflialten, andere
bis zu Secundärleiden fortgehen lassen , die er nach-
her durdi seine Inoculationen zerstören mOge; 4)
vor- und nachher Kranke vorstellen , welche zn ver-
schiedenen Zeilen an conslitutioneller Syphihs gelit-
ten und durch die Syphilisations-lnoculationen davon
geheilt wurden, wonach er ilcr erste sein wffrde, der
sich der Revolution anschliessen werde. Latour
Iheilt g.inz Ricord's Ansichten. Er verlangt Thal-
aacheu, dflentlich angestellte Syphilisationen, nicht
an den Kranken in den Hospitälern , selbst nicht an
den öffenll. Mädchen, sondern an Auzias u. dessen
Glaubensgenossen.
In dem 34. , dem Abschiedsbriefe , entschuldigt
sich Rieord wegen der häufigen ünterbrechungeo,
woran zum Theil die Syphilisalion Schuld habe, und
deutet auf einen sehr Qbel abgelaufenen Versuch hin,
den Musset am 12. Nov. in der Soci^t^ de Chirur-
gie de Paris [vgl. die nächste Nummer] mittbeille.
An eine Schutzkraft gegen die Syphilis durch Verim-
pfung des syphil. Eiters oder des BIntes von terliäreD
Znßfllen lässt sich nicht glauben. Das beste Mittel»
den constitutionellen Erscheinungen vorzubeugen, be-
steht darin , das prim. Symptom sobald als mdglicb
zu zerstören. Ist es damit zu spät, so zieht Vf. des-
halb ntcht gleich den Mercur in Gebrauch. Die mei-
sten prim. Schanker heilen allein bei einem diäteti-
schen Verhalten oder einfachen Medicamenlen» so-
gleich wendet er ihn aber beim veH)ärteten Schanker
an. Die mercurielle Rehandlung kann die constitu-
tionellen Ausbrtlche behindern , oder sie einfach Mo-
nate, Jahre lang, verzögern. Es sind Fälle von 20»
ja 30 Jahren bekanni, wo sieh die Syphiüt darnach
IV. Pathotogie, Therapier medidaiadie Klinik.
186
iDin 1. Male, oder als Recidiv wieder kund gab.
Warum will man nun bei Vorlage solcher Thalsachen
Biebt zugeben, dass die syphil. Dialhese bei einer
scheinbar gaten Gesundheit fortbestehen könne , wa-
rum allemal auf eine ftfllige Zerstörung der syphil.
Disposition schliessen? Was Gewissheit geben wttrde,
dass man die syphil. Diatbese ausrotten kann, was
übrigens nicht undenkbar ist, wilren authentische
Beobachtungen an solchen Personen , welche 2 oder
mehrere Male an verhärteten Schankern gelitten und
jedesmal die Reihenfolge der constitutionellen Zufjllle
in der natürlichen Ordnung, wie wir sie jettt kennen,
durchgemacht hatten. Dergleichen Beobachtungen
sind aber bisher dem Vf. wenigstens noch nicht vor-
gekommen. Weder das Präparat, noch die tägliche,
ooch die absolute Dosis , mit welcher Pünktlichkeit
auch das passende Regimen dabei befolgt werden
möge, noch der Speichelfluss, vermögen eine Garan-
tie XU bieten , mag man den Mercur gegeo den prim.
Zufall allein, oder von Neuem angewendet haben, um
SecundUrleiden damit zu bekämpfen. Sein Gebrauch
vernoag aber die Zeit abzuändern , wann und in wel-
cher Reihenfolge sie aoltreten. Der Mercur, wirksa-
mer gegen die secund., als gegen Tertiarleiden, ver-
hindert bisweilen die ersteren , wahrend er das Er-
scheinen der letzteren gestattet. Ohne Eingriff der
Knnst macht die Krankheit stets ihren gewöhnlichen
geordneten Verlauf, der nach G u 1 1 e r i e r 's Annahme
auch durch Medicamente nicht verändert wird, so
dass den tertiären nothwendig secundSre Erscheinun-
gen vorhergehen mUsslen. Ricord's Therapie
lasst sich in. der Hauptsache in folgende 4 Satze
zusammenfassen. 1) Bei dem Schanker sobald als
möglich die abortive Behandlung. 2) Das Quecksil-
ber fflr den verhärteten Schanker und für die Secun-
darleiden reservirt. 3) Jodkali gegen tertiäre Zufälle.
4) Das gemischte Verfahren mit Mercur und Jodkali
bei den spätem Secundarleiden , oder wenn mit die-
sen tertiäre ZuHllle verbunden sind.
(Hacker.)
145. Ueber die SypUlitation. (ibidem i36.)
Masset stellte der Chirurg. Gesellschaft den Dr. L. vor,
welcher an sich selbst Versuche mit den Inoculationen des
Tenerischen Eiters, «in sich la sypbilisiren , anstellte. L.
bat nie am Schanker, noch Tripper gelitten, im Dec. 18Ö0
Qod Jan. 1851 impfte er sich, in dem jedesmaligen Zwischen-
raome einer WocÜe , nach und nach 10 Schanker auf dem
Penis ein, die in Karzern bei einer einfachen Bebandlang und
Diät verschwanden. Den 2. Juli machte er eine neue Inocu-
latiua an dem linken Arme , und ein Schanker war die Folge.
[Ob dieser behandelt wurde, ist nicht angegeben.] Drei Mo-
nate darnach zeigte sieh eine ezanthematische Syphilide , die
bald papnlds ward , und sich mit Anschwellung der hintern
Nackenganglien verband. Nach einigen Tagen entstanden auf
den Mandeln Schleimplatten. L. untenvirft sich keiner be-
handluDg. Den 17. Oct. impft ihn Auzias, in Beisein
Ricord's, auf dem linken Arme mit Eiter, welcher einem
SO Tage bestehenden Schanker eines Kranken entnommen
war, der selbst mit dem Eiter eines fermeintlichen Syphil isir-
teo, der nun nahe an dem 60. Schanker stand, inoculirt wor-
den war. Den 24. Oct. machte Ricord 2 Inoculationen
wi dem Eiter eines phaged. Schankers, woraaf L. selbst noch
lle4.J«hrbh. Bd. TS. HA. 2.
7 Inoculationen aas seinen eignen Schankern, dem 1. , 2. u.
4. , Yornabm. Da L. später seine Beobachtang aosfuhrlich
mittheilen wird, einstwellen nur so fiel, dass dadurch die Sy-
philisation in A u z i a s* Sinne vollständigst Fiasco gemacht hat.
(Hacker.)
146. Unhaltbarkeit des von Ricord anf-
gestellten Kriterion der prim. Syphilis; von
D roste. (Deutsche Klin. 29. 1851.)
„Es ist nicht wahr, dass der Schanker eine Reihe
von Tagen blos örtlich bleibt, and dem Körper un-
besehadet weggebeiat werden könne; es ist falsch,
dass der inocnlirbare Schanker nar ein prim. [nur
der prim. inoculirhar] sei , und der secund. wie ter-
tiäre durch Gonlact nicht weiter verbreitet werde."
Traurige Folgen der einfachen Behandlung von Seiten
der berufensten Aerzte u. in den angesehensten Hospi-
iHlern sind dem Vf. oft genug und noch vor Kurzem
bei einem Kutscher vorgekommen, bei welchem er
neben einem Hunter'schen Vorhautachanker, Hals-
affection und ,,ein Heer" von syphil. Ecthymapusteln
auf dem Rumpfe und an den Extremitäten fand. Der
Red. Göschen fragt : unter welchen Umständen u.
Schädlichkeiten der Kutscher aber wohl wahrend der
Kur gelebt habe« und wie ihm dabei eine Mercurial-
kur bekommen sein würde? und fragen wir weiter:
hat denn Vf. , selbst bei dem passenden diatetisAen
Verhalten» stets durch den Mercur der Verhärtung
des Schankers, der Halsaffection und dem Pustel-
ausschlage vorzubeugen vermocht , ja hat er darnach
und trotzdem nicht sogar Aflectionen der sogen, ter-
tiären Syphilis gesehen? welche, mindestens gesagt,
nach der einfachen Behandlung nicht häufiger, [als
nach der mercuriellen , einzutreten scheinen.
(Hacker.)
147. Ein Beitrag xnr Syphilidologie; von
Dr. A. v. B eitler. (C.'s Wchnschr. 39. 1851.)
Ein ungenannter Ref. in d. Journal d. Kinderkrankheiten
(Bd. 12, TIefti u. 2) stellt es für noch nicht ausgemacht auf:
„aast eine an allgem, und auegebildeter Lues leidende
Frau geschwängert werden könne. ^^ In Vfs. Wirkungs-
kreise erkrankte in der Nähe von Goldingen in Curland in
einer Privatbesitzlichkeit von 20 Bauergeboften der grössere
Tbeil sämmtlicher Bewohner. Oiess kann bei der engen Ge-
meinschaft , in welcher die dortigen Bauern mit den Ihrigen
leben, nicht auffallen. Eine einzigC) massig grosse, niedrige
Stube soll oft 4 — 5 Familien beherbergen, deren jede in einem
gemeinschaftlichen Bette, weiches noch von verschiedenen
Tbiergattungen getheilt wird, der Kühe und des Schlafes pfle-
gen. Die Kranken wurden von den Gesunden getrennt u. in
einem dazu eingerichteten Gebäude mit Mercur behandelt. Zu
selbiger Zeit erkrankte auch das 20jähr. Madchen D. an Hei-
serkeit, Halsschmerzen, näselnder Sprache u. s. f. An prim.
Genita igeschwören , was dort zu Lande durchaus keine Sel-
tenheit ist, hatte sie nicht gelitten. Nach 4 Jahren heiralbete
die D. , und gebar einen noch jetzt lebenden und bis auf
einen Grindkopf stets gesund gewesenen Knaben. Vier Jahre
nach der Verheirathung erkrankte sie abermals an Syphilis,
wahrscheinlich ebenfalls ohne vorausgegangene Genitalalfec-
tion. Aerztliche Hülfe wurde erst nachgesucht, als bereits
Stirn und Nase ergriffen waren. Alle Kuren blieben, da Pat.
nicht die mindeste Diät befolgen konnte , erfolglos. Als Vf.
1846 die Kranke sah , war die Mitte des Gesichts von einer
birnformigen Oeffnung eingenommen, die, der Sulle der zer-
24
<1«6
iV. Pathologie, Vhara]^ «. medicpiaohe Klinik.
§törten Na»«nbeinc eotsprechend, Äie veroit«radeD inneroKa-
ficnkDOchen bloßlegte. Zwei Geschwüre xogen sich von hier
aus rom linken Mundwinkel, ein anderes über die ganxe Stirn
bis zum behaarten Kopfthciie. Namentlich dieses verursachte
unerträgliche Schmerzen. Ein rundes Geschwur von der
Grösse eines Zweilhalerstucks sass ausserdem auf dem Brusl-
beiae. Sämmlliche cariose Ulcerotionen waren von zerfres-
ßenen callöaen Rändern umgeben , und sonderten eine übel-
riechende Jauche ab. Dolqrcs osteocopi peinigten die Kranke
an verschiedenen Korperstellen, vorzüglich in der aufgetriebe-
nen üina des linken Armes. An den Geschlqchls- und den
übrigen Tbei|en dei» Körpers zeigte sich, selbst im Mun,d und
Rachen, nichts Bemcrkenswerthes. Das Weib stand damals
im 4. Monate Ihrer 5. Schwangerschaft. An dem Vorhan^en-
lein ausgebildeter Lues koonte Vf. dem Angefahrten zufolge
nicht zweifeln. Mehrere vorausgegangene Mercurialkuren
maqbten eine Complication mit Hydrargyrose nicht unwahr-
gcheinlich. Vf. verordnete das Jodkoli, wovon er in • Wochen
4«/, Unze verabreichte. Das Nasen-, Wangen- u. Bruslge-
sohwOr vernarbten während dem gänzlich , das auf der Slirne
grosseniheils. Hierbei fanden mehrere Exfoliationen SUtt.
Die quälenden Schmerzen hörten auf, Pat. konnte wieder
ruhig schlafen, was sie seit Jahren nicht vermocht hatte.
Weiter konnte jedoch die Behandlung aus Mangel an Mitteln
nicht fortgeseUEt werden. Das später reebueitig geborne Kind
soll frisch und gesund gewesen sein , in der 6. Lehenswoche
aber in wenigen Tagen einem Bruslleiden unterlegen haben.
Während der gegenwärtig 14jährigcn Dauer der Krankheit,
die bei jeder Schwangerschaft bedeutende Exacerbationen
machte, gebar die Frau, ausser dem letzterwähnten , noeb 3
findere Kinder, einen Knaben, der 8 lahre alt ward, und, mit
seiner 2jahr. Schwester am Typhus starb, ein 4. Kind unterlag
im 5. Mon. einer acuten Brustkrankbeit. Kein Kind hat einen
ehronischen Hautausschlag, Geschwüre, Kondylome oder
dergl. gehabt, woraus man auf ein syphil. Kranksein liätte
AohUessen köqoen. Alle Gebi|rten sind rechtzeitig und leicht
erfolgt. Der Mann ist stets von jeder Ansteckung frei ge-
blieben. •
SchlUaßlich cilirl Vf. noch z,ur Beantwortupg obi-
ger Frage Spiro '^.Beobachtungen (meid. Z^. Russ-
laods 19. 1850), denen nach von 64 Weibern 6
zu einer Zeit schwanger wurden, xu welcher sie zu-
verlässig sohon unler d<^ .finfliiBae aUgem. ]ofection
standen. Spiro [wie Andere] giebl aber zu , dass
das Conceplionsvermögen unter syphil. Einflüsse zwei-
Alhaft werde. (Hacker.)
148. Kall YW SyphiKs congenita ; von g a u s-^
»ail. (L'Union 134. 1851.)
Im Nov. 1»43 ward Vf. zu einer 30]ähr. , gut constitu-
tionirten Dame gerufen. Sie war seit 4 J. verhcirathct, hatte
2mal, im 6. und 7. Monate, abortirt, und das Kind einer 3.
Schwangerschaft ward zwar ausgetragen, starb aber in dem «.
Lebensmonate an Marasmus , nachdem es , kurz nach seiner
Geburt, an syphil. Erscheinungen, wie sich ergab, erkrankte,
die durch Waschungen und etwas Calomel nicht aufgehalten
wurden. Die Dame hatte gegen Ende des 2. Monats ihrer
Schwangerschaft ein ungewöhnliches Brennen gegen die Vulva
empfunden , wornach sich sehr bald runde , platte Blutchen
zeigten. Später, ungefähr seit 8 Mon. , hatte sie Schmerzen
im hintern Gaumen, und Blütheu „boutons** [wahrscheinlich
hier wie dort Schleimplatten] auf der Basis der Zunge bekom-
men. Bei der Untersuchung zeigte sich der ganze Gaumen
gcrölhet, auf der Zunge linsengrosse Papeln und nach hinten
auf der rechten Seite der Zunge verticale Erhöhungen mit tie-
fen Furchen. Der Mann hatte sich 6 Monate vor seiner Vcr-
beirathung mit einem ihm unverdächtig scheinenden Mädchen
eingelassen. Eine kleine aufgeriebene Stelle der Vorbaut,
umgeben .von weissen, kaum sichtbaren Bläsehen, verschwand
zwar schon nach einigen Tagen wieder von selbst , allein bald
enutanden scboierzhafte Geschwulste um den After herum,
ypu einer acblaunig^blutigeo, »unganMin atinks|iilfa A^seA4^
.i;ung begleitet. Das Leiden war 7 Monate lang für häoMir-
rhoidalisch gehalten worden, als ein Student der Medicin
Mercurialbäder und Einreibungen verordnete, wonach es
schnell beseitigt wurde , und der Herr 2 Monate darnach th«-
rathete. Der Zusammeobang war klar. Der an syphil.
Dyskrasie leidende Vater hatte mittels der ersten Frucht die
Mutter angesteckt, und waren alle drei Kinder der Infection
erlegen. Beide Aeltem unterzogen sich auf das Gei^ssenhaf-
teste einer ^monatlichen Behandlung, aus iodmercur und
sodann Jodkali mit Sarsaparillenayrop. FOaf Monate afMitar
ward die Frau von Neuem schwanger , gebar rechtzeitig .einen
starken Knaben , den sie selbst stillte. Er blieb frisch und
gesund, bis er im 16. Monate einer heftigen Dysenterie unter-
lag. Seitdem hat die Frau ein Madchen geboren , welches In
,dem 3. Jahre stpbt, und imyier gesund geblieben ist.
(Hacker.)
149. Ueber die Diagnose der sj^UL luvt-
Icrankbeiten ; von Zelssl. (Wien. ZUchr. VH.
1851.)
Vf. piaclit .besonders auf daa diagnostisch Unge-
nügende der knpferrothen, oder erdfahlen Farbe» die
kreisförmige Gruppir^ng u. die Alopecie aufmerksam.
Von grösserm diagnostischen^ Wer^he sind ihm die
Ijipg dauernde Pigwenlirung, der Mangel des Juclieiis
und Blutens, sohj^ld man bei der squamOsen Syphilide
die, über^Qtn dUnnern, Schuppen abniount» und bei
der qrfistOaen die starreren oder an dar breiUrn Basis
4nit ^luctuation verbundenen Borken, und bei Ge-
sciiwüren d^ren nierenftfrmiges Ansehen. Alle dieie
llrsclieioungen, gleich der Bescliaffenheit ^r Schleim-
hWe, i^r Schmerzen u. s. w., habep indesa yerein-
.seit. nur geringes Gewicht. Am schwicrigalan acheinl
die ji)iägnoso bei dem Lupus; hier entscheidet sellMt
^^r i^rfplg ^er ^inliayphil. |Cur nichts , da dioae auch
gßlfou ,|MiderAr^ige KnQ^^farmeu anst^blügt. ]m Yer-
J^Hfe will Vf. ein schnelleres Zerfallen des ayplaii.
Lifpus bemerkt haben. Die Prognose stellt Z. bei
den Syphiliden gllnsti|;er, als bei andern Ha^il-
krankheilen» pur giebt die ßeseitigung deraelbeu >picbt
immer Gewähr für .erfolgte Heilupg dar zu Grande
liegenden ()y^asie[was nicht minder für alle andere
syphil. Leiden gilt]. Bezugs der Kur, spricht VL,
^wo sie andepwoiUg niobt CQptrMfldiatrt sind, den
Sublipatbjidern das Wort. (H a c Jl e r.)
150. Kn»tMffpliUid Uoyier Kinder; vop
It in eck er. (Verhandl. d. pbys.-med. Ges. inWan-
burg. L S. 117. 1851.)
Vf. beobachtete an Kindern, wtfhrend des 1. Le-
bensjahres, und zwar in 12 J. lOmal, das Knoten-
Syphilid. Es zeigte siph , mit Ausnahme der RIach-
band und Fusa^ohle, an allen KOrperatellen, am zahl-
•reiclisten aber auf dem Backen , der olt gaaz daroa
besetzt zu sein schien. Die Knoten sind rundlich,
,vQn derber Cpnsistenz, in der Grösse der Linsen,
bleiben Wochen lang völlig stationär, überateigea aber
tiberhaupt selten den Umfang einer Bohne. Die aber-
liegende Haut ist gleich von vorn herein wenig ver^
sqhiebbqr, und ersqheipt, je ipehr der Tun^or ^ich
Ober dias Niveau der ttaiit erhebt, um .so leaUr mit
ihm verwachsen. Deutlich -fUfaU man die Harte auch
IV. Pftikorogi« , Th«rat»itt ti» medMnlMK«* Kliirfk.
tm
iB df« TSisfe gehe». Der Sitz der Geschwalbt Mt
oii»bar dae Untei'haiitbindegewebe. SchhlMÜeh ab^
scediren die Kneten , e. nehmen die Abseesse, dureb
üehergreifen der eitrigen Zerstörung auf die Naehbar-
gewebe, häufig die Grosse einer Hnsel- bid- WaHnas»
an. Die Haiti wird dann dunkel gerMhet » verdamit
sich dai^ch Desquamation , und der Eiler bricht mit
betgemeogtem BiMe, doch stets erst nach* längerer
Zeit, serbde in der Mitte durch, wornach dieAtscess-
bOMe susarameitsintLt» und sich mit eineni scli^värs«-'
Meheir Grunde bedeckt, unter dem die Vernarbulftg itt<
der B«gel rehtiv schnell erfbigf. Die geringen StHK
stattiverlUsf leigenden Natbefr behalten lange Zeitf
btndoi^eh HSrte und livtde Färbung. Gewöhnlich'
finden sich die Knoten in grosser Zahl, 50 — 100' auf
einmal. Doch selbst bei dichtem Zusammenstehen
confluiren sie nie , noch bilden sie irgend regelmVs^
sige Gruppen. Immer zeigen steh Nachschübe, wes-
halb, bei dem langsamen Verlaufe, ^tcts mehrere
Stadien gfeichzeitig vertreten werden , und die gnn«e
Affeelion sich mehrere Monafe, bis Vg Jahr hfnzielil.-
Die Knoten sind, bis sie in Eiterung Übergehen, voll-
kommen schmerzlos, und haben auf das Allgemein-
befinden, selbst dann, nur eine geringe Rückwirkung.
Heben pnatulOsen und squamOsen Syphiliden wareil
ee vorzugsweise Schleimptatten , welclft zu glercher
Zell bestanden, vorausgingen, oder nachfolgten. Die
Kinder starben sammtlich, 2 ausgenommen, unter
den Srscbeiniittgen von Tabescenz. Die analom. Un-
tersncirang fiese in den wenigen FSllett, wo die Krank-
heit vor dem Tode noch nicht abgelanfee war , den
Sita des Tumor, wie den bald derben, bald kSsig od.
eitrig erweichten Inhalt de^elben deutlich erkennen ;
die mikroskopische Untersuehoug ergab einfecb De-
tritus durch Fettbildung. Wenn Vf. sagt, dass diese
Hantkrankbeit , ausser von W a 1 1 a c e , von Niemand
erwähnt worden sei , dass sie dieser jedoch anth in
andern Altersklassen beobachtet habe, so dflrfte noch
beizaltlgen sein, dass Wallace die subcutaneto* Tu-
berkeln, wie er sie nennt, auch in Gruppen und bis-
weilen im Ganzen nur 1 bis 2 beobachtet bat, in
welcher geringen Zahl sie dem Vf. nicht vorgekommen
zu sein scheinen. Ausserdem findet sich bei Wal-
lace durchaus keine deutliche Angabe von dem Aus-
gange der Krankheit in wirkliche Abscessbifdung.
Zum Scbluss erwähnt Vf. noch einiger von f'uchs
nnd Ray er angefahrter ühnelnderKrankbeitsformen.
(Hacker.)
151. Pempliigis bei eiHem netgebontei
limlü ; von C h. D e s r n e 1 1 e s. (Gaz. des E6p. 80.
1851.)
Die S4(i§lir. NShterin L. war nie heftig erkrankt. Die
Regel trat in ihrem 16. Jahre ein. Vor 2 J. war sie das i.
Mal, daa 9. Mtl im Oct. 1800 ach>wanger. Das I. Kind starb
3 Monate naieh zeitgerechter Geburt in der Ziehe, mit dem 2.,
einem todten Knaben, kam sie am 0. Juli. in dem Höpital
Sahit- Louis nieder, bas Kind hatte an den fassen n. Ban-
den GeschwOre and f emphigus-BIaseo, besonders an erMeren,
so dass die rechte Ifvndfl&cbe ganif mit Dhisen ausgefüllt war.
Die Nagel bauen in Folge danmter und daneben stehender
Ef^ionen eine violette Firbung. DieThymni zeigte reieh-
Hohe seroaettrige Ansammlang; in den Langen, vomeglich
dem iintero und v\)rdern Theile der rechten Lunge , fanden
sich den Ulcerationen ähnelnde Flecken , das Gewebe schien
erweicht und sichtbar verändert, lieber den Vater des unebc-
lichen Kindes yerroochte die L. nur wenig Aaskunft zu geben ;
er habe oft Piisanen gelranken, u. sich anch mit andern Frauen-
zimmern abgegeben. Sie selbst versicherte, nie ata fustein,
Ulcerationen u. s. w. gelitten zu haben , so wie sich bei der
Untersuchung auch keine Spur davon entdecken Hess. Ein
frfiber dem jedesmaligen Eintritte der Menstruation vorher-
gehender weisslicher Abgang war seit dem Umgange mit ihren
Schwangerer stärker, gefärbter und sebmerahaft geworden.
(Hacker.)
152. j^emplügvs bei einem neagebornen
Kinde; vonLepaul. (Ibidem 88.)
Die 24jibr. G., von frischem, gesundem Aussehen, kam
den 2. August 18tf0 in den Gebärsaai der Facultäts- Klinik.
Die Regeln hatten sich gegen das 14. J. mit Schmerzen ein-
gestellt, waren aber seitdem jeden Monat, ausser in den
Schwangerschaften , regelmassig gewesen. Nach einer Be-
kanntschaft mit einem scbeinbor gesunden Manne ward sie
schwanger, und kam im 8. Monate mit einem todlen Kinde
nieder. Als sie hierauf von einem andern Manne, welcher in
der besten Gesundheit zu stehen schien, im 2. Monate schwan-
ger ging , bekam sie an einer der grossen Schamlefsen eine
kleine runde Wunde, die spater von einem Arzte für einen
Schanker ausgegeben u. geätzt wurde. Nachdem sie darauf
mit einem ungefähr 8monatl. Mädchen niedergekommen war,
entdeckte man hei der Geburt an den Geschlecbtstheilen und
um den After herum mehrere ScMeimplatten , und schienen
dem Vf. anch die Ganglien im Nacken etwas vergrössert. Man
untersuchte deshalb das kleine , schwache Kind genau , fand
aber nichts, als eine bläuliche Färbung der Fusssolilen und
der Handteller; nur fiel die unvollkommene u. beschleunigte
Respiration auf. Nach 48 Stunden entstanden an deü ge-
nannten Theilen ziemlich viele Bläschen , bis zu der Grösse
von Linsen. Sie waren alle mit einem traben, milcharligen
Serum angefüllt. Von nun an ward das Kind leidend, schrie
anhaltend , und wollte die Brnst nicht mehr nehmen. Meh-
rere der Blasen platzten, Schwitzten etwas Blut aus, ver-
mehrten und vergfösserten sich, und vom 5. Tage ab zeigten
sich neue Erscheinungen im Gesicht und um die Genitalien.
Ausser den Blasen entstanden Eczemaplatten , Schmnden u.
Krusten , wodurch die Nasenlöcher verstopft wurden. Das
Kind muaste künstlich aufgefüttert werden. Bei dem Ge-
brauch des Quecksilbers besserte es sich zusehends , starb
aber am 15. Tag seiner Anwendung. Ausser geringen Ver-
wachsungen fand man in den kleinen Lungen nur einige ver-
härtete Stellen. Ihre Dichtheit glich derjenigen der Leber.
Diese, die Thymus und die übrigen innern Organe waren
geaond.
1d Bttreff dieses Atrsschlags, sO wie der, von
Depaul der angelmrnen Sypbifis aberwiesenen,
Entartung der Lungen (vgl. JahrbB. LXXJ. 60) sprach'
Cazeaux seine Zweifel in der Sitzung der Acadd-
mie de M6d. am 1. Juli 1851 dahin aus, dass sicfr
die Symptome der angeerbten Syphilis so ifusserst
selten , wenn je , in den ersten Tagen nach der Ge-
burt kundgeben , dass man mit einem diagnostischen
Urtheile sehr zurückhaltend sein mtissc. Das gleich-
zeilige Vorkommen einer veralteten Syphilis der Ael-
lern und zweifelhafter Erseheinungen b^i den Kittdern
ist nngenllgend, mn eifte CaOBalitSt zu begrflnden.
Konhen der Pemphigus , die Abseesse der Lungen u.
der Thymusdrtlse wirklieh syphil. Ursprunges sein,
so ist durch nichts beweisbar, wenn sie es sind, oder
wenn sie von einer andern Ursache abhängen (Revue
m6d. Ao^ 18'51). Behaupte Gazeaitx diöss schott
188
IV. Pathologie, Therapie u. medicioiache Klinik.
in Bezug dea von Depaul mitgelheilten Fallea, ao
gilt aolches in einer ungemein sUirkern Polens von
demjenigen D e s r u e 1 1 e s'. (Hacker.)
153. Sypkilidopemphix ftmgosa ; von Franz.
(Pr. Vcr.-Ztg. 31. 1851.)
Vf. atellt dem von Fucha aufgeführten Falle
einen jttngat von ihm an einer 30jähr. Frau beobach-
leten zur Seile. Die ganze Unterbaucbgegend bis
hinauf zum Nabel , die Umgebung der Genitalien und
dea Afters, bis hinan zum Kreuz und ein Dritttheil
der innern Flache der Oberschenkel herab , bildeten
eine schwammige, wuchernde Flache, von blassrolher
Farbe und faulig - süssem Gerüche. Die fungösen
Wucherungen waren etwa ^j^'* hoch, u. standen so ge-
drangt , dass sie einem dichten Saatfelde glichen ;
nur am After waren sie abgegrenzt» und bestanden
die Grenzränder in Excoriationen mit schleimig-serO-
aer Absonderung. Ausserdem fanden sich auf dem
übrigen Körper einzelne Blasen in der Grosse einer
Erbse , bis zu der einer. Wallnuss. Die Blasen bil-
deten sich in etwa 8 Tagen, enthielten dann eine
weingelbe Flüssigkeit, platzten , und zeigte sich nun
eine livide, wunde Stelle, aus deren Mitte alsbald die
Fungositaten emporschössen. Den Fruchtboden der
Wucherungen gab also stets eine geplatzte Pemphi-
gusblase, ab. Die anhaltend nässenden Flächen ver-
ursachten ein unerträgliches Jucken, welches vorzüg-
lich die nächtliche Ruhe störte. In Folge dessen u.
des Säfteverlustes war bereits hektisches Fieber ein-
getreten. Die Frau, welche vorher nur an einem
scharfen, weissen Flusse gelitten haben wollte, so
wie deren Mann leugneten jede lofeclion und auch
jede Möglichkeit dazu. Beide schildert Vf. als ehren-
werthe, glaubhafte Leute, doch entdeckte er an letz-
terem , besonders auf dem behaarten Kopfe , auf der
Brust und den Beinen,, Psoriasis syphilitica, wie er
selbst sagt. (Hacker.)
154. Wamm mancke Tripper nicht heilen;
von Dr. Boy 6 zu Epinal. (Gaz. de Strasb. 10.
1851.)
Unter den vielen Ursachen , welche den Tripper
erzeugen, beaonders aber unterhalten können, hat
man eine, die scorbulische Diathese, vergessen. Vf.
hat ungefähr 26 Fälle von scorbutischer Urethritis
beobachtet , und jedesmal war die Diagnose auf der
Harnröhrenschleimhaut eingeprägt. Sie ist von einem
Rothbraun, wie mit mattweissen Flecken gesteppt,
im Ganzen völlig andern von Scorbut befallenen
Schleimhäuten , so z. B. dem Zahnfleische , entspre-
chend. Auch ist dessen Affection oft gleichzeitig vor-
handen, und selten, dass nicht überhaupt irgend eine
in dem Scorbut begründete Alteration zugleich statt-
findet. Unter den 26 Fällen fand Vf. den scorbuti-
schen Tripper 19mal bei jungen, kräftigen Personen,
mit sanguinischem Temperamente. Ihre Krankheit
zeigte noch nichts von einem Zustand von Hinfällig-
keit, und wenn hierdurch der Charakter des Leidens
sich larvirte, so geschieht dieas nicht selten auch da-
durch, dasa die vorher bestandenen Aeusserungen des
Scorbuls, so am Zahnfleisch , nachlassen , „die äan-
Sern Symptome haben aich versetzt.^' Durch die
örtl. Erscheinungen, so bei dem Scorbut das ge-
schwollene, schlaffe, violette Zahnfleisch, welches
bei dem geringsten Drucke blutet, verräth sich oft
erst der innere Krankheitszusland. Diesen betrach-
tet Vf. ala eine „Diathese debilitante'S wonach er,
mit BerUckaichtigung der Idiosynkraaie dea Kranken,
sein Verfahren einrichtet. Er verordnete eine stär-
kende Diät, Bouillon, Braten, Zugemdse, Gewürse,
VITein, verbot nur Schnaps, Kafl'ee und Bier, ao wie
Ijaue Ganzbäder. Innerlich reichte er frtth nOchtem
ein Bierglas Kressensaft und eine Stunde darauf 4
Kapseln mit Copaivbalsam. Vf. hat mehrmals beob-
achtet , dass die Kresse das ganze Gentassyslem des
Kopfes in eine wirkliche Congestton versetzte, dass
aber diese Wirkung auablieb , wenn zugleich Balsam
angewendet ward. Ferner hat er bisweilen Eisen-
und Braunstein - Salze , Tannensprossen- und Tolu-
Syrup mit Jod- oder Brom-Kali verschrieben, u. sind
in der guten Jahreszeit immer Flussbäder von Nutzen
gewesen. In dem Dritttheile der Fälle mussten noch
die Gauterisationen zu Hülfe genommen werden , die
Vf. für wenig schmerzhaft ausgiebt. Er bediente sieb
des L a 1 1 e m » n d 'sehen Aetzträgers , den er etwa 7
— 8 Ctmtr. tief einführte, und die Schleimhaut in der
Ausdehnung von 2 — 3 Ctmtr. ringsum mit schnellen
Drehungen des Trägers ätzte. Den nächsten Tag Gn-
det Blutliarnen Statt , und so wird die 2. Caulerisa-
tion nach vorn zu den 3. Tag angestellt. Kommt
man endlich bis zur Eichel , so soll man das Causti-
cum stärker appliciren. Hierauf wird der Kanal sei-
ner ganzen Länge nach geätzt. Es bedurfte mitun-
ter 15 solcher Gauterisationen, in Verbindung mit
der innerlichen Behandlung, und doch war der Er-
folg in 2 Fällen so gut als null. Drei Monate bia i
Jahr verlangte die Kur durchschnittlich. Bei den
Frauen kommen dieselben Störungen vor, haben
aber hier nicht dieselbe Wichtigkeit.
(Hacker.)
155. ürinflstel nach einem Tripper; von
Bösen t ha 1. (Pr. Ver.-Zlg. 43. 1851.)
Ein Tripperpat. hatte „kaum einige üoseo<* von dem
Copaivbalsam genommen, als er von äusserst heftigem Blasen-
krampfe befallen wurde, der erst dem 14tägigen Gebrauche
der kräftigsten Antispasmodica wich. Schon nach einigen
Tagen trat indess abermals ein, sich täglich steigernder,
Schmerz an der Eichelspitze und in dem Perinäum ein , wel-
ches Vf. bei der Untersuchung durchaus geschwollen , hart u.
äusserst empfindlich fand. Trotz Blutegel und Einreibungen
abscedirte die Geschwulst. Bei fortwährendem Orange ging
der Harn unter den entsetzlichsten Schmerzen, wobei fast
jedesmal eine Ohnmacht erfolgte, nur tropfenweise ab. Etwa
10 Tage spater entleerte Pat. plötzlich ohne jeden Schmen u.
in vollem Strahle eine sehr bedeutende Menge Urin. Der
Abscess hatte sich geöffnet, und war ungefähr 1 preoss. Quart
Eiter ausgeflossen. Nach 3 Wochen ergab sich, dass bei
jedesmaligem Harnen einige Tropfen Urin aus einer kleinen
Oeffnung der membranösen Theile der Urethra austraten. Die
Mundung des Fistelkanals wurde mit Höllenstein betupft , die
Wunde mit kamphorirter fianmwoli^ verbunden , worauf sie
sich nach 14 Tagen schloss. Es blieb gleichwohl tm kleine
y. Gynlkdagie ■• PMiatrik.
189
AuebfrilkiDg in dem Mittelfleisclie iiiriick, die naeh 1 Woche
abermals abscedirte, sieb öffnete, hiernach aber unmittelbar
ond danemd verheilte. Die Entstehung der Fistel muss , da
keine Strictur forhanden war, aus einer Verschwamng erkifirt
werden, welche durch die bei dem langwierigen Blasenkatarrb
erzeugte Dysurie verursacht worden war. (Hacker.)
V. Gplkologie nnd Pftdiatrik.
von E d w. R i g b y.
156. D jsmononhOe ;
(Times. Oct. 1851.)
Die Dysmenorrhöe ist entweder eine meehani-
. sehe, oder eine funclionelle. Zu der ersteren gebo-
ren die Fülle , wo die kalamenielle Seeretion zwar in
natflrlicher Weise stattfindet, wo aber wegen Enge
oder Undurebgangigkeit des Maltermundes , oder des
Cervicalkanales das abgesonderte Blut nur schwer,
oder gar nieht einen Weg nach aussen findet. Der
Haaptcharakter dieser Art von Dysmenorrhöe ist daher
Schmerz, der dem Ausflüsse vorangeht ; derselbe tritt
bei manchen Frauen nur wenige Stunden, bei andern
Tage , ja wohl eine Woche lang vor' dem Erscheinen
der Katamenien ein, was von dem rascheren . oder
langsameren Zustandekommen der Menstruation und
von der mehr oder weniger bedeutenden Behinderung
des Ausfliessens abblogt. In milden Fallen reicht
ein gemässigter Grad von Ausdehnung hin , um dem
angehäuften Blute einen Ausweg zu gestatten, worauf
eine vollständige Erleichterung der Patientin eintritt;
wo jedoch die Verscbliess.ung des Gebarmutterausgan-
ges eine hartnackigere ist, da häuft sich das Blut in
der Ulerushöhle immer mehr u. mehr an, die Schmer-
zen steigern sich und es tritt ein Zustand ein, wie
bei Abortus oder zeitiger Frühgeburt, bis endlich
naeh langen Kämpfen der Durchbruch erfolgt. Je
enger der Gervicalkanal ist und je schwieriger die
Entleerung des Uterus erfolgt, um desto mehr wird
dieser sich allmalig vergrö&sern, indem nie eine voll-
ständige Entleerung stattfindet, sondern von einer
Menstruation zur andern etwas Blut zurückbleibt,
wovon die wässerigen Theile zwar allmalig resorbirt
werden, die consistenteren dagegen zurückbleiben.
In solchen Fallen wird eine durch den Muttermund
eingeführte Sonde mit missfarbigem Blute bedeckt er-
scheinen , diess Sondiren selbst aber der Kr. meist
Erleichterung verschaffen, indem ihm ein mehrtägiger
Ausfliiss dicken Blutes zu folgen pflegt.
Die unmittelbare Folge der erwähnten Dysmenor-
rhöe ist Störung der Chylopo^se ; die Zunge erscheint
trocken, rauh belegt, Nagen, Leber und D:irmkanal
werden derangirt , es entstehen Hnmorrlioidalconge-
stionen. Der die Ovarien zur Zeit der Menstruation
betreffende Gongestionszustand nähert sich mehr und
mehr dem entzündlichen u. es kommen daher Schmerz,
Spannung u. s. w. in der Leistengegend zum Vor-
schein, bis nach und nach eine chronische Eierstocks-
entzündung Platz ergreift.
Es ist nicht zu biftweifeln, dass die hier bespro-
chene Dysmenorrhöe oftmals ihren Grund in angebor-
ner Engigkeit des Gerviealkanals hat, und in diesem
Falle besteht sie vom ersten Eintritte der Menstrua-
tion an. Bei andern Individuen kommt sie erst zum
Vorschein, nachdem die Menses schon mehrere Jahre
im Gange aind, oder wohl auch erst nach der Verhei-
rathung ; im ersteren Falle kann Retro- oder Ante-
version des Uterus dem Uebel zu Grunde liegen , im
letzteren mag es seinen Grund in Anschwellung der
den Gervicalkanal auskleidenden Membran haben.
Die Behandlung der in Rede stehenden Dysmenor-
rhöe besteht, nächst Bezugnahme auf das Allgemein-
befinden , in Erweiterung des Muttermundes u. Cer-
vicalkanales, welches nach Vfs. Versicherung leicht
und sicher durch das von ihm eingeführte Dilatations-
inslrument erreicht wird. Nach dem Gebrauche die-
ses Instruments erfolgt der sofortige Ausfluss nicht
nur des gerade jetzt sich aussondernden Menslrual-
blutes, sondern auch der von früher her noch im
Uterus befindlichen Reste. Bei manchen Individuen
genügt eine einmalige Dilatation, bei andern dagegen
ist schon nach 24 Std. der Muttermund wieder ge-
schlossen. Eine anhaltendere Ausdehnung des Ger-
viealkanals wird durch Pressschwamm erzielt; am
sweckmassigitten möchte es wohl sein, dem Schwämme
durch das Instrument erst einen Weg zu bahnen, und
dann erst diesen einzulegen. Da, wo die angegebe-
nen Mittel fehlschlagen , muss mau zum Blesser seine
Zuflucht nehmen , und vom innern zum äussern Mut-
termunde einen Einschnitt machen , in welchen man,
zur Verhütung der Verwachsung ein Mclall-Bougie
einlegt. — Den Schluss des Aufsatzes bildet eine
Krankengeschichte. (S i c k e 1.)
157. Amenorrhoe, gefolgt ?on eigenthftm-
lichen Enckeiniingen ; von o. l e c o n t e. (L'Union
123. 1851.)
Ein 20jähr. Mädchen von kräftiger Constitution, niemals
nienstruirt, litt seit etwa 7 Jahren allvicrwöcbentlich an
Athembeklemmuog und Blutandrang nach dem Gesicht, wel-
ches jedesmal fast blauroth wurde; gleichzeitig empfand sie
ein Ziehen im rechten Schenkel , ohne dass an diesem eine
Veränderung bemerkbar war. Dieser Zustand dauerte in der
Regel 8 Tage, worauf wieder volles Wohlbefinden eintrat.
Seit etwa 3 Mon. hatten sich die erwähnten Zufälle vei*schlim-
mert, und auch in den Zwischenzeiten fühlte sich die Kranke
nicht mehr wohl , indem der Leib gespannt und schmerzhaft
wurde, und der Appetit sich verlor. Seil 5 bis 6 Tagen wa-
ren die Urinentleerungen scliuierzhaft und erschwert. Als Vf.
die Kr. sah, war ihr Gesichtsausdruck ein sehr leidender, das
Gesicht blauroth, der Unterleib aufgetrieben, hart, sehr em-
pfindlich gegen Berührung, die untern Extremitäten an den
Leib heraufgezogen, die geringste Bewegung schmerzhaft. Da-
bei war die Bespiration beschleunigt, der Puls voll, regelmäs-
sig und 80mal in der Minute schlagend; Urin wurde seit dem
vorhergehenden Tage nicht gelassen, wo das Uriniren sehr
schmerzhaft gewesen war. Ord. : 25 Blutegel an den Leib,
2 2atändige Bader. Abends wird etwas Urin gelassen ; aber-
m
V. «r&ftelbgf« *. n&tnix
Hkti]» 90 Blateg«] und Bftlher. IMi dk Biissenrtig^ attt flndern
Morgen «ine kaum beimiriLbare war , so ward Blut aus einer
Anilf ene gelassen ; gegen Abend' wurde durch den Katbeter
eine grosse Menge trüben, stinkenden Harns entleert. Unter
dem Gebraucbe der BSder und der taglichen Application des
Katheters vergingen ungelahr 8 Tage , als sich der Einführung
des letztgenannten Instrumentes ein unuberstefgliehes Hintier-
niss entgegenstellte ; am Abend desselben Tages wurde von
der Kr. unter unsäglichen Schmerzen eine Art Kugel aus der
Harnröhre gezogen, welcher eine enorme Menge Harn folgte.
Aebnliche Klumpen gingen, stets unfer heftigen Schmerzen u.
• nur mit Nachhülfe der Finger auch an den nächsten Tagen
ab. Bei genauer Untersuchung ergab es sich , dhss diese
KHuDpen ans zutrammtmgeballten Hambraiien bMtarnden, ähn-
lich der Haut der Blasen , die dnrcb Vesicatore erzeugt wer-
den. Im Urin fanden sich stets grössere u. kleinere Flocken
derselben Substanz. Nach einigen Tagen erbrach die Kranke
eine nfcht unbediiutende Menge hellrothes BTut, theils flüssi-
ges, theils geronnenes ; gleichzeitig traten Fieberbewegungen
ein. Wiederum nach Verlauf einiger Tage erfolgte das Aus-
stossen eines ungewöhnlich grossen Klumpen zusammenge-
ballter Membranen , diessmal aber nicht aus ddr Harnröhre,
sondern aus der Seheide; bebufs der Entfernung dieses Klum-
pen war eine Zerstörung des vorbandeneu Hymen nöthig. Die
bei dieser Gelegenheit angestellte Untersuchung zeigte den
Muttermund etwas eröffnet, den Stand, so wie die Grösse der
Gebärmutter aber normal. Nachdem in der nächsten Zeit
noch mehrere ähnliche Stucke durch die Vagina entleert wor-
den waren, fühlte die Kranke eine auffallende Besserung, die
noch zunahm , nachdem durch mehrmaliges Erbrechen eben-
falls Membranen entleert worden waren. Dfe Ausstossung zu-
sammengerollter, oder in Klumpen oder Kugeln zusammenge-
ballter Membranen wiederholte sich in geringerem oder reich-
licherem Grade Monate lang durch Mund, Harnröhre, Scheide,
später auch durch den Mastdarm ; auch kehrte das Blutbrecben
einige Mate wieder. Allmäiig nahmen die früher weissen oder
gelblichen Membranen eine rothe , von BiuCbeimischung her^
rfibrende Färbung an, und ihre Entleerung erfolgte zwar nicht
ausschliesslich; aber vorzugsweise aus dem Uterus. Hiermit
schien sich eine Annäherung an den normalen Menstruations-
hergang voRubereiten, und nachdem die Kranke ein Jahr spä-
ter noch einmal einen heftigen Anfall von denselben Erscheinun-
gen wje früher gehabt hatte, beschränkte sich die ganze Krank-
heit auf eine allzweimonatlich wiederkehrende Dysurie, die^
durch Aderlass, Sitzbäder und Katheterisiren stets bald geho-
ben wurde. — M i a I h e , der die Membranen untersuchte, fand,
dass dieselben nur aus Albumin bestanden. (S i c k e I.)
158. Blutungen ans dem Gaumen nach nn-
terdrtckter lenstrnation ; von d u n i a p. (New-
York Journ. May 1850.)
Ein 22jähr. , dem äussern Ansehen nach leberkrankes
Mädchen litt schon seit mehreren Jahren an Menstruations-
Anoraalien und Schmerzen im rechten Itypochondriuin ; vor
etwa 7s Jahre wurde sie völlig ikterisch und die Menstruation
blieb aus. 6 Wochen später erlitt sie , nach vorhergegange-
nen Schmerzen in den Hüften, einen 5 Tage lang anhaltenden,
reichlichen Blutverlust aus dem Munde ; dieser Zufall trat von
jener Zeit an alter 4 Wochen wieder ein, und die Blutung war
durch kein Mittel zu stillen. Als Vf. die Kranke zuerst während
einer solchen Blutung sah, überzeugte er sich , dass das Blut
ans dem Gaumen unmittelbar hinter den Zähnen hervortropfte;
alle Mittel blieben erfolgtos und die Blutung horte, wie fniber,
am 6. Tage von selbst auf. Auf Anrathen eines andern Arz-
tes liess sich Fat. , als nach 4 Wochen die Blutung aus dem
Munde sich von Neuem einstellte , einige Schröpfköpfe an die
Lebergegend ansetzen , worauf das Bluten aus dem Gaumen
sofort aufhörte ; die durch die Schröpfköpfe verursachte Blu-
tung konnte durch kein Mittel gestillt werden, u. die Kranke
starb an Verblutung. Bei der Section fanden sich die Eier-
stöcke sehr vergrössert und die Gallenblase enthielt 7 basel-
nussgrosse Gallensteine ; alle andern Bauch - und Brust-
eingeweide waren von normaler Beschaffenheit.
(Sickel.)
159. iBtftriimr eine^ SbMMeli Heritoeki*
geschtFUUe durch aen VattcüschnStt; voi^ Van
Buren. (Ibidem March.)
Vf. erzählt einen interessanten, ein 21jäbr. Mädchen be-
treffenden Fall, welches nie menstruirt war. Vor 5J. bemerkte sie
zuerst eine kleine , harte , bewegliche Geschwulst in der lin-
ken Seite des Unterleibes, die, ohne dass ihr Allgemeinbefin-
den litt , nach und nach die Grösse eines Manneskojifes er-
reichte. Das Hervortreten eiAes harten- lfdrp6rs aus den äus-
sern Geachlechtstheilen bewog sie , bei Vf. ärAlicfaiäd R)ith zu
suchen. Dieser fand die erwähnte Geschwulst im Unterleibe
gleichmässig hart, rund und frei beweglicfi; zwischen den
Schamlippen war die Scheide und die Gebämmter In einer
Länge von 4" hervorgetreten; eine in dea, rat nntersiea
Ende des Vorfalles befindlichen, Muttermund eiogeffihrCe Soade
liess sich 5^4 " in die Höbe schieben. Mehrere zu Bathe ge-
zogene Aerzt'e bestätigten Vfs. Diagnose , fibröse Geschwulst
des linken Eierstocks, und wuren mit ihm darüber einverstan-
den, das kranke Organ mittela deif Messers zn entferoen. Es
wurde deshalb ein 10" langer Schnitt durch die Bauchdecken
gefuhrt, das Perilonäum vorsichtig aespalten u. alle blutende
Gefässe sorgfaltig unterbunden. v\e Geschwulst War in der
Ausdehnung einer Handfläehe mit dem Netze verwaclrsen,
übrigens ganz frei ; mit grösiter Soi^gfaH wurde die Verwach-
sung getrennt und einige stark blutende Gefässe unterbunden,
die Durchschneidung des Stieles bot keine besondere Schwie-
rigkeiten. Die Wunde ward hierauf mittels 7 Karlsbader In-
sektennadeln und Heftpflasterstreifen geschlossen und die Kr.
ins Bett gebracht ; die Operation war unter dem Einflüsse des
Chloroform ausgeführt und die Kranke 1 Stunde und 15 Min.
lang.bcwusstlos erhalten worden. Während der ersten Tage
nach der Operation waren täglich zu wiederholten Malen starke
Gaben Morphium, Y^ — 1 Gr. , gegeben worden; es traten
keine bedenklichen Erseheinungen ein und die Operirte gienas
vollständig.
Vf. legt grossen Werth auf das Opium als aYili-
phTogistisches Bfittel, jedoch moss man es in grossen
Gaben reichen . denn kleine regen das Nervensystem
auf; es verhütet, in solcher Weise gegebeih, den
Ausbruch der Entzündung, ebenso wie Chloroform
die naChlhcilige ErschOtlerung einer Operation auf
das Nervensystem hindert. Bei Anwendung des Opium
irt grossen Gaben ist besondere Aufmerksamkeit auf
(fas Verhaften der Pupillen , auf die Respiration und
voi'züglich darauf zu richten , dass (fer Schmerz nie-
dergehalten wird. (Sickel.)
160. Corrodireades Cresohwir am Steru y
vQRFordyceBarker. (Ibidem. May.)
Nach Mitlheilung eines wenig interessanten Krank-
heitsfalles spricht Vf. sich dahin aus, dass corrodi-
rende GeschwOre am Cervicaltheile des Uterus und
Krebsgeschwttre wesentlich verschiedene Krankheiien
sind, und nicht, wie Viele wollen, für ganz gleich
gehalten werden dürfen. Beide Krankheiten pflegen
zwar in demselben Lebensalter aufzutreten, beide ^e-
ben Veranlassung zu reissenden Schmerzen in den
Hypogastrien und der Lendengegend , beide verursa-
chen zuweilen Urin- und Sluhlbescbwerden , beide
sind oft von flämorrhagien und übelriechenden Aus-
flössen begleitet, beide verursachen grosse Erschö-
pfung und Abmagerung , und endigen tOdtlich ; aber
beim Krebs erfolgt zuerst eine k'rankbafke Ablagerung,
aus der sich das Geschwtlr bildet , wXhrend die an-
denr Gesefawure ohne vorhergehende Abii|^rnngen
,V. .Pp#o]iwiii.9.?<tf»ti#.
m
MlslelitD» -M tivA$ ist 4er tioien Aen Ge^clvwdi« a.
die G^bJjmii^tAr unbeweglicb , wfiW die .Beckeolt^li^
flitrch «aderweiie krebsige AbUgeiungen ernuii isi [?J,
wjthreod die .ctorcodirenden Geschwüre aur Ertlich«
Ränder iiabqo und d^r U^rus f^isi leichter beweglich
ist als im natürlichen Zustande, da mit fortschreiten-
der Krankheit die Becken hOble grösser wind [?]. Die
beste Behandlung der in Rede stehenden Geschwüre
besteht in tiefem -Kauterisiren , womil eine angemes-
sene allgemeine Kurmclhode Hand in Hand gehen
rnnss. (Sickel.)
1^. IifakiiBg«D Aber ,(UibftiiiiAt^qi9ljr-
fM; VQP Hurtin.i in (Ub^r^ich. (W^rlQfnb.. Uorjr.-
Bl. 37 Q. a«. 18510
Gesttttxt auf 15 eigene Beobachtungen unterschei-
det Vf. blutarme und geHlssreiche Polypen. Erslere
sind von biassrother Farbe, auf der Oberfläche glatt,
und stellen im Innern eine gleichförmige 2(tl)e Masse
dar, mit festerem GefUge am Stiele unil weicherem
am Körper. Sie bluten nur bei Berührung, u. auch
dann hlos unbedeutend. Vf. beobachtete nur 2 blut-
arme Polypen, von denen der eine am Rande des
Muttermundes , der andere im Multerhalse wurzelte ;
beide hatten dünne, kaum rabenfederkieldicke Stiele.
Sie wurden durch Unterbindung beseitigt, welche Vf.
weit lieber mit Hülfe der blossen Finger , als durch
Instrumente irgend welcher Art ausführt. Uebrigens
wurde er durchaus kein Bedenken tragen , blutarme
Polypen durch Abdrehen oder Abschneiden mit einer
einfachen, auf das Blatt gebogenen Scheere, lu besei-
tigen. Ausserhalb der ilühle des Uterus wurzelnde
Polypen werden wohl ohjie Ausnahme zu den blutar-
men gehören ; bei sehr alten Frauen konnten blut-
arme Polypen wohl auch in der UOhle des Uterus vor-
kcnnnien , vielleicht auch bei noch nicht menstrutrten
-Midcben.
Bie Schleimhaut der Gebirmuller uplerscheidet
sich von andern SchleimbStuten wesentlich, da durch,
daas sie wahrend der Geschlechtsreife Blut ai^sondert.
Wahrend der BlttthenJAhre kommep auf ihr Polypen
vor, wie man sie nirgends anders wiederfindet, die
ohne Zweifel in einem ursäcJüichen Verhaltnisse «ur
Meostniation stehen» im Grunde der Gebärmutter
wuneltt, und kurxweg Bluthautpolypen genannt wer-
den können. Die wenigsten dieser Polypen beatan-
den aus lesiieiii Blotcoagulum und ZelLen bildenden,
fanerstofBgen Häuten , in denen sich einzebe Bluige-
-Aute venweigten. Die meisten hatten eine einer
compacten» blutarmen PlacenU Ubnlicbe geßissreicUe
Organisation, die von .verschieden dicken Streifen u.
^f^ptJMi geroqnenen Faserstoffs durchzogen war. ihre
Farbe war donkelroth , die Oberfläche ihres Kürpers
meistens glatt, während am freien Ende Flocken,
JLerbeo und tiefe £iiuchiutte zu unterscheiden waren.
Alle waaea mehr oder weniger brücbigi mit den Fin-
gern XU zesdracken, von Gestalt eifOrmjg, einige fast
rnsd, u. passen mit .kurzen 1 — 2 fingerbreiten Slie-
kn im Gninde der GebäroMitl^r auf. An dep abge-
clMUwAfllypeA.fMHtetm^nileiolH 4ie SMe, .^us, wel-
cher dfMT iMzU AlutverlMst eotapna^g, aie h^t grqasje
AehnUcbkeit Jiüt einem abgestorbenen Blutschw^mw.
Wahrscheinlich s^)d die tiefern Einrisse , die man ap
den grossem Poljipen wahi;nimmt, nichts anderes,
als die l^^rben von früher abgestorbenen Piurtien der-
selben. Diese Polypen sind keine Degeneraliqo der
Gebärmultersubstanz; wie die Fibroide, sondern wirk-
liche Afterorgane, eigentliche Schmarotzerpflanzen,
die nur hier auf der blutabsondernden innern flache
des Uterus vorkommen.
Die gedrungene, mehr mode Form dieser Gebän-
muitnrpolypen erklärt sich leicht aus .der Gestalt mnt
•Grosse der Uterushoble u. der Wirkung aeiner Wan-
dungen. Die Polypen mOsaen sich ihren Raum gleieh-
sam erobern und können deswegen in .der Gebarmui-
terhOhle nie einen langen Stiel entwickeln, treten sie
aber aus der Ilühle iles Uterus heraus , so werden sie
von dem sich zusammenziehenden Muttermunde ange-
griffen und bluten so stark, dass die Frau eher daran
stirbt, als dass die Polypen Zeit hätten, in die Lange
zu wachsen, wozu ihre Organisation überhaupt nicht
geeignet ist.
Vf. halte nicht Gelegenheit, den ersten Anfang
des Uebels zu beobachten ; der Polyp cqllidirte ent-
weder mit Schwangerschaft, oder erreichte im unge-
schwangerlen Zustande einen gewissen Grqd der Reife
und Grosse, dass einzelne Theile desselben abstarben
und durch langdauernde oder profuse Hlutung dem
Leben Gefahr brachten. Die Polypen scheinen keine
gePdlirlichen Zufalle zu erregen, ehe sie nicht einige
Grosse erreicht hab^n, dUrtien aber, ihj;em Bau zu-
folge, schnell wachsen, und zwar besonders schnell
wahrend der Schwangerschaft. So lange ein Polyp
in seiner Entwicklung ist, scheint er der Empf^ngniss
keinen Eintrag zu thun ; hat er aber eine gewisse
Grosse erreicht und wiederholt geblutet, so kann das
Ei nicht wohl haften, und geht, wenn auch Eropfang-
niss stattfand, klein ab. Ein gefässreicher Polyp
stirbt, wenn er eine gewisse GrOsse erreicht hat, zum
Theil ab ; die dadurch veranlasste Blutung macht den
ganzen Polypen abschwellen , und es kann eine län-
gere oder kürzere Zeit der Ruhe eintreten. Ist d^r
Verlust eiDigern^aassen ersetzt, so tritt ein neuer BluA-
fluas auf. Wo der Polyp pehen einer Schwangen-
sehaft vorkommt , macht der Uterus nach der Geburt
des reifen oder halbreifen Eies Anstrengungen , si«h
auch des ersteren zu entledigen. LeicJit werden diese
Bestrebungen fUr Nachwehen gehalten , bis die häu-
figen Blutverluste, die allen gewöhnlichen Mitteln
trotzen, eine genaue Untersuchung veranlassen , mit
der man den Polypen und die Ursache des Blutfluaaes
entdeckt. Oft werden in solchen Fallen die Polypen
für Degenerationen der Nachgeburt, oder fflr Fleisch-
und 31utmplen gebalten, von denen sie sicli durch
ihren einzigen gestielten Apaatzpunkt unterscheiden«
Die Meinung, dass Gebärmutierpolypen mit zu-
nehmendem Wachsthume aus dem Muttermunde her-
vortreteq, ist nicht richtig. Es ist wohl nie ein Po-
192
V. Gynäkologie n. Pftdiatrüu
lyp ?on mehr als 5 PM. Schwere beobachtet worden ;
die Gebärmutter kann aber nicht nur in der norma-
len , sondern aucji in der Noienschwangerschaft und
andern Krantiheiten von ihrem Inhalte viel weiter
ausgedehnt werden und denselben viele Jahre lang
beherbergen.
Mit der Entfernung des Polypen stand der ßlut-
fluss jedesmal vollständig, und machte einem nur we-
nige Tage dauernden lochienartigen Ausflusse Platz.
Die Wiederkehr eines Bluthautpolypen hat Vf. bisher
nie beobachtet; es hsst sich diets wohl aas dem
grossen Blutverluste , der jederceit mit dem Abgange
dieser Polypen verbunden ist, und der auf lange Zeit
jeden Reiz- oder Gongestionszustand hebt, erkllren.
Die Veränderungen, welche die GebXrmutter durch
die Gegenwart eines Polypen erleidet , bestehen zu-
nächst in VergrOsserung ihres Volumen , tieferem
Stande und, wenn ßlutflUsse vorausgegangen sind,
in Offensein des Muttermundes. Die Vaginalportion
erscheint bald verlängert, bald im ganzen Umfange dan-
ner, wie verstrichen , in der Mehrzahl der Falle »bor
verkürzt, theilweise oder ganz angeschwollen, gegen
Berührung nicht empfindlich. Liegen auch Theile
des Polypen im Muttermunde, so kann man doch,
wenn der Uterus tief genug steht, mit einem oder
mehrern Fingern neben ihnen bis zur Wurzel gelan-
gen. Selten fand Vf. die GchärmuKer in der Bcckcn-
achse, entweder mehr nnch vorn oder nnch hinten
geneigt. Die meisten in den IlandhUchern verzeich-
neten Zufälle und Erscheinungen haben weder einen
diagnostischen, noch pathognomonischen Werth. So
lange ein Polyp nicht blutet , kann er bei sensibcin
Frauen zwar verschiedene Störungen machen, aus
denen allein aber der beste Diagnostiker nicht klug
werden wird. Wenn er einmal heftig blutet, oder
durch langdauernde, öfters wiederkehrende Blutflüsse
Gefahr bringt, so wird die Untersuchung mittels der
Finger Aufschluss geben. Das Speculum ist hier von
ganz untergeordnetem Werthe.
Als Ursachen der Gebärmutterpolypen giebt man
gewöhnlich Verletzungen oder Misshandlungen bei
künstlichen Geburten an ; am Muttermund und Mutter-
hals kommen deren nicht selten vor , dort sitzt aber
nur die Minderzahl der Polypen , wahrend die Mehr-
zahl derselben im Grunde der Gebarmutter vorkommt,
wohin , die Ablösung einer verwachsenen Nachgeburt
abgerechnet , nicht wohl eine äussere Gewallthatig-
keit reicht. Den 13 vom Vf. beobachteten Blulhaut-
polypen war keine Nachgeburtslösung vorangegangen.
Er erklart die Entstehungsweise so : es giebt Frauen,
von denen bei jeder Menstruation Streifen und ganze
Fetzen mit Hauten abgehen, die mit dem geronneneu
FaserstolTc auf dem Blute Entzündungskranker oder
mit den Ausschwitzungen , welche in serösen Höhlen
die Organe unter sich und mit den gegenüberliegen-
den Wandungen verwachsen machen, die grösste
Aehnlichkeit haben. Wenn ein solches hautiges Con-
crement an dem Boden, von dem es ausgeschieden
wurde, hängen bleibt und sich Geisse in dasselbe
fortsetzen , so ist damit der erste Anfang sa einen
Polypen gegeben, der sich in einem Organe, das von
der Natur zu Neubildungen vorcugsweise bestimmt ist,
leicht weiter ausbilden kann. Dass alle Polypen auf
diese Art entstehen, will Vf. nicht behaupten.
Die Operation ist je nach dem hohem oder tiefem
Stande der Gebärmutter, nach der Weile der Geburts-
wege und dem Grade der Spannung der Faser leich-
ter oder schwieriger auszuführen. Am leichtesten
war die Entfernung, je bälder sie nach der Geburt
eines ausgetragenen Kindes bewerkstelligt werden
konnte ; in solchen Fällen drang Vf. mit der ganzen
Hand ein und löste den Polypen mit den Fingern, wie
man es bei einer angewachsenen Placenta macht.
War der Muttermund schon enger zusammengezogen,
so ging er nur mit 2 Fingern ein , während er mit
der andern Hand die Gebärmutter durch Druck von
oben fixirle u. den operirenden Fingern näher brachte;
auf dieselbe Weise verfuhr er bei Polypen , die sich
nach Geburten im 3. oder 4. Monate vorfanden. . Viel
schwieriger ist die Operation da , wo keine Goncep-
tion stattgefunden halte; hier halt es oft sehr schwer,
auch nur einen Finger in den MuUermund einzubrin-
gen, die Gebärmutter von aussen zu fixiren, und be-
sonders bis zur Insertionsstelle des Polypen zu gelan-
gen. In solchen Fällen wendete Vf. bei beträchtli-
chen Blutungen den Tampon an ; das im Ulerus da-
durcli zurttckgehallene Blut verursachte nach u. nach
Contractionen, die den Körper des Polypen unter we-
henartigen Schmerzen in den Muttermund trieben u.
diesen dadurch erweiterten , worauf die Lostrcnnung
des Polypen an seiner Insertionsstelle mittels zweier
Finger gelang. Eine Nachblutung fand niemals Statt.
Einspritzungen als Nachkur hält Vf. mindestens für
unnöthig.
Da, wo es nicht gelang, das obige Verfahren so-
gleich auszuführen , wandte Vf. mit grossem Nutzen
2ma] das saure salzsanre Gold ; schnell bis zu 1 Gr.
täglich steigend , an. Die Anwendung von Zangen,
um bei hohem Stande der Gebärmutter den Polypen
an seiner Wurzel zu fassen , ist mit nicht geringen
Schwierigkeiten verbunden; einestheils würde das
Metall den Muttermund zu Zusammenziehungen reizen,
anderntheils könnte es leicht geschehen, dass ein
Theil des Stieles zurückbliebe und gefahrdrohende
Blutungen veranlasste; die Anwendung der Zangen
ist daher nur bei am Muttermunde wurzelnden Poly-
pen zulässig. Für diejenigen Fälle , wo die Gebär-
mutter zu hoch steht und der Mntteraiund filr einen
Finger zu eng ist, empfiehlt Vf. eine 1 * lange, feder-
spuhldicke, gerade Sonde, deren oberes Ende löf-
felDörmig in die Breite gedehnt und zugleich in einem
Winkel von 45^ gebogen ist ; die Fläche des LOffels
ist über y^'" dick , und die Bänder sind sorgfliltig
abgerundet. Diese Sonde wird auf dem Finger ein-
geführt, zwischen dem Polypen und der Gebärmutter-
wand in die Höhe geleitet , die Spitze sondirend an
die Insertionsstelle geftlhrt und der Stiel des Afleror-
gans vorsichtig am Boden abgedrückt. Sollte sieh
V. Gynäkologie u, PädiatrUu
193
der Polyp nach seiner Ablösung nieht sogleich entfer-
nen lassen, so wird ein Tampon eingelegt, um durch
das sich hinter demselben ansammelnde Blut Gon-
tracUonen des Uterus zu erregen.
(Sickel.)
162. Ueber Intraiterinpolypen ; von c r e d «.
(Deutsche Klin. 43. 1851.)
Vf. erklart sich gegen den von Simpson ge-
machten Vorschlag, bei Verdacht auf Intrauterinpo-
lypen den MuUermund, behufs einer genauem Unter-
suchung, durch Pressschwamm zu erweitern; er
findet dicss unnOthig, indem wahrend und kurz nach
der Menstruation , so wie bei bedeutendem Metror-
rhagien, der Mutlerhals so nachgiebig zu sein pflegt,
dass er das Eindringen des Fingers in seinen Kanal
gesUtlet. Vf. erzählt einen Fall, in welchem ihm
sein Verfahren vollständig gelang, genauer, u. fügt
dann noch eine Beobachtung ttber kleine, auf der
Schleimhaut des Mutterhalskanals wuchernde Intrau-
terinpolypen bei. (Sickel.)
163. Zange nr Beseitigung von Gebimint-
teipoljpen; von O^Grady. (Dubl. Press. Aug.
1851.)
Das Instrument , von dem eine Abbildung beige-
druckt ist, hat den doppelten Zweck, den Polypen
gleichzeitig durch Druck und durch Gauterisation zu
zerstören; es ist 10" lag, scheerenA^rmig , jede
Branche misst vom Schlosse aus bis zur Spitze 57^"
[hiermit stimmt die Abbildung nicht ttberein, nach
welcher der unterhalb des Schlosses befindliche Thoil
jeder Branche kaum halb so lang ist, als der obere].
Jede Branche endet an der Spitze in einen etwa
i/j" langen , halb röhrenförmigen Behälter zur Auf-
nahme des Causticum, welches letztere, wenn das
Instrument geschlossen ist, sicher durch die Scheide
und den Hutlermund hindurcbgeführt werden kann.
Wenn nun das Instrument geöffnet wird, um den Stiel
des Polypen zu fassen, so kommt das Causticum so-
gleich mit diesem in Berührung , und wird es nun
wieder geschlossen, so wird die gefassle Stelle gleich-
zeitig geatzt und comprimirt. Hierauf wird das In-
strument wieder entfernt und eine Einspritzung mit
einer Lösung von kohlens. Kali vorgenommen. Nach
beendeter Operation kann Pat. umhergehen , und bei
seinem nächsten Besuche wird der Operateur den Po-
lypen gelöst finden. 2 Krankengeschichten sollen
den Beweis von der Zweckmassigkeit des Instruments
geben. (Sickel.)
164. lethode, Geblmitter- Polypen n
entfernen; vonGensoul. (Rev. m^d.-chir. Juill.
1851.)
So leicht es im Allgemeinen ist, einen Gebärmut-
terpolypen zu erkennen, wenn er seinen Sitz an den
Muttermundslippen hat , oder wenn er aus dem Mut-
termiinde hervorragt, so schwierig ist es meistens,
etnen solchen mit Sicherheit zu diagnosticiren, wenn
Med. iahrU.Bd. 78. Hfl. 1.
diess nicht der Fall ist. Polypen von mittlerer Grösse,
die am Ulerusgrunde ihren Sitz haben, sind dem Ge-
fahle nur zuganglich , wenn man wahrend der Men-
struation eine Untersuchung vornimmt; deshalb ist
auch die Operation von Intrauterinpolypen zu dieser
Zeit vorzunehmen. Man bringt zu diesem Zwecke
den Zeigefinger der linken Hand an den Polypen u.
führt eine am Ende etwas gekrttmmte, starke Nasen-
polypen - Zange ein , womit man den Polypen zusam-
mendruckt; dann bindet man die Griffe der Zange
fest zusammen und lasst das Instrument, wahrend die
Frau in der Rückenlage verharren muss , liegen , in-
dem man den ausserhalb der Schamtheile befindlichen
Theil durch ein untergelegtes Kissen unterstfltzt. Die
Gegenwart des Instruments verursacht bisweilen
Schmerzen und veranlasst 8 bis 10 Stunden nach
seiner Anlegung einen Fieberanfall; zu dieser Zeit
pflegt die Gebarmutter sich schon so weit geöffnet zu
haben, dass man mit einer gekrümmten Scheere ein-
gehen und den Polypen so nahe als möglich unter-
halb der gefassten Stelle durchschneiden kann. Hier-
auf wird das Instrument wieder entfernt und die Aus-
slossung der gequetschten Theile der Natur überlas-
sen. Wenn das Instrument keine Schmerzen oder
andere unangenehme ZufUlle hervorruft, so kann man
es 2 oder 3 Tage liegen lassen, worauf einige leichte
drehende Bewegungen genügen, um den Polypen zu
entfernen.
Dasselbe Operationsverfabren kann man auch bei
an den Muttermundsiippen sitzenden , oder aus dem
Muttermunde hervorragenden Polypen in Anwendung
bringen ; nach der Entfernung grösserer Polypen ist
es nothwendig, wiederholte Einspritzungen zu machen,
um die sich abstossenden Stücke zu entfernen. Auch
ist es bei grössern Polypen ni^lhig, sich einer der
Geburtszange ahnlichen Zange zu bedienen, die nach
Befinden auch wie jene eingebracht werden kann, indem
ihre Blatter durch ein Schloss sich verbinden lassen.
— Schlüsslich hebt Vf. noch die Vorzüge seines Ver-
fahrens vor der Excision u. der Unterbindung der Po-
lypen hervor. (Sickel.)
165. Ktnstliclie FtShgebnrt; von Thom. w.
Blatchford. (New-York Journ. March 1850.)
Vf. thpilt einen Fall mit, wo er bei einer Frao, die acfaon
2mal mittels der Perforation hatte entbonden werden mrissen,
wegen allgemeiner Beckenenge die künstlicbe Frühgeburt aus-
führte. Er machte im 7. ScbwangerBcbaflsmonate mittels
eines in den Muttermund eingeHihrten männlichen Katheters
und einer Klystirapritze eine einzige Injection ton Theer-Was-
ser. Nach Entfernung des Apparats zeigte sich ein geringer
Abgang einer etwas blutig geiarbten Flüssigkeit, der bis zum
Eintritte der Wehen , am 3. Tage nach der Injection , fort-
dauerte und vom Vf. für den Abfluss des Fruchtwassers gehal-
ten wurde, weshalb dieser keine weitere Einspriuung vor-
nahm. Am Abende des 3. Tages sprang die Blase und es
entleerte sich eine ungewöhnlich grosse Menge von Frucht-
wasser , worauf die Geburt langsam , aber glücklich beendigt
wurde. Das Kind lebte und konnte von der Mutter gestillt
werden. (Sickel.)
166. Ueber ttieilveise Trennung der Pia*
26
194
V. Gyntlkdogie q. PSdiaträL.
cenlä vor der Gcfbnrt; von Thom. Hawkes
Tann er. (Times. Oclbr. 1851.)
Di« Blutungen bei Placenla praevia fiier bei Seiie
lassend» spricht Vf. nur von solchen, die durch Los-
trennung des im KOrper oder iui (irunde der Gebär-
mutier sHzenden Mttlterkuchens entstehen. Die in
einem solchen Falle auftretenden Symptome bestehen
anfangs oft nur in auffallender Schwache der Frauen,
indem eine sogenannte innere Blutung statt hat. Es
kommt dieser Zufall vorzugsweise bei Frauen mit
laxer Constitution vor, die schon oft geboren haben,
und meistens wird die Trennung der Placenta durch
einen Sdireek , einen Fall u. s. w. verursacht , ge-
wöhnlich erst gegen das normale Ende der Schwan-
gerschaft. Die wichtigste Heilanzeige ist in solchen
Fällen die schnelle Beendigung der Geburt. Zu die-
sem Zwecke ist die Zerrcissung der Eihäute vorzu-
nehmen, wodurch nach Abflii.s}« des Fruchtwassers
der Umfang der Gebärmutter verniinderl wird; tlarauf
ist 2U Beförderung der Wehen Mutterkorn %\i reichen
und der Leib zu frottiren. Der Muttermund läsat
sioh, wenn die Blutung stark war, meistens ohne
Ü^he erweitern ; ist diess gesel^ehen, so ist die Wen-
dung und Extraction vorzunehmen , oder , wenn der
Kopf schon tief steht, die Zange anzulegen. Nach
der Gel>urt des Kindes ist die Placenla sogleich zu
entfernen und für gehörige Contraclion des Uterus zu
sorgen. Wohl immer wird die Anwendung von Reiz-
mitteln nöthig sein , und hier steht der Branntwein
oben an. Den Schluss bildet die Erzählung zweier
Krankengeschichten. (S i c k e 1.)
167. nile V(m R«pt«r des Utenis wUirend
der GcfbVtt; von E. R. Feild (Gbarlest. Joum. May
1851), u. von Henry A. Hartl. (New- York Joum.
Nov. 1850.)
F. berichtet einen Fall, wo er zu einer 33jähr. Mulattin
gerufen, die in ihrer 6. Geburt begriffen war, bei der ersten
Untersuchung Becken tfnd Weicbtbeilc von normaler Beschaf-
fedheit , den Muttermund bis zur Grösse cmes halben Dollar
erdffaet, and als vorliegenden Kindestheil den Kopf fand ; die
Wehen waren äusserst heftig. Keine besondern Schwierig-
keiten voraussehend überliess er flen Verlauf der Geburt der
Natur, u. begab sieb zu einer 15 (engl.) Meilen entfernten Kr.,
von wo er erst nach 16 Stunden zurückkehrte. Als er die
Mulattin sogleich wieder besuchte, erfuhr er, dass die Wehen
3 Standen nach seinem Weggange plötzlich aufgehört hatten,
wobei eine beschleunigte Respiration und grosse Dyspnoe ein-
getreten waren , aber weder Erbrechen , noch Ohnmächten,
noch grosse Mattigkeit, noch auch eine Blutung aus der
Scheide sich gezeigt hatte. Bei der jetzt vorgenommenen Un-
tersuchung fand Vf., dass der Uterus höher stand als am Tage
zuvor, und dass durch den Muttermund hindurch kein Kiu-
destheil mehr fühlbar war; dagegen wurde durch die dünnen
Bauchwandungen der Fötus ganz deutlich über -den Scham-
beinen liegend gefühlt. Nach Besprechung mit den DDr.
White und B a 1 1 e versuchte er die Hand in die Gebärmut-
ter einzuführen , und das Kind durch den in der Uteruswan-
dung befindlichen Riss zurückzuziehen ; er fand den letztem
am Fundus und die Placenta in ihm eingeklemmt , die beab-
sichtigte Extraction war nicht ausführbar. Man schritt daher
zum Bauchschnitt, der in einer Ausdehnung von 6" ausge-
führt WQ^de, worauf der frei in der Bauchhöhle liegende, gut
gebildete Knabe, die Nachgeburt , so wie vieles Blutgerinnsel
entfernt und die Wunde durch 5 Hefte geschlossen wurde.
Nach Darreithang einer starken Cabe Opinm brachte die Qpt-
rirte eine ruhige Nacht zu. Den Ausbruch einer Baucbleli-
entzündung befürchtend verordnete man, alle 6 Std. 4 Gr.
Calomel und 1 Gr. Opium zu nehmen und diess fortzusetzen,
bis Spcicheinuss einträte [!]. Wir fibergehen die Erzählung
des weitem Hrankbeitsverlaufes , und bemerken schlüsslich
nur, dass die Pat. , etwa 6 Wochen nach der Operation , als
hergestellt betrachtet wurde.
Hartt theilt einen Fall mit, wo eine Gebarende , der
nur eine unwissende Hebamme beistand , 36 Std. nach dem
Beginne der Geburt plötzlich einen heftigen Schmerz im Leibe
wahrnahm, worauf die Wehen völlig aufhörten. Als Vf. die
Kr. sah , erkannte er sogleich , dass eine Ruptur des Uterus
stattgeftroden hatte, dass das in der Baochhöhle beOndlicbe
Kind abgestor^ien war, die Kr. selbst aber dem Tode sich nahe
befand, der auch nach kurzer Zeit eintrat; die Section be-
stätigte die Richtigkeit der Diagnose.
Derselbe Vf. erzählt noch einen 2. Fall , wo es ihna ge-
lang , bei einer Frau , wo eine Ruptur des Uterus mit Durch-
treten des Kindeskopfes in die Bauchiiöhle staltgefunden halte,
das Kind zu wenden und an den Füssen zu exlrabiren. Die
Frau «berslanxl die Operation , und gebar 48 Monate spater
ohne Kunstböife ein lebendes Kind. Bei einer 3. Geburt be-
merkte die Gebärende, sowohl wie die Umstehenden, 24 Sld.
nach dem Beginne derselben, ein Krachen im Unlerleibc,
worauf alle Wehen aufhörten. Als Vf. am 4. Tage nach Be-
ginn der Geburt (der weilen Entfernung wegen) dazu kam,
überzeugte er sich , dass genau an derselben Stelle , wie bei
der 1. Entbindung, eine Ruptur stattgefunden hatte, dnrch
welche das Kind in die Bauchhöhle getreten war. Obgleich
keine Aussicht auf ein günstiges Resultat vorhanden war, so
gab Vf. dennoch den Bitten der Kreissenden und der Anjfeho-
rigen nach, die Entbindung zu versuchen, und es gelang ihm
auch, das Kind durch den GcbärmuUerriss hindurchzuziehen
und zur Welt zu bringen. 36 Sld. nach der Entbindung starb
<l»eFrau. (Sickel.)
168. Oeber Periitidrisse and deren Be-
handlug mit Serres flies; von Trogher.
(Wien. Ztschr. VII. 9. 1861.)
Aus 16 kurz milgelheilten Fällen zieht Vf. fol-
gende Schlussfolgerungen: 1) Der Anlegung derSer-
res fines kommt nicht immer ein unbedingter Vorzug
vor der blutigen Naht zu. 2) Die Anlegung der Ser-
res Gnes ist nur bei gleichmässigen und leicht zu fas-
senden Wundrändern angezeigt. 3) Bei zackigen
ungleichmässigen Wundrändern ist der blutigen Ver-
einigung durch die Naht der Vorzug zugeben. 4) Von
beiden Vereinigungsmethoden ist nur im Falle eines
sehr massigen Wochenflusses ein günstiger Ausgang
zu hoifen. 5) Es ist unmöglich, die Wundränder
vor der schädlichen Einwirkung des Wochenflusses
zu schützen. 6) Krückenförmige Serres fines sind
in sofern zu verwerfen , als sie eine breitere Stelle
durchdrücken, als die spitzen. Vf. hatte nämlich in
der Absicht, das Durchdrücken der Spitzen der Serres
•fifies flo verhüten, und gteichzeiiigdie Wuftd^änder
in grosserer Augdeimifng aneinander mi brioigto, durah
den Instrumentmacher Rauch Serres fines verfeTtigön
lassen, deren Scheeren nicht in Spitzen, sondern in
Krücken endigten. 7) Weder nach der Vereinigung
mittels Serres fines , noch mittels der blutigen Naht
hat Vf. je fieberhafte Reaction bemerkt.
DigitizedbyGo^^^*^«^-)
169. Gebnrteßlle mit Careinom des Otens
V, Gyi>«|LoWgu3 u. Padiatrik.
195
•niflieirt; veo OhUiaui. (GuysHosp. VII. 2.
1851.)
Vf. theilt einen, eine mit Uteraskrebs behaftete Frau
betreffendeii Fall mit , die er milteis des Kaiserschnitts von
eiBcm wohlgebildeten , lebenden Madchen entband , und die
die Operation glucklich überstand. Als er die Kr. zuersf sah,
befand sie sich im 7. Monate der Schwangerschaft, und es
waren die sichern Zeichen vom Leben des Kindes vorhanden.
Es eotstaod aan zuerst die Frage, ob nach L e e ' a Vorschlage
die küDstliche Frühgebort einzuleiten wäre ; wegen der enor-
men Krcbsablagerungen am Muttermunde wurde es nicht nur
äusserst schwierig gewesen sein, den Eihautstich auszuführen,
soadem es würde diese Operation gewiss auch heftige Blutun-
gen veraQlasst haben. Ueberdem würden die erwähnten
Krebsgebilde die Erweiterung des Muttermundes und den
Durchgang des, wenn auch nur Tmonatlichen, Kindes unmdg-
lieh gtOMcht, oder doch wenigstens das Kindesleben zerstört
habea , abgesehen von den der Mutter erwachsenden Gefah-
ren. Deshalb wartete Vf., während er so viel als möglich die '
Beschwerden der Kr. zu mildern suchte , den Eintritt der Ge-
hort rahig ab, beobachtete, als letztere begann, die Beschaf-
fenheit .des Muttermundes genau, und schritt, als er sich von
der Unmöglichkeit der Geburt auf gewöhnlichem Wege noch-
mals überzeugt und den Herzschlag des Kindes deutlich wahi^
genommen hatte, zum Kaiserschnitt. Unter den Mitteln, de-
ren sich Vf. zu Erleichterung der Kr. vor der iNiederkunfl be-
diente, ist besonders das Chloroform zu nennen , durch wel-
ches die heftigsten Schmerzen am sichersten zum Schweigen
gebracht wurden. Die Operation selbst ward in der gewöhn-
lichen Weise ausgeführt, nur wurde die Oeffnung in dem Ute-
rus verfaättnissmässig sehr klein gemacht.
Ein 2. Fall betrifTl eine 36jähr. Frau , die trotz bedeu-
tender Krebswuchernngen am Cervix uteri dennoch schwanger
geworden war. Auch hier fand Vf. die künstliche Frühgeburt
nicht angezeigt, sondern entscbloss sich, in Uebereinstim-
mung mit Dr. Carr, den Beginn der Geburt ruhig abzuwar-
ten. Als dieser eintrat, war der Herzschlag des Kindes nicht
vemehinbar, uüd es waren auch von der Frau die früher leb-
haften Kindesbewegungen seit roehrern Tagen nicht mehr wahr-
genommen worden. Unter diesen Verhältnissen , und weil
die Kr. äusserst erschöpft war, konnte man sich nicht zum
Kaiserschnitt entscbliessen, sondern bofTte , dass die weichen
Theile des wahrscheinlich schon längere Zeit abgestorbenen
Fötus durch den engen Cervicaltheil hindurchgepresst werden
würden. Die Frau starb während der Geburl ; die Kindes-
theile waren , wie man Vorausgesetzt hatte , zum Theil durch
den verengten Muttermund hindurchgedrungen.
Einige andere hier nur kurz erwähnte Fälle sind schon
im Und. Journ. March 18tt1 (s. Jahrbb. LXX. 211) vom Vf.
verÄffeatlicht worden. (S i c k e I.)
170. Ueber das Binden des Unterleibes nacb
der Cfeblirt3 von Resteven. (Lond. Gaz. Sopt.
1851.)
Das BiDd«n des Unterleibes sogleich nach der Ge-
burl ist zwar eine in England ganz allgemein verbrei-
tele Sille , ist jedoch nicht nur ganz unnütliig , son-
dern in manchen FnUen sogar schädlich. Die ver-
meintlichen Vorlheile, welche es gewähren soll, sind :
1) die Gontractionen der Gebärmutter zu hefiirdern ; 2)
die Naabwehen zu massigen ; 3) Hümorrliagien vorzu-
beugen ; dieses wird durch das Binden des Unterleibes
nieht nur nicht erreicht, sondern es wird durch die ange-
braehien Bandagen der Arzt gebindert, die Form der
Gebärmatter genau im Auge zu behalten, u. etwa ein-
tretenden Blulungen gleich im Entstehen wirksam zu
begegnen ; 4) Ohnmächten zu vermeiden ; und 5) die
EatbundeiMD gegen die etwaigen Folgen der durch
die Geburt enlsiandenen Verüadertmgeii im BlulJkreis-
laufe zu bewahren , also gegen Unüiätigkeit des Ute-
rus u, s. w. Wer Gelegenheit hat, die Geburten in
den Enlbiodungsanstallen zu beobachten, wo keine
Leibbinden angelegt werden , wird sich überzeugen,
dass diese Bandagen nicht den geringsten Eijifluss
hinsichtlich der aufgefahrten Punkte ausüben. Wirk-
liche Vortheile , welche das Binden des Leibes nacb
der Geburt bringt, sind: 1) es unterstüizt die Baucb-
wandungen , wenn die Binden fest genug liegeq ; 2)
es gewahrt der Entbundenen eine Beruhigung hin-
sichtlich der vorher erw^Aten eingebildeten Yorlheile«
und iKsst sie hoifen , dass ihre Figur eine gute- blei-
ben werde. Dagegen pflegt ea die IHacbwehen zu
verstarken, Veranlassung zu unregel massigen Gon-
tractionen des Uterus zu geben, kann Lageabweichun-
gen der Gebärmutter herbeiführen , und die etwa nö-
ihigen Manipulationen hindern, z. B. die Gompression
der Aorta.
Das Binden des Leibes ist daher nur statthaft,
um den Bauchwandungen eine Stütze zu geben , darf
aber nicht früher ausgeführt werden, als bis sich der
Uterus fest zusammengezogen hat. In jedem Falle
ist die Entbundene von der nur untergeordneten Wich-
tigkeit der LeibgUrtel in Kenntniss zu setzen u. darü-
ber zu betehren , dass eine ruhige horizontale Lage
am meisten zur Verhütung der üebel beiträgt , gegen
welche, wie der Glaube gehl, das Binden des Leibes
schützen soll. (Sickel.)
171. üeber den Hüben des Sangens in
Krankbciten und über den Nachtheil dei' Unter-
lassung desselben in solchen; von Röser in ßar-
lenslein. (Würtemb. Corr.-Bl. 39. 1851.)
Vf. eifert sehr gegen „den Schlendrian«' der
Acrzte, in den verschiedensten Krankheiten das Säu-
gen nicht nur nicht anzuralhen, sondern den Müttern
sogar die Unterbrechung des Stillens anzuempfehlen.
Das Säugungsgeschafl wird hier nur in Beziehung auf
das Wohl der Muller besprochen, und Vf. bemerkt
nur nehenhei , dass die Veränderungen der Qualität
der Milch und ihr nachtheiliger Einfluss auf die Säug-
linge viel zu sehr üherschälzt werden. Es steht fest,
dass alle acuten und chronischen Krankheilen den
möglichst günstigen Verhiuf nehmen , wenn alle nor-
malen Se- und Excrelionen in Ordnung sind, und
naturgemäss von Slatlen gehen ; Ausnahmen hiervon
machen nur jene localen Krankheiten, die in dem se-
oder excernircnden Organe selbst ihren Sitz haben,
wo dann das Se- oder Excret selbst die Heilung hin-
dert. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend kann
Vf. das Säugen in keiner andern Krankheit, als bei
einigen örtlichen AfTeclionen der Brüste widerraUien.
Bei den durch starke, erschöpfende ßlulflUssc dem
Tode nahe gebrachten Entbundenen ist allerdings das
Säugen nicht zu rathen ; diese Fälle gehören aber
eigentlich nicht hierher, weil bei solchen Frauen keine
Milch secernirt wird. (^ r^r^r^]r^
Digitized by VjOOy IC
Längere Zeit hindurch bestehende pathologisch-
196
V. Gynäkologie u. PSdiatrik.
anomale Secrelionen geben» wenn sie unterdrttckt
werden, accidentellen Krankheilen öfters die traurig-
ste Wendung, oder erzeugen solche. Um wie viel
gefährlicher muss es sein, eine normale , ungefähr 9
Monate hindurch dauern sollende Secretion bei zußtl-
ligem Erkranken der Saugenden , oder beim Fortbe-
stehen einer schon früher vorhandenen Krankheit zu
unterbrechen! Hierbei ist nicht nur die durch das Sau-
gen bewirkte Entziehung aus der Saftemasse der Mut-
ter, welche für die vorhandene Krankheit so zuträg-
lich ist, sondern selbst das Gesetz der Gewohnheit
des so langen Bestehens einer so reichlichen Secre-
tion iii Anschlag zu bringen. Specieile Empfehlung
verdient das Stillen bei Säugenden , die am Typhus
erkranken; die meisten Typhuskranken sterben an
Bronchitis und Pneumonie, wobei das bisher hypino-
tische Blut in die ausgeprägteste Hyperinosis um-
schlägt. Diese wird verbotet durch das Fortstillen
des Kindes, ebenso wie mancher nach Typhus auftau-
chenden Tuberkulose und Lungenvereiterung dadurch
vorgebeugt wird. Die nach allgemeiner \nnahme
zu den Proteinverbindungen gehörigen sogenannten
Typhusablagerungen im Darmkanal können nach phy-
siologischen Gründen durchs Säugen nur beschränkt
werden. Bei reinen EntzUndungskrankheiten ist das
Fortsäugen auch unter den anscheinend ungünstigsten
Umständen zu erzwingen; die Productsetzungen sind
in den meisten Entzündungen das Todbringende, wer-
den diese aber durch das Unterdrücken einer norma-
len Secretion nicht vermehrt werden ? Ferner ist das
Säugen eines der gewichtigsten Heilmittel zur, wenn
möglichen, Heilung der Lungentuberkulose, mithin
auch das beste Vorbeagungsmiltel zur Heranbildung
derselben und das beste Mittel , das Leben einer mit
tuberkulösen Excavationen der Lunge Behafteten längst
möglich zu fristen. Von nicht minder grossem Nuz-
zen ist das Säugen bei dem ganzen Heere der soge-
nannten reinen Neurosen und bei noch vielen andern
Krankheilen, welche besonders mil Blulstase verbun-
den sind. Natürlich hat Vf. es nicht versäumt, seine
gelhanen Aussprüche durch beigefügte Krankenge-
schichten zu beweisen.
[Wir haben es unterlassen , die verschiedenen
vom Vf. aufgestellten Behauptungen mit Bemerkungen
zu begleiten , obgleich sich deren recht viele hätten
anbringen lassen, und verwahren uns hiermit nur ge-
gen die Annahme, als ob wir durchweg des Vfs. Mei-
nungen beitreten könnten.] (S ick ei.)
172. neber das Stillen der Wöchneriimeii,
die mit Disposition zi Geistesstörung behaftet
sind; von Engelken zu Oberneuland. (Hann.
Corr.-ßl. IL 16. 1851.)
Die erste hier zu beantwortende Frage ist die, ob
eine plötzliche Behinderung der Milchsecretion über-
haupt sehr gefährlich ist, und ob man etwa eintre-
tende Krankheilszuslände allein oder vorzugsweise
den Milchmelaslasen zur Last legen darf. Wie die
Erfahrung lehrt , bringt die künstlich oder nalOrlich
unterdrückte Milchsecretion im Gänsen höchst selten
Schaden, woraus sich a priori schon der Schluss zie*
hen lässt, dass die Gefahr bei Frauen mit Disposition
zum Irrsein ebenfalls nicht sehr gross sei. Geht man
vorsichtig zu Werke, unterdrückt nicht zu rasch nnd
wendet, neben den gegenwirkenden pliarmaceutischen,
in manchen Fällen auch die revulsiven dynamisch-
mechanischen Mittel , als : Schröpfköpfe auf den Rak-
ken u. Aderlass am Fusse an, so dürfte man schwer-
lich Nachtheile beobachten.
Eine andere Frage ist die , aus welchen Grflnden
und bei welchen Individuen das Stillen , bei Disposi-
tion zum Irrsein, für Matter und Kind wirklich nacb-
theilig ist. Disposition zum Irrsetn ist anzunehmen :
a) bei erblicher Anlage; b) wenn die Krankheil frü-
her schon ein - oder mehrere Male zum Ausbruch ge-
' kommen war, u. das betreffende Individuum mit einer
nervösen Constitution begabt ist; c) bei solchen In-
dividuen, die von Jugend auf ein aufgeregtes, excen-
trisches, unruhiges, der Sellislbeiierrschung wenig
unterworfenes Wesen an den Tag legen. Das Stillen
wird bei einer vorhandenen nervösen Constitution
ohne Frage höchst angreifend , sejbsl wenn von vorn
herein eine reichliche Milchabsonderung vorhanden
ist. Ist die ftfilchabsonderung gering, so Übt das
Saugen des Kindes gewöhnlich einen höchst nach-
theiligen Einfluss aus, und es können in solchen Fäl-
len Krämpfe, Hysterie, Hypochondrie u. selbst wirk-
liches Irrsein zum Ausbruch kommen ; gewöhnlich
erfolgt diess in der 10. bis 15. Woche des Stillens.
Wunde Brustwarzen, Mangel an Schlaf, und die mit
dem Wachslhume des Kindes nolhwendig werdende
reichlichere Quantität Milch bleiben auch dort nicht
ohne nachlheiligen Einfluss, wo bei nervösen Frauen
das Stil1en*anfangs gut von Stallen ging.
Auch für das Kind dürfte bei Disposition zum Irr-
sein das Stillen an der Brust der Muller zu widerra-
then sein. Vf. nimmt an, dass geistige Eigenlhüm-
lichkeilen in einer oder der andern Beziehung auf
Secrelionen übergehen, und dass besondere Geistes-
uod Gemülhseigenschaften der Mütter oder Ammen
durch das Säugen auf die Kinder vererbt werden kön-
nen, dass sonach auch eine von der Mutter überkom-
mene Disposition zum Irrsein durch das Saugen an
der Multerbrust bei dem Kinde sogleich sich fester
begründen müsse. Aus diesem Grunde widerräth er
das Stillen der Kinder bei Müllern, die eine Dispo-
sition zum Irrsein zeigen; Ausnahmen könnten ge-
macht werden: i) wenn die erbliche Anlage nicbl
sehr entschieden, 2) der frühere Krankheitsanfall nur
funclionell und rasch vorübergehend , auch ohne tie-
fere moralische oder psychische Ursache gewesen
ist, und 3) bei ruhigem Temperament und nicht ner-
vöser Constitution, so wie bei sonstiger Wohlgenährt-
heil des Körpers u. wenigstens einigermaassen reich-
licher Absonderung der Milch. Immer aber würde
in einem solchen Falle das Stillen nicht lange fort-
zusetzen sein, höchstens ein Vierteljahr.
(SickeL)
V. GynSkologie il PldiatriL
197
173. Ueker die erste HahruiK der Stag-
llflge ; von Dr. B r a u n. (Journ. f. Kinderkr. Mai u.
Juni 1851.)
Den mancherlei Vers ach en , einen vorzugsweise
geeigneten Nahruugsstoff für kleine Kinder aufzufin-
den, und den Iheilweise seltsamen Vorschlägen ge-
genüber, welche in dieser Beziehung gcmncht wor-
den sind, rälh Vf. in der gepriesenen Einfachheit
nicht zu weit zu gehen , indem Kinder oft die an-
seheinend leicht verdaulichsten Dinge (z. B. Milch)
nicht vertrügen, wahrend sie sich bei Darreichung
anderer Nahrung (Fleischbrühe, Kaffee, Kartoffelbrei)
wohl beHlnden. Schon seine Organisation weise ja
den Menschen auf gemischte und wechselnde Nahrung
hin. Auch werde auf diese Weise schon frühzeitig
in dem Kinde das WiderstandsvermOgen gegen Süs-
sere Einflüsse angeregt u. gekrftftigt.
[Um vor Uebertreibung zu schützen, ist dieser
Rath ganz gnt, aber ebenso verderblich kann er —
übelverstanden und von Unkundigen gehandhabt —
werden.] (Küttner.)
174. Ueber das rohe Fleuch 3 von Dr. Weisse
zu Petersburg. (Daselbst.)
' Neben der vielseitigen Bestätigung der trefflichen
fVirkungen des rohen Pleischgenusses bei atrophi-
schen Kindern haben neuerlich mehrere Acrzto Peters-
burgs die Erfahrung gemacht , dass auf diese Weise
ernährte Kinder nach einiger Zeit Bandwurmabgangc
(Taenia solium) bekamen, ohne dass ein derartiges
Wurmleiden in ihren Familien heimisch war. Vf.
erkennt die Möglichkeit einer solchen Bandwürmer-
Zeugung durch den Genuss des rohen Fleisches an,
und fordert sämmtliclie Aerzte zur Miltheilung ähnli-
cher in ihrem Wirkungskreise gemachter Beobachtun-
gen auf. [Konnte das rohe Fleisch diucli allgemeine
Kräftigung und speciell durch Anregung einer energi-
scheren Darmbewegung nicht aber auch blos die Ab-
treibung schon vorhanden gewesener Würmer begün-
stigen?] (Küttner.)
175. Ueber den angeborenen Himbnich;
vonDr. Clar. (Wien. Ztschr. VII. 9. 1851.)
Folgender interessante Fall von Hirnbruch ward
im Wiener Findelhause beobachtet.
Ein von einer gesunden Muller nach einer ohne Störung
rerlanfeneo Schwaogerscbafl geborenes , gut entwickeltes und
genährtes Mädchen halte an der linken Seite der Nüse , von
der Nasenwurzel beginnend, eine olivengrosse, elastische Ge-
schwulst, die an ihrer Basis bis nach der rechten Seile hin-
über reichte. Beim Zurückdrängen der Geschwulst kam man
an der Nasenwurzel auf keine feste Grundlage, die beiden Na-
senbeine waren, obgleich in fester VerbindaDg mit dem Stirn-
beine, ans einander gedrängt, der mittlere Theil der Nase
aber bis gegen die Nasenspitze von der Geschwulst bedeckt.
Die Angäpfel standen etwas weiter aus einander, als normal,
glotzten massig und divergirten in ihren Achsen. Bei jeder
Exspiration und beim Schreien nahm die Geschwulst gleich
der Fontanelle an Umfang za. Ausserdem fand sich am hin-
tera untern Winkel des linken Seitenwaodbeins ein kaum kreu-
lergrosser Trombus , während die Interstitialräume der Schä-
delknoehen nichts Abnormes zeigten.
Das bisher ganz gesnnd« Kind bekam im 6. Lebensmo-
nat heftige Fieberbewegungen , zu denen sich Confulsionen,
vorzugsweise der rechten Extremitäten gesellten. Die Ge-
schwulst Tergrössertc sich dabei um mehr als das Doppelte ih-
res Umfangs, und wurde, wie überhaupt der Kopf, heiss.
Alles deutete auf eine intensive Meningitis mit reichlichem
Exsudat und starkem Hirndrnck auf die Unke Hemisphäre. Die
Geschwulst bedeckte sich mit grossen Tropfen einer hellen
Flüssigkeit, ihre Umgebung inflltrirte sich ödematös. Am 3.
Tage erfolgte der Tod.
SecHon, Die Geschwulst halte links die Grösse eines
langdurcbschnitlcnen Hühnereies, rechts die eines Taubeneies.
Sie war jeUt mehr teigig und von einer dünnen Lage eines dem
vertrockneten Exsudate der Ophthalmia recens natorum ähn-
lichen Beleges bedeckt, welcher sich unter dem Mikroskope
als ein faserstoffigcs Exsudat darstellte.
Schädeldecke und Schädelgewolbe normal, im Sacke der
Arachnoidea kaum 1 Drachme über die Schädelbasis verlhcil-
ics Serum, die Arachnoidea selbst gesund , die Pia mater da-
gegen mit einem sehr reichlichen , die ganze Oberfläche des
grossen Hirns stellenweise fast liniendick überziehenden, gelben,
plastischen Exsudate inßltnrt.
Die Himsubslanz durchfeuchtet, weicher, wenig blulhal-
tig, der linke Ventrikel nach allen Rtchtongen bedeutend, der
rechte weniger ausgedehnt, ersterer mit etwa 4, letzterer mit
etwa 2 Unzen klaren Serum gefüllt. Die Kammerwandungen
glatt, unverletzt, massig resislenl. Von der untern Fläche
beider vordem Hirnlappen senkte sich das Trigonum olfacto-
rium mit der es zunächst umgebenden Hirnsubstanz über das
nach ab- und rückwärts gedrängte, nur mit sehr kurzer, aber
deutlicher Crista galti versehene Siebbein in eine mehr als
kupferkreuzcrgrosse Oeffnung herab , welche seitlich u. vorn
von den Innern, mehr nach ab- und auswärts gedrängten
Rändern der Augenhöhlenlheile und des Nasen fortsaizes des
Stirnbeins , hinten aber von der schief nach abwärts gerichte-
ten Obern FIfiche des Siebbeins umgrenzt wurde.
Die Bruchpforte wurde somit nach hinten von dem ver-
kürzten, nach ruck- und abwärts gedrückten Siebbein, seit-
lich durch die beiden nach ab - und auswärts gedrängten in-
nern Ränder der Augenhöhlentheile des Stirnbeins, nach vorn
durch den hintern Rand des Nasen fortsaizes des Stirnbeins
nebst der hintern Fläche der Nasenbeine begrenzt.
Die betreffende Partie der vordem Hirnlappen senkte sich
von Arachnoidea, -Pia und Dura mater umgeben durch die ab-
norme Schädelöffnung unter die äussere Haut herab , wo sieb
ein der Niere eines Neugeborenen in Form und Grösse nicht
unähnlicher Sack gebildet halte.
Die Nasenhöhle war vollständig, nur erschienen die Na-
sengänge elwaa^ verengt.
Die Wirbelsäule normal . (K fl 1 1 n e r.)
176. Chorea, Leichenbefund, am dem Kin-
derhospitale zu Prankfurt a. M. ; von Dr. S t i e b e l
jun. (Journ. f. Kinderkr. Mai u. Juni. 1851.)
Ein 15jähr. , schlankes , abgemagertes und blasses Mäd-
chen, dessen Mutter ebenfalls das Aussehen einer sogenannten
Spinalconslitulion trug und immer gekrümmt ging , während
der Vater an Lungensucht gcslorhen ist, war seil dem 10. J.
wohl 6mal vom Veitstanz ergriffen worden. An andern Ue-
beln hatte Pat nicht gelitten , nnd namentlich nie bestimmte
Symptome von Lungentuberkulose gezeigt. Dagegen war der
Herzschlag verbreiteter , als normal , und ein blasendes Ge-
räusch in den Carotiden bemerkbar , wie beides bei Spinal-
kranken oft vorkommt. Nach jedem Anfalle des Veitstanzes
war eine Schwäche der Eitremitälen zurückgeblieben, die im-
mer länger anhielt und endlich dauernd wurde. Der letzte
Anfall war vor 6 Mon. beendet, die Mattigkeit hatte seitdem
Immer mehr zugenommen , das .Mädchen hinkte und konnte
zuletzt gar nicht mehr allein gehen.
IM
V. Gynäkologie a.. FMiatrik.
fn <MMeni Zustande wunie sie in dem KraDkenbause auf-
genomroeo. Sie war zum Gerippe abgemagert , die Sprache
laUend und anferstiiodiicb ; dabei wankte sie unaicber im
Zimmer umber nnd drohte jeden Augenblick zu fallen. Die
ÜDtersucboDg ergab Schmershaftigkeit des 4. Halswirbels, des
10. Brustwirbel« und des 5. Lendenwirbels. Der 6. und 7.
Halswirbel ragten sehr bedeutend herror. Der Appetit war
gut. Die Ausleerungen normal , der Puls sehr frequent und
klein. Eine Untersuchung der Brust wurde der grossen
Schwäche wegen nicht angestellt.
Pat. Verliese von jetzt an das Bett nicht mehr, sondern
lag freundlich , wie immer, und matt da. Sie bekam Fleisch-
difit, wurde einige Male über den Rucken kalt begossen , und
später mit einer Mischung von Kali caust. und Spiril. serpylli
einige Male täglich eingerieben. Innerlich nahm sie 2stflndl.
10 Tropfen Tincl. ferri acet.
Die bisher immer regelmässige Menstruation Irat auch
diesmal , aber blass und sparsam mit Zunahme der Schwäche
ein. Am übernächsten Tage stellten sich Ruckenschmerzen
und heftiges Leibweh, doch ohne Empfindlichkeit gegen Druck
oder abnorme Ausleerungen ein. 6 in die Gegend der Len-
denwirbel gesetzte Schröpfköpfe besserten nichts. Der Leib
wurde jetzt auch sehr emplndlich, es traten nach einigen Ta-
gen klonische Krämpfe hinzu , die Kr. wurde unruhiger und
Start» unter Convulsionen.
Die SecHon zeigte bei der genaiicslcn Untersuchung im
Hirn durchaus nichts Krankhaftes, in jedem Seiteovcntrikcl
kaum einen Ka Sc elöfl'el voll leicht gerötbctes Serum, iui untern
Viertel ies Wirbelkanals unter der Dura raaler etwa l'/j Un-
zen hellgelbes Wasser mit starker Jnjcclion der äussern Fläche
der Dura mater daselbst, während die ganze innere Fläche
derselben glänzend weiss erschien. Das Rückenmark war
äusserlich derb und gesund, nur in der Sacralgcgend etwas
blutreicher, dagegen die innere , graue Substanz desselben in
ihrer ganzen Länge in «inen dunkelrothcn Brei verwandelt, den
man leicht mit den Fingern entfernen konnte , so dass das
Ruckenmark wie ein hohler Sack erschien , dessen Hölle die
vollkommen gesunde weisse Substanz bildete.
Sämratliche Ruckenmarksnerven zeigten sieb gesund,
ebenso der Wirbelkanal.
Beide Lungen, deren rechte frisch verwachsen , enthiel-
ten in ihrem Innern kleine Tuberkeln, nuch weit bedeutender
war aber deren Ablagerung auf der ganzen Ausbreitung des
Bauchfells , während sich das innere Gewebe der Eingeweide
gesund zeigte. Auch das Herz war normal.
Vf. wendet sich von dieser interessanlen Beob-
achtung zu Erforschung des Ausgangspunktes der cho-
reischen Bewegungen. Er widerlegt hierbei Kunüchst
die verschiedenen Ansichten, dass dieselben vom gros-
sen oder kleinen Hirn ausgehen , so wie dass diesel-
ben von den sympathischen oder spinalen Nervenbah-
nen reflectirt würden. Seiner Ueberzeugung nach ist
das Rückenmark selbst deren Ausgangspunkt, so zwar,
das die Chorea auf einer Reizung der Centralendcn
der Bewegungsnerven im Rückenmarke beruht, wahr-
scheinlich bewirkt durch eine Disharmonie in der Ent-
wicklung des Spinalsystems. AU eine mächtige Un-
leralfltzung dieser Ansicht betrachtet er natürlich auch
obigen Sectionsbefund , ohne jedoch daraus folgern
zu wollen , dass die Art des Leidens im Rückenmark
bei aUen Choreischen ähnliclier Art sein müsse. Viel-
mehr spreche die häufige Heilung der Chorea für eine
mehr dynamische Abnormität, wie sie besonders
schnelles Wachslhum leicht bedingen möge, während
pur längere Dauer, Öftere Wiederkebr des Leidens u.
sonstige dasselbe eompiieirende Momente mutlimass-
lich zu materiellen Veränderungen führen.
Die in neuern Zeiten vermulhete Abhängigkeit der
Chorea von Rheumatismus oder organischen Herz-
krankheilen leugnet Vf., namentlich auch auf Grund
der zahlreichen Erfahrungen seines Vaters, entschie-
den ab.
Für eine erfolgreiche Behandlung empfiehlt er vor
Allem eine möglichst ruhige Lage auf dem Rücken,
kalte Regenbäder oder Begiessungen^bei grosser Em-
pfindlichkeit oder Anschwellung der Wirbel Blutegel
in deren Nahe» Aetzmiltel und reizende Einreibungen
gegen die meist vorhandene grosse Erschlaffung der
VVirbelbänder. (K ü 1 1 n e r.)
1 77. Teitstuz durch laltM Wiuer geheilt ;
venHauner. (Daselbst. Juli. Aug.)
Das lOjähr. Mädchen hatte in Folge von Schar-
lach einen serösen Erguss in der Hirn- und Rücken-
markshöble gehabt, nach dessen Beseitigung die Cho-
rea eingetreten war. Jahre lang mit den verscliie-
denslen Antispasmodicis vergeblich behandelt, dabei
in der Umgebung einer hysterischen Mutler psychisch
verwahrlost und Onanistin» kam das Kind in das Mttn-
chener Kinderhospilal , wo man sich neben einem
zweckmässigen psychischen und physischen - Regime
darauf beschränkte, jeden Morgen ein tüchtiges kal-
tes Regenbad über Kopf und Wirbelsäule zu machen.
Schon nach einigen Wochen erfolgte eine merk-
liche Besserung, und nach 2monatlicher Behandlung
konnte das Kind genesen aus der Anstalt entlassen
werden. Als Nachkur wurden Pulver aus Chinin,
sulph. und eine Abkochung der Artemisia mit Asa
foetida verordnet, indem die mütterliche Einwirkung
einen Rückfall veranlasste. (Kttttnev.)
178. neber die Tanbensteissknr gegen Ek-
lampsie der Kinder; von Dr. Weisse. (Daselbst.
Mai u. Juni.)
W. versutlite das bekannte Taubenexperiment [nach
Canslatt und Bück, vgl. Jalirbb. LXVll. 329] bei einem
4inonalllcben , plötzlich von Eklampsie befallenen Kinde,
nachdem 2 Tage lang die gebräuchlichen Heilmittel erfolglos
angewendet worden waren. Die Convulsionen wurden sogleich
schwächer, und nach Verlauf einer halben Stunde verfiel das
Kind in einen ruhigen 5stundigen Schlaf. Es hat seitdem
(6 Monate^ keinen Anfall von Eklampsie wieder gehabt , und
unterdess die Schneidezahne ohne besondere Reschwerden be-
kommen. Die Taube schnappte bald nach der Application
mehrmals nach Luft, schloss zeilweise die Augen, zuckte dann
krjmpfhuft mit den Füssen und erbrach sich endlich. Sie
konnte nachher nicht auf den FQssen stehen, verschmabte das
vorgeworfene Futter u. starb nach einigen Std. anter Krämpfen.
Einen zweiten Versuch machte W. bei einem Knaben von
Vt iahren, der schon längere Zeit an dyspeptischen Deschwer-
den litt, und eines Abends plötzlich von Krämpfen hefallen
wurde. Das Kind lag trotz zweckmässiger Behandlung bereits
ohne Bewusstsein , von Trismus ergrilfen da und vermochte
nicht mehr zu schlingen. Die zu Hülfe gezogene Taube öff-
nete, obgleich mit aller Behutsamkeit gehalten, etwa 10 Ntn.
nach bcgonneDer Application luftschnappend den Schnabel,
verhielt sich aber übrigens ganz ruhig. Die Zuckungen des
Kindes wurden jetzt immer seltener und schwächer, aber auch
der Puls sank immer mehr. Nach Verlauf einer halben Stunde
bemerkte man, dass die.Taahe r«hig in den Händen Yerschie-*
'V. GjtiAotog^ «. VMiatift.
1«9
den war. Eine iwcite Tsobe worAe vagetiomt angeweadel,
die Pulsschlage des Kr. wareo aber kaum mehr fühlbar , uod
schon nach 10 Mia. hatte das Kind geendet, die Taube aber
blieb am Leben. (K G tt n e r.)
179. Im Seilug der Ooifulsinei der
mador durch Uebertaragasg Mf Traben ; von
Dr. M i q tt e I in Neuenliaus. (Kann. med. Corr. - Bl.
II. 5. t85l.)
H. erzählt mehrere Fälle von der Wirksamkeit
des 30 einigen Orten bekannten und nicht selten an-
gewendeten Volksmittels gegen KrampfzuHille der Kin-
der. Sämmllicbe beobachtete Fälle kamen darin
ttberein , dass die krampfliaften Zufälle auf die Taube
ttbergingen , diese selbst aber nach einigen Minuten
starb. Die Kinder worden dadurch entweder von
den Krämpreo gänxlich befreit und geheilt , oder es
wurde ein Nacblass derselben wahrgenommen , ohne
jedoch deren Forldauer aufzuheben.
Nach M.'s Erfahrungen l9fsst sich vermutlien, dass
die Heilkraft des Mittels vorzugsweise bei jüngeren Kin-
dern stattfindet.
Junge Tauben werden eher und heftiger von Con-
vulsionen befallen als ältere. Die convulsiv. Bewegun-
gen zeigen sich vorzüglich an den Flügeln u. Beinen, so
dass man nur mit Muhe den After der Taube mit dem
After des Kindes in ßerdhrung halten kann. Nach M.
muss man daher die Füsse festhalten, die Flügel kann
man sehlagen lassen. Ebenso erscheint es nothwcn-
dig und zweckmässig, einige Federn um den After
herum auszurupfen , und denselben erst durch leich-
tes Drttcken von Koth zu befreien.
Ob anderes junges GeOügel, Hahner, Enten u.
8. w. die gleiche Eigenschaft besitzen , ist eine
Frage.
Wie das Phänomen zu erklären, dartibcr giebt
N. keine bestimmte Entscheidung.
(Schwarze.)
180. Einige Fälle Ttm Spasmus glettidis ;
von Dr. Hauncr. (Journ. f. Kinderkr. Mai u. Juni.
1851.)
Vf. erzählt 5 Fälle von Laryngismus unter der
Vorbemerkung, dass dieses Leiden in Bezug seiner
Aetiologie noch immer unaufgeklärt sei. Die Kran-
ken (4 Knaben, 1 Mtfdchen) standen in dem Alter
Ton 7 — 16 Monaten, und war bei dem einen eine
sehr merkliehe Graniotabes, bei einen zweiten ein
rfatelriti«clier Bau vorhanden, während Vf. bei den
llbrig«n 3 dieses wichtige Moment mit Stillschweigen
übergeht. Zwei dieser Pat starben bei anscheinend
ToUciBi Wohtoein plOtzKch wahrend des Anfalls , dt-
rnnter der Graniotabicns , ehne dass die Section ein
bestkamtes 'Mtmmt fttr die Krankheit nachgewiesen
hitte. Die 3 «ndern -verloren ihre SteckanßlUe »zieni-
lieh rasch tmier dem Oebraruche^der obsoletem Tinct.
moschi c. nnbra, wolche Vf. demgemiss emffieiilt.
(Kttttner.)
184. irürogiyf OtiS ; ton Dr. Tott. (Das.
Juli u. August.)
Ein lljahr. Knabe überstand die Cholera, und kurz dar-
aar eine starke Cbolerine , welche durch Opium mit Mandel-
ölemulsion beseitig wurde. Bald nachher traten die heftig-
sten cardiaigiichen und kolikalischea Scbmarzen ohne Spur
einer Entzündung ein , die 3 Tage lang allen Mitteln wider-
standen und sogar das Bewusstsein raubten, bis endlich obige
NediciB abermals half. Nach 24 Std. jedoch erseitien hei
noch fortdauernder Uabesinnlichkeit [war diess vielleicht eine
Opiumwirkung?] Arthrogryposis , indem beide Vorderarme
ganz steif, die Kinger gespreitzt und die HSnde gegen die Vor-
derai-me im rechten Winkel flectirt waren. Dabei wimmerte
der Knabe fortwSbfend. Warme antispastiacheEinreibungeD^
Zinkbluraen, Baldrian und Castoreum blieben fruihllos , das
Opium erst zu Vi y nach 3 Std. zu ^/^ Gr. gereicht , scbaflte
dagegen innerhalb 8 Std. eine vollständige Beseitigung des
Krampfes mit Wiederkehr des Bewusstseins. '
fKutlner.)
182. Ue^ Aphthen and SehvtandieB;
von Dr. Hauner. (Daselbst. März u. April.)
In Bezug auf dicfos , oft kaum für etwas Krank-
haftes angesehene Leiden herrscht l)ei Laien und
selbst bei Aereten noch immer eine zienlicbe Begriffs-
verwirrung, wäfirend sich doch beide Formen mit
Leichtigkeit scharf unterscheiden lassen.
Die Aphthen , der sogenannte Mehlhund, Soor-
hebe, Stomatitis aphthosa, bilden sich auf der schon
einige Zeit vorher glänzenden , gerUtheten Hundhöh-
lenschleimliaut in Form kleiner weisser Bläschen, wel-
cJie platzen und Geschwüre bilden. Bisweilen brei-
tet sich das Uel)el auch bis in den Rachen , ja selbst
bis auf die Schleimhaut des Magens und Darmkanals
aus. UnzweckmSssig behandelt fliessen die Bläschen
zusammen und können sich sogar in brandige Exco-
riationen verwandeln.
Diese Aflfection ist nicht, wie wohl viele Aerzto
glauben , ein rein örtliches , durch Verunreinigung
des Mundes, Erkaltung und dgl. veranlasstes Leiden,
sondern das Product einer fehlerhaften Ernährung,
gestörten Verdauung , der Schwäche des Magens und
Saurcbildung in den ersten Wegen. Aus diesem
Grunde sind auch die so beliebten Pinsel- und Mund-
säftchen hier nicht anwendbar, wogegen Vf. örtlich
eine Lösung von Argentum nitricum empfiehlt, mit
welcher er eine zweckmässige Diät, und namentlich
d\^ Darreichung des Rheum verbindet.
Die zweite Art, die sogenannten Schwammchen,
Nuguet, Stomatitis diphtheritica s. pseudonembraoa-
cea, besteht in der Ablagerung weisser, dicker, un-
durchsichtiger, dem Schimmel ähnlicher Bläschen auf
der Schleimhallt des Mundes. Die ScJiwämmchen
verschwinden oft und bilden sich ebenso schnell wie-
der, auch ulcehren sie öfter und nehmen hierdurch
verschiedene Farben^an. Ihr Sitz tat das Epilbelium.
Verdorbene Luft, üareinlichkeit, wohlauch schledite,
ranzige Nahrang, schmutzige Wäsche veranlassen die
Krankheit, dalier dieselbe so häufig in den Hittten der
Annen, in tberfllUlen Findel- und Waisenhtuem
votkaamK. Sie gewinnt selten die groite rttumbdbe
200
V. GynXkologie o. Pidiatrik.
Ausdehnung der Aphthen, kann sieh aber doch bis in
den Larynx verbreiten. Bin ürlliches Verfahren, na-
mentlich das Auspiuseln des Mundes mit einer LOsung
von Zinkvitriol, Borax oder Höllenstein ist hier meist
das Geeignetste , wenn man gleichzeitig auf Entfer-
nung der Gelegenheitsursache Bedacht nimmt.
Die wirkliche Üiphthcritis , Angina exsudativa hält
Vf. fUr eine zu ernste Krankheit, um sie zu den
Schwämmchen zu gruppiren, sondern sieht sie fflr
eine eigenlhümliche Entzündung des Halses und Ra-
chens an, die grosse Aehnlichkeit mit dem Croup
hat , und in einzelnen Epidemien selbst sehr gefllhr-
lieh werden kann, wahrend die sporadischen Falle
meist gelind verlaufen.
Die Schwammchen, die bei einigen gastrischen
Fiebern, bei Lungensuchlen im letzten Stadium , und
in einigen andern Krankheiten vorkommen, sind ihrer
Bildung nach mit der zweiten Form verwandt.
[Ref. kann mtl den hier aufgestellten Charakteri-
strungen sich nicht durchaus einverstanden erklären,
und erlaubt sich bezdglich seiner eigenen Ansichten
Aber die Diagnose der verschiedenen Mundhöhlenaf-
fectionen bei Kindern auf den betreffenden , von ihm
bearbeiteten Abschnitt in Güschen*s Jahresbericht
über die Fortsclirilte der gesamniten Medicin , Jahr-
gang 1843 u. 1841, Leipzig 1845 zu verweisen.]
(Küttner.)
183. Rhenmatismis acitis bei S&iglingen;
von J. L. S t a g e r. (Daselbst. Mai. Juni.)
Vf. beobachtete 2 Fälle von acutem Rheomatismus bei
einem 9wöcheDtIicben uod einem Imonatlichen Kinde. Bei
ersterem traten neben gastrischen Störungen und lebhaftem
Fieber namentlich Erscheinungen von Opisthotonus und Con-
vulsionen , so wie endlich ein Hydroencepbaloidzusland ein,
welche sich unter profusen, modrig riechenden Schweissen
rasch verloren. Die Diagnose auf Rheumatismus ist hier wohl
sehr willkürlich gestellt.
Bei dem 2. Kinde hatte sich zuerst ein bellröthlicber
Fleckenausschlag gezeigt , dem nach einigen Tagen eine ent-
zündliche GcIenkanschwelluDg am Fusse folgte. Dann traten
auch hier gastrische Erscheinungen mit Fieber und Krämpfen
ein, hierauf eine entzündliche BrustafTection, Contraction der
NackenmoskelD, schmerzhafte Anschwellung des rechten Knie-
gelenks. Auch hier erfolgte Genesung.
Vf. macht schlusslicb darauf aufmerksam, dass nicht
nur die Arachnitis spinalis kleiner Kinder sehr häufig rheuma-
tischer Natur sein möge , sondern dass ausserdem auch der
Hydrocephalos acutus bäuflg aus gleicher Ursache zu entsprin-
gen scheine, und dass es daher wohl zweckmässig sejn durfte,
das Colchicum als das gepriesenste Antirheumaticum dagegen
zu versuchen. (Küttner.)
184. Ueber die S€harlaclikranUieit und den
RhenmatismilS acitns; von Fr. Betz. (Daselbst.)
Die Hauterkrankung (das Exanthem) ist eines der
häufigsten Symptome des Scharlachs, jedoch kein
constantes. Die in neuerer Zeit mit Unrecht ver-
worfene Annahme einer Febris scarlatinosa sine scar-
latina ist vdUig begrttndet. Daher bildet die Haut-
«nlxOndong» so wenig als eine der andern Localaffec-
tionen für sich allein das Wesentliche der Scharlach-
krankheit. Sie erlischt , während alle andern Sym-
ptome , welche schon vor dem Erscheinen des Exan-
thems vorhanden waren, noch fortdauern. Man kann
mithin die Krankheit auch nicht in Stadien eint heilen,
welche sich nach dem Zustande der Haut richten.
Wie in dem Erscheinen^ so herrscht auch in der Zeil
des Bestehens, Verschwindens der Hautrdthe u. der
Abscbuppung die grösste Unregelmässigkeit. Der
Grad der Häutung richtet sich nicht nach der Intensi-
tät des Exanthems, ebenso wenig das etwa nach-
folgende Haotddem. Ueberhaupt ist die Haut nicht
dasjenige Organ , welches in der Scharlachkrankbeit
zuerst afßcirt wird ; die Mundl]()hlenschleimhaut, die
willkürliche Muskulatur u. s. w. sind viel früher er-
krankt. Die angeblich nach Scharlach zurückblei-
benden Neuralgien der Haut hat Vf. nie beobachtet
Allerdings können einzelne Hautstellen gegen den
Fingerdruck bedeutend empfindlich werden , dann ist
es aber, wie man durch Aufheben einer Hautfalte
leicht ermitteln kann, nicht die Haut, sondern deren
Unterlage, namentlich das Periost, welches schmierst.
Ein Erkranken der willkürlichen Muskeln findet
bei dem Scharlach stets und immer schon sehr frflh
Statt. Die Conlraclionen sind erschwert, mühsam,
mit dem Gefühl von Abgesclilagenheit verbunden. Es
stellen sich reissende, ziehende Schmerzen in den
Extremitäten und dem Rücken ein. Ebenso sind die
Muskeln gegen Druck empfindlich. Am meisten tref^
fen diese Erscheinungen solche Muskeln, die zu ihrer
Contraction eine grosse Kraft bedürfen. Die Ur-
sache dieser Muskelaffectionen sucht Vf. nicht in einer
abnormen Innervation, sondern in einem wirklichen
Erkranken der Muskelsubstanz, indem man nicht
blos Eilerherde in derselben bei Scharlachleichen ge-
funden habe, sondern die Muskulatur nach Heil 1er
auch häufig serOs infiltrirt sei. Demnach ist wohl
anzunehmen , dass bei den niederen Graden der
Krankheit die Muskeln von einer Hyperämie befallen
werden , die bei hohem Graden zu Eiterherden und
serOsen Infiltrationen führt.
Auch das Periost und die Knochen unterliegen
häufig schon im Anfange, häufiger noch im spätem
Verlaufe des Scharlachs krankhaften Veränderungen,
die sich als Hyperämie und Exsudaiion darstellen.
Häufig bezeichnet die Dermatitis (das Scharlachexan-
them) den Sitz der Periostitis, welche oft früher voi^
banden ist, als das Exanthem, aber auch gewöhnlich
länger anhält, als dieses. In der Regel endet die
Knochenhautentzündung in Zertheilung, wo sie aber
ein eitriges Exsudat setzte folgen Garies u. Nekrose.
Eine solche Erkrankung der Knochenhaut kann ein
Jahr und länger unbemerkt fortbestehen ; sie ergreift
nicht das Periost aller Knochen gleichzeitig u. gleich-
massig, sondern hier stärker, dort schwächer, hier
früher, dort später. Die grösste Anzahl der Fälle
von Garies und Nekrose im kindlichen Aller hat ihren
Ausgangspunkt ih einer Scharlachkrankheit, sollte
diese auch schon vor Jahren dagewesen sein [T?].
V. CHnAofefto n^ J?Mdiatrik.
801
Bf tit dibei § mb glwOhgtlUif , «b «n CkanlliAm fett*»
her Torfaanden yfw, od«r ob die scarlatinOse IMat**
entioiscbmig oboe dasselbe verlief. [POrwabr eine
•twM kttbn^ BelMMif^img !]. Ebenso baben die Cariet
des F«lieBbeins «nd da« cbronmhe NMengeschwflr
im KiDdesalter ibren Entsteiranf^grund gewObnHch
in dieser scarJatinOsen Blatkrase, möge lein exquisi-
tes Exantbem dagewesen sein oder nicht.
Bin ielereseeoles Symptom der Soberlaefakrank*
heit ist der sogen. Zwigenfriesel. Er ist nicbt con*
Stent wßd steht in keinem direoten Verhlkniss in
dem Grade des Exanthems oder der Krankheit iber-
liappt hm schOpst^p zeigt er sich auf dem Rocken
der Zqngenwurxel in Form eines klaren, serösen«
bisweilen aneh sepopmnilenten Eisedats auf den Per*
piHen fnngiform. Bei rein serösem Erguss sitzt er
wie eine Uianartige Perle auf den ZungenwSrzcben ;
nienfils jedpcb auf den Pap. üUformib. , wo er siicb
nnr als ein weisser, filziger Beleg darslelit
Pericardium, PlsMca und PeritoeättO) werden sehr
bmBg in der SebarlacbkcanUieit afficart, die Synovial^
btute aber beinahe immer mehr oder weniger stark.
Sie sind so häufig erkrankt , als die Mundschleimhaut
und knesere HaiHt» ja selbst wo kein Exantbem ^t^
sebien, waren doch die Gelenke, besondeirs die Hand-o
und Pnssgdenke , ergriffen. Bas leiden der serösen
Baute bezeichnet ein seröser, seroplastisqher oder
aerop«inilenter Ccguss in ihre Hobla^i^ An dßu Ge-^
lenken bildet sieh oft eine fttrmlsohe £nte41ndiuigsger
scbwnlet, wahrend andere Male nnr eine Empfind*
llcbkeit gegen Druck vo.rbanden ist. Diese EntzUn-
dong der Synoviaibkute zeigt sich frttber, als das
Exanthem, hak wahrend desselben an und setzt sieh
oft neck mehrere Weehen Itnger fort. Sie bietet
oft ToUkommen die Erscheinungen eines Bheumatis-
mus aeutua dar, und wird oft irrlbQnlieb Uhr das
Frodnet einer hinzugetretenen Erkaltmg angesehen.
An die Entsflndungen der seröse» Häute reihen
sich die hydropiscben Emcbeinungen , liker deren
Ei^tebung die versohiedenartigaten » aber aHwptlicb
baUoean Hypothesen gemalt worden aind. Weder die
Bescbalfenbeit &^ fiant , noch die 4er Nieren giebt
einen genOgenden Grund für die Entwicklung der
Seharlaebwaaaersuoht ab. Weit natttrlieber läset
aieh dieselbe aas der dem Sebarlacb eigentbflnilieben
Bintbeeebaibttheft ableiten. Das Wesen des Sehar-
lachs besteht nämlich in einer Veränderung , Erkran-
kaa« des Blntesf deren Folge die Loenlaflectionen
sind« Biese tlnterhranknng besteht darin , dass das
kBinmen (TaserstolT) sich nicht mehr in dem norma-
len VerbäUoiase mit den wässrigen Theilen und den
Blntkflgelchen mischt , indem sich die Cohäsinn das
Albomens (FasersU^fTs) mehrt. Durqb diea^ vermehrte
GehlaiiNi des AthnmsM werden wässnge Beitand-
ebeSe, ee wie Blatfctigekfben ansgetrieben , das Blnt
wird tropfbar fltlssiger, es entstehen Nasenbluten,
capiOäre Apoplexien in den Muskell» ¥. s. w* Die
Gnde der aufgehobenen Misohnngsfähigkeit des Al-
ibi. JahrM. Bd. ^. Bft t.
bnmena sind natürlieb sehr rersehieden. Ancb lässt
sieh dieser Zustand an dem aus der Ader gelassenen
Blute erkennen, welches eine Speckhaut bildet In-
dem pim das so entmischte Blut durch die CapUlaren
geAineben wird, bilden sieh die Entzündungen aus,
weil die vtscideren Theile der Druckkraft des Herzens
mehr Widerstand leisten, als die wässrigen und län-
gßf an den Wandupgen der Böbrep verweilen, wo-
dnncb diese alimälig angelGiUt, verstopft werden, so
dass Stase, Entzandung, Oedem entsteht. Von die-
ser Veränderung befallene Gapillaren (reffen wir in
der Bachenscbleimhaut, der Culia » den Synovialbku-
len, Lungen, Nieren, Muskeln, dem Periost u. s. w.
an. Natdrlieb muss sowohl das Kaliber, als die
Verästelung der Haargefässe dabei von Belang sein. —
Pie Oedeme bei Scharlach entstehen mithin durch
Obstruction der feinsten Venenäsichen.
Die Mrsacbe , die Art und Weise der Entstehung
der Schariachkrankeit sind noch in tiefes Dunkel ge-
bllUt. indess ist man doch fast allgemein einver-
standen, dass das erzeugende Moment in atmosphäri-
schen EinflAßsen liege, durch welche zunächst der
AlbmHAgsppooeaa gesftäirt wird. Ansteckend ist der
Scharlach niclit [??] > dagegen bat er eine anlfallende
Aehnlichkeit mit dem Rheumatismus acutus, ja es
giebt, beaenders im Kindes- nnd Knaben-, sekener
im Ifloglingssiter, TOIe, wo man ebenso gut sagen
kiöiMite, der Kr. leide an einem acuten Rheumatismus,
Als i^JBß SohaiTlach. Es läs&t sich mithin wohl anneh-
men , dass der RhenDMÜsnns acutus bei Kindern ein
Symptom der Scbarlecbkrankbelt sei, oder umgekehrt,
und dass, wo er ohne Exanthem auftritt, er die Schar-
lachkrankheit olme Scharlach darstelle.
[Ref. giebt diese Mittheilung, welche bei vieler
Originalität doch aneh zu manchen Zweifeln u. Ein-
wänden Veranlassung giebt, ohne seine eignen Be-
merkungen daran zu knöpfen. Jeder Leser wird ge-
wias selbst finden , dass Vf. durch eine von ihm ge-
wonnene Ansicht wesentlich an Unbefangenheit verlo-
ren hat.] (Kflttner.)
t85. SOtfUtina «IBJUipa, Jbscess am HaUe,
Atf uher den reckttn Brusimwkel siek ausbreitend;
Tad durek Blutung , vfm Fersckwärung der Fena
jugul, int und eines Zweiges der V. subclav. her-
rShrend; von Dr. R. h Haie. (Lond. Jaum. Ai|g.
iBd<).)
per mitgetbeUte Fall, dessen üauptmomente schon
in der Ueberaohhlt bezeichnet siDd, betriflt ejoen gjabr.
knahea, der, als ihn Vf. zuerst sab, seit 2 Tagen über Hals-
acbmenen geklagt hatte. Vf. fand linde AaachweUung ckr
Tonsillen «nd der Ümla , «s bildete sich am folgenden Tage
daselbst -ein Gescbwör und am 2. Tage hatte sich die Uvula
abg«|lQat. Die brandige j^eratörung im Rachen griff weiter um
sich; awk. T. der.Bebandking-erscbien der Abscess, durch
dessen EntUernqg aqscbeinend Genesnqg erfolgte. Am id. T.
der Bebandlnng brach aber die Abscessqarbe wahrend eines
UustenaP^Ues wieder auf; es erfolgte beträchtliche Blutung,
die wibcead 4er folgenden Tnge sich mebrmals wiedecholte u.
iwährend einer. sol«^ ,s^rb 4er Kr. am 89. T. der Krankheit.
V. GynXkologie u. Psdiatrik.
Leichenoffnang 28 Std. nach dem Tode. Korper sehr
abgemagert ; die rechte Seite viel mehr hervorragend , als die
linke ; unmittelbar über der OefTnung des Abscesses 2 andere,
durch Loslösung der Haut gebildete Oeffnungen , über der
Clavicula eine dritte; der Abscess Ober dem Qrustmuskel bis
in die Achselhöhle , und von da aufwärts iiher die Clavicula
in den Hals^ an dem Winkel des Unterkiefers entlang, bis ao
den Zitzentheil des Schläfenbeins ausgebreilel ; der Brust-
muskel sehr erweicht und zum Theii in eine hrciartige Masse
verwandelt. Ein Blutklumpen füllte den AchselhÖhlenraum
aus , ein anderer befand sich über der Clavicula ; nach Ent-
fernung des letztern zeigte sich die uiceririe OeffnuBg eines
Zweiges der V. subclavia. Beim Druck auf die Scheide der
tiefen Halsgefässe sprang ein Blutstrahl hervor , welcher aus
einer uicerirten , mit verdickten und auswartsgekehrten Rän-
dern versehenen Oeffnung der V. jugul. int. kam; dieselbe
war etwas viereckig, über »/j" lang, und von einem Faser-
stofigerinnsel gänzlich ausgefüllt, welches sich ungefähr 4''
nach oben und unten ausbreitete. — Thorax. In der rech-
ten Pleurahöhle über 1 Quart serös -eitriger Flüssigkeit; die
Lunge gegen den hintern Tbeil des Brustkastens gedrückt,
fest, undurchgängig und nur Y«'' dick; die linke Seite war
gesund. — Im Herzbeutel 1 Unze serös-eitriger Flüssigkeit.
Fetzen von Lymphe an der Basis des Herzens dieselbe locker
mit dem Herzbeutel verbindend, andere in der Flüssigkeit;
das Herz übrigens gesund ; im rechten Ventrikel ein Faser-
stofTgerinnsel. — - Die Nieren beträchtlich congestiv und
etwas weich. — Im rechten Knie beiläufig 1 Unze Eiler. —
Im Zellgewebe zwischen den Schenkelmuskeln und aoch zwi-
schen den Muskelbündeln Eiter. — Die Gefässe ohne Spur
. von Phlebitis.
Vf. bemerkt, wie durch den fragl. Fall bewiesen wird,
das» die Nierenaffection häuflg schon unter den primären Er-
scheinungen der Krankheit auftritt. Wie gewöhnlich bei
Scarlatina maligna , fehlte der Ausschlag gänzlich ; am 3. T.
der Behandlung , dem 5. der Krankheit , zeigte sich Eiweiss
im Urin ; der Hals und die Nieren wurden zu ein und dersel-
ben Zeit afGcirt, eine Thatsache, woraus sich schliessen lasst,
dass durch die Gegenwart auszuscheidender Stoffe im Blute
die allgemeinen Symptome gesteigert wurden. Vorzüglich
auffallend ist die überaus schnelle Zerstörung der Uvula , der
Tonsillen und des Gaumens, die fast gleichzeitige Eiterbil-
dung, und die so schnell vorschreitende Besserung. Hin-
sichtlich der Blutung muss man annehmen, dass entweder
die Verschwärung während der ganzen Zeit immer weiter vor-
geschritten sei , oder dass das Zellgewebe um die Halsgefässe
durch die Zerstörungslhätigkeit der Krankheit entfernt und
es nur einer geringen Vermehrung der ausdehnenden Kraft
von innen, wie z. B. durch heftiges Husten, bedurfte, um die
Gefässe zum Bersten zu bringen. — Die serösen Entzündun-
gen sind jedenfalls secundäre Erscheinungen der beim Schar-
lach vorkommenden Nephritis. Dr. Golding Bird be-
merkt , dass die Nachkrankheiten des Scharlach fast alle auf
die Zurückhaltung der stickstoffigen Elemente des Urins im
Blute zu beziehen sind, und alsdann vorzüglich durch die Nei-
gung, als seröse Entzündung, besonders des Herzbeutels, der
Pleura und der Arachooidea, aufzutreten, sich charakterisiren.
Dafür spricht auch unser Fall , indem am 24. T. der Krank-
heit deutliche Symptome von Entzündung mit Eitererguss in
die Pleurahöhle auftraten. Zu bemerken ist, dass anfangs,
wo nur ein kleiner Theil der Lunge ergriffen war, die Schwer-
athmigkeit viel heftiger hervortrat, als später, wo fast die
ganze Lunge zerstört war. Diese nicht sehr selten vorkom-
mende Erscheinung zeigt , dass sich der Organismus bei ge-
wissen Zuständen dem gehemmten Zustande der Athmung od.
anderer Functionen accommodirt. Bemerk enswerth ist die
Gegenwart des Eiters im Kniegelenk , obgleich sich nicht die
geringsten Spuren einer Phlebitis bemerken liessen. Vf.
fragt , ob nicht der Eiter durch die ulcerirte Oeffnung der In-
nern Jugularvenc in den Blutstrom gelangen und sich auch
ohne Phlebitis im Kniegelenk ablagern konnte. Es liesse sich
aber auch annehmen , dass analog der serösen Entzündung in
der Brusthöhle , eine secundäre Entzündung daselbst auftrat.
Einen ähnlichen Fall hat Dr. Alex. King (Monthly
Journ. March 1843) mitgetheih. Der Kr. war schon in der
Besserung begriffen, als sich ein kleiner Abscess im Halse
öffnete und eine Blutung stattfand. Druck auf die CarotideD
blieb ohne Erfolg, indem dadurch bei der Lage der Geschwulst
Husten erregt wurde. Die Seclion zeigte, dass die innere
Jugularvene verletzt war, indem 2'" unter der Basis des
Schadeis ein beinahe i" grosses Stück der äussern Wandung,
welches wie mit einem scharfen Sealpeil herausgeschnitten zu
sein schien, fehlte. (Schröder.)
186. Ichthyosis in aeUner Ausdehnung, nebsi
einigen Bemerkungen über das Wesen der Krank-
heit; von Dr. Lode. (Journ. f. Kinderkr. Mai. Juni.
1851.)
Das 6jähr. , etwas magere , aber sehr muntere Kind ist,
mit Ausnahme der Inguinalgegend und Vulva, über den ganzes
Körper von einer dicken, schuppenartigen Exloliatioo der
Epidermis ohne alle Spur von Hautentzündung bedeckt. Die
Schuppen variiren in ihrem Umfange von der Grösse einer
Linse bis zu der eines Thalers , die kleinsten befinden sich
auf dem Kopfe und im Gesichte , die grössten auf den Extre-
mitäten. Ihre Dicke ist durchschnittlich die eines festen
Schreibepapiers , wobei sie pergamentartig knittern , während
die an den Extremitäten die Stärke von 1 — li/j'" erreichen.
Der Form nach sind die grossem, dunnern tellerartig mit
etwas aufgebogenem Rande (Varietas scutellata S c h ö n 1 e i n), .
die dickern nach dem Mittelpunkte erhoben (Var. acuminata
S c h ö n 1.). Dabei haben sie je nach den verschiedenen Kör-
perstellen bald mehr eine kreisrunde (Oberarm), bald eine
rhomboidale (Bauch und Brust), bald mehr eine unregel-
mässig polygone (Fussrücken) Gestalt. An den Vorderarmen,
Unterschenkeln und über den ganzen Rücken, wo die Los-
trennung der einzelnen Schuppen nicht ringsum, sondern nar
von einer Seite erfolgt, ähneln dieselben am meisten den
Fischschnppen. So lange sich die Ränder noch nicht gelöst
haben, sind die einzelnen Stücke durch gerade oder geschlän-
gelte Furchen von einander getrennt , die sich an den hom-
artig verdickten Stellen (Handrücken) sogar bis in die Cutis
erstrecken und dann bei starker Spannung zu bluten begin-
nen. An andern Tbeilen , wo die Risse nur durch eine mas-
sig verdickte Epidermis gehen , sind sie von einem grauweiss-
lichen kleienartigen Staube erfüllt.
Die Farbe der Körperoberfläche ist erdfahl, spielt an
einzelnen Stellen ins Graue und wird um so dunkler, je
dicker und rissiger die Epidermis ist , so dass sie an Händen
und Füssen theilweise ins Schwärzliche übergeht. Die dun-
nern Schuppen besitzen zum Theil eine*Art von Glanz.
Bei Lostrennung der Schuppen findet man darunter eine,
wenn auch glatte , doch bereiu verdickte und im Absterben
begriffene Epidermis von schmutzig-weisser , zuweilen auch
von röthiicher Farbe. Bei künstlicher Ablösung der Schup-
pen erfolgt nie ein Einreissen der benachbarten gesunden
Haut, vielmehr ist dieselbe völlig schmerzlos. Ein an be-
stimmte Jahreszeiten gebundenes Abfallen der Schuppen , wie
es Alibert beobachtet haben will, findet nicht Statt; die
Exfoliation geschieht ununterbrochen.
Unter der Loupe erscheint die von aen Schuppen befreite
Epidermis wie längere Zeit in Wasser macerirt, die den Pa-
pillen entsprechenden Leisten sind flacher und weiter ansein-
andergerückt, die Mündungen der Schweisskanäle und Talg-
drüsen nicht wahrnehmbar. Auch hat das Kind niemals ge-
schwitzt.
Trotz des harten Ueberzuges scheint die EmpflndlichkeH
der Haut gesteigert zu sein. Floh- und Muckenstiche erre-
gen wenigstens, wenn sie in die Cutis dringen, lebhafte und
ziemlich anhaltende Schmerzed, auch an dunnern Stellen,
z. B. im Gesichte, eine stärkere und länger dauernde An-
schwellung und Röthe. /^-^ i
Nach den einzelnen Korper/tehen gestanzt sich das Bild
folgendermaassen.
V. Gynäkologie u. Pxdiatrik.
203
htg Kopf ist mil güunden, blonden, nicht sehr äppigen
Haaren Ton nonnaler l^ge bedeckt, zwischen denen einzelne,
flach anliegende, gelbliche Schuppen siebtbar sind.
Im Gesicht ist die Haut in bogenförmige Risse und pa-
pierdicke Exfoliationen zersprungen, welche vom Umfange
des Mundes ausgehend strahlenförmig über Wangen o. Kinn
▼erlaufen.
An den sehr magern obem Extremitäten hängt die Haut
loae um die Knochen. Streck- und Bengeseite, so wie die
Acbsein sind mit dichtgedrängten Schuppen besetzt. Am
Olecranon dicke Qoerfalten. Aehnlich sind die. untern Ex-
tremitäten beschaffen, und selbst die Kniekehlen nicht ver-
•ehoDC. Die Patella wird gleich dem Ofecranon von unförm-
lichen Hautfalten bedeckt. Am besten lässt sich die Haut
der Extremitäten mit einer Schlangen haut vergleichen.
Die Handräcken sind von einer Vs'"' dicken, schmutsig-
weissen Haut Oberzogen , die getrocknetem Leder gleicht und
das Ballen der Hand verhindern wurde , wenn sie nicht durch
liefe, bis in das Corium dringende Risse quer durchschnitten
wäre. Andere der Länge nach verlaufende Furchen theilen
die Streifen in unregelmässige Vierecke, deren einige den
höchsten Grad der Verdickung erreicht haben (Ichth. cornea),
indem sie einen nach oben abgerundeten hörneruen, 1 — IV2'"
dicken Buck(>l darstellen. Die Handfläche zeigt eine glänzend
spröde Beschaffenheit , die eine grosse Aehnlichkeit mit dem
Marieogla» hat.
Ao den Füssen laufen die Fissuren und Erhebungen nach
allen Richtungen. Am äussern Rande des Fussruckens , wo
die Exfoliationen nur mit einer Kratzbürste zu vergleichen
sind, hat sieb zwischen ihnen so viel Staub gesammelt , dass
der Fnss trotz häußgen Badens wie mit Schlamm besudelt
BBtsiebt. Einzelne Stellen erheben sich fast wie Stacheln
(Icfatb. hTStrix und Cornea acnminata). Die Fusssohle gleicht
am meisten geglätteter Pappe, sogen. Pressspan.
Frei von Schuppenbildung sind nur die Inguinalgegeoden
und die Vulva , doch erscheinen diese Theile wie mit Mehl
gepudert.
Die Nägel und Zähne sind , wie die Haare , vollkommen
gesund.
Diese Erkrankung der Haut ist zuerst 14 Tage nach der
Geburt wahrgenommen worden. Anfangs hat die Haut wie
mit feinen weissen Aederchen durchzogen ausgesehen , die bei
genauerer Besichtigung aus einem feinen, weissen Staube be-
standen. Allmälig wurden die feinen Streifen immer breiter,
dann nahm die Haut eine derbere Beschaffenheit an, löste
sich in kleinern und grossem Schuppen und bekam zuletzt
die gegenwärtige Beschaffenheit.
Besondere ätiologische Momente sind nicht aufzufinden,
die Aeltem.sind vollkommen gesund, auch ist bei keinem
anders Mitgliede der Familie ein ähnliches Leiden zu bemer-
ken. Während der Schwangerschaft soll die Mutter eine
Flechte an der Hand gehabt haben , die nach dem Wochen-
bette verschwunden war.
Das Kind Bat einen lymphatischen Habitus, doch ohne
entschiedene scrophulöse Charaktere. Besonders sind nir-
gends Drusenanschwellungen vorhanden. Ebenso hat Pat.
nie an pustulösen oder vesikulösen Ausschlägen gelitten. Das
Allgemeinbefinden ist durchaus ungetrübt , die Haut nirgends
geröthet oder schmerzhaft.
Die Heilveraache mit Fowler'scher Solution blieben durch*
aus erfolglos. Ganze Bader vertrug das Kind nicht, nur Hand-
nnd Fussbäder konnten zur Lösung der dicken Schuppen an-
gewendet werden , und so schied die kleine Kranke nach 6
Wochen ungebessert aus der Behandlung des Vfs.
AnfTallend ist, dass das Kind nie einen febrilen Ausschlag
gehabt hat , ao dass ihr Sehuppenpanzer sie gegen derartige
Ansteckungen zu schützen scheint. Die von dem Vf. theiis
an einer vollständig erkrankten Stelle der Epidermis am Ober-
arme nach Entfernung der Schuppen , theiis in der gesunden
Leistengegend vorgenommene Vaccination lieferte an ersterero
Bläschen , deren äussere , augenscheinlich dickere HuUe sich
anfangs nicht recht erheben wollte , so dass die Pocken am
8. Tage Hubneraugen ähnelten , unter denen sich Eiter ange-
sammelt hat und nur einen ganz flachen Nabel zeigten , wah-
rend die in der Leistengegend durchaus normal verliefen.
Ebenso war hier die Narbenbildung vollständig, wogegen am
Oberarme das netzförmige Gefuge derselben fehlte und sie
durch neue Schuppenbildung bald völlig unsichtbar wurden.
Die mikroskopische Untersuchung der exfoliirten Epider-
mis ergab nichts Besonderes. Eine Pilzbildung zeigte sich
nirgends. Ebenso wenig eine Pigmentablagerung. Auch liess
sich keine Veränderung der Cutispapillen durch die Loupe
wahrnehmen.
Vf. giebt auf Grund dieser Beobachtung seine
Ansicht über das Wesen der Ichthyosis dahin ab, dass
dieselbe nicht , wie Thomson meint , ein tuberku-
löses Leiden sei, oder nach Bateman ihren Grund
in einer kegelförmigen Hypertrophie der Gutispapillen
habe , noch mit T i I e s i u s und Schmidt für eine
Krankheit der Folliculi sebacei , oder mit G 0 0 d und
Wilson fUr eine abnorme Secretion von Kalksalzen
oder Haut#chmiere (Prodiict der Talgdrüsen) ange-
sehen werden könne, sondern dass das Leiden ohne
Zweifel ursprünglich von einer Anomalie der Cutis
ausgehe, die sich in deren das Cystoblastem secerni-
renden Thtftigkcit kundgehe, wodurch die als ein
Secret der Cutis zu betrachtende Epidermis eine ab-
weichende Beschaflenheit erhalte. Dagegen sei der
dem Tastsinn dienende Papillarkörper der Haut bei
der Krankheit unhelheiligt, obgleich er, nach Ande-
rer Beobachtung, auch gleichzeitig hypertrophirl sein
könne, was dann, ebenso wie eine anomale Beschaf-
fenheit der Talgdrüsen , als eine blose Complication
betrachtet werden müsse. Aus allem diesen folgert
Vf., dass die Ichthyosis nicht, wie man diess häußg
gethnn, unter die Hypertrophien gesteUt werden
kOnne, sondern zu den krankhaft vermehrten Aus-
scheidungen gehöre, welche ein alienirtes Product
liefern, und sich mithin den Afterproducten nähere.
Als ein solches giobl sich die ichlhyotische Epi-
dermis nicht blos mikroskopisch zu erkennen , indem
Gluge ausser zahlreichen Schichten von Epidermis-
zellen zugleich eine formlose Masse darin fand , die
in sehr regelmilssigcn circulSren Schichten abgelagert
war, sondern es bestätigt diess auch di^ chemische
Untersuchung von John und F. Simon, welche
einen viel bedeutendem Gehalt von Eisenoxyd mit
kohlens. und phosphors. Kalk in derartigen Haut-
schuppen nacbwiess. Moriland fand darin keinen
kohlens. , sondern phosphors. Kalk , Eisenoxyd und
eine beträchtliche Menge Kieselsäure, welche letztere
in der gesunden Haut ganz fehlL (K U 1 1 n e r.)
187. Die Anwendung des Wiener Aetimit-
tels nnd des GlfiheisenS im KinderhospitaU zu
Paris ; von Guersant (fils). (Gaz. des Höp. 84.
1851.)
Nach kurzer Angabe der bekannten Anwendungs-
weise und der eigenthUmlichen Vortheile des ff^ien.
Aetzmittels bemerkt Vf. , dass es in dem fragl. Ho-
SM
V« (9}««L<dogi6 jL PXüMrib
spttale gegen folg^i^e KnvkheiteB voriiigsweiM ift
Sebraticih gezogen werde.
1) Chronische Gelenkentzündungen, Das Wie-
ner Aetzmittel wird in der Grösse eines Frankstttoks
hl die Nahe des afllcirten GeTenks gelegt nnd das Ge-
schwär nach Abfallen des Schorfs mit reizenden Sal-
ben unterhalten, oder durch Einlegung von Erbsen in
ein Fontänen verwandelt. Am zweckmasstgsten ist
es, alle 2 Mon. die Aetzung zu erneuern. Die Nar-
ben der Aetzung sind platt, gleichförmig, nicht erha-
ben, und werden häufig ganz und gar verwachsen.
2) Erectile Geschwulsie , Muttermäler mit er-
weiterten Capillargefassen. Hier ändert das Aetz-
mittel auf gefahrlose Weise die Angiektasie um, und
eine beträchtliche Blutung ist weder bei der Verschor«-
fuBg , noch bei der Eiterung zu befttrchten , sobald
das Mal nur in der Haut sitzt und sieb nicht liefer bis
zum Zellgewebe erstreckt. Bei kleinen Multermälern
reicht oft eine einzige Aetzung zur völligen Heilung
hin. Bei grössern muss die Aetzung mel^rmals wie-
derholt werden; bei sehr umfänglichen, oder bei
solchen , die sich bis ins Zellgewebe erstrecken und
mit Fettanhäufung gepaart sind, ist die Aetzpaste
nicht genügend.
3) Bülggtsekwülste. Obgleich im Altgemeinen
die Chirurgen Balggeschwttlste mit dem Messer vk
exstirpiren pflegen, so hat doch bei Kindern dietfe
anscheinend geringfllgige Operation nicht selten ttMe
Folgen , indem sich ein heftiges , rasch sieh verbr^i-
tendes Wunderysipel einstellt , welches die Heilung
verzögert, u. selbst das Leben in Gefahr setzt. Nacb
Entfernung der Balggeschwttlste durch Aetzung ist
dagegen noch nie Erysipelas beobachtet worden« Bei
kleinen hiseln^ssgrossen Balggeschwülsten legt man
eine bohnengrosse Paste auf und sueht vmb 5. Tajge
nach der Aetzung durch täglich angebrachten Druck
die Geschwulst herauszubefördern. Bei eigrossen
Balggeschwttlsten applicirt man eine länglich - ovale
Paste, die in den grOsst^n Durchmesser der Geschwulst
ßllit. Ist der Schorf abgefallen , so erweitert man
mit dem Spatel die Aetzwunde, um die Gesdiwulst
cxtrahiren zu können , oder man drückt ihren Inhalt
aus und entfernt mit der Pincette die Balgwandung.
Will man schnell zum Ziele kommen , so kann man
schon den Tag nach der Aetzung den Schorf ein-
schneiden, die Geschwulst freilegen und exstirpiren,
ohne noch eine rosenartige Entzündung befürchten
tu dürfen.
4) Fehlerhafte Narben, Narben nach scrophu-
lösen Drüsenabscessen und nach Verbrennungen sind
häufig erhaben, höckerig und äusserst entstellend.
Durch die vorsichtige Application der Wiener Aetz-
pnste , werden sie in platte , ebene , wenig odier gar
nicht mehr entstellende Narben verwandelt.
Das Glüheisen, bekanntlich von viel rascherer
und intensiverer , aber auch schmerzhafterer u. mehr
angreifender Wirkung als das Aetzmittel, wird im
Kinderhospitflle bei folgenden AfTeclionen gewählt.
1) Gelenkentzündungen, Ciafies der Gelenk--
endm, wo <for hranMh^ Pmhus tief eisende,
alle B!uhe tänbende und eräeköpfende St'kmigrzen
hervorgerufen hat. Hier schwinden die Schmerzen
oft augenblicklich oder mind^erti sich und w^den er-
träglicher. Je nachdem eine kleine runde, oder ein^
breitere, oder eine längere linienförmige Brandsohorf*
bildung bezweckt wird, gebraucht man ein oliven-
förmiges, münzenförmiges oder prismatisches EiMD*
In der Weissglühhitze verursacht die Application des
Eisens geringere Schmerten, als beitti RotbgTtthen.
2) Erectile Geschwülste und Muttermalen, hei
welchen die fFimer ateistpa^te niekt nusrmtki. B«t
Malern im Gesicht ist es besser, dte'Wiener AiMpasie,
oder di« Absehnümng mit Nadeln and Ffd«h iU ge-
brauehen , w^il hie^ ifie Näti)eribildung ^hae bearon-
dere Aufmerksamkeit erheischt; an andern Körper-
tbeilen hingsgen , und wenn namentlieb der Naeva»
ausgedehnt ist und mit FettanhiMifiing complitirt, ge^
wäh^t das dlüheisen den Voftheil der raschen \lm^
Stimmung und Heilung, wenn auch mit weniger guter
Narbe. In neuester Zeit ist von 0. mehrnaU die
Durchstechung der Basis des Mals mit w«issglafaeil»
den Nadeln mit überraschendem Erfolg angewendet
worden.
3) Gangränöse Zerstörung an den Schleim-
häuten. Das oberflächliche Berühren mit dem Gltth-
eisen hält am sic4iepsten die Weiterverbr^itung der
gangränösen ZerätOrutig auf, die bei scrophutoseii
Kindern so oft sich in der Mundhöhle , am After und
it der Vulva entwid(^lt.' Da»s Glüh^isen als
örtliches Mittel ist in solchen Fällen stets mit einer
geeigneten innern Behandlung zu verbinden.
4) Prolapsus recti. Die adstringirenden Miliel
haben G. zur Beseitigung von Mastdarmvorlällen noch
Die etwas geleistet und das Ausseiineiden von Fallen
•fis der Uibgegeiid des Alters nadi Dnpuytrco ist
äite OperMton , die häufig stäfie Bhilungen hervor-
ruft, nach welcher sich leicht erysipelalöse Entzün-
dung einstellt, und die, wenn sie helfen seil, die
Ruhe und Energie eines Erwaehsenen fordert. Am
besten hat sieb G. die Ganterisa tion mit dem Aoth-
giüheisen fn der Weise 'bewährt , dasa er mit dedi
tugespitktiin Eisen gerade an der Stelle , wo di^
Scheimhaut des Afters in die äussere Haut tlbergelit,
4 — 5 V* lange Striche machte, wekhe gleicUmäsug
die Haut und Schleimhaut betheiligten.
5) Wuchernde, sekwontmige Gewüdkse taut
Zahnfleisch, und schwammige subcutane Geweb-
bildung an den Gelenken. Wenn bei sehweflinigen
Wucherungen des Zahnfleisches, die ^n ider Kno«*
efaenhaut ausgehen , die adstringirenden lind ätzen-
den Mittel sich nutzlos erwiesen haben, iät der Ge-
brauch des ölüheisens gewöhnlich das beste Mittel,
um den kranken Process zum Aufhören zu bringen«
Ebenso sofawindet das schwammige subcvtrae Ge-
webe bei chronischen KniegelenkisnUUn düngen , was
nidht selten beim Gefühlen eine falsche rinctustiöil
giebt, oft rasch nach einigen oberflächlichen kppli-
cationen des Weissglttbeisens* (S t r e^i b e L)
VI. Chimi«!«, OpMuiaMtogi« i. OlUthlu
VL Chirurgie, OpiitltaliDologie nnd Otiatrikt
188. FikrCt-Blastische (hMliwiilst is tib*
ptrilMialei Zellgevebe to leg. iliaet süh
EaB$iirpati»M ; von fioachtocurt. (Gaz. 4«b Hdp.
liO. 1851.)
GMchwtllsU, die ib i4€r R«f io ilMen bervortretta
kftittOB 1) aus dar Haut und dem Zellgewetve, 2)
«•B der Mcke dar HMkeln und Sehnen , 3) aus dam
MbpeiiiaiiXalen ZeUfawabe und 4) am der Gaviias
iMtttmnaaUa «MifirmgeA«
Die OMdhwtSlsle in der BatU vnd dem Zvltge-
weke d(tr Regio iliaca verursachen ftn Allgemeinen
«reuig Schwierigkeit; die Exsiirpation ist meist leicht,
es kommt selten au einer bedeutenden Blutung, und
dve Wunde heilt gewöhnlich per primam intentionem ;
nur bei sehr umfangreichen und ausgedehnten Ge-
aehwelsieii iM man die der Operation zutveilcn nach-
fölgdede diffuse Zellgewebsenizimdung zu fftrcbten.
Schwieriger und mehr ZoftUen unterworfen ist die
BxBtirpation von Geschwflisten aus der Tiefe der
Muskeln ; hier kommt es leicht zu arteriellen Blutun-
gen, die sieb schwer hemmen lassen , da man selten
die verletzte Arterie fassen und unterbinden kann» u.
gezwungen wird, die Muskeln zu umstechen; das
Zellgewebe und die Muskeln entzünden sich, u. wenn
die enUflodung sidi steigen , so geht sie leicht auf
das sebperitonaale Zellgewebe und anf das Banchfen
Ober. Oie Bxstil-palton wird noch geflihrlicber bei
CesebwOlslen , die im subperiton&alen Zetigeweht
aitien , zumal wenn die Geschwulst durch feste Ad-
hxaioiieB mit dem flaucbAiU verwachsen ist ; bei der
grOssten Vorsicht folgt der Operation eine partielle
f eritflfDitis , die leicht sich verbreiten und lOdlNch
werden kann. <}eschwttlsle endlich, die aus der C«vi-
Iftr peritattäaUs emporkeimen, dürfen meist gar nicht
berührt werden, und nur ausnahmsweise, wenn es
sieh um Lebettsreltung handelt, ist das einzige, aber
hockst gefährliche Mittel, die Bxstirpation gerecht'-
fertigt.
Folgendes Beispiel mag dazu dienen, die Scbwie-
rigkeit der Diagnose und Operation hei subperitonäa-
len Geachwülsten zu erlSutern.
Eine 25jähr. , etwas schwichliche und irritable , aber
sonst gesunde F^an , die regelmässig menstmirt war und S
gesunde Kinder besass, entdeckte im Juli t^gO in der linkes
Begio Uia«a eine klaint , kaseleaaegrosee , karte Gtschwuist,
die nicht mit der Baucbbaut , die sich über derselben leicht
bewegen liess , zusammeobiog. Die kleine Geschwulst blieb
mebrare Monate ODTerindert und indoleot, im Sept. 18S0
aler Mg sie auf einmal an unter lebhalten, nach der Weiche
ond dem Sebonkel bin attsstrahleaden Schmersen sich nisck
zo vergrofsem. Bis zam Jan. 18ttl hatte die Geschwulst die
Grösse eines Kiibnereies erlangt und binderte die Pat. ziem-
Heb statk beim Geben. Im Febr. begab sich Pat. nach Lyon
in die Cfaerite , «m sfcb darcb Operation Yon der Geschwulst
bsiireien sn Jasaan. I^ie Gcachwolst sass geMd« vor der Hoken
Spina ant. inf. , sia war beim Druck nicht schmerzhaft , ver-
arsachte nor ziehenden Schmerz in der Leiste und im Schen-
kel nnd bebinderte die tme Beweglichkeit des letztern. Um-
bMta man mit den nttgetn die Basis dar «esshwnist , so er-
kannte man, das» diese bis unter die Baucbmoakaln sich
erstreckte; die Geschwulst liess sich ohne Scbraecxen nack
vom ziehen und Vf. erklarte sie für eine subperitonaale Ge-
scbwalst , die mit dem Bauchfell höchst wahrscheinlich ziem-
lieb fest Terwachsen sei. Die Nator der Geschwalst anlan-
gead , kielt sie Vf. in Beröcksichtigong des im Uebrigea guten
Gesundlieilszuslandes der FaL und in Betracht der Schmerz-
losigkeit für eine guiartige Geschwulst. Von einem Terb&rte-
tan LympbganglioB koante nicht die Bede sein , da dieae selr
lea eins solche Grösse erlangen nad nie isolirt Torkonunen*
Die starke Resistenz , welche die Geschwulst dem druckenden
Finger bot, sprach für die fibröse Beschaffenheit derselben.
VT. fobrtc die Operation auf folgende Welse aus. fladi^
dem ein Gehdife mit seinen beiden Händen die Geschwulst
▼on der Basis ans stark nach vorn gedruckt hatte, maekte
Vf. einen LingenschnKt durch die Haut , welcher gross genug
war, die Geschwulst noch mehr hervortreten zu lassen ; liisste
dieselbe mit 2 Haken , die er 2 Assistenten zum Halten Aber^
gab, und spaltete dann mit vorsichtigen MesserzQgen von vom
nach hinten die Geschwulst in 2 Tbetle. Als er der Basis der
Geschwulst nahe gekommen zu sein glaubte, fegte er du
Messer weg , ergrTff die beiden Hälften der Geschwulst und
zog sie langsam auseinander, um die Geschwulst bis zur Ba-
sis vollends zu trennen , da ihm dieses Verfahren sicherer
scheint , als die Methode par embrocbement , bei welcher ein
Hesser durch die Basis der Geschwulst gestossen und diese
von hinten nach vom in 2 Hitften getbeilt wird. Nach Hal-
birung der Geschwulst suchte er nun die einzelnen HSIflen
zu enucleiren , wobei er dieselben von den umgebenden Mus-
keln und Sehnen, mit denen sie fest verwachsen waren, tkeils
mit dem Messer, tbeils mit der Scheere vorsichtig trennte.
Die HerausschSlong gelang ohne Verletzung des Bauchfells,
die Geschwulst war an der Basis mit dem Bauchrell verwaek-
sen , das letztere aber erschien sonst gesund und ohne <>«-
fassinjectton oder Verdickung. Bei der Operation messten 8
Ligatoren angelegt werden, und die Blotung war ziemlich be-
deutend. Die Hautwunde wurde mit Heftpftasterstreifen zn<
sammengezogen und tAit Cbarpie und Compressen bedeckt.
• Std. nach der Operation stellte sich heftiges Beactionsfieber
ein , welches 16 &td. hing anhielt. Am 2. Tage nach der
Operation fing sich von der Wunde aus Erysipelas an zu ve?^
breiten , die Pat. war verstopft und klagte ilber heHige Leib-
schmerzen. Die traumatische Rose verbreitete sich allmilig
über die Hälfte des ganzen Unterleibs , die Wunde sonderte
trübes Wasser ab. Am 7. Tage fing die Wunde an zu eitern,
das Erysipel ging zurßck , die Penode trat unter galligem Ei^
brechen ein, und das Fieber liess nach. Die Eiterung werde
copiöser, der Eiter war dick, und am 12. Tage begannen die
Wundwinkel zu vernarben , und aus dem Gründe der Wunde
sproBSten üppige Granulationen hervor. Die letzte Ligatur
Bei am 14. Tage und am 20. Tage war die Operatioaswnnde
völlig verharscht.
Die exatirpirte Geschwulst wog 50 Grmm. , batle eine
eiförmige Gestalt, und maass in ihrem längsten Durchmesser
6 Gtmtr., in ihrem queren Durchmesser 3 Ctmtr. Die äussere
Schale der Geschwulst bestand aus einem äusserst dichten,
fiBserigen Gewebe, unter welchem sich ein grobmaschiges,
fibröses Gewebe befand, welches die Substanz der Geschwulst
bildete. In den Vaseben und Fächern des fibrösen Strome
lag mehr oder weniger erhärtete plastische Snbstaas.
(Streubel.)
199. Tohmhrihie l^gteBgeschinilgt fai to
BftttCbllöMB ; von Bonnafont. (Revue m^d. Oet.
1851.)
Ein kräniger und sonst gesunder Soldat bemerkte, nach-
dem er einige Monate lang dumpfe Leibschmerzen gehabt
hatte, eine AaBchwellong eker dem Nabel, die behn Druck
906
VI. Ghiruiigie» Ophthalmologie n. Otialrik.
xaräckwich und beweglich schien. Die Geschwulst in der
Bauchhöhle vergrösserte sich in 6 Non. nach und nach, be-
hinderte die Respiration einigermaassen, und ztvang den Pat,,
der die Anstrengung des Dienstes nicht mehr vertragen konnte,
sich in das Hospital Ton Ärras zu begeben. Bei der Unter-
suchung zeigte sich unter den Bauchdecken dicht Ober dem
Nabel eine resistente , harte Geschwulst mit derben Wandun-
gen, Ton ungefähr 42 — 13 Clmtr. Durchmesser. Die Ge-
schwulst war unbeweglich, beim Druck nicht schmerzhaft, und
der Torstehendste Theil derselben war von der Oberfläche der
Sussem Haut immer noch 4 — tf Ctmtr. weit entfernt. Pat.
befand sich im Uebrigen ganz wohl , hatte Appetit , verdaute
Tegelmassig und war heiter. Die der Reihe nach behufs der
Resolution angewendeten örtlichen Mittel, wie Blutegel, Rata-
plasmtfn , reizende Salben und PHaster erwiesen sich völlig
nutzlos, und die Geschwulst wuchs constant fort, dehnte den
Leib aus und halte sich nach 32 Tagen so erhoben , dass ihr
Gipfel nur noch V weit von der Hautoberfläche entfernt war.
Jetzt gelang es beim Drücken mit den Fingerspitzen Fluctua-
ftion in der Geschwulst zu erzeugen. Die Haut über der Cy-
«tengeschwulst fing an sich entzündlich zu röthen , allein die
Böthe verschwand nach einigen Tagen wieder. Die Schmer-
zen, die Pat. verspürte, waren massig und schienen blos vom
Druck der bedeutenden Geschwulst auf die benachbarten Or-
gane abzuhängen. Da die Geschwulst immer noch über 1"
weit von der Hautobernache entfernt war , so hielt Vf. das
Einstechen eines Bistouri , um die Entleerung zu bewirken,
für zu gefährlich, und zog daheir vor, i" über dem Nabel die
Wiener Aetzpaste im Umfange eines Frankenstucks zu appli-
ciren. Als nach 8 Tagen der Schorf abfiel , war die Ober-
fläche der Cyst(i kaum noch ^/^^ vom Grunde der geätzten
Stelle entfernt. Die Oberfiäche der Cyst« fing jetzt an , den
Grund der geätzten Stelle zu erheben und nach einigen Tagen
hatte sie ihn wie einen kleinen Nabelbruch nach aussen ge-
drangt. Vf. zögerte noch mit der Eröffnung, weil er das
Vordrängen der Cyste in Bezug auf die Verwachsung der Wan-
dungen derselben mit der Bauchhaut für äusserst günstig hielt.
Auf einmal in der Nacht bei einer Hustenbewegung riss die
Cystenwandung an der vorgedrängten Stelle, und es entleerten
•ich ungefähr 2 Liter einer serös-blutigen mit zahlreichen
EiterOocken vermischlen Flüssigkeit. Am andern Morgen
war der Leib zusammengesunken und die Cyste entleerte beim
Druck nur noch etwa ein Weinglas voll Flüssigkeit. Beim
Einführen einer Sonde in die Cyste konnte man bis zu den
Lendenwirbeln dringen ; hier schienen die ausserordentlich
dicken und festen Wandungen der Cyste angewachsen zu sein.
Es wurde ein Compressivverband mit einer Bipde ä 4 chefs
angelegt. Nach 3 Tagen wurde auf einmal die bisher geringe
und geruchlose Absonderung der Cyste copiös und stinkend ;
Vf. injicirte eine Mischung von 300 Grmm. Wasser mit 5
Gnnm. Jodtinctur. Nachdem 5 Tage täglich eine Injection
gemacht worden war , hörte die Secretion der Cyste fast ganz
auf, und die Wandungen derselben verklebten mit einander.
Nach 14 Tagen war nur noch eine kleine Oeffnung vorbanden,
durch welche die eingeführte Sonde kaum IV«'' ^eit in die
Tiefe dringen konnte. Nach 4 Wochen war die Vernarbung
vollendet. An der Stelle, wo die Cyste gelegen hatte, fühlte
man bei der Palpation einen härtlichen Strang , der nach den
Wirbelbeinen zu verlief (die verschrumpften und verwachsenen
Cystenwandungen) , und welcher den Pat. nicht im mindesten
belästigte. (Streu bei.)
190. larkschvamm des Hoden; von Prof.
Schuh. (Wien. med. Wchschr. 22. 1851.)
Der Markschwamm bildet die hKufigsle Entartung
des Hodens und zeigt in Bezug auf seine Härte ver-
schiedene Modificationen, so dass ihn die Schriftslei-
ler deshalb bald als Scirrhus, bald als Sarkom, bald
als Fungus medullaris beschrieben haben. SarcoceJe
ist der Golleclivname , den man für alle Ilodenent-
artungen erfunden bat, und wenn das AJtergebilde
mit Verdickung und Serumanhttufung in der Scbeiden-
haut verbunden war» brauchte man die Bezeichnung
Hydrosarcocele. Die festem Markschwammformeo
beginnen am Nebenhoden oder Hoden selbst mit einer
harten, unschmerzbaften , rundlichen, ebenen oder
hOckrigen Anschwellong. Aofönglich schmerzt die
Anschwellung nur beim starken Druck, verursacht
aber durch ihre Schwere lästiges bis in jjlie Lenden-
gegend sich erstreckendes Ziehen. Die anfllDglich
ebene Masse wird beim Wachsthum uneben, und na-
mentlich bildet meist der obere Theil einen in den
Samenstrang sich erstreckenden Kegel , dessen nach
oben gerichtete Spitze abgerundet ist. Bei nieht
rascher Vergrösserung pflegt der Markschwamm mit
dem Hodensack zu verwachsen , der nun allmfllig
seine Runzeln verliert, sich blau ßlrbt, von erweiter-
ten Venen durchzogen wird, und endlich nach Erwei-
chung des Marksckwamms aufbricht. Gewöhnlich
geht auf diese Weise ein grosser Theil des Uoden-
sacks verloren, wahrend die Wucherungen selten
bedeutend werden. Nach dem Aufbruch und manch*
mal schon vor demselben schwellen die Leistendrü-
sen an. Der entartete Samenstrang nähert sich dem
Leislenring, verliert, sobald er in den Leistenkanal
tritt, seine Verschiebbarkeit, wölbt die vordere Ka~
nalwand hervor und verbindet sich oft in Form eines
dicken Stranges mit Medullarmassen, die einstweilen
im Becken, in der Lendengegend, in der Niere, an
der Wirbelsäule oder im Gekröse sich gebildet haben.
Diese umRinglichen Massen drücken die Nerven und
Gefllsse, verdrängen den Magen und das Zwerchfell
und bedingen Oedem und Taubheit der Fttsse, Scheii-
kelschmerzen, Erbrechen, Schluchzen, Hartleibigkeil
u. s. w. Bei raschem Verlaufe , der am häufigsten
vorkommt, bricht das Aftergebilde nicht auf, selbst
wenn es bis zur Grösse eines Kindeskopfs gediehen
ist. Die Consislenz ist anfangs hart, später fangen
einzelne Stellen des Markschwamms an zu erweichen.
Während der Hodensack noch verschiebbar ist, ent-
arten schon der Samenstrang, die Leistendrüsen und
die Drüsen an verschiedenen Stellen des Unterleibs.
Die Schmerzen sind meist sehr gering« Sehr inter-
essant sind in diagnostischer Beziehung die weichen
Formen , die nicht nur wie die frUhern vom 20. —
60. J. vorkommen , sondern selbst bei Kindern ent-
stehen. Die anfangs härlliche Geschwulst wird ei-
förmig und so nachgiebig , dass sie einer Hydrocele
gleicht und nicht nur scheinbar, sondern wirklich
fluctuirL Ist nun, wie sehr häufig, keine Spur einer
Veränderung am Samenstrange noch zu bemerken,
so können selbst erfahrene Chirurgen leicht zu einer
Function verleitet werden , bei welcher sie eine mit
einer rahmähnliclien Masse gefüllte Höhlung findei.
Die Punclionswunde schliesst sich rasch wieder, allein
nach 14 Tagen merkt man beträchtliche Zunahme
der Geschwulst. Bei solchen Formen pflegt kein
Aufbruch, aber rasche Kacbexieenlwicklung zu folgen.
Wird der Hode , noch ehe der Samenstrang er-
grilTcn ist , oder che die Entartung des Samenstrangs
bis zum Leistenring reicht, und ehe die Leistendrüsen
angeschwollen sind , bei sonstiger guter Ernährung
VI. Chirurgie, OphOMlmdogi« u« Otiatrik.
207
und gutem Aussehen des Patienten , exstirpirt , so
lasst sich bei den festen und langsamer wachsenden
Formen eher eine gründliche Heilung dadurch erwar*
ten , als bei den weichen Formen , wo meist schon
unentdeckbare Keime in den innern Organen schlum-
mern, die nach der Operation rasch sich entwickeln.
Vf. sah 2 Mon. nach der Exstirpation grosse Mark-
knoten in der Leber sich bilden.
Sehr häufig findet man in den Markschwämmen
des Hodens ein Reticulum und oft so starke Blutaus-
trelang» dass die kOrnige Durchschnittsfläche das
Aussehen einer braunen Lungenhepatisation hat. Die
Markschwammmassen in der Nähe der Wirbelsäule
haben oft so bedeutende Extravasate, dass man glau-
ben kann ein Aneurysma vor sich zu haben.
Der Markschwamm des Hoden kann verwechselt
werden 1) mit %rfrocc/e bei verdickl6rScheidenhaul,
wobei bisweilen auch der Samenstrang verdickt ist,
so wie mit dem Markschwanim Hydrocele in Verbin-
dung stehen kann. Der Unterschied der Hydrocele
besteht im langsamem Verlauf, im geringern specifi-
schen Gewicht , welches man durch Erheben auf der
Hohlhand schätzt, im Mangel von harten Hockern an
der hintern Seilö der Geschwulst nnd im gewöhnlich
guten Aussehen des Patienten. Bei partieller Fluclua-
lion giebt die Function Aufschluss. Bei allgemeiner
Flucluation der Geschwulst kann , wenn der Verlauf
des Leidens und die Constitution des Pat. sich nicht
pricis genug bestimmen lassen, der Chirurg zwischen
der Annahme eines Markschwammes, einer Hydrocele
mit Scheidenhautverdickung, oder einer Hämatocele
schwanken. — 2) Mit einer Ferh&rtung nach Ent-
zündung. Letztere binterlässt oft einen sehr um-
fänglichen , härtlichen u. selbst beim Druck schmerz-
haften Hoden. Die vorausgegangenen Enlzündungs-
erscheinungen schliessen den Markschwamm aus, und
soHle man dennoch zweirein, so kann man versuchs-
weise einige Tage Breiumschläge machen, die den
Markschwamm etwas zum Wachsen bringen. — 3)
Mit Tuberkeln des Nebenhoden. Diese sind sehr
hart, meist länglich , entwickeln sich sehr langsam,
fibersteigen kaum je die GrOsse eines Hühnereies und
sind mit den Symptomen der Tuberkulose in andern
Organen vergesellschaftet — Mit Verknöcherung der
Seheidenhaut und mit Parenchymcysten ist der Mark-
schwamm nicht wohl zu verwechseln. An der Ruthe
ist Epithelialkrebs häufiger als Markschwamm.
(S t r e u b e 1.)
191. Zur Behandlnng des MastdarmTorfalls
ebne Operation; von Prof. Balassa. (Das. 21.)
Vf. findet den grösslen Fortschritt der neuern
Chirurgie darin , dass sie die unnützen und überflüs-
sigen Operationen verbannt hat und sich bemüht, für
die einzelnen Operationen die Indicationen immer ge-
nauer zu begründen.
Die Operation des Mastdarmvorfalles mittels Exci-
eines Schleimfaauttheils (Dupuytren), schil-
dert der Vf. als eine moderne Operationsweise, deren
gefällige Theorie und deren nicht abzuletignende Er*
folge noch einer bessern kritischen Würdigung be-
dürfen. Der Theorie nach soll durch die Excisioa
die erschlaifle und verlängerte Sehleimhaut des Mast-
darms verkürzt werden ; es fragt sich aber , ob das
Mechanische der Abbreviation die heilbringende Seite
der Operation ist, und ob nicht vielmehr die durch
den blutigen Eingriff gesetzte Entzündung den wich-
tigsten Antheil an den Erfolgen bat. Da erfahrungs-
gemäss die glänzendem Ergebnisse der Ezcision va
den Fällen auftraten, wo der Operation eine mehr
ausgebreitete mit Eiterung verlaufende Entzündung
folgte , als in denen , wo die Schleimhaulwunde per
primam intentionem heilte , so hegt Vf. die Ansicht,
dass nicht die Schleimhaulverkürzung durch die Ex-
cision, sondern die durch die nachfolgende Entzün-
dung angespornte TbäUgkeit das Wirkende sei. Den
Beweis liefert der Vf. durch nachstehende Kranken-
geschichte. ,
Eine zarte Dame litt seit 8 J. an einem Masida rmvorfall,
war TJelfacb mit adstringirenden und andern Mitlein behan-
delt worden , ohne dass das Uebel sich gebessert hatte ; der
Mastdarm trat bei jedesmaliger Stuhlentleerung hervor, konnte
nur mühsam reponirt werden , ja fiel sogar bei starkem Kdr-
perbeweguogen vor. Pat. hatte immerwäbrenden Stahldrang
und von Zeit zu Zeit erfolgten mit dem Stahl unter einiger
Erleichterung starke Blutausscheidungeo. Bei der Unterso-
chuog wurden die Falten um den After schlaff und herabhän-
gend gefunden; der Mastdarm, der eben bei einer Stuhlent-
leerung yor der Untersuchung vorgerallen war , stellte einen
bläulich-rothen , kolbigen, in mehrere Wülste getbeilten
Klumpen dar, der eine Länge von 2 — 2V2" besass, sich
gespannt anfühlte, aber sonst bei der Berührung weder Härte,
noch grosse Schmerzhaftigkeit zeigte. Die Reposition ging
in Folge der spastischen Contractionen des Sphinkter nur
mühsam. Vf. suchte auf folgende Weise die abnorm ausge-
dehnte Schleimhaut zur Zusammenziehung zu bringen. Er
empfahl Ruhe, verbot der Pat. dem pressenden Gefühl nach-
zugeben , und lehrte sie bei den Stublentleerungen durch die
Finger den Mastdarm zu unterstützen und dem Vorfallen vor-
zubeugen. Zur Hervorrofung eines gleichmässigen Reizuogs-
zustandes der Mastdarmschleimhaut wählte er das Salpeters.
Silber, welches in Salbenforra (^j zu Jß Ax.) auf eine gehö-
rig lange und dicke Charpiewieke gestrichen in den ersten
Wochen täglich einmal, späterhin alle 2~-3 Tage eingebracht
wurde. Nach 4 Wochen der Behandlung setzte die Pat. ohne
Schmerz den Stuhl ab , das Drängen war weggefallen und der
Mastdarm halte die Neigung zum Vorfallen verloren. Es ver-
gingen 3 Mon. , der Mastdarm fiel nicht wieder vor und die
Pat. befand sich so wohl, dass sie als genesen betrachtet
werden konnte.
Obgleich der fragl. Fall, wie Vf. selbst gesteht,
noch vereinzelt dasteht und seit der Heilung zu kurze
Zeit verflossen ist, so fordert er doch zur Nachahmung
auf, indem er zeigt, dass man das Wirksame der
gebräuchlichen Operation auch auf unblutige Weise
und ohne Gefahr zu erreichen im Stande ist.
(Streubel.)
192. Bislocation des Nervus nlnaris; von
Dr. A. Blattmann in Zürich. (Deutsche Klinik. 41.
1851.)
Die Schutzmittel d<lä'te'r^nVahfs'
die so
häufige Dehnung nnd Knickung der Nervenstrange bei
SOS
VI. fibirorgk« ephttalmdogid «. Oliatrilu
liefeiifeD Naeltciactionei sM die EiMücitSt der Kei^
veorOhrebeD uod ihr gewondener Vorlaut VermOge
dieser BigeMdiafleD kOBneii diese&bea aach allen
iiefaloDgen gebogn und gedelinl werden , ohne daas
sie ihre IntegrÜM ferlieren, so wie eine mUesige
€ompresaion ausbaltea, ohne dass Nacbiheil eolsteht.
Meurologieelie OniersuchimgCB » ao wie paibelogische
Thataaehen liefern dalnr hiMrekicnd Beweise. Troli>-
dem aber kemDim falle vor, w» bei sehr iMlIigen
nnd pldUlicbcn Bewegm^en der Muskeln ^ genaiiiH
ten Eigenschaften «naureichend sind» wofür der oaeh**
alebende vm VL beobachtete Fall einoa Bewiev
lielert.
Ben* S. oMmlHrte Im Vf. wegen eioes Uid«os des lin-
ken Elleabogeqgeleoks, welches er ?oo einer beim Turnen
erbalteneo Verletzung herleitete. Wäbreod er oärolich aui
Barren, auf die stark flectirten Arme gestützt, sieb mit Kraft
bin und her schwang , bemerkte er ein ihm borbares Krachen
im linken Arme, worauf ein sehr heftiger, vom Ellenbogen bis
in die FingerspiUen ansfllrakknder Schmerz folgte , der iba
nötbigte, den leidenden Arm mit der rechten Hand unter-
stutzend, nach Hause zu geben. Der Schmerz dauerte im
geringem Grade fort and steigerte sich bei allen Bewegungen
iies Armes , ahne dieselben ganz zu hemmen. Ein beii)eige-
nifener Arzt vermuibeCe die Zerreissuog eines Ligaments, und
gab den Roth , das Golenk mit «km Tasehentnche fosi.zu um-
wickeln. Ein Faar MoDate darauf zeigte skh S. dem Vf.
Bm Schmerzen hatten zirai* aebr ah^enoinmon, ernenenlee
sich aber hei jeder starken IWHguog des Arme» , wobei das
€efuhl entstand , als ob ein Körper sink am Knochen teif-
schiebe. Bei der Untersuchung fühlte Vf. einen alrangartigen
Körper, welcber sich unmiitelbar unter der Haut von oben
nach unten binzog, und bei ausgestrecklem Arme in der
Rinne zwischen Condyl. int. bum. und Olecranon la%, jedoch
oherflSchlioher und leichter beweglich war, als der M. ulnaris
im Normaknstaode zu sein pflegt. So wie aber der Kr. den
Vorderann Aectirte, so rollte dieser Strang, welcher sich nun
atrafT gespannt anftihUe, um den inaern Condylu« herum
nach vom , und befand sieh dann auf der Insertion des Muse,
hracbialis int. Verhinderte Vf. diese iageveranderung durch
festes Stützen des Daumess auf den Condylus, so gelang doch
die Beuguag nicht vollständig, weil alsbald ein heftiger Schmerz
an dieser Stelle entstand , der den Kr. nötbigte, durch Aus-
strecken des Vorderarms die Weichtheile um das Gelenk zu
erschlaffen. Der Strang besass die gewöhnliche Consistenz
der peripheriseheo Nerven und war so beweglich , dass ihn
Vf. bequem zwischen den Fingern rollen konnte; wurde er
Gomprirairt , so reaglrte er durch Schmerz , der den Vorder-
arm bis in die Fingerspitzen blitzartig durchzuekte ; bei stär-
kerem Bracke eitstand Taubwerden und Anastbesie der Ul-
narseite des Vorderarms und der beiden letzten Finger. Bei
seiner oberflaobliohea Lage und Beweglichkeit konnte ihn Vf.
bequem nach oben verfolgen , wo er binter dem Lig. inter-
musc. in die Höbe stieg und dann in dem Convolnl derArmgs-
lasse und Nerven sich verlor.
Vf. erkannte nach dieser Symptomenreihe , dass
dieser Strang der abnorm verlaufende N. ulnaris seihst
sei, dass diese Abnormität keine angeborne, sondern
wegen des plötzlichen Auftretens der Beschwerden
eine erworbene uod traumatischen Ursprungs sei.
Das von dem Kr. vernommene und mit Schmerzgefühl
verbundene Knacken machte ea dem Vf. wahrschein-
lich • dass die Fascia , von welcber der Nerv im nor-
malen Zustande in seiner Grube zwischen den Kno-
chenfortsaizen eingeschlossen und Bxirt ist, bei oben-
erwShnter Gelegenheit in Folge der heftigen Anstren-
gung der Muskeln durcbbrocben wwden , und ao die
üisteMltM an SteAde gekoanae« sreL Aeimnnent
wurde sie durch den VernarbungBiirooeas , weil d«f
Glied w^üirend dieser Keii der nOthigen absoluten
Bube ermangelte.
Die Heilung eines solchen Uebels erfordert nach
Vf. vor Allem die absolute Ruhe des Cubitalgelenks
in ausgestreckter Lage des Gliedes. Diesem Zwecke
dürfte nach Vf. die genaue Befestigung einer graduir-
ten Gompresse an die zwiscben Gondyl. int. hum. v.
Olecranon befindliche 6rube mittels eines Gironlar-
verbandes und die Anlegung einer Schiene an die
Vorderseile des Gelenks wohl entsprachen,
(Schwarze.)
193. Luation der grossen Zebe nacji kii-
ten ; aus Michon's Ktinik mitgetheiU von B o m a r d
undVulpian. (Revue m6d.-chir. Mai. 1851.)
1) Am 8. März wurde ein 32]abr. Fuhrmann in das H6p.
de la Pili^J aufgenommen , der lg Std. vorher eine vollslas-
dige Luxation der rechten grossen Zehe nach hinten eriittes
hatte. Er war neben seinem mit Weiafäasem beladenen fiar*
ren gegangen und hatte die auf die Erde geiallenen Zügd
während des Fahrens wieder an dem Wagen zu befestigen ge-
sucht. Dabei hatte aber das Wagenrad die Ferse des a^sg^
stredtten mit der grossen Zehe auf den Erdboden gestfitzlen
F«isaea von aussen berührt und ehe es abglitt , den iv»
ja der W«iae niedergedrückt , dass die hypereztendirte grosse
Zehe gewaltsam auf den Fussrücken umgebogen wurde.
Gleich nach der Verletzung konnte Fat. nicht mehr mit den
rechten Fuss auftreten.
Bei der Untersuchung erschien die grosse Zehe des reck-
ten Fusses verkQrzt und stand schief nach der Planta an. kä
dem Fttssrucken befand sich im Nivean des Melacai|>o-ftar
langealgelenks eine Depression u. vor derselben eine 2 Gtnur.
breite Rnocbcnerbebung , die sich beim Beföhlen als die
GelenkHäche der ersten Palanx herausstellte. Nach der
Planta zu trat der Metacarpatkopf als ein mndliger 2 Ctalr.
breiter Vorspmng henror. Eine vergleichend Messung im
der Apopbyse des Kafanbeins sowohl wie von der Feme nack
der Fussspitze ergab eine Verköi-zung der Zehe um 1 Ctmtr.
der Durchmesser von vorn nach hinten war am verrenkteo
Gelenk fast um 1 Ctmtr. verlängert. Die Gelenkgegend war
gerötbet, schmerzhaft, aber nur wenig geschwollea. Die
wilikfirlicben Bewegungen der Zehen waren ganz aufgehoben
und die mitgetheilten erregten lebhaften Schmerz ; es Gel auf,
dass die Zehe ziemlich weit nach den Seiten bin gebogen we^
den konnte.
• Unterhalb des Sussem Fussknöchels und ßuf der Hinten
Seile der Ferse befand eich eine 2" breite, mit Mol unteilaa-
fene and oberflfichüch excoriirte Stelle.
Behufs der Einrichtung legte M i c h o n , Dach Ge r d y's
Methode, die Finger beider Hände auf die Planta nn^ikrenNe
die Zeigefinger über dem Meutarsalkopf der (^aaen iSahe,
während er mit den Spitzen der Daumen vom FussrQcken aas
die Gelenkftäcbe des ersten Gliedes der grossen Zehe nach
aufwärts drangt«. Ein Assistent extendirte die verrenkte Zebe.
Die Einrichtung gelang unter fühlbarem und hörbarem Ge-
räusch nach wenig Minuten. Der Fuss wurde mit Coaipresscn
bedeckt uud einer Binde umgeben. Es folgte kein weiterer
Zufall , die entzflndliche Anschwellung am Zehengelenk ver-
schwand nach 3 Tagen, und am 10. Tage nach der Veiletanng
konnte Paf. als völlig gebeilt entlassen werden.
11. Am 24. Dec. 1840 wurde ein 20jähr. Postillion in
das Hospital aufgenommen, der vor 2 Tagen von einem Pforda
hemntergeworfen ond so aof den Erdboden geseblendeit wvt-
den war , dass er dadurch an der groasen Zehe dea tacfatan
Fusses eine Verrenkung erlitten hatte. Am Tage nach der
VerletzüBg hatte ein anderer Anrt V2 l^tnnde htnnjlepesitiona-
vaannche. nhsa allna £tfalf r
Vfw OMntfti«» OiMMMobgie 8. Oüatrik.
909
M der ÜBtettiebvBg erfteliMB die gsnie riebt« Sshcv
iMiDciitlieh neb ibnr Bmis zu, betracbtlicb g^cbwolien und
bei der Berubniog xiemlich empflndlicb , im Vergleicb zur ge-
sunden Terkürzl. Auf (fem Rücken derselben , in der Gegend
des MHacarpopbalangealgelenks trat ein dn^ch die iofiltrirten
Weieiiheile fablbarer Knocbenvorepruag hervor; auf derPian«
tarfläche bildete der Matatarsalk^pfgleicbfalU einen Vorspruog,
der indessen darcb die Anschwellung etwas »ehr maskirt war.
Der Gelenkdurcbmesaer von Torn nach hinten war um 1 Ctmtr.
tergrötsert; eine Messung Tom vordem Rand des innernfuss*
bodcMs zur Fisss^tzs gsb auf der krsnkso Seil« eine ter^
hfimiBg von 1% Glmtr. Die verrenkte Zehe stand gans gerade
tt. es konnten keine Bewegungen mit derselben vorgenommen
werden.
Durch die einfache Extension der Zehe mit einer Schlinge
Hess sich die Einrichtung nicht erzielen; die Anschwellung
mvrdt danach sogar stärker; M. Hess deshalb das kranke Bein
in eine Sciiwebe legen und auf die Geschwulst Bleiwasser«
iomente appliciren. Nach 3 Tagen der grösslen Ruhe hatte
sieb die Anschwellung bedeutend gesetzt. Miehon ver-
suchte jetzt die Reduction nach der G er dy' sehen Methode,
allein Tergeblich ; nicht mehr nützte ein von C h a r r i d r e an-
gegetMttes lostrunent, das mit grosser Kraft wirkt, nad auch
die Tmclione« , die G e r d y selbst in mebiffteben Absatien
versuchte , blieben ohne allen Erfolg. M i c b o n gebrauchte
nun als letztes Mittel die Exteosionsmaschine von Jarvis,
die er so anwendete, dass er vorher die Zehe mrt Compresseo
mngnk u* um diese in Sc4ilingenfoi>n ein festes , breites Band
legt« , welches er an der Madchine befestigte. Durah die bis
anfs Aeusserste getriebene Extension gelang es wenigstens,
die Zehe wieder ein Stück zu verlängern, allein eine wirkliche
Reduction kam nicht zu Stande. Abermalige Geschwulst nach
den vielfachen und gewaltsamen Repositisosversnehen mochte
abermalige abernte Ruhe des kranken Gliedes, verbunden
mit Umscbligen, nothwendig. Malgaigne, der 4 Tage
darauf consultirt wurde, erklärte die Luxation der grossen
Zehe fSf eine incomptete und erwiess seine Annahme nami^nt-
lieli dadntch», inss er dicht unler dem Vorsprung auf der Der-
sakseüe der Zehe u. über dem Vorsprung auf der Plaotarseite
vorsichtig ganz feine Nadeln einstach und zeigte , dass diese
Nadeln nur Vi Ctmtr. weit von einander abstanden. Auch
die wiederholten vergleichenden Messungen des Fusses ergaben
jetzt nur eine Yerkärznag van Vs Ctmtr. für des kranken Fuss
and es viar daher durch den letzten gewaltsamen Einrichtungs*
versuch die Luxation aus einer completen zweifelsohne in eine
incomplete verwandelt worden. Nach Malgaigne blieben
nnr noch 2 Mittet übrig, um die Einrichtung zu ermöglichen :
i) das Einstossen eines starken Trokars vmi der Dorsalseite
aus in die Knocbsnsnbstsiiz der Phalanxbasis , um eine feste
Handhabe bei der Reposition zu haben , ein Mittel , welches
er selbst für ein ziemlich gewagtes erklärte, und 2) das ge-
wahsame anhaltende Andrucken der hicomplet verschobenen
GelenkÜclisn an einander mittels eines Sobrtnbennpparates,
wekbcs letalere Verfahren angewendet wurde. Anf Ae Planta
pedis wurde eine platte, feste Holzschiene gelegt, welche
etwas über die grosse Zehe und die Ferse hinausreicbte und
aocV seitliclk die Fussrtnder durch Ihre Breit« überragte ; die
tnneufcls Zehe wntds durch einige kleine untergelegte Con-
pscsseai etwas erhoben , sodann wurde ein P e ti t ' sches Tnr-
niket in der Weise um den Fuss gelegt^ dass die kleine Pelotte
desselben auf die Basis des ersten Zehenglieds zu liegen kam^
freTches non durch den Schraubenmechanismus gewaltsam
irtedei^sdiiaekt ««{den konnte. Dieser Apparat wurde 3 Tage
laag nngevendet und es musste die Schraube der eaoessiven
Schmerzen halber oftmals zurückgedreht werden ; nach 2 Ta-
gen aber stellte sich so starke Geschwulst verbunden mit Fie-
bcrbeiregtingefl ein, dass der Apparat entfernt werden musste.
Cmt nnA • Tilgen visminderte sieb die entadndliehe Ge-
sahiHilsl und es zeigte sieb nnn dentlich, dass auch der
Sshranbenapj^arat die Stellung der verschobenen Gelenktheile
tt einander nicht verbessert habe.
Die Verrenkung wurde nun als irreductibel sich' selbst
iheriassen. Ntfth 14 Tag«n 8nj; der fir. an an KrAcken her-
~ M^liiSlb •«
uteingeben ; naob 4 Wochen konnte er ohne Krficken auf
einen Stock sich stutzend herumhinken; nach 6 Wochen ging
er frei herum ; das Zehengelenk zeigte immer noch feste Ge-
schwulst, die Zehe selbst konnte nicht bewegt werden. Nach
iO Wochen verliess er das Hospital und kehrte zu seinen fru-
herDGesobaften zurück. Die Zehe war wieder etwas beweglich
geworden, erschien nur noch wenig geschwollen, und Pat.
konnte sich beim Gehen ohne Schmerz auf dieselbe stutzen.
(Streubel.)
194. Fractor des Oberariui YMrbuden ait
LnsatiOB der Solnlter; von Charry u. Forget,
(L'ünion 139, 1851.)
Dr. Charry zu Caslelnaüdary wurde am 25.
QcL 1851 za einem 42jahr, etwas schwächlichen
Mann gerafen , der am Tag vorher beim Umwerfen
des Wagens mit dem rechten EHenbogen heftig gegen
den Erdhoden geschleudert worden war. Trotz der
ziemlich starken Anschwellung, die sich bereits
eingestellt hatte, erkannte Gh. 1) eine Fractur des
Hamerus im obern Drritttheil und 2) eine Luxatio
faumeri subpectoralis. Die angestellten Reposilions-
versuche waren vergeblich; Gh. beabsichtigte noch-
mals nach vorausgegangener Betäubung mit Chloro-
form die Einrichtung zu versuchen , allein die grosse
Erschöpfung und HinHilligkeit des Verletzten hielt ihn
davon ab. Er legte daher sofort einen Fraclurver-
band an und verschob die Reposition auf eine spätere
Zeil. Die Seltenheit des Falls bewog Ch. denselben
brieflich der Redaction der Union mitzulheilen und
dabei gleichzeitig um Beantwortung folgender 4 Fra-
gen zu bitten :
1) f^elckes der bekannten anästhetischen Mit-
tel ist am geeignetsten die Mushelcontraction auf-
ztiheben ?
2) Muss in Fällen, wie in dem erzählten,
die Luxation vor oder nach der Heilung der Frac-
tur eingerichtet werden ?
3) Wenn eher ist der Callus der Fractur fest
genug, um ohne Nachtheil die nothwendigen Trac-
tionen behufs der Reposition aussuhatten ?
4) Wie lange bleibt eine Schulterluxation re-
ducirbar?
Im Auftrag Aer Redactionscommission der Union
hat mm Forget die Beantwortung der aufgestellten
Fragen unternommen , nachdem er vorher die Selten-
bett der Fälle von Oberarmfractur complicirt mit
Schulterluxation hervorgehoben und gezeigt hat, dass
unter 2358 Fracturen im Hotel- Dien nur 2 Hume-
fttsfracturen mft Schulterluxation vorgekommen sind.
Bezüglich der anästhetischen Mittel um Muskel-
erschlaffung zu bewirken, kann nach F. nur die Wahl
zwischen Aether und Chloroform stattfinden. Nach
den Erfahrungen der Pariser Chirurgen ist nicht nur
die Application des Chloroforms eine leichtere, son-
dern auch die Wirkung desselben eine raschere und
promptere. Will man durch die anästhetischen Mit-
tel den Einfluss der Nerven auf die Muskeln ganz auf-
heben , so muss die Einathmung derselben weit län-
ger fortgesetzt werden , als wenn es sich um blose
Benntbung und Aufhebung der Empfindung bandelt,
210
VI. Chirurgie» Ophthahnelogie u. Otiatrilu
u. hier wird durch das Chloroform Dicht nur früher
die beabsichtigte Wirkung erzielt, sondern es Hlilt
auch jene bei Aelhereinathmung oft so lang an-
dauernde Periode der klonischen Nuskelkrämpfe (des
Herumwerfens'u. ümsichschmeissens der li)x(remiläten)
im Allgemeinen weg oder sie hält nur kurze Zeit an.
Endlich ist die Nachwirkung des selbst in starker Do-
sis angewendeten Chloroforms geringer und vorüber-
gehender als beim Aether.
Als Hulfsmittel, um die Einrichtung von Luxa*
lionen zu erleichtern, hat sich das Chloroform ausser-
ordentlich bewahrt, indem es die Muskelconlraction
aufhebt, und dadurch die Knochen An- und Fest-
stemmung geringer macht. Im oben erzählten Fall
aber konnte das Chloroform Nichts zur Einrichtung
beitragen , denn es handelte sich nicht um die Besie-
gung von Muskelconlraction, sondern vielmehr um
einen durch die Fractur verkürzten und zu den noth-
wendigen Tractionen nicht mehr brauchbaren Hebel-
arm. Das obere Bruchstück der Humerusfractur war
zu klein , als dass es hätte gefasst werden künnen,
und die Tractionen unterhalb der Bruchstelle würden
sich auf das obere Bruchstück gar nicht fortgepflanzt,
sondern bei einiger Energie sogar auf die Fractur-
stelle den ungünstigsten Einfluss durch Muskel- und
Sehnenzereissung, sowie durch Blutextravasat geäus-
sert haben. Im Allgemeinen gilt in der Chirurgie das
Princip , bei mit Luxation complicirter Fractur zuerst
die Luxation einzurichten und dann erst die Fractur
zu verbinden , allein die Nothwendigkeit zwingt oft,
wie schon Boy er richtig bemerkt hat, von diesem
Princip abzuweichen. Ist ein Ginglymusgelenk unter
starker Bänderzerreissung verrenkt, so gelingt dessen
Einrichtung trotz darunter oder darüber beflndlicher
Fractur meist leicht; bei Arthrodialgelenken hingegen
kann die Verrenkung, wenn eine Fractur nicht weit
vom Gelenkkopf gleichzeitig vorhanden ist, auf keine
Weise zurückgebracht werden und Versuche müsseu
durch Zerrung nothwendig nachtheilig werden. In
solchen Fällen bleibt nichts übrig als die Fractur zu-
erst zur Consolidation zu bringen und dann erst,
wenn genügend fester Callus die Bruchstücke ver-
einigt hat, die Beposition der nun allerdings mehr
veralteten Luxation zu versuchen.
Die Frage, wenneher der Callus einer Humerus-
fractur im obern Drittheil fest genug sei um die bei
der Einrichtung der Luxation nüthigen Tractionen
ohne Nachtheil aushalten zu kOnnen, ISsst sich nicht
mit Bestimmtheit beantworten. Das Alter, die Con-
stitution, die Beschaffenheit der Bruchflächen, der
Grad der Knochenhautzerreissung und Ablösung etc.
haben auf die Callusformation wesentlichen Einfluss
und kOnnen dieselbe ziemlich in die Länge ziehen.
Durch die Complication mit Luxation wird aber die
Verheilung der Humerusfractur gewiss eher verzügeri
als beschleunigt, abgesehen davon, dass die heftige
der Doppelverletzung nachfolgende Reaction über-
haupt die knöcherne Consolidation ganz zu hintertrei-
ben vermag. Unter den günstigsten Verhältnissen
-Würde es bei Erwachsenen immer 6 — 7 Wochen
dauern, ehe die Fraciurenden so fest und solid ver-
heilt sein kOnnen , dass man ohne Furcht des Wieder-
brechens Repositionsversucfae zu unternehmen im
Stande wäre, zumal da die Repositionsversuche bei
veralleten Luxationen stärkere und energischere Trac-
tionen erheischen, als bei frischen.
Die letzte Frage, wie lauge eine Schulterverren-
kung reducirbar bleibt, lässt sich gleichfalls nicht
präcis beantworten, da auch hier die verschiedensten
Umstände die Verrenkung bald früher, bald später
irreductibel machen können. Von 2 Bedingungen
hauptsächlich hängt das Gelingen, der Reposition bei
veralteten Schulterluxationen ab , die Gelenkhohle
muss nämlich noch frei und unverändert sein und der
Gelenkkopf darf in seiner abnormen Stellung nicht
durch zu feste Adhaerenzen befestigt sein. Erst sehr
spät ereignet es sich bei veralteten Luxationen des
Humerus, dass die Gelenkhöhle sich verkleinert, dass
ihr Knorpel schwindet und von einer fibrös-plasti-
schen mit den Kapselresten verwachsenen Masse er-
setzt wird. Anders ist es mit den Adhaesionen am
Gelenkkopf; diese als Folge der nach der Verletzung
auftretenden Entzündung , beginnen oft schon in der
2. Woche nach der Verrenkung fest zu werden, neh-
men eine fibro - cartilaginöse Beschaffenheit an und
bilden zuweilen selbst fibröse, membranenarttge
Streuen, die von vielen kleineren oder grösseren
Knochenpunkten durchzogen sind. Sehr verbreitete
kurze und feste Adhaesionen sind oft so fest, dass
eher der Humerus zum Zerbrechen, die Muskeln zum
Zerreissen gebracht würden, ehe es gelänge dieselben
durch Extension zu zersprengen. Die Untersuchung
des Gelenkkopfs mit den Fingern giebt in so fern
einigen Anhalt, als man stärkere Adhaesionen meist
zu fühlen vermag. Viele Beispiele sind bekannt, wo
veraltete Schulterluxationen nach 2 Monaten redueirt
wurden, und einige wenige Beispiele zeigen wenig-
stens, dass selbst nach 8 und 12 Mon. die Schulter-
luxation zuweilen noch reponirt werden kann. Bei
mit Lui^ation complicirter Fractur wird die Aussicht
auf das Gelingen der Reposition dadurch getrübt, dass
der unbewegliche Fracturverband leider auch die
rasche u. ausgebreitete Bildung fester fibröser Adhae-
sionen begünstigt. Ein Fall von gelungener Reposi-
tion einer Schulterluxation , die gleichzeitig mit Hu-
merusfractur im obern Dritttheil zu Stande gekom-
men und deren Einrichtung bis zum Verheilen der
Fractur verschoben worden war^ ist nicht bekannt;
meist hatte sich die Consolidation der Fractur so
lange verzögert, dass die Repositionsversuche behufs
der Luxation schon a priori nutzlos erschienen, gar
nicht versucht wurden oder bald aufgegeben werden
mussten. Dessen ungeachtet bleibt das Verfahren des
Chirurgen gerechtfertigt und er braucht die Hoffnung,
späterhin die Luxation noch einrichten zu können,
nicht aufzugeben , denn die wenigen bisher bekannt
gewordenen Beispiele haben keine Exclusionsfcraft,
um vernünftigerweise mögliche Voraussetzungen total
auszuschliessen. Gelingt aber auch die Reposition
nicht, so kann oft noch durch methodische Bewe-
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
211
gongen viel für die veraltete Luxation gethan werden,
ja es glOckt nicht selten dem verschobenen Gelenk-
kopf an seiner Dislocationsstelle eine solche Beweg-
lichkeit wiederzugeben und die Bitdung eines neuen
Gelenks in der Weise zu fördern, dass der Arm einen
hohen Grad von Brauchbarkeit wieder gewinnt.
Wollte man aber bei Fractur des Oberarms complicirt
mit Luxation des Hunierus die Reposition durch forl-
gesetzte Versuche und immer verslürkte Gewalt zu
erzwingen suchen, so würde man dadurch gelbst die
Existenz des Gliedes auf das Spiel setzen.
(Slreubel.)
195. Behandlung der Oberschenkelbrtche
mit Teimeidong von Terktnnng; von Prof.
Balassa in Pesth. (Wiener med. Wochenschr.
31. 1851.)
Trotz der BemOhungen so vieler und grosser
Cbirargen bleibt ein Verband bei Oberschenkelfrae-
toren, welcher gegen Verkürzung sichert, nicht be-
llsligt and eben so leicht geschafft wie applieirt wer-
den kann, immer noch eine Art frommer Wunsch
für die chirurgische Therapie. Der Aequilibrialver-
band von Mojsisovics liefert bei Kindern, Wei-
bern nnd schwachliehen Kr. fast vollkommene Resul-
tate , genflgt jedoch bei stark muskulösen Individuen
durchaus nicht. Das Planum inclinatum in Verbin-
dung mit der Sireckvorrichtung des Aequilibrialappa-
rales hat zwar auch bei robusten Personen mehrmals
gute Erfolge gegeben, leider aber hangt das Gelingen
dabei fast lediglich von der Ausdauer und dem guten
Willen der Pat. ab , abgesehen , dass eine fortwah-
rende, mtthevolle u. langwierige Aufsicht unerKlsslich
ist. Eine Extensionskrafi , welche die Muskeln zerrt,
reicht bald nicht mehr hin , indem die Relraction ge-
steigert wird; will man durch die Verstärkung der
Streckkrafl abhelfen, so werden die Stützflächen
dergestalt tiberladen, dass der Kranke den Druck da-
selbst nicht aushalten kann. Der S e u t i n'sche Ver-
band, der im Allgemeinen in der Knochenbruchpraxis
allen andern Verbandweisen den Rang abgelaufen
hat, genügt doch nicht bei Oberschenkelbrttchen mit
Verkürznng u. die Muskelretractioo macht sich selbst
in der starren Kapsel des Pappen - oder Dextrinver-
bandes geltend. Dessenungeachtet versuchte Vf. mit
dem Seutin*schen Verband, dem er durch eine
Modification mehr Festigkeit und Sicherheit gab, die
Aufgabe eines einfachen, leicht zu handhabenden,
nicht belästigenden und gegen Verkürzung garanti-
renden Verbandes für Oberschenkel rractnren zu lOsen.
Er wendete nämlich während des Trocknens des
Dextrinverbandes unausgesetzt Extension an u. ver-
hinderte durch solide Befestigung des Ober- und Un-
tersehenkels in der Beugung das Aufsteigen der un-
tern Bruchhälfte.
Die Verbandanlegung geschah in folgender Weise.
Nachdem das gebrochene Glied durch Lagerung auf
dem Gooper*schen Planum inclinatum, durch Ruhe
nnd kalte Umschläge zum Absehwellen gebracht wor-
den war, wurde der Dextrinverband in 2 Zeitab-
schnitten angelegt. Im ersten Abschnitt wurde der
Dextrinverband der Hüfte, dem Oberschenkel u. Unter-
schenkel mit Freilassung des Knies in gehöriger
Weise applieirt. Während der Zeit, dass dieser Ver-
band trocken und starr wurde, also 36 — 48 Std.
lang, wurde durch angehängte Gewichte die erfor-
derliche Extension erzielt. Der zweite Verband er-
gänzte nach einigen Tagen die Lücke des ersten Ver-
bandes am Knie; vor und hinter das Knie wurden
starke haken- und knieförmig gebogene Pappen-
deckel mehrfach aufeinander gelegt, welche bis zur
Mitte des frühem Verbandes hinauf und hinab reich-
ten, und das Ganze abermals mit einem Dextrinver-
band umwickeU. Auch nach diesem 2. Verband
wurde bis zum vollendeten Starrwerden desselben
abermals permanente Extension angewendet. Die Ex-
tremität erhielt einen Verband, der vom Becken und
der Hüfte aus bis zum Fuss genau wie eine starke,
beinharte Kapsel anlag und durch Biegungen in den
Gelenken jeglicher Verkürzung vorbeugte. Der Pat.
brauchte nur 5 Tage lang während der Extension sich
ruhig zu verhalten , nach dieser Zeit konnte er sich
im Bette willkürlich legen und bewegen. Das Planum
inclinatum wurde durch ein Häckerlingpolsler ersetzt
und nach 12 — 14 Tagen wurde dem Pat. gestattet,
das Bett zu verlassen und mit Hülfe von Krücken et-
was herumzugehen.
Vf. ist mit der eben beschriebenen Verband-
weise in 5 Fällen von Oberschen keif racturen mit be-
deutender Relraction so glücklich gewesen, dass nach
der Heilung trotz der genausten Messung nicht die
mindeste Verkürzung gefunden werden konnte und
die Function des Gliedes aufs vollkommenste herge-
stellt wurde. (Streu bei.)
196. Deber die Indicationen zur Tracheoto-
mie; von Dr. E. Azam. (Journ. de ßourdeaux,
Aoül, Sept. 1851.)
Im Allgemeinen ist die Bronchotomie indicirt,
wenn ein materielles Hinderniss innerhalb, oder in
der Umgebung der Luflröbre sich dem Eintritte der
Luft in die Lungen entgegenstellt« Diess Hinderniss
kann bestehen in fremden Körpern, welche im La-
rynx, in solchen, welche im Pharynx verweilen, in
Intra- und Extra - Laryngealgeschwülsten , es kann
durch Halswunden, durch Hindernisse, welche im
Rachen sitzen, durch Laryngitis, durch Oedema glot-
tidis, endlich durch Croup erzeugt werden.
1) Fremde Korper im Larynx. Man kennt
nach Sestier 59 Broncholomien, welche hierdurch
nöthig wurden , 42 mit glücklichem Ausgang. Meist
waren es von aussen nach innen gelaugte Körper,
doch sind auch Fälle der entgegengesetzten Art (Char-
pieballen, aus einer Brustwunde in den Larynx aufge-
stiegen, ein Stück nekrotisirter Rippe u. s. w.) bekannt
geworden. So oft der Chirurg sich von der Anwe-
senheit eines solchen fremden Körpers im £arynx mit
Sicherheit überzeugt hat , ist die Indicalion zur Ope-
S18
VI. GUntfgi€i» Apb|haUnofa>gi6 ii. Oliatrik.
ration dringeod geboten, und wenn auch einzelne
Falle berichtet werden, wo fremde Körper selbst nach
längerem Aufenthalte im Larynx durch Naturbestre-
bungen wieder ausgeworfen wurden» so darf sich der
Operateur dadurch nicht verleiten lassen , durch An-
wendung von Brech- oder Niesemitleln die Zeit za
verlieren. Die Bestimmung der Stelle, wo die Bron-
chotomie zu machen, richtet sich nach der Beschaf-
fenheit und dem Sitze des fremden Körpers. Manche
von ihnen werden vermöge ihrer Form , der Rauhig-
keiten, die an ihnen vorhanden, an einer bestimmteA
Stelle des Larynx zurückgehalten (Nadeln, Bleistifte).
In diesem Falie muss man da operiren» wo der fremde
Körper festsitzt, also die Laryngotowie machen.
Hierzu empfiehlt Fouilhoux, die Cartilago thyreo!-
dea seitlich zu spalten und dann die Weiehibeile
quer einzuschneiden , um die Verletzung der Stimm-
bänder zu vermeiden. Allein theils wird hier der
Einschnitt für jede Art fremder Kör^ier nicht gross
genug, theils bringt die Verletzung der StimmhJInder
erfahrungsgemäss der Stimme keinen Nachlheil. Ge-
wöhnlich sind jedoch die fremden Körper glatt und
beweglich, und dann ist ein Einschnitt in die Trachea
hinreichend, indem der fremde Körper dann gewöhn-
lich von selbst in der Wunde zum Vorschein kommt.
Je länger man mit der Operation wartet, desto schwie-
riger u. gefährlicher wird dieselbe ; die VV. thyreaid.
schwellen an, der Trachealschleim wird zäher und
erschwert die Ausziehung des fremden Körpers;
dieser selbst kann anschwellen , oxydiren oder sonst
sich verändern , er kann endlich bei einer kräftigen
Inspiration in einen Bronchus eingezwängt werden.
2) Fremde Körper im Oesophagus. Hier ist
die Bronchotomie indicirt, wenn der im Oesophagus
steckende Körper die Trachea comprimirt u. dadurch
Suffocation droht. Bei der grossen Dehnbarkeit des
Oesophagus werden jedoch solche Fälle immer selten
bleiben. Die Operation muss stets unterhalb des
fremden Körpers gemacht werden.
3) Geschwülste ausser- und innerhalb des La-
rynx, In solchen Fällen kommt es gewöhnlich lang-
samer bis zur Suffocation , sie fahren aber nicht we-
niger sicher zum Tode und können deshalb die Ope-
ration bedingen. Hierhergehören grosse Halsabscesse,
Aneurysmen , verhärtete Lymphdrüsen , Krebsraassen
u. s. w. Die Bronchotomie vermag in solchen meist
desperaten Fällen zwar oft nur das Leben zu fristen,
ist aber deshalb nicht weniger indicirt, wenn man
nicht befürchten muss , dass der Kr. während oder
kurz nach der Operation stirbt. Von Intrajaryngeal-
geschwülslen sind die Polypen der Laryngealschleim-
haut die am häufigsten beobachteten ; sie sind meist
gestielt, ihre Diagnose ist aber sehr schwierig u. fast
nur auf das Fehlen jeder andern möglichen Ursache
fUr die periodisch auftretenden Erstickungsanf^lle ge-
gründet. Sitzen die Polypen mit breiter Basis auf,
so ist ihre «Entfernung sehr schwierig, u. die Kanüle
muss so lange liegen bleiben, bis ^uf curaAiveiQ Wf^e
eioa gUnsiige ModiftcaUon .4er J4aryniiciit?imbaiil h^
beig^tthrl ist 0*
4) Halswunden können die Operation indicirea
durch die enorme Anschwellung der Weichtheile,
durch Infiltration des Zellgewebes bedingt. Die Bron-
chotomie ist in solchen Fällen gewöhnlich sehr
schwierig, weil die Trachea bei grosser AnschweBung
der Weichtheile nicht leicht aufzufinden isU Auch
muss sich der Operateur nach der Beschaffen hei t der
Wunde, nach dem stattgehabten Blutverlust richten,
er kann tiefe Scarificationen machen , auch Eis aul^
legen, muss aber jeden Augenblick zur Operation be-
reit sein,
6) Hiftdernisse , welche im Machen fkren Säx
haben , sind : eine Geschwulst im Pharyux oder sei-
nen Wandungen, Polypen der Nasenhöhlen, eine
Krankheit der Baais der l&mge, eine heftige, einfache
oder brandige Auigina, eine Oegeneralion der Ha«-
Mn u. 8. w. k allen dieeeo ¥äUm ist jeHoch .die
Bronchotomie das msserste Mittel, um! namentlM
bei Anginen, Amygdalitis, Cllossitie a. s. w. muss
man kein Heilverfahren unversucht lassen , ehe mm
»ur H^peration , liter Tracheatoroie , schreitet
6) Laryngitif, Die acute KelilkopfentzUodung
erreicht selten einen solchen Grad dar Hefligkeit, -dass
die drohende Suffocation zur Bronchotomie auffordert.
Häufiger ist diess bei der chronischen Laryngiti« und
der von ihr bedinglen Verengerung oder VerseiiwJ-
rung des Larynx der Fall. Freilich ist die Operation
dann meist nur ein Palliativ, indeiQ die Desorganisa^
tion des Kehlkopfs dadurch nicht gehoben wird.
Auch zälilt die Operation hei solcher Indicatioo die
wenigste;) glücklichen Erfolge.
7) Oedema gloitidis indicirt, ohne fiOcksicht auf
die Ursache, sobald Suffocation droht, die Broncho-
tomie. Der Erfolg hängt indessen wesentlich von der
Ursache der Krankheit ab , u. ist in den Fällen chro-
nischer Laryngitis und Degeneration des Kehlkopfs
am zweifelhaftesten. Die Operation ist zu beschleu-
nigen, wenn der Kr. beim Eintritt des Oedems «chon
schwach ist, wenn schon vorher bedeutende Ver-
änderungen im Larynx vorhanden waren, wenn
das Oedem sich auch auf das Innere des Larynx er-
streckt und die Weichtheile des Halses schnell zu
schwellen anfangen. Selbst wenn der Kr. anschei-
nend dem Tode nahe, ja fast in Agone istf?], rsih
Vf. noch zur Operation, weil allerdings Beispiele
eines selbst dann noch glücklichen Ausganges vorhan-
den, und, wo scheinbar Alles verloren, aueh nichta
zu rlskired ist. In solchen Fällen rath T r o u s s e a u
nach vollbrachter Operation die Emleilung einer
kOnstlichen Respiration durch alternative, kunsfge-
mässe Bewegungen des Brustkastens, Ronx durch
A) Vgl. ober Polypen des Larynx E h r m a n ■ , Jahrbb.
LXIX. 376., iknil Rokitansky, Jahrbb. LXX. 138.
Redaciion.
VL Cthirirein» QfMbdMiosi« m. €liatdk.
Sli
liiftMblaMii in die bHigcQ «mIIcIs «iaer bis io di«
Broochitii eiogeschalieneA elasüseb^D S^nde. AI«
Operationanodus acheint ia den tteisien Fiile« die
Traeheotottie 10 eegeni Siime gewililt worden m
sein; Seslier eniffahl laerat die Crico-Tracheoto-
me, wodurch roaii den Kanal hinreiohend weil Offnen
liMin, um einen DilaUior oder eine Kan<Ue eintnle-
gen, und sich so den Weg hahot, wn auf den SiU
des Oedems selbst ^wirken ui kdnnen. Dieser
Vorschlag ist nach Vf. su befolgen . wenn das Oedem
acfit, eder Felge einer acntcn Krankheit ist, weil dann
die Kaottle nielu lange nn liegen brauefat , und man
nftihigenfalU die Glottis scarificiren kann. Ist aber
das Oedeu F9%e eines chronischen Keiilkapfleidene,
nad nwes die Kanäle lange liegen bleiben , so riskirt
flsnn Nekrose der GartiUgo criceidea. IMe Operation
an sich ist leichter aussufabren «nd weniger gefahr*
voU* nun bat weder starke VenenWiUung, noch auch
i4ifteiiitritt in die Venen au heft^rchten. — Die von
Vidal veogescblagene Isryngotomia snbbyoidea ver«
wirft Vf.
8) l,aryn§iiii pseudamemhranßcet^, Crimp. Ve«
allen Krankheiten, welche die Tracheetomie erfordern
können, ist der Croup die hjfafigste, aber auch die
aas meisten gef^hrlielie. Boyer-Collard ver-
wirft die Operation wegen ihrer Geftiirtichkeit hin-*
sichtlich der begtoitonden HSmorrhagien » und eiillrt
sie Ab* nqtnkm, weil man dadurch doch nicht in
Stande sei, die Pneudowembranen ans dem LarynK
s« entfernen , und letalere sich bis in die Bponchen
anabseiteten nad dadurch die Erstickung bedingten.
Auch gebe die eingelegte KanUle Veranlassuog sur
Bildnng neuer Psendomembranen nnd veraebre den
Krampf, weteher nach C<olUrd die Glottis ver^
schliesst; ansserden spreche 1^ Erfahrung gegen
sie. Renerdings hat T r 0 u s s e a u die Operation wie-
der sn EUiren gebracht ; von 144 Operationen, wel-
che er aasgeftthrt, waren 40 Büt Crfolg gekrönt.
Seine Methode ist nach seiner eignen brieflichen Mit-
theilung an den Vf, folgende. Br wartet gew4lihnlich
mit der Operatinn so lange, bis ielterp und Arat den
Tad ohne Operation vor Augen sehen; ^operirt jedoch
atieh irüber, wenn die Aeliej-n damit einverstanden sind.
Uieselhe gelingt am besten, wenn den Kindern vorher
kein Dlut entaogen worden, wenn die Krankheit sich
langsam , aus einem Lnngenksrtarrb , entwickelt hat,
wenn keine Vesicatore gelegt werden sind, weil sich
diese gern mit diphlherUtschen Pla<|ues bedecken.
SMS bedient sich T. einer doppelten Kandle, von
denw er die äussere liegen Usst, die innere aller
2t^3 Std, wechselt und reinigt; zwischen Kanüle u.
Hals iiigt er ein Rondell von Wachstaist, die Kanllie
ISssl. er fensterq , wn ihren Contact mit der Wunde
XU vermeiden. Tags nach der Operation bedeckt sich
die Wunde gewölmlich mit Pseudemembraneu , diese
mflssen in den nächsten Tagen einmal tSglicb ener-
gisch mit Höllenstein geStit werden. Sobald die
Emile tingeirucht ist, lässt er eine Cravatte um
den Hak des Kiudes legen, damit dasselbe nur er-
wärmte iMft eiMOlhme. Diesem Verfahren schreibt
Trenseean hauptsSohlidi seiie gVftsiigmi Erfolgs
zu; dagegen «acht -er weder kaustische, noch
wttserigc Injeclionen in die Tradiea. Auch Vauthier
rith*, so spSt wie mttglich zu eperinen , und erwähnt
ausdrdcklich , dass Trousseau mit dem besien
Erfolge da epertrl habe , wo bis snm letzten Ange»-
blicke gewaitPl wurde. .Nstfirlich ist darunter nicht
wirkliche Agonie su versleben. So lange noch nicht
Gngeiiement der Lungen und Asphyxie «erhaaden«
kann man daher eihne groase Gefahr «neh bei «äillig
ansgebtidelem Ooup «och warten, und Camterisalio-
nen des Heises und kräftige Bredinitlel versuchen,
durch deren «nengisohe Anwendung hisweilen wirklich
Heilang ersiek worden ist Dsgeipen sind »dann, wo
man es nur mil einem fremden Kdrper • den ftoeudo^
membranen, su thun hat, lUutenisiehttngen nnd Ve«-
sieatore nicht mehr am Platse, sogar schädtidi und
gefährlich. Wird aber durch diese Verfahren keine
Pseudememhran ausgeworfen, l^ngi der Lisgenton
an malt su werden , trttht sich das Bewnsstsein des
schwächer werdenden Kindes , schwellen Bals und
Gesicht iwd wenlen Mau , vermindert sich dos Veei-
culangeräusch , steigt der kleine Puls (Iber 13^
erlischt die Stimme ; 4amn muse ohne ZSgem ope-
firt werden.
Die Operation giebi einen igüneiigen Erfolg, wenn
kein Blut vorher entzogen wurde. Man vermeide
ttberbaopt bei Gronp Bhitentsieliungen , wenn die
Dipiitberilis epidemisch herrscht und mit adynami-
schem Charakter auftritt, wenn das Kind sehr klein,
bleidi, lymphatisch, die Pieberbewegungen wenig
diaraktemtisdi, die Dyspnoe unbedeutend ist, u, vor
Allem, wenn die Krankheit schon bedeutende Port«
schritte gemacht hat« Nur bei sehr robusten Kindern
über 6 J., wenn die Krankheit sporadisch anflrilt, u.
zu Anfange eines heftigen Fiebers kann man ohne
Nachlheil Blut entziehen. — Die Operation gelingt fer-
ner besser, wenn die Krankheil langsam verläuft»
wobei sich der Organismus allmälig an eine unvoll-
kommene Respiration gewohnt, u. die Asphyxie sehr
langsame Fortschritte macht. Günstig ist es auch,
wenn der Pols vor der Operation massig firequent ist
n. diePseudomctnbranen sich nicht weit in die Trachea
hinein erstrecken. Dagegen wird die Operation nie
gelingen , wenn der Group nach Masern , Blattern,
Scharlach oder Keuchhusten auftritt , wenn die Re-
spiration trocken und sSIgend geworden, ein Zeichen,
dass sich die Pseudomembranen bis in die Bronchen
und ihre Aeste erstrecken. Unsicher ist der Erfolg
bei Coroplication mit Pneumonie , Pleuresie , grosser
Unruhe und Schlaflosigkeit. Sie gelingt anscheinend
Cfler bei Knaben , als bei Nadehen , am besten zwi-
schen dem 2. und 6. J. Als Opcralionsmodus wäh-
len die meisten Operateure die Tracheotomie ; man
nrleiebtert durch sie den Pseudomembranen den Aus-
tritt durch die Kanüle , so wie die Anwendung von
Kauterien , wo diese nttlhig. — Viel trägt zu dem
glücklichen Erfolge der Operation die Nachbehandlung
bei. Namentlich verdient Troussean's ilath, eine
doppelte Kanllie einbiegen, aHe Beachtung, weil die
S14
VI« Chirurgie, Ophtiialmologie u. Otiatrik.
dadurch erleichlerte Reinigung der Kanüle , ohne sie
herausnehmen zu müssen, von so wesentlicher Bedeu-
tung ist. Ebenso nölhig sind die Gauterisationeu
der äussern Wunde und das Auflegen eines Stücks
WachsUffet zum Schutz der Wunde. Vorzüglich
wichtig ist aber Trousseau's Rath, nach vollen-
deter Operation eine Halsbinde um den Hals des Kin-
des zu legen, wodurch die durch die Kanüle eindrin-
gende Luft in erwärmtem Zustande in die Lungen
eingeführt wird. Es ist gut , wenn die Kanüle nicht
gar zu lange zu liegen braucht; man muss Öfter,
indem man mit dem Pinger die Kanüle schliesst, den
Zustand des Kehlkopfathmens und der Stimme prüfen,
und sobald diese hinreichend befunden und die Pseu-
domembranen ganzlich entfernt sind, die Kanüle ent-
fernen. — Eine leichtverdauliche, starkende Nahrung
ist dabei nöthig. Unmittelbar nach der Operation ist
es ein Zeichen eines günstigen Erfolges, wenn der
Puls ruhig wird, das Athmen dagegen frequent
bleibt, ohne viel Husten, wenn die Wunde schnell
zusammenftlllt, die Entzündung schwach und von we-
nig Rüthe begleitet. Wenn sich die Wunde über-
mässig mit Pseudomembranen bedeckt, nach der Weg-
nahme der Kanüle lange offen steht , oder , fast ver-
narbt, sich wieder öffnet, so sind das schlechte Zei-
chen. Reagiren die Kranken heftig gegen die Cau-
terisationen , so ist diess kein schlimmes Zeichen,
treten dagegen Convolsionen nach der Operation ein,
so ist keine Hoff'nung. (K r u g.)
197. Diiter8achiuge& fiber die fremdeii
Körper in den Luftwegen; von Jobert (de
Lamballe). (L'Union 62—65. 67 u. 68. 1851.)
Vf. betrachtet in vorliegendem Aufsätze nur die
fremden Kürper im engsten Sinne u. begreift darun-
ter von aussen her eingedrungene feste Substanzen,
die mechanisch, d. h. irritirend, drückend oder ver-
letzend einwirken.
Die fremden festen Körper gelangen durch die
Mund- oder Nasenüff'nung von aussen her in die Luft-
wege ; kleine, spitze Körper, wie Nadeln, durchboh-
ren zuweilen die die obere LarynxölTnung umgebenden
Gewebe und bahnen sich so gewaltsam einen Weg in
die Luftwege ; die meisten Körper werden aber durch
die beim Einathmen sich nach den Lungen drängende
Luftsäule in die Luftwege getrieben. Obgleich nun
zwar diese letztere Art des Eindringens fremder Kör-
per in die Luftwege allgemein bekannt ist, so sind
doch die Ansichten über den speciellern Mechanismus,
durch welchen die fremden Körper in die Luftröhre
gelangen, keineswegs genügend festgestellt, und der
Mechanismus seihst muss demnach erst noch wissen-
schaftlich begründet werden.
Man hat sich daran gewöhnt, die Erhebung der
Epiglottis, die man auch beim Schlucken, wie bei
der Stimmbildung eine Hauptrolle spielen lasst, als
eine nothwendige Bedingung zum Eindringen frem-
der Körper in die Luftwege anzunehmen; fremde
Körper sollen daher entweder bei erhobner Epiglottis
in die Luftröhre dringen , oder sie sollen , von der
Speiseröhre zurückgetrieben, sich selbst den Kehl-
deckel erheben und öffnen. Die genaue Ansicht, die
man sich an jedem Cadsver verschaffien kann, spricht
aber gegen die Annahme der Erhebung der Epiglottia.
Wenn man an einem Leichnam die Kinnpartie des
Unterkiefers mit der Sage entfernt und die Unterlippe
wegschneidet, so dass man frei die Mund- u. RacheD-
höhle überblicken kann , so wird man die Epiglollis
in Folge ihrer Elasticitäl stets in einer aufgerichteten,
erhobenen Stellung erblicken ; die obere Oeffnung des
Larynx ist dabei fortwahrend durch die passive An-
näherung der Cartil. arytaenoid. an einander ge-
schlossen. An Lebenden ist die Epiglottis ebenso
stets erhoben u. die obere Oeffnung des Larynx wird
durch die Gontraction des M. arytaenoid. geschlos-
sen. Die Vorstellung, dass die Epiglollis als Klappe
nichts in den Kehlkopf dringen lasst, ist durchaus
unrichtig. Beim Schlucken legt sieh die Basis der
Zunge über die Oeffbung des Kehlkopfs u. verschliesst
sie , die Epiglottis aber wird dabei wenig oder gar
nicht betheiligt u. bleiht in ihrer erhobenen Stellung
wie vorher ; ja selbst wenn man mit dem Pinger die
Epiglottis niederdrückt, so wird dadurch die Kehl-
kopfbffnung nur unvollkommen bedeckt und der Ein-
tritt fremder Körper nicht vollständig verhindert. Die
Epiglottis ist allerdings als ein Schutzorgan in Bezog
auf Respiration, Stimmbildung und Deglutition zu be-
trachten, sie schützt aber den Kehlkopf mehr auf se-
cundare , indirecte , als auf primSre , directe Weise.
Fremde Körper können nur dann in die Luftwege ge-
langen , wenn die obere Oeff'nnng des Larynx erwei-
tert ist , wenn die M. arytaen. erschlafft sind ; diess
geschieht aber allemal bei der Inspiration und die
eingezogene Luftsäule treibt den fremden Körper
durch die momentan klaffende Spalte. Ein Lachen
reicht hin, um eine im Munde befindliche Bohne,
Erbse, ein Geldstück oder irgend einen andern frem-
den Körper durch die momentan geöffnete und erwei-
terte obere Larynxöffoung zu treiben.
Sitz des fremden Korpers, Hat der fremde
Körper einmal die obere Larynxöffnung passirt, so
halt er an den Stimmbändern und deren Taschen ge-
wöhnlich nicht an, sondern er dringt vorwärts in
den Luftwegen bis zu den Bronchien, deren sich ver-
jüngende Dimensionen ihn endlich aufhalten. Selten
wird ein länglicher u. nicht zu schmaler fremder Körper
genau seinem Langendurchmesser nach in der Bron-
chialverzweigung gelagert ; gewöhnlich nimmt er eine
schiefe Stellung an u. bleibt über der winkligen Ein-
mündung eines neuen Bronchialastes halten. Zu-
weilen verstopft er dabei die Einmündungssteile des
Bronchialastes vollständig, häufiger ist die Verstopfung
nur unvollständig , so dass noch Luft zwischen dem
fremden Körper u« der Wandung des Luftröhrenastes
circuliren kann. Ist der fremde Körper klein und
rund , so wird er trotz eines starken Drucks durch
die inspirirte Luftsäule , trotz der rotirenden Bewe-
gung bei seinem Abwartsdringen, und trotz seiner
eignen Schwere doch gar bald angehalten und dringt
VI. Ghiruigie, Ophtkalmologie u. Otiairik.
315
Bieht ia die VerXstelungen der Luftwege , wie man
sich am Gadaver ttberxeogen kann , wo die rundeD,
durch Luftdruck gewaltsam vorwärts gestossenen Kör-
per oicht nur angehallen, sondern durch die Elastici-
täi der Wandungen der Bronchien sortfckgeschnellt
werden. Ein kleiner fremder Körper mit einer rau-
hen Oberflache dringt noch seltner in die feinern
Bronchialversweigungen , weil er mit seiner rauhen
Oberfläche Oberall an der die Luftwege auskleidenden
Schleimhaut hangen bleibt. Kleine, metallische»
dünne und glatte Körper bleiben oft beweglich, d. h.
sie senken sich bei der Inspiration tiefer und steigen
bei der Exspiration wieder in die Höhe. Es sind
Beispiele bekannt, wo solche Körper Jahre lang be-
weglich in der Luftröhre lagen, oftmals ihren Plati
wechselten und dann erst an einer bestimmten Stelle
sich fixirten. Die Pat. fühlen die Beweglichkeil des
freaiden Körpers durch den wechselnden Reiz, den
derselbe auf verschiedene Stellen der Schleimhaut der
Luftwege austtbt. Experimente an Menschen u. Hun-
den zeigen ferner, dass fremde Körper, nachdem sie mit-
tels Luftdruck durch die Luftröhre durchgetrieben wor-
den» sich allemal nach dem rechten Bronchus wenden u.
hier bei nur einiger Grösse gewöhnlich festsetzen.
Das grossere Kaliber des rechten Bronchus und seine
stumpfwinkligere Einmündung in die Luftröhre im
Vergleich zum linken Bronchus, erklart genügend
diese Erscheinung. Nimmt man einen runden, schwe-
ren Körper und lässt ihn in die offenstehende, senk-
reckt gestellte Luftröhre falten , so dass der fremde
Körper seinem eignen Gewicht überlassen bleibt, so
wird er , an der Theilungsstelle der Luftröhre ange-
kommen» sich constant nach rechts wenden ; werden
mehrere schwere Körper nach einander in die Luft-
röhre geworfen, so weicht nur der erste allemal nach
rechts» die folgenden werden durch Gegenstoss auch
nach links getrieben.
Aeusserst wichtig ist die Betrachtung der Krank-
heitserscheinungen, die der fremde Körper durch
seine Gegenwart in den Luftwegen hervorruft. Die
ersten EITecte bestehen in Reiz der Schleimhaut, ver-
mehrter Schleimsecretion, in Hustenhewegungen, ge-
ringerer oder grösserer Behinderung der Respiration
und Blntoxygenation , und in Erregung eines eigen-
thflmlichen, charakteristischen Geräusches. Als se-
cnndäre EfTecle sind die Entzflndungserscheinungcn,
die Exsudationen, die Eiterung, Verschwarung, das
Oedero q. s. w. anzusehen.
Respiraiionsbeschwerden. Der Grad der Be-
schränkung des Alhmens hängt vom Sitz und vom
Volumen des fremden Körpers ab. Kann die Luft-
saule bei der Inspiration trotz dem fremden Körper
frei in die Lungen dringen, so wird das Respirations-
binderniss nur unbedeutend sein, wird die Luftcircu-
lalioa durch den fremden Körper beschrankt und ge-
hemmt» so treten die Alhembescbwerden immer deut-
licher hervor. Bei beweglichen fremden Körpern,
die bald auf-, bald abwärts steigen , erscheinen die
Beschwerden in btervallen. Ein fremder Körper,
der unbeweglidi in den Luftwegen liegt und die Luft-
circnlation nicht beschrankt, kann nach Verlauf einer
langern Zeit heftige Athmungsbeschwerden hervorru«-
Ten, die dann als Symptome der Lungenentzündung,
InGltration, Exsudation u. s. w. auftreten.
Secretion. Der erste Effect eines fremden Kör-
pers in den Luftwegen ist Vermehrung der örtlichen
Secretion, die um so reichlicher sich darstellt, je
mehr die Schleimhaut durch den fremden Körper ge-
reizt wird. Der Schleim ist anfänglich sehr dünn-
flüssig und schaumig und nimmt spater eine gelbliche
Färbung und zähere Gonsistenz an; zuletzt mengt
sich selbst Eiter dem Schleim bei. Bei heftig gereis-
ter Schleimhaut erscheinen auch einselne Blut'streifen
unter dem copiösen Schleimsecret.
Schmerz, Die nur an den Reiz der Luft gewöhnte
Schleimbaut der Luftwege fühlt jede Berührung, jeden
Eindruck eines festen Körpers schmerzhaft. Zuwei«
len kann der Kr. die schmerzhafte Stelle und den Silz
des fremden Körpers genau bezeichnen, in andern
Fallen ist der Schmerz weniger localisirt und mehr in
unbegrenzter Weise verbreitet Grössere und na-
mentlich metallische Körper rufen einen so heftigen
Schmerz hervor, dass derselbe nicht lange ertragen
werden kann.
Husten, Jeder fremde Körper in den Luftwegen
bedingt nothwendigerweise Husten und es scheint, als
suchte die Natur durch diesen des fremden Körpers
sich zu entledigen. Der Husten tritt meist unter der
Form von AnHlllen auf und belästigt nicht nur den
Kr., sondern bringt ihn selbst ausser Athem; in
schweren Fällen wird Jer Husten convulsiv. Auch
der Husten steht im Verhältniss zur Grösse des frem-
den Körpers und zur Intensität des Reizes , den er
ausübt; fremde Körper mit rauher, zackiger und
stachlicher Oberfläche bewirken continuirlichen u. an
Heftigkeit sich immer steigernden Husten.
anomale Gei^äusche, Wird das Kaliber der
Luftröhre oder der Bronchien von einem fremden
Körper beschränkt und verringert, so entstehen beim
Eintreten, wie beim Austreten der Luft eigenthüm-
liche hörbare und selbst fühlbare Reibungsgeräusche»
Bald gleicht das Geräusch einem Zischen oder Pfeifen,
häußger ist es dumpf, rauh und ähnelt dem Raspel-
geräusch. *Ist der fremde ICOrper an der Stelle, wo
er sich beGndet, zum Theil noch beweglich, so ge-
räth er, wie Dupuytren zuerst bemerkte, beim
Ein- und Ausathmen in eine zitternde Bewegung, die
dem Gehör, wie dem Gefühl zugängig ist. Ist der
fremde Körper frei beweglich , steigt er bei der Ex-
spiration aufwärts, bei der Inspiration abwärts, wie
z. ß. eine Bohne , so vernimmt man nur bei der Ex-
spiration deutlich ein Reibungsgeräusch , herrührend
vom Anschlagen des fremden Körpers an die Wandun-
gen der Luftwege, und zuweilen in dem Momente»
wo der fremde Körper nach oben aufgehalten wird.
ein Erzittern.
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Owygenathn des Blutet. Sie isl je nach dem
nie
VK Chirurgie, Ophüataiologi« tt« Otfinrik«
firiile der V^rMiiJerttttg dei Lufttutrilts su den Lau*-
gen in Tersebiedenetn Maa^se gestOrt, bis tmn Tode
durch Asphyxie.
Emphysem. Das Emphysem, welches bei Gegen-
wart von fremden Körpern in den Luftwegen entsteht,
ist traumaliseher Natur; die gewa]lsan>e, oft krampf-
hafte Anslrengung, die der Pat« maehl , um die roll-
gefüllten Lungenblasehen durch Ausathmen ihrer Lufl
tu enlteeren , bringt einzelne oder mehrere Lungen-
btSschen zum Platzen , worauf 9kh die Luft in daä
ZeHgewebc zwischen die Lungenhlüschen, oder unter
die Lungenpfeura infiltrirt. Platzt mk de« Lungen^
bläschen zugleich die Lungenpleura . so sinkt A\%
Lunge zusammen, der Brustfellsack erltlllY sich mit
Luft und es kommt Pneumothorax zu Staude.
Oedem. Lungenödem entsteht nur dann , wenn
die fremden KOrper in den Luftwegen ^\e Respiration
in höherem Grade hemmen. Kann die Luft nach einer
Partie der Lungenaubstanz durch einen fremden KOi^
per aufgehaken nicht mehr hindritigen , so kommt es
zn Stagnation des Blutes in den Gapillargeflrsseii,
AttfschwelluBg der Lungensubstanz und wissriger Ex-
sudation.
Suppuration und UlceraHon, Fremde Körper
in den Luftwegen bedingen , ausser Steigerung der
Secretion der Schleimtmut , bei längerer Hegenwart
einen entzUndl. Process in der Schleimhaut hervor, der
ein in Eiter zerfliessendes oder selbst verjauchendes
Exsudat setzt. Der entzOndliche Process erfolgt um
so schneller, je starker der fremde ROrpcr die Schleim-
haut der Luftwege reizt oder» verletzt. Die Beispiele,
wo fremde KOrper Jahre lang erst beweglich , dann
unbewegtich in den Luftwegen gelegen halten , und
wo die Kr. endlich an Lungenvereiterung starben und
die fremden Kttrper in der Mitte von Eitercavernen,
oder vereiternden LungenstOcken gefunden wurden,
sind gar nicht selten und zeigen , dass der Entzfln-
dongsprocess von der Schleimhatt4 der Luftwege aus-
gebend sehr langMm entstehen , sieh verbreiten und
eadlich in Phlhisis übergehen kann.
Diagnose. So leicht im Allgemeinen die Er-
kenntniss fremder Körper in den Luftwegen ist, so
schwierig wird sie zuweilen in besondern Füllen.
Sehr hüußg haben sich die Chirurgen durch die Inter-
vallen der Ruhe beim Pat. tHuschen lassen, die selbst
bei ziemlich voluminösen fremden Körpern vorkom-
men, und im Rachen oder Oesophagus die schädliche
Potenz gesucht, die in die Luftwege gedrungen war.
Um zur sichern Diagnose zu gelangen, muss man sich
an folgende leitende Punkte halten. Fremde Körper
dringen nur beim Einathmen in die Luftwege u. wer-
den gewöhnlich beim Lachen, beim gleichzeitigen
Schlucken und Einathmen durch die obere Oeffnung
der Luftröhre getrieben ; so wie die irritable Schleim-
haut der Luftröhre und Bronchien von einem fremden
Körper berührt wird , tritt plötzlich Husten auf, der
immer hochgradig ist und wie beim Keuchhusten in
IMervallei wiederkehrt. 0erP»t< weise geaiir, ob
ätt frentde Knrper festsitzt, od^ beweglteh ist,
die Gertueehe hei der Auveultalion, die zitternde
wegung beim Befühlen der Trachea, zusami
nommen mit den weniger charakteristischeD ErscM
nuogen des Schmerzes , der behinderten Bespii
n. 8. w. dienen dazu, die INagnose ausser Zweifel i
stellen. Mmre, spitze und stechende KOrper, ir
Nadeln oder GrXten, die sieh feststecheb ooddiA
gleichzeitig ^\e^ Organ« der üeghititioB und Beipir
tioii betheihgen, lassen, wenn sie nicht geseket, e
mit der Sonde gefllhll werden kunnen, leicht l\
Ober ihren Sitz entstehen , der mdht seilen (Nhol
wird, wenn der Chirurg, ohne etwas zu than,
tet und von Zeit zu Seit den Pat wiederholt explorl
die feinen, stechenden Körper werden von den
bewegungen durch die Weichtheile weiter gesU
dringen vorwärts und kommen dann manchmal «
KörperoberflKche zum Yorschefn.
Expnlsionsmeckanismus, Rein fremder ia
Luftwege gedrungener Körper , von welcher Pom
immer auch sei, bleibt unverrttckt an ein und den
ben Stelle liegen. Die Segenwart des fremdeo I
per« ruft sofort Anstrengungen des Organisdiiis 1
vor, welche die Ausstossung bezwecken; ist
f^mde Körper bewegtic li, so wird er hei der In-
Exspiration hin- und hergeworfen und in glQeklic
Fvllen mittels Hustenbewegungen durch die ol
Oeffnung des Larynx in die Hundhöhle befördert,
er weniger beweglich, festgeklemmt, oder selbst
gestochen, so vermögen Hustenbewegungen iha i
nicht austustossen , das Aufsteigen des Zwerch
aber, verbunden mit Verengerung der Brostwaai
gen, mit krampfliafier Verkflrzung der Weichll
des Halses, Pressen und Zusammendrucken, i
stets auf seine Verschiel)ung ; der feslgeklen
fremde Körper wird durch die Ex|>ulsionsbewegii
zuweilen immer mehr eingekeilt und ihm endlich
neue Cavitift gegraben; der eingestochene Kl
wird weiter durch die Weichtheile gestosseo u.
selbst an der KörperoberAXcIie zum Vorschein kammei
Nichtspitze Körper sind gewöhnlich ziemlich beweglick
und werden erst nach langer Zeit, wenn der OrguM
mus sie nicht auszuslossen vermag, unbewegiie
fixirt. Der Hauptgrund, warum selbst bewegKch
kleine, abgerundete fremde Körper, die mit Leid
tigkelt in die Luftröhre geschlüpft sind, doch nur s^
ten durch die Ezpulsionsbeweguogen des OrgaoiMi
ausgestossen werden und in der Mehrzahl der Fd
das operative Eingreifen der Chirurgen erfordern, li«
in der anatomischen Beschaffenheit der SlimmnU
Letztere stelU einen Spalt, ein Knopfloch dar, ^
ches von vorn nach hinten !7, im Querdurchmessl
4 Mmtr. dorcltschnittlich misst. Bin fremder M
per, entsprechend dem Spalt, wie t. B. ein Piiuii^
kern , dringt bei» Lachen aus der Hoodhöhle dm
die Glottis uiid nachdem er diese pasmtl bat, bewt
er sich frei in der geräumigen , runden und nur t
nig VOR vom nach hintea abgeplatteten Lnllröl
deren Rorchnesser aaeh alleff Richtungen hin ge(
17 llBMr. bemgt. Pie Eipuifioseheiii^gwgen «
VI. Chirurgie» Ophthalmologie u. Otiatrik.
217
KiB^riogeii dos Pflaomeokeroa , der bis xur Bifurca«
UoB der Luftröhre herabsinkt, können nur dann den-
selben in die Mundhöhle zurUckbel^rdern , wenn die
Luft aus den Lungen bei der Exspiration den beweg-
licheo Kern mit gehöriger Kraft hebt und nach oben
slösst, u. wenn bei dieser Bewegung der Kern grade
so gestellt wird, dass er mit einer Spitze vorausgeht,
wahrend er senkrecht zur Luftröhre steht, mit seinen
elliptischen Rändern den Lüngendurchmesser und mit
seiner Dicke den Querdurchmesser des Knopflochs
der Glottis passirt. Die vorwSrlstreibende Kraft der
Loft aus den Lungen ist gewöhnlich stark genug zur
ExpulsioD , dieselbe wird aber dadurch fast constant
verhindert, dass der Kern nicht ganz genau in der
zur Ausslossung nöthigen Stellung an der Glottis an-
langt. Sieht der Kern nur etwas schief oder gedreht,
so stösst er an die vorspringenden Bänder der Glottis,
oder wird, nachdem kaum seine Spitze eingedrungen
ist, aufgehallen und sinkt wieder abwärts; dazu
kommt noch, dass im lebenden Organismus, sobald
die Bänder der Glottis berührt werden , diese sieh
noch mehr verengt. Experimente am Cadaver zei-
gen, dass die austreibende Luftsäule selten den be-
weglichen, kleinen, fremden Körper so an die Glottis
bringt, dass er durch diese zurückschlüpfen kann, u.
es wird daher ersichtlich, dass der Chirurg in der
Mehrzahl der Fälle , selbst bei sehr kleinen fremden
Körpern, die ganz wohl den Glottisspalt passiren
könnten, zur Luftröhrenöflhung schreiten muss, weil
die Expulsionsbewegungen den fremden Körper nicht
genau in die Glottis treiben. Bei Hunden , bei wel-
chen die Glottis geräumiger ist, weniger vorspringt,
sich nicht so sehr verengert u. allmäliger in die Luft-
röhren Wandungen übergeht, werden in die Luftwege
gelangte fremde Körper viel leichter durch die Ex-
pulsionsbewegungen ausgestossen. Bringt man Hun-
den durch eine kleine SchnitlöfTnung, die man sofort
verschliesst, Pflaumenkerne, Bohnen, Erbsen u. s. w.
in die Luftröhre, so kann man sich überzeugen, dass
diese augenblicklich, oder wenigstens nach ziemlich
kurzer Zeit durch die obere Larynxdffnung nach aus-
sen gefördert werden.
\^\% Behandlung bei fremden Körpern in den Luft-
wegen ist eine medicinische und eine chirurgische.
Die medicinische Behandlung hat den Zweck, den Or-
ganismus in den Bemühungen, die er macht, um sich
des fremden Körpers zu entledigen , zu unterstützen,
und den Congestionen nach den Lungen, der Nase u.
den entzündlichen Erscheinungen möglichst vorzubeu- '
gen. Brechmittel, Niesmittel und Kitzeln der Epi-
glottis und des Rachens sind Mittel , welche gewalt-
same Erhebungen des Zwerchfells, Zusammenpres-
suBg der Brustwandungen , kurz Expulsionsbewegun-
gen bedingen, die bei sehr kleinen fremden Körpern,
oder bei flüssigen in die Luftwege gedrungenen Sub-
stanzen eine Ausstossung wohl zu Wege bringen kön-
nen. Die schwächenden, ekelerregenden Mittel haben
den Vortheil , dass sie die krampfhaften Bewegungen,
die Constriction der Weichtheile um den fremden Körper •
Med. Jtbrbb. Bd. 78. Hft 9.
herum heben und so den letztern beweglich machen.
Allgemeine und örtliche Blutentleerungen sind im
Stande, entzündlichen Erscheinungen vorzubeugen u.
sie sind indicirt bei heftigen öitlichen Schmerzen,
bei ziemlich erschwerter Respiration und auffallender
Blutstagnation. Im Allgemeinen haben alle die ge-
nannten Mittel nur einen untergeordneten Werth,
reichen nur selten bei der Behandlung hin u. unter-
stützen meist nur die gewöhnlich nothwendigi, chi-
rurgische, operative Behandlung.
Die chirurgische Behandlung hat den Zweck, ent-
weder den fremden Körper zu extrahiren , oder ihm
eine Thttr zu eröffnen, durch welche er ausgestossen,
oder ausgezogen werden kann.
Die einfache Extraction mit den Pingern oder ge-
eigneten Instrumenten kommt nur dann in Betracht,
wenn die fremden Körper an der obersten Partie des
Kehlkopfs, am Eingang desselben sich festgesetzt,
eingestochen, eingesackt u. s. w. haben. Nadeln, Split-
ter, Gräten, Knochenstücke u. s. f. durchbohren nicht
selten die Epiglottis , oder stechen sich in den Liga-
mentis ary-epiglotlicis fest; zuweilen entdeckt der
Chirurg schon durch das Gesicht den fremden Kör-
per, häuflger muss er sich des Fingers bedienen, um
die Implantationsstelle des Körpers zu ermitteln. Ist
durch die Exploration der Sitz des fremden Körpers
genau bekannt , so ergeben sich daraus die einzelnen
Modificationen , die beim Fassen und Ausziehen in
Bezug auf Wahl der Fassungsinstrumente und Rich-
tung des Zugs anzubringen sind. Bevor der Chirurg
den fremden Körper am Larynxeingang nicht fühlt,
darf er nichts vornehmen und darf namentlich nicht
mit Zangen oder andern Instrumenten im Halse her-
umfahren, oder absichtlich Expulsionsbewegungen
erregen. In seltenen Fällen, in denen Nadeln die
Weichtheile an der Larynxöfi'nung so durchbohrt ha-
ben, dass sie mit ihrer Spitze äusserlich auf der Haut
zum Vorschein kommen , kann man diese durch vor-
sichtige Erweiterung der Hautverletzung nach aussen
extrahiren. Sobald der fremde Körper durch die
Glottis in die Luftröhre gedrungen ist, müssen alle
einfachen Extractionsversuche unterlassen werden,
denn die Glottis ist zu eng und zart , um selbst feine
Fassungsinslrumente ohne Nachtheil für den Pat.
durchzulassen. Ja selbst der Katheterismus durch
die Glottis mit einem sehr dünnen Röhrchen, oder
einer feinen Metallsonde ruft oft heftige und selbst
tödlliche Suffocationserscheinungen hervor. Nur
nachdem unterhalb der Glottis der Luftröhrenschnitt
gemacht ist, darf man unter Umständen vorsichtig
mit der Sonde, oder mit einem feinen Fassungsinstru-
ment in die Luftröhre eingehen.
Das gewöhnlichste, meist einzige Mittel, um einen
heftige Symptome erregenden fremden Körper aus den
Luftwegen zu entfernen, bleibt die TracAeotomie,
Zeitpunkt der Tracheotomie, Eine Verzögerung
ist hier schon deswegen nicht am Platze, weil es sich
28
ai8
VI. Chirurgie, OphUufaiolDgie «• Otiitrik.
hier überhaupt gar nicht um eine so gefohrliche Ope-
ration handelt und die Furcht vor derselben , die lei-*
der noch ziemlich viele Chirurgen hegen , grttssten-
theib eine grundlose genannt werden kann. Wich-
tiger scheint der Vorwurf, dass , da man nie ganz
bestimmt vorauswissen könne, ob der fremde Kör-
per in den Luftwegen beweglich sei, die schnell vor-
genommene Tracheotomie leicht ganz Uberflflssig sein
konnte , sobald der fremde KOrper unbeweglich fixirt
ist. Allein auch dieser Vorwurf ISlsst sich genügend
beseitigen, wenn wir in Betracht ziehen, dass aber-
haiipt niemals ein fremder Körper ganz unbeweglich
und ttttverrttckbar in den Luftwegen fixirt ist, und
dass wir nach gemachter Tracheotomie Mittel in den
Händen haben, den festsitzenden Körper zu verschie-
ben und in die Nähe der OeffnuDg zu bringen. Nur
bei sehr kleinen fremden Körpern , die nur massige
Symptome hervorrufen, kann die Tracheotomie ver-
schoben und der Natur allein die Expulsion überlas-
sen werden. Sobald der fremde Körper grösser ist,
der Pat. den Sitz genau anzugeben weiss und hefti-
gere Symptome auftreten, muss ohne Verweilen zur Tra-
cheotomie geschritten werden, damit nicht noch fernere
Complicationeh hinzukommen. Körper wie Bohnen,
Erbsen u. s. w. saugen Flüssigkeit ein, schwellen auf
und keilen sich dadurch fest; hat der Körper nur
einigen Umfang , so erregt er durch seine Gegenwart
bald Entzündung , die immer mehr wächst und sich
verbreitet, wenn dei'selbe nicht schleunigst wegge-
schafit wird. Die Tracheotomie ist überdiess gar
nicht so gefährlich, als man behauptet hat ; die Übeln
Ausgänge nach derselben sind auf die functionellen
Störungen durch den fremden Körper, auf die patho-
logischen Ergüsse und Gewebsumänderungen, keines-
wegs aber auf die Operation zu beziehen. Stirbt
beim Croup der Pat. trotz der Tracheotomie , so hat
ihn der Croup und nicht die Tracheotomie gelödtet.
Ausführung der Tracheotomie. Zuerst fragt
es sich, ob die Tracheotomie rasch oder langsam aus-
geführt werden soll. Die wenigen Fälle ausgenom-
men, in welchen der augenblicklich drohende Suffo-
cationstod den Operateur zu rascher Eröffnung der
Luftröhre nöthigt , ist es gerathener, die Tracheoto-
mie mit einer gewissen vorsichtigen Bedachtsamkeit
zu vollführen. Neben der Luftröhre und mit ihr pa-
rallel verlaufen bekanntlich grosse Arterien, Venen u.
Nerven ; die Venenplexus der Gland. thyreoid. liegen
direct auf der Luftröhre und nicht selten laufen ano-
male Arterienzweige quer über die Luftröhre , wes-
wegen ein vorsichtiges, alle unnöthigen Verletzungen
vermeidendes Verfahren , schon der gefährlichen Ge-
gend halber, indicirt ist und das rasche Spalten der
Weichtheile und Eindringen in die Luftröhre verwerf-
lich scheint. Bei dem langsamen allmäligen Ein-
schneiden mitten auf der Luftrölire rause der Opera*
teur nicht nur jeden spritzenden Arlerieazweig
sofort unterbinden , sondern er muss auch die ver-
letzten Venen mit Ligaturen umgeben , theils um die
Blutung zu beschränken , theils um den Luftemtritt
in die Venen zu hindern ; erst wenn die Operations«
wnnde nicht mehr blutet, darf zur LnArOlimicrOf-
nung geschritten werden. Die Gland. thyr. nraiaf
möglichst geschont werden, u. wenn sie etwas grfti-'
ser ist, oder dem Messer sich in den Weg stellt , m
muss man stumpfe Haken gebranclien, um sie n
heben und abzuziehen. Kommt es dennoch bei der
Eröffnung der Luftröhre wieder zu einer Blutung und
dringt Blut in die Luftwege , so ist das bisher anem-
pfohlene Verfahren , das Blut sofort mit den Lippea
auszusaugen, keineswegs erspriesslich , denn durch
, das Saugen wird die Blutung nur vermehrt, und es
ist bekannt, dass die in die Luftwege gedrungene
Flüssigkeit dnrdi Hustenbewegungen sehr bald ausge^
stossen wird. Rationeller ist es daher, durch Druck
der Wundlippen mit den Fingern die Blutung zu hem-
men, oder wenn diese zu stark sein sollte, zu unter-
binden.
Die Luftröhre selbst muss der Länge nach geharig
weit eröffnet werden , damit der fremde Körper un-
gehindert nach aussen treten kann. Bei bewegliehen
fremden Körpern ereignet es sich meist , dass gleich
nach der Eröffnung der Luftröhre der fremde Körper
sich im Grunde der Wunde darstellt und durch eine
Hustenbewegung ausgestossen wird , oder mit einer
Pincette extrahirt werden kann. Ist der fremde Kör-
per festgekeilt, aber nicht eingestochen, so kann man
nach Eröffnung der Luftröhre durch eine eingebrachte
Sonde die Schleimhaut reizen, Hustenbewegungen ver-
anlassen und das Indiehöhesteigen des fremden Kör-
pers befördern. Den Sitz eingestochner fremder Kör-
per , wie Nadeln , Knochenstucke , Splitter u. a. w.,
erforscht man durch Sondiren , man kann sie durch
vorsichtigen Druck mit der Sonde lockern, oder, wenn
sie ftich leicht fassen lassen, mit feinen Fassunga-
instrumenten durch die Operationswonde extrabtren.
Dabei hat der Chirurg stets zu berücksichtigen , dasa
er den Operirten nicht zu lange mit Sondiren, Locfce-
rungs* und Extractionsversuchen quälen darf, nm
nicht die örtlichen Entzündungserscheinungen in stei-
gern. Kann der fremde Körper nach einigen Versu-
chen nicht zur Expulsion gebracht werden, so bringt
man den Kr. in eine zweckmässige Lage und legt
einen einfachen Verband an, den man nach 6— 8 Std.
wechselt und dabei die Expulsionsversuche erneuert.
Nicht selten kommt es vor, dass beim Verbandabneh-
men der fremde Körper im Grande der Wunde Hegt,
ja selbst eingestochene Körper , die sich nicht extra-
hiren lassen, lockert der Entzttndungsprocess n. die
Zwerchfellbewegung und bringt sie nach Tagen an die
Luftröbrenwunde.
Dupuytren that nach der Tracheotomie nichts,
um die Operationswunde zur Verfaeilung zu bringen,
mochte der fremde Körper noch in den Luftwegen
stecken , oder schon ausgestossen sein ; ein Verfah-
ren, das durchaus nicht unbedingt sn btUigen isL
Die Luftröbrenwunde muss offen erhalten werden, ao
lange der fremde Körper noch nicht entfernt ist, beim
Croup muss sie klaffend bleiben , damit das blutige
Exsudat einen Ausweg finde, beim Oedema glottidia»
damit das Athemholen stattfinden könne. Sobald
¥1. Chirargie, OßhUialmotogie a. Oliatrik.
319
aber der firemde Knrper durch die Lttftrohreawuodf
wagMUmeii kl, iuubs mai di« Woode schleuoigst
Mir Verbeilttog bringes und den HeUungsproeess der
Katar nttf^iohst unlenttttzen, um siebt Uagwierige
uad tble NachkrankheiCeD hervorsurufeo.
Mqss die Luftr9hrenwunde, weil der fremde Kör-
per noeh in den Luftwegen ' steckt , oim geliatten
werden , ao reicht bei einer gut gelungenen geraden
Wunde geneigte Stellung des Kopfes , Einlegen einer
kleinen Wieke in den untern Wundwrnkel nnd Be-
decken der Wunde mit Flor hin , um die VerschHes-
sung derselben zu bindern ; das Emdringen der Lirfl
durch ifSe Wunde hintertreibt sdion in den meisten
Fallen die Agglutinaiion der WundrUnder. Mnss die
LnftrOhrenwnnde Tage lang offen gehalten werden,
so bemerkt man allerdings bald an den Wundrandem
den Erguss ?on plastischer, sich erhärtender Lymphe,
weiche die Wundrinder zu verkleben sucht u. welche
manchmal so copiös ergossen wird und so rasch Ver-
klebung bewirkt, dass Einschreiten nOthig wird.
Durch mehrmaliges Einführen eines elastischen Bou-
gies täglich, womit man die Wundränder auseinander
drückt, gelingt es, die Verklebung zu unterdrücken.
Ist die Luftröhrenwunde schief, passl die Hautwunde
nicht genau anf die Spaltung der LuftrObrenringe,
dann geht der Agglutinationsprocess oft in wenigen
Stunden vor sich , und man ist daher in solchen Fat-
len gezwungen , entweder wie beim Group eine Me-
laHrOhre einzulegen, oder mit Haken oder Nadeln
nach Maslieurat-Lag^mard die penetrirende
Wunde klaffend zu erhalten. Beginnt Granulation in
der Wunde, so muss diese auch in Grenzen erhatten
werden.
Herkwttrdig ist es, dass die Chirurgen, wenn
auch die Tracheotomie augenblickliche Entfernung
de» fremden Ktfrpera vermittelt hatte, dennoch nie
an die Vereinigung der Operatienswunde per primam
intentionem dachten , die bei allen Wunden und na-
mentlich bei penelrirenden so wtfnschenswertji er-
seheint. Wahrscheinlich haben einige unglacklich
ahgelaufene Versuche von fernerer Anwendung der
Bolfsmittel »ir ersten Vereinigung abgehalten. VL
hat xahlreiche Experimente an Tbieren ttber die au
erreiebende prima intenüo bei Luftröhrenwunden an-
gealelll und ist zu dem Schlüsse gelangt, daas bei
frtselier Operationawunde allemal nach erster Vecei-
nigiag gestrebt werden mflase, und dass diese aiKh»
sfliald die blutige Naht auf eine bestimmte Weise an-
gelegt wird, eonstant zu erzielen sei. Bei den Ex-
periroemeQ an Hunden bediente sieb \k anftlnglich
zur Vereinigung nur der Knopfnaht, wobei er die Wund-
lippen der ganten Dick« nach durchstach und mit der
«Hsnersiea Serglalt die Ligaturen zusammenzog, um
di« WnBdrXndea in die genaueste Berührung zu brin-
gen* In 2 bis 3 Tagen hatte sich die Wunde ver-
einigt und die Näbte konnten enüernt werden. Bei
der Sectioo fand Vf. dann die Hantwunde fest orgar>
aiicbvecwaebaen; die Rand^ der liuftrdhrenwunde
wimn dureh pliutiaehes, «erhftrtetea,, intermediftree,
kuraes ßxaudat von cellulöser Beschaffenheit verklebt;
das Exsudat umgab die getrennten Knorpelringe,
deren Schnittflächen sich abgerundet hatten u. nicht
durch Zwischensubstanz aneinandergehalten wurden.
Die Schleimhautwunde zeigte keine Vereinigung der
Bänder und war in ihrer Umgebung entzflndlich ge-
rMhet In einigen Ftllen war nur ise Hautwunde
fest geschlossen und die Trennuttg der LufIrOhre
zeigte nicht einmal eine intermediäre Verklebung,
sondern die Wundränder waren nur mit einem noch
weichen , exsndatiwn Beschlag bekleidet. Lines Vf.
nach Entfernung dtr Knopfnähte die Hunde leben,
oder tiDdtete er sie erst nach 8 — 10 Tagen, so konnte
er fast immer die Zeichen einer heftigen Entzündung
der Loflrehrenachleimhant mit Eiterung wahrnehmen;
zuweilen bildeten sich unter der Schleimhaut wirk-
liche Eitercysten, oder EiterinGltrationen und Ver^
achwärung^ocesse« In mehreren Fällen gab die
peneCrirende Ligatur nach der Entfernung zu Luift-
infiltration , subcutanem Emphysem Veranlassung,
welches die Heilung verzögerte, oder es bildeten sich
selbst fistulöse Kanäle.
In Folge dieser ungünstigen Resultate durchstach
Vf. später die Wundränder nicht der ganzen Dicke
nach , sondern führte die Ligatur nur durch die Haut
und durch das memhranenartige Zellgewebe, welches
die Luftröhre bekleidet, ohne die Knorpelringe und
die Schleimhaut mit in die Schlinge zu fassen. Die
Heilung ging rasch vor sieh , die Fäden konnten bald
entfernt werden und es traten weder heftige entzünd-
liche Erscheinungen auf, noch kam es zur Eiterbil-
dung oder zum Emphysem. Sectionen 3 Tage nach
der Application der Ligatur und 1 Tag nach Entfer-
nung derselben zeigten genaue Verkld^ung der Knor-
pelringe durch eine feste, fihröse Zwischensubstanz,
ohne Usur der Knorpelflächen, u. granulöse Verwach-
sung der Schleimhaulwunde.
Ist die Luflrölurenwunde nach der Tracheotomie
länger als 24 Std. offen erhalten worden , so kann
die Prima hutentio nicht mehr erzielt werden. Die
Heilung per secundam intelitionem geht auf doppelte
Weise vor sich ; entweder durch Granulationen, oder
durch plastische, erhärtend« Lymphe, welche von
den Wundwinkeln aus alltnälig die Wunde verklebt.
Die letztere Art der Heilung ist seltner und zuweilen
kommt sie zugleich mit der Granulation vor.
Die Vereinigung der Luilröhrenwonde ohne blu-
tige Naht mit Klebepflastern führte nur bei schiefen
Wunden nnd bei dicker, fetter Haut ttber der Lüft-
röhre einmal zur raschen Heilung. Gewöhnlich kann
der Gontact der Wundränder durch die Pflaster nicht
so gut vermitteil werden, wie durch die blutige
Naht; es stellt sich daher meist Eiterung und Gra-
nulation ein und die Vernarbung geht langsam vor
sich.
SebUlsaUeh giebt Vi die ausführliche Beschreibung
von 2 complicirten Krankheitsfällen , in welchen die
Traohee4eaue gemacht wurde. (S t r e u b e 1.)
220
Vf. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatiik.
198. Fremder KOrper im Kniegelenk 3 Ope-
ration en deux temps; aus der Klioik ron Jober t.
(Gaz. des Höp. 75. 1851.)
Den 28. Mai 1851 wurde ein 46jähr. robusler Hand-
arbeiter wegen einer Krankheit des linken Kniegelenks in das
Hdlel-Dicu aufgenommen. Pat. gab an, er habe im J. 1830
einen heftigen Stoss gegen das linke Knie erhalten und einige
Monate später beim Holzspallen sieb mit dem Beile dasselbe
Knie verwundet , in beiden Fällen aber habe er schon nach
wenig Tagen sein Bein wieder vollkommen gut brauchen itön-
nen. Im J. 1849 bemerkte er zum ersten Male Symptome,
die auf die zur Zeit vorhandene Krankheit zu beziehen sind ;
indem er nämlich eine :^iemliche Last auf einen erhöhten Platz
heben wollte, spürte er beim Aufheben einen so heftigen
Schmerz im linken Kniegelenk, dass er die Last sofort zu Bo-
den legen musste; nachdem er einige Minuten lang ausgeruht
hatte, konnte er. seine Arbeit ohne weitere Störung fortsetzen.
Am folgenden Tage stellte sich ziemliche Anschwellung des
Knies ein , welche die Extension und Flexion behinderte und
schmerzhaft machte; einige Tage Ruhe im Bett stellten den
Pat. bald wieder her, so dass er sich seinen qnstrengenden
Beschäftigungen wie frfiher unterziehen konnte. Im August
18Ö0, als Pat. eine Treppe in die Höhe stieg , trat beim Er-
heben und Flectiren des linken Beins zum 2. Male ein heftiger
Schmerz im Knie auf, welcher dieses Mal von einem krachen-
den Geräusch begleitet war ; es folgte auch eine bedeutende
entzündliche Anschwellung des Gelenks , welche den energi-
schen Gebrauch von antiphlogistischen Mitteln nölhig machte
and Pat. mehrere Wochen ans Bett fesselte. Im Mai 1851
stellte sich beim Gehen der plötzliche Knieschmerz zum 3.
Male ein, dauerte länger, Pat. musste sich nach Hause schaf-
fen lassen, es folgte entzündliche Gelenkanschwellung u. nach
2 Wochen war noch immer keine Besserung bemerklich.
Bei der Untersuchung zeigte sich das linke Kniegelenk
viel voluminöser , als das rechte , und die Mensuration ergab
auch eine beträchtliche VergrÖsserun^ des ümfangs. Die
deutliche Fluctuation beim Druck , der übrigens nur wenig
Schmerz verursachte, so wie die grosse Beweglichkeit u. Ver-
schiebbarkeit der gewissermaassen schwimmenden Kniescheibe
gaben den Beweis für die Existenz eines bedeutenden Ergusses
von Flüssigkeit in die Gelenkkapsel. Das Gelenkende der
Tibia erschien an der innern Gelenkseite hypertrophisch und
wie mit kleinen slalaklilenförmigen Erhabenheiten besetzt;
ausserdem wurde beim Drücken des Gelenks ein dumpfes
Reibungsgeräusch wahrgenommen , weiches, wie fortgesetzte
genaue Untersuchungen ergaben , von einem festen , im Ge-
lenk beweglichen fremden Körper herrührte. Nach 14 Ta-
gen , wo bei ruhiger Lage und fortgesetzter Anwendung von
resolvirenden Foraenten eine ziemliche Resorption der in dae
Gelenk ergossenen Flüssigkeit stattgefunden hatte, Hess sich
der fremde Körper fast nach allen Seiten hin leicht bewegen,
wobei nicht nur ein Reibungsgeräusch , sondern auch oft ein
deutliches Crepiliren wahrnehmbar wurde, welches letztere
ohne Zweifel von der unregelmässigen OberHäche des fremden
Körpers hervorgebracht wurde. Der fremde Körper war rund-
lich-oval und hatte im längsten Durchmesser beiläufig 5—6
Ctmtr., wie besonders deutlich wurde, wenn man den Körper
in^ die geräumige Kapselausbuchtung nach oben schob. Ge-
wöhnlich haben die fremden Körper nur die Grösse eines Ger-
stenkorns, einer Bohne u. nur wenige Beispiele (Velpeau,
Malgaigne) existiren , wo sie die Grösse einer Kastanie er-
reicht hatten, eine Grösse wie im fragl. Falle ist nach Vf. noch
nicht beobachtet worden.
Nach Jobert können fremde Körper im Knie-
gelenke auf die yersciiiedensle Weise entstehen u, die
Chirurgen haben darin eben einen Fehler begangen,
dass sie immer nur für eine einzige Enlstehungsweise
sich erklarten. Bei starken anstrengenden Bewegun-
gen und bei Gontusionen können Siücken von den
Knorpeln des Kniegelenks abspringen und zu fremden
Körpern werden» welche die intensivsten enUQndlichen
Erscheinungen hervorrufen. Ditrrh Hunt er, A.
G 0 0 p e r und B 6 c 1 a r d hat die Ansicht die meiste
Verbreitung gewonnen , dass die fremden Körper im
Kniegelenk von aussen her in das Gelenk zn wachsen
pflegen ; ein kleines Exsudat, eine plastische Ablage-
rung ausserhalb der Kapsel soll diese nach inneo er-
heben , immer mehr in das Gelenk drücken und end-
lich an der EinstUlpungssteile einen Stiel bilden, der
zuweilen ganz resorbirt wird, so dass der abgetrennte
Auswuchs^ganz frei im Gelenk liegt. Wenn diese
Ansicht auch durch einige Sectionen sich zu bestäti-
gen scheint , so ist diess doch gewiss nicht der ge-
wöhnliche Bildungsgang der fremden Körper. Die
Niedersehlage in der GelenkflUssipIvoit sind noch viel
zu wenig studirt, ebenso wenig hat man auf die Fol-
gen von Entzündungen des Gelenks die Aufmerksam-
keit gehörig gerichtet , u. hier dürfte man hü ußg den
Grund der fremden Körper finden. Der Umstand,
dass gewöhnlich bei vorhandenen fremden Körpern
im Kniegelenk [gleichzeitig Knochenauswttchse » Kdo«
chenanschwellung , Knorpelalterationen , Knoclien-
liaulverdickung, Kapsclveranderungen, Franzung der
Synovialhaut Iheils bei der Seclion, theils selbst schon
an den Lebenden gefunden worden sind, deutet dar-
auf hin , dass die fremden Körper Producte von Ge-
lenkkrankheiten, von Allerationen des knöchernen
oder fibrösen Apparates sind. Membranen , die sich
durch verschiedene Ursachen an den Gelenkwanden
gebildet haben, können sich von diesen lösen und
in fibröse, knorplige und knöcherne Stücke umge-
stalten; ebenso kann Blut, bei einer Gontusion in
das Gelenk abgeschieden, nach Resorption seiner an-
dern Restandlheile, mit Ausnahme des Fibrins, zum
Kern eines fremden Körpers werden. In Bezug auf
die Diagnose ist zu erwähnen, dass fast alle fremden
Körper innerhalb der Gelenkkapsel mit geringerm od.
grösserm Erguss von Flüssigkeit gepaart vorkommen.
Die Reizung, die der fremde Körper auf die Synovial-
haut ausübt, erregt den Erguss. Kleine Körper, die
versteckt in den Ausbuchtungen der Kapsel liegen,
oder an der Gelenkwand adhariren , entgehen der
Diagnose und rufen auch kein Symptom hervor , wel-
ches auf ihre Existenz schliessen liesse. Die Be-
handlung anlangend , so ist zuerst die Goropression
zu erwähnen. Abgesehen davon, dass diese nur wenn
der fremde Körper sich fixiren Iflsst überhaupt an-
gebracht werden kann, so ist sie nie im Stande,
knorplige od. knöcherne Concretionen zur Resorption
zu bringen, und ruft höchstens bei fortgesetzter
energischer Anwendung Atrophie der Gelenktheile her-
vor. A. Par6 schnitt direct auf den fixirten fremden
Körper ein und extrabirle ihn. Die neuern Chirur-
gen fürchten nichts so sehr, als Lufteintritt io die
Gelenkhöhle des Knies, und haben daher die Extrac-
tion nach Par6 ganz verworfen; nur Lisfranc
behielt dieselbe bei und hat ohne üble Folgen oftmals
operirt. Das Gelingen bei Lisfranc hing davon
ab, dass er vor der Operation den Pat. l^/j Monat
im Bett liegen liess und bei der Operation den LuH-
eintritt durch Schieben des fremden Körpers in eioe
VI. Chirurgie» OpMiiimologie iL Otiatrik.
931
Kapsdausbochtuiig nod Pixiren daselbst möglichst zu
biädem suchte. Die Kapselreizung und der Ergoss
in dieselbe werden durch ruhiges Liegen Termindert.
Goyraud gab zuerst ein sinnreiches Verfahren an,
den fremden Körper ohne Verletzung der Kapsel zu
enlfemen ; er druckte denselben in dne Ausbuchtung
und sachte ilnrch Druck die Wandungen des Gelenks
anr Verwachsung au bringen, so dass der inlracapsu-
Ulre Körper dadurch gewissermaassen ein extracapsu-
lirer wurde, worauf er ihn auf einfache Weise extra-
hirte. Leider Hess sich dieses Verfahren zu selten
aasfllhren und die Abkapselung kam zu häußg nicht
zustande. Goyraud trug daher spater die sub-
cutane Methode auf die fremden Körper über, er
spaltete subcutan die Kapsel, drückte den fremden
Körper aus derselben heraus ins Zellgewebe u. liess
ihn hier zur Resorption liegen ,- oder schnitt ihn spa-
ter heraus. Diese letztere Methode ist diejenige,
welche die grOssten Vorzüge hat, ja zur Zeit allein
ausgetlbt sq werden verdienL
Die operative Entfernung fremder Körper aus dem
Kniegelenk darf Überhaupt nur vorgenommen werden,
wenn der fremde Körper durch seine Gegenwart
ernstliche Zufillle bedingt und die Function des Glie-
des behindert, oder aufhebt. Da der fremde Körper
häufig das Product einer Entzündung, einer Knochen-
krankheil oder Krankheit des fibrösen Apparats ist, so
hebt die Operation keineswegs jene Leiden und der
fremde Körper kann sich, wie Beispiele darthun,
abermals erzeugen ; dessenungeachtet ist die Opera-
tion nicht , wie einige Chirurgen gethan haben , zu
verwerfen, sondern sie kann nur einen Theil der Be-
handlung des vorliegenden Gelenkleidens bilden.
Praktisch wichtig ist es , die Consistenz der fremden
Körper zu unterscheiden ; sind sie weich und zer-
drUckbar, so muss man sie, nachdem man dieselben
durch die subcutane Kapselincisioo aus der Gelenk-
cavitat entfernt hat, unter der Haut im Zellgewebe
mit den Fingern zerquetschen , wodurch die Resorp-
tion derselben erleichtert und beschleunigt wird.
Sind die fremden Körper knorplig oder knöchern, so
findet keine Resorption derselben Statt, man kann sie
nicht im Zellgewebe liegen lassen , sondern muss sie
nach vollständiger Verheilung der Kapselwunde , die
nach 7 — 8 Tagen stattfindet, extrahiren.
Im fragt. Falle, wo der fremde Körper ein so
grosses Volumen u. eine so feste knorplig-knöcherne
Consistenz hatte, machte J o b e r t mit einem Tenotom
eioeD grossen subcutanen Einschnitt in die äussere
Seite des Gelenks , drückte den fremden Körper her-
aus and schob ihn etwas aufwärts ins Zellgewebe.
Nach Job. ist Überhaupt der Einschnitt in die äussere
Seite der sicherere, der stets, wenn der fremde Kör-
per sich nach der äussern Seite genügend verschieben
lasst, den Vorzug verdient. Um den fremden Körper
im Zellgewebe gehörig zu fixiren, damit derselbe sich
sieht weiter verschieben, oder gar die Verheilung der
Kapselincision stören könne, schlug J. folgendes Ver-
ftihren ein, wobei er sich eines von Charri^re
besonders« gefertigten Instruments bediente. Eine
kleine Trokarlanze wurde direct durch die Haut in
die Mitte des dislocirten fremden Körpers gestossen;
der Lanzenschaft, der eine Röhre darstellte, enthielt
2 gebogene Stahtdrähte, die durch Druck von oben
aus SOeffhungen über derTrokarspitze gespreizt her-
austraten und den fremden Körper an die Haut an-
drückten, was durch eine Stahlschraube bewirkt
wurde. Nach 8 Tagen , nachdem die Kapselincision
geheilt war, wurrle das Instrument entrcrnt und der
fremde Körper durch Incision von aussen entfernt.
Die nähere Beschaffenheit des fremden Körpers will J.
noch spater beschreiben. (S t r e u b e 1.)
199. Die Hingel der gangbaren ortbopUi-
SChen Behandlung ; von Prof. Max. Langenbeck.
(Uannov. Corr.-Bl. II. 13. 1851.)
Gleich dem Dr. Werner in Stolp (vgl. Jahrbb.
LXVl. 343, LXVII. 216) verwirft Vf. die in neuerer
Zeit so Obliche Anwendung der Gymnastik gegen die
Verbiegungen des Brustkorbes. Er bestätigt in Folge
mehrjähriger Erfahrung die Ansicht des Ersteren, dass
die gymnastischen Uebungen den Uebergang der An-
lage in wirkliche Verbiegungen nicht verhindern, auch
deren Fortschritte nicht hemmen, dass vielmehr durch
die Einwirkung der freien Gymnastik das Uebel ver»
schlimmert werde , ohne jedoch im Uebrigen die An-
sichten Werner 's Ober den Einfluss gyranaat.
Uebungen auf gesunde Muskeln zu theilen.
Vf. sucht den Nachtheil des Turnens bei Verkrüm-
mungen darin, dass, abgesehen von den verschiede-
nen Krankheiten der Wirbel und Rippen, der Musku-
latur des Thorai, der Organe desselben u. s. w., eine
Störung des Antagonismus , eine unregelmSssige und
ungleiche Aclion der Muskeln beider Körperhälflen,
durch eine kräftige, freie Gymnastik noch gewaltsam
gesteigert werde.
Die Ursache dieser Verschiedenheit der Kraftäus-
serung der Muskeln sei nicht selten eine gewisse Dis-
position der Knochen , wie gewöhnlich bei Scrophu-
lösen, Rhachitischen, zuweilen sei sie Erbfehler, sie
könne aber auch auf einer Vernachlässigung der Hal-
tung, fehlerhafter Kleidung, flblen Gewohnheiten
u. s. w. beruhen, und die Knochen selbst an der
Entstehung der Verbiegung nur insofern Theil neh-
men , als die bekannten drei normalen Krümmungen
der Wirbelsäule gleichsam die erste Andeutung der
Deviation abgeben.
Mit Paralyse der Muskeln dürfe die ungleiche
Aclion der Muskeln beider Körperhälflen , oder auch
der MM. column. vertelir. anter. und poster. in
den seltenen Fällen einer Kypbosis und Lordosia
nicht verwechselt werden. Eine solche sei nicht zu-
gegen, sondern nur eine gewisse Ungeschicklichheit,
eine Ungewandtheit im Gebrauche solcher Muskeln,
ähnlich dem Verballen des rechten und linken Arms,
Sei durch ein solches Uebergewtcht gewisser
Muskeln der einen Seite die geringste Ausbiegung,
^
sa»
yi ChinuKi«^ QyMhiliaripg^ u,. OlUtrik«
d. i. eine abn^mne Zunahine einer der 3 nonuaU«
KrUnmimigeQ der Wirbelsäule» eingelreleu, so sei
auch »ach dem hier anattwendendea GeseUe, «4e
frtfaser der Angriffswiokel , destt sUrker die KraA-
«oaaerimg'^ die Möglichkeit einer raaeben Versohlii»*
merung dea Debeb gegeben»
Datier stfiut sich daa Ueilungsyerbhren gegen
RackgraUferkrtunmungen, wie es Vf. seit IV, h in
der von ihm errichteten erthopXdiscben Anstalt in
in Wendung bringt,, auf folgionde GrundsAUe.
1) Auf den abnormen Körpertheil mnss eine Kraft
einwirken, welche schon im ersten Augenbliolte ihrer
Anwendung einen sichtbaren Effect hervoizubringen,
z« B. den Rippen und der Wirbelsaule eine richtigere
Stellung zu geben im Stande ist. Hierdurch wird
nach Vf. der Angriffswinkel far die Muskeln durch die
ferbesaerte Stellung des iruslkorbes , welche nicht
alteki die Haupteurratur, sondern auch die secuadUre,
sogen, cempensirende Ausbiegung treffe, zur norma-
len Grgsse zurflckgefahrt.
2) Die Kraft nuss eine feste , stetige und zwar
eine Druckkraft sein, nicht oscillirend, nicht elaatisch,
als» keine Raderkraft, weil sie aenst nutzlos iet , in-'
den der Widerstand der ebenfalls elastiechen Hervor*
ragung des Körpers dieselbe bald lahmt. Hseranf
ber«y nach Vf. vorzugsweise die Unwirksamkeit der
Streckbetten und ailer mit Druckfedern versehenen
Apparate,
3) Eine Zugkraft, welche exCendirend auf die
Langenachse der Wirbelsäule wirkt, muss die Druck-
kraft unterstotzen , da sie durch Verminderung des
Drucks der aber einander liegenden Wirbel zur Wie-
derherstellung der normalen Gestalt der verschobenen
und nach der einen Seile hin keilförmig compri-
mirten Cartilagines intervertebr. vornehmlich bei-
lrage.
4) Gleichzeitig mit der Einwirkung der gen. Con-
Sgurationakrafte muss die Thatigkeit der zu schwach
wirkenden Muskeln der einen Seile durch gewisse
Uehungen angeregt werden, wahrend die entsprechen-^
den Muskeln der andern Seite ruhen, oder selbst ge-
dehnt werden sollen. Letzteres in Fällen bedeuten^
der Gontraction, die nach Vf. unnfltzerweise so häu-
fig zur Myotomie Veranlassung gegeben hat.
5) Der Kranke muss aufrecht stehen. Horizon-
tale Lage verwirft Vf. nicht aHein weit sich dabei die
Druckkraft nnf sehr unvollkommen anwenden lasse
und die angedeuteten Nuskelflbungen gar nicht aus-
ftihrbar seien, sondern besonders darum, weil die
aufrechte Stellung, worinnen die Kr. nicht seilen 6 —
7 Std. ununterbrochen verharren , die Muskeln dee
Bancfas, des Reckens und der untern Extremitäten in
dem Grade stärke, dess eine freie und feste HaKitng>
des Thorax weit eher und leichter möglich werde.
6) Ettdlioh ouiss filr eine gestreckte Lage den
Kr. während der Nacht geaorgt werden» doch ohne
die Wirbelsäule gerade einer Eztenmo» auezuaetae«.
Diese soU nur bezwecken , dasa das , was bei Tap
gut gemacht worden« Nachta durch ein Znaaamen-
kaaera im Bett nicht wieder verdorben werde.
Nach dieser Theorie hat Vf. einen Apparat con-
struiren lassen, dessen Brauchbarkeit sich so bewäh-
ren soll, dass bei hohem Grade der VerkrOmmung
die Anwendung desselben kaum mehr als 6 Monate
erforderlich sei.
Als Hülfsmittel dieses Heilverfahrens wendet Vf.
zuweilen noch warme und kalte Bäder, Einreibungen,
Frolliren, Kneten der Muskeln u. s. w. an. Strenge
Diät , angemessene Kleidung und gleichmässige kör-
perliche Bewegung vverden für höchst wichtig er-
achtet.
Freie Turnübungen werden, d^n eben mitgethe^
ten Ansichten dea Vfs^ zufolge, nicht angeatellt » nur
lässt er in den Freistunden eine gewaaae Inspirations-
gynuastik üben, die zugleich bestiHunte Stellungen
des Körpers erfordert. (Schwarze.)
200. BericU Aber du künMIkluiikiui fir
Ohrenkranken London. (Lond. 1850. 12. 24 s.)
Der Yoriiesende Bericht über das 1816 gegründete Inati-
tut, dem gegenwärtig W. Harvey vorsteht, bezieht sich anf
die JJ. 1847, 48 u. 49, während welcher 2151 Fälle bei Kr.
jedes Alten zur Bebsodleng kamen. Die Untersuchung ge-
schieht meist bei kunstl. Lkhta mit dem Ohreaspiegel, dnreh
dao OhrkathetfT und daa Auriskop.
Der äoasere MieiigaDg n. die Trommelhöhle worden io
V» aller Fälle krankhaft ge&indeo , oft in Felge von Gebini-
kraokheiten in der Kindheit. Gewaltthätigkeiten auf das Ohr,
den Kopf oder den BQcken erwiesen sich in vielen Fällen als
Ursache der Taubheit, wahrscheioKch dareh Lähmung oder
eine phjsik. Veränderang des Gehörnerven. Ebenfalls sehr
oft war chroa. £otz. des Trommel felis, ^häufang oder Man-
gel des Ohrenschmalz , Entz. der Haoi des Gebörganga vor-
handen. Affectionen der Respir.-Org., Influenza, Aosschläge,
bes. Scharlach, waren oft Torausgegaogen , oder zugleich auf-
getrelBD, ? orzäglich bei Abeoeisen , Entz. der Knochenbant b.
Aiisflttssen aus dem Ohre. Bbeumatismus des Kopfes u. des
Ohrs , so wie Gicht lagen ebenfalls nicht seilen det Taubheit
zu Grunde.
Die abrigen Bemerkungen , welche ebenso allgemein ge-
halten sind, wie die milgethailteo , ubergslien wie als keta
Interesse darbietend . (£. S c b m a 1 z.)
201. ZnrOhrenkailkinde;
(Times. March — iuly 1851.)
iW. 1. Wilde.
Vf. giebt nach einigen Bemerkungen tther den
Zustand der Ohrenheilkunde in England , unter An^
erfcennung der Verdienate Xoynhee'a um die
paLhologiache Anatomie der Ohrenkranhheiteii fol-
gende Uebersichl über 783 (454 Männer, 32$^ Wei-^
her) vom 1. lürz 1847 bis dahin 18M m St.
Mark'a Hoap. zu Duhlin behandelte Ohrenkcanke.
VI.
«1. fMittrik
•
29»
Irankk^it
Dater 5 i.
5^ft0 J.
11 --151.
16--2t J.j
81 — 30 Ju
81—40 J.
41—50 J.
iUr 56i.
M.
w.
M.
W-
W.
M.
W.
M.
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melfells 69 (30 : 30)
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Abscess in dems. 8
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(W.)
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Eczema anriom 23
(8:15)
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(1 : 1)
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stoid. 1 (M.)
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394
VI. Chirurgie, Ophliiidiiiotogie u. OtUtrilu
DasErgebnias der foratebendeB Tabelle eDtapricht
somit dem von Toynbee (Jabrbb. LXVl. 218),
Schmalz (Jahrbb. LXVII. 354), ▼. Tscharner
(Jabrbb. LXVl. 220) u. A. erhahenen, indem daraas
herf ergeht, dass MSnner, und swar besonders im
mitllern Lebensalter, Ohrenkrankheiten mehr unter-
worfen sind, als Frauen, und dass nahe an */|o aller
Obrenkrankheiten (nach Abrechnung der von Ansamm-
lung von Ohrenschmalz abhängigen) durch entzünd-
liche Zustande bedingt sind.
Von den mitgetheilten Fallen betrifft der 1. eine
Entzündung der Paukenhöhle mit Durchbohrung des
linken Trommelfells, verschlimmert durch Erkaltung ;
Besserung auf die gewöhnliche Weise. — Der 2. Fall
betrifft eine 25jahr. Frau , bei welcher (nach Schar-
lach) chron. Verdickung- des Unken, gänzUche Zer-
störung des rechten Trommelfells gefunden wurde.
Vf. bemerkt hierbei, dass, wenn einmal das Trom-
melfell durchbohrt ist, das HOrvermögen um so bes-
ser wird, je grOsser die Oefl'nung ist, vorausgesetzt,
dass keine andere Veränderung hervorgerufen wor-
den sind und noch ein schmaler Ring des Trommel-
fells vorhanden ist Das von Y e a r s 1 e y für solche
Falle empfohlene Einbringen eines feuchten Baum-
woU- oder Watlen-Bauschchens in die Oeffnung des
Trommelfells (vgl. Jahrbb. LXII. 84 u. LXVIII. .345)
fand Vf. ebenfalls wiederholt bewahrL Es nutzt je-
doch nur in den Fallen, wo eine grosse Oeffnung, aber
nicht völlige Zerstörung des Trommelfells vorhanden ist.
Auf die dazu benutzte Flüssigkeit kommt nach Vfs. Er-
fahrung nichts an , Glycerine ist nicht vortheilhafter
als andere Substanzen ; Vf. wendet gewöhnlich irgend
ein mildes Oel an. Das Bauschchen muss die Oeffnung,
aber nicht den Gehörgang vollkommen ausfüllen , es
darf nicht auf die Innenwand der Paukenhöhle drük-
ken und muss mit einer Sonde eingebracht werden,
was die Kr. gewöhnlich bald selbst lernen. Es muss
wenigstens aller 3 — 4 T. erneuert werden, bei reich-
licher Absonderung aber taglich.
Die 3. Beobachtung enthalt den Fall eines 19jähr. Man-
nes, bei weldbem hinter dem rechten Ohre hart unter dem
Proe, mtutoid. eine härtlich», purptsrrothe, schmerzlote
GesehtDuUt von der Grösse einer halben Orange sass. Schmerz
im Ohre oder der entsprechenden Kopfhälfte war nicht zuge-
gen ; an Otorrhöe wollte der Kr. nie gelitten haben ; das Ge-
hör war aber sehr geschwächt und Trübung , so wie partielle
Verdickung des Trommelfells vorhanden. Der Kr. hatte Ober-
haupt keine Beschwerden von der Geschwulst, welche nach tt
Tagen aufging, worauf die Vernarbung des eingehen Ge-
schwärs binnen 14 T. bei einem einfachen Verbände zu Stande
kam.
Vf. bemerkt hierbei, dass jede Geschwulst hinter
dem Ohre, welche in irgend einer Verbindung mit
dem Proc. roast. steht, stets die volle Aufmerksamkeit
des behandelnden Arztes verdiene. Er unterschei-
det 5 Arten von Geschwülsten in der fragl. Gegend,
von denen die erste durch Anschwellung (bis zur
Grösse einer Handel) einer kleinen Drttse gebildet
wird , welche auf dem Proc. mast. unmittelbar Über
dem Ansatzpunkte des Sternocieidomast. liegt. Die
Geschwulst, welche besonders bei jungen Mädchen
beobachtet wird , ist stets sehr schmenhaft bei der
BertthruBg, ahnlich wie ein Neurom, und iMsst sich
nur sehr langsam (durch äussere Anwendung des Jods
und innere der Tonica, bes. Eisen) beseitigen. —
Eine »weite Art von Geschwulst ist durch einfache
Vereiterung einer Drttse bedingt, liegt grösstentheiU
unterhalb der Höhe des Meat. audit. ext. und kommt
oft wahrend des Zahnens, gewöhnlich bei scrophulö-
sen Personen und besonders bei solchen vor, welche
an EntiUndung des mittlem Ohres oder des flassero
Gehörgangs gelitten haben. Hierher gehört die in
erwähnten Falle vorhandene Geschwulst. — Eine
drifte Form , welche Vf. nur 2mal beobachtet hat,
besteht in einem Abscesse , ähnlich einem Lumbar-
abscesse , und hängt wohl stets mit einem Knochen-
leiden zusammen. — Die vierte Form steht mit
acuter Periostitis in der Hinterohr'- oder ganzen Schil-
fengegend in Zusammenhang , oder ist die Folge von
Ausbreitung der Entzündung vom mittlem Ohre oder
dem äussern Gehörgange aus auf die MastoidealzelleD.
Sie bedingt nicht selten den Tod durch Ei tererguss io
die Schädelliöhle , nach Durchbohrung der innern
Lamelle der Schädelknochen. — Als fünfte Form
endlich erwähnt Vf. eine bösartige Schwammwuche-
rung, welche er 3mal (bei einem lOjähr. Knabea u.
bei 2 Pers. Über 50 J ) gesehen hat.
Die 4. Beobachtung: Entzündung des Trom-
melfells bei allgemeiner Syphilis, Heilung durch
Quecksilber, und die 5.: Verstopfung des äussern
Gehörgangs durch Ohrenschmalz, bieten kein be-
sonderes Interesse dar. Wichtiger dagegen ist die 6.
Beobachtung, in welcher W. bei Gelegenheit eioer
Entzündung des mittlem Ohres auf beiden Seites,
seine Ansichten über den Hatheterismus der EwtOr
chischen Röhre mittheilt. Im Allgemeinen ist die-
selbe nach seiner Erfahrung viel seltener angezeigt,
als es von vielen Schriftstellern angegeben wird. Kaoo
der Kr. [auf die bekannte Art bei geschlossenem
Munde] selbst Luft durch die Eust. Röhre in die Trom-
melhöhle treiben, so. ist es nicht gerathen, sich eines
künstlichen Mittels zu dem fragl. Zwecke zu bedienen.
Hat man aber Grund, anzunehmen, dass ein entzündl.
Zustand im mitllern Ohre vorhanden ist, so muss man
alles Untersuchen mit dem Katheter oder Einbringen
von fremden Substanzen mit der grössten Sorgfalt
vermeiden. Von soliden Instrumenten wendet Vf. nur
eine Sonde aus präparirtem Elfenbein, sonst aber den
von Kram er angegebenen silbernen Katheter an.
Er hält es für am Zweckmässigsten, denselben durch
die Nase einzuführen, und befestigt ihn vermittels ei-
nes Schraubenapparates auf der Nasenwurzel. Hin-
sichtlich des Einfuhrens des Katheters selbst weist W.
1) nachdrücklich darauf hin, wie reizbar die dabei be-
rührten Gebilde seien , so dass selbst in Folge der
Fortleitung durch den Thränennasengang Thränenfloss
dabei entsteht, und 2) darauf, dass die Spitze dei
Instruments selbst durch höchst unbedeutende Bewe-
gungen des Kr. (Schlucken des Speichels) aus der
Mündung der Eust. Röhre wieder herausgetrieben
werde. Ganz sicher könne man nur dann von dem
VI. Chirurgie, Opkthalmologie u. Otiatrik.
226
FestsiUeD des Katheters überzeugt sein, wenn der
Strom aus einer Luflpresse gehörig in die Paukeniitthle
gelaogt; als sehr wichtig bezeichnet er es aber, dass
der Arzt die Presse selbst regele, um keinen zu star-
ken Strom einzutreiben. Das Stethoskop endlich
seUt er, um die durch Gegenwart krankhafter Sub-
stanzen io der Paukenhöhle beim Eintritt des Luft-
Stroms erzeugten Geräusche zu vernehmen , auf die
Ohrmuschel selbst. Die übrigen Bemerkungen über
die fragl. Operation sind sehr praktisch , enthahen
aber nichts von besonderem Interesse.
Ein Fall von Oiorrhöe mit Polypenbildwig , in
Folge eitriger Entzündung der Paukenhohle und des
JHeat. audit. , bildet den Inhalt der 7. Beobachtung.
Vf. erwähnt dabei, dass er den Silberdraht bei sei-
nem Polypenunterbinder (vgl. iahrbb. XLV. 75)
gegenwartig durch gut geglühten feinen Eisendraht
ersetzt habe , weil er fand , dass ersterer beim Ge-
brauche leicht reisst. Beobachtung 8, 9, 10, 11
betreffen Falle von Verdickung und Trübung des
Trommelfells. In dem der 8. Beob. zu Grunde lie-
genden Falle war ausserdem im rechten Ohre das
Trommelfell ganzlich zerstört, so dass die Schleim-
haut der Innenfläche der Trommelhöhle als eine rothe,
geschwollene Flache sichtbar wurde. Vf. bemerkt,
dass in solchen Fallen die Diagnose nicht immer ganz
leicht sei, besonders da sehr h«1ußg zugleich eine Ver-
stopfung der Eust. Rohre vorhanden und deshalb die
Prüfung vermittels Durchtreibens von Luft durch die-
selbe unmöglich ist. Als Anhaltspunkle bezeichnet
er folgende Umstände. Die eigenthttmliche Wölbung
am Ende des äussern GebOrgangs ist deutlich von der
verschieden, welche das Trommelfell bei irgend einer
Krankheit darbietet ; die weissliche Erhabenheit, wel-
che der Hammer bildet, fehlt, und überhaupt er-
scheint Alles in ungewöhnlicher Tiefe. Mit der Knopf-
sonde stOssl man an das Promontorium , wobei der
Kr. selbst ein Geräusch wahrnimmt. Ausserdem
zeigt das Trommelfell selbst beim höchsten Grade der
Entzündung keine so dunkle ROthe , und wenn es in
Folge von Entzündung gerOthet ist, fehlt die feuchte,
glänzende, sammetähnliche BescbafTenheit , welche
unter den fragl. Umständen vorhanden ist. Letzteres
gilt auch von den Fällen von chron. OtorrhOe ohne
Durchbohrung, in denen das Trommelfell weiss , ver-
dickt, miteinigenGefässen versehen erscheint. Häufig
ist bei Zerstörung des Trommelfells in der Hohle nach
vom and unten eine kleine Blase sichtbar , der Mün-
dung der Eust. Rohre entsprechend, und zuweilen
nach oben und hinten eine weissliche Erhabenheit,
die durch die Gehörknöchelchen gebildet wird. Aus-
serdem fehlt bei Zerstörung^ ja selbst bei ausgedehn-
ter Durchbohrung des Trommelfells das Ohrensausen,
und ebenso nimmt die schleimigeitrige Absonderung
dann wesentlich ab, oder verschwindet gänzlich. Nur
onen grosaen, schwammigen Polypen auf dem Trom-
melfelle konnte man nach Vf. bei Zerstörung des
Trommelfells vor sich zu haben glauben ; allein auch
Mtd. JakrU. Bd. TS. Hit. %
hier wird die Untersuchung mit der Sonde jeden Zwei-
fei leicht beseitigen.
Endlich macht Vf. noch darauf aufmerksam, dass
nicht selten Personen , welche die Schläge der Uhr
nur bei grosser Nähe vernehmen , besser im Stande
sind, das Gesprochene zu verstehen, als solche, wel-
che die Uhr bei der doppelten Entfernung hOren.
Seiner Ansicht nach beruht diese Erscheinung auf der
verschieden guten Auffassungsgabe und dem ver-
schieden guten musikalischen Gehöre.
(Winter.)
202. Ueber Ohrpolypen; von Bonnafond,
Oberarzt am Hosp. Gros-Caillou zu Paris. (Rev. m^d.
Juin et Juill. 1851.)
Nach einer kurzen Darstellung des über die Natur
der Polypen im Allgemeinen bekannten handelt Vf.
zunächst von der Stelle, wo die Okrpolypen sich
vorfinden. Nach seinen Erfahrungen kommen die-
selben am häuGgsten nahe bei oder auf dem Trom-
melfelle vor. Ihre Form , bei geringer GrOsse der-
selben äusserst verschieden, entspricht stets der Form
des GehOrgangs , sobald ihr Umfang der Weite des-
selben gleichkommt. Sitzt der Polyp an einem Punkte
der beiden äussern Dritttheile des äussern GehOrgangs
und wächst er nach aussen , so verursacht er meist
nur Schwerhörigkeit in verschiedenem Grade und ei-
trigen Ausfluss, sehen Schmerz, in Folge des Drucks
auf die Wände des Ganges. Wächst der Polyp hin-
gegen nach inyen zu, so entsteht in Folge des Drucks
auf das Trommelfell, aussei^ Schwerhörigkeit, ein
dumpfer Schmerz, besonders in der Gegend der Ra-
chenmUndung der Eust. ROhre, später heftiger Schmerz
in der Tiefe des Ohres, gesteigert durch das Kauen,
Schlucken , Gähnen . Husten , der durch Vermittlung
des Trigeminus auf die entsprechende Kopf- und Ge-
sichtshälfle übertragen wird. Dabei haben die Kr.
nicht selten Schwindel, Ohnmächten, zuweilen Er-
brechen, ja einen schwankenden Gang. Alle Er-
scheinungen verschwinden plötzlich, wenn der Polyp
in Folge einer Blutung abschwillt , kehren aber nach
einiger Zeit in gleichem Grade zurück, bis der Polyp
allmälig härter wird, wo sie gleichmässig andauern.
Nach verschieden langer Zeit bleibt endlich nur
Schwerhörigkeit oder Taubheit zurück , entweder in-
dem das Trommelfell nachgiebt oder allmälig an den
Druck gewohnt wird. Entfernt man den Polyp zu
dieser Zeit, so erscheint das Trommelfell stark nach
innen gewOlbt , mit einer Schicht einer weisslichen
Substanz bedeckt, und die obere Hälfte der Trommel-
höhle ist aufgehoben, indem der Hammer, anstatt der
normalen vertikalen , eine horizontale Lage daselbst
erhalten bat. Sind jedoch leine zu festen Verwach-
sungen zwischen dem Trommelfelle und der innem
Wand der Trommelhohle eingetreten, ist das Ge-
lenk zwischen Hammer und Ambos nicht ankylosirt,
so lässt sich , nach Vfs. Angabe , das GebOr häufig
dadurch wiederherstellen, dass man das Trommelfell
vermittels eines feinen Häkchens sanft nach aussen
226
VI. Oiirargie, Ophthalmologie n. Otiatrik.
zieht, oder durch einen Luftstrom , den man vermit-
tels einer Pumpe von der Eust. Röhre aus in die Trom-
melhöhle leitet, von der innern Wand der letztern
entfernt. Reichen die beiden genannten Mittel nicht
hin , so soll man nach Vf. an einer freien Stelle des
Trommelfells der Eust. Röhre gegenüber einen feinen
Einstich machen, durch diese Oeffnung eine feine
Knopfsonde mit gekrümmtem Ende einrühren und das-
selbe durch rotirende oder ziehende Bewegungen
zwischen Trommelfell und innere Wand der Trom-
melhöhle bringen. Selten, sagt Vf., bleibt dieses
Verfahren ohne alle günstige Wirkung, ja einmal will
er es mit vollkommen günstigem Erfolge ausgeführt
haben [?II].
Reisst das Trommelfell in Folge des Drucks des
Polypen, so dringt letzterer in die Trommelliöhle
selbst und nimmt so sehr an Grösse zu, als es der
Umfang letzterer gestattet. Eiterung mit Ausstossung
der Gehörknöchelchen und Zerstörung des Trommel-
fells ist dann die gewöhnliche Folge ; widersteht das
Trommelfell der Zerstörung, so erleidet der Polyp an
der Stelle , wo er durch den Riss in demselben tritt,
eine Einschnürung, welche von Zeil zu Zeit heftige
Schmerzen hervorruft. In solchen Fällen ist es nach
Vf. am Zweckmassigsten , den Polyp im Niveau des
Trommelfells zu durchschneiden und den mit dem
Stiele zusammenhängenden Tbeil desselben ebenfalls
auszuschneiden. Das in der Trommelhöhle zurück-
bleibende Stück des Polyp aber, das in Folge der
Rlutung während der Operation beträAitlich an Um-
fang abnimmt, soll man nach 24 Sld. oder auch noch
früher mit Hülfe eines feinen Häkchens ohne Mühe
durch die Oeffnung im Trommelfelle hindurch auszie-
hen können. Ist es zu klein, um mit dem Haken
gefasst zu werden , so soll man versuchen , es durch
Dämpfe, welche man durch die Eust. Röhre einleitet,
herauszutreiben, wodurch man zugleich verhütet,
dass es von dem Eiter in die Ohrmündung der Eust.
Röhre gedrängt wird. Za anhaltende Ausziehungs-
versuche widerräth indess Vf., da dasselbe bald in
Verwesung übergehe und dann mit dem Eiter aus-
getrieben werde.
Hinsichtlich der Diagnose, welche besonders mit
Hülfe einer an der Spitze gekrümmten Knopfsonde,
festgestellt werden soll , giebt Vf. nur das Bekannte.
Gleiches gilt von der Prognose, welche nach ihm
abhängt: 1) von dem Zustande der Gewebe, auf wel-
chen der Polyp sich entwickelt ; 2) von seinem Sitze ;
3) von seiner Reschaffenheit; 4) von der Rreite des
Stiels, and 6) von den Veränderungen, die er im
Ohre hervorgerufen hat.
Behandlung, a) Die Jusreissung ist für
alle Polypen geeignet, welche an den Wänden des
Gehörgangs mit einem dünnen Stiele aufsitzen; ist
letzterer sehr fest , so verbindet Vf. die Torsion mit
der Ausreissung. Das fragl. Verfahren^ bei dem wohl
darauf zu achten ist, dass der Polyp möglichst nahe
an der Basis gefasst wird, verursacht die wenigsten
Schmerzen und bedingt die geringste Blutung, ist
aber bei Polypen , die am Trommelfell selbst sitze
nur da anwendbar, wo die Ligatur und Gxcision
unmöglich sind. Vf. bedient sich data einer 2 od
3armigen Pincette, welche in einer Kantlle venchid
bar und mit dem Hefte vermittels einer Schraube
ter einem Winkel von 75<> vereinigt ist Hat
den Polypen fest gefasst, so entfernt man das Heft
kann die nöthigen drehenden oder ziehenden Ben
gongen bequem ausführen. Nach Bnlfemnng
Polypen und Stillung der Blutung moss der xurtk
gebliebene Rest des Stiels sogleich mit HdllensU
betupft werden, was man aller 2 — 3 T. wiederlH
bis jede Spur de^iselben beseitigt ist.
b) Die Abbindung lässt sich in denselben FlI
anwenden, wie die Ausreissung, ausserdem;
auch bei Polypen auf dem Trommelfelle selbst;
bedient sich derselben fast nur bei letztern. kl
Polyp klein, so dass er den Gehörgang nicbtg
ausfülh, so kann man die Abbindung nach jedem
vorgeschlagenen Verfahren ausführen , unter de
Vf. gewöhnlich das von Pabrizy angegebene wS
Füllt aber der Polyp den Gehörgang völlig aus,
sind die von Fabrizy benutzten Instrumente iu(
und man bedarf feinerer, mehr platter als runder
slrumente. Vf. bedient sich des von R 6c am
zur Abbindung von Gebärmulterpolypen angegebc
Schliogenträgers in verkleinertem Maassstabe (Ü
bis zu den Ringen 12 Ctmtr. ; Breite IV9, D
Va Mmtr.) , und eines Knotenknüpfers von 2 Mi
Breite und 1 Mmtr. Dicke. Letzterer besteht aui
nem stählernen Stabe, an dessen einem Ende
ein Oebr, und 7 Ctmtr. davon eine Schraube
vor welcher in der Entfernung von Va ^^^^^' <>
Oehr angebracht ist, während das freie Ende des
bes durch eine Druckschraube mit einem elfenbeinei
Hefte in Verbindung steht. Die Anwendungsv
des fraglichen Instruments ist von der ähnlichen
wesentlich verschieden. Vf. behauptet aber,
sich die Ligatur mit seinem Apparate leichter anii
lasse, als mit Hülfe anderer, bes. des von Fabr
angegebenen , vor welchem er noch deshalb den
zug verdient, weil er, vermöge des anstatt eines
talldrahtes angewendeten Seidenfadens, eineErscl
fung der Ligatur möglich macht, wenn dieselb
heftigen Schmerz verursacht. Er hat nur den
gen Nachtheil , dass er seiner Länge halber 2 C
weit über die Mündung des äussern Gehörgangs
aussteht, weshalb man die Ligatur nicht füglich 1
rend der Nacht liegen lassen kann , was bei deii|
Fabrizy angegebenen möglich ist, da der zur
düng des Gehörgangs herauaragende Theil der
sende abgeknippen werden kann. Vf. pQ^
die Abbindung während eines Tages zu vollenden""
c) Die Cauterisation reicht zur Zerstörung eü
nnr irgend beträchtlichen Polypen nicht hhi, istit
sehr passend zur Zerstörung des bei den übrigen Vi
fahren zurückbleibenden Restes des Stiels nnd i
Verhütung von Rückillllen. Vf. bedient sich zu A
selben nur des Höllensteins, den er in Stücke v
VIL Pipshiatrik.
aaf7
iVi MmCr. Durchm. giessen I^st und vermiUels eioM
AeUmiUelträgers uiii seillicher OeiTnung oder einer
solchen an der SpiUe anwendet. Qie gew<)holich
beim Aetzen im GehOrgange empfoblenen VoraichU-
maaasregeln hXU er dagegen bei gehöriger Vorsicht
fdr unnOthig, ja selbst fttr hinderlich.
d) Die Excision ist nach Vf. bei Polypen am
Trommelfelle das passendste und auch für Polypen an
den Wanden des Gehörgangs ein sehr eropfehlenswer-
Ihes Verfahren. Er bedient sich zu derselben, wenn
der Polyp ganz am Eingang des Ganges sitzt einer
feinen, geknöpften- Scbee/e« ausserdeui aber feiner
Heaser und eines Doppelhiftkchens. Alle diese Instru-
mente haben mit ßinschluss des Stiels eine Länge von
16 Ctmtr., von den Messern aber hat das 1. eine ge-
rade, das 2. eine concave Schneide, wahrend die
Klinge bei dem 3. in ihrer Mitte unter einem fast
rechten Winkel so auf die FUchc gebogen ist, dass
ein besonderes Messer für die Operation mit der rech-
ten oder linken Hand erforderlich wird. Die Länge
der Schneide belrSgl bei allen 1 Gtuilr. , die Breite
der Klinge und des roelallonen Schaftes, auf dem sie
siUi, 1 Mmtr. Die beiden ersten Messer gebraucht
Vf. zur Excision von Pulypeii, welche an den Wunden
des Ganges sitzen, das 3. bei denen am Trommelfelle.
Er fasst zunächst den Polyp mit dem Häkchen und
bringt das Messer im erstem Falle hinter den Stiel
des Polypen , den er mit leichten SägezUgen durch-
schneidet. Bei Polypen des Trommel felis wird das
Messer oberhalb des Stiels angelegt und derselbe von
oben nach unten gelrennt. Auf diese Art soll das
Trommelfell sicher geschont werden können, Vf. be-
merkt aber , dass , wenn ein Polyp am Trommelfell
mit dem Häkchen gefasst wird, ausser dem unbedeu-
tenden örtlichen Schmerze, nicht selten längs der
entsprechenden Seite der Zunge die Empfindung ent-
steht, als wirkte ein kalter säuerlicher Körper darauf
ein. Beim Durchschneiden des Polypen soll an der
genannten Stelle ein lebhafter Schmerz entstehen, der
sich bis zur Zungenspitze und zu den Wurzeln der
obern Zähne der entsprechenden Seite verbreitet.
Auch bei Anwendung des Höllensteins auf die frische
Wunde soll nicht selten in dem entsprechenden Auge
ein ziehender Schmerz empfunden werden, der
von Höthung der Bindehaut und Thränenfluss beglei-
tet isL
Die Bemerkungen Vfs. über die Nothwendigkeit,
nach Entfernung des Polypen eine gehörige Behand-
lung der anderweit im Ohre vorhandenen krankhaften
Zustände und der dieselben unterhaltenden Ursachen
einzuleiten , übergehen wir , als nur Bekanntes ent-
haltend. Wir erwähnen nur noch, dass sich Vf. zur
Untersuchung des Ohi^s eines 2armigen Speculum
ohne Beft bedient , welches bei gehöriger Eröffnung
im Ohre festsitzt, so dass dem Operateur der Gebrauch
beider Bände frei bleibt. Der von Vf. benutzte Be-
leuchtungsapparat besteht aus einem ledernen Gylin-
der von 6 Gtmtr. Höhe, 5 Gtmtr. Durchm., welcher
aus 2 durch ein Gbarniergdenk verbundenen Stücken
gebildet wird , so dass er an dem Glase einer Lampe
angebracht werden kann. An der einen Seite des-
selben befindet sich in einer kreisrunden Oeffnung von
2 Gtmtr. Durchm. eine biconvexe Linse, welche mit
einer an den Gylioder gelötheten Röhre in Verbindung
steht. In letzterer ist zunächst ein Spiegel ange-
bracht, welcher der erwähnten Linse unter einem
Winkel von 45<) gegenüber liegt, und eine 2. Linse
schliesst die gegenüberstehende Oeffnung der Röhre.
(Winter.)
203. Zur Entfernnng fester fremder Körper
ans dem äussern Gehörgange; von J. J. Engel.
(Med. Genlr.-Zlg. 63. 1851.)
Um einen Kirschkern aus dem Ohre eines 7jähr.
Knaben zu entfernen brachte Vf. ein mit frischem,
dicken, warmen Tischlerleim bestrichenes Rändchen
mit Hülfe einer Sonde bis an den fremden Körper.
Nach einigen Stunden war der Leim völlig trocken,
und die Ausziehung des fremden Körpers gelang aus-
serordontlioh leicht. Nach Vf. soll der Leim selbst
da fest haften , wo zuvor Oel in das Ohr gegossen
worden ist , und wirft er schlüsslich die Frage auf,
ob nicht ßlasensteine nach dem Steinschnitte auf ähn-
liche Art ausgezogen werden könnten.
(Winter.)
VII. Psycliiatrik.
204. Ueber einige Symptome als Torlaufer
sAWOrer fiebiraleiden, von dem klinischen, phy-
miogisckeu und gerichtl. - medic. Standpimkifi aus
hetraehtet; von Franc. Devay zu Lyon. (Gaz.
de Paris. 1. 1851.)
Schwere Gehirnleiden , welche den Tod oder den
Verlast der Inteliigenz, der Bewegungs- und GefUhls-
föhigkeit nach sich ziehen , sind vielfach aber nutzlos
Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung gewesen.
Die physioL Beobachtungen, die Vivisectionen, dieLei-
ehenttmiungen , das minutiöse Studium der verschie-
denen Gonsistena und Färbung der Hirnsubstanz ha-
ben die Bibliotheken sehr , das ärztliche Wissen we-
nig bereichert. Diese Missgrifle sollten uns lehren,
das Hirn und seine Leiden in einer weniger ana|omi-
schen Richtung zu studiren , und die Aufmerksamkeit
lieber auf seine ungewohnt. Manifestationen zu rich-
ten, die verschiedenen Abweichungen sowohl der
Sensibilität als der Bewegung genauer aufzufassen.
Können wir dem Gehirne weder durch Gefühl noch
durch Gehör näher gelangen und so seine allmäligen
Veränderungen erforschen , so ist es uns mindestens
möglich, seine ersten Leiden zu entdecken, indem
wir die Functionen beobachten, auf welche dieses
23ß
VII. Psychiatrik.
Hauptorgan seinen Einfloss zunächst ansfibt: Intelli-
genz, Sensibilität u. Bewegung. Mit Hülfe der Erfah-
rungen, welche fast immer die vernünftige Interpreta-
tion gewisser fehlerhafter Geftlhlsweisen liefern wird,
mit allgemeinen Uebersichten über die Phänomene der
Hirnthatigkeit wird dann der Praktiker immer auf der
Spur des Anfangs des Uchels sein , gegen den seine
Mittel mehr Wirkung versprechen , auch die PrÄven-
tivmedicin , welche so sehr der Berücksichtigung be-
darf, wird auf diese Weise wesentlich bereichert wer-
den. Die vorliegenden Untersuchungen umfassen die
Vorläufer gewisser Affeclionen aus dem anatomischen
Gesichtspunkte, sie berücksichtigen alle von einer ei-
gentlich sogenannten HirnstOrung herrührenden Lei-
^ den , von der Apoplexie bis zur Geistesstörung. Die
Klinik der GehimafTectionen erfordert immer einige
Rücksicht, selbst wenn sich in einem gegebenen
Falle die Elemente am günstigsten zur rationellen
Diagnose darzubieten -scheinen. So glaubt man z. B.
Erweichung zu finden und trifft Verhärtung, man
denkt an Tuberkeln und triflTt Hydatiden oder Kno-
chengeschwülsle. Diese Schwierigkeil, die Sym-
ptome bei ausgesprochener Krankheit zu würdigen,
ist ebenfalls bei der Interpretation der Prodromi vor-
handen. Nichtsdestoweniger aber kann das Studium
derselben selbst für die anatomische Diagnose der Af-
fection von Nutzen sein. Vf. hat seil einer Reihe von
Jahren ; während welcher er sich mit Gehirnkrank-
heilen beschäftigte, die Ueberzeugung erlangt, dass
es in der Mehrzahl der Fälle, namentlich für die chro-
nischen , eine Vorläuferperiode giebt , wo die Sym-
ptome Diminutive derjenigen sind , welche später bei
entwickelter Krankheil vorkommen. Leichte Impo-
tenz der untern Extremitäten, Mangel an Präcision in
gewissen Bewegungen rcpräscnliren die Paraplegie
oder vollständige Paralyse, ebenso ist es mit einer
leichten Veränderung der Intelligenz in Bezug auf das
spätere Delirium. Es giebt allerdings auch plötzlich
auftretende Fälle, z. B. bei Blulerguss in die Gehirn-
substanz, wo jener Zwischenzustand fehlt , aber bei
einer grossen Menge von andern Apoplexieformen ist
er vorhanden. Diese Formen gehören dann in die
Gruppe der schweren Gehirnleiden, wie Erweichung,
Verhärtung, Geistesstörung, wo sich, vor ihrer Fest-
stellung ein verborgener Molecularprocess etablirle,
ein Umstand , worauf schon A n d r a 1 aufmerksam
machte.
1) Prodromi,' welche sich auf die intellectuel-
len u. moralischen Facultäten beziehen. Fast alle
Schriftsteller haben, ohne indess besondern Werth
darauf zu legen , die Störungen der Intelligenz er-
wähnt, welche dem Ausbruche schwerer Gehirnlei-
den vorausgehen. Nach Gen drin zeigen sich vor
den apoplekt. Anfallen , oft Schwierigkeit , sich gei-
stigen Arbeiten zu überlassen , Mangel au Aufmerk-
samkeit, ungewöhnliche Reizbarkeit, mürrische» We-
sen, welche» Eindrücke übertreibt, unmotivirte Schrek-
' ken hervorbringt u. s. w. Bei Geisteskrankheit fin-
det dasselbe Stall, sie hat ihre Incubationszeil, ihre
Vorläufer, welche oft der Aufmerksamkeit entgehen ; ja
mitunter sieht man das als Ursaciic der Krankheit ao,
was schon die erste Erscheinung derselben bildete.
Der allgemeinste Vorläufer aller Oehirnkrankheil isi
eine Art von Mattigkeit des Gehirns , analog dem in-
tellectuellen Torpor, welcher schweren Fiebern folgt
Man sieht in deh Gesten, der Stellung, den Bew^
gungen der Kr. einen totalen Mangel dessen, was maa
ßewusstsein des Actes nennen könnte, das Gehin
scheint seine abwägende Kraft verloren zu haben, oft
ist ein constanter leichler Schwindel, von den Kr.
,,Kopfsch wache" genannt, vorhanden, welcher sogar
oft von Schwärlie in den Gliedern begleitet ist. Das
Gedächtniss, das bei tiefen Gehirnkrankheiten so haut;
leidend ist, nimmt gewöhnlich Tlioil an den VorUo-
fern, die Kr. vergessen die Namen ihrer Freunde, die
Worte, welche die gewöhnliclisten Dinge bezeichnen,
bei Unterhaltungen müssen sie deshalb Umschreibus-
gen machen. In seltenen Fällen Erscheint auch das
Gedächtniss in einem exaltirten Zustande. Nach den
Gedächtnisse und der Aufmerksamkeit, welche sieb
schwer oder gar nicht fixirt , erleidet der Wille die
aufinilligste Veränderung, er vermindert sich. Der
vorher festeste Mann wird das Spielwerk eines Kin-
des , die Letzten seiner Umgebung beherrschen ihn.
Laien sehen hierin Bizarrcrien des Charakters, der
Arzt hingegen und der Physiolog den ersten Ausdruck
eines pathologischen Zuslandes. Diese Schwächung
des Willens , welche sich besonders mit denjenigen
Gehirnslörungen verbindet, die zu Geistesstörung oder
Paralyse der Irren führen, und mit der partiellen oder
vollständigen Gehirnerweichung coincidirt, setzt eine
Veränderung des Urtheils voraus , was nebenbei mil
Evidenz beweist, dass der Wille weder eine alTeclive
noch eine intellectuelle Facultät ist, sondern in den
Manifestationen des Ich für sich figuriren muss. Mil
Unrecht haben ihn die Phrenologen mit den intellec-
tuellen Facultäten in den höheren Empfindungen zu-
sammengeworfen , der Wille resultirl aus den andern
Facultäten , er mangelt weder dem Irren noch dem
Idioten, ist nur bei ihnen nicht erleuchtet; dieselben
sind nicht wegen Mangels an Willen unzurechnengs-
fähig, sondern weil sie der Konntniss der Begeln er-
mangeln, die ihn leiten sollen. Diess führt zar Be-
trachtung eines der merkwürdigsten Symptome, der
Perversion der moralischen Facultäten. Man mOchtc
annehmen, dass die abwägende Kraft des Gehirns,
welche die bewegenden Fähigkeiten leitet, ebenso der
moralischen Seite des Menschen fehlt, so dass die-
selbe dem Instinkte unterliegt. Daher Wegwerfuog
von Ideen, lascive Unterhaltung, ekelerregendes,
obscönes Benehmen bei Personen , welche früher die
Decenz selbst waren u. s. w. Blanchmal geht diese
fehlerhafte Richtung des moralischen Wesens aus der
Idee plötzlich in die Thal über und erzeugt Verbre-
chen. Dieses Factum ist vom gerichtlich -medicioi*
sehen Standpunkte aus von grösster Wichtigkeil, und
man muss Laien , besonders Bechtsgelehrten , Rieh-
tern u. s. w. nachsehen , wenn sie die Aerzle für all-
zugeneigt halten, Vei4)rechen durch Krankheit zu
entschuldigen, da jene durch die Beschaffenheit ihrer
Vn. Psychiatrik.
229
Stodieo» und durch die Art und Weise, wie sie ttber
menschl. AngelegeDheiteo urtheilen, sich nicht immer
Rechenschaft davon geben kOnnen, wie bei einem,
sonst im Besitze seiner FXhigkeiten beßndlichen Indi-
vidnam eine theilweise Abweichung des moralischen
GefilhU stattfinden kann. Die schon in den gewöhn-
lichen Pullen so schwierige Frage von der moralischen
Verantwortlichkeit wird durch die Annahme einer be-
ginnenden Gehirnkrankheit noch difßciler, wenn die-
selbe noch nicht in entschiedener Weise aufgetreten
ist. Sieht man eine Person , welche bis dahin unta-
delhaft lebte , eine tadelnswerthe Handlung begehen,
so muss man mit der grössten Vorsicht urtheilen.
Brierre de Boismont bat neuerdings analoge
Ansichten in Bezug auf die Paralyse der Irren aufge-
stellt, nach ihm hat diese Krankheit eine Periode von
Voriiufern, in welcher sich ebenfalls diese Pcrversiouen
der moralischen und affectiven Facultaten bemerklich
machen, ohne dass die Individuen sonst für das bür-
gerliche Leben untauglich waren. Zahlreiche Bei-
spiele beweisen, wie sehr dieser Punkt noch der Auf-
klärung und £r(}rterang bedarf, namentlich durch das
Stadium der Vorlaufer der Gehirokrankheilen. Unab-
hängig von der moralischen Thaiigkeil giebt es noch
einen beachtuogswerthen Umstand, die plötzlichen
Veränderungen , welche bei dem Menschen in seinem
Geschmacke, seinen Neigungen, seiner An sich zu
benehmen eintreten. Kommen derlei Modificalionen
nicht langsam und allmälig zu Stande , so sind sie
nicht in der moral. Thatigkeit begründet u. können
ihre Entstehung nur einer Veränderung im Innern des
Nervenlehens verdanken. Ungewöhnliche Lustigkeit
bei einem Individuum kann, wie man seil langer Zeit
schon beobachtete, einen bevorstehenden Schlagfluss
andeuten ; eben so ist es bei solchen, welche, nach-
dem sie längere Zeit die Einsamkeit geliebt, plötzlich
gesellig werden. Eine plötzliche Veränderung im
Ideenkreise, wenn sie nicht Folge der Fortschritte
des Alters ist, sich wahrend kurzer Zeit entwickelt,
nnd wenn man gewiss ist, dass sie nicht durch ge-
wisse moralische Modificationen bedingt wird, ist sehr
verdachtig. Man begreift tibrigens, dass dieselbe
psycholog. Störung, welche die moralischen Gefühle
ändert, ebenso dem Selbsterhaltungstriebe feindlich
werden kann , daher bezeichnet oft die Selbstmord-
melancholie den Anfang einer schweren Gehirnkrank-
heit, Übrigens aber ist diese Krankheit oft mit einer
intellectuellen nnd affectiven Störung verbunden.
2) Zeichen aus geunssen Störungen der sen-
sorieUen Functionen, Das Gesicht , dieser höhere,
den Geisteskräften am nächsten kommende Sinn lie-
fert die meisten hieher gehörigen Symptome. Bei-
lanfig nur seien die Blendungen, das Rothsehen , die
Lichtschen als Symptome der Meningitis oder Gehirn-
hyperlmie erwähnt; die meisten Schriflsleller Über
schwere Gehimleiden gedenken der Sciiwifchung des
Gesichts , der Blendung als Vorlaufer eines Anfalls.
Vor dem Eintritte der Apoplexie findet oft Sehschwa-
che lange unbemerkt Statt, wenn sie nicht so bedeu-
tend ist . dass sie am Wahrnehmen der Umgebungen
hindert. Irrthum hierflber ist um so leichter mög-
lich , als das Symptom auf ein Auge beschrankt sein
k^LDu; Amblyopie ist häufig, bisweilen kommt auch
völlige Blindheit vor. Ein werthvolles Zeichen im
Angenausdrucke besteht auch im mangelnden Paral-
Iclismus der Augen, verschieden vom Schielen und
vom Blicke der Hallucinirenden , „die Augen sind
nicht in der Achse der Vernunft.*' Dass das Gehör
oft vor SchlaganHillen eine ausnehmende Feinheit er-
langt, ist bekannt, die Kr. werden, durch das klein-
ste Geräusch gestört, endlich zornig , sie vernehmen
entfernte Töne, welche ihrer Umgebung unhörbar
bleiben. Diese Feinheit des Gehörs muss indess von
der Waliiuclpung seltsamer oder eingebildeter Töne,
welche nur eine sensorielle Hallucinalion ist, wohP
unterschieden werden. Ebenso ist es mit dem
Gesichtssinne , welcher bisweilen vor dem Eintritte
von Gehirnkrankheiten eine ungemeine Steigerung
erfährt.
3) Zeichen aus den Functionen der locomoto-
rischen und sensitiven Organe, Beim Beginne der
in Rede stehenden AfTectionen leidet die Locomotion
fast constant, aber die Veränderungen in den Mus-
kelfunctionen sind sehr mannigfach , von der einfa-
chen Häsitation in den Bewegungen bis zur völligen
Paralyse. Allgemeine Mattigkeit lasst oft solche Kr.
absolute Buhe suchen , bisweilen tritt aber auch das
Gegentheil, grosse Beweglichkeit und Thäligkeit ein.
Die Schwächung der Motilität zeigt verschiedene
Grade , sie macht sich meist in den untern Gliedern
bemerklich, welche unter dem Gewichte des Körpers
nachzugeben scheinen , und den Gang etwas unsicher
machen. Diess fifllt um so mehr auf, wenn der Kr.
jung ist und sich über keinen Anlass zur Schwa-
che beklagt. Was Marshall-Hall den Digitus
semi-roortuus oder das leichenarlige Absterben eines
Fingers nennt, ist nichts als eine solche unregelmXs-
sige Paralyse, deren wahre Bedeutung zu erklaren
von grosser Wichtigkeit ist. Grandmont scheint
die Bedeutung dieser paralytischen Aberration ganz
besonders gut gewürdigt zu haben. Kommt dieses
Symptom im Mannes- oder Greisenalter vor, so geht
ihm leichtes Kriebeln nnd allmaliges Kaltwerden vor-
aus , bisweilen ist es von einer leichten Beugung des
Fingers nach der Handflache begleitet. Mitunter zit-
tert der Finger und empfindet etwas Schmerz an sei-
ner Spitze. Dieses Symptom ist dann nach G. stets
der Anfang einer sehr cruslharien Affection , welche
langsam verlauft ohne sich aufhalten zu lassen. Der
Arzt kann nicht genug Acht auf dergleichen Anfangs-
symptome geben, welche der Kr. meist für unbedeu-
tend hült, da er sein gewohntes Leben fortsetzen
kann. — Diese sog. unrcgetmassigen Paralysen,
welche herrtthren von Erschöpfung der Quellen, aus
denen die sensitiven oder locomolorischen Facultaten
entspringen, können unter andern Umstlinden vor-
banden sein, ohne viel zu bedeuten, so z. B. wenn
sie auf hysterische Gonvulsionen , auf Bleikolik , auf
geschlechtlichen Missbrauch folgen. Bier verbinden _
330
Vll, P^fchialrilL.
sich diese Phäoomeoe mit vorttbergehendrn Tnoerva-
tionsstöruDgen, während im erstem Falle ciwu latente
Alteration <)er Nervencentren zum Grunde liegt. Die
Plötzlichkeit solcher Paralysen, ihre Isolirung von an-
dern Syn^ptomen, ihr Sitz an entfernten Tbeilen,
während dazwischengelegene unberührt sind, bezeich*^
neu ihren ungewöhnlichen Charakter und weisen ih-
nen ihre wahre patbolog. Bedeutung an. Auch die
Halblähmung der Schlundmuskeln , die Schwierigkeit
des Schluckens, die Schwere der Zunge, der Ausspra-
che u. s. w. , sind unter den Vorzeichen zu erwäh-
nen , welche aus der Schwächung der Muskelthätig-
keit herrühren. — Die allgem. SensibiliUt kann
vernichtet , vermindert oder gesteigert sein , die bei-
den ersten Veränderungen sind fast immer r'ulgen der
Muskelparalyse, können aber auch isolirt bestehen.
Die Steigerung der Sensibilität zeigt sich entweder
als exquisite Empfindlichkeit der ganzen Hautober-
fläche, so dass dem Kr. die mindeste Berührung lästig
wird, oder als Schmerz. Dieser letztere verdient die
grOsste Aufmerksamkeit. Man hat oft Schmerzen
für Neuralgien genommen, welche ilas Vorspiel schwe-
rer Gehirnkrankheiten waren. Ebenso ist es , wenn
man in solchen Fällen einen von Dyspepsie abhängen-
den Kopfschmerz vor sich zu haben glaubt, wo der
Irrthum um so leichler wird , weil dabei die Magen-
functionen oft gestOrt sind und Erbrechen den Anfall
begleitet* Die Diagnose ist hier oft schwierig , aber
bei aufmerksamer Beobachtung erkennt man, dass
Uauer und Heftigkeit des Schmerzes auf mehr als ge-
wöhnliche Gephalalgie hinweisen , und dass die Stö-
rung des Magens nicht der Intensität des Kopfschmer-
zes entspricht. Der Kr. kann gewöhnlich kein war-
mes Zimmer, keine Gesellschaft, keine Unterhaltung
vertragen , ohne angegriiTen zu werden , die Anrjlle
sind bisweilen mit Erbrechen, bisweilen mit heAigem
Klopfen im Kopfe verbunden. Kommt zu diesen
Symptomen Blässe des Gesichts und schwacher Puls,
so kann man die Gegenwart einer organischen Stö-
rung muthmaasscn. Schmerzhafter Krampf ist nicht
selten, namentlich in den Muskeln der Unterschenkel,
in den Ausstreckern der Zehen u. s. w. Die Haut-
empiindlichkcit ist noch auf andere Weise verkehrt,
sie zeigt z. B. an einzelnen Uautstellen Verlust der
Empfindung, welche Andral beobachtete. Diese
durch das Gehirn beherrschten ungewöhnlichen Func-
tionsweisen können uns als Argumente dienen , um
die Möglichkeit der moralischen u. instinktiven Perver-
sionen zu erklären , ihre Abhängigkeit nicht von der
Verderbniss der moralischen Facultät seihst , sondern
von einem latenten patbolog. Zustande des kranken
Organs selbst abzuleiten. Wenn das Gehirn, das
Centrum aller Nerven, der Ort, an welchem alle
Wahrnehmungen endigen, das Instrument, mittels
dessen der Geist diese Wahrnehmungen combinirt»
die physiologischen Acte , die sich den inlcllecluellen
Phänomenen am meisten nähern , so zu sagen, von
ihrem Compassstricbe abweichen lässt, kann man
dann leugnen, dass die letztern Phänomene unter
Umständen eben solchen Veränderungen unterliegen
können ? In der Anfangsperiode schwerer Hirnleidea
giebt das organische Leben noch wenig Krankheitt-
symptome zu erkennen , dieselben erlangeo von
dieser Seite her erst Geltung in ihrer Verbindung mit
denen, welche in der Veränderung des Benehmessi
des gesammten Wesens der Kranken aufgesucht wer-
den müssen. Das Gehirn muss schon sehr krank
sein , wenn es Veränderungen in der ErnäbruDg and
Fiehersymptome hervorbringen soll. Mit Ausoakae
des Schlafes, eines Actes., welcher auf der Grenze
des animalen und organischen Lebens- steht, ist ölkr
kein organ. Vorgang wesentlich gestört« Die Ver-
dauung erleidet keine andere Veränderung , als hart-
näckige, oft durch Drastica kaum zn bebende Ver*
stopfung. Hierzu kommen bisweilen Oedem der Au-
genlider , und bei manchen Individuen vor dem Ein-
tritte eines Schlaganfalls, kleine Blutergiessungen im
Gewebe der Conjunctiva selbst. Die Secretionen sind
wenig verändert, übrigens aber giebt es ein Doch
weiter zu studirendes Symptom, die Prädominesi des
Albumin im Urine.
Aus dem Ganzen dieser semiotischen Schilderung
geht hervor, däss die schweren AfTectionen des Sen-
sorium commune sich meist im Anfange durch Sym-
ptome voll von Anomalien und Incohärenz zu erken-
nen gehen , und in dieser Beziehung den ataxischen
Symptomen in manchen fieberhalten Affectionen glei-
chen. Diese Symptome bezeichnen mehr als eine
Prädisposition, sie deuten den Anmarsch einer Krank-
heit an , welche einmal ausgebrochen , unaufhaltsam
sich weiter entwickelt. Der Arzt hat demnach das
höchste Interesse, ein wachsames Auge auf dieselben
zu hüben , zumal da die meist über ihre Gesundheit
schlecht aufgeklärten Kr. solche Winke vernachlässi-
gen. Die Gelegenheit zur Beobachtung bietet sich in
unserer Zeit, wo sich so viele Umstände vereinigeu,
um die Thäligkeit des Gehirnlebens zu stören, häufig
genug dar. (Flachs.)
205. Ueber Selbstmordmanie als Drsaehe
des MenSChenmordeS ; von Brierre de Bois-
mont. (L*Union. 114. 1851.)
Ein Vorfall im Theater zu Lyon, wo während der
Vorstellung eine junge, der Stadt fremde und dem
Thäter unbekannte Dame ohne Beweggrund ermordet
ward , bat grosses Erstaunen im Publikum hervorge-
rufen. Dieses Erstaunen würde sich aber augen-
blicklich legen, wenn man in den Irrenhäusern sieb
umsähe, unter denen es nicht eines giebt, welches
nicht Kr. dieser Art beherbergt. Vf. hat in seiner
Praxis vielmals Gelegenheit gehabt,, derartige Kr. zu
behandeln . und fast niemals kannten die Mörder das
Opfer, welches sie erwählt hatten. Gewöhnlich glaub-
teu die Kr. man stelle ihnen nach, man insultire,
man vergifte sie , und der erste beste musste nun für
diesen „man** bezahlen. Die Literatur hat verschie-
dene derartige Fälle aufzuweisen, in denen insge-
sammt die Geistesstörung bei den Mördern unzweifel-
haft war. Gewiss ist also, dass es eine Vahetät der
VIT. Psycfaiatrik.
231
Selbstmordmaiiie giebt, bei welcher die Individuen
t(>dten, vm getödtet xu werden, damit sie Zeit haben,
Busse zu tbuB, bei Gott Gnade zu erlangen , und der
ewigen Seeligkeit theilhaft zu werden. Bisweilen
bekennen sie , dass sie nicht den Muth hatten , sich
selbst zu tOdten, oder dass sie lieber auf dem Schaf-
foUe sterben wollten. Nach der That sind sie ruhig,
zeigen weder Reue noch Gewissensbisse, und sind
gtOekKcb in dem Gedanken, ihren Vorsatz ausgeführt
zu haben. Manche hingegen bedauern die That u.
erklaren, dass die Aufregung, in der sie sich befan-
den, mit dem Morde aufgehört habe. Vor dem
Leichname ihrer Schlachlopfer bleiben sie ungerührt,
und erzählen die Details des Verbrechens , als wenn
es sich um eine gewöhnliche Sache handelte. Manche
ergreifen Vorsicbtsmaassregeln um das Gelingen zu
sichern, und sogar nm Beweise zu entfernen, viele
liefern sich nachher sofort der Gerechtigkeit selbst
aus und verlangen, dass man sie zum Tode führe.
Einzelne dieser Unsinnigen widerstehen ihrer Idee,
andere 'kämpfen lange damit, ehe sie unterliegen , u.
filhren dann den Mord mit Susserster Schnelligkeit
aus. Im letztern Falle ist der Antrieb bisweilen plötz-
lich starker als der Wille , der Mord geschieht ohne
Beweggründe , ohne Vorsichtsmaassrpgcln , meist an
unbekannten, bisweilen aber sogar an geliebten Per-
sonen. Diess giebt Zug für Zug das Gemälde des
Mörders von Lyon , soweit man ihn nach den Berich-
ten der Journale benrtheilen kann. Diese moralische
Perversion ist nicht minder erstaun enswerlh , als die
nnwiderstehlicbe Neigung sich selbst zu tOdten,
zn stehlen , sich zu prostituiren. Die aufmerksame
Beobachtung zeigt übrigens , dass tausenderlei zufifl-
iige Umstände diese Neigungen bestimmen können;
man denke nur an die Empfindungen, welche man
bisweilen auf einem hohen Thurme, am Ufer des Flus-
ses, auf der Hohe eines Gebirges, beim Rasiren u.
s. w. wahrnimmt. Lange Zeit hindurch hat man mit
Geringschätzung die Lehre von den aus Geistesstö-
rung herrührenden moralischen Perversionen verwor-
fen, allein die Falle davon häuften sich so , dass die
aufgeklarten Gerichte jetzt die Untersuchung solcher
Individuen meist ärztlichen Experten anvertrauen,
worauf dann der Ausgang der Untersuchung gewöhn-
lich auf Freisprechung u. Verwahrung in einer Irren-
anstalt lautet. Unglücklicherweise werden diese Mo-
nomanen früher oder spater in Freiheit gesetzt , und
flberlassen sich nicht selten neuen Wuthan fallen, wie
der Fanatiker P i n e T s , welcher , nachdem er seine
Kinder ermordet, um sich Eingang in den Himmel zu
verschaffen, sechszehn Jahre spater zwei Irre erwürgte,
weiche rak ihm im BicMre waren. Besser ist es, wie
im Londoner Bedlam eine besondere Abtheilung für
verbrecherische Irre zu errichten. Vf. wiederholt
non , Angesichts des im Obigen Mitgetheilten, seinen
Mher8ch<^nnidenAnnaLd*hygi^ne (T. XXXV. 1846)
gemachten Vorschlag, ein besonderes Hospitaletablis-
aement ftlr vagabondirende und verbrecherische Irre
sn errichten. Dieses Mittel versöhnt die Rechte der
Gesellschaft itnd die dem Ongfticke gebührende Rück-
sicht; denn solche Kr. joristisch verurtheilen, heisst
das Verfahren jener Richter nachahmen, welche Tan-
sende unglücklicher Besessener, deren Geistesstörung
jetzt unzweifelhaft anerkannt ist, lebendig verbrennen
Hessen. (Flachs.)
.206. Helaseholia religlosi, SecHon; von
Dr. Andrea Verga. <Gaz. med. iCal. federst. Lomb.
10. 1851.)
Ein lOjäbr. gewesener Soldat , der schon mehrmals An-
falle von Tobsucht gehabt hatte, war J842 wegen ,,Monoma-
nia religiosa mit UBam^eeetzter Verstnkeoheit in tiefen Trüb-
sinn'' In die Senarra (Irrenbaus) aufgenommen und mehrere
Jahre ohne wesentliche Aenderang seines physischen und mo-
ralischen Zustandes verpflegt worden. Von 1846 bis 18i9
erlitt er häufige Anffille von intermittirenden und anhaltenden
Fiebern mit fondaueroden Bnistbescbwerden und starb 1800
an EntkrSftung. SecHon, In der Schade] höhle viel klares
Serum , die Arachnoidea trabe , mit Luftblasen besetzt ; an
der äussern Seite der linken Hemisphäre nächst der Bifurca-
tion der Fossa Sylvii befand sich eine erbsengrosse Knochen-
platte , und waren daselbst alle 3 Haute untereinander und
mit der Hirnsubstanz verwachsen , auch erstreckte sich eine
dicke Vene von da aus quer durch die Hemisphäre bis in den
linken Ventrikel. In sämmtlichen Hirnhüblen blutiges Serum.
Die Hirnsubstanz sehr derb und consistent. Beim Heraus-
nehmen des Gebims blieb ein Stuck des obern , hintern , ins-
sem Tbeils vom kleinen Gehirn an der Dura maier hängen, u.
ergab sich als eine taubeneigrossefialggescbwuJst mit weisslicb-
gelbfin, grumusem, von glänzenden Knochenplättchen durch-
setzten lohalte. Uebrigens war nur noch eine vollkommene
Verwachsung beider Biälter des Herzbeutels unter sich u. mit
dem Herzen, dessen Substanz, von dem die Verwachsung be-
dingenden Stoffe ebenfalls durchdrungen und alterirt war, be-
merkenswertb.
Vf. hebt hervor, wie diese bedeutenden Alterationen ohne
physiologische Zeichen während des Lebens , und namentlich
ohne alle Störung der Bewegungsorgane haben bestehen kön-
nen , was tbeils in der Allmaligkeit ihrer Bildung , tbeils in
dem geistigen Zustande des Kranken^ wodurch jede Diagnose
erschwert werden musste, seinen Grund haben möchte.
(Koblschätter.)
207. Hyperivie des Hirnknoteiui (Pans Fa-
roü), Ursaduvon Tobsucht tmd Stlbstanord ; von
Dr. Erc. Ferrario. (Ibidem.)
Ein 32jahr. Bauer hatte seit einigen Jahren an leichtem
rechtscitigen Kopfschmerz gelitten, den er, fibrigens ganz ge-
sund , nicht weiter beachtete. Von einem gastrischen Fieber
befallen litt der Kr. aa gesteigertem Kopfweh , und besonders
brennender HiUe des ganzen Körpers ; trotz eines Aderlasses
traten furiose Delirien ein, in Folge deren Pat. aus dem Bette
sprang , in den Hof rannte und sich in den dort befindlichen
Bronnen atdrzte, aus dem er todt hervorgezogen wurde.
Die Seetion zeigte eine Asymmetrie des Schädels u. eine
entsprechende des Gebims, indem der reckte StirohÖcker und
das linke Hinterhauptbein viel starker hervorragten , als die
der entgegengesetzten Seiten. Das Hirn war massig mit Blut
überfüllt , die Seitenventrikel leer , der dritte enthielt etwas
aasgetretenes Blut und nur der Himknoten war bei übrigens
normaler Textur so von Blut durchdrangen, dass es aus jedem
Einschnitte in Menge ausfloss. Das rechte Felsenbein zeigte
eine dem Labyrinth entsprechende bedeutende Prominenz.
(Kohlschfitter.)
208. Deber Isolinuig als Heilmittel bei
fieisteekrankbeiten ; voa m o r e^ rGaz. de straab.
9. Iö5i.) OJgitizedbyVjC
Die HoKning besteht nach Esqnirol darin^ dass
232
VII. Psychiatrik.
man den Geisleskrankeo durch EntrernungvonseiDem
Wohnorte, seiner Familie u. s. w. der gewohnten
Lebensweise entzieht. Zweck derselben ist Abände-
rung der fcblcrhaflen Richtung der Intelligenz u. der
Affecle, die Isolirung kann auf mehrere Arten, durch
Unterbringung in einer Anstalt, durch Schicken auf
eine Reise, durch Wechsel der Wohnung u. Umge-
ben mit neuer Dienerschaft u. s. w. geschehen. Zur
Beurtheilung des Werlhes dieser verschiedenen Mittel
bedarf es einer genauen Würdigung der Beschaffen-
heit des geistigen Leidens u. seiner Verhältnisse, be-
sonders was die dadurch herbeigeführte tiefe Störung
der phys. u. moraL Sensibilität anbetriflft. Esqui-
roTs u. Pinclet*s Schriften enthalten den besten
Aufschluss hierüber, — Vf. selbst will die neuen
physich Verhältnisse erörtern , in denen sich der
isolirte Irre befindet, woraus sich dann die Verhal-
tungsregeln für die Aerzte , die oft in erster Instanz
über Anwendbarkeit der Isolirung zu entscheiden ha-
ben , ableiten lassen. Zugleich aber soll den Fami-
lien der wahrhafte Nutzen dieses treftlichen ßchand-
lungsmiltels dargethan , u. die Nolhwendigkeit seiner
Anwendung gezeigt werden. Bei Geisteskranken ist
nicht derselbe Fall vorhanden , wie bei andern Kr.,
welche ihrem Familienkreise für die genossene Pflege
Dank wissen , denn bei jenen verändert die Störung
im Nervensysteme die Beschaffenheit der Empfindun-
gen , welche einen schmerzlichen Charakter anneh-
men, sie glauben nicht, dass die Ursachen dieser
Erscheinungen in ihnen liegen, finden sich mit Allem,
was sie umgiebt, in Widerstreit; diess exaltirt ihre
Ideen u. setzt sie mit sich u. Andern in Widerspruch ;
sie glauben, man wolle sie ärgern , weil man Excesse
u. Seltsamkeiten missbilligt; sie werden eingeschüch-
tert, misstrauisch, düster, füchten Alles was sich ihnen
nähert u. s. w. Sehen nun Familien, durch die trau-
rige Wirklichkeit aufgeklärt, endlich die Nothwendig-
keit der Isolirung ein, so ist es oft zu spät ; das Wi-
derstreben hat die Kräfte des Kr. erschöpft, und die
Elemente der Dementia oder der allgem. Paralyse vor-
bereitet. Nur durch rechtzeitige Fassung des Ent-
schlusses , den Kranken zu isoliren , ist es möglich,
ihm u. der Familie einen wesentlichen Dienst zu leisten.
In einem 2. Theile seiner Arbeit , das Praktische
der Isolirung betreffend, nimmt Vf. 4 Arten derselben
an: 1) im eigenen Hause, mit Wechsel der Umge-
bung, 2) in einer besondern Wohnung mit neuen
Bedingungen der Existenz, 3) durch Reisen, 4) in
einem Privat- oder öfTentl. Institute. Die Isolirung
im eigenen Hause kann natürlich nur bei vermögen-
den Personen stattfinden u. unterliegt grossen Schwie-
rigkeiten. Kann auch dieses Mittel in manchen Fäl-
len einfacher Hypochondrie u. Lypemanie reüssiren,
so ist es nicht möglich, wo der Kr. argwöhnisch,
reizbar ist , wie es fast bei allen , u. namentlich rei-
chen Pat. vorkommt, u. den Rest der ihm gebliebenen
Intelligenz anwendet , um die Geduld der Umgebun-
gen zu ermüden u. die bestcombinirten Pläne zur
Hervorbringung einer Diversion Htr die Ueberreizung
seiner delirirenden Ideen u. verkehrten Empfindungen
zu zerstören. Andrerseits, warum lässt man dea
Kr. in den bisher bewohnten Räumen ? Um seine oder
seiner Familie Eigenliebe nicht zu stören. Im ersten
Falle wird eine Hauptbedingung der Behandlung» dem
noch des Raisonnements fähigen Kr. die Beschaffen-
heit seiner Krankheit zu verbergen, zerstört, im
andern vermeidet man dennoch die InterpretatioDCo
des Publikums nicht. Ohne Uebertreibung kann mai
sagen, dass sich der ärmste in einem Irrenhaase da-
tergebrachte Geisteskranke unter bessern Behanö-
lungsbedingungen befindet, als der vornehmste, wcbd
er bei sich zu Hause bleibt. — 2) Die Isolirung
in einem besondern Hause mit neuen VerbäUnissea
der Existenz, eine von manchen Aerzten, u. nament-
lich von B u r 0 w in England angepriesene Melhode,
kann ebenfalls nur bei Reichen angewendet werden.
Vortheile bat sie allerdings , aber die Nachtheile sind
ebenfalls nicht zu verschweigen. Gewöhnlich ver-
setzt man solche Kr. auf das Land, die Schönheit der
Gegend, die reine Landluft, die Ruhe, die Entfernung
von aller Aufregung sind kostbare Heilungselemeote.
Kommen dazu intelligente Diener, tägliche ärztliche
Aufsicht u. s. w. , so kann die Heilung in Ruhe und
ohne Erschütterung erfolgen und der Genesene ge-
trost in die Welt zurückkehren. Diess ist die Licht-
seite der Sache , jedenfalls aber gehört als erste Be-
dingung dazu, dass bei derartiger Isolirung die Fami-
lie vollkommen unterwürfig und resignirt unter den
Willen u. die Vorschriften des Arztes sei , dass letz-
terer eine fast unumschränkte Macht geniesse , woza
ein grosser persönlicher Einfluss u. Zauber gehört
Bei der in Rede stehenden Isolirung findet sich der
Irre immer sich selbst gegenüber, der Arzt erscheint
ihm immer mit seiner eigenen Persönlicbkeiti er kann
seine Mitteln ändern , seine Einbildungskraft erschö-
pfen , immer durchläuft er denselben Zirkel und er-
schöpft sich zuletzt. Jedenfalls darf man die eine
Methode nicht auf Unkusten der andern blind anprei-
sen , jede kann ihre Vorzüge und Nachtheile haben.
— 3) Die Isolirung durch Reisen hat unbestreit-
bare Vorzüge, sie muss mehr als eine gemischte
Isolirung betrachtet werden , u. wird in den meisten
Fällen die Wirkung derselben mehr completiren als
für sich allein bilden. Schon die Alten wussten die
Bedeutung des Reisens unter den genannten Verhält-
nissen wohl zu schätzen, u. schickten ihre Kr. nach
den Tempeln nach Anticyra u. s. w. Esquirol
rühmt die Wirkungen des Reisens für Geisteskranke
sehr, leider aber bestätigt die Erfahrung nicht allent-
halben die Ansichten dieses berühmten Arztes. VL
fand, dass, wenn Reisen in der Reconvalescenz von
Geisteskrankheiten, oder bei hypochondrischen Affec-
tionen die besten Dienste leisteten , diess keineswegs
bei sehr gesteigerter Sensibilität der Kr. der Fall war,
die Kr. verschlossen dann meist ihre Augen den Na-
tur- und Kunstschönheiten, wurden gereizt, traurig»
ja das Reisen hat sogar bei vielen Geisteskranken zum
Selbstmorde geführt, alles Dinge, welche dem Arzte,
der mit dergleichen Pat. gereist ist, wohl bekannt
sind. Kommen nun gar Hallucinationen dabei ins
VU, P^jebiMnk.
lt<iUrfi9g iß Us/ondem offentUckm odtr fiivßh
ÜBßÜPUen b9l Vorzöge, welche Uieils au^ 4l<r
DiiP»L«H«(Bf der NacJilheile der voi-geo9onlan Neiiho-
den h^rv<>rgeheD » iheils beiUiden «iph di? AiiauUan
dar M gߧei|wUrüf i« einem Zusißnde, welchen nun
jetlenfalls einen sehr hefriedigenden nennen kann , da
man dieselben sowot)! von Seiten der Regierungen,
^}$ sdii S«it^n der AeuLe in der >ei7igep Zeit fof t>vah-
read m verliesserii bemttbt gewesen ist. Wo ea frü-
her Ketten, Kaßge «od Tiibstlehtige goh, wo (Jnrein-
liclikeit, Lärm, Wulh, Kkel herrschte, findet man
jetzt Ruhe und Harmonie unter dem Einflüsse einer
vernanfligen Hygieine und einer aufgeklarten Verwal-
ittOfr ^ ein^m soJchen inielleoiueilen Mittelpunkte
ist es ntf^kii« da« #bf rslea Zwack der Wisaenjacbaft,
ftie physische «. moralisch« Verbesserung , oder mit
andern Worten » die Heilung der Irren zu erreichep.
— Die Frage , wann und uqter welchen Umstanden
die laolimsg des Geisteskranken aufgehoben werden
kOnne , ist eine schwer zu beantwortende und muss
sich die Antwort ganz nach den jedesmaligen, oft al-
lerdings sehr schwer zu erörternden Verhältnissen
richten, obgleich auch die anscheinend lierßohtigeod-
sten Hoffnungen des Arztes bei der grftsslen Vorsicht
in diesem Punkte nicht selten zu Schanden werden.
(Flachs.)
209. Bericht tber die Privat -Inen- leilftB-
ftalt TUla hJtXmm zq ■»U«nd ^om juai i848
bis JUdi }851,* voin Pr. Serafino Rissi. (Gazz.
wed. ital. federat, Lpmb. 34. 35. 1851.)
Die (gedachte Anstalt bat vom Nov. 1892, wo sie erdfftaet
irarde, Mt lf«i «Mi im Ganzen 24S Kimier und t37 Fnmtn
•«fgaMMMen. Von trsAem warf« 172 uavarbeiraliiet , 64
Ehemiiioer uiki 7 Witwer, ?oji Letztem 51 Mädcbeo, 70
Ehefrauen und 16 Wittvven. Aaf ungefähr 50 Geschäftsleute
kamen etwa 60 Gelehrte (darunter 10 Aerzte) und 36 Kleri-
ker, faa Wrnter und Herbst waren circa 50 Männer, 30
Franen, im Sommer 70 Männer, 49 Frauen und iip Frühjahr
M Miooer, 37 Frauen (im Mai aileiB 46 Männer, 12 Frauen)
ciBgatrcteD-r-wenoittindieHecidive siilzahH. Vf. giehi ind^s-
aen nur über den oben ganaiuaten 3jäbr. Zeitraum einen auaffibr-
llchem Bericht , wahrend dessen er selbst der Anstalt vorge-
standen und 99 Kr. (66 Männer , 33 Frauen) in derselben
behandelt hat. Die ZahlenTerhältnisse kamen mit den obigen
lpie«)Ucji tib^ein , mur wiederholte aich auch hier die ander-
wärts bemerkte £r8chein^ng, dass das J. 1848 — 1849 mit
seinen politischen StiSrmen unverhältnissmässig mehr Kranke
lieferte, alaandeM.
Itif grosse Z^hjl der unverheiratheten Nämißr,
66 gc0W 7 £]^e«Mii«9r mid 3 Witwer, arkl9rt Vf.
4a#»iii^ 4^8 ^MfDuer d^r böl^i^ St^de ^httb^r-
baivt MlVmer, und grOasmilheiip er&t i« später» Jah-
f^ mek^m^lhWy «)s die deir ^nUrp (Uasiaen. Die
Bke |ifl^ ftr «ie »ehr der HAfeo zu sein, wo sie
wm QbaratfiBdeft^ StUjrmeo des Lebens ausruhen
(l^neh den jiigepdlicben Ai^ssoliweifungen entsagen).
JM 4m Fr*wn iil w umgekehrt, erst die Ehe führt
ftie d«f StrUnm^g Aes I^ab^os zu, Schwangßr^aA,
Woaliei4>«j^t mi 4as )Jii»a}^|iei'i«cbe Alter get>en
lied. .labrbb. pd. 7a. Hfi. a.
weitere Av^UasA ; hier kamen 1 i Sbewei^er wmI 7
Wiiwen auf 6 unverheirethele Frauen. Die ffianlli-
eben Irranhauser gelten aber der verschiedenen Le-
bansverbjiltDisse 4^f sie beviOkernden Klapsen, naoieni-
iKh ihres frUben BeiratJieaf wegen, gen« abweiohende
fiesniiate. — la Besug auf dus Altar stimmt 4ie
Prndisposition bei beiden Gesehlechternmebrflberfiin:
hei weitem die Mehrzahl der Erkrankan^en ftUt swi-
schen das 20. und 40. Lebensjahr. Der grosse Ein-
fluss der Erblichkeit ist auch hier bemerken swerth,
in 24 FXllen war sie aufs Bestimmteste nachzuwei-
sen. -— Als occasionell wurden bei der Httlfte der
Manner, und bei zwei Dritttheilen der Frauen morali-
sche Ursachen erkannt, bei erstem vorzugsweise ge-
krSnkte Eigenliebe, Elygeiz, politische Auft-e^ung,
bei letztem unglückliche Liebe und Ehe, religiöse
Scrnpel. Rein physische Ursachen, Unterdrückung
von Ausscheidungen , Rücktritt von Hautkrankheiten,
Onanismus, Süssere Verletzungen u. s. w. , wurden
weit seltener wahrgenommen, öfter noch ein Zusam-
menwirken beider Momente.
Nach Esquirol theilt Vf. seine Kr. in die 5
Gruppen der Mania, Lypemania (Melancholia), Mono-
mania, Dementia und Idiotismus, ohne jedoch in der
Praxis eine so scharfe Scheidung durchführen zu kön-
nen. Der erstem Gruppe geborten 97 Männer und
7 Frauen an, der zweiten 16 M. und 11 F. Anfül-
lend ist die geringe Zahl der an Melancholie religif»sa
Erkrankten gegen sonst; es macht sieh hier der all-
gemein herrschend gewordene Indifferentisnins in re-
ligiösen Dingen geltend. Aucb hat dieselbe einen
ganz andern Obarakter angesemmen, die eoast so
häufige Dümonenanie ist fast ganz versebwiindeD wid
hat extravaganten Gewissensscrupeln , VerzweiCeln am
ewigen Heile u. deigl., Platz gemacht» — Von wirk-
licher Monomania , die sich eigentlich nur (durch den
exakirten Charakter von der Lypemanie unterscheidet,
kamen nur 3 Falle vor, da die meisten dieser Kran-
ken schnell zur Manie, aber auch bald in Demenfia
übergehen. Vf. rechnet aber dahin noch eine Gruppe
von Irren (deren er 4 behandelte), bei denen nicht
der Verstand, ^Odoidern nur der Wille deftfimrt er-
scheint, es sind wahre Prototypen des Rosen, welcbßs
sie iinr um des Bösen selbst willen zu Oben scheinen.
Er reclamirt für solche Kr., wie für die alsunzurech-
nungsföhig erklärten Verbrecher eigene, von den an-
dern Irren getrennte Häuser. Der Dementia waren
14 Männer und 8 Frauen mehr oder weniger verfal-
len; 5 Männer litten an der erst in neuerer Zeit rich-
tig erkannten und gewürdigten Dementia paralytica,
wovon Einer, ein gewiss seltenes Beispiel, unter
Wiederharvortreten der früher vorhanden gewesenen
Nnnnjpania ambitiostt von der aUgemei&en Paralyse
wieder befreit wwde. — 4 Kranke litten nur an
einfachen Hallncinationen (nAO^MBtlich des Gehirns),
dieser Gren:(li«ie zwischen einfai^beq, noch bewnesten
Sinnestäuschungen und wirklichem Irrsein.
Von obigen 99 Irren wurden 15 M. und 10 Fr.
30 -^
234
VIII. Staatsarzoeikunde.
genesen (5 wenigstens sehr gebessert) entlassen, ein
günstiges Resultat, wenn man erwKgt, dass die Mehr-
zahl schon als Unheilbare in die Anstalten gebracht
zu werden pflegen. Die vollkommen Hergestellten
gehörten (10 M. u. 4 FV.) der Lypemanie (2M.), der
Monomanie (3 Fr.), der Manie an, waren sämmilich
noch in kräftigem Alter, und 16 derselben nicht über
6 Monate krank.
In Bezug auf die Behandlung spricht sich Vf. für
ein strenges Individualisiren aus: Enlfernung der Ur-
sachen, Heilung der vorhandenen Functionsstörungen
(namentlich des Uterinsystems) , Galmirung des Ner-
vensystems oder Excitation, je nachdem Exaltation
oder Torpor da ist, Zerlheilung congestiver oder ent-
zündlicher Zustände der Centralüieile des Nervensy-
stems, Beherrschen der krankhaAen Verstandes > und
Gefühlsregungen, und Erweckung entgegengesetzter
Thätigkeiten — das sind seine Grundsätze. Er ta-
delt streng das rücksichtslose Aderlassen in allen Fäl-
len beginnender Geisteskrankheit, wodurch diese ort erst
recht eingebürgert werde, u. verweist die eigentl. monL
Behandlung auf die spätem Stadien, wo die innern phys*
Bedingungen des Irrseins schon an Intensität Yerloren
haben. Dagegen redet er den Bädern u. kalten Douchn
fast für alle Fälle das Wort, u. theilt ein Paar nur die-
sem Mittel zu verdankende glffckliche Heilungen mit
In dem 3jähr. Zeiträume starben in der Anstalt 7 M. n.
4 Fr., namlicb 3 an Lypemanie, 2 an Dementia paralytica,
2 an Mania leidende Männer; 1 mit Lypemanie, SmitDemeo-
tia behaftete Frauen — fast alle starben im spStera Alter an
physischen Gebrechen , 2 an Lvngensucbt , ohne bezQgUckc
Erscheinungen im Leben , obwohl sie bei dem Einen schon
Jahre zuvor auskultatorisch erkannt worden war.
Die Sectionsberichte , welche übrigens in Bezug auf das
Irrsein keine neuen Thatsachen enthalten, so wie die alleol-
halben eingestreuten Krankengeschichten , die diesem intem-
santen Jahresberichte noch besondem Werth verleihen, iasaeo
sich in dem Auszuge nicht fuglich wiedergeben. — Ein zwei-
ter Bericht soll über die in obeugcnannt.er Periode bei den
Irren vorgekommenen physischen Krankheilen , so wie über
die innere Einrichtung der Anstalt Nachricht gehen.
(Kohlscbutter.)
VUL StMtsaraneikuDde.
210. Ueber den Einfluss des Verkauft von
Fleisch dnrcb Hausirer auf den Sffentlichen
Gesundheitszustand; von O.Oelafond, Prof. an
der Veter.-Schule zu Alfort. (Fror. Tagesber. 324.
1851 1.)
Aus den interessanten Untersuchungen des Vfs.
heben wir folgende Uauptsätse hervor.
Der Verkauf des bereits in Fäulniss übergegange«
nen Fleisches muss unbedingt untersagt werden.
Das Fleisch der an der Rinderpest gestorbenen
Thierc ist nach den sehr ausgedehnten Erlahrun-
gen der bewahrtesten Schriftsteller vollkommen un-.
schädlich.
Die wegen Trommelsucht, Drehkrankheit, der
Rehe, Hufentzttndung, Lahmung, Gelenkrheumatismus,
Knochenkrankheiten, starken Verwundungen, u. beim
Kalben geschlachteten Thiere können ohne allen Scha-
den genossen werden.
Ob und welchen schädlichen Einfluss die epizoo-
tischen, enzootischen und sporadischen Krankheiten
auf das Fleisch und dessen Genuss ausüben , ist fast
noch gar nicht festgestellt; das bis jetzt Gewisse
lässt sich auf folgende Sätze zurückführen.
1) Die wegen Aphthenfieber , das sehr häufig
(in Frankreich) *als Epizootie grassirt, geschlachteten
Rinder, Schafe und Schweine werden ohne alle nach-
theilige Wirkung genossen ; ebenso die an Brustkrank-
heiten, an gutartigen und bösartigen Pocken, an Pe-
1) De rinsalttbrit<$ et de Tinnocuit^ des Viandes de Boa«>
cherie etc. Paris 18öi.
ripneumonie und Blulkrankheiten crepirten Thiere,
wie auch das Fleisch der sogenannten kachektischen
Rinder und Schafe.
2) Obgleich es noch gar nicht bis zur Evidenz
erwiesen ist , dass das Fleisch der an den brandigen
Krankheiten gestorbenen, oder wegen derselben ge-
schlachteten Hausthiere wirklich für die Gesundheit
schädlich ist, so ist es doch ausgemacht, dass schon
das Betasten des rohen Fleisches solcher Tlüere un-
gemein gefährlich ist, und muss deshalb der Verkauf
solchen Fleisches streng verboten werden.
(Gramer.)
211. Ueber die Vohnongen der Armen nnd
der Arbeiterklasse in den inanstriellen Städten
vom Standpunkte der offentKchen und privaten Ge-
sundheit^ flege aus ; von J o i r e. (Ann. d*Hyg. Avril.
1851.)
Während die Preise der Kleidungsstoffe und der
Nahrungsmittel gegen frUherhin sehr niedrig gewor-
den sind , ist der für die Wohnungen in den ind«-
striellen Städten ein sehr hoher und droht noch hö-
her zu steigen. Obgleich nun zwar das Tagelohn
auch höher geworden, so kann doch der Arbeiter nur
mit Mühe und zum Nachtheile seiner Sparpfennige
eine so schwere Bürde tragen. Das f&r ihn su lö-
sende Problem besteht darin, die nothdftrflige Woh-
nung für die möglichst geringen Kosten su beschaf-
fen ; die Sorge für seine und seiner Familie Gesond-
heit beschäftigt ihn wenig; gesund und kräftig, glaubt
er Allem zu trotzen, er kennt die Krankheitsursa-
chen nicht, welche eine ungesunde Wohnung m sich
schliesst, und miethet sich nun in einem engen von
der Sonne nie beschienenen Hofe ein , auf welchem
VIIL Staatsanneikunde.
23S
siets ekle siiokeDilo und erstickende Atmosphäre la--
stett glttcklich noch, wenn er nicht, um einige Sous
moaaüich sa ersparen , in einen jener widerwärtigen
Keller hiBabsteigt, welche nur geroeinschaftl. Grllbern
gleidien. Den öffenll. Behörden liegt es ob , dieser
Soi^osigkeit des Arbeiters zu Httlfe zu kommen , die
Zukunft der Generationen des Volkes , das Interesse
derBegieningen wie das der Industrie erheischen diess
in gleicher Weise. Die Gesetzgebung hat lange Zeit
gebraucht, um sich zu einem Einschreiten gegen die^
uBreiBliefaen , ungesunden Wohnungen zu entschlies-
sea, jetxt ist es endlich erfolgt, und da man sich von
Seiten der Behörden mit vorbereiteBden Untersuchun-
gen Behofe der Anwendung der betr. Gesetze beschttf-
tigl, ist es auch an der Zeit , die Frage vom hygieini-
sehen Gesichtspunkte aus zu betrachten. Vf. hatte
oft Gelegenheit, sowohl in Lille als in den benachbar-
teo Fabrikstadlen die Wohnungen der ärniero Klassen
und ihren nachllieiligen Einfluss auf die Gesundheit
za beobaehten, die Resultate dieser Beobachtungen
hat er versucht, im Nachstehenden niederzulegen.
KeUerwokHimgen. Es giebl 2 Kategorien der-
selben: 1) eigentlich insalubre Keller. Sie liegen
in engen Strassen , in denen die schon von den Aus-
dOnstungen zahlreicher und unreinlicher Population
verdorbene Luft nie ausreichend erneuert wird. Durch
den auf dem Niveau der Strasse befindlichen Eingang
dringt Feuchtigkeit ein , welche das ganze Jahr hin-
durch ausdauert. Im Winter, Herbst und theilweise
im Frühjahre herrscht feuchte Kalte, dieser wird
durch Kohlenbecken abgeholfen , und da den Kellern
meist Essen fehlen ^ so erfolgt die Entwicklung und
Anhäufung deletürer Gasarten. Die Fenster, wenn
welche vorhanden, bestehen in kleinen Luken, .unzu-
reichend zur Lufterneuerung und zum Einlassen des
Lichts, den Sonnenschein empfangen viele dieser
Keller ohnehin nie. Die Mauern und GewOlbe unter-
liegen dem Verfalle und sind feucht; wo Kloaken in
der Nahe sind, fehlt auch der Besuch von Ratten nicht.
Hier begegnen sich Elend und Dürftigkeit in ihrem
deutlichsten Ausdrucke, nicht sowohl das Elend, was
von wahrem Unglücke und von Arbeitsmangel oder
Unfifhigkeit dazu herrührt, sondern dasjenige, wel-
ches von Unordnung und Depravation abstammt. 2)
Neben den beschriebenen Localilätea giebt es noch
andere unterirdische Wohnungen von minder ungün-
stigen Verhaltnissen. Sie liegen in breitern, luftigem
Strassen, oder an öffentlichen PlUtzen, sind besser
gebaut u. dem Lichte und der Luft zugänglicher. Die
Atmosphäre ist hier respirabler, man sieht öfterer
Essen , welche einen nützlicl>en Luftzug unterhalteo,
die Mauern sind reinlich , weniger feucht und oft mit
Kalk geweisst.
fFoknungen in kleinen Höfen, Letztere sind oft
nur GSnge von nur einem Meter Breite , mit liehen
Seitenmanern , sie haben Rinnen , durch welche das
HeiiflhaUnogswasaer abläuft, in den Winkeln findet
man meist Unrath au%eliäuft. Diese Genge münden
iHsweilen auf grösswe Räume aus, z. B. auf Vierecke
mit Bäumen und Sträuehern bepflanzt, um welche
herum die zahlreichen , mit meist grossen Fenstern
versehenen Wohnungen gruppirt sind. Diese Woh-
nungen sind geräumig , gut unterhalten , die Mauern
etwas feucht, doch Kamine zur Lufterneuerung vor-
handen. Das gemeinschaftliche Viereck ist von gros-
sem Nutzen , denn es wird auf ihm die Wäsche ge-
trocknet, was bei den Bewohnern der Keller, der
Speicher oder der engen Höfe in den Wohnungen ge-
schieht und die Luft wesentlich verderben hilft. Die
in Rede stehenden kleinen Höfe sind, mit Abrechnung
<4es stinkenden und deshalb abschreckenden Eingan-
ges, die gesundesten Arbeiterwohnungen. Ausser-
dem aber giebt es in Lille noch kleine Höfe, welche
weit weniger gesund sind, als die gedachten, sie
dienen als Centrum der Wohnungen einer sehr zahl-
reichen Population von Armen. Viele solche Höfe
haben kaum 6 — 7 Q Meter Ausdehnung und sind von
Wohnungen umgeben , welche bis in die dritte und
vierte Etage reichen. Sie sind sehr unsauber , die
Rinnen, welche sie enthalten, bekommen das Regen-
wasser von der Nachbarschaft, es befinden sich Un-
rathhaufen in ihnen, die nie zu erneuernde Atmo-
sphäre wird durch Latrinen verpestet. Zweideutiges
Licht herrscht in ihnen , die Sonne dringt kaum bis
zur 1. Etage, nie bis auf den Fussboden herab. Sol-
che Gonstructionen sind meist sehr alt, enthalten
kleine Zimmer , welche mit Bewohnern vollgepfropft
sind , viele fallen in Ruinen und werden von den Be-
sitzern , um den Reparaturen zu entgehen , zu sehr
niedrigem Preise vermiethet.
Sirassenwoknungen, Fast alle Wohnungen der
ärmern Klassen in Lille sind schlecht unterhalten,
klein, niedrig, doch sind die gesundheitlichen Ver-
häUnisse derselben je nach der Lage und Breite der
Strassen sehr verschieden. Von den in breiten, mit
nicht zu hohen Häusern besetzten Strassen gelegenen,
lässl sich in vorliegender Beziehung nichts weiteres
sagen ; was aber die Wohnungen in engen , langen,
mit Bevölkerung überfüllten Strassen betrifft, so sind
hier die Verhältnisse der Insalubrität fast dieselben,
wie in den Wohnungen der kleinen Höfe der engsten
und ungesundesten Art.
Wohnungen der armem Klassen in den benach-
barten Fabrikstädten. In der Umgebung derselben
werden fortwährend neue zu Wohnungen der Arbei-
terklasse bestimmte Gebäude errichtet, welche luftig
und gehörig räumlich sind. Meist stehen sie in gros-
ser Anzahl beisammen, und obgleich für Luft u. Licht
hinreichend gesorgt ist, so wird doch durch Schuld
der Bewohner die Luft in ihnen gewöhnlich verderbL
Rinnen für Regen- und Wirthschaftswasser befinden
sich vor den Hausthüren , und verpesten die Luft
durch Feuchtigkeit und Ausdünstungen. Auch das
zu zeitige Bewohnen neu gebauter Häuser ist als ein
unter der Arbeiterklasse gewöhnlicher Missbrauch
sehr zu tadeln , da es eine bedeutende Ursache von
Insalubrität bildet Feuchtigkeit ist das unausbleib-
liche Uebel, welches daraus erfolgt, ausserdem ist
asfi
VJlf. StantfttrMidikuiidd.
das Haken von HauMhieren, wie Hdhhera, Katfinch^n
u. s. w. in den Zimmern tadelnd su erwähnen , weil
es M^pbilismus erzeugt u. unterhält.
Armenwohnungen auf dem Lande, Man könnte
a priori glauben , dass denselben , da sie im flachen
Lande gelegen sind, reichlichst Luft und Licht suge-
theilt sein mUssten, indessen emprängt auch der Land-
bewohner dieselben nur sparsam , obgleich er das
ßedUrfniss derselben dringend fUhlt« Hinreichende
Oeffbungen für Luft und Licht fehlen den meisten
tittlten i die Thoren sind klein , niedrig , die Fensler
lukenartig» der Boden von geschlagener Erde zeigt
sich ebenfalls als ein Uebelstand.
Ursachen der Insalubriiät der ArmenwohnUn-^
gtn* Für die Mehrzahl der Menschen rel-fliesst der
grOsste Theil des Lebens ih der Familie, im Innern
des Hanses; dieser AuAenthaltsort ist für die ver-
schiedenen Familienglieder, für das Kind, den JOng-
ling, den Vater, die Mutter, den Greis verschieden.
Alle aber bringen die Nacht, die Srhiafzeit, welche
die Hälfte der raenschHchen Exislenz bildet, in der
Wohnung zu. Was vom hygieinischen Slandptibkte
aus die zur Forldauer des Lebens ntfthigen Äussern
Bedingungen betriflft , so wie die Ursachen , we1<^he
in der Wohnung fortwährend vorhanden sind , und
sie zum Nachtheile des Menschen modifioiren so sind
es folgende. Ohne Zweifel nimmt die Luft den ersten
Platz ein, die Respiration ist wesentlich die Function
des Lebens, weshalb man anich im gewöhnlichen Aus-
drucke die Worte Alhmen und Leben als gleichbedeu-
tend gebraucht. Die Erfahrung lehrt, dass das Alh-
men die Zusammensetzung der Luft modificirt , und
dieselbe nach und nach ungeschickt zur Forlsetzung
dieser Function macht. Beim Athmen in freier Luft
wird die Atmosphäre fortwährend erneuert, im be-
grenzten Räume der Wohnung aber empGndet der
Mensch bald die Wirkungen der Verderbniss dieses
Fluidum. Diese Verderbniss sieht im Verhältnisse
^it der Menge der Individuen , mit der Grösse der
Wohnung und mit der grüssern oder geringern Leich-
tigkeit der Lufterneuerung. Ausser der Respiration
sind auch die Hautäusdünslungen und dieExcretionen
eine Quelle der Luftverderbniss. Dieser Umstand
fährt bei Beurlheilung der Wohnungen auf die La-
trinen, so wie auf den nachtheiligen ßinflnss, weichen
die Anlegung derselben innerhalb der Wohnungen der
Arftien ztir Folg« hat. Jedermann weiss , dass der
Geruch aus den Excrementen nicht nur der Nase un«
angenehm ist, sondern dass dieselben 4ucli durch
gasartige Produete di6 Lnft verderben n. in beträeht*-
liehem Quantitäten vereinigt, dieselbe zum Athmen
untaoglieh machen. In Wohnungen, Welche lange
Zeit nicht gelttftet wenden, geben deraMige Qt^st der
Atdiosphäre wahrhaft pebnioiöse Eigensebaflen. Heiit-
zntage whrd glücklicherweise nieht mehr das ProdueC
der dringetidsteli Bedürfnisse jeden Morgen auf die
Strassen odei* vor die ThUren verlassener Wohnungen
gebracht, die meisten Armen wbhnongen haben Ab-
~'*^''<) , wehAo von allen Bewohnehi des Hnnnis ge«-
melnschaftlicb benuttt werden. Diese halt mmk is»
dessen nur in Wenigem Fxllen rein und saaber,
meist sind diese Anstalten in engen Höfen gelegoi,
und durch ihre Unreinhchfceit eine za aftdem hinio^
kommende Quelle von Mephltistoiis , besondarn wtii
gewöhnlich auch Oegdnstjfnde hineingeworieii Wor*
den , welche noch andere weit schüdltehere Gasarloi
prodttciren. Die Gase, welche aus den mevsebli^ai
Excrementen entstehen, sind verschiedener Art «ad
von verschiedener Einwirkung auf den Körper. 1)
Der besondere rierocli der Btoramoate bald kiach üi»
rer Ktaission rfihrt von Schwefel wasserüofllfla har;
2) sind diese Stoffs i^t iBogefer Zelt enttaert t«. tait
Urin geitiischt , so entwickelt sich »us diesem Gemi-
sebe durch Zersettaag Ammoftiakgas, die Verraitehaag
beider Produete erzeugt eine neue Gorabitiation,
Sohwefelwasserstolffimmoniak , doseen Wirkung aaf
den Körper, wenn es respirirt wird, viel heftiger istv
als die der beiden erstgenannten Gase einsein geno»«
men. Eine andere Art von Zersetzung Bndot noek
im Innern der Latrinen hei mangelndem Luftioge
Slall, die Luft selbst wird zersetzt, das Oxygen com-
binirt sirh mit andern Gasen , und das dadurch in
grosser Menge isolirt freigewordeue Azot Öbl einen
sehr schäitlichen Einfluss auf die Personen , welche
seiner Wirkung ausgesetzt sind. Noch können auch
andere dem Menschen sch!ldliche Mephilismen in (!en
Ablritlen vorkommen und sich in den umgebenden
Orlen verbreiten, doch gleht äs mit Beziehung auf die
enlslehenden ZuHille nut* 2 Hauplartei^ davon, die er-
sie durch Einathmung von SchwefelwassersloffaiHisd-
niak die zweite durch Azot bewirkt. Im ersten ^alle
ireten die schweren ZuHille gewöhnlich sehr plötzlich
ein, im zweiten wird die Respiration allmalig beein-
irachligl und der Tod erfolgl durch Asphyxie, frr-
thümlich hHlt man das Forlbrennen eines Lichtes in
den Ablrillsgruben fflr ein Zeichen des Mangels irre-
spirabler Gasarien, diese Probe ist wenigstens fflr
das Schwefelwasserstoifammoniakgas ohne Werth, da
dasselbe brennende Stoffe nicht auslöscht, nur im
Stickstotte und im kohlensauren Gase ist diess def
Fall.
Luftverderbniss durch Thiere , welche sich in
der Utngebung des Henicheh befinden. Ifl d^ta
Wohnungen der Armen werden oft Thiere in beträcht-
licher Anzahl gehallen u. aufgezogen , Vögel , Hunde,
Meerschweine und namentlich kanincheu. Diese
helfen sämmtlich durch Consumlion von Oxygen die
Luft verderben , u. namentlich hat die Erfahrung ge-
lehrt, dass die Vögel eine stärkere Quantität davon
verbrauchen, als andere Thiere. Dazu kommen noch
diö auf dem oft feuchten ßodön liegönbleibbttdett
Excremente , wodurch die Luft ttocfa m6hr Verunrei-
nigt wird. Vf. theilt hierbei einen Fall Inil , itt v^^l-
chenl die Bnlstehung einer Möti^dperitonili« b^ ^ner
Neuentbundenea jedenfalls einem dem fieruchsa^ane
Fremder sehr fttiilbaren, durch eine grosse Aniafal da-
ter dta Bette der Wöohneria wohnbafter Kattiobheil
barvotf^brachtan Mafihitiscbiis beiiamessaii war«
Emflun dtis LichU und dtr 9f^§tme, bm Wm*-
Vllt. fttalAftiMM&uii^«.
f»t
ftM6 den 4#r IlMigDl d«B Lichts in hinfetohflUiler
Mbm^ auf dii ArbetterN^olkerimg in d«n Wohnnnge»
aa«llM> ist «bemo naohtbeilijf^, wie bei den Berglen^
ieo X die Analegie der Krankhetlett deyeelb«n, mit de^
aen der Armen in Lille beweist) dees diese Bedin^nf
vott grOMerm Einftvsee auf die Gesundheit ist, als
nMMi gewMidliob glinbl. In den $euterr»ins» welobe
▼011 Aiteen bewoblii werden, vermag des Lieht wegen
Eftfn der Fenetei^tiffbangen und scbmuteiger Beechaf-
feabnit der Wände nieht eincudriiigen» in den anf Gänge
nnd liffe htrans gelegenen Wtibtfutigen wird es nie
gwn heN^ EbiMMo int die W^Nrme eine nMhige Le-
beanliedingung, der Mnneeb besitftt tWBt die Pnhig^
Imit, am einb selbst die tu setiier Erhallnftg ntftbig«
Mtiif^e WinneMKdf ao entwickein, aMein de er der
Eittwirkmig dieselbe modücirender «eeserer Einflttsse
aoagcaeut iet, ao hat er auch die Kraft gegen tenn
pemtarnbkiblende Sinflnsse tu reegiren, wekheAeao*
tioD jedoch üve Grenten het, so daas kttnstlicbe Mit^
lel diesen Bedürfniaee abbelfsn miissieii. In den en*^
gen und gedrtnglen Wohnnngen A^ Armen macht
sieh der Proit sowohL als die Düse oft in den Gitre^
rem fhblbar. Die äooterrains leidee gewnhnliGh vom
Einflösse der Kalte mit re^tchtigkett gepaart, die et-^
wna hoher gelegenen Wohnungen leiden in dieser
Beuehung weoiger von der Kille , aber es findet A»-*
fhr wieder grössere Gonceniration der Loft Statt , so
wio kn Sommer grOtisere Wirme« Was die /Intern
siäUen im d9n W^hmnmgen der j^finm b^irifll , s^
fehlon dieselben in den KoMern meistens« in den tlbri*-
gen Wehnutfgen aber sind sie gewnhnlich so kleine
daae aio aof die Lnfterneuerung in den Zimmern fast
keinen Binfloss halben» Die Onierirdisehen Wobnun^
gen oiot Kiniine werden dnreb« oIRme Oofen geheiat»
in denen man HoitkoMni, Torf oder Coks brennt
Die dnher rührenden Gase verbreiten «ieli in der gan-
zen Wohnlüng und aiehen, nachdem sie die Atmo-
sphäre verpestet, dorMi die Thare oder durch die en-
gen Fimnterinken ab. Die kidgem unter den Bewoh-
nern sotten ihre Oefen an eine selel»e Oeffhung und
vermeMen ao iinen Theil dieser Rachtheile. Andere
mit einet* fisee vereehene Armetivrobnnn^n haben
OefiMift ü ddnen man StbinAohleh 6der €eks b?ennt>
in einigOD« jddech selfendn Pillen, findet man auch
olfene Kamine itait freie» Peuer, welche rOcketehtlieb
* der GeMhdiwit jeAsnfaNfe die beeun sind.
fFirkUnffm 4&r Mmgemmikn M^öAmungek, Die
verechlndenen oben genannten Ursachen der insalii-
hritfit finden sicby obsohon in verschiedenen Graden«
slnunltieh in den Wohndngeh unserer Armen verein
ttigth AUe^ sie wirken nicht isolirt auf die Indivi»
duen, sondern collectiv, da jedoch nach den speciel-
leu ^erhliinissen der Wohnnng eine von ihb^n vor-
wiegend fib^r di« andere sein kaoe, so fnassen tmnt-
derat die speciellen Gonsequenzen ein^r jeden einzeln
betrachtet wierieni Bie Oraaohen der htaalnbritlt in
den Wtohndngen wirken nieht enf alle Aibsr glei<{h^
mSssig^ wie wir bereits geseheb; oino Urseehe davon
ist die veradhiodene Dnoer dbs AnCenthalU in der
Wohnung , eine tmiet^ finden w# in der oOgfeMM
Widerstandskraft bei den hidividuen von verachiede-
nem Alter. Kindheit und Alter sind den in Rede ste^
henden Wirkungen am meisten ausgesetrt , weil ate
sieh am meisten in den Wohnungen anfholten > der
Erwachsene widersteht leichter, weil seine Abweaen-
lieil wegen der Arbeit und die Energie detAction sei-
ner Organe ihm mit Vonheil dagegen tu kimpfeo er-
lanbt. Die erweoh^enen Preuen besonders entwickeln
eine sehr betrdehiliobe WidersiMdekraA gegen der--
pleiehen ndgesoAtle Bihhasse. Anfangend nM die
Wirkung des Einathmene einer ung^annden Lnfl , eo
ist an berficksiehtigert , dese die versthiedenen
UraachiMi der Lnftverderbnies decempon^rend anf
die resj^raMe Luft wirken» und ihr bhM Prodoete
lassen, weiehe aur Unlerhaliung des Lebens nngeevg-^
net sind , entweder durch Hinzutritt sehedlieher Gaa^
aKen nbetbaupt » oder durch nngteiche Misehnn^ der
Lultmasae. Ber tehwerate daraus hervorgehende
Zufall ist Aaphytie, er kommt selten vor, findet aber
bisweilen in Souterrains Statt , wo die Gaae in Folge
der Nachbarschaft gesebtossener Bronnen , Schleusen
oder Abirittegroben die srhadhaften Mseern durdi-^
dringen. Asthma iat eine Krankheit» welche bei den
Pabrikerbeitern hxuig vorkommt, und dieselben vor
der Zeit krank und invalid macht. Gewisse Arbeiten
in den Spinnereien bringen sie fast unvermeidllclt her*^
vor, und die schlechte eingeschlossene Luft in den
Wohnungen befördert und teitigt den Oblen Ausgang.
Dnaselbe laset ftieh aueb auf die übrigen Brubtieideh
anwenden » welche bei den armen unter den in ftede
siehenden Verhdltniesen lebenden Arheiiern simmtlieh
mit schwerem ZuDHen verlaufen. Aber das Binath-
men aehleehter Lnft versch4immeit nieht allein die
vorhandenen Braslleiden» sondern es bringt euch int
Allgemeinen auf die Individuen eine entnervendetsehwB^
ebenda Wirkung in Polge langsamer Asphyxie h^vor»
welche sie ze Jeder energischen Anstrengung nnfthlf
macht. Im Greisenalter teiebnen sich diese S^m-^
pteme von BrsehOpfung am dentlielialen ab, aiehr
oder weniger aber auch bei den übHgen Lebeneat'«
tarn. Wenn nun aber feststeht, desa das EinaihMen
von mit Miasmen geschwängerter Luft Urseehe von
ErachOpfong der Kräfte iet^ eo moAs man aueb angb^
ben» dasa ee in folge dessen au allen Krankhniteh
diapooirt , weil ea dem KOrper die Widerstendabtaft
gegen solche Schttdiichbeiten enisiebt. ttetrecllten
wir das gewlthnh Lehen der Bewohner ungeanbder
Keller, so finden wir bei ihnen nicht die dem erwa^-*
senen, gesunden Arbeiter eigene ThMigkeit zur Arbeit,
sie lieben den ttoastggang, das Umhertreiben > das
Brwnrien einen vorttbergehenden Gewinns» die Kinder
betteln oder vagtten nmber» die Pamilienmntter ist
von Hunger und Anstrengung emohfipft, gehtaehmnz'-
zig und zerriaaen einiier, U4 s« w. Hiebt aber in
schimpflicher Faulheit allein« wie man gewohnlioh
annimmt, liegt der Grund der Apathie, Unftbigkeit
und Abgeapennlheit, in welcher diese UnglttcAliobeB
hocken, ala materielle evidente Ursache ist die SchwK«^
chnnd dea Menaohen dnreh die vespealele Atmoephlre
VIU. 8ta«UanED6ikunde.
VAgesuttiier WolmiiiiffeB antuBehmen. D« r Mensch
lebt iiichl vom Drode alleia, auch von der Luft, beide
Nahruagsmittel sind ihm unentbehrlich » das letzlere
fortwährend, und es Übt deshalb fehlerharie Beschaf-
fenheit derselben einen om so nacbtheiligern Einfluss.
Auch der gewöhnliche Lichtmangel in den Wohaun*
gen der Armen ist namentlich für die Kindheit eine
reichliche Quelle von Katarrhen» Blutarmut]), Ersohlaf-
futtg der Gewebe, Anschwellungen, Knochenkrank-
heiten u. s. w. , und ersengt namentlich Scropheln,
Scorbttt und Rhachitis. Unter allen Krankheiten
aber , welche unter der in Bede stehenden Bevölke-
rung in Folge des Einflusses dieser verschiedenen
Ursachen wttthen, gebahrt unstreitig der Liiogen-
scfawiadsucht der erste Platz. Es giebt wenige arme
Arbeiterfamilien in Lille , in denen nicht eines oder
mehrere Kinder Erscheinungen der Scropheln oder
der Luagensucht zeigen, als Ursachen mttsste man
sllmmtliche bisher erwähnte, in den Wohnungen der
Armen ansutreffende Schädlichkeiten «namhaft ma-
chen. Eine der schädlichsten davon, welche nament-
lich in den Souterrains herrscht, ist die Feuchtigkeit ;
mit Kälte verbunden veranlasst sie die meisten ßrust-
affectionen. Ferner ist auch die prädisponirende Ur-
sache der bei Greisen u. sogar bei Erwachsenen vor-
kommenden Wassersucht hauptsächlicli in der habi-
tuellen Feuchtigkeit der Wohnung zu suchen.
Was die Mittel zur Abhälfe der gedachten Uebel-
stände betriflt, so scheint zuvörderst der Arzt dazu
berufen, dieselben su erörtern , zu beobachten , und
jene Mittel seihst aufzusuchen. Wollten die Armen
etwas mehr Sorgfalt und Pflege auf die Erhaltung der
Wohnungen verwenden, die Hausbesitzer dagegen aus
Humanität einige leichte Anstrengungen zur Beschaf-
fung von Verbesserungen nicht scheuen, so wUrde
den öflTentlichen Autoritäten viel Arbeit erspart u. die
Intervention des Gesetzes unnöthtg , oder nur in sel-
tenen Fällen erforderlich seinl — Keller dürfen
wenigstens in Lille und den Nachbarstädten nicht zu
menschlichen Wohnungen verwendet werden; kann
diese nicht vermieden werden , so muss man nur das
Bewohnen der bessern darunter gestatten , und die-
selben mit LufidurchzOgen versehen, oder Thtf r- u. Fen-
steröffnungen gehörig erweitern. In allen bewohnten
Kellern müssen Kamine angebracht sein , damit wäh-
rend des Winters ein Herdfeuer in ihnen unterhalten
werden könne, welches wesentlich zur Austrocknung
und Luftverbesserung beitragen wird. Keller, wel-
che durch die Nähe von Kloaken oder Latrinen mephi-
tisch inficirt sind, dürfen nicht bewohnt werden. —
Unter den zahlreichen Hofwohnungen für die ärmere
Klasse zu Lille bedarf wenigstens die Hälfte durch-
greifender Verbesserungen od. gänzlicher Vernichtung,
welche besonders diejenigen treffisn müsste , welche
wegen ihres Alters oder wegen besonderer Disposi-
tion nicht zu repariren sind. Die Verbreiterung en-
ger Höfe ist zuvörderst nothwendig, die Gossen, wel-
che die Höfe durchlaufen , müssen bedeckt werden,
und die Schleusseamündungen , Mist- und Keh-
richthaufen dürfen nicht geduldet werden. Treffen
Cholera oder Typhus in die Mitte solcher verpestetet
Atmosphären und überschreiten diese Krankheiten,
nachdem sie hier zahlreiche Opfer gefordert, diese
Schwellen , um sich in den benachbarten gesundem
Strassen zu verbreiten, so fragt man , ob die Unter-
drückung solcher gefährlicher Herde nicht als Maass»
regel öffentlicher Salubrität anzuordnen wäre. Jeden-
falls würde von diesem Gesichtspunkte aus dasöffenl-
liehe Wohl die Behörden dazu autorisiren. Fleissi-
ges Waschen und Schwemmen der Rinnen und Latri-
nen in den Höfen gesetzlich angeordnet» ferner Zwang
für die Hausbesitzer zur Vornahme dernöthigenfiepa-
raturen , der Lüftungsvorkehrungen , und namentücfa
der Vergrösserung der zu engen Höfe sind die ver-
schiedenen Punkte, welche in der vorliegenden Bezie-
hung der Beachtung der Behörden zu empfehlen sind.
In engen Strassen und Durchgängen finden sich oft-
mals ungefähr dieselben Uebelstände v«Nr, oft triOl
man auch hier Kloaken und Misthaufen , welche, na-
mentlich im Sommer, unter dem Einflüsse der Wärme
grossen Gestank verbreiten. Das zu zeitige Bewoh-
nen neuerbauter Häuser, welches unter, den Arbeir
tern sehr gewöhnlich und ihnen sehr verderblich ist,
lässt sich durch die Behörden leicht verhindern. Die
Anhäufung zu vieler Personen in engen Räumen, n.
der Aufenthalt von Thieren in den Wohnungen sind
ebenfalls beachtenswerthe Uebelstände. Die alten
Hütten auf dem Lande, welche jeden Augenblick ein-
zustürzen drohen, sind nieder znreissen , die noch
wohnlichen mit grössern Thttren u. Fenstern su ver-
sehen. Die aus Mangel an Püasterung in solchen
Wohnungen herrschende Feuchtigkeit muss durch
Einführung einer genügenden Bodenbedeckung besei-
tigt werden. Alle diese Verbesserungen aber kom-
men von der Behörde aus oft darum nur nnvoUkom-
men zu Stande , weil man Eingriffe in das Innere der
Wohnungen vermeiden muss und will, man muss des-
halb nicht nur auf den Hauswirth , sondern auch auf
den armen Arbeiter selbst einwirken, und zwar ra-
thend und belehrend, z. B. durch die Mitglieder der
Wohlthätigkeitsgesellschaften. Diese hätten denn be-
sonders auf das Aufgeben allzuungesunder Wohnun-
gen, auf Reinlichkeit und Lüftung, auf Vermeidung
des Zussmmenlebens zu vieler Menschen und Thiere
in beschränktem Räume, auf freundlicheres Aussehen
der Wohnungen durch häufigeres Tünchen der Wände
mit Kalk Aufsicht zu ftihren, und man würde dadurch
bald Ordnung, Thätigkeit und Ruhe an die Stelle der
Nachlässigkeit, der Apathie und Verstimmung, weklie
nur zu oft Gefährten des Elends u. Unglücks sind,
treten sehen. (Flachs.)
212. Bemerkungen Über PiasternngylacA-
damisirnng und Trockenlegung (drainage); von
Boudin. (Ibid.)
Das Studium der verschiedenen Methoden, die
Bodenoberfläche so zu bedecken und zu bearbeiten, *
dass sie wegsam wird , ist in hygieinischer Hinsieht
von hohem Interesse. Die ersten Versuche im Pfla-
Vm« StMiMMneiktAde.
slern werAtn den Garlbageni xageschmelMa , in iom
kaonte man das Sirasaenpflaster erat zur Seil desAp-
pius Claudius. Die Pflasterung von Paris dalirl nicht
Aber Philipp August hinaus, unter ihm wurden einige
Hauptstrassen gepflastert. Es ist mit grossen Städ-
ten wie mit den Bäumen , sie gedeihen nicht aberall,
und ein specieller Boden scheint zu ihrer Existenz er-
forderlich. Der von Paris zeichnet sich durch gros-
sen Reichthum an allerlei Steinmaterial aus, Gyps,
Kalk , Kreide , Thon , Sandstein u. s. vir. bilden ge-
wisserniaassen die physischen Ursachen der Existenz
von Paris. Das ungefähr 3,600,000 Meter Ober-
fläche einnehmende Pflaster kostet der Stadt jährlich
1,900,000 Fr. zu unterhalten. Die Pflastersleine
kommen aus dem tertiären Becken von Paris, sind
sandsteinartig und hauptsächlich kieselhaltig. Vor
1835 wurden ausschliesslich kubische Pflastersleine
von 0,24 Htr. Seite gebraucht, von da an experimen-
lirte man mil paratlelopipedischen von 0,16 &Ur. Breite
auf 0,23 Mtr. Länge , u. diese Art ist in den bessern
Vierteln im Gebrauche geblieben. Mit solchem Hale-
riale stellt eine Pflasterung 3 — 4 Jahre lang eine
sehr ebene, aber auch fflr die Pferde sehr glatte Ober-
fläche dar. Das System der Herstellung besteht da-
rin, dass man die Steine auf eine Sandform von
0,23 Mtr. Dicke setzt und die Fugen mit demselben
Sande ohne HinzufOgung von Kalk ausfallt. Um zu
schnelle Zerstörung zu hindern, hat man versucht,
dem obern Pflaster eine Art Ausschusspflasterung un-
terzulegen, diese Pflasterungsweise ist indess sehr
kostspielig, hart fUr das Fahren und schwer bei Be-
schädigungen zu repariren. Endlich hat man Pflaster
aaf Holzschwellen oder SteinmOrtel gelegt und mit
Kalk vergossen versucht ; dieses Pflaster ist zwar sehr
solid u. verhindert die Bildung von Koth wesentlich,
aHein man hat dasselbe wieder verlassen , weil das
Anfreissen desselben wegen der darunter gelegenen
Kanäle zu oft nothwendig war. Neuerdings hat man
mehrere Strassen mit belgischem Porphyr aus den
Sieinhrilchen von Quenast gepflastert, diese Pflaste-
rung ist fest, eben und fast immer trooken , man ta-
delt nur daran , dass sie fdr die Pferde zu glatt sei,
ein üebelstand, der jedoch durch kleinere Pflaster-
steine zu beseitigen wäre. — Man begteift, dass
es von Wichtigkeit ist, das Pflasternngssyslem nach
der Beschaffenheit und Wichtigkeit des Verk^rs in
den Strassen einzurichten , welcher besonders in Be-
zog auf das Fuhrwerk in Paris ein ganz enormer ist.
Die Bedeckung mit Bitumen bat man mehrlach
mit Vortheil zur Bedeckung von Chausseen benutzt,
sie kostet etwa 12 Fr. der Meter. Dieselbe soll frei-
lich die Entdeckung von Beschädigungen der Wasser-
rohren, welche sich gewöhnlich durch eine örtliche
Senkang des Pflasters kund geben, schwierig machen.
I Das Ausgleiten der Pferde findet hierbei nicht öfterer
I Statt , als ^uf gewöhnlichem Pflaster. Zur Herstel-
lung der Trottoirs dienen jetzt nur Granit u. Asphalt,
I die letztern sind billiger, erfordern aber mehr Unter-
I kaltuBgskoflten.
r PfloBieruRg w London^ Diese Stadt bedeckt
eine ObeHHM^he vot 81 DliMi«n oder 21, Md Hek-
Ureo , die gewöhnliche Bewegung des Verkehrs sIeNt
sich von 720 — 1,300 Wagen und Pferde auf die
Tagesstnnde heraus. Man hat in London nach und
nach verschiedene Arten der Bodenbekleidung ver^
sucht , Pflaster von Kautschuk , von Granit mit und
ohne Schwellen auf denen die Bäder gehen, macada-
misirte Chausseen und solche von Bitumen. Das
Kautflchttkpflasler ist jetzt ganz verlassen , die IMm-
pflaslemng ergab den Vortheil den Lärm, den SchoHR
und den Staub zu vermindern, »her sie ist kostspielig,
genthrlich für die Pferde, lässt sich leicht von der
Feuchtigkeit durchdringen u. dünstet nachlheilig aus.
Das ersle Steinpflaster in London bestand aus gros-
sen Kieselsteinen , welche bald grossen Pflasterslci-
nen von Granit, 8 — 9 engL Zoll breit u. 20" lang,
Platz machlen. Nachlheile dieser Pflasterungsart
waren: betäubendes Geräusch, schnelle Abnutzung
der Wagen, Ermüdung der Pferde, weshalb auch sie
bald verlassen wurde. Das gegenwärtig gebräuchliche
H a y w o 0 d 'sehe Verfahren ist folgendes. Man gräbt
die Chaussee bis zur Tiefe von 18" aus, füllt sie mit
zerklopftem Granit,den man mit einer Lage feinen Sandes
bedeckt und setzt nun das Pflaster auf dieses Bett, die
Fugen des erstem mit einem Gemisch von Kalk und
Sand vergiessend. Hierdurch kittet sich das Pflaster
dergestalt zusammen, dass es zum Aufreissen dessel-
ben einer mühsamen Arbeit bedarf. Die Dauer sol-
chen Pflasters ist im Allgemeinen auf 50 J. zu veran-
schlagen. Das Pflaster mit Schwellen für die Räder
der Wagen ist etwa seit 30 J. eingeführt, besteht aus
breiten, flachen Steinen mit kleinerer Pflasterung in
den Zwischenräumen der Schwellen, auf welchen die
Fttsse der Pferde gehen. Diese vom Alderman Ma-
thew Wood eingeführte Pflasterungsweise vermindert
das Geräusch und die Stösse des Wagens u. erleich-
tert den Pferden das Ziehen, so dass man auf 3 der-
selben 1 erspart. Die in London sehr häufigen ma-
cadamisirten Chausseen konnten in der City keinen
Eingang Buden» weil sie der enorme« CiFculation der
WageA aller Art nicht hinlänglich Widerstand zu lei-
sten vermochten , und andrerseits ihre immerwähren-
den Reparaturen grosso Sohwierigkeiten und viele
Kosten verursachten. London hat weder Chausseen
noch Trottoirs von Bitumen, die Trottoirs sind seit
1770 mit Ralkstein von Purbeck belegt, welcher ge-
genwärtig durch den Yorker Sandstein ersetzt ist.
BevprengMBg. Man besprengt in London Snal tägl.
im Sommer dieStrassen. Die Besprengung hat nicht nur
den Zweck, den Staub zu entfernen , sondern auch den,
die Abnutzung des Macadam zu verhüten u. den Staub
Behufs leichterer Wegschafl^ng in Koth zu verwan-
deln. Sie wird theils mit biegsamen Röhrei , theiis
mit Wagen, von Witworth erfunden, ausgeführt. Bin
solcher Wagen enthält 400 engL Gallonen (1,817
Liter) Wasser und kann 700 Yards oder 3,323 DMtr.
besprengen. Er kostet 750 Franken, und wird durch
ein einziges Pferd gezogen. (Im Texte befindet sich
die Abbildung eines solchen Wagens.) Die Kosten
Gob6e, Riobltr.
dmer BtypreBfMig wm6^n durdb •ine flie Tne vm
1 PMny «uf jedag Pfund SuriiAg detEmlLOflmieMfler
Blluaer gttdaefct. In FiriA wird die Besptengiuig dar
Wege duroii eMiilenföriiiiga iruniiao und daMroh Fna-
aar, die mm auf der Strasse baruvlMhFt, baiverkBle^
ligt. Dia beapreagle FItelM der tfffaatliahen Wege
bairagt ipil labegriff der Avaattan des BiHilagiier Hol'-
■es 860,000 Maler. Den Dianal veraaben 106 Taar
9m f jade ma 10 Hekialiter, jade Tan»? beaprangt
im thurobaelmiu S,1<00 Meter binaea 4 Stuadeiu
Reiniptng der Strassen. Sie zerftllU iq die Acte
des Kebr^of u. des Wegschaffens des Koches. Thei(s
werden dieselben geipeinschaftlich eineqa Entreprß-
neur (Ib^rgeben , theils ist der ei^le Ac( Sacbe der
Ariqen des Kirchspiels, welphe dpfUr 10 Schillinge
wöchentlich beziehen. Das Kehren geschieht entwe-
der mit ()cr Band» oder mittels eiper von Witworth
erfundenen (im Texte abgebildeten) Maschine. Die-
selbe besQrgt das Kehren u« das Aufladen u. Weg-
schaffen des Schmutzes zugleich, u. mit ungleich ge-
ringem) Z?it' und Krafleaufw^nde als die Handarbeit.
Gut gereinigte Slrassep erleichtere den Pferden das
Ziehen u. ergiQglichen sQmit die Por^schaffung grös-
serer Lasten , während das Gegentheil dem Verkehre
bedeutend hinderlich ist. In Paris ist der Unterneh-
mer der Wegschaffung des Kothes gehalten , densel-
dflt phyi. Tliarapie.
bau wevifMaaa 84)0^ Malar waU «ad «a Bvrierso
Wighaingaa «u latfan.
Trockenlegung (drainage). So n^nnt maD (vom
englischen Worte drain, ^goul) eine Operation, wel-
che darin besteht, schwerem oder kaltepi Erdboden
die überflüssige Feuchtigkeit durch ein System von
Röhren zu entziehen, die in eiper gewissen Tiefe un-
ter der Erdoberfläche a;igebraQht sind. Zuerst filr
die Agriliultur angewendet, scheint die „drainage"
durch Verbesserung des Qodens berufen, einflussreicb
für die öffenll. Hv^iei^iQ zu werden. Die Stagnation
im Boden büngt bßld von der 4)onj^en Beschaffesheii
desselben, \^d\A von seipeip Mangel an Neigung, W
von der Dichtheit der Bodenunterlage ab. Das Was-
ser kommt vom Begeq, vom Sphqee, oder aupl) von
unterirdischen Queliep her. Die Stagnation giebt
sich durch die Vegetation von Wasserpflanzen, Schilf,
Binsen, Bledgras und Ranunkeln, welche allmalig an
die Stelle der nützlichen Pflanzen treten, zuerkeooeD.
Die ersten Verbuche mit diesem Verfahren wurden vor
20 Jahren in SchQltrand durch Smith gemacht, leil-
dem hat dasselbe in England unermesslich an Aus-
breitung gewonnen, und man kann behaupten, da$s
es in Bezug auf Verbesserung und Fruchtbarmachung
des Bodens eine wabre Revolution bewirkt hat,
(Flachs.)
KBIIIKEN
1 1. ImdlMek ier pkyiioltgiicke Thai^ie.
De gmeeskundige Praktik gegrand ap ßfetUMr-
ke/mü em Bede, ah eene sfeißiMdige Leer
hewerki; doar Dr. H. ß. Richiar, Hooglea-
raar in da Gaoaaakunde Ja Dresdaa. (Jil bat
Hoagdnilaali «ertaald an »at aonlaaheningan
voaniea door bf. C. Goböa. TeTiei, byGebr.
Gampagne. gr. 8. VHi a. MO pp. (i^a TMr.)
fiiaa gma UabersaUttüg aiaas gutaaiaehes «et eine
dapi^ aaganahma Eraohaiaung, deaa wübraad wir
lins, wie bier, der Aoarkeaoung dea Terdieaaüieban
t^Orgmtton dgr pk^ohguekMO Tlm^npie*' erfreaan,
kl^anaa wir den Heiaaa daa üebarsataara, unddiaaem
■aaen ieweia dea regaa Eifers unserer bolHlndiseban
Konatganosaea aar iiob briagaa* la wiefern ein
Uabaraeisar barechligt isl, alina Erlairikoias daa Vfs.
dan Titel eioea Werkes abipftadara» wollaa wir hier
wkl bearlhailen. Dan Nulzaa aber und die Zweok-
asäaaigkaii diaaer Abander«M|g arUübea wir uns in
Abf«de «I aleUaa. Dia firi»de,r walcba Dar. Oob^e
Mr dieselba anführt, seheiaea uns keineaaregs eia-
laueblend. Dean weaa er sprielii (Vorrade S. Vül):
„Audi den Titel Organen (Werkaeug) dar pbysipia-
„giaehen Therapie babe ich ufngelnderl ia BmUmA
mO« &. w., weil eia Buch ein Buch und kein Werkiesg
,4«t, und diaas erat werdeu soll, waoa laaa esi^
Baad nimmi and dtirobsladiri**, so waia^a wiriks
arsiena aurttck auf daa Vfs^ aigaaa Warte (S. XJU. fi«-
laitaag): „Ea muss aia f^ersw^k, wie 4er V(V^
„genda, schon beuUai^e gesuttei sein; ar liitt
„aber nar ala Organen »lA das heial als ein ff^M'
„uugf welches dazu dieneq soll, m dem UrwsU^
„der prakAiscben UeilkuB4e die neuen Gebiete absii'
«,8|eeken, das Unkraut aiisauroUen an4 den BodM
„for kiinftigea Anb9U urbar au madiea". Wir fiad^
aber 2) einen noeh beaaarn Beleg anm Baükehaltei
dea Titeja in des UfberaaUera eigenen Worten (Ver-
rada S. VI): „Die neuere Pbyaialrik apriaht aicbt vH
„den Ujraaeban vmntm diesaa oder Jenas inw lesin
„des Leidenden geschehe , sie deutet aber den aV*
„nisahen Proeaaa an» m^dKrck dieaaa gaaabicbi*'
S i 1 ▼ e s t r i , La Pnenmoiatria.
241
Ab iweiUi Grand fOr seine Ablnderang führt lieber-
seUer an (Vorrede VIII) : ,,Aaeli wollle mir das No-
.»men et omen nicht gefallen, als ich zurückdachte
„an ein anderes ürganon, mit dessen Tendenz und
••Inhalt ich mich niemals vereinen konnte''. Hier
ist ea, wo wir mit Shakespeare durchaus nicht
einverstanden sind :
„What*8 in a name? ifaot, whirh we call a rose
by any otber oame wonld smell as sweet.*^
Denn der Name Orgnnon scheint uns hier beson-
ders glacklich gewählt, und wäre wohl kein anderer
so passend gewesen, uro die Tendenz des Werkes u.
der neuen Medicin überhaupt zu bezeichnen. Wie
der grosse Baco in seinem Novum Organum
den Grundsatz durchftihrlc , dass man nur durch die
Beobachtung der Natur zur reinen Wahrheit gelange,
und somit dem Studium der Erfahrungs- Wissenschaf-
ten einen neuen Schwung ertheilte, so kann man auch
dem ^»berüchtigten Organon'* [Hahnemann's
nSmlich] das Verdienst nicht absprechen, neue Erfah-
rungen und scharfe Beobachtungen ins Leben gerufen
und somit der Wissenschaft eiucn wirklichen Dienst
geleistet zu haben. Während wir nun keineswegs
dem genialen aber zu phantastischen Hahnemann,
noch weniger aber seinen marktschreierischen Jün-
gern beitreten, so gestehen wir doch mit allen gewis-
senhalten Aerzten , dass wir ihm eine Läuterung der
Nedicin verdanken, und deswegen seine individuellen
Motive gern mit dem Mantel der Liebe bedecken.
Die Geschichte der Medicin, so wiu die Weltge-
schichte Oberhaupt lehrt, dass alle Ueformen eine
gewisse Reaction hervorbrachten , wahrend welcher,
aas zu grossem Eifer, des Guten zu viel geschah.
Als eine solche betrachten wir die nihilistische Ten-
denz der Wiener Schule. Dass aber unserer Kunst
nach diesen sturmbewegten Zeiten eine neue glän-
zende Aera bevorsteht, davon sehen wir eben in die-
sem (hrganon ein „Omen*\ das wir für die Zukunft
voll froher Hoffnung deuten.
Wie wir schon Öfters Gelegenheit hatten zu beob-
achten, wie sehr sich die holländische Sprache zu
Uebersetzungen aus dem Deutschen eignet , so haben
wir es anch hier an unserer holländischen Schwester
tu loben, dass sie mit ihren eigenen Mitteln alle Kunst-
ausdrucke auszudrücken weiss , die andere Sprachen
dem griechischen und lateinischen entlehnen (wie
z. B. Contraindication — tegenaanwyzing, Chirurgie
— heelkunde, Transpiration — huiduitwaseming, re-
staurirende Kur — herstelling der krachten etc.).
Die Debersetzung ist jedenfalls eine gelungene zu nen-
nen ; einige von den Anmerkungen die Uebers. hinzu-
gefllgt hat sind sehr interessant, besonders diejenigen
die sich auf histologische Forschungen oder auf
praktische Erfahrungen beziehen. Wir erlauben uns
aber die Bemerkung zu machen, dass, sowie Uebers.
Mehreres weggelassen hat , welches er für den hol-
ÜUidischen Leser als weniger wichtig betrachtete , er
dagegen ftlglich Mehreres hätte hinzufügen können,
Med. Jahribk. B4. TS. HA. 1.
was für seine Landsleute von Interesse gewesen wäre.
Dieses hätte vorztiglich da geschehen können, wo es
sich um die Diätetik handelt, indem die Lebensart
der Holländer (die doch von der deutschen so sehr
abweichend) zu verschiedenen nützlichen Umänderun-
gen u. Zusätzen gewiss Veranlassung gegeben hätte.
Warum Dedication , Vorrede, Motto und Register [I]
weggelassen sind , ist uns unbegreiflich !
Pincoffs.
12. La Pneamoiatria ossla tarte di curara le
Malattie coi Medicamenti sotto forma gazosa
giusta Fesperiensa di rinomati medici anticki
emoderni; dol Dott. Giacinto Silvestri.
Medice condotto a Rezzonico. Gon aicune figure
inrame.Milanol851. 8. IV. 1 lOpp. (li/^Thlr.)
Eine blose Compilatio» der in Schriftstellern
alter und neuer Zeit und in den Handbüchern der
Materia medica zerstreut enthaltenen Angaben über
dir Anwendung von Heilmitteln in dampf- , dunst-
oder gasförmiger Gestalt bei den verschiedensten Krank-
heiten, welche höchstens das Verdienst hat, auf diese
in neuerer Zeit vielleicht doch zu sehr vernachlässigte
Anwendungsweise von Nedicamenten und auf die
freilich ungesichtete Masse des vorhandenen Materials
aufmerksam zu machen und zugleich darauf hinzu-
weisen, wie auch dieser Theil der Materia medica
noch Im Argen liegt und voll von directen Wider-
sprüchen ist, wie z. B. über medicamentOse Inhala-
tionen gegen Phthisis selbst bedeutende Gewährsmän-
ner nicht selten ganz entgegengesetzte Behauptungen
aufstellten. Etwas Weiteres scheint der Vf. selbst
nicht beabsichtigt zu haben, da er in einer der ange-
fügten Bemerkungen die Unvollständigkeit de? Gege-
benen den Mangel aller Kritik und eigener Beobach-
tungen mit seiner isolirten Lage entschu/digt und in
einer zweiten Auflage das Fehlende nachzuholen ver-
spricht, indem es ihm jetzt nur danuf angekommen
sei;, günstiger gestellte Aerzte zu eifrigerer Bearbei-
tung dieses so wichtigen Gegenstandes und zu prü-
fenden Versuchen anzuregen, Spasshaft klingt es,
dass er zum Beweis der Hetikrältigkeit der Pneumoia-
tria erzählt, wie ein Leip^/ger Arzt, wenn er zu laxi-
ren wünschte, blos eiaen Besuch in der Apotheke
abzustatten pflegte, Wo gerade Latwerge bereitet
wurde! Nach allgemeinen Bemerkungen über den
Werth der Methode wird die Application von Dampf^-
bädern und Räncherungen mittels Dampfen u. s. w.
von Wasser, Kalk, Schwefel, Chlor, Quecksilber^
Zinnober, Calomel, Alkohol, aromatischen Kräutern,
Ameisen u. s. w., erst für den ganzen KOrper, dann
für einzelne Theile mehr nur aufgezählt, als gründ-
lich erörtert , ja sowohl die Methoden , als die (fast
das ganze Gebiet der Pathologie umfassenden) Krank-
heiten sind bunt durcheinander geworfen. Uebrigens
hat Vf. die Literatur sehr fleissig benutzt und durch
die beigegebenen Abbildungen einiger Fumigations-
epparate von Gbarri^re, Rapou und Quesne-
31
242 Morettj, über Anacardium or. u. ooetd. Södiilot» Aiwmid. d. Chlorof. Ewich, d. Heilbr. Min.-W.
V i 1 1 e seinem Scbriftchen eine dankenswerthe Zagabe
verliehen. KohlschUtter.
13. Sugli Anacardi Orientale e occidentale
(Semecarpus anacardium Linn. fil. et Ana-
cardium occidentale Linn.) Disserlalione del
Professore G. Moretli. Milano 1851. Presso
la Societd degli Edit. degli Ann. Univ. delle
Scienze e deir Induslria. 8. 43 pp. (1 Thlr.)
Diese Abhandlung, ein Separatabdruck aus dem
Giornale Agrario Lombarde- Venelo (Jan. Febr. März
1851) hat fast nur botanische Tendenz; sie giebt
die Unterscheidungen der beiden, in der Ueber.schrirt
genannten Bäume und die Ansichten frtlherer Bota-
niker über dieselben. Nur gelegentlich ist etwas
Medtcinisches oder Chemisches erwähnt, z. B. dass
bis Anfang vorigen Jahrhunderts das Jl, Orientale,
besonders dessen Gonfeclion, als gedächtnissslärken-
des Mittel galt (worüber Dr. G u g 1 i e 1 ni o G u a t a-
roli zu Bergamo im J. 1554 in einer Schrift De
Memoria et Reminiscentia reparanda^ augenda
coHserüondaque handelt) , so wie die Analysen des
A. occidentale (des Acajou) von G a d e t und von
do Matlos (Diss. sur lusage des fruils de TAnacard.
-occid. Paris 1831). Die scharfe Wirkung des Aca-
jouharzes auf die menschliche Haut ist erwähnt, aber
ohne Specialitäten. Des Cardols , des eigentlich
wirksamen Princips, ist nicht einmal Erwähnung ge-
than. H. E. Richter.
14. Nouvelles considirations sur Temploi dn
Chloroforme ; par le Dr. S6dillot, chir.
principal, prof. etc. Strasbourg 1851. 8. 19 pp.
Bekanntlich gehört S ö d i 1 1 o t zu denjenigen fran-
zösischen Aerzlen, welche am frühesten mit den
Anästheticis experimentirten u. zu Gunsten derselben
sich ausgesprochen haben.
In der vorliegenden Schrift tritt er gegen Dr.
Ghereau aul, welcher in der Union nt^dichle das
Chloroform als gefährlich und verwerflich bezeichnet.
S^dillot beruft lich auf die stets günstigen Re-
sultate, welche er von der Anwendung der Chloro-
form - Inlialationen in seiner Hospital - u. Privatpraxis
gesehen. Als conditio sine qua non findet er aber,
dass der zu operirende Kranke vollständig anästhesirt
sei und nicht im Zustande d«r Aufregung sich be-
finde, dass das Chloroform rein, alsQ frei von frem-
den Beimischungen sei. Alsdann kiinne es sehr lange
fort eingeathroet werden , ohne zu rchaden. Zwölf
Fälle zum Theil sehr bedeutender Operalionen werden
als Belege gegeben. Ueyfelder sen.
15. Beobachtungen Aber die Eigenschaften
and therap. Wirkungen des Heilbronner
Hineralwassers ; von Dr. otto Ewicu,
Arzt, Operateur und Geburtsh. zu ßurgbrohl.
Köln 1851. Dumont- Schaumberg. 8. 24 S.
(V* Thlr.)
Dieses Schriftchen ist ein Abdruck des Aufsatzes
aus der Rhein. Monatschr. (März 1851), von wel-
chem das WesentNchsie iahrhb. LXX. 1T2 wieder-
gegeben ist. Wir benatzen diese Gelegenheit, oai
nochmals auf dieses in mehrfacher Hiasicht aufge-
zeichnete Mineralwasser aufmerksam zu macbcn.
Dasselbe zeichnet sich vor allen bekannten Mioeral-
wässern durch seinen Gehalt an doppeltkohlensaurer
Magnesia aus (8,4 Gran auf 16 5), welcher so be-
deutend ist, dass die Quclie in dem 7' tiefen Bassin
schon hei 5' Höhe einfaclikohlensaure Talkerde unter
milchiger Trübung ausscheidet. [In dieser Hinsicht
nähert sich diose Quelle dem Struve*schcn doppelten
Mngnesiawasser.] Andererseits ist der Gehall ai
Natron so bedeutend (13,4 Gr. auf 16 5), dass ihn
von den bekannteren Quellen nur Fichy und ^iVui
übertreffen. Auch der Eisengehalt ist verhäUniss-
mässig reich (0,8 Gr. auf 16 5)« — Das Wasser
schmeckt (besonders tait Milch oder Wein u. Zucker)
angenehm , vermehrt die Harnabsonderung anhaltend
und macht den Harn schon binnen 1 — 2 Std. nach
massigem Genuss alkalisch. Zu ^/^ — 1 Quart nüch-
tern, oder zu 1 — 2 Quart tagüber getrunken, fördert
es sicher, aber gelind und ohne Beschwerden den
Stuhlgang, [(jleich dem künstlichen Magnesiawasser.]
Es wird sehr gut vertragen, und man kann es [gleich
dem Biliner- und Vichy- Wasser] zu jeder Tageszeit
trinken, ohne, wie bei andern Brunnen, genöthigt zu
sein, früh zu promeniren. Dr. Ewich fand es be-
sonders nützlich : bei verschiedenen Verdauungsstö-
rungen (Magensäure, Verschleimung u. s. w.), bes.
Hämorriioidalbeschwerden , ferner beim Erbrechen
der Schwangern, bei Unverdaulichkeitcn der Säug-
linge , aber auch bei allen Lungenkatarrhen und Tu-
berkelschwindsuchten, bei Bleichsüchten und weissen
Flüssen u. s. w. — Die Quelle war schon im Aiter-
thume als Heilquelle berühmt (s. Tab erna emon-
tanus, neuer Wasserschatz, 1581) und hat den
Volksnamen ,,ffetperf [d. h. Helfer?], welchen
wir ungern vom Vf. mit dem , zu Verwechselungen
fahrenden „Heilbronn** vertauscht sehen. — Für
den der Gegend Unkundigen bemerken wir, dass die
Quelle in dem romantischen Brohlthale in der Eifel
liegt , welches auch geognostisch durch seine vulka-
nischen Formationen und Producte so merkwürdig
und besonders durch die Schrift des Bergralhs
V. Oeynhausen über die Umgebnngen des Laacber
Sees so bekannt geworden ist. Burgbrohl liegt ini
Thale selbst, das dazu gehörige Dorf aber am Rhein-
ufer , zwischen Bonn und Andernach , an der Aus-
mlindung des Brohlbaches. Die Gegend, weil und
breit rein vulkanisch, ist reich an Ninerahiueiko,
unter denen die von Tonnissiein am bekanntesten
sind , wo schon frtlher vom Erzbischof Clemens ein
Kurgebände aufgebaut , aber nicht vollendet wnrde.
Dr. Ewich hat 5 derselben, kräftige Eisensäuer-
linge fassen lassen , um sie zu Bädern lu bemiUen,
und hat das schon gelegene Schiost von Burgbrohl
selbst zu einem Knrbanse eingerichtel. Die ronatt-
tische Lage, die reizenden Umgebungen, da« vielsei-
tige historische und geologische Interesse der gansen
benachbarten Gegend (Eifel , Laacher S«e n. Kloster»
Präsil, GIe«e4ienberg, Freund, Salzbrunn in Schlesien.
243
Amleniacli, Bonn, Stebengebirge, Rolandseck, Aarihal,
KoJ^teoE, Moseltlial u. s. w. , die merkwürdigen Lava-
und Trass-Minen in der Nihe u. s. w.), die Bequem*»
Hefakeit der ISglicii mehrmals vorbeifahrenden Rhein-
danpf-Schiffe u. s. w. , versprechen diesem Brunnen-
arte, dessen Heilqnellen in unserer jetzigen versiaer-
ten und blutarmen Zeit so vielseitig anwendbar wer*-
dea [holRmtlieh werden wir sie bald auch versendet
prüfen ktfnnen], eiiie besonders glänzende Zukunft.
Mit Recht sagt daher auch NOggerath (dessen
Zeugnisse nebst andern beigedrnckt sind), ,,kaum
„durfte in Deutschland ein zweiter Punkt sein, wel-
scher sieh zur Begründung einer Heilanstalt u. s. w.
„in dem Maasse um! umfange eignet, wieBurghrohl.**
H. B. Richter.
16. GUichefiberg in seiner alhnäligen Entwick-
lung zu einer Furanslall mit historischen No-
tizen der Heilptelten; vau Dr. W. W. P r ä s i I ,
Brunnenarzte zu Gleichenberg. «raz 1850.
A. Hesse. 8. VI u. 43 S. (9 Ngr.)
Diese kleine Schriri giehl nur eine Geschichte
des Kurorts, sonst nichts, \v:is den wissenschaftlichen
Arzt interessiren könnte, nicht einmal eine neue Ana-
lyse, so dass wir in dieser Flinsicht den Leser auf
die in den Jahrhh. XXIX. 118 und Uli. 116 nnge-
zeigte Schrift $ i g m u n d 's verweisen müssen. Auch
(ileicbenberg gieht einen Beleg für die Wahrheit des
Sprichworts , dass es nichts Neues unter der Sonne
giebt, denn einige der dortigen Quellen sind bereits,
wie eine 1845 veranstaltete Nachgrabung zur Evidenz
gebracht hat , den alten Römern , deren Scharfblick
überhaupt selten ein bedeutendes llcilwasser entging,
bekannt gewesen. Seit 1846, wo die 2. AufInge
von Sigmund's Schrift erschien, ist (1847) ein
zweites Badehaus mit 20 Hadezimracrn und ein Ma-
schinenhaus mit Dampfkessel zur Erwitrmung des
Badewassers gebaut worden , so dass jetzt die Wirk-
samkeit der freien Kohlens«1ure auch für die Bader
gesichert ist. Die Zahl der Kurgaste betrug 1849
schon wieder fast so viel, als im J. 1847, nUmlich
747 ; die Flaschenversendung dagegen hat durch die
Grenzsperre von Ungarn sehr abgenommen.
Merkel.
17. Salzbnun in Schlesien gegen die wich-
tigsten Krankheiten der Athmnngsorgane.
Ein batneologischer Beitrag von Dr. Hein-
rich Freund in Oppeln. Breslau 1851. kl. 8.
Vin u. 102 S. (Va Thlr.)
Dieser Schrift kommt als Empfehlung zu Statten,
dass sie keine Oratio pro domo ist, dass sie von einem
nicht am Brunnen fonglrenden Arzte verfasst ist, und
ihr Zweck kein anderer sein soll, als mit dem zu
nützen, was Vf. durch vieljahrige Beobachtungen am
Kurorte selbst gesehen und durch ärztliche Pflege
sehr vieler Kranken daselbst, so wie nach der Brun-
nenkor (welcher Vortheil den meisten Brunnenörzten
»tgehl) erfahren hat. Was den palholegischen
Standpunkt des Vfs. anlangt, so ist es der gegen-
wärtig bereits so ziemlich überwundene physiologisch-
ehemische, in seiner einseitigen Auffassung und An-
wendung auf die Dyskrasien oder Blutkrankheiten,
den er bei fast allen in seiner Schrift vorgefahrten
Krankheitsformen festhält. Salzbrunn mit seinen
Kurroitleln ist ihm das souveräne Antidyscrasicum»
dessen er ausschliesslich (in der ganzen Schrift ist
von keinem fernem Arzneimittel die Rede) bei der
Heilung jener Krankheiten sich zu bedienen scheint.
Es sei erlaubt, das Wesentliche der Ansichten F.'s
daraus anzuführen, und, wo nölhig, zu berichtigen.
Dijskrasie. Wir bezeichnen das grosse Heer der
Krankheiten, die aus einer qualitativ oder quantitativ
fehlerhaften Mischung der Grundbestandtheile des
Bluts entstehen, mit dem Namen der Dyskrasien.
Wir wissen, dass bei den Dyskrasien keine neuen,
der normalen Mischung fremden Körper oder sogen.
Schärfen auftreten, sondern dass dabei lediglich einer
der normalen Blulheslandlheile vorwaltet; dass ferner
anomale Krasen l>ei fortschreitender Ausbildung in
einer pathologisch wohlbegrUndeten Aufeinanderfolge
auftreten, wobei in der Regel die seröse Krase die
Scene schliessl , dass es also primäre und secundäre
Krasen gieht. Die hyperinotische Kraae ist bei Ent-
zündung und Tuberkelinfiltralion , die hypinolische
bei acuter Miliartuberkulose und habituellem Katarrh
nachgewiesen. Die Exsudate bestehen bei diesen
Dyskrasien vorzugsweise aus dem StolTe, welcher
eben im Blute prävalirt. Zur Heilung muss man dem-
nach die Zufuhr dieses StolTes abschneiden oder min-
dern, und den vorhandenen Fxcess desselben, was
oft seiir schwierig ist, aus dem Körper schafTen.
Sind wir im Stande , den Organismus in die Verhält-
nisse zu bringen, wo er ^ich wohl befindet, u. mög-
lichst dircMl auf die Blulniasse in ihrer elementaren
Zusammensetzung verbessernd einzuwirken, so ist
die Möglichkeit für Beseitigung der Dyskrasie darge-
than. Für die Lunjj^^'nkrankheiten sind die albuminöse,
fibrinöse und venöse Krase die wichtigsten. Die
durch mangelhafte SauerstolTeinwirkung u. s. w. ent-
stehende albuminöse Krase liegt den meisten dys-
krasischen Krankheilen , die in Salzbrunn Besserung
und Heilrtug finden, zu Grunde. Die Repräsentanten
dieser Krankheiten sind im jugendlichen Alter die
Scropheln, im vorgerückten die Tuberkulose. Beide
Uflbel sind deshalb , weil ihnen eine und dieselbe
Krase zu Grunde liegt, nicht identisch, doch liegt
der Unterschied mehr in den nach Zeit u. Umständen
verschiedenen Krankheilsäusserungen. Salzbrunn bebt
das in dieser Krase unvollkommen organisirte Ernäh-
rungsmaterial auf eine höhere Stufe und hilft so der
abnormen Säftemischung ab. Bei der Anwendung
berücksichtige man etwaige intercurrirende^ fibrinöse
Krasen , wie diese im Verlaufe von torpid (oder al-
buminös-) scrophulösen Affectionen (als floride Ex-
acerbation) zuweilen vorkommen. Bei der fibrinösen
Krase, deren Hauptgrund Vf. in NichtVerwendung des
Fibrins beim Acte der capillaren Organisation setzt,
muss der Salzbrunn ohne Kohlensäure und mit Milch
244
Freund, Salsbrunn in Schlesien.
versetzt getrunken werden. Die venöse Krase, durch
Ueberschuss von Kohlenwasserstoff [?] im Blute,
Hinderung der Blutkörperchen und Mehrung des Se>
rums sich charaklerisirend , manifestirl sich in den
Bruslorganen meist als chronischer Katarrh. Hier
sind namentlich die mildern Quellen Salzbrunns an
ihrem Platze. Aeussere, die Heilung begünstigende
Verhältnisse.
So auf den einseitigen chemischen Standpunkt
sich stellend, fthrt Vf. fort, den Salzbrunn als aus-
gezeichnet anlidyskrasisches Mittel zu betrachten. Br
soll nicht nur die Neubildung des abnormen Plus des
einen Blulbeslandlheils verhüten, sondern auch die
schon abgesetzten Exsudate auflösen und fortschaffen.
Sein Gehalt an freier Kohlensaure soll der mangel-
haften Oxydirung der Verdauungsorgane auf einfache
[freilich ist diese Theorie recht einfach I] Weise ab-
helfen und die Alkalien desselben bei der Umwand-
lung der ProteinverbinduDgen eine wichtige Rolle
spielen , das Hämatin lOslich machen u. s. w. [Das
Schlimmste ist dabei, dass Vf. die Wirkungen der
Sauersloffverbindungen mit den des reinen Sauerstoffs
förmlich identificirt, wenigstens sehr confundirl. Es
ist mir nicht bekannt, dass die Salzbrunner Wasser
freien Sauerstoff enthalten.] — So schreibt sich
nun der Vf. in seine der Hauptsache nach aus
Reminiscenzen einiger neuern (nicht neuesten)
physiologisch -chemischen Bücher zusammengesetzte
Theorie hinein, die er durch gewisse in seiner Praxis
gemachte Erfahrungen zu stützen sucht, ohne dabei
eine sehr strenge Logik zu beobachten. So führt er
die Hervorrufung schwarzer, pechartiger, blutiger
Stühle als einen Beweis (ür das durch Anregung der
Venen thaiigkeit gesteigerte Aufsaugungs vermögen des
Organismus (der Venen) aa. In ahnlicher Weise
theoretisirt er über die durcV Salzbrunn vermehrte
Leber-, Nieren- und Haulsetretionsthäligkeil , so
wie über die dadurch gesteigeri9, Absonderung der
Schleimhäute.
Tuherkelkrmkheit. Dieses Capite\ liest sich bes-
ser, giebt mehr Positives, wenn auch nicM viel Neues.
Vf. betrachtet die Tuberkulose , mag sie vorkommen
wie und wo sie will , als allgemeine Dyskrasie [was
wohl manchem Einwurfe unterliegt] , und hak Salz-
brunn für ein ausgezeichnetes Mittel , die Disposition
zur Tuberkelablagerung, zunächst in den Lungen , zu
beseitigen. Bei anämischer, torpider Dyskrasie lasst
er den Brunnen mit voller Kohlensäure trinken , bei
congestiver oder florider Disposition ohne dieselbe
oder nur mit einem Theile derselben, und in kleinern
Quantitäten. Wo Globulin zu ersetzen ist, wird
Molkendiat damit verbunden. Ist schon Tuberkelab-
lagerung vorhanden , so ist Salzbrunn wenigstens im
Stande, neue Nachschübe zu verhüten und so das
Leben bedeutend zu fristen. Besonders verbreitet
sich der Vf. über die bei Fibrinzunahme , wenn der
Process der Elimination der Tuberkeln rege wird,
anzuwendende Therapie, ßlutentziehungen , der sei-
r Kohlensäure beraubte Brunnen (wo nur passive
Gongestion vorhanden, wird die volle KofaleBsAure
vertragen, auch wenn eine locale Blutentziekung
nötbig war) und die Molken sind hier die Hauptmit-
tel. Milch ist statt der Molken zu nehmen, wo stär-
kere Ernährung Noth thut und wo der Magen and
Darm die Molken nicht verträgt. Oft ist es gat, mit
beiden Getränken abzuwechseln. Vf. eifert sehr
gegen das zu schnelle und zu lange Gehen der Pa-
tienten während der Kurzeit , und betrachtet es fflr
die günstigen Ausgänge der Verödung, Verkreidang
und Schwundes des tuberkulösen Exsudats als hin-
derlich. Nur so viel soll gegangen werden , als lur
Verdauung des genossenen Mittels gehört and hiem
bedarf es keiner grossen Bewegung. Anders ist es
mit den Unterleibsleiden. Man muss nur dem Magen
nicht viel auf einmal zu verdauen geben. Was die
fernem Metamorphosen des Tuberkels und deren
Therapie anlangt, so vermag Salzbrunn zur Verkrei-
dung und (in Verbindung mit Milchdiät) zur Verfet-
tung des Tuberkels beizutragen und die Schmelzung
zu verhindern. Ist letzlere jedocb bereits eingetreten,
so ist eine Rückgängigmachung derselben, obwohl
sie Vf. einmal entschieden in Salzbrunn beobachtet
hat , nicht leicht zu erwarten , und auch Salzbrunn
kann in der Regel nur das Leben noch fristen , aber
nicht retten. Dabei hebt Vf. die besondere Kraft
Salzbrunns, den Eiler und den ganzen Eilerungspro-
cess zu verbessern und Narbenbildung zu bewirken,
hervor. Ziemlich weillJUißg verbreitet er sich end-
lich über die Fieberbewegnngen bei der Lungentuber-
kulose , wobei er genau zwischen dem intercurriren-
den Reizfieber, das die beginnende Schmelzung der
Tuberkel begleitet, und dem pyämischen anhaltenden
Fieber unterscheidet. Letzteres ist auch durch Salz-
brunn unheilbar, wohl aber hat Vf. das nicht selten
vorkommende lentescirende Fieber, ilas nach schwe-
rem Ergriffeijsein grösserer Schieimhaulparlien zu-
rückbleibt, in Salzhrunn verhällnissmässig schnell
heilen sehen.
Chronischer Katarrh, chronische Bronchitis,
SchleimschwindsuchL Der Entwicklungsgang des
Bronchialkalarrhs wird nach seinen verschiedenen
Graden gut und kurz geschildert , und dabei auf die
Complicalionen Rücksicht genommen. Was die Wirk-
samkeil Salzbrunns in diesen Krankheilen anlangt, su
haben wir wieder, sagt Vf., von der zu Grunde lie-
genden Krase und von der localen Reizung und Ab-
lagerung auszugehen. Gegen die Krase, welches
wieder eine albuminöse mit Unkräftigkeit der Ge-
sammtorganisalion, mit mangelhafter Oxydirung , mit
Excess des Serums und Wassers, und Defect des Glo-
bulins verbundene Krase ist, muss zuerst angekämpft
werden. In Salzbrunn wirkt gegen diese Abnormi-
täten die frische Gebirgsluft, die Molken - oder Milch-
diät, und der die Schleimhäute specifisch umstim-
mende Brunnen , dessen Kohlensäure nur bei etwai-
ger Intercurrenz fibrinöser Krase gemindert werden
muss, beilsam, namentlich insofern letzterer durch
seine freie Kohlensäure adstringirend auf die Schleim-
häute und durch seine Salze stimulirend auf die Nie-
Lebert, tiber Krebskrankheilen.
245
rcD wirkt Aach wo schon Malt Schleims Eiler se-
eernirt wird und sogen. Schleimsehwindsucht einge-
treten ist , wirkt der ungeschwSchte Salsbrunn beil-
sam und oft heilend. — Ist in Folge verlorener
Elaistieitil oder dorch Suppletion Emphysem entslsn-
den, so bewirkt der Sahbrann nur da Besserung,
wo das Leiden von einem chronischen Katarrh beglei-
tet ist» wShrend er bei Emphysem aus erblicher,
mechanischer oder marastischer Ursache nichts ver-
mag. Doch ntttst er, insofern er der venösen Krase
entgegentritt und so das rasche Zerfallen des gansen
Organismus verhindert. Dabei muss der Brunnen
mit voller Kohlensäure, u., wo es dabei noch nOthig,
die Milch oder Molke hinterher allein getrunken
werden.
Blutungen aus den Mhemorganen, Weniger
der hamoploische Infarkt und apopleklisrhe Herd, als
die zu Anfange der Tuberkelbüdung in Folge der lo-
calen HyperSmie entstandenen Blutungen sind es,
welche in Salzbrunn erst durch Molkengebrauch, dann
durch Trinken des der Kohlensaure beraubten Brun-
nens oft grosse Hälfe finden. Es kommt nur auf die
gehörigen Gautelen an, damit die K^ur gelinge. Dabei
wirkt der Brunnen oft günstig auf ZurUckrufung ge-
hemmter normaler Blutabsonderungen. Bei Luogen-
blutungen junger in der thoracischen Entwicklungs-
periode stehender Individuen ist der Brunnen in der
Regel zu meiden und nur Molkendiät, nebst kalten
Waschungen des Thorax mit dem Mühibrunnen in
Gebrauch zu ziehen.
Entzündtmgsreste t besonders Induration des
Lungengewebes, So lange die OrganisalionsverSn-
derung noch im Fortschreilen begriffen, das Lungen-
gewebe noch blntreich ist, die fibrinöse Krase vor-
waltet, die indurirte Masse durch Ausschwitznng aus
den umherliegenden Gefüssen durchfeuchtet wird,
muss der Salzbrunn ohne Kohlensäure und stark mit
Molken versetzt in kleinen Portionen getrunken wer-
den. Ist dagegen die Hyperämie beseitigt, oder die
Umgebung der indurirten Portion schon anämisch
geworden, so ist der Brunnen mit voller Kohlensäure
und die Molken (zum Wiederersatz des Globulins)
hinterher zu trinken.,
Kehlkopf- und Luftrohrenleiden, Idiopathische
Geschwüre des Kehlkopfs, auch wenn sie sclion einen
hohen Grad der Entwicklung erreicht haben , werden
durch Salzbrunn sieber und verbältnissmässig schnell
geheilt. Bei den secundären , in Folge von Lungeu-
leiden gebildeten Keblkopfgeschwürcn gelten die be-
reits erwähnten Vorschriften, nur dass solche Fälle
in der Regel den vollen Gebrauch des ungeschwäch-
ten Brunnens erfordern. Bei acut- katarrhalischem
Znstande der Kehlkopf- und LuftrOhrenschleimhaut
ist Milch oder Molken dem schwachkohlensauren
Brunnen zuzusetzen. — Bei chronischer Kehlkopf-
entzündung, besonders wo am Rande des Kehldeckels
und der Stimmrilzenbänder schon feine, linienfOrmige
GeschwOrchen und Risse vorhanden sind (die sich
durch hartnäckige Heiserkeit oder Aphonie mit metal-
lisch klingendem Husten bei wenig Auswurfe verra-
then) , wendet Vf. den Brunnen auch als Gurgelwas-
ser an, indem er glaubt, dass dabei jene Stellen des
Kehlkopfs erreicht und bespült werden können. —
Auch die im Greisenalter gewöhnlichen katarrhali-
schen Eiterungen des Kehlkopfs und der Trachea mit
lästigem Unvermögen , die schon gelüsten Sputa her-
auszubefördern , finden im Salzbrunn ein namhaftes
Heilmittel. Wo aber bereits Zeichen beginnender
Colliquation vorhanden sind , da ist auch von Salz-
brunn nichts zu erwarten.
Einige gut erzählte Krankengeschichten werden
vom Vf. .'il^ Beleg für seine therapeutischen Ansichten
angefUiiii, so wie er überhaupt nichts zu behaupten
scheint, was er nicht durch eigene Erfahrungen zu
vertreten im Stande ist.
So wird diese Schrift, wenngleich deren patho-
logischer Werth kein bleibender sein wird , dennoch
in therapeutischer Hinsicht immerhin einen ehrenvol-
len Platz neben ihren Vorgängern einnehmen, und
namentlich dem praktischen Arzte eine branchbare -
Anleitung in solchen Fällen von Brustkrankheiten ge-
ben können , wo es sich um die Wahl eines geeigne-
ten Mineralwasserkurorls handelt. — Druck und
Papier sind gut. Merkel.
18. TraiU prstiqne des maladiet cucereuet
et des affecäons eurables confondues wee le
Cancer ; par H. L e b e r t , Dr. en mid. , chev.
de la Leg. dlionn., Laureat de Tlnstilut de France
et de TAcad. nat. de m6d. de Paris, Secr. de la
Soc. de biolog., Nembre tit. de laSoc. de chir.,
de la Soc. mM, d Observation , de ia Soc. anat.
de Paris , Membre de plusienrs Soc. sav. fran^.
et Strang. Paris 1851. J. B. Bailli^re. XXVI et
892 pp. (5V(j Thir.)
Der berühmte Vf. hat dieses nmfangreiche Werk
hauptsächlich auf eigene Beobachtungen gründen
wollen und demselben zu diesem Behufe fast nur
solche Fälle zu Grunde gelegt, die er selbst klinisch,
anatomisch und mikroskopisch, mit den durch die
neuesten Fortschritte gebotenen Gautelen, untersucht,
constatirt und verfolgt hatte. Deren zählt er von
achtem Krebs 447 , von heilbaren mit Krebs ver-
wechselten Hebeln 168, und von offenbar nicht
krebshaften Gesehwülsten 400. Da Vf. ausserdem
die Leistungen Anderer nicht ignorirt, sondern zum
Theil sogar besonders in statistischer Hinsicht mit
benutzt, zum Theil aber (namentlich in mikroskopi-
scher Hinsicht) selbstständig und kritisch geprüft und
controlirt hat, so macht das vorliegende Werk mit
Recht Anspruch darauf, für die Lehre von den Krebs-
krankheilen eine neue oder doch solidere Grundlage
zu bilden , und für die nächste Zeit als Hauptwerk
in diesem Zweige zu gelten. Daher erlauben wir uns
ein ausführlicheres Referat über die wichtigsten Sätze
des Vfs^ zu geben. ^
34»
L«bert, «b«r KreMrankbeHen«
l)a8 Werk zerftUt in eineB aUgempwen und
speciellen Tkeil, voo denen uns hier ereteiLr liaupl-
sUcblich beschäftigen wird.
allgemeiner TheiL
L Cap. J. 1. Begriffsbestimmung, Krebs ist
«ine besondere Krankheit (une maladie speciale),
deren Grundcharakler darin besteht, an die Stelle
der normalen Gewebe ein eigen thüraliches neues Ge-
webe zu setzen (zu substituiren). Dasselbe enthalt
einen nur den Carcinomen eigenen Bestandtheil , die
Krebszelle, und hat eine entschiedene Neigung, sirli
auf verschiedene Weise (Ibeils Ortlich, theils durch
ForUlrablung, theils durch Recidive, welche nach
Operationen fast stets eintreten), weiter au s/.ii breiten
(zu propagiren). Der Krebs iaficiri zuletzt den
ganzen Organismus und fahrt zur Verkümmerung,
häufig zu secundjiren Krebsablagerungen, und fast
unantbleibJich zum Tode. Nicht die Muskelfaser,
nicht das Drüsengewebe u. s. w. wird zii Krebsmasse,
sondern es imbibirt sich mit Krebsblastem, und nach-
dem sich aus diesem die Krebszellen entwickelt ha-
ben» so verblaast das urspranglicbe normale Gewebe
und verschwindet. Diess nennt Vf. Substilutim.
J. 2. Physische Kennzeichen des Krebses bei
unbewaffnetem Auge (anatomische Charaktere). I)
Der Krebssaft ist ein Hauptkennzeichen des ächten
Carcinoms. Man gewinnt ihn aus der frischen Schnitt-
flache durch gelindes Pressen der Geschwulst (so
dass die Tröpfchen heraustreten, die man mit der
Nadelspiue sammeln kann), weniger rein durch
DarUberstreichen mittels der Scalpellklinge. Der
Krebssaft bildet eine homogene trübe Flüssigkeit,
welche sich mit Wasser gleichförmig emulsionirt und
die Krebszellchen schwebend erhtfU. (Nicht zu ver-
wechseln mit dem unüchien , aus Klümpchen , Körn-
chen oder Blltichen zusammengesetzten, s. B. bei
Cancrorden). Er ist von Farbe sehr blassgelb, ins
Weissliche spielend (nicht ins Grünliche, wie Eiler);
er wird Jedoch bisweilen durch Blntbeimengnng röth-
licb, durch Melanosen braun oder schwarzlich, durch
Fett dunkelgelblich und dick. Im Collold krebs ist er
selten oder durch gallertartige Klümpchen erseUt.
Im Faserkrebs ist er zjfher als im Markschwamn
3) Anblick der frischen Schnittflaeke des Krebsge^
webes. Ist sehr verschieden. ConsUnte und Grnnd-
charaktere sind: ein in der Regel weiches oder auch
mehr weniger hartes Stroma (trame), fast iMimogeu,
von faserigem Aussehen , infiltrirt von einem trüben,
milchigen, weisslichen Safte, und keinem andern
Gewebe des Körpers (auch nicht den embryonalen)
gleich. Am häufigsten und als Grundtypus des Car-
cinoms zu betrachten ist der Markschwamm oder
weiche Krebs (irrigerweise filr eine Erweichung ge-
halten); das andere Extrem , mit stark entwickelten
Fasern, ist der seltenere Scirrhus; zwischen beiden
giebt es unendliche Zwischenformen. Wenn viel
gallertartige Substanz im Krebsgewebo eingeschlos*
sen : Colloidkrebs (wohl zu unterscheiden vom ein-
fachen, nicht krebsartigen ColloYd). Wenn die Ge-
ftese sieh Mark entwickelt haben: e. ibeaüo^
wenn viel scbwarzee Pigment e. mtisaneus, woti
gelbes c. aoHtkieua. Der hämorrhagische Rrek%
der reäcuUrte oder pkymateTde (welcher Köncte
oder verbreitetere Pettionen einer tiiberkelai%i
Masse enthalt) sind keine Grundformen, seidemAh*
Änderungen des Krebsgewebes. ~ S) Aeuuen,
zußlägere Kennzeichen. A. Folnmen. Sehr m-
schieden: von der Grösse eines Nadelkopfe bisnito
eines ManneskopTes ; hangt sehr vom &u ab (l I.
im Uterus klein, in den Ovarien gross, am ianeUi
in zahlreichen , aber kleinen Knötcben u. s. w.f,
desgl. von Gomplicationen (s. ß. mit Cysten im fiie^
stocke). — B. Gestalt nnd Oberfläche, desgl.; k
ehedem als Hauptkennzeichen angeführten Höckern.
Unebenheiten finden sich nur da , wo sich der Krebi
ohne Hinderniss entwickeln kann , fehlen aber in an-
dern Fällen (z. B. oft bei Hodenkrebs u. Lymphdrfl-
senkrebs, bei inßltrirlera Kr.); auf der Pleura bildet
der Kr. oft kleine Inseln (^PÄi^Me^^, wie aufgelröpfel-
les Wachs (C r u v e i 1 h i e r). In der Regel geht der
Kr. ohne bestimmte Grenzen in die benachbartcD Ge-
wehe über; bisweilen aber verdichten sich dieselben
um ihn herum und bilden einen Balg (encysHrler
Krebs).
$. 3. Mikroskopische Charaktere, i) DieKrebh
Zelle ist das speci fische, charakteristische Elemeid
des Krebses, was L. hier wiederholt, gegen die Ein-
würfe von Vogel, Virchow und Benoet, mdi
neuen fünfjährigen unausgesetzten Untersucbansen |
aufrecht hält i). Ihre Kennzeichen sind folgende: ;
ihr Durchmesser im Mittel 0,020 bis 0,025 Nmln«
(Minim. 0.012, Maximum 0,040); ihre GesUlt iit
sehr vielfältig, bald regelmässig-sphänsch, bald eiför-
mig, bald verlängert, dreikantig (mit spiuen oder
stumpfen Ecken), spindelförmig, einseitig verUogcrl
(geschwänzt), oder mit mehrern verlängerten An-
hängseln versehen u. s. w. Der flüssige Zellinbah
ist feingranulirt und (mit Ausnahme des meiinoli-
sehen Krebses) von blasser Farbe. Der Zellkern »Ut
excentrisch, ist elliptisch geformt und sehr gross,
fast die Uälfle des Innern oder noch mehr (bis -/i)
Platz einnehmend , im mittlem Durchmesser 0,010
bis 0,015 Mmtr. (Extreme 0,0075 bis 0,02 Mmtr.);
dahei sehr dicht, daher mit scbarfgepräglen Umrissen.
In ihm finden sich 1 bis 3 grosse, dunkle aulHÜiige
Nucleoli von 0,0025 bis 0,0033 Mmtr. Durchmesser,
sehen noch grösser (bis 0,005). — Diese steU ge-
nau zu messende Umränglichkeit der Krebszelle, die
Vielgeslaltigkcit der Zellwand, die Grösse der Kerne
und die Grösse und Augenfälligkeit der Kernkörper-
eben niaelien die charakteristischen Eigenschaften der
Krebszelle aus. Bisweilen finden sich Mutterzellen
mit zahlreichen grossen Kernen und einem Durchm.
von 0,04 his 0,06 Mmtr. ; bisweilen concentrisclie
1) Wir erinnern hierbei an die Schrift Fon Hannover
welche wirJabrbb. XLV. HO angezeigt haben, und welche
scboB damals dieseo Satz streng aufrecht blell R
La%«rl» übttr IrebikraihlMiitim
947
Ktelrtwilaa (wo erae noraiile lü^dtoseH« tdii einer
■•eil grOsseni ZeUwMid «ngelMn 4«t, oder wo meh-
rere ttbereiaaiider liegeide Hlute eine bliltiertge Halle
d«rstelleD)b BKufig iMen mtk freie Kerne efme
ZellwMik HocIisienB 2 hin Saal «vier 10<0 FSHe»
sM die etuHratterisÜsehen fdrebsMlleii trots aller
Muhe nicht lu finden, t>eeoii4ers bei aelir weiclien
und sehr rasek, in herabgekeaomenen Individuen enl-
wickeiteB üaranonion ; 4ann eind eie mivoltkomnien
eniwidkelt oder schon krankbaA aJlerirU — Diese
Ahermäonem^ dwiBn die Rreb$%elU u/rterUegtf
sind : a) das ZerfUeneu (erst der Kern , spSMer die
ganse Zelle , verlieren ihre Umrisse nml werden ra
einem gestaltlosen fiaulen von ftloleknien); b) die
FerüekuMg d^Z^Uwämde, oft bis tu 0,005 Mmtr.,
so dass die Wand doppelte Contouren zeigt (dabei
finden sich oft durchsichtige, bitfschenahnlieh er-
seheineode Zellkerne) ; c) die Diffusitm , d. b. En-
dosmose und Imbibition von wissriger Flüssigkeit
(wobei oft die Zellwaod sieh in flache oder bffusehige
Lamellen spaltet) ; li) die äSrnig-fetäge fnfiUraüont
welche allen Zellen , bes. aber den krebsigen , eigen
ist (die nogen. Gluge'schen EnttUndungskugeln) ; e)
die Fertroelmwig , wobei die Zelle ihre Umrisse
verliert und im Innern krOmlich aussieht (eine so
verschrumpfie Krebsmasse siebt der Tuberkelsnbstan«
sehr Ilmlieh.) — 2) Das ffrebsfasergewebe ist häu-
fig, besonders im Scirrhus, aber weniger patbogno-
monrsch. [Weil Vf. auf den chemischen Unterschied
von andern Fasern nicht viel Werlli legt] Es bildet
sich 808 dem Krebsblaslem, mcki dorch Hypertrophie
des firflbem , normalen Gewebes. Es bildet einfache
oder elastische fasern , oder fibroTdes Gewebe in
Netten oder Bttscheln , oder ohne bestimmten Typus
gemengt, bajid starr, bald hin- und hergebogen,
bites, fein, nicht ttber 0,0012 Mmtr. Breite. — 3)
Awdtrt BesUmdikeile des Kreises: a) fibroplasH-
scäe Eiemenie (lange spindelftrmige Kürper mit
platten, elliptischen, schmalen Kernen). — b) Feti,
sehr häufig, in Kdrnchen oder Bläschen, oder Kry-
siallen (bes. Gbolesterin-^BhltCchen , seltner sternför-
mig gruppirle Nadeln von MargarinsXure) ; die Pelt-
infiltralion (Granulation) der Zellen bildet die tuber-
kelthnlich aussehende , vc3 L e b e r t phymatotde ge-
namte Krebsmasse. — c) Pigmeni, bald gelb, bald
BMlanotisch; ßrsteres stets mit den Fetten zusammen
und ausser Zusammenhang mit vorhergegangenen
BIntawstretungen. — d) GaUeriaHige Substimz:
bald Mos eine amorphe , durchscheinende Masse in-
nerbalb eines Gerüstes von feinen Fasern , bald ge-
mischt mit allerlei Krebszellen. *— e) Mineralstoffe
(Salskryil^le oder amorphe, aber knochenXb*liohe
Massen); eün etntiges Mal fand L. bei HeUenkrebs
wirkliche- Knorpelsubstanz und* Knochengewebe, sonst
Bur bei Krebs des Skelets. — f) Enixündungspro^
dmetet s. B. Abscesne mit gant gehörigen Efterku-
geln. — g} ßhUttngsprodueie, tbeils als Fibringe-
finnsel, theik* Blutkörperchen , tbeils umgeänderter
MntfaitstoiF (als rdtUiebgefte «Kfmeiienhamfen oder
nit BMiatinkryalrile, wie die vtti'VirofcDW inafo-
pMlischfon Cysten g^ndenen. — <h) Geflhstken,
nach Ausweis von Lebert's Injectionen, sowoM
Arterien als Vonen und vortugsweise HaargeDlsse (bis
jetst aber keine LynphgeAsse oder Nerven) ; in sehr
verschiedener Menge und Vertheitnng , sogar in einer
und derselben Krebsgesciiwulsl.
J. 4. Chemische Charaktere des Krebses. Es
fehlt noch zu sehr an einer physiologischen Chemie,
als dass uns die palhologisclie Aufschlasse geben
könnte. Nach den von Vf. mitgelheillen Untersu-
chungen von Foy, Collanl, Hecht, Bibra,
Gorup u, A. [eigene hat Vf. nicht gemacht], ent-
halten die Krebsgeschwalsle eiwcissartige und gela-
tinöse Substanzen, verschiedene Felle, CaseYn jund
Salze. [Das Vorwiegen des Ei weiss und das Zurück-
treten der Gallerlslone bleibt aber doch immer cha-
raklerislisch.] — Das Blut der Krebskranken wird
conslant armer an Blulkörperchen ; erst gegen das
Ende der Krankheit nimmt der Faserstoff zu , nicht
immer durch secundär hinzugetretene Entzündung
bedingt.
//. Cap, $. 1. Die Einheit des Krebses. Der
Krebs ist eine palhologisdhe Einheit von guter Be^
grttndung und scharfer Begrenzung. Er ist keine
Entartung, krin Ausgang irgend einer andern Krank-
heit, keine Umwandlung eines früher homöomorphen
Tumors, sondern ein Morbus sui generis, idiopa-
Ibisch (d'emblee) entstehend , unabhängig von allen
andern Krankheiten. Sein Prototyp ist der weiobe
Krebs, die häufigste Form, in wekbe alle andern
übergehen. Nie findet man achte Krebemasse mit
Krebszellen in blosen Hypertrophien (z. B. der Mam-
ma), oder in FasergescbwQlelian oder Lipomen, oder
Cysten u. s. w.
$. 2. Entwkkhmg des Krebses. Sem wahrer
Ursprung ist gant unbekannt. Wahrscheinlich ist
die Anlage dazu im Blute zu suchen. Krebs bann
sich ttberall bilden, wo es Haargeßisse giebt. Er
entsteht durch eine Exosmose, eine Exsudalion ans
denselben. Der erste Tropfen dieses Exsudats ist
schon Krebs und enthält die ehärakl. Zeilen. [Sehr
apodiktisch I] Oft f^nd L. in kleinen, kaum wahr-
nehmbaren Tumoren schon solche Zellen. Die Krebs-
masse wächst durch Ansatt neuer blastematischer
Bxsndationen in ihrer Umgebung, keineswegs durdi
endogenes Waebsen, keineswegs durch Zeugungs-
oder Theihrngsprocesse der frOhern Krebszellen. Er
erhält mit der Zeit Gefllsse aus seiner NffChbarsehaft
(keineswegs in ihm selbst entstandene), und diese
ernähren ihn. Später werden 4ie Krebszellen auf
die oben Gap. f. $. 8 a. bis e. erwähnten Arten pa-
thologisch tmgewaodelt und besiehentlich etrstert.
Die gesammte anatom. Entwicklung des Kr. zerftUt
demnafch in 8 Phasen : 1) die primitive fixsudation,
2) das Waofefsen und die vasculäre Ernährung, 8) die
krankhaften Umänderungen des Krebsprodnctes. —
Die Erweichung ist kein nothwendiger Ausgange
Ebensowenig die Versdiwäning; letztere kommt nur
bei Vi bis^y, aller FlHe 'Vor, iat je nach den Orga-
246
L e b « r t ^ Ober KrebBkraakheiteD.
nen. verichteden und hat nicbtt Speciflsches; dcnii
die harten, callöseo, dicken und arogeworreaen Run-
der, der jauchige Grund u. s. w. finden sich bei vie-
len andern alten Geschwüren auch, und fehlen da-
gegen, je nach der Oerllichkeit , bei vielen ächten
KrebsgeschwQren. [Doch die so oft aus dem Geschwür
bruchstückweise herauszuziehenden Fetzen od. Brtfk-
kelchen von Krebsmasse, welche Vf. auch später an
einem andern Orte erwähnt, scheinen uns ein unver-
werfliches Unterscheidungszeichen zusein.] — Kreis-
laufstörungen im Innern des Carcinoma führen bis-
weilen zu Blutaustretungen, zu Entzündungen und
Abscessen , oder auch zum Brand. Letzterer findet
sich übrigens auch beim Krebsgeschwür in moleku-
lar^ Form [wie bei jedem devastirenden Geschwür],
oder so , dass stellenweise verweste Partien heraus-
fallen ; seltner gangräoescirt eiAe ganze Krebsmasse
auf einmal ; trockner Brand kommt nicht vor. Die
angeblichen Fälle von Selbstheilung des Krebses sind
zu bezweifeln; die von Oppolzer und Bochda-
lek sind von Dietrich richtiger als syphilitische
Leberknoten gedeutet worden. Die von Virchow
als Selbstheilung betrachtete körnig fettige Entar-
tung (phymatoYdes C. Lebert, retieuUrtes 0.
Müller), welche auch in Atrophie der befallenen
Stelle übergehen kann , ist und bleibt [meistens] nur
eine scheinbar heilsame, rein locale Veränderung;
man findet dieselbe daher oft stellenweise in Carci-
nomen, deren Entwicklung im Ganzen (durch neue
Ansätze) sehr rasch zum ünheile führte. Doch giebt
es, fügt L. hinzu, einige wenige Falle, wo sich diese
Umwandlung über eine ganze Krebsgeschwulst aus-
gebreitet und dadurch eine wirklich curative Atrfh-
phie derselben [also doch ein heilsames Schwinden
oder Verschrumpfen] herbeigeführt hat. Aber die
für die Selbstheilung angeführte Analogie mit den
Tuberkeln und deren Vernarbung ist (fügt L. hinzu)
völlig falsch.
$. 3. Umsichgreifen und Ferallgemeinerung
des Krebses, a) Propagation. Der Krebs hat unaus-
gesetzt das Bestreben zur Propagation, d. h« zur
Substitution seiner eignen Nasse an die Stelle der
Organe, in denen er lagert. Die umliegenden Theile
bilden Adhärenzen mit dem Aflerproduct und gerathen
dadurch in Schwund oder Verjauchung. Kein Ge-
webe widersteht ihm, am meisten noch die Arterien,
die Faserhaute und Knorpel , am wenigsten das Bin*
degewebe und die Saugadern, nacbsldem die klei-
nern Venen. Durch diese letztgenannten drei Wege
pflanzt sich der Kr. daher weiter fort: 1) Schritt für
Schritt (de proehe en proehe) im Zellgewebe
[Sickern] ; 2) durch Irradiation [Rieseln] in den
Lymphgefässen , nachdem er deren Wände entweder
durchbohrt hat, oder nachdem sie den Krebssaft mit-
tels Endoamose aufgenommen haben, worauf sie das
Krebselement auf kurze Strecken, meist bis in die
benachbarten Lymphdrüsen, weiter führen. 3) Durch
Irradiation in kleinern Venen , welche nach Zerfres-
sung ihrer Wandungen den Krebsstoff eine Strecke
führen» bis die BlutgerinDung dieser Verbreitung
eine Sohranke enlgegenttellt. — 4) Eine eigenthüm«
liebe Verbreitungsweise [wohl durch die FlflssigkeU
der serösen SXcke vermittelt?] findet in den Organen
einer und derselben innern Höhle (z. B. über satainil-
liche Beckenorgane zugleich) StatL — b) GemeraU-
sation, d. h. Infection des GesamnU&rganismus.
Sie fehlt niemals in der spätem Zeit , aber es giebt
deren 2 Arten: 1) die nuUerieüe, wo wirklich sicht-
bare sccundfire Krebstumoren in entfernteren Orga-
nen entstehen (Ys aller Fälle) , und 2) die Infection
ohne solche secundäre Ablagerungen, eine Art
allgem. Blutkrankheit oder Vergiftung, welche Vf. mit
der secundaren Syphilis, der Viperbissvergiftung
u. s. w. vergleicht. Letztere findet sich in 2 Fttof-
theilen aller Falle ; ihre Existenz lässt sich dadurch
beweisen, dass die allgemeinen Eracheinungen am
Organismus im Leben völlig dieselben sind , wie bei
Personen, die wirklich secundäre Krebsgeschwülste
in sich tragen; dass eine Menge Krebskranker an
ihrem Uebel starben, ohne dass es zu secundaren
Depots kam , und ohne dass der Tod auf irgend eine
andere (Zwischen-) ürsaclie geschoben werden könnte
(z. B. ohne Verblutung, ohne Eiterung oder eitrige
Blutvergiftung, ohne Pneumonie) ; endlich, dass die Lei-
chen in solchen Fallen genau jene Entfärbung, Ab-
magerung und Blulverarmung, denselben allgemeinen
Habitus darboten, wie die Leichen mit secundSren
Krebsablagerungen. L. glaubt demnach, dass das
Krebsühel in manchen Füllen einen ..allgemeinen
Tod'* [?] herbeiführe, indem es das Blut in die Un-
möglichkeit versetze, das Leben langer zu unterhal-
ten. [Sollte nicht Vf. die in grossen Spitälern , be-
sonders wo Entziehungsdiat im Schwang ist, so häu-
fig vorkommenden plötzlichen Lungenödeme ttber-
sehen haben?]. ^
$. 4. Nichtkrebsige A/ftcUonen bei Krebskram-
ken, [Nebenzufalle oder Ausgänge ohne carcin<Miia-
töse Producte.] Blut in den Leichen bedeutend ver-
mindert, flüssig oder weichgeronnen, ohne feste Ge-
rinnsel im Herzen, arm an Blutkörperchen, reich an
Wasser. Spontane Gerinnungen in den Venen ^ be-
sonders der Gliedmaassen , mit Anheftung an die
Wandungen (adhäsive Phlebitis der Aut.): in Folge
dessen partielle Oedeme. Allgemeinere Wassersuch-
ten , ebenfalls aus Verschliessung von Venenstämmen
hervorgehend (z. B. Ascites bei Leberkrebs). Allgem.
hohe Abmagerung (bisweilen durch die hydropische
Aufschwellung maskirt) und Entkräftung. Entfärbung
der Gewebe, bes. der Haut : die Hautfarbe bald rein,
weiss (anämisch), bald strohgelb (keineswegs ein
specifisches Merkmal), bald ikterisch (aber nur bei
Störung der Gallenausscheidung). Muskeln mager,
weich , leicht zerreisslich. Knochen substanzärmer,
zerbrechlicher (bes. beim Schädelöffnen bemerkbar).
Eingeweide blutärmer (ausgenommen bei zufiUligea
Entzündungen); bes. das Herz weich, klein und
schlaff. — Nicht selten findet man bei der Seclioa
eine schlüssliche Pneumonie, ohne secundäre Krebs-
depots» von welcher bei Lebzeiten sich keine Zeichen
fanden. [Hypostatische Pn. , wie bei andern lingsie-
L e b e r t > tther KrebskraDkheit^D.
249
cheaiieii Kranken.] — Andre solehe, gegen Ende
binintretende Affedionen sind: eine breiige Mund-
aed RaehenenCsOndung, Venenoblilerationen , subin-
flammaloriiicbe Zustande des Magens und Darmkanals.
Tuberkeln , bes. in den Lungen, finden sich in einer
Menge von Fallen, und zwar achte rriseherseugle
Tttb. durchsehnilllich bei 8 Proc. aller Krebskrnnken
(bei UiBzareclinung aller obsoleter Tob. , oder sol-
cher von zweifelhaftem Datum vielleicht noch zwei-
mal mehr, z. B. auf 45 Mntlerkrebse i3mai, auf 57
Magenkrebse iÖmal). Bei [irgendwo] krebskranken
Krauen findi^l man oft Fibroide im Uterus. — Das
krekikranke Organ selbst ^ in seinen noch krebs-
freien Tlieilen , findet man in sehr verschiedenen Zu-
standen : bald hyperlrophirt , bald atrophirt , bald
schleichend entzündet, sehr häufig an benachbarte
Theile angeheftet, und diese verzerrend. Bisweilen
finden sich in der Umgegend Blutungen, Brand, Obli-
teration der Gentsse oder Kanäle , oder £rweiterung
derselben u. s. w.
J. 5. Häufigkeit des Krebses in einzelnen Or-
ganen, Vf. Üieilt hier zunächst die statistischen
Tabellen von Tanchon (Recherches sur le trait.
mid. des Tumeurs du sein. Paris 1844. p. 258) und
von Marc d*Espine aus Genf mit, welche beide
eine viel grossere Zahl von Fallen, aber diagnostisch
sehr unsicher begründete, zu dieser Statistik benutzt
haben. Doch stimmen beide darin ttberein, dass die
Geschlechts- und Verdauungswerkzeuge, namentlich
Magen ond Uterus, nichstdem Leber und Mammae
vorzugsweise krebskrank werden, und dass die 19
andern Organen vorkommenden Falle dagegen unbe-
deutend wenige sind. Die eignen FUlle L.'s, obschon
streng diagnosticirt , haben weniger Statist. Werth,
weil L. vorzüglich seltene Vorkommnisse aufgesucht
bat; doch stimmen sie auch mit obigem Satze im
Allgemeinen ttberein.
$. 6. f^on dem Cancrotd, Darunter verstehe man
jene , bes. in der Haut und den Schleimhauten vor-
kommende [Gewebs-] Krankheit, welche zwar dem
Krebs ahnlich verläuft, nämlich gleich ihm verschwSrt
und um sich frisst, welche aber keine Substitution
eines neugebildeten abnormen Gewebes ist, sondern
aus den normalen Elementen besteht: aus Papillen,
Epidermis, Epithelien, und zuweilen einer besondern
Art von Zellen, welche Vf. concentrische Epidermis''
kugeln (globes Spidermiques) nennt. . Diess sind
Körper von Vao ^*' Vio Mtutr. , rundlich oder eiför-
mig, welche aus einer concentrischen Anhäufung
(tassement) von Epidermisblattchen besteben, daher
an der Peripherie betrachtet , fast ein faseriges An-
sefan haben. — Das GancroTd irradiirt nicht in die
Feme (obschon es sich in der Umgegend verbreitet).
Es raft keine secundären Krebsablagerungen hervor.
Hierher gehören die wuchernden Vegetationen der
Obeihattt und der Epithelten, und die fresaenden Ge-
aehwOre (z.B. des MnUerbalses, der Lippen, der
Embe). Ihr Gang ist weil langsamer, als bei den
aehtea Krebsen ; sie sind bald mehr geftfariieh (z. B.
lM.J«hirM. Bd.78. Hftl
an Uterus, Lippen, Zunge, Penis), bald ungefMir-
licher; sie können sogar stillstehen und von selbst
heilen, auch durch Operation für immer entfernt
werden, aber auch nach solcher wiederkehren und
am Ende zu Marasmus und Tod fahren.
///. Cap, Allgemeine Pathologie des Krebses.
%, \ . Symptomatologie. Nach den Organen sehr ver-
schieden. Im Allgemeinen gilt Folgendes. Gewöhnlich
waren die Patienten vor Ausbruch des Krebsübels
vollkommen wohl, oder litten an ganz unabhängigen,
mit dem spatern Krebsübel gar nicht zusammenhan-
genden Störungen ; nie fand sich eine andere Krank-
heil (z. B. Syphilis) als vorhergegangene Ursache des
Krebses. Der Krebs zeigt keine Vorboten, keine
Incubationsperiode, keine vorausgehende Verschlech-
terung der Ernährung (wie bei Tuberkeln). Im Ge-
genlheil, die Geschwulst entsteht oft ganz latent, und
noch lange nach ihrem Offenbarwerden bleibt der
Allgemeinzustand gut, das Uebel anscheinend rein
Ortlich, auch ohne besondere oder gar specifische
Symptome. Oafern die Oertlichkeit , z. B. an den
Ostien, solche hervorruft, sind sie erst Ortliche
(z. B. Magenschmerz) , dann irradiirte , endlich all-
gemeinere. — Beim Befahlen zeigt die Geschwulst
oft, aber nicht immer, die Ungleichheiten u. Höcker,
bisweilen ist sie wie .fluctuirend , bisweilen wie pul-
sirend, beides nur scheinbar. Das Anstechen mit
dem explorator. Trokar ermöglicht oft die mikrosko-
pische Diagnose; bisweilen bringt die Sonde oder
der Katheter etwas Stoff für dieselbe mit heraus. —
Schmerzen fehlen selten (nur bei Y7 Fallen) , doch
erscheinen sie meist erst nach dem ersten Drittel der
Krankheitsdauer und nehmen später zu. Sie sind
oft lancinirend , aber diess ist keineswegs pathogno-
monisch, da es bei Neuralgien und gutartigen Tumo-
ren ebenso vorkommt. Es rtthrt von ihrer neural-
gischen Natur her. Sie lassen sich nicht aus ört-
lichen Ursachen allein (z. B. aus Zerrung, Dehnung,
Hyperamie) erklaren , sondern die verschlechterte
Blutmischung hat vielleicht einen Antheil an ihrer
Entstellung. Sie sind iheils Ortlich , theils auf be-
nachbarte oder fernere Nerveogeflecbte überstrahlt;
die Kopf- und Gliederschmerzen am Ende von Mut-
terkrebsleiden erklaren sich wohl aus der AnSmie. —
Von andern , zum Krebs verschiedener Organe hinzu-
tretenden Functionsstörungen sind am häufigsten:
Dyspepsien, Erbrechen, Durchfiille u. s. w. — Fieber
fehlt, oder ist unbedeutend. [Doch giebt es acute
Krebse mit völlig typhusähnlichem Fieber.] — Sehr
zeitig wird der Krebskranke traurig und mürrisch,
was sich dann später durch Schlaflosigkeit u. Schmer-
zen und Hinl^Uigkeit steigert ; dagegen bleibt die In-
telligenz klar fast bis zu Ende ; Delirien sind selten.
— Der allgem. KrSfteverfall, die Cachexia eancrosa,
ein constantes Zeichen , tritt in der Regel im ersten
Drittel oder der Hälfte der Krankheil ein, etwa in
1/2 bis 1 i,, und fehlt nur, wenn der Kranke zuftl-
lig vor dieser Zeit aus andern Ursachen stirbt. Er
wird bisweilen, z. B. durch Blutverluste b^ Mutter-
32
ifio
L e b e r t , tiber BrebilBraaidieilen.
krebs , gesteigert oder bescbieiinigt. Seine Zeichen
sind: strohgelbe oder wachsweisse Haut, bisweilen
noch mit rothen Wangen, aber ohne Frische; Ver*
minderung der RrSfte und des Embonpoints , später
völlige Abzehrung und Oedeme: etwas specifisch
Charakteristisches ist nicht dabei. [Doch, wenn man
erwägt, dass obige Symptome , zugleich mit der vom
Vf. nicht erwähnten trocknen und sciiilferigen Haut
und den grämlichen GesichtszOgen bei einem fralier
mieist wohlbeleibten und blutreichen Individuum, ohne
einen andern Krankheitsprocess eintreten« Alle Uebel^
welche eine ähnliche Kachexie bewirken könnten,
treten mittels andrer Zeichen deutlich auf, z. B.
chronische Exantheme, Stenosen der Speiseröhre od<
der Magenmündnngen, chronische Herzfehler, Tuber-
kulosen, Lungenemphysem.]
§. 2. Verlauf, Dauer und Ausgang des Kreb-
ses. Die erste Periode (der Localisatiori) meist sehr
gutartigen Anscheins. Bei der zweiten (der Exten-
sion) beginnen die physikalischen -und physiolog,
Symptome. Dauer: in einzelnen Fallen fast [in sel-
tenen ganz] acut , von 2 — 3 Monaten ; miulere
Durchschniltsdauer beim Krebs der innern Organe
18 Mon., der äussern 27 bis 42 Mon.; in einzelnen
Fällen kann sie (in allen Organen) bis zu 5, 10, 14 u.
mehr Jahren gehen. Vf. giebt eine Tabelle , wonach
die miniere Dauer betrug: bei Kr. der Schilddrüse
6 Ya Mon. , der Nieren 8 , der Leber 9 , der Eier-
stöcke, des Hintermundes, des Bauchfells und der
Haut 12, der Harnblase 12^^, der Speiseröhre, des
Magens, der Athmungsorgane 13, der Zunge 14,
des Uterus 16, der Därme 18, der Lymphdrüsen 24,
der Knochen 27, des Auges 33, der Brustdrüsen u.
des Hodens 42 Mon. [s. weiter unten]. — Geschlecht
und Aller haben auf die Dauer keinen Einfluss. —
Der Ausgojig der Krebskrankheit ist fast constant,
wo nicht immer, der Tod, Nur in unendlich selte-
nen Fällen bleibt das Uebel stationär. Die angebli-
chen (Natur- oder Kunst-) Heilungen beruhen auf
IrrthUmern, besonders diagnostischen. Vernarbung,
Schwund oder Gangrän bewirken höchstens nur einen
localen Stillstand.
$. 3. Aeliologie des Krebses, Seine Ursachen
sind völlig unbekannt, und die oft angegebenen (Ge--
werbe, üppiges Leben, vorausgegangene Krankheiten»
moralische Einflüsse u. s. w.) nicht zu beweisen.
Frauen erkranken im Verhältniss von 3 zu 2 Fällen
häuGger als Männer. Alter : der Krebs kommt vom
Fötusalter an in allen Lebensjahren vor; seltner im
Knabenalter (meist Augenkrebs); seine Häufigkeit
beginnt zwischen 30 — 40 J. , bes^. nach dem 35.;
grösste Frequenz zwischen 40 — 60 Jahren. Mitt-
leres Lebensalter im Allgem. 51 Jahre» Mittlere Zahl
für den Krebs der verschiedenen Organe: Augen
32 J., Hoden 35 J., Knochen 39, ffirn, Uterus, Znnge
40 — 50, Mammae, Lymphdrüsen, Athmungsorgane
50 — 52, Bauchfell, Magen, Harnblase, Därme 53 —
55, Schilddrüse, Haut, Leber, Nieren 57*— 59,
^Speiseröhre, Rachen 60 — 64 J. — Dass der Krebs
verhältninmässig bei Reichen und WohRebenden bn-
figer vorkommt, ist sicher, hemht aber wohl dln*anf,
dass diese durch andere Vt)lk8krankheiten (Tnberkn-
lose , Typhus u. s. w.) weniger decimirt werden.
Auch wird ja oft durcb die KOrperprädisposition erst
die Berufswahl bedingt (so dass nicht zu verwontlem,
wenn die Schneider mehr an Tuberkeln, die Fleischer
mehr an Krebs sterben). — Uebertragbarkeü des
Krebses: a) durch Vererbung der Anlage, nur in
^7 der Fälle zu beweisen ; b) durch U^berimpftm
und Binspritzen der Krebszellen in eine Vene (n^ch
Langenbeck m* A.); ohschon auch dem Vf. eia
soleher Veraucb gegluckt ist (S. 136) , so besweiM
er doch die Sache oeelt , weil möglicherweise der za
dem Versuche benutzte Himd von selbst krebskrank
gewevden sein könnte*
§. 4. Forkommen des Krebses bei Thieren.
Sehr häußg bei allen Hausthieren, namentlich bei
fleischfressenden, besonders Hunden. Der Krebs
verläuft hier ganz so , wie beim Menschen und bietet
auch (sogar beim Pferd u. s. w.) dieselben mikro-
skopischen, anatomischen und klinischen Kennzeichen
dar. Er soll auch bei Hilhnern vorkommen. Ob bei
wirbellosen Thieren, ist unbekannt.
$. 5. Diagnostik [dUTerentielle]. Die rein enl-
zUodliche Verhärtung ist niebt vorsftfingend , nidK
höckerig, bildet keinen Tuoftor, verläuft an den R«»-
dern allmälig u. s. w. — Einfache Geschwüre haben
nicht die Neigung um sich zu fressen ; cancrorde (be-
schwüre, welche diese Neigung haben, aeigen na
Giwad und Rändern bloa hariea. Zellgewebe, oder daa
Normalg^webf des Theiks mit weisagrauer Masse
infiltrirt, aus welcher sieb kein Krebaaaft heraa»>
drücken .läast^
Die cancrorden Epithelialgeschwülste haben meist
ein warzenähnliches Aussehen , ungleiche Oberfläche
und elastische Gonsistenz; nach Ablösung der Epi-
dermisschicht sieht man kleine , verlängerte , kegel-
förmige, sehr gef^tssreiche Erhabenheiten^ (hypertro-
phirte Hautpapillen) ; später entsteht in der Tiefe ein
Riss, der sich vergrOssert, mit Schorfen bedeckt
u. s. w. — Syphilitische Producle u. s. w. unter-
scheiden sich ebenfalls durch Abwesenheit des spe-
ciellen krebsigen Elementes. — Fasergescfawfliste,
Enchondrome , Osteophyten , Tuberkeln , durch ihre
bekannten Charaktere.
$. 6. Pj'ognose. Stets schlecht ; doch verschie-
den: theils nach Sitz und Function des Organs, tbeils
nach der Neigung zur Generalisation des Uebels«
Resser ist sie bei Krebs der äussern Gebilde, bei
einem von Anfang an langsamen Verlauf. Ueble Zu-
fälle sind: Schmerzen, Rlutungen, innere Einklem-
muogen» Perforationen u. s. w.
IV. Cap. Behandhmg, kygiwn^ehe, ätatlMm
und ckimrgisehe. Nach dem jetsigen Stand den
äreilichen Wissens ist der Krebs^fcnAetMar. DieA«»-
tilgung der Krebsdiathese = isl noeh nie beol^aieblet
worden I wenn sie Vf* auch nicht Itlr unmöglich er-
Le'beri, -itber^KreMkratikheiteB.
2S1
tilüren wiU. VieHeicbt findet ^e Znkanft ein speci-
fsehes HeilmHtel ^'pgen Krebs ; die bisber angegebe-
nen »ber: Sobierliug, ADliphtogisUoa, Alkalien, Jod-
BiCtel, CitoiduU u. s. w., leisten nichts. Die Be-
fcndhmg kann nur palliativ sein. 1) ffygieinüch.
Die Kost sei weder ausschliesslich Yegetabilitfeh, noeh
desgl. animalisch, aber kranigeod, wie bei chroni-
schen, entkräftenden Uebeln überhaupt, besonders
bei Tuberkeln : Gute Fleischbrühen, Milch, jGemttse,
Eigelb, mehlige Speisen u. s. w. in der gehörigen
VenguDg und Abwechslung, Austern, SeeGsche, Ge-
ttügel, Rind, Schöps, Wildpret u. s. w. Man ver-
meide geräucherte, gesalzene, fette, saure, gewürzte,
salzreiche Speisen. Das beste Tischgetränk ist gutes,
leichtes Bier, oder Wasser mit Rothwein (ßordeaux,
Mlcon u. s. w,), auch Wein mit einem Eisensäuer-
ling (Spaa, Bussaog u. s. w.) , bei sclileclilcr Ver-
dauung künstliches Selterwasser, Vichy u. s. w. Zum
Frühstück Eichelkaffee, Cacao, Chocoladen (selbst
Eisenchocoladen) , Bouillons u. s. w. Nur bei ent-
zündlichen ZwiscIieDPallen Enlziehungsdiül. Bei Ma-
gen- und Darmkrebs bedarf man bisweilen ernähren-
der Rlystire von Milch, Eigelb , Fleischbrühe u. dergl.
Ausserdem sorge man für gesunde Wobnungen, Berg-,
Meeres- oder Landlufl, Beisen, Körperbewegung,
laue Bilder, ZerstretHing u. s. w. — 2) Chirurgische, '
Die Operation , »o wenig Erfolg sie auch als Radical-
kir verspricht, ist doch nicht immer zu verwerfen.
(Leroy d'ßtioile's Statistik verdient, hei der
kntiklosen Art, *wie er sie von den verschiedensten
Aerdeii zusaumengebracbt hat , gar kein Vertrauen.)
Die Operaition ist auch nur ein Palliativ. Sie ist fn-
didrt, wenn der Kranke grosses Vertrauen darauf
tetst und sie sehr verlangt, wenn die Schmerzen hef*
tig sind, wenn sie verhsllnissmässig leicht u. ^efafir-
los aasgefflhrt werden kann , wenn man noch Hoff-
BQDg hat, alle krebsigen Partien zu entfernen o. s. w.
SeirrhOse Tumoren recidiviren nach der Operation
langsamer als EncepbaloVde. Wo die allgemeine In-
kaivn offenbar, wo ^er Kranke schon bejahrt, wo
der Sebverz gering und der Gang des Hebels langsam
ist, da soll man nicht operiren, ausser wenn dadurch
das Leben unmittelbar gerettet werden kann (z. B.
bei Erstickung drohendem Krebs der Kehlgegend).
Man bediene sich des Messers und entferne die Afler-
masse reichlich ; die Wunde versuche man möglichst
durch Prima intentio zu heilen. Aetzmittel haben
nur beim Cancro'fd Vorzüge. Die Compression nach
Recamier (man bedeckt den Thcil mit einer pyra-
midalisch zugespitzten Schicht von Agaricus , legt
darauf Compressen oder eine Bleiplalte und befestigt
das Ganze mit Rinden oder Riemen mit successiv ver-
mehrtem Grad des Druckes) hat sich öfters zur Lin-
derung der Schmerzen und des Volums einer Krebs-
geschwulst bewahrt. — Z) Symptomen-Behandlung.
a) Gegen Schmerzen : Regelmässige Verbünde , nach
iefinden die Operation , das Opium und dessen Prä-
parate, einsobliesslich ^i^hium » ferner Belladonna,
ByoseyQmiis, Cicuta, Blausflaremittel , Hanfextract
a. 8. w., sowohl nnettieb, als drtlich (s. B. Verband,
mit OpimB- oder Belladonna-Salben, Einstreuen von
Üorphium-Pulver). Oft nützen Kataplasmen (von
Leinvamen oder Kartoffelmehl u. s. w. , mit Hyosc,
Gicttta u. dergl.), oder ölige Einreibungen, laue
■Bader (mit Kleie, Stärkmehl, Gallerte u. s. w. , auch
^ohl mit einem Aufguss der Polia laurocerasi) , Ein-
spritzungen mit narkot. Zuspitzen, anhaltend und roe-
tbodiseh gemachte KaltwasserumschlSige [kann ich
sehr loben], Suppositorien von Gacaobutter (bei
Schmerzen im Becken) , Chloroform (örtlich bei sehr
"heftigen Schmerzen) , Vesicatore (mit und ohne Ein-
streuen von Mortihiom , bei neuralg. Schmerzen). —
b) Gegen andere Nervenzufälle, Krämpfe u. s. w.,
die bekannten Antispasmodica (Aether, Baldrian, Bi-
bergeil, baldrians. Salze u. s. w.). — c) Gegen A'er-
dauungssiärungen. Gegen Dyspepsie strenge Oist,
Vichy- Wasser u. dergl. Gegen Erbrechen bei Magen-
krebs : nur kleine Mengen flüssiger Speise (Bouillon,
abgenommene Milch u. s. w.), ferner Eispfllen, Sel-
terwasser. Gegen die Durchfälle: Opiate, Monesia,
Tannin ; Reisschleim , Eiweisswasser , strenge DiSt,
Bauchbinden. Gegen Verstopfung: milde Mittel, wie
Klystire , calcinirte Magnesia , Ricinusöl , schwache
Senna - Anfgttsse , Aloe mit Rhabarber u. s. w. Man
aberwache den Zustand der Verdauungswerk zeuge
sorgDihrg; nur durch sie kann man dem Herabkom-
men des Patienten einige Schranken setzen. — d)
Gegen Bhttungen : das Eis innerlich und äusserlich,
„bisweilen ein kleiner, ableitender Aderlass" [kann
ich nicht billigen], Adsfringentien in hoher Gabe
(Tannin, Ratanhia, Alaun, Schwefelsäure, Mutterkorn,
salzs. Eisen u. s. w, innerlich oder äusserlich), Druck,
Taniponnement, Glüheisen. — e) Gegen Fäulniss
(nboln Geruch u. s. w.) Russerste Reinlichkeit, ein-
fache, aber regelmässige Verbände, Desinfeclantia
(Beslrcncn mit Kohlenpulver, Verbinden mit Auflösun-
gen des Chlorkalks oder Chlornatrons , des Kreosot-
wüssers n. s. w.). — Die speciellern von der Natur des
erkrankten Organs abhängigem Symptome (z. B. Lufl-
mangel bei Krebs der Alhemwerkzeuge) sind nach
den hesondern Regeln zu behandeln (s. d. speciellen
Tlieil).
So weit der allgemeine TheiL Wir sind demsel-
ben Schritt für Schrill gefolgt, um unsern Lesern
Lebert's Lehre vom Krebse als ein Ganzes vor
Augen zu führen. Im Nachstehenden , wo Vf. die
Krebsübel der einzelnen Organe behandelt , gestatten
wir uns, mehr cursorisch und rhapsodisch zu be-
richten.
Besonderer TheiL
I. Cap, Krebs der Geschlechtswerkzeuge»
1. Abth. Gebärmntterkrebs : kommt stets am Mut-
terhalse vor, und zwar in allen Formen zwischen
Markschwamm und Scirrhus; ersterer bildet Qft
weiche Schwämme, gelblich oder (als hamalodes)
violelt gefärbte. Sehr selten als GolloYd. (Das von
ihm zu unterscheidende Cancroid des Uterus er-
scheint in drei Formen : als fressendes Geschwür mit
caltöser Basis , als wuchernde Epithelialgeschwülste,
S52
L e b e r t , über KrelMkrankhaiteo.
und ab epidermiscbe Geschwüre» welche auch in er-
weiterten Follikeln des Halses sitzen können,) Der
Gebarmutterkrebs hat in ^7 der Fälle zum Tod ge-
führt, ehe er verschwärle. Der KOrper des Uterus
ist dabei stets geschwollen » in Ve ^^^ ^^''^ ^'^ ^^
12 — 15 Ctmtr. Länge, 10 — 12 Breite und 6 — 8'
Dicke; dabei das GefUge meist weich und zerreiss-
lich, die Höhle mit jauchigem und blutigem Eiter-
schleim gefüllt. (Zweimal beobachtete L. multiple
Abscesse in einem solchen Uterus, u. in s/i5 aller Fälle
Fibroide.) Meist bilden sich Verwachsungen mit
den Nachbartheilen (später Kloaken); die Vagina ver-
kürzt sich, ihre Schleimhaut wird weich, dicker,
dunkelroth, oft geschwUrig; die Harnblase oft (in
a/is Fällen) krebshaft intillrirt, häufig (in ^4 Fallen)
entzündet; Eierstöcke klein und verschrumpft u. s. w.,
die Lymphdrüsen oft (}j^ Fälle) krebshaft, besonders
im Becken, einige Male pseudomembranöse Mund- u.
Schlundaffectionen. Magen in der Hälfte der Fälle
krank ; seine Schleimhaut erweicht u. a. vv. , Dick-
darm in ^/j Fällen injicirt , in 3/^ erweicht , in V4
geschwürig. Mastdarm meist nur von seiner Aus-
senfläche herein niiterkrankt. Leber klein, blass, oft
(Ys Fälle) fetthaltig. Mehrmals Pneumonie, frische
Tuberkeln, Pleuritis u. s. w. — Der Uteruskrebs war
stets primär und in der Regel bei ganz gesunden
Frauen erst mit Multerblutungen (ausser der Periode)
aufgetreten; dazu Schweregefühl im Unterbauche,
Schmerzen in der Kreuzbeingegend« Leukorrhöen, oft
schon bei Zeiten jauchig, ofl (in Va Fällen) geruch-
los; Unbehagen in den Unlergliedmaassen u. s. w.
Hauptdiagnose durch Touchiren und Speculum. In
der 2. Periode traten oft Harnbeschwerden ein. Die
Frauen werden traurig und sehr reizbar u. s. w.
Dauer von 2 Non. bis zu mehrern Jahren ; mittlere
Dauer 16 Monate. Behandlung: Injectionen (be-
ruhigende oder slyptische, oder desinfioircnde) ; die
aufsteigende Douche verwirft L. als zu reizend; er
lobt Sitzbäder, erst kalt, später mit narkotischen De-
cocten [wobei das Scheidenrohr nicht zu vergessen] ;
Verbandsalben Tür den Mutterhals sind nicht prak-
tisch, weil sie das SpcculuiA allzu oft nöthig machen.
Cauterisation , Excision und Amputation des Multer-
halses sind oft treffliche Mittel , aber nur palliative.
2. u4btk, Eierstockskrebs, meist Ha rkschwamro
und oft mit reichlicher Cystenbildung verbunden,
dazu Blutauslretungen , Adhäsionen u. s. w. Sym-
ptome ? die Geschwulst in der Weiche, die Schmer-
zen daselbst, die Bauchauftreibung, der allgemeine
Verfall u. s. w. Verlauf rasch, mittle Dauer nicht
über ein Jahr.
3. Abth, BrustdrUsenkrebs : kommt in allen
Abarten vor (Markschwamm, Colloid, Scirrh n. s. w.) ;
meist primitiv. Beginnt als kleine Geschwulst, welche
bald ihre Beweglichkeit verliert, hart wird und eine
ungleiche Oberfläche fühlen lässV Zeitig beginnen
Schmerzen; die Brustwarze wird fixirt, runzelig, u.
zieht sich ein; ihr Hof wird geröthet, endlich ge-
— Mhivürig u. s. w. Uebriger Verlauf bekannt. Mittlere
Dauer 3% bis 4 Jtbr. Dass die AmpBUiion da
Leben verlängere» ist nicht bewiesen, doch darf diess
von derselben nicht abhalten; „denn glaeklicber-
weise sind die Fälle von , wo nicht Heilung , doch
längerem Aufschub nach der Operation gar nicht seU
ten'< (S. 396).
4. Abth, Partielle Hypertrophie der ßiamma,
oft mit Krebs verwechselt ; sie betrifft bald die Drü-
sensubs'tanz, bald deren faserig-zelliges Gerüste, bald
beide zugleich. Oft sind Cysten dabei, in der Regel
hat die Geschwulst eine zellige Hülle, eine körnige
und gelappte Oberfläche. Sie entwickelt sich alima-
lig und schmerzlos als eine bewegliche, rollende Ge-
schwulst von ungleicher Oberfläch i*. am häufigsten aa
der Peripherie der Drüse sitzend. Bei rascher Cysten-
bildung wird die Brust deform ; aber der gute Gc-
sammtzustand, die FUictuation und die exploratoriscbe
Punction sichern die Diagnose. Die Haut entzündet
sich fast nie ; die Brustwarze fand sich nur in einem
Ausnahmsfalle retrahirt. Der Verlauf gutartig. Rück-
fälle nach der Operation selten. BeHillt meist jüngere
Frauen (I/3 unter 30, 8/3 unter 40), wogegen der
Brustkrebs zwischen 35 u. 55 J. , im Mittel gerade
im 50. J. eintritt. OR sind Stösse u. dergl. Schuld.
5. ^bth.. Hodenkrebs: gewöhnlich eine eiför-
mige, längliche Geschwulst von ungleicher Oberfläche,
schwer von Gewicht, bis zu 10 u, 15 (Umtr. Länge
und 5 bis 8 Dicke waclisend; von lappigem u. kör-
nigem Gefüge, durchsetzt von weicheren u. härteren,
verschiedenfarbigen Partien, mit Blutauslretungen,
Knorpelmassen u. s. w. ; in der Scheidenhaut Was-
ser. Später (3. Periode) Gesell wttlsle längs des Sa-
menstranges, dann in der Weiche, im Becken und
Bauclie. Die Geschwulst bewirkt zeitig Geiühle von
Schwere, von Zerren am Samenslrang, später leb-
hafte Stiche und Schmerzen , bes. im zweiten Jahr.
Nur selten kommt sie zur Verjauchung. Mittlere
Dauer 3 — 4 J., einzelne Fälle bis 10 J., od. aculere
nur 9 Monate. Lebensalter 30 — 40 J. , im Durch-
schnitt 35 Jahr. — Behandlung „in zweifelhaften
Fällen v(ir Allem antisyphilitisch.'* Operation jeden-
falls bei grosser Schmerzhafligkeit.
//. Cap, Krebs der Ferdauungsorgane.
1. j4bth. Bachenkrebs: an Mandeln, Gaumen und
Schlund. Diffus oder eingekapselt, meistens Mark-
schwamm.' Beginnt mit Schlingbeschwerden, dum-
pfen oder lancinirenden Schmerzen , näselnder Stim-
me , Athmungs- und Sprechbeschwerden; später
Blutungen, Geschwulst der äussern HalsdrQsen , Ab-
magerung u. s. w. Ist eine Krankheit des höhero
Alters, durchschnittlich im 64., auch 70. bis 80.
Lebensjahre. — * Operation nur als Lebensreltung,
zur Ermöglichung des Schlingens oder Atbmens.
2. Jbth» Zungenkrebs» Meist als EncephaloYd
in der Tiefe des Organs ; verbreitet sich später Ubef
andere Mundtheile und die Lymphdrüsen. Anfangs
wenig schmerzhaft, erst in der Eiterungaperiode
mehr. Belästigt die Zungenbewegung n. das Schliil-
Labert, ttW Krabikrtakheiten.
863
gen ; daio stetes Riospern, rauhe abgelnderte Stim-
me, stiakender Alhem, Blotangen u. s. w. (Nichl
la Terwecbselo mit dem ebesfalls blufigeo Bpiihelial-
GaBcroYd der Zunge.) — Miniere Dauer 14 Mouate.
Lebensalter 40—60 J. ; im DurcbschniU das 47. —
Bebandlung: bei Ferdaehi von Syphilis antisyphili-
tisch; Übrigens leitige und rasch zu wiederholende
Operation.
3. Ahik, Speiserökrenkrebsi häufiger am obern
und untern Ende als in der Hilte, als Infiltrat oder in
mehrern Tumoren. Fast beständig verjauchend. Ober-
halb der kranken und sehr verengten Stelle Erweite-
rung des Oesophagus; in vielen FsIIen (50 Proc.)
abnorme Verbindungswege mit den Nachbarorganen,
bes. Luftwegen. (Dann Husten , Verkulzen u. s. w.)
Spater Anschwellung der Hals- und Bronchialdrüsen.
Der Tod häufig (Y, der Fälle) durch Pneumonie. —
Symptome : dumpfer Schmers , durch Schlingen zu-
nehmend , nach der Rücken - u. Rippengegend Über-
strahlend. Dysphagie, anfangs vorübergehend, spä-
ter andauernd ; bald gehen gar keine festen Speisen
mehr hinab; Regurgitation, Ausbrechen. Die Schlund-
sonde zeigt die kranke Stelle. — Später croupdse
Aussehwitzungen im Mund und Schlund, DurchPalle,
EntkrSIflung. — Mittle Dauer 13 Monate. Lebens-
alter im Durchschnitt 60 Jahr. — Aetzungs- und
Erweiterungs versuche nützen nichts. Schlundsonden
dienen zur Ermöglichung der Ernährung.
4. Abtk. Magenkrebs, Meist am Pylorus (etwa
60 Proc.)> seltner an der Cardia (8—9 Proe.);
daher der Magen meist erweitert, oft sehr beträcht-
lich (^4 der Fälle), bisweilen aber auch darmähn-
iich verengL Mageninhalt oft ('/j ^^^ Fälle) choco-
laden - oder kaffeesatzähnlicb , in andern Fällen hel-
ler braun oder Blutklumpen enthaltend. Schleimhaut
meist roth , oft dick , erweicht u. s. w. , oder förm-
lich ulcerirt (52 Proc). Hauptsilz die Submucosa ;
oft ist aber auch die Muskelschicht verdickt und in-
filtrirt, desgl. die Bauchfellseite. Nicht selten Ver-
wachsungen mit den Nachbartheilen » bes. der Leber
(60 Proc). Mannigfache Neben- und Nachkrank-
heiten. — Symptome: anfangs Schmerz in der Herz-
grube, erschwerte Verdauung, Appetitmangel, Uebel-
keit, Stublverstopfung ; bald darauf Abmagerung,
dann Erbrechen , erst selten , später häufig (^/^ der
Fälle), mit schwärzlichen Entleerungen u. s. w.
Zunge meist rein, bisweilen bleich, selten mit einem-
dUnnen Belege. Die Geschwulst wird spifter in. der
Regel fühlbar, meist zwischen dem Ilerzgruhendreieck,
dem Nabel und dem rechten Hypochondriura; sie ist
hart, ungleich, höckerig, von Wallnuss- bis Faust-
grdsse. Gesichtsfarbe selten unverändert, Gesichts-
zuge leidend und kachektisch. Dauer bald nur 3 — 6
Monate, bald 2 Jahr und mehr; durchschnittlich
13 Monate. Lebensalter: durchschniltlich im 54. J.,
selten vor dem 35., am häufigsten zwischen dem 50.
und 70. — Behandlung nur palliativ und besonders
diätetisch.
5. Jlbsckn. Dmrmkrebs. Am häufigsten in den
Diekdärmen, namentlich Rectum, Göeum, S romanum.
Gewdliniich als submukUse Infiltration beginnend,
später adhäsive Peritonitis nach sieh ziehend. Oft
ringförmig, dann mit Verengung, oberhalb deren sich
erweiterte Taschen, Perforationen, Nebenwege (Leu--
denabscesae , Hamblasenkothfisteln u. s. w.) bilden.
Er verjaucht gern , wuchert nicht selten pilsfttrmig.
Symptome: dumpfe Schmerzen im Bauche (anhaltend
oder anfallswetse , vag oder localisirt) ; Verstopfung
oder Durchfall , s(>.iter auch Magenstdrungen , selbst
Gebelkeit und Erbrechen (Y4 der Fälle). Auftreibung
des Bauches, oft ein fühlbarer Tumor (^^ der Fälle);
den Mastdarmkrebs findet der eingebrachte Finger
meist 4 8 Ctrotr. oberhalb des Aflers. Zeitige Ab-
magerui):/. Tod oft durch innere Darmverschliessung
oder Peritonitis. Mittle Dauer 18 Monate (zwischen
6 Monaten und mehrern Jahren). Lebensalter durch*
schnittlich 55Vs ^' «' ^imritt meistens erst nach dem
35. J., oft im Greisenalter. — Die Behandlung ver-
hindere Anhäufungen von Kolhmassen und sei massig
im Gebrauch der Opiate hei Durchfilllen. Golotomie
bei Darmverscbliessung. Nastdarmkrebse kennen nur,
wenn sie sehr tief (auaserhalb des Bauchfells) sitten.
operirt werden.
6. Abschn. Leber-, Milz- und Pankreas-
Krebs. Letztere beide fast nie primär ; ersterer be-
kannt und gemein (}/^ aller Krebsleichen). Leber
dabei meist sehr vergrössert , seltner (Y5 der Fälle)
von gewöhnlichem oder geringerem Umfange, dann
Complication mit Cirrhose. Die Leberknoten sind
vorragend oder vertieft, je nachdem sie sich von der
Peripherie oder aus der Tiefe her entwickeln; fast
immer Markschwamm, oft in Fett entartend oder
blutunterlaufen (selten Scirrh, Melanose oder Blut-
schwamm). Das umliegende Lebergewebe weich,
zerreihlich, zuweilen injicirt, zuweilen entßfrbt. Hin-
zutretende Uehel: Gelbsucht durch Verscbliessung
der Gallenblase [der Gallenwege I ?] , Wassersucht
durch Störung der Blutgefässe, Magendarmerweichung,
Lungentnherkel» UlerusfihroYde u. s. w. — Die Krank-
heit beginnt bald unmerklich , bald mit Verdauungs-
störungen , dumpfem Magendrücken , spitler Leber-
schmerzen, Durchfall oder Verstopfung, Bauchauf-
treibung u. s. w. [Oft merken die Kranken das Uebel
erst, wenn sie schon Ascites haben.] Dauer durch-
schnittlich 9 Mon., einige Male nur 3 Mon.; die Fälle
von jahrelnnger Dauer sind jedenfalls selten. [Die
mögliche Verwechslung mit syphilil. Leberknoten
wurde schon oben erwähnt.] Ursachen unbekannt.
Behandlung palliativ; iu zweifelhaften Fällen Jodprä-
parate. [Karlsbad nicht zu vergessen.]
7. j4bschn. BauchfeUkrebs : selten primär,
meist in sahlreichen kleinen grnppenweisen Tumoren,
oder als Inseln oder Infiltration. Gewöhnlich mit
conaeculiver Wasser- oder Biteransammlung. —
Symptome : mehr weniger lebhafte Bauchschmerzen,
fühlbare Tumoren, Fluctuation, Verdauungsstörungen,
Krebshabitus. — Meist bei Frauen (V9 d.^älle). Mitt*
lerer Altersdurcbschnitt 58 Jahr.
SM
Leben, aber Krebikraiklieiten.
///. Cüj^. Büutkrtbs. 1. Absckn. JeeAier.
Saiten. Vf. beobachtete 20 Falle, davon ! 1 im Ge-
■ieht (9 ao den Lippen), 7 an Rulhe oder Vuive«
1 an d^ Heragrube, 1 am Beine. — £r besieht ans
«wem fibrolfden Strome, das eioe weiche gailerUrüge
Masse einschliesst, welche von einem milchig trüben, .
oder (in Y4 der Fiüle) achwarzpigmenlirten Saft ge*
irtfnkt ist. Sitat im Corium selbst; beginnt mit einer
kleinen mehr eder weniger consistenten, in dessen
mittlem oder tieiern Schichten sitzenden Geschwnbt,
die daher nicht maulbeerartig oder warzig wird.
IKeee wuchst und umgiebt sich mit Verhärtungen der
nächstliegenden Gewebe , die su r0tlilichen oder un*
gefifrbten Knoten werden. Nachdem die Geschwulst
eine gewisse Grönse erlangt, wird sie hyjiiiämisch,
dann oberflächlich erodirt, endlich zum Geschwar.
Dieses Krebsgeschwür hat harte und callOse Runder,
einen jauchigen, gelblichen und nicht papillenlragen-
den Grund, ist mit £iler und falschen Häuten bedeckt.
Bald infiilriren sich die benachbarten Lymphdrüsen,
endlich allgem. Infection. — Dauer der Krankheit
durchschnittlich 1 Jahr; die zweite Operation ward
meiaC nach 3 — 12 Mon. wieder nOthig. Kommt
am häufigsten zwischen dem 55. u. 65* J. vor; mehr
bei Männern als bei Frauen (10: 6.)
2. Ab sehn. ffautcancroYd, Enthält durchaus
nur normale Gewebselemenle, und es giebt alle mög-
lichen Uebergänge zwischen ihm und den einfachsten,
gutartigsten Narben oder Hautwarzen. Erscheint in
drei Hauplformen : 1) das epidermische C, , in den
obersten Schichten, in der eigentlichen Oberhaut
sitzend; 2) Aas papilläre C. , in der Zotlenschicht,
und 3) das dermo- epidermische C, wobei das Co-
rium bis in seine tiefern Schichten hinein mit Epider--
mismasse infiltrirt wird : letzteres die bösartigste
Form, welche auch Muskeln, Knochen, Lymphdrüsen
u. s. w. in der Nachbarschaft ergreifen und infiltriren
kann. Sie haben sämmtlich Neigung zur UIceration,
bald mehr wuchernd, bald mehr zerstörend , je nach
der Oertlichkeit. Das häufigste Vorkommen ist im
Gesicht (42 von 81 Fallen, darunter 20 an der Un-
terlippe) , nüchstdem an der Ruthe (9) , Gebärmutter
(7), Vulva (4). — Oft beginnt das GancroYd in Form
einer V^arze , unterscheidet sich aber von einer sol-
chen durch zeitigen Geßissreichlhum und durch eine
in den Hautpapillen in der Umgegend bemerkbare
Neigung zu diffuserer Hypertrophie. Wenn das Can-
croVd hauptsächlich in den Papillen sitzt, so nehmen
diese an Umfang und Färbung sehr zu und geben dem
Ganzen, sobald die Oberhaut hinweg ist, ein körni-
ges, himbeerarliges , wenn sie noch zum Theil dar-
über liegt, eip warziges, maulbeerförmiges Ansehen.
Die in das Corium -Gewebe infiltrirte cancrolde Epi-
dermismasse, giebt demselben einen blassgelben,
leicht glänzenden Anschein und ein wenig elastisches,
zerbrechlichere» Gefüge, aus welchem sich kein Krebs-
saft herausdrücken lässt, sondern «ine weisslicbe,
trockne Materie von Pasteoconsistenz, welche sich im
Wasser zu Blättchen xertiieilt, nicht emulsionirt.
Nach seinem Uebergang in UIceration bedeckt sich
das Ganerold mit einem trocknen Schorf, der ans
Eiter, Epidermiszellen und Talgstoffen besieht. —
Eine eigentliche Infeetien bewirkt des Caneroiod nicht;
Bttckflüe nach der Operation nur insofiam, als an
dem uraprQnglich erkrankten Orte daaaelbe Uebel
wieder auftaucht, was mehr eine Fortsetzung der
ursprünglichen Krankheit , als ein Reeidiv nu nennen
sei. [Diese Distinction ist wohl zu subtil.] — il&
degenerirt das GancroYd zu Krebs oder zu andern
Afterproducten. Im Gesicht bildet es gern fressende
Geschwüre, an den äussern Geschlechtstheilen serpi-
ginöse Geschwüre mit wuchernder und hypertrophi-
scher Basis ; am Handrücken bat das Geschwür war-
zige und vegelirende Ränder, während sein Grund in
die Tiefe frissl. — Die Ausbreitung und Heftigkeit
der Verjauchung kann zu langsamer Entkräftung und
zum Tode führen. Mittle Dauer der Krankheit 6^/, J.
(an der Unterlippe 3^/^, im übrigen Gesicht 9*/,,
an dem Penis 3^3 u. s. w.). Lebensalter meist zwi-
schen 40 und 50. Ursachen unbekannt: Phimose
disponirl zu C. der Rulhe; die kurzen Tabakspfeifen
sind vielleicht mit Ursache zum C. der Unterlippe.
[Druck der Hüte zu dem C. der Stirn?]. — Prognose
nicht immer gut , bes. beim C. der Unterlippe u. des
Penis. Heilbarkeit unbestreitbar. Oberster Grundsatz :
zeitig operiren und entweder gänzlich zerstören
oder gar nicht anrühren ! Das Messer hat im Allge-
meinen den Vorzug vor den Aetzmitteln. Unter letz-
teren ist Arsenik das beste, namentlich in Form der
M a n e c 'sehen Pasta arsenieaUs (2 Tb. weisser Ar-
senik, 10 Th. Zinnober und 5 Th. gebrannter Meer-
schwamm , mittels ein Paar Tropfen Wassers zu Brei
gemacht und Messerrücken dick anfgestrichen, jedoch
nicht auf zu grosse Flächen ; auf einmal nur auf 1
bis 1*/) Ctmtr. im Quadrat). Ausserdem können auch
die solidißrte Wiener Aetzpaste, das Chlorzink n. die
Mineralsäuren als Aetzmittel dienen.
IF, Cap. Unterhautkrebs, Mehr ein secundäres
Uebel. Beginnt als ein kleiner beweglicher Tumor,
wächst unter Hinzutritt von Schmerz, wird zum Ge-
schwür, oft mit Wucherungen bedeckt, und zieht
endlich allgemeine Hinfälligkeit nach sich. Dauer
1 oder mehrere Jahre. Behandlung palliativ, oder
Excision, oder Amputation des Gliedes.
F. Cap. Drüsenkrebs, 1) Der Lymphdrüsen,
Selten primitiv. Krebs der Saugademetze , stets se-
cundärer Natur , findet sich bisweilen an der Ober-
fläche der Lungen , des Gekröses oder (seltner) der
Leber. — 2) Parotidenkrebs , nur selten (3 Fälle);
störte das Hören und die Beweglichkeit des Antlitzes;
verbreitet sich leicht auf die Unterkiefer. — B) Schild--
drüsenkrebs (7mal), häufiger nur an einer Seite,
seltner total. Gefährliche Folgen : Caries des Sehild-
knorpets, Durchbohrung der Luft- und Speiseröhre,
oder der Carotis; Compression der Nervi recurrentes.
Als EncephaloTd kann er bisweilen, durch falsche
Fluctuation und fortgepflanzten Arterienstoss , den
Anschein eines Aneurysma gewinnen. Fast immer
begleitet ihn ein häufiger Unsien mit eitri^schleimi-
L e b i r t , Aer KniskrMikheite«.
M8
gern und bkitigna KmnvH, 9limiDv«iitii<l€riiDg (hid
inr Siiimnlosigkat); SichwefathiDe« o. Erattckimgs*«
«tfiilte, pftrifendmi AiIivmd, ScbUiigbeschwerdeii. —
Tod ba«#g d«rch Erstiekimf. Millle DMer Vs '<*'*''
Lebensalter ^iirehschniulioh 57 Jehv.
f7. riij9. Knochenkrebs. Ul ziemlich hjfufig
pnmar (35 Falle) und auch secundär. Ersterer
bes. am Oberkicrer (1%^ Falle), dann am Femur (5)
aod Schienbein (5). Nach dem Ausgangspunkle ist
er entweder periostal (von der iiinern Gefässlage des
Periosteoms) , oder peri - medullair (von den das
Mark umgebenden Geissen ausgehend). Erslerer
leigt zahlreiche stalaktitenrörmige Netze von Knochen-
masse. Der centrale Krebs dagegen verdünnt den
benachbarten Knochen bis zu Durchbohrung der Rin-
denmasse, oder zufälligem Zerbrechen des Knochens
durch eine blose Muskelbewegung. — Auch die
übrigen Knochen des Skelets werden bei solchen
Kranken atrophischer und zerbrechlicher. — Das
Uebel beginnt meist sehr unbemerkt, mit anscheinend
rheumatischen , später Örtlichen , allmälig schlimmer
werdenden Schmerzen. Dann wird etwa die Ge-
schwulst bemerkt, welche (wenn Markschwammniasse
darin ist) durch Fluctuation und Arlerienklopfen irre
führen kann u. s. w. Die Diagnose ist sehr schwie-
rig. (Z.B. bei Krebs des Oberkiefers: Zahnsclimerz,
Ausfallen der Zähne, Herausquellen der Krebsmasse
durch die Alveoli, oder am Gaumen, Störung des
Gesichts-, Geruchs- oder Geschmackssinnes u. s. w. ;
bei Lendenbeinkrebs die Symptome der Ischias , je-
doch festsitzender und tiefer, spMer Aaschwellung
und La(ni«ng des kranken Beines, Oedem der Kn<^
chel, Bltsen- und Maetdarmstörangen n. s. w.) ««-^
D>uer etwa 2 -*-- 3 Jahr. Kommt oft in jungem Jah-
ren Tor (1/) der FlUe) , doch. nMtsteM swisohen dem
40. nnd 50.
FIL Cap, Krebs der Nervencentra, 1. jibth,
Krebs und Cancroid des Gehirns [und resp. seiner
Ballen]. Die Tumeurs eraniennes und intracra-
niemmes (erstere meist von Pericranium oder Diploä
ausgehend, letztere bald der innern KnochenßSchei
bald den Meningen , bald der Markinasse angebdrig»
smd oll fibropUi9tisch (Cancrotde) , oft wirklicher
Krekt in verschiedenen Arten. Beide bilden bald
tnittiae, bald multiple Gesebwalste. Die Symptome
sind bei diesen (cancrösen) , wie bei jenen (ctm^
croUten) Tumoren natürlich ziemlich gleich (fehlen
auch wohl ganz), hiagegen nach dem Sitae sehr ver-
tebieden. VA giebt dardber viele , sehr wertbvoUe
Details , für welche uns hier der Platz maogelt. —
2, j^bschfu Krebs des Kückenmarks. Sebr selten.
VI. hat keinen beobachtet.
#7//. Cap. Krebs des Juges; gewöhnlich
Mirkschwuiom ; oft (>%3 FSlle) netanotiscfa. Er gebt
bald von den äussern , bald von den innern Theiten
an». Bei C. orbitaris Schmerzen und Schwere lief
n der AngonhOhle, Erweiterung der oberflächlichen
Venen, Hepaostretcn des A«gee o. s. w. Bei C. in--
/»*«io«ttl«rii oift nnregefaiXssigerv oft §läAiend«r gtlb^
lich*-gra«er Fteck tief hinter der Pupille, welcher
wachst, geftfssr«rch wird, die Linse und Iris vortreibt,
spster durch die Papille lieraii8W«cihst u. s. w., oder,
wenn der Schwamm nach hinten (nach Orbita und
Gehirn) durchbohrte , vom scheinbar abwelkt u. s. w.
— Dauer meistens aber ^^/^ J. , dorchschnittlieli
33V3 Monate. Hfluftg (t/i, Falle) bei Kindern nnler
10 J.; seltener (Vs Falle) nach dem 35. LebenS'^
jähre. -^ 9ie OperatM« verzögert di« Rtekfaile.
/X Cap. Krebs der Hamwerkzeuge. A. Nie^
renkrebs; meist secundar. L. sammelte Aber den
primitiven 4 eigene und 8 fremde fioobacbUingen*
Er beginnt gewöhnlich in einer einzigen Niere, meist
in der Rindenmasse; er wird spater der Sitz bedeu*
tender Blutaustretungen , pflansl sich in die Nieren*
venen und sogar in die Bohlader fort, manchmal auch
auf Nachbarlheile (Leber, Darme, Nebennieren). Be-
ginnt mit Nierenschmerzen, die nach den Hypochon-
drien hinziehen; höckerige Geschwulst der Niere«
besonders von der Seite her unter den falschen Rip-
pen fühlbar; häufiges Blutharnen; trüber sedimenti-
render Harn , spater Allgemeinsymplome. — Verlauf
sehr rasch , etwa 8 Mon. Dauer. Durchschnittliches
Lebensalter 59 J. , die meisten (%) Falle (Iber dem
40. Lebensjahre.
B. Hamblasenkrebs ; ebenfalls selten primitiv;
und dann meist von submnkösen Gewebe. ausgehend,
die Blasenwande dick inftilrireud, od. hRufig schwam-
mige Wuclierungen» selten feine polypenabidicbe Ver-
ästelungen in die Blasenhöhle bineinbildend. Sym-
ptome: Blasenschmerzen, harte und rundliche Ge-
schwulst daselbst, spater irradih'te Schmerzen in
Nieren und Lenden ; der Katheter findet eine weiche,
schwammige Substanz und bringt Bruchstücke des
Krebses heraus ; der Harn trübe, eigenthümlich stin-
kend, oft blutig; seine Ausleerung verschiedentlich
gestört; rasche Enlkr9flung u. s. w. — Dauer 8 bis
18 Mon. (im Durchschnitt ein Jahr); durchschniltL
Lebensalter 55 Jahre.
Ä. Cap, Krebse der dreniaüens^ und jitk-
mungsergmne. Erstere sah Vf. nie primitiv auftreten»
siets seeundar; von letsteren mir 6 Falle. Median
stinalkrebs bildet voluminöse Tumoren, einsam oder
mehrftahlif. Lungenkrebs meist mehrere Mark-
schwammoi von fiaselnnss- bis Apfelgrösse, biswei-
len umgeben von krebeig infarcirteo Lympbgeftlssen ;
meist tritt auch Entzündung und Krebsbildung der
NaehbarHieile (Pleura u. s, w.) ein. Symptome:
bttnfige hemmziehende Brustschmerzen, steigende
Dyspnoe (bis zu Erstickunganoth) , Husten mit sohlei-
migem, bieweilen blutigem, bisweilen stinkendem
Auswurf; Erweiterung der oberfladilichen Venen an
Hals und Brust; partielle Oedeme; aisserdem die
entspreohenden Inspections - , Percussions- und Aus-
cultationssymptome am Tboraiu — Tod diireh*~die
AthmuB^sstöruflg. Dauer 3 bis 27 Mon., mittlere
13 Mon., Alter meist xwisebeo 50 u. 55 Jahr.
Hiermit soMiestt das Werk, da», wie aus dem
266
Chelias, Handb. 4. Ghirorgie.
Berichte berrorgeht, eineo Schau eigeoer, mit kriti-
schem Auge gemachter BeobachlungeD auf die allein
lur Sicheriieil fuhreude Weise, durch die statistische
Methode » mit seltenem , acht deutschem Fleisse ver*
arbeitet hat. Dass die Zahl dieser Falle wegen der
kritischen Auswahl verhaltn issmassig noch gering ist,
kann demselben kein Vorwurf sein , wird aber der-
einst, wenn zahlreichere, suverlässige Beobachtungen
vorliegen , vielleicht die Zahlenresultate hier und da
andern. In dieser Beziehung drangt sich uns der
Wunsch auf, dass einer oder einige fleissige und un-
terrichtete Aerzte das Überreiche Material, welches
die schriftlichen Sectionsberichte des Wiener Leichen-
hauses, nebst den dazu zu Gebole stehenden Kran-
kenzetteln des Wiener grossen Kriinkenhauses dar-
bieten, zu ahnlichen Monographien verarbeiten mögen.
— Andererseits werden gewiss auch die Fundamen-
talsatze L c b e r t *s , über die unfehlbare Existenz der
specifischen Krebszelle in jedem Garcinom und über
den scharfen, durch keine Uebergange vermittelten
Unterschied zwischen CancroYd und Krebs der Prü-
fung deutscher Mikroskopiker noch reiflich unterliegen.
Indem wir dem Vf. den Dank für seine gediegene
Arbeit aussprechen, empfehlen wir dieselbe den Fach*
genossen zu genauerem Studium angelegentlichst.
H. E. Richter.
19. Handbuch der Chirurgie; von m. j. che-
lius, Prof. u. s. w. Siebente vermehrte und
verbesserte Original-Auflage, 1. Bd. 1. Abth.
Heidelberg 1851. 8. (pr. I. u. II. Bd. 8 Thlr.)
• ^
Es ist nicht zu verkennen, daas der berühmte Vf.
bei seinem Handbuch der Chirurgie, gleich von der
1. Auflage an, das sich selbst gesteckte schwer zu
erreichende Ziel, „eine kurze und gründliche Darstel-
lung der chirurgischen Krankheiten und ihrer Behand-
lang zu geben** , fortwahrend möglichst im Auge be-
halten hat. Eine durchweg klare, präcise und über*
sichtliche Darslellungsweise , die selbst die schwie-
rigsten Capilel der Chirurgie geordnet und leicht
verstandlich vorzuführen weiss , musste bei Lernen-
den , wie bei Lehrenden dem Gompendium des Vfs.
eine gleich günstige Aufnahme verachafTen. Rechnen
wir nun noch dazu, dass Vf. selbst sein Werk nie
als ein abgeschlossenes betrachtete , sondern unaus-
gesetzt in einem Zeiträume von 30 J. bemüht war,
dasselbe zu verbessern und ihm die Fortschritte der
Chirurgie einzuverleiben, so begreifen wir leicht,
dass jede neue Auflage des Handbuchs dem Vf. aber-
malige Anerkennung erwarb und dem Werke selbst
rasche Verbreitung sicherte. Wir begrüssen daher
freudig die vorliegende 1. Abtheilung des L Bandes
der 7. Auflage dieses Handbuchs, von dessen Brauch-
barkeit nicht nur die Verbreitung in Deutschland
Zeugniss ablegt, sondern welches auch im Aaslande
eine solche Würdigung gefunden hat, dass es bis
jetzt in 10 Sprachen übersetzt und in einigen Spra-
chen mehrfach aufgelegt worden ist.
^ Bedenken wir, wie schwer bei dem grossen Um-
fang der Chirurgie, die selbst der beste Cbirorg sidi
nicht gleichmassig in allen ihren Theilen zu eigen
machen kann, die Aufgabe sein muss, ein Compea-
dinm zu verfassen , welches den 3 Hauptanforderua-
gen der Kürze , Deutlichkeit und Gründlichkeit mög-
lichst entsprechen soll, so werden wir begreifen, dass
die Erreichung dieser Anforderungen nie vOllig ver-
wirklicht werden kann. Es wird demnach nicht auf-
fallend erscheinen , wenn wir eine gewisse Ungleicli-
massigkeit der Bearbeitung des Materials allen Hand-
büchern der Chirurgie vorwerfen , wenn wir uns an-
heischig machen , selbst in den besten Handbüchern
Mangel und Unrichtigkeiten nachzuweisen. Chirur-
gen von bedeutendem Namen, die durch vortreflflich«
Monographien sich Ruhm, durch genaue Untersuchun-
gen chirurgischer Einzelheiten und Streitfragen blei-
bende Verdienste erworben haben, sind schon an der
Herausgabe von Handbüchern gescheitert und haben >
das ihre KrSfle übersteigende Werk entweder aufge- i
ben müssen, oder Producte geliefert, denen der Un-
gleichroassigkeit halber eine allgemeine Brauchbarkeit
ganzlich abgeht. Zur Herausgabe eines Handbocbs
können überhaupt nur Wenige befähigt sein, weil _
dazu vielseitige , umfassende Kenntnisse , grosse Er- i
fahrung und scharfes Urtheil nothwendige Bedingun-
gen sind. Chelius aber^ mit den nOthigen Fähig-
keiten begabt , hat sich dem schwierigen Werke in
der Weise unterzogen , dass er die schwachen Seilen
und Mängel seines Handbuchs durch viele Vorzüge
vor andern Compendien verdeckt und aufhebt.
Indem wir den Nutzen, den Chelius durch sein
Handbuch der Chirurgie geleistet hat , als unbestreit-
bar hinstellen, gehen wir zu einer kurzen Bespre-
chung der vorliegenden Schrift über und hoflfen, dass
unsere Bemerkungen, selbst wenn sie hier und da
tadelnd sein sollten , richtig aufgefasst und nicht alt
das Bestreben angesehen werden, die Verdienste eines
hochberähigten und geachteten Schriftstellers schmä-
lern zu wollen.
Vf. hat die frühere Eintheilung und Darstelhiags-
weise der chirurgischen Krankheilen nach einem so-
genannten natürlichen System beibehalten, und wenn
dieses System auch manche zusammengehörende
Krankheiten trennt und verscliiedene zusammensteUt»
so verschafft es doch unbestreitbar dem Lernenden
eine leiehtere Uebersicht.
Nach einem ganz kurzen geschichtlichen UebeN
blick der Chirurgie giebtVf. auf 12 S. die hauptsäch-
lichste Literatur, und hier vermissen wir merkwflrdi*
ger Weise' die Erwähnung des Roser 'sehen Hand*
buchs der anat. Chirurgie, welches 1844 und 1845
erschienen ist, wahrend unvollendete Handbücher,
wie das von Stromeyer, Wernher u. Emmert
einen Platz gefunden haben. Wenn Roser 's Hand-
buch schon wegen der eigenthttmlichen zweckmassi-
gen Verbindung der chir. Anatomie mit der prakt.
Chirurgie berücksichtigt werden musste, so verdiente
es noch mehr in Bezug auf die bündige Daratelluog»
in Bezug auf die consequente Anleitung au einer
Gliii€ 1 lu s , Haoib.^ld. Cfairvrgle.
'967
/plyKU#fyf8cfh-ipatheH)gisciMii Aosdiaaaig *där oMr.
• KriMkhiSilen bervürgehdben m w^rd^n.
Der ' 1 . AhätkniU der 7. }4BthiUung . von der
Entzündung itn !4llgemeinen , hat eine zeitgemSs-
sere UmgesUltung Erhalten, wielch^r dio Arbeiten von
Vogel/tfenle, StiIIing, Rokitansky u. 'A.
KU Grunde gelebt worden sind. Die Enlzttiidung ist
nicht mehr als eine besondere ' Krankheit, die sich
'dtreh Mlh«, Hitie» •Geschwulst «ond Sehnepz' kund-
•giebi,ttg^scAiildirt»'iOBd«ni uilerdi^lsam «cht gerade
n^iis^DseMtüchai, 'aher der littl*ie Mber nochge-
hrfloeMMü» Nwneii Mt dKe ganze Reiheafolge jener
fCf^Mfiedenen übttomen VergXnge in den HaMige-
•Itoca,' der Hyfle^aiilie, SU9e,Bxtiidati«ii u. 4. w», in
ihre« «MinigfacheB • BezfehUDgen besprochen. Hie
MeUiuorpbotfe'der cvtaandlichen ExriAlate ersehetnt
etwas'%ngeiillgend abgehandelt, uitd Bur-die fiiterfing
nad AbtfoasabHdong •islausMirliolier erOrtert. Beim
Brand halle die ir^fflit^he Eintheituog Gaurn ert 's
nach den ifirklichen Ursachen benutzt werden sollen.
Iht'^EntmmdmngMn einzetnerüehilde, der flaut, des
Zallgewebea, der 'fibrOsen ' und s«r#sen Gewebe, der
Mtakeln, ¥enea, - Arterien, Nerven und Knochen, die
eifänIfNeh gar nieht iir^den eritfen Ahschniiligeh^r^n,
iliHl ' obae aMe BerflÖkaiehtigung der histolefiachen
Beacbafievhreit »der: g edaeiiten Gewebe, wodareh eben
der fiflitatlndiiBgapracäss selbst in seiner' Erscheinung
so vieUaeh abge^derl wird, und mit viel au germger
Besofpaahme auf die' pathologisch -onatootischen Be-
fände, Mos af^horialiich abgehandelt. D^r Pnämie,
die in der 6. Auflage noch ganz fehhe , ist ein nach
den besten Forschern bearbeitetes Gapitel gewidmet.
Der 1. Abscbaiit ist gerade um 100 Paragraphen
vsff mehrt worden.
lyer 2. Mä^tnüt, 'der eitrige btforid^e Jrten
der'BntxMduhg «hihift, ' beginnt mit der fto^e, dem
Erythem und df^ Phlegmone dliffkta. Vf. h<it such
nicht to^ ß4m in "der altem Sehale elngewttrtelten
t^iffe ^ner sjiecifischen , ^Kditen ' Roae io^reissen
kMnta , dad das ^rtths^lbafte lym^liseUe 'Hantge-
'ftssiletz üiAl 6«r Sitz dieser i^flectortsehen fintaHn-
dMga^n. INs'ErytMm Milltfit d^rUdfte aar die
Msscffe'FoHD gettein haben. Die Phlegmone iNAisa
aber soll, nach des Vfs. eigenem Gestlndniss, den
KMea "einer fiaotentsttlidoBg um so wettiger" verdie-
nen, je mehraie in die Tiefe g^ht and 'Apbneurosen
tuMl Maakeln' betheiligt Der folgenden Schilderung
der Fer^renwmgen und Erfrierungen hätte noch
passend eine Betrachtung Ober die Tcrletzende Wir-
kiiag-id^r"A«taa]ffttel angtreiht werden MtfifeB. Den
Pitrunkei \ind'€afbMhel, die beide ^s Follicular-
intitlirdun'gen^inHMtaien'gehWen, trennt der Vf. zu
leMrf.
'Der '3. AbschniU, der die EfitzuHdung einiger
be^ondem Organe beiprihht, beginnt mit der Ent-
zündung der Händeln und der Parotis. Däftn kommt
die^Entztlefdulig der Btfl'ste , die in Haütüitd Zellge-
-irai^s- »und än^parendhymatkehe Entattndnngen ge-
Vcd. Jakrbb. Bd. 71. HA. a.
• tiieilt,'und der als Anhang die Fahler* der BrdMwanen
•arilgereiht werden. Es folgen die Entzündungen der
'Harnröhre^ die Tripperentaündnngen ; hier vermissen
vrir .unter der angeführten Lileraliur das treiiiche
18d0 in der 2. Anflage erschienene Werk von
Hacker über die Blennorrhtten iler Genitalien. Vf.
glaubt ndeh an ein besonderes Tripperconlaginm , so
wie an einen syphilitischen Tripper ohne primäre
Geschwüre; die Nachkrankheiten lange andauernder
Blennorrhtfen , namentlich der pathologische Process
der Stricturenbildung, sind nur oberflächlich erwähnt;
die Tripperkondylome und Trippergeschwüre sind
ganz vergessen , und bezüglich der Behandlung tritt
Vf. als grosser Lobredner der Gubeben auf. Dieses
Gapitel erscheint als eines der schwächsten. Die Ho-
denentzttndung ist etwas ausführlicher abgehandelt
DiePsoitis mit ihren Ausgängen repräsenlirt die Uus-
kelentzttndungen als deren auffanendste Art; die pa-
tho4ogiseh-dnat<miischen BeftHide, wie totale Muskel-
'Vereiterung, Verdicknng uad VerknOehemng der'Mlis-
kehcheide u. s. w. sirid nicht erwähnt, ebMi»o ist
die Schwierigkeit d(ir Diagnose nicht hervergeh<yben.
Unter der Ueberschnit „Entzündung 'des Nagelg4ieds"
werden die Onychien, 'Paronychien und Panaritien
vorgeführt; auf letztere passt dieifeberschrift weni-
ger, da diese häfrfijg an eintir andern Phalani, als
am NagelgHede vorknoHnen. Die Entzündungen der
Gelenke werden zuerst im Allgemeinen beschrieben,
und dann werden besonders die Entzündungen des
Bflftgelenks, des Kniegelenks, des Schultergelenks u.
der Wirbelgelenke durchgegangen. Der allgemeine
Theil ist weniger geeignet, dem Lernenden ein klares
Bild vorzufuhren. Bei der Hüfigelenkentzündung
vermissen wir die Berücksichtigung van Schuh 's
trefflicher Arbeit über einige Punkte der Goxalgie
(Wien. Ztschr. 1847), welche eine begründete Er-
klärung der Lageveränderungen des kranken Glieds
giebt. Die Geschwüre hat der Vf. nicht mehr wie
früher zu den veralteten Trennungen des Zusammen-
hangs, welche eitern, 'gestellt, sondern sie den Ent-
zündungen angereiht , allein er hat sich doch nicht
von der durch Rust eingeführten ontologischen An-
schanungsweise loszumachen vermocht, und hat den
Schmelzungsprocess der entzündlichen Exsudate, der
Gesohwflrsbildang , d. h. Molekularbrand bedingti
nieht richtig au%efas8t. Bei der Betrachtung der
Geschwüre insbesondere finden wir noch die räthsel-
= haften impetiginOsen und herpetischen Geschwüre
atfgtftthrt, auch sied die seäbHlsen Geschwüre sammt
d^r Scabies besonders' beschrieben. Bndlich hat Vf.
die Tinea capitis [?], die 'Milchborke and den Lupus
mit zu den Gescbv^ren gerechnet und sie in einer
^Weifte gesehildert, die mit d^n dermatopathologischen
Förftdiuagen in Wfderspruch steht. Das Gapitel der
syphilitischen Geschwüre ist aehr kurz gefasst; die
Entwicklung des syphilit. Geschwürs, und namentlich
der Ueb^rgang des rprhnär^n Geschwürs zur secun-
däfen nnd tertiären Sy))hilis ist nicht präcis genug
gexeicbaet. Die Inoeaialion babufs der Diagnose in
33
268
Fichte, das Enchondrom. — Bühring, d« seitU Rflckgratsverkrttmmung.
zweifeihaften Fällen farcbtet und verwirft Vf. Die
Therapie der Syphilis ist etwas ausführlicher behan-
delt; Vf. rathet auch bei primärer Syphilis zur An-
wendung des Quecksilbers, und ist bei secundttrer
Syphilis günstig ftlr die Schmierkur und den Zittmann
gestimmt. Der Werth des Jodkalium bei syphiliti-
schen Aifectionen ist nicht gehörig gewürdigt.
Unter dem Titel KnochengeschwUre wird die
Caries und Nekrose abgehandelt. Auch hier sind
die pathologisch - anatomischen Angaben sehr dürftig
ausgefallen. Die Spina ventosa wird mit Caries cen-
tralis verwechselt und als cariöser Process geschil-
dert» obgleich sie zu den Geschwülsten im Knochen*
gewebe gehört. Die sogenannte Caries der Zähne,
die seilen einen wirklichen cariOsen Process darstellt,
ist zum Schluss angereiht.
Die //. Ablkeilungy über die Krankheiten^ die
in Störung des physischen Zusammenhangs beste-
hen , beginnt mit den Wunden , die im Allgemeinen
und im Besondern betrachtet werden. Diese Capitel
sind vorzüglich gearbeitet und bewähren den prakt.
Chirurgen, sie bilden zusammen eine kurze, treff-
liche Monographie , die hier und da wohl in der An-
ordnung de& Stoffs , kaum aber in Bezug auf Bear-
beitung desselben etwas zu wünschen übrig lässt.
Die Knochenbrüche hat Vf. durch die Benutzung
Malgaigne*s vorzüglicher Fraclurenlehre sehr be-
reichert. Bei der Literatur über Knochenbrüche
vermissen wir die Erwähnung der guten und selbst-
ständigen Abhandlung des Dr. v. Mebes, die vor-
züglicher ist, als viele der angeführten rein compila-
torischen Schriften. Der Heilungsprocess der Frac-
turen, die Callusbildung ist nach V ö t s c h gezeichnet.
Die Pseudarthrosen, die später noch weiter beschrie-
ben werden sollen , sind nur angedeutet. Die in-
completen Fracturen sind kurz berührt. Die Fractu-
ren der einzelnen Knochen mit ihrer Behandlung sind
kurz und fasslich, mit Hervorhebung der Hauptpunkte,
wie es der Baum eines Handbuchs gestattet, der
Reihe nach geschildert. S t r e u b e 1.
20. Debet dftS Enchondrom nach den bisheri-
gen %md nach eigenen Beobachtungen; von
Dr. E. Fichte. Mit 1 Tabelle und 1 lithogr.
Tafel. Tübingen 1850. 8. VIu.86S. (VjThlr.)
Eine fleissig gearbeitete Monographie dieser erst
seit M ü 1 1 e r 's Forschungen bekannt gewordeneo, u.
seitdem häufiger beobachteten Form von Neubildung.
Vf. stellt hier die in älteren Monographien, in Wer-
ken allgemeinern Inhalts, und in Zeitschriften zer-
streuten Erfahrungen u. Urtheile der verschiedensten
Forscher zusammen, ausgehend von den Schriften
Müll er 's, so dass seine Arbeit eine Uebersicht
der Fortschritte giebt, welche die Lehre vom Enchon-
drom seit Müller's Arbeiten gemacht hat.
Seit 1839 (Müll er 's letzter Veröffentlichung)
hat Vf. sämmtliehe näher beschriebene Fälle von En-
chondrom gesammelt, jedoch nur die, welche an
Knochen ihren Sitz hatten. Es sind deren 28 («
clus. 5 von Labert nicht genauer detailliriea)
Durch diese Zusammenstellung tritt insofern eil
Aenderung in den Verhältnisszahlen ein, dass, wft
rend bei M ü 1 1 e r '/s ^^^ sämmtlichen 32 Fälle d«
Knochen der Hand angehörten , jetzt von den 65 w
kannt gewordenen nur el%va die Hälfte diesem Tha
des Skelcts zukommt.
Unter den einzelnen Capiteln, die bei den ij||
vielfach bebandelten Gegenstande wenig Neues dar-
bieten , ist besonders bei der Diagnose eines Verfilm
rens zu erwähnen, welches Bruns in TObingeaii-
wendet, um die Natur einer zweifelhaften Geschwdsl
zu ermittein. Es besteht nach Art des EzploritiT-
trokars in dem Binßihren einer Eiplorativnadel, ii
welche der Länge nach eine Binne mit schneidento
Bändern eingeschliffen ist , und durch welche ■»
ein kleines , zur mikroskopischen Untersuchung aber
hinreichendes Stück der Geschwulst, ohne Nachlhal
für den Kranken erlangen kann ; ein Verfahren, wel»
ches gewiss sehr zu rühmen ist, wenn man sich
nicht damit begnügen will, erst an dem amputirtei
Gliede die Diagnose zu machen. Dass übrigens diea^
Verfahren auch praktisch wichtig ist, gebt darai^
hervor, dass man, wie Dieffenbach gezeigt lul,|
von dem an Enchondrom erkrankten Knochen soiid
entfernen kann , bis er ungefähr sein früheres Ydn-
men wieder hat , dass dann die Wunde heilea u. det
ungeschmälerte Gebrauch des Gliedes wiederkehre!
kann , da das Enchondrom keine Neigung zu neici^
Wucherung hat.
Zum Schluss giebt Vf. noch die Beschreibung «M
sechs noch nicht veröffentlichten Fällen , die sSnnl:'
lieh von Bruns behandelt und zum Tlieil vonVL
selbst auf der Tübinger Klinik nnit beobachtet ww
den. Am bemerkenswerthesten ist der zuerst en
wähnte Fall von Entwicklung eines Enchondroms ii
Kreuz- und Darmbein, in dessen Innern sich Höhln»
gen fanden, theils mit rüthlicher von zersetzten Blil*
kOrperchen gefärbter, theils eiterartiger Flüssigkeit*
Letztere erwies sich als aus Fett bestehend , u. asd
das Enchondromgewebe selbst in der Umgebung da
Hohle zeigte eine Feltmetamorphose der KnorpelkOr
perchen.
Angehängt ist eine Tabelle über die vom VL ge
sammelten 32 Fälle von Enchondrom.
Gewiss wird jeder Chirurg mit Nutzen und b*
teresse das Schriflchen lesen. Beinhard.
21. Bie seitliche aflckgrato?erkrüm0iBg «
ihren physiologischen und palhologiscken h
dingungen und deren Heilung ^ nebst 1. ^^
resbericht aus dem orthopädischen /*'»■
am Ausgang der Sehoneberger- Strasse «
BerUn; von Dr. Job. Jul. Bühring, pr>^
Arzt zu Berlin, dirigirendem Arzte des InstilBü
Berlin 1851. A. Uirschwald. (Ve Thlr.)
Der wesentliche Inhalt dieses sehr beachtenswei
then Berichts ist folgender. ^
RUhring, d. seitl. RlickgratSTerkrOmmung.
259
I. Eniwieklftf/ff der ursäekUchen Bedingungen
des Sckieftems, Nach Hiodeutung auf die Wichligkcii
des Knochengerdstes im AUgemeiDen and der man-
Bigfadien Abweichungen desselben, kommt Vf. nun
insbesondere auf die anatomische Gliederung u. phy-
nologische Bedeutung der Wirbelsäule, woraua allein
ichoo die 5ftcrs an derselben vorkommenden Diffor-
Dititen erklärlich wflrden. Wenn es aber ferner
feststehe , dass die seitliche Abweichung der Dorsal-
viiikel nach rechts, mit der das geslOrte Gleichge-
incht compensirenden Ausbiegung der Lendenwirbel
lach Imks sich in immer constanier Regelmassigkeit
Hriederhole (unter 100 Fallen kaum 2mal anders),
Bnd diese palhotnprische Thatsache durch Muskelre-
traction nicht erkläi l werden könne , so sei auch die
Scoäosis keine reine Muskelkrankheit t sondern die
l^ilTormitM der Säule wirke erst verändernd auf das
SpanAnngaverhalmiss der Mnskeln. Die Physiologie,
»elcbe so oft den Prototyp krankhafter Abweichungen
Kkon im Gesunden vorgebildet habe, zeige auch hier
ieo sichersten Weg; denn eine mehr oder weniger
nisgesprochene Ausweichung der Wirbelsäule am
IraslsegmeDt, als ftinfle pliysinloglsch gleich berech-
ügte Krümmung derselben, sei constant, und ent-
flehe nteht durch Belastung allein , sondern auch da-
loreh , dass auf diese Weise der Basis des Herzens
nd der an ihr auf- und absteigenden grossen Herz-
icblagader durch eine geringe Seitenausweichung
lach rechts ein grosserer Raum verschafft werde.
kese Priformation sucht Vf. durch näheres Eingehen
ittf den Blutumlauf des Embryo und dessen allmalige
hagealaltong , die dadurch bedingte stärkere Cnt-
iriekluDg der rechten KOrperhalfle im Allgemeinen,
md das dadurch bewirkte Hindrängen des Herzens
■il seiner Spitze nach links , weil es zunächst nach
tben nnd rechts ausweicht, weiter festzustellen, und
lommt endlich zu dem Schlüsse , dass das Herz zu
IbermSssiger Action gebracht durch unablässiges
Bannern gegen die obern Brustwirbel dieselben zu-
rflekdrangt, und dadurch die Wirbelsaule immer am
ieichtesten dem Herzgrunde gegenüber zu Ab weich un->
|en gebracht werde. Im Verlaufe dieser Üeduction
»rflfl VIL die bisherigen Ansichten aber die ursach-
ichen Verhältnisse des Schiefseins , und sucht deren
Dnhallbarkeit nachzuweisen; in der allgemeinen
Schirache findet er nur ein begünstigendes Moment,
die Dranläge selbst aber in der individuellen Gene-
ration, in Störungen des Biutlebens, daher das hau-
ige Vorkommen bei sogenannten lymphatischen Gon-
ititationen, ganz abgesehen natürlich von Scrophu-
Idsen and Bhachitischen.
U. Einleitende Farbemer hingen zur Therapie
Ifer 8eüL Büekgr.^Ferkr, Indem Vf. auf die Klagen
Ist meisten Aerzte und Nichtarzte über die Unzulang-
fakkeit der Heilmittel gegen das in Rede stehende
Babel hinweist, die schönen Erfolge der Chirurgie
Mittels Chloroform und Tenotom hervorhebt, bemerkt
pr nur , dass die Geradstreckung der Wirbelsaule
heilich nicht leicht, und nicht durch das Messer er-
lielt werden könne.
111. Statistik des orthopädischen Instituts. Be-
handelt wurden im ersten Jahre im Ganzen 49 sta-
tionäre und 25 ambulante Kr.; bei erstem zeigten
sich folgende krankhafte Zustande.
I. Leiden der fFirbeUäule , 1) Sformige Ausweichung
der Wirbeisäule mit gleicher Spannung desBogens der Rucken-
und Lendenwirbel, a) 1. Grades ö; b) 2. u. 3. Grades 7;
c) 4. Grades 3 a» Ift. — 2) Sformige SeitenverkrummuDg
der Wirbeisaule mit Prävalenz des Brustwirbels 2. , 3. u. 4.
Grades 8. — 3) Desgleichen mit Prävaienz des l^endenwir-
belbogens i. und 3. Grades 3. — 4) Einfache Abweichung
der ganzen Wirbelsäule nach hnks 1. — 5) Rhachitische
Räckgratsverkrummungen 3.-6) Ausweichung der Wirbel-
saale nach hinten , durch entzündlichen und cariösen Krank-
heitsprocess 1.
II. Gelenkleiden, verschiedene Contracturen 10.
III. Chirurgische Krankheiten 8.
Es kommen somit bei den Pfleglingen beinahe ^j auf
RuckgratsTerkrummuDgen .
Entlassen wurden 28: Tollkommen geheilt 17, gebes-
sert 6 und ungeheilt 5; unter den 17 Geheilten waren 11,
welche an Rückgratsverkrämmungcn litten.
Obgleich Vf. die Teoot^mie in der Orthopädie nur in
seltenen Fällen für nöthig ball , hat er doch in einigen Fällen
diese Operation gemacht, aber ohne dieselbe 17 Contracturen
Terscbiedener Gelenke unter Einwirkung des Chloroforms
beseitigt.
\S. Entstehung und Einrichtung der Anstalt. Im
Dec. 1849 trat sie ins Leben , und besteht jetzt aus 12 gros-
sen hohen Zimmern, Turn- und Speisesaal, Badeanstalt und
freien Plätzen ; unter einer sehr geschickten Vorsteherin sind
3 geübte Pflegerinnen mit dem andern nölbigen Wartpersonal
angestellt. — Nach diesen Angaben hält es Vf. für angemes-
sen, seine Heilmethode ohne Rückhalt der Welt Tor Augen zu
legen.
V. Ueher Messung und Ahhildung der ver-
krümmten Rücken, Yf. hebt in diesem Capitel die
Vorztlge einer Maschine hervor, um die Contouren
des roensclil. Rtlckens mit mathemalischer Genauig-
keit und gleichsam einen unmittelbaren Abdruck der
Natur zu gewinnen , und beschreibt dieselbe mit Be-
zugnahme auf eine beigegebene Abbildung ausfuhr-
licher. Wir verweisen deshalb auf die Schrift selbst
und bemerken nur noch, dass Vf. in einzelnen wich-
tigen Fallen auch noch Gipsabdrücke anfertigen
iasst.
VI. Ueher Eintheilung der Skoliosen nach dem
Grade ihrer Entwicklung, Vf. gründet sein Ein-
theilungsprincip, wie man schon bei den statistischen
Nachrichten ersehen kann, auf seine Ansicht Ober die
Entstehungsweise der Skoliosen , und so zwar , dass
der erste Grad beginnt , sobald die Seitenbiegungen
der Wirbelsäule jenes als normal angegebene Verhal-
ten flberschreiteu , die Brustwirbel oben weiter nach
rechts, unten weiter nach links rücken. Beim zwei-
ten Grade ist der ganze Rumpf schon seitlich abge-
wichen ; beim dritten Grade findet sich kein gerin-
geres Abweichen der Wirbel und eine starre, fast
ankylotische Articulation derselben, und endlich beim
4. Grade haben die Missbildungen nach allen Seiten
bin die höchste Stufe erreicht. Zur deutlichem Ver-
anschauung sind mehrere Zeichnungen beigegeben.
2M
Meye.r, Jabreabcr« d. gyun.-orthopl&d; Instit.
VIL Uebwdie Btbandbmg der seiiUchen Rück-
graUkrummuagen im Besandem. Vf^ schi€kt der
Aogabe seiner eignen Methode au^ftthrlichere Bener-
kuDgen aber Gymnastik voraus, und findet den Grund*
für das leichte Verdrängtwerden der Mechanik in den
unzureichenden fehlerhaflen Druck- und StUtzmelho-
den u» s. w. B. geht dann nüher auf die leitenden
Prineipiender verschiedeiMin B eh andlungs weisen ein,
und findet nur erst in dem InclinationsgUrtel von
Uaijsard eine richtig angewandte Mechanik, ist
abfir. der M^iniing, dass auch dieser unzureichend sei.
Sein Reductwns^ji/jfparai beruht jetzt, nachdem es.
ihm mittels Einwirkung des Chloroforms gelungen
ist, selbst Skoliosen 4. Grades durch Manipulatio-
nen zurechtznrttcken, auf der Anwendung einer Kraft,
die nur seillich einwirkt. Durch eine genaue Z^ich-
nupg und durch, die ni^thigeo Andeutungen wird der
Apparat versinnlichl; er besteht ai|8< einer längliche
viereckigepr etwa 3' langen und 2' hrtäilenPlaUe von
starkem Eisenblech, woran mehrere verschieden ge«^
staltete Pelotteu angebracht werden kOnnen. Hier-
auf kommt Vf. noch einmal ausführlicher auf die Be-
deutung der Mechanik für die Orthopädie zurück,
geht näher auf die schwedische Heilgymnastik ein,
und thut hierbei den Ausspruch, „dass keine Kineai-
therapie der Welt jemals im Stande ist , eine schiefe
Wirbelsäule dauernd auch nur um eiu Haar breit gerr
rader zu machen/' Eigene vielfiiUige Versuche und
Erfahrungen haben Vf. zu dieser Ansicht gebracht,
und er wählt jetzt stets den, Weg der directen Be-
kämpfung des Heilobjeets vermittels Mechanik durch
seinen Lagerungsapparat unter dessen sorgP^itigsler
Ueberwachung. Die Kur selbst zerHÜlt in .eine all-
gemeine und besondere. Der erstem al3 weniger
hierher gehörig^ weil Vf. die durch Vegetationsleiden
hervorgegangenen DilFormitäten streng, von denen
sondert, bei denen er seinen Apparat für anwendbar
hält, wird nur kurz Erwähnung gelhan. Die spe-
cielle aber Iheilt B. in eine vorbereitende, die Haupt-
kur und die Nachbeha/idlitag, 1) For bereitende
Kur. Zur Beseitigung der Rigidität der betreffenden
Organe: Einreibungen öliger Mittel , Anwendung der
feuchten und trocknen Wärme , die verschiedensten
Manipulationen , Knetungen und Biegungen , active
Bumpfubungen y Anwendung des Chlerofoirme auch
äusserlich u. s« w. — 2) Hauptkur (Reduetioo).
Permanente Streckung der. biegsamer, gewordenen
Wirbelsäule auf den^ ReductioosapparaLe. nach vorr
herigen Probelagecungen ; später in Terminen von
14 Tagen bis 3 und 4 Wochen (erste Lagerungspe-
riode), worauf eine freie Zwischenzeit erfolgt; zweite
Lagerungsperiode etwas länger , aber . auch die freie
Zwischenzeit . und sofort bis zum erwünschten JRe-
sultaie. Skoliosen 2. Grades erfordern 4 — 5 sei«
eher Perioden, und wücden in 6 — 7 Mon. zu heilen
sein ; der 3. Grad 8 Mon. bis 1 Jabr. — 3) Naek-*
kur. Wegen der Geneigtheit zu Rüokfilllen wendet
Vf. einen Sicherungsapparat an, und. zur Knäftigung
der betreffenden. Muskein hält er. die specifieche Gym*
^«^stik für. sehr vortheiUiaft.
Hieran reüit Vf. einige kurte Kf;ittktog6seMcbten
von gelungenen Heilungen des hOchsten<iind\Bi6dn^
sten Grades der SkoHoae, und giebt eine tabeUnnitJlhe
Uebersicht des Grades beF den 1 1 gebailleD SMio*
tischen.
Er schlieest mit d^r Bemerkung» dess die DilÜMK
mität, wo sie rem auftriu, beseitigt weffAem Aami
während Heilungen rkachitkeker Rütkgtaiskrum^
mungen u. %, w. bis jetzt nteli; ausserhnibides. JSiit«
nens gelegen ihabeii. Ou C &t O'C km a Hü»
22. Jftbresbericlit Aber djM gymaMti^lir or-
thopädische, Institut zu. H^ismar; von G.
Meyer, Dr. med., Gründer und Director. des
Instituts. Nebst einßr lilhogr. Tafel. Wismar u.
Ludwigslu^t 1851. HinstorflTsche Hofhuchhdlg.
(3V4 NgrO
Der Gedanke i „auf. demseUten Wege und durch
ähnliebe Mittel ^ wie Verbildunge» des KOrpens, vm
einer inoern Disposition vorbereitet, durch diesciro4eff
jene meehanischen Ursachen nicht alkin begründet,
sondern förmlich ausgebildet und unterhalten werdo»
Verhildungon zu ihrer Norm zurttciizBitlhreA/* liens
den. Vf. die Oeberzeugung gewinnen, dassdterOr*
thopädie auch ohne tiefe blutige Eingriffe in jd«n; Or-
ganismus die grüsste Zahl der. „Diflbrmitäteib'Krask'^
heiten'* zu heilen vermüge» und ^nubl er. ferner
behaupten zu künnen, dass« tcw der T)en9kkm:zu
heilen wähml, er jedetmMl die Heilung gtetemioftk
Solche günstige Resultme werden» aber nun von einm
rationell zu Werke gebenden. Arzte > eeiieil werden
können. Durch Beseitigung der Uindernissni« weinfae
sich neniM Heil verfahren stets» entgegensusetEenipSe«-
^en» und mit dem Wuttenke* dMsauoh'dsr Stnei u.
die Communen sieh bei/ Gcttodnng orlbnfiildisehMi- An'-
stalten belhetligett mochten« theUi'.Vf.. einige. nciiMr i
„sehr hMbscAen- Kurem*' mit« die< er in< scftnemtseit
einem Jakre bestehenden. Instilfit gemsehtiMAw'
Die ersten AFM^htU^efkm^angebiame'JiiMaq^
fusse verschiedene« Grades , woMi< dim Rindnri in
verschiedeoem Alter« zur Behsnd^nngi kamens m4
einige Male die Tisnotomte Locher vergeMiob igemarlHi
worden war. Unter Anlegung von > einfscben Bhidsni i
bei geringereroiGrade« und einer Bandage fU«..Ne9clMie !
in ausgeprägten Fällen soll dieMroUstandi^ llettettg
in 6—12 Wochen • erfolgt sein. Als 5. FaU wird
eine Verkürzung des linken. Beisu um 2'' rofefreinta
künstlichen Gelenk mitgetheilt, wojder- GelenkkopC
nach hinten und oben ausgewichen war# Das- Kind
war 5 J. alt, und das Leiden entweder angeä^Nren»
oder im 1. Lebensjahre erworben. Zilraekbl*tn^n§'
des Kopfes in die voihendene Planna nadr. ft Man..
wobei Vf. die Behauptnng ansspricht, aaf\ dUe«ilbn«i
Weise alle alten Verrenkungen im flflftgelenkn iMäen«^
zu können^ Bei näherer Besprechung eineriebenMhi.-l
in 10 Mon. geheilten ScoUasis an einem* sobnränhK 1
liehen» 14jäär. Mädchen» erfahren« win daas die^fie*
handionga weiset des Vfs.! von allen bekanntnn Mellio—
den etwas abweicht, und auf dem.Prineipidan »,6n«» i
beruht» wobei Gymnastiki abmiaohanlnAu
M^mHOe» ^9n >Sto»,def )4%iftt Biiil\liii*4
2«t)
mit OHl)«fMie'm>ApwMi4uB£;8dH*9phti die.Aedafr.
tioa#B so vtrc^onmeD. w4P4^.soU0n> wie sie di«i
iii«»9clilielk«> Qmd am b^iUfi.,v«rxui)9h«Haii. veiwag»
umi duriBk ia dies^nkSiim«. wicke^d^ UntevaiatMing»*-
mitlwLj [DertbeiliirABgfAde'A^aiiM BiXbM aber U^bt
eiiM». init Verbopgea^ . wirkend« Kr^A.] Diie 2> qiQoIi
bepcilriebtMlAP- Ftfllft. b«lreffi»a ein^« g^nz. ti«r«A^r«,
tft<<mlOT^t ^4gnfa«gt»|Kipy im.Kmegielenhi beid«^ in.
Pcdgeif6iiM0FaU«i eAU4iWMkn>i wwdiui ii| 1.0 u»di2|i
WKMbeQfgfrtuiiH. O. C, S'lokmanjk.
23. limoirBS. de la, sociiti di Chirurgie de
Pejri&i Tome deuxiäme , Fase. 1 — 5. Paris
1849 et 1850. V, Masson. 4. avee 3 plnch.
(OVaTblr.)
I. Heft Die. li* Abba«dl}iiig, voi Lo.ir* e»i«
bftlt anaUhfh^b diAKrankbeiUgß^biehie* eiv^r.öt.iJ.
alte» WMcberiiitf welche' 9 ft/^njF^?»: bei sich. ir^ftt
to«v««i einer^ diirch.idh vordere Wämddeif MiepM.
wid vQt9 da ,dufith üeSaufiMecken JmcA am^mi^gß'*
tri9bß9> sWWl\dß^ Dtas$. dieser Fall ' üusserM selteo sei«
ja .vicdleiebteinsig iAseiner-Arl .is .der.Gesebicble dei.
Chirurgie dastehe, mag dem Vf., so w(ie;deii^ hßxkh\r,
erstalter H u g u i e r gern zugegeben werden ; allein
ich fihde darin keinen hinreichrenden Grund ' zur Ver-
wunderung, noch weit weniger aber zn einer so ern-
sten Gontroverse, wie dieselbe zwischen Loir und
Hagnier ausgebrochen ist. Wslirend nMrolich
Loir angiebt; in diesem F^lle seien 3 Polypen zu-
gegfUR gdwesj^n, , wülQ ugiMi ^T nur deren 2, .wovon
der eine 2. L^ppep gehabt, . gelles .lassen.. Ob .dieser
Fall einsig in.der Wiss.ea9Cha(t,dasteIijey far\d ich nicht
Zeit»» zu..uotvsucben,; iode^sen. nvpchte auf die^e
SeUenbeU doeh kfei^'aU;ujig,rosses Gewicht zu legen
sein, da es von manchen andeTQ..Gesi;bwUlsUa und
fremden KOrpern bekannt ist, dass sie sich zuweilen
auf Uffgeahneten Wegen ■ nach aussen Bahn gebrochen.
Auch fahrt Vf. selbst FsHle.von Roux, B^rard und
Lisfra4i/Ci. an, in < denken I^olypen , de& Uterus. ia. das.
Restum ^4r*teo^ od^idunoh die hintere'Wsnid der» Van
gina aus dent Perinfllum' hervorkamen. Hagnier-
bekämpft nicht ganz, grundlos, die Behauptung von
L oi r * dass. d3« Fibrojd. imfAer eiJraatecin, staiionQr,
uDschidythi.sei^. uiidiniemals gangrSiiiescirey wtthrend
Pollen iittrauterin, zeitig» gefüssretch seien u. einer
sehr lebhaften Circulation zur Ernährung bedürfen.
JedsaCails. hat die Meinung von H ü g u,i e r , daas . da^
Psewl»pla8DM> niekt in der Höhle des Uterus, &sn4eni
in d^rüleruswandting seine Entstehung genommen,
und theiU durch die Vagina , theils durch die Bauch-
waod.voriietrele» sei^ einej) hohen Grad von. Wahr-
sdieiiütcbksit für sich. Sehs. bsdeutenid wird diese
Anstdit Docb- dadurch unterstflttt^ dass nach der Ent-
fernung.des in die Vagina reichenden Theils desPseu-
dop^swa der« anders, durch, dije Beuch wand dräUT
gendsi nun. nisht. zuiT) natttrlichen » jetzt frei geworde«
neu Oeftimg'der V^na sich senkte, sondern durch
die MM. recH abdominis heraustrat.
Oef % Aubslx,. über rnUkommme l^gcßtißn des
Kiriegpl^nks mitd^m UaferHkmkelrnmh'V^rH , ist;
von Deguise (Sohn)« usdjvofzdgliich gegen N^It*
gaign« gericMet'V der bebawjN^r di« Kfliesohsibl.
mdssa sieb dabei mit ibver hintuen .FMcbe auf, der
GeleakUeh« der TiUi .beinden « was in* d«m vstrliar
geoden. FalLe nbQbt beoh#cht«t ward, weil, die. belrePi
fende Person sitzend .mit r herwtepbH^fudsm /Unier*
scbeukel gefunden w»rde« u# desbaU). di9 idiiescbeiba
nicbv ganz harisoiUal auf :der Gelenk&li^b^ der. Tibi».,
auftag» DicAS dcit lange* auC 19 S», sich hinapinneivr
deai Reden kwa^r'SMüI: yk^lgA\%n^ f^i^ iüf^iem,
imposante. AftariUHviro-fOepiteL der^LusaUoiiea^ , df|,
demna^hierfUm^so/w^igep/kttrz.Qber demiKivie Jtbn.
gebrAchrn werden durfte» als es sich : gerade« um d^^,.
Kniegelenk Ivand^lfce» u,. Vf. seinen. Fall, nHsbt^ia^eias,!
uttiioJik«iosienft, Lnzstion. dtgiuisire» \9^»wn wtolUe..
LeÄßbl begreiflieh kann, eine solche,, Luxaiion, wie,,
audi hier • gesobehien f nur. durch) eine; beirJlah|liQ|ien
ausseae Gew.aUtbiMiigkeifc' zu, Stande gebracht werden.
In der. vom. Vf. ersHbhe» KraAkbeitsgefßhfcbAetrug,,
die Person im. Aug$nMÄeke ihres Falles, eine scbwerot
Last auf de» ROckienr; — die VevktfrsuAg. des Glifidss
war bedeukii^d>« dif^EinrichftHKgi leicht.
Die Beobachtung einer abnormen Ftrhindung
»wischen ^rt. braehiaL und tiefen Fenen an der
j4rmbtuge bildet den 3. Aufsatz von Fol I in. Unter
vielem Wortgeprange vermag man hier doch nur einen
schon oft' dagewesenen Varix aneurysmaticus heraus-
zufil^den, der nach einem Aderlasse am Arm, wobei
wahrscheinlich der N. median, zugleich mit TCrletzt
wuvde.sioh au^gebikdei hat« [^r geringe .Umfimg
der Gesch wulsi* die .derin^ wabrgenomineu^e chsraktie/r*
ri^is^baZLuerbewegungi so wi^. das Ziscbeq o, das
dem. Blasen,, deri LoeomistiMe.ifliAlicbe^Gfraupch, dae
zuweilen. mit. eMUiTP; Art Wüpmerp wesl^lte» die^n^it
dem Pulsscblageisochroaisehe. Erhebung der kl^io^ii
Geschwulst, die mit der Gompressie». der Brachiali^
verAshwindei« sprechen unzweideutig. fUr eiiven Farix,
anew^sma^icusi,, wobei es. nur befremdet.» dass Vf.
dessen OperaiioAt nicht vorgep4;»m.inen ha^ DemseK
bea wStr^d^nn« wahrsclieinlicli dieser Giasus niebtiS«^»
vecwidrelt^er^chienen, dass er ihn den nQch:d«akeil^<
Gebielten 'der. Cl>ifurgie angeseiht hi<t|.e» we^in.,Appu7
rysma und Varii ojdTenbajr.' nicht gehleren,, wa^ ai^qb,
der BericbierslaUeR dieses Falles^ Mio hon, D)ijL.
Repht erinneru
fm 4. Aufsatze finden wir 2 Beobachtungen von
E s c a 1 1 1 e r ttber variköse Geschwülste des Hoden-
Sackes f mit Elrweiterung des Plex. pampinif. bis zur
Niere, Entzündung und Vereiterung der Venen, der
Geschwulst und des Plexus, womit 2 Amerikaner be-
haftet waren , was den Vf. zur allerdings etwas son-
derbaren. Frage vermochte, ob das« Klima ^niehC d^ran
SehAld trütge^ Kiese beideaF^Ue, die innerhalb. wer
niger Tage tiJdlich alHiefea, boiendas Bild eiaes.eiiirr
geklemmten Netzliruches dar, dessen Operation, ia
Wirklichkeit ausgeführt, dem Vf. zxilol^ ungdi^lLig.
enden imOsste^. de Ja. kein Bru^h vorhanden sei, sop^.
derjiieine Ari ereoilüir, aus Zellgeiwehe^, Feit «t Ge*
262
Memoiren der Soc. der Ghir. tu Paris.
fttsen bestehender Geschwulst, ISngs des Verlaufs
der Varikocele. Ich meines Theils kann niich aber
von den grossen Nachtheilen der Erweiterung des
Leistenkanals in einem solchen Falle nicht überzeu-
gen ; im Gegentheil, aller Wahrscheinlichkeit zufolge,
könnte dadurch die Spannung in den strotzenden va-
rikösen Venen gemindert, und der schon bestehenden
Eiteransammlung Ausfluss verschafft , und somit des-
sen sofortige Resorption verhütet werden. Das von
Monod dagegen in Erinnerung gebrachte Praeser-
vativ ist freilich die Operation der Varikocele , die
aber als Canterisation mit der Wiener Paste, wie
dieser Chirurg will , schwerlich viele Anhänger fin-
den dflrAe. Auf diese beiden Pille hin f^rlion eine
Diagnostik dieser Krankheit aufstellen zu wollen, wie
Vf. gethan, erscheint etwas gewagt und voreilig, zu-
mal, wie dessen Berichterstatter, Monod, sehr
treffend hinzufugt , da die dem Dr. E s c a 1 1 i e r frü-
her gSlozIich unbekannten Kranken nur wenige Tage
vor ihrem Tode beobachtet wurden. Auch die vom
Vf. dagegen vorgeschlagene antiphlogistische Behand-
lung ist rein aus der Luft gegriffen und kann voraus-
sichtlich gegen eine telangiektastsche Degeneration u.
eine Vereiterung nichts leisten. Ebenso wird die
von Monod dagegen vorgeschlagene Tinct. aconili
nutzlos bleiben. Nicht minder ohne festen Halt er-
scheint dessen Analogie zwischen allen , wiederhol-
ter Entzündung unterworfen gewesenen HSmorrhoidal-
Knoten und den hier beschriebenen Varikositäten am
Hoden und Samenstrange.
Der 6. Aufsatz , von Vidal (de Cassis), ver-
breitet sich über syphilitische Sarkocele, Vf. sah
mehrere Falle dieser Krankheit, die einer energischen
Behandlung, besonders mit grossen Gaben Jodkali,
in dem Grade wichen, dass nicht nur keine Spur von
Atrophie zurOckblieb, sondern auch das Zeugungs-
vermOgen ungeschwScht sich erhielt. Zugleich be-
richtet derselbe von einem Falle, wo beide Hoden
ergriffen waren , aber wahrend der eine in Atrophie
verfiel , der andere hypertrophisch zunahm. Es ist
bekannt, dass, wenn das Sehvermögen an einem Auge
aufgehoben ist, das andere in ungewöhnlicher Weise
erstarken und eine bis dahin nie gekannte Sehkraft
erlangen kann. Nicht minder weiss man, dass so-
genannte RIopf-Hengstc — denen 1 Hode genommen
ist — häufig viel wilder und ungestümer bei Stuten
sind, als vollkommene Hengste. Es liegt demnach
sehr nahe, anzunehmen, dass bei der Alrophirung
des einen Hodens der andere nach dem Gesetze der
Compensation auffallend stärker werden könne, ohne
dass deshalb eine krankhafte Hypertrophie stattzufin-
den braucht.
Der letzte Aufsatz dieses Heftes enthält Beobach-
tungen von Nichon itber die fFirksamkeit der
Elektricität bei Lähmung der Blase. Seit Gho-
part ist die Anwendung dieses Mittels bei Blasen-
läbmungen in Frankreich ziemlich in Vergessenheit gera-
then ; zu Dublin hingegen ward 1847 imSt.Georg-Hosp.
eine 60jlhr. Frau dadurch von dieser Krankheit be-
freit. Unserm Vf. zufolge muss man sich beim Ge-
brauche dieses Mittels erinnern, dass die Blase Spi-
nal- und Ganglien -Nerven erhält,, und dass beide
Systeme zugleich von der Elektricität getroffen wer-
den müssen, wenn deren Macht sich wirklich heil-
kräftig erweisen soll. Zu diesem Zwecke ward nun
ein silberner Katheter in die Blase und ein silbenier
weiblicher Katheter in das Rectum bei einem OTjXhr.
Manne gebracht , u. sodann jeder Katheter mit einem
der Pole einer Elektrisirmaschine einige Minuten in
Verbindung gesetzt. Drei Sitzungen reichten hin,
eine seit mehr denn 6 Wochen bestehende Blasen-
lähmung zu heilen. Ein anderer 65jähr. Mann ward
auf diese Weise in 4 Sitzungen von seiner Blasen-
lähmung glücklich befreit. Diesen 2 merkwürdigen
Fällen reiht Vf. noch 2 Fälle von Monod an , bei
einem 89jflhr. Manne u. bei einer 57jähr. Frau , die
beide auch, durch Elektricität Heilung ihrer Masen-
lähmung fanden; im 1. Falle waren 5 Sitzungen,
theils mit Zinnsonden, im 2. Falle nur eine einzige
erforderlich. Dass von Alli^ und Andern m neue-
rer Zeit bei Blasenlähmung such das Seeale cornot.
sehr angepriesen wurde, mag hier im Vorbeigehen
Erwähnung finden.
Am Schlüsse dieses Hefts findet sich eine Bemer-
kung von B a s s 0 w in Moskau über einen sehr gros--
sen Speichelstein, der sich in einem Geschwüre
längs dem Duct. stenon. befand, 18,06 Grmm. wog»
und von dem eine Abbildung beigefügt ist.
II. Heft, Dasselbe erOflbet Ricord mit einer
neuen Beobachtung über Urethraplastik und knüpft
daran ebenso interessante, einer retchen Erfahrung
entnommene, als praktisch wichtige und darum sehr
belehrende Betrachtungen, deren Mittheilung mit Dank
anerkannt werden muss.
Bei einem 26jahr. Schneider bildeten sich in Folge von
Tripper, Harove rhaliung , falscben Gängea, UriDinflltration,
2 Abscesee, wovon der eine am Perinäam, der andere an der
Pars spongiosa des Penis sich öffneie. Dadurch non entstan-
den 2 Urinnstelo, wofon die am Penis 4Vi Ctmtr. lang , 2Vi
Ctmtr. breit war. Diese beiden Fisteln zu schliessen , war
nun die Aufgabe uosera Vfs. Da der Kr. zugleich eine Phi-
inosis hatte , so ward zuerst die Vorhaut eingeschnitten , um
das Verschieben der Haut des Penis von vom nach hinten sa
erleichtern ; dann wurden die Rinder der Fistel am Penis out
dem Nesser angefrischt, 17, Ctmtr. an Breite gelöst u. sodann
mit 10 Nahten vereinigt. Der Urin ward vermittels einer
durch die zuvor em'eitcrte Perinaalfistel eingebrachte Sonde
aus der Blase geleitet. Da sich aber dessenungeachtet etwas
Drin nach der operirten Stelle drängte , so übte Vf. mittels
graduirter Compressen einen Druck zwischen Scrotum und
Dammßstel aus , um diess zu verhüten. Häufige Erectionen
trugen dazu bei, den Erfolg dieser Operation zu vereiteln, die
nach einiger Zeit in gleicher Weise noch 3 Male , anterstfltzt
von Canterisation, wiederholt ward. Als aber auch hierdurch
die nun fast zirkeiförmig gewordene Oeffnang sich nicht
schliessen wollte, ward ein Stuck Scrotalhaut in dieselbe ein-
zuheilen versucht, was indessen wiederum nicht vollkommen
gelang. Nach wiederholter vergeblicher Cautensation mit
Tinct. cantharid. ward zur Anlegung der Körschnernaht ge-
schritten , die aber auch unter BeihGlfe der Canterisation wie-
derholt werden musste , bis endlich die vollkommene Schlies-
sung der Fistel gelang. Um die die Heilung störenden
Erectionen zu verhüten , Hess Vf. den Hodensack heraufbin-
Memoiren der S«c. der Chir. so Pens.
963
deo, durch Heftpflasterstreifen an den Penis heften u. darauf
Eianmschlage machen. Die Perinaalfistet ward theils durch
indsion einer vorhandenen Strictnr Termittels des R i c o r d'-
schen CourefBtotiu [ein aus dem lateiniscben Coareere und
dem priechifichen ufty^iy schlecht gebildetes Wort] , theils
durch Cauterisation zur Schliessung gebracht, und so war die
Heilang endlich in ^4 '"bren erzielt.
Um den Urin, der immerdar die Heilung einer
Wunde, welche die HarorObre mit interesiirt , leidit
vereilell, abxuleilen» bat man 2 Wege; entweder
den Kaibeter, den man in die Blase legt, oder eine
Fistel im Damme , die man ak Abangakanal benutzt.
Ein MiUel, das hier nicht ansser Acht tu lassen,
wenn ein Katheter nicht wohl anwendbar, ist das
Einspritzen von Oel in die Harnröhre kurz vor dem
Urinlassen. Durch UnierslUtzuBg dieses Mittels ist
es mir gelungen, eine Fistel nächst der Fossa navicu-
lar«, derentwegen schon 3 Operationen umsonst aus-
gehalten worden waren, nach blutiger Anfrischung
der Bänder durch die Kürschner -Naht in 5 Tagen
dauernd zu schliessen.
Im folgenden Aufsätze giebl Monod die Be-
schreibung einer Exstirpation der scirrkösen Par-
otis, wobei er selbst die Frage aufwirft, ob die ex-
stirpirte Geschwulst wirklich die Parolis, oder nur
eine verhärtete Lymphdrüse gewesen sei. Die nach
der Operation wahrgenommene Lähmung der ent-
sprechenden Gesichtshalfle durcli Verletzung des die
DrUse passirenden N, facial. , so wie die Leere da,
wo sonst diese DrUse liegt , sprechen fttr eine Ent-
fernung der Parotis selbst. Die Möglichkeit der
Schonung der Carotis ext. in diesem Falle scheint
zwar dagegen zu zeugen, allein nach neuen anat.
' Untersuchungen läuft dieses Gewiss häufiger nur in
einer Furche der Drüse , als es von derselben umge-
ben ist. Wird nun die Drüse grosser, so kann leicht
diese Furche verschwinden und alsdann das Gefäss
gänzlich von der DrUse berreit und entfernt sein. Die
Carotis comm. vor der Exstirpation dieser Drüse zu
unterbinden, hält Vf. für Uborflassig, da er, wie auch
in diesem Falle geschehen, nicht sowohl eine wirkliche
Excision mit dem Nesser, als vielmehr nur eine Aus-
reissung der Geschwulst mit Fingern und Haken em-
pfiehlt, wornach , wie nach andern gerissenen Wun-
den, bekanntlich minder leicht eine Blutung einzutre-
ten pflegt. Das noch rüstige Alter, von 50 J. , und
die treffliche Gesundheil im Allgemeinen scheinen in-
dessen der Annahme einer scirrhOsen Parotis' weniger
ZQ entsprechen.
Lenoir bespricht (3. Aufsatz) einen Fall von
erfolgreich angewandter Acuptmctur hei einem
mehi consoUdirten Schenkelbruche,
Ein 33 J. alter Zimmermann hatte seit 6 Mon. einen
nicht geheilten Bruch in dem mittlem Dritttheile des Ober-
schenkels. Vf. versuchte znent noch einen Dextrinverhand,
der aber die Sache heim Alten Hess. Sieben Monate nach
erlittenem Bruche wurde die Acupunctur in der Weise in An-
wendung gehracht , dass man den Kr. in eine der B o y e r -
Heine' sehen ähnliche Extensionsmaschine legte , und vier
4" lange Nadeln , V^'' ^^^ einander entfernt , zwischen die
Bruchenden einstach und 6 Tage liegen liess. Da hierdorch
Entzündung zum Vorschein kam , wnrden die Nadeln ausge-
zogen und an einer andern Stelle eingestochen, nach 5 Tagen
aber ganz entrernt. Nach 23 Tagen war Callus gebildet, und
die Heilung erwiese sieh tpfiter dauerhaft u. vollkommen.
Da mit diesem Verfahren, das indessen nicht ganz
neu, indem es schon Malgaigne empfahl und
Wies sei u. A. mit Glück in Ausführung gebracht
haben, kein gewaltsamer EingrilT in den Organismus
verbunden ist, so dürfte es jedenfalls in solchen Fäl-
len immer zu versuchen sein, ehe man zu andern
Mitteln seine Zuflucht nimmt.
Larrey (Sohn des berühmten Militär-Chirurgen)
sucht in der folgenden Abhandlung durch nachstehen-
den Fall die Zweifel zu Ittsen , welche in der Akad.
d. Med«, und zwar besonders von Cruveilhier,
über das Forkommen fibroser Geschwülste in den
weibL Brüsten aufgeworfen worden waren.
Eine ledige Dame von einigen 40 Jahren, von guter Con-
stitution^ von gesunden Aellern abstammend, regelmassig men-
struirt, erlitt im J. 1833 kurz nach einander 2 Contusionen
des rechten Busens , worauf sich nach einigen Monaten eine
anfangs haselnossgrosse, später zunehmende, nur zur Zeit der
Menses etwas abnehmende, niemals von lancinirenden Schmer-
zen begleitete Geschwulst bildete. Eine dagegen eingeleitete
reizende Behandlung trug viel zur Verschlimmerung des liebele
bei, so dass sich altmälig hervorspringende, harte Knoten
bildeten. Im J. 1843 wendete sich die sehr bekümmerte Kr.
an den Vf., der den allgemeinen Gesundheitszustand befriedi-
gend, auch die Achselhöhle noch frei fand; nur fiel es ihm
aur, dass der gesunde Busen sympathisch an den Fortschrit-
ten des kranken sich betbeiligte. Da er die Geschwulst für
eine fibröse hielt, so stellte er eine gute Prognose und leitete
ein antiphlogistisches Verfahren dagegen ein, dessen Erfolg so
befriedigend war , dass die Kr. , ohne an die Nothwendigkeit
einer Operation zu denken , in ihre Heimalh zurückkehrte.
Eine Verschlimmerung machte indessen im J. 1848 , 15 J.
nach dem Beginne des Uebels, die Exstirpation der Geschwulst
notbig.
Vf. bemerkt, es wSre ihm ein Leichtes gewesen,
mehr Haut zu ersparen , um nach der Operation die
erste Vereinigung zu erzielen, die er aber aus Furcht
einer zu sclraellen Vernarbung vermieden hatte. Eine
solche Besorgniss ist aber in keiner Weise gegründet;
denn man hat gerade im Gegentheile die erste Ver-
einigung nach der Exstirpation irgend verdachtiger
Geschwülste als das beste Vorbeugungsmittel gegen
deren Wiederkehr erkannt, so lange man noch nicht
die Entscheidung über die Natur einer Geschwulst
einzig und allein in die Hände der Mikroskopiker ge-
'geben hatte. Hartinet's Hautverpflanzung nach
der Ausrottung von Krebsen liegt bekanntlich dieses
Ziel auch nur vor Augen. Die Umgebung der aus-
geschalten Geschwulst durch eine zellig-fibröse Cyste,
ihre gelblich -weisse Farbe, ihr grosser Umfang und
schweres Gewicht (40 Unz.), ihr homogenes fibro-
cartilagindses Gewebe ohne Arterien , die Abwesen-
heit jeder Erweichung u. Encephaloid-Degeneralion, u.,
füge ich hinzu , das Nichtaufl)rechen der Geschwulst
binnen 15jahr. Datier, möchten meines Bedünkens
mehr fUr deren unschuldige Natur sprechen , als die
Versicherung des Mikroskopikers Mandl, dass in
diesem Gewebe keine krebsige Entartung zu entdek-
ken gewesen sei. Indessen das Höckerige der Ge-
264
%l«iolMaK«er^ite.^^Mr Gftfir.^^PMs.
derOperalion g^wkliren doch noch keine enlschiedene
Garaati« fcgan einen mligiichen RUekfall. . A«eh • wird
€\n derartiger Verdacht uro so verzeihlicher, wenn
uns Giräld^s in einem spüler folgenden Aufsatze
versichert, dass eine von ihm exstirpirte Brust von 2
berühmten Professoren genau untersucht u. von dem
einen für ein Fibroid, von dem andern aber für ein
Encephaloid mit aller Bestimmtheil erklärt wor-
den sei.
Sehr interessant ist die Abhandlung von Dauyau
(Chifu^g^n ^n d«r'tt)itierit1t^), M)ir't^filek älif dem
natürlichen Wefe gliiökUth ö&^^dfgtJm Fäll Un
/fuptUfa'vaginde tHÜ Uhb^mHit des Fötus in die
'Bauchhöhle. Sind sMche Fdlle'völi Siitieid^fiz^rrCfis-
sung an Und für isfich sihön ^fehr'sifellfeYi — ' dfe Ge-
schichte"'der Gebu^ihülfe ^veiss'bisher öür Vbn '17^-
so wird «ddrkier efvHMte'VOch'doNhll'ch <h9clMt wich-
tig, dass er iu dön t^etjigfeti'von' D^u g fa s^ , 'ft ff s s
und Smiih gehört, die günstig äbgislaufen sind.
E}fle 2B)ahr.,^«hr kleine, rbaohitiis6be frau mit sHifleeht
^^ildet«to ' BetIkM hbUe whün 3 Wy^e(i>en1^tfen «berstabdeD,
'iTovon io '2'die'EMbirnung, vn eiaem >die'kihlsttt6he Prfih-
gebutt , ifVöi'aäf eine ?fiöon«lJ*Mama' ptterperelis gefolgt w*r,
gemacbt "werdtti mmste , als 'sie zttiu 4. Maie itr gebären im
Begriffe war. Hälftige, von Erbpetfben begleitet« W*hen Irtr-
ttn |)15tzl)ch auf, waehd<*ra «e, imfiegi^lffc ein QescMrr'za
reichen , ans dem 'Belle gefrtlen war. OefK-opf dfes ifiitides,
bisher d^m Fiagerieicbt errercbbar, warvei^sehwandeo, der
Muttermand zog sich zurück, ein wenig Blut 'entleerte äich
darch die Vulva. Der Leib ward im bdchsten Grade empfind-
lich nd ertrag darchaus keine Berfibrang; Facies liippo^ra-
tica; kälte 'Extremitäten; -äusserst schwacher, l^si unzfibl-
barer Puls. ?f. erkannte Mgleich, Dras hier sich ztigelragen,
tmd, bei sieb die -Vortheiie afowägead , welche Gasfrotdmie,
welche der natöriiehe Weg biete, etotscbloSs er sich, letzte-
ren einzuschlagen. Auf der linken Seite des Scheideng^öl-
bes war die Vagina vom Uterus getrennt, der Uterus war nach
rechts und oben gedrScIt, das sebr'klehie, todle'Rind lag
'in der linken Hälfte der Bauchhöhle, der «Kopf stotad Inder
Foasa iüoca. Die Wendung und Perforation mit der S m e 1 -
lie' sehen Scheere gingen leicht von Statten; kein Einge-
weide fiel vor. Die Kranke genas.
In einer nun folgenden Notiz berichtet Maison-
n e u V e über eine Luxation der beiden Reihen der
Carpwhnochen unter sieh und zwar nach hinten^
die sich bei einem durch Sturz verunglückten Daeh-
deok^r vorfand. Für die Diagnose weiss Vf. keinen
wesentlichen Unterschied xwiaehen dieser Luxation n.
jener des Carpus von Radius.
Von den tihr ilelaüUrleii anmotHisch-^thirUr^-
sehen Betrachtungen über die v>elbli6he 'Brust, Von
Girald6s, mOge Dasjenige hier «rae Stelle finden,
^as von einiger Bedeutung Ifttr die Prarxis ist. Da
sich nümlich im Drüsengewebe Zwisrehenraaide von
Fett finden, die nieht sSrnnitlicb talt einander in Ver-
bindung stehen» so süHlen Absceaise, die sich darin
vereinzelt bilden , ntir durch Einstiche ge(Vfilet wer-
den , um nicht dofch fiinschniCfe unnötiiiger Weise
gesundes Drttsengewebe au verletseu. Absdesse Ai-
gegen hinter derDrtlse tollen durch grosse Etnscbnitte
'«ar Erieichterüng des freien Eilerabflnsses eröffnet
wertM. «Die DHlsenzellMi, Budigtwgetiikr DrIMti-
'liAilkle , 'd^hndki i\i\i iWiUn aus , "wdbei dann das
sie uflagebende ilbröse GeW^be hypertrophirl ; hier-
dupoh entstellen üeeeltwlllaie, die hald^denPibroAden,
•bald den//Ene€fphaioid«n <<9htf lieb ktnd, aber 'keilte
%(^gs zu Idiner sch1imiti«ln Prognose berechtigen.
in 'dem fulgeBden "Aufsätze sncht Cullerier,
«ntfame vonr besten sjrphiMo-iliierapeütiBeben' Uapoge,
MSolifi'des.y^Keibn'-S ChirUrg am HApiUl de LoUrafle,
einige PuOk^ 'üäer 'die^mkteibare Jlnsleökukg der
• ß^MitfßslKmtMen. Hfln tn^llte nUmlich tiiwaiteo
'iMdbiftcfalettfaaöen, ^dafss'em Mnfn vdn eintor W«ibs-
t^rnon fyfUiilifvsob htigestbekl> wvrde , "bei • der fich,
der igenaiKriten UiHeribcMng' iuil|^aelMet»'kftia ^clialH
ker'verfiQd; nIan'MihiD dwin^n, • dieselbe «liatoUn
• zuvor mifeinerfn ivnfioirten'Mafcineden fieiseblaftigtpflo-
'^gen » «.äderen Scheide habe<Blur «Is BeMHer für das
syfkrkilitiB^he OemigiumgediMMI, mit weldrem dana
der Nächstfolgende- beschedkt^ Worden sei, ohne dass
die Geberin gewusst, welch ein Oesöheak sie bei nich
beherbergt habe^ Diese Erscheinung, die auch schoi
bei der Lepra vorgekommen sein soll , bildete schon
früher eine ' Gontroversc. Wide mann, Pernel,
ThFerry de Ueri, A. Par^, später Astruc,
Swediaur, Elernandez, u. in neuerer 2ieU
selbst Ricord nahmen diese Ah der Fortpflanzung
des syphilitischen Giftes an, wahrend Andere, wie
Cazenave, sie bestritten, oder doch, wie des F/jr.
Fater, nur mit Muhe daran glaubten. Um nun diese
Frage zur Entscheidung zu bringen, hat Vf. einem
fejKhrigen, mit geschwUrigen Bubonen behafteten
Mädchen, das aber zugleich stark am Tripper litt, von
ihrem Bubonen-Eiter mit einem Spatel in die Scheide,
die dadurch keinen Schanker bekam, geschmiert, und
nach !35 Minuten denselben, freilich nun mit tripper-
schleim gemischten Bubonen-Eiler auf einem Schen-
kel eingeimpft, wo nach 48 Std. die charakteristische
Pustel zum Vorschein kam. Dieser Versuch dürfte
aber meines BedUnkens kaum etwas zu Gunsten der
in Rede stehenden Ansicht beweisen; denn in einer
vom Tripper befallenen Schleimhaut ist die natürliche
Reizempfänglichkeit mehr oder minder verändert, und
zudem kann auf die von Trippereiter überzogene
Schleimhaut das Schankergift nicht einmal unmittel-
bar mechanisch einwirken. Mehr beweisend scheint
der 2. Versuch, wobei Ebenso verfahren wurde, aber
kein Tripper zugegen war, wenn man in diesem Falle
nicht den „Hucus, qui baigne le vagin", doch ftir
einigermaassen verdächtig halten möchte. Indessea
ist ein einlaches Beschmieren derScheidenschleimhavi
mit venerischem Gontagium vermittels eines Gpaleh
doch nicht der Ansteckung durch Beisehlaf mi die
Seite zu setzen, sondern sehr verschieden davon;
denn die Scheide ist bei letzterm in einem lui^eaci-
renden , weit reizempf^glichem ISustande uad 'ako
kann das Gift tei hiJebter^r Zierrevtsbarkeitdies B|»i-
thelium *^h)er mitg^theilt Werden, als auf . jene Wei^e»
wo keine Reibung, kein Turgor, oder die Müglichkeit
des Wund werden« igegtlien ist, sondern ein blot
olMrflloiilichee VeMMmWeii MMtbet.
lf6B#iiiMi der Soe. der Gbir. xa Faris.
9M
BasdimiereD dar Scheide mit venertsehem Eker eine«
■Breuer Bcitehlafe gleich zu achten wVre, wie Vi.
ffffmeint, ao würde es hOolist soR<lerbar aeia, dais
gleieh ia aeinen beide« ersten Vereucbea folohe Aus-
aakBBsevaeheinungeo , wie das Freibleibes voa der
Aosteekaag eiagetrelen wäre. Er wird aber noch 20 u,
30 BhaNche Schmierversuche machen können , o. ist
die Sdileinbaui nur sonst unversehrt, niemals Selian*
ker in ihr auf diese Weise erzeugen. Heines Bedfla-
keas aiad dtt V(s. Versuche, die für eine unmittelbare
Anateckuag sprechen seilen, keineswegs vollgOltig,
Q. enpreiseo auch noch gar nicht die anwiderla^iehe
Seereraiittat der Waachungea der Genitalien mit kal-
Mb Wasaer nach dem Beiaeblafe, als prophylahtisebea
■itlela gegen Sypkrtia. Indessen trett der Uneoll-
kommcttbek dieser Verftiche soll nimmermehr ron
mir in Frage gestellt werden, daas ia manchen Pillen
sonrofal bei Pratiea mit schlaffer Vagina, als bei Man-
nero aait faltenreichem PrSpotium das syphilitische
CeDlagtom eine Zeit lang mechanisch haflea kOnne,
ohne dase solche Triger in der Wirklichkeit davon
aagcatecht werden, und dennoch die Krankheil an
Andere abertragen kOanea. In derartigen Pallea, wo
das Gift nur erst mechanisch haftet , können freilich
kalte Wasehangen helfen; da aber, wo beim Bei-
sehUfa unter gleichaeitiger Verietaung des Spiihelinro
die Milikeilung des Giftes, d. h. Ansteckung, welche
der Eivifnpfbng gleich xa stellen , erfolgt ist , wird
das kalte Wasser aller KallwasserheilanstaUea u. der
Uygaea aelbat im Sticke lassen. Bass sii^h veneri-
scbea Gift, gleich der Vaccine, in Glasern oder selbst
getrocknet, anfbefrahren lasse, ist durch Ricord
laagst bekannt; allein nickt erklärt hat Vf., wie eine
veaerieche Matter, vea der er spricht, mit ihrem
Sckwamme, womit sie sieb die Geschlechtstheile
wuach, ÜMT Bjahr. Kind anstecken konnte. Eine ve-
neriacke Anateckang, dieaa kann man sich nicht ent-
halten , dem Vf. zu bemerken , kann aber nur unter
gleiekaestiger» wenn auch noch ao nnmerklicber Ver-
letsnng dea Epitbeiium der Schleimhaut, oder der
Epidemha der Haut za Stande kommen. Das durch
den mit fenerisckem Eiter vernnreinigten Scl)wanim
isfteirte Kind mnsste demnacfa vor dem Waschen
aekoB eine von der fipidennia entblOaate BauUtelle,
darek vdcbe des Gift Aufnahme in dessen Organis-
ania finden konnte, an sich gekabt habea.
Der 9. Aufsatz ial von A. Porget [wohl ein
SBfaa e4er Bmder dea Strassburger Kliaikera?] und
der Erforschung der Naiur der Ranula gewidmet,
unter JBeigabe einer Hodification des J o b e r t ' sehen
OperatioBarerfahrens gegen diese Krankheit Im Ein-
gBBge beatraitat VI Stremeyer's undPleisck-
BiaBo'a Ansicht über den üraprang der Ranola,
welcbn itfmlieh in einer krankhaften Erweiterung
ciDCS Schlekabeutels bealeken soll. Baa Baaein eines
aoialieB fiokteimkeBtela kennte aket den geDanesten
anatamiicbea Naefafbrsehnngen nafzuSaden nicht ge-
Mageo. Maa bleibt deshalb, wie bisher, darauf hin/-
faaaiesea, die Baaula als eiaa darch Eniaiadnag hee^
«IMMFk^ Bd.9. 1M^^
beigefohrte Verscbliessnng u. dadurch bewirkte .Erwei-
terung des Duct. Whartonianus und Bildung einer
accidentellen Cyste ?u betrachten. Nach vnserm Vf.
giebt es eine acut und chroniaeh enutandaae Ranula.
Wie die MilehgKnge in seltenen PäHen als Galaktocele
sich erweitern können, so fiuch die Speichelgänge;
indessen beschrankt sich die Ansammlung der Flüs-
sigkeit zuweilen auch nickt auf den Speicbelgang
allein , sondern es tragt das umgebende Zellgewebe
auch zur Bildung der Cyste bei. Zweiflern an der
grossen Aqsdehnbarkeit des W h a r t q d ' sehen Gan-
ges hält Vf. die manchmal enorme Grösse darin be-
findlicher steinigler Concremente entgegen. Eine
vom Vf. citirte Beobachtung von M a 1 c o I m s o n be-
weist, dass der Speichel in Folge der Zerreissuiig
eiaes Speichelganges sich ins Zellgewebe ergieasea
und dort in etaer enoroMn bis aufs Sternum sich
ausbreitenden Geschwulst sich einsacken kOnne, die
m^n nur dadurch dauernd zu beseitigen vermocht^
daas maa die Suhmaxillardrüse exstirpirte. Den Ein-
wurf, dass man in der Ranula nicht immer dieselben
chemischen Bestandtheile finde, wie im Speichel
selbst, weist derselbe mit der gewiss gültigen Bemer-
kung zurtfck, dais durch den längern Aufenthalt dea
Speichels in der Ranula diese Flüssigkeit eine chemi-
sche Umänderung erfahre, wie diess mit manchen
andern, zur Aussonderung bestimmUn Flassigkeiten,
die krankhaft zurackgebalien werden, auek zu ge-
schehen pflege. Bie ingeniöse Methode von Job er l,
die Ranula zu heilen (Jahrbb. LXIV, 131, wo ich
dessen Traite de Chirurgie plastique recensirt habe),
Underte Vf. daliin ab, dass er statt des Job er t-
schen Querschnittes vier Lappen und diese auf die-
selbe Weise, wie Jobert gethan, unter sich ver-
einiglCf So will er dann eine grössere Oeflhung,
welche nicht so leicht als die Jobert' sehe zur Ver-
wachsung neige, erhalten haben. Zvrei Fälle, um
die Vorzttglicbkeit seines modificirten Verfahrens ins
Licht zu stellen , sind beigeftlgt.
III. Heft. Der am Schlüsse des 2. Heftes in
der Mitte abgebrochene Aufsatz von Goyrand über
Uydaäden des Unterleibs findet im 3. Hefte seine
Vollendung. Diese Goyrand' sehe Arbeit, die, wie
es auf den ersten Blick scheint, mit unzureichendem
Grunde ins Bereich der Chirurgie gezogen ist, entliält
2 Beobachtungen.
\. Fall, Eio 58jabr. , nervöser, gradier Mann, als
Kind an Scropheln u. später an Varices leidend, wurde 1833
fir phthitiscb gehalten , als er eines Tage« nach einem mehr-
stQndigen Hustenanlalle eine grosse Anzahl Hydatiden aus-
hustete , welcher Auswurf sich mehrere Male in den folgenden
Tagen wiederholte , um dann den Kranken sich allmälig wie-
der erholen zu lassen. Im J. 1845 erbrach derselbe nach
mancherlei vorausgegangenen Verdauungsbescbwerden inner-
halb weniger Tage sehr viele , durch Galle gelblich geffirbte,
gehorateae Hydatiden, wornach alle Zufälle nacbliesaea. Am
i6. Juni 1848 , nach ZufiUen , die beinahe auf das Dasein
einer Peritonitis schliessen Hessen , und zur Anwendung des
antiphlogistischen Apparates in seinem ganzen Umfange aufzu-
ferdera schienen , weshalb denn auch BlaUgel , KaUplasman
34
S66
Memoiren der Soc. der Ghir. lu t^eris.
V. s. w. gebraucht wurden , fand sich unterhalb der Leber-
gegend eine umfangreiche Geschwulst, die bei der Percussion
einen matten Ton ergab, und in welcher der Kr. oft ein eigen-
thfimlicbes Gurren Temahm ; nur an der nach der jedesmali-
gen Korperlage erhabensten Stelle der Geschwulst war ein hel-
ler Ton und auch Fluctuation bemerkbar. Am 26. zeigte man
dem Vf. mit flussigen Stühlen abgegangene Körper, die er für
degenerirte Hydatiden (Acepbalocyslen) hielt. Vf. diagnosti-
cirte nun eine Lebercyste mit Hydatiden mit einer kleinen
Oeffnung in den Darm, wodurch es unmöglich wäre, dass sich
die Cyste vollkommen entleerte. Vf. beabsichtigte nun, dic^
selbe zu eröffnen h deux temps, d. h. zuerst die Cyste durch
Eröffnung der Bauchwand blosszulegen , deren Verwachsung
mit den Wundrändern des Einschnittes abzuwarten, und dann
erat dieselbe einzuschneiden. Pat. gab indessen die Opera-
tion nicht zu , behielt noch längere Zeit Diarrhöe , die sich
aber, wie ein Oedem der Füsse, allmälig ?on selbst verlor.
Im Jan. 1850 befand sich Pat. so gut , als er sich während
der letzten Itf J. nicht mehr befunden hatte. — 2. Fall. Ein
sanguinischer, krafüger Mann von 42 J. erleidet durch einen
Umsturz seines Wagens mehrere Contusionen , unter andern
eine am linken Hypochondrium , wird durch Antipblogose
scheinbar hergestellt ; allein 3 Mon. darauf erscheint an der-
selben Stelle eine umfangreiche sphärische , schmerzlose Ge-
schwulst, die bei der Percussion einen matten Ton hören
lässt und bald die linke Hälfte des Unterleibes uben-agt. Nicht
volle 2 Mon. nachher macht Vf. dem bis dahin fieberlosen Pat.
an der erhabensten Stelle der Geschwulst die Punction mit
einem Trokar [wobei aber nickt bemerkt itt, ob der gleich-
zeitige Lufteintritt vermieden wurde] ; es entleerten sich
15 Grmm. (Ys Unze] einer wässerigen, nicht albuminösen
Flüssigkeit, was Goyrand die Ueberzeugung beibrachte,
dass er es mit einer Hydatidencyste zu thun habe. Es stellt
sich darauf als Folge des Ergusses der Hydatidenflussigkeit in
die Bauchhöhle eine sturmische Peritonitis ein , die zu ihrer
Beschwichtigung den ganzen Aufwand des antiphlogistischen
Heilapparatea heischt. Hierdurch von fernem operativen Ein-
griffen noch nicht abgeschreckt, wie man hätte vermuthen
dürfen, macht Vf. 17 Tage später, trotz noch nicht ganz be-
siegter Peritonitis , Fieber und selbst etwas Delirium , einen
neuen Einschnitt in die äussern Scl^ichten der Bauch wand, u.
at2t in den folgenden 16 Tagen deren tiefere Schichten 5mal
mit Wiener Paste. Endlich dringt das Causticum durch,
worauf sieb anfanglich rein seröse Flüssigkeit, später mit
Eiter vermischt, entleert. Die chronische Entzündung im Un-
ierleibe dauert aber fort, beständige Schmerzen, andauerndes
Fieber reiben die Kräfte des Kr. schnell auf, 10 Tage darauf
ist der Leidende erlöst.
Statt nun diesen offenbaren Kunstfehler freimü-
thig einzugestehen, und seine Collegen vor ahnlichen
operativen Missgriffen nachdrtlcklich zu warnen , wie
es zu erwarten gewesen , misst G. in selbstverliebter
Eitelkeit den tOdtlichen Ausgang, der wahrlich durch
die. in Folge des 1. Einstiches und wahrscheinlich
gleichzeitigen Lufteindringens schon aufgetretene
und niemals gänzlich beseitigte, wohl aber durch
wiederholte operative Manöver von Neuem angeschürte
Peritonitis hinreichend erklärt wird, der allzurascheioi
Zurückziehung und Loslösung der Cyste von dem
Parenchyme der Milz bei, und schmeichelt sich, ohne
dieses Ereigniss, das aber durch die vorausgegangene
Entzündung mit ihren Ausgängen eine sehr einfache
Erklärung findet, den Kr. gerettet zu haben.
Ghassaignac theilt das Resultat seiner Unter-
suchungen über 2 Fälle von Gangraena sponianea
mit. In dem einen wurde ein 57jähr., sonst gesun-
der und ein thätiges Leben ohne Excesse führender
Fischer ohne besondere Veranlassung nach dem Ge-
ftthl des Einschlafens , dem bald völliger Verlust der
Bewegung und des Geftlhls folgte , von Gangrln dar
rechten Hand befallen. Zu gleicher Zeit wir ein ge«
wiaser Torpor des Gehirns bemerkbar, im Herzen eil
Blasegeräusch. Die Carotiden, die äusserst heftif
pulsirten, ausgenommen, fehlte in allen Arieriev der
Pulsschljig während 12 Tagen. Bei der Autopsie
zeigte sich das Herz sehr atrophisch, die Wandangei
des linken Ventrikels vor hällnissmässig hypertrophisch;
alle Arterien waren durch die bedeutende Entwickluig
der Vasa vasorum ausgezeichneL Oberhalb des Dia»
phragma waren dieselben beträchtlich bypertrophirt;
auf der innern Fläche der Aorta war eine Knochea-
schichte sichtbar, in beiden Subclaviis fanden sich aä \
Pseudomembranen überzogene Blutgerinnsel, die aidi
besonders in deren Verzweigungen fortsetzten nnd
diese theilweise verstopften. Bemerkenswerth ist es,
dass hei solcher ausgesprochenen Arteritis die Func-
tionen des Respiralionsorgans keine Störung erlittet,
wie diess nicht selten sonst und besonders auch in
2. Falle bei einem 78jähr. Schreiner sich ereignete.
Hier war nämlich eine Gangraena senilis am Fasse
vorhanden , weshalb nach 3 Wochen die Amputatioi
vorgenommen ward ; allein der Brand zeigte sich avch
im Stumpfe, und 10 Tage nach der Operation sUrb
der Kranke. Die Seetion bot hier den merkwflrdigen
Umstand dar, dass während sonst die pathoiog. Ver-
änderungen des Gefiisssystems am augenOlHigsten an
Ursprünge der Aorta sind, und im Verliältnisse ab-
nehmen, je weiter die Entfernung« vom Gentraicrgaie
des Gefäissystems geht, diess hier gerade entgegen-
gesetzt war. So war die linke PopliUea durch einet
dichten Blutpfropf obliterirt; 3 Finger breit weiter
unten waren die GeDfsse wieder permeabel; bald aber
zeigten sie sich durch kreidige Concremente verstopft
Ja diese kalkartigen Ablagerungen beschränkten sich
nicht blos auf das arterielle Geßlsssystem , senden
zeigten sich auch in den Venen. Gh. hat daraus
sich die praktische, gewiss Nachahmung verdienende
Begel gezogen , bei Gangr. sen. nicht in einer unbe-
stimmten Entfernung von der Begrenzung des Brandes
zu amputiren, sondern erst da, wo die arterieHea
Pulsationen nicht mehr zweifelhaft sind. Ueberdiess
glaubt Vf., dass bei Gangr. sen. gemeiniglich ein der
Poplitaea entsprechender u. dieses Gef^ss verstopfen-
der Blulpfropf angetroffen werde. Etwas starken
Geschmack nach Homöopathie verräth Vf. durch seine
Anpreisung der Aconit -Tinctur bei allen Operirten.
Bon!
Im folgenden Aufsatze spricht Ferdinand
Martin über die krankhafte Erscklafftmg der
Becken-Sympkyse in Folge der Niederkunft Dasi
ein gewisser Grad solcher Erschlaffung zur Zeit der
Niederkunft eintrete , wird jetzt von fast allen Phy-
siologen angenommen ; besteht dieser Zustand auch
längere Zeil nach dem Wochenbette fort, so ist er
ein krankhafter, und dieser ist es, womit Vf. sieh
hier beschäftigt. Derselbe erzählt interessante Fllli^
durch die es klar wird, wie zuweilen diagnoslisdw
Memoiren der Soc. der Chir. zu Paris.
267
IrrthOmer dabei vorfallen , indem man Lageverande-
raogen der GebHnuuUer dafür nahm. Ein unsiche-
rer, wankender Gang, zuweilen die Unmöglichkeit,
sieh aufrecht zu halten, zu gehen, ohne gleichzeitige
paralytiache Erscheinungen, die vorhergegangene Nie-
derkonfl sichern hauptsächlich die Diagnose. Mar-
tin bat, wie Danyau in der beigefügten Bericht-
erstattung richtig bemerkt , die Diagnose dieses Zu-
stande« zwar nicht bereichert, aber emen sehr zweck-
mässigen metallenen Gürtel xur Cotnpression , die
mil gleichzeitiger Ruhe schon von Boyer als das
Hanptmittel zur Heilung dieses Zustandes bezeichnet
wurde, angegeben , und damit auch die obengenann-
ten 4 Falle glflcklicii zur Beilung gebracht , u. zwar
in einigen Mon. , höchstens in 1 J. , was immerhin
grosse Anerkennung verdient.
Den Schluss des Heftes bildet eine sehr umfang-
reiche Abhandlung viDU Demarquay über Sehuss-
unmden der Blase , mil einer noch umfangreicheren
Beriehterstatlung daraber von H. L a r r e y. Es werden
VDB Demarquay 26 Beobachtungen solcher Schuss-
wanden mitgetheilt, welche sammtlich, bis auf 2, die ihm
selbst angehören, von allern u. nenern Schriftstellern
beschrieben, in Zeitschriften zerstreut liegen. Allein
erschöpfend nnd geschichtlich ist diese Aufzahlung
nicht, wie B. Larrey richtig bemerkt hat, auch
ermangelt diese Abhandlung durchaus einer logischen
nnd methodischen Aufeinanderfolge, so dass man bei-
nahe versucht sein möchte , sie eine mit Beobachtun-
gen antermischte Sammlung praktischer Notizen Über
Blasen-Schusswunden zu nennen , die für den Prak-
tiker sehr werthvoll ist und dem Vf. wohl ohne Frage
die gewflnschte Aufnahme in die Soci^tö de Chirurgie
siehern wird. — Derselbe bringt zuerst die Verschie-
denheit der Einwirkung eines Schusses auf eine volle
und leere Blase zur Sprache. Bei voller, ausgedehn-
ter Blase, wo sich dieses Organ aus dem kleinen
Becken his herauf in die Beg. hypogast. erhebt und
also das PeritonSum in die Höhe drangt, ist ein Ver-
schontbleiben A^% letztern durch einen Schuss in die
Blase und folglich eine Vermeidung der Peritonitis,
die indessen auch noch consecutiv erscheinen kann,
leicht gegeben. ' Hierauf hat der berühmte Larrey,
Vater des Berichterstatters Ober diese Abhandlung,
schon langst die Aufmerksamkeit gelenkt. Die Erör-
terung der verschiedenen Bichlungen , in welchen
Scbusswunden in die Blase erfolgen können , ist be-
sonders wegen der gleichzeitigen Verletzung benach-
barter Theile, wie z. B. des Mastdarms, wodurch fa-
tale Complicationen entstehen , von Interesse. Nach
den Alter, dem Geschlechte, der Beleibtheit u. s. w.
werden Umfang und Lage der Blase geschildert, Mes-
sungen vom Peritonaum bis zum Perinäum, nach ver-
schiedenen Lebensjahren mitgetheilt, und auch die
verschiedenen Gegenden der Blase, die Schusswunden
am zogänglichsten sind, nach ihrer Bedeutung gewtlr-
i dtgt. Da Aer Kern von nach Schusswunden sich bil-
; denden Blasensteinen aus der Kugel oder Knochen-
! üOckchen u. s. w. besteht, so zieht Vf. mit Grund den
I
Steinschnitt der Lithotritie in solchen Fallen vor.
Der Vorwurf H. Larrey*s, dass Demarquay zu
leicht Ober das Sludium der Ursachen der Blasen-
wunden — ist denn ein Schuss keine Ursache? —
hinweggegangen sei, ist nicht zu erklären. Die Zu-
fälle , die von dem durch die Wunde ausfliessenden
Urin herkommen , sind jedenfalls der bedenklichsten
Art , und sehr oft hat eine Urin-Infiltration des Zell-
gewebes, wie hinreichend bekannt, den Tod nach
sich gezogen. Von nicht geringer Bedeutung sind
auch die bei Blasen-Schusswunden zuweilen vorkom-
menden Blutungen , z. B. aus der Epigastrica. Den
schlimmsten Ausgang nimmt natürlich die Wunde,
wenn Urin oder Eiler ins Blut gelangt. — Durch den
Katheter überzeugt man sich begreiflich am leichte-
sten von einem durch den Schuss in die Blase gelang-
ten Körper. Wenn Schusswunden der Blase häufig
minder schwer verlaufen , als selbst Schnittwunden,
so liegt diess nach H. Larrey in der unmittelbaren
Aneinanderreihung der Anschwellung und Schorf
bildung der getröfi'enen Theile , wodurch die Infiltra-
tion und Aufsaugung des Urins weniger ermöglicht
wird. Ausserdem stellt sich aber das Verhältniss
der Schusswunden der Blase auch noch dadurch gün-
stiger, dass ein Kanal aus der Blase zum Abfluss alles
Flüssigen vorhanden ist , so wie durch schnelle Gra-
nulation u. langsamere Vernarbung. — ^. Die Behand-
lung der Blasen -Schusswunden besteht nach De-
marquay im Einlegen eines Katheters durch die
Urethra , oder durch den Wundkanal , um Urin-Infil-
tration zu verhüten , in der Erweiterung des Schuss-
kanales, um dem Urin und fremden Körpern leichten
Durchgang zu verschaffen, sodann in Klystiren , wenn
das Rectum verletzt ist, in der Stillung etwaiger Blu-
tung, und endlich in strenger Antiphlogose. Diese
Mittel sind nun ganz rationell, und als solche auch
in die Therapeutik der Blasen-Schusswunden langst
aufgenommen. Larrey erinnert, dass sein Vater,
dessen Verdienste hier überhaupt oft gedacht werden,
was dem Sohne sehr verzeihlich, besonders auch laue
Einspritzungen in die Blase zu deren Reinigung nütz-
lich gefunden habe. Larrey der Vater hat mit
M 0 r a n d auch vorzüglich auf die Vortheile der Er-
weiternng aufmerksam gemacht und zwar insonder-
heit dann , wenn die äussere Wunde verhaltnissmas-
sig klein und buchlig ist. Wenn H. Larrey gegen
Demarquay es als eine Mangelhaftigkeit seiner Ar-
beit rügt, dass erden Suturen bei Blasenwunden keiner
Erwähnung gethan, so möchte ihm in diesem Tadel kaum
beizustimmen sein ; denn kaum ist doch wohl Vieles
mehr zu fürchten, als eine Urin-Infiltration in das Zellge-
webe und eine solche kann sehr leicht das Resultat
einer festen Sutur sein. Die Frage rücksichtlich des
Nutzens der Boutonni^re bei Blasen- Schuss wunden
lassen Demarquay und H. Larrey offen. Den
Rath von Demarquay bei gleichzeitiger Verletzung
des Rectum von hier aus einen in der Blase befind-
lichen Körper herauszubefbrdem , sei es , dass man
sich hierzu des Fingers oder einer Polypenzange be-
diene, schlägt H. Larrey mit vollem Rechte sehr
268
Memoiren der 800. der Ghir. su Parit.
hoch an , zumal es jenem gelungen ist , auf diesem
Wege 40 Knochensplitter aus der Blase zu entfernen.
Im Allgemeinen muss es wohl als Regel gelten,
fremde KOrper erst nach Ablauf der entzündlichen
Periode durch den Steinschnitt aus der Blase zu ent*
fernen, und H. Larrey's entgegenstehende Ansicht
durfte nur weniger Anhänger sich zu erfreuen haben.
Die Nothwendigkeit des Steinschnittes einmal erkannt,
zieht Demarquay den Schnitt durch das PerinHum
jenem über der Symphysis vor, während H. Larrey
dem letztern das Wort redet. Diese Frage ist so oft
schon discutirt, das« man zuletzt beinahe auf das:
,,Chacun ä son gouf' reducirt wird. Das Zurttck-
bleiben von Blasenbrüchen nach Sehusswunden der
Blase ist sehr selten ; der berühmte Larrey hat in
seiner langen Laufbahn nur einen solchen Fall er-
lebt.
IV. Heft, Dasselbe beginnt mit einer Bericht-
erstattung durch Morel- La valUe über eine Ab«
handlung von Boinet, betreffend die Behandlung
des Ascites durch Jod- Einspritzungen. Ehe jedoch
die Jod-Einspritzungen gewürdigt werden, sieht sich
Vf. gemüssigt, verschiedene andere Stoffe, die man
zu demselben Zwecke auf diese Weise verwendet hat,
in ihrem therapeutischen Werthe zu prüfen , u. zwar
fand man zuerst die atmosphärische Luft — wir-
kungslos. — Roosbroek, ein belgischer Arzt, ver-
suchte dann 1830 Einspritzungen von Stickoxydulgas
in 3 Fällen, deren Ausgang günstig gewesen, Brous-
s a i s in 1 Falle , der nach 8 Tagen , zwar anderer
Gomplication halber, mit dem Tode endigte, wornach
aber die Serosa nicht entzündet getroffen ward. Diese
Einspritzungen sind also nicht allein unschädlich,
sondern scheinen auch von unbestreitbarer Wirksam-
keit zu sein. — Indessen fanden Roosbroek und
Broussais keine Nachahmer. — Von Einspritzun-
gen von Weindämpfen liegen 4 Fälle vor, wovon
gleichfalls 3 glücklich verliefen und nur in einem das
angewandte Mittel erfolglos blieb , aber keinen son-
stigen Nachtheil brachte. Die ersten 2 Beobachtun-
gen sind von G 0 b e r t , einem belgischen Wundarzte»
die 2 andern von Lhomme. Da hiernach gar keine
Zufälle eintraten, so entsteht die Frage , die Vf. un-
entschieden lässt: ob diese Einspritzungen einfach
das Gleichgewicht zwischen Secretion und Absorption
wieder hergestellt, oder mehr oder minder umfang-
reiche Adhäsionen im Cavum perilonaei bewerkstelligt
haben. Die Schwierigkeit in der Anwendung u. die
Ungenauigkeit in der Bestimmung des Temperaturgra-
des dieser Dämpfe Aussen indessen wenig Vertrauen
zu deren fernem Anwendung ein. — Ferner wird ein
Fall von Vivielle milgetheilt, in welchem bei einem
40jähr. robusten Manne nach der Paracentese Was-
ser und später Chinadecoct mehrere Male eingespritzt»
und eine radicale Heilung erreicht ward. Allein so-
wohl diesen, als den folgenden Fall, in welchem
Jobert nach dem Einspritzen von Alkohol auch
Heilung beobachtet haben wollte , hält Vf. genügend,
um darnach die betreff. Einspritzungen nicht zu em-
pfehlen. — Was nun die Jod-Einspritzungen betrifft.
so hat Botnet 8 Fälle davon, beobachte! ton
Dieulafoy, Griffon, Leriche» Rnlogti,
Vollant, mitgetheilt, wovon 6 heilten. Die Jod-
Einspritzungen enthielten 2 — 4 Grmm. Jodkalt und
2&-^d2 Grmm. Jod-Tinctur auf eine QaantiUl voa
150 und auch nehr Grmm. Wassers; in der Begd
reichte eine einmalige Einspritzung bin. Nur einmal
wurden 3 in kurzen Zwischenräumen wiederholt
Sie wurden meistens zur Hälfte im Cavum perilonaei
gelassen , und es folgten niemals beunruhigende eit-
zUndliche Erscheinungen darnach. Die Waasersucfat
war nach verschiedenen Krankheiten , als ünlerdrtdh
kung der Regeln , der Hautausdunstung , Leber- oad
Milzverstopfnng , WechselSeber 11. s. w. eDUlaadaa.
— Unter den 6 Beilungen nach Jod - EioapriUiingea
nahm man 3mal Symptome von erfolgten Adliäsiooes
im Unterleibe wahr. So weit der Vf. ! — Die Mode,
Jod einzuspritzen , um damit adhäsive EntzüadiiogeD
hervorsurufen , rührt von V e I p e a u her , «ler seboa
vor 12 J. nach der Operation der Hydrocele »olcbe
anrühmte. — Wie jede Mode« die von Paris aiugeht«
Nachahmung findet, so auch diese. Was ich gegen
Velpeau bereits vor 10 J. bei Gelegenheit der Be-
urtbeilung des 1. Bandes seiner Le^ns orales
(Jahrbb. XXX. 375) über das Jod bei Hydrocele er-
innerte, findet im Wesentlichen auch hier bei Ascites
seine Anwendung. Adhäsive Entzündungen, behaup-
tete ich dort, seien nöthig, um Verwachsungen zwi-
schen der Serosa und den unterliegenden TUeilea
hervorzubringen , wodurch an sichersten der Rfick-
kehr der Wasseransammlung vorgebeugt werde. Wel-
cher reizenden Flüssigkeit man sieh zur Einspritsaog
bediene, sei gewiss ganz gleichgültig, wenn dadurch
nur jener Grad von Entzündung, der eine Adliäsioa
zur Folge hat, bewirkt werde. Dem Jod kOene
hierbei kein bestimmter Vorzug eingeräumt werden,
am wenigsten, wie Velpeau meint, ein in beson-
derer dynamischer Besiehung zu dieser Krankheit
stehender ; es wirke eben reizend , wie unter ähn-
lichen Verhältnissen eine entsprechende Auflösung
von Zinkvitriol, Hüllenstein , Sublimat , auch wirken
würde. Dieser Ausspruch erhält durch den voran*
Steheoden Aufsatz von Boinet — der auch in jüng-
ster Zeit Spina bifida durch Jod-Einspritzungen ge-
heilt haben will (Gaz. des höpitauz Fevr. 1649 et
Avril 1851) — in Betreff der Bauohwassersuelit die
volle Bestätigung. Denn man ersiebt daraus, da«s
nicht blos dem Jod, sondern auch andern Substanzen,
wie z. B. dem Stickoxydulgas« den Weindämpfon, \
Chinadecoct, dem Alkohol u. s. w. und gewiss einer ;
langen Reihe von ähnlich reizenden Substanzen « die
Eigenschaft zukomme, in Form von Einsprilsangen
adhäsive Entzündungen zu erregen. Da, wo keine
Adhäsionen zu Stande kommen, ist die Heilung wohl
meistens nur zweirelhaft, und wenn aich wirklich
ein Gleichgewicht zwischen Secretion und Absoqption
in den bisher erkrankten Theilen dadurch hergestellt
würde , so könnte diess immer noch nicht für eine
absolut speoifisoh - dynamische Wirkung des Jo4
spreohen, indem ja auch andere Substanzen von glet-
MemdlrM dar ^ogi d«r Ghir. lu Pam»
«her Wifkitmleit in 4ieeer flittiichi wXreo« laaifr-
bM »t udettell dM Vft. äcttttHuH daBkbar tniuer-
bMDeii» diesen Heilweg gangbarer tu machen # mit
dflnkl 48 Buch» m«8i€ man sieh h«Ui, hei offenbar
erganiaehen Uiden in der ünlerSeibahOhlei wekhe
biiiftg Waaseranaammlungen lur Folie dienen« eine
ndicale Heilung der leUlem um jeden Preis eraieJen
XU wollen. Ich aliame hierin Hual bei, der aieh
euiachieden dahin auaepraoh, daaa man sieh wehl
hflien solle» alle Uebei radieal heilen au wollen«
Sebea Hf drocele wird zuweilen nichi ohne anderwei-»
tige Gefehr heaeiiigt« Bei Ascilee aber wird in
Ottrehachniile noch öfter eine solche Radicalbeilung
«uanliaaig erscheinen.
In de« folgenden AufsaUe beschreibt Pariae
MWei neue Arien von Brüchen, die er Herma ingui-
netäs externa üUrn-iUaca und Hemia in§umaU$
m^üa nM^peekaHe nennt. Durch diese Beoennyng
IM xugleicAi der SiU beider Arien von Brachen aoge^
deutet. In faktischer Hinsicht ergiebt sich Folgen-
den: Zulklle» wie sie sonsl eine Binkleamung he-
glMeu» fordern anm Bmchscbnitte auf; man macht
desselben, trifft aber auf keine Einklemmung» deren
ZttlUlle jedoch fortdauern. Diese Fortdauer miast
man uun einer innero Einklemmung» oder einer Pe-
rilMilis bei. Parise lehrt dagegen, dass man auch
hei solchen FiUen an einen Bruchsackbrueh» dessen
im Unterleibe befindlicher Theil die Einklemmung be-
dingen kenne» denken, und daher in dieser Richtung
seine fiachforeehnngen fortsetzen moase. — Die Be^
richteraiatter Ober diese Arbeit» Denonvilliers,
Buiaet und Gosselin» wie auch frnber schon
Pelletan» Gruveilhier» Cock» u. mit ihnen
gewiee eine groasc Anaahl denkender Chirurgen las-
sen dieaen doppelten Bruch einfach so su Stande kom-
meo» daaa der schon gebildete u. vom fibrösen Ringe
getrennte Bruehsackhals» der in die Fosaa iliaca oder
vor die Blase au liegen kommt» (rflher» ehe eine Einklem-
mung bestanden hatte » reponirt u. dadurch awischen
Perüeallum und Fascia transveraalis geschoben wird»
wahrend der Grund dea Sackes aussen liegen bleibu
Die Dnrme» durch daa Bruchband surackgehalten» ver-
weilen nun awischen Bruehsackhals und dem fibrdsen
Binge. AUmalig dehnt sich das Peritonaum aus und
bildet einen innem» vom äussern getrennten Sock,
Parise dagegen glaubt» dieser Doppelaack habe sich
primitiv auf einmal gebildet » vermag diess indessen
nicht au heweiaen. Damit ein Sack in der vsn P a -
riae angegebenen Weise sich bilde» mttsste das aus
seiner natUiiichen Lage gedrängte Peritonaum eine
fibrOae Oeffnung finden » durch die es eingeschlossen
wflrde» wodurch ein Brucbsackhals entstände.
Hatte man » waa nicht geaehehen , den Verlauf der
Art. epigaatr. ins Auge gefasst» ao wttrde man hier-
über wohl mehr Licht bekommen haben ; denn diese
Arterie hstte aieh dann zwiaehen dem innem Leisten-
ringe und dem KOrper des innem Bruches finden
mttsfen» wenn die Bildung des Bruches im Sinne des
Vfs. sUU^ehaht haben wQrde» Die Erklärung von
T ei aaier hat auch wenig fOr sich. — Wenn man
aber für eine gefebene Thalaache eine eiifacbe Br*
klarungsweise besitat* so sollte man niemale au einer
geawungenen » wie aie vom VI verancht worden iat»
aeihe Zuflucht nehmen. Die Berichteratatter» in Pa<*
ria lebend» wo so vial Gelegenheit geboten ist« sich
allaeitige Belehrung su verschaffen » heben nun auf
dem vom Vf. eingeschlagenen Pfade weitere Forsehun- .
gen angestellt» und theilen hier mehrere Beobfoh-
tungen mit» aus denen hervorgeht» dass es nicht hioa»
wie allerwärta bekannt» Falle giebt, wo in Folge einer
erat kttralicb bewerkstelligten Reposition ein innerer
Bruchsack allein augegen» sondern audi aelche# wo
nun Einklemmonga-Symptome bei Jenen wahrnimml«
die in fnUierer Zeit oder auch noch nienmla einen
Bruch gehabt haben. Dann giebt es aber auch Falla«
wo ein doppelter Bruchsack vorbanden « wie in den
von Parise eraabllen Beobachtungen» denen biar
noch mehrere andere von Pelletan, ft. Coeper»
Cock, Teissier angereiht werden. Hier kann
nun entweder jeder Sack eine eigene Oeffnung mit
der PerilooäalhOhle haben , oder ea besteht nur ein
Bruchsackhals, und swar dem innere Sacke angehA-
rig» der mit der Peritonaalhithie communioirt; M
Hala des äussern Sackea lauft dann hierbei in den
erateren aus«
Es f^llt auf, unter den sonst im Durchsehnitte
gediegenen Abhandlungen in diesen M^moirea auch
einem beinahe schnlerbaften Aufsatze su begegnen.
Dieaer ist von Auziaa Turenne über 2 Tkrämem»
sacägeseAwülste bei einer an Mutterkreba vereiorbe«-
nen 40 J. alten Frau. Die vom Vf. versuchte Paral-
lele von Entzündung des Tbränensacks und deren
Folgen mit der Entzündung der Harnorgane ist» wenn
auch nicht tlhei durehgefOhrt , doch keineswegs neu.
Den Schlüss des Heftes bildet eine Abhandltmg von
Boinet über den Nutzen der Jodeinspritzungen
bei Caries und den davon abhängigen Congestions^
abseessen. Da unserm Vf. zufolge bei Congestions-
abscessen alle Zufälle von der Eiteraufsaugung abhän-
gen » so muss man diese zu verbaten ifachten , und
diesB geschieht am besten mit Jod» das als Aetzmittei
die absorbirenden Gewisse verschliesse, AnschweHung
erzeuge und eine adhäsive Entzündung begründe.
Dauere nach abgelaufener Entzündung die Eitemng
fort, so sei die Wiederholung der Einspritzung, die
jedesmal 4 bis 6 Minuten in der Hohle verweilen
müsse, angezeigt. Die Oeffhung, durch welche diese
bewerkstelligt worden , brauche nicht gegen die Luft
abgeschlossen zu werden, weil die Eiterherde zur Ab-
sorption dadurch unfähig gemacht seien , und nicht
mehr absondern. Aus diesem Grunde erachtet Vf.
auch die subcutanen Einstiche für überflüssig dabei.
Die Abscesse müssen so frühe, als möglich geöffnet
werden , damit die Eiterherde keine zu grosse Aus-
dehnung gewinnen. Die iodtinclur wird gewöhnlich
zur Hälfte mit Wasser gemischt, und zur vollkomme-
nen Lösliehkeit des Jod etwas Jodkali betgesetit ; zu
spatern Einspritcungen wird auch oft reine Jodlinctur
verwendet. Vier Beobachtungen dienen dazu, den
Werth dieser Jodeinspritzungen ins rechte Licht au
970
Memoiren der Soc. der Chir. za Pani.
stellen. Im 1. Falle wird bei einem 34jahr. Tluissier
eine mehrjährige Garies des Httftgelenks binnen 8
Monaten durch iodeinspritzungen geheilt. Im 2. Falle
wird die Geschichte einer 38jähr. Dame erzählt , die
innerhalb 6 Monaten durch 8 Einspritzungen von
einem Ton Garies des Os sacrum abhängigen kalten
Abscesse befreit wird. Der 3. Fall zeigt uns die Ge-
schichte eines 21 jähr. Madchens, das gleichfalls von
einer Garies der Halswirbel durch solche Jodein-
spritzungen geheilt ward. Der 4. Fall endlich be-
trifft einen 9jahr. Knaben, bei dem binnen 3 Monaten
Heilung von einer Garies vertebralis mit Hi)cker auf
diese Weise erzielt worden. — Hiernach scheint es
allerdings, dass die scharfen 'iodeinspritzun^'on nicht
ohne vortheilhafte Einwirkung auf die Garies an ver-
schiedenen Stellen des Körpers geblieben sind, ob-
gleich nicht zu leugnen , dass eine 6 bis 8 Monate
dauernde Behandlung eben auch keine allzu kurze ge-
nannt werden kann , und dass man in so langer Zeit
dabei der Naturheilkraft auch die ihr gebührende Be-
achtung schenken muss. Soll aber nun auch nicht
im Entferntesten die günstige Wirksamkeit scharfer
Einspritzungen bei solchen Uebeln bezweifelt werden,
so kann ich doch nicht die Bemerkung unterdrücken,
dass hierbei das Jod nicht als auf die kranken Fla-
chen dynamisch wirkend zu betrachten sei , sondern
dass die Eigenschaft, als Gauterium zu wirken, und
dadurch allmllig eine adhäsive Entzündung hervorzu-
rufen, auch noth manchen andern Mitteln, wie z. B.
dem Hollenstein, Kupfervitriol u. s. w. zukomme,
wie ich diess bereits oben ausfQbrlicher erörtert
habe.
V. Heft. Lebert verbreitet sich in einer
grössern Arbeit über Cancer u.Cancroid derHaut^).
Wenn ich früher bei verschiedenen Anlassen mich
gegen die exclusive mikroskopische Tendenz in der
patholog. Physiologie ausgesprochen habe, so ging
ich von dem Principe aus , dass Einseiligkeil überall
nicht zum gewünschten Ziele der Wahrheit führen
könne, dass solche aber selbst die bedenklichsten
Folgen für dieselbe haben müsse, wenn man, wie
diess leider nur zu oft geschehen , sich der Haupt-
stütze bei allen medicinischen Forschungen , der Be-
obachtung am Krankenbette nlmlich, entschlage, od.
dieselbe nur als Nebensache betrachte. — Lebert
mag das Fehlerhafte einer solchen einseitigen Rich-
tung, wie er selbst sie auch früher verfolgt , erkannt
haben ; denn in der vorliegenden Abhandlung sehen
wir mit Freude, dass er der Anatomie und Mikrosko-
pie nur zur Feststellung der histologischen Elemente
Werth zugesteht , dagegen der klinischen Erfahrung
1) Der Name Cancroid wurde fon Aiibert geschaffeD,
von Hughes, BeoDet, V i r c h o w aDgenommeD ; letzterer
Schriftsteller, der auch den Lupus u. Herpes exedeas zu den
Cancroideo rechnet , betrachtet dieselben durchaus nicht als
60 gatartig , wie man sonst glaubte. In seiner Darstellung
weicht er, wie wir nun gleich sehen , mehrfach von Lebert
ab, obgleich letzterer im Wesentlichen doch mit ihm Qberein-
stinunl.
zur Bestimmung der pathologischen Wichtigkeit krank-
hafter Producte ihr wohlverdientes Recht einrXumt.
Sein offenes Geständniss, dass er in mehr denn eiBem
Punkte seine Meinung über die Naturgeschichte ▼ob
Cancer und Cancroid geändert, spricht für seine
Wahrheitsliebe, aber auch gegen di^ unantastbare
Zuverlässigkeit früherer mikroskopischer Beobachtun-
gen. Es ist ohne Frage , dass er sich dadurch wie-
der mehr den klinischen Aerzten nähert, welche langst
den milderen Hautkrebs vom schlimmeren Drüsen-
krebse unterschieden haben. — Eine schärfere wis-
senschaftliche Sonderung, besonders von Cancer and
Cancroid, that hier freilich langst Notli, und dem Vf.
gebührt vorzüglich das Verdienst , dieselbe ins Leben
gerufen zu haben , wenn auch die therapeutische Er-
rungenschaft, die dadurch erzielt wird, vorläuBg
kaum nennenswerth sein möchte. — Aus des Vfs.
neuern Beobschtungen ergeben sich folgende Resol-
tate, welche den Cancer der Haut charakteristisch
vom Gancroide unterscheiden. Der Hautkreb* kann
auf allen Gegenden der KOrperoberflSche sich ausbil-
den, doch vorzugsweise im Gesichte und an den äus-
sern Geschlechtspartien. Die Form dieses Krebses
liegt in der Mitte zwischen Scirrbus und Encephaloid.
Der Krebs bildet in der Haut, wie sonst, ein neu hinxu-
tretendes Element, das alles Vorhandene zerstört
Der Hautkrebs ist aus einem fibrösen Stroms von
mehr minder flüssigem Inhalte zusammengesetzt Die
Epidermis-, Papillär- und drüsigen Theile können
darin hypertrophiren. Ist der Hantkrebs aufge-
brochen , so sind die Geschwürränder hart und cal-
lös ; zuweilen findet Uebergang in Encephaloid Statt
Das Mikroskop zeigt hier deutliche Krebszellen und
elliptische Kerne. Granulöse u. fettige Infiltration ist
dabei häufig, während die Blutelemente darin selten
sind. Der Hautkrebs besitzt die Neigung, den gan-
zen Körper zu inficiren. Seine Recidive nach der
Operation beschränken sich daher auch nicht auf ört-
liches Wiedererscheinen. Der Ursprung desselben
ist in den Schichten des Corium selbst, seine schein-
bare Gutartigkeit täuscht nicht lange; Schmerzen,
Ausbreitung des Uebels, Anschwellung lymphatischer
Drüsen lassen nicht auf sich warten und binnen 6
Mon. bis 2 J. ist gewöhnlich das Leiden beendet ; es
befällt mehr Männer ( : 10 : ) als Frauen ( : 6 : ) und
zwar am häufigsten im Alter von 55 — 65 i. Wie
die Ursache dieses Uebels durchaus unbekannt ist, so
ist die Prognose auch schlecht — Das Epidermial-
Cancroid unterscheidet sich davon wesentlich. Die
Haut nimmt dabei an Volumen und Gefässreichthum
zu, entzündet sich und bricht auf; ausser der Epi-
dermisvermehrung findet aber dabei eine Neubildung
durchaus nicht Statt Der ganze Organismus wird
dadurch niemals inficirt. Je nach dem Sitze des
Epidermiscancroids lässt sich derselbe eintheilen in
Epidermis-, Papillär- und Corium -Cancroid, Man
findet davon alle Abstufungen von einfachen Warzen
bis zu Cancroiden vom schlimmsten Aussehen. War-
zen sind blos eine Volumenvermehrung einer Papillen-
gruppe mit einer Epidermisumhüllung'. Mit dem Mi-
Memoireii der Soc. der Ghir. zn Parii.
»1
kroskope findet man im Ceneroide immer die Elemente
der Epidermis und eigenthOmiicbe Epidermiskagel-
chen. Dm Epidermialcaocroid hat eine ausgespro-
chene Neigung lur Verschwarung an der Oberfläche,
die sich mit einer Kruste zu bedecken pflegt ; zuwei-
len zieht es auch tiefer liegende Theile, wie Muskeln»
Knochen in sein Bereich , aber immer nur durch ein-
fache Itrüiche Forlpflanzung» niemals durch allgemeine
Infeetion, wie der wirkliche Cancer, eine Erfahrung»
welche dem Vf. durch 18 Autopsien sich ergeben
hat. Auch die Recidive des Gancroids bestehen nur
in einer Fortsetzung des primären Uebels und keines-
wegs in einer constitntionellen Wiedererzeugung des-
selben. Wenn beim Cancroide zuweilen benachbarte
lymphatische DrQsen mitleiden , so erklart Vf. diese
Erscheinung entweder durch die von F o 1 1 i n erwie-
sene directe üebertragung der Epidermis fermitlels
breiter » kurzer Lymphgefifsse ohne Klappen , oder
durch Absorption des Epidermisblastems vermittels
Endosmose. Niemais findet sich aber darin die Krebs-
zelle ; die chemischen Notizen Aber das Cancroid sind
noch äusserst dttrfiig. Zuweilen stösst sich das-
selbe spontan ab; im Beginne als Warze oder
Sehrande schmerzt es nicht. Bei zunehmendem
Wachstham mit entzündlicher flyperJfmie» auf welche
gewöhnlich bald Bildung von Geschwüren» die im
Gesichte ein fressendes» an den äussern Genitalien
eiD flecblenartiges Aussehen annehmen, folgt, bleiben
auch gewöhnlich die Schmerzen nicht aus. — Wird
der Tod nicht durch Saflleverlust oder durch Verhin-
derung des Genusses von Nahrungsmitteln früher her-
beigeführt, so ist die mittlere Dauer des Uebels 6^^
J. ; an der Unterlippe 3%» am Penis 3^3» am Rumpfe
und den Gliedern beinahe 9, an der Vulva oy^» im
Gesichle 9^^ i. Es werden beide Geschlechter fast
in gleichem Verhältnisse davon befallen» und zwar
zwischen 40 und 50 J. Ueber die Veranlassung
dazu weiss man wenig. Phimosis scheint indessen
für das Cancroid am Penis» das Rauchen aus sehr
knnen Pfeifen für jenes an der Unterlippe zu prSdis-
poniren. Die Prognose ist günstiger bei Cancroid»
als bei Cancer, jedoch nach Vf. keineswegs im Allge-
meinen so sehr erfreulich» was indessen einigermaas-
sen mit der frühem Angabe desselben von dessen rei-
ner Oertlichkeit im Widerspruche steht. Die Heil-
barkeit des Cancroid» so lange es noch nicht allzusehr
an Aosbreitung gewonnen hat» ist unbestreitbar» wie
die Praktiker langst wussten. Man wird dem Vf. ge-
wiss nur beipflichten , wenn er ausruft : Frühzeitiges
Zerstören durch Messer oder Caustica» oder durch
Combination» oder aber ganz unberührt lassen. Un-
serm Vf. dünkt der sogenannte Schornsteinfegerkrebs
aneh nur ein Cancroid zu sein. — Das Cancroid er-
scheint auch zuweilen auf der Oberfläche der Schleim-
hXaie» wie auf der des Mutterhalses» der Zunge, des
Magens» wo man es oft mit wirklichem Cancer ver-
wechselt hat ^). — Das Reloid von fibrOser u. fibro-
plastischer Structur , ohne Frage dem Cancroid ver^
wandt, hat nach der Operation eine entschiedene Nei-
gung zu Localrecidiven.
Die zweite und letzte Abhandlung verbreitet sich .
über eine von Michon an einem Bauernburscben
von 19 J. vorgenommene pariieile Resection des
Os maxiilare syperius mii Erhaltwig des Gaumen-
gewolhes und des Jlveolarrandes , behufs der Aus-
ziehung einer knöchernen» elfeobeinarligen Geschwulst»
die sich im Antrum Highmori 3 i. zuvor in Folge eines
erlittenen Schlages entwickelt hatte.
Gaameogewölbe uod Alfeolarrand zeigieo sich getond ;
Kauen ond Schlucken ging gut fon Stotten , dagegen war die
Sprache näselnd, der Geruch ferloren, das entsprechende
Auge etwas aus der Orbita Torged rangt und bei geschlossenem
Munde ging das Athmen etwas beschwerlich for sich. Im
rechten Nasenloch war ein schwarzer Körper sichtbar» der wie
ein nekrotischer Knochen aussah. Der Zweifel über das We-
sen dieser reichlich faustgrossen Geschwulst, auf welcher
die Hautfarbe bis auf eine kleine rÖthliche Stelle unverändert
war, wurde durch Lyoner chirurgische Notabilitfiten , als
Bonnet, P^trequin, Bouchacourt, welche deren
Eutirpation contraindicirt erklärten, noch erhöht. Vf. stellte
nun den Kr., der ohne Kachexie» obscbon etwas lymphatisch
gewesen sein soll, der Soc. de Chir. vor» und in Ueherein-
stimmung mit dieser, die im Torliegenden Falle mit ihm weder
ein Osteosarkom, noch einen Polypen erkennen konnte,
schritt er am 7. Jan. zu deren Ezatirpation, die ohne Chlo-
roform forgenommen ward, um das Blut ausspeien zu lassen,
und 06 Minuten dauerte. Ein V-Schnitt, der von den beiden
Augenwinkeln begann , dessen spitziger Winkel mit einem
Ctmtr. Entfernung auf den Mundwinkel fiel , diente dazu , die
Weichtheile nach oben hin zu schlagen. Dieses Verfahren,
wodurch der Facialis und der Duct. Stenon. ohne Zweifel der
Verletzung ausgesetzt werden, steht der Dieffenbach'-
schen Methode nach. Hit Hülfe einer Rollsige — Scie h mo-
lette — (Osteotom ?) , so wie mit Hammer und Meisel , ward
die aus dem Antrum Highmori hervorgewucherte , harte, 4
Unzen schwere, elfenbeinerne KnocheAentartung unter starker
Blutung herausgenommen, in der R o b i n mit dem Mikroskope
nur Knochensubstanz entdecken konnte.
Den scheinbar glücklich Geheilten stellte Michon
am 7. März der Soc. de chir. vor, allein meines Be-
dttnkens ist diese kurze Zeitfrist noch keine Garantie
gegen die Möglichkeit einer Wiederkehr dieses Uebels»
recidiviren ja selbst manche Osteosarkome zuweilen
erst nach vielen Monaten ! Die lymphatische Consti-
tution des Kranken lisst mindestens zu einer solchen
Befürchtung einigen Raum. Wenn Vf. im glacklichen
Glauben lebt» seine Operation sei einzig in ihrer Art»
so möchte ich ihm diesen süssen Wahn nicht rauben»
kann aber doch nicht umhin» bei dieser Gelegenheil auf
eine theilweise Exstirpation desOs max. sup. die Auf-
merksamkeit zu lenken » die ich behufs der Entfer-
nung einer ein Paar Jahre zuvor in diesen Knochen
eingestossenen und abgebrochenen Messerklinge vor*
genommen und dadurch den Leidenden von einer
langwierigen Caries befreit habe. Die Geschichte
dieses denkwürdigen Falles habe ich im 2. Hefte des
1. Bandes der Heidelberger med. Ann. vom J. 1835
1) Nach Virchow (Verhandlungen der phys. medic.
Gesellschaft in Warzburg I. S. 106) ist das Cancroid ein im
Innern erkrankter Gewebe befindliches Gebilde, bestehend aus
Hohlen, die mit Epidermiszellen ausgefüllt werden. Dasselbe
ist also nicht blos papilläre Hypertrophie mit enormer Zellen-
wachemng an der Oberflficbe. [Vgl. Jahrbb. LXIX. 182.]
973
Brak«, EmoU. tob MordaiMmka.
aiedergalfifi. Jener Mano kbt heute noeh gesanfl
«ad mittler. U6gt der Paiiepit von Micbon nach
Verlauf ebenso vieler Jahre aieh auch nach eiaer
g|eic|i gv(en (leaupdbeit erfrßif en ! Pauli.
24. A >yfte««tic tre«ti«0 bigtorical, «tUlo-
gical «nd practica), »a tb« jpriQ«iiK(l dwe«-
ses Qf tke inUriorvAUcjofNortliAiiieri««,
ßs they ajfpedv i» (he Cßuc^$iaa^ Jfticßn,
JniU^n aß4 Esg$ini4f.wc y^rUties of iU pppu^
laäon; by Daniel Prake, M. 0r. Gincin-
Dati, Winthrop, B. Spaith and Co. 1850. 8.
Yöl, l XVI u. 878 ß.
Vor 46 Jahren begann der Vf. seine schriftslelle-
rieche Laiif^ahn mit einer kleinen Schrift: ,,NQticea
QonMrning Cincit^nati,'« Seil jener lfn\ wandu er
naablaiaig sein Iniereese der medieinisohen Topogra*
phie seines Vaterlandes zu und erscheint nun , nach
iOjähr. Arbeit, wieder vor deoi Publikum mit dei^i
R^aultaie eioea ganten «lühevpUen {iebens. Je
groasartiger die Aufgabe iat , die der Vf. sich geatelU
hat, je ausgedehnter das $tQck Erdoberfläche, dessen
Krankheiten er sludirt« mit desto grosserer Verehrung
müssen wir diesa inhaitsreicbe Werk empfingen, und
Bef. will von vorn herein gealeben , dass , wenn ihn
bei der Leclflre dieses dickleibigen Buches ein unan-
genehmes Gefühl beschlichen hat, diess lediglich in
der sieb aufdrängenden BeUracMung bestand, dass
solche Arbeiten wohl geeignet sind, unsere Eitelkeit,
als ob wir allein ^.deutschen Fieiss und deutsche
Gründlichkeit** besässen, zu dämpfen.
Von einem Auszuge kann nicht die Rede sein,
per erale (uns allein vorliegende) Band eutbält fast
QOO enggedruckte Seiten und auf dieaea nichts al«
Thatsachen und solche kurze und gedrungene Re-
flexionen, welche sich eng an die Thatsachen an-
schliesaen. Das Terrain , deaaen pathologiaehe Ein-
fldase und Resultate der Vf. untersucht (das innere
Thal von Nordamerika)« ist jene grosse PlXche, weiche
im Norden von der Polarsee und der Hudsonsbay, im
Süden vom Oolf von Mexiko, im Osten von den Appal*
lachiachen Bergen, im Westen von den Rocky Moun-
taiaa begrenzt ist, und auf einer Ebene von ungeOihr
6 Millionen (tagliache) Quadratmeilen eine zahlreiche
BavUlkerong enthjtit, die sich aus Elementea der kau-
kaaiaehea , afrikanischen , aaierikaaiachea u. mongo-
liaehea Race (Eaquimaux) ausammeasetzte. Nachdem
Vf. eia auafahrtiehes medieiniscb-topograpiiisches Bild
dieses gesamaKeD LVodercoaiplexts in der Art ent-
worfen hat» dass er nach aatttrlichen Grenzen daa
Gaaza in kleiner« Obepsichlliehe Abaelmltte lerfillil,
geM er alle wesentKehen ätiologischen Momeate eia-
leln dareh. Ueberall zeigt aieh der wahluaterrichtete,
besoanene, aatarwisseaaehaftltehe Arat» and wenn
maa die gaaz ausaepordeatliehea Schwierigheitctt ke-
deakt, weiche eia so grasaes Terrain einer umfassen-
den Darstellung eatgegeastelit , so wird man diesen
Theil des Buches nicht ohne die grOsste Hochachtang
f^r den Vf. lesen können. Die verschiedenen nctea-
rischea Binflasse, die Wohnung, Kleidung, Speisen,
Geiräake, geaelliga Vergnttgangen , Beachiftigaag
(Ackerhau, laduatrie, Bergbau, Handel, Reisen)
werden nach eiaaader vom Staadpuakte der Hygieiae
uad Pathologie beleackiel, u. OberaU weiss Vf. darek
seine kurze, gedrungene Sprache und dareli daa
wirklich seltenen Reiohtham an gesundem Menackeo-
verstande den Leser zu fesaeln. Diese üntersuckn»-
gen , die , wie schon erwähnt , keines Auszugs fähig
sind, fallen mehr als zwei DriHtheile des ersten Ban-
des und bilden das erste Buch des gesammten Werke.
Im zweiten Buche geht Vf. dann zur speciellea Patfaa-
logie aber und behandelt zunäehst unter dem Namea
Herl)stlieber (Aulumnal fever) alle diejenigen in
Herbste massenweise auftretenden fieberhaften Krank-
heiten , welche von verachiedenen Schriftstellera un-
ter den Namen der remittirenden , intermittirendea,
biliösen, malignen, Sumpf- oder Malariafieber ge-
trennt aufgefasst worden sind. Alle diese Varietälea
beschreibt zwar unser Vf. auf das Trefflichste , weiss
aber dennoch ihre Gemeinsamkeiten (eommaaia) ia
Bezug auf locales und temporäres Auftreten, Sympto-
matologie, Nachkrankheilea und Therapie mit so aa-
befangenem generalisireaden Blicke aufzufassen, dass
wir uns wirklieh bei dieser Lecittre in die besten Zei-
ten der epidemiographischen Auffasaungsweise der
Krankheiten versetzt Älhlten und unsere Befriedigung
darüber auszusprechen uns gedrungen fttMen, daas ii
einer Zeit, in welcher die ml^glichate atomistischa
Verkleinerung des zu untersuchenden Objeclea nar
noch Werth zu haben scheint , und in welcher man
durch Studium des Bruchtheiles eines SympttMacheas
berühmt werden kann , doch jenes hdhere Talent des
Verständnisses und der Darstellung nicht verloren ge-
gangen ist
Auf das Detail dieser Untersuchungen Inhalten
wir uns vor näher einzugehen, wenn es uns vergänat
sein wird. Ober den 2. Band dieses Werkes, welebar
daa gelbe Fieber bespreelieB soll , zu berichten. —
Druck, Papier u. Ausstattung mit Situationa-Iüurtehea
aind anglo-amerikanisch — i. e. vortretiicb.
H. Neumann (Brealau).
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amociiR
der
in- und ausländischen gesammten Medicin.
Bd. 73.
1852.
BBsaasa
M 3.
A. AUSZOtS.
L Medicinisehe Pbysik, Chemie und Botanik«
213. Analekten ans dem ffebiete der pa«
tkol- Chemie mit spedeUem HinbHck auf die
Fraacü; von Dr. Tomowilz. (Wien. ZUchr. VII.
10 u. 11. 1851.)
1) Der Harn im Typhus.
Vf, sebickl eine skixsirteBMchreiiiMBg des typho-
len Harjis , wie er auf der flobe der Krankheit er^
scheint» voraus ; knüpft sodann an die einseinen cha-
rakterisiiscben Cigenschaften and Bestandtheile des-
selben weitere Bemerkungen , und sehdiesst mit einer
Zusammenstellung der diagnostisch wichtigen Punkte.
Die Methode der Untersuchung und der Behandlung
des Stoffes zeigt, dass sie der He Herrschen Schule
entsprungen ist. Der Harn auf der Hohe des Typhus
zeigt eine „bierbraune*' Farbe» ammoniakalischea
Geruch , normales oder vermindertes specifisches Ge-
wicht» alkalische Reaetion.
In Rücksicht auf die Quantitätsverhältnisse der
nonpalen Bestandtheile, ist der Harnstoff normal oder
wmtndert^ die Harnsäure normal oder vermehrt, das
Uropfaaein vermehrt, das Uroxanthin normal, die Chlo-
ride und Sulpbate vermindert, die Phosphate normal
oder vermindert; von abnormen Bestandtheilen hftlt
er Eiweiss und kohlensaures Ammoniak ; oft auch
Sedimente von barnsaurem Ammoniak [?] mit wenig
Tripelphosphaten.
1) Farbe des Hamsi „bierbraun''. Man soll
aoB der dunklem Fttrbung nicht auf grthMere Goneen-
tration schliessen. Die Ursache dieser Färbung be«
ruht nicht auf der Gegenwart von „Biliphaein" (Zim-
mermann), sondern auf der Vermehrung des ei-
genthOmlicben Hamfarbstoffs „Urophaein". Dem
Verlaufe des Typhus nach » hat der Harn im Stadium
lUd. Jahrbb. BiL 71. Hh. i.
der Zunahme Entzündungsröthe , auf der Hohe der
Krankheit die „bierbraune" Färbung, in der Abnahme
endlich ist er blass (bei reichlicher Absonderung).
2) Die alkaäsche Reaetion, von Vielen als Haupt-
kennzeichen eines typhösen Harnes betrachtet, macht
nach SchOniein die Prognose um so ungünstiger,
je stärker sie hervortritt. Allerdings ist nach des
Vfs. Beobachtungen der Harn selten sauer oder bleibt
es wenigstens nicht lange nach der Entleerung. Allein
man darf umgekehrt aus der Qualität des Harns keine
günstige Prognose stellen; denn Vf. sab in vielen
tOdtlich endenden Fällen den Harn bis zum letzten
Augenblicke sauer bleiben.
Becquerel fand unter 38 Fällen 1 mit alkal. Harn
Andra! - - 150 - 2 - - -
Tomowitz - - 137 - 90 - -
wobei Vf. allerdings selbst bemerkt, dass er nur in
eklaUnten Typhusfällen, u. zwar 1 — 3 Std. nach der
Entleerung den Harn nntersucbte, u. zugiebt, dass man-r
ober Urin sauer gelassen worden sein mag. Ob der
alkalische Harn als solcher in den Nieren secemirt»
oder es erst in der Blase geworden, ist nicht zu ent^
scheiden. FUr letztern Fall spricht der Umstand,
dass schwach sauer abgeschiedener Harn oft eine
Viertelstunde nach der Entleerung schon alkalisch
wurde.
Endlich kommt Vf. darauf, dass die alkal. Reao-'
tion des Urins wohl grOsstcntheils von einem langem
Verweilen desselben in der Blase, in Folge einer Art
Paresis der letztern, d. h. von der längern Berührung
mit dem Blasenschleime abhänge, und daher nur mit-
telbar ein prognostisches Zeichen abgeben kOnne.
"tigitized by
8) Farhetoffe. Eine häufig vorkommende Ver-
35
974
I. M^diciiiiiehe (hyiä» Chamia «• Bataiik.
mehrnog det Urounthin hSnge tob IfebenamstlBdeii
ab, die Urophaeia - Vermebrang sei aber charakte-
ristisch.
4) Den Hamitoff fand Vf. in »Malet Mmic^
eher vermindert ; wXhrend er nach %. It^ s% ^t)l& Ytt
Deberschusse vorhanden ist. Die grössere Menge
der Färb- und Extractivstoffe hindert die genaue quan-
titative Bestimmung desselben. Die Verminderung
solle man nur nicht aurEoslen der Umsetsung in koh-
lensaures Ammoniak setzen , da der sauere Harn die-
9ilbe «Alts» :gii feige.
6) Die anorganischen Saize sind von besonde-
rer BisdßQinog» Die CUarÜjs mL «iwwif £<ftiJ4x
Dfoh dem Vf. zuerst aufmerksam gemacht» augenf^n||f
vS^hniHih^t da Salpeters. Silber im typhösen HaiW
eine kaum wahrnehmbare Trübung hervorbringt [einen
genauem Nachweis giebt Vf. nicht]. Diess sei con-
stant und für die Unterscheidung des be(
Gatarrh. ventriculi febrilis sehr wichtig.
phate sind gleichfalls vermindert. Bei den Phospha-
ten stellt sich kein besti^imtes Venhlllniss heraus,
nur beim sog. GerebraltyfAitts sehAi sie term^t.
6) Der AJhumingehaU zeigt constant Verschlim-
ilitihittg, sefhi Verschwinden Besserung an, Vf. wie-
derholt flie geWöMlfdien Vorsichtsmaassreg^n für die
BestlihmtMg dtrsi^elbeti.
IT) Ihts köhOMiaxXte AiAinonidk ist die Ut>sache
d^r afkalü^cb/^fn'AbacVfdn. 'Durch vorsichtiges ErwSr-
mlcte ^if»(ft xAin'tfi deih Punkte, Wo die saure Reac-
tioti WieAer'^intrftt. Ita Betreff der Vöglichkeit einer
ittif^ti Kekcfidte lei Giegeflwart von 'kohlensaure Am-
AkMti^kiMa »iishiet '|(leiehzeif% sauren und alkalischen
Reiacti<fnf < VtefWeiM tf. auf tt e tl er. tfOgtich endlich
M '«s , ^a»s die Hiii1i!(toffkersetzung ildiön im Blute
Tyt/hOHelr tytghine , da Lfebig, ScTierer, Win-
ter darin freies Ammoniak liadhgew'iesen haben.
'6) Die Sedimente sind ohne kritische Bedeiitaqjgi
Der häufigste Bestandtheil derselben ist nach dem Vf,
hamsaures Ammoniak, sowohl in saurem [?}, als in
dkaNM^twm filime. INttii ffie MarMtihiefM t^rmi^n,
die BMong -von -kehlenMurem Afnidoniiric g«fit rsABt±
t«r««Ms , Ulla in jedem flarM •wIrO «d^s tdblettsM^
Attmdniak «Intttfsr a«f Hosttfn lllftr HMWsWrre i:tT-
UM «114 ztüc BIMung ton MnMauiVtti Attfmottititk
y^vefSKfdi,
Per frisch gelassene klare Harn tröht sich bald
in der Lutt bei gewöhnlicher t'emperatur, durch Aus^
Scheidung desTrttlibr gelösten harnsauren AmmoniakSi
und setzt dasselbe allmklig als braunrothes Sediment
Ib. *Kftstillrsfi^te1hrniSlttre ist sdt^, Mle'lKrysUlle
^tJtaiteHlisattrem Mitron dhtte'Betleatulsg.
Vf. stellt zum Scblttsae dio^für J)ii|giiMse» Jlie*-
^nose^ Theiapie wichtigen Herkaaln dAs <t]yhöati
Harns kurz zusammen.
Für die JHagtßose eioas llYphm «M ^fn^tig:
die dunklere Farbe bei g^9«Di specifischem Gewiehte,
die Urophaeioveraiehroig» dieVeniiiidinwgderCldo-
ride und Salphate, die Gegenwart von koUensaiiraM
4n0l94Ml (ücl-bei saurer Reaction).
Ifef ler p^erentialdiagnose empfiehlt Vf. noch
^WgWiHfc ^MWSntfc zu berücksichtigen : fdr Memingt-
tis: stark saure Reaction, grösseres specifisches Ge-
wicht, starke Vermehrung der Phosphate, seltenes
Auftreten von Albumin; tilr Peritonitis: Uroxanthin-
vermehrung, grösserer Albumingehalt; fOr tfncls
Tubenkuloset hohes q>eciflsches «"Gewicht, slui«
tteadlMu^Mn yhaiifeH iiclot «iir äAr gerlbgetlil^
ridverminderung ; ftlr eine gastrische Irritation : rela-
tiv normaler Harn.
l^'iB Prognose macht gut: Abgang bllMprn I^TÜ^
älMlige Zunahme der Chloride, AbnahM W ittai-
lischen Reaction; schlecht: fortgehender Eiweiaagc-
halt, constante Chloridverminderung , bedeateiide
Jfei^se koUensauren Ammoniaks, schmutzige, dottUe
^Ä^ des fiams.
POr die Therapie r>th Vf. Acida in Gebrauch so
iliehni, um IBögHaher ^Aisetdem Vorwiegen der Al-
kalis im Blute zu steuern und dem Zersetzungs-
processe auf der Schleimhaut der Blase Einhalt zn
rtraii. (Uble^
2ri4. iJeW Üe ftrdsie dfr JSiIlaiuikMi-
d6nuig; von H. Nasse. (Akad. Einladungspro-
gramm.) *)
•Mts einer im t. WiT <lb«r 5 Hemäte 'aMgedehn-
Mb B#rtla>shmiig «iM« mittiiMr Gill«ii1htel 'v«rseha-
nen OMteb ifhollt «Vf. hl«r nur «Aiej^irfgen ResvhKte
mit, Wtfldbe »Mdi Mf «die 'Metftgttng MgeiiAer «on
Ihlii gMellMn l^glMibeiMMi :
1) wie gr«as ist die Ifeqge «der Gidle, wtlelseiii
Biwd in H ScuiideB nbaandArt?
1^ wie irid feste und 'i^^e viel wesedtliehe GlI-
bftnbestaufdthiiilhB trxlt ittese Menge?
3) welchen Einfluss hnl tdna lAnt «der Rahriiagf-
-mittel auf 4i6se Verhaltnisse?
Om tin (Rälls •fltakande tftUr tNir<MllM«biin
iUars, «aa «Utlarar Gff«Mse^(Hd|ie*dsrvardiMi
bis snm Schpl^rbUtt mm lö"^ Kpfperiima-- «S'f)« vqn
saialler Gemfflhsart: vor 3 Monaten bdtte sie feboren. Aa
mdt^'d^*^ifmU6ti»mim'i<fr'&er'Vtkmr^
«efttffi def^HMlttttg der'MüelwMe dte liimailbaein-
gwikiritfli&, Ider tatt. «üolidwli.iisnMv ofluHiAMafr , oi»
Gallenblase vorgesogen, mit mehren N&hten<«nffi«e'«naMn*
der angeheftet und geöAiet.
Wilfrend aer>4blgeiMen Iftf^'Micftfies Mb», nrfssige
Emfhni« «nr^HMin »Mit/tiiih^switlMkl/intfcniiMli^iiaie-
ien«isr.di»0h4dia,abli6preli»de'aaUs(|ereislisn'HimwnAst»i
L^. 4BferQAl.., mebrmal|ge JSrweitenvif .dar iEiatei«U dfüi
mmt^
i indole. Mari>nf|i 1851.
'pV^Wdr^tpli
L MmmmUmnvik,
iK tfUiiik.
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.|»ni riättBb <is<« Bl«;bp«iuer« «MMk an 4m f istelitf««!
befestigt war, theüf mm» tricbterOniitf en BU«lif eOutt wkm
IS tage nacli 4er Operation beginnen die Verso^hti^e^
hen. Der Hond wiegt m dieeer Zeit 9,9tf Kgrmin.» sein Kotli
|ig.sicbit.|fiiiickenfr»alalriiber, hreü&; die EnUetnpgen baa-
figer« Vf. beatinunt doq 8 Monate lang tSglicb Smal (frfib
for der ers^n , Abende nacb der letzten FQtteftmg) : 1) dak
abMttt^ 1) dhs h^eifieekeOMHcItt deraotgesonderteiOall«,
Mi Üe OsMelit ibr» iHtan BcMlndtbelin M itiXikmnmmar
l^ckoMa» wmi bnreelKiel lAlyterea aasMrdeainacÄPraeoiil«^.
Bei nelirtfi^r gleicbartiger Filtterung führt er nur die gross-
tea nnd Ueinslen und die Mittel-Zablen für die tagliche und
MelHllelle Annondehio^rSsse air.
Wir geben in Nachstehendem iinc die in Jeder Versncfts-
rAe fllr die Btständige OailMinenge gewonnene Mitieltfbf,
so wie das auf dieselbe Art erhaltene spsiiOinlie fiewscbl «id
den Gehalt an Festtbeilen in Proceoten.
In den ersten 6 Tsgen , wo die Schirfimnie die Galle
noeft Iii9cfat so gtat tafbtfbmen , ei^ielt Vf. in td Standen hii
Qtk»h an
festen Be-
sUndtbei-
CidUen- Menge; deren spedf. Gew. bei 11* R.; len
lii^S Grmm. i*l«,4 3,7«tt/b
L 9tlgige Fattemng mit Pferdefleisch; der IJIond frisst
dnrott nach Bdieben; er feRiibrt cirea i,lt — 1,S8 ign^ln.
G.-M. Sp. G. r. th. nachVo
tigliiib 106,tt «nun. 1014,08 d,(»8
74,7» ^ idi«,08
1018,11
i;7ir
mS4Std. 181,00 .
n. 8 Tage Fntter von halb Bred and il«lb ftartoffeln ;
friaat so viel er will ; wiegt 9,84 Kgrmm.
G.-H. Sp. G. F.Tb.
171,8 Graun. 1018,10 8,088»/«
IIJ. Er bekommt 8 Tage blos Brod , und zwar 0,78
Kgrmm. tiglicb.
G.-M.
108,8 Grmm.
Sp. G.
1018,98
F. Th.
4,l38Vo
IV. 4 Tage Fleisch, täglich 1,4 Kgrmm. Den ersten
T^ tU die Galia nicht fennehrt, in den naebsiiB $ Tagen :
«.-M. Sp. G. r. Th.
478,4 Gram. 1018,1 8^88^/o
In den nicbsten 3 Tagen bekommt er 2,33 Kgrmm.
nciaeh.
G.4M. Sp. 0. F. Th.
906,8 Grmm. 1013,9 3,434%
V. 1 Tag Fleisch und Brod ; iionnts fressen so viel er
wollte, (irass jedoch nicht Sberlltgrmm. Wegen Entzfin-
dnül der BQckenhaät fleheile ^t.
G.-M. Sp. G. F. Th.
«4,91 Graun. 1914,9 a,79o/o
VI. 1 Tag Brod und Kartoffeln, ad libitum.
G.-M. Sp. G. F. Tb.
74,81 Grmm. 1013,1 3,Ö3«/o
Der Fistelgang ist tbeilweise geschlossen, wird durch In-
cieioo erwailert; der %» Apparat, worin die Galle unmittelbar
gesammelt werden kann, wird in Gebrauch gezogen.
VII. 1 Tag Fleisch, nach Belieben. — Die frische Galle
IHVdlttdnMlltodnHihslehllt, dbnte S«Anl«M, ekkh ReacUon
aof l^afannspa^dr^ yttuehM.
€^-M.
IMit8Grmm.
%. G.
M14,l
II Th.
U$r Hund leidet a«, fin«r aaiigihr«U«tei^ Kptaändqftig der
Rückenhaut, die Versuche werkte 19 Tagil gow^dlM*
VUI'^ Her Hund fermbit^in 14 Std. eine geringe Quan-
tität ^Mnnlu schien krtok; Qfin reichlich.
19,04 Grmm.
Sp. 6.
1011,8
r.Th,
3,010/.
UU Dei «twA «E^ieH 6, Hats Biiod nnd Kmtofl^ln zu
gleichen Thejien. Die Fresslust nahm in den letzten Tagen
un die Sllfte ab ; dabei ie|gte sich ein aulRtliges Verlangen
nach trockenen Knochen, welche er iiit Hofe suchte.
6.-».
110,8 Grmm.
Sp. 6.
1011,8
F. Th.
Dabei wnrde zugleich untersucht , ob eitiie Imalige oder
3ma]ige Filtterung die tSgKeheAbsonderungsgrdsaeferanderte.
Es ergab sich , dass bei toftüger Fültifunf die |4flhche Gal-
lenmenge die nichtlich abgesonderte um ein Mehreres über-
trifft, femer wurde beobachtet, in wiefern ^ich i\e Menge
der in der Galle vorhandenen festen Bestaildtheile bei gleicher
Boat Ter&n4»rt: a) bei Auftutoe «vn mogliclwit vielef) Was-
ser, b) bei Wasserentziehung. Im ersten FaVis^ enthielt sie
l,8187o fette Bestandtbeile, im leutern 3,(1,15%.
%,. t Tage lang wurde dasselbe FnHer forlgeeeHit, doch
die bestimmte Menge von 0,93 Kgrmm. taglich gereipl^t. Da-
bei sank das Gewicht des tfaieres ?on 9,97 auf 9^4 Kgrmm.
Wegen Magerkeit mangelnder Schluss des Apparats. Gtosser
Durst, a. Tk»il wenig Fresilusl.
G.-M.
113,10 Grmm.
Sp. G.
10A1,0A
F.fh.
».WftVa
XI. 9 Tage Zusatz ?on kohlensaurem üatron zum frühem
Futter. Den ersten Tag wurden 1,8 Grmn|. desselben zuge-
setzt. Die Galle ist durchsichtig, nicht alkalisch ; dieseOM
Mgnge, wie frtther.
a) Den 1, Tig Zusatz ron 3 Grmm, kohlensaurem Na-
tron. Gallenmenge — 38,98 Grmm., 1,910 % Festtheile.
b) Den 3. ^ 8. Tag : tlglicher Zusatz fqn 1,18 Grmn^.
des Alkalisalzes. Besserer Appetit.
G.-M. Sp. G. F. Th.
111,33 Grmm. 10iO,07 4,777o/«
c) Den 0. —8. Tag: Futter und Natron -Menge um %
sanuehrti der Appetit nimmt lu; GaUa smwailan grup oder
hrtun*
G.-M. Sp. G. F. Th.
179,38 Grmm. 1011,6 l,330o/o
d) Den letaten Tag dlnwlhe fUning; Diarrhöf; Aap-
r»ie* Gewichtsferlust ron 9,00 der früheni I^ge auf 8,88
ftgruwi»
G.-M. Sp. G. F. T)i.
105,18 Grmm. 1011,0 l,100o/,
KII. Der Mnad erbalt 9 Ta«l la^g 9rf d opd Kart^Mn,
fNigefllhr 1,4 Kgrm«. (ohne Patron). Er fosst oft pnr f/.
davon , ohne weitere Zeichen von Kranksein. Mittleres Ge-
wicht der ersten Tage «a- 8,80 Kgrmm.
G.-M. Sp. G. F. Th.
Am ersten Tage: ^07, 80 Grmm* tQi2^0 iy^i^L
Spätere Tage: 1^0,50 , 1011,8 1,1^ ^
XIII. Die nicbsten 3 Tage dasselbe Futter, auf 38 Std.
Zusatz von 1 Grmm. Mercur. dnlc.
1. Tag: Der Hnnd laast die UalfU Fiiiter liegen ; dif
fialleunen«» ist vennindert. Er hat 0,75 Grmm. GaJomel
aoftenommen.
Nächste Nacht; 30 Grmm. e.4k^p 1018,7 ^. Geiir.
^iaitized by VJ»
Dm 1 letzten Tage (am 1. Uisit er dns MillagibrAd liegen ;
m 18. Irinst er ^Ulas «uQ.
97«
I. M«diciiiiBclie'Pliyifk» Chemi» v. BoUoilL
G.-M. 8p. G. r. Th.
219,55 Grmm. 1011,34 8,Oi9»/o
XIV. S TB^e laog erbfilt dat Tbier tSeKch 1,17 Kffnnin.
Fleiteb iiiiil 0,9 Kgrmm. Brod.
G.-Il. Sp. G. F. Th.
161,80 GriDiD. 1012,35 2,2050/o
XV. 14 Tage bekommt der Hund täglich 1,87 Kgrmm.
Fleisch.
a) Er frisst in den ersten 6 Tagen das ganze Fleisch.
G.-M. Sp. G. F.Tb.
206,95 Kgrmm, 1014,03 3,045V«
b) 7. tt. 8. Tag massiger Appetit; rislalöflbnng , Teren-
gert, worde erweitert.
G.-M. Sp. G. F.Tb.
123,25 Grmm. 1014,03 3,276%
c) Den 9. Tag frflbere Fresslost.
G.-M. Sp. G. F.Tb.
204,40 Grmm. 1014,06 3,031o/o
d) Den 10. — 14. Tag ferschmibt er das Fleisch, nicht
aber das Brod.
G.-M.
142,05 Grmm.
Sp. G.
1014,25
F.Tb.
3,064%
XVI. Brod und Fleisch nach Belieben, 3 Tuge hindurch.
Wiegt 9,05 Kgrmm.
256,4 Grmm.
Sp. G.
1013,17
F. Th.
2,689«/o
XVII. 4 Tag« lang wird ihm 1,4 Kgrmm. Fleisch ge-
reicht, was er in den 2 letzten Tagen nicht ganz aulTrass.
Galle, früher durchsichtig, jetzt trüblich. Gleichmissig wach-
sende Abnahme der Gallenmenge.
1. Tag: 262,4 Gnuui.
4. Tag: 77,4 ,
Mittleres sp. Gew.
1014,2
F. Th.
2,98o/o
XVIII, 17 Tage erhielt der Hund täglich 0,9 Kgrmm.
Fleisch mit ebenso viel Brod, was zur Ernährung desselben
sicher hinreichte. Das Fleisch enthielt: a) die ersten 5 Tage
seine gewöhnliche Menge Fett. Die Gallenmenge stieg von
92,13— 219,8 Grmm. ; im Durchschnitt liglich 160,9 Grmm.
Galle mit 2,5% festen Bcstandlbeiien.
b) 6 Tage möglichst fettlose Nahrung. Die tägliche Aus-
sonderungsgrösse fiel auf 59,26 Grmm. ; im Durchschnitt tigl.
107,85 Grmm. mit 1,8% f. Th.
c) 4 Tage möglichst fiel Fett. Uw Quaniiiui iler Galle
stieg wieder bis zu 206,13 Grmm. und fiel nur in den leUten
Tagen, wo der Hund wenig frass, am letzten Tage, wo er gar
nichu frass, auf 25,11 Grmm.; im Mittel 95,80 Grmm. mit
1,64% f. Th.
Durch eine ausgebreitete Ruckenhauteutzündung wird die
Dntersnchung 17 Tage unteitrocben. Frisst soviel er will,
im Ganzen wenig Appetit, doch Gewichtszanahme bis m
9 Kgrmm.
XIX. 3 Tage lang frass er kaum 1,6 Kgrmm. Fleisch.
Die Grösse der Gallenabsonderung fällt von 86,64 Grmm.
(1. Tag) auf 18,38 (3. Tag); mittleres spec. Gew. 1013,7;
f. Th. 3,Oo/o.
Am nächsten Morgen wurde der Hund todt auf dem
Lager gefunden, wozu nach dem Vf. die grosse Kälte , welche
er stets nicht gut vertrug, viel beigetragen hat. Er wog 7,51
Kgrmm. und war sehr fettarm ; die Leber war von normaler
Farbe, schlaff, blutleer, 299,5 Grmm. schwer. Der Fistel-
gang war in 2 Aeste getbeilt , von denen einer in die Gallen-
blase, der andere in den Duct. cyst. einmündete. Die Dnter-
bindungsstelle des Duct. choledocb. war vom Duoden. nur
noch durch eine dünne Scheidewand getrennt. Milz kletn,
tS,2annn. sobwer; Pankveis grMs, a8,t6noln. tdiwer.
Die Lymphdrisen im gaazen Körper gr^iihwoHen. loa illate
fehlten die Lymphkörperehen nicht. Im Urin war GtllenbrU
Stoff, nicht aber Cboleinsaore nachzuweisen.
An diese Thatsachen knüpft Vf. nun folgende Bemer-
kungen.
A. Die Galle, wie sie aus der Pü$ei flas9, wir
wasserreicher, als die aus der Gallenblase anderer
Hunde. Erstere hatte am 23. Tage 1015,4 apec
Otw. u. 3,76% f^'to B«aUDdtiieile — welche bekb
VerhiUnisse Obrigens immer mehr abnahmea — ; iL die
gewöhnliche ilMo aus der Blase eines Hundes bat
1040—1046,5 spec. Gew. u. 6,1 —9»2% feste
Theile. Nach Zusatz von kohlensaurem Natron zum
Futter wurde die Verringerung^ iKr feeten Bestand-
thcile noch aufflllliger.
B. Die Menge der in 24 Sld. gebildeten Galle
schwankte sehr, eheB&o die der in ihr enthaUenen
Festiheiie, auch bei demselben Futter. Die Ursacbea
davon liegen iheils in der Ungleichheit des Appetits,
zum Theil in mechanischen Hindernissen. Das Ver-
haltniss zwischen den fesjten Theilen und dem Was-
ser ist flicht stabil. Anderwärts will der Vf. zeigen,
dass die Menge der org^inisclien Uaterien schwanke,
die der Salze dagegen beinahe immer gleich bleibe.
Im Allgemeinen steht, wie bei andern Secrcten, die
Quantität der in einem bestimmten Zeiträume abge-
sonderten festen Theile im umgekehrten VerbXllDisse
zur Menge der Galle«
C. Kinfluss der Ingesta,
1) Der Menge der genossenen Nahrungsmittel
entspricht die Menge der abgesonderten Galle ; beson-
ders grosse Quantitäten von Galle wurden abgeschie-
den , wenn auf geringes Futter reichliches folgte.
Nach Verminderung der Nahrungsmittel fand sich in
der verringerten Gallenroenge im Allgemeinen ein
grosserer Procentgehall an festen ßestandtheilen.
2) Nach Fleischgenuss wurde eine grossere Quan^-
titjll Galle abgesondert, als nach Fütterung mit blo-
sem Brode oder Brod mit Kartoflelu; zoglekh war
dann der Procentgehall an festen Bestandtheilen ver-
mehrt, ein Verhällniss, was bei Berücksichtigung des
Wassergehalts der Nahrungsmittel noeh mehr her-
vortritt.
3) Beichlicher Fetlzusalx zum Putter mehrt die
Gallenabsonderung in den ersten Tagen bedeutend;
ebenso :
4) Aufnahme einer grOssern Menge Wassert.
5) Nach grossem Dosen kohlensauren Natrons
wird die Gällenmenge, noch mehr ihr Anlheil an fe-
sten Theilen, herabgesetzt.
6) Catomel mehrt die Gallenmenge, mindert ih*
ren Autheil an festen Bestandtheilen.
7) Wenn der Hund an Fieber mt^nahm die Qal-
lenmenge ab, ebenso einmal bei DierrbOe.
IL AatlMitie. tu. PhyMfogie.
tn
H. NüM$ wiri ioi AH^üntian eine gerwgere
Menge Galle «neigt, als bei Tage; AaroahODe, wenD
Iroh «ad Abend«, nicht aber llitUgi geftittert wurde,
oder das Thier den Tag ttber nngewöbnlicb viel ge^
firesaen hatte. Im Ganten verbilt sich die Menge
d^F bei Tage abgesonderten GaUe «er nicbtlichen
ÄbaettdermigegrOsee »r SS,57 : 41,44
die abeolote Menge der festen iestand-
Ibeile beider «- M, 9 : 46, t
dioMiie» nach Proeenten berechnet 2,60 : 2,94
Zu bemerken ist endlich , dass die Verändefnmg
des Putters oft erst in der nächsten Kackt ihre H^ir-
hing äusserte [ — eine Beobachtung, welche neuer-
dings Bidder's u. Schmidl's Versuche bestäti-
gen, aus denen, wie bekannt, hervorgeht, dass die
Höhe der Gallenabsonderung oft erst 10 Std. nach
der Verdauung eintritt — ]. Am schnellsten trat der
Einfluss des Wassers hervor.
Zum Schlüsse führt Vf. unter den vielen Prüfun-
gen, auf die nächsten Bestandlheile, welche er ange-
stellt hat, nur die bei einer Galle ausgeführte an,
welche er nach reichlichem Fleischgenusse erhielt
(Vers. IV).
lo Wasser lösl. Mat.
Es «arta ia 24 8t4f9OO,04SnBm. Galle mit 7,111 Gnnoi,
festem Aiiiliiil ausgeachiedeo wardM. Sie enthielt 2,419^/o
üigan. Maicrie; 1, 098% Äsche- 96,483o/o Wasser. — Den
festen Rfickstand behandelte Vf. blös mit Waster und Spiritus,
zar ScbeidoDg der lötKcbea and uBtöaHehea Beataidlhaila.
DavaacJh hatte äieaa 6aM« falgeode mitl&are Zatamioaii»
setzQQg:
GalleDsäure 1,982
Alkalisalze 0,987
nn»;:-! l Sebleimelc. 0,407
, . ""»o«»- - ^ \ &.d.,aae o!l08
Wasser 96,516
100,000
Eineaadere Qaaatitat Galle fo^deaiaflbeo T^ wordemÜ
beissem Weingeiste mehrmals ai^sgezogep. Vf. fand dario
2,129^/o GallensSure, od Natroo gebunden. Es wurdefi dem-
nach in 'Z\ Std. circa 4 Grmm. dieser SSare aasgeschteden.
Zu dieser Zeil wog der Hund 9 Kgrmm. Daraus folgt, das
1000 Gewicbtsthelle Hund in 21 Std. 22 Tb. Galle, darioO,79
feste Theiie u. 0,44 Tb. Gallensaure erzeugt haben . Er frass za
selber Zeit 2,33 Kgrmm. Fleisch tfiglicb (noch einmal so viel,
als ein anderer Bund von gleiobem Gewicht zar Srbaltnag sei-
nes Lehens gebraucht hätte). Di^se Quantität Fleisch entbilt
circa 500 Grmm. Protelnsobstanz ; somit bildete das Thier
aus 1000 Th. Protein 14,22 Galle oder 8 Tb. Galleniäare.
(üble.)
IL ABütomie ond Physiologie.
215. Phjfiologisch-pathologisehe Boobach-
tnfigen ftber das Nervensystem: /. n. Das Ge-
kirn. 1. Fati, Encephülocele ; von Dr. Filippo
Lussana. (Gasz. med. ital. fed. Lomb. 37. 1851.)
Im November 1850 ward (von gesunden Aehern nach
normaler Seh waDger8chafl)ein übrigens wohl gebildetesMfidcben
mit einer Geschwulst am Hinterkopf geboren. Sie hat wah-
rend ihres nur i4tägigen Lebens bte auf dre letzten Tage ge-
saagt, immer rohig geatbmet, keine Conrulstoneo gehabt;
die vollkommen entwickelten Augen blieben immer geschlos-
sen, bewegten sich nicht o. schienen gegen Licht unempßnd-
Heb ; die livide Geschwulst sonderte mehr und mehr saniöae
Materie ab, das Kind starb höcbsi abgezehrt. Die Wege des
Folalkreisiaufa fanden sich noeh geöffnet. Die nach oben
schief zalaufende Geschwulst nahm sich in Folge einer massi-
gen Eiaacbiiurong an der Basis wie gestielt ous , hatte 2^' im
Oi>«r-, 2Vs" im Langen- und 273" im itöhendurcbm. und
war mit nnbebaarter, an der rechten Seite exoicerirter Cutis
bedeckt. Nach Entfernung der Cutis zeigte sie steh von der
ebenfalls in jauchende Verschwäruog übergegangenen Dura ma*
ter überzogen , unter welcher sich auf der fast ebenen Hirn-
naase statt der Pia maier nur dieke Gefässe verzweigten. Das
Gehini war ganz unsymmetrisch , der Sulcus oder Sinus lon^
gitudinalis ging von der linken Orbita zum linken Hinterhaupts-
hSeker bin, woselbst sich die V2" ^^ Durchmesser haltende
Apertur ^r Hemia befand , so , dass gut 2 Dritttheile der
Sebädelhoble bioa von der rechten Hemisphäre occupirt waren.
Aal der Baei» der Scbidelbdhle etwa 1 Unze Serum , das sich
nach dem ROckenmarke bin foruetzte. Alle andern Tbeile
des Gehirns waren normal bescbalTen. Der hintere Lappen
der reehten Hemisphäre lag auf dem Teotorinm cerehelli auf
■od schien das Letztere so berabzudrucken, dass es die Stelle
der Med. oblong, mit einnahm , welche daher bei der unter
dem zweiten Wirbel erfolgten Decapitation nicht mit vom Rük-
kenmarke geireant worden war. fieide Hemisphären commn-
nidneo mit dem kleinen Gehirne mittels unförmlicher Verlan-
garangea , die; den ^Bimscheakeln analog schisnen. Die Ur-
sprünge der Htrnnervenpaare konnten nur theitweise entdeefct
werden , da sie anderntbeils durch die an der Dasis der Her-
nia beftndlichen ichorosen und erweichten Hirn-Nassen ver-
steckt wurden, wodurch ebenfalls die Centraltheile des Hirns
unkenntlich geworden waren.
ICs wOrde im Auszug unmöglich sein» dem Vf.
bei der minutiösen Schilderang der in diesem Gehirn
aufgefundenen Hirnfaserung zu folgen. Ref. begnügt
sich daher, die GorollarieD , die Vf. tluraus ziehen ztt
können glaubt, mitzutheilen.
Ans den Markfasern der Pedunculi der HemiB|ihfr«
ren entspringen die motoriachen willkttrlichen Ner<-
venfilamente, eine kleine Portion des 5. Paars für die
KauiDuskela , und des 7. Paars fftr die Bewegungs-
muskeln des Antlitzes, dagegen aus den Schenkeln
und der eigentlichen Substanz des kleinen Gebirna
entspringen die GefühlsfUulen für das Antlits, eine
grosse Portion des 5. und des 8. Peers. £in gros-
ser Tbeil der HemisphXren und mehrere der Gentrei-
theile können zerstört sein oder fehlen, ohne dess da-
durch die Functionen zur Se^beterhaltung — « Respi-
ration, Ingestion, Digestion, Cireuletion , NutrUion
und Excrelion — aufgehoben warden. Die Notri-
tion der Augapfel hüogt mit der normalen Beschaffien-
heit <ler Ganglien des 5. Paers zusammen , die Zer-
störung des Ursprungs der NN. optici hebt den Ge-
sichtssinn auf, so wie die der Oculomotorii die
Bewegung der Augen unmöglich macht; trotz der
Aufbebong aller wilH^ttriicher Innervation zufolge
Desorganisattoo des Gehirns , bestehen doch die Re-
flex- oad exctto- motorischen Bewegungeit derRespi-
m
tu
a.
fmw tM dm 8ln(f€w hm, M Mifgfitit &w cwei
il«d(« deit 5. und des 7. PHars. iDtegrit» der hrsrtea
(oriioB der trigtnuni verstaltel die KMibewegungen*
ttPtE dar «nfelMPMni DsMrgMMalicHi der nemiiphft*
iw hwi^ kmm Gotfokiein« ftuti Ui w<r6n wckw^
«be iosUaktive Bewegaogeii derExtremittten m9glieb,
auch die Spbitfkterett irtcbt paralyeirl.
ScbMsidicIl •«ehtf Vf. diese ganseVerbildung durch
AnnahAte efner io der ftflReslen fentwicklungspertode
dea^Gebirns eiagelreteoeo Entzündung mit Exaudation
und Süpfhirarion xu erkilren, xu einer Zeit, wo die
llfl«<sKefiMdbng des 8elnrd«is mir erst tot Beginnen
#St. ti glaubt» däwi sich viefe sogenannte Miss-
und fiemmungsbildungeB auf solche Weisr. hrsser er-
klXren lassen, als durch die Supposition einer Verir-
nmg, der Natur in ihrer schöpferischen Tliätigkeit«
(Koblschatter.)
Sie. titibtt fflo BlmlAIIt detVoniii, ^pa-
AaL und pkißsioL Üiniieht; von den DDr. Ercole
Ferrario^ Andrea Verga, Gaetan« Co-
stiffta und Luigi Ripa. (Ibidem.)
Dr. Ferra rio fand (a. a. 0. Nr. 4) bei der Sectios ei-
ne« iM>jfibr. Landmanns and Weben , welcher plötzlich aof
der Strasse foni Schlag getroffen worden war, und ausser pe-
riodischen Anlilien fon heftigen Kopfschmerzen niemaU eine
ernstere Krankheit gehabt, noch weniger Einehen foü Gtistak-
Störung gegeben hatte, folgende merkwfirdige Abnohnitfit im
Bane des Gehirns vor. Die äussern Integumente, das Cranium
und die Geilsse der Himhfiale, so wie die Hirnsubstana selbst
flsit Blut überfulU , iu der Gegend des Silses der Paccbioni-
schea DrOsen ein plastisches Exsudat fon älterem Dotum, Vi"
lang tt. 1" breit, 1 Linie dick ; die Dura mater fest mit dem
Cranium ferwacbsen ; die Pia mater mit der Arachnoidea al-
lenthalben verklebt; die Hirnwindungen scharf ausgeprägt,
Wie vcrschrumpft. üniBrhalb det C017NI« atUl^nm fehlte
das Septum ptllueidwn mit dem Fomix gänzlich u. be-
fand sieh daselbst eine sanduhr förmige Höhle y 2Vs"
lang, ?orn 7'", hinten 9'", in der Mine 1'" bt^tt und unge-
fihr 8"' hoch ; sie enthielt etwas klares Senm. Die Pkza«
choroldei, die Seitenventrikel, der dritte Ventrikel , die vor-
dere Commissur im normalen Zustande ; .die Corpora quadri-
fSttiDa aoftHeild abgaflacbt» fast ohne terbao. Andere Ab-
normitäten waren weder im grossen noch kleinen Gehirn wahr-
zunehmen.
Dureb dienen fall fdhll sich Dr. Verga (a. a. 0.
Nr* B7) ermulhigt, mtl cüier »lEntdeokuag^' herror*
iuMteh , welche er achoa seit einiger Zeit geoiacbt,
aber wm Miiatrauen m seine eigenen Beobachtungeo
Boeh nicht pubisef^t habe* Er hat nXmliob bemerkt,
dnei in deäi Gehirne eiuer grossen Anssbl tob Lei-
chen eise bisher übersebeDe Hohle, die er ab seektte
bnwibbnet, sieh befinde. Die toa maaehen Anat«-
mei als erste , von andern als fünfte gentante flira*
hoble xwiscbeii den beidea Blutern des Beptam pel-»
laeidvaa sei nach dem Fornix xu nicht geschlossen,
soadera gebe ia einea fcleinea dreieckigen Kanal
(^dqtuuiueiks) Ober, der in eine andere kiciaere
ebenblls dreieckige Hfthle fahre, welche der orsten
gaax analog twtschen dea Blaitera des Fomix sieb
beBade, aad nsmentlicb, wenn in dea HirnhBblea et-
wti SeriUB aagesaiaaielt sei, deollicb wabrgeaenmen,
ia andern Fttttsa, besaaders bei derberer GaMisteaa
aail bat AgflatiBataeai to WMdi*gea Mekf ttbtrse-
bea werden kOnae. Die sdg^aaaak Lmei^ odar des
Cirpm fMaUe» bilde da» Bddaa oder dss Ef itba*
liam dieser freilieb aur hei der sablilaieB üaieiM»
ebaag aafcaBadesideta Hdiito, woat maa dArdi Sm^
fUfamtif eiaerlsinei Sonde «la den Veatrattlta sepi
HKlüdidi dardü den Aquaeducten aas 1
kOnae. Im Origtaal ist da
f aal- Zeidinaagea erläutert uad wmtdeä B f Ale aa-
Mntlich attlifBxlbli, wsMe sianIliBb Gwilasi»aats
betrafen. — Der Fall von Ferrario erscheiat dem
Vf. nur als Ifydrops veniricuii quinä et sextin wo-
durch die sanduhrHimiige Geatalt jener Hohle sich
erklüre. Bei Kindern sei die Uohle hoch deuüidier,
wie bei ihnen denn auch die des Septum p^ellucidum
verhflllni&smXssig mehr entwickelt sei ; bei den Irren
sei sie xwar mitunter wegen Ansammlung von Serum
deutlicher, andere Male aber auch durch adhisive
EntxUodung der Wandungen obliterirL Tf. unter-
suchte endlich das Gehirn mehrerer Hausthiere ; beim
Pferde, Ochsen, Schwein, Hund, Katxe fand er we-
der die fünfte, noch auch diese neue sechste HirnbOhle
vor. Dagegen entdeckte er im Gehirn des Ochsen
eine kleine Hohle, welche den vergleichenden Aaa-
tomen noch unbekannt xu sein scheint, nicht Tid
grosser als ein Reiskorn , etwaa mehr aaeb vom am
Forahi geBagen, ak die entsprecheadea Hdhiea beiai
Menschen.
Angenagt durch Fefrario'a Fall «ralMt Dr, Coa>
s t a n z a (a. a. 0. Nr. 30), dass er bereits iWi in dem äbri>
gens ganz normalen Gehirne eines Erwachsenen eine aaalogS
Anomalie gefunden habe. Der Fomix wurde toO zwei Haii-
strsBgen dargestallt, welche sich naeh vom in die zwei Blittar
des Septum pell uci dum , und nach hinten in die Ammonshor-
ncr fortsetzten ; zwischen ihneo beiind sich eins sehr zarte
Mark-Lamelle , gleichsan die fordere Wand dea ehrifens feh-
lenden Fomix bUdeod, so dass der Pleins ehoroidans doft
eolUosst lag) and das Gänse ine eine (hai dea Kaoehanfi-
scfaen BoriMle) Henmuagsbildnng des Foraix ersebien. Die
beiden Blätter des Septum gingen ebenfsUs aosaiaander, und
das Corpws eallosun bedeckte somit zwei prranudeaB(mii|e
ftiume, die mit den Spitaen an oiaaadar sliesaen. Diene
Hdhie wer voti einem sehr feineo soröaen Binitthen anageklci*
dec, das ?on dem A^oaeductos 8jlvii ausgehend| sieh ia zwei
Blattchen spaltend, alle Waadungen derselhen «haraof «nd
enthielt etwas dunstformige serfiae Fenehlifkeit, wie asaii sie
Io den Hirahohlen gewöhnlich anzutreffen pAegt. -» Der ¥f.
(welcher Verga 's oben mitgetheilte Baobachtaagen noch
niabt kanate) ist geneigt, diesen Befand Ar die Folge oiaer
BMduBgBhemmuiig anzusehen, und aweilsll, dasa Symptome
davon am Lebenden zu entdecken sein möchten. Ueher La*
bea und Brankbeit des ton ihm baebachletenlndividnntthBtls
er aiehts erfahren können.
Endlich theilt Dr. Ripa (a. a. 0. Nr. Bi) eiaaa
schon vor Ifiagerer Zeit beobachteten Fall nat. IIa BOjlihr.
Mann^ Ansireieber, hatte bei ihrigeas ungestötterGasaattaii,
seit einiges Jahren hinflg aa heftigen poriodiseheo Bef fschiaer
sen gelitten , ward naeh einer kleinen IndigeaSion plotaüob ia
der Nacht vom Schlage getroffen und starb naeh 18 Standen,
obwohl schnell slie geeigneten llittei angaaeodet worden wa-
ren. Er stamaste aas einer durch und durch apoplekliaohaa
Familie [?]. Sein Zastaad zeigte neben fotfatiadigsr Bevüsal-
losigkeit, Lähmung, Dnempfindliehkait and all den gawöhali-
chen apoplekt. Symptoasea , oonvulsiviaeha Bewegoagaa der
Extsnemititen, Bamenilich in den Flexoran der Aromnafcelttt
die bis zum Tode aahialtan. ^ ¥t imd hei ^ dMdasH
. , (Mine,
räku ;^$ i^eTauMei frfma Mnmt g«tnae|ien BiutM, d\ß
deo Hokeii Ventrikel erfaVke; diese stand durcb einen kleinei^
SlrdkB von Mat mit einem andern nnter dem Balken befind-
JMmm kliima liüferiwwi m diracter V«itiiMlii«9, ao >daM
w «Ml .iitiiaiiiwM»|ie^ ift, 4m9 der I^nfi an Itflateier
Stelle j^ der Paslß dea Foroi^) eiattfefttpden., and «ich vm
da aoa in den Ventrfkel fortgesetzt habe.
Ik ii^ näh BVB^ ^b tiii4 Ma der ^laliilvtlle
IhUfA^bm&A <i«i6 wftfrftrio's falte), die huf-
driyanuApi^toit «aA die lOeimikiifiecbB flemi 4et^
icibeB ait diMem emtheneesliehefl tterde dee firgis«>
ice iia iir WUe «lee PoMii ee AenelMMg steiiea.
(Kellt ecJHUec)
217. EttlidQtgMiGlifVsiilkUAiiQgToiigraiiM
■ingabiUnx; von Dr. Virchow. (Verb. d. phya.-
m«tf.«68.iB f^rib. M. II. 1951.)
In dem Leiehnaan einea 27 J. alten Blödaionigen , der
ssgtcicb an Epilepsie und halbseitiger Lahmung gelitten , fan-
iaa aich anaser Byperostose des Schädels nnd Hydrocephahis
ebrenietta int. , der nanaotlieh Hnkersaita sehr bedeuleade
ilr0|>biis der fliiiianb«tMZ'bewi»|(t hatte, ae der Aosaenwand
dea xeehten Ventrikels «iblreiche gniie oder graurothlicbe,
weicb nnd glatt anzufQhlende Erhöhungen , meist fon rundli-
cher, halbkugltgeT überflädre, von der Grösse der ililfte ei-
nes Himftomaibis eines Kirschkerns, tbeils einzeln, theils in
Gruppen bei einander. Auf dem Durchschnitte sah man sie
derereUeenHarkiMBse^telkt «iibilaBe.y iussertfeh vem Epen-
dfn fiberzieee. JDetar ilem Hikrofhirpe <aa|i ineD cmm Her
graeeo Himanbetanz durchaus ihnliche Masse, dünne Nenren-
ÜMem und dazwiachen in einer feinkörnigen Nasse nicht sehr
aehlMidlie,, tgreeiA, leiabt gmnotirte Kßne wit Kemkörper-
eben. Ap eiaem mit Chromsäure erbarteten Präparat sah
man, daas im Allgemeinen die Fasern die Richtung von unten
na^h obee verfolgten nnd sich gegen die Oberfliche hin in
gvSsaere Bogen ettsbreiteten. -- Boikitan^ky beschreibt
elwaa Aehnlichea, doch bleibt« es iiochaveifdhafi, ob esgeeau
dsaaelbe v?ar. (Keinhard.)
aiB. DeW iBe BeiUUlb d«r Vervin xw
8iw«k0liluM«4Bnaig; ^^ c. Ludvrig. (h. «.
K.*2Ucbr. JJ-F. I. 2. IfiSIO
Die vieieleii der in disf em (Anfaatee nieder^eieg-
tH'lttMevil iirtepessaDttti Be^baobtangen eindlMreita
(iihi4b. JiUL'4l) e»*den<nitb. der Zttrcb. Naiairf.
Ges. mitgetbeilt worden ; vi^ir beschrSalLan ana daher
darauf« niit^r Bipweis anf obiges Referat, 4ia nenen
Xliabiadieii^ darch welche voidiegende Abhandlni^g
vermehrt ist, Ba^^bzotragen. Wir babep {rOhersge^e-
ben f dass die Grosse der Absonderung des Speichels
veii der »Mtae der iHerriordft .^anz ^«aabtaengig ist,
^ tdaasiniebtfiilara ittüolM >€oMmctieiieB jder
idttandgetosepflueilHdie (Drwfckiait, ttoter
«sriclnrtdie^SpeiciNlaecfeiieii'ferßliohigebt, btrvm^
lAa fdie »IhalaMlieii , )«relehe«mrisciMi ih
beiemyfan t ? buh bb , iacbMeaslieidl
..^ BtyrdrabereaaehBMdeifledbwhUMiy , idtusidk
8fMlkUA»miemmg nodkmw^.uinßören 4etBim-
Imifk itei^mdlkßmmmmHf i^denmakmu mBÜkomme^
Wttüe siiaR'tffhiemi »liaa igraaee iGelm >naeb Unter-
Müdmigtidep Olndlia embrdlisicnttarBt , .lamd üstaitai
^^AiBBMuiBii'eiee/dieaer /Ojp*ratie&, taoüesBiSiab
aettHl wBiD ans 4eB greases Arte-
vica heiai AascbeeiileQ keii HVopfeB Bliit aoebr >a«B-
llesa. Haas iKe dareb Hart eafeiBnag bewwfcba ftpvi*
ebelBaereüoB aicht elva ia «inen mednaiscbea A«a-
praasea (dareb €oalnietiea der DmaeBrObMlieB) dar
vorher ia ^ar Brtse apgainawiulteii 6ecpelnienge be-
steht f hat Brecher (Assist, von Ludwig) durch
folgenden scblagepden Versoch dai;gethan* Er fand,
dass das yoloiDen d^ durch tetanische fVervenerrer-
gung in ununterbrodieneta 'Strome gdi^erten Spei-
chels das Volumen der Drüse W weitem abertrilR,
eft aegar am ^as Ysetlicbe. Jis ^ebt aaa aUedem
aaawetfelbeft berear , 1) idass, wie schoa fNriwr
daif elbaa «raida, 4lie .SfeicMaeefetiaa niobt ala mm
PttU^ajüaB hetraditel »werdea haBn ,
dareb Naiieaeiiaying -«cnariaaet vir^,
aaeh fi) »dieselbe «icbt van den mechamaehea
fWlgea der tMeraeaewnegaiig abbiagig ist.
(f a n4 e. )
219. Crosety J|r ^ duipuiclte ZuuiBUiii-
setivBg 46S ViiUrkieferrSpeifilds leim Iiin4ii;
von £. Becher u. C. Ludwig. .(Daselbst.)
W. stellen Mgende experimentell begrflndele
S8lae aar.
J. Der zu .verschiedeoien Zeiten einer und der-
selben Ab3onderuqg^periode ausfli^ssende Speicbd
besitzt eine verschiedene Zosammenaetzung ; die Ver-
änderung ist im Allgemeiaeoeiae Function der Abaoii"^
deruqgsdauer. Vff. brachtep eiae KauOle in den Aus*
fOhrungsgj^pg der Sul^m^xill9r4rtts#* ^i^alvanisirten defi
Nerven derselben und ^beslim^^t^ep die Quantität )das
festen Bockstaades, der .organiscbeB und anorgani*
acben BestandUieile des i^ ver^ohiepleneo auf einee*
der folgenden KeilrlMixoen i][>gesonderten Speichebir
•Es efgab sicl^, daas mit der Qauer der Absonderupf
die festen Bestandtbeile , iipd zw^r unter diesen die
Ofgaaischap mehr ais die anqrganischen aHmülig
abnehmen.
II. »te^Vebtliche Sehwaekungen im Waasergebalt
dea Bltttas wibFeBd der DaBer «iner Speiehelaagapa*
riode lassen dieses GeaeU Abenden fiaag den Abnafaflae
«B ^festen Sobslaasen «unvertindert. >Vff. aalnabaMa
aiaem fMar $peicliel, >aataogen ibm dann 'Mut,
spritBfeaa inn statt dessea «Waaser ia die Gefilase a.
«aterraefatea ivaieder dea fipeiebal; «endücb lararde
tesifhiene daa)Blat avieder iajieht uadoiocbmali der
Bpeiebel aaalfBirt. 'Daneibe aahm läeta derjatarbea
ütodttnaai^ äba ^Blfllea nicht meitr-^ala «alaM dteaelbe
aa (JlMlaa ^Bealandlhaileniaii , > and ; nahm, "wenn aaab
idaslUatiwiader i^jicfln^avtirde, tretadeai 'in igiaioher
^aiaa ab.
ill. Eine «itffiiUearie «'«mebmag des Kocbeals^
fehaltes 4ea#lmesi|miert ehaafiilla «higea ^eaeU na
fl^aBeaÜiehaa laiebt. ^ie besten >fieataiidlbeile ^daa
^peiohelaaahaMn^QBmittaibaraaab der •lajeeiioa aoü
11 )Gr. €1 MaiiaidasüBlat^etaraa ca, .<vielieiofat daeüi
Jdaa illebaagaaf üvea letwaBimeiHr'dKoQhaaia'eaiersleaa^
dana aber in deraelben :
& Awitöiiit m. Pliyti*Io|^e.
Vi. 9telleii ichlttsslieh^ wellern ^eichehiaeeniu*
chmgett einige physiologisehe Fragen , deren LOsang
wir hoioiillich von ihren eigenen fernem Arbeiten tu
erwarten haben. Me wiehligete derselben ist un-
streitig die: lUngt die' Znsammenaetcung des Spei^
chels Yon der firregungasürk« der Nerven ab?
(Fnnke.)
220. Heber Wnnelh lud Bahnen der ibson-
denmgsnerven der 61. parotis beim Kaninchen;
von G 0 n r. R a h n. (Daselbst.)
Vf« hatte bereita bei einer ftühem üntersn-
ebMg über die Wursehi und den Verlauf der die
Speicheiaecrotien bewirbeoden Nerven gefunden, dass
Wistere einmal auf direetem Wege bei Reiinng des
petiphertaclien Bndea gewisser von Hirn getrennter
Nerven, 2) als Refleserscbeinnng bei Reitung des
centralen Endes gewisaer durchschnittener Nerven-
wurzeln eintritt; die Nerven ersterer Art bezeichnet
er als geradläufige , letzlere als ruckläufige Jbson-
dei*ungsnerven. Vorliegende Versuche waren be-
stimmt, die in beide Khssen gehörigen Nerven nnd
Nervenäste genauer zu ermitteln. 1) Wurde nach
Unterbindung der Uirncarotiden und Abtragung des
Grosshirns die Wurzel des N. trigeminus durchschnit-
ten und der peripherische Stumpf galvanisirt, so trat
ein starker, die Reizung llherdauernder Speichelfluss
mit gleichzeitigen Kieferhewegungen ein ; ebenso un-
ter Bewegungen der Kopfschwarte und des Gesichts
bei Reizung des peripherischen Stumpfes des N. facia-
h*8. 2) Zerstörung des peripherischen Stumpfes des
durchschnittenen Trigem. durch Satpetersäure rief
starke Salivation hervor , ebenso die daniuf erfolgte
Erregung des Facialis (selbst wenn Respiration und
Circulalion fast vOllig stillstanden). 3) Wurde nach
obigen Vorbereitungen der Facialis möglichst tief im
Foramen stylomasloideum durchschnitten, so trat auf
Reizung des Trigem. Absonderung ein, ebenso, doch
ohne Huskelbewegung, bei Reizung der Wurzel des
Facialis. 4) Bei Reizung des centralen Stumpfes
des durchschnittenen N. glosso-pharyngens (ohne
Excerebration) trat stets Speichelabsonderung ein,
nie bei Erregung der centralen Enden des N. vagus
nnd hypoglossus. 5) Nach Durchschneid ung des N.
trigem. erzeugt die Reizung des Glossophar. am
centralen Ende keine Secretion mehr, wohl aber die
Reizung der Wurzel des Facialis nach Durchschnei-
dung des Trigem. , Hypogloss. u. Vagas ; nur zuwei-
len trat nach Excerebration die Speichelsecretion auf
Reizung des centralen Stumpfes des Glossophar. nicht
ein. 6) Wurde der Facialis bis in die Paukenhöhle
aus dem Knochen herausprSparirt und dann aus der
Wurzel gerissen, so erfolgte keine Secretion auf Rei-
zung des Gentralendes des Glossophar. , wohl aber,
wenn darauf nach Entbtrnung die Wurzeln des Tri-
gem. gereizt wurden. 7) Wurden nach denselben
Vorbereitungen , wie vorher, die Drihte des Magnet-
elektromotors in den Meatus audit. internus eingeführt,
so erfolgte keine Secretion, wohl sber sehr lebhaft
auf Rsiuuig des Trigeminus.
Vf. sicAit^aas diesen • Reobschtuttgen folgende
Schltlsse. i) Die geradläufig die Secretion der
Parotis hervorrufenden Nerven liegen: a) im Ramus
tertius trigemini, b) im Facisiis, und zwar in der
Chorda tympani. — 2) Der einzige rüekiävfige
Nerv scheint der Glossopharyngeus zu sein, und zwar
scheint er 3) auch auf den Facialis reflectorisch zu
wh>ken. • — 4) Der Wille kann durch den Trige-
minus zugleich ftiit Keubewegungen Speichelabsonde-
rung erzielen, nicht so dnreb den Facialis. -— 5) KNe
wirksamen Nervenfasern entsfwingen nicht erst m den
Ganglien, gehlen demnach nicht lom Sym^thicM,
da die Absonderung 1) auf Reizung der Nerven (Tri-
gem. und Facial.) oberhalb der Ganglien» 2) auf re-
fleciorischem Wege durch das Gehirn eintritt«
Vf. behält es sieb vor , durch weitere Untersu-
chungen 1) die relative Stärke der directen Abson-
derungsnerven (nach oberflächlichen Beobachtungen
ist die Secretion stärker bei Reizung des Facialis),
2) die Bahnen der Absonderungsnerven der Glandula
suhmaxillaris » welche übrigens nach vortäuBgen Ver-
suchen ebenfalls durch den Trigem. und Facial.
aus dem Hirne stammen , zu ermitteln.
(Funke.)
221. Die chemische Reizug i» iioteri-
sehen FrOSChnenren ^ von €. Eckhard in Gies-
sen. (Daselbst.)
Vf. hat eine ausserordentliche Anzahl von FlSssig-
keiten (flassiger Stoffe und Losungen) in Rezug auf
ihre Fähigkeit, die Muskeln durch Einwirkung auf die
Nerven zur Zuckung zu veranlassen untersucht; sie
zerfallen in dieser Hinsicht in 2 Gruppen.
I. Flüssigkeiten, welche ohne Zuthun anderer
Reizmittel keine Zuckung erregen ; hierher gehören
destilltrtes Wasser (v. -|-Q bis t6<^R.), fette Oele, flttcfa-
tige Oele , Schwefelkohlenstoff, MetallsalzlOsungen
(ausser Silhersalpeter) , organische Säuren u. s. w.;
sie sind theils indifferent gegen die NervensHbsians,
iheils machen sie dieselbe durch chemische Adlon
leitungsunfühig.
II. Flüssigkeiten, welche bei gewissen Con-
centrationsgraden ohne Mitwirkung anderer Reis-
mittel Zuckungen erregen,
1) Die fixen j^lkaUen. Vf. unterscheidet zwei*
erlei Arten der durch eine KalilOsung hervorgebrach-
ten Zuckungen ; die erste ftlllt mit dem Eintaachsa
der Nervenschnittfläche in die Losung zusammen nnd
ist eine momentan gleichzeitig alle NuskelbUndel er-
greifende , die zweite entsteht erst einige Zeit nach
dem Eintauchen einer grossem Nervenstrecke, dau-
ert Y4 — Ys Min. und ergreift verschiedene Muskel
bündel nach einander. Damit ttberhaupt eine Zuckung
entsteht , ist eine gewisse Concentration der Ralüft-
sung erforderlich, und zwar tritt die Zuckung sicher
nur dann ein, wenn die Lösung 2% K. enthält, un-
sicher bei 0,8 — 1.8% nie, wenn sie unter 0,7%
entbslt Rei 2% Lösungen treten meist beide Arien
II. Anatomie tt. Physiologie.
281
von Zockangen ein, bei solchen Losungen» deren
Erfolg als unsicher bezeichnet ist, tritt hSufig nur
die erste Art, selten allein die zweite Art der Zuk-
kaog ein. Letzteres am leichtesten noch dann, wenn
man rasch eine grössere Nervenstrecke eintaucht.
Bei Unterbindung des Nervenschnillendes Pdllt natür-
lich die erste Zuckungsart weg. Natronlösungen ver-
halten sich wie Kalilösungen. Mit kaustischem Am-
mooiak gelang es Vf. nicht, Zuckungen hervorzu-
rufen.
2) Mineralsättren. Dieselben erregen siets
Zockungen sobald sie einen gewissen Concentrations-
grad besitzen; dieser hat sich nach Vfs. Versuchen
foigendermaassen herausgestellt; für Salpetersäure
2t% und darüber, fUr Salzsäure 20% "• darüber,
f&r Schwefelsaure 61% ^^^^ darüber; niemals treten
Zuckungen ein , wenn die Salpeter- und Salzsäure-
lOeangen unter 10%, die SschwefelsSurelösungen
unter 45% wasserfreier Säure enthalten. Von den
Phosphorsluren gab nur die Metaphosphorsäure Zuk-
kungen.
3) Die Haloid' und neutralen Salze der Alka-
Uen und Erden, vr. hat Versuche angestellt mit
Kochsalz, dem Repräsentanten dieser Abtheilung,
Cblorcaicium , iodkalium, Salmiak, doppeltkohlen-
saurem Kali und Natron, schwerelsaurem Kali und
Natron. Interessant ist, dass nach Vfs. Beobachtun-
gen Gl Na eine ganz eigenthOmliche tetanusähnliche
Art von Zuckungen hervorruft; es zeigt sich anfangs
ein schwaches Flimmern weniger Fasern , deren Zahl
allmälig zunimmt, bis der ganze Muskel (doch selten
gleichzeitig mit allen Bündeln) zuckt, u. zwar dauert
diese Thäligkeit oft Y4 Std. lang. Dass dieselbe nicht
die Folge einer directen Verbreitung des Kochsalzes
bis zum Muskel ist, beweist der Umstand, dass sie
nach Unterbindung oder Durchschneidung des Nerven
nidit eintritt. Eine gewisse, vom Vf. nicht näher be-
stimmte, Concentrationist auch bei den Lösungen die-
ser Stoffe erforderlich. Folgende physiologische
Beobachtungen hat Vf. mittels dieser Stoffe (insbeson-
dere Kochsalz) angestellt. Erstens gelingt es durch
Beizung mit Kochsalz die negative Schwankung des
Muskelstroms im Tetanus nachzuweisen, wahrschein-
lich , obwohl es Vf. nicht durch den Versuch bestä-
tigte, auch die analoge Schwankung des Nervenstroms.
Zweitens lässt sich durch diese Stoffe entscheiden, wel-
ches im Allgemeinen die Lagerung der für verschie-
dene Muskeln bestimmten Nervenfasern in einem Ner-
venstamme ist. Spaltet man nämlich den Stamm
koch aber seiner natürlichen Theilung in seine Aeste,
nnterbittdet das Schnittende und taucht ihn dann in
eine der fraglichen Lösungen, so zucken die Muskeln
zuerst, deren Fasern mehr peripherisch liegen. Auf
diese Weise bestätigte VI. die schon von A. v. H u m-
boldt gemachte Beobachtung, dass im N. ischia-
dicus des Frosches die für die Fussmuskeln bestimm-
ten Nervenfasern mehr peripherisch , die der Ober-
sehenkelmuskeln mehr central liegen. Drittens em-
HmL Jahrkb. M. 78. Hit. S.
pfiehlt Vf. die Anwendung dieser Klasse von Reizmitteln
zur Entscheidung der Frage : Wie sind die Nervenfa-
sern zweier oder mehrerer verschiedener Nerven-
stänlme, welche Zweige zu einem und demselben
Muskel geben , in Bezug auf dessen einzelne Bündel
verlheilt?
4) Gewisse organische Ferhindungen. Alkih-
hol erzeugt Zuckungen , wie die durch Alkalien und
Säuren bewirkten , alleiniges Eintauchen der Nerven-
schnitlfläche erregt keine Zuckung. Zur Hervorru-
fung einer Contraction überhaupt muss die alkoholi-
sche Lösung mindestens 80 — 85 Volumenprocente
absoluten Alkohols enthalten. Ganz reiner Jether
erzeugt selten schwache Zuckungen , am leichtesten
noch, wenn er wasserfrei ist; Essigsäure nur im
höchst conccntrirten Zustand. Gesättigte fFeinstein*
säure- u. Zuckerlösung bewirken Zuckungen gleich
den oben genannten Salzlösungen ; von organischen
Substanzen sonst nur noch Kreosot,
Vf. folgert aus seinen Versuchen Folgendes. Er-
stens geht aus dem schnellen Absterben der Nerven
bei chemisclier Reizung hervor , dass Tod des Ner--
ven und Zuckung einander begleiten \ ein Beweis
hierfür liegt auch darin , dass bei Berührung des Ner-
venschnittendes mit, Alkalien oder Säuren nur einmal
jene momentane Zuckung zu Stande kommt, ohne sich
bei wiederholtem Eintauchen wiedereinzustellen. Vf.
geht indess weiter und behauptet , Tod des Nerven
mit hinlänglicher Schnelle herbeigeführt bedingt
Zuckung, da für die chemischen Beizmittel eine an-
dere Einwirkung auf die Nerven als die Zersetzung
ihrer Substanz nicht nachweisbar ist Es gehören
zu diesem Erfolg der chemischen Reizung eine ge-
wisse Energie des Nerven und Muskels, Herbeiführung
des Todes durch Angriff auf bestimmte Elemente der
Nervensubstanz , Tod mit gehöriger Schnelle herbei-
geführt ; die Zeit , in welcher das Absterben erfolgt,
ist um so kürzer, je grösser die Concentration des
Reizmittels ; ist dieses so concentrirt , dass der Nerv
momentan abstirbt , so tritt Zuckung ein. Was dem-
nach beim Wasser der zur Hervorbringung von Zuk-
kungen erforderliche Temperaturgrad ist , ist für Al-
kalien und Säuren der Goncentrationsgrad. Den Gau-
salnexus zwischen Tod des Nerven und Zuckung des
Muskels sucht Vf. in der durch die chemische Ein-
wirkung auf die elektromotorischen Nervenmoleküle
herbeigeführten Aenderung des elektrischen Zustandes
des Nerven ; diese Aenderung muss indess plötzlich,
nicht allmälig vor sich gehen, wenn der Muskel durch
Zuckung reagiren soll , ebenso , wie bei der mecha-
nischen Reizung eine gewisse Schnelligkeit und Inten-
sität erforderlich ist. Was die Frage betrifft, welche
Elemente der Nervensubstanz von den verschiedenen
Reizmitteln angegriffen werden , und durch ihre Zer-
setzung Zuckung bedingen , so ist Vf. zu folgenden
Schlüssen gelangt jilkalien und Säuren (wahr-
scheinlich ebenso Alkohol, Jether, Essigsäure,
Kreosot) bewirken die Zuckung durch momentafie
36
II. Anatoniie u. PhyaiolagL^
Coagukiäon der albuminSsen Bestandtheile der
^erven$ub$tenz. Dieser Aaoahme scheint der Uid-
sland zu widersprechen, dass Anilin, Gerbsäure u. Me-
tallsalze , welche bekanntlich das Albumin gleichfalls
verändern, die Fähigkeit des Nerven, bei chemischer
Reizung Zuckung zu veranlassen, nicht auflieben. Vf.
setzt diesem Einwände entgegen , dass 1) Gerbsäure
und Metallsalze mit derBindegewebssuhslanz, folglich
auch mit dem Neurilem sich verbinden, und somit
vielleicht gar nicht bis zum Nervenmark eindringen,
dass 2) ohne diese Annahme unerklärbar sei, wie sich
die eiweisshaltige Nervensubstanz in BerühruQg mit
Metallsalzen so lange lebensfähig erhalte, wie es nach
den Beobachtungen von Du Bois Reymon d u. Vf.
der Fall ist , 3) dass , wenii man Nerven in Gerb-
säure oder Metallsalzlösungen legt, u. dann ein che-
misches Reizmittel auf sie einwirken läsat, eine viel
längere Zeit bis zum Eintritt der Zuckung vergeht,
als ohne jene Vorbehandlung. Möglich ist feri^er,
dass jene Verbindungen von Albumin mit Gerbsäure'
und Metallsalzen noch eine ^eü lang die fUr die Inner-
vation nöthigen Eigenschaflen des freien AlbiMnU) 3 bei*
behalten. Pie physiologische Wirkung der Alka-
Usalze erklärt Ff. durch Wasserent»iehimg aus
den Nerven 9 indem er annimmt, dass aus dem salz-
armen Nervenmarke durch die Scheiden hindurch eine
starke endosmotisohe Strömung zu den ooncenlrirteq
Salzlösungen , in die man den Nerven taucht , statt-
finde. Als Beweise für Erregung der Nervenaciion
durch Wasserentziehung führt Vf. Folgendes an. 1)
Es tritt eine Zuckung ein, wenn man den Nerven
mit seinem Muskel unter einer Glasglocke ttj»er con-
centr. Schwefelsäure austrocknet (bei Durchschnei-
duDg des Nerven über dem Muskel tritt sie nicht ein I).
2) Es tritt ebenso Zuckung ein bei Austrockniüng des
Nerven unter der Luftpumpe (nicht duixh Aenderung
des Luftdrucks , da nach Du Bois der elektrische
Nervenstrom selbst in der Gu er icke* sehen Leere«
wenn der Raum mit V^asserdampf gesättigt ist , keine
Aenderung erleidet). 3) Alle leicht löslichen Sub-
stanzen trocken als Pulver auf den Nerven gebracht,
erregen Zuckung, selbst solche, deren gesättigte
Lösungen keine erregen. 4) Legt man den Nerven
zwischen Fliesspapier, so tritt Zuckung ein (auch in
einem mit Wasserdampf gesättigten Räume). 5) Die
Zuckung, welche bei Einwirkung von Kälte (unter 1 —
5<^R.) auf den Nerven erfolgt, rührt wahrscheinlich
von Wasseren tziehung durch Gefrieren her. 6) Es
haben wahrscheinlich auch die zufälligen Zuckungen
eines Nerv-Muskelpräparats an der Luft inWasserent-
ziehung ihren Grund. Dass von einer Eiweisslösung
durch eine Membran zu einer concentrirten Salzlösung
ein starker endosmo tischer Strom vor sich geht, und
besonders aus ersterer in letztere Wasser übergeht,
wie schon aus frühem Beobachtungen feststeht , hat
Vf. durch Endosmosenexperimenle erhärtet. Auf
welche Weise die Wasserentziehung wirksam ist« lässl
Vf. unentschieden.
Die schlüsslichen MittheiUingen Vfs. über die
relative Empfindlichkeit der Nervencentren auf Rei-
zung sensibler Nerven und der Muskeln auf Reh'
»ung der motorischen beruhen auf zu unsioher«
Beweismitteln, um uns der Lösung dieser Frage naher
zu bringen. (F u « k e.)
222. Neorologische Untersiichimgeii tber
den Zitterrochen; von Rud. Wagner; Jobert
(de Lamballe); H. Müller.
B. Wagner (Nachr. v. d. G. A. Univ. u. d. kte.
Ges. d. Wiss. zu Göllingen. Oct. 1851.) hat in
Sept. 1851 mit den Herrn Billroth (aus Greifs-
walde) und Meissner (aus Hannover) in Triest
weitere neurologische Untersuchungen am Zitterro-
chen angestellt. Die Resultate dieser Untersuchun-
gen sind Folgende.
Die perif^eriaclie Nervenverhreitoog im elektri-
schen Organ fand sich axich jetit noch gani ao» wie
sie von W. in frühern Schriften beschrieben w^rdeo
ist* (^ie Primitivfasern , welche zum elektrischen
Organ gehen, sind niemals mit Ganglien und periplie^
rischen Ganglienkörpern versehen, sie gehören zo
den eminent breiten Fasern, sie theilen sich büschel-
förmig in Aeste, diese verzweigen sich weiter dicho-
tomisch und trichotomisch. Diese Aeste sind allemal
eingeschnürt an der Theilungsstelle, sie verlieren hier
in der Regel ihre doppelten Conlouren, werden blSs-
ser, sind oft nur sehr zart, oft stärker contourirt,
schwelten stets jenseits der Theilungsstelle wieder an,
und strahlen dann , blässer u. blässer werdend, viel-
fach getheilt auf den Blättchen des elektr. Organs aus.
Ihre letzten Zweige breiten sich hirschgeweihartig
mit freien Enden aus, werden aber zutetzt so überaus
zart , und stimmen in ihrem Aussehen mit der fein-
körnigen Substanz, aus welcher die Blättchen des
elektr. Organs bestehen , so überein , dass man auf
keine Weise im Stande war, sich zu vergewissem,
wie die Nerven hier endigen ; d. h. man sieht zwar
die begrenzende Scheide zuletzt aufhören, aber der
Inhalt, das Ende der Nervenfasersubstanz selbst,
scheint mit freier Mündung in die feine molekulare
Masse des Parenchyms des elektrischen Organs über-
zugehen. Das behauptet aber W. mit Sicherheit:
Endschlingen sind nicht vorhanden und niemals ana-
stomosiren je zwei Primitivfasem.
In den Muskeln kommen auch nur freie , zuletzt
unmittelbar im Parencbym verschwindende Endäsle
der Nervenfibrilien vor, niemals schlingenförmige Ver-
bindungen. Bei den Paocinischen Körpercheo $uid
die freien Endigungen ganz klar.
In Bezug auf die beiden elektrisehm L^f^en alt
Hirntheile beim Zitletpooben steht völlig teHt. dasa
sie blase Aggregate von sehr gresaen , nultip^am
Ganglienkörpern sin4 welche von einem sehr reicheB,
weitmasdiigen GefKsenetae durchwirkt smA. Aieae
mehr oder weniger sphärischen Ganglienköiper ken-
nen nicht eigentlich Zellen genannt werden» 4eDn. m
enthehren einer beaon4e«n ZelknembrMu Sie besi»**
hen aus einer sehr UuikitMigen ÜAwe» m mkhn ein
grosser, pellucider, bläschenartiger Ken eingesenkt
II. Anatomie u. Physiologie.
283
ist llaeh der Peripherie gpehen von diesen Ganflien-
kOrpern FortsSIlze ab, welche von doppelter Art sind.
Einzelne dieser Fortsätze sind nicht ramificirt und ge-
hen unmittelbar in gemeine doppelt contourirte Ner-
venfasern aber, deren Achsencylinder sie bilden. Al-
lerdings fehlt die doppelt contourirte Rindenschicht
sehr häufig , weil sie hOchst lose mit den Achsency-
lindern verbunden ist, und die Mehrzahl der Fort-
sätze entbehrt dieser Rindenschicht stets. In der
Regel entspringt von je einem Ganglienktfrper eine,
seltner scheinen zwei Sichte Nervenfibrillen zu ent-
springen. Die übrigen , bald ramificirten, bald nicht
ramificirten Fortsätze dienen dazu, einzelne Ganglien-
zellen unter einander, bald' näher, bald entfernter
liegende, in Verbindung zu setzen. Auch dieses
Factum hat W. mit aller Bestimmtheit eruirt , es ge-
lang ihm und seinen Begleitern die zartgranulirten
VerbindungsHiden zwischen je zwei Ganglienkttrpern
seilartig anzuspannen und die beiden Ansatzpunkte
sogleich zu überschauen.
Mit diesen Beobachtungen ist für die Anatomie
der Centrahheile des Nervensystems, insbesondere
des Gehirns , ein neuer und fester Boden gewonnen
und die Anschauungen , welche W. am menschlichen
Gehirn erhalten halte, sind von so durchgreifender
Analogie , dass sieh darauf mit sehr grosser Sicher-
heit die wichtigsten Schlüsse auf die Mechanik der
Nerveafunctionen gründen lassen. Mit Klarheit las-
sen sich die Bahnen überschauen, welche bei den
Vorgängen des Reflexes und der Irradiation betheiligt
sind. Ganz analog den elektrischen Lappen sind
jene Nervenkerne des Vagus, des Accessorius, des
Hypoglossus, des Trigemtnus, insulare Anhäufungen
mnitipolarer Ganglienzellen im grauen l^eil, in der
Sobslantia ferruginee, am Locus coeruleus etc.
Von besonderem Interesse waren die Fragen der
üfervenvertkeilung in den Muskeln und der primä-
ren üoaUlängigkeit der letztern vom Nervensystem.
Die Muskeln des Zitterrochens sind meist nervenarm
und im friachtn Zustande »ehr transparent, namenl-
Ucli erschien ein langer dünner Muskel an der innern
Seite des elektrischen Oi^ans zur Untersuchung sehr
geeignet. Bei seiner Nervenarmnth konnten Strecken
bis zu 1 Gtmtr. Länge nachgewiesen werden, welche
ganz frei von Nerven waren. Bei Reizung mit einer
Nadel oder einer zugespitzten Zink- und Kupferpia tie
verkurzte sich der Muskel in grosserer oder geringe-
rer Breite oft in der ganzen Länget oft nur in einzel-
nen Abschnitten der Länge. W. glaubte, bei seinen
Versuchen zu der Ueberiieugiing zu gelangen, dass
die Muskelsubstanz direct auf galvanischen und me-
chanischen Reiz ohne Vermittlung der Nerven sich
conirahirt, und dass selbst die Gontraction einzelner
gereizter Bündel häufig eine Gontraction benachbarter
verursacht, ohne dass diese milgereizt werden. Doch
hält er selbst die Beobachtungen und Versuche nicht
für zahlreich und exact genug, um jene Annahme mit
vj^Iiger Bestimmtheit ansBUspreehen.
Auch Ober deo ayinpatbiaf^heii Herren , «her die
Innervation des Herzens und die Herzbewegungen sind
Beobachtungen und Versuche gemacht worden. Die-
selben sollen den Gegenstand einer besondern Mitlhei-
lung bilden. Nur soviel soll noch erwähnt werden,
dass das Herz des Zitterrochens sich vortrefflich zu
Versuchen eignet. Das momentan stillstehende Herz
kann von allen Punkten aus, auch von den Hohlvenen
und dem Bulbus aortae, in Gontraction versetzt wer-
den , und zwar vorwärts und rückwärts , in gerader
Ordnung, vom Vorhof zur Herzkammer, oder in um-
gekehrter, so dass zuerst der Bulbus , dann die Herz-
kammer und zuletzt der Vorhof sich zusammen-
ziehen. —
Jobert (de Lamballe) hat seine frühern Un-
tersuchungen über den elektrischen Apparat Ae^ Zit-
terrochen , Zitteraal u. s. w. wieder aufgenommen
(Gaz. de Paris. 35. 1851). In Bezug auf den Ur-
sprung der Nerven, die im Zitterrochen nach dem
elektrischen Organe gehen, hat er gefunden, dass sie
flieht von dem vierten , grössten Lappen des Gehirns
entspringen, sondern in einer schiefen Furche, wel-
che an der untern und seitlichen Partie des Gehirns,
verdeckt vom vierten Hirnlappen, nach dem verlän-
gerten Harke sich hinerstreckt, und in weisser Ner-
vensubstanz sich befindet, während der vierte Hirn-
lappen aus grauer Substanz besteht. Die Nerven
treten in zwei Stämmen, einem vordem und einem
hintern , aus der Forche hervor. Der vordere klei-
nere Stamm theilt sich in drei Aeste , von denen die
beiden obern sich zum vordem Theii des elektrischen
Organs, der dritte zum mittlem Theil begeben. Der
hintere Iheilt sich ebenfalls in drei Aeste, sie verbrei-
ten sich in den untern Partien des elektrischen Appa-
rats. Von dem obern Aste des vordem Nervenstam-
mes gehen auch einige Fäden nach benachbarten Or-
ganen , wie zu den Schleimorganen an der Schnauze
und einigen Muskeln. Die Nervenbündel verzweigen
sich zwischen den Prismen des elektrischen Organs
weiter und weiter , und bilden ein Netz von Nerven-
ßtdchen. Die letztern umgeben die Granulationen
der Säulen, bilden aber nicht Schlingen, sondern
verzweigen sich weiter und endigen pinselförmig.
Beim Zitteraal erstrecken sich die elektrischen
Organe beiderseits vom Kopf bis zum Schwänze, und
nehmen die seitlichen Partien und den Rücken ein.
Das rechte Organ ist grösser als das linke. Beide
sind von apoheurotischen Hüllen umgeben, deren in-
nerer Raum von ähnlich gebildeten Scheidewänden
getheilt ist. Zwischen je zwei Scheidewänden befm-
den sich die Platten des elektrischen Organs, die aus
Reihen von Granulationen gebildet sind. Die Nerven
entspringen aus dem Rückenmarke und begeben sich
kammartig nach dem elektrischen Organe, wo sie
sich vielfach theilen u. pinselförmig endigen.
Die schleimführenden Organe, die sich bei dem
gemeinen Rochen finden , und in der Umgebung der
Nase an der Bauchseite , an den Muskeln der Brust-
flosse verbreiten, hat Geoffroy St. Hilaire für
ein Analogen des elektrischen Organs des Zitterro-
284
IL Anatomie u. Physiologie.
chens gehalten. Joberl kann dem nicht beistim-
men, sondern glaubt sie für secernirende Organe er-
klären zu müssen, welche eine gelatinöse durchschei-
nende Flüssigkeit über die Hussern Hautbedeckungen
ergiessen.
üeber diese schleim fuhr enden Organe und ana-
loge Bildungen an Rochen, Haien und andern
Knorpelfischen hat H. Müller ausrührlichere Unter-
suchungen angestellt (Verhandl. d. phys.-med. Ges.
zu Würzb. II. 9. 10. 1851). Mit dem angegebe-
nen Namen sind verschiedenartige Organe zusammen-
gefasst worden. M. unterscheidet zuerst die Gal-
lertröhren, Organes muciföres Savi*s. Es sind diess
Rdbren, mit glasheller Gallert erfüllt, welche mit ei-
nem Ende frei an der Hautoberflache münden, andern
andern mit einer Ampulle blind endigen , in welche
ein Nervenstammchen eintritt. Diese Ampullen lie-
gen jederseits in zwei Massen beisammen, von denen
die Röhren dann ausstrahlen , während von der an-
dern Seite ein Nervenstamm, der vom 5. Paare
kommt, eintritt, um sich an die Ampullen zu ver-
theilen. Diese Centralmassen liegen jederseits an der
Schnauze vor dem Nasenloche und am äussern Rande
des elektrischen Organs. Diese GallertrOhren haben
eine dünne, bindegewebige Wand mit vielen verlän-
gerten Kernen und Kernfasern. Die Innenseite ist
mit einem feingranulirten Epithel ausgekleidet, die
Mündung meist pigmentirt. Sie finden sich bei allen
Knorpelfischen, nur weichen sie in der Zahl derCen-
tralmassen , und der Vertheilung der Mündungen auf
der Körperoberfläche ab. Dass sie ein Analogen des
elektrischen Organs seien, ist Geoffroy's Ansicht,
aber schon von Treviranus widerlegt, auch
schleimsecernirende Organe können sie nicht sein, da
sie eben keinen Schleim enthalten, und die consi-
slente Gallerte durch die oft nadelstichfeinen OelTnun-
gen nicht austreten kann. Wahrscheinlicher ist es,
dass sie irgend einer Art von Sensation dienen.
Die 2. Form ist der Follikelapparat (appareil
folliculaire nervenx, Sa vi), der sich in dieser Weise
nur beim Zitterrochen an der Schnauze und am äus-
sern Rande des elektrischen Organs findet. Er wird
von Bläschen gebildet, welche reihenweise auf seh-
nigen Strängen geordnet sind. Jedes Bläschen schliesst
einen länglichen Körper ein , der an der Bläschen-
wand angewachsen ist, wo dasselbe auf dem Sehnen-
strange aufsitzt, und in jedes Bläschen tritt ein Ner-
venbündelchen vom 5. Paare herkommend ein , um
im Kern des Bläschens zu enden; einige Nervenfasern
sieht man indess auch längs des Sehnenstreifens wei-
ter zur nächsten Kapsel verlaufen.
Ausser den Gallertröhren und dem Poilikelappa-
rate besitzt der Zitterrochen noch 3. einen verzweig--
ten Kanal, der auf der Rückenseite des Thieres
dicht unter der Haut das elektrische Organ ringförmig
umgiebt, und sich einerseits bis zur Schwanzflosse,
andrerseits bis zum Spritzloch und Auge erstreckt,
und durch einen Verbindungszweig mit dem der an-
dern Seite communicirL Von ihm entspringen zahl-
reiche Seitenäste, die in der Regel <»hne weitere Ver-
zweigung auf der Haut münden.
Aehnliche Kanäle , ebenfalls nur an der Haut des,
Rückens , finden sich auch bei den nicht elektrischen
Rochen. Vf. beschreibt ihren Verlauf ausführlicher
bei Raja undulata und Myliobates aquila. Ausser die-
sen aber, und den Gallerlröhren haben diese Rochen
auch noch 3. das gemeinhin als Schleimkanal be-
zeichnete System von Kanälen, welches dem Zitter-
rochen fehlt, und hauptsächlich an der vordem und
untern Seile d> s Körpers liegt. Ein gemeinsamer
Verbindungsast der beiderseitigen Stämme liegt zwi-
schen den Nasenlöchern. Von da nus geht der Stamm
einerseits nach der Schnauzt>iis;>iize , andrerseits
theilt er sich in 2 Aeste , von denen der eine nach
vorn geht, und dann sich nach oben wendet, um
beim Auge zu endigen , der andere erst am äussero
Kiemenrand nach hinten läuft, dann sich umbiegt,
nach vorn geht, sich wieder nach oben wendet, und
in ein blindes Ende ausgeht. Diese Kanäle haben feine
Seitenzweige, in verschiedener Menge, die nach aussen
münden. Sie haben ein knorpl. Ansehen, bestehen aber
nicht aus wahrem Knorpel , sondern aus einer theiis
structurlosen, llieils fasrigen Hasse, in der zahlreiche
elastisclie Fasern u. zackige Körper, ähnlich den Kno-
chenkörperchen oder den zackigen Körpern io nicht
verknöcherten Eochondrbmen ; eingebettet Itegeo.
Dergleichen Zellen kommen aber auch sonst im Bin-
degewebe dieser Thiere vor. Das Innere dieser Röh*
ren ist mit einer feinen Membran ausgekleidet, die
aber nicht angewachsen , sondern nur von Stelle zu
Stelle durch eintretende NervenfUden angeheftet ist
Die NervenHlden bilden bei ihrem Eintritt kleine Erhö-
hungen , uqd endigen zum grossen Theil in kleinem
Umkreis, während eine kleinere Zahl von Primi-
tivfasern nach den benachbarten Eintrittsstellen hin-
gehen.
Die Analogie dieser Kanäle mit dem Follikelappa-
rate beim Zitterrochen nach ihrer Lage und Verthei-
lung ist bemerkenswerth, beide sind auch mit dersel-
ben schleimigen Flüssigkeit erfüllt. Beim Zitterro-
chen sind aber die Röhren in einzelne Bläschen zer-
fallen, und ohne ofl'ene Gommunication mit der Haut-
oberfläche. Doch finden sich Uebergangsformen, so
z. B. bei den Haien , wo die Kanäle varikös sind, und
in jede Erweiterung ein Nervenfödchen eintritt. Bei
Haien und Chimären verschmelzen übrigens die beiden
Röhrensysteme von der Rücken - und Bauchfliche in
eins, und diesen sind die sogenannten Schleimkanäle
der Knochenfische analog, manchmal fast gleich.
Es bilden also die beschriebenen Organe einen
wahrscheinlich allen Fischen zukommenden Apparat
zur Ausbreitung von Nerven, welche zum grössten
Theile aus der Bahn des Trigeminus, ausserdem nach
Stannius aus dem Vagus und den Spinalnerven
stammen.
In der äussern Anordnung lassen sich Torlinfig
3 Hauplformen dieses Apparates trennen.
II. Anatomie a. Physiologie.
285
1) Bei Knocbenfischen , Haien und Chimären ist
ein einziges ROhrensystem Torbanden , das am Kopfe
am meisten entwickelt ist, sich aber bis an das
'Sehwanzende als Seitenkanal erstreckt. In der Regel
besitzen sie viele , manchmal sehr weite Oeffnungen
an der Hautfliche.
2) Bei Tielen nicht eleklrischen Rochen sind, der
scharfen Scheidung der obern und untern Körper-
balfte entsprechend, die Kanäle in zwei von einander
abgeschlossene Systeme getrennt. Das eine an Ner-
ven viel reichere, nur mit feinen, oft sparsamen Oeff-
nungen versehen , liegt fast blos am untern und vor-
dem Theile des Fisches , das zweite ausschliesslich
an der Rttckenfläche, mit einer Verlängerung an den
Schwanz.
8) Bei den Zitterrochen verhält sich der Kanal
am Rücken ähnlich, wie bei den andern Rochen.
Statt der ersten Abiheilung der Rohren aber finden
sich Reihen abgeschlossener Bläschen.
Far die Bedeutung dieser Organe ergiebt sich so
viel, dass sie nicht eine Scbleimsecretion an die Haut-
Oberfläche zun Zweck haben , sondern nur fdr einen
Apparat der Sensation angesprochen werden können.
Camper erwähnt Oeffnungen an der Schnauze des
Braunfisches und an der untern Kinnlade des Wall-
fisches, die er den Schleimkanälen des Hechtes gleich-
stellL Sollte sich die Analogie dieser Theile bestäti-
gen, 80 wtirde diess dafür sprechen, dass cSer Auf-
enthalt im Wasser das Bestimmende für deren Anwe-
senheit sei. (R e i n h a r d.)
223. Zur Anatomie der Inndhöhle; von
A. KOlliker. (Verh. d. phys.-med. Ges. zu Würzb.
II. 11. 12. 1851.)
1) Utber die Muskulatur der Zunge, Das
Gerüst der Zunge bilden die beiden Genioglossi , der
M. transversus und der Zungenknorpel. Letzterer,
eine senkrechte, sehnige Scheidewand, erstreckt sich
vom Zungenbein bis fast zur Zungenspitze, ist in der
Mitte am höchsten , nach beiden Enden verschmälert,
bleibt oben ly^ — 2''' vom Zungenrücken entfernt,
und verliert sich unten in das Perimysium der Genio-
glossi. Zu beiden Seiten derselben breiten sich die
Genioglossi filcherfOrmig aus, indem sie quer und
senkrecht gestellte, in geringen Abständen hinter ein-
ander befindliche Lamellen bilden , die sich von der
Spitze bis zur Wurzel der Zunge erstrecken, aber am
vordem and hintern Ende etwas gekrümmt erscheinen.
Die Zwischenräume zwischen den Lamellen sind vom
M. transveraus eingenommen. Am obern Rande des
Zungenknorpels ändern die Fasern der Genioglossi
ihr Verhalten soi , dass sie nun Lamellen bilden , die
von vom nach hinten ziehen, indem sich zwischen
sie die Paserbflndel des Längenmnskels einlegen. Die
Genioglossi enden vom an der Zungenschleimhaut,
hinten in der Drflsenmaase der Zungen wurzel, nur ein
kleines Bündel geht an den Kehldeckel, ein anderes
an den obersten Schlondkopfschnttrer.
Der Trans versus linguae besteht aus- Faserbfln-
deln , welche horizontal, in senkrecht stehenden La-
mellen, zwischen den Lamellen der Genioglossi vom
Septum linguae bis zum Seitenrand der Zunge ver-
laufen, und sich mit kurzen Bindegewebsstreifen
anheften.
Die übrigen Muskeln bilden gewissermaassen die
Hülle des Organs. Der Hyoglossus verläuft ähnlich
dem Genioglossus. Er zerHllIt in senkrechte Lamel-
len, die an der äussern Seite der Lamellen des Genio-
{jlossus liegen , und zwischen denen die Blätter des
Transversus verlaufen ; am obern Rande des Trans-
versus orliniten seine Blätter ebenfalls eine longitudi-
nale RiclHnng, indem die Bündel des Längsmuskels
sich zwischen sie einlagern. Seine Fasern inseriren
sich am Zungenrücken.
Der Slyloglossus Iheilt sich in zwei Bündel , von
denen das hintere, die übrigen Muskeln durchbohrend,
gerade nach innen dringt, und sich am Septum insa-
rirt, während das vordere am Zungenrande nach vom
verläuft, u. an der untern Seite der Zunge, so wie an
der Spitze endet.
Der Lingualis inferior ist ein starkes Muskelbttndel,
das zwischen Genioglossus u. Hyoglossus an der untern
Zungenfläche nach vorn verläuft. Die hinlern Faseren-
den inseriren sich , leicht nach oben gekrümmt , an
dem äussern Theile der Drttsenschicht , die vordem
enden mit dem Slyloglossus an der Zungenspitze, aber
auch am vordem Drittel des Zungenrflckens.
Der Longiludinalis oder Lingualis snperior ist eine
Längsfaserschicht dicht unter der Schleimhaut des
Zungenrückens. Sein hinteres Ende setzt sich als
Chondroglossus am kleinen Hörn des Zungenbeins an»
sein vorderes breitet sich pinselförmig aus und ver-
liert sich an der obern Fläche der Zungenspitze.
Endlich finden sich noch perpendiculäre Fasern
in der Zungenspitze, die vom obern nach dem untern
Schleimhautüberzuge gehen.
2) lieber Fadenpilze auf den Zungenpapillen,
Die bräunlichen, aus einer centralen Achse und einer
fein granulirlen Rinde bestehenden länglichen (0,12
— 0,24'" langen, 0,04 -- 0,08'" breiten) Körper
im Zungenbeleg, von H ö f I e und M i q u e 1 beschrie-
ben, sind in ihrem centralen Theile die stark verhorn-
ten Epithelialplättchen der Zungenpapillen, die gira-
nulirle Rinde aber ist die Matrix eines Fadenpilzes
von 0,0006"' Breite, der, mit den bekannten Fäden
an den Zähnen ganz übereinstimmend, oft in unge-
heurer Menge in denselben wurzelt. Die granulirlen
Ueberzüge findet man sehr häufig, unter 20 — 30
jungen gesunden Leuten vermisste sie K. kaum einmal.
Die Pilze selbst sieht man im Ganzen seilen , unter
30 Fällen kaum 3 — 4 Mal. Vom centralen Theil
lassen sich die Epithelialplättchen durch Kali oder
Natron, namentlich in der Wärme, isoliren.
3) Von den Ganglien am Glossopkaryngeui.
Die von Remak am Glossopharyngeus zuerst be-
286
II. Anatomie u. Physiologie.
merkten mikroskopisehen Gaogtien finden sich an den
Aeaten deaselben aar Schleimhaut der Zunge iiwurzel,
ao wie an denen zu den Papulae vallatae. Ihre Zahl
wt aehr wechaelnd, ebenao ihre Grosse (von 0,04 —
0»2^'0* Si^ aitzen meist in Theilungswinkeln von
^Nerven und seitlich von solchen , ausserdem kommen
auch einzelne oder reihenweise hinter einander lie-
gende Zellen ziemlich häufig mitlen in kleinen Aest-
chen vor, und beim Schwein waren gestielte Ganglien
nicht selten, lieber das Verhallen der beim M. 0,02
— 0,03'" grossen Ganglienkugeln zu den Nervenfa-
sern konnte K. nichts Bestimmtes ermitteln. Am
Lingualis u. Hypoglossus finden sich keine Ganglien.
4) Fon den Balgdrüsen der MundkülUe, Es
sind diess theils die einfachen Bälge an der Zungen-
wurzel, theils die zusammengesetzlen in den Tonsil-
len. Die erstem liegen so oberflächlich, dass sie
die Schleimhaut hagelartig erheben. Sie haben Ys
— 2'"Durchm., sind oben von der hier sehr dOn-
nen Schleimhaut bekleidet, und locker in das sub-
mnkOse Gewebe eingebettet. Jeder Balg hat an der
Oberfläche eine grosse 1/4 — ^j^*'* weite Oeffbung,
die in eine trichterförmige enge, von grauer, schleim-
artiger Masse erfüllte Höhle führt. Der feinere Bau
dieser Drüsen ist nicht leicht zu ermitteln; K. fand
ihn folgendermaassen. Jede BalgdrUse ist eine dick-
wandige Kapsel, die aussen von einer Faserhülle um*
geben , innen von einer Fortsetzung des Mundhöh-
lenepitheliums ausgekleidet wird , und zwischen bei-
den in einer zarten , fasrigen , geHfssreichen Grund-
lage eine gewisse Anzahl grosser ganz geschlossener
Kapseln oder Follikel enthält. Die FaserhUlle ist eine
0,01"' dicke Lage von Bindegewebe, die sich ohne
Grenzen in das Bindegewebe der tiefsten Schleimhaut-
lagen fortsetzt. Innerhalb dieser Hülle sitzt die ei-
gentliche Wand der Balgdrüse, eine Art modificirter
Schleimhaut, aus Bindegewebe bestehend , welches
von ansäen nach innen an Deutlichkeit der fasrigen
Structur abnimmt, und homogener wird, in das-
selbe sind die grossen Follikel und Gef^sse eingebet-
tet, und seine Oberfläche ist von einem Epithel aus-
gekleidet, das von dem der Mundhnhle nicht abweicht.
Die Follikel, die den Kapseln der Peyer*schen Drüsen,
den Hilzbläschen u. s. w. sehr gleichen, haben einen
Durchm. von ^/jq — y^'" sind rund oder länglich-
rund, u. bestehen aus einer 0,002 — 0,003'" dicken •
Hülle und einem grauweisslichen Inhalt, der beim
Anstechen der Kapsel als ein im Wasser sich zertheilen-
des Tröpfchen hervorquillt. Es ist eine geringe
Menge alkalisch reagirender Flüssigkeit, mit vielen
freien Kernen und kleinen Zellen, ganz analog dem
Inhalte der andern genannten Kapseln. Die Zellen
sind 0,003—0,005"', die Kerne 0.002—0,0025"'
gross, ihr Inhalt trübt sich durch Essigsäure, daher
auch ganze Kapseln durch dieses Beagens weisslich
werden. Kaustische Alkalien lOsen Zelle und Kern
allmälig auf. Die Lagerung der Follikel ist meist so,
dass dieaelben eine fast ununterbrochene einfache
Sekicht swischen der iasaern Httlle und dem Epilb«!
der Balgdrüse bilden, doch findet man aucfa' biswei-
len, wenigstens bei Thieren» zwei Follikel hinter ein-
ander, oder grössere Abstände derselben. Di« Ge^
flisse der Balgdrüsen sind aehr zahlreich , und lassaa'
sich beim Menaohen , mit Blut gefüllt , oft leidit ver-
folgen. Auch Lymphgefösse scheinen von di^ei
Drüsen zu kommen, wenigstens erwähnt Weber einen
Fall glücklicher Injeclion derselben mit Quecksilber.
I^erven finden sich ebenfalls, K. sah auch einmal
in der Faserhülle eine Theilung an einer Faser von
0,0015"'.
Die Tonsillen sind nichts als ein Aggregat voa
einer gewissen Zahl (10 — 20) susammengeaetzter
BalgdrUsen , die fest unter einander verbunden , und
von einer gemeinsamen Httlle zusammengehalten wer-
den. Auch im Secret stimmen die Mandeln mit den
Zungendrttsen überein , doch ist dasselbe von den er-
stem nicht leicht rein zu erhalten, weil dieselben
auch Schleimdrüsengänge mit aufnehmen. Das Secret
ist eine grauweisse, schleimartige Masse, die aber
keinen Schleimstoff enthält, sondern entweder nur
aus, losgestossenen Epilhelinmplättchen , oder auch
aus Zellen und Kernen besieht. Die leUlern kommen
wahrscheinlich aus geborstenen Follikeln, obwohl ein
normales Bersten, zwar allerdings beim Menschao,
kaum aber bei Thieren (so viel die , Untersttcbung
lehrte), anzunehmen iat
K. untersuchte die Theile nicht nur frisch , son-
dern auch in Alkohol von 50^ erhärtet, wo er
dann feine Schnitte nahm , und sie bisweilen mit Na-
tronlös, benetzte. Auch das Trocknen und Holzessig
kamen in Anwendung. Beim Menschen sind diese
Bälge in vielen Fällen pathologisch verändert, wodurch
ihre Structur oft undeutlich wird , und keine Follikel
gefunden werden können, bisweilen trifft man sie aber
auch gerade recht deutlich, wenn in den hypertimi-
schen Bälgen die Follikel vergrOasert sind , ohne ge-
borsten zu sein. Am leichtesten erkennt man den
Bau beim Schwein , Schaf mid Ochsen.
(Reinhard.)
224. üeber dieperistaltUchenBewegnngeii
des Darms nnd lodensacks; von F. Betz. (H.
u. Pf. 's Ztschr. N. F. I. 2. 1851.)
Vfs. Bemerkungen beziehen sich auf die Ursache!
der genannten Bewegungen, n. enthalten im Wesent-
lichen eine Bestätigung der neuerdings von M. Schiff
aufgestellten Behauptung, daaa die Ursache derDama-
bewegung die mangelhafte oder anfgehobene Blnibe-
wegung in den Darmgeftlssen sei (Jahrbb. LXIU. 149).
S. fand nämlich, dass man bei lebenden Thicrea durch
Gompression der Aorta nnter dem Zwerchfelle perist
Bewegungen hervorrufen könne« Vf. findet die näch-
ste Ursache dieaer Bewegungen in der durefa die
Gompression entstehenden Blotleere , wofür auch die
bekannte Thatsache spricht, dasa bei Thieren, wel-
che sieh verbluten, die periataltiacben ftewegongen
nach dem Tode viel lebhafter shmI. Datf sie Mas-
sen auch ohne CirenktionssUlrang eitstehe«« wie'
IL Anatonrie o. nyvkAogie.
MT
lieh 9*0 Tar»kcraMi erwarte« ÜMt, beweiet der Um-
stwd. dan aan sie bei lebendeii Kaniocbea , sobiiM
man aar das PeritMilua frei legi, dureh dasselbe
biBdurcbsehea kasn ; Vf. sah sie ebease xweinal bei
Heaaeben io grossen Brochsacken darch die iUuch*
decke« hindarcb. Die frage , auf welebe Weise die
gealdvle Girculatioa oder BiatleeredieperistaluBewe-
gimg herrorriile oder bellirdere, beaaiw»r(et Vf. da-
biB, dass wahrscheialich durch jene Uomente der
Widerstand wegfalle, den die mit Blut gefttlUen 6e-
ftsse der Contraction leisteten. Für die peristaUi-
sehen Bewegungen des Rodensacks glaubt Vf. die-
selbe Ursache dadurch erwiesen zu haben , dass er
bei Hemmung des Rackflusses des Blutes aus dem
Hodensacke die Contractionen desselben abnehmen
sah. Endlich glaubt Vf. noch einen Theil der nach
Blutleere vermehrten peristaltischen Bewegungen dar-
aus erklSIren zu können, dass sich bei Entleerung
der feinern Blutgefässe deren Faserzellen conlra-
hirlen [?].
Ref. bemerkt, dass selbst, wenn Vfs. Hypothesen
lllr künstlich hervorgerufene oder die nach dem Tode
eintretenden perislallischen Bewegungen richtig wä-
ren, was keineswegs so sicher fest steht, doch da-
mit fOr die Physiologie sehr wenig gewonnen ist , da
im Leben in den Momenten, wo die peristaltischen
Bewegungen ihre physiologische Bestimmung erfüllen
sollen, d. h. wj&hreod der Verdauung, sicherlich in
des Darmwanden keine Blutleere , sondern eine stär-
kere Anftüliing der GeHissQ atatlfindet.
(Funke.)
225. neber das anal und physiol. Verhal-
te! der caYemOsen Körper der Sexnalorgane ;
von A. KOlliker. (Verb. d. phvs.-med. Ges. zu
Würxb. IL 8. 9. 1851.)
Hie Erscheinung der Ereclion ist zwar schon oft
beaprochen, aber bis jetzt noch keine der frühern
Anaiehlea zn aUgemeiner Geltung gelangt. Da die
AaatoHiie in Bezug auf die Geschlechtsorgane sehr
weseaüiehe Fortsehritte gemacht hat , so möchte es
wohl Zeit sein , auch mit diesem Punkte abzuschlies-
sen. Dass die Corpora cavemosa in ihrem Innern
MoakeHaaern enthalten, ist schon von Duvernoi
(1728) bemerkt, genauer aber das VerhaUniss von
J. II tt 1 1 e r (beim Pferde) , und von Valentin un-
tenmcht worden. K. bestätigte bei seinen Arbeiten
über die glatten Muskelfasern das Vorbandensein sol*
übar Pasern auch in den Balken der Corpora caver-
Baaa» Am besten erkemü man dieselben im Penis
den Pfevdea. Hier findet man in. dem Zellk^rper
xwtieDlai ftalkeo, Sebnenbalken , die meist quer Ver-
laufes , qnd NttUiohe Mnakelbalken von V« ^ 1 Vs'''
Dioke» die meist der Lange nach sich erstrecken. Die
Mascben des hierdtireh gebildeten Netzwerkes sind
mm euiem laincn flaulchen , aus Epithel und etwas
BiadtgewAbe mit Kernfaaera bestehend, ausgekleidet
Ott Sehneubalken bealeben aus reinem Sehnengewebe,
dys MnakiBlbalbeu aua dem aebanstau glatten Muskel«
ipawehft^ OeftsMU und taMwmkm dünue» NenmAi*
sem. Die Masee der Muskelfasern ist hier so bedeiJH
tend, dass reichlich ^,\ des cavernnsen Gewebea aua
denselben besteht. Das Corp. cavernoaum uretbrae
zeigt ebenfalla ein reielilichea muskuldsea Balkengo-
webe als Stütze der Venen , nur sind die Balken zar-
ler, der Nachweis der muskulösen Faserzellen gelingt
aber nach Maceralion in Salpetersaure von 20%
leicht.
Im Menschen sind sie nicht so leicht nachzuwei*
sen, doch gelingt es auch nach Maceratioo in Salpe-
tersäure, und setzt man Essigsäure zu, so kommen
die charakteristischen Kerne in grosser Zahl zum
Vorschein. K. fand die Länge der Faserzellen hi^r
0,02 — 0,03"', die Breite zu 0,002 — 0.0025'".
Auch in mehrern andern Thieren , die VL uiilsr-
sachte, fand er die mnskuldsen Faserzellen. Ebenso
sind sie auch in den caverttOaen Kdrpem der Clitoria
und der Vorhofez wiebeln des M., wie K. schon früher
angegeben, zu sehen.
Was nun die Lebenseigenschaften der Muskeln
des Penis anbelaugt, so hat Müller bei Galvanisi-
rung derselben keine Contractionen hervorbringen
können, ebenso auch K. nicht bei einem Hunde. Am
Penis eines Enthaupteten schien eine Verkürzung ein-
zutreten , doch war sie nicht ganz sicher. Durch
Kalte zieht er sich aber bekanntlich sehr betrachtlich
zusammen. Bei der Erection liegt die Annahme ei-
ner Contraction der glatten Muskelfasern nahe , und
Valentin und Ilerberg haben auch diese Ansicht
aufgestellt und vertheidigt. Dem steht aber entge-
gen, dass die Muskelfasern überall in den Corp. ca-
vern. in gleicher Menge sich finden , und dass daher
durch ihre Contraction die Venensinus und Arterien
noth wendig von allen Seilen comprimirt, das Blut
aus denselben ausgepresst, und das Glied verkleinert
werden muss. Nimmt man dagegen eine Relaxation,
eine Erschlaffung der Muskelfasern bei der Erection
an , so erklären sich alle Erscheinungen sehr leicht.
Es werden , wenn die glatten Muskelfasern , wie bei
der Diastole des Herzens nach und nach erschlaffen,
alle Sinus sich erweitern , und immer mehr mit Blut
füllen. Das Glied wird sich verlängern und verdik-
ken , und zugleich wegen seiner Anheftung am Bek-
ken erigiren. Es fragt sich, ob eine vollkommene
Erection allein durch die Relaxation der Muskelfasern
zu Stande kommen kann, oder ob noch ein Verschluss
der ableitenden Venen oder eine Erweiterung der Ar«
terien hinzukommen muss. Was zunächst daa Letz«
tere betrifft, so findet beim Langerwerden des Gliedes,
gewiss auch eine Streckung der mehr oder weniger
gewundenen kleinen Arterien und daaut eine £rwei«>
terung der Oeffnungen Statt, mit der dieae in die V-o-
nenräume münden. Zweitens kOnnlen wohl auch die
Stamme und Uavptäste der Art. pudendae beim An-
fdUen der Venenraume durch Zug von auaaen erwei-
tert werden, wie die Harnröhre klafft, wenn das Corp;
cavern. urethrae durch Ereclion odetr gelungene In-
jection atrotaend erfüllt ist. Endlieh kam man lekbl
avMb eine selbslaländige Bekzation der aaUreiehen
S88
II. AnaUHOHie u. Miynolagie.
Ifuskelfasern in den dickwandigen Art. profundae an-
nelimeo. Da der erslgenannle Umstand sicher, der
letzte wenigstens wahrscheinlich stattfindet, so wird
wohl der Annahme eines vermehrten Eintritts des ar-
teriellen Blutes beizupflichten sein.
Einen Verschluss der Venen hat Krause durch
eine klonische Krampfcontraclion der MM. ischio - u.
bulbocavernosi angenommen, doch ist diese Annahme
bereits hinreichend widerlegt, und anderweitige Ap-
parate zur Compression der Venen sind nicht vorhan-
den. Kobelt sagt dennoch, dass ein Hemmniss
für das austretende Blut vorhanden sei , da bei einer
Iifjeclion der Ruthenzellkörper , oder bei Einblasen
von Luft durch eine äussere Stichöffnung , weder die
Injectionsmasse noch die Luft durch die Venen ent-
weiche. Vf. wiederholte den Versuch durch Injection
von gefUrbtem Wasser an der Spitze des einen Corp.
cavern. penis , nachdem er vorher die Vena dorsalis
ganz aufgeschlitzt und die zwei Plexus pudendi so
geöiToet hatte, dass die Einmündungen der Venae
profundae zu Tage lagen. Hierbei trat die Flüssig-
keit einmal durch die Emissarien auf dem Rücken des
Gliedes in die V. dorsalis aus, und zweitens in reich-
lichster Menge durch die Venae profundae penis in
den Plexus pudendus. Zugleich schwoll das Glied
immer mehr an , richtete sich auf und trat endlich in
den Zustand völliger, intensivster Erection. Das
Ausfliessen zeigte sich jetzt am Schafte des Gliedes
in der Regel nicht mehr, wohl aher an der Wurzel,
und zwar zum Theil durch die hier noch beßndlichen
Emissarien, die in die Rttckenvenen einmünden, zum
Theil durch die Venae profundae. Durch diesen
mehrmals mit gleichem Erfolge wiederholten Versuch
ist also bewiesen : 1) dass ebenso wenig ein physio-
logisches, als ein anatomisches Hinderniss für das
Venenblut vorhanden ist, und 2) dass trotz des be-
ständigen Abflusses einer in die Corpora cavernosa
eingetriebenen Flüssigkeit doch eine vollständige
Erection des Gliedes sich erzielen lässt. Nur die
vordem, in die V. dorsalis einmündenden Emissarien
scheinen sich zu schliessen , allein diese sind auch
als enge, rückwärts gerichtete Spalten beim Anschwel-
len des Gliedes nothwendig einer Compression unter-
worfen , was sich von den andern Venen nicht sa-
gen lässt.
Die Erection kommt also zu Stande, indem bei
allmäliger Relaxation der glatten Muskeln die Venen-
sinus der Zellkörper sich erweitern und mit Blut fül-
len. Das Blut muss sich stauen, indem bei vermehr-
tem arteriellen Zufluss, die an sich nicht zahlreichen
und relativ engen Abzugskanäle sich nicht erweitern.
Die Hemmnisse für das Pliessen des Blutes und der
daraas resultirende Seitendruck werden noch ver-
mehrt durch die in den vielfach communicirenden
Veneoräamen auf einander treffenden Blutströme.
Sollte eine Verengerung der Abzugskanäle während
der Erection vorhanden sein, so wäre das Phänomen
noch leichter zu erklären ; glaublich ist eine solche
^'^vengeniDg wohl, in sofern manche der Abiugsve-
nen in schiefer Richtung durch die fibrdsen HflUei
hindurcbtreten, und dabei durch die Ausdehnung und
Erhärtung des Penis comprimirt werden dürften. In
diesem Falle würde aber die Verengerung der Venea
die Sieifung nicht erzeugen , sondern nur begleiten.
Ist die Erection einmal eingeleitet, so dauert dieselbe
so langt fort, als die Muskelfasern der Balken er^
schlafft sind. Der Nachlass kommt zu Stande , so-
bald die letzlern sich conirahiren , und das Biat ans
den Maschen in die Venen hineinpressen.
K. verkennt zwar nicht, dass die eben auseinan-
der gesetzte Erklärungsweise auf den ersten Blick
wenig für sich einnimmt , indem eine physiologische
Function , die offenbar von einer vermehrten Thätig-
keit vieler Theile des Nerven- und Muskelsysteais be-
gleitet ist, durch eine Relaxation von Muskelgebildeo
eingeleitet werden soll. Doch lässt die genaueste
Uebcrlegung aller Verhältnisse nichts Anderes zu,
und ergeben sich sogar noch einige neue Anhalts-
punkte: 1) die Kälte, die bekanntlich alle glatten
Muskeln zur Contraction bringt, bewirkt auch am Pe-
nis den möglichsten Grad von Kleinheit, wogegen die
Wärme immer von einer gewissen Turgescenz des
Gliedes begleitet ist.
2) Dass bei der Erection glatte Muskeln erschlaf-
fen , ist an den Masldarmrulhenmuskeln der SSuge-
Ihiere leicht zu zeigen. Diese Muskeln, die aus glat-
ten Fasern bestehen , erstrecken sich vom Sphincter
ani, bis zur Mitte der untern Seite der Ruthe » und
erhalten dieselbe im Schlauche zurückgezogen. Bei
der Erection fällt zuerst die Ruthe aus dem Scblaocbe
hervor, u. diess kann nur durch ErschlafTung der ge-
nannten Muskeln geschehen.
3) Das Auffallende, dass bei der Erection ge-
wisse Muskelgebilde (Tunica dartos, Cremaster, Vas
deferens etc.) contrahirt, andere erschlafll sind, wird
erklärlich, wenn man annimmt, dass verschiedene
Centralgebilde des Nervensystems den einen und den
andern Muskeln vorstehen, und so zu einander in
Relation stehen, dass während das eine in vermehrter
Thätigkeit begriffen ist, das Andere herabgestimmt
wird. Aehnliche antagonistische Verhältnisse kom-
men vor beim Harnlassen , bei der Excretio aivi , bei
der Expansion von Gelassen nach psychischen AfTee-
tionen und nach Hautreizen. Vieles weist aneb in
der That darauf hin , dass die Muskelfasern in den
cavernösen Körpern vom Gangliensysleme aas regiert
werden, während die übrigen Theile der Begallungs-
Organe vom Rflckenmarke abhängig sind. K. hebt
Folgendes hervor, a) Die Nerven der Corpora caver-
nosa stammen vorzüglich vom Sympalhicus (J. Mlll-
1 e r), die Eichel aber , Haut und rolhe MuskeLn des
Gliedes werden vom N. pudendus versorgt — b)
Schwächung des Rückenmarks ist in der Regel vott
Mangel an Erection begleitet, wogegen Reizungen
desselben, gewöhnlich oder häufig firectionen nach
sich ziehen. Wirkte das Mark auf die Corpora ca-
vern. , 80 mttsste im erstem Fali^ eine Erection, «
IL. AnatMüe n* PhyBiologie«
temeni 9hw tink Verkleioerung d«t Gliedes einlreteo.
Dass den nicht so ist» erklärt sich leicht, wenn inao
annimmt, dass in den angegebenen Fallen von Impo-
tenz das Mark nicht mehr den EinQuss der Ganglien
paralysirt, beim Eintreten der Erectionen dagegen
die Reizung dem RUckenmarke die PrXponderanz gehe,
wodurch die andere Nertenrogion in den Zustand der
l^epression gerathe. — c) Auch das Gehirn wirkt
Ihtttieh , wie das Mark. Reizung oder erhöhte Thü-
tigkeit desselben, sind der Entstehung von Erectionen
günstig, Herabstimmungen desselben aber ungOnsUg.
(Reinhard.)
226. Zu IitirieUiBgigeschi€hte der Dap-
petaBlMgebllteil; von Prof. G. Valentin in Bern.
(Arch. f. phys. Heilk. 1. 1851.)
Die Fischeier eignen sich wegen ihrer Durchsich-
ligkeit besser dazu , gewisse physiologische VerhXlt-
niase in der Entwicklungsgeschichte zu ermitteln, als
i die Eier der hohem Thierkiassen. Letzlere müssen
nothwendig zur Untersuchung zerstört werden, hei
ersteren aber kann ein Entwickiungsvorgang lungere
' Zeit hindurch an einem und demselben Individuum
beobachtet werden. Diess ist z. B. bei Missgeburten
von besonderem Interesse.
Vf. erhielt am 24. April 1849 aus deao Bieter See eine
Anzahl Heebteier, welche ein von ihm iosiroirter Fischer kurz
vorher küostlich berruchtet hatte. Die Embryonen entwickel-
ten sich in höchst ungleicbartigem Maasse , die ersten Hecbt-
cben verliesseo das Ei 8 Tage, die letzten 15 — 16 Tage nach
\ der ku östlichen Befmchtang; man sieht daher leicht, dass
et wenig sagen will , wenn man die Eotwieklangsstufen der
Embryonen nach Tagen bestimmt. Eine Bildong, die man
hcnte schon in dem einen Ei sieht , kann erst morgen oder
überiDorgen in vielen andern auftreten.
Die Eier wurden um den 3. — 4. Tag undurchsichtiger,
indem sich kohlens. Kalk aus dem Wasser auf der Schalen haut
ablagerte, sie mussUn daher mit Pinseln gereinigt werden,
wenn sie unter das Mikroskop gebracht werden sollten. Am
98. April , etwa 102 Std. nach der Befruchtung , bemerkte
Val. die Misshildong, welche aus einem einfachen Mittel- und
Schwanztheii und einem doppelten Vordertheil bestand. Scha-
lenbaat und Dotteromfang Dessen keine Abweichung erkennen.
Die beiden GabelSste des Vordertheils wichen unter einem
Winkel von nngeßhr 100^ auseinander , und der eine dersel-
ben, der Bauptkörper, war offenbar starker ausgebildet, als
der andere , der Nebenkörper. An dem genannten Tage liess
sich am Hauptkörper die Anlage des Wirbelkanals deutlich
bis zum Schwänze hin verfolgen , auch im Nebenkörper fand
sich eine Andeutung davon , doch war das Vorderende dessel-
ben dentlicher , als das Hinterende , welches sich noch vor
der Vereinigung mit dem Hauptkörper dem Anblicke entzog.
Die Wirbelahtheilungen waren auch theilweise sichtbar , und
darunter waren einige an der Vereinigungsstelle des Haupt- n.
Nebenkörpers paarig verschmolzen. — Am folgenden Tage,
dem 29. April , besass der Haoptkörper schon die Anlagen
der Aogen , des Gebims , des Rfickenmarks , des Schädels,
der Wirbelsaule und der Gehörbläschen. Die Entwicklung
des Nebenkörpers war dagegen auffallend zurückgeblieben. —
Am 90. April hatte der Hauptkörper schon den Linsenkreis
im Attge, und die Qbrigen Organe waren deutlicher geworden.
Im Nebenkörper konnten aber noch keine unterschieden wer-
den. Die bemerkenswertbeste Neubildung an diesem Tage
war eine graue , sehr helle , hantartige Ausbreitung , die den
grossien Tbeil des Nebenkörpers umgab nnd sich in die Nach-
Itod. Jahrhb. Bd. 7t. Ilft. S.
barschaft des Haupt körpers fortsetzte. Diese Hanlansbreitong
gfht immer der Entwicklung des Herzsi-blauches vuran. —
Der folgende Tag (1. Mai) zeigte auch neben dfm HauptkÖr-
per sowohl , me. neben dem Nebeokörper ein Herz in dfr ge-
nannten Ausbreitung, beide Herzen pulsirten auf das Deut-
lichste , sie wnren farblos und durchsichtig. Uebrigens hat-
ten »ich der llauptkörper und der einrache mittlere u. hmlere
Theil der Doppelmissgeburt vollkommen regelrecht, in glei-
chem Grade , wie die gesunden Embryonen entwickelt , der
Nehenkörper zeigte aber jetzt erst zwei scharf ausgesprochene
Gehörbläschen , welche nicht wie bei andern Embryonen g^
trennt, sondern dicht bei einander lagen. An demselben
Tage begannen auch die Bewegungen des Körpers, doch nahm
nie der Nehenkörper an denselben Theil. — Am 2. Hai wurde
der BIntlanf erkennbar. Zwei centripetale Ströme traten
deutlich bei jeder Diastole des Herzens des Haupt körpers in
dasselbe ein, u. ein centrifugaler Strom strich bei der Systole
an der entgegengesetzten Seite bin. GefSsswandungcn konn-
ten nicht unterschieden werden. Am Herzen des Nebenkör-
pers liess sich aber ein Blutlauf nicht bemerken , sei es, dass
keiner vorhanden war, oder dass er nur wegen Mangel der
Blutkörperchen nicht sichtbar wurde. Was die übrigen Or-
gane anbelangt , so waren ausser den Gehörbläseben am Ne-
benkörper weiter keine neuen zu unterscheiden. Eine Andeu-
tung des Röckeomarkkanals war vorhanden, und mündete
deutlich in den des Hauptkörpers ein, die Chorda dorsaiis
dagegen verlief im Hauptkörper nach dem Schwänze zu voll-
kommen regelrecht , ohne dass jedoch ein Seitenast zu ent-
decken gewesen wäre, der sich in den Nebenkörper hineinbe-
geben hätte. — Am 3. Mai waren bis auf einige Vermehrung
des Pigments keine sichtlichen Veränderungen eingetreten,
und am 4. Mai schlupfte die Missgeburt , so wie viele andere
der kleinen Hechte , mit dem Schwänze zuerst aus der Scha-
lenhaut heraus j und lebte dann noch 7 Tage lang. Sie
erfuhr während dieser Zeit noch eine Reihe nicht unwesent-
licher Veränderungen. Die Augen erhielten mehr Pigment,
die Unterkiefer entwickelten sich mehr , die Anlage des Nah-
rongskanals zog sich als ein dunkler Streifen an dem Körper»
rande des Dotters hin. Im Allgemeinen zeigte der Hauptkör-
per und der einfache Theil der Missgeburt auch der Zeit nach
keine Abweichung von der Ausbildung der gesunden Thiere
dar. Im Nebenkörper war der Seitenast des sich an der Ver-
bindungsstelle spaltenden Wirbelkanals wohl noch deutlich,
die Chorda dorsaiis verlief aber deutlich nur im Hauptkörper
und dem einfachen Theile. Andere Organe waren im Neben-
körper seiner Undurchsichtigkeit wegen nicht zu unterschei-
den. Der Dottersack schien in eine kleinere vordere, u. eine
•grössere, hintere Abtheilung zu zerfallen ; erstere, in welcher
das Herz des Hauptkörpers lag, vergrösserte sieb beträchtlich,
wodurch dieses Herz zu einem langen , schmalen Schlauche
sich auszog , während das des Nebenkörpers seine gedrunge-
nere Gestalt behielt. Am 8. Tage nach dem Ausschlüpfen
starb die Missgeburt äusserlicb ab, die beiden Herzen schlu-
gen aber noch fast 3 Tage fort, ehe auch sie zum Stiliesteben
kamen. Die Zahl der Herzschläge betrug am Hauptkörper
beim ersten Auftreten (7 Vs Tag nach der Befruchtung) 44 — 40
in der Min., am Nebenkörper 42 — 44. Sie stieg alimälig bis
auf IM im Haupt-, und 98 im Nebenkörper (5 Tage naeh
dem Ausschlüpfen, 15 nach der Befruchtung), und fiel von da
an wieder bis zum Absterben. Immer blieb die Zahl der
Herzschläge im Nehenkörper gegen die des Hauptkörpers um
einige zurück , nur in den letzten Stunden war sie am Neben-
körper etwas grösser. Gesunde Fischchen hatten im gleichen
Alter 88 — 106 Schläge.
Die Blutströme völlig gesunder , vor einem oder einigen
Tagen ausgeschlüpfter Hechteben enthalten eine reichliche
Menge von Blutkörperchen. Das Blut ist anfangs blass und
fsst farblos , die rothe Farbe erscheint erst später, und wird
zuerst in den grössern Blutmassen des Herzens bemerkt.
Manche Tbierchen zeigen nur sehr wenig Blutkörperchen, und
leben trotzdem noch 5 — 0 Tage fort. Bei andern hatte das
Blut anfangs eine ziemliche Menge von Blutkörperchen , die
aber später sich nicht mehr wahrnehmen liess. Wir JKönnen
37
200
IL Anatomie u MysMogiei
daher tcbliecisen, dass sieb die iltesten Blntkörpercben scboo
in diesen jungen Geschöpfen ' nach und nach auflösen,
nnd dass die Neubildung derselben aus irgend einem Grunde
gehemmt ist. Aebntiche Verhaltnisse fanden sich auch bei
der beschriebenen Missgeburt , sie zeigte nach dem Ausschlü-
pfen keine Bfntkor^ercben mehr, obgleich dieselben vorher
deutlich In den Blulbahnen bemerkt worden Ovaren.
Da ausser der beschriebenen Doppelmissgeburt
noeh mehrere andere unter den erhaltenen Erern ge-
funden worden waren, prüfte Val. die ganze Anzahl
der kleinen Uechlchen. Es warqn il^rer im Ganzep
917» unter diesen waren 63, also 6,9% krank, es
hatten nSmlich 52 einen scheinbar doppeken Dotter^
sack, 3 waren Halbalbinos, i, h. das Pigment fehlte
fastjganz, 1 Zwerchheckitchen (nur halb so grpss,
als die gesunden), 3 mit TerkrUmmiem Scfawanze,
1 mit verkrUmmtem Schwänze und eigenlhflmlicher
Missbildung des Herzens, und 6 Doppelniissgohurten.
Die Ursachen der verhültnissmassig ziemiicii hüuGgen
Jtfissgeburten können sein, theils die wenig geschätzte
Lage des Dotters der Hechteier, da der Eiweissraum
sehr klein und die Schalenhaul sehr zart ist, Iheils
die EfschüUerung, welche die Hechleier beim Trans-
port erlitien halten , da sie vom Bieier-See in einem
Topfe ohne Zusatz von Wasser 7 Std. weit nacli Bern
gelragen worden waren.
Betrachtet man die Doppelmissgeburten ausser
d^r oben beschriebenen genauer, so ergiebt sich Fol-
gendes. Die erste ist oin doppelleibiges üechtchen.
Nur der Schwanztheil war einfach , dicht hinter dem
Ende des Dottersacks gingen die beiden Leiber gabli^
auseinander. Vqn diesen ist der eine» der Haupt-
kürper, von der gewühplichen Form, der Mebenktfr-
per aber im hohen Grade verkrüppelt. Er zeigte an
seinem vordem Ende mehrere blasige Gebilde, deren
Deutung zum Theil qnentschiedien blieb , man konnte
in ihm das verküipmerte Gehirn und das Rückenmark
erkennen, so wie in einer hellen Aushöhlung das
lebhaft klopfende Herz , und IXngs des Dotterrandes
die das Darmrohr andeutende Schleimblattfalle. Diese
Missgeburt wurde am 25. Tage todt gefunden, nach-
dem sie noch Abends zuvor lebhaft herumgeschwirrt
hatte. — Bei einer zweiten Doppelmissgeburt ent-
sprang der Nebenkörper eine Strecke hinter ^er Brust-
flosse des Hauptkörpers, besass selbst zwei deutliche
Brustflossen und ein eignes Herz. — Eine dritte
glich im Wesentlichen der oben beschriebenen. Eine
vierte hatte einen kleinen Nebenkörper dic^t am ijii^'
tem £nde des Dottersacks etwas vor d^r Bai^chflo^se»
welcher weder ein eignes Herz , noch innere Organe
erkennen Hess. — Eine fünfte stimmte fast ganz mit
der vorhergehenden überein.
Die 3 hier zuerst genannten Dopp^lmissgeburtef
zeigten in Bezug auf 4ie Zahl der Schlage der beiden
Herzen am Haupt- und Nebenkörper ganz die nSm-
lichen Verhaltnisse, wie sie die oben beschriebene
ergeben hatte. Ebenso ergab sich in ihnen allen eine
gewisse Armuth an Blutkörperchen. 9ie zahlreichen
Fischchen , in denen sich eine grosse vordere Blase
i'-ankhafter Weise ausgebildet hatte, gingen später
sammtlich zu Grunde, das Herz in derselben zeigte
sich bei allen mehr oder weniger cyÜndrisch aus-
gezogen.
Zum Schiuss einige allgem^ii^e Fplgßningen, die
sich aus den mi^g^i^eiltcin BeohacMungien ^nt^t^maa
lassen. LSsst man die zahlreichen JUecbichen mit
vordercir Blase pnbeachtet, da sie pipht «awohl n
den Missgeburten, als zu den iM gew.fihnliicher Weise
erkrapkteo Geschöpfen gehören, ßo i^rgiebl sich, daii
die Zahl ,der Bop,peURissge))urlieo über d^e der /»iiaal-
nen übrigen Abjvetchungen vorherrscht.
In Bezug auf die Entstehung der Doppelmissge-
burten hat man bekaniUlich 8 Theorien aufgestellt;
die eine nimmt an , dass zwei Eier oder fimbryenei
früher oder später verwachsen , die andre »her lisst
gewisse Bezirke des Keimes sich spalleiD , und jede
Hälfle zu einer voilsiandigern Reihe mehr pder min-
der symmetrischer SlUcke ausbilden. Die hier aa
den Doppelmissgeburlen bep^achlele^ Thatsachep
sprechen nur zu Gunsten der letzlern. Das Dotter
war bei allen einfach, es konnl|^n ^Iso nicht zwei
Dotter in einer Eihaut vorhanden gewesfen i^ein; und
auch, dass zwei l^ein^e im Dolfer vorbandep ^eweseo
seien, wird im höchsten Grade unwahrscheinlich, d^
auch selbst in den am frühesten beobachteten Entwick-
lungsstadien an dem einfachen Theile keine Spur
einer Einschnürung oder anderer Ueb^rreste tob
Doppelbildung sic)i vorfand.
Bpi deq Dopp|ej[9ii|f^g|ebar.teQ lyar/eif 4ie Nebea-
kürpier lücht gleicbmaa^ig ausgebildet, ee waran im-
mer mehrere Organe ([leichzeitig Torbanden, oder
gfeichzeitig nicht vorhanden. Für diese Thateacbe
giebt uns die folgende Anschauungsweise Rechen-
schaft; ein schon gebildeter Theil arbeitet immer
dem nachfolgenden vor* Die schon abgesetzten Has-
sen vßrgrösfjeri^ ^iph nicht blos für sich, SQn4en^
machen es auch zugleich möglich , daaa andre paar
sende Absätze neben ihnen erzeugt werden. Nehmen
wir nun an, dass sich einzelne Theile d^s Keimes
aus gewissen krankhaften Ursachen zu ein^m zweiten
Körp^rrudimente entwickelten, so ergieb& e« sich von
selbst , warum die Summe der auf diese Weise dop-
pelt angelegten Vorgebilde di^ Verdoppelung gewisser
später 9uflrelQnden Organe nach ^^ch «qg.
Di^ Veranlassung zur Bi)4MQg der Bopp.^lmjf(sgff-
bjirten konnte wobl die schon ec wäkate mechanifcke
Erschütterung der Eier kurz nach der Befruchtung,
so lyie das Qachträgliche Putzen derselben gewesey
sein. &9 w^j:^ ab^ir auch denkl^ar, da^s die Fufdiqng
des Dotters selbst solche Abweichungen zu b^ÜngaB
ün Stande wäre.
Alle Doppelmissgeburten gingen in dec zweitaa
Woche ni|ch dem Ausschlüpfen zu Grunde. Es lässt
sieb daher vermuthen , dass wohl i^ucb im Freien di«
meisten Ooppelnussgebnrten firJihseitig zu Chmnd«
gehen ; und nur dadurch ward es begh|iflich , wea-
halb man bis jetit Doppelmonstra erwachsener KniH
in. Bygieine» Diätetik» Pharmakologie d. Toxikologie.
291
diABfisclia.80 gut wie gar siebt beobachtet hat. [Vgl.
Jahrbb. LXVIII. 1 67. Bed.]^ (R e i o h a r d.)
227. Ueb«r einige ligsgetarteB. Aus dem
NachlasB des Prof. Dr. John Reid. (Goodsir Ann.
oL aiiat. and pbysiol. 1. p. 27.)
Vf. beschreibt hier den Kopf eines Laiühies , das
«ine seltene Art ?on Monstrosität darstellt. Der obere
Thoi des Schädels war etwas schmäler, sonst normal,
aui^ die Geruchsorgane waren vorhanden, die Augen
aber» Yollstindig entwickelt und von ihren ituskeln
umgeben, waren in keine Knochenhohlen eingeschlos-
sen, sondern lagen dicht bei einander, scheinbar an
der untern Schadoinache. Der ^^sste Theff der 6e-
siebtsknochen felille, ebenso Mund und Zange; nur
eine kleine Oeffnung comDlunicirte mit dem stark er-
weiterten Pharynx und Larynx. Die Untersuchung
desKopfskelels zeigte die Hirnschale vollständig, auch
das Gehirn in ihr war normal, ebenso die Hirnnerven,
nor der Trigeminus und Hypoglossus waren kleiner
als cfewOhnlich. Der hiiilere Theil des Keilbeins war
bis aar ein kleibes Knochenstuck verkümmert, es
fehlten die grossen FlUgel und die Proc. pterygoidei.
Die Schnppentheile des Schlafenbeins waren vergrOs*
sert , und unten an der Basis des Schädels mit ein-
ander verwachsen, so dass sie das Rudiment des hin-
tern KeilbeinkOrpers bedeckten. Die Proc. zygoma-
tici der beiden Schläfenbeine waren unten in der
Mittellinie mit einander verwachsen. Von dem, Un-
terkiefer war nur ein kleini&s Rudiment in der Form
eines kurxen und ziemlich dicken , gekrümmten Kno-
chens vorhanden,, welches durch Qeleiike mit dem
Schlafenbeine verbunden war, und die oben erwähnte
kleine Oeffnung, den Zugang zum Pharynx umg^b.
Das Zangenbein war vollständig ausgebildet» Vom
Oherkieferbein fehlten die TMle, welche die untere
Wand der AugenhOhlß und die Scheidewand der bei-
den Augenhohlen bildeten, dasselbe galt vom Jpchr
bein und Gaumenbein. Es fand also in diesem Faille
ein Maogel mehrer Gesiehlsknochen und eine Ent-
wicklungshemmung mehrer Gesichts- u. eines Schä-
delknochens Statt.
Vf. Hat noch die Beschreibung von 3 ähnlichen'
Missgeburlen aufgefunden, die alle ebenfalls bei Läm-
mern vorkamen ; sie sind von Buysch, Isidore'^
G. St. H i 1 a i r e und Otto beschrieben worden.
(Reinhard.)
UI. Hygieine^ Diätetik, Piiannai^ologie OHd Toxilcologie.
228. üKrosYppiscli-cheiiiigcM Analyse der
ftaleii und llflssigen Nahrungsmittel, nebst de-
reiiTeifUselningen. (Lancet. Ocl. Nov. 1851. Ports.
V. Jahrbb. LXX. 166. LXXI. 36 u. 149. LXXU.
156.)
Mehrere beigefügte Tabellen über die zu Rieh-
oond bei London und in London selbst gewonnene,
theils des Morgens, theils Nachmittags gemolkene
Milch lassen folgende Schlüsse ziehen. 1) Das spec.
Gew. reiner Milch schwankt zwischen 1031 u. 1026;
das mittlere spec. Gew. der Morgenmilch ist etwa
tilch mit' Wawer versetzt.
50 Proc.
40 —
30 —
20. —
10 —
Rein
Eines gewöhnlichen Hydrometers bediene man
sieh al^er hierzu nicht, da diese Instrumente unter*-
einander hXnig differiren und Dilferenzen des spec.
'Gew. von 1 Grad nicht genau angegeben werden.
Besser sind solche, ^ie nach der Centesimalscale
construirt sind. Von 26 Milcbproben waren 12 un-
verfailsclit, 3' zeigten zu weiiig" Rahm , 1 f waren mit
Wasser verßclscht. Aildere Verfitlschungen llamen
dabei nicht vor.
Beusenblase md deren Ferßkehmgen, Hau-
senbkse ist die Schwimmblase mehrerer Fische des
1029, das der Nachmittagsmilch 1027. 2) Der
Gehalt an Rahm differirt von 4V;i — 22 Grad; betragt
also im Mittel 9 Va «/o- 3) Der Käsegehalt' schwankt
zwischen 55 — 98 und beiragt im Mittel 75. 4) Der
Serumgehall ist nur geringen Schwankqngen unter-
worfen, nämlich von 1025 — 1028. Diese letztere
Beobachiung ist far Beurtheilüng von Verf^schungen
der Milch mit Wasser wichtig, da nur durch Zusatz
von Wasser bedeutende Differenzen des spec. Gew.
sich ergeben. Folgende kleine Tabelle ergiebt dias
Nähere.
Abgerahmte
Milch.
Serirm'.
Käsegehalt in Granen
Spec. Gew.
Spec. Gew.
Spec. Gew.
1014
15
16
2&
1017
18
17
35
1030
21
21
42
1023
25
22
50
1026
27
25
54
1029
30
29
61
Genus Acipenser, namentlich A. Huso, Gouldenatadtii,
Ruthenus, Stellatus, Silurus Glanis, Siprinus Carpio,
welche namentlich das caspische Meer u. den Aralsee
bewohnen. Diese Schwimmblase, ist einj^ mit. Luft
gefüllte Membran , welche nahe bei der Wirbelsäule
gelegen ist» und bei den meisten Fischen durch einen
Kanal« den Ductus pneumalicua^mit dem Oesophagus
oder Magen verbunden ist, wahrend sie bßi andern
nicht perforirt ist. Zuweilen findet man 2 Luftsäcke,
von, denen der eine vor dem andern gelegen ist, wahrend
beide mit einander 4ttrch einen Kanal verbunden sind.
393
III. Dygieine, Diltelik, Pharmakologie a. Toxikologie.
Ausser dieser russischen ITaosenMaae wird aber
auch noch eine weit scIHerhiere und eigentlich nur
znm sogenannten „KUren'* in Brauereien zu benutzende
Sorte aus Rrasilien auf den Markt gebracht. Beide
unterscheiden sich durch die ans ihnen gewonnene
Gallerte. Uie aus russischer Hausenblase gewonnene
ist iipalisirend, ohne ein erhebliches Sediment und
ausgezeichnet fest , rein und durchsichtig. Die bra-
silianische Sorte dagegen gieht einen 20 — 30 ^f^
betragenden unlöslichen Bodensatz, und die Gallerte
selbst hat ein milchweisses Ansehen. 89 Gran rus-
sische Hausenblase lösten sich in 100 Gran Wasser
vollständig auf, die LOsung ist klar und von schwa-
chem Seetanggeruch ; von der brasilischen Sorte blei-
ben stets fibröse Filamente ungelöst, und die Solution
der Gallerte hat einen starken, unangenehmen Ge-
ruch. Da erstere weit theurer ist , so kommen Ver-
fälschungen mit brasilianischer Hausenblase öfters
vor, sind aber auf die beschriebene Art leicht zu
entdecken. Eine 2. sehr häufige Verfälschung ge-
schieht mit Knochengallerte.
Erkennung, i) Stücke von Hausen blase werden
in kaltem Wasser weiss, durchscheinend, weich und
quellen auf; Stucke von Knochengallerle dagegen
werden in kaltem Wasiser glasartig durchsichtig.
2) In beissem Wasser löst sich Uausenblase ohne
Bückstand auf, Knocbengallerte hinterlässl einen be-
deutenden Rückstand. 3) Der Geruch einer heissen
Hausenblasenlösung ist fischartig, nicht unangenehm,
der von Knochengallerte ist leimartig und widerlich.
4) H.-Lösung ist meist ohne Reaction , K. von stark
* saurer. 5) Unter dem Mikroskop zeigt H. eine deut-
liche fibröse Slructur, K. nicht. 6) In Essigsäure
schwillt H. auf, verliert ihre Slructur, erweicht sich
und wird gallertartig, K. wird in verdünnter Essig-
saure hart. 7) H. hinterlässt eine reihe Asche , die
etwas kohlens. Kalk enlhält, aber nur höchstens O^/q
der H. ausmacht. Die Asche der Knochengallerte ist
weiss, enthalt kohlens., salzs. und scbwefeis. Kalk
und betragt 23 — 26 %. Von 28 Hausenblasepro-
ben waren 10 mit Knochengallerte verfälscht.
(Julius Clarus.)
220. Analyse der Leinsamen ; von v. Meu-
rein. (Journ. de Pharm. AoAt 1851.)
Durch viermalige Behandlung mit kaltem fVasser
zog M. aus den Sem. lini (integr.) 6,66 Proc. eines
Schleims, der aus Arabin , Eiweiss, Salzen (essigs.,
schwefeis. , phosphors. , salzs. , apfels.) und einer
geringen Menge Weichharz bestand. Letzleres giebt
ihm den charakt. biltermandelarligen Geruch und den
scharflichen Geschmack. Als die Samen darauf noch
mit Wasser gekocht wurden , gaben sie noch einen
in kaltem Wasser unlöslichen , nur damit aufquellen-
den Schleim (Bassorin), nebst obigem Weichbarz.
Sämmtlicher. Schleim sitzt auf der Oberflache det
Episperroiums, daher die Samen, in Wasser macerirt,
in einer wie Froschlaich aussehenden GaHerte liegen.
— Der Kern acbmeckt, nach Entfernung der Samen-
hallen, angenehm , hIIss und ist ohne SchSrfe. Das
fette Oel, welches 32—36 Proc. de& ganzen Sanent
ausmacht, findet sich vorzugsweise (30 Proc.) in
dem Kern; es wird durch Kochen der ganzen Sa-
menkörner nicht mit ausgezogen. Vf. fand die ita-
lienischen Leinsamen folgen uermaassen zusammenge-
setzt (in 100 Theilen):
1 l Schlei
Ig J Weich
i Schleim nnd lösl. Salze
I Weichbarz aod fettes Oel
S.;- \ Wanser
Wasser und Aetber anlöslieh« Tbeile
a
9
SS?
a
'S
i Weichbarz und fettet Oel
I Wasser
\Iq Wasser lösliche Stoffe
[In Wasser und Aelher unlösliche
Felles Oel
) Wasser
J lo Wasser lösliche Stoffe
f in Wasser und Aetber unldslicbe
14
1
t
4
6
2
3
12
30
5
3
18
(H. £. Richter.)
230. Ueber den Crebraach der leerballen;
von X. Landerer in Athen. (Büchner*« llep. Vill.
1. 1851.)
Die Meerballen , ehedem als Pilae marinae oAi-
cinell, entstehen aus den die Basis von Zostera ma-
rina umgebenden Fasern , welche durch die Wellen
in einander verwickelt werden. Sie dienen gerOstei
und gepulvert (etwa wie der Badeschwamm) bei
Krankheiten des Lymphsystems, bes. auf den türki-
schen Inseln gegen scröphuJOse Geschwülste {Chelo-
nia genannt) und gegen Milzanschwcllungen. Man
giebt einen starken Absud, esslOffel weise; derselbe
enthalt Brom- und Jodverbindungen, macht Laiiren
und bisweilen auch Erbrechen, wirkt stark auflösend
u. s. w. In Lemnos macht man aus den Meerballen
auch Kataplasmen auf Drüsengeschwülste.
(H. E. Richter.)
231. Anwendnng von Bntoians umbellatiif ;
von Demselben. (Das.)
Die Wurzelalücke des [auch bei uns einheimischen]
Butomus umb, verlieren ihren anflfnglich bittern Ge-
schmack durch Rosten oder starkes Trocknen. Sie
enthalten ein zu Bereitung von Speisen verwendbares
Starkmehl, werden auf den orientalischen Markten
verkauft und von der armern Volksklasse genossen.
Auch sollen sie ein ausgezeichnetes Mittel gegen
chron. Durchfälle sein. Die frische Wurzel wird als
Zertheilungsmittel auf Drüsengeschwülste aufgelegt
(H. E. Richter.)
232. üeber das Verhalten des Indigo im i.
znm Organismus; von V. Kletzinsky. (Wieo.
med. Wchschr. 34. 1851.)
Nach Wohl er lässt sich aus der blangrüoea
Farbe des nach längerem Indigogebrauche gelasseMS
in. Hygieine, DiMetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
393
Harns mit Wahrscheinlichkeit aaf den Uebergang des
Indigo in den Uarn schliessen. Da aber Vf. densel*
ben im Harne eines längere Zeit damit behandelten
Epileptikers durchaus nicht nachweisen konnte, so
slellie er eine Reihe von Untersuchungen an , deren
Besakate folgende waren.
1) Indigo geht in keiner Anwendnngsweise (bei
den Versuchen wurden cOrulin- und phOoicin-schwe*
felsaures Ammoniak, reducirter Indigo, Indigodampfe
aad Indigo mit Bisesoxyduloxyd gehraucht) in den
Harn
2) Der reducirte Indigo wird in den ioquilinen
oxygenreichen Saften des Verdauungstractes oxydirt,
nod bewirkt ebenso wie das Indigopulver durchaus
keioe Veränderung des Harns , da er ganz mit den
Fices entleert wird.
3) Der achwefeiaaure Lidigo geht zum Theil auch
mit den Faces ah , scheint aber auch ins Blut aurge-
nommen und verdaut zu werden, denn nuch dem (ie-
brauche desselben erscheint im Harne ein Stickstoff-
reiches blaues Pigment und eine grössere Menge
Harnsäure.
4) Die rationellste pharmaceutische Formel des
lodigo für die therapeutische Anwendung ist ein lös«*
liebes indigo-schwefelsaures Salz.
5) Ob der Indigo den Namen eines sogenannten
Krasenmitlels verdiene oder nicht, müssen erst sorg-
&Uig angestellte klinische Versuche lehren.
(Gramer.)
233. Deber die Wirknngen der Digitalis,
lütbeMiidere tber den Einfliss derselben aif
die Körpertemperatur in leberhaften Krankhei-
ten; von Dr. L. Traube. (Ann. d. Charit^ zu Ber-
lin. 11. 1. 1851.)
Mit Bezugnahme auf die in der Deutschen Klinik,
8. 1851 (Jabrbb.LXX. 166) vorlflu6g niedergelegten«
Schlussfolgerungen giebt Vf. in dem vorliegenden,
ausRlhrlicben Aufsatze die specielleu Resultate der
von ihm mit grOsster Sorgfalt angestellten Beobach-
taugen. Als Gesammtresultat der von Vf. und von
Stannius (Jabrbb. LXX. 164) angestellten Ver-
suche stellt sich Folgendes heraus. 1) In massigen
Gaben, entsprechend denjenigen, wie sie bei Kranken
zur Anwendung kommen, wirkt die Digitalis erregend
auf das regulatorische Nervensystem des Hertens.
2) Grössere Gaben bewirken alsbald eine Lahmung
des regnlatorischen Nervensystems. 3) Bei sehr
grossen Dosen wird nicht nur das regulatorische,
sondern auch das musculomotorische Nervensystem
des flensens gelahmt 4) Die Verminderung der Kör-
pertemperatur nach grossen Dosen ist bedingt durch
die eintretende Verlangsamung des Blutstroms. 5)
Auch die entzUndungswidrige Wirkuog hat iheilweise
hierin ihren Grund. Zur weitem Erklärung dieser
Thauache besieht sich Vf. auf 2 von Volkmann
ausgesprochene Sstze, deren erster heisst: der Sei-
tendniek wachst in allen Rohren, welche dem Punkte,
wo dir Siromhemmung angebracht ist, Wasser an-
fuhren uuU ftllt umgekehrt in allen denen , welche
das Wasser von eben diesem Punkte abfuhren. Da
sich dieser Satz , wie natttrlich , auch auf diejenigen
Stromhemmoogen bezieht, welche im capillaren Theil
des kdnstlichen Rnhrensysteros angebracht wurden,
da ferner die entzündliche Stockung in einem Gapil-
largeftssbezirke, nachdem sie einmal gebildet ist, in
ihren mechanischen Polgen sich vollkommen einer
Ligatur gleich veriialten muas , welche um denselben
Gapillargefifssbezirk gelegt worden wSre, so dorfen
wir mit vollem Recht annehmen, dass auch im leben-
den Körper der Seitendruck in allen denjenigen Ge-
issen rtniohmen mttsse, welche dem Punkte, wo die
entzündliche Stockung sich befindet , Blut zufuhren.
Der 2. Satz Voikmann's lautet: In jeder Röhre,
welche sich zu der verschlossenen als Gollateralast
verhalt , kommt ein Punkt vor , wo der Druck con-
stant bleibt , wahrend er zu beiden Seiten derselben
eine VtTi'liiderung erTeidel, in den zuführenden Ge-
issen durch JSunahme , in den rdckfübrenden durch
Abnahme. Aus diesem Salz erhellt , dass beim Vor-
handensein einer entzündlichen Stockung in einem
bestimmten GapillargeHlssbezirk auch in einem Theil
der benachbarten Cnpillargel^sshezirke der Druck,
den das Blut auf die GeHlsswande ausübt , eine Stei-
gerung erfahren müsse. Die nächsten mechanischen
Wirkungen, die eine solche Erhöhung des Seiten-
drucks entfalten muss, liegen auf der Hand. Da die
Blutgefässe Rnhren sind, die schon durch (jeringen
Druck ausdehnbar sind , so muss mit der Erhöhung
des Seitendrucks eine Erweiterung der betreffenden
GefUsse eintreten. Da femer mit der Ausdehnung
der Gef^sswSnde ebenso nothwendig eine Erweiterung
ihrer unsichtbaren Poren gegeben ist, so muss die
Permeahiliiat dieser letztern für die Blutflüssigkeit
gleichfiills zunehmen. Da endlich wegen Fortdauer
der entzündlichen Blutstockung und wegen des Zu-
flusses von immer neuen Blutmengen gegen den Punkt,
wo die Blutstockung sich befindet, die Erhöhung des
Seitendrucks in den diesem Punkte benachbarten Ge-
lassen durch deren Erweiterung nicht ausgeglichen
werden kann , so ist hierin ein 2. Moment gegeben,
welches die Transudation der Blutflüssigkeit in das
Parenchym des erkrankten Apparats begünstigen muss.
Wenn nun die Digitalis durch ihre erregende Wirkung
auf das regulatorische Rerznervensystem die Geschwin-
digkeit des Blutstroms und damit den Druck, welchen
das Blut gegen die Gefllsswande ausübt , herabsetst,
so muss sie offenbar wenigstens theil weise die oben
angegebenen Effecte neutralisiren kOnnen, welche die
entzündliche Stockung auf dieTranssudation der Blut-
flüssigkeit ausübt, d. h. sie muss, unter gewissen
Bedingungen angewendet, den mit der entzündlichen
Stockung verbundenen Exsudationsprocess beschran-
ken kOnnen. Die Wichtigkeit einer solchen Beschran-
kung ergiebt sich aus folgenden Gründen. 1) Lasst
sich a priori annehmen und wird durch die Erfahrung
hestXtigt, dass die Function sstOrung eines organi-
schen Apparats in einem geraden Verhültnisse zur
9M
in. Hygieine, Diätetik, Phannakologie u. Toxikologie.
Menge des Exsudate , welches in die Zwischeortluroe
seines Gewebes oder auf seine Oberfläche .«l^elagerl
wird, zunehmen milsse; 2) weiss man, dass die
Tendenz eines entzündlichen Exsudats zur Eilerbil-
dung mit seiner Menge wächst, u. dass 4ie Resorption
eines in Eiter verwandelten Exsudats zu den schwie-
rigsten Aufgaben sowohl der Natur, als der Kunst
gehört; 3) erinnert Vf. an die oft lOdtlichen Oedeme
in der Umgebung entzündeter Partien, namentlich an
das acute Lungenödem , welches mit Hyperämie der
serös infiltrirten Partien verbunden ist. Offenbar
muss in dem Maasse als die entzündliche Stockung
an Umfang gewinnt, der Seitendruck in den noch
durchgängigen Capiliaren, welche von demselben Är-
terienstamme als die verstopften ihr. Bim ixziehen»
wachsen und hierdurch die Permeabilität ihrer Wände
für die Blutflüssigkeit zunehmen. Derselbe Erfolg
ist für die Gesammtcapillaren eines grossen Arterien-
stammes zu erwarten, wenn* die Gesammtcapillaren
des Nachbarstammes undurcbgäflgig geworden sind.
Der hieraus erwachsenden Gefahr, namentlich bei
rasch fortschreitenden entzündlichen ^Infiltrationen
des Lungenparenchyms, wird am besten durch Herab-
setztnig des Seilendrucks im gesammten Gefässsysteme
entgegengewirkt. Vf, giebt ferner die unterschei-
dende Wirkung zwischen dem Aderlass, der nach
Volkmann den Seilendruck im ganzen Gefässsy-
stem herabsetzt, und der Digitalis. • 1) Digitalis ist
statt Aderlass anzuwenden, wo es sich bei irgend
ausgebreiteten acuten Entzündungen darum handelt,
behufs der Beschränkung der Exsudation den Seiten-
druck im Blutgel^sssystem herabzusetzen, während
gleichzeitig eine abnorm grosse Verdünnung der Blut-
flüssigkeit zu vermutheu steht. 2) Die Digitalis wirkt
weit langsamer als der Aderlass , es ist daher auch
in dringenden Fällen, wo die entzündliche Exsudation
eine rapide ist, der Aderlass der Digitalis vorzuzie-
hen. 3) Auf der andern Seite ist die Wirkung des
Aderlasses eine schnell vorübergehende, indem schon
nach wenigen Stunden das Thermometer bei ausge-
breiteten Entzündungen mit heftigem Fieber sogar
einen höhern Temperaturgrad anzeigt und die Radial-
arterien ihren frühem Spannungsgrad wieder er-
langen.
Vf. bedient sich stets des Infusum, und ^war, je
nach der Dringlichkeit des Falles , 3j auf ^vj , oder
3£ auf 5JV mit 3jj Succ. liquirit. , 2stttndl. 1 Ess-
löffel. Der regelmässige 2stflndige Gebrauch wurde
npr suspendirt , wenn eine der positiven Wirkungen
des Mittels eintrat , d. h. entweder wiederholtes gal-
liges Erbrechen, oder Unregelmässigkeit im Rhyth-
mus der Herzcontractionen , oder entschiedene Ver-
minderung der Pulszahl. Nur wo von Neuem die
Pulszahl in die Höhe ging , wurde die Digit. wieder
gegeben, oder in grössern Intervallen und in kleinerer
Dosis. Diese Vorsieh tsmaassregeln sind nöthig, um
der oft plötzlich eintretenden lähmenden Wirkung
auf das regulatorische Herznervensystem vorzubeu-
gen ; Vf. hat bei ihrer Befolgung nie Nachtheile von
dtt Digitalis beobachtet. (J u I. C 1 a r u s.)
234. Hetision der istkelniatUei ) von Dr.
Küchenmeister. (Arch. f. phys. Ueilk. X. 4.
1851.)
Vf. hat sich die Aufgabe gesletl^ die WfifliilÜ||
tfer vers^hieden^d Antfteimitiihic^ durc& dii^ecte Ap^
plication des Mittels auf den Wuroi' zu prüfen. Zu
delb Ende mischte er die AAfgttss^ und VfAytt mit
Eiweiss, erhielt diese- Misehnngto in eteer stetei
Temperatur Ober 20^ R. und brachte in sie lebeih
de Eingeweidewürmer Von Httboe^n, Kaufen Antf
Hunden. Für die Fälle, wo der TanningehMt delr
Mittel eine Fällung des Eiweisses erwarten Ueu,
machte er seine Versuche theils mit gekochter tfilch,
theils mit reinem Wasser; doch hat das Eiweiss' Vor
beiden ietztern Stoffen den Vortheil voraus , daiss die
Würmer dariii weder so aufschwellen^ noc^ ihre
Agilität verlieren , auch nicht der Darmtanal der Ne-
matoden, der durch seine äöhkdütkig'-braulie ^arbe
dtrrch die AatiYdäcken hiiidur<ihsfchimmert, auf Ifl^iübe
Weise seine hervorstechende FaAd v^^lieh, tXt M
Wasser. Uebrigens prüfte Vf. dä]^ Liebätt dier Thfere
nabh Anwendung der Mittel dtH)rdb Elektrizität, dtid i
erkannte sie erst für todt, wenn sie durch di'di^e gar
keine Bewegung mehr zeigten. Die ElektriciUt selbst
ist kein Anthelminthicum.
I. Tänienmütel. Diie Tänien starten :
In Rossobltimen mit Milcli abgekocht Sännen
Vs Sld'.
In Terpentinöl mit Eiweiss binnen 1 — i^f^ Std.
In Kossodecoct mit Eiweiss binnen It/, — 3 Std.
In Dec. rad. punic. granator. mit Milcli' berdwt
bmnen 3—3^3 Std.
In demselben mit Wasser bereitet' u. mit EiweW
gemischt binnen 3 Sld.
In Extr. ßlic. mar. aelher. mit' Eiweiss gemischt
binnen 3Va— ^ Sld.
In Oleum ricini mit Eiweiss gemischt bimien
8 Std.
lii etnetd Gemisch vön'HäMrigssälät mit' Knoblauch
und Zwie1)elh binnen 8 Std.
In Decoct. flor. spiraea^ ulmariae mit Eiweiss
labten die Würmer, weit über diesen Termin; bei
Darreichung von Cupr. oxyd. qign lebten sie noch
nach 4 T?gen ganz munter im. Wohnthiere. In Was-*
ser und Eis erstarren die Tänien sogleich und blieben
nach. lOstündigem Verweilen darin, todt. — Demnach
ist die Kossoblume das «m schn^lsten tödteode An-
thelminthicum. Nach frischen Walderdbeeren gehen
grosse Stücke ab ; Dolicbos pruriens leistete im De-
coct gar nichts , als Latwerge reizte das Mittel den
Wurm so, dass Stücke, aber nicht der Kopf abging.
Ein Hauptgrund , warum Granatrinde und Fai:nkraut-
extracl ihren Dienst versagen, liegt darin, dass «ao
bald nach deren Darreichung ein Laxans giebt und so
das Mittel schnell bei dem Wurm vorbeilaxirt, ehe
in. Hygieiner Diltetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
998
es Zeit hatte , anf ihn gehörig einzuwirken. Da die
Tinieneier, ehe sie sich entwickeln, den Darmkanal
desWohnlhieres verlassen massen, so ist ihr Zurück-
bleiben daselbst gefahrlos, während bei den Nemato-
deneiem das Gegenlheii stati6ndel.
D. NemaUkienmiUel,
Tod unter 1 Std.: Santonin in Gelen (RicinuüOl)
gelost
Tpd Mi^fiP 1 — 2 Sitd.: Kreosot, Kochgals,
Vffücur« Cfi^ß^. ^n ^tarjteD (jahea.
fo4 Manen 2—5 Std. : SteinOl, Cajeput-, Ter-
pealinOi, Seaf, schwächere Kochsalisolution und
OBaasgewascheae Haringsmilch.
Tod hianeif 5 — 15Std. : Knoblauch, Zwiebeln,
Lprbeer, Wdrinelken, Uoliiessig, Granatrinde, Tincl.
gallarum , Natr. aulph. in gesjtitigler Lösung.
Tod binnen 15 — 34 Sld. : Kampber, Anis, Ing-
wer, Gentiaaa, coaoentrirle Hopfenabkochung, III-
oenriade and Kosso.
I
Tod ji^ach 24 Std.: Petersilie, Baute, Schafgarbe,
Rainfarrea, Valdriaa, Chaniille, Asa (getida, Gumi^.
anuDoiD. , Bf Is. peruv. , Bopb juniperi , £itr. thujae,
Ol Eh^rti» Ol. ricini, Aq. p.icis , Kreosot verdünnt,
Fuligo a|rieB4eas , Aloe, Gi. gutti , Galle , Wermuth,
Myrrhe^ Quassie, Uopfe/o, Pomerauzen, Kalmus, Ipe-
cacua^a» Jugl^ns reg., C|iina, )yeidenripde, Spiraea
uhnir. , GorL .quercufi , wfsinigor Gic^^lfuszug, Saa-
|;ttis dracopiSf Catechu, Kino, Natr. aulpbiir. (schwache
Losung). Zink, Ga,ti>a)el uad Blei blieben beii K.'s
y^oc^en uageld;it, gönnen also niqlu mitgezUhU
werden» Kupfer zwar gleic^l'ails , doch zeigten Ver-
sujche aa K9tsen sßine Unwirksj^Ilkeit ^ch viertägi-
gem Gebrauch?.
Afie Mittel, die nach 248tttndiger Berührung mit
dem Wurme denselben nicht tOdteten , nennt Vf. un-
wirksam. Als wirksamstes Nematodenmittel bezeich-
aet er das Santonin. Bei vergleichender Betrachtung
der Wirksamkeit von Semina cinae und Santonin er-
gaben sich folgeade Resultate. 1) Das Wirksame in
den Sem. ciaae wird durch Wasser nicht ausgezogen.
2) Das Wirksame liegt einzig und allein in dem Ge-
halte der Sem. cinae an Santoaia. 3) Vf. räth das
SaatoBin, in fetten Oeien, am besten in Ol. ricini
gelost, so verabreichen, da es in heissem Wasser
nur schwer (1:250) auflöslich ist. Er empfiehlt:
Santonini gr. jj — v, OL riciai 3(j. Kaffeelöffel weise
bis zur Wirkunff, und wo aOthig, ia massigen Gaben
durch ein Paar Tage zu gebrauchen.
(Julius Clarus.)
235. Blenrn Ivniperi empyTOiuDaticiiiii ge*
nn sqnamBse, tuberkulöse und andere lavt-
Krankheiten, wid über Leberthran in grossen
Gaben ge^en Lypus; aus d. cMr, AbAeiL des
Reiekskosp, zu CkrisHanxa^ von Prof. Larsen.
<Bosp. Meddeieser. Bd. 8. Heft 3.)
Vf. hat das Oleum Cadtnum, Huile de Cade bei
verschiedenen Aiisschlagskrankbeiten , wie Psoriasis,
chron. Eczema, Tinea, Lupus, Tuberkeln und Tuber-
bcrkeln terlilirer Syphilis mit entschieden ganstigem
Erfolge angewendet. Auch gegen Scabies sollen nach
Serre 3 — 4 Einreihungen mit diesem Ode zur
Heilung hinreichen. Wenn diese Erfahrung sich be-
stätigen sollte, so ist das Cadinöl, welches sehr wohl-
feil ist, der Seife schon deshalb vorzuziehen, weil es
die Haut durchaus nicht reizt, wie dieses die Anwen-
dung der Seifenkur hüufig thut. Ja Vf. hat soffar
gefunden , dass es das beste Mittel g^en solche Rei-
zungen ist. Obschon das Gel von den meisten Aerz-
ten unvermischt gebraucht worden ist, so wandle es
Vf. in dieser Form seltener, u. zwar nur dann an, wenn
er kleine Partien zu behandeln hatte , oder die Ein-
reibungen nur selten nölhig waren. Gewöhnlich
gehrauchte er eine von S u 1 1 y empfohlene Mischung
aus 1 Th. Gel und 2 Th. Fett, und wo Wundsein
der Haut in Verbindung mit Ausschlagen vorkam,
setzte er noch weniger Oel zu. Die Einreibungen
Hess er Morgens und Abends machen ; wo das reine
Oel gebraucht wird , kOnnen sie einmal täglich oder
einen um den andern Tag gemacht, werden.
Die squamosen Ausschlage , besonders die^ Pso-
riasis, verändern sich schon in den ersten Tagen,
die Schorfe fallen ab und entstehen keine neuen wie-
der. Die hypertrophischen Hautflecke werden weni-
ger hoch, und nach 8 — 12, oder mehrern Tagen
ist die Haut glatt und weich. Obschon man keine
Erhebungen mehr f&hlen kann , so zeichnen sich die
Rander der Flecke doch vor den mittlem Theilen da-
durch aus, dass sie mehr von der Salbe aufnehmen,
als diese, jedoch hOrt dieses auch bald auf, und der
Kr. ist in kurzer Zeit geheilt. Bei der Psoriasis
guttata, bei der eine ziemlich starke Hauthyperlro-
phie vorhanden ist, scheint beim Gebrauche der Salbe
das Verschwinden der Flecke mehr von der Peripher
rie, als von der Höhe auszugehen, indem sich ihr
Umfang immer mehr verkleinert, u. endlich nur noch
kleine Punkte, die bald vergehen, übrig bleiben. Da
die meisten der an Psoriasis Leidenden früher an Sy-
philis gelitten hatten und bei Einigen noch deutliche
Spuren von der Verwandtschaft mit dieser vorhanden
waren, so Hess Vf. bei allen, bei welchen eine solche
Verbindung constatirt war , die gegen tertiäre Syphi-
lis gebräuchliche Jodkalimixtur nehmen; doch sah er
auch von der Salbe allein ebenfalls gute Wirkungen.
Ob das GadinOl besser als andere Mittel die Recidive
der Psoriasis verhindert , kann Vf. nicht sagen , weil
das Mittel erst kurze Zeit von ihm gebraucht wurde,
und solche, die ein Recidiv erleiden, gewöhnlich erst
dann wieder Hülfe suchen, wenn das Uebel sich wie-
der bedeutend entwickelt hat. — Die Wirkung des
Oels gegen Tinea ist auch sehr deutlich, obschon
nicht so auffallend , wie gegen Psoriasis. Vf. lasst
die Haare so dicht als möglich abschneiden u. bedeckt
alle schorfigen Stellen mit weichen Compressen von
Leinwand oder Baumwolle, die in dickem Haferschleim
getränkt sind, wonach sich die Schorfe in einigen
996
nL HygieiJie, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
Tagen so erweichen , dass sie , wenn es nicht schon
milden Gompressen geschehen ist, mit einem Schwämme
entfernt werden können. Dem Haferschleim wird
dann etwas Bleiwasser zugesetzt» und wird mit den
Bähungen noch einige Tage fortgefahren, worauf sich
die eicoriirten Stellen gewöhnlich mit einer feinen
Haut Oberziehen. Nachdem der Grund dann ahrasirt
worden ist , liisst Vf. die Gadinölsalbe zweimal tjigl.
so lange einreiben, bis die Haut völlig weiss u. stark
erscheint. In einem Falle, in welchem eine Stelle
eine Neigung zur Wiedererzeugung des Schorfes
zeigte , wandte Vf. mit Erfolg eine Salbe aus Jod-
schwefel (3ß — j und Ax. 5]) an, ein Mittel, wel-
ches sich schon in vielen Füllen von Tinea heilsam
erwiesen hat Von innerlichen Mitteln, die Vf., um
Recidive der Tinea zu verhindern , anwendete, hat er
wenig Nutzen gesehen , glaubt aber doch , dass der
Lebertkran in grossen Gaben, der ilim bei Lupus gute
Dienste leistete, wohl zu versuchen sein möchte.
Gegen Lupus bat Vf. mit keinem Mittel so viel
ausgerichtet, als niil dem Cadinöle und dem Leber-
thran. Er giebt eine treffliche Schilderung der am
häufigsten vorkommenden tuhei*kulosen Form des
Lupus, und bemerkt, düss nach seinen Erfahrungen
der Lupus, der in der Kindbeil entsteht und im er-
wachsenen Alter noch fortdauert, weit mehr Neigung
zur Ausbreitung und Ulceralion zeigt, als der, wel-
cher nach den Jahren der Pubertät entsteht. Ge-
wöhnlich kommen solclni Kr. erst dann in ein Hospi-
tal, wenn die Krankheit schon einen bedeutenden
Grad erreicht hat, und es ntllt daher schwer, zu ent-
scheiden, ob es möglich sei, sie im Keime durch
Exstirpation des ersten Tuberkels auszurotten. Nur
einmal sah Vf. einen Lupus im ersten Entstehen und
zerstörte ihn durch ein Aetzmittel , was aus dem Kr.
aber später geworden, weiss er nicht. In den
Fallen, die Vf. in der neuern Zeit zu behandeln hatte,
wendete er zu gleicher Zeit Leberthran, die Gadinöl-
salbe oder das reine Oel, und das Aetzen mit Höllen-
stein oder in einzelnen Fallen mit andern Mitteln an.
Den Leberthran giebt er in Dosen von 6 — 18 Ess-
löffeln täglich, so dass der Kr. bei den grossen Dosen
2 — 3 Esslöffel auf einmal nimmt. Es fiel dem Vf.
nicht schwer, die Kr. zum Einnehmen solcher Dosen
zu bringen ; einige Male jedoch musste er den Ge-
l)rauch wegen eintretender Digestionsbesch werden
■aussetzen, und verschwanden diese alsbald hei einer
milden und nährenden Diät, so dass die Kur nach
6 — 8 Tagen mit den kleinern Dosen wieder begon-
nen werden konnte. Zugleich wurden alle Stellen,
•die mit Tuberkeln oder trocknen Schorfen besetzt
waren, 2mal tägl. mit der Gadinsalbe eingerieben,
und wurde , da die Salbe weder besonders anklebt,
noch dicke Schichten bildet, nur alle 8 Tage eine
Abwaschung mit Haferabkochung vorgenommen. Die
«rsten guten Wirkungen , welche man bemerkt , sind
«in mehr natürlicher Zustand der Haut und ein Weis-
iierwjerden derselben auf den Tuberkeln und zwischen
den festsitzenden Schorfen, oder an den Stellen, von
welchen sie abgefallen sind; dann werden die Tu-
berkeln weicher und abgeflachter, sie verkleinera
sich allmälig und sind nur noch in einer rudimentä-
ren Form vorhanden, wobei einige Unebenheit der
Haut und starkes Abschuppen bemerkt wird. End-
lich verschwinden sie ganz, und man erkennt ihres
frühern Sitz nur an einer dunklern Färbung und
leichter Hypertrophie der Haut. Das Aetzen mit
Lapis infernalis wurde je nach Beschaffenheit der
Geschwüre aller 2 — 4 Tage vorgenommen. Die ii
denselben befindliche Flüssigkeit wurde zuerst ent-
fernt , und wurde dann so lange geätzt , bis die har-
ten Ränder und Stellen im Grunde weicher wurden.
Nur bei sehr kleinen Geschwüren reicht ein einmali-
ges Aetzen hin , um dieses zu erreichen , und da das
Aetzen mit Höllenstein sehr schmerzhaft ist, so zieht
Vf. es vor , bei grössern und mehr verhärteten Ge-
schwüren , die nicht ihren Sitz auf der Schletmhaat
oder am Ausgange derselben haben , das Aetzmittel
von Dupuytren (Galomel mit Arsen, alb.) anzu-
wenden. Dieses Pulver wird mit Wasser zu einer
Paste angerührt und wird diese auf die Geschwüre
Va— ^'" dick aufgetragen; das Aetzmittel hat die
Wirkung, dass es, ohne bedeutende Schmerzen zu
erregen , sehr tief ätzt , nicht aber , wie dieses das
Kali causticum leicht thul, die bestimmte Grenze
überschreitet. Wenn an eincfr Stelle Flüssigketten
sich mit der Paste vermischen , wie z. B. der Spei-
chel bei Geschwüren an der Lippe, so missglflckt
das Aetzen, weil die Paste dann zu dünn wird. Aocfa
das Chlarzink mit Weizenmehl und Wasser zu einer
Paste angerührt, hat sich dem Vf. sehr nützlich als '
Aetzmittel erwiesen. Diese Paste wirkt schneller n.
stärker, erregt aber auch mehr Schmerzen. Wenn die
Härte der Ränder und des Grundes Aer Geschwflre
oder die unreine Beschaffenheit derselben durch das
Aetzen beseitigt sind, und dieselben anfangen zu gra-
nuliren , so wird die Heilung durch Ungu. hydr. ox.
rub. beförderL Wo viel Substanz verloren gegangen
ist, wird die Heilung und Ausfüllung der Geschwüre
besonders durch OL tereb. befördert, indem man
etwas feine Gharpie mit dem Oele befeuchtet und die-
selbe unter der Salbe auf den Grund des Geschwürs
legL Nach Heilung der Geschwüre werden die Stel-
len mit der Gadinölsalbe so lange behandelt, bis die
Haut überall ihre natürliche Weichheit, so viel als
die Narben solches zulassen , erlangt hat Mit der
Anwendung des Leberthrans hört man aber auf,
die wesentlichsten Erscheinungen gehoben sind.
Nachdem Vf. 7 Fälle von Psoriasis und 3 Fälle
von Lupus faeiei erzählt hat , die durch Anwendung
der Gadinölsalbe geheilt wurden, bemerkt er, dass
im Hospitale das Gadinöl auch noch bei allen Formen
des Eczema, bei Dünnheit und Sprödigkeü der
Oberhaut von verschiedenen Ursachen, gegen Con-
gesäonszustand in der Oberhaut mit Neigung mu
Excorialionen, bei grossen Narben oder Geschmi'
ren am Schienbeine u. s. w. angewendet worden
sei. Das reine Oel, welches täglich einmal aufgepin-
selt wurde, verdiente hier vor der Salbe den Vorzug. Bei
Irritationsekzemen wirkt es aehnell austrocknend,
Hl. Sygieine, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
297
erregt eiiren Schorf, worunter, sich die Oberhant re-
producirt; wo Neigung zu Recidiven war, wurde die
Cadtnsalbe angewendet. Ein Hinderniss fOr die An-
wendung des Oels in der Privatpraxis bei Gkzeni im
Gesichte und an den Händen ist die schwarze Farbe
desselben, wodurch der Kr. verhindert wird, sich so
lange , als er das Mittel gebraucht , sehen zu lassen.
Gegen alle die genannten Uebel gebrauchte Vf. früher
4ie TA€ersal^e^ welch«, wenn aueh sicher, doch
nieht so schnell als das CadinOl wirkt.
Gegen AugeHkrmtkheUen hat Vf. das Gel nur
selten angewendet, aber anch hier erwies es sich
nOtzlIch. In 3 Fallen scrophublser Blepharophthal-
mie liess er die äussere Fladie der Augenlider mit
dem Oele bepinseln und braeiile dadurch günstige
Veründeriingen sowohl in Bezug auf die CnlzQndung,
als Pbolophobie hervor. 1b einem Falle einer chron.
BntzflndoDg in der Tunica Descem. , die nach einer
Staaroperalion zurQckgeblieben war und mit sehr
kurzen Zwischenräumen beständig mit Eiterbildung
im Humor aquens und starker Injeciion der Sciero-
tica und Conjunctiva recidivirte, Hess er die Augen-
üder mit den reelifieirten üele, welches eine hell-
braune Farbe and keinen so durchdringenden Geruch
bat, bepinseln. Jn Zeit von 14 Tagen war die Ent-
ittndong gehoben und der Eiter resorbirt , nachdem
4 Wochen lang zuvor verschiedene andere Mittel
froehtlos gebrauclit worden waren. Schon das Be-
pinseln der äussern Fläche des Augenlides erregt
theils durch den Dunst des Oels, Iheiis dadurch, dass
«iD ThetI desselben durch die Augenwimpern mit dem
Ange in Berührung kommt , eine bedeutende Beizung
desselben , und bemerkt man die gute Wirkung erst
darni, wenn man das Pinseln einige Tage aussetzt.
ZületBt erwähnt Vf. noch einen Fall eines Eczema
labi^rum , das «chon 2 I. allen Mitteln widerstanden
hatte, und nach SwOchentl. Gebrauche der Cadinöl-
salbe geheilt wurde. (v. d. Busch.)
236. Ueber die {eburtehtUflicbeAnwendaBg
des IntterkornS^ von George E. Ely. (Lond.
Joum. Nov. 1851.)
^\t Wirkung des Mntterkorns , wahrend der Ge-
hurt gegeben, besteht darin , dass es , etwa 20 Min.
nach seiner Darreichung, Treibewehen erregt, die
sich von den natürlichen Wehen dadurch unterschei-
den , dass sie gar keine , oder doch nur unvollkom-
mene Pansen swiscben sich lassen. Bisweilen wer-
den sie, wenn sich wenig Widerstand findet, heftigen,
anhaltenden Schmerz verursachen , während sie ein
anderes Mal n ruhiger, tonischer, stiftiger Vorwärts-
treibnng bestehen, und nur wenig oder gar kein
Schmerzgeltihl bewirken. Hieraus ergeben sich von
selbst die Falle, in welchen das Mutterkorn Anwen-
dung finden wird, und in welchen es contraindicirt
iat Es ist da an seinem Platze, wo wenige u. starke
Treibewehen nothwendig sind; wenige, weil viele
dvr^h NaUeiiorn erregte, ohne Pause sieh firfgende
Msd. 4alM*h. SC TS, HA. a.
Wehen Rnptur des Uterus oder den Tod des Rindes
zur Folge hnben könnten ; der Fall muss aber auch
ein solcher sein, der starke Wehen erfordert und
verträgt , denn die durch das Mittel hervorgerufenen
Wehen kOnnon sehr starke sein. Es darf kein Miss-
verh<11lni$s zwischen den Durchmessern des mütter-
lichen Beckens und des Kindeskopfes zugegen sein,
denn dann würden wenige Wehen und eine kurze
Zeit nicht zur Beendung der €eburt hinreichen. Das
Mutterkorn darf ferner nicht vor vollständiger Erwei-
terung des Mutlermundes gegeben werden , also nie-
mals in den ersten Perioden der Geburt und bei Ri-
giditHt des Mullermundes; es ist nicht anwendbar
hei trockner, unnachgiebiger Vagina und Perinäum,
daher selten bei Erstgeburten. Nur bei ganz günsti-
ger Lage des Fötus darf man wagen , das Mittel an-
zuwenden , also nie bei Unterendenlagen. Da , wo
die Kreissende durch Blutverlust od. andere Umstände
sich in einem Zustande von grosser Schwäche befin-
det , bewirkt das Maiterkörn bedeutende Depression
des Pulses.
Vr. beschränkt die Anwendung des Mittels auf
folgende Fälle, obgleich er zugiebt, dass es auch in
noch andern ohne Nachtheil gegeben werden kann :
wenn bei Mehrge!)ärenden der Kopf 2 — 3 Std. am
Perinäum steht und es nur an einer kräftigen Wehe
fehlt, um ihn weiter zu befördern , ferner da , wo in
den letzten Stadien der Geburt die Wehen schwach
und selten sind , und wo deshalb eine starke Hnroor-
rhagie zu befürchten steht, und endlich bei theil-
weisem Aufsitzen der Placenta auf dem Muttermunde.
Hier wird nach Sprengung der Eihäute der berab-
rllckende Kopf am besten die Blutung stillen , indes-
sen kann diese leicht von Neuem eintreten, wenn ein
Nachlass der Wehen slallhat. Um diess zu vermeiden,
ist Mullerkorn zu geben. (S i c k e 1.)
237. Eztractnm belladosna« bei krampf-
hafter Coatraction des Dterashalses währead
der Gebart; von Dalmas. (Lünion. 141. 1851.)
Die specifischc Wirkung, welche das Exlr. bellad.
auf die Erweiterung des Muttermundes während des
Geburlsactes ausübt, ist bekannt; wenn das Mittel
bisweilen seine Wirkung versagte , so lag diess in
der Anwendungsart. Denn bei dem Aufstreichen des
Extracls miltels eines Fingers geschieht es leicht, dass
ein grosser Theil desselben an den Wandungen der
Scheide hängen bleibt, oder dass es nicht gleichmäs-
sig an alle Theile des Multerhalses gestrichen wird,
oder endlich, dass es, indem es sich nur schwer
lOst, nur langsam wirkt. Diese Uebelslände zu vcr^
meiden, rathet Vf. das Extract aufzulösen und die
Auflösung einzuspritzen, durch passende Lagerung
der Kreissenden aber dafür zu sorgen, dass es nicht
zu bald wieder ausfliessl. (S i c k e L)
238. Die Wirkiug des Glycerins bei Ohren-
leiden ; von Dr. D e t s c h y in /ttratz. (Wiener med.
Wchscbr. 24. 1851.)^igiti^ed byV^OCK
38
III. Hygieine , Diätetik, Phannakologie u. Toxikologie.
Vf. hat keine günstigen Resultate bei Anwendung
des frag). Mittels erzielt. Es wirkt weder adstringi-
rend auf die Capiliaren bei Entzündungen , noch irri-
tirend, bei erloschener Vitalität der Ohrenschmalz-
drüsen, und vermag sonach bei neuralgischen Afiec-
tionen, wegen seiner neutralen Beschaifenheit, kei-
neswegs die angertthmten günstigen Erfolge hervor-
zurufen. Ebensowenig wie seine chemischen Eigen-
schaften, leisten aber auch seine pbysikaliäclimi etwas.
. Y e a r s 1 y 's Angabe, dass es die consecutive Trocken-
heit des äussern Gehörganges nach chron. Entzündun-
gen heilen könne , ist ganz unwahrscheinlich , da es
durch seine klebrige Beschaffenheit vielmehr eine
Verstopfung der AusfUhrungsgänge der Drüsen be-
wirkt. Auch resorbirend einzuwirken, namentlich
bei Verdickung des Trommelfells, in Folge durch
öftere Entzündungen zwischen den Lamellen des
Trommelfells abgelagerten und organisirlen faser-
stofßgen Exsudats, vermag es nicht, vielmehr verdickt
es das Trommelfell noch mehr und macht es weni-
ger elastisch zum Schwingen.
Das Glycerin kann daher nicht als ein Heil- son-
dern nur als ein Ersatzmittel gelten , und zwar bei
allen Personen , wo die Functionsthätigkeit der Oh-
renschmalzdrUsen erloschen ist, und daher der Ge-
hörgang stets trocken und zu Entzündungen durch
äussere Einflüsse geneigt ist. Bei Durchlöcherung
des Trommelfells kann es ebenfalls Vortheil bieten,
indem das Gehör, nach Yearsly, so lange sich
verbessert, als die bis zum Trommelfell vorgescho-
bene Baumwolle sich feucht erhält, das Glycerin aber
in hohem Grade die Eigenschaft besitzt, Feuchtig-
keiten anzuziehen, und selbst bei hohen Temperatur-
graden nicht einzutrocknen. Dagegen konnte Vf.
weder bei acuter Entzündung des äussern Ohres und
Trommelfells, noch bei leukomatdser Verdickung des
Trommelfells und Anästhesie der Gehörnerven als
Folgekrankheit nacl) Typhus oder nach chron. Ent-
zündung, noch bei Trockenheit des Gehörganges und
Harthörigkeil, selbst nach lange fortgesetzter Anwen-
dung des Mittels irgend eine physiologische oder pa-
thologische Veränderung wahrnehmen. Er empfiehlt
vielmehr bei Leukomalosen des Trommelfells die
Anwendung gleicher Theile Tinct. jodin. und Tinct.
laud. comp, mittels des Haarpinsels aufgetragen, mit
gleichzeitiger Einreibung von Jodsalbe auf den Proc.
mastoideus.
Vf. macht noch auf die Vortrefflichkeit des Gru-
ber'schen tin gespaltenen Ohrspiegels aufmerksam,
welcher seiner konischen Form halber leicht u. ohne
Schmerz eingeführt werden kann. Ausserdem aber
gewährt er, da seine untere kreisförmige Oeffnung
^/^'* im Durchm. hält, den Vortheil, dass er ein
grösseres Sehfeld darbietet, als der Kramer'sche, bei
welchem der Durchm. der untern Oeffnung nur Y12"
beträgt.
Schlüsslich bemerkt Vf., dass Wilde in Dublin
sich in seiner Heimath die Erfindung dieses Ohrspie-
_gels zugeschrieben habe, [was jedoch, wenigstens
nicht in seiner ganzen Ausdehnung wahr ist, inden
Wilde schon 1844' im Jan.-Hefte des DubL Joum.
(s. Jahrbb. XLV. 69) selbst augiebt, dass Gruber
der Erfinder des fragl. Ohrspiegels sei].
(Winter.)
239. Pharmakologiscbe Notizen; von x.
Landerer in Athen. (Buclin. Rep. IX. 2. Nr. 26.)
Talamud heisst ini Orient ein Pulver, wdobes im
leicbtgeröstcten £t>A0/it bereitet wird, die man vorher getcUlt
und zur Entfernung der Bitterkeit 3 — 4 Wochen lang io die
Erde gegraben hat. [Maceriren in Wasser wurde wohl densel-
ben Dieosl thuQ.] Man kocht dasselbe mit Wasser, verseüt
es mit Zucker und lässt täglich 3 — 4 Tassen voll trinken. £»
soll bei Schwächekrankbeiten , chron. Durchfällen u. s. w.
ausgezeichnete Dienste thun , und namentlich ftir Kinder den
Racakout weit vorzuziehen sein.
Smilax cupera. Die frische Wurzel ist noch jetzt gegea
Exantheme und Elephantiasis in Ruf; sie wfire wohl auch
statt der Sassaparilla noch beute anwendbar. Der Saft der
Beeren, mit Honig vermischt, hat bei den Landleulen Rof
gegen Keuchhusten , t&gl. zu einigen Kaffeelöfleln ; er bewirkt
Ekel und Erbrechen.
Als eitertnachende Fontanellküy eichen brauchen die
Griechen bald Erbsen mit Grünspan- oder Kupfenritriol-i.ö-
sung getrankt, bald Kügelchen aus Rad, Asphodieti Iviei,
Rad. Euphorbiae eharacias oder dentatae,
Inula vitcQta und graveolens ; der dnrch die Rinden-
poren abgesonderte klebrige (harzreiche) Saft gilt als starkes
Diureticum und Lithontripticum.
Die Epilepsie heilt ein Arzt auf Thermia durch ein Ge-
heimmittel, dus Monate lang taglich 3mal zu 1 KafTeelöffel
voll genommen wird und in den ersten Tagen starke Darment-
leerungen mit Brechreiz , oft auch viel Erbrechen berrorraft.
Nach L. ist es wahrscheinlich die schwach geröstete und ge-
pulverte Wnrzel eines Helleborut , vielleicht des H. niger
oder foeiidus.
Bei Diarrhöen, selbst hartnäckigen chronischen, belfea
sich die Leute auf Anliparos durch Einnehmen eines eisea-
schössigen, durch vulkanisches Feuer zersetzten j4launsckie'
fers, den sie zermalmen und taglich zu 3 — 4 Dracfam. mit
Reisdecoct einnehmen.
Meyanetwi digitatum^ eine an den griech. Küsten htn-
fige schwammige Korkkoralle, wird geröstet u. das bräunliche
Pulver gegen Scropheln innerlich , oder mit Butter als Salbe
fiusserlich angewendet; wirkt wahrscheinlich durch Jod-
gehalt.
Hypecoum procumbens n.pendulum sind narkotische,
opiumähnlich wirkende Papaveraceen , welche bei Krämpfen
und Schmerzen (z. B. im Unterleibe) , auch änsserlich za
Kataplasmen gebräuchlich sind.
ntew agnus castus. Ein gesättigtes Decoct der Blätter
und Blüthen soll gegen die Nachtschweisse der Phthisiker von
ausgezeichnetem Nutzen (noch besser als Salbei) sein , aach
gegen colliqoative Durchfälle, und (mit Meerwasser vermischt)
in Bädern und Waschungen gegen übelriechende Fois-
schweisse.
Jrbutus unedo und J. comarum. Von beiden werden
die Blätter gegen chron. Durchfälle gebraucht. Man kocht
sie mit saurem Wein , dickt bis zur Honigconsistenz ab , nnd
nimmt es kaffeelöfTelweise.
Platanus orienialis. Die Rinde dient als Tonicum bei
Durchfällen , Ruhren u. s. w. Das im Stamme durch Kern-
faule sich erzeugende Pulver, feingerieben, als Einstrenpulver
bei Wundsein der Kinder u. s. w./r-> t
Amaranihus blitum soll beH^yu^/^ '^andem Krank-
heiten der Hamwerkzeoge nätzlich sein , als Gemüse gekocht.
III. Hygieine, Dixtetik, Phannakologie u. Toxikologie.
299
fhlomiM firuticoxa. Die BUitter ein beräbintee Diapho-
reticom; mit Milch ^ikocht gegen Rhacbitis berühmt; äus-
seriich in Kataplasmon (mit Wein gekocht) bei Milztumoren.
PancratUtm tnaritimum. Die Zwiebel mit Honig zu
Brei gekocht , soll expectorirend und bei Lungenleiden beson-
ders nützlich wirken, auch bei Kindern Wurmer austreiben.
Hippocrepis unisiliqua ^ berühmt bei Knochenleiden,
I. B. ioDerlicb im Absud gegen lihachitis, äusserlich als Ka-
t^plisma (mit Essig gekocht) bei Tumor albus.
Hubia HnH^Twm, Die gerdsteten Samen , in einem ge-
flittigten Absud Monate lang getrunken , als Antiscorbuticum
and Antirfaachittcum gelobt.
Laetuea seariola zu Kataplasmeu bei Entzündungen,
Geschwulsten u. s. w.
Periploea gr^tcvu , als kräftiges Abführmittel, bes.
gegen Wassersuchten gebraucht. ^ Im vorigen Jahre entstand
durch diese Kur in K(«phi5sia eine Vergiftung : Gastroenteritis,
Erbrechen u. s. w.
Perimusehehchahn. Aus den gepulverten AbFSIlen
ffird ein Electuariom gegen Rhachtlis und Schwachckrankhei-
tcD der Kinder bereitet. Die in Essig gelösten Perlen sind im
Orient gegen Gelbsucht gebrauchlich.
Oedem-Zap/en vom Libanon (Strohili Pini ctidri)^
angenehm balsamisch riechend, siml in Abkochung gegen
Dorchfille and Sckwachekrank heilen des Unterleibs gebräuch-
lich. — Das Cedemhar% dient zum Rauchern , als Kaumit-
tel zur Stärkung des Zahnfleisches, zur Bereitung stärkender
Salben , und das damit wanndigerirte Wasser gegen Augrn-
schwScbe.
Potamogefon nataru. Theils innerlicb als Absud,
theils als Kaläplasma gegen Steinleiden und Dysurie ge-
bnnebt.
Antheriemn graecum. Berühmt gegen Wespenstich u.
Bisa anderer giftiger Thiere (Insecten, Scorpionen, Schlangen),
theils als Kataplasma auf die Wunde, theils innerlich in Ab-
kochung. (H. E. Richter.)
240. Die Herster Claelle bei Driburg; Ana-
lyse von E. Muller, Apotheker in Arosberg. (Arch.
der Pharm. Nov. 1851.)
Die Quelle entspringt südöstlich vom Dorfe Herst , hat
^> 10<> R. Temperatur, schmeckt von Zeit zu Zeit gering nach
Schwefelwasserstoff, und enthält in 1 Civilpfund
genauer fleisch brühigen (hrotky) Geschmack besitzt. Spec.
Schwere » l,0028i. Gebalt an Kohlensäure in einer engl.
Gallon 4,5 Kubikzoll. Gehalt an festen ßestandtheilen in
1 Gallon 181,129 Gr., nämlich
Salzs. Talkerde
1,02 Gr.
— Natron
0,39 -
Schwefels. Talkerde
6,23 -
— Kalkerdf
12,17 -
— Natron
4,94 -
Kohlens. Talkerde
1,49 -
— Kalkerde
5,65 -
— Eisen oxydul
0,18 -
Harzige Materie
0,03 -
Summa
32,20 Gr.
feste Bestandtheile , nebst 26,60 Gr. Kohlensäure. — Der
von der Quelle abgesetzte Ocker enthält Eisenoxyd, mit V91«
seines Gewichts arseniger Säure verbunden , ferner Schwefels.
Kalkerde, kohlens. Kalk- und Talkerde, Kieselsäure, Tbon-
erde ond QuellsSnre. (H. E. Richter.)
241. Analjse derünellen von Baden-Baden;
von Dr. Sheridan Muspratt, Prof. der Chem.
zu Liverpool. (Pharm. Journ. Ocl. 1851.)
Vf. untersuchte die Hauptquelle , den Ursprung , wel-
cher 163,5<> F. («= 67,5 C.) Wärme zeigt , klar ist , einen
thterischen Geruch und einen schwach salzigen, oder noch
Chlornatrium
132,644 Gr
Chlprkalium
13,720 -
Chlorcaicium
11,040 -
Schwefeis. Magnesia
5,236 -
Kohlens. Kalk
14,184 -
Kieselsäure
2,947 -
Kohlens. Eisenoxydul
1,356 -
Spuren von Thunerde , phosphors. Kalk und organ. Ma-
terie. — Diese Analyse giebt bedeutend verschiedene Ergeb-
nisse von der bisherigen Kölreuter 'sehen.
(H. E. Richter.)
242. Nntzen der lineralqnelle znPoanes
bei einigen chron. Leiden des lagens ondder
Harn - fiescUecIitswerkxeage; von Dr. l. de
Grozan 1 1).
Die Uauplbestandtheile dieser Mineralquelle (eine
specielle Analyse ist nicht angegeben) sind freie Koh-
lensäure in nahmhafter Quantität und kohlens. Kalk,
nebst kohlens. Magnesia, weniger tritt der Gehalt an
kohlensaurem, schwefelsaurem und salzsaurem Natron,
so wie an Chlormagnesium und Eisenoxydul hervor.
Demnach lässt sich diese Quelle etwa mit dem Wil-
dunger Sauerbrunnen vergleichen , und in der Thal
stimmen auch die Wirkungen von Pougues auf den
gesunden sowohl , als auch kranken Organismus so
ziemlich mit den llberein, welche in Wildungen beob-
achtet werden. Die sogen. Dyspepsien oder chron.
Katarrhe des Magens und Darmkanals (mit chron. Er-
brechen, Magenkrampf, Blutungen, Sodbrennen, Diar-
rhoen u. s. w.), ferner Schleimflüsse der Nieren, der
Scheide und der Urinblase , Harngries, verschiedene
scrophulösc Zustände u. s. w. finden im Mineralwas-
ser von Pougues nach des Vfs. Beobachtungen ihre
schnelle und sichere Heilung. Pougues ist auf der
Hauptslrasse von Paris nach Lyon gelegen , 3 Std.
von Nevers entfernt. (Merkel.)
243. Gebraach nnd Wirkungen des lineral-
wassers von SanPellegrino; von Dr. FiUppo
Lussana. (Gazz. med. ital. federat. Lomb. Nr. 18.
19. 20. 1851.)
San Pellegrino [ein Dorf in der Mailänder Provinz
Bergamo] hat 2 Mineralquellen, eine ältere, reichere
(Ester) von 23<> R. und eine neuere (Salaroli) von
20<> R. , die sich übrigens gleichen, von 1015 spec.
Gewicht. Da die ausströmende Wassermenge unab-
hängig von Jahreszeil und atmosphärischen Nieder-
schlägen ist (nur in sehr harten Wintern vermindert
und alsdann concentrirter zu werden scheint, 1770
soll sie sogar ganz versiegt sein), so darf man
schliessen, dass die Quellen ihren Ursprung im Ueber-
gangsgebirge haben. Der für Manche nicht unange-
nehme Geschmack, hat für Andere eine salzige oder
Digitized by
1) Brochure in 8. Paris.
Google
300
IIL Hygieine, Diätetik, Pharmakologie u. Toiikologie.
seifenarlrge Bitlerkeit; in massiger Menge genossen,
macliL (Ins Wasser dem gesunilen Msigen keinerlei
Beschwerde, veritiehrt den Appelil, regl Sluhl- und
(Jrinausscheidiing an. Das Uel>ermaass bringt jedoch
Blagenschwäche , Flatulenz und allgemeine Hinfällig-
keit hervor. Sehwindel und andere Cöngeslionser-
scheinungen ifach dem Kopfe schciiren mehr Folge
der eingealhmeten und in die Augen gekommenen
Kohlensaure zu sein. — Nach dem jetzigen Stand-
punkte der Chemie sind diese Wtfsser den salinischen
jodhaltigen Thermen zuziizlfhlon , und nehmen eine
der ersten Slellei» unter denselben ein. Nach der
Analyse von Ottavio Ferra rio enlliallen 576,000
Cr. Wasser
14,76 Gr. Jodnatrium
30.64 - kohlens. Eisen
82.*28 - Schwefels. Natron
126,20 - schwefeis. Magnesia
und geringe Biengen von Kieselerde, kohlens. Kalk
u. 8. w. Demnach wurde die höchstens auf 120 Unz.
ansteigende gewöhnliche Tages-Dosis nicht mehr als
i Gr. des Jodsalzes, 2^/^ des kohlens. Eisens und
16 Gr. der abfuhrenden Salze gewlihren, so dass
sich die starken Wirkungen des Wassers auf chemi-
schem Wege nicht allein erklären lassen [?].
Zur Darstellung der mcdicinischen Wirkungen
der Blineralwitsser von San Pellegrino stellt Vf. drei
Beihen von Krankheiten auf, wovon die erste diejeni-
gen enthalt, deren Heilung er selbst beobachtet hat,
die zweite die, welche er für mehr oder minder heil-
bar daselbst ansieht, ohne eigene Erfahrungen dafür
beibringen zu können, die dritte enrilieh jene Zustande
umfasst, gegen welche zufolge falscher (theoretischer,
namentlich chemischer) Principien San Pellegrino
empfohlen, aber theils ohne Erfolg, theils mit offen-
barem Nachlheil gebraucht worden ist. In erster
Beihe stehen die Diathesis arthritiea , in ihren ver-
schiedenen Formen als ifarngries, Blasensleine, Ma-
gensüure (Pyrosis) , Kalkablagerungen in Gelenken
und in den ArterienhHuten , Gelenk- und Muskel-
rheumalismen; die Diathesis scruphulosa in Form
von Augenleiden , DrUsenanschoppun^en , AusscIilSI-
gen , Gesell vvüren , Milchversetzunf^fii (von letztern
1 interessanter Fall); die Diathesis herpetica; ferner
Leber- und Milzkrankheilen , Gallensteine, Conge-
slion und chron. Entzündung, Obstructionen, chron.
Gelbsucht; chron. Leiden des Darmkanals, Anginen,
Gaslricismen, chron. Schleimhautentzündungen, Dys-
enterien und Diarrhöen ; schleichende Arlerienent-
zUndung; chron. Kopfschmerzen. Blasen- und Nie-
renleiden; GebJtrmulterkrankheiten , weisser Fluss,
UIcerationen , Anschoppungen , Blelrorrhagien ; Ner-
curialkrankheit. Zur Bekräftigung dieser Anga-
ben werden 16 Beobachtungen ziemlich oberflächlich
mitgetheilt. — Die zweite Beihe, von fremden Beob-
achtern entlehnt, umfasst Hysterie, Bypochondrie,
Obesilas, Helminthiasis, Altersschwäche [!] , Struma
(welche ganz irrthUmlich noch von einigen Schrift-
atellern als im Thale von San Pellegrino endemisch
attfgefohrt werde) und Scorbul. In ^Ü^r Heike
endlich wird gewarnt vor der Anwendung dieser
Wässer gegen acute Fieber, Lungenleiden, Herz-
krankheiten, Stricturen und das Pellagra, wefcbes
vielmehr eine Folge des Hungers und Elends sei und
durch evacuirende Behandlung nur verschlimmert
werde.
Die Gebrauchsweise weicht nicht wesentlich voa
der in deutschen Baikorten Uhlicben ab>. Das Was-
ser wird aiu häüfij?sfen getrunken, doch auch «u In-
dern, Douchen , injectiunen benutzt. Die beste Zeit
ist der Sommer, da der Winter in San Pellegrino
sehr kalt, Frühling und Herbst <:ebr unbeständig ist.
In 34 Paragraphen giebl Vf. schfü-si.ch die bekannten
ßaderegeln und rühmt noch die Beize der (fen Ort
umgebenden Natur. (Kohlschütter.)
244. Analyse der salinischen Eisenwassei
von BellanO; von ottavio Ferrario dem Vater.
(Ibid. 21.)
Nahe bei Bellano , einem am Ostlichen Ufer des
(«onier Sees reizend gelegenen Dorfe wurde n«iicrhcli
eine Mineralquelle entdeckt, deren heilsame Wirkun-
gen alle Aufmerksamkeil verdienen. Sie enlsprint;t
etwa 80 Schritte vom linken Ufer der Piovcrna , 76
Meter oberhalb Cario, aus vulkanischem Gestein, i<t
hell und klar, setzt an der Luft und am Liebte Eisen*
ocker ab, geruchlos auch nach längerem Stehen,
von gelind styptischem, metallischem Geschmack, der
sich an der Luft und im Licht wegen Zersetzung der
Cisensalze allmülig verliert; das spec. Gew. ist 1008,
bei einer Temperatur von -f- 4,5® C. Die gcwöha-
liche Temperatur der, wie es scheint, kalten Quelle
ist nicht angegeben. Die chemische Analyse , deren
Gang in qualitativer und quantitativer Beziehung im
Originale vollständig dargelegt, hier aber nicht wohl
wiederzugeben ist, ergab folgendes Resultat :
100,000 Gr. Mineralwasser von Bellano ü$terr. Mcdic-
Gew. enlbaiten
Gran
Freie Kolilensäure
Clilormagnesiuiii
Chlorlialk
Clilornatriurn
Schwefels. Natron
— Magnesia
— Kalk
Kohleos. Eisen 1 . d- .
« |. f als Bicarbo-
— Magnesia )
Kieselsäure
Wasser u. Verluste
Organische Materie
00,0003
00,0011
00,0006
00,0006
00,0004
00.0006
00,0010
00,0010
00,0004
00,0032
00,0004
' 09,9898
00,0007
Tmooo
(Kohlschutter.)
245. Die HineralqnelleB ?on Abbas-TumiB
im Kreise Achalsych des Gouvernements Kntais;
von J. Wersein, jung. Ordin. am Kriegshospital
zu Kutais. (Militairärztl. Journ. Russl. Bd. LVU.
Nr. 2. 1851.) ^
III. ttygieiite ^ OÜMik» PhanuJiologie h. Tbxikologie.
301
Eim Thtil dM «Um Koklii» » der ganie Krtu voo
Aebaliydi ist reich an Mideralien und Mineralqaelks»
ä% gaoie 6ra|if^e dieser Wiist über 20 auf, naier
vMkfaen die wicbtigalen siad: 1) die TheraMo voa
Abbas-TaoMtt, !• Warit; 2) die kalte«, kobleaa.
fiiaaa^uellen von Urawel, 15 Weral; 3) die Tbermen
foa Aapins, äO WerM vaa Achaizycb; 4) die BiUer^
aaii^hielleo van AebalaycJi» ia dcan Orte selbs4.
Der Zugang zu den in einer Bergschlucht gelege-
nen Abbas-Tumanschen Quetfen ist leicht , der dichte
Bergwald , die ftuinen eines atten Tempels , die py-
ranidaf sich erhebenden Felsen, der brausend dahin-
sttlrzende FIuss Abbas-Tuman machen die Gegend
sehr malerisch , das Dorf gleiches Namens bietet dem
Reisenden die ndthigen Bequemlichkeiten. Es findet
sich hier ein HospilaT von 1 02 Betten (in den Kron-
GebSnden kostet ein Zimmer taglich 30, eine Wanne
fO Kopeken)» das Trinkwasser aus dem Flusse ist
kalt und klar, an Forellen grosser Reichthum.
Die HaoptqueUea sind: I) die SchkuigeH-QuelUp
2) He grwst, hmst Quelle ; die erste hat am Aus»
gaage der Quelle aelhai eineTeaiperaturvon 4- 3dOA.,
in den sich innerhalb Y4 Std. fäUenden 4 Porphyr-
Wannen -|- 32<> R. ; die zweite hat zwei Ausgange
aad resp. 36^2^ und 380 R. in denselben» and fallt
4 Wannen binnen 8 Min. ; die dritte Quelle innerhalb
des Dorfes selbst hat eine Temperatur von -f- 32^ R.
und ist reicher an Schwefel als die übrigen. Das
Waaaer dieser Quellen ist klar, kau» etwas bJatilich
geftrhl, der Geroeh deutlich schweflieb« wohl auch
etwaa chlorarlig, der Gcscliuiack erdig - salzig , an
den Wanden der Basaios setzt sioli eine feine Scliicht
ttoekigen« aaehCarbenen Schleims ab. Die Reaction
dea Wuaars stets sauer; durch AuflOaungen von aal-
petersaurem Silber, esaigsaurem Blei u. dureh Kalk*
wasser wird ea milchig uad giebl einen weisaen Nie*
derscblag» Schwefels., Salza., Salpeters, bringen
keine Reaction hervor , Amylumlösuag wird in ihrer
Farbe nicht verändert ; vor dem Kochpunkte steigen
viel Bbsen auf; auf die Halfle des Volumens ooncen*
trirt wird die Farbe eine gelbe , dann bei Zusatz von
Schwefels., Salzs. u. Salpeters. : Trabiiog, Verschwin-
den der gelben Farbe , aber kein Niederschlag , bei
Zusatz von Chlorbaryumidsung : weisse , rahmarlige
Farbe u» weisser, pulveriger, schwerer Niederschlag
von schwefele. Baryt; bei Zusatz von Ammoniak und
darauf von phosphors. Natron : Trübung und Nieder-
schlag von pbosphors. Ammodiak-Magnesia-Krystal*
len ; bei Znsatz einer Lösung von kohlens. Natron u.
darauf von Weinsteinsäure: Aufbrausen , dann TrO-
bnog, körniger Niederschlag von etwas saureqi wein*
Steins. Kali; bei Zusati von KalitOsung und darauf
voa antimoaa. Kali: Trübung und nach langer Zelt
weisser, kryatallinischer Niederschlag von antimoas.
Natron. Nach Abdampfimg von 81 Pfd. Med.-Gew.
Waaser finden sich in der Scbtangenquelie 2 Dr.
25 Gr. fester Bastandlbetle, von welcher 2 Dr. 2 Gr.
sieh in Wasser lOsen , in der grossen Therme 3 Dr.
fester Beatandtheile , von welchen 2 Dr. 15 Gr. in
Wasse! löslich. Daa RaaulUt der qualitativen Ana«
lyae ergiebt fUr daa Abhas-Tnmansohe Waaaer:
Sehwefelsanre frei und gebunden, SehweMwaaae»*
ateff, Ghlor, achwefela. Magnesia, adiwekla. Kali,
CblernaüriuBi ttbarwle^eftd, Schwelal, kohlena. Mafn»
sia, kohlenaaurm und phoaphorsauren Kalk und Kie-
selsaure.
Die Ahbas-Tumanschen Quellen geniessen seit
sehr langer Zeit eines ausgebreiteten Vertrauens bei
den Eingebornen. Die Erscheinungen heim Gebrauche
derselben sind folgende. Beim Eintauchen des Kör-
pers ins Wasser fühlt man ein Brennen und Stechen
in der Rnut, die Circulalion dee BlitCs ond die Respi-
ration worden beschleuaigt, ea erfolgt Uekelkeit, bei
nervösen Personen selbst Schwindel, darauf reich»
lieber Schweiss und Neiguug zum Schlaf, die Haut
rölbel sich, nach etwa 10 Wannen Fieber mit Kopf-
congeslionen. Zunehmen der Gliederschmerzen und
«li'r Ex.Hillienic für elwa 2 Tage , worauf augenfclllige
Besserung des Leidens einlriu; Tuberkulöse aber u.
Hydropische verfullen dem hektischen Fieber; mit
M<iass getrunken kein Aufslossen . keine Magenbe-
schwerung, BePörderung der Haulsecrelion. Trau-
matische Knochenleiden, chronische Haulausschläge,
Rheumatismus, Gicht, DrOsenleiden, Nercurialkrank-
beit werden hier vorzugsweise gidcklich beseitigt;
contraindicirt sind die Quellen bei Lungenschwind-
sucht , Scorbut und Wechselfieber. Stets muss bei
Dflcblernem Magen zwischen 6 und 10 Uhr Morgens
gebadet od. getrunken werden, das Trinken geschieht
gewöhnlich zu 2 Gläsern Y^ Std. vor dem Bade;
nach dem Bade Bube des Körpers.
Während der Saison des Jahres 1850 wurden
236 Personen behandelt, von welchen 129 vollstän-
dig geheilt, 56 gebessert und 51 ungcheilt die Quel-
len verlicssen. (Schultz in Dorpat.)
246. lajpiesiuioxydbydrat als Gegengift
gegen anenige Säure, und sein yvrkäitniss »um
Eiscnoxydhfdrat; von Prof. Dr. Schroff. (Wien.
Ztschr. Vn. 12. 1851.)
Die Besultate der vergleichenden Versuche über
die Wirksamkeit von Klagnesiunioxydhydrat u. Eisen-
oxydhydrat sind folgende. 1) Weder das eine^ noch
das andere ist ein Gegengift im engsten Sinne des
Worts, d. h. ein Körper, der mit dem Gifte verbun-
den unlöslich in den thierischen Säften, durch den
Durmkanal hernusbefbrdort wird, ohne nachtheilig
auf diesen und auf den Gesammtorgaoismus zu wir-
ken. Selbst wenn einer dieser StolTe ausserhalb dea
Körpers mit der arsenigen Säure zusammengebraehl
und in den Magen eingefohri wird, geht die araenige
Saure in das Blut und in den Uarn über, unler Er-
scheinungen, die auf eine Reizung der Nieren scblies-
sen lassen. 2) Die Versuche an Kaninchen berech-
tigen SU dem Schlüsse , dasa twar beide Hydrate an-
litoxische Eigenschaften im weitern Sinne haben, daa
Magnesiumoxydhydrat aber den Voriug verdiene. Der
30B
JV. Pathologie» Therapie u. medieinisehe Klinik.
Orwid hierftlr liegt in der feinern Venheil Im rkeit der
Magnesia und in ihrem homologeren Verhallen zum
Organiamns, nicht aber in einer Vermehrung der
Darmaasleerongen , da Vf. eher eine Verminderung
dermlben beobachtete. Gegen Vergiftung mit arse-
nigsaurem Kali leistete die Magnesia keinen Nutzen.
Am sichersten entdeckt man Arsen im Harn, durch
Verwandlung desselben in Ghlorarsen nach der von
Dr. Schneider angegebenen Methode , die Vf. der
sonst Üblichen Oxydationsmethode durch Salpetersäure
vorzieht. [Vgl. .lahrbb. LXXII. 27.]
(Julius Clarus.)
247. Lac lagnesiae, als Gegenmittel bei
Anea- ud andern Hetallvergifkangen ; von Dr.
A. Fleisch I. (Daselbst Vlll. 1.1852.)
Das Magnesiaoxydhydrat ist bei Vergiftungen
durch arsenige Säure als Gegenmittel durch wieder-
holte Versuche bewahrt gefunden worden u. verdient,
da es zugleich abführende Eigenschaften besitzt, auch
in dieser Hinsicht vor dem Eisenoxydhydrat den Vor-
zug. Es dürfte daher geratben sein, das Präparat in
den Apotheken stets vorräthig zu halten. Zur Berei-
tung derselben bedient man sich der wohlverschlos-
sen aufbewahrten Magnesia ust^ , die man , an sie
ganz fein zu vertheilen «nd in ein vollkommenes By-
dral zu verwandeln, zu 1 3 mit i ^Wasser in einem
porcellanenen Geftsse cn einem dicken Brei msani*»
menrtthrt und diesen unter fortwährendem Umrnbrea
bis com anfangenden Koehen erhitzt. Die so eriial«
tene breiige Masse wird nun vom Pener genommen
und unter fortgesetztem Dmrtthren 1 ^ Zuckerpolfier
zugemischt, worauf die vorher dicke Masse gaex
dünnflüssig wird. Das Ganze wird, wo nOthig, durch
ein dünnes Sieb geseiht und noch mit V^ 5 Wasser
vermischt. Somit ist in ly^ 5 Flüssigkeit 1 3 Magn.
usta enthalten. Der Analogie mit den entsprechen-
den Verbindungen des Baryts und Kalks mit dem
Zucker nach, wäre sie ein Saccharat des Magnesia-
oxyds =s C|j| H|g O9 + MgO + HO ; der Zucker ist
kein Hinderniss der Wirkung, sondern wird schon
durch Kohlensäure aus der Verbindung ausgeschie-
den, und ist an sich nach G h i s h 0 1 m und M a r c el-
lin D u v a 1 selbst ein gutes Gegengift bei Arsenik-
vergiftung. Aehnlich wie bei diesen muss sieh das
Mittel auch bei Vergiftungen mit Metallsalsen dareb
Verbindung mit der Säure und Zerseuung des Salzes
wirksam zeigen können. (Jul. Clarus.)
IV. Pathologie 9 Therapie und medicioische Klinikt
248. üeber die physikalische Diagnostik
der Krankheiten des Unterleibs; von Edw.
Ballard. (Lond. Gaz. Julv. — Dec. 1851.)
Die Bauchhöhle wird nach oben von dem Zwerch-
fell begrenzt, dessen höchsle Wölbung rechts bis
zur Höhe des 4. Inlercoslalraums» links bis zu der
der 5. Rippe reicht. Nach unten geht sie in die
Beckenhöhle über. An der äussern Oberflüche ent-
spricht die obere Grenze einer Linie, welche vom
untern Ende des Sternums nach rechts ziemlich ho-
rizontal, ioi Anfang ein wenig nach unten Ober die
Knorpel der 7. und 6. Rippe, im 5. Intercostalraum,
und dann rückwärts zu der Verbindung der 12. Rippe
mit der Wirbelsäule verläuft. Links gebt diese Linie
ebenso, nur im Anfange etwas niedriger. Bei der
Untersuchung des Bauchs muss stets die Brust- und
Beckenhöhle mit berücksichtigt werden, weil von hier
aus durch pathologische Vorgänge der Raum der
Bauchhöhle vergrössert od. verkleinert werden kann.
Inspeetion, Man inspicire Brust und Bauch zu-
gleich, beide seien unbedeckt und in gutem Lichte.
Der Kranke darf nicht frieren , denn sonst sind die
Brust- und Bauchmuskeln nicht in nötbiger Ruhe,
er liege entweder auf dem Rücken oder stehe, die
Arme halte er leicht an den Körper an, die Kopfhal-
tung sei nicht gezwungen. Die Augen dürfen nicht
herumschweifen, sonst rnlslehen leicht Gontractionen
der Bauch- und Brustmuskeln. Die Inspeetion muss
von allen Seiten und in verschiedenen Stellungen
•«^«venommen werden. Im normalen Zustande ist
die Oberfläche des Bauchs im Allgemeinen leicht con-
vex , bietet jedoch einige Erhabenheiten und Einsen-
kungen dar , welche zum Theil von den Muskeln der
Bauchwan düngen , zum Theil von Bauchorganen her-
rühren. Von vorn gesehen ist die obere Grenze des
Bauchs angezeigt durch eine Einsenkung, welche mit
einer Linie correspondirt, die man sich gezogen denkt
von dem untern Stemairtnde nach aussen tiber die
Knorpel der 6. u. 7. Rippe und den 5. Intercnslai-
raum. Links verlüult diese Linie etwas tiefer als
rechts. Rechts in der Gegend der Leber und links
in der Gegend der Milz und des Magens bemerkt man
eine Anftreibnng, die von der Leber herrQhrende ist
gewöhnlich etwas grösser als die der andern Seite,
welche zum Theil mit von der AnfUIlung des Magens
mit Gas oder Nahrungsmitteln abhängt. Von dem
Nabel nach der Symphysis ossium pubis zu und nach
der Gegend hin , welcher die Linea semiiunaria der
Abdominalaponeurosen entspricht , bietet die Banch-
Oberfläche eine gelinde Gonvexität dar. lieber dem
Nabel, der Linea alba entsprechend, nimmt man eine
seichte Einsenkung wahr, weiche nach oben hin über
dem Schwerlknorpel am deutlichsten ist. Auf jeder
Seite dieser Vertiefung zeichnen sich durch ihre Er-
habenheit die MM. recti aus , an welchen man wie-
derum die Inscriptiones tendineae erkennen kann, voa
denen die dem Nabel zunächst gelegene am breitesten
ist. Aeusserlich von den MM. rectis, zwischen die-
sen und einer angenommenen geraden Linie , die in
ihrer Verlängerung die Brustwarzen dnrehsehneidel,
ist eine Abflachung wahrnehmbar, welche am bratte*
IV. Patliologie, Theripi« u. medicinisclie Klisik.
303
iteo am flipp«Brand«. ersciMwt, »«di udUo tu aber
iiBler dem Niveau des Nabela schuiaJer winL Aeus-
Mriich von dieaer Einseftkung siebt man wieder eine
Auftreibung, berrOhreiid von den fleiachigen Parüen
dar breilen Baucbnuakelo» Oberhalb der Cri&iae ilei
bemerkt man eiae Grube, aber welcher der Bauch
eiae AuftreibuDg von ovaler Form bildet, welche nach
aalen ood innen über dem obern Theil dea Pouparl -
lehen Bandea aich endet. Von hinun betrachtet,
beobaehlel man auaaeWich eine Erhabenheit , welche
deo Anfang der fleiachigen Partien des M. «rcelor
Spinae bezeichnet und eine seichte Eimiehung, wel-
che dem Ende der 12. Rippe entspricht. . Die Resul*
täte der Inapection aind jedoch verschieden je nach
dem Aller« dem Geachlechie und der Lebensart des
Pat. , so wie nach der Beschaffenheit der Bauohwan-
dangen und den veracliiedenen Zustanden der Bauch-
argane. In der Jugend , und zwar in der rrUheaieu
am meisten, ist die Grösse und üervorragung des
Bauchs wegen der Grösse der inueliegenden Orgaue
bedeutender, als in spatern Jahren, wahrend die von
den Munkeln herrührenden Erhabenheiten und Ein*
Senkungen weniger deutlich in die Augen fallen. Die
Einsenkung, welche die obere Grenze des Bauchs
iNSzeichnet, ist bei jungen Individuen tiefer gelegen,
die unter dieser Einsenkung sich beflndliche Auftrei*
bung in der Gegend der untern Rippen ist grösser ;
die Rippen und Rippenknorpel selbst sind mehr nach
aussen getrieben. Bei der Frau tritt eine Modifica-
lion ein in Folge der geringern Entwicklung der Mua-
kehl, dea weitern Beckens, so wie durch daa Tragen
einer Schntlrbrust. Bei Leuten von sitzender Lebens-
art erscheint der Unterleib im Vergleich mit der Brust
roUer. Die Bruat ist langer und schmaler. Bei sehr
fetten Individuen, oder wenn die Bauchwandungen
serOs iniltrirt aind , aind oft alle Spuren der nor-
malen Verhältnisse verschwunden. Durch verschie-
dene Zustande der Bauchorgane kann natürlich daa
Ansehen des Bauchs vielfach verändert werden.
In Bezug auf Bewegung ist zu bemerken , dass
bei der Inspiration das Zwerchfell sich zusammen-
zieht, die ihm zunächst liegenden Organe nach iinlen
drängt und hierdurch eine Hervortreibung der vor-
dem Bauchwand nach vorn und aussen bedingt.
Ausserdem nimmt man noch manchmal bei nicht
corpulenten Individuen den Herzstoss in dem 5. In-
tercostalraum wahr, welcher jedoch während der
Inspiration schwächer werden , ja ganz verschwinden
kann. Bei magern Leuten sieht man bisweilen auch
eine leichte Pulsation unter dem Schwerlfortsatz und
tiber dem Nabel.
Brgebtiüse der Jnspection im ki^anken Zu»tande,
1) /n Betttg auf yergrösserung. Diese kann all-
gemein oder partiell sein* Manchmal geht die par-
tielle VergrOsaerung der allgemeinen voraus, manch-
mal nichU In besonders auagebildeten Fällen von
VergrOsserangen nimmt man eine aeitlicbe Auftrei-
bnng wahr, welche aich von der Criata ilei zu irgend
tther eder unter jener oben erwähnten
transversalen Einsenkung gelegenen Punkte ap der
Seite des Tiioraz erstreckt. Der Winkel dea Epi-
gastrium wird bedeutend erweitert und der untere
Rippenrand nach aussen getrieben. Bei jungem Snb*
jecten wird das Sternum nach vorn gedrängt und der
schwertförmige Knorpel umgebogen. Ueberhaupt
hängt von dem Alter des Pal. der Grad ab, in wel-
chem die Thoraxwände dem Druck von unten nach-
geben. Die vordere Hauch wand erscheint hei allge-
meiner Vergrösseruiig gleichmässig ahgerundel, manch-
mal jedoch ist auch die obere Gegend bei aufrechter
Stellung etwas abgeflacht. An der hintern Fläche
nimmt die Gegend seitlich von dem M. ereclor Spinae
an der allgemeinen Auflreibung Theil. Aych das
MitlcKIeisch kann hervorgedrängt werden. — Theil-
weise Vergiösseruug zeigt sich in Form irgend einer
Geschwulst oder Erhabenheit oder durch das Ver-
slrichensein irgend einer normalen Binsenkung. Bei
der Untersuchung herUcksicIilige man beide Seiten,
die im normalen Zustande mehr weniger symmetrisch
sind, nehme dieselbe auch in verschiedenen Positio-
nen und zu verschiedenen Tageszeiten vor. — All-
gemeine und partielle Vergrösserungen des Bauchs
können auch durch Krankheiten , welche nicht im
Bauche selbst ihren ursprünglichen Sitz haben, be-
dingt werden, z. B. durch Emphysem, Empyem, Pe-
ricardilis in Folge des ilcrabdrüngens des Zwerch-
fells. Anrh Krankbeilen , die nicht die in dem Pe-
rilonüaKs.'ickc geitf^cnen Organe betreffen , können zu
VergrösscruHgen des Bauchs Veranlassung geben,
z. B. seröse Infiltrationen , Fettansammlungen in den
Bauchwandungen , Formveränderungen der Wirbel-
säule u. s. w.
2) In Bezug auf Einziehung, Ist der Bauch
eingesunken , so verwandelt sich das convexe Profil
desselben in ein concaves. Von vorn betrachtet er-
scheint der Bauch wie ein Bassin. In hohen Graden
verschwinden die nonnalen, rechts von der Leber,
Hnks vom Nagen und der Milz herrQhrenden Auftrei-
bungen in der Gegend der untern Rippen ; die Rän-
der der Rippen nähern sieh, der Winkel des Epi-
gastrium wird spitzer und die Leber sieht man weit
unter den untern Rippenrand herabgedrängt. Theil-
weiae Einiiehung der Bauchwand findet Statt bei
Volumenabnahme irgend eines Bauchorgans. Man
mnss sich hierbei hüten, bei Vergleichung der beiden
Seiten die eingesunkene Partie fttr normal und die
normale fttr aufgetrieben zn halten. Auch die Ein-
ziehungen der Bauchwand in Folge von Mnskelcon-
tractionen sind von den von pathologischen Zuständen
der Bauehorgane bedingten wohl zu unterscheiden.
3) In Bezug auf die hatizoniale Einsenkung,
durch welche die obere Grenze des Bauchs angedeu-
tet wird. Dieselbe ist bei jttngern Individuen tieCer
oder höher wahrnehmbar, je nachdem das Zwerch-
fell, Leber, Milz und Magen herab- oder heraufge-
drängt ist. Bei altern Leuten jedoch bleibt troU der
innern pathologiachen Veränderungen diejirsprong-
licfae Einaenknng aicbtbar.
S04
IV. Puthologie, Therapie o. mediehriselia KUnik.
4) In Btxug 0uf den mn den untern Rippen-
knerpein gebildeten Winkel. Der^lbe isl erweitert
bei Avftreibung des Unterleibs , dagegen bei Einzie-
favDg diesselben spitzer.
5) Jn Bezug auf veränderten Stand des Na-
bels, Im gesunden Zustande durchschneidet eine die
höchsten Punkte der beiden Gristae ilci verbindende
Linie den Nabel in der Millellinic. Er liegt näher
zur Symphysis ossium pubis ;ils zum Schwerlknorpel,
kann aber bei Krankheilen naher zu leizlerem gedrdngt
sein. Vr. nimmt an , dass in diesem Falle der ur-
sprtlngliche Silz der Krankheit in einem untern Tbeile
des Bauchs zu suchen sei, wahrend dann, wenn der
Nabel näher, als im normalen Zustande, an der Sym-
physis oss. pub. sich befindet, der Krankheitssitz in
einem obern Theilc des Rauchs zu vermuthen sei.
Uebrigens kann der Nabel mehr oder weniger einge-
zogen oder hervorf^etrieben erscheinen.
6) In Bezug auf Anschwellung der* Hautvenen
der Baucbdecken. Es h.ingt dieselbe von Verstopfung
der grossem Bauchvenen ab und kann einen seiir
hohen Grad erreichen.
Ferner nimmt man durch die Inspeclion folgende
Abnormitäten in der Rewcgnng wahr. Die abdomi-
nelle Athembcwcf;un^' kann fehlen , und zwar entwe-
der auf beiden Seilen , wobei zugleich die untern
Rippen stillstehen , w.'ilirt'ud die ubern um so mehr
durch das Athnien in Anspruch genommen sind —
oder nur auf einer Seile, wobei die entsprechenden
untern Rippen ebenfalls ruhen und die obern» ge-
wöhnlich jedoch die der entgegengesetzten Seiten, eine
vermehrte Athembewegung zeigen. Ist das Zwerch-
£bI1 irgendwie verhindert, sich vollkommen zu con-
trahiren, oder wird durch tieferes Athemholen Schmerz
erregt , so nimmt man wohl die gewöhnlichen abdo-
minellen AlhembewcgUDgen wahr; es sind ^ber die-
selben verbflUnisamassig nur sehr gering. Vermehr-
tes .abdominelles Alhmen ist stets ein Symptom von
Br4istkrankheiten. Der Rhythmus der Athembewe-
gungen ist nur bei Peritonitis verändert, denn hier
erseheint die Exsf»iralion kürzer, als die Inspiration.
— Der Ort des Herzimpulses ist bei AuCtreibiing des
Unterleibs höher gelegen , als im normalen Zustande.
Ist der Bauch sehr eingezogen, so ist Pulsaüon sichte
bar zwischen dem Nabel und dem Sohwertknorpel.
Ist sie nur unter dem Sohwertknorpel wabrnehmbar,
so rührt sie von der Herzaotion her. Weiter unt^
hat sie ihren Grund in einer AbnormiUt im Unter-
leib. — Bei dünnen Wänden kann man die peristal-
tischen Bewegungen der Gedärme wahrnehmen.
Messung. Dieselbe miss den Unterkib , «o wie
die Brust betreffen, und man nehme sie mit einem
unelastischen Bande , an welchem eine Scale ange-
bracht ist, vor, od. man bediene sich des von Sibson
(Jahrbb. LXVII. 185) angegebenen Brustnsessers.
Werden täglieh die Nessungen wiederholt , so gebe
mm darauf Acht, dass Pat. sich steu in derselben
Position befinde , und dass das Band slds über die-
selbe Stelle gelegt werde. Man eHMvt dwek
Messungen den Kreisumfang des RVrpers, Aea
fang einer Seite , so wie dte Entfernung ve
ner Punkte von einander, z. B. des lüabels vom
des Sternam. Die cireiilären Messungen ndnee
«or an folgenden 4 Stellen vor, wetehe in _...
Zustande tn ziemlich constantem VerhSltniss n
ander stehen, I) über der firust so, dass dai
band die beiden Brustwarzen dorcbschneidet
Maass ist bei einem kräftigen Manne das grdsste,
Vergleichnng der rechten mit der linken
dieser Stelle findet man, dass die erstere gewi
einen grossem Umfang von */^ — 1 " hat, be .
von der grossem Muskel ausbrldang der seektes
2) Man lege das Messband so , dass gerade das
des Sternum von ihm berührt wird. Meses
ist li/j — 2" kürzer, als das vorige, und aodll
hat die rechte Seite etwas grossem Umfang, ib^
linke. 3) Das Messband berttlire den nntem hfd
rand ; dieses Maass ist ungefthr 4^/2" kflner,^
das vorige. Die beiden Seiten sind gleiek. 4)^
Messband durchschneide den Nabel. Dieses _
isl wieder etwas länger, tfls das IWite, diebd
Seiten haben hier gleichen Umfang. Diese
gen, bei welchen übrigens die Arme paraHd
Körper liegen müssen und nicht im rechtes V
obstehen, sind fiot3h durch Alter, Gescblecht^
Lebensart modilicirt. Bei Kindern ist der Ol
der beiden Seiten gleich. Bei ganz jungen Ki
ist der Umfang des KOrpers an dem untern Mfl
rande bedeatender, als der an dem Ende des fl
nnm. Bei Weihern sind (fie verschiedenes MI
dnrch das Schnüren vielfach verändert; bei U
von sitzender Lebensart ist das Maass, wekfaei
Brustwarzen durchsehneidet, kleiner, als bei soM
die bei ihrer Beschäftigung mehr «ewegeng liil
dagegen sind die Maasse um den untern Tfaefll
Thorax und um den Unterleib grOsser. Auch 4
bei diesen der Nabel verhältnissmassig noch m
2ur Sympliysis oss. pub.
In Bezug auf die Messung der Bewegung ba
sich Vf. auf die von Sibson gev^nnenen Besttll
Bei Messung des Thorax alter Leute ist 10 beH
sichtigen, dass wegen der Rigidität der Thoraxwl
keine oder weniger Veränderungen in den MaasN
Folge von pathologischen Zuständen hervorg«
werden, als bei jungen, und dass dagegen k
einmal bedingte Formveränderungen auch nach gl
bener Ursache gern zurückbleiben.
Palpation. Diese giebt Aufschluss sowohl \
die Eigenschaften der Bauchwandungen, als auch i
die durch diese durehzufüMenden tnnern Thd
Die 'Deutlichkeit, mit welcher innere Tbeile g^
werden , hängt zum grosseh Theil mit von der Ol
der Bauchwandungen ab. Bei der UntersuGhuDi
die Hand des Untersuchenden nicht kalt ; man wjj
bald die ganze Handfläche, bald nur die flngerspii
•an. Man befllhle die Bauobwandungen, die Zwiseii
•rippenfttome, gehe in Seheide und Mastdam««
IV. PatMogie, Therapie o. medieiaiache KüniL
305
Die Poaition dea Pat. sei entweder aufrecht , auf der
Seilet oder am liebsten anf dem RCIcken liegend.
Manchmal ist es nothwendig , dass die Untersuchung
in mehrem verschiedenen Lagen ?orgenommen werde.
Bei der Palpation der Bauchwandungen niüasen die
Bauchmuskeln durch Heransieben der Schenke! an
den Unterleib relaxirt werden. Zur Untersuchung
der Winde wende man leichten Druck an , sur Un-
tersuchung der Innern Organe starkem. Man nehme
auf den Sehmerz des Pal. Rücksicht , so wie auf die
Gefahr, durch die Palpation eine Perforation des Pe-
riloaitims oder die Ruptur eines Abscesses» od. sonst
eine Verlelsnng tu bewirken. Bei grosser Schmerc-
hafligkeil ist die Anwendnng des Chloroforms em«
plohlen worden. Im normalen Zustande fühlt man
nter dem SchwerlknorpeU da, wo der linke Leber«
läppen gelegen ist, bei der Palpation grOssern Wider-
sland, als sonst wo bei der Untersuchung der Bauch-
decken. Dieser Widerstand rOhrt von der Leber her.
and wird sein Umfang von der Grösse der Leber be-
dingt Sonst f&hlt man höchstens noch den untern
Rand der Leber upiter dem untern Rippenrand, aber
nur bei magern Subjecten. Auch nur bei diesen
allein läast sich manchmal der unlere Theil der Nih
wahrnehmen. Die Nieren sind sehr schwer durch
Palpation lu erreichen. Die Bauchmuskeln mUssen
vollkommen relaxirt sein, durch Kreisbewegungen die
darober liegenden GedSrme entfernt, und ea musa
starker Druck von vom und Gegendruck von hinten
angewendet werden. Sie sind zu fühlen , aber nur
ihr unterster Theil in dem Niveau der untersten Rippe
seitlich von der Wirbelsäule. Bei magern Personen
und starker Biegung der Wbbelslule ist bei Druck
etwas Über dem Nabel die Pulsation der Aorta wahr-
tunehmen, so wie die WirbelkOrper. Bei Frauen
sind Leber, Milz und Nieren in Folge des Schnttrens
oll leichter und in grossem Umfang zu ftthlen. Bei
Krankheit findet man durch die Palpation :
1) Daaa die Wände des Bauchs mehr oder weni-
ger Widerstand zeigen , dicker oder dünner » mehr
oder weniger gespannt und elastisch erscheinen als
im normalen Zustande. Bei vermehrtem Widerstand
musa man darauf Acht geben , ob diese Erscheinung
aus physikalischen Ursachen entstehe oder aus ver-
mehrter Mttskelthatigkeit. In diesem Falle ist der
Wideraland dem Verlaufe gewisser Muskeln entspre-
chend, einaeitig, und verschwindet bei geänderten
Stellungen des Pat., oder wenn dessen Aufmerksam*
keit auf irgend etwas Anderea gelenkt wird. — Auch
Geschwülste in den Bauchwänden kann man durch
daa GelUhl wahrnehmen.
2) Dasa die innera Organe in anomalen Verhalt-
aissen sich befinden. Es können zunächst die Or-
gane, welche durch ihre festere Structur durch das
Gefühl auch im gesunden Zustande sich unterscheiden
lassen, an ungewöhnlichen Stellen sich vorfinden, u.
zwar bei vermindertem Umfang oder bei Dislocining
derselben. Um Aber die Lage dieaer Organe Auf-
.B4.9a:M.x
sehluss zu erhalten, ist es gut, die Palpalion an einer
Stelle zu beginnen , wo man vermuthen kann , dasa
das Organ nicht gelegen ist, und von hier aus sich
demselben zu nihern. Auf diese Weise kann man
die Grenzen desselben gewöhnlich genauer bestiro-*
men, als wenn man in entgegengesetzter Richtung
verlührt. Ist viel FlU^tsigkeit in iler BauehliOlile, so kann
man oft nur ein Organ in der Tiefe wahrnehmen, wenn
man plötzlich mit den auf der Oberdarhe aufgelegten
Fingern nach innen stOsst. Die FormverXniiening
eines Organs nimmt man wahr, wenn man die Hand
aber die Oberflache und Grenzen desselben hingleiten
lasst. HierlMi gebe man bei der Leber auf die Lage
und Tiefe der inlerlobulSren Kerbe, so wie auf die
Dicke des Randes Acht. Unregelmässigkeit der Ober-
fluche kann ohne Form Veränderung des Organs vor*
kommen, und man findet sie , wenn man die Bauch«
wand kreisförmig auf der Oberfläche des Organs hin
und her gleiten lisst. Die Consistenz eines Organa
muss man nach dem Gefühl der Harte und Weichheit
beurtheilen. Unbewegtichkeit kann sowohl den Bauch*
Wandungen, als auch den innern Organen zukommen.
Im erstem Falle lassen sich zwar die Haut und die
oberflächlichen Partien der Bauchwandungen bewe-
gen, die tiefern dagegen erscheinen fizirt und las«
sen sieh nicht tther die innern Organe hin und her
schieben. Die Unheweglichkeit der innern Gebilde
beurtheill man entweder nach dem Widerstände, den
sie der Hand bei der Untersuchung entgegensetzen,
oder nach dem tiefern Standpunkte • welchen sie bei
Lageveranderung wegen ihrer Schwerkraft einnehmen.
Das vermehrte Gewicht solider Organe schätzt roaYi
nach der Kraft, welche erforderlich ist, sie zu he*
wegen , oder sie zu tragen , wenn sie bei besondern
Lagen des Pat. zum Theil auf der Hand dea Untersu-
chenden liegen. Manchmal findet man bei der Pal-
pation an ungewöhnlichen Stellen einen umschriebe-
nen Widerstand. Dieser kann herrObren sowohl von
VergrOsserung oder Distocirung solider Bauchorgane»
als aber auch von einer Geschwulst in dem Magen,
den Därmen oder im Peritonaum. Bei der Untersu-
chung einer Geschwulst berücksichtige man ihre
Oerllichkeit, GrOsse, Form, Oberflache, Beweglich-
keil, Consistenz, Gewicht, die Entfernung von der
Bauchwand und die Verbindung mit den Naclibarorga-
nen. Ferner kann man auch nach dem Gefühle beur-
theilen, ob eine Stelle von Gas aufgetrieben wird, u.
man nimmt eine Art Vibration wahr, wenn in den
Därmen Gas sich von einer Stelle zur andern bewegt.
Hat dieses VibralionsgefUhl einen gurgelnden Charak-
ter, so zeigt dieses gleichzeitige Anwesenheit von
Flüssigkeit in den Därmen an. Ein FrictionsgefUhl
entsteht bei Rauhheiten auf entgegengesetzten Stellen
der beiden Bauchfellplatten. Es wird gefühlt haupt-
sächlich bei den Beilegungen des Zwerchfells in Folge
der Respiration, oft nur bei der Inspiration. Manch-
mal erscheint es bei Druck vermitteis der Hand auf
den Unterleib, manchmal auch bei den peristaltischen
Bewegungen. Allgemeine Fluctuation des Unterleibs
89
306
ly. Vatlwdqgiß , Tlieriapi^ j». mediquiiiiete IMii^k«
^ufmi ip9P .wtbr, wßfin man eine Hand auf die Ober-
iUipbe d^r ein^P $eite dj^s Bauchs ^iiflegl und auf der
andecn piit d^p Ringern ni^sQblägt, wobei die auflie-
gende Hapd d^a ße((ihl d^a Impulses einer |leüie von
lycUen hat. ^ei mßhr b^sc^r^nkter Fluctuation ial
natUrlicb die Pnl&cnuQg der bqifiep H|tpde geringer.
Äiese WeUßp sind wehr oder weniger deutlich zu
Itihlen , je naqh dem Charakter der Flüssigkeit , so
wie dßr Dicke der W^de. Von diesen beiden Uraa-
cb^p biipgt auch die Zwiaebenzeit zwischen J^pi
$cb^g 9iuf der eip^n $cile un(l dem Fluctuaiionsg&-
filbl 4!ff der anderp aj). $Qhw|E|r i$t ep , Fluqtua^on
WdhrzunetMPQien bi^i stÄrl^er Fd^tablagerupg , bei Ver-
diekqpg 49P l^ucbf^Us upfl b^i Ip(ülrj^tion in .die
B4ucbdec|(en. ßurph di^^e letztere wird je<lpch
mjincl^ipill ^elh^t wi^4er etwas Fluctaation bedingt,
w^cbe 4Pdea3 ? pr^cbwindet , sobald das lo^Urat
durch Acppqnctur ^n^tferpt worden ist. ftleist rttbrt
i\ß F|ttctttation b^r von der Gegenwart von Flüssig*
l^^it in 4er Pf^uchhlUile , jedoch köpnen auch gelati-
nOise Vassf^n , j^ selbst die vergrösaerte Bfilz dieses
Gefttbl darbieten. Fu^ation der gr^s^ern .Gefk^e im
Qaucb^ fU^lt .^ap , und z^ar 9«br lei^^ht bei magern
Sqbje0en , b^t Druck im Verlauf der (leilKsse. Man
nebpte Jftack^cbt auf Sitz, Ausdehpi^i\g , Richtung,
Qa^^er ^er ßulasttiqn , so wie auf die ^egep^art mop
Ci^cb^UbiWn. B|iai^eilen ist die PuUatiop von pinem
Schwirj^en bfigleiiet; es kapn das;ieibe intermiu,irend
q^cir con^lant i^ein. ^ ««t ^icUt immer ein Zeichen
ifon ^^klieit der Gelasse ; es kann bei Aottniischen
schon durch ^i^^n gelinden Dru^ erzeugt, odisr wenn
c^ acho^ yoychapden ist, vermehrt werden* Auch ist
di^es G^ühl beobachtet v^orden, unabhängig von
Srjankbeit der Gefäs^e u. d^s Bl,ules , Uei Friction des
Hansens an fiine granulirte Leber.
Das, was Vf. Ober die Untersuchung durch die
Vagina u. das Rectum, über Percussion u. Auscnltation,
so wie aber Diagnose der einzelnen Krankheiten sagt,
bietet durchaus nichts Neues dar. (H. 6 d n t h e r.)
249. Ueber Pylnie; von Dr. Ueidenhain
zu Marienwerder. (DeuUche Klin. 52. 1S5I und 1.
1852.)
Es wird für diesen Krankheitsproce^s als Aus-
gangspunkt übereinstimmend eine eigenthümliche Blut-
erkrankung , eine eitrige Infiltration des Blutes ange-
nommen , deren genaue Kenntniss allerdings bis jetzt
noch fehlt, denn die Untersuchungen des Blutes haben
wenig ergeben , auch sind die Befunde der verschie-
denen Forscher nicht übereinstimmend gewesen. Man
hat daher, von den physikalisch-chemischen Untersu-
chungen nicht sehr gefördert, zp Hypothesen seine
Zuflucht genommen , und von einer Entzündung des
Blutes selbst gesprochen , die in Eiterbildung über-
gehen sollte u. s. w.
Auch die Lehre von der Eite^resorption und He-
Ustaae muaate g9uz unbaUhar erscheiiieA» sowohl
weg^ der Up^ttgUdb^i^ d^, J^t^er^jifnabi^e in den
Blutstrom ohne vorauageig^pgeneGefitasverletzungi ali
auch wegen der UnwaiirachejnUcbkcit, daaa flie JQitcffs»
seilen durch die Lungencapillanen bifldiwqb bis u
den verscbiedeuen.Capillarbezirki^p des gfosfen Kreis-
laufs ihren Weg nebnifen sollten. Die AnbXnger der
EiteicreAqrption hallen diesen letzten Punkt f(|r nipbt
durchaus .besireiibqr , u. recprriren in Bezog nuS dea
ersten , wo (Gefüas Verletzung njcht ^achweiabar ist,
auf Phlebitis, die s^Uerding^ für viele Fülle von PySQik
als Auagangspunkl aogenompo^n werden mu^s, »ber
allerdings in andei:er, ^Is der biaber ^ungenoDuoeqei
Wqiae. Rokitansky und die nieisten neuen Fpr-
«cber nehmen ap , daaa bei Pblebitja «iurcli die Ent-
zündung der Hus^ecn ZellbaMt, und aiicb w^ ilnr
mittlem Faaerbaut ein GIxsptlat gi^setnt werde, itas,
dieTunica intima dqrcb«) ringen d , jn daa ppl^srohr «.
ao in dep' Blutalrom gelange , aoifprt ein BMurtiem flir
din 'Bildung dar Eiterjieile abgebe , u. daaBhit unmit-
telbar an der ExapdaUonaateUe zur Gerinnung diapo-
nire. Ab^r gesetzt, man acoeptirte diese Ansicht» n.
wollte nun npch w^\ter gehen > und trotz der scbiell
erfolgenden piutgerinnung an der kranken Stelle, und
der gewöhnlichen Ahachneidupg derselben vom Blut-
Strom durqh ein Gps^nlum, die IfiOglichkeit der Wei-
lerfabr^ng des Eiters in die Girculation annehmeD,
so stellt sich einer solclien Annahme Folg«n4ea
entgegen, Zupjlcbat lauten d^e Angaben über das
Vor^nrnmen yqn EiterkügelcluM) im circulirendnn
Blnte bei den meisten Forschern aehr unbesttnmt.
Jliebert bat bei seinen Veraqcben anTltieren, denen
^r Eiter in (|ie Venen spritzte, die Eitierküg^lchen im
Blnte nie nieder &nden k^Minen; sie fcbeinen viel-
mehr 4¥iff un^rzugehen. E;r. b/elvatput d^balb
%Ujch» ^e Mpien nur ananahmsiyeise dann vor nod
sei^^t in den Fallen , wo man sie zu finden glaube,
md^^e >in^n bei der Schwierigkeit der Auffindung und
Untersuchung doch roiastrauen. Eine Stockung der
circulirenden Eiterzeilen in den G^ijlaren , aia Be-
ginn des örtlichen Pxoceases« fiele hiernach ganz weg.
Ginge bat in manchen FftUen von PySmie Eiter-
kflgelchen im Blute gefunden , in andern nicht. VL
bat nie EiterkUgelchen im Blute entdecken können.
Wenn nun L e b e r t dennoch als das 2. Stadium der
Pyamie dasjenige bezeichnet, in welchem das im 1.
Stadium , dem der Phlebitis , in das Venenrohr ge-
setzte eiterbildende Exsudat sich mit dem filule im
Kreislauf vermischt , also doch in denselben flberge-
ftthrt werden muss, so fehlt ihm zu solcher Annahme
das einzige beweisende Moment, die Anwesenheit der
Eiterzelle im Kreisläufe. Es scheint daher die von
Rokitansky aufgestellte Ansicht, dass der blose
Gontact des Eiters (oder anderer deletllrer Exsuda-
tionsproducte) mit dem Blute an einer Stelle des Ve-
nenayat^m^ hinreiche, um diejenige Ki^se »i eneu-
gen> ans der der pylUniache Proceaa hervorgeht, ninr
destena ebenso bpgrttqdpt, ja aus fn^endfsn CiraDdi»
noch annehmbarer. Leibi.ext bebauptel nUpd^
wieiter, daaa üJl^euU Pi^ebiAia der AuwWW^^M Ar
dje Py^iesei» w»tohie Ai<A9hme jedod^ njcbt at^b-
büiltig i^u Kein %a9|{)ij|it^ocew b^gt dn^ KU
derPyMie sowohl in seinen» afBteinattocbeftVerlMrfe»
iV. ^aOntogl«, fbetifie u. medidttiscijif tüaki
iiii
wie iD seinen anatomischen Ergebnissen vollst8dtf}ger
und in auagedefantorem Maasse zur Beobachtung, als
die. RoUinlectiou Leim Menscben, und iiief ist wenig-
stens Baeh Yfs. Beobachtungen keineswegs Phlebitis
das 1. Glied in der Reibe der Erscheinungen. Eine
imwigbare kleine Menge Secret von der ulcerirlen
Nisenfteldehnhauf rofzkrank'er Pferde, dtfrch eine
gaDS unschernbare, mitunter kaum beachtele Ver-
letzung 9h' Akt Uanki dem Blutstrome zugefdhrt, reicht
bin, um (Yen intensivsten pyümi^ichen Process hervor-
wrufeB. Vf; hat 5 Falle votf dentKcb ausgesproche-
ner Rdtzkrankbeit l^i Menschen lioobnchtel , >yelche
arie tOdtlich verliefen. In keinem Falle wurde eine
niebitin bei der Section gefunden , was mit den Be-
oBaeblungen von II e m a k , R a'p p n. G 1 u g e ttbef-
einstioiAit. kt demnach hierdurch genügend nach-
gewiesen, dass Phlebitis durchaus nicht als nöthwen-
diger Ansgangspunkt fUr Pyämie zu betrachten ist,
dass vielmehr ein Minimum eines eitrigen Secrels ge-
migt 9 um durch seinen Contact mit dem Blute jenes
dyBkrasisehe Leiden hervorzurufen, so steht auch der
Ainahme nichts entgegen, d;iss auch die Phlebitis
Dir die Erzeugung der Pyflmie keine andere Bedeu-
tung habe , als« dass sie durch Exsudatsetzung in das
Gefilssliiroen und sofortige Eiterbildung einen solchen
Contact eines dcieiaren inficircnden Stoffes mit dem
BInte vermittle. Wo man sie duher findet, ist sie
ein h;int)grein icher Beweis, dass Eiter mit dem BInte
unmittelbar in Berührung gekommen, eine Thatsache,
die nicht in allen Fallen von PySmie auf gleich evi-
dente Weise darzttthuta ist. Nach dem Vorhergebenden
steht auch den analogen Vorgange wenigstens nichts
entgegen, dass, wie Semm e 1 w e i s s annimmt, der von
einer Section nicht gehörig gereinigte Flugtir beim Tou-
chiren von Wöchnerinnen eine faulige Substanz mit
der wunden InnenflSche der Genitalien und somit dem
Bhite in Verbindung bringe und dadurch PyXmie er-
zenge, wiewohl das Puerperalfieber auch durch an-
dere Ursachen entstehen kann.
Diene nun durch Contact des Blutes mit Eiter,
JiBche u. 8. w. von vorn herein erzeugte Pyxmie
nennt Vf. mit Rokitansky u. A. die primäre^ zum'
Daterftchiede von der secundären , die sich aus einer
ber^ttif vorangegangenen Dyskrasie herausbildet. Man '
reehnefdahin die aus den typhösen, elanthematischen,
hyperinetischen (acutem, febrilem Gelenkrheumatis-
mus), puerperalen, scrophülösen und andern Krasen
sieh enlwickeldde Pyamie. Aber man'muss hier nicht
diePyla^e Oberill als unmittelbar, aus der primMred
Kirsise hervorgegangen betrachten und ganz* über-
sehen i daes sehr htufig locale Eisudalionss Efte-
msgi- und UleerationsproceAse; die, unter der Uerr-
adinftt' der pf juoikren ' Krase zu Stande gekommen,
ditik GohUot ihrer' Producte mit dem Blute den
Anegtngspankt für d^n neu hintutreienden pyamischen
Proeesn abgeben; und so das ' Mittelglied zwischen
der prilDlt^en andei^v^Migen ' und der seeündJfren
pyMiischen Krase bilden. Ja bei genauerer Analyse
der in^fiede stehenden Krankheitsproeesse dttrile die^
MT fi«rgiftg nto'de» hatfigere und g«wöllnüch«re ha^
e)*kannt werden. So ist Vf. b^im Ty^htftf gehellt»
für die pyaimischen Processe , df^ sich bei längere^
Verlaufe desselben zuweilen entwickeln, viel eher die
Darmexnlcerationen als Ausgangspunkt anzuseh^,
statt einen unmittelbaren Ueberganfg aus einefr Rrase
in die andere anzunehmen. Dass im Verhlfltniss tMf
Häufigkeit der DarmverschWäningen sich Pyamie nur
seltenf aus Typhus entwickelt , spricht deshalb' niclilt
gegen Vft. Ansicht, weil die Genesung oder der Tod
meist früher erfolgen, als es zur Ausbildung setundS-
rer Processe kommt.
Zweifelhafter gestaltet sich die Sache bei den
Exanthemen. Betrachtet man in dieser Hinsicht den
Scharlach , der nicht gar selten py^mische Erschei-
nungen in seinem Gefolge hat, so findet man aucb
hier vorzugsweise eine locale Affeetion, die man ala
Ausgangspunkt der Pyilmie anzunehmen hat, nämlich
die Exsudationen auf der InnenflSche des Herzens, die
zum Contact pathischer Producte mit dem BInte die
unzweideutigste Veranlassung geben. In Bezug auf
diese Exsudationen übersieht Vf. nicht, dass in neue-
rer Zeit auf Grund der Gef^sslosigkeit des Endocardium
die Endocardilis geleugnet, u. die aus derselben her-
geleiteten Exsudate, als Auflagerungen und unmittel-
bare Ausscheidungen aus der Blutmasse betrachtet
worden sind. SchUesst man sich der altern Ansicht
einer Endocarditis mit Exsudauetzung an; so wird
diese, wie im Typhus die Darmaffection , der Aus-
gangspunkt für die Pyamie, das Mittelglied zwischen
der ursprünglichen und secundaren Krase ; betrachtet
man dagegen den Process als unmittelbar aus dem
Blute sich ausscheidende Gerinnung, dann hat man
den ^unmittelbaren Uebergang aus einer Krase in die
andere; die Pyamie ist bereits da, und es tritt hier
dann zuerst im Herzen derselbe Process auf, der spa-
ter im C^piliarsyslem sich wiederholt; denn Gerinnung
des Blutes in den Geissen ist das 1. Stadium der
örtlichen pyamischen Ablagerung. Vf. wendet sich
der letztern Ansicht deshalb zu , weil er pyamische
Processe bei Scharlachkranken beobachtet hat, ohne
dass eine locale Affeetion im Herzen oder sonst wo
vorgegangen war, die zur Entwicklung der Pyamie
hatte Anlass geben können.
Ganz ebenso, wie beim Scharlach, vörhaft es sich'
beim acuten , febrilen Gelenkrheumatismus mit dem
Einfluss der Endocarditfs auf die Entwicklung pya6ü-
scher Processe.' Grössere Schwierigkeiten bietet eine
richtige Anffassung der pathogenetischen Momente*
der schon obeh ermahnten' puerperalen Pyamie dar.
Man hat hier die localen , im Grunde zum Theil' phy-
siologisehen Zuhandä döä ' GebStt'organs als' Quelle'
des Krahkheitsprodess^s in den Vordergrund glsstellt;
Die septische Lochialabsoddeirung' soll därch die ad'
der Innenfläche, namentlich ari d^rPlaceätarinser-
tion^telle noch geöffneten VenenmundungeA d^n^
Contact mit dem Blute eln^fehen ', detzür Erzeu^ng'
der Pyadiie hitireicht, oder' dtirch'RMztmg auf die'
VeAen Wandungen ' Phlebitik '^ e^^e^iigen ; derien ' eftrigäs
Exsudat, dem BMe biUgembdit, df6 Intoxication tu'
808
IV. Pathologie, Therapie n. mediciBiache Klinik.
Stande bringt. Dieser Palhogenie widerspricht su-
vOrdersl der Umstand, dass nicht selten gerade solche
Uierusvenen mit Eiter angefüllt sind, die fern von der
wunden Innenflaiche und dem putrescirenden Lochial-
secret mitten in der Dicke der üteruswande verlau-
fen, wahrend die in die Höhle mOndenden unverletzt
gebliehen. Sodann hat man in jedem Wochenbett
mit septischen Lochialausscheidungen , zuweilen so-
gar mit zurückgebliebenen putrescirenden Placenta-
resten zu thun, u. doch nur verballnissmassig selten mit
Phlebitis uterina und Puerperalpyämie. Man hat da-
her eine zögernde, unvollkommene Uterusinvolution
als coezistirende Bedingung bei der Entstehung der
Puerperalfieber mit angenommen, die mangelhafte
Contraction des Gebarorgans soll zum langern Offen-
bleiben der Venen o. dadurch .zur leichtern Aufnahme
der fauligen Secretionen Veranlassung geben. Die-
ses Pactum an sich , ist unbestreitbar. Woher nun
diese mangelnde Contractionsf^higkeit der Uterus-
muskulatur? Gegen das Vorwalten localer Bedingun-
gen im Geschlechtsorgane spricht der Umstand , dass
die Puerperalfieber häufig unter miasmatischen und
epidemischen Einflössen auftreten, aus denen wohl
die Entstehung eines Allgemeinleidens, das sich in
localen Processen ausspricht, schwerlich aber die
Einwirkung auf ein einzelnes Organ abzuleiten ist.
Jenes Allgemcinleiden kann aber nach der Natur der
einwirkenden Potenzen, so weit dieselben bekannt
sind , nur in der Blutmasse gesucht werden. Diese
bietet bekanntlich schon wahrend der Schwanger-
schaflsdauer manche Abweichungen von der physiolo-
gischen Norm dar, die im Wochenbett ihrer Ausglei-
chung entgegensehen. Wird nun diese durch irgend
welche zubillige äussere Schädlichkeiten, od. epidem. u.
locale Einflüsse gestört, so steigert sich die Krase zu
einer Höhe, die einerseits den Uterinnerven nicht
mehr den normalen Reiz gewahrt, den sie zur Be-
lebung der für eine regelmassige Involution nothwen-
digen Uteruscontraclionen bedtlrfen, andererseits aber
auch zu Stasen und Hyperamien in einzelnen Organen
Anlass giehl. Dass nun der Uterus so häufig das pri-
mär befallene Organ ist, liegt theils darin, dass er
einen grossen Theil eines anomalen Blutes in seinen
venösen Gefässen zurQckbehalt, welches bei kräfti-
geren normalen Contractionen mit den Lochien hatte
ausgeschieden werden mOssen, dann aber auch darin,
dass er bei niangelliaflen Zusammenzieliungen u. dem
Verharren in einem atisgedelinteren Zustande jener
Hyperamie Vorschub leistet. Nun kann man anneh*
inen, dass die Zellhaut der Uterusvenen und zuweilen
auch der Lympligefässe nnler den angegebenen Ein-
flüssen der Entzündung unterliege, die durch Exsu-
diition in das Gefhsslumen und Eiterbildung zur Ent-
wicklung der Pyamie Anlass giebt. Es ist aber auch
ebenso möglich, dass die Schwangerschaftskrase in
Folge äusserer Einwirkungen sich sofort zur pyami-
schen, mit der sie ohnediess die Vermehrung des Fa-
serstoffs gemein hat, steigert, und sowohl die Eite-
rungen im Uterus , als in andern Organen veranlasst.
Der letztere Hergang ist wenigstens dann anzunehmen,
wenn Eiterungen auf dem Bauchfell , im Psoas und
andern Organen ohne gleichzeitige Eiterungen in den
Uterinvenen vorkommen.
Vf. geht nun zu der Betrachtung des Procetaes
über, welcher in den einzelnen Organen behufs der
Eiterablagerung statthat. Dass hier nicht der Eiter,
wie bei gewöhnlichen entzündlichen Processen ans
einem unter Entzündungserscheinungen ezsudirtea
Blastem gebildet werde, darüber ist man einig. VL
schliesst sich hierin der vou Rokitansky aafgt-
stellten Ansicht insofern an, als er eine Gerinnung
des Blutes in don Capillaren annimmt. Den deutlich-
sten Vorgang dieser Gerinnung unter Umstanden, die
Pyamie erzeugen , hat man nicht selten Gelegenheit,
in grösseren Venen und zwar vorzüglich in der V.
cruralis und der V. saphena magna zu beobachten,
die öfters, wenn sie auch wahrend des Lebens Ina-
sersl schmerzhaft, hart und bei Druck sehr empfind-
lich sind , doch bei der Section keine von denjenigen
Veränderungen in den Venenhauten darbieten, die
auf eine Entzündung der Vene deuten können. Da
nun auch Gluge anführt, dass er nicht selten, un-
ter anderu in der Phlegmasia alba dolens, die Venen
hart und schmerzhaft, aber nicht entzündet gefunden,
so kommt Vf. zu dem Schlüsse: 1) dass die Harte u.
Schmerzhafligkeit einer Vene nicht Beweis für eine
wirkliche Entzündung derselben sind; 2) dass die
sogenannte secundare Phlebitis, die Bokitansky
u. A. als Folge einer voraufgegangenen Gerinnung in
der Vene ansehen , wenigstens nicht sehr häufig ein-
tritt und bei weitem nicht immer da , wo Blutgerin-
nung im Venenrohre vorangegangen. Die Scluners-
haftigkeit der Vene ist daher in diesen Falten nicht
auf Entzündung, sondern auf andere Ursachen zurück-
zuführen. Wie nun Blutgerinnungen in grossen !
Venen unbestreitbar sind, so wird man auch die Ge- {
rinnung in den Capillaren als 1. Act der Eiterdeposi- |
tion in den verschiedenen Organen als analogen Vor- j
gang statuiren mUsüi^n. Lobulare Abscease sind sol- I
che Paserstoffgerinnungen in parenchymatösen Orga-
nern, die in einem kleinern abgegrenzten Capitlarbeziri
zu Stande kommen, und die die CapillargefUsshaute u.
anstossenden Gewebe erweichen und in einen Ulce-
rationsprocess ziehen. Die Bildung eines gelblichen
oder gelblich -grünen Eiters ist das Endresultat des
Processes, die von einer mehr oder minder umfang-
reichen , doch nicht begrenzten Schmelzung der um-
gebenden Parenchyme begleitet ist. Ausserdem aber
treten nun die Folgen der Pyamie als entzflndliehc,
von eitriger Exsudation gefolgle Processe, vorzugs-
weise auf serösen, seltner auf Schleimhauten, und
ziemlich häufig im Zellgewebe auf. Die Ueberganga-
weise der in den parenchymatösen Organen vorkom-
menden Faserstoffmassen in Eiter ist noch donkel,
zumal wenn es irrig sein sollte , dass der geronnene
Faserstoff das Cytoblastem für den neu zu bildenden
Eiter abgebe, wie Reinhardt behauptet Es
bliebe dann nur übrig anzunehmen , dass die geron-
nenen Faserstoffinassen als Entzündungsreiz auf 6k
Umgebung wirken und von hier aus die Eiterbildung
IV. Patlielogie, Therapie h. nediciiiiBehe Klinik.
3M
statthabe «ad der erweichte und geschmolzene Faser-
stoff allaaaiig aasgesogen werde. Aber dieser Ansicht
steht entgegen : die in der Regel von der Mitte ane-
gehende Erweichung der Paserstoffmassen » die ihrer
Form fast ganz entsprechende begrenzte Form der
Eiterherde und der Mangel an Entzündungserschei-
Ottogen wahrend des Lebens. (H. Günther.)
250. Tereiterug derTeflaporUnun; ^on
Dr. B r e i t h a u p t in Coblenz. (Pr. Ver. - Ztg. 47.
1851.)
Ein 21jahr. Soldat litt seit eiDigen Tagen bei leicfateo
Frostanfallen an Kopf- und ObreoscbmerzeD , oebst Appetil-
lofigkeit; Pala 92, Zunge scbleimig belegt, Cocalgegend
aicbt aufgetrieben, aber scbmerzbaft. Blutegel und Emul-
sion mit Natr. nitr. — 2t(. Jug. Derselbe Zustand, noeh-
nals Blutegel. — 26. Aug. Scbmerz verschwunden, mSs-
siges Fieber. — 27. Aug. Halbstündiger Scbuttelfrost mit
folgendem profusem Scbweisse. — 28. Aug. 2 Schüttel-
fröste, in der Zwischenzeit massiges Fieber, Unterleib
sebmerzloa, (}nnibe und Abgeschlagenheit. Decoct. altb.
mitAcid. muriat. — 29. Aug. 3 Frostanfalie , von denen
der am Morgen mit heftigen asthmatischen Beschwerden vor-
banden war, Schweiss reichlich , klebrig ; Zunge trocken ; 2
breiige, braune StuhJausleerungen, Urin sparsam, dunkelroth,
trübe. Chinin. — 30. Aug. 3 FrostanfBlle, einmaliges
Erbrechen grualicber Flüssigkeit, Unterleib aufgetrieben,
schraenhaft. Die Frostanfälle verminderten sich nun, das
Aligemeinbefinden schien sich zu bessern , Appetit nahm zu,
allein am 4. Sept. abermals 3 Anrälle mit kleinem Puls , hef-
tigen astbmatlscben Beschwerden, Zuckungen der Gesichts-
muskeln und Extremitäten, grosser Hinfälligkeit und vorüber-
gehender Trübung des Bewusstseins. Gleichzeitig traten ver-
mehrter Collapsus des Gesichts, stärkere Auftreibung, Span-
nung und Schmerzbaftigkeit des Unterleibes , Erbrechen grü-
ner Massen und eben solche Slufalausleerangen ein. Beide
Fasse bis an die Knöchel geschwollen. Graue Salbe, Calomel
aebsl Fortgebrauch des Chinin. — Am K. Sept. 3 schwache
FrostanlaUe; am 6. und 7. nur einer, während die übrigen
Erscheinungen sich wenig änderten. Am 8. 3, am 9. 2
schwacbe Anfälle. Der Kr. hinfällig, phantasirend, klagt üb.
Schmerz im Krenz , wo sich , so wie am rechten Ellenbogen-
gelenk ud Trochanter umfangreiche, blaurotbe Blutunterlau-
fungen gebildet hatten. Leib mehr aufgetrieben, Scbmerz
nur links von der Linea alba, Puls 110, klein, schwach, aber
regelmässig, häufige schleimig-grünliche Stuhlausleerungen.
Unter allmäliger Abnahme der Kräfte starb Pat. am 16. Sept.
Seetion nach 24 Std. Gehirn und seine Häute nor-
mal; ausser beträchtlicher Wasseransammlung im Herzbeutel
und zweier haselnussgrosser Abscesse im rechten untern Lun-
gealappen nichts Bemerkenswertbes in der Brusthöhle. Da-
gegen im Unterleibe leichte Verklebnng der Gedärme u. zwi-
scben ihnen ein reichliches seröses Exsudat. Bei Heraus-
nahme der Gedärme , vom Coecum anfangend , zeigte sich in
der Umgegend des kaum noch zu unterscheidenden Proc. ver-
mif. ein Complez von plastischem Exsudate, verdichtetem Zell-
gcwd»e Qttd erweiterten Venen , ans denen beim Durchschnei-
den eoasistenter , schmutztg-weisser Eiter hervortrat. Ebenso
mit Eiter angefüllt zeigte sieb die Vena mesent. maj. mit ihren
Verzweigungen, und die grossen Venenstämme des Magens und
der Milz. Die Wandungen der Venen boten, ausser geringer
Verdickung und Entfärbung an ihrer innern Oberfläche, nichts
Besonderes, dar. Die Leber war von weissgrauem Ansehen,
verkleinert, ihre Substanz war in ihrer ganzen Ausdehnung u.
auf jeder Schnittfläche mit zahlreichen, nach der Grösse der
Venenstämme, grösseren oder kleineren grauweissen Punkten
«ad Oeffnnngen besetzt, aus denen der Eiter so dicht hervor-
trat , dass die eigentliche Substanz der Leber nicht zu unter-
: scheiden war. Gallenblase mit grünlich -gelber Galle gefüllt.
Art. und Ven. hepat. wurden nicht untersucht, die Vena cava
int. von normalem Aussehen und mit nicht verändertem Blut
^fuUt. In der Milz 2 bobnengrosse Eiterablagerangen. Harn-
werfczeoge und ihre Geftsse, so wie dieMesenterialdrusen nor-
mal. Dio Sckleimbaul im obem Theile des Darmkanals uicbts
EigenlliiiinÜcbes darbietend, nur erschienen im untern Theile
des Dünndarms die Peyer'schen Drusen als blau punktirte
Flecke.
Was die nächste Veranlassung und den Ort der
Entstehung der Krankheit betrifft , so glaubt Vf. sie
im vorliegenden Falle in die Gegend des Coecum
verlegen zu mUssen , da hier locale Entzdodungeo»
in Folge von Verstopfung, Perforation u. s. w. des*
Proc. vermif., die zwar hier nicht nachgewiesen
wurde, hXufig vorkommen, und die Prodacte der
Entzündung in der Leiche , und die ersten enlzUnd*
liehen Schmerzen während des Lebens hier besonders
ausgepr«'fpl waren. — Hinsichtlich der Symptomato-
logie iiii'l Diagnose, so verlaufen Fälle von Typhus
mit innern Vereiterungen , namentlich vereiterten In-
farcten der Milz, unter sehr ähnlichen Erscheinungen.
Charakteristisch aber fUr die Vereiterung der Pfort*
ader würde nach Vf. sein : die Heftigkeit und häufige
Wiederkehr der Frostanßllle, die Erscheinungen der
Pcritunilis , das anhaltende Fieber mit den oben an^
gegebenen Symptomen der Nervosität, das Oedem der
Fasse, und die Durchßflle mit der genannten Beschaf-
fenheit der Ausleerungen. (M i 1 1 i e s.)
251. Die Krankheiten der Bronchialdrflsen;
von Dr. F. Grein er. (Inaug.-Abhaudluog. Erlangen
1851.)
Vf. unterscheidet folgende Erkrankungen der
Bronchialdrflsen.
I. Hyperämie, acute und chronische. Letztere
hat sich entweder aus einer acuten Hyperämie ent-
wickelt, oder sie ist enlslanden durch häufig wieder-
kehrende, wieder verschwindende und sich nicht gans
lösendir, Spuren zurücklassende acute Hyperämien«
Diese Hyperämien scheiden sich in 2 grosse Reiben.
a) Die häufigsten sind diejenigen , die mit einem
hyperämischen Zustande des Lungenparenchyms vor-
kommen, ja durch letztern bedingt sind. Die Hyper-
ämie der Lungen — Bronchi und ihre Verzweigun-
gen — ist häufig, von verschiedener Bedeutung» von
aclivem Charakter, oder in Hindernissen des Kreis-
laufs begründet als mechanische Hyp^rifmie. Sie er-
scheint ferner in derEvolutionsperioiIc häufig, ebenso
geht sie der Entwicklung von Tuberkeln voran und
begleitet dieselbe, ferner gesellt sie sich zu vielen
acuten Blutkrankheiten , Typhus , Choleratyphoid,
Scarlatina , Morbilli u. s. w. Bei allen diesen Zu-
ständen leiden die dem Lungengewebe und den
Bronchialröhren zugehörigen Lymphgefässe u. Lymph-
drüsen ohne allen ZwcifeL Der anatomische Cha-
rakter ist folgender. Die Drüse ist injicirt, in ver-
schiedenen Nuancirungen geröthet, sie ist angeschwol-
len, gelockert, mürbe und leicht zerroisslich , ihr
Gewehe ist von grösserer Feuchtigkeit durchdrungen.
Bisweilen kommen in solchem gelockerten Gewebe
durch Zerreissung von capillaren Gelassen kleine Blut-
herde vor. An dem Process nimmt, zumal hei gros-
3W:
IVi ^tlMWgie , 'ShertpM a« oRdiciiiii^hi) lOinib
8«r«r hiliMilitr, cUm' ZeUgtwebsbett der DKlne An-^
theil ; es ist injicirt, gerOthet, ekcliyioosirt ti. durch-«
feuchtet
b) Eine 2. Reihe von jedoch seltenen Fällen be-
greift jene HyperSmien der Bronchialdrdsen , welche
selbststXndig » unabhängig» gleichsam Substantiv ge«
D.'innt werden müssen, weil sie mit keiner Verände-
rung der Bron<hialröliren und des Lungenparenchyms
im Zusammenhange sindv
Als Folg ezusüliide dieser Hyperämien' kdnnen- fol^
geiide angesehen werden.
1) Ein völliges Verschwinden der durch die Hy-
perämie bedingten Erscheinungen , so dass die Drüse
nachher gani das Aussehen hat, wie früher.
2) Eine Verkleinerung» eine Art Atrophie, Schwund
der BrocliiaUirdBeii, besonders im Gefolge spec. Pro-
ceaee.
3) Eine Vergrösserung derselben , eine Art Hy-
pertrophie. Während des hyperämischen Zustandes
wird gleichsam die Drüse mehr ernährt ; es transsu-
dfrt durch die GefUsswände nicht blos wässerige
Feuchtigkeit, sondern auch solche Stoffe, die als-
bald mit zur Pdrenchymbildung verwandt werden.
4) Anhäufung von Pigment in den Bronchial drüsen
mit oder ohne gleichzeitige Massenzunahme des Pa-
renchyms. Das Pigment selbst giebt sich durch
schwärzlichgraue , schwarzblaue , tintenschwarze
PUfiktoi Fleeken , Streifan zu erkennen , oder es ist
die Farbe der Drüse total in eine solche umgewandelt,
gleichförmig wie infilLrirl^ gesättigt, schwarz, tusch-
ähnlich abfärbend.
n* Einfmcke ffgperitofMm der Brtmehialdrü'^
s9n, denen keine augenMhemHchen Hyperämien zu
Grunde liegien, nach Analogie' mit hypertrophischer
Eatwiokluttg der Lymphdrüsen * in kindlichen Alter
bis zur GescliJechtsreife, seheinen, seltener vorzu-
kommen.
lU Enixündungsproeeste' mit j^biägerung von
arggmtaiionsfltkigem Exsudate, '
Hier sind wieder 2 Reihen zu machen, a) Sol-
che Processe, welche mit dem Namen chronische
Entzündungsprocesse belegt werden können. Das
dabei in die Drüse in verschiedener Mengß und in
verschiedenen Zeiträumen gesetzte Exsudat, wird
nicht verwandt zu einer gleichmässigen Neubildung
von den der Drüse eigenthOmlichen Gewebsbestand-
Iheilen» sondern der Process ist stürmischer, es wird
zu viel Malerini deponirt, welches als gerinnfähig
eine Organisation eingeht, die mit der Neubildung
von Fasergcweln sfhliesst. Das lockere Bindegewebe
in der Drüse wird dicht, fest, für das blose Auge
schon als weissliches Fasergewebe wahrnehmbar.
Das Zellgewebslager der Drüse nimmt Anlheil.
b) Eine 2. Beihe von Entzttndungsprocessen in
den Broncbialdrflaen giebt sich dadurch kund, da»»>
der Process raacher verläuft, mit einena Male grössere
Ex9»dltm88S6n> 8«lBt und dabei avf einiadmed gre«»
sen Theil der Df üse , oder dieselbe gans invlp^tai
macht. Ausgänge dieses Processes : Zertheilung, !«•
duratioD, am gewöteKchstei.
Diese 2 Entzündungsprocesse kommen häufig ia
den Bronchialdrusen vor. Ihr Einfluss, abgesehea
vom Druck, den die mit Entzündungsproduct iofiltrir-
ten u. angeschwMlenen Drüsenr auf die Naehbarorgaae
Uken, ist folgender.
1) In Folge der Schrumpfung der Drüsen u. ihres
umgebenden Zellgewebslägers wird vor allem' hao6g
die Speiseröhre mit in den Schrumpfungsprecess hie-
eingezogen ; die äussere Zellgewcbshant der Speise-
röhre wird in einen ähnliehen fibroiden Gallus ver-
wandelt , und das ganze Bohr widernatttrlicberweis«
nach vorn angeheftet, ja angelöthet. Nicht selten
nimmt dann auch das die Muskelfasam • verbindende
Zellgewebe der Speiseröhre mit Amheil' iiAid die Fhd*
mng ist dann eine noch innigere. Die Folge dieser
Fixirung ist eine divertikelähnliche Ausstülpung der
vordem Wand der Speiseröhre. Dieser Vorgang, ist
nach der reichen Erfahrung von Prof. Di t tri eh o.
nach den Präparaten des Erlanger päthol>analom.
Museum häufig. Die durch diese Ursachen beding-
ten Divertikel des Oesophagus stellen bald efaie blose
Grube dar, bald bilden sie kegelförmige, kesselartige
Vertiefungen, in andern Fällen sind es bis wallnuss-,
ja htthnereigrosse blinde Anhänge. Die Stelle, an
welcher dieses Divertikel sich am hänfigslen fisdet,
ist die hinter der Bifureationsstelle der IVachea lie-
gende. In der Mehrzahl der Fälle ist blos eih Diver-
tikel vorhanden , zuweilen aber mehrere.
2) Die Erfahrung lehrt, dass der Vagus nicht gar
so selten durch schrumpfende Bronebialdrflsen se
verändert wird, dass eine ünterivreebung' des Nerven^
stfoms als noth wendig angenommisn werden muss.
Dasselbe gilt von manchen Verzweigungen des Vagus,
die in dem sonst so loekera Zellgewebsbett und zwi-
schen den Broachialdrüsen» veflanfen.
3) Die Trachea, ihre Theilungsstelle und die
Bronchien bis in die Lungensubstant hinein wirti von
den bedeutend angeschwollenen Drüben zusammen-
gedrückt u. s. w. Doch ist dieser Einfluss im Gan-
zen kein so auil^lliger.
4). Die* benachbarten Zweige der< Art.* und Ven.
polmon. nehmenhaofig insvfefrn ^nrir Anth«fl, ah dieft
G'onissrohren' mit dem schrmifpr^ndenisli]lge#eb6 und"
den Drüsen innig verschmelzen. Es ist eine^ nament-
lich bei Alten» h4iufigi vorkommende Ersoheinang^ dass'
an -solchen Stellen , wo die Geftssemit den sdiHini-
pfenden , schwarz pigmentirt^n Drüsen verscbmo!zi!B
sind , die Häute der Gefüsse allmälig atrophiren , so
dass von denselben kaum noch eine dünne Membraa
übrig erscheint. Auf die vorbeiatreif^nde Aorfa*4ho-
racica scheint, auch wenn eine AiilOtfaunj^ eifdlgt,
ein kaum nachweisbarer Einfluss ausgeübt zu werden»
obgleich er a -priori gedacht •werden kaur.
jy. BaÜMbsM. Th«rafie o. mwüciiiitditl Klinik.
Stt
JV. iEniMimiimgspfioeeste mit Abhtgtrtmg pon
sekmelzendem Exsudat, Biter^, Jauehehüdung.
Nioht lilos \m inlMsifieii EMizdnfkingsprecess««
findea sich spl(;he Exsvdate , sondern es kommt nur
aqf die Qttf^liUt des Exsudates an. Eine Vereiterimg
ig^Prü^ -r^^m Dra«(»Mb8C6&s ^r-- «lellt daoii 4i«
Pbihiae dier BnHiolMaldrUsen dar. Im Ganzen ge-
norameo sind mit Ausnahme der tuberkulösen Ver-
eiterungen solphe schmelzende Exsudate seltner zu
ßaden ; wenn sie vorkommen » lüsst sich gewöhnlich
{(ber ihre Entstehung&weise nichts angeben. In an-
dern Fallen sind es secundSre Processe, secundHre
Erkrankungen nach vorhergegangenen anderweitigen
Leiden. Von den S hier angeführten Pxllen des Prof.
Dittrich heben wir den SeetionsbeHeht des 3.
Seetion 34 Std. nach dem Tode. Korper luiltelgross,
von kräftigem Knoehenbaue, ttuskulatur strafT, zasainmeoge-
iDg«a, beaoaden an den Extremitäten noch verbiltniaBroäsaig
maiscnxeich, weniff r api ^amf fe, dabei dunkelrotb i^efarbt. im
ÜQlerhautzellgewebe wenig Fett, peleoke steif, öligem. Deckeo
im hintern UmfaDg mitduDkelD^IividenTodteonecken in reicht.
Menge besetzt. Gesicht eiagefalleo , auCfallend blass , etwas
Eabi. Hals kurz. Thorax kurz, breit, massig gewölbt. (In*
terleib von Gas ausgedehnt. Schädelhöhle nicht eröffnet.
Bais giebt nichts Abnormes. Thorax. Im rechten Pleurasack
abgesackt um den Umfang des mitllcran Lappens , besonders
nach vom u. seitlich^ mehrere Pfand eines mit vielen, weichen,
gelblicfaefl, snlzigen nnd festen, geronnenen Massen gemisch-
ten, achmalzig-^gnuen, eitrigeB Fluidnm, welches nicht ganz
bis zur Wirbelsäule nach hinten ragte. DieCostnl- u. Lungen-
pleura daselbst mit ähnlichen dicken Fibrinmassen belegt. Die
rechte Lunge an ihrem untern Lappen mit dem Zwerchfell u.
dem Costalrande hier und da verwachsen, fest adharircnd, ist
nehr gegen die Wirbelsäule gedrängt , zwar auf ein kleineres
Volamen redocirt, aber noeh durchaus lufthaltig , in den seit-
Üehen Th^ien etwas serös-schaumige Flüssigkeit ; in ihrem
miiUem Lappen ist die rechte Lunge last dqrchaMs ludleer»
gegen die vordem Ränder und nach unten brüchig, auf dem
Durchschnitt grob granulirt , gelbgrau , hier und da rölhtich
gefleckt and gestriemt , mehr weniger feucht , so dass alle
Cebergänge vom Trockenen zum Flüssigen nachzuweisen sind.
Das letztere nur wenig mit Farbstoff gemengt. Im hintern
"HieUe dieses Lappens ist das Gewebe von einer missfarbigen,
bannen Jauche wie getränkt, gleichfalls luftleer, die ans dem
hier und da zerstörten Lungengewebe erhaltene Jauche ohne
Luftblasen. Die Uebergänge vom pneumonischen Infiltrat zur
Jauche sind allmälig. Der obere Lappen gross, rareficirt, mit
ehmlnen narbigen Einziehungen an der Spitze und entspre-
okenden bis bohnengrossen Fasecknoten (obsolete Tnberkel).
Die linke Lunge, wie die rechte , stark pigmentirt, der obere
Lappen und der vordere Theil des untern Lappens blutarm,
der hintere Theil des untern Lappens von reichlichem,
granem, fein* und grossblasigem Serum inßltrirt. Auch diese
Vunge aufEailend larencirt. In den Bronchien dieser Lunge,
besonders des untern Lappens , neben schaumiger Flüssigkeit
dicker, zäher, puriformer Schleim (globös). Bei näherer Un-
temcbung der Theilungastelle der Luftröhre gewahrt man,
dassvozzuglich um den rechten Bronchus eine mehr als gänse-
cigrosse Hohle sich befindet, deren Wände zum Theil ans
einem verdichteten fibrösen Gewebe , zum Theil aus schwarz
pigmenürten, havien, festen , hier und da verkalkten Broo-
«Mdruaen gebildet werden. In der Höhle ist neben einnei*
nen nekrotisirten, 'schwarzen, dichten, fasrigen und verkalkten
I Besten von Bronchialdrüsen eine schwarzgraue, stinkende Jau-
I che enthaUea. I>iese Höhle hat sich in die anliegende Sub-
I stanz des mittl/em Lappens der rechten Lunge eingebettet;
I daselbst sind die Wände nicht fest, sondern werden von spha^
eelösem Lnngengewebe gebildet , und diese sphacelöse Entar-
Xsiia dMT' littgHiinbsiuir tax mahr «h BüneMigriles» «nd
greift «hirehdie QickedesaiUtlera liiinge«in|i|ietts hindurch
bis zur Pleura. Dieselbe ist an mehreren Stellen nekrotisch
und perforirt, und an diesen Stellen - ist auch die Lunge von
Pleuraexsudat umgeben. Der rechte Bronchus ist in einer
Strecke von 2Vs" von der Theilungsstelle der Luftrohre an
bis «u «einer Einsenknng w die Lunge u. in diese selbst ik\a-
ein, von aussen ganz blossgelQgt>,unil an» einer erbaengroeani
Stelle ist durch die andringende Jauche das fasrige und knor-
pelige Gewebe zerstört. Die Schleimhaut leicht blutig, in die
Höhle des iBronchus hineingetrieben, röthlieh injicirt n. sieb-
förmig .durchbrochen, so dass sich das Cooientum der Jaach*-
böble schon bei leichtem Druck durch die siebförmigen Oeff-
nnngen in den Bronchus entleeren lässt. Man findet auch in
dem Brendias, iler zum mittlem Lappen geht, und der zu-
nächst der siebfömig durchlöcherten Bronefaialwand^eia§ett
ist , einen Theil des jauchigen Contentum neben globulösen,
puriformen Spntis. Der hinten an dieser Höfale varbeilattfende
Oesophagus ist herbeigezogen, fixirt und angelÖllieC, an f
Stellen von aussen nach innen perforirt durch die andringende
lUttcbe. Die eine PerforstioMsteUeist fairsehoni*, die. andere
erbsengross , rund und scharfrandig. . Rings um diese Locl^
ist eine dicke, aufgelagerte Epithelschicht auf der Schleimhaut
des Oesophagus. An der Wand der Jaucliehöble Jäest sich
keine Spur eines Afterbildungsprocesses nachweisen, ebeuso
ergiebt die Untersuchung des Infiltrates in die Lungen, wel-
ches hier und da hei Betrachtung mit blosem Auge Aehnlich-
keit hat mit einem krebsigen Infiltrate, unter dem Mikroskope
nichts diese Aehnlichkeit Bestätigendes, namentlich keine
neuen Zellengebilde. In keinem der übrigen Organe findet
sich etwas, was besonders auffällig wäre.
Epikrise. Dass in diesem Falle die Eii[ninkung der
Bronchinldrusen keine dyskrssische war , zeigt die nikrosk»-
piscbe Untersuchung , welche weder Tuberkel- , noch Kvehs*
uiasse nachweist. Dass aber die Erkrankung schon in frühe-
rer Zeit einmal krankhall afficirte Drüsen betroffen hat, be-
weisen die Kalkconcremente , welche wahrscheinlich einer tu-
berkulösen Erkrankung der BronchialdrSsen, vielleicht zn deiw
selben Zeit, als das Tuberkelezsudat in die Lungenspitzen ge-
setzt wurde, ihren Ursprung zu danken haben. Ob die neueste
Erkrankung ihren Grund in dem Bronchialkatarrh der Lungen
zu suchen hat, und ob vielleicht die frühere Erkrankung der
Brfisen von Einfluss war auf die Intensität der letzten Erkran-
kung, bleibt ungewias. Von wie hoher Bedeutung aber in
fraglichem Falle die Erkrankung der Broochialdrüsen ist, und
wie secundir Lunge, Pleura, Oesophagus, Bronchus nachein-
ander ergriffen und theilweise zerstört wurden, ist klar. Aehn«
liehe FiHe kouinien in der Literatur , wenn auch nicht häu-
fig vor.
DieRolgen lokker.Eiler'- aod Jaucbebahlen Jassen
sieb leicht abaeben.
i) Entv^ader bleiben sie abgesackt u. geben dam
zur Resorption des Eiters und der Jauche und zur
PyHmie Veranlassung, oder der Abscess wird abge-
kapselt, das Contentum eingedickt, in einen Fett- od.
Kalkbrei umgewandelt;
2) sie perforiren in die Luftwege. Das Conten-
tum der Jauchehohle entleert sich in die Lungen mit
nachfolgender Pneumojiie und mOglicbeler ZeralttniBg
dtr PLeura uod deren Polgen ;
3) sie brechen iu den Oesophagus durch, welclies
nach, der günstigste Ausgang ist, indem alsdann, wenn
die AUgemeinerkrankung nicht hindernd in den Weg
tritt, Heilung erfolgen kann ;
4) oder sie perforiren in die benachbarten Blut-
gefässe mit Blutextravasat in die Nachbarschaft, ins
Uediastinalzellgewebe u. £' w^ äd&e sie perfomreA in
mehrectllEADAkEU
SIS
IV. PatiMlagia, Tharapie n. medieiiiiBGlM KIüiOl
V. Tifpköse Erkrankung der BronthiaUrüsen.
£g ist SU unter scheideo :
J) Eine Ablagerung des Typhusgebildes in die
Bronchialdrüsen, analog wie in die Mesenterialdrüseo
und in die Drüsen der Darmschleimhaut.
2) Ein Mitleiden der Bronchi aldrttsen während des
Typhttsprocesses, ohne Ablagerung von Typhusmasse,
das sich durch Hyperämien , Schwellangen » Infiltra-
tionen von raserslofGgem , organisationsfithigeoi , von
eitrig schmelsendem und jauchigem , in seltenen Fal-
len von tuberkuldsem Exsudate ausspricht.
Hierzu sind 5 von Prof. Dittrich beobachtete
Pttlle gegeben.
VI. HreMge Erkrankungen der Bronekiai-
drüsen.
1) PrimSre krebsige Erkrankung ohne anderwei-
tige Krebsablagerung.
Hier iheilt sich der Krebs dem umgebenden Ge-
webe init, bildet auf diese Weise eine grosse Ge-
schwulst und übt einen bedeutenden Druck auf die
Nachbarorgane aus. Lange Zeit in Form von Scirrhus
bestehend, wuchert er ruscli als Medullarkrebs (nicht
seilen mit Blutungen), greift auf die benachbarten
Hohlen, besonders die Bronchi, den Oesophagus
über. Seine Metamorphosen sind Vereiterung und
Verjauchung.
2) SecundUre Krebsablagerung in die Bronchial-
drttsen.
a) Bei Lungenkrebs — durch Aufnahme von
Krebsmaterie in die Lymphgefüsse und Ueberfahrung
in die entsprechenden DrQsen bedingt.
b) Bei fortschreitendem Krebs von der Speise-
röhre her in das hintere Mediastinum, seltner von
der Ausbreitung krebsiger Entartung der Wirbel-
körper.
3) Gombination von Krebs der fironcbialdrttsen
mit Krebs anderer Drüsen, z. B. Retroperitonaal-
drUsen , Krebs der männlichen Genitalien o. s. w.
Gleichsam als Repräsent^t ein Fall.
Ein 48jihr. Weib. Dasselbe wurde sterbend in die Kran-
kenanstalt gebracht. Die Seetion ergab Folgendes. Korper
stark gebaut, got genihrt, fett , die Haut mit reichliehen Tod-
tenflecken besetzt; die Himsobstanz dicht, consistent; in
den SiDas des Gehirns , den Jugularreoen , der untern Hohi-
vene, so wie zum Tbeil im Herzen ein danktes, flüssiges Blut.
In dem erschlaflten Herzen mßrbe, schwarzrothe Blutcoagala ;
am freien Kande der Mitralklappe gegen den linken Vorhof zu
kleine, kondylomeDabnliche, weiche, doch aufsitzende Fibrin-
gerinnungen. Nur massiger BronchiaJkatarrh mit leichter
Effusion von Serum in die Pleuras&cke und geringer Compres-
sion der untern LuDgenlsppeu. Acuter Milztumor. Streifige,
hfimorrhagische Erosionen im grossen Magenbogen. Die
Bronchialdrüsen, besonders die an der Wurzel der Lunge,
sind in ziemlich grosse Geschwülste umgewandelt , von denen
einzelne Wallnassgrösse erreichen. Dieselben erscheinen
weich , sehr succulent , locker , beim Einschnitt sieht man
innerhalb einer fremdartigen Masse kleinere und grössere
Mtravasatt. Diasa frtmda Masse ist thaüs ann» aahr
oder weniger fest, theils ist sie weieh nnd ihnelt dner enee-
phaloiden Infiltration. Jn den festeren Infiltraten liast sid
deutlich ein Gerüst fon feinen Fibrillen nachweisen, welcbci
nicht der normalen Drüse angeboren kann. Innerhalb dsi
Gewebes befindet sich eine Art milchiges Product mit grsi>
sen , runden , kemhaltigeD , geschwänzten Zellen. Die DrA-
sen um das Duodenum gleichfalls etwas angeschwollen , bit
erbsengross, dunkelroth, aufgelockert, ohne deol lieb nacb-
weisbare fremde Masse. In der Submucosa des obem TbcÜi
des Duodenum eine silbergroscbengrosse Stelle, welche birt-
lieh und fon einer geronnenen Masse infiltrirt ist. Die über
diesem Infiltrate gelegene Schleimhaut ist schmnUig-gelblick
gefärbt.
VII. Tuberkulose Erkrankungen derBranekkl-
drüsen.
1) Die Tuberkulose der BronchialdrUaeB ist des-
wegen so hSuOg, weil sie nicht Dar die meisien Lu-
gentuberkulosen begleitet, sondern auch beaondcn
im Kindesaiter ohne Lungentuberkulose auflritt. (Be-
züglich der pathologisch - anaL Beschreibungeo stehe
bei B ertön (Traiti des malad, des enfans 1842),
bei ßecquerel (Gaz. de Paris 9. 1841), bei Rtl-
liet und Barthez (Jahrbb. XXVIL 75.) u. s. w.)
2) Stets scheint die Ablagerung in Form der In-
filtration aufzutreten, derjenigen Tuberkelform, wel-
cher die eigenthOmlicbe Metamorphose — Erweichoag,
Scbmelaung — zukommt«
3) Die Schmelzung des tuberkulösen Exsadau
bedingt Zerstörung der Drfise — tuberkulöse DrtUea-
caverne , tuberkulöse Brochialdrasenphthise.
Folgen davon.
a) Durchbrechen die tuberkulOsep Drflsencavernea
in die Bronchi und Trachea, so tritt meist ein ex- n.
intensiver, theils croupOser, theils aphthöser, Ibeib
tuberkuloser Entzflndungsprocess der Schleimbaut der
Luftwege hinzu, nach abwärts in die Bronchien,
nach aufwärts in den Larjnx, Bachen und Mund-
höhle.
b) Nicht selten ist das Mitleiden, Mitvereitertwer-
den der Oesophagushaute in Form von fistnlOsen
Gangen in den Kanal des Oesophagus. Nach Entlee-
rung des Tuberkelciters in das Cavum oesophagi triU
Schrumpfung, ja völlige Heilung ein, die Fistel
schliesst sich, der Oesophagus bleibt fixirt u. es tritt
bald divertikelxbnliche Ausstülpung des Kanals hinxo.
Von den Schriftstellern ist dieser Umstand nicht er-
wähnt, wird aber doch häufig gefunden.^ Prat
Dittrich beobachtete bei einer Irren eine Indem
Oesophagus sich nach auf- und abwürts ausbreitende
Schleimhauttuberkulose , bedingt durch ein fistnlOaes
Geschwür von Seiten einer tuberkulösen Drüsen-
caverne.
c) Perforation in blutführende Kanäle ist von
Seite der tuberkulösen DrOsencaverne immer eine Sel-
tenheit.
d) Findet sich die tuberkulöse Drüsencayeme un-
mittelbar an der Wurzel der Lunge, oder innerhalb
der Lunge um die grossen Bronchien herum , so int
«a ein gewohnliaher BafUnd» daas dorch
IV. Patlio^ii«» Thirapie n. sedieiiiiMlit Klinilu
313
mg des IMseoinAltnlet die beaacbbarte LuigM-
tibslant in Form eiaes vertchiedenen Infiltrates mit-
leidet, daas also pnenmonische Processe mit eitrigem,
tttberkttlOsem Charakter hinzutreten können. Ein
Ihnlicber Einfluss lasst sich wahrnehmen , wenn die
tttberkolgsen Drflseaeafenien der Pleura nahe kom-
men ; dann eine mehr weniger ausgebreitete , seibat
lethal endigende Pleuritis.
4) Der tuberkulöse Process in den Bronchialdrfi-
sen erfilhrt häufig eine Art Involulionszustand durch
Verkalkung, Verkreidung. Die Stelle der ehemaligen
Cafeni« nimmt eine kalkartige , höckerige, knorrige.
Istige Goncretion ein.
5) In den Bronchialdrttsen wird beim tuberkulö-
sen Proceas nicht bioses schmelzendes Tuberkelexsn-
dat abgesetzt. Man sieht nlmlich neben dem Tuber-
keleiaudate serOse, albuminOse, serOs-faserstofßge,
und deutlich fasserstoTfige , organisationsfshige und
sich organisirende Mitexsudate, waa nicht selten
die Heilung des ganzen Procesaes durch Einkapselung
des eigentlichen Tuberkelexsudates involvirt.
Vlll. FiiaHa kommit kronekiaHs
wurde ?on Trentler beobachtet und ton Rudol-
ph i benannt. (Meinel.)
252. Qeber Pneuothorai; Ton Dr.F.eans-
burg. (GOnsb. Zlschr. III. 1. 1852.)
Vf. tbeilt aoaführlich 11 Falle von Pneumothorax
and 4 von Thoraxabscess mit, als deren Ergebniss
er folgende Sätze aufstellt.
1) Die Volumensvermehning des Brustkastens,
welche nach Gasaustritt in den Pleurasack eintritt,
erfolgt in der Richtung des geringsten fFidersian-
des. Die zwischen den Rippen liegenden Einath-
mungsmuskeln u. Tntercostales widersetzen sich dem in
gleichmüssiger Diffusion begriffenen Gasgebalt der
Longe weniger, als die seillichen Drehmuskeln der
Wirbelsäule, die am Brustkasten befestigten Muskel-
apparate der Brustglieder und die Bauchpresse. Die
leutere InsUnz befordert gegenlheils durch Druck
von unten und seitwärts die transversale Auseioander-
drSngung des Brustkastens. Die Muskelwirkung der
Intercostales und fiolatores cosUrum wird Oberwun-
den. Die Anspannung findet ihre Grenne in der
Elasiieüäisgrdsse des Binderetfparnts des Brust-
ittsUns, dem Banderapparate der Rippen wirbeige-
lenke, dem fibrOsen ROckblatt der Zwischenrippen-
mnakeln, dem Bandapparat zwischen Knorpeln und
Brustbein und dem fibrOsen Anlhetl des Zwerchfells.
— Die Volumsvermehrung schreitet allmalig vor, weil
der gasförmige Inhalt nach and nach die Lunge ver-
dringt. Sie nimmt bei Hagerer Dauer des Pneumo-
thorax durch den Fortschritt der Ansammlung eitri-
gen Exsudats , Absorption , Zersetzung und Verdrän-
gung der gasförmigen Stoffe in geringem Grade ab.
— Die elastiache Anspannung der Wandungen dea
Bruatkaatena ist so bedeutend» daas die verstrichenen
IM. JakfM. M. 11. Bltl
Zwiacbenrippenrlume mit den Hautdecken in gleichem
Niveau aind und die Rippen durch die lussere Haut
nicht sichtbar hindurchtreten.
2) Die Helligkeit und Fülle des tympanitiscken
jfnseUags steht in gleichem Ferh&Uniss mit der
GrSsse der elastischen Spannung der Brustwan^'
düngen. Vermöge der Gestaltung der Oberfläche,
welche die nach Bildung des Pneumothorax im Brust-
kasten ausgeschiedenen flttssigen Massen adlquat der
Conformalion des Bruskaslens annehmen, bleibt
ein gasförmiger Anlheil zunächst der Brustwandung
auch in derji^nigen Linie, welche dem Höhepunkte
des Flttssigkeits-Sphaeroida entaprichL Nur hieraua
ist es erklärlich , dasa der tympanitische Ton tiefer
hinabgeht , als sich aus dem Raum achliessen llsst,
den die nachtraglich gefundenen Flttasigkeitamassen
einnehmen.
3) Die auskultatorischen Erscheinungen sind von
zweifelhaftem fFerthe zur Diagnose der Lungen^
berstung. Die Fülle und Verbreitung des amphori-
sehen Wiederhaila wird tauschend ähnlich durch
Gommnnication, Vertheilung der Hohlen und zwi-
schenliegendea obsoletes Gewebe dargestellt. — Das
Vorhandensein und Fehlen der Athemgerlusche ent-
scheidet nicht über die gleichzeitige Bronchialflstel.
Die Athmengerlusche treten oft erst 24, 36, 48
Stunden nach erfolgter Diabrose ein. Die dünnen
Gavemen-Wandungen werden von der ausgetretenen
gasförmigen Masse comprimirt, bis der inspiririe
Luflstrom diesen Druck übervrindet — Das Tinle-
ment mötallique rührt nicht von dem Hinabfallen eines
Schleimlropfens in die exsudlrte FlOssigkeiemasse
her, sondern von dem Bersten einer kleinen, zwischen
2 lufibaltigen Hohlen liegenden Flüssigkeitsschicht.
Es kann daher ebenso gut in einer einzelnen HOhle
mit Zwischenmembranen (Zwerchfellen) , die millen
durchbrochen aind und auf deren Verbindungsstelle
ein Schleim- oder Eilerbllschen haftet, bei wahren
HOhlensystemen, die durch solche Zwischenwände od.
Sinus mit verengtem Ein- oder Ausgang verbunden
sind, vorkommen, als bei Pneiunothorax.
4) Der Pneumothorax kann in seltenen Fällen
oAiie Pneumonobrose entstehen (abgesehen von den
Fallen des Durchtritls geborstener Baucheingeweide
durch Zwerchfellsbrucb). Die chemische Losung der
in Contact gerathenen Bindegewebe- und Muskel-
faserschicht bewirkt die Ausscheidung gasförmiger
Stoffe.
5) Die Pneumonobrose kann durch AnlOlhung in
Genesung enden. Trotz der VerlOlhung des Lungen-
risses erfolgt der Tod durch fortdauernde Transsuda-
tion in dem Pleurasack.
6) Die Pneumonobrose erfolgt plötzlich und hat
vor der Transsudation heflige Erregung der periphe-
rischen aeosiblen und vasomotorischen Nerven zur
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314
rr. V^afdH^egie, Therapie «. madioiBiscAie Klni^L
7) Dem Fefhnnmen ntdi pfkli keine •?im beiden
Lungen, nicht der oder Jener A%9chDitt , eine ftesen-
dere Opportunität zur 8ersliing. Letztere betrüt
0)«i8l^s eine SiJMio.9iiWt «iue abhängige, in Goromu-
. iwicaiioii At^e«de J^öhle , Jaj^ufiger kleine periph^i-
;icbe Berde, «Is grosse IMhlen. {)ie MO^Lichkeit d^r
JEÜterj&enkung im Lujsgeog^webe ist bisweilen nicht
Abzuweisen. (Die Berstung der rechten Lu;ige ge-
schab in den von Vf. beobachteiten Füllen auf der
vordem , die der linken auf der RUckenflJIche ; (Joch
ist die Beohacht43ngs79bl z.u J^lein , uip für diese Ver-
h^Miis^e «eiu^ Scblns.s zu erlauben,)
%) Die Pmrnmßten des 7%oriu? ist bei Cnp^m
anfesNgl, 4ewei i^afan^ das Quamun idee «rM-
. 'Faagsgenttss Keeorbirbaren tlbereeftireitet f f j. Aer
. &%iEfiAf 4larf aüdil firttber gewühlt werden , als bis
der Plusgehalt an Fibrin in der kreisende« itamasse
durch Wiedereinlrilt der flüssigen Stoffe ausgeglichen
ist; stets jedoch, bevor die Transsudalionsflächen
durch eine stetige Congestion zur Wiederholung der
abnormen Ajusscheidung disponirt bleiben.
9) Die Pamee^ifise wird dvach den Po«jUVMtb9-
i«p[ jiicht AuageaehlaMen» W^n d^e Mediqguqgen
dM ielU«r« eine'eoiisMitelV^iUiiQbkeit m siqh itr^^^,
gewKbüt fdie (^raAioii RrleiobWurung -und b^ip«-
fris(p|g. (NUliiss.)
Z^3. inMimma 4« Axl mMßraica; Aber
4asSnt8tebeD lerAouuywieD fiberbanpt; über
das häiffige Forkommen des Jneur;^sma Art, me-
seraicae bei P/erdeu, u> über die Ursache hiervon;
TOB ^/r, Louia JKoch. (loaug.-Abbandl. £rlaJ9gen
18510
Sim SSjahr. ficbobmaebengescUe «•& nitUeror ftörper-
igriSsBe , aber sebr kräftiger HuskulaUir , zarter flaut u. leiqbt
gerotbeter Gesichtsfarbe , fräber immer gesund , litt im Ter-
flossenen Jabre an acutem Bbeumatismus , welcher die Knie-
nnd ftisswnrzelgelenke ergrifl^, war jedoch nach Ablauf die-
atr 'Kvankheit wieder ganz gesiuid, (bis vor etwa V« ^^bre «icb
Hecsklofifen «iostelUe , welcbea dcfu Kraokea bei jeder a|är-
kern Bewegung bemfrkJich wurde« — Drei Tage vor der Auf-
nahme in das Hospital zu Nürnberg, welche den 3. Jan. 1851
erfolgte , begannen kncfat ziebende Scbmersen in der Nabel-
gegend, und hielten obne bedeutende Intensität ununter-
brochen an.
Ergebnisse der Untersuchung. Etwa 1" fom Nabel
oacb rechts mrd abwärts, w^he Stelle arneh gegen tiefern
ih-ittk Mbr •wpßtMkh war, wordc durch die f^alpaüen ein
.aiuUailend dautlic^ Pulaicen mit dem Sobwirrea ,mtr Arterie
gefühlt. Bei Anwendung des Stethoskops war ein deutlicbes
^rausch hocbroniscb mit der Expansion der Art. radialis
wahrnehmbar. — Der Letb nicht aufgetrieben, der matte Per-
cussionston beginnt in derBegio bypochondriaca dextra zwi-
«cben der-e. und 7. Bippe, u. er ist l^s Plessimeter herab,
nach links bin etwas fiber Aie Magengrube binaosreiobeod.
Ber dem Anblicke aacb aacb in seinen obem Partien gut «at-
wickelte Thorax, bat rechterseits vollen u. bellen Percussions-
ton bis zum Diaphragma herab; linkerseits ist er von der 3.
Rippe an «ach abwärts , den linken Band des SterouiBS nicht
überschreitend, matt und leer. Das Herz von der Brustwarze
nach ab- und rückwärts tm Kwiscbenraume der 6. und 7.
Jüppe oadentlidi JMcbiageiid. Baidersäto «cMirfendeB älb-
meo. An der Herzspiue der 1. Ton deutlich accentuift, bei
dem 2. ein leicbtea Ger|ascb, das sieb nach aufwärts deut-
'^''^'f Temehxnea Hess. In der Aorta , den Carotiden und
•rawibialaiterien ein de««ch«8 'Gertuaeh. ffn 4er Qi^sad
der Aoru im 1. Mwasat ein deatÜDber T4»a. FdIi nciak,
nicbt beschleunigt. Appetit vermindert., Stabl seit Uu^oer
Zeit träge. Eröffnende Mittel blieben obne Erfolg. In der
folgenden Nacht (vom 3. auf den 4.) steigerte sieb ploUKek
dK ^hnerzhaftigkeit des Unterleibes, n. ward am S. Jaa.
tiHMa der dagegen in Aowc«adu«g gebrachten Hüael mo ackr
vermehrt, dass der Pat. sieb der lautesten Scbmeraensaaste-
rungen nicht enthalten konnte. Dabei Blasse des Gesichts,
Kleinerwerden des Pulses , Volumszunahme des Unlerleibes,
Stabl und Hameotleerung völlig auügc^ioben. Wieiter coUi-
birte der Kranke zusehends , die Farbe der allgemeioeD Dek-
ken weiss , Temperatur auffallend gering , Puls Mein , fadea-
förmig. Ohnnachtihnliehe ZuffHe, beftiges GäbiMD, «kasea
in den Ohrea , Reapiratioa jikut atealifas , BemiMtaaiii ga-
sch wunden ; 6. Jan. Morgens tf Uhr der Jod.
Section 11 Std.' später. Hautfarbe der Lei^sbe auflii-
lend bleich und weiss, Fettpolster massig, Muskulatur gut,
Leib afiafgetriebefl , €edem bcnder f«ese , bedeatende Toda»-
etaire. SMiM fik. 4kJi$tm ntmasA. ^ Perümtäim^
auagedebnt, mehrere Umeo beUgelber^ aeröser Fluasigkait
enthaltend , auf dem Grunde und auf dem Visceral blatte zu-
nächst der Herzspilze leichte, flockige, fasersloffige Exsudate,
das danioteriiegeade Pericardivffl getrfflbi und vertftckt. ^
Her» Yergrewert , besooden der Hnke Vcntokei, so dasa fte
Herzspiue lediglich von deingelban gebiidet war, der reckte
Ventrikel kleiner, gleichsam nur einen Anhang bildend. Die
Muskulatur des liokaa Ventiikele badantaikd «erdiekt, braoa-
rotb VDB Farbe, fest und resistent, -*- £«docardiuinj «cff»
die Valv. semilun. zu besonders, weiss, getrübt und verdickt.
Valv. bicosp. vollkommen gesund, die Semilnnarklappen der
Aorta an ihrer gegen den Ventrikel gekehrten Wand reichlich
^it<«eiaf<$q, weiehep IffgoiaiQwa bfwatzi; eine dtcaer Klap-
pen an ihrem Grunde durehbrochea , die Durcfabrucböffbuag
elliptisch, vom freien Bande gegen den Grund verlaufend, lin-
aeofroaa, Aandar unabeD, nat YegnutinneB baaeut«. uoter-
baJb decpelben verdickt und leicbt gascbriifipft. Oberhalb
der Klappen, 4'" fiber dem Abgange der Art. coron. auf der io-
nem Haut der Aorta an der Convexilat derselben in der linge
wa ^la!* und einiger Linien Zeichen eines atattgababtsn Pro-
cesses. An der Stalle der Innern Haut^ die ganz zu fehlen
schien, eine rissige, unregelmSssig zackige Vertiefung, die aa
de« Rlndeni mit feat avhCngendeo , zackigen und graoaldtett
Vagetaftionea beaetet erachten. Die tiefem Schichten der
Aorta daselbst jEast «ma doppelte verdickt und als isolirte
Schichten nicht mehr nachweisbar. — Das Endocardium des
rechten Ventrikels sehr zart , nicht getrübt ; ebenso Valvnh
trlcmpidalis «nd die SemJhniaitlflppen der Pnlmonalarterte,
an latstern auf Atref>bie berahende, langt den frsiea Rindan
v^rlaufcAde apaJt£ormige Oeffnun«en. -*- JUtm^en kniatciBd,
dunkelroth, ^enig bluthaltig, in den untern und hintern Pa^
tien schaumige Flfissigkeit.
Im Unterleibe etwa ein Pfund theils beller, tbeils roth-
lich gefSrbter FlQssigkeit frei im Abdomen. Blutgerinnsd
zwischen den Oarmwindongen und anf denaetb«. Der Dam
aalbat Uaaa in adlen saiaea Tbtiicn. Das ileaBAteriom te
duAnen Gedärme aui&üaad vardickt, 8cJ»wa» dasah apriaicbea
seine Platten ergossenes Blut. Durch sorgfältiges Praparioee
findet man eine aneurysmatUehe Erweiterung der Fort-
tehnmg des Stammes der Art. meseraiea 9wp, kan saeh
dem Abgänge der Aart« iiaQ-cachaoa. (Diaaeibe heczfönnig alt
eiaer nach rechla und abwärta geke^taa Spitxe u. ai«er Jiach
links und aufwärts gerichteten Basis von der Gcosse eines
Taubeneies; die vordere Wand schwarz, missfarbig, vei^
dönnt, klebt eerreisiflicb, -. die hintere Wand, «o win Spifxe
•■d itaais nStUiob, rousteot und eerdickt. in dervoMm
Wand mehrere nach dar Querachae verlaufende apitltahnliche
Oeffnungen von J/^" Länge mit zackigen Bändern. Die obem
bezeichnete Hereform war bauptsäcblicb durdi Ausbuchtungen,
von denen fwei an dermch aufwärts nnd fittka gAehrfen fta-
«ia wansn, nad eina dii nach raolfta «od atairta fekahite
9yifae bUdata, ewmaaien ; alle «uOSrbaai^ RahoamnSaaaj %
derselben durch geschichtetes Jihain au|§ef(IUt, die S. uid
kleijute dem Blatatrome aoganglich. Dia ionara GeSjahani
lY« Path^lttgier XhenpU. u- »edicwimh» Binik«
aAb
der Art. mesefaica sop. oormal bis aa das Aaearjsaa , hier
"dticcb eine querrerlnafende Darbenartige Leiste wie abge-
le&nittBD. Bre WÜndi* des Aneurysma je weiter nach abw^rt^,
jff flMbr vvrdnskt,. ood zwar, sa wttit za «rkennim, a«f Ho«tiBD
des ZeHaahaidt a»d dar dasüaohan Scfaicbte ; eine i«aere 6a<-
iasateit konnte wegen der fesl aufgelagerten Fibrinschieb tan
nicht erkannt werden. Die Hoble des Aneurysma, schon
i dttreb Rbrinaussclreidüngea verengt, war es noch mehr durch
ehr ftrei' in Miv leiodMidieB' rathea , coAeaatnueh gesehtehtelaa^
CMgvhun, Baa Lumen der gerade am Beginn* des Aaa«r
rfama abgehenden Gefasse war durch fest aufsitzende C^aguU
verengt, ebenso das der von der Peripherie des Aneurysma abge-
hetfdfen Oeßisse, doch scheint keins derselben unwegsam da-
dliMh ga»aacii zir aain, Mtom aidl> keitfe^anfraHeade ¥eret»g»-
üBgiW^ltaMnrAiiinieB, ndch Blntleai» ia (iinMlbeii var-
faoC -^ Die Eingeweid» klein, zusammengefallen, blutleer.
▼f. sthDiM m Beziehung atif dre Entlstehung der
spontane» Aaeurysmen mit dem Rokilaasky*8theii
AnfAigenittgsprocesse dbereia. Bbtdgiich d€s rtirViU-
g^ndcM Fklies wird folgetittet-tnaasseii argumentirt.
Zahlreiche Präparate sowohl im Erlanger patho-
logisch - anatoroischeD Museum , als in der Leichen-
kammer des neuen Narnberger Krankenhauses weisen
eine acute Arterilis nach, welche ihr Exsudat zwischen
die ArlerieohUule (zwischen die äussere und mittlere,
oder zwischen die mittlere und innere, oder zwischen
beide zugleich) setzt, welches Exsudat eine verschie-
dene Metamorphose eingehend in dem einen Falle sich
organisirt, zu einer bleibenden Verdickung — Skle-
rosiruDg der ArlerienwSinde — führt, — in dem an-
dern Falle in Eiter sich umwandelt, einen Abscess
zwischen den Arterienhäuien darstellt, und entweder
die innere oder die äussere Haut durchbricht. Mit
dem Auftreten dieses Processes in- irgend einer Arte-
rie, gross oder klein, ist jedenfalls eine wichtige Er-
krankung des betreffenden Rohres verbunden. Die
entztlndliche Erkrankung bedingt an dieser Stelle die
grössere Weichheit, Nachgiebigkeit u. dadurch allein
schon eine Disposition zu einer Herausstdlpung durch
die andringenden Rlutwellen.
1) Wird dien Stelle des Arlerieonobt» wirklich
hervorgfllriclen in dem Znstande der Weichheit der
Hiute , • also während des entznndlichen Processes
selbst , so erhalten wir ein Aneurysma verum , wenn
noch diese Benennung beibehalten werden solT, da
alle Eintheilntogen der Aneurysmen, welche darauf
hmmt sindi, ob dl« Wände der Seiake aus 1 , ar od.
S HtefeU' gebildet sJndi schon desMb nicht sticbliai^
tig Md% Weil nie eiis Aneusysma vorkomml^ bei dem
diw Anerienirlftnle' Meh darolellhav, d. h, vor einen«'
der ienliiit.
2) IfaC der Eiter, zwisctien der innern und mitt-
lem Arterienhaut angesammelt, die innere flaut durcR-
hrochen, so ist eine grosse rfisposilion zur Entste-
hung der Benrorstdlpung der 2 andern, ohnedem noch
im Zustände der entzündlichen Erweichung befind-
lichen Häute gegeben , was auch die Erfahrung be-
zeugt.
d) Hat der Eiter sich zwischen der äussern und
nüttieni Arterienhsut angesammelt, die äussere Haut
dttroUmchen» wie dinss ein ausgezeichneter FaU des
pntholegisch-anMemieehe» MueeuBSr in Silngen an
der Aorta eines ksftftigen junfen Manne» nachweist,
so entbehren die 2 mittlem Arlerienhäute ihrer -äus-
sern Stütze.
4) Dess während desVeirgangeadesRnlKündang^
pvoeesses iwisehen den Arterieehiute» die nktleie,*
spri^ vielfachen Abweichungen unterworfen ist^ und
dieaelbe sieh hei aUenfall» eintretenden Erwekerui^
gen und Aneuvysnabildungen auf eine v«*8cbiedeae
Weise verhalten wird» ist v«n nrihet kkir.
5) Dass eine solche Arteritis acuta mit oder ohne
Eiterbildung an einzelnen umschriebenen isolirten
Stellen vorkommen kann , heweist unter andern der
obigä Fall.
6) Er steigt ■»mliclE an 2 Stelle» des Aeleri«»*'
Systems eine umschriebene eiliOttdliciie Brkrnknn^
der Arterienhinte.
Die eine ist otterhalb der Aortaklappen. An der
innern üeut hei ein SnhslaneverlasC,» eine Zerreiiitung
stattgefunden ; denn dieselbe erseheinD wie abgängige
rissig , wie eine Arti straMiger Merfae^ mit den umlep-
halb skleroeirten' Arteneiheuien' veiimnden« Der
vielleioht eich schnell entwickeinil» Shtemeirungspr»*
cess mag die Entstehung einep Erweiterung -^ ein
Aneurysma -^ bei der f^singen Auüiahnung der er-
grilbnen Partie verhindert bähen. (Sin ähnUras
Präparat im Erlenger snati^^thi Mueeuat zeigl an< da*
in gleicher' Weite crksenhlenr A)onn eises Mttdohentf
mit sonst volUeommen gesnndeni Artetiev bereitb eine
kleine, seokign Bervortneibutigi)
Die 2. Stelle befindet sich in der Gekrösarterie»
auch hier ist es ein localer Process „ denn der übrige
Theil der Arterie hat gesunde Wände.
7) Dffss die Bntstehmigsweise dieses' Anenrystttt
an der GekrO^arterie' bei wertem schwieriger ztt deo-
ten wäre, wenn nicht in demselben Falle wenigütenir
ein analoger Vorgang, ohschon mit andern Fol-
gen » zu beobachten gewesen wäre » liegt auf platter
Hand.
S) ffezeichnend ist, dkss nicht bfos afl 2 Stellen,
sondern auch an den Klappen der Aort^ ein äftnficher
entzündlicher Vorgang mit Sklerosirung und Zerreis-
sung sieh« nachweisen ■ läset Bin Affietieiieif der
Klepped , der Aorfe «id dee Gekreeartene mügB«
bei deet Iräglicfaen irenben wähsend des Afaendia«
tismus acutaie, deto er überslehen MMste, «nfgetre^
len seiuv
9) Prot D i 1 1 r i 0 h hat in einem Aufsatze ,^. die
Herzmuskelentaflndtuig'' (Prag^ Vjhrschr. Bd. 33) einen
ahnlichen FaU von Aortenerkrankuag hei einem jun-
gen Mädchen, das an Gelenkrheumatismus und im
Gefolge desselben an einer entzündlichen Erkrankung
des Herzfleisches, der Herzklappen» des Gehirns, der
Milz , der Nieren u. s. w. gelitten<^atte , ausfltthrlich
beschrieben. oigitizedby vjOO^
ai6
IT. Pathologie» Thonpio n. modieteiiclio KluiiL
10) Dieser eben beschriebene acute Proeess darf
nicht mit dem ehroniscben verwechselt werden.
Falle, wie der oben erzahlte , sind beim Menschen
Baritflien. JvffaHend muss es dagegen erseheinen, ,
dass die Aneurysmen der von der Bauchaorta ab--
gehenden Jrterien bei Thieren häufiger gefunden
werden. Uering (Gurlt, Dr. E. J., Lehrbuch
der patliol. Anat. der llaus»auge(h. » Berlin 1831)
sah diese Krankheit an der Art. coeliaca 2mal , an
dFr An. Iiipatica 3mal, an der Art. renalis Imal, an
dir Art. roesernica post. 2inal . an der vordiTn Ge-
krOüarterie und ihren Aesten aber bei 56 Pferden,
nflmlicli an deren Stamm 7mal , an der Grimmdarm-
arterie 69mal, an der Btinddarmarterie ISmal, an
den Arterien des Danndarms lOmal. Ferner haben
diese Aneurysmen bei Pferden Gurlt, Rohling,
Leconturier, Parker, Merser u. A. beob*
achtet. Es scheint dieser Proeess identisch mit dem
Ruki'tanaky* sehen Auflagerungsprocess su sein.
Die Frage, welches die Ursachen dieser bei Pfer-
den so hauig vorkommenden Erkrankung der Gekrds-
arterie sind , beantwortet Vf. mit einer Ansicht des
Prof. Dittrich, der Überhaupt Materialien sur vor-
stehenden Arbeit geboten hat. Derselbe hat bereits
früher nachgewiesen, dass die auf was immer für eine
Weise herbeigeführte Erweiterung einer Arterie der
Grund und die Ursache ist, der nachfolgenden Verän-
derungen in den Wandungen derselben. Wenn das
Arterienrohr erweitert wird , so können die Wände
unmöglich normal bleiben, sie mUssen entweder dOn-
ner werden, oder, wie die Erfahrung lehrt, sich verdik-
ken durch einen allmSlig eintretenden Zustand von
Obermassiger Ernährung, oder chronischer Entxttn-
dung. Das Resultat der letztem in Bezug auf die
Arterienwande ist nachfolgende Arteriosklerose , das
Arterioatberom und die Arterienverkalkung. Bei
Pferden wirken auf die Baucharterien folgende Ur-
sachen.
a) Das ungemein lange, vielfach gefaltete, frei in
die UnierleibshOhle senkrecht herabhängende GekrOse
der dünnen Darme, welches GekrOse bei den vielen
Bewegungen des Dünndarms auch vielfach mitsammt
seinen Nerven und seinen Gefltssen bewegt u. gezerrt
wird«
b) Die Zerrungen dieses GekrOses in Folge der
übermässigen Anstrengungen der Pferde beim Laufen,
wodurch das ohnehin lange GekrOse fortwährend nach
unten gezerrt und verlängert, und mithin in dem
ganzen GekrOse, vorzugsweise aber an der In-
sertionsstelle desselben fortwahrend ein chronischer
Reizungszustand unterhalten wird, welcher auf die
Circulation in diesem Organtheile nicht lange ohne
Einfluss bleiben kann. Die Arterien werden nicht
nur durch diesen Zustand, sondern mehr noch durch
die mechanische Zerrung ihrer selbst erweitert ; die
Folge der Erweiterung derselben ist die Erkrankung
ihrer Wände, und die Folge der Erkrankung der
Wände ist für viele Falle das Aneurysma.
Schlflsslich erwähnen wir noch, dats Raj
(L*examinat. m6d. , Mars 1843. — Froriep,
Notizen Bd. XXVllL p. 223) den Sirangybu mrm
minor als Ursache des Aneurysma bei Thieren
zeichnet. Zuerst wurde die Entwicklung von IV
mern in der Hohle gewisser Arterien 1665
Ray seh in der Art mesenterica des Pferdes
merkt; von Schulze 1725; von Morgagni
den Wanden der Aorta bei Hunden 1730; Chap
fand sie in den Arterien des Pferdes, u. Sabal
führt an , dasa Aneurysmen durch diese Wormer
Thieren häufig vorkamen. Ray er bemerkt,
häufig auch Aneurysmen durch Würmer beim
Esel und Maultbiere vorkamen, dieselben (i
Hunden) niemals bei andern Quadnipeden angetn
worden seien. Unter 50 Pferden, die Ray er
ten sah, fand sich diese Form des Aneurysma bei
und zwar immer in der Arleria mesenterica antei
Bei Hunden hat er diese Würmer nie gefunden ;
sind überhaupt bei diesen Thieren nur in der Ac
und zwar von Morgagni u. Courtin gefui
worden. Das Wurmaneurysma bei Pferden
(d. h. immer in den genannten Arterien) alle For
des Aneurysma verum dar ; meistens von Spindelfi
bisweilen von einem Fibrincoagulnm ganz ausgef
bisweilen nur Von einer dünnen Fibrinschicht 'au
kleidet. Ist das Coagulnm betrachtlich, so fii
sich die Strongyli immer in beträchtlicher Am
Die äussern Schichten der Fibrine sind imm'er
festesten, und die Strongyli finden sich zwischen
selben. Die verschiedenen Arterienhaute sind
dickt, die innerste Haut hat ihre Durchsichtigkeit
loren , aber fast niemals findet man sie ulcerirt.
Strongyli der Arterien gleichen denen der Eingewc
sie sind nur kleiner. Es gieht mehr Weibchen ,
Mannchen. Manche derselben finden sich frei in
Hohle des Gef^sses ; die meisten aber sind in di4
brincoagula eingeschlossen, wobei meistens
Schwanz aua dem Coaguluni hervorragt.
(Meine!
254. Impetigo gparsa in ihrem Verhauen
Scropheldyskrasie ; vom Oberarzte Dr. Dani(
ssen. (Norsk Magazin Bd. 4, Heft 12.)
Nach Vf. ist das genannte Leiden in der
vdn Cbristiania nicht aelten , nicht von Fieber
tet, verursacht aber durch das Jucken und die b
lieben Schorfe mannigfache Beachwerden. Da
selbe gewöhnlich mehrere Glieder einer Familie
greift, so erscheint es oft, als wenn aie contagiOs
was Vf. nicht zu entscheiden wagt. Die Kranj
bedarf weniger Arzneimittel, kann ohne Gefahr
selbst überlassen bleiben, wird aber durch il
langsamen Verlauf beschwerlich. Gewöhnlich n
eine Mischung von Magnes. sulph. ^, Aqua ^ij
Acid. sulph. dilut. §f , wovon alle 2 Std. 1 h
Essl. genommen werden , und der tagliche Geh»
lauer Seebader hin, das Uebel in 8 bis 14 Tagen i
heilen , und bleiben dann nur oberflächliche NariK
von den verschwundenen Pusteln zurück. Werdi
IV. Pathdlogia , Therapie u. medieinische Kliiift.
SIT
diese Mittel gleieb aBftnglich gebraucht, so verach win-
den die Narben bald, welches aber nicht der Fall ist,
wenn die Krankheit später zur Behandlung kommt
oad die Lederbaut ergriffen hat. Kommt die Impetigo
fparta aber auf einem scrophultfsen Grunde ?or , so
wird sie chroniach und eine wahre Plage i&r den
Kranken. Die Postein greifen dann sowohl in der
Tiefe, als Weite um sich und bilden Geschwalste, die
sieh mit dicken, ziemlich höhen, gelbbraunen Schor-
fen bedecken, welche von der aua dem Grunde der
Geaehwflre aussickernden , tibelgeflirbten Materie be-
sUlndig feucht bleiben. Oftmals und besonders am
behaarten Theile des Kopfes fllessen diese Geschwüre
io einander und nehmen dann grosse Strecken ein,
die einen Schorf zu bilden scheinen. Die benachbar-
ten Drttaen schwellen an, dass Allgemeinbefinden
leidet, und die Scropheidyskrasie tritt immer deut-
licher mit allen ihren verschiedenen Zufällen hervor.
So theilt Vf. 2 Falle mit, in welchen sich nach Im-
petigo bei Scrophulösen Garies ausbildete. Ausser
den JodprSparaten sah Vf. bei der Scropheidyskrasie
ond den von ihr abhangigen Krankheilen den meisten
Nutien von dem braunen gekochten Leberlhran. Sehr
häufig gebrauchte er den braunen Thran mit Nutzen
gegen chron. Durchfall, der von Anschwellung der
lesen terialdrUsen herrührte, nachdem \\e\h andere
Mittel vergeblich gebraucht worden waren. Da das
Jodkali rasch in die Blotmasse Übergeht und ebenso
rasch wieder ausgeschieden wird , so ist seine Wir-
kung nicht von langer Dauer, weshalb es Vf. vorzieht,
dasselbe in kleinen , aber häufigen Dosen zu reichen,
gewöhnlich in einer Lttsung von 10 — 20 Gr. : ^yjjj
2stflndL 1 Esal.
Vf. giebt zu, dass man bei scrophuiösen .Sub-
jecten häufig die verschiedenen Formen der Impetigo
vorfindet, dass dieselben im genauen Zusammenhange
mit dem Scrophelleiden stehen und als ein Symptom«
desselben angesehen werden können. Er bezweifelt
indessen , dass dieses von der Impetigo sparsa gültig
sei, indem dieselbe in gewissen Jahren, zu gewissen
Zeiten wie andere epidemische Krankheiten , llasei;p,
Scharlach u. a. w. , herrscht , und daun jedes Alter,
jedes Geschlecht und jedwede Constitution befällt.
Er halt die hnpetigo sparsa für eine selbslstandige
Krankheitsform, die unabhängig von der Beschaffen-
heit des Individuum, ebenso wie Variola, Roseola
u. 8. w. diejenigen ergreift , welche sich der schäd-
lichen Einwirkung derselben aussetzen, und daher
eine verschiedene Behandlung erfordert. Da die Im-
petigo sparsa ftlr ein Entwicklungsmoment, als ein
Sümnlns eines noch ruhenden dyskrasischen Zustan-
dea im Körper anzusehen ist, so muss man dieselbe
so bald als möglich zu beseitigen suchen und braucht
dabei keine specielle Rücksicht auf die Constitution
zu nehmen. (v. d. B u s c h.)
255. üeber Heilmittel, welche denlercnr
all Aatiijpliititieiim ersetien dftrften ; von
R 0 b i n , nebst Versuchen von V i c e n t e. (Gaz. des
Höp. 70 et 120. 1851.)
R 0 b i n kann den Mercnriätien gegen die Syphi-
lis koino eigenthUmlicbe Wirkungsweise zugestehen.
Sie wirk( n , indem sie sich mit dem Gifte verbinden,
u. es zu einem neuen Compositum iners in der Gircula-
tion umschaffen. Viele Mittel gehen analoge Verbin-
dungen ein ; sie gehören der Klasse derjenigen an,
welche der Faulniss entgegenwirken. Daher die an-
tisypbil. Kräfte des Arsens , Goldes , Silbers , Eisens
u. s. w. Robin bat den Dr. Vicente, mit dem
ßromkali Versuche anzustellen , die dieser in den 2
Nummern mitiheilt. [Puche versuchte das Mittel
laut der Union m6d. vom 5. Jan. 1850 (vgl. Jahrbb.
LXVI. 24) schon damals gegen tertiäre Zufälle inner-
lich, so wie gegen die Schleimplatten u. noch frllher
R i c 0 r d ausserlich (vgl. Jahrbb. LXIX. 1 65).] V.
verordiioiu es bei Secnndärleiden. Besonders schnell
wirkte es gegen syphil. Iritis. Als Resultat wird
darnach aufgestellt 1) dass Vf. nicht zweifelt, daaa
das Bromkali antisyphilitisch und kräftiger u. schnel-
ler wirkt, als der Mercur. [Ein rascher Schluss aus
wenigen Beobachtungen.] 2) Ueble ZufUlle traten
darnach nicht ein, etwaige Uebelkeiten wurden leicht
vermieden, sobald man die Vorsicht beobachtete, nach
jedesmaligem Einnehmen Wasser nachzutrinken , um
die etwas kaustische örtliche Einwirkung zu verhin-
dern. Bei Beobachtung dieser Vorsieh ismaassregel,
und wenn man als Gorrigens Opium damit verband,
vertrug der Magen das Mittel sehr bald. 3) Das
Bromkali schien nicht antiplastisch zu wirken, wie
der Mercur, bewirkte weder Speichelfluss , noch
Diarrhöe , noch eine andere besondere Erscheinung.
Vf. reichte es in Pillen, mit Gentiana - Extract , oder
in der Auflösung, zu Y4Gran anfangs 1-, dann 2mal,
nach und nach steigend. (Hacker.)
256. Bericht Aber die ibtheiinng n. Klinik
Ar SjrphiliS im allgem. Krankenhause %u fFien ;
von Prüf. Dr. Sigmund. (Deutsche Klinik Nr. 21,
23, 24, 26, 28, 29. 1851.)
Die AbtbeilaDg umfosst 11 Säle und 2 Zimmer für antl.
Unteraochongeo und VerordoaDgeo. In 5 Sälen fQr die Nan-
ner sieben 155, in den öbrigen 6 für die Weiber 160 u. aus-
serdem bier wie dort 11 Betten für die Warler und Wärterin-
nen. Nur 7 in dem 1. Stockwerke gelegene Säle sind genug-
lieh beschaflTen , die übrigen 4 auf ebener Erde lassen Vieles
zu wünschen übrig. Der geringste tä^lictic Krankenbestand
betrug bei den Männern Hl (Mai), hv\ ilen Weibern 129
(August), der höchste bei den Männern 154, bei den Weibern
170 (bei beiden im Dec). Eine Uebersicbt der in dem Dacen-
nium von 1841 — 51 in der Abtbeilung aufgenommenen Män-
ner ergiebt 10,479, Weiber 7974. In derselben Zeil wurden
verpflegt in dem Wiedener Bezirkskrankenhause 1282, in dem
Krankenhause der barmhenigen Brüder 3664. Hinsichtlich
der Beschäftigung waren im J. 1850 am Stärkaten die Schnei-
der- und Scbuslergesellen vertreten, je 124, bei den Weibern
die Dienstmädchen (286), Hand- und Fabrikarbeiterinnen
(210). Bcmerkenswerth ist, dass 3/4 aller weibl. Kr. freiwil-
lig in der Anstalt Hülfe suchen. Sehr häuflg schützen sie hei
der Aufnahme andere Leiden vor. Die meisten gehen an, von
Soldaten angesteckt worden zu sein.
Der Hamrohrenirvpper kam, für sich allein,
llOmal vor, und war die längste Zeil der Kur, ob-
schon die Kranken grOsstentheila erst, wenn die
af»
IV, Fatfnlogi« , Tbeiap». u*. medkaAMh» Klinib
IbranklMit bereite* laogB Ualavdea, oder vernacMas-
sigt war» Hülfe siiebteA, S7 Tage. Die B^'haadlang
war Btfisi nur Orllkfa. Versachsweise uiuL uament-
lioh der kliniselieD Belebruug halber wurden zwar
hin und wieder bekanste innere Mittelt verordnet,
doch nosat» gewdhaliclv 2ni der Orllichen Behandlung
Ober- od. uurackgegaogaD werden. Diese bestand ia
den Eiospritzangen , and hierzu verdienten die Zink-
prtfpanite, schon seit dem J. 1842, die nachdrttck-
liebste Empfehlang* Bei dem nicht enliTHndlichen
Tnpper sehiekte maa eino ooocentrirte Injection (31
Zioei aeet. oder ssiphurki , gr. x — xx Argenli niXrici
ad ^ oder dgl.) voraus, und lies« dana die gewöhn-
lioben verdttnnte» Ldsungen dfeses oder jenes Mittels^
täglich &-*-4niBi, eiosfiritsenk Niebl wenif^e der so
taebaadeltesj Kranken kehrte» — selbst mn-U Jahren
-**- mit Trippern oder andeni Leidea in die Anstalt
zardck , und ward kein dadurch bedingter Fall von
Harnr5hroRveren|}eriing beobachtet Ebenso wenig
oMwickeUeik si«:li ia Folge der Einspritaungen Neben«
hoden- oder Vorsteherdrüsen- Entztlodungen, ge-
8ohweig(ft deoB Blasen- oder Nieren-Enuandung. Die
IMtnkodenentaamduHg ward ISOmal beobachtet.
Nur in 5 FälloB konnte der Tripper nicht mehr nach-
gowiesen werden» war jedoch lange vorhergegangen
uid nicht pUtzticb. verschwunden, in den Obrige»
lt5 bestand er noch ind meistens in sehr massigen
Geade.
Xh Gelegenheitstrrsadke galten 37 Kranke die
eften gebfawehteih Balsamica (vorrtfglich Copahr-Bat-
sarm) , demnächst 22nyal E'rttitUun'g an. Bemerkens-
werth bleibt es, dass bfei kthler, regnerischer Witten
rang und unter ITmständett', welche die Erkaltung be-
günstigen« die Epididymitis allerdings häufiger und'
heftiger auftrat. Die Behandlung war — mit weni-
giB Ausnahmen — streng antiphlogisttsdi , jedoch
ohne BbOentxiehmgen : horizosCale Lag» , EatblOa-
suDg des entsprechendpn Korpertheites , udunterbro-
chene Anwendung kalter Ueberschfitge auf den missig
inr die Hohe gezogenen Hodensack und die Leisten-
gegend, Abführmittel, Waeseir lumt GeiPSnk, leere
Spvtalsuppen. Diese, mit £rm< uttd Amdau«r fort-
gesetzte Behandlung gab weit günstigere Erfolge,
und zwar in kürzerer Zeit , als iede andere. Seit
zoha Jahre» werden Kataplaamea sehr selun a»ge**
wendet.
We vrarmen Uehersehlage [die indess aueh, wenn
Erkältung als Ursache anzunehmen , nicht bevorzugt
zu werden scheinen] bestehen aus einer in laues
Wasser ^etauvbeen, seehsfeeh iasanm«ngeiegftem
Goflspresse, Aber welche ein gteictt grveses Stück
Wachstuch oder W^chstaflTet gelegt wird. Hau ent-
geht hierdurch der ünzuvertassigkeit der Breiumschläge
und dem uavermeidlicben Gestanke, und ist doch
gleicher Wirkvng sicher. LeisiendrnseneHtvmdiHn-
gen begleiteten heftig auftretende Tripper, zumal bei
Jüngern und serophulösea Sobjecten nicht soften,
(45mal). Die Behandluiig war dieselbe wie bei Ad^
-»ia« «aeh Geacliwttren., wovoa später» Feremge^
rtmgm der Hamr9kre kuoen Wunk i«r» Wmk
l/eüiiigt durch wiederholte, ok Jabm laag baüeadene
Tripper, und vorBioheftcn 17 Knanke, meHials nit
Einspritsun^D behandelt worden zu seia. D» ge-
wülinlichsls Verfahroii beaUnd im temporäref Erweir
terung, |fur ia sehr wenigen f äUea beeiteMr s«. här-
terer Sthctttren kam die* Cauterisalran mit HAäe»-
stein in AnweftduBg', üad bei weichere» Vereiigo>-
ruAges diente der voraiciUig oifehraehte Kcüteür
zur E^rweiterttng (durch ZefstoMmg) iwitlt des
MeaserSk.
Condylomata acuminata (26 FillTe) sassen 3mal
in der Harnröhre. In 19 Fällen war erwiesen er-
maassen Tripper vorhergegangen, oder bestand noch;
Geschwüre waren nie vorhanden. Tn mehreren Val-
ien waren vorher Jod- und Hercurialkuren , fetztere
bis zur Salivation, angewendet worden, ohne deta ge-
ringsten günstigen Einfluss auf den örtlichen Krank-
heitsprocess zu äussern. Die Behandlung, bestand in
der Abtragung der Warzen sammt dem Hutterboden
durch die Scheere und in Aetzungen. Ak deckender
Verband wurden häufig Lösungen von Aetzmitteln in
Gebrauch gezogen. Unter der Rubrik Condylomata
lata (29 Fälle) sind nur die nach oder bei Bfennor-
rhöen allein vorkommenden Erkrankungen des War-
zenkörpers der Haut zusamroengefasst, bei denen
übrigens auch die Erscheinungen der secund. Syphi-
lis mangelten. Vr. wird auf die breiten Kondylome
bei den Krankheiten der Weiber, bei welchen sie ud< I
gleich häufiger vorkommen , näher eingehen.
Bknnorrkden mit ihrtn Pcigetß&ten tet PFd-
bern würden an 283 Individuen behanrdelt. Eunnaf ,
war die eiitons allein davon befälled , und* war die i
Absonderung, bei bedeutend ödematöser Anschwel-
lung dier grossen Glitoris und ihrer Vorftaut, sehr '
reichlich. Kalte Umschläge und fl^issiigear ReinfgeD \
d^r Theile mit Wasser genügten ztrr Heilutfg. 1^ \
ffämröhrentHpper hnd sich zwar nitr 5mal aUdii
vor, indess sah man denselben' unter den, in dem
J. 4S50, fott' welchem specreTl berichtet wird, 758
behandelten Weibern gleichzeitig mit andern Firmen
470mal , ft>lgiich nur bei 281 Personen tfidit. Die
acute Urethritis ward mit Kalten fleKerschlägen, Sits-
bädern und Einspritzungen behandelt. Nur bei sehr
hfeftigen Schmerzen gebrauchte man zuweiten eiv
NarcoticiAtt , denn die Kälte fieichtte atr^serdenr faiir,
den Schmerz scHnell zn mindern. Bfei nicht entzfflid-
lichen Blennorrhöen ätzte* man- softrrt dicr gante
IJneihra mit einem Httll^nsteinMifle, und wtrd
den nächfsteif Tag, neben kalten Emspritmngev,
die nfr die Mäbner angegebene (Krtfiehe KeImnAiiif
befolgt.
Der SekßideniFipper , allein sehr aelton («h€iw
falls 5mal), begleitete beinah alle übrige Krankheit»- '
formen (580»). Zuverlässige KeMiselehe»eiflBs aa^ek-
kenden Scheidenirippers mangela amoebs & Haeilhi» j
viele an reichlichem Abgange leidende Frauen 4«a ^
ihnen beiwohnenden Männern ü»o fimtklieü niaht {
W. I^MMegi«, niettpfe iL ttedMaiMh« UinUL
tlO
teilif mit 4» Mlniieni in ficAMmdtuirg limM , denen
jene <Ke AnAeeknog zusdliricfbefD , fanden «ieti 6«fti«i-
den- und fiannrDliren - Wpper vereirngt. AttckUne
te Seheidentrippers waren nngenein ^amfif und die
hauptsIchliclMte fhrsaehe 4dffoü : vernachUlsMgte'Bem-
Kdfteit. ^ie 6eh«Bdl«iif beruht hier aaf denselbeD
leitenden GnmdsMcen , als bei den fiarnröhrentrrp-
per. Als allgemeine ftege« galt, ^ler Kratfken we-
nigstens zweimal tSglicfh ausgiebige lirjecticMien mit
kahem T¥a8ser m maHien. ilienu bediente man
sich, nadi emgelei^em Specnfnm, eines Douehe-
Apparats. Vm idie AnsspfÜnng volhittiMfrg zu erzie-
len, sind die »«tersprttt«! nngentlgend , und wer-
den sie, nnderer md^iehen ISebelsCInde wegen, flher-
hanpt Bur aBisnabrasweise wbi •besondern fiinspritzun-
gen gebrancbt. Hierzu verwendet man wrrugsweise
Aoftosnngen von Bink, Blei und Afaun, da die, übri-
gens sehr wirksamen, Compesita von Jod, Silber,
Eisen , Kupfer der Leib- und fiettwSsehe nacfathei-
Kg, das KaH und Natron causlic., so wie Chloras
natri (nach iabarraque's Formel) Iftr grosse An-
stallen zn kostspielig sind. Vollständig raCIS9en wir
millheflen, weil wohl zn beachten , was Vf. über die
Nachtheile ^es fihifahrens der Tampons in die Scheide
sagt: Sie Metben nicht an der Stelle haften, anf
welehe sie hingeAlhrt werden; die oberhalb dersel-
ben angesammelten Flüssigkeiten erwerdien detfto
rascher die Epithelien ^er Schleimhaut der Scheide
nnd Vaginalporfion , und machen diese oft trSnker,
als sie bereits sind. Die Wirkung jener Mittel, wo-
mit die Tampens belegt sind (z. B. die adstringirende),
hnrtals solche schon nach einigen Minuten anf, und
es büdel «ich eine Zwischenzeit , — Gerinnsel, des
Secrets nnd neues Secret — welche jene fernere
heilkrlftige EinwiAung der Arzneisloffe auffcebl.
Ausserdem ist er, wie er schreibt, „misslrauisch
gegen die innige Berührung und das Illegere Verwei-
len von Stoffen, z. .«. Charpie in der Scheide , deren
Sprung wir nicht kennen . deren Eroftlhrung nidht
iuner vorsichtig genu^ gehandhaht werden kann,
dtren Einfluss wir aber bei Wunden und Geschwüren
bisweilen sehr nachtheilige Wirkung razuscbreiben
T^anlass^ worden sind." Die Binftthrnng von Ohar-
•pie fand daher niir selten — bei Aeiningen und hef-
tigen finttündongen — tfuf einige Stunden StalL
Me durchschnittliche Bauer der Behmdbmg betrug
in Wl genaner bezeichneten Pldlen nur 14 Tage.
War der Scheidentheii des üleras ergriffen, so wurde
bei massiger Entzündung sofort canlerisirt. Wur in
sehr hartniekigen FKUen %am das Glüheisen n. Aelz-
^'kah in Anwendung. * Einspritzungen stehen hier zu
der «edeutenheit des Leidens in keinem VerhSltniss.
.Wie gefthrfich sie ausfeUen kilnnen, ist -ecken daraus
^iftztmehmen, dass Vf. in mehreren FMlen, selbst iiaeh
vorncfaüger Aetznng in demScbeidentheile des^Uteras,
kichie AnMHe von Peritonitis und Oopliontis wehrge-
nemnien baita
CandylonMm aeummata bestanden in 88 YlHen.
Sie waren sitets von Sdieiden- nnd ^nur 9mel nMK)
flarirrflhren -Tripper begleitet. Sie fanden eich in
Gruppen 91-, zerstreut 41-, einzebi llHual, in und
nm die f&envief ien selbA, an der Yaginalportion'(lttei^,
zwrsdven und auf den Falten der MasldarnmlHidung,
bisweilen andi tief verMeckt, anf den grossen Lippen,
zwischen den ffaaren und auf der SchenkeHlKehe, hier
als sogen. Condylomata subcutanea. Diese wurden
ausgedrückt und Ihre fJrsprnngsstiHten caeterisirt, ^ie
Hbrigen ausgeschnitten und sodann mit Gausticts be-
handeh , oder auch bei seffir empfindlichen Kranken
vorirer mittcfls Sabina, Alaun o. dgl. zum lEfnedirtini-*
pfen gebracht. €onäyiomaia iata, wdidbe, nAt
gleichzeitigen BlennorrhOen, Ohne ein OesehwOr e^er
eine Narbe auf denselben , oder an den Geschleehto-
theilen überhaupt, oder um den After hersMn-, ohne
Erscheinungen der secund. Syphilis vorkamen , wur-
den als Ortliche Krankheilsprocesse — ?olgeleiden
von BlennorrhOen — angesehen. Ihre Eahl bdlief
sich auf 97. Sie sassen bald hier, bald da in «nd
um die Genilatien , 9mal zugleich unter den Adhedln,
4mal zwischen den Zehen, 3mal in dem äussern 6e-
hOrgange, ferner in dem N.icken und air-den Itasen-
und Mundwinkeln [an den zuletzt genannten Thellen
dürfte der Nachweis des blennorrhoiscfaen Znsammen-
hangs doch schwer sein]. Niemals sah Vf. dae breite
Kondylom an Stellen , wohin die Hand , der Finger
mit dem Nagel nicht gelangen konnte [was also auf
eine mechanische CansalitSt für obige Fvlle gedeutet
werden konnte. Uebrigens aber kenne ich i^eine
Stelle, des Jruasem Körpers , wohin der Finger mit
dem Nagel nickt gelvngen konnte]. Das Heilver-
faliren bestand in Örtlichen Mitteln, am BMgslan
Sublimat in Weingeist (3j ad §), bei festeren «diesem
widerstehenden Kemdylomen wurden Aeidnm «tricum,
sulpfaoric. , Nitras hydrarg. , Kali caustioum, Mnrias
zincif bisweilen das Messer benutzt, wobei zu be-
merken, dass die Schnittwunden stets sehr rasch
verheHlen. 4)ie hartn^ickige Dauer und die RückftlUe
bedingten einen verhältnissmassig ISngem Änlenthalt
der weibl. Kranken in dem fiospitale.
Primäre eypkiL beschwüre mit ihren ^Folg^eiei"
den, Phimosen und Bubenen betraffen 80d Kr., 483
Männer -und 920 Weiher. Ausser an den gewühn-
.liehen Stellen sassen die Geschwüre §mal isetirt euf
der ttossern iHant, mit ausgebroehener finteüDdung
der 'Lymphgefttaee aiff dem »Rücken des Penis Unal,
47mal in der HarnrOhre. In 21 Fallen sah Vf. sie
deutlich, in 14 fühlte er die genau begrenzten har-
ten Stellen durch , und gewahrte das dttnne , schon
bei massigem Brücken und Streichen blulgemengte
Secret meist in sehr geringer Menge hervotdringen»
•Ferner waren gleichzeitig auch auf «ndem ^leHeo
prim. Gesdhwnre i zugegen (24mal), oder es traten
flüsbald , oder 'zugleich (14mal) Sewmdnrleiden ein.
'Endlich wsfpen venehiedene Anüblennorriieie» vorher
<6w4itloB «Bigewendet worden, jwogogen eine dem
'Oeoehwflr «ngepasste Behandlung eoSstt sur^fieilung
iUhHe. Slristaren lunler <ier eeliiflftMiigw taihe
sao
IV. PathologU» Therapie tu mediciaiiche KUniL
waren nieht vorhandeD, und Trippergeschwttre in
der Urethra hat Vf. Überhaupt noch niemals gesehen.
TroUdem will er nicht in Abrede stellen , dasa ein-
seUie Falle doch fülschliph in diese Gruppe gereiht
sein konnten» besonders eiternde Wunden , die nach
Zerstörung spitzer Kondylome lurttckbleiben , wie
■solche genau conatatirte Falle anderweitig vorgekom-
jDon waren. Bei prim. syphiL Geschwüren allein
ward im J. 1850 niemals Mercur verordnet; nur
einaelne Scrophulöse, dann frtther mit Quecksilber
Behandelte, an Speichelfluss Leidende, erhielten Jod-
prlparate (Kali, Eisen), herabgekommene, bluUrme
Individnen : Eisen, bittere Eztracte, Chinin. AUgem.
Bader fanden eine regelmässige, zieml. häufige Anwen-
dung. Die Nahrung bestand aus einer massigen mit
Gemttaen und Mehlspeisen gemengten Fleischkost.
Nicht wenigen Personen gab man der gesunkenen
Ernährung wegen auch Braten , Bier und Wein , ein
Verfahren, welches Vf. seit Jahren der methodischen
Aushungerung vorzog. Sobald Entzündung bestand,
wurden kalte Ueberschlage (selbst Eis) und horizon-
tale Lage verordnet. Man zerstörte den Grund und
die Bändelnder Geschwüre am Häufigsten durch Hol-
lenstein, die Aelzpaste und ähnliche Mittel, selten
durch das Ausschneiden und GlUheisen, welches letz-
tere indess als das beste und zur schnellsten Heilung
ftthrende ZerstOrungsmitlel genannt ist, das auch
mittels der Anäslhesirüng seine Schrecken verloren
habe. Zur Reinigung empfahl man häufige Glied-
bäder und darauf den Verband mit Losungen von Sal-
peters. Silber, von Zink, Kupfer u. s. w. .Di^se So-
lutionen wurden stets applicirt, wenn sich nach .der
Aeuiing, wie gewöhnlich ,, ein reiner Grund zeigte.
Zur Beseitigung dünner' Ezsudatschichten , die sich
oft erneuerten, wurden Jodmitlel uud'bei hartem
Bande und Grunde das Oxyd und das Nitras'hydrar-
gyri verordnet. Da die Therapie, wenn die. Geschwüre
▼on Phimose begleitet werden, so wenig leisten kann, '
80 schritt man unter den 63 Fällen 27mal zur Ab- .
seUung der Vorhaut Nur dmal bekam die Wunde
die Merkmale des Geschwürs, wo dann allerdings die
Heilung einen sehr schleppenden Gang nahm. Mit
beginnender oder beinah vollständiger brandiger
Zerstörung der ForkoMi kamen 10 Kranke vor.
Der Brand erstreckte sich immer nur bis an den Grund
der Eichel, und ward die Vorhaut in einzelnen Fällen
so regelmässig, als durch eine kunstgerechte Gircum-
cision , abgesetzt. Die Vernarbung erfolgte hierauf
rasch.
Die Entzündung der Drüsen (241 Fälle) betraf
222mal die Leistendrüsen ; „während das Geschwür
links sass, hatte sich die Drüsenentzündung rechts
entwickelt und umgekehrt, im Ganzen links am Häu-
flgsten.*' Die verhältnissmässig grossere Zahl der an
Drüsenentzündung Leidenden war scrophulOs, oder
mit offener Tuberkulose der Athmungsorgane behaf-
tet. Einzelne kamen mit bereits ausgebrochenem
Brande in die AnsUlt. Die Behandlung berttcksich-
tigfti die Geschwüre und gleichzeitig zonächat die
vorhandene Entsgndung, g^en welehe kal|e (settai
Eis-) Umschläge neben strengem antiphlogislischcai
Begimen gehandhabl wurden. Mit der Kälte worden
viele der beginnenden Entzündungen unterdrüdU.
Die Kälte war zugleich das beste und von denn Kr.
selbst liebgewonnene schmerzstillende Mittel. Bei
Bildung .von Eiter wurde frühzeitig» am GewOhnlick-^
sten mit dem Messer, oder der Paste, oder dem Aeta-j
kali zur Eröffnung geschritten , womit man and
isolirte, harte und die Heilung mechanisch bindernde
Drüsen beseitigte. Vf. hat beide letztere Mittel des-
halb seltener angewendet, weil er auf den damit ge-
ätzten Stellen oft ausgebreiteCen Brand entstehen aak
Bildeten sich Verschwärnngen, häufig das treue BiU
des Schankers, so wurden sie gleich diesem, nie
bereits angegeben, behandelt. Bei torpiden Drttsea
kam der methodische Druck jund die bekannte Beilie
von Epispasticis in Gebrauch. Der beharrlichen An-
wendung der Jodtinctur aU Einpinselung verdankt Vt
die Aufsaugung * oft namhafter Anschwellungen der
Drüsen und des umgebenden Zellgewebes. Bei nicht
schnell in Eiterung tretenden Drüsen ward auf den
entsprechenden Schenkel die graue Salbe, wie ge-
wöhnlich, oder das Unguentuln protoj. hydrargyri,,
oder Jodkali in Salben form und als Losung in Wein- \
geist und Wasser eingerieben. Gangrän der Leisten-
drüsen , häufiger des Zellgewebes , ward von einzel-
nen Kr. in dfe Anstalt gebracbL In manchen Zin-
mern breitete sich der Brand 'ungemein rasch aus, s.
ging ebenso oft auf andere- Kranke mit eiternden Bo-
bonen über, während er in andern entweder gar nicht
vorkam, oder, dorthin von aussen gebracht, siek
nicht .weiter ausbreitete, und auf demselben Indivi-
duum erlosch, obschon sich daselbst mehrere Kranke
mit eiternden Bubonen und gerade neben solchei
Kranken befanden. Ausser unwiderleglichen That-
sachen von Uebertragung des Brandes von einem aef
den andern Kranken mittels der verbindenden Hände,
Verbandslücke, die sogen. Beinigungsmittel selbst,
lässt sich der schädlichen LuftbeschaSenheit (so auf
2 Sälen Sumpf-, Kolh- und Aasluft, 18b und 18c),
besonders bei unausführbarer Lüftung, der ihr ge-
bührende Antheil nicht absprechen. Während der
Brand auf diesen Sälen häuGg und heftig auftrat, er-
schien derselbe in den in dem ersten Stock gelegenen,
stets überladenen und zwar mit den meistens in
Schmutz , Ungeziefer und weit gediehenen Formen
verwahrlosten Polizei- und Gerichts-Kranken gelUl-
ten 2 Sälen , die aber dem Lichte und der Luft sn-
gänglicher sind, und viel reinlicher gehalten werden,
gar nicht. Nebst Bekämpfung der grOsalenthöls
starken Haut-, Zellgeweb- un^ Fascien - EnUündnng
durch kalte Ueberschlage , , so wie möglichst häufiger
Beinigung mit Wasser, hielt man die weitere Einwir-
kung der Brandjauche am besten durch häufiges mil
borsaurem Natron (3j— jj ad 5J) getränkten Charpin-
bäuschchen auf. Diess von dem Hülfsarste Dr. Ef-
fenberger eingeführte Mittel schien vor allen an-
dern, selbst dem Glttheisen, den Vorzug in
IV. Patholro«»»« Therayi» % SM^icimiche KliniL
321
PnmMf^ 4ifpHl* G^eMtre mii ihren foige-
kH^m bei fF^ikem lumeo dSOmal vor. Neben u.
vd hmUtxk Ko»dylai9e9^ saasen f|ie Ges^bware d4iDal
wd SM 70 (^«islea^rüsenenUttnfiungen geaelhe sich
ßnial Ga.n^ln. Rinsichllicb des Ortes fandeo sich ^
a% G#scbw(^re 2$inal an 4er VaginalporiioD des U(e- '
ms, i%wk\ ao dem Anus, 22«a9l io der Ureibra uod
Hwr Insal in d^ar Vagina selMl. [Wo dia übrigen?]
Ute SebandJung war im Weaentlicban dtjesalbe» wie
bai 4w MlKnnan»^ 4ia Grupd der yiej selienaro DrU-
tefif^t^llfidvfigan , als bei den Männern , wird ange-
geben, abgesehen yon den -anatom. Verhaltnissen,
wodurch, man diese Beobachtung zu erklaren sucht,
dass die Weiber frahzeitiger Uulf^ in der Anstalt
sttthen, seltner bei Quacksalbern Manale varbringao,
reinlicher und folgsamer wahrend der Behandlung
Ü9d t Uvter Umstände , wodfurch das Zustaodekom-
man d^r DrüaanenlzQadung vermindert, die Heilung
bereuiu varhaadener begünstigt wird.
SeemndSre syphii. Erkrankungen traf man bei
' US MAonem und 123 Weiberi), darunter 2mal Iri-
tia (bei .3 Männer») u. 2Qmal Knochen- u. Knochen-
• hanlr^SnisOo^ng. Nacli deq , oh sehr unzuverlassi-
.gen» Aiigaban der Kranken stellten sich als geringster
Zeilrauaei des A^ftreiana der Secundarleiden niemals
waaüger , als 6 Wochen heraus- und nicht mehr, als
4 Monat«« In 3 Fallen, in weIcUen 2 und 10 Jahre
angegeben wurden, sprachen dagegen erhebliche
Zweifel. Die Mehrzahl der Schwererkranklen kamen
aus den Provinzen, Ungarn, Galizien und Böhmen.
In derAufeinanderfolga der secund. Formen herrschte
swar eine gewisse Bagelmaasigkeit, indessen werden
mehrere Falle erwähnt, in welcban Muskel- und Ge-
lenkleiden , Beinhaul- und KnoeJben-Krankheiten un-
vdiUlbmr den prim. Geschwaren gefolgt sein aollen,
während DrUsen upd Baut wenig oder gar nicht Tbeil
nahmen. Die Ferbiudvng der secundär syphü.
L^äen mii der Tuberkulose, dem Scorbui, der
CkiiOTOse und dem Mercurialsiechlhvm war sehr
blofig. Reinigung, kräftigere Ernährung und £rho-
Inng waren dahe^ oft die dringendste Aufgabe, an
welche erst die Parreicl^ung von Arzneien gereiht
werden konnte. Das Jodkali, Jodeisen und auch
Jedmercur, der Sublimat, Quecksilbereinraibungen
waren die, je nach den Vorlagen, bevorzugten Anti-
syphilitica. Dem Decoctum Ziltm. schreibt Vf. nur
geringe Wirksamkeit* zu , u. hat davon nur bei leich-
ten Hautkrankheiten, zuweilen mit Erfolg, Gebrauch
gemacht. [Als Guentner 1831 die Abtheilung
der Venerischen in dem Wiener Kranken hause ttber-
noDimen hatte, erhielten wir dorther von Hab el in
den Jahrbb. des k. k. österr. Staates , neue Folge,
Bd. IX, St. 1, einen Bericht, demnach fast aufgege-
bene Kranke, die -daselbst l^^ — 3 J. alle mögliche
an liayphil. Kuren fruchtlos durchgemacht hatten, nach
Ajawendung dasDecocts in kurzer Zeit als geheilt ent-
lassen wiirden. Vgl. auch Rfs. Anfsatze darüber von
t830, 33 ond 36 Heidelb. Annalan 15. u. 18. Bd.,
Rnat'a Mag. 39. Bd.] Oertlich worden die Ga-
M«4. Jahrbb. Bd. 78. HfUS.
achwOrß ähnlich, wie die prim. behnndelt. Bei hef-
rigen Knocbenscboierzen gewälirten Blasenpdasier u.
Eiiipinstelupgea mU JiMtlinciur nhsdie Liiuleruux* Mit
eingebiideter Syphilis hal.Yr. nur Männer heoharlilot,
und kann* sich auch Ber.nifht erinnern, irgeiulwu u.
wann ein daran erkranktes Weib gestehen zu linhen.
Aus den einzelnen Bemerkungen liehen wir Fol-
gendes aus. Positive Merkmale zur Unterscheidung
des eigenüichen Trippers von) Katarrh fehlen» aliein:
haida ntfUedingt in eine gleiche Kategorie tu setzen,
erscheint unaulttaaig, „wenn man die rsseke u. ver-
derbliche Uebertragung des Tripperschleims von der
Schleimhaut der Geschlechtstheiie auf andere, von
dieser auf das Alige betrachtet , wenn man ferner die
Kondylome, namentlich spitze, bei Tripper, nicht
aber bei Katarrh entstehen sieht;-, wenn bei dem Trip-
per Verengerungen der llamrdhre und Folgeleiden
auftreten, welche bei Katarrhen anderer' Rohren,
.wenigstens duröh diese allein, selten bedingt wenlen ;
wenn man endlich auf die bedingenden Ursachen des
Trippers und des Katarrhs, auf die Dauer beider, auf
deren Ausgang und- den Einfluss der Innern u. .fus-
sern Behandlung bei'Tripper gegenüber dem einf.iclien
Katarrh Rücksicht nimmt.*' . [Diese Bemerkungen
sind allerdings nicht unbeachtet zu lassen , u. haben
wir sie daher in extenso wieder gegeben. Wenn aber
Vf. fortßihpt : es sei nicht ein einziger Fall von Trip-
per vorgekommen, bei dem nicht ein unreiner Bei-
sclilaf vorhergegangen wäre, was er schwerlieh wis-
sen kann , und durch die Bemerkung : „Tripper als
Erscheinung von Hämorrhoiden, WOrmern u. dgl,<'
habe er nie beobachtet ^ zu verstehen giebt, dass er
daran nicht glaube, und den Tripper daher nur nach
einem unreinen Beischlafe zugiebt, so ist uns Solches
unerklärlich.] Die als Trippermeiastasen ba^eichna-
len Krankheitsformen — ^ zumal die Gelenk- und be-
sonders die Kniegelenk -Entzündung — , dann die
Trippertuberkeln hat Vf. niemals , und zwar in einem
Zeiträume von 10 Jahren niemals, beobachtet, wäh-
rend dem er ebenso viel 1000 Kranke behandelt hat.
Vf. sah ferner nie eine jener heftigen oder geradezu
zerstörenden Einwirkungen auf Harnröhre u. Harn-
blase, welche man den kaustischen Einspritzungen
hier und da noch zuschreibt, „obgleich er die (auf
den gewöhnlichen Fassungsraum der Harnröhre an-
näherungsweise berechnete) Menge des Mittels ohne alle
Vorsichtsmaassregel" einspritzte. Wenn man einst
den Syphilitischen Immunität vor der Cholera u. dem
Typhus vindicirt hatte, so hat Vf. oft genug entgegen-
gesetzte Beispiele beobachtet. Bezugs der Behand-
lung prim. Formen ohne Mercur u. der darnach min-
dern Hüußgkeit und Heftigkeit der Secundarleiden
will sich Vf. noch nicht entscheiden, gleichwohl
sprechen sich die von ihm gesammelten Thataachen
dafür aus, dass nämlich, nachdem über 10 J. lang
auf der Abtheilung für Mitnoer der innere Gebrauch
des Mercurs sehr beschränkt ward, bei rein örtlichen
Erkrankungen gar nicht stattfand, secundäre Erschei-
Aiwgen selten und mild Waren. Bei dem Unfuga,
41
389
V. Gynäkologie n. Pädiatrik.
welcher mit Nercurialmitteln getrieben wird , kamen
nicht wenige mit heftigem Speichelfluss in die Anstalt,
und unter diesen selbst solche , welche nur an leich-
ten Blennorrhöen litten. Nach einigen Worten tlber
die Prostitution , worüber Vf. einstweilen nur so viel
bemerken will, dass eine einseilige Beaufsichtigung
der Weiber, und zwar nur einer Klasse derselben,
unzureichend ist, u. die MSnner ebenfalls untersucht
werden müssen, zumal Zunftgenossen , Fabrik- und
Handarbeiter u. s. w., schliesst er seinen interessan-
ten Bericht mit dem Nachtrage , d^iss seit Anfang des
J. 1849 mit der Abtheilung ein geregelter (UTeDtlichef
Unterricht über Syphilis verbunden ist, zu welches
Zwecke 2 der 1 1 Säle , je zu 26 Betten , mit eiaer
treffliclien Beleuchtung eingerichtet sind. Die klioK
sehen Gurse dauern gewöhnlich 8 Wochen , ; u. sioi
im J. 1849 — 50 von 120 jungem Aerzten besocH
worden. Das ärztliche Personal der Abtheilung be*>
steht gegenwärtig aus einem Primärarzte , 2 Seeaal
därärzten, 3 Internisten, welche sämmtlich im Krai-
kenhause wohnen, u. einem unbesoldeten Externista.
(Hacker.)
V. Gynäkologie und Pädiatrik.
257. Ueber die drflsigen Creschwülste Ou-
meurs adenoides) der weiblichen Brust ; von V e 1 -
peau. (Revue m^d.-chir. Mars et Mai 1851.)
Die Geschwülste, deren Natur V. erOrterl, sind
bisher übersehen oder nur oberflächlich geschildert
worden. Im Dict. de m^d. t. XIX hat sie V. unter
dem Namen fibrinöse Geschwülste beschrieben ;
Gruveilhier bezeichnet sie als fibröse Geschwül-
ste, und A. Gooper giebt ihnen den allgemeinen
Namen von chronischen Geschwülsten der Brust.
Patholog. Anatomie. Die fragl. Geschwülste
bilden Massen von verschiedener Grösse , Gonsistenz
und Form , die sich auch auf verschiedene Weise zu
den umgebenden Geweben verhalten und nur darin
unter sich übereinstimmen , dass sie keinem andern
Gewebe völlig gleichen , u. wie fremde in die Brust-
drüse geschobene Körper erscheinen. Ihre Grösse
schwankt zwischen der einer Haselnuss und der eines
Kopfes. Gewöhnlich haben sie eine unregelmässige,
höckrige Oberfläche und sind ziemlich elastisch. Zu-
weilen ist das Gewebe leicht zerreiblich u. zerdrück-
bar, in andern Fällen ist es fest und gleicht alten, or-
ganisirten GoncrctioneU' von Fibrine oder wirklich
fibrösen Productionen. Abgeschnittene Scheiben bie-
ten eine glänzende Fläche, die ein granulirtes oder
körniges Ansehen hat. Durch Druck wird keine mil-
chichte Flüssigkeit , wie beim Scirrhus ausgepresst,
ebensowenig hat das Gewebe die weiche, schwammige,
fassrige oder gefässreiche Beschaffenheit des Ence-^
phaloids. Wenn die Geschwülste der Elasticität und
graulichen Farbe nach, noch am meisten den fibrösen
Geschwülsten gleichen, so unterscheiden sie sich von
den letztern durch den Mangel an regelmässigen Fa-
sern. Beim Wachsen breiten sich die Geschwülste
aus , platten sich ab und comprimiren oder drücken
die natürlichen Gewebslheile auseinander, ohne sie
zur Entartung zu bringen ; gewöhnlich ist die Enu-
cleation der Geschwülste sehr leicht , indem sie sich
in einer Kapsel oder Tasche befinden, welche Eigen-
thümlichkeit eine Verwechslung mit Hypertrophien der
Brustdrüse verhütet, wenn ihie heteromorphe , neue
Formation nicht gleich charakteristisch hervortreten
sollte.
M a n d 1 und L e b e r t haben bei der mikroskcH
pischen Untersuchung der Geschwülste, wieV. selbst,
weder Krebs-, noch Tuberkel-, noch Eiterzellen auf-
finden können; dessenungeachtet hält Lebert dit
Geschwülste für Drüsenhypertrophien. Nach V. spielt
das Gewebe, in welchem Geschwülste entstehen, eine
Hauptrolle bei deren Formation; plastische Ergüsse
haben eine Tendenz, die Eigenschaften der umgeben-
den Gewebe zum Theil anzunehmen ; im Uterud z. B.
und in der Prostata bilden sie sich zu fibrösen, leicht
mit dem Uterus- u. Prostatagewebe zu verwechsela-
den Geschwülsten. Die verschiedenen Gewebe assi-
miliren sich Einiges vom plastischen Exsudat, öhae
damit vollständig zu Stande zu kommen. Das ver-
schiedene Ansehen und die verschiedene Consistenx
und Beschaflenheit der fraglichen Geschwülste hängt
theils von der Zeit ihres Bestehens ab, theils von den
Modificationen des fibroplastischen Exsudats, welches
zu ihrer Entstehung Veranlassung gab. Wenn A.
Gooper u. Warren die Geschwülste chronische
Brustdrüsengeschwfllste nennen, so bezeichnen sie
nur die langsame Entstehungsweise derselben, welche
sie mit den meisten Geschwülsten gemein haben.
Wenn Gooper und B d r a r d das lappige, höckrige
und consistente Gewebe dieser chron. Geschwtllste
hervorheben , wodurch sie Anschwellungen und Hy-
pertrophien der Brustdrüse ähnlich werden, so haben
sie. doch häufig eine ganz andere Beschaffenheit,
die nicht im mindesten der Drttsensubstanz gleichL
Am meisten charakterisirt diese Geschwülste ihre
Isolirung vom normalen Gewebe, so dass sie nur wie
zwischen letzteres hineingeschoben erscheinen. Um
sie daher von den fibrösen , fibrinösen und hypertro-
phischen Geschwülsten, mit welchen sie eine grös-
sere oder geringere Aehnlichkeit haben , zu sondern
und doch ihren Ursprung in der Brustdrüse zu be-
zeichnen, hat V. ihnen den Namen Tianeurs adenoides
gegeben.
Die gedachten Geschwülste kommen am häufig-
sten bei nicht verheiratheten Frauenzimmern, od. bei
verheiratheten sterilen Frauen vor , u. V. hat sie vom
16. J. an bis zum 55. beobachtet. Nur ausnahmst
weise treten sie bei Frauen auf, die geboren und ge-
V. Gynäkologie u. Padiatrik.
323
füllt haben. Gewöhnlich zeigt sich nur eine einzige
Geschwulst, docli entwickeln sich zuweilen mehrere
und selbst viele derartige Geschwülste in beiden
BrOsten ; V. sah eine junge Dame, die in jeder Brust
8 — 10 kastaniengrosse Geschwülste hatte. Die Ge-
scbwtflste selbst verursachen nur wenig Schmerz,
verwachsen nicht mit dem umgebenden Gewebe und
bilden sich nach der Exstirpation zuweilen aufs Neue.
Wenn gewöhnlich diese Geschwülste nur sehr lang-
sam wachsen und wenn sie ein gewisses Volumen er-
reichl haben,* stationär bleiben , so findet doch auch
iHweüen ein schnelleres Wachsthum Statt, und V.
sah einmal in Jahresfrist die Geschwulst bis zum Um-
fang eines Strausseneis sich vergrOssern. Am mei-
sten charakterisin die Beweglichkeil die Tumeurs
adtooTdes ; man kiinn sie mit Leichtigkeit nach allen
Bicbtungen hin verschieben, woraus schon hervorgeht,
dass sie ein Neugebilde sein müssen und nicht aus
Traasforaaation des ursprünglichen Gewebes enlslan-
dea sein können. A. Cooper und B6rard haben
mit Unrecht angenommen , dass diese Geschwülste
bst immer nur suhculane wären. V. hat sie bei sei-
len zahlreichen Sectionen nur 2mal im subcutanen
Zellgewebe der Haut gefunden und auch in diesen
Flllen senkte sich die Basis der Geschwulst noch
etwas in die Brustürüsensubstanz. Gewöhnlich sitzen
sie oberflächlicher od. tiefer in der Brustdrüse selbst,
und kommen in der Drüsensubstanz über der Brust-
warze häufiger vor, als in der Drüsensubstanz unter-
halb derselben. Die höckerige Oberflache der Ade-
■oidgeschwülste verleitet zuweilen zur Annahme von
Cysten , und V. ist 3mal in diesen Irrthum gefallen ;
das Versehen ist um so leichter, als wirklich einzelne
flOcker der Geschwülste in Cysten sich zu verwandeln
im Stande sind.
Die Ursache der drüsigen Geschwülste der Brust
ist bisher noch wenig erforscht worden. V. sprach
1833 in seiner Abhandlung über die Conlusionen die
Idee ans, dass ausgetretenes Blut nach Contusionen
der Brust zur Entstehung von Geschwülsten Veran-
lassung geben könnte. Seit dieser Zeit hat er die
Transformationen des extravasirten Blutes häufiger
zu beobachten Gelegenheit gehabt, und es ist ihm
nicht mehr zweifelhaft , dass fibrin- und eiweisshal-
tige Ausscheidungen , Milch , Eiter , coagulirtes Blut
u. s. w. zwischen lebendes Gewebe geschoben , zum
Ausgangspunkt für verschiedene Geschwülste dienen
können. In der weiblichen Brust sah V e 1 p. mehr-
mals Blutcoagula, die sich entfärbt hallen, fest ge-
worden waren , und in welchen sich eine selbslslän-
dige Vascularisalion nachweisen Hess. Die Hypothese
gewinnt noch mehr an Wahrscheinlichkeit dadurch,
dass in sehr vielen Fällen die mit drüsigen Ge-
iKhwtllsten behafteten Frauenzimmer sich wohl erin-
nern, eine Gontusion der Brust erlitten zu haben, u.
idass bekanntermaassen bei nicht verheiratheten , un-
iitgelmatssig menstruirten od. sterilen Frauenzimmern
«ft Blolcongestionen nach den Brüsten statthaben, die
plastische Ezsudationen oder ßlutextravasate bedingen
können. V. wiess zuerst die Bildung von abgerun-
deten fremden Körpern im Handgelenk aus extravasir-
tem Blut nach , indem er zeigte , wie das Blutcoagu-
lum sich nach und nach entfärbte , condensirte , er-
härtete und abrundete. Wenn er nun auch in der
weiblichen Brust die Veränderungen von extravasir-
tem Blut so genau nicht hat verfolgen können , so
glaubt er sich doch zu der Annahme berechtigt, dass
auch hier das extravasirte Blut sich zu Geschwülsten
umgestalten könne, die gleich fremden Körpern im
natürlichen Gewebe liegen.
Die Mikroskopie hat in Bezug auf Entstehung der
drüsigen Geschwülste keinen Aufschluss gegeben , u.
nur dadurch , dass nie Krebszellen in den drüsigen
Geschwülsten gefunden worden sind, sind wir berech-
tigt , ihre gutartige Natur zu präsumiren. Die Be-
standlheile der drüsigen Geschwülste sind Blutkör-
perchen, DrUsenzellen und Fasern. Leider sind die
Mikrographen noch selbst nicht einig über die Natur
und Bedeutung der Krebszellen und bei einem Epi-
thelialkrehs der Lippe, wo keine Krebszellen von gu-
ten Untersuchern gefunden wurden, sah V. kurz nach
der Exstirpation die deutlichen Zeichen ausgebildeter
Krebsdyskrasie auftreten. Im Ganzen haben die drü-
sigen Geschwülste, "wie schon oben gezeigt, eine ganz
andere BeschafT^nbeit , als die Krebs- und Encepha-
loidgeschwülste und auch ihr Wachsthum, ihr Verlauf
u. ihr Ausgang unterscheidet sie wesentlich von den-
selben.
Die drüsigen Geschwülste wachsen langsamer od.
rascher , allmälig oder stossweise und bleiben häufig
nachdem sie eine bestimmte Grösse erlangt haben,
stationär ; zuweilen , wenngleich selten , gehen sie
eine regressive Metamorphose ein, verkleinern sich,
werden atrophisch und verschwinden spontan. So
sah V. bei 2 jungen Damen , die vor ihrer Verheira-
thung an unregelmässiger Menstruation litten und
eigrosse Geschwülste an der Brust hatten, dass wäh-
rend der Schwangerschaft die letztern anfingen sich
zu verkleinern und nach der Niederkunft völlig ver-
schwanden, und dass die Menses regelmässig auftra-
ten. Oefler noch als in der Jugend wird das spon-
tane Verschwinden der drüsigen Geschwülste zur Zeit
der Cessatio menstruorum beobachtet und V. erinnert
sich eines Beispiels, wo 20 derartige auf beiden
Brüsten verlheilte Geschwülste von verschiedener
Grösse von selbst zwischen dem 45. und 48. Lebens-
jahre verschwanden. Es findet aber auch in einzel-
nen Fällen und zwar vorzugsweise beim oder nach
dem Verschwinden der Regeln das Gegentheil Statt,
d. h. Exacerbation und selbst Umwandlung der ana-
tomischen Beschaffenheit der Geschwülste. Die Höcker
der drüsigen Geschwulst erweichen u. verwandeln sich
in Cysten, die schleimige oder seröse oder blutige
Flüssigkeit enthalten; andere Theile der Geschwulst
treiben sich schwammig auf, entarten zu käsigen
Flocken , zeigen Stücken von verhärtetem Eiter oder
CoUoid ähnliche Massen, während ein bestimmter
Theil der Geschwulst meist unverändert bleibt; end-
324
V. Gynäkologie tL Pftdiatnk.
lieh tritt aach wohl EDtztlndimg hinzu, di« Haut rO-
thet sich , bricht auf und es kommt zu einer jauchi-
gen Verschwjfriing, die ganz einer krehsigeo Erwei-
chung ;fhneil, u. nur durch ihre raschere Ausbildung
von der letzteren sich unterscheidet. Ereignet sich
ein solcher Verschwfirungsprocess bei schwächlichen
Fraiipnzimroero , so kann er selbst lödllich enden.
Glürklicherweise kommt die Entartung und Entzün-
dung der drüsigen (leschwulsle nur äusserst selten
vor» sie bleiben meist unverändert, bedingen keine ^
oder nur geringe Schmerzen und werden hdchsiens
durch ihren Umfang lastig.
Behandlung, Rängen die drüsigen Geschwülste
mit Unregelmässigkeit und SlOrung in der Menstrua-
tion zusammen, so muss der localen Behandlung eine
allgemeine vorausgeschickt werden. Da es sehr we-
nig rationell sein würde, auf das spontane Verschwin-
den der drüsigen Geschwülste zu rechnen, und da
diese namentlich im spätem Aller zu bedeutenden
Beschwerden und gefährlichen Verschwarungen An-
lass geben können, so ist es immer geralhener, die
Geschwülste zu entfernen. Anfänglich, wenn diesel-
ben noch nicht sehr lange bestehen und keinen gros-
sen Umfang haben, kann man Mittel versuchen, wel-
che auf die Resorption hinzielen. Jodkalisalbe zu ^j
täglich eingerieben, Pflaster aus Cicuta sind die ge-
wöhnlichsten Medicamente. Liegt die Geschwulst
nicht zu tief, so kann eine methodische Compression
der Brust mit Binden zur Verkleinerung beitfagen;
verursacht die Geschwulst leichte Schmerzen, Stiche,
so applieirt man mit Vortheil in Zeiträumen von 14
Tagen 6 — 10 Blutegel. Sobald die Geschwülste
einen grössern Umfang, als den einer Kastanie haben,
so sind alle Pflaster und Salben überflüssig, man
kann nur Hautreizung mittels derselben hervorrufen,
ohne die Geschwülste selbst nur im mindesten zu ver-
ändern. Die blutige Operation , die Exstirpation mit
dem Messer bleibt das einzige und beste Mittel.
Cruveilhier und Moreau haben zwar den Satz
ausgesprochen, es sei stets am besten, gutartige Ge-
schwülste unberührt zu lassen, und nicht «her zur
Operation zu schreiten, als bis man ein Büsartigwer-
den der Geschwulst bemerkte ; allein dieser Ausspruch
ist unrichtig und man mttsste demselben zufolge alle
gutarligen Geschwülste, die Lipome, Steatome,
Cysten , Warzen u. s* w. , die durch ihren Sitz und
Umfang oft ausserordentlich beschwerlich fallen, sitzen
lassen. Die Operation der drüsigen Geschwülste ist
allerdings nicht dringend nöthig, sobald dieselben
klein sind und keine Beschwerde verursachen, sie ist
aber ralhsam , wenn die Geschwülste durch Einrei-
hungen u. s. w. nicht mehr zur Resorption gebracht
werden können , und nöthig , wenn die Geschwülste
durch ihren Umfang belästigen, wenn sie schmerzhaft
werJen. Die Operation seihst hat nichts Gefährliches
und besteht nur in einer einfachen Schnittwunde, die
in der Mehrzahl der Fälle rasch heilL Wollte man
entgegnen, dass an der Brust leicht erysipelatöse
_ Entzündungen, fiiiersenkungen oder Verschwärungen
nach der Operatioil vorkomnien könnten , to laQaite
man Oberhaupt selbst die kleinsten Operationen «it
Furcht vornehmen. Allein die Brust ist nicht mabi
als andere Körpertheile zu Eryaipelas geneigt und b«
Kränkliehkeit, Dyskrasie, Vernachlässiguirg n. s.w.
kann die kleinste Wunde zu heftigen Entzündungea, \
Vereiterungen und Verschwärungen führen, die voa
der kleinen Wunde selbst nicht abhängig sind. Mn
bat die Operationen an der Ernst Aiücblicfa alle für
gefährlich gehalten, weil man dabei stets die EKSti^
pation von Krebsgeschwfliaten im Ange gehabt bat
Bei Krebsgeschwülsten, wo man einen Theil der Brau
oder selbst die ganze Brust wegnehmen muss , wirrf
durch die Exstirpation immer ein ziemlicher Substaii^
Verlust gesetzt und eine grosse Wunde verarsacbt;
die Operation, bei welcher alle kranken Theile sorg-
fältig herauspräparirt werden müssen, ist ausseror-
dentlich schmerzhaft, erschöpfend und es kommt nach
derselben leider oft zu heftigen NachbhitnngeOy co-
piösen Eiterungen, Verschwärungen u. s. w. An-
ders ist es bei den drüsigen Geschwülsten, hier braucht
man blos einen Schnitt bis auf die Geschwulst tu
führen, dessen Länge dem längsten Durchmesser der
Geschwulst entspricht; ist man bis zur Geschwulst
gelangt, so tritt deren glänzende Oberfläche hervor,
die Geschwulst ist wenig oder gar nicht mit den um-
gebenden Geweben verwachsen, man faast sie mit
einem Haken, zieht sie an u. enucleirt sie , ohne das
Messer noch weiter zu gebrauchen. Die einlacke
Schnittwunde heilt oft per primam intentionem, oder
doch in 12 — 14 Tagen durch Granulation. Wenn
die drüsigen Geschwülste iq einer Kapsel liegen, tritt
nach Einschneiden der vordem Kapselwand die ganst
Geschwulst, so wie man einen Druck von hinten her an-
bringt , aus der Schnittwunde hervor. Selten wird
durch den einfachen Schnitt mehr als eine kleine Ar^
terie durchschnitten , die sich auch leicht fassen und
unterbinden lässt. Sind mehrere Geschwülste vor-
handen, so wird die Exstirpation nicht auf einmal
vorgenommen, sondern man entfernt die Geschwütsle
der Reihe nach einzeln in 3 — 4 wöchentlichen Zeit-
räumen.
Ob die drüsigen Geschwülste, die durchgängig
gutartiger Natur sind , sich in Krebs- und Encepha-
loidgeschwülste umwandeln können , hat V. zur Zeit
durch Beobachtung noch nicht erflihren , er stellt »-
dessen diese Möglichkeit nicht in Zweifel, da bei eii-
stirender Krebsanlage jeder Ort, an welchem ein Kei-
zungszustand besteht, vorzugsweise zur Ablagernng
für die Krebszellen erwählt wird. Nach der Cessatio
menstruorum wird die operative Entfernung der drü-
sigen Geschwülste um so nothwendiger , weil dann
Entzündung, Verwachsung, Entartung und Verjau-
chung derselben , die in Jüngern Jahren wohl kanna
sich ereignen dürfte, fortwährend zu befürchten steht.
(Streubel.)
258. neber die Taberkulose 4er
GesoUechtiorgaiie; von Dr.wiib^GeiL (iBsug^
AbhandL Erlangen 1851.)
V. OloflLoAogn t. »Mintrik.
oB-
Dm ok%n gemMite Abbindki^g briogt M neue
fieobachtongatt toh Tnberkviose 4er weibUchen Ge*
sehieclMtlbefle. Sie aiiid UBier CoigeBde Rubriken
geimebt
I. Seihe. Tuberkulose des Uterus allein ohne
anderweitige Tuberkulose in den ttbrigea Sexual*
Organen; 1 Beobachtung.
II. Heike. Toberculosis uteri et IffbaroBi Falte-
frii. A. Ql«)ebteitiget Mitleiden dea Banehfells , be-
siMiders der BeekenorgiM in Porm eines meist efiro-
mscheik EnUttmknigsproeesses ; 19 Beob. D. Ohne
Mitleiden des BauefafcÜles; 12 Beeb.
III. Reihe. Tuberculosis uteri et lubarum Fallo-
pii mit Theilnahme der Scheide. A. In Form eines
aphtbi>«en Processea ; 2 fieob. — B. In Form von
wahren tuberkulösen Geschwttren ; 1 Beob.
IV. Reihe. Tuberculosis tubarum Fallopii (ohne
Uterustuberkalose) ; 8 Beob.
Y. Reihe. Tuberkulose der rechten Tuba ; 2
Beob.
<
Aus den hieraus folgenden Gorollarien beben wir
folgende hervor.
1) Von der Tuberkulose der Scheide , -— sowohl
dem etgentlichen tuberkulösen Proeesse, als den so-
genannten tuberkulösen Aphthen, ^ erwalmt Roki-
tansky nichts. Aus ^ 35. Beobachtung erhellt,
dasB a«eb GesehwUre mit tuberknioseni Charakter anf
der Sdileifflfaaot der Vagina vorkomtnen.
2) Wenn Rokitansky den apblhOsen Process
im Kehlkopf und in der Luftröhre, der sich besonders
zu Lungen- und Kehlkopfsphlhise hinzugesellt» in
einer innigen Beziehung zum tuberkulösen Processe
betrachtet, obwohl derselbe mit dem eigentlichen
Tüberkelexsudate und Geschwüre nichts gemein hat,
so muss dasselbe Verhältniss auch von der Schleim-
haut der weiblichen Sexualorgane gelten; denn es
finden sieh auf der Sclileimhaut der Vagina genau die-
selben seichten oder tiefern rundlichen Aphthen wie-
der, gleichzeitig mit Tuberkulose der Ulerinalschleim-
hauL
3) Ein Fall iron Louis (Recherches sur la phthi-
sie p. 142) weist nach, dass sich unter der tuber-
kulös erkrankten Schleimhaut des Uterus ein erbsen-
grosser Tuberkel in der Wandung des Körpers des
Uterus, und zwar in einem noch rohen Zustande, von
graulicher Farbe, leicht durchscheinend, vergefunden
habe.
4) Vorzüglich aus den Fällen 33 und 34 erhellt
die scharfe Begrenzung der Tuberkulose am Genrii
uteri , jedoch sieht man in der 35. Beobachtung den
Pfoceae vom Uterus her durch das Orificinm uteri in-
ternnm bis zam Orificinm uteri externum bis zur Va-
ginalportion» ja eelbat bis in den Scheidengrund eich
cretreckan.
5) Den tnbevk«IOs«i ^ocens <les Utenm «nd der
Tubenscli leimhaut im ersten Beginn sah man unter
den angelührten Fallen nur einmal (22% jedoch hier
schon in Form von Infiltration einzelner Schleimhaut-
fallen.
6) K i w i s e h erwähnt , dass in seltenen Fallen
die tuberkulöse Ablagerung eine rückgängige Meta-
morphose in eine kreidig-fettige Masse, also eine Art
Heilung eingeht. Aus der Beobachtung 27 ergiebt
sich , dass wahrend an der einen Stelle im Genital-
systeme des Weibes in den Tuben die Tuberkulose
rückgängig wird , sie an andern Stellen (im Uterus)
als frische Infiltration, gleichsam als Recidive auf-
tritt.
7) Von einer Theilnahme der Hamorgane an tu-
berkulösen Processe der Geschlechtsorgane zeugt nur
eine Beobachtung (15).
6) Es lllsst sich in den meisten Fallen nicht mit
Besliuiintheit entscheiden (bei den FVHen von Combi-
nation von Peritonaal- nnd Tnbentnberkulose) , in
welchem dieser Theile der Process zuerst aufgetreten
und ob er sich per contiguitalem von dem einen auf
den andern fortgepflanzt hat. Manchmal ist die Pe-
ritonitis allem Anscheine nach eine sehr alte und der
Process in den Tuben ein anscheinend viel jün-
gerer.
9) Die 16., 17., 20. nnd 43. Beobachtung, be-
sonders letztere, lehren, dass das Puerperium in
manchen Fallen zur Entstehung der Tuberkulose in
den Genitalien lu disponiren acheine.
10) Aus den Beobachtungen erhellt, dass es eine
Seltenheit ist, dass die Tuberkulose in den Geschlechts-
organen auftritt, ohne dass sie früher in irgend einem
andern Organe vorhanden gewesen wäre. Hierher
gehört blos ein Fall (Nr. 38) — Tuberkulose der Tu-
barum Fallopii, ohne Tuberkuloae eines andern Organs
und hochgradige Animie bei einer lOjthr. Magd — ;
diesem schliesst eich ein weiterer Fall an , wo hioa
Tuberkulose in den Fallopischen Tuben u. dem Bauch-
felle sich vorfand. In den allermeisten Füllen ist
Lungentuberkttloae vorhergehend und gleiehzeitig mit
fortschreitend.
11) Schon Rokitansky bemerkt, dass die
Tuberkulose des Uterus ohne Tuberkulose der Fallopi-
schen Tuben vorkommen könne. Die 1. Beobachtung
giebt einen Beleg hierfür.
12) Was die Tuberkulose der Ovarien betrül, eo
ist sie durch 2 Beobachtungen (20 u. 25) «nzweifd-
haft sicher gestellt.
1 3) Die von R 0 k i t a n s k y angegebene , häufig
vorkommen sollende Gombination von Uterustuberku-
lose mit Tuberkulose der Abdominallymphdrasen fin-
det sich hier nicht bestätigt.
14) Das Vorkommen der Tuberkuloee in den
wetblicfaen Gesehlechtstbeilen Bach den Aitarsver*
396
V. GynSkologie iL Pidiatrik.
hälUiissen ist uoter den obigen 45 Beobachtungen
folgendes.
Vom 10.— 20. Jahre 4
„ 20.— 30. „ 16
„ 30.-40. „ 9
„ 40.— 50. „ 7
„ 50.— 60. „ 3
„ 60.— 70. „ 5
„ 70.— 80. „ 1
_____
Milhin ist fast kein Lebensalter von der Affectinn
ausgeschlossen. AufTallend ist dieHäußgkeit zwischen
dem 20. u. 30. Lebensjahre. Louis fand unter
200 an Phthisis verstorbenen Weibern nur '3 mal die
Tuberkulose der Genitalien.
15) Der Fall von Hardy (Arch. g^ner. Juin
1834) entbehrt wohl der Glaubwtlrdigkeit. Ohne
Zweifel sind seine Tuberkelmassen in der Placenta
nichts weiter gewesen, als partielle altere Fibrin-
gerinnungen und Fibrinanhäufungen , wie sie fast in
jeder Placenta vorzukommen pflegen.
16) Was das gleichzeitige Vorkommen von Tu-
berkulose der Geschlechtstheile mit andern Krankhei-
ten derselben betrifft, so lässt sich nach zahlreichen
vorliegenden Beobachtungen, so wie nach dem, was
sämmtliche Schriftsteller über diesen Gegenstand mit-
theilen, behaupten , dass nur allein die krebsige Ab-
lagerung sich mit der Tuberkulose an diesem Orte
ausschliess t. (M e i n e I . )
259. Ueber Gebirmiitterbliitang ; vonNewn-
ham. (Prov. Journ. Sept. 1851.)
Nach Mittheilung eines wenig Interesse bietenden
Geburtsfalles macht Vf. folgende Bemerkungen. Die
Anwendung des Tampon bei Gebarmutterblutungen
Schwangerer ist nicht gestattet , wo noch eine Hoff-
nung auf ein Fortdauern der Schwangerschaft besteht.
Da , wo durch beträchtlichen Blutverlust bereits ein
hoher Grad von Erschöpfung herbeigeführt wurde, ist
der anhaltend fortgesetzte Gebrauch von Kälte und
Nässe zu vermeiden; denn diese bewirken ein ZurOck-
weichen des Blutes aus den Capillargef^ssen , u. da-
durch Verminderung der nattirlichen Wärme, sie ver-
ursachen den Kr. ein miserables Lager in nassen und
kalten Betten, sie führen Erschöpfung des Nerven-
systems herbei , und machen den Arzt irre in Beur-
tbeilung der Menge des abfliessenden Blutes. Wird
das Blut von der Haut zurückgedrängt, wo anders
kommt es hin , als zu den grössern Uteringef^ssen ?
Kälte ist nur in den ersten Perioden von Gebärmutter-
blutungen anwendbar, und dann in Form eines Stük-
kes in die Scheide eingebrachten Eises ; auch dieses
darf man nicht zu lange liegen lassen , um nicht das
Leben der damit in Berührung kommenden Theile zu
zerstören , es soll nur ein Blutcoagulum erzeugen u.
dann wieder entfernt werden. In Fällen von drohen-
dem Abortus rührt die Blutung von tbeilweiser Lö-
sung der Placenta her, und es ist unsere Aufgabe,
so wenig als möglich Blut nach ihr gelangen zu las-
sen, die Bildung von Goagulum zu bewirken und die
Kräfte der Kr. möglichst zu erhalten. Die reizende
Einwirkung der Wärme ist so lange jedenfalls zu ver-
meiden, als die Hämorrhagie bei reichlicher Lebens-
kraft besteht, macht sich aber der schwächende Ein-
fluss der Blutung geltend , so nützen warme Tttcher
und Senfteige in die Herzgrube mehr , als die anhal-
tende Anwendung der Kälte. Unter allen Mitlehi
steht aber hier das Opium oben an, indem es das
Nervensystem beruhigt u., Gongestion nach den Gebirn-
gefässen bewirkend, den Organismus in den Stand setzt,
den Anfall auszuhallen. Zu Transfusion kann Vf.
nicht im Allgemeinen rathen , da dieses Mittel eis
noch nicht hinreichend bewährtes , ja wohl ein be-
denkliches ist; dagegen kann er nicht eindringlich
genug ein ruhiges, keine Furcht zeigendes Beneh-
men des Arztes empfehlen, weil die Kr. durch nichts
mehr niedergedrückt werden, als wenn sie den Arzt
ängstlich sehen ; und gerade bei Gebärmutterblutun-
gen hilft ein zuversichtlich hoffendes Gemüth am
sichersten mit aus der Gefahr. (Sickel.)
260. Blntong bei Gebarten; von sl Monck-
ton. (Times, Novbr. 1851.)
Nach Mittheilung dreier, wenig interessanter Ge-
burtsfälle bemerkt Vf. , dass , wenn die Placenta ne-
ben dem Muttermunde ihren Sitz hat, ohne diesen
selbst zu decken , häufig bedeutende Blutung eintre-
ten wird, deren Ursache jedoch und Grad der GeHthr-
lichkeit leicht zu erkennen ist; solche Blutungen wer-
den durch das Herabsteigen des Kindeskopfes nach
vorhergeschickter Ruptur der Eihäute leicht gestillL
Gelangt jedoch das Blut nicht durch die Scheidenach
aussen, so ist es oft schwierig , den Zustand der Kr.
genau zu beurtheilen und nicht immer leicht. Abhülfe
zu schaffen, wenn das Uebel erkannt ist. Hier kann
das Sprengen der Eihäute nicht schnelle Hülfe brin-
gen, indem das abfliessende Fruchtwasser sofort durch
austretendes Blut ersetzt wird , welches die freige-
wordenen Räume schnell einnimmt. In solchen Fäl-
len ist es, vorausgesetzt dass die Kräfte der Kr. noch
nicht zu sehr gesunken sind, nicht gerathen, die Ei-
häute zeitig zu sprengen , sondern man warte hier-
mit, bis mit Sicherheit darauf zu rechnen ist, dass
der Entleerung der Eihäute die Geburt des Kindes auf
natürlichem oder künstlichem Wege sofort folgen
wird. (Sickel.)
261. Bemerkungen Aber Inflezion des Uterus
mit einem Geburts falle ; von Prof. Hohl zu Halle.
(Deutsche Klin. 44—46. 1851.)
Die Schiefheit der Gebärmutter, welche schon
BoSr vom Schiefstande derselben trennte, ist seit
dem Jahre 1845 wieder häufiger Gegenstand der Be-
sprechung geworden. Vf. kann Ki wisch nicht un-
bedingt beistimmen, wenn derselbe sagt, dass in den
Handbüchern über Frauenkrankheiten nur unbefriedi-
gende Aufschlüsse über die Inflexionen zu finden
seien; Mende, Busch, Meissner U.A. haben
V. Gynlkologie n. Pldktrik.
397
den GegensUBd mit grosser Gründlichkeit behandelt.
Das hSafigere Vorkommen der Inflexionen seit 1845
im Vergleich xu der frühem Zeit muss auffallen , und
en liesse sich nur aus einer grOssern Sicherheit in
der Erkennung des Uebels zufolge neuer Httlfsmittel
erklären. Die Uterussonde ist keineswegs immer an-
wendbar, und ihr Gebrauch gebietet die grdsste Vor-
sicht ; da, wo sie anwendbar ist, giebt sie nicht im-
mer eine grössere Sicherheit in der Diagnose, als die
manneile Exploration. Letztere ist auf folgende
Weise auszuführen: man bringt den Zeige- und Mit-
telfinger zwischen den Mutterhals und Körper so weit
ein, dass die Spitzen in dem Winkel der Knickungs-
stdle liegen, bleibt mit dem Zeigefinger vor dem
Mutterhalse liegen , und schiebt mit dem Mittelfinger
Gmnd und Körper nach vorn oder nach hinten , je
nachdem eine Antro - oder Relroflexion besteht , von
dem Hulterhalse ab. Auf diese Weise erkennt man
nicht nur die Inflexion , sondern erführt auch , ob
Verwachsungen vorhanden sind, oder nicht. Das
jetzige häufigere Vorkommen der Inflexionen ist also
aus den neuerlich etwa gewonnenen diagnostischen
Zeichen u. Erkennungsmitteln nicht zu erklären.
In der Neuzeit werden , wie früher , InUexionen
durch die Natur und Kunst geheilt und angeheilt ge-
lassen; viel wird, wie man jelzl häufig liest, mit
dem Uterushalter geleistet. Wenn Kiwi seh Auf-
lockerung und Verlängerung des Uterus als die allei-
nige Ursache der Inflexionen ansieht, so fanden da-
gegen Meckel, Tiedemann u. neuerdings Vir-
chow, dass in der grossen Mehrzahl der Fülle keine
Structurveränderungen vorhanden seien. Angenom-
men aber auch, dass Erschlafl'ung der Gebärmutter
zugegen sei, und dass eine Verkleinerung derselben
durch Gontractionen eintreten könne, so kann eine
solche doch gewiss so lange nicht erfolgen, so lange
der Apparat den Uterus wirklich aufgerichtet erhält
und auseinander zerrt. Ueberdem liegt das Uebel,
zu der Zeit, wo es zur Behandlung kommt, nicht im
Grunde und Körper, sondern in der Knickungsstelle,
weshalb der Uterus nach Entfernung des Apparats
früher oder später sich wieder umbeugt. Ebenso
wenig Heil ist von den Apparaten da zu erwarten, wo
die Anheflung des Uterus ihm nicht die gehörige Be-
weglichkeit gestattet; ferner bei angebornen oder in
der Kindheit erworbenen Inflexionen, bei Enge oder
Atresie des äussern Muttermundes, des Kanals des
Matterhalses, des innern Muttermundes oder der
Knickungsstelle ; ferner da, vvo die Flexion aus einer
fehlerhaften Neigung entstanden , oder mit dieser zu-
gleich vorhanden ist, wo Geschwülste an oder in dem
Uterus die Flexion bedingen, wo der Uterus in einem
entzündlichen oder gereizten Zustande ist. Wie viel
bleibt nun noch übrig? fragt Vf. Die Aelzung der
ganzen Innenfläche der Gebärmutter, um vorhandene
Metrorrhagie zu bekämpfen und Auflockerung der Ge-
bärmutter nachhaltig zu beseitigen , hält Vf. für zu
gCTvagt.
Nach Ablauf der ersten Schwangerschaftsmonate,
so wie gleich nach der Gehurt kann es eine wirkliehe
Inflexion, d. h. eine Umbiegung oder Knickung an der
Stelle, welche dem innern Muttermund entspricht,
nicht geben , indem die Verkürzung des Mutterhalses
darauf beruht , dass sein Kanal von oben nach unten
in die Ausbreitung der Ulerushöhle gezogen wird. Nach
der Geburt ist erst dann eine Inflexion wieder denkbar,
wenn der Mutterhals sich wieder von oben nach un-
ten bildet Conception wird bei einer schon lange
bestehenden, bedeutenden Inflexion nicht leicht zu
Stande kommen; sollte es dennoch geschehen, sor
wird wohl immer Abortus eintreten. War nur eine
Inflexion geringern Grades vorhanden, so kann durch
Schwangerschaft dieselbe beseitigt werden und nach
der Geburt beseitigt bleiben oder auch zurückkehren.
Es giebt jedoch eine Art von Schieflieit des Uterus»
die entweder schon an dem nicht schwangern Uterus
gefunden wird , oder sich in Folge ungleicher Ent-
wicklung der Wände erst während der Schwanger-
schaft bildet ; die Form und Richtung des Mutterhal-
ses nimmt daran nicht Theil , doch kann der Mutter-
mund während der Geburt mehr nach hinten oder
nach einer Seite hin gerichtet sein. Sie verschwin-
det gewöhnlich nach der Geburt, bleibt jedoch, wenn
sie schon vor der Schwangerschaft bestanden bat.
Im nicht schwangern Zustande veranlasst sie Men-
struationsanomalien,' weissen Fluss, hysterische Zu-
fälle und häufig eine besondere Empfindlichkeit in
den Geschlechlstheilen. Sie kann übrigens mancher-
lei Beschwerden in der Schwangerschaft veranlassen,
frühzeitig Geburt bewirken , die Geburt erschweren,
ja sie sogar unmöglich machen.
Einen Fall letzterer Art mit tödtlichem Ausgang
für die Mutter, die unentbnnden starb, 'theilt Vf.
hier mit.
Eine 24)ähr. Judin, die schon in den ersten Wochen ih-
rer Verheirathung an einer krankhaften Empfindlichkeit der
Geschlechtstheile gelitten hatte , die eine genauere Untersu-
chung unzulässig machte , durch die geeigneten Mittel jedoch
beseitigt worden war, abortirte im Februar IStfO im 3. Mo-,
nate der Schwangerschaft. Zum 2. Male schwanger klagte sie
oft über Schmerzen in der rechten Seite, erreichte jedoch das
normale Schwangerschaftsende, und es traten am 13. März
1851 die ersten Wehen ein. Die äusserliche Untersuchung
Hess eine eigenthumliche Gestalt des Bauches , in der Nabel-
gegend stark hervortretend, erkennen, und die Ursache in der
Configuration des Uterus finden , der mit seinem Grunde nach
vorn und etwas nach rechts gerichtet erschien. Das Becken
wurde regelmässig gefunden, die Geburtswege vorbereitet,
der Muttermund aof V* erweitert, der Kopf in der obern
Apertur und in der 2. Scheitelbeinlage; er war nicht unge-
wöhnlich gross. In der Nacht zum 15. hatte sich der Matter-
mund vollständig erweitert , und der Kopf trat tiefer in den
Eingang herab. Es wurde nun die Blase gesprengt, worauf
Treibweben eintraten , die den Kopf etwas vorbewegten , der
aber nach jeder Wehe wieder zurückwich. Am Morgen des
16. wurde , da trotz guter Wehen der Kopf nicht tiefer herab-
gerückt war, die Zange angelegt ; aber es wollte auch den an-
gestrengtesten Bemühungen nicht gelingen , die Geburt ihrem
Ende näher zu bringen , indem nach jeder Traction der Kopf
wieder in seine frühere Stellung zurückwich , wobei deutlich
zu bemerken war , dass bei jedem Zuge mit der Zange der
Grund der Gebärmutter folgte , und mit dem Nachlassen der-
selben sich wieder erhob. Es standfest, dass zur Zeit die
Entbindung mit der Zange nicht zu bewirken, dass weder <*
V. fiislkolosi» «. Ntfatrik,
Koff Qodi da» BecJMii da» Hiodeni«« lei, sondeni d»M die
Schultero oder die Yerbaltnisse des Uterus selbst den Bumpf
zuruckhalteo mussten. Nachdem sichere Zeichen yom erfolg-
ten Akleben des Kindes eingetreten waren, wurde der« Kopf
perfortrt, worauf die Hand »n Him vorbeigelangen konnte.
lUa Kind war woblgefctadtet und lag mit dem Bücken nach
linke und hinten ; an der vordem Fläche des Kindes gelangte
die Hand bis zu dessen Becken , wo der Bumpf eine starke
Beugung nach torn machte , aber ton hieraus war er nicht
weiter tu verfolgen , indem die vordere Uleruawand der Itond
den Eingang in den vordem Winkel der £iabieguag nicht ge-
stattete. Ein Versuch, den Sleiss des Kindes hervonuiziehen
gelang nicht. Es wurde nun beschlossen , die Faulniss des
Rindes , oder eine Erschlaining des Uterus abzuwarten , und
Air Kr. ein Doversehes Palver lo geben. An andern Morgen
iMid maa dieae sekr evacböpft, den PuJa (requieot, die B*a|^i-
latioD kurz, den Leib aufgetrieben und empfindlich ; ein jeut
wiederholter Extractionsversuch missgluckte ebenfalls, u. man
stand von allen femem Tersuchen ab, um die unretcbare
Flran nicbt nntcloe zu quälen ; am Morgen des 19. starb sie.
Bei der Section fand sich der Uteras nicht vun der ge-
wöhnlichen LSnge , aber breiter als sonst in der Schwangar-
fcbalil. in der MitAe des Körpers war die vordere Wand ein-
gebogen, stellte sich dünner und kurier dar, als die hintere,
ungewöhnlich gewölbte, u. so bt>g sich der Grund gerade nach
vom und etwas nach unten um. In diesem umgebogenen
Tlwile lagen der Steisa und die untern Extrenititen. Nach
£nottattng des Uterus auf der linken Seile aah man bei einem
Zuge aB dem Bumpfe des Kindes, wie dieses, einem in die
Stelle der Umbeugung des Uterus eingelegten Haken gleich,
die Gebärmutter herabzog, ohne selbst dem Zuge zu folgen.
(Sicke4.)
262. filflcUich geheilte Invenio uteri; von
Hugh Miller. (Monihly Journ. Dec. 1851.)
Vf. «nählt einen eine 25jähr. Fra« betreffenden Fall,
. (HO Jbei der 8., an «ich leichten EotbijidQBg eine Inveraion der
Gebärmutter entstanden war; diese hatte bereits 3 Monate
bestanden und zu den verschiedenartigsten Beschwerden Ver-
anlassung gegeben, als Vf. die Kr. zuerst sab. Er schritt zur
Beposition, die trotz der ungunstigen Umstände dennoch ver-
Aältnissmässig leicht gelang , und wodurch eine vollständige
Heilung erzielt wurde. (Sickel.)
263. InveniO uteri; von GilmaD. (New-
York Joura. July. 1850.)
ff. berichtet einen bei einer 18jähr. Frau beobachteten
FaH von vollständiger Inversion der Gebärmutter , wobei es
besonders bemerkenswerth war, dass der Uterus, obgleich
die Umstulpung schon ein Jahr lang bestand , nicht grösser
war, als eine Walluuss (bickory nnt). Schon war die Ope-
ralion durch die Ligatur beschlossen, als die Kr. unter Bre-
chen, Diarrhoe und ffämorrhagten starb. Die Inversion war
hoelist wahrscheinlich durch unvorsichtiges Hinwegneluiien
der Nacbgebnrt bei der ein Jahr froher stattlhidenden Geburt
verarsacht werden. (S i c k e 1.)
264. 0eber hfenion des IRen» bei ftebvr-
tan; vonDepaul. (Gas. des Hdp. 135. 1851.)
Inversionen des Uterus komnen weit weniger
häufig vor, als man su glauben geneigt ist, iM^on-
ders wenn man bedenkt , weleh vnvorsichtige Trac-
tionen bei vielen Entbindungen aasgettbt werden. Bei
einer elwa 18]ähr. ausgebreiteten geburtsholflichen
Praxis äatie Vf. erst 2mal Gelegenheit, den in Rede
«tebenden Zufall tu beobachten. Die Inversion kann
bei Gebarenden entstehen: entweder wsrhrend das
Kind geboren oder exlrahirt wird , oder bei Entfer-
amig dar Waofaf eiuut. tau «rstai» Falle iü aMWMh-
mfltt, dbsa tM Theil der Gtbinnatltr aMM Üm^
IHtt verlaiM hat, und deahalb durch aUiieTi^
mm bei absolut «der relativ au kurier HUhMa
invefftirt wird; doch wird diess migleieh saltaorj
schaben, als iui Mm Zerren an der Plaeaati, m
diese angewachsen ist, Inveraion entatehl Ij
hier int eine UnthKtigkeit der Oebarmnllarwiidd
anzttnehmaa , die meist die Felge von BlaMifigsi|
wegen welcher auch aar schleuMgen Wegpahnaj
Nachgeburt geachrkteo lo werdem filigt. ||
durchaus nicht wahrscheinlich, dass eiiia Ibi|
4ar fiehsnniuter ohne ein angemaaatMs Zmi
Kinde oder «i der PlacenU tu Slnth homMt)
ebenae wesig als durch einen vos obea wd
aan auf den Uterus wiiienden Druck, wit IM
glauben. |
Die Inversion kann eine mehr otler Wfaigsr«
stSndige sein. Ihre Diagnose iat nicht sdiier;
Abwesenheit dca sonst nach Geburten aber taScM
beinen als Kugel zu fihlenien Uterus und dasfllj
des sich in der Scheide benabdrSogenden tieUi
tergrnndea lassen das Uebel leicht erkennes.
allgemeinen Erscheinungen haben nichts CoMtt
und hangen meistens von Complicationen ab.
Inversion ist tlbrigens einer der bedenklichste!
Gebäract begleitenden Zufälle , besonders weg«
oft dadurch veranlassten Blutungen, und v
der Schwierigkeit, ja oft Unmöglichkeit der
Position.
Die Heilanzeigen bestehen in Zur(lckbriDgiB|
inverltrten Gebürmutter, und in Vermeidosg (
Rttckfalls und Bekämpfung der Polgen, die seUutl
gelungener Reposition eintreten kffnnen. lo dei
tenen Fällen , wo die Placenta nach gescbdieH
Version noch festsitzt, ist sie zu enrtferneD.
günstigste Zeitpunkt , zum Reponiren, ist ohne
fei, so bald als möglich nach geschehener
sion. Die Operation selbst ist nicht immer ieicM:
Schwierigkeit hängt von dem Umfange und der
der inverlirlen Partie ab, bisweilen spielt
Multerhals eine nicht unbedeutende Rolle. Nai'
die Reposition mit der blosen Hand oder miudf
eigenen Instruments, Repoussoir, bewirkeo;
Methode giebl Vf. den Vorzug. Das Inslnimi
die Gestalt eines Paukenschlägels , und man M
seiner Anwendung besonders darauf zu acbten,
man e« in der Mitte des Gebärmuttergnrades fl
und in der Achse des Uterus fahrt. Ist die M
eine so bedeutende , dass der Uterus zum TheB
ganz ausserhalb der äussern Geschlecbtstheile
so hat man zuerst Alles in die Beckenböble zfl
zudrängen und dann erst die eigentliche Rep
vorzunehmen. Zu Vermeidung eines RUckfil
die Pat. Anstrengungen aller Art zu vermeide
muss längere Zeit hindurch im Bett liegen, df
ken etwas erhöht, und einen Schwamm im I
halse , einen andern in der Vagina tragan , 1'
durch eine T-Binde befestigt. Eine Gabe Hottl
wird nach ausgeführter Reposition sehr bI
V. Gyolkologie n. PädiatriL
329
265. Ueker BUdug einei wahren Corpui
luteui B«r bei der Schwangerschaft; von Alex.
Harvey. (MonthJy Joutd. OcU 1851.)
Obgleich bei jeder Menstroalion ein reifes £i den
Eierstock veriSssl und io den gi^eborslenen Follikeln
sich das Material zur Bildung eines Corpus luteum
findet , so wird ein wahres Gorp. lut. doch nur bei
Schwangerschaft entstehen. Der während der Dauer
je einer Menstruation stattfindende vermehrte Säfle-
znlliiss tum Ovsrium ist nicht hinreichend zur Ent-
wicklung eines wahren Gorp. lut ; hierzu bedarf es
eines längere Zeit hindurch fortdauernden vermehr-
ten Blutzuflusses» wie solcher wahrend der Schwan-
gerschaft statthat Unbefruchtete Eier gehen zu
tirunde» und in den Follikeln» aus welchen dieselben
austraten, entstehen nur falsche G. 1.; dasselbe findet
hei Abortus Statt , auch hier erreicht das G. I. nicht
seine volle Entwicklung. Es ist möglich, dass es
krankhafte, mit vermehrtem Blutzuflusse zu den Ova-
rieo einhergehende Zustünde der weibl. Geschlechts-
organe giebt, bei denen sich ein wahres C. I. bilden
kann» doch wird diess gewiss nur selten der Fall
sein. (Sickel.)
266. Leistenbnichaack- Schwangerschaft;
TOD Skrivan. CWien. Ztschr. VII. 9. 1851.)
Eine 38jähr. kriftige Frau, too ihrem Kindesaiter an
mit einem liokseitiaen , unvollkommen enlwickelten Leisleo-
kmcbe behaftet , hatte 8 Kinder geboren , zum letzten MHe
Zwitlioge, ohne dass dadurch ein nachtheiliger fiintlussauf
üen Bruch ausgeübt worden wäre. In Foig«* anstrengender
Arbeiten erreichte der Bruch jedoch nach und nach die Grösse
der Hälfte eines Kindeskopfes, verursachte der Frau aber keine
Beschwerden nnd konnte im Liegen zuruckgebracb-' werden.
Im October des vorigen Jahres verspürte si^ bein Böcken,
dass ein kniuelfSrmiger Körper aus der linken fauchgegeod
sich in den Bruchsack herabgesenkt hatte ; vouüeser Zeit an
nahm letzterer stets an Umfang zu , and die Frau verspürte
in ihm ein immer stärker werdendes Brennen, zu dessen Lin-
derung sie kalte Umschläge machte. Nach l^erlauf von 2 Mo-
natco nahm sie in dem Bmcbsacke leichte fiewegongen wahr ;
zo dieser Zeit sah Vf. die Kr. zuerst , disgnosticirte in Ueber-
einstimmong mit dem Bezirksarzte Pr. Schkroch eine
Exlrattterin> Schwangerschaft und bescbloss bei Beginn der
Gebart zn operiren. Am 24. April traten Wehen ein , sieb
von der Kreuzgegend in den Bruchssck verbreitend , und sich
immermehr TerstSrkend. Nach rorausgegangener Aetherisi-
rang worde nun ein 5" langer Schnitt am Grunde des Brucb-
aackes, der fast bis zum KuiegWenk reichte, gemacht , worauf
der mit einer serös fibrösen Haut überzogene Fruchtbälter zum
Torschein kam, dessen Substanz beim Durchschneiden der
Sabstanz der Gebärmutter glich, und 3''' stark war. Das
Kind wurde sammt der Nachgeburt lebend herausgenommen,
▼erschied aber nach 1 Stunde ; Furchtwasser war nicht be-
merkbar, was sich dadurch erklaren lässt, dass schon im
letzten Monate der Schwangerschaft bei jedesmaliger linker
Seitenlage ein käseartiges Wasser durch die Scheide ausgeflos-
sen war. Auch hatte seit der Einklemmung des Fruchtbe-
bälters, der entweder das Ovarium, oder wahrscheinlicher
die Huttertrompete sein mag , ein schleimig-blutiger Ausfluss
•OS der Scheide sieb meist allvierwöchentlich gezeigt. Das
&ind war 17" lang und 4 Pfd. schwer. Der Brucbsack ist in
der Grösse eines halben Kopfes zurückgeblieben ; die Wunde
schloss fich, a. die Wöchnerin genas. (Sickel.)
267. lerkwftrdiger Geburttbll; von James
Gray. (Montbly Journ. Jan. 1851.)
Med. Jahrbb. Bd. TS. Hfl. S.
Bei einer Erstgebärenden , bei welcher durch das Herab-
rucken des Kopfes das Perinäuro , und besonders die After-
mündung ungewöhnlich ausgedehnt worden, ereignete es sich,
dass trotz sorgfaltiger Unterstützung des Dammes mit der fla-
chen Hand, eine Hand des Kindes das Mittelfleisch durch-
bohrte und bis zur Hälfte des Armes nach aussen trat , wäh-
rend der Kopf durchschnitt. Der hierdurch entstandene Riss
befand sich gleich am Sphinkter des Afters und erstreokte sich
Vi'' weit nach vorn ; er heilte später vollständig wieder zu.
(Sickel.)
268. F&lle YOn KaiBerSChnitt; von Th. Rad-
ford. (Prov. Journ. June and Oct. 1851.)
Eine 41 jähr. Frau, welche 4mal leicht, zum 5. Male
zwar schwer, doch ebenfalls ohne Kunstbülfe ein lebendes Kind
geboren hatte, rousste bei ihrer 6. Niederkunft mittels der
Perforation entbunden werden , da durch eine nach ihrer IS.
Entbindung eingetretene Knochenerweichung beirachtiiche Bek-
kenverengerungen entstanden waren. Trutz allen angewand-
ten Mitteln hälfe die Krankheit solche Fortschritte gemacht,
dass bei der 7. Niederkunft der Kaiserschnitt nothwendig
wurde. Das Becken war so verunstaltet, dass die Tubera
ischii kaum 2 Finger breit von einander entfernt waren , der
Durchmes^r des Beckens von vurn nach hinten an der weite-
sten Slel'e l'/j, an der engsten kaum 1" betrug. Die Aus-
cultatirn ergab , dass das Kind lebte , und dass die Placenta
ihren^itz an der rechten vordem Seite der Gebärmutter hatte [?].
£s vurde unter solchen Umständen sofort zur Operation ge-
scl:ritten u. dieselbe rasch u. glücklich beendigt. Das Kind,
e^ Mädchen, lebte u. wurde erhalten.
Eine 42jähr. Frau hatte 10 Kinder geboren, 9 ohne
Kunsthülfe , die 10. Entbindung war mittels der Perforation
beendet worden. Während der 10. Schwangerschaft hatte
sie heftige Schmerzen in den Hüften und Schenkeln gehabt
und beim Gehen gehinkt ; diese Erscheinungen verloren sich
nach der Entbindung nicht, und steigerten sich während
der 11. Schwangerschaft; auch wurde ein Kleinenverden ih-
rer Figur bemerkbar. Die am normalen Schwangerschafts-
ende beginnende 11. Geburt hatte bereits 34 Std. gedauert,
als Vf. zur Kreissenden kam. Er fand sie äusserst schwach,
der Puls zählte 150 Schläge , der Leib war sehr schmerzhaft,
die Zunge trocken und rissig, der Durst sehr gross. Bei der
Untersuchung ergab sich , dass die Tubera ischii nicht weiter
als 1%" von einander entfernt waren , und dass durch die
Conjugata ein Finger kaum hindurchging. Unter diesen Ver-
hältnissen wurde der Kaiserschnitt ausgeführt ; das Kind war
todt, die Mutler starb am nächsten Tage; jli<^sen unglückli-
chen Ausgang will V/. nur auf Rechnung der langen Zeit ge-
bracht wissen, die vom Beginne der Geburt bis zur Operation
▼erstrichen war.
Eine 39jähr. Frau hatte 7mal leicht geboren u. einmal,
vor 13 Monaten, im 4. Schwangerschaftsmonate abortirl. Seit
ungefähr 2 Jahren litt sie bäuflg an Rückenschmerzen u. war
allihälig merklich kleiner geworden. Bei ihrer 9. Entbindung
zu Ralhe gezogen fand Vf. die Kreissende mit rissiger , trock-
ner Zunge, heisser Haut , einen Puls ?on 130 Schlägen ; das
Gesicht drückte grosse Angst aus. Die Conjugata fand sich
bis auf Vi" verengt. Es wurde sofort der Kaiserschnitt aus-
geführt; das Kind zeigte etwas Leben, wurde aber nicht erhal-
ten, die Mutter starb 67 Stunden nach der Operation.
(Sickel.) '
269. neber die yorzllglichsten Qaellen der
Gefahr beim Kaiserschnitt; von Ch. Wesu
(Med.-chir. Transact. XXXIV. 1851.)
Nach Mittheilung eines mit dem Tode der Ope-
rirten endenden Falles von Kaiserschnitt sagt Vf., dass
die Gefahr bei der Operation , auch wenn diese mit
Beobachtung aller Vorsichtsmaassregein ausgeführt
42
330
t. (i^lÜKblogie ü. iPitihatriL
wird, eioe vierfache Ursache habe; 1) die Blulung,
2) die inSichtige Erschütterung des Nervensystems^
3) die Verletzung des Bauchrells , und 4) die Ver^
wundung des Uterus zu einer Zeit, wo die Natur da-
hin strebt , dieses Organ zu seiner Norm zurUckzu-
DihreD. Kays er fand in 123 zusammengesteUten
FaHen die Todesursache 77ma] ita Entzündfing, dOinsl
in Erschütterung des Nervensystems , 1 2mal in Hä-
ihorrha((len und 4mal in zuHlUigen Umstlnden. Da
jedoch in vielen dieser Fälle die Angaben nieht ganz
genau sind, so hat Vf. nur die ganz zuverlässigen
Beobachtungen von Kayser benutzt und ihtten sol-
che zugefügt, über die er selbst genaue Kenntniss
erlangte. Ans einer auf diese Weis« zusammedgestelli-
ten tabelle ergeben sich folgende Hesultaie. In 41
von 147 Fällen trat, entweder wxhirend oder nach
der Operation eine bedeutende Blutunjr ein , und in
ehiem Dritttbeil von diesen Fallen wurde die HSmor-
rhagfe die alleinige Todesursache; 7mal entstand
die Hämorrhagie dadurch , dass bei der Operation die
Placenta eingeschnitten wurde; 20mal kam Aie Blu-
tung wahrend der Operation, und zwar theils a«s den
Wundrändei'n der Gebärmutter, theils, und lami
meist in einem sehr hohen Grade, von dem Si\ze
der Placenta. In den übrigen 14 Valien war di^
Bämorrhagie eine secundare, und trat erst nach Been-
digung der Operation und Schliessung der Bauch-
wunde ein ; meistentheils ergoss sich dann das Blut
in die Baucfahühle. Gegen eine solche HStaiorrhagie
vermag die Kunst tiur wenig; denn contrafhtrt sieh
die Gebärmutter auch hinreichend, um die durch Los-
trennung der Placenta verursachte Blutung zu stillen»
so folgt doch nicht nothwendig, dass durch die Gon-
tractiön in der Substanz des Uterus auch ntletndl die
Blutung aus der Schnittfläche gehemmt werden tduss;
warum diess in dem einen Falle geschieht, in dem
andern über nicht, ist schwer zu sagen, noch schwie-
riger aber möchte es sein , in jedem Falle voraus au
bestimmen , \)b eine Nachblutung aus der Schnittfla-
che erfolgen wird oder nicht. Die Gefahr von sol-
chen Nachblutungen wird jedenfalls dadurch vermin-
dert, dass die Operation erst nach Abfluss des Frucht-
wassers torgenonnnen wird.
In 33 von den erwähnten 147 Fallen erfolgte der
Tod in Folge der Erschüfterinig des Nervensystems;
es hatte in keinem dieser Falle eine betrachtliche Blu-
tung stattgefunden, noch konnte in einem derselben
nach dem Tode eine materielle Veränderung irgend
einer Art nachgewiesen vrörden. In 11 andern Fal-
len waren zwar die Erscheinungen heim Tode ganz
wie in den vorigen, allein es zeigten sich bei der
Section Spuren von Entzündung. 56mal fand sich
Entzündung des Peritonaum oder des Uterus ; in 29
andern Fallen fanden sich ebenfalls bei der Section
die^ Folgen von Entzündung, obgleich die Symptome
derselben im Leben nicht detithch hervortraten.
Der Zustand der 'Wunde ist bis jetzt weniger
beachtet worden, als er es verdient. Einer der et-
sten Schritte 9 den die Natur behufs der Heilung der
Wunde fhut, ist die Hervorrufüng Ton EntxtfinhiDf
des peritonaalen Gebarmutterübertugs und d«s ^em*
sprechenden Th^ils des die'AbddtiHtta1wantl«rflb«rkM-
4kttden PeritMium^ wenicp^ i>ft der Oberfllohe der
Danne, mit dem Zwecke, riftfi um die W4ua«le des
Uterus Adhäsionen eu Stmde zu bringen , ii. diesel^
«uf solche Art zu ieeli^en. Ist üees gescbeheA« m
beginnen die Schorttwunden dM PerilonAiiai «n hei*
len und zuielst die Wunde der ^ebttmiilter MlbsL
-Bisweilen laiKl nran hei den Sedionen, 4esi «mI
"gar kein Sehnlt zir Beilung <gesolieh«A, wa4 iiooli
-balliger, diass der Heiktngsproceas ^ausgeartet war,
es fand sich keine AtHiasion, sondern -das Uaaae «ad
blutleere PertlonBiim war taiit schnmtngem fiftwidat
•bedeckt, oder ein dflnnflOasigas iixaudat war üi die
BauchkAlile getreten. In vieiea Lekben zeigte sieh
'die Wtande des Uterus weit tlaffend , auoh wenn ^ler
Tod erst melirepe Tage nach der Operation effolgt
war«; andere Male waren die i»nernl£aalefi der Schnitt*-
flache in Berührung , wllirend es 4ie aussero nicfat
waren ; dagegen sind dem Vf. nur 2 falle vorgekon-.
men, wo die Wundraoder eine wirkHefae gpanulirende
Obei'flache aeigten. Kommt auch die Heilung der
Uteruswunde nur langsam zu Stande, «o geschieht
sie doch sicher, wenn die Kr. am Leben bleibt, und
Falle von wiederholten Geburten nach früher vorge-
motQmenem'Kaisersdinitt'teigen, da^s die Verttarbnng
tine sehr feste werden kann, fn den meisten Rltleii
Jeioch bleibt die Vtrnarliuqg der Utepuswunde ner
ein^ schwache und un¥otlst9odige , niid es kam«
Fälle vor , Wo die Wunde nur durch lockeres 'Zellge-
webe ^schlössen und durch das sie 'bedeckende Pe-
ritOAUna zusammengehalten wurde. So theilt Laqge
»einen Fah mit, wo die ¥efefifigi»g der Wtindrandar
'üur Hurch «t^gcsöhtvitjcle- plasilsche Lymphe des ?e-
ritdnaum, und durch Adhäsion mit dem entzündet ge-
wesenen Bauchfell zu Stande gekommen war. Den
Gt'aiid davon, '4ass die Wunde des' Uterus so schwer
heilt, erblickt VC darin, dass das Organ nach der
Geburt eine so bedeutende Rückbildung erleidet, wo-
bei sich der Saflezuluss immer mehr und mehr ver-
mindert , wahrend doch aur sicbern und «cbnellen
'Heüung ein vermehrtes Ku^trOmen des Blutes erfor-
derlich wäre. (S i c k e L)
270. nne MB PeMntion «nd Caj^kato-
tripsie, nebst Bemerhmgtn über dm gegenwär-
tigen Skm^^^in/[t dieser Opeffatmnund de$ Mttber-
Schnitts, voto Gred6 in BeHin. (N. Zl^hr. f. 6e-
burtsk. XXX. 3. 1851.)
Vf. erzählt 7 Geburtsf^He, aus denen sieh, kurz
zusammengefasst^ folgende Resultate ergebeA: '3 von
den entbundenen Frauen waren Erst-, 4 Meiirgeba-
rende; 3 von den letztern hatten aehonfHtheradhwere
künstliche Entbindungen zu überstehen gehabt, tffe^.
hatte früher nur sehr kleine Kinder geboren. Rnr
bei einer Frau war das Becken normal , bei den an-
dern Becken *retgten sich 'vefachitfdette Anomalien ;
die ConjugaU \d6s engsten betrüg '2'''9^'^ S^Kinier
waren von mittler Grösse» 2 auffallend gross. 5mal
V. GjnSU^olpgie u» Pädiatrik.
m
war 4er Kopf der vorliegende Kindestheil , Imäl das
Gesicht und Imal fiio Schulter mit Vorfall des Armes.
Ehe zur Verkleinerung des jedesmal todlen Fötus ge-
scäritten wurde, waren » allen Fällen vorher eadere
Sstbiftdungsveraiiche gemacht wordea. inal wurde
di« Petlaratiaii des Bruatkastens gemacht mit nach*
folgeader V^enduog auf die Fttase luid Zer<|iietsehuDg
das ateekeahleibeQden Koples, ohne vorhisrgehende
Pavforalioii deisetten, in eiftem aodem Falle nur die
Parforalioii 9mA darauf die Ealjractioa mit der Zange»
im den 5 triirigea FäUen wurde ioMMt die Per€of atioa
dea Kopfes det Zertrtlmm«rung voravsgeeohiekt, and
sUtA ml dem gttaaiigsieft Erfolge. 3 Wdchneriansa
mrioiea in FMge der fiathindung ihr Lehen^ die eine
niinitleibar nach clor Geburt, die aweite 36 Siandea
daraol dia dritte aaek 14 Tagen; bei den beiden er*
Hera liadea sich Gebarnmtterrisse.
Dfe mitgetheilten Beobachtungen verdienen be-
sonders deshalb ein Interesse, weil sie die Frage be-
rOhren, ob man der bedingten Anzeige des Kaiser-
schnitts das Opfern des FOtus vorziehen darfe , und
welche der einzelnen Operations-Methoden der Ver-
kleinerung des Fötus die vorzflglichste sei. Vf. bleibt
seiner schon fVaher gewonnenen Ansicht auch jetzt
noch getreu, dass, wenn es Oberhaupt noch möglich ist,
auf irgend eine Weise ein lebendes Kind zu erhalten,
man den Kaiserschnitt nicht scheuen darf, natürlich
vorausgesetzt, dass er im Zustande der Frau keine
erhebliche Gegenanzeige finde , dass dagegen in Fal- *
len, wo der Kaiserschnitt nicht ausgeführt werden
kann , wo ihn die Gebärende oder deren Angehörige
verweigern, der Arzt weder das Recht noch die Macht
bat, ihn zu erzwingen, das;: er dann aber auch die
Frau nicht aufgeben darf, sondern zu ihrer Rettung
afies Mögliche thun muss, u. bei eintretender Lebens-
gefahr nicht erst das Absterben des nicht zu reitenden
Fötus abwarten, sondern ihn lödten darf. Der Aus-
spruch von Nagele, dass nur der Gebarenden, Nie-
mandem sonst, das Recht der Entscheidung zustehe,
ob sie , um ihr Leben zu erhalten, das ihres Kindes
opfern will, oder nicht, ist nicht hallbar; denn eine
flochschwangere , noch mehr aber eine Gebarende,
ist psychisch unvermögend, eine Entscheidung zu ge-
ben. Der Kaiserscfanitt ist übrigens, unier günstigen
ümstftnden vorgenommen, eine nicht so gefährliche
Operation, als man zu glauben geneigt ist.
Zar Vornahme des in der Neuzeit £ur Umgeluing
daa «i^ter unbedingt nothwendigea Kaiseraehnius
vorgeaehlagenen kttattUchea Abortus haben wir nach
Vt ao iaage keia Recht, «lU die günstigen Gesund-
hei^yerbliltaisae der Frau einen glücklichen Ausgang
des Kaiserschnitts hoffen lasaen. Die Anzeige zum
kflnstliche« Abprtus möchte auf solche Fälle von abso-
luter Beckenenge zu beschranken sein, in welchen
die Schwangere voraussichtlich den KaiserschniU
aicht überstehen kann , und ferner auf die ZusUnde,
in welchen, unabhängig von der Räumlichkeit des
Beckens, in früher Zeijl sich lebensgßföhrlicbe Zustande
de;* Schwapgern ausbilden, welche mit der Mutter
nolhwendig auch den Embryo zum Tode führen müs-
sen, welche aber durch Abtreiben der Frucht mögli-
cherweise beseitigt werden.
Der Ausführung der Gephaloüripsie ist die Eröff-
nuag der Sehtfdelhdhle vorauszuschicken , die L<^el
des Instruments sind möglichst hoch qnd öfters ia
veraohiedenen Richtungen anzulegen, das Zusatpmen-
achfauben geschehe hmgiam und in Pausen, um w«^
möiglich alles Gehirn aus -der Wunde ausfliessan a(^
lassen, and beim Anziehen ist nie grosse Gewalt ^-^
zuwenden , sondern nur die Eotwickliimgsheatrebi^n-
gen der Naiur durch Zug, und namentlich durch Dre-
hungen au uatersttttzea. Der Vorwurf, der von vie-
len Seilen dem Cephalotribe gemacht wird, dass er
aicht (eathtit, sondern leicht abgleitet, ist ein iMige^
grttndeter; das Instrument gleitet nicht ab, 8ob44
vor Anlegung desselben die Perforation gemacht wurde.
In Belgien scheint durch VanhueveTs S^geazanga
und durch Didot's Diatripteur die Gephalotripaia
bereits gaaz wieder aufgegeben zu sein, lieber beide
Methoden will Vf. sich eines Urlheils so lange eat-
balten, bis reichere Erfahrungen darüber vorliegea.
(Sickel.)
271. Deber die Zerstflcklnng des FOt^s in-
nerbalb der Geb&rmatter ; von Dr. AngeioBar-
bieri. (Gazz. med. ital. federat. Lomb. 4. 1851.)
Eine Stimme gegen das besonders von Velpeau
ausgegangene Verbannungsurtheil der obengenannteu
Operation, welche für manche FlUle immerhin daa
einzige Rettungsmittel der Mutter bleiben werde. Zur
Bekräftigung dieses Ausspruchs werden zwei F^He
mitgeüieilt. In beiden war wegen Schieflage des
Kindes die Wendung nOthig , aber wegen krampfhaf-
ter Gontraction des Uterus unausführbar. Im 1. un-
terlag die Kreissende der Erschttpfung durch zu lange
dauernde, fruchtlose Geburtsarbeit, im 2. ward sie,
dem Tode ebenfalls nahe, noch gerettet, indem man
sieh endlich zur KerstUcUung des (bereits geatorbe-
qen) Kindes mittels des scharfen Hakens u. Bistouris
ia awei Hälften entschlosa. (K o h 1 s c h ü 1 1 e r.)
272. Analogie zwischen dem Kindbettfleber
und dem chinirgiscben Fieber; von Prof. Simp-
son zu Edinburg. (Monlhly Journ. Nov. 1850.)
Von 8000 in England und Wales jtthriich im
Wochenbett sterbenden Müttern erliegt der grösste
Theil dem Kindbettfieber. Von 2890 seit 1823 bis
1837 in der GebSranstalt zu Edinburg entbundenen
Frauen starben 47, und von diesen wiederum 36 an
Kindbettfieber.
Von den Personen, welche sich bedeutendem
chirurgischen Operationen unterwerfen müssen, stirbt
eine grosse Anzahl, und zwar eine grossere, als man
gewöhnlich glaubt. Unter 100 Amputationen der
Glieder (Ober- u. Unterschenkel, Ober- u. Vorder-
arm) endigen ungeföhr 30 tödüich. Von 4937 Am-
putirten starben nach Dr. Fenwick's Angabe 1565,
so dass das Verhältniss beinahe wie 1 : 3 isL Die
332
V. Gpttkologie iL PädiatriL
grössere Anzahl der Todesfälle erfolgt aber nicht un-
mittelbar nach der Operation , sondern ist vielmehr
das Ergebniss eines fieberhaften und entzündlichen
Zuslandes, welchen Vf., wenn nicht specifisch, doch
generisch für gleich mit dem Kindbettfieber hält und
daher, in Uebereinstimmung mit der Benennung
„Kindbettfieber**, ,,ckintrgisches Fieber** nennen
zu dürfen glaubt. Unter 153 Kr., welche im Guy's
Hospital zu London in Folge chirurgischer Operatio-
nen starben, erlagen nach der Angabe des Dr. G h e-
vers 134 diesem chirurgischen Fieber.
1) Analogie in den anatomischen Zuständen
und constitutione llen EigenthümUchkeiten der vom
chirurgischen und vom Kindbetffieber ergriffenen
Personen, — Die anatomischen Zustande der Kind-
betterin nach der Geburt und des Kr. nach einer chi-
rurgischen Operation sind in vielen Beziehungen gleich.
Bei dem chirurgischen Kr. haben wir eine durch das
Messer des Chirurgen bereitete Wunde an der äus-
sern Oberfläche des Körpers ; an der freien Wund-
fläche öffnen sich die Mündungen zahlreicher Gefässe ;
die Wunde heilt entweder durch unmittelbares Zu-
sammenkleben ihrer Ränder, oder langsamer durch
Ausschwitzung von Lymphe u. Eiter , u. die endliche
Bildung einer neuen Haut oder eines neuen einhüllen-
den oder verbindenden Gewebes. Bei der Kindbet-
terin haben wir eine durch Trennung der Placenta
und Abblätterung der Membrana decidua uteri ent-
standene Wunde an der ganzen innern Oberfläche der
Gebärmutter ; an der freien Wundfläche , besonders
am frühern Sitze der Placenta, öfl^nen sich die Mün-
dungen zahlreicher Gefösse ; die Wunde heilt durch
Ausschwitzung von Serum, Lymphe u. Eiter (Lochien)
und die endliche Bildung eines neuen Schleimhaut-
überzuges. Bei der Wochenbetterin zeigen sich die-
selben constilulionellen Eigenthümlichkeiten, wie bei
dem chirurgischen Kranken. Bei Beiden kommen
leicht Symptome von Angegriffenheit oder CoUapsas,
vorzüglich wenn die Geburt ungewöhnlich schwer,
oder die Operation sehr bedeutend war; bei Beiden
tritt gewöhnlich ein gewisser Grad von Fieber ein, —
das Wundfieber u. das sogenannte Milchfieber; —
bei Beiden weicht die Heilung der Wunde leicht von
ihrer normalen W^eise ab, indem sich ihre Secretio-
nen krankhaft verändern , oder indem sie selbst der
Sitz übermässiger Entzündung oder Verschwärung,
oder phlebitischer Eiterung u. ihrer Folgen werden
können; — bei Beiden kann unmittelbar nach der
Geburt oder nach der Operation durch die Mündungen
der offenstehenden Venen Luft eintreten ; bei Beiden
zeigen sich mitunter, wenn auch selten, Delirium,
Tetanus u. andere nervöse Complicationen, u. noch
viel häufiger die Symptome jener eigenthümlichen
Form fieberhafter u. entzündlicher Thätigkeil, welche
wir in dem einen Falle Kindbetlfieber, im andern chi-
rurgisches Fieher nennen. Kurz, die Wunden haben
dieselbe pathologische Natur, heilen durch dieselben
pathologischen Processe, unterliegen denselben pa-
thologischen Abweichungen u. können von denselben
pathologischen constitutionelleD Wirkangen n. Con-
plicationen begleitet werden.
2) j^nalogie in der pathologischen Natur des
chirurgischen und des KindbeUfiebers. — Ueber
die pathologische Natur des Kindbettfiebert herrschten
früher verschiedene Meinungen. Neuere Untersu-
chungen über die Wirkangen einer Blulverderbniu
oder Blutvergiftung berechtigen so der AnDahme,
dass die eigentliche Ursache der Krankheit in eiMt
Toxämie, oder einer krankhaften Beschaffenheit der
Blutmasse bestehe. DievonGaspard, Graveil-
hier, Castelnau u. A. angestellten EinspriUni-
gen von Eiter oder andern schädlichen Stoffen in dv
Blut niederer Thiere brachten etno Ueihevon Sympto-
men während des Lebens, u. eine Reihe von Ersehen
nungen am todten Körper hervor, welche eine sehr
grosse Aehnlichkeit mit denen des Kindbellfiebers
zeigten. In Fällen von Phlebitis zeigen sich , wena
Eiter direct in den Blutstrom eintritt, ebenfalls fieber-
hafte u. entzündliche Erscheinungen, welche denei
des Kindbettfiebers ganz ähnlich sind. Bei Wöchne-
rinnen sind Verhältnisse vorhandeh, welche eine all-
gemeine Blutvergiftung begünstigen , indem Eiter o.
andere in der Gebärmutterhöhle enthaltene krankhafte
Stoffe in den allgemeinen Blulslrom leicht Zutritt er-
halten-: 1) durch die auf der innern Fläche der Ge-
bärmutter sich öffnenden Mündungen der Utero -pla-
centalvenen, welche sich nicht immer vollständig
schliessen und in beständiger Berührung mit den Ab-
sonderungsstoffen der Gebärmutter stehen; — 2)
durch die Ueberlragung krankhafter u. ansteckender
Stoffe auf die abgeschilferte Oberfläche der Scheide;
u. 3) durch zufällige Entzündung, welche in der aus-
kleidenden Haut der ausgedehnten u. gequetschten
Geschlechtswege entsteht u. , nach dem Gesetze des
Zusammenhanges, sich durch die im Innern des Ute-
rus offenstehenden Venenmündnngen der innern Ve-
nenhaut miltheilt. Nach der jetzt allgemein ange-
nommenen Ansicht, dass das Kindbettfieber in einem
verderbten Zustand des Blutes seinen wesentlichen
Grund habe , lässt sich nun auch das Verhältniss der
Elemente desselben, nämlich der fieberhaften Thatig-
keit und der innern Entzündungen, leichter erklären.
Denn nach dieser Ansicht ist weder das Fieber die
Ursache der begleitenden Entzündungen, noch die
Entzündung die Ursache des begleitenden Fiebers,
sondern das Fieber sowohl , wie die Entzündungen
sind die Folgen einer gemeinschaftlichen Ursache,
nämlich der ursprünglichen Blutverderbniss. Hieraia
erklärt sich aiich , wie in maochea Kindbettfieberepi-
demien das Fieberelement, in andern das Entzündung»-
element mehr hervortritt.
Diese Ansichten werden durch die Erscheinungee
des chirurgischen Fiebers u. der bei demselben vor-
kommenden Entzündungen innerer Organe unterstützt,
denn kein Patholog glaubt, dass die bei der SectioD
sich zeigende Pleuritis oder Peritonitis die Wirkung
des chirurgischen Fiebers, noch auch, dass dieses
Fieber die Folge dieser Ortlichen Entzündungen ist.
V. Gpidtol^gie n» FidiatriL
Aoeb lassen sich dies« EotzOndangen nicht durch die
alte Lehre von der Sympathie u. der Metastase erklM-
rai. fast alle Schriftsteller stimmeD jetzt darin tiber-
ein, dass das chirurgische Fieber u. die Ortlichen
Entzündungen ihren gemeinschaftlichen Grund in ir-
gend einer krankhaften oder fehlerhaften Blutbeschaf-
fenheit haben.
Worin nun aber beim chirurgischen , wie beim
Kindbettfieber diese fehlerhafte BescbafTenlieit ihrer
Arl 11. Wirklichkeit nach bestehen mag , ob in dem
Vorhandensein eines oder mehrerer Besiandiheile des
Eiters im Blute, ob in der Gegenwart anderer ibieri-
scher Stoffe» oder ob in noch andern Verhältnissen,
diess genügend au beantworten , bleibt den spatern
Zeiten einer mehr ausgebildeten pathologischen Ana-
tomie, Histologie n. Chemie ▼orbi'halten. Der Cha-
rakter u. die Erscheinungen des ckiriirgischen u. des
Kiiidbeitfiebers mit ihren Örtlichen Entzündungen
stimmen mit denen der Blattern, der Masern, des
Scharlachs, des Rheumatismus u. der andern von
Chonel sogenannten „zerstreuten Entzündungen**
darin flberein, dass sie alle, wahrend sie, wie er
glaubt, ans einer ?erschiedenarttgen Verderbniss der
Flüssigkeiten oder des Blutes entstehen, dochinmeb-
rem Pankten sich völlig gleich sind, nämlich. 1) Sie
kfinoen nicht künstlich durch die gewöhnlichen Ent-
zflndiingsnrsaehen erzeugt werden , sondern entwik-
keln eich aus specifischen Ursachen ; 2) sie sind da-
her secundäre, aus einer primären, krankhaften Ver-
andemng der thierischen Flüssigkeiten hervorgehende
Intzflndungen ; 3) entzttndungswidrige Mittel besiz-
Ms gewöhnlich verhaltnissmassig wenig Einfluss auf
die Dauer dieser zerstreuten Entzündungen, u. oft
nnr einen zweifelhaften Einfluss auf ihre Intensität ;
n. 4) wahrend die Einheit einer jeden Alfeclton be-
wahrt vrird, so charakterisirt sich doch eine jede
durch eine Vielfachheit örtlicher Entzündungen , wel-
che sich gleichzeitig, oder nach u. nach, u. häufig
in von einander entfernt liegenden Organen u. Thei-
lea entwickeln. Diese letztere Tbatsache wird hin-
sichtlich des chirurgischen und des Kindbettfiebers
in der folgenden Betrachtung noch deutlicher her-
vortreten.
3) Analogie in den nach dem chirurgischen
tnd dem Kindbettfieher zurückbleibenden innem
paikoJcgiseken Feränderungen. — Beide Krankhei-
ten lassen gewöhnlich nach dem Tode deutliche Zei-
chen einer neuen acuten Entzündung an einem oder
an mehrern innem Organen zurück. Diese Entzün-
dungen charakterisiren sich meisientheils durch eine
angewöhnliche Neigung zu Ergiessung von lockerer,
I gerinnbarer Lymphe und von Eiter. Hinsichtlich des
' efair. Fiebers fehlt es in dieser Beziehung an genauen
statistischen Angaben; hinsichtlich des Kiudbettfie-
bers sind die pathologisch-anatomischen Untersuchun-
gen meist nur auf die Gebarmutter, deren An-
hange u. auf andere nahe gelegene Theile gcrichieL
worden. Vf. führt daher nur die Beobachtungen von
Chevers^ Dugis u. TonnelU an und stellt
dieselben zur bessern Vergleichung tabellariscb zu-
sammt?n.
Unter den von Chever's beobachteten 134 tödtlich en-
digenden Fällen des chirurgischen Fiei)er8 fand sich 82mal
Peritonitis , 9inal Enteritis, 47ma1 Pneumonio, Borna! Pleuri-
tis, 4mal Bronchitis, Laf^ngitis und Diphtheritis, 14n)al Pen-
carditis , 4mal Arientis und Aortitis , Smal Phlebitis , S7mal
Meningitis, 9nml Encephalitis, 8inal Cystilis, Smal Eiter laden
Muskeln oder Gelenken, Inial Entzündung der Tuoica vagina-
lis. Unter den von Dugös zusammengestellten 341 tödtlich
endigenden Fällen des Kindbettfiebers zeigte sich 266mal Peri-
tonitis, 200mal Metritis oder Eiter in den Venen, 48mal Ota-
ritis, amal Gastritis und Enteritis, aOmal Plearitis, gmsl P«ri-
carditia, Imal Aracbnitis, Smal Eiter in den Muskeln u. Gelen-
ken. Unter den von TonnelU gesammelten 222 tödtlich
verlaufenen Kindbettfiebern kam vor: Peritonitis 193roal, Me-
tritis urrl Ovaritis 197mal , Eiler in den Venen and Lympbge-
fSssen dtfs tjterus IlSmal, Gastritis und Enteritis 6raal, Pleu-
ritis 4daial , Pneumonia 21nial , Pericarditis Imal , Eiter in
der Leber, dem Pankreas, den Muskeln u. s. w. 19mal, und
Eiter in den Gelenken lOmal.
Vf. bemerkt dabei, dass, wenn diese Untersu-
chungen in iUlen Organen mit ganz gleicher knt-
roerksamkeit gemacht worden waren, die Ergebnisse,
z. B. hinsichtlich des Gehirns u. seiner Haute, wahr-
scheinlich noch anders ausgefallen sein roöchtcii, u.
er fordert deshalb auf, genaue und umfaasende Beob-
achtungen dieaer Art anzustellen.
Aus den obigen 3 Tabellen ergeben sich unter
andern besonders folgende Punkte. 1) Beide Krank-
heiten hinterlassen gewöhnlich deutliche Zeichen acu-
ter und oft sehr ausgebreiteter innerer Entzündung.
2) Die innem entzündlichen Veränderungen sind sel-
ten nur auf ein Gewehe oder ein Organ beschrankt,
sondern ergreifen gewöhnlich entweder gleichzeitig
oder nach einander 2 oder mehrere Eingeweide oder
Oberflächen, welche manchmal sehr entfernt und ge-
trennt von einander sind. 3) Die zuerst u. vorzüg-
lich ergriüenen Eingeweide oder Gewebe sind oft
weit von der ursprünglichen Wunde oder Verletzung
entfernt, besonders wenn letztere am Kopf oder an
den Extremitäten ihren Sitz hat. Gewöhnlich sind
alter die Symptome dieser innem Entzündungen beim
chirurgischen und beim Kindhetlfieber nicht sehr
hervortretend, und bleiben daher oft wahrend des
Lebens gSnzlich verborgen. Aber 4) ist bei innem
Entzündungen, welche mit dem Rindbettfieber ^of^
kommen , der Uterus , die Anbange desselben n. das
Peritonaum der gewöhnlichste Sitz dieser VerSndernn-
gen , obgleich auch die Brustorgane nicht selten er-
griffen werden. Denn wenn schon Wnnden der-Bek-
ken - u. Geschlechtsorgane bei vorhandenem chirur-
gischen Fieber vorzüglich geneigt sind, Peritonitis zu
veranlassen, so wird man leicht einsehen, dass im
Wochenbett die Gebarmutter, der Sitz der nrsprttng-
lichen Wunde, sich leicht entzünden, und diese Ent-
zündung, durch das Gesetz des Zusammenhangs, sich
leicht über die Uterinanhange u. das Peritonaum ver^
breiten kann. Dazu kommt aber noch, dass der
Uterus , sein Pentonaalüberzug , seine Haute u. An-
hange bei dem Geburtsacte mehr und weniger Terletzt
und gedrückt worden sind, und dass bei allen fieber-
V. Gjvikol«^ o. PidMriL
halle» Kmilihncei » w«lieli# nii MrtireoieB KoteOii-
dangen ?erbanden sind, diese Entzündungiii >ich ir-
gend einen schwachen oder verletzten Theil , wie in
oilserm Fall eben den Uterus , seine Anhange u. das
PeritMaum, zu ihrem Siize ausersehen.
4) Analagit in den Symptomen des chirurgi"
sekem umd du MmdöeUfieben. — Es gieht fast
keine Kr a«kbeic , deren Symptome in ihrer Bertigkeil
und in den Formen , welche sie annehmen , so ver-
sciiiedea aufireteur wie die des Kindbettfiebers. Die
meieten SchrtfietelliMr haben dethalb^ versehiedene Ar-
te« des Kiirdbeltfiebers (das entzOndliche, gaßige,
gastro-enterische, nervOse u. s. w.) beschrieben. Das-
selbe gilt hiasicbtlich der VerJinderti4ihkeit rYo« Typus
iwd der Forme« de» chirargisehea Fieb«ii. Doch
al^er heben beide Krankheilen , wenn sie- vollstäkidig
entwickelt sind , genügend auffallende Symptome und
genOgende Aehnlichkeit mit einander. Diese Sym-
ptome b(te(ekfeil io Schauern ; \a einerar ao^Nfke ver-
andvtlicbe»» aber baetiaidig sefaveNeB Pols ; i» einer
veilHiderten , kaufig dmibleni, outor fast ikterische»
Haotfarbe; die Hsfot iat menelmKii lieise u. trocken,
DMnelNttal in Seirweist getiadei , oder diese Zustände
wecbeehi oltne malemelle Krise in der Fieberthaiip:-
keit ; Ortliche Schmerten u« PmietioBeatMunffett sei«
gen sich gewöhnlich an dem Sitze der innern enl-
zflndlichen Ergiessung» obgleich die Symptome dieser
Ortlichen Störungen oft verlarvt und verborgen sind ;
es zeigt sich Aengstlichkeit, allgemeine Niedergeschla-
genheit und Kraftlosigkeit; häufig Uebligkeitu. Erbre-
chen, zuweilen Durchfall ; und endlich mühsame und
schnelle Athmung; manchmal plötzliche Anscbwel-
langen und Ergiessuogen in die Gelenke u. das sub-
cutane Zellgewebe u. s. w., und zuletzt oft schnelles
Sinken der Kräfte mit oder ohne Delirium. Es giebt
keine Krankheit , für welche sich eine Reihe patho-
gnomonischer Erscheinungen mit solcher Schwierig-
keit aufstellen Hesse, als diess bei dem chirurgischen
und dem Rindbetlfieber der Fall ist, und doch ist es
fUr denjenigen, welcher die Symptome der einen
Krankheit beobachtet hat , gewiss nicht schwer , die
der andern zu erkennen.
Zum ßoblusae bemerkt Vf. , dass er keineswegs
glaube» in Vorstehendem die vergleichende Betraoh-
tttdg dieser beiden Krankheiten und ihrer charakteri-
sUseben Symptome t Störuagen u« Ursachen in allen
ihren Einseinbeiten erschöpft zu haben, sondern dass
er tielmebr wanschei die Aufmerksamkeit und die
Forsehung anderer Aerzte auf denselben Punkt zu
riehtett» um dadurch die Pathologie, die Vorbeu-
gungsmittel und die fiehandlungsweise dieser tödtli-
dten Krankheiten besser kennen und letztere zum
Segan der Menschheit mit mehr als dem bisherigen
Erfolg anwenden zu lernen. Er bofll» dass» wenn
aueh Meht sogleich unfehlbare fleilmittel» doch gewiss
Makssregeln entdeckt werden möchten, durch welche
diesen sehlimmeu Krankheiten mit mehr Zuverlassig-
ImIi ^vorgebeugt werden könne, besoaders da wir
sehall versohiedene Bedii^ungen kennen , welche die
EDiwicUmg. und lateasiui derselbciiD aiaeraeiuMRli>
dem, andrerseilis beschranken. Diese Krankheitea
z. B* kommen häufiger und heftiger in Stadien, als
auf dem Lande yjor ; sie sind in den Hospitalera häu-
figer u. gefährlicher, als in der Privalpraiis ; ia aa-
gefUliten Krankensalen schlimmer, als ia luftigen;
bei manchen Epidemien viel gewöhnlicher, ah bei
andern; an manchen Oertlichkeiien und in manchen
Städten bei Weitem häufiger, als i« antam; Kranke
welche an innern organischen Krankheiten, besoadsm
der Eingeweide ^s Un«erieibea , and an Pnnctioaa*
Störungen der Nieren leiden , werden sei» leiclie ven
diesen Krankheiten er^iftsn. Vor allea Dingaa ab«
sollten alle Chirurgen u. Geburtshelfer daraal acfataa^
dass sie nicht eelbst den schadMehea , kraiakbaitaer*
zeigenden Stoff von einem Kr. aum andern hinOber-
schleppen , wie diess <hirch nnmiltelbara Barflbrnag
der Materie morbi mK dem Finger sehr leiohl feaeke-
hen kann und leider auch vielfach geaebalien isL
Solche Uebertragungen jder Mnleria mofbi, wnlche
vrahrseheinlich aus enitttndlichen Prodncten dar er-
griffenen serösen oder schleimigen Obertadie» ba*
steht , hat man nicht selten in grössern Gebnranatal-
ten, z. B. in Wien, beobachtet. Sollte nicht elbenso
gut das chirurgische Fieber durch eine ähnliche Uciier-
tragung mitgetheilt werden können! Woher kämmt
es , dass oft unier (ibrigens gleichen UmatandMi die
Pat. ein n. desselben Chirurgen ftisl alle van dieaea
unerbittlichen Fieber hinweggeraffi werden , wnkraad
die Kr. anderer Aerzte auf die gewöhnliolie Weise
genesen? Ja, es giebt sogar Beispiele, daas die Ue-
bertraguttg des sogeaannlen Kiadbettfiebei^ifceMi aif
chirurgische Kr. (Operirte) dem Kindbettfiebar aha-
liehe Symptome, nämlich das ehirnrgiache Fiabcr,
hervorgebracht hat, wie denn anch umgekehrt, doreh
Uebertragung der Materia morbi des chhmrgiaohea
Fiebers anf Wöchnerinnen, das Kindbettfiaber ent»
standen zu sein scheint. Eine genügende RaAe van
Beobachtungen hinsichtlich dieser GleichlMit der Ur^
Sache und Entslehungsweise beider Krankheitafornien
wflrde einen neuen Beweis ftlr die zwischen ÜMen
stattfindende grosse Analogie geben.
(Schröder.)
273. Deber Fhlebitii pnerperftlis ; von
Fredr. Brown. (Lond. Gaz. Sept. 1851.)
Nach Mittheiluvg einea nicht ganz uninlareaaantaa
Krankheitsfalles, spricht sich Vf. dato ans , daaa es
gut sei, ia dem ersten Stadium vanBluterkranknngen,
wie diess die Phleb. paerp. iat , antiphlogistiaeh aa
verfahren , dann aber schnell zu reizenden and toni«
sehen Mitteln, besonders Eieei^rflparaten , flbennifa-
hen. Sehr wichtig scheint ihm die wiederholte An-
wendung von Purginmttela, GalonMl, Jalappe, Scan^
monium u. s. w. , wahrend der ganaen ftauer dar
Krankheit, um dadurch fortwährend die fremden
Bestandthetle des Mntes au enlferaea und die Aaaiaa^
lation zu regeln [t]. ^^ ^^r (® * *^ ^ * *■)
Ijgitizedby VjOÜv
271, Scbw«ro Gebvt xnsannifiiigowMbw-
V. 'ik|«Aoligit«.JS«ilriL
888
•lt-l«illtagi| i^oai 8tii»it. (IfculUy Journ. Jan.
tr. beschreibi säbr ausfiinirlich den Hergang d. Gebart eines an
ier Braat «uaannnaiig«frai«liaenaa «M^eiragetteo «bar ^dten,
aiiwl. ifllriningipaana. U» Tanfaobaaog iwirde dnroh eii
Band bewirkt , welebea aicb Tom obem Theiie des Brnstbeioa
bia lom Nabel erstreckte , in welebea sich nur etiie , beiden
Cadotn ccmaiofliballlidw NabeiaohMMr «inaankte. Die Kin-
der waren äbiigans äaasarlich aonoal «ebiidet ; der zuerst «e*
borene Kopf war der grössere , der andere war während der
Gebart a«br breit gedrfickt worden. Auffallender Weise war
der If dtler, trotz «lar ^ewaltfgan AaaüebauBg die er
aiabtcfligcnaaaB. (Si okal.)
275. TJeber 8ie Ten einem kydrocepliali-
ickei ntiis lieffingte 'Dystokie ; voo Dr. a o g e i o
Barbieri. (Gazz. med. ital. federat. Lomb. 35.
f851.)
Ihmkn dUe i8elteBh«it 4er oben bezeiehmten Ge*
^gfCaeracbweruQg, theilt <iie irrige Ansicht der mei-
«ICB Sohriftaielkr« Ams dieselbe sehr leiclit Jiu dia-
gDOsticiren sei, veranlasst den Vf. unter Beifügung
einiger instruetiver Falle darauf aufmerksam zu roa-
eben, dass 1) die Suturen und Fontanelle weit Aber
den Normalzustand klaffend und die Scliädelknochen
angewOfaniidi dQira tein können, ohne dass Serom in
der Schadelhohle angesarmmeh ist ; — dass .2) diese
-Tbeile 4ie antgegengeseiHe^esdiafleAheit haben, Su-
taren «ii4 J'enUaeUe straff und die Knochen fest sein
kteiMB» wibteiid ^ei^ade Hj^rorephalus ivorbanden
risi; — 3;) 4ass der Bydi^ceplialus aweilheilig sein,
gleiehsam zwei Kttpfe darstellen kann , deren sweitar
von den durch das vorgedrungene Serum ausgedehn-
ten Integnmenten gebildet wird , — dass endlich 4)
die Geschwubt asymmetrisch , der Kopf nur an einer
Seite wassersüchtig ausgedehnt sein kann. WUrde
man sich nun auf 4ie gewöhnlich allein angegebenen
Symplome verlassen u. die hier genannten Varietäten
nn«ht%eMclMkbligen, «o ditriton die bedsoerMehsten
iHjgggnfe — wovon ein 'eetotaatos fteinpiel erstklt
^iriHl «^ onvsnnädlieh «ein.
(Kiohflschatter.)
276. Ueber ipoplezie der lengeborenen ;
von Dr. VirchoW. (Verhandl. d. phys.-med. Ges.
zu Warzb. IL 1. 1851.)
Vr. wurde als Sa^tiverstandiger zu einer Schwur-
gerichls-Verhandlung Ober Kindesroord durch Erstik-
lang geladen , bei welchem die Section eine starke,
venöse ffyperUmie der Mute u. des Gehirns selbst,
Ansammlung van 2 RäffeeW/feln voll dunklen,
dünnflüssigen Blutes auf der Oberfläche und 2 an-
d^e ander ßsms des Gehirns, in dem sogenann-
l-iem Sack der Araeknoidea , Ffurkandensein pun
l„»rfe# bfuHgem Serum'* in dem seitücken und dem
IWffTlM ßi^entrikel, endlich „GMmssmd*' an der
^Wirk0Urüse und dem ffimanhnnge ergeben hatte.
«il Betf«bn«rg auf diesen Bofund spriebt Vf. seine
laglcbtidiMn««: dass, abgesehen vom OebtrnMid,
Meriitttoriibysiokigistthen ^eiMItniMes ^oM nia am
nnNmbmgtoriienmt, u. dorn ifftittlbiftin 'Voiifauh-
liesitlben'MmintnsiOberiiaupU >4m iieidae
■yparlmie, die ^ztrwraseia, so «nedtsiblaligB fle«'
nim der featrikel, naeht ans «aner Qnt
kennen. Eine tiBiee Hyperamie kann jBwnr sli
weine ■«* etresen Exsndaüon und «ur blnügenlEatw»
tamlion führen, aber dbnn ^espfaiehi diaae Sttige«*
f ong an demselben Punkt. •Demnecb iat ai
dassawaierlei Abweiebungen bestanden :
ftieAa jdnäästfimg in ^dem •oieniem •loatf dm sHäiekm
wientfikttn , n^v eene bis $m Teishhtmtn arhiaioats^
ämm gmtBigBiite 9m9se jy^ffiifi—'n .rfer ObmßM*
ckenp d. h. ein Hydroeephalos internus und eine il^^
pleiianeonati.
Bnisidrilieh der EntMehnng beider aMMaiHMigü»-
bau , 4B8a die bydrapiaebe Aablufn^g aohan 'lar 4ir
-tebnrlvbastandan habe, worauf •die 4ir(leae des ifti»*»
4eskepfes bindenlet , und dass sie ttberhaupl nie tias
fanz acute ^rodnct meebanischar >SaMongen itt, dt
die venöse HypeiMmie, welche zmilehst :aus der
^auung bervorgeht, keinen Raam für greaaer« {Exs»-
dation iKsst , letalere vielmehr der ans den ^Geftaieii
getreteaa Theil das gastautea iinass, und dabargai-
wissamMaeseo «in Moderator derüypeitlmie ist; iesasC
dagegen kein Grund vorbanden , die Botatabnng idea
'EstnavasalB ecbon vsr der Odburt anaoadbaen , »wen-
baii aucb ihr Vorhandensein supfirUlraBg dealinlAk-
bnngstedes benutst wurde. Doch sind die tfieobMlii-
tnngen, wo die Extravssalion des ftldtas in derScilk-
4lelbehle als Folge der Asphyxie beeeiehnet wenden
kann, 'nicht littalig. S^ickow land nacb einer ZneaaiH
menstellung von 403 Fallen des Erhangnttgaladea,
das Verheltnies der bintigen oder aerOsen ^itvavasate
im Cebim oder Rockenomiik wie 1 su 48 ; in 9n^
^angewalleamer Brdroseehang Neafeboraaer fand aicb
lEattravasat ianerhaHi der SohedeUKihle Imal; nad in
.19 Flllen van Brsliokang Neagaboeener dui«b Var-
etopfang der Lnftwege 8maL Aus den Untertnchim-
.gen Cruvailbier's gebt hervor, 4as8 die Apo-
plexie die Ursache des Todes von .einem gnlen Dnü-
theil alter Kinder ist, welche, kbcnsllhig .vor dar
Geburt, 'wVbrend der fintbindang au-fimnde geben,
und sie wird 'fast in eHen Rillen hedbaohiet, die dar
Aapbyxie oder der Schwache aagaachriaban wer^
-den, ebenso 'entbehren die Zeicben, wa&che ann ab
unterscheidend für Asphyxie und Apapleiie anialeUl»
:allen Orundes. Der constonta, aoaloBiacbe Gharak-
4ar der Apoplexie Neugebarcner isl nach ihm
-von flossigam Eint in die tieUeder Araehaoidea, :
in gtOsserer Menge um das kleine ßdiirn ; nie ^findet
man üxtravasate in der Uiraaubstaas aelbat. IHmb
werden nichl^e apopiaktischan Kinder tadi gebaren,
«ie .leben viehnehr oft mehrere Tagelang in ainaai mehr
Oder weniger bedeaten dem iZustande von Sehwicha,
Terpor, Unbewcglichkeit oder Kalte, den man i;^
wohnlich der SkbvfacfoeaUeiti zuschreibt. Bon is find
«olcbe Bxtnavasationan: besonders am Teatorium cer»-
«belli, und erklärt «ieaas Kiecbanisafavn;St0mn9en.bai
aahareren Oabartan. Lagen^dnc, Rilliet a. Ajar^
;Lhez haben ihee iBeobaehenagea aneist nur an lltava
Aindam geoMahl, dagegen fllfari Vallais an, dasB
man:dia Jilaiaustretung.anidae fiBUei4
336
V. Gyftd[)»logie «; PldtatriL
aUgemon der Gewalt zuschreibe, welche der Kopf»
lamal sehwacher Kinder, wShrend der Geburt zu er-
leiden habe, wihrend die Himbäraorrhagie dadurch
nicht bewirkt zn werden pßege. C a z e a u x will sie
anf Zustande der Asphyxie zurückfuhren, die wahrend
der Gebart durch Oompression oder ümschlingung
des Nabelstranges, durch frflhzeitige Ablösung der
Placenta, durch die Reiraction des Uterus um den
Kopf bei Sieissgeburten , oder gleich nach der Geburt
durch Verstopfung der Luftwege mit Schleim bedingt
werden.
Nach den Beobachtungen des Vfs. fanden sich die
Sitravasate immer in der Höhle der Arachnoidea, und
besonders oft am Tentorium cerebelli und um das
kleine Gehirn herum. Vorzüglich waren es Zangen-
geburten, wo meist gleichzeitig Extravjsatflecke in
den Schlldeldecken und dem Pericranium, so wie
zwischen Dura mater und Knochen vorhanden waren.
Bei normalen Geburteu mag die Compression und
Ferschiebung der Schädelknochen in den Geburts^
wegen die Schuld tragen, indem leicht Venen , wel-
che von der OberflSche des Gehirns zu den Sinus der
Dura mater Übertreten, und eine, wenn auch nur
kurze Strecke frei in der „Höhle der Arachnoidea**
?erlaufen, zerreissen können. Treten noch andere
Bedingungen der Girculationsstörung hinzu, wie Vor-
fall der Nabelschnur, so kann auch schon eine mas-
sige Compression genügen, um die Extra vasation des
Blutes aus den liypcramischen venösen GeHlssen her-
beizuführen.
GongenitaleExtravasation von Blut in die Scliädel-
höble ist nicht absolut tödtlicb, was nicht nur 0 r u-
veilhier bestätigt, sondern auch vom Vf. beobach-
tet wurde, dagegen wird die Kxtravasation in den
„Sack der Arachnoidea*' tödtlicb durch den Druck,
den das ausgetretene Blut auf die Central -Nerven-
apparate ausflbt, und dieser Druck, gesteigert durch
den vermehrten Umfang der hyperSmischen Haute,
▼ertheilt sich auf den gesaramten Inhalt der SchUdel-
nnd Rttckenmarkhöhle und kann nur, nach den Unter-
suchungen von Berlin und Benders, durch eine
Erweiterung dieser Höhlen oder durch die Abnahme
des Liquor cerebro-spinalis und des Ernährungssaftes
ausgeglichen werden.
Demnach IXsst sich der Fall so deuten : das Kind
wurde lebend, oder nach Marshall Hall sterbend
geboren ; die ersten Respirationsbewegungen, gleich*
▼iel ob durch peripherische Reizung sensitiver Haut-
nerven oder durch centrale Reizung des verlängerten
Markes, traten ein, und damit die Lungencirculation,
aber die Reizung des Vagus kam nicht vollstSlndig in
Gang, weil der zunehmende Druck auf die Central-
nervenapparate diese hinderte. Eine secundare As-
phyxie war die Folge, die um so ungünstiger zu nen-
nen ist, als die bei der Geburt zerrissenen Hirnvenen
eine schnelle Zunahme des Extravasates wahrscheinlich
machen. In diesem Zirkel von Ursache und Wirkung,
w6 die Apoplexie die Asphyxie und diese wieder eine
Zunahme der Apoplexie u. s. f. bedingte, musste das
Leben schnell su Eiüde geben. (S i c k e L)
277. Ueber die DiarrUe und dte Oll«!
der Kinder; weiche im Sommer 1851 herrsehim,
mit Bemerkungen über die richtige Beurtheilmg
und Behandlung dieser Krankheü; von Dr. Rad.
Kunzmann in Löwenberg. (Journ. f. Rinderkr.
9. u. 10. 1851.)
Die verschiedenartigen, bei Kindern so hloig
vorkommenden Durchfallsformen bieten in Besug auf
ihre Diagnose und Classi6cation nicht unerhebliek
Schwierigkeiten dar. Keiner der vielen bisher ge-
machten Versuche , sie ihrem Wesen oder Siise Dieb
genau zu unterscheiden und zu ordnen, ist als gau
gelungen zu betrachten. Am einfachsten und natflh
liebsten scheint es dem Vf. , sie in sporadische qi4
epidemische zu tlieilen , von denen die erstem je
nach dem grössern oder geringern Grade der dabei
[immer?] vorhandenen Entzündung in mehrere Unte^
Ordnungen zerfallen, wahrend die letzlern tbeils
als choleraartige, theils als dysenterische Form an^
treten.
Seiner bisherigen Erfahrung zufolge steUt daher
Vf. folgende Sütze auf.
1) Die Durchnille der Kinder sind zu unterschei-
den in sporadische u. epidemische.
2) Die sporadischen entspringen aus den ver-
schiedensten Ursachen , u. zwar meistens aus solckea,
die eine Irritation oder eine EntzOndung der Gastro-
intestinalscbcimhaut in ihren verschiedenen ProviBza
erzeugen.
3) Die Behandlung der sporadischen DurchMe
richtet sich nach den vorhandenen Ursachen, die
beseitigt werden mUssen , nach dem Grade der Ent-
zündung, so wie endlich nach der mehr oder minder
hervortretenden Erschöpfung des Kindes.
4) Die epidemischen Durchflille der Kinder sa-
gen sich in zwei Hauptformen, die sich einanda
ausschliessen , nSmlich als dysenterische (Entero-
colitis, Enteritis), und als choleraförmige (Diarrfaoca
choleraformis , Cholera infantum). Neben diesen
Hauptformen kommen minder ausgeprägte vor, die
bald als milde Diarrhöen, bald als massige Gastro-
enteritis oder Colitis, bald als Durchfillle mit typhösen
Erscheinungen sich gestalten. ^
5) Die Behandlung dieser epidemischen Fonnea
ist viel entschiedener und bestimmter, als die der
sporadischen , eben weil das Gepräge viel entschiede-
ner u. bestimmter ist.
Was nun von diesen beiden Hauptformen der epi-
demischen Durchmile bei Kindern zunächst die Dysen-
terie anlangt, so tritt sie entweder sogleich als solche
auf, oder beginnt mit einer milden Diarrhöe und eini-
gen enteritischen Symptomen. Palle der ersten Art
boten sich dem Vf. in der von ihm beobachteten ^pt^
demie ziemlich liSüifig dar. Die Kinder klagten ttber;
heftige Kolikscbmersen , Uebelkeit, erbrachen w«lil
auch , hatten Kopfschmerz , lebhaftes Fieber , Bnnk
und Durchfall. Der Unterleib war heias » aufgeUin-
V. Gynäkologie iL Pädiatrik.
337
bsD» empfindlich gegen Drack , die Znnge gewöhn-
lich feucfbt, an der Spitze und den Randern gerötliel.
Die mil heftigem Teneemiis liegleitelen Darnianslee-
raogen sahen gelblich, grdnlich, bräunlich aus und
enthtellen häufig Blut. Entwickelte sich dagegen die
Dysenterie allmXlig, so blieben die Kinder hei massi-
ger Diarrhoe anfangs ganz munter, bis sich allmSlig
die Ausleerungen mehrten, blutig wurden und mit
Rolikschmerzen und heftigem Tenesmus verbanden.
Die Kinder verfielen in Fieber , und sanken schnell in
einen mehr oder minder adynamtschen Zustand.
In wieder andern Fällen begann die Krankheit mit
einem ungewöhnlich kränklichen Aussehen der Kin-
der nnd einfach vermehrten fäculenten Ausleerungen,
die dann nach einigen Tagen häufiger , weniger mas-
senhaft wurden , zuletzt nur aus etwas blutigem
Schleim bestanden und von den heftigsten Kolik-
sehmerten und starkem Tenesmus begleitet waren.
Der Bauch wurde aufgetrieben, heiss, tympanitisch,
empfindlich, es trat lebhaftes Fieber ein, das Kind
verfiel schnell und starb unter den Erscheinungen des
CoUapsus. Einige Male bildeten sich Aphthen im
Munde und am After, zweimal sogar Gancrum oris.
Nur hei wenigen Kr. zog sich das Leiden in die LHnge,
wo sich dann ein mehrmals ttfdtlich endendes typhö-
ses Fieber ausbildete. Viele Kinder wurden aber
auch vollständig gesund, besonders die in besser ge-
iQfteten Wohnungen befindlichen. Nicht ungewöhn-
lich waren Erytheme u. Excoriatioiien um den After,
die loicht ein übles, aphthöses Ansehi n bekamen und
äusserst hartnäckig wurden. In einigen wenigen
Fallen dauerte die Dysenterie in chronischer Fopm
längere Zeit fort , u. wich nur erst den entschieden-
sten adstringirenden Mitteln.
Im Allgemeinen war die Zahl der Gestorbenen
gering. Säuglinge wurden fast gar nicht befallen,
meist waren es Kinder vom 2. oder 3. bis 10. Le-
bensjahre.
Ganz anders verhielt sich der cholerafOrmige
Durchfall im vorigen Sommer. Sehr viele Kinder, u.
zwar meist vom 5. Monat bis zum 1 0. Jahre litten da-
mals an schleimigen, wenig oder gar nicht schmerz-
haften Durchfällen ohne allen Tenesmus. Der Bauch
war aufgetrieben , nur in seinem obern Theile etwas
empfindlich, der Stuhl wenig fäculent, bisweilen
ganz wässrig. Abends stellte sich manchmal etwas
Fieber ein, doch blieb die Haut, besonders der Extre-
mitäten kohl. Gewöhnlich trat gleich anfangs grosse
Uebelkeit und Brechneigung ein, die schon am 2.
oder 3. Tage in wirkliches Erbrechen überging. Bei
jdngern Kindern bildete sich dann ein völliger Cho-
lerazustand mit raschem Verfall der Kräfte aus, u. der
Tod erfolgte schnell unter allgemeinem Gollapsus.
Ini Falle der Genesung war das Erbrechen entweder
nur gering und selten oder legte sich bald , und es
trat eine fieberhafte Reaction ein , wobei die Auslee-
>.ruogen wieder fiiculent wurden. Der Tod erfolgte
manchmal schon am 2. oder 3. Tage.
Med. Jabrbl». Bd. 73. HA. S.
Am haußgsten befiel diese Cholera Kinder unter
dem 2. Lebensjahre, und besonders Säuglinge, nie-
mals solche über 5 Jahre. Bei altern Kindern ka-
men, wie schon bemerkt, wahrend dieser Epidemie
zwar auch sehr vielfach Durchfälle mit Brechreiz vor,
doch nahmen sie niemals die Form der Cholera an,
und waren daher auch nicht so geftlhrlich.
üeber die Ursachen der Kindercholera weiss Vf.
nichts Zuverlässiges anzugeben, doch scheint auch
. ihm , gleich C o n d i e , grosse Sommerhitze einen
wesentlichen Antheil daran zu haben, während die
Ruhren mehr durch Erkaltungen und durch eine
feuchtwarme , wechselnde Witterung erzeugt werden
dürften.
Hinsichtlich der Prognose ist zu bemerken , dass
leichtere Formen des epidemischen Durchfalls ohne
grosse Bedeutung sind, dass aber die ausgebildete
Ruhr u. Cholera immer zu den bedenklichen Erkran-
kungen gehören. Letztere ist diess um so mehr, da
sie weil jüngere Kinder heimsucht und das Nerven-
system weit gewaltsamer erschüttert, wogegen bei
der Ruhr allerdings die weit langsamere Genesung in
Betracht kommt.
Blulentziehungen hat Vf. bei der Ruhr niemals
anzuwenden Veranlassung gehabt. Ganz besonders
wohlthatig wirkten dagegen warme Umschlage auf den
Bauch, und noch mehr die sogenannten Piiessnitz-
schen feuchten Aufschlage. Gegen den Tenesmus
wurden lauwarme und kalte Wasserklystire verordnet.
Innerlich gab Vf. anfangs kleine Gaben Ricinusöl, u.
bei entzündlichen Erscheinungen kleine Dosen Calo-
mel mit Blagncsia usta dazwischen. Nach Massigung
des entzündlichen Zustandes , und wenn die Auslee-
rungen etwas sparsamer wurden, zeigte sich Magnesia
carbonica mit Wismulh und Kohlenpulver sehr wirk-
sam (einem 3 bis 5jahr. Kinde bis 2 Gr. Wismuth,
4 bis 5 Gr. kohlens. Magnesia u. ebenso viel Pappel-
kohle 3 bis 4stündlich).
Viel schwieriger war die Behandlung der Cholera,
indem hier bisweilen sogar die Zeit zur Anwendung
eines Mittels fehlte. Bei Zungenbeleg und übelm
Mundgeruch Ihal ein Brechmittel aus Ipecacuanha sehr
gute Dienste. Ausserdem wurde gewöhnlich kohlens.
Natron mit sehr günstigem. Erfolge gegeben. Die
Brechneigung massigte sich danach, und es traten
Pdculentere Darmausleerungen ein. Entwickelle sich
hiermit ein Fiehcrzustnnd, so ward neben dem Natron
carbon. Chinin oder TincL chinoidea gegeben.
(Küttner.)
278. Ueber das Näseln der Kinder; von
Trousseau. (L'Union. 119. 1851.)
Bei Kindern ereignet es sich nicht selten, dass sie
ohne alle bekannte Ursache, oder in Folge irgend
welches Unwohlseins , namentlich aber entzündlicher
Alfectionen der Rachenböhle, eine näselnde Sprache
annehmen. Die Untersuchung weist -dabei oft keine
besondere Veränderung nach, ausser dass das Gau-
43
Sd8
V. GjiiakiDlogie a. PldiatHk.
niensegel, statt sich nach rackwXrts ta erheben,
gleichui^sag kerabhSngt. !■ dieser ErseheiDmg,
welche au/ einer Paralyse des Velrnn palatinom beruht,
ist der Grund jenes NXselns zu suchen , ebenso wie
dadurch auch häufig eine bedeutende Erechwerong
des Niederschiingens von Flflssigkeilen veranlasst
wird.
An sich von keiner grossen Bedeutung , gewinnt
das Näseln aber dadurch an Wichtigkeit, dass es nicht
selten. ein Zeichen beginnender Hirnaffectionen ist,
welche sich vielleicht noch durch kein anderes Sym-
ptom kundgeben. (Kttttner.)
279. HjTKroma Gystictun sacrale congeni-
tnm; von Prof. J. F. H. Albers in Bonn. (Wien,
med. WchBchr. 26 u. 27. 1851.)
Die fragliche vom Vf. an elDem 6wöcbeotl. Mädehen beob-
achtete Geschwulst ergab , nachdem die Hautdecke derselbeti
angefangen hatte sich durch Eiterung abzustossen und der
Tod in Folge too Atrophie eingetreten war, in der darauf vor-
genommenen Untersuchung Folgendes.
Die heim Lehen des Kindes fatistgrosse mit einer bläulich
dünnen Decke umgebene Geschwulst, durch welche wieder die
einzelnen Geschwülste bläschenartig hindurchschienen, die
nach innen zusammengedrückt werden konnte, ohne dass
Krämpfe noch andere Zufälle entstanden , oder dass dadurch
die Geschwulst in ihrem Umfang vermindert wurde, war nach
dem Tode nur ein wenig zusammengefallen und Hess sich ohne
Verletzung aus den sie umgebenden Nachbartheilen leicht her-
austrennen. Die angrenzenden M. glutei waren atrophirt und
hatten unter sich einen flachen, seitlichen Fortsatz d«r Ge-
schwulst. Der Plex. isehiadic. auf beiden Seiten vollständig
entwickelt. Die Oss. coccyg. waren verkleinert, aber so
wie die Wirbel vollzählig vorhanden. Die Geschwulst er-
streckte sich seitlich von dem einen Os ischii zum andern,
das linke war von ihr etwas verdrangt und abgeflacht. Nach
oben hatte sie die einwärts und aufwärts gedrängten Oss.
coccyg., nach unten hing sie über den After weit hervor. Die
Geschwulst erstreckte sich soweit in die Weichtheile hinein u.
verdrängte dieselben so, dass sie das Bauchfell an der hintern
Decke erreichte. Vor ihr lag der Mastdarm normal fintwiekeH,
mit der Geschwulst durch festes Zellgewebe verbunden , doch
leicht trennbar. Seitlich von diesem erreichte die Geschwulst
das Bauchfell ebenfalls durch Zellgewebe , vollständig mit ihm
zusammenhängend.
Die Geschwulst bestand aus 2 verschiedenen Geweben :
1) den Blasen und 2) einem festen Gewebe , in welchem die-
selben lagerten , und in welchem sie nach Vf. ihre Entstehung
nehmen. Die Blasen seihst hatten die verschiedene Grösse
von einem Nadelkopf bis zu der eines kleineu Apfell. TVach
aussen waren die grössern, nach innen, nach •) cm Becken nod
Bauchfell zo , die kleinern gelegen. Die grossen bestanden
aus einer Haut und einer gcUiiichon, trüben Flüssigkeit. Die
innere, der Flüssigkeit zugekehrte Haut, liess sich in 2 Schich-
ten trennen, in pine innere glattr ffaut und eine äussere, ans
Zellgewebe bestehend. — Die kldnern Geschwubte zeigten
hellere Flüssigkeit als die grössern. Ihre Wand liess sich in
4 Schichten trennen , besonders da , wo sie mit dem festen
flbrösen Gewebe zusammenhingen und theilweise in dasselbe
übergingen.
Mikroxhopisch untersucht zeigte dieses ßbröse Gewebe
nach innen grosse, weite, runde Räume, welche die Ausdehnung
der Fetlblasen hatten , und welche Vf. für die ersten Anßnge
der Balggeschwölste hält. Das hindurchgehende Mascheage-
webe bestand ans feinen rundlichen Zellgewebsfaaeni. £ioe
gleiche Faserung zeigte das Gewebe, welches nach aussen hin
die Geschwulst bedeckte und abgrenzte. Dasselbe Gewebe
zeigten die Wände der Bälge. Die Flüssigkeit in diesen Bän-
-nen war blänlicb, meiat durchschimmernd. — Die Gefasse
lagen an der Miasera Seine , «od tivieo ton hier aail
dicken Aesteo in da« feste Gewebe der Geschwulst.
Die 6eschwul9C fipeliOrt m den HemniiigaMd«».
gea» dereo Eatetehung sieh Vf. aoerkHlK, 4xuh
Folge einer EiHiaiidttiig eise Verliartung staltgiaAia^
deo , 4ie Entzündinigaproduclie aulgwogen worde«,
daa Zellgewebe aber in gedrVngter Ffeser znmekga*
UiebeD aci. Meae festere Maaae habe einen Draek
amgeflbt, wodurch sieh Semm m die Maschen d«
Zellgewebes ausgeschieden, ohn^gefWir so, wie in den
harten Gewehe der FuasanMe 4ie fiildnng d»
Schleiinbeutel vor sich gehe. So seien hier tni-
schen dem feslen fibrdsen (icwebe die ersten Blneehn
entstanden^ die grAsser geworden von seHitft an dii
«usaere Seile gelangten, wArend kleinere Blibchaa
steh in dem feslen Gewehe biMeCen« welches an d«
hintern Seit« der Geschwulst gelagert war, und die
Geachwttlsl mit dem nhrtgen Körper ^/erband. Ben
diese filtfschenbildung bis tum Tode des Ktndee Tor
sich gegangen , schliesst Vf. theils aus den linscnftir-
migen Bldscben , theils aus der mikrosbopinehea
Untersuchung, und sei dadurch der Beweis gelie-
fert, dass eine einmal in ThOtigbeit geaetzle UeminuBg
der Bildung sich im Pttlliateben nicht nathwcnrdig ab-
luscMiessen brauche, sondern daes sie in den einaal
gesellten Produclen noch die <Ur8acbe zu einer am
diesen Producten sich entwich elnden tertiäre« Kraal-
heil werden könne, als welche hier nach ?f. ^e eni-
staDdüuen Bläschen au bclrachteu sind.
Was die Lage der Geschwulat zu den zunächst
liegenden Theilen anlangt, so kommt sie ganz nil
den Beschreibungen und Untersuchungen ttbere'u,
welche von andern Beobachtern gemacht worden sind.
(Wernher, die angeborenen Cystenhygrome , Gie-
sen 1843.) In allen Fallen war, wie in dem milge-
theillen, daa untere Darmende aehr nach vorn ge-
sclioben, den Genitalien gentthert, bei wnibliclMi
Individuen zuweilen so aehr , dasa es in die Oeffimag
der Vulva zu liegen kam. Fast in allen beobachuten
Fallen erstreckte sich die Geschwulst von dem untern
Ende des Kreuzbeins bis zum Afler, diesen so vor
sich herdrängend, dass er neben den Gescblechtsthei-
len fast ohne alles dazwischenliegende Perinaum sich
befand. Daher waren es eigentlich weniger Perineal-
als Sacral-Geschwülste.
Die in dem vom Vf. beobachteten Falle den Peri-
nitum angehörenden Muskeln waren fast admMliäi
verdräogt, so daas sie nach der MeimMg des Vfc.
durch Druck oder sonstige Ursache sich verändernd,
zur Entstehung desjenigen fibrösen Gewebes bcigefra-
gen haben können, was an der hiiilern Seite ^r
Geschwulst, welche die ^rinäal- und Siacrnlgcge«d
einnahm, vorgefunden wurde« Eine gleiche Unawaa^-
Imng zeigten auch die Muskeln der Sacralgegend wm
der Stelle, wo sie die Geeeh wulsa bepObrten, .namwnt
lieh war dieaa am innern Glutttns sichtbar.
Was die Knocliea betrifl, ao wnren sie hier^
wenn auch nach innen verdrXngt, dooh ajemüeii »«•»-
mal, während in dieser Beziehung von amdem Beob-
V« G^pMuAw» «• Pädiatrik.
339
achlara, wie Wernher, Baxtorf, Schmidt,
Otto a. A. fielr Anamalieo beobachtet wurden. Das
Krens- und Steissbein worde von jenen atrophisch
\ gcftmden, oder sie fehlten gan Md Ihre Stelle wvrde
von naehr oder weniger Cysten eingenommen. Nicht
selleo waren auch die Falle, wo sich einzelne Cysten
llogs den Nervenftden , oder auch den Lacken des
Kreiubeins bis in den Wirbelkanal auf das sonst ge-
sunde Rackenmark fortsetzten. Doch geschieht eine
solche Spaltung der RackenwirbelsSule und Fortsei-
sang in den Wirbelkanal nach Vf. wohl nur in den
Fallen, wo die Geschwulst von ungewöhnlicher Grösse
und bech hinauf in der Krensbeingegend ihren Sitz
Imt. Oft s«nd dergleichen Fidle entweder mit oder
als Spin, bifida ni'g« liandelt worden.
Das Innere der vom Vf. untersuchten Geschwulst
bestand aus einem fächerartigen Gewebe, dessen
Flieher die Grösse einer Haselnuss mit einer glatten
Wand zeigten, in welchen die Blasen frei lagen, mit
einer dickliehen, hafergratzbreiahnlichen Masse ge-
/tlllL Diese Fächer und Blasen waren am kleinsten
naeii der innern, und grosser nach der üussern Seite.
Die innere Flache der Blasen war glatt, wie die der
ncher, nirgends Unebenheiten. Die Fächer hingen
hin und wieder zusammen. Die Blasen waren ein-
zeln. Von einem Wurm war nichts vorhanden. Das
Mikroskop zeigte unregelraassige, unbestimmte KOrper-
eben in der Flflssigkeit.
Aus dieser, so wie aus den Beobachtungen , wie
sie von Wem her, Otto, Hymiy (Geschichte des
Fötus in Foetu, Hannover 1831), Heineke gemacht
worden sind , nach welchen die einzelnen Abiheilun-
gen solcher PerinSal-Hygrome bald deutlich fluctuir-
ten, bald vollkommen, fest, hart, knorplich sich an-
fahlien, nicht selten fremdartige Körper, wie Kno-
cbenstUcke, Fett, Haare und Zahne enthielten, geht
naeh Vf. deutlich hervor, dass die Geschwülste, wel-
che man mit dem Namen Hygr. cystic. sacral. congen.
bezeichnet, nicht einerlei Baues, und wahrscheinlich
auch nicht einerlei Natur sind« Nach Vf. sind dem-
nach folgende Formen zu unterscheiden.
i) GeschwlUste , welche nebenden Cysten Fö-
taslbeile enthalten ; sie geboren dem Poetus in
Poettt an.
2) Geschwülste, aus einfachen und grossen Bla-
sen bestehend , das Hygroma im engern Sinne. Sie
enthalten eine wässrige Flüssigkeit in einem mehr od.
weniger einfachen Balge, ähnlich wie bei Hygromen,*
4ie nn der Oberflache der Milz u« Nieren vorkommen.
Das fihrOse Gewebe nur gering.
3) GeschwQlste, deren Grundlage aus dichtem
Fasergewebe besteht, das von Stelle so Stelle aus-
einander geht, Maschen nnd Fächer bildet , die mit
«an ander in Verbindung stehen. In diesen Fächern
liefen erbsen-haselnussgrosse Blasen, welche theils
iaolirt, theils an der glatten Blasenwand angewach-
sen sind. Sie sind gefilssarm, enthalten eine dickliche,
schleimige, dem uogeronnenen Eiweiss ähnliche FlOs-
sigfceÜ. Zu ihnen gehört nach Vf. die mitgetheilte
Beobachtung.
Die Ursache dieser Hemmnagabildungen sucht Vf.,
wie schon erwähnt, in einem EulzUndungsprocess, der
namentlich bei Schwängern häufig , und beim Fötus
u. seinen Häuten sich nicht selten vorfinde.
Die far die Praxis so wichtige Unterscheidung .des
Hygr. cystic. sacral. von Spin, bifid. gründet sich nach
Vi. auf folgende Erscheümngen.
1) Beim Druck der Spin. bifld.-Gesehwulst wird
'diese kleiner, und in Folge der Einwirkung auf das
Bflekenmark entstehen Lähmung oder Krampf in den
uQtem Gliedmaassen, Athembeschwerden. Der Druck
auf die Geschwulst des Hygrom. verkleinert diese
nicht, noch ruft er die eben erwähnten Zuftllle
hervor.
2) Die Spin, bifida bildet mehrere gleichmässige
nnd durchscheinende Geschwülste. Das Hygr. cystic.
sacr. congen. ist meistens eine höckerige und wenig
durchscheinende Geschwulst , wegen des in ihm ent-
haltenen Gewebes.
3) Die Spin, bifid. ist gewöhnlich von einer ziem-
lich ausgebildeten Haut bedeckt; das Hygr, cystic.
sacr. congen. hat gewöhnlich eine sehr danne, wenig
entwickelte u. halb durchsichtige Haut.
4) Die Spin, bifid. öffnet sich spontan sehr selten,
und wenn dieses geschieht, erscheint auf der Ge-
schwulst eine entzOndete oft exanthematische Stelle,
die brandig wird; das Hygrom. cystic. bildet aber
seine ganze Oberfläche eine die Haut und die obersten
Schichten der Geschwulst zerstörende u. die^ Cysten
öffnende Eiterung, wodurch die einfachen Hygrome
heilen, die zusammengesetzten dagegen, bei denen
die Grundlage des fibrösen Gewebes vorherrscht, fuh-
ren, durch die Eiterung, welche sich durch einen
schleichenden Verlauf auszeichnet , den Tod herbei.
5) Der Spin, bifid. sitzt wenigstens in der Kreuz-
beingegend, das Hygr. cystic. tiefer bis unter das
Steissbein , und drängt den After so in die Nähe der
Genitalien, dass das Mittelfleisch fast ganz schwindet, ,
wie es bei Spin, bifid. nicht vorkommt.
6) Eigenthümlich ist die Lage des Afters in allen
Fällen von Hygr. sacr. cong. von der Geschwulst
umgeben.
7) Spin, bifid. ist häufig mit andern Hemmungs-
bildungen verbunden, das Hygrom. cyst. sacral. kommt
mit seltenen Ausnahmen bei ganz gut genährten und
wohlgebildeten ausgetragenen Kindern vor.
(Schwarze.)
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340
VI. Chirurgie^ Ophthalmologie u. Otiatrik.
VI. Chirargie, Ophthalmologie Dod Otiatrik.
280. Statistisch-kritischer Bericht Aber die
Fractnren, weiche vom l. Jan, 1839 bis zum 1.
j4pHl 1851 im New-York Hospital bekofidelt wor-
den sind; von F. L e n t e. (New- York Journ. Sept.
1851.)
Vf. bat die Fracturen der Rippen , der Gesichls-
knochen, der Finger- und ZebenphaJangen , der Mit-
telhand- und Mitteifuss-, so wie der Handwurzel- u.
Fusswurzelknochen im vorliegenden Berichte nicht
berücksichtigt» ebenso bat er die Fracturen der Schä-
delknochen nur der Zahl nach aufgeführt, indem er
eine genauere Besprechung derselben anderwärts zu
geben verspricht.
Die Gesammtsumme der einzelnen Fälle von Frac-
turen beträgt 1722 und sie werden in Tabellenfono
nach dem Alter und Geschlecht, nach der Jahresieil,
nach dem Sitze u. s. w. vorgeführt.
In der ersten Tabelle stellt Vf. die Fälle des Nev-
York Hospitals der relativen Frequent nach zusaah
men, und reiht die statistische Porichte voo II al-
g a i g n e (Hölel-Dieu) » von L o n s da 1 e (Middletex-
Uospil.ll zu London) und Norris (Pennsylvania-
Hospital 1830—1839) an.
New -York
Malgaigne
Londsdale
Norris
Procent
Procent
Procent
Procent
Oberschenkel
280
16,26
308
15,88
181
13,00
134
15,95
Unterschenkel
579
38,62
652
32,59
289
20,76
293
34,88
Tibia u. Fibula
442
26,24
515
26,56
197
14,15
Tibia
45
2,61
29
1,49
41
2,94
Fibula
92
5,33
108
5,57
51
3,66
Oberarm
161
9,35
310
15,98
118
8,49
227
27,02
Vorderarm
269
15,62
307
15,83
386
27,73
Radius u..Ulna
90
5,22
107
5,51
93
6,68
Ulna
36
2,09
29
1,49
64
4,59
Radius
143
8,30
160
8,24
197
14,15
Schhlsselbein
158
9,11
225
11,60
273
26,79
84
10,00
Unterkiefer
65
3,19
27'
1,39
32
2,29
19
2,26
Becken
23
1,33
7
35
7
50
6
71
Kniescheibe
30
1,74
• 45
31
38
2,73
16
1,90
Scbolterblatt
17
98
4
2,20
18
1,28
10
1,19
Brustbein
12
69
1
05
2
14
5
1,5»
Schädel
128
1722
7,43
53
2,73
48
,3,45
46
5,47
1939
1392
840
Die Tabelle zeigt eine grosse Uebereinstimmung
in Bezug auf das New- York Hospital , auf das Hötel-
Dieu und auf das Pennsylvania Hospital , und nur das
Middlesex-Hospital giebt wesentlich verschiedene Pro-
centverhallnisse , die indessen ziemlich gentigend er-
klärt werden können. Im Middlesex-Hospitale wer-
den die meisten Pat. poliklinisch behandelt , und nur
bei Fracturen der untern Gliedmaassen die Pat. mit
Betten versehen und in die klinische Behandlung auf-
genommen , wäbrend fast alle Fracturen der obern
Gliedmaassen blos in poliklinischer Behandlung sind.
Es kann daher nicht aufTallen, dass die Zahl der Frac-
turen der obern Extremität, die der untern so sehr
überwiegt. Die grosse Frequenz der ScblQsselbein-
fracturen im Middlesex-Hospital soll aber darin eine
Erklärung finden , dass eine grosse Anzahl von Kin-
dern, bei welchen die Clavicularfractur nach Lons-
dale die häufigste ist, unter den Pat. sich befindet.
was mit des Vfs. Erfahrung ttber die Schlüsselbeia-
fracturen in der Kindbeil nicht übereinstimmt.
In Bezug auf die Schudelfractttren bietet 6u
New -York -Hospital fast die doppelte Frequenz im
Vergleich mit dem Berichte von Malgaigne, Londs-
dale und Norris. Ein Grund der Differena lässt
sieb nicht angeben, denn es ist wohl kaum anzuneh-
men , dass die Leute in . New-York dünnere Schädel
haben sollten als in London, Paris und in Penn-
sylvania.
Mit fFunden complicirte Fracturen kamen im
New-York- Hospital häufig zur Behandlung, so dass
darüber folgendes Verhältniss notirt worden ist.
VI. Chirurgie, Ophthalmologie a. Otiatrik.
Mi
Uttt«r deo Fraeturen des Oberschenkelbeios war«n
, 9 « der Unterschenkolkiioeheo ^
«99 des Oberarmbeins »
» » m <^^r Vorderarmknocben „
u » m des Unterkierers «
... der Knieseheibe .
M eomplieirte,
»,2*»/,
135
22,7»,
22
13,66,
24
8,90,
11
16,92 ,
4
13,33 ,
Unter den 4 complicirten Fraeturen der Knie-
scheibe endeten 2« durch Schusswunden verursachte,
todllicb; in dem einen Falle bewirkte Tetanus, in
dem andern Eiterreaorplion nach der Amputation den
To*d. Zwei eomplieirte Fraeturen des SchlAsselbeins
sind ihrer Seltenheit halber gar nicht mit eingereiht
werden. In 8 Fallen waren beide Schenkelbeine
gleichzeitig gebrochen, und in einem dieser Falle wa-
ren ouch noch Fraeturen der obern Extremität vor-
banden. d3mal kam mit der Oberschenkelfractur
noch ein anderer Knochenbruch vor; in l7 Fallen
waren beide Unterschenkel gleichzeitig fracturirt, u.
in 27 Fallen existirte neben der Unterschenkelfractur
noch ein anderer Knochenbruch.
Folgende Tafel zeigt den genauem Sitz der Frae-
turen an den Extremitäten.
Hals
nach der
Milte
über der
Mille
unter der
Mitte
durch das
untere
Gelenkende
durch das
obere
Gelenkeude
Oberschenkel
26
76
47
71
8
Unlerschenkel
412
ÖO
242
27
11
Oberarm
20
39
38
37
16
1
Vorderann
36
19-
82
122
12
Die Fraeturen der Fibula allein haben meist einen
andern Sitz als die der Tibia allein oder beider
Unterschenkelknochen; in 88 Fallen war der Sitz
der Fibulafractur 40mal 2 bis 4'' über der Spitze des
äussern KnOchei, 17mal dicht aber dem Knöchel,
16mal der Mitte ziemlich nahe, 2mal nur Über
der Mitte und 12mal in der Substanz des äussern
Knöchels.
Unter den Fraeturen des Schenkelbeinhalses sind
auch die mit begrilTen, bei welchen die Bruchflache
durch den grossen Troclianter ging und der Hals in
den Trochanter gekeilt war. Von den 47 Schenkel-
beinfracturen Über der Mitte gingen 9 gerade unter
dem kleinen Trochanter hinweg, und von den 71
Schenkelbeinfracturen unter der Mitte verliefen 15
dicht aber den Gondylen.
Bei den Fraeturen beider Unterschenkelknochen
pflegt die Fractur der Fibula meist hüher zu sitzen
ak die der Tibia; Vf. hat mehrmals gesehen, u. ein-
mal selbst durch dieSeclion nachgewiesen, dass wah-
rend die Fractur der Tibia sich im untern Drittlheil
befand, die der Fibula im obern Drittlheil sass. Sol-
che Fraeturen sind vielfach ßflschlicherweise für Frae-
turen der Tibia allein ausgegeben worden. Von den
242 Unterscheokelfracturen unter der Mille gingen
44 (Vs) dicht aber das untere (telonkemle. Von den
27 Unterschenkel fraeturen durch das untere Gelenk-
ende waren 13 Dupuytren 'sehe Fraeturen, d. h.
der Bruch ging durch den Knöchel der Tibia und 1
bis 3'' oberhalb des Knöchels der Fibula. Die mei-
sten der Unterschenkelfracturen, die durch das obere
Gelenkende verliefen, communicirten mit dem Kniege-
lenke. Halgaigne hat den Sitz der Unterschen-
kelfraetoren nicht genau angegeben , er beobachtete
36 Falle von directen und 31 von indirccten Frae-
turen, die meist im unlern Drittlheil verliefen.
Von 158 Fraeturen des SchUltselbeins befanden
sich 43 in der Mitte, 4 an der Verbindungsstelle des
innern u. mittlem Dritttheils, <37 an der Verbindungs-
slelle des äussern u. mittlem Dritttheils, 23 naber
dem Acromialende und 3 naher dem Sternalende.
Bei einer ziemlichen Anzahl von Sehlflsselbeinfractu-
ren mit sehr schiefen Bruchflachen und bedeutender
Verschiebung liess sich gar nicht genau bestimmen,
ob die Fractur mehr nach der Mitte oder nach aussen
zu gelegen sei. Gar nicht selten kamen die Fraelu*
ren des Acromialendes durch einen directen Schlag
auf die Schulter zu Stande und sie wurden anfanglich
leicht verkannt, weil sie gewöhnlich nur mit den
Symptomen der Contusion auftraten, und erst nach
einigen Tagen Knochencrepitation gefohlt werden
konnte. In einem Falle wurde die Glavieula zwei-
mal, am Acromialende u. an der Verbindungsstelle
mit dem mittlem Dritltheile, gebrochen gefunden. In
3 Fallen waren die Schlüsselbeine auf beiden Seiten
gleichzeitig gebrochen; im ersten Falle war weder
die Ursache noch der Sitz der Fraeturen bemerkt, im
2. war die doppelseitige Fractur durch Zusammen-
pressung der Schultern zwischen 2. Eisenbahnwagen
entstanden , und sie befand sich auf beiden Seiten an
der Verbindungsstelle des mittlem Dritttheils mit dem
äussern ; im 3. hatte Verschntlung die Fraeturen be-
wirkt , die auf beiden Seilen mehr nach der Mitte der
Glavieula zu lagen. Ganz neuerdings kam noch ein
4. Fall von Glaviculafractur auf beiden Seiten durch
direcle Gewalt bei einem Stallknechte vor, der von
einem Pferde, welches mit den Hinlerfttssen ausge-
schlagen hatte, auf die Schlüsselbeine getroffen wor-
den war; beide Schlflsselbeine waren in der Mitl^
u%
VI, CMrarffie« Q|liihaliMliogie iv Oüiinlu
nnter starker Contusio« der Weiehdieile gebrachen.
Malgaigne hat die IVaetiir der SchlttescIlHine auf
beiden Seiten anter 2358 Fracturen nur einmal
beobachtet.
Von 66 Fracluren des Unterkiefers waren 56
einfache und 1 1 doppelte Fracturen ; von den erstem
gingen 22 durch den Körper des Eiefers dicht neben
dem äussern Schneidezahne; 12 verliefen in der Nähe
der Symphyse, 6 durch die Symphyse, 3 hatten den
aufsteigenden Ast getroffen, 3 den Hals des Gondylus
durchbrochen und 1 den Kieferwinkel genau gespal-
ten. In 8 Fallen war der Sitz der Fractur nicht an-
gegeben worden. Von den doppelten Fracturen ging
1 durch den Hals beider Gondylen , die andern ver-
liefen so , dass anf der einen Seite der KO. j>er naher
oder entfernter von der Symphyse auf der andern
Seite der Körper oder der aufsteigende Ast des Kiefers
gebrochen war. In keinem Falle war der Kiefer 2ma1
auf einer Seite fracturirt.
Unter den 30 Fracturen der Kniescheihe wurden
21 quere, 1 schiefe u. 6 slernfbrmige Fracturen be-
merkt gefunden.
Bei 14 genau verzeichneten Scapulafracturen
ging der Bruch 2mal durch dasAcromion, 5maldunh
den Körper unterhalb der Spina, Imal nur durch die
Spina und den Körper, Imal war der hintere Winkel,
Imai der untere Winkel, Imal der Hals u. 2mal der
hintere Rand abgebrochen. Von 17 Scapulafracturen
genasen 14, u. nur 3 endeten in Folge von gleichzei-
tiger Schädel- u. Rockgratsfractur tödtlich.
Unter den 23 Beckenfraeturen waren 4 sehr
ausgedehnt und mit Blasenruptur complicirt; lOmal
ging die Fractur durch die Darmbeine , 4mal durch
die Schambeine, 2ma1 war mit dem Bruche des Darm-
beins Diastase der Scham heinsymphyse vorhanden,
Imal war mit Diastase der Symphysis sacro-iliaca
Fractnr des Schambeins verbunden, Imal nur war die
Gelenkpfanne gebrochen u. 1 mal die Gelenkpfanne n.
der horizontale Schambeinast. 12 Beckenfraeturen
endeten ti)dtlich ; die Section erwiess mehrmals Bla-
senmptur, mehrmals Gehirn- und Medullarverletiun-
gen. Imal Ruptur der Vena iliaca, Imal Ruptur der
Leber n. 4 mal Darmzerreissungen.
Vi» SOFrafiureB, die dureh dt» HaU des Oker^
armbeiM gingen» betraf nur eine den anatomiaehen
Hals; Imal hatte sich der abgebroehene cbirurgisclie
Hals in das gespaltene Oberarmbein eingekeilt» ein
sehr seltenes Ereigniss» von welchem Houston
1845 der Dublin-Society die 3 ersten Beispiele yot-
legte. hl Uebereinstimmung mit M a I g a i g n e wurde
sehr oft, uKmlich 14Hial, bei jungen S«b|ectan Abbre-
oken des' Processus eukitaUs gefunden. Das Abbre-
chen eines oder des andern Condykis kumeriksm
nur 3mal vor u. Norrie, der die Gondylenabhre*
ebimgen ftlr sehr gewöhnlich hält, obne Beobnohton-
gen vou denselben anzngebeo , scheint von einer vnr^
gefassten irrigen Meinung ausgegangen in sein. Mal*
g a i g 0 e hat nur 8 Beispiele von Goudylenfractaren
in der gesammten Fracturenlileratur auffinden kennen
u. zwar 4 einfache u. 4 oomplicirte.
Von den 19 Fracturen des Forderarms über der
MiUe verliefen 4 dicht unter dem obern Gelenkende ;
einmal war der Hals des Radius gebrochen, eine
Fractur , die A. C o o p e r nie gesehen hat , und sie
daher entgegengesetzt der gewöhnlichen Angabe der
Handhdcher für ausserordentlich selten halt. Von
122 Fracturen durch das imtere Gelenkende des
Ferderarmst waren die meisten bibs FVacturen des
untern Endes des Radius ; einmal war das Getenkende
des Radius und der Ulna gleich hoch abgebrochen,
einmal lag die BruchQlche der Ulna 2'* höher , 2mal
war die Radiusfractur durch Dislocation der Ulna com-
plicirt. In einem Falle nur heilte die Fractur mit
steifem Gelenk , und einmal blos nöthigte Complica-
lion zur Amputation. In einigen Fallen kam Bruch
des untern Endes des Radius an beiden Armen gleich-
zeitig vor. Von 12 Fracturen durch das obere Ge-
lenkende des Vorderarms waren 10 Olecranonfractu-
ren, einmal war der Process, coronoid. abgebrochen,
einmal der Radiuskopf gebrochen u. gesplittert. Die
Olecranonfractur dürfte nicht so selten sein als sie
Malgaigne schildert«
In folgender Tabelle ist das ^Iter der Verletzten
angegeben.
1— 10 J.
10-^20
20-30
30—40
40-50
50—60
•0—70
akar 70
Oberschenkel
49
57
50
46
40
12
8
5
Dntencheokel
10
47
187
194
92
36
18
—
Oberarm
18
31
39
29
18
17
9
—
Vorderarm
15
54
79
67
36
9
5
1
Schlüsselbein
1
21
53
45
22
8
4
2
Kniescheibe
—
2
10
12
5
1
—
—
Untcrkiefsr
2
9
27
20
4
2
i
—
Diese Tabelle ergiebt, dass zwischen 20 n. 30 J.
die Oberschenkelbein-» Oberarm-» Vorderarm*» Sohlas^
selbein- u, Unterkieferfractoren, swis$ben90n.40J*
die Unterschenkel- u. KniescbeibenfracUurnn am bliH
Vi. ^MwKie> OpMMlMtogit lu Olklrifc.
ans
figsten voftoiaoMn. Von d«h Uiiliertcheiik«lfraet«rMi
ist twisdien 2eti.4(IJ.d«sPr6c«tii?«rhritnis8 (I5,8#»
Am ObenchmMrneMren S8,04. fn den AUev
1 --^ 19 J, siftil die (HMr«eh6Dkelfractived favnfr^
8>er alft di« ÜBtericbMikelfnieCiireii , dts Proceotver*
liAlMss der «rslcttr ist 17,75. der letztem IJt;
swiscben 10 u. 20 J. nehmen die Unterschenkeifrac-^
tareii etwas Weniges an Frequenz zu: 20,66 zu 6, 11.
Die fraheste OberaebeBkeirractur wurde an einem 2
Monate alten Kinde beobachtet , 2 Oberschenkelfrac*
tiiren kamen bei 2^^ J. alten Kindern vor. £ine
Scfaenkelbalsrractur ausserhalb wie innerhalb de»
Kapselligaments kam vor dem 23. J. nicht zur Beob-
iohtung; 2mal wurde bei KinAorn die AblOaubg der
ebem Schenkelbeinepifili^e nachgewiesen. Dte0^cf<^
schenkelfracturen sltsen bei Kindeni gewehnlieb ie
der MHui. Vom »•. i. an isl das fhroeeniierhiliniie
der OberarsDfraetAtren II »2(^ der Vorderarmfraetnret
nur 3,12. Die Fraetoren des ScMftsselbeins » der
Kniescheibe und des Unterkiefers sind bei Kindenn
aneserordeniticb selten. Die Kniescheibe liricht sel'^
len unter 20 J. u. Aber 45 Jahr.
Die folgende Tabelle zeigt die Projiortion der
Fracturen in Bezug auf das Geschleckt a. in Bezug
auf die Karperseile.
rechU
links
Mann
Weib
für Weiber
Obenchenkel
104
100
S50
30
10,71
Untencbenkel
824
S23
$15
64
11,05
Oberarm
9*
5»
143
16
11,18
44
39
100
40
11,76
unteres Ende des Radius
34
35
Scblflsselbeio
65
64
131
27
17,09
Kniesebeibe
14
8
27 1
8
10,00
Die KOrperseite fl»heint keinen ßinfluss auf die
Frequenz der Fracturen zu haben ; nur bei den Knie-
scheibenfracturen wird ein Unterschied ersichtlich,
die , da die Zahl der Fälle Überhaupt so gering ist,
keine weitere Bedeutung haben kann.
Dem Geschlechte nach kommen KnochenbrOche
8mal bSufiger bei Hännern wie bei Weibern vor, un-
ter 100 Fracturen treffen 88,84 das männliche, 11,16
das weibliche Geschlecht. Das relative Verhältniss
der einzelnen Fracturen unter sich ist aber bei den
Weibern fast das nämliche wie bei den Männern, und
nur die Schlüsselbeinfracturen ergeben eine etwas
höhere Proportion. Noch bemerkt muss werden,
dass bei alten Männern die Fracturen der Schenkel-
beindiapbyse , bei allen Frauen die Schenkelhalsfrac-
luren Überwiegen, wozu die anatomische Beschaffen-
heit decs weiblichen Schenkelhalses eine fast genfl-
gende Erklärung giebt. Im hohem Alter brechen die
Weiber auch relativ Aller den Oberarm als Männer.
In der Kindheit schon werden mehr Fraeturen bei
Knaben als bei Mädchen beobachtet, vom 50. J. an
aber wird die Fracturenfrequenz für beide Geschlechter
gleich.
Es folgt nun eine Tabelle, welche die Fracturen-
frequenz in Bezug auf die JoAreszeü erläutert.
Jan.
PebT.
M§r2
April
Mai
Juni
Juli
Au«.
Sept.
Oct.
Nov.
Dec.
Obencbenkel
15
19
25
31
27
20
23
27
31
28
17
16
Oaltffwheikel
65
38
53
47
56
40
37
43
45
50
44
44
Oberarin
11
9
9
12
15
14
20
6
12
18
^
17
Terderarm
16
6
11
14
17
19
17
16
15
14
5
14
ooteree Ende des Badius
18
5
6
3
6
8
7
5
8
9
11
6
SchiasselbeiD
14
12
8
8
18
17
11
10
17
11
21
»
Roiescheibe
1
2
1
7
1
2
2
3
2
3
2
3
In den warmen Me^naten vom Mai bis mit Sept.
ist das Preeentverhttltniss der Fracturen 43,22, in
den kaltem vom Nor. bis mit März n«r 38,82. Die
«inzdnen Mimete differiren wenrig in Beaog auf die
Kahl der Fracturen , ond nur im Februtr «od im An-
guet iit idie AnaAl 4er ftneehavbrtlchie aiKüiend fs-
ring. Im Mai und im Oetoher ist die Z»lil der Kne-
chenbrüche die grOsste. Von A. Par6 ist die Behaup-
tung ausgegangen , dass im Winter durch die Kälte
die iKttoohen bruchiger wurden , alkin diese Behaup-
tung ist falsch , und selbst die am oberffläohlichsten
gelegenen lÜMcben , wie die Glavicula und Tihie sind
3U
VI» Chirurgie» Ophdifliiiologie u. Oliatrik;.
luch Vffl. Krfahruogeki in Wiotar oichl öfter als im
Sommer gebrochen, ja die Tibia zeigte im Sommer
sogar eine grösaere Bruehrrequenz als im Winter«
Wenn im Winter Glatteis die Fraeturenentstehung
iMgttnstigt, so wird diess, wie Malgaigne richtig
bemerkt, im Sommer durch die grössern Arbeiten u*
Bauten reichlich aufgewogen. Im WiDler brechen
die Weiber leichter und üfler die KDochen, ebenso
wie die Greise, weil sie leichter ausrutschen u. fallen
als im Sommer. Die Kinder ziehen sich aber, weil
sie mehr ins Freie kommen, mehr umherspringen.
im Sommer leichter Fractoren zu. Des Vfs. Tabellen
stimmen in Bezug auf Gescbleohi und Jahreszeit nicht
ganz mit denen Malgaigne*s überein» un<l der
Grund mag in den verschiedenen Kiimaten und darin
liegen, dass im New-York - Hospital weniger Frauen-
zimmer mit Fracluren recipirt wurden als im Hölel-
Oieu.
Eine besondere Tabelle hat Vf. den Fracturen des
Bfntstöeins gewidmet, von welchen in 12 J. 12 Fälle
beobachtet wurden.
Nr.
Geschl.
Alter
Tag der
AufoabiDe
Tag der
EDtlassung
Sitz der Fractar
ResulUt
1
M.
36
Mä^25.
März 25.
zwischen der 2. u. 3. Rippe
Tod
2
M.
25
Mai 23.
Mai 23.
oberes Dritttheil
Tod
3
M.
23
Febr. 19.
Febr. 26.
Verbindungsstelle des Hand-
griffs mit dem Körper
Geheilt
4
35
Sept. 26.
Sept. 29.
derselbe Ort
Tod
5
45
Oct. 26.
Dec. 12.
derselbe Ort
Geheilt
6
30
Not. 14.
Nov. 25.
Mitte
Geheilt
7
34
Dec. 18.
Jan. 7.
Handgriff
Geheilt
8
48
Aug. 2.
Aug. 19.
Körper
Geheilt
9
52
Juni 30.
Juli 28.
oberes Dritttheil
Geheilt
10
23
Dec. 24.
Dec. 24.
Verbind, des Handgriffs mit
dem Körper
Tod
11
45
Nov. 4.
Nov. 28.
nicht bemerkt
Heilang
12
30
Jan. 24.
Febr. 1.
zwischen der 2. a.3. Rippe
Tod
Alle 12 Fälle betrafen Manner. Bei Nr. 1 war die Frac-
tur comminutiv, das Pericardium war zerrissen und ein Hals-
wirbel gebrochen; Herabstürzen eines schweren Ballens auf
die Brust hatte die Fractur bewirkt. — Bei Nr. 2 war das
untere Bruchstuck in die Pleura getrieben worden , die Leber
war eingerissen, und der Unterschenkel gebrochen ; der Ver-
letzte war vom Topmast 45 Fuss herab auf den Schlagbaum
gefallen. — Bei Nr. 3 hatte der Verietzte von einer Deichsel
einer Maschine einen Stoss gegen die Brust erhalten; das
obere Bruchfragment hatte sich stark nach hinten und unten
disiocirt V die Verschiebung wurde ziemlich beseitigt; der Ver-
letzte ging nach 8 Tagen wieder an die Arbeit. — Bei Nr. 4
war die Niere gerissen , der Verletzte war aus einem Fenster
herabgestörzt und mit der Brust gegen eine Kapte gestossen.
— Bei Nr. 5 war gleichzeitig die linke Clavicula und 2 Rippen
gebrochen ; ein Marmorblock halte den VeHetzlen umgewor-
fen und gegen einen zweiten Block geworfen. — Bei Nr. 6
bestand starke Verschiebung der Brucbstficke ; Fall gegen ei-
nen Banknind mit der Brust hatte die Fractur erzeugt. —
Bei Nr. 7 hatte eine gleiche Ursache die Frnctur hervorgeru-
fen. — Bei Nr. 8 war der Pat. 30' von einer Leiter herab-
gefallen. — Bei Nr. 9 hatte Verscbfittung staltgefunden ;
Nr. 10 war mit Lungen- und Leberruptur complicirt. — In
Nr. 11 war der Pat. von einer Treppe gctftlrzt. — In Nr. 12
war mit der Sternalfraclur complicirte Oberschenkel-, Unter-
schenkel-u. Armfractur verbunden. — Von 12 Fnicturea
des Brustbeins endeten 5 tödtlich und 7'wurden geheilt ; von
den 5 tödilichen waren 4 nutbwendig lelhal durch Complica-
tion mit Gehirn*, Leber-, Lungen- u. Herzbeutelverielzungcn,
ond der 5. Fall wurde accidental durch die grosse Anzahl der
gleichzeitigen Knochentertetzungen tödtlich.
Die grosse Gefahr, welche, den Sternal fracturen
m den Handbüchern beigemessen wird , ist jedenfalls
abertrieben. Malgaigne hat nur ein Beispiel von
Bruch des Brustbeins in den Listen des H6tel-Dien
auffinden können; Lonsdale giebt 2 Falle, u. Nor-
ris 5 an. In einigen Fällen ist die Brustbeinfractur
durch Muskelgewalt hervorgebracht worden, z. B.
sah sie C h a u s s i e r 2n)al bei Erstgebarenden wah-
rend der Wehen entstehen, und Paget zu Mexico
beobachtete sie bei einem Taschenspieler, der sich
rücklings Ubergebogen und mit den Uanden und Zah-
nen eine schwere Last vom Erdboden aufgehoben
hatte. Der gewöhnliche Sitz der Stern uro fractur ist
in der Gegend der Verbindung des UandgrilTs mit dem
Körper.
Da in den vorstehenden Tabellen die Angaben
bezüglich des Zeitpunkts der Heilung der Fractureo,
bezüglich der Verkürzung, des bleibenden Nach^hetls,
der Pseudarthrosenbildung, der Behandlungsweise n.
s. w. fehlen, so sucht Vf. diesen Mangel der llospi-
talherichte durch einige allgemeine Bemerkungen aus
seiner vieljahrigen Erfahrung zu ersetzen.
Was zuerst die Heilung der Fracluren betrifft, so
ist diese für die einzelnen Knochen durch Beobach-
tungen festgesetzt und allgemein bekannt; auch wis-
sen die Chirurgen, welchen Einfluss Aller, Individua-
liiai, Körpercouslitulion, Atmosphäre u« s. w. auf die
Callusbildung haben. Vf. nennt mit Hamilton eine
Fractur dann gut geheilt* wenn weder Deformität,
noch Verküriung, noch irgend eine Störung der Fnuc-
VI. Chirurgie, Ophthalmdo^e o. OCiatrik.
345
tioi des Gliedes nach derselben zartfckgeblieben ist
Bei Fraclnren der antern ExlremiUt kann der Pat
sttfrieden sein, wenn nach Jahresfrist ausserlich keine
Spur der sUttgefundenen Fractur mehr wahrgenom-
men wird, and man nur beim ZufQhlen mit den Fin-
gern die Bruchstelle noch auffinden kann. Bei Frac-
turen der obern Extremitäten tritt der Termin der
Tollstflndigen Heilung zeitiger ein, und wird späte-
stens nach 6 Monaten beobachtet. Aus den Hospi-
tälern werden die Fat. meist alle rrUherenllassen, als
die Heilung foUendet ist, ja sie werden häufig schon
entlassen, wenn die Continuität des Knochens wieder
fest hergestellt ist. Dessenungeachtet lässt sich schon
aus den Wochen, während welcher die Fat. in der
Hospitalbehandlung waren, meist genügend vorher-
sagen, dass eine vollständige Herstellung eintreten
werde. Bei einfachen, ganz vortrefflich geheilten
Fracturen bleibt oft lange Zeit eine gewisse Rigidität
des Gliedes zurUck, ebenso verursachen stärkere Cal-
lasablagerungen einiges Hinderniss bei der Bewegung,
von beiden ZuHillen kann man aber mit Bestimmtheit
das Verschwinden versprechen. Knochenbrüche in
der Nähe von Gelenken bewirken Gelenksteifigkeit,
sobald sie das Gelenk selbst mit in das Bereich der
Entzündung ziehen, oder wenn das gebrochene Glied
zu lange in einer unbeweglichen Stellung gehalten
worden ist Das beste Mittel der Gelenksteifigkeit
möglichst vorzubeugen bleiben die mit Vorsicht und
bei Zeiten angestellten passiven Bewegungen, denen
man nach Umständen u. allraälig eine immer grössere
Ausdehnung giebt
Die FerkürTnmg der Gliedmaassen nach Fractu-
ren kommt hauptsächlich bei dem Oberschenkel in
Betracht. Selten ist es, dass am Oberarm, am Vor-
derarm und am Schlüsselbein die Verheilung der Frac-
tur mit Verkürzung eine Störung in der Function ver-
ursacht; selbst bei Unterscbenkelfractoren , die im
Anfang oft grosse Verkürzung zeigen , ist eine blei-
bende Verkürzung doch selten, indem nach Hebung
der entzündlichen Erscheinungen die Bruchflächen
wieder in ihre richtige Stellung zurUckzugieiten pfle-
gen. Die Fracturen des Oberschenkelbeins besitzen
leider meist eine fortwährende Neigung zur Verkür-
zung, die eben nur im jugendlichen Alter von selbst
aufhört , weswegen auch nur bei Kindern Heilungen
dieses Bruchs ohne alle Verkürzung beobachtet wer-
den. Verkürzungen um ^1^" beeinträchtigen bei Er-
wachsenen die Function wenig ; übersteigen sie einen
Zoll, so ist der Fat oft für Lebenszeit zum auffal-
ienden Hinken verdammt, obgleich auch hier durch
compensirende Beckenverschiebung nicht selten das
Hinken ungemein gemindert wird. Extension ist das
einzige Mittel der Verkürzung möglichst vorzubeugen,
und die Schwierigkeit der Behandlung besteht eben
darin, die Extension, die in stärkern Graden u. lange
angewendet von den Fat nicht vertragen wird, immer
in nicht belästigender Weise zu appliciren. Die an«
fängliche Erfolglosigkeit der Extension darf den Chi-
rurgen nicht entmuthigen oder zu udzweckmässiger,
Med. Jthrbb. Bd. 78. HA t.
übertriebener Rraftanwendung verleiten. Bei 6 Frac-
turen des Oberschenkels mit Verkürzung Über f^roti
der Extension , siegte die vorsichtige Extension , wie
Vf. neuerdings beobachtete, erst nach einigen Wo-
chen, und die Heilung kam ohne wesentliche Verkür-
zung zu Stande. Im Anfang legt Vf. die modificirte
Beinlade von Fhysic an, oder er extendirt über der
doppelt geneigten Ebene ; späterhin, nach 2 Wochen,
extendirt er mit 2^^ — 3'' breiten Heflpflastem, die
er von über dem Knie rechts und links bis zur Ferse
auflegt, an ihrem Persenende Ringe einbringt u. durch
diese starke Stricke führt , die er an der Bettpfoste
anzieht und befestigt, die Pflasterstreifen werden durch
Zirkelbinden noch unterstützt.
Die compUcirten Fracturen der Gliedmaassen mit
ihren unendlichen Variationen bleiben stets in Bezug
auf die Behandlung dem individualisirenden Talente
des Chirurgen überlassen und können nicht im allge-
meinen abgehandelt werden. (S t r e u b e 1.)
281. Caries des ScUifenbeins mu conse-
cutiven Verletzungen de* Gehirns und der Geßsse;
von Hu guier. (L*Union 124. 1851.)
Den 26. Septbr. hatte sich eine 50jähr. Frau in
das Hospital aufnehmen lassen , die schon seit 2 J.
an einer Ohrkrankheit litt Die rechte Ohrgegend u.
das rechte Ohr waren der Sitz einer bedeutenden An-
schwellung; der äussere Gehörgang war ganz zer-
stört, die Concha mit weichen, blutenden Fungosi-
täten erfüllt; aus dem Ohr floss fortwährend übel-
riechende Jauche in grosser Menge. Die Krke. zeigte
ausserdem Paralyse der rechten Gesichtshälfte und
grosse Schwäche; sie befand sich fortwährend im
Zustand des Taumels und antwortete nur selten und
ungern auf die an sie gerichteten Fragen. Zwei Tage
nach der Aufnahme fand H. beim Sondiren der Concha
einen fremden Körper in derselben und sog mit der
Pincette ein 2 Ctmtr. langes Stück einer Kaoutchouc-
sonde vom Kaliber Nr. 7 heraus, welches die Fat
schon vor mehreren Monaten, um das Verwachsen
des Ohrs zu verhindern eingeführt hatte u. von wei-
chem sie kaum noch die Erinnerung zu haben schien.
Mehrere Tage nach der Extraction des fremden Kör-
pers fand eine so heftige Blutung aus dem Ohr statt,
dass zur Stillung derselben tamponirt werden musste.
Am folgenden Tage wiederholte sich die Blutung trotz
.der Tamponade; die Fat sank kraftlos zusammen,
es stellte sich Paralyse der Extremitäten und Bewusst-
losigkeit ein und am Abend desselben Tags starb sie.
Die Section der. Ropfliöhle zeigte fürchterliche
Zerstörungen , von^elchen H. die des Schläfenbeins
zur Ansicht vorlegter . Das Gehirn in der Fossa tem-
poralis dexlra hatte H. erweicht, gelbgrünlich ge-
färbt und wie von Fäulniss zerstört gefunden. Das
Schläfenbein war von mehreren Löchern durchbohrt
und durch eines dieser Löcher hatte sich nach aussen
das erweichte Gehirn wie eine Hernie durchgedrängt
Die Dura mater war fast in der ganzen Ausdehnung
44
346
n. Qhirwgi^ OplAhtfiMlogro u. Otiatril.
der Schltffenbeiagrbbe xerstört. Sio Theil des kiei*
Ben Gehirns war gfeicfhfails aogerauU u. prolabirte
oaeh uoien. Das ganee rechte FeleenbeiD mit Aus*
nähme der Spilze war cariös zerstört, ebenso &er
rechte Zitzenforlsatz Die dadurch gebihJete Kloake
enthielt zersetztes Blut u. schwammige Granulationen.
Von der Kloake aus war Blut in die Gehirnventrikel
gedrungen und hatte diese ganz erfüllt; überhaupt
hatte sich das Blot rechterseils über die ganze Hälfte
des Gehirns verbreitet. Die enormen Blutungen hatten
folgende Quellen gehabt: den zerstörten Sinus cavern.»
die beiden Sinus petrosi dextr. u. die offne Ausbuch-
tung der Vena jag. int. (3 1 r e u b e 1.)
282. Lösnng einer hochgradigen Terwach-
ftnng der Lippen und Wangen mit dem Zahn-
fleische 3 ausgeführt durch Dr. v. Hey er, mitge-
theilt von Beghin. (Ann. de Brug. 3. 1851.)
Die Operation der Trennung der Verwachsungen
zwischen Lippen , Wangen und Zahnfleisch ist an
und für sich ziemlich leicht und doch giebt es nichts
Schwierigeres, als eben das Wiederverwachsen der
getrennten Theile zu verhüten. Um zu einem er-
wünschten Resultat zu gelangen, muss nicht allein
die Nachbehandlung mit der grüssten Sorgfalt vom Chi-
rurg geleilet werden , sondern der Pat. selbst muss
auch Geduld und Ausdauer im hohen Grad besitzen.
Die Schwierigkeiten wachsen, je ausgedehnter die
Verwachsungen sind u. je länger sie bestehen. Par-
tielle Verwachsungen werden zuweilen rasch geheilt,
wenn man nach Trennung der Adhaerenzen aus der
Umgegend nach Dieffenbach einen Scbleimhaut-
lappen ausschneidet und ihn herbeizieht; bei ausge-
breitetem Verwachsungen kann jedoch diese Opera-
tionsmelhode nicht in Anwendung kommen. Hat eine
hochgradige Verwachsung nur einige Zeit bestanden,
so führt sie auch Steifigkeit und Unbewegliclikeil des
Kiefergelenks mit sich und die Nachbehandlung nach
der Operation hat nicht nur die Wiederverwachsung
2u hindern , sondern sie hat auch die Kiefergelenke
wieder beweglich zu machen , welche letztere Auf-
gabe der ersteren an Schwierigkeit nichts nachgiebt.
Folgender Fall erscheint um so interessanter, weil er
zeigt, dass Geschicklichkeit und Sorgfalt des Arztes,
verbunden mit Ausdauer und Geduld des Pat. den-
noch unter den ungunstigsten Verhältnissen einen
erwünschten Operationserfolg herbeizuführen im
Stande sind.
Im Dcc. 1847 wurde v. Meyer 's Hülfe von einem
eioige 30 J. aiteo Herrn in Anspruch genommen, der im Juli
desselben Jahres am Typbas gehtt^n hatte. Während des
Typhus waren unter andern Mitteln auch Mercurialien in An-
wendung gebracht worden und diese hatten eine ausserordent-
lich heftige Stomatitis bewirkt, weiche mit brandiger Los-
stossung der Mundschleimhaut und einzelner Alveolen endete.
Wahrend der Reparation hatten die Aerzte nichts gethan , um
die Vernarbung der eitenidcn Flächen gehörig zu leiten , und
so kam es denn dahin , dass sich so ausgebreitete Verwach*
fangen bildeten , dass dadurch die Function des Unterkiefers
fast ganz aufgehoben wurde. Die Gesichtszuge des Pat. hatten
ein steifes und verschobenes Ansehen ; die Lippen waren fest
angepresst, die Mundwinkel nach unten und hinten gezogen.
Bie Lippen koottten nur ganz wtaig v9o elnoiaiier tetfarM
werden, und hinter denselben lagen die fest zusanuneofe-
pressten Zahne. Der Unterkiefer hatte fast alle Beweglichkeit
eingebdsst und Hess sich nur ganz wenig narch der Seite bin-
schieben. Mit einer Sande konnte man nach oben nnd itniai
vor den Zähnen aiebt weiter dringen als bis zum Hals der
Zähne ; die Wangen und Lippen waren mit dem Zahofleisdi
durch einefefite, fibröse, wenig elastische Membran verbunden;
die vordem Schneidezähne wackelten, waren mit dicken Wein-
steinkrusten bedeckt, ihre Alveolen lagen bloaa, waren mit
schwammigen Exulcerationen besetzt und der Albem verbrei-
tete einen penetranten fauligen Geruch. Pat. konnte ieiae
festen Nahrungsmittel in den Mund bringen und nährte sich
einzig durch Fleischbrühe , die er dmrch die Interst'rtieü der
Zähne einschlörfte. Die Stimme war raah und klanglos, die
Ausaprache wenig versländlich» Pat. sah sehr anaifiiick«
blass und abgemagert, allein die Organe der Brust- und
Bauchhölile schienen gesund zu sein.
V. Meyer hielt die sofortige Operation des Kr. aus fol-
genden Gründen für dringend nÖthig. Einmal war das mem-
branöse Narbengewebe , welches die Wrangen und Lippen mit
dem Zahnfleisch verband , schon ziemlicb hart and es war zu
furchten , dass es rasch an Resistenz zunehmen und dadurch
die Operation selbst immer mehr erschweren werde ; andern-
theils bestand die Verwachsung schon seit mehreren Mon., u.
es war vorauszusehen , dass, wenn nichts geschähe, die An-
kylose im Kiefergelenke immer unüberwindlicher und fester
sich gestalten werde; endlich musste Pat. gehörig genährt
werden , um wieder zu Kräften zu kommen , bei dem jetzigen
Zustand aber konnte an eine genugende Alimentation gar nicht
gedacht werden.
Die Trennung der Verwachsung führte v. H e y e r so ans,
dass er zuerst rechterseits eine Bistouri adf denZ^bnkronea so
keit wie möglich nach hinten schob und dann von hinten oadi
vorn und nach unten und oben durch einzelne Schnitte die
Adhärenzen trennte. Sobald er die Fingerspitze einbringen
konnte, bediente er sich dieser um die getrennten Theile noch
mehr aus einander zu ziehen und sich den Weg bacb hinten
w«iter zu bahnen. Auf der linken Seite wurde ganz so ver-
fahren, wie auf der rechten. Nachdem die Wanden and Lip-
pen gelöst, brachte M. einen dicken Homspatel zwischen die
Zähne und Hess diesen hebelartig wirken, so dass dadurch der
Unterkiefer vom Oberkiefer entfernt wurde. Dieser Handgriff
zeigte, dass noch nach hinten in der Gegend der letzten Back-
zähne Adhärenzen bestanden, die noch vollends mit derScheere
getrennt wurden. Einige Stunden nach der Operation stellte
sich heftiges Fieber ein und die Wangen schwollen, nament-
lich nach der Temporalgegcnd zu, beträchtlich an. Die Be-
handlung bestand in kühlenden Getränken und zertbeilenden
Fomenten. Vom 3. Tag an schritt M. zur Anwendung der
Mittel , weiche die Wiederverwachsung der getrennten Theile
verhindern und. die steifen Kiefergelenke beweglich machen
sollten. Zwischen die Backzähne wurden auf beiden Seiten
kleine Keile von Lindenholz oder Kork eingeschoben, dies«
immer weiter nach hinten gedrängt und fortwähread an ihrem
Platze gelassen , so dass sie nur während der kurzen Zeit des
Essens herausgenommen wurden. Zwischen die Wange nnd
das Zahnfleisch legte M., kleine, schmale und streifenförmig ge-
schnittene Stacke von feinem Badeschwamm, die mehrmals
täglich herausgenommen, gereinigt und wieder eingelegt wiu^
den. Diese Badeschwammstücken erfüllten den beabsichtigten
Zweck besser als Kork- und Bleiplalten, sie belästigten nie
durch Druck und indem sie sich vollsogen , drängten sie die
getrennten Theile gehörig weit auseinander. Uro den Vemar-
bungsprocess in Schranken zu halten , mussten auch täglich
Cauterisationen mit Höllenstein vorgenommen werden ; die
Aetzuogen hatten bald den Zweck die wuchernden Granula-
tionen zu zerstören, bald die Vitalität zu erregen und sie wur-
den demzufolge bald stärker bald schwacher vorgenommen.
Nach 5 Wochen war die Vernarbung beendet und di« Bewe-
gungen des Kiefers waren ziemlich frei. Pet. konnte den
Unterkiefer 2Va Ctmtr. weit an den Schneidezähnen vom
Oberkiefer entfernen, das Kauen verursachte keine Beschwerde,
und die Körperfülle hatte zugenommen. Während der Ver..
VI. Chirurgie , OphtMnioIogie u. Oliatrik.
347
ftirlMnig hftltdD sich die Rinder einiger Alveolen nekrotiech
fos^eetossen. Narli 2 Moa. bemerkte Pat. auf einmal wieder
' eine gewisse Steifheit in den Kiefergelenken, wo sich das Nar-
bcDgewebe noch nacfatraglich zu contrahiren schien. Der
Ttägige unaosgesetzte Gebrauch der erwähnten Keile hob dieses
Symptom, welches noch einmal nach 4 Mon. sich einstellte.
(Streubel.)
283. Partielle Resection des Hoden bei
tabeitelSser AActioii desselben; von Mai-
g a 1 g n e (Bull, de TAcadem. Juli — Septbr. ; Rev.
iD^.-ckir. Septbr. ; Gaz. des Hdp. 84 — 86 ; Bull,
de Th^. Aout. etc. 1851).
Im Juli 1851 trug Malgaigne der Akademie
eine Abhandlung vor, io welcher für gewisse Fälle
^on Tuberkeln drs nt)den eine neue Operationsweise
vorgeschlagen wurde. Der Inhalt der Abhandlung ist
kurzgefasst folgender :
Die Tuberkulose der Hoden lässt dieselben 3 Ent-
wickelungsstadien der Cruditüt, der Erweichung und
der Verschwärung wahmehmen, die man an allen
andern von Tuberkeln befallenen Organen verfolgen
kann. In der 1. Periode, die am schwersten zu er-
kennen, am leichtesten zu verwechseln ist, wird der
feste Tuberkelstoff in grösserer oder geringerer Masse
am Samenstrang, Nebenhoden und Hoden abgesetzt.
Knotige, harte, indolente u. meist kleine Anschwel-
lungen, zwischen welchen man deutlich das weiche,
verschont gebliebene Gewebe fühlt, bezeidiuen die
erfolgte Tuberkelausscheidnng. Zuweilen ist der
Nebenhode der primäre Sitz der Tuberkeiknoten und
erst spätere Ausscheidungen erzeugen auch anx Hoden
H. Canalis deferens Geschwülste ; zuweilen beschränkt
sieh die Tnberkelablagerung auf eine einzige knotige
Geschwulst, öfter sind mehrere und seihst viele Kno-
ten und Höcker von verschiedner Gestalt und Grösse
das Resultat der Ausscheidung. Nach einem kurzem
oder langem Verharren der Hodentuberkeln im Zu-
stand der Cruditat, beginnt die 2. Entwicklungspe-
riode derselben, die Erweichung^ unter acuten Er-
•cbeinungen. Die indolenten Anschwellungen fangen
an zu schmerzen, es stellt sich das lästige Gefühl von
Schwere der Hoden und Ziehen im Samenstrang ein;
die die Tuberkelgeschwülsle umgehenden Weichtheile
schwellen entzündlich an, werden teigig und beim
Brück empBndlich ; die verschiebbare Scrotaihaut
wird an einzelnen Punkten fest, vertiert ihre Runzeln
and röthet sich seIhsL Der ganze Organismus be-
theiligisiob häufig u. die örtlichen Symptome bieten
ganz das Bild einer Orchitis acuta. Ist die Tuberkel-
masse erweicht, so entsteht an einzelnen Punkten
deutliche Fluctuation und wenn man an den fluclui-
renden Stellen einsehneidet , oder die spontane
Abseesseröifnung abwartet , so ergiesst sich ein
schlechter, aber charakteristischer^ krümliger, flocki-
ger u. schmieriger Eiter. Mit dem Moment des Eiter-
ergusses nach aussen beginnt die 3. Periode der
Exulceration u, Exeavation. Die Haut an der Eröff-
nungsstelle degeuerirt, verdünnt sich, stirbt ab oder
wird buchlig, wulslet sich um und sinkt ein; der
Eiter ^ird immer dünner und jauchiger; bald bilden
gioh neue Oeffnungen in der Umgegend der ersten
und alle gestalten sieh zu Fistelkanälen um, die fort-
während absondern. In den einfachsten ond glück-
lichsten Fällen kommt es nach ziemlich lang andau-
erndem Eitererguss zur Vernarbung , in den meisten
Fällen aber und bei nur einigermaassen verbreiteter
Tuberkulose, bilden sich tief sitzende, das. Gewebe
zerstörende, exulcerirende Excavationen, welche auch
das Zellgewebe und die Haut zur Abscess- nnd Ge-
schwürsbildung reizen; aus den zahlreichen Fistel-
öffnungen wuchern . schwammige Granulationen her-
vor , die oft sehr weit sich vordrängen und die von
kleinen Fistelgängen siebfOrmig durchbohrt werden.
Endlich , nachdem oft Jahrelang die 3. Periode der
Hodentuberkulose sich hingezogen hat, treten erst die
Entartungen des Testikels und des Nebenhoden , die
Atrophie, Verschrumpfung und Phthisis dieser Organe
deutlicher hervoiv
Die Chirurgen haben nun in der 3. Periode des
fraglichen Leidens ihre Bemühungen dahin gerichtet,
die Gicatrisation einzuleiten u. zu beschleunigen, u.
sie haben , abgesehen von der allgemeinen gegen die
tuberkulöse Krase gerichteten Behandlung, örtlich
jene bekannten Mittel, wie Aetzung, Einspritzung,
Spaltung, WiekeneinfUhrung , verbunden mit dem
Gebrauch von Pflastern , Salben und Fomenten ange-
wendet. Leider geschieht es nun oft, dass trotz
aller örtlichen Pflege die tuberkulösen Fungositäten
und Verseil wärungen sich nicht zerstören lassen , ja
dass sie sich sogar immer weiter verbreiten, die Aus-
sicht auf Vernarbung immer mehr zurückdrängen und
endlich dem Kr. solche Schmerzen verursachen, ihn
so belästigen und seinen Gesundheitszustand in der
Weise alteriren, dass gerechte Befürchtungen für das
Leben entstehen. In solchon Fällen haben sich die
Chirurgen zur Castralion entschlossen, die abgesehen
von der durch sie erzeugten« Verstümmlung häufig als
eine zu spät verrichtete Operation das Uebel weder
zu lügen noch aufzuhalten im Stande gewesen ist.
Malgaigne findet die operative Behandlung der
Hodentuberkulose mangelhaft, einmal, weil sie nur
als letztes Mittel und wenn der immer mehr sich ver-
schlechternde Gesundheitszustand dazu drängt, ange-
wendet worden ist, und anderntheüs, weil die bisher
nur angewandte einzige Operation , die Castration,
eine so verstümmelnde ist, dass sie allerdings nur,
wenn sie unvermeidlich ist, gerechtfertigt werden
kann. Er fragt mit Recht, ob man den von Schmer-
zen geplagten immer mehr herunterkommenden Kr.
hUlflos lassen, ihm die Mangelhaftigkeit der Kunst
eingestehen und warten solle, bis der geplagte Kr.
die Castration , als Wohlthat begehrt. Dazu kommt
noch, dass die sichtbaren und fühlbaren Fistelöff-
nungen, Indurationen, Fungositäten, Excavationen und
Exulceralionen nicht einmal einen sichern Schluss
auf die Reschaffenheit der Hoden selbst zulassen , so
dass z. B. Curling in einem Falle, in welchem er
die als unvermeidlich diagnosticirte Castration ver-
richtet hatte , bei der Untersuchung des exstirpirten
Hoden diesen vollständig gesund fand. ^^.
348
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
Zuerst soll nach M. der operative Eingriff bei
tuberkulösen Exulcerationen der Hoden in Zeilen vor-
genommen werden , damit die Operation nicht unter
nur ungünstigen Bedingungen verrichtet werde ; die-
ser Zeitpunkt ist etwa dann vorhanden , wenn 2 — 3
Fistelöffnungcn bestehen , deren längeres Vorhanden-
sein , verbunden mit Schmerzen , schon hinlänglich
zeigt, dass die Natur allein die Elimination und Cica-
trisation nicht durchzuführen vermag. Die Operation
selbst besteht in einem jibtragen des kranken und
degenerirten Gewebes mit dem Messer; hat das
letztere sich vorsichtig bis zum Hoden den Weg ge-
bahnt, so nimmt es auch von diesem nur die krank-
haften Partien weg, so dass die Exslirpation der
Weichtheile dicht vor der Grenze der erkrankten Ge-
webe stattfindet und nur gesundes Gewebe zurück-
bleibt, bei welchem die Verheilung durch prima in-
tentio allemal versucht werden kann. Wie bei Am-
putationen so viel wie möglich vom Glied erhalten
werden muss, so soll auch die partielle Exslirpation
des Hoden so viel Hodensubstanz wie möglich erhal-
ten und nicht wegen theilweiser und oberflächlicher
Entartung das ganze Organ aufopfern. M. hegt die
Ueberzeugung , dass jeder Chirurg das Rationelle der
partiellen Exslirpation des Hoden sofort einleuchtend
finden müsse, u. glaubt, dass man seinem neuen Ver-
fahren keinen einzigen gegründeten Vorwurf machen
könne. Denn wenn man entgegne , dass , da in Folge
der Operation oder durch das Vorhandensein der Tu-
berkeln der spermatische Kanal verstopft würde , das
zurückgelasse Hodenstück doch zu nichts mehr nütze,
so sei diess allerdings wahr, allein einmal könne
möglicherweise der verstopfte Kanal wieder wegsam
werden und wenn diess auch nicht wäre , so würde
doch anderntheils das Bewusstsein des Operirten,
nicht ganz das Zeugungsorgan verloren zu haben, auf
diesen einen grossen u. belebenden moralischen Ein-
flnss äussern.
M. führt 3 Fälle von Hodentuberkulose an, in
welchen das Messer treffliche Dienste leistete und die
Verstümmlung verhütete.
Der 1. Fall betrifft einen jungen , gesunden Mann , der
fon gesunden Aeltern stammend niemals weder an einer scro-
pbnlosen, noch tuberkulösen Affection gelitten hatte. Er
hatte sich 6 Wochen vorher einen Tripper zugezogen, Copaiva-
Balsam dagegen genommen , aber seine gewohnten Beschäf-
tigungen dabei Terrichtet ; nach 3 Wochen schwoll der rechte
Hoden rasch an und wurde äusserst schmerzhaft ; Blutegel,
Katapldsmen und ruhige Lage im Bett, führten Schmerzniil-
derung und Abschwellung des Hoden herbei, allein nach
9 Tagen trat wieder Verschlimmerung ein und der Kr. Hess
sich nun ins Hospital aufnehmen. Bei der Untersuchung fand
M. den rechten Hoden 3mal grösser als den linken und mit
kleinen Höckern besetzt ; an der mittlem vordem Partie war
die mit dem Hoden verwachsene Haut geröthet, verdünnt und
liess Fluctuation wahrnehmen; der Samenstrang war verdickt,
knotig und beim Druck schmerzhaft. Nachdem 2 Tage Brei-
umschläge gemacht worden waren , Öffnete M. den Abscess,
aus welchem sich ein Kaffeelöffel dicken , weissen mit tuber-
kulöser Materie gemischten Eiters ergoss. Der mit einge-
brachten Meschen verbundene Abscessherd entleerte sich
rasch, zog sich zusammen und verheilte, so dass die Ver-
narbung nach 10 Tagen vollendet war. Der Hode war höch-
stens noch um ^3 vergrössert, zeigte noch einige Höcker,
war jedoch nicht mehr schmerzhaft; der Tripper daoene
fort. M. findet in diesem Fall ein Rpift|iiel von der gü
sten Abscessform des tuberkulösen Hoden.
Der 2. Fall zeigt hochgradigere Tuberkulose. EinSS
Buchbinder, der von einem gesunden Vater und einer pk
sehen Mutter stammte, der in seiner Jugend ziemlich sck^
lieh gewesen war, niemals aber scrophulöse Drfisenaoseh
lungen und Lungenknoten gehabt hatte , zog sich im J. |
Schankergeschwüre zu , denen ein rechtseitiger in Eim
übergehender Bubo folgte. Nach 6 Wochen scbieo die
lung beendet zu sein , als auf einmal der rechte Hod»
schwoll u. trotz antiphlogistischer Behandlung u. troUi
facher Compression doppelt so gross verblieb als (hr,
Hode. Nach einem halben Jahr folgte eine 2. lofectiai
der Form von Schanker complioirt mit Tripper. Deri
Hode schwoll an, wurde äusserst schmerzhaft ooi
Function desselben entleerte Eiter vermischt mit filat.
Hode schwoll ab, die Punctionsstellr vernarbte, alseJD]
litischer Ausschlag ausbrach und mit diesem der lioke
anschwoll, schmerzhaft wurde und zu AbscessbildungfiL
Die Function entleerte Eiter mit Blut, das Volomeo d«
ken Hoden nahm beträchtlich ab , allein die Puodioiisild
vernarbte nicht, sondem verwandelte sich allmilii io
Fistel. Noch einmal im J. 1849 zog sich Pal. Sdnkni
schwüre zu , zu denen sich breite Kondylome geseillen;
wurden im Hospital du Midi beseitigt, allein die G<
des linken Hoden mit Fistel verblieb u. Fat. begab sieh 1
im Mai 1850 nach St. Louis. Am untern Theil des Ho
sacks links 1 Ctmtr. weit von der Baphe bestand eine m
massige, geschwürige Oberfläche von der Grösse etoes]
francstücks , auf welcher blasse , erodirte , schwammiie
nulationen sassen , die nicht empOndlich waren ood I
Druck von der Seite dünnen Eiter aus 5—6 kleinen Oefi
gen quellen Hessen. Die Sonde drang 2 Ctmtr. tiefdor
kleinen Oeffnungen ein ; der geschwollene Hode schi
beim Druck und schien von einer schwammigen Nasse
ben zu sein ; der geschwollene und knotige Nebenhode,
der mit Höckern besäete Samenstrang , war beim Dl
nicht schmerzhaft. In der Umgebung des After befaadea
noch mehrere breite Kondylome. M. begann die Bebiodl
mit Protoioduretum hydr. , um die Kondylome zu bescKil
Nachdem diese nach 14 Tagen verschwunden waren,
nahm er folgende Operation : die fungös-geschwürige
des Hodensacks wurde mit 2 eliptischen Incisiooen um!
ben«und vorsichtig von den Incisionen aus in die Tiefe piij
rirt und abgetragen ; nach dem Hoden zu wurde das Ge«
immer fester und hatte fast eine fibrös-cartilaginöse fieseh
fenheit, der Hode selbst erschien gesund und aar etil
schmutzig gefärbt. Nach Abtragung aller kranken Tbeiiei
dem Hoden, wobei keine Arterie unterbunden znvaA
brauchte, wurde die nun frische und gesunde Theile eolhl
tende Wunde mit 4 umschlungenen Nähten vereinigt. M
4 Tagen konnteu die Nadeln entfernt werden; die Wim
hatte sich per primam intentionem geschlossen. Der Operü
wurde nach 10 Tagen entlassen; die Affection des linken 1
den war durch die Operation beseitigt und nur auf der M
ten Seite bestand noch eine kleine nässende Oeffnong.
Im 3. Falle hatte die Hodentuberkulose die Substanz i
Hoden zum Theil zerstört. Die Krankheit selbst hatte ei«
kräftigen und robusten Fleischer von 31. J. befallen, der^
gesunden Aeltern geboren , stets gesund gewesen war und 1
vor vielen Jahren einmal längere Zeit an einem Tripper gelitt
hatte. Vor 7 J. hatte sich Fat. einmal heRig mit dem rec
ten Hoden gegen eine Ecke gestossen , seit welcher Zeit I
Hoden abwechselnd geschwollen und schmerzhaft war. I
J. 1849 schwoll der rechte Hode nach einer Erkältung J(
Faustgrösse an und schmerzte so, dass er das Gehen kil
derte ; nach Smonatlicher Behandlung rölbete sich die BH
am obern Theil des rechten Hoden , zeigte Fluctuation o4
liess bei der Eröffnung einen Esslöffel einer flockig-eitriil
Masse ausfliessen. Nach 14 Tagen bildete sich nicht weil ffl(
dem 1. Abscess ein zweiter, welcher gleichfalls eröffnet wurd^
Nach der Abscessentleerung wurde der geschli'ollene Bo*
etwas kleiner, die Eröffnungsstellen aber verwandelten «d
in Fisteln , die fortwährend dünnen Eiter absonderUo. ^^
VI. dumrgie, OphUuInologie n. Otiatrik.
849
Zeit blieb Pat. ohne alle Behandlung, bis er von
Schmenen za sehr geplagt im April 1850 in St. Louis Hülfe
suchte. Der rechte Hoden hatte jetzt die Grösse eines Eies,
zeigte keine hdckrige Oherfläche und hing nur im Niveau der
Fisteloffnungen mit der Scrotalhaut zusammen ; die 2 Fistel-
Sffnungen , die schon erwähnt wurden , lagen zieiblich nahe
an eiDS^nder und schienen in der Tiefe zusammenzumänden ;
unterhalb derselben hatte sich doch eine 3. sehr kleine Fistel-
Öffnung gebildet , ron welcher Pat. noch nichts wusste, und
die mit den obem Fisteln in keinem Zusammenhang stand.
H . Tereinigte durch einen tiefen Schnitt die obem 2 Fisteln
and führte eine Mesche ein, da aber die Fistelvereinigung
nicht den ' mindesten Einfluss auf die Cicatrisation äusserte,
so entschloss sich M. zur Operation. Nach Chloroformirung
des Pat. wurden die Fisteln mit 2 eliptischen Sehnitten um-
scbrieben ,und die alterirten Gewebe nach der Tiefe zu vor-
sichtig schicbtenweise abgetragen. Der obere Theil des rech-
ten Hoden war von einer weisslioben, schwammigen Masse be-
deckt, welche die Albuginea zerstört hatte , die an der Basis
des Fungus diesen umschnürte und dadurch einen Stiel bil-
dete. Druckte man am Fungus , so quoll aus 5 Oeffnungen
Eiter heraus. Zu beiden Seiten des Fungus befanden sich
kleine Excavationen in der Hodensubstanz, die cartilaginöse
Wandongen hatten und tuberkulösen Eiter enthielten. M.
resecirte den Hoden bis er auf gesunde Substanz stiess , so
dass aber die Hälfte desselben abgetragen wurde. Die Ex-
stirpationswunde wurde mit 4 umschlungenen Nähten ver-
einigt. Der Hodeosack schwoll nach der Operation entzünd-
lich an ; als nach 4 Tagen die Nadeln entfernt wurden , floss
viel Eiter ab ; die Wunde hatte sich nur zum Theil vereinigt ;
es fingen an Granulationen zu sprossen , die aus der Tiefe
langsam in die Höhe rückten , sich condensirten und nach 6
Wochen bis auf eine kleine nässende Oeffnung verheilt waren.
Nach 8 Wochen war die Heilung vollendet und Pat. ging wie-
der an seine gewohnten Beschäftigungen. Vom Hoden fühlte
man naeh der Heilung nur noch ein kleines Stück.
Malgaigne*8 Vortrag rief die lebhafteste Dis-
cusaion hervor , an welcher sich Roux, Velpeau,
Ricord, Robert, Vidal, Laugier, Jobert
ond Larrey betheiligten u. welche in 5 Sitzungen
der Akademie fortgeführt wurde. Nur Larrey und
Jobert fanden fUr einige seltne Fälle die vorgeschla-
gene partielle Resection des Hoden gerechtfertigt, die
Übrigen genannten Chirurgen verwarfen dieselbe gänz-
lich o. oppouirten auf eine eifrige u. selbst heftige
Weise. Ohne weiter in die zwar interessante, aber
doch zu weil ausgedehnte Discussion näher einzu-
geben 9 wollen wir dieselbe nur in einem gedrängten
Angxug wieder geben , dem wir einige kurze Bemer-
kungen Yoranschicken.
Es bleibt M. unstreitig das Verdienst eine patho-
logisch-anatomische Eigenthfimlichkeit der Hoden-
tuberkulose im 3. Stadium, nämlich den tuberkulösen
Fungus, näher aufgeklärt zu haben. Während fistu-
löse Ulcerationen nach einfachen Entztindungen der
Sebeidenhaut u. des Hoden sich zuweilen mit rothen,
wuchernden gleichmässigen Granulationen bedecken,
die von Cooper, Curling, Syme, Jarjavay u. A.
flbereinstiromend beschrieben worden sind, hat der
Fungus auf tuberkulösen Ulcerationen der Hoden ein
bleiches Aussehen, eine feste fibröse Structur und
seichnet sich dadurch aus, dass er siebförmig von
kleinen Pistelgängen durchbohrt ist, aus welchen man
beim Druck tuberkulösen Eiler hervorquellen sieht.
Wenn aber Malgaigne behauptet, dass der tuber-
kulöse Schwamm des Hoden am besten mit dem Hes-
ser beü^itigt werden könne, dass man durch blose
Abtra(;iiug der kranken Partien des Hoden dem Fat
ein Stack dieses Organs zu erhallen vermöge, dass
diese neue Operationsweise nicht nur die versttlm-
melnde Castration verdrängen, sondern auch gründ-
liche Heilung lange schon bestehender Leiden bewir-
ken werde , so geht er darin zu weit u. grtlndet aAf
seine richtige path.-anat. Beobachtung des tuberku-
lösen Fungus eine Therapie, die physiologisch wie
chirurgisch sich nicht rechtfertigen lässt. Wir heben
hier blos hervor, dass die 3 angefahrten Fälle,, die
M. zum Beleg seiner neuen Operationsmethode vor-
gebracht hat, schon der Zahl nach nicht hinreichen
werden seinen Behauptungen Geltung zu verschaffen,
u. dass von denselben der erste weder einen Fall von
Hodentuberkulose noch von partieller Resection lie-
fert, dass auch im 2. die tuberkulöse Natur des Lei-
dens sehr fraglich scheint, also nur der 3. Fall übrig
bleibt, welcher einige Beweiskraft haben warde,
wenn M. im Stande wäre, schon jetzt die gründliche
Heilung des Pat. darzuthun. M. hat in der Discus-
sion mit seltner Beredsamkeit, grossem Scharfsinn
u. selbst mit überraschendem Erfolg, die Entgeg-
nungen seiner Opponenten auf der Stelle widerlegt
u. die vielfach an ihn gerichteten Fragen beantwortet,
allein dieser Triumph der Rednergabe schliesst keinen
Triumph einer neuen wichtigen wissenschaftlichen
Entdeckung in sich, u. es lässt sich wohl sagen, dass
die meist zum Schweigen gebrachlen Gegner M's. das
Recht auf ihrer Seite haben , u. dass die vorgeschla-
gene neue Operationsmethode bei rationellen Chirur-
gen kaum je Nachahmung finden dürfte , gewiss aber
nie als eine allgemeine Operation Eingang erhal-
ten wird.
R 0 u X wirft M. vor, dass er eine genau gekannte
Hodenkrankheit, die Tuberkulose, mit einer dunkeln,
mit dem Hodenschwamm zusammengeworfen habe;
die partielle Resection will er aber deswegen nicht
gelten lassen, weil bei Subslanzverlust des Hoden,
dieses Organ allemal verschrumpfe und nicht mehr
functioniren könne , abgesehen noch davon , dass die
Hodentuberkulose sich meist weiter erstrecke als es
den Anschein habe , dass der Nebenhode gewöhnlich
mit ergrififen sei , und dass die Resection eine viel
mahsamere , schwierigere und seihst gefährlichere
Operation als die Castration bilde. Robert stellt
den tuberkulösen Hodenschwamm als eine Zufälligkeit
ohne besondere Bedeutung dar u. ist der Meinung,
dass dieser Schwamm ebenso gut, wie andere Fun-
gositäten gntartiger Natur, durch Aetzmittel bewäl-
tigt werden könne. Von einer Erhaltung von Hoden-
substanz durch Resection des Schadhaften könne aber
gar nicht die Rede sein, weil, sobald tuberkulöse
Exulceralionen die Albuginea zerstört hätten, die
Hodensuhstanz aus ihrer fibrösen Scheide durch einen
krankhaft. Contractionsprocess breiartig heransgepresst
werde u. der Hode allemal in Atrophie abergebe. M.
beseiligt mit einer Auseinandersetzung über die Fun-
gositäten des Hoden den Vorwurf, als sei der Fun-
a5fi
VI. ClMrirgi^» OphlhthiologiA u. Otiatrik.
gas di«s«8 Organs eise duaklie Affection. er bringt
Beispiele vonCooperu. Velpeau, welcLc zeigen,
dass bei Verlust eines Theils der Hodensubstanz, der
Rest ganz wohl noch fungiren könne , u. weist den
Irrlbum nach, welchem zufolge nach Zerstörung
eines Theils der Albuginea die Hodensubstanz aus
ihrer Httlle herausgequetscht werden soll. V e 1 p e a u
verwirft jegliche Operation am Boden bei vorhandener
Toberkutose, indem er nach seiner Erfahrung be-
hauptet, die Hodentuberkulose sei niemals eine tödt-
liehe Krankheit. Am hau6gslen ist nach Velpeau
die Hodeatttberkulose mit Tuberknlose anderer Or-
gane, nameBtIich der Lungen, gepaart, doch kommt
sie nicht selten auch isolirl vor. Sind anderwärts
Tuberkeln vorhanden, so kann die Entfiiuiuig der
Hodentuberkeln keine Heilung der Tuberkulose be-
wirken, ja es wird vielmehr das .Forlschreiten d«r
Tuberkeln an andern Organen beschleunigt; sind die
Tuberkeln isolirl, so werden sie umso eher sich seihst
allmtllig eliminiren. Noch bemerkt V., dass die Hoden-
tttberkulose häufig beide Organe ergreif«, u. hebt die
Schwierigkeit der Diagnose überhaupt hervor. Wenn
M. in seiner Entgegnung darthut, dass er sich in der
Diagnose der Tuberkulose des Hoden, in so weit diess
Überhaupt inöglich sei, nicht getauscht habe, so
kann er doch die Behauptung Velpeau's, nach
welcher die Operation ganz zu verwerfen ist , nicht
ganz entkrSiflen , indem hierzu die ange/ahrlen Bei-
spiele nicht ausreichen. Vi dal stellt die ganz eigen-
thamliche Ansicht auf, dass ein tuberkulöser Hode
allemal dss Ergriflensein «nderer Organe deutlich an-
leige, während, wenn die Tuberkulose an beiden
Hoden vorkomme, diess auf Isolirung des Krank-
heitsprocesses deute. Ricord thut dar, dass die
syphilitische Hodenan<chwollung von Tuberkulose
leider nicht genau geschieden werden könne, u. dass
die Atrophirung des Hoden bei Tuberkulose eine ziem-
lich hü ufige Thalsache sei. Jobert unlers^ützl M.
durch 3 Fülle, in welchen er bei Hodentuberkulose
gleichfalls die kranke Partie mit dem Messer abgetra-
gen hat, er findet die Abtragung selbst nicht so
schwierig u. die Atrophie hult er für keine notliwen-
dige Folge. Laugier tritt gleichfalls auf die Seite
11*8., doch will er die partielle Beseclion keine neue
Operationsweise genannt wissen, indem sie schon von
6ama, Börard und Gerdy vor Jahren ausgeführt
worden sei. Zuletzt entspann sich noch eine lebhaflte
Discussion zwischen Ricord, Velpeau, Larrey
U. M. aber die Tuberkulose des Hoden selbst, aber
die gutartigen u. scrophulösen Anschwellungen, Über
die einfachen Exsudate und Aber die Sarcocelen , in
welcher M. mil grosser Sachkenntniss den jetzigen
Stand der Wissenschaft schildert u. dartbut, wie aller-
dings weder das anatomische Messer noch das Mi-
kroskop zur Zeit im Stande gewesen sei, das Wesen
der tuberkulösen Exsudate genau und unzweifelhaft
darzustellen , u. dass immer nur einige allgemeine,
ziemlich anerkannte, wenn auch nicht ganz prtfcise
Eigenschaften bei ,der Begründung der Diagnose eines
««M'liegenden tuberkulösen Exsudats, eines Tuberkel-
gesckwttrs oder tuberkulöse! Eiters zur Leitang die-
nen müssen. (Streubel.)
284. Ansziehnng in der Blase abgebrocke-
ner Gutta-Percba-BoUgieS ; mitgelbeiU von Dr.
V. V. Ivänchich. (Wien. med. Wochenschr.
Nr. 30 u. 32. 1851.)
1) Ein junger Arzt halte sich eioes Prostataleidens ha^
her Gutta-Percba Büugies, leider von der schlechtesten Soit«,
angescbairt und gleich bei der ersten Application war nis
Bougie das %" lange Vesicalende in der Blase abgebrocbea o.
zurückgeblieben. Nach einigen Tagen stellten sich die ^
kannten Beschwerden , die ein fremder Körper in der Blase
zu veranlassen pflegt , ein; Pat. halte fortwährenden Urii'
drang mit Zwang und Krampf und mit Schmerzen ib Glied il
Mastdarm ; der Urin fiibrte bald copiösen Schleim mit sich b.
verbreitete einen ammoDiakaliscben Geruch. Vf.'zu Hülfe ge-
rufen, versuchte die Ausziebung des Bougie-Slücks mit einen
gelöflelten Steinbrecher, was, da Pat. sehr empfindlich war,
während der Chloroform-Narkose geschah. Der Steinlöffei
glitt bei vollständiger Anästhesie leicht in die mit Urin gefüllte
Blase , allein trotz sorgfältigen Sucbens konnte das Bougie-
stück nicht gefunden werden. Am folgenden Tage wurde die
Extraction nochmals versucht , dieses Mal aber bei fast leerer
Bla.<ie. Der gelöffelte Litbotrib in der Narkose eingebracht
fasste bald den fremden Körper, der sodann durch Schrao-
bendruck möglichst zusammengepresst und nach dem Blasen-
hals gezogen wurde ; hier erfuhr der fremde Körper einen be-
deutenden Widerstand, der nach einer stärkeren Tractioo
plötzlich wich. Das ausgezogene Instrument enthielt im Löffel
des weiblichen Arms ein Vt'' langes Stück Bougie einge-
presst ; man konnte an dem Stuck sehen , dass das Boogit
am Ende gefassl und hei der Extraction am Blasenhalse abge-
brochen worden war. Vf. führte das Instrument gleich wieder
ein und war so glücklich den Bougierest in der Weise zu fas-
sen , dass er mit unversehrtem Vesicalende ohne grossen
Zerrung der Harnröhre exlrahirt werden könnte. Das 2. Stack
halte die Länge von iVs"- Pat. hatte vom operativen Ein-
griff nicht das mindeste gefühlt und das baldige Verschwinden
der Symptome , die den Kr. so belästigt halten , zeigte,
dass die vollständige Entfernung des fremden Körpers ge-
lungen sei.
2) Ein pensiunirler Hauptmann litt seiner Meinung nach
an einer organischen Verengerung der Harnröhre, gegen welche
er seit 2. J. von Zeit zu Zeil ein und dasselbe Gutta-Perrha>
Bougie applicirl hatte. Das Bougie war bei der letzten An-
wendung abgebrochen , so dass Pat. nur die vordere Hal/te
auszog, während die hinlere stecken blieb. Patient liess
sogleich einen angesehenen Arzt und einen Chirurgen herbei-
holen , wolche , ohne weitere Versuche das Bougiestäck aaf
naturlichem Wege zu entfernen , sogleich zur Boutonni^re
schritten. Sie öffneten die Harnröhre hinter dem Hodeosacfc
in der Länge eines Zolls, zogen etwa V/^** des Bongiestucks
aus, welches vor der Prostata bei der Extraction abgebrochen
war, sticssen den grösseren Rest des Bougie in die Blase (!!)
und führten vom Meatus urin. einen silbernen Katheter in die
Blase , den sie flxirten und 23 Tage liegen liessen. Nach der
Ausziehung des Katheters war die Hamröhrenwunde glück-
licherweise vernarbt ; Pat. entleerte auf naturlichem Wege 2
stark incrustirte ßougiestücke von der Länge von 1 Va'% docb
musste nach seiner Angabe noch ein Bougierest von wenig-
stpns 2Vs" Länge in der Blase gebliehen sein, der denn aach
bald Urindrang, Schmerzen im Penis und Mastdarm, eiCrigen
Schleim und alkalischen Urin erzeugte. Die Aente gab«B
zuletzt dem Pat. den Kalb , nach Wien zu reisen und des Vf.
Hülfe in Anspruch zu nehmen, indem sie den Blasenschoiu
als einziges radtcales Mittel in Aussicht stellten. Vf. versprach
nach genauer Untersuchung des Pat. den fremden Körper in
der Blase auf unblutigem Wege zu entfernen ; er versah sich
zu diesem Zweck mit verschiedenen Lithotriben, mit Mercier*-
sehen einfachen , doppelten Löffeln und lithotriptiscben In-
strumenten mit ebenso flachem weiblichen , als männlichen
Arm. Pat. verlangte keine Narkose u. Vf. brachte bei missis
VI. Ghimrgi», 0|iUiataol«^* u. Otiatrik.
«M
gelallter Blase einen schwachen Mercier'schen Löffel ein , der
am Knie stark gefenstert im übrigen Theile des gekrümmten
Endes gelöffelt war uod welcher am weiblichen Knie sägenartig
gemacht, am männlichen mit scharfen Zähnen versehen wor-
den war. Das Instrament fasste sogleich den Bougierest und
presste ihn zusammen; am Blasenhalse fand das retrabirte
Instrument Widerstand, der nach starker Traetion wich,
indem deutlich das Abbrechen des Bougicstücks nach beiden
Seiten bin gefühlt wurde. Das Instrument enthielt ein 3'"
langes, 4 Gr. schweres, plattgedrücktes- und pliospbatisch-
iocrasUrtes Boogiestäck. Vf. führte nun einen andern Stei«^
brecher mit flachen Armen ein , nachdem Fat. den Urin ent-
leert hatte, extrahirte ein 3"* langes Bougiestuck, ging dann
zum 3. Mal ein und beförderte ein 2" langes Stück heraus.
Not beim Durchziehen dotrh den Blasenhals , wo die abge-
adtoittenen aber nsch anhtagenden Bougieenden abgestreift
werden massten, empfand Fat. Schmerz. Nach der Opera-
tion wnrde ein verlängertes Sitzbad verordnet und Fat. dann
ins Bett gebracht. Es folgte nach ein paar Std. ein heftiger
Sehfitielfrost mit Erbrechen, dann Witze u. endlich Schweiss;
noch wahrend des Faroxysmus entleerte der Fat. ein ^/^'* lan-
ges, incrustirtes, 6 Gr. schweres Bougiestuck u. nach 2 Std.
ein 2'" langes 2 Gr. schweres. Der folgende Tag war fieber-
los; am 3, ging ein 3. */," langes u. 5 Gr. schweres Bougie-
stuck ab. Die sorgfältigste Exploration der Blase nach 6 Ta-
gen zeigte nicht die Spur eines fremden Körpers mehr. Die
extrahirten und abgegangenen Bougiestucke wogen 23 Gr. n.
waren an einander gereiht 2^/^" laug. Der Fat. verliess voll-
ständig genesen Wien.
Mau hat schoB vielfach über die Eigenschaft der
Gulta-Percha-ßougies leicht abzubrechen Klage geführt
u. die Gefahr, die daraus für den Fat. erwitchst ist gross.
(Jahrbb. LXVI1.287; LXVIIL37.300.) Die Verehrer
der Gutta-Percha schreiben das leichte Abbrechen
schlechter, nicht gehörig gereinigter Waare zu, und
wenn diess wohl auch zum Theil begründet sein mag,
so haben sich doch Poiseuille und Robert in
ihrem Rapport über die so sorgfältig confectionirten
Gutla-Percha-Bougies des Hrn. C a b i r o 1 nicht ganz
zu Gunsten derselben ausgesprochen. Die Dauer-
haftigkeit der Gutta-Percha-Bougies ist gross , allein
trotz dem, dass der Vf. mit der besten Waare aus
Cahirors Händen versehen ist, wendet er sie doch
ungern an und zieht sieis die weichern , biegsamem
u. elastischem Kaoutchouc-Bougies vor. Vf. hält
sich für berechtigt in ahnlichen Fällen von Ab-
brechen seine durch 2 Beispiele erprobte Methode
der Cxtraction dringend zu empfehlen.
(Streubel.)
285. üeber die Zweckmässigkeit des Bi-
stouri cachi des Dr. 6 rzy mala zur Einschnei-
düng der ßruchpfvrte eingeklemmter Brüche ; von
Robert. (Bull, de Th^r. Aotlt. 1851.)
Der russische Arzt u. Chirurg Dr. Grzymala
hat schon vor einer Reihe Jahren ein eigentliümliches
Messer zur Spaltung der Einschnüruugsstelle bei ein-
geklemmten Brüchen angegeben, welches obgleich
einfach und ausserordentlich zweckmässig, dennoch
von dem ärztlichen Publikum nur wenig beachtet
worden ist.
Von allen Schwierigkeiten bei der Herniolomie
bietet der üperationsact die grösste, wo die ein-
schnürende Bruchpforte blutig erweitert wird , weil
hier leider häufig u. trotz aller Sorgfalt die Intestina
verletzt worden sind. Die Zahl der Instrumente vom
Bistouri cach^ des Bienaise und der geflügelten
Sonde des M^ry an, bis zum gerinnten Spatel des
Vi dal u. dem eigenthümlicben Gorgeret des Hu-
guier, die alle lediglich «rsonnen worden sind, um
den gefährlichen Operationsact gefahrlos zu machen,
»st äusserer denliich gross. Dessenungeachtet htt mit
Ausnahme des Msteuri des A. Cooper kein einziges
der ersennenen iostimnefKe eine ailgemetoo Verbrei-
tung erlangt, weil keines die Intestina fanz vnr Ver-
letzungen sicherte u. weil hei den complioirten Instru-
menten gerade die Einführung an der so beschränk-
ten Einschnürungsstelle der Hernie so schwierif
wurde. Selbst das Bistouri von A. Cooper» was
sich von dem Pott' sehen Messer nur durch die
etwas schmalere Klinge unterscheidet, ist durchaus
nicht immer im Stande die Verletzungen der Därme
zu verhindern. Bei den Schenkelhemien, wo nur
ein einschnürender Fascienrand einzuschneiden ist»
passt es vortreiTlich, hei solchen Leistenbrüchen aber,
wo die Einschnürung in einer grdssern Ausdehnung
stattfindet und auch der Einschnitt sich weiter er-
strecken muss, reicht es nicht hin, abgesehen davon»
dass es hier schon im Momente der Einführung den
Darm verletzen kann.
Das fragl, Bistouri bietet bei gresser Einfsebheü
in der Gonstruclion aHe Sicherheit) die man nur ver^
langen kann.
Das Instrument ist zu s/3 seiner naturlichen Grosse u.ge-
öfTnet dargestellt. CA stellt die metallene gebogene Scbeide
dar, in welcher sich die dünne gleichfalls gebogene Messer-
schneide D befindet. Drückt man den HundgrifT des Bistouri
abwärts, so kommt die Schneide D einige Linien weil aas der
Scbeide hervor, lasst der Druck nach, so gehl auch die Klinge
sofort wieder zurück , welches durch die Feder bei B bewirkt
wird. Die Klinge wirkt also nur, wenn man ihre Wirkung
haben will und die grösste Ausdehnung der Wirkung ist durch
CDA angedeutet. Das kleine Volumen des Bistouri macht es
zur leichten Einfährung geeignet; die abgerundete kleine
Spitze der Scheide kann daher ohne alle Gefahr selbst bei
starker Einschnürung unter den firuchsack oder den Ein-
schnürungsring geschoben werden. Noch von grosser Bedeu-
tung ist der Knopf A der Scheide, bis zu welchem beim Druck
die Klinge D hervortritt; hat man mit dem Instrument die
Einscbnürungssteile passirt und ist in die Cavitas peritonäi ge-
langt, so wird man beim langsamen Zurückziehen des Instru-
ments mit dem Knopf A an der Stelle hängen blerben und an-
gehalten werden , wo das grösste Hinderniss besteht , wo die
Einschnürung am bedeutendsten ist, so dass man auch nocK
genau erfährt an welcher Stelle man die Klinge hervortreten
lassen muss.
Vf. hat schon seit 8 J. bei eingeklemmten Leisten - wie
Schenkelbrüchen das beschriebene Instrument vielfach mit
dem besten Erfolg gehraucht und ist von dessen Zwerkmässig-
kpil so überzeugt, dass er es im Interesse der Wissenschalt
allen Chirurgen empfiehlt. ^^ (Streubel.)
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862
Di« WiMer IVankreiehi.
B. KRITIKEN.
25. Annnaire des eanz de la France pour
1851. Publik par ordre du ministre de
iagricuUure et du commerce et ridigi par
Wie commüsion speciale, Paris. 4. — 37
Feuill. (5 Thir.)
Am 19. Nov. 1849 wurde vom Hinister der Agri-
kultur u. des Handels , Dumas» der Acad. de m^d.
der Wunsch einer neuen Erforschung, Analyse und
Statistik der sämmllichen Gewässer , Quellen u. Seen
Frankreichs vorgelegt. Es wurde, bestimmt , dass
derartige Arbeiten im Interesse der Agrikultur, Indu-
strie u. praktischen ftfedicin in jahrlichen Berichten
der Oefientlichkeit übergeben werden sollten. — Am
24. Dec. desselben Jahrs war bereits eine Gommission
constituirt. Der Plan für die Arbeiten wurde ent-
worfen und am 12. Mürz 1850 deiQ Ministerium mit-
getheilt. Die Gommission bestand aus den Herren:
Höricort de Thury, Präsident; Orfila, Vice-
Präsident: Becquerel, Bouchardat, Bou-
Iren, Chevalier» Dubois (d*Amiens); 0.
Henry; Mi lue Edwards; Patissier; Payen;
Ch. Sainte-Ciaire Deville, Secretar. — Die
Arbeiten begannen sofort u. der erste Band des ,,An-
nuaire" liegt bereits vor uns.
Eine 60 Seiten lange Einleitung wird vorausge-
achickt. Es wird darin im Allgemeinen über Be-
tUromung, Herkunft, Nutzen und Beschaffenheit des
Wassers gesprochen. — Ein erstes Capitel „du r6le
de Teau dans la nalure" giebt eine Uebersicht aller
in das Gebiet der Hydrologie fallenden Fragen. In
einem zweiten werden die Fortschritte der Chemie in
ihrer Anwendung auf das Studium der Gewässer von
der ältesten bis auf die neueste Zeit beleuchtet. In
einem dritten wird die hydrographische Eintheilung
Frankreichs bezeichnet. Vier Hauptdistricte setzen
das „hydrographische System" zusammen: 1) der
nordöstliche Abfall (Le versanl de la mer du Nord);
2) der nordwestliche (Le versant de la Manche);
3) der westliche (Le versant de TOcean) ; und 4) der
südliche (Le versant de la M^diterranöe). — In einem
vierten Capitel wird über die süssen Gewässer im All-
gemeinen, aber specieller gesprochen. Ihre Her-
kunft und Zusammensetzung wird besonders berück-
sichtigt. Das Begen-, Quell-, Fluss-, See-, Sumpf-
und das Brunnen -Wasser werden der Beihe nach
abgehandelt. Bemerkenswerth ist der im Begen-
wasser bei neuern Untersuchungen häu6g aufgefun-
dene Jodgehalt. Eine besondere Betrachtung ist dem
Meerwasser (seinen unorganischen , organischen Be-
aUndtheilen und Sauerstoffgehalt) und den Mineral-
quellen gewidmet , und als in nächster Beziehung zu
letztern stehend, werden Gebirgsketten und Bodeo
in das Bereich der Betrachtung gezogen. In Betreff
letzterer, werden 8 grosse Districte unterschie-
den: Die Central-Gebirgsmasse , die Pyrenäen» die
Alpen , das Jura-Gebirge mit den Vogesen , die Ar-
dennen, die nordwestliche Gebirgskette, die Nord-
ebenen und die Südebenen. — Es würde zu weit
führen , auf die einzelnen und mannigfach interessan-
ten Punkte der Einleitung näher einzugehen; wir be-
schränken uns deshalb auf ein Inhalts-Referat.
Das zu sammelnde Material wird nun in den An-
nuaires in drei Haupt-Abtheilungen zusammengestellt
werden. — Die erste, die statistische, unter dem
Titel; „Documenls statistiques sur les eaux de la
France" wird enthalten : Zahl und Vertheilung der
Hauptgewässer; Ursprung, Fall und Angabe Über
die Schiffbarkeil kleinerer Flüsse; deren mittlere, nie-
drigste u. höchste Höhe; Angabe der durch sie fort-
geschwemmten Boden - u. a. Bestandtheile ; Tempe-
ratur der Flüsse und Quellen ; Zahl und Vertheilung
der Mineralquellen ; Angabe ihres Ursprungs u. ihrer
therapeutischen Bedeutung. — Die 2. Abtheilung ist
der „chemischen Zusammensetzung" gewidmet. Es
werden die süssen Gewässer, die Meer- und Salz-
wässer, die Mineralwässer und die durch Indu-
strie u. s. w. künstlich erzeugten oder geleiteten
Wässer in vier besondern Abtheilungen beleuchtet
werden. — Die dritte Hauplabthcilung wird endlich
wissenschaftliche Notizen oder Meraoirs der Commis-
sions-Mitglieder über specielle Fragen enthalten , die
der Statistik und Analyse nicht wohl eingereiht wer-
den konnten.
Der erste vorliegende Band giebt ein Resum^ bis-
heriger Arbeiten über die chemische Zusammen-
setzung verschiedener Gewässer und im Anhange ein-
zelne Memoirs.
A. Süsse ff^ässer,
1. allgemeine Betrachtungen. Zunächst winl
das Wasser in seiner Beziehung zur Agcikultur be-
sprochen. Allgemeine Betrachtungen über den Nutzes
und Schaden grüssern oder geringern Wassergehaltes
des Bodens stehen voran. Die Mehrzahl der trink-
baren Wässer enthalt Kieselsäure , kohlens. Kalk u.
Magnesia, Gyps, Kochsalz, Spuren von Sticksloff-
verbindungen , Chlorkalium, Brom- und Jodverhin-
dungen, Kohlensäure, Stickstoff und stickstofftialtige»
so wie stickstofffreie organische Substanzen. — Auf
die Schädlichkeit der stehenden Wässer, der zu nie-
drigen Temperatur derselben , eines zu grossen Ge-
haltes an Gyps und andern Kalkverbindungen , wird
hingewiesen. Das Vorkommen saurer » eisenhaltiger
Die WXMer FriMikreiclu.
363
WMSer wird gleiehfallt als der AgrikuUor binderlich
»gedeutet; emt Ausgleichung des Schadens durch
DttBgUBg mit Thierexcrementen anempfohleB.
Wichtiger fllr uns ist das Capitel über die sflssen
Wasser in ihrer Beziehung zur Hygieine. — Mit Recht
wird auf die hohe Bedeutung des Trinkwassers , die
es insonderhett vemOge seiner unorganischen Be-
standtheile für die Erhaltung oder Störung der Ge-
sondheit bat, hingewiesen. — Es sind diese Ein-
flösse bis jetzt noch sehr wenig hinreichend gewflr-
digU — Allgemein findet man gute Trinkwasser luft-
haltig; die Abwesenheit dieses Luftgehaltes in eini-
gen ans dem Alpenschnee herstammenden Wassern
will man sogar afs eine Ursache endemischer Krank-
heilen (welcher?) betrachtet wissen. — Ein gerin-
ger Kohlensäuregehalt findet sich oft. — Je freier
von organischen Substanzen, desto hesser ist das
Trinkwasser. — Im Durchschnitt finden »ich in guten
Wassern 0,0001 --0»0002 feste Stoffe. — Trink-
wasser die mehr als 0»001 Kalksalze enthalten, sind
f&r den gewöhnlichen Gebrauch ungeeignet ; ein Ge-
balt von 0,0005 dagegen in vielen Zustanden sehr
dienlich ; so bei Saurebildung , bei Kindern mit zar-
tem Knochensystem. — Uagnesiasaize können nach
Bouchardat's Untersuchungen von in Wasser le-
benden Thieren in grosserer Quantität genossen wer-
den , ohne zu schaden ; in Bezug auf den Menschen
lasst sich nicht dasselbe sagen. Genauere ünter-
iuchungen werden in Aussicht gestellt. Gypsgehall
ist nie vorlheilbaft ; er schadet leichi dadurch, dass
er Schwefelwasserstofi'-Enlwicklung veranlasst. Chlor-
natrium kommt fast in allen Tripkwassern vor, aber
meiatens in ao geringer Quantität («» 0,000001),
daas es nicht Ursache von Krankheiten werden kann.
Dagegen finden sich fast bestandig neben Chlor: Jod
und Brom. Die Einflüsse grösserer oder geringerer
Quantitäten dieser erfordern sorgfältige Untersuchun-
gen. — Es wird nach diesen kurzen Angaben einge-
standen, dass man in der That noch nicht wisse,
was zu einem gesunden, guten Trinkwasser, was zu
den schädlichen gerechnet werden müsse. — Die
Arbeiten werden sich dieser Frage zuwenden.
Es folgt ein Capitel (Iber die stehenden Gewässer.
Mehr als 450»000 Hektaren der Oberflache Frank-
reieks sind sumpfig. Ueber die Ursache der Schäd-
lichkeit der Emanationen der Sflmpfe ist man keines-
wegs im Klaren. Man weiss, dass nach einer Aus-
trocknung die Sümpfe einen schädlichem Einfluss auf
die Gesundheit jiusUben , als wenn sie Wasser hal-
ten. — Eine Hauplschadlichkeit schreibt man der
Entwicklung von Schwefelwasserstoffgas zu; Ver-
mischung von See- und Sttsswasser, von SUsswasser
mit Schwefelverbindungen u. organischen Stoffen bei
hoher Temperatur geben zu derselben Anlass. Es
fehlt jedoch an dem Beweise für die Schädlichkeit
jenes Gases ; die Entwicklung desselben comcidirt nur
mit der Entwicklung von Miasmen , deren Natur bis
jetzt unbekannt ist. — In Anschlag zu bringen ist
Med. Jahvbb. Bi. TS. Hfl. t. '
der schädliche Einflns» des Sompfbodens auf die Agri-
kultur. Früchte kommen nicht zur gehörigen Reife,
sind wassrig, geschmacklos. Cerealien entwickeln
sich sehr mangelhaft. Viehzucht gedeiht nicht. —
Die Einwohner der Sumpfdislricte sind in der Regel
klein ; ihr Colorit erdfahl ; den Geweben der Musku-
latur fehlt der Tonus; die Pubertät erscheint spat,
das Alter früh. Das mittlere Lebensalter schätzten
Sausset u. Price auf 26 Jahre; Condorcet
nur auf 18 Jahre. In der Sologne u. andern Sumpf-
districten übersteigt die Zahl der Todesßille stets die
der Geburten. Die grösste Sterblichkeit trifit die
Neugebornen. Die Gegenden würden aussterben»
wenn nicht stete Einwanderungen einen Ersatz lie-
ferten. Billigkeit des Lebens und leichter Verdienst
ziehen die Armuth nach diesen Districten hin. —
In Marseille nimmt die Population alljährlich etwa um
147 Einw. zu, in Arles um 45 ab; in St. Pons u.
Lod^ve nimmt sie um 48 zu; in Montpellier und Be-
ziers um 45 ab. — Intermittentes vom 1-, 2- und
3tagigen Typus sind die häufigsten Krankheiten ; sie
entwickeln sich namentlich im Frühling und Herbst;
im Frühling haben die Tertianae, im Herbst die Quar-
tanae den Vorrang. Es pflegt stets ein Incubations-
Stadium den Anfallen vorauszugehen. — Die sogen.
Fiävres intermittentes pernicieuses treten namentlich
zu Anfang des Herbstes (Ende der Hitze) auf; — sie
haben meistens den Tertian-Typus , oft den der du-
plicata , und geben nicht sehen in Petechial-Typhea
über. — Dr. A nee Ion machte an den Ufern des
grossen Sumpfes von Lindre (Meurthe) die Beobach-
tung, dass im ersten Jahre, wo der Sumpf stets mit
Wasser gefüllt war, im Anfang des Frühlings u. Ende
des Herbstes Intermittens -herrschte; im 2. Jahre, wo
die Wasseransammelung noch wuchs , Typhen ende-
misch wurden, und im dritten endlich, wo der See
austrocknete und der mit Fischleichen bedeckte Boden
den Sonnenstrahlen ausgesetzt war, bösartige Pe-
techialtyphen (fi^vres charbonneuses) sich entwickel-
ten. — Dysenterieen und katarrhalische Leiden sind
häufig. Die Behauptung einiger Aerzte jedoch , dass
die Intermittens-Gegenden Tuberkulose ausschliessen,
rouss als ungegründet zurückgewiesen werden. —
Man sieht aus diesem kurzem Besum^ , heisst es im
Annuaire weiter, dass die bisherigen Fragen keines-
wegs hinreichend gelöst sind. Die genausten quan-
titativen und qualitativen Analysen der Gewässer, der
aus ihnen entwickelten Gase , Studien der Fauna und
Flora der betreffenden Gegenden u. s. w. sind erfor-
derlich , um dem Gegenstande einen gründlichem,
wissenschaftlichen Boden zu geben.
U. analytische Bemerkungen. 1) Nordwest-
licher JbfalL Seine-Becken, — Kohlensaure Kalk-
salze sind durchaus vorherrschend ; in der Gegend
von Paris tritt schwefelsaurer Kalk hinzu. Die Seine,
vor ihrer Verbindung mit der Marne; enthielt 1827
die unorganischen ßeslandlheile in folgender Propor-
tion: Kieselsaure =0.004, kohicus. Kalks 0,U9;
schwefeis. Kalk = 0,038 , Ghorcalcium u. Ghlorna-
4Ö
354
Die Wasser Frankreichs.
trhim SS 0,017; GhlonnagnesiunissSpnr; salpeters.
Kalks:?; Organische Substanz s= Spur. — Farmen-
tief erklarte das Seine-Wasser für das gesundeste
in Frankreich. Das Wasser ist übrigens verschieden
zusammengesetzt an verschiedenen Orten. So ist
nach dem Eintritt der Marne das Wasser des rechten
Ufers verschieden von dem des linken; dort findet
man viel Magnesiasalze, hier keine; — so ist das
Wasser des obern Theils der Seine in Paris selbst
armer an Testen Bestandtheilen , namentlich an koh-
lens. und schwefeis. Kalk, an Ammoniak und organ.
Materien, als das Wasser des untern Theils. — Wie
sich der Gehalt an einzelnen Bestandtheilen selbst in
sehr kurzen Distancen verandern kann , davon liefern
die Analysen des „Eau d'Arcueil'' u. des Wassers von
Rungis einen Beweis. — Das letztere wird durch
einen *Aquaeduct geleitet, um ersteres zu liefern. Es
verliert auf diesem Wege fast die Hälfte an kohlen-
sauren Kalksalzen, in Folge eines Entweichens der
Kohlensaure. — Die Quellen von Belleville u. M^nil-
montant entspringen an den gleichnamigen Hügeln;
der geognostischen Beschaffenheit der letztern ent-
sprechend enthalten sie Eisen und vielGyps; sie wer-
den durch einen Kanal nach Paris geleitet , setzen in
demselben Eisen und Gyps ab, kommen aber dennoch
als viel Gyps haltige Wasser in Paris an und sind als
solche ungesund. — Es mOgen diese Andeutungen
genügen , um die Art und Weise des Verfahrens der
Kommission zu bezeichnen ; ein Referat aus den ein-
zelnen Analysen kann nicht die Aufgabe der vorlie-
genden Blatter sein. — Tabellarische Zusammenstel-
lungen der Analysen der sammtlichen Hauplbrunnen-
oder Quellen in Paris folgen den einzelnen Darstel-
lungen.
Die sehr kalkhaltigen Quellen und Brunnen von
Ronen, die Wasser von Troyes, Reims werden in
ahnlicher Weise untersucht.
2) fFestlicher Abfall, Zwei Hauplbecken wer-
den unterschieden, das der Loire u. das der Gironde;
neben diesen werden aber drei Nebenbecken bezeich-
net; eins an der nördlichen, eins an der südlichen
Westseite Frankreichs u. ein drittes in der Mitte zwi-
schen den beiden Uauptbecken. Somit kommen 5
verschiedene Becken zur Betrachtung.
lieber das Flussgebiet der südlichen Bretagne lie-
gen nur vereinzelte Untersuchungen ohne bestimmte
Resultate vor. — Das Gebiet der Loire, das grösste
in Frankreich , erstreckt sich über einen Boden , der
den Reichlhum der sammtlichen ihr zugehörigen
Wasser an Kieselsaure und kieselsauren Alkalien» und
den weit geringern Kalkgehall, als ihn die Seine
zeigt, erklart. — Bei Nantes findet sich in dem Ge-
halte der Loire an unorganischen Substanzen ein um-
gekehrtes Verhaltniss, wie bei Paris; unterhalb Nan-
tes ist nämlich der Gehalt an Kieselsaure und Alaun
bedeutend geringer , als oberhalb , während die lös-
lichen Soda - und Kalksalze , und die organischen
Substanzen zugenommen haben. — Bei der Betrach-
tung des Wassers der Erdre und der Stadt Angers
wird ausführlich der höchst interessanten Untersuchna-
gen von Morren über den Sauerstoffgehalt des Was-
sers stehender Gewässer gedacht. — Es ergab sich
aus jenen , dass der letztere proportional der dem
Wasser von der Sonne mitgetheilten Warme steigt u.
fallt, und dass sich dabei der Kohlensauregehalt um-
gekehrt, wie der Sauerstoffgehalt verhalt. Es wird
dieser Einfluss der Sonnenwarme insonderheit abhän-
gig gemacht von der Gegenwart grünlicher Monaden
(Monas bicolor Ehrenb.), die Kohlensäure zu absor-
biren u. Sauerstoff zu exhaliren scheinen ; eine Beob-
achtung, welche sich an diejenige anreiht, welche
G. Schmidt bei der Rodenberger Saline an der
Frusiulia salina Ehrenb. anstellte, (S. dessen Schrill:
Zur vergleich. PhysioL der wirbellosen Thiere. Braun-
scbweig. 1845.)
Das Becken der Gironde ist früher wenig onter-
sucht. — in der Stadt Toulouse enthalten die Quel-
len fast durchgehends Ammoniak- Verbindungen ; da-
neben kieselsaure Salze und Kalkverbindungen. In
Rodez ßnden sich in den meisten Quellen viel schwe-
felsaure Salze und auch die seltener im Trinkwasser
vorkommenden Phosphate. Kohlensaure Bndet sich
fast überall. Um die grosse Verschiedenheit selbst
nicht weit von einander entfernter Brunnen zu zeigen,
werden die Eigenschaften eines Brunnens in der Stadt
Rodez u. der in der Nahe der Stadt gelegenen Ghartrease
zusammengestellt. Der Brunnen der Stadt enthalt
doppelt so viel Schwefelverbindungen, 14mal so viel
Ghlorverbindungen , 36mal so viel Stickstoffverbin-
dungen und 4mal so viel in Wasser unlösliche Salze
als der Brunnen der Chartreuse. In der Stadt Bor-
deaux enthalt das Trinkwasser in verschiedenen Pro-
portionen kohlens. und schwefeis. Kalk, kohlens.
Magnesia, Salzsäure und Salpetersäure in Verbindung
mit erdigen und alkalischen Basen, Spuren von orga-
nischer Substanz und Eisenoxyd.
3) Südlicher Abfall. Neben dem Hauptbecken,
dem der Rhone, werden drei Nebenbecken unterschie-
den: Das „bassin de la Tet et du Tech" und das
Becken des Languedoc' sehen Littorals. Die Zahl
der bisher angestellten Analysen ist noch zu gering,
um bestimmte Resultate aufzustellen. Kalkverbin-
dungen , namentlich kohlens. Kalk , und Kieselsäure
finden sich überall; in Perpignan auch kohlens.
Natron.
Das Becken der Rhone theilt sich oberhalb Lyon
in das der Saone u. der Rhone. — Die Wässer sind
durchgehends sehr reich an Kalk. Die Quelle von
Arcier enthalt daneben reichliche Quantitäten von
kohlens.~ Natron , welches als eine „substance toi-
nemment digestive'' [?] bezeichnet wird. — Das
Wasser der Rhone selbst erleidet je nach den Jahres-
zeiten und in Folge der Zuflüsse von den Alpen be-
trächtliche Veränderungen in seiner Zusammensetzung.
So wurde in einem Liter kohlensaures Gas gefunden :
im Februar 0,0182, im März 0.0128; im April
0,0109; im Juli 0,0065; ähnlichen Schwank\ingen
unterlag der kohlens. Kalk , an welchem das Wasser
Die WXsser Frankreichs.
355
fonngsweise reich ist. Die absolute Quantität der
Jffslichen Salze belief sich im Febr. aurO,1898Grmn];
im Msrz auf 0,1576 , im luli auf 0,1073 Gramm. —
Das bei Lyon geschöpfte Wasser unterscheidet sich
von dem bei Genf geschöpften durch geringern Ge-
halt an kohlens. Kalk, u. betrfichlich grossem Ge-
balt an schwefeis. Kalk , Soda , Magnesia , Kiesel-
sSure und Alaun. — Das Wasser der Rhone , und
Bamenllich das der Saone enthält stets eine beträcht-
liche Quantität von vegetabilischen Substanzen u. In-
fosorien. Donn6 untersuchte dieselben mikrosko-
pisch und fand unter den letztern Monaden , Vibrio-
nen , Vorticellen , Oscillarien u. s. w. — G r a n g e
untersuchte namentlich die Wässer in dem Is^re-Thale
nnd gelangte da)>ei zu folgenden Schlüssen :
a) Die absolute Quantität der in den Wässern
enthaltenen Salze nimmt mit der Entfernung von den
Berghohen zu. <
b) Die relative Quantität der Salze verändert sich
je nach der Entfernung von den Hohen zur Ebene ;
die loslichen Salze, namentlich Chlorverbindungen,
herrseben vor ; die unlöslichen oder wenig löslichen
Salze vermehren sich; schwefeis. und kohlens. Kalk
nehmen ab.
c) Die relative Quantität der Chlor- schwefel-
sauren, und kohlensauren Verbindungen ist nach den
3 verschiedenen Gebieten : terrain talqueui , lerrain
anthracif^re (Thonschiefer , Glimmer und Kalk) und
terrain cr4tac6 verschieden. Die Chlorverbindungen
herrschen vor in dem erstem (25 — 30<^/o), nehmen
ab in dem 2. (10 — 16 ^/q) und belaufen sich nur
auf 4 — 8 % in dem dritten. — Die schwefelsauren
Verbindungen betragen in den ersten beiden 24 — 37 %
in dem drillen nur 5 — 12%. — Die kohlensauren
belaufen sich auf 36 — 47^0 ^"^ ^^^ Granilboden,
auf 48 — 71 % auf dem terrain anthraciffere, und auf
83 — 88 ^/q auf dem Kalkboden. Die Magnesiasalze
herrschen bedeutend vor in den ersten beiden Ter-
rains (19—23%)- — Während Grange den
Magnesiasalzen einen bedeutenden Einfluss auf die
Bildung der Struma und des Cretinismus zuschreibt,
glaubt Niepce, seinen Analysen zufolge, diesel-
ben in anderer Weise erklären zu mttssen. Der
stidliche Theil der Rhone ist fast noch gar nicht
nntersocht.
4) Nordostlicher Abfall, Die Flussgebiete der
Scheide , der Maass und des Rheins kommen in Be-
tracht. — Das Wasser des Rheins ist noch wenig
untersucht. Im Sommer sind weniger feste Bestand-
theile darin enthalten, als im Winter. Kohlensaurer
Kalk ist auch hier vorwiegend. — Die Wässer von
Hohlhausen , Bechelbronn und Metz sind besonders
untersucht. — lieber das Wasser der Maass ist noch
weniger bekannt. — Im Becken der Scheide sind die
Wasser in Cambrai, Valenciennes und Huzebrouck
analysirt. Ueberall herrscht der kohlens. Kalk vor.
Wir müssen in Bezug auf die einzelnen Analysen auf
das Werk selbst verweisen.
Diesen umfangreichen und äusserst sorgfältig be-
arbeiteten analytischen Bemerkungen folgen in einem
Anhange folgende Belege :
1) Des eaux douces consider^es sous le rap-
poH zootechmque ; par M i I n e - E d w a r d s. —
Es wird in diesem Artikel über die künstliche Fort-
pflanzung und Vermehmng der Fische in sttssen Ge-
wässern gesprochen. — Vf. geht von den Unter-
suchungen Spallanzani's, Prevost's u. Du-
mas' über die künstliche Befruchtung der Fischeier
aus und will durch eine solche Qualität u. Quantität
der Fische in verschiedenen Gewässem verändern.
— In Frankreich wurden bereits von Geh in und
Remy, in England von Boecius Versuche mit
dem besten Erfolge angestellt. — ' Das Verfahren, die
Eier zu sammeln und zu befruchten , wird pag. 267
angegeben ; die bisherigen günstigen Versuche wur-
den nur mit Forellen und Lachs angestellt. M. E d -
w a r d s schlägt vor , dieselben auszudehnen auf den
Plattfisch, Karpfen, die Steinkarausche, den Brassen,
die Schleihe, den Barsch und den Hecht.
2) Des moyens arlificiels de repeupler les
cours d'eau; par Goste. — Die Abhandlung
schliesst sich der vorigen an. Coste machte
namentlich Untersuchungen über die künstliche Ver-
breitung und Vermehrung des Aals. — Die Versuche
über dieselben gelangen vollkommen. Die junge
Brut wird aufgefangen und transportirt. In den süd-
lichen Salzseen Frankreichs entwickelt sie sich eben-
sowohl , als in den süssen Wässern. Die beste Nah-
rung für sie ist eine animalische. Coste sah die
Aale bei einer solchen , bestehend aus dem gehack-
ten Fleische aller möglichen Thiere , sehr rasch ge-
deihen. — Die Abhandlung schliesst mit der Bemer-
kung , dass es durch die Bemühungen des vom Mini-
sterium nach Deutschland gesandten Valencien-
nes gelungen sei , schon mehrere Arten von Fischen
in Frankreich einheimisch zu macli^n, welche man
früher dort nicht hatte, so den Sandbarsch (Perca
lucioperca); den Wäls (Silurus glanis); den Gadus
lotta und den Cyprinus jenis (Bloch) aus den Seen u.
Flüssen Brandenburgs u. Hannovers.
3) De Vinfluence de la quaUti des eaux star la
produciion du gottre et du cr^tinisme; par Bou-
chardat. — Ueberall wo Struma endemisch ist,
herrscht mehr oder weniger Neigung zum Cretinis-
mus. — Man hat die Beobachtung gemacht , dass in
Orten, wo Struma u. Cretinismus herrschten, die-
selben schwanden , als neue Landstrassen durch sie
hindurchgeführt wurden. Man wollte damit einen
Gegenbeweis für den Einfluss des Wassers auf die
Production dieser Krankheiten führen. Bouchar-
d a t weist ihn als gänzlich unbewiesen zurück und
deutet auf die in jener Weise gleichzeitig veränderte
Population, Lebensweise, Nahrungsmittel und Ge-
tränke u. s. w. hin. — Die Berichte der „Com-
mission de Sardaigne'S die Untersuchungen von
Grange (Arch. des missions scientifiques , Dec,
336
Wunderlich, HaMdb. d. Patiiol. u. Therapie.
1850), die Berichte von M. Billiet (Reeueil de la
Soc. acad. de Savoie), die eigenen Beobachluogeo
des Vf., die Uolersuchungen von Boussingault
in den Gordilleren und Neu-Granada, die von Mac-
Glelland in dem Thale von Shore (Indien) lassen
keinen Zweifel übrig, dass die Ursache der endemi-
schen Entwicklung von Struma u. Cretinismus in dem
Trinkwasser und in der geologischen Gonstitution des
Bodens liegt. — lieber die nahern Ursachen herr-
schen verschiedene Ansichten. Orange glaubt
durch seine Untersuchungen mit Bestimmtheit darge-
than zu haben, dass die Magnesiasalze das haupt-
sachliche ätiologische Moment bilden. Allein Bou-
chardat hält ihm entgegen, dass wenn dieselben
auch in den fraglichen Trinkwässern vorherrschen,
damit dieser Einfluss ihrerseits noch nicht bewiesen
sei. Dieser Schluss könne erst dann statuirt werden,
wenn ein als gesund bekanntes Trinkwasser, mit
Magnesia vermischt, Kropf und Cretinismus hervor-
bringe. Er fOhrt an, dass langer Gebrauch von
Magnesia , der Gebrauch des an Magnesia reichen
Seiler- Wassers , der Gebrauch des ebenfalls an
Magnesia reichen Wassers aus dem Canal de TOurcq
u. s. w. nicht zu Kropf und Cretinismus führen, und
kommt zu dem Schluss, dass allerdings in den auf
den ,,terrains talqueuses et anlhracif^res" entsprin-
genden Wässern , nicht aber allein in dem Magnesia-
Gehalt derselben die Ursache jener Krankheiten auf-
zusuchen seien. Kalium- u. Natronsalze können die-
selbe ebenfalls nicht abgeben ; sie sind in nur sehr
geringer Quantität in den Wässern vorhanden ; orga-
nische Materien werden ebenfalls als Ursachen zurück-
gewiesen. Dagegen schreibt Bouchardat dem
reichlichen Gyps-Gehalt des Wassers einen bedeu-
tenden Einfluss zu , ohne indess solchen als einzige
und vornämliche Ursache hinstellen zu wollen. —
Fraglich ist , ob eine zu geringe oder zu grosse
Quantität Jod , welches sich nach den Untersuchun-
gen von Conlu, Chatin u. Marchand fast in
jedem Trinkwasser findet, in Anschlag zu bringen
sei ; ein ähnliches muss von den Brom-Verbindungen
gesagt werden. — Es ist ferner fraglich , ob nicht
in dem Mangel anderer Verbindungen , auf die man
kaum sein Augenmerk gerichtet hat, eine wesentliche
Ursache liegt, ob nicht ein Mangel an Jod , Brom,
kohlens. Kalk , Eisen , üxygen u. s. w. Kropf und
Cretinismus herbeiführen können.
4) Analyses des eaux de plusieurs valUes des
EtaiS'Sardes , affitgees de GoÜre et de Cretinisme,
Es erhellt aus diesen Analysen nur, dass mehrere
Wässer jener Gegenden keine Magnesia enthalten. In
Bezug auf die einzelnen Analysen ist das Werk selbst
nachzusüben.
5) Notes sur les Endemies periodiquement de-
veloppees par les efßuves de letang de Lindre-
Basse; par Dr. Ancelo'n. Das Wesentliche aus
den Beobachtungen wurde schon oben mitgetheilt.
6) Eine Arbeit von Blondeau über die Brun-
nenwässer der Stadt Rodez.
7) Observatwns hydromitriques feiies dans ie
bassin de la Seine. Unter dieser üeherschrtll wer-
den die bis zum Jahre 1850 in Paris und Boueo an-
gestellten Uolersuchungen über die täglichen Quaoii-
täten des Regens, die täglichen Sehwankuageii der
Temperatur des* Wassers der Seine und der darto
suspendirten fremden Bestandtheile mitgetheilt osd
tabellarisch zusammengestellt.
Dieas der Inhalt des ersten Bandes des Aanuaire. —
Derselbe ist za reichhaltig , als dass wir auf einielae
Punkte hätten näher eingehen können. — Die hohe
Bedeutung, welche derartige UnlersuchungeD » fOr
die allgemeine und specielle Aetiologie der Krank-
heitsprocesse haben ist einleuchtend. — Die geringe
Würdigung, welche bis jetzt den unorganischen Be-
standtheilen des Nahrungsmaterials zuTheil geworden
ist, ist daran Schuld, dass man sich wenig um die
Bestandtheile der Trinkwässer bekümmerte. Je mehr
aber ihr bedeutender Einfluss auf den Ernährungspro-
eess anerkannt werden muss u. wird, eine desto sorg-
fältigere Berücksichtigung verdienen Arbeiten , wie
die vorliegenden. — Aus den einzelnen Analysen des
Wassers eines u. desselben Flusses u. s. w. erhellt fer-
ner^ dass man nicht mit einmaligen u. allgemeinen Ana-
lysen zufrieden sein darf, sondern dass eben das ge-
nauste Detailsludium , die mehrmalige Untersuchung
jedes einzelnen Trinkwassers erforderlich ist, um
richtige Anhaltspunkte zu gewinnen. — In London
beschäftigt man sich gegenwärtig mit ähnlichen Unter-
suchungen. — Durch die Herausgabe eines denselben
besonders gewidmeten Annuaire geht Frankreich mit
dem rühmlichsten Beispiele voran. — Nur in dieser
Weise kann eine rationelle Aetiologie und damit
eine rationelle Therapie begründet werden.
B e n e k e.
26. Handbuch der Pathologie und Therapie;
von Dr. C. A. W u n d e r I i c h • o. ö. Prof. d.
Med. u. Dir. d. med. Klin. in Leipzig. 1. Band
(Schluss). 2. Band. 1. Abthcil. Die JnomaUen
der Constitution. 10. Liefrg. Stuttgart 1851.
Ebner u. Seuberl. 8. Vlll u. S. 609—633, u.
S. 1 — 160. (1 Thlr. 3 Ngr.)
Der Umzug des Vfs. von Tübingen nach Leipzig
hat eine Verzögerung in der Fortsetzung dieses schitt-
baren Handbuchs zur Folge gehabt; die Verlagshand-
lung aber macht uns HoflTnung, dass die noch übri-
gen Lieferungen desselben um so rascher folgen, und
es in wenig Monaten beendigt sein werde.
Die vor uns liegende 10. Lieferung bringt uns
als Schluss des ersten Bandes die Therapie der
SchleimhoMthyperamien und Entzündungen; ferner
C. die Hämorrhagien dieses Gewebes; 0. üedem
der Schleimhäute und fFassersucht der SchUim-
hauthöhlen; E. Tuberkulose derSchleimL; V.Krebs
der Schleimh. ; G, Neubildungen wid Transforma-
tionen in den Schleimhauten; ü. Atrophie; J. jine-
malien der KanaUsaiion ; K. Concretionen ; fremde
Körper und Parasiten; L« MortifieaäoHsprocesse,
Wh ■dtrlich, Ihndlb» d, FfttboK u. Therayie.
857
■meDÜieh ErweidittDg , Geichwttre und Brand. —
Bie 4. ^btkeiL entbilc die JffecHonen der fih^
ien Gewebe, insbesondere A. exctmve Bildung;
B. jinomaäeu der CoMSfstens, und C. Enisündmh'
gem. — Die 5. jihtkexL bandelt von den ^/fec»
üomem der Drüeen. 1. Störungen •hne naekweiS"
bare anaiomisehe Ferändenmg. II. jinatomüehe
Veränderungen. A. ^nämUcke Zustände. B. ify-
peränäen. C. Extravasatiemen und Ensudationen,
D. Ein/aeke EmäkrungsitGrungen. E. Neubüdun^
gen wid Pitrasiien. P. Moriifiraiionsprfpeeste.
Der »weite Band begmni roil den Anomalien der
Constitution und enlhall in der 1. jdbtkeil I. eine
allgemeine Betrachtung der Constilutionsanomaiien,
Die Conslitulion ist der lobegriff der gesammten Or-
gaDisationsverhifllnisse. Sie gilt als normal , wenn
die sjimmtlichen einzelnen Theile in solchem Zustande
und in solcher Harmonie sieh befinden und functioni-
ren , dass weder das suhjective Wohlbefinden gestört
oder bedroht, noch die Existenz geHihrdtft ist. äSie
kort dagegen auf normal zu sein , wenn alle oder
sehr viele, namentlich wichtige Theile des Körpers
abnorme Zustande, abnormes Funetioniren zeigen, u.
die Gewissheit ehier Conslitutionsanoninlie wird noch
erhöbt, wenn auch Theile , ohne in ihrer materiellen
Zwamaaensetzung Abweiehungen entdecken zu lassen,
nnd ohne der Sitz einer «peciellen uud istilirten Stö*
rnng zu sein, aboorra funetioniren. — Bei jeder
Anomalie im Körper ist eine Aendemng der Materie
wahrscheinlich, wenngleich sie nicht immer direct
nachzuweisen ist. In soweit nun bei Constitutione-
•aomalien Aenderungen in der Mischung der zusaro*
mensetzenden Bestand theile der Gewebe u. des Bluts
als wahrscheinlich vorauszusetzen, od«»r gar als wirk-
lich vorbanden nachzuweisen sind, fallen solche Gon-
slittttionsanomalien unter den Begriff der Dyskrasien.
— Da jedoch in sehr vielen Fallen der Nachweis der
Nischungsanomalie fehlt, oder dieselbe doch, sofern
sie erkannt ist . nicht immer die eigenthdmiichen Er-
scheinungen einer bestimmten Constitutionsanomalie
erklärt, oder auch nur mit bestimmten Formen der
lelztera znsammeafällt , so wäre es einseitig, die
Cnnstitutioasanomalien nur als Dyskrasien zu betrach-
ten. Wenn in einem Krankheitsfälle eine Constitu-
tionsanomalie sich erkennen *lasst, so kann sie darum
doch eine sehr verschiedene Bedeutung in demselben
haben. Bald liegt in ihr die wesentliche Erkrankung
und alle Ortlichen Störungen hangen von ihr ab. Bald
bat sie dagegen nur in Folge vorausgegangener ört-
licher Störungen sich entwickelt , kann zwar auch in
diesem Falle bald die flherwiegende Wichtigkeit ge-
winnen, für sich höchst lastig und gefährlich werden,
und selbst wieder locale Störungen, vielleirht von
ungleich schwererer Art, als die ursprnnglichen, her-
-vorbringen; oder aber kann sie in mSM^igem Grade
sich erhallen und mit der örtlichen Erkrankung gehen
und fallen. Bald endlich ist die Constitutionsanomalie
lediglich accessorisch , bestand schon vor der vorlie-
genden Erkrankung und kann dabei auf die letztere
Okodificirend einwirken oder nicht. — Die Constitu-
tioDaanmnalie kann sich in zweierlei weeentlich Ter-
8cbiedr:tt rt Weisen zeigen: ruhend, bleibend, statio-
när ; aie iat in diesem Falle ein abnormer HabitiUy
ei« Constitutions fehler , in ahnliclier Weise,, wie
man stationäre Abnormitäten als Fehler (Vilia) \on
den eigentlichen Krankheiten trennt. Oder sie stritt
sich dnr als ein Proresa, der seine EntwiCkfoiRg, sei-
nen Vi*rlauf hat und in einer Beibenfnigt von afaaor^
mem Geschehen l»esteht, ald i*ine Constituiianskrank'-
keil. Letztere kann einen acuten oder cbroiMstchen
Verlauf haben.
II. Fon den Ursachen der Constilutionsanoma-
iien im allgemeinen. A. Dispositionsverhältnisse.
Es ist kfine Constitution so. vollkommen und so fest,
dass sie nicht bei einem gewissen Grade der Einwir-
kungen von der Norm abweichen könnte. Die Nei-
gung der Constitution zur Erkrankung, oder mii an-
dern Worten die für das Zuslandekommen der Abwei-
chung noihwendige Starke der Einwirkungen ist bei
den verschiedenen Individuen, und ist' bei demselben
Individuum zu verschiedenen Zeiten und in verschie-
denen Lagen des Lebens ganz ausserordentlich ver-
schieden. — Die Umstände , von welchen vorzugs-
weise ein Einfluss auf den Disposilionsgrad zur Con-
stitutionsabweichung beobachtet wird , sind: 1) das
Geschlecht an sich , ohne Bflcksicht auf die bei den
beiden (Geschlechtern verschiedenen physiologischen
Vorkommnisse; 2) das Lebensalter; 3) die Art der
ursprünglichen oder erworbenen gesammten Leibes-
beschaffeuheit ; 4) das Leiden, die Abnormität, oder
doch das aossergewöhnliche Verbalten eines Theils
des Körpers.
B. j4rt des Eintritts der ConstituHonsanomaUe.
Sie tritt rasch oder allmäUg ein , wenn bei entspre-
chend disponirten Individuen weitere Ursachen von
genögondpr Stärke wirken. 1) Die Constitution wHcht
allroätig vom Normalen ah, unter dem Einflüsse und
Zusammenflüsse chronisch wirkender aussei er und
innerer Ursachen, die theils höchst nnmerklicher und
geringltlgiKcr Art, theils aber auch bestimmter nach-
zuweisen sind. 2) Sie bietet rasch und plötzlich
abnonue Erscheinungen dar, in Folge von Einfüh-
rung feindlicher Substanzen in genügender Mnsse
in den Körper — in Fol^e einer raschen Versetsrmg
unter feindliehe, oder auch nur sehr ungewohnte
Verhältnisse und EinflUsst! — in Folge von Belei-
digungen und Beeitttrüchtigungen, welche den gan-
zen Körper, einen grossen Theit desselben, oder auch
nur ein wichtiges und einflussreiches Organ treffen.
3) Sie wird ahnorm in Folge des Eintretens eine«
plötzlichen Ereignisses in einem Theile des Orga-
nismus seihst, in Folge der Entwicklung eines acuten
localen Krankheitsprocesses oder der acuten Steige-
rung eines chronisclien.
III. Fon den Erscheinungen und Merkmalen
der Constitutionsanomaäen. Wir sind berechtigt,
eine Constitutinnsanomalte. anztmehmen « sobald ent-
weder das zur Neubildung bestimmte Blut eine ab-
358
Wunderlich, Handb. d. Patbol. u. Therapie.
norme Beschaffenheit hat , oder irgend eine Function
ohne locale Gründe (zu welchen auch dio lopische
Mitleidenschaft gehört) von der Norm wesentlich ab-
weicht. Indessen ist hier, wie Überall, die Unbe-
grenzbarkeit des Begriffs, und daher eine gewisse
Willkür in der Annahme nicht zu abersehen. Und
zwar findet eine solche Schlafflieit der Grenze nach
mehrern Seiten hin statt; denn Einmal ist Abwei-
chung von der Norm Oberhaupt etwas sehr Relatives,
und es ist auf gewissen Punkten ganz willkürlich, ob
man eine Abweichung noch als innerhalb der gesun-
den Licenz gelegen, oder als krankhaft erklären will,
also auch, ob man eine Gonslilulionsanomalie, oder
auch die sie beurkundenden Blut- und Funclionsab-
weichungen für wichtig genug gelten iassm will.
Ferner können gewisse Funclionsahweichungen zum
Theil nach Belieben noch als einfach lopische Mitlei-
denschaft, oder bereits als Zeichen einer Allgemein-
störung angesehen werden ; so namentlich die durch
Vermiltelung des Nervensystems bedingte Verbreitung
der KrankheitsMusserungen Über den ersten Sitz der
Erkrankung hinaus; und Symptome, welche zuerst
als vereinzelte Sympathien angesehen werden muss-
ten, werden oft im weitem Verlauf der Krankheit
mit mehr Recht als die ersten Zeichen der Allgemein-
störung erscheinen. Es wäre nicht nur nutzlos,
sondern auch vergeblich , hier zwischen verbreiteten
Sympathien u. Gonslilulionserkrankung eine Begrtffs-
grenze, oder im speciellen Falle eine diagnostische
Grenze ziehen zu wollen.
1) Die Beschaffenheit des Bluts, Ein höchst
wichtiger, die Blutpathologie in sehr klarer Weise
darlegender Abschnitt I Geschichte der ßlutpatholo-
gie. Physiologische Vorbemerkungen. 2) Spontane
Scheidung des Bluts. Chemische Analyse. 3) Aelio-
logie der BlutanomaUen, Modificationen des Bluts,
welche durch das Geschlecht bedingt sind. Modifi-
cationen durch das Aller bedingt, ferner durch die
Gesammtconstitution, durch bestimmte physiologische
Zustände und Vorgange. Bekanntlich zeigen Indivi-
duen, welche wahrend der Periode der Verdauung
gestorben, ungewöhnlich häufig ein dannflüssigea,
nicht gerinnendes Blut. In dem Blute eines an einem
in der Heilung begriffenen u. sehr wenig ausgedehn-
ten Lupus leidenden , sonst gesunden und kraftigen
Individuums von 1 8 J. , bei welchem der Vf. in der
Periode der Verdauung eine Ader öffnen liess, bildete
sich die spontane Gerinnung ausserordentlich lang-
sam. An dem ganzen ersten Tage blieb das Blut
flüssig, und am andern Morgen hatte sich ein wei-
cher Blutkuchen gebildet; die Menge des Faserstoffs
betrug dessenungeachtet 2,2 per Mille ; dagegen war
das Wasser in ungewöhnlich hoher Proportion (839,9).
Die Menge der organischen Beslandlheile betrug nur
148,7, darunter Felle und Exlraclivstoffe 2,6%,
die Menge der Asche' war 11,30/q^. — Modificalio-
nen des Bluts durch ifussere Einwirkungen ; durch
Verlust von Blut; durch Störungen in einzelnen Or-
ganen, namentlich solche, wobei Bestandtheile des
Bluts im Uebermaasse ausgeschieden werden ; wobei
Absonderungen aus dem Blute verhindert oder
mindert sind; wobei die Sloffaufnahme von aussen
beeinträchtigt ist; wobei die Girculation im Allgemei-
nen beeinträchtigt ist; wobei der Athmuogsprocesn
beeinträchtigt ist ; in Folge davon die natürliche Zer^
Setzung der Blutkörperchen gehemmt wird; wobei
die Centralorgane des Nervensystems in höherem
Grade leiden; durch übermässige Anstrengung der
Bewegungsorgane. — Modificationen des Bluts durch
Wiederaufnahme schon abgesetzter Secrete und Ex-
sudate in den Kreislauf.
Consecutive Abweichungen des Bluts, Das
Blut, in einer beslündigen Umwandlung begriffen,
kann zunächst ein abnormes Verhalten zeigen : a) weil
es zu schnell oder zu langsam regenerirt wird , und
zwar gilt diess nicht etwa blos von dem Blut als Gan-
zem, sondern von jedem einzelnen seiner Bestand-
theile. b) Das Blut kann anomal erscheinen, weil
es zu rasch zur Ernährung, zur Secretion, zu Exsu-
dalionen verwendet wird, oder aber im Gegentheil
seine Verwendung nur unvollkommen und zu langsam
vor sich geht, c) Das Blut nimmt in dem grossen
Gebiete der Capillaritat allerorts Stoffe auf.
4) Pathologische Anatomie und Chemie des
Bluts. A. Abnorme Verhältnisse des Bluts als Gan-
zes betrachtet. Menge des Gesammtbluts. Abweichun-
gen der Farbe, specifisches Gewicht des Bluts, Gon-
sistenz und Klebrigkeit desselben in Krankheiten. —
B. Abnormes Verhalten des Bluts bei der spontanen
Gerinnung. Es kommen hier folgende Anomalien
vor: a) die Gerinnung erfolgt gar nicht; b) sie er-
folgt unvollkommen ; c) sie erfolgt zu früh ; d) ne
erfolgt zu spat; e) der gebildete Blutkuchen zeigt
abnorme Verhaltnisse; f) das ausgedrückte Serum
zeigt abnorme Verhältnisse; g) Neigung zur sponta-
nen Scheidung während des Lebens. — G. Verän-
derungen der durch künstliche Analyse gefundenen
Bestandtheile des Bluts. Die einzelnen normalen
Blutbestandtheile können eine die Norm überschrei-
tende Menge zeigen. Diess kann seinen Grund haben:
a) in absolut vermehrter Bildung und Aufnahme; b)
in gehemmter Abfuhr; c) in Abnahme der andern
Bestandtheile. Verminderung der einzelnen Blutbe-
standtheile rührt her: a) von verminderter Bildung
und Aufnahme ; b) von vermehrter und beschleunig-
ter Abfuhr, und c) kommt sie wirklich oder schein-
bar vor bei Zunahme der übrigen Bestandtheile. —
Die Reihe der bekannten sichern und zugleich eisi-
germaassen belangreichen Abweichungen des Biats
nach seinen einzelnen Bestandtheilen reducirt sich,
wenn man di^ Verhältnisse unbefangen und ohne Vor-
liebe für die Humoralpathologie betrachtet, im Ganzen
auf erstaunlich Weniges. Es sind nur folgende,
welche ganz unzweifelhaft feststehen : a) Die be-
trächtliche Zunahme des Faserstoffs (sogen. Hype-
rinose) in einer Reihe von Erkrankungen , welche
man gewöhnlich als Entzündungen zu bezeichnen
pflegt. — b) Die Abnahme des Faserstoffs u. Ver-
minderung der Blutgerinnung (sogen. Hypinose),
Pirogoff, pathol. inat. d. Gholtra.
369
che lebr vielen im Allgemeinen schweren und mit
«derer Prostration verlaufenden Krankheiten eigen,
weicher aber sehr sweifelhaft ist, ob sie den
id der Prostration enthalte , oder im Gegentheil
die Folge der schweren Erkrankung sei. c) Die
Ichlliche Verminderung der Blutkörperchen in
II TOD ausgezeichneter AnSmie und Chlorose.
ie Ahnakme des Albumins in allen Pifllen , wo
li längeres Siechthum die Constitution sich zer-
t zeigt, e) Die Abnahme von Wasser (Ein*
sog des Bluts) nach reichlichen wässerigen Ab-
langeD, and die relative Zunahme von Wasser
lie) hei Verminderung der festen Bestand-
f) Die jedoch meist sehr unbeträchtliche Zu-
m% einzelner Secretionsstoffe (GallenstofT, Harn-
ind fremder Substanzen. — D. Die krank-
Proease im Blute. Hierher werden gerechnet:
DmDog und UnvoUkommenheit der Regeneration
tlat5. b) Minderung und Hemmung der Umwand-
des Bluts durch den Respirationsprocess. c)
Wechselwirkung zwischen Blutkörperchen
latflassigkeit. d) Das Vorkommen von Processen
Mirenden Blute, welche dem gesunden Leben
lind, e) Vorkommen von Zucker im Blute.
tbieanigung oder Hemmung des Untergangs-
des Bluts.
I) Wirkungen und Folgen der Blutanomalien.
jiDielneD Erscheinungen der Blulalterationen be-
i auf folgenden Verhältnissen, a) Gewisse Ver-
Dgen des Bluts erleichtern das Abgeben (Aus-
h) einzelner Blutbestandtheile. b) Stockungen in
reftsseo, Hemmungen des capillaren Kreislaufs
bei fast allen Blutalterationen leichter und
i Stande, als hei normalem Blute, c) Die Re-
llion wird vermindert, d) Die Ezcretionen wer-
lodert und vermindert, e) Der drückende und
hde Eiofluss des Bluts auf die Parenchyme erlei-
ibveichungen. f) Die Aufnahme von Bestand-
iId das Blut und der Wiedersatz des Bluts wird
I die Blutanomalie gestört; aber auch die Er-
und Regeneration der KOrperlheile leidet
j und die normale Consistenz (Lockerheit^ Fe-
|ft) der Gewebe zeigt Abweichungen, g) 1)ie
»si?e Metamorphose (Organisation) von Exsu-
^wird erschwert und erhilll eine falsche Rich-
h) Endlich können in Folge der Blutanomalie
igen des Bluts (Gerinnungen) innerhalb der
s selbst zu Stande kommen.
||i) Blutbewegung und Bluloertheilung. Die
dien in der Blulbewegung zeigen sich bald als
N verlangsamte , bald als abnorm beschleunigte
llalion. Daneben kann die Circulation auch noch
lelmassig von Statten gehen. Die Vertheilung
|Iut8 im Körper kann bei conslilulionellen Slö-
abnorm werden, ohne dass diess von localen
kungen abhängt.
7) Anomalien derLympke.
B) Formation und Ernährung des Körpers,
l^ie KOrperverhaltnisse im Ganzen. KnochengerOste.
Völle, Consistenz und Elasticitat der Weichtheile in
Allgemeinen. B. Die einzelnen Körpertheile.
9) Beschaffenheit der Educte. A. Die Secretio-
nen. B. Exsudate und Extravasate.
10) Die Abweichungen der objectiven Wärme
des Körpers.
11) Störungen der animalen Functionen.
IV. Verlauf der Constitutionsanomalien im All-
gemeinen.
V. Allgemeine Therapie der Constituäonskrank^
heiten. Sie zerfKlIt in die Verhinderung ihres Aus-
bruchs: 1) Abhaltung der Ursachen, 2) Kräftigung
der Constitution und Verminderung der Impressiona-
bilitat, 3) Anwendung von künstlich hervorgerufenen
Constitutionskrankheiten ; direct heilende Methode;
indirect heilende Methode: I) Abhaltung aller im
Verlauf der Krankheit möglicher Weise einwirkenden
Weilern Schädlichkeiten ; 2) Wirkung gegen einzelne
excessive Erscheinungen; 3) das entleerende Ver-
fahren; 4) das diluirende Verfahren; 5) das aus-
trocknende Verfahren; 6) das restaurirende Ver-
fahren.
Ref. kann nicht umhin , am Schlüsse dieser kur-
zen Anzeige darauf aufmerksam zu machen , wie viel
Treffliches diese Lieferung enthalt, und wie sehr sich
darin das grosse Talent des Vfs. abspiegelt, die rudis
indigestaque moles unserer heutigen Pathologie und
Therapie in kurze Worte zusammenzufassen, und das
Wesentliche von dem Unwesentlichen zu scheiden.
Besonders zeichnet sich die Blutpathologie vortheil«*
halt aus, bei- welcher wir der Polemik gegen die so
weit greifende Wiener Schule vollkommen an ihrem
Platze finden. Auch die Therapie, so kurzgefasst sie
ist, giebt doch wenigstens sichere Anhaltspunkte,
ohne in eine mttssige Passivität zu verfallen, und zeigt
uns den vorsichtigen, erfahrenen und scharfsinnigen
Arzt , der weiss , was er zu thun hat und warum er
Diess und Jenes thut. Hohnbanm.
27. AMtomie pathologiqne du Gliolira-Ior-
bnS; par N. Pirogoff. Atlas. St. P^tersbourg. '
Imprimerie du Journal de St. P^tersb. 1849.
(30 Thlr.)
Unter den Errungenschaften, welche das Jahr
1848 der Pathologie gebracht hat, wird das vorlie-
gende Werk gewiss eine der schätzbarsten und dan-
kenswerthesten sein. Während einer Zeit, wo in
den meisten Ländern des europäischen Continents die
Ruhe zu grössern literarischen Productionen , ja fast
zu ausdauernden Studien fehlte, wo die politische
Bewegung und die an sie geknüpften socialen Bestre-
bungen die eifrigen und erregbaren Aerzte so vielfach
im Laufe ihrer Arbeiten unterbrachen, wo endlich
die meisten Regierungen mit sich selbst zu viel zu
thun h.ilten, um die Wissenschaft besonders zu för-
dern und anzuregen, während dieser Zeit war es das
Reich der Ordnung und Ruhe , wo sich ein Kupfer-*
8«0
Pir^fort» j^ÜkijL Aaat. d. Ghalera^
werk voD solcher AufdehDung und VorUrefflichkeU
vollenden konnte. Pirogoff, der bekannte Cki-
rurg und der erste Anatom Busslands, der die Cho-
lera am Gaucasus, in Moskau, Dorpat und den bedeu-
tendsten Spiiaiprn Petersburgs sludirl hatle, dessen
ausgedehnte Bildung ihn so einem der competcnteslen
Richter ttber Gegenstände der Pathologie erhebt»
brachte während jener Zeit des Sturms einen Atlas
der pathologischen Anatomie der Cholera zu Stande^
wie wir etwas Aehnliches kaum für irgend eine an-
dere Krankheit besitzen. Wie er selbst sagt, wurden
die Tafeln mit einer scmpuU^s«» Genauigkeit und mit
dem gröeaten Lnzua angefertigt, und die bedeutenden
Koeten, welche ihre Ausführung erforderte, waren
nnr durch die Bereitwilligkeit der kaiseri. roedico-
ehirorgifcben Akademie aufzubringen.
Dasjenige, was uns jetzt vorliegt, der Atlas selbst
mit den notbdUrAigsten Erklürüngen , genügt freilich
dem Unerfahrenen nicht, und es ist gewiss ein aner-
kennenswerther Act der Bescheidenheit, dass der
Autor gerade den Theil , an welchem er selbst die
geringste directe Thiltigkeit äussern konnte, dessen
Ausführung hauptsächlich den Künstlern zugehört,
ohne den Text , dessen Ausgabe er einer spätem Zeit
vorbehalten hat , veröffentlichte. Die Kritik hat hier
eigentlich nur die Aufgabe, die künstlerische Aus-
führung und die Auswahl der abgifbildeten (iegen-
sUnde zu untersuchen ; sie hat es häufig weniger mit
des Autor, als mit seinen llülfsarb'eitern zu Ihun,
die freilich oft genug ttber dem Autor vergessen wer-
den und sich mit dem unmittelbaren Lohne ihrer Ar-
beit begnügen uHlssen. Die Verführung , hier selbst
etwas Text zu schreilien und das dankenswertbe un-
ternehmen ver dem Autor selbst brauchbarer zu ma-
chen» läge nahe genug, allein wir wollen uns kei-
neswegs anmassen , den Text des Autors irgendwie
üherflOseig zu machen. Dagegen möchte eine kurze,
provisorische Besprechung dem Verständniss dieser
aehönen Tafele wohl förderlich sein , zu denen der
Herausgeber selbst nur ganz kurze Erläuterungen und
eine das nosologische Schema ausführende Vorrede
geschrieben hat; es möchte diese Besprechung auch
für den Auter selbst um so wichtiger sein, als er bei
Bearbeitung des definitiven Textes durch eine vorur-
theilsfreie Kritik vor manchen Irrthümern bewahrt
bleiben kann , die nach unserer Meinung in den Cr-
läuterungsblattern angedeutet sind.
Wir besitzen einige Mittheilungen über die Erfah-
rungen des Autors, welche er in Petersburg selbst
unter Beistand des unermUdeten Prosectors der m^-
dico-chirurgischen Akademie , Wenzel Grub er
(von Prag), gesammelt hat, in der verdienstlichen
Schrift des Dr. C. Müller von Hannover , »Einige
Bemerkungen über die asiatische Cholera für Aerzte.
Hannover 1848,*' in welcher namentlich S. 17 — 20
das anatomische Material von mehr als 600 Sectionen
von Cholera-Leichen summarisch abgehandelt ist.
Ref.. selbst hat seine Beobachtungen während der
Epidenie von 1B48 u. 1849 in den Berliner Spita-
lern gemacht und kann sieh in seiner Kritik gleicb-
fails auf mehrere Hunderte eigener Autopsien stauen.
Er hat dieselben jn den Sitzungen der GeselUcbaA
für wissenschaftliche Medicin vorgetragen, und sie
finden sich in den Sitzungsberichten der GesellschaA
in der ,,Medicinischen Reform" übersichUicb zusam-
mengestellt. Sie sind daraus in verschiedene andere
Schriften übergegangen , z. B. in die 2. Ausgabe der
pathologischen Anatomie von Bock S. 334, von
Lebert übersetzt in die Gazette m^dicale 1849«
Kr. 3. Diese Autopsien sind um so mehr m der Er-
innerung des Ref. , als er sie frisch besproclien und
im Fortgange unter fortwährender Kritik nnd
erneuter Mittheilung durchgearbeitet bat, ;und
es sich namentlich um die Zaid vollständiger u. sorg-
fititiger anatomischer Untersuchungen handelt, so
mOcIiten alle die aus den letzten Epidemien in Deutsch-
land publicirten Arbeiten an Breite des Materials der
seinigen nachstehen. Nichtsdestoweniger fühlt Ref.,
gerade gegenüber diesem vortrefflichen Atlas, das
Unzureichende und Unsichere der Erinnerung, und
glaubt von vorn herein das Bekenntniss ablegen za
müssen, dass eine ausreichende, sichere Kritik die-
ser Tafeln nur wahrend einer neuen Epidemie , An-
gesichts frischer, neuer Präparate ODüSglich sein wird.
Ref. findet die einzige zuverlässige Gontrole seiner
Erinnerungt'U in seinen eigenen Aufzeichnungen und
in den unmittelbar aus den Anschauungen gezogenen
Schlüssen , deren Richtigkeit freilich nicht Jeder an-
erkennen wird; seine Kritik macht daher auch kei-
nen Anspruch darauf, ganz unpart^isch zu sein,
vielmehr kann sie sich nur die Aufgabe stellen, Ange-
sichts dieser Tafeln , der unmittelbaren Erzeugnisse
der Epidemie, von Neuem die allgemeinen Anschauun-
gen und die daraus abgeleiteten Schlüsse über die
Natur dieses Processes, welche' ebenfalls unmittelbare
Erzeugnisse der Epidemie waren, zu prüfen und mit
dem Autor über seine Auffassung zu rechten oder sie
anzuerkennen.
Es ist das ein Geständniss, welches in ähnlichem
Falle wohl jeder Kritiker würde ablegen müssen, und
welches den Leser nicht zu sehr erschrecken darf.
Ref. fühlt sich fähig , gegenüber neuen Erfahrungen,
gegenüber neuen Anschauungen seine Ansichten zu
ändern, alte Meinungen, deren Unrichtigkeit oder
Unvollständigkeit empirisch dargelegt wird, zu opfern,
allein er fühlt sich unfähig, ohne diese neuen Erfah-
rungen nachzugeben oder eine Kritik anders, als von
seinem eigenen, natürlich parteiischen Standpunkte
aus zu üben.. Der Ausdruck der hohen Achtung,
welche er vor dem Talent, den grossen Kenntni»s^,
dem wirklich unermüdeten Eifer des Herausgebers,
den er persönlich kennt, besitzt, wird an sich genü-
gen , seine Worte zu mildern , wo sie etwa nicht
billigen sollten , und wenn er öfters gegen die Inter-
pretationen, welche der Herausgeber seinen Tafeln
beigegeben hat, sich wird erklären müssen, so wird
hoffentlich Niemand darin eine zähe Vorliebe für eigene
Sätze, sondern nur das Zeiclien einer unverttnderten,
wissenschaftliclien Ueherzeugung sehen* lu Erwft-
Piroföfif, ptfliel. AMt. d. (ädlera.
361
gmg der iininflglicilMB Leistongen, die meii zuweilea
fOB eiDBBi KritMber venlaogt , dOrfle es aber 'viillleioht
Mki BimwecknaBsig gtwesea sein , an diese itoge
' erinDert s« haben»
Wenn man in einer so grossen Sladt, wie Sl.
Petersburg» aber ein «o reiches Material, über so
?iel Hillel und so «iel Hflnde «u gebieten hat , wenn
■an aiUe V«rlbeile einer eolchen Cenlrahsation der
Irafte und «1er Anslaiten gentesst , so hat man bei
der 2arttatuiig sn- einem Atfas , wie der vorKegende,
D«r iwti fiauptaufgaben lu lOsen, nämlich die geeif^
Mlicjf JfrAtaler Mußndem und ihnen dag geeignett
Material auxuumsen , -« die beiden Sachen , die
wir «choB oben erwähnten , Ittr die allein man in
selchen Verhältnissen verantworllieh und der Knlik
suglnglicii ist. Sehen wir also zunächst» wie Pi*
rege ff diese Auljgaben gelöst hat
Die beiden Künstler, denen er die Ausltlhrung
seioes Werkes übertrug , waren die 'HU. T e r e b e-
sieff und C. A. Meyer; die Steinzeichnung be-
sorgte Hr. Hesse, den Druck d*Harlingue.
Was die Letztern anbetrifft, so haben sie ofTeabar
ihre Aufgabe aufs beste gelOst, die freilich die gerin-
gere war. Die Zeichnungen sind äusserst sauber u.
zart gehalten, der Druck und die Colorirung mit einer
Präcision und Genauigkeit ausgeführt, die in der
Tbat nichts zu wünschen übrig lassen. — Die beiden
Hauptarbeiter, welche die Zeichnung nach der Natur
hecor^ten (Terebenieff und Meyer) haben sich
ungleich in das Material getheilt. Von den 17 Fo-
liotafeln des Atlas hat der Erstere allein 9, mit
Meyer gemeinschaftlich 2 gearbeitet. Er hat ins-
besondere auch alle frischen Zustände des Cholera-
Darms abgebildet, so weit sie sich mit blosem Auge
wahrnehmen Hessen , während Meyer die Verände-
rungen des Magens , der Leber und Gallenblase , der
Lungen, die unter Vergrüsserung gezeichneten Darm-
affectionen und die eigentlich mikroskopischen Abbil-
dungen lieferte. So wenigstens rechnen wir aus den
Unterschriften der einaelnen Tafeln heraus, da bei
dem Mangel des Textes Pirogoff noch keine Gele-
genheit gefunden hat , seine Mitarbeiter besonders lu
erwähnen«
la der 'künstlerischen Aulfassung u. Ausführung
hat noaeres Eracbtens Ar. Terebenieff unzweifel-
haft den Preis for seinem Gollegen ; mit dieser St-
cherfaeil in der Wahl »einer Mittel , mit diesem Ge-
Mhick in der Behandlnng der Form und der Farben,
ait diesen Ceberblick und diesem Bewussleein des
Tolaleindrucks geht nur ein erfahrener Künstler ans
Werk. Da ist nicht mehr das Suchen nach einer
Methode, das Probtren mit Farben, die Aengsllichkeil
in der Aufstellung des Objects, die Pedanterie in dem
Detail» welche man so oft erfährt, wenn man, wie
wir, „weniger glücklich situirle Klasse", immer von
Neuem mit Aoffengern oder wenigstens mit unerfah'-
renen Arbeitern beginnen mues. Auf den Tafeln des
Hrn. Meyer (VL VH. XII — KIV. XVIL zum Theil X.
, Jahrbl}. Ad. VS. Hft S. .
n. XV.) ist Ifanches mit grosser Schönheit und mit
besonderer Liebe durchgeführt, und namentlich die
sechste Tafel geHtlk uns recht wohl , allein wir ver-
missen die gleichmässtge und freie Haltung, die uns
anf allen Darstellungen des Hm. Terebenieff so
entschieden entgegentritt. Auch bei dem Letztem
vermissen wir hier und da die Deutlichkeit, welche
aus einem vollkommenen anatomischen Verständniss
des Details hervorgeht , allein wir können diess um
so weniger in die Wagschale legen, als Pirogoff
8«lb0t in der kurzen Erklärang der Abbildungen ge-
wiese Zweifel nicht unterdrücken kann und f(lr sich
selbst nicht überall zu einem definitiven Resultat über
den Modus der Veränderungen gelangt isL H e y e r *s
Bilder sind , wo sie mit genauer Wiedergabe des De-
tails angefertigt sind, oft steif, und die pathologische
Veränderung hebt sicli aus dem normalen Grund in
einer nicht natürlichen Abgeschlossenheit hervor; wo
sie dagegen künstlerisch frei gehalten sind, da geben
sie nicht dasjenige feinere Structurverhältniss , wel-
ches das geübtere anatomische Auge ohne Schwierig-
keit und ohne BewaiTnung erkennt.
Diese Beschränkung in der Anerkennung wird
nur begründet durch die Gegensätze, die uns hier so
unmittelbar entgegentreten. Wenn wir die anerkannt
besten und vortrefßichsten Kupferwerke pathologisch-
anatomischer Art, z. B. die von Gruveilhier,
Rayer, Carswell, Hooper vergleichen , so ist
kein Zweifel, dass der Atlas von Pirogoff in jeder
Beziehung ihnen gleichsteht, in mancher sie über-
trifit , und wenn wir speciell die pathologische Ana-
tomie der Gholera berücksichtigen , wie sie bis jetzt
nur in den Abbildungen vonProriep, Cruveil-
hier, Mandt existirte , so ist der grösste Fort-
schritt ohne alles Bedenken auzugestehen. Was in
dieser Hinsicht am meisten hervorzuheben ist, die
Frische des Colorits und die Mannigfaltigkeit der Far-
ben, welche bei der Ausgabe für das grosse Publikum
gewöhnlich geopfert werden, so reichen nur einzelne
der vortrefflichen Tafeln von G a r s w e 1 1 an die vor-
liegenden. Freilich ist auch hier ein Vorwurf nicht
zu verschweigen , nämlich die Lebhaftigkeit , das zu-
weilen wenigstens wirklich Grelle der Farben, allein
dieser Vorwurf trifft alle Arbeiten in diesem Gebiete,
und es ist die Frage, ob er jemals vollständig zu ver-
meiden sein wird. Wir erkennen gern an, dass die
schnellen Uebergänge, das Abrupte und das Conlra-
stirende hier möglichst gemildert sind, und daher der
Totaleindruck immer ein günstiger ist, allein es setzt
eine ganz ungewöhnliche künstlerische Begabung und
technische Vollendung voraus , die Färbungen thieri-
scher Gewebe in ihrer natürlichen Erscheinung, ohne
Abschwächung oder Steigerung , wiederzugeben , da
es sich hier fast niemals um Oberflächen-Färbungen
handelt, vielmehr die oft grellen und zuweilen fast
schreienden Farben durch andere, durchsichtige oder
durchscheinende Theiie hindurchgesehen und so ge-
mildert werden. Alle Künstler sind daher glücklicher
in Wiedergabe von Durchschnitten , wo die Farben
46
362
Pirogoff, pathol. Anat. d. Cholera.
unmittelbar zu Tage treten, als von OberflSchen , die
ihr Aussehen zum Theil tieferen, gefärbten Schichten
verdanken, u. auch das vorliegende Werk zeigt diess
deutlich in der prüchligen Lungen-Tafel (XV). Die
grosse Mehrzahl der übrigen Abbildungen sind aber
gerade Flächen-Ansichten, und sie waren daher min-
destens ebenso schwierig, wie es für die Künstler
sonst die Behandlung der äussern Haut, des sogen.
Fleisches zu sein pflegt. Allein die pathologische
Anatomie würde wohl besorgt sein, wenn sie für die
übrigen Krankheiten so prächtige und der Natur so
nahe kommende Werke besässe, und wir dürfen da-
her unser Gesammturtheil über die künstlerische Be-
handlung dieser Tafeln dahin zusammenfassen , dass
sie d^n Anforderungen vollständig entsprechen, die
man billigerweise in gegenwärtiger Zeit an patholo-
gisch-anatomische Abbildungen stellen darf. —
Wir kommen jetzt zu dem zweiten Punkte unse-
rerer Kritik, zu der Frage nach der Auswahl des Ma-
terials. Pirogoff hat den grössten Theil seioes
Werks der Anatomie des Digestionstractes gewidmet,
wie er selbst in der Vorrede sagt , nicht weil er den
Darm als den Hauptsitz (si^ge principal) der Cholera
betrachtet, obwohl diess in gewissen Beziehungen
der Fall sei, sondern weil er den Digestionskanal als
den eigentlichen Herd der Maoifestation des Cholera-
processes ansieht. Die Behandlung des Gegenstandes
wird am besten aus einer kurzen Uebersicht des In-
halts sich erkennen lassen:
Tafel I. Aeusserer Zustand des Dünndarms.
- 11 — 111. Innerer Zustand der Därme.
- IV. Cholero-Dysenterie.
- V. Schorfbildung im Dickdarm.
- V. A. Varietäten.
- VI. Consecutive Veränderungen an den Där-
men, meist bei schwacher Vergrösse-
rung gezeichnet.
- VlI. Darm im typhoiden Stadium.
- Vlll. Cholero-Dysenterie.
- IX. Cholero-Typhoid, nebst eioigen spätem
Veränderungen des Darms.
<- X. Besonderheiten der Form und Typhoid-
Cholera.
- XI. Katarrho-Cbolera.
- XII — Xm. Magen.
- XIV. Leber u. Gallenblase.
- XV. Lungen.
- XVI. Mikroskopische Abbildungen.
Gewiss ist es gerechtfertigt , bei einer Krankheit,
deren Erscheinungen so überwiegend von dem Dige-
stionstractus hervorbrechen, bei der die anatomische
Untersuchung so überwiegend auf die Erforschung
dieser Theile gerichtet war, auch den Haupttheil des
Atlas ihren Veränderungen zu widmen. Allein es
dürfte doch die Frage sein, ob eine so überwiegende
Bearbeitung der Darmveränderungeo u. eine so stief-
mütterliche Behandlung aller übrigen Apparate in
einem Werke gebilligt werden darf, welches den
stolzen Titel trägt: Anatomie pathologique du Cho-
lera-Morbus. Ist das wirklich die pathologische
Anatomie der Cholera? Beschränkt sich darauf tlas
Wissens- und Sehenswerthe , welches die Autopsie
uns enthüllt?
Pirogoff sagt in der Vorrede : „Ich habe die
Veränderungen der Milz, des Gehirns, des Rük-
kenmarks nicht dargestellt, weil sie, obwohl con-
stant, mir weder etwas AussergewOhnliches , noch
etwas Wesentliches, was dem Choleraprocess eigeo-
thttmlich wäre, dargeboten haben.*' Er erwähnt also
nur die Milz , das Gehirn und das Rückenmark , aber
er spricht nicht mit einem einzigen Worte von den
Harn- und Geschlechtsorganen, und ebenso wenig
von dem Herzen und dem Geflsssystem. Müller
erzählt in seinem Petersburger Bericht ganz eiufach:
„Das Harn- und Geschlechtssystem wies nichts Be-
sonderes nach." Diese Fassung ist freilich so unbe-
stimmt, dass sich daran keine Polemik knüpfen lässL
Legt man den Accent darauf, dass nichts „Besonde-
res,** nichts „AussergewOhnliches und Wesentliches,
was dem Choleraprocess eigenthUmlich wäre/' ge-
funden sei, so bleibt zunächst die Möglichkeit, dass
doch etwas gefunden ist, wie es auch für Milz und
Nervencentren besonders zugestanden wird, dass diess
Gefundene aber nichts Besonderes oder EigenlhOmli-
ches gewesen sei. Weiter ist aber nicht zu discuti-
ren , da nicht angegeben ist , was denn gefunden
wurde. Am Darm, wo der Befund abgebildet u. zum
Theil beschrieben ist , hält P. die Veränderungen für
besondere und eigen thümliche ; es ist das eine indi-
viduelle Ansicht, die wir discutiren können und wer-
den. Objectiver und wissenschafllich wünschenswerth
wäre es daher wohl gewesen, wenn er auch die übri-
gen Organe und Apparate in den Kreis seiner Dar-
stellungen gezogen und dafür die Zahl der Darm-
Abbildungen, was ohne Nacbtheil hätte geschefaei
können^ etwas verkleinert hätte.
Ref. betrachtet das gerade als den wesentlichen
Gewinn der letzten Epidemien, dass der Kreis der
anatomischen Kenntnisse der Cholera über eine gros-
sere Reihe von Organen ausgedehnt worden ist , und
er ist stolz darauf, zuerst die Aufmerksamkeit auf die
Störungen einer Reihe bis dahin unbeachtet geblie-
bener Organe gelenkt zu haben , unter denen er die
Milz, die Nieren und die weiblichen Geschlechtsappa-
raie, so wie die morphologischen Veränderungen des
Bluts hervorhebt. (VgLMed.Ref. 1848. Nr. 12—13.)
Als er zum ersten Mal die Vaginitis diphtheritica in
ihrer ganzen Ausbildung fand, deren Anwesenheit
bis dahin noch niemals in der Cholera constatirt war,
und die sich gerade in diesem Falle in einer staunens-
werthen Mächtigkeit zeigte, war er geneigt zu glau-
ben, dass hier etwas ganz Specifisches vorliege, etwas
wenigstens ebenso Specifisches als die Diphtheritis
des Magens und der Gallenblase, die P. abbilden Hess.
Er hat sich freilich seitdem überzeugt, dass eine
solche Scheiden-Diphtheritis auch ohne Cholera vor-
kommt^ aber doch hat er sie niemals vor- oder nach-
Pirogoff, pafhol. Anat. d. Cholera.
363
äer in einer solchen Ausdehnung wieder gesehen.
Pje eigeilthamlictipn Veränderungen der Nieren , wel-
che vom Katarrh bis zum Croup fortgehen und sich
Dicht selten mit leichten Störungen der Parenchym-
bestandtheile verbinden, erschienen ihm im ersten
Zeiträume der Krankheit so besonders und specifisch,
dass ^rst die Aufmerksamkeit auf solche Zustände,
die er durch das Studium der Cholera gewann , ihm
spater die Erkenntniss ähnlicher Veränderungen un-
ter andern Bedingungen erschloss. Allein noch jetzt
muss er sagen, dass so prägnant, wie in der Cho-
lera, er sie kaum je wiedergefunden hat, u. er würde
glauben, dass, nachdem die Einsicht in den consecu-
tifen Zustand von Harnstoff- Intoxicalion, vop Urämie
festgestellt ist, eino genaue Abbildung der concomiti-
renden Veränderungen des Nierengewebes doppelt
wOoschenswerlh sein möchte, zum wenigsten ebenso
wflnschenswerth als die in ihrer specifischen Natur
doch gewiss viel mehr zweifelhafte Fetiinfiltration
der Leber, welche P. mit so grosser Sorgfalt , selbst
mikroskopisch, hat abbilden lassen. Auch an der
Milz hat Ref. im weitern Verlauf der Krankheit häufig
grossere und kleinere hämorrhagische Herde nachge-
wiesen, die ebenso charakteristisch waren, als die
von P. gesammelten , analogen Zustände der Lungen
(Med. Ref. S. 89. 131).
Wir können daher die Ausschliessung aller dieser
Veränderungen, wenn sie in der Petersburger Epide-
mie nicht etwa gefehlt haben sollten , was wir nicht
wissen, aber auch nicht annehmen können, nicht
billigen. Eine pathologische Anatomie der Cholera
ist höchst unvollständig, so lange ihr Abbildungen
dieser Veränderungen abgehen, und wenn für das
emeto-diarrhoische , das algide Stadium die Darmzu-
stände, so sind doch gewiss für das typhoide, das
nrämische die Zustände des Harnapparats von Bedeu-
tung. Wenn die besondern Verhältnisse der Lungen
manche EigenthUmlichkeiten im Gange der Nachkrank-
heiten interpretiren , so darf andererseits nicht ver-
gessen werden, dass gewisse EigenthUmlichkeiten
des weiblichen Geschlechtslebens, die pseudomen-
strualen Zustände insbesondere, ihre Interpretationen
ebenso erst in der Besonderheit der Erkrankung der
Geschlechtsapparate, insbesondere der Eierstocke u.
des Uterus selbst finden.
Wenden wir uns nun von dem, was ausgelassen,
zn dem, was wirklich geliefert ist, so können wir
nirht verschweigen, dass wir fllr den Darm mit etwas
weniger zufrieden gewesen wären. Jede kleine
Nttancirung wiederzugeben , ist doch unmöglich, und
das, was uns vorliegt, entspricht keineswegs der
ganzen Reihe der Möglichkeiten. Indess wollen wir
darüber am wenigsten rechten ; es ist schwer , hier
die Grenze zu ziehen, und wir möchten nach der zu-
weilen etwas unsystematischen Anordnung, nach der
Vertheilung zusammengehöriger Dinge auf verschie-
denen Tafeln eher schliessen, dass die factische Suc-
cesston der Objecto, die allmälige Anfertigung und
Ausstattung der einzelnen Tafeln hier eine gewisse
Häufung bedingt hat. Es ist schwer , eine bessere
Abbildung zu unterdrücken , wenn man auch schon
früher eine ähnliche , nur weniger demonstrative zu-
gelassen hat. Die Geschichte aller grössern Kupfer-
werke, z. B. der schöne Atlas von Cruveilhier
giebt uns Beispiele solcher Cumulation genug.
Am meisten bedauern wir unter dem , was gelie-
fert ist, die Mangelhaftigkeit der mikroskopischen
Abbildungen. Gerade hier, wo manches, das sonst
vernachlässigt war , seine Stelle , wo z. B. die Ver-
änderungen der Nieren eine sehr zweckmässige Er-
wähnung und Darstellung hätten Onden können, sehen
wir fast nur das Gewöhnlichste wieder. Die schwä-
chern Vergrösserungen sind weit hinter dem zurück-
geblieben , was schon längst nach Abbildungen des
verstorbenen Prof. Czermak in dem Werk von G e-
rardinUkGaimard (Du Chol^ra-Morbus en Russie,
en Prusse et en Antriebe pendant les ann6es 1831
et 1832. Paris 1833. PI. 2) geleistet war. Manche
feinere Verhältnisse hat B ö b m in seiner Abhandlung
über die kranke Darmschleimhaut in der asiatischen
Cholera. Berlin 1838 ungleich plastischer und ver-
ständlicher dargestellt , und es ist ein massiges Ver-
dienst , hier mehr geleistet zu haben , als das , was
Ginge in seinem neuen Atlas der pathologischen
Histologie Taf. 9 für eine Darstellung des Zustandes
der Drüsen und Epithelien in der Cholera ausgiebt.
Gerade in einem Specialwerk , wie das von P. , wo
die makroskopischen Anschauungen der Darmzustände
in einer solchen Breite u. Schönheit eptwickelt sind,
würde es wttnschenswerth gewesen sein, für jede
Form der Veränderung auch das mikroskopische Bild
zu besitzen, da erst auf diese Weise das volle, wahre
Verständniss der elementaren Störungen gewonnen
werden kann. Manche Schwankungen in der BegrilTs-
bestimmuDg der hämorrhagischen, diphtheritischen,
dysenterischen, typhösen Zustände würde dadurch
beseitigt und das Erkenntniss des Zusammenhanges
der einzelnen Veränderungen in ihrer graduellen Ent-
wicklung mit ungleich grösserer Schärfe hervorge-
gangen sein. Soll man nicht an ein Werk von dieser
Vollkommenheit ungleich höhere Ansprüche stellen,
als an kleine, einzelne Mittheilungen? —
Wir gelangen endlich an den schwierigsten Punkt
der Kritik, an die Interpretaäon der Tafein. Piro-
goff selbst hat uns in dieselbe eingeführt, indem er
in einer kurzen Vorrede eine allgemeine nosologische
Eintheilung der Cholera versucht, und danach die
freilich sehr kurzen Noten zu den einzelnen Tafeln
abgefasst und geordnet haU Es wird daher vor
Allem nöthig sein, diese nosologische Anschauung
Vorauszuschickjen. Indem er die Cholera als aus einem
eigenthümlichen und essentiellen Binfluss eines noch
unbekannten krankmachenden Princips hervorgegan-
gen darstellt , statuirt er für die verschiedenen Pha-
sen der Krankheit (algide Periode, Reactions-Periode,
typhoide Periode) verschiedene pathologisch - anato-
mische Veränderungen (die freilich in gewissen Fäl-
len mangeln können) , und adoptirt demgemäss ver-
54
Pirof off,. p«äioL AMt. dl Gholerai
(biedene Gattuogen, ÄFten und VarietiHea des Pro*
Mges. Er macht also eine Arl von naturhietorischer
intbeilung in Genera» Species und Varietäten. Sich
lUtzend auf die pathologischen Gewebsstöruagen,
nlerscheidet er 2 Haupt^Genera :
I. Einfache Cholera, enthaltend 5 Species (For-
men) :
a) Die Darmzotten sind verdickt, geschwollen,
verschiedentlich mit Blut erfallt, das Epithel
in der Ablösung.
b) Die isolirtem und Pet^er'schen Follikel und
die GekrOsdrUsen sind angeschwollen, — Da-
zu gehört eine Varietät , wo die Zotten durch
eine cholerische Exsudation, zuweilen hä-
morrhagischer ^atur, entfärbt sind.
c) Es findet sich ein eigenthttmlicher/ j82&t>eAe;<
Katarrh und Croup stehender Zustand.
d) Es bilden sich im Dickdarm, besonders im
Colon descendens, der Flex. sigm. und dem
Becken durch Exlravasalion und Zersetzung
von Blut in die Schleimhaut, die ihrer Ernäh-
rung und Vilalilät beraubt wird, Schorfe.
e) Es findet sich Diphtheritis.
II. Gemischte C^o/era .(zusammengesetzte)
a) Cholero - Dysenterie : Cholera unter dem
Bilde der acuten Dysenterie.
b) Üysentero-Cholera : wirkliche Coroplication.
c) Cholero- Typhus: Cholera mit Ablagerung*
einer eigcnthamlichen Materie in die Follikel,
Anschwellung der Milz, Lungenanschoppung,
Oedem der Meningen u. s. w.
d) Typho-Cholera: wirkliche Complication.
e) Katarrho'Cholera: ebenso.
f) Pneumonia cholerica, Meningitis, Peritoni-
tis u. s. w.
Von den consecutiven Veränderungen in der ty-
phoiden Periode hat P. 3 Formen abbilden lassen :
1) Die charakteristische cholerische Ulceration
der Peyer'schen Plaques durch Erweichung
der abgelagerten Materie.
2) Die Cholerische Ulceration nach Abfallen der
Schorfe (1. d.)
3) Die Erweichung , Ertödtung, den rettculirten
Zustand derPeyer'schen Plaques, die Ablösung
und Trennung der Darmzotten , die Verände-
rungen der tsolirten Follikel, die dysenteri-
schen Eisudationen.
Endlich ist noch besonders zu erwähnen die
cholerische Lungen- Hepatisation , die wohl zu un-
Lerscheiden ist von der cholerischen Pneumonie, d. b.
Cholera zur Peripneumonie gesellt. In manchen Fäl-
len wählt die Cholera gerade die Lungen als Haupt-
aits , wo n)B steh im Parevobyrn nnd den Brosehiil-
veräsleluogen äussert.
Dieser Grundansrcht entsprechend sind die Tafeln
inlerpretirt. Ihr zu folgen , ist dadurch erschwert,
dass die Erklärung nicht immer genau der Reihenfolge
der Tafeln, ond noch weniger der Reihenfolge der
Figuren nachgeht, sondern dieselben häufig durch-
einander wirft , was gewiss leicht zu vermeiden ge-
wesen wäre. Auch der Mangel specielTer Bezeich-
nungen einzelner Theile der Figuren durch beigesetzte
Zahlen und Lettern wird zuweilen recht fUhlbar, o.
muss das Studium dieser Tafeln fllr Anfänger zuwei-
len fast unmöglich machen. Freilich sehen die Ab-
bildungen reiner und netter an<:. allein bei so um-
fangreichen Figuren ist es zu leiclii, falsche Deutun-
gen der mannigfaltigen und oft schwer versländlichen
Veränderungen zu acceptiren. — Es findet sich :
1. Die einfache Cholera :
1. Species auf Taf. IH. Fig. 1 — 2.
2. - - Taf. 111. Fig. 3 — 5. IL Fig. 1—2.
Varietät Taf. IX. Fig. 3.
3. - - Taf. IL Fig. 3 — 5.
4. - - Taf. V. Varietät Taf. V A. Fig. 3.
5. - - Taf. VI. Fig. 4 u. 6. Magen Taf.
XII. Gallenblase Taf. XIV. Fig. 4.
IL Die zusammengesetzte Cholera:
1. Species auf Taf. IV. V A. Fig. I ^ 2.
2.
3.
4.
5.
6.
Taf. VIH.
TaL IX. Fig. 1. (X.
Fig. 1.)
Taf. X. Fig. 3.
Taf. XL
Taf. XV.
Fig. 2. XIV.
Die consecutiven Veränderungen :
L Einfache Form:
1. Species auf Taf. VL Fig. 3. Taf. VIL Fig. 3—5.
2. - - Taf. VI. Fig. 1. Taf. VIL Fig. 1.
4. - - Taf. VL Fig. 5.
IL Gemischte Form :
1. Species auf Tal VIL Fig. 2.
Gewiss wäre es wünschenswerth gewesen, wenn
der Herausgeber durch einen vollständigen Text seine
Eintheüung genauer motivirt halle ; vielleicht dass er
manches Moment hätte beibringen könoen , welehes
seine Art, diese Verhältnisse zu betrachteii, gerecbt-
fertigt hätte. Wie jetzt die Sache liegt, sind wir
nicht seiner Meinung. Ref. hält es überhaupt fittr
misslich, die Krankheiten wie in sich abgesehlossette,
CQucrele Naturobjecte zu behandeln , und ist fast er-
staunt, dass ein Gelehrter von der Einsicht P.*s ge-'
rade die naturhistorische Terminologie , die so vi«le
IrrthOmer zulässt, gewählt hat. Unter aller dieser
Classification geht zuletzt die Einheit ganz verloren,
und wenn diese eben nur in die unbekannte Ursaciie
des Gesammtprocesses verlegt wird, eine Uraacbe»
Frro'g^fP, ptilioL Amt. f. C!1i#l«nii
a»
die 4oeb unlderiiin aech io ihrer S^istees «iitrtiiiiiity
geax abgemhei ?eD ihreo besondeni QaalitVteii, NaiH
chenit zweifelhaft erscheint » so ist damit weeig gt-^
Wonnen. Liesse es sich beweisen, dass die einzelnen
Localaffeclionen wirklich in sich verschieden sind»
dass sie ganz verschiedene Species bilden, oder, was
damit doch gesagt sein soll, coordinirle, nicht in
einaDder übergehende, selbstständig neben einander
bestehende Formen darstellen, so wäre diess insofern
von grosser Bedeutung, als dann die Präge von der
NothwendiglTeit , eine entferntere oder im äUern
Sinne nähere Grundbedingung anzunehmen, bestimmt
entschieden worden wSre. Jene DifTerenz ist aber
nicht blos nicht bewiesen , oder durch die Abbildun-
gen gezeigt, Ref. glaubt vielmehr, seineä frühern
Aufstellungen gelreu, gerade die Uebergaugsfähigkeit
der einzelnen Formen, die nur graduelle Verschie-
denheit derselben festhalten zu dürfen.
,,Die Verandernngen am Darm,'* sagte er früher
(Sitz, der 6es. f. wiss. Med. v. 4. Sept. 1848. Med.
Ref. S. 64), ,, bestehen wes^üntlich m gletfhmassiger
AffectioB der ganzen Schleimhaut , nicht der Darm-
drttsen. Allerdings sind die Soliltfrdrüsen meistens,
ziiweHeii auch« die Peyer sehen erkrankt, aHein ihre
Veränderung ist nicht so conl^tant, als die Verände-
niDgen der Schleimhaut. Diese alehen den verschie-
denen Graden der katarrhalischen u. diplilheritischen
Schleimhautentzündungen gleich.*' In dieser An-
schauung ist gegenüber der ätiologischen Einheit auch
die Einheit der anatomischen Läsionen gewahrt: es
handelt sich dann für alle Formen der DarmafTection
um gewisse Formen des entzündlichen Proresses, die
auseinander hervor-, und ineinander übergehen, die
je nach der Individualität des Kranken , nach der In-
tensität der krankmachenden Ursache , nach den be-
sondern Bedingungen des einzelnen Darms verschie-
dene Grade erreichen, und bald für sich, bald gleich-
zeitig neben einander bestehen kOnnen , ohne aber je
in das Verhältriiss von Genera oder Speries zu treten.
Niemals findet sich nach dieser Anschauung am Darm
eine der Cholera eigenihflraliche , primäre Verände-
mng , die nicht auf einen entzündlichen Zustand der
Theile zurückzuführen wäre, und die Entzündung
selbsl ist danach nie specifisch verschieden , essen-
tiell und eigenthümllch für den cholerischen Process,
sondern sie schliesst sich in ihren verschiedenen
Formen den bekannten einzelnen Formen der Schleim-
hautenlzündung des Darms an.
Nach der Einlheilong der Schleimhautentzündun-*
gen, welche er im Archiv für pathol. Anat. Bd. I.
S. 251 folg. aufgestellt hat, glaubt Ref auch für die
cholerische Entzündung zwei Hatiptformen festhalten
zu mOesen: die hUtarrhalüche ond die dipklheri-
Üseke, Jene begreift dann alle diejenigen Formen
in sich, wo die Veräntierungen an der Oberfläche der
SeMeimbaut, an den bedeckenden Epitheliallagen,
oder io besonderft freien Exsudationen (schleimigen,
sertfseo oder bhitigen) zu Stande kommen ; diese,
die diphllMvitiaehe unterscheidet sieb dadurch, dass
hier die Bindef^ehiriehieftien der Sehlcnihmiti seifcal
dDr Sii7 der Veränderang, einer parenchymalOsea
Bisudatiei» werden , während ^e Oberflächen^Vrrän-«
dtorungen gegenüber diesen Zosländen nur tim ge*-
rmgere, secundire Bedeutung habev. Bin ii^Yitef
Kalaprii greift in des Bindegewebe selbst nur oniwe^
sentlirb <^ , w«nn auch geringer« Veränderungen,
Bfaii»ei»tli«h bei der üdeniil#sen uitdi hämerrhagische«
Fonn, nicht au: leugnen sind, aber er kenn jeden
Aogenbüek diesen Uebergang machen. GeiHthiehC
dies«, während er norh acut ist, so ist damit die
^phtheritis gegeliew. Diese ist alsa eine Steitferung
des entzündlichen forganges, der mit ganz leiaeo
OberOächen-Verättdemngeil beginnen kann.
Die Veränderungen der Darmfollikel sind , wie
schon C r u v e i I h i e r gezeigt hat , weit davon ent-
fernt , für die Cholera specifisch zu sein. Jeder Ka-
tarrh kann sie in derselben Weise produciren. Wie
und warum diesa geschiebt, ist für die Cholera nicht
minder zweifelhaft, wie es für die einfachen Katarrhe
ist. Einmal sind die Anschwellungen , die Auftrei-
bungen, die Hypertrophien derselben da, das andere
Mal fehlen sie, ohne dass es bis jetzt müglich ist,
genau zu sagen, worin diese aufl^llige Differenz be-
gründet ist. Manchmal sieht es aus, als ob die Ver-
bältnisse der Digestion einen besondern Einfluss dar-
auf ausüben, doch ist diess nicht immer bestiqjimt
nachzuweisen. Jedenfalls wird ein Katarrh, der
Schwellungen der Follikel hervorbringt , dadurch
nicht zu einer neuen, abgegrenzten Species, nocii
weniger hört er auf, eine Entzündung zu sein, so
wenig als eine Flächen - Entzündung der ETaut in der
Wesenheit des Processes alterirt wird , wenn sie
Hautfollikel oder Lymphdrüsen mit in AfTection zieht.
Indess ist diess von geringerer Bedeutung, ^9 P»
selbsl seine Species der einfachen Cholera auf die
Einthriluiig der befallenen Gewebe gründet. Allein
die Bedeutung ist eine weit grossere, wo es sich um
die zusammengesetzten, gemischten Formen hiinilelt.
Formen dieser Art kann man acceptiren , wo es sich
um die Entwicklung des cholerischen Processes auf
einer schon früher katarrhalisch, dysenterisch, lyphOs
erkrankten Schleimhaut handelt, wie es P. zum Theif
getlian hal. Wir würden diese Zustände noeh nicht
als katarrho-, dysentero-, typho-cbolerische bezeich-
nen , so wenig als wir die Gleichzeitigkeit von Krebs
und Cholera, die wir gesehen haben, als carcinomato-
cholerisch aufstellen möchten. Ref. erwähnte beson-
ders der grossen U'fufigkeit, in der sich perforirende
Magengeschwüre in allen Stadien der Vernarbung,
so wie chronische Magenkatarrhe in Cholera-l!.eichen
fanden , allein er sah darin nur ein prädisponiremdes
Moment, keine eigentliche Combination. Am son-
derbarsten nimmt sich der dysentero -cho kr isehe
Process neben dem cholero-dysenterischen, und an-
dererseits neben dem diphlberitisclien aus. Eines
ist hier doch ofletibar zu vi«! i<-sonst bleibt nur ein
lodler Schematismus übrig^d by vjjOO^IP
Ref. gohilderte die diplitheritischen ZnsOnde in
306
Pirogoff, pathoL Anat. d. Cholera.
ieioem ersteD V^^rtrage folgendermaasaen : „Sie be-
gioaeo mii iuleasiven Hyperämien der Silil« iruhaut,
denen bald Exlravasalionen in das Parenchym und in
die Darfflhtthle (Mutige Stuhlgänge) folgen. Dann
geschieht in die oberflächlichen Schichten der Schleim-
haut ein anfangs geringes, grauweisses Exsudat, das
stets zunimmt , weiss und undurchsichtig wird , sich
mit Gallenfarbitoff tränkt und einen schmutzig-gelben
Ueberzug bildet. In dieser Zeit zeigt sich unter dem
Mikroskop ein« amorphe , körnige Einlagerung in das
Bindegewebe. Sehr bald beginnt dann eine Nekrose
der mit dem Exsudat gefüllten Theile, das Bindege-
webe wird macerirt, tUWi endlich ab und hinterlässt
eine oberflächlichere oder liefere Erosion. Der Pro*
cess gleicht also sehr dem dysenterisch« i) . unter-
scheidet sich aber von ihm durch die Art seiner Ver-
breitung.*' Wollte man also neben diesem diphllie-
ritischen Vorgange noch einen dysentero-cholerischen
unterscheiden , so sieht Ref. nicht ein , wo hier das
Unterscheidungsprincip eigentlich li«>gen soll. Sind
dieProcesse im Wesen identisch, ist die Ruhr in ihren
entwickelten Formen eine Diphlherilis , und bilden
nur die Art der Verbreitung, die Loc.ilität, die Stellen
der Prädilection eine Differenz zwischen cholerischer
und dysenterischer Diphlheritis , so ist doch nicht
einzusehen, wie noch ein cholero-dysenterischer Pro-
cess abzutrennen sein soll. Wollte man diejenige
Form der cholerischen Diphtheritis, welche dieselben
Stellen, wie die dysenterische , beßillt , als cholero-
dysenterische bezeichnen, so würde das wenigstens
keine sehr klare und versländliche Bezeichnung sein ;
gäbe es in Beziehung auf die Art der Verbreitung,
auf das Fortschreiten der Processe keine Verschie-
denheit zwischen Cholera und Dysenterie, so mUsste
man es aufgeben , fiberhaupt noch anatomisch Unter-
schiede zu suchen.
Unserer Meinung nach giebt es nur einen, für die
Cholera wesentlichen , primären Zustand des Darms,
und das ist der entzündliche, der tich je nach Um-
ständen als seröser oder blutiger Katarrh mit oder
ohne Follicularsrhwellung, oder als einfache oder
hämorrhagische Diphtheritis darstellen kann. Dieser
Zustand kann in einem Darm auHreten, der schon
früher der Sitz eines katarrhalischen oder diphtheri-
tischen Processes war, o|^ne dass deswegen die Cho-
lera eine gemischte oder zusammengesetzte würde.
Die Cholera verhält sich dann nur ähnlich , wie ein
Croup, der sich auf einer schon katarrhalisch afficir-
ten Respirationsschleimhaut , aus dem frühern La-
ryngeal- Katarrh durch eine graduelle Steigerung ent-
wickelt.
Sehen wir nun zu , ob sich diese offenbar mehr
einheitliche Anschauung mit dem Atlas P.*s verträgt,
oder ob sie dadurch widerlegt wird.
Auf Taf. VI, Fig. 4 u. 6 sind Stücke des Dick-
darms mit Diphtheritis abgebildet , und es heisst :
„die inselförmig verbreitete Exsudation bildet eine
dünne Schicht über die Schleimhautfläcbe und zeigt
^Mk ffleicher Zeit locale Hyperämie (Fig. 4) und An-
schwellung der Schleimhaut, me im Rukrprocess
(Fig. 6).*' Das wäre also die 5. Speeies der einfachen
Cholera.
Auf Taf. n, Fig. 3 — 5 ist die 3. Speeies, die
zwischen Katarrh und Croup stehen soll, dargestellt.
Diese Speeies tritt bald in der algiden , bald in der
typhoiden Periode der Krankheit auf, vereinigt mit
der ersten Farm, Die Schleimhaut ist bald mehr
oder weniger hyperämisch (Fig. 4 n. 5) , bald anä-
misch mit Blutsuffusionen (Fig. 3), bedeckt mit einer
dicken und soliden Schicht von Schleim und losge-
lösten Cylinderepithelien. Diese scheinbar der dipk-
theritischen Exsudation der Schleimhäute ditrehaus
analoge Schicht ist den Zottep so adhärent (Fig. 4),
dass man sie nicht ganz loslösen kann , seihst wenn
man gewaltsam einen Wasserstrahl darauf fallen lässt ;
man kann sie nur in flockigen Fetzen auflieben
(Fig. 5). Die Fig. 3 zeigt dieselbe Form im Beginn
der typhoiden Periode. Die der Schleimhaut aufge-
lagerte Schicht ist an einzelnen Stellen abgelöst , an
andern Stellen stark adhärent und mit gelbgrflnen,
durch gallige Entleerungen gefärbten Klümpchen ver-
sehen. Die Schleimhaut ist anämisch, ihres Epithels
beraubt und mit mehrern dunkelrothen Blutsuffusio-
nen in Inselform besetzt.**
Der cholero - dysenterische Process (1. Speeies
des gemischten Genus) ist dargestellt auf Taf. IV. u.
V A. P. beobachtete sie in sehr acuten Fällen auf
der Höhe der Epidemie und bei bis dahin ganz ge-
sunden Subjecten, die im Stad. algid. gestorben wa-
ren. In der ersten Periode (IV. Fig. 2) war die
Schleimhaut geschwollen und stellenweise gerötbet,
bedeckt mit einer leichten, bräunlichen Exsudation,
zumal auf der Höhe der Valvulae conniventes und auf
den geschwollenen , hyperämischen Peyer'schen Pla-
ques. In der zweiten Periode (Fig. 1) nehmen die
Schwellung und Röthung der Schleimhaut zu, und
ihre ganze Oberfläche wird von einer stark durch
Galle geHlrbten, sandigen (sablonneuse) Exsudation
überdeckt. Weiterhin (Fig. 4) zeigt sich die sehr
geschwollene Schleimhaut überzogen mit einer stark
adhärenten , dunkelbraunen Exsudation ; die Spitzen
der Valv. conniventes und der Peyer*schen Plaques,
die aufgetrieben sind , werden von ebenso braunen,
durch Blutsuflfusion entstandenen Streifen überragt,
und die Zotten zeigen den Beginn der Mortificalion in
Folge der Blutstagnation. In der dritten Periode
endlich (Fig. 3) bietet die ganze innere Oberfläche
des lleum ungleiche und höckerige , dunkelrothe Er-
hebungen dar, durch das in dem Gewebe der Schleim-
haut und der Submucosa exlravasirte oder stagnirende
Blut veranlasst, welche schon in den Zustand von
Schorfen übergehen. Die Peyer sehen Plaques sind
geschwollen , hart und mit einer sehr fest anhaften-
den Exsud^tlage von einer braungelben Materie be-
deckt.** — Auf Taf. V A, Fig. 2. findet sich eine
Abbildung aus dem typhoiden Stadium vom Göcum u.
lleum: „Die Schleimhaut durchaus hyperämisch und
dunkelrotb, die Zotten geschwollen , mit einer gelb-
Pirogoff, pathoL AoaL der Gboler«.
367
grOalielien, diekeo und adhlrenteii Ablagerung be-
kleidet, ihres Epithels beraubt und stelleuweise voll-
stiodig morlificirt. Diese Lage [Exsudat?] wird ge-
bildet durch eine amorphe Masse, durch einen Oetri-
tos aus zerstreuten (disperses) plastischen Kugeln u.
durch gallig gel^rbte Epitbelialzellen. Man kann
diese Lage mit dem Scalpell nicht abschaben , ohne
zugleich die Zotten binwegzunehmen.'*
Die 4. Species des einfachen Processen, ausge-
zeichnet durch die Rapidiiat ihrer Entwicklung, durch
den Ort ihres Auftretens und durch den Grad der
Zerstörung der Gewebe, der sie begleitet, ist abge-
bildet auf Taf. V. Beim ersten Grade (Pig. 1 ) bilden
sich Blutsuffusionen von blassrother Farbe, in kleinen
hervorragenden Inseln über die Oberflache des Dick-
darms, namentlich des Colon descendens, S. iliacum
und Rectum zerstreut. Zuweilen (Fig. 2) ist die
Schleimhaut durch das extravasirte Blut abgehoben,
livid, sehr dunkelroth und fast schwarz. Im zweiten
Grade (Fig. 3) zeigen sich diese Inseln schon als
Brandseharfe von braungelber Farbe in Form adhä-
renler, fungOser AuswQchse, nach deren Ablösung
die Muskelhaut blossliegt. In diesen Schorfen sieht
man die Oeffnungen der kleinen Lieberktlhu'schen
S)lcke (Taf. VI, Fig. 5), so wie den Uebergang der
Blutkörperchen in livide, amorphe , mit kleinen Kry-
stallen und Gallenfarbstofif gemischte Massen (Taf.
XVI, Fig. 10 u. 11). Im dritten Grade (Fig. 4)
findet man nach Ablösung der Schorfe Ulcerationen,
namentlich im untern Theil des Dickdarms (Flexura
iliaca und Rectum), wahrend die inselfbrmigen Blut-
suffusionen sich mehr im obern finden.
Endlich auf Taf. VIII ist die Abbildung eines
Rectum mit Flex. sigm. von einem Manne , der nach
chronischer Diarrhöe und Dysenterie von Cholera be-
fallen wurde, also die zweite Species der gemischten
Cholera.
Alle diese Abbildungen sind Übrigens vortrefflich
und gehören unstreitig zu den gelungensten des gan-
zen Werkes. Wenn man sie mit den immerhin sehr
anerkennenswerthen Figuren von Froriep (Sym-
ptome der asiatischen Cholera. Taf. VII, Fig. 4) und
von Cruveilhier (Anat. pathoL Livr. XIV. Tab. 4
n. 5), welche diesen Vorgangen entsprechen, ver-
gleicht, so wird man das Verdienst des Hrn. Tere-
benieff zu würdigen verstehen. Man wird sich
aber durch diese Vergleichung auch von der Richtig-
keit der von dem Ref. schon früher verlheidigten An-
sicht (Med. Ref. S. 101) überzeugen, dass die Cho-
leraepidemie von 1848 nichts gebracht habe, was
nicht auch schon in den frühem Epidemien vorhanden
war, wenn es auch nicht genügend gewürdigt wurde.
Wir haben die Erläuterungen des Herausgebers
möglichst genau wiedergegeben, uro zu zeigen , dass
seine eigenen Worte fern davon sind , eine so grosse
Differenz zwischen diesen Formen zu erheben, als
die Aufstellung von Species vermuthen iSsst. Natür-
lich bezweifeln wir nicht das auf Taf. VlU, darge-
stellte Auftreten der Cholera in einem schon mit Ruhr
behafleten Darm , und erkennen hier gern die Dupli-
citat der Processe an. Wenn ferner der Autor ver-
sichert, dass in dem zweiten Falle (Taf. 11, Fig. 3
— 5) die scheinbar dem diphtheritischen Exsudat der
Schleimhaute durchaus analoge Schicht aus Schleim
(mucosit^) und losgelösten Cylinderepithelien be-
standen hat, so muss auch hier eine gewisse Ver-
schiedenheit zugestanden werden. Allein Schleim u«
Cylinderepithelien machen noch keinen Croup, und
wir würden daher hier nicht einen specifischen Pro-
cess (Processus special) • der die Mitte zwischen Ka-
tarrh und Croup halt, annehmen , sondern nur einen
schleimigen Katarrh. Die Angabe aber, dass diese
Schicht den Zotten so fest anhaftete, dass man sie
auch bei gewaltsamem Aufgiessen von Wasser nur in
flockigen Fetzen ablösen konnte, und die weitere An-
führung, dass die Schleimhaut darunter der Sitz von
Blutsuffusionen war, nähert diesen Zustand schon
sehr den übrigen , hier zusammengestellten. In
manchen Fallen von wahrer Buhr findet sich auch
nichts Anderes, und wir tragen kein Bedenken, nach
unsern Erfahrungen die Wahrscheinlichkeit auszu-
sprechen , dass an diesen Stellen sehr bald eine wei-
tere Entwicklung zu den grössern Exlravasationen u.
Scborfl)ildungen der 4. Species, oder zu den diphthe-
ritischen« Exsudationen stattgefunden haben würde»
mit andern Worten, dass hier kein specifischer, coor-
dinirter Zustand, sondern die erste Entwicklung, der
Anfang hämorrhagisch - diphtheritischer Processe ge-
geben ist.
Was nun aber die übrigen drei Formen anbelriffty
nämlich die einfach - diphtheritische , die hämorrha-
gisch-nekrotisirende und die dysenterische, so su-
chen wir vergeblich nach durchgreifenden Scheidun-
gen. Wenn man sich den Hergang einer diphtheriti-
schen Scheidenentzündung bei Wöchnerinnen, bei
Blasenscheidenfisteln u. s. w. ansieht, so wird man
sich leicht an demselben Erkrankungsherde überzeu-
gen, wie neben einander einfach- diphtheritische u.
hämorrhagisch - diphtheritische Nekrotisirungen zu
Stande kommen , wie ein Punkt anamisch , hellgelb-
weiss oder graugelblich , ein anderer hyperämisch,
schwärzlich, dunkelbraunroth , braun, braungelb,
grünlichbraun oder gelb erscheint. Es sind hier
conlinuirliche üebergange, und der Process ist we-
sentlich derselbe, graduell allein verschieden.
Von seiner di|)hlheritischen Form gesteht P.
selbst die Uebereinslimmung mit dem Ruhrprocess zu.
Für seinen cholero - dysenterischen Process schildert
er dieselben Exlravasationen und Suffusionen von Blut
in das Gewebe der Schleimhaut, wie für seine
vierte einfache Form , die ich als nekrolisirende oder
hämorrhagische bezeichnen will , und ich sehe keine
andere Verschiedenheit, als die Grösse des Extrava-
sats und die Tiefe der Zerstörung. Man braucht
nicht zu leugnen, dass die gewöhnliche mildere Ruhr
diese letztern Formen nicht anzunehmen pflegt; wenn
man aber z. B. die Tafek von Annesley über die
368
Pirogo'ff, fAiiiol. Anal. 4. GMem.
aekrolfSureDden «»4 iiamorriiagrscheo Formea der
indiwhra Ruhr vergleidit, so wird 4iMin kein Beden*
-ken haben itönnen, die UebereinslimimiDg mit der
Cholera zu proklaniren. Aolir imhI Cholera komttfen
darin tiberein, dase aie unter allen Plächenaffeclionen
•des DarmB die tiefsten GewebszerstOrungen , die ein*
greifendsten Alterationen der Haute erzeugen , Alie«-
rattonen , bei denen bald die parenchymatöse Eiao-
^ation , bald die Extravasalion Oiierwiegen , and die
«daher ibaid mehr den einracb diphthehtisehen , bald
mehr den bamarrhagisehen 'Charakter annehmen , die
-fliber in dem Resultat ttbereiastimmen » -da«B isie -die
^9m ihnen I>efa41enen Gewehstheüe nekrolrstren , imd
80 cur CJIcerelion, tvr Verschwarung führen. 'Die
dysenterische Cholera des 'Dttnndarms (Tof. IV) ist
4uFoh kernen wesentlichen Charakter von den Schor-
fen» der schorfbildenden Cholera des Dickdarms
(Taf. V) unterschieden, u. die dysenterisdien Brand-
«chorfe (Taf. V A, Fig. 2) sind im Wesentlichen ganz
das nämliche , was als einfache Diphtheritis (Taf. VI,
Fig. 4) abgebildet ist. Selbst die ,, Varietät der 2.Spe-
eies des einfachen Genus** (Taf. IX, Fig. 3), wo
eine hämorrhagische Exsudalion in die Zotten geschieht,
tnOehle von den angefahrten Zustanden nicht zu tren-
nen sein. Trotzdem ist es scIht erwttnscht, daS9 das
Alles abgebildet ist und so schön und wahr abgebildet
•ist, da man die verschiedenen NUancirungen dieser
Zustande aMerdtngs genau kennen muss ; nur wXre
es far die Uebersicht gewiss günstiger gewesen, wenn
diese Abbildungen mehr in eine einzige , fortlaufende
Reihe vereinigt wären.
Gegenüber dieser Reihe, welche aus der [dritten?]
vierten und fünften Species der einfachen und der
ersten Species der gemischten Cholera bestehen, und
an welche sich anhangsweise die. Varietät der zweiten
einfachen Species, so wie die zweite Species der ge-
mischten Gattung, die bei Dysenterischen vorkom-
mende Cholera anschliessen würde, möchten wir
eine zweite grössere Reihe stellen , welche die ein-
facheren , mehr katarrhalischen Zustände des Darms
umfasste. Diese zeigen zunächst eine Differenz nach
der Betheiligung oder Nichtbetlieiligung der Darm-
follikel, der Lenticulardrüsen , des sogen. Binnen-
exanthems der naturhistorischen Schule, der Psoren-
terie von Serres. An diese psorenterische Form
schliessen sich naturgemäss die typhösen Verände-
rungen an. Auf diese Weise würden wir demnach
eine grössere Gruppe bilden aus der ersten u. zweiten
Species der einfachen Gattung und aus der dritten,
«vierte« und fttnrten Species der gemischten, eine
•Gruppe , wesentlich charakterisirt dadurch , dass die
tlanptveranderungen an der Oberfläche vor sich ge-
hen, und dass von allen tiefem Gewebstheilt;n der
Darmwand nur die solitären und Peyer'schen Follikel,
die Lenticulardrüsen anffaliige Veränderungen dar-
bieten. Diese Gruppe schliesst zugleich die ganze
Reibe der gewöhnlichem und constantesten Verän-
derungen des Cholera-Darms in sich. Zu ihr gehö-
ren denn auch ^\^ eigen thümlichen Anschwellungen
der MeaeuterialdrliaeQ , von denen wir gerade durch
die Peter«lnitiger ReobacArter die «rate charakterteti*
^he Besehreibung erhalten haben, einelleaehreibuBg,
wel(<he wir einfach zu beaiattgen Gelegenheit gefm-
den haben.
Pirogoff bespriobt die Abbildungen Taf. l\i,
•Fig. 1 — 2 als den Ausdruck seiner ersten Speciesi
die durch Auftreibung der Schleimbaut - ZottAn , der
isolirten Follikel und der Peyer'schen PJaques cha-
rakterisirt sei. Die Schleimhaut des lleum bietet eia
eigenthümlich sammetartiges Aussehen, bedingt durch
die Auflreibung der Zotten , welche in der choleri-
schen Flüssigkeit gebadet und von üir imprägnirt
sind; die Oberfläche ist bald weisslich- oder violett-
grau (Fig. 1), bald roth, zuweilen in verschiedenen
NUancirungen röthlich (Fig. 2), je nach der ungleich-
massigen Vertheilung des ßluts in den verschiedenen
Darmgefössnelzen. Zwischen den Zotten erscheinen
die isolirten Follikel wie weisse Hirsekörner; die
Peyer'schen Plaques sind stellenweise von einem leb-
haft rothen, hyperämischen Hof umgeben.
Auf Taf. XI ist nach P. der katarrho-eholerisehe
Zustand (5. Species der gemischten Gattung) darge-
stellt, und zwer auf Fig. 2 eine acut^, unter der
Form hellrother Streifen auftretende Hyperämie um
eine geschwollene Peyer^schen Plaque, und auf
Fig. 3 eine fast um das Doppelte gesteigerte AuArei-
bnng einer solchen. Fig. 1 zeigt den chronisch-
katarrhalischen Zustand des Dickdarms in der Periode
der Ulceralion : die ganze Schleimhaut geschwotlai,
gallerlförmig, wie aufgequollene Schwämme (t^tes de
mousserons d6lremp6s). Um die noch oberflächlichen
Ulcerationen sieht man die frische , acute Hyperämie
der Cholera.
Taf. IH, Fig. 3 — 4 zeigen die 2. Speciea der
einfachen Cholera: die Peyer'echen Plaques, und be-
sonders die isolirten Follikel geschwollen bei gleich-
zeitiger Anämie der Schleimhaut, die letztern wie
kleine, milchweisse oder gelbliche, zuweilen halb-
durchscheinende Perlen. Die aufgetriebenen , und
durch die Imprägnation mit cholerischer Emulsion
milchigen Zotten überragen die Peyer'schen Plaques
und geben ihnen, unter Wasser gesehen, ein bflgel-
artiges (anfractueux) Aussehen. Die mesenteriachen
Drüsen sind angeschwollen. — Auf Fig. 5 findet
sich um eine vergrösserte Peyer'sche Plaque eine
Blutsuffusion und zur Seite mehrere andere, insell^-
mige Blulaustretungen , hervorgebracht gewöhnlich
durch eine ganz locale Hyperämie der Schleimhanl,
wie sie sich am häufigsten da findet, wo blos die
Peyer'schen Plaques afficirt sind. — Taf. II, Fig. 1.
zeigt Anschwellung der Peyefschen Plaques und der
isolirten Follikel mit Efyperämie des submuskulären
<jefifssnetzes , die successiv alle Stadien bis zur Anä-
mie durchgeht. Ein lebhalt gerötheler Hof umgiebt
die beträchtlich geschwollenen und sich liedeutend
über die Oberfläche der Schieinhaut erbebenden
Peyer'schen Plaques. Fig. 2 enüiält die cogebOrigen,
geaefawoilenen Meaenterialdrttaen.
Pirogoff, palhol. Aii«t d. Cholera.
Taf. IX. Fig. 3. Eigeothomliche VarieUt der
2« Species mit Anschweliang der kleinen laolirten
Krypteot so wie der durch Bluiimfbibilion gelhlichrothen
Zollen. Üiesfl findel sich gleichzeilig mil einer be-
1 (richUichen Exsudalion sanguinolenler , cholerischer
nassigkeil, die mit Epilheliallrttminern und zersetz-
; teo Blutkörperchen gemischt ist
Taf. IX. Fig. 1. Dritte Species des mit Typhus
combinirlen Ghöleraprocesses : die Peyer'schen Pla-
ques des Heum beträchtlich geschwollen und in Folge
einer Exsudation granulöser Kugeln gelblichweiss,
angeben von einem sehr rothen, durch active Hypei^
Imie der Schleimbaut hervorgebrachten Rand. Diese
Veränderung der Peyer'schen Plaques unterscheidet
sich von der in der einfachen Cholera (Taf. 11. u. III.)
durch eine grössere Anschwellung, wodurch sie das
hflgelige Ansehen verlieren, durch eine an granulösen
(Körnchenkugeln) und pyoiden Kugeln reichere pla-
stische Exsudation in die Krypten der Plaques . wo-
durch diese das gelbliche Ansehen der typhösen er-
langen, und durch eine viel stärkere Hyperämie des
Orafangs. Diese Veränderungen finden sich auch im
Slad. algidum der Krankheit, und gehören also nicht
der typhoiden Periode allein an.
Endlich Taf. X. Fig. 3. Vierte Species: das wirk-
liche Vorkommen von Cholera bei einem Typhösen.
Der Kranke kam mit den Erscheinungen des Abdomi-
naltypbus in das Spital, und starb später unter den
Erscheinungen der Cholera. Am Darm fanden sich
keine deutlichen Spuren der typhösen Ablagerung,
vielmehr ungleichmässige, schmutzig-graue, stellen-
weise mit harten Granulationen versehene Anschwel-
lungen der Plaques , dann auf denselben zahlreiche,
kleine, inselförmige , wie von einem Vogel mit dem
Schnabel ausgehackte Ulcerationen , die bis auf die
Muskelbaul reichten, endlich grössere, rundliche,
sinuöse Geschwüre mil aufgetriebenen , aschfarbenen
Rändern.
Ref. ist, soweit er sich erinnert, ausser Stande,
diese letzte Beobachtung durch entsprechende, eigene
Erfahrungen zu controliren. Während der Cholera-
Epidemie von 1848 war in Berlin gleichzeitig Typhus
in epidemischer Verbreitung vorhanden , und gerade
damals zeigten sich die localen Affeclionen des Ty-
phus am Darm und den Gekrösdrttsen in ganz unge-
wöhnlicher Ausdehnung und Intensität (Med. Reform.
S. 263). Allein diese Typhen verliefen übrigens un-
abhängig von der Cholera. Auch P i r o g o f f scheint
dieses Zusammenfallen in demselben Individuum nicht
weiter beobachtet zu haben, und es möchte daher
wohl überaus selten sein. Nach der vorliegenden
Abbildung zweifeln wir nicht an der Richtigkeit sei-
ner Deutung : die Form und Lagerung dieser Ge-
achwüre ist so charakteristisch, dass wir sie auf kei-
nen andern Process, als den typhösen zu beziehen
vermögen. Es würde demnach hier ein ähnliches
Verhältniss sein , wie wir es früher bei der Ruhr an-
erkannt haben: es kann jemand in den spätem Stadien
Itod. Jahrbb. Bd. 73. UfU 3.
des lleotyphus von Cholera befallen werden. Allein
auch hier ist keine eigentliche Combination , denn P.
fand keine frische Typhus- Infiltration , sondern nur
Ausgangs- und Rückbildungsstadien. Die Schleim-
haut war dünn und anämisch, die früher afBcirten
Stellen runzlich , httglich , schmutzig-grau , und was
die Geschwüre betrifft, so würden wir sie nicht, wie
P. , aus der grauen , ungleichmässigen Anschwellung
der Plaques hervorgehen lassen, nicht besondere Sta-
dien der vorliegenden Veränderungen unterscheiden,
sondern annehmen , dass überall der eigentliche ty-
phöse Process abgelaufen war, und dass während er
an einzelnen Plaques grosse ülcerationen hervorge-
bracht halle , er an andern nur bis zu kleinen Ge-
schwüren, an andern endlich nur bis zu Infiltrationen
ohne Geschwürsbildung vorgeschritten und dann zur
Resolution der Ablagerungen gelangt war.
Weniger bestimmt möchten wir uns über die
Taf. XL Fig. 1 aussprechen. Weder die Abbild ung,
noch die Beschreibung gewähren uns hier geeignete
Auskunft. Der Abbildung nach würden wir an diph-
theritische Infiltrationen und ülcerationen gedacht
haben, allein die Beschreibung erwähnt nichts davon,
sondern spricht nur von katarrhalischen^ Von diesen
kennen wir aber nur im chronischen Katarrh die fol-
liculäre Form , welche in der Mehrzahl der Fälle als
Follicular-Abscess auftritt Damit würde die Angabe
von der gallertlbrmigen Erweichung der Schleimhaut,
die natürlich nicht deutlich wiedergegeben werden
konnte, sehr wohl harmoniren. In diesem Falle würde
also hier die früher berührte Prädisposition des chro-
nischen Darmkatarrhs zu cholerischer Erkrankung
acceptirl werden können. Ob diess auch für Fig. 2
u. 3 derselben Tafel gilt, muss dahin gestellt blei-
ben, da P. nichts Genaueres über den Krankheits-
verlauf angiebt, und daher auch die Möglichkeit Übrig
bleibt, dass die ganze Reihe der Veränderungen in
diesen Fällen cholerischer Natur war. Jedenfalls
würden wir uns auch hier gegen eine eigentliche •
Combination erklären, da der chronisch-katarrhalische
Process jedenfalls in dem acuten der Cholera aufgeht
und keineswegs neben ihm fortbestehend gedacht
werden kann.
Lassen wir daher diese Falle bei Seite, so behal-
ten wir folgende Formen übrig. :
1) Die erste Species der einfachen Form, welche
hauptsächlich durch die Schwellung der Zotten und
insbesondere der Follikel charakterisirt ist, u. welche
wir als die eigentlich katarrhalische bezeichnen. —
Als Varietät wird die Taf. IX. Fig. 3 abgebildete gel-
ten können , die wir als hämorrhagisch-katarrhah-r
sehe auffassen , wenn sie überhaupt hierher u. nicht
vielmehr zu den diphtherischen Formen gehört.
2) Die zweite Species, mit vorwiegender Follikel-
schwellung, die wir der Kürze wegen als psorente-
Tische benennen.
3) Die von P. als cholero^lyphos aufgefasste.
47
370
PirQsoff» paüiol. An«lomw d, Cbahra.
Indem wir fttr dieae Formen oder Species bo-
9limmU Namen aufstellen , so wollen wir von vorn
herein den Gedanken zurückweisen^ als erkennten
wir damit eine specifische Scheidung an. Im Gegea-
theil wird man sich schon aus den Abbildungen selbst
und ebenso aus der Beschreibung von P. überzeugeo«
dass auch hier wieder nur graduelle Unterschiede vor-
liegen. Keinem der Falle fehlt die FoUicular-Erkran-
kung , der psorenterische Zustand. Die Figuren der
ersten Species (Taf. 111, Fig. 1 — 2) «eigen die mi-
liaren Anschwellungen der Solitärdrüsen neben den
mehr schiefergrauen, hügeligen Peyer sehen Plaques»
und die Abbildungen der zweiten Species (Taf« lU,
Fig. 3—4; U, Fig. 1; IX, Fig. 3) lassen ihrerseits
die Follicularanschwellungen ^eben manuigfachen
Veränderungen der Schleimhaut selbst, namentlich
neben verschiedeuen Formen der Hyperämien und Wk-^
morrhagien erkennen. P. selbst stellt die Follicular-
anschwel lungen beider Species zusammen denen der
typhösen Form gegenüber, und scheint daher ihre
Identität zuzugestehen. Es kann daher in der hiosen
Existenz kein Unterschied gefunden werden, dieser
muss vielmehr in der Ausdehnung und GrOsse lie-
gen, mit andern Worten ein blos gradueller sein.
Was die Schleimhaut ihrerseits betriOt» so ist
auch hier keine specifische und durchgreifende Ver-»
schiedenheit. Der Zustand der GeHisse ist bekannt-
lich kein constantes Merkmal anatomischer Art; so
lange das Blut überhaupt noch circulirt und in den
Gefässen beweglich ist, kann es sich auch während
und nach dem Tode verschieben; cinz^elne Theile
können durch Senkung anämisch, andere hyperämijicb
werden ; ganze Abschnitte können durch Compressiou»
Transudation u. s. w. ihr Blut nach andern Regionen
hin zu entleeren gezwungen werden. Diehyf^oslalische
Hyperämie , die Röthung durch Senkung , so wie die
durch Imbibition mit aufgelöstem Jlämatin bedingte las-
sen sich bei einiger Uebung leichter abschätzen, allein
für die Kritik der Anämie, ob sie präexistirt oder
' poslhum entstanden ist» fehlen uns meist all« sichern
Anhaltspunkte. Em in der Leiche anämischer TheU
konnte vor dem Tode hyperämisch sein , ohne dass
wir darüber etwas anderes, als Vermuthungen aus-
sprechen könnten. Allein es erhellt zum mindesten,
dass Anämie und Hyperämie nicht als Kriterien der
Unterscheidung aufgestellt werden dürfen.
Das andere Moment, nümlich die Schwellung der
Zotten, ist durch P. selbst für beide Zustände in
gleicher Weise dargestellt. In der ersten Species
lässt er die Zotten von der cholerischen Flüssigkeit,
in der sie gebadet sind , imprägnirt werden ; in der
zweiten spricht er von einer Imprägnation derselben
mit der „cholerischen Emulsion'*. Die genauere Er-
klärung dieser Angaben Gndet sich auf Taf. XVI, Fig.
13 — 21 , wo die mikroskopischen Verhältnisse der
Zoitea abgebildet sind, ku Stad. algidum sah P.
nicht selteu die Zotten noch ganz von Epithel bedeckt,
nur dass die Epilhelialzellen aufgetrieben, mehr mit
Flüssigkeit und kleinen Fettmolekülen gefüllt waren.
allein in demselbeo Sudiom fand sieb» wenn die
Dabnböhle mit dem wftiss-a)ilebigtn Gholeraflulduii
gebadet war, ein anderoBal ein« Anschwellung der auf-
quellenden und wie maoeririen Zotten, uad ihr Ept-
thelialüberzug zeigte eine Neigung zur AbUtoueg, xar
Exfoliation. Die Gefässe der Zottee waren entweder
hyperämisch, oder anämisch, dann jedoch immer
noch deutlicher zu erkennen » als im normalen Zu- |
Stande, woraus P. auf eine kurz vorausgegangene l
Hyperamie schliesst. In den Zotten lagen zuweilen
zersetzte Blutkörperchen (Pigment) und Gallenfarb-
stoff; das Gewebe der Zotte, wo sie von Epithel eot-
blösst war, erschien erweicht, macerirt, ihre Spitze
zerfetzt (chiffonnöes), flockig, exulcerirl, mortificirt
Diess letztere fand sich hauptsächlich in den Species '
der gemischten Gattung.
Die Ablösung des Epithels ist abbänfig von der j
Maceration und der cholerischen Emulsion. Es ist
eine schwere AlTection, alleii sie isl weder wesent-
lich, noch charakteristisch fttr die Cholera* Viel-
mehr findet sie sich nach P. auch in der ebronisehea
Diarrhöe» dem Typhus, der Buhr nnd ander» Krank-
heiten des Darmkanals ; fierner findet man sie nicht
immer im Stad. algid. der Choleia, weugsUM nicht
in der Ausdehnung, dass diess als die üauptverände-
rung betrachtet werden könnte; endlich ist nie
offenbar die Folge der Maceration in der Cholera-
FlUssigkeit.
S» weit die Angaben von P. Bs erbellt daraus
v«A selbst e)ne gewisse Ungenauigkeil. Bald spricht
et von eijier cheicrisehe» Flüssigkeit , baM von einer
eliolerischen Emulsion. Nimmi: men diess letitere m
dem gewöhnliehea Sinne, dasS' eine «i« fein verlhetlr
kern Feit gemengte Flissigkeit vorlMiide» sein soll,
so könnte die cholensehe Emolsieo mir eine Penn
des Chymus. sein , der unverdaut im Darme fortgeht.
Diess ist nun freilich oft genug der Fall , doch hat
das nichts Specifisches für die Cholera und es w^k
dann gewiss besser gewesen , Chymus zu setzen» als
cholerische Emulsion. Soll aber damit die zuweilen
emulsionsartige, namentlich in den obem Abschniuen
des Decms zuweilen dickliche , fast breiartige Masse
bezeichnet werden, die später durch eine weiiere
VerdUnnuJig die reiswasserartigen Aualeerungeft bil-
det, so könate hier Emulsion nur eine mit sahlreicliea
Epitheüakellen des Danns gemischte Flüssigkeit be»
zeichnen. Das eigentliche Cholera -Fluidum ist. un-
serer Ansicht nach das seröse Exsudat, das hHufig 9U
fast reine Kochsalzlösung, manchmal als eine leicht
albuminöse Flüssigkeit auAritL Dieses an sich fortt*
lose und nicht emulsive Fluidum ist es, das aUerdiags
auch nach unserer Ansicht die Epitbelien ahltfat, ab-
spült, abmacerirt, und dadurch dann ein emttlstvee
Ansehen gewinnen kann. Wirkt diese Emulsion asf
die Darmzotten zurück, werden diese von ihr gelränht»
imbibirt, so kann natürlich nur das Fluidum» u* nickt
die darin suspendirten Zellen imbibirt werUen; die
Zotten können davon nicht milchig, sonderai Dvr
wassersüchtig , teigig werden. Sollte degefnen Ghy-
Pirogoff» patYioL Anatomie d. Cholera.
371
mas, fettrge Emulsion in die Zotten gelangen u. darin
das milchige Anscheu hervorbringen, so kann es sich
nicht um blose Imbibition oder Maceration handeln,
sondern es ist Absorption , es ist Digestion vor-
handen.
Die ffSuflgkeit des Vorkommens von Fett in den
Darmiotten hat schon BOhm gezeigt u. eine grosse
Zahl von Abbildungen davon geliefert. Ref. hat diese
Erscheinung oft gesehen und allerdings in allen die-
sen Ffillen die Deutung zulassen mUssen, dass aus
fettreichem Ghymus eine Absorption von Feit, das dann
nicht weiter gebracht wurde, stattgefunden habe, dass
also der Digestionsvorgang durch den Gholeraprocess
unterbrochen sei. Auf Taf. VI, Fig. 3 ist bei schwa-
cher Vergrösserurig in vortrefflicher Weise ein Slück
Dflnndarm gezeichnet worden , das P. in die conse-
cutiven Perioden der ersten einfachen Species ver-
setzt, u. das er so deutet, dass durch die beginnende
Ablösung des Epithels u. die Aufqueliung der Zotten
durch die GholeraflUssigkeit die Oberflache verändert
sei. Dieses StQck giebt aber ganz das Bild, welches
Ref. so oft als den Ausdruck einer solchen Retentiön
absorbirten Fetts in den Zotten-Spitzen erkannt hat.
■an sieht Überall die weisslichen, feinen Punkte an
der Spitze der Zotten, die Übrigens geschwollen
sind , und unter denen die Schleimhaut ein ziemlich
dunkles , geröthetes Aussehen , häufig durch kleine
Extravasatpunkte der Zotten unterbrochen, dar-
bietet
So charakteristisch nun eine solche Retention des
absorbirten Fettes in den Zotten sein mjg, so ist es
doch nur ein Accidens der Cholera: es gcrhOrt nicht
zu ihrem Wesen , ist also auch nicht specifisch. Es
bleibt uns für die Deutung der Schleimhaut- und na-
mentlich der Zotlen-Veranderung aUo nur die Imbi-
bition der salz- oder eiweisshaltigen Exsudation in
dieselben. Die Zotten werden dicker thpils durch
d»s Aufquellen und allmälige Ablösen der Cylinder-
epithelien, theils durch die Imbibition der Zotten
selbst. Freilich darf man hier nicht übersehen, wie
viel an diesen Erscheinungen Cadaver-Phänomen ist.
Es verhäflt sich damit ahnlich, wie Ref. es früher von
dem Anschwellen und Platzen der DarmfoUikel nach-
gewiesen hat: die im Darm der Leiche enthaltene
FlOssigkeit macht nach dem Tode häufig grössere
Wirkungen, als vorher, weil sie auf ein Gewehe ohne
Wechsel, ohne Girculation einwirkt. Allein Ref. will
auch nicht in Abrede stellen , dass Vieles vou diesen
Vorgangen bei Lebzeiten eingeleitet. Manches vollen-
det wird. Oft genug hat auch er in der bei Lebzei-
ten entleerten Masse zusammenhangende und noch
die Form der Zotten und der LieberkOhn'schen Kryp-
ten darbietende Fetzen von Gylinderepithel gefun-
den , so dass eine Exfoliation des Epithels allerdings
nicht zu bezweifeln Ist. Doch ist es gut, sich auch
hier zu erinnern , dass in der Leiche Manches hinzu-
kommt, was bei Lebzeiten fehlte, u. dass man nicht
auf Kleinigkeiten , die sehr variabler Natur sind , ein
zu grosses Gewicht bei der Glassiflcation der Zustande
l«ge.
Fragen wh* nach allem dem , was nun eigentlicl:
charakteristisch ist für Gholera, wo sie in diesei
Form auftritt, so mUssen wir sagen, es ist dcu
eigenthümUcke Exsudat mit den consecutiven Verän-
derungen, welche es an den Epithelien n. der Schleim-
haut selbst hervorbringt. Die Schleimhaut kann da-
bei Zustande der Hyperamie darbieten , die bis t\\\
aussersten Erweiterung und Anftlllung der Gef^sse u.
selbst bis zur interstitiellen oder freien Exlravasatior
sich steigern, allein sie kann auch ganz blass und
anamisch sein. Ihre Epithelien können abgelöst un<9
ihre Zotten aufgequollen sein, allein das Epithel kann
auch festhaften und die Zotten können relativ normal
sein. Das Gonstanlesle nächst dem Exsudate ist die
psorenterische Eruption, die ^nschwellnng der
FoUikelapparate, Ref. kann nach seinen Erfahrun-
gen nicht so weit gehen , wie Andere geihan haben,
dfe Follikelveranderung als das ganz Gonstante zt
betrachten, denn er sah Falle von unzweifelhafte!
Gholera im Stad. atgidum , wo die Follikel keine we-
sentlichen Veränderungen, keine Grössen- od. Farben-
verschied«nheiten zeigten.
Die nächste Frage wäre nun, ob in der Natur die-
ser Follicularsch wellungen wesentliche Differenzen
bestehen. Wir haben schon erwähnt, dass P. nur
eine erhebliche Verschiedenheit zwischen der Schwel-
lung in der einfachen und der gemischten cholero-
typhösen Form annimmt. Was die erstere , die ein-
fache Form anbetrifft , so giebt er Taf. XVI , Fig. 1
u. 12 Abbildungen bei verschiedenen Vergrösserungen
von Peyer sehen Follikeln. Er sah sie als helldurch-
schimmernde Bläschen unter der Schleimhaut, welche
Epithelialzelleo, deren Kerne, so wie Kugeln (Zellen ?)
enthielten, die einige Aehnlichkeit mit den mikrosko-
pischen Elementen frischer plastischer Exsudationen
darboten. Fig. 6 — 9 zeigt Solilärfollikel unter ver-
schiedenen Verhältnissen; in den Bläschen sollen
hier Elemente enthalten gewesen sein, die mehr Epi-
thelialzellen und ihren Kernen, als pyoiden u. plasti-
schen Kugeln glichen. Diese Angaben sind ebenso
wenig bestimmt, als die Zeichnungen genUgeni}.
Namentlich ist es dem Ref. nicht einleuchtend, was
unter den Kugeln der plastischen Exsudation verstan-
den sein soll. Epilhelialzellen kommen als solche
gewiss nicht in den Follikeln vor, und was Bef. ge-
sehen hat, beschränkt sich auf das Vorkommen von
Elementen, die auch im normalen Follikel liegen,
hauptsachlich kern- und zejlenartigen Gebilden , den
sogen. Enchymkörnero der Lymphdrüsen gleich, höch-
stens gemischt mit feinkörnigem Fett. Es ist hier
also keine Veränderung zu sehen , welche über das
Maass einer acuten Hypertrophie hinausliegt, keine,
welche fttr die Gholera charakteristisch oder nur ihr
eigenthümlich wäre. Es ist ein Verdienst der Wie-
ner Schule, gezeigt zu haben, wie oft solche Follikel-
schwellungen zu Stande kommen, ohne dass beson-
dere Darmerscheinungen vorausgegangen waren, wie
oft sie sich namentlich bei acuten Todesfällen zeigen.
Piro go ff selbst sagt bei der Erklärung der Taf.
372
Pirogoff, pathol. ADatomie d. Cholera.
XVI , Fig. 6 — 9 9 wo SoliUrfoUikel vergrOssert dar-
gestellt sind , sie seien ein wenig geschwollen , wie
man sie oft bei verschiedenen chronischen Krankhei-
ten der Darmschleimhaut treffe. Das, was sie für
die Cholera besonders charakteristisch erscheinen
lasst, ist ihre Grösse und die Ausdehnung der Erup-
tion,'die zuweilen vom Munde bis zum After reicht.
Die seltsame Erscheinung, dass zuweilen fast nur die
solitären , isolirten , andermal fast hur die agminir-
ten, Peyer'schen Follikel afticirt waren, lässt sich bis
jetzt nicht genau deuten. Immerhin haben wir hier
eine Erscheinung, welche mit Katarrhen der Üarm-
schleimhaut, mögen sie schleimig, serös oder blutig
sein, oft genug zusammenfällt und welche wir daher
auch nur als ein Glied in der Gesammtreihe der ka-
tarrhalischen Vorgange betrachten können. Die Hy-
perämie, welche sich im Umkreise der Follikel und
der Peyerschen Plaques nicht selten in so grosser
Intensität zeigt, trügt, wie es schon früher von
Gendrin, Phoebus u. A. gezeigt und auch vpn
Pirogoff angedeutet wird, gewdbolich den acuten,
activen, entzündlichen Charakter, und wenn wir da-
her den ganzen Local Vorgang als eine katarrhalische
Entzündung deuten, so würden wir auch die Follikel-
schwellung als das Resultat einer ahnlichen Reizung
betrachten müssen, wie sie sich an den Lymphdrüsen
so sehr oft beobachten lässt, und wie sie sich auch
bei der Cholera in der eigenthümlichen Anschwellung
der Mesenterialdrttsen zeigt.
Von dieser einfachen Follicnlarschwellnng unter-
scheidet P. sorgfältig die typhoide. Er meint damit
also nicht eine solche, die aus wirklichem Abdominal-
typhus, Typhoidfieber, hervorgegangen ist, sondern
eine der Cholera eigenthUmliche , aber der typhösen
ausserordentlich ähnliche. Ausser der schon erwähn-
ten Abbildung (Taf. IX, Fig. 1) finden wir noch ein
Paar sich hier anschliessende. Zunächst Taf. X,
Fig. 2 der Darm eines Hospitaliten, der seine Diarrhöe
einige Tage verborgen gehalten hatte und dann im
Zeitraum weniger Stunden an der Cholera algida zu
Grunde ging. Die Peyer'schen Plaques waren unge-
wöhnlich lang (8 — 10 Ctmtr.), von blassgelber
Farbe, geschwollen , von einem rolhen Rande umge-
ben. Ihre beträchtliche Anschwellung und die Ver-
änderung ihrer Farbe hing von einer plastischen, aus
Kugeln, die den pyoiden Leberl's glichen, zusam-
mengesetzten Exsudation ab, so wie von der Auflrei-
bung der Zotten der betrefTenden Schleimhaut. —
Etwas Aehnliches zeigt Taf. XIV, Fig. 1. Der Kranke
war im typhoiden Stadium zu Grunde gegangen, und
die Peyer'schen Plaques waren mehr ungleich, höcke-
rig und wie durchlöchert (raboteuses et comme
piquetees); das Cylinderepithel ist von den Zotten
ganz abgelöst und es entsteht dadurch der Anschein
einer Ulceration, die doch nicht vorhanden ist.
Pirogoff giebt drei Hauptunterschiede an, wo-
durch sich die cholero-typhöse Follicularschwellung
von der einfachen unterscheiden soll. Zunächst durch
eiae stärkere Anschwellung , so dass die Oberfläche
nicht mehr hügelig (anfractveuse), also mehr gleichr-
massig erscheint. Sodann durch ein mehr gelbliches
Aussehen, was dem reichern Gehalt an granulösen
und pyoiden Kugeln zugeschrieben wird. Endlich
durch eine viel stärkere Hyperämie des Umfanges.
Von allen diesen Angaben könnte nur die zweite ent-
scheidend sein. Denn die stärkere, mehr gleich-
massige Anschwellung und die stärkere Hyperämie
ihrer Peripherie zeigen doch nur einen hohem Grad
der LocalalTection. Dagegen würden Körnchenkugelo
und pyoide Körper, wenn sie in der einfachen Schwel-
lung nicht vorkommen , allerdings einen specifischco
Unterschied begründen ; es würde hier nicht mehr eine
blose Hypertrophie, sondern eine wirkliche helerologe
Neubildung, od. mit P i r O/g o f f zu reden, eine plast. Ex-
sudation vorhanden gewesen sein. Ref. fühlt sich hier
incompclent. Er erinnert sich dieser Besonderheit
nicht, die gewiss sehr selten sein muss. Allein
wenn er auch den Zweifel zu erheben unterlässt, ob
nicht auch hier ein früherer Process diese Besonder-
heil der Erscheinung eingeleitet und bedingt habe,' so
kann er doch nicht sagen , dass ihm die Angabe von
dem Vorkommen granulöser und pyoider Körper be-
sonders bestimmend erscheint. Die eigentlich typhöse
Infiltration besteht nicht wesentlich in einem solchen
Zustande, vielmehr hat Ref. zu zeigen gesucht, dass
auch beim Typhus die sogenannte markige Infiltratioo
aus einer endogenen und vielleicht auch weiteren,
äusserlichen Hypertrophie der vorhandenen Elemente
hervorgeht, und nicht in einer besondern, specifischen
Exsudation begründet ist (Verb, der phys.-med. Ges.
zu Würzb. Bd, I , S. 86). Es ist schon mOglich,
dass dabei einzelne Elemente eine Fettmetamorphose
eingehen und zu Körnchenzellen u. Körnchen kugeln,
granulösen Körpern werden. Es kommt auch bei
der spätem, tuberkelartigen Metamorphose vor, dass
sich einzelne, pyoide Kugeln zeigen, und endlich bei
der wirklichen Auflösung dieser Massen, der sogen.
Brandschörfe des Typhus, dass sich im Umfange
wirklicher Eiler bildet. Allein das Primäre und We-
sentliche bleibt doch immer die aus hypertrophischer
Ausbildung der präexistirenden Elemente sich entwik-
kelnde markige Infiltration.
Diese unterscheidet sich im Wesen ihres Vorgan-
ges von der einfachen Follicularschwellung nur durch
ihre peripherische Ausbreitung, aber nicht durch den
Ausgangspunkt. Noch weniger ist sie zu trennen von
den Anfangsstadien der tuberkulösen Infiltration, wel-
che in einzelnen Fällen eine so grosse Aehnlicbkeit
darbietet, dass nur die Vergleichung der weitem
Entwicklung überhaupt eine Diagnose möglich macht.
Dieses wichtigste Kriterium fehlt aber gerade in dem
vorliegenden Falle. Nirgends sehen wir einen sichern
Anhaltspunkt für die weitere Geschichte, denn der
weitere Fall Taf. XIV, Fig. 1, der möglicherweise
hierher gehört, würde höchstens die Möglichkeit einer
spontanen Resolution zeigen , die mit Resorption der
umgebildeten (fettig metamorphosirten ?) Elemente
endigte. Nirgends sehen wir aber die Scboribildung
P i r 0 g 0 f f , patkol. Anatoiaie d. Cbolen.
37;
des Typhus oder die käsige Masse des Tuberkels » u.
wir konneo also nur sagen, dass P. die Aufmerksam-
keit auf eine seltenere Venlnderüng gelenkt hat, die
graduell über die einfache katarrhalische Follikulär-
Schwellung hinausgeht , die aber weder dem Typhus,
noch dem Tuberkel entschieden anzuschliessen ist.
Vorläufig ist es noch nicht nttthig zu glauben , dass
die cholero-typhöse Form sich von der katarrhalischen
mit Follikelschwellung anders als graduell trennen
lasse. Für eine einheitliche Ansc,haiiung des Gholera-
processes ist es gewiss wUnschenswerther, auch für
die katarrhalische Darmaffection eine Reihe von Ver-
änderungen festzuhalten, die sich allmHiig zu den
seltensten Formen steigern, und auch hier hatten wir
es für sehr erwünscht gehalten , wenn die einander
nahe stehenden Formen auch in den Ahhildungen
Übersichtlich geordnet, an einander gereiht worden
wären. —
Es bleibt jetzt noch die lelzle der von P. aufge-
stellten Species (Ibrig, nämlich die sechste Speeies
der gemischten Gattung. P. giebt davon eioe Form,
6'ie pneumonische, deren Abbildungen sich auf Taf.
XV finden. Von den 3 Figuren dieser Tafel soll die
erslere den gewöhnlichen Zustand der Lungen in der
algiden Periode darstellen : das Gewebe zusammen-
gezogen , compact , trocken , anämisch, auf Schnitt-
flachen hellroth, das bald flüssige und helle, bald
dicke und dunkle Blut in dicken Tropfen aus den Ge-
issen hervortretend. Im Uebergange zur typhoiden
Periode wttrde dazu ein acutes Oedem und Bronchial-
katarrh von geringer Intensität treten. Diess wäre
also das Gewöhnliche. Allein Fig. 2 zeigt eine an-
dere, hauptsächlich im Uebergange zur typhoiden
Periode auftretende Veränderung: das Lungengewebe
weniger compact, weniger eingesunken ; seine Farbe
auf dem Durchschnitt von einem ungleichmässig ver-
tbeilten, dunkeln Braunroth, u. nur stellenweise von
dem gewöhnlichen hellen Roth. Hier und da finden
sich rudimentäre Extra vasathcrde, von dem Laennec-
schen Infarkt durch ihre weniger scharfe Begrenzung
und vielleicht durch die Veränderung des sie consti-
tttirenden Blutes verschieden ; es sind braunschwarze,
trockene, dichtere Flecke, mit schwarzen Punkten
durchsetzt, von der Grösse von Läppchen oder dar-
flber, auf dem Schnitte dichter, wie hepatisirt. Rings
umher ist gewöhnlich acutes Oedem. — Endlich in
Fig. 3 giebt P. die rothe und graue cholerische He-
patisation, die gewöhnlich während der typhoiden,
höchstens während einer prolongirten algiden Periode
vorkommt. Diese Form unterscheidet sich von der
gewöhnlichen entzündlichen Hepatisation nur dadurch,
dass ihr die erwähnten Extravasalherde vorausgehen.
Seltener sieht man rothe u. graue Lobularhepatisationen
im Gewebe zerstreut, gleichfalls ans isolirten Blut-
herden hervorgehend. Diese Gboiero-Pneumonie darf
nicht verwechselt werden mit der cholerischen Pneu-
monie, der gewöhnlichen entzündlichen rothen und
grauen Hepatisation , welche zuweilen mit dem cho-
lerischen Process vereinigt ist. Während der chole-
rischen Hepatisation in der typhoiden Periode de
Krankiioil zeigt der Darmkanal gewöhnlich keine be
sondere Veränderung, als die Exfoliation des Epit>>el
und die stellenweise auftretende Anschwellunf; d€
Solilärfollikel.
Alle drei Abbildungen sind brillant und gehöre
mit zu den besten des Atlas , wenn auch gerade hie
die Farben etwas zu Irbhaft gewählt sein möchtet
Was ihre Deutung betrifn, so möchten wir freilic
auch hier mit P. in der Auffassung der Besonderhei
dieser Zustände nicht ganz übereinstimmen. P. con
slruirt hier eine Art von Pneumo - Cholera , analo
dem Pneurootyphus der Wiener Schule, den wir i
der schulgerechten Weise auch nicht anerkennen kön
nen. Ref. sah ausser den gewöhnlichen, trockene
und relrahirten Lungen hauptsächlich zweierlei , w«
mehr dem Beginn und dem weitern Verlaufe des I)
phoiden, als des algiden Stadiums angehörte. Einmt
hämorrhagische, oft nekrotisirende Exsudate , die ii
letztem Falle eine consecnlive Pleuresie brachten
sodann eine capilläre Bronchitis, die auf das Paren
chym, d. h. in die Alveolen fortschritt, oder eine m
schwarzrolher Hyperämie beginnende , schlaffe Pneu
monie, die schnell in eitrige Infiltration ühergin
(Med. Ref. S. 89). Diese letzteren Formen würde
am meisten der cholerischen Pneumonie P.'s entspre
chen, während die erstem, hämorrhagischen Forme
dem cholero - pneumonischen Zustande angehöre
müssten. Allein das, was Ref. sah , entsprach gan
dem hämorrhagischen Infarkt von Laennec, den
was Ref. als hämorrhagische Pneumonie zu bezeichne
pflegt. Allerdings fehlt hier meist die scharfe Be
grenzung, welche nach der Theorie der Laennec'sch
Infarkt besitzen soll , allein diese ist auch in ander
Fällen nicht so ganz deutlich. Ref. fand mehr de
Ausgang dieser Herde in Brand , Nekrose und faulig
ZersetzuuK* doch will er nicht in Abrede stellen, das
bei gerin^'ern Graden dieses Zustandes auch de
Uebergang in graue Hepatisation (d. h. eitrige Infi!
tration?) eintrete. Nur scheint es ihm nicht ge
rathen , diesen Uebergang als specifisch für die Che
lera in Anspruch zu nehmon, da die Lobularpneumo
nien j;i oft genug aus Kxtravasatherden , häniorrha
gischen Eiitzündungsknoien , foyers apoplecliformc
ihren Ursprung nehmen , gleichviel in welcher Affec
tioü sie vorkommen.
Zu bedauern ist es aber, dass P. einen Zustan
der Lungen nicht mit abgebildet hat, der wenn auc
nicht charakteristisch, doch relativ häufig in derCho
lera und relativ sollen in andern Zuständen ist, nMm
lieh diis Interlobular -Emphysem. Ref. hat dtisselfa
schon in seinem < isten Berichte (Med. Ref. S. 82
erwähnt und es \a{ seitdem von verschiedenen Reofa
achtern beschrieben worden. Es ist jedenfalls eine
der wesentlichsten Zeichen der Athemnoth, welch
bei Lebzeiten vorhanden ge^rsen ist, und für di
Frage von dem Mociianismns '*er chol^schen DyspnO
nicht ohne WichtigkeiL —
87t
P i r 0 g 0 f f , pathol. Anatemie L Cholera.
Von ^611 Gracbrnnangen des aigkleii Stadiiims
bleibt uns ooeb eine Reihe zur Betracht un;,' übrig,
nämlich die Erscheinungen der venösen Hyper&mie,
der Gyanose , derjenigen also , welche der schlimm-
sten Form der Cholera, der cyanolischen oder htauen
den Namen gegeben haben. P. handelt davon haupl-
iJfchlich auf der ersten Tafel , wo das äussere , peri-
tonfiale Aussehen der Därme dargestellt ist. Er hat
vier Dttnndirme abbilden lassen , an denen die ver-
schiedenen Grade von der tfussersten Hyperämie bis
znr fast vollständigen AnHmie wiedergegeben sind. P.
sehlägt die Bedeutung dieser Zustünde so hoch , ihre
eharakterislische Form so wichtig an , dass er gera-
dezu ausspricht, man könne nach einer einzigen
Oeffnvng der Bauchhöhle der CholeraHvIte fast
ticher die Todesart diagnosticiren , selbst in dem
Falle, wo der Choleraprocess sich mit einer andern
Affection in der letzten Zeit des Lebens verbun-
den hat. Diess Urtheil aus dem Munde eines
so erfahrenen Anatomen, selbst wenn es etwns zu
enthusiastisch sein sollte, muss uns doch bestimmen,
hier etwas langer su verweilen.
Auch Ref. ist der Meinung, dass nächst dem
eigenthUmlichen Darminballe, dem mit abgelösten
Epithelialmassen gemischten cholerischen Exsutlat,
dem berühmten Reiswasser nichts so charakterisliscb,
so constant und so augenfällig ist, als die äussere
Färbung der Darme. Als er im J. 1848 den er^len
in Berlin vorgekommenen Cholerafall secirle, trug er
nicht das geringste Bedenken , ihn sofort für einen
ächten zu erklären, trotzdem dass die bedeutendsten
Aerzte und Kliniker darüber spöttelten. Er hatte
früher keine Choleraleiche gesehen , allein das , was
ihm hier entgegentrat, war so abweichend von dem,
was er sonst ges(;hen hatte, d.iss diese Neulioit allein
die Besonderheit des Falles zu beweisen sphien (Med.
Ref. S. 28). Leider muss er aber sofort hinzufügen,
dass die Tafeln von P. nicht ganz genügen, diese Eigen-
thümlichkeit zu zeigen. Der Charakter dieser Zu-
stände lässt sich nicht erschöpfen , wenn man eine
einzelne Darmschlinge abbildet; dazu gehOrt noth-
wendig die Ansicht der Gesammtheit der Darmwin-
dungen , wo möglich die Ansicht der ganzen Bauch-
höhle. Froriep hat dieses Desiderat in einer für
die damaligen Anforderungen sehr genügenden Weise
befriedigt; um so mehr wäre es zu wünschen gewe-
sen, dass P. mit den vortreiTlichen Mitteln, die ihm'
zu Gebote standen , es nicht versäumt hatte , auch
hier den gesteigerten Anforderungen der Zeil nach-
zukommen.
„In Beziehung auf die Oertlichkeit des Blutes*',
sagte Ref. (Med. Ref. S. 82). „bestätigte es sich im-
mer, dass es in den Venen bis zu ihren Wurzeln hin
aufgehäuft war, während die Arterien und Capillaren
(relativ) leer waren. Auffallend und mechanisch
nicht recht zu deuten war die grosse venöse Hyper-
ämie der Dünndärme bei der Blässe , welche ge-
wöhnlich der Magen und Dickdarm zeigten. An
den hyperämischen Zotten Hess sich mikroskopisch
die Injection fast immer nur an Venen nachweisen. '^
Diese letztere Angabe, welche vielleicht etwas zwei-
felhaft erscheinen könnte , wird es wohl etwas we-
niger, wenn wir an die nenen Beobachtungen von
Frey und Ernst erinnern, womach gerade am
Darme die Venen sich ganz oberflächlich aus den der
Darmhohle zunächst gelegenen SchleimhautgefilsseB
zusammensetzen, während die Arterien sich schon in
der Tiefe in ein Capillarnetz auflösen , das dann zu
den superGciellen Venen aufsteigt. Allein das Auf-
fälligste bleibt doch immer die intensive Hyperämie
der dünnen Därme bei der relativen Blässe des Ma-
gens^und Dickdarms. Während nicht selten noch die
untersten Theile des Dünndarms die dichtesten und
gefuHtesten Gefüssnetze darboten, schnitt am Blind-
darm die Röthe plötzlich ab, und fast ebenso acut be-
gann sie zuweilen am Zwölffingerdarm. Es war also
keineswegs das ganze Pfortadersystem in demselben
Zustande der Hyperamie und es war nicht gut mög-
lich, aus blos mechanischen Gründen der Stauung,
etwa bedingt durch die Asphyxie, diese Anbänfüng
von Blut zu erklaren ; es musste vielmehr noch ein
locales Motiv zu Hülfe genommen werden , und diess
darf wohl nicht davon getrennt werden, dass nämlich
der Dünndarm der zuerst u. am intensivsten erkrankte
Theil ist. Ref. hat einigemal die cholerische Exsuda-
tion in dem obern Theile des Darms gefunden , vrlh-
rend selbst im tiefem Theile des Ilcum und nament-
lich im Dickdarm noch die gewöhnlichen , fäcalen
Inhaltsmassen zugegen waren. Man kann also aof
eine Lahmung dieser Venen, man kann auf die durch
die Exsudation seihst veränderte Mischung, die Ein-
dickung und die dadurch gesetzte Schwerbeweglich-
keit dieses Blutes provociren. Es sind dann nicht blos
die subserösen und siibrnusculnren GeHtsse, aufwei-
che P. ivewiclit legt, die man von aussen her deutlich
in ihrem Verlauf erkennen kann , sondern man sieht
auch die Gefasse der innern Schichten durchschimmern,
und das giebt gerade diesen Därmen das charakteri-
stische rosige Aussehen, den gleichmassigeren Grund,
auf dem dann die stärkeren venösen Stämme der äus-
seren Schichten um so deutlicher und schärfer her-
vortreten. Diese letzteren sind auf der ersten Tafel
von P. sehr gut wiedergegeben , und die verschiede-
nen Weisen ihrer Anitlllung wohl auseinander gebal-
ten. Für Jemanden, der sich mit dieser Anschauung
vertraut machen will , ist daher gerade das Stadium
dieser Tafel zu empfehlen, um so mehr als sich selbst
in der Erinnerung des Erfahrenen die Eigenthtlmlich-
keit dieser Erscheinung etwas verwischt und es dem
Ref. spater passirt ist , dass er in Fällen , wo keine
Cholera zugegen war, ein ganz ähnliches Bild zu
sehen glaubte und er immer wieder zu Abbildungen
recurriren musste, um sich das Specifische dieses
Anblicks wieder lebhaft zu vergegenwärtigen.
Es bleiben jetzt zur Betrachtung noch übrig die-
jenig<!n Abbildungen, welche die hauptsächlichsten
Folgesustände am Darm darstellen. Wir hallen
uns dabei an die von P. selbst in seiner Vorrede
aufgestellte und schon frnher erwähnte Eintheilung:
Pirogotf , paÜML ÜuliMiie d CiMkr«.
S71
1) Die ebolerischoB ükeratiMiMi der Peyer^scbei
Plaque« in Folge der Brweichang dier in die
Plaques abg^gerten Materie.
Sie finden sieh im Alfgeroeinen nicht häufig, un-
terscheiden sich aber durch ihre äussere Form auf
eine ziemlich scharfe Weise von den andern Ge-
schwürsformen des Darmkanals: typhösen» dysente-
rischen u. s. w.
Taf. VI, Fig. 2. Cholerische UIcerattoo einer
Peyer'schen Plaque. Die in der ersten Periode der
Krankheit angeschwollene Plaque zeigt in der typhoi-
den Periode ein Loch mit hervorragenden u. von ein-
xeloen, zerstreuten« in ihrem Gründe von Ablagerung
Creien Zotten aberdeckten Rändern. ,,£f ist schwer",
setzt P. hinzu, „zu bestimmen, ob diese kleme Aus*
höhlung immer von einem ^ubslanzverlust herrührt.*'
Taf. IX, Fig. 5 — 6. Cholerische Ulceration des
lleum. Es ist sehr selten, diese Ulcerationen so be-
stimmt ausgesprochen zu sehen, wie sie es in diesen
beiden Figuren sind, ff^ir (P,) haben davon nur
3 Fälle beobachtet. 0er Tod erfolgt gewölmlich.
bevor diese Ulcerationen sich. ganz ausgebildet haben.
Die Peyer*schen Plaques zeigen hier eine höckerige,
ungleiche Oberflache ohne specifische Ablagerung von
Materie ; die Zotten sind bald vollständig zerstört und
abgelöst, bald ihres Epithels beraubt und über die
erhabenen Punkte der Geschwüre verstreut; die
ganze ulcerirte Oberfläche ist indurirt, mit leicht hy-
perämischen Rändern im Relief, von hellbrauner Farbe.
In den 3 beobachteten Fällen hatte die typhoide Pe-
riode ziemlich lange gedauert.
2) Die cholerischen Ulceratioiea in Felge des
AbCnUens der hämorrhagischen Schorfe im
Dickdarm.
Taf. V, Fig. 4 (schon erwähnt).
3) Erweicbung', MortificalioB , reticulirter Zu-
stand der Peyer'schen Plaques, Exfoliation
und Abfallen der Zotten, Veränderungen der
SolitärdrUsen , dysenterische Exsudationen.
Brate Species der einfachen Cholera: Taf. VI,
Fig. 3. Anschwellung der Dünndarm-Zotten. (Schon
etwäbni.) — Taf. Vll, Fig. 3. lleum mm der ty-
plieiden Periode, die mehrere Vage gedauert hat:
hm den scheinber eiulcertrten Peyer*seben Plaques
findet man nur Anschwellung , Hyperämie der Zotten
mtd sehr kleine Exoicerationen iwiflchen den Zotten
ohne irgend einen Substanzverlost der ScbleimhauL
Die neseraischen Drüsen sind angescb wollen, wie im
Typbuft. Der Darm eaUiält eine sanguinoiente FlUs*
sigkeiL Fig. 4. Dickdarm in ähnlicher Weise, wie
io andern Affectionen des Darmkanals, mit leicht anä-
miecher Schleimhaut, welche mit kleinen, festen Punk-.
len, die dnelsle Ränder besitzen (A bords fiinc6s), be-
decLl hu E» sind diess Solilärkrypien , welche
von ibver Hyperiinkie nnd frühem Anschwellung nur
einen braunen Hof zttrttekbefaaltea baben und ibrea
fipilbds beraabl sind. Dieselben sind auf Taf. XVI
Fig. 7 dreiaeigmal vergröMeri dargeatelH, um nanenti
lieb den Gefässkrant und die aus Extravasat hervor
gegangenen acbwaraen K^ner von Schwefeleiaen v
zeigen , die den dunkeln Hof bilden. — Tat. VU
Fig. 5. lleum mit Zotten , die geschwollen und er
weicbv sind, sieb stellenweise loslösen und mit eine
dunkelgelben , aus amorpher Masse , sbgelöaten EpL
tbelialzellen , kleinen Krystallen und Gallenfarhsiel
heatehenden Lage bedeckt sind. Lt*tzAere idt Tai
XVI, Fig. 10 u. 11 vergrösaerl dargestellt, ala Brand
acherf (eseharre) bezeichnet und in ihrer Zusammen
Setzung als ideniisch nii der zuweilen den Gbelerai
process begleitenden dysenterischen Exaudation be^
stimmt ; zugleich ist auf Taf. VI , Fig. 5 verwiesen
wo der einfach diphtheritischc Process der Choleri
sich findet.
Taf. IX, Fig. 2 zeigt auf den reticulirten Peyer*-
sehen Plaques und auf den Solitärfollikeln Vertiefun-
gen (enfuncements) in Form kiemer Punkte mit Abla-
gerung eines dunkelgrauen Farbstoffes in Folge dei
Slase zersetzter ßlulkörperchen , bei gleiclizeftigei
Exfoliation des Cylinderepilheis Aer Zotten. Dh
Schleimhaut befindet sieh in einem anämischen Zo*
Stande. Fig. 4 stellt eine schwere Verletzung dei
lleum dar, welche man gewöhnlich als den normale]
oder fast normalen Zustand der Schleimhaut betrach-
tet. Die Membran ist glatt, vollständig anämiscfi:
ohne irgend eine Ablagerung ; betrachtet man sie un-
ter Wasser genau mit derLoupe, so erkennt man, dast
sie so zu sagen kahl , d. h. ihrer Zotten vollständig
beraubt ist. Die ihrer Epithelialflberzüge entbehren-
den Trümmer dieser Zotten sind hier und da insel-
förmig gesammelt; die Peyer'schen Plaques sind durcl
reticuläre, mit blosem Auge kaum erkennbare Ver-
tiefungen ersetzt, bei deren mikroskopischer Unter-
suchung sich findet, dass die Schleimhaut zum Theü
zerstört und unter ihr die Muskelhaut deutlich sicht-
bar geworden isU Hier ist also die Exfoliation des
Epithels, die Anschwellung, Erweichung u. Ablösung
der Zotten vorausgegangen.
Zweite Species der einfachen Form : Taf. VI, Fig.
1. lleum mit einer braunröthliciien, klebrigen FlUs-
sigkeiL imbibirt ; die Peyer'schen und soiitüren Fol*'
likel geschwellt , von einem hyperämischen » dunkel-
rothen Hof umgeben und bereit, in den Zustand der
Exulceration überzugehen. Es ist diess die secundäre
oder consecutive Hyperämie der Plaques und Follikel.
— Taf. Vll, Fig. 1. Dickdarm mit dunkeln Rlut-
suffusionen der Schleimhaut um die isoliriea Follikel,
welche die Spuren einer vorausgegangenen Hyperämie
zeigen. Ausserdem sieht man eine grosse Anzahl
kleiner, oberfläciiiicber , inselförmiger Ulcerationen.
— Taf. X, Fig. 1. Die kleinen Säcke der SoliUr*
folJtkel sind hervorragend, hart anzußihlen und mii
duukeln Punkten abei;»treut. Die Plaques sind ge-
schwellt, von einem hyperämischen üof umgeben u.
bereit» sieb zu exukeriren.
376
Pirogoff, palhol. Aaatomie d. Gbolert.
Gholero- dysenterische Form: Taf. Vll, Fig. 2.
IleunQy 15mal unter der Loupe vergrOssert. An den
exalcerirten Stellen der Schleimhaut, welche schon
die Muskelhaul sehen lassen und sich dem hiosen
Auge unter einer ungleichen Form darstellen, zeigt
das Mikroskop inselfbrmige Erhebungen , aus kleinen
rundlichen Kysten oder Bläschen bestehend , die mit
einer trüben, milchigen Flüssigkeit gefttlU sind. Es
sind diesa SoliUfrfollikel « die bald mit Zotten beklei-
det, bald nackt sind. Eines der Bläschen ist künst-
lich mit einer Nadel eröffnet und nach dem AussOiea-
lea seines Inhalts collabirt. Die Zotten sind geschwol-
len and mit einer zur Ablösung bereiten Epitheliallage
bedeckt —
Wir haben die Erlüuteningen dieser Zustande
möglichst vollständig wiedergegeben, weil sich so am
deutlichsten übersehen lasst, wie sehr P. hier einer
leitenden Uebersicht entbehrt hat. Hatte er sich
darauf beschränkt, die möglichen Ausgange zusam-
menzustellen , je nachdem die Cholera die katarrhali-
sche oder die diphlherilische Form der Enierilis an-
nimmt, so würde es nicht schwer geworden sein,
auch diese Foigesustände gonau und klar zu ordnen.
Allein die Gattungen und Species bringen hier Ver-
wirrung hervor; Pi selbst weiss zuweilen nicht recht,
wo er die einzelnen Zustande unterbri/igen soll , und
mehrere Zustände, die wir der Kürze wegen zu der
ersten Species der einfachen Cholera gestellt haben,
hat er seinerseits ganz unrubricirt gelassen. Für
manche Species hat er überhaupt gar nichts von ihren
möglichen Ausgängen beigebracht.
Es zeigt sich ferner gerade hier, wie wenig aus-
reichend die Krilerien sind , die P. bestimmt haben,
Diphtheritis , Dysenterie und schorfliildeode Hämor-
rhagie zu trennen. In der Erklärung der Taf. XVI,
Fig. l(Xu. 11, zusammengehalten mit Taf. VI, Fig. 5
u. Taf. VII, Fig. 5, werden diese drei, sonst so sorg-
sam getrennten Zustände in sehr nahe Verbindung
gebracht und noch ausserdem der einfachen ersten
Species angenähert. Neben der specifischen choleri-
schen UIceration und derjenigen, welche durch das
Abfallen der hämorrhagischen Schorfe entsteht , wer-
den noch die cholero - dysenterischen und eine Reihe
von Zuständen erwähnt, welche die Tendenz und die
Bereitschalt zur UIceration zeigen sollen , und dann
wieder eine Reihe von Fällen berührt, wo nur der
Anschein einer UIceration bestand, oder wo es sich
nicht genau bestimmen Hess, ob UIceration da war
oder nicht.
Ref. hat sich nicht überzeugen können , dass es
eine specifisch-cholerische UIceration, oder ein« Reihe
verschiedener Ulcerationsweisen der cholerischen
Darmschleimhaut gebe. Alle Formen, die er sah,
Hessen sich mit Bestimmtheit auf emfache oder hä-
morrhagisch-diphlheritische Verschwärong beziehen :
der diphtheritische oder hämorrhagische Schorf löste
sich bald und hinterliess einen Substanzverlust, der
je nach Umständen sehr gross oder sehr klein sein
konnte, und demnach eine grössere oder kleinere
GeschwOrsfläche erzeugte. In der Mehrzahl, der
grossen Mehrzahl der Fälle bildeten sich diese Ver-
schorfungen auf der Fläche , und es konnte dann ge-
schehen , dass sie sich über mehrere Follikel hinweg
ablösten, wie es von P. recht gut auf Taf. VII, Fig. 2
wiedergegeben ist. Andermal fanden sich ganz
kleine, zerstreute Substanzverluste, wie es auf TaL
VII, Fig. 1 abgebildet ist. Der seltenste Fall ist
jedenfalls der, wo sich diese Zerstörungen auf die
Peyer'schen Plaques beschiänken.
Ref. erwähnt einen solchen Fall von einer am
1. OcU 1848 gemachten Autopsie. Es fand sich hier
„das merkwürdige Verhältniss , dass die diphtheriti-
sche Entzündung sich auf die SoliUfrdrflsen und die
Peyer sehen Haufen beschränkte, während es sonst
gerade umgekehrt ist. Be hatten sich auf den mei-
sten, stark angeschwollenen und hyperämischen Drü-
sen Erosionen der Schleimhaut gebildet, so dass
eine gewisse Aehnlichkeit mit Typhus nicht zu ver-
kennen war ; diese stieg noch dadurch , dass die Me-
senlerialdrüsen , besonders am Cöcalstrang, bis zur
Grösse von Wallnüssen geschwollen, sehr hyperämish
und brüchig waren." (Med. Reform S. 105.) Die-
ses letztere Verhältniss der Mesenterialdrüsen , wel-
ches gewiss höchst merkwürdig ist , findet sich auch
einmal in der feinen Anmerkung P.*s zu Taf. VII, Fig.
3 berührt. Die Redeulung dieser Beobachtnngen
wird besonders sehr gross, wenn man damit eine, wie
es scheint, immer übersehene Beobachtung von Cr u-
veilhier zusammenstellt, dass im Typhus sich zu-
weilen eine pseudomembranöse Enteritis finde, in der
ein mehr oder weniger ausgedehntes Stück des Dünn-
darms u. des benachbarten Theils vom Dickdarm mit
einer käseartigen, sehr adhärenten , gelMichweissen,
mehr oder weniger bröckHgen (morcelie) Materie
überzogen ist, die für jede Zotte eine vollständige
Scheide bildet und unter der die Schleimhaut dunkel-
roth ist (Anat. pathol. Livr. VII. p. 5).
Diese Diphtheritis der Follikel u. der Peyer*8chen
Plaques, zu der einige der als Cholero- Dysenterie
bezeichneten Abbildungen auf Taf. IV und V A. gehö-
ren möchten , ist es , aus der unseres Erachtens die
specifisclien cholerischen Ulcerationen P.'s hervorge-
gangen sind. Auch Reinhardt u. Leubuscher
sahen diese Form (s. ihren 16. Fall. Archiv f. path.
Anat. u. Phys. Bd. II, S. 564, vgl. S. 490), u. glaub-
ten daraus schliessen zu dürfen, dass die Angabe des
Ref., wornach die reticulirte Beschaffenheit der Peyer-
scheu Plaques, das Platzen derselben als ein Leichea-
phänomen betrachtet werden müsse, nicht überall
richtig sei. Allein es liegt hier ein Missversländniss
vor, das durch die eben citirte Stelle leicht hätte ver-
mieden werden können. Ref. unterscheidet darnach
ein cadaveröses Platzen der Follikel und eine bei Leb-
zeiten geschehende , diphtheritische Erosion oder UI-
ceration derselben. Eine Aufgabe der weiteren Un-
tersuchungen wird es bleiben müssen , festzustellen,
ob überhaupt niemals bei Lebzeiten Follikel sich er-
Talllefer» ttber Syphilis.
377
Oflhtti, was Ref. Dicht behsnptei hat, was aber
auch bis jetst durch keine Thatsache entschie-
den ist.
Zam Theil wenigstens su den Cadaver-PhSnomenen
mochte Ref. aui^h den Zustand rechnen , den P. auf
Taf. iX, Fig. 4 dargestellt hat, jene Kahlheit der
Schleimhaut, die man geradezu als Abrasion bezeich-
neo konnte. Ref. stimmt mit P. darin Uberein, diess
als das Resultat einer andauernden Maeeration der
Zollen zu betrachten, und es ist wohl mOglich , dass
eine solche Maeeration schon eine Zeitlang vor dem
Tode eingeleitet war. Allein es ist theoretisch schwer
zu begreifen, wie eine solche Abrasion ohne grosse
Blutungen oder besondere Erscheinungen reactiver
Natur zu Stande kommen sollte, und es ist vielmehr
leicht zu begreifen und auch in nicht cholerischen
Fallen oft genug zu constatiren, wie ich eine sol-
che Maeeration , Erweichung und Ablösung von Zot-
ten ohne Mortificatiou , oder im todten Körper aus-
bildet
Die meisten übrigen Erscheinnngen, welche P. hat
darstellen lassen , die verschiedenen Stadien der Hy-
p€ramie und Extravasation , die Pigmentbildung, die
Färbung und Auflockerung der Schleimhaut, die
Schwellungen der Follikel u. s. w. entsprechen, wie
der Herausgeber selbst zugesteht , Shnhchen Zustan-
den anderer, namentlich katarrhalischer Darmaffec-
tionen. Sie haben nichts Specitisches an sich und
zeigen sich in der variatetsten Weise.
Wir können daher nicht umhin, nachdem wir die
einzelnen Abbildungen und ihre Deutungen durch-
mustert haben, uns gegen die Grundanschauung von
Pirogoff von der specifischen Natur der localen
Cholera und ihrer verschiedenen Gattungen, Species
und Varietäten zu erklaren. Wir finden auch hier
nur neue Thatsachen für die einfachere und daher
freilich auch im Detail schwerere Anschauung von der
Uebereinslimmung der cholerischen Zustande mit den
Übrigen bekannten katarrhalischen u. diphtheritiscben,
einfachen oder hämorrhagischen Darmentzündungen.
Wir sind deshalb nicht gewillt , den Gholeraprocess
für eine einfache, katarrhalische oder diphtherische
Darmentzflndung zu erklären , stimmen vielmehr mit
P. darin tiberein, dass diess nur eine Local-Manifesta-
tion der krankmachenden Potenz ist. (Vgl. Med.
Ref. S. 105.) Gerade deshalb hallen wir aber sein
Werk nicht für vollendet. So gut als er die Diph-
tberitis der Gallenblase, die hämorrhagische Entzün-
dung der Lungen zeichnen liess und sie als andere,
zuweilen ganz unabhängige Localmanifestationen des-
selben krankmachenden Principe erklärte, ebenso gut
muss er auch die Diphtheritis der Scheide , die hä-
morrhagischen Entzündungen des Uterus, der Milz,
des Gehirns u. s. w. liefern. Bei seinen Hülfsmitteln
u. bei der Wahrscheinlichkeit der Wiederkehr neuer
Epidemien wird es ihm nicht schwer fallen, in neuen
Lieferungen diese Desiderate zu geben.. Dann erst
Mtd. Jahrbb. Bd. 7S. HA. S.
wird sein Atlas der pathologischen Anatomie der Cho-
lera wirklich das sein, was der Titel beansprucht,
aber er wird auch zugleich eines der schönsten und
wichtigsten Werke sein, welches unsere Zeit der
Medicin kommender Zeiten hinjlerlässt
Indem wir dem rastlosen Eifer des Herausgebers
diesen Wunsch nahe legen, glauben wir zugleich die
Hoffnung hegen zu dürfen, dass es ibm gelingen
werde, sich über die künstliche und gewaltsame Ein-
theilung, die er vorläufig den anatomischen Erschei-
nungen der Cholera angepasst hat, zu erheben und ^
diejenige Einfachheit und Einheit auch in den peri-
pherischen Vorgängen dieser wunderbaren Krankheit
festzuhalten, die er für die allgemeine Begrflndung
derselben anerkennt. Möge er zugleich darin eine
besondere Aufforderung erkennen, den versprochenen
Text bald nachzuliefern u. das reiche Material seiner
Beobachtungen nach den Grundsätzen , die wir aus
einer sorgfältigen Prüfung unserer eigenen Erfahrnngen
u. seiner schOnen Abbildungen gewonnen u. wieder-
holt befestigt haben, nochmals zu mustern.
Rud. Virchow.
28. Nonvel ezpo86 de la maladie, vin6-
nenne envUagie au point de vue de son
kistoire , de ses symptomes , de son traitement
et de sa preservation ^ par L. Tai lief er,
Dr. en m^d. Ouvrage sp^cialement destinö aux
gens du monde. Paris 1851. 8. XI u. 167 S.
(24 Ngr.).
Ob das Motto , womit Vf. den Weltmännern sein
Buch ttbergiebt: „Man muss es sich nicht allein ange-
legen sein lassen , die Kranken zu heilen , sondern
auch alle erdenkliche Mittel aufsuchen, den Krank-
heiten vorzubeugen" passender ist, als es ein anderes
gewesen wäre, lassen wir dahin gestellt, die Ab-
sicht, welche er dadurch erreichen wollte, war
wahrscheinlich die , den Leser wiederholt darauf hin-
zuweisen, dass er darin auch über die Prophylaxis
belehrt werde, u. der Schrift dadurch einen grössern
Absatz zu verschaffen. Dem Laien dürfte aber Vfs.
Werk schwerlich zusagen, da es, selbst in dem Cap.
über die Vorbauung der syphil. Krankheiten, rein
wissenschaftlich gehalten ist. Vf. führt Astruc»
Swediaur, Hunter, Cazenave u. Ricord
als diejenigen Auctoritälen an, die er zur Zusammen-
stellung seiner Arbeit benutzt habe. Er hätte indess
nicht minder Barth^lemy, Baumes, Lagneau,
Lallemand, Parent-Duchatelet, v. Swie-
ten, Ratieru. A. nennen können, indem auch
aus ihren Schriften wörtliche Citate zur Completi-
riing beigetragen haben. Ricord und Cazenave
sind jedoch diejenigen , aus deren Werken und Auf-
sätzen die meisten Stellen abgedruckt sind. Beider
Ansichten stehen sich bekanntlich einander schroff
gegenüber. Wären nun die wichtigsten Fragen, wie
die Vorrede zu verstehen giebt, in der Schrift ge-
prüft, so hätte sie, die sich übrigens ganz gut liest»
48
378
Der tlMVifi. CdMiKarhn ift itp- Syphilis.
für den Arat iDtereisaBt w«frdeii kOon^A. Vf. b«-
schrXakt »ich gleichwohl auC blose Citate , und ent-
halt sich fasi durchweg eines eines eignen Urlheüe,
so dass wir oft kaom wissen, welcher Ansicht er
selbst zugethaa ist. , Seine Compilation zerfällt in
2 Bücher , deren I. der allgemeine Theil , in 8 Gapi-
leln , 1 ) die Existenz der syphilitischen Krankheit,
2) den Ursprung, 3) die Existenz des syphilit,
Giftes, 4) die Ansteckung, 6) die Erblichkeit
der Syphilis, 6) die fFirkung des syphilit. Giftes,
7) die Behandlung der Syphilis und 8) die Pro-
phylaxis, der II. Th. in 4 Gapiteln, 1) den Schan-
ker, 2) den ßubo , 3) die constitutione lle Syphilis,
4) die Blennorrhöen bespricht. In einem Anhange
geschieht der Syphilisalion [Jahrbb. LXXII. 206]
nach Auzias-Turenne und R o u b a u d Erwäh-
nung, und werden auf den letzten 20 Seiten Re-
cepte mitgetheilt.
I. 1) Die Syphilis existirl, wie Jedermann weiss,
und^würde darttl>er kein Wort zu verlieren sein, wenn
nicht die physiol. Schule im Angesicht der unbeweish-
barslen Thatsachen das Gegentheil zu behauplen, sich
ermessen hatte.
2) Nach Angabe der Fabeln , wodurch man
den Ursprung der Syphilis zu erklären versuchte,
erörtert Vf. das fP'ann und Wo. Er nennt die Ein-
schleppung der Krankheit aus Amerika ebenfalls
eine Fabel, worin er Recht, aber nicht darin hat,
dass er Oviedo für einen spanischen Arzt aus-
giebt. Die Epidemie entstand 1494 im Königreiche
Neapel, u. wird Cazenave citirt, welcher sie durch
mehrere verschiedene Krankheiten zu Stande kommen
lässt , unter welchen einer Art Typhus der aus Spa-
nien vertriebenen Maranen die Hauptrolle übertragen
ist. Das Elend, welchem diese Preis gegeben waren,
und die Ausschweifungen der Soldaten während des
Feldzugs CarKs VIU. verfehlten nicht, zur Heftigkeit
und schnellen Verbreitung der Epidemie mitzu-
wirken.
3) Hätte ftfglich unter 1 gefasst werden können.
Vf. lässt Ri cor d, Cazenave und Raumes, die
Vertreter von 3 verschiedenen Ansichten , weniger
über die Existenz des venerischen Giftes, welches
keiner leugnet, als vielmehr über die Verschiedenheit
des Trippers und Schankers , selbstredend sprechen.
4) Beginnt mit Angabe der Ansicht, die Krank-
heit könne durch die Luft vermittelt werden , wofür
S. 23 Almenar de Bethencourt angeführt wird. Der
Spanier Almenar und der Franzose de Bethen-
court sind aber der Männer 2.
5) Ist zum grössten Theile Excerpt eines diess-
jährigen Aufsatzes von Gäzenave ans der Gazette
des Höp. [auch in dessen Annalen und den Archives
g^n. abgedruckt].
6) Konnte unter 1 oder 3 besprochen werden.
7) Lässt manches zu wünschen übrig. Der ein-
fachen Behandlung geschieht gar keine Erwähnung.
8) Behandelt feM« Airfgalbe banplsMhlidi iw
dem Sundpnnkle der mteÜt. Poütei lNf».i
II. 1) Vf. hat die Syphilidographen nicht richtig
▼ersianden , wenn er (S. 95) sagt: zufolge sehr Vie-
ler trete der Schanker unmittelbar als Geschwür aaf.
2) Dasselbe scheint bezugs des Bubo von Ri-
co r d zu gelten , welcher nicht den Bubo bubon
d'embl^e nennt , der ohne .Spur eines prim. Zufalls
auftritt, sondern einen solchen gar nicht zugiebt.
3) Nach Entwicklung der syphiltl. Diathese bat
der Kranke (wie S. 110 ohne Beschränkung angt-
|[eben ist) weder jedes Mal Patf itatienen , nocb sind
die Nackenganglien stets geschwollen.
4) Hier finden sich weniger Citate , dafllr aber
Aufstellungen, wie (S. 123): ,,die einzige nothwen-
dige Redingung , um den Tripper zu bekommen , ist
die Rerührung der Ruthe mit dem virulenten Eiter",
„die Gelegenheitsursachen reduciren sich auf eine
einzige, die Ansteckung**. Der Tripper soll nicht
vor den % ersten und. oioht später, als naek 8 Tagen
VBLta Ausbruch kooinea. Die Geneigtheit, vom Trip-
per befallen zu werden , sleigeri sich nm sa mehr,
je öfterer Einer ach^n daran gelitten (S. 127). Hier-
durch , meint Vf. , erkläre sich , wie das Uehel hei
Personen , die gründlich davon geheilt waren , nach
mehreren Tagen oder Monaten in Folge von Tafel- [?]
oder Liebes-Excessen reeidiviren kOnne. Nach ersteren
entsteht aber schwerlich ein Tripper, u. nach leto&ereo
liegt eine andere Erklärung viel näher. Auch sagt er
kurt darauf sefhst: Die Recidive in dergleieheD Fallen
werden fälschlich als wirkliche ROekßille betrachtet:
„les recidives en pareil cas sont consider^es , mais i
tort conme de v^ritables rechutea'*, wodurch er
sicherlich mehr ausdrücken will, als er sagt. Ans
dem Formular geben wir das Electuar gegen deo
Tripper zum Besten, welches er als ihm eigen ^nS^st-
fuhrt: Pondre de poivre cub^be M Grmm., Sniliate
aluminico-potassique pulv^is^ 12, Gonserte de rones
q. s., Essence de menthe 3 Gtt. M. Hiervon soll
der Kranke dreimal des Tag« so viel, als eine
Wälsche Nuss beträgt, in ungesäuertem Breie ein-
nehmen. Von dem Zittm. Deeoct soll Pat. frtth Mor»
gens V) Flasche starkes, des Mittags 1 Flaeehe
schwaches und Abend« 3 Stunden nach dem Diner
wieder Ys Flasche starkes Deeoct trinken. Diesa ist
ganz gegen die ursprüngliche Vorschrift, und wäre
es für ilen Laien, anstatt des Reoeptes, viel er^priess-
licher gewesen, wenn er ihm die dabei zu verord-
nende einfache Diät, von welcher gar nichts erwMiiil
wird , recht eingeschärft hätte. Hacker.
29. Der therapeutische C^nsiliarins in der
Syphilis. Eine alphabetisch geordnete Ztf-
sauimenstellung aller Heilmethoden , die bis-
her in dieser Krankheit angewendet wurden^
und deren Erfolg; Von einem praJiL Ante.
Wien 1851. 8. 156 C^OO^lc
Wir besitzen Schriften genug, sagt das Vorwort«
T r 0. n c i * , fiitbiitMHUd gegen . die Sff bilie.
379
mm die i>ia||nose iiiid .Tlliera|ne der Syphilis bis zur
frtitaleii YleUkomHWAJieii und Geiaoigkeit abgehaiH
deit ist; trotz dem feUt es, besonders dem Wund-
ärzte» Ml eiaem Buche, weiches geeignet wäre, ihm
in Bohwierigez Fällen als ein schneller und treuer
Rathfpeber zw Seile zu stehen. „Um daher diese
Lflcke aasziirallen /' schuf Vf. d«n Consiliarius.
Wäre iler Titel keine Lüge , erhielten wir wirk-
lich eine alphabetisch geordnete Zusammenstellung
aller Heilmethoden, so könnte wohl Mancher
Tersucht werden, sich bei dem Rathgeber, Rath holen
zu wollen« allein Vf. führt nur einige nach dem
Alphabete geordnete Schriftsteller und von diesen
einige Bemerkungen und Heilformeln oder Methoden
ao, die er hin und wieder aufgegriffen hat. Allen-
blls hätte die Gompil.ation auch dann noch berathend
werden können, wenn Vf. derselben ein Sachregister
beigegeben hätte. Trotz der alphabetischen Ordnung
der Aucloren , musste aber selbst auch von diesen
noch ein Register folgen, da viele derselben in der
ihnen dem Alphabete nach zukommenden Stelle nicht,
sondern unter andern Nansen versteckt auftreten , so
z. B. unter Berg: Kraus, Karseck, Schell-
baas, Greiser, Kahleis, Fahrenhost [Fa h-
renhorst], Jemnia[Jemina], Hasse, Rob-
ben [?] Z ö h r e r. Ward sogar Boerhaave unter
seinem eignen Namen gar nicht aufgeführt, sondern
onter Schmaus eingemietbet. Endlich aber war
auch deshalb ein solches Register erforderlich , weil
andere Schriftsteller, in die zwar an der ihnen alpha-
betisch angehörenden Stelle Aufnahme gefunden
haben, doch auch unter der Rubrik anderer Namen
citirt werden. So heisst es unter ßevergie:
„Dieser veröffentlichte eine nicht mercurielle Be-
handlung.'*
Dagegen finden wir wichtige Bemerkungen De-
vergie's Aber diese Behandlung, die doch unbe-
dingt luerher gehört hätten , unter Handschuch.
Vau Gull er i er [es gieht deren 4] erfahren wir
«ter seinem Namen weiter nichts, als dass er zuerst
die salzsaure Platiaa angewendet habe. Unter Biett
wird dagegen erwähnt, Gullerier habe Räuehe-
nifigen mit Sehwefelquecksilber , vorzüglich gegen
HflUikraakheiten , sehr wirk«Mn gefunden.
Bezugs der Räucherungen durfte Parker (cf.
diese Jhrbb. Bd. XXVII. S. 368 u. &d.LXX(. S.251)
nid»! ausgelassen werden, and unter Ricord nich.t
unerwähnt bieifoen , dass auch er sie in neuerer Zeit
häufiger aninendet.
Wenn Vf. dem Landmann Priessnitz, als
Wdsservertreter , eine Stelle unter den Aerzten ein-
räumt, so durfte er die Homöopathen, z. B. Atto-
myr und Rosenberg, welche beide besondere
Schriften Ober die Heilung der venerischen Krankhei-
ten sclirieJ»eo, durchaus niebt «nerwähnt lassen.
Ueikerhaupi suehft man nach vielen Namen vergebens.
Uttter A haben nur 4 eine Stelle orkalten , und haben
wir Adams» Alooek» Allnalt, Andereon,
Andree, Andrieü, Andrieux de Brioude,
Ansiaux, Amuissat, Arnott, Assalini,
V. Attenhofer» v. Autenrieth u. A. vennisst.
Dagegen 'begegnen wir Cläre zweimal, einmal vor
Gollin, einmal nach Guisi ni er.
Ferner finden wir die Bearbeitung sehr ungleich-'
massig. Wahrend Swediaur mit einer einzigen
Zeile und wir darauf mit der Bemerkung abgespeist
werden, dass er gegen syphilit. HaulafTectionen die
Lobelia brauche, wozu das Recept angegeben ist,
finden sich unter C o 1 1 e s 12 volle Seilen aus S i -
mon's Uebersetzung abgedruckt.
Was meine Wenigkeit betrifft, so lässt mich Vf.
die syphilit. Krankheiten so behandeln , als ich sie
bis 1833 behandelt hatte, aus welchem Jahre <t
über meine Behandlungsweise nach einem Hefte des
R US t' sehen Magazins berichtet. Diese seitdem ver-
flossenen Jahre sind aber nicht spurlos an mir vor-
übergegangen, und würde Vfs. Angabe viel besser zu
der Beschreibung passen, wie ich die venerischen
Krankheiten gegenwärtig nicht mehr bebandle. Nicht
unwahrscheinlich bin ich nicht der einzige von noch
lebenden Aerzten, welchen solches Loos getroffen.
Ich habe in den 18 Jahren hinlängliche Lehenszeichen
von mir gegeben. Sowie ich mich schon 1830 und
33 in den Heidelberger Annalen, noch mehr aber 1836
in Rust's Magazin zu Gunsten des Zittm. Decocts
bei conslitutionellen , so erklärte ich mich 1839 in
V. A m m 0 n s Monatsschrift ebenso fUr die einfache
Behandlung bei prim. Leiden, worauf ich später
häufig a. and. 0. zurück- und oft genug auf das Kali-
jod zu sprechen gekommen bin.
Doch genug; mein Endurtheil über den Gonsi-
liarius ist, dass er, in dieser Bearbeitung, keine
Lücke ausfüllt, ja dass selbst ein gut regislrirtes
Recepttaschenbuch einen bessern Rathgeber liefert.
Wären alle, oder sogar nur die vorzüglicheren und
gebräuchlicheren Mittel und , wie der Titel besagte,
,, Heilmethoden" alphabetisch zusammengestellt wor-
den , so hätte daraus wohl , bei gehöriger Umsicht
und Saehkenntniss, ein gutes Buch zum Nachschlagen
entstehen können. Hacker.
30. Priservation de la Syphilis de son ex-
tinction dans tarmee et dans les maisons de
tolirance, Traitement priservatif et curatif
de cette maladie, des dartres et des affections
scrofuleuses, Par J. P. Troncin. Dr. de
la Fac. de m^d. de Paris. Paris 1851. Ghez
Tauleur. 8. VHI. et 235 pp.
Vf. veröffentlichte bereits 1834 eine Schrift [cf.
diese Jhrbb. Bd. 7. S. 113], von welcher sich vor-
liegende nur durch einen etwas veränderten Titel und
dadurch ttnterscheideC , dass sie um 6 Bogen dicker
ist. Vfs. fortgesetztes Streben geht in dieser neuen
Ausgabe, wie er selbst S. Hl sie nennt, seinem (l. c.
angegebenen) VorftMiuungs^ und Vertilgungsmittel der
Syphilis, von ihm Antipsoroffyphilid« genannt, allge-
380 Roberth, Schatz wider den persOnl. Schatz. -— GhoaUnt, Geschichte der anat. Abbild.
meine Geltung zu verschaffen. Schon 1834 erzählte
uns vr. , dass er sich 20 Jahre Tag und Nacht abge-
müht und mittels seines Präservativ einen Erfolg er-
zielt , der alle seine Hoffnungen übertroffen habe , u.
beute schreibt er : dass er nach 30 [streng genom-
men 37] Jahren mehr als je von der vorzüglichen
Wirksamkeit seines GestmdheUswassers , des An-
tipsorosyphilides, überzeugt sei. Hätte man es allge-
meiner, namentlich in den Öffentlichen Häusern ein-
geführt, so würde die Syphilis seit langer Zeit nur
noch den Namen nach bekannt sein. Vf. war darauf
gefasst, dass man der Einführung seines Mittels viel-
fältig hinderlich sein würde, dass sich aber Personen,
die sonst nicht ohne Verdienst sind , durch eine nie-
drige Eifersucht, oder aus Furcht, eine Stelle ein-
zubUssen , die in Folge der Ausrottung der Syphflis
eingehen müsste^ alle ihre Kräfte aufbieten würden,
um sich der Anwendung des Mittels zu widersetzen,
das hatte er nicht für möglich gehalten. Ref. hat
Vfs. Lotion nie versucht, und steht ihr eine sehr
umständliche Bereitungsweise entgegen, davon ist
er aber überzeugt, dass wenn Vf. weiter gegangen
wäre, die Vorschrift dazu nicht gegeben, sondern
das Wasser als Geheimmittel ausgebolen und verkauft
halte, diess und sein Buch eine viel grössere Ver-
breitung gefunden und er eine bessere, vielleicht sehr
bedeutende, Einnahme gemacht haben würde. Aut
aut. Vf. schreibt, laut Vorrede und Text, vorzugs-
weise für die Laien ^ auch diess musste er auf
dem Titel angeben. Die falschen Ansichten der
1. Ausgabe, die Rf. zum Theil schon 1. c. tadelte,
finden sich in dieser neuen sämmllich wieder. Das
auffallendste und schlagendeste Document, dass sich
Vfs. nächtlichen Anstrengungen der letzten 17 J. auf
diese neue Ausgabe nicht beziehen, und wie wenig
er überhaupt bemüht gewesen ist, selbst die noth-
wendig gebotenen Abänderungen zu treffen, geht aber
gleich aus dem Anfange des 1. Gapitels hervor, wo-
selbst er 1851 unverändert wie 1834, wiewohl da-
mals schon nicht recht passend, sieh, wie folgt, ver-
nehmen lässt: „Die Affectionen der Geschlechtstheile
wurden noch vor wenigen [I] Jahren ziemlich allge-
mein für venerisch angesehen. Viele Aerzle wollten
oder verstanden sie nicht zu unterscheiden. Heute [?]
findet fast das Gegentheil statt; viele unter ihnen
sehen in den verschiedenen syphilit. Symptomen nichts,
als einfache, örtliche Erscheinungen, andere legen
vielen als directe Ursache eine supponirte Phlogose
der Verdauungswege unter" u. s. w. Hacker.
31. Schutz wider „den persönlichen Schutz''
oder die wirklichen vnd eingebildeten Folgen
der Onanie; von Dr. med. C. Roberth, prakt.
Arzt in Frankf. a. M. 2. Aufl. Bockenheim 1851.
8. 32 S. (10 Ngr.).
Der Titel inducirt zu der Vermuthung, Vf. werde
sich direct mit der als persönlicher Schutz bekannten
Schrift beschäftigen. Er erwähnt indess dieser mit
keinem Worte [weiter , schreibt aber sicher vielen
Aerzten aus der Seele , wenn er den in dieser und
ahnlichen Schriften spukenden Popanz der Onanie in
das richtige Licht stellt. Die ohnehin schon trost-
losen Reuigen verlieren durch die übertriebenen Schil-
derungen der Polgen, welche im schlimmsten Falle
eintreten können, alle Hoffnung. Ihren wirklichen
Leiden gesellen sich daher noch eine Menge eingebil-
deter hinzu. So wie der angehende Mediciner bei
dem Studium einer Krankheit sehr leicht und häufig
an allen den Symptomen zu leiden vermeint, welche
ihr zugeschrieben werden , um so mehr ist diess hei
dem schuldbewussten Onanisten der Fall. Das ganze
Trachten der Vff. jener Schriften entspringt dabei nur
aus Gewinnsucht, ist allein darauf gerichtet, dass
die durch die schreckhaften Schilderungen geängstig-
ten Leser zu den von ihnen ausgebotenen theuem
Rettungsmitteln ihre Zuflucht nehmen sollen. Ref.
giebt dem Vf. vollkommen Recht, wenn er die Be-
hauptung für nicht zu kühn hält, dass das Lesen sol-
cher Machwerke fast grOssern Nachtheil stiftet, als
die Ausübung der Onanie seihst. Die Scheu und
Aengstlichkeit , womit ehemalige Diener genannten
Lasters, auch wenn sie es sehr massig betrieben, bei
ärztlicher Rathholung auftreten, sind buchst charakte-
ristisch. Das Klagen über Leiden , mit welchen sie
nicht das Mindeste zu schaffen haben, folgt, und dem-
nächst erfahren wir , dass sie durch das oder jene
Buch darauf aufmerksam gemacht ^wurden. Gewöhn-
lich haben sie mehrere gelesen.
Dass Jemand, besonders, wenn bei ihm der Ge-
schlechtstrieb schon auf diese oder jene Weise ge-
weckt u. befriedigt worden war, mitunter des Nachts
eine freiwillige Samenentleerung hat, ist völlig natur-
gemäss, und können selbst 2 und 3 nächtliche Pol-
lutionen (sagt Vf. S. 25) je nach der Constitution u.
der Lebensweise der Betroffenen nicht immer zu den
abnormen Erscheinungen gerechnet werden. Wür-
den auch solche Fälle nur als höchst seltene Ausnah-
men zuzugeben sein , so müssen wir doch unser IJr-
tbeil über Vfs. Abhandlung wiederholen , die in der
That für Diejenigen, welche dem Laster entsagt haben,
ein wahres Trost- und Rettungsbuch vor ihrer Hy-
pochondrie werden kann. Nur eine Bemerkung:
„Niemand wird übrigens die Ursache eines Trippers
wo anders suchen , als in einer Ansteckung'* (S. 29)
wünschte Ref. aus dem Werkchen ausgelassen , oder
berichtigt. Hacker.
32. Geschichte und Bibliographie der anato-
mischen Abbildong nach ihrer Beziehmg
auf anat fFissenschaft und bildende Kunst;
von Dr. Ludw. Ghoulant, k. s. Geh. M.-R.
Nebst einer Auswahl von Illustrationen nach be-
rühmten Künstlern : Hans Holbein u. s. w. in
43 Holzschn. u. 3 Ghromolithogr. , beigegeben
von R.WeigeL Leipzig 1852. R.WeigeL U. FoL
XVIII u. 203 S. (engl. Einbd. 6^3 Thir.)
Für die bildliche Darstellung zum Behuf anatom.
Wissenschaft schliesst , wie Vf. in der Vorrede be-
merkt, mit Sommering u. Hascagni eine ältere
Periode ab. Der folgende Zeitraum , von dem vor-
Ghonlant, Geschiobte der anat. Abbild.
381
hergehenden darch Auffassung dea Zeichnens, so wie
durch die zu Gebote stehenden Haifsmittel wesentlich
ferschieden, gehört nicht in das Gebiet der Ge-
schichte , sondern der krit. Würdigung des liter. Be-
darfs und Vorratha für die Gegenwart. Vf. schloss
daher mit den beiden genannten Anatomen in der
fragL Beziehung ab . indem er nur noch die beiden
Sammelwerke von Lodern. Caldani berücksich-
tigte^ Hinsichtlich der bildlichen Darstellung zum
Behufe der bildenden Kunst hingegen ist ein Abschluss
mit der für die wissenschafll. Anatomie erwähnten
Periode nicht bemerkbar , weshalb die für Künstler
bestimmten anat. Bilderwerke bis auf die neueste Zeit
aufgezahlt werden mussten.
Ebenso wurde bei der Auswahl des Aufzuneh-
menden ein verschiedener Gesichtspunkt festgehalten.
Nachhaltende Wirkung und geschichtliche Bedeutung
wurden hinsichtlich der wissenschafll. -anat. Abbil-
dungen besonders berUcksichligt , und wahrend bis
und mit Vesal eine unbedingte, für den übrigen
Tlieil des 16. Jahrb. nahezu die möglichste Vollstän-
digkeit erstrebt wurde, beschränkte man sich für das
17. n. 18. Jahrh. vorzüglich auf diejenigen Erzeug-
nisse» welche bei grösserer Bedeutung mehr weniger
alle Theile des Menschenkörpers berücksichtigen.
Von den für Künstler beslimmlen anat. Abbildungen
hingegen sind nur die blosen Zeichnenbücher, wenn
sie auch einige Anatomie enthalten, ausgeschlossen,
nnd.eine vollständige Aufzählung der zur Anatomie
für bildende Künste von den ältesten bis zu den neue-
sten Zeiten gelieferten Werke versucht worden.
Die einzelnen Artikel endlich enthatten , mit Aus-
nahme weniger CoUeclivarlikel , ausser der Charakte-
ristik des betreffenden Mannes und seiner Leistungen,
mit möglichster Genauigkeit das Historische, Literari-
sche u. Bibliographische.
Es würde uns indessen hier zu weit führen, woll-
ten wir auf den Inhalt der einzelnen Artikel näher
eingehen. Wir beschränken uns daher darauf zu er-
wähnen, dass Vf. die Geschichte der Darstellung anat
Gebilde durch die zeichnende Kunst in 6 Zeiträume
eiotbeilt, deren Abgrenzung mit Angabe der jedem
angebörigen , einielnen Artikel t) wir hier anführen.
1) Die mit einem * bezeicbnelen Artikel sind mit Abbil-
dangen versehen. Ref.
Der or^te Zeitraum nmfasst die Periode vor Berengar
von Cavpiy d. h. bis 1521 und enthält folgende einzelne
Artikel: Auat. Abbild, aus d. Alterthome u. d. Mittelalter *\
Mondiuo de' Luzzi *; Marcantonio della Torre; Liomardo da
Yioci * ; Michelang. Buonarotti * *. Raffaelo Santi * *, Rosso
de' Bossi*; Job. de Ketbam*; Job. Peyligki MAgausHuniU*;
Laar. Pbryesen *. «
Der zweite Zeitraum beginnt mit Jae, Berengario
da Carpl* (iö21) und entb< ausserdem folgende Artikel:
Job. Eichmann (Dryauder) ; Giov. Batt. Caaano*; Cbarl.
Estienne*; fliegende Blätter mit vorvesaliscber Anatomie*.
Der 3. Zeitraum beginnt mit Andr. Fetal* (1Ö43)
und enibalt ausserdem folgende Artikel : Bariol. EasUcbi ;
Juan Valverde de Hamusco*; Volcber Coiter; Jan Wauters
vaa Vieringen ; Guido Guidi ; Jac. GaHlemeau ; ConsUntio
Vuroli*; Fei. Plater; Sal. Alberti; Juan de Arpbe y Villa-
faoe*; Arcbang. Piccolbomini ; Andr. Dulaurens.
Der 4. Zeitraum beginnt mit Giulio Casserio (1627)
und enthält ausserdem folgende Artikel : Casp. Baubin ; Job.
Remmelin ; Pietro Berrettini * ; Gasp. Aselti ; Jac. van der
Gracht*; Job. Vesling; Job. Georg Wirsuog; Am^ Bour«
don ; Godefrid. Bidloo * ; Bernardino Genga ; Carlo Cesio ;
Chrisost. Martinez*; Pierre Landry; William Cbeselden ; Gian
Dom. Santorini ; Knii. Buntkupferwerke ; Edme Boucbardon.
Der 5. Zeitraum beginnt mit Bemh. Sigflr. Albi-
nus* (1737) und enthält ausserdem folgende Artikel : Pieter
Camper; Alb. v. Haller; Job. Brisbane; Ercole LelH; Mich.
Franc. d'Andrä Bardon; Lamb. Sigisbert Adam ; Will. Hon<
ter; Ant. Scarpa.
Der 6. Zeitraum beginnt mit Sam. Thom, v. Söm-
mering* (1787) und enthält ausserdem folgende Artikel:
Ed. Sandifort; Cornelis Ploos van Amstel; Paolo Mascagni ;
Job. Mart. Fischer; Jean Jos. Sue; Just Chr. v. Loder;
Leop. Marco Ant. Caldani; Türkische Anatomie; Giov. Batt.
de Rubels; Gius. de Medico ; Jean Galbert Salvage*; Giam-
batt. Sabattini ; Gins. Bossi*; Köck; Georg Simpson ; John
Flaxman*; Burkh. Wilh. Seiler*; P. N. Gerdy; E. Salo-
mon und C. A. Aulich; Ferd. Berger; Julien Fau.
Den Schluss des Werkes bilden: Schriften znr
Kunstanatomie ; Erklärung der Abbild. : Literatur
der Kunstanatomie; Ergänzungen (bes. zu den Blät-
tern mit vorvesaliscber Anat. u. zu Vesal iua selbst)
u. endlich ein ausführliches Begister.
Diess der reiche Inhalt des vorliegenden Werkes,
das unseres Erachtens einer Empfehlung weiter nieht
bedarf. Denn ein Beilrag zur Geschichte der Medicin
von einem ebenso bekannten als verdienstvollen For-
scher auf diesem Gebiete , wie C h o u 1 a n t, lässt nur
Ausgezeichnetes erwarten , und für die Vortrefllich-
keit der typograph. Ausstattung, so wie der Ausfah-
rung der Zeichnungen bUrgt der Name des als grand-
licher Kenner der Kunst rühmlichst bekannten Ver-
legers Winter.
Digitized by
Google
as»
Medioiniicbe iBibli«gRi|ikfal 4«» lo«- «* Amtolt.
ۥ lledlcliiisclie Bibliographie des In- und
Anslands.
SämmiUcAe Lüerojtur, bei der keine besondere Jahreszahl angegeben ist, ist vom Jahre 1 851.
I« medletiitoclie Physik
Uli Chemie«
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WiMkMihM BMii^jIraHifo «M h«' «« üMimdi.
Wtgriref'y^ R.f Ieotte»plyii«logie«e. fiiiAneMogsta-
feln zur PhysioUgl« «. EHtwIi^kludgsgeschlehM. VolliMotflg
nm btmtb. o. beraosf. fo» A* £eler. i. Lfr«. Pol. Leipzig
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Alis« £.,. U0bec den HeehanisiiKis de» Sehen«. Rev.
Üi^r. du Midi. 19.
Barl<»v» W« Fr«, Uebar die Wirkung des GMoreform,
eine der Todlenstarre ahnliclKS MuskelcoQtracUon berviucuni^
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41. 48. 5(K »a.
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fonuge Be»bafi^Dheü der Bieaieoliar{«a«m der Muskeln, nebst
Baobacbtengea aber die muskulöse Natur der Flimmerbäf eben.
Am dem Maoofcript« ^^ «Qfll* Originals ubarsetzA u. luilge-
tbeiltTon Purkinje. M'.s Areb. 6. 1850.
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to iiikti>.-Qatonr. &1. d. k. k. Akad. VI. 4. (iabrbb. LXXJII.
18.)
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das Nervensystem. Fror. Tageaber. 413. s. a. v. Sv und
Köilik. Ztschi. L Zool. HL 3.
Carua, i. V., Bettrage zor vavgleicbaoden Muskellebre.
V. S. o. Kollik. Ztscbr. f. Zool. lll. 3.
0»&dars, G. F«» Form, Miscb«ng u. Function der ele-
mentaren Gewebetbeile im Zusammenbang mit ibcer Genese.
— — üntersucbungen über den üebergang fester Mo-
lebäte in das Gef&sa^lsA. U. u. Rf.'s. Ztaohr. Neue Folge.
1. 3.
Bamörtl, ^»y Bemar<inay a. Lecointa, Modi-
ficationen der tbierischen WäroM nacb Geauss verschiedener
tberapeatiscfaen Agentien. Gax. des ii6p. 123. (Jabrbb.
Uimi. 158i)
Eberhard, R. F., Versuche über den Gebergang fester
$4off« voa Darm u. Haut in die S&ftemasse des Körpers. H. u.
Pf.'s Ztscbr. N. F. I. 3.
Fick,. L., Geber die Himfwkction. M.'s Ajch. 5.
Froblicb, Geber einige Modifkationen des Geruchr
aiiina. SitzMgsber. d. malb.Hiaturw. KJ. d.k. k. Akad. VI. 3.
(JeltrM). UULHI. 152.)
Gensooly Geber d^n Mecbanismas des Sehens. Gaz.
das H6p. 124.
Gerlach, Geber das Hautathmen. M.'s Afcb. 5.
Hariesa, E., Zns&Ue zu Dr. v. W i 1 1 i c b 's^Bcobacb-
luog von Pilzbildung ua Hühnerei, v. S. u. Köllik. Zfts«hr.
L Zoei. ni; 3.
Heyfelder, 0., Ueber den Bau der Lymphdrüsen.
liMMC.<^b4Miidl. BfeslBal851.
Küchenmeister, Fr., Geber die Gmwandlang der
rmnea (Cyetieerci) in. Bandwürmer (Taeaien). Pi^ag. VJbrscbr.
U. 1. 1852.
L^kssalvy., Brief ober den Mechanismus des Sehens.
Rev. ther. du Midi. 20.
Lichtenfeis, R. , Geber das Verhalten des TasUinns
bei Narkosen der Central-Orgaae geprüft nach der Weberschen
Methode. Sitzungsber. d. math.-naturw. Kl. d'. k. k. Akad.
Vr. 3. (Jabrbb. hXXni. 155.)
Mayer, H. , Zar Physik des Äuge». Prag*. Vjhtachf.
?flL 4. 1881.
Middeldorpf, A. , Vorlfiuffger BerTcÄt ober die Ver-
SedenMif der inoehe» o. Knorpel itt> der Perilooäal-Hifale le-
bender Thiere. GQnsb. 2tscbr. IlL 1. 185^.
Maller, B., lieber AasocistibnsgnippflB «Dd> MÜbewe-
gungen willkurliobir Iteskein. Bcbw. C.-Zttete. 3.
Nasae^ ft^ Im QMttof^Mi f« Gebi«. Dam. Zeit-
sehr. VIll. 3.
Nega, Geber die Function der Atrio-Ventricolar-Klap-
pen tt. die Erzeugung der Berztihke. CS Wchschr. 43.
Pfiflger, E., Die psychischen Functionen der MeduUa
eblongata H. spinalis. M.'s Arob. 5.
R emak , R. , Geber den Rhythmus der Furchungen im
Froacbeie. Das.
— — Geber die sogenannten Biutkörpercben halten-
den Zellen. Das.
— — Geber extracelluläre Entstehung tbieriicbar
Zellen u. über die Vermehrang derselben durch Theiluag« Das.
1. 1852.
Sanderson, i. S.» Geber die Metamerphoae der gih
färbten Blulkfigefcben. MonltUy iourn. Decbr.
S c h i f f , Geber den anatomischen Charakter gelihatar
Nervenfasern u. über die Or8prungs(|ueUen das sympattiischen
Nerven. Arch. f. pbys. Heilk. XL 1. 1852.
Schroeder van derKolk, Waamemingeo over bet
maaksel van de menschelijke Placenta en over baren bloeda-
omloop^ Amsterdam 1851.
Schnitze, B. S.,. De adipis genesi pathologicak Dias,
praem. ornata. Gryphiae 1851. (lubrbb. LXXIIL 148.)
Stannius» Gntersuchungen über Leistungsfähigkeit
der Muskeln und Todleostarre. Arch. f. pbys. Heilk. XL 1^
1852.
Thomas, Geber gewisse Erscheinungen ^ welche sich
an den Krystall-Linsen verschiedener Thiere beobachten la»-
sen. Sitzun^iber. d. malh.-neturw. Kl. d. k. k. Akad. Vi. 3.
T urk, L., Geber secundare Erkrankung einzelner RQk-
kenmarksstränge und ihrer Fortsetzungen aum Gebu^na. Mit
einer lithographirten Tufel. Wien 1851«
(Aus d. März-Hefte d. Jahrg. 1851. d. Sitzutgsber. d.
matb.-naturw. Kl. d. k. k. Akad. d. Wissensch. bes. abgedr.)
3) Fehler der ersten Bildung.
Bernhardt (Eüeabmg), HaaMschajIe mit WolfäMicben.
Pr. Ver.Zlf . U.
Braun, (Fürth) Abnorme L^ge dar Hartfblntoe« Rheiob
Moil.-Schff. Oabr.
Deutsch, Atreala anu Aaoa p rietematafalMw N. SeÜ^
sehr. f. Geburtsk. XXX. 3.
Eschricht, Geber die FöffllkrSmmtin^n, nim^ntlieh
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de Brux. Octbr. Novbr. Dcbr.
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Deotsche Klin. 1 u. 2. 1852.
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currirenden Krankheitsgenius auf Sumpfwechselfieher. Gaz.
des Höp. 148. 149.
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schen Ausdünstungen als Ursache der Sumpffieber. L'Union.
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Bischofslein. Pr. Ver.^Zig. 53.
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demie zu Hulitsch im Ober-Neulraer Komitate. Ungar. Zeit-
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Grenze des haonov. Landes im J. 1850. Hann. Corr.-Bl.
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schr. 52.
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glottidis durch Scarißcalionen der Glottis und Epiglotlis.
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Malin, Soll in der LnngenentziVndung zur Ader gelas-
sen werden, oder nicht? Bemerkungen, veranlasst durch die
frCMiere Schrift ÜietTs „der Aderlass in d«f Lungenent-
zündung*. Pr. Ver.-Ztg. 42. (Jahrbb. LXXIII. 171.)
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chenschr. 43. 44.
Weber, Hartnäckige Verstopfung mit ftothbrecben and
Intussusception ; Naturhciiung. (Aus dem deutschen Hospital
zu London.) Deutsche Klin. 46.
S. a. IV. 2. Barbin; V.Padioleau.
7) Krankheiten der Barn' und männächen
Geschlechtsorgan e.
Borelli, J. B., Ueber einige Krankheiten der Urin- o.
Geschlechtsorgane die durch Phimos^s congenita hervorge-
bracht oder simulirt werden. Gaz. des Höp. 141.
Brightische Krankheit zur Pathologie u. Therapie
derselben. Bernh. Ztschr. V. 1.
Bvrnett, W. J., Mikroskopische Untersuchungen der
pathologischen Zustände der Nieren , vorzüglich der Brighf-
srhen Nierenkrenkheil. Aiweric, Journ. Oclbr.
Gross, A., A prnctical Treatise on the Diseases and
Jnjuris of the Urinary Bladder, the Prostate Gland and tbe
Urethra. With 106 illustrations. 1 vol. in 8., gravures, per-
calin. Pbiladelphie 18K1. (18 Fr. 50 G.)
H dring (Ludwigsburg), Catarrhns vesicae. Diabetes
mellitus. Würtemb. Corr.-Bl. 30.
Joachim, W., Zerreissung der rechten Nfere. Ungar.
Ztschr. H. 21.
— — Nephritis albuminosa in Folge derlntermilteus
entwickelt n. glQcklich beseitigt durch den Gebrauch der Tinct.
Nicotian. Das. "12.
Majer (Ulm), Blasenentzi'indung mit Brand des Mittel-
fleisches. Wurtemb. Corr.-Bl. 40.
Mazonn, J. F., Zar Patb<»logie der Brigbi'scben Krank-
heit. 1. Theil. Pathologisch-anatomische Beobachtimgea. Mit
einer lithographirtea Tafel. Kiew 18ttl.
IMktnkche Aibliai^a^lue 4es Id- u. ^oslandA.
36d
8) Hwutkrmnkheiien.
Arndlsen, A., ü«9)er eine neue PfleiueBait bein Fa*
Tut. Gaz. des H<8f . IIB.
Bayard, A. , lieber Inoculatioo im AUgeineinen uüd
Qber 4ie der Vaedna iosbetondere. Ibid. 138.
Balis, Ueber Acne varifvliforinta. ibid. 12^.
Bovrguignon, H., Ueber *Ha Utk rankheiten uad die
Eaideokung der jnänniielM*n Kratunilbe beim Mensofaen.
yUnion. 126.
B ü li ri g, MoUascam simplieK, durch Exstirpation gebeilt.
— Lepra nodosa exulcerata totius extermitutis superiuris
dextrae. — Elephantiasis exnlcerata Uibioruin pudendi majo-
mm. (Aus Prof. Jungk CQ 's Klinik.) Ocutsche kiin. 42.
C a i 1 1 a u 1 1 « Ueber 2 sehr seltene Varietäten der Arne,
über das Molluscum contagiosum und Molluscum pendulum.
Arcb. g(^n. Novbr.
Cazenave, A., Truitd des roaladies du cuir chevelu
suivi de conseiis hygieniques sur les soins a dünner a la che-
Telure. Peris 1850.
— — Üßber das Männchen der Krötrmilbe. Ann.
des malad, de la peau et de In S\pb. Octbr.
— — üeber Favus des Scrotum. Ibid. Dibr.
— — Ueber Sycosis. Gaz. des Höp. 116.
Cbausit, Deber Krätze. Ann. des malad, de la peau
et de 1^ Syph. Octbr.
— — Deber die Bedeutung der bei Haulleiden inter-
corrirenden Krankheiten. Ibid. Novbr.
Devergie, Allgemeine therapeutische Bemerkungen
über Hautkrankheiten. Gaz. des Höp. 13«. 137. 141. 144.
147. 150
Zur Therapie der Krätze. Bull, de Tlx^r. Novbr
Ehmig, Ein Fall von Variola, während regelmässigem
Yaccina-Verlaul'e. Prag. Vjhrschr. VIIl, 4.
Füurnier, Ü., Bemerkungen über einen Fall von Pur-
p'ura haemorrhagica. Gaz. des Höp. 123.
Gardner, W. H., Ueber wahre Pocken u. Vaccination.
Lond. Gaz. Novbr.
Johnson, A. H., Bemerkungen fiber Symptomatologie,
Aetiologie u. Behandlung der Pityriasis versicolor. Charleston.
Journ. VI. 4.
Mayr, Fr., Beobachtungen über .Masern, ihre Compü-
cationen, Nachkrankheitun u. epidemische Verbreitung. Wien.
Ztschr. VIII. 1. 1852.
Sands, A. L. , Ein 6'/*" langes Hörn auf dem Kopfe
einer Frau. New-York. Journ. Novbr.
Smith, H. H. , Fall von Molluscum , das durch eine
äussere Verletzung entstanden war und unter dem Mikroskope
den Charakter des Medullar-Krebses zeigte. Americ. Journ.
Octbr.
Turck, Neue Erfahrungen über eine HautMutung und
über den Durchtritt der Blutkilgelchen durch die Haut. Gaz.
des Höp. 137.
9) Syphilis u, Tripper,
A 1 q u i ^ , Ueber Inoculation der venerischen Krankhei-
ten. Rev. thdr. du Midi. 21. Novbr.
— — Inoculation der Syphilis bei Krebs. Gaz. des
H6p. 136.
B 0 u 1 e y , Inoculation der secundaren Zufälle der Svpbi-
lis. Ibid. 145.
feoye, Warum heilen gewisse Tripper nicht? Gaz.de
Strasb. 10. (Jabrbb. LXXllI. 188.)
de Castelnau, Zur Sypbilisation. Gaz. des Höp.
139.
— — Ueber Conlagiositäl der secundaren Syphilis.
Ibid. 144.
Chausit, Ueber Sy(>hilisation. Ann. des malad, de la
p«au et de'la Syph. Novbr.
CristopberSfJ. C.j Ueber Syphilis. Lancet. Ni>vbi\
D i d B y , ErfahritngeB über die Uebertragbarkeit der pri-
mären .' }>'ii!is vom Menschen auf Thiere. Gaz. de Pnr. 52.
Ehrenreich, Anwendung des Ricord'sche« Ver^'ah-
rens zur Zerlheilung syphilitischer Buboocn. Pr. Ver.-Ztg.
46.
G a u s s a i 1, Neue Beobachtung zur Aufklärung d^r iit"
schichte der Syphilis congenita. Journ. de Toul. Octbr.
(Jabrbb. LXXTII. «8«.)
Holder, H., Lehrbuch der venerischen Krankheiten
nach dem neuesten StnndpMnhte der Wissenschaft. (Med.
Handhiltl. für prnkl. Aerztc u. Studirende. 3. Band.) Stutt-
gart 18r)l.
Köhler, R. J. , Die Vernithlung der Lustseucfie ohne
Arzt oder radikale u. sichere Heilung aller venerischen Krank-
heilen u. s. w. Wien ISöl.
Latour, A. , Einleitung zu Ricord's Briefen .über
Syphilis. L'lJnion. 137.
Liniuu, C. P. , fiicord' 6 Briefe über Syphilis an
Herrn Am<^dee Latour deutsch bearbeitet. 1. u. 2. \Jx%.
Berlin 1851. •
Marcha I (de Cal vi). Ueber Svphilisation. Gaz, des
Höp. 137. 142.
Bicord. Briefe über Syphilis. L'Uuion. 131. (Jabrbb.
LXXIU. 18*4.)
Schnepf, B. , Aosteekungsfähigkeit der secnndäreo
syphilitischen Leiden durch die kiiusi liehe fnorulatiun. Ann.
des malad de la peau et de la Syph. Octbr. Novbr.
Stromeyer, Ueber Impfungen mit syphilitiscbeoi
Gifte. Deutsche Ktin. 49.
Suchanek, ßedcht über Dr. Wa II er 's Abiheilung
für Syphilitische im Präger allg. Krankenhause. Prag. Vjhr.-
schr." X. 1. 1852.
Troncin, J — P. , Preservaticm de la Syphilis, de son
extinctiun dans Tarinee et duns lei: maisons de tolerance.
Traitement preservuliv et cuniliv de cette maJadie, des d;jrtres
es des uiTections scrofuleuses. Paris 1851. (Jahrbb. LXXiU.
379.)
Wagn er (Essen), Svphilidologische Probleme. Haan.
Corr.-Bl. II. 18.
Z c i s s 1 , H. , Beitrag zur Tripperlehre. Wien. Ztschr.
VIII. 1. 1852.
S. a. JV. 2. Chereau.
10) EntoZ'Oenhildungen,
Bandwurm, die Vertreibung desselben durch ein zu-
verlässiges, wohlfeiles, schmerz- und gefahrloses Mittel in 2
— 3 Stunden u. s. w. Mit 4 Abbildungen. Berlin 1852.
(6 Ngr.)
D^granges, Solitäre Hydatide in der hnken Lunge.
Journ. de Bord. Octbr.
Dieaing, C: M., Systeraa Helminthum. Vol. II. Vin-
dohonae 1851.
Dixon, J. , grosse Hydatiden enthaltende Cyste am
Haise, Tod durch Buptur der linken Arteria subclavia. Ned.-
chir. Trnnsact. X)fXIV.
Duncan, M. , Ueber Hydatiden in der Leber. Prov.
Journ. Novbr.
Oesierlen, Fr.', Ueber den Erstickungstod durch
Spulwürmer, welche in die Luftröhre eingedrungen. Deutsche
Klin. 50.
Spangen berg, Ueber Bandwurmkuren. Hann. Corr.-
BI. IL 15.
S. a. iV. 1. Küchenmeister.
VIII. GynälLOlosle.
1) allgemeines u. einzelne KrtuMeilen,
Bainbrigge, W. H. , Fall von Ovariumgescfawuist.
Lood. Gaz. Octbr. Novbr.
390
lledicinische Bibliographie des lo - u. Auslands.
Beck, T. Sd. , Ueber Aoatomie, Physiologie u. Patho-
logie des Uterus. Times. Oclbr. Novbr.
Brierre de BoismoDt,A. , Einftuss der Meusirua-
tioD auf die Digestion. Gaz. des H6p. 121.
Chapman, W. , Ulerinblutung durch Injection ?on
kaltem Wasser geheilt. Lancet. Octbr.
Cred^, Einige Bemerkungen über Intrautertnpolypen.
BeuUche Klin. 43. (Jahrbb. LXXIII. 193.)
— — Fall fon Krebsgeschwulst im Bauche mit Durch-
bruch nach dem Dünndärme u^d der Gebarmutter. C.'s Wo-
chenschr. 45.
Demeaui, Bemerkenswerther Fall von einem Uterin-
Polypen. Gaz. des Hop. 138.
Depaui, Retroversio uteri. Ibid. 135.
Forgelf C., Klinische Untersuchungen über GebSr-
mutterkrebs. Ga;. de Paris. 41. 42.
Hannover, A., Physiologie u. Pathologie der Men-
struation. Lond. Gaz. Octbr. Novbr.
Helfft, Von der Entzündung des Gebärmutlerbalses u.
deren Behandlung nach Ben nett. N. Ztschr. f. Gehurtsk.
XXXI. 3.
Hervieux, E. , Amenorrhoe mit Bluibrechen compli-
cirt. Heilung durch die Anwendung des Elektro-Magnetismus.
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Jobert (de Lamballe), Ueber Behandlung der
Yesico-Vaginal-Fisteln. Gaz. de Paris. 48.
Leconte, 0., (d*Eu), Fall von Amenorrhoe mit eigen-
thumlicben Zufällen. L' Union. 125. (Jahrbb. LXXTII.
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Mackenzie, F. W. , Beziehungen des Uterus zu con-
stitutionellen Krankheiten. London Journ. Novbr. Dechr.
Marrotte, Ueber Uterusschmerzeii im Allgemeinen,
über die durch Lumbo-abdominal-Neuralgie erzeugten insbe-
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N^laton, Ueber Retru- Uterin -Hämatocele. Gaz. des
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Rigby, Ed., Ueber Amenorrhoe. Times. Octbr.
Robertson, J., Naturheilung einer Eierstockge-
schwulst durch Entfernung des Inhalts derselben durch die
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Szokalsky, Von der Anästhesie u. der Hyperästhesie
bei den hysterischen Frauen. Prag. Vjhrschr. VIII. 4.
Tilt, E. J. , Ueber das Verhalten der Frauen zu und
nach der Cessation der Menstruation. Prov. Journ. Octbr.
Vigues, Ueber Blutgeschwütste in der Beckenhöhle bei
Frauen. Rev. m^d.-chir. Octbr. Novbr.
Zäringer, Menstruation bei einem einjährigen Mäd-
chen. Miltheil. d. bad. ärztl. Ver. 17.
S. a. II. 2. Schröder V. d. Kolk; IV. 2. Costil-
bes; Dalmas; Joachim.
2) Operationen u. Instrumente.
Alhers, J. F. H. , Ueber die Einführung der Sonde in
die Fallopischen Tuben u. über die Bildung ^iues künsllichen
Eileiters zur Heilung der Wassersucht der Eierstocke. Rhein.
Mon.-Schr. Seplbr.
Chereau, A., Ovariolomie, Exstirpation beider Ova-
rien. L'Union. 126.
Duffin, E. W. , Erfolgreiche Ovariotomie. Mcd.-chir.
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Fa vrot, A. , Bemerkungen über eine neue Art Reposi-
tion der Lageverändeningen des Uteraa durch den R^docteiir
k air. Rev. m($d.-chir. Novbr.
Lee, R., Resultate von 108 Fällen ausgeführter Ova-
riotomien. Med. -cbir. Transact. XXXIV.
Miller, H. , Fall von Inversio uteri, Reposition am 93.
Tage. Montbly Journ. Dcbr.
Piedagnel u. Gosselin, Voluminöser Utemspolvp;
Operation durch Excision; Anwendung der Zange; Zerreis-
sung des Uterus, Peritonitis. Tod. Gaz. des H6p. 133.
Valleix, Ueber die verschiedenen Lageveränderongeo
des Uterus u. ihre radicale Heilung durch den Redresseur des
Uterus. (Pessaire intra-ut^rin articuU.) L'Union. 129.
WJL. Gebiwtsliulfe.
1) allgemeines,
Arneth, F. H. , Die Geburtshülfe in Dublin nach eige-
ner Anschauung geschildert. Wien. Ztschr. VIII. 1. 1852.
Barnes, R., Ueber Fettdegeneration der Placenta und
ihren Einfluss auf Abortus, Tod des Fötus, Blutungen a. zu
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L'Union. 155.
Hofmann (München), Sechs Fälle von Dislaceratio
uteri. N. Ztschr. f. Geburtsk. XXXI. 2. 3.
— — Jahresbericht der geburtshulflichen Poliklinik
der Universität zu München. Deutsche Klin. 50. 52.
Hob L Bemerkungen über vier Inflexionen des Uterus
mit einem Geburlsfalle. Das. 44. 45. 46. (Jahrbb. LXXIII.
336.)
Hoogeweg, Kritik eines Geburtsfalles. Pr. Ver.>Ztg.47.
— — Metast.-itische Abscedirungen in der linken
Lunge einer Wöchnerin. Das. 1. 1852.
Hüter, C. H. (Marburg), Die geburUhuiniche Klinik
an der Universität zu Marburg in dem Zeiträume vom 17. Aug.
1833 bis zum Schlüsse des Jahres 1843. N. Ztschr. f. Ge-
hurtsk. XXXI. 2. 3.
Joachim, W., Mola hydatifera durch Seeale cornutum
entfernt. Ungar. Ztschr. II. 21,
Lange, Lehriiuch der Geburtshülfe für Hebammen
gr. 8. Prag 1851. (Geh. 2 Thir. 12 Ngr.)
Metz (Aachen), Vier Fälle von Vagitus uterinus. Rkein.
Mon.-Schr. August.
— — Ueber die Anwendung der Kälte nach gemach-
tem Kaiserschnitte. Deutsche Klin. 3. 1852.
Mi stier, Uehor Sterilität der Frauen u. die Mitteigegen
dieselbe. Gaz, des Höp. 121.
Monlgomery, W. F. , Einwürfe gegen den nicht ge-
hörig unterschiedenen Gebrauch auästhetischer Mittel in der
GeburtsbälTe , in der Uebersetzung mitgetheilt von Dr. G. v.
Busch. N. Ztschr. f. Geburtsk. XXX. 3.
Medicinische Bibliographie des lo- a. Auslands.
391
Noitall, H., Deber Placenta praevia. Times. No?br.
0 e 8 1 e r 1 e 0 , J. Fr., Die Selbstwendung eioet reifen,
todtfaulen Kindes bei bereits voUstandig geborner rechter obe-
rer Extremität. Wurtemb. Zlschr. f. Cbir. a.Geburtsk. IV. 3.
Prinz, Ein Beitrag zur Lehre ?on der Contagiosität des
Puerperalfiebers. Pr. Ver.-Zlg. 1. 1852.
Ramsbotham, GeburtsbülOiche Fälle. Lood. Gaz.
No?br.
S p a e t b , . J. u. W e d 1 , C. , lieber mehrere Anomalien '
der die Frucht umgebenden Eitheile. Wien. Zlschr. VII. 10
u. 11.
Strähl er, Ein Fall von einem Riss in der Gebärmut-
ter, der durch heftige Wehen entstanden u. für die Multer
glficklicb abgelaufen ist. Würtemb. Ztschr. f. Chir. u. Ge-
hurtsk. IV. 3.
Streinz, W. , Darstellung der k. k. Gebär- u. Findet-
anstatt zu Gratz, mit vorzüglicher Berücksichtigung ihrer Ge-
schichte, Einrichtung u. Leistungen, so wie der für dieselben
aufgewendeten Kosten innerhalb des Zeitraums di*r letzten 20
J., der obwaltenden Gebrechen , endlich der Mittel zur Besei-
tigung dieser Uebelstände. Wien. Zlschr. VII. 10. 11.
Tanner, Tb. H., Zwei Falle von theilweiser Trennung
der Placenta vor der Geburt. Times. Octbr. (Jabrbb. LXXlll.
193.)
Uli mann, M., Ruckwärtsbeugung der Geharmulter bei
einer Nichtschwangern. Ungar. Ztschr. II. 21.
Ulmer, W., Drei interessante Geburtsfälle. Wörlemb.
Ztschr. f. Gh. u. Gehurtsk. IV. 3.
Waller, Gh., Fall von Placenta praevia. Times. Novbr.
.Wbitton, C. , Ruptur einer Tuba Fullopii. Prov.
Journ. Octbr.
Zeil! er, P. , Geburtshtiiflicher Hand -Alias nebst be-
schreibender Erklärung. 1., 2. u. 3. Lfrg. München.
2) Operationen tu Instrumente,
C r e d ^ , Schwere gehurtshulfliche Fälle von Perforation
u. Cephalotripsie, nebst Bemerkungen über den gegenwärtigen
Standpunkt dieser Operationen u. des Kaiserschnitts. N. Zeit-
schr. f. Gehurtsk. XXX. 3. (Jahrhb. LXXlll. 330.)
Dalton, W. , Ueher den Nutzen der langen <yeburts-
zangen. Lancet. Novbr.
Neigebauer, L. A., Ueber die Omphalotaxis oder
Reposition der vorgefallenen Nabelschnur. Günsb. Ztschr.
lü. 1. 1852.
Oidbam, Fall von Kaiserschnitt. Med. -chir. Transact.
XXXiV.
— — Zwei Fälle von Schwangerschaft mit Krebs am
Cervix uteri; glückliche Ausführung des Kaiserschnitts bei
dem einen. Guy's Hosp. Rep. VII. 2. (Jahrbb. LXXlll. 194.)
Potonnier, Künstliche Frühgeburt. Gaz. des Höp.
124.
Pretly, J. R. , Ueber den Gehrauch der Leibbinden
nach der Geburt , ihre Wirkung bei Blutungen , falschen We-
hen u. s. w. Lond. Gaz. Novbr
Rosenfeld, A. , Ueber die künstliche Erregung der
Frühgeburt. 8. Bern 1851. (Geh. «/e Thlr.)
Ruf, Aeusserst schwieriger, verspäteter Wendungs-
Fall. Würtemb. Ztchr. f. Chir. u. Gehurtsk. IV. 2.
U Im e r , W. , Wohlfeiler u. zweckmässiger Irrigator zu
kunstlicher Erregung der Frühgeburt. Das. 3.
West, Gh., Fall von Kaiserschnitt. Med. -chir. Transact.
XXXIV.
IL« lüliiderkraiiklielteii«
Artaud, Einige Worte über eine Keuchhustenepidemie.
Rev. tb^r. du Midi. 20. Octbr.
Bark er, Ueber Coma der Kinder. Times. Octbr
Barthez, E., undRilliet, F., Zur Geschichte der
Bronchitis und der Broncho-Pneumonie bei Kindern. Arch.
gdo. Octbr. Novbr.
Bidwell, E.G., Fall von Eclampsia Nutans. New-
York. Journ. Novbr.
Brown, F. J., Zwei tödtlicb abgelaufene Fälle von
Scharlach. Lond. Gaz. Novbr.
Cazenave, A., Ueber Pemphigus der Neugabornen.
Ann. des malad, de la peau et de la Syph. Octbr.
Clar, Fr., Bericht über die Zahl u. Behandlungsweise
der Kinder- dnd Ammenkninkheiten im k. k. Findelhause zu
Wien, unter der Leitung des prov. Primararztes Dr. Bednar,
in den J. 1849 und J850. Wien. Ztschr. VII. 10 u. 11.
D roste, Icterus neonatorum. Hann. Corr. -Bl. 11.
20.
Gatly, W. H., Einige Bemerkungen über die Ursachen
der Amputatio spontanea des Fötus in der Hohle des Uterus.
L'Union 141. 142. (aus d. Engl. s.. Jahrbb. LXXI. 194.)
Hauner, Vorträge über Kinderkrankheiten. Deutsche
Klin. 2. 1852.
Hoogeweg, Halbseitige Gesichtslähmung bei Neugebor*
nen. Pr. Ver.-Ztg. 49.
Kunzmann, R. , Ueber die Diarrhöe und die Cholera
der Kinder, welche im Laufe des Sommers 1851 herrschten,
mit Bemerkungen über die richtige Beurtheilung und Behand-
lung dieser Krankheiten. Journ. f. Kinderkr. XVII. 3 u. 4.
(Jabrbb. LXXlll. 336.)
V. Mauthner, L. W., Osteo - Cystosarkom bei einem
3 Tage alten Kinde. Arch. f. phys. Heilk. XI. 1. 1852.
Merei, Vorlesungen über Kinderkrankheiten. Prov.
Journ. Octbr.
Moore, W., Ueher die Incuhatiunsperiode des Schar-
lachfiebers. Dubl. Journ. XXIV. Novbr.
Morris, C. , Vorlesungen über das ScharlacbGeber.
Smith-Biddle, Exam. Octbr.
Nairne, R. , Erweichung des Rückenmarks bei einem
choreakranken Knaben. Med. -chir. Transact. XXXIV.
Purple, W. , Ueber spontane Kinderblattern. New-
York. Journ. Septhr.
Rilliet, Ueber einige Krankheiten der Respirations-
organe , die man häufig bei Kindern beobachtet. Rev.-m^d.-
chir. Octbr.
— — Ueber essentielle Paralyse bei Kindern. Gaz.
de Par. 44. 45.
Schuermans, Fr., Ueber Enteritis der Kinder.
Presse mäd. 43.
S^dgwick, W., Tödtlicher Fall von UIceration der
innern Juguiarvene nach Scharlach. Lond. Gaz. Octbr.
Spengler, Heilung eines weichen Hinterkopfs. Deut-
sche Klin. 3. 1852
Taylor, Gh., Ueber das remittirende Kinderßeber u.
über die Unterscheidung gewisser Formen desselben vom Hy-
drocephalus, Journ. f. Kinderkr. XVII. 3 u. 4.
Trousseau^ Neue Untersuchungen über die Tracheo-
tomie in der äussersten Periode des Croup. Das.
— — Ueber den Keuchhusten. Gaz. des Höp. 131.
Williams, E., Bemerkungen über Kinderkrankheiten.
Lancet. Novbr.
ILM. Chirurgie«
1) Allgemeines,
Adelmann, G. F. B., Beobachtungen und Bemerkun-
gen aus der chirurgischen Abtheilung der akademischen Klinik
ander kais. russ. Universität zu Dorpat in den J. 1845 u. 1847.
Rigaer Beiträge I. 3 u. II. 1.
Birkett, J. , Chirurgische Fälle. Guy's Hosp. Ren
VII. 2. i V V'
Casier und Schönfeld, H. , Chirurgische Klinik
des Professor Seutin vom Juni 1850 bis zum Febr 1851
Presse m^d. 41. 42. 43. 44.
Cessner, C. J. , Handbuch der chirurgischen Instru-
menten- und Verbandlehre. Mit 334 in den Text gedruckten
Holzschnitten. Wien 1852. (2V3 Thlr.)
Cooper, Br. B., Klinische Vorlesungen üb. Chirurgie.
Times. Novbr.
S9S
H^4iiiikdie BiMongrapMei des In - u^ kai^kmi».
Ferg-assoD, HliniBcle Voriesd-ngea utier Chjmrgie.
Ibidem.
Gerdy, P. N., AIIg^Mneiiie m«dicinisch'-cbiraTg. Patho-
logie mit eigenen Untersuchungen üh. das Wewn, dieZeicIwiH
lefrre, dr« aHgemeineB Aufgänge der tCniakheiten ir. iltre Ur-
sachen u. 8. w. Deutsche Uehersetzung u. Bearbeitung, 1.
n. f. H(t. Brrsibu 185t.
Heyfelder, F., und Hey fei der, (>. , Da» chinir-
gisebe u. Augenkranken-Kfraikun der Universiiäi Erlangen vom
1. Oef. 1850 1m6 30. Sept. 1851. Deutsche Kiin. 45--4».
Marshall, J. , Anwendung der ekktr. Wärme in der
prakt. Chirurgie. Med.-chir. Tfansact. X.XXIV.
Paul, J., Khnischer Bericht aus dem Hospital der
barmherzigen Brüder in Breslau vom i, 1850. Gönsb.
Ztsctvr. ir. ^. 111. I.
Ravoth, Fr., und Vocke, Fr., Chirurgische Klinik.
Eine freie Uehersetzung und ergänzende Bearbeitung von A d.
ffurggraeve's Tabi«au?i »ynupliqiies de CHnitfue clnrurgi-
cale. 1. Lfrg. Berlin 1851. (»A Thlr.)
Yelpeaa, Mechanische Rolle des Zeilgewebes h«i chi-
rarg. Krankheiten , und vorzüglich bei Eutaündungen. Gaz.
d^9 Hdp. 134.
Wagner, A., Mittheitnngen aus der chinargiBchen Kli-
nik des Prof. Dr. B. Langen heck in Berlin. I>eutsehe
Krin. 1. 1852.
V. Wallher, Ph. Fr., System der Chirurgie. V. 3
«. VI. 1. Frei bürg im Breisgau 1851.
Weber, C. A., Chirurgischer Almanach für das i. 1851.
14. Jahrg. gr. 16. 1852. (Cart. 2/3 Thlr.)
Wem her, A., Handbuch der allgemelneTi u.spociellen
Chirurgie. (10. Hfl.) Giessen 1851. (Ve Thlr.)
2) Gesv.hwütsle und Polypen,
Beck, Ungewöhnlich grosses Sarcoma medulläre. Wür-
temb. Ztschr. f. Ciiir. u. Geburtsk. IV. 2.
Bertherand, A. , Ueber nicht -syphilitische Drüsen-
anschwellungen. Gaz. de Sirasb. 10. 12.
Bourgois, Geschwulst im linken Sinus maxillaris.
Resection des Überbiefers ; Anwendung der Serres - fines.
L'Union 130.
Chassaignac, Des tumtenrs enkystees de Tabdomcn.
These presentee au> concurs pour une chaiie de clinique chi-
rurgicale vacante ä la fuculte de Medicine de Paris. Paris
1851.
Ducasse, Beobachtung über Hy^ruma hueniatodes.
Journ. de Tuul. Dccbr.
Dufour, G., Ueber eine Art Blufpeschwulsl nach trau-
matischer Verletzung. Gaz. de Paris 4t).
Gerlach, J., Der Zottenkrebs und das Osteoid. Ein
Beitrag zur Geschwuistlehre-, mit 2 Tufeln. Mainz 1852.
Geschwulst, voluminöse in der Unterieibsbölile, die
sich nach aussen lilfnele. Hev. med. Üilhr.
Humphry, G. M. , Ueber den Scirrhus und den Me-
dullarkrcbs. Prov. Journ. Od.
P h 1 1 i pe a ux , B., Ueber die Kröpfe , welche die Luft-
röhre comprimiren u. verunslalten, u. über ihre Behandlung,
nach B 0 n n 0 l. Gaz. de Par. 48. 51 .
Piorry, Zur Diagnose der Unterleibs- Geschwülste.
Gaz. des H6p. 110.
Voillemicr, L. , Des Rysles du Cou. Paris 1851.
5) Wunden, Brand, Ferbrennungen,
Erfrierungen.
Bottomley, G., Ueber Gaugracna spontanea des Fus-
ses. Pr<»v. Journ. Oct^r.
B ra u m ü 1 1 e r , J . W. , Verwundung des Mastdunus.
Würtemb. Ztschr. f. Cliir. u. Geburtsk. IV. 3.
B u t c h e r , B. G. H., Verwundung im Ellenbogengelenk,
Fractur des Condyl. ext. des Oberarmbeins u. des Köpfchens
des Radius; Heilung mit irar tAeilweiter Hokylotf«. Dubl.
Press. Ocibr.
€ a m b r e* U n> (pere) , Perferacien der Bla0e . Gtti . 4e«
(föp. 135.
Chadwick, S. T. , Schwere Schusswon^id in dem
Nacken. Lancet. Of'tbr.
Crawfortf, J. , CompKcirte Schtteswiinde d«8 Koken
Arms und der linken Schuller. Ibid. Mo?br.
Delangliard, Schwere trarumatiMbe Verletiaog des
Vurdt^rjnus. Gaz. des llöp. 130.
Heller, C. , Höchst merkwürdige Kopfverletzung mit
bedeutendem SchädHeiindruck und gefährlicher Hlutimg mit
günstigem Ausgang. Wurtemh». Ztschr. f. Chir. 0. Ge^rtsk.
IV. 3.
L a n d s b e r g , Fall von penetrirender Herzwunde^ C*i
Wochen sehr. 54.
Maybnry, Th. D. , Zufällige Verleuun« det Nn«.
Dffbl. Press. Novbr.
Neugebauer, L. A. , Contnictapr «ie« liBten Scbto*
kels im Kniegelenk als Folge von Verbreiin»ng. Guneft*. Ztschr.
11. 6.
Reinhardt, Stichwunde in den OberscbesM. Wür-
temb. 2tschr. f. Chtv. n. Geburtsk. If . 3.
Russell, Zerschmetterung fast des ganzen Schläfen-
beins , Verletzung der Dur» mafer des Geheime ufid des 7. u.
8. Nervenpaares. Lond. Gaz. Novhr.
Simon, G., UeherSrrhi]<%$wunden, verbunden mit einem
Berichte über die im grossh. Mi<lit.-Laa. zu Da^rmstadt l>etMift-
delten Verwundeten vom Sommer 1849. Alit 2 lithogr. Tafeln.
Giessen 18*1. (1 Thlr.)
T u m k i n s , Ruptur der Blase durch äussern Druck her*
beigeföhrt. Prov. Journ. Oct.
U I m er , Heilung einer bedeut<enden Zungenwund« ohne
blutige Vereinigung. Würtemb. Ztschr. f. Chir. u. Geburtsk.
IV. 2.
Watson, J.. Schusswunde in der Unken Achsel. Dubl.
Press. Octbr.
4) ^ bscesse, deschmüre, Fisteln.
Allin, M. Gh., Ueber Retro - Pharyngeal - Abscesse
New-York Journ. Novbr.
Alquie, Behandlung fungöser Geschwüre durch Ca4i>
terisation mit dem Glüheisen. Bev. ther. du Midi. 24.
Decbr.
Bonnafont, Congestionsobscess der beide Fossae
iliacae und das kleine Becken einnahm. Bev. med. Octbr.
Budd, W. , Abscess im rechten Lappen des kleinen
Gehirns mit Caries des Felsenbeins. Prov. Journ. Novbr.
Chassa i gu a c , Ueber Knoci.enHsteln des Gesichts.
Bull, de Ther. Novbr.
Evans, H. B. , Neue ßehandlungsweise der Fisteln.
Luncet. Octbr.
Fischer, C. , Melasintischer B.mchwand - Abscess mit
Vorfall einer Dünndarmschlinge. Würtemb. Ztschr. f. Chir.
u. Geburtsk. IV. 3.
H 0 d a n n , Ueber Fislula stercorucea. C.'s Wocbenschr.
43.
K re b el , R., Behandlung der atonischen Fussgeschwure.
Med. Zig. Bussl. 47. 48.
Oberstadt, Absccssus abdominis , durch den Bauch-
^tich und Injectionen von lauem Wasser in die Bauchhöhle ge-
heilt. Rhein. Mon.-Scbr. Octbr.
5) Geßsskranklieiten und Aneurysmen,
B e i 1 i n g h a m , Behandlung des Aneurysma popliteon»
durch Compres<*lon. Med.-chir. Transact. XXXIV.
Cock, Ed., Aneurysmatische Erweiterung der Vena
tibialis postica, die mit dem obern Theile der Arteria popHtea
zusammenhing. Ibidem.
Mediciniflcbe BiUiegraphie det In-* u. AaBhods«
Fleury, BebandluDg der Himorrhoidal-Getehwölste.
Gai. detHöp. 132!
Follio, E. , Bebandlaog der Aneurysmen durch Com-
preesion. Arcb. g^n. Nofbr.
He weit, Pr. , Seclion zweier Aneurysmen der Art.
Poplitea, die dnrcb Compresston der Art. femoraiis behandelt
worden waren^ Med.-cbir. Transact. XXXIV.
Hilton, J. , Aneurysma traumaticum der Bracbialis.
Lond. Gaz. Novbr.
Humpbry, Aneurysma in der Fossa poplitea durch
Compression der Art. femoralis geheilt. ProT. Journ.
Octbr.
Marsh, H. , Ffille von Hämorrbagien. Dubl. Journ.
Novbr.
Neuffer, Angint tonsillaris spuria oder todtlicher
Ausgang eines Aneurysma der Carotis interna. Würtemb.
Ztachr. f. Chir. n. Geburtsk. IV. 3.
6) Hernien,
Hahn, Einklemmung des Netzes in einem Nabelbruch
41. des Darms in der Bauchhöhle. Würtemb. Ztschr. f. Chir.
u. Geburtsk. IV. 2.
Linbart, W., lieber die Scbeokelbernie. gr. 8. Er-
langen 1852. (Geh. «/s Thlr.)
Liz^, Ad., Eingeklemmte Hernie; Reduction dersel-
ben nach Anwendung einer Mischung mit Chloroform. L'Union
148. 146.
Perrin, J. W., Eingeklemmter Femoralbrucb. Lancet.
Octbr.
Streubel, C. , Ueber die Wirkung und den Werth
der Invagination bei beweglichen Leistenbrüchen. Prag.
Vjhrschr. 1. 1852.
Mountford, J., Ueber zwei Fille von eingekfemmten
Brächen. Lancet. NoTbr.
Stell (Stuttgart), Verrenkung des obem Endes des Wa-
denbeins nach oben. Wflrtemb. Corr.-Bl. 38.
Thudichum, J. L. W. , Ueber die am obern Ende
des numerus vorkommenden Knocbenbrfiche. Giessen 1851.
(Vs Thlr.)
8) Knochen - und Gelenkkrankheiten.
Alqui^, Ueber Tumores albi. Re?. ihdr. du Midi.
23.
T. Breuning, Behandlungsweise desHygroma patellae.
DeuUche Kiin. 3. 1852.
Chassaignac, Caries des Schlafenbeins. Gaz. des
H6p. 124.
DarAnyi, J. , Geheilte Caries der Mittelfussknocben.
Ungar. ZUchr. H. 16.
Drummond, J. , Ausgebreitete Nekrose der Schädel-
knochen. Med.-chir. Transact. XXXIV.
H e w e 1 1 , P . , Schwierigkeit der Diagnose der krankhaf-
ten Geschwulste des Oberkiefers. Ibidem.
L u 1 1 0 n , W m., Nekrose der Tibia. Lancet. Octbr.
Majer, Zur Kenntniss der Phospbomekrose. Wfirtemb.
Corr.-Bl. 36.
de Sai Ute-Marie, Ch. , Das Malum Pottii, Conge-
stions - Abscess , Jodeinspritzungen , Tod. Journ. de Bord.
Novbr.
Tbierry, A., und AI ix, E., Nekrose und Caries des
Fersenbeins. Gaz. des H6p. 148.
Weber, Zur Pathologie der Whytt'schen Krankheit.
DeuUche Klin. 49. 50.
7) Luxationen u. Fraeiuren.
Albers, Ueber die Einwirkung des nicht vereinigten
Bruchs der Kniescheibe auf das Gelenk bei seiner Heilung.
Deutsche Klin. 44.
Balassa (Pest), Bebandl.derOberscbenkelbrfiche ohne
Verkürzung. Wien. med. Wochenschr. 31. (Jahrbb. LXXIII.
211.)
B 0 n n e t , Ueber die nicht zusammengeheilten Fracturen
der Rotula. Rev.-mäd. chir. Decbr,
Braumuller, J. W., Fractura acetabuli. Würtemb.
Ztschr. f. Chir. u. GeburUk. IV. 3.
Chassaignac, Ueber Fracturen. Gaz. des H6p.
129.
Demarquai, Ueber Luxation des Daumens nach hin-
ten n. über ein neues Verfahren, dieselbe zu reponiren. Bull.
deThär. D^cbr.
▼. Dumreicber, Studien u. Erfahrungen über die Ver-
renkungen im Hüftgelenke. Wien. ZUchr. VII. 10 u. 11.
Forget, A., Seltene Fractur des Oberarms mit Luxa-
tion der Schulter. L'Union. 149.
Hodgson, J. B. , Fälle von Scbenkelbalsbracben.
Guy's Hosp. Rep. VII. 2.
Hoppe, J., Die Fractur der Spina scapulae. Deutsche
Klin. 2. 1852.
Leute, Fr., Statistische und kritische Aufzählung der
im New- Yorker Hospitale vom Januar 1839 bis zum 1. April
1851 vorgekommenen Fracturen. New -York Journ. Septbr.
(Jahrbb. LXXIII. 340.)
M a 1 ga i g n e , Complete Luxation des linken Oberschen-
kels nach oben und aussen , die 23 Tage bestanden hatte ;
Reposition durch den Flaschenzug. Rev. - med. - chir.
Novbr.
Moore, Ch. H., Fractur und Distorsion des Becken«
mit einer ungewöhnlichen Form und Dislocation des Ober-
schenkels. Med.-chir. Transact. XXXIV.
Med. Jahrbb. Bd. 7S. Hfl. 1.
9) Krankheilen der Bamorgane und männlichen
Geschlechtsorgane.
A6hton,T.H., Ueber einen Fall von Urinextravasation.
Lancet. Octbr.
C o 1 e s , Ueber einige in Indien ansgeföhrte Steinschnitt-
operationen. Guy's Hosp. Rep. VII. 2.
Coste, L. , Neues Verfahren bei traumatischen Ver-
letzungen der Urethra. Rev. thdr. du Midi. 22.
Courtenay, F. B., A treatise on the eure of Stricture
of the Urethra ; with practical Observations on the treatment
of Spermatorrhoea by Cauterization. London 1851.
Emroert, Durch äussere Gewalt verursachte Berstung
der Harnröhre mit nachfolgender Harnflstel , welche glucklich
geheilt wurde. Würtemb. Ztschr. f. Chir. und Geburtsk.
IV. 2.
Fleury, L. , Ueber Pbimosis congenita. Gaz. des
H6p. 126.
Gosselin, L., Ueber die pseudo-membranöse Verdik-
kung der Tunica vaginalis bei der Hydrocele und Haematocele
und aber ihre Behandlung. Arcb. gdn. Novbr. D^cbr.
Günther, G. B. , Der hohe Steinscbnilt seit seinem
Ursprünge bis zu seiner jetzigen Ausbildung, gr. 8. Leipzig
1851. (Geh. Vs Thlr.)
Hahn, Schlimme Folgen einer nach Amputation des
Penis entstandenen Harnröbrenverengerung. Würtemb. Ztschr.
f. Chir. und Geburtsk. IV. 2.
H ea t , G. Y. , Fälle von Hydrocele mit Ruptur der Tu-
nica vaginalis. Lancet. Octbr.
Johnson, H., Ueber chronische Entzündung u. an-
dere krankhafte Zustände der Corpora cavernosa. Ibidem.
Novbr.
V. Iv&nchich, V., 2 Fälle von Ausziebung eines in
der Blase eines Kranken abgebrochenen , bereits incrustirten
Stücks eines Gutta>Percha-Bougie. Wien. med.T Wochenschr.
30. 32. (Jahrbb. LXXIII. 351.) iOQlC
60 ^
3M
UrikkiadLi UUitginphie de» In.«* «, i««Undfl.
EerUy Be^bachiugtB und ErfahroBgon Olbtr dte Sar-
cocele lubercuiosa uod deren BehaAÖlung. Bann. Goffr.-Bi.
U. 2(K
Malgaigne, Ueber die BfbaiftdlnDg UiberknUiser Ge-
schwüre der Hoden durch eine neue Operelionaniethode.
DeirtaclM KÜD. »I. 1851. 1. 3. ISSa. (Jahrbb. LXXIU.
347.)
Morton, J., Ueber Behandlung der Varicocele. Dubl.
Journ. Novbr.
Pamard, Erweiterung der Urethra beim Manne zur
Erleichterung der Extraction kleinerer Steine. Rev. -med.-
cbir. Däcbr.
P-^treqniBy J. E. , üeber die vonflglifksleo Zufalle,
die beim Steinscbnitt und der Lithotripsie eintreten können,
und Aber die Mittel , deoselben zuvorzukommen. Gaz. de
Par. 42. 43. 45.
— -* VerbindoBg ^t» Seiten - Stemachoifcts mit der
Lithotritie, um voluminöse Steine zu entfernen. BnlL de
Thär. Novbr.
Rosenthai, Urinfistel . dach einem Tripper. Pr. Ver .-
Ztg. 41. (iahrbb. LZXlli. 188.)
T h i b a u 1 1 , V. , Haitnädüge HarBröhreoferengemiig.
ReT.-med.-chir. Novbr.
10) Orthopädie,
Eiebier, E. G., Körper- VerkrummuBgen. Rationell
sichere nettmethode, wo solche bereits vorhanden sind, unt)
deren Verbaten im Entstehen. 8. Grau 1852. (Geh.
V, Thir.)
Heller, Ueber die Behandlung einwärts und auswirts
gebogener Ksiegelenke (Gemtvamm, Genuvafgum). Würtemf).
Ztschr. f. Chir. u. GeburUk. IV. 2.
Hirschland, Zur Behandlung des Klumpfusses. Rhein,
Mon.-Schr. Sept.
R 0 8 8 , Ueber den V^erth der Tenotomie bei der Klump-
füssbehandlung. Deutsche KNn. 48.
Vollmer, BebaodiQog etoea Gen» valgum. Wurtemb.
Ztschr. f. Chir. u. Geburtsk. IV. 2.
Werner (Stolp), Die Krümmungen des Ruckgrats. Pr.
Ver.-Ztg. 43. 48.
ay Of€r>aä0nen^ buirumente^ Ferhandlehre.
Argnew, H. , Apparat zur Behandlung der Fracturen
^tf untern Extremitäten. Smith-B1d<le^ Med. Exam. Octbr.
B e g h i n , Verwachsung der Wangen mit dem Ol^r- und
Bnterkiefer ; Heilung durch Operation. Ann. de Bnig. XII. 3.
(Jahrbb. LXIHI. 348.)
Bernard, C, Amputation des Passes im untern Drit-
tel mit schiefen Seitenlappen. L'Union. 144.
Bi tot, Ueber Haseoscharten - Operation. Joum. de
Bord. Octbr. Novbr.
Becbamhre, A. , Heber Eintritt von Luft und Ent-
wickelang von Gas in den Venen. Gaz. de Par. 5<^;
Delaharpe, J., Verbe8»erter Wutzer'scher Nadelhal-
ter. Schw. C.-Zlachr. 3.
Elia, Amputation im Fussgelenk nach S y m e. Timea.
Novbr.
Estor, Ueber Operationen und Verbände. Rev. thär.
da Midi. 2t.
Fleury, V., üeber Cystolomie soas-pabienne. L'Union
138.
Forget, A. , Neues. Verfahren , Luxationen de« Ober-
arms anter die Scapula bei Fracturen des Oberarn» zurückzu-
bringen. Ibidem i4f9.
H a a n e n (Köln), Operation der angebomen Verwachsung
dter Finger. Rhein. Mon.-Schr. Oct.
Helmbrecht, E. , Helcopoesis s. fbrmatio alcerum
artificiaRam. WSrtemb. Ztschr. f. Cbir. u. Geburtsk. fV. 3.
Hervez deChegoin, Ein neue» Verfahren zur Ope-
ration der Afterfissuren. L'Union 145. 146.
giltaa, J., BBb«]|#aiig da« AjMMrka aoA der allge-
meinen Wassersucht durch Incisionen in ^t nnleni Extraair
täten. Giiy'a Oosp^ Rej». VU. 2.
Hirtz, M. L. , Ligatur dea Penia bei einem lliäbr.
ftiode. Gaa. dea H^. «42.
H u t i n » Ueber die Ursacken, der ScbflMneB, die km^
tirte in ihren Stumpfieo füUlen. Ibidem 128.
Inatrumenle, die chirurgischan ^ auf der Gewerbe-
Ausstellong zu London. Deutsche Klin. 4.3. 45.
Johasoo^P. €., Drei FiUe von Heseelioa deai Passes.
Smith-BiddlB, Med. Exam. Octbr.
Lane, G. F., Ueber den gespaltenen Gaumen. Land.
Gas. Novbr.
Lanrencet, Neuer Contentiv- Apparat för FraaUuicB
der uBleiin Extremilfiien (Cowsin bivalve). Areb. g^n. Octbr.
Ddebr.
Mackenzie, R. J. » EnnU d^r Oberlippe. NoBtUy
Joum. Octbr.
M a i 1 1 0 1 , Ueber die Indicationen der Thoracentese bei
acuter Pleuritis; 4 Falle voa ausgeführter Thoracentese.
LToion 138. 140.
Malgaigne, Neues Verfahren, die Nase wieder herzn-
stelfen, die durch Verlust der Nasenscheidenwand verloren
gegangen ist. Rev. m^d.-chnr. Octbr.
May, Ino. Fr., Falle von Amputatronen. Americ.
Joum. Octbr.
Monneret, Fall von Transfusion, mit RemerknngeD
über dieselbe. Gaz. des Höp. 120".
Proscb, H. , Taschenbuch für operative Chirurgie.
Nach dem Französischen des Dr. J. A. IsQard. Mit 249
erfauternden Abbildungen. Leipzig. Betbmann. 1852.
(2 Thlr.)
Riethmuller, Exstirpation der degenerirCen Glandala
parotis. WOrtemb. Ztschr. f. Chir. u. Geburtsk. I¥. 2.
Roux, J. , Ueber Trepanation bei Cartes der Knochea.
L'Union 122. 124. 127. 128.
Roe, H. , Nutzen und Nothwendigkeil der Paraceotese
des Thorax bei ^wiaae« Fällen von Poeumotliotrax. Lancet
Novbr.
Ruf, F. H., Exarticulation des linken Vorderfusses
wegen* Brand desselben. WfiKemb. Ztschr. f. Cbir. und Ge-
bBftak. IV. 2.
S e e g e r , Glücklich ausgeführte Exstirpation einea sehr
fgroweft Lipoms. Das. %
Sladelmann, Zur Casaistik der Bracbscbniljle. Deat-
sche Klinik 51.
Ubde, G. W. F., Zar Abtragung dea Roorpela bei Ex-
articulationen. Das. 1. 1852.
Vollmer, Eirtwarf einer Deinbrucbschwebe , welche
auch in der Feldpraxis gebraucht wer^n könnte. Würtenb^.
ZiMJhr. f. Chip. u. Seburtak. JV. 2.
XJK Auseiilieltt.iujide.
1) .4llg9memes,
V. Ammon (Dresden), Ophthalmologische Stixzen.
Deutsche Kilo. 45.
Ansiaux, J. , Klinik des Augeninstilutes za Luttich
während des T, 1850. Ann. d^)c. Juill. Aoüt. Septbr.
France, J. F., Ophthalmologische« Fälle. Guy'sHosp.
Rep. Vn. 2.
Kanka, K. , Bericht Ober die von Mitte Mai bis Ende
August 1851 im Abaü^Tornaer Komitate bebaadeUen Au^n-
knnken. Ungar. Ztschr. U. 19. 20.
Mackmurdo, G.
LaBcet. Oeibr.
Ueber Krankheiten der Augenlidar.
T a ? i g n 0 1 , Wrrksamkeit der sabstitotiven (derivati?ei^
Methode gegen einige schweren' AageBkraskbelfeB. Gm*, dte
Höp. 119. ^
Meddeiniscli« BiUi^gt*aphi« 4e8 Itt - o. A«tUndi.
996
2) Eiitüuniungtn.
ß 0 H m an ; W.^ Neue Behandlungsweise gewisser Falle
von Epiphora. Med.-cbir. Transact. XXXIV.
H dring (Ludwigsbai^), Iritis syphilitica. Würtemb.
Corr.-Bl. 37.
Robert, M. , Ueber syphilitische Iritis. Ann. d'Oc.
j Juill. Aoftt. Seplhr. (S. lahrbb. I.XXII. 237.)
Boss, Beobachtungen aus den Altonaer Militär-Lazare-
Ihen aber die Aogenblennorrhöe , welche in den J. 1849 und
1850 in der schleswig-holsteiniscben Armee herrschte. Deut-
sche Klin. 44. 46. 47.
WotypkE) A., Die contagiöse Bindehaut-Entzündung.
Ein Beitrag zur richtigen Würdigung dieser Erankheit u. s. w.
Wien 1852.
3) Nervenkrankheiten.
Gloftinger» CD., Eine Geschwulst » die Araauroa«,
Exophthalmus und Tod veranlasste. New -York Jonm. Novhr.
Reid^ J.» Aotairose mit bedeutenden Schmenen —
grosse Cyste im Gehirne. Load. Gaz. Octbr.
Vttvignot, Paralyse des sechsten Nervenpaares durch
Caaterisation der Conjunctiva gebeilt. Gaz. des HOp. 127.
V'«Hlii«r, Notizen rar I^srchschneidung der Muskeln
des Auges. Wfirterab. Ztschr. f. Chir. u. GeburUk. IV. 8.
ULlII. ttehSr- und Spraclt-
lielllLuiHle.
Hoppe, Giebt es eine Antro-tympanitis mit Empyem
der Trommelhöhle und secundärer Durchlöcherung des Trom-
melfells. Deutsche Klin. 44.
Klenke, li. , Die Fehler der menschlichen Stimme n.
Sprache. Eine wissMiscboftlklie Darstellung ihrer Ursachen
und ihrer rationellen Heilung. 2. vermehrte Aafkige. CaaMl
1851.
K r a m e r , Giebt es eine Antro-Cympanitis mit Empyem
in der Trommelhöhle und secundärer Durchlöcherung des
Trommelfells. Deutsche Klin. 2. 1852.
Norisseau, L. , Paralyse des Gaumensegels als Ur-
sache d«8 Staianelni. L'Union 126.
Toynbee, J., Bemerkungen zur Pathologie der Ohren-
krank heiten , die aus Hirnkrankheiten resultiren. Med.-cbir.
Transact. XXXIV.
Yearsley, I. A., Treatise on the enlarged tonsil and
etongated «vula and other morbird eoaditions of tha throat«tc.
Fourth edition. London 1851.
4) Organisehe Krankheiten, Operationen.
Czertnak^ J. , Ein« netae Methodie zur genaneran Ud-
terftBChittig das gaauvdeo nnd kranken Ao^s. Prag. Vjhrschr.
Vill. 4. (Jahrbb. LXXIII. 88.)
C 0 o p e r I W b., Verletzung des Auges durch ef nen SchaM.
L<)ad. Joum» Novfor.
G i e s e 1 e r , ftithologiacii » anatomiache Unteraachaog
einea atrophischen Augapfels und der benachbarten Gabilde.
Devtaübe KUn. 3. 1852.
t. Ha SD er, Ueber einige Hfllferoittel der Ophtbahno-
skopie. Prag. YJbrscbr. Vlll. 4. (Jahrbb. LXXIH. IS8.)
fleimhaltz, H. , Besehreibuog eines Augenspiegels
zur Untersuchung der Netzhaut im lebenden Auge. gr. 8.
BeriiD 1861. (Geb. >/» Thir.)
Hoppe, J., Die Scariflcation der Hornbaut-GefSbse u.
die Scarifilsatioli am Auge äberhaupt. Rhein. Mon.-Schr. Oct.
(Jahrbb LXXIII. M.)
Joachim, W. ^ Augenlosigkeit. Ungar. Ztacbr.
IKS2.
Magne, A. , Ueber Verbindung der Synchisia mit Ca**
taracta petrosa. L'Union 129.
Oettinger, Ueber Prothesis ocularis und Boisso-
neau's kunstliche Augen. Deutsche Klin. 1. 1852.
Rivand-Landraudi Ueber stelnartige Cataract, die
von freien Stucken in die vordere Augenkammer ging. Gaz.
des H6p. 118.
Roser, W. , Chiturgischa Aphorismen (zur Lehre von
den Tbränenorganen). Arch. f. phys. Heilk. X. 4.
S c h i n k e I , ScintillatiO ocull . Pr . Ver.-Ztg. 5l .
Seid], Ueber das Vorkommen und die Bedeatung der
Cboleatearinkrystalle In den Augen. Wien. med. Wochenachr.
34.35.
Sichel, Nachtriigliche Bemerkungen aber Spinthtfropie.
Ann. d'Oc. Juill. AoQt. Septbr.
— — Ueber den Epicantbus nnd eine neue noch
nicht beachriebene Art von TbrfinenOsteln. L'Union 119. 120.
n. Aon. d'Oc. a. a. 0.
Solomon, J. V., Flecken auf der Conjünetiva nach
dem Gebrauche des Silberia Ipeters. Times. Ootbr. Prov.
Jüiim. Octbr.
U 1 1 m a n n , tf ., Exstirpatton des rechten Auges. Ungar.
Ztarhr. II. 21.
Varbaagha, Aosreisaung des Auges durch einen
Scblässel. Ann. d'Oc. Juill. Aoüt. Septb.
ILlTa Zahiiliell&vmde.
Chassaignac, Neue VerfahruDgsweise der sogen.
Zahnßsteia. Bull, de Thdr. Octbr.
Delabarre, M.A. , Ueber die Anatomie und Physio-
logie des Zahndurchbruchs bei jungen Kindern. Zahnarzt
1. 1852.
Leroy d'^tiolles, Angeerbte Anomalie der Zahne.
L'Union 121.
Juutze^ A., Zahnschmerzen durch Riechen cu heilen.
2. Aufl. gr. 16. Sondershausen 1851. (8 Ngr.)
Martin,-St., Veränderung der Zahne durch Kampher.
Bull. deThdr. Novbr.
S c h a n g e , Ueber die Mittel , die Conformationsfehler
des Zabnaystems zu verbeaaem. Zabnarat 1. 1852.
ILW» PsyehlAtrik.
V. Basedow, Puerperalmanie. G.'s Woeheuscb. 45.
Brierre deBbismont, Beziehungen der Selbstmord-
Manie zum Mord. Ann. iti^d.-^t^aych. Octbr.
— — Üeber Vertriglicbkeit der Hallucinationen bei
sonst vollkommener Vernunft. Ibidedi.
Burgess, J.» Ueber H^eine u. Pathologie das Wahn-
sinns. Lancet. Octbr.
Burnett, C. M., Verbrechen und Wahnsinn, ihre Ur-
sachen , Verbindungen und Folgen ; ihre Unterscheidung und
Behandlung in Betug auf die Gesetzgebung. Lancet u. Times.
Octbr.
Gbbwne, W. D. , Elnflusa gewisser Arafikheiten auf
die Gemfithsstimmung. Lancet. Novbr.
Deutsch, Blödsinn und Lähmung. PI-. Ver.-Ztg. 51.
52.
D roste, Ueber Pariser Irrenanstalten. Dam. Ztacbr.
VIU. 8.
Sngelken, Fr., Ueber das Stillen der Wöchnerinnen,
die mit Disposition zu Geistesstörung behaftet sind. Hann.
Cotr.-Bl. II. 15. (Jahrbb. LXXIII. 196.)
Fischet, Bericht ober die k. k. Irrenanstalt zu Prag
für die Jahn 1846, 1847, 1848, 1849 und 1850. Prag.
Vjhrachr. VIII. 4. "" ^
396
Medicinische Bibliographie des lii- u. Auslands.
Howe, S. G. , Behandlung und Erziehung der Idioten.
Journ. of. insanity. Octbr.
Klotz, Mittheilungen aus Sonneustein. Dam. Ztschr.
VIII. 3.
Monro, H., Verbesserung der Lage der Geisteskranken.
Lond. Gaz. Oclbr.
Morel, Zur Geschichte und Physiologie der Geistes-
krankluifen. Ann. ni^d.-psych. Octbr.
Nasse, Fr., Die krankhafte Verbindung der Gedanken
mit den willkürlichen Bewegungen vermittels des Gehirns. Dam.
Ztschr. Vin. 3.
V. Oettingen, Manie durch animalischen Magnetismus
geheilt. Kigaer Beitrage II. 1.
Williams, A. V. , Ueber Typbo - Mania. Journ. of
insanity. Octbr.
S. a. IV. 2. Engelken; VII. 2. b. Delasiauye;
IX. 1. Brierre de Boismont.
ILTI« Staatsarziielkuiide«
Bartsch, E. , Auf welche Art kann der durch den
diessjahrigen Kartoffelmangel erzengte Abbrach an Nahrungs-
mitteln einigermaassen ersetzt werden. Ungar. Ztschr. II.
26.
Boretiua, Ueber die Ansstellung unbegründeter und
fehlerhafter ärztlicher Atteste und Angabe eines Vorschlags zur
Verhütung derselben. Pr. Ver.-Ztg. 49.
— — Gerichta&rztltch anatomische und chemische
Untersuchungen zweier zu gleicher Zeit vorgekommener Falle
Ton Vergiftung durch Taius baccata, nebst Gutachten. Henke's
Ztschr. XLIII. Ergänz.-H.
Braun (Fürth), Staatsärztliche Miscellen. Das.
Bredow, G. A. , Untersuchungen und Beobachtungen
über die Gesundheitsverhältnisse der in Baumwollenspinne-
reien beschäftigten Individuen im Allgemeinen , und über die
unter ihnen vorzugsweise vorkommenden Krankheiten insbe-
sondere. Med. Ztg. Bnssl. 38.
Chevallier, Ueber die geeigneten Mittel Brände zu
loschen. Ann. d'hyg. Octbr.
Devergte, Ueber Selbstverbrennung. Ibidem.
Easton, J. A. (Glasgow), Beiträge zur gerichtlichen
Medicin. Monthly Journ. Novbr.
Finger, J. , Die Beurtheilung der Körperverletzungen
bei dem öffentlichen und nMlndlichen Strafverfahren. Zum
Gebrauch für Aerzte und Bichter. Wien 181(2. (IVs Thlr.)
Fueaslin, J., Ueber Vortheile der Einzelhaft , insbe-
sondere des in Bruchsal seit dem 15. Oct. 1848 durchgeführ-
ten Systems. Mitthlg. d. bad. ä. Ver. 16.
Fueter, Ueber die Krankenpflege der Armen zu Hause.
Schw. C.-ZUchr. 3.
Glatter, £. , Rhapsodien aus dem Gebiete der Ge-
richtsarznei- und Irrenheilkunde. Ungar. Ztschr. II. 26.
Hedrich, Anscheinende Kreosotvergiftung. Henke's
Ztschr. XLIII. Ergänz.-H.
Herzog, Welche Gesichtspunkte hat der Gerichtsarzt
in Preussen bei Beurtheilung der Fälle von Tödtung festzuhal-
ten? Pr. Ver.-Ztg 50.
Jo ebner, Vergiftung durch Blausäure mit tödtlichem
Ausgange, nebst Bemerkungen. Henke's Ztschr. XLIII. Er-
gänz.-H.
Ikin, J. J., Geschichte der Hygieine und Staatsarznei-
kunde in England. Prov. Journ. Septbr.
Komoraus,J., Ueber die Verletzungen in gericbtlich-
medicinischer Beziehung. Zweite mit einer Casuistik ver-
mehrte Aufl. Wien 1851. (1/2 Thlr.)
L i 0 n , Wie lässt sich der Tbatbestand einer Phosphor-
vergiflung fesutellen. Henke's Ztschr. XLIII. Ergänz.-H.
de Neufvilie, W. C., Die tödtlichen Verletzungen,
nach den Grundsätzen der neuem deutschen Strafgesetzgebun-
gen. Daselbst.
Plubowsky, Fr., Ueber das Prostitutionswesen in
Pest. Ungar. ZUchr. II. 16.
Sandra, G., Comptabilit^ des ni^decins. In 8. Paria
1851. (6 Fr.)
Santlus, Wo hat der Staat Grunde, die Ehe zu ver-
bieten, und welche? Henke's Ztschr. XLIII. Ergänz.-H.
Schmidt, J. H., Zur gerichtlichen Gcburlshulfe. Eine
Auswahl von Entscheidungen der k. wissenschaftlichen Depu-
tation für das Medicinal-Wesen. 1. Abth. Ueber Kunstfeb-
1er der Geburtshelfer und Hebammen. Berlin 1851.
Schneider, K. C. , hie gcrithtlicüe Chemie für Ge-
richtsärzte und Juristen. Wien 1852. (2V8 Thlr.)
Schneider, Intentirler Selbstmord durch Erhängen.
Hcnke's Ztschr. XLIII. Ergänz.-H.
Schultz-Henke, Apoplektiscber Tod eines in das
Wasser geworfenen Kindes. Pr. Ver.-Ztg. 47.
Schuster, F. , Das Sich-irre-gehen in psycho-patho-
logischer nnd staatsärztlicher Beziehung. Dam. Ztschr.
VIII. 3.
Schuster, Arsenikvergiftung des Knaben August N. zn B.
durch Fliegengifi am 2. Juli 1841. Henke's Ztschr. XLIII.
Ergänz.-H.
Syphilis, Uebertragbarkeit der secundären vom
Kinde auf die Amme in gericbtlich-medicinischer Beziehung.
Gaz. des H6p. 148. 149.
Taylor, A. S., Bemerkungen über den Tod durch Er-
würgen. Guy's Hosp. Rep. VII. 2.
TLWn. Thlerhellkunde.
Brühl, C. B., Kleine Beiträge zur Anatomie der Hans-
säugetbiere. gr. Fol. Wien 1850. (2Vs Thlr.)
Funke, C. Fr. W., Handbuch der speciellen Patholo-
gie und Therapie der grossem nutzbaren Haussäugethiere. 8.
verb. Aufl. 2. Bd. 3. Abth. Leipzig 1852. (1 Thlr.)
P a r k h e r , G. , Der sicher und geschwind heilende
Pferdearzt zu Hause, auf Reisen und im Felde. 3. Aafl. 8.
Wien 1852. (Geh. 12 Ngr.)
Rychner, J. J., Bujatrik oder systematisches Hand-
buch der äusserlichen und innerlichen Krankheiten des Rind-
viehes. 3. AuQ. gr. 8. Wien. (2V3 Thlr.)
Vierteljahresschrift fär wissenschaftliche Veteri-
närkunde, herausgegeben von den Mitgliedern des Wiener k.
k. Tbierarznei - Institutes. 1. Bd. 1. Hft. Wien 1851.
(37, Thlr. d. Jahrg.)
W e h 1 e , F. , Einiges über Inoculation der Rinderpest
zur Bestimmung des wahren Werthes derselben. Ungar.
Ztschr. II. 17.
Wehle, J., Ueber die Einimpfung der RinderpesL
Wien. med. Wochenschr. 30. 31 .
XJ[II« Medlclii Im Allgemeliieii.
1) allgemeines,
Adel mann, G. F. B., Beiträge zur mediciniacben 0.
chirurgischen Heilkunde, mit besonderer BeröcksichL der
Hospitalpraxis. 3. ThL gr. 8. Riga 1851. (Geh. IVsTblr.)
Bergmann, C. , und Leuckart, R. , Anat.-phjs.
Uebersicht des Tbierreichs. Vergleichende Anatomie u. Phy-
siologie. Ein Lehrbuch für den Unterricht und zum .Selbst-
studium. 1. Lieferung. Stuttgart 1851.
Bonorden, H. F. , Handbuch der praktischen Heil-
kunde für Aerzte und Studirende. 1. Bd. Allgemeine Heil-
kunde. Stuttgart 1851.
Büchner, Wien und die Wiener Schule. Deutsche
Klin. 50. 2. 1852.
C. Ganstatt's Jahresbericht Tiber die Fortschritte der
gesammten Medicin in allen Ländern im J. 1850. Redigirt
von Dr. Eiaenmann. III.— V. u. VII. Bd. Mit 6 litbogr.
Tafeln. Erlangen 1851. ^
Medicinische Bibliographie des In- u. Auslands.
397
Inhalt : III. V o g e 1 , I. , Pathologie des Blotes ; L a e h r,
H. , Psychiatnk ; Eiseamann, Pathologie des Nerven-
Systems; Beger, Augeoheilkande; Heidenreich, Ohren-
heilkunde; Frank, M. , Dermatologie; Gleitsmann,
Pathologie des Bewegongsapparats ; Derselbe, Patho-
logie des Zellgewebes; Löbel, G. , Pathologie des
Geßlsssystems ; Ders. , Pathologie der Respirationsorgane ;
Rösch, Pathologie der Verdauungsorgane ; S e i t z , Patho-
logie der Harn- nnd männlichen Geschlechtsorgane. — IV.
Vircbow, pathologische Morphologie; Pitha, mechani-
sche Krankheiten; Gleitsmnon, Orthopädik ; Eisen-
mann, Pathologie der acuten Krankheiten; Ders., Patho-
logie der chronischen Krankheiten; Hacker, Syphilis;
Virchow, Pathologie der Geschwülste ; Will, Fr., Ento-
Epizoen, Ento- und Epiphyten; Scher er, Toxikologie;
Ritter, R. (in Rottenburg), Pathologie der auf Menschen
abertragbaren Thierkrankheiten ; Buchner, E., Frauen-
krankheiten ; Löschner, Kinderkrankheiten ; ▼. S 1 e h o 1 d ,
C. J., Geburtsbülfe. — V. Wiggers, Pharmakognosie und
Pharmacie ; Heidenreich, therapeutische Physik ; ?. G o •
rup-Besanez, Pharmakologie; Klenke, Lehre von den
Anästbeticts ; v. Gornp- Besanez, Heilquelleniebre ;
Schneider, G. , Hydriatrik; Sprengler, chirurgische
Operations-, Instromenten- o. Verhandlehre. -7- VH. Schnei-
der, S.A. J., gerichtliche Medicin; Birkmeyer, Gesund-
heitspOege.
D a n c el , F., Einzige rationelle Methode zur grundlichen
Abwehr und Heilung lästiger Corpulenz und Fettleibigkeit , so
wie allzugrosser Magerkeit; deutsch bearbeitet von Dr. H.
Hartmann. Grimma u. Leipzig 1852.
Erdmann, J. E., Psychologische Briefe. 8. Leipzig
1852. (Geh. 2 Thlr.)
Espanet, R. F. A., Clinique m^dicale homöopathique
de Staoueli en Algdrie pendant Vzüüie 1850. Paris 1851.
Graevell, F., Notizen für prakt. Aerzte über die
neuesten Beobachtangen in der Medicin. 3. Bd. (4. iahrg.)
1. u. 2. Abth. Lez. - 8. Berlin 1851. (Geh. pr. cplt.
öVs Thlr.)
Harless, H., Populäre Vorlesungen aus dem Gebiete
der Physiologie und Psychologie, gr. 8. Braunscbweig.
(Geh. iVs Thlr.)
Haus-Doctor, der für Stadt und Land. Fünfzig-
jährige Erfahrungen gesammelt an den Krankenbetten in der
Civilpraxis u. s. w. In allgemein verständlicher Schreibart
herausgegeben von einem praktischen Arzte u. s. w. München
1850.
Hertel, J. G. , Tabellarisches Geschäftstagebuch fär
Aerzte und Wundärzte auf das Jahr 1852. 13. Jahrg. 8.
Augsburg 1851. (Geh. Ve Thlr.)
Hocker, K., Noth- u. Hülfsbuchlein für Brustleidende,
besonders für solche, welche sich des Kerry'schen Brustsyrups
und Brustthees bedienen wollen, gr. 16. Weimar 1851.
(Geh. VsThlr.)
Hooker, W. , Physician and patient or a practical
view of the mutual duties , relations and interests of the me-
dical profession and the Community. Edtted by Ed. Bentley.
London 1850.
Hülfe, sichere, für Manner, welche durch zu frühen
oder zu häußgen Genuas u. s. w. oder durch Krankheiten ge-
schwächt sind, nnd sich wieder zu voller Manneskraft stärken
wollen. 8. Weimar 1851. (Geh. V2 Thlr.)
V. Ivänchich, V., Reisebriefe. Wien. med. Wochen-
schr. 28.
Jnbiläums- Programm des Geheimen Medicinal-
Rathes Dr. Schneider in Fulda. (Das höchst merkwür-
dige , aber auch ebenso unglückliche Jahr 1850.) Fulda
1851.
R5rber, G. W. , Gnindzuge einer allgemeinen Natur-
geschichte. Ein methodischer Leitfaden zum encyklopädischen
Unterricht und als Einleitung in speciellere Studien. Breslau
1851.
Laroze, Keine Nenenleiden mehr! oder: der Arzt als
Rathgelxi und Helfer in allen Nervenkrankheiten. 16. Ram-
burg 1852. (Geh. 6 Ngr.)
Loe wen stein, J. S. , Hygiea oder die Kunst, das
Lebeu des Weibes zu erhalten, zu verlängern und zu ver-
* schönem. Neue Ausgabe. 8. Berlin 1851. (Geh. >/, Thir.)
Lutze, A. , Lebensregoln der neuen, naturgeiuät>äen
Heilkunst, so wie Anweisung zur Heilung von Wunden nnd
V«Tbrenn!in}?en. 17. Aufl. 16. Sondershausen 1851.' (Geh.
VsThlr.)
Quarterly Summary, of the Transactions of the
College of Physicians of Philadelphia. — From November.
5. 1850 to April 1. 1851 inclusive. 2 cabiers in 8.,
broch(fs. Phil8delphiel851. (3 Fr.)
Rückblicke auf die Fortschritte und Leistungen in
der gesammten Medicin im J. 1850. Zweites Halbjahr Aug.
bis Der. Unter Mitwirkung verschiedener Aerzte herausge-
geben von DD. Behrend, Göschen, Krieger und Li-
ma n in Berlin. 1. u. Heft. Erlangen 1851. (1 Thlr. ONgr.)
— (Physiologie von F. Führer; — Kinderkrankheiten von
E. Henoch; — Geburlshülfe von C. Cred^; — Krank-
heiten der weiblichen Gescblechtstbeile von C. Credtf; —
Pathologische Anatomie von F. Führer.)
Schaffet, dass wir Doctorinnen der Medicin erhalten.
Ein wohlgemeintes Wort u. s. w. von einem aufrichtigen Pa- ^
trioten nnd Menschenfreunde. Berlin 1851.
Schneemann, Das Ammenwesen. Hann. Corr.-Bl.
II 19.
Taschen-Kalender für .Aerzte und Chirurgen, her-
ausgegeben von einem praktischen Arzte. 7. Jahrg. 1852.
Beriin. (Geh. »/• Thlr.)
Vighs ärztlicher Selbsthelfer. Schatzkammer von 20
selbst erprobten , seither geheim gehaltenen Recepten. 16.
Gratz 1850. (Verklebt 1/4 Thlr.)
2) j^llgemeine Pathologie,
Alison, Sc, Com pression des Thorax durch gewisse
Stellungen. Lond. Journ. Deebr.
AI quid, Klinische Studien über Cootagiosität. Rev.
thdr. du Midi. 19. 20. (Octhr.)
Attorayr, J. , Primordien einer Naturgeschichte der
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S a c h
e g 1 ft t e r«
(DiB ZakUn bwMteken sich auf die Seite,)
Aibbaa-Tumaa; di« MintralqnelteD daselbst 300 .
ik dornen: pbysik. Dtagnostäi der üranUieiten desselben
302 ; -* Verhioduog zwischen dem Magen u. der äussern
OiberO&cbe desselbsA Od.
lest am: fraauum capsici aJa Haulreiziiiittel 160.
Aeopunctur: erfolgreich angewandte bei einem nicht con-
soUdirten Sehenkelbracbe 203.
idslbeids grelle: zaHeUbraon^cbem. Untersucbuiig 30.
Aether mnriaticus transcbloratus 20.
Alaunschiefer: gegen Diarrhöe 298.
Aicyon&sm dtgik&iani. 208.
Amaranthu« blitnm: gegen Stem a. andere Krankheitet
der HarUwerkzeuge 298.
Amaurose: bei Urämie 04.
Amenorrhoe: gefolgt von aigenthumlichen Erscheinungen
189.
AflUDoniak: Formeln für AAwendung deaselben 100; -^
Präpasate» pbysioL u. tberap. Wirkung derselben 20.
Ammonium muriaticnm: gegoQ WecbselOeber 103.
Amaiesflus sigkeiti Entstehung derselben 8.
Aoacardinn: Orientale und ocei dentale über dasselbe, von
G. Moretti(Rec.)242.
Anatomie: Beitrage zur feinera der Leber 10 ; — patho-
logische der Cholera mit Atlas , von N. Pirogoff (Hec.)
359; — za der derNandbohle 2BS; — zur patbologtscheii
des Gretioisnaua 100.
Anatomische Ab bildnn'g: Geschiehte derselben in Bo-
ziehung zur anatom. Wissenschaft tmd bildenden Kuatsl,
voaL. ChQuUnt(Rec.)380.
Aaearjsma: der Art. meseraica, über das Entstehen der
Aneurysmen überhaupt und über das bauOge Vorkonnen
d. Aneurysma d. Art. meser. bei Pferden 314 ; — popli-
tänm durch bWae Ruhe geheilt 87.
Ansteckung: über dieselbe mit Beziehung auf die Syphilis
der Neugebornen 02.
Aathelminthica : Revision derselben 294.
Anthericum graecum 299.
Aphthen: über solche und Schwammchea 199.
Apoplexie: der Neugebornen 330.
Arbutus: comarum und unedo gegen chronische Durchfälle
298.
Arcus zygomaticus 8. Jochbogen.
Argentum nitricum: Salbe davon gegen Phlegmone unl
Erysipelas 100.
Arme: Wohnungen derselben und der Arbeiterklasse in den
industriellen Städten vom Standpunkte der oflfentl. u. pri-
vaten Gesundheitspflege 234.
Arsenik: Ausfallen d. Haare bei Vergiftung durch solchen
103 ; — Lac Magnesiae als Gegenmittel bei Vergiftungen
damh dana. 302 ; ^ Magnesiarnoxydhydrat als GegengiR
gegen dens. 301; — Verdacht aaf ein» VergiftuDg durch
denselbeo 107 ; — Verbältniss des Ersenojtydhydrat tum
Magnesiumoxydhydrat als Gegengift desselben 301 .
Arteria: brachiairs, abnorme Verbindung zwischen dersel-
ben u. den tiefe» Venen der Armbeuge 201 ; — meseralca,
Aneurysma derselben, über das Entstehen der Aneurysmen
überhaupt und über des häufige Vorkommen des Aneurysma
der An. meser. bei Pferden 314.
Artbrogryposis 199.
Arum triphyllum: gegen Lungenphthtse t09.
Arzneissittel: Veränderung der thterischen Wärme In
Folge der Einführung verschiedener in den Organismus
158.
Arzneimittellehre: Handbuch ders. von Fr. Oester-
len. 4. Aufl. (Rec.) 134.
Ascites: Rehandlung desselben durch Jodeinspritzungen
208.
Atropin : Heilung der Epilepsie durch dasselbe 102.
Auge: die Scarification an demselben überhaupt und die
Scarißcation der Hornhautgefässe 92.
Augenoperationen: Anwendung des Chloroform bei
denselben 33.
A urum : muriaticnra natronatum, günstige Wirkung dessel-
ben bei inveterirter Syphilis 182.
8.
Raden-Raden: Analyse der Quellen daselbst 290.
Ralsamisch-alkalischeMittel: Formeln fihrdieselben
28.
Bauchhöhle: Ruptur der Vagina mit Cebertritt des Fofus
in dieselbe 204 ; — voluminöse Cystengeschwulst in der-
selben 200.
Bauehschnitt: Entfertrang einer fibrösen Eierstocksge-
schwulst durch denselben 190.
Baumwolle : und Watte zum Verbände 34 ; — Behand-
lung des Ekzems mit derselben 104.
Bebeeru: Bebeerin und schwefelsaures Bebeerin and seine
Anwendung gegen Wechselfleber 102.
Becken: krankhafte Erschlaffung der Symphysen desselben
in Folge der Niederkunft 200.
Belladonna: Bemerkungen über dieselbe 101 ; — Extract
derselben bei krampfhafter Contractton des Uterushalses
während der Geburt 297 ; >- Präservativ gegen epileptische
Anf&lle 101 ; — Prophylacticum gegen Scharlach lOi.
Bella no: Analyse der salinischen Eisenwässer daselbst
300.
Binden: des Unterleibes nach der Geburt 190.
B i s s : Tod durch den einer Viper 107.
Bistouri cach^: des Dr. Grzymala, Zvreckmässigkeit
desselben zur Einschneidung der Bruchpforte bei einge-
klemmten Brüchen 301.
Blase: Ausziehung eines in derselben abgebrochenen Gutta-
Percba-Bougies ^N> ; — Einspritzungen von Meiso^utionea
in dieselbe gegen pbosphors. Harnsteine 84;-* Wirksamkeit
400
S«eh - R «fister«
der ElektricitSt bei Labmaog derselben 261 ; -> Schuss- '
wunden derselben 267.
Blei: Einspritzungen von Solutionen desselben in die Blase
gegen pbospbors. Harnsleine 34.
Bleiencepbalopathie: Beobachtungen über dieselbe
62.
Blödsinn: über denselben mit Paralyse 93.
Blut: organische Bestandlheiie desselben und des Fleisches
6; — Einfluss der Nahrung auf dasselbe, von H. Nasse
(Rec.) 130; — über einen constanlen mit dem Casein
übereinstimmenden Bestandtheil desselben 6 ; — weitere
Versuche zur Analyse desselben 5.
Biutentziebungen: fib. dieselben bei Lungenentzündung
and im Allgemeinen 171.
Blutgerinnung: als Leichensymptom 104.
Blutungen: aus dem Gaumen nach unterdrückter Men-
struation 190; — Baumwolle und Watte gegen paren-
chymatöse 34 ; — Ergotin dagegen 36 ; — bei Geburten
326 ; — der Gebärmutter 326 ; — Pagliarischer Liquor
gegen dieselben 35.
Bongie: Ausziehungeines in der Blase abgebrochenen von
Gutta-Percha 350.
Brechweinstein: endennatische Anwendung desselben
}^ 160.
' ' Brod: über die hauptsächlichsten Verfälschungen desselben
und des Mebles 21 ; — Untersuchung desselben auf den
Gehalt an Kleien 20.
Bromkalium: gegen Syphilis 317.
Bronchialdrüsen: Krankheiten derselben 309.
Brust: weibliche, s. Mamma.
Brustbein: Fractur desselben 345.
B u b 0 : Behandlung desselben 64 ; — Behandlung des ver-
eiterten 64.
Butomus umbellatus 292.
C.
Gancroid; der Haut 270.
Caries: Nutzen der Jodeinspritzungen bei derselben u. den
davon abhängigen Congestionsabscessen -269 ; — des Schlä-
fenbeins mit consecutiven Verletzungen des Gehirns u. der
Gefässe 345.
Carpusknochen: Luxatioo der beiden Reihen derselben
unter sich und zwar nach hinten 264.
Gas et n : Einhüllung der Pillen io dasselbe 25 ; — üb. einen
constanten mit demselben übereinstimmenden Bestandtheil
des Blutes 6.
Cavernöse Körper: der Sexualorgane, anatomisches u.
physiologisches Verhalten 287.
Cedernharz 299.
Cedernzapfen 299.
Cephalotripsie: Fälle von derselben und von Perfora-
tion , nebst Bemerkungen über den gegenwärtigen Stand-
punkt dieser Operationen und des Kaiserschnitts 330.
Chirurgie: Handbuch derselben , von M. J. Chelius,
7. Aufl. (Rec.) 256.
Chloroform: Anwendung desselben, von S ^ d i 1 1 o t (Rec.)
242; — bei Augenoperationen 29; — Anwendung dessel-
ben in der Geburtsbülfe 70; — äusserl. gegen Neuralgien
und alte Geschwüre 165 ; — Inhalationen , Apparat zu
solchen 165; gegen Lungenentzündung 29; — Narkose
33.
Cholera: und Diarrhöe der Kinder, welche im Sommer
1851 herrschte , nebst Bemerkungen über die richtige Be-
urtbeiiung und Behandlung dieser Krankheiten 336; —
pathologische Anatomie derselben mit Atlas, von N. Piro-
goff (Uec.) 359; — in den Tropenländern 140.
Chorea durch kaltes Wasser geheilt 198; — Leichen-
befund aus dem Kinderbospitale zu Frankfurt a. M. 197;
— Turnen dagegen 171.
Circulationsorgane: Krankheiten derselben u. deren
Behandlung nach homöopath. Grundsätzen 117.
Colchicum: Tinctur davon gegen acuten Gelenkrheuma-
tismus und Gicht 29.
Collodium: als Klebemittel 34; — bei der Operation des
Symblepharon 93.
Colon: tödtliche Invagination desselben 183.
Consistenzverändernng: als Leichensymptom 104.
Contractilität: der Gallenblase 16.
Corpora amylacea: Bau and Zusammensetzung dersel-
ben beim Menschen 9.
Corpus luteum: Bildung eines wahren nur bei der
Schwangerschaft 329.
Corpuscula oryzoidea 176.
Cretinismus: über das Irresein im kindlichen Alter und
dessen Zusammenhang mit demselben 100 ; — zur patho-
logischen Anatomie desselben 100.
Croton tiglium: über das Oel and die Samen davon
161.
Cyst engeschwulst: voluminöse in der Bauchhöhle 205.
D.
Damm: Risse desselben und deren Behandlung mit Serres
flnes 194.
Darm: peristalttsche Bewegungen desselben and des Hoden>
sacks 286.
Deutsch-Altenburg: bei Hainburg an der Donau , die
Heilquelle daselbst, von A. G. Bastler (Rec.) 137.
Diabetes mellitus 57.
Diarrhöe: und Cholera der Kinder, welche im Sommer
185t herrschte, nebst Bemerkungen über die riebtige Be-
urtheilung und Behandlung dieser Krankheit 336.
Digitalis: über die Wirkungen derselben, insbesondere
über den Einfluss derselben auf die Körpertemperatur in
fieberhaften Krankheiten 293.
Dislocation: des Nerv, ulnaris 207.
Doppelmissgeburlen: Entwicklungsgeschichte derselben
289.
Drainage 238.
Driburg: die Herster Quelle in dessen Nahe 299.
Dysmenorrhöe 189.
Dystokie s. Gebart.
E.
Eierstock: Entfernung einer fibrösen Geschwulst desselben
durch den Bauchschnitt 190; — fibroide Geschwalst des-
selben 65 ; — Irritation desselben 64.
Eisenoxydhydrat: Verhältniss desselben zum Magnesinm-
oxydljydrat als Gegengift gegen arsenige Säure 301.
Eisenwässer: Analyse der salinischen von Bellano 300.
Eiterfrage: zu derselben 151.
Eklampsie: Taubensleisskur gegen die der Kinder 198.
Ekzem: Behandlung desselben mit Baumwolle 164.
Elaeagnus: das fette Oel aus den Beeren desselben 166.
Elektricität: gegen Lähmung der Blase 262.
Encephalocele 277.
Enchondrom: über dasselbe nach den bisherigen und
nach eigenen Beobachtungen, von E. Fichte (Rec.) 258.
Entwicklungsgeschichte: der DoppelmissgeburUn
Epilepsie: Beziehung derselben zu GehirngeschwQlsten
51 ; — Heilung derselben durch Atropin 162.
Epileptische Zufälle: während des Gebarens 75.
Erdsalamander: Untersuchungen über das Gift desselben
und das der Kröte 166.
Ergotin: als bämosutisches Mittel 35.
Ertrunkene: pathologische Studien an der Leiche denel-
ben 105.
Erysipelas: Salbe von Argeotum nitricum dageven n. seffen
Phlegmone 166.
Ether chlorhydrique chlord 29.
Eustachische Röhre: Katheterismus derselben 224.
Exutorien: Nutzen derselben gegen die Pbthisis 163.
F.
Fasergeichwulst iDiptl^erbindung mit FettgeechwalU n.
Teleangiektasie 19. ^
Saeh-Begister.
401
F e r r Q m : nitricum geseo Wecbselfleber 29.
FettbildoDg: über pathologische 146.
Fettentartung: des Herzena , mit besonderer Rücksicht
aaf einige diagnostische Punkte 176.
Fettgesc.hwulst: in Verbindung mit Fasergescbwulst und
Teleangiektasie 19.
Fieber: Analogie zwischen dem chirurgischen und dem
Kindbettfieber 331 ; — gelbes 138; — der Ruhrkranken 180.
Fleisch: anorganische Bestandtbeile desselben und des
Blutes 6 ; — Einfluss des Verkaufs ?on demselben durch
Hausirer auf den öffentlichen Gesundheitszusland 234 ; —
das rohe als Ursache zur Erzeugung von Bandwürmern bei
Rindern 197.
Fleisch-Zwieback 19.
Flimmerbewegung: Richtung und Wirkung derselben
auf der Bespirationsscbleimbaut des Menschen, Kaninchens
und Hundes 157.
Fötus: schwere Geburt durch einen hydrocephalischen be-
dingt 335 ; — Zerstückelung desselben innerhalb der Ge-
bärmutter 331.
Fontanellkügelcben: eitermachende 298.
F 0 r n i X : uber^die Hirü höhle desselben in patbol. u. pbysiol.
Hinsicht 278.
Fractura: Acupunctur bei einer nicht consolidirten des
Schenkels 263; — des Arcus zygomaticus tt8; — des Kro-
nenfortsatzes am Ellenbogenbeine 83 ; — des Oberarms
durch Huskelgewalt beim Ringen 82; innerhalb der
Kapsel 83; verbunden mit Luxation der Schulter 209; —
des Oberschenkels , Behandlung mit Vermeidung von Ver-
kürzung 211 ; — der Wirbelbeine 86 ; — statistisch-kriti-
schfer Bericht über die vom 1. Jan. 1839 bis 1. April 18tfl
im New-York Hospital behandelten 340.
Friedrichshaller Bitterwasser: Wirksamkeit des-
selben 35.
Frosch: Verhalten der Nervenfasern bei dem Verlauf, der
Vertbeilung und Endigung in einem Rautmuskel desselben
16 ; — chemische Reizung der motorischen Nerven dessel-
ben 280.
Früchte: aus dem Morgenlande,.oder Reiseerlebnisse nebst
naturhistor.-med. Erfahr, u. s. w. 118.
Frühgeburt: künstliche 193.
Gallen ab sonderung: Grösse derselben 274.
Gallenblase: Contractilitat derselben 16.,
Gallengangsdrusen: über die traubenförmigen 15.
Ganglienknoten: Radicalheilung derselben durch Jod-
Einspritzungen 166.
Gangraena spontanea 266.
Gänsehaut: als Leichensymptom 103; bei Ertrinkungs-
tod 109.
Gasentwicklung: als Leichensymptom 104.
Gaumen: Blutungen aus demselben nach unterdrückter
Menstruation 190.
Gebärmutter: Anatomie, Physiologie und Pathologie der-
selben 67 ; — Blutung 326 ; — corrodirendes Geschwür
an derselben 190 ; — Erfahrqngen über Polypen derselben
191 ; — Geburtsfalle mit Carcinom derselben compiicirt
194; — Inflexion 326; — Inversion 328; glucklieb ge-
beilte 328 ; bei Geburten 328 ; -— Polypen 193. 261 ;
Zange zur Beseitigung derselben 193 ; — Relroversion der
schwangern 69 ; — Ruptur während der Geburt 194 ; —
Zerstückelung des Fötus innerhalb derselben 331 ; — Zu-
sammenhang der Sensibilität und Irritabilität derselben
66.
Gebärmutterhals: Extract. Belladonnae bei krampfhafter
Conlraction desselben während der Geburt 297.
Geburt: bei Carcinom der Gebärmutter 194 ; bei Inversion
der Gebärm. 328 ; — eines hydrocephalischen Kindes 76 ;
— Blutung bei derselben 326 ; — Binden des Unterleibes
nach derselben 195 ; — epileptische Zufälle während der-
selben 75 ; — heimliche, über sie 112 ; — Ruptur des
Uterus bei derselben 194 ; — schwere wegen eines hydro-
Med. Jabrbb. Bd. 78. Uli. 8
cephalischen Fötus 335 ; — schwere zusammengewachse-
ner Zwillinge 334 ; — theilweise Trennung der Placenta
vor derselben 139.
Geburtsfall: merkwürdiger 329.
Geburtsbülfe: Anwendung des Chloroform in derselben
70 ; — praktische Mittbeilungen aus derselben 75.
Geburtszange: Anwendung derselben zur Verl^esserung
der Lage des vorliegenden Kindeskopfes 72.
Gehirn: über Symptome als Vorläufer schwerer Leiden
desselben von dem klin., pbysiol. u. gerichtl.-med. Stand-
punkte 227 ; — Geschwulst, Beziehung derselben zur Epi-
lepsie 51 ; im vordem Lappen 50.
Gehörgang: Entfernung fester fremder Körper aus dem
äussern 227.
Geisteskranke: Isolirung als Heilmittel für solche 231 ; —
Störungen der Sensibilität bei denselben, namentlich ii|
Bezug auf schwere Verletzungen und deren pbysiol. Folgen
99.
Geistesstörung: Stillen d. Wöchnerinnen mit Disposi-
tion zu derselben 196.
Gelenkrheumatismus: Tinctura colchici geg^ acuten
und gegen Gicht 29.
Gemmen: therapeutische und Folien (homöopatb.) 118.
Geruchsinn: einige Modificationen desselben 152.
Geschlechtsorgane s. Sexualorgane«
Geschwüre: äusserliche Anwendung des Chloroform gegen
alte und gegen Neuralgien 165 ; — Baumwolle und Watte
zum Verbände bei denselben 34 ; — corrodirende am Ute-
rus 190.
Geschwulst: drüsige der weiblichen Brust 322 ; — fibrös-
plastische im subperitonäalenZellgewebederReg. iliac. sin.,
Exstirpation 205 ; — fibroide des Eierstocks 65 ; — hinter
dem Ohre , Wichtigkeit solcher 224 ; — in dem vordem
Lappen des Gehirns 50 ; — variköse des Hodensacks 261 ;
— Vorkommen fibröser in der weiblichen Brost 263.
Gesundheitszustand: öffentlicher, Einfluss des Ver-
kaufs von Fleisch durch Hausirer auf denselben 234.
Getreide: das vom Rost befallene , ein griechisches Volks-
heilmittel 166.
Gicht: Tinctura colchici gegen dieselbe und gegen acuten
Gelenkrheumatismus 29.
Gift: Untersuchungen über das des Erdsalamanders und der
Kröte 166.
Gleichenberg: in seiner allmäligen Entwicklung zu einer
Kuranstalt, mit histor. Notizen über die Heilquellen daselbst,
von W. Pribsil (Rec.) 243.
Glottis: Spasmus derselben 199.
Glüheisen: Anwendung desselben und des Wiener Aetz-
mittels im Kinderhospitale zu Paris 203.
Glycerin: Wirkung desselben bei Ohrenleiden 224. 297.
Griechische Volksheilmittel 166.
Gutta-Percha: Bougie, Ausziehung eines in der Blase ab-
gebrochenen 350.
H.
Haare: Tabakspommade gegen das Ausfallen derselben 35;
— Ausfallen derselben als Leichensymptom 103.
Hals: Rinnen an demselben bei neugeb. Kindern u. Säug-
lingen, als Leichensymptom 103.
Harn: Gebalt des normalen an Phosphorsäure 7; — im Ty-
phus 273.
Harnsteine: pbosphorsaure , Einspritzungen von Bleiso-
lutionen in die Blase dagegen 34.
Harnstoff: Ausscheidung durch den Schweiss 7.
Hasengehirn: frisches, als Einreibung in das Zahnfleisch,
um das Zahnen zu befördern 166.
Haut: Cancer und Cancroid derselben 254. 270.
Hautkrankheiten: Diagnose der syphilitischen 186 ; —
Ol. Juniperi empyreumaticum gegen squamöse und tuber-
kulöse 295.
Heilbronner Mineralwasser: Beobachtungen über
die Eigenschaften und therap. Wirkungen desselben, von
O.E wich (Rec.) 242.
51
103
Sacb-" Register.
Heilmittel: die, Rademacher's für den Praktiket zuram-
mengestellt, von H. M. Auerbach (Rec.) 137; ^->- wel-
che dea Merkur als Aotisyphiliticum ersetzen durften
317.
Reilmittellehre: Beitrage zur homöopathischen 122.
Heilquellen: Abbas-Tuman 300 ; — Adelbeidsqoelle zu
Heilbronn in Oberbaiern 36 ; — Baden-Baden 299; —
Bellano 300 ; -* Deutsch-AUenburg (Rec). 137 ; — Fried-
richshall 35; — Gleichenberg (Rec.) 242; — Heilbronn
(Rec.) 242; -^ Hersier Q\it\\e bei Driburg 299; — Nie-
der-Lang«nau 37 ; — San Pellegrino 299 ; — Pongues
299;— Salzbrunn in Schlesien (Rec.) 243; — Ste»>en
iin baierschen Voigllande 36«
Heilverfahren: das rationell -specif. oder idiopath. als
naturgesetzlicbe Heilkunst dargestellt 124.
Hernia: ingninalis externa intra-iüaca and inguinalis media
antevesicalis 269 ; — Zweckmässigkeit des Bistouri cache
des Dr. Grzymala zur Einschneidung der Bruchpforte
eingeklemmter 351.
Herster- Quelle: bei Driburg 299.
Herz: ^ettentartung desselben 276;— Zustand der Höhlen
desselben bei Ertrinkungstod 111.
Hippocrepis unisiliqaa 299.
Hirnbrucb: angeborener 197.
H i r n b ö h 1 e : die des Fornix 278.
Hirnknoten: Hyperämie desselben als Ursacb« von Selbst^
mord 231.
Hirnsubstanz: graue , pathol . Neubi idung solcher 279.
Hoden: Markschwaram derselben 206 ; — partielle Re-
section desselben bei tuberkulöser Affection ^47.
Hodensack: peristal tische Bewegungen desselben u. des
Darmes 286; — variköse Geschwülste desselben 201.
Höhle: Bildung derselben in den Lungen 175.
Homöopathie: Anleitung zum richtigen Verstandniss und
zum Selbststndiitm derselben 120; -^ und ihre Bekenner
123; — neueste Phasen derselben 116.
Hornhautgefässe: Scarification derselben 92.
Horopterometer 91.
Hülfsgurt: bei schweren Zangenoperationen 74.
Hund: Gesetz für die chemische Zusarnmeflsetzung des Un-
terkiefer-Speichels bei demselben 279.
H y d a t i d e n : des Unterleibs 265.
Hydrargyrum: Ersatzmittel desselben bei SyphiHs 317;
— und Jod gegen Syphilis 183 ; — tivüm gegen Volvulus
182.
Hydrophobie: Fall davon 52.
Hygroma cysticum sacraie congenitum 338.
Hypecoum: pendulum und procambens gegen Krämpfe u.
Schmerzen 298. '
Hyperamie: des Hirnknotens , Ursache von Tobisucht und
Selbstmord 231.
Ichthyosis: in seltner Ausdehnung , nebst einigen Bemer-
kungen über das Wesen der Krankheit 202.
J e j u n u m : Zerreissung desselben 182.
Impetigo: sparsa, in ihrem Verbalten zur Scropbeldyskrasje
316.
Indigo: Verhalten desselben in und zum Organismus 292.
Inflexion: der Gebärmutter 326.
I n u 1 a : graveolens und viscosa 298.
Invagination: tödtliche des Colon 182.
Inversion: des Uterus 328; glücklich gebeilte 328;
bei Geburten 328.
Jochbogen: Fractur desselben 85.
Jod: und Mercur gegen Syphilis 183.
Jod-Einspritzungen: gegen Ascites 268; — gegen
Caries und die davon abhängigen Congestionsabscesse 269 ;
zur Radicalheilung eines Ganglienknolen 166.
Irre s. Geif^teskranke.
Irresei n : über das im kindlicben Alter und dessen Zusam-
^ raenhang mit dem Crelinismus 100.
Irritabilität; des Uterus ^ ZtiTsammandinttg mit der Seiiai-
bilität desselben 6d<
IsoHrung: ate Heilüittel bei Geisteafcraokbeiteo 281 .
Kaffeeblätter: Thee aus denselben 19.
Kaiserschnitt: Fälle davon 329 ; — FaHe von Peifora-
tion nnd Cepbalotripsie , nebst Bemerkungen über den ge-
genwärtigen Standpunkt dieaer Operationen uihI desselben
330 ; — über die vorzüglichsten Qtetlen der Gefahr bei
demselben 329.
Kali bromatum: gegen Syphilis 317.
Kalk: pbosfKhorsaurer und oxals. , zur Physiologie end Pa-
thologie desselben, von F. W. Beneke (Rec.) 133.
Kammer: dunkle, portative 90.
Kaninchen: Flimmerbewegong auf der RespiratfonsScblein-
bant derselben 157 ; — Wurzeln UJkA Bahnen der Abson-
derungsnerven der G\. Parotis bei denselben 28*.
Katheterismus: der £ustachi:schen Röhre 224.
Kind: Bemerkungen aber die Geburt eines hydrocepbalischen
76 ; — Diarrhöe und Cholera derselben , welche in Som-
mer 1851 herrschte 336 ; — die Eig'enthumliehlEeiteD des
Organismus derselben im gesunden und kranken Zustande.
Eine Propädeutik der spec. Kinderheilkunde, von D. G. M.
Seh reher (Rec.) 141; — Genuss des rohen Fleiaches
als Ursache der BandwQrnrhildsng bei solchen 197 ; —
Knotensyphilid kleiner 186 ; — das Näseln derselben 3S7 ;
— Pemphigus bei einem neugebornen 187 ; — Rinnen am
Halse neugeb. als Leicbensymptom 103 ; — Tauhensteiss-
kur gegen Eklampsie derselben 198. 199.
Kindbett fi eher: Analogte zwischen demeelhen und dem
chirurgischen Fieber 331.
Kindeskopf: Anwendung der GehnrtscaDge zur Verbesse-
rung der Stellung des vorliegendeB 72.
Kleie: Untersuchung des Brodes auf den Gehalt an deraei-
ben 20.
Klinik: Zeitöchrift fAr homöopatfaische 124.
Kniegelenk: fremder Körper in demaelben 220 ; — voll-
ständige Luxation desselben mit dem Untelrsehenhel nncb
vorn 261.
Kniekehle: Aneurysma in derselben durch blose Ruhe
geheilt 87. '
Knochen: Entwicklung der Substanz u. des Gewebes der-
selben 9 ; — Verschiebung der Bniehstucke gehracfaener
77.
Knotensyphilid: kleiner Kinder 186.
Kochsalzwirkungen 159.
Körper: fremde, in den Luftwegen 214; iai Kniegelenk
220; Entfernung fester aas dem äussern Gebörgange 227.
Körpertemperatur: Einl^nss der Digitalis auf dfe in fie*
berhaften Krankheiten 293.
Kokum-Butter: das feste Oel der Mangostana 29.
Kopfschwarte: Varices arteriales derselben 88.
Krankheit: Primordien der Naturgeschichte derselben
120
Krebs: über denselben u. die mit ihm verwechselten AfFec-
tionen, von H. Lebert (Rec.) 245; — Geburlsfilile mit
solchem des Uterus complicirt 194; — der Haut 254.
270.
Kressensaft: als Heilmittel 160.
Kröte: Untersuchungen über das Gilt derselben und des
Erdsalamanders 166.
Kronen fortsatz: am Ellenbogenbeine , Bruch desselben
83.
Lac Magnesiae: als Gegenmittel bei Arsen*- und andern
Metallvergiftungen 302. ^^ ,
Lactnca s^cariula 299. dbyVjOOQlC
Leber: Beiträge zur feinem AnalOArie dersefi)bn 15 ; — Be-
schaffenheit bei Ertrinkungstod 111.
S »cb ' Jli i gintitr.
403
Leberl^ran: io grossco Gaben gC£«D Lupus 295.
Leicbe: pothologiscbe Sludieo an der von Erlrunkeflen
105.
Leicbensymptome 101.
Leinsamen: Analyse derselben 292.
Leistenbrachsack-Schwangerscbaft 329.
Leontice leontopetalus 166.
Lippen: Lösung einer hochgradigen Verwachsung derselben
und der Wangen mit dem Züiiiilb^ische 346.
London: Bericht über das königliche Poliklinikum für
Ohrenkranke daselbst 222.
Lufjt: Salpetersäure ein constanter Bestandlheil der atmo-
spbär. und ihr Yerhältniss zum Ozon 3.
Luftwege: fremde Körper in denselben 214.
Lungen: B^schaflenbeit bei Ertrinkungstod 111; — Bil-
dung von Höhlen in denselben 175.
Lungen apoplexie: diffuse , Ruptur der Pleura , Hama-
thorax 176.
Lungenentzündung s. Pneumonie.
Lungentuberkulose: über dieselbe 114; — Arum tri-
pbyllum dagegen 163; — Bedeutung einiger auskultatori-
scher Symptome in den frühesten Perioden derselben 172;
— Nutzen der Exutorien bei derselben 163; — spongia
usta dagegen 163.
Lupus: Lebertbraj) in grossen Gaben gegen denselben
295.
Luxatioq: der beiden Beihen der Carpalknochen unter
sich nach hinten 264 ; — des Kniegelenks , vollständige
mit dem Unterscbenkel nach vorn 261 ; — des Oberschen-
kel9, siebenzehntagige nach hinten und oben , erfolgreiche
Einrichtung 86; — der Schulter, mit Fractur des Ober-
anas 209 ; — der grossen Zehe nach hinten 208.
Hacadamisirnng: Bemerkungen über dieselbe, über
Pflasterung und Trockenlegung 238.
Ifagen: Verbindung zwischen demselben und der äussern
Oberfläche des Abdomen 61 .
Magengicht: durch innere Anwendung von Aetber und
Chloroform gebeilt 33.
Magnesia: Hydrat , als Gegengift gegen arsenige Säure u.
sein Verhältoiss zum Eisenoxydhydrat 301 ; — gegen Ar-
senvergiftung 301. 302; — unterchlorigsaure und freie
als Antidot bei Phospborvergiftungen 38.
Mailand: Bericht über die Privat-Irren-Heilanstalt Villa An-
tonini daselbst vom Mai 1848 bis Mai 1851 S;33.
Mamma: drüsige Geschwulste in ihr 322 ; — Vorkommen
flbröser Geschwülste in derselben 263; über dieselben
264.
Mangostana: die Kokum- Butter als das feste Gel dersel-
ben 25.
Markschwamm: des Hoden 206.
BSastdarm vor fall: Behandlung ohne Operation 207.
Medusa: über dieselbe , ihre Anwendung und Wirkungen
165.
Meerballen: Gebrauch derselben 292.
Mehl: über die hauptsächlichsten Verfälschungen desselben
und des Brodes 21. ,
M e i d a n 0 : ein griechisphes Volkshßilmittel 166.
Melancholia reljgiosa 231.
Helia azedarach 166-
Melilotus cretica: das ätherische Oel davon als Carmi-
nativum 166.
II e m 0 i r.e n : der chir. Gesellschaft zu Paris (Rec.) 261.
Menschenmord: die Selbstmordmanie als (Jrsac)ie des-
selben 230.
Menstruation: Blutungen aus dem Gaumen nach unter-
drückter 190.
Mercurialdyskrasie: Identität derselben und der soge-
nannten secundären Syphilis 63.
Mercurius s. Hydrargyrum.
Metallvergiftung: Lac Magnesiae als Gegenmittel bei
denselben 302.
Milch: Verfälschungen derselben 24. 291.
Missgeburten 291 ; — Entwicklungsgeschichte der dop-
pelten 289.
Mohnkapseln: Versuche über dieselben 161 .
Morgenland: Früchte aus demselben , oder Reiseerleb-
nisse nelist naturliist.-aicd. Erfahrungen 118.
Mundhöhle: zur Anatomie derselben 284.
Muskel: zur Keautiiiss der glatten 145.
Muskelgewalt: Fractur des Oberarmbeins durch dieselbe
beim Ringen 82.
Mutterkorn: geburtshülflicbe Anwendung desselben 297,
Myopie 92.
N.
Nabelschnur: Torsion 76 ; — Vorfall 76.
Näseln: über das der Kinder 337.
Nahrung: Einfluss derselben auf das Blut, von H. Nasse
(Rec.) 130; — erste der Säuglinge 197.
Nahrungsmittel: mikroskopisch -chemische Analyse der
festen und flüssigen, nebst deren Verfälschungen 24.
291.
Naturgeschichte: der Krankheit , Primordien derselben
120.
Nematodenmittel 295.
Nephrotomie: während der Schwangerschaft, Urinflstel
181.
Nerven : Beihülfe derselben zur Speichelabsonderung 279;
— chemische Reizung der motorischen des Frosches 280 ;
— Wurzeln und Bahnen der der Glandula Parotis beim
Kaninchen 280.
Nervenfasern: Verhalten derselben < bei dem Verlauf, der
Vertheilung u. Endigung in einem Ha^utmuskel des Frosches
16.
Nervensystem: physiol.-pathol. Beobachtungen über das-
selbe 277.
Nervus: ulnaris, Dislocatioa desselben 207.
Neubildung: pathologische von grauer Himsubstanz 279.
Neugeborene: Apoplexie derselben 335; — Beiträge zur
pathologischen Anatomie derselben, von F. Weber (Rec.)
142 ; — Rinnen am Halse, Leichensymptom 103 ; — über
die Ansteckung mit Beziehung auf die Syphilis derselb. 62.
Neuralgien: äusserliche Anwendung des Chlorofonn gegen
dieselben und gegen alte Geschwüre 165.
Neurosen: Briefe über dieselben 39 ; — auf epileptischer
Grundlage, welche 6 J. lang bestanden u. jeder ärztlichen
Behandlung getrotzt hatte 170.
New-York: Statistisch -krit. Bericht über die Fracturen,
welche vom 1. Jan. 1839 bis 1. April 1851 im Hospitale
daselbst behandelt worden sind 340.
Nieder- Langenau: Untersuchung der Mineralquelle
daselbst 37.
Niere: Entzündung mit nachfolgendem Tumor derselben,
während der Schwangerschaft , Nephrotomie , permanente
ürinflstel 181.
Nordamerika: Krankheiten daselbst, von D. Drake
(Rec.) 272.
Nux vomica: und ihre Bestandtheile 25.
0.
Oberarmbein: Fractur desselben 86 ; durch Muskelge-
walt beim Ringen 82 ; innerhalb der Kapsel 83 ; verbun-
den mit Luxation der Schulter 209.
Oberkiefer: partielle Resection desselben mit Erhaltung
des Gaumengewölbes und des Alveoiacrandes 271.
Oberschenkel: Behandlung der Brüche desselben mit
Vermeidung von Verkürzung 211 ; — siebenzehntagige
Luxation desselben nach hinten u. oben mit erfolgreicher
Einrichtung 86.
Ohrenheilkunde: zu derselben 222 ; — Bericht über
das königliche Poliklinikum für Ohrenkranke zu London
222.
Ohrenleiden: Wirkung des Glycerins bei denselben 224.
297. ^
404
Sach - Register.
Obrpolypen: ub«r dieselben 225.
Oleum Janiperi empyreumaticarn: s. Cadinum, ge-
gen tuberkulöse u. andere Hautkrankheiten 295.
Ophthalmoskopie: Beiträge zu derselben 88.
Optoraeter91.
Organismus: Vorkommen des Zuckers im thieriscben 7.
Ortbopadik: Mängel der gangbaren 221 ; — zu dersel-
ben, von Bü bring (Rec.) 258; von G. Meyer (Rec.)
260.
Orthoskop 88.
Ozon: Verhältniss desselben zur Salpetersäure als ein con-
stanter Bestandtheil der atmosphär. Luft 3.
Pagü arischer Liquor: Blutstillendes Mittel 35.
Palingenesitherapie 119.
Pancratium maritimum 299.
Pancreatitis 181.
Paraiys^: der Blase, Elektricität dagegen 262; — mit
Blödsinn 93.
Parotis: Exstirpation der scirrbÖsen 263 ; — Wurzeln n.
Bahnen der Absonderungsnerven derselben beim Kaninchen
280.
Passio i|iaca: durch Mercurius vivus gehoben 182.
Pathologie: Handbuch derselben u. der Therapie, von
C. A. Wunderlich (Rec.) 356; — des Nervensystems,
Beitrage 277.
Pemphigus: bei Neugebornen 187.
Perforation: Falle davon u. von derCepbalotripsie, nebst
Bemerkungen über den gegenwärtigen Standpunkt dieser
Operationen o. des Kaiserschnitts 330.
Perinäalrisse: und deren Behandlung mit Serres fines
194.
Periploca graeca299.
Perlmuschel schalen: gegen Rhachitis 299.
Pflasterung: über dieselbe, Macadamisirung u. Trocken-
legung 138.
Phlebitis puerperalis: 334.
Phlegmone: Salbe von Arg. nltr. gegen dieselbe u. gegen
Erysipelas 166.
Phlomis fructicosa 299.
Phosphor: Vergiftung 167; unterchlorigsaure Magnesia
nebst freier Magnesia als Antidot bei solcher 38.
Phosphorsäure: Gehalt des normalen Harns an dersel-
ben 7.
Photometer: von Hasn er 91.
Physikalische Diagnostik: der Krankheiten des Un-
terleibes 302.
Physiologie: des Stoffwechsels in Pflanzen u. Thieren,
von J. Molescbott (Rec.) 128; — des Nervensystems,
Beiträge 277.
Pillen: Einhüllung derselben in Zuckerpulver 25; — in
CaseTn 25.
Placenta: praevia 75; — Iheilweise Trennung vor der
Geburt i93; — Verwachsung 75.
Platanus orientalis: gegen Durchfalle und Ruhren
298.
Pleura: Ruptur derselben u. Hämothorax bei diffuser Lun-
genapoplexie 176.
Pneumoiatria : von G. Silvestri (Rec.) 241.
Pneumonie: Blutentziebungen bei derselben u. über Blut-
entziehungen im Allgemeinen 171; — Chloroforminhala-
tionen bei solcher 29.
Pneumothorax 313.
Polyp: der Gebärmutter 191. 193. 261; Entfernung sol-
cher 193 ; — des Ohrs 225.
Pougues: Nutzen der Mineralquelle daselbst bei chron.
Leiden des Magens u. der Harn- und Geschlechtswerkzeuge
299.
Pterygium: über dasselbe, mit besonderer Berücksichti-
gung der Lebren des Dr. Desmarres 126.
Pyämie 306.
Pyelitis: mit nachfolgendem Tumor renalis, während der
Schwangerschaft, Nephrotomie, permanente Urinfistel 181.
R.
Rademacher's Heilmittel: für die Praktiker. zusam-
mengestellt, von H. M. Anerbach (Rec.) 137.
Ranula 265.
Resection: des Hoden, partielle, bei Tuberkulose desseU
ben 347; — des Oberkiefers, |»arliolU", mit Erhaltung
des Gaumensegels u. des Alveolarrandes 271 ; — des Un-
terkiefers nach Dr. R i m a 87.
Respirationsorgane: Krankheiten derselben und der
Circulationsorgane , Behandlung nach homöopath. Grund-
sätzen 117; — Salzbrunn gegen die wichtigsten Krankh.
derselben (Rec.) 243.
Respirationsschleimhaut: Richtung u. Wirkung der
Flimmerbewegung auf der des Menschen, Kaninchen und
Hundes 157.
Retroversion: der schwängern Gebärmutter 69.
Rheumatismus: acutus, der bei Säuglingen 200 ; und
die Scharlachkrankheit 200.
Rhodeser Holz: griechisches Volksheilmittel 166.
Ringen: Fractur des Oberarmbeins durch Muskelgewalt bei
demselben 82.
Rinne: am Halse bei neugebornen Kindern , als Leichen-
symptom 103.
Rubia tinctorum: als Antiscorbuticum u. Antirhachiti-
cum 299.
Kuckgratsverkrümmung: die seitliche in ihren phy-
siol. u. pathol. Bedingungen u. deren Heilung nebst 1. Jah-
resbericht aus dem Orthopäd. Inst, am Ausgang der Schöne-
berger Strasse zu Berlin, vonJ. J. Bübring (Rec.) 258.
Ruhrkranke: das Fieber derselben 180.
R u pt u r : des Uterus während der Geburt 194.
S.
Säugen: der Wöchnerinnen mit Disposition zu Geistesstö-
rungen 196; — Nutzen desselben in Krankh. u. Nachtheil
der Unterlassung desselben in solchen 195.
Säugling: erste Nahrung derselben 197; — Rheumatis-
mus acutus derselben 200 ; — Rinnen am Halse als Lei-
chensymptom 103.
Salpetersäure: als constanter Bestandtheil der atmosphär.
Luft und ihr Verhältniss zum Ozon 3.
Salzbrunn: in Schlesien gegen die wichtigsten Krankhei-
ten der Athmungsorgane, von H. Freund (Rec.) 243.
San-Pellegrino 299.
Sarcocele: syphilitische 262.
Scarification: am Auge überhaupt u. bes. der Hornhaut-
gefässe 92.
Scharlach: Geschichte, Erkenntniss o. Heilang, von
S c h n i z 1 e i n (Rec.) 142 ; — Belladonna als Propbylac-
ticum 161; — bösartiges 201 ; — u. Rheumatismus 200.
Schläfenbein: Caries mit consecutiven Verletzungen des
Gehirns u. der Gefässe 345.
Schulter: Luxation mit Fractur des Oberarms 209.
Schusswunden: der Blase 267. ,
Schutz: wider den persönlichen Schutz, von E. Ro-
ber tb (Rec.) 380.
Schwämmchen: über Aphthen u. dieselben 199.
Schwangerschaft: Bildung eines wahren Corpus luteum
nur bei derselben 329; — in einem Leisten brachsacke
329 ; — Pyelitis mit nachfolgendem Tumor renalis, Neph-
rotomie, permanente Urinfistel 181.
S c h w e i s s : Ausscheidung von Harnstoff durch denselben 7.
Scropbeldyskrasie: Impetigo sparsa in ihrem Verhalten
zu derselben 316.
Seesalz: als diagnostisches u. therapeutisches Mittel bei
Trunkenheit 159.
Seife: arabische, griechisches Volksheilmittel 166.
Selbstmord: Hyperämie des Hirnknotens, Ursache von
Tobsucht u. von demselben 231.
Selhstmordmanie: als Ursache des Menschenmordes.
230.
Sach-Register.
406
SensibilitSt: Störungen derselben bei Geisteskranken,
namentUch in Qezug auf schwere Verletzungen und deren
physiolpgiscbe Folgen 99 ; — des Uterus, Zusammenhang
derselben u. der Irritabilität 66.
Serres fines: bei Behandlung der Perinäalrisse 194.
Sexaalorgane: anatomisches u. physiologisches Verhal-
ten der ca?emösen Körper derselben 287 ; — Tuberkulose
der weiblichen 234.
Silbersalze: ehem. , physiol. u. therap. Beobachtungen
über dieselben 27.
Smilax aspera 298.
Speichel: der Unterkieferdrüse beim Hnnde , Gesetz für
die ehem. Zusammensetzung 279.
Speichelabsonderung: BeihQlfe der Ner?en zu dersel-
ben 279.
Speichelstein: grosser 262.
Spinnengewebe: innerlich gegen Wechselfieber 163.
Spongia nsta: gegen Lungenphtbise 163.
Spasmus gl otti dis 199.
Stadt: die Wohnungen der Armen u. der Arbeiterklasse in
den industriellen vom Standpunkte der öffentl. u. privaten
Gesundheitspflege aus 234.
Stehen: im baier. Voigtlande, ehem. Untersuchung 36.
Stillen 8. Saugen.
Stoffwechsel: Physiologie desselben in Pflanzen o. Thie-
ren, von J. Moleschott (Rec.) 128.
Strabismus 92.
Symblepharon: Collodium bei der Operation desselben
93.
Symphyse: des Beckens , krankhafte Erschlaffung in Folge
der Niederkunft 266.
Syphilidologie: Beitrag zu derselben 185.
Syphilisation: über dieselbe 185.
Syphilis: Abtheilung u. Klinik für dieselbe im allgemei-
nen Krankenhause zu Wien , Bericht 317 ; — angeborne
186 ; — Ansteckung mit Beziehung auf die der Neugebor-
nen 62; mittelbare derselben 264; — Briefe über die-
selbe 184; — Bromkalium dagegen 317; — Bubo, Be- '
handlung64; vereiterter, Behandlung 64; — Consiliarius
therapeutischer bei derselben (Bec.) 378; — Hautkrank-
heiten syphilitische, Diagnose derselben 186; — inveterirte
günstige Wirkung des Aurum muriat. natronat. bei dersel-
ben 182; — Knotensyphilid kleiner Kinder 186; — - Mer-
eur u. Jod gegen dieselbe 183; — primäre, Unhaltbarkeit
des von Bicord aufgestellten Kriterion derselben 185; —
Prophylactica derselben, von J. P. Tro nein (Rec.) 379;
— Sarcocele 262; — Schutz wider den persönlichen
Schutz 2. Aufl. von E. Robert h (Rec.) 380; — secun-
däre , Identität der sogenannten u. der Mercurialdyskrasie
63 ; — Syphilidopemphyx fungosa 188.
T.
Tabakpommade: gegen das Ausfallen der Haare 35 .
Taenia: Erzeugung derselben bei Kindern nach Genuss von
rohem Fleisch 197.
Taenienmittel 294.
Talamud 298.
Tastsinn: Verhalten desselben bei Narkose der Centralor-
gane, geprüft nach E. H. Weber's Methode 155.
Taubensteisskur: gegen Eklampsie der Kinder 198.
199.
Teleangiektasie: mit Fett u . Fasergeschwulst 19.
Thee: aus Kaffeeblättern 19.
Therapie: Handbuch der physiologischen, vonH. E.Rich-
ter, holländisch durch G. Gohie (Rec.) 140; — Hand-
buch derselben u. der Pathologie, von Wunderlich.
1. Bd. Schluss. II. Bd. 1. Abth. (Rec.) 356.
Thräneosackgeschwülste 269.
T 0 b s Q c h t : Hyperämie des Himknotens, Ursache derselben
Q. des Selbstmords 231.
Torsion: iler Nabelschnur 76.
Tracheulomie: lodicationen zu derselben 211.
Tripper: Unbeilbarkeit mancher 188; — Urinßstel nach
einem solchen 188.
Trockenlegung: Bemerkungen über Pflasterungen und
dieselbe 238.
Tropenklima: Oarstrliung des nachtbeiligen Einfluss dos-
selben niil Dewohner gemässigter Zonen u. des Verlaufs u.
der Behandlung der Tropenkrankheitcn : des gelben Fie-
bers u. der asiatischen Cholera, von Ed. Jörg (Rec.)
137.
Trunkenheit: Seesalz als diagnostisches u. therapeuti-
sches Mittel bei derselben 159.
Tuberkulose: 174 ; — der weiblichen Geschlechtsor-
gane U24; — der Hoden, partielle Resection 347.
Turnen: ^'egen Chorea 171 .
Typhus: Harn bei demselben 273 ; — der u. seine ho-
möopathische Behandlung 117; — zur Lehre von demsel-
ben 61.
Unterkiefer: Resection eines Seitentheils des Körpers
desselben nach dem Verfahren des Dr. Rima 87.
Unterleib: Hydaliden desselben 265; — Binden dessel-
ben nach der Qehurt 195; — physikalische Diagnostik
der Krankheiten desselben 302.
Upasgift 26.
Urämie: Erscheinungen u. Wesen derselben 53 ; — Amau-
rose bei derselben 54.
U rethroplastik 262.
Urinfistel: nach einem Tripper 188.
Uterus 8. Gebärmutter.
Vagina: Ruptur derselben mit Uebertritt des Fötus in die
Bauchhöhle 264.
V a r i c e s : arteriales der Kopfschwarte 88.
Variköse Geschwülste: des Hodensacks 261.
Veitstanz s. Chorea.
Vena portarum: Vereiterung derselben 309.
Venedig: Bemerkungen über dasselbe 37.
Venerische Krankheit: Theorie derselben, von Tai 1-
lefer (Rec.)377.
Verband: Baumwolle u. Watte zu demselben 34.
Verbrennungen: Baumwolle u. Watte zum Verbände bei
denselben 34.
Vereiterung: der Vena portarum 309.
Verfälschungen: der festen u. flüssigen Nahrungsmittel
24. 291.
Vergiftung: durch Phosphor 167; -— durch salzsaures
Zinn 167; — Lac Magnesiae als Gegenmittel bei solchen mit
Arsen u. andern Metallen 302 ; — unterchlorigs. Magnesia
nebst freier Magnesia als Antidot gegen solche mit Phos-
phor 38 ; — Magnesiumoxydhydrat gegen solche mit Arse-
nik 301 ; — Verdacht auf eine durch Arsenik 167.
Verknöcherungen: zur Lehre von den pathologisc^^ea
13.
Verschiebung: der Bruchstucke gebrochener Knochen
77.
Verwachsung: der Placenta 75.
Vesicantien: Behandlung der Wechselfleber mittels dei^
selben auf die Regio epigastrica 163.
Villa: Anlonini zu Mailand , Bericht über die Privat-Irren-
Heilanstalt daselbst vom Mai 1848 — Mai 1851 233.
Viper: Tod durch den Biss einer solchen 167.
Vitex: agnus castus gegen N^chtschweisse der Phthisiker
298.
V 0 1 V u 1 u s : oder Passio iliaca durch Mercurius vivus gehoben
182.
Am
N^apien - R^gis^^r.
Vorfall: des Mastdarms, Bel^aadlubg ohnr Oper^at'iOQ
207 ; — der Nabelschnur 76.
W.
Wärme: Yeränderong der thierischen in Folge der Einfuh-
rung verschiedener Arzneimittel in den Organismus 1K8.
Wangen: Lösung einer hochgradigen VfMwacbsung dersel-
ben u. der Lippen mit dem Zahnfleische 346.
Wasser: Heilung der Chorea durch kaltes 198; — die ver-
schiedenen Frankreichs (Rec.) 352.
Wasserkopf: des Fötus, schwere Geburt 335.
Watte: und Baumvi^olle zum Verbände 34.
Wechselfiebcr: Bemerkungen über die Epidemien dessel-
ben im Rosenberger Kreise 179; — Bcheeru , Bebeerin u.
schwefelsaures Bebeerin gegen dasselbe 162; — Salmiak
dagegen 163 ; — Salpeters. Eisenoxyd dagegen 29 ; — Spin-
nengewebe innerlich dageg. 163 ; — Vesicantien auf die Re-
gio epigastrica dagegen 163.
Weinsteinsaure: pharmaceutische Anwendung derselben
159.
Wien: Bericht über die Abtheilung n. Klinik für Syphilis im
allgemeinen Kranken hause daselbst 317.
WienerAetzmittel: Anwendung desselben u. des Gluh-
eisens im Kinderbospitale zu Paris 203.
Wirbelbeine: Fractur derselben 86.
Wismar: Jahresbericht über d. gymnast. -Orthopäd. Institut
daselbs^ von G. Meyer (Rec.) 260.
Wöchnerinnen: das Stjilen qiil Disposition zq Geistes-
störung behafteter 196.
Wohnungen: der Armen u. der Arbeiterklasse in den 'mäa-
striellen Städten vom Standpunkte der öffenilicben u. pri-
vaten Gesundheitspflege aus 234.
Wunden: Baumwolle u. Watte zum Verbände bei frisoheo
34.
Z.
Zahnfleisch: Lösung einer hochgradigen Verwachsung der
Lippen u. Wangen mit demselben 346.
Zange: ^ur Beseitigung von GebarmuUei^polypen 193 ; —
zur Verbesserung der Lage des vorliegenden Kindeskopfea 72.
Zangenoperationen: Hulfsgurt hei scbwßreq 74.
Zehe: Luxation der grossen nach hinten %0S,
Zellgewebe: fibrös-plastiscbe Geschwulst im anl^peritgnä^-
len der Regio iliaca sin., Exstjrpation ^05.
Zerstückelung: des Fötus inqerhalb der Gebännatter
331.
Zinn: Vergiftung durch salzsaures 167-
Zitterrochen; peurologiscbe Untefsujcbungen über den-
selben 282.
Zucker: Vorkommen demselben im thierischen Org9iiJ9-
mus 7.
Zuckerpolver: Einhüllung der Pillen io dasselbe 25.
Zwillinge: schwere Geburt zusammengew^hseper 334.
Mameii - Reg^lsteri
A.
Aberle 86.
Agazzi, A., 167.
Albers, J. F. H., 338.
Aran 163.
Arnold, H. W., 124.
Attomyr, J., 120. 122.
Auerbach, H. M., (Rec.) 137.
Auzias-Turenne 269.
Azam 211.
B.
Backer, L. Tb., 166.
Bagot 83.
Balassa 207. 211.
Ballard, Ed., 302.
Barker, Fordyce, 190.
Barhieri, Ang., 331. 334.
Bassow 262.
Bastler, A. G. (Rec.) 137.
Becher, E., 279.
Bechert, A., 38.
Beck, Snow, 66.
Becquerel 162. 171.
Begbie, J., 176.
Beghin 846.
Beitier 185.
Beneke, Fr. W., (Rec.) 133.
Bernard 66.
Bernhardi, A., 74. 171.
Betz, Friedr., 100. 200. 286.
Beyran (Constantinopel) 163.
Biermer 157.
Bissi, 8., 233.
Blatchford, Tb., 193.
Blattmann 207.
Boinet 269.
Bomard, 208.
Bonnafond 205. 225.
Borden, G., 19.
Bouchacourt 205.
Boudant 167.
Boudin 238.
Boy^ 188.
Braun 197.
Breed, D., 7.
Breithaupt 309.
Brierre de Boisroont 230.
Brown, F., 834.
Brücke, Ernst, 16.
Brutti, Fr., 163.
Buchner sen, A. 161.
Bähring, J. J., (Rec.) 258.
v. Buren 65. 190.
Capelletti 87.
Casorati, F., 159.
Cazenave 62. 160.
Cerise, L., 39.
Charry 209.
Chassaignac 266.
Cbelius, M. J., (Rec.) 256
Chopart 262.
Choulant, L., (Rec.) 880.
Churchill 64.
Clar 197.
Cloez 166.
Costanza, Gaet. 278.
van den Corput 19.
Costes 163.
Cred(< 193. 330.
Crisp, E., 171.
de Crozant, L., 299.
Cruveilhier 263.
Cullerier 264-
Czermak, J., 88.
Dalmas 297.^^
Daniellssen l6o.
9Ä8l^
Niftten -« Register.
m
Danyaa i) 264.
Degranges 167.
Degui8e261.
Delafond, 0., 234.
Delasiauve 29.
OelioQx, J., 26. 27. 28.
Demarqaay 158. 266.
Depaul 328.
Desmaires 126.
Desruelles 187.
DeUchy 297.
Dcvay, Fr., 227.
Dickioson 75.
Donny 21.
Dorvault 35.
Drake, Dan., (Rec.) 272.
Droste 185.
Dublanc 161.
Dabreuilh (Sohn) 75.
Ouchek, A., 93.
Dörr, 63.
Dum^ril, A., 158.
Dunlap 190.
E.
Ebbesen, J., 165.
Eckhard, C, 280.
LIsässer 76.
Ely, G. E., 297.
Empia 52.
Engel, J. J., 227.
Engelken 196.
Escallier 261.
Ewich, 0., (Rec.) 242.
Faorea 166.
Feild 194.
Ferrarlo, Ercole, 231.278.
Fferrario, Ottavio, 800.
Flehte, E., 258.
Flttgge 98.
Foflin 261.
Forget, A., 209. 205.
Franz 188.
Frerfehs 53.
Freond, H., 243.
Fröhlich, R., 152.
G.
Garin 69.
Gaussail 186.
Geil, W., 324. .
Gensoul 193.
Gilinan 328.
Girald^s 264.
Gob^e, C, (Rec.) 240.
T. Gorup-Besaoez 36.
Goyrand 265.
O'Grady 193.
Gratiolet 166.
T. Grauvogl 118.
Gray, J., 329.
Greiner 309.
Gunsburg^ F., 313.
Gu<{rin, J., 160.
Goersant (ßls) 187.
B.
Haie, R. F., 201.
Hamier 70.
Hart! 194.
Harrey, A., 329.
T. Hasner 88.
Hauner 199.
Hawkes, Tb., 193.
van Hees 20.
Heidenbain (Marienwerder) 900.
Heller, J. Flor., 3.
Herschmann 183.
Heyfelder 29.
Hirscbel, B., 120. 122. 123.
Hirzel, H., 25.
Hohl 326.
Honigberger, J. Rt., 118.
Hoppe, J., 77. 92.
Hoskins, E., 34.
Hugaier 345.
I.
Jobert (de Lamballe) 214. 220. 282.
Jörg, Ed., (Rec.) 137.
Joire 234.
Jozeau 25.
JuDgken 32.
V. hanchich, V., 350.
Ken-, Will., 29.
Kesteven 195.
Kirkwood, A., 50.
Kleutnsky, V., 292.
Koch, L., 314.
KöHtker, A.,'285. 287.
K^benmeister 294.
Kunzmann, Rud., 336.
L.
Lafargue 167.
Laforgue 82.
de Laharpe 61.
Lalaax 159.
Landerer, X., (Athen) 166. 292. 298.
Langenbeck, M., 221.
Larrey, Hippel., 263-.
Larsen 295.
Leben, H., (Rec.) 245. 270.
Lecointe 158.
Leconle, 0., 189.
Leger 85.
Lenoir 263.
Lente, F., 340.
Lepaul 187.
V. Lichtenfels, R., 155.
Liedbeck (Stockholm) 159.
Linhart, W., 165.
Lode 202.
Loir 261.
Lorinser, F., 83.
Ludwig, C, 279^.
Lussaona, Fil., 181. 277. 299.
1) So auch a. a. 0. Sp. 1 Z. 11 ▼. o. MaiMnneuvft 264.
Malgaigne 347.
Malin 171.
Martin, St., 160. 162.
Martini 191.
Maschka, 101.
Meinel, E. A., 167.
Mende (Einbeck) 164.
Heurein, V., 292.
Meyer (Zürich) 13.
Meyer, G., (Rec.) 260.
Michon 271.
Milier 328.
Miquel (Nienburg) 57. 199.
Moleschott, Jac. (Reo.) 128.
Monckton, St., 326.
Monod 263.
Monthus 25.
Morel 99. 281.
Horel-Lavall(<e 268.
Moretti, G., (Rec.) 242.
Müller, E., 299.
Müller, H., 282.
Muller, C. J. G,, 171.
Muspratt, Sherid., 299.
N.
Nasse, Herrn., (Rec.) 130. 274.
Newnham 326.
0.
Oesterlen, F., (Rec.) 134.
Ogston 105.
Oldbam 194.
Ott, F. A., 119.
Panum, P., 6.
Pariae 269.
Pereira, J., 25.
Pettenkofer, M., 36.
Pirogoff, N., (Rec.) \
Pleischl, A., 302.
Poitevin 163.
Poiek, Th., 37.
Poreher, F. P., 161.
Qoaglino, A., 170.
R.
Radford, Tb., 329.
Rahn, Conr., 280.
Rapou, A., 117.
Reichert, K. £., 16.
Reid, J., 29f .
Reinioneng 181.
Richter, H. E., 116. (Rec.) 240.
Ricord 184. 262.
Rigby, Edw., 189.
Rima 87.
Rioecker 186.
Ripa, L., 278. ^
Robert 88. 351. l(3Qle
Roberth, E., (Rec.) 380^
RoberUon. W., 61.
408
Jfamen - Register.
Robin, Ch., 9. 317.
Rösch (Bartenstein) 100.
Röser 195.
Rosenberg, C. H., 117.
RosenthaJ 179. 188.
Stiebel jan. 197.
Stölzel, C, 6.
Stoltz 76.
Strntbers 52.
Stuart 334.
Syme 87.
Vogbers, AcbiU., 163.
Volonterio, A., 162.
Volta, Fr., 182.
Vulpian 208.
W.
Scanzoni 72.
Schell, M., 64.
Scherer, J., 8.
Schindler 33.
Schmidt (Celle) 161.
Schniziein, Ed., (Rec.)142.
Schottin, £., 7.
Schroff 301.
Schreber, D. G. M., (Rec.) 141.
Schutz 112.
Schuh 206.
Schuitze, B. S., 146.
S^dillot 35. (Rec.) 242.
Sire 35.
Sigmund 37. 317.
Silvestri, C, (Rec.) 241.
Simpson 331.
Skrivan 329.
Speer, St. T., 172. 176.
Speyer, A. F., 35.
Stiiger 200.
Taillefer, L., (Rec.) 377.
Tanner, Th. H., 193.
Tomowitz 273.
Tott 199.
Traill, Will., 50.
Traube, L., 293.
Trogher 194.
Troncin, J. P., (Rec.) 379.
Trousseau 337.
V.
Valentin, G., 289.
Varrentrapp, G., 29.
Velpeau 322.
Verga, Andr., 234. 278.
Vidal (de Cassis) 262.
Vicente 317.
Virchow, Rud., 9. 174. 175. 279.335.
Wagner, Rud., 282.
Walther, C. B., 145.
Wassiljew 182.
Weber (Bonn) 83. 86.
Weber, C. 0., 19.
Weber, F., (Rec.) 142.
Wedl, C, 15.
Wega 15.
Weisse 197. 198. x
Wersein, J., 300.
Wertheimber 126.
West, Ch., 329.
Welzel 20.
Wilde, W. R., 222.
Wunderlich, C. A., (Rec.) 356.
Zeissl 186.
Ziehl 182.
Zimmermann, H., 5. 151. 180.
Gegenbemerkungen
zu Herrn Professor Sckoman' s Recension meiner Abhandlung : Beiträge zur ^pathologischen j4na''
tomie und Pathologie des Hüftgelenkes in Acta naturae curiosorum Acad. Carolina -Leopoldinae,
Fol. XXm. pag. 229, in diesen Jahrhh, LXXIL 368.
Wenn es schon jedem Schriftsteller daran gelegen sein
muss , dass Recensenten nicht blos ihr richterliches Urlbeil
aussprechen , sondern dasselbe begründen , und zu diesem
Zwecke den wesentlichsten Inhalt des Buches mittheilen , um
(ten Leser in den Stand zu setzen selbst urlbeilen zu können,
80 hatte ich Ursache diess noch deshalb zu wünschen , weil
meine ebengenannte Abhandlung , da sie nicht als besondere
Schrift in den Buchhandel gekommen ist , keine sehr allge-
meine Verbreitung gefunden hat, und finden wird. Sehr gern
gebe ich zu, dass es sehr schwierig, ja beinahe unmöglich ist,
wenn man ein Buch recensiren soll , welches über einen Ge-
genstand handelt, mit dem man sich selbst speciell beschäftigt
hat, seine eigene früher gewonnene Uebcrzcugung zurückzu-
halten, es musste denn sein, dass man durch das zu recen-
sirende Buch selbst eine andere ücberzeugung erhallen hätte.
Daher habe ich es nicht anders erwartet, als dass Herr S c b ö-
man mit seiner Recension meiner Abhandlung eine Antikritik
auf meine Recension seines Buches : das Malum coxae senile.
Jena 1851, in diesen Jahrbb. Bd.LXX. S. 384, verbinden würde.
Aber noch mehr, denn indem ich die Redaction dieser Jahrbb.
selbst aufforderte, gerade Herrn Prof. Schöman zu
ersuchen , eine Recension meiner Abhandlung zu schreiben,
wollte ich ihm Gelegenheit geben, sich hier, an demselben
Orte, wo ich mein. Urlbeil über sein Buch ausgesprochen
hatte, nöthigenfalis vertheidigen zu können. Offener u.
ehrlicher kann man, glaube ich, nicht zu Werke
gehen.
Dagegen hat Herr Seh. meinen billigen Erwartungen
nicht entsprochen , denn er hat den Lesern der Jahrbb. nur
ein sehr unvollkommenes Bild von dem Inhalte meiner Ab-
handlung gegeben , und gerade die wichtigsten Punkte , auf
welche sich meine Untersuchungen beziehen, sind ganz mit
Stillschweigen übergangen.
Als ich meine , allerdings erst im Jahre 1851 erschie-
nene, aber bereits 1847 der Akademie der Naturforscher ü ber-
gebene Abhandlung schrieb , lag es nicht entfernt in meiner
Absicht, eine Beschreibung des Malum coxae senile zu liefern,
sondern nur eine Reihe pathologischer Erscheinungen^ welche
an kranken Hüftgelenken vorkommen, die aber wenigsleos
zum Theil noch von Niemand einer genauen Prüfung unter-
worfen worden waren , naher ins Auge zu fassen , daher
auch der Titel meiner Abhandlung. Damals er-
schien Wernher's Schrift: Beilrage zur Kenntniss der
Krankheiten des Hüftgelenkes u. s. w. Giessen 1847, und ich
erhielt dadurch Veranlassung, mehrere von W e r n h e r auf-
gestellte Behauptungen zu widerlegen , da er eben dieselben
Erscheinungen, mit denen ich mich beschäftigte, ganz anders
erklärte.
Herr Seh. hat diess nicht hinreichend berücksichtigt,
zieht fortwährend nur eine Parallele zwischen meiner Abhand-
lung und seinem Buche, weiches den Zweck hat, aus dem
Malum coxae senile, der Atrophie des Schenkelkopfes, und
der Interstitialresorption des Schenkelhalses zwei verschiedene
Krankheiten zu machen , und sucht bei mir nach Beweisen
für seine Ansicht, welche ich in meiner Recension bestritten
habe.
Eine solche Art zu recensiren halte ich nicht für gerecht,
und erwarte vertrauensvoll, was noch andere Recensenten und
pathologische Anatomen, als Herr Schöman, über meine
Arbeit urtheilen , und ob sie den Wertb derselben ebenfalls
nicht höher anschlagen werden , als er es gethan bat.
Zeis.
Druck von Otto Wigand in Leipzig.
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CARL CHRISTIAN SCBMKDT^B
jahrbccher
DER
IN- UND AUSLÄNDISCEOIN
R E D I G I R T
VON
Dr. HERIÄNN EBERHARD RICHTER,
Professor der Hedkiii za Dresden,
üDd
Dr. ADOLF WINTER
tu Leipsig.
• ■ ■ 21 1? • •
JAHRGANG 1S52.
TMMIM WJ]¥n SMEmmmvmiGSTMH BAXn,
Mipzi«, 1852. D,,,edby Google
DRUCK UND VERLAG VON OTTO WIGAND.
Digitized by
Google
JUIBKIII
;'"Si-.P 21 ^'.hv, '■
in- und attsläiidii^eli<^ ^eisättimti^ii Medlcin.
sasB9-9-W9aä-aBaaaB^
Bd. 74.
1^51
M 1.
L Medlclnlische ^hysk^ Chemie wd l^oUuiiki
288. (|iiUitlUilY6 ttiltfdltkoliiMhe tttad «hit-
miM^inaiyie der Bltttkfitiifctthett tmd fiht-
ll&ftsinen ; von Prof. K. V i e h o r a t. (Ahch. f. phys.
H^ilk. xi. 1. IftS^.)
Weali uns tl^ Tftti der torli)ftg«ndfeo Abbritidlüng
lü der BMPhQUg bef^ehtigl» tlie id hii|[e «r^^btll«
len physidlogiBcbefl und pathdlogischeil fizperitnimtiiU
rbrichutog endtich rMliftirt ztt ^«h«ih , m> ftthl^n wif
g«wiss bei dem Stadium diesef gef^vollen Arbeil tofefti
die M^tntiefzliehe Ettltüu^chuttg, die so bft trilsutdi^
eilfgeo Boftiuiifeii auf kühne, ▼felirertietss^ilde Uebeb^
kehHflen k^ Wir be{(rtt»seli tbit dem erianbiett
9iefM eines Freundes der Wissenachifl efn^ ausser-'^
ordMlicheu , heffemiräh fdlger^ehen F^yrl^rkt, tt«
wOnM^en manehem midetn Theile dei* Physiologie
Cfine gieiehe Beerbeitung suf eö eksetem mdlbemait-L
sehen Wege. Allein wir wagen es treiaälledetti nichts
die LOsung d«r A'tfglielien Aufgäben, iunbesdudere
der tweiien (einer gimaueu MeHiod« der cliemts<^heA
feiwaUMlyse) rtii' eine tMlkmuüMie •^ftrelits zu wuu^'
selten ttbtig laesende«* tu hallen , |a wit* mdebieu änti
nnte* zu bestechenden Qrttbdett der neuen iteiftiodtä
(^ederum netDenilieh der twcfiieh) den htiHen Gr^d
IM GeunUigk^it ahe(»reMt«h , defil ilmeft Vf. vibdieirt.
Bl« HMbdde derEsiilflng derBluik5ti^iir(^M in eln^m
gegeb^tteti BImvdhitte« bleibl i^desseb jediiefjrlls hitt'><
feiehehd ((enätt» Utb liie afcUr Bntst^b«i>dUiirg f^hysioM^
g^eher FViged e« benutzen; di^ Methode der uU^-
slf^iiig wioliiigeni €f»«mis«'heti Anslyse dirgegen, #elch^
durülieue meM der 9chMtdt*sehen lletlwyde Über-
leg«« ist u. tin« ka«M tdrWtris bringt; ktfi!hl Uns nu«h
«rehl bewegen V das VMd ¥f; als ,,^iB)flrl8<fn'' be^
seiebiidi« Menl ebior ilKtttntersiteftwngsmeittede; d. b:
die ibechähische trennung von ÜtulklÜrperchen und
tlütllässigkeit , als tlberllassig ad acta zu legen.
bie Melhddle der ptähUlälhtih inikrbsköpütkkh
fnüUatäüys^, d. b. dei* Zahlung der ßlutziinen Üi
einem gegebenen Blutvolumen, besteht dsrih, d^s^
dian eben die BlütkOrpereben itt einetti tusb^irst klüi^-
blstt gefiate gemessenen Blutvolümefa Wif^illeh zStil^,
Indem bian jene Bluiitudiiiitstt in einem dM Bhtkttk^-
))erehen erhaltenden Menstrunm auf eine geet^netk
Art ühier das Mfknoskop bringt. Das Verrahi*en, durth
W«l<«bes Vf. diese hOdiSt subtile Aül|$äbe mbglitch g^
niäeht hat, i^l fo^end^s. ISan versdiaftt sich ein
hinrefcbend kleines ^ geUaU messbdres Blut(}uantüni,
indeili man ein Wenig Blut in «iner Tetn^n Caffillar-
rbhrb Von bekahnteiU überall gleichen Duiichmesser
aufsteigen lasiit; Düir Durchmesser der Ca{^illare därlr
wo nr5glieh 0,1 Nmtr. nicht ftbersbhr^it^n ; dsSs dSi
Blut, bevor mau es dhrch eine kurte Berührung tki^
ner überta^tehe fai^ di^r littndung m Cäpllbl'e id die^"
Serbe bringt, niehl terdunsteb däff, vorstellt älcH
vein selbst. Man miskt hierauf unter detti Hiki^ösk6)i
(bei sdiw^cher Vergrttsserung) , indem ihan die Cä-
pillare ttttf efbe gehäiiö Mikrometertbtildn^ Auflegt,
die L^rtgn der Bluissiule, und berechnet söd^nn sui
derselben und dem bekannten Radius des Capillaren-
4UerSchhitts dss Volumen der ganzen BlutsHtil^, dsbei
Aittssen jedoch die Volumina der beiden Menisci, Wel-
che dbrih dUrch das Hereinraged def Luft in die
llOhrt an beiden Enden der Bluuaule entstehen, nach
bekannten nSihemsiischen Begelfl ermittelt und kk
Reehntmg gebracht Werden. Von besonderen Cauie-
len ist hoch tu beineilten, dä&s die Messung sehr
ras<^h geiehehen muss, bevor dais Blut gerinnt u. so
zu den weiteren Operationen UtttSUglidi Wird, zWeitehe,
I. Mediciniflche Physik, Chemie u* Botanik.
dass wenn man einen Blutstropfen aus dem Finger
verwenden will, man nicht das erste mit liquor nutri-
lius vermischte Tröpfchen , sondern ein später aus-
fliessendes benutzen darf. Vf. benutzt diese Gele-
genheit, auf alle Fehlerquellen aufmerksam zu machen,
denen man ausgesetzt ist, wenn man die Zusammen-
setzung des Äderlassblutes als die des Gosammtblutes
yor der VenSsection betrachtet; wir glauben indes-
sen , dass Vf. den Einfluss dieser Fehler etwas Ober-
scbatzt , oder dass wenigstens die Fehler in den ver-
schiedenen Fallen nicht so bedeutend diffieriren, dass
man nicht die Resultate verschiedener Blutanalysen
unter einander vergleichen könne.
Hat man die Länge der BlutsSuIe gemessen , so
kommt es darauf an, dieselbe so auszubreiten, dass
man die Blutkörperchen bequem und sicher unter dem
Mikroskop zählen kann. Zu diesem Behuf zieht man
einen Tropfen Gummilösung oderEiereiweiss in einen
3 — 4 Zoll langen schmalen Streifen aus, bläst in
dieses Menstruum das Blut aus der Capillare, u. brei-
tet es mittels der letzteren in dem ganzen Streifen
aus, die Capillare wäscht man von anhängenden Kör-
perchen in einem zweiten Tropfen desselben Men-
struums. Mittels eines sehr spitz ausgezogenen Glas-
stäbchens vertheilt man sodann die Körperchen vol-
lends in dem Menstruum, u. wäscht es dann in einem
dritten Tröpfchen des letzteren ab. Der Streifen des
Menstruum darf nicht breiter sein als 1, höchstens 3
Sehfeldbreiten des Mikroskopes; unter Umständen
kann man von dem Hauptstreifen aus noch kleine Sei-
tenstreifen, wie die FUsse eines Tausendfusses nach
beiden Seiten ausziehen. Hat man sich überzeugt,
dass die Körperchen überall gleichmassig vertheilt
sind und möglichst in einer Ebene liegen, so schreitet
man zur Zählung ; hierzu ist ein grosses in möglichst
viel Felder eingelheilles Mikrometer erforderlich ; Vf.
bediente sich eines, in welchem 1 Linie in 30 Th.
getheilt ist, jeder Theilstrich ist 9'^' lang; senkrecht
auf diesem stehen 80 Striche von \''\ von denen je
der 5. und 10. länger ausgezogen sind. Ist der
Blutstreifen nicht über 1" breit, so sind die Blut-
körperchen in einer Längenausdehnung von 9"' völlig
in dem Liniensyslem untergebracht und leicht zu zäh-
len: ist man damit fertig, so rückt man den Mikro-
meter vorwärts auf die nächsten 9"' des Blutstrei-
fens u. s. w. Vf. brachte ausserdem noch in dem
Okular einen Mikrometer an, durch dessen Theilstriche
zur Erleichterung des Zählens die Fächer des grossen
Mikrometers noch weiter eingelheilt werden. Das
Zählen bleibt hierbei freilich noch immer eine müh-
same Arbeit , kann aber doch mit Sicherheit ausge-
führt werden; die Arbe;t wird um so leichter, je
geringer der Durchmesser der angewendeten Capillare
(vielleicht bis 0,06 Mmtr.) , je kleiner das in Unter-
suchung genommene Blulquantum; wo es blos auf
approximative Bestimmungen ankommt, schlägt Vf.
vor, ein gemessenes Blutvolumen mit einem gemes-
senen Volumen Menstruum zu verdünnen und dann
die Blutkörperchen in einer mikroskopischen Quan-
tität des Gemisches zu zählen.
Unter dem Titel „Fehlergrenzen der Methode^'
giebt Vf. die Fehler an , welche durch Ungenauigkeit
der Messung des Capillarendurchmessers u. der Länge
der BlutsäuU entstehen können , er schätzt dieselben
unter den ungünstigsten Verhältnissen auf Ygo des za
^messenden Blutvolumens, und meint, dass demnaeh
eine Genauigkeit bis auf ^/^qq "i^^^^ schwer zu errei-
chen sei. Wir geben gern zu, dass \f. die Gren-
zen dieser Fehler eher zu weit als zu eng geschätzt,
möchten aber ausser diesen von der Dexterität des Beob-
achters abhängigen Punkten noch einige andere schwe-
rer zu vermeidende Momente, welche möglicherweise
Fehler veranlassen können in Betracht gezogen wissen.
Einmal vermissen wir den Beweis , dass in dem in
der Capillarröhre befindlichen Blulvulumen die Blut-
körperchen genau in derselben relativen Anzahl diffiia-
dirt sind , wie im übrigen Blute. Bei dem ausser-
ordentlich grossen Senkungsvermögen der Blutxellen,
bei der ausdrücklichen Vorschrift . Vfs. die Capillar-
röhre nur mit der äussersten Oberfläche in BerQhruDg
zu bringen , scheint es uns nicht unwahrscheinlich,
wenn man die Operation auch noch so schnell nach
dem Umrühren des Blutes vornimmt, dass die äusserste
Oberflächenschicht doch schon von einem Theile ihrer
suspendirten Zellen verlassen sei und daher eine hlut—
körperchenärmere Quantität in die Röhre steigt. We-
niger wahrscheinlich, doch auch nicht unmöglich
dünkt es uns, dass selbst noch im Momente des Auf-
sleigens gewissermaassen eine Senkung der Körperchen
stattfindet , d. h. dass die schwereren Blutzellen
nicht in dem Maasse der Capillare zustreben , als die
specifisch leichlere Blutflüssigkeit. Zweitens dürfte
vielleicht auch die Verdunstung des Blutes in der Ca-
pillarröhre selbst während des Messens trotz aller
Geschwindigkeit zu einer Fehlerquelle werden können.
Handelte es sich um die Messung grösserer Blutvolu-
mina, so würden alle diese Fehler wohl verschwin-
dend klein und keiner Berücksichtigung werth sein,
haben wir aber eine Blutsäule von „0,15 Mmtr.'*
Länge vor uns, so können wir gewiss nicht serupolfis
genug sein in der Erwägung auch der unscheinbar-
sten Fehlerquellen. Wir wünschen natürlich im
Interesse der Sache, unsere Bedenken widerlegt und
das Urtheil Vfs. , dass seine Methode „mehr als hin- I
reichend genau sei**, völlig gerechtfertigt zu sehen. 0
Vf.. wendet sich nun zu der Berechnung der gegen-
seitigen Volumenverhaltnisse der Blutkörperchen und
der Blutflüssigkeit, der Grundlage seiner neuen Me-
thode der chemischen Blutanalyse. Leider liefert uns
Vf. für diese schwierige Aufgabe keine neue Methode,
sondern zählt uns nur die Irrlhümer auf, denen man .
bei der Volumenbestimmung der gesammten Blutkör-
perchen eines Gesammtblutvolumens ausgesetzt ist.
Die Fehlergrenze dabei hängt nach ihm ab: 1) von
der Genauigkeit der Blutkörperchenzäblung ; 2) von
der Genauigkeit der Mikrometrie bei Messung der Blut-
körperchendimensionen; 3) von der Möglichkeit der ge-
nauen Conservirung der natürlichen Form der Blut- |
körperchen während des Actes der Mikrometrie;
4) ein fernerer Fehler ist die Zugrundelegung einer
I. Medioinische Physik / Chemie u. Botanik.
Mittelzahl (Ht das Volamen des einzelnen Körperchens.
5) Ein nicht zu vermeidender Fehler liegt in der Form
der KOrperchcn, d. h. in der centralen Depression
ihrer Oherflücben, in der Ahrundung ihrer Ränder.
Endlich giebt Vf. noch zu bedenken , dass vielleicht
die Differenzen der Dimensionen bei verschiedenen
Blutarten so gross seien, das« man sie in jedem ge-
gebenen Falle bestimmen müsse , nicht aber für alle
Blutarten einen conslanten Coerficienten der Berech-
nung des KOrperchen Volumens im Gesnmmthlut zu
Grundelegen könne. Dass diess wirklich der Fall ist,
unterliegt keinem Zweifel; man vergleiche nur die
von Lehmann angegebenen Grössendifferenzen der
Körperchen des Pfortaderblutos und Lebervenenblutes,
man beobachte nur die verschiedenen Nuancen der
centralen Depression bei den Körpereben verschiede-
ner Gewisse. Wie sich Vf. dennoch für berechtigt
hält, auf diese Volumenbeslimmung seine Methode
der chemischen Analyse zu basiren, können wir nicht
recht begreifen!
Mit Recht empfiehlt Vf. die Anwendung seiner
Methode der quantitativen mikroskopischen Analyse
bei Untersuchung anderer mit suspendirten Formele-
menten versehenen thierischen Säfte (Lymphe, Chy-
lus , Schleim , Eiler) ; ferner zur Entscheidung der
Frage, ob gewisse Organe mit der Neubildung oder
der Rückbildung der Blutkörperchen beauftragt sind.
[Letzlere Frage lässl sich durch Blutkörperchenzäh-
lung allein auch noch nicht „emncV* entscheiden, da ein
relativer Körperchenreichthum des Blutes aus einem
Organ , wie z. B. in der Leber auch durch Vermin-
derung der Blutflüssigkeit bedingt sein könnte.]. End-
lich hofft Vf. mittels seiner Methode ein neues Ver-
fahren zur Bestimmung der Blulmenge grösserer Thiere
angeben zu können.
Wir wenden uns zu der neuen Methode der che-
mischen ^4nalyse des Blutes,' welche auf der Blut-
körperchenzählung beruht u. (mit nicht geringeren Feh-
lern , als die früheren Methoden) eine gesonderte Be-
stimmung der chemischen Bestandlheile der ßlutzellen
und der Intercellularflüssigkeit gestattet. Vf. schickt
der Mitlheilung derselben eine Kritik der früheren
Methoden voraus; die Fehler der Prevost-Dumas -
sehen Methode sind so hinreichend bekannt, dass
%wir sie nicht zu referiren brauchen; mit ausseror-
dentlicher Strenge bemüht sich Vf. die Un Statthaftig-
keit des Schmidt' schon Verfahrens darzutbun.
Er hat Recht, wenn er sagt, dass dasselbe bis jetzt
nur wahrhaft enthusiastische Bewunderer gefunden
habe; jeder physiologische Chemiker hat mit Bewun-
derung die mit genialer Schärfe ausgedachten Grund-
lagen der Schmidt' sehen Methode aufgenommen
und mit Freuden den ersten annähernden Schritt an
das Ideal einer Blutanalyse begrüsst; allein Vf. ist
sehr im Irrtbum, wenn er meint, dass irgend emer
die Fehlergrenzen in blinder Begeisterung übersehen
habe; ebensowenig ist Vf. der erste, der dieselben
öffentlich auszusprechen sich getraut.
Lehmann, welcher den Reigen der Bewunderer
eröffnet hat , indem er die Schmidt' sehe Methode
zuerst dem Publikum zugänglicher machte nnd selbst
seinen Aiiiilysen zu Grunde legte, hat auf das aus-
drücklichste den nur approximativen Werlh derselben,
die Nuthwendigkeit der Modification des Schmidt -
sehen Coefficienlcn bei verschiedenen Blutarten u. s. w.
hervorgehoben. (Vergl. Lehmann: Physiol. Che-
mie. 2. Bd. Arl. Blut. Lehmann: Ue her Pfortade r-
und Lebervenenblul. Ber. der k. Sachs. Akad. Nov.
1850. S. 155. Lehmann: (Jeher Schmidt's
Charakteristik der Cholera. Jahrbb. LXIX. S. 139.)
Auch Ref. hat sich erlaubt , einige Zweifel gegen das
fragl. Verfahren in seiner Abhandlung über das Milz-
venenblul auszusprechen (H. u. Pfs. Ztschr. N. F. I. 1.
Jahrbb. LXXI. 8). Eine andere Frage ist aber die, ob
Vf. mii U<>rht das in Rede stehende Verfahren als ein
,,bei einiger Ueberlegung wahrhan unbegreifliches"
bezeichnet. Wir können die fabelhafte Ungenauigkeit
nicht zugeben, die ihm Vf. zur Last legt, wir können,
nicht zugeben, dass die zahllosen Messungen der
Volumenabnahu^e der Blutkörperchen 'durch Verdun-
stung, von einem so gewissenhaften Beobachter, wie
Schmidt, angestellt, denselben nicht berechtigt
hätten, eine ziemlich richtige Zahl für die Grösse
dieser Verkleinerung aufzustellen ; wir können ferner
nicht zugeben, dass Schmidt' s Multiplicalion
darum falsch sei , weil der Mulliplicandus , d. h. die
sogenannten trocknen Blutkörperchen von Prevöst
u. Dumas eine hypothetische Grösse sei. Hält denn
Schmidt diese Grösse für den wahren trocknen
Rückstand der Blutzelien? Warum soll aber diese
Grösse, die doch entschieden von der wahren Grösse
des Blulkörperchenrückstandes abhängig ist, nicht in
einem bestimmten Verh:fltniss zu dem Gewicht der
feuchten Blutzellen stehen , freilich innerhalb dersel-
ben Grenzen , innerhalb welcher wir ein constantes
VerhüUniss zwischen festem Rückstand und Wasser-
gehalt der Blutzellen annehmen dürfen? Kurz wir
können dio völlige Unbrauchbarkeil des Schmidt'-
schen Coerficienten zu approximativen Bestimmungen
nicht einsehen. Doch es ist hier nicht unsere Auf-
gabe das Schmidt' sehe Verfahren zu rechtfertigen,
sondern Vfs. neue Methode der Betrachtung zu unter-
werfen. Wir gehen also zu dieser selbst über und
überschlagen auch die ganz vortrefliiche Einleitung
Vfs. über die nothwendigen Anforderungen an die
chemische Blutanalyse vom Standpunkt der heutigen
Physiologie. Vf. verßfhrt folgendermaassen :
„Das defibrinirte Blut wird in zwei Hälften A u. B
getheilt, man zählt in A die Blutkörperchen, hernch-
nei deren Gesamnitvolumen und aus diesem durch
Subtraction das <W>sammtvoIumen der Intercellular-
flüssigkeit ; diese Portion wird dann als Ganzes auf
ihre chemischen ßestandtheile analysirl. Die Hälfte
B wird filtrirl, wodurch dasselbe Blutkörperchen
ärmer als A gemacht wird ; sodann zählt man wie
oben die Blutkörperchen , berechnet ihr Gesammt-
volumen , so wie das der Flüssigkeit und analysirt
das Ganze wie A.** r-^ i
„Man hat also zwei AnalysapQiQßllßon zwei
„Blutproben, welche beide ursprünglich dieselbe fie-
«
L lüdiciniBdra Hjiikv %htitn% tk flMinil.
«^ehäfflMhcfft ieigteB,.n>ii denen jtdodh «He sweite
Mdurek^m ktttfstlicbes, dM Blut libric^ens nirht be-
y^einirtkliligeDd^s Verfahrea in ein ton d«r erstM
»^Blutprobe abweichendes Verhtfitiiss xwischen ßtat-
»«ktfrperoben und defibrinirter filHtflassigkeit gesellt
^worden iM. Man kettnt das VolnmenveriiliUina der
.«Kttrperölie« ond der defibriiirten FlOssigkeit in liei-
»,dfcn Fän^n. B'tt diemiscbe Con»tilution dieser bei-
„dbu morphologischen Hatiptetemenie des Blutes ist
,,liber gleich ^blieben , nur ihr. relatives VerbXltniss
»liat sieb fj^etfndert. Man isl also im Besitz zweier
rt-Gieichungen nii fewei unbekannten Grössen : nüm-
MÜtb dem Gehalt der Blutkörperchen einerseits und
,,dem Gebalt der deibnnirten Blutflüssigkeit anderer-
.»«seiU an dem iVaglicite« den Kbrperchen u. JitFIAs-
»^sigkeil geoviosamen BesUndUieile. Die gegebenen
»«Gleicbmigen erlauben demnach di« Bestimmung der
»»beiden UnbekeniHen. Die Analyse ergab n»mlich
•tdlie QuonüUü jene« Stoffes (a) in einer Volmnenein«-
,«heit des Oeeammibkitee (BlulkVrp. + defibrin. Blut- '
«>flas8.). De dieser Stoff a nun enthalten ist in den
MKOrperehea, wie in der defibrin. Blulflas»., so ist
toBatOrlicb das IVoduct der in einer Voiumeneinbeit
»iGesammtblttl vorkommenden bekannten Gewidiis-
nmenge tön a u. der Anzahl der bekannten Volumenein-
»^keilen des Geeammtblutes »=* dem Producte der be^
„kannten Blutkörpercbentolumeneinheilen und des
»»unbekannten Gehaltes einer Bliitkilrperchentolumen-
^»einheit an dem Stoffe a plus dem Producte der be-
»»kannten Volumeneinheiten der defibrinirten Blut-
»»flOssigkeit und das auf die FlUssigkeilsvolumeneinheit
»«reducirlen unbekannten Gehaltes der Blutflassigkeii
,»sn dem Stoffe a."
Ist also:
t s= Vol. der ersten Portion Blut,
v* aar - - zweiten -
q 8s Gewicht des Stoffes a in der Volumeneinheit
der ersten Portion»
qi BB Gewicht des Stoffes a in der Volumeneinheit
der zweiten Portion»
p BS Vol. der Blutflüssigkeit in der ersten Port.»
pi ssB - - - - - zweiten -
c a=a Vol. der Blutkörperchen in der ersten Port.,
ci — . - - - - -. iweilen -
X s= Gewtchtsmenge von a in der Volumeneinheit
Blutkörperchen
y = Gewichtsmenge von a in der Volumeneinheit
Blulfldssigkeit:
so haben wir zur Bestimmung von \ nnd y folgende
Gleichung :
1) vq = ex -H py
2) V* q* = c* X -|- p^ y
folglich :
p^vq — pv*q*
tneos; in ft seien dies« GrOssM ^^ 10% %. M*/o-
D«e Volumeneinheit Körpe>rchen enthslte t<»n e M .
Gewichtseinheiten (k) &te Flflstfigkeit 0»i (y) 1) Glei-
chung: A sei ies 160 Volnmeneinbeiten (tasiAO fURr-
perchen u. 120 fltissigkeit) ; von a sinrd ^mMHveh in
den Körp. «^ 15 in der PIffs». ±ti 24 GewtcMs«ii-
heiten (a& 99 im Gesemmtblut d. i. 0»2« in 1 flftln-
meneinheit Gesemmtbkit).
Gleichung I. :
150 . 0,26 b=* 80 . 0,5 + 120 . 0»'2
II II H .
39 «tn: 15 + fei
2) Gleichung : B sei :±££ 200 VotuoMmeinfa^ite* <»te
20 Körpereben + 180 Fluss.). Von a sind d«ttk-
nach in den Körp. &a 10 in deir Flflss. *»& 36 0^-
wicbtseinhtiten (sks 46 im GesammtMui, d. u 0»28
in der Volumeneinheit Gesanftniblut).
Gleichung II. :
200 . 0»23 tittt 20 . 0»5 + 1§0 . 0^,2
II R li
46 s£tt 10 u|^ 8<
es ist also :
39 ..160-^ 120 . 46
X = . . es 0,5-
c*p
cp*
c*vq — cv*q*
cip — cp*
y =
30 . 180 — 20 . 120
20 . 39 — 30 . 46
20 . 120 — 30 . 180
=-Ö.2.
Beispiele :
In A sei das Volum, der Körperchen ^s 20 %
das der Flüssigkeit a 80 % des Geaammtblutvelu-
Wir können mittels dieser Gleichungen die Ver^
theilung jedes Stoffes dUf ttlutkÖrpeH;h^n und BlttU
flüssigkeit berechnen , eben so aber auch das speci-
tische Gewicht der Blutkörperchen ü. der BlülAflssigk^ft
(wobei X das Gewicht der festen Bestandtheile tli d^t*
Volumeneinheit Blutkörperchen bedeutet).
Der specielle Gang der Analyse ist nach Vf. der:
zunächst bestimmt man im Gesammtblute (vor dem
Defibriniren), die Zahl und das Volumen der Blut-
körperchen, Menge des Wassers und festen Bück-
Standes, speciGsches Gewicht und Faserstoffmengew
Sodann defibrinirt man und tbeilt das Blut in zwei
Portionen» deren eine filtrirt wird ; in jeder dieser Por-
tionen wird besonders bestimmt: Zahl und Volumen
der Körperchen, specifisches Gewicht» Wasser, feste
Bestandtheile » Asche, coagufable Materien» lösliche
Sal7e, Fett und Extraclivstoffe nach bekannten Me-^
thoden. Die Berechnung der Analyse aus den Ergebe
nissen dieser Bestimmungen ergiebt sich aus dena
oben Gesagten; schliesslich hat man anzugeben» wie
viel von den einzelnen Bestandtheijen in 1000 Tliei-
len Blut (ebenfalls auf Körpereben und FlOss. ver-^
tbeilt) enthalten ist.
Vf. deutet ferner eine abgekflrvie Methode M«
deren Anwendbarkeit von der nach ihm erst tu ütvM-*
senden Voraussetzung abhsngt, ob das Blntsemna als
Blutflüssigkeit minus Fibrin angeirehett werden dorfe.
Ist diess der Fall, so nehmen wir ffff die Zttsaenmeii«
Setzung der Blutflüssigkeit die Besultate der direeteti
Serumanalyse; eine Unbekannte y und die tweite
Blutkörperchenzählang fllU weg. Setzen Wf^ SUilt y
(s. oben) die beka&aitd d $ ae iet«
I. MMfciijsdMi rilr«ü:^ neflria ■. Manilu
i>*-*-i(q'--d)
Wir ÜkA «D^ 4i« Redenie» Vis,, gegaih die Miiitiüit!
^IMI 9W9m nvA defibrivirUr UulOOBsigkeii itiolu,
^Hw4ik will wir 49«! dJreole» U«toflsucbuogeD
S«l|.l|i^iitt*s Oben 4i€m. Pr^ge volUiv GUuImmi scbc»-
ken, zweitens weil uns ein- oiielMrügiicbep eadotDKH'
bischer S(offaustamsch zwischen Serum und Placenla
wob) nodgjicb» aber |eden falls, zu gering erscheint,
mn ite Angesicht der grÖ8sei:en Beobachtungsfehler
berücksichtigt zu werden. Will man aber so scru-
pulOs sein, so darf man vielleicht auch nicht das Vo^
ittoien der Blulknrperchen im deßbrinirlen Blute be-
slimmen woltjen, weil map einwenden kann: die,
BlutflQssjgkeit — Fibrin kat eine andere Concentra-
tioo als vorheXf sie wird also den Blutkörperchen
duiich. Endosmose Stoffe entziehen und diese werden
demnach Form und Volumen ändern. Verwendet
man zur Analyse das Serum , welches durch die me-
obanisehe Settkimg dier Blulk^perohen im defibrinir-
IM Blirte IM wird> so wird sich, glaubet» wir, aueh
der gewitoenhaflesle Ezperineiitator nicht scheuen,
die IdeolilM deetelben mit Blutflüssigkeit — Fibrin
anzunehmen. Vf: begeht, indem er diesem vermeint-
lichen Fehler ausweichen will , einen weit grosseren
Fehler, der in der unvermeidiüthen rerdun$tu»g des
i(bUßf wUrendi derPMraiioa dßv mteüem fortion
UegL Das ist indessen nicht da«, ein^ge^ &e4enken,
welches, wir geg^n die Genauig|ieil der neuen Me-
thode haben ; ein weit wichtigerer Einwand scheint
uns in der ünmöglichkeü einer nur eüiigermaassen
genauen Folumenbextimmtmg der ^Blutkörperchen,
dies^ „conditio sine qua non" des ganzen Verfah-
rens, zu liegen.; alle diese Fehler, die Vf. selbst so
ausführlich detaillirt , sind leider hinreichend gross,
die Aussiebt, sie zu beseitigen, so entfernt, dass
uns der Muth« fbhit, mit Vf. der Methode ein so gün-
stiges Prognosticoa m aleUeii; dazu gesellen sich
noch die oben aAgßdßutelaQ PehlerqueHen bei der
Zlhluog der Blutkörperchen, «mit denen natflrlicb der
Fehler ioi> Bssultate wKolrst , e» kommt ferner dazu,
dass die Zahl und daß Fglumen der farblosen Blut-
»elien, welche nochi dazMj sehr variable Grössen sind,
von Vf. gar nicht üi Reehmmg gebracht sind und
aoch schwerlich mit in. Recknung gebracht werden
können. Wie wolUe man z. B. 2ahl u. Volumen der
Blotzellen im Milzveneu- oder Lebervenenblute be-
slinunen, wo einerseits Vs ^^^ Va ^^^ ganzen Zellea
farblose sind und andererseits farbige und farblose
Zellen rücksichllicb ihrer Dimensionen in den weite-
sten Opennea sohwanken f Wie gross mOgen allein
die VohiinensehwaDkHBgen der gefMten HOrpereben
sein» welebe von den mannigftohen Nuancen der cen^
traten ftepression' (die unter Umständen sich sogar in
ein» HlnrnorwOlbiing umwandelt)^ abbSn^fen? Wie
isH'nna dksei» jedem gegebenen Falle messen oder
mt annibemdi sehainen?* Es ist endüob wahrhaftig
ieine ArbeiUscheu, oder un» mit VfSr Worten au
rite , wasBb btamdii; keifte ptayuioloigisAlKebemiiQber
Handlanger zi» sein, nm sn Augen :• wer soll eine
grdsatre Reihe vnn Rlutanalysen'nQternehaen, wen»
ausser zwei BlulbOrperchen«ahhingon bei jedarBUtn
quanlütl ancb nook die Mesanog des Vialumens der*
selbe» vorzunehmen ist, die wiederun» nnr durolir
anhllasn' sorgfüMige Measnngen alles fÜmensianeBflsOig*
lieb- '\%%^ Wären die ersteren. Bedenken niebt, d., h.
wXse die Anssi^ auf Zuverlässigkeit der ResulSstB'
besserv so wttrde Steher bei jedem, dnr seine Wjsseut-
Schaft liebt, die leistere Scheu gänzMeb in WegbU;
kommen, oder wenigstens mir in dem« nfltsüebei»
Grade bleiben , dass man kllnftighin- eine Btutanal^fse«
nur cum geano salis auf sicheren physinfngisoben oder
pathologischen n. vor allero lagisehmi Bnden anstetlle»
und nicht wie bisher die Zahle» der Blutanal|9e' als*.
Deeaeatioo au jeder KrankengescMelile veriaagtUi
Manche Aeralie wanden es verlern«», den. Chemiker*
schonungslos zu' niohtssagenden Analyse» su> aNSSN.
brauche», es wOrd» aber aueb kein Gheniker meha*
Hunderte* von Amalysen* naob dem« iiebranebn« de»
GeUscbwerels anslellsn.
Wir hoffen , dass unser Urtheil aber Vfa» Me-
thode zu streng gewesen ist , dass unsere Einwände
widerlegt oder durch Verbesserungen der Methode
beseitigt werden können. Wir hoffen diese im Inter-
esse der Sache und im Interesse Vfs. , damit dessen
genialen Gombinatiooen sowohl, als seiner müh-
seligen Arbeit einst volles Recht widerfahre; damit
wir uns mit ihm. der Freude hingehen, können., so
kühne, ideale Forderungen an die Blutebenia suslallbn^
wie wir sie in Vfs. Scblussbemerkungan finden. Be-«-
zweifeln mochten wie freilich, dass es die mikrosko-
pische Volumetrie und die Scheidekunst je so weii
bringen , um das neue analytische Verfahren in der
von Vf. angedeuteten Weise auch auf die quantitative
Untersuchung ganzer Organe anwenden zu können.
(Funke.)
2^7. K&sestoff im Blüte; von Dr. Jak.
Moleschott. (Arch. f. physiol. Heilk. XI. 1.
1852.)
Mehrere Pranznsen (Guillot, Lebltn«, Stas)^
später Paa um in Kopenhagen [Jahrbb. LX«XIIi. 6.]
glaubten den Kttsestoff im Blute, namentlich Schwan«*
geren dadurch, nachgewiesen zu haben, duss sie das
in der Siedhitse zur Gerinnung gebrachte Btutsernoi
nach Entfernung des Coagulates mit der 20faclien
Alenge Wasser verdOnnten und mit Bssigsättre sättig«-
ten.; worauf denn der Käsestoff, frei von Alkali, »i»-
derfall* und sich später in ttbersebttssiger Säure, wie^
der lOse. Nachdem nun Lebmann binlanglioli hep*>
vongehoben, dass. das Natronalbununati beim- Ab«
dampfen ebenso gut eine Haut bilde , wie eine bnae«
stoffl»altige Flüssigkeit, u»d dnroh blase Siedbitin
nicht aus seinen Losungen, entfernt werde, nimmti
Mo lese hott den Beweis der Gegenwart desKäse**
slolTs im BhHe wieder auf und. stfltzt' sieh dabei bn»
sonders auf seine aagablicli aiobere' und vollständige,
vorherige Entfernung des Naftronalbumiaala. Br glaubt
8
I. Medicüusche Physik, Chemie u. Botanik«
diess » Dach vorheriger Goagulalion des freien Albu-
mins im Wasaerbade« durch mehrmaliges Kochen
des Blutserum mit einem neutralen Alkalisalze zu
erreichen. Der sich zusammenballende Niederschlag
wird abfillrirt und das Filtral mit schwefelsaurer
Blagneaia 12 — 14 Sld. stehen gelassen, zur Abschei-
dung der Plio^phorsäure ; und diese Scheidung wie-
derholt, bis das Salz keine Trübung mehr hervor-
bringt. Wird dann erhitzt, so entsteht ein Präci-
pitat von GaseYn-Bittererde. Essigs, brachte in der
zu prüfenden Flüssigkeit eine Trübung zu Wege, wel-
che im Ueberschusse der Säure wieder verschwand.
Kälberlab erzeugte bei einer Warme von 30<^ — 35^
nach 3 — 4 Std. eine schwache, aber deutliche Ge-
rinnung. So behandelte Vf. das Blut von Ochsen,
Kälbern, Schafen und Schweinen. Darnach scheint
es allerdings festzustehen, dass das GaseYn zu den
normalen Bestandlheilen des Blutes gehört; allein
neuern Untersuchungen nach ist das Eiweiss des Blu-
tes ein Gemeng inehrerer Stoffe , von welchen einer
die Eigenschaften des GaseYns in vieler Hinsicht imi-
tirt , wir halten daher die vorliegende Frage immer
noch nicht für vollkommen entschieden. Mit dem Vf.
müssen wir aber die Anwesenheil des Kj^sesloHes im
Blute für um so wichtiger halten, als M. S. S c h u 1 1 z e
denselben als regelmassigen Gewebsbestandtheil in der
mittleren Arterienhaut, auch im Zellgewebe und
Nackenbande nachgewiesen hat. ( U h 1 e. )
288. Ueber die chemischen Bestandtheile
des SchweiSSes; von Dr. Ed. Schottin. Arch.
f. phys. Heilk. XI. 1.
Diese in Lehroann*s Laboratorium und nach
dessen speciellen Angaben ausgeführte Arbeit bezieht
sich auf jenes schon so lange brache liegende Feld,
auf welchem selbst nach des Vfs. Iheil weise sehr
sorgfältigen Untersuchung doch noch viel Früchte für
die Physiologie wie für die Medicin zu sammeln sind.
Obgleich uns noch manches zu wünschen übrig bleibt,
so ist damit doch der Anfang zu einer rationellen che-
mischen Untersuchung gemacht.
Unter Schweiss begreift Vf. die Summe der Haut-
aussonderung überhaupt, deren einzelne Factoren
das luliförmige Product der perspiratio insensibilis
der Epidermis, die tropfbarflüssige Absonderung der
Schweissdrüsen (Schweiss im engern Sinne), end-
lich das Secret der Talgdrüsen sind. Vf. verschaffte
sich das Material theils mit Hülfe von gereinigten
Schwämmen , welche er sich in der Achselhöhle fest-
band; theils durch Auflegen von Fliesspapier auf
Brust, Bauch, Bücken und Füsse; theils mittels
eines um eine obere Extremität gelegten , luftdicht-
schliessendenGutla-Percha-Schlauches, an dessen un-
terem Ende zur Ansammlung des Schweisses ein Fiäsch-
chen angebracht war. So konnte Vf. an warmen
Tagen bei massiger Bewegung in 4 — 5 Stunden
20 — 30 Grmm. Schweiss im Gläschen sammeln. Von
den Leichen wusch er den Schweiss mit Schwämmen
ab , die zuvor mit kochendem Alkohol und destillir-
tem Wasser gereinigt waren.
Die im SchlauchgefUss gesammelte FIflssigkeil
war in Folge der sich beimischenden Epithelien trübe,
von milchartigem Aussehen. Bei der mikroskopischen
Untersuchung fanden sich darin ausser den Epithelien
freies Fett, SchleimkOrperchen, KörnehenkOrpercheo
und moleculare dunkle KOrnchen. Die Reaction des
Schweisses war stets sauer, neutral nur in 2 Fällen,
wo Harnstoff zugegen war.
Die Darstellung der chemischen Untersuchung be*
ginnt Vf. mit einigen Notizen über den Farbstoff des
Schweisses. Das trockne spirituöse Extract zeigte
oft eine hellrosenrothe und mit Oxalsäure versetzt
eine hellgrüne Färbung; der ätherische Auszug war
grün gefärbt , bei höherer Temperatur hellrosenroth.
Von den Säuren und Alkalien gab nur Schwefelsäure
eine schmutzigrothe Trübung, die sich beim Erhitzen
zu einem ziegelrolhen Niederschlag ausbildete. Also
ist dieser Farbstoff nicht mit dem der Galle und des
Urines zu verwechseln.
Zur quantitativen jinalyse wurde der Schweiss
bei 100<^ zur vollständigen Trockniss eingedampft»
der Rückstand in kochendem Wasser aufgelöst, die
Epithelien ahßltrirt und das Filtrat nun weiter behan-
delt. Darnach enthält der Schweiss :
97,74 0/^, Wasser,
0,42% Epithelien,
1,13% bei lOQO nicht flüchtige SttbsUozen,
0,70% Asche.
Das Verhältniss der unlöslichen Salze zu den lös-
lichen fand Vf. in 2 gesonderten Analysen vom Fuss-
und Armschweisse , in beiden = 1:17; das Ver-
hältniss von Kalium zu Natrium im Fussschweisse
= 1 : 2,53 ; im Armschweisse = 1 : 1,75. üeber-
haupt fand Vf. in 0,89 Grmm. Asche vom Fuss-
schweisse :
Unlösliche Salze = 0,05 Grmm.
( 2 CaO . POg =
hMgO.POj:
=ar 0,037.
= 0,013.
sUcke Sähe =
0,84 Grn
1 Gl =
0,279
iS03 =
0,049
darin /P05 =
0,020
JNa =
0,251
[Ka «=
0,099.
Die im Schweisse nachweisbare äusserst geringe
Quantität Eisen dürfte auf Bechnung der Epithelien
kommen.
Zur Darstellung der Fette wurde der von 10 Ta-
gen gesammelte Fussschweiss verwendet. Aus -dem
Aethereztract desselben erhielt der Vf. 1,72 Grmm.
theils freies Fett in Form von Bläschen , theils Mai^
garine in freien gekrümmten, oft wirbelarlig gestell-
ten Nadeln, theils eine Menge Gholesterine , deren
Vorhandensein er (nach Verseifung der übrigen Fette)
durch Winkelmessung darthut.
Die Gegenwart fluchtiger Säuren enchloss
L Medicinische Physik, Chemie u. BotaniL
9
bis jetst fast nur aus dem ihnen eigenthUmlichen Ge-
rüche. Weder die ButtersSure, noch die Essigsaure
war chemisch rein dargestellt oder ihre Süttigungs-
capaciUt bestimmt worden. Auch der VF. gelangt
zu keinen recht entscheidenden Btsuhaien. Er wiüst
im Schweisse des Fusses und der Aciise'.hölile inil
Sicherbett nur die Ameisensäure und Buttersäure, mit
Wahrscheinlichkeit auch Essigsäure und Metaceton-
säure nach. Er unterwarf zu dem Ende den auf dem
Wasserbade eingedampften Schweiss einer fractiontr-
teo Destillation mit Oxalsäure und band die überge-
henden Säuren an Baryt und später an Natron. Die
gesammten flüchtigen Säuren bedurften 11,67 Baryt
zu ihrer Sättigung. An den krystallisirten Barytsal-
zen waren keine charakteristischen Formen unter dem
Mikroskope zu erkennen. Die Säuren wurden nun
an Kali gebunden und mit Schwefelsäure versetzt,
nochmals nach und nach an Baryt überdestillirt. Die
Säure des ersten Destillats zeigte eine Sättigungsca-
pacität von 16,2; bei einer 2. Bestimmung von 16,5.
Auf Zusatz von Eisenchlorid gab sie eine blutrothe
Färbung. Vf. hält dieselbe für ein Gemenge von
j^meistn- und Essigsäure. Von der Anwesenheit
der letzteren will er sich ausserdem durch Darstel-
lung des Kalksalzes überzeugt haben. Uie bei der
2. Destillation übergegangene Säure zeigte eine Sätti-
gongscapacität von 24,5.
Sämmtliche Barytsalze wurden nun mit Blei-
zucker versetzt. Es krystaUisirte aus der beissen Lö-
sung ein Bleisalz in vierseitigen Prismen mit zwei-
flächiger Zuspitzung ; die Sättigungs-Gapaeität wurde
:^ 21,44, und später bei einer neuen Portion
Schweiss = 21,60 gefunden, eine Sättigungscapa-
cität , welche der der Ameisensäure entspricht. Die
freie Säure reducirte ttberdiess salpetersaures Queck-
silberoxydul und Silberoxyd.
Die vom ameisenauren Blei abfiltrirte Flüssigkeit
wurde von Neuem an 'Blei überdestillirt. Beim Er-
kalten schieden sich federposenartige Krystalle aus,
welche unter dem Mikroskope sich als sechsseitige
Säulen mit stumpfer Abflachung darstellten u. deren
Säure in der einen Bestimmung eine Sältigungscapacitäl
von 24,3 bei einer zweften Portion von 24,2 zeigte, eine
Zahl, aus welcher Vf. eher auf ein basisches, als ein sau-
res Salz schliesst. Bei der 2. Portion Schweiss stellte
Vf. noch, auf ähnliche Weise, das Barytsalz dar,
welches in Oktaedern und rechtwinkligen Prismen
krystaUisirte und dessen Säure eine Sättigungscapa-
cität von 12,29 ergab und somit für Metacetonsaure
gehalten werden konnte. Aus der in der Betorte
zurackgebliebenen , zweiten Hälfte der Flüssigkeit
wurde auf gleiche Weise das Barytsalz dargestellt.
Es hatte keine constante Form und eine Sättigungs-
capacität von 11,15> so dass Vf. darin ein Gemenge
von Buttersäure und Metacetonsaure vermulhet.
Das bei der ersten Bestimmung in der Vorlage
noch vorhandene Bleisalz war eine ülartige Masse,
M«d. Jfthrbb. Bd. 74. HfCl.
ohne Spur von Krystallisationsfähigkeit , aus welcher
bei Zusatz von Schwefelsäure ein starker Geruch nach
ranziger Butter sich entwickelte.
Was die Menge der in einer bestimmten Zeit
vom Organismus durch df n Schweiss ausgeschiedenen
flüchtigen Säurtn btUifTi, so fand Vf., dass der
von 3 Wochen gesammelte Schweiss der Achsel-
höhlen bei der Destillation 7,28 Grmm. Baryt sättigte.
Die Gegenwart der Milchsäure im Schweisse,
welche nach früheren Untersuchungen (von Berze-
lius u. A.) darin theils frei, theils an Ammoniak
gebunden, vorkommen soll, kann Vf. nicht be-
stätigen.
Das Ammoniak und seine ^Verbindungen ^ wel-
che ebenfalls bisher immer als wesentliche und leicht
nachweisbare Bestandtheile des Schweisses aufge-
führt wurden, fand Vf. nach seiner, sehr sorgHilti-
gen Methode, in so geringen Mengen, dass er die-
selben mit Bestimmtheit der Zersetzung zuschreiben
zu dürfen glaubt. In 10,125 Grmm. Schweiss waren
0,0037 und im FussschWeisse von 8 Tagen 0,0198
Grmm. Ammoniak enthalten.
Den Harnstoff' vermochte Seh. im normalen
Schweisse nicht aufzufinden , jedoch will er, unter
andern Gründen auch wegen des Auftretens des Koch-
salzes in OktaSderform , kein entschieden verneinen-
des Urtheil über die Anwesenheit des Harnstoffes im
gewöhnlichen Schweisse abgeben.
Dass die Schweissorgane bei gestörter Nieren--
function die Ausscheidung von Harnstoff übernehmen,
beweist Vf. durch 7 Fälle von Nierenleiden, bei denen
er aus den 2 — 12 Stunden vor dem Tode auftreten-
den Schweissen Harnstoff darstellte. Dass hierbei
aber die in der Agonie beginnende Lähmung der Ca-
pillaren einen grossen Einfluss habe, zeigt ein anderer
Fall von plötzlicher Erstickung eines jungen Mannes,
bei dem die rechte Niere fehlte , die linke , vollstän-
dig granulirt, die letzten Tage nur 4 — 5^ Grmm.
Harnstoff ausgeschieden hatte und dennoch derselbe
Stoff im Schweisse fehlte. (Gf. hierüber das Weitere
im Arch. f. physiol. Heilk. X. 3. 1851; Jahrbb.
LXXUl. 7.)
Von andern pathologischen Schweissen untersuchte
Seh. nur den bei fVechselfiebem im Stadium der Hitze
auftretenden in 2 Fällen. Er fand darin keine Milch-
säure, aber eine bedeutende Menge von buttersaurem
Kalk ; das Verhältniss der unlöslichen Salze . zu den
loslichen war s=s 1 : 9.
In Betreff des Ueberganges von Zucker in den
Schweiss bei Diabetikern widersprechen sich die An-
gaben der Autoren. Jedenfalls ist diese Art der Aus-
scheidung von. Zucker hier nicht von so grossem Be-
lange, da zumal die Hautausdünslung meist fast ganz
unterdrückt ist.
Um aber zu prüfen, ob vielleicht der gesunde
Organismus bei reichlicher und ausschliesslicher Nah-
10
I. Medicuiisohe Phvsik, Chemie v. Aotauilu
rung von Zucker durch die Haut deDselben wieder
ausscheide, genoss Vf. wahrend 36 Stunden bloe
Milckzucker (circa 1 ^). Nach 20 Stunden bekaoD
er eine heftige Diarrhöe, der Stuhl reagirte stark
sauer, der während der ganzen Zeit entleerte Urin
betrug kaum 6 Unzen. In dem von den letzten 6 Std.
gesammelten Schweisse war weder Zucker, noch
Milchsäure nachzuweisen.
Um über die Ausscheidung von Jod durch den
Schweiss ein Urtheil zu gewinnen , nahm Vf. täglich
eine halbe Drachme Jodkalium zu sich , vermochte
aber erst am 5. Tage mittels Amvlum , nach Zusatz
von Salpetersäure, so wie durch Chlorpalladium das-
selbe im Schweisse nachzuweisen.
Ebenso war nach Genuss von 2 Drachmen Sa-
licin — welches wir mit Verwundern diesen gelehr-
ten Chemiker zu den Pflanzenalkaloiden rechnen und
dem Chinin zur Seite stellen sehen — 30 Stunden
darauf in der wässrigen Lösung des alkoholischen
und älherischen Extracles des Schweisses durch
Eisenchlorid keine Spur saliryliger Säure aufzuGnden,
(wahrend der Urin eine sehr deutliche Reaction gab).
In gleicher Weise verhielt sich das Chinin.
12 Gr. Chin. [sulphur. ?] wurden 4 Stunden vojr
einem Dampfbade in einmaliger Dose eingegeben.
Der durch Auflegen von Fliesspapier reichlich gewon-
nene Schweiss wurde mit angesäuertem Wasser, dann
mit Alkohol, wieder mit Wasser ausgezogen und
durch letzteres Extract ein Chlorstrom geleitet und
'zu verschiedenen Portionen davon Ammoniak gesetzt;
aber in keiner derselben war eine grünliche Färbung
zu bemerken.
Dagegen weist Vf. von den folgenden stickstofT-
losen Säuren nach, dass sie theils frei^' theils an
Basen gebunden durch die Haut wieder ausgeschieden
werden.
fFeinsäure genoss Seh. zwei Tage lang so viel,
bis eine gelinde Diarrhöe erfolgte. Der mit Wasser
verdünnte , wieder eingekochte und kalt fillrirte
Schweiss hinterliess auf dem Filter keine doppelt-*
weinsauren Salze; indessen schieden sich im Filtrate
nach Zusatz von Aetzkali und Essigsäure kleine vier-
seitige Säulen von doppelt weinsteinsaurem Kali aus.
Zwölf Gran reiner Äe/7«/ei/ijrflttre wurden 2 Stun-
den vor dem Anlegen des Apparates genommen. Eine
unleidliche Hitze der Haut und Kopfweh nöthigten ihn
nach 3 «Stunden wieder abzulegen. Indessen war
eine zur Untersuchung hinreichende Menge Material
gewonnen. Es wurde erst mit angesäuertem Alko-
hol, dann mit Aether ausgezogen, nach dessen Ver-
dunstung sich schiefe, rechtwinkliche Prismen bilde-
ten, die in einer engen Glasröhre, zuvor ein ölar-
tiges Fluidum darstellend, mit Husten erregenden
Dämpfen sublimirten. Im Urin fand sich die Säure
nur in geringer Menge.
Die Benzoesäure wurde zu 2 Drachm. 3 Std. vor
Anlegung des Schlauches genommen. Die Schweiss-
absonderang mehrte sich, wifarend der Urm vom gan«-
cen Tage kaum fttnf Unien betrug , letzterer war tob
stark saurer Reaction u. entkielt HipparsSore. Ana
dem ätherischen Jusztig€ des Sehtöeüs€s seliwd
sich nach Zusats von 2 Tropfen Schwefelsäwre auf
dem Roden des Gefässes eine ttlige, dickere Masse
aus. Der obere Theil der Flüssigkeit wurde abge-
gossen und zeigte nach dem Verdunsten Efflorescen-
zen, HQit vierseitigen Tafeln und mit Stäbchen g«^
mischt. Die ölige Flüssigkeit schied mit Wasser ver^
setzt, rechtwinkliche Tafeln aus. Zwischen 2 Uhr-
gläsern erwärmt, sublimirten die Krystalle, mit Hin-
terlassung eines sehr geringen erdigen Besiduuras.
Der Rückstand von der ^Ikoholextraction zeigte
unter dem Mikroskope ausser Krystallen von Chlor-
natrium unregelmässige sechsseitige Stäbchen. Bei
einer späteren Darstellung von benzoesaurem Natron
krystallisirte dasselbe in ähnlicher Form und löste
sich gleichfalls in Alkohol weniger gut, als in
Wasser.
Demnach dürfte der Uebertritt der Densoäsaure
in den Schweiss, sowohl in Form freier, als mit
Basen verbundener Säure, constatirl sein. Da dieselbe
aber, selbst zu einer halben Unze genossen, im Harne
nur als Uippursäure wieder erscheint, so ist Seh.
über eine zu gebende Erklärung seiner Beobachtung
nicht wenig betroffen, ßei beiden Thatsachen stellt
er sich den Hergang als auf ehie dreifache Weise
möglich vor. Die als Hippursäure in den lirin über-
gehende Benzoesäure wird eotweder schi»n im Darm*
kanale, oder im Blute, oder erst in den Uamorganen
umgewandelt.
1) Ist letzteres der Fall, so geht die in den
Schweiss übertretende Benzoesäure, durchs Blut unver-
ändert, einfach in das Hautsecret über.
2) Wird aber die Benzoesäure schon im Blute in
Hippursäure umgesetzt, so muss die im Schweisse
erscheinende Benzoesäure eine doppelte Umwandlung
eingehen und zurück in ßenzoes. entweder in den
Schweissorganen selbst, oder erst auf der Haut meta»
morphosirt werden.
3) Setzt Vf. die Möglichkeit , die Benzoes. , im
Blute nicht verändert , wird in den Schweissorganen
zu Hippursäure umgesetzt, u. auf der Haut entweder
durch dort anwesendes Ammoniak oder durch die
Fette in Benzoes. umgewandelt. Letztere Annahme
erscheint dem Vf. selbst zu gewagt, und die Ammo-
niakbildung ist nach den früheren Versuchen in
diesem Falle wenigstens als sehr beschränkt an-
zusehen.
Um diese Frage zu entscheiden experimentirle
Schottin auf Lehmann's Bath mit der Zün«/-
säure, von der bekannt ist, dass sie in den Harn
auch als Hippursäure übergeht. Erschiene nun die
Zimmtsäure im Schweisse als Benaoesäiire wieder, so
wäre diess ein Beweis, dass die Zimmlaäure erst in
Hippursäure verwandelt worden war, und dass diese
IL Aniaio&de u. PhyBiologie.
11
crsft io der Haut sieh in Glycin und Beneo^sSufe zer-
legt halte; trttle (bgigea die Zimmtsifure imSchweisse
wieder als eolehe auf, so dürfte man schliessen, dass
di^ Beazo6sJlure ebenso gut wie die ZimmlsHure nicht
erst in UippursSure verwandelt zu werden braucht,
um durch die SchweissdrUschen ausgeschieden zu
werden, S c h. hat gewiss mit Recht sehr viel Mühe
auf Beantwortung dieser Frage gewendet, ist aber zu
keiner rechten Entscheidung gekommen. Wurde die
ZimmtsSiure in der Dose von 2 Drachm. 3 Std. vor An-
legung des Apparats genommen, so zeigten sich ähn-
liche Allgemeinwirkungen, wie bei der Benzoesäure,
doch mehr Urin mit mehr Hippursäure.
Das einzig sichere Resultat, welches aus des Vfs.
mikrometrischen und mikrochemischen Untersuchun-
gen hervorgeht, ist, dass die Zimmtsäure imSchweisse
nicht, wie durch den Harn, als Hippursifure, son-
dern entweder als Zimmt- oder als Benzoesäure aus-
geschieden wird. (Uhle.)
n. Anatomie und Physiologie.
289. Ueber die sogenannten Blutkörperchen
haltenden Zellen; von n. Remak. (m.s Arch. 5.
1851.)
Vf. bezweifelt nicht blos das Vorkommen der
BlulkOrperchen haltenden Zellen in den von K 0 1 1 i-
ker, Ecker, Gerlach u. A. angegebenen Orga-
nen , sondern deren Existenz üherhaupt , und glaubt
die Angaben der Beobachtungen auf pigmentkugel^
kaiäge Zellen und auf runde Blutgerinnsel^ die in
den GeflSssen nach dem Tode entstanden, heiiiehen
zu müssen.
Die pigmentkugelhalligeri Zellen kommen nach
Vf. nur selten in der Milz der Säugethiere und Vögel
vor, sehr häufig dagegen in der Milz der Amphibien
und Fische. Bei letztern sind (besonders bei den
Cfprinoiden. Vf.) gelbe oder gelbrothe Pigroenthaufen
eingekapselt, die sich in jeder Beziehung von Blut-
körperchen (allen Gntwicklungssturen derselben? Bef.)
unterscheiden. Die Zellen finden sich auch in der
Leber, den Nieren, dem Eierstock, den Falten des
Bauchfells (Überall normal? Bef.); bei manchen
Fischen jedoch werden sie bestSlndig in der Leber
vermisst. Sie sind nur ümwandlungsformen farblo*
ser Zellen. In der Milz des Frosches zeigen die in
den Zellen enthaltenen Pigmentblasen zuweilen einen
kernähnlicben InnenkOrper, wodurch si# einige Aehn-
lichkeit mit Blutkörperchen zeigen. (Auch sind sie
zuweilen oval, was diese Aehnlichkeil noch ver-
mehrL Ref.) In der Leber des Frosches sieht man
zuweilen Uebergänge der pigmentkugelhaltigen Zellen
zu normalen Leberzellen [! Ref.] , indem die in den
letztem enthaltenen Feltkugeln eine gelbe oder gelb-
rothe Farbe annehmen, welcher Vorgang besonders
bei Froschlarven in der Leber und Milz leicht und
sicher zu verfolgen ist. Diese Zellen, deren Pigraent-
blasen einige Aehnlichkeit mit Blutkörperchen haben,
füllen sich später mit dunkeln PigmentkOnicheu, und
deshalb (Vf ) ist nicht daran zu denken , dass sie in
das Blut gelangen.
Runde Blutgerinnsel hat Vf. blos dreimal bei
Tinea Ghrysitis beobachtet, in der Milz und den Nie-
ren. Sie entstehen in den GeHissen nach dem Auf-
iidren der Herzbewegung, und umschliessen zuweilen
bis dreissig Blutkörperchen. Einen Uebergang die-
ser Gerinnsel in pigmentkugelhallige Zellen anzu-
nehmen , ist unbegründet ; indess führt Vf. an , dass
die Feftkngeln der Leberzellen besonders zu der Zeit
sich in Pigmentkugeln umwandeln , wenn die Leber
mit Blut überfallt ist. Der Vf. erwähnt noch , dass
sich die (von Funke beschriebenen) Krystalle des
Fischblutes leicht in Wasser, Alkohol u. Aelher lösen
(anch von Funke angegeben), dass sie also ^ezTi«
Hämatoidinkryslalle sind. (V. Carus.)
290. Ueber den Rhythmus der FiirchnngeD
im FrOBCheie ] von R. R e m a k. (Daselbst.)
Vf. hat beobachtet, dass, sobald der Dotter durch
die Aequatorial- und zwei Meridianfurchen in acht
Ahischnitte zerfallen ist, die Furchung niemals gleich-
zeitig in der obern und untern DotterhUlfte eintritt.
Zuerst erfolgt die Furchung der obern Dolterhälfle
äusserst schnell , so dass der Boden der neuen Fur-
chen sofort dem Blicke entzogen wird. Erst nach
längerer Pause' tritt die Furchung in der untern
Hälfte des Dotters ein , und zwar hier sehr langsam.
Darauf folgt wieder eine blitzschnelle Furchung der
obern Hälfte, hierauf eine äusserst langsame der
untern. Sind etwa 64 Abschnitte vorhanden , so
furcht sich die obere Hälfte sehr schnell zweimal
hintereinander, so dass von da an zwischen den bei-
den Hälften des Dotters in Zahl und Umfang der Ab-
schnitte eine auffallende Ungleichheil herrscht. Die-
ser ungleiche Rhythmus ist nach Vf. deshalb bemer-
kenswerlh, weil nach ihm aus der obern ÜoUerhälfle
die sensoriellen und motorischen, aus der untern die
trophischen Organe hervorgehen sollen.
(V. Carus.)
291. üeber die Hirnftinction 5 von Prof. Dr.
L. Fick in Marburg. (Daselbst.)
Vf. versucht in dem vorliegenden Aufsalze die
Psychologie, den letzten Haltpunkl vitalistischer und
spirilualistischer Schwärmerei, dieser zu entreissen
und sie unter die mechanischen Naturwissenschaften
einzureihen. Er Ihcili denselben in 3 Capilel: A. über
die Form und Action des Nervensystems, B. über das
12
II. Anatomie n Physiologie«
Wesen der Nerven thatigkeit, und G. über das Zustan-
dekommen psychischer Processe nach den in den
beiden ersten Abschnitlen gegebenen Grundlagen.
A, Die Nerven sind geschlossene Röhren, die
einen eigenthümlichen , aus einem Fett und einer
proteinhaltigen Substanz gemischten Stoff, die ISeu--
rine^ enthalten. Dieser Stoff wird in einer Zelle
(Ganglienkörper) gebildet, die sich in die Bohre öff-
net. Ob jede Röhre mit einer oder mehrern Zellen
in Verbindung steht, ist unausgemacht, dagegen ge-
wiss, dass eine Zelle mehrere Röhren entsenden
kann. Die durch besondere Scheidengebilde isolirten
Stellen , an denen sich in specifischen Blastemen
Ganglienzellen bilden, nennt man Nervencentra , In-
nervationsherde. Die Thätigkeit der Nervensubstanz
nennt man Innervation, deren Ursache in den Centren
liegt, während die Röhren blose Leiter sind.
Nirgends im Thierreich sinkt die Zahl der Nerven-
centra aur eins , die höhern Thiere haben deren sehr
viele. Bei den Wirbelthieren zerfallen sie zunächst
in 2 ganz unähnliche Klassen : die einen Centraler-
gane senden ihre Nervenröhren in die ausser ihnen
liegenden Organe, wobei gewöhnlich der Fall ein-
tritt, dass die aus einem solchen Gentrum , das ge-
wöhnlich nicht gross ist und Ganglion heisst, aus-
tretenden Nerven durch ein oder mehrere andere
Ganglien durchgehen und mit den aus diesen stam-
menden Nerven eine Gomhination, einen sog. Nerven,
bilden; — die andern Centralorgane gehen Nerven-
röhren Ursprung , die in den Gentren selbst Gombi-
nationen (Strange), und dann wieder secundäre Gom-
binationen bilden , die das Cenlralorgan nicht ver-
lassen. Aus solchen Gentren entspringen jedoch
auch Nervenröhren , die sich wie die der ersten Art
an die Organe des Körpers begeben. Gentren der
letzten Art kommen nur den Wirbelthieren zu. Jeder
Organismus hat nur ein solches, was Cerebrospinal-
organ genannt wird. Die Ganglien der ersten Art
sind niemals, die Gentren der zweiten stets in seröse
Ddiplicaturen eingehüllt und in besondere Knochen-
ringe eingeschlossen ; die eigentlichen Ganglien sind
nur durch Bindegewebscheiden von der Gontinuitat
der Organe geschieden. Die aus den Gerebrospinal-
organen entspringenden Nerven nennt man Vertebral-
nerven zum Unterschied von den cerebrospinalen, die
ihre Gentren nicht verlassen. Diese Vertebralnerven
durchhrechen natürlich die doppelte seröse Isolations-
halle ihres Gentrums. In die combinirte Vertheilung
der Gangliennervenröhren ist der Vertheilungsplan
der Vertebralnerven so eingeschoben , dass ein Theil
der Organe reine vertebrale , ein anderer gemischte,
ein dritter endlich reine Gangliennervenröhren erhalt.
Die diesen beiden Arten von Gentren zu Grunde
liegenden Blasteme sind Producte der Exsudation
eines Capillarnetzes, von denen das Blut, wie bei
andern Vegetationsprocessen venös zurückkehrt. Die
Zellenbildung in ihnen ist nie so intensiv, dass sich
das Blastem nicht als Intercellularsubstanz nachwei-
'"n liesse.
Sobald die Nervenröhren das Centnim Terlassen^
findet in ihnen keine Nutrition niclir Statt; dagegen
kann die Leitung nach gewaltsamer Unterbrechung
durch Organisation des Entzündungsblastems wieder
hergestellt werden.
Die der Wurzel in den Ganglienzellen entgegen-
gesetzten Enden nennt man Peripherie des Nerven-
systems. Sie ist zu suchen in den Organen , zu de-
nen die Nervenröhren gehen. Diese sind entweder
irritabel, d. h. ihre Moleküle werden durch eine sie
treffende Erregung in eine bestimmte Molekularbewe-
gung versetzt, durch die sie eine mechanische Kraft
produciren können , oder sensibel, was als bekannt
vorausgesetzt werden mag. Die zu irritabeln Sub-
stanzen laufenden Nervenröhren verastein sich in fei-
nere Röhrchen und werden , obschon ihre letzte En-
digungsweise noch nicht bekannt ist, jedenfalls dün-
ner, als dass eine atomistische (chemisch -physika-
lische) Wechselwirkung zwischen ihrem Inhalt und
der irritabeln Substanz gehindert würde. Auch die
Endigungweise der zu sensibeln Organen gehenden
Nervenröhren ist noch unbekannt, doch werden auch
bei ihnen die Röhren so dünn, dass ebenfalls eine
unmittelbare Wechselwirkung eintreten kann. (Eine
Ausnahme hiervon macht die Endigung in den Paci-
ni*schen Körperchen.)
Das Gerebrospinalorgan liegt nur locker in der
innern Platte seiner Arachnoidea, die nicht in alle
Vertiefungen mit eingeht. In den dadurch entstehen-
den Raum schwitzt Lymphe aus , die von Lymphge-
fässen aufgenommen wird, welche in dem die ein-
und austretenden Blutgefässe und Nerven ausspannen-
den Bindegewebgerüste mit enthalten sind.
Das ganze Gerebrospinalorgan bildet ein einziges
zusammenhangendes Innervationsblastem , was als
weisse oder Marksubstanz erscheint, wo die schon
gebildeten Nervenröhren in Bündeln verlaufen, als
graue oder weiche Gerebrospinalsubstanz, wo die
Ganglienzellen angehäuft liegen. In den Strängen
finden sich nur sparsame Blutgefässe, sie werden von
den aus dem {iamaterraume zu der grauen Substanz
gehenden auf dem kürzesten Wege durchsetzt (Blut-
punkte der Marksubstanz). Die Untersuchung des
unendlich verwickelten Systems der in dem Gerebro-
spinalorgan hin - und herziehenden NervenröhrenbUn-
del wird noch dadurch erschwert, dass die Nerven-
röhren keine derberen Scheidengebilde haben, son-
dern in dem Blastem eingeleimt sind. Doch lassen
sich folgende Sätze mit Sicherheit abstrahiren. Es ist
zunächst zu unterscheiden zwischen den Hemisphä-
rialgebilden des Gerebrum und Gerebellum einerseits
und dem Mesencephalon u. der Medulla spinalis ande-
rerseits.
1) Die Hemisphären des grossen und kleinen
Gehirns enthalten rings an ihrer Oberfläche eine
dicke Schicht grauer Substanz (Belegungsmasse),
an welcher nach innen weisse Substanz in einer
dicken Schicht gelagert ist. Aus letzlerer treten keine
n. Anatomie n. Physiologie.
13
NenrenrOhren an irritable oder sensible Theile ; alle
Kopfaerven lassen sich bis in graue Stellen in der
Tiefe des Mescneepjialoo und zwischen die RUcken-
markstrilnge verfolgen. Nor der Opticus entspringt
▼OD der Oberfläche des Mesencephalon und der 01-
factoriüs von der Uebergangss teile der vordem He-
misphärengebilde in das Mesencephalon, so jedocli,
dass sich seine Wurzeln bis in die untere Fläche des
Mesencephalon verfolgen lassen.
2) Medulla spinalis und Mesencephalon haben an
ihrer Oberfläche weisse Substanz aus durcheinander
laufenden NervenrOhrepbUndeln bestehend, die wie
die durch das Mesencephalon laufenden Rückenmark-
Stränge in den Hemisphärialgehihlen enden , während
im Mesencephalon auch sich kreuzende Stränge vorkom-
men , die von rechts nach links von und nach He-
misphärialgebilden verlaufen und umgekehrt, und so
Verbindungsglieder zwischen gleichnamigen Hemisphä-
rialgehilden beider Seiten darstellen. Zwischen die-
sen Harkslrängen finden sich streifen- oder netzför-
mige Schichten grauer Substanz, auf welche das an-
dere Ende unendlich zahlreicher MarkbUndel hinweist.
3) Die Rackenmarkstränge gehen, von unten
nach oben immer stärker werdend, continuirlich ins
Mesencephalon, und strahlen hier so aus, dass die
Hemisphärialgehilde des Cerebnim und Cerebellum
jedes einen Theil der 6 Hauptahtheilungen der RUk-
kenmarksbündel erhält. Im Innern des Rückenmarks
befindet sich ein viermal gefalteter Streifen grauer
Substanz. Zwischen den in der Medulla ohiongata
zuerst auseinander weichenden Strängen dagegen be-
finden sich unregelmässig gestaltete, zum Theil sich
an die Oberfläche drängende Massen grauer Substanz,
aus denen neue Markstränge , und natürlich kürzere
als die Spinalstränge in die Hemisphärialgehilde lau-
fen. Diese schliessen zum Theil ihre graue Ur-
sprungsstelle wie eine weisse Rinde ein, und sind
entweder nur für das grosse oder nur für das kleine
Gehirn, oder auch für beide bestimmt. Diese und die
Rackenmarkstränge bilden Verbindungsglieder zwischen
den grauen Streifen des Rückenmarks und des Mesen-
cephalon und der grauen Hemisphärialbelegungs-
masse.
4) Die an irritable und sensible Körpertheile ge-
henden Nervenrohren sammeln ihre Wurzeln entwe-
der theils aus der Tiefe, theils von der Oberfläche
des Rückenmarks und dessen Fortsetzungen, oder
sie sind als directe Fortsetzungen der Rückenmark-
stränge selbst anzusehen, was aber des Factums we-
gen , dass sich die graue Substanz des Rückenmarks
wenigstens theilweise^an der Innervation der Spinal-
nerven betheiligt, unentschieden bleiben kann.
5) Es giebt daher lange cerebrospinale Mark-
stran gformationen und kurze rein cerebrale, von
denen die erstem die Ursprungsstellen der vertebra-
len (gewöhnlich sögen. Cerebrospinal-) Nerven zwi-
schen sich haben.
Ohne entschieden zu haben, ob die cerebrospi-
nalen und die vertebralen Nervenröhren Continnität
besitze , oh die Ganglienzellen des Rückenmarks eine
Rohre nach den Hemisphärialgebilden , eine andere
nach den Körperlheilen senden, oder ob die Inner-
vationsstellen bestimmter KOrpertheile nur dicht am
Endpunkt cerebrospinaler Markfasern liegen, stehen
doch folgende 3 Klassen von Innervationsphänome-
neu fest.
I. Innervationsphänomene der Gangliennerven
sowohl als der rertebralneroen , bei denen die
reinen Cerebralge bilde des Cerebrospinalorgans
unbelheiHgt sind.
Es gehören hierher die Reflexerscheinungen; sie
geschehen ohne Bewusstsein , und dauern fort nach
Zerstörung des Gehirns und Rücketfmarks, wenn nur
der Theil von letztern erhalten ist, aus dem sich die
betrefTenden Innervationsröhren zu Bündeln sammeln.
II. Thätigkeil der kurzen, rein cerebralen
Markstran gformationen , ohne Betheiligung der
Ganglien - und f^ertebralnerven und der Rücken-
markstrangformationen.
Sie sind nicht sinnlich wahrnehmbar, doch lassen
sie sich aus dem Eingreifen in andere objectiv wahr-
nehmbare Innervationserscheinungen sicher nachwei-
sen. Sie bilden (\u8 Bewusstsein, welches, als un-
mittelbare Thatsache sich selbst setzend, eine unma-
terielle Erscheinung ist, gleichwohl offenbar aus der
Action eines materiellen Substrats hervorgeht.
III. Centtifugale und centripetale Innervations-
phänomene, bei denen die rein cerebralen Uirnge^
bilde und die vertebralen Nervenstränge bethei-
Ugt sind.
Von ihnen sind die reinen Gangliennerven ausge-
schlossen. Sie können bewusste Reflexerscheinun-
gen (I.) oder Vermittelungsphänomene für die Actio-
nen des Bewusstseins (II.) genannt werden. Ihre
Quellen finden sich nur in den reinen Cerebralgehil-
den, die Vertebralnerven verhalten sich nur als Leiter.
Wie schon bemerkt, war es unentschieden, ob die
cerebrospinalen Marknervenröhren und die Vecl^*hral-
nervenröhren continuirhche Röhren bildeten ; jeden-
falls ist bewiesen , dass die Thätigkeit der Cerehral-
gebilde sich nach Umständen auf die Vertebralnerven
ttbertragen oder von ihnen isoliren kann. Sind die
Ceiebralorgane in Thätigkeit, so ist die Verknüpfung
der centripetalen Innervationsphänomene der Verte-
bralnerven mit der Thätigkeit der das Bewusstsein
producirenden Cerehralgehilde unfreiwillig und nolh-
wendig, das Individuum muss dieselben empfinden;
dagegen ist die Uebertragung der cerebralen Thätig-
keit auf centrifugale Innervation der Vertebralnerven
willkürlich , das Individuum kann diese Uebertragung
wollen oder nicht wollen.
Erweisbar sind ferner noch folgende Sätze :
IV. Mit Bezug auf den Mechanismus der Nerven-
action : ^
u
II. Anatoime «. Physiologie.
a) Die vob den Gaitglieniellen aus sich in die
Nervenröhren Kusbreltende Nervenkiaft brinut im riH
higen Zustande ia dem daa peripherische Ende herilh-
renden Musiteigewebe den To?iUs, in den sensibelo
Theilen einen analogen» bestimmteil, molekularen Zq-
siand hervor , die beide Bedingungen der Irritabilitit
nnd Sensation sind. Es musa diess Verh<fltnis.s durch
einen stetigen Vegetationsprocess in den Ganglien-
zellen unterhalten werden , ist daher ein stetiger
Process im dynamischen Gleichgewicht,
Erregend wirken auf diesen stetigen looervations-
strom alle Einflüsse, wenn sie die vegetativen Ver-
haltnisse der Gewehe und Nervensubstanz nicht auf-
heben (da sie sonst zerstörend wirkten) , und zwar
nennt man sie dann Reize, die nach dem Ausj^angs-
und Angrifl'spunkt centrale oder peripherische sind.
b) An einem Endpunkt einer Röhre wirkende
Reize bringen nothwendig Effecte am andern E-nde
hervor. Diese Effecte sind nach den Theilen des In-
nervationssystems verschieden :
1) Centrale Reize der Verlebralnerven bringen
im Muskel Molekularbewegung hervor; in sensibeln
Flachen ändern sie nur den Sensationstonus , welche
Aenderung nur in einigen Fallen durch palpable Irri-
tabilitatsphSnomene in die Erscheinung tritt.
2) Peripherische Reize der Verlebralnerven brin-
gen durch Ueberspringen auf Muskelbahnen (in den
Centralstellen) Reflexphänomene und zugleich Reflexe
im Bewusstsein hervor,' wenn die Leitung zwischen
den Organen des Bewusstseins und den Wurzeln der
Verlebralnerven in gehöriger Spannung ist.
3) Ebenso verbalten sich Reize in den Ganglien-
nervenbahnen, nur mit Ausschluss der Hirnreflexe.
4) Reize in den reinen Cerebralgebilden erschei-
nen als immaterielle Modißcationen des Bewusslseins,
können aber auch als bewussle Innervationsactionen
auf verlebrale Nervenbahnen sich übertragen.
c) Im Centralblasteo^ ist jede einzelne Nerven-
röhre immer mit einer gewissen Anzahl anderer Ner-
venwurzeln zu einer relativen Einheit verbunden ; eine
jede eine Nerveniöhre treffende Erregung erregt zu-
gleich die andern innerhalb dieses Kreises liegenden
Wurzeln. Hiervon hangt die Irradiation (Zerstreuung)
der Reflexphanomene Über Muskelcombinationen ab,
deren Nerven mit ihren Wurzelzellen der erregten
sensitiven Röhre nahe liegen.
Dieser Erregungsspharen giebt es so viele als
Nervenworzeln ; sie schneiden sich natürlich, doch
sind sie nach der Zahl der Wurzeln an einzelnen
Stellen in grössere oder kleinere Gruppen vertheilt.
Die durch diese Sphären nur durchlaufenden Ner-
venröhren können wahrscheinlich durch ihre Scheiden
hindurch mit erregt werden (nach Art der inducirten
Ströme).
V. Die InnervatioDsströme können , wenn sie in
organische Theile von bestimmter Organisation uoler
beatiroraleB BediKgungm ausalrOmen, freie Etektriei-
tat hervorrufen. Obgleich d«r InaervationsatroiD
nicht mit einem elektrischen iikntiadi ist, so beglei-
tet doch ein solcher die Innervation , auch ohn« Da-
zwischentreten einer irritabeln Substanz, in welcher
die Innervationaslröme gleichfalls direct oder indirect
elektrische Ströme erregen. Die Nervensubatani
leitet den elektrischen Strom.
VI. Alle Untersuchungen, ob der Nervenstrom
auch Licht, Warme oder chemische Zersetzung direct
hervorbringen könne , haben bis jetzt kein oder nur
ein negatives Resultat gehabL
V1L Alle Reize, welche in der Substanz, in der
die peripherischen Nervenenden eingetaucht sind,
Veränderungen hervorbringen , afficiren auch den
Nervenstrom.
VIll. Die Nervensubstanz behalt nach dem Tode
und nach der Trennung vom Organismus noch eine
Zeit lang die Fähigkeit, Reize auf die irritabeln Kör-
pertheile zu übertragen.
B, Zur Erkenntniss des wahren Wesens der Ner-
ventbaiigkeit kommt es darauf an, den Zusammen-
hang des organischen Processes als Theil des ge-
sammten Naturprocesses , mit den übrigen Theilen
desselben zu verfolgen. Die Vermittelungsversuche
der sogen. Philosophen, aus den aus Einzelforschun-
gen resullirendcn , oft sich scheinbar widersprechen-
den Theorien über einzelne Theile des Naturprocesses
dessen Einheit zu construiren , gelangen natürlich
nicht. Es ist daher gefordert, dass die Naturforscher
selbst , die die Einheit der Natur von den Himmels-
körpern bis zur elementaren organischen Zelle doch
nicht leugnen , auch anerkennen , dass die orgtuä-
svhen Ih'ocesse nichts anderes sind, als ßfanifesta-
tionen der allgemeinen Kräfte der Natursubsttinz
unter Foraussetzung bestimmter Elementar com bi-
naäonen (der organischen Blasteme). Haben wir
nun eine Erscheinung vor uns, die mit den absoluten
Gesetzen der sie umgebenden Natur in einem Causal-
nexus steht, so dürfen wir nicht dieselbe Erschei-
nung als der Natur Entgegengesetztes , ihr nicht Un-
terworfenes betrachten. Wenn wir daher die orga-
nischen Processe als Manifestationen allgemeiner Na-
turkrafte anerkennen , so müssen wir auch die Ner-
venlhatigkeit und das Bewusstsein als Eigenschaften
der Materie ansehen , und die Seele als Naturgesetz
anerkennen , da sie nichts weiter Besonderes zeigt,
als dass sie, gleich jedem andern Jcte des unend-
lichen Naturprocesses, nur unter der ihr eigen thüm-
liehen und specifischen Voraussetzung erscheint.
Für den Nervenprocess müssen nun auch folgende
Satze aus den allgemeinen Bewegungsgesetzen der
Materie ihre Geltung haben. Nach unsern jetzigen
Kenntnissen von der Natur stellen wir uns die Welt
vor als zusammengesetzt aus Elementaratomen der
ponderabeln Substanz und einem zwischen diesen
Atomen befindlichen sogen. Aether, dessen Bewe-
gungserscheinungen wir ImpoBderabilien nennen.
11. AnaUwiieu. Ph^fsiologie.
15
Dte scheinbare Rahe in der Nalursobstans ergtebt
sich bei genauer Untersuchung als . Gleichgewiebt
tbaUger Kräfte, und die Bewegung daher als Aufhe-
ben des Gieicbgevirichls.
Jedes Bewegungsmoment ist an sich unzerstörbar»
und wird nur dadurch latent, dass es sich der Beob-
achtung; durch die Süssere Erscheinung der Ruhe
entzieht.
Alle Kräfte der Elemente der Nalnrsubstanz sind
fortwährend activ, ein Theil entzieht sich nnr der
directen Beobachtung , da sie einzeln nur unter ge-
wissen Voraussetzungen manifest werden. Wenn wir
daher alle verschiedenen Dinge als mit verschiedenen
Kräften begabt ansehen , so ergiebt doch die genaue
Beobachtung die absolute Allgemeinheit aller Natur-
kräfte.
Diejenige Eigenschaft der Natur, die wir Nerven-
strom nennen, ist eine Bewegung, und zwar analog
den Imponderabilien zwischen den ponderabeln Mole-
külen des Substrates, an dem sie manifest wird. Er
erscheint nur unter der bestimmten Voraussetzung
der ihn einzig leitenden Neurine. Er ist überall, wo
er vorkommt, identisch, da er Überall aus derselben
vegetativen Production eines Nervenblaslems hervor-
geht und in* eine überall identische Neurine ein-
strömt.
Der Nervenstrom tritt in 2 verschiedenen Weisen
im Naturprocess auf. 1) Er strömt in ßir ihn nicht
leitimgsßhige Elementar com binationen ein u, loat
hier mechanische Kräfte aus, und 2) er tritt aus
der ihn leitenden Neurine .nicht heraus ^ sondern
sammelt sich im Gehirn und bildet das Bewusst-
sein.
Diese als Bewusstsein sich selbst gewahr wer-
dende Nervehaction des Gehirns wird in ihren Inten-
sitatsschwankungen dadurch erhallen , dass der Ner-
venstrom in gewissem Grade auf den Inhalt seiner
eigenen Leitungsapparate zerstörend einwirkt, was
durch die stetige Lymphausschwilzung auf der Ober-
fläche des Gehirns bewiesen wird.
Die unerzogenen falschen Begriffe über die See-
ienthatigkeiten hinderten bis jetzt als dogmatische
Vorstellungen die Annahme der einfachen Auffassung
des Nervenstroms in den Hirnorganen; man nahm das
Bewusstsein als Wunder, während man in den Ner-
ven selbst drei Slromarlen voraussetzte, motorische,
sensible und Irophische, Doch zeigte man, dass mo-
torische Nerven unter leichter Modification auch sen-
sd)el werden können, dass alle Nerven an ihrer Peri-
pherie trophisch wirken. Demungeachtet sprach man
von specifischen Sinneseuergien , ohne jedoch conse-
quenter Weise auch eine rechte und linke Nerven-
energie anzunehmen, da doch hier, wie dort verschie-
dene Eindrücke im Bewusstsein verschieden empfun-
den werden. Die Wahrheit, dass nur der Opticus
sieht, nur der Olfactorius riecht u. s. w., erklart da-
her VI. au der beiden Nerven eigenthUmlichem Ein-
Pflanzung xmisehe» die Nervenapparate, durch
deren Gesammtwirkung das Bewusstsein entsteht.
(Das dürfte fftr die übrigen Sinnesiicrven nicht aoe-
reichend sein ; das WeeeBtliehste ist «nach Ref. die
•pecifische Gombinatien derjenigen Elementartheile
[Sinnesorgane}, durch deren Hülfe der ^bfv seine
Eindrücke erhalt, und durch welche alle andern ihm
nicht zukommenden mögliehsl ausgeschlossen werden).
Dass Neugeborne noch nicht die NerveneindrUcke
zu specificiren vermögen, liegt daran, dass bei Aus-
bildung aller Nerven und Sinnesapparaie die histolo^
gische Differeozirung des Gehirns noch weit zurück
ist, und dass es langer Uebung bedarf, um die Ta«H
sende von Verschiedenheiten in den einzelnen Ein-
drücken in der Seele, nach ihrer localen Verknü]»fuiig
mit den Organen dieser un^ ihren Differenzen unter-
einander, zu sondern und zu classificiren.
Fassen wir Alles zusammen, so ergieb^ sich:
Die Neurine ist die einzige Elementarcomhination,
in der der Nervenstrom, so lange er eine gewisse
Intensität nicht überschreitet, keine palpabeln, mole-
kularen oder chemischen Bewegungen vrranlasst
weshalb diese Substanz absolut leitend für ihn wird,
wahrend sich im Gehirn, wo die Ableitung des Ner-
venstroms nicht vorhanden ist, die Intensität dessel-
ben bis zur Perception seiner selbst und zur vollstän-
digen Zerlegung der Hirnsubstanz steigert. Tritt
aber der Nervenstrom an der Peripherie ans der Neu-
rine in andere Elementarcombinationen des Körpers,
so wird er als peripherischer Effect durch Erregung
adäquater Molekularbewegungen u. chemischer Wand-
lungen sofort palpabel.
Die Reizbarkeit des Nervensystems ist nnn Folge
der Thataache, dass Zustande der objecltven Natur
sowohl die die peripherischen Enden der Nerven um-
gebenden Elementarcombinationen des Körpers, als
auch die Vegetationsverhaltnisse des Bluts, als Quelle
des Nervenblaslems, iretfen können.
C. Ein Ganglion erscheint daher als ein Bil-
dungsherd von Nervenströmen, die durch Scheiden-
gebilde in den Nervenbahnen beschrankt bleiben und
an der Peripherie in der Form molekularer EiTecle
verschwinden.
Die vom Rückenmark ausgehenden Nervenslröme
sind centralen und peripherischen Reizen ausgesetzt
und verschwinden ebenfalls, theilweise mit Ganglien-
nerven gemischt, an der Peripherie in molekularen
Effecten.
Im Gehirn kann allerdings eine Ableitung cere-
braler Nervenströme auf vertebrale Nerven stattfinden;
dagegen tragt der Innervationsstrom der reinen Cer«-
bralgebilde seine Bewegung nur in identische NerveL-
suhstanz, und gelangt somit, durch Zersetzung der
Neurine, zur Perception seiner selbst. Diess nennt
man Bewusstsein, oder vielleicht richtiger «Se/lf/^e-
ßkL Da aber die Vertebralnerven-Eindrttcke auf die
Cerebralgebilde übertragbar sind, so wird der Inhalt
16
II. Aoatomie u. Physiologie.
der ersten Stufe des Selbstgefühls die Sumioe des
Erregungszustandes der rein cerebralen und der, an
der Peripherie mit ausserhalb des Körpers waltenden
Processen in Wechselwirkung stehenden, vertebra-
len Nervensubstanz sein. Wie aber die Erregungen
der vertebralen Nerven auf die Cerebralgebilde über-
tragbar sind, so sind es die Erregungen der cerebra-
len auf die vertebralen, was die wahre Natur des
Willens ausmacht.
Organismen ohne Cerebrospinalorgan fehlt daher
diese Stufe des Beseeltseins,, es fehlt ihnen das Selbst-
gefühl , der Schlaf, obgleich sie auf AlTectionen re-
flectorisch, in sogen, instinktiven Thäligkeiten reagi-
ren. Der Zustand des Beseellseins in Thieren mit
Cerebrospinalorgan ist je nach dem Ueberwiegen der
Hemisphärial - und mesencephalischen Gebilde ttber
die cerebrospinalen, oder umgekehrt, verschieden.
Da die von den umgebenden Dingen auf die in
den Sinnesorganen ausgebreitete Peripherie sich tiber-
tragenden Erregungen von qualitativ verschiedenen
Theilen ausgehen, so muss sich diese Verschiedenheit
auch in der bewussten Seele reflectiren. Da aber
die Endpunkte verschiedener Nerven verschiedene Er-
regungen aufnehmen , so erhült auch die Seele Ein-
drücke verschiedener Qualitäten der Nalursubstanz,
die sie auf innere Dinge um so sicherer überträgt,
als sie in sich dieThatsache hat, dass diese Eindrücke
nicht in ihr erzeugt sind. Sie unterscheidet daher
das einfache Selbstgefühl von der Empfindung des
Verhältnisses zwischen Individuum und Aussenwelt.
In der Seele bilden sich also Bilder , welche je
nach den als Leiter dienenden verschiedenen Sinnes-
organen nur Darstellungen verschiedener Qualitäten
'der Dinge sind. Man nennt sie sinnliche For Stel-
lungen, welche jedoch nie ein Bild von den innern
Zuständen oder dem Wesen der äussern Dinge ent-
halten, sondern nur von den Effecten aus den Wech-
selwirkungen der Dinge auf ihr äusseres Verhalten.
Es kommt aber in der Seele das innerste Wesen
der specifischen Nervenaction zu sich seihst; es ent-
steht ein Reflex des atomistischen Zustandes des in
sich arbeitenden Innervationsprocesses in dem einen
Factor der bewussten Seele , dem reinen Selbstbe-
wusstsein. Da diese Reflexion nicht Bild oder Vor-
stellung genannt werden kann , so glaubt Vf. diesen
Act die Erzeugung der der Nervensubstanz wesent-
lichen Idee nennen zu dürfen.
Die erste Stufe des Beseeltseins hat daher zwei
Factoren :
1) Die nicht sinnlich gewonnene, sondern aus
sich selbst geschöpfte Idee ihres Selbst, und
2) die sinnlich gewonnene Vorstellung des Wech-
selverhältnisses ihres Selbst zu äussern Dingen.
Von der Verschiedenheit beider weiss aber das
Bewusstsein in sich zunächst nichts , da der Reflex
des in sich geschlossenen Nerveniebens die Idee des
Vertebralnervenlebens , welches sich ao der Periphe-
rie umsetzt, enthält.
Da nun in der Seele gleichzeitig verschiedene
Affectionen eines Dinges und verschiedene AfTectioneii
verschiedener Dinge auftreten, und sich diess Spiel
abwechselnd wiederholt, so ist es auch der Seele
möglich, ein Bild von den f^erknüpfungsgesetzen
der Dinge zu bilden. *
Da das Wesen der Nerve nthätigkeit, wie gezeigt
wurde, nur eine besondere Form des allgemeinen
Naturprocesses ist, so hat die Seele zwei Erkennt-
nissquellen, nämlich in der Sensation des vertebralen
Systems die Erkenntniss der Relation der Dinge
(welche im Bewusstsein zunächst als Zustände des
eignen Körpers empfunden werden) und in der rein
cerebralen Actiou den Maassstab für das innere Wesen
der Natursubstanz, also der Dinge überhaupt (da die
Inoervationsströme, an dem Umsatz in andere Formen
des Naturprocesses gehindert, zum Fühlen ihres Selbst
gelangen).
Breitet sich eine Erregung bei gleichmässig kräf-
tiger Energie aller Innervationsströme Über alle Er-
regungssphären aus, so nennt man diess das denkende
Bewusstsein, Wird das Verhältniss neu eintretender
Erregungen zu früher vorhandenen ai^eschaut, das
Verhältniss zu bestimmten Erregungen als ein ähn-
liches , zu andern als ein entgegengesetztes beur-
theilt, so nennt man diess das Abstrahiren, das
Anschauen des abstrahirten Verhältnisses den Ge~
dofiken.
Breitet sich bei ungleichmässiger Energie der
einzelnen Hirnorgane eine Erregung nur auf nahelie^
gende Erregungssphären aus, so entsteht die Seelen-
action, die man Effect oder Leidenschaß nennt,
wobei nicht das wahre Sachverhältniss, sondern nur
ein relatives angeschaut wird.
Jedem bestimmten Seelenzustand muss aber ein
bestimmter Zustand der ohjectiven Körperverhältnisse
und ein bestimmtes Verhältniss der äussern , ihn zu-
nächst afficirenden Substanz entsprechen. Bei Thie-
ren mit niedern Seelenzuständen erregt daher bei
bestimmten Seelenerregungen das Bewusstsein die
mit der Erregungssphäre in prädestinirter Association
stehenden cerebrospmalen Markfasern, von denen die
Erregung auf die associirten Wurzelstellen bestimm-
ter Muskelnerven überspringt und als Willen slhätig-
keit erscheint.
Für den abstracten Denkprocess gilt diess nicht
in derselben Weise. Insofern aber die Idee ihrer
Entstehung nach, wie der Nervenstrom, eine Bewe-
gung ist, sie also den Drang fühlt, expansiv zu wer-
den, so muss der Mensch, um den Inhalt seines den-
kenden Bewusstseins äusserlich zu machen, ihn in
bestimmten Muskelbewegungen symbolisiren. Hierzu
erfindet er sich die Symbolik der Sprache und der
^^*'"^^' Digitizedby Google
Hiermit schliefst der Vf., meinend, es sei nur
II. Anatomie u. Physiologie.
i1
dann an der Zeit auf eine genauere Erörterung der
specietlern psychologischen Processe einzugehen,
wenn sich die Naturwissenschaft positiv u. ausdrück-
lich fUr eine naturgemSsse Anschauung aber das
Wesen des Nerven processes entschieden hat. Diess
wird sie wohl bald, wenn alle ähnliche Versuche
(wie Vf. seine Arbeit nennt) so philosophisch ange-
stellt werden, wie der vorliegende. Ref. kann nicht
umhin, zum Schluss auf eine Stelle aus Fries* ma-
theroatis^bher Naturphilosophie aurmerksam zumachen:
„Seele und Leben in den Körperformen sind also nur
die einem gewissen gestaltenden Naturtrieb oder ßil-
dungslrieb entsprechenden Formen der Wechselwir-
kung in der Körperwelt, welche als einem bestimm-
ten physischen Process entsprechend eine Erklärung
aus den allgemeinen Gesetzen der Bewegung for-
dern." (V. Carus.)
292. neber den Nutzen der Enstachischen
Klappe; von Dr. R. Randolph. (Amer. Journ.
July 1851.)
Nach Zurückweisung der Ansichten von Saba-
tier und Wistar, dass .diese Klappe durch Zulei-
tung eines möglichst reinen Blutes die Entwicklung
des Gehirns und des Herzens selbst sichere, da das
Blut durch das Fehlen des Septum ventricul. doch
gemischt wurde , hält Vf. dafür, dass, da der linke
Ventrikel ohne die Gegenwart des Foramen ovale
ganz [!] aus dem Bereich des Kreislaufs gezogen
werde, diese Klappe durch Zuleitung des Blutstroms
nach dem linken Vorhof die Entwicklung der linken
Herzhälfte veranlasse und später dieselbe durch Bre-
chung des auf die Valv. foram. ov. gerichteten Stroms
sichere, bis die linke«Kammer bei der Geburt zum
ersten Male absolut unentbehrlich werde.
(V. Carus.)
293. Ueber das Hantathmen; von Ger lach,
Lehrer an der Königl. Thierarzneischule zu Berlin.
(M.'s Arch. V. 1851.)
Vf. versteht hierunter die Aufnahme von Sauer-
stoff aus der atmosphärischen Luft und die Abgabe
von Kohlensäure an dieselbe durch die gan^e äussere
Hautfläche des Körpers. Obschon, streng genommen,
nur das Blui atlimet , d. h. Kohlensäure abgiebt und
Sauerstoff aufnimmt, und so jeder blutfUhrende Kör-
pertheil athmen kann oder wirklich athmet, sobald
atmosphärische Luft auf normale oder abnorme Weise
damit in Berührung kommt , so nennt man doch die
Orgaue besonders Respirationsorgane, in denen die-
ser Process unaufhörlich statthat. Vf. weist nun
durch Versuche nach , dass zu den eigentlichen Ath-
mungsorganen auch die Haut gezählt werden müsse.
Sein Aufsatz zerfällt in 2 Abschnitte: Miltheilung
der angestellten Versuche über die Thatsache des
Luftaustausches und die diesen verändernden Ein-
flasse , und Vergleichung des Hautathmens mit dem
LuDgenathmen. Als Anhang sind noch einige Ver-
Med. Jahrbb. Bd. 74. HA. 1.
suche über die Veränderungen der atmosphärischen
Luft unter der Haut im Bindegewebe, resp. deren
Resorption , mitgetheilt.
Zur Ermittelung des Hautathmens schloss Vf. eine
gewisse Quantität Luft auf einem bestimmten Flächen-
raum der Haut hermetisch von der atmosphärischen
Luft ab, und untersuchte sie dann nach verschiede-
nen Zeiten auf Kohlensäure und Sauerstoff. Um eine
bestimmte Quantität Luft mit der Haut in Berührung
zu bringen , bediente er sich folgenden Apparats. In
den Grund einer frischen Pferdeblase war eine kleine
messingerne Röhre mit einem hermetisch schliessenden
Hahne möglichst luftdicht eingefügt, sie selbst durch
eine runde Oeffnung von bestimmtem Umfange in
einem Brete durchgezogen, aufgeblasen, der untere
Theil flach an das Bret gedrückt und getrocknet.
Nach dem Trocknen wurde der gewölbte Theil der
unten flachgedrückten Blase abgeschnitten , wodurch
ein zum Befestigen an die Haut geeignetes flaches
Stück gewonnen wurde. Die Blase wurde mit Lack
überzogen, ihr cubischer Inhalt (bis auf 0,05 Cubik-
centimeter = 50 Cubikmillimeter !) und die Grösse
der Oeffnung berechnet. Zum Befestigen des Appa-
rats auf die Haut des Menschen diente Heftpflaster^
womit die untere Fläche des Randes bestrichen , und
womit dieser dann noch bedeckt wurde; für die Ver-
suche an Thieren bedient sich Vf. einer zusammen-
gesetzten Pflastermasse, die sich von dem sogenann-
ten englischen scharfen Pflaster nur durch das Fehlen
der scharfen Substanzen unterscheidet. Alle versuch-
ten einfachem Pflaster entsprachen dem Zwecke nicht.
Zum Behufe des Auffangens der zu untersuchenden
Luft war an das andere Ende des messingernen Röhr-
chens ein Kautschukrohr befestigt; dieses wurde
dann an eine mit deslillirlem Wasser gefüllte Glas-
röhre gebunden, die bis ziemlich auf den Boden einer
gleichfalls mit destillirtem Wasser gefüllten Flasche
reichte , in deren Stöpsel eine zweite Glasröhre be-
festigt war. Die Flasche wurde umgekehrt, und die
Luft über destillirtem Wasser aufgefangen. Zur
chemischen Untersuchung wurde die Luft unter Queck-
silber in kleine graduirle Eudiometer übergeführt und
zunächst durch Chlorcalcium vollkommen ausgetrock-
net Die Bestimmung der Kohlensäure geschah durch
feuchtes Aetzkali, welches an einem feinen ausge-
glühten Drahte in das Eudiometer geführt wurde und
20 — 24 Std. mit ^er Luft in Berührung blieb. Nach
Verlauf dieser Zeit wurde der Verlust an Luft unter
Berücksichtigung der Temperaturschwankungen für
Kohlensäure berechnet. Zur Bestimmung des Sauer-
stoffs wurde doppell so viel Wasserstoff in das Eu-
diometer geleitet, als die in demselben enthaltene
Luft möglicherweise noch Sauerstoff enthalten konnte.
Nach Bestimmung des Luftquantums im Eudiometer
wurden nun zwei frisch ausgeglühte Platinakügelchen
von bekanntem cubischen Inhalt in das Eudiometer
gebracht, und nach 20 — 24 Std. der Luftverlusl zu
zwei Dritltheilen für den dazu geleiteten Wasserstoff,
zu einem Dritltheil für Sauerstoff berechnet, da die
3
18
?f. Aoatomie u. Physiologie.
PiaUnakagelcben Sauerstoff und Wasaerst,off in dem
VerhäUnisa absorbiren, wie Wasser cusammeogesetu
ist, also 2 Vol. 11 uod 1 Vol. 0. Die Luft wurde
nun noch auf Ammoniak geprüft , indem ei« mit ver-
dünnter Salzsäure befeuchtetes Glasst^bchen in sie
gebracht wurde , an dem sich dann , bei der Gegen-
wart von Ammoniak, weisse Dämpfe von Salmiak
bildeten. Die Anwesenheit von kohlensaurem Am-
moniak wurde auf dieselbe Weise nachgewiesen,
nachdem die Luft vorher mit Kalkwasser geschüttelt
worden war.
Vf. hat seine Versuche in Form einer Tabelle
mitgetheilt, die Ref. etwas abändern zu müssen für
nüthig befunden hat. In seiner letzten Columne giebt
nUmlich Vf. den Verlust der almosphäriscben Luft an
Sauerstoff in Procenten an, indem er seine gefundene
Procentzahl von 21 , der Procentzahl des Sauerstoffs
in normaler, LuA abzieht. Diese ist aber mit der ge-
fundenen unvergleichbar, da sie durch das Uinzutre-
ten der Kohlensäure aufgehört hat, Procenlzahl zu
sein. Des Vfs. Zahl für den Sau^rsioQyerlusl wird
daher um so fals.cher, ^e grosser die ausgehauchie
Kohlensäuremenge wird. Mit dem Uinzutrelen der
Kohlensäure wird aber auch die Zahl für den Stick-
stoff kleiner, und es verhält sich z. B. im ersten Ver-
such der Sauerstoff zu,m Stickstoff nicht wie 19^51 : 79,
sondern wie 19,51 : 78,11 ; denn wenn in 100 Th.
2,38 Kohlensäure und 19,51 Sauerstoff sind, so
können nur noch 78.11 Stickstoff darin sein. Ref.
hat nun in der vorletzten Columne cias VerhäUniss
des Sauerstoffs zum Stickstoff, diesen aU constanl zu
79 genommen, berechnet, was aber gleichfalls keine
Procenlzahlcn sind. Im letzten Columncnpaare bat
Ref. den absoluten Verlust an Sauerstoff und densel-
ben für 1 D'' Haut und für 24 Std. beigefügt, wei-
chen letztern Vf. in einer zweiten Tabelle gegeben
hat. Vf. hat übrigens das Luftvolumen als unverän-
dert angenommen , was nicht richtig ist , besonders
wenn er, wie in Versuch 3 den Geiiali derselben
ßlase zweimal um 50 Gub.-Gtmlr. Luft vermindert*
Versuchs-
object.
Blase.
r
Gebalt der
Luft an
Verhaltoiss
des Sauer-
stoffs zum
Stickstoff.
Sauerstoff-
Verlust.
Cubik-
inhalt.
a Fla-
che der
Oeffn.
in D"
H.
0
(N)
absolu-
ter in
Cüb.-
Ctmtr.
von
1 D"
Haut in
24 Std.
Bemerkungen.
1.
Pferd.
730,75
4,90
72
2,38
19,51
78,11
19,73:79
10,89
0,74
Keine Bewegung. Nahrung ent-
lüelt ca. 35 Grmm. Stick-
stoff.
2.
Pferd.
730,7»
4,90
72
3,»0
18,11
78,39
18,25:79
21,11
1,43
Eine Wunde in der Mitte der
Blasenöffnung.
3.
Pferd.
906,00
3,96
48
1,87
20,46
77,67
20,81:79
4,90
0,61
Keine Körperbewegung.
n
R
856,00
3,96
48V2
»,61
20,11
74,28
21,38:79
7,42
SauerstoflVerlust in 7s Stunile
starker Bewegung von 1 Q"
= 0,70 Cub.-Ctmtr.
1»
»
806,00
3,96
89
6,67
1»,88
77,45
16,19:79
34,0
5,09
Die Luft blieb hier noch 40Vs
Std. nach der vorigen Bewe-
gung eingeschlossen.
4.
Pferd.
730,7»
3,20
48
3,22
20,3a
76,48
20,96:79
1,59
0,79
Haut war durch Acupunctor
entzündet.
5.
Mensch.
350,7»
3,96
24
2,2»
20,03
77,72
20,35:79
3,40
9,86
Keine Bewegung.
6.
Mensch.
350,7»
3,96
24
2,50
19,02
78,48
19,14:79
6,94
1,75
1 Std. spazieren gegangen.
7.
Pferd.
350,75
3,96
24
1,46
20, »5
77,99
20,81 : 79
1,57
0,39
Keine Bewegung. Haulterope-
ratur niedrig.
8.
Pferd.
350,75
3,96
24
1,93
20,07
78,00
20,32:79
3,26
0,82
Keine Bewegung.
10.
Pferd.
Hund.
350,7»
3»0,7»
3,96
3,96
V.
24
1,86
1,30
20,48
20,70
77,66
78,00
20,83:79
20,96:79
1,82
1,05
0,26
Vsstund. Bewegung im Trabe.
Sauerstoffverlusl von 1 Q"
Haut » 0,46.
Freies Ammoniak wurde nachgewiesen in Versuch 1,
2, 3, 5, 6 und 9; kohlensaures in Nr. 1, 2, 3, i,
5, 6, 9 u. 10. Die Versuche 7 u. 8 wurden nicht
auf die Nachweisung von Ammoniak ausgedehnt«
Ahgesehen von dem oben erwähnten Rechnungsr
fehler des Vfs. ergiebt sich aus den Versuchen, daas
in allen Fallen Kohlensäure ausgehaucht und Sauer-
s,loir ahsorbirt worden ist. Doch haben die Zahlen,
als solche, keinen Werth, da die Veränderujig i\^
Volumens der eingeschlossenen Luft, die davon ab-
hängige grössere oder geringere Spannung in der
Blase und die , durch diesen veränderten Druck b^
dingte Aenderung in dem Aiutauschverhältnisse der
einzelnen Gasarten leider von Vf. unberflckaicbligt
II. Attatomie ü. Physiti^Iogte.
19
dfeMieben sind. Die ftedaction der Sattlers toffabsor-
ption auf 1 O '' u. 24 Std. igt daher ebenfälh nicht
ganz richtig.
YC. macht äich nun den Einwurf, dass die gerin«
giere Menge Sauerstoff nach dem Versuche nicht auf
eine Absorption desselben, sondern auf eine Stick-
steffexhalation zu beziehen sein könnte. Hiergegen
ftthrt er aber an, dass, um die relative Verminderung
der SAuerstofTquantitHt ans einer Ausbauchung von
Stickstoff erkisren zn können, viermal so viel Stick-
stoff hatte ausgehaucht werden mdssen, als Sauer-
stoff verschwunden war (z. B. in Nr. 7 waren
20,550/0 0 und 77,990/0 N; diese Mengen verhiel-
ten sich also entweder wie 79:20,81, oder wie
79,72:21, d. h. es war entweder 0,19 0 absorbirt,
oder 0,72 N exhalirt worden). Vf. rührt nun meh-
rere Übereinstimmende Versuche Boussingault's
aber den Stickstoffverbrauch an. Ein Pferd erhielt
utgliAh 44,8 ertnm. Stickstoff und schied taglich
8 Gnnm. = 6dl2Gub.-Gtmtr. durch Haut und Lun-
gen aus. Worden nun aber diese 8 Grmm. allein
durch die Haut ausgeschieden , so genfigten sie noch
sieht das Minimum in Nr. 7 von 2232 Sauerstoff zu
decken, wozu 8425 Cub.-Qmlr. erfordert würden.
(In Nr. 7 war von IQ" Haut 0,4 absorbirt, also
von der ganzen Haut , diese nach Vf. zu 50 D ^ ge-
nommen: 2232). Zudem erhielten die Versuchs-
pferde des Vfs. 1 1 Grmm. N täglich weniger, als das
BoossingauIt*s. Indess ist doch eine Siickstoff-
eihalation nicht ganz zu verwerfen , die gewiss auch
vom Vf. bemerkt worden wäre , wenn er bei seinen
Versuchen die Volumverhaltnisse berücksichtigt hatte.
Aberneihy, den Vf. selbst citirt , giebt an , dass
von der durch die Haut ausgehauchten Gasmenge
Ys Stickstoff sei und ^g Kohlensaure. Nach des
Vfs. Voraussetzung, dass das Volumen der einge-
schlossenen Luft gleich bliebe, findet man sogar eine
Slickstoffabnahme in seinen Zahlen (z. B. in Nr. 7
ICD Gub.-Ctmtr. atmosph. Luft enthalten 21 0
UDd 79 N, also 350,75 Gub.-Gtmtr. atmosphar.
Lull: 277,09 N und 7d;65 0. Nach dem Versuch
findet Vf. in 100 Gub.-Gtmtr. nur 77,99 N, also in
350,75 nur 273,55, was einen Stickstoffverlust von
3,44 ('ub.-Gtmtr. giebt). Vf. schliesst nun aus sei-
nen Versuchen weiter, dass das Hautathmen von der
Qnantitat des in den oberflächlichsten Hautcapillaren .
strömenden Bluts und von der Schnelligkeit des Strö-
mens abhangt. Besonders wichtige Momente sind
hier die ffautiemperatur und die Kürperbewegung.
Vf. vergleicht Nr. 7 mit Nr. 6. Das zu dem 7. Ver-
suche dienende Pferd war alt, abgetrieben, mit sehr
kahler Haut, das beim 8. kraftig, wohlgenährt mit
warmer Haut; Nr. 7 absorbirte in 24 Std. mit IQ''
0»39 Gub.-Gtmtr. 0, Nr. 8 0,82 Gub.-Gtmtr. in
BezBg auf den Einfluss der Körperbewegung fand Vf.
an sich selbst im Versuch Nr. 5 nur 0,86 Gub.-
Gtmtr. 0 von 1 D'' in 24 Std. absorbirt, wahrend
de« nächsten Versuchs von ebenfalls 24 Std. absor-
birte er mit 1 Q" Haut 1,75 Gub.-Gtmtr. Ganz
ahnliche Resultate ergaben die Versuche mit Pferden,
Nr. 3 b und Nr. 9. Die Verschiedenheit der Resul-
tste nach den verschiedenen Versuchsobjeclen erklart
Vf. fBr den Menschen aus der etwas hohem Haut-
temperatur. Den Versuch an dem Hunde, der das
Hautathmen bei diesem Thiere niedriger, als bei den
Pferden stellt, halt Vf. selbst noch nicht für entschei-
dend. Alle Versuche geben aber das Resultat, dass
beim Hautathmen die Aufnahme des Sauerstoffs von
der Abscheidung. der Kohlensaure immer Ubertroffen
wird, woraus Vf. schliesst, dass nicht alle Kohlen-
saure von dem aufgenommenen Sauerstoff herrüh-
ren kann.
Den Grund der Schwankungen des Verhältnisses
der exhalirten Kohlensaure zum absorbirten Sauerstoff
sucht Vf. in der Verschiedenheit der Constitution des
venösen Bluts. Dasselbe färbt sich nach Vfs. Unter-
suchungen bei körperlichen Bewegungen nach u. nach
heller roth [wahrscheinlich in Folge des absorbirten
Sauerstoffs in der Haut]. Girculirt ein dunkelvenöses
Blut im Venensystem [I] , so wird die Kohlensaure-
ausscheidung pravaliren. Die verschiedenen Resultate
in Bezug auf das eben erwähnte Verhaltniss nach
Körperbewegungen bei Menschen und Pferden glaubt
Vf. noch nicht sicher erklaren zu können. Doch
macht er ^uf folgende Punkte aufmerksam: 1) war
seine Hauttemperatur nie so gering, wie bei Pferden;
2) hatte er vor dem Versuche Bewegung gehabt, wah-
rend die Pferde ruhig im Stalle gestanden hatten, u.
3) war die Bewegung wahrend des Versuchs nur eine
langsame, wahrend das Pferd getrabt hatte. Dass
eine entzündete Hautflache mehr Kohlensaure exhalirt
(Versuch 4) , erklart Vf. aus dem gesteigerten Vege-
tationsprocess und dem langsamem Fliessen des Bluts
in entzündeten Theilen«
lieber das Verhaltniss des Hautathmens zum Lun-
genathmen ist besonders hervorzuheben, dass in den
Lungen mehr Sauerstoff aufgenommen als Kohlensaure
abgeschieden wird , wahrend in der Haut das umge-
kehrte statthat. Vf. glaubt hier besonders der an
Menschen angestellten Versuche gedenken zu müssen,
da bei den an Thieren das Product des Hautathmens
mit dem des Lungenathmens zusammen erhalten
wurde. Abgesehen von der Volumenabnahme der
geathmeten Luft, welche Vf. beim Hautathmen nicht
berücksichtigt hat, ergiebt sich aus einer Verglei-
chung der V i e r 0 r d t 'sehen Versuche mit denen des
Vfs., dass von beiden Respirationsorganen, Haut und
Lungen, in 24 Std. zusammen eine bedeutende Quan-
tität Kohlensaure (72940 Gub.-Gtmtr.) weniger aus-
geschieden, als Sauerstoff aufgenommen wird. Die
von der Haut ausgeschiedene Kohlensaure verhalt sich
zu der in den Lungen ausgeschiedenen wie 1 : 92,
der von der Haut aufgenommene Sauerstoff zu dem
in den Lungen absorbirten wie 1:137. Ein Theil
des überschüssigen Sauerstoffs tritt vielleicht, nabh
Vf. , als Wasser aus. Doch bedarf die Feststellung
dieser Verhallnisse noch fernerer Versuche.
Sei Vergleichung verschiedener Temperaturen der
20
TL Anatomie u. Physiologie«
geathmeten Luft ergiebt sich, dass eine höhere Tem-
peratur das Athmen , ganz besonders die KohlensSu-
reaosscheidung in den Lungen vermindert und in der
Haut vermehrt, dass dagegen eine niedere Tempera-
tur die umgekehrte Wirkung hat.
Irrespirable Gasarten und andere flttchtige Stoffe
werden, wie bekannt, von dem Blute beim Athmen
durch die Lungen aufgenommen, und bringen Ver-
giftungen hervor. Vf. fragt nun, wie sich in dieser
Beziehung das Hautathmen verhalle. Er band zur
Beantwortung dieser Frage Kaninchen in ein Gylin-
derglas ein, so dass der halbe Kopf bis hinter die
Augen aus einer tlber das Glas gebundenen Blase frei
hervorragte. Um sicher zu sein, dass das aus dem
Glase entweichende Gas nicht mit den Lungen geath-
met würde und den Versuch stOrte, setzte Vf. ein
anderes Kaninchen ebenso eingebunden mit der Nase
dicht neben die des andern und stellte beide in einen
Luftzug. l)Der erste Versuch wurde mit Kohlensäure
angestellt; nach 5 Std. war noch keine Wirkung
sichtbar; der Versuch wurde nicht fortgesetzt. 2) Ein
4 Mon. altes Kaninchen blieb 1 Std. in Kohlenoxyd-
gas und wurde dabei matt und hinfallig , wahrend
das andere ganz munter blieb. 3) In Schwefelather
war das Kaninchen nach einer Stunde zwar noch
nicht betäubt, doch konnte eine Nadel tief in die
Nase eingestochen werden, ohne dass das Thier
reagirte, wahrend das andere noch ebenso empfind-
lich war, wie vorher. 4) In RlausSure starb ein
Kaninchen nach 20 Minuten. 5) In Schwefelwasser-
stoffgas starb ein Kaninchen noch ehe 3 Min. ver-
strichen waren.
Hierdurch hält Vf. für bewiesen , dass auch die
Haut flüchtige Stoffe aufnehmen kOnne, und das Haut-
athmen giftiger Gasarten ebenso gefährlich sei , wie
das Lungenathmen.
Gänzliche Unterdrückung des Hautathmens end-
lich hat den Tod zur Folge, wenn auch nicht so
schnell j wie die Unterdrückung des Lungenath-
mens.
Auch hierüber stellte Vf. mehrere Versuche an.
l)Einmit LeinOl-Pirniss bestrichenes Kaninchen starb
nach 12 Stunden. 2) Bei einem zweiten Kaninchen
war nach 24 Std. nur die Masldarmtemperatur etwas
gesunken. Es zeigte sich , dass der Anstrich nicht
vollständig gewesen war ; er wurde wiederholt , und
nach 30 — 40 Std. (in der Nacht) nach dem ersten,
starb es. Die Section ergab bei beiden die Haulge-
ßlsse mit Blut überfüllt, im Herzen grosse lockere
Blutcoagula; die Lungen purpurroth und mit Blut
überfüllt. 3) Ein junges, wohlgenährtes Pferd, das
an beginnender Rotzkrankbeit litt, wurde mit erwärm-
tem LeinOl angestrichen. Bei ungestörtem Appetite
war es nach 14 Tagen doch bedeutend abgemagert,
schwach und hinßillig. Die Oberhaut begann sich
zu schulen , die Haare fielen aus , und mit der Ab-
stossung der Oelschicht schwanden auch die abnor-
men Erscheinungen. 4 Wochen nach dem ersten
wurde ein zweiter Anstrich vorgeoommeD. In der
Nacht vom 7. zum 8. Tage war es gestorben. Die
Section ergab das Nämliche, wie bei den Kaninchen.
4) Ein mit einem Wurmgeschwüre behaftetes Pferd
wurde mit LeinOl angestrichen. Nach ungefllhr 14
Tagen wurde die Oberhaut abgestossen, u. das Thier
erholte sich langsam von seiner Schwäche und Ab-
magerung. Der Wurm war ganzlich geheilL 5) Der
wiederholte Anstrich hatte auch hier Schwäche, Tem-
peraturverminderung zur Folge. Das Tbier wurde
abgenickt. Constante Erscheinungen bei den Pferdes
war: Pulsfrequenz, grossere Fülle der Arterien bis
gesteigerter Harnfluss eingetreten war, etwas be-
schleunigtes Athmen; Zittern am ganzen KOrper;
schnell fortschreitende Abmagerung, grosse HinHlllig-
keit; vermehrter Absatz eines eiweisshaltigen Urins,
in dem in 2 Fällen etwas Gallenfarbstoff nachge-
wiesen werden konnte; Abnahme der Körperwarme,
die jedoch erst aufllsllig hervortrat, wenn der Tod
nahe war. Der Tod tritt langsam ein ; sie erl«li«fl
bei einmaligem Anstrich das Abschuppen der Haut,
sterben aber nach dem zweiten an Erstickung.
Vf. tbeilt endlich noch einige Versuche über die Ver-
änderungen der atmosphärischen Luft unter der Haut
im Bindegewebe mit. Er spritzte mittels einer ge-
füllten Blase Luft durch einen Einstich unter die Haut
von Pferden , und führte sie nach bestimmten Zeit-
räumen , wie früher in Eudiomeler über. Das Re-
sullat dieser Versuche ist, dass anfangs, wie beim
Athmen, Kohlensäure ausgeschieden und Sauerstoff
aufgenommen wird, und dass erst später, wenn die
Luft irrespirabel geworden ist, Kohlensäure u. Stick-
stoff absorbirt werden , bis die ganze Luft resorbirt
ist. Es wird diese Resorption ebenfalls durch kdr-
perliche Bewegungen beträchtlich gefordert.
(V. Gar US.)
294. Untersachnngen Aber Leistnngsflliig-
keit der Hnskeln und Todtenstarre \ von Prof.
Dr. Stannius in Rostock. (Arch. f. phys. Beilk.
XL 1. 1852.)
Vf. stellte seine Untersuchungen an lebenden
Kaninchen an , welchen er zu dem Behufe die Aorta
abdom. (nach Stenson) und spater, zur Vermei-
dung des Collateralkreislaufs durch die Art. epigaslr.,
auch die Art crur. unterhalb des Abganges der Epi-
gastr. , unterband. Bei der Operation ging er vom
Rücken aus ein. Als Reizmittel bediente er sich
stets des elektromagnetischen Rotationsapparats. Un-
mittelbar nach Beendigung der Operation traten die
gewöhnlichen Erscheinungen ein: Schleppen der hin-
tern Extremitäten, Verlust ihrer Sensibilität , Tempe-
raturabnahme derselben.
Um zunächst die Frage zu entscheiden , ob die Entzie-
hung des arteriellen Blutes durch Gefissunterbindang eiuen
vollständigeo Verlust der Cootractionsföhigkeit der MuBkdn
zur Folge habe , unterband S t. die Aorta allein Smal , und
fand im 1. Falle nach 8 Stunden den Beginn des Eintritts der
Starre ; nach 11 Stunden an keiner Extremität mehr die Mus-
keln, wohl aber die Hautvenen noch contraclil. (Das Thier
war trächtig, und wahrscheinlich wurden durch den schwao-
n. Aaatomie o. Physiologie.
2t
gern Uterus die kk, epigsstr. coiD|.rimirt.) Im 2. Versuche
war erst nach 36 — 37 Std. ein TuIIstäodiges Aufhören der
Zasammeozicbbarkeit der Muskeln zu bemerken ; im 3. Fülle
war nach ISy, Std. weder Starre vorhanden , noch die Rciz-
empfanglichkeit der Maskelo geschwunden.
Um die Circulation in den hintern Extremitäten Tollstän-
dig aofzoheben , anterband Vr. nun an Itt Kanineben ausser
der Aorta abdoni. auch beide Art. crur. an der angegebenen
Stelle. Als Folgen des aufgehobenen Blutumiaufs zeigte
sich sofort Verlust der Funclionirung der sen-sibeln , wie der
motorischen Nerven der Glieder, und zuletzt, 2—3 Std. nach
Schlass der Operation , die Starre , nach deren Beginne die
Reizempfiinglichkeit der Muskeln in der Regel noch 1 — 2 Std.
fortdauert , so dass erstere erst ungefähr 2 Std. nach ihrem
Anfange vollendet erscheint.
Bei den Sectionen fand sich das Lumen sämmtlicher
Arterien äusserst verengt und in den Venen flüssiges Blut. Die
Temperatur der gelihrotrn Glieder erhielt sich selbst nach
dem Eintritte vollkommener Starre um 2^/^ — 1^ C. höber,
als die Zimmerwfirme.
In einer 3. Reihe von (4) Versuchen zeigt Vf. , dass,
wenn, nach vollkommenem Auftreten des Rigor, durch Lö-
sung der Ligaturen die Freiheit der Circulation wiederherge-
stellt wird, nach 20 — 45 Min. die Starre zu schwinden und
die Muskeln wieder reizbar zu werden beginnen , nach '/« bis
3 Std. die Sensibilität sich restituirt und bei Reizung des Nerv,
ischiad. sammtliche Muskeln des Gliedes in Zuckung gerathen.
Einmal wurde sogar eine freiwillige Bewegung des früher ge-
lähmten Theiles beobachtet.
Aebnliche Versuche stellte, wie Vf. später in Erfahrung
brachte, zu gleicher Zeit Brown-Sequard in Paris an
(Compt. rend. 1851. Nr. 23. XXXII. p. 855.) An todten
Kanineben , bei welchen die Starre 10 — 20 Minuten eingetre-
ten war, durchschnitt er die Baucbaorta und die betreffende
Hohlvene dicht über der Bifurcalionsstelle und brachte das
peripherische Ende in Verbindung mit den gleichartigen Gefäs-
sen eines lebenden Thieres; in 10 — 20 Min. schwand die
Starre und reagirten die Theile auf Reize.
Ferner schnitt B.-S. ein Kaninchen und ein Meerschwein-
chen im Niveau der untern Begrenzung der Nieren qu^r durch,
bis auf die Aorta und Vena cava, und unterband die Aorta;
15 — 40 Min. nahm die Starre zu; 10 — 20 Min. nach dem
vollständigen Eintreten derselben löste er die Ligatur; die
Starre schwand und die Muskeln und Bewegungsnerven wurden
wieder reizbar.
Endlich machte B.-S. den Versuch gerade so, wie St.,
and kam zu gleichen Realitäten. Nur weist VL auf einige
Differenzen hin, welche in Beireff der Operation , der Reiz-
mittel und der Zeitverhältnisse zwischen beiden Experimenten
obwalten.
B.-S. berichtet ferner (Compt. rend. 1851. Nr. 25.
XXXII. p. 897), dass er bei einem 13 Std. zuvor enthaupte-
ten Menschen durch Einspritzen denbrinirten venösen Blutes
ffir mehrere Standen die Elasttcitäl u. Contractilität der Mus-
keln wiederhergestellt habe.
In den „Reflexionen*' über seine Versuche fol-
gert Vf. zunächst aus seinen Experimenten , dass die
Abhängigkeit der Function der Nerven vom Blute gros-
ser sei, als die von ihren Centralorganen. In dieser
Beziehung beweise sein Versuch mehr, als die Unter-
bindung sämmtlicher, dem Hirn Blut zufahrenden
Arterien, weil der dort fast unmittelbar erfolgende
Tod möglicherweise auf Rechnung der durch die Blut-
leere herbeigeftilirten E.Tpansion der Hirnmasse zu
setzen sei.
Seine Experimente thun ferner den Nutzen der
Wondernetzbildung an den Centralorganen und peri-
pherischen Nerven bei Thieren , wie bei Getaceen dar»
bei welchen die Respiration des Wasserlebens halber
oft lauge suspendirt bleiben muss. Ob , was wahr-
scheinlich ist, der Sauerstoff das von den Nerven we-
sentlich Desidcrirte ist, Isisst sich durch diese Ver-
suche nicht entscheiden, eine Injection von Sauer-
stoff in die leere Arterie führte zu einem negativen
Rcsultnlc.
lieber die Todtenstarre versprechen diese Versu-
che auch einige Anfklürung zu geben. Die Ansicht,
dass dieselbe auf einer Gerinnung des Capiltarblutes
beruhe, findet ihre directe Widerlegung. Gegen die
Brücke 'sehe Theorie, welche das Gerinnen einer
in den Muskeln, also ausserhalb der Blut- u. Lymph-
gefüsse befindlichen Substanz voraussetzt, sprechen
die Versuche nicht; selbst die erwiesene Fähigkeit
der Nerven und Muskeln, mit Hülfe des Blutes ihre.
Thaiigkeit zu restituiren, tritt nicht mit ihr in Wider-
spruch.
Es geht ferner aus den Versuchen hervor, dass,
was schon N y s t e n und Sommer beobachteten,
zur Zeit der eben eintretenden Starre noch schwache
Zusainmenziehungen einzelner Muskelfa.«ern hei An-
wendung des elektrischen Reizes wahrzunehmen sind;
ob freilich dieselben Fasern schon starr gewesen oder
nur ihre Nachbarn es sind , lüsst sich nicht entschei-
den. Daran schliesst sich die Frage, ob die beim
Beginne der Starre eintretende Verkürzung der Mus-
keln nothwendig einen pathologischen Zustand der-
selben im Sinne der ß r d c k e *schen Gerinnungstheo-
rie involvirt. Der Verlauf der Erscheinungen lehrt,
dass zuerst die GommunicationsHlhigkeit der Nerven
mit ihren Gentralorganen ,'dann die Reizempfnnglich-
keit derselben von den Stimmen nach den Aesten
hin, zuletzt die Leistungsfähigkeit der Muskeln er-
lischt. Nach diesem Verlnurc der Erscheinungen ver-
muthet Vf. , dass das Aufliören der Funclionirung
der letzten Nervenenden die Muskelstarre nur zur un-
mittelbaren Folge habe.
Das elektrische Agens alficirt nur die Nerven.
Die Starre bezeichnet nun , nach dem Vf. , blos den
natürlichen Zusjand des von jedem Nerveneinllusse
befreiten Muskels; der Muskel verharrt darin, bis
entweder seine Substanz zersetzt ist, oder, wenn das
nicht geschehen , die Einwirkung des wieder lIiHtig
werdenden Nerven ihm derf Grad von Spannung er-
theilt, welchen wir als Zustand der Muskelruhe zu
bezeichnen pflegen.
Darnach bestände die Aufgabe der motorischea
Nerven wesentlich darin , die natürliche Elasticitlils-
grOsse der Muskelfibrillen herabzusetzen und ihre
Elasliciiat vollkommener zu machen ; ein in Ruhe be-
findlicher Muskel, z. B. im Schlafe, wlfre im Sta-
dium der Wiederaufnahme des zu neuen Gonlraclio-
nen beßihigenden Nerveneinflusses; active Muskel-
contraction bezeichnete einen geregellen und momen-
tanen Nachlass des Nerveneinflusses auf den Muskel.
Später will Vf. den Beweis führen , dass diese An-
schauungsweise mit unserem thatsächlichen Wissen
n
in. Hygieme, DUlMlft, niaiinii»l#g« u. Toiikologie.
«Imt ff«r¥en- tiD^ MsskeUhätigkeit keineswegs in
Wi^ersprueli stehe.
Anhangsweise berichtet St. noch von (3) Versu-
chen über die angebliche Nichtaufnahme narkoti-
scher Gifte durch die Lymphge/asse, Er brachte
nümlich bei bereits ausgeprägter Starre zwischen die
Htiiit u. die Muskeln des Unterschenkels eines Kanin-
chens, dem die Aorta abdom. u. die Art. crur. unter-
bunden waren » eine concentrirte StrychninlDsung,
so wie auch Blutlaugensalz. Nach 1 Sld. trat in 2
Füllen Tetanus ein, und in dem einen Falle gab auch
der Inhalt eines angefüllten LymphgeHisses neben der
Aorta mit Eisenchlorid eine blaue Färbung. Der 3.
Versuch hatte ein Tür die Resorption beider Substan-
zen negatives Resultat. (U li I e.)
1295. Zwei Reiben physiologischer Tersnclie;
von Pi-of. Dr. S t a n n i u s.
1) Fersuche am Froschherzen. Um den Ein-
fluss der Nerven auf die Herzbewegungen genauer zu
Studiren t unterband Vf. zuerst die NN. vagi, sodann
solehe Gegenden des Herzens, wo Anhäufungen von
Ganglienzellen vorkommen, ausserdem auch, mit Aus-
schluss der Nerven, die ein - und ausmündenden Ge-
lasse , und reizte hierauf die Theile mit mechanischen
und galvanischen Mitteln. Es zeigte sich, dass das
Herz sich rhythmisch fortbewegte: nach Unterbin-
dung der NN. vagi ; bei successiver UmschnUrung der
3 Hohlvenen ; bei Reizung der Nervi vagi nach Unter-
bindung des gemeinsamen vcnOsen Sinus vor seinem
Uebergange in den Vorhof; bei UmschnUrung, so
wie bei unvollständiger Durchschneidung der Quer-
furche; bei Unterbindung der Arterienstämme oder
der Lungenvenen. Dagegen stand das Herz still;
wenn der peripherische Theil der unterbundenen NN.
vagi galvanisirt wurde ; wenn^die austretenden Arte-
rienstämme und die Eintrittsslelle des Hohlvenensinus
in den Vorhof zugleich abgeschnürt wurden; wenn
nach Unterbindung der 3 Hohlvenen die Med. oblong,
oder die NN. vagi gereizt wurden ; wenn um irgend
einen Theil des rechten Vorhofs eine Ligatur gelegt
wurde, wobei allerdings oft das ganze untere Hohl-
venensystem und stets der Sinus nebst dem jenseits
der Unterbindungsstelle gelegenen Vorhofssegmente
fortpulsirten , so lange sie nicht allzusehr von Blut
angefüllt waren. In diesem letztern Falle vermag
eine um die Ventriculargrenze gelegte und den Bulb.
arteriös, mit einschliessende Ligatur den Ventrikel
Wieder in anhaltende Bewegung zu versetzen ; galva-
mshrt man nun ^en N. mjgHS , so bgfen dift 8 flottl-
venen auf sich zusammenzuziehen, wähk*end die
(mechanisch oder elektrisch gereizten) Venirikel sich
zu bewegen fortfahren. Bei einer tweiten Unterhin-*
düng der VorhOfe zieht sich der zwischenliegende
Abschnitt nicht zusammen, bei mecliaaischer örlltcher
Reizung erfolgt eine einzige Gontraction ; bei Anle-
gung der Elektroden treten Zusammenziehungen ein,
die durch längere Pausen unterbrochen sind. Wird
der gemeinsame Venensinus vor seinem Uebergange
in den Voriiof unterbunden, so dauern die Herzcon-
tractionen fort, aber die Zahl der Zusammentiehun-
gen der Hohlvenen ist grösser , als die der (ihrigen
Herzconlractionen.
2) Fersuche mit Blausäure, Es schien dem VL
wichtig, die früher von ihm gemachte und von An-
dern bestätigte Beobachtung, dass bei PrSsehen die
Wirkung des Strychnins durch Blausäare paralysirt
werde, von Neuem zu constatiren. Zu dem Ende
brachte er gleichzeitig Blausäure und StrychnialOsnng
bald unter die Ha^itdecken, bald in den RUckenmarks-
kanal, bald an die Med. oblongata. In allen (8)
Fallen trat Tetanus nur auf einen Moment ein und
fehlte nach dem Tode die Starre. — Vf. sucht fer-
ner zu beweisen , dass Blausäure nicht auf die moto-
rischen Nerven, sondern auf die Muskeln selbst wirke,
indem er einerseits die aus einem amputirten Frosch-
schenkel präparirten obem Nervenenden, unterwärts
mit den Muskeln noch im Zusammenhange , in Blau-
säure eintauchte, ohne dabei die Muskeln zu benetzen,
und bei elektrischer Reizung der Nerven noch 3 Sld.
lang starke Muskelzuckungen beobachtete; andrerseits
einen ganzen Schenkel in Blausäure legte und bereits
nach 7 Minuten ihn für alle Reize unempf^nglidi
fand. Gleiches Verhalten zeigte der N. phren. u. das
Zwerchfell eines Kaninchens. — In umgekehrter
Weise wirkt eine wässrige Lösung von Extr. opii,
nach 45 Minuten sind die Nerven nicht mehr reizbar»
während die Muskeln noch 2 Std. leistungsfähig blei-
ben. Langsamer und localer > aber gleichartig wiritt
Strychnin. In chlorwasserstoffsaurem Coniin tritt das
Ende der Reizempfänglichkeit in Muskeln und Nerven
ziemhch zu gleicher Zeit ein. — Die Todtenstarre
Wird durch Blausäure verhindert, wenn die Muskeln
darin liegen bleiben. Werden sie, leistungsuafähig
geworden, bald wieder herausgenommen» so erstarr
ren sie an der atmosphärischen Luft noch in schwa-
chem Grade. Bin in Erstarrung begriffener oder be-
reits erstarrter Muskel bleibt, in Blausäure liegend,
starr. (Uhle.)
IIL Hygieine, Diätetik, Pharinaiiologie und Toxikologie.
296. Ueber das wirksame Princip der Spi-
raea llmaria; von Dr. Hannen. (Bull, de Th^r.
Dcbr. 1851.)
Der Aufsatz von T es sie r (Jahrbb. LXXI. 32.)
über die diuretischen Eigenschaften der Spiraea ulma-
ria, veranlasste Vft nach dem wirksamen Principe der
Pflanze zu forschen , und er glaubt es in der saäcy-
Ugen Säure ( Spiroilwassersto ff säure nach L ö w i g)
gefunden zu haben. Letztere bereitet man am besten
durch Destillation einer Mischung von 1 Th. Salicin,
UL l^eino, IliaiU«(ik» Pb^m^kplogif u, Toulii^lofie.
trirttf $€hw«feU«iir4 v»d tO}/^ Th. Waqp^r. Die
Saure bildet ein gelbliches Oel , welches in Wasser,
Alkohol und Aether löslich ist, bei 190® siedet,
bei — 20* erstarrt und mit rölhlicher Flamme ver-
brennt. Mit Basen bildet die Salicylige Saure Salze.
Die reine Salkylige Süure hat örll. eine seiu: leiaende
Wirkung, auf einer Schleimhaut oder auf der ent>
bldssten Oberhaui entsteht sofort ein lebbaAes Bren-
nen» wekkes von einer mehr oder weniger intensiven
Entzündung gefolgt ist. Innerlich in einer Dosis von
6 — 8 Gr. genommen entsteht heftige Pyrosis beglei-
tet von Erbrechen und Diarrhoe. In den von Vf. vor-
geschlagenen Präparaten angewandt, bemerkt man
ausser einem leichten Brennen im Schlünde, keine
reizende Wirkung auf dieiVarmschlelmhaut, wohl aber
wird dadurch die Diurese kräftig angeregt. Der ent-
kerne Barn ist klar» wenig gefärbt u. von geringem
sfiec. Gftwicht. Die Kali- und Natron -Salze sollen
nach Vf. noch kräftiger die Diurese hefürdern , und
haben den Vortheil , däss sie sich auch in Pastillen,
Pillen und Pulver verordnen ksscn.
\l schlägt unter andern folgende Präparate-vor :
1) eine Tinctur der salicyligen Säure: Acid. salicy-
Uc, 4 GrmuL, Alkohol (2lV(0 30 Ormm. S. Diese
Tinctur hat einen aromatischen Geruch und einen et-
was brennenden Geschmack, man lässl sie zu 20 —
30 Tr. in einem Getränk nehmen. 2) Eine Potio
der salicyl. Säure: 20 Tr. der vorigen Tinctur wer-
lie« mit 30 Grmm. von Syrup. Menth, pip. und 180
Gnnm. Aqu. dest. gemischt. Man lässt davon alle
Stunden einen Löffel voll nehmen. (Mi 1 1 i e s.)
297. Die therapeutische Anwendung des
KieOSOt ; von B. W. a i c h a r d s o o. (Dubl. Press.
Nov. 1851.)
Die Fälle von DiajrrMen , in denen Vt das Kreo-
sot anwendete waren 1) solche, die epidemisch auf-
traten und nicht von Gegenwart fremder Stoffe im
Darmkanale herrührten ; 2) solche, die nach Anwen-
dung von Purgirmitteln zurttckblieben , die man zur
BnlfemuBg fremder Stoffe aus dem Darmkanale ange-
wendet hatte; 3) solche, die nach acuten Durchföl-
len zurtlckblieben und nicht mit Schmerz verbunden
waren. Die Vortheile der Anwendung des Kreosot
sind: 1) es zeigt oft noch Erfolg, wenn andere Ad-
stringentia ihre Wirkung versagen; 2) die Wirkung
des Mittels ist schnell ; 3) es hinterlässl keine Ver*
slopfung, ausser wenn seine Anwendung zu lange
fortgesetzt wird.
Belegt sieh die Zunge während seiner Anwendung,
treten Fiebererseheinungen auf, so ist das Mittel ausr-
Kusetzen. Die Dosis für Kinder bis zu 2 Jahren ist
t /g — lA Tropfen, für Erwachsene 1 — I Va Gran,
(Julius Glarus.)
2I9S. ligenthftnliche Wukni« des Opiums
und seiner mpasate) von Dr. Berg. (WUrtemb.
Gofr.-BL 40. 1851.)
Eine alte Frau, die ¥on ?er8clMed«nan Leidfin l»eimg«r
sucht war , hatte eine solche Idiosynkrasie gegen das Opiun;i
und alle seine Präparate, das« sie schon nach dem ersten
Löffel einer Mohnsamen-EiiHiIsion Erbre<:keii bekam und ehie
groi«e Scbwäcbe ffiblte. Als bei derselben Kr. einige Jahce
spater, wegen eines Oxen^ heftigen Schmerzes unter dem liir
ken Schulterblaue , das Morphium auf endermatische Art an-
gewendet wurde (1 Gran Morphium mit 4 Gr. Stärkmehl ver-
mischt auf eine durch ein Vesie. wundganachte Stelle ei»-
gestreut), traten die bedenklichsten Erscheinungen ein. Die
Kr. zeigte ein völlig hippokratisches Gesicht, tief eingefallene
Augen, hatte unaufhörticbes Würgen and Erbrechen, kalte
Haut, heftige zusammenziehende Scbmeaea im Magen, Druok
im Nacken und Hinterhaupte, unauslöschlichen Durst und
klagte nur mit kaum vernehmbarer Stimme. Dieser Zustand
hielt längere Zeit an und die Empfindlicbkeil des Magena blieb
sogar über 14 Tage zurück. (Gramer.)
299. Beobachtnngen &ber den Hadsehi ; von
Dr. Ragsky. (Aus den Protoh. der Ges. der Aerzte:
Wien. Ztschr. VIII. 1. 1852.)
Der üadschi wird aus der Cannabis indica ge*
Wonnen, und war schon in den ältesten Zeiten als
Anaestheticum bekannt. Die jungen Pflanzen besiz-
zen keine narkotische Wirkung und werden , wie bei
luis der Spargel» genossen, dagegen der Genius der
ausgebildeten Pflanze eine Narkose hervorruft, lieber*
giesst man> die zerhackten PUaazen mit Alkohol« so
erhalt man eine Tinctur und durch Abdampfen decT
selben ein Exlract in der Form einer harzigen, grttn*
braunen Masse , wovon 1 — 2 Gr. schon hinreichen»
um eine Narkose zu bewirken. Das Extract hat einen
dem Bals« copaiv. ähnlichen Geschmack« Voa .der
Tinclur ist zur Narkotiairung V^^ erCocdertich; auch
durch Rauchen des Krautes k»an eine sdlche eolst«»
hen. Die Wirkung des^ Hadsehi ist verschieden nach
dem zu narkotisirenden Individuum. Dr. R. Tergleicht
sie nach an sich selbst angestellten Versuchen mit der
des Schwefeläthers, indem der Hadsehi eine sehr
angenehme Betäubung hervorruft.
(Julius Glarus.)
300. Ueber Jodcigarrai'^ von Kletzinsky.
(Wien. med. Wochenschr. 39. 1851.)
Vf. stellte mit den von Chartroule und Ber-
ten empfohlenen Jodcigarren Versuche an und er-
hielt folgende Resultate.
1) In einer Gigarre, die nach dem Jodiren (ent«
weder indem man eine Gigarrn mit einer AuAdaung
von Jod in Alkohol bestreicht, oder sie einige Minu-
ten in einem Gehäuse der gleichzeitigen Einwirkung
von Jod - und Wasserdämpfen aussetzt) 4 Tage an
einem warmen Orte offen lag, konnte eine genagende
Menge Jod nachgewiesen werden.
2) In der Asche ist die grössere Menge des auf-
getragenen Jodes als Jodkalium , Jodcalcium u. Jodh-
talciuro enthalten.
3) Der Rauch, nachdem er einen losen Baum-
wollenpfropf passirt um Aschenreste zurückzuhalten,
durch eine neutrale Amidonlösung geleitet, brachte
nicht die geringste bläuliche oder röthliche Färbung
hervor, ebenso auch nicht nach der Neutralisation
24
111. Hygieine, DüEtetäL, Phannakologie u. Toiikologie.
der dorch das kohlensaure Ammoniak des Rauchs al-
kalisch reagirenden Ahsorplionsflüssigkeit mit Essig-
sUure. Nach Zusatz von Ghlorwasser oder Salpeter-
sSure trat sogleich BlUuung ein , woraus hervorgeht,
dass ein kleinerer Theil des Jod nicht Trei, sondern
an Ammonium gebunden als liydrojodsaures Ammo-
niak dampfTörmig im Rauch entweicht.
4) Der Speichel und Mundschleim gaben nach
wenig Zügen deutliche, doch sehr geringe Keactio-
■«An Uj-kBi «valiiinrlAnAnrt lit<l
nen von gebundenem Jod.
5) Nach dem Verrauchen einer einzigen jodirten
Gigarre etwa in ^/^ Stunde, bei manchen Personen
und unter manchen Umstünden , die die Resorption
steigern , frtther , konnte im Harne Jod entdeckt wer-
den, zumal wenn vorher die Blase entleert worden
war. Vf. glaubt, dass trotz der geringen Menge Jods,
die Anwendung des Jodammoniumdampfes therapeu-
tische Vortheilc haben könne. (M i 1 1 i e s.)
301. Baccae lexerei gegen Prosopalgie;
von Dr. Wertheim. (Das. 37.)
Vf. bediente sich einer alkoholischen Tinctur von
24 Stück Beeren auf 3vj Spir. vin. rect. , täglich 3
— 4mal zu 30 Tropfen in den leidenden Theil einzu-
reiben, mit grossem Erfolge gegen das genannte, be-
kanntlich oft so äusserst hartnäckige Leiden.
(Julius Glarus )
302. Baldriansaares Zink mit Eztr. hjos-
2ami und Opinm gegen Neuralgien des fonilen
inrenpaareS; von Dr. Tourni^. (Lünion. 143.
1851.)
Der Vorwurf, den Vf. der bisherigen Methode
der Anwendung des baldriansauren Zink macht , be-
steht darin, dass die Gabe desselben zu schwach war,
und man neben dem umstimmenden Mittel nicht zu-
gleich narkotische anwendete. Er bedient sich des-
halb folgender Formel: Zinc. valerian. 30 Gtgrmm.
Exir. Hyoscyam. 15 Gtgrmm., Eitr. opii 8 Gtgrmm.,
Gonscrv. rosar. q. s. ut. liant. pil. Nr. 6. Von die-
sen Pillen giebt Vf. am 1. Tage 2—3 Pillen, alle 3
Std. je 1 Stück. Schon diese erste Dosis vermindert
den Schmerz fast vollständig, so dass man höchstens
am 2. , fast niemals am 3. Tage das Verfahren zu
wiederholen braucht. (J ul i u s G 1 a r u s.)
303. Zar Wflrdignng der angeblichen Heil-
kraft des Arseniks bei wechselflebem ; von Dr.
J. Delaharpe. (Schw. G.-Ztschr. 3. 1851.)
Ein junges Mädchen wurde von Vf. wegen einer harlnäk-
kigen Psoriasis mit arseniksaurem Natron (Vs Gran Morgens
und Abends) behandelt. Trotzdem entwickelte sich , u. zwar
in L4iusanne , einer von Wechselfifbcr nie befallenen ticgend,
ein starkes Tcrlianüclier. Die Kr. war sei! 6 Monulen dem
Miasma ihres sumpfigen Heimatbortes entzogen gewesen.
Der Fall liefert den Beweis von der Nutzlosigkeit
des Mittels gegen Wechselßeber , da sich ein solches
zu einer Zeit entwickelte, wo der ganze Organismus
tsich uner der Einwirkung des Arseniks befand.
(Jul. Glarus.)
304. Bebandliing ekraniseker Tentopftug;
von Henry Coli et t. (Prov. Jour. Nov. 1851.)
Vf. halt den Genuas von Weissbrod aus dem
Grunde für eine der haiufigsten Ursachen chronischer
Verstopfung, weil dieses zu ^enig Fäcalmassen bil-
det, um die zur Entleerung des Darmkanals nöLhige
Ausdehnung desselben zu bewirken, und schlagt des-
halb Schwarzbrod, welches eine Menge Kleie.enlhlflt,
u. Abends vor dem Schlafengehen ein Glas kalten Was-
sers, als eins der wirksamsten Mittel gegen den ge-
nannten Zustand vor. 3 Falle werden erzählt, ii
denen diese Methode sehr guten Erfolg zeigte.
(Jul. Glarus.)
305. Terderbniss derZäkne durckKampker;
von Stanislas Marlin. (Bull, de Th6r. Novbr.
1851.)
In Frankreich bedient man sich des Kampbers ii
der verschiedensten Weise als Gosmeticum and • Toi-
lettenmiltel. Vf. fand , dass dadurch die Zähne ihre
Festigkeit einbUssen , indem das essentielle Oel des
Kampher dieselben völlig durchdringt und die thie-
rische Substanz derselben auflöst
(Julius Glarus.)
306. Einspritinng reizender Flftssigkeiteo
in die BancbfellkOkle znr Heilnng der wasser-
sackt derselben; von G. W. Wutzer. (Rhein.
Mou.-Schr. Juli. 1851.)
Ein Mann von 35 Jahren litt in Folge einer Leberkraak-
heit an BauchwasRersucht , deren> halber er bereits llmal
paracentesirt worden war. Nach Anstellung einer neuen Pa-
racentese wurde ihm nun eine Auflösung von 2Vs 5 Jodka-
lium in 6 J Wasser vermittels einer Trokarröbre in dieBaocb-
höhle eingespritzt , worauf sich anfangs kein Schmerz zeigte,
und demnach die Wunde durch eine gerade Nadel und ange-
legten Faden verschlossen wurde. Als am nächsten Tage sick
Schmerz einstellte , wurde die Nadel entfernt und das Aas-
strömen der Flüssigkeit erleichterte den Schmerz alsbald. Der
Kr. genas nach einigen Tagen in soweit, dass er eine groa-
sere Tour unternehmen konnte. Nach einigen Monaten kehrte
jedoch die hydropische Ansammlung zurück, die Operation
wurde von Neuem wiederholt; der Erfolg war wiederum dei^
selbe. Bei nochmaliger Wiederkehr verweigerte der Kranke
jede Medication. Sein Ende schien in kurier Zeit bevor^
zustehen.
Aus (ftesen und ähnlichen Beobachtungen anderer
Autoren zieht nun Vf. folgende Schlosse: 1) Uns die
bei der Wassersucht wirkende Verstimmung der Ab-
8onderungsthMlif;keit des Bauchfells vortheilhafl um-
zuwandeln , dürfte es bei dem gegenwärtigen Stande
der Wissenschaft kaum einen hcilkrüiligern Weg ge-
ben , als den durch die directe Einwirkung auf die
absondernde Obernnche mittels einer passend zusam-
mengesetzten tropfbaren oder gasförmigen Flüssigkeit.
2) Eine vorsichtige Injection in den wassersüchligeo
Bauchfellsack bringt nicht den übermässigen Grad von
Gefahr, den die meisten Aerzte von ihr fürchteD.
3) Wo der Wassersucht jedoch organische Vorbildun-
gen wichtiger Unterleibseingeweide , z. B. der Leber,
der Milz , oder wo ihr Alterproducte , wie Scirrhus,
Harkschwamm , wo unheilbare Krankheiten des Her-
UL HfKieiiM, Oilltatik Phvioifcologie lu Toiikologii.
96
sens san firwidi lieg», ^ itl dM lifMti^ jiden-
Mis coolr«iiMlieirU 4) DasMlbe findet Suu, wo
ErschMBiuifMi TO« EaUOuduog v(»rhaBdeB, die ürfkU^
sehr gesABkeii sied, e4er eine aboorm f orberrscbeode
fiTeigung an BDUHnduBgee da ial. &) Die itti^etioDSp-
AOeaigkeit darf oicbt zu reiiend seie , ilire C^neea^
imioQ muaa allmülig geateigert werden. 6) Die In-
jeetionen schHeaeen eine in der Zwischenzeit fortan^
netzende Medication durch innere ArzDeien nicht aua,
rietmehr macht die Abpahme der hydropiscbeo Flüa-
ftifkeiien die Wirkung pbarmaceiHiscber Mittel kral-
liger.
En feigen nun einige von B ö d e k e r mit den bei
obigem Kr. eeileerten FlOsaigkeiten angestellte che-
nainche Analysen. Die Vergleicbuog der Flüssigkeiten,
die durch die 2 Paracentesen entleert wurden, ergiebt
folgende Resultate.
Nr. I.
Spee. Gew.
1,01
Albumin
0,48) .
Extractivsloff
0,15} ^
Salze, namentlich
Kochsalz
0J4
Wasser
98,63
100.
Nr.
II.
Spec. Gew.
1,01
Albumin
0.64
0,04 {
Extractivstoff
Salze, namentlich
, .
Kochsalz
0,79
Wasser
98,53
0.63
1,37
0,68
1.47
100.
1) Die Menge der Extractivstoffe ist auffallend
gering im Verbältniss zu den Salzen. 2) Die Summe
der organischen festen Bestandtheile ist sich fast
gleich geblieben. 3) Mit der Zunahme des Albumins
hat sieh die Menge der Extractivstoffe merklich ver-
ringert. 4) Die Menge der unorganischen Salze
zeigt keine merkliche Veränderung. 5) Während im
Harn Zucker entleert wurde ^ enthielt das Transsudat
keinen Zucker. Der Harn enthielt weAr Hamatin
noch Gallenfarbstoff. (J u 1. C I a r u s.)
307. leilf erftthrei gegei den Biss wfttheii-
der ud giftiger TUere; von Giusinsky inTuit-
•cliin. (Med. Ztg. Rusal. 28. 1851.)
Eine Frau halle aich in der Umgegend Warschaus da-
durch cioen Ruf. erworben, dass sie gewisse Steinchen auf die
durch den Bisa toller Bunde und Wölfe, Schlangen oder an-
derer giftiger Thiere erzeugten Wunden auHegte, wodurch es
Ihr gelang, die Kr. immer zu heilen. Lange blieb das Ge-
heimnisa unbekannt, bis es ein befreundeter aller Mann von
ibr erfuhr, der wiederholt günstige Versuche damit anslelile.
Man nimmt das Schienbein des rechten Vorderfnsses eines
grossen Ochsen und reinigt es, ohne au aeratfickeki, wn dem
daranhängenden Fleisch und dem innen befindlichen Mark ;
^l^ftf. bedeckt man ea mit einer dicken Lehnachicht und läast
||fld.Jakrkb. Bd. 74. HA. 1.
ea trocknen, worauf es «o lange der Hitae auageaetst wird, bis
der Knochen gebleicht ist und seinen Gebalt an Fett u. thieri-
scbem Leim ferloren hat. Nachdem er Tollkommen abge-
kühlt , wird er Tom Lehm gereinigt und in kleine Stücke zer-
schlagen , TOB denen man eioee zum Versuch an die Zange
bringt; bleibt es fest an der Zunge hallen, ao ist diese ein
Zeichen, dass der Knochen sich erfolgreich beweisen wird.
Ist nun Jemand gebissen worden, so muss die Wunde so schnell
als möglich erweitert, das Blqt ausgedruckt, die Wunde mit
Eaeig auagewaachen und ein solches Knochenstfick aufgelegt
werden, welches sich alsbald einsaugt ; nach einigen Minuten
wird das Knochenstfick von der Wunde entfernt und ein ande-
res an seine Stelle gelegt ; das entfernte Stück aber in gut
gesSuerte Milcb getaucht. Letzteres kann man nach einigen .
Minuten herauanebmen und wieder auf die Wunde legen , wo-
durch man mit 2 Knochenstucken zur Erreicbi«ng des Heil-
zweckes auslangt Diese Operation muss mehrere Stunden
lang fortgesetzt werden, worauf ein Vesicatorium auf die Um-
gebung der Wunde gelegt die Behandlung beendigt.
Der Erfolg dieser Heilmethode lüsst sich folgen*-
dermaassen erklären : der von Fett und thieriscbem
Leim gereinigte Knochen hat die Eigenschaft stark
einzusaugen • wodurch das Gift in denselben einge^
sogen und aus der Wunde entfernt wird; die ge-
säuerte Milch hingegen entzieht das Gift dem Knochen
und macht letztern zum Einsaugen des (liftes wieder
geschickL (Milliea.)
308. üntencheidnng der intimon- und
Arsenflecke; »ach SlatcT. (Chem. Gazette 1851.
Pharm. Centr.-Bl. Oct. 1851.)
Wenn man das PorceUanschälchen , auf welchem
der Arsenfleck niedergesehiagen, Ober ein anderes ei-
nen Trapfen Brom enthaltendes Sebilehen deckt , so
wird der Fleck In Kurzem schön citrongelb (Antimon-
fiecke orangegell)). Eine ceneentr. Lösung von jod-
■aurem Kali ßirht die Arsenflecke zimmtbrann u. löst
sie gleich auf (die Antimonflecke werden binnen 2«-^
3 Siuuden nicht angegriffen). Lösungen yon Ghior-
wasser und Hypocbloriden (bes. untercbJorigs. Natron)
lösen das Arsen rasch (das Antimon nicht). Kalium-
nitroprussid hingegen löst den Arsenfleck nicht (aber *
den von Antimon). Salpetersaures Ammoniak löst
Arsenflecke schneller als Antimonflecke.
(H. B. Richter.)
309. üeber Nicotin und Conicin; von Or-
fila. (Ann. d'Hyg. Juill. 1851.)
Vfs. Untersuchungen über das Nicotin sind schon
ans einem andern Journale in unsern Jahrbb. (LXXL
158) ihrem wesentlichen Inhalte nach mitgetheilt
worden. Wir hdben daher aus der voriiegenden Ar-
beit nur einige Punkte hervor » welche von den frü-
hem Angaben abweichen od. sie ergänzen. So macht
0. in den einleitenden Bemerkungen darauf aufmerk-
sam , dass die bekannten Untersuchungen des Brüssler
Chemiker Stas (beim Processe Bocarm4) nattlrlich
vollständiger sein müssen, als die seinigen, da er
nur an Thieren experimentirt habe , jener aber , der
geringen Menge und Unbestimmtheit des zu untersu-
chenden ObjecU halber, ein äusserst minutiöses Ver-
fahren einschlagen musste, weshalb er auch mit sehr
III. Hygieine, Diätetik, Pharmakologie n. Toxikologie.
complicirten Apparaten arbeitete , z. B. Abdampfun-
gen nur in einem Strome von Wasserstoff ausführte,
was 0. für alle Untersuchungen über Pflanzengifte
empGehlt. Zur Darstellung des Nicotin räth 0., ab-
weichend von den schon mitgetheilten Angaben, ein
wSssr. Tabaksextract mit Liq. kali caust. zu versetzen,
umzurühren, das Gemisch mit Aether zu versetzen u.
letzteren vorsichtig abzudestilliren , wo das Nicotin
rein in dem Recipienten zurückbleibt. Die hier gege-
benen Bemerkungen über das ehem. Verhallen des
Nicotin und seine Einwirkung auf die Ibier. Oekono-
mie aber stimmen mit den frühern (Jabrbb. a. a. 0.)
Über ein, weshalb wir sie übergehen u. nur das auf die
Erkennung des mit andern Korpern vermischten
Nicotin Bezügliche mitthcüen.
Vf. vermischte 1) gleiche Thcilc Roth wein , Kaf-
feedecoct und wSssrige Losung concentrirlen Albu-
mins, dazu setzte er 3 Tropfen N. , wonach sich die
Flüssigkeit trübte. Im Marienbade bis zur Trocken-
heit abgedampft, ward der Rückstand mit Aether be-
handelt, die Auflösung zeigte alle Charaktere des N.
2) Fürchtend, dass die Säuren des Weins möglicher-
weise einen Theii des N. gesJIttigt haben könnten,
welcher Theil dann vom Aether nicht aufgenommen
worden wäre, wollte 0. wissen, ob der vom Aether
ungelöste Theil noch N. enthielte. Er ward deshalb
mit Aether so lange ausgewaschen, bis dieser kein
N. mehr löste , hierauf ward der fragliche Rückstand
mit etwas reinem Kali versetzt, um die etwa gebilde-
ten Nicotinsalze zu zersetzen u. das N. freizumachen ;
nach dem Trocknen im Marienbade lieferte das Pro-
duct, kalt mit Aether behandelt, abermals N. ; ein
wichtiger Wink für gerichtl.-med. Untersuchungen.
— 3) Dieselbe Mischung kalt mit Aether gemischt,
theille sich nach einigen Minuten in 3 Lagen, die
obere ätherhaltige enthielt N., die mittlere und untere
wurden zur Trockenheit abgedampft und mit kaltem
Aether behandelt, an welchen sie N. abgaben. Es
scheint deshalb vortheilhaft , wenn man das N. aus
ahnlichen Stoffen, wie die in Rede stehenden auszie-
hen will , bis zur Trockenheit abzudampfen und mit
Aether zu behandeln. — 4) Dasselbe Gemisch ohne
N. gab, wie im 1. Falle mit Aether hthandell, ein
leichtes Residuum , welches , ohne alkalisch zu sein,
sogar Lakmuspapier rölhele, Plalinchlorilr nicht zei-
siggrUn niederschlug, und erhitzt. Dampfe eigener Art
entwickelte, welche in keiner Weise dem Gerüche des
Nicotin glichen. — 5) f)0 Grmm. Hnndeleber wur-
den zu Brei zerstossen und mit 2 Tropfen N. versetzt,
hierauf mit destillirtem Wasser verdünnt und filtrirl,
das Filtrat der Destillation unterworfen , wobei sich
in der im Recipienten enthaUenen Flüssigkeit kein N.
vorfand. Der im Kolben zurückgebliebene Liquor von
sehr saurer Beschaffenheit ward gesättigt, darauf
durch kaust. Natron alkalisch gemacht, dann über
offenem Feuer in einen andern Kolben destillirl, das
Uebergegangene enthielt N. — 6) Dcstillirt man
in geschlossenen Gelassen im Marienbade eine Nico-
tinanflösung in Aether oder Wasser, so verflüchtigt
sich trotz aller Vorsiclitsmaassregeln eine merkliche
Menge N. mit dem Aether oder dem Wasser. — 7)
Es ward Stearinsäure mit 3 Tropfen N. so lange er-
wärmt , bis das N. nichts mehr von der Säure auf-
nahm ; erkaltet stellte die Masse eine weisse, weiche,
im Aether lösliche und im Wasser ebenfalls etwas
lösliche, das rothe Lakmuspapier nicht blau machende
Seife dar; mit Kalkhydrat in Pulverform in hinrei-
chender Menge erhitzt, ward sie zersetzt, unterwarf
man die mit destill. Wasser verdünnte Mischung der
Destillation bei hellem Feuer, so erhielt man das N.
im Recipienten. Die Resultate dieses Versuches sind
darum wichtig, weil sich, wenn man direct durch
Aether das N. aus Organen, welche es enthalten, aus-
ziehen will, mit dem Fette dieser Organe und dem N.
eine Seife bildet, welche der oben genannten ana-
log ist.
Hierauf beschreibt nun 0. eine Anzahl von Versu-
chen an den Organen von mit N. vergifteten Thieren,
welche er zur Bestätigung der eben angeführten Expe-
rimente anstellte, und aus denen er auf folgendes zu
gerichtlichen Untersuchungen geeignete Verfahren
gelangte. Man bringt die aus dem Verdauungskanale
entnommenen Stoffe oder die Organe mit 150 — 200
Grmm. mit reiner concentrirter Schwefelsäure ge-
säuerten, kalten destill. Wassers in Berührung, nach
5-6 Std. filtrirt man und dampft die Flüssigkeit im
Marienbade ab, bis sie etwa zum Drittbeile ihres
Volumens reducirt ist, es setzt sich dabei eine merk-
liche Quantität organischen Stoffes ab, das Nicotin-
sulphat bleibt in Auflösung. Man decantirl hierauf
und giesst wasserfreien Alkohol in die Flüssigkeit,
wobei eine neue Quantität organischen Stoffes nieder-
geschlagen wird , hierauf filtrirt man und dampft bei
gelinder Wärme ab, um den Alkohol zu verflüchtigen,
hat nun die Flüssigkeit kein grösseres Volumen mehr,
als sie vor der Behandlung mit Alkohol besass, so
sättigt man sie mit kaust. Kali oder Natron , wobei
man Immer einen Ueberschuss davon anwenden mnss.
Hierdurch wird das N. frei und ist mit dem gebilde-
ten Sulphate gemischt. Man rührt nun kalten Aether
hinzu, welcher das N. auflöst, ohne das Sulphat an-
zugreifen, dccantirt den Aolher, lässt ihn im leeren
Baume neben einer mit Schwefelsäure gefüllten Kap-
sel verdiy^ten. In Ermangelung einer Luftpumpe
kann man auch den Aether im Freien u. kalt verdunsten
lassen, in einem wie im andern Falle erhalt man das
Nicotin. Stasräth, aus Furcht, die Schwefelsäure
könne einen Theil des N. verändern , die Oxalsäure
anzuwenden. 0. sieht kein Hinderniss dieser Modi-
fication entgegenstehen, ist aber überzeugt, dass die
Schwefelsäure in solcher Verdünnung, wie sie von
ihm angewendet wird, keine störende Einwirkung
haben könne. — Schlüsslich folgt ein ausführli-
cher Bericht über den Process Bocarm^ und die
dabei gepflogenen Untersuchungen nach Prof. Stas,
so wie über das von 0. dabei über verschiedene Punkte
abgegebene Gutachten.
Das Conicin, seit 1831 bekannt, ezistirt in allen
Theilen des grossen Schierlnigs, besonders aber in
III. Uygieine, Dültetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
27
den SameDkörnern. Es ist flüssig, farblos oder leicht
gelblich , sich an der Luft verändernd , nach einiger
Zeil braun werdend. Der Geruch des G. , welchen
man mit dem des Mauseurines vergleichen kann, nimmt
den Kopf ein und bewirkt ThrSnen der Augen , der
Geschmack ist scharf, die Dichtheit geringer als die
des Wassers, 0,89, es slellt die blaue Farbe des'
gerötheten Lakmuspapiers schnell wieder her, ist
flüchtig und siedet bei 1700. i,| Berührung mit der
Luft erhitzt, giebt es weisse Dämpfe, welche stark
nach Sellerie, gemischt mit Mauseurin riechen. Mit
Wasser geschüttelt schwimmt es oben auf und löst
sich schwer, während es in Aether und Alkohol leicht
lOslich ist, es neutralisirt schwache Säuren leicht, u.
giebt im Allgemeinen zerfliessliche und nicht krystal-
lisirende Salze. Reine und concentr. Schwefelsäure
verändert es in der Kälte nicht , erwärmt man , so
wird es zuerst grdnbraun, dann blutrolh und endlich
schwarz. Ghlorwasserstoffsäure giebt weisse Dämpfe
wie mit Ammoniak, und macht es, in der Wärme be-
sonders, veilchenblau. Salpetersäure giebt ihm eine
Topasfarbe , welche bei Einwirkung der Wärme nicht
sofort schwindet, Gerbsäure schlägt es weiss nieder.
Auf mehrere Reagentien wirkt es wie Ammoniak, von
weichem man es jedoch durch (olgende Reacliouen
unterscheiden kann. Verdünnte Jodtinctur giebt ei-
nen weissen Niederschlag, welcher durch einen
Ueberschuss der Tinctur olivengrün wird , Goldchlo-
rttr einen röthlichgelben im Ueberschusse des Gonicin
leicht löslichen, Kobaltchlorür einen blauen, welcher
in Grün übergeht und sich im Ueberschuss von G.
nicht lOst, essigsaures und unteressigsaures Blei ge-
ben keinen Niederschlag. Mit Palladiumprotochlorttr
entsteht ein chocoladenfarbiger in Ueberschuss von
Gonicin löslicher Niederschlag. Das G. ist aus Was-
serstoff, Kohlenstoff und Stickstoff gebildet und kann
durch eine Zusammensetzung von 1 Aequiv. Ammo-
niak, H^ N, und 1 Hydrog. carbon. enthaltend
12 Aequiv. Hydrog. und 16 Garb. , 11 12 G 16 dar-
gestellt werden. — Man erhält das G. durch fol-
gendes Verfahren: In einem DestilUrgef^sse werden
500 Grmm. Goniumsamen gestossen , mit 50 Grmm.
kaust. Kali gut gemischt , und nebst 3 Liter Wasser
der Wärme ausgesetzt, die abdestillirte Flüssigkeit
enthalt Gonicin, Ammoniak u. s. w. ; man sättigt sie
mit Schwefelsäure u. dampft sie zur Extractdicke ab.
Hierauf schüttelt man sie mit einem Gemenge von
Alkohol und Aether, welches das Gonicinsulphat auf-
löst und das Ammoniumsulphat u. s. w. zurttcklässt.
Man zersetzt nun das erstere durch Kali, das G. kommt
an die Oberfläche, man giesst es ab und lässt es ei-
nige Zeit auf Galciumchlorür stehen , um das Wasser
zn entfernen, worauf man die Flüssigkeit noch destil-
lirt. — H^irkung des Conicin auf die thierische
Oekonomie. 1) Ein Hund mittlerer Grösse erhielt
12 Tropfen G. nach der beschriebenen Methode be-
reitet. Na'ch einer Minute trat leichter Schwindel u.
Schwäche in den Hinterbeinen ein , nach 3 Minuten
fiel das Thier auf die rechte Seite, bald nachher
leichte Convulsionen der Extremitäten ohne Opisthoto-
nus ; dieser Zustand dauerte etwa eine Minute lang,
dann hörten die Gonvulsionen auf, das Thier lag un-
beweglich und starb etwa 5 Minuten nach der Ver-
giftung. Bei der sofortigen Leichenöffnung zeigten
Verdauungskanal, Leber, Milz, Nieren, Lungen und
Herz keine nennenswerthe Veränderung, das Blut war
theiiweis geronnen, die Zunge in ihrer ganzen Länge
bleich, das Epithelium löste sich an den von G. be-
rührten Stellen leicht ab. Im hintern Munde, in den
Nasengängen u. in der Luftröhre fand sich eine nicht
unbedeutende Menge blutgefärbten Schleims. 2) Ein
anderer Hund erhielt eine doppelle Gabe G. u. starb
nach 2 Minuten unter denselben Erscheinungen, wie
der vorhergehende , mit dem Unterschiede , dass der
Schwindel nur eine halbe Minute andauerte, u. dass
das Thier auf die linke Seite fiel. Es war weder Er-
brechen noch Stuhlgang vorhanden , noch schrie das
Thier. Die Resultate der Section waren dieselben,
wie im vorhergehenden Falle. Diese Erfahrungen
über das G. lassen sich schwer mit den von Gbri-
stisoif publicirten zusammenreimen. Nach ihm wäre
das G. ein Gift von ausserordentlicher Wirksamkeit,
kaum der Blausäure nachstehend, 2 Tropfen, auf eine
Wunde oder ins Auge bei einem Hunde, einer Katze
oder einem Kaninchen gebracht, verursachten den
Tod in weniger als 90 Secunden, dieselbe Menge
unter der Form von Ghlorhydrat in die Femoralvene
eines Hundes gespritzt, tödte die Thiere in längstens
3 Secunden. Seine Wirksamkeit werde durch Gom-
bination mit Säuren, besonders mit Ghlorwasserstoff-
säure eher vermehrt als vermindert, es bringe kein
Goma hervor, wirke durchaus nicht auf das Herz,
besitze eine local reizende Wirkung , und seine con-
secutive Wirkung bestehe einzig und allein in der Her-
vorbringung einer Paralyse im Muskelsysteme, wel-
che immer wegen der Lähmung der Athmungsmus-
keln tödllich ende. Offenbar war das Gonicin Ghri-
stisons nicht so rein und concentrirt, wie das, mit
welchem Vf. operirte, welchem letztem es überdiess
gelang, durch ein etwas abgeändertes Verfahren ein
noch stärkeres Alkali herzustellen, wovon 10 Tropfen
in 2 Minuten einen starken grossen Hund tödteten.
Gerichtlich-medicinische Untersuchungen, Vf.
machte künstliche Mischungen von Bouillon, Albumin
und Wein, oder von gehacktem Fleische, Johannis-
beergelee, Theo und Kaffe, denen er einige Tropfen
Gonicin beifügte. Andrerseits behandelte er Zunge,
Gaumen, Magen, Speisebrei, Leber, Milz, Nieren u.s.w.
u. das Blut der getödteten Hunde einzeln u. immer er-
hielt er das Alkali sowohl aus ^den Gemischen als aus
den Organen mit Ausnahme der Leber, welche kaum,
und des Blutes, welches nie eine Spur davon
erkennen liess. Wie dem nun auch sei, so geht aus
diesen Forschungen hervor, 1) dass das G. absorbirt
wird; 2) dass man es in den Organen, in welche es
durch Absorption überging, entdecken kann. Alles
berechtigt zu der Annahme, dass man es auch in
Leichnamen , welche schon längere Zeit in der Erde
lagen, auffinden werde, wie es auch mit dem N. der
28
m. Hygieine , Biltatik, Phamakeiogie n. Tonkol^gie.
Fall ist — Es gtebt 2 Verfahrnngsweisen tut Dar-
steliuDg des G. aus Organen und Speisegemischen.
1) Mao lasst die Nahrungsstoffe oder Organe, letztere
in Stacke geschnitten, in etwas mit Schwefelsaure
gesäuertem Wasser 6 Stunden lang, filtrirt hierauf,
dampft bis zum Sechstheile des Volumens ab u. setzt
nach dem Erhalten Alkohol zur fölligen Abscheidung
des organ. Stoffes zu. Man filtrirt nun und dampft
▼on Neuem ab , bis der Alkohol vdllig verflach tigt ist,
nach dem Erkalten sättigt man mit Soda ; sofort er-
scheint der charakteristische Geruch des G. Nun
Schottelt man 4 — 5 Minuten lang die Hasse mit Seh we-
felather, trennt dann die Aetherschicht und lasst die-
selbe in einer flachen Schale verdunsten, das üebrig-
bleibende ist das G. , worauf es nur noch nOthig ist,
aber Galciumchlorflr zu destilliren. Um das G. völlig
auszuziehen, muss man die vom Abdampfen und von
der Weittgeistbehandinng abrig behaltene Masse noch-
mals der vorstehenden Behandlung unterwerfen. 2)
Statt den durch Ueberschuss von Soda gesättigten
Liquor mit Aether zu behandeln , destillirt man den-
selben in einer Retorte, deren Recipient mit kaltem
Wasser gekflhlt ist , das G. verdichtet sich dabei im
Recipienten, und mon hat nur noch nöthig es zu con-
eentriren, indem man es bei gelindem Feuer abdampft,
oder noch besser über Galciumchlorür destillirt.
(Flachs.)
3 1 0. Tergiftimg durch Datura Stramoniui ;
von Dr. Breweston. (Prov. Journ. Dec. 1851.)
9 Rinder von 3 und 8 J. , welche , wie es sich spater
beranistellte , Samen von Dalura Stramonium gefunden and
eine ziemlich betrScbtliche fiCenge davon genossen hatten, wur-
den auf der Strasse in folgendem Zustande gefunden : Das
Gesiebt war gerÖtbet, die Augen starr und glänzend , die Pu-
pille unbeweglich und stark erweitert, der Gesichtssinn er-
schien erloschen , die Herrschaft über die willkOrlicben Mus-
keln verloren , dabei heftiges Delirium, gänzlicher Verlust des
Bewusstsein. Es wurde ein Brechmittel aus Zinc. sulph. ge-
reicht, durch welches eine betrScbtliche Menge der Samen
entleert wurde, hierauf gab man ein AbfOhnnittel , welches
Jedoch oor massig wirkte , zugleich wurden kalte Umschlage
auf den Kopf gemacht. 4 St. spater war Gesichtssinn und
Bewusstsein npch nicht zurückgekehrt , die Delirien machten
aber Intermisslonen. 10 Std. später schien sich ein coma-
toser Zustand herausbilden zu wollen. Es wurden innerlich
Reizmittel gegeben, iaaaerlicb Sinaplsmen, ond von Zeit zu
Zeit Besprengen des Gesichts mit kaltem Wasser. Endlich
schliefen die Kinder ein und erwachten mit vollkommenem
Bewusstsein und Wohlbefinden. Bei dem JGngsten Kinde
leigte sich am Morgen des 3. Tagea Aber den ganzen Körper
ein papulöser Ausschlag, welcher einige Tage anhielt und voa
Fieber begleitet war. (M i 1 1 i e s.)
311. Ein Fall von StTychninvergiftimg; von
Dr. Alexander Smith. (Monthly iourn. Septbr.
1861.)
Ein Mann wird seit 5 Tagen vermifat, endlich findet man
seine Leiche und neben derselben eine leere Flasche mit der
Aufschrift „Strychnin*. Die Erzählung des Sectionsbefundes
ist ohne Wichtigkeit , da der Leichnam in der Sommerzelt so
lange gelegen hatte , und also schon viele cadaverische Verän-
derungen eingetreten sein mussten. Die Hirnhäute und das
Gehirn waren sehr stark mit Blut erfällt. Interessant ist nur
die von Chris ti so n vorgenommene chemische Untersuchung
ii— aa^i-ninbalts.
Der Magen aammt fariuJt wnrde mü intA
Schwefelaiore angeaauertem Waaaer ausgewaachan , filtrin,
mit Kalkmilch verseUt« zu einem dünnen Syrup eingedickt o.
nochmals filtrirt. Auf diese Art musste , wenn Strycbnio da
war, dieses in den nntöslicbett Kalkaalsen vnä den Ueber^
sehusse dea Kalk enthalten sein. Die Misokaag wtarde bei
31t^F. getrocknet, mit beiaaem nctiftcirtem Weinipeist behan-
delt und die Lösung zur Trockenheit abgedampft. Das Eztiact
besass den intensiven, nachhaltig bittem Geschmack des
Strychnin und gab mit Salpetersäure eine hellgelbe parbang.
(JaL Claraa.)
312. Tergiftnng durch itropin; ^ob Dr.
Andrew. (Ibid. January 1852.)
Ein SlJIhr. Midche», welche» eines AagenleideM wegM
eine Solution von Atropio lusserlich gebrauchte , pabn aot
Versehen innerlich davon — und zwar, wie sich durch spätere
Berechnung herausstellte, ungefähr V, Gr. Atrupin. Sie
fahlte sogleich ein lebhaftes Brennen in der Kehle. Einige
Augenblieke darauf bemerkte sie eine Abnahme des Getichta-
sinns; sie wollte rufen, allein ihre Stimme versagte. Die
Wärterin gab ihr sogleich viel Milch zu trinken, worauf Erbre-
chen erfolgte. 18 Minuten spiter waren die Pupillen sUrt
erweitert, die Augäpfel injtcirt; Pat. schien nicbts von ihrer
Umgebung zu sehen ; das Gesicht war in geringem Grade ge-
rothet , die Gesicbtsmuskeln, namentlich die des Mendes nnd
der Augenlider fibrirten ; Puls 130 und klein. Pat. wir aebr
unruhig , richtete sich bestandig im Bett empor und wirf dea
Kopf hin und her ; laut angerufen, ob sie irgend wo Scbmen
habe, klagte sie über Brennen im Halse und Mageo. -~ Man
unterhielt das Erbrechen durch Darreichung eines Bcechnsi^
tels von Zinc. sulph. — 2 Std. später, als das Erbrechen
aufgehört hatte , verfiel Pat. in einen Zustand von Scbläflrig-
keit. Man gab 2 Tr. Crotonol , machte kalte l^mschläge aof
den Kopf und warme an die Fösse. Spiter, als die Schltf>
rigkeit zunahm, gab man innerlich reizende Mittel. Der
Zusund der Schläfrigkeit hielt 48 Std. an ; dann wurde Pat.
von einem Zittern befallen, wurde sehr unruhig , und verfiel
endlich In einen Zustand, der dem Delirium tremens sehr ibn-
lieb war , und in dem ihr die Zwangsjacke angelegt werden
musste. Auch dieser ZusUnd hielt in voller Stärke 48 Std.
an u. verlor sich dann erst nach u. nach , so dass Pat. erst
am 11. Tage nach genommenem Gifte ganz frei von allen Illu-
sionen und Gesichtstäuschungen war. (M i 1 1 i es.)
813« Tergiftimg dirdi laiwUrmer^ von Dr.
Schinkel in Kulm. (Pr. Ver.-Ztg. 52. 1B51.)
Einem 2jähr. Kinde, dass von einem tollen Hnode gebla-
sen sein sollte, es aber nicht war, wurde als Präscrrati? em
halber Maiwurm , nach kurzer Zeit die andere Hälfte nebal
einer Portion des mit dem Safte der Meloe getränkten Honigt
gegeben. Nach 2 Std. bekam es heftige Leibschmerzen , et
schrie, warf sich hin und her, Hess öfter blofigen Drin , und
da man diese Erscheinungen dem Hundebiase znachrieb , ao
wurde noch eine Dosis dea erwähnten Mittels gegeben. Die
Urinbeschwerden steigerten sich , Durchfall , grosse Unrnbe,
Delirien stellten sich ein, die Gesichtsmuskeln waren verzerrt,
Gesicht bald bleich , bald rotb , Leib tjmpanitisch aoli^rie-
ben und schmerzhaft. Puls klein, freqnent, Pupille etweitert.
An demselben Tage erkrankten noch 3 Kinder auf dieselbe
Weise. — Leichte Kampher^ Emulsion mäsaigte bald die
Erscheinungen: (Milliea.)
314. TergUtüBg dnrck doppelt ehruMiUM
Kali; v. iohn Weat. (Prov. Joum. Dec. 1851.)
Ein Arzt hatte aus Versehen einen Kalfeelöfltel voll einer
Losung von doppelt chromsaurem Kali genommen, i/, Std.
darauf bekam er üebelkeiten ; dann folgte hiufiges Erhreohen
seröser Flüssigkeit, den Beiswasserentleeningen der Cholera
ähnlich *, häufige und unwillköriiche Stuhlentleerungen , Wa-
denkrämpfe und Gefflbl von Druck in der Herzgegend; bedea-
tende Entkräftong ; kleiner Pule. Pat. erhielt eine Mieehmg
IV. FalhrfegM, tkinpie «• mtAl
JObJk.
», Tiaol. opit Qii4 Tioel.
I imn GeMak fUrken BnoDtwein mit Waner, woiwrf sich
ErbreelieB bald giDtUch ft rior «od die DiarriiM nacb-
licta. Gegea Abead desaalbeB Tages
alle Syaiitoiiie
(Hillies.)
IV. Pathologie, Therapie nndmedtdnisehe Klinik.
915. ntrijr-fluientonn Entxlbidiuig der
leningen dar Himbasis ud des Mckennurks^
voB Or. V. Ritler. (Prag. Vjhrschr. 4. 1851.)
£ia »ittelfroasca, 16jäbr., noch nicht meDstruirtes
Nidckeo^ frfihar stela geauod, bekam 4 Wochen tor ihrer
Aiifoabm« in daa KraBkeBbaas,ohoe oacbweiabare Veraolassang,
. beAigeo aUgemeioen Kopbcbmerx, deV tod HiUe, Rötbuog
dea Gasicbts and groaeer Aufregung begleitet war , und durch
ÖBiga Standen anhielt. Jeden 2. Tag wiederholte aicb der-
aelb« in Form von plotilicb anftreteodeo Anfallen. In der
Zwiscbanaeit aoU Fat. sich sehr matt gerfiblt und sehr blase
aoftgeaehen habea; auch klagte sie diese ganze Zeit über
Scbmenen in den untern Extremitäten. Im weitern Verlaufe
nahmen ihre Kräfte so ab, dass'sie in der 3. Woche der
Krankheit battlagrig war. In der 4. Woche anhaltender
KopÜKbman.
.Bei der jiufnakme war der Korper sehr beiss, die
Waogen intensiv gerötbet , die Nase fuliginös, die Zunge trok-
ken , rissig und so angeschwollen , dass sie die Abdriicke der
Zfibna leigte. Percussion des Thorax, Herztöne normal;
Pols 88 , nicht doppelschlagig ; Milz bis an den Rippeorand
vergrössert ; kein Exanthem , keine Diarrhöe, ziemlich bedeu-
tender Meteorismos. Pat. , deren Bewosstsein nicht getrübt
war » klagte über grosse Schwache und allgemeine intensive
Kopf- und Kreazscbmene«. Im weitem Verlaufe keine auf-
fallende Veränderungen , bis plötzlich in einer Nacht mnsiti-
rende Delirien , Verlust der Sprache und beinahe vollkomme-
ner Verlust des Bewnsstaeios eintraten ; die Zunge wurde me-
chanisch vorgestreckt und war nach links gerichtet ; der linke
Mundwinkel hoher gezogen , das Athmen beschleunigt , der
Dntarleib eingesunken. Die nächsten Tage erschien die rechte
obere Extremität, später beide untere gelahmt; die linke
Hand stets aaf der Vulva. Papillen massig erweitert, Iris
nicht gelähmt. Späterhin begann Pat. heftig zu ächzen , die
Halsmoakeln wurden gespannt, die Abmagerung nahm rasch
sa, an allen selbst einem nur massigen Drucke ausgesetz-
ten Körparatellen , ao wie an der Innenfläche beider Kniege-
lenke entwickelten sich tiefgreifende, umfangreiche Decubitns-
gescbw&re , welche bald sphacelös wurden. 12 Tage vor dem
Tode trat Trismoa nnd Zähneknirschen ein. Während der
gansan Daner der Krankheit niemals Diarrhöe ; mit Eintritt
4«r Läbmiugserscheinungen sugleich unwillkürliche Stuhl- u.
Hnroentleerungen. Der Tod erfolgte in der 8. Woche der
Krankheit.
SeeÜon, Körper abgemagert; Moskolatur schlaff,
blassbraun and zähe; die allgemeinen Decken schmutzig-
bfassbraun, trocken; an der Innern Seite der Kniegelenke,
den grossen Trocbanteren , am Kreuzbeine ausgedehnte bran-
dige Dacnbitnastellen.
Daa Schideldaeh ddnn nnd porös. Die innem Hirnhäute
längs des Siehelrandea mit sparsamen Paccbtonisehen Grann-
latJonen besctst; anf der Höhe beider Hemisphären awischen
den Hirnwindungen leicht serös inAltrirt ; in ihren Blutgefäs-
nen wenig flüssiges Blut. Dagegen die innem Hirnhäute auf
der Daaia, besonders in der Mittellinie, um das Chiasma NN.
opt. , Aber der Substantia perforata media , dem Pons und
der Mednlla oblong. , am meisten aber auf der untern Fläche
dea kleinen Gehirne, mit einem reichlichen , griinlich-gelben,
fleckigen , eitrigen Exsudate infiltrirt und bedeckt. Die Ge*
himsnbatani weich, sähe, massig bluthaitig. Die Hiraven-
trikel bedeutend erweitert mit einem tr&ben, ein Oockiges,
gelblicbes Sediment bildenden Semm. erfüllt. Die Plex. cho-
fieid. in dieaaa Sediment gehöilt. Die Wandungen der Hirn-
höhlen wrirh , das Sept. ventr. beim leisesten Drack zerflto«-
send. In dem Sinus der Dura mater geronnenes Blut und
sparsames, weiches Fibringerinnsel. — Im Sacke der Arach-
notdea spinalis der Lendengegend eine grossere Menge trflber,
flockiger, seröser Flüssigkeit angesammelt; daa viscerale
Blatt mit dem parietalen stellenweise verklebt. — Die innern
Hirnhäute des ganzen Röckenmarks , wie jene des kleinen n.
der Basis des grossen Gehirns von einem gelben, eitrigen Exsu-
dat reichlich durchdrungen.
In den Pleurasäcken einige Unzen eines rötblichen Se-
rums; die Pleura selbst mit einer dünnen Lage gelber, mem-
branöser Gerinnung bedeckt und allenthalben mit kleinen ek-
cbymotischen Flecken besetzt. — Der ganze linke Lungen-
flügel, mit Ausnahme des hintern Randes, roth hepatisirt.
Im rechten untern Lungenlappen einige walloussgrosae, härtli-
che, dunkelbräunlichrothe, mQrbe und luftleere Knoten. Daa
übrige lufthaltige Lungenparenchym in den hintern Partien
blassbräun licbroth , weich , leicht zerreisslich und von einer
massigen Menge eines schaumigen, rÖthlichen Serums durch-
tränkt. — Im Herzbeutel eine geringe Menge Serum ; in
den Herzhöhlen u. grossen Gefassen reichliche, feste Blut- u.
Faserstoffgerinnsel. — Die Gekrösdriiseo des untersten Ueum
geschwollen , blassgraulich roth , leicht zerreisslich und von
trfibem Serum durchfeuchtet. Die Follikel des Dünndarms,
besonders die gehäuften an der Cöcalklappe zu hirsekorn-
grossen, harten Knötchen geschwollen. — Leber blutreich.
— Milz gross, ihre Kapsel gespannt , ihr Parenchym dunkel-
roth, breiig, weich.
Vf. hebt in seinen Bemerk im|^D die Schwierig-
keit der Diagnose im vorliegenden Falle henror , in-
dem bei der Aufnahme der Kr. das vollständigste Bild
eines Typhus vorhanden war. Das umflorte Bewusst-
sein, die deutliehe Milzvergrössemng, der anhaltende
allgemeine Kopfschmerz , die erhöhte Temperatur des
Körpers, die Pulsfrequenz, die grosse Schwäche und
Mattigkeit der PaL liesseu eine solche Diagnose um
so mehr zu , als alle Paihognomonica der Meningitis
in den ersten 2 Wochen nach Aufnahme der Kr. im
Krankenhause mangelten; nur fehlte jed6 Spur von
Exanthem, die Diarrhöe und an der Leiche die cha-
rakteristischen Veränderungen der Darmschleimbaut.
(Millies.)
316. ibscesB in mittlenmiid UBtern Lap-
pen der linken lemifphire des Cfehirni; von
James Bird. (Lond. Gas. Nov. 1851.)
Ein i7jjhr. Mädchen, welches an AnSmie litt , klagta
plötzlich fiber Kopfschmenen, Steifigkeit and Scbmerihailif*
keit der Nackenmoskela , und zeigte leichte Fieberaymptoma«
Diese Erscheinungen nahmen nach und nach an Intenailit s«,
bis am 5. Tage der Krankheit ein heftiger Frostanfall mit nach-
folgendem reichlichen Schweisse eintrat. Darauf wurde die
Gegend der Tlerzgrube schmerzhaft, und zugleich stellte sich
Scbmerzhaftigkeit und Steifigkeit in den obern und untern
Eztremititen ein, auf der linken Seite stärker als auf der rech*
tan. Pat. lag mit halboffenen Augen da, die Pupillen waren
ungewöhnlich erweitert ; obgleich sie delirirte, gab sie doch
stark angeredet richtige Antworten. Puls 100; Hauttem-
peratur nicht sehr vermehrt. Spater nahm das Delirium so ;
endlich verfiel Pat. in einen comatösen ZusUnd. Tod a^
90
IV. Pathologie» Therapie u. mediciniache KliniL
12. Tage der Krankheit. Seetion, Pia mater stark gefast«
reich, besonders an der Basis der linken Hemisphäre. Beim
Oeffnen des linken Ventrikels ergossen sich ungefäl r ^ J eines
gelben Eiters, gemischt mit Flocken. Nach Abtrugen der
linken Hemisphäre zeigte sich ein Abscess , welcher den Ven-
trikel mit seinen Hörnern einnahm und sich in den mittlem
und hintern Lappen der Hemisphäre erstreckte. Er war
theilweise mit einer weichen , gefässreichen Membran ausge-
kleidet. Die Gehirnsubstanz der Umgebung war erweicht,
aber nicht auffallend gefässreich. — Die ührigon Organe
normal. (Millies.)
317. Fibrose GeschwUste der Dura mater;
VCD L. Th. Back er. (Norsk Mag. Bd. 4. Hfl. 7.)
Der fragliche Fall betrifit einen Mann ?on 36 J., welcher
an Ptosis des linken obem Augenlides litt. Das Ucbel war
seit Vs '• ^^^^ einem leichten apoplekt. Anfalle entstanden
ond es zeigten sich noch ausserdem Erscheinungen eines Hirn-
leideos.
Bei der Seelion fand man die Hirnhäute sehr dick und
fest, und von stark überfüllten Blutgefässen durchzogen. Auf
der linken Seite fand sich unter der innern Fläche der Dura
mater eine harte Geschwulst von der Grösse einer Haselnuss.
Dieselbe bestand aus drei kleinern genau mit einander verbun-
denen Knoten von der Grösse einer Erbse ; sie war fest mit
der Dura mater verwachsen, war so hart wie Knorpel u. ging
mit einer verbältnissmässig schmalen Basis von der Hirnhaut
aus. Die Wände des Sinus longitud. waren ungewöhnlich
dick u fest und enthielt derselbe viel' schwarzes, dickes Blut.
Die Hirnsubstanz war fester als gewöhnlich, übrigens von nor-
malem Ausseben , auf der Aussenfläche des mittlem Lappens
der linken Hemisphäre fand man etwa in der Mitte eine Ver-
tiefung, worein das erste Glied des Zeigefingers gebracht wer-
den konnte. Diese Vertiefung, welche durch die erwähnte
Geschwulst entstanden war, war rund und von Wänden, wel-
che in einer Tiefe von etwa 3''' erweicht waren, umgeben.
Die Glandula pituitaria war bedeutend vergrössert und zu ei-
ner fihrocartilaginösen Geschwulst umgeändert, welche die
Conjunctura nerv, opticor. umschloss ; von den beiden vor-
dem Hörnern lief der Nerv, opticus aus , der dem Anscheine
nach an beiden Seiten in seiner Structur nicht verändert war;
dagegen fand man den Nerv, oculomotorius in einer Ausdeh-
nung von 2 bis 3''' von der Geschwalat etwas plattgedruckt.
Auf der Mitte des vordem Bandes des Tentorium cerebelli be-
fand sich eine hanfkorngrosse cartilaginöse Gesehwulst. Die
mikroskopische Untersuchung ergab, dass die Geschwülste
ans flbrotem Gewebe bestanden. (v. d. Busch.)
318. Cystenbildimg im kleinen Gehirn; nach
Dr. Bramwell u. Jam. Beid.
Der von B. mitgeibeilte Fall (Monthly Joura. Nov. 1851)
betrifft ein lOjähr. Mädchen, die IVs J* vor ihrem Tode
über heftige Anfälle von Kopfschmerz zu klagen anfing, so
dass sie laut aufschrie. Später wurde ihr Gesicht getrübt,
die Pupillen waren stark erweitert und reagirten nicht mehr
auf die Einwirkung des Lichts ; dann stellte sich ungewisser
Gang ein, obgleich Pat. jedes Glied für sich nach Willkur
bewegen konnte. Das Bewusstsein blieb bis zum Tode unge-
trübt. Seetion. Schädelknochen sehr dünn; Hirnhäute nur
wenig blutreich ; Gehirnsubstanz etwas weicher , als normal ;
Hirnyentrikel sehr erweitert, enthielten ungelahr Jvj Serum;
die Sebhügel waren erweicht. Das ausserordentlich erweichte
kleine Gehirn enthielt in seiner Mitte eine Cyste doppelt so gross
als ein Taubenei, der fnhalt der Cyste war homogen, von breiiger
Beschaffenheit u. gelber Farbe.
Einen ähnlichen Fall veröffentlichte B e i d (Lond. Gaz.
Oct. 1851). Ein 15jähr. , gut entwickelter Knabe, welcher
von seinem frühesten Alter an, an Kopfschmerzen, gewöhnlich
yon Erbrechen begleitet, gelitten hatte, wurde im Herbste
1848 von Amblyopie beider Augen befallen. Die Pupillen
waren stark erweitert und unbeweglich. Dabei litt Pat. an
Kopfschmerzen , welche vom Hinterhaupt ausgingen , sich bis
zur Stirn erstreckten , und bisweilen äotsent befüg wurden.
Nach und nach erblindete Pat. ginilich. Nach der Erblindaog
steigerten sich die Kopfschmerzen, doch traten bisweilen freie
Zeiten yon 1 Tag und länger ein. Die Verstandeskräfte blie-
ben ungetrübt ; an den Bewegungen der Gliedmaassen wurde
nichts Auffallendes bemerkt. 11 Wochen vor seinem Tode
wurde Pal. zum 1. Male yon Krampf befallen. Die Krämpfe
wiederholten sich in unbestimmten Perioden. Den Krampf-
anfallen gingen gewöhnlich sehr heftige Kopfschmerzen voraus,
dann traten Krämpfe der Muskeln des Gesichts , der Extre-
mitäten und des Rumpfes auf; die Respiration war dabei nicht
gehindert. Mit Nachlass der Krämpfe trat ein sehr reichlicher
Schweiss des Kopfes , Gesichts und Halses ein. Die Ernäh-
rung des Pat. hatte sich nach und nach verschlechtert, Pat.
war sehr schwach geworden u. starb endlich im Jan. 1851 ruhig,
kurze Zeit nach einem Krampfanfalle. Seetion. Schadeikno-
chen auffallend dünn ; Hirnhäute wenig blutreich ; Hirnsub-
stanz sehr fest ; in den Hirnventrikeln ungefähr 6 J eines
klaren Semm , die Wandungen der Hirnventrikel so wie das
Septum lucidum nicht erweicht ; in den Sehhfigeln, so wie im
ganzen Verlaufe der Sehnerven wurde nichts Anomales gefun-
den. In der Mitte des kleinen Gehirns fand sich eine Cyste
von der Grösse eines kleinen Apfels (ungefiihr V/i' im Dcbm.) ;
die unmittelbar der Cyste anliegenden Partien des kleinen
Hirns waren ervreicht; die Wand der Cyste selbst war unge-
rähr 1'" dick und an der innern Oberfläche ziemlich geföss-
reicb ; der Inhalt war eine gelbe, durchsichtige Flüssigkeit.
' (Millies.)
319. Drei Falle von Blasenwftrmem des 6e-
kimS) von Dr. Lange in Königsberg. (Gttosh.
Zlschr. II. 6. 1851.)
1. Eine 67jähr. Frau, welche ihrer Angabe nach erst
seit 2 Monaten krank war , klagte bei «ihrer Aufnahme in das
Hospital über Kopfschmerz und Flimmern vor den Augen;
dabei war sie sehr unruhig , schlief nicht , zeigte Gefühl von
grosser Schwäche und war bei enormem Appetite bedeutend ai>-
gemagert; yon Zeit zu Zeit stellten sich Contracturen der
Arme in den Ellenbogen ein. Der Tod erfolgte plötzlich. —
Seetion. Die ganze bbere, Seiten- und Grundfläche der
rechten grossen Gehirnhemisphäre war mit etwas geronnenem
Blute bedeckt ; auf der Oberfläche der linken grossen Hemi-
sphäre befand sich ein etwa ZweithalerstGck grosser , weich-
häutiger, noch mit etwas geronnenem Blute gefüllter Sack.
Nach Entfernung des Bluts zeigten sich auf der Oberfläche des
Gehirns starke Pacchionische Granulationen und unzählige
Echinococci cerebri, von Erbsen- bis HaselnussgrÖsse ;
lieh alle hatten eine bauchige Flaschengestalt, einzelne i
isolirt, andere dicht aneinander, und waren mehr oder weni-
ger tief zwischen die Gyri gebettet. Alle enthielten kalkartige,
feste Körperchen in bald grösserer, bald geringerer Menge.
In der Marksubstanz der rechten grossen Hemisphäre ein
ganz zusammengetrockneter Echinococcus. In den Seiten-
ventrikeln waren die Plexus und die messerruckendicke Pia
mater mit unzähligen stecknadelkopfgrossen Hydati den besetzt ;
im rechten Seitenventrikel fand sich noch ein grosser Echino-
coccus mit kalkartigen Körperchen. Der 4. Ventrikel sehr
erweitert.
^. Ein 30jähr. , gntgenährtes Dienstmädchen war seit
3 J. an verschiedenen leichten Beschwerden öfters im Kran-
kenhause behandelt worden, wo bei ihr ein gewisser Grad
von Stumpfsinn und die Neigung , den Urin unter sich geben
zu lassen , beobachtet worden war. Pat. war am 24. Juni
1850 von einem leichten gastrischen Fieber genesen aus des
Krankenhause entlassen worden , als sie am 26. Juni schon
wieder in dasselbe gebracht wurde, da sie im Laufe des Nach-
mittags mehrere Krampfanfälle gehabt hatte. Sie hatte un-
terwegs im Wagen den Urin unter sich gelassen , ging aber
noch in die Krankenstube ond sprach noch. Dann wurde sie
plötzlich bewusstlos ; der Puls war fieberlos , schwach ; die
Haut kühl, das Gesicht bleich ; Pupille etwas erweitert, unbe-
weglich ; der geschlossene Mund konnte noch eröffnet werden ;
das Hinabschincken yon FISssigkeit war schwer; 7, Std.
IV. Pathologie, Therapie u« medicinische Klinik.
31
darauf trat der Tod ein. — Seetion. Schädel ausserordent-
lich dick ; Dura mater stark mit Blut iojicirt; Oberflacbe des
Gehirns glänzend , frei von jedem Exsudat , nur zeigten sich
besonders auf der rechten Hemisphäre und hauptsächlich im
mittlem und hintern Tbelle derselben mehrere Echinococci,
die nicht blos zwischen den Gyris , sondern auch in der Sub-
stanz des Gehirns sassen. Vor dem Chiasma Nerv. opt. und
neben dem linken Nerv. opt. nach aussen fanden sich 2 ha-
selnussgrosse, blasenformige Echinococci , ebenso im vordem
Home des linken Seitenventrikels, und 2 tief in der Substanz
der linken Hemisphäre, so wie auch im hintern Hörn des
rechten Seitenventrikels ; letzterer war der grösste, der lohalt
breiig, der Balg IVs'^' dick. ' — In den uhrigen Organen
nichts Bemerkenswerthes.
3. Ein 30jähr. muskulöser Arbeiter, welcher öfters an
epileptischen Anfällen litt, kam aus seinem letzten Anfalle
nicht wieder zum Bewusstsein. Bei seiner Aufnahme ins
Krankenhaus fand man Pat. in steter Beweglichkeit, Haut des
Körpers sehr warm, die des Gesichts und Kopfes heiss, letzte-
res stark gerothet, Pupillen normal; die Augen glänzend,
etwas injicirt; Puls massig frequent, klein; Zunge wenig
schleimig belegt , trocken. Krämpfe, Contracluren fehlten;
Druck auf den Unterleib, Brust und Rücken schien dem Pat.
keine Schmerzen zu verursachen. Der Zustand hielt 3 Tage
lang unverändert an, nur wurde Pat. immer schwächer, liess
Urin und Stuhl unter sich gehen ; delirirte still ; sprach ange-
redet kein Wort. Am 4. Tage wurde gegen Abend die Un-
ruhe grösser. Morph, acet. brachte nur wenig Schlaf; da-
gegen trat Nachts plötzlich der Tod ein. — Seetion^ Schä-
delgewolbe ausserordentlich dick; Dura mater und Arachnoi-
dea stark mit Blut injieirt , letztere in ihrer ganzen Ausbrei-
tung, mit Ausnahme der Basis, serös infiltrirl; in beiden He-
misphären des grossen Gehirns , und zwar hauptsächlich in
den vordem I^appen gegen 20 Echinococci , nur 4 sassen in
der Substanz selbst , die äbrigen zwischen den Gyris ; doch
war fiberall, wo sie aufsassen, das Gehirn tief eingedrückt, an
einzelnen Stellen zum Theil erweicht. Sie waren von Linsen-
bis Haseinnssgrösse , und zeigten thcils sehr zarte HuHen mit
Seramgehalt, theils sehr derbe Wandungen mit verdicktem
Inhalt. Auf der linken Hemisphäre an der Basis befanden
sich 2 obsolete Echinococci ; das kleine Gehirn , das Innere
der Gehirnsubstanz, so wie sammtliche Hohlen waren frei von
Blasen wilrmem. — Die übrigen Organe boten nichts Bemer-
kenswerthes (M i 1 1 i e 8.)
320. Fall fon Rabies canina; vod Dr. Mid-
deldorpf. (Daselbst)
Ein kräftiger 38Jähr. , mehrmals an Säuferwahnsinn im
Hospital behandelter Tagelöhner wurde am 26. Juli 18ttl von
einem kleinen Hunde in die Volarfläche der letzten Phalanx
des Zeige- und Mittelfingers der rechten Hand gebissen. Da
die thierärztliche Seetion des Hundes Tollwuth desselben dar-
gethan , wurde der Kr. am 4. Aug. im Spital aufgenommen.
Die Wunde hatte die Haut durchdrungen, sonderte wenig
Eiter ah, und war nicht scbmei-zhaft. Acbseldrusen u. Arm
nicht geschwollen , Handriicken leicht ödcmalös, nicht gero-
thet, der Vorderarm der Sitz ziehender beständiger Schmer-
zen. Die Wunde wurde erweitert , gereinigt und täglich mit
Cantharidensalbe verbunden, ingleichen die Wendt-Kruttge'-
schc prophylaktische Kur in Anwendung gezogen , so dass bis
zum 26. Aug. 18 Drachm. graue Salbe und 144 Gr. Calomel,
ohne dass Speichelfluss eintrat, verwendet worden waren. In
der Nacht dieses Tages zeigten sich, ohne vorher beobachtete
Prodrome im Allgemeinbefinden und der Wunde, Unruhe,
Angst, Schlaflosigkeit, Blasse der Haut, Frösteln, Durst; diese
Zußlle steigerten sich bis zum Morgen bedeutend, Atbemnoth,
glänzendes, starres Auge, blassblaue, welke, kaltschwitzende
Haut, kleiner frequenter Puls, Krämpfe im Schlünde mit
Schreien und Wehklagen beim Eingiessen von Flüssigkeit in
ein Gefäss, und ümberschlagen mit Händen und Füssen beim
Einflössen von Wasser. Pulver aus Zinc. oxyd. alb. Gr. jj
und Ammon. carb. pyrool. Gr. v stündlich, abwechselnd mit
Morphium wurde verordnet. Doch nahmen die Erscheinungen
in schreckenerregendem Grade zu, so dass schon bei dem
leichtesten Zugwind, Lichtschimmer u. Geräusch die Schlund-
krämpfe eintraten. Gegen Abend wurden 2granige Dosen von
Extr. bellad. gereicht, jedoch ohne Erfolg. Heftige klonische
und tonische Krämpfe, Schreien und Seufzen, Spucken, Con-
cussiouen des ganzen Körpers , schäumender Mund , rothes
Gesicht , endlich immer raschere Athemzüge , Ersticktngsan-
fälle und Tod nach noch nicht vollen 24 Stunden.
Seetion. Im Sinus longitud. sup. viel dünnflüssiges
Blut ; die innern Meningen auf der Hohe des Gehirns stark
getrübt, unter der Pia mater Serumerguss, ebenso in tlen
Seitenventrikeln. Beide Substanzen des Hims blutreich, na-
mentlich die graue. Substanz der Medulla oblong, normal
fest. Die Knochen des Rückgratkanals blutreich. Die graue
Substanz des Rückenmarks zu einem Brei erweicht, der unter-
halb der Obern Anschwellung am losesten ist und eine gleich-
artige, grauröthliche Masse darstellt. Der Vagus zeigt nichts
Abnormes, ebensd die Nerven und Gefässe der Armbeuge.
Die Papulae vallatae stark prominirend. Kehlkopf und Luft-
röhre schwach gerothet, Bronchialschleimhaut dunkelroth.
Lungen viel hellrothes Blut enthaltend , fast durchgängig
luftleer. Im Herzbeutel kein vermehrtes Serum. Herz schlaff,
blassbraune Muskulatur, reichliches ungeronnenes Blut ent-
haltend. Fettleber. Milz vergrössert, mürbe, blasschocoladen-
farbig. Nieren gross, hiass. Pankreas blutreich. Magen,
Darmkanal, Pharynx und Oesophagus ohne Abnormität.
(Millies.)
321. Ueber die lenmoskelentxttiidiuig;
von Prof. Diltrich. (Prag. Viertelj.-Schr. 1.1852.)
Bekanntlich befallt die Myocarditis fast ausschliess-
lich nur den linken VentrikeL Nach Vfs. ßeobach-
tungen ist hier nächst der Spitze und der an dieselbe
grenzenden vordem Wand die Basis der Herzkam-
merscheidewand der häufigste Sitz derselben. Von
den gewöhnlichen Ausgängen der Myocarditis, Indu-
ration (Narbenbildung) und Vereiterung, ist der erstere
der häufigere« wenn der Sitz des Entzttndungspro-
cesses vorzugsweise in der Herzspitze ist; im Septum
veutriculoruu), besonders an dessen Basis, sind aber
beide Ausgänge gleich häufig, wenn nicht der in
Abscessbildung der häufigere.
Die Myocarditis an der Basis der Herckammer-
scheidewand erscheint in ihren Folgen bedeutend
wichtiger und beachlcnswerlher , als an irgend einer
andern 'Stelle der Herz wand. Der in dieser Gegend
stattfindende fintzttndungsprocess fährt in allen Fällen
fast nothwendiger Weise zum Tode, theiLs durch
Pyämie in Folge der Entleerung des Herzabscesses
in den linken Ventrikel , theils in Folge der Verände-
rungen und Zerstörungen, welche die benachbarten
Partien durch die Ausgänge der Entzündung erleiden.
Zunächst kommen hier die Aorlaklappen in Be-
tracht. Es kann geschehen, 1) dass ein Abscess in
dieser Gegend an der Basis des Septum venlr. , also
unmittelbar unterhalb der Aortaklappen sich entleert
und den Anhcflungspunkt einer h.ilhmondförmigen
Klappe zeri^lört; 2) dass der Absicss sich in den
Sinus valsalv. einer halbmondförmigen Klappe entleert
und dadurch die Klappe nothwendigerweise in Mit-
leidenschaft zieht; 3) dass, selbst wenn sich der
Abscess unterhalb der Klappen in den linken Ventri-
kel entleert, durch das in die Gescbwürshöble mit
voller Kraft eindringende Blut diese vergrössert und
32
JV. Patk^logis, ThcrapM «« mediciBiMhe Künik.
aufg<ewtl(iU wird , wodurch «ne nofii amgedehi^tere
ZerreissQDg der Umgebung erfolgt und nolhwendiger-
weise auch die Aorlaklappen allmalig mit zerrisseji
«od leraiört werden. Aber seibat weon daa in die-
ser Gegend in das Herzfleiseh abgelagerte Exsudat
nicht vereitert» sondern in fibroides Narbengewebe
umgewandelt wird, kann durch die hierdurch be-
dingte Schrumpfung leicht eine Verzerrung, ein Her-
abziehen einer Aortaklappe, ja eine Umslttlpung der-
•elbeB und eine dadurch gebildete lusufßeienz des
Klappenapparates entstehen. Dabei kann die Klappe
selbst noch ihre normale Grösse, ihre DUnnheit und
Zartheit beibehalten haben. Um so früher aber, und
auch ohne Mitwirkung der Schrumpfung des Nar-
bengewebes in Muskelfleische wird Insufficienz ein-
treten , wenn an dem Processe der Myocarditis das
Endocardium der so nahe liegenden Aortaklappen
selbst mit Antheil genommen hat, wenn daher in
Felge der Metamorphose des auf oder in die Klappe
abgelagerten Paserstoifs eine Verkürzung und Schrum-
pfung der Klappe selbst entstanden ist.
Ein weiterer Folgezusland der an der Basis des
Septim ventr. stattfindenden Myocarditis isi die Er-
(Ubing des Abscesses sowohl in den linken,' als io
den rechten Ventrikel , u. die dadurch herbeigeführte
Communication der beiden Kammern. Die Erfahrung
lehrt • dass der Tod unter diesen Verhältnissen nicht
stets eintreten muss , sondern dass die Abscess * und
Communications-Oeffnung durch Abstossung u. Reini-
gung der Ränder zu einem Fistelkanale sich umwan-
deln könne, welcher die Spuren des Entzflndungs-
processes und den weisslichen, festen, fibroiden Ge-
webscallus des die Oelfhung umgebenden Herzfleisches
tragt. Es ist durch Beobachtungen constatirt, dass,
sollte auch durch diese PistelOffnung eine Vermischung
des arteriellen und venOsen Blutes erfolgen , — was
bei der Schnelligkeit und Richtung des Blutstroms ao
dieser Stelle in beiden Kammern unwahrscheinlich
ifit , •— die Vermischung dennoch von keinen bedeu-
tenden Folgen begleitet sein würde. Die Beobach-
tiiBgen derartiger Fisteltffinungen lehren ttberdiess,
dass, wenn der entzündliche Process einmal beendet
und keine weitere Ausbreitung genommen hat, auch
kein weiterer Einfluss auf eine etwaige Erweiterung
oder Hypertrophie des Herzens ausgeflbt werde; dass
eine etwa vorhandene Hypertrophie nicht aus der
alleinigeB Myocarditis an Aer Basis des Septum ventr.
hergeleitet werden könne, sondern ihren Grund in
einem andern Leiden habe, z. B. in der so hJfufig
gleichzeitig mit vorkonunenden Insuflicienz der Aorta-
klappen.
Bie Eröffnung der rechten Herzkammer bei einem
bestehenden Abscess an der Basis der Herzkaromer-
soheidewand muss aber — soll sie uascbJfdlich sein —
an einer bestimmten Stelle de^ Conus arter. pulmon.
erfolgen. Diese Stelle beträgt kaum mehr als 5 — 6'".
Erfolgt sie weiter nach oben , an der Basis einer od.
der andern Klappe der Lungenarterie, oder in den
SiDis Valsalv. derselben, so enialAht, wie bei den
Aortaklappen, Insufficienz. Erfolgt die Eröftinng ^i
Abscesses weiter nach unten , so trifft sie gleichfalls
auf einen wichtigen Theil, und zwar auf die Insertion
der t^rdae Vendtneae» welche leUtere für des in-
nern Zipfel der Trieuspidalis bestimmt sind, diese •
Chordae werden bei stattfindender Vereiterung der
Kammerscheidewand abgelöst, zerrissen, flottiren frei
in der Höhle des VenU-ikels, und es enUleht InnufB-
cienz der Trieuspidalis. Aber auch in solcbeo Füllen,
wo das durch die Myocarditis gesetzte Exsudat nicht
vereitert, sondern in fibroides Narbengewebe umge-
wandelt wird, kann das Endocardium des rechten
Ventrikels und die losertionsstelle des Innern Zipfels
der Trieuspidalis auf gleiche Weise« .wie oben bei
den Aortenklappen angegeben wurde, in Mitleiden-
Schaft gezogen werden. * |
Mehrere Beobaciitungen lehren, dass ein Abscess
im obersten Theile d^s Septum ventr. sich nach hin-
ten VLfid oben' in den rechten Vorhof unmittelbar ober*
halb des venösen OsHum entleeren könne* Dem VL
ist kein Beispiel bekannt von der GoMolidirung eines
solchen Abscesses , von einer Umwandlung desselben
in einen fibroidrandigen Fistelgang zwischen der lin-
ken Rammer und dem rechten Vorbof^
Rokitansky unterscheidet bekanntli^ eip chro-
nisches und acutes Hers-Aneurytma. Das ^giMn
kommt nach ihm dadurch zu Stande» dass das bei
der Myocarditis gesetzte Exsudat samiiA dem Mus-
kelgewebe an der entzündeten Stelle in ein fibro-
ides Gowebe umgewandelt wird, welches denn an-
dringenden Blute nicht widerstehen kann, nicfa aus-
dehnt und so die Entstehung einer umschriebenen
Erweiterung des Herzens veranlasst; das acute Anen-
rysma entsteht im Gefolge eines Herzabscesses nach
dessen Er^^ung in die Herzhöhle. Wskrend das
chronische Aneurysma sich am häufigsten in der Herz-
spitze findet , iat der gewöhnliche Sitz des louten an
der Basis der Herzkammerscheidewand.' Rokitansky
bezweifelt, dass es bei dem durch Abscess entstan-
denen Herzaneurysma zur ConsoHdirung der Wandun-
gen kooMne. Nach Vfs. Beobachtungen ki^nnen aber
solche acute Herzaneurysmen an der Herzwand et-
was längere Zeit bestehen, ja sich consolidiren.
Vf. bemerkt noch, dass bei der Abscessbildmg
im Muskel fleische an der Basis der Herzkammerschei-
dewand sich die Höhlenbildnng nicht selten bis in
das Septum atriorum erstrecke. Es muss dabei der
feste, fibröse , sehnige Bing zwisdien der Musculotur
des Vorhofs und der Kammer, von dem man gianben
sollte, dass er der Zerstörung und Aufwühlung Wi-
derstand leisten mttsste, durchbrochen werden. Mai
kann nur annehmen , entweder dass durch die Abo-
cessbildung auch dieser Ring, der zum Theit zugleich
den Aortenklappen zum Stützpunkte dient, zerstört
wird, oder dass die Abscessbilduug gerade an der
Stelle stattfindet, wo dieser Ring sehr dünn iat oder
Lücken besitzt, durch welche hindurch eine Aufwllb-
lung des Herzfloisches nach oben in die Vorhofsschei-
dewand entstehen kann. Nach Vf. ist die ietzinn
I¥. VntiM^ , Tberif40 «i medteuiiBtili« KlkdL
Am^llme di^ wirhrscl^eitiltehere, da aäs deo anratomt-
sehen Verhältnissen bekannt ist, dass dieser Ring
jucUl im ganxen Unfange gescMosgen ist. sandeni
■lehr 2 baihmondlbrmigie Streifen, emen vorderi» und
hmtem, bildet.
Bexdglieb des LebeasaHers, in wefehem die Herz«
abscesse aw bäirfigateft Torkomniei! , sor scheinen es
▼orzag]ich die früheren und mittleren Lebensjahre
SU sein. — Eii»e sichere Diagnose bei Lebzeiten wird
kafftin> zu maeheix sei». . Der etgentliehe Prticeas -^
die Myocardilis — verlauft oft ohne Symptome, oder
gehl mit nichtsbedeutenden Erscheinungen einher,
luid erst daaa , wenn heterogene Stoffe — Exsudat,
Eiier — den Bhite beigemischl werden , treten die
Symptome einer allgemeinen Bfuterkrankung auf,
welche letztere wieder nichts Charakteristisches fQr
die Atfection des Herzfleiscbes darbieten. Nur aus
dem ^»zen Verlaufe der KraniclMit uad durch die
exelusive Mettiode kann man in manchen Fällen den
geschilderten Process vermulhcn.
1. ß9oB9ehiimf. (Mitfelb«ilt von Prof. Jaksob.) Eia
i3j^hr. Märken fllberstaDd t848 zmd ersten Mal doen acate«
GelenkrhwiaaliMiras mit lN*ftiem AHigemeinerscheio langen :
Fol« 130— 140, {gpome Hi^fültitkeil, sehr erhöhte Hauttem-
peratvr, sehr groeser" Darst, SoMaflo^igkeit, Kurzatlimigkeit,
BeklemiBeag uimI irockeaer Hosten; KersStoea in groateram
toaafaage crscbOtleriid , die ersten Toae im Herzen und der
ibart« BuffoileDd dumpf. Die PercuisioD wiee erst nach nieh-
rem Woehen «ine Znoabme des Votameos des Henteas nach.
— Im l. 184(9 hatte Pat. abermals 2, wenogleicb leiehtere
AofftUe YOD ftebefhaftem Geknkpbettiaatiainus ; im letzten An-
£iile jmnde 4m Puls der tiaken obem Extremllät aoßattend
Uamer, aocb ein bebender and erscbiltteroder Herzstoss und
ein Masandes Geräusch eiHlang der Aorta im 1 . Moment , so
wie eine vergrSsserte Milz blieb znrGck. — Im Juni 1850 wurde
Pat. plötzlich des TSachts yeo beftigen Convulsionen befallen,
die mehrere Stunden andauerten; das Bewusstsein kehrte
erst nach 4 Tagen altmdlig mruck, doch blieb die rechte Kör-
ptrbalAc paretiscb. Die geringe I^hmung des rechtes Facia-
lis scbvmad gleicbfjtlls nach etoigea Tagen ; die Zunge war
nicht gelähmt, doch fehlte die Sprache, mit Ausnahme einiger
Worte , Tollkommen bis zum todtlichen Ausgange der Krank-
heit (19 W. später). Die Intelligeuz, Gesichts- und Gebors-
sino bliebea frei bis zam Tode. Die oavollkommeoe Läbmuag
der rechten obern und untern Extremität verlor sich nach und
nach, der Appetit stellte sich wieder ein. Der Milziomor be-
stand gleichmässig fort; in der Milzgegend traten zeitweilig
heftige Schmerzen auf. Spafer zeigten sich abermals einige
Male Gelenkscbmerzen in den ontern Extremitäten , doch nur
lurubergehead. lo der ganzen Zeit aber hatte Pat. zeitweilig
flalberaaßlle , besonders stellte sich gegen Abend bisweilen
eia taichtea Frösteln ein, welchem eine erhöhte Hauttempera-
Inr nad nur selten eiti partieller Schweiss nachfolgte. Chinin
besaitigfe die Ffeberanfälle , dafür trat alsbald wässerige und
scbmerzlMe Diarrhoe ein , der Appetit verlor sich , zeitweilig
kam Erbrecbeu, das einige Tage vor dem Tode bäuflger wurde;
Pat. magerte rasch ab , der Puls wurde kleiner , die Haut
kiiit , die Schwäche enorm , und plötzlich ohne voreusgegan-
gcaa Deliriea oder andere besondere Erscheinungen trat der
Tod ein.
SeeUon. Schwächlicher Körperbau , bedeutende Abma-
gerung, blasse allgemeine Decken , leichter Hydrops um die
Fusikoöchel nad am hintern Umfange des Körpers. — An
der Innenfläche des Scbädelgewöibes , besonders den Seilen-
wandbeioen entspsecbead , sabireicbe dfinne, blassrötbliche
Osteopbyteo-Plaquaa, an densell>ea die Dura raater fest ad-
klaread. Diese fast in der gaazen Ausdehnung aber den
IM. Jahrbb. Bd. 74. Hft U
f
beMen HeaifiaphfireB aifiaMg verdick«, iusaerUcb n. Innerlich
mit roalbräualkhen^ lekbt abziebbareo, sehr dünnen, mem-
branäbalicbeD , bereits in Organisation begriffanen Gerinaun-
gen belegt. }m Sacke der Araebnoidea , besonders fiber der
liokan Hemisphäre, efne bedeateade Nen^e klares Seram;
die innern tlirabäuie von viel Seraai duvcbfeuebtet , verdickt
und getrübt. In der liakeu Hemisphäre des Grossbirns , be-
seaders gegen die Schläfe zu und bis aa die Basis reichend,
findet sich in ungewöhnlich grossem Umfange der Process der
sogen. Durand-Fardel'chen ZelleninfiKration. Statt der Hirn-
su4)atanz aeligt sich ein raaachiges, äusserst zartes, feines,
spinnewebenartiges Faserg«webe , das in aeioen Räumen eine
ungewöbalicbe Menge eines verdünntem Kalkwasser äbnltcbeD
Fluidums eotlcert, wovauf die Masohenräume zasamroensia-
ken. Dieser auf 3 Dritttheile der Marksut>stanz dieser Hemi-
sphäre ausgebreitete Procesa grenzt zum Tbeil dorch die zer-
störte Corticafis bis an die innera Hiraftäute. In diesem
neuen Fasergewette finden sieb die schönsten und feiostea
Blutgefässe angebildet. Hier und da ist noch ein Rest der
Corticalls öbrig in Form einer rötblich-grauen, diinnen Scbicbt,
jedoch ohne deutliche Andeutung d'er Windungen. Nach In-
nen und gegen die Medianlinie greift der Process an einzelnen
Stellen bis zu den grauen Centralganglien ; die Umgebung
dieser erkrankten Partie ist nicht merklich verändert ; die
Hirnsubstanz der recbten Hemisphäre ist etwas weicher als
gewöhnlich und blutarm, beide Hirnventrikel sind erweitert
und enthalten eine grössere Menge klaren Serums. In der
Witte des linken Srreifhtlgels findet sich eine erbsengrosse
Stelle , wo das Ependyma eingesunken und die danlber lie-
gende Substanz in ähnlicher Weise entfärbt und erkrankt ist,
wie in der linken Hemisphäre. In den Biutleitern des Gehirns
ist schmulzig-rothes, wässeriges Blut und weiche gelbe Fibrin-
gerinnung. — Die Lungen bieten, mit .Ausnahme einer l|ich-
len Compression des linken untern Lappens , nichts Abnoi^
mea. -^ Im Herzbeutel einige Esslöflel kbren Serums.
Herz bedeutend vergrössert, abgerundet, der pericardiale
U^berzug gerunzelt, an zahlreichen Stellen getrübt u. verdickt.
Der linke Ventrikel fast kugelförmig, seine Höhle eng, seine
Wände derb, hart, rigid, bedeutend verdickt, hier und da von
linsengrossen , unregelmässig ästigen , weisslich-grauen Flek-
ken und Streifen durchsetzt (Nyocarditis partialis obsolete) ;
das Trabekelgewebe nicht bedeutend entwickelt, die Ausklei-
dung der Höhle erscheint nicht auffallend verdickt. Die Mi-
tralis scheint geschlossen zu haben , obwohl die Basis des
Aortenzipfels verdickt, getrübt und steif erscheint. Der linke
Vorhof, so wie die rechte Herzhäifte bieten nichts Abnormes.
An der biotern , mehr nach rechts sehenden Wabd des ober-
steji, unmittelbar unter der Aobefiungsstelle der Aortenklap-
pen gelegenen Theils der Herzkammerscheidewaod findet sich
eine RissöflTnung von der Grösse einer Bohne in das Ostium
hineinsehend. Durch diese Oefl'nung gelangt man mit der
Spitze des kleinen Fingers in eine Hoble , die von aufgewühl-
ten, rissigen Wänden gebildet wird , welche durch ein dünnes
Muskelstraluro nach hinten geschützt und vor doppelseitigem
Durcbbrucb bewahrt wird. Dieses Stratum ragt kugelförmig
in den rechten Vorbof, gerade oberhalb der Insertionsstelie des
obern und innero Zipfels df^r Valv. tricuspidalis. Die Höhle
und ihre Wände sind belegt mit fest anhängender, weicher,
hier und da in Form von Kondylomen angeordneter Fibringe-
rinnung. Aebniicbe Fibrinvegetationen finden sich an der nach
dem Ostium aorticum sehenden Wand des Aorienzipfels der
Mitralklappe, am Endocardium der linken Kammer bis zur
Mitte der linken Herzhöhle herab und an sämnillichen 3 Aor-
tenklappen. Streifte man diese dem Anschein nach frische
Vegetationen vorsichtig ah, so fand sich darunter kein norma-
les Endo- und Nyocardium, sondern die Reste eines bereits
längere Zeit abgelaufenen Entzundungsprocesses. Es wor
nämlich besonders die linke Wand dieser Höhle und das an-
grenzende Herzfieisch in ein festes, zähes, weissiiches Faser-
gewebe umgewandelt; in ähnlicher Weise sind die Aorten-
klappen und ein Tbeil der Basis des Aortenzipfels der Mitralis
geschrumpft, rigid, verdickt. Die Klappen der Aorta sind
nicht sufTicient. — Oberhalb der Aortaklappen erscheinen
5
34
IV« Pathologie, Therapie u. medicimsche Klinik.
die Haute der Aorta ascend. in einer Höhe von einigen Linien
gieicbfalts verdickt , getrübt und an der Inneodäche mit war-
zenäbnlicher Fibringerinnung belegt, die sich meist leicht
abschaben lasst , und unter weUber die Innenfläche glanzlos
und rauh ist. Einige Linien über dem Niveau des hintern
Sinus Valsalvae ist eine RissöflTnung in der Wand der Aorta.
Von innen aus gesehen ist daselbst eine linsengrosse , eckige,
von weichen , warzigen Fibrinvpgetationen umgebene OeiTnung
wahrnehmbar , durch die man mit der Sonde in eine mehr
als hohneogrosse Höhle gelangt, die mit coagulirtem, schwarz-
rothem Blute angefüllt ist. Vom Herzbeutel aus gesehen ge-
wahrt man allda, der Höhle entsprechend, eine halbkugelför-
mige Hervortreibung, die dunkelroth , hier und da bläulich
von Farbe ist, sehr dünne Wände hat und blos von der äus-
sern Aortenhaut gebildet wird. Die Innenwand dieser Höhle
hat dieselben aufgewühlten , rissigen , unregelmässigen Rän-
der, wie die Höhle des Herzfleisches im Septum. Die Aorta
erscheint blor oberhalb der Klappen etwas erweitert.
Die Milz im ganzen Umfange mit Zwerchfell und Bauch-
wand verwachsen, ist enorm vergrössert. Die Vcrgrösserung
ist bedingt durch zahlreiche, gelbe, keilförmig vun der Ober-
fläche in die Tiefe greifende, bis wallnussgrosse Fibrinablage-
rungen. Bei einem Totaldurchschnitt der Milz kommt man
auf eine faustgrosse Höhle mit flüssigem , graugelblichem,
flockigem , eiterarligem Conlentum , deren Wände durchaus
von einer etwas consistentcren, doch immerhin weichen Fibrin-
gerinnung gebildet werden. — Auch in beiden Nieren
zeigen sich an einigen Stellen frische und ältere, eine narbige
Einziehung der Oberfläche zeigende, Fibrinkeile.
Vf. bemerkt, dass zwar im vorlicgtaidi^n Falle die
Annahme eines Abscesses im Herzfleiscbe des Septum
venlr. nicht streng nachgewiesen werden kftnne , da
man keinen Eiter mehr angetroffen habe, dass aber
dieselbe jedoch schon aus der Art und Weise der
Zerstörung, aus der Perforalionsöffnung und aus der
Analogie mit andern Fsillen im hohen C>rade wahr-
scheinlich werde. — Es reiht sich dieser Fall ferner
an die Fälle von acutem tierzaneurysma, welches sich
hier gegen den rechten Vorhof gewölbt hatte u. einer
baldigen Zerreissung entgegensehen konnte. — Was
die Höhle in den Aortenbauten bclriflt , so stellt sie
jedenfalls eine aneurysmatische Ausbuchtung dar,
begrenzt blos von der äussern Haut, bei Zerrissen«
sein der mittlem und innern Haut. Es ist dieser
Fall dadurch wichtig , weil Rokitansky die Frage,
ob ein Riss der beiden innern Arlerionliiiule die Ent-
stehung eines Aneurysma begründen könne, als ver-
neinend zu beantivorten ansieht. Bezüglich der
Frage, wie die Zerreissung der innern llilule slallgo-
funden habe , ist Vf. geneigt , den Proeess in der
Aorta auf analoge Weise zu erklären , wie das Loch
in dem Septum venlr. , nSmlich durch einen stattge-
habten Enlzündungsprocess , bei welchem die gegen
den Kanal oder das Lumen zu sehende Wand' der
afficirten Stelle entweder in Folge ihrer Auflockerung,
Weichheit u. s. w. zerrissen, oder durch ein eitriges
Exsudat geschmolzen worden ist. Für die Arlerien-
häule wjire der Nachweis eines eitrigen Exsudats in
denselben von hoher Wichtigkeit. [Vgl. den unten S. 40
milgelheilten FaH von Spengler.]
2. Beobachtung. (Erlanger Klinik.) Ein 12* 'gjähr.
Knabe will in seinem 6. Lebensjahre krank gewesen sein, seit
weicher Zeit Kopfschmerz und Herzklopfen zurückhlieb. Er
erkrankte plötzlich ohne nachweisbare Gelegenheilsursaehe.
Dei seiner Aufnahme fand man die Hauttemperatur erhöbt.
Wangen geröthet; Percussion undAuscoltation ergaben oicbts
in Betreff der Lungen ; kein Husten, keine Sputa ; Unterleib
allenthalben empfindlich. Herzimpuls weit verbreitet , unter
der Brustwarze am stärksten, sehr stürmisch. Man hörte a.
fühlte zeitweilig in der Herzgegend und in der Gegend der
Aortaklappen und von da nach aufwäils längs der Aorta eto
starkes Geräusch im 1. Momente ; der 2. Ton der Pulmonalis
nicht verstärkt. Puls 136, die Arterie gross und weich. Pat.
lag tbeiloahmlos , mit geschlossenen Augen , von Zeit za Zeit
wehklagend oder plötzlich aufschreiend ; Bewusslsein nur we-
nig getrübt. In der 4. Nacht traten leichte Delirien auf, die
gegen Morgen mit einem soporosen Zustand wechselten. Am
5. Tage wurden die Delirien furibund. Am 6. gegen Morgen
Sopor; Abends Tod.
Section. Herz vergrössert, abgerundet, lang geformt;
linker Ventrikel fast kuglig, seine Muskulatur hart, fast dun-
kelbraun , massenreicher , seine Höhle nur massig weit ; der
rechte Ventrikel nur einen Anhang zum linken Herzen bildend,
zusammengezogen ; der rechte Vorhof weit und mit flüssigem
und coagulirtem Blut erfüllt ; der linke Vorhof wenig ausge-
dehnt , seine Wandungen nicht verdickt. Die ganze Ausklei-
dung der linken Kammer erscheint weisslich getrübt und ver-
dickt. Der Aortenzipfel der Mitralis gleichmässig verdickt,
doch nicht verkürzt. Das Endocardium der Portio aortica,
und zwar unterhalb der Aortenklappen bedeutend massen-
reich, hier und da Vs"' ^^^^ und oberflächlich rauh. Auf
diesem verdickten Endocardium und auf der Basis der Aorta-
klappen finden sich weiche grauröthliche , saumartige, locker
anklebende Kibrinvegetationiin. Die Aorta ist massig weit,
elastisch, und oberhalb der Klappen finden sich einzelne gelbe
Trübungen und Verdickungen. An der Basis des Septnm
ventr. unU;r dem verdickten Endocardium ist die Musknlator
his auf 3"' Tiefe in eid festes, fibröses, dichtes, weisses
Narbengewebe umgewandelt. — Milz gross, weich und leicht
zerreisslich und mit zahlreichen, keilförmigen und runden, in
die Tiefe sich einsenkenden, graurötblichen Fibringerinnungeo
durchsetzt, welche von einem dunkeirothen Geßsskranze ein-
gesäumt erscheinen ; ausserdem sind in das MÜzgcwebe ähn-
lich grosse, schwarzrothe, häriliche, feste Stellen eingelagert
In beiden Nieren kleinere und grössere , ähnlich wie in da
Milz beschaffene Fibrinahlagerungen.
Aus der Vergleichung mit andern Fallen wird es
nach Vf. zur Gewissheit, dass im vorliegenden Falle
nicht eine blose Endocarditis in der linken Kammer
und um die Aortenklappen stattgefunden hat, sondern
dass dieselbe secundär ist, in Folge der primXrea
Myorarditis an der Basis des Septum ventr.
3. Beobachtung (Prag. Krankenhaus) betrifft ein 24jäbr.
Mädchen. Section. Hydrops universalis. Croupöse Pneumo-
nie der rechten Lunge. Uterus im 6. Monate schwanger. Im
Herzbeutel 1 Pfd. Seruin. Massige excentriscbe Hypertrophie
des linken Ventrikels. Klappen der Aorta insufficient, ver-
dickt, geschrumpft, ungleich stehend, mit frischen Fibrinvege-
tationcn besetzt. Im fleischigen Theile des Septum ventr. un-
terhalb der beiden hintern Aortenklappen ist ein 3eckiges,
bohnengrosses Loch mit festen, fibrös-callösen Rändern ; ein
2. mehr spaltenförmiges Loch ist an der Basis der hintern
linken Aortenklappe, welche letztere daselbst ganz losgeris-
sen erscheint« Beide Löcher führen in eine Höhle, welche
anfangs einen kurzen Kanal bildet, bald aber kuglig wird,
Taubeoeigrösse hat und im Septum atriorum unter der Fossa
ovalis sich befindet, in das rechte Atrium mit einem grossen
Segmente hineinragt, mit einem andern Theile an der vordem
Fläch«' der Basis des Herzens in dem Rauni zwischen dem
linken Herzohr, der Aorta und der Pulmonalis in den fleo'
beutel hinein zum Vorschein kommt. Die Wände dieses Aneu-
rysma sind fest, obwohl dünn , die Innenfläche wie von einer
glatten Haut ausgekleidet und mit mehrem Lagetf bereits fest
adhärenter Fibrine ausgelegt. Der kurze Kanal grenzt nach
rechts und hinten unmittelbar an das bedeutend verdickte
Endocardium des rechten Ventrikels , und der entsprechende
IV. Pathologie « Therapie vu mediciniaehe KliniL
3S
Zipfel der Tricutpidalis ist mit «einen sehnigen FSden
wie herbeigezogen und angewachsen.
4. Beobachtung. (Prag. Kraokeohaas.) Sljähr. Tage-
lobner. Section, Allgemeine Wassersucht. Croupöse Pneu-
monie der rechten Lunge. Bedeutende eiceotrische Hyper-
trophie des Herzens, besonders des linken Ventrikels in Folge
Yon InsufQcienz der Aortaklappen, welche sämmtlich ge-
schrumpft, verdickt und mit frischen Vegetationen besetzt
waren. Die Basis der rechten hintern Klappe ist abgelöst n.
an derselben ist eine fast erbsengrosse , Ton rissigen u. fetzi-
gen Rindern umgebene Oeffnung, die nach abwärts, hinten
und rechts in ein im obersten Theil des fleischigen Septum
Tentr. gelegenes, wallnussgrosses Aneurysma fuhrt, dessen
Wände Ton eifern fibroiden Gewebe gebildet, und dessen wei-
tere Umgebung bis auf 3 — 4''' in ein ähnliches Gewebe um-
gewandelt ist. Nach oben erstreckt sich da? Aneurysma hin-
ter die glatte , sonst normale Wand des Sinus Valsalvae der
hintern, rechten halbmondförmigen Aortenklappe. Im ge-
füllten Zustande bildet das Aneurysma unter der Innern Klappe
der Lungenarterie eine in den Conus arter. pulmon. herein-
ragende, kuglige Geschwulst'. Durch Loslösung der Basis der
Aortaklappe communicirte das Aneurysma sowohl mit der
Aorta, als dem linken Ventrikel. Der Aneurysmasack ist mit
frischen, weichen, locker adhärirenden FaserstolTgerinnungen
erfüllt. Die Aorta ist sonst in ihren Häuten nicht erkrankt.
Die Beobachtungen 3 u. 4 beweisen , dass die in
Folge eines geborstenen Herzabscesses entstandenen
Herzaneurysmen von längerem Bestände sein und sich
consoliiliren können.
5. Beobachtung, (Prag. Krankenhaus.) 42jähr. Frau.
Section, Kein Hydrops; bedeutende Cyanose des Gesichts.
Syphilitische Narben in der Vagina , tief eingreifende Narben
in der Leber, bedeutende Verdichtung und fibroide Umwand-
lung des Schleim hautgewebes im Rachen. Massige allgemeine
Hypertrophie des Herzens, Erweiterung der Aorta bis zur
Theilungssielle mit Verdickung und Verkalkung der Wände.
Im obersten Tbeile des Septum ventr. an und unter dem An-
beftungsringe der Aortaklappen ein in die Höhle des linken
Ventrikels hereingeborstener Abscesssack mit Zerreissung der
▼ordern Aortaklappe an ihrer Basis. Der frische Abscesssack
ist klein , baselnussgross und zeigt eine 2. Perforation gegen
den rechten Vorhof zu, an der Insertionsstelle jier 3zipfligen
Klappe. Die Rissöffnung , so wie die Abscesshöhle sind mit
weicher, drüsiger, zottiger , kondylomartiger Vegetationenbil-
dung belegt. — Croupöse Pneumonie des' linken untern
Lappens. Totale Meningitis. Die Milz zeigt einen acuten Tu-
mor; im Herzen und den venösen Dlutleitern viel weiche,
gelbe Fibrine.
Wenn im vorliegenden Falle durch Entleerung
des Eiters in das Herz der Tod durch Pyamie herbei-
geführt wurde, so beweisen die 2 folgenden Beob-
achtungen , dass der Tod unter solchen Verhüilnissen
nicht stets einzutreten braucht, ja dass noch Gene-
song erfolgen kOnne.
6. Beobachtung. Eine SOjähr. , im Prag. Irrenhause
verstorbene Frau , hatte denselben Process , wie im vorigen
Falle am Septum venlr. überstanden. Man fand eine Com-
munication des linken mit dem rechten Ventrikel durch einen
fibroiden , callösen Kanal gebildet. [Die nähere Beschreibung
8. Jahrbb. LXIlf. 291.]
7. Beobachtung, (Präparat im Erlanger Museum.)
22jäbr. Mann. — Das Herz ist in seiner linken Hälfte nur
uDmerklich rergrössert, seine Wände etwas dicker, besonders
gegen das Septum hin. An der Basis des letztern, 4'" un-
terhalb der rechten Aorlaklappe findet sich eine spaltenför-
mige , für einen Gänsefederkiel durchgängige , von callösen,
fibroiden Rändern umgebene Fistelöffnung aus dem linken in
den rechten Ventrikel. In letzterem ist der innere Zipfel
der Tricnspidalis mit in den callösen Rand hineingezogen.
8. Beobaehiung. (Prag. Krankenhaus.) Ein SOjähr.
Tagelöhner, früher stets gesund, ward von acutem Rheumatis»
mos und Stechen in der linken Brust hefallen. Dann trat ein
heftiger Schüttelfrost und bald darauf typhoide Symptome mit
gelber Entfärbung der Haut auf. Herzimpuls undeutlich,
Milz vergrössert. Die Frostanfalle kamen taglich , ohne
dass Chinin eine Wirkung äusserte. Später kam leichter
Hydrops dazu ; in der Herzgegend , besonders am rechten
Sternalrande, hörte man im 2. Momente ein starkes Geräusch,
das zeitweilig als sogen. Katzenschnurren zu fühlen war.
Einige Tage vor dem Tode traten heftige dyspnoische Anfälle
mit blutigen Sputis dazu. — Section. Schmutziggelbe Haut,
Massiger Grad von allgemeiner Hypertrophie des Herzens,
besonders des linken Ventrikels, mit Spuren chron. Entzün-
dung des Endocardium daselbst. Im Septum venlr. zerstreute,
ästige, weisslicbe, ßbroid-narbige Stellen. Am obersten Tbeile
des Septum findet sich eine frische Entzündung des Herz-
fleisches mit Abscessbildung und Perforation des Abscesses in
den Sinus Valsavae der vordem Aortaklappe und Zerreissung
der letztern. Diese, so wie die andern Klappen u. das nächst
angrenzende Endocardium sind mit frischen Faserstoffgerin-
nungen belegt. — Acute Milzanschwellung und partielle,
keilförmige Fibrinablagerungen in dieselbe; metastatische,
faserstofOge Herde in den Lungen ; serÖs-eitrige Infiltration
der Schleimhaut um den Eingang des Kehlkopfs udd in die-
sem selbst.
9. Beobachtung. (Prag. Krankenhaus.) Eine 35jähr.
Frau ', welche seit 7 Jahren öfters an heftigen Rheumatismen
gelitten hatte, kam 14 Tage vor ihrem Tode mit heftigem
Fieber in die Krankenanstalt , und starb unter nervösen Er-
scheinungen (Delirien, Coma). Am Herzen, dessen Stoss
tiefer und mehr nach links wahrgenommen wurde , hörte man
2 Geräusche. — Section. Leichter Hydrops der untern Ex-
tremitäten. Excentrische Hypertrophie des ganzen Herzens,
besonders des linken Ventrikels in Folge von Jnsufßcienz der
Aortaklappen. Alle 3 sind merklich verdickt, steif, verkürzt,
ihr Anheftnngsring zeigt auf 3 — 4"' Tiefe ein festes, fihroid-
narbiges Gewebe. Aehnliche, doch partielle sehnig -fibröse
Stellen finden sich besonders in den innem Schichten des
Muskelfleiscbes des ganzen linken Ventrikels. An der Basis
des Septum ventr. unterhalb der Aortaklappen ist in der Dicke
der Muskulatur ein erbsengrosser, ziemlich frischer Abscess-
sack , der in die Höhle des linken Ventrikels mit einer fast
gleich grossen Oeffnung sich entleert hat. Derselbe ist mit
weichen Fibnngerinnungen ausgefüllt, so wie die Rissöffnung
damit belegt. — Die durch Entleerung des Abscesses in die
Blutmasse herbeigeführte Bluterkrankung giebt sich kund
durch metastatische Ablagerungen in der Milz, den Nieren und
durch eine bedeutende Meningitis hasilaris.
10. Beobachtung. (Prag. Krankenhaus.) Ein 38jähr.
Sattler hatte 13 Tage vor dem Tude plötzlich einen sehr hefti-
gen Schüttelfrost und intensive Erscheinungen einer allgeuiei-
nen Bluterkrankung, wozu sich bei sich wiederholenden Schut-
telfrösten am 7. Tage ikterische Hautfärbung und einige Tage
vor dem Ende heftige Delirien gesellten. — Section.
Ausgebreitete Myocardilis an der Basis des Septum ventr. ge-
gen den linken Ventrikel zu mit Abscessbildung und siehför- <
mig durchbrochener innerer Wand des Abscesses, doch so,
dass ein Theil des Eiters noch in der Abscesshöhle vorhanden
ist. An der entsprechenden Stelle des Endocardium , so wie
an der hintern Fläche des Aorlenzipfels der Mitralis weiche
Fibrinvegetationen; die Aortenklappen sind nicht mit ergriffen.
Die Pyamie giebt sich kund durch metastatische Abscesse in
den Lungen , Nieren, allgemeine faserstoffige Pericarditis und
Pleuritis, Icterus und acute Milzanschwellung.
11. Beobachtung. (Prag. Krankenhaus.) 35jähr. Magd.
— Geheilte partielle Pericarditis um die grossen Gefässe;
ausgebreitete Myocarditis an der Basis des Seplum ventr. mit
Umwandlung des Exsudats in ein schwielig callöses Gewebe;
dazwischen mehrere bis bohnengrosse Abscesse hiit einge-
dicktem Eiter ohne Durchbruch in den linken Ventrikel. Die
Aortenklappen leiden nicht mit ; nur ist der Sinus Valsalvae
in der Gegend des Abganges der Kranzarterie nach abwärts
se
i¥. PadMlogie, Therapie «. .mo4icMkche KlunlL.
stark kugtHomif ftgen datf Septcim ermitrt' «a^ dieae Er-
weiteniog steht mit eineoD an der Basis dieses Sinns befind-
lichen, sklerosirten Muskelgewehe des SepCnm in Verbindung.
— In* der Milz tiefe Narben; oberflfiehlicbe Narben mit Ein-
ziehong in der Leber ; syphilitische Narben an Scbad^dache.
12. Beobachtung. (Prag. Krankenhaus.) 30jähr. Frau.
— Viel Serum im Herzbeutel ; Residuen von Pericarditis in
Form von Sebnenflpcllken und fadigen Verwachsungen. Herz
bedeutend vergrössert, die rechte Hälfte blos einen Anhang
zur linken darstellend. Linke Kammer bedeutend erweitert
und in ihren Wänden hypertrophirt ; das Endorardium da-
selbst nur hier und da weisslich getrübt und verdickt. Das
Septum fentr. fast IVa — 2" dick und von der Basis an unter
den Aortenklappen bis zur Herzspitze herab mit dicht ge-
drängten, die Muskelsubstanz hier und da ganz verwischenden,
sehnigen , narbigen Stellen durchsetzt , an welcher Entartung
das Endocardium der Portio aortica und sämmtliche 3 Aorta-
klappen (leicht geschrumpft und verkürzt) Antbeil nehmen.
Auf der freien Fläche dieses Endocardium der Portio aortica
und der gegenüberliegenden Fläche des Aortenzipfels der Mi-
tralis, so wie an der untern Fläche der Aortaklappen liegen
warzige und membranartige Fibringerinnungen , welche ziem-
lich innig adbäriren, und zwar so, dass der betreffende Aorta-
zipfel der Mitralis gegen die Wand des Septum hin durch diese
Fibrinvegetationen förmlich angewachsen erscheint, wodurch
der Raum der Portio aortica der linken Kammer mehr als zur
Hälfte unwegsam gemacht wurde. — Die Aorta ist eng, ihre
Häute normal. — In der Milz und den Nieren alte Narben ;
obsolete Peritonitis um den Uterus und seine Adnexe mit
Hydrops der Tuben.
13. Beobachtung, (Leipziger Klinik, Prof. Bock.)
Bei einem 40jäbr. , dicken Saufer mit bedeutender Cyanose,
allgemeiner Wassersucht und Geräuschen anstatt aller Herz-
und Arterientöne war das Herz la Länge und Breite fast «m
das Doppelte vergrössert , theils in Folge reichlicher Fettab-
lagerung auf seiner Oberfläche, theils durch Dilatation des
linken Ventrikels und excentrische Hypertrophie der rechten
Herzhälfte. Im Septum veotr. , dicht unter den Aortenklap-
pen, befindet sich eine runde, etwa Ys'' imOurohm. haltende
Fisteloffnung mit dünnem , sehnigem Rande , in deren Umge-
bung das Endocardium bedeutend verdickt , von schwieligen,
narbigen Streifen durchsetzt, das Septumfleisch aber mit
weissen callösen Strängen durchzogen ist. Die Wurzel der
Aorta und Pulmonalis durch eine cailöse und theilweise
verknöcherte Masse mit einander fest verbunden , diese zieht
sich im Ventrikelfleiscbe um das Ostiuin pulmonale herum,
und hat durch ihr Schrumpfen dieses Ostium , so vrie über-
haupt den obern , dicht anter der PulmonalöflTnung befindli-
chen Theil des Conus srter. bedeutend stenosirt , dagegen die
Aortenmundung erweitert. Die Klappen der Pulmonalis sind
starr, verdickt und an ihrem angehefteten Rande verknöchert,
die OefTnuog zwischen ihnen kaum für einen Federkiel durch-
gängig ; unterhalb derselben (zwischen den Klappen und dem
Loche des Septum) ist die Ventrikelwand an ihrer Innern
Oberfläche rauh , und mit feinen Knochenplättchen besetzt.
Die Aortenklappen sind ebenfalls schwielig verdickt, einge-
rollt und stellenweise knöchern. Die innere Oberfläche der
nicht merklich engeren Pulmonalarterie erscheint normal,
ebenso die der ziemlich weiten Aorta.
Schlusalich tbeilt Vf. aas der Literatur noch folgende
Beobachtungen mit.
14. Beobachtung von Prof. Schfitzenberger (Gaz.
de Strasb. 1846). — tt4jihr. Frau. Herz sehr hypertro-
phisch , fest mit dem Pericsrdium verwachsen ; das Endocar-
dium in grossen Flecken getrübt; die Tricuspidalis und die
Aortenklappen insufficient. — An der Basis des Herzens, un-
mittelbar unter und links vom Orificium aortae und von dem
Ostiuin venös, entspringt mit eingeschnürtem Halse ein hüh-
nereigrosses Aneurysma.
IIS. Beobachtung, Priparat im Museum zu Chstam
(Canstatt. Jahresber. 1842.) Aneurysma am Ursprünge der
Aorta im hintern obero Tbeile des Sept. ventr. , welches die
-üÄ^le des rechten Hersohres and um ein Weniges auch die
Ociii«Dg an der Val? . 4iu;«s|>i4alia aarattita» S«M Aartan«
klappe ist weit abwärts zur H«r»pilze gesunken. Untar dia*
ser Klappe mündet das Aneurysma wieder in den Ventrikel
mit einer Mündung, die kleiner ist, als jene oberhalb der Se-
milunarklappen, und deren Ränder mit warzigen Excreaeeozen
reichlich besetzt sind. Die Häute in der Umgebung dea Ein-
gangs des Aneurysma und die Sinus Valsalvae enthielten ene
grosse Anzahl atheromatöser Stellen.
16. Beobachtung von Beck. (Med.-cfatr. Tiansacl. —
Canstatts Jahresber. 1842.) Der rechte Sinas ValaaVrae aa
der Aorta war vergrössert und zeigte eine runde zuckererbeea-
grosse CommunicatioDSoffbiing cwischen der Aorta nod deai
rechten Ventrikel ; gerade unter dar SiipAigeo Klappe lag der
zusammengefhilene, ^4" ^^H^ Anettrysmasack von der ^om
eines Hondschuhfingers, an seiner Spitze geborsten. UnaaitMl*
bar an der Basis' desselben fand eich n«ch eine gänsefeder-
spnhlgrosse Communicationeöffnang awisehan beiden Ventri-
keln. Die Aortaklappen waren insufficient.
17. Beobachtung von Fletcber (ibid.). InsuSi-
cienz der Klappen der Lungenarterie in Folge von Scbnim-
pfung der einen und Verdickung der andern 2 Klappen mit
excentrischer Hypertrophie des rechten Ventrikels, weleher
unterhalb des Ostium arter. mit dem linken coramunicirU.
Die Pulmonalis und ihre Aeste waren sehr erweitert, die
Aorta vom Ductus Botalli bis zum Ursprung der Subclavia ver-
engert. Die 19jähr. Pat. litt seit B J. an Athembeschwerden,
und man horte in der Gegend der Pulmonalis ein lantes Rae-
pelgeräusch und fühlte daselbst oberflächliche Pulsationen mit
Fremissement.
18. Beobachtung von Burci (Gazz. di Mil. 1843.
Cansir. Jahresber.). Aneurysma partiale der Aorta adscend.,
welches sich im Septum ventr. gebildet hatte bei einem 96jähr.
Manne, der seit einiger Zeit an häufigen convulsirischen An-
fällen mit Bewusstlosigkeit litt. Man fand in dem hintern
obern Theile des Septum des linken hypertrophirt en Ventri-
kels unter der Innern Aortenklappe eine taubeneigrosse mem-
branös und glatt ausgekleidete Höhle, aus welcher sich ein
2" langer Polyp aufwärts erstreckte.
10. Beobachtung von Craigie (Edinb. Journ. 1843.
Canst. Jahresber.). Ein ausgebildetes, mehr als wallnass-
grosses Aneurysma in der Substanz der Kammerscheidewand
zwischen dem Aortazipfel der Mitralis und den 2 Aortenklap-
pen , welches als eine sphärische Geschwulst in den rechten
Ventrikel hineinragte, mittels einer glatt- und knorplig um-
randeten OefTnung sich in die linke Kammer öffnete, uad des-
sen Wandungen ohne die geringste Spur einer Trennung des
Zusammenhanges aus dem Endocardium und einer deutlich
gefaserten Membran zu bestehen schienen. Es betraf einen
38jähr. Gärtner, der 7mal an acutem Rheumatismus arlico-
lorum und seit 3Vs J- an Schwere in der Herzgegend, Ohn-
macht und heftigem Schwindel litt. Man hörte ein rauhes,
systolisches Geräusch; der Puls war im Widerspruche mit
den starken Herztönen klein und schwach und zeitweilig um
1 — 2 Schläge aussetzend.
20. Beobachtung von Craigie (Canstatts Jahresber.)-
3tfjähr. Frau. Systolisches Blasen und Reibungsgeräusch am
untern Theil des Brustbeins. — Mitralklappe zeigt Sparen
von Verknorpelung. Der rechte Zipfel der Aortaklappen war
von 2 OefTnungen durchbrochen, welche unterhalb des Eo<
docnrdium in eine mehrfächerige Abscessbohle innerhalb des
Fleisches der Vorhöfe und des die Aortenwurzel omschliesaen-
den Muskelstratum führten; die hintere Aortenklappe war
sehr erweicht, siebformig durchlöchert und von röthlicher,
fsserstoffiger Exsudation bedeckt; auch von hier gelangte
man in den Ahscess.
21. Beobachtung von Craigie (Arch. g^n. 1848).
lOjähr. Soldat, bei dem sich aa der Basis der linken Kammer
hinter der Mitralis in der fleischigen Partie des Herzens ein
wallaussgrosser, Eiter enthallender Ahsoeas voriaad , der wie
eine Art von Cyste eingeschlossen, uad ohne Commanica-
tion war.
IV. Pfltiviogie, 1li«i«pift a« medkamMlie KliniL
9r
Moteiwi Laogstaff w&m «ioeoi «mlmgriielMa Abaoess mit »»-
■-•geliDMsiger IsiiMilUielle, dar plaatiteba Lymphe md £ttor
«jDtlrieily die ganze Liage des Septom venu, ciimabai u. dortii
ekle iJeioe OdAmog yod Gaoackicigrdsse mh dem Knken Ve»-
irJktl comnootctrta. Plötalidier Tod.
23. Beobachtung. (Rhein, u, westf. Corr.-BI. 1843.)
Pall TOD pldtzlichem Tod in Folge eines dicht unter den Aor-
taklappeo sitzenden, 15'" langen, 6''' breiten Geschwürs,
^reiches durch das Septum hindurch in den rechten Ventrikel
mit einer doppelt kleinem Mundung geborsten war. Nebst-
dem war die rechte Aortaklappe zerstört und von ihrer loser-
tioosstelie losgerissen. Das betreffende Individuum, ein Braont-
^'eiatrinker, hatte ?or 3 J. eine acute Herzkrankheit , später
Herzklopfen und zeitweilige, fluchtige Schmerzen in der mitt-
lem Brustgegend.
[Wir fägea obigen Fällen noch folgende ans englitebet
JeoTiia)eB bei. !■ der M»d. Tinea , März 1851, ßndet sich
falgeader FaJI. Eis 14jäbr. Knahe , bis 5 Hon. for seinem
Tode, wo er von Rbettmatismvc hefatleci wurde , stets geaond,
Ang efDeo Monat f«r seinem Tode an Fleisch zo verlieren,
J&tagte daBD einmal über Herzklopfen und bekam eine Obn«
nacht. Zur Zeit seines Todes sass er an einer Strasse, als
er plötzlich eiaen Schrei auaatless , umflel und todt war. —
Seetion, Pericardiam mit Blutserum nad geronnenem Blute
erfüllt, an der Herzspitze verwachsen. An ller Basis des
Herzens ein Aneuryama von der Form, und Grösse eines Fin-
gerhutes , nach aussen und oben hervorragend , zwischen der
AnfaogasteHe der Aarta und dem linken Herzofare. Dia mit
dem linken Ventrikel communicirende Oeffnung war voa
oblonger Form« ^f^" in Länge und unmittelbar unterhalb der
finssem Aortenklappe und nahe an der Ansatzstelle der Mitral-
klappe. Nah« dieaer MQodung des Aneurysma fanden sieb
noch 2 kleinere Löcher, durch welche sich eine kleine Sonde
fuhren Hess , die aber in keinen deutlichen aneurysmatischen
Sack fährten. Der Riss , durch welchen das Blut in das Pe-
ricardium gekommen war , fand sich an der Spitze des Aneu-
rysma. Die Wände des letztern enthielten keine Muskelfa-
sern, sondern bestanden aus dem Pericardium und waren mit
eiear aartaa Mamhnm ausgekleidet, weiche unmittelbar in das
Endocardium überging. Das Herz selbst war hypertrophirt
und wog 9 ^. Die Aortenklappen waren degenerirt und mit
Kalkablagerungen besetzt, ebenso waren die Ränder der Mi-
tralis verdickt und auch hier fanden sich Kalkablagerungen.
las Eadocardiaro des linken Ventrikels waren einige weisse
Stellen. Das rechte Herz war gesund ; ebenso die übrigen
Organe.
Peacock (Lood. Gaz. Nov. 1851) beschreibt folgenden
Fall. Ein 40|iiibr. Mann, welcher bis 11 Wochen vor seinem
Tode Die ernstlich krank war, wurde von Rheumatismus und
dyspeptischen Erscheinungen befallen, wozu sich bald Atbem-
Doth und Schmerz im Epigastrium gesellte. Ein lautes , rau-
hes systolisches Geräusch wurde am obero Tbeile des Sternum
gehört, aber kein 2. Ton. Seblösslich trat doppelseitige
Pneumonie dazu. — Sektion. Der linke Ventrikel war hyper-
trophisch und dilatirt. Die rechte und die hintere Aorten-
klappe waren zu einer grossen Falte vereinigt , mit leichter
Andeutung einer Theilung im obem Rande. Auch die hintere
und die linke Klappe hingen theilweise zusammen. An der
Daais und mehr auf der linken Seile der rechten Aortenklappe
war ein kleines Loch , durch welches man in einen In der
Substanz des Septua Yentr. und in den rechten Ventrikel
hereinragenden Sack von Hasel nussgrösse gelangte. Eine
2. und grössere, ebenfalls in das Aneurysma fuhrende Oeff-
nung befand sich in dem Raum zwischen der rechten und der
hintern Aortenklappe, und eine 3. Oeffnung im rechten Sinus
Valsalvae. Der Sack war mit einer deutlichen Membran aus-
gekleidet und enthielt keine Fibringerinnuflgen. Frische
Fibrinvegetationen fanden sich an den Aortenklappen , an der
Mitralis und auf dem Endocardium des linken Ventrikels.
B e n n e t (Ibid.) theilt folgenden Fall mit. Eine 50jähr.
Frau, welche Ton ihrem 6. Lebensmonate an unvollkommener
Pafaplegia der finken Körpcrhäifte litt , wurd« in dar letzten
Zaii ihrps f^bena wiedarMt fon dyipnoiacbatt ÜraabainmH
gen befuliiMi und 2 Mon. vor ihrem Tode von Anaaarka der
untem ExtremitdteB und grosser Sohtväche. Sie klagte nie
über Herzklopfen o^r öberhatipt trgead ein auf das Herz m
beziehcsdee Symptom. Man bdrta ein laates syaUiUacbaa
Geriusch, an deutlichsten in der Gegend der Mitralklappe, u.*
einen normalen 2. Ton, worauf eine längere Pause ciotrat.
Der Rhythmus war häufig unregelmiasig. — S^etion. B«a
Pericardium war in weitem Umfiange mit dem Herzan feat v(fr-
wttchsen. Daa Herz war «ergröaaert , sowohl dar rächte ab
liake Ventrikel waren dilatirt und io ihren Wanden hypartro*
pbirt. Die airnnMlichen Klappten waren gasuad, mit l^ua*
nähme der Aorlamklappea , welche etwas verdickt waren. Dia
vefdirktan Winde des linken Ventrikels waren fibrös cntartat,
besonders gegen die Basis des Honens hin, wo ungefähr Vs^'
unterhalb der Aortaklappe und von da nach aufwärts das Mus-
kelgewebe ginalich fehlte und durah ein faates, dichUa, ihrö-
ses Gewrbc ersetzt war. An einigen Stellen der Ventrikal-
wand waren die abgelagerten Massen umschrieben , Ton Etk-
seagrösse und darüber , ähnlich den fibrinösen AMageruigen
in dar Milz. Das Endocardium dea Septum ventr. dar lialeen
Kammer war beträchtlich verdickt und rauh , und ringsum an
der Basis dea linken Ventrikels aeigien sich aaehrcra uaragal-
mässige, nicht organisirte Coagula, von denen das grösata
die Höhle eines beginnenden Aneuryama aasfillte, welehea
ungefähr 1" im Ourchm. hatte und auf der linken Seite gau
nahe der Basis des Ventrikels gelegen war. Die Wände das
rechten Veatrikeis zeigten eine ähnliche Entartung, wie die
des linken Ventrikels ; das Endocardium des Conua arterioaaa
war sehr verdickt , und ein dickes narhenÜinlichas Band lief
unmittelbar unter den Pulmonalklappen rings herum und ver-
engte diesen Thell ao , dass daa Orificium eager war , als die
Lungenarterie. Auch das Endocardium dea Septum «entr.
der reohten Kammer war verdickt und zeigte zahlreiche dan-
keigelbe Flecke , oft von grosaerem Umfange , bei deren Ein-
schneiden sich ergab, dasa darunter das Muskelgewehe ge-
schwunden und dnrdi eine gelMlehe Masse , ähnlich wie im
linken Ventrikel ersetzt war; doch vrar hier diese Masse wei-
cher und weniger umschrieben. An einer solchen Stelle war
sie sehr erwacht vnd gleich einer eiterartigea Flussig!keit,
. doeh zeigten sich unur dem Mikroskop keine Eitenellen in
derselben. — Die Longen waren aehr blutreich; in den
übrigen Organen wurde nichts Bemerkenswerthes gefunden.
Unter dem Mikroskope zeigte das gelbe Gewebe, von
verschiedenen Stellen aus den Wandungen des Herzens ge-
nommen, Zellen, Fettkügelchen und entartete Muskelfasern.
Die Mehrzahl der Zellen war von sphärischer Form, von
Viaso — Vioto" im Durchra., und enthielt wenige K(h*ner;
nur einige der grossem hatten Kerne. Die Zellen waren so
geordnet, dass sie den Anschein von Fasern darboten.
Jahrbb. LXIX. 178 ist noch ein hierher geboriger Fall
von Tuffneil mitgetheilt. Der Fall von Finger (Jahrbb.
LXVI. 315) scheint derselbe zu sein, welchen Vf. als 4. Beob-
achtung giebt.] (Millies.)
322. Fall von BlaiUracllt, bedingt durch Of-
fenbleihitn der Herzhammersekeid^wand bei Fer^
Schliessung der Lungenarterie und Fehlen des
Ductus Botalli, nebst Temperaturmessungen; von
Dr. J. Wallach. (Arch. f. phys. Heilk. XJ. 1.
1862.)
Der betreffsnde Pat. war ein Knabe , welcher knn vor
Ablauf aeinee 13. J. starb. Von Gebart an blausuchtig blieb
sein Körper zart und schwach . während seine geistigen Anla-
gen ausgezeichnet waren. Eigentlich krank war Pat. bia in
sein 13. i. niemals gew-esen. Die blaue Färbung der Haut,
welche schon hold nach der Geburt aufliel , trat besonders
stark im Gesicht , an der Bindehaut der Augen , an den Li|)-
pen^ in der Mundhöhle und an drü Händen hervor. Sie war
beständig, nahm aber bei kühlem Weder und Körperanstren-
gnngea jedesoiai zu. Ebenso gehörte die grosse Espfindlich*
38
IV. Pathologie, Therapie o. inedieinisehe Klinik
keit gegen KSlte zu deo bestiodigsten Erecheionnfren. Die
kolbige Beschaffenheit der Fingf reoden , die stark tntwickelt
war, soll sich erst allmälig mit Ablavf des 1. Jahres ausge-
bildet haben. — Eine bäuflge Plage des Pst. war ein trocke-
ner Katarrh. Die Untersuchung der Athemwerkzeuge bot
niemals etwas Regelwidriges dar , ausser einer bäofigern Zahl
der Atherozage , die sich uberdiess mit dem Pulsschlage bei
jeder noch so geringen Aufregung steigerte. Der Herzschlag
war scharf und hart , durch die ganze Brust , besoaüers nach
der rechten Seite hin verbreitet. Der Systole Ton war kurz
und bell, auf ihn folgte rasch ein 2. noch kürzerer Ton, dann
eine Pause und ein dumpferer Ton ?on etwas längerer Dauer.
Die Systole schien in 2 Töne gebrochen, der längere dumpfere
Ton geborte der Diastole an. An der Carotis war der näm-
liche Rhythmus wahrzunehmen.
Die Verdauung war träge, der Appetit immer gering. Der
Urin zeigte gewöhnlich eine helle, strohgelbe Farbe, ohne
Bodensatz. Nur einige Monate vor dem Tode hatte der Harn
bei Vorhandensein starker Lungenblutungen ein sehr reich-
licbea Sediment von Harnsäure. — Im Ort. 1850 wurde Pat.
plötzlich ohne wahrnehmbare äussere Veranlassung von einer
Lungenblutung befallen, welche erst spärlich, dann in bedrob-
licber Grösse auftrat und mehrere Wochen anhielt. Im Fruhj.
1851 kehrten die Blutungen in stärkerem Maasse und kärzeren
Zwischenzeiten wieder; alle Styptica blieben wirkungslos. Das
entleerte Blut war dunkel gefärbt ; dieser Zustand hielt einige
Wochen an. Anfang Juni starb Pat. an Erstickung; die
Trachea füllte sich so sehr mit Blut , dass das Athmen rasch
unterbrochen wurde.
SeoHon, (Nur die Eröffnung der Brusthöhle wurde ge-
stattet ; eine genauere Untersuchung der Lungen in Bezug auf
Vertheilung ihrer Geßissstämme oder Beschaffenheit der Ge>
fässwände konnte nicht vorgenommen werden.) Brustkasten
nicht auffallend verändert ; beide Hälften symmetrisch, Pleuren
frei, ohne Spuren früherer Entzilndung, ohne Erguss. Rechte
Lunge völlig gesund ; linke Lunge klein , sehr blutreich , in-
farcirt , beim Einschneiden quoll überall dickes , schwarzes
Blut hervor; keine Spur von Tuberkeln oder EntzQndung. —
Thymus noch in ziemlich grosser Ausdehnung auf dem Herz-
beutel aufliegend ; letzterer glatt , nicht verdickt , enthielt
viel Serum. — Her% gross, besonders die rechte Hälfte, und
hier besonders der Vorhof. In den Höhlen viel dunkles, halb-
geronnenes Blut, das jedoch keinen Faserstoff abgesetzt hatte.
Rechte Kammer hypertrophisch ; ihre Wandungen mehrere
Linien dicker, als die der linken ; rechter Vorhof stark erwei-
tert , seine Wände nicht verdickt. Linke Kammer von nor-
maler Grösse ; linker Vorhof verkleinert. Die beiden Hohl-
venen mundeten in normaler Weise in den rechten Vorhof
ein; die Vorhofscheidewand war glatt, das Foramen ovale
2'" weit offen, die Klappe reichte nicht bis an den obern
Rand der Oeffnung. Die in die rechte Kammer fuhrende Oeff-
nung war glatt und frei. Die rechte Kammer zeichnete sich
durch hypertrophische Papillarmuskeln aus ;* die daran befe-
stigten Klappen waren gesund; nach ohen in der Gegend,
wo man zur Lungenarterie gelangt , war ein kleines accesso*
risches Segel , dessen oberer Rand sich an das benachbarte
Segel anscbloss. Der zur Lungenarterie fuhrende Hohlraum
war verengt und durch Balkenmuskeln so versperrt, dass alles
dahin strömende Blut abgewiesen und nach der entgegenge-
setzten Richtung getrieben werden musste. In der Scheide-
wand der Herzkammern befand sich nahe an ihrer Basis eine
Oeffnung, durch welche man bequem einen Finger fuhren
konnte , der alsdann ig der Aorta zum Vorschein kam ; die
Oeffbung selbst hatte vollkommen glatte, mehrere Linien dicke
Rändeiv Statt der Lungenaiterie lief die rechte Herzkammer
in einen geschlossenen Conus aus. Die Semilunarklappen
waren in eine feste, weisslich aussehende Membran verschmol-
zen, die nach dem Herzen hin eine Concavität, nach oben
eine Convexität bildete ; auf dem Gipfel der letztern befand
sieh eine längliche, ein Hirsekorn grosse Spalte, durch welche
jedoch von unten her keine Flüssigkeit durchdrang. Ver-
folgte man diesen Theil des Herzens weiter nach oben durch
Schnitte, so kam man in einen dünnhäutigen Kanal
von etwa 2'" Durehmesser; dieser war die verkumnierte
Lungenarterie, die nach dem Herzen blind endigte,- nach den
Lungen zu jedoch, nachdem sie einen Verlauf von V* gemacht
hatte , sich gabelförmig theilte. Beide Aeste waren leer von
Blut, ihre Wände faltig und dflon. Mit einer Sonde gelaugte
man eine Strecke weit in das Parenchym der rechten Lunge ;
nach der linken Lunge Hess sich von hier aus keine Verbin-
dung entdecken. — Der verengerte linke Vorhof zeigte sehr
kleine Einroundungsstellen der beiden Lungenvenen. An der
Scheidewand die kurze Klappe mit dem geöffneten Foramen
ovale; die zum linken Ventrikel fuhrende Oeffnung normal. —
Der linke, concentrisch verdickte Ventrikel führte einerseits
durch normale Semilunarklappen in die Aorta , deren Umfang
nicht übermässig war, andrerseits gelangte man unter der
Aorta weg aus dem linken Ventrikel in den rechten , so daas
die Aorta mit ihren Wänden in beiden Ventrikeln wurzelte. —
Von dem Ductus Botalli fand sich keine Spur. Die Kranzvene
öffnete sich in der rechten Vorkammer auf die gewöhnliche
Weise; sämmtliche Aeste waren stark ausgedehnt. Die Kranz-
arterien , von der Ji^urzel der Aorta ausgehend , boten nichts
Regelwidriges dar. — Von wo aus die Lungen ihr Blut bezo-
gen, ob durch accessorische Gefasse, oder durch erweiterte
Bronchialzweige, musste unentschieden bleiben; an dem 2Vs"
lang erhaltenen Stuck des Aortenbogens konnte man kein
derartiges Gefäss entdecken. Das in die Lungen strömende
Blut scheint an Menge nicht bedeutend gewesen zu sein, denn
die Lungen selbst waren' klein , ihre Venenmundungen im lin-
ken Vorhofe aber von sehr geringem Kaliber.
Vf. hat nun bei Lebzeiten des Pat. eine Reihe von
Temperaturmessungen vorgenommen. Die ersten Mes-
sungen wurden im Januar und Februar 1850 in den
Vormittagsstunden zwischen 10 — 1 Uhr gemacbu
Der Knabe hatte damals ein Alter jvon 1 1 J. u. 8 Mo-
naten. Lungenblutungen waren noch nicht einge-
treten. Das Resultat war folgendes. (Die Grade sind
Celsius 'sehe.)
l
Zimraer-
wärme.
i
i
ja
tO
ja
B
s
Bemerkungen.
200
27
100
330
?
280
17,«
22
100
33,5
?
23
17
24
100
32,5
?
24
20
22
112
34
33
28
Stublverbal-
tung nhd
Schlaflosig-
keit.
16,»
24
100
31,5
30,5
25,25
15,7»
24
84
33,75
33,5
23,5
15,5
20
92
33,5
32,5
28,5
12,5
22
100
31
32
20,5
16,5
24
80
34
33,5
25
18
32
110
32
31
29
Psychische
Emotion.
18,5
28
76
32
31,5
22,5
Diarrhöe, Hu-
sten.
19
24
100
34
31
23,5
22
28
100
35
33,5
32,5
18
24
80
32
31
25
17
32
100
33,5
33
21,5
22
24
88
33,5
?
?
19
?
?
30,5
30
26,5
13,5
t
?
32
32
23
•
Mittel
17,68
25
95,1
32,84
32 1
25.251
Der Vergleichung wegen machte Vf. noch 24 Mes-
sungen bei 6 verschiedenen, gesunden Knaben, liit
IV. Patiiologie, Thirtpie n. madiouuselM KliniL
39
Mesmingen wardeii ebenfalls im Februar, und zwar rielitsttaiide, 11 Uhr Morgens gemacht Als Resal-
in einem geräumigen Schulzimmer nach einer Unter- tat ergab sich.
I. 9 Jabr alt.
11. 10 Jabr alt.
Zimmer-
temperatar.
Mondhöhle.
Carotis.
Hand.
Rpspi-
ratioo.
Puls.
MoDdbohle.
Carotis.
Hand.
Respi-
ration.
Pttls.
22»
19
15,5
13,5
35
34
34
33
?
32
30
30
?
25,5
22
24
20
80
34
35
35
32,5
?
30,5
32
34
?
30
27,5
31,5
20
72
Mittel
34
30,6
23,8
34,1
31,1
29,6
111. 93/4 Jabr alt.
IV. 10 Jahr alt.
22
19
15,5
13,5
34
34
36,5
33
?
32
33
31
?
31,5
29,5
31,5
20
100
34
33
34
34
t
33,5
32,5
32,5
?
28
31,5
32
20
100
Mittel
34,3
32
30,8
33,7
32,8
30,5
V. 8V4 Jabr alt.
VI. 9 Jabr alt.
22
19
15,5
13,5
36
34,5
36
34
?
30
32,5
31,5
?
26,5
33
31
24
72
34
33
33
35
?
29,5
30,5
32
?
26,5
34,5
25,5
20
80
Mittel
35,1
31,3
30,1
33,7
30,6
28,8
Mittel aus 24
Zimmerwirnie.
Mundhöhle.
Carotis.
Hand.
Messungen.
17,5
34,5
31,8
28,9
Ausserdem machte Vf. noch 3 Messungen in dem-
stilhen Zimmer , in dem sich der blausfJehlige Kn»l»e
befand, an einem 9Vsi^hr. Mädchen.
Zimmerw.
Man<lli.
Caroti».
Hand. Respir.
Pnl».
180
32.5
31,25
24 24
80
18,5
32
30
29 24
80
22
35
32
32,5 24
80
Mittel 19,5 33,16 31,08 28,5
Stellt man nun die in den 27 Reohachlungen ge-
fundene mittlere Wärmemenge mit der bei dem hlau-
sflcbligen Knaben gefundenen zusammen , so ergiebl
sich folgende Differenz.
Mundh.
Gesunde Kinder 3a, 65
Blausacht. Knabe 32,84
Differenz 0,81
Uebrigens ergiebt sich aus den vorstehenden Be-
obachtungen, dass weder bei dem blausüchtigen Kna-
Carotis.
Hand
31,44
28,70
32,00
25,25
0.56
3,45
ben, noch hei den gesunden Kindern zwischen ihrer
Wiirme und den Übrigen Momenten ein immer glei-
ches Verii»llniss bestehe. Weder die Zahl der Alhem-
zügc, noch die des Pulses oder der Zimmerwärme
hielt immer gleichen Schritt mit der Temperatur
der Mundhöhle oder der Hjfnde. Bezüglich letzterer
bemerkt Vf. , dass die Temperatur der Extremitliten
wegen ihrer Unbeständigkeit am wenigsten fUr die
Bestimmung der ihierischen Wjtrme sich eigne.
Nachdem bei Pat. die ersten Lungenblulungen
eingetreten waren , klagte derselbe , der sonst fort-
wUlirend zum Frieren geneigt war, über ungewöhn-
liche Uitze, und Messungen, die in den Monaten Not.,
Dec. u. Januar, zu einer Zeit, in welcher der Knabe
den frühem Stand seines Wohlbefindens wieder er-
langt halte, ergaben gegen früher eine Erhöhung der
Temperatur. 6 Beobachtungen ergaben im Mittet
folgendes ßesultat: ^ j
Zimmerwarme^'gitized^^yißPg le ,>„,j,
16,5 34,25 79,8 _
40
IV« PadMkigio» Thartfit •>
KUkIL
Die Zunahme der WinM in der MimdMile be-
trug sonach gegen die vor den Blutungen fetoodeoe
(32,34).1,410 C. (Nil lies.)
323. Entzflndnng der aofttetgenden Aorta ;
Ton Dr. Spengler in Herborn. (V.'s u. R/s ^Tch,
IV. 2- 1852.)
Ein 38jähr. , früher immer gesunder Mann , war seit
V IVvMWS kFBCIKj bis nlli tI. 1109 1» MSI BMI« |yf^ llrNHMlM#H
sollte durch Erkaltung entstanden sein, u. sprach sich aierst
durcfr angeschwollene, schmenbafie, steife Kniee ond Finger
ans, spater durch Dyspnoe, Blutaaswerf, Congestion nach
Kopf und Lungen, Tollen Puls, bedeutendes Fieber. Vf. fand
Fat. auf dem Rücken liegend, sehr unruhig, über bedeutende
Angst klagend; xerreiaeeode Schmerzes hinter dem Brust-
beine, znaammenschnnrender Schmerz der Praecordien mit
Ohnmacht- und TodesgcfuM , ungeheurer Empfind licbkett so-
wohl der Psyche, als des ganzen Körpers, Aufgeregtheit,
klopfender Kopfschmerz , Glühen des Kopfi , zeitweise Ohn-
mächten, Herzklopfen, sichtbares Klopfen der Caroiiden,
Schmerzen im Leib , bald in der Magen-, bald in der Leber-
nnd Milzgegend. Seit 5 Tagen hatte Pat. sehr heftige Frost-
anfälle, die lange Zeit anhielten, worauf intensive Hitze folgte;
die Haut war gelblich gefärbt, glühend heisa, die FCsse leicht
odematoa; Puls 100 — IM, schwirrend, hupfend, unregel-
mässig, aussetzend, doppelschlägig. Die Percussion und
Auscultation der Longen ergab nichts Abnormes. Das Herz
begann oberhalb der 4. Rippe und der sehr starke Impuls war
etwas unterhalb der Brustwarze zu fühlen, als ein stürmischer,
tumultuarischer Anstoss. Nach rechts keine VoturosvergrOs-
serung. Im linken Ventrikel statt des 2. Tons ein Geräusch,
in der Aorta statt desl. Tons ein blasendes Geraofieh, wekbes
auch in den Carotiden zu boren war. — Leber und Milz ver-
grössert; Exsudat in der Bauchhöhle ; Urin sparsam , trübe,
aedimentös; Stuhl etwas diarrhoisch; Durst unlöschbar,
Appetit fehlte; Zunge rein. Die Brustmuskeln wurden oft
krampfhaft zusammengezogen , was dem Kranken heftige
Schmerzen Terursachte, denen öfter Ohnmächten folgten.
Schlaf fast gar oieht , schreckliche Träume ; grosse Prastra-
tion. — Nach 2 Tagen abermals ein heftiger Schüttelfrost,
Bltttspeien , starke Diarrhoe , Zunahme des Oedema , Erguas
in die Pleurahöhlen; Tod unter der grösslen Unruhe und
Angst.
Section, In den Pleurasäcken viel dünnes, blatiges
Serom. Lungen lufthaltig, mit Ausnahme des untern Theils
der rechten Lunge , der dick und derb war , auf der Schnitt-
Bache Granulationen zeigte und ein saniöses Exsudat aussik-
kern Hess. In beiden Lungen schaumiges Ovdem; in den
Spitzen alte Einziehungen und Narben, in der rechten ein
kleiner llaofea verkrcideler Tuberkel. Schleimhaut der Bron-
chien in^icirt, uiit dickem , hier und da blutigem Schleim be-
legt. — Im Herzbeutel viel Serum ; Herz um die Hälfte ver-
grössert ; in beiden Hälften viel dunkles, geronnenes Blut mit
dicken, derben, in ilie Trabekeln verfilzten Fibrincoagulis.
Das Endocardimn an manchen Stellen verdickt, weiss-glän-
zend ; auf der Mitralis einige Excrescenzen. Die Aortaklap-
pen waren mit einem fibrinösen Exsudate bedeckt ; auf der
hintern war eine Kxercscenz von i" Grösse im Durchm. , die
gelappt in das Lumen ragte ; auf der andern Klappe waren
weniger Rolche Excrescenzen. Dickt uberkalb derS. Klappe
befand tick eine haselnussgrosse GeMcbwulst, die sieh
beim Einschneiden alt ein kleiner Abteess zwischen den
Arterienhäuien mit dickem, gelblichem Eiter ieigte,
der eine kleine , stecknadelkopfgrosse Oeffhung in das
Her» hatte ^ wodurch beim Druck Eiter in die Höhle
'entleert wurde. Die innere Haut der Aorta war verdickt,
mürbe, aufgelockert, scbmutzig-ruthbraun imbibirt, leicht
abstrein)ar; die Zellhaut nurmal. — In der Bauchhöhle dün-
nes, klares Floidom; Leber um die Hälfte vergrössert, in
ihrer Sinictur normal; Milz um das Doppelte vergrösfert,
ihre Kapel gespannt, ihre Pulpa erweicht. Magen in seinem
^Blindsack rothbraun erweicht ; Nieren gross , blutreich.
(Milliea.)
304. TtdMAiU dmli ferrtsftag dtfXift-
geiartarie; ve» Dt. Hoogewag in ikrlin. (Pr.
Ver.-Ztg. 52. 1851.)
Eine 31jähr. Efsfgeftärende klagte am 3. Tage des
Wochenbettes nach einem Schüttelfröste über reiaaende
Schmerzen im Verlauf der Schenkelvene , in Kniegelenk and
Wade, die sich bia in die Bauchhöhle ersüeckttn. iDgoiBol-
drfisen waren etwas geschwollen und wie die bezevebtteten
Stellen der Extremität gegeU/DmcS empfindlich, doch ohne
Farbe- und Teraperaturvcränderung. Tags daraiif trat Oedem
des ganzen linken Schenkels ein, welcher nach einigen Tagen
das Doppelte des normalen Umfangs erreichte. Schmerzen
so lebhaft , dass der Schlaf gestört wurde. Secretioneft des
Wochenbettes ungestört, Durat massig, Pals 96. Ein Inftts.
digital, uad Einreibungen von grauer Salbe bewirkten keine
Aenderung, nach Application von Schröpfköpfen schwand der
Schmerz, das Oedem blieb aber. Eine feste Einwickelung
der ganzen Extremität bewirkte die Abnahme dea Oederas, ao
duss Pat. grösstentheils ausser dem Bette war, und täglich
mehr an Kräften zunahm. Plötzlich stürzte sie aber unter
einem lauten Schrei nieder, das Gesicht ward bleich; verfiel,
das Auge gebrochen, kühle Extremitäten, kleiner, wenig be-
schleunigter Puls, laute Respiration, Ausdruck grosser Angst
und nach >/« Std-. Tod.
Section nach 10 Stunden. ,Bedeul«nde Todtenatarre,
untere Extremitäten gegen das Becken flectirt. Gehirn derb,
fest, sonat normal. Lungen frei, lufthaltig, aoa den durch-
schnittenen Geiaaaen quollen Pfropfe geronnenen, tbeüweia
veränderten Blutes hervor. Herz ohne wesentliche Verände-
rung , Leber gross , die Pyramiden und CorticabubsUai der
linken Niere gerötheter, als die der rechten. Gebärmntter
gaai ao , wie sie 4 Wochen naeh der Eolbiii^og sei« nuaa.
Die linke Vena crural. und ihre sämmtlichen von der nnteni
Extremität kommenden Aeste waren durch Faserstoffgerinnon-
gen total verstopft. Sie liesaen sich im Hauptataamie bia
zum untern Dritttheil dea Oberschenkels verfolgen, waren
fest und adhärirten so an der Venenwandnng , dass man aie
nicht aus dem Lumen des Geifissea eotfenien Itonnte , »hne
dass Reste davon siuen blieben ; doch erschien die Waodung
glatt und von normaler Beschaflenheit. Dagegen waren die
Aussenwände des Gefässes tut dem umgebenden Bindegewebe
verschmolzen und in eine feste Masse eingebettet, so daaa ea
sich fest und starr anfühlte. Bas Gerianaal lieas sicli bis in
die V. iliaca sin. verfolgen, wo es aber nur locker ad ha rirte
und IVa" >a <lic V. cav. inf. hineinragte, wo es die Gefasa-
wandung wriiess ond frei mit einer kegelförnigen Spitze en-
digte. Weiter oben war sie frei und nur erst in den Longen
fanden sich Gerinnungen wieder, und zwar konnten sie bia in
die feinern Verzweigungen beider Aeate der Art. pnlmoD. Ter-
folgt weiden, wo sie jedoch nicht fest adhärirten.
Vf. glaubt, dass die Faseratoffgerinnungen in den
Venefl8tammen der Lungen und der linken uolern
KiM^perhalfle , zu gleicher Zeit und zwar each dem
AuHU'eten des Schüttelfrostes und entsprechend der
Aysi>ildui»g des schmerzhaften Oedems entstanden
sind , erslere aber etwas später , weil nur aniuneh-
men ist, dass ein durch die Circulation von der pri-
niifren Gerinnung abgerissener Fasersloffpfropf, der
das rechte lierz paasirt und in der Pulmonalarterie
stecken gebliehen ist, diese secundlir erseugt hat
Auffallend bleibt es, dass im Leben kein Symptom
auf Beeinträchtigung des Lungenkreislaufs hingewie-
sen, und die Section keine Veründening des Lungen-
parenrliyms ergab. Der plötzliche Tod iMssl sich
dadurch erklüreu , dass durch Anschwemmung e.ines
neuen Coagulums die bis dahin nur gehemmte Circu-
lation in der Pulmonalarterie momentan vdllig aufge-
hoben Word«. (M i 1 1 i e s.)
IV. Pathologie, Therapie n. medicinische KliniL
41
325. Ueberohronisclie Peritonitis; von Prof.
Chrislensen. (Hosp.-Meddelelser Bd. 3, Heft 3.)
Als constante und hervorstechende Symptome der
Enizflndung einer serösen Haut sollte man Schmerz
und Exsudat annehmen müssen ; allein der Schmerz
ist io der chron. Peritonitis oft so unbedeutend, dass
der Kr. kein Gewicht darauf legt, und das Exsudat
oft so gering, dass es dem Arzte zweifelhaft ist, oh
es Überhaupt vorhanden sei , und wird die Dragnose
nur naOglich, wenn man alle vorhandene Symptome
gehörig herflcksichtigt. — Nach Anführung der bei
deo Sectionen vorgefundenen pathologischen Zustan-
den geht der Vf. die fdr die Krankheit und ihre Com-
plicationen eigenthümlichen Symptome naher durch
und sucht so seinen Beobachtungen nach ein deut-
Jicbes Bild der Krankheit zu entwerfen. Bei der
Section tiodet man ausser dem gewöhnlichen plasti-
schen Exsudate noch ein anderes, welches auf diesem
abgelagert ist, und in der Gestalt von grösseren oder
kleineren Granulationen von der Grösse eines Hirse-
korns bis zu der einer gespaltenen Erbse sich zeigt.
Die hirsekorngrossen Granulationen sitzen dicht zu-
sammen, und finden sich in den Zwischenräumen nur
einzelne Granulationen ; die grösseren bilden keine
Gruppen. Jene gleichen den Miliartuberkeln , für
welche sie oft gehalten werden , diese dagegen den
Krebsablagerungen, können aber, da sie unter dem
Mikroskope als eine amorphe Masse erscheinen, nicht
dahin gezählt werden. Vf. glaubt, dass dieselben
auch keine Tuberkeln seien , weil man sie auch da
findet , wo keine Tuberkeln im Darmkanale oder an-
dern Organen vorhanden sind. Er halt sie vielmehr
für ein einfaches Exsudat, welches sich aus der in
der Bauchhöhle vorhandenen dünneren Flüssigkeit
niedergeschlagen hat. Wenn diese Flüssigkeit eine
puriforme Beschaffenheit hat, so ist dieses eine Folge
einer frühern acuten Entzündung, die chronisch ge-
worden ist u. deren pathologisches Product purulent
geblieben ist. In solchen Fällen zeigten sich die
Krankheitssymptome aber auf andere Weise , als bei
der chron. Peritonitis. Krebs und Tuberkeln, die in
dpn Unterleibsorganen abgelagert sind, können chron.
Periton. hervorbringen. Wenn der Krebs in der Tiefe
der Organe seinen Sitz hat, oder nur die Schleimhaut
der innern Fläche derselben einnimmt , so veranlasst
er keine chron. Periton. , sondern nur dann , wenn
er auch in das subperitonäale Bindegewebe abgelagert
ist. Am häufigsten kommt chron. Periton. mit Krebs
in Verbindung vor, wenn dieser das Omentum , Me-
senterium, die Capsula Glissonii befallt. Vf. glaubt,
dass wenn chron. Periton. nach Tuberkeln folgt, die-
ses nur alsdann geschieht, wenn eine tuberkulöse
Degeneration der Därme, die sich der Perforation
derselben nähert, vorhanden ist. Es erfolgt dann
von der serösen Haut aus eine Exsudation , welche
Verklebung mit einem benachbarten Organe zu Wege
bringt» und von hier breitet sich unter günstigen Um-
ständen die Entzündung allmähg aus. Ein festeres
Med. Jahrb^. Bd. 74. Hfl. 1.
zusammenhängendes Exsudat bildet sich auf allen od«
den meisten vom Bauchfelle überzogenen Organen u.
werden darin den Tuberkeln ähnliche Exsudationen
abgesetzt, und mehr oder weniger Flüssigkeit exsu-
dirt. Von den Symptomen der chron. Peritonitis be-
spricht Vf. zunächst den Schmerz. Er ist oft in so
geringem Grade vorhanden , dass er nur bei einem
starken Drucke von dem Kr. empfunden wird. Sub-
jectiver Schmerz fehlt bisweilen ganz, obschon die
Kr. oft über geringe Schmerzen an verschiedenen
Stellen des Leibes klagen. Besonders werden solche
quer über dem Nabel nach dem Essen empfunden,
wahrscheinlich in Folge des Drucks des vollen Magens
gegen das afficirte Omentum. Der mittlere Theil des
Unterleibes pflegt bei dem Drucke am schmerzhafte-
sten zu sein, aber auch die Reg. hypogastrica. Jus-
dehnttng der Unlerleibswände mit mehr oder we-
niger deutlichem Gefühle von Fluctuation ist in
verschiedenem Grade vorhanden. Eine geringe Aus-
dehnung bemerkt man in der Reg. hypogastr., in der
Regel ist die Fluctuation dann höchst undeutlich,
jedoch findet man an der niedrigsten Stelle dieser
Partie einen matten Percussionston. Auch bei Aus-
dehnung des ganzen Leibes kann die Fluctuation un-
deutlich sein ; dann giebt die Percussion einen tym-
panilischen Ton, ausser an den abhängigsten Theiien,
woselbst sich der matte Ton bei Veränderung der
Lage veränderL Bei der Palpation fühlt man eine
eigenthümliche Resistenz, hat ein Gefühl, als wenn
ein gespannter Körper Widerstand leistet, es ist
gleichsam, als fühle man eine dickere, ausgebreitete
Lage, von welcher die vordere Wand des ausgespann-
ten Leibes gebildet würde. Ein sicheres Zeichen des
Vorhandenseins der Krankheit ist aber, wenn man
bei der Palpation ein eigenthümliches fieibungsge-
rausch, dem Lederknarren ähnlich, wahrnimmt. Ein
häufiges Symptom ist hartnäckige Leibesverstopfung,
welche von der Verdickung des die Därme bekleiden-
den Bauchfells und die dadurch hervorgebrachte Be-
hinderung des Mot. peristalticus herrührt. Ferner
macht Vf. auf die Abmagerung ohne andere hekti-
sche Symptome aufmerksam. — Die Haut ist in der
Regel trocken und rauh und nur wenn die Krankheit
von Lungentuberkulose oder einer chron. purulenten
Ansammlung im Unterleibe herrührt, wird sie in Folge
eines pyämischen Zuslandes feucht sein. Die Zunge
ist trocken, mehr oder weniger rein, diphtheritisch,
oder mit einem trockenen Ueberzuge bedeckt; Durst;
der Puls zeigt nichts Charakteristisches; Oedem der
Beine fehlt oft, oder ist nur in geringerem Grade
vorhanden. Wird die Peritonitis durch Krebs irgend
eines Unterleibsorgans bedingt, so kommen noch an-
dere Symptome vor, die nicht auf Rechnung jener zu
bringen sind.
Hinsichtlich der differentiellen Diagnose bemerkt
Vf., dass Lebe7*cirrhose auch Ansammlung von Serum
in der Unterleibshöhle verursacht, hier wird aber
beim Druck auf den Leib kein Schmerz, wie bei der
chronischen Peritonitis empfunden , und ist oder war
6
42
IV. Patholoigie, Therapie u. medicinische Klinik.
das U^el von Gelbsucht begleitet. Wasseransamm-
lung in Folge von Albuminurie ist auch nicht mit
Schmerz beim Drücken des Leibes verbunden , dage-
gen ist Oedem anderer Theile u. eiweisshalüger Urin
vorhanden. Eine diphlherilviche ode?- katai*r haii-
sche Entzündung des Dickdarms ^ die chronisch ge-
worden ist und einen ulcerativen Zustand des Darms
erregt hui, kann auch mit chron. Periton. verwechselt
werden, weil sie eine massige lympaniliscbe Ausdeh-
nung des Leibes veranlasst, und kann die vorhandene
Diarrhöe für eine Complication der Peritonitis gehal-
ten werden. Hier werden die Schmerzen beim Drük-
ken lüngs der untern Partie des Tractus des Colons
und in der linken Seite des Leibes gefühlt.
Die Prognose wird von Vf. im Allgemeinen als
ungünstig bezeichnet, indem so zu sagen Krebs und
Tuberkeln ausschliesslich [?] Anlass zur Entwicklung
des fragl. Leidens gebes. — Behandlung, Das Ca-
lomel fürchtet Vf. wegen des Durchfalls , den es zu
erregen pflegt. Von allen diuretischen Nil lein zieht
er bei bedeutender Wasseransammlung die Bucc. ju-
Diperi vor. Das Jodkali erwähnt er nicht. Ein be-
sonderes Vertrauen hegt er zu den äusserlichen deri-
virenden Mitteln und will dadurch einige Male Heilung
bewirkt haben. Er lässt Schrtiplköpfe auf den Leib
setzen, und hinterher BrechweinsteinsaHie , bis hin-
reichende Snppuration entsteht, einreiben. Bis die so
erzeugten Geschwüre geheilt sind, lässl er Umschlage
machen , Und wenn sie wuchern , belupfl er 9ie niit
Lap. infernalts. Neuerdings gebrauchte Vf. zu dem
fragl. Zwecke das Ung. sabinae , welches eine reich-
liche Suppuration bewirkt und unterhält. Die Para-
centese halt er nicht für angezeigt , und will sie nur
bei ausserordentlich starker Ausdehnung des Leibes
gestatten, indem er glaubt, dass dadurch leichter,
wie in anderen Fällen eine acute Peritonitis hervor-
gebracht und der todtliche Ausgang beschleunigt wer-
den könne.
Unter den 9 mitgetheilten Fallen von chron. Pe-
riton. kamen 4 in Verbindung mit Krebs des Magens,
des Omentums und der Leher vor, 2 entwickelten
sich bei tuberkulösen Darmgeschwüren ; in 2 Fällen
liess sich kein pathologischer Zustand, welcher die
Peritonitis veranlasst haben konnte, iiiilfinden; in
1 Falle trat bedeutende Besserung ein.
(v. d. H US eh.)
326. Zur Behandlang des Ileus; von Dr.
V. Oetringen in Warschau. (Rigaer BiMtr. 1.1852.)
1) Ein 32jäbr. schwacher Mensch wurde wegen eines
leichten Stat. gastr. im Hospital aufgeDonimen. Schon war
er wieder Reconvalescent , als sich plötzlich Erbrechen von
Speiseresten, spater von schleimigen Massen einstellte, und
ein heftiger, sich von Minate zu Minute steigernder Schmerz,
der von der rechten mittlem fiauchrcgion ausgehend, sich
bald aber den ganzen Unterleib erstreckte , hinzutrat. Puls
war nicht beschleunigt, Stuhl seit einem Tage nicht erfolgt.
Verordnung: eröffnende Klystire, örtliche Blutentleerungen,
Mag. bism. mit Magn. usta. Nachts 2maliges Erbrechen und
ein nicht ergiebiger Stuhl. 2 Tage später Kotherhrechen ;
Schmerz im Unterleibe geringer; 3 Unzen Hydrarg. vivum,
welche Dosis 3 Standen «pitAr wiedttfaolt «vird. ErVrecben
hörtauf; 3 flüssige, schwarze Stühle. Am folgenden Ta^e
war der Schmerz verschwunden, aber Gesicht collabirt, Pals
klein, Singultus. Mehrere gelbliche Stühle, welche nach 24
Stunden erfolgten , eolhielteo ke^n Qoecksiiber. £» trat Pe-
ritonitis und Tod ein. Seetion. Alle Organe des Unterlei-
bes, welche mit dem Peritonäum bekleidet sind, waren nüt
einer pseudomembranösen Schicht überzogen. In der ünler-
leibshöhle selbst ein schmutzig-gelhes , peritonitisches Eiso-
dat. Der Darm wurde von der Flexor« dextra coli zum Coe-
cum hin gespalten , wo im Colon adscendens das obere dea
Coecum zunächst liegende Darmstück in den untern Theil des-
selben einige Zoll hineingeschoben war; doch waren die En-
den des eingeschobenen Stückes vollkommen frei , aber ganz
gangränös.
Ohne Zweifel war das Quecksilber angewendet wopdeo,
als die Gangrän schon bedeutend war, und wahrscfaeiolich
wurde das obere Darmrobr noch tiefer in das untere bineingB-
schoben und dadurch den Fäces ein freierer Weg gebahnt,
wodurch sogleich der Motus antiperistalticus u. das Erbrechea
aufhörte.
2) Bei einem 30jähr. Manne trat kurz nach der Mahlzeit
ein heftiger, kolikartiger Schmerz ein, der sich rasch steigerte.
Bald kam Würgen und Erbrechen hinzu. Der aufgetriebene
Leib äusserst eropßndlich , ganz besonders aber eine kleine
Stelle links vom Epigastrium. Stuhl seit 24 Std. fehlend.
Schröpfköpfc , eröffnende Klystire, Magist. bism. mit Magn.
ust. ; doch verschlimmerte sich der Zustand. Um den untern
Theii des Darmkanals anzuregen, wurden nun Klystire aus Ol.
ricin. und Magnes. sulphur. gegeben ; zugleich wurde Opium
gereicht, worauf das Erbrechen aufhörte und der Schmen
sich tangsam minderte. Am nächsten Tage erfolgten Stuhl-
ausleerungen aus braunen , faculrnten , sehr stinkenden Mas-
sen bestehend, denen Blut beigemischt war; Pot. erholte sich
nach Umständen schnell wieder.
Fast aligemein glaubt man , es sei Uauptsacbe,
die StuhWerstopfung zu heben , und man greift zn
Calorael, Ol. ricin. u. s. w. Diese bewirken aber,
dass der Darmtheil über der Stelle , wo das Hinder-
niss für die Weiterbeförderung der Contenta stattfin-
det , in seinem Motus peristalt. angeregt wird » wo-
durch aber diesen Stellen , während der Durchgang
der Contenta erschwert ist, noch mehr Darminhalt
zugeführt wird , u. es muss sich daher das Darmrohr^
über der verengerten Stelle noch mehr erweitern and
ausdehnen, die Verengerung selbst aber betrifcbtl icher
und der Durchgang der angesammelten Massen ganz
nnmf)giich werden. Das Opium dagegen bewirkt das
Gegentheil.es vermindert die peristaltische Bewegung.
Die Indication bei Ileus würde demnacb sein : Be-
schränkung der peristaltischen Bewegung über
der verengerten Stelle, Beförderung derselben
unter dieser, (Hillies.)
327. Zur Behandlung derRnhr; von Denis.
(Daselbst.)
in nicht veralteten oder heftigen Fällen wy^iM yf. '
dasCalom^'l zu Gr. 10 an, den nächsten Tag eineJtajUr
sitjn mit Ol. ricini , bisweilen auch noch mit eaäiffB
Tropfen Tinct. op. croc. versetzt. Oft aber retfll
diose B(*hdndlungswei$e nicht aus, und zwar da» «•
die Krankheit gleich anfangs mit grosser Heftigkeit
auftritt und mehrere Tage nicht auf die angogebene
Weise, sondern mit andern Mitteln behandelt wurde.
Keineswegs beweist diess aber , dass die angegebene
IV. Pathologie, Therapie iu medidi^che Klinik.
43
\ RehaBdluDfBweise nngettttgend sei, es mahnt nur,
I mit den grossen Calomelgaben nicht zu säumen.
' Doch treten hier selten so ordentlich, wie in frischen
Pailen , die ftlcnlenten , erleichterndeh Galomelsttthle
ein, indem die specifische Entzflndnng des Dickdarms
meist ZQ ausgebreitet, und dieser zu stark zusammen-
gezogen isr, um den Eingang und Durchgang densel-
ben zu gestatten, und man wird genOthigt , noch Ol.
ricini za geben, oder selbst die grossen Catomelgaben
mit Elienm terhonden zu wiederholen. In solchen
Fallen hat man folgende Indicationen zu erftlHen :
1) dem Leber^ und Darmsecrete einen allmäligen
Durchgang durch den Dickdarm zu versclHiffen , und
2) den Krampf und die specifische Entzündung im
Dickdarm zu beseitigen. Der ersten Indicalion ent-
spricht am besten das Rheum und zwar so, dass der
Kranke Morgens und Abends ein haselnussgrosses
SltJck in den Mund nimmt und so lange daran saugt,
bis es schwammig geworden ist, worauf man es ver-
schlucken oder ansspeien lässt. Der Speiche] , Ma-
gensaft u. s. w. vermischen sich mit dem wirksamen
Bestandtheiie des Rheum auf diese Art auf das voll-
ständigste » wodurch eine allmälige aber durchdrin-
gende Wirkung bestimmt erzielt wird, u. schon nach
einigen Tagen sind die Stuhlausleerungen mit flüssi-
gen, gelben Fücalstoffen gemengt. — Der Krampf des
Dickdarms wird am besten durch Opium gehoben. -^
Die Entzflndung des Dickdarms aber sucht Vf. auf di-
rectem Wege, durch die Örtliche Anwendung einer
Solution von ArgenL nitr. gr.jjj:^ auf die Schleim-
haut zu beseitigen.
In der Rubrepidemie 1849 will Vf. die ausge-
zeicbnetslen Erfolge durch diese Behau dlungs weise
gewonnen haben und er glaubt , dass die Verbindung
der genannten 3 Mittel der Krankheit Einhalt thun
kann. (Millies.)
328. Tnberkelablagenmg in den Nieren--
decken, der Schleimhaut des einen Ureters und der
Blase, in Verbindung mit Tuberkeln in einigen
Buckenwirbeln und in den Lungen; von Prof.
Cbristensen. (Hospital Meddelelser Bd. 3, Heft 3.)
Ein von gesunden Aeltern gebomer and bis vor 3 I. ge-
sund gewesener 26jahr. Dienstknecht kam am 22. Joli i8S0
in das Hospital. Vor 3 J. hatte er wahrscheinlich ein typhö-
ses Fieber gehabt und stellten sich in der Reconvalescenz die
Zeichen von beginnender Lungentaberkulose ein. In den
letzten Wochen war ein Schmerz entstanden, der sich von
der linken Ingulaalreglon bis unter die falschen Rippen hin
erstreckte, daselbst anhaltend vorhanden war und durch
Druck, besonders der Reg. epigastr., vermehrt wurde. Auch
das Drücken unterhalb der rechten falschen Hippen war , ob-
tehon nor im geringeren Grade, schmerzhaft. Bei seiner Auf-
nahme hastete der Kr. etwas und hatte schwarzen Auswurf,
konnte ohne Schmerz tief eioathmen, auf dem Brficken u. der
liokeo Seite, nicht aber auf der rechten Seite liegen. Er
war bedeutend abgemagert , von hektischem Aussehen , sehr
schwach, hatte abwechselnd Kälte und Hitze, aber 'weder
Scbfiltelfrost, noch Sehweiss gehabt. Puls natürlich, aber
schwach. Fat. klagte besonders über heftige Strangurie und
eiaen beständigen Drang zum ürinlassen ; der Urin war klar,
liess beim Kochen viel Eiweiss niederfallen. Zwischen dem
5. und 7. Wirbel bemerkte man eine einen Winkel bildende
Erhabenheit, deren Spitze durch den Proc. spin. des 6. Wir-
bels gebildet wurde; Draek war daselbst scbmerzhaft. Zei-
chen vMi Tuberkeiabla^ening ia der rechten Lungen spitze ;
linke Lunge gesund. Unter andauernden Hambeschwerden,
überhand nehmender Abmagerung und Erschöpfung starb Pat.
in der Nacht des 17. März.
Section. Miliartuberkeln in der obern Hälfte der rech-
ten Lunge y' Bronchialdrüsen vergrössert, mit gelber, käse-
artiger Tuberkelmasse infiltrirt ; in der Mih einige, feste Tu-
berkeln; eine Nebenmüz von der Grösse einer Wallnuss.
Die Oberfläche der rechten Niere normal, der Uebergang
beider Substanzen in einander deutlich, das Pareuchym ziem-
lich blutreich , die Schleimhaut bleich. An der Basis einzel-
ner Pyramiden und im Innern einer derselben üand sich
gelbe Tuberkelabblagerung von der Grosse von Erbsen u. Steck-
nadelköpfen, fest und nicht erweicht. Die linke Niere etwas
hypertrophisch , uneben und knotig auf der Oberfläche, und
zeigten sich daselbst ausserdem noch gelbe Tuberkelablage-
rangen von verschiedener Grosse. Die beiden Substanzen >
waren in eine aus feinen und gröberen Körnern gebildete Masse
umgewandelt, die an einigen Stellen erweicht und von Eiter
durchdrungen war. In der Nähe des obern und untern En-
des war die Erweichung so weit gediehen , dass sich daselbst
Cavernen von der Grösse einer kleinen Wallnass gebiblet hat^
ten. Dieselben waren von unregelmässig geränderter Form
und mit Eiter und zerflossener Tuberkelmasse angefüllt, hat-
ten keine deutliche Haut, nur etwas dichtere Granulationen
im Umfange und commonicirten nicht mit den Kelchen. Zwi-
schen diesen beiden fanden sich noch 3 bis 4 ebenso beschaf-
fene Cavernen, welche mit den Kelchen comraunicirten , wo-
durch diese eine unregelmäsaige Form bekamen , indem die
Grenze zwischen diesen und den Cavernen nicht deutlich war.
Das Becken war nicht ausgedehnt, die Schleimhaut desselben u.
der Kelche war sehr verdickt, bleich und mit einer fest anhän-
genden, etwa 2'" dicken Schicht von exsudirtei- Tuberkel-
masse besetzt, wodurch sie ein unebenes, gelbliches und gra-
nulirtes Aussehn bekam. Der Ureter war sehr hypertrophisch,
so dick wie ein Finger , fest und gross ; sein Kanal hatte das
normale Lumen. Die Wände desselben bildeten eine 2 bis
3"' dicke Bohre, welche aus gelbem, käsigem, tuberkulösem
Exsudate bestand , welches sich vom Becken gleichmässig bis
zur Blase herab erstreckte u. ziemlich fest mit der nur etwas
verdickten Schleimhaut zusammenhing; an einigen Stellen
fand sich eine Schicht dünnen Eiters zwischen dieser Röhre
und der Schleimhaut. Im Grunde und an der linken Seite
der Blase zeigte die Schleimhaut eine Reibe zusammenhän-
gender Geschwüre mit erhabenen Rändern und gestreiftem
Grunde , ohne Tuberkelmasse. Im Umkreise derselben fan-
den sich vereinzelte Tuberkeln , von der Grösse eines Nadel-
kopfes. Die Hälfte des Pareochyms der Prostata war von gel-
ber Tuberkelsubstanz verdrängt. — Zahlreiche tuberkulöse
Dat*mgeschwüre besonders um die Bauhin'sche Klappe her-
um ; die Mesenterial driisen tuberkulös infiltrirt. — In der
Gegend des 3., 4. und 5. Rückenwirbels fand sich ein etwa
4'' langer und breiter Sack von regelmässiger, rundlicher
Form, von einer bleichen, serösen Haut gebildet, welcher
eine dicke, eiterähnliche Flüssigkeit und eine mehr feste,
grützartige, gelbliche, der Tuberkelmasse gleichende Substanz
enthielt. Im Grunde des Sackes sah und fühlte man die zer-
störten Wirbel, so dass der 4. fast ganz fehlte und nur einige
losgebrochene Stücke desselben vorhanden waren ; vom 3. u.
5. waren der unterste und oberste Tbeil erodirt. Anstatt der
gewöhnlichen glatten Oberfläche der Knochen bemerkte man
eine Menge hervorstehender , nadeiförmiger Spitaen , welche
nach vorn , oben und unten ausstrahlten und zwischen den-
selben lagen losgeriebene, poröse und laicht zerbrechliche
Knochenslücke. Der Ductus thoracicus hing mit dem Sacke
zusammen, stand aber nicht damit in Verbindung, war an
einer etwa 3" langen Stelle uneben und verdickt und eathielt
eine grumöse Masse ; unterhalb i|. oberhalb dieser Stelle war
er normal.
Die Diagnose auf Morb. Brightii war in dem mit-
getheilten Falle wegen des Vorkommens von Eiweiss
im Urin und der Strangurie gestellt. Eine so heftige
u
IV, Pathologie» Therapie u. medicinisehe Klinik.
Strangurie , wie sie hier vorkam , gehört freilich sa
den seltenen Syroplomen des Morb. Bright. u. wurde
von dem Vf. nur einmal in dieser Krankheit beobach-
tet» allein Morb. Bright. kommt oft in Gesellschaft
von tuberkulöser Lungenkrankheil vor. Der Harn
ward nur bei der Aufnahme des Kr. untersucht u. klar
befunden, hätte man ihn spater untersucht und dann
vielleicht purulent befunden, so würde man die Krank-
heit vielleicht für einen Nierenabscess gehalten haben.
Das was die Coagulalion des Urins beim Erhitzen
verursachte, dürfte nach des Vfs. Meinung eiterhalti-
ges Serum gewesen sein. Es hätte , um zur sichern
Diagnose zu kommen, das spec. Gewicht und die
Reaction des Urins untersucht werden müssen. Jenes
würde wahrscheinlich grösser, als normal gewesen
sein , n. würde er alkalisch reagirt haben. In allen
zweifelhaften Fällen des Morb. Bright. muss man nach
Vf. das spec. Gewicht des Urins untersuchen , denn
findet man es bis zu dem für diese Krankheit gewöhn-
lichen Grade vermindert-, so ist dieses eines von den
sicheren Kriterien des Vorhandenseins derselben. So
kamen dem Vf. 2 Fälle von Morb. Bright. vor, in
welchen kein Afbumen im Urin sich fand, das spec.
Gewicht war aber in dem einen 1,007 und in dem
andern 1,0075, anstatt 1,024 oder 1,025 des nor-
malen Gewichts des Urins. — Die Frage , ob eine
ähnliche Tuberkeiablagerung in den Nieren diagnosti-
ein werden könne, bejaht Vf. und giebt er folgende
Kennzeichen an. 1) Das Vorkommen von Tuberkeln
in andern Organen. 2) Die Palpation der in der Re-
gel wohl sehr hypertrophischen Niere , die so gross
sein kann, dass man sie leicht fühlen und percutiren
kann. 3) Schmerz in der Gegend derselben und bis-
'weilen auch längs des Laufes des Ureters. 4) Sehr
heftige und gewaltsame Strangurie, so dass der Kr.
unter heftigen Schmerzen alle Augenblicke uriniren
muss, weshalb sich oft auch Incontinentia zeigt. Bei
dem Einbringen des Katheters ist die Blase leer. Die-
ses Symptom scheint sehr constant vorzukommen, in-
dem es sich in fast allen erzählten Fällen angeführt
findet. Es kommt auch häufig bei Weibern vor und
kann daher nicht von einer Afleclion der Prostata her-
rühren. 5) Hat sich die tuberkulöse Masse auch in
der Prostata abgelagert, wie es in dem erzählten Falle
vorkam, so findet man diese bei der Exploration mit
dem Finger durch den Mastdarm hypertrophisch, viel-
leicht auch uneben und härter. 6) Wo der Urin klar
ist und bei der Erhitzung coagulirt , muss man , um
die Krankheit nicht mit Albuminurie zu verwechseln,
das spec. Gewicht desselben , so wie seine Reaction
auf Lakmuspapier untersuchen , und ist es anzuneh-
men , dass diese alkalisch sein wird. 7) Zeigt der
Urin hingegen einen eiterähnlichen Bodensatz, so kann
deshalb allein eine solche suppurirende Tuberkelinfil-
tration nicht angenommen werden , indem die Sup-
puration auch durch ein Steinconcrement , oder auch
durch einen erweichten MeduUarkrebs bewirkt wer-
den kann. Hier suche man zu erforschen, ob der
Kr. früher an Steinbescbwerden gelitten hat, oder ob
sein Aussehen » oder ein Leiden anderer Organe das
Vorhandensein von Krebs vermuthen lassen. ErhXlt
man dadurch ein negatives Resultat, so wird das Vor-
handensein von Tuberkeln wahrscheinlicher. Die
mikroskopische Untersuchung wird bei krebsiger De-
generation möglicherweise Krebszellen auffinden ; tu-
berkulöser Eiter wird sich durch selbige aber
nicht von dem Eiter , der durch Steine in den Nieren
entsteht, unterscheiden lassen, es sei denn, dass
sich tuberkulöse Partikelchen im Urin befinden, wel-
che man vielleicht an ihrer grumösen u. amorphen
Beschaffenheit unter dem Mikroskope erkennen kann.
(v. d. Busch.)
329. Syphilidologische Probleme ; von Dr.
Wagner in Essen. (Hann. Corr.-Bl. IL 18. 1851.)
I. ^tLshruch der latenten angebomen SypAiHs
nach 15 J. Aus den Fällen, wo die Syphilis bei
den Erwachsenen sehr lange (etliche 30 j.) latent
blieb, liesse sich schliessen, dass ausnahmsweise auch
bei Kindern die angeborne Syphilis länger, als diess
gewöhnlich geschieht, verborgen bleiben könne, und
erzählt Vf. einen so gedeuteten Fall, der aber vie-
len Zweifeln Raum giebt.
II. ffiederausbruch einer vor 22 Jahren anMekn-
nend geheilten prim. syphil. Affection. Eine 42jahr.
Frau, Mutter von 4 gesundeo Kiodera, litt seit mehreren Mo-
naten ao Haisschmerzen and Heiserkeit. Bei der OnterBuchung
fand Vf. diverse Geschwüre an den Tunsillen und in den Faa-
ces. Der Athem roch fötid. Die Dauer der HalsalTection bei
der übrigens gesunden Person , die gieichmassig fortgescbnt-
tene Entwickelang derselben ohne bemerkbare Intermissioneo,
so wie die Nutzlosigkeit mehrerer dagegen angewandten inoereo
und äusserlicben Mittel liessen den Vf. sofort eine sypbil.
Dyskrasie argwohnen. Die Frau gestand endlich auch, dasi
sie sich in ihrem 19. Jahre von einem ubei berafenen Manne
habe verfuhren la&sen, worauf sie an Schmerzen a. tSeschwo-
ren der Schamtbeile erkrankt sei, und dass ihr der sie damals
behandelnde Arzt gesagt habe, sie leide an den Franzosen.
Vf. beseitigte die gegenwartige Krankheit mit Kalijod. Ein
Jahr nach ihrer Heilung wanderte sie nach Amerika ans.
[Auffällig wäre immer, dass sämmtlicbe 4 Kinder gesund snr
Welt kamen, und es blieben.]
III. Syphilitische Jnsteckung bei anscheinend ge-
heilter und bis jetzt noch nicht wieder autgebroekener
Fenerie. Im Januar 1840 coosultirte den Vf. die etliche
20 J. alte Mutter von 2 [gesunden?] Kindern , die seit 2 J.
von mehrern Aerzten ohne Erfolg an einem Halsleiden behan-
delt worden war. Vf. fand die grasslichsten Zerstörungen.
Die Uvula war mit einem grossen Tbe'ile des weichen Gannieos
gänzlich weggefressen, an der hintern Waftd des Pbaryni ond
an den Tonsillen sassen speckige Geschwüre. Entsprechende
Symptome und Dolores osteocopi Hessen die inveterirle Sy-
philis nicht verkennen. Das genaueste Examen der scblicb-
ten, treuherzigen Bauersfrau ergab aber nicht den mindesten
Anhattepunkt Tur eine stattgehabte fnfection. Die Geschlecbta-
theilc waren völlig unversehrt ; die Frau versicherte , nie
etwas Krankhaftes an diesen Tbeilen gehabt zu haben, auch
sei ihr Mann in ihrer 5jahr. Ehe niemals krank gewesen. Der
Ehemann eröffnete dem Vf. hierauf, er sei kurz vor seiner
Verheirathung an einem Schanker am Penis behandelt , aber
bald davon befreit worden u. seitdem stets gesund gebliebeo.
Die Frau ward der Dzondi'schen Mercurialkur unterworfen,, es
trat aber 6 Monate nach scheinbarer Heilung ein Köckfalt der
Leiden ein. Das Kalijod hatte nun den gewänschten Erfolg.
Die Frau ist seit 11 i. von allen ähnlichen Affectionen ver-
schont geblieben.
Der Fall untersttltzt die Behauptung, dass die
Syphilis lange latent bleiben , trotzdem » bei un?er-
IT. Patliologie, Thenpie u. medieinisclie EliniL
45
I lehneo GeschlechUlbeilen des Nannes» Ansteckung
erfolgen kann , dass die üebertragung durch den Sa-
men geschieht, woraus au schliessen, dass ebenso
gut andere Secretionen, so die Milch der Amme, das
Vehikel des vener. Giftes abgeben ktfnnen, so wie die
AnsteckungsmOglichkeil der secund. und lertiSren Sy-
philis dadurch wahrscheinlich wird. Der Mann scheint
bei latenter Syphilis der Frau durch den Coitus nicht
angesteckt werden lu kOnnen, sicherlich weil bei ihm
eine Aufsaugung in seine Saftemasse nicht staltfindet.
In einer Nachschrill erzählt der Herausgeber einen Fall,
demnach ein junger Mann , welcher vor 2 Jahren an Schan-
kem des Penis behandelt und davon befreit wurden war, ein
gesundes, sittenreines Mädchen heirathete. In den ersten 6 J.
der höchst giOcklichen Ehe wurden 2 Kinder geboren , welche
in dem Alter yon 7 — 8 Wochen verschieden. Hierauf brachte
die in jeder Beziehung gesunde Mutter einen Knaben zur Welt,
der von einem schilferigen Ausschlage des ganzen Körpers
heirogesuchl wurde. Am Oberschenkel entstanden daraus
tiefere Geschwüre. Aehnliches zeigte sich am Gaumen u. an
den Lippen. Die Stimme ward heiser [kein EnchifTrftnement?]
und das Kind bot das Greisenantlitz dar. Der Mutter war aus
Gram langst die Milch vergangen. Eine gesunde Amme er-
krankte alsbald an Geschwüren der Brustwarzen und pach 6
Wochen an solchen an dem Gaumen. Die 2 folgenden Kinder
verfielen ähnlichen syphil. Ausschlägen, und wurden mit Mer-
cur behandelt und erhalten. Das 6. Kind blieb gesund, und
blüht nach nun 20 Jahren gedeihlich an Leib und Seele. Von
Vater and Mutter geschieht keine weitere Erwähnung.
(Hacker.)
330. Deber Syphilisation.
Nach Hiffelsheim (Gaz. de Paris. 48. 1851,
in der wöchentlichen Uebersichl) hat Diday Ober
diese Entdeckung gewissenhafte Untersuchungen ange-
stelU, und von Sperino ist sie äusserst gan.<:tig
beurtheilt worden (Jahrbb. LXXIl. 207). Hierauf
erwShnt Vf. der übel ausgefallenen Syphiltsalionsver-
suche des deutschen Arttes Dr. L. (Jahrbb. LXXill.
185), denen Auzias entgegenstellte, die Syphili-
sation sei nicht gebührend , die Schanker waren zu
schnell auf einander, die Inoculationssliche zu nahe
an einander, und, was noch ungehöriger sei, mit
allen Arten ?on Eiter vorgenommen worden, u. sucht
Vf. die Beschuldigung des zu schnellen Verfahrens
durch die Bemerkung zu stählen : „Nun weiss Jeder-
mann , dass man einen Kranken , den man mittels
irgend eines Alteraos heilen will, nicht mit einem
Schlage behandeln, ihm nicht die Summa des Mittels,
die er in refr. dos. zu nehmen hat, auf einmal ver-
ordoen darf." Noch führt Vf. zu Gunsten der Sy-
philisation einen ehemaligen Schaler des Val-de-Gräce
an • welcher der Acad^mie de Möd. , in der Sitzung
ani 25. Nov., sich zur Disposition anderer weiterer
Versuche stellte , und der bereits 7mal von R i c o r d
selbst inoculirt zu sein angab, worauf man spater
einzugehen beschloss. Weniger ist Vf. mit der So-
ciM de Chirurgie zufrieden, die auf die Aussage
Cullerier*s hin, der Schanker lasse sich nicht
eiomal auf Thiere übertragen, was doch Auzias,
V. Welz und Sigmund dargethan und Diday
bestätigt habe, sich einstimmig dagegen aussprach.
Vf. meint, die Frage Über die Syphilisation mttsse
ihrer Wichtigkeit halber vonirthetlsfrei erörtert« dOrfe
nicht von vorn herein abgeworfen werden.
Auzias las in der Acad. des scienc. (ibidem
S. 761) über den fragl. Gegenstand eine Abhandlung
vor, worin er in Betreff desselben 60 Proposilionen
aufstelho. NiirFlourens und Serres schloss<>ii
einige Bemerkungen an. Die Syphilis ward mit den
Pocken verglichen, und die Ausdauer, mit welcher
Auzias seine Untersuchungen verfolgt, sehr be-
lobL
De Castetnau spricht sich gegen die Irrlehre
der Syphilisation (Gaz. des Höp. 125. 1851) u. aber
den un^litcklichen Ausgang, welchen sie bei dem
deutschen Dr. L. nahm, tadelnd dahin aus, dass nicht
eine einzige Thatsache , die man zu Gunsten der Sy-
philisation angefahrt hat, erwiesen ist, die mei-
sten offenbar unwahr sind. Vf. stimmt vollkommen
mit C u 1 1 e r i e r überein, insofern dieser S p e r i n o*s .
Fallen Ungenauigkeit vorwirft. Fragt man aber, ob
der grösste Theil der Personen , welche sich taglich
der Ansteckung aussetzen, endlich unempfllnglich da-
für werden, so bejaht diess Vf., wenigstens in Betreff
der Frauenzimmer, wovon er sich in dem Saint-La-
zare, wohin alle syphil. erkrankte Frauen von der
Polizei geschickt werden , aberzeugte. Auf die sy-
phil. Saturation aber, wie sie Vf. nannte, die übri-
gens, wie es ntm heisst, „in der immensen Mehrzahl
der Falle nur nach einer sehr langen Zeit*' eintritt,
lasst sich keine Prophylaxis der Syphilis gründen.
Absolut falsch ist, dass ein 2. Inoculationsschanker
milder verläuD, als der 1., ein 3. milder, als der 2.
u. s. f., und der grösste Irrthum liegt in (/er Behaup-
tung, dass sich die Kranken ohne Gefahr syphilitisch
sättigen können. Manche sterben vorher, und der
Tod ist um so mehr zu fürchten, je mehr Infectionen
stattgefunden haben. Hieraus erklart sich, warum
die Sterblichkeit der Prostituirten in Folge von Syphi-
lis grösser ist, als in allen andern Klassen. Schon
deshalb hat Vf. gegen den Missbrauch der künstlichen
Inoculationen angekämpft. Er gab als Mittelzeil für
das Bestehen des künstlichen Schankers 27 Tage an ;
andere Male hielt er 03 Tage an, und in noch andern
Fallen gingen die Inoculirten dadurch zu Grunde.
Marchai deCaIvi schrieb (ibidem Nr. 137)
einen Brief an den Hauplredacteur , worin er darauf
hinweist, man habe die Syphilisation in zweierlei,
sehr verschiedener, Beziehung zu betrachten, als
Vorhauung oder syphil. Vaccination , und als curative
Syphilisation. In erster Beziehung giebt er dem Red.
zu bedenken, dass er die syphil. Saturalion, die doch
mit der Syphilisation ziemlich auf Eins hinauslaufe, in
ihrer vollen Starke anerkenne. Ferner beruft er sich
auf L a V a I , den oben erwähnten ehemaligen Schüler
des Val-de-Grdce , der sich mehr denn lOOmal ent-
weder selbst geimpft , oder von Andern , mit syphil.
Eiter der ersten Virulenz , habe impfen lassen , und
völlig unempHinglich für jede fernere Inoculation ge-
worden sei. Sonach, f^hrt Vf. fort, ist es also nicht
46
IV. FatMogie, Therapie xu medioinieelie Klinik.
iweifelhtfU.tfassiKeMcctsshre Inoculatieo dos sypkilif*
tischen Giftes eine vorbeugende Wirkung* haben kann.
Allein deshalb ziemt es sich nicht, einen Gesunden
krank zu machen , um zu verhindern , dass er es
werde, wenn Nichts dafür spricht , dass er es ohne-
dem werden muss. [dagegen billigt vr. die curative
Syphilisalion in jedem Falle von syphil. Diallicse , od.
constftationeller Syphilis. Er betrachtet es von nun
an fflr unbestreitbar, dass neue Inoculationen die
Diathese nicht verstarken können. „Wenn Jemand
das Gift in dem Blute hat , und wohl erwiesene Ver-
härtung reicht aus , nm diese Veirgiflung zu bestäti-
gen • so hat der Zufall , welcher sich in Folge einer
erneuten Insertion des Giftes erzeugt , nur rein ört-
liche Wirkung." Vf. giebt zu, dass ein Inoculations-
Scbanker phagedänisch werden könne, allerdings
ein übles Breigniss. allein die Phagcdüne sei nicht
so gawikhnlich, am Arme seltner, als irgend wo an-
,deres^ und ausserdem gäbe es Mittel dagegen. Fer-
ner ist das Heilmittel , welches man gegen constitu-
tionelle Syphilis anwenden muss, und Vf. kann es
iiicht genug wiederholen , dass- diese bereits besteht,
sobald ein verhärteter Schanker da ist, der Mercur,
durchaus nicht ohne Nachtheile. Er wird nicht im-
mer vertragen, und wird er es, so heilt er nicht im^
mer. Bei vielen Kranken erzeugt er Gastralgien,
stört die Verdauung und Ernährung , und schwächt
die Constitution, auf deren Erhaltung man bei Be-
handlung der Syphilis so sehr zu sehen hat ; der Sa-
livation und anderer durch den Mercur verursachter
Zuftllle ebensowenig zu gedenken, als des Widerwil-
leos, welchen viele Kranke dagegen haben. Es han-
delt sich also nicht darum, aus reinem Eigensinne
ein geftthrliches einem unschuldigen Mittel zu substi-
tuiren. Vf. fahrt zu Gunsten der Syphilisation einen
Fall Pelit-RadeTs an, demnach eine äusserst
rebellische Syphilis durch die Inoculation von Schan-
kereiter geheilt worden sei, der in getrocknetem Zu«
Stande aufbewahrt worden war. Noch erwähnt er
eines Ofßciers, welcher an inveterirter constilutionel-
1er Syphilis litt, von welcher er nach einer neuen
Ansteckung befreit worden sei, und meint, man
könne nicht wissen, ob die Syphilisation nicht auf
ein Gesetz fuhren werde, dass unter gewissen Bedin-
gungen alle virulente Krankheiten (der Rotz, die
Tollwuth u. s. w.) durch Inoculation ihres Products
heilbar sind. Vf. schliesst seinen Brief mit dem
Wunsche, dass man genau auf diese 2 Punkte achten
möge: I) die Nothwendigkeit , die curative von der
prophylaktischen Syphilisation zu unterscheiden , die
er gleichwohl bei allen bereits erkrankten öffentlichen
Mädchen för zulässig betrachtet, und zwar um so
mehr, als hier die präventive nur noch mit der cura-
tiven ihre Wirkung verbinden würde, u. 2) die Noth-
wendigkeit, die Vorzüge und Nuchtheile der curativen
Syphilisation mit denen der Quecksilber-Behandlung
abzuwägen.
De Gastelnan, aufgemuntert, wie er sagt
(ibidem Nr. 138), durch mündliche und schriftliche
Beweise der Anerkennung [seines vorstehenden Auf-
aalzee] von einer grossen Zahl »«sgezeiehneter Aerzi«,
kommt nochmals auf die Sypbihsation und sein Ver-
dammungsurtheil der kflnsüicheo hiocuktionea zm^
rück. Er beginnt mit der Brklämng, dass er die Hu^
manität, sobald sie zu den Interessen der Wissen-
schaft und des ärztlichen Standes in Widerspruch
steht, diesen voranstellt. Der Arzt und beeonders
die Hospitalärzte stehen ohnehin schon in den Ge-
rüche, als betrachten sie die Kranken nur als Mittel.
Vf. verdammt alle Versuche. Die syphil. Inoculation
hat Viele von dem Wege der Wahrheit abgeleitet
Sollte sie aber doch vielleicht Anfangs irgend einen
wissenschaftliehen Dienst geleistet haben , so hat sie
seit Langem Alles, was man von ihr erwarten konnte.
geliefert, und kann gegenwjirlig nur für eine eüle.
ungesetzliche Neugier angesehen werden. Wer
könnte z. B. behaupten wollen , dass 2490 syphil.
Inoculationen in dem Hdpital du Midi , 526 in einem
kleinen Hospitale zu Löwen, aus alleinigem Interesse
für die Wissenschaft angestellt worden wären« VL
sagt, er habe lOOmal gezeigt, dass die Behauptung,
man könne die künstlichen UIcerationen nach Will-
kür zum Stehen bringen, falsch sei, habe durch
die von den Inoculatoren selbst aufgeführten Beob-
achtungen bewiesen, dass die Mittelzeit des Bestehens
der Impfgeschwüre 27 Tage sei, und dass eins 87
Tage [oben anders] angehalten habe, und erzählt
einen Fall, wo ein Impfgeschwür, trotz verschiede-
ner Kuren , 18 Monate hindurch bestand, und sich
zu dem Umfange beider Handteller vergrösserte. Das
Geschwür behielt fort und fort ein schankrOses An-
sehn • eiterte stark , und war von hektischem Fieber
begleitet. Es bildete sich Erysipelas um das Ge-
schwür, Pat. erbrach sich einige Male, und starb.
Vf. bezweifelt, dass diese in dem Höpital du Midi
vorgenommene Inoculation die einzige ihrer Art sei,
da so gut wie diese auch andere können vergessen
worden sein. Wenn nun eine einzige Inocubtion so
gefährliche Folgen haben kann, was würde man denn
von den wiederholten Inoculationen, wie solche die
Irrlehre der Syphilisation anpreist, die ebenso sehr
aller Erfahrung, als dem gesunden Menschenverstände
zuwiderläuft, zu erwarten haben.
G hau Sit sieht (Ann. des malad, de la pean et
de la Syph. Novbr. 1851) in der Syphilisations- Ge-
schichte des deutschen Dr. L. ein grosses wissen-
schaftliches Interesse, um so mehr, als sie einen
neuen ßeweiss von Verimpfbarkeit von syphil. Secun-
därleiden liefere.
Debout (Bull, de Thär. Novbr. 1851) kritisirt
die Irrlehre der Syphilisation, wie sie Anziaa in
der Gesellschaft der Chirurgie vortrug , ersählt den
Fall des Dr. L. , welcher sich der Gesellschaft vor-
stellte, und citirt Gull eri er 's vor derselben Ge-
sellschaft gemachten Einreden gegen die Syphilisa-
tion, die in der Wissenschaft gar keinen Namen ver-
diene. Die Gesellschaft beschloss einstimmig, C al-
ler ier's Protestation gegen diese fremde Lehre
und ihre beklagenswerlben Experimentation , als Ma-
IV. PatkokgM » TkeMfM il mtdicilische Klinik.
»
oitBi der ivesaHsehtft, dr«cfceii au Usseii. 9er vaU*
«Uadige AMruek derselben ifindet sieb MWohl hier^
als in der 6az. des Hdp. 143. 1^51 , woselbst De-
in a r q u a y aber die Verhandlungen der Soc. de Chir.
dus der SÄUung am 22. Nav. I^erichlete. Vidal
^ benuUle den Fall data, um damit die Verimpfliarkeit
der secuod. Zttfälle zu beweisen , die er dann sah,
was jedoch R i c o r d in einer langen Gegenrede , so
wie die Verimpftarkeit dieser ZuHille überhaupt ver-
neinle.
Ueber die cwradoe Sijphilisation ist (rbiilem) ein
Anlwortschreiben de Gaste inau's an Marchai
de Calvi abgedruckt, i^acb vielen Complimenten,
welche Vf. dem Briefsteller macht, findet er Mar*
chaTs Ansicht in dem Hauptpunkte sowohl« bezugs
der Syphilisation • als in den dabei berührten Neben-
fragen in so vielfacher Weise tadclnswerlh , dass,
sie alle zu widerlegen , mehrere Briefe erforderlich
werben würden. Vorerst giebl er zu bedenken, dass
man kein Recht habe, die individuelle Freiheit der
Öffentlichen' Madchen noch mehr und so weit zu be-
schranken, dass man sie zu den von ihm vorgeschla-
genen Inoculationen zwingen könne. Ferner. Die
Zahl der eingeschlossenen kranken Freudenmädchen
ist ungeHlhr 300 , die Durchschnittsdauer ihres Au-
fenthalts in dem Bospitale 1 Monat. Nun ist noch
nicht ausgemacht, wie viel Zeit nOlhig sei, um die
syphil. Saturation hervorzurufen, vorausgesetzt, dass
dieser Zustand künstlich erreNcht werden kann, allein
nach den bisherigen, allerdings unausreichenden Do-
cumenten wurden dazu nicht weniger, als 4 Monate
erforderlich sein. So wäre denn , ohne in Anschlag
zu bringen, was sich spater ereignen kann, die mitt-
lere Aufenthaltszeit der Madchen in dem Hospitale
vervierfacht und folglich auch deren Zahl. Anstatt
300 Betten würden 1200 nöth ig werden [diess würde,
sobald sich dieSyphilisalion bewährte, wie allerdings
niciit denkbar, nur für die erste Zeit gelten]. Da
nun ferner zwischen der Anzahl der Mädchen u. dem
Verlangen der Bevölkerung immer ein ziemlich be*
stimoites Verhältnis« besteht, so wttrden die 900
fehlenden Mädchen durch eine gleiche Zahl ersetzt u.
diese Unglttcklichea also um so viel vermehrt werden
[was ebensowenig mit Bestimmtheit anzunehmen ist,
als dass die Mädchen , welche geneigt sind , sich
DfiTenllich Preis zu geben, diesen Schritt so lange auf-
sparen sollten, bis so und so viel andere ausser Um-
lauf gesetzt sind]. Wollte man aber aog«^ von die*
sen wichtigen Emwänden absehen , annehmen , dass
die syphil. Saturation bei allen den Inoculirten erfolgt
sei, so würden sich für den Öffentlichen Gesundheits-
zustand nur sehr geringe Vortheile ergeben. Sollte
sie einigen Cinfluss erlangen , so mttsste man zu der
tiauplqueile der Ansteckung , zu der heimlichen Pro-
stitution, gelangen können. Dass neue Inoculationen
die syphil. Diathese nicht verstärken können, was
Marchai unliestreitbar nannte, ist im Gegeotbeü
segar durchaus unwahrscheinlich, und spricht die Er-
fahrung schnurstracks dagegen , wobei Vf. auf den
deutschen Arzt hinweist
S«daan tadelt es Vf. als tincn «on den Inocui««*
toren erliiAdeiien «nd verbreiteten Irrtkun , dass die
V«rhärt«Bg eines Schankers hinreidie, die Vergtf*
tung, was ohne Zweifel heisae : die Existent der c««*
stitutionellen Syphilis, zu beweisen.
Ferner kann Vf. durchaus nicht zugeben, dass
die ZuföHe, welche nach der Syphilisation eintreten,
und die Marchai rein örtlich nannte, wie die
Phagedäne, mit denen durch den Mercur erzeugten
verglichen werden können, oder vielmehr, dass diese
gefahrloser sind , als jene. Eine vorsichtig und gut
geleitete Quecksilberkur kann nie nachtheilige Folgen
haben. Der Arzt hat es völlig m seiner Gewalt, den
Zufilllen vorzubeugen, oder sie aufzuhallen, was die
Kunst nach den Inoculationen nicht vermag, und be-
zieht sich Vf. auf das in seinem vorigen Briefe ange-
führte Beispiel, demnach ein — hier Piog6 genannter
— Kranker in Folge davon starb. Gegen M.'s Be-
merkung, dass die Syphilisation auf das Gesetz füh-
ren könne, alle virulente Krankheiten durch die Tno-
culation zu heilen, stellt Vf. die Frage auf, ob M.
denjenigen, welcher einer von einem tollen Hunde
oder einem rotzigen Pferde gebissenen Person die
Uundswulh oder den Rotz einimpfte, einen Arzt oder
Vergifler [nicht gebräuchlich, aber entsprechender,
als Giftmischer] nennen würde. Wenn M. bei seinen
Behauptungen von <ler Ansicht ausgeht, dass alle spe-
cifische Krankheiten in dem Organismus eine eigen-
thümliche Saturation erzeugen können, so läuft diess
ganz einfach auf die Geschichte des Mithridates hin-
aus. Wer sich aber an gewisse Gifte zu gewöhnen
sucht, der erfährt nur Störungen in seinem Befinden ;
ehe er sich an gewisse andere gewöhnt, stirbt er»
Der Rotz und die Tollwuth befinden sich in dem letz-
ten Falle , während die Syphilis zwischen dem einen
und d«*ra andern die Milte hält. Wollte man den sy-
philitischen Eiter bis zur Sättigung inoculiren , so
würde man eine gewisse Anzahl von Personen damit
saturiren, andere tödten. Diess würde also die Bilanz
sein.
Marchai de Calvi gieht (ibidem Nr. 142)
eine lange, ziemlich sophistische Vertheidigung seiner
in dem Vorigen ausgesprochenen Ansichten, beson-^
ders in Betreff der curativen Syphilisation, Er be-
hauptet also , dass die Syphilisation bei Behandlung
der constitotionelien Syphilis anwendbar ist, u. siebt
darin den stärksten Beweis für das homöopathische
Heilprincip, dass nämlich die Mittel, welche die
Krankheiten zu heilen vermögen , sie auch hervorru-
fen können, und so umgekehrt. Auf de Castel-
nau's Verneinung der von dem Vf. ausgesprochenen
Behauptung: dass neue Inoculationen die syphiU
Dialhese nicht vermehren, antwortet dieser: liei
einer an constitu lioneller Syphilis hidendon Person
trete ein neuer Schanker nie in Verhärtung; die
Verhärtung sei das Kennzeichen der Dialhese ; keine
Verhärlung, keine Dialhese. Gastelnau leugnet
auch diess, allein hierbei pocht Vf. auf seine Erfah-
rung, er habe als mehrjähriger Oberarat Tauaer '
48
V. Gynäkologie n. PftdiatriL
von Kranken behandelt und nie gesehen» dass ein ein-
facher, d. h. nicht verhärteter, Schanker constitutio-
neile Zufiflle zur Folge gehabt, noch sich bei einem
Constitutionen Syphilitischen ein neuer Schanker ver*
hSrtet habe , womit sich de Castelnau in seiner
Nachscbrin durchaus nicht einverstanden erklMrt.
[Haben wir nicht, und hat man nicht von je gerade
ganz u. so unbedeutende Schanker beobachtet, dass
sie von vorn herein Übersehen und erst später, beim
Auftreten der SecundUrleiden, aus den rückständigen
Narben erkannt wurden, hat nicht schon J. A.
Schmidt hierbei eine Aufklärung der sogen. V^roie
d'embl^e gefunden?] Wrnn sich March.al dar-
über aufhielt , dass die Akademie mit L a v a 1 , der
sich ihr zur Disposition gestellt halle , obschon ihm
Ricord 7 Inuculationsstiche mit verschiedenem Eiler
von conslatirler Virulenz ohne Erfolg , wie M. sagte,
applicirt hatte, nicht auf nähere Untersuchung ein-
liess , so bemerkt C. , diess sei eine Angelegenheit,
Ober die er mit der Akademie zu rechten habe. Von
dem Argumente , welches aber M. zu Gunsten der
Homöopathie aufgestellt, wolle er absehen, so wie
auch Ref. von den Einzelpunklen des übrigen , meist
mit persönlichen Anzüglichkeilen geführten, Streites.
(Hacker.)
331. Dielercurialkrankheiten in Rnssland;
von E. V. Russdorf. (Med. C.-Ztg. 9. 1852.)
Die Kranken werden zuerst von Schmerzen in den
Articulationen der Extremitäten befallen. Gewöhn-
lich ist der Schmerz anfangs mit keiner wahrnehm-
baren Geschwulst verbunden. Das ergriffene Gelenk
bleibt oft längere Zeit ausschliesslicher Krankheits-
sitz, öfterer wandert die Afleclioh weiter, bis endlich
alle Gelenke ergriffen sind. Im 2. Stadium erfolgt
Exsudation. Die Gelenke, vorzüglich das Kniegelenk,
schwellen hydrophisch an. Durch ihre Schmerzlo-
sigkeit unterscheiden sich die Geschwülste davon,
was man gewöhnlich acuten Gelenkrheumatismus
nennt. Gleichwohl ist nur die anliphlogislische be-
haadlung heilsam. Nach Monaten werden die Mus-
keln ergriffen und hierauf das Herz. Mit grosser
Pulsfrequez verbinden sich Palpitationen des Herzens.
Fieberschauer sind die Begleiter. Alle, von der Hy-
drargyrose ergriffenen Gelenke verursachten , mittels
des Stethoskops wahrnehmbare, Crepilation. Die
Kranken sind immer hinnfllig; auch der Schlaf stärkt
sie nicht. Geistige Gelränke sind durchaus schäd-
lich. Ausser vielem Schlafe äussert nur die enthalt-
saroste Diät günstigen Einfluss. Bei einer gewiasen
Höhe der Krankheit wird der Leidende zu allen Be-
wegungen unHlhig. So wie es einen fixen , so giebt
es auch einen vagen Mercurialrheumatismus. Gs tritt
in ruhendem Zustande an verschiedenen Körpers teilen
plötzlich ein nicht heftiger Schmerz ein , hüpft ver-
worren einher, es hüpfen bald eine, bald mehrere
Sehnen , oder es werden auch alle Muskeln von der
Tanzwulh ergriffen ; das ganze Glied wird plötzlich
emporgeschnellt. Der fixe Rheumatismus ist offen-
bar nichts weiter, als eine chronische Entzündung,
der vage ein Complex von Reflexerscheinungen , also
im modernen Sinne eine Neurose. (Hacker.)
332. Beitrag zur Tripperlehre ; von Dr. H e r m.
Zeissl. (Wien. Ztschr. VIII. 1. 1852.)
Vf. vermuthete schon lange , dass die durch die
Injeclinnsffüssigkeil coagulirten Flocken nicht immer
blosses Epiihelium, sondern zugleich Theile eines,
wenn auch sehr zarten, croupösen Exsudats sein
dürften ; und fand diese Vermulhung jüngst in einem
Falle bestätigt. In dem Harne eines Tripperkranken,
so wie in der mit gewöhnlichem Brunnenwasser ge-
machten Einspritzung zeigten sich viele kleine, zolllang
aufgerollte, häutige Flocken. Vf. führte ein massig
dickes, konisches Bougie ein , liess es einige Minuten
liegen , und injicirle , nachdem er das Bougie scho-
nend entfernt hatte, kaltes Wasser, worauf sich, als
der Pal. bald darauf Harn liess, ein 1 1/^"' lange uod
Y^'" breite, derbe, heliweisse, membranöse Flucke
enlleerle. Tags darauf wiederholle Vf. die Applica-
tion des Bougie, und wurde wiederum bald dar-
auf mit dem Harne eine , wohl zartere , aber ebenso
lange, diessmal röhrenförmige, silberweisse Membran
ausgestossen.
Der Docenl Dr. Wedl erklärte die erstere«
scheinbar faserige, Substanz für reines, fibrinöses Ex-
sudat, entdeckle aber in dem späteren röhrenförmigen
Gebilde nebstbei Epilhelialzellen. Vf. vermuthet,
dass dergleichen croupöse Exsudate nicht so gar sel-
ten sein, sich organisiren, und Stricturen bedingen
können. Die Einführung der Bougies ist hier ebenso
gerechtfertigt, als bei dem Trippergeschwflr. Wah-
rend bei diesem die flachere Vernarbung erzielt wer-
den soll, wird dort die schnellere Abstossung des
Exsudats bewirkt. (Hacker.)
V. Gynäkologie und Pädiatrik.
333. AmenorrhAe complicirt mit Bht-
brechen ; Heilung durch Elektro - Magnetismus ,•
von Hervieux. (L^Union 151 et 152. 1851.)
Ein 19jähr. Mädchen , im 15. Jahre einmal , seidlem
aber gar nicht wieder meostruirt, begab sich in Bayer'» Be-
handlung wegen filntbrechen, an welchem sie schon seit eini«
gen Monaten täglich litt, u. in Folge dessen sie sehr blutleer
geworden war. Alle nur erdenklichen Mittel wurden gegen
dieses Erbrechen in Anwendung gebracht, aber ganz oboe £r>
folg ; ebenso erfolglos blieben die zur Hervorrut'ung der Men-
struation angewandten Mittel. Vesicatore, an die innere
Fläche der Oberschenkel gelegt , bewirkten öfters Tortlberg«-
hende Besserung. Endlich wurde zum Elektro-Magnetismus
V. Oysakologie n. Fvdiatrik.
49
gtgriffeQ, ttBdt man Icitele «ioeD Strom tiiflicb durch die
SchoosagegeqcU Der Erfolg war auffallend ; schon nach we^
nigen Tagen horte das Brechen auf, nach 3 Wochen trat die
Menslruation wieder ein, das MSdcbeo erholte »ich zusehends
ond war nach Verlauf einiger Mooate als völlig gesund zu he-
tracbten. (Sickel.)
334. ZirPatbologie, DiagOMa ud Thera-
pie iLar Sierstoeksgesehwtlate ^ von Fr. Bira.
(Times. July—SepU t85|.)
Es ist Vfs. Absicht, besonders die Zustünde zu
besprechen, welche den Erfolg von Exstirpation einer
Eierstocksgeschwulst zweifefhaft machen, oder die
Operation wohl ganz verbieten. Die ersten Symptome
von Eierstocksleiden sind oft nur schwach markirt u.
entgehen selbst der Kranken; sehr häufig ist An-
schwellung im Unterleibe das erste auffallende Zei-
chen, indem andere im Anfange etwa vorhandene zu
unbestimmt sind , um einen sichern Schluss zu er-
lauben , und so geht die einzige Zeit verloren , in
welcher mit Wahrscheinlichkeit die Krankheit auf
therapeutischem Wege besiegt werden könnte. Es
ist diess die Periode, in welcher man es nur mit
Congestiott oder Entzündung des Ovarium zu thiin
hat, Zustande, die das erste Glied der langm Kelic
krankhafter Entartungen des Eierstocks bilden. Wenn
ancb die Krankheit mit heftiger Entzdndung beginnt,
so wird, nachdem diese gebrochen, die Kninke nicht
mehr klagen und sich, und mit ihr der Arzt, für ge-
nesen halten, wahrend der chronisch- enIzUndlicbe
Zustand unbemerkt fortdauern und zu weitem Des-
organisaliouea Veranlassung geben kann. Acute
Entzündung . das Entstehen der Geschwiihi beglei-
tend, giebt sich durch tief sitzenden, mehr oder min-
der bell üchllichen Scliuierz im Becken zu erkennen, der
durch Druck vermehrt wird und gewöhnlich von Men-
strualionsstörung begleitet ist; er pflegt nicht von
langer Dauer zu sein. Bald wird nur die Umfangs-
zunahme des Leibes die Bildung der Geschwulst ver-
rathen. Höchst IrUgerisch sind die der Störung des
Allgemeinbefindens entnommenen Symptome, ob-
gleich dasselbe meist bald in Mitleidenschaft ge-
zogen wird.
Hat die krankhafte Volumszunalime eines Eier-
stocks einmal begonnen, so macht sie oft rasche
Fori schrille ; daher kommt es auch, dass die Ge-
schwulst im kleinen Becken nicht mehr Baum findet
und daher in das grosse hinaufsleij^t. iNur dann
bleibt die Geschwulst im kleinen Becken , wenn sie
durch Verwachsungen, die sich in Folge von Entzün-
dung gebildet hatten, am Aursteigen verhindert wird;
in einem solchen Falle sind die Symptome, die durch
Druck auf die Nachbarorgane hervorgerufen werden,
von besonderer Heftigkeit. In einem Falle , den Vf.
ausführlich millheilt, war die Geschwulst, als sie zuerst
bemerkt wurde, in der Mille des Unterleibes befindlich
u. bewirkte bei weiterem Wachsthum eine ganz gleich-
mSsaige Ausdehnung der Bauchdecken. Vf. ist der
Meinung, duss einseitige Anschwellung des Leibes
M«d. Jahrbb. Bd. 74. UfU 1.
DiehC sowohl als Zeichen einer Ovarlengewufst , als
vielmehr einer Complicalion anzusehen ist, und als
contraindioirend fttr die Exstirpation gelten soll. Oft
ist die Eierstoeksgeschwutst schon von ihrem ersten
Beginn von Umstanden begleitet, die die Excision
verbieten , oft wird die Operation durch ein frtlhes
Hinztttreten einer Pentonitis verboten , u. noch Öfter
geschieht es, das» unter dem Gebrauehe verschiede-
ner Mittel die beste Zeit zur Exstirpation versäumt
wird, und die Kranke bereits so kraftlos ist, dass sie
eine so eingreifende Operation schwerlich zu Öberste-
hen vermag. Dadurch, dass man trotz dem Vorhan-
densein der erwähnten ungünstigen Umstände den-
noch oft die Operation versucht , aber leider nur zu
oft einen unglücklichen Erfolg gehabt hat, ist dieselbe
in Misscredit geralhen , und eben dadurch sind auch
die ungünstigen Zahienverhältnisse zu erklären, wel-
che bei statistischen Berichten sich finden.
Obgleich Verwachsungen der EierslocksgescUwUiste
mil dem Perilonäum die häufigste u. wichtigste Cona-
plicalion hüden, so pflegen doch in der Mehrzahl der
Fälle dieselben nicht eher einzutreten, als bis die Ge-
schwulst eine solche Grösse erreicht hal, dass sie
einen DmicU auf die ßauchwandungen austlbt, Sie
finden sich meist an der vordem ohern Fläche der
(fcschwulst und machen sioh, wenn sie auch die Be-
weglichkeit dieser letzlern mehr oder weniger beein-
Iritchligen , nicht durch hervorstechende Symptome
bemerkbar. Ganz ähnliche Erscheinungen zeigen
sich in den Fällen , wo zwar keine Verwachsungen
an der vordem Wand zugegen sind, wo aber der
unterste Tlieil der (leschwiilsl im kleinen Becken ein-
geklemmt erhallen wird ; doch kommt diess nur äus-
serst seilen vor, und es kann nieislcni$ auf mechani-
schem Wege Hülfe geschafft werden.
In den nicht complicirten Fälh*n der Krankheit
wird man meistens beobachten , dass zwischen dem
Auftreten der ersten Krankheilssymplome, Congeslion
und Entzündung, und der Periode, wo der Leib völ-
lig ausgedehnt erscheint, eine kürzere oder längere
Zeil liegt, in welcher die Kranke über nichts klagt,
als über den zunehmenden Umfang des Leibes; selbst
die Kraftlosigkeit und Abmagerung nehmen selten
rasch überhand. Wurde bei reichlicher Ansammlung
von flüssigem Inhalte dcrEierslocksgeschvvulst einmal
die Paracentese nölhig, u. es beginnt sich das Fluidum
von Neuem zu sammeln, so leidet oft das Allgemein-
befinden ausserordentlich schnell. Wenn eine ge-
ringe Ausdehnung des Unterleibes längere Zeit bestand
und plötzlich aulTallende Abmagerung und Kraftlosig-
keit eintreten, so sind diese Erscheinungen nicht so-
wohl von der Eierstockserkrankung, als vielmehr von
andern Umständen abhängig. Einen solchen Fall
theill Vf. mit, in welchem ein Leherleiden die Schuld
trug.
Man nimmt gewöHf^|(|^^(j^5^Q@fiO'ö^ Menstrua-
tion in Folge von Ovarienleiilen bald S^lörungen er-
7
50
V. Gynäkologie u. Pftdiatrik.
führt, indem sie uoregelmässig eiolritt» oder wohl
ganz aufhört ; indesseo io den Fällen » welche Vf. zu
beobachten Gelegenheit hatte, waren nur wenige, ja
bisweilen gar keine Menstruationsanomalien zu be-
merken , bevor nicht die Geschwulst eine beträcht-
liche Grösse erlangt hatte ; ist diess geschehen , so
treten häufig Metrorrhagien ein u. bilden bisweilen die
bedenklichste Krankheitserscheinung. Mitunter ist
ein Wegbleiben der Menstruation wahrzunehmen;
diesa kann durch Erkrankung beider Ovarien veran-
lasst werden, giebt aber kein sicheres diagnostisches
Kennzeichen für das Erkranktsein der Ovarien ab. Es
ist mehr denn wahrscheinlich, dass der Verlust bei-
der Eierstöcke, sei diess nun durch das Messer, oder
durch Krankheit geschehen , ein Aufliöre» der Men-
struation zur Folge hat.
Ohne einen grossen Werth auf statistische Be-
richte zu legen , hält Vf. dieselben doch in manchen
Punkten für beachlenswerth und hat 100 Fälle aus
der Privatpraxis zusammengestellt. Aus ihnen lernen
wir, dass in 41 Fällen, unter den genannten 100,
neben dem Eierstocksleiden Kröpfe vorhanden waren ;
in diesem häufigen gleichzeitigen Vorkommen beider
Krankheiten glaubt Vf. eine Erklärung des ^üihstandes
zu finden, dass von Eierstocks-Kranken $6 selten das
Quecksilber vertragen wird. Ferner wS^ii uQ,Sr
den 100 erkrankten Individuen 63 v<i^heirathete,und
37 unverheirathete ; von ersleren waren fast mehr
als die Hälfte kinderlos. Bei Frauen , bei deheii ein
Eierstocksleiden bereits vorhanden war, die aber den-"
noch schwanger wurden , erreichte die Schwanger-
schaft meistens ihr normales Ende, wenn auch in
den letzten Monaten oder während der Geburt die
Paracentese gemacht worden war. Unter den 37
ledigen Frauen waren nur 5 über die klimakterischen
Jahre, 13 nicht über 20 Jahre alt, und geschlecht-
lich vollständig entwickelt. Die grössle Zahl der
Erkrankungen f^llt im Allgemeinen zwischen das 25.
und 35. Jahr, also nicht, wie man früher annahm,
nach Aufhören der Menstruation. Besonders hemer-
kenswerth ist ein Fall, wo bei einem 12VsJ'<hrigen,
noch sehr unentwickelten Mädchen eine Eierstocks-
gescbwulst beobachtet wurde ; Vf. theilt diesen Fall
ausführlich mit. (S i c k e I.)
335. Ziuammenstellimg von 162 Fällen von
Ovariotomie , in Grossbritannien ausgeführt; von
Roh. Lee. (Med.-chir. Transact. XXXIV.)
Vf. giebt eine tabellarische Uebersichl über 162
in Grossbritannien beobachtete Fälle von Ovarioto-
mie, woraus hervorgeht, dass OOmal die Operation
eine erfolglose war, entweder weil die Diagnose eine
falsche gewesen war, oder weil sieh nach ErölTaung
der Bauchhöhle die Unmöglichkeil herausgestellt hatte,
die Geschwulst zu exstirpiren. Von diesen 60 Fällen
endeten 19 tödtlich. Von den übrigen 102 Fällen,
in denen die Exstirpalion des Ovarium wirklich voll-
bracht wurde , endeten 42 mit dem Tode. Der fer-
nere Gesundheitszustand derjenigen 60 , welche die
...^neration glücklich überstanden, ist zu wenig be-
kannt , um genauere Schlüsse daraus ziehen zu kön-
nen. (S i c k e 1.)
336. Krankhafte Tascnlaritit der Schlein-
hant der weiblichen Urethra; von George t.
Gream. (Lond. Journ. Jan. 1852.)
Da die in Rede stehende Krankheit nur selten zur
Kenntniss des Arztes kommt, so ist es leicht erklär-
lich , weshalb man in den vielen medicinischen Wer-
ken ihrer so sehen nur Erwähnung gethan findeU
Die krankhafte Vascularität zeigt sich aber unter 3
verschiedenen Formen, vielleicht nur verschiedenen
Stadien. Sie tritt 1) als einfache Vascularität der
Schleimhaut ohne irgend eine Erhebung auf, und ver-
läuft ein wehiges nach der Blase hin ; die Schleim-
haut erscheint intensiv geröthet, sehr empfindlich ge-
gen Berührung und schmerzhaft beim Uriniren; 2)
als kaum bemerkbar erhabene vasculäre Stelle an der
Mündung der Harnröhre , die sehr geröthet und äus-
serst empfindlich erscheint; die Schleimhaut der
Harnröhre ist , obgleich geröthet , doch nicht aufge-
treten, sondern erscheint ganz glatt, während die vor-
erwähnte Stelle ein granulöses Aeussere zeigt. 3) Es
besteht eine wirkliche Geschwulst, bisweilen mit brei-
i^fi.^s weilen mit schmaler, fast stielartiger Basis an
ler Urethra sitzend; fast immer kann man einige mehr
entwi^Htelte Blutgefässe von ihrer Basis io den Uarn-
xObrenkanal verlaufen sehen; der Schmerz ist hier
iioefa bedeutender, als bei den beiden ersten Formen.
In einzelneu Fällen zieht die beträchtliche Rötbe
der nfßcirteo Stelle die Aufmerksamkeit der Kr. auf
sich ; andere Male jedoch, besonders wenn die Rothung
auf den Kanal der Harnröhre beschränkt ist , entgeht
der Kr., so wie dem Arzte der wahre Sitz desüebels,
dessen Symptome dann gemeiniglich auf Rechnung
eines Gebärmutterleidens gebracht werden. Man darf
die Vascularität^ der Schleimhaut nicht für gleich mit
Varicosität ansehen ; denn die Blulgef^sse enthalten
nicht schwarzes venöses, sondern arterielles Blut.
Die ersten Zeichen der Krankheit bestehen in schmerz-
haftem Ziehen in den Schenkeln , Schmerz beim Uri-
niren u. besonders bei Berührung der kranken Stelle;
mitunter tritt wohl auch in Folge von Zerreissung
eines Gefässes eine leichte Blutung ein. Bei längerem
Bestehen des Uebels zieht dasselbe unverhältntssmäs-
sige Abmagerung und Mattigkeit nach sich.
' Die Behandlung besiebt in Zerstörung der ganzen
erkrankten Gef^sspartie. Ausschneidung mittels einer
Scheere und nachherige Aelzung ist, ebenso wie die
Ligatur, nur selten ausführbar. Das beste Mittel ist
concenlrirle Salpetersäure, die man mittels eines Glas-
oder Holzstäbchens , und unter Anwendung eines ge-
fenslerlen Speculum in oder an die Urethra bringt;
der Schmerz pQegt nicht länger als wenige Minutco
anzuhalten. (Sickel.)
337. EzGision eines ungewöhnlich grossen
ntemspolypen; von Piedagnel und Gosselin.
(Gaz. des Hdp. 133. 1851.)
V. Gynäkologie u. PXdiatrik.
51
Bei einer SOjSfar. Freu wurde ein 2 Vi PM. schwerer,
über 7" laager, im mittlerD Tbeile ISVs'S im obem etwa
9'' im Umfange messender Polyp mittels einer Geburtszange
so weit als möglieb aus den Geschlecbtstheilen benrorgezogen
ond sein dicker Stiel vorsichtig durchschnitten. Nach der
Operation bemerkte man einen Riss in der invertirten Gebär-
mutter , der jedenfalls durch das gewaltsame Herabziehen des
Polypen entstanden war. Die Operirte starb am 5. Tage nach
der Operation an Peritonitis. — Es ist diess wohl dergrösste
Uteruspolyp, der je durch eine Operation entfernt wurdet?].
Demeaux (Ibid. 138) beobachtete bei einer 34jähr.
Frau , die 2fflal leicht geboren hatte , einen 5 Pfd. schweren
Gebarmutterpolypen. Der Uterus begann von selbst die Aus-
treibung des Afterprodnctes ; Vf. unterstützte diese Bestre-
bungen durch Ziehen und Drehen, und es gelang ihm so, das
Afterproduct zu beseitigen. Es folgte ganzliche Genesung.
(Sickel.)
338. Ueber fettige Entartung der Placenta
und die Folgen derselben; von Rob. Barnes.
(Med.-chir. Transacl. XXXIV. 1851.)
Eine Placenta, die im 6. Schwangerschaftsmonate durch
ihre Entartung die Geburt eines (odten Kindes veranlasst hatte,
zeigte auf ihrer Uterinfläche fettige Massen von der Grösse ei-
ner Bohne bis zu der eines Taubeoeies , die sich tief in die
Substanz des Organs bineinerstreckten, so dass einige dersel-
ben auch an der Fötalflache bemerkbar waren. Obgleich der
Unterschied zwischen der Slructur und Consistenz dieser frem-
den Massen und der des eigentlichen Gewebes des Mutterku-
chens ein auffallender war , so war es doch schwer , beide zu
trennen. Die Fettmassen waren dicht und fest, von blass-
gelber Farbe und veranlassten, auf Papier gelegt , Fettflecke ;
Blut war in ihnen nicht bemerkbar, docn wurden sie von Ge-
fasszweigen durchkreuzt. Offenbar war in dieser Entartung
der Placenta der Grund zu der im 6. Schwangerschaftsroonate
eingetretenen Hämorrhagie und zu der frühzeitigen Geburt zu
suchen. ,Vf. übersendete diese Placenta dem Dr. Haas all
zur genauem Untersuchung ; dasselbe that er 2 Monate später
mit einer andern, die äbniiche Erscheinungen bot. In diesem
andern Mutterkuchen waren die Fettmassen bis zur Grösse ei-
ner Wallnuss aufzufinden ; es verliefen keine grössern Gefass-
zweige in dieselben.
Dr. H a s 8 a 1 1 sagt nun Folgendes über die beiden dege-
nerirten Mutterkuchen. Die krankhafte Entartung betrifft vor-
zugsweise den fötalen Theil der Placenta ; zum bessern Ver-
ständniss der Krankheit ist jedoch eine Betrachtung der nor-
malen Structur des Mutterkuchens voranzuschicken. Es ist
derselbe in zahlreiche Lappen und Läppchen zertheitbar, und
besteht aus einem mutterlichen und fötalen Tbeile. Der er-
stere wird aus Blutgefässen, Arterien und Venen gebildet, die
sich zu Sinus erweitern u. ausserlich von einer Deciduaschicht
bedeckt sind. Diese letztere umgiebt nach der gewöhnlichen
Annahme jede Zelle ; doch ist wohl nur äusserst selten diese
Membran in wirklicher Verbindung mit den Zotten, es scheint
vielmehr, dass nur eine Anlagerung stattfindet, indem die
Decidua alle Lappen und Läppchen bedeckt und sich zwischen
sie bineinsenkt. Der fötale Theil des Mutterkuchens besteht
aas den Verzweigungen der Umbilicalgefässe , eingeschlossen
durch eine Cborionschicht. Jede Umbilicalarterie bildet,
nachdem sie sich vielfach vertheilt hat und bis zu einem ge-
wissen Durchmesser gekommen ist, eine Beihe von Schlingen,
deren äusserste in Verzweigungen der Umbilicalvenen überge-
ben. Die Zotten der Placenta sind entweder einfach oder zu-
sammengesetzt , je nachdem sie aus einer einzelnen Schlinge
oder aus einem Arterien- und Venenstämmchen und mehreren
Schlingen bestehen. Eine eigentbömliche Erscheinung ist das
bedeutende Lumen der Gefassscblingen in den Zotten der Pla-
centa , welches ein gleichzeitiges Durchgehen von 2 oder 3
Reihen von Blutkörperchen gestattet. Die Wandungen der
Blutgefässe der Placenta sind, wie beiGefätsen von demselben
Durchmesser in andern Körpertheilen , mit länglichen Kem-
cben bedeckt, die theils dem Cborion, theils den Gefässen
selbst angehören. Das Chorion ist in frischen Mutterkuchen
80 fest mit den Gefissen in Verbindung , dass es schwer
hält , beide zu trennen ; dieses gelingt leichter nach 2 oder
3 Tagen.
In einer fettig degenerirten Placenta zeigen einige
Lappen anstatt des rothen , schwammigen Ansehens,
ein fettiges Aeussere, eine gelbe Farbe, einen gewis-
sen Glanz, sind fest und blutleer , wahrend die flbri-
gen Lappen dem unbewaffneten Auge keine VerXnde-
rung darbieten. Die mütterliche* Placenta ist grOsa-
tenlheils unverändert, indem sowohl die Oef^sse mit
Kernchen versehen , als auch die Zellen der Decidua
von gewöhnlicher Grösse sind ; beide jedoch, Gewisse
u. Decidua-Zellen, sind stets mit zahlreichen kleinen
Kttgelchen bedeckt, deren einige nur oberflächlich,
andere aber in den Gef^ss Wandungen und Zellenhöh-
len selbst zu liegen scheinen. Ein Stückchen der
degenerirten fötalen Placenta unter dem Mikroskope
betrachtet, zeigt folgende Eigenthttmlichkeilen. Die
Zotten sind mit unzähligen Oelkügelchen bedeckt, das
Ghorion ist verdickt, u. zeigt ebenso wie die GefSlss-
haute keine Kernchen , die Oelkügelchen finden sich
theils in den Gefässwänden, theils im Chorion, theils
zwischen beiden; in den Gefilssen selbst befinden
sich meistens keine Oelkügelchen, aber auch kein
Blut. Auch in den anscheinend gesunden Theilen
des fötalen Mutterkuchens zeigen ^ich unter dem
Mikroskope schon mehr oder minder bemerkbare Fort-
schritte fettiger Entartung, und der Blutgehalt der
Gef^sse steht im Verhaltniss zum Grade der Fettent-
artung. Hieraus scheint hervorzugehen, dass die
Blntbeschaff'enheil selbst mit der Fettablagerung im
genauen Zusammenhange steht. Es ist jedoch nicht
ausser Acht zu lassen , dass eine sehr unbedeutende
Menge von Fett in der Gestalt kleiner Kügelchen fast
immer im Mutterkuchen anzutreffen ist.
Das seltnere oder häufigere Vorkommen der fet-
tigen EnlartuDg der Placenta anlangend, so lässt sich
wegen Mangel an sorgfältigen Beobachtungen, zur
Zeit noch nichts Gewisses sagen. Vf., der es sich zur
Regel gemacht hat , bei jeder Geburt die Placenta zu
besichtigen, fand oft Fettmassen von verschiedener
Form und Grösse ; in diesen Fallen war jedoch der
grösste Theil des Mutterkuchens gesund und die
Schwangerschaft deshalb auch nicht unterbrochen
worden. Es bestehen gewisse physiologische Ver-
haltnisse, welche es wahrscheinlich machen, dass die
Placenta besonders geeignet ist , der Sitz von Fetlab-
lagerongen zu werden. Zuerst ist hier die decarbo-
nisirende Eigenschaft des Organs zu nennen, doch ist
diess nicht das Einzige, die Schwangerschaft selbst
scheint zur Feltbildung zu disponiren ; der vermehrte
Fibringehalt des Blutes , der eiweissreiche Urin , die
constante Anwesenheit von Fett in demselben, die
Fetlsecretion in den Brüsten und der Umstand , dass
eine bestimmte Quantität freien Fettes immer in der
gesunden Placenta angetroffen wird , beweisen diess.
Dass die fettige Entartung der Placenta früher
oder spater auf den Fötus von Einfluss werden muss,
liegt auf der Hand. Mit seinem fortschreitenden^
^2
V* Oyttakoloe» a. PXüatrik.
Wäcfisthum« bedarf A^r Fotos ^ine immer mehr mit)
mehr ausgedehnte ßerdhrung seines Rlutes mit dem
mütterlichen ; entartet nun aber die Placenta in im-
mer grtfsserm Umfiing«, so muss endlich eine Periode
eintreten, wo die B6rührung8fijfd)e des beiderseitigen
Blutes nicht mehr genttgt. Die Folge davoo ist ein
Absterben des FOlus und der unzeitige Eintritt d«r
Gehurt. Es wird die fellige Entartung der PJacenla
aber auch zu Blutungen Veranlassung geben. Ein
genaues Anschliessen des Mutterkuchens an die Ute-
ruswand, wodurch es allein möglich wird, dass beim
allmsligen Ausdehnen und bei geringern Gontractio^
nen der GebUrmuUer eine Trennung beider nicht ein^
tritt, kann nur dann stattfinden, wenn die ganze der
Uteruswand zugekehrte Oberfläche des Mutterkuchens
ihre normale, vschwammartige BesehafTenheit hat. Sind
dagegen einzelne Stellen der Placenta fettig entartet,
so wird, da sie sich weder ausdehnen noch contrahi-
ren können, in ihrem Umkreise sehr leicht ein Los-
reissen des normalen Placentagewebes vom Uterus
eintreten, hierdurch aber eine geringere oder bedeu-
tendere Blutung entstehen. Vom Umfange der Los-
trennung und dem Grade der Blutung hängt es ab, ob
ein früheres Gintreten der Geburt erzeugt wird. Wenn
auf eine im 7. Monate eintretende Blutung sofort
die Geburt folgt, so ist es möglich, ein lebendes Kind
in erhalten ; dauert jedoch nach der ersten Blutung
die Schwangerschaft noch fort, so wird meistens der
zuerst erwähnte Fall eintreten, das Kind wird in Folge
mangelhafter Ernährung absterben und dadurch zur
Geburl Veranlassung geben. Sollte die Enlartung
der Placenta mit ungewöhnlicher Schnelligkeit um
sich greifen, so wUrde sie Abortus bewirken ; schrei-
tet sie dagegen nur allmälig fort u. erreicht sie keinen
hohen Grad, so kann die Schwangersehafl ihr norma-
les Ende erreichen und das Kind, vielleicht schwach,
aber doch lebend geboren werden. Sehr wahrschein-
lich sind viele Ahorlus. deren Ursache man in Schreck
u. dgt. sucht, die Folgen von krankharter Beschallen-
heil des Multerkncliens. Nicht unwahrscheinlich ist
es auch, dnss Lostrennuugen der nicht auf dem Mut-
termunde aufsitzenden Placenlen ihr Enlslehcn dem
Entarten des Mutlerkuchens zu verdanken liahen.
Wenn bei einem und dem'^elhen Individuum es
sich mehrere Male hintereinander ereignete, dass in
Folge von entarteten Mutterkuchen todle Kinder gebo-
ren wurden , so ist eine individuelle Disposilion zur
Degeneration der Placenta unverkennbar, und es ent-
steht die Frage, ob beim Einlritte einer neuen Schwan-
gerschaft nicht Behufs der Erhaltung der Frucht die
künstliche Frühgeburt einzuleiten sei. Vr. iheill einen
solclien Fall mit, wo das Kind jedoch nicht am Leben
erhalten wurde , obgleich es bei der Geburl einige
Male athroele.
Ais Anhang erzählt Vf. noch Folgenden, ihm von Bart-
lett mitgetlieilteo Fall. Eine etwa im 3. Monate schwan-
gere Frau erlitt beim Fahren ein« äusserst heftige Ersrtiutte-
rung; Dichtsdestoweniger erreichte sie das volle Ende der
Schwangerschaft. Bei der Geburt wurde das ganze Ei unver-
letzt ausgestossen. Der Embryo hatte die Eotwickluog eines
toonatücbett) war aber ohne Spar ^on Fiotoiss ; die Placenta
war ±" stark, von angew(»kalich fester, kfloüger ßetcbHTra-
beit and gelber Farbe ; sie hatte in ilircm Ggdi en eine grana-
lare Entartung erlitten. Die mikroskopitcie UnCersachiMg
einzelner Theile der Placenta zeigte, da» sie ebenso entartet
war, als die beiden oben beschriebenen Mviterkocbeo, nur
erstreckte sieb die Entartung Aber das f^anze Organ. Der Ted
des Fötus war in diesein Falle ohae Zweifel durch die bcfttge
Erschütterung erfolgt , welche die Mutter erlitten hallfl ; ab
die Enlartang der Placenta demselben Umstaade ibr EntatebeD
verdankt, ist schwer zu sagen. Jedenfalls bleibt es böch«
bemerkenswerth , dass das Ei nicht in Fänlniss Obergegangei
war und Monate hindurch in der Geb&rmutter verweilte.
i^um Schlüsse macht Vf. noch darauf auftaaerksam,
dass man zwischen Fettablagerung (fatty deposilion)
und fettiger Enlartung (fatty degeneration) wohl zn
unterscheiden habe. DasFett ist v\u normales Gebilde,
aus Blutgefässen und Zellen bestehend, die eine fllifc
Materie enthalten; es ist verschiedenen Erkrankungen
unterworfen, wie der Hypertrophie und Atrophie,
oder der Degeneration; ein von dieser letstem betrof-
fenes Organ, ist als ein fettig entartetes zu bezeich-
nen. In der zuerst erwühoten Placenta war keine
Bildung von Feit, sondern eine Ablagerung von Oel
in der Form kleiner Körnchen und KUgelchen vorhan-
den und eine consecutive Degeneration derjenigeii
Theile, in welchen die Ablagerung statthatte. Granu-
läre ölige Ablagerung mit cooseculiver Entartung des
Gewebes würde fdr jene Placenta die genaueste Be-
zeichnung sein, und Vf. brauchte den Ausdruck „fet-
tige Entartung" nur deshalb, weil dieselbe Art der
Degeneration in andern Organen , der Leber oder den
Vieren, von andern Schriftstellern , obgleich ungeiM,
so bezeichnet wird.
Die granuläre ölige und desorganisirende ASectieo
der Placenta kann sich unter verschiedenen formeo
zeigen.
1) Sie kann wiihrend des Lebens durch Umwand-
lung von Fibrin oder Alhumen geschehen ; wir haben
analoge Beispiele in den Veränderungen, welche Blut-
und Filirinpfrüpfe in andern Organen erleiden. Es
ist nichl unmöglich , dass die Wandungen der VmUi-
licalgefasse durch gi^anulüre Degeneration sich , wah-
rend das Blut nocli in ihnen circulirt, in einem Zu-
stande solcher Schwäche befinden , dass eine Ruptnr
derselben und Hämorrhagie eintreten und so eine
Apoplexie der Placenta sich ereignen kann. — 2}
Sie kann durch eine FunctionsstOrung entweder io
der Placenta seihst, oder in entferntem Organen ge-
schehen, ohne daas ein organisches Leiden vorbanden
ist. Organe, deren Bestimmung Decarbonisation ist,
wie. die Leber, die Nieren und die Placenta, sind vor-
zugsweise dazu geneigt, eine granuläre Ölige Degene-
ration zu erleiden. Hierher sind ohne Zweifel die
beiden zuerst erwähnten Fälle zu beziehen. — 3)
Sie kann aber auch erst nach dem Tode eintretea.
gleichwie solche Veränderungen in den Muskeln zur
Beobachtung kommen. Es ist nicht undenkbnr, dass
eine in der Gebärmutter einer lebenden Frau längere
Zeit zurückbleibende Placenta eine solche granuläre
Metamorphose eingehl« ^ (SickeL)
V. OyBÜkelDgie u. IPHiatrik.
6S
dM. Ueber gtaxHtket Xvtekblelben der
FlACenta; von CorbelU (Monthly Juurn. Nov.
1850.)
In Bezug auf den nach C4)rbett aus der Gax.
des Uöp. 153. 1850 in den iahrbb. (LXXl. 100)
noitgetheilten Fall von votlsundiger Verwachsung der
Flacenta und der Eihäute mit der innern Flache des
Uterus, bemerken wir nachträglich Folgendes. Davis
ufld Ramsbothaai glaulMsn , dass diese krankhafte
Verwachsung durch Bildung einer neuen Membran, in
Folge enttandlichef Thütigkeit im Uterus, erzeugt
wurde. Vf. sieht die Richtigkeit dieser Ansicht nicht
in Zweiüel , bemerkt aber » dass manche Frauen eine
consUtQtionelle Anlage tn solchen Verwachsungen ha-
ben , n. dass diese Anlage eine viel hänßgere llrsachS
der beschriebenen Regelwidrigkeit sei, als man im
Allgemeinen annähme. Unter dieser Anlage versteht
Vf. eine solche BeschnlTenheit des Organismus , wel-
che zu einer dber den natürlichen Zustand erhöhten
Thatigkeit im Uterus geneigt macht , ohne dass diese
Thatigkeit nothwendiger Weise, oder immer entzttud-
licber Natur zu sein braucht. Nun ist, wie wir wis-
sen, das Blut wahrend der Schwangerschaft übermäs-
sig reich an Ei weiss und Faserstoff; ferner finden sich
bei den meisten Menschen einige Organe* welche
schwacher und zu Krankheiten geneigter sind, als
andere, und welche dahrr eine Anlage zu eigenthtim-
liehen Krankheiten haben. Wenn nun bei völliger
Abwesenheit solcher Umstände , welche Entzündung
der auskleidenden Gebarmulterhaut verursachen , bei
ein und derselben Person zu wiederholten Malen Ver-
wachsung der Placenta nicht selten vorkommt , muss
man da nicht annehmen, dass in einem solchen Falle
der Uterus das schwache oder zu Krankhaften vor«
7.(lglich geneigte Organ ist, oder, mit andern Worten,
dass eine solche Person eine besondere Anlage zu
krankhaAer Verwachsung der Placenta hat? Wenn
wir noch bedenken , dass neben der eigenthümlichen
Beschaffenheit des Blutes bei schwängern Frauen der
Uterus dasjenige Organ iitt , welches am vorzüglich-
sten mit Blut versorgt wird , scheint es da nicht
wunderbar, diss nicht Öfter Verwachsung der Placenta
vorkommt?
In Vfs. Falle spricht sich sich die stärkste Anlage
zu dieser Krankheit aus, denn auch schon bei der
3., 4. u. 5. Niederkunft fand eine so innige Verbin-
dung der Placenta mit der Gebarmutter Statt , dass
erstere immer nur mit der grössten Schwierigkeit ge-
trennt und entfernt werden konnte. Bei der 6. Nie-
derkunft war die Placenta vollkommen und untrenn-
bar verwachsen, ohne dass sich vor und nach der
Geburt enlzündliche Symptome .hemerken liessen.
Die Kr. klagte aber keinen örtlichen Schmerz, und es
zeigte sich auch keins der Symptom«*, welche gewöhn-
iich Torkommen, wenn die Placenta oder ein Theil
derselben im Uterus zurUckbleibL Ware die Kr. le-
ben geblieben, so würde ohne Zweifel die Verbin-
doo^ der Placenta mit dem Uterus fortgedauert ha-
ben. Ob diese Verbindung das ganze Leiten hindurch
bestanden haben, «der ob die Placenta endficfa auf^
gesaugi worden sein würde, lasst sich* nicht behaup^
ten, denn für beide Ansichten sprechen sich die arzt«-
liehen Erfahrungen aus. Dass der Uterus aufsau-
gende Kräfte besitzt , wird allgemein angenom-
men. Ist diess der Fall, bemerkt Vf., so kann, wenn
auch die ausk kidende Membran des Uterus noch m
sehr erkrankt ist, doch ein befruchtetes Eichen seinen
Weg nach dem Uterus finden , denn die neue Mem-
bran, welche in unserm Falle das ganze Innere des
Uterus bedeckte, war, obgleich im Allgemeinen zähe
und faserig, um die Eintrittsstellen tler Fallopischen
Rühren sehr dünn , weich und gefassreich u. buchst
zerreihlii'h. Ob das Et, wenn es den Uterus erreicht,
darinn<n !*ieibt oder herausgetrieben wird, hangt al-
ler Wahrscheinlichk^t nach von der auskleidenden
Membran ab. Vf. glaubt , dass in allen Fallen , wo
sich die Menstruation wieder zeigt, auch Schwanger-
schaft stattfinden kann.
Zum Schlüsse bemerkt Vf.: 1) dass dieser Fall
die Wahrheit der allgemein angenommenen Ansicht
beweist, dass alle Bemühungen , die Placenta zu ent-
fernen , vergeblich sein können ; 2) dass er die Mei-
nung unterstützt, dass constitutionelle Anlage die
häufigste Ursache krankhafter Verwachsung ist; 3)
dass er beweist, dass krankhafte Verwachsung der
Placenta durch Bildung einer neuen Membran in Folge
vermehrter Thatigkeit in der auskleidenden Haut der
Gebärmutter und durch die eigenthttmliche Beschaf-
fenheit des Blutes in der Schwangerschaft erzeugt
wird ; und 4) dass er beweist , dass Verwachsung
der Eihäute mit dem Uterus genügende Ursache sein
kann, Zurückhaltung der Placenta für immer, oder
doch wenigstens so lange zu bewirken, bis Faulniss
ihre Gewebe zerstört hat und gestattet, dass die
Masse entfernt werden kann. (Schröder.)
340. GltcUiGher GebUtsfall bei einer Frau,
an welcher früher die Ovariotomie ausgeführt wor-
den war; vonCrouch. (Lond. Gaz. Dec. 1851.)
Im August 1849 war durch einen 9'' langen Einschnitt
darch die Baucbdeckeo das bedeutend degenerirte linke Ova-
rium von der damals 24jäbr. Pat. entrernt worden. Wahrend
des nächsten Winters war die Menstruation wieder eingetreten
und hatte bis zum Januar 1851 ihren regelmässigen Fortgang
gebäht, nach welcher Zeit Schwangerschaft eintrat, die am
Anfange des October ihr normales Ende erreichte. Die Ge-
burt ging Jeicbt und glucklich von Statten. Die Ausdehnung
der Bauchwände war durch die nach der Ovariotomie zuröck-
gebliebene beträchtliche Narbe nicht im Mindesten gestört wor-
den. Mutter und Kind befanden sich 7 Wochen nach der
Enthindung völlig wohl. (S i c k e 1.)
341. lieber OmphalOtaxiS o(fer Reposition
der vorgefallenen Nabelschnur; von Neugebauer
in Kaiisch. (Gttnsh. Ztschr. 111. 1. 1852.)
An ein zur Reposition der vorgefallenen Nabel-
schnur bestimmtes Instrument stellt Vf. folgende An-
forderungen: 1) Gs muss so lang und so gestaltet
sein, dass man damit die zu reponirende Nabelschnur-
schlinge nicht nur über den vorliegenden Kindestheil
in das Innere der Gebarmutter hinaufitlhreii « sondern
64
V. Gynäkologie a. Pxdiatrik.
ihr auch daselbst eine Lage geben kann» die womdff-
lich schon fUi« üirh allein sie vor dem WieiIn-\ (»rfH'llen
aus der GebärmuUer zu schützen vermag. 2) Es
muss möglichst gering an Masse und überhaupt so
beschaffen sein, dass es, in die GebürmuUer einge-
führt, weder die maiterlichen, noch die Eitheite drUk-
ken. geOihrlieh reizen oder verletzen , noch den vor-
liegenden Kindestheil aus seiner L.ige bringin , noch
überhaupt auf den Gang der Geburt störend einwir-
ken kann. 3) Es muss daher veränderlich in seiner
Form, elastisch sein , um grOssern Hindernissen , auf
die es bei seinem Eindringen in die G^ärmutterhöhle
und dem Vordringen in derselben etwa stossen sollie,
leicht ausweichen und sich nach dem jedesmaligen
Räume, den es zwischen den Kindestheihn und der
Gebarmutierwand antrifft, gestalten zu können. 4)
Es muss aber andrerseits auch wieder genug Resistenz
besitzen , um sich nicht schon von der Last der an
seine Spitze zu befestigenden Nabelschnurschlinge in
seiner Form wesentlich verändern zu lassen. 5) Es
muss ferner so eingerichtet sein , dass es die Nabel-
schnur, ohne sie zu drucken, sicher und fest fassen
und hallen, und in jedem beliebigen Augenblicke wie-
der fallen lassen kann. 6) Endlich muss es leicht
und mit Sicherheit gehandhabt werden können , und
behufs seiner Anwendung keine besondere Uebung von
Seiten des Operirenden erfordern.
Nach Kritisirung verschiedener, bisher gebräuch-
licher Repositionswerkzeuge , giebt uns Vf. die Be-
schreibung eines allen oben genannten Anforderun-
gen angeblich entsprechenden, von ihm selbst erson-
nenen Instrumentes, Omphalotacterium, von welchem
auch Abbildungen beigegeben sind, deren einige wir,
des bessern Verständnisses halber , hier wiedergeben.
Das Instrument besteht aus einer mit eioem Griffe und
einer Schlinge zum Passen und Festhalten der Nabelschnur
versehenen, spiralförmig gekrümmten Fischheinrulhe , und ei-
ner elastischen Ralheterröhre. Die Fischbeinruihe ist, ohne
den 3" langen Griff, \9" lang, an ihrer Basis 2"% an der
Spitze 1'" dick, gut abgerundet und geglättet; 12'" von der
Spitze entfernt befindet sich eine kleine Oeffnung, durch wel-
che ein etwa 6" langer fester Faden hindurchgezogen ist. Die
elastische Katheterrobre ist bei einer Stärke von 3"' so lang,
dass sie die Fischbeinruihe vollständig in sich aufnehmen
kann; 6"' von ihrem obern, blinden Ende entfernt befindet
sich eine ovale Seitenöffnung, der Stelle entsprechend, an
welcher sich die vorher erwähnte Fadenschlinge befindet,
lieber die Art. wie das Instrument zu gebrauchen ist, glauben
wir kurz hinweggehen zu können, da dieselbe aus der Abbil-
dung deutlich hervorgeht. Vf. hält ffir jede Seite der Mutter
ein besonderes Instrument nothwendig. Hat man die vorge-
fallene Nabelscbninrscblinge befestigt, ao leitet man die Sprta
des Instruments, einem oder 2 Fingern folgend , in den ofle-
nen Kaum zwischen dem Muttermunde und dem vorliegeodeo
Kindestheil ein , und schiebt es vorsichtig so weit in die Ge-
burtswge ein, bis sein Griff die Schamtbeile berührt. M
diesem Verfahren soll die Spitze des Instrumentes folpidefl
Weg nehmen : Sie dringt von der gedachten oflenen SttlUm
Muttermunde aus zuerst an der Seite des vorliegendeo kisb-
tbeils aufwärts , dann in der Richtung nach vom , obeD ni
der entgegengesetzten Seite bin in den zwischen der nach ton
schauenden Fläche des Kindes und der vordem Gebärnratter-
wand befindlichen Raum hinein , und in diesem eodlicb am
das Kind herum bis zur entgegengesetzten Seite derCebännot-
terhöble vor. Es wird hierauf die Gebärende aufdiejes^
Seite gelagert, nach welcher bin man die Nabel8cbnurecl%
in der Gebärmutterhöhle geführt hat; man könnte hiersofAi
Instrument aus der Gebärmatter entfernen , doch ist es b-
ser, dasselbe so lange liegen zu lassen, bis die Ausfüttai
der leeren Stelle im Muttermunde durch den vorliegeDdeDb
destheil erreicht ist. Durch etwa 2" weites Hervorziehen k
Fischbeinruthe aus der Katheterrobre streift man die Fada-
schlinge von der Spitze ab, die Nabelschnur wird frei, a. diu
entfernt man vorsichtig das ganze lostrument.
Scbliisslich theilt Vf. ganz ausführlich einen Fall mit, ii
welchem er sich seines Instrumentes mit dem gläozendjid
Erfolge bediente. (S i c k e 1.)
342. neber Didot's Diatriptenr. (Pres«
ffl^d. 22. 1851.)
Das 40 Ctmtr. lange Instrument besteht aas 2 Araeo,
die, in einem Gelenke ineinandergefügt, sich gegenseitig stol-
zen ; der eine derselben ist gerad, der andere am unten Eo^
nach aussen gebogen. Im Innern der geraden Rraocbe ist eä
Stilel verborgen, welciies mit Hülfe einer Spiralfeder, die
durch den Druck auf eine kleine , am Griffe des Inslranfot*
angebrachte Platte in Bewegung gesetzt werden kann , sidi
vorschieben lässt; so lange das Instmment gescblosseo iü
bleibt das Stilet verborgen. An dem gekrümmten Ende k
andern Branche ist eine Druckschraube angebracht, mit dem
Hülfe man das Instrument offnen und schliessen , and es i)^
durch in einen Zertrümmerungs- oder Extractionsappant ««•
wandeln kann.
k
Die Bestimmung des Instrumentes ist 6\ti bei b^
deutender Beckenenge die Schädelknochen des Fol""
im Miitterleibe zu desarticuliren , ohne die sie w^
deckenden Weichlheile sehr zu verletzen. Es ^^^ "*'
dem Gebrauche nicht immer nOthig , das Stilel vorio-
stossen. da das Instrument in die natürlichen OeB-
nungen , als Nase , Augenhöhlen u. s. w. , «n«* ^" "*
knöchernen Spalten auch so leicht eindringt; "*'
Vorschieben des Stilets ist besonders nölhig» ^^
man am Grunde des Schadeis oder an einer zti^
V. Gynäkologie u. Ptdiatrik.
56
besonders harten Stelle eindringen witl. Ist durch
wiederholtes Einstossen des Instruments ein Knochen
in mehrere Stacken zerbrochen , oder sind mehrere
Knochen aus ihren Verbindungen gelöst worden , so
kann man diese mit dem Instrumente fassen und aus-
ziehen, oder wenn sie zu gross sind, vorher nochmals
zerbrechen. Es ist nothwendig, eine Hand in die
Ucerushöhle einzuführen , ehe man mit dem Instru-
mente zu operiren beginnt.
Obgleich Didot behauptet, die Application sei-
nes Diatriptenr werde der Mutter nicht mehr Beschwer-
den verursachen oder Gefahr bringen , als eine Wen-
dung, so ist es doch unverkennbar, dass das Operi-
ren mit dem genannten Instrumente schwierig, lang-
wierig, bisweilen unmöglich und jedenfalls für die
Mutter sowohl als für den Geburlshelfer äusserst pe-
nibel sein wird« Kann daher der Diatripteur vielleicht
in einigen Ausnahmsfallen einmal anwendbar sein, so
wird er doch nie eine allgemein verbreitete Anwen-
dung in Fällen von Beckenenge finden.
(Sickel.)
343. neber Compression der Aorta nach der
Geburt; von Parant. (Journ. de Toulouse. Sept.
1851.)
An A\% Lobpreissungen, welche Baudelocque
der Compression der Aorta nach Geburten spendet,
und an die Bemerkung desselben , duss man dieses
Mittel, wodurch der Blutzutritt zur Gebärmutter be-
deutend vermindert wird, auch bei grosser Enge des
Beckens anwenden könne, um ein Absterben des Fö-
tus u. einen künstlichen Abortus zu bewirken, knüpft
Vf« di^ Idee , durch Compression der Aorta manchem
Abortus vorzubeugen. Bei der gesteigerten Entwick-
lung, welche die Eierslocksarlerien während der
Schwangerschaft erfahren , eropHingl , auch wenn die
Aorta comprimirt wird , der Uterus noch genug Blut,
um in der ersten Zeit der Schwangerschaft den Fötus
hinreichend zu ernähren. Dagegen könnte wohl durch
den in Folge der Compresüion bewirkten veränderten
Blulzutluss in manchen Fällen einem Abortus vorge-
beugt werden. Vf. will das Mittel bei der nächsten
sich ihm darbietenden Gelegenheit in Anwendung
bringen. (Sickel.)
344. Banchschnitt zur Entfernang eines
dnreh Zeneissiug der Gebärmatter in die Bauch-
h&hle gelangten abgestorbenen Kindes; von
Nebel. (H. u. Pf. 's Ztschr. N. F. I. 2. 1852.)
Eioe 30jühr. gesuDde Frau , welche bereits 3inal leicbt
und regelmässig geboren hatte, erlitt während ihrer 4. Schwan-
geiscbaft im Mouat December 1850, nachdem sie in der Mitte
des October die ersten Kindesbewegungen wahrgenommen
hatte, einen Fall , der ihr zwar einen heftigen Schreck , aber
weder Schmerzen im Leibe, n>' h einen Blutaiigang aus den
GenitaUea , noch sonst etwas Auflallendes verursachte; doch
fühlte sie von jener Zeit an keine Kindesbewegungeo mehr.
Sie besorgte nach wie vor ihre häuslichen Geschäfte, als plötz-
licli am 17. Januar ohne wehenartige Schmerzen ein starker
Mutterblutfliias eintrat , dem bald heftiges Erbrechen wüssri-
ger Stoffe nachfolgte; nach dem Erbrechen stellten ,sich nun
auch heftige, aber nicht wehenartige Schmerzen im Leibe ein,
und hielten , ebenso wie das Erbrechen , die Nacht und den
folgenden Tag an. Da die Krankheitserscheinungen immer
zunahmen, wurde Vf. am 20. Jan. zu Ratbe gezogen, der aus-
ser den schon genannten Erscheinungen einen Puls von 160
Schlägen, trockne Zunge und heftigen Durst beobachtete. Die
auf den Unterleib aufgelegte Hand — ein tieferes Eingreifen
war wegen der Schmerzen nicht möglich — fühlte die Kindes-
theile ungewöhnlich nahe hinler der Bauchwand liegend. Bei
der innern Untersuchung wurde ein Kindestheil nicht gefühlt,
der Muttermund war geschlossen. 20 Blutegel auf den Unter-
leib, am nächsten Tage wiederum 10. Der Sehmerz Hess am
nächsten Tage nach , Wehen traten nicht ein. Am 29. Jan.
war ziemlich viel Fruchtwasser abgegangen , dem am 30. der
Mutterkuchen mit einem Stucke der Nabelschnur, beide in be-
ginnender Verwesung , gefolgt war. Als Vf. am 4. Febr. die
Kr. wiedersah, fand er sie stark fiebernd, mit starren Blicken
und eingefallenem Gesicht ; 3'' unterhalb des Nabels war in
der weissen Linie eine stark geröthete Stelle von der Grösse
eines Guldenstucks, nach beiden Seiten hin , etwas tiefer , 2
ähnliche, etwas kleinere Stellen.
Es war jetzt wohl nicht daran zu zweifeln, dass das Kind
ausserhalb der Gebärmutter-liegc , und dass die Bauchhaut im
Begriff stehe , durch Eiterung durchbohrt zu werden. Um
letzteres zu befördern wurden warme Umschläge gemacht;
schon nach 2 Tagen bildeten sich an den erwähnten Stellen
des Unterleibes Brandblasen, und an der grössten Stelle
schwitzte, abermals nach 2 Tagen, etwas Eiter aus. Da am
9. Febr. Vf. die Kr. äusserst erschöpft, die erwähnte Stelle
der Bauchhaut fast durchbohrt fand, und aus letzterer ein
cadaveröser Geruch ausströmte, so sehritt er sofort zum
Bauchschnitt , den er mit Benutzung der 3 brandigen Stellen
ausführte. Die Blutung war gering. Unmittelbar hinter der
Bauchwand fand sich die Brust des längst abgestorbenen Kin-
des; Vf. eröffnete diese, so wie den Bauch und zog darauf
das Kind ohne grosse Mühe durch die kaum 4'' grosse Bauch-
wunde an den Füssen aus. Der todte Knabe hatte die Grösse
eines fast ausgetragenen Kindes ; an seinem Leibe hing ein
etwa schuhlanges Stück der Nabelschnur. Eine trübe , stin-
kende Flüssigkeit wurde aus der Bauchhöhle der Mütter mit-
tels eines Schwammcs entfernt. Die Höhle , in welcher das
Kind gelegen hatte, war, nachdem die Baucheingeweide ihren
Platz wieder eingenommen hatten , etwa von der Grösse eines
Kindeskopfes; an ihrem obern Theile lag der Quergrimmdarm,
dessen Oberfläche, ebenso wie die der andern sichtbaren Darm-
schlingen , mit einer Art Muskelhaut überzogen schien. Der
Uterus konnte nicht näher untersucht werden , da er sich be-
reits ganz zusammengezogen hatte und in das kleine Becken
berabgetreten war. Eine Vereinigung der grossentheils in
krankhaftem Zustande befindlichen Wundränder war nicht
möglich ; es wurde deshalb die Wunde mit einem Tuche und
Kataplasmen bedeckt und der Kr. eine leicht verdauliche,
nahrhafte Kost gereicht. Schon am 15. Febr. war die Bauch-
wunde bedeutend kleiner geworden, die Eingeweide waren
nur noch wenig sichtbar, die Höhle von nur unbeträchtlicher
Tiefe; am 12. März war die Wunde nur noch '/s" I<*d8 und
VI2' breit, zu Anfange des April aber ganz geschlossen und
die Frau völlig hergestellt.
Dass das Kind schon längere Zeit in die Bauch-
höhle getreten war, darüber kann kein Zweifel sein;
dass diess bereits zur Zeit des Falles geschehen sei,
ist dem Vf. nicht wahrscheinlich, da die Frnu damals
weder Schmerzen , noch Blulabgang halte ; dagegen
glaubt er, dass das Kind damals abgestorben sei,
durch seine fortschreitende Verwesung die (lebarraut-
lerwand durchbohrt habe, und auf di«'^e Wrisi; in die
Bauchhöhle gelangt sei ; in Folge des Reizes , den es
hier Üble , sei dann im Januar die Unterleibsenlzün-
düng entstanden. Doch auch bei dieser Annahme
fehlt das den Austritt des Kindes bogieitende Gefühl
eines plötzlich an eine andere Stelle des Unterleibes
gelangenden schweren Körpers. Der Austritt des
66
V« GymkologM lu Ptdiatrik
Kitde» hXUe aladanii wahncheintieh am 17. Jan* statu
gefimden, we sich d«r starke Blulfluss und da» Erbre-
chen eingestellt hatten.
Iq den meisten Fallen erregt ein Kind, welches
durch irgend eine Veranlassung in der Gebirmutler
abstirbt. Wehen und wird auf natQrlichem Wege aus-
gestossen; gelangt es durch Ruplura uteri in die
Bauchhohle, so gehen im glttcklicben Falle die Weiche
ibeile desselben in Eiterung aber, die Knochen aber
rufen Absoessbildong in der Rauchwand hervor und
werden dann , manchmal in langen Zwischenräumen»
ausgestossen.; seltner geschieht es, dass das Kind zu
eineai sAgenannten Uthoplidion umgewandelt wird.
Gans ungewöhnlich ist dagegen der eben milgelheilte
Pal!, wo das Kind in der Bauchhöhle in eigentliche
Faulniss aberging, die sich der Bauchwand mitlheilte
und solche zu zerstören begann. Hätte hier der Ge-
sammtorganismus noch einige Tage widerstehen kün-
sen f so wlire wohl auch oiine Hälfe der Kanal die
Aussckeidung des faulen Kindes aufdtesem ungewöhn-
lichen Wege erfolgt. (8 i c k e 1.)
345. Erster Jahresbericht über die tüüsen-
schaßUchen Leistungen der k. k, Klinik ßir Kinder-
krunkheiien im St. Juaen-fkinderhospitaU, ßr i 850
— 1851 ; von Dr. L.W. Mauthner. (Wien. Ztschr.
Vif. 9. 1851; auch als Separalabdruck. Wien 1851.
8, 47 S.)
An die recht praktische Eröffnungsrede seiner
neuerrichteten Klinik für Kinderkrankheiten knüpft der
rühmlichst bekannte Vf. die Mitlbeilung einzelner in*-
teressanter KrankheilsHllle , welche unter seiner Lei-
tung klinisch behandelt wurden.
Insbesondere sucht er durcli mehrere Beispiele
den grossen Nutzen der von ihm bekanntlich sehr
warm empfohlenen AderlXsse bei Pneumonien der
Kinder nachzuweisen. Er hat darin ein schneit und
sieber wirkendes MiUel erkannt, bei dessen zeitiger
Anwendung alle andern Heilmittel entbehrt werden
können. Für gelindere Fälle genügt natürlich ein
blos exspectalivps Verfahren.
In einer Scharlachleiche fand sich ein ausgehilde-
ter Hagencroup ohne sein Dasein während des Lebens
durch charakteristische Erscheinungen (ausser einem
katarrhalischen Zustand der gesammten Digestions-
schleimhaut) verrallien zu haben.
Sehr lehrreich sind die Bemerkungen über Syphi-
lis kleiner Kinder, um so mehr, als hier die Diagnose
noch immer mit grossen Schwierigkeiten zu kämpfen
hat. Die Gontagiosität der secundären Syphilis wird
nach des Vfs. Meinung wohl durch nichts deutlicher
bewiesen , als durch die Art , wie sich die Lues bei
und durch Kinder verbreiteL Ja es scheint ihm so-
gar wahrscheinlich , dass auch die latente Syphilis,
die oft bei Findlingen vorkommt, mit der Vaccine
abertragen werden könne. Bezüglich der Diagnose
der Syphilis kleiner Kinder stimmt Vf. ganz mit Berg
in Stockholm überein, indem er den eigenthümlicheu
Habitus solcher Kranken und die Chlorosis syphilitica
nhenan stellt, demnächst aber die exanthematiscben
Kracheinungen , die Kondylome» Geschwüre osdl dt«
Cor^'za bervorhebL Hinsichtlich der Behandlung bat
er gefunden, dass die Syphilis in diesem Ahef swar
leicht heilt» aber ebenso leicht auch Rückfallle naacbL
Hiernächst ward in der Klinik eine Scharlach- a.
Masemepidemie beobaditet. In einzelnen und swat
immer bedenklichem Fällen traten sogar beide Eian-
theme gleichzeitig auf. Auch Croup, Pneooionie.
Noma genitalium wurden im Gefolge dieaerAusaehlags-
fieber behandelt.
Endlich wird noch einiiger chirurgischer Fällt
gedacht«
Die Gesammtzahl der »u(|genommenen Rrankce
betrug 202. Von diesen starben 82, mitbin aagc-
fähr 300/o.
Das kleine Schriftchen enthält in leichter Skizzi-
rung eine Menge werthvoller praktischer Bemer-
kungen, und verdient daher die beste Empfehlung.
(K Ottner.)
346. Halbseitige Gesichtslähmimg bei Nea-
geboreneO; von Dr. Hoogeweg in Berlin. (Pr.
Ver.-Zlg. 49. 185t.)
Eine 24jähr. kräftige Erstgebärende gebabr ein in sogen,
apoplektischen Scbeintode befiodlicbes Kiod ; der ganze Kör-
per desselben war blau, geschwollene Augenlider, NabeUchnur
matt pulsireod. Der Kopf war in der Weise scbief geschohefl,
dass die recbte Hälfte böber stand als die lioke, und die Ran-
der der Pfeilnabt einen stumpfen Winkel mit einander bildeten.
Das Kind mit der Placenta in Verbindang gdasseD Hess nacfe
20 Minuten langen Wiederbelebungsversuchen ein leises Wio-
mem vernehmen, und bei unvollkommener Respiration hörte
man ein luulcs Rasseln. Als die Gesicbtsmuskeln agirten,
erkannte man die molurische Lähmung der linken Geaicbls-
hälfte an der Verziehung des Mundwinkels nach rechia, ao
dem herabhängenden linken Nasennögel und oflensteheodeo
linken Auge ; die Zunge schien sich nach links zu richten, ih-
re rechte Hälfte hatte den doppellen Umfang wie die linke *,
die Venennelze unter der rechten Hälfte waren reichlichf r ge-
füllt, die Schlingbewegungen waren aber ohne Störung. Nadel-
stiche in die gelähmte Gesichtshälfte verursachten keine Eoh
pfindung. Die Lähmung der sensibeln Fasern des Trigemi-
nus bestand 6 Tage , wahrend die der motorischen länger an-
hielt. Ausserdem waren auf der Höhe des Kopfe« und am
Halse leichte Verletzungen.
Gewöhnlich entstehen halbseitige LähiDungen des
Gesichts Neugeborener, durch den Druck eines un-
günstig liegenden Zangenblattes, wodurch einzelne
Zweige des Facialis gedrückt werden. Es ist aber
auch nicbt undenkbar, dass ein Missverbjilloiss zwt-
scben Kindskopf und Becken einen ähuliehen Befolg
hervorrufe, wenn die Wange des Kindes dauernd ge-
gen den einen oder andern Tbeil des Beckens oder
des Kindes selbst, z. B. gegen die Paust gedrängt
würde. Im gegebenen Falle war beides nicbt zuge-
gen gewesen, sondern der Druck im Beckenausgange
kam dem ganzen Kopfe zu, und die Ursacbe muss da-
her innerhalb der Schüdelhühle gesucht werden, also
ein Blutextravasat, welches den N. facialis und Trige-
minus bei ihrem Austritt ans dem Gehirne lädirte, b.
wahrscheinlich bei der dauernden Schiefheit des Ko-
pfes in der rechten Kopfseite seinen Sitz hatte. Wahr-
scheinlich erstreckte es sich auch auf die M^duUa
VL Chirurgie» Opluhaioiologie o. OtiatriL
87
oblong.» dean das laute Rasseigerausch, was zwar
bei Neugebornen häufig vorkommt , und einer Ueber-
fullung der Bronchien mit Schleim zugeschrieben wird,
konnte ebenso gut von einem Lungenödem , abhangig
von einer CirculationsstOrung , herrühren, zumal die
Kurzathmigkeit des Kindes sehr lange anhielt, i 2 Tage
wurden kalte Umschlüge Über den Kopf gemacht, wah-
rend welcher Zeit die Form des Kopfes sich ziemlich
ausgeglichen halte, doch blieb die rechte Seite etwas
höher. Die Temperatur dieser Theile war normal,
die Empfindlichkeit der linken Gesichtsseite borge-
stellt, die äussern Verletzungen geheilt, die Facialis-
Lähmiing sprach sich nur noch in den Zweigen des
Mundes aus, doch blieb die rechte Zungenhalfle dik-
ker als die linke. • (M i 1 1 i e s)
VL Chirurgie, Ophthalmologie nnd Otiatrik«
347. Fractnr der Spina icapnlae; von j.
Hoppe. (DeuUche Klin. 2. 1852.)
Milgaifoe hat in seioer Fracturenlehre das Vorkom-
men der Fractur der Spina tcapolae als eine isolirte
Verielzung oicbt anerkannt, indem er sagt: er kenne kein
Beispiel einer auf die Spina , oder den hintern Winke) des
Schulterblattes beschrankten Fractur. Nachdem nun der Vf.
unlingst einen Fall dieser gewiss so äusserst seltenen Veriez-
zung zu beobachten und zu studiren Gelegenheit hatte, so
tbeilt er denselben unter der Form eines Sendschreibens an
Malgaigne mit.
Ein Polizeisergeant zu Bonn hatte den 30. April 1851
Abends einen Stoss ton vom erhalten , war rOckwarls umge-
fallen und mit der rechten Schulter auf das unebene Pflaster
des Erdbodens stark aufgestossen. Vf. traf den Verletzten am
folgenden Morgen im Bett mit fieberhaft aufgeregtem Puls,
weil er die ganze Nacht kein Auge zugethun holte. Die Unter-
suchung ergab grosse Schmerzhaftigkeit im ganzen Bereich der
rechten Schulter, die sich durch Druck und Bewegungen noch
steigerte und an der vordem Seite des rechten Oberarmkopfes
am stärksten war. An der ganzen hintern Seite des Oberarms
bis zum Ellenbogen herab, bestand ein diffuses Blutextravasat.
Der Verletzte hielt den Arm in rechtwinkliger Beugung und
neigte Kopf und Rumpf nach der rechten Seite bin ; der rechte
Arm war nur geringe willkürliche Bewegungen zu machen im
Stande. Die im Entstehen begriffene Anschwellung iin Be-
reich des Schnitergelenks war noch gering aber gleichmässig.
Es liess sich weder Grepitation , noch eine durch Dislocation
bedingte Deformität , noch abnorme Beweglichkeit entdecken ;
Messungen ergaben auf beiden Armen gleiche Maasse. Da
unter solchen Umständen weder an eine vorhandene Luxation
noch Fractur zu denken war, so blilb nichts übrig, ais eine
Quetschung und Erschütterung des Schul tergelenkes anzuneh-
men, welcher Annahme nur die grosse Schmerzhaftigkeit und
der hohe Grad der Bewegungsstörung einigermaassen wider-
sprach. Der hintere Theil der Schulter, auf welchen der Ver-
letzte aufgefallen , war gerade von Geschwulst und Blutextra-
vasat frei, und der Schmerz in der Pars infraspinata am we-
nigsten erheblich. Vf. entdeckte endlich IVs — 2" von der
Wurzel der Spina nach aussen eine schmale gegen den Druck
äusaerst empfindliche Stelle , an der sich keine Cnebenbeit,
abnorme Beweglichkeit oder Grepitation wahrnehmen liess, u.
die Vergleichung mit einer getrockneten Scapula ergab , dass
die schmerzhafte Stelle im vorliegenden Fall sich gerade da
befand , wo die hintere Wurzel der Spina anfängt sich zu ver-
dünnen , wo an der horizontalen Querpintte der Spina die
durchscheinende Knochensubstanz beginnt, und die breite
Kante derselben sich wieder zu verschmälern anfängt. Diese
Stelle zeigt in der That einige Disposition zur Fractur, obgleich
diese einige Linien weiter nach dem Akromion zu grösser er-
scheint ; Vf. hielt daher eine Jnfraction der Scapula für höchst
wahrscheinlich.
Das Zustandekommen der Verletzung betreffend gelangte
der Vf. zu der Ansicht , die Spina müsse auf indirecte Weise
eingebrochen sein. Der Verletzte war auf die Bücken (lache
der Schulter gefallen, und mithin mit dem vorragendsten Theil
' Med. Jahrbb. B4. 74 Hfl 1.
der Spina am meisten auf das Pflaster aufgeschlagen. Der
äussere stärkere Theil der Spina hatte der Gewalt des Falls
Widersland geleistet , obgleich er gebeugt worden war , der
donnere Theil aber war an der angegebenen Stelle des Bruchs
einigermaassen entfernt von der Einwirkungsstelle der Gewalt
eingebrochen. War die Fractur der Spina indirect entstanden,
so musste auch die Erschötterungsverletzungam vordem Schul-
tergelenk eine mehr indirecte sein. Die besondere Schmerz-
haftigkeit der vordem Schultergegend, und namentlich des
Gelenkkopfes beim Drack , konnte nicht als Gegenbeweis auf-
gestellt werden, da bei allen congestiven Leiden in dieser Ge-
gend der Gelenk köpf am empfindlichsten zu sein pflegt , es
auch möglich vrar, dass das Gelenk einen Druck durch den
Process. coracoideus bei der Einwirkung der erschütternden
Gewalt erlitten hatte. Dass der Verletzte an der Fracturstelle
von einem besonders hervorragenden Stein des Pflasters direct
beim Fall getroffen worden sei , schien wenig wahrscheinlich,
da alle Zeichen einer solchen beschrankt einwirifenden Gewalt
mangelten.
Da Pat. sehr unruhig war u. den Körper bei abducirtem,
steif gehaltenem Arm hin und herwarf, so legte Vf. einen Ver-
band an, um den fortwährend schmerzerregenden Muskelbe-
wegungen entgegenzuwirken. Nachdem eine Art von Exten-
sion und Contraextension der nochmaligen Untersuchung des
Schnitergelenks halber ausgeführt worden war, wurde der Arm
in eine Mitelia gebracht, zwischen den Oberann und die Bip-
pen wurden Tucher als Polster gelegt und der Arm wurde zu-
letzt mit ujoer Bollbinde an den Bumpf befestigt. Auf die vom
Verband unbedeckte Stelle des Schultergelenks und der Spina
wurden kalte Umschläge applicirt und zahlreiche Schröpfköpfe
im Bereich der verletzten Stelle angewendet. Die Besserung
schritt rasch vorwärts ; nach 8 Tagen verliess der Kr. das Bett,
der Schmerz beim drückenden Befühlen der Schulter hatte
bedeutend abgenommen, Kraft und Bewegungsfälligkeit des
Armes war wiedergekehrt, so dass die schnellen Besserungs-
fortschritte genügend ergaben, dass das Scbultergelenk und
obere Ende des Oberanns von keiner Fractur oder überhaupt
grossen Verletzung betroffen gewesen sein kunnte. An der
gedachten Stelle der Spina zeigten sich weder Dislocationser-
scheinungen noch die Symptome einer frischen Fractur, dage-
gen traten 2 Symptome auf, welche die angenommene Diagnose
der Fractur sicherten. Es hielt nämlich an der Spina der
scharf iocalisirte Schmerz an , liess sich selbst nach Monaten
durch Druck noch hervorrufen , während er an der Schulter
rasch sich gemindert halte und bald ganz verschwunden war.
Ferner entstand an der Steile des Schmerzes eine circumscripte
Geschwulst, die schon am tf. Tage begann, sich vergrösserte,
erhärtete und zu einer buselnussgrossen Callusgeschwulst aus-
bildete. Die Behandlung nach beendigter Antiphlogose be-
schränkte sich auf warme Umhüllung und Einreiben von flüch-
tigem Liniment. Nach 3 Wochen trat der Verletzte wieder
seinen Dienst an. Die Callusgeschwulst, die sich noch ver-
gröüserte, blieb beim Druck noch immer empfindlich. Bei der
letzten Untersuchung, 150 Tage nach der Verletzung, zeigten
sich die Bewegungen ganz frei und kräftig ; der Pat. gab an,
dass nur die Erhebung des Annes etwas beschwerlich falle,
auch wurde bei derselben ein mattes Geräusch im Innern des
8
58
VL Chirurgie, OpMhaliieiogie a. OUatrik.
Getotfce« waiiFgeDommM ; die GalJusgesnkwalit halt^ siob
sehr ferkleiae^t, doch rief Druck auf dieselbe immer noch ei-
nen scharf begrenzten, wenn auch geringen, Schmerz hervor.
(Streubel.)
?48. Ruptur dor Harnblase nach einem Stoss
gegen den Leih, Autopsie u, gerichtsärztliche Be-
tracht^flg ; VQD J. K n e e 1 a q d. (New - York Journ,
March 1851.)
in der Nacht des 18. Oecbr. 1849 wurde Vf. auf das Land
zu einem 29 J. alten, kräftig gebauten Grobschmied geholt,
der einige Stunden vorher einen Stoss gegen den Leib bekom-
men hatte, in dessen Folge demseiheB sehr unwohl geworden
war, so dass er in einem Gasthause , 1 Std. entfernt von sei-
nem Wohnorte, hatte bleiben müssen. Pat. lag im Bette,
l^atte die Knie an dan LeiV gezogen , albmete äogstlicb und
atöbpte bei jeden Atb«mzug. Seine erste Frage an den Vf,
war, ob er ein Instrument bei sich habe, um ihm den Urin,
den ff nicht entleeren könne, abzulasaan. Vf. sendete so-
gleich nach einem Katheter, und untersuchte indessen den
Zustand des Pat. Der Puls war klein , schnell und zitternd,
die Fasse ^nd Hände füblten sich kalt an *, der Unterleib wa,r
in «einer ganzen Ausdehnung an jeder Stelle beim Druck
schmerzhaft ; über dem Nabel befand sich eine geröthete Haut-
atelle. Vf. gab dem Pat. warmes Getränk , liess warme Um-
schläge uui die Fösse und über den Leib legen , und machte
einen ergiebigen Aderlass, der einigermaasseu erleichterte.
Als der Katheter ankam, wurde er sofort eingeführt und 1
Nösel mit Blut vermischten Urins abgelassen. Am folgenden
Morgen befand sich Pat. wieder so schlecht wie am Abend
vorher, er hatte Schmerzen im Leibe, mit fortwährendem
Ujrindrang, der Puls schlug llOmal in der Mioute, und es
X^ar noch ausserden^ Tenesmus vorhanden. Es wurde der
Aderlass wieddhiolt, mit dem Katheter ein Nosel klaren Urins
abgelassen und ein reizendes Klystir applicirt , nach welchem
eine reichliche gesund aussehende Stnhientleerung folgte. Am
Abend, wo steh abermals Drindrang eingestellt halte , fährte
Vf. noch einmal den Katheter ein , allein es flössen kaum ei-
nige Tropfen ab, und es schien, als ob der Katheter sich ver-
stopft habe. Am Morgen des 3. Tages, als aus dem einge-
brachten Katheter abermals kein Urin floss , ging Vf. mit der
Katheterspitze weiter nach oben und rechts, ohne auf ein Hin-
derniss zu stossen , bis endlich , als das äussere Ende des
iSVs" langen Katheters nur noch 4" von der Fossa navicul.
entfernt war, auf einmal der Urin auszuströmen begann und
ungefähr ein Quart entleert wurde. Pat. klagte noch immer
über Stuhlzwang und heftige Schmerzen des Leibes, nament-
lich in der Gegend rechts vom Nabel. Klystire gingen ohne
Wirkung wieder ab; Ricinusöl wurde 1 Std. nach dem Ein-
nehmen weggebrochen. Am Abend dieses Tages entleerte
Pat. von selbst den Urin. Am 4. Tage traf Vf. den Put. wie
er sitzend auf dem Bettrande urinirte; der Urin iloss in einem
vollen Strom während des Einathmens , der durch das Aus-
athmen unterbrochen wurde. Stuhlgang hatte sich noch nicht
eingestellt, die Schmerzen im Uuterleibe hatten zugenommen.
Hit der gehörigen Vorsicht wurde nun Pat. in seinen nahge-
legenen Wohnort geschalft. Am Abend schlug cIit Puls ISOmal
in der Minute, der Athem war kurz, ängstlich nnd von fort-
währendem Stöhnen unterbrochen Abermalige Gaben von
Ricinus- und Terpentinöl waren gleichfalls weggehroehen wor-
den, und mehrere reizende Klystire nicht lange nach der Ap-
plication wirkungslos abfiegangen. Es wurden einige Dosen
Calomel mit Opium gereicht, allein auch diese bnich Pat. wie-
der aus. Am ö. Tage stellte sich Kolhbrerhen em; der
schmerzhaft aufgetriebene Unterleib zeigte rechts vom Nabel
eine faustgrosse Anschwellung unter den Bauchwnndnngen ;
der Urin wurde wieder zurückgehalten , das Katheterislren
verursachte ausserordentliche Schmerzen , und es floss bluti-
ger Urin durch den Katheter ab. Es wurden noch Milielsalze
und Tabaksklystire zur Hebung des Ileus probirl , allein ver-
geblich. Am 6. Tage war der l'nterleihtrommplartig gespannt,
die Geschwulst rechts vom NalM'l verschwunden ; der PiiU fing
an zu intermittiren, die Kräfte sanken, die Gesichtszuge wur-
--^M. hinpokratiscb und am Morgen des 7. Tages trat der Tod
«o , nach4em Pat. 5 Sid. vorher das fifwoatttein wrUm
battß.
Autopsie 22 Std. nach dem Tode. Bauchmuskelq
serös infiltrirt ; Därme von Gas ungemein aufgebläht ; Bauch-
fell and Netz schmutzig gefärbt, injicirt, mit sahlloaen Ssflb-
sionen bedeckt, und nach unten zu von einem brtiigep , dün-
nen , weinhefenäbntichen Exsudat bekleidet. Von der Urin-
blase existirte nur noch der Hals , der eine 2'' lange Cavitäl
darstellte , die an ihrem freien Rande unregelmässig gefranzt
war. Ueber dem Halse der Biese , namentlich auf dem Haal-
darme , lag ein leicht zerreibliches , membranartigea , orinös
riechendes Exsudat. Nieren gefässreicher , aber aooat von
gesunder Structur. Die Harnleiter endeten in der brejigeo
Masse, die den Blasenbals umgab. Bei der Untersuch ong der
Därme wurde eine 3" lange Invagination des Heum an der
Cöcalklappe gefunden , welche eine fast vollständige Verwach
sung darstellte, so dass die Commufiicatioa g«#z aufgehoben
schien ; unterhalb der Invagiqation lagen einige harte Fäccs,
über derselben weiche , hellgelb gefärbte , dünnflüssige Mas-
sen. Die Schleimbaut des Magens war an der groatea Cuna-
tur geröthet und gefleckt und hatte ein schmutziges Auasebes,
obne jedoch erweicht und leicht abziehbar zu sein. Die Han«
röhre war ohne Strictur.
Vf. kDilpU folgende Bemerkungen an. Von den 28
Fällen von Blasenruptur , die er in den Werken von
Miller, CoUe, Taylor, Coulson u. A. auf-
fand, unterscheidet sich der obige Fall durch die to-
tale Zerspre^gung und Zerstörung des Blase« k^rpera.
Die Symptome der Ruptur waren deutlich ausgeprtgL
Die Section ergab mit Bestimmtheit, dass Blasenrup-
tur die Todesursache abgegeben habe. Wie in den
meisten Fällen , so hatte auch hier e;ine äussere Ge-
walt, ein Stoss, der den Leib bei voller Hamhlaae
traf, die Ruptur bewirkt; durch die geröthete, strie-
menartig verlaufende Stelle der Haut über dem Nabel
wurde der Einwirkungspunkt der äussern Gewalt be-
zeichnet ; die Abwesenheit einer Nieren - oder Harn-
leiterkrankheit, das Fehlen von Harnröhrenstrictn^ a.
die Angabe des Pat. selbst, nie an einer Krankheit
der Uarnwege gelitten zu haben, schliesst andere Ur-
sachen der Ruptur aU äussere Gewalt voUstäiidii^atta.
kl manchen Fallen von Blasenruplur waren dit Pat
im Stande, freiwillig den Urin zu entleeren ; nie aber
(and eine solche freiwillige Entleerung nach der Ver-
letzung Statt, S4){idern sie wurde ateisi erst nach ein-
oder mehrfachem Katheterisiren eingeleitet.
Was die Invagination im obigen Fall betriflTt, so
erklärt sie Vf. aU ein Folgeleiden der Blasenruplur
auf folgende Weise : Nach der Zersprengimg A^f Hara-
blase drang der Urin in das Gavum peritonaei , uad
bewirkte daselbst eine ausgebreitete Peritonitis ; die
Bauchfellen izttndung aber übte einen lähmenden Ein-
fluss auf die Gedärme aus, der vorzüglich an der
Cöcalklappe sich kundgab, wo die peristallischen
Bewegungen aufhörten, so dass das lleum, in welchem
die Bewegungen noch fortdauerten, allmälig inva^nirt
werden musste.
Der mitgetheille Fall wurde noch dadurch bemerkens-
werth, dass er zu einer gerichtlichen Verhandlung Anlass gab,
in wi'lcher die Binsenruptur als Todesursache in Zweifel gezo-
gen wurde. Die Wittwe des Verstorbenen , welche erfahren
hatte, dass ihr Mann im Scherz einen Stoss von einem Bekannten
geg. den Leih erhalten halte, in Folge dessen er sofort hetllägerig
geworden sri, machte nn letztern auf Entschädigung Anspruch.
Die Untersuchungen des Gerichtshofs ergaben , dass der Be-
klagte den Verstorbenen allerdings gegen den Leib gestosaen
VI. Qhinugie, Of^MhähMlogi« h. Otktrik.
Ö8
hai»e. Der Advocat des BeUagteo mashte geltend ^ dass du
besetz deDselbeo gar nicht zu einer EntscbädigungyerpflichtCD
I6ane, weil es nar auf solche Fälle Bezug habe, wo Jemand,
I. Bi an der Eisenbabü, oder in einer Filbrilt o. i. w. dvreh
die FabtKietflitfit oder Uagescbiolilicbkelt eiaes Aridem Scba«-
den aa seinem Körper erlitten hätte. Der Vf. und seine CoU
legen , die in der letzten Zeit mit zu Rathe gezogen worden
waren , wurden vom Gericht aufgefordert , den Krankheitsfall
n schildern , und naineotlieb das Ergebniss der Seetioot vdr-
nie^MD. Der Beklagte verbngle ooob andenireitigee äntlicbee
GaUcbten , iadeai er behauptete , es sei unmöglich gewesen«
dass ein Stoss, wie er dem Verstorbenen versetzt habe, einen
so Qblen Ausgang hätte herbeiführen können. 2wei Aerzte
spiUchen fOr den Beklagten. Der elfte meinte, er habe in sei-
ner SOjähr. Praxis noch keinen Fall von Blaseoruplur gesehen,
ittch flieht erfahren, dass ein anderer Arzt einen solchen
beobachtet habe ; die Journale , ia welchen Fälle von Biased*
rapturen von Zeit zu Znit referirt wurden , gäben keine Auto*
rität ab, und die wenigen Beispiele in den glaubwürdigen
Schriflstellern zeigten wenigstens so viel , dass eine ausseror-
dentliche Gewalt dazu gehöre, um die Harnblase zum Einreis*
aeo lu bringen. Der andere Arzt griff die Krankengeschichte
und Section an ; er behauptete , es sei unmöglich , dass Je-
mand mit Blasenruptur den Urin selbst lassen könne , noch
nie sei es vorgekommen , dass die Blase erweicht und ganz
2ersfort gefunden worden sei. Im gegebenen Fall hätte man
wahrtebeinUoh aus Cnacbtsaailieit bei der Section die sehr
contrabirte Blase nicht entdeckt; der Verstorbene sei ohne
allen Zweifel an Invagination und Peritonitis verstorben , und
der erhaltene Stoss habe zur Entstehung dieser Krankheiten
gewiss nicht das Mindeste beigetragen.
Die Gesehwornen verortbeilten den Beklagten zur Ent*
Schädigung und diese wurde aaf 500 Dollars festgesetzt.
[Nach dem sächs. Criminalgesetzbuche gehören solche
Fälle unter das Capilel der Tödtuog durch Fahrlässigkeit, und
die Strafe variirt nach der grossem oder geringern Fahrlässig-
keit zwischen 4 Wochen Gefängntss und tf Jahr Arbeitshans.
Entschädigung muss der Inculpat, wenn er sie zu leisten im
Stande ist, stets gewähren.] (S t r e o b e 1.)
349. Statistisolie nBtergQchmigen über die
EaptU der Harnblase ; von S. Smilb, Assistent
am Bellevue-Hosp. lu New» York. (New- York Journ.
May« 1851.)
Die garnze Literatur über dre Ruptur der Harn-
bJäse besteht Hur in einzelnen, zerstreuten, mehr od.
weniger ausführlich beschriebenen Fallen, mehrere
Chirurgen haben den von ihnen beobachteten Bei-
spielen Bemerkungen angeknüpft, und gerade diese
stehen meist in directem Widerspruch zu einander.
Harriso n ist fast der einzige, der die Blasenruptu-
reo einer ausführHchen kritischen Besprechung unter-
worfen hat (Dubl. Journ. 1836. 27 u. Jahrbh. XVII
97J.
Vf. sammelte 78 meist genügend beschriebene
f*aHe, die er, tabellenförmig geordnet, hinsichtlich
des Alters nnd Geschlechts der Verletzten , der Ursa-
che der Ruptur, der primären Symptome, des Ver-
laufs und in den TodesRlllen der Seclionsergebnisse
kun aufgezeichnet hat. Wir theilen hier nur die
Ergebnisse der Tabellen in chirurgischer u. gerichts-
ärztlicher Beziehung mit.
Geschleckt tmd Alter. Die Frequenz der Bla-
seorupturen ist bei dem männlichen Gescblechte 6mal
so gross m'n bei dem weiblichen. Haxrison bat
keinen Fall von Blasenruptur bei einem Frauenzimmer
Miffiaden können;, er steül die Behauptung anf, dass
die analomiseheo Verhältnisse beattglich des Becken-
baneir der Blascnlage u. der BlasengrOsse daeweibL
Gesohlecht fast ganz vor dem schädlichen Einflüsse
einer Hussem Gewalt auf die Harnblase sicher stell-
ten. Das geräumigere Becken des Weibes soll der
an nnd für sich kleinern Blase mehr Raum geben«
endlich soll die Zwischenlagerung des üterns zwi*
sehen der kreuzbeinerhabenheit nnd der Blase, die
letztere vor gewaltsamen Andrangen an den gedachten
Knochenvorsprung bewahren. Beim Manne dagegen
soll die meist umHlnglicbere Blase eine grossere Nei-
gung nach hinten haben und sie soll nur einigermaas-
sen gefüllt bei StOsi^en, die den Leib treffen, mit ihrer
hintern Wand und dem Fundus an das Promont. oss.
sacri gedrängt werden , welches letztere dann durch
seinen Widersland die Ruptur leicht vermittelt. Ob-
gleich nun nioht in Abrede zu stellen ist, dass dievbn
Harrison angegebene anat. Verschiedenheit des
Baues des Weibes , die Harnblase derselben vor äus-
sern Gew<ill(h.1tigkeiten besser schützen kann, so
kann doch von einer Sicherstellung der Harnblase ge-
gen Gewalt nicht die Rede sein, und mehrere authen-
tische Beispiele beweisen, dass die Harnblase des
Weibes auch durch Stusse zur Ruptur gebracht wer-
den könne. Die FrequenzdiflTerenz mag daher mehr
noch in der verschiedenen Lebensweise und in den
verschiedenen Besohäftigungen der beiden Geschlech-
ter, als in anat. Verhältnissen seinen Grund haben.
Am häufigsten Ist die Uarnblasenruptilr. durch Schlä-
gerei in der Trunkenheit zu Stande gekommen; in
den meisten Fällen war dem Unterleibe ein directer
Schlag oder Stoss versetzt worden. In andern Fäl-
len hatte sich der Verletzte gegen eine vorstehende
Kante, gegen einen Pfahl gerannt, oder ein Wagen
war über ihn hinweggegangen , eine starke Last aof
ihn gefallen u. s. w.
Bei Erwachsenen kommt die Blasenruptur bis zum
00. J. vor, über diesen Zeitpunkt hinaus ist noch
kein Fall beobachtet worden. Bei Kindern ist die
Ruptur äusserst selten und zum Theil lässl sich die
Seltenheit dadurch erklären, dass die Kinder selten
eine gefüllte Harnblase haben, weil sie sie durch häu-
figes Uriniren fortwährend entleeren, so dass es einer
äussern Gewalt nicht leicht gelingt , die kleine con-
trabirte Harnblase zu treffen. Die grösste Frequeni
der Blasenrupluren fällt in das Alter von 30 bis 4 DJ.
(Va)* ^*^ nächstfolgende Frequenz in das Alter von
20 — 30 J. ; das kräftige Maonesalter scheint also
vorzugsweise zur Ruptur disponirt und es ist diess
auch gerade die Periode, wo die bandarbeitende
Klasse der männl. Bevölkerung am meisten der Ver-
letzung aller Art ausgesetzt ist, wo das männl. Ge-
schlecht sich am meisten dem Genüsse der Spirituosen
ergiebt.
Bedingung der Ruptur, Damit die Buptur der
Blase durch eine äussere Gewalt zu Stande komoMn
könne y muss die Blase im Moment dier Einwirkung
ausgedehnt sein. In mehr als der Hälfte der gesam-
melten FäUö ist die Ausdehnung der Harnblase bei der
Verletzung constalirt ; in mehrern Fällen , wo diese
Angabe mamgelt , ist wenigstens angeführt, dass der
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
Verletzte bei der Verletzung BichimZustaudderTruii'
kenlieit befunden habe, so dass also auch in diesen
Fallen mit grösster Wahrscheinlichkeit Ausdehnung
der Blase angenommen werden darf. Die leere, zu-
sammengezogene, tief im Becken liegende Blase kann
nur bei Gewaltlhütigkeiten verletzt werden, welche
das Schambein zerbrechen und durch Depression der
Bruchstücke die Blasen wandung erreichen, oder durch
solche immense Gewalten, die die Beckenknochen
zerquetschen u. zertrümmern.
Ursachen, Die Ursachen der Blasenruptur sind
directe pder indirecte Gewalt, KörpererschUtterung
und innere Ursachen , d. h. krankhafte Zu:iiande der
Harnorgane, und insonderheit der Blase. Nach der
am häufigsten beobachteten directen Gewalt sind na-
mentlich die Körpererschütterungen , beim Fall von
einer Höhe herab, als Ursache wahrgenommen wor-
den. Bei directer oder indirecter Gewalt kommt die
Ruptur dadurch zu Stande, dass auf die in der Blase
enthaltene Flüssigkeit beim Zusammendrücken oder
bei der Erschütterung die Gewalt sich fortpflanzt, die
Flüssigkeit sich gegen die Blasenwandungen andrangt
und deren Widerstand überwindet. Als innere Ursa-
chen der Blasenruptur sind zuerst Stricturen der Harn-
röhre nahe am Blasenhals und Ulc^rationen der Blase
zu erwähnen. Zuweilen ist die Ruptur eine ganz
spontane, zuweilen wird sie durch eine mehr oder
weniger starke Gewalt, die sich mit der innorn Ursa-
che verbindet, vermittelt, und namentlich ist sie im-
nige Male durch Pressen des Kr. , um das durch diu
Striclur gegebene Uinderniss zu überwinden, hervor-
gebracht worden. Bei Frauen ist einige Male durch
den Druck des Kindeskopfes bei einer schweren
Gehurt auf die gefüllte Blase die Ruptur entstanden,
oder eine Relroversion des schwangern Uterus hat
die Blase verschlossen und sie zum Platzen gebracht.
Symptome, Gleich nach der Blasenruptur treten
meist sofort heftige Symptome auf; selten sind sie
anfangs leicht oder mangeln. Die heftigen Symptome
bestehen in Collapsus, grossen Schmerzen in der'
Reg. hypogaslr., fortwährendem Urindrang bei Unver-
mögen den Harn zu entleeren, verbunden mit Angst-
gefühl , kleinem schnellen Puls , klebriger Haut und
raschem Athmen. Im fernem Verlaufe treten die
Zeichen der acuten Peritonitis auf, der Leih wird ge-
spannt, Brechneigung, Brechen stellt sich ein u. s.w.
Der Urindrang bildet meist das lastigste Symptom für
den Kr.; zuletzt, nach wenig Tagen gewöhnlich,
wenn die Kräfte ganz sinken und der Tod naht, ver-
liert der Kr. doch nicht sein Bewusstsein und stirbt
meist mit völliger Besinnung. Die Bauchfellentzün-
dung fehlt nur dann , wenn die Ruptur nicht an der
mit Bauchfell überzogenen Blase erfolgt ist, und es
entsteht dann Urininfiltration ins Zellgewebe mit Absce-
dirung. Sind die primären Symptome leicht, was
bei Rupturen an der hintern Blasenwandung einige
Male beobachtet wurde, so folgen doch bald die in-
tensivsten Erscheinungen. In einem Falle von T a y-
lor fehlten alle primären Symptome, der Verletzte
ging noch mehrere Stunden weit zu einem Gastmahle»
aber nach 12 Std. stellten sich plötzlich die heftig-
sten Symptome ein, denen rasch tödtlicher Collapsus
folgte. Nur in 2 Fallen waren die Verlelxten im
Stande den Harn nach der Ruptur freiwillig zu ent-
leeren., in den Übrigen musste der Urin mit dem Ka-
theter entfernt werden. Zuweilen fand sich nach
mehrmaligem Kathelerisireo die freiwillige Hamentr*
leerung wieder. Gewöhnlich ist der Urin , der nach
der Ruptur abgelassen wird, mit Blut gemengt ; doch
sind 3 Fälle bekannt, in welchen er völlig klar war.
Diagnose, Im allgemeinen ist die Diagnose der
Blasenruptur leicht, doch kommen Falle vor, wo die
Erkenntniss schwierig, ja selbst unmöglich wird. Der
Sitz der Blasenruptur , mangelnde prScise Symptome
gleich nach der Verletzung, und vor allen Dingen die
Complicationen durch gleichzeitig hervorgebrachte
andere Verletzungen , sind im Stande , die Diagnose
zu trüben oder zu hindern. Die Aufmerksamkeit des
Arztes muss auf die Urinentleerung sich richten ; hat
der Verletzte Urindrang mit Retenlion, so wird der
eingeführte Katheter meist weitern Aufschluss geben.
Zuweilen erinnert sich der Pat., dass er vor der Ver-
letzung eine volle Blase halle , und dass er bei der
Einwirkung der äussern Gewalt deutlich das Gefühl von
Zerreissung eines innern Organs hatte; das Sinken
der Kräfte, das Schmerzgefühl in den Präcnrdien, der
Puls u. 8. w. führen in solchen Fällen schon ohne
Katheterisalion zur Diagnose. Befand sich Pat. , als
üiu die schädliche Gewalt traf, in der Trunkenheit,
so mangeln die nähern Angaben, und erst wenn er
sein volles Bewusstsein wieder erlangt hat, führen
Urindrang mit Retention, Auflreibung des Leibes bei
fehlender circumscripter Blasenauftreibung zur Ver-
muthung der stallgehabten Ruptur. Der Katheter ist
unerlässlich zur genauen Diagnose ; die Einführung
desselben ist gewöhnlich leicht, doph stösst das
Instrument meist auf einen eigenthümlichen Wider-
stand am Blasenhals; ist der Katheter in die Blase
gelangt, so fliesst in der Mehrzahl der Fälle mit Blut-
slreifen gemischter Urin ah. Vorzüglich charakteri-
stisch ist der Urinahfluss selbst: ein voller Strom
wechselt ab mit Urinlröpfeln , zuweilen kommt gar
kein Urin, und erst wenn der Katheter so tief einge-
führt ist, dass er die Rupturstelle überschritten hat,
Oiesst der ausserhalb der Blase angesammelte Urin in
durch das Athemholen modificirten Absätzen ab. ist
die Blasenruptur an der vordem Wand in der Nähe
des Blasenhalses, so sind meist Beckenfracturen, Tren-
nungen der Schambeinsymphyse damit verbunden»
welche durch die örtlichen Symptome die Ruptur
maskiren ; doch giebt die bald folgende Urininfiltra-
tion ins Zellgewebe, der Urindrang u. s. w. bald nä-
hern Aufschluss.
Die Prognose ist allemal ausserordentlich ungiln-»
stig, wenn auch in einzelnen Fallen die Pat. die Ver-
letzung überwunden haben. Nach Syme ist der
Ausgang nothwendig töfitlich, wenn die Ruptur an
der hintern Blasenwand sich befindet and der Urin
y\. ChimrpB, Ophthalmologie iL Otiatrik.
61
m die PeritonaalhOhle ergossen wird , o. nur , wenn
die vordere Blasenwand gesprengt ist und UrininBU
tration stattgefunden hat , kann Rettung gehoffl wer-
den. Blundell behauptet das Gegenlheil, indem
er hinzufügt, dass bei Erguss in die PeritonäalhOhie
möglicherweise der Urin durch die Entzündung abge-
kapselt werden konnte , wahrend bei Urininfillration
die Erscheinungen von Urinrpsorption, Blutvergiftung
unter typhösen Symptomen nolhwendig auftreten u.
tOdtlich werden mttssten. Beide Ansichten ^ind nicht
richtig, indem Heilung nach Peritonftalerguss u. nach
Infiltration beobachtet worden ist. Es existireii auch
2 Fälle, wo Unverständigkeit des Pat. die Heilung,
die , wie die Section erwiess , auf dem besten Wege
war, verhinderte. Die meisten Pat. starben inner-
halb der ersten 5 Tage nach der Blasenruptur ; ist der
10. Tag aberstanden , so kann man bei Urininfiltra-
tion Hoffnung fassen , bei Erguss in ilie Perilonäal-
hduble aber sind die Aussichten noch immer so ungün-
stig wie vorher.
Pathologie. Sobald der Urin in die Perilonäal-
boble eingedrungen ist, entwicttelt sich schnell acute
Peritonitis, deren ausgeprägte Kennzeichen bei jeder
Sectioo aufgefunden werden. In der Mehrzahl der
Falle wird bei der Section Urinerguss in der Perito-
oäalhohle vorgefunden, und er mangelt nur in den
Fällen, wo der Pat. die Fähigkeit, den Urin zu ent-
leeren, wieder erlangt hatte. Die pathol.-anat. Zei-
chen der BauchfellentzOndung sind nach der Blase zu,
und namentlich am Bauch fei luberzog der Blase am
deutlichsten. An der Ruplurslelle selbst finden' sich
weichere oder consistentere Lymphexsudate vor, wel-
che das Bauchfell mit den Därmen und der Blase ver-
kleben ; zuweilen bildet das Exsudat um die Ruptur
eine Tasche, in welcher der Urin abgekapselt ist.
Nach dem Nabel zu erscheinen die Spuren der Perito-
nitis unter der Form von Rölhung und Suffiision,
Exsudate werden selten getrolTen. In einem Falle
hatte sich von einer vordem RIasenruplur aus der
Urin bis zum Nabel infiltrirt, und von hier aus end-
lich das Bauchfell durchbrochen. In einigen Fällen
wurde nicht die Spur von Bauchfellentzündung bei
der Section entdeckt, obgleich deren Zeichen im Le-
ben dagewesen waren und der Blasenriss sich an der
hintern Wand befand. Der gewöhnliche Sitz der
Ruptur ist die hintere Wand, und Harrison glaubt,
dass eben die Stelle der Blase, welche bei der äus-
sern Gewalt an das Promontorium angedrängt wird,
gewöhnlich reissen muss. Allein da die Ruptur sehr
häufig nahe am Fundus der RIase, also höher als das
Promontorium, liegt, so verliert H.*s Angabe an
Werth, und es erscheint viel natürlicher, die Dünne
der hintern Blasenwand als begünstigendes Moment
anzunehmen, die nameullich bei der Ausdehnung der
Blase deutlich hervortritt. Die Dünne der hintern
Blasenwand erklärt auch , warum bei Erschütterung
des Körpers die Blase nach hinten zu gesprengt wird.
Die Blasenruptur hat gewöhnlich eine etwas schiefe
aber quere Richtung ; in der serösen Haut der RIase
erstreckt sich der Riss weiter als an den andern Häu-
ten ; die Länge d^s Risses beträgt 1 bis 2*\ Die
Ränder des Risses erscheinen in der serösen Hant
ziemlich scharf. Die Blasenschleimhaut wird ge-
wöhnlich blass und runzlich gefunden, ohne alle Zei-
chen einer acuten Entzündung. An der Rupturstelle
ist die Schleimhaut meist von einem kleinen rothen
Wall umgeben und prominirt etwas nach innen, in
Folge eines Ergusses in die Submucosa. Die Muskel-
haut der Blase ist an der Ruptur zackig zerrissen , n.
zwischen den Muskelfasern befinden sich kleine Ek-
chymosen. Sitzt die Ruptur nach vorn , so fehlt Peri-
toniiis, aber es werden dafür complicirte Becken-
fracluren und Infiltrationen gefunden. Im Allgemei-
nen ist die Blase selbst ziemlich frei von Entzündung
und nur der Peritonäalüberzug ist davon ergriffen;
selten betheiligt, sich die Schleimhaut der Blase an
der Entzündung.
Die Behandlung muss verschieden sein, je nach-
dem die Blase innerhalb oder ausserhalb der Peritd-
näalhöhle gerissen ist. Ist die Blase ausserhalb der
Peritonäalböhle gerissen, so sind Incisionen, die zei-
tig vorgenommen werden müssen , das beste Mittel,
um dem aus der Blase gedrungenen Urin Ahfluss tn
verschaffen und seiner Infiltration ferner vorzubeugen»
Walker hat in einem Falle von Blasenruptur an der
vordem Wand mit ßeckenfractur dadurch eine ziem-
lich schneite Herstellung erzielt , dass er vnm Peri-
näum aus die Blase, wie beim Seilensteinschnitt, in-
cidirte und hierdurch aller weitern Urininfiltration
vorbeugte.
Bei der Intraperiionäalruptar der Blase bat
Harrison folgende Indicatiooen für die Behandlung
aufgestellt : 1) Die Peritonitis zu bekämpfen ; 2) den
ausgetretenen Urin zu entfernen ; 3) durch Vermei-
dung von Urinansammlung in der Blase die Ruptur in
die günstigen Verhältnisse zur Heilung zu versetzen.
Zur Erfüllung der 1. Indication werden am meisten
Aderlässe und Blutegel in Gebrauch gezogen, und bei
kräftigen Personen ist ihre intensive Anwendung selbst
bei kaum fühlbarem Pulse gerechtfertigt; der gleich-
zeitige innere Gebrauch von Calomel mit wässrigem
Opiumextract wird als ein unerlässliches Unlerstüz-
zungsmittel gertthmL Bei schwächlicher Constitution
darf 'natürlich die Antiphlogose nicht zu weit getrie-
ben werden , u. es müssen hier zuweilen schwächere
Mittel, wie warme Umschläge, Emulsionen mit Opium
u. s. w. vorgezogen werden.
Grosse Schwierigkeit verursacht die Entfernung
des ausgetretenen Urins, denn es gelingt sehr selten,
denselben durch das Durchbringen des Katheters durch
die Rupturslelle zu entleeren. In einer Anzahl von
Fällen haben die Chirurgen die Paracentese auage-
ftthrt, nie aber ein günstiges Resultat durch dieselbe
erhalten, was gar nicht verwundem kann, wenn man
bedenkt, dass, da der gewöhnliche Sitz des ausgetre-
tenen Urins die Excavatio recto - vesicalia ist, durch
die Paracentese die Flüssigkeit gar nicht erreicht,
sondern dem Rauchfelle nur noch eine neue Ver-
letzung zugefügt wird. Die Abkapselung des in die
Peritonäalböhle getretenen Urins ist leider auch «r
•t
VI GUnii^e^ Opklhaliaetogie u. Otiatrik.
HUen , fh)4 sa komml e» dem , das« die Hnrch den
ErgUis bediii|<le PerUaniÜB meist IddUich verlaufl.
Weitere PrOfung verdieol Harrison's Vorschlag,
die GMavati« recto-vesicalis v»m Mastdarm aus xu
punclire» und dadurch deo Urinerguss m beseitigen»
Eid gekrümmter Trokar, oder ein in einer Scheide
verborgenes Messer soll auf dem Zeigefinger in deo
Mastdarm gefuhrt und da eingestossen werden » wo
die Fingerspitze den Urinerguss als schwappende Ge-
sebwttlsi foblt. Um der 3* Indicalion xn genügen»
ial das Uauptmittel der Katheter, der^ wenn Pat. den
Crin nicht freiwillig entleeren kann, hüufig eingeführt
werden muss, und den man auch, wenn es Pat. ver-
trügt, liegen lassen kann. Sollte das Katheterisiren
durch Stricturen, Prostataanschwellungen u. s. w.
gehindert sein, oder nur sehr schwer sich zu Stande
bringen lassen, so knnnte die IniMsion vom Mittel-
fleisch aus» wie heim Seitensteinschnitl , versucht
werdet.
Die Bamblasenruptyr in gerichtsärztlivher Be-
ziehung, Ist eine gesunde Person von einer andern
absichtlich gegen den Leib geslossen , getreten oder
geschlagen worden, entwickeln sich nach der zuge-
fügten Gewalt die Symptome der Harnhiasenruptur u.
ergiebt die Seclion Peritonitis und Blasenruptur bei
sonst gesunder Beschaffenheit der ETarnorgane, so
kann gar kein Zweifel obwalten , dass die absichtlich
zugefügte Gewallthatigkeit die ßlasenruptur und den
Tod zu Wege gebracht habe. Anders ist es , wie
Taylor richtig bemerkt, wenn eine absichtlich zu-
gefügte Gewalt mit einer zufälligen Gewalt zusammen-
kommt, so z. B. erzahlt Syme einen Fall, wo ein
Mann in einer Rauferei mehrere Wunden erhalten u.
auch gegen den Leib getreten worden war: er ging
noch 1 Std. weit nach seiner Wohnung, stolperte
Ober die Thflrschwelle u. fiel gewaltig auf den Leib ;
die Symptome der Harnhiasenruptur traten auf, der
Mann starb nach 4 Tagen und die Section zeigte Rup-
tur an der hintern Blasenwand und verbreitete Peri-
tonitis. In einem solchen Falle muss es natürlich zwei-
felhaft bleiben, welche der beiden Gewalltbätigkeiten
die Blasenruptnr erzeugte. In den Fallen , wo eine
absichtliche Gewalt mit Blasenleiden zusammenkommt
(namentlich Utceration), kann es gleichfalls schwierig
werden, zu entscheiden , ob die Gewalt, oder die Bta-
senkrankheit die Ruptur erzeugte , ob diese auf vio-
lente oder spontane Weise zu Stande kam , und die
Section wird kaum immer einen genügenden Aufschluss
^eben.
Der Gerichtsarat hat immer zu berücksichtigen :
1) dass Blasenruptir auch von zufiilligen üewaltthä*
tigkeiten, von Fallen auf die Filsse, Erschütterung des
Jtorpers und spontan entstehen kann; 2) dass die
Abwesenheit von Zeichen der Conlusion am Leibe
nicht gegen die schädliche Einwirkung der absichtlieb
zigefttgten Gewalt spricht 3 3) dass ebenso wenig
duroh das Vermögen des Verletzten nach der Verlez-
sung zu harnen oder noch eine Strecke zu gehen,
die Einwirkung der Gewalt aU ürsaohe der Ruptur ia
Abrede gestellt werden kann ; 4) da« die EUaennip-
tur gleich nach der Verletzung oder naeh kuner Zeil
die heftigsten Symptome hervorrufti die in der R^«l
deu Tod , meist innerhalb 5 Tagen 1 herbeiiufobrca
pflegen.
>
Schlüsstich geben wir noch in einem kurzen Aus-
zug das Resultat der von dem Vf. in Tabellenform zu-
sammengestellten 76 Falle von Blasenruptur. Vorher
bemerken wir jedoch . dass die meisten der gedach-
ten Fülle von englischen und amerikanischen Chirur-
gen entlehnt sind, dass nur wenige FSlle von ffanzd-
siscben Autoren stammen, und dass kein einzige
von deutschen Aerzten beobachtetes Beispiel sirfi
vorfindet.
Geschlsthi. Von den 7S Fallea kommen 67 tofte
mäDnlicbe, 11 auf das weibliche Geschlecht; das Freqaeat-
verbältniss der Geschlecbler ist daher wie 6: 1.
Alter. Die Ruptur kam Sinai im AKer unter 10 J. fnr,
3inat im Alter von 10—20 J., 19mal im Aller voD20~30i.,
26mal im Alter von 30—40, 7mal im Alter von 40 — 50 J.,
und 4mal im Alter ?on 50—60 J., über 60 J. wurde dieRap-
tdr f^och niclht beobachtet ; in 16 Fällen haben die Sehiüt-
steller die terlelKten ohne Aitersaagabe nur aiaErwachstiKbe-
zeishnet.
Ursachen. In 48 Fällen hatte difeete Gewalt stattge-
funden , in Itf Fällen Erschütterung , und in 9 Fällen warn
innere Ursachen Schuld geweson (4mal schwere Gebart,
4mal Strictur, Ima! Relruversio uteri).
Primäre Symptome. In 59 Fällen waren die pdmärca
Symptome heftig und schwer gewesen ; unter diesen 59 Flf-
Itn hatte 43inal Ergass in die Perilonaalhohle stattgefundeo,
^mal war der Riss ohne Riss des Peritonäum erfolgt , lOnal
war Urinin nitration des Zellgewebes entstanden ; in S Fälln
fehlten die nähern Notizen. In 9 Fällen waren die phaaicB
Symptome leicht gewesen , 7mal bei Ruptur in die RaoclifrJi«-
höhle , 2mal bei Ruptur ausserhalb derselben. In 3 Fällen
hatten alle primären Symptome gemangelt. In 7 Fällen fehlte
die aSbere Angabe der Symptome bei Lebzeiten. In 26 Fällen
konnten die Pal. den Urin nicht lassen , in 3 Fällen war frei-
willige Harnentleerung vorhanden , in 7 Fällen gingen die
Pat. nach der Verletzung noch eine Strecke, in 7 Fällen haUen
sie bei der Einwirkung der schädlichen Gewalt das Gefohl
von Zerspringen der Blase.
Ausgang, 73 starben; 39 innerhalb von 5 Tagen nach
der Verletzung, 22 zwischen 5 und 10 Tagen, 2 zwischea
10 n. 15 Tagen , 3 zwischen 15 o. 20 Tagen u. 2 nach den
90. Tag. Es wurden geheili 5 , von welehea 3 Urininflltn-
tioa hatten, also Extraperitonäalruptur und 2 Intraperitonäot-
ruptur. [Zu den letzten 2 Fälk;n sind noch 2 von Ci ?iale o.
B 1 u n d e 1 1 hinzuzufügen , die Vf. deswegen nicht , wie er
sagt, in seine Tabelle aufgenommen hat, weil sie blos oftoc
weitere Beschreibung die glfiekliebe Hei lang der Ruptur an-
geben.]
Sectioniresultate. l5mal wurde Beckenfractnr gefon-
den, 11 mal bei Riss aasserhalb , 4mal bei Riss innerhalb der
Peritonäalhöhie. Peritonitis wurde in 34 Sectionen coasta-
tin, auch 5mal bei extraperitonäaler Ruptur. Keine Sym-
ptome von Peritonitis fanden sich in 7 Fällen , von denen 4
auf ejttraperitonäale Ruptar kommen. Die Harnblase seihst
ttt%\e bei 50 Sectionen Riss an der vom Bauchfell fiberasfe-
nen Wdad ; 9nMil wurde Ruptur der vordem Wand naebgcwie-
sen, 2mal Ruptur am Blasenbals. In 17 Fällen encliieD die
Blase contrahrrt, in 2 Fällen war^ bis auf einen kleinen Rest
verschwunden. ijgitized by vjOO^ (Streubel.)
9&a« fter hohe Steiuchnitt m< mum» Ur-
VI. Cbiraiiifit, OipUMteoUsta «. Otiatrik.
9frtmg Uf zu nifwr Jetzigem Amkiiitmg; vom
Ptef. 0. fi. OUntber EH Leipsigt).
Im J. 1848 verOflenllicble Vf. eine Abhandlang
,,(|ber die sicherste Methode^ den hohen Steinschnitt
zu machen'* (Joufd. f. Chir. u. s. w. VIII. 3.; vgl.
Jahrbb. LXI. 69), in welchem er als Verlheidiger
der Sectio bypogastrica auftrat und zeigte, dass die
Uebelstande , die man dieser Operalionsweise vorge-
worfeD habe (nilmllch Bauchfellverlelzung» Harncr-
giewungen, lafiUratione» uod Pisteibil^ing) , durch
Ae richtige Art zq i^periren und darch eine ratiMieMe
NacbbefcandluDg vermieden werden kOnne«. Die neue
OferatMnsmetbode selbst halle Vf. aus zahlreiebM
LeieHeneipenmenleft gewonnen, und sie samrot der
NachbebandlnDg in 2 Fallen praktisch erprobt. In der
vorliegenden Schrill nun unternimmt Vf. die Verlhei-
digniig der Sectio bypogastrica aufs neue, nachdem
CT durch 3 im Sommer 1851 mit dem besten Erfolg
aiMgefÜhrte Operationen, so wie durch mehrere an-
dere OperatioDsfillte aaderer Chirurgen, die ihm seit-
dem bekamat geworden sind , sich von dem grossen
Worlb iHeeer Sleinscbnitlmetbode immer mehr über-
zeugt hat. Der hoho Sleinachnilt, der seine erste
Anwendung der Unmöglichkeit verdankt, den Stein
durch das Mittelfleisch zu entfernen , hat nie zu ge-
hdrigem Anaeben kommen kOnnen, und ist immer »ur
von einigen wenigen Chirurgen cullivirt worden;
gerade die bedeuteiMlslen Chirurgen habe» sich im
Ganzen gegen ihn erkllfrt , oder ihn nur auf sehr
grosee ond eingesackte Steine beschrankt wissen
wollen. Vf. stellt die Behauptung auf, dass der
hohe Sleinschnitt bei grossen und eingesackten Stei-
nen die sicherste und beste Operationsmethode ab-
gebe, dass er selbst bei kleinern Steinen, voräusge-
seUt, dass die Blase ausdehnbar sei , weder schwie-
riger, noch gefahrvoller, als der Seilensteinschnill
sei, und bei Kindern unter allen Methoden der Litho-
toRiie den Vorzug zu verdienen scheine. Er ist über-
zeugt , dass der hohe Steinschaitt durch öftere An-
wendung auch grössere BelieLlheii erlangen und sich
als eine allgemeinere Operalionsweise einbürgern
werde, und stellt sieb die Aufgabe, d«i<lurch das Ver-
trauen zur Sectio hypogaslrica zu erwecken , dass er
durch ThaCsachen zeigt, wie sehr man die GefahreUt
die die&e Operation haben soll, übertrieben habe, u.
wie man die wirklichen Gefahren zu beseitigen im
Stande sei.
Zuerst sucht Vf. auf gescbiclitiichem Wege den
Erfolg , den der hohe Sleinschnitt bisher gehabt hat,
zu cnnslalircn. Er fOhrt der Reibe nach auf 63 S.
von P. P ran CO und J. Groenevell beginnend
alle genügend bescbri ebenen Operalionsfatle vor, die
er in der Literatur hat aufKnden können. Diese in-
t«;rf>ssante Zeilfolge der .insge fahrten Operationen
umfasst 260 Falle, und sie kann hier naUlrlieher-
weise im Auszug nicht wiedergegeben werden. Da
1) Leipzig 1851. 8. V a. 83 S. gek. Vi Thbr.
die anfgozlMten OptrationageMbtckloa taeh dit
schiedcMii Methoden angeben, Mch wetehta der
hohe Steinsehnill bis auf die neuette Zeit verrichlot
worden ist, so bat es VC nicht für ndlhig gebalteo,
die einzelRen Verfahrungs weisen besonders aoaugebott
und kriliach zu beleuchten.
Bei den 260 Operationen des hoben Steinschnitle
siod genesen 196 Personen, d. i. TöVsVo* §^
stürben 61 , d. i. 23%^%, und unbestimmt sind
3 Falle gefasst. Zweimal, und beide Male mit Erfolg,
ist der hohe Steinsehnill behnfk der Entfernung frem-
der, von aussen her eingedrungeoer Körper gemacht
worden. Zu den Geneseoeu sind all« diejenigen ge-
rechnet, bei welche« die Operationawunde zum Ver-
narben gekommen ist. Das VerhUUniss würde sich
noch günstiger gestellt haben, wenn mehrere als
glücklich bezeichnete Operationen , die zu oberfläch-
lich geschildert waren, in die obige Liste der Opera-
tionsRrlle aufgenommen worden waren. — In 6 Fäl-
len wurde das Bauchfell verletzt; es starben darnach
3, und 3 wurden hergestellt. — In 6 Fallen wur-
den stärkere Blutungen beobachtet, die siirb indessen
von'selhst stillten. — In 3 Fallen kennte Her Stein
nicht herausbeförderl werden, und alle 3 Falle endig-
ten lödtiich. — In 8 Fällea war der Sejteiiatein-
scbnitt vorher gemacht worden ; 6 verliefeo iödlliclu
— Bei 57 Individuen war die Blase vor der Operation
durch Bioapritaungffi , vieles Trinken und Anhaitoa
des Urins ausgedehnt worden; 35 genasen. — Bei
83 wurde die Pfeilsonde gebraucht; 71 genasen. —
Ein vorheriger Einschnitt in die Harnröhre wurde bei
46 gemacht und 38 gerettet. — Ein Mal wurde mit
tödtlichem Ausgang in 2 Zeiträumen operirU — Bei
1 1 wurden die Musculi recti durchachmllen und 8 '
geheilt. — Bei 89 wurde eine Röhre ins liiltelfleiach
oder ein Katheter in die Blase gelegt; 73 genasen. —
Bei 9, die sammtlich genasen , wurde nach der Ope-
ration eine Röhre in die Blasenwunde gelegt — Bei
19 Verstorbenen ist die Seclion nicht gemacht, oder
der Leichenbefund nicht angegeben worden. In Be-
treff der übrigen 42 Todte« ergab diw Section: bei
tl Nierenknmkheitcn (Altscesse, Steine n. s. f.); bei
4 Excrescenzen oder Uleeratiouen der Blase; bei 2
Brand der Blase; bei 2 zurückgebliebene Steine; bei
6 Abscesse um die Blase; bei 2 Abscesse an der
Harnröhre; bei 5 Brand am PeritonSlum; bei 3 Ver-
wundung des Bauchfells; bei 1 Abscesse im Omen-
tum; bei 1 Verwachsung aller Därme; bei 2 eitriges
und hämorrhagisches Exsudat der Pleura. Bei 3 lie-
ferte die Seclion keinen hinreichend orklifronden Be-
funil. — Die Zeit, nach welcher der Urin aus der
Üarnrübre auszuUiessen beginnt, ist in 45 Fallen
nolirl worden ; sie difl*erirt zwischen dem 3. u. 28.
Tage ; in 9 Fallen (cescbah es zwischen dem 3. u. 7, in
18 Fällen zwischen dem 8. u. 14., in 14 zwischen
dem 15. u. 21., und m 4 zwischen deui 22. und
28. Tage; das Durcbschiiiltsverhältnise isl also 13
Tafte. — Der Urin tliesst meist erst Ungere oder
kürzere Zeil durch die Harnröhre u&d Wuude zu-
gleich ab, daher f&llt der Termin, wo der Barn aus ^
«i
VI. Ghinirgie, Oplrthalnologi« n. OtiatriL
der Wund« ausioflieaseD ganz aaflidrt, apXter als der
Begiim desHarnflusses aus der Harnrühre. Im Durch-
schniu kann man den 18. Tag nach der Operation
annehmen ; der Termin differiri aber zwischen dem
3. u. 45. Tage. Von dieser Zeit an dauert die Hei-
lung noch 7—21 Tage. — • Nach 77 Fällen iieläufl
sich im Durchschnitt die Heilung auf 2S^/^ Tag und
wechselt zwischen dem 6. u. 63. Tage in der Weise,
jdass die Vernarbung eintrat
itcbei
1 dem 8.
und 14. Tage in 8
, 18.
. 21. , ,22
. 22.
, 28. , , 16
. 29.
. 3«. , ,14
, 36.
. 42. , , 7
. 43.
- 4». , , 3
, 80.
. 8« . .4
, 87.
, 63. , , 3
B. L a n g e n b e c k hat die Heilungszeit zu spat,
d« h. auf 10 Wochen durchschnittlich festgesetzt. —
Unter sämmtlichen Operationsfällen, die glücklich
endeten , befand sich nur einer , wo Blasenfistel zu-
rückblieb, so dass es ungerecht scheint, wenn der
Sectio alta der Vorwurf Fisielbildung zu veranlassen
gemacht wird.
Die Zusammenslellung der Falle nach dem ^Uer
zeigt, wie falsch die von Heister aufgeworfene und
vielfach nachgeschriebene Behauptung sei, der hohe
Steinschnitl mttsse nach dem 30. u. 40. i. einen
tOdtlichen Ausgang haben.
Alter
Genesen
Gestorben
QDter 3 Jahren
3
2
3— 5
»
20
2
6—10
n
22
5
11—15
n
14
3
16-20
9
5
5
2i~30
fi
13
7
31—40
w
10
2
41— »0
9
4
1
51—60
n
8
__
61—70
ff
9
6
71 u. darfiber
5
3
Zuletzt werden in einer Tabelle einige 20 Todes-
fälle und einige 70 Geneüungsfatle angeführt, in wel-
chen die Grösse oder das Gewicht der Steine neben
dem Alter der Kr. zugleich bemerkt ist.
Aus den vorstehenden interessanten statistischen
Angaben Schlüsse für die praktische Chirurgie zu
ziehen, lehnt Vf. mit Recht ab, indem er darauf hin-
weist, wie Irttglich solche Schlüsse bei einer so
complicirten Krankheit, wie der ßlasenslein , wo der
Operationserfolg von den verschiedensten anatomi-
schen Verhaltnissen, von zufälligen Umstanden, von
der Geschicklichkeit des Operateurs, von der Assistenz,
Nachbehandlung u. s. w. abhangig ist, sein müssen.
Vf. halt sich indessen zur Aufstellung nachstehender
Satze für berechtigt.
1) Die Operation ist vorzüglich bei Kindern
mdicirt, Kinder überstehen erfahrnngsgemass die
Sectio alta gewöhnlich sehr gut , und es kommt hier
noch der günstige Umstand hinzu, dass bei ihnen die
Blase weil ausserhalb des Beckens liegt i»4 von
2 — 3 J. fast bis zum Nabel reicht. Bei Kiodero warn
3 — 4 i. ist die Blase in der Mitte zwischea Sym-
physe und Nabel etwa 1%" breit, da sie daher ver-
haltnissmassig schmaler ist , so muss man sieh bei
der Operation möglichst in der Mittellinie halten. Die
Furcht vor Unruhe und Schreien der Kinder f^Ul zv
Zeit durch die Anwendung der anasthetischen Mit-
tel weg.
2) j4tisdehnung der Blase vor der Operaitoa
erleichtert und sichert [?] den guten Erfoig. Die
AnfUllung der Blase wird durch die Percunsion er
mittelt, die einige Uebung erfordert, und die man der
Instruction halber vor der Operation öfters bei leenr
und nach und nach ausgedehnter Blase ▼orsiiML
Bei den meisten Steinkranken und namentlich kci
Kindern ist die Blase mehr als gewöhnlich aasge-
dehnt, und wird beim Harnen selten ganz entleert,
wie man sich überzeugen kann , wenn man den Ka-
theter nach der Harnentleerung einbringt und des
Stein damit bewegt, wo dann noch eine ziemliche
Quantität Urin ausQiesst. Vor der Operation lisst
man viel trinken und den Urin anhalten , und sollte
derselbe abgehen, spritzt man sogleich mit einer
kleinen Klystirsprilze mit dünner, langer und vorn
abgestumpfter Kanüle , die man bis hinter die Eichel
in die Harnröhre bringt , Flüssigkeit nach. Sobald
der Stein nicht ganz fest an der Einmündung der
Harnröhre eingepres&l ist, gelingt diese Art der Ein-
spritzung leicht und ohne Schmerz. Bei der Opera-
tion halte man immer eine Spritze voll lauen Wassert
bereit , um den Abfluss , ehe die Blase geöffnet ist,
gleich zu ersetzen. Ein Gehülfe halt die Urethra zu.
Milch zum Einspritzen genommen, gewahrt den Vor-
theil , durch die Farbe beim Abfliessen aus der Ope-
rationswunde die Eröffnung der Bla^e als unzweifel-
haft zu erweisen.
3) Die Schnitte sind folgend ermaassen tsu fuh-
ren: ein Langenschnitt von der Mitte zwischen Nabel
und Schambeinverbindung bis zur Symphyse; man
dringt mit den Messerzügen so weit , bis man die Li-
nea alba entdeckt, dnnii setzt ninn das Hesser dicht
über der Symphyse quer auf und stösst es 2 — 3*"
lief ein ; in die Wunde dringt man mit der Finger-
spitze, führt auf dieser die Hohlsonde ein und spaltet
auf letzterer die weisse Linie. Nach diesem Ein-
schnitt drangt sich gewöhnlich die Harnblase mit
weisser Erhebung hervor; man durchschneidet so-
gleich mit einem geraden Knopfniesser die MM. reeti
subcutan dicht über der Symphyse. [Den queren
Hautschnitt hat Vf. bei den letzten 3 Operationen
weggelassen.]
4) Die Fixirung und Oeffnuhg der Blase ut
der am meisten kritische Moment Das Einnihren
einer Sonde in die Blase , oder das Erheben der be-
reits eingeführten Sonde, um allen Zweifel zu liebea»
dass die vorliegende Anschwellung die Blase sei, ist
verwerOich, weil dadurch Wasser auslauft; die Per-
cussion giebt keinen Aufschiuss, weil die Dtnao
VL Ghiraityie, O^^UMttoUgie «^ OtiaAfik.
U
fMt fortpft«iit<)n ; am nfltslicbsteD »och mOcIite es
tfetn mit dem Finger in den Mastfiarm zu gehen und
von der Operalionswunde aus dann nach der Fluctua-
ijae zu fühlen. Am richligsien nimmt uiai» die vor-
hegende Asechwellung Tür die Blase, und d« «an 1"
oherhalb der Symphyse, wenn man sieher i^tt, die
Blase ausgedehnt zu haben, gewi»s das Bauchfell
nicIiL trifll , ao schreitet man ohne Zaudern zur Er-
öffnung. Am zweckmässigsCen scheint es, einen klei-
nen, spitzen Haken 1" über der Symphyse durt'h die
BlasenwXnde zu stossen u. 2 — 3'" tiefer ein spitzes
Messer mit der Schneide nach uulen tief einzustechen
und mit der Fingerspitze nachzugehen. Hat man
den Finger einmal in der Blase, so hakt man dieselbe
auf und Bxirt sie, und. braucht man den Finger, so
ersetzt man ihn durch stumpfe Haken. Der spitze
Haken wird entfernt. Die Wunde wird nach Bedürf-
niss vorsichtig erweitert. Loslösen der Blase von
der Symphyse ist bei Kindern nicht gut mOglich, und
würde auch durch Zerrung zu spätem Infiltrationen
und Vereiterungen Anlass geben.
5) Dit HerausnaAme des Steins muss mit Zart-
heit und möglichst rasch geschehen. Kann man den
Stein leicht mit den Fingern wegnehmen , sd machen
diese alle andern Instrumente unnOU. Geht diess
nicht, so gebraucht man besser statt oier Zangen einen
im rectilen Winkel gebogenen SteintÖfTel, der etwa
Vs'' breit ist, und den man auf dem Finger unter den
Stein bringt. Die zu enge Blasenwunde muss mit
den^ Knopfbistouri erweitert werden.
Di« Nachbehandlung betreffend, so dringt Vf.
auf die grösste Einfachheit. Das Einlegen einer Röhre
nach der Operation durch eine Harnröhrenwunde von
demMittelfleisch aus (Sermesius, Fr^re C()me,
Dupuytren) endete häufig schlecht, indem Scrotal-
und Urethralabscesse entstanden. Die Einlegung eines
Katheters durch die Harnröhre, ist auch onnQtz, da
es das Auslaufen des Urins aus der Blasenwunde
Dicht hindern kann , wird ferner nicht immer vertra-
gen, und verursacht den Pat. durch das häufige Her-
ausnehmen, um Incrustationen vorzubeugen, Be-
schwerde. Es ist bemerkenswerlh , dass in den
Fifllen , wo man nach der Operation einen Katheter
in die Harnröhre gelegt hatte, die Blasenwunde sich
spüter zu schhessen pflegte. Ueber das Einlegen einer
Röhre in die Blasenwunde sprechen zwar die Beispiele
von Amussat günstig, allein der Vf. halt es auch
für überflüssig. Das Nähen der Hautwunde im obern
Winkel,' welches Vf. einige Male angewendet, halt
er für nützlich; so weit indessen die Blasenwunde
reicht, muss auch die Hautwunde «offen bleiben. Das
Liegen des Pat. auf der Seite (ß r u n s) , oder zeilige
Aufsitsen (Fr^re Cöme) ist nicht zu empfehlen.
Blutegel, nach Umstünden Aderlass, im Anfang knappe
Diflt und frische Luft bei guter Bettwärme sind die
besten Hiltel. Kommt nach dem 9. Tage der Urin
noch nicht aus der Harnröhre , so kann man durch
Wasseremspritzongen nützen, die Coagulum, Eiter,
Mea. Jabrbb. Bd. 74. Hn. 1.
Sthleiu tnd selbst Griea beraiiaapüleif. Ilaa macht
die Injection am besten ohne Katheter mit einer klei-
nen Kiysiirspritze^ Nach 3 Wochen kann man meist
den» Pat. erlauben , das Bett zu verlassen. Ein Mal
beobachtet« VL bei einem Knaben eine unregelmassige
Verlieiiung der Wunde der Linea alba; wenn lUe
Blase angefalU war , ragte si« im Stehen so Ober der
Symphyse hervor, dass Entstehung eines Bauciibla-
senbruches befürchtet werden musste. Um diess zu
vermeiden, wurde eine Binde mit Pelolte angelegt.
Anf welche Weise die Ferletztmg des Bautk-
feU» am sichersten vermieden wird, erläutert Vf»
durch die Ana^ysirung der 6 Fälle, wo das BauchfeB
verletzt worden war. Man darf das Hesaer bei d^r
Blaseneröffnung nicht zu hoch einstechen, muss sich
:in der Symphyse halten , darf die Blase nicht zu ge-
waltsam durch Injeclionen ausdehnen, weil sie s^nst
an der hintern Wand reissen kann , und darf ketM
übermässige Gewalt bei der Steinextraetion anwen*^
den. Sobald das Wasser aus der eröffneten Blase
herausströmt, lässt man durch einen Assistenten^das
Bauchfell von oben her zurückhalten; das Becken
muss höher gelagert sein als der Bauch, das Wasser
muss man langsam austreten lassen.
Bezüglich des Verhaltens der Blase nach der
Femarbung fand Cheselden die Narbe mit den
Bauebbedeckungen verwachsen, ebenso Middleton,
nnd M 0 r a n d ci^nstatirte die feste Verwachsung durch
eine sehr genaue Section. Man kann wohl unbe-
denklich an einer Person den hohen Steinschnitt zum
zweiten Mal vornehmen , muss aber jedenfalls darauf
gefasst sein , dass dje Blase sich nicht se weit wie
früher ausdehnen lasse , und dass man bei Eröffnung
der Bauchmuskeln auch unerwartet die Blase ein-
schneiden könne.
Zum Schluss warnt Vf. jüngere Chirurgen , sich
nidu mit dem hohen Steinschnitt zu befassen^ wenn
sie ihn an Lebenden nicht haben verrichten sehen,
oder sich sehr viel an der Leiche geübt haben. Man-
gel an Sicherheit führt zu einer UnschlUssigkeit im
Vorwärtsschreiten während des Operirens, die hier
ganz besonders nachtheilig wirken kann.
(Slreubel.)
351. Eiter im Urin als Symptom, um (He
Diagnose gewisser Krankheiten des Urinsystems
zu erleichtern und zu constatiren ; von Hamilton.
(Dublin. Journ. May 1851.)
Eiter im Urin giebt zu verschieden aussehenden
Bodensätzen Veranlassung ; reiner Eiter in sauer
reagirondem Harn sinkt gleich nach der Entleerung
zu Boden und bildet einen gelblich -weissen, auf der
Oberfläche zuweilen gesprenkelten Bodensatz, der
beim Umrühren in flockigen Massen sich im Urin ver-
theilt; schon das unbewaffnete Auge erkennt deut-
lich den abgesetzten Eiler, und des Mikroskop zeigt
die charakteristischeu Eiterkörperchen. In sauer
9
66
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Oliatrik.
reagirenrlem Harn mit Schleim gemischt, bildet der
Eiter einen gleichförmigen, etwas zKhen, schleimigen
und gelblich - weissen Bodensalz, der unter dem Mi-
kroskop unregelmässige Massen von Eiterscheibcheo
zeigt. Endlich im ammoniakalischen, zersetzten Harn
erscheint der Eiter als ein gelbliches, opakes Stratum
auf einem dicken, zMhen, klebrigen u. einigermaassen
durchsichtigen Schleimabsatz.
Zuerst handelt Vf. von dem Eiters der aus dem
Zellgewebe oder aus benachbarten Organen durch
Abscessbildung und durch Platzen des jäbscesses
nach der Harnblase gelangt. Bei Frauenzimmern
ist es einige Male vorgekommen, dass ein Abscess des
breiten Mutterbandes sich nach der Blase ent-
leert hat.
Vf. bekam eine junge Frau zur Behandlung, bei welcher
in Folge von lange schon bestehender UterinirritatioD eine
Peritonitis auftrat, die sich auf die eine Hälfte des Unterleibs
beschränkte ; die Symptome der Bauchfellentzündung wurden
dadurch gemildert, dass auf einmal Eiter im Urin sich zeigte,
der erst reichlich mit dem sonst gesunden Harn gemischt war
und sich der Quantitäl nach allmälig verminderte, bis er nach
2 Mon. ganz verschwand. Jedenfalls hatte sich ein Ahscess
des breiten Mutterbandes durch Verwachsung und Berslung
nach der Harublase den Weg gebahnt.
Ein Beispiel von Berslung eines Zellgewebsabsccsses in
die Blase beobachtete Vf. 18i6 im Richmond-Hospilal. Ein
Frauenzimmer mit Schankergeschwüren bekam einen Bubo in
der linken Leiste, nach dessen Eröffnung und Heilung ein
zweiter in der rechten Leiste sich bildete und aufbrach ; an
dem letztern Bubo nahmen die tief gelegenen Lymphdrüsen
Anlheil, u. die stark geschwollene rechte Leistengegend zeigte
ein sinuösps Geschwür, von wi-lchcm aus fistulösi« (iiinge in
die Tiefe führten. Es entstand im Verlauf der Krankheit hefli-
ger Schmerz in der rechten Fossa iliaca , die sammt dem
Oberschenkel anschwoll und bei der Berührung äusserst em-
pünillicli wurde ; Fieber und Diarrhöe machten den Zustand
äusserst bedenklich. Nach uiehrcrn Tagen fing auch die Harn-
blase an sich an der entzündlichen Alfection zu betheiligen,
und bald darauf erschien im Urin Eiler, der sich gleich nach
dem Harnen zu Boden setzte und in der ersten Zeil der Quan-
tität nach den dritten Theil des sonst klaren, hellen u. sauer
reagirenden Urins bildete. Mit dem Auftreten des Eilers ver-
lor sich das Fieber, die Geschwulst und die Schmerzhaftigkeit.
Das Geschwür der rechten Leiste schickte sich zur Heilung
an, und nach 3 Wochen, während welcher Zeit die Quantität
des Eiters im Urin sich allmälig verminderte , war die Ver-
narbung vollendet. In diesem Fall hatte der in den tiefern
Lymphdrüsen zurückgehaltene Eiter die Entzündung auf das
Zellgewebe weitergepflanzt und die Abscessbiidung in die
Nähe der Blase gebracht. Der Eiter, der nach Berstung des
Abscesses in die Blase gelangt war , übte keinen zersetzenden
Einfluss auf den Harn selbst aus.
Auch Eiler, der von Abscessen in der Nierensubstanz
aus in die Blase gelangt, bringt keine Zersetzung des Urins
hervor.
Ein ÖOjähr. Mann, der vor 6 Jahren durch Fall auf das
Perinäum sich eine Sirictur der Harnröhre zugezogen hatte,
kam mit einerAnschwellung des Mittelfleisches in das R. -Hospi-
tal. Es bildete sich ein Abscess, der geöffnet wurde und
Eiler und Urin ergoss. Ein'Katheter liess sich nicht durch
die Strictur bringen, dessenungeachtet heilte der Abscess in
einigen Wochen. Nach der Heilung zeigte sich immernoch
Eiler im Urin , der als ein ganz dünner, gelblicher Bodensatz,
nach dem Harnen sich niederschlug. Der Urin war dabei
hell, klar und sauer, und blieb es auch selbst nach 208tünd.
Stehen. ' Da kein Schleim mit dem Eiter sich absetzte , Pat.
häufig in ganz dünnem Strahl Urin entleerte und fortwährend
über heftige Scbmereen in der Niereogegend klagte, eo leitete
Vf. die spärliche Eiterabsonderung von den Nieren her. Eine
habituelle Diarrhöe zehrte die Kräfte des ohnediess scbun
erschöpften Kr. auf. Die Section zeigte beide Nieren , und
namentlich die linke vergrössert ; in der Substanz derselben
befanden sich Abscesse von der Grösse einer Erbae bis xar
Grösse einer Wallnuss.
Wenn Prostataabscesse platzen , so fiiesst der
Eiter häufig in die Blase, wahrend er sich zu gleicher
Zeit auch aus der Harnrnhre entleert. Die Diagnose
ist schwierig, und mau hat namentlich Verwechslung
mit einem Harnblasenleiden zu fürchten, die durch
die Schmerzen des Pal. beim Harnlassen , durch den
fbrtwährenden Harndrang, der auf Irritation der Blase
deutet, begQnstigt wird. Einen Anhaltepunkt findet
man in der Beschaffenheit des Urins ; der Urin , ob-
gleich zuweilen sehr trübe, bleibt sauer, selbst bein
längern Stehen, und der Eiter fällt sofort nach dem
Harnen ohne Schleim zu Boden. Von zahlreichen
beobachteten Beispielen iheill Vf. 2 mit.
Ein 26jähr. Mann, der seiner Angabe nach vor 2 J. nacb
heftigen Schmerzen am Blasenhals und Urinretentioo eioeo
plötzlichen Eiterabfiuss aus der Harnröhre gehabt hatte. Dach
welchem zwar der Urin freier geflossen war, allein Uriodraog
fortbestanden hatte, Fieber aufgetreten war und der Urin
lange Zeit Schleim und Blut abgesetzt hatte, wurde abennal«
von heftigem Harndrang mit partieller Zurückhaltung befalleo.
Pat. konnte des fiachts nicht schlafen , mussle beim Harn-
lassen viel und lange pressen, er verlor den Appetit , magerte
ab , hatte fortwährenden Durst und fieberte. Beim Urinireo
ging nach starkem Pressen zuerst etwas weissliche Materie ab,
dann kam heller, leicht getrübter Urin und zuletzt floss wie-
der etwas weissliche Materie aus ; der Harn reagirte saaer,
selbst nach 20stöndigcm Stehen ; der geringe Hockige Bodeo-
salz bestand, wie das Mikroskop zeigte, aus Eiterkörperchea;
Schleimabsatz im Urin fehlte. Die Exploration mit dem Fin-
ger per anum ergab eine vergrösserte , aber nicht harte Pro-
stata. Der Vf. diagnosticirte einen chronischen Prustatjiab%>
cess, der mehr oder weniger Eiter in die Blase führte. Ob-
gleich Pat. eben erst Urin gelassen , wurde doch beim Kalhe-
terisiren mit einem silbernen Katheter von Nr. 9 noch eine
Quantität Urin von 4 5 abgelassen. Der Katheter stellte sich
am Blasenhalse schief und verursachte hier einige Schwierig-
keit der Einruhruhg. Der abgelassene Urin seihst war trüb,
klärte sich aber bald, setzte ein Sediment mit einzelnen Fiok-
ken ab, blieb sauer und zeigte keinen Schleim. Durch Kathe-
terisiren wurde der Harndrang vermindert, durch Umschläge
der Abscess rascher erweicht, und endlich geheilt.
Der 2. Fall bei einem 46jähr. Manne verhielt sich fast
ebenso; der Abscess der Prostata begann sich 1 J. nach einer
hartnäckigen Gonorrhöe zu bilden.
In solchen Fallen hängt die partielle Urinretentioo
von seitlicher Zusammendrückung und Verschiebung
des Prostatatheils der Harnröhre ab ; es bleibt immer
eine Quantität Urin im hinlern untern Blasensack zu-
rück, die nicht alkalisch wird, sondern nur Harnsalze
absetzt. Vorsichtige Erweiterung der Harnröhre mit
Kathetern bildet ein Hauptstück der Behandlung.
In allen vorgedachten Beispielen war also der
Eiter ausserhalb der Blase gebildet worden ; der Ei-
ter zeigte sich unverändert, höchstens waren eini^
seiner Körpereben beim Abfliessen des Urins zer-
sprengt worden ; der Urin war meist ganz lui vermo-
dert, stets sauer und nur selten etwas getrabt.
Anders ist es , wenn die entzOodete Schleimbattl
VK Chirargie, Oplithahnologie u. Oliatrik.
67
' ^r Blase Eiter absondert, hier besteht das krankhafte
^ Harnblasensecret aus Eiler und Schleim, und indem
es sich mit dem Urin mischt, veranlasst es dessen
rasche Zersetzung. Der Urin wird von den Nieren
sauer abgesondert, und wenn der schleimige Eiler
der Blase nicht sehr copiös ist, so erleidet der Harn
auch in der Blase keine Zerselzung, und wird mit
saurer Reaction aus der Harnröhre entleert ; ist der
schleimige Eiter der Blase in grösserer Menge vorhan-
den, und verweilt der Harn l2fngere Zeil in derselben,
so zersetzt er sich auf dieselbe Weise innerhalb der
Blase, wie die Zerselzung ausserhalb derselben in
einem Gef^ss vor sich gehl. Das freiwerdende Am-
moniak des sich zersetzenden Harns bringt den schlei-
migen Eiler zum Niederschlag unter der Form eines
dicken , klebrigen und zShen Absatzes ; es verbindet
siHi ferner mit der phosphorsauren Magnesia des
Harns, und bildet jenes unlösliche Tripelphosphat,
welches als in Regenbogen färben spielendes H^ulchen
auf der Oberfläche des Harns entslehl, od. in prismali-
schen Krystallen dem zühen Schleimabsatz beigemengl
vorkommt. Das amorphe Kalkphospbal wird gewöhn-
lich als ein bräunliches Pulver auf der Oberfläche des
Schleimeiterabsalzes niedergeschlagen. Das einen
dunkelgelben Niederschlag bildende harnsaiire Ammo-
niak wird seilen beobachtet.
Ein 25jahr. Handarbeiter war von einem Balken so auf
die Ruckenwirbelsäuie getroffen worden, dass der 2. Lenden-
wirbel gebrochen und dislocirt war; complete Paralyse der
untern Extremitäten und Blasenlähmung war die unmittelbare
Folge der Verletzung , die erst nach 8 Wochen den Tod des
Verletzten herbeiführte. Der nach 6 Std. abgelassene Urin
war hochroth gefärbt, sparsam und stark sauer; Pat. ver-
langte oft die Application des Katheters ; nach 6 Tagen zeigte
sich Schleim im Urin, der den Katheter verstopfte, die Harn-
hlasenschleimhaul hatte sich entzündet; einige Tage spater
bildete der abgelassene Harn einen opaken, weisslichen,
klebrigen Bodensatz, der Urin reagirte nur schwach sauer und
wurde nach kurzem Stehen alkalisch. Endlich wurde der
Harn stark ammoniakalisch riechend gleich aus der Harnröhre
abgelassen. Dass der Urin ursprünglich sauer abgesondert
und erst später durch den copiösen schleimigen Eiter der
entzündeten DIasenschleimhaut innerhalb der Blase zersetzt
wurde, ging aus folgendem Experimente hervor. Nach Ablas-
sung des alkalischen Harns wurde in die Harnblase laues
Wasser mehrfach injicirt und die Blase dadurch vom schleimi-
gen Eiter gereinigt ; der nicht lange nach dieser Ausspritzung
abermals abgelassene Harn , der eben erst von den Nieren ab-
gesondert sein konnte , reagirte stark sauer. Die Seclion
zeigte die Blase cootrahirt , in ihren Wandungen verdickt und
die Schleimhaut tief gerötbet.
Ein junger Mann mit grosser Curvatur der Rückenwirbel
in Folge von Caries der Wirbel und mit Erweichung der Me-
dulla , litt an Retention des Urins , so dass nur wenig Urin
bei ToIler Blase unwillkürlich abtröpfelte. Der abgelassene
Harn roch ammoniakalisch und bildete einen Schleimeiterab-
salz, der den 3. Theil des Gefässes einnahm. Auch hier wurde
nach Ausspritzen der Blase saurer Harn gefunden, und später.
als Schleim und Eiter dem Urin sich schon wieder beigemischt
hatte, neutraler Harn abgelassen.
In einem 3. Beispiele bei einem 78jäbr. Manne mit Pro-
statahypertrophie, welche Urinretention bewirkt hatte, wurde
der Harn, der alkalisch abging, nach der Blasenaasspritzong,
gleichfalls sauer gefunden.
Schleimiger Eiler in saurem Harn zeigt also deat-
lieh Entcttndung der Blasenschleimhaut, o. der schlei-
mige Eiter zögert nicht, einen rasch zersetzenden Ein-
fluss auf den Harn zu äussern , wie man an dem ge-
lassenen Urin beobachten kann , so dass , wenn der
Urin nur elwas länger in der Blase zurückgehallen
wird , innerhalb dieser die Zersetzung vor sich geht
und alkalischer Harn zum Vorschein kommt.
V/. erzäiilt noch ausführlich ein Beispiel, in wel-
chem die BlasenschleimhautentzUndung allmälig den
Urin durch ihr zunehmende« Secrel immer rascher
zersetzte, und wo mit der Heilung des Pat. die Quan-
tität der kranken Schleimhaulsecretion abnahm, weg-
blieb und der Urin zur normalen Beschaffen heil zu-
rückkehrte.
Das beste Mittel gegen SchleimhaulentzUndung
der Blase , wenn diese nicht von Lähmung der Me-
dulla herrührl, ist nach Vf. der Gebrauch alkalischer
Wässer, verbunden mit häufigem Kathetcrisiren. Durch
die alkalischen Wässer wird die Schleimeiterabsonde-
rung der Blase buschränkt; der Vorgang hierbei,
(I. h. die Art der Wirkung isl noch nicht gekannt;
unrichtig isl es, wenn die Aerzle deswegen die alka-
lischen Wässer für gefährlich hallen , weil hei vor-
handenem alkalischen Harn dessen Alkatescenz "noch
vermehrt werden müsste , denn es isl gezeigt wor-
den, dass trotz dem alkalischen Urin dieser ursprüng-
lich sauer von den Nieren abgeschieden wird. Unter
den natürlichen Wässern ist Vichy am wirksamsten,
doch lässl es sich durch künstliches Wasser vOllig
ersetzen. Bei Steinen in der Blase wird oft die
Schleimhaut entzündet und der Urin gehl die Verän-
derungen ein,v die ausführlich beschrieben worden
sind. So lange die Blasenentzütidung heftig und
verbreitet ist, würde die Lilholomie einen ungünsti-
gen Erfolg haben, es ist daher durch alkalische Wäs-
ser erst die SchleimhaulentzUndung zu beschränken,
ehe man die Operation unternimmt.
(S Ire übel.)
352. neber das sarkomatöse Ectropium;
von Sichel. (Bull, de Th^r. Sept. 1851.)
Die fragt. Form des Ectrop., bekanntlich eine der
häufigsten, wird beinahe immer durch ausgedehnte
Granulationen der Lidbindehaul veranlasst, welche
den Knorpel allmälig umstülpen. Am untern Lide
isl diess jedoch schwieriger, weil das Lid unterhalb
der Granulationen liegt, und so selbst einem be-
trächtlichen Drucke von Seilen derselben widersteht.
Am obern Lide hingegen haben die Granulationen
nach unten zu keinen solchen Stützpunkt, sie wirken
deshalb mit ihrer ganzen Schwere auf den Lidknor-
pel, besonders an und um deiw obern Rand desselben,
welcher, anfänglich nach hinten umgestülpt, endlich
die unterste Stelle einnimmt. Meislens findet man
beide obere Lider auswärts gekehrt, und ist einmal
die Umstülpung erfolgt, so wird sie durch die Gon-
traclionen des Orbicularis, welche hinter dem Lid-
knorpel vor sich gehen , noch gesteigert. Die Repo-
sition, selbst mit Hülfe einer methodischen Compres-
sion , ist dann , und zwar um so mehr , je mehr die
68
VI. Chirurgie» Optilkaliiiol^gie «. OUatrik.
Bindehaut schon TerSndert ist, nur von vortfberge-
hendem Erfolge, indem der Einflusj des Muskel(( und
die Elasticilift des Gewebes beim Aufhören des Brueks
Siels die fehlerhafte Sleilung wieder hervorruft.
Gewöhnlich pflegt man nun eine solche Anschwel-
lung abzutragen. Allein abgesehen davon , dass bei
dieser Operation leicht lästige Blutungen oinlrelen,
ist es oft schwer zu bestimmen, wie tief man die
granulöse Nasse abtragen dorf, ohne eine Verletzung
des Knorpels befQrrhten zu müssen. Ausserdem wird
die Heilung durch die ausgebreitete Eiterung, die
nothwendig danach eintritt, sehr verzögert, und bei
zu starker Narbencontraclion kann leicht ein Entro-
pium danach zurdckMeiben. Vf. pflegt daher, bes.
bei Kindern, zunlicbst an mehrern aufeinander fol*
genden Tagen tiefe Scarificalionen zu machen, die
Blu^uipg durch warmes Wasser zu befördern, u. dann
ein kaltes Augenbad nehmen zu lassen. Sehr her-
vorstechende oder lappenfbrmige Granulationen kön-
nen mit der Scheere abgetragen werden , stets aber
muss dabei die etwa vorhandene Lichtscheu oder
Entzündung gehörig berücksichtigt werden. ^ Nach
3-^4 ScanOcationen beginnt gewöhnlich die Ge-
schwulst abzunehmen, wo dann Vf. die ganze gra-
nulirte Flache aller 2 — 4 Tage mil dem Höllenstein^
stifte oder auch mit schwefeis. Kupfer in Substanz
bestreicht Zur Unterstützung der Kur empfiehlt er
ausserdem Eintröpflungen und UebersclilHge, anfüng-
lich von einer Lösung des Borax, des essigs. Bl<'i,
des Lap. div,, später des schwefeis. Kupfers oder des
Salpeters. Silbers. Die Dauer der Behandlung schwankt
je nach dem kUrzern od. längern Bestehen des Hebels
zwischen 10 und 30 T. , in hartnackigen Fällen aber
soll eine method. Compression , die man verschieden
lange Zeit anwendet, die Heilung wesentlich be-
schleunigen.
Das sarkomat. Ectropium des untern Lides kommt
nach Vfs. Erfahrung viel häufiger nur an einem Auge
vor. Allein auch hier hat das beschriebene Verfah-
ren denselben günstigen Erfolg. Als Beweis dafür
wird ein Fall mitgetheilt, in dem die Granulationen
der Bindehaut des untern Lides so beträchtlich ge-
wuchert halten, dass sie den ganzen Augapfel bedeck-
ten. Eine 14Ulg. Behandlung auf die angegebene
Art und Wejse beseitigte das Uebel vollständig.
Beiläufig erwähnt Vf. noch, dass er nach der
Aetzung mit Höllenstein sich einer Kochsalzlösung
(1 : 10) bedient, um die nachtheilige Einwirkung des
Mittels auf die benachbarten Gebilde zu verhüten. Sie
wird mittels eines Pinsels aufgetragen und soll dem
firagl. Zwecke sicherer" entsprechen , als Oel, Gerat
oder eine Mischung von beiden , und ausserdem noch
sehr schnell den Schmerz aufheben. Vf. empfiehlt
sie daher für alle Fälle , wo man den Höllenstein als
Aetzmiltel anwendet. (Winter.)
353. Ueker Epicuthns ud eine Form der
CfesekwiüBt de« Thrineiuacks; von SicbeL
(L'Union. 116 — 120. 1851.)
I. Mit dem Ifmien EpicantkuM belegt mmm
bekenntlich den Zustand, wo die Haut am ionera
Augen wmkel, ansiatl gleiehlbnnig von der Naseowiir-
zel zur innern Lideommissur ttberzugehen, eioe senk-
rechte halbmondförmige Falte bildet, dwen C^ncm-
tat nach dem äussern Augenwinkel hin gerichtet isL
Die Breite der Falte ist verschieden , jedoch aie so
gross , dass sie bei gerader Stellung der Auges die
Hornhaut erreicht, in ausgesprochenen Ftfllea findet
sich zwischen ihr und der Lidhaut ein« Htthlong,
deren Tiefe von der geringern oder grossem Hervor-
ragung des Augapfels abhängt, in den weniger n»«
gesprochenen Fällen aber lässt sich die Falte stets
sehr deutlich wahrnehmen , wenn man die Lidbait
nach unten und aussen zieht.
Stets giebt eine solche Falte den Gesichtszflgn
einen eigenthOnilichen , unangenehmen Ausdruck, je
nach der verschiedenen Breite derselben sind die Be-
wegungen der Lider behindert, und selbst da, wo
die nicht seltene Complicalion mit Ptosis des obern
Lides fehlt, wird die Lidspalte enger. Das Sehen i»t
daher nach manchen Bichlungen wesentlich behindert,
die Eiilsteliuiig von Schielen wird dadurch begtlnstigt,
indem beim Sehen zur Seite das eine Auge stets mehr
oder weniger bedeckt ist, und um deutlich sehen zu
können , pflegen die Kr. den Kopf stark nach hinten
zu beugen, das Kinn in die Höhe zu heben. Die
Thränenpunkte sind zwar häufig bedeckt, aber durch-
schnittlich an ihrer normalen Stelle. Alle angefahr-
ten Erscheinungen verschwinden (Ibrigens, wenn man
die Haut über der Nasenwurzel der Lage und Aus-
dehnung der fragl. Falte entsprechend mit den Fin-
gern oder der Pincette in eine senkrechte Falte auf-
hebt und gegen sich zieht.
Die hauptsächliche Form des Epicantbus» die «•-
geborene, ist völlig ausgebildet mit einer einzige«
Ausnahme (v. Ammon) immer an beiden Augen
beobachtet worden, während Vf. Andeutungen des-
selben wiederholt nur an einem Auge gefunden bat
Nach seiner Erfahrung liegt Übrigens der fragl. Form
des Epic. stets eine eigenthUnilicIie Abplattung der
Nasenknochen zu Grunde, welche breiter und vor-
zöglich weniger erhaben erscheinen , als im Normal-
zustände, während v. Ammon bekanntlich eioeD
Ueberschuss von Haut an der fragl. Stelle als die
Grundbedingung und die eigenthümliche Knochenbii-
dung als nur hier und da vorhanden betrachtet. Die
Haut über den Nasenknochen erscheint daher , auch
ohne absolut im Ueberschuss vorhanden zu sein,
schlaff und bildet, indem sie durch die Knochen nicht
gehörig unterstatzt sich nach den Seiten umschlägt,
die fragl. Falte. Diese eigenthümliche Knochenbil*
düng soll auch im Verein mik der Engigkeit der Lid-
spalte die Aehnlichkeit mit der mongolischen Rate
veranlassen, welche bei Epic. vorbanden ist Der
Epic. dürfte daher um so häufiger vorkommen, je
mehr die Bevölkerung. sich der mongol. Bace nähert,
um so seltner dagegen sein , je mehr die Nase die
Form der Adlernase auiiramt Bei Jttdem ket Vf. ia
VI. Chiniiigi«, 4)plitlMliBologi« tu Otiatrik.
Ott
der Thal ««eh «och Mnem fall von Epic. beobachtet,
«»fl er glaubt , dasa aeioo HaoOghek in Europa Tom
Norden nach dem Saden so aboefa»«.
Dass der Epic. erblick vorkomme , beweist ein
▼on Vf. beobachteter Fall , io welchem von den 10
Kindern eines mit dem fragl. Hebel und Ptosis behaf-
teten Hannes 5 Söhne und 1 Tochter dieselbe Abnor-
mität darboten. Auch bei der Tocbter eines der
Sohne war das erwähnte Uel)el vorhanden.
Der von S. wiederholt beobachtete wcomplete
angeborene Epicanthus besieht aus einer kaum b««-
merkbaren Hautfalte, welche nur den 4. llieil eines
Kreises bildet und, indem sie kurz ober- oder unter-
halb der innern Lidcommlssur beginnt, in der Höhe
derselben endet. Zuweilen stellt sie auch einen
Halbkreis von äusserst kleinem senkrechten Durch-
messer dar. Im erstem Falle wird das Uebel deut-
licher, wenn man die Haut am innern Winkel in der
Richtung anspannt, welche der (Irsprungsstelle ent-
gegengesetzt ist, d. h. nach unten, wenn die Falle
oberhalb der Commissur beginnt. In beiden F«lllen
aber behindert der Tragi. Zustand weder das Sehen,
noch die Bewegungen der Lider, und verursacht
keine auffallende Entstellung. Das Uebel scheint
vielmehr mit den Jahren von selbst zu verschwinden ;
Vr. hat es wenigstens bis jetzt nur bei Kindern unter
10 J. angetroffen.
Der einseitige Epicanthus isl nach S. nur eine
Abart des incompleteo doppellseitigen Epic, denn
fast stets findet man bei ihm an dem andern, gesun-
den Auge eine Andeutung desselben, die schon er-
wähnte Beschaffenheit der Naenknochen ist» wenn
auch weniger ausgeprägt, stets dabei vorhanden, u.
auch bei dem doppellseitigen angebornen Epic. ist das
Uebel auf dem einen Auge mehr ausgeprägt , als auf
dem andern. Vf. bat die fragl. Form noch nie voll-
standig entwickelt gesehen , Hnd sie bedingt weder
eine Entstellung, noch ein Hinderniss ftlr das Sehen.
Eine wesentliche Besserung oder sogar die Heilung
lässt sich hier dadurch erzielen , dass man die der
innern Lidcommissur benachbarte Lidhaut häufig nach
innen , und zugleich am obern Lide nach unten , am
untern nach oben zieht.
Bei Erwachsenen hat Vf. den Epicanthus im Ver-
haltniss zur Häufigkeit desselben bei Kindern nur
äusserst selten beobachtet, so dass ein freiwilliges
Verschwinden der Krankheit sehr wahrscheinlich wird.
Die damit behafteten Individuen müssen daher zur
Unterstützung des Heilbestrebens der Natur so frUh
als möglich das obere Lid recht häufig möglichst er-
heben , um so allmalig den senkrechten Durchmesser
der Lidspalte zu vergrOasern. Ausserdem muss man
0flers die Haut über der Nasenwurzel mit den Fin-
gern in eine Palte erheben und gleichzeitig die Haut
zwischen den Nasenflügeln und dem untern Lide nach
unten und innen, die zwischen dem Ende der Augen*
brauen aber und der Nasenwurtel nach oben und in*
nen ziehen. Endlich muss man Sorge tragen, dass
das Ange. an dem das Uebel am betracbtliohslen ent-
wickelt ist, sowohl bei Verschluss des andern, als
auch heim Sehen mit beiden Augen gerade auf die
zu betrachienden Gegenstände gerichtet wird. Als
RadJcalmitlel gegen den completen angeb. Epic. ken*
nen wir, nach Vf., nur die Aasschneidung einer
senkrecht elliplischen Falle aus der Haut über der
Nasenwurzel und die Vereinigung der WundrVnder
durch die Knopfnaht , v. A m m o n *s ßkiaarrkapAe*
Die Falte muss genau zwischen den beiden innern
Winkeln n. so weit erhoben werden, dass das Uebel
iladurch ganz beseitigt ist. Alsdann aber erscheint
es zweckmässiger, sogleich durch die Basis der Falte
am obern und untern Ende einen Faden zu führen»
vor ihnen mittels einer nach der Flache gebogenen
Scheere die Falte abzutragen , dann jeden Faden in
einen Knoten zu knüpfen und in dem Zwischenräume
zwischen den Nähten Heflpflasterstreifen anzubringen,
anstatt nach v. A m m o n den Umkreis der Basis mit
Tinte zu bezeichnen, das so bestimmte Hautstttck
mittels eines spitzen Messers auszuschneiden n. dann
2 — 3 umschlungene Nahte anzulegen. Bei dem ein-
seitigen angeb. Epic. würde indess das beschriebene
Verfahren nicht ausführbar sein , weil es l(>icht eine
Zerrung der Lider des gesunden Auges nach dem
innern Winkel und der Nasenwurzel versnlassen
könnte. Vf. hat noch keinen Fall dieser Form des
Epic. beobachtet, welcher ein operatives Eingreifen
erfordert hatte, vorkommenden Falles aber würde
er ein dem von S c h 0 n mitgetheilten Gräfe 'sehen
Verfahren ahnliches einschlagen. Er würde namlieh
nach Abtragung der Falte im innern Augenwinkel den
am nächsten an der Nase gelegenen Wundrand mit
einer Pineette fassen , ein verschieden grosses Stück
desselben ausschneiden, und dann die Wunde mittels
2 Knopfaählen und Heflpflasterstreifen schliessen.
Von Complicationen des Epicanthus erwähnt Vf.
zunächst die atoniscke Ptosis des obern Lides, wel-
che allein auf Erschlaffung der Haut beruht, u. zwar
entweder in Folge eines Ueberschusses derselben,
oder in Folge von Feltanhaufung zwischen der Haut
und dem Orbicularis. Die letztere Art hat S. noch
nicht als Gomplication des Epic« beobachtet, in bei«
den Fallen aber ist der Levator palp. nicht gelahmt,
sondern nur nicht im Stande, die zu grosse Hasse
des obern Lides zu bewegen. Die Benennung BU"
pharoplegie ist daher für den beschriebenen Za-
stand unpassend. Die Diagnose zwischen der aloni^
sehen und paralytischen Ptosis wird aber gesichert
vermittels einer sehr elastischen Pineette, welche Vf.
schon vor 12 J. angegeben hat. [VgL Jahresber. H.
S. 434.] Dieselbe besteht gegenwartig aus feinem
Silberdraht, ihre Lange entspricht ungefähr der ho-
rizontalen Ausdehnung des obern Augenlides u. Form
und Mechanismus nach gleicht sie den Serres fines
▼on Vidal de Gassi s.
70
VI. Chirurgie, Ophthalmologie n. Otiatrik.
Wird nun mit der einen Hand eine hinlänglich
grosse Falle der Haut am obern Lide in die Höhe ge-
hoben, mit der andern aber die ge(lffhete Pincetle an
die<o Falte angelegt, so wird bei PtosiJt alonica die
normale Bewegung des Lides soforl möglich , da das
Instrument so leicht ist, dass es die Bewegung kei-
neswegs hindert. Ist hingegen Lähmung des Mus-
kels vorhanden (Ptosis paralytica) , so bleibt die
Bewegung des Lides nach Anlegung des Instruments
ebenso behindert, als sie es vorher war. — Die bei
der atonischen Ptosis allein wirksame Behandlung
besteht in der Ausschneidung einer hinlänglich gros-
sen horizontalen Falte der Lidhaut, auf die oben er-
wähnte Art und Weise. Vf. fand alle pharmaceuti-
sehen Mittel dagegen unwirksam, er bemrilvi aber,
dass es bei der fragl. Operation nicht selten gerathe-
ner sei, die Faden erst nach der Abtragung der Hnut-
falte anzulegen, vorzüglich wenn man sich einer En-
tropinmpincette zur Bildung der Falte bedient. Denn
werden die Füden hinter der Pinc. , d. h. zwischen
ihr und dem Augenlide eingeführt, so kommen die
Einslichspunkte leicht zu weit von den Wundrändern
zu liegen , werden die FKden aber vor der Pinc. ein-
gestochen , so ist nicht selten einer der Einslichs-
punkte den Wundrandern zu nahe, und die Naht lüsst
sich nichl straff genug anziehen , oder reisst auch
sofort oder nach kurzer Zeit aus. Bei der Ptosis
adiposa ist ebenfalls nur ein operatives Verfahren
von nachhaltender Wirksamkeit. Nur müssen hier,
nachdem die [lautfalte ausgeschnillen worden ist, die
Fettmassen entfernt werden, bevor man die Nahte
anlegL Die Anlegung von Nahten halt aber S. stets
nach der fragl. Operation für nOlhig, da die Heilung
der Wunde durch Eiterung, abgesehen von den mög-
lichen Naciilheilen der letztern selbst, immer wenig-
stens 3mal so lange dauert , als nach Anlegung von
Suturen.
Eine 2. Gomplication des Epicanthus , der Stra-
bismus convergens , ist nach Vfs. Erfahrungen ziem-
lich häufig, aber mehr die Folge der Ptosis. Sein
Entstehen ist leicht zu begreifen, wenn man bedenkt,
dass bei dem fragl. Uebel nur der äussere und untere
Theil der Pupille eine zum Sehen völlig geeignete
Lage haL Deshalb ist aber auch offenbar die Myo-
tomie ohne vorherige Beseitigung des Grundabels ge-
gen das Schielen hier unwirksam , ja letzleres ver-
schwindet, wie ein von S. mitgetheilter Fall beweist,
nach Beseitigung des Epic. durch eine passende Au-
gengymuaslik obn^ Operation.
Endlich erwähnt Vf. noch als seltnere Coraplica-
tionen des Epicanthus die Erosion der Hautfalte u.
des Entropium. Letzteren Zustand hat er indess
' nur ein Mal am Innern Drittel beider unteren Lider in
einem [ausführlich milg(*theilleii] Falle von angeb.
Epic. mit Ptosis des obern Lides auf beiden Augen u.
Strab. eonv. , besonders des linken Auges, beob-
achtet; er verschwand sofort nach der Operation des
Epicanthus. Die Erosion aber findet sich an der
Innern Seite der Hautfalte , und rührt von der ge-
wöhnlich, in Folge gleichzeitiger EnttllDdnng der
Bindehaut, gesteigerten Thranenabsonderung her,
welche natürlich langer daselbst zurückgehalten wird.
Gewöhnlich ist eine Lösung von Lap. div. mit Laod.
zur Beseitigung dieses Zustandes vollkommen hinrei-
chend, der indess bei Vernachlässigung ein schwer
heilbares und äusserst schmerzhaftes Geschwür ver-
anlassen kann.
II. 1^%T erworbene Epicanthus ^ obschon
der äussern Erscheinung nach dem angebomen E.
sehr ahnlich , unterscheidet sich von letzterem durch
folgende Umstände. 1) Die eigenthümliche Bildung
der Nasenknochen fehlt. — 2) Die Ursachen sind keine
organischen , sondern Entzündungen in der Nahe der
Lidcommissur, Verletzungen, Verbrennungen, Ge-
schwüre in der bezeichneten Gegend , welche bei der
Narbenbildung eine Ziehung der Haut veranlassen.
Das Uebel ist daher nur da auf beiden Seiten vorhan-
den , wo die Ursache zuHfllig auf beide Seiten einge-
wirkt haL — 3) Die Hautfalle bildet keinen so aus-
gesprochenen Halbüreis , wie beim angeb. Epic. ; sie
ist offenbar durch die mechanische Verletzung oder
die entzündliche Anschwellung der Haut veranlasst. —
Die Behandlung ist hier natürlich je nach der Ursache
verschieden , die Rhinorrhaphe eher nacbtheilig als
nützlich. Ueber diese Form wird S. seine Erfahrun-
gen spater veröffentlichen.
III. Eine eigenthümliche, bis jet^ noch nicht
beschriebene Thr an en sack ge schwulst ent-
steht nach Vf. in Folge der schon mehrfach erwähn-
ten Abplattung der Nasenknochen und der damit zu-
sammenhangenden seillichen Abplattung und Verdün-
nung des Nasenfortsatzes des Oberkiefers. Der Tlir^-
nrnsnck und Gang erhnUen dadurch eine grössere
Breite von einer Seite zur andern, wahrend ihr
Durchm. von vorn nach hinten verkleinert wird , so
dass Schleim und Thranen nicht gehörig abfliessen
können und die vordere Wand des Sacks ausdehnen.
Die Bildung einer Thranensackgeschwulst wird unter
solchen Umstanden durch scroph. Constitution , Ka-
tarrhe, Verletzungen der betreffenden Gegend, über-
haupt Alles, was Entzündung der Schleimhaut be-
dingt, wesentlich begünstigt. Die gleichzeitig vor-
handene Engigkeit der Stirnhöhlen erschwert den
Abfluss des Schleims auch aus diesen, in Folge der
Zersetzung desselben entsteht der bekannte, so wi-
derwärtige Geruch, wie bei Ozana , und allmalig bil-
den sich unheilbare Veränderungen der Schleimhaut
und der Knochen.
Die Operation dieser Form der Thranensackge-
schwulst ist sehr schwierig, da die Lage des Sacks
je nach dem Grade der gedachten Knochenanomalie
sehr verschieden ist, seine vordere und hintere Wand
sehr nahe aneinander gebracht sind. Sie kann über-
haupt begreiflicherweise nur in den Fallen Erfolg ha-
ben, wo die fragl. Knochenverbildung nicht als allei-
nige Ursache zu betrachten ist, und rath Vf. dann die
Messerklinge mehr flach und nach aussen aufzusetzen»
indem zugleich die Schneide möglichst von der Nase
VI. Chirurgie, Ophthalmologie a. Otiatrik.
71
entfernt geführt wird. Ourchschnitdich ist es gera-
Ihener von den Tbrttnenpunkten aus zur Entfernung
des stockenden Schleims krjli\ige Einspritzungen mit
reinem Wasser zu machen , denen man zur Beseiti-
gung des Übeln Geruchs Kreosot oder Chlorkalk, und
wenn derselbe gemindert ist, adstringirende Mittel
(schwefeis. Zink, Kupfer oder Eisen, Höllenstein)
zusetzt. (Winter.)
354. Znr Behandlung desThrinentranfelns;
von Prof. Will. 6 o w m a n. (Med. - chir. Transact.
XXXIV. 1851.)
Vf. erwähnt nur kurz, dass die Epiphora am
öftesten von entzttndl. Anschwellung der Schleimhaut
mit Anhäufung krankhafter Flüssigkeiten im Thränen-
sacke abhänge. Genauer berücksichtigt er aber nur
die Falle, wo das fragt. Uehel durch eine Jluswärts-
drehung der Thr.-Punkle, oder yerschliessung der-
selben oder der ROhrchen selbst , nach Wundon oder
Geschwüren, bedingt wird.
Eine solche Atuswärtsdtehtmg findet sich häufig
bei Ectropium und ist oft mit entzUndl. Anschwellung
der Schleimhaut der Thr. -Röhrchen und des Thr.-
Sacks verbunden. In solchen Fallen wird aber das
ThrSnenträufeln sehr häufig durch die Operation des
Ectropium gehoben , indem der betreffende Thr.-
Punkt seine normale Stellung mehr oder weniger
wieder erhalt. Bei veralteten Bclropien ist übrigens
das Thr.-TrSufeln gar nicht selten überhaupt nur sehr
schwach, da in Folge der verminderten Empfindlich-
keil und mehr oberhautalinl. Beschafieiilicil der Binde-
haut die Absonderung der Tbranenflüssigkeil selbst
abgenommen hat. Zuweilen indessen bleibt das Thr.-
Träuf. trotz gutem Erfolge der Operation des Ectrop.
zurück , indem der Thr. -Punkt entweder seine nor-
male Lage doch nicht vollkommen wieder erhalten
bat, oder selbst organ. verändert, oder von geschwol-
lenem Gewebe umgeben ist. Hier empfiehlt Vf. die
spater zu beschreibende Operation, die indessen von
noch grösserer Wichtigkeil für die Fälle ist, wo eine
nur geringe Auswärtsdreh ung des (ttntern) Thr.-P.
bei normaler oder äusserst wenig fehlerhafter Lage
des Augenlides das Thr.- Träuf. bedingt. Oft er-
scheint hier das Lid nur unter besondern Verhältnis-
sen, z. B. wenn das Auge nach oben gewendet wird,
vcin dem Augapfel entfernt, allein ;mslatt d»»r norma-
len Erliabenhoil, auf welcher der Thr.-P. sitzt, zeigt
sich nur eine flache oder rundlirhe llautslelle, auf
welcher man die sehr verengerte Oeffiiung. in gerin-
ger Entfernung von der Bindehaut, trocken und zu-
suuiineDgezogeu findet. Wird eine Sonde djirch die
Orffnuiig eingeführt, was leicht möglich ist, so ge-
langt sie ohne Hinderniss in den Tlir.-Sack , der leer
erscheint, woraus hervorgeht, dass der Thr.-Appa-
rat mit Ausnahme der Slellung des untern Thr.-P.
normal ist.
In solchen /allen muss nun das Thr.-Träuf. um
so beschwerlicher werden, weil die Absonderung der
Thr. keine Abnahme erlitten bat, und dieselben, io
Folge der normalen Stellung des Augenlides, vor der
Hornhaut zurückgehalten werden , und so das Sehen
wesentlich behinderh. Geringe chron. Entzündung
und Verdickung der Lidbindehaut in der Nähe des unt.
Thr.-P., oder chron. Ekzem des untern Lides, wel-
ches eine massige Contraction desselben bedingt, sind
hier als Ursachen der veränderten Stellung des Thr.-
P. zu betrachten. Zur Erklärung des Umstandes
aber, dass selbst eine äusserst geringe Auswärtsdre-
hung des untern Thr.-P. die fragL Erscheinung zu
veranlassen im Stande ist, weist VL auf die bekannte
Thatsache bin, dass Flüssigkeiten über fettige Flächen
sich nicht verbreiten können. Die Absonderung der
Meib. Drüsen erhält daher, um das Ueberlaufen der
Thränen zu verhüten, die äussere Haut des freien
Lidrandes fettig, und auch die Thränenkarunkel
scheint als eine Talgdrüse die Bestimmung zu haben,
die Ansammlung der Thr. in einer unter ihr befind-
lichen Höhlung zu begünstigen, wo sie von den Tbr.-
P. beim Blinken des Auges aufgesaugt werden. Die
Bindehaut dagegen ist als Schleimhaut glatt und
schlüpfrig, und die Thr.-P. an der Vereinigungsstelle
zwischen äusserer Haut und Bindehaut gelegen haben
im normalen Zustande den Charakter der letzlern, ihr
Rand ist stets von Thr. feucht, ebenso diu sie umge-
bende BindehauL Wird daher, wie in den erwähn-
ten Fällen , der Rand des untern Thr.-P. und seine
nächste Umgebung in Folge der Einwirkung der äus-
sern Luft oberhautähnlich und fettig, was' nach Vf.
nur in der Ausdehnung von Vis" ^^^^ ^'^' ^" ^^^^
braucht, so können die Thr. nicht zum Thr.-P. ge-
langen , sondern sammeln sich in einem Tropfen an
der Karunkel. Ja wenn auch derThr.-P. mit den Thr.
in Berührung gelangt, so wird sein Rand doch nicht
von ihnen angefeuchtet.
Die Erfolglosigkeit der gewöhnlichen Verfahren
unter den erwähnten rmstUnden, so wie 2 Fälle, in
denen nach einer Verletzung eines Thr.- Röhrebens
die neue Mündung desselben offen gehlieben war,
brachten Vf. auf den Gedanken, durch Theilung des
Thr.-Röhrchens in einer gewissen Ausdehnung den
Thr. einen küusUichen Weg zu dem Tlir.-Sacke zu
eröffnen. #
Bei einem jungen Kaufmann, der 2 J. an fürt wahrendem
Thr. -Träufeln litt , erschien die innere Kante des freien Ran-
des heider untern Lider, wahrscheinlich in Folge chron.
Ekzems der äussern Lidbaut, etwas von dem Augapfel entfernt,
der Thr.-P. daselbst abgeflacht und leicht nach aussen ge-
wendet. Die Thr.-P. au beiden obero Lidern waren ebenfalls
abgeflacht und kaum wahroehiiibar, durch allf 4 Thr.-P.
konnte aber eine Sonde leicht in den Thr.-Sack gefuhrt wer-
den. Vf. brachte daher eine Sonde in das linke untere Thr.-
Höhrchen, schnitt dasselbe mitten zwischen der Karunkel und
dem Thr.-P. an der innern Lidfläche der Quere nach ein,
schlitzte es von da aus gegen den Thr.-P. hin eine Strecke
weit auf und suchte die OefTnung durch Au«i*inand('rzi<*hen der
Wundränder und Einlegen eines feinen Drahtes offen zu erhal-
ten. Schon 10 T. nach Entfernung des Drahtes aber erschien
die Wunde völlig wieder geschlossen , so dass die Erleichte-
rung, welche der Kr., so hinge der Draht eingelegt war, era-
nfunden hatte, völlig wieder aufgehoben wur. Obngefahr
I W. nach der 1. Operation schlitzte daher Vf. dasselbe Thr.-
Röhrcben auf einer Sonde mit dem Messer vom Thr.-P. an so
72
VU. PayttfaiaArik.
w«it auf, ämn die ocae Oeffsnog an die Sielte lo Kefieo kaift,
wo flieh die Tbr. aosammelo. Da« Verwacbseo der Wuod-
ränder ward durch Einfuhren einer Sonde verhindert, u. am
11. T. nach der 2. Operation erschien das Röhrchen in eine
Grube verwundell , der Abfluss der Thr. in den Sack völlig
frei. Am andern Auge verfuhr Vf. auf gl«iche Weise und der
Erfolg war auch hier so gunstig, dass seitdem (15 Mon.) das
Tbr.-Träufeln auf beiden Augen völlig gehoben ist.
Denseibeo gänstigeo Frfolg hatte das beschriebene Ver-
fahren auch in einem 2. Falle, wo das Thr. -Träufeln seit 2J.
bestand und der rechte untere Thr.-P. leicht auswärts gewen-
det erschien. Vf. schlitzte hier das Thr. -Röhrehen */•" weil
avf ; echoD 4 T. nach der Operution waren die Rinder ver-
Btrht.
Fttr die PüHe, wo das Tkr.-Trtfufeln nicht von
Avswffrtsdrehung der Thr.-P., sondern von Fer-
schiiessung derselben oder der Rilbrehen ablidngl,
trfhl^ügt Vf. (las beschriebene Verfahren den Unisflifi>-
den nach niodifioirt ebenfalls vor« Man seil nimlieh
das Röhrrhen von der innern Lidflache »os nahe an
der Strvctur quer einschneiden und nach dem Tkr.-
Sacke zn aufschlitzen. Pffnde steh aber nach dem
queren Einschnitte keine Oeffnung des Rdhrdiens, so
rath Vf., den Thr.-Sack unt(*rh:ilb der Sehne des Or-
bicularis zu eröffnen, eine Sonde von hier aus in da«
Rohrehen zu fahren und anf rhr letzteres in der Nshe
der Strictur hob der niBem Lidflüehe ms qner
zuschneiden. Ueberbaupt kommt es nach B. bei
allen solcben Operationen bauptsHebHch darauf a«.
dass das {VOlircben selbst den neuen Weg fllr die Thr.
ahgiebi, was natOrlich nur da mftglicb ist, wo die
Strictur weit genug vom Tbr.-Sack entfernt liegt, nin
das Rohrclien von der innern Lidflüche aus einsehBti*
den und aufschlitzen zu können. Nicht ausfahrbar
ist daher die fnigl. Operation Überall da, wo die
Strictur hart am Thr.-Sacke sitzt , was man vorzüg-
lich daraus erkennt, das« eine durch den Tbr.-F. ein-
geführte Sonde nicht in den Sack gelangt, sondern
auf ein Hinderniss stOsst, u. wenn Gewalt aogewea-
det wird, die äussere Wand des Thr.-Sacks mit der
ttber ihr gelegenen Haut nach der Nase hin verschiebe
Ln solchen Fallen erscheint der Thr.-P. feuchl u. na^
B.'s Ansicht wird die Erweiterung des Thr.-P. und
Rührchens, welche man gewöhnlich einer Erschlaffung
oder Ltfhinuoir dieser Theile zuschreibt, gar nicht
selten durch eine Strictur an der erwähnten Sl^Ue
veranlasst, indem dann die Thr. das Röhrchen fort-
wahrend erfüllen, ohne in den Sack zu gelangen.
(Winter.)
VIL Psychiatrik.
a55. Nomenclator nnd Classification der
Geisteskrankheiten, gegründet auf pliremlogi-
$cke Prweipien, von ür. T i m e t e o R i b o I i. (Gazz.
med. ttal. Ted. Lomb. 25. 1851.)
Alle Aeusserungen des animalischen und vegeta-
bilischen Lebens sind mit entsprechenden Bewegun-
gen der organischen Fibern od. Molekülen verbunden.
So i^pi^geln sich auch die Geistesoperationen in
Veränderungen bestimmter körperlicher Medien ab:
im Gehirn , seinen Nullen und seiner Schale. Diese
können , so gut wie andere Theile des Körpers ent-
weder allgemein oder partiell erkranken und mttssrn
dann entsprechende Störungen der ihnen immanenten
Functionen zur Erscheinung bringeu.
Die Abweichung vom Normalzustände ist entwe-
der Steigerung (Energie) ot\er Depression, entweder
(direcl oder indirect) gesteigerte oder gesunkene
Activitat. Ausserdem ist zu unterscheiden der Zu-
stand derlnertia, Unlbäligkeil durch Eilahmen des
materiellen Substrates (seröse Ergiessungen , Blut-
congestionen , Hypertrophien, Zerstörungen der Sub-
stanz fast immer in Folge von Excess der Erregung)
und der der Inactivitat, Untbatigkeit durch Mangel
des materiellen Substrates (unvollkommene Enlwick-r
lung des Hirns und Rückenmarks, Atrophie, ange-
borne oder erworbene). Auf diese 4 Zustande grün-
det sich die Einlheilung der (;eisleskrankheilen in ilie
4 Genera der Mania, mit der Species Monomania,
der AielanchoHUf mit der Species Monomelancholia,
der Dementia, mit der Species Dementia parttaüs,
und dos Idiotismtu, mit der Species Idiotismus par-
tialis. Hierbei ist zu bemerken , dass die Qualitäten
des Gehirns sich in affective und iuteUective schei-
den; die ersteren theilen sich wieder in Instimcte,
mit Bezug auf die animale, und Empfindumgeu, mit
Bezug auf die moralische Seite des Lebens» die an-
dern in perceptive, mit Bezug auf das f^akrHek-
muiigsvermögen , nnd in reßective , mit Bezug auf
das Denkvermögen. Die Cranioskopie lehrt die den
genannten Qualitäten entsprechenden Organ Uieile
kennen, was hier als bekannt vorausgesetzt wird.
Das 1. Genus, Mania, beruht auf Störung vieler
oder aller primärer Qualitäten des Gehirns zufolge
erhöhter (exaltirter) Energie der fibro - molekularen
Bewegungen seiner Theile. Die Fixation der Störung
auf einzelne Provinzen bedingt die Species, welche
ebenso vielfaltig sind, wie die zahllosen Combinatio-
nen derselben.
Das 2. Genus, MelanchoUa, beruht auf Störung
vieler oder aller primären Qualitäten des Gehirns,
zufolge verminderter Energie oder Depression der
fibro-molekularen Bewegungen. Bei der Mania finden
sich haußger acute AlT'Clionen in der SrhadelhOliic
bei der Melancholia tief gehende Verletzungen der
Unterleibsorgane. Letzlere zieht bei längerer Dau^
beträchtliche Veränderungen der Consistenz u. Farbe
der Hirnmasse nach sich, auch das Gewebe der Seht-
delknochen selbst zeigt speoifiache Alterationea« Ss
VII. Psychiatrik.
73
scheiDl noch nicht bekaDnl lu sein , dass die anor-
male Hohe der Substaotia cinerea, namenllich der
Eminentia oiivaris und pyramidalis ein hervorstechen-
des Merkmal dieser Irrsinnsform ist, und die Zeit
wird kommen , wo man aus der grossem oder ge-
ringem Erhebung dieser Substanzen , so gut wie
aus der schon bekannten Verdickung oder Verdau-
nong der Scbüdelknochen auf das Verhalten gewisser
physischer und moralischer HirnqualiUten zu schlies-
sen wissen wird.
Das 3. Genns , Dementia , beruht auf einer tie-
fea StOrang vieler oder aller primären Qualitäten des
Gehirns zufolge von Trägheit (inerlia) der fibro-mo-
leknUren Bewegungen. Sie gebt aus seröser Infil-
tration der Pia mater» die sich auch auf die Hirnsub-
stanz selbst verbreitet, hervor und steht dem Idiotis-
mus so, wie Trägheit der absolulen Inactivitat gegen-
über, kann auch mitunter mit einem der beiden ersten
Genera complicirt sein oder altcrniren. Das Gedächt-
nissvermOgen ist bei der Dementia nicht aufgehoben.
Wahrend bei den andern Gattungen das vegetative
Leben bald inMitleidenheit gezogen zu werden pflegt,
wird es von der Dementia gar nicht aflicirt, man sieht
solche Kranke vielmehr fett und wohlbeleibt werden.
Indifferenz sowohl in Bezug auf die Einwirkungen von
aussen, als in Bezug auf das innere Leben, ist der.
Hauptcharakter dieses Leidens. Man findet hierbei
ebenso oft Hirnerweichung als Verhärtung, aber con-
stant serOse Ergiessungen zwischen den Häuten und
namentlich Infiltration der Pia maier, die sich nach
Wegnahme der Arachnoidea durch helleres Coloril u.
liier und da zerstreute Lagunen geschwundener Hirn-
substanz in Folge umschriebener Entzündungen zu
erkennen gtebt.
Das 4. Genus, Idiotismus , beruht auf mangeln-
der Entwicklung einiger oder aller primären Qualitä-
ten des Gehirns mit absoluter Inactivitat, zufolge
fehlerhafter Conformation. Hier ist nur das rein ani-
male Leben noch in Aclivität, zuweilen selbst im Zu-
stande erhöhter Energie , indem sich die Hirnthätig-
keit blos auf den Instinkt concentrirt. Zuweilen ist
vermindertes Volumen der Hirnmasse , in der Regel
aber angeborene Verbildung der Hirnfasern als Ur-
sache anzusehen.
Naltlrlich kOnnen alle diese Formen des Irrseins
sieh vielfilltig untereinander, so wie mit Paralyse und
Epilepsie compliciren, so wie jede Thätigkeit unseres
Organismus auf dem Zusammenwirken dreier allen
seinen Theilen zukommenden Potenzen — Bewegung,
Empfindung, Ernährung — beruht, von denen nur
4ie eine oder die andere zu verschiedenen Zeiten vor-
suherrschen pflegL (K o h 1 s c h fl 1 1 e r.)
356. Bericht llber die Inenanstalt xn Prag
/arr die Jahre 1846 — 1850; von Dr. FischeL
(Prag. Vjhrschr. 1851.)
Mit Anfang dieser ttjäbr. Periode trat die gedachte An-
stalt in ein neues Stadiom der Entwicklang. Der fertige und
M64. Jalirbb. Bd. 74. Hit i.
volUtättdig eingerichtete Neubau wurde belegt; die von der
Anstalt getrennte, im allgemeinen Krankenhause, also ausser-
halb des Anstaltsgebietes befindliche Abtheilung für Tobsüch-
tige , Unreine und Epileptische wurde gänzlich verlassen und
ihre Bewohner theils in den Neubau (Heilanstalt) , theils in
das Katharina - Gebinde (nunmehr Pfleganstalt) vertbeilt
Beide Abtheilungen befinden sich also jetzt auf einem Terri-
torium und sind mittels weilläufiger Gartenanlagen mit ein-
ander verbunden. Die Heilanstalt liegt sudlich von der Pfleg-
anslalt und etwas höher als jene , die Fronte ist nach Nord-
west und gegen die Stadt gerichtet, 75Vs Klafter lang und
ausser dem Erdgeschosse 2 Stock, die nach rückwärts auslau-
fenden beiden Seitenflügel aber nur 1 Stock hoch. Durch
das Vestibül ist das ganze Gebäude in 2 Hälften getheilt , die
rechte für die männlichen , die linke f(ir die weiblichen Kran-
ken bestimmt. Im Erdgeschosse der Hauptfronte befinden
sich Speisesäle, der Conversationssaal , die Directions- und
Oekonomie-Kanzleien , die Bäder, das Besuchszimmer u. die
Wohnung eines Oekonomen. Im 1. Stocke wohnen die ruhi-
gen Kranken der distinguirtern, im 2. die der armem Klasse,
in letzterem sind auch die Arbeitssäle für die Männer und
Frauen. Die Seilenflügel werden im Erdgeschosse u.1. Stocke
von den lobenden und unreinen Kranken bewohnt. Die Sou-
terrains enthalten Magazine , Keller und in den Seitenflügeln
die Oefen zur Luftheizung. Alle Abtheilungen sind von ein-
ander getrennt und haben eigene Aus- und Aufgänge. — Als
anderweitige Veränderungen werden hervorgehoben : Vermeh-
rung der Wärter, so dass 1 auf 6 — 7 Kranke kommt; zu
den zeitherigen 2 Lohnkategorien derselben kam eine erhöhte
3., was von grossem Nutzen war; von im Hauae wohnenden
Aerzten wurden 2 der Heil- u. 3 der Pfleganstalt zugewiesen.
— Die Verwaltung der Irrenanstalt, zeither unter derDirection
des allgemeinen Krankenhauses, wurde 1846 selbstständig u.
der Primararzt , als Director , mit der ärztlichen und admini-
strativen Leitung, unter der Landesregierung stehend, betraut.
— Ferner organisirle sich allmälig eine Schnle , in welcher
lernfähige Kranke beiderlei Geschlechts im Lesen, Schreiben
und Rechnen, Geographie, Natorlehre, Religion durch geeig-
nete Kranke unter ärztlicher Leitung unterrichtet werden, u.
setzt ihre Wirksamkeit zum Nutzen für die Lehrer und Ler^
neu den regelmässig fort.
Einen speciellen Nachweis über den Krankenstand
und seine Veränderung in den letzten 5 Jahren liefern
2 Tabellen , aus denen Folgendes hervorgeht. Das
Verhaltniss der pr^lsumtiv Heilbaren zu den Unheilba-
ren war im Ganzen = 1 : 2,8. Der präsumtiv heil-
bare Zuwachs zeigt bei beiden Geschlechtern bei-
nahe ein gleiches Verhältniss, bei den präsumtiv un-
heilbaren aber war das männliche Geschlecht mehr
vertreten , denn es verhielten sich die Weiber zu den
Männern =s 1 : 15. Das Heilungsverbältniss über-
haupt war :
bei den präsumtiv Heilbaren wie 1 : 1,9^=51 ^q
M M M Unheilbaren,, 1 : 7,4 »13,4^0
Die Heilnngsresultate zeigten sich bei den prä-
sumtiv heilbaren Weibern um ein Geringes besser, als
bei den Männern; bei den präsumtiv unheilbaren
Weibern aber um fast ebenso viel ungünstiger, als
bei den Männern. Das Mortalilätsverhälltniss stellte
sich überhaupt bei den weiblichen Kr. um die Hälfte
besser heraus, als bei den männlichen, es war
bei den präsumtiv Heilbaren wie 1 : 6,5 «» 13,3%
,> », ,» Unheilbaren >, 1 : 2,6 && 36,2 „
des Gesammtbestandes >» 1 : 3,1 ass 31,3 „
10
74
VII. Psycliatrik.
Zur bessern Würdigung dieser and mehrerer an^
derer in den Tabellen uiitgetheillen numeriscben Da-
ten wird Folgendes hervorgehoben. Die einige Jahre
andauernde Beschränkung der Baum Verhältnisse der
Landesanstalt bewirkte , dass im ganzen Lande eine
taglich sich mehrende Zahl von Irren der Aufnahme
harrte. Nach firöfTnung der neuen Anstalt 1846
wurden diese unterdessen fast sümratlich unheilbar
gewordenen in die Anstalt gebracht, daher der grosse
Zudrang und die ungünstigen Hcilungsverhältnisse,
die bald wieder erfolgte UeberfUllung u. die dadurch
herbeigeführte neuerliche Unmögliciikeit, die bean-
tragten Kranken sofort aufzunehmen. Und so befin-
det sich die Anstalt, da die projeclirten neuen Erwei-
terungen noch nicht bewilligt sind , bereits seit län-
gerer Zeil in der traurigen Lage, frischen Fällen die
Aufnahme zu verweigern, dagegen ältere, meistens
unheilbare, wegen ,, Gemeinschädlichkeil*' zulassen zu
müssen. Die 1846 und 1847 herrschende Theue-
mng, durch Misswachs und Erdäpfelfäulc bedingt,
der geringe Erwerb der Gebirgsbewohner gaben nicht
nur den Grund zu häufigem Geistesstörungen ab,
sondern prägten denselben auch den Charakter der
Unheilbarkeit auf. Ferner wurden der Anstalt Kranke
zugesendet , deren Störung schon 20 , ja in einem
Falle 42 J. gedauert halte, und mit Kachexien, Krebs,
Lues u. s. w. Behaftete nicht ausgeschlossen. End-
lich befanden sich unter den 242 „gebessert'* Ent-
lassenen viele, die bei einem längern Verweilen in
der Anstalt geheiU worden wären, hätte man sie der-
selben nicht entnommen ; die Zahl der „Geheilten"
wurde hierdurch beträchtlich vermindert. — Das un-
günstige Mortalitätsverhältniss im J. 1849 (1 : 5,8
s= 17,1 von 100) bedingte grösstenlheils die Cho-
lera.
Welche Einwirkung auf die Steigerung des Kran-
kenbestandes 1848 die politische Umwälzung gehabt,
geht aus folgenden Notizen hervor, wobei ausserdem
noch hervorzuheben ist, dass die Irrenanstalt zu Png
in Folge ihrer Lage, während der dasigen Närz- und
julitage von der directen und indirecten Einwirkung
des dasigen Aufstandes nicht frei blieb. Aufgenom-
men wurden als durch die Revolution erkrankt 26 u.
zwar 20 Männer und 6 Weiber., Darunter waren 2
Offiziere, 1 Offiziersfrau, 1 Arzt, 3 Beamte, 1 Be-
amleafrau, 1 Beamtentochter, 1 Professor, 1 Lehrer,
1 Student, 1 Maler, 3 Bürger, 3 Bürgersfrauen, 1
Bauer, 6 Handwerker. In 16 dieser Fälle bildete
diese Erkrankung den ersten Anfall, in 5 einen Rück-
fall. Bei 10 dieser Kranken war Heredität genau
nachgewiesen. Bei 20 erfolgte die 1. Erkrankung
oder die Recidive im J. 1848, bei 1 im J. 1849 und
die übrigen 5 waren bereits vor dem J. 1848 geistes-
krank gewesen. Der Form nach kam vor: Mania
compl. lOmal, Mania univers. (exaltirte Verrücktheit)
3mal, Melancholie 9mal, Anoia 3mal und Delirium
potator. Imal. Davon sind genesen von Mania 5,
VOR Man. miv. !>. von Helanch. 1 im 1. Monate;
von Man. univ. 1 im 2. Monate ; von MeAnch. 1 im
4. Monate und 2 im 6. Monate> von Jnoia 1 im 10.
Monate, von Deixr. poUU. 1 innerhalb des 1. Mo«
nats. — Gebessert wurde von Mania univ, I in 1
Jahre. Ungeheilt blieben , von Melanch, 1 » voa
jänoia 2 ; übergegangen in Verrücktheit sind : 2 Me-
lancholien, 1 Manie, und in Blödsinn: i Manie ood
1 Melancholie. Gestorben sind: i Manie nach 9
Tagen an Hyperämie des Gehirns, 1 Manie nach 3
Monaten an Marasmus, und 1 nach 13 Monaten an
Hypinosis und 1 Melanch. nach 2 Monaten an Tuber-
culosis;
Hieraus gehl hervor, dass die Prager Anstalt
während der J. 1848 und 1849 nur eine geringe
Zahl von Irren , die in Folge von politischen Urs^
chen erkrankten, aufnahm, dass die Seeleastdra^
derselben grösstenlheils durch Heredität , oder AmA
somatische Uebel vorbereitet war, dass bei eintgei
(5) die schon früher vorhandene Geistesstörung aar
im weitern Verlaufe eine den Zeilvcrhällnissen ent-
sprechende Färbung annahm , u. dass die policisciieo
Ideen selbst bei jenen , die wirklich in Folge der po-
litischen Ereignisse erkrankten , nur äusserst seltea
den Mittelpunkt der Delirien bildeten. — Schon frü-
her haben übrigens scharfe. und glaubwürdige Beob-
aehler.in ähnlichen Zeitepochen ähnliche Besullale
erlangt und schon Esquirol sagt: „Der politische
Fanalismus und seine conseculiven Uebel haben zwar
Seelenstürungen herbeigeführt, allein alle Aerzie ha-
ben die Beobachtung gemacht, dass, während ia
Frankreich der höchste Grad allgemeiner Aufregang
herrschte, es am wenigsten Nerven- u. Geisteskrank-
heiten gegeben habe." Dass aber daselbst auch ia
J. 1848 eine Vermehrung der Irrenzahl sich nicht
gezeigt hat,, haben neuerdings Ferr US und Baii-
la rg er erklärt. Flemming hingegen hat twu
die Frage: ob die politischen Umwälzungen die Zahl
der Seeleuslörungen vermehre, unentschieden gelas-
sen , doch vindicirl er den politischen Gausalmomen-
ten nur die Wirkung der sogenannten psychischen
Ursachen der Psychopathien und fügt hinzu, dass der
deprimirenden u. überreizenden Kraft jener Einflüsse
eine wohlthätig aufregende, heilende zur Seite gehe."
Auch Damerow weist nach, dass in den J. 1848
— 49 die Zahl des Zuwachses in der Anstalt zu Halle
nicht grösser war, als früher, u. dass darunter höch-
stens 4 (Männer) waren, bei welchen der Einfluss
der p(^iti8chen Zustände in den Ursachen und Er-
scheinungen der psychischen Krankheit zn ^kennen
war, und alle 4 waren früher sehon seelenkraak ge-
wesen. Endlich ist noch zu bemerken , dass wah-
rend der letzten 2 J. nur ein einziger Mann ans der
activen Armee in die Prager AnsUlt eintrat , obgleidi
diese während jener Zeit die nicht geringen geistigcD
und physischen Anstrengungen in den ungarischen &
italiänischen Feldzügen zu ertragen halle, und o^
gleich im letzten Jahre enorme Heeresmassen in Böh-
men Concentrin waren.
Von grossem Einflüsse auf die Mortalitätsverhalt*
nisse war 1848 und 1849 auch die in Prag herr-
schende Cholera, wie folgende Oaten lehren. Vom
Vn. Ptrehiatrlk.
7Ö
9. Juni bis 22. Juli 1849, vom 17. Nov. des«. J. bis
30. Sept. !850 kamen in dastger Irrenanstalt 84 Er-
krankungen an der Cholera vor, welche 77 Irre (50
M., 27 F.) und 7 Warleindividuen (5 M., 2 f.) be-
trafen. Es erkrankte Yio ^^^ gesammten Kranken
(798), od. 9,6 von 100 wahrend der 16monatlichen
Periode. Es war diess um so aulTälliger, als zur
Zeit des Ausbmchs der Epidemie in der Anstalt erst
nur hier und da einzelne Fälle in der Stadt vorkamen,
und die Anstalt sich einer ziemlich hohen, freien Lage
in einem wenig bevölkerten Stadttheile erfreut. Trotz
alles Nacbforschens konnte irgend ein die Krankheit
begünstigen des Moment nicht aufgefunden werden.
Von den Wartein «li vi Juen erkrankten 7, von diesen
halten aber nur 3 (1 Warter und 2 Warterinnen)
Cholerakranke bedient, wahrend in den Zimmern der
4 abrigen Warter keine Choleraerkrankung bei Irren
bis dahin vorgekommen war. Alle tlbrigen Warte-
individuen (15), die wechselsweise die Cholerakr.zu
bedienen hatten, blieben ungeachtet der grossen An-
streogang und der ununterbrochenen Communication
mit den Kr. verschont. Ebenso erkrankte keiner der
5 Hausärzte. Dem Alter uach vertheilten sich die an
der Cholera erkrankten 84 Irren (56 M., 28 W.) wie
folgt:
W.
19 J.
waren
1 M.
1
20—25 „
10 „
3
26—30 „
10 ..
3
31—35 „
5 „
3
36—40 „
1 „
5
41—45 „
11 .,
3
46—50 „
3 „
7
51—60 „
8 ,.
2
62 „
»>
1
70 „
1 „
—
Hiernach waren die Hanner relativ bedeutend häu-
figer ergriffen , als die Frauen. Unter den von der
Cholera befallenen Irren litten 38 (25 M., 13 W.)
an Blödsinn, an Verrücktheit 16 (9 M., 7 W.), an
Epilepsie mit Geistesstürung 8 (7 M., 1 W.), an Me-
Jancholie 9 (6 M., 3 W.), an Manie 4 (2.M., 2W.),
an Wahnsinn 2 M. Darunter waren 7 M. und 1 W.
bereits das 2., 2 M. und 2 W. das 3. und die übri-
gen das 1. Mal in der Anstalt. Das psycliische Lei-
den liess nur in 2 Fallen eine zweifelhaite , in allen
übrigen eine ungünstige Prognose stellen. Die mei-
sten Erkrankungen erfolgten entweder in der Nacht
oder früh beim Aufstehen, letzteres war besonders
zu Anfang der Epidemie der Fall , mehrere wurden
wahrend der Arbeit oder des Spazierens in den Gär-
ten ergriffen ; letzteres besonders in der Zeit, als die
Epidemie am intensivsten war. Von den 84 von der
Cholera Ergriffenen (56 M., 28 W.) starben 45 (32
M., 13 W.) und genasen 39 (24 M., 15 W.). Die
Dauer der Geistesstörong war unter 1 Jahr bei 8,
über 1 J. bei 7, über 2 J. bei 3, über 3 J. bei 10,
über 4 J. bei 8 , über 5 J. bei 3 , über 6 J. bei 3,
aber 7 J. bei 6, über 8 J. bei 3 , über 9 J. bei 1,
über 10 J. bei 3, über HJ. bei 2, über 12J. bei 2,
über 15 J. bei 1, über 16 J. bei 1, Ober 17 J. bei 1,
seit der Kindheit bei 5, unbekannt bei 5.
Bei 2 Kranken , die im asphykt. Stadimn (schon
nach einigen Stunden) starben , war keine Diarrhöe
zugegen und man fand im Dick- und Dünndarme feste
Fäces; bei einem derselben war nur Anfangs massi-
ges Erbrechen zugegen. Bei 2 Männern, welQhe
unterlagen, fand sich deutliches Erythem um die
Handgelenke» und bei einem in der Reconvalescenz
eine zwei Tage anhaltende starke Urticaria. — Bei
einem an Hallucinatiooen des Gehörs Leidenden blie-
ben diese bis zum Tode das qualvollste Symptom ; in
den letzten Stunden empfand derselbe nur ein wirres
Sausen in den Ohren. Bei einem Kr. entstanden
nach schnell vorübergegangenem Stadium algldum
heftige Congestionen gegen den Kopf mit intensiver,
maniakalischer Aufregung , die sich nach Anwendung
von Kalte auf den Kopf wohl hob, aber bald wieder
zurückkehrte. Bei 2 kräftigen , jugendlichen weib-
lichen Individuen bestand das Reactionsstadium in
wahrer Tobsucht « die den Tod durch ihre Intensität
beschleunigte. — Ein taubstummer Kr. stiess kurz
vor dem Tode wiederholt articulirte Schmerzensäos-
serungen aus. — Eine Gravida überstand eine heftige
Cholera , darauf einen Hydrops universal, (Hydritmia)
ohe dass die Schwangerschaft gestört, oder die Ent-
bindung beeinträchtigt worden wäre.
Contagiositat der Cholera liess sieh lü der Anstalt
ebensowenig ermitteln , als ein genügendes ätiologi-
sches Moment b^i den einzelnen Kr. In 6 Fällen,
welche Vf. speciell mittheilt, schien die Cholera als
excitirendes Moment zur Entstehung der Geistesstö-
rung gewirkt zu haben. Dass die Cholera den wei-
tern Verlauf der Psychopathien geändert habe, war
nur in einem einzigen Falle, wo Rückkehr zum gei-
stesgesunden Zustande erfolgte, mit Wahrscheinlich-
keit anzunehmen , in allen übrigen blieb die geistige
Störung selbst nach der intensivsten Cholera unver-
ändert.
Anlangend die Therapie, so wiesen mehrere von
letzterer befallene Irren jede innerliche und äusser-
liche Behandlung standhaft zurück, ohne dass der
Verlauf der Krankheit sichtlich deshalb ungünstiger
geworden wäre. Opiate erwiesen sich als unwirk-
sam, mehr schien Strychnin und am meisten Moschus
zu leisten. Uebrigens wurden viele der gebräuch-
lichen Methoden versucht, namentlich auch häufig
Unterhefenbier , welches die meisten Kranken wenig-
stens mit Behagen gebrauchten. — Die hierauf vom
Vf. angeführten Sectionsergebnisse liefern manche
pathologisch-anatomische Daten, welche sich von den,
im Allgemeinen bei Sectionen der Choleraleichen vor-
kommenden , unterscheiden. Es findet diese Ver-
schiedenheit jedoch ihre Erklärung in dem Umstände,
dass die in der Prager Irrenanstalt an Cholera Ver-
storbenen früher noch an andern körperlichen Krank-
heiten gelitten hatten , mit welchen sich die Cholera
complicirte.
76
VII. Psychiatrik.
* Von den 1314 Zugewachsenen kamen in der gedachten
5jährigen Periode aus Böhmen 1248 (712 M., 536 W.), wo*
von aus Prag 187 (87 M. , 100 W.) , die übrigen theils aus
andern Profinzen der osterr. Monarchie, theils aus andern
deutschen Landern, Frankreich, Belgien und Russland.
Davon waren :
ledig
Terheirathet
verwittwet
694 (404 M., 290 W.)
558 (336 M., 222 W.)
62 ( 21 M., 41 W.)
Der Religion nach waren :
katholisch 1216 (713 M., 503 W.)
evangelisch 21 ( 14 M., 7 W.)
israelitisch 77 ( 34 M., 43 W.)
Dem Altar nach waren :
unter 10 Jahren 5 ( 4 M., 1 W.)
von 11—20 „ 124 ( 60 M., 64 W.)
„ 21—30 „ 402 (203 M., 199 W.)
von 31 — 10 Jahren
„ 41-50 „
„ 51—60 ,,
„ 61-70 „
„ 71-80 „
388 (2S5 M., 153 W.)
250 (157 M., 93 W.)
117 ( 86 M., 31 W.)
22 ( 14 M., 8 W.)
6( 2M., 4W.)
Summa 1314 (761 M., 553 W.)
Die bürgerliche Stellung betreffend gehörten an :
dem Stande der Gelehrten 74 ( 59 M., 15 W.)
„ „ „ Kunstler 22 ( 17 M., 5 W.)
„ „ „ Beamten 137 ( 88 M., 49 W.)
,, „ „ Handeltreibenden 76 ( 44 M., 33 W.)
,, ,, „ Handwerker
„ „ „ Militärs
„ ,, ,, Feldarbeiter
„ ,, „ Dienenden
,, ,, „ Taglöhner
Beschäftigungslose
412 (252 M., 160 W.)
75 ( 60 M., 15 W.)
223 (135 M., 88 W.)
138 ( 23 M., 115 W.)
124 ( 60 M., M W}
33 ( 20 M., 13 W.)
Die Krankheit dauerte vor der Aufnahme in die Anstalt:
a) von der Gesammtzahl
M W
einige Tage bei 233 (115 118)
V, Jahr „ 145 ( 71 74)
1 „ „ 89 ( 53 36)
2 „ „ 95 ( 75 20)
längere Zeit „ 752 (447 305)
b) Geheilte
M. W.
118 ( 48 70)
56 ( 30 26)
22 ( 12 10)
24 ( 13 11)
173 (100 73)
o) Gebesserte
M. W.
33 ( 16 17)
26 ( 9 17)
18 ( 8 10)
21 ( 12 9)
163 ( 92 71)
d) Gestorbene
M. W.
63 ( 35 28)
48 ( 31 17)
30 ( 20 10)
49 ( 26 23)
337 (236 101)
Summa 1314 (761 553)
393 (303 190)
261 (137 124)
527 (348 179)
Die Dauer des Aufenthalts in der Anstalt betrug a) bei den Abgängen und zwar bei den
Geheilten
Gebesserten
Gestorbenen
M.
W.
M. W.
M.
W.
einige Tage 143 ( 65
78)
68 ( 38 30)
171 (108
63)
3—6 Monate 145 ( 73
72)
86 ( 39 47)
90 ( 63
27)
1 Jahr 66 ( 36
30)
56 ( 34 22)
75 ( 51
24)
2 „ 22(15
7)
31 ( 18 13)
71 ( 53
18)
3- 5 „ 14 ( 11
3)
9( 3 6)
57 ( 32
25)
6-10 „ 4(4
-)
6( 3 3)
27 ( 12
1»)
11-15 „ - ( -
-)
4( 1 3)
18 ( 15
3)
16-20 „ - ( -
-)
1( 1 -)
6( 5
1)
über 20 ;, — ( —
-)
-( )
12 ( 9
3)
Summa 394 (204 190)
261 (137 124)
527 (348 179)
b) Der Verbliebenen
bis IJahr
162 ( 94 M., 68 W.)
>> 2 ,,
93 ( 51 M., 42 W.)
n 3 ,,
45 ( 24 M., 21 W.)
»> * >>
42 ( 30 M., 12 W.)
«> ^ »>
29 ( 18 M., 11 W.)
6—10 Jahr
60 ( 34 M., 26 W.)
11-1» „
37 ( 23 M., 14 W.)
16-20 „
11 ( 9M., 2W.)
aber 20 „
Sd
21 ( 14 M., 7 W.)
roma 500 (297 M., 203 W.)
In die Anstalt traten :
Imal
2mal
3mal
4mal
5mal
9mal
lOmal
M. 653
84
17
4
5
—
1
W. 454
69
20
6
3
1
r^
1107
153
37
10
8
■"'ptized
oyCrjOO^
VIIL
Mediein im Allgememen.
Anno
Gesammt-
stand
Zahl der Geheilten
Verhältniss
znlOO
Zahl der Gchesserlen
Verhältniss
zu 100
Zahl der Gestorbenen
Verhältniss
zu 100
1846
620
81
12,9
45
7,1
97
15,5
1847
672
93
13,8
51
7,6
131
19,5
1848
661
89
13,4
51
7,7
94
14,2
1849
698
74
10,6
57
8,1
120
17,2
1800
698
56
8,02
57
8,1
85
12,1
Anno
Zugewach-
sen
Zahl der
Geheilten
Verhältniss
zalOO
Zahl der Gebesserten
Verhältniss
zu 100
Zahl der Gestorbenen
Verhältniss
zu 100
1846
259
46
17,7
27
10,4
52
20,07
1847
269
52
19,3
24
8,9
55
20,04
1848
264
53
20,07
23
8,7
45
17,04
1849
271
41
15,1
31
11,4
40
14,7
1850
251
29
11,5
30
H,9
27
i\l
TT
(Sonnenkalb.)
VlIL Mediein im AllgemeiQeD.
357. üeber den Einflnss des Sonnenlichtes
anf den Organismus ; von Dr. e. \y a i s c r. (Arch.
farphys. Heilk. X. 3. 1851.)
Vf. gelangt bei seinen auf mathematische Berecli-
nangeo und biostatische Angaben begrtlndeten Unter-
suchungen zu folgenden Resultaten, die er durch wei-
tere Forschungen an Pflanzen zu vermehren ho£fl. 1)
Die Sterblichkeit, d. h. das Vergehen der thieriscben
Organismen, oder vielmehr die Rückbildung ihrer or-
ganischen Materie zur unorganischen ist, abgesehen
von localen Einflüssen, eine von dem Sonnenlicht ab-
fajfngige Naturerscheinung. 2) Dieser Einfluss auf
den Organismus bat das gleiche Gesetz zur Grundlage,
welchem auch die Wirkung des zerstreuten Lichts als
Leuchtkraft unterliegt. Diese Sätze sind begründet
auf folgende Erfahrungen. 1) Das Licht der Sonne
ist- ein in die Entwicklung des Organismus tief ein-
greifendes Agens. 2) Es wirkt auf dieselbe fordernd
ein und manifestirt sich durch Erweiterung der kör-
perlichen Durchmesser des organischen Individuums.
3) Diese Gesammtwirkung wird bedingt durch die
das organische Individuum treffende Beleuchtungs-
grSsse. 4) Das Verhältniss der körperlichen Durch-
messer unter einander und damit das qualitative Mo-
ment der Wirkung ist abhangig von dem Einfallswin-
kel der Strahlen. Der scheinbare Widerspruch , der
darin liegt, dass ein und dasselbe Agens, das Son-
nenlicht, Leben undTodgiebt, erklärt sich leicht,
wenn man bedenkt, dass dieselbe Veranlassung, die
die Entwicklung des jugendlichen Individuum fördert,
in dem durch Alter oder Krankheil schwachen Sub-
jecte die Auflösung des Organischen bedingt.
(Julius Clarus.)
358. Die Pflanienwelt, ihr f^ecksel und ihr
Erkranken , in Beziehung auf die Geschichte und
die Ferbreitung der Krankheilen der Menschheit*,
von C. F. Heusinger. (Janus. N. P. I. 1.)
Nach einigen allgemeinen Betrachtungen über die
Stabilität der Natur und über den Zusammenhang der
menschlichen Krankheilen mit den gleichzeitigen
Schöpfungsproduclen, besonders über den Einfluss
der Pflanzenwelt auf die Erscheinung der Krankheilen
in der Zeit, beleuchtet Vf. zuerst in einigen einleiten-
den Bemerkungen der Wirkungen der Pflanzen auf
den thieriscben Organismus , um hierauf in einzelnen
Abschnitten speciell zu betrachten : 1) den Einfluss
der allgemeinen und natürlichen Vegetation des Lan-
des auf seine Bewohner ; 2) die Beziehungen des Er-
krankens der Vegetation auf das Erkranken der ihie-
rischen Organismen ; 3) den Einfluss der Bodenkultur
und der künstlichen Vegetation, u. wendet sich dann
4) zur Beantwortung der Krage: hat die Vegetation
der Länder in der historischen Zeil Veränderungen
erlitten, und welchen Einfluss haben diese auf dier
Erscheinung der Krankheiten geäussert?
Einleitung. Mit üebergchung der Grenzen
der Wirkungen , welche die Pflanzen als Nahrung«-,
78
VIII. Nedidn im Allg^ineineft.
wie als ArzneimiUel haben, so wie des Einflusses des
physiognomischeo Eindrucks de^ Vegetation auf den
Geist des Menschen spricht hier der Vf. 1) über die
Wirkungen durch die Elektricit&t der Atmosphäre.
Schon als lodte KOrper entwickeln die Pflanzen Rei^
bnngselektricitfit; noch mehr Einfluss tlben die Wal-
der auf das elektrische Spannungsverbaltniss der At-
mosphäre als Leiter zwischen den Luftschichten und
dem Boden aus. Die bereits als Eiektricitätsquelle
gewürdigte Dunstbildung aus den Pflanzen ist beson-
ders durch den organisch - chemischen Process von
hoher Bedeutung , welcher sie bedingt , indem dabei
eine Fixirung fester Stoffe in der Pflanze erfolgt, wo-
durch wahrscheinlich Elektricität unmittelh.ir frei
wird. Jedenfalls ist dieser Einfluss der Pflanzen auf
die Atmosphäre für die Gesundheit der Menschen und
Thiere ein sehr mächtiger, und eine Untersuchung
desselben verspricht bedeutende Resultate.
2) Wirkungen auf die Erhaltung der chemi-
schen Zusammensetzung der Atmosphäre. Diesem
Einfluss, der bisher als ein sehr grosser galt, fühlt
sich Vf. genOlhigt, seine Bedeutung ganz abzuspre-
chen. Man hielt die Pflanzen seit der Entdeckung
ihrer Sauerstoffabgabe und Kohlensäure-Aufnahme für
die Erhalter der normalen Mischung der Atmosphäre.
Bedenkt man aber, dass die Pflanzen nur im Lichte
Sauerstoff^, im Finstern dagegen Kohlensäure aushau-
chen, dass nur die grünen Organe, und nur während
des lebhaften Vegelationsprocesses jenes thun , wäh-
rend sonst und von den übrigen Pflanzenorganen Koh-
lensäure und Kohlenwasserstoff- und andere Verbin-
dungen exhalirt werden , dass dieser Process in den
Massen der geselligen Pflanzen schon während der
lebhaftesten Vegetationsperiode in einer Ungeheuern
Menge durch verschiedene Einflüsse zerstörter Pflan-
zentheile eintritt; bedenkt man ferner, dass in den
Tropeoländern die Vegetation zwar eine permanente
und ungeheuer üppige ist, aber gleichzeitig eine
Menge Pflanzenstoffe auf Kosten des atmosphärischen
Sauerstoffs oxydirt werden und der sich zersetzende
Detritus natürlich mit der Vegetation gleichen Schrill
halten muss, dass auf der andern Seile in den Polar-
gegenden der Vegetationsprocess nur in Andeutungen,
in den gemässigtem Zonen nur etwa 4 Monate lang
vorhanden ist ; endlich, dass in den Kessellhälern ge-
rade zur Zeit der lebhaftesten Vegetation die Luft
schlecht und ungesund ist: so muss man schliesscn,
dass die Pflanzen höchstens die Luflverschlechterung
ausgleichen können, die sie selbst herbeiführen , da-
gegen für die durch das Athmen der Thiere u. Men-
schen erzeugte Verschlechterung der Luft nichts übrig
behalten. Wenn auch wirklich nach Chevandier's
Berechnung ein Wald in den 5 Sommermonalen der
über ihm stehenden Luftsäule ^9 ihres Kohlensäure-
gehalts entzieht, so will diess bei der Masse von
Kohlensäure, welche er selbst durch Kryptogamen
und Detritus entwickelt, gewiss nicht viel sagen, und
die Frage, ob das Anpflanzen von Bäumen an schlecht-
luftigen Orten nützlich sei, ist schwer zu entschei-
den. Jedenfalls existirt kein allgemeiner Einfluss
der Pflanzen auf die Mischung der Atmosphäre. Die
Koblensäore derselben wird wohl durch das Wasser
der Erde zugeführt , und hier theils in Salzen fixirt,
theils den Pflanzen wieder zugeführt. Die Beziehung
der Pflanzen zum Stickstoffgebalt der Atmosphäre ist
dermalen noch seiir Unklar. Wohl aber mögen die
Pflanzen manche für Mensch u. thier giftig wirkende
Bestandtheile der Atmosphäre, namentlich die sogen.
Malaria, obwohl diese auch für manche Pflanzen
schädlich ist, neutralisiren oder unschädlich machen
können , vielleicht indem sie die ihnen mit den Was-
serdünsten zugeführten Malariastoffe zersetzen.
3) Wirkungen der Pflanzen auf den Wasser^
gehalt der Atmosphäre. Nur verhältnissmässig we-
nig Pflanzen, z. B. die Gacteen, absorbiren mehr
Wasser aus der Luft, als aus der Erde, die meisten
ziehen ihren Wassergehalt , mitunter in kurzer Zeit
eine ungeheure Menge, aus der Erde, um ihn dann
wieder in der Atmosphäre auszuscheiden. Die Quan-
tität dieser Wasseraasscheidung wechselt nach der
Quantität der Absorption, nach der Wärme und Trok-
kenheit der Atmosphäre und nach der Vegetations-
periode und der specifischen Natur der Pflanzen. Das
meiste >rVasser sondern die Laubhölzer aus , das we-/
nigste die Saftgewächse und Nadelhölzer. Manche
tropische Gewächse sondern so viel Wasser aus, dass
sie förmlich zu regnen scheinen. Dieser Process ist
nicht ohne Einfluss auf die Thaubildung. Der Thau
schlägt sieh allerdings in Folge der durch die Wärme-
strahlung bewirkten Erkältung aus dem Wassergehalte
der die Pflanzen u. s. w. umgäbenden Atmosphäre
nieder, immer aber um die grünen Theile der Pflan-
zen mehr als an andern, so dass er wohl grossentbeils
von den aus den Spaltöffnungen der Pflanzen entwik-
kelten und durch die plötzliche Abkühlung niederge-
schlagenen Dünsten gebildet wird. In der Regel er-
folgt diese Wasserausscheidung aus den Spaltöffnan-
gen der Pflanzen in Dunstform, aber oft auch in flu»-
siger Form, und manche Pflanzen haben bekanntlich
besondere Organe, um das Wasser zu sammeln. Die-
ses Ausdünstungswasser ist seinem chemischen Ge-
halle nach wenig untersucht; das von Nepentkes
enthält 0,27 bis 0,92 pCt. fester Materie, die aus
Citronensäure , Aepfelsäure, Chlor, Kali, NatroD,
Kalk und Magnesia besteht. Auch über die Quantität
der Aussonderung verschiedener Gewächse besitzen
wir nur dürftige Untersuchungen , was namentlich in
Bezug auf die Coniferen verglichen mit den LaubbOl-
zern sehr zu bedauern ist, da jeder Ersatz einer Laub-
holzvegetation durch eine Nadelbolzanpflanzung den
Boden plötzlich austrocknet und unfruchtbar macht.
Noch auffallender ist der Einfluss auf den Boden»
wenn ganze Wälder, besonders von Höhen , entfernt
werden. Es wird dann nicht nur keine neue Damm-
erde mehr von den Wäldern gebildet, sondern auch
die vorhandene geht verloren, da der Regen nicht
mehr durch das Laubdach der Bäume gebrochen
wird, sondern unmittelbar auffällt und die Erde weg-
schwemmt. Ist nebenbei eine reiche Wiesen- und
Ackervegetation vorhanden , so kann die Luft immer
Vm. Mftdifiiii im AUgemeiBen.
79
Boch f«Qchl bleiben ; fehlt aber aach diese, so ist dae
Land thau- und regenlos, wie die Wüste Sahara, u.
den Bewohnern fehli die ntfthige Nahrung. Fehlen
die Walder, so bilden sich keine Wolken mehr. Re-
gen und Gewitter l)ilden sich seilen ; toanche Länder
sind durch Entwaldung regenlos u. daher unbewohn-
bar geworden. Wo dagegen , wie in manchen Ge-
genden Hindoslans und Brasiliens , die Vegetation zu
üppig, die Wülder zu ausgedehnt sind, da werden
die Länder ebenfalls, und zwar durch Ubergrosse
Feuchtigkeit und Malariaentwicklung, unbewohnbar,
wenigstens fttr Menschen. Ausserdem wird bei kah-
len Gebirgen die gleichförmige Wasserverlheilung
verhindert, die Felderbewässerung wird unmöglich,
der Wasserbestand der Trinkquellen u. Flttsse nimmt
ab , dagegen werden die Ueberschwemmungen und
die Sümpfe häußger , was Alles nachtheilig auf die
Ernährung und Gesundheit der Thiere und Menschen
einwirken muss. Die Wälder der Berge halten kalte
und heisse Winde ab und verhüten plötzlichen Tem-
peraturwechsel ; fehlen dieselben , so werden Rheu-
maiismen, Pleuresien u. s. w. häufiger. Dabei dür-
fen wir jedoch nicht vergessen, dass das Niederhauen
der Wälder (wo sie zu ausgedehnt waren) manchen
Kulturzweig erst ermöglicht und manche Gegend von
endemischen Scropheln, Kropf und Oretinismus be-
freit hat. Es kommt hier Alles auf die Lage der Län-
der und die gleichzeitigen übrigen Einflüsse an. Das
heisse Tropenkhma wird durch die Vegetation kühler,
kalte Lander werden durch Entwaldung be^sonders im
Winter und Frühjahr wärmer.
4) Utbergang specifUcher Stoffe am denPßan-
xen in die Atmosphäre, Bis jetzt lassen sich erfah-
rungsmässig folgende dieser Stofle nachweisen, a)
Pilzsporen. Diese sind auf gemähten Getreide-,
Rübsen- oder Kleefeldern oft in ganzen Wolken zu
beobachten. Die Wirkung der Einathmung solcher
Sporen hat man bis jetzt wenigstens in Feuerschwamm-
Tabriken und beim Schneiden und Einsammeln des (in
Sadfrankreich) oft mit solchem Pilzstaube ganz über-
zogenen Schilfrohres beobachteL Die Arbeiter leiden
an Anschwellung und Entzündung des Gesichts , be-
sonders der Augen und des Mundes, an Bläschen und
Pusteln , wie von Erysipelas vesiculosum ; ferner an
Husten, Dyspnoe, Koliken, Erbrechen, Durchfall, u.
besonders an Aufregung des Geschlechtstriebes, Pria-
pismus und Nymphomanie, b) Pollen. So wie fei-
ner, von Zertheilung fester Körper herrührender Staub
nicht nur in verschlossene Schränke, sondern auch
bis SU den Schleimhäuten der Menschen seinen Weg
findet , so wird auch zuweilen vom Blütbenstaub der
Ariemisien und Melden (Atriplex) der Steppen, und
vom PoUen der Fichtenwälder Amerikas die Atmo-
späre sehr angefüllt, was auf Menschen, die Wochen
und Monate lang in einer solchen Atmosphäre leben,
nicht ebne nachtheiligen Einfluss bleiben kann, c)
Absonderung specifischer Stoffe der Pflanzen,
Wxhrend manche dieser EfQuvien, wie die ätherischen
Oele u. dgl. der Nadelwälder , oder der Artemiaien u.
Saivien der Q^chprärien Amerikas auf manehen Pat.
heilsam wirken sollen , so theilen doch aueh andere
Pflanzen scharfe, narkotische und sonst schädliche
Bestandthetle der Atmosphäre mit. Die meisten der in
Sümpfen wachsenden Pflanzen verbreiten (nach Mayr-
hofer) einen dnrchdringenden Sumpfgemch» der
zur Verbreitung der Malaria beitragen soll.
5) Beziehungen des Erkrankens der Pflanzen
zu dem Erkranken der Thiere und Menschen,
Krankheiten der Pflanzen sind so gut wie die des
Menschen Abweichungen des Lebensprocesses vom
Normalen, von der Naturidee, vom ArtbegrifT. Da
sie aber nur vegetirende , nicht empfindende Wesen
sind , so giebt es bei ihnen nur Krankheiten der Bil-
dung, mögen diese in unvollkommener Entwicklung
der Bildungssäfte oder der Secretionen (Amylum,
S^ucker, Gummi, Harz u. s. w.), oder in zu reich-
licher Bildung dieser Stoffe , in unvollkommener oder
zu starker Verholzung u. s. w. bestehen. Aber eben
wegen der Eigenthümlichkeil des vegetabilischen Bil-
dungsprocesses haben die Säfte der Pflanze in den
allermeisten Krankheiten eine grosse Neigung, in
vollkommen freie, selbstständige neue Organismen«
in parasitische Pilze überzugehen, |die sich dann gern
weiter fortpflanzen und andere Pflanzen inficiren. An
sich sind diess aber nicht die Krankheilen selbst, son-
dern Producte oder Ursachen von Krankheiten. Die
Wirkungen dieser parasitischen Pilze auf Menschen u.
Thiere ist aber immer verdächtig, oft geHihrlich. Die
Beziehungen, in welchen die Erkrankungen der Pflan-
zen zu denen der Menschen und Thiere stehen , sind
doppelter Art. a) Pflanzen und Thiere sind denselben
allgemeinen kosmischen und lellurischen Einflüssen
unterworfen, werden also von Störungen derselben
gleichzeitig afficirt ; daher trifft Misswachs, Episootie
und Epidemie häufig zusammen, obwohl in dieser
Hinsicht noch bei weitem nicht genug Beobachtungen
gesammelt worden sind» b) Die Erkrankungen der
Pflanzen üben einen Einfluss auf die Gesundheit der
Menschen und Thiere sowohl durch den dadurch er-
zeugten Mangel an Nahrung, als auch durch die Ver-
derbniss der Nahrungsstolfe , die sie liefern u. durch
die dabei staltfindenden Inficirungen der Atmosphäre
aus. (Forts, folgt.) (Merkel.)
359. Tergleichimg der Fruchtbarkeit der
kankasUehen nnd afrikanischen Race; von
Pen die ton. (Gharlest. Journ. May 1851.)
587 in einem bestimmten Districte wohnende,
weisse Frauen, im Alter von 20 bjs 40 J. , haben
1207 Kinder, d. i. 2,05 jede, wogegen 986 in dem-
selben Districte wohnende schwarae und Mulattinnen
2392 Kinder haben, also 2,42 jede; hieraus geht
hervor, dass die farbigen Frauen fruchtbarer sind, als
die weissen. Das auffallend häufige Vorkommen von
Abortus bei den Farbigen hängt von den schweren
Arbeiten ab, denen sie stets unterworfen sind ; unter
gleichen Verhältnissen wttrde bei weissen Frauen noch
ungleich häufiger Abortus vorkommen. In dem Be-
zirke, den Vf. bewohnt, ist das VerhältniH der Far^
80
V. Gornp» AnUiU suriooehem. Analyse.
bigen zu den Weissen wie 7 zu 4 ; unter ärztliche
BehandloDg kommen jedoch viel mehr von den letz-
tern, 80 dass Vf. in den letzten 8 J. uoler 2852
Kranken 1822 weisse und nur 1030 farbige hatte.
Hierunter litten an Dysmenorrhoe 0,30% Weisse, 0,14
Farbige, an Prolapsus uteri 0,36 W.. 0,09 F., an
Menorrhagie 0,16 W., 0,10 F., an Amenorrhoe 0,23
W., 0,09 F. und an Leukorrhoe 0,11 W. und 0,06
F. Diese Erkrankungsverhaltnisse, welche nach der
Zahl der Einwohner, nicht nach der der Kranken be-
rechnet sind, erklaren den Umstand, weshalb die
Weissen verhalluissmassig seltner concipiren , als die
Farbigen. (S i c k e 1.)^
360. Plötzliche Todesfälle in Folge von
SchreckeiL (Gazz. med. ital. federat. Lombarda
1851.)
Dr. Ercole Ferra rio tbeilt (a. a. 0. Nr. 1) den Fall
«ines 42jäbr. Pascher mit, der bis dabin stets gesund gewesen
war , und beim näcbtlicben Uebersetzen über den Po durch
den unerwarteten (Jeberfall von einer Patrouille und deren
befiiges Feuern so erschreckt wurde, dass er, nachdem er
kaum das Land erreicht hatte, sogleich todt niederstürzte, wo
er am folgenden Morgen auf dem Gesiebt liegend und ohne
Spur einer Verletzung von seinen Kameraden gefunden wurde.
Auch die gerichtliche Ohduction liess weder innere, noch äus-
sere Kennzeichen einer andern Todesursache entdecken. Hen
und Arterien waren blutleer, die venöse Seile des Gefass-
systems uberföllt.
Der Fall ist, wie Dr. Vergn dazu bemerkt, interessant
ols einer der wenigen , wo der Schrecken als einzige Ursache
eines plulzlicben Todes ziemlich constatirt erscheint und zu-
gleich ein Sectionsbericht vorliegt. Verga erinnert an zwei
analoge Fälle — von einer Frau , welche im Schrecken Aber
einen neben ihr vom Damme herabstürzenden Wagen , u. von
einem Steinkranken, welcher im Moment, wo die fncision
eben gemacht werden sollte, gestorben war.
In Nr. 4 desselben Blattns theilt Dr. Aless. Ti hal di
den Fall einer 48jähr. Bauerfrau mit, welche beim Sturmläu-
ten wegen eines vermeintlichen Eindringens österreichischer
Plunderer ins Dorf ,^wie vom Blitz getroffen^' starr wurde oad
trotz vieler Belebungp» ersuche todt blieb. Erst 48 Std. nach
dem Tode zeigten sich bei ihr Spuren der Fäulniss.
Ebendaselbst Nr. 7 findet sich folgender von Dr. Giac.
Maffei beobachteter Fall. Ein 20jäbr. robuster, vollkom-
men gesunder Mensch war mit andern Leuten^ beschäftigt,
grosse Baumstämme einen jähen Abgang binabzurollen. Als er
einige bangen gebliebene Stücke lösen und forlstosseo wollte,
ward er plötzlich selbst mit forlgerissen, warf sicbi aber nock
schnell genug auf die Seite, um nicht von dem Holze ergrilTen
oder getroffen zu werden , blieb unweit von dieser Stelle be-
wusstlos liegen und starb binnen wenigen Minuten. — Die sekr
bald nachher vorgenommene Besichtigung des Körpers liess aus-
ser einigen ganz unbedeutenden Excoriationen nicht die mlodesie
Beschädigung wahrnehmen und die Section,40Std. nack dem
Tode, bestätigte, dass eine gewaltthätige Verletzung vom aus-
sen nicht stattgefunden haben konnte , da weder die aossera
Wcichlheile , noch die Knochen irgend eine Spar davon lä^
ten. Dagegen fanden sich das Mediastinum und die reche
Brusthöhle von ergossenem Blute erfüllt, im Pericardium ein S"
langer Uiss nach rechts hin u. am Herzen eine gleich grosse
Ruptur nach links hin. Letzteres war von vollkommen gesan-
der Consistenz, Textur, Grösse und Verfaältoissen in alles
seinen Theilen. Der Riss ging durch die ganze Substanz, nil
Inbegriff des Septum , vom rechten Herzrohr aus nach voro
herum, dann V* sich herabsenkend und hinten herum wieder
nach dem Herzrohr zu hinaufsteigend ; an der vordem Wand
des rechten Ventrikels befand sich noch ein gleichfalls pene-
trirender Längeneinriss; die Ränder von beiden waren regu-
lär, etwa wie die eines gebrochenen Stuck Brodes.
Bei der Abwesenheit aller Zeichen von äusserer Ver-
letzung , die eine so bedeutende Ruptur eines ganz gesunden
Organs hätte bedingen können , glaubt Vf. dieselbe nur dem
Eindruck des Schreckens zuschreiben zu können, wodarek
einerseits altes Blut von der Peripherie nach dem Centram ge-
trieben, andererseits krampfhafte Contractionen des Herzmus-
kels bedingt wurden ; die Fibern des von Blut überfüllten sad
ausgedehnten Herzens mussten den vergeblichen Anstrengon-
gen , sich davon zu befreien , endlich nachgeben und zerreis-
sen.\ Der Fall ist besonders darum wichtig, weil er ein nock
in keiner Weise degenerirtes Herz betraf, während in den mei-
sten bisher bekannt gewordenen Fällen das geborstene Herz
schon krankhaft afflcirt gewesen war, auch die Ruptur nur
selten eine so bedeutende Grösse hatte.
(RohlschQtter.)
B. KRmKEH.
33. Anleitnng xor qualitativen nnd quantita-
tiven xoochemischen Analyse, zum Ge-
brauch im Laboratorium und zum Selbstun-
terricht-, von Prof. E. C. F. v. Gorup-Be-
sanez zu Erlangen. Nürnberg 1850. 8.
(1 Thir. 21 Ngr.)
Wenn auch bereits über ein Jahr seit dem Er-
scheinen des vorliegenden Werkes (ohne unsere
Schuld) verflossen ist, so glauben wir dennoch mit
^-^— kurzen Besprechung desselben auch jetzt noch
nicht post festum zu kommen , weil wir es nicht mit
einer literarischen Salonerscheinung von ephemerer
Bedeutung, sondern mit einem acht häuslichen soli-
den Prieund zu thun haben, welcher hofTenllieh schoB
lange in so manchem ärztlichen und chemischen Haus-
wesen das Bürgerrecht erlangt bat. Wir lesen Ulf*
lieh von langgefuhlten Bedarfnissen der Wissenschatl
und werden mit Befriedigungsversuchen derselbea
fiberfluthet, aber nicht immer wird eines so richtig
erkannt , eine Lücke so befriedigend auagefttUt « wi«
die, welche Vfs. Schrift ins Leben rief. h\» Attfr-
V. Gorup» AnleiC. tur zoocbem. Analyse.
81
' gäbe, welche sieh Vf. stellte, war eioe hOchsl schwie-
rige, bei der traurigen DuokelbeitV^Mn welcher noch
so manches der Sobslrate unserer jugendlichen Zoo-
Chemie liegt, bei den Schwierigkeilen , welche diese
chamäleonartigen Objecle fast alle ihrer sicheren Er-
kennung, mehr noch aber ihrer genauen analytischen
Bestimmung in den Weg legen , vor Allem aber bei
den unzähligen Widersprachen zwischen den Angaben
der Autoren, an denen die arme Wissenschaft noch
hart darnieder liegt, war es nicht leicht, dem physio-
logisch chemischen Anfänger einen festen Stab zu
biPten, mit welchem er, ohne über Hypothesen, Irr-
thOmer und schlechte Methoden bei jedem Schritt zu
straucheln, den eisglatten Boden eines zoochemischen
Laboratoriums zu betreten wagen darf. Es dUnkt
uns bei dem jetzigen Stande der Dinge ein leichteres
Werk, die Mangel unserer bisherigen analytischen Me-
thoden aufzudecken, als die brauchbaren derselben
mit scharfer Begrenzung ihres Werthes dem Anfänger
in verdaulicher Form an die Hand zu geben. Dass
es eine Unmöglichkeit ist , ein Handbuch der physio-
logisch-chemischen Analyse aus so mathematisch
exacten Lehrsätzen zusammenzusetzen, wie es für die
Analyse der anorganischen Körper thunlich und ge-
than ist, ist eine zu evidente Gewissheit, als dass sie
einer Erörterung bedurfte. Es giebt bei dieser Auf-
gabe Klippen, an denen die Kunst des besten Piloten
scheitert ; begleiten wir den Vf. auf seiner Fahrt und
sehen , über welche Uutiefen er glücklich hinwegge-
steuert , auf welchen er schuldig oder unschuldig die
anvertraute Mannschaft seiner Leser sitzen lässt.
Ehe wir auf das Specielle eingehen , mttssen wir
einen durch das ganze Werk durchgehenden Fehler,
der leider von Vf. als beabsichtigt in der Einleitung
bezeichnet wird, hervorheben; es ist die zu ober-
flächliche Behandlung und stellenweise gänzliche Ver-
nachlässigung der mikroskopischen Analyse , die wir
uflQ 80 weniger begreifen, da Vf. selbst die Bedeutung
des Mikroskops für die zoochemische Analyse so
richtig erkennt, indem er es mit dem Löthröhr der
anorganischen Untersuchung parallelisirt. Er hat
Recht, wenn er die Grenzen seines Werkes zu eng
nennt , um eine Anleitung zum Gebrauch des Mikro-
skops zu geben ; wer nicht wenigstens mit den Ele-
meoten der mikroskopischen Uniersuchungweise ver-
traut ist, sollte sich ebensowenig an einer zoochemi-
schen Analyse vergreifen, wie derjenige, welcher
Doch nicht filtriren gelernt hat. Vf. irrt aber, wenn
er das Versprechen seines Programms erfüllt zu ha-
ben glaubt. Überall da, wo es nöthig sei, auf die
mikroskopische Untersuchung hinzudeuten. Wie
gerne wurden wir manches Überflüssig ausgespon-
nene Gapitel des ersten Abschnitts vermissen , wenn
wir dafür einen. Grundriss der jetzt so unschätzbaren
Mikrochemie fänden, ohne Schaden für das Werk
mochten wir aus deiü zweiten Abschnitt manche un-
wesentliche Reaction eines, unwesentlichen Körpers
streichen und dafür hier und da eine weise Lehre
aus der Mikroskopie einschalten. Wie stiefmtttter-
Med. Jahrbb. Bd. 74. HA. i.
lieh ist das Gap. von der Analyse thier. organisirter
Tbeile behandelt, eben weil der mikrochem. Analyse der
Gewebe u. Organe auch mit keiner Sylbe gedacht ist!
Wie wichtig und ergebnissreich dieselbe aber ist, dafür
finden sich in dem histochemischen Tbeile von L e h -
man n's vortrefflichem Lehrbucbe unzählige Belege.
Von der mikrochemischen Untersuchung des Eiters,
Auswurfs, erbrochener Massen, der Eicremente sieht
Vf. gänzlich ab ; wir wOchten aber fast glauben, dass
dieses Gapitel der Zoochemie einen mindestens eben-
so hohen Werth habe, als die Analyse eines Harn-
steins. Wir hätten endlich, um noch ein Beispiel zu
bringen , eine Beschreibung u. Abbildung der Hefe-
zellen (s. S. 90) mit weit grösserem Bechte zu fin-
den erwartet, als eine Gopie der M a n d T sehen Ab-
bildung des Fettgewebes. Was die mikroskopischen
Abbildungen überhaupt betrifft , so müssen wir ofTen
bekennen, dass wir einen grossen Theil derselben
lieber streichen möchten , um den Anfänger vor fal-
schen Bildern zu bewahren. Vf. hatte sich das Ver-
dienst erwerben sollen, recht exacte naturgetreue Ab-
bildungen zu entwerfen, anstatt immer wieder die'
alten , unacuraten , schlechtidealisirten Zeichnungen,
die sich seit Jahren uncorrigirt aus einem Handbuch
in das andere hinüberstehlen, abzuconterfeien. Auch
Vfs. eigene Zugaben lassen manche Ausstellung zu.
Wir erwähnen einige Beispiele. Was sollen die
Winkel von 45^ und die krummlinigen Figuren unter
den Cholestearinkrystallen (Fig. 1)? Wer erkennt in
der wolkenähnlichen Figur (Fig. 7. d.) unausgebil-
dete Krystallgruppen von Stearinsäure? Wer in Fi^.
11 Fettgewebe? Warum sind die eigentlich „fassför-
migen*' Harnsäurekrystalle, eine so gewöhnliche Forof,
nicht abgebildet? Warum wird der AnfSinger irrege-
leitet durch die Zeichnung der Salmiakkryslallisation
(Fig. 25. a.), die er mit einem gewöhnlichen Ver-
dunstungsrückstand verwechseln kann? Bei Fig. 13
vermissen wir die eigentlich charakteristische Kry-
stallform des milchsauern Kalkes, nämlich die mit
ihren Basen zusammenhangenden Doppelbüschel,
u. s. w* —
Wir gehen zum Speciellen über. So vorlrefnich
der erste Abschnitt ,,von den Operationen bei zoo-
chemischen Untersuchungen" abgefasst ist, so viele
brauchbare und praktische Belehrungen er enthalt, so
thut Vf. doch seinen Lesern (auch den Anfangern)
Unrecht , wenn er so wenig Vorkenntnisse bei ihnen
voraussetzt. Es sollte kein Schüler in ein physiolo-
gisches Laboratorium zugelassen werden, welcher
sich nicht durch eine hinlängliche Vertrautheit mit
allen den von Vf. viel zu ausführlich abgehandelten
Operationen legilimiren könnte ; vielleicht nicht ein-
mal derjenige, welcher sich nicht bereits einiger-
maassen mit der Analyse or^o». Körper beschäftigt hat.
Für einen solchen aber sind die Mehrzahl der Vor-
schriften entbehrlich, welche Vf. für Filtriren, Trock-
nen, Wageu u. s. w. giebt. Es indessen besser, zu
viel sagen, als zu wenig, besonders können gewisse
Gautelen bei organischen Analysen nicht oft genug
11
M
Schrotet t. d. Kolk» M>. Am Att8#ttrl ^. Phthisiker.
Vl^tn Anf^mgei* WieAer^rölt ivilrdeii. Die Znsattmeki-
Vt«niiiig der hl (Eifti«n) tao^hemi^ctieii Laboratorinm
nOthtgto flfeageinieti und Geräthsctiaften ist zweck-
mässig dnd erstehäpf^md ; vielleicht 'dtrrfte den erste-
rfen ttoth ehi« stets torrMig zu haltetide Rohtzncker^
lOstitt^ n«d die w^dr utaten erwiflinfte, zti ^uaDtitati-
vM i^u:ek*^rbe^tiii)iirungeh s^r bequettie P e'h 1 i n g-
tfd^ KüpIMt^isaDg brhifugefugt werden; zu eittem
yorästSn mgeA Apparat gebM aucb eine Luftpumpe.
Der vierte Abschnitt handelt von Zusammensez-
zung» Eigenschaften und Verhalten der bei zoochemi-
schen Untersuchungen vorkommenden Verbindungen
gegen Rea^entien, und giebt Anleitung zur Nachwei-
sung derselben. Diess war entschieden die schwie-
rigste Aufgabe des Vfs. ; es galt hier, aus dem enor-
men Material die stellenweise so spärlichen Weizen-
ktfrnchen von der beigenvengten Spreu zu sifubern u.
zu einem systematischen verstifndlicben Ganzen zu
ordnen. Vf. hat unter weiser Benutzung der tüch-
tigsten Vorarbeiten dieser Aufgabe im Ganzen sehr
zweckmassig entsprochen; Eigenschaften, Beactio-
nen und PrOfungsmethoden sind mit passender Aus-
walil prägnant und übersichtlich dargestellt. Speciell
auf die ftehanälung der einzelnen Körper einzugehen,
hiessc einem Grundgesetz der geehrten Redaction wi-
dersjprechen. Wir beschranken uns daher auf die
allgemeine Bemerkung, dass wir manchem weniger
wesentlichen Körpern eine etwas kürzere und dafür
einzelnen physiologisch wichtigern Körpern eine we-
niger karfle Würdigung von Seilen Vfs. gewünscht
hatten. So ist nach unserer Ansicht kein Verhält-
nisse wenn AmbraYn und Castorin den Raum von 2
'Seiten einnehmen, wahrend das zoochemisch viel in-
teressantere Hamatoidin , von dem nicht einmal die
bekanntesten Eigenschafteh und Reactionen angege-
ben sind^ nur mit wenigen Zeilen bedacht ist. Lei-
der ist es nicht Vfs. Schuld , wenn wir jetzt schon
nacli kaum anderthalbjährigem Bestehen des Werks
manchen durch neuere Untersuchungen nothwendig
gewordenen SSusatz, manche Aenderung anbringen
möchten. Vf. hat die Wissenschaft im damaligen
statu quo erfasst; sie gleicht aber dem lebendigen
Blute , welches in conlinuirlicher Metamorphose be-
findlich selbst noch unter den Händen des Analytikers
sich verändert , bei welchem Stillstand Tod ist ; kein
Wunder, wenn der Ausdruck ihres Wesens nur we-
nige Tage in unveränderter Form volle Gültigkeit bähen
kann.
Der fünfte Abschnitt habffelt vöii einer all^emei-
■iMn , bei Untersuchung zoodbemischer Objeete einzn-
^Chlajg^nden Methode. Diese lasst sieh nafttrlich nur
-fUr solche zum Gtüök nicht haufigte Falle aufstellen,
Wo Ntitur und Ursprung de» Untersochungsgegenstan-
-des Völlig unbekannt sind ; 'der dazu von Vf. vorge-
^hriebeve Weg scheint uns völlig zwedcmassig (nur
begreifen wir den Ausspruch ni'^ht, datos alkalische
AeMtion ^d^ fraglichen Stoffes auf Zersetzung und
Attworiitfkbildutag deutet); «r muss nMürlicih badi
individuellem DafürhaltAn in bestimmten Fallen modi-
ficift wel'dieto. Sind obigte ärtssen bekannt , so be-
din]^eli sie auch je nädh ihrer Art Verüthiedeiie Unter-
sud^ungsmethoden , deren AutefnandersfeCzung doi
zweiten (sTpeoidlen) TheH des vorKegettden Weriu
tildät. ^
Derselbe ist durchgehends vortrefilich und besoi-
ders dem Bedürfnisse des Anfängers vollkommen ent-
sprechend bearbeitet ; der Gang der Analyse ist fiber-
all so fasslich , die Berechnung der Resultate dureh
BeispiMe so mundrecht dargestellt, dass auch der
völlige Neuling durch Vfs. Schuld gewiss nirgends
rathlos dastehen wird, besonders wenn ihm ein IQciH
tiger Leitfaden zur mikroskopischen Analyse helfend
zur Seite steht. Trotz alledem wünschen wir aber
besonders diesem Theile eine recht baldige neue kd-
läge mit so manchem höchst wichtigen Zusätze. Söt
dem Erscheinen des Buches haben wir vor Allem ge-
lernt, eine naturgerechtere Analyse des Blutes, eine
wenigstens approximativ richtige, gesonderte Untersn-
chung der Blutzellen und des Plasma anzustellen.
Dank den genialen Forschungen von C. Schmidt u.
Vierordt, u. auf den Werth dieses Fortschritts brau-
chen wir nicht aufmerksam zu machen. Wir haben
ferner aus den kürzlich erschienenen Abtheiluogea
von Lehmann's physiologischer Chemie manche
kostbare Belehrung für unsere analytischen Arbeiteo,
manche zu beherzigende Warnung geschöpft, es sind
endlich auch von andern Seiten her so wichtige Bei-
trage zur Vervollkommnung der zoocbemischen Ana-
lyse .geliefert worden, dass Vf. unsern Wunsch
gewiss vollkommen gerechtfertigt finden wird.
Unser ßndurtbeil über dss Werk brauchen wir
naoh dem Gesagten kaum ^luszuspreclien'; es lipgt ia
einer dringenden Empfehlung desselben, deren Bereob-
•Ugung auch die angedeütelen Mangel nicht schmlleM
können. Bs hiesse mit spitzigen Nadeln spielen,
jelzt no<ih allklug mit einigen gestohlenen, unverdanm
•Phrasen aus der Zoochemie sich brüsten und dadndi
'einen wohlfeilen Nimbus über wissensobaftlicbe Vaeaa
•usgiessen ou wotten. Jedes itfgelid larecIsDaBgH
fkhige Auge dorcbschaut jetzt ohne Mühe selche 'Gtlh
•keteien, die wir den Wunderdobtoren als Lockapeiic
überlassen wollen. Wer es mit der WisseBaefaal
*redlieh meint, dem ist es Pflicht, die Lehren der
•physiologischen Chemie ebeneb gründlidb, dh die der
Anatomie in sich taufsunehmeii, und wenigstüns 4ilrch
einige Uäbung in der prektischeD zoodMmisdbeii >Ua-
tersuchüng sich das *Redht lu erwerben. Ober die Be-
strebungen, Leistimgen und Beziehungen dieaer
Ductrin inr Medicin ein DrtheH vü ÜAletk. Wer das
erkennt, der wird in Vfe. Werk eioen «unsehetabaraa
praktischen Rathgeber linllkoflaiiien haisHeii.
FuiniLe.
34. Stt Ia irrtecttcie 4« ühtH <Iutl(|iii
laiiB liBB erickittB des j^bfUükiqtiM tmme
äighe eertabi kirne votiktque; par J. 'S. C
-^chraeder v^^a'n der Kolk, Prof. il inn»-
versitö d'Utrecht. Tradult du fldllandais par le
Schröder x^ 4* l^<^U> Qb». den Aufviiff d. Phlhisiker.
^
Dr. Ploem. Avec un aiipeadix sut L'ej^WfBl,
cbimiqtte et nucroseopique d^ rei^otoretion.
AU'b-Chapelle et Broxelles 18S0. 8. a9$.
Avec une plaoche lithogr. (^g Thljr,)
Der greise,- aber immer aoeh (bStige Schröder
TSB der Keik ili<>ili hier in dem kleinen, inhalt-
reiehea Sehriftcben seine Erftihrnngen Aber da« Vor-
kommen der elasiiscKen Pasern des Lnngeagewebes
im Auswurf des Pfatbisikers mit, und wiiyhm, als
ein constantes Zeichen des pbthisischen Auswurfs
fiellnng ferschaffen. Die Tuberkulose der Lunge ist
eine so mfM'derische Krankheit, dass in vielen LXn-
derB der vierte bis fünfte Theil aller SterbeWle auf
sie kommt. Andererseits lehren wieder viele Lei-,
chennffhuogen, bei denen man lufXUig vernarbte Vo-
miken und verkreidete oder obsolet gewordene Tu-
berkeln in den Lungen findet , dass sie einer Heilung
zugänglich ist, nur dass die Natur bis jetsl fast allein
diese Heilungen durch noch unbekannte Vorgange zu
Stande gebracht hat. Dass die Wissenschaft sich da-
her fort und fort bestrebt , die grosse Aufgabe , die
ihr la der Tuberkulose vorliegt , zu lOsen , ist leicht
begreiflich. Und je mehr die gesteigerten Hülfsmittel
der Diagnostik es möglich gemacht haben, die Krankheit
schon im Beginn ihrer zerstöreadenThatigkeit suentdek-
ken, u. je sicherer man dadurch geworden ist, dass wirk-
lich nicht ganz selten durcli die ärztliche Kunst Hei-
lungen in diesen ersten Stadien gelungen sind, desto
mehr musste der Eifer der Aerzte ''dahin gerichtet
sein, einerseits die Erkenntniss der Krankheit in ihrem
Anfange zu sichern und zu erleichtern , andererseits
angemessene Heilmethoden aufzufiadea. Dass auch
das vielgertthmte und vielgetadelte Mikroskop zu di^
sem Zwecke in Anspruch genommen worden ist, ist
bekannt genug, doch ist die Ausbeute, die es ia Be-
äug auf vorliegenden Zweck bisher gewährt hat, sehr
gering. Lange Zeit hat man sich bemUht, Unter-
arbiede zwischen Schleim und Eiter durch das Mikro-
skop aufzufinden , von der Voraussetspung ausgeheodt
dass im Tuberkelauswurf, und zwar in ihm aliein
Eiter enthalten sei , und unzahlige vergebliche Ver-
siiohe, die slets subtilen Unterschiede zwischen
Schleim- und BiterkOrperchen festzustellen, oder die,
Ueberreste der zerslOrlen Tuberkelmasseu zu er)ienT
nep • führten ^rst spai zu der Ueherzeug^ng , dass
fler unterschied zwisclion Eiter und Schleim wei(
weqiger in den KOrperelicn, als vielmehr ia der Flüs-
sigkeit liege , in welchem sie suspendirl siqd , dass
femer Giler^ und Schleim oft gemischt, qnd zwar
ebenso hlfußg in andern Kntnkhetleq der Brust, als
in der Tuberkulose auj<geworfen werden , und dass
endücli die Trümmer der Tuherkelmassent nicht zi|
unterscheiden sind von den Trümmern apderer abge-
storbener Zellen. Man hätte demnqch bei der
Piagnose cler ersten Stadien der Tuberkulose das Mi-
kroskop ganz bei Seite legen mUssen, wenn qicht,
wie das h«1u6g in der Geschichte naturwissenschaft-
licher Forschungen wieiierkehrt, recht eejatante undl
aulRlUige Beobachtungen die Aufo^erkaanikeit auf
^inen. ändert)^ Weg gewiesen t^ätten.. ^>ß wurden
bald nach einander einige FKlle b.ekan,nt^ wo von
Pbthisikern StCtcke von Lungensubstanz- ausgeworfen
ijirorden wareq, und hierdurch angeregt, fan4 man
durch das^ Mikroskop nun auch zi^licl^ hHufi^ im.
Auswurf kleinere Theile derselben , Bündel der ela-r.
st^schey Fasern , aus denen das. Gerüst d^r Lungen«.
Zellen besieht. Inpm.er abef gaben derartige Uuterr
suchungen noch so häufig negative Resultate, dass
man bis dahin wohl sagen konnte: das Auffinden
elastischer Fasern im Auswurf giebt einen sichern
Beweis von dem tuberkulösen Zerstörungsproeess ia
den Lnngen, nicht aber im Gegentbeil: das Fehlen
der elastischen Fasern ist ein Beweis, dass keine
Phthisis vorhanden sei. Insofern blieb dieses Zeidhea
nur von einem sehr untergeordneten Werthe fär die
Diagnose der Phthisis.
Schröder van der Kolk nun giebt am dw.
diese elast. Fesern nicht allein n^^ht selten im Ai^swurf
sich finden, sondern sogar, dass er sie bei keinem
Phthisiker mehr yermisst habe, seitdem er einmal ihr
Vorkommen kennen gelernt habe. Ja, was noch wei(
wichtiger ist, seine Erfahrung hat ihm gelehrt, dass
im Beginn der Phthisis, wo erst l^leine Yomiken vor-
handen sind , die elastischen Fasern um so häufiger
sich im Auswurf finden ; ja von einem ausführlicher
erzahlten Falle theilt er mit, dass die elastischen Fa-
sern aber das ganze Gesichtsfeld des Mikroskops zahl-
reich zerstreut gewesen seien.
Um das Auftreten der Fasern im Auswurf zu er-
klären, geht Vf. auf die Anatomie der Tuberkulose ge-
nauer ein. Er sagt, dass er namentlich bei tuberku-
lösen Lungen von Saogethieren deutlich gesehen habe»
dass die Juberkelmasse in das Lumen der Lungen-
bläschen abgelagert sei. Durch Verstopfung der Ge-
fksse, welche in den Wandungen der Lungenbläschen
verlaufen , werde eine Mortification derselben eiagOr
leitet , und die mortificirten Bestandtbeile des Gewe-
bes mit den der SerstOrung am meisten widerstehen-
den elastischen Flasern durch die Expectoration ent<r
Aernt. Je langer nun der tuherkulnse Precess dauert,
desto mehr breitet sich die Irritation auf die Sehleiair
haut der Luftwege aus , einen desto grossem Aatheil
des Auswurfs bildet der von den irritirten Sehleiaar
hauten secernirte Schleim, desto mehr treten verhttltr
nissmässig die eUstischen Fasern gingen <tie übrige
Masse des Auswurfs zurack.
Um die elastischen Fasern \vß Auswurf aufzufi^-r
den, empfiehlt Vf. aps demselben die weissesten, unr
durchsichtigsten upd sähesten Partiep auszuwählen.
Der durchscheinende Schleim enthält ebensowenig,
wie die fest weichen , weisisen , leicht los zu beben-?
den KlUmpchen jemals elastische Fasern, eraterer
zeigt nur Scbleim^ellen , letztere bestehen meist nur
8|us Fett. Die gewählte Partie wird zwischen 2 Glas-
plattchen dfinn ausgebreitet , und mit einer VerarOs-r
serung von 900 ipn Pur^hqi. durchsucht« Die elastir
schep Faserbtfodel ^md diirph ihre dunkeln , s^charfef
84
Petit, Aber da« Vichy-Wasser.
Contaren und ihre rankeDfDrmigen Biegungen leicht
kenntlich und ohne Mähe von ahnlichen zufälligen
Vorkommnissen im Auswurf zu unterscheiden. Ist
man einmal mit ihrem Ausseben vertraut, so genügt
schon eine VergrOsserung von 60 — 100, was inso-
fern grosse Bequemlichkeit gewährt, als das Gesichts-
feld weit grösser ist, und daher auch eine Portion
des Auswurfs schneller durchsucht werden kann.
Zur Vervollständigung giebt Vf. noch eine Ueber-
sicht der histologischen Bildung der Lungenzellen,
des Verhaltens der Lymphgefasse in dem Lungen-
parenchym und den eingelagerten Tuberkelmassen,
der verschiedenen mikroskopischen Bestandtheile des
Auswurfs, der Verbreitung und Beschaflenheit der
Epithelialbildungen in den Athmungsorganen u. s. w.
Die beigefügte lithogr. Tafel enthält recht gute Dar-
stellungen von elastischen Fasern aus phthisischem
Auswurf, so wie von dem normalen Lungengewebe
bei 200maliger VergrOsserung. In den Anmerkun-
gen des Uebersetzers sind Angaben und Meinungen
anderer Schriftsteller über die betreffenden Punkte
enthalten.
Man sieht aus dem Mitgetheilten , wie reichhaltig
das kleine Schriflchen ist, und wir können daher
jedem Arzte, der ein Mikroskop besitzt, das Studium
der wenigen Blätter nur ernstlich anrathen.
Reinhard.
Sb. Da mode d'action des eaax minirales
de Vichy et de leurs applications therapeu-
liques , particulierement dans les affec.tions
chroniques des organes ab domin aux , la gra-
velle et les talculs vrinaires , la goutte et le
diabete sucre; per le Dr. C h a r I. Petit. Paris.
Kaill^re 1850. 8. p. 504. (2 Thir. lONgr.)
Schon seit mehr denn 15 Jahren hat der Vf.
ohgedachten Werkes eine Anzahl von Broschüren der
Oeffentlichkeil übergeben, in denen er mehr qder
weniger ausführlich die Wirkungen des Vichy- Wassers
bei einer Anzahl von chronischen Krankheiten erör-
terte. Vorliegendes, umfangreiches Werk können
wir aber um so kürzer hier besprechen , als es der
Hauptsache nach jene einzelnen Abhandlungen^ die
mehr oder weniger bereits bekannt sind, noch einmal
vereint wiedergiebt.
Zunächst giebt der Vf. einige Analysen des Was-
sers, die ältere bekannte von Longchamp, die
neuere, erst vor drei Jahren veröffentlichte, von
Henry, aus welcher letzteren sich ergiebt, dass auch
das Vichy- Wasser Jod, Brom, Lithion, Stronlian u. s. w.,
jedoch in sehr geringen Mengen enthält , Stoffe , die
bereits früher Bauer nachgewiesen hatte. Die Ana-
lyse dieses Chemikers scheint Petit gar nicht zu
kennen. Hervorgehoben muss jedoch werden , dass
die Analysen von Henry auch zwei neue Quellen
umfassen , nämlich la source Brosson und la source
Lardy. Erslere Quelle hat nach Batilliot eine
Temperatur von 22,5 bis 23<^; Petit fand sie eine^
^Tages von 24<^. Die andere Quelle (Lardy) zeigte
das eine Mal einen Wärmegrad von 18,65<>, sparter
von 25,10<^. Interessant ist, dass die Wärme der
verschiedenen Quellen zu Vichy seit früher eine ge-
ringere worden ist.
Unter den verschiedenen Heilmitteln sind «o-
streitig die Alkalien diejenigen, welche am geeig-
netsten sind in Bezug auf ihre Wirkung, auf des
Organismus als rein chemisch wirkend hingestellt zq
werden. So hat denn auch unser Vf. , wie früher,
so auch jetzt die säuretilgende und verflüssigeiide
Wirkung der Alkalien im Allgemeinen und des Vicby-
Wassers insbesondere seiner Erklärungsweise, wie
das fragliche W^asser die Krankheiten heilt, zu Gninife
gelegt. So wenig sich nun auch die verflUssigcade,
säuretilgende Wirkung des Vichy- Wassers leugnen l3s^
so wenig lässt sich aber auch in Abrede stellen, dass
so manche Krankheiten , gegen welche das fragUdie
Wasser in Anwendung gebracht wird, uns ihrer inne-
ren Natur nach zu wenig bekannt sind , als dass wir
allein nur in den bezeichneten Beziehungen ihre Heil-
kräfligkeit finden könnten. — Brunnenärzte Verfalles
nicht selten in den Fehler, ihren Quellen eine mög-
lichst ausgedehnte, vielseitige Wirkung zu vindiciren.
Viel erspriesslicher aber für die Kranken und die
Aerzte würde es sein , genau zu specialisiren , wel-
chen Krankheitsgruppen und unter welchen UmsHIs-
den und Verhältnissen sie ihnen entsprechen. Lieber
eine sichere Wirkung in weniger KrankheilsHllleB.
als eine unsichere , zweideutige in vielen. Von den
Vorwurfe, dem Vichy-Wasser die möglichste Ausdeh-
nung zu geben und es bei recht verschiedenen Krank-
heilen anzuwenden , kann ich Petit auch nicht frei-
sprechen. Gehen wir nun zu den einzelnen Krank-
heiten über.
Zuerst nennt Petit die chronischen Affecüonen
des Magens und Darmkanales, Er nimmt an. dass
die Gewebe in Folge vorausgegangener Entzündusf
verhärtet sind, nicht nur die Schleimhaut, sonders
auch das submucöse Zellgewebe, dass diese Ver-
dickung und Verhärtung durch die Soda am sweck-
mässigsten zur Schmelzung und Aufsaugung gebradit
werde. Leider sind die Angaben P. von der Art,
dass sich daraus nicht mit Bestimmtheit entnehmet
lässt , in welchen Fällen das fragliche Wasser passL
Denn „die Angabe" sobald der acute Zustand ver-
schwunden, wenn der Unterleib wenig oder nicht
empfindlich ist, wenn Magenkrämpfe oder Flatuosi-
täten vorhanden sind, soll man das Vichy-Wasser an-
wenden, diese Angabe, sage ich, ist un^nflgend. —
Ich übergehe , was über Fergrösserung der Leber.
über Gallensteine t chronische Metritis, Ovarivm-
affectionen gesagt ist, da gerade bei diesen Krank-
heiten der deutsche Arzt selten in den Fall kommet
wird, das Vichy-Wasser zu verordnen. Mit grosser
Ausführlichkeit ist die therapeutische Beziehung des
Vichy- Wassers zu dem Hamgries u, den Harnsteinen
erörtert. Die früher von Petit und Auderen ge-
machten Versuche — Harnsteine in Mineralwasser zu
legen und zu sehen, ob dieses auf jene auflösend
P I u m e r t , der Kurort Liebwerda.
85
wirkt — 8]Dd wieder alle angegeben. Es ist nur zu
Terwundem» dass Petit noch nirht den Versuch
gemacht hat, die Steine in den durch den Genuss des
Vichy- Wassers allialisirten Urin zu legen, wie ich
selbst es gelhan hahc. Dieser Versuch scheint Petit
unbekannt zu sein ; er wUrde seiner um so mehr ge-
dacht haben , als er seinen Ansichten nur Vorschub
leisten wUrde. Unser Vf. stellt sich bei Beurtheilung
der Frage, oh Barnsleine durch Vichy-Wasser aufge-
löst werden oder nicht, ganz auf den chemischen
Standpunkt. Aber gerade bei diesem Gegenstände
zi>igt es sich recht deutlich, wie chemische Erkla-
ruDgsweisen ebenso gut für, als gegen die Sache be-
nutzt werden können, welches letztere namentlich
▼OD Leroy d'Etiolles zu wiederholten Malen ge-
schehen ist. Petit behauptet immer noch, Rlasen-
steine werden durch den Gebrauch des Vichy- Wassers
aiifgelttsl. Die Sache ist Übrigens trotz aller Ver-
sicherungen Petit's noch nicht zweifellos, u. jeden-
falls hat ein so energischer und lange fortgesetzter
Gebrauch des Wassers, wie es unser Vf. empfiehlt,
seine bedenklichen Seiten. Dass übrigens das Vichy-
Wasser in einzelnen jedoch nicht in allen Fällen die
Steinschmerzen s(.'hr mSIssigt, davon habe ich mich
mehrmals Überzeugt ; die Auflösung eines grösseren
ßlasensteines habe ich nicht erzielen können. Bei
rotliem Harngries wirkt es vortrefTlich. — Bei Bleivh-
sucht soll das Vichy- Wasser vortrefflich wirken. Ohne
bestreiten zu wollen, dass es in einzelnen Füllen zum
Beginn einer Kur angezeigt sein kann , so wird man
doch nicht in Abrede stellen können , dass Ciscn-
wasser hier das hauptsächlichste Heilmittel sind. Die
Worte unseres Vfs. , „es giebt wenig Krankheiten,
Lei denen der Erfolg des Vichy-Wassers ein sicherer
u. gOnstgerer ist, als bei der Chlorose", werden von
den meisten Aerzten wohl nur ehen als Worte hinge-
nommen werden. — Grtlndlicher bespritlit P. den
Gebrauch des Vichy-Wassers bei der Gicht, Dass in
dieser Krankheit eine entschiedene Neigung zurSliure-
bildung vorherrscht, hebt P. hervor, indem er diese
letzlere durch das Natron der Quelle neulralisiren
und bekämpfen will. Er wendet das Wasser in der
BegcJ^sehr energisch, sowohl als Getränk als auch in
Form von Bädern an. Selbst während eines Gicht-
anfalles will er CS angewendet wissen , eine Anwen-
dungsweise, mit der andere Aerzte nicht einverstan-
den sind. Im Allgemeinen scheint nnser Vf. bei der
fraglichen Krankheit dem Gebrauche des Wassers eine
zu grosse Ausdehnling zu geben. So manche Erfah-
rungen haben bewiesen , dass der Monate lang fort-
gesetzte kräfligp Gebrauch des Wassers oder alkali-
scher Mittel schlusslich die Constitution des Kranken
so herabbringt, dass an einen Fortgebrauch der-
artiger auflösender Mittel nicht mehr gedacht wer-
den kann.
Schltlsslich gedenkt Vf. noch der Zuckerham-
rukr. Mit Recht macht er darauf aufmerksam , dass
bis jetzt trotz aller chemischen Forschungen, die
Natur der fraglichen Krankheit noch in Dunkel gehüllt
ist. Die Theorien von Bouchardat, Mialhe sind
zwar ganz geeignet die günstige Wirkung d«s Vichy-
Wassers beim Diabetes anschaulich zu machen ; allein
diese Theorien sind noch nicht zweifellos, indem
z. B. Mialhe das Blut der Diabetiker neutral oder
selbst sauer gefunden haben will, während Bou-
chardat eine derartige Veränderung des Blutes ver-
neint. Lassen wir daher fUr jetzt diese Tlieorien bei
Seite und sehen , was die Beobachtung am Kranken-
bette gezeigt hat. Der Gegenstand ist um so wich-
tiger, als bis jetzt leider fast alle Heilmittel zwar eine
vorübergehende Besserung, sehr selten jedoch eine
wirkliche Heilung bewirkt haben. Unser Vf. theilt
11 Fälle von Zuckerharnruhr mit, wo der Zucker im
Urine constatirt worden war. Mehrere Kranke litten
schon seit mehreren Jahren. Bei zwei derselben war
es auffallend, dass die Thätigkeit der Haut nicht be-
schränkt war. Eine günstige Wirkung des Vichy-
Wassers ist nicht zu verkennen, ja diese Wirkung
war in der Mehrzahl der Fälle eine schnelle und be-
deutende, so dass der Zucker nach wenigen Wochen
ganz aus dem Harne verschwand und der ganze Zu-
stand sich auffallend besserte. Aber ebenso wenig
lässt sich verkennen, dass das Mineralwasser nur auf
eine gewisse Zeit hinaus wirkte , indem theils nach
Diätfehlern , theils ohne wahrnehmbare Ursache der
Zucker später wiederkehrte. Mehrere Kranke haben
deshalb die Kur mehrmals gebraucht. Kann nun
nach dem Hitgetheilten eine eigentliche heilende Kraft
der fraglichen Qnelle wohl nicht zugeschrieben wer-
den , so ist doch immerhin die Wirkung des Wassers
eine so gttnstige ,' dass es einer besonderen Rerttck-
sichligung werth ist. P. wcndetUhrigens das Wasser
theils als Getränk, theils in Form von Bädern an
und lässt die Kranken möglichst eine animalische Diät
beobachten.
Den Scliluss dos Werkes bilden kurze Betrach-
tungen über den Gehrauch der Bäder in Vichy, Aber
die Anwendung der Doiichen. Der Abschnitt über
Diät ist zu kurz, wenn man in Betracht zieht, wie
wichtig gerade sie ist. FUr Kranke die an Krankhei-
ten der Leber u. überhaupt der Unterleibsorgane lei-
den, empfiehlt P., dass sie nicht während der heissen
Monate nach Vichy kommen, sondern schon im Monat
Mai die Kur beginnen sollten.
Wenn auch unser Vf. in der Vorliehe fOr das
Vichy-Wasser zu weit gegangen ist und ihm dadurch
am wenigsten nutzen durfte , dass er das Feld seiner
Anwendung möglichst zu erweitern bestrebt ist, so
zeigt die vorliegende Schrift dennoch, dass er mit
vielem Fleisse und reicher Erfahrung ein balneologt-
sches Werk geliefert hat, das den besten dieser Gat-
tung zur Seite gestellt werden muss. G. Seydel.
36. Der Kurort Liebwerda und seine Heil-
quellen im ßunzlauer Kreise Böhmens; von
Jos^eph Plumert, Dr. der Med. und Chir.
X Mag. der Gehurtsh. , obrigk. Arzte d. Herrsch.
Friedland u. ßrunnenarzte in Liebwerda. Prag
1849. Druck v. Haase Söhne, gr. 8. 104 S.
Wenn die Herren Badeärzte gewöhnlich alles auf-
PUoiert, 4iiv Suvort U^hverdft«
bieUn, um ikv« Minften über ibre Itoil<|uaUei %nt
terbreiteD, sa tel fttr daa vailiegei^de Schriftcheo
nicht so väterlich gesorgt worden ; entweder verhin*
derte es die Bescheidenheit des Vfs. oder der Unstern,
der den Druck v€rzdgert hatte» da wUhrend des Bom-
bardementi an den sogenannten Präger Pfingsten
1848 das Nanuscript in der DmcbHei verloren ge-
gangen war. Wir sind auch noch keiner Besprechung
desselben irgendwo begegnet, und doch durfte es
Liebwerda wohl verdienen , wenn wieder eintnal die
allgeoMHue Au&n^rksamkeitauf dass«lbe gelenkt wttrde»
Mnentlidi wegen dessen Nutzen in Brustiarankheile».
Ee scheim daibor keineswc^es zu s|»at bei einem B«^
richte über di« vorliegende Arbeit das Versäumte
■aehsttbolen, denn seit 1811, wo der k. k. Berg-
rath R e u s s sein« Schrift [Die Heilquellen v. Lieb-
werd». Prag , Haase. 8. VIU. u. 207 S.] , eine der
vorzflglichsten balneographischeu Leistungen ihrer
Zek , herausgab , ist kaum etwas darüber verölfont-
licht werden.
Vt verbreitet sich zuvörderst ttber Lage u. Klima
des Ortes, «od die hiervon abhjingigen Verhältnisse
sind es, welche hauptsächlich die günstige Ginwir-
kung des Aufenthaltes in Liebwerda auf Lungenkrank-
heiten begründen. Wenn auch das Klima hinsicht-
lich der Temperatur und der atmosphärischen Niedei^
schlage wesentliche Abweichungen von dem der mit-
teldeutschen Gebirgsländer nicht darbietet, so ist der
Ort doch durch die ihn umgehenden HOhenzflge vor
den Winden geschätzt, welche in Mittel-Europa zu
den rauheren und unangenehmeren gehören; denn
die nördliche Einfassung des von den Ausläufern der
Tafelfichte herab gegen Westen sich ziehenden, nicht
eben breiten Thaies wird von der hohen und steilen
Lehne des Holleberges und Eichberges gebildet, an
welchen sich gegen Westen der Gotschberg als be-
waldeter Vorsprung anfagt und wie ein Querwall vor
den Ausgang legt. Der längs der Südseite des Thaies
streichende Höhenzug des Frischberges ist weit we-
niger steil und entzieht selbst nicht in den ktirzesten
Wintertagen dem Thale den Sonnenschein. So ist
es vor den West - , Nordwest-, Nord- u. Nordost-
Winden gänzlich abgeschlossen und in der That kann
man von dem Brunnenplatze aus oft genug die vor
ihnen mit Sturmeseile treibenden Wolkenmassen an
den Hohen der Tafelfichte voroherziehen sehen, wäh-
rend unten vollkommene Windstille herrscht. Mit
den wenigen Zeilen . die Vf. dieser Eigen thOmlichkeit
der Lage Licbwerdas widmet, scheint er aber die-
selbe nicht hinreichend hervorgehoben und der allge-i-
meinen Aufmerksamkeit würdig empfohlen zu haben,
worüber sich Bef. um so mehr wundern muss , da er
sehr wohl weiss , wie hoch Vf. diese Eigen th Um lich-
keit anschlägt. Auch bewährte sie sich in den durch
anhaltende Nordwest- und West- Winde rauhen und
höchst unfreundlichen Monaten Juni und Juli, des J.
1851 , denn zwar wurde über das kühlere und reg-
nerische Wetter, nie aber Ober den sonst überall
hausenden kalten Wind geklagt, wodurch diese Wit-
terung nicht nur den Badegästen erträglicher, eis an
einem andern Orte,, sqnderu aucb der AitfenihaH i«i
Liebwerda für die LupgenkraukCiP wirklich lUttzIicl^
wurde. Vielleicht kann auch Liebwerda ia diener
Hinsicht mit Kreuth wetteifern, dessen, vor schäd-
lichen Winden geschützte Lage aeiierdtegs viel ^e-
rlthmt wurde« Badegäste, die aus Saizbrunn zuidek-
kehrten, waren dort durch das rauhe Wetter wei^
empfindlicher berührt worden, da es geradem 4em
Nordwest- Wind besonders ausgesetzt ist.
Indessen geht Vf. »u weit, wenn er dem SOdweel
allein den Zutritt in das Liebwerdaer Thal gesAaüet
Wenigstens beobachtete Bef. selbst einen siemlicb
heftigen und scharfen, doch warmen Ostwind, der
im August 1851 zwei Tage nach einander das ganu
Thal durchstreifte und nur die nördliche Seile da
Parks verschonte. Man hätte erwarten sollen , da»
die im Osten liegenden Hohen der Tafelflohte gerade
die Luftströmung hemmen würden, doch wird ihr bei
der grossem Entfernung dieser Hohen Gelegenheit
gegeben , sich nach und nach in die mit ihr gleieh-
llegende Thalrinne herahzusenken. Diese Ostwinde
mOgen auch im Winter die oft sehr fühlbare Strenge
desselben verursachen; so wie sie allein an den Blu-
men der umliegenden Gegend Sporen hinterlassen
haben , die im Thale seihst kein Baum zeigt.
Nach Vfs. Angaben war in den Ictzlen 15 Jahren
die niedrigste Temperatur — 23, 8<^ R. , die hOchsle
-|- 26,8<> R., die mittlere des ganzen Jahres -f- 5^
beobachtet worden. Die almosphärischen Nieder-
schläge betrugen 21 Zoll und durchschnittlich kamen
27 ganz heitere, 68 heitere Tage mit leichten Wol-
ken, 195 mit Wolken und Sonnenschein wechselnde,
61 trübe, 141 mit Regen oder Schnee, 18 mit
Gewitter auf ein Jahr. Die meisten heitern Tage
brachten Juni und August, den stärksten Regenbtt
der Juli.
Was die Feuchtigkeit der Luft betriflt, so ist
Liebwerda nach Vfs. Worten ausnehmend gOnsitig
conslituirt, denn ausser dem klaren Bache, der das
Thal durchrieselt, und den Heilquellen sind keine
Gewässer oder Teiche hier zu findeit; Sümpfe und
Moräste fehlen ganz ; mit der erfrischenden Gebirge-
luft mischen sich dafür die balsamischen AusdUnsino-
gen der Buchen, Fichten, Tannen und Kieferwal-
dungen, die die nahen BergeshOhen bekränzen. —
Aber Vf. lässt uns in Ungewissheit ttber das . was er
unter dieser güqstig constituirten Luft versteht, denn
hygrometrische Beobachtungen fehlen und Vf. scheint
die Ausdünstungen von Sumpfen, deren Schädlich-
keit noch auf andern Umständen als auf der Anhäu-
fung wässriger Dünste beruhen mag , mit der Luft-
feuchtigkeit überhaupt zu verwechseln. Meint aber
Vf.,da8s die Luft des Liebwerdaer Thaies eine trockne
sei , so mochte Ref. im Gegeniheil aus den Angaben
über die längere Dauer des frischen Grüns auf Bäu-
men und Fluren , aus der Nachbarschaft der ausge-
dehnten Gebirgswaldungen, die stets wie ein Scbwamo
mit Feuchtigkeit geschwängert sind , aus dem lang-
samen Vertrocknen der nach Regenwetter stehen ge*
«P I tttii « r t , tto tifftM^t Li(Aii«r4fr.
87
luliebeoiffi Tttifipel und ans den gegen dS« Fedclifrg-
keil gerichteten Ma^sregeln, tveldie in den GehXudeti
bei den Passbttden tu ebeoer Erde und bei SleinwXü-
defn in Anwendung koVtamen , so wie endlich aus den
b'ygrc»slo{rischen Gigensdiaft^m der Kleider , des !^a-
piers u. s. w. schliessen, dass die Luft hier ge~
wipImUek mehr mü ^Feuchtigkeit gesättigt sei, als
es an offner gelegenen Orten der Fall ist. Ref. kann
darin anch keinen NachUieil fttr den Platz als Kurort
erblicken ; ja die Empfehlung desselben znm Sommer-
aullentbalte für Lungenkranke wird dadurch noch
besser hegrttndet, weil, wenn man den Ansichten
Aber die schädliche Wirkung des Ozon*s auf die
Schleimhaut der Albmungsorgane Folge grben will,
eine feuchte Luft stets ärmer an Ozon ist , als eine
trockne. Möchte Vf. über den Ozongeliali der Lieb-
werdaer Luft noch Beobachtungen anstellen 1
Der S. Absel>nit4 bandelt von dem geognostischen
-Charakter der Gegend und ist , wie auch die als An-
hang beigegebene Ueb«!rsicht der Flora und Fauna
^H>n dem als Naturforscher, zumal als Botaniker wobl-
bekanlnten Pfarrer zu Neustadte4 G. Menzel bear-
beilel. Wir erfahren daraus , dass ein mehrere Mei-
len 4aii^i'8 lind nirgends Kber Y, Meile breites , yoii
WanubmiNi 'bis zu den bei Raspcnau gelegenen Kalk-
brücben sich erstrieckendes Lager von Giimmerscbiefer
auf beiden Seiten von Gneis eingeschlossen wird,
in^elcher auch die Tafelfichte aufliaut. Aus dem Gneis
erhebt sich an dessen südlicher Grenze der Granit,
aus dem die Hohen des Isergebirges , die südliche
Einlassung des Witticbthales, bestehen. An mehre-
ren Stellen ist derselbe von Basalten — von welchen
der des Buchberges, weil er die höchste Basallkuppe
Deutschlands (3072 Fuss) bildet, und der des
Schlosses Friedland wegen seiner schönen Siiulen-
formen besonders zu bemerken sind — und von Pho-
ttolith durchbroGtien. Liebwerda fiegt aof dem filim-
merschiefer, aus dem auch die Mineralquellen ent-
springen. Nabe genug liegt in Südost ein flttgel von
Granit, dessen Bänke, wie Ref. vermuthet, bei Ge-
legenheit der nachbarlichen basaltischen Eruptionen
in evnen TrOmmerbaulen verwandelt werden sein
mögen und mit diesem i'>eigni8se kann »uch die Ent-
stehung der Mineralquellen zusamnienh9ugen.
Aus dem, was ein 4. Abschnitt über die Ge^
schichte der Quellen anführt, erwähnen wir nur,
dass ihrer schon Caspar Schwenkfeld 1601
gedenkt, dass aber die Einrichtung zum Kurort erst
auf Veranlassung des Besitzers der Herrschaft Fried-
land, des Grafen Christian Philipp v. Cla m-
G alias seit dem Jahre 1785 begann und dessen
Nachfolger furtfuhren für Beqnemliehkeit und Zweck-
massigkeit derselben zu sorgen. Die vielen Dpfer,
die von ihnen ohne Berücksichtigung der Rentabilitait
gebracht wurden und noch werden i), sind der dank-
baren Anerkennung von Seilen der Badegäste wohl
iverlh, um so mehr als ihnen kleinerlei Steuer
dafür auferlegt wird. Auf griffliche Veranlassung
analysirte Reuss die Quellen 1810 und nach dessen
Angaben wurden sie neu gefasst; j»*(zl wnr nach Ver-
änderungen , die durch neuere Nachgrabungen ent-
standen waren, eine neue Analyse nölhig, und solcbe
unter der Leitung des Professors Redtenbacher
in Prag, von dessen damaligem Assistenten und spater
in anderer Weise berühmt gewordenen Görgey aus-
geführt worden. Dieselbe betrifft nur die beiden
fast allein zum Trinken benutzten Quellen des auch
Sauerbrunnen genannten Christiansbrunnens, 'welcher
mit angenehm säuerlich-prickelndem Geschmacke bei
-|- 11,5^ C. quillt, und des Stahlbrunnens, der
mehr linlenbaft schmeckt und mit + ld,5<^ C. Tem-
peratur quillt. Demnach enilialten dieselben
Schwefelsaures Kali
„ I» Natron
'Chlorkaliom
CfilornatriDm
Doppeltkohlensaures Kdli
9 9 Natron ....
Doppeltkohlensaure Bittererde ....
t, n Kalkerde ....
„ „ Eisenoxydul . . .
'KfeseleYde
Thonerde . •
Manganoxyd und indifferente organ. Stoffe
Freie Kohlensaure
Suoune aller Bestandtlieile :
Cbristiansbr.
in 1000 Ge-
wichtstbeUen
in i Medie. ü,
«>tf760Grao
0,047K
0,0295
0,0237
0,2889
0,8851
0,7413
Spuren
0,2499
0,0109
Spuren
17,5018
19,7786
0,0274
0,0170
0,0137
0,1864
0,5098
0,4270
Spuren
0,1439
0,0063
Spuren
10,0810
11,392»
Stahlbr.
in 1000 Ge-
wicbtstheilen
0,0977
0,0372
0,2621
0,6804
1,2860
2,1168
0,3036
0,6192
Spuren
Spuren
14,5333
in 1 Medic. Ü.
«<57606nn
0,0563
0;02i4
0,1509
0,3631
0,7407
1,^10
0,1749
0,4780
Spuren
Spuren
8,3712
i) tni kurzlich bat der Graf Eduard t. Gl
G alias eine neue, den Bninnenps'aCz zur 'AÜfte
19,8863
. Digitized by
am- schliessende Colonnade bauen lassen, deren äussere Wand
dta- lauter Glaifenf ler bilden .
iH^le
SS
P I u m e r I , der Kurort Lieb werda.
Auch auf den Arsengebalt wurde der Slahlbrunoen ge-
prüft uod die ausführlich beschriebeoe üotersucbung ergab
auf 1000 Kilugr. Wasser 0,001 Gramm Arsen oder auf
1250,4 Wiener Eimer 1 Gran arseoige Säure.
Der Versuch , das Vorkommen der fixen und der fluch-
tigen Bestandtbeile in dem Wasser der Quellen mit Hülfe der
Auslaugungstheorie aus den geognostiscben Verhältnissen Lieb-
werdas zu erklären, lässt nichts zu wünschen übrig, als den
Beweis , dass das Raspenauer Kaikluger sich bis zu dem Ur-
sprünge der Quellen erstrecke , um aus demselben die Koh-
lensäure ableiten zu können.
Beide Quellen haben also die Eigenthümliclikeit
gemein , bei einem verhültnissmüssig geringen (lelialt
an festen Beslandtlieilen , unter welchen Mg. und
Ca.-Salze vorherrschen, eine grossere IMenge Kohlen-
säure zu führen u. beide unterscheiden sich haupl-
sachlich: a) durch den Kohlensäun'gehall, b) durch
den Geliall an Eisen, was im Sauerhrunnen fast fehlt,
und c) durch die Menge alkalischer und erdiger Salze,
wovon derselbe 1,3105 Gran, aber der Stahlbrunneo
3,2033 Gran in einem Medicinalpfunde enthalt. Die
übrigen 3 Quellen, der Wilhelmsbrunpen, der Eduards-
brunneu und die Josephinenquelle , welche in einen
Behälter abfliessen und hauptsachlich das Bailewasser
geben , rangiren hinsichlHch ihrer chemischen Zu-
sammensetzung in der Mitte zwischen den beiden
untersuchten. Die letzlere enlhalt nach R e u s s nuch
etwas mehr Magnesia , schmeckt auch minder ange-
nehm. Ref. möchte hiernach die Factoren der arz-
neilichen Wirkung beim Chrisliansbrunnen fast aus-
schliesslich in der Kohlensaure suchen ; beim Slahl-
brunnen kommen noch das Eisen und einigermaassen
die Salz^, besonders die Mg. und Ca. -Salze in Be-
tracht. Vf. scheint dagegen die Wirkung der Salze
beim innern Gebrauche der Quellen viel hoher anzu-
schlagen , wie z. B. hei der Behandlung der Tuber-
kulose. Trinkt aber ein Kratiker täglich 6 Becher
ä 5vj, 80 bekommt er im Christiansbrunnen Sy^Gran
Salze überhaupt, und vom Chlornatrium ^/i^q Gran,
vom Natr. bioarb. etwa V2 ^^' • ^^^ ^^^ Magnesia u.
Calcaria bicarb. P/, Gr. insbesondere, Mengen, von
welchen ausser auf den Magen besondere Wirkungen
auf den ganzen KOrper nicht zu erwarten sind. Der
Stahlbrunnen wird in derselben Menge 9^^ Gr. feste
Substanzen enthalten, welche auch erfahrungsgemass
deutliche arzneiliche Wirkungen haben.
Folgen wir aber dem Vf. sofort auf das Feld der
specielien Anwendung der Quellen , sein praktischer
Sinn hat uns ohnediess schon längere Deelamationen,
die seine Collegen so gern vom Kothurn der all-
gemeinen Pathologie und Therapie herab halten,
erspart.
Den Nutzen des Chrisliansbrunnen fand Vf. be-
sonders erwahnenswerth bei Tubei^kulose. Vf. sah
selbst in den Fallen , wo schon die ersten Zeichen
des hektischen Fiebers sich eingestellt und keine
Arznei das Uebel in seinen raschen Fortschritten auf-
zuhalten vermochte, vom vorsichtigen Gebrauche des-
selben , wenn gleich keine Heilung , doch einen
dauernden Stillstand des Consumlionsprocesses und
oft für längere Zeit eine nicht zu verachtende Besse-
rung im gesammten Befinden des Kranken. VorzOg-
lich aber seien es die tuberkulöse Anlage, so wie auf
nicht bedeutende Strecken hin stattgefundune AbU-
gerungen in den Lungen, welche hier zum Slauaea
glücklich bekampfl werden.
Ref. kann aus eigner Beobachtung diese Worte
bestaiigen, namentlich was solitare Tuberkulosen be-
trifft, aber auch bei schlimmeren Fallen erfolgte auf-
fallende Erholung, und Professor Jak seh in Prag,
der manchen seiner Kranken hierher zu gehen em-
pfahl, ist auch eine Autorität.
Erwähnt muss noch werden , dass taglich wah-
rend der Trinkzeit gute Molken und warme Kuhmikk
am Brunnen vorratbig ist, um nach Umstanden da
Wasser damit zu mischen.
Aussenden tuberkulösen und den katarrhalischen
Leiden der Alhmungsorgane fand Vf. den ChrisüsD»-
br.unnen nützlich bei mancherlei Magenleiden. Als
Appetit erregend ist er bestimmt zu empfehlen, z. B.
starken Biertrinkern, die substantiöse Kost nicht mehr
wohl verdauen. — Ferner bei chronischen Krank-
heiten des uropoetischen Systems, wie Katarrh, Gries,
und bei Hämorrhoiden. Unter den Contraindicalionen
wird nichts besonders Neues erwähnt.
Von der Empfehlung des Stahlbrunnens bei Zu-
standen von Erschöpfung nach Blutungen und andern
Safleverlustcn , bei Bleichsucht, bei Erschlaffung der
Schleimhaute des Darmkanals, der Scheide und des
Uterus ist nicht nölliig viel zu sprechen; seine Wirk-
samkeit dabei ist von selbst khir, erwahneuswerili
aber ist die Eigenschaft des Stahihrunnens den Band-
wurm abzutreiben, der in dortiger Gegend sehr haoirg
sein soll
Die Bader vom Wasser der Liebwerdaer fleiU
quellen werden durch Beimischung einer entsprechen-
den Menge gewärmten Bachwassers bereitet. Ge-
wöhnlieh , wenn nicht ausdrücklich die eine oder die
andere Quelle verordnet ist, wird dazu das aus sämmt-
liehen Quellen ablaufende in einer Cisterne gesam-
melte Wasser dazu benutzt. Das so gemischte ßade-
Wasser ist noch sehr reich an Kohlensaure , die sich
dem Gerüche verräth und deren Wirkung Vf. als ver-
mehrle Röthe, Warme und Transpiration der Haut,
so wie als körperliche und geistige Aufregung be-
schreibt, womit aber seine Meinung, dass sie cal-
mirend auf das Nervensystem wirke , in einigend Wi-
derspruche steht. Uebrigens versichert der Bade-
diener, dass ihm bei Bereitung kraftigerer StahlbSder
— die der Wilhelmsbrunnen liefert — die Hände leicht
taub würden. Auch hier ist es , wie fast (Iberall 0
in neuerer Zeit Sitte, die Bader im allgemeinei
mehr kühl (-|- 28^ R. höchstens) zu nehmen und dir
Badezeit nicht lang auszudehnen. Wenn das anck
1) Ich 61 innere hier an Tepliiz, wo inan ganz ver^essea
zu haben scheint , dass es eben das warme Wasser ist , was
ihm seinen Werth verlieh.
Walshe» Lnagtän^ und Uenki'aolihleiteD.
89
zwvekmXmig isi , wo es darauf ankommt , die Haut
zu sUfrken , so ist es jedoch gewiss nicht am Platse,
wo Exsudate resorbirt, chronische Exantheme und
dergleichen beseitigt werden sollen. Die badesluben
sind zwar klein und ohne Eleganz , aber doch rein-
lieh und mit aJleni Nothigen versehen i).
Die Bäder vom Wusser des Ghristiansbrunnen
allein werden gebraucht, wo der Eisengehall der
andern Quellen contraindicirt erscheint. Ueberhaupt
fanden sich die Bäder hUlfreich bei chronischen Rheu-
matismen und deren Folgen , chron. Gicht , chron.
Exanthemen, scrohpulöseo Uebeln, gewissen Men-
struationsanomalien, Hämorrhoiden, liebeln der Harn -
wege , Neigung zu Abortus.
Auch sind Moorbäder eingerichtet, die Vf. theils
als poteozirtes Mineralwasserbad, theils als Kata-
piasma wirkend ansieht.
Was das 10. Capitel über Modalitäten sagt, die
vor, bei und nach dem Gebrauche de^ Quellen zu
beobachten sind , Übergehen wir als von den ge-
wöhnlichen Badekurregeln nicht sehr abweichend.
Nur ist Ref. damit nicht recht einverstanden , dass
das Harlan am Nachmitlage nur ausnahmsweise ge-
schieht. Dasselbe findet allerdings auch in andern
Badeorten, z.B. Teplilz Statt, wahrscheinlich um
des Nachmittags nicht in seinen Promenaden u. s. w.
gKSlOrt zu werden. Für kühlere Bäder isl jedenfalls
die Morgenzeit die geeignetere, fdr wärmere aber die
spätem Nachmittagstunden , indem man danach den
ganzen Abend und die Nacht vor sich hat, um zu
ruhen, zu schwitzen und sich vor Erkältung zu hüten,
aber freilich auf den Besuch öflentlicher Orte, grössere
Spaziergänge» Theater u. s. w. ist dann zu ver-
zichten.
Was das gesellige Leben betrifft, so sind die
B.id«gä8te zumeist auf einander angewiesen ^ mit den
Einwohnern des Dorfs kommen sie in seltene Berüh-
rung, die Wohnungen für sie finden sich in den dem
Brunnenplatze zunächst gelegenen Häusern, an dessen
Ostseite der Vf. eben ein neues aufführen liess und
beim Baue eine neue an festen Bestandlheilen wahr-
sckeinlich reichere Quelle entdeckte. Zu wünschen
wäre , dass dieser Fund für die durch das Gebäude
verdeckte Aussicht nach der Tafelfichte und die dem
P^aUe entzogenen ers^ieii Strahlen der Morgensonne
enlschädigeii uiüchte. I|en Brunnenplalz schmücken
ausser der erwähnten Colonnade eine Anpflanzung
von Balsnm|i<ippeln, deren mageres Laub noch ge-
rade genug Sonne durdilässt, die aber durch dichter
belaubte liäume (Tsetzl werden sollen , was Ref. lei-
2) Das Gegentheil findet man in Tepiitz , wo iwar für
Eleganz und Bequemlichkeit, aber weniger für Reinlicfakei
gesorgt ist. Spucixuiipie und Nachtgeschirre fehlten , an
Scheuern und Kehren wurde kaum gedacht. Es war genug,
wenn das Badebassin noihdurftig ausgespült worden. In den
Winkeln desselben fnnd das Mikroskop noch Haufen von Epi-
dennisscboppen.
Med Jabilpli. Kit 74 (It'i 1
der nicht recht zweckmässig findet, wie schon einige
angepflanzte Kastanien und Linden zeigen. An den
Platz scliliessen sich die angenehmen Spatziergänge
des wohlunterhaltenen Parks und für weitere Partien
bietet die Umgegend genug Abwechselung. In der
Nahe liegt das Franziskaner- Kloster Haindorr, vor
dessen Pforten ein förmlicher, auf die BedUrrnisse
der ländlichen Bevölkerung berechneter Bazar besteht.
Hier muss auch der Badegast meist seine kleinen Be-
dürfnisse einkaufen und oft findet er ftlr diese nicht
einmal Befriedigung, sondern muss deshalb sieh nach
Friedland wenden.
Somit empfehlen wir denn das übrigens gut aus-
gestattete Buch als Führer und Ralhgeber allen denen,
welche von den Heilquellen und von den klimatischen
Verhältnissen Liebwerda's Nutzen ziehen wollen. Uns
selbst aber entschuldigen wir schliesslich, dass wir
uns bei Besprechung desselben beigehen liessen,
eigentlich mehr über den Kurort selbst zu berichten,
welchen wir nach eigner im vorigen Sommer an uns
selbst gemachter Erfahrung als einen passenden Som-
meraufenthalt für Lungenkranke der Aufmerksamkeit
der Herren CoUegen empfohlen wissen wollten.
R. Fici nus in Dresden.
37. A practical treatise on the diseases of
the längs and heart, including the prin-
eiples of pkysteal diagnosis; by Walther,
H. Wals he M. D. , London 1851. Taylor,
Wallon et Maberly. 8. 580 pp. (7 Thlr.)
Fast die Hälfte dieses corpnlenten Werkes ist
den physikalischen Zeichen gewidmet, aber nur um
zu der Schlussfolgerung zu gelangen , dass beim
jetzigen Zustande der Akustik des Thorax (wie Über-
haupt jeder Akustik) alle dahin zielenden Bestre-
bungen blos Versuche sein können. W. möchte gern
durch seine Untersuchungen Vermittler sein zwischen
den Theorien des Entdeckers der Auskultation , die
sich in der Klinik nicht immer bewähren, und denen
seiner deutschen Kritiker [??] , die weder mit defci
Ergebnissen der Praxis noch mit den Gesetzen der
Schalllehre harmoniren.
Unter 5 Männern ist nur bei Einem die Brust
durchaus regelmässig gebaut, doch nennt Woillez,
die Abweichungen, welche nicht durch krankhafte
Zustände hervorgerufen sind , physiologische Hete-
romorphismen. Dergleichen kamen in 197 Fällen
251 vor, und zwar 144 bei 111 Menschen, die an
Brustkrankheiten gelitten hatten, 107 aber bei 86,
die nie davon ergriffen gewesen waren. — Da wir
der weilläufigen Erörterung der Lehre nicht folgen
wollen, so begnügen wir uns mit Einzelheilen, zumal
solchen, die von "Andern abweichend sind; z. B.
hatte Sibson angegeben, dass im gesunden Zu-
stande die 5 oberen Rippen während des Einathmens
convergiren. ' Wals he sagt, diess sei bei Gesunden
nie, bei Kranken selten der Fall. Es ist dasselbe
Verhalten wie bei den unteren Rippen, obgleich nicht
12 " ^
90
Wals he, Longen- nnd Herzkrankheiten.
in demselben Grade, so dass der auf einen Zwischen-
rippenraum gelegle Pinger während der Exspiration
zusammengedruckt, .bei der Inspiration von jedem
Drucke befreit wird. (Je magerer das Subject, desto
leichter ist diess wahrzuehmen). S i b s o n soll fUr
die Ausmessung des Thorax ein Instrument erfunden
haben, das einem Tasterzirkel ähnlich u. von Q u a i n
modificirt worden ist ; diese sind keineswegs die Er-
finder , Ref. sah ein solches schon i 822 von H i m 1 y
anwenden.
Als Plessimeter zieht W. ein Plättchen Gummi
elasticum allen anderen vor, zumal wenn man meh-
rere Kranke untersuchen will ; nimmt man die Hand,
so ist, was Louis und Stokes aber nicht gelten
lassen, das Auflegen der Palmarfläche nolhwendig,
da Jene die DorfaKläche gebr«iuclil wissen wollen.
Die von Vf. besonders hervorgehobenen , oder
von den Annahmen Anderer abweichenden Bemer-
kungen sind erläutert durch Fälle aus U. C. H. [ganz
gewiss University College hospital, obgleich W. es
hätte angeben mtlssen , zumal da man im Auslande
nicht wissen kann, dass die Fälle in forllaufenden
TagobUcbem aufgezeichnet sind]. Auch bei den hier
viel beobachteten Geräuschen bleiben wir nicht länger
stehen, da ^.dieses todle Sprachrohr'* bei uns in Nolh-
Tdlllen einen lebenden Stellvertreter findet. — Gegen
Hamernjk nimmt Vf. an, dass die krankhaften Zu-
stände im Muskelbau des Herzens keinen Einfluss auf
die Beförderung des Schliessens der Klappen haben
können.
Im 2. Theile finden wir zunächst die Neu-
ralgien der Lungen nebst Zubehör auf ungeßihr
2 S. abgefertigt, und zwar als die der Lungen selbst,
der Pleura und der Intercostalmuskeln. Die bei
rheumatischer Pleurodynie empfohlenen Mittel, welche
das Uebel schnell zum Weichen bringen, bestehen in
trockenem und blutigem Schrüpfen , anodynen und
stimulirenden Einreibungen und dem inneren Ge-
brauche des Colchic. und eines Alkali. Bei der
Intercostalneuralgie sollen besonders 3 Stellen leicht
leiden , in der Gegend der Wirbel , der Achseln und
der vorderen Endigung der Nerven. Oft gentigen
einige Blutegel an diese Stellen gesetzt, fliegende
Blasenpflaster. Manchmal muss man noch die Kur
vollenden durch endermatische Anwendung von Mor-
phium , Salben mit Belladonn. oder Aconitin , inner-
lich Abfuhrungen , Eisen und Chinin.
In dem vorzüglich gut abgehandelten Capilel der
Bronchitis finden wir die plastische (exsudative) be-
sonders erwähnt, wobei uns das bei einem Englän-
der seltene Geständniss gefiel , dass der Mercur hier
ganz wirkungslos sei. Auch das Einalhmen u. Darrei-
chen der Jodine, oder längere Anwendung der Alkalien
haben keinen Nutzen geschafl'en. Bei der mechani-
schen Bronchitis meint W. , dass die Grubenarbeiter
nur vom Lampendunst den schwarzgefärbten Auswurf
haben ; doch finden wir denselben Stoff bei Leuten,
die stets bei Steinkohlen u. 8. w. arbeiten , während
wir bei Menschen, die viel im Lampenqualm arbeiten,
— ^^''■istern u. s. w. eine weit geringere, nicht so dunkle
und nie härtliche Hassen im Auswurfe walirDehmeB.
Es ist hier der schwarze Staub , wie der weisse des
Mflllern , Steinhauern u. s. w. in die Broncbiea
dringt. — Für Messerschleifer hat man io England
Abraham's magnetisches Mundstück , welches na-
türlich nur die Metalltheilchen, aber nicht den Stein-
staub , anzieht. Dr. H o 1 1 a n d * s DrehfUcher , wei-
cher durch einen starken Luftstrom auf Metallstaub
und Steinstttckchen wirkt, scheint besser anwend-
bar. — Das Heuasihma, dem Anthozanthum odo-
ratum beigemessen , kommt bei uns , so weit Ref. in
einer langjährigen Landpraxis beobachtet , nicht vor.
Den Schluss bilden Influenza; Bronchit, sypkU.;
Ferengerung und Verstopfung der Bronchien,
Pleuritis, den Anforderungen und Erfahrungei
der Jetztzeit gemäss abgehandelt; doch ist wohl kann
denkbar, dass man bei der Eiterung der Darreichnng
des Eisens das Wort reden kOnne; uns will es he-
dUnken, dass es hier so schädlich wirken wtlrde, wie
eine von ausseVi eindringende Stahlspitze. Die Notb-
wendigkeit, Roboranlia anzuwenden, kann hier nicht
als Entschuldigung gellen. Wenngleich Pleur. bei
Pneumon. sehr häufig ist, so kommt sie doch in ei-
nem solchen Grade, dass sie Erguss bewirkt, nur
im 8. Th. der Fälle von Pneum. vor.
Pneumonie, Der Uebergang in Gangrän soll nach
Grisolle so selten sein, dass er unter 305 Fällen
nicht ein Mal vorkam , und dass G. von 70 FäHen,
die er in Journalen gelesen , nur 5 als solche geltes
lässt. Ref. kann nur glauben , dass G. so bestimmt
von der Gegend, in die seine eigenen Reobachtunges
fielen, reden hOrte, denn er selbst hat diesen Ueber-
gang in einem Distrikte, wo Pneum. zu den Selten-
heiten gehorte, in 12 J. 3 Mal beobachtet. UoCer
den Symptomen beisst es, dass die Sinnesorgane sel-
ten ergriffen sind, nur komme zuweilen Epistasis
vor. Wahrscheinlich ist damit Epistaxis gemeint, die
doch eben nicht zu den Seltenheiten gehört, zumal
als Krise. Auf Krisen und kritische Tage rechnet W.
hier gar nicht , obgleich sie A n d r a 1 in der Hälfte
von 112 Fällen eintreten sah. Vom Aderlass bei
Menstruirenden lässt W. sich nicht abhalten und sollte
der Fluss gehemmt werden, so verhindert SchrOpfes
am Sacrum und Blutegel am Perinaeum die üblen Fol-
gen. Jackson bewies, dass durch V.-S. am ersten
Tage die Dauer der Krankheit von 14^/5 auf li Tage
zurückgeführt wurde. W. sagt, wenn er in die
Nothwendigkeit versetzt würde, V.-S. oder Tsrt.
stib. nebst SchrOpfen bei Pneum. aufzugeben , er die
V.-S. fahren lassen würde.
Uaemorrhagia pulmonum und Haemopiysis.
Man hat oft gesagt, dass blutig gefärbte oder ge-
streifte Sputa ohne Bedeutung seien , weil sie auch
bei Bronchitis u. s. w. vorkommen. W. giebi aa,
dass unter 25 Fällen chron. Bronchitis, mit oder
ohne Emphysem , aber ohne Herzleiden , nur 6 Mal
jene Expectoration vorkam und bei allen diesen war
Verdacht des Vorhandenseins von Tuberkeln, was
sich 2 Mal auch durch die Section erwies. Während im
W«lsbe, Lungen- und Herzkrankheiten«
91
i. Slad. der Tuberkeln bei fast 72% bluliger Aus-
wurfvorkommt, 80 erscheint er nur bei 24% der
Bronchitisehen (ohne Herzleiden). Die mittlere Zeit
der Krankheit war bei Phtbisikern 26 und etwas über
% Monate, bei Bronchitischen 49 Y^ Monate» daher
(in Hinsicht der Tuberkeln) die Bedeutung der Ha-
moptysis grOsser ist, als das relative Zahlenver-
hlhniss andeuten mOchte. Solche Sputa sind selten
oder nie erstes Zeichen der Phthisis u. durften , wenn
sie dann vorkommen , von anderen Ursachen abhän-
gen. HXraoptysis von verschiedenem Grade kommt
bei Cancer in 72, bei Phthis. in 80%oVe ^^^'^
aber bei Blutung über 1 Unze ist das Verhnltoiss von
70 zu 40, wenngleich im Ganzen das Vorkommen
von Cancer gegen Phthis. ungemein selten ist. Em-
pyem veranlasst kein Blutspeien , wie in 1 6 Fällen,
die Y4 Jahr und darüber beobachtet wurden, sich
zeigte, es scheint sogar das Blutspeien bei Phthisi-
schen zu verhindern. Auch in 7 Fallen, wo Diagnose
oder Section Tuberkelhöhlen zugleich mit Empyem
nachwiesen (bei Mannern), war nie Blutspeien da-
gewesen, was vom Druck des Ergusses abgeleitet
werden konnte, zumal da in 6 von jenen 7 Fallen
Höhlen und Eitersack auf derselben Seite waren. In
einem Falle waren Excavationen an beiden Seiten.
Herzkrankheiten sind selten mit Tuberkeln vergesell-
schaAet. — Dass unregelmSssig oder gering Men-
slruirte Blutauswurf gut vertragen, ist nur dann
wahr, wenn der Auswurf allmalig nicht eine Unze
überstieg (Ref. halt diess Maass für zu gering , was
die nicht seltenen Falle von vicarirenden, regelmassi-
gen oder fast rechtzeitigen Blutungen beweisen).
Dass Hamoptische zuweilen ein hohes Alter erreichen,
spricht nicht gegen das simultane Dasein von Tuber-
keln, sondern nur dafür, dass diese, wenn gleich
sie Neigung zum Blutspeien veranlassen, doch von
selbst schwinden künnen. — Ausser dem vorsichti-
gen Auflegen von Eissackchen auf Rückgrat u. Herz-
gegend sind als zusammenziehende Mittel (neben den
sonst gewohnlichen) Acid. gallic. (gr. jjj — ^^v), Matico,
Ratanhia und andere neuere Mittel genannt.
Vom Lungenodem ist wenig Belehrendes beige-
bracht; beim Uydrotharax ist auf das acute Erschei-
nen desselben , z. B. nach Scarlatma etc. , durchaus
weiter keine Rücksicht genommen, als dass gesagt
ist , es gebe activen , passiven und mechanischen [??]
Hydrothorax. — Beim Emphysem sollen nach S 1 0 k e s
die Intercostalraume stark hervortreten. Louis und
Woillez behaupten aber das Gegentheil; Vf. lehrt,
dass Beides vorkomme. 1) Sie sind eingefallen,
wenn die Zeichen der Athrophie dabei vorhanden
sind, mit nur geringer Ausdehnung der Lunge.
2) Zuweilen sind bei sehr abgemagerten Subjecten
kugelförmige Hervorragungen (aber nie in der Infra-
elaviculargegend) vorhanden , diese sind , besonders
an der Uinterseite, wahrscheinlich der natürlichen
Bildung dieser Stellen beizumessen. 3) Sie ragen
hervor, und zwar in der Infraclaviculargegend , (dem
gewöhnlichen Sitze des wahren Emphysem) dann ge-
schieht es durch Hypertrophie» oder auch durch
Atrophie , mit grosser Ausdehnung der Lunge u. Bil-
dung von Lurtsackchen unter der Pleura. Die Be-
handlung soll Anfangs, da in 9 Fallen von 10 sub-
acute (selten acute) Bronchitis zugleich vorhanden
ist, darin bestehen, dass man Ortliche Blutentzie-
hungen, Zugpflaster, kleine Gaben Tart. stib. an-
wendet. Später, ausser der Entleerung, Bekämpfen
der chronischen Bronchitis durch Tinct. lobel. infl.
mit Ipecac. in einer Ammoniakmixtur. Bei Dyspnoe
Extr. cannab. ind. gr.ß — ^j, Rellad. u. Siramou. (auch
zum Rauchen). Ein vom Nacken zum Epigastr. ge-
leiteter galvanischer Strom soll den Anfall zuweilen
abwenden, fast immer mildern u. verspaten. Emetic.
(aus Zinc. sulphur?), besonders wenn der Hagen
mit afßcirt ist ; bei Flatulenz. Ol. cajep. und andere
Carminativa nebst Soda. Slrychoin , ausserlich und
innerlich , hat W. hier nie etwas geleisteL
Phthisis, W. sah Falle , wo gar keine Expecto-
ration bemerkbar war; z. B. starb ein 15jahr. Knabe
daran nach Typhus, bei dem man grosse Tuberkel-
hohlen fand, ohne dass man Auswurf wahrgenommen
hatte, den er also wahrscheinlich niedergeschluckt
hatte. Blutspeien kommt hei 81% vor und zwar
4 0/0 mehr bei Männern als bei Frauen ; wie auch bei
Mannern es sich etwas Öfter wiederholt. Gewöhn-
lich sind die ersten Anfalle profuser als die folgenden.
Sie treten häufiger im 2. und 3. Zeitraum der Krank-
heit ein , als wo die Tuberkeln noch nicht erweicht
sind, besonders bei Mannern. Die Häufigkeit des
Blutspeiens nimmt mit den Jahren zu, steigert sich
aber rascher bei Frauen. Diejenigen , welche Blut-
speien gehabt hatten ; waren nur ungefähr 8 Monate
langer phthisisch gewesen , als die, hei welchen es
nicht vorangegangen war. — Gewöhnlich kam die
Blutung innerhalb des ersten Monats wieder, ausser
wenn sie als erstes Symptom oder unter den ersten
aufgetreten war. Die Hälfte der Falle von Blutungen
über 4 Unzen geborten zu den ersten Symptomen,
aber nur bei y^j traten sie in Gesellschaft anderer
ersten Zeichen auf. Blutstreifen gehören zwar zu den
frühesten Zeichen, kommen aber selten oder nie ganz
allein vor. Die Jahreszeit scheint keinen Einfluss auf
das erste Eintreten der Blutung zu üben, (es ist
indessen ausgemacht, dass im Winter, so wie beim
Ostwinde, dergleichen sich eher einzufinden pflegen).
Unter 131 Fallen waren nur 2 (Manner), wo die
Blutung direct tOdtete, und zwar 1 Mal nach 5 Tagen
durch Erschöpfung und das andere Mal dadurch, dass
Asphyxie eintrat, da das Blut die Trachea u. Bronchi
durch Gerinnsel verslopfte. Selten todlet eine spatere
Blutung direct , wenn die erste heftig war. Häufig
wiederkehrende Blutung vermindert nicht die miniere
Lebensdauer, nach dem Eintreten von Tuberkel-
symplomen. W. fand, dass wahrend des Abmagerns
das Gewicht oft slieg u. fiel, u. Williams (am
St. Thom.-Hosp.) glaubt, eine bestimmte Periodicitat
dafür gefunden zu haben ; doch ist der Zwischenraum
gewiss kürzer als ein Monat. Beim Vergleich von
91 Phthisischen und 200 Gesunden fand Vf., dass
die Zeugungskraft bei phthis. Mannern unter der Mit-
.92
W a 1 8 b e , Lupgen - uod . Serzkr«9kheUen.
telzahl ist, d^g^gen die Fruchtbarkeit solcher Frauen
darüber ; 1 1,82 Jahre des Beiwohneos von Phthigi-
sehen brachten 0,83 weniger Kinder hervor als 17,84
von Nicbtpbthisischen. Die gänzliche Heilung der
Phlhisischen in seinem Spital berechnet W. auf
4»26%; tiberhaupt sind die Resultate etwas unge-
wöhnlich gUnslig. Besonders rühmt er den dunklen
Leberthran, zu 3j bis ^ß in 24 Stunden, denn
grössere Gaben sollen eher schaden. Bei mehr trocke-
nem Charakter der begleitenden Bronchitis und bei
straffer Faser soll man Madeira , Azoren , Pisa , Rom
u. s. w. zum Aufenthalte der Phtbisiker wählen ; beim
Gegenlheil Aegypten, Cadix, Algier, Nizza, Ge-
nua u. 8. w. , die man durch künstliche, milde Tem-
peratur zu Hause ersetzen kann. Gegen Erbrechen
soll .Kreosot mit Stramon. und Hopfen sehr nützlieh
sein. Bei den Mitteln gegen die Seh weisse sind Sal-
via und Agaricus gar nicht erwähnt. In einigen nicht
fieberhaAen Fällen , mit trockener Haut , lividem Ge-
sichte qnd Dyspnoe will W. guten Erfolg vom Brannt-
wein gesehen haben u. ist überhaupt ttherzeugt, dass
schwächende Diät schade. Bei der acuten Phthisis
hat \V. Vertrauen zum Mercur ! I Bei der sonst so
grossen Ausführlichkeit nimmt es Wunder, den be-
kanntlich präsymirlen Einfluss der Marschgegenden
von W. nicht angedeutet zu finden.
Lungenkrebs, Man muss viel Vertrauen zu den
physikalischen Zeichen haben, um dieses Uebel zu
erkennen , denn die sonstigen Merkmale sind weuig
charakteristisch geschildert.
Krampfasthma. Unter den Mitteln war uns das
Chloroform hier neu ; W. sah danach entweder Auf-
hören des Krampfes während der Besinnungslosigkeit
und raschen Wiedereintritt desselben bei der Rück-
kehr des Bewusstseins , oder allmäliges Wiederein-
treten des Kranipfes, oder Aufliebung, wenigstens
.Milderung d^s vorhandenen Anfalls. — Erhitzen des
Körpers so viel er nur ertragen kann , soll ihn abhal-
ten (was Ref. sehr bezweifeil).
Keuchhusten, Neben so vielen angegebenen Mit-
teln hätte China und Nicoliana wohl eine Stelle (wenig-
stens so gut wie ein über die ganze Wirbelsäule ge-
legtes Empl. bülladonn.) verdient. — Ein ganzes
Capitel ist dem Tumor innerhalb des Thorax ge-
widmet.
Herzkrankheiten, Functionelle. Sowohl
bei den Palpitationen als hei Synkope nimmt das
Werk gar keine Rücksicht auf Ahdominalleiden , wel-
che ihre Rückwirkung aufs Herz äussern (daher das
Bekannte: Pulsus interpiittens, abdominalis etc.), wes-
halb auqh die Behandlung sich nicht um .Hämorrhoi-
den , Jtf orbus niger etc. kümmert , obgleich den pas-
siven (mechanischen) Congestionen eine besondere
Besprechung gewidmet ist. Während des Anfalls von
Angina pectoris wird hier das Opium über alle an-
deren Mittel erhoben , Laudanum zu gtt 40 — 60 mit
Ae^h. sulphur 5ß— j oder Spir. ammon. aromat. —
^ei e^caräitif yvird die gewiss gute Regel gegeben.
gleich Anfangs sich die S^eUe zu bemerkeD , wo 4ie
Herzspitze anschlägt, wodurch man ^ie spätere I«agea—
Veränderung besser erkennen kann. Orthopnoe sfli |
kein nothwendiges Zeichen hei der Ausschwitsusg
sein. jChorea wird als sehr, gefilhrliche GomplicatioB
hei Pericarditis geschildert; von 4 solchen Kr. hat
W. in den 2 letz^ten J. 3 verloren. W. stimmi i&t
die Anwendung des Jttercurs nach der V.-S. , obgkieh
T a y 1 0 r 3 Fälle anführt , wo das Uebel dadurch ge-
steigert wurde. Colchicum sollte man nie^ ver^äumeo
und bei Aufregung und Unrjuhe ppium; dagegeo xflhlt
W. Digitalis, Acid. hydrocyan. u^d Aconit zu den
hier gefährlichen MiUelu , weil sie die Neigung so
Ohnmächten befördern. — Nur Chorea verbietet A^
tiphlogose und verlangt Purgantia [??], Anti^pasmoi
und Sedanlia. Bei ElTusionen nützen keine Hydra-
goga , und im Nothfall soll man seine Zuflucht zar
Paracentese des Herzbeutels nehmen. — £ndoear-
ditis ist weilläufig s^bgehandelt , während Cardilis
noch nicht genau an u.iüi sich durch Zeichen erkenn-
bar genannt wird. Der bekannten Annahme des Zu-
sammenhangs von acutem Rheuma mit HerzenlstOn-
dung und Bouillaud's V.-S. (coup sur coup) wird
gar nicht gedacht. — tiaerfiotpericarditis soll in
Russland beim Skorbut so häufig sein, wie in St
Mauritius die Hämaturie. — Bei U^perthrophie des |
Herzens >vird nur von wenigen Individuen V.-S. ver-
tragen, weit mehr nützen locale BlutKOtziehungeo
nebst Purgirsalzen und Aloü. Am besten scheint
Aconit zu helfen. — Wir übergehen das besproclieoe
Vorkommen von Polypoiden, KaU^massen, Fett, Tu-
;berkeln im Herzen, die ausführlich behandelten Fehler
der Mündungen und Klappen. Hier werden wieder
Zweifel über Digitalis laut, die, wenn sie wirklich
den Blullauf verändere , selten wohlthälig, zuweilen
oiTenbar schädlich, imitier aber zweifelhaft wirke. —
Bei Cyanose war die Angal^e zu erwarten , dass die
firanken selten ialt >\'er(len, zumal da es nicht an
Zahlenangaben in dieser Hinsicht fehlt; statt dessen
wird nach Stillt angeführt, dass von 7 1 Fällen nur
40 bei der Geburt schon vorhanden waren , doch ist
weiter nicht berichtet, wie bald nach der Geburt
das Uebel sich bei den Uebrigen oflenbart habe i). —
Uerzzerreisjsmig , Jortap]ulsaäonen (jmr als ner-
vöses Symptom betrs^chtet) ; Aortitis. — Bei den
Aneurysmen, die immer fehlerhaft Aneurismen engli-
sirl smd, wird vor starker V. S. gewarnt, weil man
sonst das ^Entgegengesetzte bewirken kann, von dem,
was man will. Sehr belehrend ist das f ildchep, ?ne
die ganze Abhandlung, die Aneury;smen betreffend.
Im Fort Pitt Museum wird ein Aneurysmasack auf-
bewahrt, der 10 Pfd. Coagulum enthalten haben soll.
Bei der Behandlung der Schmerzen |f erde^ kalte Um-
schläge von Leinsamen mit Essig , von Coniuna , Di-
gitalis oder nach W's. £rfabr^ng vpn Eichenrinde
empfohlen.
Jedenfalls muss man dem Werke «Jle Ehre in
1) Die sogenannte Polycardia hat*W. ausgelassen, nicht
mit gleicliem Rechte wie .die mehr lotfile Ac^r^ia.
Fos§et, iKraBfcheiten des llersens, der (SeHlMeii, dcsi-Blutes.
93
Hinsieht des Brstrebons der Errorschnng akustischer
llerkmale.in den abgehandelten Krankheilen wider-
fahren Ja»fien; die deutschei Medicin hat aber im Gan-
zen keine ''Bereicherung durch, dasselbe erfahren.
Alexander.
38. PreciS:tb^ori,aae et pcatiqne des mala-
4ies do^coenr, aes yaisseaux et du aaog;
par C. Forget. Strasbourg 1851. Berger-
levr^ult et fi.ls. 8. 47 pp. (2 Thir.)
Konnten wir das uinfangreicliere Werk von Wa I s b e
nur mit einigem Misstrauen gegen das Erkennen der
Krankheiten aus ihren Klangfiguren, oder, um nicht
fi^ttrlich zu reden » aus ihren Klüagen und Widerhal-
len anfoehmen , weil die Kunst dabei zur Künstelei
[ob wahr oder unwahr, lassen wir dahingestellt sein]
erniedrigt wurde, so müssen wir F.'s Werke den
Buhm der (lOdicgenbeit und des zusammenfassenden,
belehrenden Vortrages , der, fern von Weitschweifig-
keit, die Wahrheit der alten Erfahrungen denen der
Neuern anfügt, zusprechen. Zwar basirt sich dieses
Btich auf die Leistungen von Corvisart, Test»,
Kreysig,Boui1laud, aber auch die eigenen Kräfte
des Vfs. lassen sich bedeutend fühlen, ii. diese Schrift
ist ebenso Kpoche machend, wie die der obengenann-
ten ärztlichen Berühmtheiten. Dennoch gesteht F.
bescheiden ein, dass die Errungenschaften der Neu-
zeit auf dem Felde der Herzkrankheiten noch weil vom
Ziele entfernt seien. Er ist kein so enragirter Aus-
kuitator, dass er nicht bekennen sollte, es sei der
Percussion unmöglich , die Grenzen der Herzhöhlen,
und der Auskultation , den Sitz der abnormen Geräu-
sche in dieser oder joner Mündung zu erkennen. Das
Herz betrachtet er als Pumpe mit Saugwerk u. Druck-
werk, bei der die Klappen nicht an den äusserslen En-
den eines Cylinders liegen , sondern die Basis einer
eontraolilen Höhle einnuhmen, welche selbst die Stelle
des Stempels vertritt. Die in den Organen des Blut-
umlaufs vorkommenden Hindernisse verursachen ent-
weder eine Erweiterung hinler sich (Opistectasis),
oder vor sich (Prostenosis) , oder die hinter ihnen
liegenden Muskelpunkte werden hypertrophisch durch
ÖHS Bestreben, den Widerstand zu besiegen (Opisthy-
perlrophia). Dass* die Herzkrankheiten jetzt somit
Jbesser erkannt werden, ist die alleinige Ursache ih-
res scheinbar hüufigen Vorkommens. — Bei Gele-
genheit der Cyanose wird ein Fall erwähnt, wo bei
einem 60jahr. Manne ohne Cyanose eine abnorme
Verbindung zwischen beiden Herzhöhlen gefunden
iivurde, und F. schiiesst hieraus, dass die Krankheit
im AHgemeinen ihren Ursprung Klappenfehlern ver-
danke. — Die Beobachtung an ektopüehen Herzen
kann keinen Aufscbluss über die wirkliche Blulbewe-
^UQig geben, weil eben der Luftreiz abnorm einwirkt.
£ij>e alloijflige Her »zerr eissimg nimmt F. bei einer
woo ihm und Andern beobachteten Krankheit an , wo
<lie Zußlile abwechselnd bis zuid dritten Tage bald
bedeutend besser wurden, bald sich verschlimmerten.
JPeriearditis ist ganz gewiss aus dem BeibegerSu-
#€|be w ßs}n^mtfi, SP wie die Ehäocarditvt am Bla-
segerSusch. F. besteht darauf, den wahren ^fer«-
schmerz Cardialgie zu nennen ; wir müssen uns der
Sprachverwirrung widersetzen , denn nicht, wie F.
angiebt, oßy sondfTU ifirir/e?» wird von Autoren und
Praktikern <lie bekannte Magenneurose hierunter ver-
standen. Weit eher wäre der Ausdruck Netirafgia
cardiaca zu billigen, den aueh Bomberg bei Aug.
pect, anwendet. — MitBouillaud und Piorry
leitet F. Angina pectoris von den Nerven des orga-
nischen Lebens und. wenigstens nicht primitiv, vom
Herzen ab; dagegen halte Wals he behauptet, dass
immer Störungen im Herzen dabei beobachtet wür-
den, wovon er sich dreimal durch Secliooen solcher
Kr., die in einem Anfall gestorben waren, seihst
überzeugt habe, so dass an keine Neurolgia braehio-
thoracica (der Franzosen) zu denken sei. — Beim
nervösen Herzklopfen giebt F. vor allen Nervinis dem
Opium den Vorzug, lobt die Digitalis und rilth bei
krampfhaften Herzübeln zur Anwendung von Aether-
dampfen, die auch Born berg sehr rühmt. — F.
behauptet gegen Boerhaave, Laennec, Roki-
tansky, dass die ßlutpfröpfe in den Arterien nicht
die Ursache der Entzündung der Arterien seien , da
sie bei Vernarbung der Gefüsse zur Heilung beitragen
und keineswegs reizend wirken. • Arteritis soll
zuerst 1832 als Grund der Gangraena sponlanea von
Victor Prancjais angegeben worden sein, wel-
chem F. zustimmL — Als neues und seilen trü-
gendes Zeichen beim Aneurysma arcus aortae nennt
F. die Aufhebung und Wölbung des Slernum, indem
dieser Knochen in gleicher Linie mit der Geschwulst
convex hervortritt. Häufige Venäseclion ist hier das
Hauplraillel , dann Infus, bb. digital. (3ß) u. höchst
strenge DiäL — Arienenkrampf, nach Laennec,
bei Hypochondrie, Chlorose u. s. w. — Phlebitis.
Die spontane ist weil gefahrloser als die trau-
matisciie, weit die Luft nicht in das Gefllss treten
kann. [Wäre diess der einzige Grund, so könnten
wir ihn jetzt durch Anwendung des Gollodium besei-
tigen.] Die deutschen Forschungen in Hinsicht der
Phlebitis sind durchaus nicht beachtet. — Um die
übertriebene Furcht vor der traumatischen Entzün-
dung zu mindern, weist F. nach, dass unter 0 Fällen
seiner Beobachtung nur 3 tödtlich verliefen.
Die Feränderunge/i in der Zusammensetzung
des BhUes beweisen zugleich , dass die Lehre von
üumoral- und Solidarkrankheit durchaus begründet
ist. Alle physischen, chemischen, organischen oder vi-
talen Einflüsse können die Blutmischung beetntrttchti-
gen und verändern. Jede solche Blutverfinderung,
die eine Krankheit hervorruft, bewirkt Fnnctionssiö-
rung , welche wieder Verletzung der Organe voraus-
setzt. Mit schönem Eifer und gutem Bechte weist F.
darauf hin , dass man die Ergebnisse der Lehren der
Chemiker und Mikrographen, die so oft ganz entge-
gengesetzte Besultale liefern , mit der grössten Vsr-
sicht aufzunehmen habe. So wiehtig auch die aus
den chemischen Untersuchungen entsprossenen Ergeb-
nisse waren, so haben sie doch die Nethoden der
Praktiker nur wenig abgeändert, deuu die Therapeu-
91
Johnson, Krankheiten der Harn-Geschlechtsorgane.
tik, das Kind der Beobachtung, (iberleht die Revolu-
tion der Systeme. [Das lässt sich doch bei manchen
Systemen, wie dem von Brown oder den systemlo-
sen Neuschöpfungen , besi^er gesagt, Systemoiden,
wie dem von Ra dem acher, durchaus nicht wohl
behaupten.] — Ungern versagen wir uns, die Schluss-
worte herzusetzen, doch würde es die Grenzen einer
Inhaltsangabe Überschreiten ; aber meislerliaft ist die
Schilderung und Abwägung mancher alten Behand-
lung, die mit den Aufschlüssen, welche die neuere
Chemie gegeben hat , Qbereinsiiuimt, verglichen mit
der Schadhchkeil, welche eine ViTfoigung der Anga-
ben der Letztem haben würde. Blutanalysen lehrten
nicht, Mercur bei Syphilis, China bei Sunipffiebern
anzuwenden, dennoch ist die chemische Wirkung der
Sauren, Alkalien u. s. w. erwiesen. — Man habe
stets die ganzen Kraukheilsbihler vor Augen und be-
nutze zu deren Schöpfung alle Uülfsmittel, die uns
flüssige und feste Tlieile, allgemeine und locale Er-
scheinungen , organische und funclionelle Störungen
bieten. Nur lasse man sich iiiclil durch leicblglau-
bige Aufnabme der nalurwisscnschaftlichen , chemi-
schen u. 8. w. Angaben irre leiten, denn die hautigen
Täuschungen würden 7.u leidil schädlichen Sceplicis-
mus hervorbringen. Auch ohne Nutzen für das Kran-
kenbett behalten jene Entdeckungen ihren grossen
Werth. Alexander.
39. Clinical Observations on Diseases of the
Genito-Urinary Organs- Part i. Gonorrkoea
and its consequences. By Henry James
Johnson, formerly Lecl. on anal, and phy-
siol. , and senior assistanl-surg. to St. Ccorgc's
Uosp. London 1851. gr. 8. XII and 358 pp.
(öi/s ThIr.)
Als Vf. noch Hauschirurg an dem Lock - Hospital
war, in den J. 1832 u. 33, veröffentlichte er in dem
Medico-chirurg. Review, dessen Mitherausgeber er
war, einige Aufsatze über den Tripper und dessen
Folgen. Ref. kennt indess von ihm noch aus den
Jahren 1834 in dem Journalhefte des genannten Jour-
nales: Bemerkungen über die beste Behandlung der
Gonorrhöe [cf. Juhrbb. U. 310], und 1835 in dem
Julihefte eine Abhandlung über: Scheinbar secundSre
Symptome nach dem Tripper. Die berührten Auf-
satze , also schon vor längerer Zeit geschrieben , hat
Vf. in vorliegendem i. Theile, dem noch 2 andere
folgen sollen, zu einem Ganzen verbunden. Auch
wenn es Vf. nicht gesagt, hatte es sicher Jeder bald
gefunden, dass die Abhandlung aus einer frühem
Zeit herrührt. Er bedient sich für den Tripper der
Benennung Gonorrlioea, obschon er selbst sie für
unrichtig halt, nur weil sie durch den Gebrauch
sanctionirt sei , und daher einer neuen und fremden
vorgezogen werden müsse. Wiewohl nun Ref. die
Ansicht nicht theilen kann , dass der Englander heut-
zutage nicht andere Ausdrücke ohne missverstanden
zu werden, und sogar öfterer braucht, so besonders
Blennorrhagia , Blennorrhoea , als jenen verjährten
Namen , so würden wir ihn , seines frühem Bürger-
rechts halber, zur Bezeichnung des Nanoertripper
allenfalls zulassen , müssen aber gegen Gonwrrk^
in the female (p. X) ein unwiderruRiches Veto ei»
legen, um so mehr, als sich dieser Ausdruck lua
nicht einmal durch einen obsoleten Brauch m
schuldigen liesse. Vf. unterscheidet 3 Formen k
Gonorrhöe: 1) die acute oder virulente, 2) diesi
acute , chronische oder milde , und 3) den Nacbtrip
per. Mit der Virulenz ist es indess nicht so erBslüd
gemeint, was schon daraus hervorgeht, dass ?i
p. 23 fragt: Giebt es eine typkil, GonorrkSeJ vi
[nur] 2 Palle erzahlt, die, wie er selbst sagt, k«
positive Ansicht darüber zulassen. Auch geliOrlir
2. Fall, wo ein syphil. Geschwür an der Harorfllw-
mündung sass, welchem Gegenstande er (p. 18) m
besondern Abschnitt widmet , durchaus nicht hink
Als Ursachen werden angeführt 1. die Jnstecku^
„Es kann nicht bezweifelt werden, dass die gewtfb
liehe Ursache des Trippers von dem Umgänge eiw
damit behafteten Weibes herrührt. Er ist in k
grossen Mehrzahl der Falle Folge der direclen k^
cation eines Krankheitsgifles." (p. 15) Ref. ist k»
k.-innilich der entgHgengeselzlen Ansicht, u. Vf. nfi
früher seihst (p. 2), ohsclion diess der Fall sei, ak
zu sein scheine, so entstehe der Tripper oß o^
solche Ansteckung. Vf. ist aber nicht etwa IdeoüüA
wie der Leser vermuthen könnte, im Gegen theil »dl
er auf U u n l e r , hauptsachlich weil er ideotittt i»
Tripper- und Schanker -Gontagium annahm (p. 17).
auf eine noch nie , am wenigsten von einem EogUi-
der, gehörte Weise los. Zum Glück sei fluoten
Werk , welches vermöge seiner falschen LebrüD »
berechenbaren Schaden angerichtet habe, der Set-
gessenheit übergeben, und Wer es ja noch lese, a*
den könne es schwerlich einen andern Eiodnicfc ma
eben, als ihn in Staunen setzen über die vorgetrige
nen Irrlhümerü Das Tripper - und syphil. Gilt »i*
dem Vf., wie gesagt, verschiedene Dinge, "^w *
aber unter erslerem versteht, darüber erfahr» "•
nichts Näheres. Es giebt eine Form vod SypbÜM
die mit der Gonorrhöe verwechselt werden kaai» "
die zur Verwirrung beigetragen hat. Diese r«|*
ist das syphil. Geschwür an der Mündung und in «
Harnröhre. [Ist diess eine Form von Syphilis. »
wird Jemand den ürelhralschanker, besonders ««J
er an der Mündung sitzt, mit dem Tripper ▼er«'^
sein? Vfs. Ausspruch über Hun ler's Werk: „«•
ceived in an unphilosophical spirit, it **'*P ^^* .
worst fanlts bolh of bis reasoning and style" d
auf Vorstehendes eine geeignete Kritik '"^ .
IL Die MenslruaUecretion wird als die 2. ü"^
des Trippers angegeben , und heisst es hier »»
derspruch mit p.2 und mit der Stelle s«l»>st. „>^
positive Ansteckung 9 unter 10 Malen ^^^fr^
Ursache der Gonorrhöe ist." so wird er zweifcl»^
und nickt sehr selten durch die Menstruation
sachL Die Ausdrücke: oft. nicht sehr selten «■
scheinen bei dem Vf. eine andere Bedeutung «o
bsb«
scnemen nei ae m vi. eme anaere ucu««— p ^
als wir ihnen geben. Mit Recht »«"""^.^ jg
Grund, warum nicht nach dem Coitua mit jw
Johnson, Krankheiten der Harn-Geschlechtsorgane.
95
broirten und nicht zu jeder Zeil bei dem Manne ein
'ripper entsteht, in der grossem oder geringern
ichärfe und Reizung der Menslruaiahsonderung; in-
ess ist auch die IHsposition des Beischlüfers nicht
usser Acht zu lassen , und durfte auch hier eine
cclimatisation, gleich wie hei der Leukorrhoe, anzu-
lebmen sein. 11 1. Der weisse Pluss oder andere
oeibL j^usflüsse [worunter fUghrh auch die Men-
iraaiion gehört hatte]. iV. Sind die natürlichen
Absonderungen [doch ebenfalls Menstruation] der
Weiber unter manchen Umständen manchen Indi-
iduen schädlich? V. Oertliche Reisung und Fer-
etzungen, VI. Krankhafte constitutionelle Leiden,
MI. Kann Nachtripper Gonorrhöe erzeugen?
1\\\, Vermischte Ursachen^ der Urethralabsonde^
rangen. Ad IV. erzählt Vf. 3 Geschichten» u. heant-
n^orlel sodann die gestellte Frage mit Ja. In dem 1.
Pelle ward ein gesunder Mann 1 Woche nach der
l^erlieirathung mit einem schOnen, jungen Madchen,
Mnem wahrhaften Muster von Reinlichkeil u. Gesund-
heit, von einem Tripper befallen. Das Speculum Hess
nicht die mindeste Spur von Leukorrhoe entdecken.
Trotzdem dass der Mann des Beischlafs nur massig
gepflogen , und dass sich nichts auffinden Hess , was
zur Erklärung hatte dienen kOnneu , war der Tripper
sehr beAig, bedurfte bei voUer Enthaltsamkeit 7 — 8
Wochen zur Heilung. Erst nach 6 Wochen erlaubte
Vf. Wiederholung des Beischlafs. Drei Tage darniich
zeigte sich ein neuer entzündlicher Tripper, u. nairh-
dem dieser gehoben und auch die Frau Sitzbüiier und
andere Mittel gebraucht, um alle Vorsicht anzuwen-
den , ein 3. , wonach sich der Mann von seiner Frau
trennte. Spater hatte er mit andern Frautu» zimmern
Umgang, ohne üble Folgen davon zu tragen. [Wollen
wir uns nichl manchem Zweifel Überlassen, so ist
die Geschiebte ziemlich curios. Wenn uihI da aber
Vf. daran glaubt, so begreifen wir nicht, warum er
sich Ober einen Gärtner so ungemein erzürnte , weil
dieser behauptete, und unerschatterlich dabei blieb,
dass er seinen entzündlichen Tripper bemerkt ,« nach-
dem er auf einem Baume beschäftigt davon herabge-
stiegen war. Etwas Weiteres ist darüber nicht ge-
sagt. Der 2. Fall passt in sofern nicht, als die Neu-
vermählte an einem, wenn auch geringen, weissen
Fiuss litt.] In dem 3. Falle zog sich ein Herr von
seiner Maitresse, bei welcher Vf. durchaus nichts
Krankhaftes auffinden konnte, 5 — 7 Tripper zu. Die
Heftigkeit nahm bei jedem mehr und mehr ab, u. ward
spater der Beischlaf obue irgend welchen Nachtheil
vollzogen. Die Erklärung dieses Falles brauchte Vf.
nirgends anders, als in der bekannten Acclimatisation
zu suchen, wovon uns wundert , dass er nicht meh-
rere solche Beispiele beobachtet und dafür erkannt
hat. Ad V. heisst es: „Jeder direct angebrachte
Beiz kann- Entzündung der Urethra verursachen.*'
fliermit ist Ref. vollständig einverstanden , und muss
«s Jeder sein. Wie sollte die zartere Urethra auf
Süssere Einwirkungen nicht reagiren, da jeder andere
Körpertheil ahnlich afficirt wird 7 Deshalb kann man
iicb aber eine solche Entzündung ebenso gut auf dem
Baume , als auf dem Dromedare zuziehen. Ausser-
dem giebt es jedoch auch indirectc Reize, welche,
ebenso gut als die angeführten krankhaften consli-
tutioneilen Zustande , ausnahmsweise Tripper erzeu-
gen. Wenn indess durch diese Zustande, wie Vf.
annimmt, und in dem 1. u. 3. ölen erzahllen Falle,
in welchen er durchaus gar keine Ursache aufzufinden
vermochte, Tripper enlslehen kOnnen , so begreift
sich schwer, warum dies bei dem Nachtripper nur
dann soll möglich sein, sobald er in eine Entzündung
getreten ist , und warum nicht eine zufällige j4ppU-
cation der Trippermaterie (S. 42), wenn ntfmlich
eine solche vorkäme, da doch jeder Reiz von dem Vf.
als Ursache zugelassen ward, nicht ebenfalls eine sol-
che soll abgeben können. Ad VIIL werden noch die
H^ürmer mit Hämorrhoiden erwithnt, wogegen Vf.
sehr misstrauisch ist. Er hat weder nach dem einen,
noch nach dem andern Vorgange Tripper beobachtet.
Anderer Krankheiten geschieht hier ebenso wenig
Erwähnung, als des Zahnens , und doch sind in die-
ser Periode schleimige Genilalabgange, verhallniss-
roässig, nicht selten. Ref. beobachtete sie in einer
Familie zu dieser Zeit bei allen 4 Kindern weiblichen
Geschlechts. Auch ausserdem sah ich sie nur bei
Madchen.' Ob diess Zufall , oder ob sie wirklich al-
lein, oder doch vorzugsweise bei Madchen vorkommen?
weiss ich nichl. Bei Hamorrhoidariern habe ich Blen-
norrhOen der Urethra wiederholt beobachtet. Öfterer
wenn sie an sog. Sehleimhffmorrhoiden litten, wo
dann diese weniger ergiebig wurden. Wenn übri-
gens Vf. unter VI. 2 Falle erzählt, denen nach ein al-
ter Arlhriticus und ein junger Scropbelkranker, ohne
irgend welche andere Ursache von heftigem Tripper
heimgesucht wurden, so ist zu verwundern, dass er
sich gerade gegen die Würmer und Hämorrhoiden
sträubt, wofür er bei di'U Schriftstellern viele Bei-
spiele haue auffinden kOnnen. Die epidemische Go-
norrhoe fertigt er mil den Worten ab: da der Trip-
per das Resultat einer directen Ansteckung ist, „il
would be as reasonable to look for an epidemic go-
norrhoea , as for an epidemic v^cination.*' Vf. hat
wahrscheinlich sagen wollen : da der Tripper, gleich
der Vaccination, das Resultat einer direclen Anstek-
kung ist, so wünie man ebenso gut eine epidemische
Vaccinalion u. s. w. . nicht v. v. —
Mit solch einem Vergleiche werden die Trip-
perepidemien nicht abgefunden, und ist der Trip-
per, selbst Vfs. eigenem, frühern. Vortrage zufolge,
weder immer das Resultat einer direclen Ansteckung,
noch einer directen Einwirkung überhaupt.
Ebensowenig scheint Vf. , namentlich in gegen-
wartiger Zeit, wo Viele den Tripper für einen blosen
Katarrh halten, ja ihn geradezu (selbst W a 1 1 a c e)
so nennen , zu Gunsten seiner verneinenden Ansicht
zu sprechen, wenn er sagt, man kOnne dann auf
epidemischen Tripper schliessen, wenn der Urelhral-
fluss, .gleich dem Katarrhe, durch atmosphärische
Einfltme oder Veränderungen erzeugt werden
ne. Die katarrbahschen Tripper setzte E
elhral- i
Srische
I kOn-
i s e n-
96
Johnson, KraDklioUen> der lUrfioGesehlechtsoFgtiieä
ro^DR (der Tripper u. s. w. Bd. 1^ S: 100» 1830)
ausser ali^n Zweifel » und fttlirle als Aucloritäten da-
für: Ponleau» P. Frank, Reil, Winkler,
Selig, Heringau, Richlt^r, Hartes, Ril-
ter und sich snlfast an. Dcninacb nun würde sich
VC von der Zugabe, schon seiner aufgestellten Fol-
gerung halber, fUglieh nichl mehr lossagen können.
Auch werden von E«isenmann u. Desruelles:
Bassius, Morgagni, Noel, Riller, Tode,
Ozanam, Gauiah und Winkler citirl, welche
Trrpperepidcmien heobachlel haben wollen , so wie
Desruelles noch ausserdem Epidemien erwühnl,
welche 1702 zu Breslau, 1721 zu Turin, 1765 zu
Paris vorgekommen sein sollen.
Ich, meiner Seils, bin weil entfernt, gegen ge-
nannte Aiicloril.llen ankämpfen zu wollen , verkenne
keineswegs den mächtigen Einfluss, welchen atmosphä-
rische Verhältnisse auf den menschlichen körper aus-
üben, hin jedoch ihr Ansicht, dass sie bei dem Trip-
per wohl zu dessen leichtern und daher Öfteren Ent-
stehen mitwirken , den Verlauf heftiger und hartnäk-
kiger machen, nichl aber, düss sie allein ihn erzeu-
gen , und dUrfle eine Revision der erwähnten Epide-
mien leicht möglich ein ähnliches Resultat ergeben,
als ich bei der von Liltr^ so genannten (Janus Nr,
3, 1846) nachgewiesen habe (Itehrend's Archiv.
Bd. 2. S. 458).
Zur Behandlum^ werden 4 Methoden, die melho-
dus exspectans, anliphlogislica , empirica und ralio-
nalis angeführt. Unier der 1. bemerkt Vf., von den
warmen Bädern , sie würden auf dem Conlinenle in
widersinnigen Nassen angewendet, die Kr. würden
Menale lang täglich darin abgebrüht, u. erzählt von
einem Kranken, dem ein Arzt in Paris verordnet halle,
täglich 5 — 6 Sld. in dem warmen Bade zu verweilen,
ja man hätte ihm zu verstehen gegeben (hinled) , es
würde gut sein, wenn er die meiste Zeil darin zu-
brächte. [So wie Ersleres unwahr isl, so klingt
Letzteres sehr unwahrscheinlich]. Unler der ratio-
nellen Methode iheilL Vf. , welcher kein Freund der
sog. speci6schen Antiblennorrhoica ist, mehrere Fälle
mit, wo bei entzündlichen Trippern nach dem Ge-
brauche der Cubeben, des Balsams und der Einspriz-
zungen Abscesse entstanden , und zweimal der Tod
erfolgte.
[Unvorsichtiger und unzeitiger Gebrauch von
Mitteln wird meist nachtheilig wirken , die Schuld
davon tragen aber diejenigen, welche sie verordnet
haben, die Mittel selbst behalten deshalb ihren vollen
Werth].
Zu Einspritzungen , welche Vf. ausserdem nur
in schwachen Solutionen, z. B. auf 6 Duzen Was-
ser 3 Gran schwefeis. Zink, oder 1 Gran Salpe-
ters. Silber verordnet, zieht er allen die. en und an-
dern ähnlichen Mitteln, die er gern missen wdrde,
das Blei vor, und verschreibt auf dasselbe Quantum
vom Liquor plumbi diacetatis 5jj — sß» Sehr wahr
bemerkt Vf., es sei schwer zu bestimmen, wann man
den Kp., nachdem der Ausflusa beseiligl ist, für ge-^
sund erklären kann, undrälh erdeshalb [und Ref..
mit ihm], die Injeciionen 1 Woehe^iäglich 2 und 1
Woche 1 Mal fortzusetzen. Vf. hat den Ausfluas,
nachdem er über eineu Munal geschwiegeo, ohne er-
kennbare Ursache wiederkehren sehen. Auch ich
bin von solchen Erzählungen nichl leer ausgegangea,
gestehe jedoch, ihnen meist nichl vollen Glauben ge-
schenkt zu haben. Die Kranken meinen , sie brau-
chen dann weniger zu zahlen, als wenn sie zugeben,
dass sie seitdem den Beischlaf ausgeflbl, und dadurdi
den allen Tripper wieder hervorgerufen, oder sifh
einen neuen zugezogen haben. Dass Vf. in^flhread
der Entzündung alle geistigen Getränke streng unler-
sagl, darin hat er sirher Recht, dass er aber, ob«
Ausnahmen zu gestatten, wenn nur noch Aosfluns fortr
besteht , diesell>e Enthaltsamkeit verlangt , und be-
hauptet, ,,e2AGlas VVein oder ihe least drop of beer"
werde in 10 Fällen 9mal schaden, der Schmerz wie*
derkehren, derAusflusH sich vermehren u. s. w., diess
scheint mir doch übertrieben, und verstaue ich unter
solchen Umständen nicht nur, sondern verordne sogar,
besonders solchen Kranken, die an geistige Getränke
gewohnt sind, und sobald Cubeben oder der BalsaiB,
hauptsächlich wenn in grossem Dosen, gereicht wer-
den, 1 ja 2 Gläser Medoc. Sehr hartnäckige Tripper,
wogegen alle Speciflca fehlschlugen, will Vf. mehr-
mals mittels Sarsaparille und Kalijod, andere „oft
genug** mit den blauen Pillen (jeden Abend 3 Gran
mit 1 Gran Ipecacuanha) beseiligl haben.
Als Folgen und Comp licationen des
Trippers betrachtet Vf. |. Folgen, bedingt dttrek
Fortdauer einer krankhaften Thätigkeit in der
Schleimhaut: 1) Schmerz in der Urethra ohne
yiusfluss , 2) die irritable Urethra, ein Zustand,
der immer bei nervösen Personen vorkommt, und mit
Verdauungsbeschwerden verbunden ist.
II. Folgen , bedingt durch Continuitätsverbrei-
tung: \) Balanitis, welche indess in derTbat ebenso
selten eine Folge des Trippers isl, als der Beischlaf
deren Ursache, weshalb wir Vfs. Aufstellung (p. 126):
,,Der Act der Begattung isl gewöhnlich die unmittel-
bare Ursache** nichl gut heissen können. — 2)PÄy-
mosis und Paraphymosis [^tfAoc]. 3) fVarzen od.
Fegetationen, Verrucae, Warzen, Vegetationen, Kon-
dylome sind dem Vf. gleichbedeutend. Er sagt (p. 141):
,,Sie wurden sonst für eine Form der Syphilis ange-
sehen. Diesen Irrthum hal man aufgegeben.'* Zur
Erklärung von Vfs. Ansicht fanden wir nichts ?or, als
etwa eine Note auf der nächsten Seite. „Unter Kob-
dylom meine ich nichl die eigenthümliche Affeetioo,
welche ebenfalls unler der Benennung Schleimtuber-
kcl bekannt ist.** Vf. scheint demnach der Syphilis
nur die Schleimplalten zu vindiciren. — 4) Ery-
them und Rose der Bedeckungen des Penis und Uo-
densacks, worunter merkwürdigerweise auch der
Urinerguss eine Stelle erhält, und sich Vf. wie folgt
vernehmen lässt (p. 158): „Allem Anscheine uaeb
isl die Entzündung des Zellgewebes des Scrotum,
welche durch Austritt des üarns in dasselbe erzeugt
Holder, vener. Krankheiten.
97
wird» von der erysipelattfaen Entztindttng der Tunica
dartos nicht vnterscheidbar. Diess kann nicht gut
anders sein. Der entzündliche Process ist derselbe,
das ergriffene Gewebe ist dasselbe , die allgem. und
Ortlichen Folgen sind dieselben, nur[?] die Geschichte
und Behandlung bielen einige Unterscheidungsmerk-
male.*' — 5) Herpes und Eczema praeputn, wel-
ches von ersterem dadurch unterschieden wird , dass
es in seinem Verlaufe keine bestimmte Zeit halt , von
ungewisser Heftigkeit und Ausbreitung ist , und sehr
gern chronisch wird. — 6) Entzündung der La-
eunae. Hierunter sind die Schleimbälge gemeint» die
wir auch unter der Benennung Sinus Morgagni
kennen. Vf. will hiertiber ausführlicher bei Gelegen-
heit der Stricturen , also , da diese Tripperfolgen in
diesem Theile nicht abgehandelt werden , in einem
andern sprechen. Uebrigens w<1re zu erwähnen, dass
die Entzündung genannter Schleimbälge bei dem weib-
lichen Geschlechte jedenfalls eine grössere Rolle spielt.
— 7) Bodenentzündung , wobei eine lange anatom.
Beschreibung vorausgeschickt wird.
III. Folgen, bedingt durch Ausbreitung der
Tripperentzündung auf Machbar gewebe : 1 ) das
Corpus spongiosum, wofür die Chorda als cha-
rakteristisches Symptom aufgestellt wird. [Die Krüm-
mung geht nicht stets nach Unten , wie es hier ohne
Ausnahme heisst]; — 2) das Corpus cavernosum,
wovon Vf. nur einen Fall beobachtet hat. [Es wäre
zu wünschen gewesen , Vf. halte angegeben , wie er
die Corpora spongiosa und cavernosa von einander
unterschieden wissen will.]; — 3) Entzündung der
absorbirenden Gefasse; — 4) Entzündung und
Abscess der ZeÜgewebshaut ; — 5) Bubo.
IV. Unmittelbare Affectionen entfernter Theile,
worunter der Augentripper und Tripper- Rheuma-
malismus begriffen werden. Der Ausdruck „unmittel-
bar'^ ist jedenfalls schlecht gewählt, und scheint uns
Vf. bei diesem Abschnitte, wie freilich auch bei vielen
andern , die Forschungen und Ergebnisse Anderer,
vorzüglich aller Deutschen, zu wenig berücksichtigt
zu haben. Er würde sonst weder sagen, dass, wenn
man auch für erstem annehmen wolle, was er, der
Vf., nicht für möglich halte, dass er nämlich durch
Application der Trippermaterie auf das Auge verur-
sacht werde, so sciieitere diese Erklärung doch [wo-
ran auch noch Niemand gedacht] an dem Gelenkrheu-
matismus, noch solche und ähnliche Fragen stellen,
als: „findet bei diesem wirkhch Absorption eines
Krankbeitsgifles Statt, und ist die Gelenkaffection mit
dem secundaren Ausbruche der Syphilis analog? wo-
rüber er p. 292 die Vermuthung ausspricht, dass
diese, wie andere Annahmen sowohl richtig, als falsch
sind , jede auf einzelne Fälle pusst , keine auf alle.
Vf. bemerkt selbst, es dürfte diess lächerlich schei-
nen, habe ihm aber stets geschienen , mit den That-
sachen überein zu stimmen. Uns nicht. Wenn nicht
Rognetta's, so hätte Vf. doch Eis'enmann's
Erklärungsweise der Entstehung des Tripperrheuma-
tismus beachten sollen,
Med.Jahrbb. Bd. 7i. HA.!
Die letzten 34 pp. sind der Gonarrrhoea in the
Female gewidmet. Vf. schliesst diesen letzten Ab-
schnitt, dessen unverhäUnissmässig kurze Abferti-
gung anerkennend, mit der Bemerkung, das Werk
habe seine Grenzen überschritten, deshalb habe er
es abkürzen müssen, das Urtheil des Lesers und Vfs.
falle indess zuweilen so durchaus verschieden aus,
daas möglicherweise gerade die Kürze , derenhalb er
sich anklage , ihre hauptsächlichste Empfehlung sein
-könne. Möglich; doch auch Ref. fasst sich daher
kurz, und erwähnt nur, dass Vf., gleich allen Eng-
ländern , wiewohl er den Mutterspiegel nicht völlig
proscribirt, dessen Gebrauch doch beschränkt wissen
will, oft für unnöthig betrachtet, und dagegen bei
jungen, unverheiratheten , anständigen Frauen unter
fast allen Umständen Protest einlegt.
Sollten wir ein allgemeines Urtheil über das Werk
fallen, so würden wir seine Brauchbarkeit keineswegs
in Abrede stellen , doch erinnert es zu sehr an ein
früheres Datum. Vf. giebt meist nur , was er selber
gesehen, daher verdankt das Buch seine Dicke haupt-
säclilich den vielen überall eingestreuten Krankenge-
schichlpn. Um die Erfahrungen Anderer ist Vf. unbe-
kümmert. Die Interpunction ist sinniger, als wir sie
oft in englischen und französischen Werken finden,
doch stossen wir gelegentlich auf starke Beispiele von
dem Gegentheile, wie p. 335 : ,,1n acute gonorrhoea,
the Urethra is sooner or later invoived, in a large
Proportion of cases. *' Hacker.
40. Lehrbuch der yenerischen Krankheiten,
nach dem neuesten Standpunkte der fFissen-
Schaft; bearbeitet von Dr. H. Holder. Stutt-
gart 1851. gr. 8. X u. 466 S. (2 Thlr.)
Das Lehrbuch bildet den 3. Band einer med.
Handbibliothek für praktische Aerzle und Sludirende,
die in einer noch unbestimmten Menge von Bänden
sich über, wie es scheint, alle Zweige der Medicin
und Chirurgie, bisweilen selbst speciell — der 2.
Band handelt nur über UnterleibsbrUche — verbrei-
ten wird. Denn , wenn Vf. von solchen Zweigen
diess beabsichtigt, „die einer besondern und ausführ-
lichen Bearbeitung nicht nur würdig sind [was sie
alle sind], sondern auch bedürfen", und diess durch
seine Bearbeitung der Kinder-, Frauen-, Haut-, ve-
nerischen Krankheiten u. s. w. faclisch von diesen
behauptet, so kann für die übrigen das BedUrfniss
noch viel weniger zweifelhaft sein. Vf. hat sich,
laut Vorrede, als Feind aller Hypothesen, nur an das
Bewährte gehallen, und daher vor Altem bei der Pa-
thologie die pathologische Anatomie berücksichtigL
Das Buch zerfällt in 2 Theile, 1) Geschichte, geogr.
Verbreitung und Statistik , 2) Pathologie und The-
rapie der venet\ Krankheiten. Vf. trennt natürlich
die Geschichte des Trippers von derjenigen des Sy-
philis, und geht seine Ansicht über ersteren aus
S. 12 klar hervor, wo es heisst: „Man sollte von
einer neuen Entstehung des virulenten Trippers in
13
98
Holder, vener. Krtnkheiten.
den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts vernünf-
tigerweise nicht mehr reden."
Bezugs der Syphilis werden 1) die Beschreibung
gen von Krankheiten der Gescklechtstheile bei den
griechischen , römischen und arabischen Aerzten
durchgegangen, als deren Resultat sich ergiebl, dass
wenn sie auch die Existenz der Syphilis im Aller-
Ihume nicht unumstOsslich beweisen, die dafür
sprechenden Gründe doch überwiegend sind. •
2) Von den Aerzten des Mittelalters wird Sa li-
cet o als der 1. angeführt, welcher den Umgang mit
unreinen Weibern bestimmt und klar als Ursache der
geschwürigen Behaftungen der Geschlechtslheile an-
giebt. Sein Schüler Lanfrancus folgte ihm.
Petrus de Argelata beschreibt die verschiede-
nen Arten der Chancres, welches Wort schon in der
Mitte des 15. Jahrhunderts in der jetzt noch üblichen
Weise gebraucht wurde, so wie die in ihrem Gefolge
entstehenden Bubonen ganz deutlich. Die Statuten
der Königin Johanna für ein Bordell in Avignon, die
man ebenfalls für die Existenz der Syphilis vor dem
Jahre 1494 als Beweismittel anführte, haben durch
Yvaren sehr an Kraft verloren, da dieser mit gros-
ser Wahrscheinlichkeit nachgewiesen , dass sie falsch
sind, und erst im vorigen Jahrhundert verfertigt wur-
den, um den ebenso gelehrten als pedantischen
Astrnc zu mystificiren. Allein wir besitzen aus-
serdem schon , namentlich bei ilaliitnischen Aerzten,
Beweise genug, dass der Syphilis ähnliche Leiden
von dem 11. Jahrhunderte an vorkamen, und es fehlt
zur Charakteristik der Syphilis nichts als Erwähnung
des Zusammenhangs der einzeln beschriebeneu AfTec-
tionen der Geschlechtstheile, mit Allgemeinleidcn.
Unter 3) bespricht Vf. die Geschichte der Syphilis von
1494 bis auf unsere Zeit. Er halt es für eine Illu-
sion , zii glauben , die Syphilis sei im französischen
Heere vor Neapel entstanden , es ist bestimmt nach-
gewiesen , dass sie schon vorher in Italien ziemlich
häufig war. Allen Grundes entbehrt nun vollends
die Annahme, sie sei aus Amerika eingeschleppt.
Dagegen nimmt Vf. an , dass sie , so wie sie bereits
lange vor Karls Vlll. Feldzug im südlichen Europa,
sodann in dem nördlichen Afrika und Arabien, be-
standen habe, so auch in Amerika bei dessen
Entdeckung vorgefunden worden sei. Nachdem der
übrigen Fabeln über den Ursprung, der Gestirne
u. s. w. Erwähnung geschehen, cilirt Vf. Vella,
welcher unumwunden aussprach , die Syphilis ver-
breite sich nur durch den Beischlaf.
Vf. documentirt in seinen geschichtlichen For-
schungen überall eine gediegene Kenntniss, die bei
der gedrängten Kürze und Klarheit und, seinem geläu-
terten Urtheile eine sehr interessante Leetüre abge-
ben. Wenn er S. 65 sagt, Simon lasse die Po-
tenz, welehe den lange vor 1494 bestandenen an-
steckenden Geschwüren die Fähigkeit verliehen habe,
constitutionelle Erkrankung herbeizuführen , unge-
wiss, gehe also nicht so weit, wie Heck er u, A.,
die diese Potenz gerades« für Lepra auigiben, Solu
diess, wenigstens für die Gegenwart, ungültig, in-
dem sich Simon jetzt ganz bestimtit dafflr ui-
spricht.
Dass von S. 92 , wo die Geschichte der Ferih
derungen, welche die venerischen Krankheüenk
Laufe der Jahrhunderte erlitten , vorgetragen wirf,
mit der vorhergehenden Abhandlung über die C^
schichte der Syphilis und ihrer Behandlung mehren
Wiederholungen vorkommen müssen , uod sich daher
Vf. oft zu der Bemerkung: „wie schon gexeigt"
(S. 92, 615), oder gleichlautend andern, veranlasst
sah, ist natürlich, und hätte durch Verschmeita
beider sich so nahe stehender Themata nmifk
werden können. Uebrigens hat Vf. den grössia
Fleiss angewendet, um der schwierigen Aufgabe, fit
Veränderungen, welche die Syphilis zu verschiede«!
Zeiten und Ländern eingegangen ist, nachzukomnieL
Er ist nicht der Ansicht, dass sich die Krankheit, ab
solche, gemildert habe, nur die Behandlung ist fcr-
nünftiger geworden. Von Italiänern und von Deut-
schen wird vor Langem erwähnt, dass sie hSuGg ob«
Arzenei "geheilt sei (S. 104), und nach LeoAfri-
c a n u s und P r u n e r gieht es in Numidien Orte,ve
sie ganz von seihst heilt (S. 122), wogegen sieiu-
ter ahnlich begünstigenden Umständen, als sie Ende
des 15'. Jahrhunderts zusammentrafen, eine ahnlici»
Bösartigkeit zeigen würde. In die sanguinische Hof-
nuDg, die Syphilis werde allmälig ganz vom Erdbodei
verschwinden, stimmt daher Vf. nicht ein, und sagt:
sie werde sich so lange fortsetzen, so lange m
Person mit mehreren andern den Beischlaf ausflbl
d. h. so lange die Prostitution und deren Abarten be-
stehen. Je grösser die Zahl der beisammenwoIweD-
den Menschen , je geschraubter die socialen Verhxll-
nisse, desto günstiger ist der Boden für die Proslil«-
tion , desto verbreiteter und bösartiger wird die Sy-
philis werden , um so mehr , wenn sich damit noci
starker Verkehr von Menschen aus verschiedcow
Himmelsstrichen und schlechte Beaufsichtigung ^
OfTentlichen Dirnen verbinden.
Mit Recht wird als Grund der geringern M»*
artigkeit der Syphilis im wärmeren Klima die »§••
spornte Thätigkeit der Haut angegeben , iodess wj^
sen wir ausserdem , dass die höhere Temperatnr w
den sypliil. Eiter auch direct zerstörend wirkt, w-
rum de« Scherlievo nach den nordischen Syp^l^^'
des irländischen Beerschwammes unter Sypha»
Süden Erwähnung geschieht, sieht sich nicht «^
Zum Schluss des 1. Theils erhallen wir noch «««
mühevoll zusammengetragene Statistik der venense
Krankheiten, Der 2. Theil ist in 3 Abschnitte ^
spalten: 1) allgemeine Bemerkungen, 2) 7>W '
3) SyphiUs. 1) zerfällt in 2 Capitel : die lfrsachen9^
venerischen Krankheiten u. die allgemeine Diüp ^
Vf. stellt den Begriff des Contagium fest, w^«^^
dass dem Tripper und Schanker verschiedene W^
gien zu Grunde liegen, wobei er (S. 170) nie
sen will , dass für den Tripper von mehreren
Holder, veaer. KrankbeiUo.
99
her das CoaUgium vi^Uig in Abrede gestellt wird , u.
auch R i c 0 rd nicht Rast verstanden hat, wenn er die-
sen zugehen lässt, dass det vener.[aber nicbt mit Schan-
ker complicirte] Tripper fast immer durch Ansteckung
entstehe, und wie hierauf Vf. commenlirt, „dass ihm
ala^o» deutlicher gesagt, ein Contagium zu Grunde
liege." Ricord giebtnurzu, dass der iSmcA^/*,
nicht die Ansteckung, die häufigste Ursache des Trip-
pers sei. Auch steht damit S. 192 in Widerspruch,
wo es heisst, Ricord nehme ein Trippercontagium
Dicht an. Vfs. Vermulhung, „Impfungen von Kran-
ken auf Gesunde werden wohl ausser denen von
Bell und Hernandez noch wenige gemacht wor-
den sein" (S. 157), ist richtig, allein diese wenigen
konnte er und musste sie kennen. Zufolge des Re-
sultats aus Hospitalberichten wird aufgestellt, dass
von 100 Schankern 20 — 25 mit Tripper complicirt
sind, und dass von jenen etwa 4 — 5 in der Harn-
röhre ihren Sitz haben. [Wohl wissend, dass auf
Sigmund's Sollen vor Kurzem der Uarnröhren-
schanker sich zu 10 pCt. ausnahmsweise gesteigert
hatte, so dürften doch beide obigen Verhältnisse nicht
als allgemeine Normen gelten. Wahrscheinlich, dass
Kranke mit genannter Complication oder dem verlarv-
ten Scahnker behaftet, häufiger in dem Krankenhause
Hülfe suchen, als wenn sie an einfachen Trippern od.
Schankern leiden, und diese zu Tage liegen. Wollte
Ref. wagen, aus seiner eignen Praxis ein Resultat ' zu
abstrahiren , so würde er ein viel geringeres Verhält-
niss anzugeben haben, von erwähnten Gomplicationen
kaum 10 von Urethralschankern kaum 2 pCt. , und
mochte er wohl das Ergebniss aus der Privatpraxis
anderer Aerzte kennen. Die Hospitäler bürgen in
diesem Falle nicht für die Richtigkeit daraus ahzulei-
tender allgem. Normen.] In dem 2. Gap. wird, was
fUr den Anßfnger sehr lehrreich ist, bis auf die grüsste
Einzelheit hervorgehoben , wie eine genaue Untersu-
chung des Kranken vorzunehmen. Zur Ermittlung
der Diagnose empfiehlt Vf. auch die Impfung. FUr
besonders wichtig gilt sie ihm (S. 179) „hei eitern-
den Bubonen, namentlich bei Weibern.'' Durch
Verimpfung des Eiters in einem nicht gar zu späten
Zeiträume kann man in vielen Fällen Gewissheit er-
langen. Gewöhnlich, fifhrt Vf. fort, haben die Se-
crete secundär syphilit. Aflectionen keine Ansteckungs-
fMbigkeit mehr , das Impfen wird also auch diese von
den prim. unterscheiden lassen. Allerdings, allein
hierdurch verliert es auch wieder an diagnostischem
Werthe in erster Beziehung. Vf. nimmt*die Impfung
ferner gegen den Vorwurf in Schutz, sie steigere die
Möglichkeit einer allgem. Infection, denn man habe es
ja mit einem Individuum zu thun, bei welchem die
Impfung nur anschlägt, wenn es bereits an Syphilis
leide. Dass die MögHcMseii dadurch gesteigert
werde, scheint gleichwohl so lange nicht bestritten
werden zu kdnnen , so lange A u z i a s' Syphilisation
u» somit» dass, je mehr Schanker, die allgem. Infec-
tion um so weniger zu fürchten steht, sich noch nicht
bewährt hat. Vf. warnt mit Recht vor Leichtgläubig-
keit der Aussagen der Kranken, räth in gewissen Fäl-
len, wo nämlich die ursächlichen Vorgänge keinen
Zweifel zulassen , darnach lieber gar nicht zu fragen,
um nicht selbst die schamhaften Kranken zum Lügen
zu induciren. S. 186 — 192 folgt eine philosophi-
sche Abhandlung über die Auslegung der Beobach-
tungen, Dem Tripper sind 4 Gap. gewidmet: 1)
Von den Ursachen und Wirkungen des Trippers über-
haupt. 2) Der Tripper beim Manne. 3) Der Trip-
per beim Weibe. 4) Der Tripper auf der Schleim-
haut der Augen, des Mundes, der Nase und des Af-
ters. Der Tripper ist dem Vf., wie wir bereits wis-
sen, eine specifische Krankheit, bedingt durch speci-
ßsches Contagium. Unter den vielen dafür angeführ-
ten Argumenten finden wir auch die Anschwellung
der Lymphdrüsen. „Dieser Vorgang hat Analogie
mit dem beim Schanker." [Wenn er in beiden Fäl-
len blosse Folge des sympathischen Reizes , als wel-
cher er dann auch nach ganz einfachen Schnittwun-
den in den Fingern u. dgl. vorkommt, ja, sonst nicht.]
VT. sagt S. 193: „Es ist jedenfalls ein Irrlhum,
wenn man behauptet, jeder in die Harnröhre [ich
meine sogar : jeder auf sie wirkende] gebrachte Reiz
künne einen Tripper, d. h. einen ansteckenden Aus-
fluss aus derselben hervorrufen." [Wie aber kommt
Vf. zu dem „d. h.*'? Diess hat noch Niemand be-
hauptet, sondern nur, dass jeder Reiz Reizung, Ent-
zündung und krankhaft vermehrte Absonderung der
Uarnröhrenschleimhaut hervorzurufen vermag.] Noch
leichter macht er es sich bei andern Fällen, so in dem
Latour'schen [vgL diese Jahrbb. LXXVL 189], den
er mit einem „Glaube ich nicht*' abspeist, u. dagegen
nicht eben plausible Einwendungen macht. Was
wird er nun gar zu Johnson 's Trippererkrankungea
[vgl. d. yorhergeh. Kritik] sagen? Ob die Ansteckung
vor, während, oder nach der Ejaculation vor sich
gehe u. s. f., hält Vf. weder von praktischem, noch
besonderem wissenschaftlichen Interesse. Nun den
Einen interessirt mehr Diess, den Andern Jenes.
Von praktischem Werthe ist es aber jedenfalls, sobald
man, wie man, Cautelen darauf gründen kann, um vor
der Krankheit geschützt zu bleiben.
Die Tripperseuche leugnet Vf., und den beim
Tripper vorkommenden Gelenkrheumatismus hält er
für eine zufällige Complication. Vf. meint, wenn ein
Zusammenhang stattfände, so sollte man denken, die
Gelenkaffection müsse häufiger auf den Tripper folgen,
als geschieht, was auch in England und Triest der
Fall sei, woselbst der Grund aber in der grüssern
Häufigkeit des Gelenkrheumatismus überhaupt liegen
dürfte. Wir fügen hinzu, dass er im August 1844
im allgem. Hospitale zu Kopenhagen fast epidemisch
geherrscht haben soll, indem von 17 Tripperkranken
6 daran litten. Uebrigens aber kann die Complica-
tion schon desshalb nicht immer als zufällig betrach-
tet werden, weil und wenn sie/^sich in manchen Fäl-
len constant bei jedem Tripper wiederholt, wie der-
gleichen von A. G 0 0 p e r u. A. , besonders aber ein
solcher von G a s p e r (dessen Wochenschrift Nr. 26,
1846) mitgetheilt wurden, demnach ein Kranker
5mal in den verschiedensten Ländern am Tripper litt»
100
Holder, vener. Krankheiten.
und dabei jedesmal von Trippergicht und Augenenl-
zUndung befallen wurde.
„Der oberste Grundsalz für die Behandlung des
Trippers bleibt, ihn so rasch wie mOglich zu heilen''
(S. 233), womit Ref. völlig flbereinstimml. Die Ein-
spritzungen sind die wirksamsten Mittel, sie beugen den
Stricturen insofern vor, als diese nur dann entstehen,
wenn der Tripper lange anhält. Von dem Höllen-
stein verordnet Vf. auf die Unze Wasser Y^o — ^ ^r.,
von dem essigs. Zink 5 — 10, von dem schwcfels. 3
— 5, und rUhmt er als ein fast stets günstig wirken-
des Mittel den Lapis divinus. Von den vielen inner-
lich angepriesenen Mitteln behalten der Gopaivbalsam
und die Gubeben den Vorrang. Die Salzsäure wird
sowohl im entzündlichen, als im chronischen Tripper
empfohlen, doch bat Vf. davon, gleichwie von der
Schwefelsäure, .als Mixlura sulphurico-acida , beson-
ders beim Nacblripper, oder bei grosser Erschlaf-
fung der Harnröhre, sehr gute Wirkung gesehen.
Oft nach einander wiederholtes Ansetzen von
Blutegeln an das Mitlelfleisch soll sich bei dem Nach-
tripper sehr häufig gtJnslig erwiesen haben. Ref.
fand diess nur unter ganz specielb^n Indicationen
begründet. Der Anwendung von Blasenpflasier an
das Mitlelfleisch oder an die innere Seite der Ober-
schenkel soll die Schmerzbafligkeil und unbedeutende
Wirkung entgegenstehen. Sie wurden aber auch an
die äussern Schenkel, auf das Knie von Dean, und
von M i 1 1 0 n längs der untern Fläche des Penis ap-
plicirt. Dean versichert (Med. Times. April 1846),
in 20 Fällen lOmal nur eine einzige u. nur in einem
eine dreimalige Application bis zur Heilung nötbig ge-
habt zu haben.
Der Eicheltripper entsteht entweder durch Ueber-
tragung des Trippereiters, oder durch nicht conta-
giOse Reize. Der „venerische, also ansteckende" Ei-
cheltripper ist gewöhnlich Folge des Beischlal's. VI.
findet es aurfallend, dass er nicht besonders häufig
vorkommt, da doch die Oberfläche der Eichel der An-
steckung mehr ausgesetzt ist, als die Harnröhre. Ref.
kaim versichern , dass er den Eicheltripper ohne od.
nach dem Beischlafe, nur bei langer Vorhaut, bei Ju-
den, bei denen der Harnröhrentripper doch nichts
Seltenes ist, nie beobachtet hat. Ich bin der An-
sicht , dass er stets nur durch Reizung erzeugt wird,
die auch einmal durch eine blennorrhoische Abson-
derung bedingt sein kann, ohne dass sie desshalb
einen ,, venerischen, also ansteckenden" Eicheltripper
zu verursachen vermag. Hiermit stimmt auch die
schnelle Beseitigung des Uebels schon bei der ge-
wöhnlichen Behandlung überein.
Nachdem das 3. und 4. Gap. von S. 274—290
besprochen sind , folgt der 3. und letzte Abschnitt :
die Syphilis, Wir stossen hier in dem 1. Gap.: Die
Ursachen und fFirkungen der Syphilis überhaupt,
wieder, wie natürlich, auf verschiedene schon in
dem vorigen Abschnitt unter den Ursachen der
**'nerischen Krankheiten angeregte Fragen. Ob eine
gesunde Frau von einem an syphil. Dyskrasie leiden-
den Manne syphil. Kinder bekommen könne , ohne
selbst an Syphilis zu leiden , hält Vf. , obschon ihm
selbst 2 derartige Fälle bei anständigen und allem
Anschein nach ganz gesunden Frauen vorkamen , di'e
auch nach einer 4 und 2Y2Jährigen Beobacbtug
ganz gesund blieben , doch für eine höchst zweifel-
hafte Meinung. Er zweifelt, dass die Frauen wäh-
rend der Schwangerschaft wirklich frei von Syphüii
waren. Es sind aber Vfs. Fälle nicht die einzigei,
sondern sind dergleichen von mehreren andern glaub-
würdigen Seiten her mitgetheilt worden. Die Gründe,
welche den Vf. zu seinen Zweifeln bestimmen, schei-
nen überdeni von geringem Gewicht. Er meint, es
sei schwer denkbar, „die Männer haben sich , «&-
rend sie prim. Geschwüre hatten, des Beischlafs lai
ihren Frauen ganz enthalten.*« Abgesehen davoa,
dass diess für Ref. durchaus nicht schwer denkbar, sc
ist ja auch die Frage nur die: ob Männer, mit sypkiL
Dyskrasie behaftet, Kinder zeugen und diese dadoid
syphilitisch werden können, ohne dass es die Matter
würden. Ebenso unbegreiflich scheint mir, wena
Vf., immer nur in Betracht seiner Fälle, also der S
anständigen Frauen, bemerkt, dass sie möglicher-
weise syphilitisch gewesen sein konnten, oder prim.
Geschwüre am Muttermunde hatten, ohne es za wis-
sen, was doch wohl dem Vf. nicht entgangen seie
würde. Jedenfalls ,. sagt er (S. 299) , komme es
ihm zu abenteuerlich vor, anzunehmen, dass der Sa-
me des Mannes den Keim der Syphilis in sich tragei
soll, und dass dieser Keim mit dem Kinde gross
werde , ohne die Mutter .zu afßciren. Andern nicht
Die Ansicht [die von Ricord aufgestellte Höglicfa-
keit], die Syphilis sei eine dem Menschen eigenthOm-
liehe Modification des Rotzes der Pferde» ist dem Vf.
zufolge deshalb durchaus nichtig, weil die Syphilis
des 15. Jahrh.in ihren Erscheinungen vollkommen voi
denen abwich, welche man heuzutage bei Menschet
beobachtet, die vom Rotze angesteckt wurden, ud
weil dieser beim Menschen jetzt fast immer tödüich,
was die Syphilis damals nicht war. [Diese Gründe
allein dürften kaum das durchaus Nichtige jener Ai-
sieht erweisen, und dürfen wir Be au 's hislorischea
Beleg daßr nicht mit Stillschweigen übergehen. Vgl.
diese Jahrbb. LXXVII. 319.] Das 2. Gap. betrachtet
in 2 Abtheilungen die Syphilis als i) prim., 2) co»-
stilutionelle. Vf. unterscheidet 3 Arten des prim.
Geschwürs, das oberflächliche, das indurirte und
phagedänisclie. Andere aufgestellte Formen lassen
sich leicht unter diese 3 subsumiren. Die Entwick-
lung des Geschwürs wird zufolge R i c o r d ' s kOost-
lieber Impfung beschrieben, wobei es heisst, dass
das gegen den 5. Tag gebildete Bläschen auf einem
kupferrothen Hofe sitze. Die häufig nur eingebildete
Kupferröthe der syphil. Hautaffectionen dürfte minde-
stens nicht so zeilig eintreten , auch erwähnt ihier
Riqord, wenigstens in den Briefen, nichL Der
indurirte Schanker wird als die häufigste Erscbei-
nungsart des prim. Geschwürs angegeben. Ref. sah
den oberflächlichen Schanker am häufigsten. Nach«
Holder, vener. Krankheiten.
101
dem die Umstände hervorgehoben sind, unter welchen
der phagedänische Schanker vorzugsweise entsteht,
heisst es , diese fehlen zuweilen aber alle , und die-
ser Schanker entsteht bei sonst ganz gesunden, kräf-
tiget Personen (S. 3 1 9), wodurch Vf. bewiesen sieht,
dass zu dessen Entstehung ,,im Grunde keine weitern
Bedingungen nOthig sind» als solche, welche im Bereiche
des syphil. Giftes selbst liegen." Bezugs des Bubon
d'embl^ [d*embl^e] bemerkt Vf. (S. 329), seine „Be-
obachtungen sprechen durchaus gegen das Vorkom-
men dieser Art von ßubonen dberhanpt. In allen
Fallen von bedeutenden Anschwellungen der Leisten-
drüsen ohne prim. Geschwüre waren sie entweder
von Syphiliden begleitet [woher aber diese?], oder
ihrer Entstehung war durchaus kein verdächtiger Bei-
schlaf vorausgegangen.*' Von den syphil. Bubonen
werden 3 Arten unterschieden : der acute, der indo-
lente (indurirte) und der phageüMnische Bubo. Die
2. Abtheilung zerfällt in I. allgemeine Bemerkungen,
II. Die Krankheitsformen der constitutione llen Sy-
philis. Wodurch die allgemeine Infection zu Stande
kommt, lässt -sich nicht bestimmt nachweisen. Das
Erseheinen so verschiedenartiger Constitutionen syphil.
Krankheitsformen setzt mit Nolhwendigkeit eine Ver-
mittlung des Blutes voraus, und steht als unumslöss-
liehe Tbatsache fest, dass die specifische Erkrankung
der LymphgeHlsse in der ersten Linie grossen Elinfluss
auf die Entstehung und Weilerverbreitung der con-
stitutionellen Zufdlle hat. Da sich diese Zufalle bis-
weilen erst nach mehreren Monaten , selbst Jahren,
einstellen , so ist man zu der Annahme einer syphil.
Dialhese genölhigt. Welche Veränderungen aber wUh-
rend des scheinbaren Gesundseins bis zum Ausbruch
der constitulionellen Erscheinungen im Körper vor
sich gehen , ist bis jetzt ebensowenig ermittelt. Die
conslitutionellen Symptome sind nicht verimpfbar,
aber mehrere derselben ansteckungsfähig , wofür die
Syphilis der Neugebornen und die durch sie bedingte
Ansteckung der Stillenden spricht. Ferner rechnet
Vr. hierher alle früh auftretende u. Eiter absondernde
conslitutionelle Afiectionen der Haut u. der Schleim-
haute, namentlich die Geschwüre der Schleimtuber-
keln , so wie der platten Tuberkeln und Pusteln der
Haut. Zu absolut ist (S. 343) der Ausspruch: ,,Den
in späterer Zeit entstehenden constitulionellen Aflec-
tionen, oder vielmehr den auf sie folgenden Geschwü-
ren wohnt keine Ansteckungsföhigkeit mehr inne.*'
Man denke nur an die Syphiloiden. Von Organen,
welche die Syphilis befällt, wird (S. 351) auch die
Leber genannt, obschon es S. 340 hiess, es sei noch
keineswegs über allen Zweifel erhaben, ob die in
neuerer Zeit [von Diltrich] beschriebene Affection
wirklich der Syphilis angehöre ; dagegen bleiben die
Luftröhre, Thymus, Lungen unerwähnt.
Die Beihenfolge der conslitutionellen Krankheita-
formen halt bestimmte Epochen ein. Vf. tadelt mit
den bekannten Gründen die Ricord'sche Einthetlung,
und es scheint ihm besser, der Zeitfolge nach, 3
Gruppen aufzustellen. Wir müssen um so mehr Vfs.
eigne Worte anführen, als uns die Auseinandersetzung
nicht ganz klar ist. „Bei der ersten Kundgebung der
Infection beschränkt sich der Process vorzugsweise
auf dieselben Organe, welche er gegen sein Ende,
wahrend seiner allmäligen Elimination aus dem Kör-
per, hauptsächlich zu seinem Sitze hat , nämlich auf
die Haut, die Schleimhäute und die Knochen \7}.
Die 2. Reihe stellt den syphil. Krankheitsprocess auf
der Höhe seiner Entfaltung dar und begreift AiTectio-
nen so ziemlich aller der Organe in sich, welche von
der Syphilis befallen werden können.^« Immer gehen
der 2. Erscheinungen aus der 1 . u. so der 3. Erschei-
nungen der andern 2 Gruppen voraus. Indess müs-
sen nicht alle Erscheinungsformen dieser Gruppen
durchgemacht werden , bevor die folgende eintreten
kann. Oft genügt nur eine einzige unbedeutende der
einen oder andern Reihe. Die 2. Gruppe hat , wie
die 1., die Eigenthümlichkcit , dass zwischen dem
Auftreten ihrer einzelnen Krankheilsformen Zwischen«'
räume von scheinbarer Gesundheit verfliessen, dass
man also deutliche Eruplionsepochen unterscheiden
kann. In der sehr speciellen Aufführung der einzelnen
Erscheinungen, welche jeder Gruppe überwiesen sind,
finden sich unier der 2. , ausser andern Affectionen,
angegeben: Entzündung der Beinhaut, Exostosen,
idiopathische Lähmung der Muskeln, Leherleiden, un-
ter der 3.: verhärtetete, serpiginöse oder pcrforirende
Hauttuberkein, liefe Haulgeschwüre, Caries des Schä-
dels, der Nasen- und Röhrenkuoeheo , Gehirnluber-
kel, bösartige Vereiterungen der Lymphgefllsse und
Drüsen und endlich die syphil. Kachexie.
Unter II. : den Krankheitsformen der constiiit-'
tionellen Syphilis, werden I) das Eruplionsfieber,
2) die Krankheilen der Haut und ihrer Anhänge, 3)
der Schleimhäute, 4) des Bindegewebes und der in
ihm enthaltenen Lymphdrüsen und GePasse, 5) der
Augen, 6) der Hoden und der cavernösen Körper des
Penis, 7) der Beinhaut u. der Knochen, 8) der Mus-
keln und Sehpen , 9) der Leber besprochen. Es ist
ein eigenlhümliches Verhalten der conslitutionellen
Syphilis, dass sie im Anfange durch fieberhafte Er-
scheinungen, gegen das Ende durch Entwicklung einer
Kachexie, allgemeine Krankheilssymptome hervorruft,
wäiirend sich die ganze zwischen diesen beiden Punk-*
ten liegende Reihe von Affectionen nur durch locale
Veränderungen ausspricht. Das allgem. Unwohlsein^
welches mit Beginn der Infection auftritt, ist zwar
bald mehr, bald weniger auffallend, fehlt aber selten,
und geht in jedem Falle dem Ausbruche der constilu-
tionellen Affectionen der Haut und Schleimhäute vor-^
aus.
II. Von den Syphiliden werden 5 Klassen aufge-
stellt: 1) Erytheme, 2) Papeln , 3) Blattern, wor-
unter wir Vesiculae, Pemphigus, Pustulae finden, 4)
Knoten und tiefe Geschwüre, 5) Krankheiten der
Haare und Nägel.
III. Auf den Schleimhäuten werden betrachtet:
Erytheme und Erosionen, Knötchen, Schleimtuber-
keln u. die auf diese folgenden Geschwüre, tiefliegende
Knoten und excavirte Geschwüre. -*
in
Holder, vejier. KrHildi^iU«.
IV. 1) Tuberkel des Unterhautbindegewebes und
Eodocardiiis. Der Zusammenhang der findocardilis
mit Sypliüis ist zwar nicht völlig , aber ebensowenig
deren UoabhUngigkeit davon bewiesen. Vf. theilt 2
einschlagende Seclionen von Melot u. Corvisart
mit. 2) Gummata (Nodositäten). Er sagt, diese
Benennung» welche häufig, aber irrthOmlicher Weise,
far Anschwellungen der Beinhaul und der Knochen
gebraucht wurde* habe R i c o r d für eine bestimmte
Klasse von harten , runden Gescliwttlsten des Binde^^
bautgewebes in Anspruch genommen. Diess ist aber
ebenso unntflhig, da hierfür die Benennung l^iberkel
ausreicht, und desshalb, weil Rico rd dem Namen
einen andern Begriff unterlegt , ist eher er, als dass
wir im Irrthum wären. Die Bezeichnung des Gummi
als weiche, des Tophus als harte Anschwellung der
Knochenhaut ist seit Langem von deutschen Chirurgen
sanctionirt. 3) Die conslilutionellen ßuhonen. Aus-
ser an dem Halse und in seltenen Fällen in der Leiste,
erwähnt Vf. ihrer auch in der Achselhöhle. Die
übrigen 5 Krankbeitsformen sind verhältnissmässig
ktirzer (S. 407 — 426) abgehandelt, und werden die
Affectionen der Muskeln nach Ricord und Bouis-
son, die der Leber nach Dittrich durchgegangen.
Das 3. Cap. des 3. Abschnitts hat die Behand-
lung der Syphilis zum Vorwurf. L Nachdem Vf.
genaue Indicalionen für das in den einzelnen Fällen
prim. Schanker einzuschlagende äussere Verfahren auf-
gestellt hat, spricht er sich bezugs des inncrn zu Rfs.
grösster üebereinslimmung für Verwerfung jeder be-
stimmten antisyphil. Kur, namentlich des Quecksilbers
aus. Karge Diät, Ruhe u. von Zeit zu Zeit ein Abführ-
mittel genügen vollkommen. Die frühere Methode,
bei jedem der Syphilis verdächtigen Geschwüre der
Gesehlechtstbeile den Kranken mit Quecksilber zu
übersät I igen, ist durchaus verwerflich, weil sie in
einer grossen Zahl von derartigen Fällen überflüssig
[schädlich] und auf keinen Fall im Stande ist, den
Ausbruch conslitutioneller Erscheinungen ganz zu
verhüten. Nur gegen indurirte und aus diesen ent-
stehende phagedünische Schanker ist ein mit Vorsicht
gereichtes passendes Mercurialpräparat oft von Nutzen.
Ausserdem hat man sich bei allen phagedänischen Ge-
schwüren auf das Gewissenhafteste vor dem Queck-
silber zu hüten. Hingegen rühmt Vf. innerlich, aus-
ser den bekannten Mitteln , als entschiedeh wirksam
das schwarze Kupferoxyd. Bei Behandlung der Bu-
bonen nennt Vf. von den örtlichen Mitteln die Gom-
pression das wirksamste, bemerkt aber alsbald dar-
auf, dass sie viele Kranke nicht vertragen , u. dass
sie bei andern gar keinen Erfolg hat. Bei indolen-
ten Rubonen soll man nie vergessen, dass sie ein
Zeichen schon stattgehabter allgem. Infection seien,
wesshalb man stets mit der Ortlichen eine allgemeine
Rehandlung zu verbinden habe. Desshalb gehörte
aber auch der indurirte Bubo nicht hierher, sondern
in den nächsten Abschnitt.
U. Behandlung der eonstituHonellen Syphilis,
^hst wir uns wundern, die einfache Behandlung
SU finden^ Vf. verordnet dabei nur aller 2 — 3 Taffe
die schwefele. Magnesia, so dass höchslens 3 — 4
flüssige Stühle erfolgen. Grössere und tägliche Ga-
ben verwirft er , weil sie neben chronischem Darm-
katarrh , auch zu Erythemen , Excoriationcn und tie-
feren Geschwüren der Lippen und der Mundhöhle
Veranlassung geben, Erscheinungen, die ich in einer
langen Reihe von Jahren so gut wie nicht beobachtet
habe. Vf. ist der Ansicht , die einfache Behandlung
passe nur für Spitäler, weil man nur da vollständig
Herr über das diätetische Verhalten der Kranken seL
In der Privatpraxis hält er sie für unanwendbar , un^
zieht er daher hier den Mercur vor. [Abgesehen da-
von, dass auch der Hospitalarzt nur zu oft von Kraa-
ken und Wärtern getäuscht wird , und dass Ref. ^
einfache Behandlung nur, aber auch stets, gegen eia-
fache Primärleiden in Gebrauch zieht, so steht so nd
fest, dass selbst Ueber tretungen der diätetischen Vor-
schriden bei der einfachen Behandl. nicht so nachtlieilif
wirken, als bei einer Mercurialbehandlung, u.dass biei-
bei auch der ungeschickte Arzt viel mehr Unheil an-
richten kann , und anrichtet. Sind es doch gerade
die Barbiere und Charlatane, welche nie ohne Queck-
silber quacksalbern, und kommen uns gerade dess-
halb von diesen Seiten her viel traurigere Fälle zur
Nachkur, als wenn diese Herren keinen Mercur ver-
ordnet hätten.] Unter den Bemerkungen gegen des
Mercur heisst es (S. 439), bei sehr warmer Witte-
rung werde er nur von Wenigen längere Zeit ertra-
gen , er mache rasph Diarrhöe und andere Intestinal-
Reizungen. Hierin scheint fast eine Bevorzugung
der entgegengesetzten Witterung involvirt zu sein,
doch lesen wir einige Zeilen später : „üüchsl noth-
wendig ist warmes Verhalten. Bei rauher ed. fencb-
ter Witterung bleibe der Kranke im Zimmer und
einen grössern Theil des Tages im Rett. Erkaltun-
gen verhindern nicht allein seine heilende Wirkung,
sondern rufen leicht Durchfälle, Koliken, Rheumatis-
mus u. sogar Speichelfluss hervor."
Hiermit ist' Ref. auf das Vollkommenste einver-
standen, aber eben desshalb zieht er auch, wenn sn-
lässig, die einfache Rehandlung in der Privatpraiis
vor, wo wir den Kranken nur sehr selten in der
Stube zu halten im Stande sind. Bei der Inunctions^
kur werden nicht einzelne Methoden, z. B. nach L o o-
vrier, Rust, Simon, Dittrich, Hampeis
angegeben , sondern nur im Allgemeinen , man reibe
in der Regel nur einmal , selten öfter , an verschie-
denen Stellen , 3ß bis höchstens .5jj von der Salbe
ein. Die Quecksilberräucherungen der Haut verwirft
der Vf. durchaus, weil sie nur sehr wenig nützen, n.
zu sehr reizen. [Nicht so Ricord und besonders
Parker, ihr grösster Lobredner. VgL Jahrbb.
LXXI. 252.] Vf. bespricht nun in Kürze die innen
Quecksilberpräparate, wobei das von Brada em-
pfohlene [vgl. diese Jahrbb. LV. 51] Deutojoduretnm
hydrargyri, dessen sich auch Gibert zu seinem
Jodkali-Jod-Syrup bedient, oder unter Jod , wo wir
auch die nähere Angabe der Mogsisovics* sehen
Kur vermissen» hätte erwähnt werden können* Ifoch
Kiwi« oh, Oebartsknnde.
103
ISUen viellercht das Antimoniom und Ferrutn tartari«-
katum, der Donnayan'sciie Liquor, die sogenannte
arabische Methode , die Anwendung des Galvanismua
nach G r u s s e 1 und wenigstens eher eine Stelle ver«-
dient, als die Priessnitz'sche Wasserkur, wodureh
mir wenigstens eine wirkliche Heilung von constitu^
Üoneller Syphilis bis jetzt nicht bekannt worden ist.
In einem Anhange: Die venerischen fVarzen
(Fegetationen, warzige, spitze Kondylome) spricht
Vf. Ober die lange Zeit stattgehabte Verwirrung, in-
dem man ihnen, gleich den syphilitischen platten Haut-
tuberkeln und Schleimtuberkeln, ebenfalls einen ve-
Der. Charakter beimass, obwohl sie sich sehr wesent-
lich dadurch unterscheiden , dass sie nicht aus rohen
Exsudaten, sondern aus Bindegewebe bestehen , und
für sich selbst weder das sypliil., noch überhaupt ir-
gend ein Gontagium producircn, wenn ihre Oberfläche
nicht der Sitz einer specifischen Afl'ection ist. Alle
diese Wucherungen gehen von dem Pnpillarkörper
aus [wesshalb auch die von Kraemer eingeführte
Benennung Papillom sehr bezeichnend ist]. Die
einzelnen Zapfen sind vergrdsserle, zu Cylindern aus-
gezogene Papillen. Die örtliche Behandlung ist aus-
reichend. Ref. erinnert sich recht gut noch aus dem
letzten Decennium gar mancher Falle , gegen welche,
trotz der so oft erprobten totalen Nutzlosigkeit und
Schädlichkeit des Mercurs bei einfachen Wucherun-
gen , wiederholt die Schmierkur angewendet wurde,
ohne dass ein anderes Resultat sich bemerken liess,
als dass die Constitution dadurch mehr oder weniger
zerrüttet wurde. Unserm Vf. aber sagen wir Tür seine
umfangreiche und gelungene Darstellung, die nament-
lich von vorn herein Zeugniss des angestrengtesten
Fleisses und umsichtiger Hcurtheilung ablegt, aufrich-
tigen Dank, und wünschen ihr recht viele Leser.
Hacker.
41. Die Geburtskunde mit Einschluss der Lehre
von den übrigen Fortpflanzungsvorgängen im
weiblichen Organismzis ; von Franz A. Ki-
wiscli Ritter von Rotterau, Doct. der
Med. und Chir. , haier. Hofr. , k. k. Prof. der
Geburtsh.« Vorstände d. geburtsh. Klinik f. Aerzte
und d. Klinik f. Frauenkrankheiten, Primärarzte
d. Ablheil. f. heimlich Gebärende zu Prag, meh-
rerer ärztl. Gesellschaften Milgliede. I. ^b-
theilung, Physiologie und Diätetik. Mit einem
lithographirten Atlas. Erlangen 1851. Verlag
von Ferd. Enke. 8. XXIVu.512S. (4Thlr.22Ngr.)
Die Begründung zum Schreiben eines Lehrbuches
der Gel^nrtskunde , in welchem Fache nur erst im
letzten Jahre 2 Lehrbücher, von Scanzoni und
von R 0 s 8 h i r t , die Presse verliessen , flndet (der
für die Wissenschaft zu früh verstorbene) Vf. in
der Thatsache , dass fast sämmtliche wichtigere Ab-
schnitte der Geburtskunde noch Gegenstand der Con-
troverse sind. Er selbst findet sich deshalb zum
Schreiben eines geburtshfilfliehen Lehrbuchs berech-
tigt, weil seine bisherigen literarischen Mittheilungen
Eum Theil beifilüige Auftiahme fanden, zvm Theil Ge-
genstand der Debatte wurden, und weil ihm zu aeiaen
Forschungen ein so reiches Material geboten ist.
Nach einigen Bemerkungen über Begriff und Ein--
theilung der Geburtskunde bespricht Vf. unter ^. die
Physiologie der Fortp flau zun gsvor^
gänge im fFeibe. L AbschniU. Physiologie
der Eibildung. Es umfasst dieser Abschnitt der
Reihe nach die Anatomie der Eierstocke , der Geblr*
mutter und ihrer Bänder in jungfräulichem Znstande»
der Eileiter, der Scheide u. der äussern Geachlecfata-'
theile ; hieran reiht sich die Anatomie des Beckens»
die Verbindungen der Beckenknochen, die räamlicheJl
Verhältnisse des Beckens , der Verlauf des Beckenka-«
nals und die Verhältnisse desselben zu den übrigen
Rumpftheilen , die Neigung und die Achsen des Bek-
kens ; das Verhältniss der Körperachse zur Richtung
des Beckenkanals, die Neigung des Beckens zum Ho-
rizont , der Verlauf des Beckenkanals, die FUhrungs-
linie, die Abweichungen der Bildung. Hierauf wird
das Becken mit seinen Weichtheilen betrachtet , und
zwar die Weichgebilde der Aussenfläche u. der obern
Beckenhühle, jene der untern Beckenhdhle und des
Reckenausganges, der Mastdarm u. die Auafülirungs-
Wege des Harns, der Beckenabschnilt des Bauchfells»
die Aufeinanderfolge der Schichten der W< :chtheile
des Beckenbodens und die Verlängerung des Becken-*
kanals durch die Weichtheile. Den ^chluss dieses
Abschnittes bildet die Anatomie der Brüste.
//. AbsehniU. Physiologie der Menstruation.
Der ganze Vorgang bei der Menstruation besteht nach
den neuesten Erfahrungen in einer durch die Heran*
reifung der* Eier hervorgerufenen eigenthümllcben
Nervenstimmung, welche sich durch eine periodisch
wiederkehrende, in den Geschlechtsorganen auftre-
tende Hyperämie äussert. Diese Hyperämie führt im
Eierstocke zu einer raschen^ Steigerung des in den
Graarschen Follikeln enthaltenen flüssigen Secrets,
und hierdurch zur Berstung der am meisten entwik-
kelten und aufgelockerten FollikeU im Uterus u. bis-
weilen auch in den Tuben zu freiem Blutergusse, in
den übrigen Genitalien meist zur vermehrten Intu-
mescenz und zur vermehrten Secretion der Schleim-
faautfläche. Jedenfalls sind die begleitenden Conge-
stionserscheinungen im Eierstocke das hauptsächlich-
ste bei dem ganzen Processe, wogegen die Hyperä-
mie im übrigen Sexualapparate eine mehr oder min-
der untergeordnete Bedeutung hat. Vf. glaubt an-
nehmen zu müssen, dass die blutige Ausscheidung
der Gebärmutter für die Entleerung der Graafschett
Follikel ganz und gar eine Nebenerscheinung ist, dass
aber für die Aufnahme des Eies in die Eileiter, für
die Vorbereitung der Gebärmutter zur Ernährung des
befruchteten Keimes die Hyperämie dieser Theile nicht
gleichgültig sei. Ist der Grad der Hyperämie im Eier-
stocke zu unbeträchtlich, so entspricht er dem Zwecke
der Menstruation nicht, indem keine Follikuiarber-
stung zu Stande kommt. Da der ganze Vorgang bei
der Menstruation unmittelbar an eine bestimmte Ent-
wicklung der fiierstttcke geknüpft ist, so können
104
Kiwi seh, Geburtskunde.
Weiber ohae Eierstocke, oder mit unentwickelten
Eierstöcken, oder ohne Follikel in denselben nicht
menstruirt sein. Die Frage anlangend, ob die Men-
struation der einzige Weg ist, auf dem die Graaf-
schen Follikel zur Entleerung gelangen , so entschei-
det sie Vf. dahin , dass wohl jede Hyperämie , wenn
sie den nOthigen Inlensilälsgrad erreicht , zu dersel-
ben Erscheinung, wie die Menstruation , fahren kann,
dass aber die vorabergehende GeschlechtsauDegung
während des Coitus eine genttgende Hyperämie im
Eierstocke nicht zu erregen vermag. In den folgen-
den $§. ist die Hede vom Corpus luteum , von den
Erscheinungen in den übrigen Genitalien , von der
blutigen Ausscheidung der Gebärmutier, von den be-
gleitenden Erscheinungen der Menstruation und von
dem Verhältnisse der Erscheinungen im Eierstocke
zu jenen im Gesammtorganismus.
///. Abschnitt. Physiologie der Befruchtung,
Der Abschnitt beginnt mit ßetruchtungen Über die Be-
schalTenheit des männlichen Samens. Hieran kuOpfen
•ich die Bedingungen der BefruchtungsPahigkeit des
Weibes. Mau nimmt im Allgemeinen an , dass das
franzenförmige Ende der Tuba den Eierstock finger-
förmig umfasse und so den Eintritt des Eies in den-
selben uothwendig mache; zur Erklärung dieser An-
lagerung hat man eine Art congestive Erection der
Tuben angenommen , durch welche ein Klaffen der
Tubenmttndung erzielt werden sollte; auch glaubte
man, in der Muskelbewegung der Tuben ein begün-
stigendes Moment für die Aufnahme des Eies zu fin-
den. Vf. kann sich hiermit nicht einvorstanden er-
klären. Die Fimbrien der Tuben liegen fn der Regel
an der vordem Fläche des Eierstockes und beßnden
sich auch unter den gewöhnlichen Verhältnissen in
einer sehr innigen Anlagerung. Ein Umfassen ist an
der hintern Fläche des Ovarium , wo doch auch Fol-
likel bersten, in allen jenen Fällen undenkbar, wo
das Tubenende vor dem Eierstocke liegt , indem sich
hier die Tuba hinter das Ovarium begeben und das-
selbe von der seitlichen Beckenwand wegdrucken
müsste. Vf. nimmt an , dass die während der Men-
struation eintretende Turgescenz der Fimbrien nur
einfach den Zweck hat, durch Entfaltung derselben
eine grössere Berührungsfläche darzubieten , ohne
dass damit eine Bewegung in der Richtung des ber-
stenden Follikels verknüpft wäre. Die auf die Ber-
stung des Follikels folgende Ergiessung seines Inhalts
darf man sich nicht als eine Art Ejaculatiun, sondern
nur als ein atlinäliges Hervorquellen vorstellen. Die
häufigsten Berslungen ergeben sich am obern freien
Rande des Eierstockes, und von hier aus fliesst der
Inhalt .'Hl der vordem oder hintern Fläche desselben
nach dem Gesetze der Schwere herab , und begegnet
auf diesem Wege an der vordem Seile in den meisten
Fällen der Schleimhaulobernäche der angelngcrlen
Fimbrien. Auf irgend eine Weise, wohl durch Wim-
perbewegung des Flimmerepitheliums , wird das Ei
von allen Punkten der Schleimhaut gegen das Innere
des Tubenkanals fortgeleitet; trifft aber das Ei nicht
auf eine Schleimhautparlic der Fimbrien , so musi n
in der Beckenhöhle entweder zwecklos zu Grunde
gehen, oder es findet eine Befruchtung an m^
wohnlichem Orte Statt. Die Weiterbeförderung des
Eies in den Tuben geschieht wohl schwerlich durd
peristaltische Bewegung in den letztem, senden
durch die Flimmerbewegung des Epitheliums.
Die Eier werden gewöhnlich in den ersten Ta^s
der Menstruation ausgeslossen , und bedürfen einer
etwa 6 — 12tägigen Frist um die Tuba zu darcb-
schreiten, und sind auf diesem Wege und vielleicht
auch noch in der Gebärmutter befruchtungsf^hig.
Die Samenfaden bedürfen einer mehrstündigen Friü
um bis in die Tuben und wahrscheinlich mehr i\%%
Stunden, um bis zu dem Eierstocke zu gelangen, oii
erhalten sich durch etwa 8 bis 10 Tage zeugungs-
fähig. Der Ort des Zusammentreffens des Eiesisii
den Samenfaden hängt hauptsächlich von der Zeihli,
in welcher der Coitus vollzogen wird. In der Geblr-
multer angelangt, geht das Ei früher oder später sei-
ner Auflösung entgegen, und vvird hierdurch zur B^
fruchtung unfähig, woraus hervorgeht , dass es zwi-
schen je 2 Menstruationen eine Zeitgiebt, wo das
Weih nicht conceptionsHlhig ist. — Mit gleicher
Genauigkeit werden nun weiter die bewegenden KrSfte
des Samens , der Ort und der Vorgang der ßefructi-
tung und die Betheiligung des Weibes beim Coitos
abgehandelt; ein näheres Eingehen auf diese eioiel-
nen Punkte gestattet der Raum nicht. Den Schlass
dieses Abschnittes bildet ein über die Zeichen der
Defloration handelnder Paragraph.
IF. Abschnitt, Physiologie der Schwanger-
schaft, Die Schwangerschaft des Weibes stelll jenen
Zustand dar, in welchem sich dasselbe während «ler
ganzen Zeit beGndet , wo ein mehr oder minder enl-
wickeltes, gleichviel oh normales od. abuormes Ei sieb
innerhalb seines Organismus aufliält. Vf. Iheill diesei
wichtigen Abschn. in mehrere Theile. I. Physiologie
der Entwicklung des befruchteten Eies; hier werdender
Reihe nach besprochen : die ersten Erscheinung»
am befruchteten Eie, die erste Embryoanlage, die
Umwandlung der peripherischen Theile des Eies, der
1. und 2. Kreislauf, die Bildung der Placenla und
Einiges über die jüngsten menschlichen Embryonen.
Hierauf geht Vf. die Beschaffenheit des Eies am Eodc
jedes einzelnen Schwangerschaflsmonates durch. Dann
kommt er zur Betrachtung des reifen Eies, und zw«'
a) zur Frucht, und b) zu den die Frucht umgebenden
Eitheilen. Ueher die Membrana decidua spricht <r
sich dahin aus, dass die hyperlrophirte, aufgelockerte
Innenfläche der Schleimhaut der Gebärmurier d«
kleine Ei in seinem nächsten Ringum fange umwuclierli
es durch Verwachsung dieser Um Wucherung h«"****
förmig einschliesst und so die Decidua reflexa hW^
Diese wird durch das Wachslhum des Eies ausgedehnt,
anfänglich dicker, später verdünnt, und verschoiiW
im 2.Schwangerschafl8monate mit der übrigen Schleim-
haut, welche. die Decidua vera darstellt. Der Z«^«^
dieser dem Menschen eigenthümlichen ümwucheruBg
Kiwifcb, fiebarUkuDde.
10«
Jieiot die Fixirung des £ie8 zu s€in, welche wegen
ir aurreehtea Stellung des Menschen notbwendiger
in dürfte, als beim Thiere* Dort, wo die Um-
uchervng sich ursprttnglich erhoben , erübrigt eine
eile , wo das Ei in beständiger Berührung mit der
icidua vera bleibt; diese anfangs kleine Stelle nimmt
ii der VergrOsserung aller Theile gleichfalls an Um-
Dg zu , und wird zunächst der Sitz der Placentar-
itwicklung , während an der übrigen Peripherie des
es Decidua vera und reflexa allmälig verschmelzen,
ifässlos werden und alrophiren. Sehr natürlich
tiht sich hieran die Betrachtung des Mullerkuehensi
obei Vf. eine Reihe eigener Ansichten ausspricht,
e sich auf seine in Gemeinschaft mit Bochdalek,
0 1 1 i k e r und V i r c h o w angestellten Untersuchun-
in stützen und der Beachtung im höchsten Grade
erth erscheinen. Die nächsten $$. handeln über
sn Nabelstrang, die Lederhaut, Schafhaul und das
ruchtwasser.
In dem Abschnitte , der von der Ernährung der
rucht handelt, ist zunächst von der Secrelion der
nniotischen Flüssigkeit und ihrer Bedeutung für die
mährnng der Frucht die Rede; in letzterer Bezie-
nng bemerkt Vf. , dass die Bedeutung der amnioti-
oben Flüssigkeit für die Ernährung der heranreifen-
en Frucht zwar nicht ganz in Abrede gestellt werden
arf, dass sie jedoch von sehr untergeordneter Art
it und in dem Maasse abzunehmen scheint , als die
Vnchl der vollen Reif^ näher steht. Nach Darstel-
BBg der fötalen Kreislaufswege und Besprechung des
Haien Blutlaufes wird die Function der Placenta er-
örtert und zunächst untersucht , ob die Placenta Er-
lährungs- oder Respirationsorgan ist; Vf. entschei-
let diese Frage dahin, dass ein Respirationsprocess
ti dem gewohnlichen Sinne in der Placenta nicht an-
;unehmen ist. Es folgen nun die Ernährungsvor-
^nge innerhalb des Fötus , worauf die Wechselwir-
;nng zwischen Frucht und Mutler besprochen wird ;
fierbei findet die zum Theil noch gangbare Lehre
am Versehen der Schwangern, und die selbst unter
Merzten noch sehr verbreitete Ansicht vom Einflüsse
les Nervensystems der Mutter auf jenes der Frucht
bre Abfertigung. Die Lage und Haltung der Frucht
anerhalb der Gebärmutter füllen die nächsten Seiten
lus; bei der Genauigkeit, mit welcher fast alle an-
lere Punkte vom Vf. behandelt werden , erscheint es
ms auffallend, gerade diesen interessanten, neuer-
Kngs so vielseitig besprochenen Punkt, etwas stief-
Btltterlich bebandelt zu sehen.
Bei Besprechung der mehrfachen Schwanger-
schaft äussert Vf. die Ansicht , dass , wenn 2 gleich-
zeitig befruchtete Eier (denn es künnen bei einzelnen
Uenstruationen mehrere Follikel bersten) in die Ge-
bärmutterhöhle aufgenommen werden, sie sich, wenn
lie von einem Eierstocke herrühren, in der aufge-
lockerten Decidua dicht nebeneinander einpflanzen,
flammen sie dagegen aus verschiedenen Eierstücken,
bo können sie längere Zeit von einander getrennt sein
' Med. Jahrbb. Bd. 74. Hfi. 1.
und erst später , oder auch gar nicht, in BerOhruDg
kommen; hieraus dürften wohl grösstentheils die
mehr oder minder innigen Beziehungen zweier Früchte
zu einander hervorgehen. Mit Ausnahme der Fälle,
wo die Früchte sich in getheilien Gebärmutlerhöhlea
befinden , besitzen die sämmtlichen zur Entwicklung
gelangten Eier immer eine gemeinschaftliche Decidua,
das Chorion ist bald ein gemeinschaftliches, bald für
ein jedes Ei besonders vorhanden, während da? Am-
nion mit höchst seltenen Ausnahmen fast immer voll-
ständig doppelt vorhanden ist. Gegen die Annahme
einer Ueberfruchtung, wenn man darunter versteht,
dass ein in kurzen Zwischenräumen wiederholter Coi-
tus eine Befruchtung verschiedener, eben vorbände*
ner Eier in der Aufeinanderfolge bewirken kann, lässt
sich physiologisch nichts Erhebliches einwenden.
Eine Ueberschwängerung , Conception einer in der
Scliwangerschuft bereits mehr oder weniger vorge-
schrittenen Frau , ist bei Uterus bicornis zwar nicht
wahrscheinlich, doch nicht unmöglich.
IL Physiologie der Scbwangerschaftserscbeinun-
gen im mütterlichen Organismus. 1) Veränderungen
in den Genitalien , a) in der Gebärmutter und ihren
Bändern : VergrOsserung des Uterus und deren Ursa-
che, Veränderung der Form, der Lage, der Stel«*
lung, des Umfanges und der Textur der schwängern
Gebärmutter, Nerventbäligkeit derselben, Verände-
rungen ihres Gefässapparates , ihres Periionäalabeiw
zugs und der Bänder, so wie der Dicke ihrer Wanr
düngen ; b) Veränderungen in der Scheide und den
äussern Geschlechtstheilen ; c) in den Eierstöcken
und in der Menstruation ; Untersuchung ob Folliki»-
larberslungen , während der Schwangerschaft vor-
kommen; d) Veränderungen in den Brüsten. Bei
Besprechung der Veränderungen in der Textur der
schwangern Gebärmutter bemerkt Vf.: „Aus der gan-
zen Anordnung der Muskelfasern ergiebt sich , dass
das Organ sich in allen Richtungen, und wenn es
ganz ausgedehnt ist und alle Muskelschichten thätig
sind, centripetal nach Art des Herzens zusammen-
zieht, von welcher Zusammenziehung auch der äus-
sere Muttermund nidit ausgeschlossen ist. Hierbei
ergiebt sich aber die Eigenthümlichkeit , dass die
Mächtigkeit der Muskelschichten in den obern Theilen
viel beträchtlicher ist, als im Cervicalkanal, woselbst
sie wieder in der Richtung gegen den äussern Mut-
termund stetig abnimmt. Diess hat die noth wendige
Folge, dass, wenn sich das ganze Organ über einem
widerstrebenden Inhalt kräftig zusammenzieht, die
Thätigkeit der nach unten liegenden zarten Schiebten
überwunden wird, und diese Partie eine passive Aus-
dehnung gestattet, welche, wenn sie beträchtlich
wird, immer mit Zerreissung der Faserbttndel ver-
knüpft ist , wie sich diess fast bei jeder Geburt er-
giebt." — 2) Veränderungen in den die schwan-
gere Gebärmutter umgebenden Theilen; a) in den
Becken-, Bauch- u. Brustorganen, b) in den Bauch-
decken u. dem NabeL — 3) Veränderungen in deu
U
106
Kiwi seh, Gebartskande.
Gesammtorganismus der Schwängern und daraus her-
vorgehende sympathische Erscheinungen in den ver-
schiedenen Organen ; Betheiligung des Nervensystems ;
Veränderungen in der Blulmasse, Chlorose der
Schwangern , Störungen im Gesammtbefinden , Deu-
tung derselben , örtliche Hyperämie und Plethora ;
Beziehung des Nervensystems zu der Blutvei^Sinderung ;
Veränderungen in den ErnSlhrungsvorgangen , Verän-
derungen im Harn, Kyestein ; Auflockerung der Bek-
kensymphysen. Gegen die Ansicht von Scanzoni,
Gazeaux und Andern erklärt Vf., dass die Lehre
vom Kyestein als Schwangerschaflszeichen völlig un-
haltbar sei ; er hat noch in der letzten Zeil umfas-
sende Untersuchungen darüber angestellt. Eine Auf-
lockerung der Verbindung der Beckenknochen hat Vf.
in irgend auflallenderem Maasse nie angetroffen,
wenn nicht offenbare Erkrankungen der Beckenverbin-
dangen vorhanden waren.
III. Diagnose der Schwangerschaft. A. Die ge-
burlshulfliche Untersuchung. 1) Aeussere Untersu-
chung, a) Untersuchung des Unterleibes; diese hat
zum Zweck: die Erkenntniss der Vergrösserung der
Gebürmulter u. der von ihr eingeschlossenen Frucht.
Nach Angabe des Verfahrens bei der Palpation des
schwangern Unterleibes und deren Besultaten, sowie
nach Erwähnung der Percussion wendet sich Vf. zur
Auscultalion und deren Ergebnissen; dabei werden
zuerst die Herztöne des Fötus , und darauf die mül-
terlichen Gefässgeräuscfae am Unlerleibe der Schwan-
gern besprochen. Fortgesetzte Untersuchungen lehr-
ten den Vf., dass es immer nur die arteriellen grös-
sern GefHsse der Gebärmutter sind, und zwar am
häufigsten der Stamm der A. uterina , seltner deren
stärkere Queräste und die Spermatica interna, wel-
che diese Geräusche erzeugen. Er verweilt bei die-
sem Gegenstände etwas länger, weil er selbst einige
Zeit hindurch die fraglichen Geräusche von der A.
epigastrica inferior abzuleiten müssen glaulilc, und
führt die dafür und dawider sprechenden Gründe aus-
führlich an ; ebenso genau bekämpft er die beson-
ders von Scanzoni vertretene Ansicht, dass die
Geräusche in den Venen der Gebärmutter und des
Beckens entstehen, und die Annahme, dass sie in den
comprimirten Beckengef^ssen und in der Aorta ihren
Sitz haben. Eine Beziehung der Geräusche zur In-
sertionsstelle der Placenla muss als irrlhümlich be-
zeichnet werden, da der regelmässige Sitz derselben
die obere Inguinalgegend ist. Die in Rede stehenden
Geräusche sind nicht ausschliesslich der Schwanger-
schaft zukommend, sondern werden auch bei beträcht-
lichen Vergrösserungen und Dislocationen der Gebär-
mutter beobachtet; da jedoch diese Krankheiten im
Ganzen selten sind, und sich von Schwangerschaft
meist ohne Schwierigkeit unterscheiden lassen, so
behalten die Geräusche doch immer grossen Werih
für die Schwangerschaflsdiagnose. b) Untersuchung
der Brüste. — 2) Innere Untersuchung, a) Ma-
nuelle Untersuchung durch die Scheide , b) Untersu-
chung mit der Gebärmuttersonde , c) mit dem Schei-
denspiegel, und d) durch das Rectum.
B. Diagnostische Würdigung der Schwaige
schaflszeichen. a) Im Allgemeinen. 1) WOrdign
der subjectiven und anamnetischen Zeichen; du An
bleiben der Menstruation ; die sympathischen Ersde
nungen, die Umfangszunahme des Unterleibes und fe
Brüste, die Kindesbewegungen. 2) EintheilQDffo
objectiven Zeichen ; Zeichen , die nur bisweilen m
sichere Diagnose gestatten, Zeichen, die für sieh il-
lein keinen sichern Schluss auf Schwangerschaft nj
lassen, Zeichen die immer vorhanden sind, und seil
che, die mangeln können. Zu den Zeichen,!^
immer vorhanden sein müssen, gehört die der Schwa-
ger seh afts da uer entsprechende Vergrösserong k
Gebärmutter und deren Form- und Textarverii^
rung, sowie die Ausdehnung des Unterleibes ui^Ae
hiermit nothwendig zusammenhängenden VerSodmi-
gen der Bauchhaut, dann die Hypertrophie und Ui-
kerung der Vagina und der äussern Genitalien. Di»
Zeichen sind neben der ausbleibenden Menstritatii
häufig die einzigen Anhaltspunkte für die Erkeoitiii
der Schwangerschaft, namentlich in den ersten Id-
nalen. Alle übrigen Erscheinungen können sich k
ganze Schwangerschaft hindurch entweder der Uat»'
suchung entziehen , oder mangeln , oder zweifeilui
sein , wenngleich diess , besonders im spSiaj
Schwangerschaftsverlaufe , eine Seltenheit ist. A
b) Diagnostische Würdigung der Schwangerschafi«
zeichen in Bezug auf Berechnung der SchwaB|[a*
Schaftsdauer. Berechnung nach dem Äusbleibeoda
Menstruation , nach der umfangszunahme der Gebi^
multer, aus den Veränderungen des Vagioallheb
nach der ersten Fruchtbewegung und nach ander«»
ten Erscheinungen. Am Schlüsse dieses Absciiflitlfi^
sagt Vf.: „der entsprechendste Vorgang bei der Vr
ausbestimmung des Geburtseintrittes bei einer flocb-
schwangern ist der , dass man den Tag des IM»
der letzten Menstruation und den der ersten Eopfii-
düng von Kindesbewegungen zu erfahren bemdbl iH
worauf man die Dimensionen der Gebärmutter, it
Verhältnisse der Vaginalportion und wo möi^^^
der Kindesgrösse zu ermessen hat. In denFlUeii
wo Alles eine entsprechende Uebereinslimmuog dtf-
bietet, lässt sich die Schwangerschaft mit xieoilii^
Genauigkeit berechnen ; im gegen theiligen Falle v»
man sich bemühen , die vorhandenen Abweicboisc^
aus individuellen Verhältnissen zu erklären undf^
den unwichtigem Erscheinungen ganz abzusehen."
c) Diagnose der ersten und wiederholten ScbwlD|;0i
rung. — d) Differentielle Diagnostik der Schwaog«i*
Schaft ; diagnostische Irrthümer, die sich im BegiMi
der Schwangerschaft ergeben und solche, die io «f*
tern Verlaufe derselben vorkommen. — e) Diagnose»
mehrfachen Schwangerschaft, u. 0 Diagnose d«f'*^
und des Todes der Frucht; hieran knöpfen sidjßj
örlerungen über die Veränderungen, welche dieft«**
nach erfolgtem Tode im Mullerleibe erleidet, ^
lange eine todte Frucht im Mutlerleibe verweiWi
kann, und welchen Einfluss eine todte Fracht auf
Gebärmutter u. den Gesammtorganismus dcrScbwiJ'
gern ausübt. In leuterer Beziehung bemerkt
Kiwi seil» Gebartskande.
107
«8 der Tod der Fracht wohl hauptsächlich nur da-
trch die GebSrroulter zur Gontraclion erregt, dass
il der Zeit durch die erfolgende Abnahme des Um-
iges des Eies die in ihrer Entwicklung fortschrei-
ide Gebärmutter, in der Art, wie durch den natUr-
ben Abfluss des Fruchtwassers, allin!flig in Thätig-
ii versetzt wird.
F. AhschnüL Physiologie der Geburt Die
isentlichste Eintheilung der Geburt ist die in die
ysiologische oder regelmässige, und in die patholo-
sche oder regelwidrige; erslere lässt die weitere
iterabtheilung in die gewöhnliche und ungewühn-
he zu. Die Ursache des Oeburtseintrills anlan-
nd iHsst sich Vf. in folgender Weise vernehmen :
lede Ausdehnung der Gebarmutter setzt die Dispo-
lion zur Contraction und steigert sie in dem Maasse,
} dieselbe beträchtlicher und allgemeiner wird. Die
mtraction ist zugleich um so nachhaltiger, je ent-
ickelter die Muskelfaser und je kugelförmiger die
istalt der Gebärmutter ist, u. je leichter der Inhalt
Tselben nach Aussen tritt. Alle diese Bedingungen
dd am Ende der Schwangerschaft am günstigsten
^rhanden , weshalb es nur der relativ geringsten
nreguDg bedarf, um die Geburt in Gang zu bringen
s. w. Das erregende Moment ist das Gesetz der
pischen Thäligkeit des menschlichen Organismus
lerhaupt, und scheint bezüglich der Geburt zunächst
IS dem menstrualen Typus der weiblichen Organisa-
on hervorzugehen , so dass immer von 4 zu 4 Wo-
len auch während der Schwangerschaft sich eine
ehr oder minder bemerkbare Erregung der Sexual-
*gane einstellt, welche jedoch erst dann von auffal-
nder Nachwirkung ist, wenn sich die Gebärmutter
if der erwähnten Stufe der höchsten Reizempfind-
:bkeit befindet." Es folgt hierauf das Gapttel über
e Physiologie der Wehen, über Begriff, Richtung
nd Art der Contraction, über Erregung derselben,
iadien, Wehenschmerz und seine Modificationen,
)rmveränderung der Gebärmutter während der We-
sn , Gesammtveränderungen. Hieran reiht sich die
häligkeit der Bauchpresse, so wie die Thätigkeit der
cheide und der äussern Geschlechtstheile.
Ein ziemlich umfangreicher Abschnitt ist der den
erlauf der regelmässigen Geburt behandelnde. Den
•sten Platz füllt hier eine allgemeine Schilderung
Ml Geburtsverlaufes aus, den Vf. in 5 Perioden zer-
Uen lägst, indem er dabei der in Deutschland am
eisten verbreiteten Eintheilungsweise^ folgt; es ist
brigens, wenn man nicht in extreme Eigenthümlich-
Uten verfällt, ziemlich unerheblich , ob man 3 oder
oder 6 Geburtsperioden annimmt. Hierauf folgt
ie speeielle Schilderung der Modificationen des Ge-
ortsverlaufes durch die verschiedenen mechanischen
orgänge. Lage und Stellung der Frucht während
BT Geburt; Mechanismus der Geburt bei vorliegen-
lim Schädel , Verschiedenheit der Höhe des Kopf-
lindes im Geburtsbeginne, Verschiedenheit der Stel-
mig des Schädels ; gewöhnlicher Vorgang im Mecha-
lismus der Scbädelgeburt, die Geburt des Kopfes,
der übrigen Theile; Unterschiede des Mechanismus
bei den einzelnen Lagen. Ungewöhnliche Vorgänge
im Mechanismus der Schädelgeburt, tieferer Stand
der grossen Fontanelle ; Austritt des Kopfes im que-
ren Durchmesser des Beckenausganges. Mechanismus
der Geburt bei vorliegendem Gesicht, Stellungen und
Durchtritts weise des Gesichts, Umwandlung in Schei-
tellagen, Ursachen, Zahlenverhältniss. — Bei Be-
sprechung der ungewöhnlichen Vorgänge im Mecha-
nismus der Schädelgeburt bemerkt Vf., dass nach sei-
nen Untersuchungen eine gewöhnliche 1. u. 2. Kopf-
stellung beim tiefern Herabtreten des Schädels sich
nur dann in eine sogenannte 3. und 4. umwandeln
kann, d. h. die grosse Fontanelle nach vorn wenden,
wenn diese überhaupt schon einen tiefern Stand ein-
genommen hat. So wie aber einmal die kleine Fon-
tanelle auffallend tiefer steht, als die grosse, wie es
gewöhnlich der Fall ist, so ist auch die Möglichkeit
für die fragliche Modification des Kopfaustritts nicht
mehr geboten. Nichtsdestoweniger ereignet es sich
im weitern Geburtsverlaufe häufig, dass die ursprüng-
lich tiefer stehende grosse Fontanelle später zurück-
bleibt und doch die kleine tiefer herabgetrieben wird,
worauf der Geburtsvorgang wieder den gewöhnlichen
Fortschritt nimmt. — Mechanismus der Geburt bei
Beckenlagen; Steiss-, Fuss- und Knielagen; Hallung
der Frucht, Eintheilung dieser Lagen, Stellungen
des Sleisses, anderweitige Verschiedenheiten bei
Steisslagen , Geburtsmechanismus. Ungewöhnliche
Stellung des Steisses, ungewöhnliche Lage der Extre-
mitäten , Verlauf der Fussgeburt, ungewöhnliche Stel-
lung des nachfolgenden Kopfes; Zahlenverhältniss.
— Mechanismus der Geburt bei Quer- und Schief-
lagen; vorliegende Theile, Häufigkeit der Schulter-
lagen, Stellungen, Haltung der Frucht, Selbstwendung,
Selbstentwicklung; Fälle, wo die spontane Geburt un-
möglich ist ; Ursachen der Schieflagen, Frequenz. —
Diagnose der verschiedenen Fruchtlagen u. Fruchtstel-
lungen : durch äussere Besichtigung des Unterleibes,
durch Palpation und Kindesbewegungen , durch Aus-
cultation, durch innere Exploration; Diagnose der
einzelnen Lagen und Stellungen der Frucht durch die
innere Exploration. — Prognose des Geburtsver-
laufes bei den verschiedenen Lagen und Stellungen
der Frucht. — Verlauf der Geburt bei mehrfacher
Schwangerschaft.
FI. Abschnitt. Physiologie des Wochenbettes
und der Säugperiode. Veränderungen der Genita-
lien während des Wochenbettes; a) der Gebärmütter;
Contraction der puerperalen Gebärmutter , Nachwe-
hen ; Veränderungen der Grösse , der Configuration
und Lage der puerperalen Gebärmutter, Secretion
derselben ; b) puerperale Veränderungen der Scheide,
der äussern Genitalien und der übrigen Gebärmutter-
anhänge; c) Veränderungen in den Brüsten, Colo-
strum, Milch; qualitative Zusammensetzung dersel-
ben, Einfluss medicamentöser Körper auf sie, Einfluss
der Gemüthsbewegungen ; Quantität der Secretion;
Erscheinungen beim Abstillen ; das Milchfieber ; '4)
108
Kiwi9«h» Gebvrtsktnde.
puerperale Verifttdemngen in den ausserhalb der Ge-
schlechtstheile liegenden Organen. — Diagnosti-
sche Wardignog der puerperalen Erscheinungen;
Diagnose der staugefundenen Entbindung, Würdi-
gung der Nachwehen , des Milchfiebers und der con-
gestiven Schwellung der Brüste; Diagnose dei* Eig-
nung zum Saugegeschäfte , Wahl einer Amme. Bei
Besprechung des erstem dieser beiden letzten Punkte
sagt Vf., dass alle heftigem, anhaltenden Erkrankun-
gen der Wöchnerinnen als dringende Gegenanzeigen
des SHugens anzusehen sind; es werden in dieser
Beziehung oft noch MissgrifTe begangen , indem man,
von dem Wahne befangen , dass die zurückgehaltene
Milchausscheidung dem KOrper verderblich werden
könne, die kranken Wöchnerinnen bis zum letzten
Augenblicke der Qual des fruchtlosen SSugens un-
terwirft.
Anhang, Physiologie der am neugebornen
Kinde sich ergebenden eigenthümlichen Erschei-
nungen. 1) Der beginnende Alhraungsprocess und
die Umwandlung des fötalen in den kindlichen Kreis-
lauf; das Alhmen während der Geburt, Gemitus ute-
rinus, erklärt Vf. wo nicht für unmöglich, doch we-
nigstens für höchst unwahrscheinlich. 2) Die Tren-
nung des Kindes von den Nachgeburtstheilcn und die
Abstossung des Nabelstrangresles, 3) Sitz und Ver-
lauf der Geburtsgeschwulst. 4) Veränderung in den
Ernährungsvorgängen des neugebornen Kindes.
B. Diätetik der verschiedenen Pha-
sen der Fortpflanzungsvorgänge im
weiblichen Organismus, 1) Diätetik der
Menstruation, 2) der Befruchtung, 3) der Schwan-
gerschaft : Einfluss körperlicher Anstrengungen , der
Nahrungsmittel , der Bekleidung, der Reinhaltung des
Körpers; die Pflege der Brüste, Einfluss von Ge-
müthsbewegungen ; Verfahren gegen belästigende
Symptome , Einfluss therapeutischer Eingrifi*e ; 4)
Diätetik der Geburt; Obliegenheilen der Hebammen,
Feststellung der Diagnose und Prognose der Geburt,
Lagerung der Gebärenden, das Kreissbett, gehurls-
hülfliche Gerälhschaften; allgemeine diätetische Maass-
regeln während der Geburt. Die Unterstützung des
Dammes bei Schädellagen ; das Empfangen des aus-
tretenden Kindes und das Abnabeln desselben ; das
Hervorleiten der Nachgeburt. Abänderungen im diä-
tetischen Verfahren bei ungewöhnlichen Kindeslagen
und bei Zwiliingsgeburt. 5) Diätetik des Wochen-
bettes ; die ersten Vorkehrungen , Einleitung des
Säugegeschäfts, Bestimmung der Dauer desselben,
Verabreichung der Nahrungsmittel im Wochenbette,
Üeberwachung des Befindens der Wöchnerin , das
Verweilen der Wöchnerin im Bett und im Zimmer.
j4nhang. Die erste Pflege des neugebornen
Kindes. Reinigung desselben und Behandlung des
Nabelstrangrestes, Bekleidung, Ernährung an der
Brust , künstliche Auffütterung. Da die Kuhmilch als
schwerer verdaulich , als die Menschenmilch anzuse-
^*^ ist, so greift man in der Regel bei ihrer Verab-
reichung zur Verdünnung derselben mittels Wasscj
Der Zweck dieses Verfahrens ist der, immer nur kiel
nere Mengen derselben mit den Magenwltnden in B«
rührang zu bringen; ungleich besser wird dieaei
Zwecke entsprochen, wenn man nur kleine Qo»
titäten auf einmal verabreicht , indem man in dei er-
sten 8 bis 10 Tagen eine Mischung yon halb Mikh
und halb Wasser mit Zusatz von etwas Zucker deq
Kinde in kürzern Zwischenräumen reicht; eine iJ
sehr verdünnte Milch gelangt früher in den uniea
Theil des Darmkanals, als sie die Gerinnung m
Digestion im Magen eingegangen ist, und erregt k^
haftere Darmconlractionen, Koliken und Diarrhoe. -
Die Sorge für gehörige Reinhaltung des Kindes i.^
Üeberwachung seines Befindens.
Hiermit schliesst die 1. Abiheilung dieses yoUrel-
liehen Buches, welches, wenn die 2. Ablheilung, v«
nicht anders zu erwarten steht, der 1. entsprid;
wohl unbedenklich als das beste der jetzt voriui^
nen Lehrbücher der Geburtskunde betrachtet zu «tr-
den verdient. Papier u. Druck sind sehr gut, Dnd-
fehler finden sich nur wenige.
Nicht unerwähnt dürfen wir den zum Lehrbock
gehörigen Atlas lassen, dessen 1. Abtheilung
ebenfalls vorliegt, und 19 Quarttafeln mit dazu geb»
render Erklärung enthält; die Abbildungen sindgrfe
tentheils musterhaft. Die 1. Tafel zeigt uns die i»
nern Genitalien im jungfräulichen Zustande , die !
die äussern Geschlechlstheile der Jungfrau, die 3.&
einzelnen Beckenknochen, die 4. vordere Ansicht ei^
normalen Beckens mit dem Bänderapparate, die b,k
Durchmesser und die Gonfiguralion der versehiedeis
Beckenräume, die 6. den Verlauf des Beckenkanals, Nei-
gung desselben zur KOrpcrachse und zum Horizaot
Achsen desselben und der ausgedehnten Gebiraatter,
die 7. zur topographischen Anatomie der Weichgebildi
des Beckens , die 8. vertikaler Durchschnitt des Bck-
kens, seilliche Ansicht der Muskeln, Arterien u. Kff-
ven der Beckenhohle mit herabgelegten Beckenorgaoes,
die 9. vertikaler Durchschnitt des Beckens u. dcrM-
kenorgane in der Normallage, die 10. das Eierslocla
und seine Veränderungen nach der Befruchtung to
zur Entwicklung des ersten embryonalen Kreisbnb,
die 11. schematische Darstellung der ersten Umbildnai
des befruchteten Eies innerhalb der Gebärmutter, im
12. POtus von 16 Wochen mit der Placenta inD«tft><
lieber Grosse, die 13. schematische Darstellung ein«
vertikalen Durchschnittes der Placenta und der Geb»
mutterwand im injicirten Zustande (2raalvergrOesert)
die 14. die fötalen Kreislaufs wege einer reifen Fraell
in natürlicher GrOsse, die 15. eine schwangere GebiP
mutler im 4. Monate mit injicirten Gefllssen » in na-
türlicher Grosse, die 16. Gebärmutterspiegel u. Geb»-
muttersonde, die 17. die Frucht innerhalb der Geldr-
mutter in der gewöhnlichen Scfaädelstellung bei beler
Lage des Kopfes, die 18. gewöhnliche u. ungewQl»-
liche Stellung des Schädels beim Austritte desseJb«
aus den Geburtswegen; Gesichtslagen, die 19. Stets»
lagen und Schuiterlagen. — Die^eicbnungen siiM
von T. A. Ebenhoch. ^ Sickel.
Teste, Kinderkrankheiten.
109
42. Traiti homoeopathiqne des maladfes
aignes et ehroniqnes des enfants ; par le
DocL A. Tcsle. Paris 1850. chez Bailli^re.
8. 41^ pp. (I2/3 Thlr.)
Müttern und Aerztcn , demnächst überhaupt allen
Freunden der Homöopathie wird als etwas Neues
diese homöopathische Abhandlung Aber Kinderkrank-
heiten angeboten. Vf. hat mithin , das lasst sich
nicht leugnen, fUr einen möglichst grossen Kreis von
KHafern gesorgt, was dagegen die Wissenschaft zu
seinem Machwerke sagicn werde, scheint ihn bei wei-
tem weniger gekümmert zu haben. Mit wie massigen
Ansprüchen an wissenschaftliche Forschung in Bezug
auf Pathologie , Aetiologie und und selbst Therapie
man es auch in die Hand nehmen möge , immer wird
man es oberÜKchlich , schaal und allen Geistes baar
finden, wie kaum irgend ein anderes unter den vie-
len Werken über Kinderkrankheiten. Ref. weiss
nicht, ob diess der Geist der Homöopathie, oder ob
es des Vfs. Schuld ist, aber bei Durchsicht seiner
Arbeit kann man nicht anders glaulien , als dass es
ihm nur darum zu Ihun gewesen sei , einen Katalog
angeblich untrüglicher Mittel (ür jede einzelne Form
des Krankseins zu liefern und dadurch zu zeigen, wie
einfach und leicht das Kuriren sei , und wie wenig
man zu anrissen brauche, um als homöopathischer
Tausendkünstler aufzutreten. Schade nur , dass die
Erfahrung so unendlich oft ganz anders spricht, als
die glatten, gewinnenden Worte.
Um den wissenschaftlichen Standpunkt des Vf&
nur in etwas zu charakterisiren , genügt es schon an-
zuführen, dass er die wichligen Forschungen und
Erfahrungen der Neuzeit völlig ignorirend, seine An-
weisung zur Wahl und Prüfung einer Amme dem nun
hundert Jahre allen Werke Roscnstein's wörtlich
entnommen hat, weiches seiner Zeit unbestreitbar
vortrefflich, doch ebenso unl^cslreitbar jetzt ganz ver-
altet u. durch eine Menge neuer Arbeiten (man denke
nur an den einzigen D 0 n n ^) vielfach vervollständigt
und berichtigt worden ist. Oder wird wohl irgend
Jemand von nur einiger Sachkenntniss dem Vf. bei-
stimmen, wenn er mit Rosenstein behauptet, dass
der Aufenthalt in feuchten , unreinen Zimmern bei
Amme und Kind die Krätze erzeuge, dass die Amme
niemals nüchtern oder unmittelbar nach dem Essen
säugen dürfe u. dgl. mehr.
Lasst sich schon aus diesem einen Punkte der
wissenschaftliehe Geist des Werkes beurtheilen, so
charakterisirt denselben nicht minder der völlige Man-
gel näherer Angaben über Entstehung, Artung und
Wesen der einzelnen Krankheiten des kindlichen Al-
lers, über den Zusammenhang der Krankheilserschei-
nungen mit bestimmten stolliichen Organveründerun-
gen, ja selbst über Diagnose und Prognose. Vf.
genügt ein kurzes , wenigstens für den Unkundigen,
meist völlig unzureichendes Krankheitsbild, um daran
die Angabe der Heilmittel zu reihen, die, so scheint er zu
glauben , helfen müssen. Sogar grobe Unrichtigkei-
ten laufen dabei mit unter. So sollen Scharlach und
Purpura sich in der Form des Ausschlags ganz ähn-
lich sein, so der Furunkel, wenn er gross wird, den
Namen Anthrax bekommen, und durch Anwendung
von Mercurialsalbe gegen Kopfläuse, Metastasen [der
Lause?] auf die Sinnesorgane und das Hirn erzeugt
werden. Als Seitenslück zu dieser letztern ätiologi-
schen Neuigkeit erfahren wir an anderer Stelle, dass
der Gebrauch des Chamillenthees Grund derlntertrigo
sei, und dass das Einalhmen von etwas Lycopodium-
staub beim Einstreuen Verstopfung veranlasse.
Einen weitem sprechenden Beweis der unverzeihli-
chen Oberflächlichkeit dieses Machwerks liefert die
Bearbeitung der acuten Hirnkrankheiten. Diese so
hochwichtige Krankheitsgruppe ist nSmlich unter den
gemeinschaftlichen Namen „Hirnfieber'* zusammenge-
worfen und auf nicht ganz 5 Seiten abgehandelt,
während die Krätze sich auf 17 Seiten breit macht.
Was also bleibt nun an dem Buche zu loben,
wenn nfcht seine therapeutische Seite. Aber auch
diese besteht meist nur in der Angabe, eines oder ei-
niger Mittel am Schlüsse jedes einzelnen Abschnittes,
natürlich sehr häufig mit den obligaten Seilenhieben
auf die absurde Allopathie , wie sie noch immer in
den Köpfen der Jünger Hahne mann*s spukt. Bei
alledem ist doch dieser Theil der beste des <lanzen,
und mögen in dieser Beziehung die therapeutischen
Anweisungen bei Masern und Scharlach als Muster-
stücke hier einen Platz finden.
Matern. — Aconit (12 2 bis 3mal täglich) in den
ersten Tagen und später, so oft das Fieber sich merklich stei-
gert, bei vollsaftigen Kindern sogar während der ganzen
Krankheit.
Pidtatilla nach Schwachang der entzündlichen Zufälle
durch Aconit , besonders aber bei heftigem Erbrechen , auch
abwechselnd mit Aconit 6 — Sstündlicb. Gegenanzeige, anhal-
tender brennender Durst.
«
Bryonia in mehreren , innerhalb einiger Stunden wie-
derholten Gaben ist das sicherste Mittel , das zurückgetretene
Exanthem wieder auf die Haut zurückzurufen.
Belladonna bei starker Zusammenschnürung des Halses
und der Brust, bei ansserordeDtlicher Unruhe oder, u. zwar
vorzugsweise, bei nelirium. Ist letzteres Folge des Exanlhem-
zurücktritts , dann abwechselnd mit Bryonia. Unter allen
andern Verbältnissen bleibt Belladonna nur ein Nebenmittel,
das nicht über 1 bis 2 Tage fortgebraucbt werden darf.
Phosphor nur bei schwerer Pneumonie.
Nux und Ignatia bei anhaltendem rauhen Husten mit
Brustbeklemmung ohne sonderliche Pulsbeschleunigung. Igna-
tia eignet sich mehr für Mädchen und Kinder von sanftem,
stillem Charakter.
Cinnaharis gegen Ende der Krankheit bei Glottisödem
mit schmerzloser Anschwellung des Gaumens u. der Mandeln.
Mercurius zur Mässigung excessiver Schweisse und lang-
dauernden Durchfalls.
Causticum, ausgezeichnet gegen ruckbleibenden trock-
nen , ßeberlosen Husten mit Verstopfung und gegen Auftrei-
bung des Epigastrium oder Erscheinungen von Gastrafgie.
Schwefel nur selten anwendbar, und zwar nur gegen
zurückbleibende Otorrhoe, Blepharophthalmie u. dergl. *
Scharlach, — Belladonna ist das Hauptmittel geg.
diese Krankheit and gegen die meisten begleitenden oder H*-**
HO
Delabarre, über die Zufillle beim Zahnen.
bleibenden Symptome. Sie wird von Anfang an und in uo)
80 grossem und häuflgern Dosen der schwächern Verdünnun-
gen gereicht , je intensiver die entzündlichen Vorläufer sind.
Oft reicht man wahrend der ganzen Krankheit mit diesem
Mittel aus, wie bei den Masern mit dem Aconit.
Aconit in geringer Verdünnung und häufigen Gaben vor
der Belladonna bei sehr heftigem Fieber, mehr vollem, als
frequentem Pulse und Beimischung von Purpura zum Schar-
lach. Im letztern Falle tvcrden Belladonna und Aconit wäh-
rend der ganzen Krankheitsdaoer abwechselnd gegeben.
Baryta carbonica {i2 — 18 Verdünnung) ist hei lym-
phatisch-nervösen Kindern, die sich leicht erkälten , bei star-
ker, mehr blasser Anschwellung der Mandeln, häufigem
Schleimspucken, druckendem und lancinirendem Schmerz
während des Schlingens der Belladonna vorzuziehen , um so
mehr, wenn dabei der Stuhl ungenügend, anfangs hart, dann
weich, wenig gefärbt, doch nicht weiss, dünn und nicht gut
geformt ist.
Opium bei brennender Hitze mit Stupor, Somnolenz,
Unruhe^ Erbrechen , Durchfall oder Verstopfung und Convul-
sionen.
Ipecacuanka hei abendlicher Fieberexaccrbation, Schlaf-
losigkeit, Uebelsein, völliger Appetitlosigkeit, grosser Neigung
zum Weinen.
Cinnabaris bei merklicher Anschwellung der äussern
Theile des Halses, üblem Hundgeruch, Hinneigung zum
Oedem.
Spongia tosia und Hepar tulphuris hei hinzutretenden
Croupsymptomen.
Acidum nitricum bei Angina mit nervösem Fieber, zahl-
reichen kleinen Verschwärungen in Mund und Rachen , allge-
meiner Erschöpfung, grosser Mundtrockenheit und beständi-
gem Durst.
Dtdcamara bei rheumatischen Schmerzen nach dem
Exanthem.
Lycopodium bei lancinirenden , klopfenden oder knei-
penden Schmerzen in der Brust , der Lebergegend und dem
Unterleibe mit trocknem Husten, hartem , knotigem Stuhl u.
Kopfcongestionen.
Calcarea und Sulphur gegen Wassersucht , Verschwä-
rungen und die meisten secundären Erscheinungen des Schar-
lachs, wobei jedoch zu grosse Annäherung der Dosen vermie-
den werden muss.
So grOndliche und aus dem homöopathischen Ge-
sichtspunkte gute Indicationen für Verabreichung der
verschiedenen Heilmittel linden sich aber verhältniss-
mKssig nur selten angegeben. Oft ist die ganze Be-
handlung mit kurzer Nennung der betreffenden Mittel
abgemacht und mithin noch viel ktirzer» als die Krank-
heitsschildening ausgefallen, obgleich gewiss die drin-
gendste Aufforderung zum Gegentheil vorgelegen hätte.
So beschränkt sich z. B. bei dem Hirnßeber [wie
schon bemerkt der ganzen Gruppe acuter Hirnaffec-
tionen bei Kindern] die therapeutische Anweisung auf
Belladonna und Bryonia, ohne nur das Geringste ttber
deren Indicationen anzuführen. Möchte es doch bei-
nahe scheinen, als ob Vf. kein besonderer Freund des
Kopfes sei I
Wunderbar schön , fast taschenspielerartig klingt
die Behandlung der Pocken; man gebe Causticum,
30 Verd. 8 Kagelchen in 120 Grmm. Wasser gelöst,
davon 2 Löffel am Morgen mit 3 bis 4 Std. Zwischen-
raum zu nehmen, sodann Merc. corros. ebenso 2 Löf-
fel Nachmittags und die Pocken Qebs( allen begleiten-»
den Erscheinungen werden fast ohne Ausnahme wie
durch Zauber verschwinden. Solches wird unsp. 195
gelehrt !
Als dem Vf. eigenthtimliche Heilverfahren lernen
wir das Kreosot gegen die Syphilis der Neugebornen,
und ebenso dasselbe Mittel gegen alle Arten von Zah-
nungsbeschwerden kennen. Die Aebnlichkeit zwi-
schen diesen beiden Leidenszuständen , denen das-
selbe Zaubermittel begegnen soll, ist freilich fUr das
blöde Auge des nicht Geweihten kaum aufzufinden.
Soviel über ein Buch , das für gedankenlose bo-
mOopathisirende Routiniers freilich recht bequem und
ansprechend sein mag, aber den denkenden ArzI üb-
möglich ansprechen kann. Sollte es ein Maassstah
für den Standpunkt der Homöopathie, deren Berech-
tigung als Heilsystem hier gar nicht in Frage gestellt
sein möge, auf dem Gebiete der Krankheitslehre sein,
dann würden deren Jünger nicht viel bölier als jene
Olitiltenkrämer dastehen , die in ihren Kästen eben-
falls eine Sammlung von allerhand untrüglichen Mit-
teln gegen die Klagen der gläubigen Menge haben u.
sie ruhmredig anpreisen, ohne auch nur die schwäch-
ste Idee vom Wesen des Krankseins u. Genesens zu
besitzen. Küttner.
43. Des accidens de dentition chez ie%enfants
en bas age et des moyens de les combaUre;
par le Dr. A. D e 1 a b a r r e fils , M6d.-dentiste
de l'hospice des enfants-trouv^s et desorphelins
a Paris etc. Paris 1851. chez Victor Massen.
3. XVI et 136 pp. avec plchs sur bois. (1
Thlr.)
Nachdem Vf. seine Ansichten über die Ernährungs-
weise und Pflege kleiner Kinder bis zum vollständigen
Erscheinen der Milchzähne dargelegt hat, Iheilt er
das Ergebniss seiner anatomischen Untersuchungen
über den Entwicklungsprocess der Zähne und über
die Natur der davon abhängigen Krankheitszufälle mit.
Es bildet dieser Abschnitt unbedingt den wesentlich-
sten und wichtigsten Theil der ganzen Schrift, um so
mehr als darin etwas wirklich Neues geboten ist,
wie diess die nachstehende Wiedergabe der Haupt-
punkte beweisen vvird.
SorgPflltig und vielfach angestellte anatomische
Untersuchungen der Kiefer aus den verschiedeneD
Epochen der Zahnentwicklung weisen nach, dass der
in das Zahnfleisch eingebettete Zahnkeim von einer
zweifachen, häutigen Hülle umgeben ist, deren äusse-
re, aus einer Einstülpung des Kieferperiosteum beste-
hend, die Zahnhöhle bis zu ihrem Grunde auskleidet,
wahrend die zweite, innere, von einer Fortsetzung
der Schleimhaut gebildet, weniger tief, und zwar nur
bis in die Gegend des künftigen Zahnhalses herab-
reicht , woselbst er den Zahnkeim fest umschliesst
Ueber die durch diese Einstülpungen der häutigen
Kieferhüllen in die Zahnl^cher entstehende, den künf-
tigen Austrittspunkt des Zahnes bildende Spalte ist
dann als Decke des Epithelium weggespannt, wie diess
Vr* durch beistehepde Zeichnung veranschaulicht
Delabarre, über die Zuftille beim Zahnen.
11t
AA. BeinhauthUlle.
BB. Schleimhauthüile. ,
CG. Epithelium.
D. Ernährende Gefässe des Zahnkeims.
der auf diese Weise eingebettete , io seinen un-
tern Theilen noch sulzige und nur alimälig schichten-
weise verknöchernde Zahnkeim hat somit nicht nö-
thig, bei seinem Hervortritt die membranösen lieber-
kleidungen (Bein- und Schleimhaut) des Kiefers zu
durchbohren , sondern befindet sich bereits oberhalb
derselben, so dass er durch die schon vorgebildete
Spalte emporsteigt. Die überliegende £pithelium-
decke wird unterdess resorbirl, indem die bis zu
dem Zahnhalse herabreichende Schleimhauthnlle durch
das Emporsteigen des Zahnes ihre frühere Spannung
verliert, fallig wird und einen fungösen Charakter
annimmt, der ihr, wie andern schwammigen Bildun-
gen [?] eine resorbirende Wirkung auf die mit ihr
in Berührung tretenden Gewebe verleiht.
So wenig mithin die Zähne bei ihrem Hervortre-
ten das Zahnfleisch zu durchdringen ndthig haben» so
wenig werden sie fernp durch eine von unten auf
sie wirkende Kraft (wie etwa die vermulhete Veren-
gerung des Zahnfaches) emporgetrieben. Vielmehr
ergiebt die anatomische Untersuchung, dass der Zahn
sich nur durch das allmäiige Festwerden, Verknö-
chern seiner Wurzel verlängert, und dass gleichzeitig
hiermit auch der Alveolarfortsalz des Kiefers empor-
tritt.
Der Grund der sogenannten Zahnungsbeschwerden
kann nach alledem nicht in der gewaltsamen Ausein-
anderdrängung der knöchernen Umhüllung des Zahnes,
noch in der Zerrung oder Durchbohrung des Zahn-
fleisches liegen, wie man gewöhnlich angiebt, denn
fceins von beiden findet dabei Statt. Ueberhaupt
scheint der ganze Process gar nichts Schmerzhaftes
zu haben, indem die zahnenden Kinder nicht blos
begierig und heftig auf feste Körper beissen, sondern
auch die Berührung und das Reiben des Zahnfleisches
lieben, was beides gewiss nicht der Fall sein würde,
wenn ein Schmerz vorhanden wäre. Vielmehr weisen
alle diese Erscheinungen ganz unzweideutig darauf
hin, dass das zahnende Kind an den betreffenden Stel-
len ein heftiges, peinliches Jucken empfinde, welches
es auf jede mögliche Weise zu lindern bemüht ist.
Dieses Zahnungsjucken (Prurit de denlition) nun ist
nach dem Vf. die alleinige Quelle nicht blos der Un-
ruhe, sondern auch der Congestiverscheinungen,
Krämpfe, und selbst der consensuellen Reizungen der
Digestionsorgane, wie ein Gleiches ja auch wohl nach
anhaltendem Kitzeln, bei stark juckenden Haulaus-
schlägen u. dgl. eintreten kann.
Als sicheres Heilmittel gegen dieses Zahnungs-
jucken hat Vf. , nachdem er die verschiedenartigsten
örtlichen Mittel vergeblich durchprobirt , einen Syrup
erfunden , über dessen Zusammensetzung er , indem
er ihn als ein Geheimmittel zu behandeln scheint, nur
so viel angiebt ,- dass er aus Syrup und Honig mit
einem Fruchtsafte bestehe, welcher seiner durstlö-
schenden Eigenschaft wegen ausgezeichnet sei. [Viel-
leicht Gitronensaft oder etwas dem Aehnliches.] Die
grosse Wirksamkeit des Mittels, welches auf das
Zahnfleisch gestrichen , sogleich das Jucken und mit
ihm die consensuellen Erscheinungen mildert, bekräf-
tigt Vf. durch eine Reihe ärztlicher Autoritäten. Na-
türlich ist dabei die erforderliche äussere und innere
Behandlung ernsterer krankhafter Zustände , wie des
Erbrechens, Durchfalls u. dergl. nicht ausgeschlos-
sen , worüber sich die letzten Abschnitte des Buches
ausführlicher, doch ohne etwas wesentlich Neues zu
enthalten, verbreiten.
Diess ist der Hauptinhalt der Schrift. Er bietet
in Bezug auf die anatomischen Verhältnisse derZahn-
entwickluttg unzweifelhaft interessante Detail^, ob-
gleich Ref. nicht entscheiden mag, ob sie, soweit sie
von den bisherigen Forschungen abweichen, überall
auf Wahrheit begründet sind , wie namentlich die
Behauptung, dass bei dem Erscheinen des Zahnes die
Continuitäi des Zahnfleisches nicht aufgehoben werde.
Auch ist es in Bezug auf die Wirkung, nämlich den
dabei eintretenden Druck wohl ganz gleichgültig, ob
die knöchernen Wände des Zahnfaches durch enge-
res Zusammentreten den Zahn in die Höhe drängen,
oder ob sich dieser in Folge der Ausbildung und Ver-
knöcherung seiner Wurzel aus dem Zahnfache selbst-
lliätig in die Höhe schiebt. Wichtiger ist unbedingt
das, was Vf. über das Zahnjucken sagt, obgleich er
auch hier nicht ohne Vorgänger ist. Verwerflich
muss es aber jedenfalls erscheinen , wenn er ein von
ihm als zuverlässig erkanntes Heilmittel gegen die
Beschwerden des Zahnens aus leidiger Gewinnsucht
als Geheimmittel behandelt, und somit den Verdacht
erweckt, dass das ganze Buch Iheilweise zur Förde-
rung des Absatzes seiner Panacee geschrieben sei.
Nächstdem macht aber auch das beinahe unan-
ständige Rühmen seiner wichtigen Entdeckungen und
die vielfach ausgesprochene Meinung, dass nur er erst
den Zahnungsprocess richtig erkannt habe, auf den
Leser einen sehr unangenehmen Eindruck. Geht
doch Vf. sogar soweit, zu behaupten, dass er zuerst
die Stimme der Natur verstanden habe, das Säugen
bis zum Erscheinen der Zähne fortzusetzen. In
Deutschland wenigstens pflegen diess die meisten
Mütter zu wissen. K Q 1 1 n e r.
112
Gerdy, allgeoii med.-chir. Pathologie.
44. Chinirde pratiqae complite. PremiireHo-
nograpoic. Pathologie generale me-
dico-chirur gicale avec recher ches par-
ticulieres siir la nature , la Symptomatologie,
les terminaisons gen, des maladies , sur leurs
influences et leurs causes, sur le diagnostic
etc. ; par P. N. G e r d y , Prof. de Palhol. Chir.
k la fac. de M^d. de Paris, Chir. de THöp. de la
Charit^ etc. * Paris 1851. Victor Masson. 8.
VIll el644pp. (21/2 Thir.)
Vorliegender Band ist die erste von 7 Monogra^
phien, welche die Vorlesungen über chir. Palhologie,
die Vr. seit 1833 hei der Pariser Facul(6 de M6d. ge-
halten bat, voUstündig enthalten sollen. Er enthilU
blo9 Folgendes. Vorlaufige Bemerkungen über das
Studium der Ciiirurgie, kurze Geschichte und Biblio-
graphie derselben; allgemeine Pathologie mit Angabe
einer neuen Classification und Nomenclatur; patho-
logische Anatomie ; Symptomatologie ; Aeliologie ;
Diagnose; Autopsie und Prognose; Therapie; Ab-
schnitte enthaltend über Statistik, Materia medica,
Pharmakologie und Pharmakodynamik (beide nach
neuea £intheilungen), die exspectative Methode , chi-
rurgische Mittel, die verschiedenen Operationen, ßin-
tritt von Luft in die Venen , Bandagen , Caustica etc.
Man sieht also , dass dieses Buch wirklich multum in
parvo enthalt, in wiefern aber alle diese verschie-
defteo Gegenstünde in eine Monographie über
med.-chir. Pathologie hineinpassen , wollen wir dem
Leser anheimgeben , und ihm auch das Urtheil über
die Grflndlicbkeit, womit die verschiedenen Gegen-
stände bearbeitet sind, überlassen. Wir wollen blos
bemerken, dass sowohl deutscher Fleiss , wie engli-
sche Gründlichkeit hier gänzlich fehlen , und wir von
Gerdy Tüchtigeres erwartet hätten. Wir kennen
kein Werk, wo die bekannte Kritik eines gewissen
Buclies: „es ist viel Gutes und Neues darin, das
Gute ist aber nicht neu , das Neue nicht gut" wohl
besser angebracht wäre. Nur müssen wir noch hin-
zufügen, dass viel von dem allen (7tt/en aus Vfs.
eigenen frühem Werken entlehnt ist , z. B. die Ab-
handL über den Eiofluss der Declivität auf die Heilung
von Geschwüren u. s. w., über den Lufteintrilt in die
Venen, die Versuche über AetherisatioJi.
Zu dem weniger guten Neuen rechnen wir die
neue nosologische Eintheilung und Nomenclatur,
die Vf. p. 85—104 vorschlägt.' Die Krankheiten
werden in 7 Klassen eingetheilt: 1) les inflamma-
tions ; 2) les morlificalions (zerfällt in Asphyxie g6-
n^rale , Syncope , Engourdissement , Gangräne I ! I) ;
3) les Fonctionomorbies ; 4) les l^sions constitu-
tionelles; 5) les fi^vres essentielles; 6) les l^sions
cbirurgicalcs , und 7) les Empoisonnements, und weil,
wie Vf. sagt, aus dem griechischen unverständliche,
barbarische Namen zusammengestellt werden, das
Lateinische zwar bessere Namen abgicbt, ,,mais ces
„nomes exigent encore des connaissances qui man-
„quent en partie k certains jeunes gens" [diess frei-
lich nicht zur Ehre der Studenten der Facult^ de H6d.],
so zieht Vf. seine Muttersprache vor, und jetzt kom-
men folgende schöne Namen heraus , wie „Fonctfo-
nomorbies, Necropathies (!), Sensationies , Sicre-
tionies, Nutntionies** u. s w.
Gerdy 's neue pbarmakodynamische EintheiluDg
finden wir p. 579. 1) Moyens antiphlogisliqnes;
2) M^dicaments propres k ealmer les irritations m-
veuses ; 3) Mödic. perturbateiirs ; 4) M^dic. adslrin-
gents; 5) Moyens propres 4 combat Ire les animaux
parasites. Von diesen ist die 3. Klasse die ergötz-
lichste; sie zerHillt in 1) M^d. perturbataurs : a)tr-
ritants; b) eongestifs (unter diesen Cataplasmatj,
Pediluvial); c) Svacuants; diese sind wieder abge-
theilt in perturbaleurs ^vacuants sudorifiques , diur^
tiques, purgatifs. Diese letzte Abtheilung entkalt die
Semina sinapis albi , und „le purgatif le plus ^oer-
gique, que l'on connaisse Thuile de Croton Tiglium
ä quelques gouttes [sie I] dans une potion ämulsive".
Ganz neu und überraschend war dem Ref. die soge-
nannte Mnemonische Eintheilung nach den Dosen die
S. 572 u. 603—6 vorkommt, in Mädicaments Nilli-
grammaliques, Centigrammatiques, D^cigrammaliqacs,
Superd^cigrammatiques etc., und man kann sich recht
gut denken , welche hübsche Zusammenstellung es
hier geben mnss i).
Abgesehen von den vielen Aeusserungen, die von
bedeutender persönlichen Eitelkeit zeugen (wie denn
in der Vorrede und durchaus das Ich eine grosse
Rolle spielt) finden wir, dass auch hier und da die
National- Eitelkeit sich ziemlich deutlich kundgiebt,
wie auf p. 7t, wo es von G a u b i u s Inslituliones
Pathol. med. heisst: ,,elle oblint un succ^s imoense
et les honneurs [!] dune traduction fran^aise", und
wir wollen es auch lieber dieser National-Tugend als
der Unwissenheit zuschreiben, wenn in deiugescliicht-
lichen Theile, während die Beiträge der französisches
Autoren ziemlich richtig angegeben sind, solcher Sa-
men, wie Rust, Oieffenbach, Brodie, Listooi
Langenbeck u. A. nicht einmal Erwähnung ge-
schieht. Auch wollen wir die vielen IrrtliUmer, «it
z. B. p. 313 die Behauptung, dass Gemüse eher
verdaut werden als Fleischspeisen, und p. 441. wo
Sulphuretum potassae und Salpeter unter den Alkalien
genannt werden, und viele andere mehr, eher als
Mängel an Gründlichkeit betrachten, so wie wir auch die
vielen orthographischen Fehler als (in pariser Ausga-
ben zwar seltene) typographische übergehen.
Das Angeführte möge zur Charakteristik der
vorliegenden ersten Monographie genügen. W*
noch zu erwartenden weitern sechs AbhaodlQD-
gen sollen als wirkliche Monographien , die 1
die Entzündung und ihre Ausgänge, die 3. die
1) Uad doch, nichts Neues unter der Sonne, findet sidi
diese Classification nach den Dosen schon in dem System
iamatoloffiae von loach. Kopetzky. Vindob. 183V, il«^
se: Stathmocratumena »nach dem Gewicht heilende Stoffe.
- H. £. »•
N^laton, Einfluss d. Lage bei chir. KrankheileD. — Schuh, t^aeudoplasmeii.
lid
Krankheiten des Bewegnngs - Apparat , die 4« die der
Sinne, des Nervensystems , des Kopfes und der Wir-
belsäule , die 5. die der Luftwerkseuge , des Halses
und der Brust» die 6. die der Verdauungs- u. Unter-
leibsorgane, und die 7. die Krankheiten des Genilo-
nrioärsystems und des Beckens enthalten. Wir
glauben, trotz der Yielfachen Bemerkungen , die wir
hinsichtlich der 1. Monogr. für nOthig bielleo,
dass dieselben, als von einem Manne von der Erfah-
rung dieses als Chirurgen so vortheilhaft bekannten
Professors der Pariser Facultat herrührend , fUr die
Wissenschaft von der höchsten Bedeutung sein wer-
den ^). Pincoffs.
45. De rmfluence de la position dans les
■aladies chimrgicales. TMse prSsenUe au
eoncours pour une ekaire de clin, chir. va-
cante ä la Fac. de mSd, de Paris et soutenue
^ 23. ^vn/ 1851; par A. N^laton, Agr6g«
de la fac. de m^d., Chirurgien de l'höp. St. Louis.
Paris 1851. 8. 126 pp. (1 Thlr.)
In der EioIeiluDg verweilt Vf. bei den Schriften, in
welchen dieser Gegenstand zur Sprache gebracht
worden ist Hier finden wir nur die franzOs. Literatur
berflcksichligt.
Die ganze Abhandlung zerHillt in 2 Abschnitte,
deren erster die Falle bespricht, wo die Stellung
ihren Einfluss dadurch übt , dass sie die Action der
Schwere begünstigt oder neutralisirt , indess in dem
zweiten nachgewiesen wird, inwiefern sie gewissen
organischen Widerstand aufzuheben im Stande ist.
Nachgewiesen wird der Einfluss der KOrpersteliuog
auf die Entstehung und die Beseitigung der Conge-
stionen auf die Abdominalplethora. Die Lage auf der
rechten Seite soll den Monatsfluss beschleunigen und
vermehren, ebenso filutflttsse der Gebärmutter, des
Rectum, der Harnblase^ der Urethra; das Aufheben
des rechten Arms trage zur Stillung der Epistaxis
bei. Eine ruhige Haltung wirkt wesentlich mit zur
Heilung von Entzündungen, darum lassen wir bei
Panaritien die Extremität in einer Hitella liegen , und
bei der Urethritis und Orchitis ein Suspensorium an-
legen. Der Einfluss der Körperstellung auf die Ent-
stehung der Geschwüre und auf ihre Heilung wird
gebührend gewürdigt , und wir bedauern , dass diess
den Vf. nicht bestimmte, auch den Einfluss der KOr-
perposition auf die Heilung der Fisteln zu besprechen.
Auf Varices und Varicocelen hat anhaltendes Stehen
gewiss einen entschiedenen Einfluss, so wie auch
eine fortgesetzte horizontale Lage solcher Kranken
viel zur Beseitigung und Milderung dieser Zustande
beiträgt. Ein Aneurysma varicosum und ein Aneu-
rysma cirsoideum wird bei fortgesetzter perpendicu-
Itfrer Haltung des Gliedes sich wesentlich verschlim-
1) Wir erwähnen hierbei , dass eine deutsche Bearbei-
tung des fragt. Werkes begonnen worden ist, über welche
wir demnächst berichten werden. Redaction.
IM. Jahrhb. B4. 74. HA. 1.
mern. Eine Blutung aus einer verletzten Arterie
kann aufhören, sobald man sie in eine Stellung bringt,
in welcher das Arterienblut sein eigenes Gewicht
überwinden muss, und das geschieht durch Aufheben
des KOrpertheils.
Der Einfluss der Position auf Oedem, blutige,
seröse , eitrige Ergiessungen , die Harninfiltralion im
Gewebe und in den Hühlen des Körpers- wird täglich
beobachtet, und wollen wir unter Anderm auf die
Congeslionsabscesse verweisen. Noch mehr gilt diess
von den fremden Körpern, mögen sie von aussen ein-
gedrungen oder iolus genita sein. Zu ihrer Besei-
tigung tragt eine entsprechende Lagerung und Hal-
tung oft mehr bei , als operative Eingrifle , welche
ohne eine solche nichts oder wenig vermögen.
Für die Reduction der Hernien entspricht beson-
ders eine Stellung, in welcher das Becken höher
steht, als irgend ein anderer Körperlheii. Ange-
wachsene Brüche können durch eine fortgesetzte
Rückenlage (vor Allem bei entsprechender Diät und
durch lifgliche Manipulation) reductil gemacht wer-
den, und die Bruchpforte sich sogar vollkommen
schliessen, was ja auch von den Senkungen u. Vor-
fllllen gilt. Der Einfluss der Position des Körpers
auf Schwangerschaft und Geburt, besonders unter
gewissen Verhältnissen, ist in Deutschland lUngst
allgemein gewürdigt , ebenso bei Anteversio und Re-
troversio uteri.
Auf die Entstehung und die Heilung der Körper-
verkrümmungen inflttirt die Haltung des Körpers in
hohem Grade , und hierauf gründen sich ja auch zum
grossen Theil die orthopädischen Bestrebungen.
In Bezug auf die Stellung bei Fracturen, Wunden
und Luxationen finden wir nur Bekanntes, so wie die
vorliegende Schrift überhaupt Nichts bringt, was wir
als neu ansehen können. H e y f e 1 d e r sen.
46. neber die Erkenntniss der Pseadoplas-
men; von Dr. Franz Schuh, Prof. d. Chir.
an d. Univ. zu Wien. Wien 1851. L. W. Sei-
del. 8. IV u. 354 S. (2% Thlr.)
ledem Fachgenossen , der die Missachtung nicht
theilt, in welche Mikroskopie und Chemie seit gerau-
mer Zeit bei vielen vorzugsweise sich so nennenden
Praktikern gefallen sind , wird es eine gewisse ange-
nehme Genugthuung sein , wenn er einen der aner-
kanntesten Chirurgen Deutschlands in vorliegendem
Werke das schwierige Gapitel der Afterbildungen mit
eifrigster Benutzung der erwähnten Hülfs Wissenschaf-
ten erörtern sieht. Mikroskopie und Chemie vermö-
gen zwar nicht den Stein der Weisen zu finden, noch
auch nur, was so vielfach von ihnen gefordert wurde,
uns leicht zu handhabende und sichere Unterschei-
dungsmerkmale für die alten bequemen Kategorien
zu schaffen; aber sie sind im Stande, uns manche
weitere Einsicht in die Organisation, Entwicklung, u.
damit in das Wesen der Afterproducte zu geben, und
15
IM
Schuhi PMu^oplasmen.
litfont UM dkMhirch sogar mandita wertlivolIeD Aw-
baltspuiilctt für dM Therapie. Vf. erkanote seit Ulag«*^
per 2ctl, doss die UrMche dier ,»heUJoseD Verworren^
heiC ttDd' f/ainzüchtm KegrilEslosigkeil" in diesem G&»
biete in dem Umstände gelegen sei, dass dasseUie
eineslbeils nur von, üiiirurgen, welche der bauptsHch-
liebsten hierher gehörigen diagnostischen Hülfsmittel,
nämlich der Mikroskopie und Chemie, unkundig wa-
req, anderntbeüs nur von Mikroskopikern , die keine
oder nur oberflächliche Chirurgen waren , bearbeitet
wurde. Das vorliegende Werk zeichnet sich aber
vorlbf^ilhaft von andern ithnlicben auf diesem Gebiete
daduPjCh aus, dass es bei gründlicher Bearbeitung des
mikroskopischen und chemischen Theiles nie den
praktischen Gesichtspunkt ausser Augen lässt, und
so Vieles bietet, was auch den eigentlichsten Prakti-
ker interessiren rouss.
Auf eine streng \og\sche Begriffsbestimmung der
Jfiergebüde verzichtend, deßnirt sie Vf. afs diejeni-
gen orgamsirten Neubildungen , welche vorzugs-
weise durch qualitative Abweichung des Ernäh-
nähnmgs- und Bildungsactes entstehen, Sie kön-
ne» entstehen 1) in den Zwischenräumen der Ele-
menlarCheil« efnes normalen Gewebes an einer oder
mehrem Stellen , wo- dann das normale Gewebe all^
mMtg verdrängt und aufgesogen werden kann. —
2) Durch Umwandlung eines normalen Gewebes, was
die Verwandlung der Akiskel fasern in Pett, der Ueber^
zugsknorpel in Knochen, von Vf. im Kniegelenk beob-
aifihl^». der. BiAgfaaerbaul ia FeU beweist. 2) Ein
•Aftergfsl^bhB kann sich in ein anderes umwandeln,
eja Vqrgaiig,, der, wenn er auch nicht so häufig ist,
als man (rtiberhin annahm, doch nicht geleugnet
werden kann ; so können nicht nur unter begtftisti-
genden Verhältnissen Warzen in Epithelialkrebs Über-
gehen, sondern Vf. beobachtete auch, wie ein 15 —
20 J. bestandener lymphatischer Kropf bei sich ent-
wickelnder Krebskachexie sich gänzlich in M.irk-
schwamm verwandelte. 4) Schon orgaaisirle Ent-
zUndungsproducte können sich in Pseudoplasmcn
umwandeln; so die Granulationen einer Exstirpations-
wunde eines Krebaes» welclie bis dahin ein gutes
Aussehen zeigten ; auf dieselbe Weise lassen sich die
Ausartungen und Verhärtungen in einem sonst nor-
malen Eotattndungsprodncu erklären. 5) Afterge«
biMn bdnnen innerhalb der GeAisae im Blute entate*
hnn, was jedoch nur bei schon vorhandenen sehr
bdtartigtn Gebilden der Fall sein kann, wenn die
Elemente ikrselben , sei es durch die l^yrophgellässa
oder durch unmiltelbare Imbibition , oder durch Ab-
8orpti4Ni von Seilen offenstehender Gefilsse, oder end-
lieb da<iurcb, dass das Pseudoplasmt in eine grosse
Vene hineinragt , in das Blut gelangen und dort Ge-
riUMNig bewirken. Die Gerinnsel , welche am bau-
ftgstee in den Capillaren eiUsteben, haben zwar grosse
Aebniicbkeit mit denen bei Capillarpblebitis , sind
aber doch durch Aussehen und Gewebe als Blark-
actiwamm cbarakierisirt»
Die jftAmieiTte zu den verschiedenen Pseudoplas»
men stammen immer aitn dem Blute her, sei es, dass
die belreienden Stoffe wie geuvMinllcb dank die ^
fäsnwände exeudiren, oder daie kleioeee GeftsseuN
reissen, wie. z. Bv bei Brscbtliter«nge% GontusioiM,
oder dass innerhalb des Getesayalems sich gewisn
Stoffe durch Gerinnung abechtiden. Sie organiäni
sich entweder direct ans den^ flüssigen Znstande hcN
an», eder sie erstarren, geeinnen verher. Im ernei
Falle gesdueht die Orgamsation meistens nach dn
von Schwann und Seh leiden angegebenei (Sf>
setzen, decb. giebt Vf. , wie fast alle andern neoini
Beobachter hier vielerlei Abwetehungen zu. Slam
Blasteme bilden entweder für sich eigene Afterbiidu-
gen, oder in Verbindung mit flüssigen bilden aedn
Gerüste des ganzen Gewebes. Es kann das Elasten
in verschiedenen Formen erstarren. Es bilcial 1) lald
eine flache, glatte, sehr darefaseheinende, oft iv
durch i^lrbende Substanzen deutlicher werdende Hast,
wie bisweilen beim Bflndelkrebs ; bald ist sie too
Elementarkörncrn trübe, baU in Palten gelegt «i
eingerollt, wie beim zottigen Markscbwanm, baldn
einer Rühre oder einem, Schlauch zusammengeschla-
gen, wie bei den verästelten Vegetationen serOser
Häute. 2) Das Blastem erstarrt zu einer formiosei,
dicken Masse, wie dieses bei den Wanden maocber
Cystosarkome der Fall ist, oder bildet 3) eine too
Lücken verschiedener Art durchbrochene GerinnuDg,
wodurch ein poröses Ausseben oder ein Balkenwerk
entsteht , wie bei den cavem(Hien Geweben nad mir
gen Gystosarkomen. 4). Es kann ein zartes Fase^
neta entstehen nach Art der Gerinnung des Fase^
stofleft in den grossen Arterien oder im Herzen; kiei-
ber gehört daa weisse, zarte Neta, welches bisweäei
im Faserkreba der Brustdrüse mit grosser Neigaif
zum molekularen Zerfallen gefunden wird. Die m-
achiedenen Formen können sich ebenso zu Fasen
spalten, wie dieses im physiologischen Zustande Imi
dem Keimstoff für das Sehnengewebe der Fall ist; es
kitonen sich je nach Umständen dünnere Biadegeweks^
fasern, oder auch stärkere, den organischen Mushelb-
aern ähnliche daraus bilden. Ist , wie bäofig der
Fall, neben dem festen auch ein flüssiges Blaslea
vorbanden, so ist auch die Weise der Organisin^
eine doppelle ; es finden sich dann auch eine Menft
glänzender Kerne, eine geringe Anaabl matter, wie
bcflläubter Kerne und ähnlicht Zellen. Diese B^
mente können jedoch auch aus reinen starren Blasig
men sich bilden, sie können sadi anf versebiedeM
Weise weiter entwickeln ; die Kerne reihen sieb flr
knotigen Kernfaser aneinander^ oder entwickelD sick
zu Kern - oder, elastischen Fasern ; die KleoleBU^
körner können sich aneinander reihen und einen daa*
kein Fasenring nach einer Richtung odtf in Font
eines Netzes erzeugen. Die Entscheidung, ob eis
Aftergebilde aus flüssigem oder festem Blastem artr-
standen, ist oft unmöglich; doch ^richt eiaeiell^
kommen geradlinige Richtung zarter, starr aussehen-
der Fasern , so wie auch die in grossen Bogen g^
schwungene Faserung ftlr Entstehung durch Spaltung
aus geronnenem Blastem.
Von den verschiedenen Einthnlungifrincifitn
Sct'QlH« P»eiidofflv8iroii.
116
nimmt Vf. ^s 4n prtfktiBehtfte tmü von wiMenschaft-
Ikher Seile wenigstens ebenso gut ab jedes aodere
SU rechtfertigende das in guUurtige und kvsartige
Neubildungen an. Erstere gehen weder aus einer
Dyskrasie hervor, noch ziehen sie eine nach sich ; sie
sind rein örtliche Uebel , und der etwaige Nadi(heil,
welchen sie dem Organismus bringen, 4iMigl von ört-
lichen UmsUtnden ah. Letzlere dagegen sind entwe-
der Folge einer dysitrasischen Blutveranderung , oder
sieben eine solche nach sich; «ie werden mit dem
Gollectivnamen Krebse belegt, oh||fleich «igenllich
noch andere Gebilde, wie z. B. Kondylome, hierher
zu ziehen waren. Wie die gutartigen unil bOsarligen
Gebilde nicht streng von einiHider geschieden sind,
sondern durch mannigfaltige Uebergangsstufen inein-
aader übergehen, so f[iebt es aiich kerne strengen
di«gttoslisclMn Merkmale zwiscbeii heideo : doch las-
sen sich manche Anhaltspunkte auffinden, die f(fr das
eine oder andere sprechen.
1. Bösarii§e Gebflde smd in der Regel schmerzhiilt,
was bei gutartigen nur antcr besoodern Umstaaden der
Fall ist.
2. Bifsartige Gebilde verwachsen bald mit der allgeinei-
neo Decke ^ machen sie uoverschiebbar und ziebeo sie allmä-
lig mit in den krankhaften Process hinein , falls sie nicht ur-
«pruoglicb durch eine «chnige Ausbreitung oder seröse Haut
von dem Ünterhautzellgcwebe abgegrenzt sind, wie dieses
z. ß. beim Markschwamm des Hodens der Fall ist.
3. Kein gutartiges Aftergebilde , ausser etwa die Lipo-
mala diffusa , welche aber eigentlich nur Hypertrophien sind,
tritt in Form von Infiltration diffus auf. Es spricht daher ein
•olebes Auftreten für Bösartigkeit, obscbon nicht alle bösarti-
gen Gchtlde unter dieser Form aaftrelen.
4. Durchschnittlich wachsen bösartige Aftergebilde
schneller , besonders der Markschwamm ; doch giebt es hier
viele Ausnahmen.
5. Bösartige Gebilde fangen , wenn sie eine gewisse
Entwicklung erreicht haben, an, an einer oder mebrern Std-
len sich z& erweichen und sich zum Aufbroch vorzubereiten.
Von diesem in der Tiefe des Aftergewebes vor sich gehenden
Proeess roaas ein oberfläcbürhes Aufbrechen mit Entzündung
and Eiterung wohl unterschieden werden , welches auch an
den gutartigsten Geschwülsten In Folge äusserer Tleizung
beobachtet wird.
6. Bei bösartigen Aftergebilden schwellen die benach-
barten Lymphdrusen an , was bei gutartigen nur dann der
Fall ist, wenn sie oder ihre Umgebung in Entzündung und
Eiterong versetzt werden. Hier entsteht dann die Anscbwiel-
long scbaeller, wird nie sehr hart mid empfindlicb , nimmt
4arch aalif blogistisches Verfahren ab und schwindet mit der
zu Grunde liegenden Entzündung und Eiterung.
7. Ist ein bösartiges Gebilde einmal aufgebrochen, so
langt gewöhnlich die Masse um so mehr zu wuchern an , je
bösartiger es ist. Bei gutartigen durch äussere Reize auf-
gebrochenen Geschwulsten ist dieses sehr selten der Fall;
Vf. hat es jedoch bei Aftergebildea 4n der Mundhöhle beob-
1. Das forkommen desselben Aftergebildes an mehrern
SteUen spricht für Bösartigkeit; doch Hnden sich auch
manche gutartige Gebilde, wie Warzen, Balggeschwülste,
Encbondrome , bisweilen selbst Lipome und Fibroide gleich-
zeitig an mebrern Körperstellen.
9. Bösartige Aftergebilde kehren nach der Exstirpation
leicht an derselben oder an einer andern Stelle zurück. Die-
•ee ifti je4ocib nicht dar Fall , w«na das Debet noch rein ort*
lieb war uad die Operation aUc Tbeile entfernte. Es ist aber
ein Krebs noch für ein örtliches Uebel mit gutem Grunde zu
halten , wenn folgende Bedingungen zusammentreffen. Wenn
eine deutlich nachweisbare äussere Veranlassung aufzußnden
ist, wenn dos Uebel verbaltnissmassig langsam wuchs, wenn
4ic benachbarten Drüsen trotz des langen Bestehens des Debets
noch gesund sind, wenn die Aftermasse vereinzelt dasteht,
wenn das betreffende Individuum eine gute Ernährung und
Colorit zeigt, und in einem günstigen Lebensalter steht.
fO. Bösartige Tteiibildongen entstehen entiveder atls
einer fehlerhafften Blutbetdiailenheit , und datoo fgehen iMr
Entstehang der Geschwülste scblechte Emabnng und AMe-
sehen^ckon vorher, -oder'Sie ziehen beides nach sich..
Der Verleof der ffrebäkaeheopie ist «entweder isehr
iengsam, mehrere lahne sieh hinsiehen«!, «od. mditMk'
l«r, in wenigen Monaldi %\tm To4e fdhrewl. EnIterM
ist gewi^bnlich der Fall bei der aus einem OrtUohan
Krehse hervorgehenden Racheiie^ letzteres, tvenn dk
Kacliexic dem Orllichen l^bel vorangeht, "wenn «ine
grosse Krebsgeschwulst durch die Operation entfernt
wird und nun das Krebseisudai statt an der eaüllt
gewohnten Stelle, an mehreren abgelagert wird. -^
FoUkommene Heitung eines Krebses bewirkt ^
Nafeiir n^irr sehr selten, durch tiangrin, die eatwi^der
mit «inem Male die Aftermasse heßillt oder ein sehiieh-
tenweiscs Ahsterhen bewirkt. Es kann sich d^tn
hei günstigen Inssem Einflüssen, woz« vor «ndem
auch Lufiv«rilnderong gehtfrt , auch die schoh alte-
rirte Mischung des Blutes wieder normal geslaltM.
Auf diese Weise ist auch die Heilung «u «eiiAlipefB,
welche Chirurgen durch Exstirpation erzielt hahea. «-*-
iJeber das Verhalten des Biäts in iier KrebsAüi^kssoie
bringt Vf. nach seinen gen einschalt I ich mit Heller
angestellten Unbersuebungen manches Neue b^. H^i
der mikroskop. Unbersnchung zeigten ike BlutliOrp«^-
chen ei«e ^grosse Verschiedeiiheit in ihrer GrOese, so
dass diese bald unter das Normale sank , bald bis
zum Dreifachen stieg, ein Verhalten, was jedoch nicht
dem Ki'ehsblute allein , sondern auch dem Eiterblute
und dem B4ule in manchen andern Krankheiten zu-
kommen soll. Bei dem durch Schröpfen gewonnenen
Blute habe diese Eigenschaft gefebli. In den meisten
Fallen wurden Krebszellen im Blute gefunden,
welche rund, oval waren, den EiterkOrpern an GrOsse
glichen, oder sie übertrafen. Sie waren gfanulirt,
mit 1 — 2 grossen Kernen versehen , änderten sich
durch Essigsäure wenig. Man sah sie in grösserer
Anzahl, wenn mM das von Fibri« befreite Blut so
lange mit destilliTtem Wasser verdünnte, bis keine
ßlulkörper mehr unter dem Mikroskope zu sehen wa-
ren ; das Ganze Hess man dann in einem engen Cy-
linderglase in der Kälte stehen , goss nach 24 Std.
die rolhe Flüssigkeit von clem gebildeten schwachen
Bodensätze ab, brachte letztern in ein enges Prohir^
glas, wusch ihn nochmals mit destillirtem Wasser
aus, liess ihn wieder absetzen, goss das Wasser ab
und untersuchte das Sediment. [Die vorhergehende
Beschreibung passi nach Ansieht des Ref. sehr gut
auf die farblosen Blutzellen« h. die angegebene weit-
läufige Procedur mag wohl im Stai\de sein, diese
durch Wasseraufnahme zu Krebszellen zu vergrltssem,
eine Ansicht, die, wie Vf. schlUsslich Mfilhrt« ttiih
116
Schah» PseudopUameii.
Heller getheilt za haben scheint] Beim Uteros-
krebse medullärer Natur zeigte sich schon dem freien
Auge nach der Gerinnung des Blutes entweder ein
goldgelb schimmerndes Häutchen auf dem Kuchen,
oder man sah glänzende Partikeln auf ihm aufliegen,
oder im Serum schwimmen , welche unter dem Mi-
kroskope deutliche Krystalle von verschiedener Form
darstellten, deren Glanz beim Verdunkeln des Seh-
feldes durch Umdrehen des Spiegels sehr schön her-
vortrat. Dnrch ihr Verhalten gegen Aether, Alkohol,
Kaliam stellten sie sich als krystallisirtes Fett dar.
Welcher Art dieses Verhalten gewesen sei , fahrt Vf.
nicht an, was um so mehr nöthig gewesen wäre , da
Cholestearinkrystalle , auf welche man sonst schlies-
sen sollte, sich bekanntlich in kaltem Alkohol und
Kalien nicht, leicht dagegen in Aether lösen. Vf.
glaubt, dass der Stich ins Gelbe, welchen das Blut
solcher Kr. zeigen , hiermit wohl zusammenhänge.
Bei der chemischen Untersuchung des Blutes, bei
welcher jedoch die eingeschlagene Methode nicht an-
gegeben wird , ergab sich eine constante absolute u.
relative Vermehrung des Fibrins; es wurden in
1000 Tb. 4 — 12, im metrorrhagischen Blute sogar
16,42 gefunden. Das Albumin wurde entweder
normal , oder unter der Norm gefunden. Die Menge
der Blutkörperchen war immer sehr gering zwischen
56 und 102. Die Gesammtzahl der festen Stoffe
wurde immer, ziemlich der Verminderung der Blut-
körperchen entsprechend , weit unter dem Normalen
gefunden. Von den 10 zur ehem. Analyse verwandten
Fällen waren 8 MeduUarkrebse, 2 Epithelialkrebse ;
bei letzteren war die Fibrinzunahme am geringsten;
bei einem derselben jedoch, der ein Uleruskrebs war,
fanden sich im metrorrhag. Blute 13 p. Mille.
Die Eintkeiluttg, welche Vf. bei der speciellen
Abhandlung der Aftergebilde befolgt, ist folgende.
1.
A. Gutartige A ftergebilde.
bilde
[ Krallen oder Hörner.
II. Epitheliale Gebilde weisse Wulste im Mande.
weiche Warzen
III. Zellgewebige Ge-
bilde
IV. Faserg eschwiihte
gutartige Melanosen
syphilitische Kondylome
weisse Kondylome
Carunkeln der Harnröhre
verästelte Auswüchse auf serösen
Häuten
der Fuogus cellulosus.
narbenähnlicke
ßbroide im engern Sinn
eiweissreiche Fibroide.
{einfaches Lipom
Fettgesch Wulste, combinirt mit
andern Neubildungen.
VI. KnorpelgeschwüUte Enchondrom
VII. KnoehengeschwüUte oder Osteoide
VIII. Gefässsthwamm, ( arteriöser
oder Fungus vascularis, < tenöser
Tumor erectili^ ( cavemöser
IX. MuikelfasergeschtMste oder Sarkome.
X. Cysten ohne Parencbym.
XI. Parenehymeysten oder Cystosarkome.
XII. Speckähnliche Gebilde oder Steatome.
XIII. Neurome.
XIV. Epulis.
B. Bösartige A ftergebilde.
I. Bündel förmig er Krebs.
II. Bläsekenkrebs.
III. Löslicher Krebs oder Gallertkrebs.
IV. Flacher Krebs.
V. Epithelialkrebs mit seinen Formen.
VI. Faserkrebs oder Scirrhus.
VII. Marksckwaihm mit seiner Modification — dem D^
lanotischen Krebs.
Betreffs dieser Einlheilung ist noch zu bemerken,
dass nach Vf. die 4 letzten Klassen der gutarligei
Neubildungen auf dem Uebergange zu den bOsarligeo
und den 3 ersten Species der bösartigen sehr nabe
stehen , da der Grad der Bösartigkeit bei diesen nv
ein geringer ist.
Der nun folgende specielle Theil der Arbeit
(S. 42 bis Schluss) ist eines Auszugs nicht wohl
fähig. Gewiss wird jeder Leser das äusserst reich-
haltige mit vielen Krankengeschichten versehene Ma-
terial mit Vergnügen und Nutzen durcharbeiten. Ref.
wird jedoch nur Einiges, was mehr neu, und worin
Vf. von früheren Beobachtern abweicht, noch her-
ausheben.
Den innern Bau der gewöhnlichen fVarzen be-
schreibt Vf. ziemlich übereinstimmend mit Simon
(Anatomie der Hautkrankheiten). Dass sie wesenl-
lich in Hypertrophie der Hautpapillen bestehen, wie
frühere Beobachter glaubten , ist ihm unwahrschein-
lich, schon wegen ihrer leichten Ablösbarkeit too
Corium, ferner wegen der die Grösse der Papillen
weit übersteigenden Dicke der Säulchen, endlich aocii
wegen des anatomischen Baues.
unter dem Namen kornartige oder borkige
Warzen beschreibt Vf. im Corium sich entwickelnde,
langsam wachsende, nie fUr sich, sondern nur mit
der Umgebung verschiebbare Gebilde, die sich da-
durch vorzüglich von gewöhnlichen Warzen unter- <
scheiden , dass sie sich bald mit einer festen Kruste
bedecken. Diese Gebilde können höhnen- bis wall-
nussgross werden, sind wenig oder gar nicht em-
pfindlich; die. hornartige Spitze ist zuweilen zerklül^
tet. Die im Niveau der Haut und unter ihr liegeniie
Partie ist weniger hart und dehnt sich daher das
Hebel oft weiter aus als der Tastsinn angiebt; wird
ein Theil weggeschnitten , so wachst er bald wieder
nach. Diese etwas seltenen Warzen finden sich nur i
bei Erwachsenen und Greisen ; sie gehen leichler als
gewöhnliche Warzen in Epithelialkrebs über, i^'«
Substanz derselben ist weiss, derl), und lÄWt w<^^ *
Schuh, Pseudoplafnen.
117
^rallel lanfeode dicke Fasern oder BlStlcheo theilen,
lie öfter eine baumartige Zeichnung darbieten , zwi-
leheo deren Aesten eine weiche, durchscheinende,
gelbliche , sulzige Masse liegt. Gegen die Spitze hin
rerlierl sich die baumartige Verzweigung immer mehr
md zeigt sich nur noch das verschrumpfte Hornge-
vebe. Unter dem Mikroskope zeigen sich grosse
'homboidale Zellen , an denen die Kerne um so selt-
ler werden, je mehr man sich der Hornsubstanz
illhert. In ein Paar Fällen sah man deutlich , dass
lieh die ganze Masse vom Corium aus entwickelte,
irelches weiss, wie das normale, aber verdickt er-
ichien und sich in konischen Strahlen gegen die
)berOaiche ausbreitete. Diese waren 3 — 4 "Mang,
ilotreich , daher rOlhlich , und schienen nichts als
liypertropbirte Papillen zu sein, von denen sich meh-
rere in eine grosse Hervorragung vereinigten. Sic
^areo zunächst von Horngewebe bedeckt, welches
ien soliden Kegeln des Corium entsprechend 2 — 3
iefe, hohle Kegel darstellte, welche aus Oberhautzel-
en bestanden ; die soliden Kegel dagegen zeigten
nichts als vergrOsserle kolbige P<ipillen , welche mit
Punktoiasse, Kernen und einzelnen Zellen bedeckt
waren.
Weisse Kondylome nennt Vf. eine Zellgewebs-
bildung, welche er ein Mal an der kleinen Scham-
lippe, ein Mal von Höhlen ausgehend beobachtete.
Mehr als faustgrosse, herabhängende, weisse, weiche,
elastische Gewächse, aus dicht aneinander stehenden,
bis hohnengrossen, rundlichen Beeren bestehend, die
sich an eine dicke nach unten fast gekrOsartig sich
lusbreilende Spindel ansetzen. Wenn sie auch einige
^ehnlichkeit mit syphilitischen Kondylomen haben,
so unterscheiden sie sich doch durch die Blässe und
rrockenheit; sie seihst haben mit Syphilis nichts zu
thun.
Hit dem Namen Fungus cellulostis bezeichnet
i^f. ein gutartiges Aftergcbihlo , was weich, lappig,
lehr elastisch, und aus gefässreichem Zellgewebe
besieht; es entwickelt sich in fettreichem Zellgewebe,
rorzUglich im Fettpolster der Orbila. Vf. beobach-
ete es 3mal, 2mal in der Orbita, bei übrigens ge-
tunden Männern, wo es einen Exophthalmus bedingle,
»n Mal bei einem Kinde unter der Haut des linken
miera Augenlides. Die Exstirpation wurde in allen
i Fällen mit gutem Erfolge vorgenommen ; im letz-
ern Falle zog sich der Stiel längs der untern Flache
ler Orbita bis zum Sehnerven hin, wo er abgeschnit-
en wurde. Es bestanden in allen 3 Fällen die Ge-
nlde aus einem Aggregat von sehr kleinen , bis boh-
lengrossen Läppchen , die von verschiedener Form,
«hr elastisch, blassroth und durch gefässreiches,
arthäuliges Bindegewebe deutlich von einander
geschieden waren. Durch die grosse Weichheit
nd die lappige Form ist dieses Gebilde ziemlich
scher von andern einen Exophthalmus bedingenden
tatartungen unterschieden. Von dem bekanntlich
■ verschiedenartigen Formen häufiger vorkommenden
hngot haematodea (zum Unterschied von dem bös*
artigen blutreichen Markschwamme besser Fungua
vascularis, Tumor erectilis genannt), ist die fragl.
Neubildung nur durch den geringern Blulreichthum
verschieden.
Narbenähnliche Fibroide werden Gebilde ge-
nannt, die uaregelmässige, bisweilen verästelte Kno-
ten in der Haut und dem unterliegenden Bindegewebe
darstellen. Sie sind hart, unschmerzhafi , nicht
umschrieben, und nicht ohne die Haut verschiebbar;
sie unterscheiden sich von vorspringenden Narben
nur dadurch, dass sie wachsen, kommen übrigens
selten vor. Es gehört hierher auch das von Ali-
bert so genannte Cheloid. Unter ehoeisshaliigen
Fibroiden werden die Aftergebilde von faserigem Bau,
welche Rokitansky u. A. als eiweisshallige Faser-
geschwülste, faseriges Sarkom bezeichnen, d. h. die
meisten sog. fibrösen Polypen, u. die seltner unter der
allgemeinen Decke vorkommenden eiweisshaltigen Fa-
sergesch Wülste beschrieben. Die Benennung Sarkom
will Vf. nur für diejenigen Neubildungen angewendet
wissen , welche in ihrem Gewebe gestreiße Muskeln
faseim enthalten. Eine Geschwulst dieser Art wurde
von Rokitansky in einem entarteten Hoden auf-
gefunden und in der Ztschr. d. Ges. der Wien. Aerzte
beschrieben ; eine ähnliche soll kürzlich in Wurzburg
in einem Ovarium gefunden worden sein. [V^-*. Jahrbb.
LXIV. 210U.LXIX. 13. Red.]
Osteoide werden nur die Geschwülste genannt,
die direct als solche, d. h. nicht durch Umwandlung
aus Knorpelsubstanz entstehen. Vf. pflichtet der
herrschenden Meinung, dass der Knochenbildung in
allen FäUen Knorpelbildung vorangehen müsse, nicht
bei.
Die Ranula wird als eine ursprünglich unter der
Zunge sich bildende Cyste bezeichnet. Die Meinung,
dass sie durch Zurückhaltung des Speichels in dem
Whartonianischen Gange entstehe, wird nicht nur
durch den Umstand , dass dieser Gang für feine Son-
den durchgängig ist , sondern auch durch die chemi-
schen Reactionen der enthaltenen Flüssigkeit wider-
legt; Vf. fand, wie mehrere Beobachter vor ihm»
darin kein Schwefelcyankalium, dagegen immer etwas
Albumin. Fleisch mann *s Ansicht, dass sie durch
Ausdehnung von einem der beiden an dem Muse, ge-
nioglossus gelegenen Sclileimheutel entstehe, hält Vf.
für unwahrscheinlich , einmal , weil in allen Fällen^
wo ein Schleimbeutel sich ausdehnt, derselbe sich
zugleich verdicke, der Balg der Ranula aber immer
sehr dünn gefunden werde , dann weil die Froschge-
schwulst sich nicht immer da bilde, wo die Schleim-
'beutel sich befinden sollen, endlich, weil nicht sel-
ten an denselben Stellen, wo die Froschgeschwulst
vorkommt, auch Atherome gefunden werden, was
beweise, dass dieser Ort zu Neubildungen sehr geneigt
sei. Wir wären also damit auf die ursprüngliche
schon von Celsos ausgesprochene Ansicht zurück-
gekommen, wenn nicht doch vielleicht die Sache sich
so verhält, dass diese Geschwulst in verschiedenen
Fällen verschiedenen Ursprunges ist, und dass wir
118
H a s n e r , Uket d. ThfUneakiluiigsapparat.
hm ]«tfet untar demmiben Namen {Jngfeicfiartiges z\i*
ßdmmewf^ftissl haben.
Mit dem Namen Bläschenkrebs (Cancer vesicu-
laris) , bezeichnet Vf. Neubildungen, welche von
andern Gallerlkrebs , Alveotarkrebs (Cancer g^lati-
nifbrmü) u. «. w. b^nania worden sind. Prericha
(über Gallert- oder Gdloidgeachwalste) und nach
ihm Bruch glaubten, geallllzl auf mikroskopische
Unterauchungen und Beobaolitungen des Verlaufs und
▲uaganga von Füllen , diese Form aus der Reihe der
Ikdsertigen Neubildungen streicIieB z« dArfen; iinch
V£. tränt ibr nur eine geringe Bösartigkeit zu und
fuhrt selbst Falle an , wo die fiistirpation mit dem
^(kklichsten Erfolge gekrdnt wurde. Wahrend
Frerichs das Vorkommen dieser Form in Knochen
und Ovarien in Abrede stellt, und erstercs «tls auf
einer Verwechslung mit dem Cancer areolaris puUii-
eens beruhend darstellt, nimmt Vf. beides an, scheint
jedoch von F r e r i c h s * Untersuchungen keine Kennt-
nisa ffehabt zu haben.
Vom Epithelialkrebs werden 2 Formen unter-
schieden. Obwohl beide der Hauptsache nach aus
den Epithelien ahnlichen grossen Zellen oder auch
Epithelialkernen bestehen, so ist doch die Anordnung
dieser verscJiieden und erhalt dadurch die eine Form
ein drasiges, die andeie ein warziges oder zottiges
Ansehen. Die erslereForm, der acinöse Epithelial-,
krebs ist die hüu6gste, bildet die bei Weitem grösste
Zaiil der Lippenkrebse; ausserdem findet sie sich
hStufig an der Zunge, an der innem Flache der Backe,
nm After, im Mastdarme , am männlichen Gliede , an
den ScbanHippen und am Uterus, selten in unsern
Gegenden am llodensacke , noch seltner an der
Sehleimhant des Kehlkopfs und Oesophagus. Bei
Lippenkrebsen dieser Art, die nicht inßltrirt sind,
hat die Operation, wenn sie> bevor die benachbarten
Drüsen schwellen , gemacht wird , gewohnlich einen
gttnsligen Erfolg; selbst wenn die Drüsen geschwol-
len , aber noch beweglich und nicht sehr hart sind,
kann die Operation noch einen günstigen Ausgang her-
beiführen ; sind sie aber unbeweglich , sehr verhär-
tet, so beschleunigt die Operation gewöhnlieh nur
den unglücklichen Aasgang. An der Zunge ist die
Diagnose des Uebels nicht immer leicht, und doch ist
hier vor Allem ein raaches Chirurg. Eingreifen nötliig,
wenn noch Bettung gebracht werden soll. Sollte
man im Zweifel sein, ob man einen Krebs oder einen
durch wiederholte mechanische Verletzungen gesetz-
ten Granulationsprocess vor sich habe , so kann man
eine kleine Partie mit der Scheere wegnehmen und
durch die mikroskop. Untersuchung die Diagnose
sichern. Die zweite Form des Epithelialkrebses fin-
det sich häufig am männlichen Gliede , vorzüglich hei
iltern MSnnem, an der Eichel oder an der innem
Flache der Vorhaut; sie konnte hier ihres knotig
hockerigen Aussehens wegen leicht mit syphilitischen
Auswüchsen verwechselt werden, was udi so eher
möglich ist, wenn der in die Urethra hineinwuchernde
Krebs zu, gleicher Zeit einen Tripper bedingt. Die
Of>eration hat, 'Wenn sie eimgenüMssen «itig nNp
nommen wird» gewdbniich einen fttsAiges firMg.
Vom Scirrhus, Faserkrebs, bekanntlich den
häufigsten Krebse in der Brustdrüse nntersckeidei ?£
2 in diesem Organe vorkommender Varietäten , dno)
erstere er den genugsam bek an nten Faserkrebs mit gm-
sen Knoten, die 2., seltnere, den Faserkrebs mit tta-
nen Knoten oder linsenförmigen Krebs nennt (Wstt-
m a n n *s Cancer raceroosus). Letzterer findet ^
den jetzigen Erfahrungen zufolge nur in der Broii-
drüse , in dem dieser zunächst gelegenen Unlerbni-
Zellgewebe, oder in der Haut selbst. Es bildeo mI
hier kleine, den Linsen an Form und Grösse Ibolkk
harte Knötchen, welche anfangs verschiebbar^
Beweglichkeit ziemlich bald verlieren ; durch Zo»
menrUcken derselben entsteht an einem Punkte Idi
eine grossere Masse von ßedeutender Härte, a. nnt
am gewohnlichsten in der Nähe der Warzen. hU
diese Form dasEigenthümliche, dass sie immer M
allmälige Exulceration von aussen her, nie durch äit
im Innern vor sich gehende Schmelzung aolbridit;
an Bösartigkeit tibertrifft sie jedoch noch die erste,
und steht in dieser Beziehung von allen Krebseiiea
Afarkschwamm am nächsten.
Es mOge dieses genügen , um dem Leser eiii
Begriff von der Reichhaltigkeit der in dem voriiegnl
den Werke niedergelegten Beobachtungen nod m
der genaueren Specialisirung, womit hier verwaodii^
bisher oft zusammengeworfene. Formen auselDindf
gehallen und getrennt werden , zu geben. Cotea
Literatur hat ein an wissenschaftlichem Werihe a|
praktischer Brauchbarkeit gleichstehendes Werk i
diesem Zweige der Hedicin nicht aufzuweiseo. nl
wird sich daher dasselhe ohne Zweifel eincB weit«
Leserkreis schaffen. M i q u e 1 (Nienborg.)
47. Beiträge lor Physiologie und Patholop
des Thränenableitnngsapparates; vook
Joseph V. Iliisner, Doc. d. Augenkranli
ordin. Arzte im K. K. ailgem. Krankenh. in N*
corresp. Mitgl. d. Ges. deutscher Aerzle nh-
ris. Prag 1850. Calve. 8. 104 S. mitlülS^
Tafel. (Vj Thlr.)
Vf., den wir schon «ns frOhern Leistungen »•[*■
Gebiete der Augenheilkunde als einen grilo^
Forscher kennen gelernt haben , hatte seine wnü
gende Schrift , ohne der Bescheidenheit zu aafc« i
treten , eine auf Anatomie und Physiologie g«rtö«
Reform der Nosologie und Therapie des ThriaeBii
leitungsapparates nennen dürfen; denn gind*
sieht man darin den alten Baltast über Bord gewvrf*
und nur Solches dargeboten, dem die geiisifl*
Wissenschaft allein Geltung zugestehen kana. B»J
nügt ein Blick in die f^hrbüeher der Angcnliettt«*
die neuesten kaum ausgenommen , um sich lU ^
zeugen , wie weni^ Positives , auf genaue anatfl»
sehe Untersuchungen Fussendes, wir in der 1^
von den Krankheiten >ler ThrSnenwege findea, «"
aber, wie dieselben von Vagem und allen Ai^«**
B a • « e r » llbtr 4. TMD«ilaiUiiigtap|p«r« t
llf
lic^€b«lel«li streut. Mm halte eittalnt SyHptom«
m besoiidereii Kpaakbeilen erhöbe«, tndeai^aMtt ihnen
Me BedeoHing zugestanden, die vor dem scharfe«
Uieke des Forschers sich nicht erhalten konnte. Auf
Itese Weise geschah es denn »ttch, dass ein Miolo-
ioeher Wirrwarr su Tage kam , der endlich hei ge-
laser Prüfung wie eine Sei fenhlase zerplatzen musste,
ind dass eine Therapie sich ansbildete, die, auf Inw
htlnaer gebaut, vordem kritischen LOlhrohre grossen-
heils in Nichts zerfliessen musste. Seho« Job.
Ldam Schmidt in Wien mit Himly, dergressten
>phthalmologeo , die je gelebt. Einer, protestirte
[egen die bisherige , treuer Naturbeobachtung nicht
»tlehnte Phraseologie in der Ophthahnotogie , die
les leeren Wortsehallea so vieles enthielt. Er wies
Nif die Noth wendigkeit anznstel lender Seetionen hin,
im Ober die Functionen und pathologischen Verttnde-
Vttgen der ThrXnenwege klares Licht sich zu ver-
lebaffen. Allein sei es nun , dass man sich in dem
Hsherigen nsmenreichen Album der vervielfllltigten
Krankheiten der ThrSnenwege und in den Künsteleien
insicherer Künstler dagegen besonders ge6el , oder
bss man der heute mit Recht als so hOcbst nothwen- >
lüg erkannten analomischen Cuhivirung der kranken
rheite überhaupt noch keinen Geschmack abzugewin-
»en wusste, die Stimme des grossen Wiener Lehrers
rerhallte beinahe in der Wüste. Unser Vf. nun ist
iber besonders bestrebt , an der Hand der Anatomie
(und mit Hülfe statistischer Nachweise) eine physio*
higtsehe Pathologie der Thränenorgane zu liefern, u.
line darauf sieh stützende vernunrigemllsse und ein*
bcbe Tberapeutik ins Leben zu rufen.
Znersl «nlerwirfl derselbe die TkrSnenrökrehen
lad die sie befallenden Krankheiten einer sorgrailigen
^rOfüi^. Wae die Bedeutung der ThranenrObrchen
betrill , so tritt Vf. jener Ansieht bei , wonach die-
»elben nur ats stets offene Schlauche su betrachten
uoA, ohne alle Muskelmithttlfe , welche, wie man
rOher wähnte, eine peristaltische Bewegung densd-
lea erfheikn sollte, Bourgeot St. Hilaire's
Fheorie über den Mechanismus der Thranenabsorptioa
ignorirt Vf., was ihm zum Vorwurfe gereicht, da
üeselbe iimnerhin mit der hier gegebenen in die
Schranken treten darf. Wunden der ThrSnenrOhrchen
nU anser Vf. durch die Knopfnaht schliesseo, woaa
ir aber sicher feiner Nadeln und Faden sieh wird be-<
lienen müssen. Dieselben haben nicht immer Tbrä-
lentrlliiri^ln im Gefolge. Wenn derselbe die MögUch-
leit der Bildung einer Thranearührchenisiel bezwei*
elCt so nehme ich keinen Aastand, demselben beizu-
iflicblea. Nur Variolapusteln unmittelbar auf den
IhriaaBwürzchen kbnnlea Verwachsung der Thränen*
laakta bedingen; allein weder Vf., noch sonstige
leohaehter haben durch die Blattern eine solche
forwaohsung gesehen , und derselbe hat daher voll-
kommen Recht, dieselben hier, wie an andern KOr«
^enteilen der Natur zu überlassen. Die syphilitische,
10 wie die sonst kakochymis^e [I] VerschwXrung
dar TbräneiurülnrcheB wird von ihm mit Recht für
ptohlenuitiseh erklAr t» An einoi krmnfßafUi Vere»^
geraag der Thrünenpankte, wie sie Bo gas hefaaap-t
tele, will derselbe nicht glauben, und es werden ihn
wegen dieses Unglaubens nur Wenige für einen Kotier
halten. Das Thranentrflufeln bei nervOsea Kraakhes*
ten der Augen, besonders Blepbarespasmns, hak er
nicht bedingt durch eine Verschliessung der Thränen-*
punkte, sondern durch eine vermittels Reflex erzeugte
übermässig kritische Absonderung der Conjandiva«
Das Lumen der Thranenkanale wird nach Vfs. Beob>*
achinngen aber auch bei Blepharitis , besonders Har**
daolom in der Umgebung, eines Thranenr^Vbrehena
verengt. Bemerkenswerth ist Vfs. Angabe, dasn
Krebsin6ltration die ThränenrOhrchen verschone;
diess bedarf indessen doch, da es unwahracheinJicIl
ist, weiterer BestSligung. Bei Atresie der Thran«»-
punkte erklärt sich H. mit J. A. Schmidt gt^en
jeden operativen Versuch, die Obliteration za heben^
zumal damit, wie Malgaigne beobachtet, nicht
unbedingt ThrMnentrSufeln immer verbunden sein
muss. Die abnorme Erweiterung der Thranenrühr«
chen beobaelilete Vf. lediglich in Folge narbiger
Schrumpfung des benachbarten Augenlid-Zellstoübs bei
Personen , welche lange an Blepharadenilis geliltea«
Derselbe bestreitet das Vorkommen einer selbstsia»*
digcn Entzündung der Schleimhaut der Thranenröhp*
eben. AHein warum sollte gerade diese Schleimhaut»
indem doch alle andern Schleimhaute der fintzün-i
düng fühig sind, allein das Privilegium der Immunität
gegen Entzündung besitzen? Und zudem lässt der-
selbe durch sein Zugeständniss des Vorkommens einer
sarkomatösen Aufwubtung der Schleimhaut der ThrS«»
nenrOhrchen die Müglichkeit einer cliron. Entzündung
dieser Schleimhaut au. Zur Prüfung der Wegsamkeil
der ThrSnenröfarchen sondirt U a a n c r ausschhesslich
mit der Schweinsborste. Einspritzungen macht er
mittels der Anersehen Spritze, die nur eine Linie
tief in das Rührchen eingeführt werden soH. Allein
eine solche pracise Befolgung ist nicht immer müg«
lieh, dagegen bei unruhigen Kr. eine Insultirung sehr
leicht, und ich ziehe daher mit A. G. Richter,.
C h e I i u s u. A. die Instillation der zum Eindringea
in die ThranenrOhrchen bestimmten Flüssigkeiten im
den innern Augenwinkel vor, wo sie von den Xbrtf^
nenpunklen aufgesogen werden, und hier, adbst
wenn sie aus Lapis infern, besteben, der Coojanctiia
sicher nicht jene Nachtheile bringen, die Vf. für diese
Membran davon fürchtet.
Den ThränenaMauek tlieill Vf. io einen Orbi^
iül-, MaxillaT" u. Nasaäkeil, die alte Eintheilun^
in ThrSnensack und Tbranenkanal für anatomisch
unbegründet erklärend. Derselbe legt besonders 6e«
widit auf die am Nasalstücke des Tbranenschlaucfaa
befindliche Klappe, welche seinen genauen Uatera»«
chungen surolge keine abnorme Erscheinung ist, wio
Manche glaubten, sondern ein constaates, nothwen«*
diges Element desselben bijdet. Hierdurch stellt sidb
der Thränenschlauch als ein von der Inspiration ua-
zertrenalicher Schlürlapparat dar, ohne alle Muahel-
fasern , die io diesem Organe nicht bestehen sollen«
Hiermit leagneL Vf. die Existenz des Henrner'-«
120
Hasner, ttber d. TMoeoMtnogsapparat.
sehen Tbranensackmuskels. Parüelle Entzündungen
der Sdüeimhaut des Tliräoenschlaucbes stelli Vf. in
Abrede , aber den Beweis dafür hat er nicht beige-
bracht, und so gut als z. B. ein Theil der Harnröh-
renschleimhaut im EntzUndungszustande sich befinden
kann, ohne dass ein anderer daran Theil nimmt, so
gewiss kann auch die Schleimhaut des Thranenschlau-
cfaes sich iheilweise entzünden. Es ist eine solche
Behauptung um so befremdender, als Vf. diese Schleim-
haut doch in dieselbe Kategorie mit andern Schleim-
bäulen setzt, und für sie z. B. eroupdse und eianlhe-
matische Processe vindicirt, obschon bis jetzt nur
der Katarrh dieser Membran bekannt sei. Da die
Veränderungen an der Schleimhaut des Thränen-
Schlauches sowohl bei acuter als chron. Entzündung
wesentlich nicht verschieden sind , so betrachtet sie
Vf. beide in einem und demselben Capitel. Bei län-
gerem Fortbestehen der Entzündung traf derselbe die
Schleimhaut derber, dichter, hypertropliirt, hier und
da Divertikeln , aber niemals Granulationsbildung an
derselben, wie bei Trachom, welches körnige Exsu-
dat Vf. zufolge ausschliesslich der Conjnnctiva zu-
kommt, obgleich auch manche Stricluren der Harn-
röhre in einem gewissen Stadium darauf beruhen.
Bei der geringen Reaclion , welche der Katarrh des
Thränenschlauches hervorruft, dünkt es Vf. wahr-
scheinlich, dass die meisten Falle davon übersehen
werden. Auch eine chron. Entzündung ohne orga-
nische Erweiterung des Schlauches entgeht leicht der
Beobachtung. Die Symptome der Entzündung der
Schleimhaut des Thränenschlauches werden sehr um-
ständlich erörtert, und man erkennt darin ganz den
selbstsländigen , vorurlheilsfreien Beobachter. Der-
selben tritt Andrea entgegen, der eine von Entzün-
dung der Thränenschlauch- Schleimhaut unabhängige
Zellgewcbsentzündung an der innern Augenwinkelge-
gend — Ankylops -r- leugnet. Allein mag in selte-
nen Fällen auch an der innerli Äugcnwinkelgegend
eine selbstständige Zellgewebsentzündung wahrge-
nommen werden, so wird doch unbestritten bleiben,
dass in der Regel zwischen dem sogen. Ankylops und
der Entzündung der Thränenschlauchschleimhaut ein
Gonnex unverkennbar sei. Dagegen muss ich Vf. bei-
pflichten , wenn er versichert , dass selbst bei hefti-
ger Dacryocystitis die Function des Thränenschlauches
nicht aufgehoben sei, was man bei der Enge des Ka-
nals und der darin vermeintlich erfolgenden Anschwel-
lung der Schleimhaut doch vermuthen sollte. In der
fernem Schilderung der Symptome wird auch des
Thränenträufelns als trüglichen Zeichens der Dacryo-
cystitis gedacht , und hier besonders hervorgehoben,
dass dieser Zustand auch bei normaler Function des
Thränenableitungsapparates sich vorfinde. Mit Recht
erinnert Vf. auch an die für Dacryocystitis Nichts be-
weisende Trockenheit der Nase, indem die Nasen-
schleimbaut nicht erst der Thränen bedürfe, um feucht
erhalten zu werden, und fügt ganz richtig bemerkend
hinzu, dass eine solche bei Dacryocystitis beobach-
tete Nasentrockenheit Symptom eines gleichzeitigen
Schnupfens in seinem Beginne sei. Aus des Vfs.
Beleuchtung der der Dacryocystitis zakomnead«
Symptome geht sein Streben hervor, deren (iazuverbi-
sigkeit darzulegen , und wir sind ihm jedeDfalla M
schuldig für seine Warnungen, sich nicht io lUn.
grosser Sicherheil zu wiegen« Indessen wird kr
sorgsame Diagnostiker doch auch hier in deuKe-
sammtbilde der Symptome, worin besonders die Ett-
leerung von Schleim auf Druck durch die TbriBci-
punkte nicht fehlen darf, in der Regel befriedigaile
Anhaltspunkte finden, um in der Erkenntniss des Lei-
dens nicht zu schwanken. Von den Krankheit» der
einzelnen Theile des Thränenschlauches betnchM
Vf. zunächst die der Orbitalporäon, Der Ralb, ki
Verletzung dieser Orbitalportion den GeDsoul'icki
Cylinder durch die Nase bis über die verletzte M
hinauszuführen, und dort einige Stunden vervek
zu lassen, um deren Verwachsung zu begegBs,
dünkt mir nicht befolgenswerth ; denn gerade k
dadurch neuerdings in der heilenden Wunde geseiiü
unvermeidliche Reiz wird sicher eher das Gegeotkü
von dem bewirken , was Vf. zu erzielen sacbl. Die
häufigste und wegen ihrer bohnenformigen biiüv-
beneigrossen Geschwulst zugleich am leichlestN o^
kennbare Krankheit der Orbitalportion ist die orp*
nische Erweiterung derselben, die Vf. zufolge iomer
eine völlige Verwachsung an einer Stelle im Niui-
kanale zum Grunde habe. Ob diess ein für alleul
richtig , und ob nicht dennoch die Möglichkeit einer
Verengerung bestehe, müssen fernere Beobachtangn
darthun. Derselbe warnt vor deren Verweehsiuif
mit Atheromen , die stets weit freier beweglich sioi
minder fest und tief sitzen , und eingespritzte FlOv
sigkeiten in die Nasenhöhle dringen lassen; iodessa
sichert hierbei der Verlauf die Diagnose wobl »
besten, wenn auch wegen Zähigkeit des Secrets, des-
sen Ausleerung durch die Thränenpunkte nicbl er-
möglicht werden sollte. FistelöfTnungen des Thri-
nenschlauches , die durch Abscesse entstehen, vd
wie Vf. entschieden behauptet, niemals von Dauer«
und schliessen sich rasch. Nicht minder wichtig ui
wenn unbezweifelt wahr-, die ganze bisherige Thrt-
nenfisteloperation über den Haufen werfend, isl*^
folgende Behauptung Vfs.: „Z>ie dauernde TM»»-
schlauchfisiel ist niemals das Symptom einer f^
wachsung oder Undurchgängigkeii des ScUe»^
sondern stets nur der Caries der den Tkrüf^
schlauch umgebenden Knochen/* Vf. erzählt«^
einen Fall , in welchem eine sehr bedeutende Tbrf-
nenschlaucberweiterung, mit gänzlicher VerwachsBif
des MaxillarstUckes im ganzen Verlaufe, ohne Daerj«'
cystitis phlegmonosa und Abscedirung sich gebüd^
hatte. Die bei Erweiterung des ThräneDschlm«*^
gern recidivirendcn phlegmonösen Entzündungen wr
ren zuweilen endlich zu Obliteration der Orbiulp«"
tion in Folge von Versch wärung oder ümwandW
der Schleimhaut in zellig -fibröses Gewebe und i*
consecutiver Verwachsung ihrer Wände. Di«**^
der Natur eingeschlagene Heilweg lehrt *^^*^ ^
Chirurgen , sein künstlerisches Streben Wos «0»
Verödung der Orbitalportion lu richten.
- Als*
H a 8 n e r » tMr d. ThrüAenkitungsapparat
121
•leraere Mrattkiiait' der Orbitalportioii des ThrNnen-
scfalaucliea Itabrt Vf. die Oblileration derselben auf;
allein diese kann doch nicht als selbststandige Krank-
heit geltoi , sondern nur als Ausgang einer nbgelaa-
fenen Enttflndang betrachtet werden. Als Ursachen
dieser Obliteration bezeichnet H. eine chronische
ZeligewebsenUttndang im innem Augenwinkel, und
gieht dadurch indirect die Selbslstandigkeil des An-
kylops, fOr die er, wie wir gesehen, gegen Andrea
eine Lance gebrochen, wieder auf; denn, wenn schon
eine chronische ZellgewebsentzOndung im innem
Augenwinkel die Thränenschlauchschleimhaut bis zu
dem Grade in Hitleidenschaft ziehen soll , dass sogar
eine Obliteration derselben zu Stande kommt, um
^ie viel starker wird die Mitleidenschaft bei der acu-
ten Zellgewebsentzündung an diesem Theile sein. Die
andere vom Vf. bezeichnete Ursache der Obliteration
der Orbitalportion soll eine von dem Nasallheile in
den Maxillartheil hinaufrUckende spontane Verwafh-
sang sein. Allein kann eine solche Verwachsung
ohne vorangegangene Entzündung sich ausbilden?
*Es werden 2 Sectionsergebnisse mitgetheilt, die
als Belege der zwei angegebenen Arten von Oblilera-
tion des Orbitaltheils dienen sollen. Dass diese Obli-
teration der Therapie unzugänglich sei , bedarf wohl
kaum der Erwähnung. Unter der Aufschrift: Ge-
schwür- und Fistelbildung der Orbilalporlion giebl
Vf. eine Unterscheidung zwischen jenen Geschwüren,
welche, obwohl pathologisch -anatomisch noch nicht
klar nachgewiesen, in der Schleimhaut allein vor-
kommen , und jenen , bei welchen Haut und Zellge-
webe gleichfalls zerstört sind. Schlüsslich gedenkt
Vf. auch der Polypen und steinigen Concremente in
der Orbilalporlion , und verwirft mit Grund die hier
in Vorschlag gebrachte Lithotripsie.
Von Krankheiten der MaaeillarporHon fuhrt Vf.
zoerst die Verwachsung auf, die aber niemals von
hier ausgehend getroffen wurde , ferner PislelbMdung
und Geschwülste. Man wird vielleicht fragen, welche
Geschwülste in dieser engen, von KnochenwSnden
umgürteten Schlucht vorkommen. Und Vf. antwortet
uns kaum befriedigend darauf mit der Erzählung einer
Section einer 78jahr. Frau, bei welcher man ein
haselnussgrosses Meduliarsarkom fand , das theils in
die Highmors - , theils in die Nasenhühle ragte , und
am vordem Ende der untern Nasenmuschel sass, —
die Maxillar-Punction (lies: Portion) des Thrttnen-
scblauchs theils verengt, theils durchbrochen, und
einen Fistelkanal gebildet hatte, der im hintern Win-
kel des knüchernen Nasenkanals gegen die Nasenhöhle
herablief und in sie mündete. Diese Fistel nennt Vf.
Fistula ductus lacrymalis interna , hält diesen Fall für
Isolirt in der Literatur , und nimmt davon Veranlas-
sung, gegen das schonungslose Sondiren des Thrä-
nenschlauches , wodurch oft ähnliche falsche Wege
künstlich erzeugt würden , zu eifern. Die Bferkwür-
digkeit des seltenen Falles, die gerechte Perhorresci-
rung des geschäftigen und ungeschickten Sondirens
M«4. JakM. B4. 74. Hit 1.
, angegeben , so gehört dieser Fall , da Vf. sogar als
ein Levamen natnrae bezeichnet , nur tecundlr hier-
her; denn das Meduliarsarkom bildete sich nicht in
der Maxillarportion des Thranenachlauches aus , son-
dern hat , in der Nachbarschaft entsprungen , diese
gelegentlich nur durchbrochen , und deren Wandun-
gen selbst nicht einmal weiter in das Bereich der
krankhaften Metamorphose hineingezogen. I^b nun
blos bei krankem Thränenschlauche ein falscher Weg
von Dauer sein kann , so halt Vf. die Anlegung eines
künstlichen falschen Weges, wie ihn Reybard
neuerdings wieder anpries, zur Ableitung der ThrX-
nen vom Auge zur Nase für ein vergebliches Mühen.
Die häutigsten Krankheiten des Thränenschlauches
finden sich an dessen Nasalportion vor, wie Vf. ver-
sichert. Es kann nämlich die Klappe zerrissen, per-
forirt werden, verschwüren , schrumpfen — und da-
durch insufficient werden. So verhalt es sich gerade
auch mit der Scheidcnklappe , wenn es zu deren In-
sufficienz kommen soll. Das Niesen kann bei Zer-
reissung der Thränenschlauchklappe gewiss nicht
ganz ausgeschlossen werden, denn Vf. versichert, in
einem Falle die wahrscheinliche Entstehung einer
Fissur der ThrSnenschlauchklappe wahrend eines
Schnupfens annehmen zu dürfen, weil bei zugehalte-
ner Nase Luft durch die Thränenröhrchen getrieben
werden konnte. Die Fissur und Perforation der
Schläuchklappe soll aber ausser der Verschwärung
und Einwirkung mechanischer Gewalt auch durch
Erweichung der Schleimhaut entstehen können. [Er-
weichung der Schleimhaut?] Da beim Sondiren des
Thränenschlauches von oben nach unten unter 20
Malen die Klappe 10 Mal perforirt oder gespalten
wird, so ralhet Vf. von unten nach oben zu sondiren,
vermittels des Gensourschen Cylinders. [Aber wozu
denn überhaupt das häufige Sondiren?] Um die Dia-
gnostik jener Aerzte steht es wahrlich schlimm,
die sogleich in jedes Loch , wenn sie dort das Uebel
vermuthen, mit den Fingern oder mit der Sonde hin-
einfahren zu müssen glauben. Eine Verwachsung
des Thränenschlauches an seinem Ausgange hat Vf.
nicht wahrgenommen. Da, wo derselbe von den
Knochenkrankheiten in der Umgebung des Thränen-
schlauches handelt, erinnert er, dass nicht jede Ca-
ries in der Nähe des Thränenschlauches mit dessen
Verschwärung einhergehen müsse , und dass sich der
Eiter an demselben vorbei Bahn nach aussen brechen,
oder auch in die Nasenhöhle entleeren könne , und
bleibt dabei stehen, dass jede dauernde Thränen-
schlauchfislel durch Garies, aber nicht immer des
Thränenbeins ausschliesslich, bedingt sei.
Nach Hasner's Erfahrung, der gewiss Glauben
zu schenken, erzeugt die Verengerung der Ausgangs-
öffnung niemals Dacryocystitis, und eine Verwachsung
der Ausgangsöffnung kann zwar in Folge der Stagna*-
tion des Thränenschlauchschleimes Dacryocystitis und
Abscessbildung hervorrufen, welche indessen bald
heilen und keine dauernde Fistel begründen. Um
16
1^
MsLummtf tbtrA. ffarSieBkilaogsaiiparal«
die bifther 'nmAt sdbr im Apgea iNgead« Atiti*l€^
der Krankhetleii 'des TbrOaeoMhlanoliet nur einiger«-
maassen z« ^egrthiden, begioDt Vf. damil , aeine sta*-
iiatiscJieD Notizen zu Rathe zu sieben, wovon wir als
Resultat erfahren , d8:ss von 2873 Aug«okraB4en &B
mil Krankbeiten de« Tbranenscblattcbea bebaflet wa-
ren , was ungeüllir 2 Proc. ergiebt , ein Ergebnisa,
welcheaauch Riiele's Untersuchungen in dieser Hin<-
aicht besUligen. Ans der StatistU^ Vfs. erfahren wir
nur» dess ohne besondera Unterschied auf Jahressei-
teu das weibliche Geschlecht, und zwar im Alter
▼on 20 -^ 30 Jahren vorzugsweise von Krankheiten
des Thrünensclilauehes befallen werde , daas das
mSnnliobe Geschlecht nur zur Zeit derPubertHt daran
leide» wtfhrend das weibliche wahrend der ganzen
Periode des Geschlechtslebens denselben unterworfen
sei. Ferner fand Vf. auf statistischem Wege, daas
Leiden des ThrUoenschlauches weit häufiger auf der
linken Seite , als auf der rechten vorkommen , dass
aber beide Thränenschlüuche zugleich nur sehr selten
leiden. Man hat den Grund dieses besondern Er-
griffenwerdens der linken Seite in einer grossem
Enge des linken Thrünenschlauches gesucht, was in-
dessen Vf. nicht besUltigt fand. Die Ansicht von
S c a r p a , wonach jede Dacryocyslilis von einer Con-
junctivitis abhängig ist, besohränkl H a s n e r dahin,
dass dieser Gonnex zwar nicht ganz zu leugnen sei,
aber doch weit seltener wahrgenommen werde, als
jener zwischen der erkrankten Nasenschleimhaut und
dem Thräuenschlaucbe. — J. A. Schmidt, A. G.
Richter, Ghelius und Garron du Villards
haben die häufige Abhängigkeit der Tbränenschlauch-
krankheiten von solchen der Nase schon ausgespro-
chen. Vf. bat auf anatomisch -pathologischem Wege
und durch statistische Nachweise — unter 59 Krank-
heiten des Thränenschlauches waren 51 Krankheiten
der Nase — den Ausspruch jener Beobachter genü-
gend gerechtfertigt. Von Versetzung von Schärfen
zur Erzeugung von Tdränenachlauchleiden will Vf.
nichts wissen. Damit will er aber keineswegs einen
entfernten Zusammenhang zwischen Krankheiten des
Übrigen Organismus mit solchen des Thränenschlauches
bestreiten, nur einen directen Zusammenhang gesteht
er nicht zu. Insbesondere ist es die Syphilis, welche
dadurch, dass sie auf die Schleimhaut der Nasenhöhle
oder die Nasenknochen sich wirft, consecutiv den
Thränenschlauch in Mitleidenschaft ziehen kann. Fast
ein Drittlheil der vom Vf. beobachteten Thränen-
schlauchleiden war mit Syphilis complicirt. Ihr zu-
nächst beobachtete er damit in Verbindung Tuberku-
lose und Störungen im Geschlechtsleben der Weiber,
die bis zum 40. Jahre von Tbränenschlaucbleiden
^^orzüglich befallen werden.
Nach Vfe. bisherigen auf die pafthologisdie Ana-
tomie gegrtlndetett reformatorischen Beatcebungen in
der Lehre von der Natur dar lErankheiten des Tfarä-
nensdilauches kann es nicht mehr befremden , wenn
er ihnen eine entsprechende Therapie folgen lässt,
welche alle bisherige , wenn aoch noch ao einnreiish
_|ii8gedachte Methoden und Instrumente , die oft ge-
nug qnallvoU warea «Madnidits Mfan, aia krahail
aussehliesaL Die acute |iye||aion98e Entziidaag te
ThrllnenschlauGhes ward vom VL gleich einer Zdlft-
websentzttndung antiphlagisliach hefaandek; •hont
es zum Abscesse, sa ttffnet er an ider SleMe dar dm*
liebsten Fiuotuatioa , aber wo mögiieh ohne die m-
dare Wanddea Xbranensehlanohas , die ^garaidl
in den Bereich des Eiterliardes igasogen, zu verltim,
d. h. ohne su tief unmittelbar (iher dem Thrtici.
schlauche einzwsleeben. Gonmimicirt die perfonk
Thränensehlauchwaad aber mit dem fiilafhevde, n
rathet derselbe die Oeffnung baldmöglichst zu srUiei-
«en, und die Bildung einer kanatlidhen OelAMDga
unterlassen, ds fs die MiUel mr Heilung der Dteip"
^stitis durch die ThrSnenrObrchen oder die Rase »
gewendet werden kOimea. £iw dwonisefae fiici^
cystiiis indicint niemals eimc kttnstJiehe EriMhu|
nach Uasner, der dagegen nur IWlensleiDtoiugB
durch die Thrtoenrdhrchen einspiitat. Die dvd
partielle Verwachsung entstandene Ektasie des Tlil-
nenscblauches ist Folge «ines nnheilbanen Uebeb,
wobei der Arzt nur darauf angewiesen ist, dieal-
stellende und belästigende Stockung des Schiaaei
zu heben, was durch völlige Verödung, d. h. dord
Herbeiführung einer völligen Obliteration des Schlai-
ches vermittels Einschnitts und Gauterisalion mit La-
pis infernalis geschieht. Dass man hierzu aodot
Gaustica, ja- selbst das GlUbeisen angewendet, iit
bekannt. Bei bedeutender Ektasie des Schlucbei
giebt H. den Bath, sogleich nach dem Einscboiiu
einen Theil seiner vordem Wand sammt Haut qb^
Zellgewebe mit der Scheere abzutragen. Die Eröff-
nung des Thränenschlauches von der aussen Baal
des innem Augenwinkels ist jener von der ScUeifl-
haut des Auges aus vorzuziehen. Vf. rOgt es iBäte-
sondere, dass Verengerung und Verwachsung ies
Thränenschlauches btofiger attgenonunan wuides, aii
sie in Wirklichkeit vorkommen, ebenso, u. imr d
vollkommenstem Rechte, den Miasbraiieh, den nn<
bäußg bei Dacryooystilis mit derOpeFaüon derio0»
Thränenfistel trieb. Da die Wegsamkeit des Sddit-
ches bei keiner Dacryocystitis aufgehoben ist, soai'
auch alle Dilatatorien verweifflicb. — FäHt es dach
bemerkt H. richtig, beim Katarrh eines aadeü
Scbleimhautrohres Niemanden ein, Düatatoriea <■'
zuwenden, die selbst bei wirklieher Verengeraag da
Thränenschlauches ihre HttHe lenagan. ^ dm^
heilen metallner Kanülen nach Dnpuftrea ^
Niemanden gebeilt, wohl aber Viele beläüigt o. ^
in schlimmer Weise gefährdet, da dieselben als ftm^
Körper reisen, Entzündung und endlieh VerscbwärB^
hervorrufen. Die verschiedenen üethodea, i"^
man gegen Verengerung und Vnrwadismig to ^
nenschlauches im Laufe der Zeit enfübblcn hat, ^
sämmtlich der Vorwurf , dasa sie aieht ita^ f^
Wegsamkeit dieses Kanals heralellen. ft htiif
die Mühe nicht verdriessen lassen, dieselbea «^
kritische Revue paaairan zu lassen, je naehdevdit
Dilatatorien entweder dureh eine kflnaläehe <tfM>
oder durch die natürliche der ThränenfMirdt^' ^
Basner, Qber d. TbräiWDleU«igt«pp««t
123
» NaMttkMiisr eiDgeillhrt werdea. Die Einflbuig
r Methode von LaforetI, den ThrflDenacblauch
B der Naeeohöble aus an sondiren, ralhal VL uoler
t§9h^ beaeodArer Cautelen an uad liest» am die
ip^ nieht aa verletsen». den GeDsoiü'scbea Gylin-
r an dessen finde, gleich deaa untern Ende der
i^ytrenachen Kanttlei sehrilg abscbaaideB.. Der
lilpunbi liegt vielleicht nicht fern,, wo« Vf. auch dje^
• Sondiren nicht mehr Ür so dringlich, erachten
rA; die Diagnose wenigstens wird in der Mehrzahl
r Falle ohne dasselbe sicher gestellt werden kOdi-
•• Die Dorchbohrung des Thränenheinsi und die
alirpation der Thranendrflse behuls der Heilung
B liankbeiten dea Thränenschlanches werden theUi
fk roh und irrationell , theils als zwecklos nach 6e-^
Ihr abgefertigl.
E» kann nicht fehlen , dass des Vfs. Schrift Auf-
hen machen wird ; sie verdient es. Nur halle er,
as indessen nicht als besonderer Vorwurf gelten
II, einiger neuern französischen Chirurgen auX die-
m Gebiete Erwähnung thun können, wenn sie auch
cht, gleich ihm, reformatorisch verfuhren. Wer
cht unverbesserlich am hergebrachten Schlendrian
Ingl» wird den wohllhätigen Aufschwung, den die
ehre von den Krankheiten der Thränenorgane durch
BS Vfs. Schrift erhall, dankend erkennen, u. nament-
ch die verschiedenen Instrumente und . Melhoden,
omit in Wahrheit noch kein Chirurg bei Thränen-
Alauchkrankheiten dauernde Hülfe geschafft hat,
knflig der Geschichte der Chirurgie und deren Ver-
Tungen Oberweisen. Pauli.
[Der Vollständigkeit halber geben wir gleich
ier die Bemerkungen wieder , welche Prof. R o s e r
1 Marburg zur Lehre von den Thränenorganen,
rösstentheils mit Bezug auf Hasner^s Schrift, im
frcA. f.phys.Heilk. (X.4. 1851. Chir. Aphorismen),
(rffJTentlicht hat.
Nach R.*s Ansicht ist die Annahme von Bourgeot
U Hiiaire, daas die Tbrinen vermIVge der Con-
actioQ des Horner*sehen Musk«!» und des dadurch
idiffgten momentanen, blasebalgartigen Erweiterung
IS Thranensacks. aufgesaugt werden,, fttr welche
Bh auch Hyrtl (topogr. AnaL 1. ISO) erklärt hat,
»er jedto Zweifel erhaben. Er kam schon 1843,
ine von Bourgeot etwas zu wissen , aiiT dieselbe
im Präpariren des ThrSnensackmuskels , und führt
r sie die Beobachtung an , dass bei einem Kr. mit
irwachsung des Tliranennasengangs mit Indig ge-
rbtes Wasser, das nach Entleerung des Inhalts des
Tränensacks durch die Thränenpunkte in das Auge
ttrOpfelt worden war, kurz darauf durch Druck auf
m Thränensack auf gleichem Wege entleert wurde,
orzüglich jioll dieser Versuch gegen E. H. Weber*s
Doahme sprechen, nach welcher die Thränenauf-
mgung besonders durch die Respiration vermittelt
ird.
Dana Schnitt- und Riss wunden der Thranenröhr-
üQ, ohM Thraoeniraufeln zu hintnrlaaaen., heilen
banne»» bestätigt R. aus eigener Erfahrung. Ebenso
Haan er 's Angabe, dass nach Abtragung des ganzen
Lidf andes » nebst dem Thranenpunkte , wegen Kreha,
keinThranentraufeln zurückbleibe (je 1 Fall am obern
ujul' untern Lide). Dass aber , wie H. angiebt , bei
Erweiterung dea Thranensacks stets eine vollkommene
Verschliessung, eine complete Verwachsung des Thra-^
nennasenganges vorhanden sei, und ohne diese Da-
cryocyslitis keine sichtbare Erweiterung des Thranen-
schlauchs hervorbringe, halt R. für unbegründet.
' Denn in manchen Fallen von Thranensackerweilerung
lasst sich der Inhalt durch einen geeigneten Druck in
die Ifase entleeren, so dass man anzunehmen berech-
tigt ist, dass blose Verengerungen in der Gegend der
Thranenklappe oder Anhäufungen verdickten Schleims
daselbst Erweiterung des Thranensacks hervorzurufen
im Stande sind. Vielleicht liesse sich in manchen
Fällen von Ausdehnung des Thranensacks die in ihm
enthaltene Flüssigkeit durch eine kräftige Inspiration
bei geschlossener Nasen - und Mondöffnung ansaugen.
Granulationen hat R. auf der Thränensackschleimhaut
ebenso wenig beobachtet, wie H., wohl aber die von
letzterem beschriebene Divertikelbildung an der vor-
dem Thränensackwand. Er glaubt, dass die Gra-
nulationen des Thranensacks gar nicht existiren, son-
dern die fragl. Divertikel , nur von aussen betrachtet,
dafür gehalten worden sind. .
Gegen H/s Angabe, dass jede permanente Thrä-
nenschlauchfistel ein Symptom von Caries sei, macht
R. das Vorkommen von lippenförmigen Fisteln gellend,
bei denen bekanntlich die Schleimhaut des Thranen-
sacks gegen die äussere Haut herausgestülpt und am
Saum der Oeflnung mit der Haut verbunden ist. Die
von Hyrtl und Hasner bezweifelte Möglichkeit,,
eine permanente Fistelöffhung zwischen Thränensack
und mittlerer Nasenmuschel (innere Lippenfistel des
Thranensacks) zu Stande zu bringen , ist nach R.
ebenso wenig zu leugnen, als das Vorkommen solcher
Fisteln im harten Gaumen oder der Nasenscheidewand
geleugnet werden kann. Durch eine möglichst breite
Perforation des Zwischenraums zwischen Thränensack
und Nasenmuschel und Einlegen einer breiten Wieke
würde sich vielleicht binnen 14 Tagen eine Verbin-
dung zwischen beiden Schleimhauthöhlen erreichen
lassen, wie Reybard durch ein ähnliches Ver-
fahren in 18 von 27 Fällen einen günstigen Er-
folg erzielt haben will. Allein es liesse sich' da-
durch mir die Ansammlung im Thränensaeke ver-
hüten, da keine Klappe an einer solchen Oeflnung
vorhanden , mithin die Aufsaugung der Thränen un^'
möglich wäre.
Einen Zustand, in welchem es nöthig wäre, von
der Nase aus den Thränengang zu kalhelerisiren, wie
H. empfiehlt, kennt R. nicht. Denn abgesehen da-
von , dass H. ofiiBn bekennt , die Klappe werde selbst
mit seinem schräg abgestumpften , d. lt. zugespitzten
Katheter von unten her leicht durchbohrt, so erschei-
nen Injectionen durch die Thränenpunkie und die
Bekämpfung einer Strictur von einer Oeffnung am
124
S t a n e 1 li » €blordformtod. — Friedreicli, Gesundheilspolisei.
iDDern Winkel aus , sicherer und auch bequemer für
den Kranken. Ebenso wenig hält R. die Angabe H/s
fttr begründet , dass bei einfachen Wunden des ThrS-
nensehlauchs , du gcwUhnlich beide WlTnde verletzt
seien , der Verwachsung nur durch zeitweiliges Ein-
legen des Gensourschen Katheters vorgebeugt werden
kOnne.
Die Prognose bei der Operation der sogen, Thrä-
nenfistel ist aucii nach R. äusserst schlecht. In vie-
len Fällen wurde bei Dacryocystitis ohne Unwegsam-,
keit im Thräoennasengang operirt; die Heilung er-
folgte demnach trotz der Operation. Sehr oft hat die
Operation nur vorübergehend günstigen Erfolg; das
Uebel kehrt bald wieder, ohne dass der Arzt den Kr.
wieder sieht. In noch andern Fällen ist die Heilung
nur scheinbar, indem Obliteration des Thr.-Sacks er-
folgt, oder die Ansaugung der Thränen und Ausdeh-
nung des Sacks hört aus andern Gründen auf, wo
bekanntlich oft nur geringes Thränen vorhanden ist,
so dass die aufgehobene Thränenleitung keine Be-
schwerden macht. Nur in seltenen Fallen dürfte eine
Heilung durch die Operation erzielt worden sein, wo
die Siriciur durch chron. Anwulstung oder klap|)en-
arlige Faltung der Schleimhaut, oder auch durch vma
dünne Kiappenverwachsung bedingt wurde.
Die Ferödung des- Thraticnsacks, unter den be-
kannten Umständen neuerdings besonders von Frank-
reich aus (vgl. Jahrbb. LXXI. 212) empfohlen, hat
auch nach R.*s Erfahrung keine so schlimmen Folgen,
als man wohl davon erwarten sollte. Das von H.
dazu benutzte Arg. nitr. hält er aber für weniger
zweckmässig, da es nicht stark genug wirkt und
deshalb die Wiederholung der Operation nölhi^ inarht.
Dass aber n;ich der fragl. Operation auch bioibonde
Nachlheilc entstehen können , ist nicht zu leugnen;
so sah R. 1844 von Dieffenbach ein Ectropium
operiren, welches nach Zerstörung des Thränensacks,
durch das Glüheisen, wie er glaubt, entstanden war.
Redaclion.]
48. Was ist der Ghloroformtod und wie ist
er zu Verhfiten; von Dr. S tan ein, prakt.
Arzte in Potsdam u. s. w. (Abdruck aus Oö-
schens „deutscher Klinik*' 1850. 32 — 35.)
Rerlin 1850. 31 S. 8. (6 Ngr.).
Die vorliegende Abhandlung ist hauptsächlich dazu
bestimmt, die in neuerer Zeit durch mehrfache Un-
glücksHille etwas in Misscredit gekommene Anwen-
dung des Ghloroformes bei chirurgischen Operationen,
wieder zu Ehren zu bringen. Vf. wählt die Erörte-
rung des Herganges und der Ursachen , welche bei
den an Chloroformirten erlebten Tode$nnicn wirksam
waren, um durch Vermeidung derselben in Zukunft
ähnlichen Galamiiaien vorbeugen zu können.
Die im Schriftchen selbst ausführlicher niederge-
legten Beobachtungen, Untersuchungen u. Erfahrungen
leiten den Vf. zu der Annahme, dass in den bisher bekannt
..jMvordenen Todesfällen bei Chloroform irten nicht das
Chloroform u. dessen Einwirkung auf den OrgaBitna
nachweislich das tödliche Agens gewesen, sondai
dass der üble Ausgang durch andere zufällig einire-
tende Momente , namentlich aber durch mechanitche
Unterbrechung des Respirationsactes, in Folge derA^
Sammlung von Schleim und dergleichen im Laryn,
der Stimmritze und dem hintern Theile des Mondes,
oder durch andere, den Zutritt der Luft zu derLoi-
gen hindernde oder erschwerende Umstände bewirkt
worden sei. Ausserdem statuirt er noch eine l]«ll<^
Sättigung des Organismus mit Chloroformd&mpfeo, ii
deren Folge der Tod wohl eintreten, könne und iwir
entweder dadurch , dass das durch Chloroform Ter-
änderte Blut aus Mangel an dem nüthigen Reii dir |
Leben nicht mehr zu erhalten vermag, oder daduri
dass das Chloroform in Gasform im Blute ausgescbif
den wird und dieses Gas , zu grossem BUscIien m-
einigt , den Mechanismus des Herzens stört und k i
Circulation hemmt. j
Da Vf. in seiner Art und Weise die Todesfälle bd
Chloroformirten zu erklären, zugleich die MOglicUeil
erblickt, dieselben durch besonders aufmerksines
Verfahren in Zukunft abzuwenden, so rälh er driih
gend, jt!(U'n Kr. . i\\\ welcbrm man eine schmerxballe
Operation zu vernchten hat , iingescheot zu Chloro-
form iren und sich davon durc ii keinerlei körperliche
Verhllltnisse, weder zu grosse Jugend, noch zu höh»
Alter, weder Körperfülle noch Körperschwäche ali-
wendig machen zu lassen , immer aber während der
Inhalationen darauf zu achten, dass kein meekm-
sches Hinderniss den ^thmungsprocess unterhrttk
und hierdurch Scheintod hervorrufe.
Ref. halt diese Andeutungen für hinreichend, Die-
jenigrii , welche sich für die AnJIsthesirung interwsi-
ren, auf das vorliegende Schriftchen, welches seiaei
Gegenstand in sehr anziehender Weise behandelt, «J-
merksam zu machen. Flachs.
49. Handbach der Gesondlieitspoliiei «''^
Speisen, Getränke und der zu ihrer Bereu»!
gebräuchächen Ingredienzien. Nebst e0^
anhange über die Geschirre. HerausgegeW
von J. B. Fried reich. Zweite milNachlrtgöi
vermehrte Ausgabe. Ansbach 1851. 364 ö-
(1% Thlr.)
Der in der vorliegenden Schrift behandelte W
der Hygieine (,,Gesundheilspolizei*' i«l «'" ^*:|[
recht passender noch auch sonst wünschenswert e
Ausdruck, da ohnehin im Deutschen so vieles an ^
Polizei erinnert) hat zwar in der neueren Zeit«
seinen Einzelnheiten vielfache und schaubarc lJe*_^
beitungen und Bereicherungen erfahren, doch is
deutsche Literatur durchaus nicht "^®"'^*''*'^pgj,j
Werken versehen, in denen die genannte Bran
für sich und in kurzer «hersichtlicher VVeise »ur ^^
Stellung gebracht ist. Deshalb müssen w»r e» ^
kend anerkennen , dass der von anderweitig«" ^
stungen in der Slaalsarzneikunde her bereits r
Priedreich, Blätter fttr geriehtlieh« Aotliropologie.
las
liehst bekannte Vf. uns in der vorliegenden zweiten
Ausgabe seiner Schrift eine nicht übertriebene An-
sprache durchaus befriedigende Zusammenstellung
der das gegenwartige Thema bildenden Gegenstände
gewahrt bat.
Bei der sehr grossen Anzahl der verschiedenar-
Ligsten Dinge, welche hier theils kürzer, theils aus-
ftlhrlicher behandelt sind , je nachdem es ihre Wich-
tigkeit erfordert, war die Wahl einer entsprechenden
Form, vermöge deren das Nachsuchen erleichtert
wird^ allerdings etwas sehr Wesentliches und Vf. hat
in dieser Beziehung der alphabetischen Anordnung
den Vorzug gegeben, namentlich aus dem Grunde,
weil, wie er bemerkt, sich das hierher Gehörige doch
in kein System bringen lasse. Wir stimmen hiermit
in so fern ttberein , als wir die Schwierigkeil u. das
Unpraktische eines solchen Einzwaogens in systema-
tische Ordnung fUr die vorliegenden Gegenstände an-
erkennen , müssen aber hinzufügen , dass wir des-
halb nicht minder die Art und Weise, wie Vf. bei
seiner alphabetischen Anordnung zu Werke gegangen
ist, nicht ganz zu billigen im Stande sind. Er hat
nämlich sammlliche Gegenstände, ohne Bücksicht
darauf, ob sie in verwandtschaftlicher Beziehung zu
einander stehen oder nicht, einzeln und für sich be-
handelt, so dass z. B. Acpfel , Birnen, Pflaumen,
Kirschen, ferner Korn, Gerste, Weizen, Hafer u. s. w.
eigene Artikel bilden, wahrend es doch jedenfalls
besser gewesen wäre, diese einzelnen Dinge unter
den Bubriken „Obst'' oder „Obstarten" , „Getreide'*
oder jtGetreidearlen*' zusammenzustellen, wass ausser
dem Vorzuge grösserer Uebersichtlichkeit auch den
Vortheil gewahrt hatte, dass das Gemeinschaftliche
und Allgemeine noch besser zusammengefasst und
manche Wiederholung vermieden werden konnte.
Verweisungen, an den gehörigen Orten angebracht,
hatten jeden etwa denkbaren Uebelstand der vorge-
schlagenen Anordnung glücklich beseitigt. Mehrere
solcher allgemeiner Artikel , wie z! B. ,, Fleisch'*,
„Getreide", „Obst" u. s. w. sind bereits vorhanden
und es bedürfte bei einer etwaigen neuen Ausgabe
nur der Hinzufügung der einzelnen Gegenstande , um
die angegebene Verbesserung ins Leben treten zu
lassen.
Was die Art und Weise der Bearbeitung selbst
betrifft, so müssen wir es rühmend anerkennen, dass
die einzelnen Artiel ihren Gegenstand je nach seiner
Wichtigkeit mehr oder minder ausführlich , jedenfalls
aber möglichst vollständig, fasslich und zweckent-
sprechend behandeln und führen als Beispiele u. A.
die Artikel: Bier, Brod, Butter, Essig, Fleisch,
Hopfen, Kartoffel, Mehl, Milch, Gel, fVasser
u. a. an. Was die Orthographie der ArtikelUber-
schriften betrifft, so hat Vf. mitunter Provinzialismen
zu sehr berücksichtigt, so wäre z. B. der geräucherte
Hering nicht als Bückling, sondern als Pökling zu
bezeichnen gewesen , da der Name dieses Fischpra-
parates jedenfalls vom Einpökeln abzuleiten ist. Der
Anhang von den Geschirren behandelt seinen Gegen-
stand ebenfalls in zweckmassiger und vollständiger
Weise, unangenehm ist es aber, am Schlüsse des
Buches noch Zusätze zu erblicken, welche bei einer
zweiten Ausgabe doch in den Text einzuarbeiten ge*
wesen waren.
Wir empfehlen das vorliegende Buch allen denen,
welche sich mit Hygieine zu beschäftigen haben, an-
gelegentlich zu fleissigem Gebrauche und hoffen, dass
uns der Vf. bei einer etwaigen ferneren Auflage etwas
recht Abgerundetes und Durchgearbeitetes liefern
werde, zu welchem Zwecke wir diese wenigen Be-
merkungen nicht unberücksichtigt gelassen wünschten«
Flachs.
50. Blatter fllr gerichtliche Anthropologie,
Für Merzte und Juristen ; von J. B. Fried-*
reich. Erlangen, Ferd. finke. 1850 u. 1851.
1. u. U. Jahrg. ä 5 Hfte. 8. (3 Thir. 22 Ngr.)
Die vorliegende Zeilschrift hat den Zweck, die
für die gemeinschaftliche Function des Juristen und
Gerichtsarztes unentbehrlichen Grundsalze der Lehre
vom normalen sowohl als abnormen psychischen
Leben des Menschen in ihrer Anwendung auf die
Bechtspflege darzulegen, und zu erörtern. Vf. hat
seine Aufgabe in einer Weise zu lösen gestrebt und
wirklich gelöst, die kaum etwas zu wünscniU übrig
lasst, u. zwar ist der Stoff in folgenden Abtheilungen
abgehandelt.
a) Ohginalabhandlungen aus dem Gebiete der
gerichtlichen Anthropologie; sie sind meist von
Friedreich selbst bearbeitet.
b) Hittheilungen der wichtigsten vor den Ge-
richtshöfen verhandelten Falle, jedoch nur solcher,
die für den Gerichlsarzt sowohl, als für den Juristen
von Interesse sind.
c) Anzeigen der neuesten , das Gebiet der ge-
richtlichen Anthropologie berührenden in- und aus-
landischen Schriften , wegen deren wir auf das Ori-
ginal seihst vorweisen müssen.
d) Auszüge einzelner hierher gehöriger Abhand-
lungen aus anderen medicinisclien Journalen.
Wir können natürlich nicht auf jede einzelne der
vielen Abhandlungen eingehen , sondern müssen uns
darauf beschranken, den Inhalt anzugeben.
Jahrgang 1860. I. Heft, Zur Würdigung der
Gebärden der Angeklagten. — Ueber Korperverlelzungen. —
Anklage wegen Giftmordes; verhandelt in den Scliwurge-
richtssilzungen von Miltelfranken 1849.
U. Heft. Zur Rechtfertigung der Gericbtsärzte gegen
Vorwürr« der Juristen. — Psychologische Bemerkungen über
den Toilisi hiag. — Anklage wegen Todtschlag, verhandelt in
den Scliwurgerichtssitzungen von Mittclfranken 1850. —
Todlung auf Verlangen
III. Heft. Bemerkungen zu einigen Stellen des römi-
schen lii^chtes. — Miscellen zur gerichtlichen Chemie (Ver-
fahren hei gerichtlichen Untersuchungen , die verschiedensten
Metiille durch eine und dieselh« Opernlion auszuscheiden.
— Arsenikvergiftung. — Untersuchung menschlicher Ex-
cremente.)
i»
Be.«r,, BiJjilfiilaftg tur gtruditL Medieio»
IV. Ekfl^ Wahosinn und Verbrecheo. — Fälle voa
Kiodesroord.
V.. He/t. Von des SelbstierbreamiDg dfes meoschliclMn
Korpers, mit besonderer Beröcksiobtigang der bekannlea
Schrillen von Liebig und Win kl er. Vf. hält eine Selbst-
verbrennung für möglich, gestQtzt unter andern auch auf
glaubwürdige Beobachtungen von Biancbini, Willmer,
Zscbokke, der aus französischen Blättern schöpfte (ob
aber diese gerade die lautersten Quellen sind?), ReMs,
8ol»erf, 1 verton und auf die Arbeiten von Barth o-
Ua, Cbarpentier, Devergie,. Archenholz, Kopp
u. A. Der Vf. zieht für die gerichtliche Praxis folgendes
Reaulut:
Di« Sdbatverbreanuog des menschlichen Körpers mosa
als möglich angenommen werden, denn
a) einmal lässt sie sich theoretisch erklären , und zwar
dureb- einen äussern entzündenden Körper bei Ansammlung
bminbaren Cases im Organismus, oder bei Mangel eines
avaiMra entaandenden Körpers, durch das idioelektrische
Vecfailtoiss des Organismus selbst , and dann
b). ist ihr wirkliches Vorkommen durch die Erfahrungen
glaabwQrdiger Beobachter nachgewiesen.
Gerichtlicher Fall von Spätgeborl. — Zur gerichtlichen
Psychologie. (Ueber moralische Geistes- und Gcmiilhszu-
stände in psychisch-gerichrlicher Beziehung. Vehcr die Fähig-
fetit sehwer und leben sgcfiihrl ich erkrankter Personen zu
taatirea und Zengachaft ühKulttgcn). — Ueber den Selbst-
mori. — Ueber die Todesart duoch. Ertrinken. — Zur ge-
richtlichen Chemie. (Gerichtlich - medicinische Gutachten
Aber getrocknete Hirnsubstanz. Normales Vorkommen von
Knpisr im Blate. Vergiftung durch künstlichen Sehwefelar-
aenik. Unterscheidung der Blutflecken von den Fleckea des
Saftes saurer Früchte.). — Ueber die Unznlässigkeit zu ge-
viehtlicI-BMdiciniscben Untersocbungen ' der weiblichen Ge-
•cklechlatbeile Hebammen als Sacbverständige oder ebcbare
Frauen als Zeuginnen beizuziehen, von Prof. Hoffmann
(Auszug aus der neuen Zeitschrift für Geburtskunde). —
Vorschläge zuv InrengeseCzgebung mit besendetfer Rucksicht
aof Preussen» von Dr. Nasse. Marburg 1850. — Ueber
Körperverletzungen : die Körperverletzungen aus dem Ge-
sichtspunkte der preussischen Gesetze , von Herzog;
Berlin IStfO.
/aAr^. 1851. \. Hefl, Psychologisches über die Strafe.
f^er die Strafrecbtslheorie n. das Pönitentiarsystem von N e a -
mala. Leipzig 18tf0w — Ueber die Stellung der Gerichtsärate
bei dem öffentlichen und mundlichen Verfahren in Baiern. —
2<ur Lehre von den Körperverletzungen. Denkschrift über die
im zweiten Theil da» revidirten Entwurfs der Strafgeselzord-
nung enthaltenen, den Gerichtsärzten zur Feststellung dea
Thatbestandes der Tödtung vorzulegenden Fragen, von Lö-
wen bar dt. Berlin 1850^ — KörperverleUungen mit nach-
gefolgtem Tode^ verhandelt vor dem Schwurgerichte zu Fulda
im Nov. 1849 und März 1850. — Angeschuldigter Kindes-
mord , verhandelt vor dem Schwurgerichte zu Fulda im Juni
1840. — Zur gericbtiichen Psychologie. (Ueber Zurechnung
des Aberglaubens. Fall von krankhafter Stehlsucht). — Un-
gewöhnlicher Fall von Selbstmord, als Beitrag zu der Ermitt-
lungslehre , üb in einem concreten Falle Mord durch fremde
Hand oder Selbstmord vorliege.
U. Heß. Anthropologische Erläuterungen zur Lehre
laa der Erbfähigkeit der Kinder. — Za den Merkmalen voa
der Reife eines Kindes. — Gutachten u. Verhandlungen über
Kindesmord. — Zur gerichtlichen Chemie. (Untersuchung
verdächtiger Flecken. Ueber den objectiven Tbatbestand bei
Vergiftungen). — Verwandtenmord, verhandelt vor dem
Schwurgerichte zu Fulda. — Zur Lehre von der Verheimli-
chung der Schwangerschaft.
HI. Heft. Ueber die Stellung des Arztes als Sachver-
standigen vor der öffentlichen Schwurgerichtssitzung. — Bia
Tödtung des Schultheissen Hardt zu Heuberg im Hfiio|thMi
Gotha. — Der Aeltern- und Schwestermörder Sl5b«r.^
Anklage wegen qualifleirten Mordes, rerbandelt in derSthnll
gericfataaitzoag zy Hunahfla 1050. — Ootachtea üb« m$'
aafgfluadeBea Todlea. — Vergiftaagi» (Scheidcnai
Oxalsäure , Cyankalium). — Ueber die Rechte der muiß
deten Neugebomen. — Capitän Mackonochie's m
Strafsystem: das Markensystem.
IV. HefU Zur Frag« Ober die SteUang des Ania*
Sachverständigen vor dem Schwurgerichte in ßaiem. — Mi
den Charakter der Gefangeaea. — Zur Lehre von der \äm
fahigkeit der vorzeitig geboraen Leibesfrucht. — üeber k
Selbstmord. — Versuch der Nothzncht wider ein scctadi>
jihriges Blädchea. — Juridisch uad payeholBgisch neiha
diger Fall von Mord. -— Ueber PbosphocvergiftoDg. - h
Ermordung des Viehhändlers Roaenblat. Verhandelt ra ii
Schwurgerichte zu Rotenburg im December 1049. — \k
simulirte Krankheiten. Unter dtesea befindet sieb «tM
aus der Lond. Gnz. Mai 1850, wo erailill wipd, data
Frau sich einige Jahre lang mit Salzsäure^ tbeUweise braiv
und geschwurige Flecken auf ihrer Haut erzeugt ood M
diese Täuschung sich den Aufenthalt in Spitälern zu oveda
gesucht hatte. Ref. ervräbnt diesen Fall' deswegev, lei!«
einen ähnlichen Fall kennt , den er sehr oll za beoladiB
Gelegenheit hatte , so lange daa betreffenda lodindonffl a
ihm befreundeter Arzt behandelte und ein anderer ihm ebo-
falls befreundeter College bei den Aeltern des Krankes wobk,
ja denselben den ganzen Tag aaf seinem Zinner bü^
damit er die verschriebenen Arzneimittel gebörig gebnaH
da man ihn schon als einen verseboutzten Joogto kuau.
Derselbe , ein Duchbinderlehrling , erzeugte aof »eina B»i
durch concenlrirle Schwefelsaure einen Blasenausscbla{,Bali^
beb von den eigenthumlichsten Formen und Encbdooflin.
Diese Hautkrankheit machte viel zu scbaifen, bis eadbckii
Lebrberr den Schlingel beobacblete, wie er seiaiQ Beinj
ausfübrte. Vor der Hand war er geheilt, aber später trieb ««
alte Handwerk wieder in Wien, wo er die Kellnerei trieb;«
Buchbinden war ihm zu anstrengend gewesen. Dortwunleif
zulällig von einem Landsmann erkaant uad ebenMlBfiei*>^
trug aufgedeckt. Wenn ick nicht irre , ist dieser FiU ^^
ausfuhrlich in der vereinten deutschen Zeitschrift für Si^
arzneikunde von einem bekannten Schrillsleller besckn*"-
V. Heß. Ueber dea Begriff der Waflfe im Sia« *»
baierischen Gesetzgebung. — Ueber KopfverleUuB^ *
forensischer Beziehung. — Selbstmord oder ^^^"^
Skizzen aus Strafgerichtsverhandltingen rä Ünterfrtnk^
Zur gerichtlichen Chemie (Methode zur Eatdttkoag vm
lieber gifügen H^ialle durch Galvaniaauis. Veigiftu&l*
Strychnin. Ueber Vergiftung mit Nicotin. ErkeoBar
mittel für Weinflecken auf Leinenzeug.)
Das ÄBgefUhrte wird genügen, iim <*•• ****^
ligkeit der Blüttür fttr Anlhropologie «ad 4te «v»»^
tige Auswahl des Materials darzulhun. Wir kW«*
sie mit bestem Gewissen allen Aerzten empfebleii *
dürfen nicht unierlassen, dabei zu erwähnen,««^
Druck und Papier vortrefflich sind. Schüsslich b
die Bemerkung, dass vom Jrl852 an aller 2 Mo**
ein Heft des fraglichen Journals erscheinen soll.
Meine!'
5t. EiBleitimg in das Studhim. hb* *
Praxis der gerichtlichen ■^"^ij'iv--.
Dr. H. Hier. Beer. Wien 185 1. W. ^
moller. 8. VIII. 154 S. («/a Thir.)
Der Vf. i«i aMmrordemlicber Pw^«®*^^
richtlichen Mediein Air Hörer der Buchte so Wte^ ^
^erOffeDiUcki t» Varlie««»dca den ^ersten eder«W
nannten fotmellc« Thett m^ LehiiMieh* ^V^
KanTmann, tibter Schein tofl u. m IrQhes t^grlimiss.
lar
lieben Medicin, da sieb der fleraasgahe^i^es GntzeD
Himlernisae entgegeostelhen. flach dieser Angabe
^3 Vf. Hber seine Stellung zur Lelire tiikI Ober die
BnUtefaung seines Buches lonnie man vennntben in
denselben eine besonders für Juristen berechnete An-
leitung zum Studium der gerrchlKchen Nedicrn n. eine
Darstellung des Einflusses zu finden , den das ärzt-
liche Urtheil über besondere KörperverfiSitnisse anf
das richterliche Urtheil haben kann und baben soll.
Die Durchsicht der Schrift hat diese Vermuthvng nicht
bestätigt und vielmehr gezeigt , dass sie eben nur ein
durch allerlei moralische Excurse ttber die möglichen
Tugenden und Laster eines Gerichtsarztes Oberhaupt
und eines zu gerichtliehen Functionen berufenen k. k,
Praktikers insbesondere, verbrämter und verbreiterter
»»formeller Theil*' ist. Dieselben Gegenstände» die
in den bekannten Lehrbüchern von Henke, Bernt»
Brach, Friedreich, SchUrmayer anf resp.
53» 36, 34, 38, 45 Seiten viel sachgemSsser be-
sprochen werden, bandelt der Vf. auf zusammen
152 Seilen ab. Statt die Entwicklung der Disciplrn
darzulegen , giebt er nur BUchertitel und Namen be-
kannter GerichtsSrzte nebst einem vier Seilen langen
Expose» wie eine Geschichte der gertrhllichen He-
dicin eigentlich beschaflen sein müssle. Um zn dem
Ausspruch zn gelangen , dass Paulniss eine gerichts-
arztliche Obduction einer Leiche nicht unzulässig
mache» füllt der Vf. 11 S. mit Citaten. Statt einer
Angabe über die an den gerichtlichen Chemiker zu
stellenden Anforderungen » lesen wir die Ansicht des
Vfs. aber die Unzweckmässigkeil der in Preussen ein-
geführten Classification der Apotheker. Wer es noch
nicht wissen sollte , dass ein Sachverständiger nach
bestem Wissen und Gewissen und nicht nach dem
Vortbeäe einer Partei aussagen soll , der kann,
sogar wiederholt beim Vf. }esen, wie sehr es der
Plaflt ist, sich dabei an der wortreichen, sittlichen
£tttrflstung erbauen , die der Vf. emp^ndet , weil es
in Oesterreich Pflichtvergessene der Art, und nicht
so ganz selten, giebt» und den moralischen Huth be-
wundern , der zur Förderung der Gewissenhaftigkeit
eine recht anständige Salarirung angestellter Gerichts-
Srzte verlangt. Der Genuss des geneigten Lesers
wird vielleicht nur ein Weniges durch unseres Vfs.
Darstellung verkümmert , die schon etwas vollendeler
bitte sein können. Rec. wenigstens ist der Ansicht,
dass Sätze, wie beispielsweise folgende: „Was fer-
«er die Darstellung betrifft, wird der sprachgewandte
Gerichtsarzt es gewiss nicht unterlassen, sich der
vaterländischen Sprache mit Umgehung fremder Kunst-
aosdrttche zu bedienen , ohne jedoch in jenes EiLtrem
der Puristen zu verfallen , welche jeden technischen
Ausdruck auf Kosten der Deutlichkeit und Präcision
ans Aengstlichkeit oder Ziererei vermeiden*' (S. 140).
— „Was die vorgeschriebene Erinnerung des Ge-
nchtsarztes an seinen Eid betriflt , so ist diess «war
bei dem gewissenhaften Arzt überflüssig, indem bei
demjenigen , welcher seine früher geleistete eidliche
Verpflichtung u. den eigentlichen Rechtseweek seiner
DMenuebnnf vergessen kann, wohl auch die Erin-
nerung daran, wenig fru<jhten dthlb; "aflein es ist
Pfiidrt des üiditers diese Erinnerung zu madien, be-
sonders, wo er nieht die volle Ueberzeugnng but, fie
sei entbehrlich*' (S. 125) — die keinesweges ver-
einzelt dastehen, einer etwas präciseren Fassung
fähig gewesen wären.
Ein Räthsel tM es Hec. geblieben, warum (8.38)
Scbürroayer's tlieoretisch-praktisdies Lefbrbudh
der gerichtlichen Medicin erst als „angekündigt^ fign-
rirt , während die darin enthaltene Definition des Be-
griffes (8. 1 5) wörtlich aufgenommen wurde.
L. Kr am er.
52. De la moit apparmte et des enterre-
meiltS prieipiMs; par Max. ICaufmann,
Dr. en Md. Paris 1851. V. Masson. 12.
lU. 154 S. (Ve Thlr.)
Vf. schildert die Erscheinungen des Scbeintodes
und der Gefahr des vorzeitigen Begräbnissis , um
zur Errichtung von Leichenhäusern anzuregen. Er
schreibt für das grössere Publikum, trSgl die Farben
stark auf und liefert ein gewiss recht brauchbares
Material für Schreckens-Bomane u. Räubergeschichten.
Sein Buch behandelt in 14 Capiteln : Das Leben, den
wachen Zustand u. den Schlaf, den Tod, den Schein-
tod, die angeblichen Zeichen des Todes, das Ver-
halten beim Tode eines Angehörigen , die Constati-
rung des Todes , die Versuche zur Wiederbelebung
Scheinlodter, die Zeichen des wiedererwMchenden
Lebens, die Gründe für die Unentbehrlichkeit von
Leicbenhäusern , die Einrichtung der Leichenhäuser»
die Bedeutung der gegen Leichenliäuser gemachten
Einwürfe , Beispiele fälschlich für ^ todt Erachteter,
die Bestattungsgebräuclhe verschiedener Völker.
Der ML bringt (S. 62) eine Beobaclitung von Dr.
G i r b a 1 bei , weldie wiederum ak Beweis gefgen die
Sicherheit der aus der flerzbewegung genoBUKBen
Lebenszeichen dienen soll. Der Fall ist der Aeadön.
de m6d. in ihrer Sitzung vom 25. März 1851 vorge-
tragen. Ref. kann sieb nicbt enthalten ihn kurz mit-
zutbeilen. Eine junge Dame hatte^ in Folge von Men-
struationsstörungen an Blutspeien, Krämplen, Ohn-
mächten u. s. w. gelitten und schien plOtzlicb geirtar-
ben. Nach mehreren Stunden wurde Dr. Girbal
gerufen. Er fand die Augäpfel erschlafft, die Was*
gen bleieli und eingesunken, gänzlichen Vertasi dns
Bewegungs - und Empfindungsvermögens, v«r|[t-
schriltene Erkaltung des Körpers, UnthäligkeiC des
Diaphragma ; durch die Auscultation konnte wAhrend
einer oder zwei Minuten kein Herzschlag (battement)
wahrgenommen werden; Ammoniakdämpfe wirkten
nicht auf die Nase, ein Sinapismus nicht auf die Haut.
Eine halbe Stunde nach Gonslatirung dieses Zuatandea
kam die Person zum Leben zurück I
Wäre die Beobachtung exact, so müsste man
fragen« woran Girbal den Scheintod erkannt hätte,
oder ob er bei Jeder Leiche beharrliche Belebungs-
?ersnehe anwendet. Die ganze Beobachtung ist aber
128
Deflchamps, aber ein ticberes Zeichen ien Todes.
%a ungenau, um Polgerungen zuzulassen. Fehlten
z« B. auch die Herztöne und die Atlimungsgerausche»
war die Cornea eingesunken und getrttbl? Das wären
wichtige Umsliindo für die Beurtheilung des Falles.
Es ist sehr zu bedauren, dass so mancher Arzt
in der Auctorilät seiner Stellung eiue Veranlassung
zur Nachlässigkeit, nicht einen Grund zur scrupulO-
sesten Gewissenhaftigkeit in seinen Beobachtungen
findet. L. Kramer.
53. Du sipe certain de la lort. Nouveiu
Spreuve pour eviter d6lre enterre vivant;
par Mich. Uyacinthe Deschamps, Dr.
en M6d. , M6d. du Bur. de Bienfaisance.
Paris 1851. V. Massen. 8. XXIll. 240 S.
(iVa Thlr.)
Artikel 77 du Code civil verordnet, dass in Frank-
reich die Beerdigung einer Leiche erst 24 Stunden
nach dem Ableben, nachdem der Tod von einem Civil-
stands-Beamten constatirt und registrirl ist, vor sich
gehen darf. Danach hat sich die Praxis , besonders
auf dem Lande so gestaltet , dass die Beerdigung der
meisten Todlen schon 24 Stunden nach ihrem Ab-
sterben und bei acuten Krankheiten nicht seilen schon
vor Ankunft eines Arztes bewerkstelligt wird. Hierin
liegt allerdings einige Gefahr unzeitiger Beerdigung
und eine Aufforderung fUr die Aerzle Frankreichs die-
sem Uebelstande entgegen zu wirken. Deschamps
geht dabei von der gewiss sehr richtigen Ansicht aus,
dass Aerzle keine Gesetzgeber sein sollen, und glaubt
seiner Aufgabe durch Aufstellung eines untrüglichen
Zeichen des wahren Todes , das für Leichenbeschauer
und Angehörige Verstorbener leicht aufzufassen ist, im
vollen Masse genügt zu haben. Als ein solches Zei-
chen erkennt er die grüne Färbung der Bauchdecken.
Von der Gesetzgebung und der Medicinal-Polizeiver-
waltung erwartet er eine dieser seiner Entdeckung [?]
entsprechende Ordnung des Bestattungswesens. Im
Winter, bei Leichen mit sehr blutleeren Abdominal-
organen und unter manchen andern Umständen wird
die grüne Verfärbung der Bauchdecken erst längere
Zeit nach dem Tode oder selbst gar nicht bemerkbar.
Es sei deshalb die Einrichtung von Leichenhäusern,
mit besondern Apparaten zur Herstellung einer war-
men , feuchten Atmosphäre empfehlenswerth. Dann
würde sich diess untrügliche u. unverkennbare Todes-
zeichen schon am 3., 4. Tage nach dem Tode späte-
stens bilden , und die Beerdigung eines Scheintodten
sei unmöglich gemacht.
Wer mochte Deschamps darin Unrecht geben,
dass ein Mensch, dessen Bauchdecken sich in der
bekannten Weise grün gefärbt hatten, niemals wieder
zum Leben erwachte, dass mithin alle Gefahr des
Lebendig-Begrabcnwerdens schwindet, sobald sämmt-
licfae Leichen erst eingesargt und unter die Erde ge-
schallt werden , nachdem sie die genannte Verände-
rung erlitten. Ganz entschieden mUsste sich aber
Rec. gegen Einrichtung Deschamps * scher Leichen -
hänser erklären. Localitäten, wo Angehörige ihre
Todten sehon wenige Stunden nach deren Absierben
geschützt und sicher unterbringen können , sind ftlr
grossere, volkreiche Gemeinden uaerlässäek^ für
kleiner« unmöglich. Wer soll in Dorfschafien , wo
jährlich nur 10 — 15 Menschen oder noch weniger
sterben, die Kosten für ein zweckmässig eingerick-
tetes Leichenhaus tragen? oder wie will man in Win-
terszeiten den Transport der Leichen zweckmässig
ordnen, wenn sich etwa mehrere Dorfschafien zur
Erhaltung eines Leichenhauses vereinigen soilteo?
Bezweckt man aber durch Leichenhäuser nicht die
Bequemlichkeit und Sicherheit der Ueberlebendtn,
sondern betrachtet man sie als Erkennungsniillel tttr
den wahren Zustand der Leichen^ so ist ihre Errich-
tung vom wissenschaftlichen Standpunkte aus eine
Roheit, d. h. eine unnütze Kräftevergendung. Maa
kann selbst auf dem Lande dieselbe Sicherung vor der
Gefahr desLebendig-Begrabenwerdens ftir den zehnten
Theil der Unkosten haben , die die Einrichtung nad
Erhaltung eines Leichenhauses machen, wenn man
macht, dass keine Leiche vor erfolgter Besichtigung
durch eine approbirte und befähigte Medicinalpersoi
und ohne darüber ausgestellten , pflichtmässig aite-
stirten Schein beerdigt werden darf, und dass jede
zur Besichtung aufgeforderte u. beßhigte Medicinal-
Person eventuell eine ihrer Müh wallung entsprechende
Gratification ohne ff^eitläuftigkeit durch die Orls-
oder Kreisbehörde erhallen kann.. Mag ein gebildeter
Arzt auch darin sich täuschen , dass Patienten , die
er für sichere Beute des Todes hielt, sich wieder
erholen, sollte er aber nicht im Stande sein die Spuren
des Lebens in einem KOrper zu entdecken und den
Tod zu erkennen, so wäre seine Beobachtungsgabe
so schlecht, dass sie ihn überhaupt zur ärztlichen
Praxis unHlhig machte. Gegen privilegirte Dummheit
giebt es freilich kein anderes Schutzmittel als Eauier-
hung des Privilegiums. Zwar fahrt Deschamps
(S. XVIII.) einen Fall an , dass bei einem Schweine,
dem er Luft in die Venen geblasen hatte, Herz- und
Athmungsgeräusche 2—3 Minuten vollkommen ver-
schwunden gewesen und dennoch später und mit
ihnen das volle Leben wiedergekehrt sei ; Rec. , der
beiläufig gesagt auch manches Thier durch Einblasen
von Luft in die Venen asphyxirt oder umgebracht hat,
ohne D.'s Darstellung der dabei vorkommenden Erschei-
nungen überall naturgetreu finden zu können, ver-
mochte ebenso wenig dieser Beobachtung, selbst
wenn sie in allen ihren Einzelheiten unzweifelhaft
wäre, als der so ungemein interessanten Entdeckung '
von E. Weber, dass beim willkürlichen Aufstauen
der Luft in den Lungenzellen die Circulation des Blu-
tes durch die Lungen und die Uerzcontraction auf-
bort, eine andere Folgerung zu entnehmen, als dau
momentanes ^uscultiren der Herzgegend und der
Brust zur Entscheidung der Frage über Leben tmi
Tod eines Korpers nicht in allen Fällen ausreiekt
Das Gegentheil ist, so viel Rec. bekannt, bisher frei-
lich noch niemals von einem umsichtigen und beson-
nenen Arzte behauptet worden.
Die Schrift selbst z^rillllt in einleitende Jfomer-
K D tf r 1 e i n , d. Irrenangelegenheiten Ober-Oestdrreichs. — F 1 e m m i d g , Irrenheilanst. Sachsenberg. 129
kongen über die Unannehmlichkeit des Lebendigbe*
grabenwerdens und Ober die Verdienste die sich Vf.
durch Auffindung von Zeichen des Todes schon früher
erworben hat, und in 5 Abschnitte. Der 1. Ab-
schnitt (de )a mort apparente p. 1 — 56) behandelt
in 2 Capiteln 18 Krankheiten, welche geeignet seien
Scheintod zu veranlassen, und die Aetherisation. Im
2. Abschnitt (de la mort p. 57 — 107) bespricht der
VT. die von verschiedehen Autoren angegebenen (19)
Zeichen des Todes und findet sie trüglich oder un-
praktisch (Fäulniss). Die gebräuchlichen (11) Me-
thoden sich in zweifelhaAen Fällen ttber Anwesenheit
oder Abwesenheit gewisser Todeszeichen zu verge-
wissem und die bisherige Einrichtung der Leichen-
hauser, sind im 3. Abschnitt (äpreuves sur le ca-
davre p. 108—160) dargestellt. Der 4. Abschnitt
(le signe certain de la mort p. 161 — 190) liefert
des Vfs. Beweis fUr die Sicherheit und Brauchbarkeit
der Bauchdeckenverfärbung als Todeszeichen. Der
5. Abschnitt (lois et coutumes fun^raires des penples
p. 191 — 228) entlieh enthält sehr fragmentarische
Berichte über Bestattungsgebräuche alter und neuer,
wilder und zahmer Völkerschaften und einen Ah-
druck einzelner Artikel aus dem Code Civil u. anderer
das Begräbniss Ifetreffender gesetzlicher Bestimmun-
gen in Frankreich. Den Beschluss macht eine Biblio-
graphie, in der sich auffallender Weise Bouchut's
Abhandlung nicht findet.
Der Aufmerksamkeit deutscher Buchhandlungen
oder Uebersetzern das Buch zu empfehlen, sieht Bec.
keine Veranlassung. L. Kram er.
54. Die Irrenangelegenheiten Ober-Oester-
reichS; von Anton Knörlein, Med Dr.
U.S.W. Linz 1851. Fink. 86 S. (16Ngr.)
Eine Nachricht von der durchaus unzureichenden
BeschafTenbeit der Irrenanstalt zu Linz. Sie besteht seit
1 788, war ehedem ein Tollhaus , nach gutem alten
Schnitte, mit Ketten, Schmutz, Hunger, Vorzeigen der
Rr. fttr Geld u. s. w. Seit 1824 unter ärztl. Auf-
sicht, fort und fort verbessert, d. b. fortwährend ge-
flickt, hat sie trotz gutem Willen und Geldaufwand
nichts Ordentliches werden können. Nun ist der
Neubau dringend nothwendig geworden und der Vf.
tritt mit einem derartigen Antrage hervor. Er for-
dert (mit Becht !) eine Heil- und Pflege-Anstalt, und
will nach D a m e r o w getrennte Gebäude , oder wie
man diess zu nennen beliebt „relative Verbindung."
Er will drei zusammenhängende, doch unter sich
Yollkommen isolirbare (wodurch isolirbar? dadurch,
dass man die ThUr zuschliesst ?) Bauobjecte u. zwar
1 für 60 Heilbare, 1 für 100 Unheilbare u. 1 Zel-
lenban fttr 40 „Gewaltthätige und Unreine*' (sind
diese heilbar oder unheilbar?). So sehr wir dem
Vf. die baldige Erfüllung seiner humanen Wünsche
gOnnen , so werden wir doch keine Gelegenheit vor-
tiberlassen, darauf hinzuweisen , dass die Psychiatrie
den Unterschied von heilbar und unheilbar nicht
Med.Jahrbb. Bd. 74. Hft i.
kennt, und dass daher ein Bau, der diesen Unter-
sciiied äusaerlich fiiiren will, sich nicht auf das Fun-
dament der Wissenschaft gründet.
H. N e u m a n n.
55. Die brenheilanstalt Sachsenberg bei
Schwerin im Grossherz. Mecklenburg. Nach-
richten über ihre Entstehung, Einrichtung,
Verwaltung und bisherige Wirksamkeit; von
Dr. £. F. Flemming, dirig. Arzte und Geh.
Med.-Bath. Mit 5 lithogr. Tafeln. Neue durch
einen Nachtrag vervollständigte Ausgabe. Schwe-
rin 1851. 8. 52 S. (Vs Thlr.)
Die rühmlich bekannte «Irrenheilanstalt Sachsen-
berg wurde im J. 1830 begründet und nahm als die
erste eigens zu diesem Zwecke erbaute Anstalt der
Art in Deutschland ein besonderes Interesse in An-
spruch. Vorliegender Bericht über dieselbe erschien
bereits 1833 u. ist in der Hauptsache nur ein neuer
Abdruck des damals Gegebenen. Die Fortschritte,
welche die Psyclriatrie seit jener Zeit in wissenschaft-
licher, praktischer und ich mOchte sagen technischer
Beziehung gemacht hat u. das von andern inzwischen
neu entstandenen Anstalten dargebotene Beispiel blie-
ben auch für Sachsenberg nicht ohne bedeutenden
Einfluss. So manche Verbesserungen und Erweite-
rungen, die dieses Irrenhaus in Folge davon erfahren
hat, veranlassten den dirigirenden Arzt zur Veröffent-
lichung eines neuen Berichts, welcher die eingetrete-
nen Veränderungen in einem Nachtrage zusammen-
stellt, aufweichen ich mich hier allein zu beschrän-
ken habe, da der Inhalt des frühern Berichts als be-
kannt vorausgesetzt werden kann.
Demnach ist von jenem 18jährigen Zeiträume
hauptsächlich zu berichten. Zur Minderung der Ge-
fahr bei Feuersbrunst wurden eiserne Schutzthttren
hergestellt, um die einzelnen Abtheilungen des Ge-
bäudes sofort isoliren zu können ; anstatt der unzu-
reichend befundenen Luftheizung wurden gewöhnliche
irdene Stubenöfen gesetzt und jene nur in den Zellen
für Tobsüchtige beibehalten ; die lärmenden und tob-
süchtigen Kranken wurden ganz aus dem Hauptgebäude
verwiesen und für sie zwei ganz neue , mit ersterem
durch zwei halboffene Veranden verbundene Gebäude
errichtet , mit je 1 6 Einzelzellen , welche ihr Licht
durch ein in der Decke angebrachtes Fenster erhalten.
Verbesserungen in den Bade- und Waschräumen*, in
der Küche und andern Wirthschaftsräumen ; Herstel-
lung eines durch Pferde getriebenen Pumpwerkes, um
das Wasser aus dem See bis in die Gebäude zu heben
u. a. m. Die Verpflegungsgelder wurden auf 400
Thlr., 200 Thlr. und 112 Thlr. in den 3 Klassen
erhöht und die Frequenz ist so gestiegen , dass für
100 ruhige und unheilbare Kranke eine Zweiganstalt
in Dömitz interimistisch errichlet werden musste,
wodurch sich der Bestand in Sachsenberg auf 201
reducirt hat, fUr welche 35 Wärter und 29 andere
Officianten und Beamte angestellt sind.
17
130
Ni^pc«, Kropf ud4 CreUnimiiB.
Vom Jaiiusr 1830 bis Ende 1849 worden 980
Kranke au%«Domnen ; davon 156 zurUckgenomn«»,
361 als genesen entlassen, 198 gestorben. Die
Grundsätze der auT dem somalischen Principe beru-
henden Behandlung des Vfs., sind durch eine beinahe
20jalirige Erfahrung nur bekräftigt worden.
KohlschUtto^*.
56. Trait6 da goltre et dn critinisme, snivi
de la statistiane des goltreu et des cri-
tins dans le bassin de llsire en Savoie,
dans les dipartements de llsire, des
Hantes-AIpes et des Basses-Alpes j par b.
Ni^pce, D.-M. Paris 1851. J. B. Bailliöre.
8. X u. 501 S. (21/6 Thlr.)
Wir betrachten es als ein erfreuliches Zeichen
der Zeit, dass Fragen, wie die vom Cretioismus, bei
welchen weder die pathologische Anatomie auf grosse
Entdeckungen zu hoffen hat, noch der therapeutischen
Marktschreierei absonderliche Siege winken, dennoch
auf Interesse rechnen dürfen u. mit Fleiss u. Gründ-
lichkeit behandelt werden. Jede tüchtige Arbeit auf
diesem Felde ist deshalb unsers wärmsten Beifalls
würdig, da auf diesem Wege unsere Heilwissenschaft
der individuellen Eitelkeit mehr und mehr entzogen
und ihrem wahren Ziele, einer umfassenden Sanitäts-
polizei, immer näher gebracht wird. Dass aber der
Vf. tüchtig gearbeitet hat, müssen wir von vorn her-
ein anerkennen , und zwar um so entschiedener , als
Untersuchungen , die an Ort und Stelle in oft unzu-
gänglichen Alpenthälern zu den verschiedensten Jah-
reszeiten angestellt werden müssen , eine nicht ge-
meine Energie und Ausdauer voraussetzen.
Was das Specielle des Buchs betrifft, so wird
man billigerweise bei einem Gegenstande , der schon
80 vielfach behandelt worden ist , nicht lauter Neues
erwarten; im Gegentheil hat es gerade auf den Ref.
einen sehr guten Eindruck gemacht, dass der Vf. alles
Haschen nach dem Neuen , Absonderlichen , Pseudo-
Originellen vermieden und sich stets in der Bahn ru-
higer, nüchterner Beobachtung erhalten hat. In
dem hier folgenden Auszug, den wir etwas anders an-
ordnen , als es das Original gethan hat , nehmen wir
nur diejenigen Punkte auf, für welche der Vf. ihat-
sächliche Beweise beibringt. Diesem nach ist der
Gretinismus (den der Vf. nicht sowohl für eine Krank-
heit, als für eine Entartung des menschlichen Ge-
schlechts angesehen wissen will) über die ganze Erde
sporadisch verbreitet, findet sich aber vorzüglich und
endemisch in tiefen, unzugänglichen Gebirgsthälern der
alten und neuen Welt , ohne Bücksicht auf die Höhe
derselben (von dem Thale des Po bis zu 4700 Meter
im Uimalaya). Der Kropf, noch weiter verbreitet als
der Gretinismus , kann als der Vorläufer des letztern
betrachtet werden. Der Gretinismus stellt mehrere
Entwicklungsstufen dar (der Vf. nimmt 3 an). Zuweilen
▼erräth er sich bald nach der Geburt der Kinder
(kleiner Kopf, dicke Lippen und Zunge, Mund offen,
Stirn zurückweichend), wird deutlicher erkennbar am
Ende des ersten LebeiMJahres (Kopf xarttckgebogen»
offenstehende Suturen, Blässe, Schwäobe, geschwol»
lene Gelenke, vollständige Theünahmksigkeit) u. un-
verkennbar im 3. L^nsjahre. Das liini lerat spK
gehen, i^llt leicht, langsame Dentition, tuweilei
Taub(stumm)heit u. s. w.. Eine geringe Bestfemi
findet zuweilen in leichtern Fällen zur Zeit der Puber-
tät Statt.
Der Vf. entwirft ein genaues anatomisches und
physiologisches Bild der Cretins, aus welchem wir
nur die wichtigsten Punkte hervorheben. Kleiner
Wuchs, selten über einen Meter; Pfeilnaht einge-
drückt, Seitenhöcker stark entwickelt, Hinterhaupt
senkrecht abgeschnitten ; schlechte Zähne ; die Müd-
zahne werden nicht ersetzt. Schädelknochen bvt
und dick, Hirnhemisphären ungleich, dicht, Ventrikd
sehr gross ; kleines Gehirn verkümmert^ entspreebed
der Vorbildung des Hinterhauptbeins. Glandula fi-
tuitaria sehr gross und schwer, bis zu 2^/^ GrwoL
— Unterleib sehr voluminös, Geschlechisajfpar§i
stets sehr schwach entwickelt. Die Schriftsteller,
welche von dem starken Geschlechtstriebe der Cretins
gesprochen haben, haben den einfachen Idiotismus mit
dem Crelinismus verwechselt. — Respiration( 1 4), Pals-
schlag (50) u. Temperatur der Oberfläche unter der
Norm gesunder Individuen. — Intelligenz gebt in den
schwereren Fällen nicht über Wahrnehmung and Ge-
dächlniss hinaus; die sittlichen Eigenschaften fehlen.
— Die Cretins leiden an Asthma , Epilepsie bis zu
maniakischer Wntb, Krämpfen, Wechselfieber, Haut-
krankheiten (Pellagra in der Po-Ebene , Piemont und
selbst der französischen Seite der Alpen) und sterben
an Marasmus, Wassersucht, typhösem Fieber , Ruhr
(selten an der Phthisis). Selten erreicht ein Cretin
das 40. Lebensjahr.
Von der Beschreibung der Cretins selbst geht der
Vf. nun zu einer Schilderung des Bodens über u. lie-
fert eine genaue Beschreibung der geologischen Ver-
hältnisse des Thaies der Isöre von ihrem Urspnuife
(Mont Isereau in den Savoyer Alpen) bis zu ihrer
Mündung in die Rhone. Ohne in das Detail eingeta
zu können, heben wir nur als ganz bestimmtes Resul-
tat hervor, dass der Gretinismus auf sämmtiicfaci
Formationen vorkommt, u. dass daher die geologisebc
Beschaffenheit des Bodens die Ursache des Cr. nicht
sein kann. Hingegen zeigen die heimgesuchleB Tbl-
1er eine grosse Aehnlichkeit in Rezng auf die klimati-
schen Verhältnisse. Feuchtigkeit, viele Nebel, wenig
Sonne, niedere Temperatur, nar zwei Jahreszeiten
(Sommer und Winter, welche plötzlich in einander
übergehen), langdauernder Schnee. Dazu von Seiles
der Einwohuer erbärmliche, ungesunde Wohnungen,
in Gemeinschaft mit dem Viehe, schlechte vegetabili-
sche Nahrung , elende physische Erziehiug der Kin-
der, Armuth, dumpfste Unwissenheit o. Aberglaube,
Beschäftigung mit der Viehz&cht. Ungleich besser
ist der moralische und physische Zoständ der Ein-
wohner in den Districten, in welchen Bergwerke,
Hütten, Hohöfen, Manufactnren , gute Commanica-
H(^we> Idialismus ia IbssacbasetU.
131
üonQii sind. Aus jenen Verhältnissen erklären sich
auch die Krankheiten der Alpenbevvohner , Rhachitis
(dem Gr. gegenüber selbslständig auftretend), Wurm-
krankheit, Scropheln» typhdse Fieber» Wechselüeber
neben Phthisis, Rheumatismus, acute Respiralions-
krankheiten, Wassersucht» so wie im Allgemeinen
die kurze Lebensdauer der Alpenbewohner. Die ge-
nauere Schilderung der Vertheilung des Cretinismus
und des Kropfes in den einzelnen Thälern längs der
h^re und in den Alpen der Dauphin^ ^ist keines Aus-
zugs fähig. Die auf dem Titel versprochene Statistik
des €relinismus in den eben angefahrten Gegenden
wird in einem besondern Bande nachgeliefert werden.
Mit grosser Vorliebe hat der Vf. das Capitel von
den Ursachen behandelt, wofür er den besten Dank
verdient. Nicht Eine Ursache ist es, welche das
menschliche Geschlecht bis zum Cretin entarten lässt,
sondern nur der Zusammenfluss vieler schädlicher
Einflüsse, physischer und moralischer. Nicht der
Grund und Boden erzeugt den Cretinismus (denn er
kommt auf allen Formationen vor), nicht ein bestimm-
tes Nahrungsmittel, nicht ein bestimmtes Trinkwasser
(denn sehr viele vom Vf. unternommene Analysen be-
weisen, dass die Quellen der heimgesuchten Gegen-
den sich von den Quellen gesunder Gegenden durch
keinen bestimmten Bostandtheil unterscheiden, dass
das Trinkwasser der Alpenbewohner nicht desoxydirt
sei [gegen Boussingault], dass es nicht reicher
an Kalksalzen [Bouchardat], oder Magnesiasalzen
[Grange] seien, als die Quellen entschieden gesun-
der Gegenden , ja dass selbst im Thale von Aosta die
von Grange als Heilmittel im Grossen vorgeschlage-
nen Jodverbindungen in mehreren Quellen vorkommen,
u. es dennoch an denselben Orten von Cretins wimmelt),
nicht die Feuchtigkeit u. Kuhle der Atmosphäre oder der
Lichtmangel fttr sich , nicht das Elend in Wohnung,'
Kleidung , Bildung, Gesittung (denn das giebt es lei-
der Überall» auch ohne Cretinismus) , ja nicht einmal
der Einfluss der Erblichkeit allein sind die Factoren
des Cretinismus (denn selbst der sonst so entschie-
dene Einfluss der Erblichkeit erlischt, wenn die Ael-
tem einen gesunden Wohnort aufsuchen), sondern
der Cretinismus entsteht da, wo so viele verschiedene
schädliche Einflüsse sich die Hand reichen , um die
Entwicklung eines einzelnen Organismus zu verküm-
mern. Und weil diess so ist, darum hilft nicht gegen
den Cretinismus der Leberthran, oder die China, oder
ein anderes Trinkwasser, oder die Vertheilung von
Kochsalz mit Jod versetzt seitens der Regierung
(G r a n g e I) ; wohl aber hilft die Erziehung, physi-
sche und moralische , im Einzelnen wie im Grossen.
Für das Einzelne liefert Guggenbühl auf dem
Abendberge den Beweis ; für den Erfolg der Erzie-
hung im Grossen (Verbesserung des Unterrichts, Auf-
klärung durch erleichterte Communication , Strassen-
bau, Hebung des Wohlstandes durch Anlegung von
Bergwerken , HohOfen , Manufacturen u. s. w.) führt
der Vf. Beispiele an, welche als laute n. vernehmliche
Mahnungen an das Ohr derjenigen Saoitätsbeamten
klingen mögeq, welche den P e l e r F r a n k nicht lesen.
Zum Schlüsse mögen wir eine Bemerkung zu
Nutz und Frommen mancher deutschen Collegen nicht
unterdrücken. Der Vf. ist M^decin-inspecteur in
Allevard, einem Schwefelbade, welches in einem ro-
mantischen Alpenthale des Is^re- Departements liegt.
— Ein ^a^arzt also — der seine freie Zeit zu so
gründlichem geologischem, topographischem, chemi-
schem und statistischem Studium seiner Gegend be-
nutzt ! Gieht es deren in Deutschland viele ?
Heinrich Neumann.
57. Bericht Aber Idiotismus m die leguiaiur
von Massachusetts \ von S. G. Howe, Vor-
sitzendem der Commission. Boston 1848. 8.
46 S. 1)
Von dem Eifer, mit welchem man in Nordamerika
staatliche und gesellschaftliche Verhältnisse zu ord-
nen und zu verbessern bemUht ist, giebt auch das
vorliegende Buch einen erfreulichen Beleg. Auch
dort, wie im alten Europa, ist man , wie es scheint,
zu der Ansicht gelangt, dass man im Idiotismus einen
fortwuchernden Krebsschaden der Gesellschaft zu be-
kämpfen habe, und es hat demgemäss u. A. die Re-
gierung von Massachusetts eine Untersuchung der hier-
her einschlagenden Verhältnisse angeordnet, deren
Resultate in vorliegender Schrift niedergelegt sind.
Es beginnt der Bericht mit Klagen darüber, dass der
wirkliche Befund in Bezug auf Ausbreitung des Idio-
tismus im Staate M. die gehegten Befürchtungen weit
hinter sich gelassen habe. Nach einem im J. 1846
geroachten Versuche zur Ermittlung des Standes des
Idiotismus (|aselbst ward die Commission abermals
mit einer derartigen Commission beauftragt, und jetzt
lieferten sorgfältige Forschungen, in nahe an 100 Ort-
schaften des Staates angestellt, das Resultat, dass
sich unter der Bevölkerung derselben 574 Idioten vor-
finden. Nicht sämmtliche Ortschaften (towns) konn-
ten indess mit gleichmässiger Sorgfalt und Genauig-
keit durchforscht werden; diejenigen 63 aber, in
denen dabei minutiös genau verfahren wurde , erga-
ben unter einer Volkszahl von 185,942 Köpfen 361
Idioten , mit Ausschluss wirklich geisteskranker Per-
sonen. Enthalten die andern Theile des Staates das-
selbe Verhaltniss von Idiotismus zur Bevölkerung, so
stellt sich die Totalsumme derselben im Staate auf
zwischen 12 und 1500 heraus! — Die Definition
der Ausdrücke Idiot und Idiotismus beschäftigt die
Berichterstatter in einer zu ausführlichen und ermü-
denden Weise; obschon man der Gründlichkeit, mit
welcher sie hierbei die Ansichten u. Urtheile anderer
Schriftsteller erörtern und vergleichen, Anerkennung
zollen muss, so stimmen wir ihnen doch gern bei,
wenn sie später bemerken, dass die Bemühungen,
den Unterschied zwischen Iditiosmus, Imbecillität
u. s. w. nachzuweisen, für den Zweck des Bei^ichtes
nicht wesentlich seien, und dass es hinreiche, in dem
weiteran Texte darauf hinzuweisen, welche Klasse
jdiocy
Diaitized by VjUUVIC
1) Report fflade to the legislature of Mass^sbchetls
upon
132
Holst, Geisleskr., Blinde, Taubstumme in Norwegen.
von Personen als Idioten betrachtet werde. Hiernach
bezeichnen sie als Idiotismus „diejenige Beschaffen-
heit eines menschl. Wesens, bei welchem aus irgend
einem krankhaften Zustande in der körperlichen Orga-
nisation die Fähigkeilen un4 Gefühle schlafend oder
unentwickelt bleiben , so dass diese Person unfähig
ist, sich selbst zu leiten und sich dem Grade von
Kenntniss zu nähern , welcher bei andern Individuen
von ihrem Alter gewöhnlich ist.*' Jedenfalls ist es
auch die Absicht der Regierung gewesen , das Wort
Idiot in einem populären und gewöhnlichen Sinne ge-
braucht zu sehen.
Im Folgenden kommen dann die nähern Verhält-
nisse der Idioten im Staate Massachusetts u. ihre Fä-
higkeiten zur Betrachtung. . Die Behandlung dersel-
ben in den Armenhäusern wird im Allgemeinen u. mit
wenig Ausnahmen eine freundliche genannt und be-
merkt, dass die neueren humaneren Grundsätze der
Irrenbehandlung auch hierauf nicht ohne Einfluss ge-
wesen seien, lieber den Mangel an Reinlichkeit wird
dagegen sehr geklagt , ebenso über die Rücksichtslo-
sigkeit in der Wahl der Lebensmittel , so dass man
die Idioten, welche meist Kranke sind und somit An-
sprüche auf eine gewähltere Diät haben, wie die übri-
gen Armen verköstigt. Auch auf körperliche Bewe-
gung wird meist nicht in hinreichender Weise geachtet.
So viel aber auch die öffentliche Verpflegung dieser
Unglücklichen in den Armenhäusern zu wünschen
übrig lässt, so ist sie doch eine vorlreflliche zu nen-
nen gegen diejenige, welche denselben in Privathäu-
sern zu Theii wird , wo sie ihren Freunden und An-
gehörigen zur Last fallen, und wo an eine irgend
angemessene körperliche und geistige Pflege fast gar
nicht zu denken ist, wo sie von Unwissenheit und
Vorurtheil umgeben, nur imm^r tiefer zum lliierischen
Zustande herabsinken. — Der folgende Theil des Be-
richts handelt ausführlich von den Unterrichtsanstal-
ten für Idioten in Europa, ein Gegenstand, den wir,
als unsern Lesern hinreichend bekannt, liier über-
gehen. Am Schlüsse des Berichts empfehlen die Be-
richterstalicr warm und dringend Maassregeln, um
die Idioten der Erniedrigung und dem Elende, in
welchem sie sich befindeu , zu entreissen , wobei sie
noch kürzlich die Gründe aufzählen, aus welchen dem
Staate daran liegen muss, die Verbesserung des Loo-
ses dieser Unglücklichen in die Hand zu nehmen.
Ein dem eigentlichen Berichte beigefügter Anhang
enthält physiologische und pathologische Bemerkun-
gen über den Idiotismus, gestützt auf die bei den Un-
tersuchungen vorgefundenen Fälle , welche vieles in-
teressante darbieten. Am Schlüsse finden wir eine
genaue tabellarisch - beschreibende Uebersicht der
sämmtlichen 574 zur Kenntniss und Beobachtung ge-
kommenen Fälle, in deren Columnen die wichtigsten
hier einschlagenden Momente und Verhältnisse nam-
haft gemacht sind. «
Hoffentlich werden diese wenigen Bemerkungen
hinreichen, unsere Leser für das vorliegende Schrift-
chen • dessen sorgfältiger und fleissiger Bearbeitung
wir die grösste Anerkennung zollen müssen, zu inter-
essiren. Flachs.
58. Sindsyge, Bliode, Dovstomme og Sp^
dalske I Norge i 1835 og 1845; ved Prof.
Dr. Frederik Holst.. Ghristiania 1851. 8.
24 S.
Die in den J. 1825, 1835 und 1845 in Norwe-
gen vorgenommenen Volkszählungen wurden dazu be-
nutzt , um die Zahl der im Lande .vorhandenen Gei-
steskranken, Blinden, Taubstummen und an Spedals-
khed Leidenden kennen zu lernen. Die Resultate der
Zählung von 1825 in Bezug auf die Geisteskranken
hat Prof. Holst in einer besondern Schrift bekannt
gemacht, welche in Gerson und Julius' Maga-
zin (Bd. XVI. S. 10) ausführlich besprochen worden
ist. — In der vorliegenden interessanten Abhandlung
theilt Vf. die Resultate mit , welche die Zählung von
1835 über die Zahl der Geisteskranken, Blinden und
Taubstummen, so wie die von 1845 über diese und
die an Spedalskhed Leidenden ergab, benutzt dabei
aber, der Vergleichung halber, die Resultate der Zäh-
lung von 1825.
Da die Zahl der Aerzte in Norwegen , besonders
in den Landdistricten , nur gering ist, so wurde im
J. 1825 die Zählung der Geisteskranken von der
Geistlichkeit vorgenommen; die Zählung im J. 1835
geschah aber in den Städten von Magistratspersonen,
auf dem Lande aber von Pfarrern , SchoUehrern,
Lehnsmännern u. s. w., und wurde zu diesem Behufe
denselben ein Schema zugestellt, in welchem die
Geisteskrankheiten nach den vier Arten Mania , Me-
lancholia (Monomania) , Dementia und Idiolia in Ru-
briken aufgeführt und kurz beschrieben waren. Es
ergab sich indessen, dass ungeachtet dieser Beschrei-
bung, manchmal Verwechslungen dieser Arten statt-
gefunden hatten, weshalb man es für besser hielt,
das nir die Zählung von 1845 entworfene Sehen»
auf 2 Rubriken, Raserei und Vers tan dessch wache,
welche wieder in 2 Unterarten , angeborne u. spät«
entstandene Verstandesschwäche getheilt wurde, zu be-
schränken. Um diese Zählung von 1845 mit den
beiden frühem vergleichen zu können, ist angenom-
men worden , dass zur Rubrik Raserei die Maniaci u.
Manomaniaci (Melancholie) gehören , dass aber unter
angeborne Verstandesschwäche die Idioten , u. unter
später entstandene Verstandesschwäche die Dementes
zu bringen sind.
Aus der ersten , der beiden Vfs. Untersuchungen
zu Grunde gelegten Tabellen ergeben sich folgende
Hauptresultate,
A. Geisleskranke. 1825 waren in den Städten
67 Maniaci , 65 Melancholici , 54 Dementes und 43
Idiotae, zusammen 229, worunter 121 H., 108W.;
1835 waren daselbst vorhanden 118 Maniaci, 80 Me-
lancholici, 61 Dementes, 83 Idiotae, zusammen 342
(176 M., 166 W.). In den Landdistricten befanden
sich 1825 Maniaci 445, Melancholici 311» Dementes
Armand, Klimatologie von Rom u. s. w.
133
287, Idiotae 637, zusammen 1680 (884 M. , 796
W.); 1835 wurden daselbst gefunden 605 Maniaci,
555 Melancholiei, 457 Demenles , 1615 Idiotae,
zusammen 3234 (1637 M., 1597 W.). Im ganzen
Reiche befanden sich 1825 Maoiaci 512, Meiancho-
lici 376, Dementes 341, Idiotae 680, zusammen
1909; 1835 aber 723 Maniaci, 635 Melancholici,
520 Dementes, 1698. Idiotae, zusammen 3576.
Die Zahl der männlichen Geisteskranken betrug 1825
1005, die der weibl. 904; 1835 aber 1813 und
1763. Das Verhailtniss der Geisteskranken beider
Geschlechter zur ganzen Volksmenge war im J. 1825
wie 1 : 550,7, 1835 aber wie 1 : 334,0. Im
ganzen Reiche hatte sich die Zahl der Geisteskranken
von 1825 bis 1835 um 1667 Personen vermehrt.
Ohne Hinsicht auf die Volksmenge , welche während
des fragl. Zeitraums nur um 13,30/o gestiegen war,
betrug diese Vermehrung im ganzen Reiche 87,8^/o,
im Vergleiche zu derselben aber 64,8%. Diese
Vermehrung betrifft alle Aiten der Geisteskrankheiten
und beträgt ftir die Manie 41 , die Melancholie 69,
die Dementia 52 und die Idiotie 1500/o. Als eine
wesentliche Ursache derselben ist vielleicht das im
J. 1816 erlassene Gesetz, nach welchem das Brannt-
weinbrennen so gut als ganz freigegeben wurde, an-
zusehen, indem dadurch das Saufen unter der niedern
Volksklasse ausnehmend zugenommen hat. Die mei-
sten Geisteskranken waren in Listers und Mandals,
Buskeruds, Nedenaes und Ranbygdelangets , Chri-
stians und Stavangers Amte , die wenigsten in Nerd-
lands und Finnmarkens Amte vorhanden. Dasselbe
Verhalten hatte auch die Zählung von 1825 ergeben.
— Aus der tiber die Zählung von 1845 verfassten
Ttihelle ergeben sich folgende Resultate. In den
Sllfdten waren vorhanden Maniaci und Melancholici
114 (61 M., 63 W.), 135 Dementes oder nach der
Gehurt verstandesschwach Gewordene (60 M., 75 W.),
76 Idiotae oder bereits bei der Geburt verstandes-
schwach Gewesene (42 M. , 34 W.). In den Land-
districten befanden sich 889 Maniaci u. Monomaniaci
(427 M., 462 VV.), 1089 Dementes (462 M., 627
W.), und 1987 Idiotae (997 M. , 990 W.). Im
ganzen Reiche wurden sonach 4290 Geisteskranke
gefunden, während sich im J. 1835 3576 und im
J. 1825 1909 fanden. Das Verhältniss zur Volks-
menge war 1845 in den Städten 1 : 498,0, in den
Landdistricten 1 : 294,2, im ganzen Reiche 1 : 309,7.
Ohne Rücksicht auf die Volksmenge hatte eine Ver-
mehrung von 19,9%, im Vergleiche zu derselben
um 7,9% stattgefunden ; im Ganzen hatten die Gei-
steskrankheiten in dem Decennium von 1835 — 45
nicht so (tberhand genommen, als in dem von 1825
— 35 , in den Städten hallen sie sich um 17% ver-
mindert. Auch in dem Decennium 1835 — 45 fand
sich, wie in dem vorigen, eine Vermehrung in einem
grösseren Verhältnisse als der Volksmenge; sie be-
trug im ganzen Reiche 11,2%. Im letzten Decenn.
fand nicht unter allen Arten von Geisteskranken eine
Vermehrung Statt, nur die Zahl der Dementes und
Idiotae zeigte sich vermehrt; die der Maniaci nämlich
und Melancholici hatte sich um 26,Oyo vermindert,
während die der Dementes um 135,4 und der Idiotae
um 21,5% gestiegen war. Auch hier fanden sich
in denselben Aemtern die höchsten und niedrigsten
Zahlen.
B. Von den Blinden zählte man 1835 die, wel-
che auf beiden Augen, u. die , welche nur auf einem
Auge blind waren, besonders; bei der Zählung 1845
Hess man aber die, welche auf einem Auge blind wa-
ren, unberücksichtigt. 1835 befanden sich Blinde
auf beiden Augen 159 in den Städten (78 M., 81 W.),
un4 1950 in den Landdistricten (950 M., 1000 W.);
im gauzen Reiche aber 2109; 1845 fand man in den
Städten 205 (101 M., 104 W.), in den Landdistric-
ten 2548 (1263 M., 1285 W.); im ganzen Reiche
2753. Im J. 1835 war das Verhältniss aller Blin-
den zu der Volksmenge wie 1 : 566,6; 1845 wie
1 : 482,6. — Bhnde auf einem Auge wurden 1835
bei weitem mehr männl. , als weibl. Geschlechts ge-
funden, nämlich etwa Y4 mehr in den Städten u. %
mehr in den Landdistricten. Bei den Blinden auf
beiden Augen war das Verhältniss in den beiden Jah-
ren fast dasselbe. Dass auf dem Lande mehr Blinde
vorkamen, lag wohl hauptsächlicb darin, dass daselbst
schwerer ärztliche Hülfe zu erlangen ist , als in den
Städten.
Taubstumme fanden sich 1835 in den Städten
101 (58 M., 43 W.), in den Landdistricten 990
(540 M., 450 W.), zusammen 1091; 1845 wur-
den gefunden in den Städten 123 (75 M. , 48 W.),
in den Landdistricten 983 (531 M. , 452 W.), im
ganzen Reiche 1106. Das Verhältniss der Taubstum-
men im ganzen Reiche zu der Volksmenge war 1835
1 : 1095,5, 1845 aber 1 : 1201,7. Im ganzen
Reiche waren 1835 27% mehr Taubstumme männl.,
als weibl. Geschlechts, * und 1845 etwa 25,7% vor-
handen.
Die Zählung von 1845 ergab in Bezug auf die an
Spedalskhed Leidenden Folgendes. In den Städten
befanden sieb 201 (101 M., 100 W.), in den Land-
dislriclen 922 (520 M., 402 VV.); im ganzen Reiche
also 1123. Das Verbältniss derselben im ganzen
Reiche zu der Volksmenge war 1 : 1183. Von der
ganzen Menge waren Verheirathete .4D3 (252 M.,
151 VV.), ünverheiralhete aber 720 (369 M., 351
VV.). Im Verhältniss zu der Population war in den
Städten eine grössere Zahl, als in den Landdistricten,
was darin seinen Grund halte , dass von lelzlern aus
viele von solchen Kranken in die Hospitäler der Städte
gebracht worden waren. In den östlich und südlich
gelegenen Städten und Landdistricten fanden sich nur
32 , in den nördlich und besonders in den westlich
gelegenen Städten und Landdistricten aber 1091 an
Spedalskhed Leidende , so dass diese Krankheit in
jenen nut* sporadisch , in diesen aber endemisch vor-
komml. v. d. Busch,
59. ClimatoIogie'gtiiUitWo^'inMicale de
la Campagne et de la Tille de Rome en
_J
134
ArmaDd, Kiiauitologie von Rom u. s. w.
ia49 et 1850; par II. Armand, Cbir. aide-
m»ior au 36. reg. d'inf. Paris 1851. O/äThlr.)
Das 2 Bogen umrassende Schriflchen giebt zu-
nächst eine klimatologische Skizze der Cnmpagna di
RooM. Vf. vergleicht dieselbe ihrer Pigur nach
einem Schiessbogen, in dem die Appeninen den Bogen,
die Meeresküste die Sehne, die Tiber den Pfeil bil-
det. Sie misst 53 Meilen (1 Meile = 1,500 Meter)
in der grössten Länge; 30 Meilen in der grösslea
Breite. — Die Fläche selbst ist wenig bebaut, gröss-
lentheils Brachfeld und Farrnkraut ,. Disteln u. s. w.
Cerealien werden nur stelleji weise gesehen. Erst
gegen den Abhang der Appeninen hin wird die Vegeta-
tion eine blühendere, und Orangen, Palmen, Magno-
lien schmücken die Gärten der dortigen Villen. —
Der Boden ist im Allgemeinen vulkaijischer Natur;
Basaltlaven, mitPuzzolanerde gemischte Schlacken bil-
den, der Küste näher, den Boden für Mergel, Thon u.
Sand, weiter nach dem Gebirge hinauf für Sand- und
Kalkstein. Das Bett der Tiber ist tief und von hohen
Ufern umgeben. Grössere Ueberschwemmungen kom-
men der letztern wegen nur seilen vor, lassen die
Gampagna selbst aber meistens trocken. Die Cam-
pagna ist durchaus nicht morastig, nur am Littoral,
am Tiber- Delta finden sich zwei Salz - Sümpfe , die
übrigens verhältnissmässig sehr unbedeutend sind.
Die pontinischen Sümpfe gehören nicht zur eigent-
lichen Gampagna ; sie sind von ihr durch die Albaner
Berge getrennt. Mit Unrecht, sagt Vf., schreibt man
die Fieber in der Campagna einem sumpfigen Boden
zu; mit ebenso grossem Unrecht wird die Gampagna
aber auch von römischen Schriftstellern als. gesund
bezeichnet. — Das Klima ist kein mildes, ilaliUnisches.
Der Sommer meistens sehr heiss ; der Winter streng
und kalt, wie etwa im Gentrum Frankreichs. — Von
den Winden ist der Nordwind der häufigste ; der Süd-
wind weniger häufig, oft aber entsetzlich heiss
(Sirocco) ; der Ostwind der seltenste. Die Luft ist
meistens sehr feucht. Abend- und Morgennebel sind
gewöhnliche Erscheinungen ; nach Untergang der
Sonne tritt rascher Temperaturwechsel ein. — Die
Lufttemperatur erreicht im Juli, Aug. und SepL mei-
stens die Höhe von 28— 30<> G., ßflll im Nov. bis auf
5<^, und im De^;. und Jan. ist Eis keine seltene Er-
scheinung. — Den intensiven und raschen Wechsel
aller atmosphärischen Verhältnisse bezeichnet Vf. als
hauptsächliches ätiologisches Moment der vorkommen-
den Krankheiten. Die Stadt Bom selbst zeichnet sich
durch ganz gleiche Verhältnisse, wie die Gampagna
aus; — von stehenden Wässern, sumpfigen Stadt-
theilen , wie sie in alten Zeiten da waren , ist
keine Bede mehr. — Die Armee , welche Vf. beglei-
tete, traf Ende April in Italien ein. Der Gesundheits-
zustand war in den Monaten Mai und Juni befriedi-
gend. Einzelne Fieber kamen vor. Sobald jedoch
die Stadt occupirt wurde , die Hitze der Monate Juli,
Aug. und Sept. begann und die Mannschaften unend-
liche Strapazen zu ertragen hatten, begann eine
„Endemo-Epidemie** von intermittirendep und remit-
tirenden Fiebern. Die Armee hatte im Juni 376» im
Juli 2558, im Aug. 3801, im Sept. 2932, im OcL
1928 Fieberkranke; ein Bataillon von 800 HaoD lie-
ferte 994 Fieberpatienten (Becidive) ins HospilaL
Diejenigen Mannschaften, welche die meisten Mtfrscbi
und Strapazen zu ertragen hatten, wurden aoA beftif-
sten ergriffen ; die Truppen , welche schon in Algitr
gewesen waren, blieben mehr verschont. — Ueber-
mässige Anstrengung bei enormer Hitze und oflsiaii-
gem raschen Temperaturwechsel schien insonderheit
die Fieberanfälle herbeizuführen.
Im Allgemeinen kamen Intermittentes häufiger
vor, als remittirende Fieber. Während 12 Monate
kamenauf 100 einmalige Intermittens-Anfiflle etwa 50
Becidiven und 40 remittirende Fieber. Im Frühling
kamen Quotidianae häufiger, als Tertianae, Quarta-
nae aber gar nicht vor ; während der heissen Monate
erschienen Bemillentes ebenso häufig, als Intermit-
tentes; im Herbst und Winter waren die Quotidianae
weniger häufig, als die Tertianae, und die Quartanae
sehr häufig.
Gastrische Katarrhe und Gephalalgie zeiclwete«
fast alle Intermittentes aus. — r. Es wurde Cbiain in
der Begel sogleich uftd mit dem besten Resuhite ge-
geben. — Viele der remiltirenden Fieber, wiewohl
ganz mit typhösen Erscheinungen auftretend» wichen
ebenfalls bald dem Ghinin. — Viele Intermittentes,
namentlich erste Anfalle , waren von Herpes lakialis,
Urticaria oder Miliaria begleitet; diese ErscbeinoDgea
wurden gern gesehen. Bei den Remittentes kaneB
sie selten vor. Dagegen kam Icterus häuiger bei
diesen, als jenen zum Vorschein. Er wich meislens
einer einfachen diätetischen Behandlung. Zeigteo
sich Erscheinungen einer Hepatitis , so wurden Blnt-
egel, Galomel , kühlende Getränke u. s. w. mit Er-
folg angewandt. Idiopathisch war die Hepatitis sehr
selten ; sie wurde meistens , gleichwie Lsberabscess,
Vergrösserungen der Leber und Milz als consecotive
Erscheinung beobachtet. — Petechien waren stete
eine sehr unwillkommene Erscheinung. Es trates
sämmtliche Symptome des Typhus dabei in voller In-
tensität auf. — Das Ghinin war auch hier meistens
eine „untrügliche Waff'e.*« Niemals fanden sich aber
bei Sectionen solcher mit Petechien behafteten Indivi-
duen die charakteristischen Darmgeschwüre vor. —
Dysenterie kam zwischen Juni und September nar
seilen vor. während sie im Jahre zuvor in Algier hXur
fig beobachtet wurde. Gholera erschien gar nicht;
nur in Givita - Vecchia waren einzelne Fälle. — Im
Herbst und Winter erschienen noch häufig Recidiven
von Intermittens. Im Winter dann mehr Pleuritiden,
Pneumonien , acute Rheumatismen ; doch bemerkt
Vf. : ,,r6tat inflammatoire plaslique du sang, en hiver,
a sembl^ se ressentir encore de Tötat de difQuenee
qu'il avait subi en 6l6.** —
Diess der Inhalt des Schrifichens. — Es ist zu
bedauern, dass das interessante und reichliche Mate-
rial nicht weiter ausgebeutet wurde. Die ütioiogH
GapsoDi, £influ9S i. Reisfelder aufd. Gesundh.
13&
sclwii VerhSlliiisse sind mangelhaft entwickelt; über
die diätetischen Maassregel d hOren wir gar nichts.
— Die Pathologie erföhrl nichts als eine Bestlligfing
des Factums naher Verwandtschaft der Intennitteos
und des 'Typhus. — Die Erscheinung der acuten
Exantheme hatte eine genauere Würdigung verdient.
Die Therapie lehrt, was man schon weiss, dass das
Chinin nSmlich mit der Intermiltens auch die diesel-
ben begleitenden acut- katarrhalischen Zustjinde der
Darmschleimhaut hebt, und die letzlern nur selten
eine besondere Dehandiung erforderlich machen.
Beneke (Hannover.)
60. Della Inlneua delle Ris^e snlla salnte
mana; Bicerche di Giovanni Capsoni,
Dott. in Med. e Ghir. , gia UfGciale di sanitd
presse la guardia reale del regno d*ltalia e
direttore di spedali nella Lorobardia , Membro
della Faculla medica diPaviaiCtc. Milano1851.
8. 130 p. (1 Thlr.)
Homini est propria veri inquisitio atque iovestigatio.
Cicero.
Es ist eine traurige Erscheinung, dass die Kultur
eines der trefflichsten und vielleicht des am weitesten
▼erbreiteten, für Hillionen von Menschen beinahe ein-
zigen Nahrungsmittels mit den nachtheiligsten Folgen
für die Gesundheit nicht nur der Kultivatoren
selbst, sondern aller Bewohner der betreffenden Ge-
genden verbunden ist.
Bekanntlich gedeiht der Reis (mit Ausnahme we-
niger Arten , die einen weit geringern Ertrag geben)
Dar aof periodisch überflotheten Feldern und unter
Bedingungen, welche denselben einen den Sttmpfen
u. Maremmen ganz analogen Charakter gehen. In
einer gewissen Vegetationsperiode des Reises und ge-
rade in den heisseslen Monaten mflssen aber die ste-
henden Gewässer von den Reisfeldern abgelassen wer-
den and so kann es nicht fehlen, dass eine Menge der
schädlichsten Eflluvien zufolge der Verdunstung fau-
lender veget. und animal. Stoffe in die Atmosphäre
trbergehen und ihr ganz wie in Sumpfgegenden das
mittheilen , was man Malaria zu nennen pflegt. Ob-
schon diese Nachtheile des Reisanbaues sehr bald
nach Einführung desselben in Italien und allenthalben
fühlbar geworden waren, lebhafte Klagen der Bewoh-
ner hervorgerufen und die Regierungen zu allen Zei-
ten zu Verboten und Beschrankungen (z. B. in ver-
schiedenen Ediclen der Herzoge von Savoyen im 17.
Jahrhundert unter Androhung von Leibes- u. Lebens-
slrafen) veranlasst haben, so haben gleichwohl theils
die Gewinnsucht der Grundbesitzer, theils die einmal
eingewurzelte Gewohnheit, theils auch wirklich die
diimOglichkeit, den betreffenden Landereien aof an-
dere Weise irgend einen genügenden Ertrag abzuge-
^einnen , die Reiskültur nicht nur nicht abkommen,
sondern sich vielmehr immer weiter verbreiten lassen.
•Der Reis scheint zuerst in China und Indien gebaut,
t^on da durch Alexanders des Grossen rückkehrende
Truppen nach Westasien und Aegypten und erst von
den Arabern nach Spanien gebracht worden zu sein»
rofn wo er im 16. Jahrhundert nach Italien Oherging.
Seine Kultur ist sehr gewinnbringend und nimmt in
der Lombardei allein dermalen über 2 Millionen Hek-
taren (beinahe 8 Mill. preuss. Morgen , welche nahe
bei 1,300,000 Hektoliter, oder circa so viel Dresde-
ner Scheffel liefern) in Anspruch ; nicht geringer ist
sie im Venetianischen , in Piemont und vielen andern
Theilen Italiens und des südlichen Frankreich, wor-
aus man auf die Wichtigkeit des Gegenstandes schlies-
sen kann.
Die Frage von dem deletaren Einflüsse der Reis-
felder auf den öffentlichen Gesundheitszustand ist
zwar fast nie von irgend gewichtigen Stimmen direet
verneint, aber, wahrscheinlich wegen des geringen
praktischen Erfolgs aller Klagen, immer von Neuem
erhoben, so auch bei den neuesten wissenschaftltdien
Gongressen Italiens ventilirt, zum Gegenstand von
Preisaufgaben gemacht und mehrmals gemischten, aus
Oekonomen und Aerzten bestehenden Commissionen
vorgelegt worden. Immer wurde die Thatsache von
der grossen Mehrheit anerkannt, jedoch gelangte man
nicht dazu , das eigentliche Wesen der Infection zu
ermitteln und Maassregeln zu entdecken, welche mit-
tels Modificationen in der Kulturmethode, ohne dem
Ertrage zu schaden, ihre Nachtheile zu paralysiren
vermöchten. Auch in der durch eine jener Preisauf-
gaben hervorgerufenen Schrift des Vfs. vermisst man
ein tieferes Eingehen auf diese Cardinalpunkte. Sie
weist durch ein reiches Material historischer und sta-
tistischer Angaben aufs Bestimmteste nach, dass aller
Zeiten u. aller Orten die Mortalität in den Gegenden,
wo man Reis baut , viel grösser war und ist , als in
anderen, dass dieselbe sofort nach Anlegung von
Reisfeldern stieg und ebenso schnell nach Aufgabe
dieser Kultur wieder sank, dass dieser schädliche
Einfluss je nach Maassgabe der herrschenden Wind-
strömungen und des Wasserabflusses sich auf Meilen '
in die Umgegend der Reisfelder erstreckt und auch
bei nur kurzem Aufenthalte in der Nähe derselben,
z. B. bei Reisenden u. namentl. bei den zur Erntezeit
aus sonst gesunden Orlen herabkommenden Arbeitern
sich gehend macht. So belief sich , um der reich-
hallig/en Statistik des Buches nur ein Beispiel zu ent-
nehmen, die aus einer Reihe von 26 J. gezogene
durchschnillliche Sterblichkeit in dem an Reisfeldern
reichen Dislrict von Bissone auf 4,33 und in dem von
Lainate ohne Reisbau auf 3,140/o der Bevölkerung,
und in der Commun von Ceriano stieg die Sterblich-
keit, weiche von 1809 bis 1818 durchschnittlich
4,12% betragen hatte, mit Einführung des Reisbaues
in den Jahren 1819 bis 1822 auf 9%, u. sank von
1823 bis 1828 zufolge der Einstellung dieser ver-
derblichen Kultur wieder auf etwas Über 4% herab.
— Die von den Effluvien der Reisfelder erzeugten
Krankheilen kommen ganz mit den vom Sumpfmiasma
erzeugten überein , es sind ausschliesslich die ver-
schiedensten Formen der gut- und bösartigen Wech-
selfieber mit ihren mainnigfaltigen organischen Nach-
krankheiten , und es scheint als laste die Pradispoai«
138
8 c h a 1 1 e r , die Phrenologie.
tion zu denselben auf der ganzen, wenn auch nicht wirk-
lich ergriffenen, Bevölkerung. TyphOse, putride, rheu-
matische, scrophulöse, pellagröse u. andere Krankeiten,
wenn sie auch in den Rcislandern sporadisch oder
epidemisch mitunter vorkommen , und die Wechsel-
fieber durch Gomplication verschlimmern mögen,
stehen doch mit den Reisfeldern u. Maremmen durch-
aus nicht in causaler Beziehung, kommen vielmehr
theilwefse häufiger in trocknen und hoch gelegenen
Gegenden vor. Die Identität der von den Reisfeldern
und der von den Sumpfgegenden erzeugten Krank-
heiten, und der davon bedingten Sterblichkeit,
welche ebenfalls durch historische und statisti-
sche Belege vom Vf. nachgewiesen wird, setzt es
ausser Zweifel, dass jene physiologischen und patho-
logischen Einflüsse beiderseits auch von gleichen phy-
sischen Bedingungen abhängen. Diese sind die Con-
currenz von Feuchtigkeit des Erdbodens, Wärme der
Atmosphäre und Anhäufung faulender organischer
Stoffe, wodurch der Luft ein uns unbekanntes iMiasma
mitgetheilt wird. Auffallend ist die Behauptung des
Vfs. , dass nur die Zersetzung vegetabilischer, nicht
der animalischen Stoffe die Erzeugung der Malaria be-
dinge. Der Einfluss der Reisfelder besieht also nach
ihm in einer Intoxication , welche das Nervensystem
betrifft, die Intermittens erzeugt, und auch nur durch
Mittel, welche auf das Nervensystem wirken, nament-
lich die China , bekämpft werden kann. — Da die
Sumpfgegenden ganz gleiche Wirkungen haben, ohne
zugleich jene reichhaltige Productivität zu haben, wie
erstere, so ist allerdings der Reisbau fUr jene Loca-
litaten , welche sich zu anderer Kultur der ßoden-
beschaffenheit wegen nicht eignen, als eine Wohlthat
und Verbesserung anzusehen , in allen andern sollte
er unbedingt unterlassen werden.
Was nun endlich die Mittel anlangt, womit man
dem schädlichen Einflüsse der Reisfelder begegnen
solle, so beschränkt sich Vf. auf Empfehlung einer
kräftigen, aromatischen, stimulirenden Diät, wollene
Kleidung, Vermeidung von Erkältung und namentlich
der Luft an Abenden und Morgen, Wohnung an mög-
lichst erhöhten Orten und in obern Stockwerken, und
Anpflanzung von Waldungen zwischen den Reisfeldern
und den möglichst fern davon zu haltenden mensch-
lichen Wohnungen.
Eine sehr reichhaltige Literatur giebt von der ßc-
lesenheit und den umfassenden Studien des Vfs.
Über seinen Gegenstand ehrenvolles Zeugniss.
KohlschUtter.
61. Die PbrenolOgie in ihren Grundzügen und
nach ihrem wissenschaßlichen u. praktischen
Werthe; von Professor Dr. Julius Schal-
ler. Mit 1 Taf. Abbilä. Leipzig 1851. G.
Geibel. 8. 87 S. (2/3 Thlr.)
Der sei. Hegel bürdete bekanntlich (in seiner
Phänomenologie) der Schädellehre den absurden
Grundsatz auf: Wirklichkeit u. Dasein des Menschen
ist sein Schädelknochen. Das Sein des Geistes ist
ein Knochen , oder wie er , um noch erfolgreicher
witzig und komisch zu sein, zwischendurch aucli
sagte: ein Knorren. — Das ist die Tonart, welche
dem vorliegenden Schriftchen vorgezeichnet isl u. ia
Reicher es auch ganz regelrecht schliesst.
Nach einer kurzen Darlegung der wesentlichen
Momente der Gairschcn Theorie (1. Ahschn.) wen-
det sich Vf. im 2. Abschn. zunächst gegen die Psy-
chologie der Phrenologcn mit dem llaupleinwurf:
,,der allgemeine, durchgreifende Mangel derselbeo
besteht kurz darin, dass sie den Geist im Wesen!-
liehen wie einen Knochen behandelt, indem sie die
verschiedenen Momente und Formen seiner Thäligkeit
ohne innere nothwendige Beziehung äusserlich, d. L
räumlich neben einander stellt.«
Gegen die Physiologie der Phrenologen (3. Ab-
schnitt) wird eingewendet, im Grunde sei das (lanze,
welches sie von der materiellen Seite der Sache wisse,
diess, dass dieses oder jenes Organ an dieser oder
jener Stelle des Schädels liege, ferner, dass sie nicht
den ganzen Organismus, sondern nur den Schädel
berücksichtige, dass sie bei Betrachtung der cinzelneo
Hirntheile [also nicht Knochen oder Knorren] stehen
bleibe, und dass sie die Thätigkeit eines Organs vor
dessen Grösse abhängig mache, während sie jenes
auch ohne Beziehung auf die Grösse von Natur an$,
oder durch Uebung reizbarer oder energisch thäliger
sein lasse u. s. w.
Die Thatsachen der Phrenologie (4. Abschn«),
nichts weiter als einzelne Thatsachen, werden von
ihr für aligemeine Gesetze ausgegeben. Ihre Indoc-
tion ist völlig illusorisch. Schon durch die weile
Terminologie und durch das Zusammenwerfen 6es
Verschiedenen in Ein Organ werden die Thatsacheo
schwankend, unsicher und unbestimmt. — Schwier-
rigkeit, die wirklichen (ungeheuchelten u. unverhehl-
teu) Neigungen, Triebe, Fähigkeiten u. Beweggründe
der Handlungen zu erkennen, als Gegenprobe des
phrenol. Befundes. — Leichtsinn und üngenauigket
der Phrenologen in Beibringung bestätigender- Poi^
traits u. s. w. — „Die Phrenologen sollen es sidi
zum klaren Bewusstsein bringen , dass das , was sie
constatirte Thatsachen nennen, im Grunde Uribeile
sind ohne wissenschaftliche Begründung. Sobald sie
nach einer solchen sich umsehen , werden sie zur
Einsicht kommen, dass die ganze phrenologische Be-
obachtung sich in einer Sphäre bewegt, in welcher
die Methode der Induclion , wie sie die empirische
Naturwissenschaft befolgt, unmöglich zu dem Ziele
fuhren kann, welches die Phrenologie sich selbst
vorsteckt. Trotz aller Mühe , welche sich die Phre-
nologen geben mögen, machen sie sich doch ihre
Sache viel zu leicht. Und eben darin liegt der Grund,
dass die Phrenologie von beiden Wissenschaften , ■
welche sie eingreift, nämlich von der Philosophie und
empirischen [es giebt keine andere] Physiologie,
Immer nur als Dilellanlisrous angesehen wird. !■
der Gestalt, in welcher sie bisher aufgetreten, h«l
s:le auch sicherlich keinen grossem Werlh*** ^
Seb€ve» Mreaalogie und Medicifi.
ia7
lUiuoiien d«r Phrcnoio^e, wovon sie voll ist.
— Nachweis des Leiebtsiniis der Phrenologeii im Ad-
eckennen der Thatsachen als solcher, naroenllicli aus
dea famoseii phreno - magnetischen Experimenten
(Stmve's Zekscbrift) geführt.
Der praktische Werlh der Phrenologie (letzter
Abschnitt). Lächerlichkeit der Ansprüche u. Phan-
tasien der Phrenologen hinsichtlich des Werthes ihrer
Doctrin für Beurtheilung weltgeschichtlicher Persön-
lichkeiten und Begebenheiten, für Erziehung, Straf-
recbt [Psychiatrik] » Menschenkenntniss — z. B.
Wahl der Dienstboten, der Ehegatten u. s. w. — was
man alles auch ohne Phrenologie wisse u. s. w. Er-
innere man sich an das Vorausgeschickte , vor Allem
an die modificirenden Umstände , durch welciie nach
der eigenen Ansicht der Phrenologen das Finden einer
allgemeinen Thatsache, eines allgemeinen Gesetzes
so unendlich erschwert wird , so schrumpfe auch die
phrenol. Kunst zu einem Minimum herab , welches
ohne allen praktischen Werth sei. — Den Scliluss-
accord bildet der unglückliche Witz HegeTs:
„Einem, der urtheile, das Innere des Menschen hänge
von dessen Schädelbildung ab, müsse man den Schä-
del einschlagen , um gerade so greiflich als seine
Weisheit ist, zu erweisen, dass der Knochen nicht
des Menschen wahre Wirklichkeit sei.** —
Das ist ein Absurdum, weiches die Phrenologie
niemals behauptete. Hegel so gut als sein Nach»
treler weiss auch wohl , dass das zu Erweisende ge-
rade damit nichts weniger als erwiesen wäre, der
Vf. wenigstens weiss (vgl, S. 47) bestimmt, dass bei
der ganzen Frage es sich wesentlich nicht um einen
KDocben oder Knorren, sondern um das Gehini han-
delt« Aber es ist eben dialektisch gar eu pikant (u.
bequem zugleich) Sätzen, die man widerlegen wiU,
erst selber eine absurde Fassung zu geben und gegen
die so vorgestellte Sache, nicht gegen die Sache
selbst » XU polemisiren. Nicht blos die Phrenologen
madien es sich gar zu leicht, auch der Vf. — Nach
Darlegung der Methode und der Grundsätze der Phre-
nologie in 1. Abschn. ist von GalTs Lehre selbst
wenig mehr die Rede; Vf. sacht mit Vorliebe die
ttbcreiltealen und absurdesten Behauptungen phreno-
logtecher Enibusiaslen und sachkundiger Dilettanten
zusaiumen , um mit geringer Mühe daran zum Ritter
zu werden. Ja er theilt solche schreiende Sinnlosig-
keken und offenbare Lügen derselben mit, dass er
ihre Mittfaeilung zu ihrer Widerlegung für hinreichend
hslt , ohne weiter selbst ein Wort darüber zu sagen.
Auch diess ist dialektisch sehr bequem. Die bei wei-
tem meisten Stiche und Hiebe gehen aber in dieser
Art des Kampfes [auf nur 87 Seiten noch dazu sehr
IttxnriOs] neben hin, treffen nicht den Gegenstand,
nicht die Lehre des klar blickenden und besonnen
urtheilenden 6a 11 selbst, sondern eben nur die
Uebertreibungeu und Absurditäten jener späteren
leichtfertigen Phantasien , welche, was kaum begon-
war , die Anfilnge einer durch Beobachtung und
Ifad. iduM, M tl. BA. i«
objeetive Forschung und Erfahrung noch lange erst
zu conslalirenden , zu ergänzenden und vervollstän-
digenden Lehre ttber Hals und Kopf aus ihrem eignen
Kopf heraus fertig machen und für ein abgeschlosse-
nes philosophisches System verkaufen wollten , dabei
kritiklos und leichtgläubig, selbst lagnerisch, suh*
jeciive Vorstellungen für objeetive Thatsachen, Scbluss-*
folgerungen und Postulate für Beobachtungen nahmen
und gaben, saoguiaiscii und willkürlich ins Blaue
hinein drauf los erklärten und construirten, und sich
zu Lehrern einer Doctrin aufwarfen, die sie selbst in
Grund und Wesen nicht gelernt und nicht verstanden
hatten. — An solchen und so gegebenen Vorstellun-
gen reflectirt und denkt nun der Vf. herum. — Nach
andern Seiten hin strapazirt er seine Dialektik stärker,
ohne es jedoch weiter, als zu Forderungen zu trei-
ben. So verlangt er nicht nur einen anatomischen,
sondern auch einen psycholof^ischen Zollslah. Z. B.
wenn auch ein sehr grosses Organ der Beifallsliebe
schädellehrerisch constatirt wäre, fragt er erst: was
ist nun aber eine sehr grosse ßeifallsliebe ? — hat
sie etwa der , welchen das ganze Publikum für einen
unerträglich beifallssüchtigen Menschen ansieht? —
Ref. hielte ein solchem Urtbeil (und die Gründe, wor-
auf es sich stützt) freilich , wenigstens so lange für
genügend, bis jene geforderte psychologische Scala
hergestellt ist. Eine solche zu construiren, künnte
Vf. wohl auch selbst von seinem Standpunkte aus ver-
suchen. Zur Beurtheilung der G all' sehen JLehre
aber — welche allgemeinen Zugeständnisse Vf. auch
der anthropologischen Einheit macht, und wie man-
ches Wahre er auch über die Phrenologie und noch
mehr übe* die Phrenologen sagt, — ist dieser Stand-
punkt unzulänglich. Vf. kann die anatomische Grund-
lage der ganzen Anthropologie (also auch die der
Schädcllehre ) und deren Bedeutung von seinem
Standpunkte aus gar nicht gründlich und richtig be-
urtheilen.
Feuerbach rügte schon vor 1 2 Jahren , dass
die H e g e r sehe Philosophie zur Form der Anschau-
ung nur die Zeit, nicht auch den Baum hat. Auf
diesem Fleck steht aber der Vf. heute noch. Auch
er begreift so wenig wie Hegel das Bäumliche, na-
mentlich das physiologisch Organische, das Morpho-
logische und Histologische, und die Bedeutung der
organischen Formen, der Anatomie für die Anthropo-
logie, die also auch von dieser Philosophie wahr-
haft gar nicht kritisirt werden kann.
BlumrOder.
62. Phrenologie nnd lediciB. ^us meinen
wissenschaßlichen Begegnissen zu Hamburg;
von Dr. Gustav Scheve, Privatdoc. an d.
Univ. zu Heidelberg. Mit Titelbild u. 7 in den
Text gedr. Abbild. Leipzig 1851. l. J. Weber.
53 S. gr. 8. (6 Ngr.)
,, Grundzüge der Phrenologie. — Dr. B. in Ham-
burg. — Dr. Nathan. —- An Deutschlands Aerzte.
— Die Organe als Thati
18
— Phrenologie und
138
Scheve» Phi^Dologie und Medicin«
Menschenkenntniss. — *' Das sind die Ueberschrif-
teD unter weichen der VL seine vermischten, mei-
stens apologetischen und polemischen Ergiessungen
zum Besten giehl. Einiges davon ist aus des Vfs.
phrenologischen Bildern , in welchen einiges aus des
Vfs. vergleichender Seelenlehre wieder abgedruckt
wurde , welches auch in der Zeitschrift !ür Phreno-
logie abgedruckt war, hier wieder abgedruckt.
Der Titel soll wohl das Verhalten der deutschen
Aerzte gegen die Phrenologie bezeichnen. Eine Vor-
rede fehlt. — Der Vf. hielt wie in mehrern deut-
schen Städten, so auch in Hamburg, phrenologische
Vorlesungen , erfuhr Widerspruch von den oben be-
zeichneten Aerzten , und sucht nun diesen zu ent-
kräften und die versuchten Widerlegungen hier wie-
der zu widerlegen. Ref. kennt von jenen Einwen-
dungen nur was und wie es der Vf. herausgreift und
weiss nicht, ob Vf. von der Schuld des Verdrehens u.
Unterschiebens , welche er seinen Gegnern vorwirft,
selbst ganz frei ist. Was aber Vf. hier davon mit-
theilt , ist nun allerdings so schwach , dass es kaum
einer Duplik werth war, und zwar um so weniger,
als die bemerkten Einwürfe bereits eben so oft erho-
ben , als zurückgewiesen sind. Was sind das z. B.
für Einwendungen : das Gehirn ist ein einfaches Gei-
stesorgan. Die Seele kann nicht getheilt werden.
Der Knochenschädel bildet sich für sich , unabhängig
vom Gehirn. Die phrenolog. Organe sind Knochen-
hOcker u. s. w. I — Andere Einwürfe von Gewicht
aber, wie z. B. den gegen das Organ des Geschlechts-
triebes erhobenen , nimmt Vf. doch gar zu leicht. So
erscheint das Ganze , — von beiden Seilen, — nicht
als eine wissenschaftliche Polemik, sondern mehr als
eine Klopffechterei zur Unterhaltung des hochzuvereh-
rendsten Publikums. Und nun dazu das Motto der
Schrift:
«Sieh; da entbreoDen in feurigem Kampf die eifernden Kräfte,
Grosses wirket ihr Streit. Schiller.
Neues oder überhaupt Bemerkenswerthes ist dem Ref.
im vorliegenden Schriftchen nicht aufgestossen. Der
Standpunkt des Vfs. ist der ordinäre oberflächlich
schädellehrerische. Die Lehre im Ganzen oder auch
nur in einem ihrer Theile wirklich anthropologisch
aufzufassen, zu umfassen und zu erfüllen, anatomisch
und physiologisch tiefer zu begründen, nach dem
Wie der in Rede stehenden anthropologischen Phä-
nomene zu fragen, die phrenologischen Ueberliefe-
rungen selbst zu kritisiren, — davon ist keine Rede.
Der Vf. bleibt auf dem alten Fleck und geht nicht
weiter, befriedigt mit der schaalen Localisation und
Terminologie seiner Schule. Das Schema u. Thema
ist einmal- fertig, und es handelt sich nur darum, es
mit einigen Variationen immer wieder abzuleiern. Es
ist und bleibt alles touristisch leicht und seicht , wie
auch die Miniaturabbildungen — z. B. Antikenideale
physiognomischen Garicaturen gegenüber u. dergl. —
— besser in Bilderbücher für Kinder passten.
Darin mifss man dem Vf. Recht geben , dass die
allermeisten Gegner GalTs Werke nicht gelesen lia*
ben, u. nur an dem, was sie davon durch die* drille m.
vierte Hand kennen , herummeinen und sagen , was
ihnen gerade einßlllt. Nehmen aber die Gegner aaf
die Thatsachen, aus welchen Gall seine sogenao nies
Organe ja erst folgerte und ableitete, keine Rttcksichl,
so bezahlen die Phrenologcn mit gleicher Münze und
kümmern sich nichts um die Thatsachen, die ihnei
entgegengesetzt werden. Es ist ein lächerliches Trei-
ben. Uebrigens hätte der Vf. die Phrenologie auck
gegen einige ihrer Freunde — die ihr nachtheiliger
waren, als ihre allerfcindlicbsten Gegner — in Schoti
nehmen, und zeigen sollen, dass die Unzulässigkei-
ten, Fabelhaftigkeiten, ja Sinnlosigkeiten , wie sie k
letzter Zeit von phrenologischen und medicinisebn
Pfuschern , die nichts von der Sache verstanden, ver-
schuldet wurden, nur diesen, nicht der Lehre GaJl*5
selbst zur Last fallen können. |
Mit Besonnenheit werden nun hier die phrenolo-
gischen ersten Grundsätze so formulirt : „Das Gehira
ist das Organ des Geistes ; das Gehirn ist nicht eis
einfaches, sondern ein zusammengesetztes Organ;
die Grösse des Gehirns entspricht bei übrigens glei-
chen Umständen seiner Kraft; die Gestalt desGehinis
lässt sich im Ganzen [nota benel] aus der äussern
Kopfgeslalt erkennen.'' — Ebenso wird zugestan-
den, dass die Phrenologie blos sehr starke Charak-
terzüge von sehr schwachen unterscheiden könne;
sie sei nicht die Kunst, den ganzen Charakter eines
Menschen aus seiner Kopfgestalt zu erkennen. Es
seien blos die meisten [?] Gehimtheile als Geistesor-
gane bereits erkannt und nachgewiesen, noch kei-
neswegs alle; über die Bedeutung einiger Gehim-
theile sei man nur zu Vermuthungen, aber noch nicht
zur Gewissheit gelangt. Wegen der ungleichen Dicke
der Hirnschale vermöge man nicht vollkommen genau
die Grösse eines Organs zu erkennen. Diese Schwie-
rigkeit könne bei den Organen, welche am nnlem
Stirnrand liegen , in manchen Fällen sogar zur Un-
möglichkeit anwachsen, irgend ein festes Urtheil Vkv
deren Entwicklung zu geben u. a. — Trotz allem
eben Bemerkten behauptet nun aber der Vf. : nicki
blos ein grosses Organ kann von einem kleinen, son-
dern auch ein mittelmässiges von einem grossen oder
kleinen sicher unterschieden werden. Die Phrenolo-
gie soll alle Wissenschaften zu einer einzigen (der
Menschenkunde) vereinigen. Der Phrenolog kennt
den Charakter eines Menschen besser^ nachdem er
seine Kopfgestalt erforscht, als wenn er Tielleicfat
ein Jahr lang mit ihm zusammen gelebt. Jedes Or-
gan [von den „etwa sechs und dreüsig*' der ur-
sprünglich sieben und zwanzig] vertritt die Stelle der
ganzen Organenlehre , und dessen Prüfung kann mit
Recht als die Prüfung der Qrganenlehre Qherbanpt
gelten. Wenn nur ein einziger Fall nachgewiesen
wird , wo ein Mensch z. B. mit sehr grossem Selbst-
gefühl die betreffende Kopfstelle sehr schwach ent-
wickelt zeigt, oder umgekehrt, so ist damit die ganze
Organenlehre als Wissenschaft yernichtet — Damit
setzt Vf. wie ein leidenschaftlicher Spieler seine i
Mayer» aber den ehelichen Umgang;
13»
flabe auf eine Karte, die gar leicht umschlagen kann.
Es steckt ihm wohl der scholastische Begriff des for-
inaleii Systems a priori im Kopfe, nach welchem durch
ein falsches Glied das ganse nichtig wird ; was aber für
eine naturwissenschaftliche Doctrin , zumal eine sol-
che» die von sich selber aussagt, sie habe zur Zeil die
meisten, noch keineswegs alle Glieder gefunden, gar
nicht passt. Die übrigen Widersprüche der vorange-
stellten Zugestandnisse mit den nachgeschickten Be-
hauptungen springen wohl von selbst in die Augen.
Dieses capricirte Abweisen aller Kritik trübt und. ver-
rückt den ganzen Standpunkt. Das , was durch Er-
fahrung und Kritik zu constatiren oder zu berichtigen
und weiter zu führen wäre , wird so zum unverrück-
baren Dogma, und dieser verblendete Dogmatismus
— so beschränkt alles Einzelne festhaltend, wie die
Gegner Alles in Bausch und Bogen verneinend —
verkennt, indem er einen kaum im Knospen begriffe-
nen naturwissenschaftlichen Zweig als einen für alle
Zeit versteinerten Baum prädicirt, damit nicht nur
das wesentlich die ganze Naturwissenschaft dorchwal-
tende Werden überhaupt, sondern auch ganz beson-
ders das wirkliche Verhalten der Schädellebre zur
Gegenwart. Denn wenn gegenwärtig wohl kein
unbefangener Arzt, der auf der Höhe der anthropo-
logischen Bildung der Zeit steht , die (sogenannten
phrenologischen) allgemeinen Grundsätze, wie deren
oben angerührt wurden, mehr beanstandet, so erhe-
ben und häufen sich dagegen (unter dem Schwall
leerer Declamationen) doch auch thatsächlich gewich-
tige Instanzen gegen die Specificationen der Schädel-
lehre , welche dringend und unabweisbar eine durch
irgend welche Voraussetzungen ungetrübte und unbe-
fangene, reine, subjecliv- und objectivfreie , Ihat-
sachliche Kritik fordern. Jene entgegengesetzten
Thatsachen sind nun (aber nicht von Pfuschern , und
nicht mit Leidenschaft, sondern) von Männern mit
naturwissenschaftlichem Sinn und Verstand ruhig,
ehrlich und redlich zu prüfen und zu würdigen, dem-
nach der specielle Theil gründlich zu revidiren und
wo Röthig zu berichtigen, überhaupt aber durch
selbstständige Forschungen und Beobachtungen zu
klaren u. neu zu beleben. Das ist ,die Aufgabe u. die
Arbeit der Gegenwart und nächsten Zukunft der Phre-
nologie, wenn diese anders eine Zukunft haben
soll. Eine allgemeine Polemik, wie sie grössten-
theils bisher — für und wider, mit mehr oder
weniger Witz — geführt wurde, kann zu nichts
führen.
Blumröder.
63. Des rapportS COigOgaU consideres sous le
triple poinl de vue de la population, de lasante
et de la morale publique; par le docteur Alex.
Mayer, ancien secr. de la soc.de m^d. de Besan-
nen ; ancien r^dact. en chef de la rev. m^d. de Bes.
et de la Franche-comt^ ; membre corr. de la
SOG. de m6d. prat. de Paris etc. 2 Äd. , rev. et
augm. Paris 1851. J. B. Bailli^re. 8. 270 pp.
(1 Thlr. 12 NgrO
La vertu coosiste k tirer des materiaux dont
Dieu nous a confl^ Temploi, la plus graode somme
de bonheur. Or, les penchanls qu'il a mis en
nous sont tous boos par eux-mftmes et ce n'est
quc par les suites qu'on peut ici distinguer Tusage
de Tabus. (Maltbus. Essai sar le priocipe de ^
population.)
Ein erschreckliches Geplauder, eine harte, schwere
Geduldprobe! — Zwei lange und breite pretiöse
Vorreden schwatzen, als käme Unerhörtes nach.
Was aber kommt, ist ebenso trivial und gemein als
verwerflich, ebenso unzulänglich als unzulässig, voll
von Widersprüchen und mit der eitelsten Wichlig-
thuerei vorgebracht obendrein.
Wie die ganze Schrift hinkt, schielt, schwankt,
will und nicht will, verzwickt und halb ist, so auch
gleich der Titel, welcher trefifender: „üeber mögliche
Verhinderung u. Verminderung der Geburten** hiesse.
Der Vf. ist ein Malthusianer , will aber keiner sein.
Er habe, gesteht er selbst zu, aus Malthus mit
vollen Händen geschöpft, weil er nirgends schlagen-
dere Gründe für seine eigene Meinung gefunden habe.
Wie Proudhon von Malthus sagt, behauptet
auch der Vf. im Namen Gottes und der Vorsehung,
der Sittlichkeit und der geheiligten Interessen der
Familie . es sei im Lande nicht Platz genug für -alle
Kinder des Landes, und muthet den Frauen zu, nicht
so fruchtbar zu sein. Auch der Vf. glaubt ein from-
mes Werk zu lliun , wie er ausdrücklich sagt. Er
will denselben politischen Meuchelmord, den Meu-
chelmord aus Liebe zu den Menschen und zu Gott,
die Organisation der Menschentödtung , der Malthu-
sianischen Menschenvertilgnng; aber er fürchtet den
Namen , er ist kein Malthusianer. Er wird es nicht
müde, den Schöpfer und die Vorsehung zu nennen,
aber er hat verflucht wenig Vertrauen xlarauf, denn
er pfuscht ihr fortwährend ins Handwerk.
Vf. stellt erst in der Vorrede , dann nochmals im
1. Capitel eine Frage voran, — auf die er sich nicht
wenig zu gut thut — eine sehr wichtige Frage , von
deren Beantwortung Alles abhänge, die Frage: ob
der Instinkt allein beim Menschen den Erzeugungsact
bestimmen darf? — Wie die Frage, so die Antwort.
Die Mehrzahl der Moralisten hätte diese Frage bejaht,
aber welcher Mensch, ausser dem Vf., hat denn
noch jemals die^e Frage gestellt, und wer sind diese
Moralisten, wie heissen sie, wo wohnen sie? —
bejaht; aber unter der Bedingung, dass der Mensch
sich ausserdem [d'ailleurs] den bürgerlichen u. reli-
giösen Gesetzen seines Landes u. seiner Zeit füge. —
Welche Frage! Welche Antwort! Welche Bejahung!
Welche Moralisten !
Diese Ansicht sei allgemein verbreitet. Trotz
dem hat der Vf. die Kühnheit, obwohl nach langem
Widerstreben , sich dazu zu entschliessen , sie einer
neuen Untersuchung zu unterwerfen. Bef. hat aber
nicht die Kühnheit, Jemand zuzumulhen, diese Unter-
suchung zu lesen. ^igitized by VjOO^ IC
Die Hauptsache ist dem Vf. überhaupt eine andere.
tM
Kayer, .über 4«b dwlidieo UiDg»D§.
Bie Erde sehehit Ihoi oMUiili h«reitt zu enge , die
Uehervölfcerung ist jetzt schon furchtbar und wird
nächstens noch drohender und furchtbarer, wenn die
MenscheB nun bald gar keinen Raum mehr haben u.
einander erdrttek(«n. V/. tütQhM bereits zu ersticken
und ruft in der Angst, wie Falstaff's Wirthin in
Easteheap: liebe Lenie , »efaafft doch Hälfe her,
«Nler ein paar! — Aber er hat ein erschrecklich zart-
fühlendes Herz, die Hülfe soll keinen Menschen krank
oder nnshtlieh machen. Er mordet ganze Genera-
tionen, »her mit parfAmirtAn Glanzhandschuhen, und
aeufct dabei sein klUgliches Helas ! — aber das Er-
sticken ist ja noch schmerzlicher. — Ihr werdet aber,
sagt Proudhon zu den Malthusianern ,' niemals das
Volk überreden, dass ausser Euch Jemand zu viel
auf der Erde ist.
Im 2. Capitel, wie bereits in der Vorrede, wird
nun weiter die Frage gestellt: welche Hindernisse
der Uebervölkerung sind weder den Gesetzen der Hy-
gieine noch der Moral entgegen ? Das soll eigentlich
heissen: welche Hindernisse, die weder den Ge-
setzen der Hygieine noch der Moral widerstreiten,
sind der Uebervölkerung entgegen zu setzen? — Das
Capitel hat die Ueberschrift : Von den Hindernissen
der . üebervfllkerung. Soll heissen: Von den der
Uebervölkerung entgegenzusetzenden Hindernissen.
Das wXre aber zu bestimmt und herzhaft. Vf. sucht
tiberall zu mildern, zu beschönigen, zu verblümen
und zweideutig zu verzwicken. Ueber den Zweck
hat er keine Scrupel , aber in den Mitteln ist er zum
Erstaunen delikat und wählerisch, wie sich weiter
leigen wird. — Die Mittel sind nun 1 . Vorbauungs-
und 2. destructive Mittel. Erslere werden weiter ab-
getbeiil in: Verhinderung der geschlechtlichen Annä-
herung, in Modificirungen der organischen Bedin-
gungen des Weibes und in Anwendung künstlicher
Mittel im Begattungsact, um dessen natürliche Folgen
zu verhindern.
1. roi'bevgungsmittei, — Moralischer Zwang.
Vf. sucht zunitchst darzuthun , dass die Enthaltsam-
keit der Gesundheit nicht schiullich sei. Das ist nun
freilich nicht einmal wahr, namentlich wissen das die
Irrenärzte besser. Aber der Vf. hat lange slatislisclie
Untersuchungen angestellt, ob Diejcnii^en , welche
das Gelübde der Keuschheit abgelegt hnhen, etwa
nicht so lange lebten, als Andere, und d.is Gegen-
theil gefunden. Dieser alte Secretair und ßedactcur
von Besangen ist sehr alt, und dabei so unerfahren,
als ob er erst gestern auf die Welt gekoiuMien wäre.
Hinterher, nachdem er seine langen statistischen Unter-
suchungen angestellt, Pifllt es ihm ein, — oder hat's
ihm Jemand gesagt, — dass vielleicht auch die gün-
stigen Lebensverhältnisse der wohlversorgten geist-
lichen Cölibatärs darauf Einfluss haben könnten , u.
dass vielleicht auch die Gelübde nicht gehalten wor-
den sein dürften. Das thut aber nichts, Vf. begnügt
sich, die Annahme einer Plethora spermatica beim
Manne zu bestreiten , [um was sichs gar nicht han-
delt] zu versichern, dass auch bei Nymphomanie,
Hysterie und gewissen cMorotisch«» Formen das H«i*-
rathen nicht immer helfe » und giebt an Ende Bock
einige Diätetica (Ablenkung der Aufmerksamkeit voi
Geschlechtlichen, Arbeit, Pflanzenkost, Veroieadttng
von Gewürzen, geistigen Getränken, Kaffee, der
Rückenlage im Schlaf, des zu langen Liegens im
Bette) in den Kauf, damit die nicht ungeauvde Eni-
haltsamkeit nicht ungesund sei. Nur niebl iioge-
sund I — Mao kann ja einem Menschen Angea und
Ohren verschliessen , das schadet seiner Gesandheit
nichts, man kann ihm auch noch die Hände fesseln
und den Mund zubinden ; er kann durch die Nase sth-
men und gesund bleiben.
Der Schöpfer, versichert der Vf., habe allerdiogs
gewollt, dass die £rde bevölkert werde, aber nickt
mit armseligem, elenden und lasterhaften Volke, er
habe den Menschen selbst encouragirt, zu wachsen
und sich zu mehren ; aber man soll nur Kinder zeu-
gen, welche glücklich sein können. Vf. lobt die
alten Völker [die wohl auch vor ein paar tausend
Jahren schon die Uebervölkerung fürchteten?] und
solhsl die wilden barbarischen Horden, welche so
sorgHlltig die Ehen und die Fortpflanzung beschränk-
ten , und hoklüf^t unsern Leichtsinn. Doch will er
keineswegs die MiUel jener allen und der wilden Völ-
ker, wie Kindermörd und dei:;! eichen loben, nur den
Zweck; [der aber ein ganz anderer war]. Das er-
zwungene Gölihat ist ihm ganz recht, und das Ver-
hindern des Erzeugtwerdens ist civilisirt. Schade,
dass ihm nicht die famose Infibulation des wohlseli-
gen Herrn Dr. Wien hold in Halle schmShlich-
laicherlichen -Andenkens einfiel. Die pnssle in seinen
. Kram.
Gesetzliche Hiitdernisse. — Vf. will nicht lang
disseriren. M<in muss endlich abschliessen. Frei-
sein ist nicht Streben, nicht Wollen, sondern Kön-
nen. — Man sieht, wie gerne der Vf. können möchle.
— Da die Geburt nicht die That derjenigen ist, wel-
che sie empfangen, so muss die Familie dafür ver^
antwortlich sein und die Gesellschaft für sie wachea.
Das Gesetz setzt bereits ein gewisses Alter zur Ein-
gehung der Ehe fest, und bestimmt Zurechnangt-
Unfähigkeit und Blutsverwandtschaft als Ehehin derniss.
Warum, fragt der Vf. , geht es nicht weiter? — Die
Fusion gewisser Temperamente u. Krankheiten, durch
erschöpfende Arbeiten, durch Armuth herunterge-
kommene Organismen versprechen schlechte Nach-
kommenschaft. Warum verbietet das Gesetz solche
Ehen nicht? — Vf. will aber diesen gesetzlichen
Zwang nicht blos den Armen aufbürden , dazu ist er
viel zu edel , — auch hält er sich gerne den Nagen
warm — sondern auch den Reichen. Was ist's denn
Ausserordenlliches oder Uebertriebenes^ fragt er wei-
ter, wenn das Gesetz, welches die Einwilligung der
Aeltern zur Ehe verlangt, ebenso die der Gesellschalt
(hier durch einen begutachtenden Arzt vertreten) for-
dert? Aber noch für etwas Anderes sollte die Gesetz-
gebung sorgen , nSmlich nur Ehen erlauben , deren
Sprösslinge voraussichtlich ihr hinreichendes Aus«
Mtyer» über ieu elMlicb«ii Unging.
Hi
kottmfD habe» werden. — Belustigend ist die Weise»
wie er das sagt. Er windet sich wie ein Wurm in
den geschraubtesten Worten u. Phrasen darum herum,
um nirgends ansustossen ; aber was er sagt, bat kei*
Ren andern Sinn. Doch ist das Alles alter KohL
{Was meinte wohl VL von je fittr die einselnen Be*
gatlnogen zu lösenden poliseiliehen Erlaubnissscbei-
Den? Das wSre wenigstens was Neues.] Etwas eigen-
Uftttmlicher ist der Gebrauch, wekhen Vf. im Ab-
acbnitt :
jfFon den Bindemissen durch organische Mo*
dißcationen des fFeibes** — von ein paar bekannten
physiologischen Erfahrungen zu machen rathet. Fette
Frauen gebaren selten oder gar nicht, magere,
schlechtgenShrte um so häufiger, oder wie der Vf.
beliebt: die Fruchtbarkeit der Weiber steht im di-
recten Verhältnisse zur GrOsse des Mangels , den sie
leiden , — ein Gesetz , welches die Physiologie , die
sich bei dem Vf. bedanken mag , noch nicht einregi-
strirt habe. Dieselben Erfahrungen habe man auch
bei der Karpfenzucht gemacht, wo man die Weib-
chen, um ihre Fruchtbarkeil zu befördern mit Er-
folg nahezusammengedrSngt, in enge schlechte Behält-
nisse bringt und sie fast verhungern lässt. Einen
dieser Karpfenzucht entgegengesetzten, menschlich
höheren Zweck, die BeRtrderung der Unfruchtbarkeit,
sucht nun Vf. dadurch zu erreichen , dass er rathet,
die menschlichen Weibchen in behagliche, luxuriöse
Lagen zu versetzen , damit sie feil werden und we-
niger Kinder bekommen. Man sieht aber, auch diese
Maassregel ist wieder nur eine halbe. Warum nicht,
umgekehrt wie bei der Karpfenzuchl , eine vollstän-
dig organisirte weibliche Mastungsanstalt, eine eigent-
liche Weiberraast , während vielleicht zugleich fflr
die Männer etwa noch die Hungerkur einzufüh-
ren wäre?
Ein zweites hierher gehöriges Mittel , die Frucht-
barkeit der Frauen zu vermindern , ist : langes Säu-
gen. Diess weiss zwar die einfältigste Bauerfrau,
schämt sich aber, es zu sagen. Der Vf. unterscheidet
sich aber dadurch, dass er sich nicht schämt.
Künstliche Hindernisse der Befruchtung sind un-
gesund und unmoralisch. Das Fettmachen und das
liBge Säugen der Weiber, um sie unfruchtbar zu
machen , sind natürlich nicht ungesund und nicht
unmoralisch.
Zerstörende Mitte). — Diese bei den alten heid-
nischen, und heule noch bei wilden Völkern ge-
bräuchlichen Mittel sind : der Abortus und die Aus-
setzung oder Tödtung des Ncugebornen. Diese Millel
sind in einem civilisirlen Lande [wo Alles, auch die
Menschenverlilgung., viTfeinert sein muss] nicht an-
wendbar. — R6sum6: die einzigen erlaubten Mittel
der Uebervölkerung vorzubeugen, sind moralischer
oder gesetzlicher Zwang und Verbesserung des Loo-
scs der Armen [d. h. Fellmuclien und langes Säugen
der Weiber].
3. Capitel. Künsttiche Forbauungsmiitel der
Befruehtimg. — Verwahrung vorMtssverstindnissen.
Vf. sagt zwar, dass es dabei darauf ankommt, ra
verhindern, dass das Sperma zum Muttermund ge-
lange • will aber mit näherer Beschreibung der ver-
schiedenen Kunstgriffe, die BegaUung unfruchtbar si
machen, seine Feder nicht besudeln; — das wäre
wohl in Einem hingegangen — er will vielmehr die,
bereits in der Vorrede ausgetrommelten, schweren
Nachtheile namhaft machen , welche solche Eingriffe
in die Gesetze der Natur — denen er in der ganzen
Schrift ins Gesicht schlägt — zur Folge haben. Zu
diesem Zweck erzählt er eine verzwickte Krankenge-
schichte , ist aber so wunderbar verschämt , dass er
die Krankheitsursache, die fortgesetzt gepflogene Un-
terbrechung der Begattung, nur schttchtern von wei-
tem andeutet und errathen lässt. Diese Sorte von
Schamhanigkeit, wenn nicht die gefahlvoU feige
Grausamkeil, ist in der widerhchen Schrift das Aller-
widerlichste. — Strafpredigt gegen die Männer, die
ihren Frauen solche Kunstgriffe lehren.
Damit ist (S. 121) der erste Thcil der Schrift
geschlossen, welcher, laut Vorrede, Mnlcricn be-
handelt, die mit dem Gegenstande anfs innigste ver-
bunden sind. — Das ist also das unerhörte, worauf
die Vorreden spannen. — Der zweite Theif ist nichts
als ein Appendix und besteht, nach dem VF. selbst,
aus Zusätzen und Ergänzungen , die auch getrennt,
unter besonderem Titel gegeben werden könnten, ohne
des Buches Homogenität zu beeinträchtigen, d. b.
auf Deutsch: die auch füglich wegbleiben konnten.
Ref. kann sich um so kurzer dabei fassen.
Dieser Anhang giebt im 1. Cap. psycbo-physiolo-
gische Studien über das Weib. Bekanntes, Dichtung
und Wahrheit. — 2. Cap. Von der Ehe. Vf. führt zu
deren Gunsten an,/ was er nur auftreiben kann, will
sie aber zugleich möglichst beschränken. — 3. Gap.
Die Ehescheidung. Es soll gar keine geben. Die
Ehen sollen unauflöslich sein. — 4. Cap. Vom Schick-
sal des Weibes in seinen Beziehungen zur Gesellschaft.
Herzbrechende Klagen über das traurige Loos der
armen uiivcrbeirallielen Frauenzimmer, die er nicht
heiralhen lassen will. — Vf. schildert unter andern
auch die krankhaften Folgen müssiger Lebensweise.
MOssiggang und Luxus verderbe Leib und Seele. Aber
das Fellmachenl — Alle Spässe gegen die Frauen-
emancipalion , welche jedoch Vf. selbst mit der Be-
merkung unlerbrichl, sie wären der Bühne des Hans-
wurst würdiger ; wogegen nichts zu bemerken ist. —
Rührender Schluss: die Ehe soll eine freie, reine
Vereinigung zweier liebender Herzen sein. — Schöne
Seele !
Nat Inlem so der gefühlvolle Vf. Schrift und An-
hang geselilossen , fällt es ihm ein , dass wohl doch
die von ihm vorgeschlagenen Maassregeln zur Vermin-
derung <ler Bevölkerung nicht hinreichen möchten,
wenn er die Gesellschaft übrigens ganz so fortbe-
slehcn lüsst, wie sie ist. Er schreibt also flugs noch
einen Anhang zum Anhang und fordert auch noch
142
Bretschneider, Verzeichniss u. s. w. S i lli g » G. Plini Secundi etc.
andere staalliche EiDrichlungen , besser organisirle
Medicinalpolizei, ein Ministerium der OlTentlicIien Ge-
sundheit, bessere Stellung und Besoldung dür Arzte
als Gesundheitsbeamte , Schttlzpockenimpfung [zur
Verminderung der Bevölkerung]» eine medicinische
Topographie und Statistik und noch ein Dutzend sol-
cher Siebensachen bunt durcheinander. ' Und nun ist
Frankreich gerettet.
Damit ist wohl das Eingangs Gesagte hinlänglich
dargelhan. Mehr wollte Ref. nicht u. mehr braucht«
auch nicht. Denn den Malthusianismus selbst noch
weiter kritisiren , nachdem P r o u d h o n ihn bereits
grtmdlich abgethan, hiesse ein Cadaver todschlagen.
B I u m r 0 ü e r.
64. Wissenschaftliches Terxeichniss der in
der GrossherzogL Bibliothek zu Gotha ent-
haltenen Ausgaben^ Uebersetzungen u. Erläu-
terungsschriften medicinisch - physikalischer
Werke der griechischen , arabischen u, latei-
nischen Literatur bis zum 1 3. Jahrh. , nach
L. Choulant's Handbuche fiir die ältere
Medicin bearbeitet und herausgegeben von H.
B r e t s c h n e i d e r , Dr. d. Med. u. Clür. Gotha
18M. J. G. Älüller. kl. 8. 40 S. (3 Ngr.)
Dem Vf. dieser Schrift mdssen sich alle diejenigen
zu Danke verpflichtet ftthlen , welche bei dem ge-
schichtlichen Studium ihrer Wissenschaft , besonders
im Allerthume und in den spätem Jahrhunderten, die
Quellen benutzen wollen und , was sie davon nicht
selbst besitzen, anderwärts zu suchen genOthigt sind,
dass er ihnen hier einen Weg erölTnet , auf welchem
sie ihre literarischen. Bedürfnisse in dieser Rttcksicht
zu befriedigen hoffen dürfen. Dass der Vf. den hier-
her gehörigen reichen Büchervorralh der Grossher-
zogL Bibliothek zu Gotha nach Choulant's vor-
trefflichem Handbuche der Bücherkunde u. s. w. be-
schrieben und geordnet hat, verdient um so mehr
alles Lob, als die in diesem Werke befolgte Beschrei-
bung und Anordnung der Gegenstände eine anerkannt
musterhafte ist. Abgesehen von ihrem eigentlichen
so- eben bezeichneten Zwecke ist die vorliegende
Schrift aber auch in bibliographischer Hinsicht selbst
eine werlhvolle zu nennen , indem die in ihr enthal-
tenen Angaben , in soweit Bef. sie verglichen hat,
auf das Prädicat der Genauigkeit und Treue gerechten
Anspruch haben.
Zu wünschen wäre gewesen , der Vf. hätte im
Interesse derer, welche sein Verzeichniss benutzen
wollen , die Bedingungen angegeben , unter denen
Bücher <ius der Herzogl. Bibliothek zu Gotha zu erlan-
gen sind. T h i e r f e 1 d e r sen.
65. C. Plini Secnndi Naturalis Historiae Libri
XXXTII* Recensuit et Commentariis criticis
indicibusque instruxit Julius Sillig. Ham-
burgi et Gothae 1851. Sumptib. Frid. et Andr.
Perthes. 8. Vol. 1. LXXXIV et 487 p. Vol. V.
XLlet471p. (6 Thlr.)
Mit grosser Freude begrUssen wir den Anfang <
Ausgabe des P U n i u s , welche schon langst mit Sehn-
sucht erwartet wurde. Nach S. frühern trefflichen
Leistungen für diesen Schriftsteller, und nach fortge-
setzten zwanzigjährigen Vorarbeiten für die vorlie-
gende Ausgabe waren wir wohl berechtigt, ein ans»
gezeichnetes Werk zu erwarten. Dass uns nun wirk-
lich ein solches zu Theil geworden sei, würde ans
der Darlegung des vom Herausgeber Geleisteten und
dem Nachweise des im VerhXitniss zu der bisherigen
Literatur des Plinius erzielten Gewinnes auf das
Sicherste hervorgehen. Wir bedauern nur, dieses
Geschäft — das für uns ein ebenso leichtes als ange-
nehmes sein würde — andern Zeitschriften überlas-
sen zu müssen , indem der Zweck dieser Jahrbb. um
nicht gestattet, durch prüfendes Eingehen ins Einzelo«
die Wahrheit unseres Urtheils zu beweisen, glaubten
aber doch , sowohl S. als auch dem ärztlichen und
naturwissenschaftlichen Publikum diesen kurzen Be-
richt schuldig zu sein — jenem, um ihm unsern Dank
für seine Musterarbeit zu bezeigen, diesem, um es zu
eigenem, gründlichem Studium der Naturalis Historia
zu veranlassen : — einem Studium, das dieses Werk
des Plinius um so mehr verdient, als es einerseits,
ein bewundernswürdiges Denkmal menschlicher Gei-
steskraft, die ganze Natur- und Kunstgeschichte des
Alterthums umfasst und aus mehr als 2000 grOssten-
theils verlorenen Schriften zusammengetragen, eine
Mannigfaltigkeit von Kenntnissen über Naturgegen-
stände, eine Menge von Nachrichten über Medicin u.
Pharmakologie, und eine Fülle von Gedanken und
Ansichten über Natur und Menschenleben, und das
V^rhältniss beider zu einander enthält, von denen
man Vieles anderweit ganz vergebens suchen würde;
und als andrerseits eben dieses Studium durch die
kritische Bearbeitung des Hrn. S. , wodurch der Text
an Lesbarkeit bedeutend gewonnen hat und dem Ver-
ständniss näher geführt worden ist, um Vieles erleicli-
tert erscheint. Wenn demnach dieses Werk noch
manchen werthvollen Schatz birgt, den zu hebet
selbst die wissenschaftliche Forschung unserer Tage
sich nicht zu alt und zu vornehm dünken sollte , so
bietet auch die eigenthümliche Auffassung des Gegen-
standes im Geiste des römischen Volkes ein besonde-
res und lehrreiches Interesse dar, ganz abgesehen
davon, dass derjenige, welcher die Schriften über
Naturkunde im Altertbume und Mittelalter richtig ver-
stehen und gehörig würdigen will, eine genauere
Bekanntschaft mit der Naturalis Historia des Plinius
nicht entbehren kann.
Von den beiden vor uns liegenden Bänden enthält
der 1. Band die ersten sechs Bücher des Werkes, von
denen das erste Buch isagogischen , das zweite kos-
mologischen , und das dritte bis sechste geographi-
schen Inhalts ist, während der 5. Band das 32. bis
37. Buch umfasst, von denen das 32. fiuch pharma-
kologischen, die übrigen mineralogischen und artisti-
schen Inhalts sind. Eine werlhvolle Zugabe dieses
Bandes ist das Bruchstück des Appuleius ,,de re-
mediis salutaribus*', das aus einer früher Salmasius
Renaudin, Münzkimdige Aente.
143
gehörigen, jetzl in der NaiioDalbibKiolhek zu Paris be-
findlicheo Handschrift hier zum ersten Male gedruckt
erscheint. Es stammt wahrscheinlich aus dem VII.
Jahrb. n. Chr., u. hat fttr P I i n i u s krilischen Werth,
weshalb es auch von Hm. S. zur Wiederherstellung
des plinianischen Textes benutzt worden ist.
Die typographische AusslaUung des Werkes ist
eine vorzügliche zu nennen. T h i e r fe 1 d e r sen.
66. Etndes historiqnes et critiqnes snr les
mideeins nimismatistes contenant lenr
biogi*aphi€ et fanalyse de leurs ecrils ; par le
Dr. Leop. Jos. Renauldin, m^decin ho-
noraire de Thöpital Beaujon , membre etc.
Sumptibus auctoris. Paris 1851. J. 6. Bnil*
liöre. 8. XVI u. 574 S. (22/3 Thlr.)
Ein Verzeichniss von 61 bereits verstorbenen
Aerzten , welche die Münzkunde bearbeitet und dar-
über geschrieben haben, mit Hinzufügung ihrer mehr
oder weniger ausführlichen Biographien und beur-
theilenden Bemerkungen über die vorzüglichsten ihrer
Leistungen in diesem Fache. Da dieses Verzeichniss,
insoweit es Rec. vergleichen konnte, ziemlich voll-
stSlndig ist , und die Biographien und Kritiken gröss-
tentheils mit Umsicht , Fleiss und Sachkennlniss ge-
schrieben sind , der Vf. auch ausserdem die Titel der
(Ihrigen Schriften dieser Aerzlc, wiewohl minder voll-
ständig, mitgetheilt, und hie und da mit kurzen No-
tizen tlber Inhalt und Werth begleitet hat , um den
ganzen Umfang und die Bedeutung der schriftstelleri-
schen Thatigkeit eben dieser Aerzte erkennen zu las-
sen, so ist das Buch — abgesehen von seinem Werthe
für die Literatur der Münzkunde, dessen Bestimmung
Dicht der Zweck dieser Jalirbb. sein kann — schon aus
diesem Grunde als ein dankenswerther Beitrag zur
Literargeschichte der Medicin zu betrachten, auch
wenn der Gegenstand selbst, den es behandelt, diese
Wissenschaft eigentlich nur in sofern berührt , als es
zugleich Nachricht giebt von Gedachtnissmünzen, wel-
che zu Ehren mehrerer im vorliegenden Verzeichnisse
aufgeführter Aerzte geprägt worden sind.
Die Namen der in chronologischer Ordnung ver-
zeichneten münzkundigen Aerzte sind folgende:
Jean Cuspinien (Caspinianus oder Spiess-
hammer), Fran^ois Rabelais, Georg. Agricola,
Euchar. Roesleio (oder Rhodion), Joach. Game-
rarius, Wolfg. Lazius, Ad. Occo, Ant.LePois,
Job. Sambucus, Georg. Henischius, Louis
Nuaez, Jo. Faber, Fortun. Liceti, LouisSaYOt,
Marc. Aur. Severino, Jo. Rhodius, JeanJacqa.
Chifflet, Ol. Worin (Worraius), Herrn. Conring,
Giann. Batt. Capponi, Jo. Georg. Volckamer,
Thom. Bartholinus, Pierre Petit, Oliiv. Dap-
per, Jean-Foi Vaillant, Cbarl. Patin, Jo. Dan.
Major, Georg. Gasp. Kirchinaier, Henr. Meibo-
mius, Henr. Christian. Henninius, Thom. Gui-
dolt, Pierre Rainssani, Georg. Wolfg. Wedel.
Jo. Christoph. Olearias, Jac. Sponius, Phil.
Jac. Hartmann, Öliger Jacobaeus, Engelb.
Kaempfer, Casp. Bartbolinus, Jos. Pitton de
Tourneforl, Job. Casp. Eisenschmid, Will,
llasgrave, Job. Arbuthnot, HansSloane, Mich.
Fried. Lochner, Jean Frao^.-Fol Vaillaoty
Job. Jac. Scbeuchzer, Rieb. Mead, Nie. Mahn-
de], Job. Heior. Burckhard, Claud. Gen^brier,
Job. Christian. Kund mann, Job. Heinr. Schulze,
Franz Ernst Bröckmann, Dav. Sam. de Madai ,
Will. Hunter, Job. Carl Wilb. Möhseo, Phil.
Fermin, Jac. Christian. Gottlieb Scbaffer, Nie.
Dames-Marchant^ Carl Asmund Rudolph i.
Das Schlusswort enthailt eine kurze Uebersicht
noch lebender, blos französischer Aerzte, welche
sich mit der Münzkunde ihres Vaterlandes beschäftigt
und die Ergebnisse ihrer Untersuchungen bereits ver-
öffentlicht haben.
Soll Rec. zu diesem im Ganzen günstigen Urtheile
über das vorliegende Werk schlusslich einen Tadel
hinzufügen , so ist es der , dass der Vf. nicht aHeat-
halben jene ermüdende Weitschweifigkeit in der Dar-
stellung seines Gegenstandes vermieden hat, welche,
indem sie die Uebersichtiichkeit des Wesentlichen
erschwert, die Leetüre des Buchs in hohem Grade
verleidet, und dass die literarischen Angaben des
Vfs. selbst in BetrelT der numismatischen Schriften
in bibliographischer Hinsicht wenig Werth haben, in
sofern es ihnen theils an Genauigkeit, th'eils an Voll-
ständigkeit fehlt, wie aus nachstehenden Bemerkungen
hervorgehen wird. Bei Agricola hat der Vf. zwei
verschiedene Werke desselben für ein und dasselbe
gehalten, indem er behauptet, dass dessen Werk „de re
metallica hbri XII.'' von 1546 an sechs Anfingen er-
lebt habe, da es doch zuerst 1557 erschienen ist;
dagegen ist dessen Werk „de ortu et causis subter-
raneorum'* bereits 1546 herausgekommen. — Ga-
me rarius de numismatis etc. erschien schon früher
mit einigen hippologischen Schriften unter dem Titel:
Historiola rei nummariae sive de numismatis Grae-
corum et Latinorum. Tubingae Suevor. , ap. Ulric«
Mohardum 1539. 8. — Der hollandische Titel von
Da pp er 's Werk heisst: nanwkeurige Beschryving
der Eilanden in de Archipel der Middellanlsche Zee.
— Das Heinrich Christian Henninius bei-
gelegte Werk: Historia August, imperator. Romanor.
Amst. et ültraj. 1707. f. — wiewohl reich an Mün-
zen— gehört nicht hierher, da dessen Vf. Heinrich
Philipp Henninius* nicht Krzi war. — Nicht
eine dritte Ausgabe v. Ol. Jacobaeus, Museum
regium ist Hafniae 1726. f. erschienen, sondern der
zur zweiten Ausgabe dieses Werkes gehörige Index. —
Die Ausgabe von L a z i u s , Commentationum rerum
Graecarum libri duo. Antverp. 1678. f. ist blos
neuer Titel zu den W e c h e T sehen Ausgaben dieses
und der beiden vorhergenannten Werke desselben
Vfs. — Carl. Patiui Imperator. Romanor. nnmis-
mata erschienen Amstei., Gallet, 1697. (nicht 1696.) f«
Nicht Patini Thesaurus numismatum e Museo C«
Patini erschien Venet. , 1683. 4., sondern dessen
Thesaurus numismatum antiquorum et recentiorum. —
Jean-Foy Vaillant, numisraata imperator. Ro-
manor. praestantiora etc. erschienen schon früher
Paris. 1674. 4. ib., 1694. 4. Amslelod., 1696. 4.,
deshalb kann die Ausgabe Romae 1743. 4. nicht die
14t
Neuere Heilmittel «id liutrumeBie im fitodel.
iW«He Überhaupt sei», wie der Vf. behauptet. —
Höfasen's Beschreibung einer Berlinischen Medaillen-
Sammlung, die anfangs 1772 in wödientliclien Lie-
ferungeo erschien , Y«llsia»dig aber 1773 in einem
Bande ausgegeben wurde , besiebt nur aus eben die-
sem Bande, nicht aus zweien von 1772 u. 1773. —
Ghifflet's Schriften erschienen auch in der Samm-
lung ttftler dem Titel: Niscellanea Ghiffleliana s.
Chiffleliorum opuscc. var« Amsteiod., Wetsten. 1668«
4* 7 Voll. m. Kpfl*. — Jo. Sambucus, Embie-
mala etc. erschienen auch hollündisch : Embkmata iu
nederlantsche lale glielrouwelyk overgheeet. AntY.,
Plantin, 1556. 16. m. Holzschnitten. — Savot,
Bitcours «tc. ist auch ip-össlentheils wiederabgedruckt
in: Gobet, Les anciens minöralogistes de France.
Paris, 1779. 8. — Scheue hcer's deutsche Aus-
gabe der Physica sacra erschien Augsburg u. Ulm,
Pfeffel, 1731—35 f. — Jac Sponii Miscella-
nea etc. stehen auch in P o 1 e n i Antiqq. Thesaur.
Supplem« IV. p. 633 etc. — Tournefort, Bela^
tioD d'un Voyage du Levante erschien auch deutsch
(v. G. Wfg. Panzer.) Ntirnb. 1773—76. 8. und
HolUiadiscb. Amsterd. 1736. 4. — Aussenleni hat
Bec noch folgende Werke vermisst, die um so weni-
ger hatten fehlen sollen, als dieselben zum Theil in
numismatischer Hinsicht von enlschiedener Wichtig-
keit sind , bei Kundmann: dessen Nurami Singu-
lares oder sonderbare Thaler und Münzen u. s. w.
Breslau, 1731. 4. m. Kupfern. Dessen Academiae et
scholae Germaniae praecipue ducatus Silesiae cum
Biblioibeeis in nommis oder die hohen und niedern
Schulen Deutsdilands » besondora des Benagdiini
Seiilesieo mit ihren BUchervorräiben inllttniefiQ.s.w^
dem ein Ashang alter rarer, goldener Maozea ns.«.
beigefügt. Breslau, 1741. 4. mit Kupfern. Dessciii
Heimsuchung Gottes in Zorn und Gnnde über 4s
Herzogthum Schlesien in MOnzen. Ligniiz, 1742.1
mit Kupfern. Dessen von einer zu edirenden ilisionc
der Gelahrlheit in MttDzeo. Lignitz, 1742. 4. -
Dessen verschiedene Ahliandlungeti (iher Maozes u
den Breslauischen Sammlungen der Natur und iwA
und in den Actis Academiae Natur. Curiosor. — Ib
MOhsen: dessen Commenlalio de mcdicis cqeenf
dignitate ornalis. Norinb., Fleischmann, 176U
Dessen Beitrilge zur Geschiebie der Wisseoseballai
der Uark-Brandenburg. Berlin und Leipzig, ()ed&
1783. 4. m. Kupfern. Dessen Beschreibung vooJI^
daillen berühmter Aerzte in der Prüfenden Geselisdul
zu Halle 1745. St. Xf. und XII., und in der fierliur
Bibliothek 1747. Bd.l.St. 1. und 1748. Bd. II. SU.
— Auch war hier anzurühren: Georg üeiurifk
Burghart als Herausgeber der Schrift „Jaeoiäi
Meilern Lubecensis Series regum Hungariae e mm
aureis, d. i. eine Reihe ungarischer Könige aus^oi-
denen Münzen, nach der beigefügten lateinisciien Ir-
Schrift ins Deutsche gebracht, mit Anmerkungen tf*
läutert , bis auf unsere Zeilen fortgesetzt und M
eine beträchtliche Anzahl seltener Goldslflcke oder
Ducaten ansehnlich vermehrt v. G. H. ß. Bnsin
und Leipzig, bei Pietsch, 1750. 4. mit Kupfern.
Die typographische Ausstattung des Werkes \isA
nichts zu wünschen übrig. Tfaierfelderses.
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JAHRBOCHIR
der
in- und ausländischen gesammten Medicin.
Bd. 74.
1852.
M 2.
A. ADSZOGi
L Medicinische Physik , Chemie und BotanilCt
361. Ueber einiee mittelliare pliysiol. Wir-
kimgen der atmospnir. Elektricität; von Prof.
SchOnbein zu Basel. (H. u. PF.'s Ztschr. N. F. I.
3. 1851.)
Vf. zeigt zunächst, dass die EleklriciUt zumeist
nur mittelbar auf die Sinnesorgane einwirke. Die
Geruchsempfindung rührt von dem Ozon her, was
sich bei der Entladung bildet; der saure Geschmack
soll durch die Salpetersäure entstehen, welche sich
bei Entladungen auf der Zunge aus dem atmosphäri-
schen Sauerstoff und Stickstoff erzeugt.
Sauerstoff wird durch elektrische Entladungen in
den Zustand übergeführt, wo er einen eigen ihümlichen
Geruch gteht und am kralligsten oxydirt (Ozon). Von
fast «flmmllichen organischen Materien wird das Ozon
nsch aufgenommen ; die Farbstoffe bleicht es. Seine
Äefonlichkeit mit Giiloi' weist Vf. weiter nach , indem
er erzählt, dass er sich durch häufiges ßinathmen
desselben ein langdauerndes Asthma zugezogen, und
dass Mause in atroosph. Luft, welche Ve^oo ^^^^
dem Gewichte nach enthielt, bald starben.
Das Maximum des Ozongehaltes der Luft, wie der
Luflelektricität fällt in die V^intermonate , das Mini-
muixi in die Sommermonate, beide nehmen mit der
imite der' Luftschichten zu. Vf. zweifelt nicht daran,
dass das in grosserer Menge in der atm. Luft vorhan-
dene Ozon als krankmachende Ursache wirke, nament-
lich die Schleimhäute reize, da es auf das Jodkalium-
siärkepapier so kräftig und schnell einwirke; auch
sei die Gleichzeitigkeit des vermehrten Auftretens des
Ozons und der katarrhalischen Erscheinungen von
Baseler Aerzten beobachtet worden.
Weiler geht Vf. auf das FerhiUtniss des Osom
mi de» Mtasmen ein. Gr versteht unter letzlern
Med. jAhrbb. Bd. M. im.S
luftförmige Materien , welche in äusserst kleinen
Mengen der atmosphär. Luft beigemengt , und so in
den Organismus eingeführt« merkliche physiologische
Wirkungen hervorbringen. Er theilt sie in mehrere
Klassen, deren erste dergleichen KOrper unorgani«
scher Art, umfasst, .als die WasserstoÄVerbindungen
von Schwefel, Selen, Phosphor, Arsen» Antimon,
ausgezeichnet durch ihre Oxydirbarkeit. Doch in
der Wirklichkeit können nur Schwefel- u. PhoKphori-
Wasserstoff, und auch diese nur an einzelnen Orten
in Betracht kommen.
Eine zweite Klasse betrifft anorganische Materien,
welche umgekehrt grosse Neigung, sich weiter zu
verbinden, haben, als Ozon, Chlor, Brom, Jod, wo*-
von wieder blos ersteres allgemeiner verbreitet isL
Endlich ist die freiwillige Zersetzung der in kaum
vorstellbar grossen Mengen täglich absterbenden Tliier-
und Pflanzenkdrper eine Quelle theils bekannter und
zum Theil schon angeführter, theils wahrscheinlich
auch, ihrer chemischen Natur nach , noch unerkann-
ter luflfdrmiger Körper von miasmatischen Eigen-
schaften.
Diese Körper wieder zu zerstören, soll nach dem
Vf. eine wesentliche Aufgabe des Ozons sein. Vf.
lud einen 60 Liter fassenden Ballon mit „Fäulniss-
miasma," indem er 4 Unz. faulendes Menschenfleisch
eine Min. lang darin verweilen liess. Mittels Phosphors
wurde dieser u. ein anderer Ballon, mit retner atmo-
sphär. Lufl, ozonisirt; in letzterem zeigte sich nach
wenigen Minuten die Reaclion des Ozon, in ersterem
erst nach 10 — 12 Min., worauf aber der üble Ge-
ruch verschwunden war.
Bei einem zweiten Versuche wurde ein Ballon
von gleicher Grösse so stark ozonisirt, dass ein
1«
146
L Medicinische Physik, Chemie u. Botanik.
feuchter Streifen Jodkaliumsllfrkfpapier sich aogen-
hiicklich tieflilau färbte. Nach Enlfernung des Phos-
phor und der SXure und nach Reinigung des Gefüsses
mit Wasser wurde dasselbe Viertelpfund Fleisch ein-
gebracht. Neun volle Stunden verweilte es im luft-
dicbt verschlossenen Räume, ehe dessen Luftgehalt
Verwesungsgeruch annahm. Der Geruch nahm all-
mfllig zu, und in demselben Maasse die Reaction auf
Ozon ab. Von der Annahme ausgehend, dass die
Entwicklung des Miasma diesen Zeitraum hindurch
gleichförmig gewesen sei, fUgl Vr. eine Berechnung
bei, aus welcher hervorgeht, dass Luft, welche
VsMoooo ^^'"" enthalt, ein gleiches Volumen Luft
von der miasmatischen Bescbaffeuhcit, wie sie im
letzlerwifhnten Ballon war, zu desinficiren vermöge.
Zugleich ist daraus zu ersehen , dass wir es in der
Atmosphäre mit verschwindend kleinen Mengen Mias-
men zu lliun haben, wenn sie auch den Geruchssinn
noch stark adiciren , dass deshalb auch nur eine sehr
kleine Menge Ozon erzeugt zu werden braucht, uro
die Al^iiosphare fortwährend von Miasmen rein zu
erhalten.
Die unversiegbare Quelle des Ozon bilden die
ohne ünlerlass vor sich gehenden elektrischen Ent-
ladungen der Atmosphäre. Diese haben somit mit-
telbar die wichtige AuTgabe , die atmosph.Mr. Luft von
den Miasmen zu reinigen, wodurch zugleich das Ozon
selbst wieder fortwährend vernichtet wird. Demnach
erscheint die alte und populäre Annahme, dass die
Gewitter die Luft reinigen, keineswegs grundlos.
Besonders wichtig wird die Ozonerzeugung in dieser
Beziehung in der heissen Jahreszeit, wo die Luft be-
sonders durch Gase, welche von der ausgebreiteiern
Verwesung organischer KOrper herrühren , ange-
füllt ist.
lieber den Mangel von Ozon in der Luft zur Cho-
lerazeit , der von H u n t u. A. hervorgehoben worden
ist , hat Vf. keine Beobachtungen ; wohl aber bestä-
tigt er die Thatsache, dass die Luft der kalten Jah-
reszeit und die hobern Schichten der Atmosphäre sich
durch Ozonreichthum auszeichnen.
Die miasmenzerstOrende Eigenschaft theilt das
auf elektrischem Wege erzeugte Ozon mit dem aus
Phosphor gewonnenen. (U h 1 e.)
362. Freie Salpeteninre als regelmässiger
Bestandtheil der Atmosphäre; von Demselben.
(Daselbst.)
Heller hat aus der Thatsache , dass mit Soda-
lOsung getränktes Papier Natronsalpeter enthalt, nach-
dem es einige Zeit der Einwirkung freier atmosphar.
Luft ausgesetzt worden ist, geschlossen, dass die
Salpetersaure schon fertig gebildet in der almosphär.
Luft vorhanden sei und einen nie fehlenden Bestand-
theil derselben ausmache. [Vgl Jahrbb. LXXIH. 3.]
Vf. hat schon frOher nachgewiesen, dass sich aus
dem Sauerstoff und Stickstoff ozonisirter Luft in Ge-
geuwart von Alkalien oder deren Carbonaten salpe-
tersaure Salze erzeugen » wobei das Oiod versch win-
det. Demnach muss sich unter den von Heller an-
gefahrten Umstanden Natronnitrat bilden, auch wenn
keine Spur freier oder schon fertig gebildeter SSare
in der Atmosphäre enthalten ist. Enthielte die At-
mosphäre z. B. freies Chlor, so würde unter densel-
ben Umstanden sich auch ein Chlorat bilden. Niemand
aber daraus schliessen , dass Chlorsäure in der At-
mosphäre enthalten sei. Soll die Existenz fertig ge-
bildeter Salpetersaure in der atmosphar. Luft mit
Bestimmtheit nachgewiesen werden, so muss man
von vorn berein von der Anwendung einer alkalischen
Basis oder deren kohlens. Salze absehen.
Wie froher an andern Orten , so erklart Vf. and
jetzt die Salpetersaurebildung aus der kräftig oiji-
renden Wirkung, welche das Ozon auch auf des
freien Stickstoff äussert. Dass die gebildete Salpeter-
saure bei Anwesenheit von Oxyden sich mit denselben
verbindet , versteht sich von selbst ; ja Vf. weist
nach, dass selbst das Wasser, wenn auch erst bei
längerer Einwirkung, diese Art der Salpetersaurebil-
dung begünstige.
Dass aber die atmospbär. Luft einige Salpeter-
säure enthalte, stellt Vf. nicht in Abrede, bat viel-
mehr die eben angegebene Art ihrer Erzeugung sclmn
anilerwärts auseinandergesetzt. Nur sei die Menge
derselben im Verhällniss zum Ozon verschwindend
klein, wahrscheinlich auch deshalb, weil dieselbe
durch das von der Erde fortwährend aufsteigende
Ammoniak fortgehends neotralisirt werde.
Die Wirkungen , welche nach Heller die freie
Salpetersäure als oxydirendes Agens auf unorganische
und organische Stoffe und als krankmachende Ursache
auf Animalien ausüben soll, sind daher nach ScIi. I
auf Uechnung des Ozon zu setzen.
Endlich bestreitet Vf. die Reaction der freien Sal-
petersäure auf das Jodkaliumstärkepapier. Die BlSunag
desselben wird durch verdünnte, reine Salpetersäure
ebenso wenig, als durch andere verdünnte SSuna
bewirkt, sobald die Säure frei von Untersalpeterslore
oder das Papier frei von jodsaurem Kali ist.
Zweitens ist das Jodkaliumstärkepapier unendlich
empfindlicher für das Ozon, als für die Salpetersäure.
Denn atmospbär. Luft, mit Dämpfen von reiner Sal-
petersäure reichlich gemengt, rüthet zwar feuchtes
Lakmuspapier augenblicklich, aber bläuet feuchtes
Jodkaliumstärkepapier oder jodkaliumhaltigen Kleister
erst nach einer Stunde. Nach des Vfs. Versuchen
enthält die atmospbär. Luft, die Thatsache des Vor-
handenseins freier Salpetersäure zugegeben, selbst
im Maximum ihres Salpetersäuregehalts noch unend-
lich weniger freie Säure, als z. B. die Luft einer 10
Liter fassenden Flasche, in welche man einige Gram-
men reinster und starker Salpetersäure gegossen hat,
worin sich also die Säure durch den Geruch wahr-
aiehmen lässt» und das Lakmuspapier bald (^erOtbet
wird. Selbst in dem Falle ihrer Existent in der
Atmosphäre würde sie erst nach vielen Stunden eine
I. Mediciniscke Physik» Chemie o* Botanik«
147
Renetion auf das Reagenspapier hervorbringen, und
dann mdsste die Blluang noch dem Ozongehalte za-
geschrieben werden. (U b 1 e.)
363. Paralbiiiiiin,amnanerEiwei88kArper;
von Prof. J. Scherer zu WUrzburg. (Verband], d.
phys.-med. Ges. zu WUrzb. II. 14. 1852.)
In einer schwach alkalischen, visciden, faden-
siebenden und stark schaumenden Flüssigkeit aus
einem Hydrops ovarii fand Seh. neben gewöhnlichem
Albumin einen KOrper, welcher sich von ersterem,
so wie von Aibuminnatron, Casein und Globulin vor-
zttglich durch seine Löslichkeit in Wasser nach der
Goagulation mittels Alkohol, so wie durch seine un-
vollständige Fallung beim Kochen unter Zusatz von
etwas Essigsaure unterscheidet. In Betreff der erste-
ren charakteristischen Eigenschaft steht er dem von
Gl. Bernard im Pankreassafle beobachteten eiweiss-
ahnlichen Stoffe gleich.
Im Uebrigen theilt er die Eigenschaften der an-
dern EiweisskOrper , auch hat Vf. vorlaufig seinen
Schwefelgehalt nachgewiesen , eine Elementaranalyse
aber noch nicht angestellt. (Uhle.)
364. Hctalbmoilli ein weiterer zur Mhumin-
Familie gehöriger Stoff in der Flüssigkeit des Hy-
drops ovarii; von Demselben. (Das. 18.)
In einer durch Paracentese entleerten , fast gal-
lertigen, opalescirenden FlOssigkeit, welche erst
nach längerem Schütteln u. unter starkem Schäumen
sich mit Wasser mischte, entdeckte Vf. einen Eiweiss-
ktfrper, welcher sich vom sogen. Paralbumin u. vom
gewöhnlichen Eiweiss durch seine Nichtfällbarkeit
mittels Essigsäure und gelben Blutlaugensalz unter-
scheidet, mit dem Paralbumin aber die Eigenschaft
Uieilt, dass sein alkoholisches Präcipitat sich in
Wasser wieder löst. Er nähert sich dem normalen
Albumin dadurch, dass die mit Essigsäure versetzte
Flüssigkeit durch Zusatz von Ferrocyankalium dick-
flüssig und opalisirend wird, ferner dadurch, dass
Salpetersäure, concentrirte Schwerelsäure , Chrom-
aäure nach einiger Zeit die Flüssigkeit gerinnen ma-
chen , zum Theil sogar Niederschläge bewirken. Vr.
findet es nicht unwahrscheinlich, dass dieser Körper
eine Uebergangsstufe von Eiweiss zu Schleimsloff oder
Golloidmasse bilde. (U h 1 e.)
365. Gallerte ans Sehnenscheiden und
Intervertebralknorpeln; von Prof. virchow.
(Das. 18.)
Der Inhalt der Sehnenscheiden und Schlcimbeulel
ist ohne morphologische Elemente, von stark alkali-
scher Reaction, und besteht aus einer geringen Menge
organischer Substanz, einer verhältnissmassig grossen
Quantität Wasser, Alkalien und Erden. Vf. unter-
suchte erstens die Substanz selbst, sodann deren
wässerige Lösung. In beiden Fällen brachten weder
Essigsäure , noch Eiseocyankalium und Ammoniak in
der sauren Lösung eine bemerkenswerlhe Veränderung
hervor, nur das Hillon'sche Reagens verursachte so-
fort eine Trübung und beim Kochen einen sich zu-
sammenballenden, hellrosarothen Niederschlag. Eine
ähnlich sich verhallende, nur farblose Fällung brachte
in der wässerigen Lösung auch neutrales essigsaures
Blei hervor.
In gleicher Weise reagirte im Allgemeinen die
gallertartige Substanz aus den Intervertebralknorpeln
eines 16 Wochen alten Kindes, welche sich jedoch
mikroskopisch zusammengesetzt erwies aus blasigen
Haufen von Zellen und einer klaren , mit hellen col-
loiden KOrperchen gemengten , im Allgemeinen aber
gleichartigen Grundmasse. Mikrochemisch betrachtet
zeigten die Zellen und die Intercelliilarsuhstanz in
sofern Differenzen , als letztere der Gallertc der Seh-
nenscheiden sich anschliesst, während die Zellen
durch Essigsäure dunkler und slreißg, wie Schleim,
wurden und im Uebrigen gegen Salpetersäure und
Eisencyankalium wie albuminöse Theile sich ver-
hielten.
Unter den bekannten Substanzen steht diese Gal-
lerte demnach der Colloidsubstanz, wie sie von Mul-
der und dem Vf. beschrieben ist, am nächsten.
(Uhle.)
366. üeber den InOSit ; von Prof. S c h e r e r.
(Das. 14.)
Den gegen die Darstellungsweise des Inosits erho-
benen Einwand, dass derselbe ein unter der Einwir-
kung der Schwerelsäure in der Siedehitze entstande-
nes Zersetzungsproduct eines andern Körpers sein
könne, widerlegt Vf., indem er seine frühere Methode
dahin modificirt, dass er den Baryt aus der Mutter-
lauge des Kreatins nicht ganz ausfallt und die fluch-
tigen Säuren mit Aether und Alkohol' entfernt. So
erhielt er ziemlich grosse und viel reinere Krystalle
von Inosit. [Vgl. Jalirbb. LXVI. 273.]
Zugleich hat Vf. folgende für den Inosit charakte-
ristische Reaction aufgefunden, durch welche derselbe
selbst mit Extractivsloffen vermengt, oder in sehr
kleinen Quantitäten (t/^ Mgrmm.) noch deutlieh zu
erkennen ist. Wenn man nämlich eine inonilliallige
Mischung mit S.ilpütersäure auf dem PInlinhIeche bis
fast zur Trockniss abdunslet, hierauf den Rückstand
mit Ammoniak und etwas Clilorcali'ium ühergiessl,
wiederum vorsichtig his zur Trockne verdunstet, so
zeigt sieh auf dem IMaliuliteelie eine lebhaft rosen^
rolhe Färbung. Wurde Inosit mit Salpetersäure
langsam abgedampft, der Rüekslanil in Wnsser ge-
löst, und diese Lösung in einem verschlossenen Gläs-
chen längere Zeit stehen gelassen, so schimmelte
dieselbe und gab später nach der oben erwähnten
Methode eine intensiv violetbraune Färbung.
(Uhle.)
367. üeber kryslilÜii^kelSliierische Färb-
StoffD; von Prof. Virchow. (Das. 19. 20.)
148
L IkditiDiMlm Physik, ChtAie o* Brtanik.
Der Harra eines »n DlaBensehmeneii dnd Inconli-
neos leidendeH Knaben lies« beim Sieben an der Lafl
ein blaues Sediment fallen , welches aus mikroskopi-
schen, feinen, indigoblanen, slrahligen Nadeln besland,
welche sich gegen die sUrkslen chemischen Agenlien
indifTerent verhielten, vor in concenlrirlem Alkohol
zu einer intensiv blauen Flüssigkeit lösten. Dasselbe
Verhallen zeigte der Urin aus der Blase eines an Nie-
rengranulation Verstorbenen , wenn er mit Salpeter-
säure oder Salzsäure aufgekocht wurde. V. erkennt
in diesen Kryslallen solche wieder, wie sie von
fiel I er zum Tlieil als Umglaucin, von Golding
B i r d als Purpurin , von Aloys Martin als Uro-
cyanin beschrieben worden sind. Letztere haben
bereits das Vorkommen derselben bei Lungen- und
namentlich Leberleiden hervorgehoben, u. Scherer
auf den grossen Koblenstoflgchalt (58,4 — 66,9 ^^/q)
aufmerksam gemacht. Vf. fanH emllich für solrhen
Harn, welcher beim Kochen mit Mineralsauren kry-
stallinische FarbstolTniederscblSge giebt, noch folgende
zwei Eigenschaften charakteristisch , dass er nKmlich
unter reicher Pilzbildung die saure Gahrung eingeht,
und wenn man ihn mit der Fehling*schen Mischung
kocht und hinterher etwas Traubenzucker zusetzt, er
die ReductioD des Kupferoxyds verhindert.
Ueber einen schwarzen Farbstoff berichtet Vf.
ferner , welchen er in alten CyslicercensSIcken an der
Stelle des Hakenkranzes gefunden; es stellten sich
die Kryslalle als rhombische und cubische Formen
dar, und zeigten sich gegen chemische, selbst die
Starksien Mittel, durchaus indifferent. Vf. ist geneigt,
ihren Ursprung, wie beim Melanin, ans dem Hamatin
des menschlichen Blutes herzuleiten, das durch die
Saugapparale der Tliicre mittelbar zum Blastem der-
selben übergetreten sei. (Uhle.)
368. üeber einige cbem. Bestandtheile der
HillflittSigkeit ; von Prof. Scherer. (Das. 19.)
In dieser vorläufigen Mitlbeilung giebt Vf. an,
dass er in der Milzflüssigkeit ausser den bereits be-
kannten StolTen, nSmlich der MilohsSure, Essigsaure,
Ameisensaure , Buttersaure , Harnsaure und dem Hy-
poxanthin noch folgende KOrper nachgewiesen habe.
1) Einen neuen stickslofliialligen , krystallisirba-
ren Stoff, Lienin, zusammengesetzt aus
Kohlenstoff'
63.71
Wasserstoff*
8,95
Stickstoff
4.82
Sauerstoff*
32,52
100,00
2) Einen eiweissarligen KOrper, reich an Eisen.
3) Ausserdem viel Eisen, wie es scheint, an Es-
sigsaure und Milchsaure gebunden.
4) Kohlenslofl*reiche FarbstolTe , welche sich de-
nen im Harne und derMuskelflüssigkeit aufgefundenen
anreihen (s. iahrbb. LXXII. 140). (Uhle.)
36». Bkt bei Levklaie; ^n BemtMm
(Das. 21.)
Der Fall, von welchem Virchow an den Vf. im
Material lieferte, gehört zu den von Ersterem früher
beschriebenen Leukämien mit fangdauernder Mihver-
grOsserung. Das aus der Leiche entnommene llsi
stellte eine gleichförmig dickliche Masse dar, voi
ursprtfnglich schwarzlicher Farbe» welche an dei
Oberflachen bereits ins Hellrolhe Übergegangen war.
Für die quantitative Bestimmung musste sich Vf. den-
nach mit der EiOrterung der Menge der organiselMi
und anorganischen Substanzen im Allgemeinen ud
des Wassergehalts begnügen.
Er fand in 1000 Tb. Blut
791,7
208,3
Wasser
feste Theile
197,300 org.
11,084 anorg.
Substanztin; und
zwar unter letzteren 0,598 Erdphosphate nnd 0.298
Eisen (Metall); wahrend das Blut sonst nach Ber-
querel u. Bodier 0,4 — 0,6 p.HHle Eisen enthalt
Zur qualitativen Untersuchung wurden etwa 4 Dbl
nach und nach in kochendes Wasser eingetragen,
wobei eine vollständige Coagulation slatlfand« Die
abfiltrirte Flüssigkeit röthete Lakmus schwach and
nur vorübergehend. Bei der Concentration derselbei
im Wasserbade schied sich Eiweiss ab , welches ent-
fernt wurde. Die zuletzt gelatinirende FlOssigkeK
wurde mit Alkohol gefällt, nnd der Niederarlilag uit
Wasser angerührL Was sich in Wasser dabei nicK
loste, erwies sich als Eiweiss mit phospliorsaur«
Erden nnd Eisenoxyd. Der sich in Wasser lOsesdr
Theil des Alkoholniederschlags wurde eingedampft,
und schied beim Erkalten einen gallertartigen Kita-
pen aus, welcher abfiltrirt sich wieder in Waiw
lOsie, und bei der weitern Behandlang alle ReaeiioMi
des reinen Leimes zeigte. Die bei der Fümu^«
gewonnene Flüssigkeit wurde mit Weingeist priof»*
tirt, und so ein weisser, hornsrtig zusammenbacken-
der, durchscheinender KOrper erhalten, welcher zwi-
schen der Eiweiss- u. Leimgruppe, seinen Reactiesea
nach , in der Mitte zu stehen scheint.
In der Alkohollosung, welche von der ersten
Behandlung der concenlrirten Flüssigkeit mit Wein-
geist, noch übrig war, wurde das Uypoxanihin (za
ungeHlhr 6 — 8 Gr.) auf das entschiedenste nachge-
wiesen.
In der vom Hypoxanthin abfillrirten Flilssigktit
fand Vf. endlich noch Ameisensaure, EssigsSure« >•
wie auch Milchsaure. (U h I e.)
370. Chemische Untersnchiingen in der Ck^
lern; von Dr. A. Middeldorpf zu Breslau (Gfloslk
Ztschr. Hl. 1. 1852.)
Vorstehende Notiz enthalt die Ergebnisse eiaanl^
ner, im Winter 1849 angestellter, Untersuchungen
JL AatUnme i. Phyintogie.
149
Aber den Wassergehalt der Miislieteubataiii frischer
Choleraleicheo und über die Eiweisssenge in dem
firhrocheneo » in den Sitthlen und im Urine Cholera-
kranker.
Die möglichst fetl- und Mutfrei ausgesuchten
MuskelstücAcken waren dunkel gefärbt und trocken.
Vr. verdampfte deren Wasser bei 70<^ R. kn Luflbade,
und fand nach wiederholten Wagungen in trockner
Kahle im Mittel von 6 Versuchen einen Verlitst von
75,808%. Den normalen Wassergehalt der Muskeln
bestimmte Berzelius zu 77,13% [Schottin zu
circa 80 %]. Demnach wäre derselbe in der Cholera
um 1,322% [beziehentlich um circa 4%] vermin-
dert [Gleiches Interesse bieten in dieser Beziehung
Schottin*s Untersuchungen (Lehmann*s physiolog.
Chem« III. S. 95), welcher bei einer sehr genauen
Methode den Wassergehalt der Muskeln gesunder
Selbstmörder zu circa 80% bestimmte, und densel-
ben in den verschiedensten Zuständen , namentliob
auch in der Cholera , mit dem des Blutserums ver«
glich. Letzteres hielt durchschnittlich um 9,0%
Qitlir Wasser.]
In den filtrirtcn Darm entleerun gen fand Vf. im
Beginn der Krankheit unter 28 Fallen 6mal kein Ei-
weiss; in 3 Fällen, wo dasselbe quantitativ bestimmt
wurde 0,37%.
Im Urittt woraus das Albumin durch Alkohol
geHllli und dann bei 1 00<^ R. im Luftbad getrocknet
wurde, fand sich in 7 Fallen im Mittel 0,499 % da-
von. Das spee. Gew. steigt annaherungsweine mit
dem £i weissgehalte. (U h 1 e«)
371. Terindemng der Knochen nnd Knor-
pel in der Peritonäalhdkle lebender T/uere^ von
Demselben. (Das.)
In einem vorlaufigen Berichte theilt VT. 5 Ver-
suche an Tauben mit , welchen er Knochenslltckchen
von der Tibia einer Taube und Rippenknorpel euse«
Kalbes in die Bauchhöhle brachte. Er hatte dabei
besonders die Entscheidung der Frage im Auge, ob
das Fett, welches sich in dem veränderten Gewebe
spSter findet, aus dem Exsudate stamme , oder, dem
eingebrachten Theile angehörig, nach Resorption an^
derer, namentlich wtfsseriger Bestandtheile , als Rest
zurürkbleibt.
Die Knochenstttckchen fanden sich nach 7 Wot-
cben 2 Tagen in einer fett- und geßfssreicben Kapsel
eingeschlossen , an den Ecken abgerundet und cor-
rodirt, von aussen mehr, als im Innern, namenlhch
an den Seiten der Markhohlen Öffnungen von Olartigem
Felle durchtränku Von den 2 Thieren, welchen
Knorpel eingebracht worden war , starb eines nach
13 Tagen, ohne Spur von Peritonitis; das Knorpel-
stUckchen liegt in fettigem Exsudate» ist bluiig imbi-
birt, an den Ecken abgerundet, sehr succui'nt; die
KnorpelhOblen sind mit Olartigem Fett angefüllt, wel-
ches auch das übrige Gewebe von der Peripherie her
durchtränkt. Bei dem andern Thiere fand sich nach
9 Wochen 2 Tagen weder Knorpel, noch Exsudat in
der Bauchhohle. (Uhle.)
Ut Anatomie und Physiologiet
372. Ueber eztracelinlire Entstehong thie-
riSCher Zellen und über Vermehrung derselben
durch Theiiung; von R. Remak. (M.'s Arch. 1.
1852.)
Bei den Pflanzen existirt keine extracelluläre Ent*
•Cefaung von Zellen, sondern nur Zellenbildung in
ccbao vorhandenen Zellen oder durch Theiiung sol*
eher. Pur die Thiere hielt diese Schwann nicht
für Regel , sondern hielt ein innerhalb oder ausser-
iialb schon vorhandener Zellen liegendes, formloses
Cytoblastem für die Grundlage der Gewebe.
Gegen diese extraceltulare Entstehung thierischer
Kellen sprachen die Beobachtung der Dotterfurchung,
des Ueberganges embryonaler Zellen in Gewebe von
Reichert und Kolliker, die Beobachtung J.
Hüll er 's, dass endogene Zellenbildung in Ge-
schwülsten sehr verbreitet ist.
Es ist nun Vf. gelungen , an Froschlarven eu er-
aillelD , dass sSmmtliehe aus der Furchung hervor-
^ehepde Embryonalzellen sich bei ihrem Uebergange
n die Gewebe durch Theiiung vermehren. Er stellt
iser einige fUr das Problem der extracelluiaren Ent-
Mliimg bedeutsame Ergebnisse zusammen.
Das Wesen- öerFurckung besteht darin, dass der
Dotter (Protoplasma der Eizelle) durch gesetzmaissig
fortschreitende Abschnürung in kernhaltige Zellen
sich theilt. Diese Theiiung geht von den Kernen,
und wenn das KernkOrperchen unterscheidbar ist
(wie am Schlüsse der Furchung) von diesem aus.
Kern der ersten Furchungszelle ist das Keimbläschen,
das nach J. Muller's Entdeckung bei der Schnecke
(Natica), die in der Bauchhöhle der Hololhurie (Sy-
napta) erzeugt wird, nicht schwindet, sondern zur
Bildung der Kerne (helle Flecke)^ der Furchungszellen
verwendet wird , wie es sieb wohl auch bei andern
Thieren verhalten dürfte. In den ersten Furchungs-
stufen sind 2, später (am Schlüsse der Furchung) 3,
4, 6, selbst 8 Tochterkerne von einer Mutterkern-
membran umschlossen.
Schon auf der dritten Furchungsstufe lassen sich
an den einzelnen Abschnitten zwei Membranen erken-
nen, eine Süssere» Zellenroembran, und eine innere,
Primordialscblauch. Beide betheili'gen sich in den
frühesten Furchungsslufen an der der Theiiung Ah
Kernes folgenden Abscbnflrung der Zelle. Spfiter
findet man mehrere mit einfacher Membran versehene
Tochlerzeilen in einer MuUerzellenmembran : ersbs
ISO
n. Amtomie n. Pbjiiologie.
endogene Zellenbildung (Theilang des Kernes und
Priraordislscblauchs ohne Betheiligung der Zellen-
membran).
Das Protoplasma verhält sich bei diesen Abschnü-
Hingen nicht unthsiig, wie das Zerfallen der Dotter-
tafeln in kleinere Stücke beweist.
Zwischen den aus der Furchung hervorgehenden
Embryonalzellen werden weder freie Kerne, noch
Intercellularsubstaoz angetroffen.
Nach der Furchung sondern sich die Embryonal-
seilen in 3 Schichten , innerhalb deren sie sich zur
Bildung der Gewebezellen conlinuirlich theilen. Am
frühesten erscheint die Theilung der Embryonalzellen
in der Anlage von Gehirn und Rückenmark. Am
leichlesten ist sie in den sogen, ürwirheln zu sehen.
Ehe der Schwanzlheil in Urwirbel sich sondert, fin-
det man in ihm eine grosse Zahl in der Theilung be-
griffener Dotterzellen. In den Urwirbeln selbst unter-
scheidet man nur verlängerte Muskelzellen, deren
Kerne sich quer theilen fdr den Zweck der LSngsthei-
lung der Zellen , und in der Längsrichtung , um die
Reihe von Kernen zu bilden, die die quergestreifte
Huskelzelle auszeichnet (die nach Vfs. neueren Unter-
suchungen nur aus einer verlängerten Bmbryonalzelle
entstehen). Grosse Unregelmässigkeiten bietet die
Theilung der Embryonalzellen in der mittlem Schicht
der Wand der Kopfvisceralhohle dar. Hier zerfallen
die Zellen in mehrere sich günzlich unähnliche, runde,
zackige, spindelförmige, jede mit ihrem Tochlerkern;
ähnlich verhallen sich die Zellen des Unlerhautbinde-
gewebes. Auch in der drillen Schichl lässt sich die
Theilung in den künftigen Leberzellen und dem Cy-
linderepithel des Darmes verfolgen. Auch an den
Zellen der Oberhaut beobachtete Vf. die Theilung.
Wie bei diesen Theilungen die Membranen sich
verhalten , behält sich Vf. ausführlichere Mitlheilung
vor. So viel ist sicher , dass nirgends exlracelluläre
Kerne oder ZHIen auftreten. Die sogen, hyaline In-^
tercellularsubstanz des Knorpels entsteht durch Ver-
schmelzung von Ablflgerungsschichlen der äussern
Zellenmembranen. Während es also begründet ist,
dass die thierischen Zellen wie die pflanzlichen nur
eine intracelluläre Entstehung haben, so kommen
doch Falle vor, wo man mit den jetzigen Ilülfsmitteln
einzelne Gewebe nicht als Aequivalente von Zellen
darstellen kann. So erscheinen die secundären Ge-
fässe als fadenförmige Ausläufer der primären, de-
ren Bildung aus vielen Zellen sich unserer Beobach-
tung (für jetzt) entzieht. Aehnliches zeigt die Ent-
wicklung der Nervenfasern, die nicht durch Ver-
schmelzung von Zellenreihen (was Schwann ver-
muthete) entstehen, sondern (wahrscheinlich) als
Ausläufer von Zellen.
Schlasslich glaubt Vf. die Vermuthung ausspre-
chen zu dürfen, dass die pathologischen Gewebe sich
ebenso wenig wie die normalen in extracellulärem
Cytoblastem entwickeln, sondern Abkömmlinge nor»
maier Gewebe des Organismus sind. [Wenn sich
auch a priori nicht annehmen lässt, dass sieh alle
Zellen nach einem Gesetze bilden müssen^ so isl doch
die Bildung pathologischer Gewebe wohl kaum andcn
nachzuweisen , denn als eine iniracelluläre Zellen-
bildung. Leider verwechselt man so häuBg ZersiB-
ruogsprojdocte der Gewebezellen mit Entwicklangs-
formen derselben, besonders in pathologischen Exsa-
daten. Ref.] (V. Garns.)
373. Ueber die Entstehung des Bindegewe-
bes und des Knorpels ; von Demselben. (Das.)
Die Mittheilungen von Virchow u. Donders
veranlassen Vf. aus seinen noch nicht vollständig ge-
schlossenen Untersuchungen Über die Entwickln^
beider Gewebe Folgendes mitzutheilen.
Die Zellen der Unterhautanlage beim Frosche ha-
ben doppelte Membranen. Nach der Schliessnng des
Medullarrohres entstehen durch Auseinanderweicbei
der Zellen wasserhelle Zwischenräume. Durch Be-
handlung der Unterhaut mit verdünntem Alkohol and
verdünnter Essigsäure tritt in derselben ein Neli ver-
ästelter , faseriger Ausläufer der Zellen hervor. Die
Naschen dieses Netzes sind anfänglich sehr eng» spa-
ter vergrOssern sie sich , und man erkennt dann eine
sie ausfallende (durch Alkohol und Sublimatlösang
erhärtende) Zwischensubstanz, die am Rande des
Schwanzes über die Zellen hinausragt und unter der
Oberhaut eine festere Beschaffenheit annimmL Ans
dieser Rinde bildet sich die scheinbar ein homogenes
Häutchen darstellende Anlage der Cutis, die am
Schwänze während des ganzen Larvenlebeus als glas-
helle Membran sich erhält, am Bauchlheil dagegen
sich verdickt und Quer- und Längsstreifen als An-
deutung der kernhaltigen BindegewebebUndel erhält.
Eine besondere Zellenlage als Cutisanlage zu finden,
gelang Vf. nicht.
Vf. unterscheidet vorläufig zwei Arten Bindege-
webe, ein gallertiges, embryonisches und ein feste»
bleibendes. Die Grundlage des erstem bil«tet der
dickere unter der Cutis gelegene Theil der Unterliaut,
der aus den erwähnten sternförmigen, netzRlrniig ver»
bundenen Zellen besteht , die nicht alle zu Bindege-
webe werden. Dicht unter der Cutis liegt eine Schicht
grösserer, mit röhrenförmigen Ausläufern versehener
Zellen, die meist zu Pigroentzellen werden, wahrend
einige von ihnen auch farblos bleiben. Die Ohrigen
sternförmigen Zellen bilden unter der Pigmentzellen-
schicht ein sehr dichtes Fasernetz. Je mehr die Fa-
sern an Stärke zunehmen , um so mehr schrumpfen
die Zellen, von denen sie ausgingen, zusammen, die
zuletzt nur kleine den Kern umschliessende Auftrei-
bungen darstellen.
Die Fasernetze beider Schwanzflächen stehen
durch senkrecht den Schwanz durchsetzende, parallel
verlaufende und zuweilen unter spitzen Winkeln ver-
bundene kernhaltige Fasern in Verbindung, die Vt
Stuizfasem nennt. Gegen Säuren und Alkalien ver-
halten sie sich wie die „Kernfasem". Sie sind ent-
II« Anatomie v. Pkynolegie.
151
weder D«UfbrmigTerboBd«ii (Nettfaseni im Schwanse),
oder .korkxieberförmig (Spiralfasern). Die durch-
sichlige Zwiscbenaubsianz erbslt am Schwante aoa-
gebildeler Lanren die Neigung, in feine Fibrillen xa
serfallen.
In der Bauchdecke bildet das embryonische Bin-
degewebe wahrend des Larvenlebens eine ziemlich
dicke, gallertige Schicht von gleichem Bau, wie
im Schwänze. Zwischen den Stützfasern fand Vf.
nicht selten belle , mit hellen Auslaufern versehene,
gegen Sauren und Alkalien sehr empfindliche Zellen,
deren Bedeutung Vf. dunkel blieb.
So wahrscheinlich es auch ist, dass die festeren
Bindegewebepia llen ahnlichen Bildungagesetzen folgen,
wie das embryonische gallertartige Bindegewebe, so
hat sich doch der Uebergang letzterer in die ersten
noch nicht verfolgen lassen. Ist es nun auch wohl
sicher, dass die Sttitzfasern Aequivalente von Zellen
sind, so sind doch die Ansichten tiber die genetische
Bedeutung der Bindegewebebttndel noch getheill; sie
aind entweder auch Aequivalente von Zellen (Schwann,
Henle), oder Intercellularsubstanz (Reichert,
V i r c h 0 w , D o n d e r s). Für letzlere Ansicht darf
weniger die homogene BeschafTenheit der zwischen
den Stützfasern befindlichen Substanz angeführt wer-
den, da die Culismembran , ohschon wahrscheinlich
aus Zellen entstanden , doch homogen ist, vielleicht
die hyaline Substanz des Knorpels, die fast allgemein
/Or Intercellularsubstanz genommen wird. In Bezug
auf diese hat aber Vf. Folgendes gefunden.
Die die Grundlage des Knorpels bildenden Em-
bryonalzellen haben doppelle .Membran. Bei der
Tlieilung derselben wird nur der Primordialschlauch
abgeschnürt, wahrend die Zellenmembran die beiden
'tochterzellen einschliesst. An der Innenflache dieser
äussern Zellenmembran lagert sich Knorpelsubstanz
ab, die eine die beiden Tochterzellen einschliessende
Knorpelblase bildet. Ehe die letztem sich weiter
Iheilen, bildet sich um ihren Primordialschlauch eine
neue Zellenmembran , die an der folgenden Theilung
ebenfalls keinen Theil nimmt, sondern gleich der ,
ersten Knorpelschicblen nach innen ablagert. Durch
Verschmelzung der ineinander geschachtelten Knor-
pelblasen entsteht die sogen. Intercellularsubstanz,
die Vf. ihrer Entstehung wegen Parietalsubstanz nennt.
Die KnorpelkOrpercben stellen daher einfache oder
gelheilte nur vom Primordialschlauch eingeschlossene
Zellen dar.
Bei der VerknOcherung verkalkt entweder die
schon verschmolzene Parietalsubstanz, wahrend die
Primordialzelle sternförmig wird und das sogen.
Knochenkörperchen bildet (festere Röhrenknochen),
oder die noch nicht .ganz verschmolzenen Wände der
Knorpelblasen verkalken (z. B. Wirbelsaule des Fro-
sches, Gelenkenden des Unterkiefers und Hinterhaupts
beim Rinde, Brustbein, Crista ossis ilii bei der
Katze).
Pttr den bleibenden Knorpel beruhen die wich-
tigsten Verschiedenheiten darauf, dass nicht alle Zel«
lenmembranen Knorpelschichten ablagern und nicht
alle Knorpelblasen zur Parietalsubstanz verschmeben»
sondern namentlich die jüngsten scharf umgrenzt
bleiben , und sogar ihre Zellenmembranen behalten»
wie namentlich der Proc. ensiformis des Kaninchens
zeigt. Derselbe besteht aus zwei festeren Aussen-
schichten und einer lockern, mittlem Schicht. An
letzterer sieht man häufig, namentlich an jtingem
Kaninchen die äussern Zellenmembranen ohne Spur
einer Zwischensubstanz einander polyedhach begren-
zen, und 2 — 3 dickwandige Knorpelblasen enthalten,
von denen einige noch von ihren Zellenmembranea
umhallt sind und leicht aus der Mutterblase heraus-
fallen. Auch bei altern Kaninchen entscbachteln sich
noch einige ziemlich leicht. Die Knorpelschicbten
erscheinen strahlig, als bestanden sie aus radienfbr-
mig auf ihnen stehenden Stabchen. — Aehnlichea
zeigen der Schwertfortsalz des Rindes, Schafes»
Schweines und der Kehldeckel des Schafes.
Hieraus ergiebt sich die intracelluläre Entstehung
der Knorpelsubstanz und die Wahrscheinlichkeit, dass
auch das Bindegewebe keine Intercellularsubstanz sei,
sondern sich, wie die Uebergange des Faserknorpels
in Bindegewebe andeuten, als Parietalsubstanz zu
seinen Primordialzellen verhalle, wie die Knorpel-
substanz. (V. Garus.)
374. Ueber eigenthftmliche TastkArperchen
(Corpuscula taclus) in den GeßhUswärzchen der
menschlichen Haut, und über die Endavsbreitung
sensitiver Nerven ; von R. Wagner u. G. Bl e i s s-
ner. (Nachr. d. Gölt. Ges. d. W. 1852. S. 17.)
Vfl'. gelanglen bei Untersuchung der Endigungs-
weise sensitiver Nerven in der Haut zu folgenden in-
teressanten Thatsacben.
Die sensitiven Primilivfasern theiten sich an ihren
peripherischen Enden ebenso vielfach u. auf ahnliche
Weise, als die Huskelnerven und die elektrischen
Nerven ; sie sind an den Theil ungsstellen meist ein-
geschnürt, schwellen dann wieder an und theilen sich
in 2 — 3 — 4 Aestchen mit dunkeln oft noch dop-
pelten Cöntouren. An der Volarseile der letzten
Fingerglieder, welche Vff. ihrer entwickelten Tast-
warzchen wegen besonders zur Untersuchung verwen-
deten, verlaufen die Primitivfasern bogenförmig im
Unterbautbildungsgewebe, und schicken ihre Endaste,
welche allmalig schmaler werden , senkrecht in die
Htthe zu den Tastwarzchen ; diese Endaste tlieilen
sich endlich in je 1 — 3 Aestchen , welche sich in
eine Papille begeben, und zwar setzen sie sich in
dieser stielartig an gewisse kürbiss- oder tannen-
zapfenfbrmige KOrperchen , welche den Kern der Pa-
pillen bilden , und deren Achse fast ganz ausfüllen,
an. Diese Körperchen, Corpuscula tactus von Vif.
genannt, finden sich blos in den Papillen, welche
Nerven und keine Gef^sse enthalten, wahrend eine
zweite Klasse von Papillen, welche keine Nerven,
sondern nur Geftsse enthalten , auch keine Tastkör-
ISA
IL AftätomÜB Q. PIqrrioligie.
pierelieii liab«ii. Sie sind vod langiidier, sptndelfOr«
iBiger oder eiförmiger Gestalt, fon der feink<k'nig-»
streifigen Substanz des PapHlenttbercngs (Binüege-
webe) Uberkleidet , vielleicbt auch noch Toti der von
Todd und Bowraan an der Grenie des Rele Hal*^
pighii angenommenen Glashaut-Lamelte. Sie scliei*
nen ans sehr kleinen, sack- oder . bandförmigen wa-
gerecht Obereinander liegenden Scbichlen zu bestehen,
welche dem Ganten ein beerenar tiges Ansehen geben,
^ie feinen Endfibrillen der Nerven biegen sich in dem
Tastkörperchen häufig hirlenstabförmig, oder scheinen
rund zu endigen , oder spiraJartig darin zu verlaufen«
Bei sehr starker VergrOsserung sahen Vff. aus den
scheinbaren Enden dieser Vsoo''' dicken Fibrillen den
Massen Achsencylinder austreten, nnd in mehrero
Aesten selbst hasche! förmig in das Tastkörperchen
ausstrahlen. Zwischen den heileren Schichten der
letztem liegen zahlreiche längliche, stark lichlbrechende,
zuweilen spindelförmige Kerne mit ihrer Längsachse
der Querachse des Körperchens parallel. Nerven«
schlingen finden sich nach Vff. nie in Papillen.
Am leichtesten zu sehen sind die Tastkörperchen
in der Haut junger Individuen, grösser sind sie in der
von Erwachsenen (Vis'" ^^^E ""** Vio'" breit);
man behandelt zu ihrer Darstellung die Haut mit
Natronlösung, um die Epidermisschichten abzulösen,
und dann mit verdünnter Essigsäure. Auch an Hän-
den, welche in nicht zu starkem Weingeist gelegen
hatten» fanden Vff. die Tastkörperchen, Nervenenden
und Gefüssschlingen , vor deren Verwechslung mit
Nervenschlingen sie warnen, öfters sehr deutlich
sichtbar.
Ausser in der Haut der Finger beobachteten Vff.
ahnliche Körperchen in der Zunge ; wie weit sie in
der übrigen Haut und deren Papillen vorkommen , in
welchem Verhältniss sie zu den in vieler Beziehung
analogen Pacini*schen Körperchen stehen , bleibt fer-
nem Untersuchungen anheimgestellt. Es ist ferner
sa eruiren, wie viele Tastkörperchen von je einer
Primitivfaser versorgt werden, mit andern Worten»
wie viel jede Primitivfaser freie peripherische End-
punkte hat; dabei ist natttrlich das Mengen verhaltniss
zwischen Gewiss- und Nervenpspillen zu berflcksich-
tigen, weiches sehr wechselnd ist. Wahrend Vff. an
den Fingerspitzen beide Papillenarten alterairend, od.
'auf eine Nervenpapille 1 — 3 und mehr GeHisspapillen
fanden, kommen in dem Handteller oft 'fO — 20 Ge-
Aisspapillen auf eine Nervenpapille. Für die Physio-
logie dt*s Tastsinnes ziehen Vff. aus ihren Beobach-
tungen folgende Schlüsse: Die Tastkörperchen sind
für die Taslnerven als peripherische Sinnesapparate
zu betrachten, in demselben Sinn, wie die Retina für
den Sehnerven, die Uörsackchen für den Gehörnerven ;
die Tastnerven nehmen daher die Tasteindrücke nicht
an einer beliebigen Stelle des geadilangelten Laufs
ihrer peripherischen Endausläufer auf, sondern nur
an bestimmten mit eigenen Vorrichtungen versehenen
Stellen in den Papillen. Jedes Tastkörperchen ent-
spricht einem peripherischen Endpunkte einer Primi-
tivCeser, welcher ftlr einen isolirten £iiidr«ek «■►
plliflglich i^t ; sie sind so gebaut und gelagert • dn«
jeder Eindrack auf die Heut zunächst sie treffen, «ad
von ihnen de« angehörigen Nervenisten übertraget
werden muss. Eine Primitivfaser theilt sich in viele
Endäste, deren jeder in einem Tastkörperchen seil
Sinnesorgan besitzt ; der Eindruck , der auf sammt*
liehe Tastkörperchen et!ner Primitivfaser gemacht wird,
kann nur ein einfacher sein , aber verschieden inten-
siv nach der verschiedenen Zahl der Endpunkte. Die
AnzaliJ Tastkörperchen, welche durch ei/ie Primitiv«
faser reprasenlirt werden, bildet eine Primitiv-Faser-
provinz ; von der Art der Vertheilung dieser Provin-
zen in der Haut wird ihr Verhaltniss zu E. U. W^
ber's physiologischen Empfindungskreisen abhtogCL
Sind die Provinzen jeder Primitivfaser streng ves
einander abgegrenzt, so dass z. B. in einer Qua-
dratiinie Haut nnr die Enden einer Primitivfascr
vertheilt sind, so wird ein Eindruck auf den umfang
dieser Hautstelte nu^ ein einfacher sein kOnnea.
Sind dagegen die doldenartigen Auslaufer zweier Pri-
mitivfasern durcheinander geschoben, so dass die
verschiedenen Punkte einer Haulstelle vermischt von
zwei Primitivfasern versorgt werden, so wird der
Eindmck zweifach empfunden werden , sobald er in-
nerlialb dieser Stelle ein Tastkörperchen von je^er
der zwei Primitivfasern trifft. (Funke.)
375. üeber den asatomisoheB Charikter
gelähmter Renrenfasern, und über die Ursprünge-
quellen des sympathischen Nerven; von Mor. Schiff.
(Arch. f. phys. Ueilk. XI. 1852.)
Vf. hat die bereits früher von Nasse, Gfin-
Iher und Schön, Stannius, Waller, Bodge
vielfach untersuchten Veränderungen, welche von
ihren Centraltheilen losgetrennte Nervenfasern erlei-
den, aufs Neue zum Gegenstand der Untersuchong
gemacht, und folgende, theils bestätigende, theils
neue Thatsachen gefunden.
Untersucht man nach dem Tode einen Nerven,
der im Leben mit den Centraltheilen in Verbindang
geblieben war, so erscheint sein Inhalt stets mehr
weniger geronnen ; die Gerinnung erscheint in Form
von in langern Stöcken zusammenhangenden mehr
weniger dichten, wolkenahnlichen Trübungen, die
einzelnen Gerinnsel sind nie scharf von einander ab-
gegrenzt. Bei Nerven dagegen, die 4 — 6 Tage vor-
her durchschnitten waren, erscheint der geronnene
Inhalt durch scharfe Querlinien in verschieden lange
Portionen abgetheilt, welche sicli immer weiter thei-
len , so dass nach einiger Zeit der gesammte Inhalt
in Würfel abgelheilt erscheint. Die Scheide des Ner-
ven wird nicht eingeschnürt , sondern lauft brücken-
artig über die Einschnitte hinweg. Die einzelnen
Würfel fangen nach einiger Zeit an durch Absorption,
die zunächst an ihren Ecken und Kanten beginnt, klei-
ner zu werden, und eine ovale Form zu erhalten, so
dass sich immer wachsende Zwischenräume zwischen
ihnen und der Nervenscbeide bilden« Wahrend die*
II. ÄBatomie u. Phyuelogie«
ISS
ses Schwundes serfallMi sie im iDoero in eine Masse
verschieden grosser scharfcontoHrirler Fetlkageln, die
sich immer mehr von einander isoliren ; die Baufen
serfallen iheilweise; dabei schreitet die Absorption
fori» bis endlich der ganze Nerveninhalt geschwunden
ist. Der Achsencylinder scheint an, dieser Umwand-
lung Theil zu nehmen, er verschwindet gleichfalls.
Die centralen Enden der Nerven zeigen diese Verttn*
derung nicht, ihre Fasern scheinen nur (nach 7mo-
Dallicher Lahmung) abgeplatteter zu werden. Bei
sensibeln Nerven (infraorbitalis , mentalis, lingualis)
werden ebenralls nur die peripherischen , nicht die
centralen finden umgewandelt Durchschneidet man
nur einen Theil der Pasern eines Nerven (z. B. nur
einzelne Wurzelbttndel des Vagus und Aceessorius),
so werden auch nur diese Pasern an der Peripherie
verändert, nicht zugleich die Übrigen mit ihnen in
demselben Nerv^nstamme verlaufenden Fasern. Durch-
schneidet man einen Nerven an der Wurzel oberhalb
eines von ihm gebildeten Ganglion , so werden alle
Fasern unterhalb des Ganglion verändert Auch die
Pasern des Sympathicus erleiden diese Umwandlung.
Der Paserinhalt verwandelt sich in eine Reihe (meist
einfache) perlschnurartig zusammenhangender Fett-
kUgelchen, die Umhttllungshaut wird dabei so dttnn,
dass sie oft nur schwierig wahrzunehmen ist.
Die Veränderung tritt nur ein, wenn der Nerv
vollständig von den Centralorganen getrennt ist, nicht
nach bioser Quetschung. Die Veränderung verbrei-
tet sich bis in die feinsten Pasern innerhalb der Or-
gane, Vf. beobachtete die beschriebene Atrophie an
den Endschlingen und theilungen der Primitivrasern
im Innern der Haut und der Muskeln.
Begreiflicherweise giebt uns diese Beobachtung
ein sehr schönes Mittel an die Hand, die Betheiligung
verschiedener Nerven an der Versorgung gewisser
Organe zu erOrtern. Vf. benutzte sie aber ausserdem
zur Losung einer sehr wichtigen, vielbesprochenen
Frage , ob nämlich der sympathische Nerv ein selbst-
ständiger Nerv , oder nur ein gangliOses Geflecht von
Rttckenmarksnerven sei. Es gelang ihm, Tauben und
Meerschweinchen längere Zeit nach Herausnahme des
grtfssten Theiles des Rückenmarkes am Leben zu er-
halten, es ergab sich, dass alle die Aeste u. Geflechte
des Sympathicus, die vorher mit diesem Theil des
Rückenmarks communicirt hatten, jene charakteri-
stische Umwandlung erlitten ; bei Kaninchen, welche
die Herausnahme einzelner Spinalganglien längere
Zeit Überlebten, wurden steU die mit jenen Ganglien
cocDmunicirenden sympathischen Aeste atrophisch.
Die Natur des Sympathicus als RUckenmarksnerven-
geflecht ist somit entschieden ; dasselbe gilt für das
von Rem ak beschriebene sogenannte ,, selbstständige
Darmnervensystem'' der Vogel. (Funk e.)
376. Ueber motorische LULmnng der Zunge;
von Detiiselben. (Das. X. 4. 1851.)
Vf. bat durch folgende neue interessante Beob-
Med. Jkhrbb. Bd. 74. HÜ S.
achtungen die bisher bekannten Tbatsacben über die
Wirkung der Durclischneidung der Nervi hypoglossi
auf beiden oder nur einer Ktfrperseite ergänzt. Sind
beide Hypoglossi durchschnitten , so hören , wie he*
kannte alle eigenen Bewegungen der Zunge auf , die
Thiere mtlssen künstlich gefuttert werden, weil sie
die Speisen weder zwischen die Zähne bringen, noch
hinabschlucken können. In zwei Richtungen kann
die Zunge nach dieser Operation noch bewegt wer-
den; einmal, wenn sie weit aus dem Munde hervor-
gezogen war, wird sie langsam und mit Anstrengung
in ihrer Totalität durch die Herabzieher des Zungen-
beins und des Kehlkopfs zurückgezogen; zweitens
wird die Zungenwurzel bei schräg in die Hohe geho-
benem Kopfe, sobald man eine Schluckbewegnng
anregt, durch den Muse, stylohyoideus (der vom
Facialis versorgt wird) in geringem Grade schräg
nach hinten und oben gehoben. Bei einseitiger Läh-
mung der Zunge durch Zerstörung eines N. hypo-
glossus , wird dieselbe , wie schon längst beobachtet
ist , nicht nach der gesunden Seite , wie die Übrigen
Gesichtstheile , sondern nach der kranken Seite hin
verzogen ; man hat diese Thatsache theils ans einer
mangelnden oder doppelten Reizung der Hypoglossi
im Gehirn, theils (B i d d e r) aus der gleichzeitig ent-
stehenden Lähmung der Hebemuskeln des Zungen-
beins auf derselben Seite tix erklären gesucht. B i d-
d e r , welcher zugleich mit dem Hypogl. den N. lin-
gualis durchschnitt, hält auch die Vernarbung der
Zunge und das dadurch bedingte Zusammenschrum-
pfen für Ursachen der genannten Deviation, dieser
Grund fifllt indessen durch die Beobachtung Vfs. weg,
welcher die Wunden der Zunge nach Durchschnei-
dung des Lingualis unter allen Umständen einfach
ttberhäotet werden, nie zusammengezogene Narben
entstehen sah. Vf. kam in Bezug auf die Deviation
der Zunge nach linkseitiger Durchschneidung des
Hypoglossus durch zahlreiche Versuche zu folgenden
Resultaten.
1) Bei Eröffhung des Mundes zeigt sich die Zunge
im ruhenden Zustande auffallend nach der rechten,
gesunden Seile verzogen. Der rechte Rand liegt auf
der rechten untern Zahnreihe, der linke dagegen liegt
von den Zähnen entfernt nach der Mitte und ist mei-
stens vom Boden der Mundhöhle in die Höhe gtßhoben.
Die Spiue der Zunge (etwa 1") ist aber nicht wie
die Übrige Zunge nach rechts, sondern nach links
verzogen, oder wenigstens gerade gerichtet,der linke
Rand derselben liegt wieder auf dem Boden der Nund^
höhle auf. Die Abweichung des Hauptzungentheils
nach rechts erklärt sich einfach dadurch, dass der
M. hyoglossus und lingualis der ungelähmten Seite
ihn zu sich herflberziehen. Die Abweichung der
Spitze im entgegengesetzten Sinne erklärt sich aus
der Wirkungsweise des in sie eintretenden Genio-
glossus. Dessen Pasern entspringen von der Mittel-
linie und laufen schräg nach aussen ; wirkt nun der
rechte Geniogl. allein , so muss er die Zungenspitze
schräg nach innen (links) ziehen. Die Erhebung, des
164
IL Aii9tomie u. Physii^logi^
linken Zungenrandflä crkllrt Vf. aub der Wirkung der
Fasern » die aiif dem Backen der Zunge vom Sej(»tut6
(entspringend nach den Rand verldufen und sich dort
mit denen des Hyogl. verbinden. Wirkt blos di^
rechte Hälfte dieser Fasern» so beugen sie den oberih
Rand des Septum etwas nach rechts u. unten , heben
mithin die linke ZungenhSflfte und besonders dein
Rand.
2) Zieht das Thier innerhalb der Mundhöhle die
Zunge tiefer zurück , so wird sie in ihrer ganzen
Lange (die Spitze mit inbegriffen) nach der gesunden
Seile verzogen.
3) Wird die Zunge aus dem Munde hervorge-
schoben , so wird sie , je mehr sie hervordringt,
desto mehr nach der gelähmten Seite verzogen. Vf.
sucht die Ursache dieser Deviation nicht wie Eid der
in der Lahmung der das Zungenbein linkerseits he-
benden Muskeln: 1) weil die Hebung des Zungen-
beins beim Uervorslrecken der Zunge ausserordent-
lich unbedeutend (beim Menschen etwa 2'", bei
Hunden fast Null) ist, und sein muss, da die das
Zungenbein hebenden Geniohyoidei und Mylohyoidei
beim Hervorstrecken der Zunge durch die gleichzei-
tige Abwärtsbewegung des Kiefers ihren festen Stütz-
punkt am Kieferansatz verlieren, und so nicht wirken
können; 2) weil die Deviation dieselbe ist, auch
wenn die Zungenbeinaste des Hypoglossus nicht mit
durchschnitten werden ; 3) weil keine Schiefstellung
des Zungenbeins beim Hervorslrecken der Zunge zu
bemerken isl ; 4) weil die Deviation dieselbe bleibt,
auch wenn man das Zungenbein auf der gelähmten
Seite mit dem Finger hebt. Vf. sucht den wahren
Grund dieser linkseitigen Abweichung lediglich in
der schon beschriebenen Wirkungsweise des die
Zunge hervorstreckenden rechten Genioglossus.
Die merkwürdigste Beobachtung Vfs. ist folgende.
Die ersten 3 — 4 Tage nach der Durchschneidung
des Hypoglossus einer Se^te bleibt die entsprechende
Zungenhülfte unbeweglich, am Ende des dritten Tages
aber (spätestens Anfang des 5. Tages) stellen sieh
rhythmisth-automatische Bewegungen der einzelnen
Muskelbündel der gelahmten Zvngenhälfte bttnt
durch einander ein ; das ungleichzeitige Zucken der
verschiedenen Bündel gieht das Bild einer continuir-
lichen wogenden Bewegung. Diese Zuckungen ent-
stehen nicht durch den Eiiifluss des Hypoglossus der
andern Seite od. durch die Chorda lympaiii, oder den
N. lingualis, die Erscheinung trat unverändert ein,
auch wenn Vf. diese Nerven samuillich durchschnitt.
Die Zuckungen heginnen gleichzeitig mit der eintre-
tenden Uneropfünglichkeit des abgeschnittenen peri-
pherischen Nervenendes gegen elektrische Reize, sie
sind am stärksten , wenn der freie Theil des Nerven
gar nicht mehr erregbar ist. (Natürlich mnss ein sol-
ches Stück vom Nerven ausgeschnitten sein, dass
keine R»'prodiictinn erfdigt.) Diese Zuckungen dauern
nnunierliroi'hen 3 — 4Mon. fort, sie gehören indessen
iW.T Zunge nicht eigcnlhünilirli an, sondern treten
bei allen Muskeln einige Zeit nach der Durchschnei-
dunf ihrer Nerven eih; hat mm dieiVenr^n toSdi»-
i«ls aüsgefecb'iiittels, so zucken die PossmuskelbttBdd,
wenn man sie einige Zeit darauf von der Htm eii.
blösst; schneidet toan den N. facialis durch, so la-
gen nach 4 Tagen bei Kanineben die Barthaare dv
gelahmten Seite» zu zittern an, indem die kleiiM
Muskelbündelchen, die zu ihren Bnlbis ^eben. ii
Zuckungen geralben. Vf. erklart dies^ rhythmiscbei
Zuckungen von ihren bewegenden Nerven gelrenntir
Muskelbündel folgendermaassen. Sie sind aicbtdii
Aeusserung einer von dem Nerveneinflnsse befreiiei
Muskelirritabilitat ; denn erstens ist zor Zeit ilra
Eintritts das abgeschnittene Nervenende noch inner
erregbar, wenn auch sehr schwach, die Nervenzwtft
innerhalb des Muskels sind aber zu dieser Zeit jds-
falls noch in weit geringerem Grade gesehwiek,
zweitens können wir dem Nerven keinen hemmeite
Einfluss auf die Muskelirritabilitat zuschreiben, n\
dass sie erst nach Aufhebung dieser Uemmin^i
jenen Zuckungen sich äusserte ; drittens hören die«
Zuckungen endlich auf, noch bevor eine merklich
Gewebsveränderung der Muskelsubstanz eiDgetreia
ist , welcher man das Aufliören der auf ftecliniiii{
der Muskelirritabilitat geschobenen Erscheinungen zn-
zuschreiben pflegt. Vf. will die Abhängigkeit dieser
Zuckungen von der Nerventhatigkeit auch ans der
Form der Bewegungen beweisen, indem er aas seioei
Beobachtungen folgert, dass jede zuckende den Reu
nicht überdauernde Bewegung von den Nerven abio-
leiten sei, wahrend langsam entstehende, denReii
überdauernde, in Form und Ausdehnung der Ausdeh-
nung des Reizes entsprechende Bewegungen den dk
Muskelsubstanz direct bethätigenden Reizen zuzu-
schreiben seien. Aus der verschiedenen Bewegungs-
form des Muskels auf Nervenreize und auf Muskelreiit
glaubt Vf. den Beweis für die Existenz der spedü-
schen Muskelreizbarkeit geliefert tn haben, f^
müssen gestehen, dass wir uns nicht eher fentscWie^
sen können , diesen Folgerungen Vfs. Glaoben u
schenken , und den vagen Begriff der MuskehrrrliMf-
tat wieder Bürgerrecht in der Physiologie zuzucrkei-
nen, bis Vf. haltbarere Belege, als die von ihD*«-
hauptete verschiedene Bewegungsform, beibringl-J
Für die Bestehungsweise der oscillirenden ßewegoi-
gen unter dem Nervcneinflusse gieht uns Vf. die-
selbe Erklärung , welche er früher für die rhyihm-
sehen Bewegungen des Herzens aufgestellt hat. „»*"
„Theil des Organismus kann vollkommen unlMe?
„sein, so lange er Überhaupt noch zur TliStigw
„befähigt ist. Der von seinen Cenlralllicilen il^
„löste Nerv, der noch mit dem Muskel in Verbindonf
„steht, der den Muskel gereizt noch zur Zusamnwi-
„Ziehung anregen kann, muss auch vermöge °^ ' |
„innewohnpuden Tonus, d. h. vermöge des ver|fr
„dem den Einflusses seiner innern nie stocw»
„Ernahrungs vorgange noch im ungereizten gewönj^
„liehen Zustande mit dem Muskel in eine gf^'
„Wechselwirkung treten. Hat aber d»e ScbNväcb«^
„des Nerven einen gewissen Grad erreicht, >o
„derselbe Fall eintreten, wie für den abgeü^^ •
IL AmUnU« ^. PMywotpgie.
tfiS
9,mil 4em KtekUomotor ger^izle&Nerv, wenn er keine
»»Surrkrihnpfe mehr» sonclern nur noch Wechsel-
»»krUn^b erseugea kaxu». (Vgl. über den Modu« der
„Herzhewegung Jahrhb. DlVil. 24 u. 157.) Die ger
„seh Wächten Nervenfasern der versch. kleinen Naükel-
»»parlien erschöpfen sich durch kurz an^ehallene
,/rhäUgkeit zu verschiedenen Zeilen, um nach kurzer
,,Ruhe \yieder ihren normalen Tonus anzunehmen,
»«und so geschieht hier in diesem anomalen Zustande
»»rar die verschiedenen Muskelfasern auf verschiedene
»»Weise dasselbe, was im llerzen gleichmassig und
,,Tiormal den Rhythmus der Schläge erzeugt. Auch
»»liier werden die Pausen zunehmen im Verhältniss
»»zur Erschöpfung, so dass in späterer Zeit die Lel>-
»»haftigkeit des flimmernden Muskelspieles immer mehr
»,und mehr dahinschwindet.*'
Die Abmagerung der gelähmten Zungenhälfte nach
Durchschneidung des Hypoglossus tritt nach Vfs. Be-
obachtungen weit langsamer und in geringerem Grade
ein, als bei andern gelähmten Muskeln; die Abmage-
rung der Zunge in Bidder's Versuchen rUhrl von
der gleichzeitigen Durchschneidung der NN. linguales
her. Vf. fand erst 5 — 6 Monate nach der Operation
eine merkliche Abmagerung und Erblassung der ge-
lähmten Zungenhäiae. (Punk e.)
377. Ueber sternfBrmige Zellen der Retina;
von H. H U 1 1 e r. (Verb. d. phys. med. Ües. iu WUrzb.
IL 14. 1852.)
Vf. erwähnt zuerst das Vorkommen der von
Bowman, Kölliker u. Corli vom Säugethier-
and Schildkrötenauge beschriebenen Zellen mit Fort-
sätzen auch in dem Auge der Fische und Vögel , und
beschreibt dann von einigen Knorpel- und Knochen-
fischen 2 Lagen von Zellen , die sich nach innen von
öw sogen. Körnerschicht der Retina vorfinden.
Die innerste Lage bestehl aus unregelmässig po-
lygonalen Zellen von 0,012 — 0,04'" Durchmesser,
die durch kurze und zum Theil sehr breite Brücke^
mit einander in Verbindung stehen, so dass nur klei-
nere Lücken zwischen ihnen bleiben. Die Zellen
der äussern Lage haben zahlreiche , breite und vom
Kern aus bis fast 0,1''' lange Fortsätze, welche sich
verastein. Die verdickten Theilungsslellen liegen an
der innern Grenze der Zellenschicht. Die Zellen
sind gelblich, glatt oder Streifig» ihr Kern von mitt-
lerer Grösse. Ihre äusserslen Zweige gehen deut-
lich in einander Über , so dass eine Zelle mit mehre-
ren benachbarten an Je 2 — 3 Punkten anastomosirL
Durch die so entstehenden Maschen treten die radia-
len Fasern, so dass ein Gitterwerk von vielfach ge-
kreuzten Strängen entsteht. — Bei manchen Fischen
findet sich an analoger Stelle ein Netz von streifigen
Strängen, so dass die Deutung der Zellen fdr Nerven-
zellen dem Vf. bedenklich scheint. Es wäre diess
sonst nach KöUiker's Bemerkung der erste con-
statirte Fall von einem Anastomosiren sternförmiger
Nervensellet. (V. Carus.)
a78. Ueber den gesamniten Apparat der
Bander xwischen dem HinterhanptilüeinA ind
den obersten Halswirbeln and einen Appendix
svperior des Lig. crticiat ; von Dr. Wenzel
G r u b e r , Prosedor in St. l*etersburg. (M.'s Arch.
4. 1851. mit Abbildungen.)
Vf. schickt der Beschreibung des neuen obern
Anhanges eine geschichtlich-kritische u. vergleichend*
anatomische Beirachtung des Bänderapparates zwi-
schen Uinterhaupt und Halswirbel und der um den
Zahnforisatz angetroffenen Synovialsäcke voraus.
A. Auf der hintern Fläche der Wirbelkörper fin«
den sich (am Hinterhaupt u. lien ersten HaUwirbeln)
von hinten nach vorn folgende 3 Schichten.
1) Ligamentum longitud. posterius column,
spin. (Lig. medium longit. Barkow, Fascia longit.
post. W e i t b r. , S ö ro m e r r i n g u. s. w.). Nach
der Bfchrzahl der Anatomen enlsprin|;t es von der
Piirs basilaris des Hinterhauptbeins, hinten mit der
Dura mater, vorn mit dem Appar. ligament. verwach-
sen, nach andern von den Haiswirhein (n<ich Wil-
son, Lauth u. A. vom zweiten, n:<ch HyrtI,
Krause u. A. vom dritten). Bei mehreren Säuge-
Ihieren konnte es Vr. nicht bis zum Oet*iput verfolgen,
es entsprang entweder vom Epistropheus oder vom
Lig. transversum allantis, so dass dessen Appendix
inferior sein Anfangstheil war (Cavia, Sus, Phoca).
2) j4pparatus Ugameniosus vertebr. coUi et
capitis (membrana ligamentosa, Ilyrtl) entspringt
von der innern Fläche der Pars basilaris des Hinler-
hauptbeins anränglich mit den vor und hinter ihm
liegenden Schichten vereinigt, später getrennt, geht
frei über den Zahnfortsatz weg und setzt sich an den
2. — 4. Halswirbel, vorn mit dem Appendix infer.,
hinten mit dem Lig. longit. poster. verschmelzend»
Nach einigen Anatomen ist diess Band nur der obere
freie Theil des ersten, oder dessen vorderes Blatt.
Bei den von Vf. untersuchten Säugethieren ist es von
allen hier befindlichen Bändern das dUnnste.
3) Ligamentum cruciatum s. cruciforme. Das-
selbe ist von allen Anatomen im Wesentlichen aber-
einstimmend, höchstens in den Grössenangaben des
Appendix superior differirend, beschrieben worden.
Nach des Vfs. Untersuchungen besteht es aus zwei
Schickten, einer vordem, dicken, faserknorpligen,
die vorzugsweise aus Querfasern bestehend das Lig.
transversum atlantis bildet, jedoch von der Mitte des
obern Bandes aufsteigende Fasern an den Proc.
odontoideus sendet (neuer Appendix superior) und
einer hintern dünneren, fibrösen, die ausser Querfasern
auch nach oben und unten absteigende Fasern besitzt
(Appendix super, und infer.), kreuzförmig ist und so
dem ganzen Bande Gestalt und Namen giebt. Beide
Schichten sind nicht blos kOnstlich von einander zu
trennen, sondern zuweilen schon natürlich, auf
Querschnitten als 2 Schichten zu erkennen. In zwei
Fallen fand Vf. sogar einen Schleimbeutel zwischen
beiden.
16C
n. Anatomie u. Physiologie.
Die SXttgelhiere haben kein Lig. cniciat. , hdch-
slens einen Theil dessethen.
a) Gänzlich fehlt es hei den Einhufern u. fFie^
derkäuern (^ferd , Rennthier, Schaf, Ochs wurden
untersucht). Hier wird es durch ein Ligam. allan-
tlco-odontoideum ersetzt , das von der Mitte der Sei-
tenachse des Atlas zur RückgratshOhienflache des
Proc. odont. geht. Bos Taurus hat ausserdem
noch ein Lig. Suspensorium dentis zum Hinterhaupte.
Ovis Aries dagegen noch ein Lig. atlantico-odont.
profundum vom Scheitel des Proc. odontoid. zum Bo*
gen des Atlas. ^
b) Ein Lig. iransversum ailantis allein besitzen :
Cebus Apella, Talpa europ. , Ursus arctos, Mustela
' martes, Ganislupus, famiiiaris, vulpes; Felis dom.»
Leopardus; Sciurus, Mus, Lepus.
c) Lig. transversum atlantis s. append. posier.
(infer.) fand Vf. bei Gavia aperea, Sus Scropha, Phoca
vitulina.
d) Einen Appendix anterior (super.) konnte Vf.
bei keinem der untersuchten Tliiere finden.
Auf diesen Bänderapparat folgen oben die Liga-
mente des Zahnfortsatzes, unten um diesen herum
Kapselligamente oder Synovialsacke allein.
4) Lig. medium rectum s. suspetisorium dentis
fehlt Öfters. In einem Falle trat es durch zwei
Schenkel des Lacerlus medius und inserirte sich wei-
ter vorn am Hinterkopfe , in einem andern entsprang
es vom neuen Appendix und nicht vom Zahnfortsatz
selbst«
Unter den SSugelhieren fand es Vf. bei Cebus,
Bos , Phoca , unsicher beim Leopard. £s ist nach
Vf. weniger ein Aufhängeband , als eins zur Leitung
der Geßisse.
5) Ligamenta lateralia </enhi (alaria Mauchart.),
vollständig beschrieben, ihr anomales Verbindungs-
fascikel ist jedoch unberücksichtigt. Es ist unpaar
und liegt quer hinten auf dem Kopfe des Zabnfort-
Satzes , bald mit ihm verwachsen , bald um ihn ge-
krümmt, bald hinter ihm von einem Gelenktheil des
Hinterhaupts zum andern gehend (Lig. transversum
occipitis, Lauth). In den Fällen ohne Zusammen-
hang mit dem Zahne sah Vf. in der Regel einen abge-
schlossenen Schleimbeutel unter dem Verbindungsfas-
cikel, der nur ausnahmsweise eine Ausstülpung der
Bursa synov. syndesmo-odont. war.
Vf. fand diese Bänder bei allen untersuchten
Säugethieren, mit Ausnahme der Einhufer u. Wieder-
käuer, niemals das Verbindungsfascikel.
6) Das Lig. capsul. atlantico ' odontoid. (Lig.
Caps, anterius) hat mauchmal eine seitliche , entwe-
der zum Atlas, oder zum Epistropheus gerichtete
Ausbuchtung, die man zuweilen als einen mit der Ge-
lenkkapsel in Verbindung stehenden Sclileimbeulei
betrachten kann. Eine offene Verbindung der Syno-
vialkapsel sah Vf. mit der des Ligam. caps. proc.
obliqu. atlant. ef epistrophei und mit der Borna sy-
nov. syndesmo - odontoidea , entweder einxeln (in 1
anf 10 — 12 Fällen), oder mit allen antereinand«
(in 1 auf 40— 50 Fällen).
Vf. fand bei allen untersuchten Säugethieren Co»
municationen wenigstens zweier Synovialsäcke, nän-
lieh bei allen communicirte das in Rede stehende mit
den Synovialsäcken der Gelenkfortsätze des Atlas uni
Epistropheus, ausser mit diesen noch mit den der
Gelenke zwischen Hinterhaupt und Atlas bei Ursos,
Mustela, Canis und Felis, u. endlich ausser mit die-
sen beiden noch mit der Burs. syn. syndesmo-odos-
toidea bei Talpa, Sciurus, Mus, Phoca.
Die Oeffnung zwischen dem Synovialsäcke in
Lig. Caps, atlantic-odont. und dem der Ligamean
junet oss. occip. c. atl. ist von einem halbnaondf5^
roigen, im Durchschnitt dreiseitigen Faserknorpel nm-
geben.
7) Zwischen Zahnfortsatz und Lig. transversum
atlantis findet sich eine Synovialkapsel , die Burs$
synovialis syndesmo-odontoidea. Sie ist noch nickt
genügend beschrieben. Sie besteht aus einem mitt-
leren und zwei Seitentheilen. Der mittlere entspricht
der hintern Gelenkfläche des Zahnes und ist von voro
nach hinten der engste Theil des Sackes. Anomale
Ausstülpungen kommen vor nach oben u. vom unter
dem anomalen Verbindungsfascikel (der Ligg. laier.
dent.) und nach oben und hinten unter dem neuei
Appendix. Die Seitentheile umfassen den Zahnfort-
satz seitlich mit ihrem vordem Hauptabschnitte, wah-
rend sie nach hinten Ober und unter dem Lig. trans-
vers. eine obere (grossere) und untere (kleinere)
Aussackung bilden. Der vordere grOsste Theil bil-
det entweder nur kiine, einfache Aussackungen, oder
er bildet eine Aussackung mit oberer Erweilerang
vor den Ligg. transv., oder endlich er bildet eine enge
vordere Erweiterung, die nach innen von den Proc
obtiquis des Atlas und Epistr. auf die vordere FlSrW
des letztern reichen. Diese letzten vordem Erwei-
terungen der Seitentaschen können vollkommen oder
unvollkommen abgeschnürt sein, wo sie dann beson-
dere Schleimbeutel darstellen, die Hyrtl entdeckt
hat. Vf. fand sie von 50 Gadavern an 21 , davon
nur 6mal gänzlich abgeschlossen.
Diese Bursa synovialis syndesmo-odontoidea steht
zuweilen mit andern Spovialsäcken in Verbindung.
so mit den Kapseln der schiefen Fortsätze zwischen
Atlas und Epistropheus und , wie Vf. gefunden bat,
mit dem Lig. capsulare atlantico-odontoideum. Letz-
tere Verbindung wird durch die vordere Ausbucbluag
(Schleimbeutel, wenn ganz abgeschlossen) mit einer
rundlichen, grössern oder kleinem Oeffnung yermit-
telt. Unter 50 Fällen war in 22 eine Commonica-
tidn der Bursa syn. synd.-odont. vorhanden.
Bei Säugethieren ist die vordere Aussackung nur
selten eine Ausbuchtung der Seitentasche. Sie com-
municirt nur selten mit andern Säcken. Ein Abge-^
schlossensein der Bursa syn. synd.-odont ist daher
IL Anatomie o. Physiologie.
I6T
hier constaot, wahrend es beim Menschen nur Regel
ist. GoDstant ist bei mehreren SSugelhieren die
Verbindung mit dem Lig. allanti^o-odontoideum.
8) Vf. beobachtete manchmal einen accidentellen
Schleimbeutel am vordem Umfange des Kopfes des
Proc. odotttoideus.
9) Die Synofialkapseln der Hinterhaupt - Atlas-
gelenke stehen beim Menschen weder unter einander,
noch mit andern Sacken in Verbindung, ebenso hei
Cebus Apella, Cavia aperea , Sus scropha und (?)
Equus.
10) Die noch übrigen Bänder sind ^ach Vf. hin-
reichend beschrieben.
B. Zum Unterschiede von dem bis jetzt gekann-
ten Appendix superior nennt Vf. den von ihm ent-
deckten App. sup. ad processum odontoideum s. su-
perior anterior, während der frOher gekannte App.
sup. ad OS occipitale s. supenor posterior genannt
wird. Er entspringt von der vordem Paserknorpel-
schicht des Lig. transversom atlantis, ist selbst fibrös
oder faserknorplig, krflmmt sich hinter und Ober dem
Kopfe des Zahnfortsatzes aufwärts und befestigt sich
auf der höchsten Stelle dieses hinter dem Ursprünge
des Lig. Suspensorium dentis. Er ist 4 — 6"' lang,
2 — 3"' breit. Unter ihm liegt häufig ein Schleim-
beutel. Vf. hat diesen neuen Appendix an 50 Ca-
davem nie vermisst, dagegen constant hei den er-
wähnten Säugethieren. Seiu Zweck ist, die Faser-
knorpelschicht des Lig. transvers. atlantis, besonders
wenn sie von der hintern getrennt ist , in einer be-
stimmten Lage zum Proc. odontoideus an diesen
straffer nach auf- und vorwärts angedrückt zu erhal-
ten. Mit B a r k 0 w ' s Lig. medium rectum posticum
kann er nicht verwechselt werden , da er vom Lig.
transvers. atl. aufwärts zum Zahnfortsatz , jenes vom
Hinterhaupt abwärts zum Zahnfortsatz geht. Vf. fügt
seiner Abhandlung noch eine Abbildung des neuen
Appendix bei. (V. Carus.)
379. üeber die fieflsse in den Follikeln
der Peyer'schen Haufen; von Prof. Alb. Kölli-
k er. (Verb. d. phys. med. Ges. in WUrzburg. 11. 14.
1852.)
Vf. bestätigt die Frey 'sehen Beobachtungen
aber das Vorkommen von Geßfssen im Innern der
Peyer*schen und solilären Follikel , und hält sie dar-
nach ftlr drOsige Gebilde, die aus dem Blutplasma,
das ihnen ihre Gewisse abgeben, vermittels ihrer bläs-
chenförmigen Elemente Stoffe secerniren , die dann,
von Blut- oder Lymphgef^ssen wieder aufgenommen,
dem Blute wieder zu gute kommen. Er hält sie für
den LymphdrOsen und Milzbläschen sehr nahe ver-
wandt, und schlägt vor, alle diese Organe, die Fol-
likel mit Kernen und Zellen und Blutgefösse im In-
nern oder in der Hülle enthalten , als ,ydrttsige Folli-
kel" zu bezeichnen.
(V. Carus.)
380. Eiffenthflmliehe patkologiseh« Knt-
Wickelung des Pflasterepitlieliui der Harn-
ku&le ; von Dr. F.^ M a z o n n in Kiew. (M.'s Arch.
4. 1851. mit Abbild.)
Vr. fand in einer Person , die Ober ein Jahr an
Bright'scher W*assersucht gelitten hatte, und endlich
an Lungenentzündung gestorben war, die Nieren 17
und 16 Unzen schwer, zu Specknieren degenerirt
(bedeutende Bindegewebeneuhildung).
Die mikroskopische Untersuchung der Bindett'-
subsiam ergab sehr wenig Uarnkanäle und nur einen
Malpigbischen KOrper. Das Epithel der Kanäle war
eigenlhflmlich verändert und zeigte folgende Entwick-
lungsreihe.
1) Normale, relativ grosse Pflasterepithelzellen
mit Kern und einem oder mehreren KernkOrperchen,
Inhalt feiner oder grobkörniger schattirt.
2) und 3) Aehnliche, aber birnfbrmige, oder
den Gylinderepilhelzellen sich nähernde Zellen.
4) und 5) Den Cylinderepithelzellen gleiche und
sich an einem Ende noch mehr verlängerte Zellen.
6) An beiden Enden zugespitzte Zellen, den Epi-
thelzellen noch entsprechend, aber mit undeutlichem
Kern und mehreren vergrOsserten KernkOrperchen,
Inhalt undeutlich schattirt.
7) Ausläufer noch mehr verlängert, Kern und
Inhalt undeutlich , nur durch die dickere Mitte von
den Spindelzellen des sich neu bildenden Bindegewebes
ausgezeichnet.
Ferner fand Vf. noch Zellen, die den Epithel-
zellenkernen am ähnlichsten waren (nicht den Korn-
chenzellen , denen ihre GrOsse entsprach) und eben-
falls kleine Ausläufer enthielten und gestreckt wur-
den. Deren waren sehr wenige. Endlich waren
die gewöhnlich bei Neubildung von Bindegewebe be-
obachteten spindelförmigen Körper, ihre Vereinigung
zu perlenschnupförmigen Zellenfasern und Uebergang
zu noch etwas bauchigen Bindegewebfasern zu sehn.
In der Marksubstanz waren deutlich viele Harn-
kanäle von relativ starkem Durchmesser u. geschich-
teten oder verschlungenen,^ spindelförmigen Epithel-
zellen , einzelne auch , die nur aus der structurlosen
Haut bestanden, ohne Epithel. Die Epithelzellen
boten in reichlicher Menge die obige Entwicklungs-
reihe.
Die zweite der obigen Reiben war nicht zu beob-
achten, die kleinern Zellen entsprachen durchaus
jüngeren Epithelzellen.
Bindegewebe war sehr reichlich und zeigte die
obigen Zellenfasern.
Essigsäure machte bei den meisten Epithelzellen
auch den Kern erblassen , während Kali das frohere
Ansehn hervorrief: igtized by V^OQO | e
So wahrscheinlich es auch Vf. ersehien, dass dik-
IM
in« Hygieine, PillieUk, Pharmakologie u« Toxikologie.
ipiiidelfttnnigeii K5rper sich nicht bloa aus K0rn-
olionaellen , sondern auch dircct aus dem Pflaster-
epithel entwickeln konnten, so wjll er es doch dahin*
gestellt sein lassen , ob ein Uekergang aus den Epi-
(|ie{aeUen zu formlosen) Bindegewebe durch die erste
4^f dfai beobachteteo Reihen wirklich statthatte.
Vfrbi^ung^ der Zelienausläurer sah er nie. Die
Zlelhso der zweiten Reihe möchte vr. bei dem Man^iel
an freien Elementarkdrnern und KOrnchßnzellen nicht
aus letztern entstanden annehmen; sie glichen den
Epithehellenkeroen. (V. Carus.j
381. üeber das InOSteatoma, eine im Utems
gefundene Fettgeschwulsl ; von Dr. Wi Ib. Busch.
(M.'s Arch. 4. 1851. mit Abbild.)
Mit dem NameDi Inosfeann belegt Vf. ein nicht
verseifbares, ttber 100^ schmelzbares, in Nadeln
krystallisirendes , aus der Losung sich aber amorph
niederschlagendes Fett, das er in einem Falle einer
Uterusgeschwulst fand.
Einer KO J. alten Dame, die seit 8 Jahren an Fluor al-
bog litt, giogeo vor circa 11 Monaten eine faostgrosse Ge-
schwulst, seit der Zeit eine schleimig -wasserige Flüssigkeit
von aashaftem Gerüche und von Zeit zu Zeit kleine, platte
Massen aus der Scheide ab. Der Fundus uteri stand etwas
ttiber der Symphyse ; der Scheidentheil war gesund , die Lip*
pen wenig von einander entfernt ; der Körper des Uterus be-
trachtlich ausgedehnt , nicht sehr hart , schmerzlos , seine
Wandungen beweglich über den darin enthaltenen Gegensland;
die Sonde stiess in der Höhle auf ein Hinderniss. Die durch
den gesunden Gebärmutterhals begründete Vermuthung, es sei
keine krebsige Entartung, sondern eine Mortiflcalion der Ge-
schwulst, die den aashaften Geruch bewirke, wurde durch
die Untersuchung einiger frisch abgegangener Stückchen be-
stätigt.
Dieselben waren erbsen- bis bohnengross, rund-
Hek, doch etwas abgeplattet, graurOihlich, zwischen
den Fingern zerreiblich, sanken im Wasser zu Boden.
Bie Schnittiache war homogen , zeigte keine Pase-
nwg, ebensowenig wie abgebrochene Stttckchen.
An einer Schnittfläche durchzogen dicke, gelbe
Strange von mehr regelmässiger, cylindriscker Form
pelzR^rmig die Geschwi^Utt die sich nicl^t divchseiz-
teoy soadern fr^i ttber einander weggingen.
Mikroskopisch bestanden sie aus eineii Füt ||
den verschiedensten Richtungen sich kreuzender, ve^
schieden breiter, nicht immer glatt conlomirtei, ^
rader oder leicht gebogener (scheinbarer) Fasern,»
in den Maschen dieses Netzwerkes befindlichen Fett-
trnpfchen, zweimal so gross als BtulOrperelien , m
körnigem, amorphem Detritus. Die erwähnten gi
ben Stränge wurden von grosseren, zu elegaale^Gar- 1
ben vereinigten Bändeln von Fasern gebildet, die dei '
tlbrigen vollständig glichen. Beim Pressen zeridei
die Fasern in kurze, spiessartige Nadeln.
Kalter und heisser Aether und heisser AW
löste die Fetttropfen und die Nadeln volUiandig;»
einer kalten AetherlOsung blieb beim Verdunsten m
schmierig weisser Beschlag von tropfenartigeo Fa
zurück. ^
Von kochendem Wasser und kochenden li
wurden die Fasern nicht verändert, ebensoweoig nn
concentrirter Salz- und Essigsäure. ConceDUirK
Schwefelsäure färbte die Geschwulst erst gelb, dm
braun, dann roth, dann violett, endlich schwangrta.
Beim Kochen der Säure fUrbt diese sich ebenso d
die Nadeln verschwinden.
Was das Vorkommen dieser u. ähnlicher Feltarln
anlangt, so hat J. Maller (Müll. Arch. I8}i
S. 219) sie Öfters in längere Zeit in Weingeist aof-
bewahrten Geschwülsten gesehen , und ähnliche i«
einer ihrer weichen, zitternden EescIialTeiiheil wegcs
Collonema genannten Geschwulst (eine aas den Ge*
hirn, einmal aus der Mamma) abgebildet (Ob.d./eii
Bau tt. d. Form d. krankli. Gescbwalste Taf. 111, i^
13). Virchow hat ähnliche Krystalle in Eie^
liockscoHoid und allerhand verwesenden Masses, **
Lungenbrand , Caries des Felsenbeins , in den Folli-
keln der Tonsillen, in dem Beschläge an längere Zeit
ijD der Scheide verweilenden Pessarien» beobacbieli'
sie im Arch. f. palh. AnaL I. S. 334 beschrieb
Die Krystalle von 4. Mflller differirten aberdvcA
ihre UnlOslichkeit in kochendem Alkohol und Schwe-
felsäure und dem unter lOOO liegenden Scbmelip»^
vpn denen des Vfs. , die Virchow' sehen dnrr^
deren IJniöslichkeit in kaltem Aether.
(V. Carai.)
ni, Hygieine, Diätetik, Pharipaicologie und Toxikologie«
382. Heber die epioUirende letl^o^e, sowie
die Remedia bechica pnd pec^oralia; von Dr. J.
D e 1 i 0 u X ^).
Vf. gelangt in seiner Abhandlung zu folgenden
Besultaten.
1) Die erweichenden Mittel besitzen nur eine Ort-
liche Wirksamkeit.
1) Examen crit. de la mddication dmolltente et des
reinedes becbiques et pectoraoz, suivi de formules de miSdica-
■aats balsamo-alcalias. Paria 18111. Labd.
2) Nachdem dieselben durch den Verdanong'pTO'
cess verändert worden und in das Blut flbergegaBp>
sind, verlieren sie ihre Localwirkung, mitbin ib'*
Wirksamkeit als emollirende Mittel Oberhaupt »• ^
gen sich nur noch als Nahrungsmittel nfitzlicb.
3) Eine emollirende Behandlung kann deshalb
nur dann von Nutzen sein» wenn die betreibende«
Mittel in unmittelbaren Gontact mit den leidendei
Theilen gesetzt werden können. Das Wasser ill«*
bildet hierbei eine Ausnahme. £& bleibt, was es ist
IIL Hiipieme, DiXtetik, Pharmakologie u. toxikologie.
MO
' «od kMft ab wahres hmeres Emolliens angesehen
werden.
4) Bei Brustkrankheiteh darf eine aclive Therapie
sich laicht anf der inoem Anwendung albuminOser,
gelatinöser » gammi-, Stärkemehl- oder zockerartige^
Mittel basiren. Dieselben können allenfalla ata Bechica
(Bustenmittel) betrachtet werden, aber nicht als
eigentliche Pectoralia, d. h. als Mittel, welche auf
dynamische Weise die fimslorgane alficiren.
5) Die Verbindung der Balsamica mit dem dop-
peltkohlens. Natron oder Ammoniak liefert leicht
absorbirbare und wahrhafte Pecloralia.
(Julius Glarns.)
383. Kultur des einheimisclieB Opium; nach
Atfbergier. (Gaz. des Udp. 130. 1851.)
Zwei Umstände sind es, die bei der Kultur des
einheimischen Opium yorzüglich berOcksiehtigt wer-?
den müssen, wenn es mit dem auslandischen rivali-
siren soll. 1) Die Woblfeilheit, 2) der Gehalt au
Morphium. A u b e r g i e r hat in ersterer Beziehung
den zweckmassigen Rath gegeben, beim Einschneiden
der unreifen Kapseln niemals das Endocarpium zu
verletzen , damit der Samen reifen und durch seine
Verwendung zur Oelfabrikation die Kosten des An-
baues decken könne. Das Opium hat somit nur
Doch die Kosten seiner eignen Fabrikation zu bestrei-
len. Da nun jede Arbeiterin 300 Grmm. des frischen
Saftes, welche 75 — 90 Grmm. Opium siccum ent-
sprechen , gewinnt , so ist der Preis immer noch ge-
ringer, als der des ausländischen Opium. Was 2)
den Beichthum des Opiumsaftes an Morphium anlangt,
so hangt dieser von 2 Momenten ab. a) Je ri^ifer
die Kapsel , desto geringer der (rehalt an Morphium ;
b) jede Varietät des Mohn enthalt eine verschiedene
Menge Morphium, dessen Verhaltniss zwischen 1,5
bis 17,833 differirt, in den einzelnen Varietäten aber,
sowohl des inlandischen, als des ausländischen, sehr
bestimmt ist. Das Klima scheint ohne wesentlichen
Einfluss zu seih , da jedoch der Mohn am besten in
den vulkanischen Gegenden Kleinasiens gedeiht, so
glaubt Aubergier, dass die gleiche tellurische
Beschaflenheil der Auvergne die Ursache der vorzOg-
lich guten Resultate des Mohnhanes in dieser Gegend
^ei. (Julius Clarus.)
384. Erttactum acoiiiti und cicutae; von
Dorvault. (Bull, de Tli^r. Nov« 1851.)
Bei der leichten Zersetzbarkeit des Aconitin und
Coniin durch die Wärme. ist die gewöhnlich ange-
wendete Bereitungsart der genannten Exlracle durch
Eindampfen des Saftes im, Marienbade unzweckmässig
und liefert ein meist ganz unwirksames Präparat. Es
bat deshalb Grandval einen Apparat angegeben, in
welchem bei sehr niederer Temperatur ein Abdampfen
der Flüssigkeiten im luflloeren Ranme bis zur Trok-
kt;nheit möglich wird. Das so gewonnene Extr.
aconrti bewirkte schon in Dosen von 25 — 30 Ctgrmm.
Schwindel und Betäubung , wahrend dieselbe Menge
Extr. cicutae Kälte der Extremitäten, erschwerte Be-
wegung der willkürlichen Muskeln, verlangsamte Re-
spiration in Folge beginnender ZwercbfelUähmung
hervorrief, wobei das Bewusstsein ungestört blieb.
(Julius G 1 a r u s;.)
B85. Beber Aeü'CMialt 4e8 LeberthraBi m
Jod; von Chevallier und Oobley. (Gas. des
Höp. 130. 1851.)
Die Vff. bedienten Sich zur Enfdeck'uhg des Jöd
der Methode von G i r a r d 1 n und Press er. Dies'e
besteht darin , dass man den Leberthrah mit einem
Ueberschusse von Aetznatronlaoge von 25% vehseilt,
hierauf erhitzt ohne zu kochen und das Ganze ftur
Trockenheit abdan^ft. Hierauf verkohlt man die
Seife vorsichtig im verschlossenen Tiegel , setzt danb
kohlensaures Ammoniak zu , um das freie Aetzna^rota
zu entfernen, und zieht den Kohleurftckstand mit
kochendem Alkohol von 96 — 100^ aus, dampftidie
alkoholische Flüssigkeit bis zur Trockenheit ab und
erhalt so einen aus Jodkalium bestlshenden Salzrllck-
atand. Vff. haben abweichend von dieser Methiode,
um den wahren Gehali des Leberthrans an JodkaKitai
zu ermitteln, den Salzrückstand mit PalladiumchloHlr
geprüft und hierdurch bei 4 Sorten Leberthran iai
Liter je 0,10; 0,08; 0,04; u. 0,03 Grmm. iodkaliuii
gefunden. (J u 1 i u s G I a ru a)
386. Die WirlnuigeD desStccuk citri; voii
Dr. Klüse mann. (Pr. Ver.-Ztg. 2. 1852.)
Vf. beobachtete nach dem Gebrauche von 8uccu8
citri in 2 Fällen Haemoplysis mit tödilichemAnsgaoge
und in einem ausführlicher erzähKen, bei welch««!
60 ^ des Mittels allmälig gegen Wass^sucht steh
Intermittens verbraucht worden waren, Darmblutuir-
gen und Tod. Er hält den Schluss „post hoc erga
propter hoc" in diesem Falle fflr gerechtfertigt tmd
empfiehlt deshalb Vorsicht bei Anwendung des Mittels
auf längere Zeit und in grossem Gaben.
(Julius Glaruff.)
387. Das gerbsaire Cinckoflin iL fflünoidiii;
von Dr. Wucherer, had. Keg. -Arzte. (Deutsche
Klin. 7. 1852.)
Der steigende Preis des Chinins, die ziemliche
Wirkungslosigkeit des Chinoidins u. des reinen Cin-
chonins veranlasste Vf. zur Herstellung und Anwen-
dung des gerifsauren Cinckonins. Von 3 von ihm
versuchten Methoden der Darstellung war die durch
eine Fällnng des in 54 Th. Wassers aufgelösten
schwefeis. Cinchonins mit einer wässerigen Tannin-
lösung die billigste. Die Drachme gerbs. Cincbonin
kostet darnach 36 Kr. (10 Sgr.) , während gegen-
wärtig die Drachme schwefeis. Chinin 2 PI. (347^
Sgr.) kostet. Eine Drachme schwefeis. Cincbonin
lieferte auf diese Weise 1^^ 3 vollkommeu ausge-
waschenes, basisch tanninsaures Cincbonin« ^.— ^
160
III. Hygieine, Diätetik» Pharmakologie u. Toiikologie.
Das tanninsaure Ghinoidin wurde durch PXlIung
mit einer weingeistigen TanninlOsnng aus einer Chi-
noidintinctur (wovon die Unze 1 3 Chinoidin enthielt)
dargestellt. Die Harz- und Farbstoffbeimengungen
des Niederschlags entfernte Vf. mit Alkohol und von
noch tiberschttssigem Tannin wurde das Präparat
durch Auswaschen mit Wasser weiter befreit. Das
so dargestellte Präparat hält Vf. für ein Gemeng von
tanninsaurem Cinchonin und tanninsaurem Chinin,
und rechtfertigt den Namen tanninsaures Ghinoidin
durch den Bezug auf die Darstellung. . Das Mittel ist
noch billiger, als das gerbsaure Cinchonin.
Das frischgef^llte » ungetrocknete , tanninsaure
Cinchonin ist ein käseartiger , weissflockiger Nieder-
schlag ; getrocknet ist es eine amorphe Masse oder
Pulver von graulicher oder bräunlich - gelber Farbe. .
Es ist in kaltem Wasser in sehr geringer Menge , in
heissem etwas mehr, in rectificirlem Weingeist nicht
Itfslich. Leichter iOslich ist es in mit etwas Essig-
oder Salzsäure versetztem Wasser, so wie in ver^
dOnntem filtrirlen Magensaft, wobei eine Fällung des
Eiweisses wie bei einer einfachen TanninlOsung
nicht stattfindet. Die LOslichkeit des Präparats dürfte
durch Darstellung mit- eiaengrünendem Gerbstoff
(Chinagerbstoff, Catechin u. s. w.) erhobt werden.
Deshalb wäre z. B. das aus Cort. hippocastani oder
Cort. ulmi inter. billig zu gewinnende eisengrünende
dem zumeist aus Galläpfeln gezogenen eisenbläuenden
Tannin zu diesem Zwecke vorzuziehen. Das tannin-
saure Chinoidin hat die gleichen Eigenschaften , wie
das tanninsaure Cinchonin.
fFirkungk Die Schrift von DuBois-Rey-
mond über die thierische Eleklricität (Berlin 1848
•-—1849) giebt ftlr die Erklärung der Wirkungsweise
dieses Mittels einige Anhaltepunkte. Das atomistische
System berechtigt nämlich zur Annahme physikalischer
Aenderungen (der sogen. Primär- und Secundärqua-
litäten, zumal der Aggregation) in den Molekülen der
Nerven u. s. w. und dadurch erregter elektrischer
Strömungen, welche auf die Übrigen Strömungen
im Organismus weiter einwirken. Zu einer Elektri-
citätsentwicklung reicht aber schon die Annäherung,
Berührung, Druck u. s. w. anderer Körper u. Atome,
so auch der Arzneistoffe auf die Magenwände hin.
So würde sich die öfters beobachtete rasche Sistirung
des Fieberparoxysmus durch ein kurz vor der Fieber-
zeit gereichtes 3graniges Pulver von dem schwerlös-
lichen tanninsauren Cinchonin erklären lassen. Die
secundHre oder chemische Wirkung auf das Nerven-
system dürfte nun dem Cinchonin bei gleicher Ver-
bindung (mit 1 Mischungsgew. Schwefelsäure) schon
nach seiner chemischen Differenz vom Chinin in etwas
geringerem Grade zukommen. Die Formel des Cin-
chonin (Cqo 0| H22 Aq) weirlit von der des Chinin
(G^o ^s ^24 ^s) ^^^ durch ^0 u. ^U t somit in deren
Wasser bildendem Verhältnisse ab. Um aber dieses
Minus in der chemischen Seite dem Cinchonin zu er-
setzen, wählte Vf. die Gerbsäure, welche an sich
schon als Febrifuguni wirkt. Uebrigens verbindet
sich durch Beifügung der Gerbsäure mit 4er fid>er-
vertreibenden Wirkung des Cinchonin die adttringi-
rende, das Blutleben indirect steigernde, die Blut-
krase direct normirende und so den Gesammlernäb-
rungsprocess verbessernde.
Anwendung, Die allgemeinen Indicaliooen filr
das fragliche Mittel sind : a) verminderter Taniu der
Unterleibsorgane, insbesondere Erschlaffung da
Darmtractus und seiner Anhänge, aber auch Alonie
des uropoötischen und Genitalsystems; — b) gleich-
zeitige Alonie des Geßlss- und Nervensystems and die
sogenannten eretliischen Schwächezustände; — c)
herabgesetztes Blulleben, besonders Anämie mit ihres
Folgekrankheiten ; — d) allgemein gesunkener K^äfi^
zustand mit Schwäche des Muskelsystems u. s. «.
Die speciellen Krankh. sind folgende. \) fFeehselfit-
ber. Bei einfachen Formen kommt das gerbs. Cracfa.
den gebräuchl. Chininsalzen an Wirksamkeit gleich,
bei tieferen Grundleiden und den Folgezuständen aber
übertrifft es das schwefeis. Chinin. — 2) Tifphus mt
putridem Charakter , wo es leichter vertragen wird,
als Chinin, sulphur. , in der Reconvalescenz nach
Typhus, wenn chlorotische Zustände, erelhischc
Schwäche, chronische Durchfälle, wie bei Ruhr und
Phthisis, zurückgeblieben sind. — 3) Chrom, Keuek-
husten. — 4) Nachtripper, weisser Fluss, üker-
massige Menstruation, passive Blutflüsse ^ Brighi-
sehe Krankheit mit Hydrops.
Contraindication : jede örtliche Reizung n. Ent-
zündung, namentlich der Unterleibsorgane.
Gabe und Form. Bei Erwachsenen 3 Gr. p. d.
3 — 4mal täglich in Pulver, mit Zimmt, Calmns
u. s. w. Bei Verstopfung wurde zu jeder Dosis
Ys — 1 Gr. Rhabarber zugesetzt.
(Julius dar US«)
388. Chinoidin gegen Febris intermitkens;
von Lewis Slusser, M. D. , Canal Fulton, Ohio.
(Smith-Biddle Med.-Exam. April 1851.)
Vf. bewohnt einen District, wo Malaria einheimist^
ist, und nachdem er die meisten antiperiodiseheii
Mittel versucht hat (Chloroform fand er als ein sol-
ches ganz unwirksam) , stellt er jetzt das Chinoidin
dem (auch in Nordamerika sehr theuern) Chinin in der
Wirkung völlig gleich. 42 Fälle von Febris inter-
mittens (26 Quartanae, 16 Tertianae) wurden oacs^
schliesslich mit Chinoidin behandelt; alle wurden
geheilt, ohne dass ein Rückfall stattfand. Unsere
Leser werden aber mit uns das AussckUessUcke hier
wohl etwas in Frage stellen , denn die Anwendang»-
weise des Dr. S. ist folgende. ]^ Chinoidini ^,
Acid. tartar,, Cinchon. rubr., Gascarill. pulv., Valer.
rad. pulv, ana 3jj> Extr. quassiae, Extr. gentian. ana
^£ , Mucil. acaciae q. s. ut f. Pil. 480. Es wer-
den davon gleich nach dem Paroxysmus einon Er-
wachsenen alle 3 Stunden 16 Stück gereicht, bis sie
alle sind. Um den Rückfall zu verhüten, werden am
12. und 13., wie am 26. und 27. Tage noch einmri
6 Stück gegeben ( ! I ). (P i n c o ff s.)
III. Hygieine, Diltetik, Pharmakologie u. Toiikoiogte.
161
389. Anenik gegea WeektelSeber; in 45
Fällen erprobt; von Dr. Giuseppe Morganli.
(Gats. med. Ual. fed. Lombard. 47. 1851.)
Vf. machte seine Beobachtungen an 45 österrei-
chischen Soldaten, welche 1849 imSptiale auViarese
lagen. Sie hatten sich das WechselGeber in den
sumpf- und wasserreichen Gegenden von Temesvar,
Venedig und Mantua sammllich in bedeutendem Grade
zugesogen. Anfangs wurde 1 Grmm. arsenige Saure
in 500 Grmm. Wasser gelöst in 4 Dosen gereicht,
jedesmal nach Vorausschickung eines Emelicum aus
20 Gr. Ipecacuanha mit i Gr. Tart stibiat. ; spater
aber sowohl mit der Dosis, als mit der Form des
Mittels mancherlei Modification vorgenommen.
Nur 14 Kr. (1 mit Quotidiana, 1 mit Tertiana,
12 mit Quartana) wurden dadurch vom Fieber be-
freit; Durchschnittsdauer 21 Tage. Ein Kr. hatte
schon mehrere Becidive und in der Zwischenzeit
jedesmal heftige Spinalschmerzen mit Gliederzittern
und Schwache bebalten und wurde erst durch das
Arsen vollkommen hergestellt.
Bei 30 Kr. wurde das Fieber nicht gehoben und
fflusste (selbst wenn bei Einigen die Anfalle gemSs-
tigter auftraten) wegen drohender Steigerung der
allgemeinen Irritation (nach einer mittlem Kurzeit
von 25 und resp. 31 Tagen) noch zu dem alt be-
wahrten Chinin, sulphuric. gegriffen werden. Schnel-
les Verschwinden der Schweisse, guter Appetit, ge-
sunde Farbe sind günstige Vorzeigen , wogegen Ga«
stralgie, mitunter auch bronchitische Zußllle, Nasen-
bluten, Salivation als Folge des Arseniks seinen Fort-
gebrauch sogleich aufzuheben gebieten.
AufTallend war aber die Schnelligkeit , mit wel-
cher auch in solchen Fallen das Chinin zu wenigen
Granen seine Heilwirkung äusserte, auch traten bei
den mittels Arsenik Behandelten, Becidive offenbar
seltner und jedenfalls spater ein , als nach dem Ge-
brauche des Chinins. Vf. kommt auf die Vermuthung,
dass gerade dem aufeinander folgenden Gebrauche bei-
der Mittel (mtfge nun das eine oder das andere vor-
ausgehen) die grösste Wirksamkeit zukomme, und
dass die meisten von B o u d i n so schnell geheilten
französischen Soldaten wahrscheinlich schon vorher
(beim Begimente) Chinin genommen hatten, was beim
Osterreichischen Militär nicht stattfinden könne. Ohne
daher dem Arsenik seinen Werlh als Febrifugum ab-
sprechen zu wollen , glaubt er doch dem Chinin den
Vorrang vor ersteren durchaus bewahren zu müssen.
(Kohlschülter.)
390. Ueber Chinin n. Anenik gegen Wech-
lelfleber ; von Dr. G O z in Tarutino. (Med. Ztg.
Russl. 41. 1851.)
Alfl Student verschluckte Vf. eine ziemliche Quan-
tilSfl eines starken Chinadecocts , welches er zur
Nachweisung des Chiningehaltes chemisch behandelte.
Unangenehme Unruhe, Kopfschmerz, Schwindel,
IML JalirM. B4 74. HA a.
Frostgeftthl, namenlose Angst, Zittern, Wanken der
untern Extremitäten, kaller Schweiss, Herzpalpitation,
Pulsintennissionen traten ein und hielten mehrere
Stunden an, bis Pulv. aüroph. und heisser Thee eine .
bedeutende Diaphorese hervorgebracht hatten, der
der Abgang einer grossen Menge heissen Urins folgte.
Merkwürdigerweise trat jener Zustand, und besonders
die eigentbflmliche stossweise Herzpalpitation u. Puls-
intermission, wenn auch minder heAig, noch lange
Zeit nachher, vorzüglich bei Gemttthsbewegungen
ein. Die physikalische Untersuchung ergab Dilatation
des rechten Herzens , und wahrend der AnOllle ein
Ausfallen des neunten Pulsschlages, welches 3 — 4
schneller auf einander folgende Pulsationen wieder
ausglichen.
Dieselben Erfahrungen nun, hat Vf. auch bei Wech-
selfieberkranken gemacht, welche längere Zeit mit
China , Chinin , Chinoidin u. s. w. behandelt wor-
den sind. Diese leiden fortwahrend an Recidiven,
oder sind vielmehr noch nie vom Fieber befreit gewe-
sen, und nur das Typische desselben ist getrübt, od.
undeutlich gemacht. Bei allen weist die physikali-
sche Untersuchung, neben Anämie, eine Dilatation
des rechten Herzens nach , welche aus der längere
Zeit hindurch mittels Chinin künstlich hervorgebrach-
ten und erhaltenen GeHlsserregung und ungleichen
Blutvertheilung resultirt. Diese Beobachtung stimmt
auch vollkommen mit den physiologischen Beobach-
tungen anThierenvon Rauschenbach u.Freind
überein.
Es lasst sieb nun zwar erwidern , dass die Wir-
kung absichtlich ttbergrosser Gaben mit der thera-
peutischen kleiner Dosen nicht verglichen werden
könne, und dass die angeführten Erscheinungen nicht
sowohl Wirkung des Chinins, als vielmehr Folge,
theils der ungeheilten Krankheit selbst, tUeils
der unrichtigen und unzeitigen Anwendung des
Chinins seien. Abgesehen jedoch, dass es noch nicht
erwiesen ist, ob nicht das Chinin, so wie andere Al-
kaloide , z. B. Emetin , Strychnin u. s. w. ebenfalls
cumulalive Wirkung erzeuge, so beweist doch die
tagliche Erfahrung an mit Chinin längere Zeit hin-
durch behandelten Wechselfieberkranken, dass nach
längerer Anwendung des Chinins in therap. Dosen,
ganz dieselben Erscheinungen und Zustande eintreten,
als nach, grossen, zu physiologischen Zwecken ge-
reichten Gaben. Der 2. Einwurf ist nach Vf. inso-
fern nicht hallbar, weil die angegebenen Beobachtun-
gen an Fieberkranken gemacht worden sind , welche
von den ausgezeichnetsten Aerzten behandelt wurden.
Die therapeut. Anwendung des Chinins muss
durch die Beachtung der physiologischen Wirkung
desselben geregelt werden; diese besteht aber in
Gastrointestinalreizung und Störung der Digestion, in
Aufregung des Gefaisssystems , mit venöser Slase in
den Lebensorganen , und in Störung der Cerebrospi-
nalfunctionen , aus welcher wieder Behinderung der
rhythmischen Herzbewegung resultirt. Die Anwendung
21
16a
IIL Qygieine., lliilletik, Pkaniftk/ologiB u. Toab^gie.
de« GMoins scheint d^m&ach auf die Fülle beschiüakt
werde» za orltoseo , wo das WechsolliebeF io Pdige
raomeotaner Krankheilsursacheii entstanden, o. noch-
• nicht allzulange den Orgamsmus belästigt hat» wi»
mithin China unii deren Präparate noch gar niehl,
oder wenigstens nicht oft angewendet wocden, und
noch keilte organischen Veranderuotgen zu Siaiide
gekommen sind. Ferner wo es darauf ankommt,
nur den nächsten Paroxysmus wegen dringender In^
dicatio vitae zu unterdrücken, um hernach ein«
eigenlliche Behandlung der Krankheit durchzuführen,
denn das Chinin hebt wohl das Symptom: Fieber,
Imih aber die Krankheit selbst nichU Hingegen ist
das Cbinin V4)a der Behandlung auszuschliessen : bei
den inveterirlen , turbirten und consecutiven Wecli-
seliiebererkrankungen , ebenso in allen Fällen , wo
Anämie, Hitmorrhoid^ilzuslände , Lungentuherkulose,
Herzkrankheiten, Congeslivzustände und Scorbut in
höherem Graile vorhanden sind.
Obwohl es wUnschenswerlb erscheinen mag, die
Anwendung des Arseniks so viel als möglich zu be-
s^llrltnken , oder ganz zu vermeiden , so muss sie
aa«h Vf. doeb der Anwendung des Chinins in den
ail«rmeistoif Fällen vorgezogen werden , weil seltner
darnach Ikcidive entstehen , und der Ars^ gerade da«
»it dem gl^Ucklichsten Erfolge angewendet wurde, wo
das Cbinin nichts gefruchtet hatte \u bereits die oben
angeführten Übeln Zustände eingetreten waren. Als
Beweks dies Gesagten Iheili Vf. 5 Krankengeschichten
ausführlich mit. (M i 1 1 i e s.)
391. Seesalz als Febrinigiim j von j. Le-
maire. (Il6v. m6d. Nov. 1851.)
Ami Sohlit^se einer Zusammenstellung der Beob-
achdui^en verschiedener Autoren über die fieberver-
treibende Wirkung de» See- und Koobsake» eropQeUlt
Vf. da» SeesaU nach eignen Beobachtungen als heil-
kräftig und zieht es seiner Billigkeit weg.eu dem CJä-
nin^ vor.
Eine ähnliche Empfehlung des Salmiak (8 Grmm.
Salmiak, 50 Gnnm. Aq. menlhae, 80 Grmm. Aq.
ffor. naphae nach Aran, auf 2iifial mit 2stündigem
Zwischenräume zu nehmen) findet sich (R(^v. th^r. du
Midi 22. 1851) von Girbal.
(Julius C I a r u s.)
392. Anwendungsweise des ProtojodnretaiD
ftni; von H. Bonnewyn. (Presse m6d. 46 und
Gaz. des Höp. 132. 1851.)
Da der Jodeisensyrup den Kr. widersteht und die
Jodeisenpillen von ihnen nicht vertragen werden, od.
sehr ungleiche Wirkung äussern [?], so schlägt' Vf.
folgende Formel für die Anwendung des Prolojoduretum
ferri vor, durch die obige Nachtheile vermieden wer-
den sollen. Nr. 1. Kali hydrojod i Grmm., Aq.
dest. 280 Grmm. Nr. II. Sulph. prot. ferr. 2 Grmm.
30 Ctgrmm. f. pulv. subtiss. div. in 18 partt. aeq.
Von Nr. II wird zuerst ein Pulver in 1 Essl.
2uckerwa990r m^gßlm «n« in KosMHa Aes BtMeh-
mens ein* LdCTel von Nr. I glskhz«itig genoBpoies. So
bekommt der Kn 5 Gtgrram. des. hilscbeii fbischgebil-
deten Eisenjodürs.
Mil Reckt MHrd hier» vmi dem EericEUertUllv
der Gaz. bemerla, 1) dass diese Mmhode der Ai-
WAitdioig fttr deft Kranken hüchst lästig ist; 2) dast
es ungeeignet ist, dem. Mtagea die^ Sorge ftlr die Hep-
stellufig der gewünsehten cheinischen ¥erbiDdiMig au
überlassen ; 3) dass din^h die neueren ErfälinuiKei
über die Bereitung ». über die AnwcnduBf^ des-filten-
jOilikTSr alle Nacbtheilc beseiligt: sind:.
(Julius Clams.)
343. Ueber den CfebrMcb Ten Brtm-
von. E d w a r d G i i 1 e s p i e , H. D. Pensylv. (Smitb-
Biddle Med. Ezam. Marcb. und Bev. m^d.-cbir. Nov.
1851.)
Vf, bewohnt einen District, wo Brom gefertigt
wird, nud hat eine besondere Vorliebe fOr das fragt
Mittel gefasst. Er wendet es an bei scropliuldxei
Geschwülsten, DfüsenenlzUndungen, AoieiiorrhOeB
und in den meisten Fällen, wo Eisenmitlei angewen-
det werden. Bei Geschwülsten der Obrspeichel-,
Kinn- oder Halsdrüsen hat es sich ihm als besonden
wirksam erwiesen. Er bepinseJt die kranken Steiles
damit uad reicht es zugleich innerlich, in steigende«
Gaben, bis sich Nausea einstellt, welche er als ein
Zeichen der Sättigung betrachtet. In einer Epidemie
von Erysipelas, die seinen Dislrict heimsuchte» faad
Vf. von allen Örtlichen Mitteln (Liq. plumbi aceL,
Tincl. jodii , üng. hydrarg. , Solutio hydrarg. Ucb]<»-
ridi) das Bromeisen als das wirksamste, um die Ent-
zOndung zu beschränken und deren Uebergaog io
Brand zu verhüten. Ihs Präparat, welches Vf.
braucht, bereitet er selbst, und scheint uns sehr un-
zuverlässig.
Die Her^usgelier des Med. Exam. emfifeiilei^
wegen der Leichtigkeit, womit das firomrEisen na
der Lufl zersetzt wird, folgendes Präparat, zuai iBoer-
licben Gebrauch, i^ Bromii Gr. 200, Linularae
ferri Gr. 85, Aq. destillaU ^vß, Sacchari güi-
Misce et digere. Dosis zu 10 Tropfen, die Cr. j
Brom eutbaUen. (P in c o f f s^)
394. Ueb«r das. WAiiiiaw^ liseiii- Kali - A»
nonialL; von Lac assin, (Journ. de Toul. Ne«.
1.851.)
Die Schwierigkeit, ein reines, weinsaures Eisen-
kali darzustellen , welches sich vollständig löst nn^
nicht, wegen freiem Cremer tartari> abführt, sondere
die Bisenwirkung vorwalten lässt, heslhnmte Vf., etne
leicht lösliche Verbindung von weinsdurem Eisenoiyd,
weinsaiirem; Kali und Ammoniak darvisteUeo» die alle
jene erforderlichen EigensohafUn besiUL Das Vei^
fahren ist fblgendes« Men erhiut ett4we4<r im ili*
rienbade oder bei ojEeaiem Fßuer eine hetüoiMle
Menge Gremor UrUri mit dem 6>~6fieheii' GevrieMe
UL flygieme, Mmwclk, Marmsdiologie u. ToKik«logie.
»S3
WaMere , md seicl liiercu «o laag« CfseDoxydhydrtit
irod Aetzamcnooia^flassigkeit, bis sich das fiisenoxyd-
bydrat nicht mehr auflöst Hierauf wird fiilrirt und
al)ge4lMDpft Dia« Tartrat erscheint in ^lanaenden,
brauotn ftlstttcben , die in Wasser sehr leicht lOslich
sind and nnr wenig nach Eisen schmedLen.
Zwei Khntiche lOsfiche Verbindungen erbidt man,
wenn man an die Stelle des Ammoniak eine LOsu^g
von k^hleAsaurem Ifatron iwd KaU setaL
(ialitts Glarns.)
995. ISIlMisMii gegpen Revralgleii; von
Marotte. (Gez. des Bdp. 132. 1851.)
Der Höllenstein bietet bei seiner Anwendung
gegen Neuralgien fulgende Vortheile: 1) er ist stets
bei der Hand ; 2) er schreckt den Kranken weniger,
als das Glüheisen und selbst das Vesicator; 3) er
erzengl kernen so ]a»g dauernden und tiefgehenden
Schmerz, als diese; 4) er hraterlifsst keine Narben
und keine so andauernde Röthe ; 5) er ist im Allge-
metnea ebenso wirksam. Das dabei einzuschlagende
Verfahren bestebl darni , dass man mit dem vorher
herenchteten Hollensteinstift etwa 8 — lOmal aber
die schmerzende Stelle streicht, wobei natürlich die
Empfindlichkeit, oder andererseits die Dicke der Haut
maassgebend sind. Nach 2 — 3 Stunden entsteht eine
Hantblase.
In ganz gleicherweise schlügt D e 1 v a u x (Gaz.
des Höp. 141. 1851) die Anwendung des Höllen-
steins als Vesicans vor. Man streicht etwa I ^/^ Mi-
nute mit befeuchtetem Httllenslein über die betreffende
Hautpartie, bis dieselbe grau wird, worauf nach 1 —
2 Std. sich eine Blase bildet , unter der eine spater
in Eiterung übergehende Wundflache befindlich ist.
(Julius Clarus.)
396. Grosse Dosen ChiBin gegen Typhns ;
von Dr. Robert Dunda^. (Times. Oct. 1851.)
Ein langjähriger Aufenthalt in den Tropenlandern
setzte Vf. in den Stand , eine Vergleichung zwischen
den intermittirenden und remiltirenden Fiebern jener
Gegenden und dem europaischen Typhus anzustellen.
Er fand , dass beide ihrer Natur nach identisch sind,
und dass bei beiden die frühzeitige Anwendung von
Cliinin (10—12 Gr. alle 2 Sld.) den Verlauf ausser-
ordentlich abkürzt und mildert. Mehrere Fälle wer-
den berichtet, die obige Thatsachen bestifligen. auch
eine Correspondenz mit Dr. E d d o w 1 s mitgelheill,
der Gleiches beobachtete.
[Fenn er (Edinb. Journ. Oct. 1851) hat bei dem
gelben Fieber in 'New -Orleans 20—30 Gr. Chinin
mit 2d — 30 Tropfen Laudanum , auf einmal zu neh-
men, verordnet und darnach schon in wenigen Stun«
den Abnahme der GefSss- und Nervenaufregung, pro-
fuse Perspiration , Aufhören des Schmerzes u. Schlaf
teobachleU] (Julius Clarus.)
897. GhiBinira siil^niienmtei Aenl^lins
abdoniinalis ; von Dr. Klusemann in Burg. (Pr.
Ver.-7.tg. 1. 1852.)
Plagge gründet die Anwendung des Chinins „ih
allen den Fallen, welche man den Status nervo-
SOS s. lyphosiis nennt, der die ßluthe eines sogenaan-
ten gastrischen f lebers darstellt, gleichviel ob dieses
im Anfänge den Charakter eines Schleim- od. Gallen-
fiebers an sich tragt'*, auf die von ihm gewonnene
Xleberceugttiig , dass diese Krankheit wegen der Re-
missionen und Exaoerbationen des Fiebers ,. zu den
periodischen oder Wechselfiebern gehöre. Dietl
(vgl. Jahrbb. XL. 169) behauptet gerade das Gegen-
iheiK indem er sagt, dass das schwefeis. Chinin den
Durchfall, die Unruhe, Hitze und Fieberbewegung
vermehre. Richter endlich erklärt in seiner ge-
krönten Preisschrifl , „der Typhus", dass man keine
genügende — theoretische — Gründe für die An-
wendung des Chinins gefunden habe, um sie zur Ba-
sis eines neuen Kurverfahrens zu machen , dessen
Ausgang erst durch Erfahrungen erforscht werden
soll.
Vf. hat in nicht wenig verzweifelt scheinenden
PSHen von Typhus glückliche Erfolge durch Chinin
erzielt. Er wendet es zwar nicht als Prophylacticum
an, auch findet er nicht, wie Plagge, in jedem
Falle die indication zur Anwendung * sondern blos in
dem gastrisch-nervösen Fieber, oder Typhus abdomi-
nalis, welches nach längerer Anwendung des Liquor
chlori oder Kali chloricum dep. sich nicht zum Bes-
sern wendet, vielmehr sich in seinen nervösen Sym-
ptomen steigert, wo also die meist blanden, Delirien,
das Flockenlesen, Sehnenhüpfen bei einem Hinsinken
der Leb^mskral^, und bei sehr schwachem, kleinem, .
leicht comprimirbdr<:m Puls, von d<'r verschiedensten
Frrqnenz in den verschiedenen Fallen, in stetem Zu-
nehmen begriffen sind, wo also auch sonst die Indi-
cation fttr die Anwendung der erregenden, belebenden
oder auch .starkenden Mittel gegeben ist. Bei bedeu-
tenderen gastrischen, abdominellen Symptomen, eben-
so beim Auftreten septischer Erscheinungen , verbin-
det es Vf. mit Acid. muriat. , wodurch es keineswegs
chemisch so verändert wird , dass es aufhörte , als
Chinin zn wirken , wahrend das Acid. muriat. seine
Wirkung, als antigastrisches u. anliseplisches Mittel,
zu entfallen, die volle Kraft behatl. Bei dieser B(e-
handlung trat, obwohl sie nicht allemal den Tod ab-
wehrte , doch in den meisten Fallen bald rascher,
bald langsamer Besserung ein, deren erstes Zeichen
in dem Feucht- und Biegsamwerden der Zunge be-
stand, worauf das Phantasiren aufliörte, erquicken-
der Schlaf eintrat, die Besinnlichkeit wiederkehrte,
der Durst nacliliess und Appetit sich einfand. Zur
Bestätigung seiner Angaben theilt Vf. schlflsslich 3
Krankengeschichten kurz mit. (Millies.)
398. Chlorofonneinathmüngen bei Longen-
SChwindsncht ; von Dr. Spencer Wells. (Times
Sept. 1851.) ^
164
III. Hygteine» DiStetik, Pfaarmakologie u. Toxikologie.
Vf. berichtet fon einem an LnogeD« ond Trachealtober-
kolose leidenden 37jahr. Manne aus vornehmen Stande , bei '
welchem einige Tropfen Chlorororro auf ein Taschentuch ge-
tropft ond ihm Tor das Gesicht gehalten, die heftigsten Anfälle
foo conTulsivem Asthma sofort und jedesmal, so oft das Ver-
fahren wiederholt wurde , beseitigten. Zuweilen eintretende
Killte und Sistirung der Circulation in den Extremitfiten machte
eine Veniflnnung mit 4 — 5 Theileo Eao de Cologne nothwen-
dig, doch konnte später wieder das reine Chloroform ange-
wendet werden, ohne dass obige Nachtheile eintraten.
(Julius Clarus.)
390. Oleum Daphthae gegen Dianhöen ; von
HaTel. (Uaz. des Bdp. 141. 1851).
Vf. theill 4 Beobachlungeo mit, denen zufolge
sich das Oleum naplilliae zu 6 — 10 Tropfen täglich
in weinigen oder schleimigen Vehikeln bei harlnaicki-
gen Diarrhoen in kurzer Zeit sehr wirksam zeigte.
(Julius Clarus.)
400. Konsso gegen Bandwnrm; von Dr.
Franc. Oliari, Direclur des Spitals zu Cremona.
(Gazz. med. ilal. fed. Lombard. 46. 1851.)
1) Bei einer 36jähr. Frau waren seit 4 Monaten häufig
Stucke Ton Bandwurm (Vermis solitarius) mit dem Stuhlgange
abgegangen. Ohne weitere Vorkur bekam sie eines Morgens
das Mittel in Form ?on Latwerge : 5 Drachm. Pulv. Kousso
mit Honig quant. sat. , in zwei Dosen, die zweite 2 Stunden
nach der ersten ; 2 Stunden darauf 1 Unze und nach noch 2 .
Stunden wieder 1 Unze Ricinusöl. Sie entleerte im Laufe
des Tages eine grosse Menge Bandwurmstücken Ton 1 bis 2"
Länge und scheint seitdem ganz von dem Uebel befreit zu
sein. — 2) Ein 16jähr. Mädchen bekam das Mittel in Form
eines* warmen, wässerigen Decocts, übrigens in derselben Do-
sts, derselben Ordnung und Verbindung mit Ricinusöl. Sie
entleerte ausser vielen kleineren Bruchstücken eine Wurm-
partie von 22 Ellen Länge mit sehr zugespitztem Endstücke u.
kurzen Gliedern, wie sie in der Nähe des Kopfes zu sein pfle-
gen, doch ohne letztem, war aber seitdem (bereits 2 Monate)
von allen Beschwerden frei. — 3) Ein 40jähr. Mann hatte
schon seit einigen Jahren an dem Wurm gelitten und mehrere
Kuren gebraucht, wobei sonderbarer Weise mit den kunstlich
hervorgerufenen Darmausscheidungen niemals ein Wurmfrag-
ment abgegangen war, während sich im gewöhnlichen Stuhl-
gange nicht selten deren gezeigt hatten. Nach dem Einneh-
men des Kousso (in Latwergeform zu 5 Drachmen) gingen
mehre 6 — 8 Ellen lange Stücke des Wurms (Taenia solium)
ab, und die Krankheit war gehoben.
Obwohl in diesen Fällen der vollständige Abgang
des Wurmes nicht constatirt werden konnte, so
sprechen sie doch sehr zu Gunsten dieses Mittels,
welches den Wurm zu lödten oder wenigstens zu be-^
Uuben scheint, da an den abgegangenen Stücken nie-
mals ein Lebenszeichen mehr wahrzunehmen war.
£s nimmt sich ganz gut und hat keine der flbeln
Nebenwirkungen, welche andere Antbelminthica zu
haben pflegen.
Dr. Vincenzo Nasserotti theilt (a. a. 0.)
folgende ähnliche Fälle mit.
1) Eis 40jähr. Mann hatte von frühester Kindheit an von
Zeit zu Zeit Stücke vom Botriocephalus ausgeleert , verschie-
dene Kuren fruchtlos angewendet, litt in steigendem Grade an
den Folgen dieses Parasiten und fürchtete schon das Loos sei-
nes Bruders, welcher an schleichender Gastro - Enteritis in
Folge des Bandwurms gestorben war. Eine Dosis Kousso ent-
leerte (obwohl Pat. durch eigenmächtiges Nachtrinken von
^dliti-Wasaer die Kur gestört und heftiges Erbrechen bekom-
men hatte) mehrere Stücken des WoriBM , deren mta fat
12 Ellen Länge mit dem Kopfe Tersehen war. Cr ist aeitdcfli
von allen Beschwerden dauernd befreit. — 2) Ein 33jibr.
Mädchen entleerte seit dem Jahre 1843 öfters StCcke vua
Bandwurm u. litt bedeutend an schmerzhaftem Gllederzitlen,
Leibschmerzen, Herzklopfen, melancholischer Stionong vid
Abmagerung. Vf. sah einige der Ton selbst abgegangeMi
Glieder etwa 2 Std. nachher im Was-ser sich noch telihaft b^
wegen, was die Kr. schon immer beobachtet hatte. 5 Drscha.
Kousso entleerten, nach mehrstündigem Magendrücken, Scbmeiw
zen und Uebelkeit , mehrere kürzere und längere Stucken des
Wurms, eins mit dem Kopfe, alle aber ohne das geriogste
Zeichen von Leben. Die Heilung war vollständig.
Nach M. macht die Form und Dosis , deren wir
uns bis jetzt allein zu bedienen wissen , da« jedea-
falls wirksame Mittel noch sehr unangenehm nW
schwer zu nehmen. Es ist daher zu wünsebeo, d»
das wirksame Princip des Mittels, oder weDigsloi
ein Extracl des Mittels dargestellt werde.
(Kohlschfltler.)
40 K CoUodiam zur Terbfltug Ton Podn-
IlArbcn ; von Dr. Pilippo Lussana. (Ibid. 40.)
Vf. überstrich das von confluirenden Pocken bedeckte
Gesicht am 4. Tage nach dem Ausbruch derselben mittels etnes
Pinsels mit einer dünnen Lage von Collodioro, welches tcbiieB
zu einem perlenartigen Häutchen eintrocknete. Die Pocken
am übrigen Körper standen auf gleicher Entwickluogsstofe.
Schon am folgenden Tage waren die im Gesichte dem Stadion
der Exsiccation näher und kleiner , nach tt Tagen ganz tixrk-
ken und im Begriff sich abzuschuppen, während die der übri-
gen Theile noch in Suppuration standen. In kurzer Zeit war
das Gesicht abgeheilt und die Pocken hatten daselbst keine
Narben und keine Grübchen hinterlassen , die sich zablreich
und tief am übrigen Körper zeigten.
Vf. fordert zu vergleichenden Versuchen Ober
diese prSservative Methode (der Behandlang der Pn-
steln mit Jodlinclur oder mit Mercurialsalbe gegen-
über) auf. (Kohlschtttter.)
402. Anwendung des indischen Hanlk ii
der Gebnrtshfllfe ; von Or. a. christisoi.
(Monthly Journ. Aug. 1851).
Der indische Banf besitzt sehr kräftige wehci-
fördernde Eigenschaften u. unterscheidet sich in die-
ser Hinsicht vom Mutterkorn durch folgende Momcnle:
1) die Wirkung des Mutterkorns tritt langsam m,
die des indischen Hanf schon nach 2 — 3 Minnten.
2) Die Wirkung des Mutterkorns ist andauernd , die
des Hanfs beschränkt sich auf einige Wehen kurz nach
seiner Anwendung. 3) Der indische Hanf wirkt krif-
tiger und sicherer als das Mutterkorn.
^rt der Anwendung, Das Extract in Pillenform
bewirkt einen mehr allmSlig eintretenden Erfolg , der
widrige Geschmack der Tinctur wird in dieser Renn
vermieden, aber die Wirkung selbst ist unsicher.
Man giebt es zu 1—6 Gr., selbst in* Emulsionsform
(Bromfield). — Die beste Form ist die der Tinelnr
(3 Gr. des Extracts auf 1 3 Weingeist). In gewöhn-
lichen Fällen reichen 10 — 30 Tropfen, nach Befinden
zwischen den Wehen in standlichen oder mehntfln*
digen Intervallen wiederholt, aus. Gegenwart f«n
Tetanus erheischt die wiederholte Anwendung von
in. Bygieine» Biltetik, Pharmakologi« n. Toxikologie.
165
1 — 2 3 der TiDctitr, da in diesem Znstande eine
grosse Tolerant gegen das Mittel siattfindet.
Als Beleg ftlr die günstige Wirkung der Cannabis
indica als wehen fördern des Mittel werden 7 Falle mit-
geilieilt. (J u I i u s C 1 a r u 8.)
403. Raachende Salpeteniire aU hämosta-
tisches und caustisches Mittel bei fungösen fFuche-
rangen am Collum uteti; von Coslilhes. (Rev.
m«d. Nov. 1851.)
Vier Beobachtungen fahren Vf. in folgenden Re-
suUaten : die rauchende Salpetersäure ist ein vorzag-
liebes Aetzmiltel, bewirkt aber keine über die Appli-
cationsstelle hinausgehende Entzandung; 2) der durch
die Gauterisation erzeugte Schmerz ist sehr massig ;
3) Blutungen, die aus den ulcerirten Stellen ent-
stehen , werden gemässigt oder sisiirt.
(Julius Clarus)
404. Aensiere Anwendung des Dec. Cbinae
nibrae ind Ratanhiae in der chir. Therapie;
von Dr. Paris. (Bull, de Th4r. Novemb. 1851).
Von jeder dieser Substanzen werden 60 Grmm.
mit 3 Liter Wasser auf den 3. Theil eingekocht, und
mit dem Decoct Compressen befeuchtet. Die Anwen-
dung dieser Compressen zeigte sich in 4 Fällen von
c;iriösen und durch Quetsch- und Schusswunden her-
vorgerufenen profusen Eiterungen in sofern sehr wirk-
sam, als sich schon nach wenigen Tagen eine gesunde
Granulation und besser geartete Eiterung einstellte u.
die Heilung schnell vorwärts schritt. In einem Falle
von chronischem Tripper wurde das Decoct in Form
einer Einspritzung in die Harnröhre mit gutem Er-
folge gebraucht. (Julius Clarus.)
405. Joddimpfe gegen chronisebe Trom-
melhSUenentiflnanng ; von Dr. v. Tschamer.
(Schw. C-Ztschr. 2. 1851.)
Die Anwendung der Ohrensonde u. der Injectionen
sind zwar ein grosser Fortschritt in der Ohrenheil-
kunde, allein immer noch können wir nur wenige
Arzneimittel auf diese Art in das mittlere Ohr bringen,
und auch diese genügen keineswegs allen Indicationen.
Einspritzungen von Flüssigkeiten wurden allen Anfor-
derungen entsprechen, und Itard hat sie in der
That empfohlen» Allein sie können erfahrungsgemäss
nur in Fällen von grossem Torpor, und da nur mit
Vorsicht in Anwendung gezogen werden, indem ein
▼iel XU bedeutender Reiz, sogar ein gefährlicher Grad
von Entzündung hervorgerufen wird.
Injectionen von reiner oder mit Wasserdampf ge-
schwängerter Luft reichen bei acttZ-entzündlichen
Affectionen der Trommelhöhle hin, die durch Schleim
▼erstopfte Eustachische Röhre wieder zu eröffnen. Bei
cilromifcA-entiandlichen Leiden können dergleichen
wohl alte Schleimanhäufungen auflösen, tiefer gehende
Wirkungen aber haben sie nicht, und vermögen kei-
neswegs eine Verdickung in der Trommelhöhlenhaut,
chron. Verachleimong oder Eiterung in der Trommel-
höhle, feilte Exsudate und alle die vielen Reste längst
abgelaufener Entzttndungsproresse zu beseitigen. V al-
ler oux' Räuchernngen mit Harzen und Balsamen,
Tkeer u. s. w. nötzen höchstens bei sehr profuser
Blennoirhöe, allein die durch Erwärmung sich bil-
denden scharfen , empyreumatischen Oele wirken
schädlich auf die Schleimhaut der Trommelhöhle ein.
Die Injecijonen von kohlensaurem Gas nach Frank
nützen ebenfalls wenig. Dünste von excitirenden
Tincturen können nur auf Nervenleiden der Oliren
einen Einfluss haben, so wie das Chloroform bei*
nervösem Qhrentönen vorzügliche Dienste leistet. Es-
sigäther, rein oder mit Wasserdanipf gemischt, vor-
sichtig angewendet, wird in vielen Fällen chron. TVom-
melhöhlenentzündungen gut vertragen ; er erregt
einen gelinden Reiz auf der Schleimhaut des Ohres,
befördert in ihr den Stoffwechsel und wirkt austrock-
nend, wahrend er vermöge seiner anästhesirenden
Eigenschaft den Nervenerethismus im Ohre vermin-
dert. Liegt aber eine dyskrasische Ursache dem
Ohrenleiden zu Grunde, so sind die genannten In-
jectionen alle nicht ausreichend, namentlich bei der
grossen Menge scrophulöser Entzündungen der Trom-
melhöhle . und den davon ahhifngigen , langwierigen
Eiterungen , oder da , wo plastische Exsudate ver-
muthet werden. Hier leistet nach Vf. das Jod ausser-
ordentliche Dienste.
Da das Jod nur in DampfTorm und in äusserst
kleiner Menge in die Trommelhöhle gebracht werden
darf, so bedient sich Vf. zu seiner Anwendung ge-
wöhnlich des Vehikels von Wasserdampf, bei dessen
Entwickelong kleine Quantitäten Jod sich sehr leicht
verfluchtigen lassen. Am besten nimmt man hierzu
die gewöhnliche Jodtinctur, 2, höchstens 6 Tropfen
auf 3 Unz. VVasser , und lässt diese Flüssigkeit bei
gelinder Wärme verdampfen. Die Dämpfe werden
wie gewöhnlich vermittels einer Compressionspumpe
durch die Ohrensonde in die Trommelhöhle getrieben ;
sie erzeugen ein schwaches, bald vorübergehendes
Brennen im innern Ohr, nebst einiger Vermehrung der
Absonderung. Eine unangenehme oder schädliche
Wirkung auf die Athroungsorgane, wie bei Benutzung
der Schwefeldämpfe wird nicht beobachtet. Auf die
anfangs eintretende Zunahme der Schleimsecretion
folgt später eine Ahnahme derselben, die Dämpfe
steigen schon bei den nächsten Injectionen leichter in
die Trommelhöhle hinauf, was sich durch ein auf-
fallendes Lauterwerden des Geräusches , welches
sie bei ih'rem Eindringen in dieselbe hervorbringen,
kundgiebt
In einzelnen Fällen wird die Wirkung der frag-
lichen Dämpfe durch gleichzeitige Anwendung des
Essigäthers ,2 — 8 Tropfen der angegebenen Flüs-
sigkeit hinzugesetzt, sehr erhöht. Ebenso glaubt
Vf., dass der Jodwasseratoffather in ähnlichen Fällen
gute Dienste leisten wei;d€j.^^^ ^^Q^ (Winter.)
406. Ueber vermeintliche KapferrergiftWi.^
AJIA
m Bniieine, KüMtk, Pbmnakokfie n. T«nl(dbgie.
gm '^ Of. PaAfXih io fi^rÜA. (Vjbrscbr. L ge-
räb^L Mail. I. I. Ja52.i)
Obgleich bereits 1850 Chevallier u. Boys
de Loury (Ann. ifhyg. Avril 1850; Jabrt)b. LXXI.
3J) die bisher für so schädlich und giftig gehallenen
Einwirkungen des Kupfers auf die Gesundheit der
damit beschäftigten Arbeiter geradezu leugneten, somit
a)so auch die giftigen Eigenschaften des Kupfers , im
Allgemeinen wenigstens, sehr zweifelhaft werden muss-
ten, so scheint man doch bis jetzt in Deutschland
nodh wenig auf die vorstehenden Erfahrungen Rück-
sicht genommen zu haben, und Kupfervergiftungen bil-
. den noch immer einen stehenden Artikel m unserer
Toxikologie. Die Stimme Rademacher*s, der
bereiU froher auf langjährige Erfahrung und'Versuche
an sich selbst gesiaizl , die Gifligkeil des Kupfers in
Frage stellte^ konnte den seit Jahrtausenden gültigen
Satz, dass Speisen in einem nicht frisch und blank
gescheuerten , kupfernen Gefässe zubereitet , oder in
einem solchen zubereilet und darin erkaltet, ver-
giftet seien — u. umgekehrt, nicht erschüttern. Folg-
ten nun gar auf den Genuss einer solchen Speise Leib-
schmerzen, Uebelkeil, Erbreclien. Durchfall u. s. w.,
ergab die nachher angestellte chemische Untersuchung
Spuren von Kupfer , so war an einer Kupfervergif-
tung kein Zweifel, obschon sich bei der ehem. Unter-
suchung häufig kein Kupfer nachweisen liess.
Vf. bekam nebst allen seioen Hausgenossen, nach dem
Gmhss von gesehmortea Heidelbeeren (Vaccioium Myrtillus
L.) 3 Mal heftige Kolikschmerzen, Uebelkeit, Erbrechen,
Schwindel, Durchfall u. s. w. Die Köchin sollte ein nicht
sauberes , kupfernes Casserol zur Zubereitung benutzt haben,
a^er bei d«r genauem Nachforschung ergab sich , dass In
zweien jener FlUe eiserne Töpfe benutzt worden waren, und
die genaueste chemische Untersuchong ergab in allen 3 Fallen
keine Spur von Kupfer.
Aehnliche FtfUe seheinen in Berlin sehr hHufig
Dach dem Genosse von Heidelbeeren vorzukommen.
Der Grund dieser Erscheinung liegt aber nicht, virie
man gewöhnlich glaubt, in ihrer Zubereitung in
schlecht verzinnten oder unreinlichen kupfernen Ge-
fassen , oder wenn auf die fraglichen Beeren Honig-
thau oderMehtthau gefallen ist, oder gar wenn Raupen
über dieselben hinwegkrochen , sondern die Beeren
werden theilweise aus sehr entfernten Gegenden
(Pommern, Schlesien) herbeigeschafft, wo neben
Vaceinium Myrtillus auch noch Vaccinium uliginosum
hiufig vorkommt, dessen sehr ähnliche Beere unter
die andern Beeren gemischt wird, und die fragl.
Zuftlle erregen soll. .
Als Arzl war Vf. mit der Verordnung von Kupfer-
prüparaten nur sehr sparsam, wog die Dosen mit der
ünf^tlichslen Sorgfalt ab, und wurde erst nach dem
Studium von Rademacher's Werk in dem Ge-*
brauche dersalbw etwss kthner» Er wanpite sii
nun hüufig, vorsUglicb bei Kin^lern und nidit blas
im Group an, hatte davon treffliche Erfolge und sah
selbst bei grossem Gaben jaie nacbtheilige Folget.
Ja er glaubt selbst, dass grössere Gaben, da dioe
gewOlmlich Erbrechen erregen, weniger zu ftlrchtei
sind, als kJeinere, die gewöhnlich mit AaftBaha»
der ersten Dose kein Erbrechen hervorrufen u. leieb-
ter und vollsten diger resorbirt werden. Der Gedanke,
dass die angeblich so häufigen KupfervergiftoogeB
durch Speisen wohl nicht auf Rechnung des Rupliers
zu schreiben sein möchten, wtf somit ganz u-
tflrlich.
In einein andern Falle wurden alle Personen , die m
einer iti einem kupfernen Gefasse zubereiteten und darin eiU-
teten Sflice (Leberkuchen) genossen hatten , bald nach da
Genusse von grosser Onbehaglichkeit, Poltern und SciuiaAei
im Leibe , lästiger Uebelkeit und heftigem Brechen und Lui-
ren, endlich grosser Matligkeit und Schlaf befallen , aosdn
sie sänamtlich, allgemeine Abgeschlagen heit abgerechnet, §^
sund erwachten. Selbst ein Hund, der von der fraglicto
Sülze gefressen , blieb von diesen Zufilleo nicht veradtoiL
Hier schien eine Kupfervergiftnng unbestreitbar — aber ie
auf das Sorgfältigste vorgenommene chemische I]otersuchosg
gab in dem noch vorhandenem Reste der Sülze keine Sp«
von Kupfer. Die Sülze hatte ein graues Ausseben, ond tn^t
in einer grauen Grundmasse sehr viele kleine Fleisch- aid
Fettwürfei eingestreut , die sämmtlich eine graue Farbe anfe-
nommen hatten.
Auf jeden Fall hatte hier eine sogenannte Wurst-
vergiftung stattgefunden; leider sind aber unsere
Erfahrungen über Wurstgift u. schädliche FellsJnrei
noch so zurück, dass uns die Chemie noch keine Rem*
zeichen dafür an die Üand giebt. In mehreren äkft>
liehen Fallen , wo Wurst und sogenannter Press-
kopf kalt mit Essig und Oel genossen worden waree,
traten ebenfalls Kopfschmerzen, Uebelkeit, Rolik-
sclimerzen, Erbrechen, Durchfall und Mattigkeit eia,
und in den Speiseresien wurde ebenfalls kein Kopfer
aufgefunden. Auch nach dem Genusse von Mseba
Blut- und Leberwurst beobachtete man in mehreren
Fallen , in denen eine Untersuchung auf Kupfer nicht
angestellt wurde , dieselben Symptome.
I) Vierleljahrschrifl für gerichtliche und öffentliche Med.
Unter Mitwirkung d. k. wissensch. Deputation für d. Med.-
Wesen im Min. d. geistl. , Unterrichts- und Med.-Angeleg.,
herausgegeben von J. L. Casper. Berlin 1852. Jährl,
4 Htfle, in a Banden, deren Freia B^/s Tbir. betragt.
Vf, erwähnt nun einige VergiflungsniUe, bei ^
eben die chemische Untersuchung wirklich Rupftr
nachwies.
Vor einigen Jahren erkrankten in einem grossem Kno-
kenhanse über 200 laditiduen nach dem Mittagsessen nnur
den bereits öfter angegebenen Erscheinungen. Einige erlagen,
die Uebrigen genasen ailmälig. Bei der Untersuchung er^k
es sich , dass die genossenen Speisen sehr reichlich E Opfer
enthielten. Die Vergiftung war auf folgende Art tu Stands
gekommen : man sammelte alles im Krankenhanse von den
Speisen übrigbleibende Fett , that es in einen kupfernes Te|(
und richtet« mit demselben , nachdem man nach langer ZÄ
auf diese Weise eine grosse Menge Fett, das natüritch naicr
dem Einflüsse der atmosphärischen Luft, sowohl Kupfer alt
Fett, oxydirte, gesammeil hatte, eine Mahlzeit zu.
Betrachten wir diese angeblich genau coostatnin'
Kupfervergiftung genauer. Wie riel Kupfer ma^ in
diesem Falle aufgei((st worden sein? Wie viel iMif
jpdes eincelne Individuum davnn bekommen habest
Vf. glaubt annehmen tu masseii» dass diess
III. Hygiene, mxMt, Fbarmairdlogid «. TM&ologift;
iW
tenge ist , <Iie wir cinenr jedeir Rramkeir uU Anm\
hne allen Schaden geben könnten. Bat man aber
M verdorbene^ OKyiiirte Fett nicht aucb ais uraJich-'
cfaesHoiiimil va betrsohte»? dann wurde da» Kupfer
leh- sogar dorcb seine Brechen^ erregenden Bi-
jenschaflen als Gegengift gezeigt • und die Fett oder
iTurslvergiftuDf wenifAtena zui» Theil aulgebobeo
In d^r deutschen Klin. 39. 1851 erzahft W.
• angenbeck aus GOttingen , folgenden Fall einer
»Kupfervdrgtlliing.^.
31 Personen , die ?on einer gebratenen Rinderwarst geges-
ca baltea,. erkrankten unter den »ngegfebeaen Ersoluiaiiagen.
^ Wu««t war in Schweinefett , das 2 Tage in einem schlecht
erzioAten, kupfernen Kessel gestandea batie, und ganz grän
lUSgesebea haben sollte, gebraten. Frerichs wies in
Irioe der firkranktea Spuren von Kupfer nach-; Ton der Wurst
elbst war nichts mehr vorhanden, und die Faeces wie das
Irbrochene wurden nicht untersucht.
Unzweifelhaft konnte Schweinefett, das 2 Tage
ang in einem kupfernen GeHlsse gesitauden , Kupfer
lOflOsen, aber unmöglich konnte diess sehr viel sein,
lach der genauen Berechnung des Vf^ kämen, wenn
><*lbst ^j roetaliisches Kupfer aufgelöst wurde (w»s
Laum denkbar , vielleicht wäre Gr. j richtiger) , etwa
jr. jj krystallisirlen Grünspans auf eme Person, denen
Dan wohl kaum die beobachteten Wirkungen zuschrei-
ben können durfte. •
Die Wirkungen des fettsauren Kupferoxyds^ können
illerdinga, mit unsern andern Kupferverbindungen
rerglichen, weit stärker sein, dann ist aber die
^rage, was bei denselben dem Kupferoxyde, und was
1er uns unbekannten Fettsäure zur Last Pallt. Da
IQD die sogenannten Wurstvergiftungen, wenn sie
tkne Kupfer vorkommen , dieselben Erscheinungen
leigen wie die Vergiftungen durch Wurst- oder Fett-
j;ifl mit Kupfer, so liegt es wenigstens sehr nahe,
Hese Erscheinungen , besonders die eigenthümlichen
lervösen Zufälle, dem verdorbenen Feit allein und
lichl dem Rupfer zuzuschreiben.
Ausserdem ist die Kupferwirkung stets eina
*aache, schnelle, in dem erwäholen Falle von^
^angenbeck aber erfolgten die Vergiftungser-
tcheiaungen erst sehr spät L. meint, weil das
Lupfer durch, das Fett mehr eingehülU war; Vf.
[lairbt aber, und zwar mit Recht, da»s eben durch
[as Pett das Rupfer mehr in AuflOsung^ erhalten und
omit. zur Resorption geeigneter gemacht wurde. Die
•ille von Vergiftungen durch verdorbene Würste,
Inae daas dabei Rupfer in Frage kam von Dr. Kasa-
laul, und durch alten Käse (Jahrbb. LXIX 170)
ei^^n ganz dieselben Symptome , wie die sogenann-
em Kinpfenvergiftungen und müssen uns bei Beur-
bsilaog dar Kupfervergiftungen wenigstens sehr vor-
icfatig- machen.
A«f jedtn Fall m^lssen wir aber uiraere Auflner^-
atokett mehr auf jene animalischen Gifte, deren
Virkungea. wir nur zum Theil erst kennen, deren
Vffaeft . tt9«. aber aoflh vftUig frenul. ist» riofatan» Nock
wiasea wii* niehl atile*' «aalolkmi DiMtlMait steh die-
selben bilden , ob man sie ktklstHifh darstellen kitttl,
ob sie sich in den Speisen erkennen lassen , ob alle
Fette giftig werden kennen (die bis jetzt bekanotai^
Vergillongen gwchahen nvr ditrch 8diw#iiMifett,
Gänsefett und Kä^e), und ob es nur eine giftiger
Feltart, oder ob es deren mehrere gebe. Sehr
widitig aber wird die Frage sein, ob auch gtitaa^
geaundes Pett vam frisehem, fetten Fleisebe etwa
durch die Behandhinjf, das Kochen, Stehen, Rra^
ten u. s. w. in kupfernen Gefässen, disponirt wird,
giftige Eigenschaften anzunehmen, oder ob es die-
selben Erscheinungen herbeigeführt haben würde»
wenn es nicht mit dem Kupfer ia Barührwug ga»»
klimmen wäre«
Vf. will durehaus m'cht eine Jede selitidlicha Ein-
wirkung der Kupferpräparate auf den menschticfhea
Organismus in Abrede stellen, er glaubt sogar, dass
es in grösseren Gaben genommen ganz siclier daa
Magen anätzt und sehr gelUhrtich werden kann. Er
verfangt aber, dass man in den Fallen, wo man nnr
leidile Spuren von Kupfer bei Vergiflungeu auffin-
den kann, uuht sogleich ohne alle weitere Unter-
suchung annehme, es sei eine Kupfervergiftung wirk-
lich constatirt. Sehr häußg wird man gewiss eine
ganz Ofidere Vergiftungsursache finden.
(Gramer.)
407. SublimatfergifbUIg ; von Dr. L o r e n z o
Rota. (Gazz. med. iul. fed. Lombardia 481 ia51.>
Ein Apothekergehilfe hatte sich rnnSubUniai zu vergiften
gesucht. Ehe der Vf. herhei kum (2tt Miauten nacb danih
ÜDfall) halte man schon TMrt. slibiat. , das Ei weiss von 6
Eiern , eine Lösung von Magnesia sujphur. u. etwas Weiageist
gegeben. Der Kranke sass da wie stupid , bleich , mit tfock*
oen, nnstät umherschweifenden Augen, w«isseo geschw^ieneil
iJppen , GODVuisivischeo Gesicfaubewegungen , Gllederzocken^
kalter llBut,aos8eret kleinem intermittlrendem Pulse, Speiebef
und Schleimflosa aos dem Munde , gedörrter Zunge , bremien«
dem Schmerz u. Geftthl von Zusammeoschnuning im Schtmide
bis zum M*g<^o, Dispnöe u» grosser Cmpfindlichkeit der Magen-
gegend. Ei weiss von noch 8 Eiern, Pleisebbräbe, AHM«
deooct, ein Brechmittel aos Ipecacuanba und Tan. stibiat.
waren die Mittel , weiche hionen ft Standen sammtlict^ dref
Mal wiederholt wurden. Trotz der heftigsten Salivation hatte
sich doch Alles so verschlimmert, dass der Tod tinverraeidlich
schien. Eine Mix4ur aus 3 Gr. Extract. OpH in 3 Ubj« Emol'>
V sionund ein Chinadecoct führten jedoch eine gfi ästige ReMlioa
herbei , der Puls hob sich , es trat Fieber und alle Symptodw
einer ,, Gastritis toxica'* ein, welche demulcirend and anci-'
phlogistisch behandelt wurde. In 7 Tagen war der Ktfanke*
genesen. Die Ischurie hatte 36 Stunden gedauert. Im Wider-
spruche mit ähnlichen Vergiftuogsfallen war hier Verstopfung
anstatt Diarrhöe vorhanden , , auch wurden weder Singultus^
noch Erectionen beobachtet. (K o h 1 s c h ü 1 1 e r.)
408. Tergiftiug mit Zinkchlorid; Ton J.
Milton« (Times SepU 1851.)
Ein Mann trank aus Versehen ein Glas voll einer Löenog
von Zinkchlorid (Sir William Burnefs desinfectiog fluid) und
bekam alsbald unaufhörliches Erbrechen, verbunden mit
äusscTster Kr;ini»?igkeit. Durch grosse Dosen Lnui^hnura
und eine Cantharideohallige Einreibung in die Mageng^end
frfih und Abends wurde er hergestellt.
(Julius Glarua.)
lea
IV« Pailiologiat Therapie «• medieiAische Klinik.
409. PhOl^konrergiftlUIg; ven Dr.. D assier.
(Jouro. de Toul. Novbr. 1851.)
M. B., Arbeiterin, 17 J. alt, verschlackte, um sich das
Leben fu oebmen , eine aosehn liehe Quantität eiuer lur Ver-
giftung der Ratten bestimmten Phospborlatwerge. Heftiget
Erbrechen , Leibschmerzen und allgemeine Coovulsionen wa-
ren die fast unmittelbaren Fulgen dieser Vergiftung u. dauer-
ten 2 Tage lang fort , worauf etwas Ruhe eintrat. Der Leib-
schmerz werde dumpfer , die Kr. spuckte graue häutige Mas-
aee aus , der Kopf wurde ihr eingenommen , die Respiration
•tertorös, der Puls schwand, und der Tod erfolgte am tt. Tage
nach der stattgehabten Vergiftung.
Seetion 36 Std. nach dem Tode. Aeusseriich keine
Verletzung, zahlreiche ausgebreitete Sugiilationen am Rucken
and den hintern Theilen der Extremitäten , Todtenstarre an
den Kinnbacken und Backengeienken beroerklich , Farbe des
Körpers weissgelb , Geruch stinkend und penetrant. Kopf,
Hirnhiute, grosses und kleines Gehirn gesund. Mtmdkökle.
Zahnfleisch, innere Wangenflache u. Gaumensegel weissgelb,
die Oberfläche der Zunge russig , mit Fetzen eines von einer
grauen Gallerte umgebenen Epithelium bedeckt, Zahne
ichmulziggelb. Die hintern Halstheile schmutziggrau , die
Schleimhaut in einen fadenziehenden Brei verwandelt, das
den Oesophagus umgebende Zellgewebe mit grossen und zahl-
reichen Ekchymosen durchsetzt. Der Magen leer, innen
russig gefärbt , die Zottenhaut fast allenthalben zerstört , .die
Wände leicht zerreissbar; an der grossen Curvatur befand
sich eine OefTnung von der Grösse eines Zweifrankenstäcks,
umgeben von gefransten und verdOnoten Räodeni. Die i9|. '
nen und dicken Gedärme waren grau gefärbt , die notcr den
Drucke des Scalpels sich ablösende Schleimhaut enreicbl,
die Brunner'schen Drusen sehr entwickelt , EicreAeote fni,
von eigentbumlichem penetrantem Geruch, in eiozäDchrüa
getrennt. Leber oraogegelb , fettig; Milz vergrösssrt, km,
schwarz, von der BescbalTenbeit des normalen Leberpim-
cbyms; Nieren ekchynioliscb. Blase u. Blaseniobaltuuroil;
Gebärmutter klein, an der Innern Oberfläche mit EkchTnosei
besetzt; Lungen blutreich, erweicht; Hen leer, zonrnn»
gezogen, die grossen Gefässe wenig Blut enthaltend.
(Julius Clarai.)
410. Tergiftnng mit TerpentuKU; mi
Johnson. (Times. ücL 1851.)
Ein Kind von IVt Jahren trank aus Versehen elwt Ifa-
löffel voll Terpentinöl, und befand sich Anfangs ziemficknU
darauf. Erst nach einigen Stunden entstand spoBttM&
brechen, Bewusstlosigkeit , stertorÖses Athmen, Coolridiii
der Pupillen, kalte Haut, bleiches Ansehen und voa 10-iS
Minuten heftige Anfälle von Opisthotonus. Nach Anvntei
von Blutegeln an die Schläfe und einem grossen Sioapiiaa
auf das Epigastrium erholte sich das Kind schnell wieder. |
Vielleicht war das gerade stattfindende Zahaen die Cm-
che, dass das Terpentinöl, welches sonst mehr auf Daimkiai
und Nieren wirkt , in diesem Falle die Ursache der oenoia
Erscheinungen wurde. (J u 1. C i a rsi)
IVs Pathologie, Therapie und mediclniscl^ Klinika
411. Physiologisch-pathologisclie Beobaeh-
tugen Aber das Nenrensystem ; von Dr. fil
L US Sana. ((lazz. med. itül. fed. Lombard. 39. 40.
43. 1851 ; vgl. Jahrbb. LXXIIL 277.)
Eine 70jähr. Frau ward plöulich vom Schlage getroffen.
Der Symptomencomplex ergab Abolition des Verstandes , der
Sprache und des Willenseinflusses auf die Tbätigkeit sämmtli-
cher willkürlicher Muskeln , woraus Vf. auf Apoplexie Ton
Compression beider vordem Hirnlappen schloss. Bei der
beinahe vollständigen Stupidität der Kr. blieben die Sinnes-
organe doch sämmtlich frei , Digestion , Bespiration and Cir-
culation ohne Störung, die unwillkürlichen Muskeln in nor-
maler Tbätigkeit, auch die Sphincteren nicht gelähmt. Hier-
aus entnahm Vf. , dass die centralen Theile des Gehirns , das
kleine Gehirn, das verlängerte Mark u. s. w. noch unergriffen
seien.
Sieben Monate später trat ein neuer apoplektiscber Anfall
mit Convuisionen ein , mit welchem nun auch das Leben der
letztgenannten Centraltheile des Nervensystems fast erloschen
schien , und auch die instinctiven Verrichtungen derselben in
Verfall geriethen. Ein dritter Anfall machte 3 Monate später
dem Leben ein Ende.
Die Autopsie zeigte eine theilweise mit dem Cranium
verwachsene Obröse Geschwulst von 2 bis 2Vs" Länge und
Breite an der Stelle der vordem Hirnlappen , nur von einer
dännen Schicht der Hirnwindungen bedeckt, mit gelbem, ge-
latinös-fibrösem Inhalte, ähnlich einem obstruirten aneurys-
matischem Sacke ; die Gerachsnerven waren verschwunden ;
die öbrige Substanz des Gehirns und BOckenmarks durch und
durch im Zustande der Erweichung *, sämmtliche Arterien die-
ser Theile atheromatös, von ungleichem Lumen , hier und da
mit käsigem Stoffe erfüllt.
Vf. bringt die fibrinöse Cyste von apopleklischeui
Extravasat in den vordem Hirnlappen mit dem altern,
und die allgemeine Erweicbung mit partieller Atro-
phie mit den spätern apoplektischen AnblleD ia Be-
ziehung , und stellt die atheromatOse Entartaag ^ j
Arterien als erstes Glied in der Entwicklung d«
Krankheit hin. Demnach gestattet hier die flbereii- 1
stimmend klinische und anatomische BeobacMuDg <i><
Functionen festzustellen, welchen respective die vor-
dem Hirnlappen, die mittlem und hintern Birntbeik
und endlich das verlängerte und BOckenmark forsle-
hen , indem zuerst nur Denkvermögen , Sprache bb^
willkOrliche Bewegung unterdrückt waren , die ^'>'
nesfunctionen unverletzt blieben, zuletzt erst £t Be-
wegung der Orbicularmuskeln , die InitabiliUl vn
Tonicität der Muskeln Überhaupt, die Deglaülioi.
Respiration , Girculation und die Reizbarkeit ^
Schliessmuskeln beeinträchtigt wurden.
Eine 40jähr. Nunne ward plötzlich von heftigem Sehnen
in der Stime mit lebhaften Stichen im linken Ohre D.Sck«ii-
del befallen, wozu einige Stunden später Verlust der Spnc^
kam. Am 4. Tage hinzugerufen beobachtete Vf. foigeode
Symptonie : die rechte Wange kommt der Kr. wie kalt u ••>"
gestorben vor, und empfindet leichte Berührung gsr oickti
Stiche nur wenig; die Muskeln der rechten GesicbUbÜiv
sind dem Willen entzogen, aber bewegen sich beim Bespnti'*
mit kaltem Wasser convulsivisch. Die Orbicular- ood Aojci*
muskeln sind frei. Die rechte Seile der Nase ist ok*
Geruchsempfindung. Die Zunge kann nicht ganz ^
gestreckt werden und ist recliterseita ohne Geschmt»»
Die Sprache ist äusserst schwerfällig und inarticulirt, ^
Kr. hilft sich durch Zeichen, indem sie sich ihres ZusUi*
des vollkommen bewusst ist. Das rechte Ohr ist höchst eo*
pfindiich gegen starke Töne. Der Gesichtssinn und die Beve*
gungen der Glieder vollkommen gut, das Schlingen jedock (^
Schwert und wie verkehrt.
Die Anamnese ergiebt, dass Fat. nicht selten Absterttf JJ|
Aflaeiscnkriechen dM Daamea und Z«fain|art dir ''"'
Vt, ^dllu»ie8«fi> fhMpIft u ttedtoittüdl« Klinika
W%
ftilli iler HttspRblMnden.8<ll«a Btid 4m Diirlip|iilbtM
diMer Seite^Aiisb OeAsm an deo Knöchela oind schiMnbaltet
Stechen' in der linken Hüfte gehabt hat , was in Verbindung
mit ihrer ^rdrarbenen Haut und lerchten Brustbescb werden den
VerAirctrt ^einer ttberotnirtö^ett 0<?g\eneratiott d«r Arterien «'-
i«ftv fo» «Midier aineipaMiM otpüttM Ilivnfafiinonrha«ie bc^
din§t worden aein medite.
BloleBtaebBDfen f Vasioantien, Grotoaol, Brechwein-
stein ^ MePcarialeiareibiMgeB führten hinnen 3 Monaten die
vollständige Genesung (bis auf eine leichte Erschwerung des
Spreebens und des Rauens) zurück.
iüer waren bIm our diejenige« centralen Tlieile
de« Gebiros beirdflfen , welche der artioultrten 8pt>a-
ehe, so wie 4er Btawegtong, 4em Gefftbl , Gefcohmack
«nd Geruch in der ^clrten Gewcblsbilfte vorstehea.
Zweige wm & 7. und 0. Paair und ve« OUactoriiie»
Bttoh der 6eli(lrierY nichd gani unbelheiltgi; frei dl«
Organe des Denkvermögens und die der Innervation
6er Gliedmeassen, der ^ngen u. der linken Gesichts-
hSUke ttberhaupl dienendeis Nefvenursprttnge. Das«
die willkttrKdic Bewegung der Junge ungestört blieb,
spricht für den unversehrten Zustand der Hypoglossi
und ihrer Ursprünge» wora^is hervorgeht * tiass die
auch den Thieren auikomtnende willkttrlicbo Zungen-
bewegungauf andern Innervetionsbedtngungen bertihi,
als die nur dem Menschen eigenlhUmlicbe Fähigkeit
der articulirten Stimme.
0ie S folgenden FüHe veu Htmiflegie werden
nicht ihrer Seltenheit wegen miigetbetlt, da be^
kaiitttlich 9 Vierthefle aller Pxlle ven Peralyse He-
mipl^ieii sind» sondern» um die relativen Be«ie^
hungen des Hirns und deti Rgckenmarks auf die be-
tr«pfen«n Theile su anafysiren. Da bei den rein vom
fliri aongehenden Paralysen, nnr das animale, nicht
dns v«g^la«ive Leben unmittelbar beeinirschligl wird,
so llfchlt hei dieMn Fallen , so lang« sie nea «nd ein*
faoh Mttd, in der Hegel der Beweis durefa die An^
te^tie«
YMk 6jähr. Mädchen leidet seit 2 I. an linkseitiger Hemi-
ple^y der Kdrper ist nicht ab^emageit , aber ohne Jugend-
frische. Der meist apathische Gesicbtsausdruck des Kindes
lässt nnr bei Reizung durch Licht oder sonstige äussere Ver-
anlassMig (beim Lachen, Weinen, Blasen u. s. w.), die Pra-
poodemns dar Vfillkdrlichen Moeheki der rechten Heifbe wahr-
Dehnen, aof die der linken Seite bat der Wille keinen Em-
fluM. Dagegen treten die unwillkürlichen Reflexbewegungen,
2. "B. \)eira Bespritzen mit kaltem Wasser auf beiden Seiten
gl^bfDrmig ein : Irritabilität und Nvtrition der Muskeln der
lioben Seite sind also nicht vollfcoaioienerlosohen. DasKauM
geschieht nur rechts. Im Schlafe aber triu oft linkseitiges
Zähneknirschen ein. Das Sprechen ist erschwert. Die Sin-
liMt>rt^ne sind auf beiden Seiten in regulärer Actioh , auch
dw GeffihI, die vegetatrren Verrichtungen nicht gestdrt, die
Sphiooteren durchaus kräftig. Die Intelligenz ist wohl etwas
hinter dem Aller zurück. Die Kr. sitzt meistens nach rechts
angelehnt, zum Stehen aufgeforilerl nimmt sie eine Stellung
an, ^obei d«r Schwefpunkt des Körpers auf den fechten Fuss
foUi and die ganze Statur krümmt sich noch rechss. Ebeiso
ist aa beim Versoch einige Schritte zu machen , wobei der ge-
hobene rechte Arm noch balancireo bilCL
Alfe iSrscheinoiigen hingen al»o von der Uem-
mwng dei» Sinflttssee des Willens auf dve Muskeln der
IMteii 9eke i^» wtl^eed die ^om Rückenmark de*
Mod. Jahrbb. Bd. 74. 4111. 1^
pendiretrAe IViiiTeiUl «Hd htilihimit i1f«r Mnftkc^lVk,
so wie die nur von letzterem innuirieii Muskeln
(der Augeulider, Glottis, der Speiseröhre, die resfi-^
ratorischeo, Sphinkteren» Hers u. s. w.) steh vöUfcora»-
itten ^intersehn eri)«li«n haben. Bemtiaeh ^t%t dtt*
apople'klifiche Berd in der rechten Hirnhemisphäre.
"Ciia SSjfihr. an Üerzbescbwerdeti leidender Manh war
vor S Tafen vom Scfblait getrofl^n worden. Vf. Ibnd diie will-
kOilicben Muskeln der linken Gesichtshfilfte gelähmt , was
sich bei jedem Mienettspiel durch tin hfissliches Verzerren des
Gesichts n<icb rechts bin Terrieth ; beide Augenlider u. Augen
h-ei beweglich, Sprache, Intelligenz, Sinniesorgane unbetroY-
Ten, ancb die Kaubeivegungen beiderseits engehemml; das
Gefühl in der linken K5rperhälfte gedämpft, die Extremitäten
derselben der WiUensbewegüng entzogen , iM Schlafe abier
treten sie in Fliexibn ; Respirations • und Verdauungsfanctlo-
nfcn ungestört. Puls klein, stfirmisch, intermittirend, flerz-
stoss nnd Herztöne weit verbreitet , ab^ schwach iHid irregu-
lär. Also : Dilatation der rechten RerzhShlen, und alb dertett
Fblge a|>oplckTischer Erguss in der rechten llirnhemlsphärfe.
Diesfef llerzfehler kommt bei den Bergbewohnern jener Gegend
bäuDg vor, und 2ieht leicht bydraonscbeüistention und Ruptur
detr Hirbgefässe nach sich. Die Behandlung hatte den gläck-
licbsten Erfolg, in einigen Monaten war (von unten nach oben
aufsteigend) die willkürliche Beweglichkeit in allen gelähmten
theilen wieder zurückgekehrt.
Der Ergass drückte bei diesem Kr. vorzugsweian
auf die Ursprungsstelle der wiflkdrtichen motorischen
Faden des 7. Hirnnerven der linken Seile, u. derer»
welche durch die Bracke zu den Muskehi der reehtea
KOrperhülfle hinübergehen, ferner in geringerem
Grade auf die Ursprungsstelle der GefOhlsßiden des
linken Quinlus und derjenigen » welche von der Haut
der linkseiligen Exlremilüten durch den hintern linken
Strang des Rückenmarks zur rechten Hälfte des Ge-
hirns hin verlaufen. Dabei war die dem Aückennlarke
zustehende Innervation auf die geixhmlen Thetle, die
Reflexbewegungen, die Tonicitat, Cootraclilität und
Nutrition ihrer Muskeln nicht gestört.
im .Spital au Oandino befindet sich «in 64jähr. Mann,
welcher, im September 1850 von Apoplexie mit Bewusstlosig*
keit befallen, und mittels Aderlassen und Abführungen allmä-
Hg so weit henteisieilt war^hen war , daM nnr die n^htseitige
Hemiplegie curuckblieb. Der recht« Ahn ist vblikonaen ge-
lähmt, aber seine Temperatur , Pulsschlag, Nutrition u. Ge»
fühl sind, wie die des linken, normal ; dabei strebten die ge-
lähmten Muskeln stets den Arm , die Rand und die Finger in
Flexion und Prooatioa zu erhalten. Dos rechte Bein vermag
den Körper nicht zu tragen, nur die Adduoloren bewahren
noch eine schwache Bewegungskraft. Auch hier Neigung zur
unwillkirüfiben Flesiiin der Extremität und anvefletzter Zu-
stand der Ciroalation, Nuirition a. s. w., so wie der Abrigen
Hirnfunctionen, wie in den obigen Fällen. — Während der
Einfluss des Willens auf die betroffenen Muskeln ganz aufge-
hoben ist, sind sie doch zu allen Renexbewegungen fähig , ja
diese treten in den kranken Theilen kräftiger als in den gesun-
den hervor, weil dort die vom Rückenmark ausgebende hiner-
vation das Uebergewicht über der gehemmten cerebralen bat.
Nicht nur äussere Reize, sondern auch Gemfi thsbewegunged
riefen diese Erscheinungen hervor — was Vf. mit den Zuckun-
gen in Nei so a's Armstumpfe vergleicbt, iiirch welche allein
sich sein aufgeregter Gemüthasust^ind au verratheo pfleiftc,
während er über sein Mienenspiel die vollkommenste Herr-
schaft behauptete. Auch beim Niesen bewegte sich oft das
gelähmte Bein krampfhaft, während das linke ganz mhig blieb.
— Vf. benutzte diesen Fall zu Vorsuchen über die von
Marshall-Hall hervorgehobenen merkwOrdigen Bezlebnn-
aa
170
IV. Pathologie, Therapie u. nedicinische Klinik.
geo des Strycbnins (u. des Galvanismus) auf das RuckeDmark,
welche erst klar geworden sind , seitdem dieser Pbysiolog die
Diflereoz der vom Hirn und der vom Rückenmark ausgehenden
Innervation nachgewiesen hat. Wenn die Hemiplegie rein
cerebral ist, so niuss alles was primitiv oder vorzugsweise auf
das Rückenmark einwirkt, sich jetzt um so wirksamer in den-
jenigen Theilen zeigen,^ welche der cerebralen Innervation ent-
zogen und somit dem vorherrschenden Einflüsse der spinalen
unterworfen sind. So muss durch das Strychnin namentlich
die Muskelibatigkeit des Herzens und der Respiration gefährdet
und dadurch passive oder active Hirncongestion bedingt wer-
den. Der Kr. bekam weniger als Vso ^^' Strychninum nitr.
in einer wässr. Auflösung, nachdem noch ein Aderlass vor-
ausgeschickt worden war. Dennoch zeigten sich schon am
nämlichen Tage grössere Spannung und Ziehen in den kran-
ken Gliedern, am folgenden derartige Muskelstarre, dass der
Kr. von seinem Sitze zu Boden stürzte, Schmerzen in den
Extremitäten der kranken Seite, Kopfschmerz und drohende
Vorzeigen einer neuen Apoplexie. Ein Aderlass beseitigte
diese Symptome, die gesunde Seite war ganz unbetheiligt ge-
bliehen. So bestätigte sich die Gefährlichkeit des Strycbnins
in allen Fällen rein cerebraler Paralyse , während es eines
der bedeutendsten Heilmittel der spinalen ist. Die Wirkung
des Galvanismus war ganz analog u. wurde naturlich alsbald
suspendirt, als ernstere Symptome folgten. Ein ganz gleich
behandelter, an allgemeiner Paresis in Folge von Tabes dor-
salis leidender junger Mann hatte von demselben Grade galva-
nischer Influenz nicht die mindeste Wirkung verspürt. Diese
tritt aber eben da am mächtigsten hervor, wo die Muskelirri-
tahilitfit nicht wie im normalen Zustande durch Ausführung
ihrer voluntären Bewegungen consumirt werden kann — in
den vom Hirn aus gelähmten Muskeln. Das Gefühl von Op-
pression des Hirnlebens in Folge obiger Einwirkung muss aber
am stärksten bei den durch Herzfehler bedingten Paralysen
lieb änssera«
Mit Rucksicht auf einen schon früher mitgetheiU
ten Fall von Hirnverletzung kommt Vf. jetzt zu fol-
genden Schlüssen.
1) Die Verletzung der vordem Hirnlappen hebt
die arliculirle Sprache auf.
2) Verletzungeu, Misshandlungen aller Art der
Hemisphären bringen weder Coovulsiooen noch
Schmerz hervor; die werden gar nicht wahrge-
nommen.
3) Die Verletzung der Thalami und der an das
Centrum ovale nach vorn und aussen angrenzenden
Theile, verursacht die cerebrale Paralyse der Glieder
der entgegengesetzten Seite , nicht aber der Augen,
des Kopfes, der Zunge, und beeinträchtigt weder die
Sinnesorgane noch die Verslandesthatigkeit.
4) . Die Hemiplegie von einer auf eine Hirnhemi-
Sphäre beschränkten Verletzung lasst alle vom Rük-
kenmarke abhängigen Functionen unberührt.
(KohlschUtter.)
412. Das Endocardiom und die Endocardi-
tig; von Prof. Luschka, (V.'s u. R.'s Arch. iV. 2.
1852.)
Das Endocardmm. Bei der schieb ten weisen
Untersuchung desselben von der freien Fläche aus
ergeben sich folgende Bestandlheile.
1) Das EpUhelium. Es ist eine Art des Platt-
chenepitlielium. Die Form und das Verhallen der
einzelnen Pläitcben wechseln sehr nach der Eot-
wicklungsphase derselben. Unter den vOlligaoig».
bildetf'n und noch nicht im Invoiutionsprocesie be>
grilTenen fand Vf. 2 Typen. Die einen , am hlufig-
sten vorkommenden Plättchen sind meist lanzellfo^
mig oder, durch gegenseitigen Druck in der Aotbrei-
tung beschränkt, nach dem einen Ende hin seiv
schmal , oft wie in einen Fortsatz ausgezogen. Die
Plättchen liegen meist sehr innig aneinander, nur sel-
ten findet sich eine feinkörnige ZwischensubslaDL
Die Uindensuhstanz der Plältchen ist sehr zarlkftroii,
durchscheinend und umgiebt einen scharf und dua-
kel contourirten , runden Kern, welcher stets i-)
dunkle KernkOrperchen enthält und bald mehr in der
Mitte, bald sehr nahe gegen das eine oder and«
Ende hin liegt. Die Plättchen besitzen 0,016-
0,024 Mmtr. Länge u. 0,008— 0,012 Mmtr. BrciU;
der Kern ist meist 0,008 Mmtr. breit. — Die in-
niger häußgen Plättchen zeigen eine unregelnl»^
polygonale Form und sind dem Epithelium der Ki-
sten serösen Häute ähnlich. Man findet auch hier
eine zart contourirte, feinkörnige, fast durcbscbei-
nende Rindensubstanz und einen scharf und duikd
umschriebenen , noch lichter erscheinenden Nuckui
mit einem oder mehrern Kernkörperchen.
Ueber der conliouirlichen Lage der eben beschrie-
benen Epilholialplätlchen finden sich in der Involu-
tion begrifTene und nur stellenweise aogeordoete
Plättchen. Diese sind immer grösser, unregelmlssi;
eckig oder rundlich, oft ganz homogen und glasirbg
durchscheinend , sehr dünn , oft am Rande aolge-
kremmt, seltner ganz zusammengerollL Bei des
meisten ist der Kern völlig verödet oder nur m einer
schwachen Spur vorhanden. Oft findet man Ver-
schmelzungen mehrerer solcher in der Involution be-
griffenen Plättchen , welche dann grössere ond klei-
nere glasartig durchscheinende, ganz homogene, Öf-
ters gefaltete HaulstUcken mit un regelmässigen B9^
dem darstellen. Mitunter ist darin noch ein Ken
enthalten als Rest eines ursprünglich isoUrleo PUU-
chens.
Ihr Ende finden die Epithelialplättchen in der
fettigen Destruction, welche in den PlätlcheoMch
am Orte ihrer ursprunglichen Bestimmung PlaU greift
und sie zum Theil da schon zum Zerfallen bringt,
theils so verändert, dass sie vom Blute forige-
schwemmt und in den Capillaren angekommea, ^
bald in Fetlmoleküle zerfallen.
Das ehem. Verhalten des Cpitheliums der innen
Herzhaut ist verschieden nach dem Alter. Das junge
Epithel wird durch Zusatz von concentrirter Essig-
säure rasch verändert; die Rindensubstanz zerfütil
unter plötzlichen Verschwinden der Umrisse der Plau-
chen in eine gleichförmige äusserst zarte Molekula^
masse , in welcher die unveränderten Kerne zerslreol
liegen. Aetzkali löst das junge Epithel in kürxester
Zeit auf. Das im Abschieben begriffene Epithel wird
durch Essigsäure gar nicht verändert; Aetzkali be-
wirkt ein Aufquellen geringeren Grades und eine ^A-
sung nach tagelanger Einwirkung. ^
IV. Pathologie, Therapie u. medlcinische Klinik.
171
2) Längsfasem, Diese finden sich unmittelhar
unter dem Epilhelium. Der hauptsifchlichste Unter-
schied von der LSngsraserhaut der Gefässe besteht
darin , dass die Fasern des Endocardium nicht durch
eine homogene Zwischensubstanz zu einer sich leicht
zusammenrollenden Membran verbunden sind, son-
dern ganz isolirt verlaufen. Die obersten Fasern ver-
laufen vorwiegend in der Längenrieblung, sind ziem-
lich gerade gestreckt, am häufigsten ganz einfach,
nicht selten aber auch gelblich gespnlten. Sie
durclifcr<^uz<'n sich meist unter spitzen Winkeln , und
liegen sehr nahe an einander. Die isolirlen Fasern
sind meist ganz starr und zeigen nicht die mindeste
Neigung sich aufzurollen oder umzubiegen. Sie sind
glatt, durchsichtig, zart, jedoch scharf contourirt,
von kaum messbarer Feinheit bis 0,001 Mmtr., zwi-
schen den Fasern sieht man da und dort in die L.'lnge
gezogene, bisweilen spindelförmige, homogene KOr-
percben, muthmaasslich die Formelemente, aus wel-
chen die Fasern hervorgehen. Andere Gewebsele-
menle findet man nicht. Durch Aetzkali und Essig-
säure verändern sich die Fasern gar nicht.
lieber die Natur der Fasern ist Vf. noch nicht
völlig klar. ^ An manchen Objecten schien es , dass
sie eine Form der elastischen Fasern seien , welche
jemehr der freien Fläche zu gelagert , um so zarter
werden und eine um so regetmässigere Anordnung
gewinnen. Bei vielen Präparaten glichen sie durch
die äusserste Zartheit der Gontouren, durch ihr sehr
lichtes Ansehen und den gestreckten Verlauf ganz den
in serösen Häuten vorkommenden Fasern.
3) Elastisches Gewebe, Es stimmt mit der
contraclilen Haut der Gefässe völlig ttberein. Man
findet in der höchst spaltbaren Schichte die verschie-
densten, auch der mittlem GeHlsshaut zukommen-
den. Formen ^es elastischen Gewebes. Es zeigen
sich sowohl einfache, sehr schmale und bis 0,004
Mmtr. breite Fasern , als auch vielfach getheilte und
zu Netzen verbundene Fibrillen. Die netzfbrmig ver-
schmolzenen Fasern zeigen meist eine beträchtliche
Breite und ftlhren zur Bildung ganz eigenthümlicher,
höchst unregelmässiger Formen. Vielfach sieht man
von grössern und kleinern Stücken elastischer Sub-
stanz strahlenförmig Fasern nach allen Richtungen
hin abgehen und sich mit eben solchen, von nach-'
barlicheu Stflcken auslaufenden , zu einem Netze ver-
binden. Andere Haie verbinden sich die Fasern zu
einem Netze mit den ungleichförmigsten durch dtlnne
und sehr dicke Brücken getrennten Maschen. Zwi-
schen den Fasern und Fasernelzen sieht man ganz
structurlose , sehr spröde, mehrfach durchlöcher(e
Lamellen , welche bald in grossen Stücken , bald in
kleinen Fragmenten gewonnen werden. Besonders
zahlreich fand Vf. diese 'Lamellen im Endocardium
des linken Vorhofs. Neben den structorlosen elasti-
schen Lamellen fand Vf. in der contractilen Schicht
des Endocardium der Vorhöfe innen rundliche oder
anregelmSssig eckige Plältchen, die niemals einen
Kern besassen, gegen Essigsäure ganz indifferent u.
homogen oder nur sparsam granulirl waren.
Die elastische Schicht am Endocardium der Ven-
trikel bietet in mehrfacher Hinsicht Verschiedenheiten
dar von jener der Vnrhöfe. Es besitzt dieselbe nur
unmittelbar unter dem festgewachsenen Rande der
Klappen eine solche Dicke, dass sie sich in einzelne
Lamellen spalten lässt. An allen andern Stellen ist
sie so dünn, dass sie selbst nicht einmal ganz für
sich hergestellt werden kann, ihre obersten Fasern
sind von solcher Feinheit, dass es nicht gelingt , die
Län$;:sfasern abzuziehen , ohne dass ein Theil dersel-
ben an ihnen haften bleibe. Die elastische Schicht
der Ventrikel zeigt sich ferner in der Art modificirt,
dass überall nur Fasern, nirgends structurlose, durch-
löcherte Lamellen gefunden werden. Jene den Epi-
Ihelien ähnliche Plältchen trifft man «zwischen den
Fasern nur äusserst selten ; dagegen kommen zahl-
reich kleine, runde und längliche homogene Körper-
chen vor, welche ohne bestimmte Ordnung zwischen
den übrigen Gewebetheilen liegen. Mehrmals sah
Vf. spindelförmige, sehr in die Länge gezogene Kör-
per, mit massig dicker Mitte , die auch nach Anwen-
dung verschiedener Reagentien keinen Kern zeigten,
und wohl als in der Bildung begriffene elastische Fa-
sern zu betrachten sein dürften.
In die Zusammensetzung der elastischen Schichte
des Endocardium, sowohl der Vorhöfe, als auch der
Kammern, geht stets eine gewisse Menge von Binde-
gewebe ein , wie diess auch bei der elastischen Haut
der Gelasse der Fall ist. Der Zellstoff durchsetzt in
einzelnen Fibrillen und ganzen Bündeln das Gerüste
elastischer Fasern, erstreckt sich übrigens nur bis in
die Nähe der Längsfaserschichte. Es erscheint das
Bindegewebe als eine direcie Fortsetzung einzelner
Fasern und Bündel der für sich bestehenden Binde-
gewebeschiebt. Mit ihm ziehen einzelne Gapillaren
in die tiefere Lage des elastischen Fasergerüstes^ wlfh-
rend die oberste und die Längsfaserschichte vollstän*
dig geßsslos sind.
4) Die Bindegewebeschickt, Die das Endocar-
dium mit dem Herzfleiscbe verbindende ZellstofTlage
entspricht ganz und gar der Tunica advenlitia der
GeHfsse. Sie lässt sich , besonders in den Ventri-
keln, als eine zusammenhängende Haut leicht darstel-
len und abziehen, und wenn sie auch zum Theil innig
zusammenhängt mit dem interstitiellen Bindegewebe
zwischen den Muskelbündeln des Herzens, so lässt
sich doch eine selbstständige Anordnung derselben
nicht in Abrede stellen. Die Grenze zwischen ihr lu
der elastischen Schicht ist, wie bei den GeHissen,
nicht scharf. Die tiefe Lage derselben aber ist so
reines Stratum cellulosum, dass nur sparsam elasti-
sche Fasern in das Netz der Zellstoffbündel eingehen.
Wie bei den Gefässen ist auch hier die ZellstofT-
schichte die Trägerin von Blutgefässen und Nerven,
Die erstem bilden in ihr ein sehr reichliches Netz,
deren oberste» zarteste Gapillaren von kaum 0,004
m
I?« Palbalogi«» Thei^^pi». iu niedi/^i«c^||^. Poik»
Mm^. b» w die ebslisch'a Sehichta sich. «rslr«cl(#ir.
Man findet die Gel^a&chen hisweÜAn sehr sclitMn io|i-
cirtiL nnd durch die gel^sslose obere Schicht auf das
Deutlichste durchscheinend, in der Nahe von Entzün-
dungsherden oder bei anderweitig entstandener capil-
Ikrer Hyperämie.
In. den Alriovenlricularklapfen findet n^im diQ
Rlulg^Atate zwischen dcu heitün sie. bildenden U{U-i
tarn de« GntdiipaEdium itevUufead. Die KUiter sind
gfKgen die fe^t. verwaiahseoien Ränder der KUppen hia
durch eiJie släjrkere DindegewehaschirUt getreqntt
wählend' sia gegen die freien ßänder liin nur einei
äusserst dUnne Zell«tofl1age zwischen sich h^ben.
Das^ ZelUtofl^tUrgxEa der K.Uppen ist aber nie reines
Bindeg;ewebe ^ sondern «lets v^n vielen isolirt laufen*
den« schoialen und breitete elasliacheu Patern durclv-
aetzt , se wie auch gewöhnlich in lUe Länge gezogene
oft splndelfbrinige, boniogene KOr)i>crcheo, geseheni
werden« in, denen man weder vor noch nach der An-<
Wendung von ftei^eoiiea einen Kern, zur Anschauung
bringet kann, die daher keineofulU die Bedeutung
von coJitraclileu Faserzellen haben kttanen. Der
grö.^sten Menge von Bindegewebe entsprechend, fiA-
det man sa dem f€)ilgewach«;enefl Theiie der (Clappen
aud) die reichUch»te GefässausbreHung. Vf. zählte
4 — 6 feine GeDfsschen , wekhe von oben her in die
Klappen gelangten, indem sie durch den festern, aus
dicht an einander gelagerten Bindegewebefibrillen ge-
bildeten, zwischen Vorkammern und Ventrikeln gele*-
genen Ring hindurchzogen und sich alsbald unter
Bildung unregelmässiger, verbältnissmässig grosser
Maschen gegen die freien Ränder hin ausbreiteten.
Einzelne BlulgeDisse treten auch aus der Zeltschichte
des Endocardiums über den Papillarmuskeln durch die
Sehnen derselben in die Khppen, und anastomosiren
mit den von oben kommenden.
Nerven fand Vf. stets in der Zellschiehte des
Endocardiun ; sie trugen durchaus das Gepräge synk-
patkiscber Nerven, ffia gelang es ihm bisher dop«-
peltcontourige Pasern wahrzunehmen, sondern stets
nur schmale , häufig vielfach variköse Fibrillen. Die
Nerven sind stets äusserst dünn und werden kaum
aus mehr als 6 Primitivfasern zusammengesetzt ge-
funden ; am gewöhnlichsten sieht man nur einzelne
Primitivfasern oder aus einzelnen derselben zusam-
mengesetzte Zweigchen. Der Gehalt an Nerven ist
sehr untergeordnet und, wie es scheint, nur auf die
Zellschichte beschränkt.
Die EniocardiiiM. Da nur die Zellstoff-«
sehichte und höchstens die äussere Partie der elasti-
schen Haut, niemals dagegen die Längsfasersehichte,
bliitgel^sshallig sind, so können auch nur die er-
stem, als ^tsa der Entzündung angesprochen u. die
im Gewebe als Folgen derselben eingetretenen Ver*<
Inderungen nur von dort abgeleitet werden.
Das 1« Stadium der Gndocarditis , die Hyperämie
der QeCiSBe der Zellsehichi, ist nicht wohl zu unter'^
scheiden von Ueberff llung der Capillaren , diirch ir-
gend andere die CircnUtiom sistjranda KiaOflswlie.
dingt. Für mh alleim iMf Bephaohtqng gelae§ii4
darC dieses Stadium d,9lier avcb. yifht «nl^n^^tiii
EntzUndangsi^fang erkUrt un4 wx ^an« dafilrg«^
tea werden „ wenn, ea neben, apdern , hareit^ im ^
hejcn^ Grade entzündlich ergrUTeneii Ste(lea g«Ma
wird. In diesem F;^lle fand Vf. die di^rck 4i« v«i4
lichece Iniection bedingte RKlIiung ^eicbit^n^ji, ^
so , dass milteU dV7 k^^jf» die» einz^e^a Capitlam
deutlich erkan^nt un4 WV d« vixd ^i duroh Rii^
(LberfülikerGeftsschen bedingte ßlutaustretungei^iwib>
genommen w^irden. Da^ieti war die ajn^rste U&k
Gndocardium völlig durchsichtig „ d* b> lie^idjcil»;
ßisse der ZeUschiehte durohacheiDaOi wnd be^ais >»
malen GUnz u. Glätteu
Im Sttadium iler Aus^obiwttzung vermag laudi
einzelnen mntgeßtsae nicht mehr zu sehen; sie wf
den dqrch das Eisudal mehr oder weniger geM
woraus eine schjAutzigrothe» b^ld gleiclif^ronige, W
gefteckle PärbMng hervorgeht. So, lapge das (xsii^
nur auf die Zell- Mpd elastische Schichte beMhM
bleibt, findet ipan das Sodocardium noehglaUiil
glänzend, wird aber auch die oberste geftssl«
Schichte und das Epith^lium durchdrungen, «iea
bei der acuten EndocardiMs steU der Fall i«t, im
geht die Glätte und der Glanz verlorea» u^d e« irr-
ten Trabungen und FarbenveränderMugea des Ter-
schiedensten Grades ein. Van findet in diesea Fal-
len in der Zellschicht und selbst in der inoersiea
Lage des Herzfleisches eitriges Eisud^t, Nicht m
bezweifeln ist, dass flüssiges Exsudat auch »of^.
freie Fläche der inner» Uerzhaut abgesetzt, a^ l^-j
gleich vom Blütstrome weggeschwemmt wird. Ei
ist weder durcJi die Beobachtung nachweislich « "^^
mit der theoretischen Anschauung vereinbar, tos <ii
auf die freie Flltche ((es Eadocardium abgeieliM
Exsudat sich irgendwie hslte odei* m^l^orplioiiK'
Diess gilt auch für die Rlulgefilsse ; wenn map ^
von E^suißt'Jußa^erungen spricht, so begeht ws
einen Irrthum. UeherßU, Vfo Ea^udate v^ fif ^
CirqtUßiian x^ugßnglichen Geßssen, w v«« »*''
9en frei w Tage liegen , sind sie ^pm QrU i^
Bildung f von den geßsshalHgeu Schichien m^
ier Zerlrümmerwig der geßssfoseu SckichUstß
die Hohlen jener Organe gedrmg^n* Die ^^
bar auf der freien Fl|{che adhärirendeo EzsudaMP«^
werden nicht durch eine Gewebeschicbl« voa ^
tiefern Lagen des E^^sudats geschieden» soBd<!(i ¥r
den mit ihnen ein unmittelbares Cantintium. Dadtir^
unterscheiden fich die wahren ^itsMd^lbildungeq ^
den aus dem Blute abgeschiedenen FaserstolfaiMMlh
welche, wenn sie auch noch so verändert sind, sei»
Eiter im Innern enthalten , doch stets auf eioem ^
zerstörten Endoeardium aufliegen, l^i^ aDgeW»»
OK/dem Endoeardium sitzenden Exsudaia, •lebe«*'
Gegepsaiae lu den sog. FaserstolTpolyp^o ^^^^
mehr oder weniger organischen Verhaade m\ »w^
Unterlage, Damit in Uebereiastimipung findet w
in ihnen: Exsudatkörper mit und ohpe Kern; J" ^
Eotwicklung hagriffene odar vdlligevigei^iM^^'^
IV« ?^$iß9(^, Vkmnfß^ % m^4mM^ Klinik.
m
Mlbsl Bli«|gefi|S9fi, {|eiii«rkonsw«rlh »t e«, class q)««^
t^b^il 4fn B«ai9n4(l>eiifp neuer BiJiluiig »oeh h^ih
U^Uimkne EU«^9U des End^ctrdiwn . n^m^tiüi^l^
B|M%He|i4lpMii^oki^ in dfr Uesne findet, zmn 9«w9m
lar durch di« Herf«rwiicberuttf gleioh^lig 4t|ttg#r
lAbun Zersioru^g H«« Endocamliuiii w jon^r Siell«.
Bbckft Jede Art vqq K3iwda( a^bep i«l geeigiMU wqn ihr^
ner BilüuiigafUUe «us unter Qurcl)brecliang d^r Qb^iw
Uen Sohic4»teii det RndiecardMia» in die Hersho^len
luAeiaaiulringeii. Ni^r ExaiidaC» Wfflobes in gr^afterer
Mei^^ ahgesclii^dea , bald eralurri «nd 9Q)che« ^w
hoher PlMliciUU ip dem bald Faserei enoea^e u. ilut-r
geHisse auftreten, durchbricht die gefitaalosen Schicbn
teD und kemmt frei au liegen. In den PsUen, vfo ßn.
unler dem Einflüsse eines nur geringen Entztlndungs-
grafffes zur Ausscheidung von nur wenig Exsudat
kommt, erßihrt dieses innerhalb der Zell- und ela-
stischen Schicht seine Veränderung , ohne die Conti-
Duitai des Endocardium zu bedrohen. Dieses erscheint
nur verdickt und im Verlauf der Zeit von weisslicher
Färbung, Qbrigens glänzend und glatt. Man findet
sowohl EpitheKum als Langshscrsehicht ganz unver-
sehrt Wenn das Endocardium durch den EntzUn-
dungsprocess in der Weise verSlndert ist, dass man
ne^eo reichlicher Injection auch Lockerung meines
Gewebes. Trübung und auffalleude Farbenverjinde-
rung, bei nur sehr wenig Exsudat im Gewebe selber
vorfindet, indessen die Symptome während des Le-
bens auf innere Herzentzündung hinwiesen, so ist nach
Vt. snzunehmien , da^s unler sehr acutem Verlaufe,
ein reichliches dünnflüssiges Exsudat ausgeschieden,
aber stets durch den Blutstrom hin weggeschwemmt
^wurde. (H i 1 1 i e s.)
413. IlssbildnngeD und l(raBk(eiUQ der
halbnoQdftnnigen Knappen; von pr. Risdon
B enn^tt und von Dr. Peacock. (Lond. Gaz. Nov.
1^51; aus den Ve^handl. der Palbol. society of
London.)
Dir« VenneU bsri^M^ einen Fat), wo ^wiii^hen
4«» völlig pssi&cirt^li vordem und hintfri^ A^rtej^-r
k\^W^ «ich dine b|^s rudi«i^ntare 3. KUppe h^hnd*
P^r re^hu Y^Q^rikel war etwas bypertrophis^ch.
Al(Hstwcbe Kr^cbeinurigen dieser Abnormitl^ hatten
ifH Ltib^p nifht stattgehabt; die ((läppen schlössen
volU^oipmen.
hierzu gieb( Dr. Pe9cqqk eines Bericht Über
seine Erfahrungen binsichl)ich der Qifl'ormil^len der
Sepiilunarklappen Überhaupt. Unter 50 Fällen aus?,
gebildeter SepiilunarkUppen w^ren 0 F^ile ei^cessiver
Entwicklung derselben; von diesen betrafen ft die
halbn^ondföfmigen Klappen der Lungenarterte i(nd
i^^ren s^ts mit andern erheblichen Misabildungen
v^rk^u^dep» kamen also Tast nyr bei ganz Jungen Per-
sonen vor. Die Ursache jener in Folge einer Mia^-r
biiiltfag ^n den Lungenart^ienklappen eintretenden
aederweiiig^n Klssbtldungen, isit die Bedeutsamkeit der
Lui\ge(iair^ne fUr den Fotalkreialauf. Einmal l^am
e^ceiiaiv^ Etiiiwi<tklu9g an 4en Aorteq|ilfppen vqr*
Pif ei|S8fsw«i 9il4««9A« iMtandNi 1) in Spal-
tung einer Klflppe ii| wm\ ; 9) in (üniufügi"« n^et
stpPPlmeQltfrfp Ufinnrii KlapH zu den pegelmüsflig
gebildeten 3 übrigen ; 3) in 4 Klappen von abneh-
mendrr 6rt)S8^; 4) in 4 Ktappen von normaler Bil-
dung und fast gleicher GfOtse.
(Julius eiarvs.)
4Ui Amonwia des Ams torUe oA^ dfo^
<^4i4 L$^uß ; von Qr. S t r a w b i # d, 11 1|. (ß«is. med.
ilaUMi bomhard, 4«. UM.}
Der betreffende Kr. hatte zwischen dem 30. und 50.
LebeR»jahpe viel aa VerdauuRgsstörungen uad Mopbchinercett
gelilleq, vard im J. 1838 voa einer ichweren Kraokbeiil b»^
falleo, Dach welcher, Iruti enerffischer Kyr, dje ErepliflipHSn
gen einer materiellen Alteration des Henfens zuröckbljebeQ.
So Athmungsbeschwerden , Herzklopfen , Erstickungsanfalle^
besonders des Nachts, woza sich später noch Eeicben vob
Pkthera ahdoaiinalis , Indigealioo, leichtes Oedeaa as des
Kpöchelp pod eig^nthpniliohe Hautertiptioneq a^ der 8tin^
hinzugeselUen. Da aber die AHScultatioq keioe S^eichep eines
organischen Fehlers am linken Herzen oder den grossen Ge-
fBssen vernehmen liess, and da nach einer antiphlogistfechen,
diuretischen and stärkenden Behandloag alle drehenden SyuH
ptpme sich legten, so glaubte man, dass nur ein deq ^qakn
nuss des Blutes hemmender Fehler des rechten Herzeps ^brig»
und die forhanden gewesenen serösen Ergiessungen in Pleura
und Peneardium aufgesogen wordea seien. Nor wegen der
immer viederkehvenden , den Verdaeht von Syphilis erregenT
d^p H^^leruption yrurden noch verseiiiedcqe ftlittel gegeben,
aqch ein H^arseil an der linken Brustseite angelegt. So gin|(
es Wühl ly, J. lang gut, aber im Herbste 1850 traten die er-
wähntes Erscheinungen von Oppreision wieder ein, pldtzliche
oaehtlicbe Anfalle to« Orlhopnde, Fieber, Henensaogst , Er*
br^c|)f s ; die Aderla^s- qqd Haavaeilwqndeo werden ödfmftoa
und erjsipeiatös , der Puls intermittirend , der ürio sparyam«
— kurz der Kr. starb Anfangs December unter den deutlichen
Seiehes seröser Ergieseung In der Brusthöhle und dem Herz«
heelel.
D4e Section aeigte bedeuteades serds-purnlentes Exsedat
in allen 3 Säoken de» Brusthöhl«. Das Kriickta PerioardinBi
adharirt^ pacb oheq an eiqer vor d^r Tra^^bef (|e^ndee irr»-
gq^ären Geschi^'ulst fon der Grös^^e einer Pomeranze , welche
das Herz verdrängt u. in eine horizontale, fast ganz verdrehte
L.agt gebraoht haue. Von der Spitae der Geschwulst stieg die
sehr erweiterte Arteria anonyma nach oben , an dem untern
Rande adharirte die Pulmonalis, so dass die Geschwulst gleich
beim Austritte der Aorta von Heraen aeflag , sie sabm des
Bogen, und zwar mehr den absteigenden Ast ein , da am auf-
ateigefden ao^b die Spur des Gefsafpobres zu er%ennen war;
ihre \^anduqgen w^req bqrt ip Fplge qartilaginqser und l^not
eherner Ablagerungen von verschiedener Grösse , bis zu (ior
eines FOnnrankenstncks. • Sie bestand ans 2 Abtheilungen,
denen Scheidewand 9ehrag von oben nach unten und ven hin-
tee naci^ vora ging) die kleinere untere und vordere Hehle
ward von der äussern Zellhaqt qnd von der innerq se^r len-
dickten GeCässhaut der Arterie gebildet, und war mit einef
weichen kreideartigen Manse angefüllt , in welcher härtere ge-
flrbtere , wie es schien faserstofDge Massen, deren jede einen
masdel förmigen rothen , wahrscheinlich von Blut reth gebil-
deten, Körper in ihrer Mitte enthielt eingestreut waren. |)ie
grössere hinlere und obere Höhle bildete die Fortsetzung de?
arteriösen Kanals und bot alle Kennzeichen des Aneurysma per
dilatationem dar. Sie war fanstgross und halte ebenfalls
theilweise eartilagiaöse und mit kreidigen Ablagerungen irre?
gqlär bedepkte Wandupgen, Pas linke Herzohr war in Folge,
des Druckes sehr verengt, dej* linl(e Ventrikel erweitert; in^
rechten Herzen fand das umgekehrte VerhSItniss Statt. Die
Klappen und die aadere grossen Oeflissstänime boten Abnor-
mitäten nicht dar. (K e h 1 s e h i 1 1 e r.)
17i
IV. Pathologie, Tlierapie u. medicinische Klinik.
415. Ueber Ae HypertrepUe der Drftsen-
ftllikol der DannKhleimkaat ; von Dr. Rein-
hardt. (Ann. d. Charil^ zu Berlin. II. 1. 1851.)
Vf. hat 3roal die Follicularbypertrophie der Inte-
Btinalsclileimhaut beDhachlel. In 2 Fallen war der
Magen, und zwar jedesmal die Pars pylorica, derSilz
derselben ; sie beg?nn unmillelbar am Pyjorus und
erstreckte sich von liier aus , eine bedeulemle Ver-
dickung der Schleiro'iaul in der ganzen Cireumferenz
des afficirlen Theils feranlassend. 1—2" weil in den
Magen hinauf, wo sie dann gewöhnlich mit einem
scharf ahgeschnillenen und mehr oder w<»niger stark
aufgeworfenen Rande, ahnlich den krebsigen Slric-
turen dieses Organs, endigle. In beiden Fallen war
gleichzeitig Krebs in andern Organen, vorbanden; in
einem Falle in der Leber, d»'n diese umgebenden
Lymphdrüsen und in der Niere; in dem andern in
den retroperitonaalei Lymphdrüsen, in den Bron-
chialdrüsen und den im Mediastinum poslicura um
den Oesophagus henimgelegenen Lymphdrüsen. —
Der 3. Fall von Foliikularhyperlrophie balle seinen
Sitz im obersten Tbeile des Rectum; es fand sich
hier eine ringförmige Striclur des Darms , welche in
der Richtung von oben nach unten, also der Langen-
achse des Darms entsprechend, eine* Ausdehnung von
2" besass und gewissermaassen ans 3 in jener Rich-
tung auf einander folgenden gUrlelförmigen Abschnit-
ten bestand. In dem milllern l" breiten Abschnitte
waren alle Häute des Darms nur wenig verdickt, aber
durch dichtes Bindegewebe zu einer derben, schwieli-
gen Masse mit einander verwachsen : das Muskelge-
webe zeigte sich an mehrern Stellen atrophisch und
durch Rindegewebe verdrXngt; in der Schleimhaut
fanden sich nur einzelne hypertrophische Follikel
Dieser miltlete Theil ging an seinem obern . wie an
seinem untern Rande in einen wulstigen Yj" breiten
Ring über, welcher eine exquisite Foliikularhyperlro-
phie der Schleimhaut darstellte. In diesem Falle
fehlte jede krebsige Degeneration irgend eines Organs.
Das genauere Verhalten der einzelnen Schleim-
häute und Gewebe war folgendes.
Die Schleimkaut erschien bedeutend verdickt, bis
zu 6'". Dabei ging der verdickte Theil meist nicht
allmälig in die gesunde Schleimhaut über, sondern
fast unmittelbar neben der normalen Schleimhaut fand
sich schon eine bedeutende Hypertrophie der letzlern.
Hierdurch geschieht es, dass der erkrankte Theil sich
dann plötzlicli. nach Art der Krebsgeschwülste, über
das Niveau der gesunden Schleimhaut erhebt , oder
selbst durch nach Aussen überhängende Ränder
begrenzt wird. Die Oberfläche der entarteten Par-
tien war von weissgrauer Farbe und sammelähnlichen
Ansehen; einmal fand Vf. sie im Magen durch eine
kleine, flache Ulceration zerstört. Auf dem Durch-
schnitte zeigte die erkrankte Schleimhaut eine weisse,
dem Hirnuiarke ähnliche Farbe. Der untere Rand
des Durchschnitls erschien bald glatt und eben , bald
höckerig und zackig, indem mehr oder weniger dicke
zapfenfftrmige Verlängerungen in die tiefer Hegenden
Gewebe hineinragten: an diesen durch ihre weisse
Farbe sich markircnden Fortsätzen konnte mao bis-
weilen schon mit der Loupe ihre Zusanimenselzanf
aus feinen, einander parallel laufenden Schlaucbea
(den hypertrophirten Drüsenenden) wabrnelioien ; n
einer Stelle der Dickdarmstrictur war die Vergrösse-
rung einzelner Follikel -so bedeutend, dass dieselben
in Form länglicher, am Grunde etwas angeschwolle-
ner, mit bliisem Auge leicht erkennbarer SäckcheB
von der Dicke etwa einer Stecknadel über die Schleim-
haut hinaus in das subrauköse Gewebe hineinragten,
und hier um so deutlicher sich unterscheiden liesseo,
als die einzelnen Drüsen durch ziemlich breite L3|€0
von Diudegewebe von einander gelrennt waren.
Die Consistenz der Schleimhaut war weich , den
Markschwamme ähnlich; die obern Lagen zeigten
sich im Allgemeinen consistenler, als die liefern. In 1
jedem der beobaclilelen Fälle fand sich ein mit dik-
kem. gelben Eiler gefüllter Abscess in der unterstes
Schichte der verdickten Schleimhaut, wodurch ein
Theil der letztem, in einem Falle auch die angrea-
zenden Partien des submukösen Gewebes und der
Muscularis zerstört waren.
Rei einem^ Drucke auf die DurchschnittsflS-
cbe der erkrankten Schleimbaut entleerte sich aus
zahlreichen feinen OefTnungen eine weisse ^ milchige
oder mehr consistente breiartige Flüssigkeit; an
den oben erwähnten sehr stark hypertrophisches
Dickdarmfollikeln konnte mau oft den Inhalt in Fora
einer halbfesten, cylindrischen Masse ohne Mühe
herausnehmen.
Die milchige oder breiige Flüssigkeit zeigte unter
dem Mikroskope bisweilen nur sehr grosse , regel-
mässig gestaltete Cylinderepilbelien, welche bald iso-
lirt, bald zu mehrern pallisadenartig aneinander f^
reiht, nicht selten auch zu hohlen cylindrischoi , Af-
ter an einem Ende abgerundeten Schläuchen yereiaigl
erschienen, und in diesem Falle grössere Fragme&te
des im Zusammenhange ausgepressten Inhalts der
hypertrophischen Follikel darstellten. Die einzelneii
Epithelien zeigten stets eine sehr bedeutende GrOsae,
und übertrafen die normalen Cylinderepithelien d^r
Intestinalschleimhaut und der Drüsen derselben nm
das 2 — 4 fache, oft noch erheblicher. Sie hatten
übrigens im Allgemeinen die gewöhnliche Form der
Cylinderepithelien, bisweilen besassen sie aber bei
geringer Länge eine verbältnissmässig grosse Rreile,
so dass sie mehr kubische oder polySdrische KOrper
bildeten. Der Zellenkern war fast immer verbält-
nissmässig sehr gross, rund oder oval und zeigte ge-
wöhnlich 1 — 3 sehr entwickelte Kernkörper. Dabei
lag er nicht , wie diess meist in den Epilhelien der
Darmfollikel der Fall ist, dem untern aufsitzenden
Ende der Zelle nahe, sondern gewöhnlich in der Mitte
der Letztern. Einzelne grosse Epithelien zeigten 2
— 3 ofi sehr grosse Kerne. Der Zelleninhalt iwratf-
sehr fein granulirt, und bot, ebenso wie die durch
]¥• Pa:&ologie,, Thsrapie o* medieinitclie Klinik.
175
starteo WasAerzusalc im Ailgemeinen leicht zerstör-
bare Membran, nichts Beroerkenswerthes dar.
Neben diesen regelmässigen Epithelien fand man
häufig in der aus der Schnittfläche ausgedrückten
Flüssigkeit , sumal da , wo diese von breiiger Gonsi-
atenz war, eine mehr oder weniger grosse Menge un-
regelmassig gestalteter KOrper, welche sich indess
aus den mannigfachen Uebergangsl'urmen , welche
zwischen ihnen und den beschriebenen Epilhelialzel-
len ezistirten, auf eine rückgängige Metamorphose
der letztern reduciren Hessen. Man trifft hier zu-
nächst Epithelien von deutlich cylindrischer tiestall,
deren Contouren indess nicht mehr regelmassig und
glatt, sondern höckerig und uneben erscheinen. Da-
neben finden sich Zellen , an denen die auf der einen
Seite des Kerns gelegene Hälfte noch eine cylindri-
sehe F m besitzt, während die andere Hälfte eine
unregelmässig gestaltete Masse granulöser Substanz
darstellt« Weiterhin kommen Bildungen vor, in wel-
chen der Kern nur noch von einem rundlichen oder
unregelmässigen Häufchen granulöser Substanz um-
geben wird. Der Kern selbst besitzt in diesen For-
men nicht mehr so glatte, regelmässige Contouren
und so müfkirte KernkOrpcr wie in den unveränderten
Epithelien, sondern erscheint als ein mehr rundlicher
oder eiförmiger, dunkel contourirler, homogener
oder etwas körniger Körper. Oft findet man diese
Bildungen noch in grössern Zügen nach Art der Epi-
thelien mit einander Vereinigt.
Endlich kommen hierneben rundliche oder unre-
gelmässig gestaltete homogene Schollen, etwa von
der Grösse der frühern Zellenkerne vor , welche als
das letzte Stadium dieser regressiven Metamorphose
zu betrachten sind, und aus den geschrumpften Ker-
nen, umlagert und verschmolzen mit der zerfallenen
und verdichteten Zellensubstanz besteben. Diese
Schollen gemischt mit den (Jebergangsstufen zu un-
veränderten Cylinderepithelien findet man oft in gros-
ser Zahl mit einander vereinigt, wo sie dann häufig
kleine, schon mit blosem Auge wahrnehmbare, weiss-
liche, derbe Körnchen in der aus der Schleimhaut
durch Druck entleerten Flüssigkeit bilden. Aus die-
sen Elementen bestand auch der früher erwähnte In-
halt der enorm vergrösserten Dickdarmfollikel.
Das Lagenverhältniss aller dieser mikroskopischen
Elemente zu einander, so wie zu den übrigen Gebil-
den trat ganz deutlich erst an feinen Abschnitten von
Stücken der Geschwulst hervor, welche durch Holz-
essig erhärtet waren. Hier sah man durch eine mehr
oder weniger dicke Lage von interstitiellen Gewebe
getrennt, die hypertrophirten Follikel in derselben
Weise , wie im normalen Zustande neben einander
gelagert. Unter den senkrecht auf die Schleimhaut-
oberfläche geführten Schnitte traf man bisweilen ein-
zelne, welche nur cylindrische , einander parallel-
laufende , unversehrte oder der Länge nach geöffnete
Follikel enthielten , häufiger findet man in den Objec-
ten daneben zahlreiche Querdurchschnilte der byper-
tcopbirten Drüsen. In den letztern/ bemerkt man
zunächst am Bande des rundlichen oder ovalen Qner-
durchschnitts eine scharfe, dunkle, unmittelbar an
das interstitielle Schleimhautgewebe grenzende Linie,
dem Durchschnitte der Tunica propria entsprechend.
Diese wird nun , während sie aussen innig mit dem
interstitiellen Schleimhautgewebe verbunden erscheint,
an ihrer ionern Seite von einem auf das Begelmässig-
ste aneinander gelagerten Gylinderepithelium beklei-
det; Letzteres füllt aber meist den Follikel nicht voll-
ständig aus, sondern bildet nur einen der Tunica
propria concentrischen Ring, welcher die mehr oder
weniger umfangreiche Follikelhöhle umschliessl. Ge-
wöhnlich findet man an der Wanil des Follikels nur
eine einfache Lage cylindrischer Zellen ; doch existirt
bisweilen eine doppelte Lage, indem unter einer ober-
flächlichen Schicht grosser und langer Cylinder noch
eine 2. Reihe von kleinern und kürzeren Zellen sich
befindet. Die Follikelhöhle selbst erschien bald leer,
bald war sie von einer amorphen, feingranulirten Masse
erfüllt; oft enthielt sie eine mehr oder weniger
grosse Menge der oben beschriebeDen scbollenartigen
Körper.
Bisweilen findet man an einem Theile oder dem
ganzen sichthiiren Abschnitte der Follikelwand kein
ganz regelmässig vereinigtes Epithelium, sondern
man trifft an diesen Stellen die ganze Drttsenhühle
mit regellos durcheinander gelagerten cylindrischen
oder unregelmässig gestalteten Zellen erfüllt. Ver-
einzelt^sieht man solche Follikel bisweilen an Stellen,
wo die Hypertrophie schon einen sehr hohen Grad
erreicht hat; häufiger sind sie in der Umgegend der
früher erwähnten Abscesse, wo auch oll >'ine grös-
sere Menge von Eiterkürperii in den Drdsenhöhlen
vorhanden ist. Es scheinen hier mit den bedeuten-
dem Graden der Entartung Unregelmässigkeiten in
der Blutcircuiation und der Exsudation einzutreten,
welche dann eine Störung der . gewöhnlichen Er-
nährungs - und Wachsthumsphänomene zur Folge
haben.
Die Durchmesser der Follikel an den erkrankten
Schleimhautpartien waren, je nach dem Grade der
Entartung, ausserordentlich verschieden , und variir^
ten von dem gewöhnlichen Maasse der normalen Drü-
sen bis zu einer solchen Grösse , dass man die Fol-
likel in Gestalt länglicher, ^/^*** breiter, cylindrischer
Schläuche leicht mit blosem Auge erkennen konnte.
Wo übrigens die Schleimhaut erheblich verdickt war»
zeigten sich alle hier vorhandenen Follikel vergrös*-
sert, im Allgemeinen in ihren untern, dem submu-
kösen Gewebe zugekehrten Abschnitten bedeutender,
als in den obern. Die bedeutensten Grade von
Hypertrophie und Dilatation fanden sich im Dickdarm.
Das wterstiHelle Schleimhautgewebe verhielt
sich nicht in allen Fällen ganz gleich. In dem einen
Falle von Erkrankung des Magens war die Menge des
interstitiellen Gewebes nur ausserordentlich gering,
so dass sirli .'in den erhärlnteii Durch schnitten die
Follikelwände oft unmittelbar berührten oder durch
sehr dünne Lamellen von Zwischensubstans von ein^
vm
Pf^ Pmhotogie, Thtfrapt« Uv tnedieiiliBihe KliMft.
iMfM* ^tiiBtitit trschbtiM'; tiefte M^ter« Minmce
"Aiibfei ivi ilirer Strdctor gMis mit 4ein ititfliüUÜtllen
•6«w^b« der tvoraittliefi Schleimhaut HbereiMi -^ Da«'-
•MllM ¥«rhttltois6 finid sich an eiiiefii fliei^c 4«r Bol'-
•MttiBg des Rectum, an andern Partie« deMei4beii wair
•jedoch eine bedententie fly|>ertrefi>hie des Tiiieratitt<9l->-
iah Gewebes ingegen» inden Schiebten von viel grda*
i»erer Oieke als in der ni>rmHlen Sehieimiiaiit die eiiK
jefnen fmiifcel «jler Grufpen derselben von einander
trenMen ; indess wirb auch hier das Gew^l»e in aei«-
IM Strtrctur nicht von dem vormslen ab* Biolage^-
ruftgen von jflngem 2eHenforiiiai4onen eder ElemeN«-
len , wie sie im Krebs vorkeiDtte« , aeigteü aiob m
diesem wie ira verigen falle nirgends; alle «ylindri^
ach«n «nd p<v1yädnschen Zellen oder achoHenartige
K-9r|per lagen iimerhalb der PoHikei. Im ^. Falle
(Strietnr am Pylentstheile des Magens) war «ben^rtfHs
an eintelifen Stefllen eine erhebliche Vermebrniig des.
interstitiellen llewebes «vorhanden; dabei fMd mai
hier nerben den gewnbniNdien histologischen Element
ten des letfctern nicht selten spindelförmige Zelleo^
ähnlich denen, welche man in jüngerem Bindegewebe
antrifll; ob aber diese als Entwicklungsstufen dieses
Gewebes oder als neugebildete, jüngere Elemente je-
ner von Brücke in deu Schleimhauten entdeckten ^
muskulösen Strata zu betrachten sind, und in beiden
Fallen dann eine einfache Hypertropbienorm« Scbleim-
hantelemeDte darstellen , oder ob sie jenen spindel-
i^rmigeo Zellen, weiche, ohne zu einem normalen Fa-
aei^ewebe sich umzuwandeln, in verschiedenen Wu-
cherungen und Geschwülsten nicht selten vorkommen,
gleichzustellen sind, will Vf. nicht entscheiden.
Jedenfalls kennte man diese Veränderung des inter-
stitiellen Gewebes nicht mit Bestimmtheit als eine
krebsige Entartung desselben ansprechen ; sie stimmte
Übrigens auch nidit mit den Krebsen , welche gleich-
zeitig in andern Organen vorhanden waren aberein,
indem diese letztefn sehr grosse rundliche, ovale od.
polyädrische Zellen zeigten.
Üie verdiekte Sohleimhaut liesa aiell an <den Rän-
ikrn der Estartuftg last immer etwa in einer Strecke
von l-*-2''' leicht von den» tiefer liegenden Geweben
trennen , und war liier di»rch eine Schichl lockerer
iüideanbstana , durch das subrnukOse Bindegewebe
mit der Muskularis vereinigt« Weiler von der Peri*-
pberie entfernt fond meisi eine feste Verwaobaung al^
1er DamihatHe unter einander Statt.
Das suhmtücose Gewehe zeigte sich in keinem
Falle erheblich verdickt; wo eine innige Verwach-
sung der Haute eingetreten war, erschien dasselbe
an vielen Orten als eine dünne grauweisse Lamelle
von dichtem, keine deutlichen Mascbenrlfume enthal-
landen Bindegewebe ; an andern Stellen Uasa sie sich
als geaondeiHe Membran gar tti4:4it mehr unterscheide«,
indem die wuchernde, an ihrer w^scn Farbe leicht
kenntliche Schlefmhaut unmitielbitr an die Muscuhirie
grenzte; ein Verhaltniss, welches dadurch zu Stande
geWminyett war, daaa die Follikel bei ibr«r wettern
Vnrgivaaeiwg «idi imoea aiefer in daa anlniuknM
6ewebc Ihiicttigedrängi^ Und die«n Meutere %ierAmk
atrophirt eder wenigstens di^ l^terscbcidiwig dns^
selben als gesonderte Membran unmöglich gemadil
hatten.
tte Muskelkmi verlMek aieh aebr veraeUeda.
An einaelnen Stellen der Erkrankirag, MMneBttiobm
Magen , war dieaelbe bis aur Dicke von 2 — SVi"
byperiTophift und aeigle hier das bekannte geftchcfn
Anaehen» An andern Stellen liingegen ersciwoe dii
Muaeolaria mehr oder weniger bedeuteml ninpfaat
So aeif ten sich in dem einen Falle auf der
aernsen Haut des Magens 2 weisaliohe,
Grkabenheiten , welohe davon herrülirteB« Bankier
die wuchernde Schleimhaut sich Irer^orgedrtegl wä
durch die andern aeiir verdünntfen iHaule iNndvik^
whinnnerte» Daa weisse Sdileimhauigewebe «tf
hier nur ven eaner äusseret aarlen Laf^e Msakehak-
mam und dem Pehlonaum bekleidet; in der Ckaf^
bung dieser Stellen nalim dann die Musenlaria aUm^
lig wieder an Dicke cu.
Das Perilonäum erschien nirgends sehr erhebiidi
verändert, nur an einzelnen Partien lei<^ht verdidL
— In allen diesen unter der Schleimhaut gelegenes
Häuten fanden sich nirgends Anhäufungen* von niad-
lichen bellen öder andere den krebsigen finlartnngei
tugehörige Structurverändefun^en.
Auaser den 3 erwähnten Fallen beoImcbtelK
Vf. noch bei verschiedenen krankhaften Znalindfl
der Intestinalschleimhaut weniger ausgebreitete u. n
einem minder hohen Grade gediehene Fotlikula^hypf^
trophien. So fand er bei einer einfachen kj^crtf-
phischen Induration der Magenhaute am PylorusthflL
wodurch diese in eine derbe, schwielige Masse uo^
wandelt waren, eine kleine, erbsengrosse , weiche '
Stelle von weisser Farbe und dem Aussehen m^i
kleinen Markschwammknotens, welche nur ans sAr
vergrtfsserten und gerade so wie in den bescbneteiea
Fallen veränderten Magendrüschen bestand.. Ebenso
zeigten sich hypertrophirte Drüsenfolükel bei nata-
eben partiellen Verdickungen und bei Hypertropbiea
der Intestinalschleimhaut in der Umgebung von Krebs-
geschwülsten , doch hat Vf. bei der letztem Combi-
nation jenen Zustand bisher noch nicht sehr entwik-
kelt angetroffen. (M i 1 1 i e s.)
416. UeiUi; v^n C. Pfenfer. (&. u. PraZei^
•sehr. N. F. II. 1. "I«51.)
Ein 28jähr. Weber, bisher geduod , aber seit ii
mit einer linkseitigeo Inguinalhernie behaftet, die aber
Beseb«rerdeti vtrantaddt h&tfe, wtffde SAo 23. Ocft. N»
oaiibdeni er Iturt vorher Botmen^Miise (^gesBMi helfe , e^
vettd dea Drescbcfls «ob bcAigeni Eiekea, Reissea «nd
iDeD8chDUi-eD in der ünterbauol^egeod beüailea , iwranf m
fort heftiges Erbrechen eintrat. Der Bruch , der aDfaugs
was irmorgedrSngt v^ar , war dTät»äld \riedeY zürfickgetrHil
^er Stab! war van da an flneKdi siMivt tNid der Kr.
ei«6 lästige EmpTtoduag ton hartaickiaer ^ersfopfiMag,
Auffiohme in das akad. Hospital am 28. Oct. UaterleU»
melartig aufgetrieben, bretthart. Percussiooslon aoini
irai den Nabel heruiti tjmpaaitlscb, hi iet lo^uloatgegend
naiaaiU , und von ia nach den Saitea nwaaT man am«
IV. Fatholo^, Therapie v. medieinisdie KUmL
ITT
i«i«H«09 Wki Beweguee eolv Mlmerktefl. Unt«rtiiebiing
4arQ|k Uw Kh^n UQSflinifrsbaft. Si^hiskter rlüiiDt ; Mmi-
dann zu eiaem bautigeo S^cke aiwiedebot, g^panat, 4ie
l)in(ere Waod fest an die coDcafe Kreuzbeiowand angedruckt,
die Palten der Scbteimbaut verstrichen. Die vordere Wand
wt etwa« vencblelibaNr , and man Klhha auf derselben die
HQ WMenBeckM li«9eQ<^A» tUffcmilXiatberfailttBeediiraie
nibea, Geeip die Flexura ajannoide« bin uatcn die Mastdann-
w^ndaqgen wieder etiva» nfiber zusammen, und man gelangte
nan in den Anfang der auseinandergetriebenen S- formigen
Itarmpartie, M dar 1d der ttdhe beim Uebergange des Rectum
in dfl« abeteig^adf G«t<m tine prall ugaspaniHe in daa Dann-
Himea weit Toraprio^ode PUca sigmoidea zu fubien war. Der
Baocb war frei beweglich , jeder Verdacht einer Einklemmung
desselben fehlte. Fortwährendes Erbrechen von flassigem
Holb , Zvogt wenig belegt , Äppelik forhanden , Durst uner-
8«ltycb. PuW mbig und kfiAig , 8<^90. -^ Ordioallo»:
warmes Bad, warme Wasserklystire ; ohne Erfolg, im Abemi
20 Blutegel an den Unterleib, Eisumscbläge, gegen den Durst
Eisstiickcben , Nahrungsmittel ginzlich verboten. 29. Oct*.
Dorabige Nacht, Schmerz etwas genager. Der am Abend
Tvrber bocb oben ia dei Danaböble eben aoch mit der Fin-
fffspikze erraiobbare Scbleimbautwuist iai jetzt weiter herab-
genickt ; er yeigt sich ala ein kegelförmiger Wulst mit nach
unten gerichteter abgestumpfter Spitze, lüsst sich mit dem
FIngar ring« umkreisen ». besitzt auf seiner Höhe eine ISngl.
Spelte. Seiae Ungeoaehse krcost aieb mit dar Langeoachse
des Darmrobrs, Ordination : alle Stunden 10 Tr. Tioct. opii,
im Uebrigen wie gestern. Abends ist der Unterleib schmerz*
los, fonwihrendes Kothbrechen, Puls klein, schwach, dop-
peksehtdgig, 196. Bei der Oniersuchung, wie schon am Mor-
ien» Blut am Fiager; der Finger aacb Eotb riechend. •-<-
30. Oct. Kothbrecbeo fondauerad. Der Finger erreicht de«
^chleimhaulwulst nicht mehr so bequem wie gestern; das
Endstuck der Invaginirten Partie , weiches sicli als Schleim-
Vautzapfea to erkeaaen gieht , scheint zurßckgetretea , dage-
fin atiie brocklicba ilolhmaase vongetreten zu sein. Starher
Appetit. Ordination; Tinct, opii 2stuodl. 10 Tropfen, Bett-
ruhe, Fasten, Entfernung der Eisumsrhiäge. — 31. Oct.
Nachm. 47a Ohr heftiges, unschmerzbaltes Drängen nach un-
ten, anf welches 2 Entleerungen einer kleinen Menge barter,
ka«ttiear Rotbmaaaan ohne Spnraa eines etwa abgestossenen
DarffstOoka« oder ExsydaU erfolgte« Schnalle Abnahme al-
ler noch übrigen Symptome, Ruckkehr des Mastdsrros zu sei-
ner Norm. An den folgenden Tagen chokotadenfarbiger, dun-
ner Stuhl, dorch den Kerne nnd tfftlsen von Trauben, die der
Kf. aefints mr SliUnag das Duratea geoeasao balte , entleert
Verden. Der Kr. wird am 10. Nov. nn 19. Tage seiner
Krankheit, nach vorheriger Stärkungskur , geheilt entlassen.
Yf« efblaH deo Fall für eine lovaigiMlitM im S ro-
maBun, da bei den plBtclieh , aur anstrengende kOr*
perHche Bewej^ung eioBetreleoeD S^rmplomen wohl nnr
an eine meclianische Causa praxima zu denken war.
Eise l>rehiMig den Darms um aeine Aehse kommlDacb
Rokitansky nur am aafbteigendeD Colon for , in
«fiesem Falle war aber die Reg. iL sin. der Sits( des
OebeU. Die Drehung eiaei Oarnsmcka um daa Ge^
kr^ae als Acliae kann naek demaelbeu nur am Dttnn**
ierme verkommen. Die 3. von R o k i t a n a k j ange-
lebene Iföglichkeit konnte dem Sitze des Uebels nach
verbaaden gewesen sein: eine Darmachlinge giebt
aelhel die Aehae ab» um welche aieh eine aedere mit
iirem GekrOae so herumaehlagt, daaa sie alle Punkte
tfer Aehsenperipherie berührt u. sie somit ringförmig
sueammendrückt. Die Achse kann eine Dünndarm«
acbKege, die S-SdiUage oder daa Goeciim nein.
Meae Mgllebkeil lat jedoeh dereh daa Ergebeias der
Exploration ebenfalls auageachiossen. Diese ergab
Mfd.iskrMLBd.fa.Hft.lk
ein mit Rokitanaky'a ScbildeniBg vollkommen
übereinstimmendes Resultat. Er aagt vom Voivulua:
»iDas der Invaginalion entsprechende GekrOsslück fin-
det sich immer in einem Zustande der Zerrung , wels-
che vorzüglich die dem umgesiulpten Rohre angebO-
rige Portion belrifll. Sie hat einen merkwürdigen
Einflusa auf die Gestaltung des Volvulus ; sie bewirkt
uKrolich : 1) dass der Volvulus nie ganz parallel sei*
ner Seheide verlauft, sondern immer eine stärkere
Krümmung als diese darbietet, an deren Goneavitat das
umgestülpte Rohr in straffen Querfalien zusammenge-
drängt ist; 2) dass seine S- Mündung nicht in der
Achse oder dem Gentrum der Scheide , sondern aus-
ser diesem liegt und , dem Zuge der dem umgestülp-
ten Darmrohre angeborigen GekrOspartie folgend, ger
gen die GekrOswand der Scheide hinsieht und nicht
rund, sondern zu einer Spalte verzogen erscheint
Ein diagnostisches Zeichen für die einer Untersuchung
mit dem Finger zugänglichen Intusausceptionen im
Rectum."
Sicher ist im vorliegenden Falle ein Theil des S
romanum als invaginirt anzusehen. Wenn ein hoher
gelegenes Stück herabsinkt, die Intussusception alao
von beträchtlicher Lange ist, so kann die Geneaung
wohl nur durch brandige Abstossung des invaginirten
Darmatücks gelingen.
Interessant, aber zur Zeit nicht zu erklaren ist
der Zustand des Sphinkter dea Mastdarms wahrend
des Bestthena der Invagination. Die Zunge war we»
Big belegt, der Appetit gut, ein Reweia gegen daa
Vorurtbeil, als müssien Unretnigkeitea im Mageii den
Appetit verderben und die Zunge belegt machen.
Unrichtig ist ferner die Meinung, der Roth mü.Hse bei
Heus nach oben, weil er nicht nach unten könnet
denn es giebt 14 tagige u, längere Verstopfungen ohne
Kothbrechen. Nicht deshalb entsteht Kothbrechen,
weil der Darm unwegsam, sondern deshalb, weil er
eingeklemmt ist. Bei einfacher Perienterilis ist ge-
wöhnlich das Erbrechen und die Sluhlverstopfung
, ebenso hartnackig, und dennoch ist KothhrecheB da-
bei sehr seilen. Die Einklemmung ist die Ursache
convulsivischer Bewegungen der Muskelhaut, welche
den Koth nach oben schieben, und indem aie die
Bauchmuskeln erreichen , entsteht Erbrechen gleicb-
zeitig mit der Einschnürung. Sie sind die Ursache
der sogleich nach eingetretener Invagination entsle*
henden und nach deren Hebung verschwindenden
Schmerzen. Entzündung scheint somit die Ursache
derselben nicht zu sein.
Abführmittel schaden im gedachten FaHe , da sie,
ao lange das Darmslück noch beweglich ist, den ano<*
malen Darminhalt nur noch mehr nach unten treiben,
und so die Invaginalion verschlimmern. Darmlah-
mende Mittel entsprechen den gedachten Convulsionen
am meisten. Sie mindern Schmerz und Erbrechen,
und gewahren Zeit bis die Intusauaeeption sich ent-
weder von aelbst lOst, oder durch geeignete Mittel
gehoben wird, odec das brandige Darnatück aich ab-*
atOsat. (Jul. Glarus.)
S3
178
IV« Pathologie, Therapie u. inediciniache KliniL
I
417. Behandlong des Diabetes ^ von Jabez
Hogg. (LanceL Jan. 1852.)
Vr. geht von der Ansicht aus, dass die Gefahr
beim Diabetes in der Umwandlung der zur Ernährung
des Körpers nothwendigen Nahrungsstolfe in Zucker
begründet sei. Wenn es nun Stoffe giebt, welche
diese Zuckergahrung hemmen und so die Bildung des
Zuckergiftes verhüten , so wird zugleich dadurch die
gestörte Ernährung des Körpers hergestellt. Ein sol-
cher Stoff ist nach Vf. das Sulphuretum arsenii. Um
aber die Anhäufung dieses unlöslichen Stoffes im Kör-
per zu verhüten, und den Kr. nicht der Gefahr einer
aus dieser Anhäufung entspringenden u. oft plötzlich
auftretenden spSitern Vergiftung auszusetzen , stellt
Vf. ein lösliches Suiphuret durch Verbindung von
Schwefelwasserstoffammoniak mit Liquor arsenicalis
dar, und giebt es in folgender Weise : Liq. arsenic. Sjj»
Hydrosulphur. ammon. gr. xx, Tinct. hyoscyam., Tinct.
lavendul. ana 3jj , Infus, folior. bucco §vjjj. Alle 4
Std. 1 Essl. Dazu beim Schlafengehen eine Pille aus
Seife und Opium , und das gewöhnliche diätetische
Regim bei Diabetes. Durch diese Behandlung stellte
Vf. einen Kr. in einem Monat soweit her , dass der
Diabetes verschwand; Pat. starb spater an Tuberku-
lose. Ein Knabe von 16 J. genass vollständig.
(Jul. Clarus.)
418. Symptome der Bright'schen Krank-
beity welche, wenn sie einzeln stehend sind, andere
Krmfkheiten simuliren können; von Prof. Gbri-
steaseo. (Hospitals-Meddeleser. Bd. 3. Hft. 5.)
Der primäre pathologische Zustand ist hei der
Brighfschen Krankheit im Blute zu suchen. Obgleich
nicht naher gekannt, giebt er sich durch seine patho-
logischen Producte zu erkennen, nämlich durch Aus-
schwitzung eiiier albuminösen Flüssigkeit durch das
Zellgewebe, die serösen und Schlei|nhäute, so wie in
selteneren Fallen durch Zurückhaltung des. Harnstoffs
im Blute. Vf. setzt näher auseinander, wie ein je-
des Organ des Körpers, welches die genannten Theile
besitzt, von diesem krankhaften Zustande des Blutes
alTicirt werden kann , und erklart die Entstehung der
Symptome und pathologischen Zustande der verschie-
denen Organe aus diesem Gesichtspunkte. Er be-
merkt dann, dass diese krankhafte Absonderung des
Blutes in den verschiedenen Theilen des Körpers kei-
neswegs auf einmal , sondern bisweilen nur in einem
Theile, häufiger aber in mehrern zugleich erfolgt , u.
dass, wenn diese Absonderung in einem Organe auf-
hört, sie in einem Andern wieder beginnt. Dadurch
kann es denn geschehen, dass die Symptome sich
sehr verschiedenartig äussern, dass manche palho-
gnomonische Erscheinungen fehlen , so dass man,
wenn man die Untersuchung des Urins unlerlasst, die
Krankheit leicht für eine andere halten kann. Solche
einzelnstehende Symptome, welche andere Krankhei-
ten simuliren können, sind nun besonders die Hirn-,
Luftröhren -, Magen - und Darmsymplome.
^_ 1) Uimsymptome sind eine Folge von dem Ue-
bergange des HarDAtoffi» ins Blut • wenn die Baraie-
cretion unterdrückt oder vermindert ist, obschon die
Menge des abgehenden Harns bisweilen kaum Tennift-
dert erscheint. Die chemische Untersuchung ergiebl
beim Vorhandensein dieser Symptome, die Geget*
wart des Uarnstofls im Blute, indem sich derselbe
nicht allein nach dem Tode aus allen Theileo dei
Körpers ausscheiden lasst, sondern auch voo demVL
in den krankhaften Excretionen bei Lebzeiten , s. S.
in dem Ausgebrochenen gefunden wurde. Durch die
patholog. Veränderungen der Nieren in der Brigfat-
schen Krankheit kann eine Urin s uppression ents leben;
nimmt die Menge des Urins allmalig ab, so entwickele
sich die Hirnsymptome ebenfalls allmalig, und ze^l
sich zuerst ein eigenthümlicher apathischer, sopor^
ser Zustand. Das bleiche, oft etwas aufgeduDsenc,
kachektische Gesicht hat einen eigenthamitcliea,
schwer zu beschreibenden Ausdruck; die PopifleB
sind normal, oder etwas erweitert, ziehen sich aber
langsam zusammen. Bei der langsam sich ausbilden-
den Form sind die etwa vorhandenen Delirien mdv
ruhiger Natur, bei der schnell auftretenden aber ae4
spater auch bei der erstem Form sind dieselben heflig.
jedoch nie furibund. Hallucinationen scheinen nicht
vorhanden zu sein , dagegen scheint das Bewusstseis
oft zu fehlen« Ein unwillkürliches, oft durchdringen-
des Schreien kömmt häufig vor, u. eigenthümlich i|t
ein eigenes Greifen mit den Händen oder Fechten mit
den Armen. Ebenso zeigen sich auch uawillkflrliche
Bewegungen mit dem übrigen Körper , besonders mit
dem Kopfe , und sind .allgemeine und partielle Con-
vulsionen, besonders in den Gesichtsmuskeln, nicht
selten. Endlich wird der Zustand comatOs , xerlaa-
gertes, tracheales, stöhnendes, bisweilen sterlorOsei
Athmen , das Schlingen wird sehr beschwerlich oder
ganz verhindert. Der Puls ist sehr veränderlich, oft
langsam, 60 Schlage haltend, niemals sehr schnell,
meist von 100 Schlagen. Die Ezcretionea werden
unwillkürlich, mitunter wird die geringe Menge Uni
in der Blase zurückgehalten.
Von den beiden als Beweis fQr das Angegebene mitge>
tbeiltea Fälleo betriflft der 1. eise 29jihr. Frau, welche4ll«iL
nach der EntbinduDg mit den Erscbeinungen einer leicbtea
Peritonitis, Tieileicht in Folge des Puerperalzustandes, aolge-
nommen wurde. WSbrend der Recoofalesceoz stellte sich
plötzlich Somnolenz mit Vermioderoog der Hamabsonderang
und EiweisBgehalt des Harns ein. Nacb 3 Tagen starb Pat.
unter den oben erwähnten Erscheinungen und die Section er-
gab Nierenenlartung im 3. Stad. der ßright'scben Krankheit,
Vf. bemerkt hierbei, dass zur Hervormfong der Hiroerschei-
nangen eine gänzliche Unterdrückung der Hamabsendeniae
nicht nötbig sei. Ausserdem aber wirft er die Frage auf, iric
sich in solchen Fallen, wo der Harnstoff im Blute sich vorfin-
det, der Harnstoff im Harne verhalte, worüber seines Wissena
nach keine genauen Beobachtungen angestellt worden sind. —
Im 2. Falle war die 28jähr. Kr. seit 6 Mon. nicht meoatmirt
gewesen und in einem Krampfanfalle in das Hospital gebracht
worden. Hier deutete nur ein Schmerz in der Lendengegend,
der längs des Oberschenkels sich binabzog, auf Brigbt'sch«
Krankheit. Schon am 2. Tage traten aber die schon erwibo-
ten Erscheinungen ein, i8 Std. darauf starb die Kr., and bei
der Section fand man ebeofoUs die charakteristia^^be Entartoaf
der Nieren. ügitized by
2) Die Luftröhrensymptome Kuisem sich vof^
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
179
iflgltch durch ein eigenthOmliches, stöhnendes , ver-
ISngerles Ausathraen, wie ein pfeifendes, langgezo-
genes LuftausstrOmen durch die Trachea , welches
deoD bei Croup gewöhnlichen nichl unähnlich ist, ahcr
noch mehr dem gl<'i<>ht, welches hei syphilitischen
Geschwüren im Laryux gehört wird. Dieser eigen-
thamliche Ton heim Ausathmen ist niemals remiUi-
reud» ist mit Dyspnoe verhun den, jedoch nicht in dem
Grade, dass der Kr. deshalb seine Lage xu verändern
braucht. Husten ist nicht immer vorhanden , dage-
gen kommen Uirnzuralle immer in stärkerem oder
schwächerem Grade vor. Bei der Auskultation be-
merkt man einen weil verbreiteten sonoren und pfei-
fenden Rhonchus in den Lungen, welcher oft in wei-
terer £ttlfernung gohOrt wird. Der pathologisch-
anatomische Zustand giebt sich nur durch eine aus-,
gebreitete ROthe und Geschwulst der Schleimhaut der
LuAwege zu erkennen. In Verbindung mit liydro-
pischen und andern der firighfschen Krankheit eigen-
thamlichen Symptomen ist diese Affection der Luft-
röhre und Bronchien nicht selten ; so wie ein Sym-
ptona dieser Krankheit oft für das Andere vicariirt, so
lOst auch oft ein bedeutender bronchitischer Zustand
das Erbrechen oder den Durchfall ab, oder nimmt zu,
wenn das Oedem abnimmt. Als einzeln stehendes
Symptom der Bright*schen Krankheit hat Vf. es nur
iir folgenden 2 Fällen beobachtet.
i , Fall, Eine 2Sjähr. Frau , die erst seit kurzem von
ödematöseo ZufSlIen der Bright'scbeo Krankheit geneseu war,
bekam Fieber , wozu sich Respiratioosbescbwerden mit trok-
kener Haut and Heiserkeit gesellten , das Spreeben ward ihr
beschwerlich, es stellten sich Anfälle von Orthopnoe mit be-
deatendea Congestionen zum Kopfe und Nasenbluten ein.
Schmerz im Larynx und der Trachea , so wie Angina waren
oicbc vorhanden; die Epiglottis war natürlich beschaffen;
Schmerz in der BrQst> fehlte , etwas Druck in der Herzgrube
war vorhanden, die Kr. konnte auf beiden Seiten liegen. Puls
80 bis 100, gespannt, Zunge feucht, fast rein, Oeffnung na-
tQriieh. Man borte ein weit verbreitetes sonores Rasseln in
beiden Lungen mit sehr verlängerter Exspiration. Es wurde
ein Aderlass gemacht, Blutegel gesetzt und Solut. slibiat. ver-
ordnet. In der folgenden Nacht stellten sich Respirationsbe-
schwerden und ein Suffocationszustand mit lividem, geschwol-
lenem Gesichte, Bewusstlostgkeit und kurzer , rauher Husten
ein. Nachdem sich die Kr. einige Male erbrochen hatte, ward
die Respiration zwar etwas leichter, allein die Exspiration war
noch immer beschwerlich , das Gesicht ängstlich , der Puls
schnell, etwas gespannt ; kein Delirium. Es Vurden noch-
mals Blutegel an den Larynx gesetzt and der Brech Weinstein
fort gebraucht. Die Symptome steigerten sich jedoch fortwäh-
rend, und am 11. Tage der Behandlung starb die Kr. , nach-
dem zuvor noch die Tracbeotoroie gemacht worden war , wel-
che TorSbergehend Erleichtern ng verschaffte. — Bei der
Seetian zeigte sich die Epiglottis und Schleimhaut oberhalb
der Stimmritze bleich und nicht geschwollen , unterhalb der-
selben war die Haut bis zu den feinsten Bronchialverzweigun-
gen in den Lungen röthlicb punktirt. Geschwulst oder Pseu-
domeiobninen fehlten, dagegen war die Haut von einem schau-
migen Schleime bedeckt. Die rechte Lunge war gesnnd , die
linke etwas von seröser , blutiger Flüssigkeit intijtrirt. Das
Herz war gesund. Beide Nieren hatten die normale Grösse,
waren ungewöhnlich hart und auf der Oberfläche uneben. Die
Corticalsvbstanz sehr hart, weissgrau, glatt, ohne Granula-
tiooen, die Pyramiden an mehrern Stellen in grösserem Umfange
zasammengedrängt. — Vf. glaubt, dass man Fälle, wie der
beschriebene , selbst wenn man sie für ein Symptom der Br.
Krankheit halten sollte , als Group behandeln müsse , indem
man niemals ganz sicher sein könne , ob solche Croupfälle
nicht auf einem genuinen Enlzflndung^procrsse beruhen. —
Im 2. Faile schien es , uls sei ein syphilitischer l/icera-
iionS'Zustand im Larynx vorhanden. Die vtirznglichstco
Symptome warrn Heiserkeit, Kurzaihmigkeil, Rothe des Innern
der Nase und stinkender Ausflus« aus derselben , Trockenheit
im Buchen, endlich ein neberhafler Zustand, mit erschwertem
Schlingen und Athemholen u. s. w. Der am Tnge vur dem
Tode untertauchte ünn enthielt kein Alhumen. Da die Athem-
beschwerden zuletzt immer bedeutender wurden und m.-in ein
mechanisches Minderniss als Ursache dieser und der Dyspha-
gie ansah, so ward die Trarheotomie gemacht , jedoch ohne
Erfolg, denn der Kr. verHel in einen suporusen Zustand, in
welchem er 18 Std. später starb. Bei der Section fand sich
nichts Abnormes am Kehlkopf und seinen Umgebungen; gerin-
ges Oedem im hintern Theile der Luogen, Muskatnussleber ;
Milz sehr gross und hart. Die Nieren im Uebergange in das
letzte Stadium des Morb. Brightil. Hirnhäute blutreich,
ebenso die Hirnsubstanz, wenig seröses Exsudat. Der in der
Blase betlndliche Urin enthielt viel Alhumen. Der Vf. glaubt,
dass der Urin, der ihm von dem Warter am Tage vor dem Tode
als von dem Kr. gelassen, gezeigt wurde und in welchem sich
kein Alhumen fand , von einem andern Kr. gelassen worden
sei. Wurde er damals Albumen gefunden haben, so würde
die Tracheotomie nicht gemacht worden sein.
3) Magen-- und Darmsymptome. Zu den Sym-
ptomen, welche die Briglit*scbe Krankheit charakleri-
siren, gehören Erbrechen und Durchfall zu den am
häufigsten , sehr selten aber kommen diese Erschei-
nungen entweder einzeln fUr sich oder zusammen,
oder unter einander wechselnd Yor. Unter mehrem
hundert Füllen kamen dem Vf. nur 5 dieser Art vor.
Durch das Brechen werden solche Kr. sehr entkräftet,
und wenn dasselbe nicht durch ein anderes Symptom»
eine Diarrhöe, eine stärkere Bronchitis, ein stärkeres
Oedem oder vermehrte Diuresis abgelöst wird, so
kann der Kr. in Zeit von 8 Tagen sterben. In einem
Falle zeigte sich das Erbrechen hier und da 1^^ J.
lang, in einem Andern etwa Ya J* Anfllnglich ist
das Ausgebrochene nur schleimig, später wird es
aber gallig; das Erbrechen findet durchaus nicht im-
mer nach dem Genüsse von Speisen Statt , und wird
sogar kaltes Wasser wieder ausgebrochen. Es ist
dabei 'kein sonderlicher Schmerz in der Cardia vor-
handen u. nur wenn es sehr anhaltend u. heftig ist,
fflhit der Kr. einige Empfindlichkeil beim Drücken.
Singultus und Aufstossen zeigen sich mitunter. Der
Durchfall ist eines der mildesten Symptome des Morb.
Brigthii , und glaubt Vf. , dass dieses daher komme,
weil die grosse Fläche des Darmkanals eine grössere
Menge des krankhaften Secrets ableiten und so die
übrigen Organe davon befreien könne. Da der Durch-
fall durch eine einfache Ausschwitznng der albuminö-
sen Flüssigkeit durch die Schleimhaut, ohne entzünd-
lichen Process bewirkt wird, so ist er nicht mit
Schmerz verbunden; zuweilen findet man jedoch,
dass gleichzeitig eine diphtheritische Entzündung des
untern Theils der Dünn- oder der Dickdärme vorhan-
den ist Wenn eine solche Gomplicalion nicht vor-
handen ist, so sind die Ausleerungen niemals mit Blut
gemischt oder schleimig, sondern nur dünn, wie auf-
gelöste Excremente. Der normale Zustand des Ma-
gens und Darmkanals zeigen auch an, dass diese
Krankheitszustände von einer Ezosmose der krank-
haften Blntmischung herrühren.
IM
IV. Pathologi«, Therapie o. vedicinuohft Klinik.
Im ersten der fon Vf. «1« hierher gehörig mitgetheiUen
FSlIe war Erbrechen das vorzuglichste Symptom. Man hielt
die Krankheit für einen leichten Typhus, ohne den Harn zu
ontersncben. Bei der Section fand man aber die Cortical-
substanz der Nieren hypertrophisch , die Pyramiden sehr ge-
schwunden, die Substanz hart, fest, bleich. Der in der Blase
befindliche Ürtn enthielt viel Albumen. — Der 2. Fall bot
anfänglich die Erscheinungen einer Pleuritis dar , im spatero
Verlaufe der Krankheit kam aber ein nicht zu stillendes i^r^re-
eken hinzu. Der Drin war eiweisshaltig. Die Section ergab
ausser den Erscheinungen der Pleuritis das Vorhandensein des
zweiten Stadiums des Morb. Brightii in beiden Nieren. —
Der 3. Fall betraf ein Ijahr. Kind, bei dem eine scrophul5se
oder toberkuiöse Ablagerung in den Mesenterial« und Darm>
drusen vorhanden zu sein schien. Die Hauptsyroptome waren
anhaltender Durchfall und zunehmende Abmagerung,
Bei der Section fand sich nirgends eine Spur von Tuberkeln.
Alle Organe, besonders aber das Gehirn und die Lungen, wa-
ren auffallend blutarm. Die Leber war normal, die Milz drei-
mal grösser als gewöhnlich, fest, hart, grobkörnig, leicht
zerbrechlich. Die Corticalsubstanz der Nieren in ihrer halben
Ausdehnung weissgrau , fest , hart , homogen , jedoch waren
die Pyramiden nicht deutlich verdrangt. Der in der Blase be-
findliche Drin enthielt kein Albumen. Der Darmkanal war
gesnnd, die Drusen des Mesenteriums und an der Lungenwvr-
zel waren hypertrophisch, bläulich, enthielten aber keine
fremdartige Substanz. Während des Lebens wurde der
Drin nicht untersucht , weil er nicht gut aufgefongen werden
konnte. Dass der in der Blase vorgefundene Urin kein Albu-
men zeigte, erklart Vf. daraus, dass die Absonderung dessel-
ben durch die Nieren im Morb. Br. ebenso gut manchmal feh-
len kann, als die durch die andern Organe , und kommt die-
ser Mangel in Albomen im Drin sehr oft gegen den Tod hin
vor. In dem in Kede stehenden Fall erfolgte die Absonderung
während der ganzen Krankheit durch den Darmkanal nnd er*
regte den Durchfall, der, da der Darmkanal ganz gesund be-
funden wurde, keine andere Drsache haben konnte. Der
Znstand der Milz und Nieren sprachen deotlich för Morb.
Brightii. — - Im 4. n. 5. Falle äusserte sich die Bnght'sehe
Krankheit vorzüglich durch Erbrechen und Durchfall, Auch
in diesen Fällen ergab die Dnlersuchung des Drins und die
Leichenöffnung das Vorhandensein der genannten Krankheit.
— Im 6. Falle waren albuminöser Drin und sehr häufiges,
sehmerahaftef Harnlassen mehrere Monate hindurch die einzi-
gen Symptome der Br. Krankheit , zu denen sich aber zuletzt
noch häufiges Erbrechen gesellte. In diesem Falle wurden
nach dem Tode nur die Dnterleihsorgane untersucht, u. Hess
die Beschaffenheit der Nieren sowohl als der Milz nicht an dem
Vorhin denseia der Bright'schen Krankheit zweifeln. Harn-
beichwerdea sind, wie Vf. bemerkt, in dieser Krankheit ziem-
lich constant, äussern sich aber als ein heftiges Drängen zum
Wasserlassen, welches selten schmerzhaft ist.
(v. d. Basch.)
419. üober den Gallortkrebs; von Dr. La-
bert. (V/s u. R.'s Arch. IV. 2. 1862.)
Vf. tkeilt 1 1 Pfflie von Oall^rlkrebs ausfahrllcher
mit, ««8 deren Analyse sich Folgendes beransstellt.
Der Liehlingssilz des Gallertkrebses ist der Magen
nnd Darmkanal ; von den 1 1 Fallen waren in 6 die
Verdauungsorgane der Hauplsilz, und zwar Smal der
Magen in seiner Portio pylorica, Iroal das Coecum u.
2mal die Flexura sigmoidea. In den übrigen Fallen
war 2mal die firusldrUse, Imal die Gebarmutier, Imal
der Kopf des Oberarmbeins und Imal die Orbita
erkrankt
Das Golloidgewebe lagert sich nicht wie Faser«,
Fett- oder Balggescbwülste in den Zwischenräumen
der gesunden Organe ab, und drangt diese etwa blos
aus einander, sondern von seinem ersten Aunrelen
an bis za seinem meist tMlUcbea insga^ig« flvbsai-
tuirt sich das kranke Gewebe dem getvoden voUkMs»
men, verdrangt dieses und macht es durdi AbsarptiM
verschwinden*
Nur selten ist der Colloidki ulis em rein Urtlid«
Leiden. Unter den 11 Beobachtungen fehlte no^ii
1 Falle eine weitere Ausfereitnng (neben frischer Lbk*
gentuberkolose ein nieht weit vorgtscbritteDCT €ol-
loidkrebs des Pylorus). Gewöhnlich aber breitei
sich der Gallertkrebs nur in der splanchnischeaflMe
aus, in der er schon von Anfang an seinen SiU balle.
Hier findet man senrndare Gpsfhwfllstp in ilcr Alt ab-
gelagert, dass man meist wirkliche GontinuitauiBf»
breilung ron primitiven Abtagerungsherden aus aadi-
weisen kann. Allgemeine Inforiion findet jedenUb
Statt, wiewohl weniger weit entfernte Theile desOr-
gan ismns ergriflRßn werden , als im harten Krebs und
im Markschwamme. Von Wichtigkeit endUeh er-
scheint der Umstand, dass der Colloidkrebs nicht nv
mit andern Krebsformen abwechselt, sondern dass er
zugleich in derselben Geschwulst mit diesen unter-
mischt angetroffen wird. In den genannten 1 1 fll-
len wurde 6 mal ein solches Zusammentreffen beob-
achtet, und zwar fand hier eine gewisse Manniglal-
tigkeit Statt. Eine 1. Fora des Zusammen treffe»
ist die , dass in einzelnen Theilen gallertartige Ge-
schwülste vorkommen, in andern Narkschwammge-
schwulste ; eine 2. Form ist die, dass in liefem Tbei-
len Markschwamm sich zeigt, wahrend in andern» der
gleichen krebshaflen Masse angehörend, das eicealli-
che Coiloidgewebe auftritt; die d* Form endlich ist
die , in welcher beide Gewebe gewissermeaasen nnl
einander gemischt sind.
Auch die wahrend des Lebens t« beobeehtendei
Erscheinungen und der Verlauf der Krankheit spre-
chen daffir, dass der Gallertkrebs zur Gruppe det
Krebse zu zahlen sei. Abgesebtn von den dmrtk dm
verschiedenen Sits bedingten Symptomen, wntii fft
ziemlich allen von Vf. mitgetheiUen Fallen Abiaa^e-
rung, Schwinden der Kräfte, bleicher od. strohgdber
Teint, kurz eine so tiefe Nutritionsstdrung galnndaB»
dass bestimmt in mehrern Fallen die mtl. Ablagenng
des Uebels allein, nicht einzig der Grund davon sein
konnte. «
Bezüglich der Dauer und des Verlaufes des Gal-
lerlkrebses scheint aus Vfs. Beobachtungen hervorzu-
gehen, als waren diese, wenige Ausnabmsblle abge-
rechnet, im Ganzen langsamer als die dea gewnhnlH-
eben Krebses. Unter 7 Fallen , in denen die Datier
genau bestimmt werden konnte , war der schnellste
Verlauf der eines Darmkrebses, der in 6 Monaten lOdt-
lieh endigte. In einem Falle» in welchem das (Jebel vmi
der Brustdrüse ausging and spater in den Brnateiogn-
weiden auftrat, waren 12 Jahre vom Beginne bis amn
Ende der Krankheit vergangen. — Es ist nach VL
wahracbeinlich » dass, da das eigentliche GelMdk
krabsgeweba wenig gefkasüeioh ist, keinen wirkhcbe»
Saft enthalt, sondern mehr durch und durch eine,
wenn auch weiche, so doch concreto Conaiatenz dar-
Vf.
fhen pi« ««
niiiäKk
K»
bietet» «hlin iUtmk dM PdrtlMtmi d« Oebeb iloreli
AkAmImm in di« Lys^hgeftwe iiid durch f«B««e A¥*
Miflioa bddeilMd gdieamt werdt. ieim Krabe«
sind die beiden DMptiaoMfsCe der all(fen«iiictt Ays«
breitung stets lu berOcksichligeo : die Ausbreitung
durch Itesorptiott vom primitiven Herde aus, und die
ganz UDabhSttgige vielfache Ablagerung , welche man
nur primitiv aus der Blutmasse ableiten kann, u. wel-
che offlenbar auch durch Örtliche Absorption der Rrebs-
elemente bedeutend gefordert wird; die Verminde-
rung des Erstem erklSrt also das iSngere Oertlich-
bleiben.
. Was das Geschlecht betrifft, so waren in 10 Fül-
len, in denen es notirt war, beide Geschlechter gleich
vertreten. Hinsichtlich des Alters findet sich in 8
Fallen, in denen es notirt iiC, eine bestimmte PrS-
disposition der 2. Lebenalialfte ; nur in eine» Falle
fand sich der CoUoidkrebs bei einem 2Jahr. Knoben,
und auch hier trat er nickt rein, sondern mit Mark*
sdiWMnm v«mmoht (in der Orbita) auf. Die 7 Obri^
§Ht Filk beireffen Personen, welche daa 38« Lebens^
Jahr tfbfrscbritten hatten.
In einem vom Vf. mitgetheilten Falle (CoUoid-
krebs der BrnstdrOse, der Achseldr«s^ der Pleura u.
LttagsB, der Bronchialdrüsen und dea Zellgewebes
ö^r beiden Mediastina) hat Prof. Wttra eine cheni-
sdie Dnleraiichnng Torgenommen, aus der htrvor*
g«h4, daas die Gelatinoidsubstanz dea reinen Gallert--
krebaea in Wasser nnlOslieh ist ; daaa durch Kochen
nur tigenlüch die sehr wenigen betgemengten Zellge-'
iwebstheila aich einigermaaasen an lösen scheinen.
Sie lös! sich in concentrirten Alkalien, und diese L5*
sung trObt sich dorch fiasigsaure. Laset man die
Gallerte mit eoncentrirter Esaigsäiire digerirai, so
löst aick n«ir eine aehr geringe Men^e. Ofltobar
kann man alao diese Subatans nicht nur OaJIerte reoh-
ii«a« wna auch die Elenenlaranalyse beatatigt , aua
der sieh ergiebl» daas die Gallerte dea GoUoidkrebaea
ean atiekatoffarmer Ki»rper iaU Wahrend Maiiieli in
der Gallerle der 8tiakalaff bis au 18 Proe. v<^rhanden
im» findet sich hier nur 7 Proe. davon« Aua der
ganaen üniersuohnng gehl ttbrigena henror^ daaa ea
sich Mi eines ei^anthomlicben Grundsioff» welcher
von ddn bekannten Proteinsnbatanxen gans verachie-
dan iat , handelt « daaa man somit hier einer .wirbln
dies chemiacben Heleram^rphie begegnet.
Was die Structurverhalinisse des Gallertkrebses
anlangt, so erkennt man mit blosem Auge besonders
2 Omndelemente : ein maschige« Fasernett, welches
getrohnl. regelmüssige nindl. Zwischenräume darbie-
tet, iti denen die halbdurchsichtigeNasse abgelagert ist ;
iat dieae rein, ao ist das Ansehen gelb od. graugrtinlich,
kann aber bei beginnender Trfibung matlgelb oder
briranlich werden. Zum Theil wird diese Trfibung
durch Fettmetamorphose bedingt. Statt des Kreba-
aallina findet man durch Druck oder Reiben mit einer
Meaaerklinge auf der Schnittflache eine Menge gallert-
artignr BrOokeloben. Die Oberfliche des Schnitlea
hal #A «Iwaa lUhrnigeat atlbat Lappiges« In der in
den inoHien vnrkommendcn Vai^elM iat diaa dwaha
btosageHi, tvrar dtfrchaldtiig aber etwaa weniget voll^
kommen als in dnra Darmeolloid. Die Dttrchsichtigh
keil iat geringer. Wann di^ MaaebwMlQnM vei4iSlt*-
nisatti.f ssig kMwir sind, ie groaaer die ftaame , de^
»to deutNoher die meergrtne FaHking tmd die theil«
wm% DortdiaiebAigkeft. Deatelrt EniMphalwidlBrelia
oder Scirrb«a neben Gelatin«idvnbstanK m deraelbett
Geschwulst-, so finden aioh die bekannten Gkaraktera
der erstem neben denen der letztern ; ein Gleiches
findet in melanotischen Ablagerungen Statt; nur wenn
die verschiedenen Formen des Krebses intim mit ein*
ander vermischt sind , tritt die regelmässige areoUre
Structur surttck und zeigt sich selbst in den mehr
durchsichtigen Theilen des Krebses ein achleimiger»
getr41bter Saft. Ausser der FeUmelamorphoae hatVL
eine theilweise Verkreidung in diesem Gewebe beob-
achtet. Es ist dasselbe gewöhnlich geßissarm, beson-
ders verlarufen die Blutgefässe an den Maschen der
Fasern, oder an der Oberflache der kleinen gesodder«*
ten Geschwtllste; verhültnissmassig nur wenige Aeste
dringen in das Innere; dennoch hat Vf. 1 mal einen
Abscesa in der Substanz eines Gallertkrebses beob-
achtet , doch fand sich der letztere mft gefSissreichen
Markschwamm combinirt.
Die mikroskopische Dntersuchnog ergiebt Folgen-
des : Die Fasern tragen nicht den gewöhnliehen Cha-^
rakter der Zellgewebsfasern, und Hegen bflndefnyfmfg
beisammen, schicken aber von einem Bündel zum
andern rundliche Ausläufer , wodurch dann die Ma-
schenrSume gebildet werden; bisweifen findet man
unter den Fasern viele eTastfsche ; diess wurde na-
mentlich im GoTloid der Brustdrflse beobachtet. Zwi-
schen den fasern selbst sieht man nicht selten schmale,
längliche Zellenkeme, welche besonders nach der
Behandhing mit Essigsaure deutlich werden. Die
Galfertmasse an und fftr sich ist amoifh, hell, unter
dem Mikroskope ganz durchsichtig und hin und wie-
der mit kleinen ROmcheii beaetzt ; in ihr findet man
verachiedenariige Zellengebilde , welche theils In den
Interstilien der Fasern des Mäschengewebes zerstreut
liegen , grossen theils aber sich in den durch die Ma-
schen gesetzten HohliUumen und in der diese avsffll-
iMden GaDerte befinden. In der niedrigsten Ent-
wicklung des reinen Golloid- Gewebes findet man nun
die sogen. Colloidkttrperchen. fis sind diens kleine
granulöse, ziemlich durchaichtige Zellen oder Körper-
chen von unregelmassigen Contonren, welche iwi-
schen Vaae ^^^ Vao ^^^^^ an Gröase achwanken ; viele
enthalten keinen Kern und iat dieser vorhanden » ao
ist er gewöhnlich von kleinem Durchmesser, zwischen
Vaeo ')<* Vieo Mmtr. Dieae Form bat Vf. beaondera
in den Fallen angetroffen» in welchen CoUoidkreba
mit anderem Krebs combinirt war , ao dasa in diaaen
Fallen das Charakteristische gefehlt hatte, wenn man
nicht wirkliche Krebsmasse in der Nahe dea reinen
Colloids gefunden hatte. Es fragt sich hier, ob man
es mit untypischen Körpern oder mit in ihrer Ent-
wicklung gehinderten Krebszellen zu thun hat. Das
Entere iat jedanfalla factiach» auf der andern '^^--^
tasr
IV. Patbologie, Therapie u. medieiBische Klinik.
geht man aher nach VL gewiss nicht zu weit , wenn
man annimmt, dass die reichliche Bildung einer durch-
aus eigenthümlichen, höchst sttcksloi^rmen, zierolich
soliden und unflttssigen Substans Iheils die Entwick-
lung der Zellen durch Mangel an Flüssigkeit hindern
kann, theils durch die eigenthttmliche chemische Na-
tur neuen Elementen ihren Ursprung geben kann,
theils endlich die Richtung der Zellenentwicklung in
hohem Grade zu modificiren im Stande ist.
In einer Form des KnocheDkrebses, in welcher
die Golloidmusse ein mehr gelbliches, fein gelapptes
Ansehen hatte, fand Vf. deutliche Krebszellen, nur
von ausserordentlicher Blasse. Desgleichen fand Vf.
deutliche Krebszellen in einem Orbital - Krebse , des-
sen einer Theil durchaus einen gelatinoidcn An-
blick darbot , wahrend der andere encephaloider Na-
tur war.
In der Mehrzahl der Fälle trifft man eine sehr
grosse Menge Mutterzellen an , welche ausser meh-
rern Kernen vollkommene Zellen in ihrem Innern
enthalten. Von diesen zu unterscheiden sind die
glashellen Kugeln oder Ovoide, welche eine lamelltfse
Structur zeigen und bis auf Y4 u. ^^ Mmtr. Grösse
haben. Zwischen den concentrischen Schichten lie-
gen blasse längliche Zellen kerne eingestreut. Vf. ist
geneigt diese Gebilde nicht zu den Zellbildungen zu
rechnen, da er bei einer Beobachtung eine Menge von
lamellösen Wandungen umgebener Mutterzellen ge-
funden hat, u. ausserdem viele lamellöse Hohlräume,
welche nur wenige Zellen und Kerne in ihrem Innern
enthielten. Was die Mutterzellen selbst betrifft , so
haben die meisten nur eine einfache Zellen wand; nur die
kleinern sind rund , die grössern ovoid , ihre Grösse
schwankt zwischen y^j bis ^5 Mmtr. ; in ihrem In-
nern waren meist viele Kerne, in denen ilie Kernkörper-
cben gewöhnlich undeutlich waren ; die meisten run-
den Kerne hatten die Dimension derer, welche in den
Krebszellen vorkommen, ^/^^ Mmtr. und darober;
in manchen Fällen waren sie kleiner. Ausserdem
fanden sich vollständige typische Krebszellen in eben
jenen charakteristischen Colloiden , theils im Innern
der Mutterzellen , theils in jenen concentrischen la-
mellösen, hellen Kugeln, theils zwischen den Fasern
zerstreut.
Die Feltmetamorphose bot, wie in allen andern
Gebilden, ihre constanten Charaktere der feinkörnigen
PettinBUration der Zellen dar. In einem Falle fand
sie Vf. deutlich im Kerne, doch gehört diess zu den
seltenen Ausnahmen. Auch Vertrocknen und Ver-
schrumpfen der Nutterzellen hat Vf. nicht selten beob-
achtet; die grossen Mutterzellen nehmen alsdann
höchst unregelmässige Gontouren an , und die ver-
schrumpfien kleinen Kerne sind nur mit grosser Auf-
merksamkeit an der matten, granulösen Masse heraus-
zuerfcennen.
Als Resultat seiner Untersuchungen ttber den Ge-
latinoidkrebs giebt Vf. folgende 2 Sätze.
1) Der klinische Verlauf, die anatomische Ent-
wicklung, die Siructurverhillnisse nlh«rn dieeea Ge-
bilde durchaus dem in der Pathologie alt wirklicher
Krebs beschriebenen Uebel o. muss es zu der Groppe
der^ Krebekrankheit gerechnet werden.
2) Dennoch aber trifft man in diesem Gebilde ei-
nen neuen Grundstoff, mehrfache Modi6cationen der
anatomischen und mikroskopischen Entwirklung, end-
lich einen langsamem Verlauf und ein längeres Oert-
lichbleiben, so dass der Gelalinoidkrebs in der Groppe
der Krebskrankheiten als eine vom Scirrhus » von
Encephaloid und vom melanotischen Krebs gesonderte
Form betrachtet werden muss, und zwar finden zwi-
schen ihm und den eben genannten Formen grössere
Verschiedenheilen Statt, als unter diesen selbst.
Schlttsslich wirft Vf. noch einen Blick auf die
Therapie. Obgleich man bei dem jetzigen Zasfaade
der Wissenschaft fttr den Krebs nur palliative Hülfe
kennt, so halt Vf. bei dem Gelalinoidkrebs , da 6er
Verlauf des Uebels sich durch ein längeres Oertlieh-
bleiben charaklerisirt , ein kräftigeres Einschreiiai
durch Messer und Aetzmittel, wo es nur von der
Oerllichkeil gestattet wird, fUr gerechtfertigL
[Wir reihen vorstehender Arbeit das an,
B r 0 c a in seiner von der Academie de MMecine ge- ,
krönten Schritt „Anatomie palhologique du CaDCer"
(Memoires de TAcademie. XVl. 1852) Ober den Col-
loid-Krebs mittheilt. — B. stimmt mit Lebert
darin Uberein, dass der Colloid-Krebs zu der Gruppe
der Krebse zu rechnen sei , doch weicht er in man-
chen Angaben von Letzterm ab. Die Golloidaabstanz
ist nichts dem sogen. Colloidkrebse EigenthOmliches.
Sie findet sich in einer grossen Zahl anderer Ge-
schwülste und in schon ezisiirenden Hohlriumen. So
ist die gelatinartige Masse , welche in den Schleim-
beuteln, in den Ovarien- und Schiiddrüsencyalen u.
in dem Gentrum an manchen fibrösen Geschwolstei
gefunden ganz der analog, welche man in den Krebs-
geschwOlsten findet. Unter dem Mikroskope int die
Golloidsubstanz vollkommen durchsichtig und leip
weder Körner noch Kerne. — Die GoUoidsobataoi
mischt sich mit den KrebsgeschwQlsten in verschiede-
nen Mengenverhältnissen. So findet man hlnligin
dem Markschwamme und dem Scirrhus eine geringe
Menge Colloidmasse. Der reine Golloidkrebs ist sel-
ten. Dieser lässt unter dem Mikroskope in der gela-
tinösen Pulpe wenig zahlreiche und schwache sich in
verschiedenen Richtungen kreuzende Balken von Zell-
gewebe erkennen; die eigentlichen Krebselemenle
zeigen sich als wenig zahlreiche freie Kerne und als
Kernzellen. Die letztern bieten in verschiedenen Col-
loidkrebsen eine gewisse Mannigfaltigkeit der Form.
In frischen Geschwülsten sind sie klein, in altem von
beträchtlicher Grösse , und enthalten dann sehr viele
Kerne. Sie zeigen eine regelmässige, sphärische od.
elliptische Form u. können eine Grösse von t/^^ Mmtr.
erreichen.
dbvGooQle
thält nur w<$nlg BI1
Der Golloidkrebs entliält nur wclnlg^lutgeftsae,
daher trifft man nie einen hämatodischen Zustand des-
IV. Pttholo^ » Tti^r^ «. mediGiiutehe KliniL
1813
Mlken ao. Der Colloidkrebs wXcb^t ferner sehrUng-
sam a. ist nur sehr selten einem Ulcerationsprocesse
UBlerworfeD ; nie findet man Erweiebung oder Spha-
eelos. — Der Colloidkrebs hat nach B. keinen be-
Bondem LieMingssits; reinen Colloidkrebs hat jedoch
Vf. nur im Dirmkanal and Peritonaum beobachtet.
Der Colloidkrebs kapn prirnttr und secandSr sein. In
fetxterer Beziehung fahrt Vf. ein Beispiel an, wo sich
in Folge eines primären Markschwammes der Leber
in der Bauchhöhle zahlreiche kleine secondäre Krebs-
gescbwtllste entwickelt hallen , welche theils Mark-
schwamm-, theils Colloid-Porm zeigten.]
(Millies.)
420. Bericht über Dr. Wallers Abtkeüung
ßar S^kiiiHsche im Frager allgem. Krankenhause
ßr iieSokaiahre 1849 tt. 1850; von Dr. Suc ha-
ll ek, Secundararzt dieser Abtbeil. (Prag. Viertelj.-
Schr. IX. 1. 1852.)
Die Lehre von der Nicblinoculalionsßlhigkeil der
seeund. Syphilis» von der noihwendigen Ahhüngigkeit
der einzelnen seciindär-syphilit. Symptome von einem
frtthern Schanker, diente in dem vorigen Berichte
[vgl. Jahrhb. LXV. 85] als Leitfaden der klin. De-
moDslralion; den Nachweheu des Jahres 1848, wel-
che sich in unverhällnissmässig häufigem Andränge
von Syphilitischen in die Anslait zeigten, war es
vorbehalten, sagt Vf., „uns auf dem Wege der Beob-
achtung und des Experiments zu andern Ansichten
zu bringen 9 und zwar war diess lange früher der
FaM, ehe Hacker in seiner güligen Kritik [wo?]
unseres ersten Berichts uns einer ungenauen Beob-
achtung beschuldigt hatte.'* Es werden daher die
jetzt in der Anstalt vertretenen Ansichten dargelegt.
Die syphilit. Erkrankung äussert sich durch eine
Reihe von Exsudatioosprocessen, milbin ist dieSphSre
dieser Erkrankung das plastische Leben. So wie eine
NutritioD, Hämatose, Secretion, die Phasen des vege-
tativen Lebens im gesunden Organismus sind , so
mQssen auch die Gesetze des gesunden Lebens die
Grundlage der Manifestationen des kranken, mithin
de% syphilit. Processes , sein , und jede Individualität
iuodificirt demnach diesen Process , je nach den ihr
inwohnenden concreten Lebensverhifi tnissen zwischen
den genannten 3 Factoren. Jedes Exsudat ist das
Product der HyperSfmie und Alteration der Nutrition.
Deshalb treten die syphiüL Symptome unter dem
Bilde der Entzündung auf. Die objecliven Erschei-
nungen dieses Entztlndungsprocesses Süssem sich
a) in der eigenthümlichen Form, und b) iu dem Pro-
docte desselben. Die Abweichungen dieser Entzttn-
duogsform von der reinen Entzündung, in Beziehung
der modificirten Reaction des Organismus , der ab-
normen Zeitverhaltnisse der einzelnen Stadien, be-
gründet die Definition der dyskrasischen Entzündung.
Das Product ist thierisches Conlagium , welches die
Krankheit nach Aussen auf fremde Organismen ver-
pflanzt, oder auch, nach Innen aufgenommen, weitere
patliol. Procetse hervorruft, die dann wiederum unter
dem Bilde der Entzündung verlaufen. Neuere [wie
altere] Beobaciitungen und Experimente haben er-
wiesen, dass das thierische Contagium nicht allein
dem Eiter der ersten Alteration der ürtl. Ernährung,
dem Schanker, vindicirlf werden dürfe , sondern dass
es auch dem Substrate der allgem. Ernährung, dem
Blute , zukomme • dass es , auf andere Organismen,
direct durch Inoculation oder indireet durch vitale
Acte übertragen, in diesem syphilit. Exsudations-
processe zu erzeugen vermüge. Ob alle Blutsecrete
das Contagium zu übertragen benthigt sind , darüber
ist noch nicht völlig entschieden ; bis jetzt besitzen
.wir genaue und häufige Beobachtungen nur für die
Uebertragung mittels der Milch und des mannlichen
Samens. Die specifische Eigenschaft, welche dem
Schanker allein zukommt , ist : dass nur sein Exsu-
dat wieder [prim.] Schanker zu erzeugen vermag,
eine Eigenschaft, welche andere Exsudate und das
Blut verloren haben. Dass der Buboneneiter mitunter
Schanker erzeugt, steht dem nicht entgegen. Die
Bubonen sind dann durch ' einfache Aufsaugung des
Schankereiters, ohne weitere vitale Modification des-
selben, entstanden, stellen prim. Schanker in dem
Drüsensysteme vor. Es werden nach Obigem die
sypbiliL Krankheitsformen als Alteration der nrtlichen
und allgemeinen Nulrition — prim. und constitutio-
nelle Syphilis — betrachtet , und bildet die syphilit.
Affection des Lymphsyslems , so wie es im physiolo-
gischen Leben das Bindungsglied beider Arten der
Nutrition abgiebt, die Brücke zwischen der prim. nnd
constitutionelien Syphilis.
Das prim. Geschwür. Es kam bei 899
Individuen vor, bei 316 M. und 588 W. Man
unterschied den Schenk (*r mit einfachem , indurirtem
und phagedanischem Verlaufe. Der indurirte zeigte
sich bei den M. 50 , bei den W. 2 Male, der phaged.
bei ersteren 8, bei letzteren 29 Male. Einfach wird
ein prim. Geschwür dann genannt, „wenn es unter
dem Einflüsse des vitalen Actes der Infection entstan-
den , in seinen Stadien bei der der In - u. Extensität
der Örtlichen NutritionsstOrung entsprechenden Reac-
tion verlauft. Diese Stadien sind: 1) Reaction des
Organismus gegen das Contagium ; 2) Exsudation u.
Metamorphose des Exsudats in Eiter; 3) Wiederer-
satz des Abgeslossenen, Heilung des Geschwürs durch
Granulation und Narbenbildung. Wirkt die Indivi-
dualität modifieirend auf das Geschwürsleben ein , so
erfolgen auch Modificationen in der äussern Erschei-
nung des Geschwürs. Der Gefifsssturm wird unver-
haltnissmassig heflig und das Nervenleben gelahmt,
oder es wird die Reaction des Gel^sssystems qualita-
tiv verändert. Im 1. Falle entsteht das gangränöse,
im 2. das pliagedanische Geschwür. Im 1. Falle wird
das Contagium stets oder doch fast stets zerstört,
wonach ein nur einfaches Geschwür zurückbleibt, im
2. äussert sich die qualitativ veränderte Gef^sswirkung
durch fortkriechende Entzündung und deren Aus-
gange, Eiterung und Erzeugung von Conlagium. Die-
ses kann nur dann Orllich entfernt werden und das
Geschwür heilen, wenn durch Natur- oder Kunst-
tM
IV« PMhdUfii^» Thtri^ «« mftJütfWMPh^ KMfc.
hlllfe die Reaatioii g^krülUgi mU WwgL da» pb«ii-
«Qhe MoDiem. vm». ao bildel sieih «in Ablagaiimgahetd
{d«a ^wadal OBgaiMirt mk} -^ Jnduraikm. 1» db-
aan FaJiU» hOrt., wie ea loeial geachiehi» dia AliU#e-
ciing. das £ssqdau. airf d«« G'eadiwtrsbaaiH mA aeine
MatamocplMaa hi Eitsr achaali a»!, oder Mde, Eila^
rang und kii|uralM)a , beslahao aebao ainander« Sa
darf u'whi beirr««.. 4aaa ofl auJ aalbalaUbadigsn Mur-
catMman atme SeschwOraflüche siph liildel. Diaaa
fiodal dana Suil, wan» das abgalagerle £s84Mlal
dordi Natur* oder KMnaihüJfe scbmilzl, wo dann daa
gabiideie Gaachwttr kekk primäraa iai, «ad aucb dear
aan Cbarakier oichi beaiut» [Dia vorgairagcaea Aua-
eioanderaalaiiagen aind alle ao klar viid wabr * daaa
wif aichl umhaa koanlea, sie »uafttJirlidi wiaderaiir
fabao.] Nimoii man aJs Eiaiheiluag dar Gaadiwüre
daraa Grund uad Raad aa, so emalebi bei vorberr-
acheodar Sallaabildvog und Ablageriaig daa Essudato
4i<{ daBi Grund daa eliviate. bei Venoehruag dea Es-
aiadata aul den Aaad daa callOse Geacb>w«r. Dam
Waaaa nadi giebl es «ur atia pEJm. GeaabwOf« Die
Varscbiadcnheii barohi nur ia der Varichiedenbeit
daa Verla«fea , und diaas ist ealweder: 1) Auadrack
verschiedener Labcjia4baiigkail dar Ernäbrua^ aar-
ackiedeaer Orgaaisniea , oder 2) lla«ifeala(iou «etün^
darlar ErnabrungafuocUoiiaa desaelben OrgaaisiDua.
Fer 1« apricbi die Vorliebe eiaea gewtsaee. Verlaufs
dar GeachwUre ja nach den Gascbleebiera , ao daaa
z« B. bai den Mäanera iodurirle GeacbwSre an %,
bei den Weibera dagegen nor zu % Proa. vorkanea.
Far 2« spricht die Umwandluag einer GeaabwUraXorin
in eiae andere bei eiaeo und dejnselbea lodioriduum.
Dia Urseeheft, wodurch daa piasiliscbe Lebaa ae iini'-
gjaaUiDml wird , daaa bald dieae , bald jene Pora^ver-
anderuQig, und oft sehr ploialieb erfolgt» eaigeben
wobl oejatanibeiis dea Beobacbtuagen des Aratea, il
Maail aicb aur aasnahiDswaiaa ein Cauaalaexua magB*-
baa» wie «. B. zwiacäa» den Ekiiaitt der Meastrua'^
iion and der Entatebung dar Induratian. fibenao
atabea die Tuberkalo^ und Cbloroae in genauer
WeohsalwirkiiAg* Doeh Uonen ww aaaoch nar die
Wabracbeinttolikeit aadaaten, daaa bei tuikarktileaea
Individuen Pfaj^daaa blfufiger, wafaread bei deibri«-
njrtem Wuta IndiAralio« hitchat selten verkoiamL Ftr
1. apricbt aiM^b die grössere Iljfii%keit der PhagedSaa
heim weiblichen Geschlacbte, welehea »ehr zur Tu-
berkulose lAclinirt , für 2. • daas die Gesebiwira bei
cblaroiischAB Peraonea immer eiofaeb waren, aehneU
beilten » uod aicb bei ibnen noch kein Fall ¥on oon^-
stitutioneUer SypbiUa in der Aastalt ereignete. Mehr
Gewiaaheit exiatirl Über die «ttasarn Uraaebea » wo-
durch Formverfinderung des GeaohwQrs bedingl wipdi
Der ecaie Platz gebtibrt bieit'der Tberafiie. Dass feiw
ner kosmisch -tellariacha EiftOasae auf die Form^iw
Snderung siatthabeaf beweisen die VerlaufaaRtea der
GeaobwUre zu gewissen Zeiten , ae daas dana bald
dieae, kJd jene Arten hSufiger anAnelen. Der deiiln>
lichate Bewei» der Wandelbarkeit ergiebt aicb ans
der natarlicben oder kunstlichen Inoculaiioo. Aua
der emen Form, anistabeft je. Msh dar Indtndttabiu
atte aadera« waa aaUpial vaa eiaer Hid deraalbe» 9ah
aea gtlU sobald der Kiter aa( andere Ktifperalaika
dbar^ragea wird« Didey'a B;ebai4Hu9g» daaa kai
laduralMMS eines GeaebwOra alle iodariieB, ist dabar
falacb. Uebetbaupt prMiapenirc» «eae OeaabaM«
z« aadareai Verlaufe, als das HattargeacbwOr bala.
und zwar voraugaweiae zur VerUirtaag, KoiiaaWhe
Geschwüre Irelea au Ve ^* ledüratioii^ Die Draaaki i
scheint alieüa daria zu liegen » daaa der Eii^r dwtl |
die laeaulatioA dem. CafHllargfftaasyafteiiift «nauita^
bAr einverleibt wird, wedareb die «ecund. ay^hdit
Exsudatioq (laduration) begQasUgt wird, Wm daa
Sitz der Geschwüre zur Zeit der Aufnahme itr kr.
betrifift, so fand sich die Induration am haaf^in i
auf der Scbleimhant des Eiebelhalaaa, dar iBwi
Varhautplatla und def Eichefkrane, ba» das FVaan
auf der Schlaiaihaut der Nymphen. Diaaa iai leidi i
begreüich » da die Induration ihre AUafanmif ia da |
submuköse Zellgewebe beginnt. Wo densBaeb d» |
selbe straflT, kurz und unverschiebbar an die Hembn- |
neoausbreitung befestigt ist, wie an der EicbelcoB- I
vexitat, da ist auch weniger Geneigtheit zur Ablage-
rung des Exsudats, ßubonen , Ablagerungsherde ii
den Leistendrüsen, welche 54mal vorkamen, eat-
stehen dadurch , dass der coQtagiöse Eiter ▼erwAgc
der in den Haschen des Zellgewebes auslanlend«
feinsten Endigungen der Lyrophgef^sse aufgesogen ■.
gegen deren Centra hin bewegt wird. Die feiaei
Lyrophgefässe selbst bleiben dabei indifferent. Parti-
cipiren sie jedoch , in Folge geeigneter Individnaliil
oder starker Erregung der BIutgeflfsstMltigkeit ^
vom syphilitisch-ulcerOse^ Process ergriffenen Tbeh
so entsteht Lymphgel^ssentzünduug. Die CenU«
werden dann nicht in Entzündung gesetzt, »«sondcn
das Contagium durch Uebergang in Eiterung noch f«'
erweichten DrOaen eliminirl'* (durch Abacassesa
Mona veneria, aa der Wurzel dea Liedes «. a. w.>
Dasa nach dem einfachen Harnröhren«- iLfickei-
tripper constitutioneUe Syphilis entstehen kClaae, wie
Merciar dieas von der Balanitis bebatiptet, tilsn-
erwiesen , dagegen giebt es einen Process , welcber
letztere völlig simulirt, nSmlich den exsudalivea Pia^
cess in das submuköse Zellgewebe , aise bereits eü
Symptom der secuod. Syphilis. »»Auf diese Weise
sehen wir manchen Indurationea , nach bereits lar
geraumer Zeit verlaufenem Sehanker, diese Art Ba»
lanilis vorangehen , welche sich meist in der Umge'
bung der werdenden Induration ausspricht, und waki
auch durch Schmelzung des Exsudats und Epitbelial-
zellen seichte Excoriationen hervorbriuigt."
Zu Pkimosem (97) gesellte sich 4mal GaagiiL
Gelingt die gebSrige Elimination des den Reis «»lar*
haiteaden GaschwflraecrelB siebt, oder ISsst die Spaa-i
iiung daroh Ulesralton der innem Vorhaatplatte an
neoh, oder iai aaeb die Süssere PlMle verengt, edJ
iai, salbst bei nosmsi weiter Verhaut, diese «sd dif'
fiiehei ,sa ea^ttndlic^i geaab-woHen , dass ein rtar*
kefaesJliaavorbShniss obwaNet, se erfolgt die Gatigiaa
Dia Operation' vaniag aiHi'
It. t^aCbol^«» Thei'lipi^ m liledieillii^e^ iliml^
ts»
sebnettMen disr Gef^br virrsubeugetf^ ist arber, sobald
iB der DäGltoteik Nacbbatscbaft Geschwtfre sitxen, im-*
mer nur im höchsten Nothfalle atrfuratheit, indem di^
W«nde selir \tichi angesteckt wird, und dann Vor-
liebe lom ph^fifed. Veridtife zeigt. Ausser der pliteft-
flioniiseA and 9dema(ösen giebt es etoe, obschon
fette*«, a. Art. Sie besieht in acuter Etsudation in
dM Zellgewebe des Prapattom nach berfifs verlaufe-
nen Sehankern , und wurden 2 derarirge Falle beab-
aeblet. Me Bedeniung dieses Proce?<scs ist dieselbe,
wie bei der Induration ^^ Symptom der secundtfren
Syphilis«
Für die Behandlung des, primär -syphilU. Ge-
seÄwürs mit einfachem F&rlaiffe werden 3 Imlica-
tioneii aufgeatelk: t) das OrtU aoffenoHHiiene Gift,
wo (Kess nfclit mehr mOglich ist, 2) das durch Alteration
abgelagerte Exsudat und ausr seiner eitrigen Zer-
fliessung neu gebildete Gontagium zu zerstören , 3)
die Aurnahme desselben in den Kreislauf zu verhin-
dern. Im 1. Stadium wird das Gift am besten durch
energische Reactionsbewegungeu eliminirl. Im Be-
ginn dieses Stadiums kamen nur seilen Kranke in die
Behandlung, doch erwies sich das Verfahren gele-
gentlich in den fällen als probat, wenn durch un-
vorsichtige Üebertragung des Eiters an andern Stel-
len GeschwUre erzeugt worden waren; die Infecliuns-
stelfe Ward dann sammt ihrer inficirlon Umgebung
durch eine Aetzpaste zerstört, fm 2. Sfa^Iium wur-
den t — 2 Male des Tags wiederholte Aetzungen mit
dem am besten zu handhabeuden BöTTenstcin vorge-
iM^men. Zur anhaltenden Aetzurrg, wie bei dem
ffogen. speckigen üeschwQrgmndc, bediente nrnn sich
des Binstrevens von rothem Fräerpitat, Calomd , od.
verband mit SnUiuiatsolutioif. Die innere Beiiand-
lang hat zifm Zweck, eine Umstinri^rfirrg des anomalen
Emalirungsprocesses einzuleiten. Dieser wird durch
die Entziehnngsmediode depoteneirt. Viel rascher
wirken jedoch die die Plastik berunlerdrOckenden
Arzneien. Nie wird aber eine ausschliessliche Me-
thode in Anwenddng solcher Arzneien befolgt, nur
Regim, Buhe, Beinlichkeit und gleiche Temperatur
bleiben bei jeder Individualitait dieselben. Da nun
andrerseits sich auch jede Individualität den syphilit.
Process aseimilirt, so muss dann der bereits depo-
tencirte ErnJibrungsprocess so weit gehoben werden,
als er zur Integrität seiner Function bedarf, indem
in» Gegentherl die örtl. Beaction gegen das Eindringen
dee Gifte» gelffhrat wird , und sich das Lymphgeßlss-
syatem der zur Ausscheidung bestimmten Exsudate
bemächtigen wurde. Im 3. Stadium muss bei unzu-
reichender Naturthatigkeit leichte Heizung des Ge-^
sehwurgruttdes und Hebung der Ernähr ungHlmciioinen
angewendet, im Gegentheile der luxurirende Ersatz
durch starke Aeizutfgen und schwächere Diät herab^
gestimmt und zerstört werden. Meistentheils ist das
3; Stadium das kürzeste, und bedarf keiner ffrzilicheti
Umeratatitfung. Bei nicht einfathem ß^erlaufe der
O^schwOre , so bei Gangrän , Phagedifna, Induration
traieti die erforderlichen' SfodtficattODCti in der Be-
Hedi Jdifbk IM. Ti. HIL SL
faiiMlung ein , und Ward bei ^hr" bMrvK^kigen Oe-
schwttren , sobald alle Methoden fehlgeschlagen wa^
ren , in der neuestee Zeit das Glttfaeisen wieder an-
gewendet, das in 4 FiHen einen erstaunenswurdigen
Erfolg zeigte. So vfel sfch bis jetzt herausgestellt,
hat man damit die beabaichtigte Wirkung, in Bezug
der Tiefe und Ausdehnung , genau in seiner Gewalt.
Der Brandschorf lOst sich binnen 12 — 24 Stunden
vollkommen, und die Granulationsbildung begintit
unmittelbar nach seinem Abfallen. Bei dem indurir-
ten Geschwüre betrug die mittlere Dauer der Behand-
lung mit Mercur 2<(,.mit Jodkali nur 19 Tage. In
Betreff des Geschlechts erforderten die Geschwüre bei
Frauen eine viel längere Zeit zur Heilung, als bei
Männern, weshalb bei ihnen secund. Syphilis viel
häufiger eintrat. Weder nach der einfachen, noch
nach einer speciflschen Methode lässt sich auf Immu-
nität vor Secundärleiden rechnen; je früher indess
der prim. Schanker geheilt wurde, um so besser
schien in dieser Beziehung die Prognose.
In den Bemerkungen über die BlennorrhSe,
viruientet, auch venerischer Katarrh von dem Vf.
genannt, wovon 363 Fälle vorkamen, scheint uns
die differeniielle Vergleichung dieses Krankfaeitspi'o-
cesses je nach dem Geschlechte beachtungswerth.
So wie der Bau der weiblichen Genitalien ein viel
grösseres Feld bietet, \ so bedingt die räumliche An-
ordnung der ergriffenen Schlermhäute des Weibes ein
vom Tripper des Hannes ganz verschiedenes Auftre-
ten. Die Urethra ist von grösserem Kaliber [viel
kürzer], verläuft fast geradlinig; ihre Wände sind
von lockerem Zellgewebe umgeben, und sie hängt,
ausser mit der Blase , mit keinem wichtigen Organe
per conti nuitatem zusammen. Uebrigens verengert
die Auftockerung nicht das Kaliber; die Schmerzen
sind unbedeutend, der Ausfluss geschieht ohne Hem-
mung, ohne sich aüsamifteln und in vertieften Stelleu
einen Herd „der Infection'* unterhalten zu können.
„Deshalb im weiblichen Körper keine Analogie des
Nachirippers, der Goutte militaire." Am erheblichsten
ist aber , dass keine MitentzUndudg wichtiger Nach-
barorgane mit Gefahr drohe [was jedoch nicht ohne
Ausnahme gilt]. Als die vorzüglichste Einspritzung
beim Männertripper erwies sich die mit Nitras argetiti
(Vs—d Gr. ad ^), und ward als Begel befolgt,
die Dosis so zu erhöhen, bis der entstehende heftige
Schmerz und Ausfluss von blutig gtsHirbtem Pluidum*
das gesteigerte Leben der aionischen Schleimhaut
beurkundete. Nachdem nun die Einspritzungen aus-
gesetzt waren, trat die Heilung rasCh ein. Vieles
Wassertrinken wirkte „auf den Verlauf des Trip-
per #egen Fortbestands der Schmerzen'' trngüd-
stig ein. Bei dem Weibe zeigten sich alle speci-
fischen Antiblennorrhoica gänzlich unwirksam. Atti
meisten verliess man sich bei dem Urethra Ikatarrh
auf Aetzungen in Substanz, Weiehe auch bei dem
Scheidenkatarrh erforderlichen Falles vorgenommen
wurden. Uebi^gerts f^'Vrdgn die Wandungen der
Scheide ddrcb^inetf mi'^'Ai^zn^itleln , als Pulver oder
24
186
IV« Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik«
Solttlioo, impragnirten Tampon von einander und ge-
q>annl erhalten. Bei den Einspritzungen in den
Uterus, sobald dieser leidet, muss als erforderlich
betrachtet werden, dass sie nur schwach , in kleinen
Mengen und sanft eingebracht werden, und dass sie
sogleich, nachdem sie die UleruswanduDg bespült ha-
ben, wieder ausfliessen kOnnen. Immer bietet jedoch
der Uterinkatarrh die grttssten , leider nicht zu tiber-
windenden Schwierigkeiten.
Den 3. und letzten Abschnitt des Berichtes bildet
der syphilitische Process des Lymphge^
fässsystems. Er kam bei 165 M. und 127 W.
in Behandlung. Bubonen entstehen theils in dem
Zellgewebe , theils in den Drttsen , sind consensuell
oder syphilitisch , und diese bald primitr , wie oben
auseinandergesetzt, oder constitutione!! , wenn se-
cundar syphilit. Exsudat aufgesaugt war. R i c o r d 's
Behauptung, dass der Zellgewebshubo nicht inocula-
tionsßihig sei, wogegen schon das Ratiocinium spricht,
widerlegte sich durch 2 Beobachtungen. Am häu-
figsten erschienen Bubonen beim Sitze des Schankers
am Prjlputium , an der Gians und dem Bündchen , an
der hintern Schamlippencommissur u. den Nymphen ;
grOsstentheils an derselben Körperhülfte , an beiden
Seiten meist dann, wenn das Geschwür seinen Sitz
auf der Medianlinie hatte. Fast y^ ^^^ Bubonen
zeigten sich während des Geschwttrsverlaufs, u. zwar
zwischen dem 6. und 52. Tage, wogegen hei Ge-
schwüren auf der Medianlinie der Ausbruch meist
zeitiger erfolgte. Der Grundsatz, dass je grOsser die
Reaction gegen das Gontagium sei, um so siclierer
der Organismus davor geschützt werde, wird nur bei
zeitigem Eintritt des Brandes erhärtet. Tritt er erst
im Stadium des Zerfliessens des Exsudats ein, so
kann das Gontagium schon immerhin in die Blutmasse
aufgenommen sein. Ein solcher Fall steht in Behand-
lung. Es ist nach der Gangrän ein makulöses und
tuberkulöses Syphiloid des ganzen Körpers aufgetre-
ten. Die Gangrän kam 9mal bei Männern, lOmal
bei Weibern vor, und konnte als Ursache nur in 2
Fällen die atmosphärische Constitution bei herrschen-
dem Hospitaihrande beschuldigt werden. Beiile gin-
gen an Pyämie schauderhaft zu Grunde. Bei den
übrigen beschränkte sich der Brand durch Demarca-
tion, worauf sehr bald Genesung erfolgte, obschon
die Sultstanzverluste ebenfalls bedeutend waren , nie
weniger als den Umfang einer Uandfljiche betrugen.
Besonders geneigt zum Brandewaren die Zellgevvebs-
bubonen (14). Die Annahme, dass die Eiterung vor
secundären Erkrankungen schütze, bestätigte sich in
so weit, als danach die wenigsten eintraten. Deshalb
hat man sie zu befördern. Je früher der Eiter durch
den Einstich entleert werden kann , desto besser ist
der Erfolg, desto mehr wird Fisteln, Brand der Pha-
gedäne, secundärer Syphilis vorgebeugt. Ein grös-
serer Einschnitt ward vorgezogen, doch sind bei
mehrern nicht zusammenhängenden Abscessen meh-
rere erforderlich. Roux's Methode ward zweimal mit
schlechtem Erfolg versucht, mit gutem die von R e y-
n a u d und die Aetzpasie. Hierdurch wird das Exsu-
dat rasch zum Schmelzen gebracht, freilich aber aack
meistens eine langwierige, profuse Eiterung der Baol-
wunde verursacht, weshalb ein guter Stand derKrSftc
erfordert wird. Innerlich ward Mercur (zweimal der
Präcipitat, sonst stets der Sublimat nach Dxondi)
und das Kalijod angewendet. Die Anwendung dieser
2 Mittel lässt sich wohl nicht immer auf rationelle
Principien begründen , indess giebt der Zustand der
Verdauung, die Constitution des Kr. und die Anani- '
nese in Betreff der früher genommenen Mittel in den
meisten Fällen die sicherste Richtschnur.
(Hacker.)
421. Bemerkongen Aber Syphilis, insk»
sondere ihre Behandlang; von Prof. Ed. Zen
zu Dresden. (Beobacht. u. Erfahr, aus d. Stadtkraa-
kenhause zu Dresden. 1. Uft. 1852.)
Wir hätten in einem ersten Berichte , welcher
aus einem neuerrichleten Krankenhause ausgeht, er- j
wartet , über dieses selbst , dessen Einrichtungen ;
u. s. w. , etwas zu erfahren ; von dem Allen indess
NichU.
Es wäre uns ferner interessant gewesen , in Be-
treff der Syphilis, wie wir diess in den Mittheilungea
anderer Aerzte, welche syphilido-klinischen Anstallca
vorstehen, gewohnt sind, über die Zahl der lahrlich
aufgenommenen Kranken, über die vorzugsweise vor-
kommenden Krankheitsformen u. s. w. etwas zu er-
fahren ; doch auch hierüber Nichts.
Dem Vf. scheint es vielmehr nur dämm zu Ihnn
gewesen zu sein , über die nicht mercurielle Behand-
lung, die er weder aus eigener Erfahrung kennt, denn
er sagt S. 24 selbst, dass er niemals Versuche damit
gemacht habe, noch darüber etwas von Andern ge-
hört oder gelesen haben kann , von der er aber (laut
Vorwort) der festen Ueberzeugung ist, dass dadnrck
die Syphilis nicht sicher geheilt wird , den Stab za
brechen , das Quecksilber wieder allgemein einzuAlft-
ren, und Ricord's „sinkendem Sterne'* die Hife
zu geben. Wie man aber von Etwas fest Qberzeogt
sein kann, was man nicht kennt, ist schwer zn be-
greifen. Der einfache Schanker bedarf das Queck-
silber ebenso wenig, als es bei Hinzutritt der Piiage-
däne schädlich wird, bei Hinzutritt des Brandes un-
nOlliig ist , ja ehenfHÜs schädlich werden kann , wo-
gegen die Induration, sobald sich also das Exsudat, in
Folge der vorwiegenden Plasticität, organisiri hat
(der bei Weitem seltnere Fall), und wo wir es dann
mit einem Secundärleiden zu thun haben, den Mercur
verlangt, lieber alle die verschiedenen ModiGcalionen
des Geschwürs findet sich jedoch in dem ganzen Auf-
satze keine Erörterung. Vf., früher, soviel uns be-
kannt, ein grosser Anhänger der Ricord'scben An-
sichten , beginnt seinen Aufsatz damit , dass er sagt,
Ricord*8 Lehre über Syphilis habe viele Wider-
sprüche erfahren, noch sei er nicht damit rerlig,
seine «Gegner von der gänzlichen Verschieden heil des
Trippers un^l Schankers zu überzeugen [welrhe Ver-
schiedenheit längst vor R i c 0 r d nur noch Yon sehr
IV. Patholo^, Therapie a. medieinische Künik.
187
Wenigen nicht Kugegeben wurde] , so stehen immer
neue Zweifler auf, und die Beweise, dass viele Er-
scheinungen, ,,die wir bisher für secundäre hielten,"
auch primKr entstehon können, mehren sich. [Diess
klingt, als hielten >vir diese Erscheinungen nicht
mehr Itlr secundSre. Dem ist gleichwohl nicht so.
Richtiger, ktlrcer und deutlicher ausgedrückt müsste
es heissen: dass auch Secundarleiden Obertragbar
sind. Diess hat auch Ref. , gestützt auf die Ueber-
tragungswoise der Syphiloiden (vgl. Jahrbb. LXXII.
103), langst angenommen, und mit ihm gewiss sehr
viele Andere.]
Vf. ist ,,von der festen Ueberzeugung durchdrun-
gen , dass seine [R i c o r d *s] Grundsätze für die Be-
handlung nicht die richtigen sind.'.' Er sagt: „Da
ich Ricord niemals seihst sah und hörte, vermag
ich nur nach seinen [?] Schriften über ihn zu urthei-
ien" und citirt nun als solche, ausser der Clinique
iconographique , die von TUrck und Gerhard im
Deutschen herausgegebenen Vorlesungen , die Ueber-
setzung des sogen, prakt. Handbuchs und der Briefe.
Jedenfalls hatte sich Vf. auch um die schon 1834
erschienenen Bl^moires etObservations (deutsch 1836
von Eisenmann) kümmern sollen; auf keinen
Fall durfte er aber ohne Kenntniss der Noten bleiben,
welche Ricord zu Hunter 's Ahhandiung der von
R i c h e 1 0 1 gelieferten französischen Ausgabe machte
(deutsch 1848 vonBraniss). Zuverlässiger wXre
er wohl auch gegangen, wenn er Ricord 's Vorle-
sungen im Französischen nachgelesen hatte, und zum
ergänzenden Vergleiche konnte. er auch die von Lip-
pert gesammelten Vorträge und Bemerkungen be-
nutzen. Doch auch die cilirien Schriften hat Vf.
nicht genau sludirt. Er würde sonst leicht in einer
andern gefunden haben , was er in der einen ver-
misste. Wir wollen und haben uns jedoch vielmehr
mit dem Vf. selbst, respective mit seiner ßehandtungs-
weise, zu beschäftigen. Vf. ist also exciusiver Mer-
eurialist. Entgegnet man ihm, dass auch nach Queck-
silberkuren Recidive eintreten , so antwortet er :
„diess würde zunächst nur beweisen, dass das Queck-
silber häufig nicht richtig, nicht energisch genug
angewendet wird." Wenn der Mercur, sobald sich
die Vorboten des Speichelflusses einstellen, ausge-
setzt wird, so nennt er diess eine halbe Kur, und
nichts für gefährlicher, „als auf diese Weise mit
dem Quecksilber spielen** (S. 27). Vf. hört erst
damit auf, sobald die Salivalion reichlich im Gange
ist, oft nur um, sobald sie nachlässt, sogleich wie-
der damit fortzufahren. Als Maassstab, wann mit
dem Quecksilber inne zu halten , betrachtet Vf. viel-
mehr ein bereits sehr retrahirtes Zahnfleisch, als die
Salivation. Speicheln die Kr. stark , während das
Zahnfleisch unverändert ist, „dann lässt die Saliva-
tion gewöhnlich sehr schnell wieder nach" [also, da
der Maassstab des Innehaltens noch nicht eingetreten
ist, auch beim Fortgebrauch des Quecksilbers.] Ehe-
mals bediente sich Vf. oft des Sublimats , womit er
bisweilen bis nahe an Gr. jj auf den Tag stieg , ist
aber später der Uiksicherheit der Wirkung wegen fast
ganz davon abgegangen. Ebenso wendet er das Hy-
drargyrnm oxydul. nigrum, das ihm früher in Marburg,
täglich 3 — 4mal zu Gr. ß, in leichten, wie in schwe-
ren Fällen, die erwünschtesten Dienste leistete, da
es ihm ähnliche in Dresden versagte, nur noch selten,
meist nur noch bei kleinen Kindern an. Das 3. Prä-
parat, welches Vf. für die innere Behandlung anführt,
ist das Protojoduretum hydrargyri. Er reichte es
ehemals oft ohne Gorrigens , fand aber fast immer,
dass es schon in kleineren [welchen?] Gaben Magen-
schmerzen und Durchfälle yerursachte, so dass es
wieder weggelassen werden musste. Ref. , welcher
dieses Präparat durchschnittlich bei Secundärleiden,
wofür er auch den verhärteten Schanker ansieht, und
also dazu rechnet , anfangs zu ^/^ Gr. , steigend bis
zu 1 Gr., sehr selten darüber, verordnet, fand diess,
bei Beobachtung der gehörigen Zimmerwärme nnd
Diät, worauf auch Vf. die gebührende Rücksicht
nimmt, fast nie. Gegenwärtig verschreibt Vf. das
Mittel zu Gr. x , setzt 2 Gr. Opium dazu , und lässt
mittels der Liquiritia 30 Pillen bereiten , wovon der
Kr. täglich 3 Pillen erhält. Jeden 3. Tag steigt er
um eine Pille. Ueber 8 aber hat er es nie gebracht,
weil die Kr. dann über Ver da uungsbeach werden klag-
ten. Wohl ist er jedoch manchmal längere Zeit bei
6 — 7 Pillen stehen geblieben. Die Gesammtmenge,
welche zu einer Kur nöthig ist, giebt Vf. zu 5 — 40
Gr. an. Bisweilen kam er aber auch hiermit nicht
aus, und sah sich genöihigt, noch einige Einreibun-
gen machen zu lassen. Diese spielen überhaupt die
Hauptrolle in Vfs. Therapie, wovon ich mich schon
bei meinem vorjährigen Besuche in dessen syphilit.
Krankensälen überzeugte. Für die extremsten Fälle
halt Vf. die Inunctions- und Hungerkur, streng nach
L 0 u V r i e r und R u s t , fUr die vorzüglichste Mer-
curialkur, und lässt, da er immer den Grundsatz be-
folgt (S. 29) , „lieber etwas zu viel zu Ihun , als zu
wenig," die Einreibungen „gewöhnlich zu 1 Drachme
in die bekannten 4 Stellen nur in Zwischenräumen
von 48 Std. machen, bisweilen aber auch täglich,
oder sogar, wenn grosse Eile nöthig ist, zu 2 Drach-
meh auf einmal, besonders anfangs." Dass es unter
solchen Umständen an allerlei, auch sehr bedeutenden
Quecksilberreaclionen nicht fehlen kann , ist schon a
priori einleuchtend , und habe ich mich auch davon
durch eigene Anschauung genüglich überzeugt. Herz-
lich haben mich gar manche Kr. gedauert , dass sie
Vfs. Vorurtheile gegen eine einfache Behandlung und
dessen blinden Glauben an das überall erforderliche
Metall Preis gegeben, ohne Noth der abscheulichen
Speichelkur und deren Nachwehen ausgesetzt waren.
Vf. würde sehr wohl gethan haben, wenn er sich,
ehe er das Verdammungsurtheü über die nicht mer-
curielle Behandlung aussprach , nnd sich dafür ent-
schied , die ihm anvertrauten Kr. der Wohlthaten
derselben nicht theilhaflig werden zu lassen , um die
Literatur über diesen Gegenstand, um die zu Gunsten
desselben sprechenden Berichte aus den grössten, wie
aus kleinern Hospitälern Deutschlands und des Aus-
landes, bis auf die neuesten Zeiten herab, etwas be=^
18$
|¥. Pathfdog^t Therapie 9. fiediieiffMQi»« KVm^.
kttrniDert h^Ue. H^beii denn ilU N«meii Kruke n-
herg, {|rueppiiDgbau«en , Frieks» Wil-
helfOf UftodKehuch, Kluge, Bonorden,
Güntner, Waller, um nur eioige wenige, uud
nur Deutsche lu n^noeu • gar keinen Klang für ihn I
Sind die Berichte aus den grdsslen Hospitälern nicht
immer bis in die letzten Jahre gleich günstig gebliC'^
b/en, und weiss endlich Vf. nicht einmal, wie vor^
tjieilhaft selbst ein Louvrier und Rqst sich über
die einfache Behandlung aussprachen. Ich habe in
einer historisch - kritischen Darstellung die Ansichten
und Resultate üher die einfache Beliandhing von Ende
des XV. Jahrh. bis zqm J. 1842 (Argos Bd. 4. Hft. 1)
zusammengestellt, u. finden sich die spätem Bericlile
sämmtlich im Agszuge in diesen Jaltrbh, wieder. Beson-
ders wollen wir aber den Vf. auf die Berichte G. S i-
mon*s, Sigmund's (vgl. Jahrbb. tXIX. 59 u. IXXIIl.
917) und 3uchaneck*s (s. d. vorhergehenden
Atffsatz) verweisen. Simon wandte gegen die nicht
verhärteten Schanker niemals Rlercur «n, und in dem
Prager Krankpnhause ward selbst bei der Verhärtung
von vorn herein kein Mercur gereicht. Glaubt denn
Vf., dass sich d^ß Genannten und Ungenannten damit
,,begntlgten * dass der Kr. etwas gebessert fortgehe,
wie er (S. 26) denen, die nicht überall Mercur an-
wenden, vorwirft! Louvrier hat mehr denn 1000
Schanker ohne Quecksilber geheilt, und Rusl er-
klärte sich von der Richtigkeit der Grundsäize über-
zeugt, dass d98 Quecksilber nur erst gegen Secun-
därleiden n<Sthig werde. Es ist aber um so mehr zu
verwundern, dass Vf. die nicht mercurielle Behand-
Ipng so vorgefasst verdammt , als er auf die strenge
Diät mit Recht ein grosses Gewicht legt, und er selbst
aagt (S. ^4): syphjlit. Entzündungen schwinden sehr
häufig schon dann , während die Kr. , um sie für die
Mercurialkur vorzubereiten, auf strenge Diät gesetzt
sind. Uebrigens ist auch hier ein grosser Unterschied
zn machen, und mit dem: „den Kr. Kräfte zuzufüb-
ren« ist nach dem Schlüsse der Kur immer noch Zeit**
die Sache keineswegs abgemacht. Bisweilen, wie
bei der Pbaged^ne , fehlt es dem Organismus an der
nüthigen Reactionskralt, und die Heilung erfolgt nur
^s^ , nachdem jene hergestellt ist. Von dem Zittm.
Decocte will Vf. oft g|r keinen Nutzen gesehen ha-
lben , und diesa zwar dann , wenn es starke Durch-
fülle erregte; übrigens vertraut er ihm nur, sobald
schon Mercqrialien gebraucht worden waren. In glei-
cher Weise spricht er sich über das Kalijod aus, dass
man es nämlich nur dann mit Nutzen gegen die Sy-
philis geben kann , wenn der Kr. schon früher Ner-
curialien, und zwar in grosser Menge, ohne Erfolg
erhalten hat (S. 31> Wenn Rioord das Kalijod
gegen die mengen, tertiäre Syphilis empfiehlt , u. dem
Quecksilber dagegen allen [was er nicht thut] Nutzen
libapricht, so sagt Vf. : „ich dagegen behaupte, dass
es sich nirgends wo^ltbätiger zeigt, als hier*<u.s. w.
Ref. Erfahrungen weichen auch in Betreff des Decocts
u^d des Kalijods mehrfach von Vfs, Aussprüchen ab.
Vit Uebergebung einiger, schwerlich begründeter,
Utveqtiv^p, da^a au<fh bei Aerzten der schreckliche
(vebraueh üblich sei , «0C|in<l Syphilis als Rtfcidiv «
bezeichnen (S. 37), so wie, dass deren w^idie di«
Grenze der secund. Syphilis wahrscheinlich dakti
setzen , wo Geschwüre am Gaumen ere^heinaa o. dif
(Hase zerstört wird , ist zu bi^^^Tken, das« sich \t
nur noch über Kondylome und BlennorrhOeii • doil
nur d^s Weibes, verbreitet. Die Bemerkungen liki
letztere wollen wir, da wir ohnehin S4*hon sehr iai|
werden mussten, und sie ebenso wenig vial Kenci,
als Unwahres oder Schädliches enthalten , upb^rück*
sichtigt lassen. Nur ei/^en Satz wollen wir 4m
Pliysiologon zum Resten geben (S. 46). ,püiePbfr
siologen nehmen wohl an, dass die Schieimdrtseo
der Vagina, beKonders im hintersten Theile, beiki
höchsten Wollustgefühle ein Se r^ret liefern, da$8 al«
auch die Höhle des Uterus das iiiejche thue, apsiki
eine Art von Ejaculatio seminis erfolge, seheiBt^s
Physiologen nicht bekannt zu sein , da auch «ie iw
SpecMlum keinen Gebrauch machten.*'
Die neuern Untersuchungen ül>er die uaklareai.
verworrenen Begriffe des Kimdyhm^ schf^ineo 4a
Vf. unbekannt gehlieben zu sein, und verweisen vjr
ibn einerseits auf d»e vorzügliche Abhandlung m
Davasse und Deville über die SchleimplaUn
' (Jahrbb. L. 314), so wie andererseits auf ik
noch vorzüglichere Srhrift Krämer^s: Über Kondy-
lome und Warzen, Durph diese letztere wird ihn
klar werden, dass, und wie die Papillen es sind,
welche durch b|ose Reizung und Congeslion selbst
zu grossen sogen. Kondylomen in die Höhe w^Mrhse«,
und , unter Umständen , auch an Breite zunefasMi
können. Dass aber das spitze Kondylom, von Kri-
mer; Condyloma papillosum genannt, mit d^r Sy-
philis nichts gemein hat , diess hat dieser ausftihriid
bewiesen, und sind seine Beweise von <leii MmsIs^
die sie kennen, anerkanit, so wie diese Ansicht schap
vor ihm Viele hegten. Vf. sagt aber: „WeBB siai
auch nicht mit Back er davon überzeugt ist, dass
Onanie Kondylome erzeugen könqe [wovo« ifft » «.
Handbuche einen Fall mitthiilte] , und wenn «ir
zwar häufig spitze Kondylome, ohne dass der Knikt
jemals an Schanker litt, blos nach Tripfiern entste-
hen sehen, so ist hiermit noch nit'ht erwiesen, 4as
sie eine Trippernachkrankheil seien.'' WirsleUeide»
Vf. nur entgegen, was Krämer in seiner 1847 er-
schieneuen Schrift S. 16 ausspricht: „Der Gedankt
an einen syphilit. Charakter schwindet aber g^nalick.
wenn wir beobachten, wie selbst ohne vorgängiigep
verdächtigen Goitus, ja sogar bei Individuen, die sieb
bislang niemals geschlechtlich vermischt hatten • P»r
piliarkundylome entstanden.*' Vf. verweist hierbei,
auf W u t z e r *s Worte : „Wenn sich spitze Kundf^
iome mit Blennorrhöen vergeseUschaften , so hat eise
zweifache Ansteckung zwei vüilig disparate Kraobr
heitsformen zugleich erzeugt,** und Ref. auf Jahrblk
LXVII, 315. Vfs. Verweis ist sieber nur am
Vorliebe zu Wutzer entsprungen, welcher ein
hy<lrargyrischer Glaubensgenosse desselben ist. V(
spricht nun (S, 41) von breiten Kondylomen, »wal*
che auf ihrer QberflSM^he rissig, biumeiik(d)Urtig und
Iir. PaiMogM, Therapie «. vedieiBiMbt Klin^
IM
iNieht simI» Ricop4*f v4gi6l«4ioiit« [?], wiil sagt
bieraiif auf derselben Sieite : Dtttr dem Nemen breiie
K«iMi7l#ine vefsleht mai aber auch eine von jenen
gaai veraohiedene Form, die IttberknlOaei Kondylome«
ao weit er Ricord Yemlehe, daeeelbe» was dieser
Plaques miiqveiiaea nennt, und beisst es aodannt
»»Dinae Produclienen unterscheiden eich sehr wesenir*
lieh von den eigentlichen breiten Kondylomen, den
V^g^lations*' [!]. Quaeqnenta eonfusio reruml Unier
VegMqtiMiiM verstehen die Francosen nnd Ricord
mit ihnen die spitien. Kondylom«, Krämer*s Pii^l*
loQin» die Krankheit, welche sich durch ein fa^t aus^
scbliesslichea in die Hohe Wachsen der Papillarkdrper
iaasert
Unter breiten oder platten Kondylomen versteht
man aber jetit liemlich allgemein gans dasselbe» was
die Pransoaen als Pustules plates, Tubercules plats,
Puslules -<— Tubercules ^ Papules und Plaques m«^
queuses bezeichnen , und sehen wir nicht ein , wie
Vf. lu der Bemerkung kommt: „eine Unterart dieser
tuberkulösen Kondylome ist die, welche Acton un-
ter dem Namen Mueous lubercles beschreibt.*' Acton
sagt in seiner 1. Ausgabe (S. 313) nichts weiter, als
er werde die» wie eben angegeben in Frankreich be-
nannte. Krankheit Mueous tubereU nennen, obsehon
sie in England Condyloma genannt werde, und in
der 2. Ausgabe S. 512 lautet die Ueberschrift , wor*
unter er das platte Kondylom bespricht: Tubereula
or CBHiyhmüia, Der weseatliche Unterschied des
Aclon'acben 8chleimtuberkels soll darin liegen,
dass er bald nach seiner Entstehung in der Mitte eine
teller- oder qabelflJrmige VertieHing annimmt. Aebn-
licliea findet aber ebenso gut bei all den Übrigen so
oder so benannten Kranklieitsfornien dieser Klasse
Statt. „Noch eine Eigenthümiichkeit (fiihrt Vf. fort)
der von Act on beschriebenen Mueous tuhercies mit
der tellerfilrmigen Grube ist die, dass die Kranken
jed^mal flache Uloerationen in den Mundwinkeln ha-
ben.*^ Ich habe hierüber I. c. bei Acton nichts
aubofinden vermocht , und wenn auch Vf, lünsurUgt,
dnsa in Marburg» wo ihm Falle dieser Art aiemlicli
häufig vorkamen, diese Erscheinung niemals fekUe,
so liesae sich solches jedesmalige Zusammenauflreten
d€>eh nur fUr aufilllig ansehen^ und wird sich schwer-
lich noch ein Arat finden» der vorgenannte Tuberkeln
oder Kondylome, wie sie Acton aelbsi nennt, nicht
auch ohne Excoriation der Lippenschleimhaut beob-
achtet haben sollte, Vf, scbliosat seine Retrachtongen
Hber die Kondylome mit dem Worte der positiven
Mettge und negativen Sehwerq: „Vielleicht werden
wir hald darttber ausser Zweifel geselat sein, daas
der Sehanker nur stets wieder Geschwüre urzeugt,
und dass dia Kondylome nicht Naelikraiikhei( desi^eL-
ben sind» sondern selbst als primüre Form der Sy-
philis fortgepflanst werden» vielleicht sogar, dass
Kondylome der einen Art stets nur immer wieder
Kondylome derselben Art erzeugen, f* Von diesem
vieUeaoht steht aber der vordere Theil ebenso positiv
all der hinlere negativ fest.
Dass dem Vf. Fsle von prim. Sypfaüia ,»iaeh de»
A i CO rd 'sehen Terminologie»" seiner Ansieht nach
der vollkommenen richtigen» noch aiemaU im Kran*
kenhanee vorgekommen sind» darüber k4>oaen wir
uns I ir, müssen uns aber um ao mein* wundem» da
auf Hieord's Stten dergleichen sehe häufig tor-
klimmen. (Haekeft)
422. Diaisnose, Pronose und Behandlung
der gyphilit HauUnSSCUage, mit besonderer
Brnivksichligung des Quecksübergrbrauchs ; von
Thonu HunL (Lond. Journ. Marrh 1851.)
Das syphilit. Gift ist fabig , fast jede Ausschlagt*
form SU eraengen. Die Kupferfarbe findet sich durchr
aus nicht bei jedem syphilit. Ausschlage , noeb auch
ist jeder kupferfarbene Ausschlag stets syphüiliach*
Die diagnostischen Zeichen der Syphilis liegen nicht
auf der Haut; map muss dem Irsprunge u. Verlaufe
der Krsnkheit nachgehen. Die Syphilis beftllt die
Gewebe in einer gewissen Ordnung, und gewöhnlich»
obsehon nicht immer, in sehr regelmässiger Zeitfolge*
Bei der erblichen Syphilis lassen sich dagegen die
Glieder der Kette nicht so genau abreiben, hier müs^
sen wir suchen , uns über das Befinden der Aeliern
in vergewissern. Verdacht kann der Ausschlag er-
regen, wenn er kupferfarbig und geneigt ist» zu uloe«
riren» voriOglicb sobald sich die Geschwflre unter die
Haut einhohlen, nnd theilweise mit matt kupferrethen
Bautstreifen bedeckt sind. Ferner jucken syphilit»
Ausschlüge selten heftig , und ebenso selten werden
sie von activer Gnttündung begleitet. Die meisten
diagnostischen Irrungen scheinen dem Vf. aus der
voreiligen Annahme der Theorie su entspringen, dass
Mercur Krankheiten au erzeugen vermag» die in ihrem
Charakter den secund. - syphilit. Krankheitaformen
ahnlich sind. Es giebt ihm zufolge keine Krankheit»
bei der die Diagnose so wichtig ist, als bei der Sypbi«-
li& Verkannt vermag sie das eheliche Glttck su aer«-
sttfren bis in die nitchsten Generationen. Die Via
medicatrix erleichtert den Organismus von gewissen
krankhaften EinflUssio durch Elimination, Decomposi-
tion» oder Toleranz. Auf den ersten 2 Wegen wird
die Krankheit mt(glicherweise gehoben, in letalerm
Falle wird sie nur tolerirt, oder ist latent. Froiwil*
Itge Heilung , wvnn sie eintritt , scheint nur in einer
temporaren Unthaiigkeit des Giftes su bestehen. Der
Organismus hat sich daran gewohnt, zeitweilig damit
versöhnt. Vf. vergleicht diesen Zustand mit der nach
langem Gebrauche unschädlich gewordenen Einwir-
kung anderer mineralischer und vegetabilischer Gifte»
nnd sieht [ab ni<;lit passende] Erläuterung an : ein
an BlennurrliOen der Geschlechtsthcile leidendes Paar
kitnne so lange d«>n Heischkaf ausQben , bis alle Sym-
ptome ih'v Krfinkhi'ii hei lH*iden Theilen verschwunden
sind, und doch sei jeder im Stande, eine fremde
Person damit anzustecken und Acbnliches mehr. Die
alterirendo Behandlung, wie sie in einigen Londoner
Hospitalern gebrifuchlicii ist, scheint dem Vf« daa^
selbe, was die freiwillige Heilung i«i. Obsehon die
antisyphilit. Wirksamkeit der Flummer'schen PiUon.^
IM
IV. Pathologie, Therapie u. medieiniaehe Klinik.
ier Sassaparille , des Guajaks, Jods, Arseoiks u. der'
Hineralsäuren sehr zweifelhaft ist , so besitzen diese
lledicamfr^tu doch augenscheinlich die Kraft, bei eini-
gen Personen , wenigstens anf einige Zeit , den Ans-
pruch gewisser Formen von SecundSrleiden -r^ ver^
hindern. %^ werden Hunderte als geheilt aus den
Hospitalern entlassen, ohne dass sie es sind. Die
Krankheit kommt spater wieder zum Vorschein, oder,
wenn nicht, wird sie das ganze Leben hindurch von
dem Organismus geduldet; erkrankt denn nicht oft
die Ehefrau, und sind nicht häufiger noch die Kinder
ungesund? Dass ein Kind bei der Zeugung don An-
«tecknngkfiro aufnehmen kann, ohne dass die Mutter
angesteckt wird, ist eine ausgemachte Sache. Vf. hat
die Syphilis bei Kindern von jedem Aller beo1>^chtet,
wenn die Vater geheirathet hatten, nachdem sie durch
eine nicht mercurielle Kur scheinbar hergestellt wa-
ren. Ward nun Mercur verordnet , so ging die Ehe-
frau frei aus , so wie auch die nach der M^rcurialbe-
handlung gezeugten Kinder, wogegen die vorher ge-
sengten inficirt waren. Kurz, Vf. fand gewöhnlich,
dass die allerirende Methode nutzlos, die mercurielle
völlig ausreichend war. Man wirft dem Mercur vor:
1) er verursache gelegentlich schlimmere Leiden, als
dasjenige ist, wogegen er verordnet wird; 2) er sei
durchschnittlich nicht erforderlich ; 3) ausserdem oft
unwirksam. Vf. sagt: jeder Praktiker werde in die-
sen Einwarfen viel V^ahrheit, sogar „much of real
truth*' finden [was nach dem Vorhergehenden und
vor dem Folgenden Staunen erregt] , doch auch viel
Falsches. Da die Syphilis, mindestens in ihren se-
cnnd. Formen, selten ohne Mercur gehoben wird, so
muss man wohl zugeben, dass er durchschnittlich
Bothwendig ist. Wird er regelrecht und vorsichtig
angewendet, so bleibt der Erfolg gewöhnlich nicht
aus. Sowohl seine Unschädlichkeit, als sein Erfolg
hangt sehr von der Art ab , wie man ihn verordnet.
Der Mercur wird zu der Klasse der tonischen Minera-
lien gerechnet. Die tonische Wirkung hört auf, so-
bald er in tibergrossen Gaben gereicht wird, wo dann
die Gewebe in Irritation treten. Wahrscheinlich
wirkt der Mercur dadurch, dass er das Blut chemisch
verändert, wodurch das Gift auf einige Zeit, bei sorg-
samer Behandlung auf immer, seine Kraft verliert.
So lange der Organismus nicht von dem Quecksilber-
gifte leidet, so lange wird er von den speciellen Wir-
kungen des Minerals, wie es solche auf die krank-
hafte Blutbeschaffenheit übt, Nutzen ziehen. Wird
aber das Zahnfleisch wund , oder die Verdauung ge-
stört, so erfolgt Irritation und Schwache , das Mittel
muss ausgesetzt werden , bis sich der Körper wieder
erholt hat Eine genaue Beobachtung ergiebt , dass
gewöhnlich Besserung in den kranken Tbeilen eintritt,
ehe noch das Zahnfleisch afßcirl wird. In dem Er-
griffensein des Zahnfleisches sieht Vf. das Anzeichen,
dass das Mittel nicht nur lange genug, sondern sogar
langer, als nöthig, verabreicht wurde. Gleichwohl
ist die günstige Wirkung oft nicht ausreichend, die
Krankheit nun stationär geworden , und muss das
Quecksilber zum 2., 3., ja 4. Male von Neuem verord-
net werden. Jeder nachfolgende Gursus soll energn
scher eingerichtet werden, als der vorhergehende,
weil sonst geringe, oder keine Wirkung eintreten
würde. Die Curse müssen kurz und energisch sein,
und so geleitet werden, dass die Krankheit Kum Ste-
hen gebracht , ohne dass das AllgemeinhefiDden da-
durch gestört wird. Man soll die Kr. taglich genan
untersuchen, und irgend eine wirkliche Besserung
der Leiden , wenn sie auch noch so geringfügig ist,
soll als Signal gelten, dass der Gursus eingestellt
wird. Es werden nun , wie überhaupt nach jedem
CursuF , wonach die Krankheit nicht vollstSodig ge-
hoben war, eröffnende und tonische Mittel, und beim
ersten Anschein von Verschlimmerung sofort wieder
Mercur in 2mal so starken Gaben als vorher verord-
net. Auf diese Weise soll die Krankheit oft in einn
unglaublich kurzen Zeit zum Stehen gebracht werdea.
Das ganze Verfahren gründet sich darauf, dass die
Wirkung des Metalls schnell eintritt, und von kurzer
Dauer ist. Sie gleicht einem Stosse, und dieser
scheint die organischen Nerven zu betreffen. Die
Heilung gelingt am wenigsten , wenn der Mercur ia
grossen Dosen mehrere Monate hinter einander ange-
wendet wurde. Die auf diese Weise erzeugte Schwa-
che hatte oft einen hoffnungslosen Zustand zur Folge,
wogegen durch kurze und kräftige Curse die Lehen»*
krafte gehoben, der Appetit vermehrt, die Digeslions-
organe IhStiger werden , und Schlaf eintritt. Sehr
nützlich ist es, dass man sich, in Betracht, dass
auch durch wenige energische Gaben möglicherweise
starker Speichelfluss bedingt werden kann» ehe die
Kur beginnt, über die Empfänglichkeit der Kr. fttr
das Quecksilber zu versichern sucht, weshalb VI
einen experimental course vorherschickt. [Dieser
Versuchs - Gursus kann aber ganz wegfallen, indem
der Anfang der Kur den dadurch zu erzielenden Zweck
hinlänglich darthut.] Ausnahmsweise stösst man anf
Personen , welche den Mercur durchaus nicht vertra-
gen , und ist er unter allen Umstanden bei Luttgea-
luberkeln zu vermeiden , selbst wenn sie nur wenig
bemerkbar. Vf. sagt: „selbst wenn sie in üner
latenten Form'* sind. Nichts scheint ihre Entwick-
lung und Ausbilc^ung mehr zu befördern. Sind Sy-
philis und Phthisis miteinander verbunden, so ist der
Fall hoffnungslos. Auf das zu wahlende Präparat
legt Vf. keinen grossen Werth , jedes hat seine Vor-
züge und Nachtheile. Er seihst beginnt die Behand-
lung gewöhnlich mit 2 oder 3 Gr. von den blauen
Pillen, welche Gabe er den 2. und 3. Abend wieder-
holen lasst. Dieses bildet den Versuchs -Gursns.
Folgt keine Wirkung, so wird ein EröflbungsmiUel
gereicht und hierauf 5 oder 7 Gr. von den blanen
Pillen des Abends und des Morgens, bis die heilsame
Wirkung [wie aber, wenn solche nicht?] elnlritl.
Im 2. Gursus wird die Gabe vermehrt [wie stark?],
in dem 3. zieht Vf. die Einreibung vor, in dem 4.
werden mit dieser zugleich häufige Dosen Galonel,
mit oder ohne Opium , verordnet. Plethora , wie
Anämie sind der vortheilhaften Wirkung des Qoedi-
silbers nicht günstig. In dem f. Fall^ muss vorher
iV. Pathologie» Therapie n. nuedieinische Klinik«
f9t
Blul geiasMD werden , in dem 2. ist die Verbindung
mit Eisen aiizurathen. Dixit. (HaclLer.)
423. Die Syphilis in Rom 3 von charion.
(Gaz. de Paris. 5. 1852.)
Neben den Wechselfiebern zur Zeil des Sommers
ist die Syphilis in Rom von bedeutender Hefligkeit.
Schon im 2. Monate nach Einmarsch der Franzosen
griff die Krankheit erslaunenswerlh um sich, seilen
und gutartig zeigte sich dagegen der Tripper. Er
blieb in der Regel auf der niedern Slufe stehen , auf
welcher man ihn in Frankreich als ^cbaußement be-
zeichnet. Wo wäre ein Grund aufzufinden, dass der
Tripper so überaus gelind daselbst verlauft, wahrend
die Schanker von ilusserster Hefligkeit sind? Vf. em-
pfiehlt diese Beobachtung denjenigen Aerzten zur
Wflrdigung, welche den Tripper immer noch für eine
sfphiliL Krankheitsform halten, bie Schanker zeig-
ten sich grösslentheils unter der ,, fressenden, serpi-
gindsen, schwammigen, gaDgränttsen'* Form. Bis-
weilen zerstörte der Brand die Vorhaut nach wenigen
Tagen , bemeisterte sich auch der Eichel und Ruthe.
In dieser Epoche gesellten sich zu fast allen Schan-
kern Bubonen in den Leisten , die reissend schnell in
Eiterung traten und, waren sie einmal aufgegangen,
selbst das schankrOse Aeussere annahmen. Während
solche Bösartigkeit 1849 in dem Heiligengeisl-Hospi-
-tale gewöhnlich war, wie sie auch 1850 von andern
Aerzten in demjenigen des heil. Andreas war beob-
achtet worden , zeigte sie sich dem Vf. hierselbst in
dem J. 1851 viel geringer. „Die meisten Schanker
hatten eine gutartige Form und verhärlelen. Die
Bubonen stellten sich meist als Drüsen Verhärtungen
dar." In letztem Jahre schienen SecundSrleiden häu-
figer. Ueberbaupt aber traten diese oft und rasch ein.
Vf. meint, sie haben sich in y^ Fällen eingestellt.
Seilen folgten sie nach 3 Uon. erst, gewöhnlich zwi-
schen dem 50. — 70. , sehr oft auch vor dem 50.
Tage. Rheumatoidische Schmerzen, wie sie Vf. nennt,
kündigten grOsslentheils die constitutionelle Syphilis
an,' und waren mit ihnen grosse Hinfälligkeit und
Schwäche verbunden. Das Jodkali in 3 Portionen
XU 1 — 2 Grmm. brachte sie oft zum Schweigen,
doch kehrten sie leider zurück, und verschlimmerten
sich , weshalb man auch dieselbe Behandlung wieder
aufnehmen mussle. Mitunter zeigten sich gleichzeitig
Hautausschläge, häufiger folgten sie später, im gan-
zen waren sie selten , bestanden gewöhnlich nur in
Bläschen oder Pusteln. Ebenso fand sich die Angina
syphil. selten vor. Häufig dagegen waren Schleim-
platten am Afler, welche den Chlorwaschungen und
dem Aufstreuen von Calomel schnell wichen [ohne
innere Behandlung und dann ohne Recidive?], ferner
Iritis und sehr häufig Periostosen, wogegen sich das
Kalijod fast in allen Fällen bewährte. In Rom, wie
in Frankreich , giebt es Aerzte , weiche die Cauteri-
sation des Schankers absolut verwerfen. Auch Vf.
ist kein Freund davon, die Zeit aber, wann er dem
Uolleiistein Wirksamkeit zogesteht, beginnt, sobald
•sich der Schanker zur einfachen Wunde hinneigt.
Früher vermag er nichts zor Vemarbung beitvtragen.
Wer sich seiner zur Urostimmung des Schankerge-
schwUrs bedient, wird nur zu sehr von seiner Un-
wirksamkeit überzeugt, sagt nämlich Vf. Wenn man
sich vor einigen [?] Jahren in Frankreich fragte, ob
man eine Vorbauungskur gegen constiluiionelle Lei-
den mit Vorlheil einschlage, so sprach Rom, wo sie
so häufig vorkamen, nicht dafür, im Gegenlheil gaben
ihm die daselbst beobachteten Fälle die innigste Ue*
berzeugung, dass die Mercurialien unvermögend sind,
der fernem Entwicklung des syphilil. Giftes vorzu-
beugen. Hiermit stimmte auch Renard flberein^
welcher seit Langem den Dienst bei den Venerischen
in dem Andreas - Hospitale versieht. Dagegen soll
das Kalijod in fast allen Fällen köstlichen Erfolg ge-
habt haben. Sollte die gleichmässige und wahrhaft
überraschende Wirkung nicht dadurch zu erklären
sein, „weil das Medicamenl niemals [?!] zur Zeit
des Schankers angewendet worden ist?'* Diese Thal-
Sache widerspricht der Behauptung eines berOhmten
Professors in Paris, dass das Kalijod gegen die spä-
testen syphilil. Erscheinungen am wirksamsten sei,
und erläutert Vf. : „Was in Paris wahr ist , ist es
nicht immer in Rom.** Schlüaslich bemerkt Vf. , er
habe in der Absicht, um zu erfahren, ob Jemand
zweimal mit coustitutioneller Syphilis inficirt werden
könne, wie diess Gamberini in Bolonga behaup-
tet, bei sehr vielen Kr. Nachforschungen angestellt;
nie aber einen dafür sprechenden Fall kennen gelernt;
(Hacker.)
424. Ueber die Ansteckung der secnndlren
Syphilis.
Schnepf (Ann. des Malad, de la peau et de
la Syp. Ocibr., Nvbr. 1851), de Gastelnatt
(Gaz. des Höp. 144. 1851) ein Ungenannter aua
fiouley's Klinik (Ibid. Nr. 145) besprachen neuer-
dings das genannte Thema. Es werden wiederholt
Fälle von derAnsleckungsfähigkeit der Secundärleiden
mitgelheilt, und nimmt sich besonders de Gaste 1-
n a u dieses Themas sehr an. Er sieht die Anstek-
kungsfähigkeit der secuud. Syphilis seit Langem über-
reichlich durch direcle Beobachtung erwiesen, die
vor allen Experimeolalionen den Vorzug verdiene, u»
meint deshalb, der Inoculalions-Beweise, wie solche
Vidal, Wallace, Waller und jüngst Ca zeaux,
Bouley und Rieh et lieferten, halte es gar nicht
bedurfu
Ueber die Uebertragung der secund. SyphiUs
von dem Kinde auf die Amme in gerichtsärztächer
Beziehung finden sich Mitlheilungen von Caradec»
DeboulundRicord (Bull, de Th6r. Dcbr. 1851),
von Caslelnau (Gaz^ des Hdp. 148 et 149), ?on
Cazenave (in dessen Ann. Janv. 1852).
Caradec erzählt in einem Briefe, welcher in den 2
andero Jouroalen von vom bis mit Scbluss wörtlich wiederab-
gedruckt ist, einen Fall einer verheiraiheteo, gut constiluirtea
und JD dem tiesleo Rufe stehenden Frau eines, gleich ihr, wie
die genaueslL* üutersucbuug ergab , völlig gesunden Mannes,
ohne irgend weiche verdächtige Narben an den Geschlechts*
i9S
IV. Paniiologia^ Therapi» a liedkhuiichtt KliolL
tbftüe» iHki tß don Uitten. Die Fno wtt NoUer eisM ge-
simtliiii Kindes , hatte eio ganzes Jabr hindurch ein fremdes
Kind gestillt, das sich ebenfalls der Torzügiichsten Gesundheit
erfreute, und keine Spur eines syphilit. Zufalls an sich trug.
BiMC Frau nahm vor nu* seit 9 Wochen einen neue» Siogüng
an , wcleker damals um das Getaas und a» der innarn Seile
der Schenkel an einem Pustelauaschluge Pitt. Als sich dieser
über den übrigen Körper yerbreitete , befragte sie sich bei 2
Aerzten, deren 2., sogleich alle Symptome einer second. Sy-
fMU epkeanend, ihr rieth, di»s Kind den Aeltera zurflekauge-
btts, was sie auch sogleich, befolgte, bm Kind starb kura
nach der Entwöhnung. Kaum 10 Tage nach den 7 Wochen,
wie lange die Frau dem Kinde die Brust gegeben , bemerkte
sie an der ünken Brustwarze ein Geschwur , bekam kurz dar-
aaf Il>)a»chmerseo und Blufrhen an den GescMechlsihfeile».
4is aie deshalb den Vf. befragte , fand dieser aa des Bruat
eine ziemlich vernarbte Excoriation , ohne Verhärtung , eine
Ober den ganzen Körper verbreitete, sehr ausgesprochene
syphiKt. Rx>seola, viele Schleimplallen an den Geschlechts-
Ibeilen, den Schenkefn, den Ninterbacken , am Kopfe [wo
dBi?],, etwa« Geschwulst der Achseldrusen, lief gerötheten
Schlund und auf jeder Mandel eine grauliche Ulceraüon. Die
Heilung geschah durch Jodquecksilber. Da nun die Frau den
Vater des Rindes, einen alten ftTilitair, der, im Gegensatze zu
Uirem Btwmc, keiaesweg» im Rufe der Sitten rcinheit steht,
aaf Schadenersatz verklagen will, so fragt Vf. an, ob er nicht,
als Gerichtsarzt hinzugezogen , sich dahia entscheiden solle,
es sei ihm sehr wahrscheinlich, dass die Frau durch ihren
Säugling angesteckt worden sei.
DebaiuL giabt hierauf eint: umständliche Aai-
wortr die Gastet »au ebenfalls- in ihrer TotaliUI ro
der Gaz. abdrueken liess, und wogegen er ^ele Ein-
wenduflgen maehc Ca siel na« hat ganz. Recht,
weiB er laüeil>, es aeien darin Puaklc berttbpt, die
gar nicbt zur Sache gehören , andere , so z. B. die
Moraliiat der quästonirlen Personen , worüber nicht
dber AätL, sandern der Richter zu eaisclieiden habe.
Vor Allem aber ist der Vorwarf schlagend , daaa D er
beut seine Antwort damit beginnt , von der an ihn
von Caradec gerichteten Frage: d; h. also von dor
Frage Ober die Uebertragungsf^higkeit dei aiigebor-
nen Syphilis auf die Aromen, zu sagen, sie sei ,,eine
von denjenigen*, die nicht nur nocH nicht entschieden
aind , sondern die sich sogar nicht einmal eines An-
ftngs zu ihrer Entscheidung erfreuen." Wäre dieser
[grundfalsche] Ausspruch gegründet, so, sagt Ga-
st ein au [mit Recht], hatte sich das Bulletin nicht
weiter auszusprechen gehabt, Alles sei dann abge-
macht gewesen. D^ebout äussert sich aber weiter
und schlüsslich dahin, dass er seines Theils, würde
er in vorliegendem Falle als Gerichtsarzt befragt, in
Betracht des unsichern Standes der Wissenschaft, des
Mangeh des Corpus delicti , des der Ansteckung zu
tiberweisenden Kindes und des Mangels an genauer
KesBUiiss dfN* Aeitenn dea Kindes* steh^ doch nicht
fiUc die. infe^ton dei^ PrauuL durefa ihren Säugling un-
badingl arklirefl wflrdiB [worin er allendinfge Aecht
ha(t, und diess itni so. mflhr>. ala ja> auch die asgeblicfa
109 i(k Tigen begonnene Krankheit der Siillteden
durch nichts ai» duroh ihre eigene — aUo* parleiiacha
•-^ Aussage hegrUndet isi]. Vieüeichl,, schliesst
Bebont, würde os den Aerzien , die sich in<a^n*-
fichen Verlegenheiten befinden , erwünscht sein , die
gerichtsärztliche Consultation Ricord's bei einem
)Üuüi€ban:FaUa bumeai lu lerAfl% die dem oaeb faJg^
Ricord aprkht sieb daHn gegeii die SBlaefaeidiiiig
eines Dr. L. aus , welcher auf InÜMtlioa einer Amae
durch ein Kind entschied , obschon diess bereits 3 J.
todt war , als die gvrtchth Untersuckung begaütf . L
das Kind nie gesehen hatte , die Aeltern gesund wa-
ren, und keine Spur von früher dagewesener Syphitii
an sieh trugen , und «r sctn letiiercs Urt&eü anf ui-
beelimmie Bpscheinongen grUndete^ die er sich erin*
nern wolUe, vor 3 J. an der gegenwärtig v(Riig
krankhetlslireien Amme beobachtet zu haben,, fw
weichen aber R i c n r d nacbweiet , dass sie alle, an-
genoinmen sie haiien beaiUaden , auf: andere Weise
henbeigefühn sein konnten u. s. w. Kun dieser Fdk
bat nach Ref. Dafürhalten keine Aebnlicbkeit mti Am
in Rede stehenden, der immerbm, da das Kind scIimU
nach der Entwöhnung starb, die Frau degegeti cü
gaezes Jahr king einen andern Säugling gestüli b.*tt«,
der sich auch nachher wohl beCand » lUMi ihr Mann
gesund blieb , eine Ansteekung durch das gesloH.« sc
Kind vernuthen lassit. Castelnau schliessl üeioea
Aufsalz damit, dass, wenn alle Angaben Carnder's»
ausser den oben berühren, also^ auclw dass das kind
ao conslitullonelleB syphiiil. Symptomen hUr eHe die
Frau von irgend einem Zulaile und von: einem solrlia
erst 10 Tage, nachdem sie das Kind zurOckgegebes
hatte, befallen wurde, aUe gleiehinjlsaig eonstMiil
waren , die Ansteckung der Amme darcb> den Säwg-
ling ziemlich unabweisbar sein würde..
Gazenave findet darin, dass Caradec das
Kind, von welchem die Ansteckung ausgegangen sein
soll, nicht seihst gekannt hat, zwar eine grosse Lflcke,
würde aber an seiner Stelle trotzdem, in Betracht
der übrigen Vorlagen nicht anstehen , dahin zu ent-
, scheiden , dass die Amme durch disn Säugling ange-
ruckt worden sei. (Hacker.)
425. (TebertraKOiig der angebornen Syplflis
Ton den Sänglingen auf die Annnen. (aos d.
Raccogtitore med. in d. Gaz. des Höp. 5. 1852.)
Petrin i ward zu einem neugeb^ unehl. Kinde
gerufen, welches einer Amme übergeben worden war.
Von den Aeltern wtnaste man weiter nichts r* als dass
die Nttiter bei der GebnrI desselben an censtilali»-
neller Syphilis gcliuen hatte. Das: schwächliche»
elende Kind, ward alsbald von Halsgeschwdren und
kupferrotben Flecken auf der Baut befallen , magerte
taglich mehr und. mehr ab, und starb im 3. Monate.
Die Amme hatte , in der Meinung j das« ihre Milck
nich« nehrbaA genug- sei, oft 2 andere. Stillende , 2
Sohwtesiern, gebeten^ ihreia Säuglinge die BrziU n
geben , worauf indes» beide narh Kurtem' Geschwllfe
an den Warzen bekamen.. Es traten Knoehenecbnien»-
zsn ein-, dann Gesckw^ire an dem Geschleehtsibeika«
Ihre Manner wurden, ebenlalls angeeteeku Da nna
atieh ihre 2 Kinden, die^ sieh bisher we4il befnndea
hatten^ abmagertenv sa wand Peitini>befrsgt, wel*
ober die; Qnelle und VerbreituDg der > Leiden erkamiML
Die Kindes starben in Foige von RttchcngsachvrIlieB
und: Helen Tuberkebi Eaae eintobe MI.
IV. ntM^ößM Ikerq>i^ i. mdi«wcb« Rlinik.
]i93i
long «teHU ^«e 2 BbtMmer her. Eiiie der MttUer
var4 miitel« der ßju>iidi>e(ieA Kur g^Mli, die eodere
miMeilfa bieh in e\Mm Hosfatale behaadeln Uis«At
ww eie Jii^h eNMgea Moneten geheilt verliees , Aoftt
mH Verlusi <eiDe8 Aagee in Falge von IriUe» So wie
iMoebes ^n dieeer ^^eschichle« s« iel beaeodeire 9»^
mm4, d»88 die Amme im Kindee 2 Jalwe, wie laAg
P.etriiii TOD i^ Kunde erhieU» f^nnd blieb.
(Hücker.)
4%6. Ueber die Zvllsiisktftt 4#« Experimra-
ticens wi JbiMiditioB der SgrpUlis Aet typkm.
Ktw^en 19 den Ho$jnäUem; vou Dr. Ce«are Ca*-
siigUo nL(G8fts.imed« itei. fed* JUembard. 50. 1951.)
Ohne aber die von Auzias-Turenne angeb-
lich gemachte Entdeckung eines Präservativs gegen
Syphilid, welche spater von Sperino in noch er-
weitefiem Maasse bestätigt worden ist, den Stab bre-
chen zu wollen, warnt doch Vf. vor einem blinden
Vertrauen in die Aussagen Jener Aerzle, und halt
dieselben für nicht glaub wttidif genug, um Versuche
an Menschen zu rechtfertigen. Vielmehr solle man
sich zunächst auf solche an Thieren beschranken,
seitdem es nicht mehr zweifelhaft scheine , dass sich
die Syphilis durch Inoculation auf Thiere Übertragen
lasse. Durch diese Syphilisation soll bekanntlich
unter Enthaltung von jeder andern Medication der
Ausbruch secundärer constitulioneller Syphilis sicher
vermieden werden. Da aber dieser Zweck durch
rechtzeitige Cauterisation des primären Geschwürs
▼icl schneller und sicherer zu erreichen ist, da es
höchst lastig fQr den Kr. sein muss, 1*/^ bis 2 Mon.
mit künstlich unterhalfenen Geschwüren behaftet zu
sein , und da die Gefahr, dass doch noch secundare
Zufalle nachfolgen, ihn immer umschweben wird
wie Cullerier's und Ricord's Erfahrungen
annehmen lassen — so erklart Vf. Versuche mit dem
▼on Auzias-Turenne und Sperino empfohle-
nen Verfahren in HospitJttern für durchaus unzulässig.
(Kohlschatter.
427. Ueber die üebertragbvkeit der piimi-
ren SypMllH auf TUerej von Diday. (Gaz. de
Paris. &2. 1851.)
fis ist Pflicht etMS jedes Arztae, über einen noch
streitigen Gegenstand seine Krfabrvngen miUutheikn.
VI eleUie nnn aeit Beginn des vorigen Jahres Ver-
snelie über obige Streitfrage an, deren ^BesulUte hier
folgen.
J. i. Uebertn^gmg des Schmkvreiters vm
d€m vermütels des Beiscklßfs mgesteckten Men-
schen oufTUere. ProL Hey überliess depa Vf. in
der Veterinarschule zu JUyon eine juftge Kal?e, wel-
cher dieser am 21. Februar, nachdem er ihr an ein^r
Stelle des reoblien Ohres die Epidermis mit einem
Bistoiiri abgeschabt hatte, und die Stelle roth zu
wncden begann» doch ohne dais ein Tropkn Eint
saseoss, dnn Eiler aus «inoB seil 3 Wodhon beste-
henden ScHanker eines 19jahf. jungen Hannes ein*
impfte , der sich das erste Hai der Ansteckung aus-
geaet;a halle. Der blutige Eiter, den n^an auf einem
Sekwefelliökclien ans dem wenig abscMidernden Gn-
sehwflre entnahm, betrag kaum den 10. Theil eines
Wassertropfens. Das Thier ward 8 Min. lang, bis
der £iter eingetrocknet war , Ce«lgehalten und dann
Hnn. Eynand anr BeaufaicIitiguDg Übergeben , wel-
cher taglieh anf das Genauesie alle Veranderangen
aufzeichnete. Am 24. fing die Wunde an zu eitern.
Den 26. war sie mit einer Kjruste bedeckt, die durch
chie Eitening gehoben ward , und die Vf. am 27. ab-
löste, woranf man eine etwas ausgehohke llleeraiion
mit gelMichem Grunde und aufgeworfenen Randern
zu Gesicht bekam. Die Katze ward mit diesem Eiter
an dem andern Ohre nnd hierauf einn 4jahr. Kalze
an beiden Ohren inoculirt. Die GesebwUre nahmen
alle , nach Aussage des Vfs. und vieler andern den
Versuchen beiwohnenden Aerzte , ein n^ehr oder we-
niger dentliek ansgesprochenes Aussehen des psim.
Stänkers des Mensehen an. In einem Falle trat sogar
eine der Phagedane ahnliche Verschwärung ein. Die
Kratzen miauten und sträubten sich, wenn man die
Inoculaüonswunden berühren wollte. Die Gesdkwttre
verbeilten bei 2 Katzen nach 4 und 5 Wochen. Eine
Katze , ein sehr robost^es Thier, bei welchem die In-
oculation auf dem einen Ohre nur eine Kruste erzeugt«
sich auf dem andern aber ein tiefes» rissiges, stark
eiterndes Oesehwttr mit scharf abgeschnittenen und
decollirten Jlandern gebildet hatte, hatte sich hierauf
der Beobachtung entzogen , und lieas sich erat nach
ihrer Herstellung wieder sehen. Z^um Vergleich war
bei der 1. Katze am S. März mit dem Bistouri eine
einfache Excoriation in einiger Entfernung von dem
Geschwüre gemacht worden , die aber ohi^e Resultat
blieb, und von der man am 15. nichts mehr go*
wahrte. Drüsenanschwellungen oder irgend welche
andere Erscheinungen liessen sich nach den Inocub-
tionen nicht bemerken.
5. 2. Uebertragung des SckankereUers von
dem Tkiere auf den Menschen. Vf. erzahlt auf das
Ausführlichste» wie er sich am 8. März 9 Uhr Mor-
gens , im Beisein mehrerer Collegen , mit dem Eiter
aus der 2. Ulceration der zuerst geimpften Katze,
unter der strengsten Beobachtung aller Vorsichts-
maassregeln, 2 Inoculationen auf der Vorhaut machte.
Er eignete sich zu solchem Versuche um so mehr,
als er noch nie an Schankern gelitten hatte.
Am nicbsten Morgen bemerkte er um die excoriirten
Stellen einige Rötbe , und auf ihnen eine sehr dünne , balb-
durcbsichtige Üeberscbalung. In der Nacht zum 10. fühlte
er eine allgemeine Aufregung, und in den Wunden einen nicht
heftigen y doeh anhalteDden , nagenden Sehmera. Am Mor-
gen des IQ. hatte aicb eine platte Pustel mit einem rotbea
Hofe gebildet, die um 7 Uhr des Abends mehr ausgebildet
war. Die Mitglieder der med. Gesellschaft zu Lyon , so wie
die Oberarzte der Charit^ und der Antrqaaille, Colvat und
Rodet, erkaenten sie als die charaktcrislisehe Scbanker-
puitel an. Am 11. frOk 9 Uhr hatte sich aebea der 1. ein«
2$
194
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
2. Pustel erhoben , und erstere war zam Zeichen ihres baldi-
gen Aufgehens an der Spitze welk geworden. Bodet räth
nan, nebst Rollet, da die Natur der Pustel nicht mehr
zweirelhaR sei, zur abortiven Aetzung. Sie geschah mittels
der Paste des Zincuro morjat. , schlug aber fehl ; am 12.
stellte sich eine etwas schmerzende Geschwulst in der rechten
Leiste ein , und am 18. ward , nachdem der Schorf von dem
Geschwüre abgefallen war, ein tiefes unverkennbares Schau-
kergeschwür sichtbar. Vf. verband nun von dem 20. bis 29.
das Geschwür auf den Rath seiner Freunde abwechselnd bald
mit diesem, bald mit jenem Mittel, uberliess aber hierauf die
Behandlung seinem Nachfolger Rodet allein. Die Drusen-
geschwulst liess sich Vf. von seinem Freunde P e tr e q u i n
am 2. April aufstechen, und entleerte sich ein Kaffeelöffel
Eiter. Vf. hielt die Druse, in Betracht, dass er wenig davon
gelitten, für nur sympathisch. Allein schon in der Nacht
vom 3. zum 4. empfand er in der Schnittwunde heftige Stiche,
die sich am Tage dreimal bis zum Thränenauspressen steiger-
ten. Am 6. constatirte sich die Schnittwunde als schankrös,
Vf. hatte folglich einen veritabeln, virulenten Bubo. Der
Schanker verschlimmerte sich ebenfalls, decollirte, inmitten
der decollirten Haut entstand Perforation, der Schanker ver-
grösserte sich immer mehr, und ward phagedanisch. Seit
dem 18. März hatte Vf. nicht mehr die Stube , fast das Bett
nie verlassen. Von dem 8. April an nahm erst das bisher
anhaltende Fieber ab. Am 11. verlor sich die Phagedäne,
der Schanker hatte 36 ftimtr. in der Quere und 29 der Länge
nach. Erst zu Anfange Mais begann er sich zu verkleinern.
Vom 8. an ätzte ihn Rodet einen um den andern Tag, und
der aromatische Wein diente zum Verband. Am 20. bildete
sich eine Kruste, die nach 14 Tagen abfiel, wonach sich eine
noch rothe, jedoch feste und nachgiebige Narbe zeigte. Gegen
den 20. Mai schien auch der Bubo, der seit Langem, bei dem
Verbände mit einfachem Gerat und einigen Injectionen mit
einer Höllensteinauflösüng, sein virulentes Aussehen verloren
hatte, „fast geschlossen.** - Durch zu frühes Umherge-
hen bildete sich indess am obern Rande der Oeffnung ein
einfaches Decollement, dessen. Heilung halber Vf. vom 29.
Mai bis zum 5. Juli das Bett hüten musste. Er bemerkt,
doch ohne einen Grund anzugeben: warum nicht, dass er
sich keiner Innern Behandlung unterworfen , er brauchte nur
einige Tage das Ferrum tartar. , und später eine Woche lang
Chinawein. Vf. fuhrt, ausser den bereits genannten, hier
noch eine Menge andere Aerzte auf, welche seine UIcerationen
mit beobachteten, und über deren syphitiL Natur nicht den
mindesten Zweifel hegten.
J. 3. Uebertragung des Schankereiters ^ der
sich durch die Inoculation des thierischen Eiters
bei dem Menschen entwickelt hat, auf die Thiere
zurück. Die folgenden Versuche wären als Gegen-
beweis nicht nüthig gewesen, da die Streitfrage sich
nur tlher die Uehertragbarkeil des Schankers von dem
Menschen auf die Thiere dreht, die als entschieden
betrachtet wird. Die nunmehrigen Exporimenle wur-
den also nur die schankröse Nalur von Vfs. Geschwü-
ren erhärten können, doch hicrühcr hoiTler, wird
Nicman«! Zweif«! hegon. Das liiloresse liegt vielmehr
darin, dass zu <len Versuchen andere Tlirere, nämlich
Kaninchen , benutzt wurden. Zwei Kaninchen wur-
den, das eine den 12. und das andere den 16. April,
an den Innern OlirUiiTeln aus dem damals in voller
Virulenz stehenden Rulhenschanker des Vfs. inociilirt.
Den folgenden Tag waren die Inocnlalionsstu-he von-
einer dünnen, trocknen Kruste Jiedeckl , welche sich
in den nächsten Tagen verdickic. Es fol;jle Geschwulst
und im Umkreise zeigte sich etwas BcUhe. Nach 8
und 10 Tagen fielen die Krusten ah, und es zeigten
sich ziemlich tiefe Geschwüre mit scharf begrenzten
irnlen Rändern. Nach etwa 20 T. iral Besserung der
Geschwüre ein, allein das erstere Thier crepirle plötz-
lich ohne erkennbare Ursache. Beim DurchschDeidei
der Geschwüre fanden sich in der Tiefe verhlrtelf
Depots, wogegen an der Stelle, wo eine einfache Ki-
coriation gemacht worden war, auch nur entlenl
Aehnliches nicht wahrgenommen wurde. Der Verbnf
war bei beiden Thieren gleich, nur soll die UIceratioB
bei dem 2. Kaninchen noch charakteristischer und
breiter gewesen sein. Der harte Kern blieb an dem
Sitze des Schankers zurück, und ward nur sehr lang-
sam durch Absorption verkleinert. Vf. stellte letzteres
Kaninchen den 28. April der med. Gesellschaft lor,
und fanden die meisten Mitglieder eine grosse Arta-
lichkeit der UIcerationen mit den prim. syphiiiL Ge-
schwüren des Menschen. Letztere 2 ExperimeiU
ergaben mit denen an der Katze folgende Abweichua-
gen. 1) Bei den Kaninchen halten die Schanker eiae
längere locubationszeit, 2) eine viel kürzere Daner,
3) weniger Entzündung und Breite , zeigten aber 4}
theils vermöge ihrer Indolenz, geringen Eiterung und
vorzüglich vermöge der knorpelähnlichen Verharlnag
des Grundes, grosse Aehnlichkeit mit dem verhartefea
Schanker beim Menschen. Vf. hebt den Unterschied,
wodurch sich der prim. Schanker bei den verschie-
denen Thierklassen unterscheidet, nicht ohne Grund
hervor, vielleicht finde man endlich noch das Thier
auf, welches, nach Verimpfung des Schankereiters
diejenige Umstimmung eingeht, um für die Syphilis
einen analogen SchutzstolT zu liefern , als wir in der
Kubpocke gegen die Blattern besitzen.
$. 4. Schlussfolgerung und Untersuchung der
Einwurfe, Wollte man dem Vf. einwenden, dass
weder bei den Katzen, noch bei ihm, Verhirtnag
oder constitulionelle Zufälle eintraten, so liegt ihm
dieser Einwand ausserhalb der Streitfrage. Je mehr
sich herausstellt, dass die Syphilis bei den Thierea
nicht aus dem prim. Zustande heraustritt, um so mehr
lässt sich hoffen, dass wir dereinst noch ein ScbatZ'
mittel in ihnen entdecken werden. Wollte aiaa aa
der Aechlheil von Vfs. Schanker zweifeln , so bend
er sich auf das Zeugniss der Herren Aerzte, wogegea
man nicht anders ankämpfen könnte , als dass maa
sie in der Diagnostik der Syphilis für unzurechnungs-
fähig erklären müsste. Auch fürchtet er nicht« dass
man , wie in einer gewissen Schule solches sehr ge-
bräuchlich sei , nicht ähnliche Entgegnungen machen
werde, als: was beweist, dass Du Dich nicht vor 3
Tagen einem ansteckenden Beischlafe ausgesetzt hast,
oh das Inipfuiesser ganz rein war, dass Du, ^er tag-
lich Schanker unter der Hand hat. Dich nicht mit
Deinen ei(:enen Fingern angesteckt hast? Hierauf
spricht sich Vf. ungemein ausführlich gegen den he-
k.innlen Einwurf aus , wobei die Transplantation [in
der ihr beigelegten forcirten Bedeutung] eine RoHe
übernehmen sollte. Nach einigen Bemerkungen gegen
Bicord, dass dieser kein Interesse daran haben
könne, gegen die Ueberlragbarkeil auf die Thiere sieb
zu erheben , und sich nichts vergebe , zuzugestehen,
dass Andern gelungen, was ihm nicht gelungen sei*
erwähnt Vf. vorläufig eines Falles, aus Lyon, demnach
y. Gyniftologie u. PadiatriL
196
sieh ein junger, gesunder Manii» mit ehiein phagedttni-
sehen Schanker an der Eichel, nach und nach in 6
Wochen, 80 Inocalationen preisgab. Der Erfolg
war » dass der natürliche Schanker sich immer mehr
und mehr vergrOsserle, die leUlen Inoculationspusleln
sich in phagedanis« lio Schanker umwandelten, und
nach 6 Wochen Secundarleiden dazu traten, als:
Ausschlag , Kopfschmerz , Anschwellung der Nacken-
Ganglien. Halt nun aber auch die Syphilisation, wie
wir sie bis jetzt kennen , nicht Stich , so giebt Vf.,
wie oben schon erwähnt, die Hoffnung nicht auf, dass
sie sich spSter, unter andern Hodificalionen, bewahr-
heiten werde. (Hacker.)
V. Gynäkologie nod Pädiatrik.
428. üeber ■issbildung der weiblichen 6e-
schlechtstheile.
Carl in g (Times. Jan. 1852) macht nach Mit-
theilung einiger Falle , in denen bei kleinen Kindern
eine Rildung der flussern Geschlechtstheite hesland,
die es unmöglich machte, zu bestimmen, welchem
Geschlechte die Kinder angehörten, und wo es sich
erst nach dem Tode ergab , dass es M.1dchen waren,
darauf aufmerksam, dass eine dem Penis ganz ähn-
liche Clitoris und das Peiilfu der Hoden in den dem
Scrotiino ähnlich gebildeten grossen Schamlippen fctr
sich allein nicht berechtigen, ein Kind fUr einen Kna-
ben oder ein Madchen zu erklären. Das Unhedt^ckt-
sein der Eichel oder die Mönchskappen ähnliche Bil-
dung der Vorhaut ist nicht als cliaraklerislisch für die
Clitoris anzusehen. Das vorzüglichste diagnostische
Zeichen ist ein zweiter, ausser der llarnrOhre beste-
hender Kanal, der nie bei Knaben gefunden wird. Ein
solcher Kanal unterhalb der IVethra, der sich entwe-
der getrennt im Perinfluro Öffnet , oder erst von der
flarnrOhrenmündung an ^geht, ist ein sicheres Kenn-
seicben für das weibliche GeschlechL
Drei Fälle von ündurchgän^igkeU der Vagina
verOffcDt lichte Mason Warren (Amer. Journ. July
1851), einen ähnlichen von Fersckliesstmg der
Scheide James Syme (Monthly Journ. Aug. 1850),
eine Ferengemng der Scheide und Ferschliessung
des Muttermundes endlich beobachtete Turn bull
(Med. Exam. Nov. 1851). Die 5 Fälle betreffen 2
junge Madchen , wo die Verschliessung der Scheide
durch eine feste Membran bewirkt wurde, u. 3 Frauen,
bei welchen sich in Folge schwerer Entbindungen
durch Instrumente die Verwachsung gebildet hatte.
In allen Fallen war der Ausfluss des Menstrualblutes
gehindert , in dem von T u r n b u 1 1 mitgetheilten war
die Scheide so eng, dass gerade noch eine Sonde
durchgeführt werden konnte; dabei war auch der
Muttermund soweit geschlossen, dass von dem Men-
slraal blute nur das Flüssigste einen Weg nach aussen
fand. Das im Uterus angesammelte Blut bewirkte in
allen Fallen eine mehr oder minder bedeutende Aus-
dehnung der Gebärmutter, die als härtere oder wei-
chere, bisweilen fluctuirende Geschwulst durch die
Bauchdecken oder vom Mastdarme aus fühlbar war.
In dem einen von Warren mitgetheilten Falle, war
nach einer Entbindung die vordere Wand der Vagina
durch Eiterung serstOrt worden und die Urinblase mit
der hintern Scheidenwand zusammengewachsen ; hier
wurde ein Weg zwischen der hinlern Scheidenwand
und dem Mastdarme zum Uterus hin gebahnt, wah-
rend in den andern Fällen die Verwachsungen in der
Seheide selbst mit tl(*m Messer getrennt, u. mit Hälfe
von Pressscliwamm offen gehalten wurden, bis der
Abfluss des in der Gebärmutter angesammelten Blutes
vollendet war.
Nach der überrinstimroenden Ansicht d»T 3 ge-
nannten Aerzle hat man, wenn nach einer schweren
Entbindung eine Entzündung und Eiterung in der
Scheide eintritt, ganz vorzuglich darüber zu wachen,
dass die Wandungen der Vagina nicht mit einander
verwachsen. Turn bull sagt, man habe die Beob-
achtung gemacht, dass bei Undurchgängigkeit der
Scheide und Ansammlung des Blutes im Uterus es sich
bisweilen ereignet, dass bei eintretenden Conlraclio-
nen in der Gebärmulier ein Theil des flüssigem In-
halts derselben durch die Tubenmündungen in die
Bauchhohle gedrängt werde, wo es dann leicht zu Pe-
ritonitis Veranlassung giebt.
Mavel endlich fand (Gaz. des Hdp. 10. 1852)
hei einer 25jähr., seit 2 J. verheiratheten, aber kin-
derlosen Frau eine doppelte Scheide, und am Ende
einer jeden eine Vaginalportion der Gebärmutter.
Von der Mitte der Höhe der Scheide an war eine etwa
5 Mmtr. dicke Membran vorhanden, die den Schei-
denkanal in 2 gleiche Hälften trennte. Die Menstrua-
tion erschien aller 4 bis 6 Wochen. ' (Sickel.)
429. Ueber Tentopfting als Begleiter chro-
nischer Utemskrankheiten; von James Tun-
stall. (Prov. Journ. Dec. 1851.)
Dass zwischen den Digestions- und Geschlechts-
organen des Weibes eine grosse Sympathie stattfindet,
ist bekannt, und zeigt sich z, B. durch das Erbrechen
in der Schwangerschaft, so wie durch die , die Men-
struation oft begleitenden Durchfälle. Diese Erschei-.
nungen finden in der Nachbarschaft der Organe keine
genügende Erklärung, sondern sind nur durch Ner-
venreflex erklärbar. Bei hysterischen Anfällen finden
wir Urinbescbwerden, Verstopfung, beschwertes Ath-
roen, Convulsionen , partielle Paralysen und andere
Reflexerscheinungen ; haben die Anfalle einen inter-
mittirenden Charakter , so bleiben auch in der freien
Zeit die Menstruationsanomalien und die Functions-
Störungen der Därme nicht aus, und man wird mei-
1«6
V« «)«ftokgk iL raMtrilu
8l0M fittrfleibigkek finden. Das Cliarakl^iislisohe
solcber PtfNe besteht ia uDregetaMlsstger Tltit^eit
der Muskelfasern des datmkjml«, in Verlangsam sog
ond Schwache der pefistaliischefl Bewegungen, so
dass iiAr geringe Kathmengen, oft unter grossen
Schwierigkelfen , enüeerl , die grossem Mengen der
Fjices aher zurückgehalten werden. Man pOegt in
solchen Fallen zu Abruhrmitleln seine Zuflucht zu
nehmen, wodurch zwar Diarrhöe bewirkt wird, der
jedoch um so sicherer wieder Verstopfung naelifolgt.
In solchen Füllen muss aber eirt anderer Rellplan
verfolgt werden ; es muss die Irritabilität der Nerven
des Uterus und der Onrme ierucksicfitigung finderi,
und es sind daher nicht sowohl abfahrende, als vtei-
nehf tonische und anodyne Mittel anzuwenden. Co*
nium scheint dem Vf. ein vorzflglich geeignetes Mittel*
da es nicht verstopft, wie Opium; aneh bringt es, in
kleinen Dosen gegeben , keine Gehirnaffection hervor.
— Es werden hierauf 4 Krankengeschichten milge-
theilt, aus denen hervorgeht, dass Vf. das Goniam
in Verbindung mit Rheum, einmal auch mit Argent.
01. gab. (S ick ei.)
430. Ueber denEndxweck derlenstraation;
von Ramsbotham. (Times. Jan. 1852.)
Wahrend bei jeder Menstruation ein reifes Ei sei-
nen bisher innegehabten Platz im Ovarium verlasst u.
von den Tuben gefasst und zum Uterus hinbefördert
wird, entsteht in letzterm ein Process , der dazu be-
stimmt ist, das Ei weiter zu versorgen, für den Fall,
dass es durch Berflhrung mit mannlichen Samen be-
fruchtet wird. In diesem Falle wird das im Uterus
secernirte Blut zurtlckgehallen u. bildet die Decidua,
die das erste vermittelnde Medium zwischen dem be-
fruchteten Ei und den mütterlichen Oeßissen wird.
Erfolgt eine Befruchtung des Eies nicht, so geht die-
ses zu Grunde , und das zu seinem Nutzen bereitete
Pluidum geht als unbrauchbares Etcret ab. Die Be-
fruchtung des Eies kann in der Gebarmutter, in der
Tuba oder im Eierstocke selbst vor sich gehen ; das
spatere oder frühere Eintreten der Geburt scheint
von dem Orte abzuhängen , an welchem die Befruch-
tung geschab; je weiter vom Uterus entfernt diese
stattfand, desto langer wird Ate Schwangerschaft
dauern.
Die Ansicht t dass das Menstrualbint und die De-
cldua ein und dasselbe sind, sucht Vf. durch Folgen-
des zu bekräftigen. Beide stammen von den tubulä-
ren Drüsen , die neuerdings im Uterus entdeckt wur-
den ; -^ die Decidua besteht anfangs ans einer zähen
Flüssigkeit; — bei Dysmenorrhöe beobachtet man
nicht selten auch bei Jungfrauen eine Membran,
welcbe in Ihrem Aenssern viel Aelinliches mit der
Decidua hat und oft von einor solchen kaum unter-
schieden werden kann ; — Frauen, die mregelmasaig
und unter Schmerzen nenstrniren, eoncipiren wenigem
leicbl, als sokebe, bei denen die Menstruation normal
iat; — ^ nach erfolgter Gonception tritt mitunter noch
einmal die MeDstmatioo ein> gleiehsam als wäre mehr
nnidun vorlMMlen« aln aifa Bedaffa 4m Bins
wendig ist; «^ bei ThiereH, Ivo sich eine Oeeidua
nicht findet, iat auch keine Mensiniation nöthig.
Das periodische Eintreten der ttenittniationr wi-
derstreitet den aus^fesprochenen Ansichten nidht;
auch andere Functionen des menschlifhei^ Körpeiü
haben etwas periodisches. Bei denjeniged Gl^sftvs-
sern, die jahrlich nur einmal gebaren , tritt die Zeit
der Gonception so ein, dass die Geburt in der für das
Jttilge gtfttstigsten Jahreszeit, im Frühjahre erfolgt;
so lasst I. B. , behauptet Vf. , das Schaf, welciies 5
Mon. tragt , den Bock nur im Herbste zu » das PM
und der Esel, welche 11 Hon. tragen, cooci^irM {
ersteres 9, letzterer schon 7 Tage , naehdeto nie ge*-
worfen haben, Wieder u. s. w. (SickeL)
431. DyneurrllOet; von Rigby. Obid.
Dec. 1851.)
Vf. erzählt 2 Falle von Dysmenorrbde, dfe
zu grosse Enge des Hutterhalskanafs bedingt «ctirden.
Er heilte beide durch Erweiterung des Mutteraiandes,
die er durch eingefegte Wieken erzwang. Br gleit
den Rath, die Wieken selbst zu fertigeti, da dier käuf-
lichen in der Regel nichts taugen. (SickeL)
432. lacopatültiittr Scheid^liaialhltt ii
Folge von Pocieil; von hob. Barnes. (Lond.
Gaz. Aug. 1851.)
Nachdem Vf., Tweedie« Miller n. Cnrainek
bereits gezeigt haben , dass nicht gar selten in Folg*
des Scharlachs ein schleimig-eitrigef ScheideBtonflain
eintritt, theilt Vf. einen Fall qsit, wo nadi den Pocke*
bei einem 6jahr. Madchen ebenfalls ein solcher Ans*
fluss , und zwar ein sehr profuser eintrat ; er wiek
der Anwendung einer HollensteinlOsung. Von
Mackintosh, Dug^s und Fergusson wurde
dieselbe Erscheinung in ^olge der Masern beobacftfeL
(SickeL)
433. TesiCOVaginalflstdlÜ nach einer «enai
Methode operiri; von Maisonneuve. (Gaz. des
Hdp. 84. 1851.)
Beobaehi. 1. Ein« 28j&lir. , soost gesund« Handerbd-
terin kam im Dec. 1850 znm ersten Mal nieder, wo erat nach
ziemlicher Anstreogona von Seiten des Arztes , unter Anwes-
dung der Zange , ein Knabe zur Welt gefördert wurde , der
hald nach der Gehvrt starb. Bei der Wlkhoerio entwkfceha
sich äusserst heftige Entzündung der Geaitalieo, et teigien
sich gangranescireude Stelleo mit Krusten , die , naebdem sie
sich nach 10 Tagen losgestossen hatten, eine grosse Comoin*
nrcationsoffnung zwischen Blase und tagina znrOcUieavefl«
aus welcher fortwährend , in jeder Körperlage ond ohne nHett
Harndrang, Urin abfloss. Nach Vs J- erst sachte die PsL
im Hospital Cochin Hülfe. Sie erschien ziemlich abgeaagefft,
verbreitete einen durchdringenden Uringeruch, ihre iUeidcr
war^n dnrehnisst, die Vagina feocbt ond der Sitt zahfreicfter
Exooriatioaen. 30 Matr. von der Hassern Mfindnng der
Harnröhre nach hinten stiess der anlersoehende Finger »of
eine geraumige Fistelöflbung, die im queren Durchmesser 3, im
Langendurchm. 2 Ctmtr. maass. Der Rand der hinteni Lippt
der Fistel war etwa durch eine etwa V fange Vesicötsgfiiil-
Portion vom Ulernibals getrsnat. lai Vaginal|»andi beluM
V. ^fäXk^tJk iL Pi&trilL
IW
«nroiliiuiii rahtn. Dto GtfcM der fiätVm^
Dang and die SUrrbeit der FaUeo in Grsnde der Vagina bot
einige Schwierigkeit im Betreff der Operation. M. beabsich-
tigte die Schwierigkeit dadurch zu beseitigen , dass er mit der
Loal5a«itig ^ Vagroalpotlio» tott Uterus nach hinten, die
HarardhreiltbtrenDoog und BewegUchanibhaiig nach rom ter^
biodeo wollte. Die Operation wurde folgendermMaaeB «er-
richtet. Nachdem Pat. mit gespreitzteo Schenkeln aur den
BQckeh gelagert und die rordere Vaginalwand durch ein bol-
ttritk , die Murere ddiV:h ein lUftallene« Gorgtret rürffekge^
bakoo wordeft war, erbsMe der Operateur mit einer üabeit*
isoge den Utemibais oad sog ihn stark aucbr abwart». Nun
wurde mit einem convexen Bistouri ein Querschnitt zwischen
deilii Cterushalse lind dem ßrasengrunde gemacht, der mit
^Mkr gekoGpfleft Kbt^ri Md mit dem Finger toraiehlig tt^
wellert wurde, bis die Blaae leitehi nach ford glitt. Alsdann
vmachrieb der Operatf*ur mit einer nach oben conrezen bogen-
förmigen Incision die Rsmröhre unterhalb der Schambeinver-
bindung und setzte die Trennung unter der Symphyse mit
eiAer stampfen Sehe^^ fort, bis die Harüröfire beweglicli
wurde. Dursb diese doppelte kicision nnd Lostrenfrottg wor-
den die Lippen der FistelöflViung erschlafft und konnten leicht
aneinander gebracht werden. Zuletzt frischte M. mit einem
Bistouri dieWundrander an und vereinigte sie mit 7 einfachen
KnepftllbÜen. Eni GumoMkalheter werde ii die llla«e gelegt,
aottst aber kein weiterer Verband appHcirt. Es folgte der
Operation weder Blutung, noch heftige Entzündung. Nach
13i Tcf^n worden die Fiden beseitigt eitd die Fistel zeigte
sich, mit Ausnahme der beiden Wundwinkel, vernarbt. Durch
die kleinen Oeffoungen der queren Wundwinkel tröpfelte noch
et^ras Urin ab; Pat. hatte Harndrang-, und konnte Uriniren.
Da die zurückgebliebenen Oeffenngen sich nicht toe selbst
aeblosaen , so kaeterisirte M. nach 2 Moo. dieselben mehr*>
male mit Lapis inf., wonach die linke Oeffoung verheilte, die
rechte fortbestand. Eine abermalige Anfriscbung der Oeff-
naog und Anlegung von 2 Nähten bewirkte völlige Herstellung.
ieobaeht. 2. Ein Sljihr. Frauenzimmer litt seit 1 J.
in Folge schwerer Geburt an einer Vesicovaginalfistel , die
Z^li Glaiitr. vod der Har<ir5hrenmi1adüng ediremt war und dH
Spille des Zeigefingers eindringen lies», htr Urin ioas fort*
während unwillkürlich nnd ohne allen Drang ab. Da die
FiatelÖffnung nicht so gross war, so beschloss M. die Opera-
tion nttr ihittels der vordem Trennung zu verrichten. Die
HamriHyrenmüDdong wurde mit einem halbeniptiscben Schnitt
naMchrieben, nnd die Incision anter dem Schambeine vor«
sichtig fortgesetzt, bis die Harnröhre bewe^dicb war. Eine
kleine Arterie wurde unterbunden. Die aneinandergerückten
tIsteirSdder wurden angefrischt und mit 5 N^ten vereinigt.
Aach 7 Tagen konnten die Nfihte entfernt werden. Alles war
verbeilt bis auf eine ganz kleine Oeffeung , die «ich nach 2
Canterisationcn sohloss.
B^obäeht, 8. Eine aOjahr. Wischeria mit BeekenveP'
engemng, die aur ein Mal von einem todten Kinde entbunden
worden war, kam einige Monate nach der Geburt in einem
klfigHehen 2i^stande in das Spital. Die ganze Vagina war
diircb FaKeo, als Ergebaiss von bfandiged LosstossuAgeo und
Vemnrbiingen, verengert. Der Ulems, dessen Hala völlig ver-
acbwunden war, stand unbeweglich. Der Grund der Blase
nnd die Harnröhre bis 1 Ctmtr. vor der Mundung, waren zer-
stört. Die Seitehwinde der Blase hatten sich mit den harten
Gebilden des Beckens vereinigt , doch liess sich die Ausdeh-
nnng des grossen Svbstanzverlnstes nicht ganz eranitteln.
Nach Cadaverversochen glaubte M. doch eine Operation unter-'
nehmen zu müssen , die er unter Assistenz von Mi c h o n und
M gl a 1 0 n folgendennAaMed terrichtete. Nach gehöriger La-
gemng nnd Chloroformirung der Pat. brachte M. den linken
ZeineOnger in den Mastdarm, führte ein Bistouri in die Vagina
nUd ddrchacbnitt diese auf der Finken Seite vom Grunde aus
del* ganzen Dicke nach bis zum Rectum , welches zurückge-
]»r«ehl vrtirde } dieser Schnitt wurde sodann aufs ganze Peri*
^änm linkerseits fortgesetzt uad vorsichtig nach der Tiefe bis
sur Incisura isch. erweitert. Die geraumige Incision bahnte
4en Weg tum Vsginalsack ; M. schnitt die hintere Lippe der
fineel iin ^ tNiinie sie vom Uterus and auch von den Seiten-^
fivMiiduoge*; datm umicMrieb er «ftl «fnei ill)|fliaeheat »^
rfickwiru coneaven locteien die Harnröhre nnd setzU die
Trennung nach der Vagina fort < bis die Blase fast isolirt war
und nur noch am Bauchfell haftete. Die AufTrischung geschah
mit der Schwere, nnd durch emfacfae kmmme Na<lifo wurden
11 NIMe angelegt. Zatettt vernihfe M. die Perinialincisioa.
Es folii«* miseige Reaeüon'; die Perinialincaaien verheiHe pca
primaiu intentioaem; die Fistel heilte nur zum Theil, und es
Verblieb eine 1" grosse Oelfnung, die sich allmälig noch ver-
gr6sserte. Nach einigen llVotlaten unternahm M. die zweite
Operation, gana wie in« de«! obigen riNen, aar oMisate dabei öle
an und für sich schon verbOrzte Harnröhre £mI gaiz geopfert
werden. Leider genügte auch diese Operation nieht , nnd es
bildete sich eine nstelöffnung wieder, die 2 Ciratr. im queren
Durchmesser maaM. tkf Geioodheitszusiand der Operirteii
war iRirigens gut, dirOpervilOtt hatte ihr Leiden doch we»
sentlich gebessert , und M. entschioss sieh nun sur Anfegnag
eines Obtorators. (S t r c u b e I .)
434. Die DeyiatioBen des Vtenis und deren
Üadicalkur durch ein modificirtes Hichtinstrument
(Aedresseut intra-udrin) ; von G a u s s a i i. (Journ.
deToul. iuin. 1851.)
Dig Devbti(y*e!i dea l^iettn lassei» sirh eintheügfl
1) in einfache Ant^versteir , 2) Ahtefversieit mit Beu-
gung« S) eittfache Refroversioii , 4) Reirovernon iml
Beugung, 6) einfache Refroflexion. Auftsordem kOu-
oeg attch noch seilliche Abweichungen »tattflnden.
Bie £racheiDUiig«ft, die sich hei den Deviatitmeu dem
unterauchendeu Finger darstellen , sind folgetrd«. 1)
Einfache Anteeersien : gebt der Finger bü der vor-
dem 8cheideilwMil Ms zu derHdhe von 3 — 4 Ctntf.
hetaul, so stOsst er nach vero auf die vordere Wand
d^a Corpus uffri; nsch hinten tu suf die vorder^
Wand des GofluM , welches hfsweilen so nach dem
ÖS secruui gedmngt ist # dass man nur mit Mflhe deu
Mutterttimd finde« Imii , wenn man <fen Frflger 9«
Hoeb als mOgttcb eiulritigt. — 2) Anteversion mü
Anieflexien : das Touehir en giebt dieselben Besullate,
aber das Collum ist in sein<^r uofmaltfii Birectiou ge-
bHebeti ; &ßf untersuchende Finger flirdet an dessen
vgprdksrer Flache, fast an seiner Verbindungsstelle mit
dem Corpus einen mehr oder weniger deotKch aus-»
gepftgimi Winkel. ^ 8) Einfache Retroversim :
Verfolgt und drttcki man kraftig auf die vordere Wa«d
der Scheide, ae^ Audet man aristatt des sonst trfangu**
lareH Baumes im Normaltustande , an dessen bintertt
Theüe der Uterus tu ftihlen sein wurde, einen leeren
Plaix, d. h. einen leichteu Widerstand der Inteatin«;
gfht man mit der Spitze des Fbgers noch mebr nach
hinten, so slOsst man auf die hintere Wand des CoP*
lum. Will man den Muttermund fohlen, so mass
man die vordere Wand der Vagina noch mehr weg-
drücken und den Finger sehr hoch nach vorn Rthren.
Um die vordere Wand zu fühlen , muss der untersu-
chende Finger noch hoher in derselben Birhtung ge^
fuhrt werden. Nifch hinten fublt man das Corpua
uteri als kugeligen Vorsprung, der stark auf das
Brctum druckt. — 4) Rettov^rsion mitAnteßexion:
dieselben Brscheiuungen , wie bei 3., nur findet man
noch an der hintern Wand des Collum einen Winkel,
der durch die Beugung des Halses nach dem KOrper
zu gebildet wird, wie bei 2., nur umgekehrt ^^
198
y. Gymkologfe tu Ptdiatrik
5) Einfache Reiraflexion: Hier ist die Dtagiioee
etwas schwieriger. Die Stellung des Collum ist nicht
verändert, fuhrt man indess den Pinger nach hinten
und sehr hoch, so fUhU man eine kuglige Geschwulst,
den Fundus uteri umgebeugt, der bisweilen auch durch
das Rectum constatirt werden kann. — Zu deniiiche-
rer Erklärung ftlgt Vf. 6 Zeichnungen bei , und sagt,
dass das Speculum nicht hinreicht, um Deviationen
des Uterus zu diagnosticiren, daau ist das Touehiren
und die Uterussonde weit geeigneter.
Bei Anteversion muss man gleich, wenn man in
die Höhle des Collum eingedrungen ist, den GrilT der
Sonde stark nach dem PerinHum zu fuhren, während
die Concavitat derselben nach oben gerichtet ist. Ist
gleichzeitig Anteßexion vorhanden, so findet die
Sonde durch die hintere Wand an der Reugnngsstelle
ein Hinderniss , und um dieses zu umgehen , muss
man das Sondenheft stark beugen und gelangt dann
leicht in die Uuhle des Uterus. Bei Relroversion
findet dasselbe Manöver Statt, nur im umgekehrten
Sinne, d. h. die Concavität der Sonde ist nach unten
und hinten, das Heft derselben nach dem Os pubis
zu gerichtet. Bei der einfachen Retroßexion triflt
die Sonde nach einem Wege von A^l^ Clmlr. unge-
fähr auf die vordere Wand des Uterus, das Verfahren
ist dann ganz gleich mit dem vorigen, dringt die
Sonde darauf noch 3 — 4 Ctmlr. vorwärts, so ist man
sicher, in die Cavitas uteri eingedrungen zu sein.
Immer bleibt die anormale Stellung der Sonde ein
unwiderleglicher Beweis fUr eine gleiche Stellung des
Uterus. Ist nun die Sonde schon ein gutes Mittel
zur Diagnose der Deviationen , so wird sie auch zur
Therapie derselben beitragen, wenn sie mit Vorsicht
angewendet wird. In der Art ist es möglich, in eini-
gen PxUeo complete Heilung durch sie zu erzielen.
Simpson heilte in einer einzigen Sitzung eine Re-
troOexion, einfache Inflexionen erforderten in der
Regel 5 — 8 Sitzungen zur Heilung. Meistens aber
bedarf man eines kräftigem und anhaltender wirken-
den Mittels, um eine Radicalkur zu erreichen, und
dazu erfand Simpson sein Pessarium intra-uleri-
Bum. Es folgt nun eine ausfabrliche, durch beigefügte
Abbildungen erläuterte Beschreibung des Simpson -
sehen Apparats und der von Valleix angebrachten
Abänderungen an demselben; um unnöthige Wieder-
holungen zu vermeiden, verweisen wir auf Jahrbb.
LXll. 194 u. LXXl. 64. Bei Application dieses In-
struments hat man darauf zu sehen, dass der fUr den
Uterus bestimmte Theil etwas kürzer ist, als die
Sonde die Grösse der Uterusböhle angab , ungefMhr
^/s Ctmtr. kürzer, weil er sonst den Fundus uteri
beständig reizen und oft dadureb der Kr. sehr lästig
werden würde. Uebrigens verlieren sich die Schmer-
zen, die das Einführen anfangs erzeugt, nach u. nach,
und selbst der Blutverlust, bisweilen nicht unbe-
trächtlich, ist mehr günstig als ungünstig. Hält man
es für nöthig, den Apparat einmal zu entfernen, was
indessen in der Regel nicht in den ersten Tagen zu
geschehen braucht [Valleix Hess ihif 17 Tage,
^ ^ m p s 0 n selbst 1 0 Mon. , auch während der Men-
ses liegen , ohne Zuftlle zu errlBgeii] , so ISsst mn
die Frauen während dieser Zeit im Bette liegen, macht
erst erweichende, dann adstringirende Injectionen,
und nach 3 — 4 Tagen bringt man ihn. nach vorheri-
ger Application der Sonde, die das Einfdhren sehr
erleichtert , wieder ein. 2 — 3 Tage vor und nach
den Regeln muss man jede Manipulation damit ver-
meiden. Während der Zeit des Tragens des Apparats,
die ungeHlhr 6 Wochen bis 2 Monate dauert , maas
auf offenen Leib gesehen werden. Was nno die
Wirkung dieses Apparats anbelangt, so bewirkt schoa
seine Application eine Aenderung in der GircolatiM
des Uterus , dessen Gewebe seine Starrheit iinil Aa-
schwellung durch Ausschwitzung oder selbst Mut-
Verluste verlierL Kurz seine Wirkung ist gleichzei-
tig mechanisch u. modificirend , wobei der Thltigkdl
des Uterus selbst Rechnung getragen werden muss.
(Herzog.)
435. Ueber Reduction derRetro?enio «teri;
von Alexis Favrot. (Rev. m^d.-chir. Nov. 1851.)
Vf., durch die nicht ausreichenden Methoden fllr
die Reduction der Relroversio uteri veranlasst, hat
nachfolgendes sehr einfaches Verfahren erfunden. Er
bedient sich des folgenden Instruments: eine Blase
von vulkanisiriem fiummi von 20 — 30 Ctmlr. Laii|ee
und 4 Mmtr, Durchm., in welche sich ein elastisches
Rohr einmündet, welches durch einen Hahn ver-
schlossen werden, kann , ist mit einer andern, etwas
umfangreichern Blase ebenfalls durch ein elastisches
Rohr verbunden. Erstere leere Blase bringt Vf.,
nachdem er sie mit einer mucilaginösen PlOssigkeit
überstrichen hat, und die zu operirende Frau anf den
Leib hat legen lassen , in das Rectum ein bis zu der i
Geschwulst, welche der Uteriis bildet; darauf verbin- |
det Vf. durch die elastische Röhre mit der einge-
brachten Blase die zweite, mit Luft gefüllte. In dem
Maasse nun , als Vf. aus letzterer Blase die Luft m
die erstere hineindrückt, dehnt sich diese ans oad
hebt die rückwärts gebeugte Gebärmutter in dieBQ¥e.
Sobald der Uterus seine normale Stellung eingenoB-
men hat, wird der Hahn geschlossen und der Uten»
bleibt in seiner angenommenen Lage. Zugleich muss |
die Frau noch einige Zeit die Bauchlage beibehalten.
Dieses Verfahren ist sehr einfach, durchaus schmerz-
los und kann leicht wiederholt werden , im Fall ein
Umstand das Entfernen des Instruments veranlassen
sollte. (Hagen.)
436. Ueber FrolapsnS uteri, nebst Beschreib
bung eines neuen Instruments xu dessen BehoMd-
lutig; von John Jones. (Prov. Journ. Jan. 1852.)
Nach einer kurzen Schilderung der fragt. Krank-*
heit und Besprechung ihrer Ursachen, wobei wii;
etwas besonders Bemerkenswerthes nicht fanden,«
wendet sich Vf. zu den verschiedenen Behtnd-r
lungsweisen und zeigt das Ungenügende dersel-
ben. Durch ein von ihm erdachtes, hier näher be-
schriebenes Instrument, glaubt er in vielen FiJlan
V. Gynäkologie iL Pldiatrik.
IW
helfen zu kOnnen , wo die bisher gebräuchlichen Ap-
parate ohne Erfolg blieben. Das Instrument, welches
er Uterine Truts nennt, besieht 1) aus einem Gürtel
mit 2 Polstern, bestimmt, gegen die Banchwandungen
zu drucken, und 2) aus einer Bandage mit einem
Polster zur Unterstützung der Vulva u. des Perinäum.
Der 4V2'' breite Gürtel ist aus starker Leinwand, mit
Waschleder gefüttert und mit Rosshaaren gepolstert.
Die 2 Polster, verbunden durch einen Streifen vulka-
niairten Gummi, \^l^*' und 3^4'' lang, stehen zwi-
schen dem Ende des Gürtels und einem Lederrienien,
mit Schnallen an jeder Seite. Der Gürtel wird durch
5, je 4^' von einander entfernte FischbeinstSbchen
straff erhalten. Die Polster, 3^1^'^ im Durchmesser,
bestehen aus je 2 runden Zinnplatten, die innere
etwas kleiner als die äussere, mit einer dazwischen
liegenden Spiralfeder; das ganze Polster ist mit Ross-
haaren wattirt und mil Mackin losh-Zeug ttberkleidet.
In der Mitte jeder äussern Platte befindet sich ein
Knopf zur Befestigung an drn Bauchgurt.
Die Perinäal-Bandage besteht aus 2 Theilen , die
durch einen iVa'' laugen und V breiten Streifen
von vulkanisirtem Gummi verbunden sind. Am vor-
dem Theile befindet sich ein 4^' langes Rosshaar-
Polster, mit Mackiutosh-Zeug überzogen , zur Unter-
stützung der Vulva und des Perinaum. Jeder Tbeil
bat an seinem 4'' breiten Ende 6 Knopflöcher in 2
Reihen , welche den am BauchgQrtel angebrachten
Knüpfen entsprechen. Die Rosshaarpolster, so wie
die Gummibänder geben dem Ganzen soviel Elastici-
Ult, dass es einen hinreichenden Druck übt und dabei
doch nicht zu unbequem wird.
Der beschriebene Apparat soll die Pessarien ganz
unnOthig machen. Indem er tien Damm unterstützt
und das Herabdrücken der Baucheiugeweide auf die
Gebarmutter verhindert, erfüllt er gleichzeitig 2 In-
dicationen. (Sickel.)
437. üeber Torfall der Gebärmutter und
Episioraphie } von Dr. Cred^. (C's Wchschr. 14.
17. 1851.)
Obgleich Vf. die grossen Schwierigkeiten, mit
denen die Heilung genannten Uebels verbunden ist,
durchaus nicht verkennen will , so glajibt er anderer-
seits , dass ein grosser Theil der Schuld des öftern
Missclingens der Heilung desselben auch an den Aerz-
ten selbst, und namentlich an den Erfindern neuer
Apparate liege. Für das glückliche Gelingen der
Heilung bildet das Aufsuchen der nähern u. nächsten
Ursaclie, eine klare anatomische Einsicht in das Lei-
den , die Hauptsache. Der Gebrauch der in Menge
von den Aerzten vorgeschlagenen Apparate, die zum
Theil ohne Auswahl für jeden Fall passend erachtet
werden, verhindert nicht selten die nähere Erwägung
des Uebels und seine Heilung.
lieber die natürliche Befestigungsweise der Ge-
tarmutter hat man trotz genauer anatomischer Unter-
nchmgen noch nicht zur einstimmigen Ansicht ge*
langen künnen. Die frohere allgemeine Anschauungs-
weise • dass der peritonXale Bänder - Apparat um die
Gebärmutter herum und die runden Bänder dieselbe
halten, und dass die Zerreissung und Erschlaffung
derselben den hauptsächlichsten Grund zu den Vor-
fällen abgebe, ist längst verlassen. Man hält jetzt
ziemlich allgemein die Erschlaffung, Zerrung u. selbst
Zerreissung des Bänder -Apparats nur für die noth-
wendige Folge der Senkung, nicht für die prädispo-
oirende Ursaclie. Von vielen Aerzten wurde ferner
die Mutterscheide als Träger und Stütze der Gebär*
muller angenommen, und deren Erschlaffung u. Sen-
kung als Ursache des Vorfalls angesehen (B 0 k i t a n s k y),
wogegen mit Recht eingewendet wird , dass sehr oft
dergleichen Erschlaffungen erscheinen, ohne dass die
Gebärmutter in irgend etwas ihre Lage verändere.
Andere schreiben den sichern Stand der Gebärmutter
den sogen. Ligam. utero-vesical. u. utero-sacral. zu.
A s h w e 1 1 war der Ansicht, dass die kräftigste Stütze
der Gebärmutter in der Festigkeit, Straffheit u. Dicke
der Dammlheile, besonders der Muskeln und Becken-
fascia in Zusammenhang mit der Gebärmutter und
Scheide bestehe, und dass die Erschlaffung dieser
Theile die Ursache des Vorfalls abgebe. Auch Nunn
tritt dieser Ansicht bei und legt noch besonders Ge-
wicht auf das Fettpolster im Sitzbeinausschnitte, weil
er selten bei fetten Frauen Vorfälle beobachtet haben
will. Hamilton wollte daher , derselben Ansicht
folgend, die Vorfälle nicht mit Pessarien, die er ganz
verwirft, sondern durch Druck auf den Damm heilen,
und Nunn hat in gleicher Absicht einen eigenen
Stützapparat erfunden. Einfache T-Binden mit Pol-
ster auf dem Damme, dienen einem gleichen Zwecke.
Vergegenwärtigt man sich die anatomische Stel-
lung und die Wechselwirkung aller Organe des Bek-
kens und der umhüllenden Theile zu einander, so
findet man, dass sie alle durch ihr gegenseitiges Fest-
halten u. Feststehen zur zweckmässigen Stellung der
Gebärmutter beitragen, und dass eine Störung in dem
einen oder dem andern Theile, bald die eine, bald
die andere Lageveränderung hervorbringen müsse.
Es ist daher nothwendig, der jedesmaligen näch-
sten Ursache genau nachzuspüren , ehe man eins od.
das andere der vielen vorgeschlagenen und nicht für
alle Fälle hinreichenden Heilverfahren in Anwendung
bringt.
Die Prognose in Bezug auf die Heilung wird sich
da am ungünstigsten gestalten, wo die nächste Ur-
sache in dem Lockerwerden der in der nächsten Um-
gebung der Geliärmutter liegenden Theile besteht,
weil dann die im untern Beckenraume leicht nachfol-
gen , während die Prognose eine viel bessere wird,
und oft radicale Heilung erwarten lässt, wenn
die Erschlaffung von dem untern Becken - Apparate
ausgehl.
Nach Berücksichtigung, der verschiedeneu Ursa-
chen und der daraus entspringenden Lageveränderun-
gen wird sioh das UeUverfabren gestalten, und 1
30O
y. GjmtLoWgil U. Pädkitrik.
nun die H^ge der vearbandeniMi Apparate »orgfilltig
zu 3idUeii uDd zu unlersoheiden lübe». Vf. macbt
hierbei auf des durchaus feblerhaTie Verfebree nan-
cber Aerzle anLUnerluain , weiche glaMben , bei allen
VerftUen immer P^isarien oder SchwKaune anlegen,
oder alle betleuiendeo Grade immer operiren 2u mUa-
fltuu £r ist im Allgemeinen der Ansicht , daas man
bei ersten Ejrschlafliingen der jnehf im obern Tbeile
und iJi der niicbsien Umgebung der Gebärmutter be-
AndUchen Organe» die inxiern Beizmiltel anwenden
mQ&se t seien sie mm gesiielle oder «ngestielle Pes^
aajrien , einfache oder befestigte Schwämme u. a. Ap-
parate r oder avch nur zusammenziehende und stär-
kende Arzneimittel, oder endlich auch die die Scheide
verengenden blutigen und brennenden Operationen.
Bei Berücksichtigung des Grades, der Form, der Vitalität
werde man «lie richtige Auswnhl dieser verschiedenen
Methoden zu trel£en wissen« Liege dagegen die ersie
Uraikche der Ersclilaffung in den untern Theilen des
Beckens^ namentlich im Damme und dem benachbar-
ten HuriceJapparate , so kann nach Vf. nur dnrch
Kräftigung uAd Stützung dieser Theile bedetitende Er-
leichterung und seihst vollständige Heilung erzielt
werden , und diess geschehe entweder nur durch die
T-Binde mit aufgelegtem Polster, oder die zweckmUs-
aige dc^pelle Kreuzbinde von N u n n , oder aber durch
die hier am heilsamsten wirkende Operation der
Epiaioraphie. In dieser letzten Beziehung theilt Vf.
scblUsiUch noch 3 KraukhaiLsAflle mit, in welchen
sich die Heilsamkeit dieser Operation auf das voll-
kommenste bewahrt gafunden hatte,
(Schwarze.)
43a. Tuberkulose des Uterus und der Ova-
rilB; von Tyler Smith. (Lond. Journ. Febr.
1852.)
' lioe SSjShr. Witlwe, klaren Mann, Äeltern und Ge-
•cbiriatar an -der Laneenaehwindsvcbt f eslorheo waneo , Mit
3 Moo. vor ihrer Aufnahme in das Krankeobaus ao unerträg*
iicheo Schmerzen beim Eintritt der Menstruation ; der Aus-
flnss war ungewöhnlich schwarz , stinkend , sehr profus, und
daueFte U Tage lang. Bat fhcer Aoeiahaie war sie blaas und
blutleer , aber frei von Schmerzen ausser der S^eit der Men-
struation, die in der letzten Zeit aller 14 Tage erschienen
war. Sei der äussera üntaraiielMing zeigte sich in der ßcgia
hf^gaatrica eine ^eachwokt , die üucb mw der Scheide aus
fühlbar war , bei der Berührung schmerzte und die Grosse
eines Eies hatte. Vor der Geschwulst war der bedeutend
verlängerte , übrigens gesunde Cervix uteri fühlbar ; der €e-
barmutterkörper war grosser als im Normalzustande. Die
Geschwul«r>wiirde bei Bewegung des Uterus mit bewegt. Da
es ««cht möghch war, eise Sonde in d»e IHeruafanhle «nzn-
fi^liresi , ao Ittei alah auqh niicbt imit Gewissiieit beaiimniien«
ob die wahrgenommene Geschwulst dem Eierstocke angehörte^
oder ob es der rückwärlsgebogene Ulerusgrund war. Urinbe-
schwerden und Oedem der Fösse war nicht vorhanden. Puls
1^, k\vin ttod achwaoh. 8 Tage nach Aer Aufovbme trvt
unl^r heftigen Schmerzen abermals eia bedeutender Blutvea-
tust ein and dauerte 7 Tage; nach dieser Zeit wurde ein
wässeriger , Qbelriecbeoder Ausfluss aus der Scheide bemerk-
bar , bisweilen trat Diarrhöe ein , und 3 Wochen später ein
Anfall von Peritonitis , worauf Fluctuation im Leibe bemerk-
bar wurde. Unter immer mehr überhand nehmender Schwäche
fand sieb alhnäUg Haateji mit fimdtnleoi Aaswvrfe «in (die
<lnwt wfff bei te An6iab»a gaaan nntaninabt «ad «icfct»
krankhaftes gefunden worden), vnd es fand sick wiakt
recfhten Clavicula ein gedämpfter Ton und BroDcbiaUthottB.
Die Brustaffection steigerte sich scbneH , ebenso die hx^
bcit, und 11 Tage nach den «rslen AaltiHen des iitn|a
Auswnrfea atait die lUanka.
SecH&n, Friaehe Adhäsionen der reefaten Pleon, t^
reiebe graue, harte Tuberkel in der veohten LttagenipiiK
und im mittlem l«ppaa> im untem «eine waUans^eue HöMi
mit Blutcoagulum. Auf der linken Seite des Tboiax nm
einzelne bandartige Verwachsungen zwischen Costal- iiq4 Pul.
monalf^eura; im untern TheHe des obern und im oben da
untern LuagenUppeos frwMohende TuberkcUnassen. len
klein, .blutlear^ übrigens nvrmai; Nieren aadPiakmi|»>
sund , Milz gross und weitab , hlutiBeicb , Leber sehr voiw-
sert ; Magen und Därme gesund , mit Ausnahme des Gbi,
wo eine ileine nlcerirte Stelle wnr ; die Schleimhaut derün- i
Ulase stark iajicirt. Zahlreiche V«rwaohauDgen imPciitoim; I
rechts am Nabel fand sich eine dui«h die Lehiff , du Ch
trausversnm und das Peritonäum gebildete Höhle, veickt
dicken Eiter enthielt. Der Uterus war ungewöhnlicii gn»;
seine Schleimhaut ward im Zuslande tuberkulöser Entntai
getaden; der Cervii mit eeioer ScUeimfcaut war ge»ud.
Das linke Ovacium lag tief im Becken hinter dem ütenis«w(iik,
war gross und bestand grösstentheils aus tuberkulöser iwi
eitriger Masse , ohne eine Spur seines normalen Geweto.
Das rechte Ovarium befand sich an seiner richtigeo Sidie,
war aber im Uebrigen von derselben BeschaiTenheit, mk
linke , nur weniger erweicht. Ein Zusammenhang zwiccki
dem Pentonäalabsceas und den Ovarien, oder dem Ihn«,
war nicM aufzufinden.
Eine mikroskopische Untersuchung des Äbgiingei dmtk
die Scheide war unlerlMeen worden; eine iolebe hfitlegeMi
des Wesen der Krankheit erkenaen la^aen. Bis von te
Scheide aus gefühlte Geschwulst war das von seiner SUik
verdrängte, vergrösserte linke Ovarium gewesen.
(Sickel.)
439. üeber EinMmmg to toiie kb A
Fal'opi'SChen Tuben, nnd über BUdms ^
küiutUchen Eileiters zur Heilufug der fFassenaek
der Eierstöcke. Eine fFürdigwig dieser Ferfi-
rungsweisen /ur dieIh*ascisvoMmat.'p(ßiielStasir
pwkte; vpi J. F. H. Albers in Bonn. OUÄ
Hon.-Scbr. Se{4br. 1851.)
Als vor mehrern Jahren der Kathetecissv ^
Miittertrompeten ztir Heilung der ünfnichlbiiw
empfohlen wurde, bemflhte sich VT. die OpertCiflfl«
Leichen auszuführen. Aus diesen Versuchen pf
hervor , daaa die Oferation jedenfalls eine sdivicHp
ist , daren Gelingen nicbi besUndig erwartet wer^
kaan. AUerdings^Jl)jUte man bedenken soUea» ^
die Erfinder dieses Vwfahreo^ dasselbe nur io Krakr
heilen der Tuba un^düs Ovariunas annendelea, «•
diese Tb^aile gana andere Diimensionen seigen« tls*
g^aunden Z^usiande, und sein Gelingen «harnflljW
wird. So wurde es in Rttcksicht auf die Schwiirir
keit seiner AusCobrung von Vielen als ein io ^
Praxis nut Erfolg nickt anwendbares MiU44 fall «•'
gessen* Nette und anacJ^eiAend sehr eriblgr«i^|
Anwendui^gen des Katbeierisiiiua der VaUaipiic^
Röhren «eranlasaen jedach sa einer eeneiMi ^twH
dieser Heilmethode.
Es kommt hier zunücha« darauf an, au beiliof '
in welchem Zualande aic* der Eileiter lieiKraatt«**
der Omien hefiadel« la alUa griMMier« Caicbiw^
V. teyslkokgte «. MMiatrik«
901.
welebe di« WaMersafehten dieses Orgatis hilden , ist
di« Tuba imgewdbDlieh kurc » der Eierstock berdlirl
fast die Gebärmutter , theils weil der hintere Tbeil
gai» nit den kranken Eierstocke verwaobsen ist,
theils weil ein Theil !< rTuba ifurch Driiek atrophirte.
Diese Beschaffenheit der Tuba findet sich regelmXssig
von einer Schiefsteilung der Gebärmutter begleitet,
so diss man an dieser die fietartung des Eileiters
erkeniften kann. Schneidet man einen solchen Eileiter
ein , so findet matt entweder die Wunde ungewöhn*
lieh dick, und die Höhle normal oder aoch enger,
als ina normalen Zustande, oder die Wandung hat
ihre fast normale Dicke , ist aber mehr häutig , der
serösen Haut sehr ähnlich, und besilat eine beträcht-
lich erweiterte Höhl'' . welche eine Nuss und mehr
aufnelmen kann. In diesem letztern Falle ist die
Flüssigkeit massig dttnn, oft serös und wohl zum
Abflüsse geeignet* Wenn dagegen die Röhre eng ist,
so ist die im Kanal enthaltene Flössigkeit sähe, nicht
leicht sbfliessend, und nur heim Druck in Tröpfchen
sieh Xutserlich an der Schnittfläche sammelnd, wo
sie sich Rur in langen Fäden ziehend entfernen lässt.
Die Krankheiten, weiche man Gierstockwasser-
suchten nennt, bieten eine dreifache Verschiedenheit,
t) Gehört dahin eine ungleiche, Lappen und Höcker
bildende Geschwulst, an der man äusserlich die
Scheidewände in verschiedener Farbe und Dicke an-
gedeutet findet, welche die ganze Geschwulst in
zahlreiche Fächer von verschiedener Gröüse u. Form
theilen. Auf den innero Fläcben der Wände der
grössern Fächer findet man andere Behälter u. Blasen
sieh erheben ; in den grösslen sind sie oft beträcht*
lieber als eine Faust, in den kleinsten haben sie nur
die Grösse einer Erbse , Bohne , eines Eies u. s. w.
»Die Dicke der Wandungen entspricht in der Regel der
Grösse des Behälters, in den secundären grössern
Fächern findet man wiederum tertiäre. Gewöhnlich
sind die Fächer mit einer dicken, zähen, dem geron-
nenen Eiweiss, oder einer steifen Gelatine ähnlichen
Fldssigkeit gefüllt. In manchen Fällen findet man
noch eine feste, birnmark- oder blumenkohlähnliche
Snbftant, welche sich von dem Grunde eines solchen
Faehes erhebt, und es oft bis zu zwei Dritteln aus*
fUHU Die Flflssigkeit ist in der Regel wasserbell,
selbaer hellroth oder blutig.^ Eine Geschwulst enthält
nicht selten 50 — 60 Fächer und mehr • und erlangt
eia6 Grösse, welche die ganse vordere Höhle des
UttUrleibs ausfüllt und 10 — 29 Pfd. wiegt. Durch
den Druck treibt sie die Beckentheile ins Becken hin-
ab » drängt den Uurus abwärts und befördert dessen
Schiclstellung. Unter solchen Verhältnissen fühlt man
loch die Gescbwnlst neben der Scheide als eine
weiebe, teigige, von aussen die letztere druckende
Masse. Bei der Untersuchung der Geschwulst findet
man an keinem Tbeile , selbst nicht unten hin , eine
S|»iir des Ovariums. Vf. sieht sowohl dureh die Dicke
der Wände, als such durch den eiweissartigen, zähen
Ittlisit veranlasst, die Geschwulst als eine Abart des
Markachwammes an, der in verschiedenen Theilen
Med. Jfthrbb. Bd. 74. Hfl. S
als ein Uasenbildender entsteht und ausser in dem
Eierstock auch in der weiblichen Brustdrttse gar nicht
selten gesehen wird. «
Wollte man auch naturgemäss annehmen , dass
die Entleerung einer solchen Geschwulst durch die
Tuba Fallopii und die Gebärmutter nach aussen zu
geschehen habe , so sind doch die vorhandenen ana-
tomischen und pathologischen Verhältnisse einem
solchen Vorgänge nicht günstig. Die Dicke der Wan-
dungen ist der Art, dass sie nicht leicht von der Flds-
sigkeit durchbrochen werden kann. Dass diese je
geschehe, ist um so unwahrscheinlicher, als mit ^r
Grösse der Geschwulst und ihrer Fächer auch die
Dicke der Wandungen zunimmt. Besonders ist an der
Stell«, wo die Geschwulst sich dem Eileiter annähert,
und da, wo dieser nicht selten mit der Geschwulst
verwachsen ist, die Festigkeit und Dicke der Wan-
dung wegen einer nicht unbeträchtlichen Menge fibrö-
sen Gewehes, das von den Alis vesperlilionis her-
kommt, sehr ansehttlicb. Der Durchbruch. der Ge-
sehwulst in den Eileiter, welcher schon hierdurch
sehr erschwert ist, wird es aber auch noch dadurch,
dass der Eileiter sich längs der Geschwulst legt und
mit derselben verwächst. Da er auch eine verdickte
Wandung hat, so hat die Geschwulst, wenn sie zum
Aufl)ruclie kommen soll, auch noch diese zu über-
winden. Die Engigkeit der Tuba Fallopii lässt aus-
serdem der dicklichen Flüssigkeit nicht leicht einen
Ausgang finden. Es ist daher kaum anzunehmen,
dass diese Form der Eierstock Wassersucht durch den
Eileiter zum Aufbruch nach aussen gelange. Vf. hat
in den vor und nach dem Tode zur Untersuchung ge-
kommenen Fällen selbst nie einen Beginn oder eine
Andeutung zu einem solchen Aufl)ruch gefunden«
2) Eine andere Form der Eierstockwassersucht
besteht in der Bildung einer einzigen, grossen Blase,
welche sich ebenfalls über einen grossen Tbeil des
Unterleibs ausdehnen kann, und häufig mit den Wan-
dungen desselben verwachsen ist. Diese Blase ist
dünnhäutig, lässt in ihrer Wand nnr eine Haut unter-
scheiden, ist ganz gteichmässig abgerundet u. gleich-
farbig, welche gleichmässige Beschaffenheit sie von
der zuerst angeführten Eierstockwassersucht unter-
scheidet. Einen fernem Unterschied findet man aber
auch darin , dass an dieser einfachen Geschwulst der
Rest des Ovariums an dem untern Tbeile derselben
mehr weniger deutlich erkennbar ist. Die Tuba Fal-
lopii ist aber bald verkürzt, bald verlängert, bald
verdickt, bald normal , und kann in sich viele dünne
Flüssigkeit enthalten. Die Consislepz der Flüssigkeit
ist sehr verschieden, dünn- und dickflüssig» welche
Beschafienheit unabhängig vom Alter der Geschwulst
isL Es wäre möglich, dass in diesen Fällen eine
Entleerung der Flüssigkeit nach aussen durch die
Trompeten stattfände.
Die Geschwülste, welche Kooehen, Zähne, Haare
und Fett enthalten, und welche sich durch die Bauch-
decke , Harnblase und den Mastdarm entleeren , darf
ao2
V. Gynlkologie u. Pädiatrik.
man nicht mit den einfachen Eierstnckwaseerge-
schwülsten in Parallele stellen , nach ihrer Tendenz
sur Bnlleerung; denn bei ihnen ist ein Inhalt, wel-
cher zur Entleerung mitwirkt, wie hei den Hydatiden.
Die ßeschalTenheit der Tuben hei den einfachen Eier-
stockgeschwttlslen ist nicht unbedingt gegen die Mög-
lichkeit der Entleerung; denn sie sind gewöhnlich
mit der Geschwulst verwachsen und hallen in ihrem
erweiterten Kanäle, welcher am Uterin-Ende meistens
geschlossen ist, eine mehr weniger belradilliche
Menge derselben Flüssigkeit, wie im Eierstocke. Eine
Thatsache ist es aber, dass diese einfachen Wasser-
geschwttlste des Eierstocks nur in geringerer Anzahl
vorkommen.
3) Eine 3. Art der Wassersucht des Eierstocks
bilden die über Eierstock und Alae vespertilionis zer-
streuten Sacke, welche hier in grosser Anzahl und in
sehr verschiedener Grösse vorhanden sind. Sie glei-
chen im Bau der 2. Art, aber ihr Inhalt ist sehr ver-
schieden. Sie scheinen aus Blutergdssen in den
Eierstöcken und den Alis vespertilionis zu entstehen,
wobei das Blut bei ihrer Vergrösserung entweder auf-
gesaugt wird oder eine Umwandlung erleidet. Ist
einmal ihre seröse Fläche als Wand ausgebildet, so
beginnt auch die seröse Absonderung. Die grössten
Geschwölsle erreichen die Grösse eines kleinen Kopfes.
Manche Geschwülste sitzen an und auf den Tuben, u.
somit ist eine Entleerung einzelner dieser Geschwülste
durch die letzlern möglich. Sie scheinen keinen auf-
fallend nachtheiligen Einfluss auf das Leben selbst zu
üben , u. werden deshalb wahrend des Lebens selten
der Gegenstand einer ärztlichen Untersuchung. Eine
solche Entleerung hat man jedoch bis jetzt noch nicht
beobachtet. Die anatomische Untersuchung überhaupt
hat, so viel dem Vf. bekannt, bis jetzt noch nicht
nachgewiesen, dass eine dieser Formen von Eier-
stockwassersuchten durch die Tuben direct oder indi-
rect sich nach aussen entleert hat ; wohl aber ist bis
jetzt bekannt, dass sich die Balggeschwttlsle der
Ovarien, ebenso die Wassergeschwülste durch die
vordere Bauchwand, den Mastdarm und die Harnblase
entleeren. Letztere Ausscheidungsweisen hat Vf.
selbst beobachtet.
Somit ist das Operationsverfahren Gartwright's
mittels des Katheterismus sowohl bei der ersten, als
dritten Art der Eierstockgescbwülste ungewöhnlich
und unwahrscheinlich, indem sich aus dem Bisherigen
deutlich ergiebt , dass sich im höchsten Falle nur ein
Fach oder eine Blase, nie die ganze Geschwulst ent-
leeren kann. Am meisten Aussicht auf Erfolg zur
Entleerung durch die Trompete hat die zweite , ein-
fach blasige Geschwulst. Sie kann sich entleeren,
wenn nur eine Oeffnung in der verwachsenen Trom-
pete zu Stande gekommen isL Allein , dass dieses
geschehen sei, ist bis jetzt noch nicht anatomisch
erwiesen. Eine durch den Katheterismus Tubae oder
durch die Natur geheilte Eierstockwassersucht ist
bis jetzt noch nicht zur anatomischen Untersuchung
gelangt.
Die miigetheilten Heilungifülle vom Hydrops
profluens und die Cartwright'schen Beobacblua-
gen lassen sich aber so erklären, dass sie 1) wirk-
liche Fälle von Hydrops ovarii waren, wobei entwe-
der durch die Natur allein, od( r mit Einwirkung der
Kunst eine reichliche Absonderung erregt werden
kann. 2) Kann eine Krankheit der Gebärmotter selbit
vorhanden gewesen sein , indem sich in Folge einer
vorangegangenen Krankheit der obere Theil der Ge-
bärmulter abgesperrt, und nach Art, wie ihn Prof.
Mayer in Bonn beschrieben, ein Uterus bifi dos ge-
bildet hat. Die eingeführte Sonde hat die Scheide-
wand durchstossen , und so den Inhalt entleert 3)
Ist möglicherweise eine Krankheit der Mutlertronpcce
vorhanden gewesen, welche sirh nicht selten stkr
bedeutend erweitert und eine Flüssigkeit enthalt,
welche durch Katheterismus entleert wurde. 4) Es
mag eine solche Entleerung aus dem Eierstock ia
seltenen Fällen selbst zu Stande kommen. Obgleteh
nämlich bis jetzt ein anatomischer Nachweis flir eise
solche Entleerung noch nicht geliefert worden ist, m
ist doch noch keineswegs damit erwiesen , dass sie
nicht vorkomme. Bis jetzt wissen wir nur, dass bei
der Heilung der Eierstock-SackgeschwUiste die. Pllls-
sigkeit auf einem andern Wege nach aussen entleert
wird , als durch die bei diesen Krankheilen m^it
abgeschlossenen Muttertrompeten.
Die OelTnung der Balggeschwülsle des Eierstocks
nach aussen erfolgt, wenn sie rein der Natur tllier-
lassen bleiben: 1) durch die vordere Bauch wand;
2) durch die Harnblase; 3) durch den Mastdarm.
Dass die Natur diese Wege auch für Beseitigung der
Wassergeschwülste benutzen kann, bezweifelt \L
nicht. Es ist wenigstens von Interesse, dass diese
Wege benutzt werden , um in künstlicher Weise den
Inhalt der Eierstockblasen zu entfernen. Vf. hat
schon mehrmals eine Entleerung der Eierstockwas-
sersucht durch das Haarseil ata der vordem Baaeh-
wand herbeigeführt, indem er zunächst am Unferfeifre
eine mit den Eierstockblasen in Verbindung slehcade
Fistel zu bilden suchte, welche deren Inhalt nach
aussen entleerte, während das Haarseil die Oliblert-
tion des Sackes durch Eiterung herbeiführte. Brown
führt dieses Verfahren des Vfs. als ein neues von ihn
erfundenes an. Die Folgerungen aus seinen frObera
und jetzigen Mittheilungen sind : i) dass einige Falk
der Eierstock Wassersucht durch den Druck lieilbar
seien. Dieses Verfahren erklärt er für anwendbar
bei einfäcberigen Wassergeschwülsten ohne Verwaeb-
sungen , mit klarem und nicht eiweissähnlichem !■-
halt, und bei kräftiger Constitution. 2) Dass manche
Fälle von vielföcherigeii Geschwülsten durrh dea
Druck erleichtert und in ihrem Verlaufe auff*<*lialleB
werden. 3) Dass in Fällen , mögen in ihnen eia-
oder vielfacherige Geschwülste vorhanden sein, wo
der Druck nicht Heilung bewirkt, die Exstirpaüan
das Heilungsmittel ist. 4) Da^s da, wo die Verwacb-
sungen und Ausdehnung der Geschwulst die fixstir-
pation nicht erlaubte , und wo tier Druck contrainü-
cirt ist/ oder ohne Erfolg angewendet wurde» das
V. GyolkologM u. PidiatriL
903
oben besefariebene Operationsverfahrmi zur Anwen-
duDg kommt und mit der grOisten Aussicht auf Er-
folg angewendet werden kann. 5) Dass dieses Ver-
fahren leicht und ohne Gefahr ausgeführt werden
kann ; denn in keinem Falle kam in B r o w n *8 Beob-
achtungen ein durch die Operation an sich bewirkter
tddtlicher Ausgang vor.
Der Werth des letztgenannten Verfahrens u. sein
Erfolg hangt vorzugsweise von der anal. Beschaffenheit
der Geschwulst ab. Bei den einf^cherigen Geschwülsten
ist die Aussicht auf Heilung vorhanden ; bei den viel-
ftlcherigen Geschwülsten aber, wo ihre Wandungen
beträchtlich dick sind, und knorpeiariige Harte zei-
gen, erwartet Vf. von jenem Verfahren nicht einmal
mit einiger Wahrscheinlichkeit Hülfe, indem sich im-
mer wieder neue Fächer sowohl, als auch immer
neue Geschwülste bilden. Wie soll also das Ver-
fahren bei der oben angeführten dritten Form der
Eierstockgeschwulst nützen? Ausserdem kommt die
Verletzung des Peritoneum und die mögliche Ver-
letzung der Arteria epigastrica noch in Anschlag.
(Hagen.)
4io. Geheilte Eierstockwassenucht; von
D 0 u g 1 a s s. (Gharleston Journ. Sept. 1851.)
Eine 30jahr. kinderlose Negerin lilt seit 3 Jahren an
Eierstockswassersacbt , gegen welche Krankheit die yerscbie-
denstcn Mittel erfolglos angewendet worden waren. Wegen
aasgebreiteter Verwachsungen der Geschwulst war eine Ex-
stirpation derselben untbunlich. Yf. machte daher im Juni
1848 auf dem hervorragendsten Punkte der Geschwulst einen
Einschnitt durch die Bauebbedeckungen und stiess einen Tro-
kar ein, worauf 3 bis 4 Quart milchartiges Fluidum abflössen.
Er liess die Kanäle liegen und ?erstopfte sie ; täglich wurde
dieselbe einmal geöflnet, und auf diese Weise flössen noch
mehrere Tage lang je 1 Pinte Flfissigkeit ab. Hierauf blieb
die Kanüle offen , und es floss noch 8 bis 10 Tage lang fort-
wahrend etwas von dem erwähnten milchartigen Fluidum ab,
bis es sich in gesund aussehenden Eiter umwandelte. Am
1. August konnte die Kanüle entfernt werden; noch bis zum
December fand eine geringe, normale Secretion aus der Wunde
Statt, die sich dann TÖlIig schloss. Schon im October hatte
die Frau wieder an ihre Arbeit gehen können; gegenwärtig
ist sie föllig wohl. (Sickel.)
441. üeber den Werth des Galyanismus in
der fiebortshUfe; von Houghlon. (Dubl. Joum.
Pebr, 1852.)
Wahrend Simpson, gestützt auf 8 eigene Be-
obachtungen, den Galvanismus für ein unzuverlässiges
Miilel» Contractionen im Uterus zu erregen, erklart,
tritt Radford als warmer Vertheidiger desselben
auf: Bei diesem Abweichen der Ansichten 2 so be-
deutender Manner hält es Vf. für nOthig, dass ein
Jeder seine , wenn auch nur wenigen Beobachtungen
Ober den fraglichen Gegenstand veröffentliche , damit
man aus der Summe derselben zu einem sichern
Schlüsse gelange. Er führt darauf 4 von ihm gelei-
tete Geburtafillle vor, in welchen sich die Anwendung
des Galvanismus von den besten Folgen begleitet
zeigte ; hieran reiht er kurz alle ihm bekannt gewor-
deneo Beobacbtongen anderer Aerzte, nSmlich von
Dorrington, Glarke, Cleveland, Demsey,
Golding Bird und Radford. Aus 32 sa zu-
sammengestellten Fallen (Simpson 's 8 Fäln mit
eingerechnet) gewinnen wir folgendes Resultat:
24mal war der Erfolg ein entschieden guter, Imal
ein zweifelhafter, 7mal ein negativer. Die 24 Fälle,
in denen die Anwendung des Galvanismus eine ei^
folgreiche war, waren 8 Falle von Hamorrhagie vor
Austreibung der Frucht, 6 nach der Geburt, 8 Falle
von Atonie der Gebarmutter und 2 von Erregung der
kflostiichen Frühgeburt. Da die übrigen 8 Falle , in
denen der Galvanismus keine entschiedene Wirkung
hervorbrachte , alle von Simpson beobachtet sind,
80 ist mit der grOssten Wahrscheinlichkeit anzuneh-
men , dass dieser in der Art der Anwendung des Mit-
tels sehr von allen Andern abwich.
G 0 1 d i n g B i r d ist der Ansicht, dass der galva-
nische Strom ebenso wenig wie das Mutterkorn vei^
mag , Contractionen im Uterus hervorzurufen , wenn
solche nicht schon vorher vorhanden waren , dass er
aber bei Schwäche der Wehen, oder auch wenn diese
schon seit längerer Zeit ganz aufgebort hatten, sie
von Neuem in gehörigen Gang bringen wird. T y 1 e r
Smith sagt : der Uterus kann durch dieses Mittel zu
Contractionen gebracht werden , wenn er auf keinen
andern Reiz reagirt. Ganz in demselben Sinne spre-
chen sich Ramsbotham und L e v e r aus. Gestützt
auf solche Autoritäten kann man wohl ohne Beden-
ken glauben, dass der Galvanismus ein äusserst wich-
tiges Mittel in der Geburtshttlfe ist, zu dem wir bei
Blutungen vor und nach der Geburt, so wie bei Ato-
nie der Gebärmutter das grösste Vertrauen haben
dürfen ; es ist nicht allein Reizmittel für den Uterus,
sondern zugleich für den ganzen Organismus u. leistet
daher bei Blutungen den hervorstechendsten Indica-
tionen Genüge. Wenden wir den Galvanismus bei
Atonie des Uterus an, so ist bei engen Geburtswegen,
grosser Rigidität derselben u. s. w. sehr darauf zu
achten , dass man nicht zu heftige Contractionen er-
regt; eine Ruptur des Uterus wäre dann kein undenk-
barer Fall. Sollten, was nicht unmöglich ist, die
durch unser Mittel erregten Wehen zu schmerzhaft
werden , so lasst sich diesem Umstände durch Chlo-
roform begegnen.
Die Anwendungsweise des Mittels ist die, dass ^
man entweder einen Pol an das Kreuzbein , den an-
dern an die Bauchdecken bringt, oder dass man den
einen Pol durch die Scheide an die Gebärmutter selbst
führt. Ob ein fortwährender Strom durch den Ute-
rus zu leiten ist, oder ob derselbe, ähnlich den We-
hen , in Pausen angewendet werden soll , hängt von
dem einzelnen Falle ah. Es scheint am gerathend-
sten, den Strom anhaltend wirken zu lassen , bis die
Wehen stark genug werden; dann kann man aus-
setzen und die Leitung nach Umständen von Neuem
beginnen. Der ausgebreitetem Anwendung des Gal-
vanismus steht ein grosses Hinderniss entgegen, näm-
lich der Umstand, dass es nicht immer leicht ist» den
erforderlichen Apparat zur Stelle zu schaffen, u. dass
Mi
V. G<|niak»logiii «. FvdiatciL
mm imia^T eines erfahreuea Oekillfen bedflrfen wird.
Die Brßoduiftg eines kleiiiett, portativen Apparate
wttrle eine wesentliche Bereicherung (Ur die Ge^
fourtihalfe sein. ' (S i c k e I.)
442. Berickt Aber den Cfebraiek d«8 Chlth
roToraB ib fiehoitsrallen in der Dibliner Cfebb^
ftnstftlt ; von J. D e n h a m • übersetzt von ß u s c h.
(N. Ztschr. f. Geburtsk. XXX. 1.)
Das Chloroform wurde grösstentheils bei ganz
gesunden Frauen angewandt und vorzugsweise nur
bei solchen» bei denen kein organisches Leiden eines
edlern Organs vorhanden war. Wird eine Kreissende
der Einwirkung des Mittels ausgesetzt» so nehmen
gewöhnlich die Wehen an Häufigkeit, Starke und
Dauer ab ; setzt man das Mittel kurze Zeit aus , so
beginnt die GeburtsthKtigkeit in verstürktem Grade
wieder. Die Wirkung auf das Sensorium ist eine
sehr verschiedene , der Schmerz schein! immer g^
mikiert zu werden. Die Ausdehnung des Muttermun-
des wird erleichtere, die Scheide erschlafft.
Sieben Mal , wo das Chloroform in leicht verlau-
fenden , normalen Gebur(sf3llen gebraucht wurde,
wurde der Verlauf der Geburt nicht gestOrt, den
Kreissenden aber der grOsste Theil der Schmerzen
erspart; schlimme Folgen traten niemals ein. Von
besonders gutem Erfolge zeigte sich das Mittel 2mal
in der 2. Geburtsperiode bei sehr empfindlichen
Frauen. Da, wo zwar keine Beckendeformiiaten,
aber ein gelinder Grad von Engigkeit des Beckens»
Rigidität der Weichtheile und ein harter, grosser
Kindeskopf vorhanden ist, bringt das Mittel nicht nur
keinen Nutzen, sondern kann den Verlauf der Geburt
in bedenklichem Grade verlangsamen.
Am nützlichsten zeigt sich das Chloroform bei
ViorzuBehmender Wendung; bei Zangenenlhinduogen
erleichtert es die Anlegur\g des Instruments ausser-
ordentlich. Bei aller zu leistenden Kuostiiülfe ge-
wahrt dtis Mittel dadurch grossen Nutzen , dass es
den betäubten Gebärenden die Äugst erspart. Con-
vulsiunen sah D. nie durch das Cliloroform entstehen,
es schien sogar dieselben , wo s^iciie vorhanden wa-
ren , zu^mässigen. Üass zu Blutungen in der Nach-
geburtsperiode , so wie zu Zurückhaltung der Nach-
geburl Veranlassung gegeben werde, kann Vf. nicht
zugeben. (Hagen.)
443. Wendung dnrch Lagernng der Kreis-
senden; von Dr. Hoogeweg. (Pr. Ver.-Zlg. 41.
1851.)
Vf. kann sich mit Martin (Beitrage zor Gyiiäko-
logie. 2. Heft. Jena 18.49), welcher eine SoAderung
der beiden ^griffe „äussere Wendung** uiMt „Begün-
sligung der $e4^8twendung'' wünscht , nicht einver-
standen erklären, da letztere unter gleichen Kriterien
stattfinde, wie jene. Er therlt darauf einen von ihm
beobachteten Fall von äusserer Wendung hei wirkli-
.jhü* Querlage avsfdhrlioh mü.
Beim Beginee der GeboM «Iner watothsialiflh zm 1
Male Gebarenden wurde durch die aasaei« tlntersttcbvng eine
Querlage erkannt, indem der Kopf des Kindes in der linken,
der Steiss in der rechten Seite der Mutter deotlich gefohlt
wurde. Vf. ordnete die Hake Seiteeiage an , gab wegen «•-
regelmässiger Weheo einige Ooaen Ipeeac« , aoachte 10 Sil
spater , wegen Empfindlichkeit des* Leibes , einen Aderbsa,
gab darauf Borax und später abermals Ipecac. , bis eodlitil
nach mehr als 20stund. Geburtsdauer das Kind mit dem Kopfe
voran geboren wurde. (Schwarze.)
444. Ueber die OperatioDeii des Dammzii-
SeS; von Wutzer. (Rhein. Mon.-Scbr. Febr.
1851.)
Nach Erzählung einer interessanten, glflckM
gelungenen Operation eines hetrlchtlichen DaBnii-
sea, und mit Bezug auf 4 andere durch E. Webet
(Spiciiegium casuum nonnullorum chirurgiooram eifi.
Diss. inaug. ftonnae 1 849) frtther verOffenUiehle, ähn-
liche FaUe , macht Vf. fotgeiide Bemerkungeo. Oh-
gleich bisweilen nach früh aagelegter Naht Heihag
erfolgt , so muss man nicht vergessen , daas bei Jon-
gen, gesunden Frauen oft genug der Damnuiss teth
einfache« Aneinanderbinden der Schenkel und Rein-
lichkeit schon heilt ; es ist somit zweifelhaft » ob die
erfolgte Heilung mehr der gltcklicben ConstiloiioB
der WUchiierin, oder mehr der in so früher Zeil In»-
serst schmerzhaften Nahtanlegung zuzuschreiben seL
Bei dem hekannlen schädlichen Einflüsse, den schärft
FIttsMgkeiten auf Wunden üben, ist es j^deslalb
rtfthbch, sich der bhitigen Naht zu enthalten, so laage
der Wochenfluss dauert; nur selten dOrfle sie wahi^
hafl nützlich werden.
Ein Hauptaugenmerk ist bei der Operation auf die
zweckmassige Einbringung der Faden zu richten. Ci
ist eoaf fehlenswerth, milssig gekrümaate Nadeln an-
zuwenden , die lang genng sind , «im von einer Seite
zur andern , nnmittelbar hinter der angefrischlea
Wunde , quer hindurcbgeführt zu werden ; eine sol-
die Nadel muss zur Uefiung einer volAstlad^n
Ruptur etwa 2^2» 3 bis 4" lang sein. Sie lanss
8 bis 4'" weit von dem Spaltenrande der einen Seile
entfernt in die gesunde Haut ein- und ebenso fem
von dem Runde der gegenüberliegenden Seite wieder
ausgeslocJien werden. Bei ihrer ÜurchfCihrong muss
sie von der in der Wunde liegenden Spitze des linken
Zeigefingers stets verfolgt werden, damit roan sich
davon überzeuge, wie die Nadel» etwa 2"' hinter der
wun4l gemachten Fläche, den ihr vorgeschriebenen
Weg von Punkt zu Punkt richtig zurOcklegt. 0er
glückliche Erfolg ist nifmiicb in beheni Grade dvwn
alihäflgig, dass die einzulegenden Fsdea alleBlhalbea
mit einander parallel, und «war in einer gefenaeili-
gen Entfernung von 2^9, hdchstens B**' «crlanCeii;
nur so danf man hol&n, alle Punkte der beiden
Wund^achen so au veteinigen, daaa keine kleinea
Uhlen ibwiachet ihnen übrig bjaiben, in denea nicfc
Wundseoret anhXufen amd ao EüerbiAtoig venniHeli
werden könnte, die hier seJir stftaend wirkt« da AUea
daran liegt, die Heilung durch sebMlIe Vereinigaag
m heimfcen. ffindat eick sur eine navo
?. GfBlkoltgfe «. HAatiik.
M
8|»a1te vor, timff ist fie1I«ieht mirderhilbeftanim zer^
rissen , so reicht eine Heltnsdet tod mUller GrOsse
aus.
Die umschlungene Naht ist nur bei oberflächlichen
Rissen mit Nutzen anzuwenden ; gerade NadeUi fassen
den tiefern Tbeil der Spalte nicht mit. Auch die
Zapfennaht ist weniger brauchbar, als die einfache
KDopfnaht, Ein gewichster doppelter Seidenfaden
ist vierfachen Faden, od. breiteren Bändern vorzuziehn.
Nach geschehener Heftung Seiteneinschnille rechts u.
links neben der Naht zu machen, ist nicht nothwen-
dig; das Zusammenbinden der Schenkel hob jede
SpaoBung der gehefteten Theile genügend. Das Ein^
legen einer Naht in den eingerissenen Mastdarm selbst
erscheint dem Vf. aonöthig ond zweckwidrig.
Ob bei der Operation die Rücken- oder Bauch-
lage angenommen werden soll, richtet sich nach der
Individualität des Falles und besonders nach dem
Grade der Beckenneigung, Das Abscheeren der
Haare vor der Operation ist nicht nfithig.
(Sickel.)
445. Ueber die Anwendung der Kilte nacli
gemacbtem KwerSChAitte; von Metz in Aachen.
(UeutscKe Klin. 3 u. 4. 1852.)
Der beste AugenbHck zur Vornahme des Kaiser-
schnitts ist der Zeitpunkt , wo sich der Muttermund
erOflnet hat» denn zu dieser Zeit ist die Kreissende
noch im Besitze der nöthigen Kraft* und die Wehen
haben noch keinen nachtheiligen Einfluss aut das
Kind ausgeübt. Die Eihäute werden dann auf künst-
lichem Wege gesprengt. Den Einschnitt hat Vf. stets
in der Linea alba gemacht und, wo n(Hhig, ihn nach
links über den Nabel hinaus verlängert; nie wurde
ein bedeutendes Geülss dabei verletzt. Zur Zurück-
haltung der etwa vorfallenden ünteileibscontenta
will VL die blossen Hände» keinen Schwamm, ange-
wendet wissen. Der Einschnitt in den Uterus wird
in derselben Richtung, wie der in die Bauchhöhle ge-
macht; wenn dabei einzelne Gefässstämme durch die
Cuntractionskrafl des Uterus sich nicht schliessen woll-
ten, so bedienle sich Vf. in solchen Fällen des Finger-
drucks« indem er mit Daumen und Zeigefinger das
üterusparenchym in der Umgegend des spritzenden
Lumen zu wiederholten Malen erfassle und compri-
mirte; in der Regel wurde durch diese eingeleitete
Gontraction der gewünschte Blulstillsland erzielt. Die
Entfernung der Placeota wurde immer sogleich nach
Hera usbefOffderung des Kindes vorgenommen. Wurde
beim Einschneideu auf die Mitte der Insertionsslelle
der Placenta gestossen, so wurde diese letztere niclit
durchschnitten, sondern losgetrennt und vor dem
Kinde enUernl. Die Anlegung der Biauchwundennaht
g^cheh nach 4er bekannten liethedn von Graele;
hierauf wurde den Bauche dacch eineeinfoche leinene
Binde ein Halt gegeben.
Ifachdem» dre Opepirie im Wochenbett gebracM
tmtff hegivn^ man mit der Anwendung von kaHem
Wasser, das nach «inigen Stunden m(t Ei» verttnsefal
wird. Diesen ertlich spplicirten Mitteln werden kalte
Wasserklystire und das Versehlneken ?on Biepillen
binzugenigt. *Es versteht sich von selbst, dass eine
leissige a. sorgflltige Abwechselung in diesen Holfi-
leistungen unbedingtes Erforderniss ist. Als Baupl*
regel muss bei dieser Bebandlungsweise der Sats anf*-
gestellt werden , so lange unausgesetzt mit der Mo-
sern Application des Eises fortzufahren, so lange es
der Wöchnerin behaglich ist ; giebt diese ein dent-
liebes Unbehagen zu erkennen , so werden die Um-
> schlage einige Stunden ausgesetzt und erst dann wie-
der erneuert, wenn das Verlangen nach ihnen ein-»
tritt. ' Diese Methode schon in den ersten Tagen ganz
zu verlassen , wird nur selten zulässig sein. Aneh
bei der Anwendung der Eispillen und Klystire muss
man sich darnach richten, ob sie der Wdchnerin Br*>
qnickung und Linderung bringen; treten Dnrohfllle
ein , so giebt man Stärke-Klyslire mit Plumb. acet,
oder Opium, letzteres Mittel auch innerlich. Ueber-
haupt ist es räthHch, zur Beruhigung des Nerven*
Systems vom Anfange an das Opiam in starker Dosis
zu geben ; seine gute Wirkung macht sich bald durch
Stärkung, Belebung und Kräftigung, so wie dureh
ein Srcbheben, Voller- und Regelmässigerwerden des
Pulses hemerklich. Hinsichtlich Ortlicher, wie all-
gemeiner Blutentziehungen kann nicht genug Vorsicht
empfohlen werden ; nur dann , wenn Verdacht erre-
gende Erscheinungen das Krankheitsbild complici-
ren (?), trete man mit diesen Waffen hervor.
Wenn nicht zur richtigen Zeit Stuhlenüeerungen
durch Hülfe von Klystiren eintreten, so gebe man Ca-
lomel oder Ol. ricini. • Der Wochenschweiss , die
Milchsecretion und der Lochieofluss sind streng zu
überwachen; die Erfahrung hat gelehrt, dass diese
Functionen durch die Anwendung der Kälte nicht im
Mindesten beeinträchtigt werden. Das diätetische
Regimen richtet sich nach dem Charakter der verschie-
denen Erscheinungen. — Die Behandlung der Wunde
anlangend, so wird, wenn der Ausfluss stockt, durch
behutsames Sireichen nach der Wunde zu, durch
Einbringen einer Sonde , oder eines weiblichen Ka-
theters, ferner durch angemessene Lagerung der
Kreissenden, wo nölhig durch die Knieellenbogenlage,
die Entfernung der angesammelten WundflUssigkeit
erreicht. Nebenbei ist gleich von vorne herein für
OlFenbleiben des Muttermundes zu sorgen.
Vom Jahre 1837 bis 1850 incl. wurde von den
Aachner Aerstea 8mal der Kaiserschnitt nach dsn an*
gegebenen Kurregeln aasgeiHlbrt ; nur IbmI war der
Ausgang fBr die Mutter ein unglücklicher, fttr die
Kinder immef ein glttekHcher* Die erwähnten 8 Fülle
werden hierauf einsein erzählt u. es sind einige der«
seihen sehr lasenawerth. (S i c k e l.>
446. Behwdliuig^ der lastitu lait CoUa*
dittm; von Spengler in Herborn. (Ebendas. 6.>
Der Nutzen der Conipression einer eiMzünde^^
Brnsl ist wohl aHgemein anerkannt. Ea hanMt ^>-^
V« GyMfeidogie u. PSdiatriL
nur darum, ein zweckmissiges Verfahren ausGndig
SU machen. Denn der von Ki wisch empfohlene
Seulin'sche Kleisterverband ist an der Brust so schwie-
rig anzulegen , dass eine allgemeine Verbreitung die-
ser Heilmethode wohl nie zu erwarten sieht. Vf.
machte desshalb Versuche mit dem Collodium u. zeigt
im Nachfolgenden die Vorzüge, welche diese Com-
pressionsmethode vor der K i w i s c h * sehen hat. 1)
Die leichte Anlegbarkeit ; 2) die Zeitersparnisse 3)
die GoUodium-Compression hindert nicht das Athmen,
was bei dem Kleisterverbande wegen der um den gan*
zen Brustkorb herumgehenden Touren immer mehr
oder weniger der Fall ist ; bei der Behandlung mit
Collodium gendgt eine einfache Unterstützung der
Brust. 4) Die Compression ist allgemeiner und
gleichförmiger. 5) Das Anlegen kann im Liegen ge-
schehen und es braucht nichts » als die kranke Brust
eotblösst zu werden. 6) Bei dem Collodiumverband
wird nur die leidende Brust der Compression unter-
worfen, während beim Kleisterverband beide Brüste
eingewickelt werden müssen. 7) Etwaige Abscess-
Offnungen können leichter freigelassen werden. 8)
Die CoUodiumdecke gestattet wegen ihrer Durchsich-
tigkeit dem Auge stets , sich vom Zustande der Brust
zu überzeugen ; da sie nur dünn ist, so ist die Unter-
suchung für das CefUhl selbst nicht sehr erschwert.
9) Bildet sich ein Abscess, so sticht man durch die
CoUodiumdecke ein , und die Compression bleibt un-
gestört. 10) Bei profuser Eiterung und Jauchung»
80 wie bei hinzugetretenem Erysipel ist der Kleister-
verband gar nicht anwendbar. Gegen die corrosive
Wirkung des Eiters und der Jauche ist aber nichts
besser, als ein Collodiumüberzug, und für Erysipel
ist ja gerade Collodium das beste Abortivmittel. 11)
Gataplasmirungen können, wo sie nöthig werden,
gleich über die CoUodiumdecke hinweg geschehen.
12) Bei vielen Eiterdurchbrüchen und bei sinuösen
Fistelgängen ist der Kleisterverband fast gar nicht an-
wendbar, wahrend es nicht schwierig ist, die CoUo-
diumdecke aufzutragen. 13) Bei Collodium ist die
grössle Reinlichkeit leicht möglich , ohne , wie beim
Kleisterverband, am Verbände etwas ändern zu müs-
sen. 14) Der Collodiumverband gewahrt den Kran-
ken viel grössere Bequemlichkeit. 15) Der Kleister-
verband wird bald lockerer, während die Zusammen-
ziehung des Collodium längere Zeit anhält, anfangs
sogar zunimmt. Bei zu fester Spannung entstehen in
der CoUodiumdecke Risse und Sprünge, die leicht
verklebt werden. 16) Der CoUodiumverband kann
sich nicht verschieben. 17) Etwaige Risse und
Sprünge im Collodiumverbande können durch die Kran-
ken selbst wieder zugeklebt werden. 18) Das Col-
lodium hält die Luft ganz ab, wodurch gleichsam alles
Nahrungsprincip für die Entzündung abgeschnitten
wird. 19) Da der Druck durch den CoUodiumver-
band ein sehr gleichmässigcr ist, so ist eine Zerthei-
Inng der Entzündung eher zu hoflTen , als beim Klei-
sterverbande.
Vf. erzählt einen Fall, wo er das besprochene
Verfahren mit dem besten Erfolge anwendete, indem
schon in 4 Tagen die Heilung vollendet war. Kr be-
strich die ganze kranke Brust mit Collodium , indes
nur die Warze frei blieb; das Collodium wurde daia
noch 2 Finger breit weiter als die Brust runduoD auf-
getragen , und am andern Tage wurden die entstan-
denen Risse verklebt. (S i c k e I.)
447. Ueber Singen nnd Nichtsingen km-
ker Franen; von Uauff in Kirchheim. (WUrtemb.
Corr.-Bl. 3. 1852.)
Vf. lässt es sich angelegen sein, die von Ro eser
in Nr. 39 des Würtemb. Corr.-B. vom vorigen hkn
(Jahrbb. LXXIII. 195) ausgesprochenen Ansicliin
ausfuhrlich zu widerlegen. Wenn R. an die Spöit
seiner Ausführung das Axiom steUt , dass alle acut
und chronische Krankheiten den möglichst gansiiget
Verlauf nehmen , wenn alle normale Se- und Excre>
tiooen in Ordnung seien, so ist diess im AllgeoieiBei
zuzugeben ; aber er stellt irrlhümlich diejenigen Se-
cretiooen , welche zunächst auf den Organismus do
Individuums Beziehung haben, in eine Reihe mit ilea-
jenigen , welche nicht auf das Individuum , sondert
auf die Gattung berechnet sind, und unter diese ge-
bort die Absonderung der Milch. Gs steht aber fest,
dass in allen Fällen schwerer Erkrankung des Indivi-
duums die für die Gattung bestimmten Secretionen
alsbald abnehmen und aufhören, was R. auch von der
Milch zugiebt.
Wir wollen hier dem Vf. nicht in aUen einzelnen
Punkten seiner grüsstentheils gelungenen Wideriegong
folgen , sondern nur seine am Schlüsse des Aufsatzes
ausgesprochenen Ansichten über den fraglichen Ge-
genstand wiedergeben. In allen schweren acutes
Krankheiten, besonders aber in solchen , wo der er-
krankte Körper voraussichtlich einen bedeutenden
Verlust an Nährstoffen zu erleiden hat, muss, sobald
die Milchsecretion abnimmt oder aufhört , das StiUes
untersagt und niemals erzwungen werden. Letzte-
res ist nur in den Krankheiten des Wochenbettes fe-
stattet , eines Zustandes , in welchem der weiblidie
Körper mit serös-plastischen Stoffen überfüllt isU die
sich bei eintretender Krankheit hier vorzugsweise
gern massenhaft in die verschiedenen Höhlen ergtes-
sen, und wo die Milchsecretion eben desshalb in
ganz anderer Beziehung zum weiblichen Organismus
steht, als späterhin. Tuberkulösen ist das Stillet
unter allen Verhältnissen zu verbieten; in andern
chronischen Krankheiten, namentlich in den bei dem
weiblichen Geschlechte so häufigen Neurosen richte
man sich nach den Umständen ; wo die Milchabson-
derung bei gutem Appetite der Frau reichlich fort-
dauert , lasse man fortstillen. (S i c k e 1.)
448. Ueber den Wiedereintritt der Klek-
secretion nach lingerer Unterbrechung denal*
ben; von G übler. (L'Union 7. 1852.)
Vf. theilt mehrere von ihm beobachtete Fällle anl,
in denen es gelang, die Milchsecretion bei Frauii
wieder in Gang zu bringen, welche wegen wnnd«
V. Gynäkolog» u. PMiatrik.
207
Brnstwanen , oder ans andern Gründen das Singen
ihrer Kinder halten abbrechen massen. In einem
Falle war das Slillen 4 Monate lang unterblieben, und
dennoch trat, ebenso wie in den 3 andern mitgrtheilten
Fallen, eine regelmassige Milchsecret. wieder ein, nach-
dem das Kind beharrlich mehrere Tage lang angelegt u.
ihm , um es zum Saugen zu zwingen , alle andere
Nahrung entzogen worden war. Es scheint , als ob
auch der Wiedereintritt der Menstruation der Rückkehr
der M'lohsecretion nicht hinderlich sei; in einem der
mitgotheilten Falle war die Menstruation einmal wie-
dergekehrt, hatte mehrere Tage angehalten, und
das Stillen war dennoch wieder in Gang gekommen.
In Betracht der vielen, durch den Mangel der
Mutterbrust elend werdenden Kinder, und in Hinblick
auf die oben erwähnten Beobachtungen giebt Vf. den
Rath, häufigere Versuche anzustellen, die Milchserre-
tion durch beharrliches Anlegen der Kinder wieder in
Gang zu bringen, auch wenn schon Monate vergangen
wären.
3 andere Fälle werden von Ballou (Amer.
Journ. Jan. 1852) mitgetheilL Die Mütter halten
wegen Krankheit das Saugen einstellen mttssen , ver-
suchten es aber nach Verlauf mehrerer Monate auf
Anrathen des Vfs. mit Beharrlichkeit von Neuem , die
Milchsecretion kam wieder in Gang, und die Kinder
wurden noch Monate lang gestillt.
Ref. kann nicht umhin, bei dieser Gelegenheit
eines von ihm beobachteten Falles Erwähnung zu
thun. Er entband im April 1846 ein kräftiges, ledi-
ges Frauenzimmer mittels der Zange von einem Kna-
ben ; die Mutter stillte ihr Kind ^4 ^^^^ ^^^f^' lo>
November 1851 sah er zufällig die Entbundene wie-
der und überzeugte sich, dass sie noch immer reich-
lich Milch absonderte ; sie halle im Jahre 1 849 ein
Kind ihrer Schwester einige Monate hindurch gestillt,
iiii e Gesundheit ist übrigens vortrefflich ; sie ist ganz
regelmässig menslruirt, pflegt aber, wie sie ohne
Scheu gesteht, ileissig des geschlechtlichen Umganges.
(Sickel.)
449. Ueber dieBehandluns; des Sckeintodes
und der angebornen Schwäcne der Neagebor-
neu; von l)r. A. Marchant, Hulfsarzt an d. Vel.-
Schuie zu Alfort. (L'Union 8. 9. 1852.)
Seheintod, — Die wesentlichste Indication bei
Behandlung des Scheintodes der Neugebornen besteht
darin, den Lungen LuA zuzuführen und hierdurch die
maugelnde Oxydation des Blutes zu vermitteln. Diess
kann durch nichts besser und schneller bewerkstelligt
werden, als durch das LuAeinblasen, welches verbun-
den mit der Sorge für gehörige Erwärmung des Neu-
gebornen vollständig hinreicht, um das Leben wieder
aosufachen, sobald nur keine materiellen Hemmungen
in den Organen vorhanden sind. Es ist daher jeden-
falls fehlerhaft , die kostbare Zeit durch allerlei Ver-
suche mit Reizmitteln zu verlieren , um den Respira-
tioasprocess auf dem Wege der Reflexaction ansu-
regen, von denen manche sogar» wie namenlliek
scharfe Gerüche, weit eher geeignet sind, das Atbmen
zu hemmen. Nur bei der leichteren Form der
Asphyxie, wo noch Empfindung und Bewegung statt-
findti , mag ein derartiges Verfahren allenfalls ge-
rechtff'rtigt sein, bei voller Ausbildung derselben
dagegen, wo die Haut bleich und unempfindlich, das
Gefühl vfillig erloschen ist, da können solche Reizun-
gen (der Nase, des Rachens, der Haut) keine Wirkung
mehr hervorrufen, indem ja die Reizbarkeit fehlt.
Man sucht dann wohl norli nach dem Herzschlag, und
ist dieser nicht wahrzurrhmen , so betrachtet man
das Kind als todt. Allein die Ausculuaion iSsst
selbst jetzt noch ein schwaches Fortbestehen der
HerzI • wegungen erkennen, und der anscheinende
Leicliiiam ist mehrfachen Beobachtungen zufolge oft
noch nach Stunden in das Leben zurückzurufen, so-
bald man nur <!as geeignete Mittel, nämlich das Luft-
einblasen , mit gehöriger Sorgfalt und Ausdauer an-
wendet.
Man hat für dieses LußeinblaseH 3 verschiedene
Methoden empfohlen.
1) Die allere Weise, wobei man eine Röhre in
eines der Nasenlöcher des Kindes einführt, das an-
dere zudrtickt und so die Luft einbIXst. Es ist diess
die leichteste Art und von dem gefOrchleten Eindrin-
gen der Luft in den Magen, welches übrigens bei kei-
ner Methode vermieden werden kann , nichts zu be-
sorgen, indem man diese Luft durch ZusammendrUk-
kung des Bauches und der ßruslwan düngen leicht
wieder entfernen kann.
2) Das unmittelbare Einblasen in den Mund des
Kindes. Dieses hat jedoch fttr manche Aente etwas
Widerliches, daher man auch das Dazwischenlegen
eines dünnen Leinentuches empfohlen hat
3) Das Verfahren von Ghaussier mittels einer
Röhre , welche in den Larynx gebracht wird. Diese
jetzt fast ausschliesslich gebräuchliche Methode soll
vor dem Ueberlrilt der Luft in die Verdauungsorgane
schützen, thut diess aber nicht und ist jedenfalls viel
schwieriger durchzulflhren, als die beiden vorher-
gehenden, von denen die erste unbedingt die empfeh-
lenswertheste bleibt.
Natürlich darf man vor Beginn des Lufteinblasens
nicht unterlassen, die in der Mtind höhle n. den Luft«-
wogen etwa angesammelten Schleimmassen und das
Öfler eingedrungene AmnionwiKsser mit Hülfe des Fin-
gers oder eines Federbartes und durch geeignete La-
gerung des Kindes, auf den Bauch mit hocherhobenen
Füssen , zu entfernen. Ebenso ist es wichtig , das
Lufteinblasen nicht zu frühzeitig abzubrechen , wenn
das Kind selbstständtg zu athmen beginnt, indem
diese ersten, unvollkommenen Athemzttge häufig wie-
der aufhören. Endlich muss gleichzeitig fdr fortge-
setzte künstliche Erwärmung des Kindes durch ge«*
wärmte Umhüllungen Sorge gelragen, und wenn eine
grosse Schwäche bemerkbar ist , die kdnstliche Er-
y. Oyiilkol«gi» IL Padiatrilr.
oihraBf^ in der sogleich naher aniugebenden Weise
eingeleitet werden.
Jngebome Schwäche, — Der abnorme Zustand,
wobei die Neugebornen nur mangelhaft athmrn . kalt
b1( iben und sich nur unvollständig bewpgen , kann
ebensowohl eine Folge des Geburtsactes (langer Dauer
desselben , starken Blutverlustes , der Asphyxie
u. 8. w.), als einer Krankheit wahrend des Fölal-
lebens» eines wichtigen Bildungsfehlers, oder endlich
einer Frahgeburt und wirklicher Lebensschwäcbe
sein. Ausser dem sehr unvollkommenen Asthma und
dem blos wimmernden Geschrei findet bei solchen
Kindern gewöhnlich auch ein Unvermögen, gehörig
zu schlucken , Statt , wobei die eingegossenen Flüs-
sigkeiten leicht in die Stimmritze eindringen u. unter
einem Stickanfalle durch Hund und Nase ausge-
worfen werden. Saugen können solche Kinder gar
nicht.
Gegen diesen Uebelstand nun bringt die Schlund-
röhre unbedingt die sicherste Hülfe, indem man mit-
tels derselben die Nahrungsstoffe unmittelbar in den
Magen gelangen lassen kann. Das einzuschlagende
Verfahren ist folgendes: ma^ nimmt eine elastische
Röhre (Nr. 11 oder 12 nach Gharriäre's Maass-
stab), erwärmt dieselbe, um sie biegsamer zu machen,
bestreicht sie mit Mandelöl und bringt sie, indem man
den Hals des Kindes streckt, durch den Mund in den
Oesophagus elwn 8 bis 10 Clmlr. tief ein. Dann
wartet man einige Minuten , um zu sehen , ob etwa
eine Störung des Alhmens eintritt, ist diess nicht der
Fall, so kann man sicher sein, da^ss die Röhre in
dem Oesophag:K liegt, und dass man die darzurei-
chende Nahrung mit Hülfe einer Spri!ze gefahrlos in-
jicirei kann. Mnn wShlt dazu 40 — 50 Grmm. einer
geeignetea warmen Flüssigkeit und iMsst, um das
Hinabgleiten in den Magen roöglichsi zu erleichtern,
den Oberkörper des Kindes aufrecht hallen, od. hoch
legen. (Küttner.)
450. Üeber die primäre weisse Hinierwei*
ChlQlg bei KindeiB ; von Dr. D u p a r c q u e zu Pa-*
ris. (Arch. g^nör. Fövr. 1852.)
Man unterscheidet bekanntlich eine rothe, gelbem
jauchige und weisse Erweichung der Hirnsubstanz
als secundäre Erscheinungen gewisser palhischer
Processe daselbst. Und zwar bildet sich die rothe
in Folge von Gongestionen, Entzündungen und Apo-
plexien durch einlache HyptTämie, Blutinfiltration od.
wirklichen Bluterguss, wiHirend die gelbe in der
Regel durch eine entzündliche oder tuberkulöse Eiter*
Infiltration entsteht, bisweilen wohl auch durch all-
mSlige Umwandlung aus der rotbeo, bluthaltigen her«
vorgeht, und d'w jauchige , verschiedenartig gefärbte
allermeist gangränösen Ursprungs ist. Alle diese
Gewebserweichungen kommen leicht verstandKch nur
auf einzelne Stellen des Hirns beschrifnkt vor» indem
das Leben vor Ausbildung einer allgemeinen derarti-
gen Umwandlung des Nervenoentralorgans nothwendig
erlSschen mtisste.
Was endlieh die w^isee Erweisung der Hin-»
Substanz anlangt, so können ihrversebiedeneCmaehen
cum Grunde liegen. Bald nämlich wird sie durch
wässerige Ergüsse auf der OberOäche des Hirns, oder
in den Hirnventrikeln auf dem Wege der Imbibitiee
erzeugt, wo dann die unmittelbare Umgebung der
serösen Ansammlung (entweder die Hirnober fläche,
oder die Waddungen der Ventrikel) am bedeulendstei
erweicht ist« während die Dnrchfeuchtung u. Texlnr-
Veränderung, je weiter davon entfernt, um no mehr
abnimmt, bis sie endlich ohne bestimmte Begrenzuag
gänzlich verschwindet. Bald wieder wird diese Peni
durch eine Art seröser Infiltration veranlassl u. stelle
dann ein Oedem dar, wie solches bei hydropischer
Kachexie und seröser Dialhese auch in jedem andern
Organ vorkommen kann. Bald endlich entwickdl
sich nach Abercrombie eine weisse Hirnerwei-
chung auch in Folge von Verknöcherung der Him-
gefässe, und dadurch bedingter Störung des Blot-
Umlaufs nach Art der Gangraena senilis , ein Besul-
tat, das vielleicht bei jedweder anderen Beeinträchti-
gung der Hirncirculation ebenfalls eintreten kann« wie
diess auch ein neuerlich von Ghapel beobachteter
Fall wahrscheinlich macht.
Bei allen diesen drei Enlstehungsweisen ist die
weisse Htrnerweichung, gleich den vorgenannten ge-
färbten, ebenfalls nur ein secundärer Process , d. h.
die Wirkung anderer pathischer Zustände. Es fragt
sich aber, ob es nicht auch eine primitive, essentielle
Form davon gebe, was man bisher allerdings gewdbn-
lich verneint hat, indem man da, wo sich keine 4er
obigen Veranlassungen dafür auffinden liess, den
Grund in einem eulzandlichen Processe suchen za
müssen glaubte.
Hiergegen lässt sich jedoch einwenden » dass er-
stens die Entzündung oft ohne alle Gewebsverände-
rung im Hirn verläuft , oft sogar ein merkliches Der-
berwerden der Hirnsubstaoz herbeiführt, und dass
2) die entzündlichen Erweichungen sich stets dnrdi
eine Beimischung von Blutbestandtheilen charakten-
siren, in welchem Organe sie auch statthaben mögen.
Kann aber auch theoretisch die Existenz einer
primitiven weissen Hirnerweichung nicht abgeleugnet
werden, so ist ein directer Beweis dafür durch sorg-
fältig ermittelte Beobachtungen doch bisher noch kann
geliefert worden, indem selbst die zwei von Rilliel
und Barthez veröffentlichten Fälle, namentlich was
den einen anlangt, kaum in dieser Weise sii danlea
sind , u. nur eine von Deslandes (Nonv. bibliolk
m^d. toro. iV. p. 336) gemachte Mütheilung als die-
ser Form angehörend beieicbnet werden knnn. Aach
darf man nicht übersehen, dass namentlich die cadi-
verisehe Entmischung hier leicht zu Täuschunges Üb-
ren, und das Bild einer derartigen ungeßirbten Bim-
erweichung vorspiegeln kann, so dass man wohl mü
gutem Hechte alle diejenigen Fälle» wo während des
Lebens keine mit der Himerweicbnng in dkeciem ed.
indirectem Kusaiamenbang lu bringende KfitiheiniMig
V« Gynlkalogi« v. PMiatrik.
909
stattgehabt hat, so wie diejeDigen, wo die gesammte
Hirnmasse, oder die tiefslgelagerlen Theile derselben
\n grüsserem Umfange erweicht gefunden wurden» als
blos cadaverische VeründeruDgen betrachtet.
Trotz dieser, einer sichern Entscheidung entge-
gentretenden Schwierigkeiten, wozu natürlich auch
der gänzliche Mangel einer nureinigermaassen zuver-
lässigen Symptomatologie während des Lebens zu
rechnen ist, glaubt Vf. sich doch auf Grund mehrerer
in seiner Praxis gemachter Beobachtungen zu der An-
nahme des Vorkommens einer primitiven weissen
Hirnerweichung bei Kindern berechtigt , worüber er
die folgenden interessanten Mitlheilungen macht.
1. Beobachtung, Ein 13]äbr. , von gesunden Aeltern
geborner , früher an scrophulösen Zufällen leidender Knabe,
der sich durch trefliiche Anlagen , grossen Fleiss und regen
£bif eiz auszeichnete , ward am Itf. Juni 1850 , nachdem er
sich wegen der herannahenden Preisvertbeilung übermassig
geistig angestrengt hatte , von merklicher Abspannung ergrif-
fen , wozu sich bald nächtliche Aufregung , Kopfschmerz und
unterbrochener Schlaf gesellte, so dass er endlich von sei-
nen Arbeiten abstehen mnsste. Der Appetit blieb dabei un-
gestört.
Am 20. Morgens nach einer sehr unruhigen Nacht , mit
Kopf- and Gliederschmerzen behaftet , erbrach er die unvoll-
ständig verdauten Speisen und fühlte sich dadurch merklich
erleichtert , so dass er bis gegen 2 Uhr arbeitete. Dann trat
Ton Neuem Kopfschmerz ein , daher er Abends den Seinigen
übergeben wurde.
Am 21. Zustand von Somnolenz , nachdem in der Nacbt
Delirien vorausgegangen waren , welche seine Arbeiten, die
Prüfungen und Preisvertbeilung zum Gegenstande gehabt hat-
ten. Angeredet öffnete er die Augen und zeigte das klarste
Bewusstsein. Er klagte über bedeutende Lichtscheu trotz des
stark verdunkelten Zimmers, seine Pupillen contrahirten sich
sehr lebhaft, die Conjunctiven waren nicht injicirt. Dabei
gab er auf Befragen eine allgemeine Schmerzbaftigkeit des
Kopfes, namentlich aber der Stirngegend an, welche sich
zeitweise so steigerte , dass er aufschrie und die Brauen zu-
sammenzog.
Er konnte jede Lage annehmen , ohne eine Beschwerde
zn empfinden , kehrte jedoch instinktartig immer bald wieder
zu der Rückenlage zurück. Beim Aufrechtsitzen klagte er
über Benommenheit und Brechreiz , die in der Horizontallage
sogleich wieder wichen.
Das Gehör und die Hautempfindlichkeit waren in hohem
Grade gesteigert, so dass er kaum eine Berührung vertrug.
Auf Aogenblicke empfand er durchschiessende Schmerzen in
den Füssen, welche sich nach den Zehen erstreckten und
bisweilen zu der qualvollsten Heftigkeit steigerten. Sie schie-
nen in einem Wechselverhältniss mit den Kopfschmerzen zu
stehen.
Die Haut zeigte sich trocken, doch nicht rauh, heiss, aber
nicht brennend, die Gesichtsfarbe war natürlich, die Miene
ruhig. Der massig entwickelte und kräftige Puls machte 60
Schläge. Harn nicht sehr reichlich, klar, citrongelb, Bauch
weich, Zunge rein, Appetit vorhanden , am Abend vorher ein
natürlicher Stuhl.
Nach der muthmaasslicben Krankheitsursache, nämlich
übertriebener geistiger Anstrengung , und nach der Gesammt^
heit der Symptome bezeichnete Vf. das Leiden als ein Hirn-
fieber , ohne sich jedoch genauer über dessen Natur erklären
zu können, und verordnete einen Aderlass von 300lSrmm.
and wiederholte Senfkataplasmen auf die untern Extremi-
titen.
Am Abend war der Pols aaf 68 geatiegen. Das
Ifod. Jahrbb. Bd. 74. Hfl. S.
entzogene Blut hatte nur eine sehr unbedeutende Faserstoff-
haut. Uebrigens' hatte sich nichts im Zustande geändert.
(Blutegel hinter die Ohren , kalte Umschläge auf den Kopf,
stöndl. 1 Ctgrmm. Calomel.)
Den 23. unverändert, obgleich mehrere Calomelstfihle
erfolgt waren. (Mercurialeinreibungen auf die Seiten des
Halses.)
Den 24. ebenfalls keine Aenderung, ausser etwas Spei-
chelflttss. Daher Aufhören der Einreibungen.
Den 25. der Pnls früh ttO, Nachmittags 55, wie an den
vorhergehenden Tagen , übrigens noch immer derselbe Mangel
bestimmter Zeichen für eine Encephalitis oder Meningitis , ja
eigentlich gänzliches Fehlen ihrer pathognomonischen Erschei-
nungen, sehr wenig Fieber, keine eigentliche Betäubung, son-
dern nur eine leichte Somnolenz, weder Contractur, noch
Convulsionen, Delirien oder Lähmungssulalle.
Jeder genauem Diagnose entbehrend, dachte Vf. auf
Grund des veranlassenden Moments und des remittirenden,
anfangs sogar intermittirenden Ganges der Krankheit an eine
Hirnneuralgie, und versuchte daher das schwefelsaure Chinin,
so wie Aetherfomentationen auf die Stirn.
Den 26. derselbe Zustand. Vesicatore auf die Beine.
Genau Itation mit Dr. Blache, der ebensowenig eine be-
stimmte Diagnose zu stellen vermochte n. zur Fortsetzung der
eingeschlagenen Behandlung rieth,
. Den 28. war der Puls auf 40 gesunken ohne aonstige
wesentliche Veränderung.
Am 29. Puls 35 , leichtes Delir , mehr Betäubung , aus
welcher der Kr. am Abend nur schwer zu erwecken war. Un-
ruhe. (Vesicator auf den Kopf.) Die Lider halb geöffnet,
die Augäpfel starr nach oben gerichtet, später Kälte der Gli^
der, Veränderung des Gesichts , worauf gegen 4 Uhr Morgena
der Tod unter einem convnlsivischen Zurückwerfen des Kopfes
erfolgte.
Die 29 Stunden später angestellte Section ergab allge-
meine Todtenstarre und geringe Todtenflecke auf dem Bücken,
bemerkbare Schwellung des Hirns , doch ohne Abplattung der
Windungen , und ohne Verklebung oder Verwachsung der Me-
ningen, die Sinus und Arachnoidealgefässe nur massig mit
Blut angefüllt , keine Trübung oder Verdickung der völlig ge-
sund erscheinenden Hirnhäute , gänzlicher Mangel an Tuber-
keln oder Granulationen. Dagegen gewahrte man beim Druck
auf die Hemisphären nach vorn einen merklich geringem Wi-
derstand , als hinterwärts. Die graue Subsuinz erschien un-
verändert, ebenso die zwei hintern Dritttheile der Marksub-
stanz , während das vordere Drittjtheil derselben , namentlich
linkerseits , zu einem rahmähnlichen Brei erweicht war , der
von gleichmässig weisser Farbe nach hinten sllmälig zur ge-
sunden Substanz überging. Die Seitenventrikel enthielten 2
bis 3 Löffel klarer, gelber Flüssigkeit; die Sehhfigel, gestreif-
ten Körper u. s. w. waren von natfiriicher Consistenz. Ebenso
boten das kleine Hirn , die Varolsbrucke und das veriängerte
Mark keine Abnormität dar.
Dieser Fall gehört offenbar nicht unter die Form
der secundaren, aus einem entzündlichen Process
hervorgehenden weissen Hirnerweichungen, indem
nicht allein wahrend des Lebens alle Erscheinungen
einer derartigen Entzündung der Meningen, oder des
Hirns selbst, sondern auch die hierbei regelmüssig
vorkommenden Leichensymplome fehlten. Ebenso-
wenig lüsst sich aber auch eine serOse Infiltration von
den Ventrikeln oder der Oberfljiche des Hirns aus als
deren Ursache annehmen, da ja in gleicher Weise
auch die Zufalle des Hydroceplialus acutus vermisst
wurden und die Erweichung nicht von einer dieser
27 ^
filO
¥. 0}iildL<aogi« «. FtAlatrik.
SteH^n Attsgfing, sondern sich im €entrani der vor-
dem Lappen enlwickelt haue. Auch liess die geringe
Menge der in den Venlrikein aufgefuodeneQ FIttssig-
keit, verbanden mit dem gänzlichen Fehlen der Er-
scheinungen des Hirndrucks wahrend des Lebens an-
nehmen , dass diese Ergiessung sich nur erst unmit*
telhar vor .dem Tode» oder gar erst nach demselben
gebildet habe.
2. BeoiMiehHmff. im MoDot Jnli 1828 wohnte Vf. der
LeicheoöffouD^ eines lljäbr. Nadcheos bei, das, aosgezeiok*
net durch grosse geistige Befähigung , an Betäubung , freiwil-
ligem Erbrechen und Kopfschmerz ohne Fieber , n. bei gutem
Appetit erkrankt war. Das Bewusstsein blieb bis zum 11.
Tage völlig ungetrübt, dann verlor ee sieh, es trat Ver-
drehen der Augen und am näcbsten Morgen der Tod ein.
Die Section zeigte Brust- nad Baucbeingewetde völlig ge-
aund, dagegen eine seröse Ansammlong ia den Hirnven-
irtkelo und eine rahmartige Erweichung in den vordem Hirn-
lappen , während die hintern Hirntheiie sich ganz normal er-
wiesen.
3. Beobachtung, Am 13. iugust 1845 wurde ein
lljähr. kräftiger Knabe von zw^r nnr mittlem Geietesanlagen,
aber eisernem FIctss und grossem Ehrgeiz, aus der Pension
seiner Familie zurückgeschickt, weil er an Benommenheit,
Kopfschmerz , freiwilligem Erbrechen u. s. w. litt. Vf. ver-
ordnete. In der Idee, ein Himfteber vor sich zu haben, einen
Aderiass , Blutegel an die Füsse und hinter die Ohren , Sina-
pismen, Calorael, kalte Umschläge auf den Kopf.
Es erfolgte jedoch binnen 8 Tagen keine Besserung, so
dass Vf. in seiner Diagnose zweifelhaft wurde , um so mehr,
ata der Mangel an Fieber, ein Puls von Anfangs 68, später
nur tfO Schlägen , und das^ völlig freie Bewusstsein der An-
nahme eines entzündlichen Zustandes widersprachen. Er
Irug daher auf eine Consultation mit Guersant an, bei
dessen Erscheinen am näcbsten Morgen sich die Scene jedoch
wesentlich geändert hatte. Die Betäubung war auf den höch-
sten Grad gestiegen , die Glieder zeigten sich erschlafft und
kalt, das Athmcn seufzend, der Kranke öffnete nur auf
lautes Anrufen den Mund , ohne jedoch die Zunge hervorzu-
Btrccken.
Die Diagnose lautete derogemäss jetzt auf Meningitis mit
serösem Erguss und Hirndruck. Der Kranke starb schon eine
halbe Stunde nach der Berathung.
Die Section wurde nicht gemacht.
k. Beobachtung. Eip 16jähr. , gesundes, seit 1 J.
regelmässig inenstruirtes Mädchen erfuhr sehr bedeutende Ge-
müthsbeweguogen , die jedoch ausser einer ungewöhnlichen
Traurigkeit keinen Einfluss auf ihr Befinden zu äussern schie-
nen, Nach einiger Zeit wiederholten sich diese deprimirenden
gemuthlichen Einwirkungen, worauf eine sehr unruhige Nacht
mit Benommenheit, Kopfochmerz, Uebelkeit und Erbrechen
der noch wenig verdauten gestrigen Mahlzeit folgte. Patientin
fühlte sich durch letzteres etwas erleichtert , arbeitete unter
Tages , ass mit Appetit , ward aber am Abend abermals von
Unwohlsein u. Kopfochmerz befallen. Die Nacht war unrabig
und leichtes Irrereden vorhanden.
Am nächsten Tage groaae Abspannung, Schwäche des
Kopfes, Nachmittags Frösteln, einzelne Anfälle von Kopf-
schmerz und Uebelkeit. Trotz des Betäubungszustandes war
das Bewusstsein Atends doch noch ganz frei , die Haut dabei
massig warm, der Puls 80, frei o. kräftig, die Zunge feucht,
weisslich belegt, der Harn normal, der Stuhl veratopfi,
übrigens kein Zeichen eines Brust- oder Unlerleibsleidens vor-
banden. Die Regeln wurden in etwa 8 Tagen erwartet (Lave-
ment, Sinapismen, kalte Umschlöge auf den KopQ.
Schon 2 Std. nach dem ärztlichen Besuch war der Tod
unter Steifwerden der Glieder und Zurückwerfen dea Kopfes
eingetreten.
8. Beobachtung (voi D ea 1 a ad e^. Sin <
kräftige Ejitwickcitiog , die Grösat dea Kopfes und die Frä^
reife des Qeistes ausgezeichnetes 3jähr. Kind, klagte am 4. iaü
1833 nach dem Mittagessen über Kopfschmerz , war nieder-
geschlagen und In der Naeht «anihig. Am folgenden Mmrfea
stand es munter auf, klagte aber bald von Neuem über Kopf»
web und erbrach 4mal grünliche Massen.
Am 6. nichts Auffallendes beim Erwachen , dano
maliges Erbrechen und einige Spuren leichten Irreredens. Abi
Abend etwas Betäubung, heftigea Schmerzgesebrei hei der lei-
sesten Beo-ührung and beim Anraden. Pute niclii b«ackic»-
nigt ; freies Bewegungsvermögen.
Gegen 4 Uhr Morgena Angasiobtablässe , Erblcichca dar
Lippen, Verdrehen der Augen, Convulaionen der Eiirerairatf,
Tod.
Arachnoidea u. Hemisphären injicirt, doch ohne Trübvf
der serösen Haut und ohne Exsudatron. Die Himaiibstaai
nirgends blutreich , aber durchaus in hohem Grade erwäckt
In aHen hier mitgetheilten FlHen finden sidb die-
selben veranlassenden Momente, nämlich jugeodlicbes
Alter, eine frühreife oder bedeutende geistige Eol-
Wickelung , angestrengte geistige TbUligkeil und leb-
hafte oder sehr niederdrückende g^müthliche Cmmr-
kungen. Ebenso sind allen gewisse Erscheinungeii
gemeinsam und eigenthflmlich , so ein ZustftD«! mehr
von Somnolenz, als von Betäubung, Kopfschmen,
Ungetrttbtsein des Bewusstseins , Exaltation der Sin-
nesorgane und des Gemeingefühls, Freiheil des Be*
wegungsveruiögens, normale Haulfarhnng, gSoEliche
Fieberlosigkeit, merkliche Verlangsamung des Pulses,
Fortdauer der Esslust und der Ausleerungen. Edö-
lieh zeigt sich auch in aHen eine gewisse Intermisstoo
der Zufälle, namentlich im Anfange des Leidens, die
bei längerer Dauer desselben in einen mehr remilti-
renden Charakter überging.
Am auffallendsten unter allen Symptomen er-
scheint jedenfalls die völlige UngestOrtheit der geisti-
gen Functionen, die sich bei den vorgefundenen ana-
tomischen Veränderungen nur schwer erklären llsst,
indem andere, weit geringere Beeinträchtigungen der
Hirnlextur, namentlich in den vordem Lappen, wie
z. B. die apoplektischen Infiltrationen, so bedeutende
und charakteristische Wirkungen auf die Geistestha-
iigkeiten bervorrufeB. Die Erkllirujig hierfar ist viel-
leicht darin zu suchen , dass bei den Apoplexien waA
bei den secundären Erweichungen die Organisation
des Hirnmarks mechanisch weit mehr verletzt wird«
als bei der hier in Bede stehenden primitiven weissen
Erweichung der Hirnsubstanz, die nicht sowohl eine
Zerstörung, sondern nur eine Consistenzvefänderw^
und EniHirbung des Gewebes veranlassen mag.
Jedenfalls ist in den milgelbeilten Beohncbtnngen
die vorgefundene Erweichung als das WesenlMdM,
die Krankheit Bedingende lu belrtchlen. Erzeugt
wird dieser ErweicbungsiusCand vielleteht dnreh eine
veränderte Vitalitjft des Hirns, durch eine Art von
Neurese oder Neuralgie , die sich jedoch wesentlich
von den gewdhnliclien Birnneuralgien nnletscheiilnn
würde. Denn bei diesen ist der Puls frequent, der
Verlauf langsamer, der Ausgang in der Äegel weil
günstiger, und wenn ja der Ted eintritt, keine
V. G]iilftologie tt» PMilUürik.
8U
Spmt ün^ir oi«iiiiiiieheB VtHüdeMiag im Jäm b^
merkbar.
Welches aber auch die Ürsachcin dieser primitiven
weissen Hiraerweichang sein mOgen, jedenralls stellt
sie sieh als ein Leiden eigetttbfltnlicher Art dar, das
sich in folgender Weise charakterisirt
Feranloisende Momente. Frühreife oder unge-
wöhnliche geistige Entwickelung» geistige Anstrengun-
gen, heftige Gemathsbewegungen.
Symptnme. KopfBcbmerx mit Somnoleiiz, (In-
gelrabtheit der geistigen Thatigkeiten, Steigerung der
Sinne , Fieberlos igk ei t und sogar Verlangsamung des
Blutumlaufs; andererseits fehlen die andern Hirn-
afTectionen zukommenden Delirien , Convulsionen,
Contracturen (bei entzündlichen Erweichungen), so
wie die Bewnastlosigkeit und Lähmung (bei hydroce-
phalisehen, blutigen und eitrigen Erweichungen).
Letehenbefund. Einfache Erweichung ohne irgend
eine andere Veränderung.
lieber die einzuschlagende Behandlung llfsst sich
freilich nur sehr wenig sagen. Jedenfalls sind
Antiphlogistica und namentlich Blutentziehungen ganz
zu vermeiden, während beruhigende Mittel, nament-
lich laue Bäder, kalte Einhüllungen u. Uehergiessun-
gen des Kopfes, die örtliche Anwendung des Aether
and Chloroform wohl wohlthaiig wirken könnten.
Seihst das Opium mit (gehöriger Vorsicht angewendet
scheint dem Vf. gar nicht ungeeignet zu sein, um die
bedeutende nervöse Ueberreizung zu massigen u. ab-
zustumpfen. Am meisten jedoch verspricht er sich
in Hinblick auf den intermittirenden Verlauf der Zu-
flllle von der methodischen und energischen Darrei-
chung des Chinittum sttlphuricum , das schon von
Cloquet mit grossem Erfolge gegen die Hirnzuf^lle
kleiner Kinder benutzt wurde. Das beste aber wird
natOrlich immer die Prophylaxis, d.h. die Vermeidung
flbertriebener geistiger Anstrengungen in den Schalen
bleiben. (K ü 1 1 n e r.)
451. Deber die essentielle Lähmnng der
Binder; von Dr. Billiet zu Genf. (Gaz. de Paris
44. 45. 1851.)
Die Beachtung dieses Krankheitszustandes ist
ziemlich neu. Nach V^est's Angabe war Under-
wood der erste, welcher desselben Erwähnung
that. Später haben Shaw, namentlich aberBad^
bam, Heine in Gannstadt, Kennedy (Jahrbb.
LXVIL 212) und West*) wesentlich zu dessen ge-
nauerer Kenntniss heigetragen.
Die essentielle Lähmung wird charakterisirt durch
den vollständigen oder tlheilweiscii Verlusi 4%b Bewe-
gungsvermögeas un<d manchmal dier Empfindung in
einem oder mehreren Theilen des Körpers, ohne wahr-
nehmbare malerielle Störung in den €e»«ra;lorganen
des Nerviensystems und deren Verzwieigwigen.
fted.
1) Vfi, auch Richard (NaJicy) a. a. 0. ier Jakrbl».
Attsgeacfaloasen bleibt hierbei die Lähmang de^
Nervus facialis und der Sinnesorgane , die MydriasiSt
Amaurose und nervöse Taubheit. Die Lähmung des
Fdcialnerven ist bei Neugebornen allermeist Folge
einer äussern Ursache, bei grössern Kindern aber
von Drüsenanschwellungen oder Garies des Felsen-
beins abhängig. V^egen der Lähmungen der Sinnea^
Organe muss auf die ooulistischen und otiatrischen
Schriften verwiesen werden.
Anatomische Untersuchungen Ober die essentielle
Taralyse der Kinder giebt es nur wenige , indem die
Krankheit an sich nicht tOdtlich ist, nach längerem
Restehen des Leidens eingetretene Todesfälle aber
nothwendig ein sehr trftgerisches Resultat liefern
müssen , weil der atrophische Zustand , in welchen
die betreffenden Nerven verfallen, sich auch gar laicht
secUndär weiter verbreiten und allmälig selbst das
Hirn und Rückenmark ergreifen kann. Nur frische
Fälle würden daher in dieser Beziehung von entsehei-*
dendem Werthe sein , solche kommen aber , wie ge-*
sagt, äusserst selten vor, so dass Vf. davon nur 2»
die er gemeinschaftlich mit Berthes beobachtete»
kennt.
Die Krankheit beginnt in verschiedener Weise.
Bald erscheint die Lähmung plötzlich und unerwartet,
bald gehen ihr Hirnzufälle mit oder ohne Gonvulsio-
nen, oder ein allgemeines Unwohlsein, nament-
lich die Erscheinungen eines erschwerten Zahnens
voran , wobei jedoch der Verlust des Bewegungsver-
mögens immer plötzlich, sogleich in voller Ausbildung
eintritt. Bald endlich entwickelt sich die Lähmung
allmälig, gradweise, in chronischer Form, diese
Jedoch verhältnissmässig nur sehr sehen.
Im ersten Falle , wo nämlich die Lähmung plötz«-
lieh und primitiv auftritt, ist sie gewöhnlich partiell
und bentllt öfter den Arm , als den Fuss , sehr sel-
ten aber beide Extremitäten derselben Seite, od. beide
Arme und Füsse zugleich. Das Leiden zeigt sich
dabei rein örtlich und ohne sonstige Gesundheits-
störung.
Wo andererseits die Lähmung nach Vorausgang
anderer Krankheitserscheinungen mit oder ohne Hirn-
symptome sich zeigt, da ist sie bald partiell , bald
hemiplegisch oder paraplegisch, letzteres besonders
dann, wenn ihr Gonvulsionen vorangingen. Am
hHuUgsten komrai diese «onvulsivische , eklamptische
Form während der Dentition vor. Die Anfälle treten
heftig und selbst wiederholt auf, doch ohne ein Hirn-
leiden zu verrathen. Ebenso kann eine Gontractur
oder eine Gborea dem Eintritt der Lähmung voran-
gehen.
Als nicht convulsiviscbe cerebrale Vorboten der
Paralyse sind zu nennen Somnolenz, Strabismus,
Pupillenerweiterung, Schwere und Schmerzhaftigkett
des Kopfes. Sie gehen dem Erscheinen der Läh-
mung gewöhnlich 1 bis 2 Tage varan und verschwin-
den dann piötzlich. Ebenso könjien Adüregung, Fie-
213
V. GynXkologie u. Psdiatrik.
berzufKlle, heftiger Durst, harlnUrkige Verstopfung,
SalivatloD und andere Dentitionssymploiue die Vor-
boten der essentiellen Ljihmung sein. Andere Male
ist es ein exantliematisches, gastrisches, remittireh-
des oder typhöses Fieher, in dessen Genesungsperiode
die eingetretene Lifhmung wahrgenommen wird. Auch
ist es nicht unwahrscheinlich , dass in einzelnen un-
vermerkt und allmalig auftretenden Fallen das Leiden
schon angeboren war.
Im Verlaufe desselben lassen sich , welches auch
die Entwirkelungsform gewesen sein möge, deutlich
zwei Perioden unterscheiden , eine acute und eine
chronische, deren erstere man auch Periode der. Läh-
mung, die zweite Periode der Atrophie benennen
könnte. Fast ohne Ausnahme stellt sich, wie schon
bemerkt, die Lahmung sogleich in ihrer vollen Aus-
bildung und ohne weitere Erscheinungen, namentlich
ohne Farben- und Temperaturveränderung des beral-
lenen Theiles , so wie ohne alle Schmerzempfindung
ein , u. verharrt in ihrer ursprünglichen Ausdehnung
und Intensität, bis sie entweder rasch u. vollständig
wieder schwindet, oder nach Wochen und Monaten
in das chronische Stadium, das der Atrophie Über-
geht. Die dann eintretenden Symptome bestehen in
einer Verminderung der Temperatur und des Muskel-
fleisches der berallenen Extremität, in einem Kürzer-
werden oder vielmehr gehemmten Wachsthum der-
selben und in Delormirungen der Wirbelsäule u. lei-
denden Gliedmaassen.
Das Kälterwerden der gelähmten Theile im atro-
phischen Stadium ist an den Füssen bei weitem be-
merkbarer, als an den Armen. Ebenso verhalt es
sich mit der Farbenveränderung , welche aus dem
Lividen später in das Dunkelviolelte übergeht. Der
Puls wird allmälig merklich kleiner und schwächer,
als auf der gesunden Seite, und es findet mithin eine
deutliche Verengerung des Gef^sslumens in dem pa-
ralysirten Gliede Statt. Ueberhaupt ergreift der atro-
phische Zustand alle Gewebe, sogar mit Einschluss
der Knochen , wobei Umfang und Länge des Theiles
gleichmässig schwinden. Natürlich wird diess bei
Kindern weit aufflflliger, als bei Erwachsenen, indem
bei jenen zugleich das Wachsthum des gelähmten
Gliedes gehemmt und hierdurch der Gegensatz zu der
gesunden Seite noch beträchtlicher wird.
So war bei einem jungen Mädchen, dessen untere
rechte Extremität befallen worden war, nach 4jähr.
Bestehen der Lähmung folgendes Missverhältniss ein-
getreten :
vom grossen Trocbanter zum
rechte Seite linke Seite
äussern Knöchel 49 Ctmtr., 54,5Gtmtr.
vom Köpfchen des Wadenbeins
bis zum Knöchel 29 „ 32 „
von der Ferse bis zur grossen
Zehe 14,3 „ 18 „
Ausserdem veranlasst die Lähmung auch noch
eine Deformität theils der paralysirten Gliedmaassen
selbst, theils der Wirbelsäule, wie diess Shaw vm4
Heine besonders nachgewiesen haben. Ist der Am
berallen, so tritt eine bedeutende ErschlalTung des
Schullergelenks , Abflachung desselben , ein Herab-
sinken des Oberarmkoples aus der Gelenkpfanne ond
hierdurch eine scheirihare Verliingerung des in Wirk-
lichkeit doch kürzer gewordenen Gliedes ein. Leidet
andererseits die untere Extremität, so bildet sich eine
Beugung des Oberschenkels gegen das Becken, und
des Unterschenkels gegen den Oberschenkel aus, wo-
durch das ganze ßein gekrümmt erscheint. Oie
Wirbelsäule endlich bekouimt eine sehr naerklicfae
Seitwärlskrümmung.
Alle diese Deformitäten werden um so auffälliger,
je länger das Leiden besteht.
Manchmal schwindet die essentielle Lähmung nach
Stunden, Tagen oder Wochen vollständig wieder,
manchmal aber dauert sie auch Monate und Jahre o.
wird dann entweder ganz unheilbar, oder neigt sidi .
allmälig, namentlich in Folge eines geeigneten Ued-
Verfahrens, zur Besserung. Ist letzteres der Fall, so
pflegt die Atrophie meist noch längere Zeit unverän-
dert fortzubestehen , oder selbst noch zuzunehmen,
während das Bewegungsvermögen bereits merklich
zurückkehrt.
An sich gefährdet die essentielle Lähmung nienials
das Leben. Bezüglich ihres Ausganges in Genesung
ist die Meinung Kennedy's, dass je plötzlicher sie
eingetreten, um so rascher auch die Genesung erfolge,
nach Anderer Beobachtung durchaus nicht stichhaltig.
Ebenso ist die Annahme, dass die Entwickelung der
Paralyse aus einer Gontraclur eine gründliche und
schnelle Heilung, deren Verbindung mit choreiscben '
Zufällen, oder ihr Erscheinen im Verlaufe eines
gastrischen oder typhösen Fiebers eine zwar ebenfalls
vollständige, aber weit langsamere Genesung boßen
lasse, durchaus nicht ohne zahlreiche Ausnahmeo.
Wesentlich ungünstig für die Heilung wird die Pro-
gnose bei vorangegangenen Convulsionen u. bei lang-
samer, unmerklicher Entwickelung der Lähmung.
Das Lebensalter ist ohne Einfluss, ausser dass die
angeborne Form allermeist jedes Heilversuches spottet.
Ebenso zeigt sich der Sitz desUebels für die Hei-
lung ziemlich bedeutungslos, doch scheint die para-
plegische Form die widerspenstigste zu sein. Die
Gelegenheitsursachen sind so schwierig zu eruiitteln,
dass auf sie in dieser Beziehung bis jetzt gar kein
Werth zu legen ist.
Nach West hat der Zeitpunkt , in welchem die
Heilversuche begonnen werden, einen wesetillicb»
Einfluss auf die Prognose, indem, je früher die arzt- ;
liehe Hülfe gesucht werde, desto grösser auch die
Hoffnung des Erfolges sei. Wichtiger noch ist jedoch ^
die Dauer des unveränderten Bestehens der Lähmung,
so zwar, dass wo nach Ablauf von 14 Tagen keine
Aenderung in dem paralytischen Zustande eintritt,
stets eine grosse Langwierigkeit, und möge nun flei-
V. Gynilkologi« n. PüdiatriL
213
Jang folgen oder nicht , die Entwickelung des atro-
phischen Stadium zu fdrchlen ist.
Bezüglich der ursachlichen Momente ist vor Allem
das Aller zu berücksichligen. Die essentielle Para-
lyse kommt bei weiten am häufigsten im ershm und
zweiten Lebensjahre vor. In mehr als zwei Dritl-
theilen aller bekannt gewordenen Falle standen die
Krankin zwischen dem 6. Monatt' und dem 2. Jahre.
Doch klimmt das Leiden auch bei altern Kindern und
vtelleirht selbst bei Erwachsenen vor.
Das Geschlecht scheint keinen Einfluss auf die
EntWickelung dieses Leidens zu haben. Ihrer Con-
stitution nach waren die meisten Kranken von Ken-
nedy und Heine blühend , kräftig und frei von
jeder dyskrasischen Erscheinung» nach des Vfs. Wahr-
nehmiing dagegen lymphatischer Constitution, und
nach West meist schwächlich.
Wo die Lahmung sich im Verlaufe einer andern
Gesundheitsstörung entwickelt, da besteht diese meist
in Dentitionsbeschwerden oder Verdauungsanomalien.
Doch sind auch Scharlach, gastrische, remittirende
und typhöse Fieber in einzelnen Fallen als solche be-
obachtet worden. Unter den Gelegenheilsnrsachen
stehen wohl Erkaltung und mechanische Schädlichkei-
ten, wie Schlage, Dehnung, Druck obenan.
Die Diagnose ist im Ganzen leicht , so lange das
Leiden einfach bleibt , wird aber durch jede Compli-
cation erschwert. Die Behauptung West's, dass
der essentiellen Paralyse nur ein vereinzelter Anfall
von Convulsionen vorangehe u. dass, wo wiederholte
Krampfparoxysmcn statlfanden, ein Hirnleiden zu ver-
muthen sei, ist nur theilwcise wahr« da auch Falle
drr letztem Art bei der essentiellen Lahmungvorkom-
nien. Noch schwieriger wird die Diagnose, wenn die
nach ekiamptischen Erscheinungen hervortretende
Lähmung den hemi- öder paraplegischen Charakter
trägt, da dann der Verdacht einer Hirn- oderRücken-
niarksaffection naUlrlich um so grösser wird. Hier
niftssen folgende Momente das Urtheil leiten.
In der Lebensperiode, in welcher die essentielle
LMhmung vorzugsweise aufzutreten pflegt, kommen
als unter Convulsionen beginnende Krankheiten des
Hirns und seiner Hüllen die einfache Meningitis , der
llydrocephalus acutus der Pia mater und die Menin-
gealbiutungen vor. Von diesen sind die beiden er-
steren von ataxischen Erscheinungen und einer Stö-
rung der Sinnes- und Geistesfunctionen begleitet,
welche bei der essentiellen Paralyse ganzlich fehlen,
auch beide, namentlich die erstere, fast ohne Aus-
nahme tödtlich. Dasselbe gilt von den Meningeal-
blntungen , denen Oberhaupt häufiger Contracturen
der Finger und Zehen, als Hemi- oder Paraplegie fol-
gen , und bei denen spater eine Umfangzunahme des
Kopfes und die Erscheinungen des Hydrocepbalos
chronicus eintrelen.
Bei grösseren Kindern könnten Pseudoplasmen
des Hirns und namentlich Tuberkeln , wenn sie von
Convulsionen nnd Lahmung begleitet sind , alleDfalls
zu einem Irrthum in der Diagnose fahren. Allein
hier giebt das Alter der Kranken, die Art des Eintritts
der Paralyse, die Gesammtheit der Hirnsymplome
(Amaurose, heAiger Kopfschmerz , wiederholte Con-
vulsionen, Contracturen), die merkliche Störung des
Allgemeinbefindens, die Erfolglosigkeit der Mittel,
das allnialige Zunehmen drr Lahmung die nöthigen
Fingerzeige.
Ebenso fehlt es fUr die Unterscheidung Von der
Lux.iiio sptintanea des Hüfigelenks, oder von einer
Verrenkung des Oberarms uiirchaus nicht an den nö-
thigen Momenten.
El» Hieb wäre noch eine Verwechslung der essen-
tiellen Paralyse, besonders im atrophischen Stadium,
mit der neuerlich von A r a n beschriebenen fortschrei-
tenden Nuskul.'irilrophic , welche jedoch nur bei Er-
wachsenen vorzukommen scheint, so wie mit der
schlalTen, schwächlichen, rhachitischen Kindern eigen-
thUmlicheu Muskeltragheil denkbar, lodess wird es
auch hier leicht gelingen, die wirkliche Lahmung von
der Mos mangelnden Energie der Muskeln zu unter-
scheiden.
Ueber die Behandlung der essentiellen Paralyse
herrscht unter den Aerzten noch ziemlicher Wider-
spruch. Kennedy empfiehlt Abführmittel u. Alte-
rantia, namentlich das Hydrargyrum cum creta, nebst
warmen Badern bei vorhandenen Schmerzen. West
lobt ebenfalls die Abführmittel , aber hi Verbindung
mit Tonicis, namentlich Eisen. Heine, der als Or-
thopäd sich namentlich mit Individuen in der atrophi-
schen Periode zu beschafligen hatte, stellt als Indi-
cationen
1) Erweckung der vernichteten Innervation indem
Rackenmarke und in den gelahmten Gliedern,
2) Wiederherstellung der natürlichen Form durch
orthopädische Mittel,
* 3) Stärkung der Gesammtcünstilution.
Für den erstem Zweck hat er die Tinctura nueis
vomicae innerlich und ausserlich, sodann das Strych-
ninum sulphuricum versucht, jedoch namentlich von
dem letztern wohl eine vermehrte Wärme und Tran-
spiration an den gelahmten Theilen, aber kaum eini-
gen Einfluss auf die Lahmung bemerkt. Noch weni-
ger wirksam war das Rhus toxicodendron. Der
Leherlhran besserte blos den Appetit der Kranken.
Vortbeilhafl zeigten sich Einreibungen von Phosphor
mit Oleum animale aether. , von Ammoniak und Can-
tharidentinctur, ebenso Bader und Douchen, nament-
lich hampfdouchen auf die Saci algegend. Die Elek-
tricitat blieb erfolglos. Von hober Bedeutung sind
dagegen nach H eine's Erfahrung die verschiedenen
orthopädischen Streck- und Uebungsmittel , voraus-
gesetzt, dass dieselben mit der-nötbigenj Ausdauer
gebraucht werden. ^igitized by vjOO^IC
Alles zusammengenommen , lasst sich die einsa-
SU
VL Clynlkolofi« U. Padktrilu
8cMif|«iide Eeh«ndlii«g wofal in fol^^ender Weis« cha-
rakC^fisiren.
Während des ersten Stadium muss die arztliche
Thaiigkeit vorzugsweise gegen die mulhroaasstiche
Ursache der Krankheit gerichtet sein. Bei ersdi wer-
ter Zahnung schneide man das Zahnfleisch ein , bei
Störungen in den Verdauungsorganen gebe man leichte
Abführmittel und Allerantia, bei vorgängigen schmerz-
haften Contracturen lasse man Bader und schweiss-
ftirdernde Mittel nehmen u. s. w.
Dauert dessenungeachtet die Lahmung fort, so ist
Heine 's antiparalytisches Verfahren angezeigt, ohne
dabei der Tonici^ zu vergessen, welche der allgemeine
Krflflezustand erfordert.
Ist endlich die atrophische Periode eingelreien, so
bilden gymnastische Uehungen neben einer anregen*
^D und kräftigenden pharmaceutischen und diäteti-
schen Behandlung die Hauptindication.
(Kttttner.)
452. Bemerkangen Aber Atelectasis pal-
noniini ; von Forsyth Meigs. (Amer. Jour. ian.
1852.)
Die Atelektasie der Lungen kommt unter 2 ver-
schiedenen Formen vor: 1) bei Kindern, die bei ih-
rer Geburt nicht vollständig einathmeten ; hier ist ein
kleinerer oder grösserer Theil der Lungen niemals
durch Luft ausgedehnt worden ; 2) die Kinder haben
bei ihrer Geburt die Lungen zwar vollständig mit Luft
erfallt, aber durch irgend eine Ursache coliabirt spa-
ter ein Theil des Lungengewebes , wird undurchgan-
gig für die Luft und nimmt wieder den Charakter der
Fötuslunge an. Bei Miltheilung zweier Fälle der er-
stem Art macht Vf. darauf aufmerksam , dass beim
Binathmen der mit angeborner Atelektasie behafteten
Kinder sich der obere Theil des Thorax in normalet*
' Weise ausdehnt, wahrend die untere Hälfte desselben
nach einwärts gezogen wird ; er halt diess für ein
charakteristisches Zeichen. Der Grund der Krank-
heit ist in Muskelschwache zu suchen ; bei kräftigen*
von gesunden Müttern geborenen Kindern mag diese
bis weilen von einer» noch vor Ausstossung des Kindes
erfolgten Lostrennung der Placenta herrühren.
Hierauf werden 3 Fälle der 2. Art erzählt ; kei-
ner derselben verlief tödtlich, weshalb die Richtigkeit
der Diagnose durch eine Seclion nicht erwiesen ist.
Das 1. der 3 Kinder war 25 Tage alt, das 2. 6Tage,
das 3. über 2 Jnhre, als der, vom Vf. als Atelektasie
diagnosticirte Zustand einlraL Derselbe manifestirte
sich bei den beiden ersten Rindern durch plötzlich
eintretende blaue Färbung der Haut u. Convulsionen,
bei allen durch beschwertes, unregelmässiges Ein-
athmen. Bei dem 2jahr. Kinde ergab die Ausculta-
tion ein fast über die ganze Lunge verbreitetes, sub-
crepitirendes fiasseln, auf der linken Seite schwäche-
res Respirationsgcräusch, als auf der rechten , u. auf
derselben Seite et^wis Bronchialathmen ; die Percus-
»Wü war auf der linken Seiu etwas gedampfl. Die
Behandlung bestand in all«n 3 Mleii io der Oarfei-
chung von Branntwein und in AftordniiBg der reehtet
Seitenlage mit erhöhtem Oberkörper. Den güDstigea
Erfolg der letztgedachten Anordnung glaubt Vf. darä
suchen zu müssen, dass bei dieser Lage das Septon
auriculorum in eine horizontale Richtung kommt, so
dass das BI\]t im rechten Auriket gegen das Gesell
der Schwere gehen müsste, um durch das Foramen
ovale zu gelangen , während gleichzeitig die Klappe
der Oeffnung die Neigung hat, niederzufaileo und die
Oeflnung zu verschliessen , wozu sie ausseräena aocb
noch durch das Blut der linken Herzhalfte geUkbea
wird. Ausserdem wird überhaupt durch die retkCc
Seitenlage dem Herzen die grösste Freiheit sti «eint
Bewegungen gegeben, während durch das HoehÜegn
des Oberkörpers die Respiration erleichtert wird, ki
dem Coitapsus einzelner Lungentheile erfahrt nicbt
nur das Blut eine mangelhafte Oxygenation , soliden
es wird auch die ganze Circulation desselben ia dei
Lungen gestört , weshalb eine Anhäufung von Blut ia
den verschiedenen Venen des Körpers erfolgt. Diese
Störungen in der Circulation äussern Rückwirkungea
auf das Nervensystem ; daher die Convulsionen;
Auf den Collapsus einzelner Lungenpartien bei
grössern Kindern wurde zuerst im Jahre 1844 die
Aufmerksamkeit gelenkt. Legendre und Bailly
zeigten, dass in manchen Fällen von Pneumonie und
Bronchitis jüngerer Kinder, der Collapsus einer Partie
der Lungen einen wesentlichen Theil der Erkrankung
ausmachten ; sie gehen so weit, zu behaupten , dass
fast alle Fälle von sogenannter lobulärer Pneumonie,
Fälle von Bronchitis mit Collapsus grösserer oder
kleinerer Lungejipartien sind. Die hier in Rede ste-
hende Afiection der Lungen zeigt sich als wirklieber
Collapsus von Lungenzellen; diess sieht man ganz
deutlich daraus, dass sich die collabirten Partien voll-
ständig durch Luft aufblasen lassen, und ihr frflbere^
gesundes Aussehen wieder erlangen. Bei AteJeiU»*'«
erscheint das erkrankte Lungenstttck glatt un4 glio-
zend und ist dabei niedergedrückt, und von purpur-
rother oder violetter Färbung; bei Pneumonie er-
scheint die Oberfläche des kranken Stü^kea natu
bisweilen rauh durch pleuritisches Exsudat, braunlicb-
roth ,. ausgedehnt ; bei Atelektasis behält die Longe
ihr normales GefUge , während sie bei Pneumonie
weich und leicht zerreisslich ist; bei Atelektasie zeigt
die Schnittfläche keine Granulation , bei Pneumonie
dagegen ist diess der Fall. Atelektasie wird in der
Regel in beiden Lungen gefunden, während Pneumo-
nie, mit Ausnahme der lobularen, meist auf eine be-
schränkt ist. Pleuritis und Bronchitis fehlen bei
Atelektasie , ausser wo die letztere als Complieetion
zu Bronchitis und Pneumonie hinzutritt. £ndlkli
lässt sich , wie schon erwähnt , bei Ateleictasie im
erkrankte Lungenstttck durch Luft vollständig «ulUa-
sen, bei Pneumonie nicht.
Die hauptsächlichsten Ursachen der Atelektasie
sind allgemeine Schwäche n. gebinderter Lufleintnlt
in die Lvogen ; das Rind vemMg nicht die aOthiy
V. Gysak^loffle it PMtotrIk.
216
Mmge Lttft eioniathnen , die vor der Luftröhre am
entferDleeten liegendeB LnDgeolbeile bleiben leer ood
collabiren deshalb; es kann diess ebenso gut bei
schon grösseren, wie bei Deugebornen Kindern ge-
achehe«. Der Lufteintriu kann gehindert werden
durch Bronchitis» Bronebo-^Pneumonie und Pneumo-
Bie, indem die bei diesen ZusiJfnden secernirten Stoffe
die Luftwege mehr oder weniger verschliessen ; doch
wird auch hierbei zur Erzeugung der Atelektasie ein
gewisser Grad von Schwache des Kindes erforder-
lich sein.
Die hervorstechendsten Symptome der Krankheit
sind plötzlich eintretendes kurzes, schnelles Athmen
tn'ii Dämpfung des Percussionstones, Schwache des
Respirationsgeräusches bei der Auscultation mit mehr
od. minder beträchtlichem, schleimigem oder subcre-
pitirendem Rasseln. Zugleich macht sich grosse Mat-
tigkeit ttsd Abgeschlagesheit bemerkbar. Tritt die
Krankheit zu Bronchitis oder Pneumonie, se wird
eine plötzliche Zunahme der Dyspnoe 'eintreten, und
es werden asphyktische Erscheinungen zum Vorschein
kommen, ohne eine verhältnissmtssige Steigerung der
Fiebererscbeinungen.
Die Behandlung muss vorzüglich darauf gerichtet
sein, den Schwächezustand zu beseitigen ; zu diesem
Zwecke dienen ausser einer gut nährenden Diät,
Branntwein, Chinatinctur, Chinin u. s. w. ; gleich-
zeitig ist die Anwendung von Sinapismen, Einreibun-
gen mit Hirschhorngeist u. dergl. zu empfehlen.
(Sickel.)
453. Ueber Diagnose der Pneumonie bei
Kindern mU Fällen und Bemerkungen ; von F o r-
syth Meigs, M. D., in Philadelphia. (Smith-Biddle
Med. Exam. Jan. 1851.)
Die Schwierigkeit der Diagnose von Pneumonie
bei Kindern, sagt Vf., rührt tlieils davon her, dass in
dem so leicht beweglichen kindlichen Nervensystem
alle Symptome bedeutend vergrössert erscheinen, wie
solches aus den heftigen Symptomen hervorgeht, die
oft leichte Fälle von Saburra., oder Säure der ersten
Wege oder Angina , oder die Dentition begleiten ;
theils aber auch davon, dass verschiedene Umstände
die physikal. Exploration erschweren. So ist die
normale Sonorität so gross, dass ein geringer Grad
von Veränderung der Lungensubstanz bestehen kann,
ohne dass die geringe daraus hervorgehende Abnahme
des Schalles durch Percussion wahrnehmbar wäre;
das Nämliche gilt auch von der Respiration für die
Aoscultation. Dazn kommt , dass die Pneumonie ao
oft doppch ist, dass der Vorlheil eines Vergleiches
zwischen den beiden Seiten uns abgeht, denn es
hlkinen eo, auch wenn schon ein pathologischer
Zustand vorhanden ist, beide Seiten doch noch viel
Schall und Respirations - Geräusch abgeben. Dar
Knisterton hl ebenfalls bei dem Kinde weniger lu-
verlässig, hauptsächlich wohl, weil das Kind die
Brost nicbl gebürig ausdehnen kann oder will, daher
weniger Luft eingeaitbmet wird. An nctsten aber
I steht der physikal. Exploration der Umstand entgegen»
r
dass sich das Kind so oft mit allen Kräften dagegen
sträubt.
Die von Vf. mitgetheilten Fälle beweisen nur die
bekannle Erfahrung, dasa die verschiedenartigsten
Erscheinungen bei Kindern durch Pneumonie veran«-
lasst werden können, üebrigens sind sie ohne Interesse.
(Pincoffs.)
454. Crottp, Tracheotomie; von Dr. Dupay.
(Journ. de Bord. Septbr. 1851.)
Der von Vf. mirgetheilte Fall betrifft einen 5jähr.
Knaben , bietet aber im Ganzen kein Interesse. Wnr
geben deshalb nur die Bemerkungen wieder, welche
D. darüber anstellt. Nach seiner Ansicht spricht der
fragl. Fall , obschon der Tod am 2. Tage nach der
Operation erfolgte, mehr fttr, als gegen den Nutzen der
Operation. Das Verschwinden der asphykt. Erscheinun-
gen 2 Tage nach der Operation , so wie das Resultat
der Section thun dar , dass der Kr. durch die Ope-
ration hätte gerettet werden können, während er.
ohne sie keine Stunde mehr gelebt hätte. Was das
Technische der Operation anlangt, so räth Vf. die
Trachea mittels eines Tenaculum zu fixiren, weil das
beständige Hin- und Hergleiten derselben deren Inci-
siou und das Einbringen der Kanüle sehr erschweren*
Den Schniu macht Vf. bei zurUckgebeugtem Kopfe,
ohne eine Hautfalte zu bilden, weil sieh bei gespann-
ter Haut die Grösse des Schnittes besser beoaessen
lässt. Zur Erweiterung desselben empfiehlt Vf., wo
der von Trousseau angegebene Dilatator nicht zur
Hand ist, eine kleine Verbandpincette einzubringen,
deren federnde Branchen die Wundlippen schon hin-
reichend auseinander halten. Er hält die Operation,
Trousseau's Ansicht entgegen, bei Kindern far
schwieriger als bei Erwachsenen, die sofort nach der
Operation, nach vorher drohender Asphyxie eingetretene
Ruhe, ja selbst Heiterkeit des Kindes konnte er auch
nicht beobachten ; erst eine Stunde nachher stellten
sich Respiration und Circuiation wieder genflgend ein.
Die durch die Section bestätigte Abwesenheit jeder
Spur von Pseudomembran in den Bronchialzweigen
widerlegt die Widersacher der Operation, welche
meinen, dass der croupüse Process sich stets zu weit
hinunter erstrecke , als dass durch die Operation et-
was genutzt werden kOnne. Wenn Trousseau
neuerdings nach geschehener Operation alle weitere
medicamentöse Behandlung verwirft, so sucht Vf.
nachzuweisen, dass diess theils niclit immer T.*s
Ansicht gewesen , theils die Erfolge seiner Operatieii
nicht gttostiger geworden seien , seitdem er die Ope-
rirteo gänzlich der Natur ttberlasse. VL glaubt viel-
mehr, die Operation sei nur das Mittel, um die t#dt-
lich zu werden drohende Asphyxie zn beseitigen, und
Zeit zu gewinnen zu einer allgemeinen Behandlung
des Croups, die Entzündung zu massigen , die Abson-
derung der Bronchien zu modificiren, die neugebil-
deten Pseudomembranen leichter auszustossen. fir
betrachtet daher die Operation nur als den ersten Act
einer rationellen Behandlung des Croupe.
(Eng.) —
216
VI. Gbinirgie, Ophthalmologie n. Otiatrik.
455. Deber die Dentition; von Dr. Napo-
leone Blartelli. (Gazz. med. ital. fed. Lombard.
50. 1851.)
Die eigenthtlmlicben Ansichten des Vfs. fiher Den-
tition u. ihre pathogenetische Bedeutung Lei £rwach-
■senen concentriren sich in folgenden Sätzen. *
1) Das erste Zahnen, der Zahn Wechsel, die ver-
npltele Dentition und der Ausbruch der sogenannten
Weisheitszähne sind sämmtücb eine und dieselbe Ope-
ration der Natur, blos mit dem Unterschiede, dass
die beiden letztern nicht conslant sind, also nicht un-
bedingt eintreten müssen.
Es ist daher kein Grund vorhanden, zu zweifeln,
dass jene splftern DentitionsvorgSnge nicht ganz die
nämlichen constitutionellen RCIckwirkungen auf den
Organismus haben sollten , wie sie von der ersten
Dentition allgemein anerkannt sind.
2) Es ist schwer vorauszusagen, bei welchen
Individuen und zu welcher Lebensperiode derartige
spatere Den litionsbesch werden zu erwarten sein möch-
ten , allein eine sorgfältige Berücksichtigung aller
anamnestischen und constitutionellen Lebensverhält-
nisse lässt doch ein annähernd richtiges Urtheil zu.
3) Um so vorsichtiger sei mau bei der Diagnose
von Krankheiten in den betreffenden Altersstufen und
bei zarten, reizbaren oder dyskratischen Subjecten.
4) Wenn der geringste Verdacht einer gleichzei-
tigen Zahnarbeit entsteht, so uniersuche man genau
den Theil , um wo möglich die Operation der Natur
befördern zu können.
5) Man wende Frictionen, Incisionen und alle
Mittel an, welche die Chirurgie zur Beförderung des
Durchbruchs darbietet, da in den meisten Fällen mit
dem Eintritte desselben die davon gesetzte Irritation
zu verschwinden pflegt.
6) Auch wenn nach längerm Kranksein die wahre
Ursache desselben — die Dentitio difficilis — erst
zur Erscheinung kommt, scheue der Arzt sich nicht,
seinen Irrlhum zu bekennen and die einzig rickU-
gen Maassregeln noch nachträglich anzuwenden , und
kehre
7) von einer bis dahin wegen stürmischer Sya-
ptome nur allzu energisch geführten Behandlang n
einfachem und mildern Mitteln zurück , nach Maasi-
gäbe der fortschreitenden Entwicklung des nun als
Ursache des Leidens erkannten Zahnes.
8) Die lange Dauer der Krankheit, die Hartnik-
kigkeit des Beizfiebers oder der consensuelleo Sjn-
ptome, trotz der unausgesetzt energisch angewevde-
ten Gegenmittel., muss den Arzt ohnehin gewirtig
sein lassen, dass die Irritation in wahre EntzOiiöia^
das Reizfieber in ein schleichendes und unheilbam
Fieber übergehen kann.
9) Da es nicht immer möglich i^ sich bei Zf*itei
darüber klar zu werden, und um diesen Uebergaaf
zu vermeiden , die Irritation abzukürzen oder s» n
sagen zu coupiren , ist es am besten , die eriaaüe
Ursache derselben, das Corpus peccans, zu enlferDci,
d. h. den hervorbrechenden Zahn auszuziehen.
10) Man lasse sich durch die sich dieser Opera-
tion mitunter entgegenstellenden Schwierigkeilen nickt
abhalten, ein geübter Chirurg wird nach vorgangiger
Beseitigung des Zahnfleisches u. s. w. wohl zum Ziele
kommen.
11) Die Indication hierzu beruht theils auf der
Reizbarkeit des Kranken , der die consensuelle Rflck-
wirkung des Zahnens nicht mehr ertragen kann, theils
auf der Voraussicht des Arztes, dass der ahnome
Reiz auf andere Weise nicht zu entfernen sein , son-
dern in einen wahren phlogistischen Process fiberge-
hen werde.
12) Diese Indication kennt keine andere Coi-
traindication , als die physische Unmöglichkeit, sie
auszuführen (wenn nSmlich der Zahn nur mittels der
Durchsägung der Kinnlade zu erreichen sein sollte).
(Kohlschtttter.)
VI. Chirurgie, Opiithalmologie und Otiatrik.
456. Ueber die Kropfgesckwfliste, weiche
die Lvßröhre comprimiren tmd defarmiren^ und
deren Behandlung, Nach den klinischen f^orträgen
des Prof, Bonnet zusammengestelU von Phi-
lipeauz. (Gaz. de Paris 48. 51. 1851.)
Wenn auch die Kropfgeschwülste der Glandula
thyreoidea in der Mehrzahl der Falle nur eine Defor-
mität bilden, die mehr entstellt als belastigt u. sonst
keine Übeln Folgen nach sich zieht, so giebt es doch
Falle genug, wo die Kropfgeschwülste durch Druck
auf die Luftröhre das freie Athmen behindern und die
Stimme altehren. Der Druck von Kropfgeschwülsten
auf die Luftröhre bewirkt kurzen und keuchenden
Athem; die Schleimhaut der Luftröhre wird nebst
ihren Verzweigungen von hartnackigen katarrhalischen
Entzündungen mit starker Schleimabsonderung und
Husten befallen ; das Schlucken wird erschwerL Die
Jugularvenen schwellen an, treten hervor; die geiiin-
derte Blutcirculation giebt sich durch blauliche Ge-
sichtsHlrbung zu erkennen ; kleine Anstrengungen brin- |
gen mehr oder weniger heftige Suflbcationserscbet- I
nungen hervor , ja zuletzt treten die Symptome vaB i
Gehirncompression und Gerebralapopleiie auf. IM
Stimme wird dünn, schwach, zitternd» oder aie Wf^
liert ihren Klang und wird rauh, h^ser und krdb 1
send. I
YI. Chirjvgi^ Ofhihiiüilogie «. OMatiiu
«17
Ab«r nkku blos RespiratioMitOrviigeo Mögt der
^mtlc der Kopfgescliwülste hervor, sondeni er er-
zeugt auch DeformatioD» bleibende GeslaltumanderuDg
«nd D«i4aUaii der Luftrttbre Bannet hat zuerst
im i. 4844 (cont TrMt4 de «ectiona iMdioevaes)
^onrth Sectionen die PormyerandeniDg der Luftröhre
nacbgewieaen » und Bouchacourt, Valette,
<vai.loia «. A. haben aeUdeao die Beobachtun^p
41 onnet'a bestätige und Y«riiiebK. Die cylindrisdie
Geartalt der Luftröhre geht durch den constanten
Druck der Kropfgeschwulst verloren , und die Lufl-
rttlire ^ind anUieder in ein dreieckiges Prisma nrnge-
wmMtf so idasi die Kaorpelringn unter eineai Win-
keil aaoh voni suflamnciistOMett , oder die LuArffhre
«ri»d «on vopn naeb hinten «usammengepreast, ko
dass sie eist 'quere fipiake 4arsteUt, oder nie ^rd
seitlich aus ihrer Lage verschoben , seitlich zusam-
mengediUdrt und nach rechts oder links auageheugt.
lyie Gestaltumanderung der Luftr5hre, die allemal mit
Kaliberverengerung derselben verbumlen ist, zieihl
nach Dothwendig pathologisch -anatomische Verände-
rungen in den Bronchiailverzweigungen und Lungen-
blasclien nach sich ; abgesehen von dem chronischen
Katarrh der Schleimhaut der Luftwege, sind die Bron-
cbialverz:WBigungen erweitert und ein Theil der Lun-
genfeilascben ist emphysematOs ausgedehnt, so da«s
man hier denselben Erscheinungen, wie bei den Stric-
taren der Ranale begegnet, die stets uolerhalb der
^trictur Erweiterungen nachweisen lassen.
Da nun nicht alle KropfgeschwOlste die Luftröhre
comprimiren and deformiren, ja da sogar erwiesener-
tnaassen oft die grOssten KropTgeschvmlste keinen
DQchtheiligen Einfiuss auf die Respiration ausüben,
während kleine KropfgeschwUlste einen solchen, tu
Snssern im Stande sind, so ist es vor nHen Dingen
nothwendig, die Dmstande zu ei^orschen, unter wel-
schen dre Kropfgeschwulst die LuflrOhre zu compri-
miren u. deformiren vermag. Auch hier hat B o n n e t
wieder die erste ratieielie Erklärung gegeben ; denn
die Aeusserung von Perms in seiner sonst treffli-
chen Abhandlung Ober die Kropfgeschwülste (Dict. en
30 Vol.) „es gebe KropfgeschwOlste, welche die Ten-
denz sich nach aussen lu entwickeln hatten, wahrend
nndere mehr nach innen, nach der Columna vertebra-
lis zu, wü<^hsen, und die letztem wSren es nament-
iieh 'die Störungen in der Respiraiien bervotrbrach-
.teo t*^ kann ^la ein« Erklärung keine Gekung haben.
B. «teilt feat, idaas die Entwicklung der .Kropfge-
.ftchwillaite atets nach .auaaen vor «ieh geht, eohald
^iclU durch KnoeJien eder Muakek dem WMhsIbmne
uod ider Ausdefawinf der Geschwulst nach aussen .ein
.Binderaisa entgegeng eatellt wird. Die »it Knorpel-
ria.gen versehene LuflrOhre läset aich von der wei-
chem Geachwulal, seibat wenn aie umfiiogliQh «ein
coltle» nicht eomprimire«. Ist es eJftcr der Fall, diss
die i(roj>fge8ehw4d»t bei üirem Waehsthiun bis unter
.das Jrusihein .oder das ^ternalende dt* r Glavicula sich
drangt, ao lundern die Knockenparlien die VergrOs-
«erung der Geacbavulat nach auaasn, .und das feinere
Il«4. Jftkrbb. B4. 74. HA. ^
WachsAhnm niiunt die RiehteBg nach innen m , nnd
wirkt dadiirA comprimirend und deTomiiread niif die
Luftröhre. Noch viel häufiger als die Knoehett sind
«a aber die Mnskeln unterhalb des Znngenbeina » und
namentlich die MML aternecleidenaaL , weldie d^s
Entwicklung der sich vergrOssernden Thyreoidea nacii
aussen aufhalten und das Wachsthum naeh innen
begünstigen. ^
Von dem seltenen Eindringen der untern Partie
di^r Kropigeachwulst ewiachen Manubr. atemi und
Luftröhre haben Ferrua, Blandin und Bannet
Betspiele heohaehtet ' In dem Falle von Ferrua
handelte es aichumeioeunfünglicheKropfgeschwulat»
die, ohne grosse Besobwerden zu veniraaclien» aiah
seit 8 J. auf ein und demselben Standpunkte erhalten
hatte ; auf einmal traten die Zeichen der Compresaien
der Luftröhre auf, ea kam zu wiederholten Eratifc-
JJLungaanf^len und Pat atarh unter apo|>lelaischen
Erscheinungen. Bei der Section fand man ein IVa^'
langes Stück der vergTit^sserten Drihie water dem
Manubrium» fest mit der Knochenhaut desselben ver-
wachsen^ die Utftr(&bre war von vorn ^ch hinten
platt gedrückt Gewöhnlich ist ea der mutiere Lap-
pen der Schilddrüse, der bei der Hypertrophie dier
Drüse sich mit eeinem .untern fiande unter dai Brual-
bein drangt, und die Con^preaeion drückt aUmltUg die
Lulurühre von ywM naich Linien vi «iner queren SpaUe
zusammen.
Noch sdtner als unter das BruaHrein, drangt ffieh
der Rand der Kropfgeschwulst unter des Btemalende
der Clavioilla. Hier muas die Hypertrophie der Drüse
den rechten oder linken Seitenlappen stark verringert
haben. 'Bonnet 'beobachtete einen f«H bei einer
38jähr. Dame , die seit 4 J. an starken Respiraüon«-
besch werden litt, obgleich die Kropfgeechwulst, die
«ie hatte, sehr wenig voluminös erschien. Der Kafke
Lappen der Schilddrüse senkte sich , wie man fühlen
konnte, abwärts, nnd bildete am Sternelende der
€lavicula einen Strang , der theila Ober dem Schlüs-
selbeine hervorsprang, theils unter daaselbe 'hinsl>-
stieg. Die Richtigkeit der .Diagnose* daas die ßespi-
rationabeschwerden von dem unter das Scblüsaelbein
gerückten .Drüsenstück abhingen., wuirde dadurch
bestätigt, da«» es ,B. auf eine spater zu beschreibende
Weise gelang, das Drüsenatück zu dialociren, wonach
aogieich die Respirationsbescbwerden aufhörten. Das
«unter die Clavicula gelangte SlUck der JKrapfgeachwulst
übt einen schief von vorn. nach hinien gerichteten Druck
auf die Luftröhre aus.
Am häufigsten sind es, wie erwibot, die MM.
aternocletdomiist*, welche durch Aclion auf die unter
sie gedrängte Partie der Kropfgesehwülst , die Luft-
rölH*e comprimiren und endlich deflormiren. iDa die
Muskeln nachgiebiger als die Knochen «ind,aal)e Wirkt
ihr Druck aalten ao auffallende rSuflbcationserschei-
nungen wie in den achon aogefütbrlen Fjlllen. Halten
sich beide hypertrophische Settedlappen der Schild-
drüse unter die Kepfnicker geschoben, ao drücken
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218
VI. Ghirargie» Ophthalmologie n. OtiatriL
diese in schiefer Richtang von vorn nach hinten die
Drdsensubstanz gegen die Luriröhre, die endlich zu
einem triangulären Prisma umgestaltet wird. Ist die
Kropfgeschwulst nur unter einem der Kopfnicker
gelangt, so drückt dieser die Luftröhre mehr seit-
Uch zusammen, indem er sie zuletzt auch seitlich
verschiebt.
BezClglich der Behandlung der Kropfgeschwülste,
welche die Luftröhre comprimiren und deformiren,
hat Bonn et einige Methoden angegeben, welche
zum Zweck haben , die unter die Knochen oder Mus-
keln gedrungene Kropfsubstanz zu dislociren , ander-
wärts zu fixiren und dadurch die Symptome der
behinderten Respiration aufzuheben. Die Mittel, die
man gegen Kropfgeschwalste Oberhaupt in Anwen-
dung gebracht hat, sind zahllos, und es hegt ausser-
halb des Zwecks der vorliegenden Abhandlung, sie
von der innem therapeutischen Behandlung, von den
örtlichen resolvirenden Mitteln an , bis zu der so
gefährlichen Exstirpation der Reihe nach durchzugehen.
So viel ist indessen zu bemerken, dass, da der Nutzen
der innern Mittel und der örtlichen resolvirenden
Einreibungen überhaupt ein sehr beschrankter und
zweifelhafter ist, ein Gebrauch dieser Mittel , wenn
Kropfgesch Wülste durch Druck auf die Luftröhre
Respirationsbeschwerden erzeugen, ganz irralionell
erscheint , dass der Chirurg darüber nur Zeit verliert
und das Uebel zu einer Höhe wachsen lässt, wo kaum
noch Hülfe möglich ist. Ja abgesehen von der Gom-
pression der Luftröhre , liegt es schon klar am Tage,
dass, wenn, wie gewöhnlich die Kropfgeschwulst
aus Cysten besteht, innere Mittel und örüiche Einrei-
bungen weder die fibrösen, oft dicken und selbst
cartilaginösen Cystenwandungen zur Schmelzung,
noch den Inhalt derselben , der oftmals dicklich und
selbst breiartig ist , zur Resorption bringen können.
Der fortgesetzte innere Gebrauch aber von Jod und
jodhaltigen Mitteln, muss nothwendig einen Übeln
Einfluss auf den Gesundheitszustand des Gesammtor-
ganismus ausüben.
In den Fällen , wo der Sternocleidomast. auf die
unter ihn gedrängte Kropfgeschwulst unmittelbar
drückt, und dadurch einen mittelbaren Druck auf die
Luftröhre bewirkt, suchte B. durch subcutane Durck-
schneidung des Muskels der gepressten Geschwulst
freie Entwicklung nach vorn zu verschaffen und den
mittelbaren Druck auf die Luftröhre aufzuheben ; bei
der Verheilung des Muskels konnte eine Verlängerung
desselben sowohl, wie eine Schwächung seiner Action
wohl vorausgesetzt werden. So rationell aber auch
die subcutane Durchschneidung des Kopfnickers schei-
nen mag, so bat sie doch in 2 Fallen, in denen sie
B. in Anwendung brachte, nicht das geleistet, was
man von ihr zu hoffen berechtigt war.
In dem einen Fall, der eine Göjahr. Pat. betraf, hatte
sieb der hypertrophische linke Schilddrüsenlappen so nach
unten unter die Ansätze des Sternocleidomast. gedrängt, dass
die Muskeldurchschneidung in der Mitte des Halses vorgenom-
men werden musste und ziemliche Schwierigkeit verursachte.
Es folgte gar keine Besserung, und B. seihst suchu den
Grund davon in der zweifelsohne nur unvoUkommen ansge-
fuhrten Durchschneidung. Der 2. Fall betraf einen juag«
Menschen, bei welchem sich ein Cystenkropf unter dem recb>
ten Kopfnicker entwickelt hatte, der die Respiration belästigte.
Die subcutane Durchschneidung über den untern Ansätzen des
Sternocleidomast. liess sich leicht ausfuhren, auch trat sof«>
tiger Nachlass der Bespirationsbeschwerden ein ; nach cinign
Tagen bekam aber der Kr. eine phlegmonöse HaUentzündiiog
in Folge einer Erkältung, die mit Eiterresorption und Tu4
endete. Bei der Section überzeugte sich B., dass, obglekh
er geglaubt hatte , der Muskel sei vollständig durchscbnitt«
worden, die Durchschneidung doch nur die obem 2 DriUtbdlc
des Muskels der Dicke nach getroffen hatte.
Der mangelhafte Erfolg der subcutanen Hmlef-
durchschneidung hängt demnach von der Schvierig-
keit der completen Durchschneidung nb ; desscni-
geachtet verdient die Methode noch häufiger Tersi^
zu werden, ehe man sie definitiv verwirft.
Eine neue Behandlungsweise von Bon d et istdk
^Verschiebung und Fixation der au f die Lufhröirt
drückenden Kropfpartie, die entweder auf Uas
mechanische Weise, oder mit Hülfe einer OperaUoi
vollbracht wird. Kropfgeschwttlste zeigen meist eiie
ziemliche Beweglichkeit, selbst in den Fällen, wo sie
die Luftröhre comprimiren , und B. aberzeugte «ck
zu verschiedenen Malen, dass, wenn er mit den Fia-
gern die Kropfgeschwulst fasste und an sich zog, die
Bespirationsbeschwerden des Pat. sofort nachliessen,
ja fast complet verschwanden. Auf diese Beobach-
tungen gründete B. seine Behandlung der Verschie-i
bung oder Abziehung. Die Kropfgeschwulst wurde
von der Luftröhre abgezogen , und nachdeon sich B.
überzeugt hatte, dass die Bespirationsbeschwerda
aufgehört hatten, ersetzte er die Action seiner Finger
durch einen Apparat, der nach Art des Compressor
von Colombat construirt war. Bei einem 15jäkr. i
Mädchen, welches in Folge eines seitlichen eigrossei
Kropfes bedeutende Bespirationsbeschwerden hatte,
war die Abziehung und der Apparat ausserordenlJidi
hülfreich, ja der Druck des Apparats von beides 5ei7ea
her auf die Kropfgeschwulst brachte selkst eine
wesentliche Verkleinerung derselben zu Wege, so
dass nach 5 Wochen der Apparat weggelassen werden
konnte und die Geschwulst sich auf die Hälfte redu-
cirt hatte. Jodeinreibungen brachten in diesem Falle
den Best des Kropfes zum Verschwinden.
In den Fällen , in welchen sieb zwar die drQk-
kende Kropfgeschwulst von der Luftröhre abziebei
und verschieben, aber nicht gut mittels eines ApparaU
fixiren lässt, hat B. diesen letzten Zweck durch eine
einfache Operation erzielt, und dadurch namentlicb
in jenen Fällen, wo die Geschwulst sich unter das
Steroum oder die Clavicula gedrängt hatte, Besserusf
erreicht. B. verfuhr so : nachdem er durch starkes
Abziehen mit den Fingern die Geschwulst von der
Luftröhre entfernt und sich überzeugt hatte, dass das
Athmen freier geworden war, nahm er sUrke Mädeln,
die er schief von unten nach oben und von vom naeh
hinten durch die Haut in die Geschwulst stiess, «•
dass die Köpfe derselben auf dem Slernum oder im
Clavicula auflagen» und fixirte auf diese Weise d«
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
219
fschobenen Kropf. Da B. die Fixation der ver-
lobeneo Geschwulst durch Nadeln nicht für längere
it hinreichend erachtele , und auch gleichzeitig auf
I Verkleinerung der Kropfgeschwulst hinarbeiten
>llte, 80 schritt er nach der Nadeleinführung zur
Izung. Auf die Hani wurde an der Stelle der vor-
drängten Kropfgeschwulst eine Schicht mit Alkohol
fieuchteter Wiener Aetzpaste gelegt und diese 10
Buten lang liegen gelassen ; mit einem Schwämme
irde nach 10 Minuten was von der Paste noch zu-
ekgeblieben war weggenommen; aus dem Centrum
I hervorizeb rächten Aetzschorfes nahm B. nunmehr
I Stack mit Messer und Pincette heraus und legte
f dasselbe eine kleine Paste von Chlorzink • die er
it Heftpflaster am Platze erhielt und 3 Tage lang
e Aetzung so fortsetzte, dass er an jedem Abend
s der Mitte des Schorfes ein Stück abtrug u. neues
ilorzink applicirte. Nach 9 Tagen stiessen sich die
»rtißcirten Tbeile ab, die Nadeln fielen sogleich
s, die Kropfgeschwulst war mit der Haut fest ver-
ichsen, verkleinert, konnte nicht mehr nach der
tftröbre sich senken, und die endliche Vernar-
ing setzte eine wenig entstellende, feste und solide
irbe.
Bei der oben erwöboten Dame, wo der eine Seitenlappen
r Scbiiddröse sieb unter das Sternalende der Clavicula ge-
ikt bade, rerhinderte die Nadeleinfübrung in die erhobene
opfgeschwulst , deren abermaliges Zurücksinken und die
laterisation lixirte die Gescbwulst durch Verwachsung. —
9 einem 13jäbr. Mädchen mit einer beweglichen Kropfge-
bwulst , deren unterste mittlere Partie unter das Sternum
irangen war, bewirkte die Nadeleinstechung mit nacbfol-
Dder Caaterisation nur eine Verwachsung der blossgelegten
lern Kropfpartie in der Ausdehnung eines Zehnsousstäcks,
d die Respirationsbeschwerden waren zwar durch die Ope-
100 bedeutend gemindert, aber keineswegs ganz aufgehoben
rdeo. B. entscbloss sich zu einer 2. ausgedehntem Gau-
iution, nach welcher die Kropfgeschwulst gleich einem
Dlapsos sich vorgedrängt hatte und alle Respi ratio nsbe-
iwerden verschwunden waren. Da die Untersuchung der
gefallenen Kropfpartie eine vorliegende ausgedehnte Cyste
gte, 80 unternahm B. noch eine 3. Cauterisation der Cyste
bst; nach mehrern Wochen begann die Vernarbung, die
t einer rundlichen 2 Ctmtr. breiten Narbe endigte; die
opfgesehwulst war bis auf ein wallnussgrosses Stack redu-
t worden.
Schlttsslich giebt Vf. eine kritische Uebersicht der
nptsSchlichsten Netboden, die eine Destruction der
itenkröpfe (der gewöhnlichsten Kropfform) zum
reck haben, nach Bonnet's Ansichten.
A. Die einfache Function, Die Anstechung
|er SchilddrClsencyste mit dem Trokar u. Ablassung
\ Inhalts derselben , wird bei grOssern Cysten eine
IrSchtliche Volumenverminderung der Geschwulst
irirken , allein die Besserung kann nur eine pallia-
I sein , indem die Cyste gar bald wieder sich aufs
ne anzufüllen pflegt.
B. Die Function mit LufteinhUuung , nach
lea 6u6rin, bei welcher der mit dem Trokar
leerte Cystenbalg aufgeblasen wird, übt auf die
itenwandungen einen Reiz aus , der unter gUnsti-
I Umstünden eine adhäsive Verwachsung bewirken
kann. Leider ist die Methode zu häufig ungenügend,
weil sie nur dann einen Erfolg haben kann, wenn die
Cysten Wandungen sehr dUnn sind , was selten gerade
der Fall ist.
C. Die Function verbunden mit Jodinjection,
durch V e 1 p e a u eingeführt und allgemein verbreitet,
hat bei den Kropfcysten , wie Bouchacourt und
Gallois durch Beispiele darthun , mehrfach gün-
stige Erfolge gehabt. In den bedeutendem Fällen
von Kropfcysten hält B. die Jodinjectionen für unnütz
und selbst gefährlich. Sind die Cysten gross , sehr
gespannt und dickwandig, so wird nach der Injection
die Cyste unter entzündlichen Erscheinungen sich
stärker füllen und anspannen als vorher; geht die
Geschwulst nicht in Eiterung über (was selten), so
bleibt sie zum wenigsten unverändert. Besteht aber
gleichzeitig eine Verschiebung des Kropfes unter Mus-
keln oder Knochen, so steigert die Injection die Com-
pressionserscheinungen der Luftröhre und kann Suf-
focation bewirken.
D. Das Haarseil, mittels einer Nadel durch die
Haut und die Cyste gezogen, wurde von den altern
Chirurgen vielfach gebraucht, und neuerdings haben
Dupuytren und Quadri dasselbe wieder zu be-
nutzen versucht. Es ruft durch seinen Reiz als frem-
der Körper Entzündung hervor, die durch Lufteinlrilt
in die Cyste noch gesteigert wird. Der Inhalt der
Cyste kann nur unvollkommen abfliessen , er geht in
Zersetzung über u. giebt zu einem Verjauchungspro-
cess, der durch Resorption häufig tödtlich geworden
ist, Veranlassung. Bleibt der Operirte am' Leben,
80 setzt das Haarseil wenigstens einen copiösen,
schwer zu hemmenden, fötiden Verschwärungspro-
cess, und doch reicht dabei das Haarseil nicht einmal
hin , die innere Cystenwandung zur Zerstörung zu
bringen , so dass nach der endlichen Vernarbung der
Kropf häufig wieder in der frühern Grösse vorhanden
ist. Das Haarseil, in der gedachten Weise applicirt,
ist mit Recht von allen Chirurgen der Jetztzeit ver-
worfen worden.
E. Die Jneision kann in doppelter Weise, entwe-
der in kleinerer, oder grösserer Ausdehnung gesche-
hen. Wird die Haut und die vordere Cystenwandung
nur wenig eingeschnitten, so entleert sich das Con-
tentum der Cyste nicht vollständig, verdirbt unter
dem Zutritte der atmosphär. Luft u. veranlasst leicht
gefährliche ausgebreitete Verschwärungen. Zuweilen
verklebt die kleine Incisionswunde der Cyste rasch,
und dann gleicht die Operation der einfachen Function.
Wird die Haut und vordere Cystenwand der Länge
nach gespalten, so kann zwar das Contentum frei
abfliessen , allein einmal sind in dieser gefährlichen
Gegend bei grössern Incisionen copiöse Blutungen zu
fürchten , anderntheils wirken die Blutcoagula , wie
fremde Körper, die zutretende Luft übt einen gewal-
tigen Reiz , und es kommt zu phlegmonösen Entzün-
dungen mit Eiterung, Verschwärung u. s. f. Abge-
sehen aber von den übeln Folgen nützen die Incisio-
dSK^
Vi. Gkirlrgie» Oplrthalai^logw n. OÜatriL
R0fl Hf Resng auf die Cysten Mltm etWM, o. bring«»
iitff Msnahmtwe}»« adlitlaive Verklebung der ioDern
Waudttiigeii hervor.
F. ^blation, Exstirpation. Obgleich mehrmals
Rföprcysten mit Olttck exstfrpirl wordcii sind » ja so-
gar gante Krnpfgeschwflbl« mit dem Messer ohne de»
Tod tvt veranla«isen abgetragen worden sind, so mUs«-
sen doeh diese Operationen ihrer eimnenten GefMhr-^
Nehkeii halbef gan« verworfen oder aur seltene Aus«
nabnvfUlle besehrankt werden. Rei solchen Eisiir-
(Nationen oHlssen tahlreiche venöüe und arterit'lle
Qefllsse verleltt werden, die gewaltig« Blutungen
veranlassen nnd ^nn Unterbindnng ausserordentlich
ifhwef gelingt. Unregelmässigkeiten in dem Verlaufe
der Gefälsse erhöhen noch die Gefahr, und schon
mehrmals hat man hei der Operation die Carotis pri-
BiHiva und die Nerven verlettt. Die EnUttndungea
der vielfach verletzten Venen machen, wenn der Blut-
vertust niehl getödiet hat,den Tod durcb Eilerresorption«
Pyämie, fast nothwendig.
* G. Die Cäutefisalion , schon von den ältesten
Chirurgen angewendet, hat doch erst in der neuem
Z^tt die Am-rkennung gefunden, die ihr gebohrt.
Bonnet's Verdienste um die Caulerisalion überhaupt
sind allbekannt, und er ist es auch, der dieselbe
behufs der Destructioo der Kropfcysten und Kropf--
geschwfllste eingeführt hat, nnd der mittels derselben
Resultate in Füllen ertielt hat , die ganz ausserhalb
aller operativen Behandlung zu liegen schienen. Wenn
nun auch die Cauterisation selbst nicht immer als ein
gefahrloses Mittel bezeichnet werden darf, wenn
namentlich die Wahl des Aetzmittels Umsicht verlangt
und die Application eine sehr geschickte Hand voraus-
setzt, so ist doch so viel gewiss, dass die Cauterisa-
tion wenigstens das gefahrloseste und wirksamste
operative Mittel ist , um die Destruction der Gyaten-
krOpfe tu erreichen.
B. hat die Cauterisation bei Cystenkröpfen in
dreifacher Weise angewendet: 1) beschränkt auf ein
kleines Stück der Haut u. der vordem Cystenwand, also
ähalioh der beschränkten Incisien; 2} als longitudi-
nale, die Baut und ganze vordere Cystenwand durch-
dringende, vergleiehbar der langen Incision , und 3)
als wieilerhoUe» nicht nur die ganze vordere Cysten-
wand deatruirende » sondern auch die hintere Wan-
dung aerstOrende, die mit der Exstirpation verglichen
werden kann.
Die bteicktänkte Cauterisation ist von Sab ati er
Dfnd Boy er gerühmt u. oftmals angewendet worden.
Auf die Mitte der Cystengeschwulst wird ein Stück
¥aU8tiaches Kali gelegt ; sobald sich ein Schorf ent-
wickelt hat , wird dieser in der Mitte vorsichtig ein-
gesehiiftten und in die SehoHiüflhnng abermals kan-
atischea Kali gebracht, und so fortgefahren bis die
Aetzung die vordere Cystenwand durchdrangen hat.
Besser ist es, die erste Aetzung mit der Wiener-
Paste, die man «lebr in der Gewalt hat, vorzuneh-
men Q. ta den Oetttrnmltzungen Chlonink au benu»-
zewr wie scho» oben ingageben iai* ükam AH d»
Aetzung bat leider aucii die NachtbetlederbeMhiiifc*
tan Incision; nachdem die vordem CyaleBUFaBd dnrcb-
atzt ist, dringt der Inhal! der Cyste hervor» 4er, di
die Oeffnong mittelstandig nnd klein ist» nich i»
theilweis entleert, wahrend dor zurttckbleiken^ Mtä
leicht der Zerseiznng mit seinen nachtheiligefli Pelga
anheiromill, aurh ist der Reiz der Aelayng m geriaf,
um VerwirclMitng der Cystenwand eittzuleileB. Ca
diese I3el»flslän(le zu vemteiden^ hat man neAftR
kleine LOrlier von auasen her in die Cyaie gelltf a.
das unt«r»te Loch an der ablilngigsleo Sirli» dar
Cyste angebracht, ein Varfnlireii , welches alltifags
besser ist, sich al>er mehr der ansgedebnlero Actoif
nähert. B. hat kleine, sich vergröHserniie Ganträ-
tionen durch das Aetz-Haaraeil bewirkt; miuclsew
starken Nadel hat er eine kleine mit Chloninkfiii
bedeckte Mesehe durch die Haut und vordere Cyii»
wand ein •« und atMgemhrt , und die Hesebe 5 Tip
lang liegen lassen.
B. brauchte 1850 diese Methode bei etaer 3djahr. Biai
mit einer Krupfgeschwuist, die aus 2 gj'osseo Cysten, vm l^
neo die eine im niilttern, die aodera im reckten Drtsaala^
lag, bestand. Durch jede der Cysten wurde eine Maiche
Chlorzink gerührt; die Pat. bekam heftiges Fieber; aus ta
OelTnuDgea des Hoarseils floss dicke, brüuoliche Flinigkrt
ab, die mit Eiter gemischt war; die Hant rötbete sieb
der ganzen Kropfgescbwiilst , welche der Siti einer bd
Entzündung wurde. Die FieberbewegoDgen liesaen B«r A
mälig nach , die Pat. schwebte fast 2 Wachea ia Laht
fahr. Nach 14 Tagen stiessen sich die Aetzschorfe loa. t
darchschfiitt die Brücke zwischen den grösaten Löcfaem, ai
eine vollständige Entleerung der Cyste au erzrcleo , nod kß
dann nochmals eine Meseke mit Chlorziok ein, ona auch ii
hintere Cystenwand anzugreifen. Der iweitcn AeUung folgsa
keine stürmischen Erseheinuagen ; die folgende «erös-pi
lente Absonderung zag sich 3 Wochen lang hin , btM Ae V»
narbung begann. Die Pat. wurde nach ISwöchestl. Anfei»
kalte im Spital entlassen, die Cysten waren gesckwusdca wd
die Kropfgeschwuist hatte sich auf daa dritten Tbail ibvea M
hern tlmfanges redncirt.
Obgleich das Aetibaarseil nooh die beste Metbad»
der beschrankten Aetzung ist, so btit sie dockL
selbst für zu langsam wirkend und gefilhrlich, ah
dass sie eine allgemeinere Anwendung finden dlirAe,
u. zieht ihr die longitudinale Aetzung bei weitem vor.
Die von B. eingeführte longitudmale^ Hefe Aea*
zung wird folgendermaassen ausgeführt, i^ Bart
im ganzen Längendurchmesser der Cyste wird mi\
Wiener Aetzpaste in einen iXnglichen, abgerandetea,,
bandförmigen Schorf verwandelt; in die Mitte deij
länglichen Schorfs wird eine Rinne mit dem Hesse'
gegraben und Chlorzinkpaste in dieselbe gelegt. Dai
Schorfeingraben und Chlorzinkappliciren wird aller
24 Std. wiederholt, bis die vordere Cyatenwaad
iinienibrmig durchätzt ist. Die weite, einer groasa
Incision gleichende, aber weit gefahrlosere longitndh
nale Durchätzung der vordem Cystenwand hat de»
Vortheil , daaa der ganze inhatt der Cysit mit
Male entleert wird, und nach der Enlkenuig
Cystenwanduttgen »eh auaanunenii^eo •
losatoasen, und dass die Oaatruction der C^fslag^
wohnlich voUataodtg erretehit wird.
VL Ghlruigic^ OpMute^logie vl OiUtrib
m
1» 9 PVlIen YOB 078tMkr#pren mit ^t'^^mii, diok^
irMtiKgeo eystea bei jungen PerMoe», d»* ausftthrikli
irsShH werden , eriieKe B. in 4 u. in 7 Tagen die
Idngitudiiiale IHirchaizwg der verde» Cyslenwand,
nek welche? in groeser Menge eieh der Inhalt der
eyscer^ entleerte. Belligea Fieber folgte der Batke-
mi»f m beide» FaHen, üio Alwiouderuiig w«rde wäa-
eert{^uiirig; die Cystenwand«ngen halleo aichiuiaiivn
Metigvzogen; B. atite 14 Tage fciing laglick mit Httl^
lensimn die Röhlimgen, deren dieke Wandwigen man
mt 4^n Finger unageke» kannte. Eine dickere eitrige
Absundernng sties» stMekweia die Wandungen ter. G^ie
V«rnarbung ging mach vor sieb«
Die 3. Methode der AetzMnj[, die nach der Länge
und Breite amgedehnte, o/t wiederholte, tiefge^
keade h%iiuj^, die analog der Eastirpalion ist, kann
ihrer grossen Gefährlichkeit halber, wie B. selbst
bekennt» kein« allgemeine Behandlimgsweise werden,
doch bleibt sie bei plötzlich in Vereiterung Überge-
benden Kröpfen, oder bei grossen Kröpfen mit carli-
laginOaen Cysten • welche durch Druck Suffocalions-
erscheinutgen, die sich durch andere Mittel nicht be-
eeitigen lassen, hervorrufen, oft der einzige Weg um
den Pat, zu retten.
Bei eioem i4jSbr. Midchen mil fohnnindieiD Kropf ba*
dteku B., naehdeia er die ganze vordere Cyttenwaad darcb-
atal haue, auch die iooern Wandungen der knorpligen Cyste
täglich mit Cblorzink, Plötzlich trat eine profuse, durch keine
Compression zu Hillende, Blutung auf. Die Section reigte,
das« bei der Aetaung die Art. thyreoidea superior angegriffen
worden war.
In 2 andern Fallen , wo einmal nach Jodinjeclion , da«
andere Mal durch unbekannte Umstände die Tohiminösen
Kropfgeücbwiilste mit dickwandigen Cysten sich «»nlxfindet hat-
tMi und in Ellfrnng übergingen, wo durch die Vulurazunahine
die heftigsten CompreesionsersoHeinungeq, durch die EnUOn-
dttog Fieber mit furibunden Delirien herrorgcrufeo worden
war «0 dass der Tod der Pal. nn?ermeidlich schien , filzte
B. rasch mit Wiener Aetzpaste und Cblorzink fast die ganze
Tordarc Fl«ch« der KropfgeschwulsC. Nach der DurobitEiiBg
enUeerte sink dickUfhe,' mit Eiter gemischte, »tickende FluS'
sifheit; das Fieber hesiand fort , die Compressioossymplome
liesseo etwas nach. B. ätzte täglich mit Chlorzink die Cysten
Bo tief er nur konnte , und suchte dabei die filtern schorfigen
Stacke za enifernea. Nach 14 Tagen erat liessen die Fiehef-
eracbeienngaa nach , um weh ?on Zeit zu Zelt in E^acerha"
üoqen wieder einzustellen, ein paar Mal traten Blutungen
aof , die indessen bald aufhorten. In dem einen FaHe war
die Aetzung so weit gegangen, dass man die Carotis dicht un-
ter der Cyahjnwand filhlle, in dem andern FaHe lag im Grunde
der Cyata die Luftröhre fast bloa. Nach 12—14 Wochen kam
e« in beiden Fallen unter grower Sorgfalt beim Verband und
oftmaligem Aelzen, in der spätem Zeit mit Lapis infern., zur
Heilung, und der eine Kr. war durch die gefahriiche Total-
ätziMic fast radieal von feinem ftro^f befreit worden.
(StreabcL)
457. Der Retropharyngealabscess , ^eijie
Gßschkkte und Behandlung ; mit einer stßtisti9chen
Tabelle über ^9 Fälle f von Charlea M. Allin,
U, •.» Wundarzt am Äew-York Hospital (New-Yoi*
Jouff»« Novbr, 185t0
Dde Abaees8A»ildaii0 «wischen der hintern Pharynxr
wind imd de» &l»wirbel]i iat sieht so selten , als
\ ateh dem aUgeaeiMn SüUecbweigen der Scbr iftr
Steuer über dieeen Gt«enatafiid gUM^en m\\\^ Di«
hierher gehörigen Fltfle «ind meist in den aeitSC^nf--
ten aeretreei «nd in grossem eaedieiniacheq und cbH.
rui^isclMD Werken iat da^n nur aete iw Allgemf i*«l
die Rr^de. l*«f Gfund d«föii liegt well^ifht dann,
dass di.j Prabtiher di* beg*eiten4en schwere» «»WU
dieses Abscesses ans ÜAHgel an genaues V«^i«M-auchu»«
»ndercn bekanntetn Ursachen auachreib«?» In 4««
teilten t J. halte Vf, seihst Gelegenheit, UMsbrW
Fslle iH beobachten . und ward dad,*?ch »u 9^mr^
Kebem üatetsuchttegen iiber diese Krank^^wV W|ih
las.l. I>en SUesten Fall fiwd <jr hii PI»ttrM
(Praxis med. 1625). un«! er M m GauJieu 58 FW«
gesammeU, «an denen nw M gebessert (wUr geheilt
worden sind, D«n Qrund dieser grosse« Sterbh^h^
keit sucht A, blos in der Bnkenntniss» weleU^UW
diese Krankheil herrscht. Um im Stande »u Win,
Vieles» w*s \» Besug auf die Diagnose und die Folge«
instVnde dieses Absoes^es von Wichligkeil ist, W
begreifen , ial die Kenntniss der anaiomischeu Veip-.
tiAltnisse wnerttsslii'h. Obgleich das VorkoiUBwn dM
fietroplia«7ng«»^**>«o^»8**' ^^^^ *"^ keine lebensperMM»
besehrankt, so waren doch die MehrsaM^lerRrkreukU«
in den gesammelten Fallen Kinder unler 1 0 J. t wse
zum Tbeil durch die in dieseip Ubenaalter Wufig
vorkftmroende scrophulöse Oyskrasie bedingt sein
mag. denn in der That konnte fest hsi alien diese»
Kranken als Anfang der Krankheit eine. Ent^ttndung,
AnschwelluDg und Eilerung der tymf*idr«sen htnlec
dem Pharynx oder Wirbelceries na^rhgewieseu werden.
Aueb könnte das ZahngeschUR bierhei ro» einigen»
Einflüsse sein.
Es sind swei Fornien des Ahacesses «n nwhfio^
scheiden: 1) der aeute oder idi^alhisehe , welcher
auf einer örtlichen acuten EntaUndongberulil. 2) »er
chronisehe oder symptomatisehe , welcher aus einer
Krankheit der Halswirbel henrorgehl.
Mtiologie des acuten Jbscesses. Die ;?rWw-
ponirenden Ursachen sind dieselben, wie bei andern
Abscessen. Erblich scropbulöse Aplage, syphiliü-
sehe Dyskraaie . unmässiges Leben, schweres Zahnen,
acqie Exantheme mit Halsaffeclion , wie Scharlach,
Pocken und andere. — ^Veranlassende Ursachen:
Einwirkung kaller und feuchter Luft mit darauf fol-
gender Enlzündung des Pharynx, Uebergapg in Eite-
rung und Abseuung des Eilers zwischen der Fascia
propria pharyngis und den Pharynxmuskqln. Ent-
zündung der kleinen Lymphdrüsen hinter dem Pha-
rynx, welche besonders bei Kipdern vorhapden sein
sollen (Fleming, DubL Journ. VoL 17.). fer-
ner ,sind fremde Körper ipi Pharynx, zurückgetretene
Gesirhtsrose , Strictur des Oesophagus und Rheuma-
tismus als veranlassende Ursaelien angeführt worden;
zuweilen war die Ursache unbekannt.
Aetiolagie <fc* ckr^nisehen /ibscesses, Pridü-
ponwende Ursachen, wie bei der acuten Form, -r^
FeranUssende Ursachen: fast ipamer ij*t C?nef
oder Tuberkuloae der Halswirbel vorhanden, D«r
Vorgang ist derselbe wie bei dem P»oa»absce$s,
Sf33
VI. Ghinirgie» Ophthalmologie u. Otiatrik.
Symptome des acuten jibscesses. Die ersten
Zeichen der Krankheit sind , wie bei fast allen ent-
zflndlichen Krankheiten des Schlundes, Arlliclie unan-
genehme Einp6ndungen , Steifigkeit des Halses und
Fieber. Oft ist ein beständiges KJfllegefHhl vorhan-
den » welches nebst dem Ortlichen Schmerze (i( ü Ver-
dacht dieser Krankheit erregen muss. Bei ganz klei-
nen Kindern können im Anfänge der Krankheit Con-
vulsionen zugegen sein. Nicht selten ist OdematOse
Anschwellung am vordem und seillichen Theile des
Halses vorhanden, welche selbst den eigentlichen Sitz
der Gefahr vrrdrcken kann. Im Verlaufe der Knink-
heit nehmen die Schmerzen im Schlünde zu , es ent-
steht das Gefahl » als ob ein fremder Körper sich an
der Basis der Zunge befeinde, das Schlucken wird
erschwert und schmerzhafter, der Kr. klagt (Iber
grossen Durst, das Athmen wird mühsamer, unre-
gelmtfssig und ist von verschiedenen Geräuschen be-
gleitet, weil die Luft durch den im Halse angesam-
melten zähen Schleim dringen muss. Die Stimme ist
feründert , nasal , ähnlich wie bei dem gespaltenen
Gaumen. Schweiss kühl, Haut blass, Puls stets
schnell und häu6g, mitunter voll und stark. Wird
die Krankheit nicht erkannt, so verschlimmern sich
alle Symptome rasch, das Schlucken wird ganz ge-
bindert und die Dyspnoe bedingt Erslickungsgefahr.
Bei kleinen Kindern entstehen jetzt leicht lödlliche
Convulsionen. In andern Fällen erscheint Somnolenz
oder Goma. Diese Anfälle werden herbeigefahrl oder
verschlimmert durch Versuche zu schlingen oder eine
horizontale Lage anzunehmen. Bei solchen Anfällen
gehemmter Respiration ist das Gesicht gerötbet , der
Kopf gewaltsam zurttckgezogen , die Zunge wird aus
dem Munde hervorgestreckt und der Puls hat zuwei-
len 130 bis 140 Schläge in der Minute. Wenn die
Zunge nicht aus dem Munde hervor^^estreckt gehallen
wird , u. der Kr. sie herausbringen soll , so wird sie
krampfhaft vorgestossen u. mit grosser Mähe wieder
zurttckgezogen. Bei der Untersuchung des Schlundes
lässt sich mehr oder weniger die Mund- und Rachen-
schleirahaut im Zustande der Congeslion wahrnehmen,
mit Anschwellung und Rölhe der Mandeln und der
Epigloltis. Da gewöhnlich der Ahscess über dem
Niveau der Stimmritze sitzt, so kann man fast in jedem
Falle die meist eiförmige Geschwulst der Rachenwan-
dungen sehen und mit dem eingeführten Zeigefinger
ein festes, elastisches Gefühl wahrnehmen. Die Ge-
schwulst drängt zuweilen seihst die Seitenplatlen der
Cartilago thyreoidea aus einander, was man in man-
chen Fällen bei der Untersuchung von aussen fühlen
kann. Bei tödllichem Ausgange erfolgt der Tod durch
Asphyxie von Compression des Laryni, oder auch bei
spontaner oder künstlicher Eröffnung des Abscesses
durch Eindringen des Inhalts in denselben.
Symptome des chronischen abscesses. Da die
chronische Form meist Symptom einer Oyskrasie , u.
besonders der Wirbelcaries ist, so sind die Erschei-
nungen dieser vorhanden ; am frühesten Steiflieit u.
^liiunpfer Schmerz im Nacken, der bei der Kopfbewe-
gung vermehrt wird, a. zuweilen Abends a. id der
Nacht am heftigsten ist. Wenn der Ahscess grosser
wird , sind die Symptome bestimmter. Es tritt lu-
weilen theil weise oder völlige Verscbliessung des
Mundes hinzu , wodurch die Diagnose durch örtliche
Untersuchung unzureichend oder unmöglich werden
kann. Die Eiteransammlung kann eine grosse Aus-
breitung erreichen, z. B. bis zur hintern Mitlelfeli-
höhle, oder an der Seite des Halses unter der liefen
Fascia. Der Ahscess kann längere Zeit ohne beun-
ruhigende Erscheinungen fortbestehen, welche »
einer thätigen Behandlung auffordern, denn die Orf»e
gewöhnen sich bis zu einem gewissen Grade n
eine allmälig gesteigerte Compression. Wenn aber
später die Eileransammlung so gross ist, dass die
Function der Nachbarorgane gehindert wird , so er-
scheint eine andere Symptomenreihe, nämlich zuneh-
mende Dysphagie und darauffolgende bedeutende
Dyspnoe mit allen Symptomen, wie sie bei dem idio-
pathischen Abscesse erwähnt wurden. In vielei
chron. Fällen erscheint in den letzten Stadien Fieber
mit typhösem Charakter, welches vernachlässigt und
unpassend behandelt sicher mit dem Tode endigt
Die Eröffnung des Abscesses hat bei dieser Form
nicht den günstigen Erfolg, wie in der acuten , denn
die Elasticitäl u. das Contractionsvermögen der durch
den Krankheitsprocess sehr verdickten Pharynzwand
isi bedeutend vermindert, u. die Verstopfung des
Kanals bleibt nach wie vor ziemlich gleich , u. end-
lich erfolgt dennoch der Tod wegen Mangel an Er-
nährung.
Diagnose, Bei Erwachsenen kann durch sorg-
fältige Untersuchung durch das Gesicht u. Gefühl die
Diagnose in den meisten Fällen ermittelt werden.
Viel schwieriger ist diess natürlich bei kleinen Kin-
dern. Hier ist zunächst Verwechselung mit CroMp
möglich; dieser unterscheidet sich jedoch von deut
beginnenden Pharyngealabscess durch den eigenthOv-
lichen , krähenden Ton des Crouphustens , iL die
gleich anfangs vorhandenen Athmungsbeschwerdea.
Bei dem Pharynxabscesse wird ein solcher Husten sie
gehört u. der Dyspnoe, weiche allmälig zunimmt, ge-
hen, stets Schlingbeschwerden voraus, welche beim
Croup seilen bedeutend sind. Ferner werden beim
Croup die Athmungsbeschwerden viel erleichtert,
wenn der Kopf sich tief befindet u. Druck von aussen
auf den Kehlkopf vermehrt sie nicht. Bei dem Pha-
ryngealabscess findet gerade das Gegentheil Statt, die
horizontale Lage ist hier geradezu unmöglich. Die
Sprache ist beim Croup erst heiser, sodann schwach
u. lispelnd, aber stets deutlich, bei dem Pharyngeal-
abscesse dagegen näselnd u. sehr unverständlich.
Von der Laryngitis mit Oedem der Glottis wtd
Epiglottis unterscheidet sich der Pharyngealabscess
dadurch, dass hier die Athmungsbeschwerde beim
Aus - u. Einathmen ziemlich gleich gross, bei Glotlis-
ödem hauptsächlich das Einathmen erschwert ist.
Bei der Untersuchung mit dem Finger durch den
Mund fühlt man bei Oedem die Geschwulst weich o.
VI. Ghinurgie, Ophthalnfologie n. OtiatHk.
teigig» die Epiglotlis geschwollen u. zusammenge-
rollt; beim Pliaryngealabscess ist die Geschwulst
bart , elastisch , sie be6ndet sich hinter dem Laryni,
ü. die Epiglottis erscheint dem Gefühl oder Gesicht
dicht geschwollen. Der Verlauf ist ausserdem bei
Laryngitis sehr rasch, u. Schlingbeschwerden sind
meist gar nicht oder doch sehr unbedeutend vor-
handeo.
Die chronische Form ist mit Strictur des Oeso-
phagus, syphilitischer Halsaffection u. schiefen Hals
verwechselt worden.
Pathologie. Dem Gesagten ist nur noch hinzu-
zafttgen, dass bei scrophulOser Caries der Rücken- u.
Lendenwirbel die KOrper der Wirbel der Sitz der
Krankheit sind, an den Halswirbeln- dagegen die
GelenkflSlchen, weshalb hier derTod durch Dislocation
der Wirbel mit Druck oder Zerreissung des Rücken-
marks erfolgen kann.
Prognose. Bei acuten Fallen ist, wenn sie er-
kannt u. passend behandelt werden , Heilung zu eri-
warten , bei den chronischen endigt gewöhnlich das
Knochenleiden mit Dislocation der Wirbel , oder der
Tod erfolgt aus Mangel an Ernährung, durch Pleuritis
u. Pneumonie nach Eitersenkung in die Brusthöhle,
oder durch metastatische Abscesse in der Leber oder
in den Lungen.
Behandlung. Sie zerfallt in eine chirurgische,
welche in beiden Formen der Krankheit wesentlich
gleich ist, und eine medicinische. Die chirurgische
Behandlung besteht in Eröffnung der Abscesshöhle.
Bei dieser Operation verwirft Vf. den Gebrauch der
trokarförmigen Instrumente, indem er fürchtet, dass
man damit leicht wegen der bedeutenden Dicke und
Festigkeit der Abscess^wand, u. des dadurch bedingten
nnsichern Druckes mit dem Instrumente, durch dieselbe
die Wirbel verletzen u. dadurch selbst bei einem acu-
ten Abscesse Caries mit einem chronischen, fistulösen
Gange veranlassen könne. Der einzige Nutzen des
Trokars bestände darin , dass man beim Abfluss des
Eilers durch die Kanüle vor dem Eindringen dessel-
ben in die Luftröhre sicher wäre. Dagegen ist wie-
der eine«mit dem Trokar gemachte Oeffnung zu klein,
so dass die Operation entweder öfters wiederholt,
oder die Oeflnung mit andern Instrumenten erweitert
werden mflsste. Vf. zieht deshalb eine freie Incision
▼ermitteis eines mit HeftpQaster umwickelten Scalpells
oder Bistouris, von dem die Spitze ^3" weit frei
bleiht, vor, wobei der Zeigefinger der linken Hand
deo Einstichspunkt in der ' Mittellinie der hintern
Pharynxwaod fixirt. Die Entleerung kann auf diese
Weise vollständig geschehen, ein fistulöser Gang bleibt
nicht zurück, u. der Kr. ist schneller geheilt, als bei
einer kleinen Oeffnung. Wenn die Lage des Absces-
ses eine mehr seitliche Incision erfordert , hat man
sich vor der Carotis int. zu hüten. Die Nachbehand-
lang besteht bei acuten Abscessen in warmen Breium-
achlägen oder Fomentationen äusserlich um den Hals
bis xum Nachlats der Beschwerden u. beträchtlicher
Verminderung der Absonderung. Dann sind oft
adstringirende Gurgelwässer sehr nützlich. Zum in«
nern Gebrauch ist gewöhnlich die Anwendung von
tonischen u. selbst reizenden Mitteln indicirt. Vf.
schlägt hier das Schwefels. Chinin in Auflösung vor,
in Verbindung mit nährender Kost.
Die medicinische Behandlung der chronischen
Abscesse richtet sich nach der Dyskrasie, mit welcher
sie in Verbindung stehen.
Aus der beigegebenen statistischen Tabelle über
58 gesammelte Fälle lässt sich folgende allgemeine
Uebersicht zusammenstellen.
Geschlecht: männlich 28; weiblich 13; unbestimmt 17.
Mter: unter 10 J. 20; zwischen 10 und 20 4; zwi-
schen 20 und 30 5 ; zwischen 30 und 40 5 ; zwischen 40
und 50 4 ; zwischen tfO und 70 3 ; unbestimmt 17.
Ursachen: Erkältung 10; Gesichtsrose 2; Knochen^
stucken im Pharynx 8 ; Rappierstoss 1 ; Entzündung nach
Fall auf den Unterkiefer 1 ; Cerebritis 1 ; Syphilis 2 ; Caries
der Halswirbel 6 ; Scrophulose 5 ; unbekannt 22.
Verlauf der KrankhMt : acuten Verlauf 33 ; chroniach
17 ; unbekannt 8.
Behandlung : Eröffnung des Abscesses 30; derAbsceaa
blieb uneröffnet 23 ; Laryngotomie 3 ; Tracbeotomie 2.
Resultat, Der Tod erfolgte in 30 Fällen meist durch
Asphyxie ; ?öllige Genesung trat ein in 25 ; in 2 Fällen blieb
einige Steifheit des Halses zurück , und in 1 Falle war der
Abscess noch nicht ganz geschlossen >). (Heil.)
458. Anatomie ud Pathologie der Bursae
Sabcntaiieae ; von W. Coulson. (London Joura.
January. 1851.)
Win slow und Albinus beschrieben zuerst
häutige geschlossene Säcke unter gewissen Muskeln,
zwischen den Sehnen u. Knochen» oder zwischen den
Sehnen, die zuweilen mit grOssern Gelenken in Com-
munication standen, im Innern eine den Gelenksyno-
vialen ähnliche Structur zeigten und die von ihnen
mit dem Namen Bursae mucosae belegt wurden.
Monro 11. u. Sümmerring entdeckten noch meh-
rere solcher Bursae u. beschrieben sie. Kosch
machte 1782 in einer Inauguraldiss. darauf aufmerk-
sam, dass die oberflächlich u. tiefer gelegenen Schleim-
beutel nicht immer dieselbe Form und Grösse zeigen
und dass ihre Grüsse, namentlich bei den unter der
Haut gelegenen sehr dilTerirt. B e c 1 a r d brachte in
seiner allgem. Anatomie (1821 von Bichat veröf-
fentlicht) zuerst den Namen Bursae subcutaneae auf»
allein er betrachtete sie keineswegs als ein besonde-
res System , sondern verwechselte u. vermengte sie
constant mit den tiefer gelegenen Schleimbeuteln.
Schreger, in seiner ausgezeichneten Monographie
von 1825, de bursis subcutaneis, war der erste, der
die unterhäutigen Beutel von den Sehnenschleimbeu-
teln u. Tendo-vaginalscbeiden trennte, sie als ein be-
1) Vgl. Henoch's Bemerkungen über Tfe^rofiAaryn-
gealabscess bei Kindern: Jahrbb. LXVll. 331. Redae-
tion.
VI«
«IlUhihBolfifM u. OtUMk.
tonderes SpMai hmudlfti a. ikrei Siti ik ihN S4ruo-
tar gtoau0r sohiiderle. B«n)r 4i6 ▲natoaiie 4Udr
§irai«4alMnii. nicht erkanDt war« muMie DatOnlieh
die Pathologie derselben volisUlDdig dtiDkel eein.
Die Sirsae Mhent in^ee sich Miniuil an ver-
schiedenen KOrperywilea vor; sie liegeo >didit unter
der Haut» von der sie gewissermaassen einen Anhang
bilden , sind mit dem Zellgewebe mehr oder weniger
innig verwachsen, stehen aber in lieinem Zusammen-
hang mit tiefer gelegenen Schleimbeuteln oder mit
'den RttiAreln, Sehnen «id Knochen, obgleich sie zum
^diotk del* tetrtetn didtieln. fht unterMftitfgeii Beu-
tel bestehen aus einer Ktfpsel , die nach awssen eine
mehr fibrtfse , nach innen eine seröse Structur zeigt ;
im Innern der Kapsel findet man verschiedene Falten
«. Sclieidewande, die als Beduplioationen der serö-
sen Membran au betracbH» sind ; endlich zeigen sich
im Innern der Kapsel kleine , fransig gruppirte Fett-
partik«äi. Die Kapsel eathalt ein eigen thttmliches,
dllfttaflttssiges flnidum. Oer Zweck «. Nutzen der
Burs. subc besteht darita , die Bewegong 2U erterch-
teni , was me >daduroh bewirken , daes sie «««ischen
Haut nnd oberflächlich liegenden Sehnen oder Kno-
tlie^orsprttngen liegend, die fteilAing derFlioben bei
der Bewegung mindern. Sie haben AehnlrcMreit mit
den tiefer liegenden Sohleifu>l)euiehi u. selbst «lit den
Odetiksycrovialen , ohne Ihnen vtfllig zu gleichen,
tlnter sich selbst sind die Burs. subc. der "Form und
auch etwas der Slruclur nach verschieden; in der
JUebselhiMile u. in ^er LeistengegeDd haben sie die
cfüBffachrte Foi^m uivd gleichen erbvengrossen., nn ein-
ander gereihten Zellen. Im fünften Monat des f^Mal-
lebens erscheinen die Bursae subc. als ausgedehnte
Zwischenräume des unterhäutigen Zellgewebes, und
durch das Wachsthum verdichtet sich das Zellgewebe
allfflfllig zu geschlossenen Säcken. Bei Erwachsenen
werden dieselben Burs. subc. grösser oder kleiner,
mehr oder weniger vollkommen ausgebildet gefunden.
IXie von Seh reger als die ausgebildetsle Bursa be-
schriebene B. olecrani existirt manchmal als eine sehr
kleine zusammengezogene Kapsel, so dass man deut-
lich wahrnimmt, dass sie in ihrer Weiterentwicklung
aufgehalten worden ist. Pathologische Umstände,
welche die subcutanen Beutel abnorm erweitern kön-
nen, vermögen auch dieselben zu weitmaschigen Zell-
gewebe zu reduciren. Die dünnen, durchscheinen-
den u. etwas gespannten Wandungen der Burs. sul)c.
verdicken sich zuweilen, oder sie werden weich,
schwammig, lockern sich auf, verlieren ihre'Cohä-
sion u. verwandeln sich in ein netzibrmiges Gewebe,
welches eine Retrqgression zur primitiven Entwick-
lung anzeigt. Das Contentum der B. subc. ist eine
wässrige Flüssigkeit, die einiges Eiweiss u. eine ge-
ringe Quantität Salze aufgelöst enthält. 1*oynbee
fand in der mikroskopisch untersuchten Flüssigkeit
runde und ovale Zellen, die im Innern körnig waren,
und einen oder zwei durchsichtige Kerne enthielten.
In der Jugend pflegt die K.ipsel der B. subc. dünn u.
durobscheinend zu sein, im Altar wird sie dicker,
opak und gelblich. Auf der äussern fibrösen flädhe
der Xapsel kann majD die Verüatehwgtn von UeiMi
Blutgefässen verfolgen ; die innere Fläche 4ier EifMl
hat ganz das Aoaehen einir Synosialmeobra«« sie iiit
eine den serösen HäiUen gleichkommend« Stractw,
doch fehlt, ihr, was allen S|iiovialjDemhiaaen ahM
Ausnahme zukommt, der (Jeberuig nämlich von Ffla-
aterepitheliaau
Diejenige Bursa subc, die den Ghinirgett wä
meisten bekannl ist, ist die aber der Kniesekeihe.
Sie liat im normalen Zustand eine nuidliche , «vak
Form und eine der Kniescheibe fast gleiehfcemBinde
Grösse ; ihre Wandungen liegen auf einander a sM
von einem der Flassi|fkeit im Zellgewebe Aflbchci
Vluidum durehfeuchlel. An der innem gümnla
Fläche der geöffneten Bursa erkannt man 8tre«fct«.
Vorsprflttge , ' die selbst mehr oder wevrger aosgekl-
dele ^Scheidewände darstetlen. Der Vf. hxiA an m^
rem Leichen die 'Börse patellarts aus 2 n. 8 nfba
einander liegenden geschlossenen Sttcken l»estelieii
was übrigens an andern Bursis subc. ebenfalls vor-
kommt. In einem Fall , wo Vf. durch das Messer eise
eigrosse Bursa über dem Fussknochel so vollstän^
entfernt hatte, dass diese auf den Operationsiisd
rollte, kam Pat. nach 3 Monaten mit einer ebeua
grossen Cyste an derselben Stelle wieder. In sol-
chen Fällen hat man nach Vf. keine accidentelle BiW i
düng einer Bursa anzunehmen , sondern man erklärt
den Vorgang weit naturgemässer dadurch , dass maa
eine Erweftenrng eines zweiten veirtiinideiien Seg-
ments, 'eines zweiten geschlossenen 'Sacls, ans "Wel-
chem die Bursa besteht, festsctn. i
In der Kniekehle finden sich 3 Burs. subc. vor,
eine äussere, mittlere u. innere, n. wenn sie sich pa- '
ihologisch erweitern, haben sie einige lügen thflmlicb-
keiten ; wenn sie ausgedehnt sind, bleiben sie dennock
immer weich , und erreichen nie Jene Spannung vne
anderwärts, auch zeigen sie sich nicht unter regel-
mässiger abgerundeter Form, sondern ersdbewes
mehr länglich und unregelmässig ^estalteL (2 Bei-
spiele.)
lieber jedem fku^knöohel fadindet sich eine Bens,
«von («Vielehen ^e über dem äussern »Knödhel am sä-
'slen tur firwieHerong geneigt ecbeidt. Qaber den
'Kahvlbeiiie -eaiätirt siemlioh oft teiiie Juraa ; eoDslant
findet sich «iMreineiiif^er dem MrMarsulkap/e 4tr
^09sen »ZBke^, ilie sieh aueh zuiKseikn su «iscr
iGeschwulst ansdehnt. Die AnnabMe, >dass 4»€i lUaap-
füssen zum Schals der -KnocheiivorsprOage sieh ae^
cutane Beutel ibildeten., nerwirft Vf. als ihr
igrOndet.
'Es eiiäliren YerniT Ttursae tiber detn grassem
Trochanler, über dem TTuber istkü &. in ^derZtitU^
die indessen wohl selten Geschv^'fllste bedingen. i
Oie untcrhttutigen Bursae inder^ani/a.sindschioBi
erwähnt worden ; über jedem Condyius des Ober-
^armkeins sitzt gleichfalls eine Bursa., von denen die
innere einmal von Vt betrlobüich ausgedehnt
4ea warde«
W. ßhiinrgter ^bÖwOwlogfe ;^ (Hiatri^
^m
J)i0 JtfßFUi o/emivt wiPfl .nUchM der ,def P^lftll«
Rm Mufigat9P ^weitf)it. Uebc^r den Griffel toma«-
«^n 4c» fliadia» uod dßr UUu befiAdep ßicji ^e.wtfiM|-
Ui»b «B^CM«, «t>e«M,Uher dem % ;nulti^i^i|liUQ majus,
wo die JRrw/eü^rui^ 1^09 Vf. ip 2 F^flko b^obacUlet
wurdiB. Ikbßr Am Nelafcarpalköpfan .am .ersten Fio-
gergeA«Qk, paw^Dllich am X)aumeji und ^uf der R,ak-
Mn«eile dar Aelenkverbinduiig des ersten und ;iwe;i-
len FipgeiigUeies Andern sieb deullichere .oder undeM^-
licliere Bursae (Velpeau hat 14 auf deip Handr^k-
ken angegebep).
E^ kopipeu eudHch noch an deqi lyinkel des
Unierjnefers und über den Dornfor,tsätzen der
f^irjbel uplerhäutige Bursae vor, die indessen ebenso
^e die letz^j^epaniUQn Bursae an den Fingern noch
picbt zu Gptenge8cb.wülsten ausgedehnt gefunden
wprden sipd.
Vf. kegt ttberdi«8s »die Ucberseugung , data 'durch
^naue aDatomiflohe Naobforschuag noch mehrere
conslant cxistinende Buraae siob werden ecmitteln
lassen , nad wo aolcJie beständen , kttnnle auch .ei«e
Möglichkeit der fnatltologisdien VergrOsserung nicht
kl Abrede gestellt werden.
Sobald man den Sitz der natürlichen Bursae subc.
kennt, wird man auch in der Mehrzahl der Fälle im
Stande sein, die Geschwülste richtig zu beurtheilen,
die in Folge von vermehrter Secretion im Innern der
Beutel, oder in Folge von Verdickung der Wandungen,
oder als Ergebniss einer Entzündung der Kapsel und
ihrer ^Umgebung entstanden sind. Der Sitz der Bur-
MB i^ Zel|gew«J)e unter der Haut über Sehnen oder
Bmcbenvoraprlingen dient dazu , die Burs. subc. von
4«D tiefem erweiterten Schleimbeuteln u* den Tendo-
..ve^inalscbeidenr-Gesi^bwaUten zu unterscheiden. Die
:«ersciiiedene Beachafienheit der ausgedehnten B.ursae
.gieJbt XU veracUedonen Symptomen Anlass. Die gros-
sere oder gemqgere Ausdehnung der Bursae veran-
lasst grossere oder kleinere Geschwülste. Nach der
QusAtim des JnlialU, nacli der Verdickung der Kap-
seLwandungen , nach dem lockerern oder iestern
Zogammenhaage der Kapsel mit dem Zellgewebe,
.ftblt sich die Geschwulst der Bursa weich u. fluctjui-
read, hart u. gieapawit an , sitzt fest oder lusst sieh
JuD 0. h^r Jbewf^gen. Gewöhnlich ist die Haut tlber
4£r<Gescjiwulst normal beschaffen, doch ereignet es
•ich' zuweilen , <daas bei Entzündung der Ksipael auch
.die Kaut aich inflammirt u. seihst exulcerirt. 2uwei-
leo «verucsaolit die Geschwulst der ,Buraa picht die
,9auid€vste Beschwerde, in andern Fallen aber bedingt
«ie durch ihr Volumen, ihren Sitz,. u. ihre pathologi-
:<che Beschaffenheit jeringern oder grossem Schmerz,
i -verbunden mit ^rOasever oder geringerer Beschwerde
juad Hemmung bei der Bewegung. Die B. olecrani
Mo4 die B. patellae , obgleich sie gerade zu den volu-
jnioOsesien Geschwülsiten ausgedehnt werden, verur-
sachen gewöhnlich ,uur ein geringes Schwachegefühl,
M. 'beschränken die Bewegung nur wenig ; die unter-
tUatigeu BeutelgesobwUlate an der Hand und »m Fu^s
Med. Jikrlib. Bd.74.Hn.S.
di!g^geipi üQfen pft splob« Sebipienm berKor» Uiii^n
,tmß aplcjhe J^tomu^g und JBeweif^ug^lowgkeit, ,diias
.der Pa^U uffi jed^n Preis vpn seinem lieideji btfr^t
zu werden irerl^i^. Jn4ainQia.tion u/id Suppwr^aU^n
d^r B.w*9a ei^enuAVa i^ntw.eder stPo^Um pi,^ durch
4inzweckwassig,e • ehinurgische EingrilTe .ests^ta^dep»
iann ^ich so weit und tief verbreiten, .dass selbst
Lebensgefahr dad,urch bedingt wird. U,^lerhautige
Peutelg^cbwalsle .in der PopliteaJgegend , in der
AxjUa , in der Leislien^e^gend , sind schon manchmal
mit gapz andern Krankheiten, Bubonen^ BrUchen p.
^ßlbst Pula^dergesqhwtllstep verweohaelt w.ordep,
4o^h kßnß bei igehOrigfir Ai^merkyapfdbQit eine derar-
jl^^e Vornrecbßlu^g .uil^l^t .i^tatUinden. Wenn dui^h
Eipt;(tlnd;ang mind Ej^jiud^.tiojD idis ;E(ellgewebe die Bur^a
jiubculf^nea e^^tenu^ita Ferdcjckt 11. dem .Gefjdhle nictit
.jpiehr zugifngUc;h iat, .dann mrd es ^Jlej^dings .^uwc^-
li^n unqp^gUch^ die Di(agno.se zp stellen.
«Die Pa^tiioiogie der, Bors. subc. ist noch wenig
•stndirt, und beschränkt sich auf einselne Beobach-
tungen. Man hat die ausgedehnten Wandungen der
Bursae verdünnt und verdickt gefunden ; man hat die
Zeichen einer vorhandenen EntcUndung an der Kapsel
entdeckt oder durch vorgefundenes Exsudat sich von
einer vorher dagewesenen Entzündung Überzeugt. Des
Gontentnm der Bursae, im normalen Zuslande «iae
schletmig-wSssrige Feuclitigkeit, wird beim Erkranken
der Bursa verhindert, verdickt, gallertartig gemacht oder
ganz wlissrig umgestaltet mit Flocken versehQu; \n
seltenen Ftfllen wird die Secretion der ianera Phlche
der Bursa g^nc aulgehoben , u. statt derselben treten
schwammige Wucherungen und Eiorescensen tut öie
einen Versehwlrangsprocess herbeiführen.
jiechaniseben UrsadioQ, wie Druck» Scbbg, Bei-
bung» Pressung und Zerrung, hat man» und s^wer
Kum Tbeil mit Beebt, einen begllpstigeudeo Einflo^s
.auf die Entstehung ;der J&rweitereng dernnlerbfliutigen
Beutel zugeschrieben. Oft kann man aber i^ar iePD^n
mechanischen Grund vorfinden, und .die Anschwellung
ist unter unbekannten Einflüssen entstanden oder un-
ter Umstunden zu Stande gekommen, die eine ErklU-
rung nicht gestatten. Zuweilen scheinen innere
krankhafte Zustande auf die Bursae gleichzeitig mit
einzuwirken, und Vf. sah hintereinander bei ein<^
jungen Mädchen, welches an Menstruationsbeschw^-
den litt, 3 bis 4 unlerhStutige Beutelgeschwülste an
verschiedenen KOrpertheilen sich entwickeln. Ebenso
ist dem Vf. ein Beispiel bekannt, wo eine Frau zwei-
mal während der Schwangerschaft BeutelgeschwüUte
bekam , die allemal nach der Geburt von selbst ver-
schwanden.
Die Behandlung betreffend glaubt Vf. , dass man
mit der Function verbunden mit Gompreasion in der
Mehrzahl der Fälle völlige Heilung erzielen werde.
Die Compression der natürlichen Bursae subc. bringt
schon manchmal Verwachsung, ja völliges Verschwin-
den derselben zu Wege , so dass man an Orten , wo
Bursae sitzen sollten , keine vorfindet. Ist aber die
29
226
VI. Chirnrgie, Ophthalmologie u. Otiatrik.
Bursa zu sehr ausgedehnt, enthalt sie zu viel Flüssig-
keit, so kann die Gompression allein deren Resorption
nicht bewirken, man muss vorher durch Function
(mittels einer starken Nadel) die Flüssigkeit ablassen
und dann comprimiren, um eine Obliteration der Bursa
zu erzielen. Oft ist es auch nüthig,' dass Function u.
Gompression mehrmals in Anwendung gebracht wer-
den. Die einfachen, sogenannten zertheilenden Ein-
reibungen von Ung. einer. , Terpentinsalhen , Jod u.
Jodkalisalben helfen nur ausnahmsweise bei kleinen,
beginnenden Beulelgeschwülsten. Hülfreicher sind
die fliegenden Vesicanlien, die jedoch ziemlich schmerz-
haft sind. Will Gompression und Function nichts
nützen , so kann man die Function mit Jodinjection
verbinden. Die Exstirpation ist leicht, wenn der
Beutel nicht fest mit dem Zellgewebe verwachsen ist
und mit rundlicher Form gespannt hervorspringt, ist
die Kapsel verwachsen, schlaff, so muss die Exstir-
pation unterlassen werden, weil sie in solchen Fallen
leicht Zeltgewebsentzttndung hervorruft. Ebenso darf
man Beutelgeschwülste in der Kniekehle und in der
Achselhöhle nicht exstirpiren. Bekommt man eine
entzündete Beutelgeschwulst zur Behandlung, so hüte
man sich dieselbe zu punctiren oder mit dem Messer
zu Offnen , u. wenn der eitrige Inhalt der Geschwulst
zur Eröffnung auffordert, ist es rathsamer, diese mit-
tels einer kleinen Aetzpaste vorzunehmen. Die Me-
thode des Haarseileinlegens ist ganz zu verwerfen.
Zerquetschen, wie Ganglien, lassen sich die Beutel-
geschwülste nicht« Die subcutane Function ist über-
flüssig, da die innere Fläche der Kapsel nicht so
empfindlich u. reizbar, wie die der wahren Synovial-
häute, ist. (St reu bei.)
459. Ueber die SynovialgeschwUste am
untern Theil des Vorderarms, an der Palmar-
fläche der Hand und am Handgelenk ; von Michon.
(Goncours-Th^se. Faris 1861. pp.220 mit21ithogr.
Tafeln i).
Anatomische Forbemerkungen, Die Membra-
nen , denen man den Namen der Synovialhaute gege-
ben hat, haben die Bestimmung, die Bewegungen
an den Theilen, an welchen sie sich befinden, zu er-
leichtern. Es sind 3 Arten dieser Membranen be-
kannt; 1) die Gelenksynovialhaute, die zwischen den
KnochenflMchen an den Gelenken ausgebreitet sind;
2) die Schleimbeutel und Synovialscheiden der Seh-
nen , die den letztern eine freie Beweglichkeit inmit-
ten der umgebenden Theile sichern ; und 3) die ein-
fachen Schleimbeutel oder unterhautigen Schleim-
beutel auf den Knochenvorsprüngen dicht unter der
Haut.
Die einfachen Schleimbeutel spielen nur eine un-
tergeordnete Bolle am Unterarme und an der Hand.
Bourgerie hat zuerst diejenigen Schleimbeute]
1) Ref. bat die wesenllichen ErgebniMe von Gosse-
lin'8 Arbeit über die Ganglien (Mäm. de l'Acad. T. XVI.
"^1) M i c h 0 D ' 8 ÜDtersacbuDgen beigefugt.
beschrieben, die sich auf dem GrilTelfortsaUe des
Badius und der Ulna befinden. Velpeau hat die
Existenz von 14 Schleimbeuteln auf dem HandrOckei
und von 5 auf der Handflache über den Melacairp»-
phalangialgelenken nachgewiesen. Gewöhnlich sind
die Schleimbeutel an der Hand wenig enlwickdl,
doch können sie durch zuftlllige Ursachen sich liei^
vorbilden und zu kleinen Sackgeschwülsten umgestal-
ten , obgleich dem Vf. zur Zeit kein solches Beispiel
bekannt ist.
Von den Gelenksynovialhäuten , deren genasere
anatomische Beschreibung nicht hierher gehört, skd
nur einige Eigenthümlichkeiten hervorzuheben. Die
Gelenksynovialhäute sind an der Dorsalflache derGfia-
der weiter ausgespannt, schlaffer und weniger fnt
mit den fibrösen Gelenkbändern verbunden, als aa
der Falmarfläche, weswegen die Gelenksynovialge-
schwülste im Allgemeinen an der Falmarfliche weit
weniger hervortreten als an der Dorsalflache. Gös-
sel in (a. a. 0.) hat neuerdings auf kleine Follikel
oder Sackchen der Gelenksynovialen aufmerksam ge-
macht, die sich nach innen zu mit kleinen, oft nt
blosem Auge sichtbaren Oeffnungen münden , n. nack
aussen bis ins fibröse Gewebe, oder selbst bis in die
Knochen sich erstrecken , und die er mit dem Namea
der Follicules synovipares belegt hat. An der Syno- '
vialhaut des Handgelenks kommen diese Follikel zahl-
reicher vor, und zwar zahlreicher an der Dorsal- wie
an der Falmarflüche. Nach G o s s e 1 i n sind sie die
£ntwicklungsstellen der Ganglien (Ueberbeine).
Die Schleimbeutel und Synovialscheiden der Seh-
nen (gaioes et bourses tendineuses) bedürfen einer
ausführlichem Beschreibung. An der hintern unten
Flache des Vorderarms sind sie von vielen Antorea
angegeben und erörtert worden , wahrend ihre Exi-
stenz an der Falmarfläche des Vorderarms nicht so
allgemein bekannt ist. Die Schleimbeutel u. Sjno-
vialscheiden der Sehnen, die den Zweck habea, die
Bewegungen der Sehnen durch Schlüpfrigmachen ih-
rer Oberflache zu erleichtern , sind auf verschiedene
Weise construirt und geordnet. Bald steht die Sjwh
vialhaut nur mit einer Flache der Sehne inBerühmng,
bald hüllt sie die Sehne zum Theil ein , bald umgiebt
sie dieselbe vollständig, indem sie an dem einen Seh-
nenrande in ein doppeltes Blatt , eine Art von Mese-
tendon endet, bald endlich umzieht sie die Sehne
eine Strecke weit gleich einem Muff, gleich einer dop-
pelten Bohre und stellt ein röhriges Visceralblatt n.
ein ebenso gestaltetes Farietalblatt dar. Zuweilen
umgiebt die Synovialhaut nur unvollkommen o. mit-
tels eines Hesotendon die Sehne, und schiigt sieh
dann zu einer completen Scheide um, wobei das
Mesotendon eine sichelförmige Falte bildet. Manch- i
mal bemerkt man statt des Hesotendon kleine Stringe» I
die von der Sehne zur Schleimscheide gehen, wel^e
den Zweck haben , die Sehnen in ihrer Lage zu er-
halten und ihnen Blutgefilsschen zuzuführen, und die
Kölliker unter dem Namen Retinacula beschrie-
ben hat.
VI. Chirurgie» Ophthalmologie u. Otiatrik«
227
I. Sekleimscheiden an der Dorsaifläche des
yarderarms. Man darf die Schleimscbeiden nicht
mit dea fibrösen Rinnen verwechseln, die eine Cavität
filtr die Sehne bilden und vom Parielalblatt der
Schleimscheide bekleidet sind. Auf der Dorsaifläche
des Vorderarms nicht weit vom Handgelenk liegen 6
getrennte Rinnen ; die 1 • am meisten nach innen ge-
legene ist für den Extens. carpi ulnar., die 2. fUr den
Ext. digiti min. » die 3. fUr den Eil. digitor. comm«
und Ext. propr. indicis» die 4. für den Ext. pollicis
long., die 5. für die beiden Extens. carpi rad. und die
6. für den Abduclor pollic. long, und Extens. brevis.
Jede dieser getrennten fibrösen Rinnen nun ist von
einer Schleimscheide bekleidet, die nach oben zu
2 Ctmtr. weit über das fibröse Gewebe hinausreicht,
nach unten zu sich um so weiter verlängert, je wei-
ter die Nttskelsehnen bis zu ihrem Ansalzpunkte lau-
fen. Die Sehnen sind durch umgeschlagene Fallen
lind Retinacula an den Schleimscheiden befestigt,
weiche einigermaassen die Beweglichkeit beschranken
und bei übermässigen Bewegungen abgerissen werden
können. In pathologischer Beziehung wird blos die
anatomische Anordnung von 2 dieser Schleimscheiden
wichtig. — Die Schleimscheide , die den Abductor
pollic. long, und Extens. brevis umgiebt, überzieht
mit ein und demselben Visceralblatl beide Sehnen, so
dass diese sich nicht von einander entfernen können.
Die Schleimscheide der beiden Extens. carp. radial,
verhüll sich ebenso , nur dass sie den langen Exten-
sor weiter begleitet, als den kurzen; ein Mesotendon
tixirt die Sehnen an der hintern Fläche der Scheide ;
an der Stelle, wo die Schleimscheide den Ext. carpi
rad. brev. verlässt , liegt unter demselben eine kleine
Bursa, die Gössel in einmal mit der Synovialhaut
des Handgelenks communicirend fand.
II. Sekleimscheiden an der Folarfläche des Vor-
derarms^ Handgelenks und der Hand, Zuerst sind
einige Schleimscheiden , an welchen die Synovialhaut
weniger deutlich entwickelt ist , zu erwähnen. Die
Sehnen des Palmaris long, und brev. sind an ihren
Ettdigungen von einem laxen , lamelltfsen , durch-
fenchteten Zellgewebe umgeben , welches einer
Schleimscheide sehr nahe kommt. Bei einzelnen Indi-
viduen haben die gedachten Sehnen vollsländig ge-
schlossene Schleimbeulel. Besser u. constanter ent-
wickelt ist die Schleimscheide des Flexor carpi ulnaris
dicht bei dem Erbsenbeine.
An der Palmarfläche des Handgelenks haben
die Schleimscheiden in pathologischer Hinsicht die
grösste Bedeutung, allein noch immer sind dieSchrif-
sielier über ihre Zahl uneinig. Fourcroy, Bichat
und neuerdings Maslieurat-Lag^mard nehmen
nur eine einzige Bursa mucosa derFlexoren am Hand-
gelenk an; Winslow, Velpeau, Cruveilhier,
Leguey u. Gosselin statuiren 2 Bursae , die ge-
lrennt neben einander liegen, und von denen die eine
die Fingerflexoren , die andere die Daumenflexoren
umgiebt; Janke, Koch, Monro u. Bourgery
endlich sprechen theils von mebrern Schleimbeuteln»
theils von einer wechselnden Anzahl. Die genaue-
sten Sectionen des Vfs., so wie die Experimente durch
Aufblasen stimmen in sofern mit den Angaben von
Leguey u. Gosselin überein , als an der vordem
Seile des Handgelenks conslant 2 Schleimbeulel, der
eine für die Fingerflexoren, der andere für die Dau-
menflexoren, gefunden werden. Vf. nennt den einen
Beutel Bursa externa s. radialis, den andern Bursa
interna s, cubilaüs, und erklärt den Irrthum von
Maslieurat-Lagdmard bei seinen sonst so ge-
nauen anatomischen Untersuchungen dadurch, dass
er zeigt, wie dieser Schriftsteller das Experiment des
Aufblasens der Schleimbeulel vom Lig. annulare aus
vornahm, wobei er zweifelsohne mit dem Tubus die
Scheidewand der neben einander liegenden Bursae
durchbohrte. Die Anhänger der drillen Ansicht ha-
ben in sofern einiges Recht auf ihrer Seile, als aller-
dings zuweilen ausser den genannten 2 Bursae ivoch
andere vorkommen, deren Vorkommen jedoch nur als
ein ausnahmsweises betrachtet werden darf.
A. Die Bursa externa s. radialis wird am an-
schaulichsten dargestellt, wenn man die Daumenflex-
oren vorsichtig bldsslegt und vom Daumenglied aus
die Aufblasung vornimmt. Sie tritt als ein spindel-
förmiger Sack hervor, der bei Erwachsenen 3 Ctmtr.
über dem Lig. ann. beginnt, unter dem gedachten
Bande hinwegläuft und den langen Daumenflexor bis
fast an sein Ende begleitet. Schneidet man das
Annularband vorsichtig durch , so findet man , dass
es mil der Oberfläche der Bursa nicht zusammenhängt
und dass die letzlere zwischen dem Os multangulum
maj. und dem Mediannerv liegt. Oeffnet man die
Bursa , so stösst man auf eine Höhlung mit glatten
Wandungen, die rings die Flexorensehnen des DlTu-
mens umgiebt. Nach oben zu bildet die Schleim-
scheide ein Mesotendon, und an dessen Endigung
2 Fallen, welche den Punkt bezeichnen, wo die
Parietalscbeide sich umschlägt und nun die Sehnen
mit einer Visceralscheide umzieht.
B. Die geräumigere Bursa ifUema s, cubitaUs
erstreckt sich 3 Ctmtr. weit nach dem Vorderarme
hinauf, und reicht meist bis ziemlich an das Ende des
Flexor des kleinen Fingers. Zuweilen, namentlich
bei Handarbeitern , ist die Bursa am Metacarpalkopf
des kleinen Fingers obliterirl. Die aufgeblasene
Bursa bildet einen durch das Lig. annulare einge-
schnürten Sack, der nach oben über dem Annular-
bande abgerundet ist , zwischen der Sehne des Flex.
carpi ulnaris und dem Mediannerv liegt, und der zum
Theil die Fingerbeugesehnen durchscheinen lässt.
Zieht man nach geöfineler vorderer Sackwandung die
gemeinschaftliche Sehne des Flexor sublimis ab , so
sieht man, dass die Bursa sich bis unter den Flex.
profundus erstreckt. Im Niveau des Annularbandes
liegt der Sackhals der Bursa zv^schen dem Haken des
Os hamatum u. dem Mediannerv, u. adhärirl dem
Bande. Unterhalb des Annularbandes richtet sich der
Sack der Bursa etwas nach innen , erhebt die Pal-
maraponeurose und zeigt in der Mitte der Handfläche
VHS
VI. Cliihirgie, Ophthafmolbgie tr< OtbrtViL
eine Ahruridun^. fön dieser ^eften 3 Verfnngeruri-
gen der Bursa aus ; die erste , Ys Ccmtr. lang , be-
reitet die Sehne des flexor stibfim. des Zeigefingers;
dfie 2. folgt einige Mmtr. w6it dfer Seline des Flexor
süliltnd. des MiCtelfingers, und die 3. Verlängerurng
steigt bis zuni Helacarpalkopf des kleinen Fingei's,
öder selbst noch weiter an deiü Fingerglied eniTang'.
0er geöffnete Sack stellt ^M geräumige Cavität dar,
ifi welcher vereinigt die SehrterfbOitdel dei* Pitfg^f-
lletoren fingen. Unter deni Annufarhandä stösst die
Ifusser^ Wandung der Bursa int. ad die Wandung der
Bursa ett. und bitdet mit dieser eine Scheidewand,
zwischen derefit Blättern der Median nerv Itluft. Unter-
halb desi Nerv, der am oberflächlichsten liegt , verei-
nigen sich dfe Blatter der Scheide \Vand wieder, tren-
neö sich dann abermals, um die gemeinschaftliche
Sehne des Flex. sublim, durchzulassen , vereinigen
undMrennen sich zum dritten Male, um die Sehne
des Flex. prof. tu umhüllen. Die Blätter der Schei-
dewand machen also hier g^wissermaassen 3 Absätze,
und die Sehnen des Flexor sublim, und prof. liegen
ausserhalb der Bursa inlern, in den Zwischenräumen
der mit einander verwachsenen Blätter der Scheide-
wand. Das Visceralblatt der Bursa int. umgiebt nur
die Flexorensehnen des kleinen Fingers , das Parie-
talblalt gebt auch unter die Flexorensehnen der an-
dern Finger. Einmal fand G o s s e 1 i d eine Commu-
DioationsöSoong zwischen der äussern und innerD
Bursa.
G. Bursae aecessoriae. Maslieurat-^Lag^-
m a r d hat einige Male eine accessorische Bursa fUr
den Flexor sublim, indicis gefunden, und er bezeich-
ne! sie als stets mit der Bursa int. communicirend.
Di* Bursa mediana prof. Velpeau*s, die unter
den gemeinschafüicben Flexorensehnen liegen soll,
scheint blos der Umhallung durch das Parietalblatt der
Bursa int. zu entsprechen.
Zuletzt kommt Vf. noch auf die Synovialscheiden
der Finger zu reden. Die Synovialscheiden des
Daumens und kleinen Fingers sind schon abgehandelt,
es bleiben demnach noch die Schleimscheiden' der
Übrigen 3 tinger tu betrachteö. Jeder dieser 3 Fin-
ger hat eine Synoviälscheide, welche die beiden Flex-
orensehnen omfasst; die Scheiden sind einfach con-
ätruirt, die Sehnen liegen frei in ihnen. Im Niveau
des Hetacarpo-phalangealgelenks haben die Scheiden
gewöhnlich eine Einschnürung, die oft so eng ist,
dass sie eine gewöhnliche Sonde nicht passiren lässt ;
die Einschnürung hängt von eitiem aponeurotischen
Streifen ab, der sich an der Basis des ersten Finger-
gliedes befindet. Von den Hetacarpalknochen aus
spalten sich meist die Scheiden, um getrennt die Seh-
nen des Flex. sublimis u. profundus zu begleiten.
Zuletzt endigen die Sehnen als durchfeuchtetes mit
der Sehnensubstanz selbst verwachsenes Zellgewebe«
Währeöd an dem 4.' Finger die Synovialscheide zu-
weilen nur unvollkommen existirt, ist sie am Indeit
ü. Medius constant gehörig gebildet u. ebenso con-
stant ist ihre Einschött^ung , Bifurcation u. Bfldignng
ün Zellgewebe.
[Die Besdbreiburig Gössetin's der Bursa int
und der Pingiersynoviafschrfdert Weicht votf M.'s Anga-
ben ab. Nfach G. amhtfTIt die Bfcrrsa int. ni^hl bhit
die Fletnrensehneti des kiejnfen Tingers d. iSuft ihaei
entlang bis zum 2. Fingergfred , sondem^ sie mirzieU
auch die Sehnen des 4. Fingers bis 2—3 CCitttr. weit
trber dasHetacärpo^phatang^artgeTenk Arinatkf oacfv de»
2. Firigergliede zu. Def Index d. Medivs hnbetk kerne
Synovialscheiden, sondern sind nui" vod cöndeMirtett
Zelt^eWebe umg'eben, durch welchem sie mit den IVa»«
durigen der Bursa int. zusanimenhängen. Das die
Synovialscherden vertretende Zellgewebe ist dllfd^'
feuchtet u. erleichtert die Bewegung der Sehnen, fie*
Feuchtigkeit aber ist keine SynovialfldssigkeiL —
Loc. cit. p. 377.]
Die Entstehung der Synovialscheiden betreffewl»
behauptet Velpeau, dass sie keine primilive sei,
sondern dass durch die ersten Bewegungen des Föu»
der Grund zu ihrer weitern Ausbildung gelegt werde.
Ohne diesen Punkt der Entwicklung der Synoviil-
scheiden au» dem Zellgewebe weiter zu erOrleim,
weist Vf« wenigstens darauf hin r das» die sabeot»-
nen Scbleimbeulel aecidentell häufig bei gewis
Profession isten sich bilden , u. er findet darin <
umstand, der zd Gunsten der Ansicht Velpean't
spricht, indem daraus hervorgebt, dass freiwillig ed.
durch meehan.Ursaehen obliterirte Bursae muGOsae sich
wieder erzeugen können.
Vf. wirft die Frage auf: ob die Synovialscheiden
ebenso, wie die Gelenksynovialen kleine durch die
Wandungen dringende Säckchen, Folficules synovi-
pares haben. An der Bursa ext. u. int. sind keine sol-
che Follikel oder Säckchen wahrzunehmen, wohl aber
an den Synovialscheiden der Finger, wo sie mit klei-
den Löeherd oder Spalten in der ßynevialhaut mttn-
dend« nach aussen sidi zu länglrehen SSckehei
gestalteten.
Schlüsslich erwähnt Vf. noch, dass er mCer Bet^
hüffe von Robin und Leb er t mehrfach die Sttnc-^
tur der normalen Synovialscireided untersucht habe.
Kürzlich zusammengefasst besteht nach ihm das
Gewebe der Schleimscheiden aus Cöndensirtem tt\U
gewebe , welches nach innen zu mit Pflasterepithe-
lium überzogen ist, welches constddt 6xislh*t u. an
Parietalblatt wie Visceralblatt der Scheide vorhan-
den ist.
Nach der anatomischen Einleitung geht Vf. n
den pathologischen Erscheinungen an den Syno-
vialscheiden über, und handelt in 3 Paragraphes
1) die schmerzhafte Crepitation der Sehnen (AI).
2) die Synovialgeschwülste mit Rdrperchtn (ä
grains hydatiformes) und 3) die Ganglien (Ueber-
beine, Tertdovaginal- und Nebengelenkcyiten) ab.
I. Schmerzhafte Crepitation der
Sehnen (AT). Velpeau hat zuerst diese Kraal-
heit genauer untersucht und stndirl. Die sehmert*
hafte Crepitation kommt überall vor. Wo Seimes ii
VI. Chirargfe, Opfathalinologie n. Matrilu
Rinneii liefen u. in Sytiöviahcfaetdetf sich bewegen.
' Man hat dai SehneDknarren am UnierschettkeK in
dter Fusdbeuge, hinter dett KoOcheln, atn Eiteus'.
ptdprhis der grossem Zehe u. s. w. beobachtet,^ Fon^
1 a i n hat ein Beispiel von Sehnencreprtatiom in der'
ScbOTd« de» hMiigem Kopfes des. Bacep« vevi^ntlicht,
»* WeMie» dim CretM4atNii» so auffaUend war ^ das«
sie' den behsudebtfen Ant zur farschett' IM^gnvs« ei^
ner Practiir verleitet halte. Sehr häufig tritt die Cre-
pitalion an der RUekenAXche de« Vorderarms aabc am
fibntigeieafc auf, woselbst die aahlreiehen Bianea u.
Synoviafscbeiden der Extensorei» das oFte Vorkommen
genügend erklären. Die Synoviafscheide det Exten-
sore» earpi radiales wird voruigsweise von schmerz-
hafter Grepitalion ergriffen, uiNi an.Freqoenz folgt
die gemeinschaflliche Scheide fttr den Extens. pollic«
brevis u. Abductor longus. Die tlbrigen Synovial-
seheiden der Extessoren u. Flexoren der Finger wer-
de« seltener ergriffen. Velpeau fand bei 2 Frau-
ettzimmerti Crepitatio dolorosa in der Handflache dicht
vor den Fingern. Anhaltende Anstrengung, nament-
lich durch Pronation u. Supination giebt gewöhnlich
aar Entstehung der 6repitatJ«B Veranlassung ; daher
kommt sie auch lüirt' Vorliebe bei gewissen Professio-
nen und nach bestimmten Beschäftigungen vor. Sehr
selten ist die Crepitation das Resultat einer äussern
Gewalt, zuweHen findet man gar keine Geiegenbeits-
ursache derselben. Beim Auflreten verarsacbt die
Crepitation Schmerz im afficirten Theil, der sich dnrch
Druck, so wie durch spontane u. mitgetheilte Bewe-
gmge« steigert. Sehr häufig wird der Schmerz nur
bei Bewegungen empfunden, zuweilen ist er auch bei
vOfliger Buhe des Gliedes vorhanden. Erhöhte Tem^
peratur oder Hitze an der afßcirten Stelle fehlt , und
nur s«hr selten hi ftOthe der Haut unter der Form
einer leichten, rosigen, erythematösen Färbung vor-
handen. Massige Anschwellung ist ein constantes
Symptom der Crepitation, und sie wird im Verlauf
der leide»dea Schleimsrheide deutlich gefühlt. Das
Knarren selbst, das hauptsächlichste Zeichen , wird
durch Druck u. durch Bewegung hervorgerufen , je-
doch bringt Druck selten so deutliches Crepitiren zu
Wege »Is Bewegung. Ui das Knarren schwächer,
sö gleicht es seilt dem Reibungsgeräusehe bei Pleuri-
tis und Pericarditis , dem sogenannten Neulederge-
räusche Laennec's; stärkeres Knarren kann eine
gewisse Aehnlichkeit mit Knochencrepitation haben,
doch empfindet die aufgelegte Hand nie jene stoss-
weise Erschütterung ; um meisten gleicht die Crepi-
tation der Sehnen dem Geräusche, welches beim
Drücken und Pressen von trockner Stärke zwischen
den Fingern wahrgenommen wird. Die Prognose ist
gut, die Affection verschwindet oft von selbst, u. die
mittlere Zeit ihres Bestehens beträgt kaum 3 Wochen.
Bei Vernachlässigung, fortgeseuter Muskelanstren-
gung kann sich die Crepitation in die Länge ziehen,
und selbst mit fnngöser Entartung der Synovialschei-
den endigen. Velpeau versichert, nie das Al mit
Böse, Phlebitis und ZellgewebsentzttnduDg complicirt
gefunden , noch eine Eiterung bei demselben jemals
beobaehfet zu haheu. Uel^r die Natur, die wahre
Ursache der schmerzhaften Crepitatieii lässt sich etwa»
Bestimmtes nicht anifeheti, da der anatomisch-patho-
logische Nachweis fehle ; doch lässt eich durch Ana-
logfe, durch Vergleichung mit dem BnttElMmgapro^
cesse an serOseti Htfotev etwas auffinden, was der
Wahrheit ohne Zwerflsl ziemlich nahe kommt. Bs
ist anzuffehmen, dass in Folge abermtfssiger u. anbal^
tender Dehnung die Synovialscheide sieh eotiUndtl^
dass sie ianu trocken wird , keine Synovia mehr ab^
sondert, sondern ein plastisehea Exsudat ergiesst;
die Sehne begegnet nun bei ihrem Anf- u. Absteigew
statt eiiMfs«hlUpfrigenv glatten Fläche, einer trocknen,
muheu, u»ebeneii u« ruozlichen^ u. bringt daher Bei-
bungsgeräusch hervor. Wenn B o y e r glaubt , daaa
auch Entzündung des Zellgewebea schmerzhafte Cre-
pitation hervorbringen könne, so ist diess ein Irrthum,
der keiner weitern Widerlegung bedarf. Die Thera-
pie der schmerzhaften Crepitation ist einfach ; Buhe
ist das Hauptmittel, welches oft allein hilft ; bei hef-
tiger Schmenhaftigkeit und ausgeprägter EntzUnd*
lichkeit sind Umschläge mit kaltem Wasser, Bieiwas*
set tt. 8^ w. angezeigt. Ist die Schmerzhafügkeit
gering, kann man sogleich spiriLuöse Einreibungen
verordnen. Bei langem Bestehen der Crepitation
sind Compression durch Binden oder selbst Vesicato-
rien angezeigt. Steifheit als Folgefeiden des fängem
Bestehens der Crepitation erfordert locale Bäder,
Douchen, Frictionen u. s. w.
n. Synovialgesckwülste mit hydaii^
tenformigen /Corpern. Dupuytren hat
zuerst diesen Geschwülsten eine grössere Aufmerk-
samkeit zugewendet und sie auf eine charakteristische
Weise beschrieben , weswegen auch Vf. den von
Dupuytren eingeführten nicht ganz richtigen Ha-
men Synovialgeschwülste mit hydatiteoförmigen KOr-
perchen (k grains hydaliformes) dennoch beizubehal-
ten vorschlägt. Beobachtungen von SynovialgeschwUl-
sten mit Körperchen lassen sich in der Literatur in
ziemlicher Menge auffinden , allein da diese Beispiele
meist blos der ausgeführten Operation halber referirt
worden sind , so bleibt an der Beschreibung dersel-
ben mancherlei auszusetzen , abgesehen davon , dass
sie in Bezug auf Entstehung u. Ausbildung der frag-
lichen Geschwülste gar nichts bieten.
Die Synovialgeschwülste mit Körperchen treten
für gewöhnlich am Handgelenk und an der Hand auf,
obgleich sie zuweilen auch anderwärts vorkommen,
so z. B. erzählt Cruveilhier (Anat. pathol. I. p.
315) und Goyrandd*Aix (Lanc. franc. 1834.
Janvier) jeder ein Beispiel von einer Synovialgeschwulst
mit Körperchen am Fussgelenk. Die Palmarfläche
des Handgelenks u. der Hand ist der häufigste Sitz
der Synovialgeschwülste, doch sind sie auch, wenn-
gleich selten, an der Dorsalfläche der Hand beobach-
tet worden.
Vf. referirt zuerst über gesammelte Beispiele von
SynovialgeschwUlsten mit Körperchen auf der Dorsal*
^j
aso
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. OtiiCriL
fliehe des Handgelenks und der Hand. Eine kurz-
gefasste Beobachlung stanaint von B e a u c b ö n e (C r u-
velh. An. I. p. 319), eine sehr ausführliche von
Boy er (Tom. IX. p. 12); in beiden Fallen hatte sich
die voluminöse Ge.schwulst vom Gelenk aus über die
Hulfte der Rückenfläche der Hand verbreitet. Cru-
veilhier giebt einen kurzgefassten Sectionshericht
aber eine zofiEllig gefundene Synovialgeschwulst 2"
Ober dem Handgelenke auf der hintern Flache des
Vorderarms» und Velpeau (Dict. art. Poignet, p.
299) beschreibt 2 Falle von Synovialgeschwülsteu in
der Scheide der Extens. carpi radiales.
Die am häufigsten vorkommenden Synovialge-
schwülste an der Palmiirtllche des Handgelenks und
der Hand wurden von den Chirurgen wegen mangel-
haften anatomischen Kenntnissen fSlIschlicherweise
in Bezug auf den Ausgangspunkt in die Synovialhaut
des Handgelenks versetzt. Leguey in seiner These
von 1837 u. Gössel in in seiner Untersuchung über
die Ganglien, haben das Verdienst, durch die genaue
Beschreibung der normalen Synovialscheiden , den
Sitz , d. h. die Entwicklungsstellen der Synovialge-
schwUlste begründet zu haben, und Vf. will versu-
chen, auch den pathologischen Vorgang selbst bei
der Geschwulstbildung naher zu erörtern.
Jene oben beschriebenen 5 Schleimbeulel , die
Bursa exU und int. , die Scbleimscheide des Index»
Medius und Annularis, können isolirt zu Synovial-
geschwttlsten mit Körperchen sich entwickeln. Sel-
ten und nur durch wenige Beispiele belegt ist die
Bursa ext. der Sitz der Geschwulst; am häu6gsten
wird die Bursa int. afficirt, und die meisten Beob-
achtungen der Chirurgen beziehen sich auf diese. Die
Synovialgeschwülste an den Schleimscheiden der 3
mittlem Finger sind gleichfalls ziemlich selten, sie
sind aber so charakteristisch in der Form , dass sie
gar keine Verkennung zulassen. Vf. erzählt zum
Beweis 3 Fälle von Synovialgeschwülsteu der Finger-
schleimscheiden; das erste Beispiel von Nölaton
(Gas. des H6p. Mai 1848) betrifft den Zeigefinger,
das zweite von Lisfranc (Journ. de m^d. Tom.
Vin. p. 417) bezieht sich auf den Mittelfinger, und
das 3. von Dupuytren (Leg. orat.) auf den Ring-
finger.
Die Structur der Wandungen der fraglichen Syno-
vialgeschwülste ist bisher noch wenig untersucht wor-
den. Die Geschwülste, die durch Zerdrückung,
Function, Incision und Injeclion häufig zum Ver-
schwinden gebracht worden sind, haben den Beob-
achtern keine Gelegenheit gegeben, eine genaue
Untersuchung ihrer Wandungen vornehmen zu kön-
nen. In einem mit dem Tode endigenden Fall Mal-
gaigne*s aber war die Geschwulst durch den Ver-
schwarungsprocess dermaassen destruirt worden,
dass von einer anatomisch-pathologischen Exploration
nicht die Rede sein konnte. Vf. ist so glücklich ge-
wesen, an 2 Präparaten die Wandungen der Synovial-
geschwülste prüfen zu können; das eine Präparat
wurde dem Vf. von Lenoir überliefert, welcher
dasselbe exstirpirt hatte, und umfasste wenigstens
den grössten Theil der Synovialgeschwulst; das zweite
Präparat hatte F r o m e n t an einer Leiche aaf dem
anatomischen Theater gefunden u. es vollständig den
Vf. mitgetheilt.
Das Cysteostfick Leaoir*« hatte die Grosse eioer WaH-
nass, und aaf seiner iussem Oberfläche bemerkte man ZeU-
gewebtfilamente und Streifen , welcbe die Cyste ao die UBge-
beodea Theile befestigt hatten. Die Dicke der Wandooges
betrug 4 — 5 Mmtr. u. die Structur derselben war fibrös. Die in-
nere Fläche der Wandungen erschien zum Tbeil gisU , tarn
Theil cbagrinirt, zum Tbeil wie mit Fransen besetzt , die ia
Gruppen standen. Die Fransen waren tbeils klein, iheilM
verlängert, tbeils gestielt und gingen allmälig in weisalicbe
Knötchen und Körperchen Aber; die frei innerhalb der Crste
befindlichen Körperchen und die mit Stielen an die Waodaf
befestigten Körperchen zeigten dieselbe BeschafCenbeit; iie
Körperchen waren zumeist birsekorngross , docli auch grös-
ser, so dass einige sich der Grösse einer kleinen Bohne oa-
herten ; die Form derselben war rundlich oder oval, dreieckjf
und abgeplattet. Zerschnitten zeigten die grössern RArper-
eben eine dicke Wandung und eine centrale Cavität ; die kiä-
nern hatten keine Höhlung und enthielten eine dorchscbet-
nende , graulige . granulöse Substanz , die sich schwer tob
der Hülle trennen Hess.
Die Synovialgeschwulst des P r o m e n t sass am Mittelfinger,
war länglich, spindelförmig und reichte vdh der Mitte des Ve-
tacarpalknocbens bis zum Ende des 2. FingergUedes. Die
Lange der Geschwulst betrug 7 Ctmtr. , und sie endete oben
wie unten in einen blinden Sack. Im Niveau des Metacarpo-
phalanxgelenks war die Geschwulst am dicksten und breitesten
und maass daselbst 9 Ctmtr. im Umfang. Sie zeigte 4 Ein-
schnörungsstellen , die wie Knollen an der spindelfönnigea
Geschwulst hervortraten. Die ihrer ganzen Länge nach gespal-
tene Geschwulst bestand aus 2 getrennten Taschen, einer
Metacarpaltasche und einer Pbalanxtasche , die eine sicbeide-
wand zwischen sich hatten. Die Metacarpaltasche nmfaMle
nur die Sehne des Flexor sublim. , lag unter der Aponeorose,
war leer, hatte glatte Wandungen und reichte bis zum Gelenk.
Die Pbalanxtasche umfasste beide Flexorensebnen , war von
der vorigen durch eine dicke Scheidewand getrennt , die an
der oberflächlichen Flexorsehne festadhärtrte, endete am Ende
des zweiten Fingergliedes u. enthielt zahlreiche, kleine, weisse
Körperchen. Die innere Cystenwandung war glatt oder ge-
franst ; die Fransen gingen vielfach in gestielte , anhängende
Körperchen Ober, von denen einige so dünne und fadenför-
mige Stiele hatten , dass es aussah , als wollten sie eben ab-
fallen und frei werden. Die Scheidewand war jedeofalls dnrcb
Verengerung einer .EinschnQrung an der normalen S^^novial-
scheide begründet worden, und die Verwachsung war eine zu-
fällige gewesen. Mikroskopisch untersucht war die inofie
Cystenwand überall, wo sie glatt erschien, mit Pflasterepithe-
lium bedeckt, welches an den gefransten Stellen mangclu.
Die Epithelialzellen erschienen an einigen Stellen polyedrisch,
ohne Kern und verscbrumpfl. Die übrige Substanz der Wand
bestand : 1) aus fibrioös-plastischen Elementen unter dreifa-
cher Form, nämlich als freie Kerne, als sphärische n. ovale
Zellen und als spindelförmige Körper; 2) aus zerstreuten Zell-
gewebsfasern und 3) aus einer gleichmässigen, amorphen, von
molekularen Granulationen durchsäeten Substanz , die den
Hauptbestandtheil bildete und so zwischen die andern Ele-
mente eingesenkt war, dass deren Trennung und Darstellnng
dadurch schwierig wurde. Die molekularen Granulationea
hatten schrägliche Umrisse und helle Centra. Die fibröse Be-
schaffenheit der äussern Wandung rührte von den Zellgeweb«-
fasern und von den spindelförmigen fibrinösen Fasern her.
Die Vegetationen an der innem Wandung und die freien Kör-
perchen hatten eine fibrös scheinende Hülle , obgleich in der-
selben keine Fasern entdeckt werden konnten , und entbleiten
amorphe Substanz mit molekularen Granulationen.
Die vorstehendea UntersuchuDgen nebat dei
werthvolleii Bemerkuogen einiger andereo Beobachter»
VL Chirurgie^ Ophthalmologie u. OUatrik.
S«
geben ein vollständiges anatomisch - pathologisches
Ergebniss , welches eine genügende Erkllrnng Ober
die Entwicklung der SynovialgeschwOlste ableiten
ISsst.
Dupuytren erwähnt, dass er eine Synovialge-
schwiilst fest am Annularband befestigt gefunden habe,
und Gruveilhier bemerkt dasselbe, indem er noch
hinzufügt, dass die Geschwulstwandungen an einigen
Stellen sehr verdünnt gewesen seien. Viele Beobachter,
und namentlich Nölaton, haben hervorgehoben,
dass sie mehr weniger deutlich gestielte kleine Kör^
perchen an der innern Sackwandung angetroffen ha-
ben, und Uyrtl, der dasselbe beobachtete, hat dar-
aus den Schluss gezogen, dass die freien KOrperchen
sich durch Einstnlpung der innern Wand entwickel-
ten , indem diese zuerst runzlig wttrde , wucherte u.
dann Stiele bildete» die immer mehr sich verdünnend,
endlich abGelen. . (M e c k e 1 hat ebenso die Bildung
der fremden Ktfrper im Kniegelenk erklärt.)
Die Adhärenz der äussern Cystenwand ist
verschieden; wo diese an die Aponeurose stark
angedruckt wird ist sie inniger verwachsen, als
wo sie neben laxem Zellgewebe liegt. Die Apo-
neurosen hindern das Wachslhum der Synovialge-
schwulst nach einer bestimmleu Richtung, verdünnen
die Wandungen durch Druck, verandern die Form
derselben, bedingen die Abschnürungen u. s. w. Chi-
rurgisch genommen giebt die fast conslante Adhärenz
eine Contraindication der Exslirpation, die sich, wie
auch Lenoir's Fall beweist, nicht ganz ermögli-
chen lässt.
Im gesunden Zustand bestehen die Synovialbeulel
und Synovialscheiden aus condensirtem Zellgewebe,
welches nach innen mit Pflasterepithelium bedeckt ist.
Die Synovialgeschwttlste zeigen dagegen über dem
Epitheliom plastische Elemente u. amorphe Substanz
zwischen die Zellgewebsfasern gedrängt, so dass
schon hieraus hervorgeht , dass ein krankhafter I^ro-
cess in den Cystenwandungen besteht. Wo das Epi-
theliom fehlt, existiren Fransen in Gruppen, und die
amorphe Substanz hat hier nach innen das Epithe-
lium verdrängt. Die Flüssigkeit im Innern der Ge-
schwulst ist dünner oder dicker, bell oder trübe,
meist gelblich geHirbt und enthält Wasser, Eiweiss u.
einige Salze (Marc et). Die kleinen KOrperchen, die
Dupuytren mit Raspail fälschlich für Hydatiten
hielten u. Böse für Fettconcrelionen , dieVelpeau
von einer Weilerentwicklung ergossenen und coagu-
lirten Blutes herleitet, gehen, wie die Fransen, an
denen sie ehe sie frei werden hängen, beweisen,
gleichfalls von der Wandung aus. Es ist daher nach
Vf. höchst wahrscheinlich, dass durch irgend eine
Ursache die Synovialscheiden in chronische Entzün-
dung versetzt werden , welche vermehrten Erguss in
die Cavität hervorruft und plastisches Exsudat in die
Wandungen der Synovialscheide setzt Das plastische
Exsudat durchbricht stellenweise das Epithelium, formt
Knötchen, Fransen und gestielte KOrperchen, die sich
endlich von ihren Stielen lösend frei machen u. sich
durch Sospension u. Reibung abrunden, abschleifen
u. abplatten. Die Befunde von Delville (Gompte-
rendu de la Soc. anatom. 1850) an den Gelenken
alter mit Rheumatismus behafteter Leute, wo die
Gelenkknorpel sich stttckweis losgestossen hatten,
die Gelenksynoviale ein gefranztes Anaehen darbot u.
ähnliche kleine Körperchen vorhanden waren wie in
den gedachten Geschwülsten, sprechen noch mehr für
die geschilderte Entwicklungsweise.
Die jietiologie der Synovialgeschwülsle mit Kör^
pereben ist ganz dunkel ; eine Prädisposition zu ihrer
Entstehung scheint nicht zu existiren, denn schwäch-
liche und kräftige Personen beider Geschlechter wer-
den gleichmässig von den gedachten Geschwülsten
heimgesucht. Als Gelegeuheitsursache kann Druck,
Schlag, Reibung, Stoss, kurz Alles, was eine Ent-
zündung der Synovialscheiden zu veranlassen vermag,
gelten. Die Synovialgeschwülsle entstehen und ent-
wickeln sich unmerklich. Eine gewisse Steifheit od.
Schwäche, ein gewisses Kriebeln oder das Gefühl
von Eingeschlafensein macht sich kund, noch ehe
eine Anschwellung sichtbar oder fühlbar hervortritt.
Die Anschwellung beginnt meist in der Handfläche
und steigt von da aufwärts ; selten ist der Ausgangs-
punkt derselben über dem Annularbande , am selten-
sten an den Fingern. Wenn die Geschwulst die
Bursa interna betroffen und sich stärker entwickelt
hat, aber ohne Complication besieht, erscheint sie in-
dolent , fluctuirend , weich und ist mit normaler be-
weglicher Haut bedeckt ; das Annularband theilt die
Geschwulst in 2 Säcke, doch giebt es Fälle, wo die
Geschwulst in mehrere Knollen getheilt ist, welche
Form von Ausbuchtungen und partiellen Verdünnun-
gen der Bursa abhängt. Dupuytren hob als vor-
zugliches charakteristisches Kennzeichen der Syno-
vialgeschwOlste mit Körperchen eine eigenthümliche
Crepitation beim starkem Druck mit den Fingern her-
vor : diese Crepitation ist weich, schwer zu beschrei-
ben, rührt vom Aneinanderpressen der KOrperchen
her und lässt sich einmal gefühlt nicht wieder verges-
sen. Die Geschwulst, obgleich nicht schmerzhaft
beim Druck, verursacht Schwäche bei der Bewegung
und hindert dieselbe mehr oder minder; grössere
Geschwülste verdrängen die Radial - u. Ulnararterien,
ziehen die Finger in permanente Flexion u. drücken
bei längerem Bestehen so auf die knöcherne Hand-
fläche, dass diese sich allmälig unter dem Drucke
excavirt. Die Gompression durch die Geschwulst
ruft Gefühl von Eingeschlafensein, tief liegenden hef-
tigen Schmerz, der sich auch weiter verbreitet, her-
vor, die Nutrition der gedrückten Theile sinkt, die
Hand wird kühl, atrophisch u. selbst nach Entfernung
der Geschwulst bleiben constante oder nur langsam
zu besiegende Uebelstände zurück, wie namentlich ein
Beispiel von J o b e r t erweist.
li\t Diagnose xBi nicht immer leicht. Robert
hielt eine Geschwulst der Handfläche für eine Syno-
vialgeschwulst, weil sie eine eigenthümliche weiche
Crepitation u. Fluctuation zeigte; bei der Eröffnung
der Geschwulst wurde eine Fettkapsel gefunden , die
VI. fihinirgHi» «iriidnimologili n. IHiatok.
-•in cyTindiiisehes Fettottt^ eiosohloss q. dtfdtiroh
fkicliMtioo u. Crejpildiion (ba^Dgt JiaKte. Biie wwyiQbe
•CrepüatioB ial nicbt «o chAraliierifllHdh für. die Dia-
fwose als D>ipiiylreD /nraiBie; «ie enliAela <abAr-
hanpt nur, wenn ^« «Geschwuhit «ingeAßhnttnt A$lf
m, man doroh die irerengte iSteUe .4eB Saeka die Flfla-
aigfceit samrot den Körperciien duneltpreaaeii Jcann;
der Sack darf audi nicht m »tari «i^|€«p»niit seiii.
Die weiche Crepilation ist ferner nicht hios den Syno-
vialgeschwülsten eigen, sondern sie wird auch an
andern GeschwOlsten , z. B. an Abscessen . in wel-
clien coagulirles Blut sich l)efindet, gefttlilt. Ansge-
"bildete SynovialgeschwOlste zeigen (Kft gar keine €te-
pitation, oder die Crepilation die vorhanden war, ver-
schwindet, wenn die OefTnung an der EinsdhnOrungs-
stelle des Sackes zu klein wird oder verwttchst, wenn
ZellgewebsentzOndung die Geschwulst degenerirt.
(Tf. erzahlt ausführlich 4 TaHe.) Die Dutwicktong
der Synovialgeschwülste nach dem Verlaufe der ßursae
u. Schleimscheiden bleibt daher fQr die Diagnose am
wichtigsten. Function mit einem Trokar dient cfft
dazu, um die Diagnose zu sichern, da durch dieselbe
die kleinen Ktfrperchen zum TheH nach aussen ge-
l)racbt werden.
Die Prognose ist nicht ungünstig. Naturheilung
durch £nt2ündung und Abscedirung erfolgt selten
(1 Beispiel). Langes Bestehen der Geschwulst hei
^rosaem Volumen, macht durch Neuralgie u. Atrophie
rfbe Prognose ungünstiger. ünzweckmSssige Opera-
Aionsverfahren können gefahrlich u. lOdtlicb werden.
J)ie SynovialgescbwUlste an den Fingern geben die
J>este Prognoiie.
Bezuglich der Behandlung ist vor Allem zu er-
wähnen , dass die chirurgischen Operationen , iiird
selbst die einfachsten in einer ziemlichen Anzahl von
Tallen sehr üble Zufälle hervorgerufen baben , woge-
gen die Örtliche therapeutische Behandlung mit ver-
schiedenen resolvirenden Mitteln in mehrem Fallen
BeHung bewirkt bat. Velpeau bat in mehrem
Fallen Compression, Alkoboleinreibungen u. fliegende
Vesicantien mit vollständigem Erfolg gebraucht.
% a y e r empfiehlt Vesicanlien alle i 0 Tage verbunden
mit Einreibungen von Jodkali in Salben form u. von
grauer Quecksilbersalbe. Moxen n. Gauterisation
sind sehr schmerzhaft, können KeHgewebsentzündtni-
gen bedingen u. hinterlassen deforme Narben, obgletcfi
einige Male (folgen 2 Beispiele) mittels dieser Mittel
Heilung erzielt wurde.
.Die Operaiiomen, die man behufs der fleilung
•der Synoviaigeschwülate vorgenommen kat, aind : die
.fiiAtirpation, die Ineiaioo, die Excision, die Haarseil-
lapplication, die «infaehe i^unction , die PuAclion mit
Irritation der innern Wandung, die subcutane Puno-
tion u. die Jodinjectionen.
Di€ Exgürpaiüm ist schwer , da die Syuovialge-
fiChwulst verwachsen ist, gelingt o>eist nicht vollstän-
dig o. baingt den PaL in grosse Gefahr. Warner,
der dieae filparaüanaweise «artbeidigt , uraäbU .2 Bei-
apiale mit '^Ikaommunii ür/alg dar BxatiifAtio»^ al-
Ma waao «an dar fii^ablnag SoJgjL^ so obanaagt
iman sich vüii da« geftbrjAdwn entzflndüchenfosck»-
Qungen, die der Operation folgten, auch kann Wat-
uer jieUist niebt verbahlen, daaa in dam einei
Falle «iue eonalante fFuo&tiooaatOrMig des fiüadas
tsurflokUkfe.
Die hicision ist weniger gel^hHidh ; ^lie Ge-
sdrwulst ^catin in grtJsserer oder geringerer Ausidefi-
nung incidirt werden , oder es werden mcflirere hKi-
sionen gemadht, der Inliaflt wird ausgedrttekt, «. nun
sucht Grawflatiünen in der Cyste herTomrrflBa.
B e n d 3 brauchte Incision imd Oonprestion. Sdieo
wird die eh/fadhe Incisioo 'halfen , scilbst wenn «e
Öfter wiederlT<jU w'ird. 2u wetten *fttbrt*aiicti diefaci-
^ion zu Übeln Ereignissen , und Oupnytren veHer
ernen Part, nach der fnersion unter den Ersdieraungea
der 'Pyamie (2 Beispiele aus denLe;. oral.). G<w»lii-
lich verbinden die Chirurgen mit derinctston dasGia-
legen eines Haarseils oder einer Mesche, um den beab-
sichtigten Reiz auf den Sack , der die GrannfatifioeB
hervorrufen soll, sicherer zu bewirken (2 Beispiele).
Syme hat vorgeschlagen , das AnnuFarband eu spal-
ten, u. obgleich in einem Falle dieses Verfahren ohne
üble Folgen blieb , so ist es doch keineswegs nach-
ahraungswerth. B^rard verband mit der fncisioa
tagelang fortgesetzte Irrigationen , um naohfolgendea
Entzündungen vorzubeugen, u. Robert (fieisp. folgt)
beseitigte damit eine schon ausgebildete Entzllndoag
der Geschwulst nach Incision. Dessenungeachtet Ira- 1
gen die Irrigationen zur Heilung nichts bei n. bletbeal
nur ein Örtliches sehr wirksames anttpfalogisliscbes
Mittel. '
Die Excision, theilweise Exslirpatwttt islebenia
gefahrlich als die Exstirpation selbsL
Die einfache Ptmethn gewahrt nur juilialne
Erleicblerung , u. >in einem fiall von .Ma Ig a.ig»e
(tteisp. folgt) fahrte ste zu Enisttndaug, «Eüeraag,
EiterrcsarptiiMi u. Tod. Günstiger u. Kuvailen laH-
^tändig helfend »ist die Bubcuiane Puneiion >mil ktt-
aion u. Coapression <1 Beisp.). Die Pusctioa mX
EinfübniDg eines Stüets, um die Wauduogea an
trritifen, ist ^erwef flieh.
Das Haarseü ist einige Mdle angewendet werden
u. scheint noch ge^lbrlicher als die Incision (1 Beisp.
folgt). Das Einziehen eines einzigen Fadens nützt
nichts u. die Einlegung einer Ligatur, die scharf an-
gezogen wird, bringt sicher hellige entzündliehe
Erscheinungen zu Wege.
fia3 vorzüglichste Mittel hWüenAx^Jodugeeimnat
die von Velpeau eingeführt worden ^ind. DieSyaa-
vialgeschwttlste sind meist gross genug $ xm die £ia-
lübrung eines gewOhnliehen Troitars ui geatatten, n.
wenn die Flüssigkeit der Geschwulst zu dick aain
sollte, um abzufliessen, kann man sie auch durch eine
Incision entleeren , ehe man die .Iiyjectiaa macfct
Nie entsteht Zellgewel)sefitiUndung nach der Jiycc-
tioa, sondern gewöhnlich .folgt adhlaive JmsOoduif«
VL GUnirgift, Opklhämologie n. OtiatriL
(Es kUfgtm 10 Beispiele.) Die knollige abgesdioarte
GeiUll vieler SyDOvialgeschwttlete biidert zuweilen
den Erfolg der Injection, Chatsaignac verlor
einen Fat., dem er Monale vorher wegen einer Syno-
vialgeschwttlat eine Jodinjeclion gemacht hatle, an
einer andern Krankheit , und überieugte lich durch
die Section von der atattgefandenen completen Ver-
wachsung der Wandungen der Geschwulst.
III. Ganglien, Ueberbeine. Die Gan-
glien oder abgerundeten Geschwülste, die sich ge-
wöhnlich um das Hand- und Fussgelenk herum ent-
wickeln» kommen am häufigsten auf der ROckenfllche
des Handgelenks vor, doch sind sie auch auf der Pal-
marflXche des Gelenks, in der Handflache und an der
Pahnarflache der Finger beobachtet worden.
Die Erklärung der Entwicklungsweise der Gan-
glien hat seit langer Zeit zu grossen Controversen
Veranlassung gegeben. Was zuerst den Ausgangs-
punkt der Ganglien betrifft, so nehmen viele Chirur-
gen, und namentlich die Verfasser von Handbüchern,
ausschliesslich die Sehnenscheiden an ; andere nach
dem Vorgange von Acrel, und neuerdings Bi^gin
und B 0 y e r lassen die Ganglien theils von den Syno-
Yialscbeiden, theils von den Gelenksynovialhäuten aus-
gehen ; G 0 s s e 1 i n endlich setzt den Ausgangspunkt
allein in die Gelenksynoviale. Die erste und dritte
Ansicht erscheinen zu exclusiv und die zweite ent-
spricht am meisten der Erfahrung. Jarjavay
wollte ein kleines Ganglium auf dem Handrücken nahe
an der Radialseite des Gelenks ezstirpiren ; er inci-
dirle die Haut, fand eine fibröse Cyste, die mit der
Sehnenscheide der Radialextensoren zusammenhing;
als er sie öffnete floss durchsichtige, etwas gelbliche
Gallerte aus , und nach Wegnahme derselben stiess
er auf die gesunde, blossliegende , perlmutterartig
glanzende Sehne. Dieses Beispiel erweist den Aus-
gang des Ganglion von der Sehnenscheide. Gosse-
I i n fand bei einer Section ein Ganglion auf der Rück-
seite des Gelenks ; die Geschwulst hing mit der Seh-
nenscheide nicht zusammen, sondern ihre Wurzel
senkte sich tiefer, war mit der Gelenkkapsel fest ver-
wachsen und liess sich nur vorsichtig zum grossen
Theil abtrennen ; dieses Beispiel zeigt den Zusammen-
hang des Ganglion mit der Gelenksynoviale.
Es fragt sich nun , auf welche Weise sich Gan-
glien entwickeln. Die Theorie der altern Chirurgen
[Ambr. Pari), die Ganglien seien Sehnenauswüchse,
kann gar nicht in Betracht kommen. Die Ganglien
entwickeln sich ' bestimmt von den Synovialscheiden
oder Gelenksynovialen aus, und es fragt sich nur, ob
sie sich aus dem Innern der Synovialen , aus deren
Wandungen, oder ausserhalb derselben entwickeln.
Jede dieser 3 hauptsachlichsten Theorien wird von
^nhttngern vertreten.
Vermehrter Erguss im Innern einer Gelenksyno-
riale bewirkt eine Hydarthrose und kein Ganglion.
ÜAd. JahfU. B4.7A.fllta.
Vermehrter Erguss im Innern einer Synovialscheide
kann allerdings etwas dem Ganglion Aehnliches erzeu-
gen, und Velpeau und Cloquet haben auch diese
Entstehungsweise als die gewöhnlichste der Ganglien
an Synovialscheiden bezeichnet. Die Ganglien lassen
aber bei der Eröffnung die Sehnen im Innern nicht
wahrnehmen, haben eine abgerundete Form, wäh-
rend die Schleimscheidenbydropsien eine Ungliche
Form annehmen mttssten. Wenn demnach in den
Synovialscheiden Hydartbrosen ähnliche Ergüsse wohl
vorkommen können , so würden sie doch picht den
Ganglien , sondern den bei weitem ähnlichem Syno-
▼ialgeschwülsten mit Körperchen an die Seite gestellt
werden müssen. Acrel hat die vorstehende Theorie
auf eine annehmbare Weise entwickelt: wenn die
Scheide der Sehnen, sagt er, durch heftige Dehnung
bei der Bewegung geschwächt wird, so kann sich
synoviale Flüssigkeit in einer Excavaüon der Scheide
ansammeln und ein Ganglion bilden; die an den Ge-
lenken häufiger vorkommenden Ganglien werden durch
Dehnung des Gelenks hervorgerufen, wobei die Liga-
mente einreissen und die Synovialhaut sich einer Her-
nie gleich ausstülpt. £11 ex (Memoiren der Berliner
Akademie 1746) betrachtet die Hernienbildung der
Gelenksynovialen als ausnahmsweise, und sieht die
Ganglien als wahre Synovialscheidenaneurysmata an.
B 6 g i n schliesst sich ganz Acrel an, u. Velpeau
läset dessen Theorie wenigstens für die Ganglien am
Gelenk gelten. Gosselin hat entgegengestellt,
dass man nicht begreifen könne , wie die Hernien-
bildung zu Stande kommen soll, da die Synovialhäute
so innig mit den fibrösen Gebilden zusammenhängen;
dass man sich nicht denken könne , wie die Schlies-
sung der Hernie an der Communicationsöffhung vor
sich gehe , wie die Gelenke und Sehnen dabei ihre
volle Beweglichkeit behalten , und wie mehrere Gan-
glien hintereinander zum Vorschein kommen können.
Vf. nimmt an, dass, da Cloquet, B^gin u. Vel-
peau allerdings durch Section Beispiele constatirt
haben, wo Hemienausstülpung der Gelenksynoviale
deutlich war, auch das Ganglion durch eine Oeflhung
mit der Gelenkspoviale communicirte , zuweilen die
Ganglien sich auf die gedachte Weise bilden können,
dass aber diese Bildungsweise nur eine sehr seltene
und ausnahmsweise sei, und die Ganglien dieser
Bildung als falsche Ganglien bezeichnet werden
müssen.
Die 2. Theorie von der Bildung der Ganglien aus-
serhalb der Synovialhäute hat schon Eller 1746
vertreten , indem er annahm , die Gelenkkapsel oder
Sehnenscheide würde durch irgend eine Gewalt ein-
gerissen , es trete Synovia aus und diese werde im
Zellgewebe mit einer Cyste umgeben. Gosselin
weist diese Theorie mit folgendem rein physiologi-
schen Grund zurück: wenn das Ganglion im Zellge-
webe entstünde, sagt er, so würde es nimmer Syno-
via, sondern nur Serum enthalten.
Die 3. Theorie von der Bildung der Ganglien aus
30
234
VI. Ohinirgie, OpIilliitaQiogi« yu OliatrilL
den Wandungen der Synorialhlnte hat Gosselin
schon durch Ausschliessung festgesetzt» indem die
Ganglien, wenn sie weder aus dem Innern, noeh aus
der Umgebung der Synovialliäute ihren Ursprung neh-
men, nur noch aus den Wandungen sich hervorbilden
können. Gosselin hat aber diese Theorie auch
noch physiologisch begrflndet. Zuerst macht er auf
die in der Einleitung erwähnten Follikel in der Syno-
vialhaut des Handgelenks auftnerksam, und dann seigt
er, dass er häufig diese kleinen Follikel als kleine
Taschen Ton Erbsengrösse gefunden habe, so dass
es mehr als wahrscheinlich werde, dass es eben diese
Follikel sind, die sich durch Ausdehnung u. VergrOs-
serung zu Ganglien gestalten. Die einzige Schwie-
rigkeit, die Gosselin bei der Erklärung dieser
Theorie selbst zugiebt, besteht in der Erläuterung
des Vorgangs, wie die Follikelöffnung sich endlich
schliesst. Der Vf. tritt Gosselin's Theorie bei,
und findet die Erklärung der Schliessung der Foili-
kelüfTnung nicht so schwer; eine Anstrengung des
Gelenks mit entzündlichem Erguss kann die Follikel-
Öffnung verkleben , und die fortgesetzte Secretion im
Follikel dehnt die Wandungen desselben zum Gan-
glion aus, welches in seinem Verlauf nach aussen her-
vortritt (3 Beisp. folgen). Vf. gehl noch weiter, er
nimmt auch Follikel in den Sehnenscheiden an, glaubt
sie einige Male als kleine Ausbuchtungen mit spalt-
fbrmigen Oeffnungen an den Fingersynovialscheiden in
der Palma manus nachgewiesen zu haben , u. erklärt
hieraus die Bildung der Ganglien dicht neben den
Sehnenscheiden. (1 Beisp. an der Palmarfläche des
kleinen Fingers folgt.)
Die Ganglien hängen gewöhnlich mit den umge-
benden Theilen wenig zusammen, upd lassen sich
demzufolge leicht exslirpiren, nur nach ihrer Qasiszu
haben sie , wie schon Eiler, Jourdan und V e l-
peau bemerkten, eine Art Stiel, dessen stetes Vor-
handensein noch mehr für die Entwicklungstheorie
Gosselin's spricht. Durch Druck von den Nach-
bargebilden aus kommt es zuweilen zu einer sehr fe-^
sten Verwachsung der Basis des Ganglion mit der
Gelenkkapsel oder Synovialscbeide, Die Cystenwan-
dung des GaoglioA selbst ist ziemlich dick , fibrös u.
scheint sich nach längerm Bestehen noch mehr zu
verdicken. Maisonneuve beobachtete ein Gan-
glion, welches der Angabe nach seit 8 Jahren bestand
und fast carlilaginöse Wandungen halte. Im Innern
ist das Ganglion mit Pflasterepilhelium ausgekleidet.
Der Inhalt ist eine dicke, gallertartige Synovia, die
dem Eiweisse gleicht u. durchsichtig, klar oder leicht
gelblich oder grünlich gefärbt erscheint. Entzündet
sich ein Ganglion , so wird dessen Contentum eitrig.
Zuweilen ist das Ganglion im Innern durch Scheide-
wände in mehrere Abtheilungen gelheilt. (1 Beisp.
M a l g a i g n e ' s.)
Bei der Aetiolo^e der Ganglien sind^ die prä-
disponirenden Momente und die Gelegenheitsursachen
zu trennen. In der Kindheit werden keine Ganglien
beobachtet, und die Prädisposition zu denselben
beginnt vnX mit der Pubertät 1^ weilil. Qcecliieafct
wird bäofiger vm GangiieB befaHraali daiflOBBÜtlMs
IVofeasioBiiten und Leute die hapt« Arbeit f enriehtee,
scheinen gleichfalls den Gangliea mehr anierworf«
zu sein. Personen von lymphatisoher Coastilelies
besitzen eine auffallende Prädiapasttion. Unter den
innern Krankheiten ist ea leoh Aerel (es Ibl^en 1
Beisp.) die Giekt , die nU Genglienbildttiig ysweüei
auftritt und in einem gewissen ursächlichen Zueam-
menhang mit den Gangiiei etebt.
Gelegeffheitsursachß9 ^ind l^tü^se, ScbUf^i b^T-
lige P^wegung, Ver(Jrebun.|[w, Ver9Uuchuqjf«n u,s.ir,
dpcl) ^Qtst^bei) die Gan^jUe^ j^i^ch pl^ni^ ^n Gel^-r
heii^svirsf che« Per N?c]^weia, d?«» eine D(i^chiipiKke
Gewalt die jSqUtebung de^i (Uo^li^q hQfvor|[er«fal
habe, lässt sich seilen führen.
Die Ganglien wachsen zienpli<?h rascb, doi^h wer-
den sie von den Pat. meist erst bemerkt , wenn sie
di^ Grösse einer kleinen H^selnu^s erreicht habea.
Sie sind gewöhnlich von runder , ovaler oder knolli-
ger Gestalt, lassen sich unter der Haut bewegen und
filhlen sich hart Mud (luotuirend an. Sind die Wan-
dungen des Ganglion sehr verdickt, so tritt die Flnc-
tuation weniger deutlich hervor. Die Ganglien kön-
nen bis zur Grösse eines Eies wachsen , doch hören
sie » bi« zu einer gewissen Grösse gedi^b^n . meiM
anf, sich weiter zu vergrössern. Man will einige Fälle
von freiwilligem Verschwinden der Ganglien oder von
Si^lb^lheilung durch, auftretende Eiterung beot»achlet
haben » allein diese Heilungen sind wohl auf n^eeha-
nische Eingriffe» Reizung oder Sprengung 4^ Ueber-
beins durch Druck, Schlag oder Stoa3f die vona Pat
nicht bemerkt wurden , s^u beziehen. Falache Gan-
glien • d. h. Ueberbeine durch herniöse AusstQlpnng
der Gelenksynoviale unterscheiden sich dadurch, dasa
ihr Contentum in die Gelenkcavität gedrückt werdet
kann« Vereiterung der Ganglien nach EntzQedno^
bring! einen übeln und andauernden Verschwfnwgs-
process zu Wege (1 Beispiel Jourdan 's folgt).
Acre) und Andere haben mehrmals periodiaches
Wachsen und Abnehmen der Ganglien beobachtet.
Velpeau sah dreimal bei einer sonst gesunden F^n
wäl^rend der Schwangerschaft Ganglien entstehen.
Mit den Sehnen und Gelenkhöhlen stehen di^i Ganzen
in keinem Zusammenhang und hindern deren F^ane-
tionen nicht im mindesten. Sie belästigen nur dmrch
ihre Grösse u. beschränken in der Handfläche die
Extension der Finger.
Die Diagnose ist im Ganzen leicht. Die Gea^Uen
sind gespannter als die SynovialgeachwOlete and be-
ben eine abgerundetere Form. Am leichtesten ist
eine Verwechselung mit Bureie aabcnlaneia mnglicli.
die sich zuweilen am Vorderarm entwickeln mOgen.
Eine exploratorische Function wird die Diagnose elle-
mal sicherstellen. Die Ganglien sind fälschlich lUr
Lipome, Krebsgeschwtllste und selbst flBr Anenrysmea
gehalten worden (fblgen S Beisp. von Rognette,
Dupuytren u. Burne).
VI. Gbinirgk» OphtUHiologi* u. Matrik
Dia Ftagnoi9 iit gut l^it BstiiiDaviigen Atr
' GMiglMD siad sdlen; EnUrtiiDg in Hreb»» wit
Girird oad Feiler beobachtet babed wollen»
kenmt sieht vor^ n. es ereignet sich nur nacbExeiir»
pation luweilen, dass in den Wundflachen fungOa^
Wucherung entsteht Die Nahe von Gelenken erfor-
dert bei der Behandlung eine besondere Aufmerk-
samkeit.
Die Behandlung anlangend bat man die Ganglien
durch die verschiedensten innern und äussern Mittel
anzugreifen versucht und die Masse der vorgeschla-
genen Mittel zeigt schon im Allgemeinen deren Wir-
kungslosigkeit an. Unter den nicht chirurgischen
äussern Mitteln haben zuweilen Salzbäder, Salzein-
reibungen, Schwefelbäder, Schwefeldouchen , Mer-
corialsalbe, Jodkalisalbe, Jodbepinselungen, fliegende
Vesicanlien und Autenrieth'sche Salbe Erfolg gehabt.
Die chirurgischen Mittel erstrecken sich entweder
blos auf die Wandungen der Ganglien, die ohne Haut-
terlelzung angegriffen werden, oder sie dringen dnreh
die wenig verletzte Haut zu den Wandungen , oder
sie verletzen Haut und Cyste gleichmtfsftig.
Die Mittel der erstem Art sind: l)dieCompression
mit Bmden und einer Platte, die selten allein hiiffe,
allein ffiit andern Mitteln verbunden halfreich werden
kann ; 2) das fortgesetzte Kneten und Drucken nach
Nardchal und Denis, was zur Entzündung füh-
ren kann , oder wenn es hfllfreich wird 3) das Zer-
drücken od. Verquetschen unter der Haut begünstigt.
Man hat zum Zerdrücken sich der Daumen, eines hölzer-
nen Hammers oder einer eines Schraubenapparats
bedient. Das Zerdrücken ist ein treffliches Mittel»
fiar darf dabei nicht zu grosse Gewalt angewendet
t^erden ; der Balg reisst, entleert sich und verwächst
dorch entzündliche Adhäsion ; Üble Zufälle hat man
nicht zu fürchten. Der Chirurg hat die Zerquetschung,
wenn sie init massiger Gewalt tu erreichen ist, alle-
ma! zuerst zu versuchen , ehe er zu eingreifendem
chirurgischen Mitteln übergeht.
Die Mittel, welche die Ganglien wand ung mit
ttni^ichst geringer Hautverletzung angreifen sind fol-
gende. I) Die einfache Fmction, welche, selbst tiiii
[^olnrpression verbunden , nur selten hfllflreich wird.
1} Die subdutane Function, welche nach Com in,
felpeau und Thiefry itiit Cempression v^rbun-
len , einige Erfolge erzielt haben soll. DJ6 Heilung
it ansicher , xxnh nur damn kann sie eher erwartet
irerden, wenn man blos deswegen bei dicken Cysten-
i^andatgen pnnctirt , um die vorher nicht gelingende
lerquetschung zu erleichtern. 3) Die subcutane
acision» die Bdrth^lemy 1838 probirte, die aber
hne Compression kainn etwas nützt. 4) Die sub-
aian^ Zerschneidung nach Malgaigne, die bei
egitlerlen, dorch Scheidewände getfaeütcdl Ganglien
a» Plarts ist 5) Die Jodinjection^n j sie sind bei
rlMterD und dickwaifdige« Gangheri am m^ten sra
dapfehlen ; bei kleinen Ganglien gelingen sie nicht
y Das Haaraeü; dieses ist ein gefährliches und
srwerfhebee Mittel, dessen Gefiihrltfchheit xur gerin*
m Affictioff selbst in keinen Verhältnis» atebf.
Zn den Mitteln der 3. Klaeae, die glelciiie
Haut u. Ganglien angreifen , gehört 1) die Gauterise«^
tiön» die« obgleich nicht gefährlich, doch leider hau-
ig anfTallende eder entstellende Narben zn Wege
bringt. Payan glaubt mit Wiener- Aetapaste die
Narben lU vermeiden. 2) Ferner gehören hierher
die Inoision » 3) die Exoi^ien vu 4) die fiiatirpation,
die aber alle im Allgemeinen gana verworfen werden
mttaeen, weil sie leicht bu phlegmonösen fintztndnn«-
gen mit Eiterung Yeranlaesung geben» n. dadnrek
Lebenagefabr bedingen. (S t r e u b e I.)
*%60. Beitrige lor Ohrenkeilkude ; von
Wm.Harvey, Arzt am k. Poliklin. fttr Obrenkrank^
heilen au London.
Vf. bespricht in Nr. 15 (24. Juli) u. 21 (16.0ct.)
1850 die rheumatischen ^ffectionen des Gehör ^
Organs, welche auch nach seiner Erfahmng ziemlich
häuflg vorkommen , u. zwar häufiger bei Männern als
bei Weibern, in der Regel sollen sie gegen das
Ende eines rheumat. Gelenkieidens, oder auch wäh-
rend der Reconvalescenz von einem solchen auftreten,
fast stets nur ein Ohr befallen, u. sich zunächst durch
ein Gefahl von Unbehagen, so wie Empfindlichkeit
der Kopfhaut u. der Umgebungen des Ohres auf det*
entsprechenden Seite ankündigen. Meist ist die Ra-^
chenschleimhaut dabei alBcirt, lebhaftes Ohrensausen
vorhanden. Der Schmerz wird durch das Kauen,
Gähnen u. s. w. gesteigert, ebenso w6nn der Kr.
Luft durch die Eust« Röhre in das Ohr presst. Das
äussere Ohr u. der Gehörgang erscheint gerOthet, die
Schleimhaut des letztern geschwollen, das Trommel-
fell mall, gePJIssreich. Anfänglich ist die Absonde-
rung unterdrückt, später ein schleimiger Ausflnss
vorhanden. Gegen Abend werden alle Erscheinungen
meistens verschlimmerL
Urspranglich soll das Uebel seinen Sitz in dem
Ohrknorpel, dem Periosteum, dem Trommelfell, dem
Neurilem der Nerven in der Paukenhöhle u. in den
KaUäten dds Felsenbeins haben, u. von da auf die
Schleimhaut u. die übrigen Gebilde sich verbreiten.
Die fragl. Entzündung soll grosse Geneigtheit zu
Lymphablagerung in das Tromnielfell u. Verdickung
desselben besitzen, bei passender Behandlung aber
d. sonst günstigen Verhältnissen des Kr. ohne we-
sentlichen Nachtheil zu hinterlassen , verschwinden,
obschon meist grosse Geneigtheit zu Rückfällen län-
gere Zeit hindurch fortbesteht. Bei sehr acutem Ver-
laufe indessen, bei Vernachlässigung, schlechter Con-
stitution der Kr. u. ungünstigen Verhaltnissen kann
Eiterung mit Zerstörung der Zellen des Proc. mast.
u. völlige Vernichtung des Hörvermögens dadurch
hervorgerufen werden. Unter den Ursachen erwähnt
Vf. vor Allem die directe Einwirkung scharfer Kälte
auf das Ohr (bei Fahrten auf der Eisenbahn) , unter-
drückte Rbewnatismetf , Uebertragung solcher von
andern Körperstellen, überhaupt Erkältvngev, wes-
halb auch das fragl Uebel ipt Frühjahre u. Herbst
am häufigsten beobaektet wird« In Beaug atif die
936
VI. Chirurgie, Ophthalmologie n. OtutriL
Behandlung hebt Vf. besonders den gflnsttgen Ein-
fluss des Colchicum auf Beseitigung des OhrtOnens ul
den Nutzen hervor , welchen Einschnitte bis auf das
Periosteum, bei grosser Scbmerzhafiigkeit Ober dem
Proc. mast selbst dann haben, wenn noch keine
Eiterung daselbst vorhanden ist» indem sie das Zu-
standekommen derselben verhüten. Schlusslich tbeilt
Vf. 2 Krankengeschichten sur Bestätigung des Gesäg-
ten mit» welche indessen nichts Besonderes bieten,
io wie überhaupt nach Ansieht des. Ref. die Diagnose
der fragl. Krankheitsform nur auf dem vorhergeben-
den oder gleichzeitigen Vorkommen von sog. rheum.
ZufilUen an andern Stellen des Körpers beruhjt , in-
dem die Erscheinungen von den bei Ohrentzüoduog
überhaupt vorhandenen sonst nicht abweichen.
Giehtische Okrenleiden, von welchen H. a. a. 0.
Nr. 4 (19. Febr.) 1851 handelt, ergreifen nach ihm
besonders die fibrösen u. nervösen Gebilde des Ge-
hörorgans , u. treten zugleich oder abwechselnd mit
Gichtanfilllen an andern Körperstellen auf. Die all-
gemeinen u. Gelegenheitsursachen sind daher diesel-
ben, wie bei der Gicht überhaupt, mit Ausnahme der
auch hier zu erwähnenden directen Einwirkung kalter
Zugluft auf das Ohr selbst. Sind die äussern Theile
besonders der Sitz der Krankheit, so empfindet der
Kr. zunächst eine gewisse WSrme u. heftiges Jucken
mit Ohrensausen. AUniSlig verbreitet sich der zie-
hende, bohrende Schmerz auf die Umgebungen des
Ohrs, alle Erscheinungen exacerbiren gegen Mitter-
nacht , lassen aber gegen Morgen wieder nach. Das
äussere Ohr erscheint heiss, erysipelatös geröthet,
gegen Berührung sehr empfindlich; der Gehörgang
ist trocken, blassroth, das Trommelfell matt, von
einzelnen dicken Gewissen durchzogen. Bleibt die
Entzündung auf diesem leichtern Grade stehen, so
wird die Epidermis des Ganges entweder in grossem
Stücken abgestossen, oder bäckt mit dem jetzt reich-
licher abgesonderten Ohrenschmalz zusammen. Nimmt
aber die Entzündung an Heftigkeit zu , so entstehen
kleine Abscesse , welche sich in den Gebörgang öff-
nen, worauf alle Erscheinungen nachlassen , oft aber
ein eitriger Ohrenfluss längere Zeit hindurch zurück-
bleibt; bei der nicht seltenen, neuen Entwicklung
eines solchen Abscesses treten die beschriebenen Er-
scheinungen natürlich mit neuer Heftigkeit wiedec
auf. Bei bejahrten Personen ist häufig eine Anschwel-
lung u. rosenartige Entzündung der Bedeckung der
Parotis u. des Zitzenfortsatzes vorhanden, während
bei schwächlichen oder kachektischen Personen öde-
matöse Anschwellung der Wände des Ganges' mit
äusserst hartnäckigem Schleimflusse gefunden wird,
welcher je nach der Beschaffenheit des Wetters zu-
u. abnimmt u. oft mit polypösen Wucherungen ver-
bunden ist.
Wird das mittlere Ohr ergriffen , so treten die
bekannten Erscheinungen der Otitis interna auf; die
Rachenschleimhaut soll hier meist sehr trocken u.
schmerzhaft, die Eusti^h. Röhre zwar nicht völlig
verschlossen sein , die Luft aber nur schwer durch
sie hindurch gepresst werden kOnnen. Eitarong tritt
bei irgend beträchtlichem Grade der EntsttndiiDg sleü
ein, in ihrem Gefolge oft Durchbohrung des Tiem-
meifells , mit den bekannten Erscheioangen wU
Folgen.
Bei beiden Arten der fragl. Ohrentzündong ver-
schwinden bisweilen alle Erscheinungen plötzlich ii
Folge eines Gichtanfalles an einer andern Rörperslellc.
Hat die letztere Form einen mehr chronischem Ver-
lauf, so bilden sich bisweilen in der Trommelböbk
u. in den Mastoidealzellen kalkige Ablagerangen. Ji
bei Frauen soll nach dem Verschwinden d/eV Menstna-
tion die ganze Trommelhöhle zuweilen von eiicr
gypsigen Masse erfüllt werden , welche sich bis sv
Eusl. Röhre erstreckt u. die Gehörknöchelchen unter
einander verbindet; heftiger Kopfschmerz u. Taubkot
sind stets dabei vorhanden.
In einem 3. .Aufsatze endlich (Lond. Joum. Febr.
1852) bemerkt Vf. zunächst, dass sowohl die wirt-
liche Syphilis als der Tripper zu Ohrenleiden Ver-
anlassung geben könne , betrachtet aber nur Jelztere
Art etwas genauer. Schon früher war er durch den
nicht selten bei Neugeborenen auftretenden , änssersi
bösartigen Ohrenfluss auf die Vermuthung gekommen,
dass die Schleimbaut des äussern Gebörgangs ebenso
dem Einflüsse des Tripperscbleims unterworfen sei,
wie die Bindehaut, eine Annahme, die schon von
Lincke [Handb. II. 353] sowohl für die Neugebor-
neu , als für Erwachsene aufgestellt worden isL Da
indessen Vf. der Hauptsache nach nur L.*s Bemerkun-
gen wörtlich wiedergiebt, so beschränken wir uns
darauf, anzuführen, dass auch er neuerdings bei
einem 23jähr. Manne, der an Tripper litt, eine so
heftige blennorrhoische Ohrentzündung beobaefalet
hat, dass binnen 2 Tagen , ungeachtet eines äussent
energischen Verfahrens, das Trommelfell zerstört,
das Hörvermögen vollständig aufgehoben wurde. Hin-
sichtlich der Ursache bemerkt H. , dass in dem fr^f^
Falle ein Jucken im Ohre als erstes Symptom ange-
geben wurde, u. es deshalb wahrscheinlich sei, dass
der Kr. mit dem durch Tripperschleim verunreinigten
Finger das Ohr gekratzt u. so Veranlassung zur Ent-
zündung gegeben habe. Mit Recht nimmt Vf. Ober-
haupt mit Lawrence hier, so wie bei der Tnpper-
augenentzündung die directe Uebertragung für die
Ubergrosse Mehrzahl der Fälle als Ursache an, u.
betrachtet die Metastase als eine seltene Ausnahme.
(Winter.)
461. neber Ohrenkrankheiten, welche 6e-
hirnaffectionen veranlassen; von Jos. Toyn-
bee. (Ned.-chir. Transact. Vol. XXXIV. 1851.)
Die Fälle , in denen ein krankhafter Zustand des
Ohres sich auf das Gehirn u. seine Häute ausbreitet,
sind nach Vfs. Angabe gar nicht selten. Er unter-
sucht daher in der vorliegenden Abhandlung theils
die einzelnen Ohrenkrankheiten , welche die firagliekc
Wirkung haben, theils weist er nach, dass von jeder
der 3 Höhlen des Gehörorgans (äusserer Gebarga«g,
VL diinirgie» Ophtlialmolq{i€ iL Olktrilu
a»7
Pavkenbflhle» Vorliof u. SchDecke) krankhafte Affee-
tionen auf eisen bestimmten Theil des Gehirns Über-
gehen.
I. Krankketten des äussern Gekör-
gangs, Der knOcheme äussere GehOrgang ist be-
kanntlich Ton Epidermis» Corium u. Knochenhaut
ausgekleidet» welche, wie Vf. früher (Philosoph.
Transact 1851. P. I. p. 159) dargethan hat, die 3
obersten Lagen des Trommelfells bilden , so dass von
letzterem aus krankhafte Zustande auf den Gang u.
80 auf den Knochen u. das Gehirn flbergehen können.
Die Dermoideallage des Trommelfells ist mit denßbrO-
sen Lagen durch feines Zellgewebe verbunden so wie
mit zahlreichen Gelassen u. Nerven versehen. Die Dermis
des Ganges aber hangt mit der Knochenhaut so innig
zusammen , dass sie nicht von einander zu trennen
sind, u. durch die Gommunication der Gewisse der-
selben mit denen des Knochens wird die Verbindung
zwischen beiden Theilen noch inniger.
Bei dem Erwachsenen wird die obere Wand des
Ganges durch eine 1 — 2''' dicke, solide Knochen-
tafel gebildet, welche den Gang von dem Theile der
Schädelbohle trennt, wo der mittlere Hirnlappen
liegt. In seltenen Fallen erstreckt sich eine Fort-
setzung der Paukenhohle in die Substanz der frag-
lichen Wand hinein. Die kintere Wand hingegen
entspricht bis zum 35. Lebensjahre dem Sulcus late-
ralis u. der Fossa cerebelli, wahrend bei altern Per-
sonen die Mastoidealzellen so entwickelt sind , dass
sie die hintere Wand von dem Sulcus lat trennen u.
mithin krankhafte Zustande des Ganges, wenn sie
nicht eine sehr bedeutende Ausdehnung erreichen,
sich nicht bis zur Fossa cerebelli , sondern nur auf
die Mastoidealzellen verbreiten. Vor dem 35. Lebens-
jahre ist das äussere Drittel der fragl. Wand, welches
den Gang von dem Sulc. lat. trennt, häufig nur ^f^"'
dick, durchscheinend u. von zahlreichen Geßissen
durchbohrt , welche mit denen der Dura mater com-
municiren u. sich im Knochen verzweigen. Ja selbst
da, wo der fragt. Knochen dicker ist, stehen die von
der häutigen Auskleidung des Ganges entspringenden
a. sich in dem Knochen verzweigenden Gef^sse n)it
denen in genauer Verbindung, welche von der innern
Seite aus in den Knochen eindringen. Die beiden
innern Dritttheile der fragl. Wand des Ganges end-
lich sind von dem Sulc. lat. nur durch eine dünne
Lage von Mastoidealzellen getrennt; der knOcherne
Gang ist hier oft durchscheinend u. einzelne Stücke
desselben fehlen bisweilen ganz, so dass eine directe
Verbindung zwischen dem Gange u. den Mastoideal-
zellen besteht.
Aus diesen anatom. Verhältnissen lässt sich daher
leicht abnehmen 0 dass während der ersten Hälfte
des Lebens krankkafte Zustände des äussern Ge-
korgangs auf die Fossa cerebelli, und besonders
den Theil derselben, wo der Sulc, later. Hegt,
übergeken, Auck die Erfahrung kat dargethan,
dass für die grosse Mekrzakl der Fälle von Leiden
der Bökh für das kleine Gekirnt in Folge von
Okrenkrankkeiten, eine AffeeUon des GekSrgang$
als wsprüngUcke Drsacke angunekmen ist.
Von den hierher gehörigen Krankheiten des äus-
sern GehOrgangs nennt Vf. besonders die ckron.^
katarrk. Entzündung der Dermoidealsekickt (Corium)
desselben ^) , bei welcher die Oberfläche der Dermis
gerOlhet erscheint, u. die Epidermiszellen , anstatt
wie im normalen Zustande eine zusammenhängende
Lage 2U bilden, in einer frühem Entwicklungsstufe
abgestossen werden, u. einen schleimigen Ausfluss
darstellen. Dieser scheinbar gefahrlose Znstand kann
bekanntlich eine lange Reihe von Jahren hindurch
anhaltend , oder mit kurzen Unterbrechungen fortbe-
stehen, ohne dass Verschwärung eintritt. Ja, die
abnorme BOlhung der Dermis kann verschwinden»
aber es bleibt oft sehr beträchtliche Anschwellung
derselben zurück, u. ausserdem wird gleichzeitig das
Periosteum erweicht , abgelöst u. es entwickelt sich
allmälig Knochenentzündnng mit ihren Folgen, Garies
u. Nekrose. Dabei wird die Dura mater an der in-
nern Seite des Knochens gelöst , der Sinus later. von
Entzündung ergriffen, an seiner äussern u. innern
Fläche Eiter abgesetzt, u. der Tod erfolgt durch
Pyämie, In andern Fällen, wo keine so schwere
Affection des Sin. eintritt, entwickelt sich eitrige Er-
weichung des kleinen Gehirns der Stelle des kranken
Knochens entsprechend , oder es bildet sich ein Abs-
cess in einer der Hemisphären des kleinen Gehirns.
Dass aber in den fragl. Fällen sehr oft durchaus keine
Erscheinungen vorhanden sind, die auf ein so lebens-
gefllhrliches Ergriffensein des Gehirns hindeuteten, n.
dass der Tod meist plötzlich, oft nach scheinbar
höchst geringftlgigen Gelegenheilsursachen eintritt»
ist bekannt. Wir beben deshalb aus T.'s Bemerkon* .
gen nur noch hervor , dass er bei seinen Leichenun-
tersuchungen fast nur da eine Fersckwärung des
häutigen Ganges fand, wo ein beträchtliches Stück
des Knochens nekrotisch geworden war, das aber
durch den Substanzverlust der häutigen Auskleidung
hindurch deutlich gefühlt werden konnte.
Eine Abweichung von der oben angegebenen Regel
hinsichtlich der Theile des Gehirns, welche in Folge
krankhafter Zustände des äussern Ganges ergriffen
werden, findet nur selten Statt. Während des ersten
Jahres nach der Geburt ist nämlich das einzige Rudi-
ment des knöchernen äussern GehOrgangs eine ober-
flächliche Depression in der Mitte des äussern untern
Theils der Pars squamosa, unmittelbar hinter der
Wurzel des Proc. zygomaticus. Hinter dieser De-
pression, welche Vf. Fossa auditoria benennt, liegen
die Rudimente der Mastoidealzellen. Zur Zeit der
Geburt ist >der Knochen, welcher die Fossa bildet.
1) Vf. bemerkt hierbei , das« die unter der Benennang
Otorrhöe bekannte Krankheit nur ein Symptom , nnd zwar
von 7 Terscbiedenen krankhaften ZustSnden sei. Zar Verhü-
tung von Missverstandnissen sei es deshalb nothig, den jedes-
mal zu Grande liegenden krankhaften Zustand selbst anzo-
geben.
VI» Oklnifsi«, OphlMitaiifegM m (MktriM.
IMIC diebr 4s i/^ ^ *f^*'\ Mine 8übsli«f M nicbt
compact, tu it derttllMii eommuiiicir«n die GelUsie
de» hänligen Gengea mit deoeo der Dura maier. Nach
dem 1. J. u. wahrend des JangliDgaallerB erreicht
dieser Knochen eine Dicke Ton 1 — iVa'''» "• j^ ^^^^
kommner die Entwicklung das Knochens wird, um
so mehr nimmt die Foaaa auditoria eine schiefe Rich-
tung an f u. bildet die obere Wand des Meat. audit.
»U, wekher dnnn von der Fossa cerebralis media
durch eine Lage dichten Knochens geschieden ist» in
den die Paukenhohle sich nicht selten hinein erstreckt
Bei dem Erwachsenen endlich hat die Fossa aud. ihre
jsckiefe Richtung verloren»^ u. bildet eine horizontale
Knocheniamelle.
Wxhrend des ersten Lebensjahres ist demnach
dar hloUge GehOrgang u. die Dura mater nur dnrch
eine dttnue Knochentafel geschieden, durch welche
krankhafte Zustande des ersteren leicht aaf die \eVi^
tere übergeben können. Spaterhin wird aber der
Gang ton Att SebadelhOhle durch eine dickere Lage
voi KnoChefn geschieden u. mit dem Sin. later. in ge*
^Met^ DerOhrang gebracht, so dass krankhafte Zu^
stffftde, welche fon dem GehOrgange aas aif das
grosse Gehirn übergegangen sind, den Knochen wah^
rMd des ersten Leiertsfäkres ergriffen hab^n müssen.
In der Regel vernichten solche Zostaode binneB wenig
Wochen das Leben, u. wenn auch in manehen Fallen
der todtliche Ausgang erst spater eintritt (in 2 ?on
Vr. lAitgetheüien im 11. u. zwischen dem 5a. n. 60.
J.), 90 ist er doch selbst dann die FMge der wah-
rend des 1< Lebensjahres geseilten Versodening«««
Krsftkbtffte Zustande der obem Wand der Pauken-«
fa#hl« bedingen zwar den Tod durch fast dieselben
Veflilderungen des Gehirns «< seiner Haute, welche
8i(A in dem fragl. Falle vorfinden. Allein hi letzterem
fse der Tbeil des Knochens der nfSprflngliche Sita der
Krankheit, welcher anfänglich die Fossa andit. n.
spater die ob^re Wand des Meat. and. bildete, er.
«asserdem finden sich da , wo die Krankheit im fra^
hen Alter begann. Sparen von Knocbemenbildimg an
der aussen u. innern Fläche der Pars squamosa u.
des Meat aud. , welche bei den gewöhnlichen Fallen
voB Garies der obern Wand des Gehörgangs fehlen.
In seltenen FMleil endlich kommen krankhafte
Zttstfede des kleinen Gehh*ns u. des Srs. lateralis
nicht ddrch ein Leiden des Ganges , sondern dadurdv
sd Stande , dass eine Atf'ection von der Paukenhöhler
Alf die Mastoidealzellen ttbergeht, deren krankbaifle
Zustände m der Regel nur von dem Gange ans ent--
stehen. Im Allgemeinen aber kavn man annehmen,
dass dnrch krankhafte Znslände des MeaL audit. fo^
gsnde paihefog. Veränderungen in der Schädelbofale
hervorgerufen werden : Coagula im Sin. later. ; Ei-
ter in demselben , mit oder ohne secund, Ablage-
rungen ; Eiter an der Oberfläehe, j^ bseesse in der
Substanz des hL Gehirns,
tl. Krankheiten der Mastoideälzel-
len* Da bei dem Erwachsenen die hintere Fläche
der MasL-Zellen von der Dura mater der Höhle des
kL Gebims b«deektisl^ tt. d^ BmIi laM« ia
Fnrehe dieser Wand lilgt» sm nmsnen sich kmaklNftn
Zustande der ZeUen auf den Sin. lat. n. das klämt
Gehirn fortpflanzen. In den meisten Fällen werden
die Zellen von dem Meatus ext. aus ergriffen» biswei-
len entwickeln sich aber auch krankhafte Zustände
primär in ihnen, u. gehen nach Zerstörung der hin-
tern Wand auf die genannten Theile in der Schtdelr
höhle Ober.
4n einem solchen von Vf. keofaaekSete* Falte wirea
SobnMrsea fiber dem rechten Prec. mast» n. HiraemckcMi».
gen Torbandea , das Treioinelfell erschien getrabt , die Hast
des Gehorgangs geschwollen ; reichlicher OhrenOoss. Ei
bildete sich ein Abscess hinter dem Obre, nach dessen Eroff-
noag viel Eiter ausflo^s, bald darauf aber erfolgte der T^l.
Bei der Seclion fand man die Hast des Gehörgaog» ihrer Efi-
dermis beraubt , roth und geschwollen ; das Trommelfell om-
versehrt, bleigrau; die Paukenhohle von Eiter erfüllt, ihre
Schleimhaut geschwollen, gefässreich, die knöchernen Wände
aber unversehrt , der Ambos fehlte , der Steigkugel war vm
membranösen Neubildungen umgeben. Der Proc. raast. wm
von Eiter erfüllt, die Scheidewände der Zellen ersefaieaci
zerstört , nnd an der innern Wand , wo sich in der ScUdd-
höhle der Sin. lat. befindet, zeigte sich eine l'/s" gf'*^
Oeffnung, welche in die Scbädelhöhle führte. Eine boboen-
grosse OefTnung war ausserdem an der äussern oben Wand
des Proc. vorhanden , durch welche der Eiter in den Abscets
gelangte. Die Wände des Sin. lat. fand Vf. auffallend data;
im Allgemeinen aber war die Krankheit auf die Mastoidcali^
len beschränkt, und hält Vf. die beschriebenen Verandeninge«
in der Paukenhöhle und dem Gehörgange für sympathischen
Ursprungs.
III. Krankheiten der PaukenkShle.
Das häufige Vorkommen von krankhaften Zustanden
des Gehirns u. seiner Haute , welche in der Pauken-
höhle ihre Quelle haben , beruht nach Vf. 1) aof der
grossen Geneigtheit lu pathol. Veränderungen, welche
die Sehlermbaut der Paukenhöhle besilat, u. 2) auf
der innigen Verbindung dieser flaut u« der Dura ana-
ter. Diese Verbindung findet besonders an der oben
Wand der fragl. Höhle Statt « welche aus einer Ene-
chentafel besteht, die sich von der Vereinigüngsslei/e
der Pars petrosa u. squamosa bis zu dem Veslftnluna
u. den Ganal. semicirc. , u, von den Mastoide^ellei
bis zu der fiust. Röhre nach vom erstreckt* Sie iit
in der Mitte am breitesten (Y, — Y^'O u. meisi
Va — ^U*'* ^^^^' ^^ ^^^^ findet man sie durebscbei-
»end tt. bisvf^eilen fehlt sie selbst ganx , so dass die
Schleimhaut der Paukenhöhle in unmittelbarer Rerfib-
pung mit der Dura mater steht.
EHe Leiden der Scbleimhant der PaukenhOUe,
welche Hirnaffectionen veranlassen, sind aente n.
chron. Entzündung u. Ulceratiott. Am öftesten ist
es aber die chron, - katarrhal, Entssündung, welche
zu den mit dem Namen Otorrhöe belegten Zust|Ddett
gehört I u. meistens in det Kindheit in Folge toh Er-
kaltung, Scharlach, Masern, Typhus eutsiekt. Be-
sonders sind Individuen mit scrophni Gmistkttion
dazu geneigte u. wo das fragk* Uekel bei Personen
ohne eine solche sieh, entwickelt , halt es nir wenig«
Wochen an n. bedingt nie eine KiocheBaffection.
Das frJgk Leiden beginnl mit eine» An cbwellimg der
ScbleisalMut der Paokesbfthley mügaateigaite» SeUei»*
n. ehrargii, «{lÜtMiiMilogie m. fltIttriL
Btft
dbMBdenng, mAirdi di« Mble allmdtf amgeMU
^ wifd. Da4«r«b Mlslthl elo Dri|ek auf di« innere
fliehe des Tremip^liBUSy ein Tfaeil dess^hen wird
' aCropkieeh «• anfgeteiigt, dureh diese Oeffonif dfingt
' der Eiter in d^n Gehörganf; , u. wenn dmu die Ak^
' sendervng aoe dem Gange gekUrig entftimi» so wird
' die gesdiwellene, hoobrothe, giXnzende Sohleimhaut
' der Paukenhohle in der Oeffnung des TrenmelfeUs
sichtbar. Der Ansfloss unterseheidel sieh von dein
bei qhren. Enlittndang der Dermis des Ganges d»*
ditfdi, dass er ans sum Th^l sehr feinen Partikel«
ohen zlhen 8cUeiae8 besteht, welche in einer wxss*
rigen Plilssigkeit schwimigen, ohne sich mit ihr innif
au verbinden. In asancben Villen seheint eine Re*«-
zong der Schleimhaut der PankeDbOhlf Hirnleiden
bedingen sn kennen , ohne den Knochen u. die Dura
nuter in Mitleidensehaft su sieben. In der Nebrsabl
der raie aber wird sowohl die Sehlcimhant an der
obem Wand der Paukenhöhle als die Dura mater fon
dem Knochen g«10st» der letstere, seiner Ernäbrunge-
flflssigkeit beraubt, wird eariös, Ettererguss findet um
ihn herum Statt, beide Hüute gehen in VerschwXruag
aber, u. dadurch wird das Gehirn von der Dura ma^
tor ans ergriifon. Man kann daher im AUgemeinen
annehmen, dass durch Affectionen des fragl. Theils
des Gehörorgans folgende patholog. SSuslKnde des
Gehirns u. seiner HXute veranlasst werden: 1) Eni^
Mudwig der Dura mater und Lösung derselben
Von dem Felsenheine dnrch Serum ; 9) Uleeraiion
der Dura maier mit völHger Trennung von dem
Felsenbeine; 3) Absoessbtldung im Gehirn; 4)
niekt begrenzte Vereiterung des GeMms. Schlttss«
lieh bemerkt Vf. hier^noch , dass die chron. Entsttn-«
düng der Schleimhaut der Paukenhöhle zwar viele
Jahre hindurch bestehen kOnne, ohne Hirnleiden,
wenigstens dem Anschein zufolge, zu veranlassen,
dass aber in der Mehrzahl der FtfUe ein solches bin^
oen viel kttraerer Zeit sich au erkennen giebt.
IV. Krankheiten des Labyrinths^ d.h.
des Forhefs u. der Schnecke verursachen selten
Himleiden, die innige Verbindung aber, welche bwh
sohen dem HOrnerven u. dem verlängerten Marke
stattfindet , macht es leicht begreiflieh , dass auf die«*
ses u. seine HXute krankhafte Zustände der genann««
teo Theile übergeben. Die feinen Oeffnungen am
Grunde des Meat. aud. int., durch welche die Nerven««
niden verlaufen, sind , auch ohne dass Knochenaffeo-
ti#n vorhanden ist , zur Fortleitung krankhafler Su*
itftnde ausreichend. Letztere werden nach Vfs. Er^
Mirong in der Mehrzahl der Falle durch Uleeration
der Schleimhaut der PankenbOhle hervorgerufen , iiH
dem entweder naeh Zerstörung der fibrOsen Anbef-^
toDg des Trommelfells der SteigbOgel von der Fenestra
ovalis gelöst u. ausgestossen , oder die Bedeckung
der Fenestra rotunda zerstört wird. In beiden Fal-
len erkrankt die hantige Auskleidung des Labyrinths,
letzteres wird mit Eiter erfdUt, u. der Stamm des
Hömerven, noch Zerstörung seihor Verästelung«»
^on Entzündung orgriffMi, welche längs desselben
«Bf die gOBiiinte» Theile in der SchftdeUiOUe über*«
geht n. nllmidig dureh Sernm- oder Biterergntta dei
Ted heriMifibvt. Eine taheUarisebe lleberäclit der
firacheimngen in % Fallen (t dem Vf. seÜMt nngehtf-«
rig) dieaer AK, dient anr BeatMigung des Ange*
gebenen.
Schlüsslicb weist Vf. nochmals darauf hin , dass
die besprochenen Ohrenleiden oftmals sehr lange,
selbst 20 J. u. mehr, ohne Hirnerscheinungen zu
veranlassen, bestehen können. Allein mit Nachdruck
erinnert er daran, d^es lASQ bei chron. k^tanrb. flnt-
zOodung der Dermoidalschicht des Meatus, des Trom-
melfells oder der Schleimhaut der Paukenhohle i),
nie sicher sein kOnne , dass nicht die Krankheit auf
da9 Schlafenbein u. das Gehirn nebst seinen Rauten
Obergebt, u. dann durch eine gewöhnliche Reizung,
wie Influenza, Schlag auf den Kopf, Erkaltung, plötz-
lich acute ZuflfUe eintreten, welche meist schnei!
zum Tode ftthreo.
Die 2 von Vf. beigegebenen , mk dem grOHten
Fleisse ausgearbeiteten , bOehst werihvollen Tabellen
sind leider zu lang, um sie voUstündig mittheilen itt
können. Wir beschranken uns daher auf eine lieber^
sieht des wesentlichen Inhalts derselben. Vf. giebt
in ihnen das AHer des Kr. , die Dauer des Ohrnnftns««
see , die Beschaffenheit u. Dauer der acuten firaehefr-«
nnngen , den Seotionsbefund n. den Autor an , wein
eher den Fall beschrieben hat. Die erste hetrift
41 Falle, in denen Krankheiten der JhtrawmUft
oder des Gehirns durch krankhafte Zustände der
Paukenhöhle veranlaast wurden, 17 dieeer Falle sind
von dem Vf. selbst beobachtet oder ihm nur VerOfflent^
liehung aberlassen worden. Man fand die Dura me«
ter entztindet n. vom Knochen gelrennt 4mal» verdickt
u. vom Knochen getrennt 5mal, uloerirt u. vom Kne««
oben getrennt 5mal ; nicht hegrenzle Vereilemng den
fiehirns wurde 5mal , ei» Ahaeesa im Gehirn Slmal
gefunden. Die zweite Tabelle umfaast 24 Falle
(3 noch nicht verOflentliebte) von Krankbeken dea
Sin, tat. und des kL Gehums , die vem Me$LL aud.
ea>t, aus entstanden waren. Mao fand hier im Sin«
later. Goagula 3mal, Eiter 5mal, denaelhen mit
secund. Abscessen 5mal, auf der Oberflache dea kL
Gehirns zeigte sich 2mai Biter u. ein Abscees in den
Substanz desselben 9maL (Winter«)
462. UeberürBacheB, Prognose mBeluuid«
long der Taubheit; von Dr. Marc d'Espine zu
Genf, Arzt des Taubslummen-Instituta daselbst. (Areh«
gto. Janv. et F6vr. 1S52.)
Vf. veröffentlichte im JL 1S46 prakt. Untersuchun-
gen über die Behandlung der Taubheit, welche sich
auf 32 wahrend 6 J. behandelte Falle beziehen u.' in
den Jabrbh. LVIL 72 (vgl. Jahrbb. XLV. 82) mitge-
theilt sind. Seitdem kamen 127 weitere Falle von
1) Das heist bei Otorrhöe, welche in der Mehrzahl
der Fälle als ein Symptom eines der genannten 3 Leiden zv
VL GUnvgie» Ophthdmdogie «• OtüitriL
TwbMi in seine Behaadlmig» roo denen er jedoch
n«r 78 hier bertidcMchti^, welche er von Ende 1845
bit lom Horbst 1850 genauer zu beobachlen Gele-
genheit hatte. Die abrigen 49 , theils uaTollaUlndig
beobachtet, theils noch in Behandlung, betrachtet er
nur in Bezug auf einzelne Fragen, während er die
frühem 32 theils mit den neueren 78 vergleicht,
theils mit letztem zusammen (110) der Untersuchung
unterwirft
I. Ursachen u. Prognose/
Geschlecht; em- und beiderseitige Taubheit.
Von den 159 tiberhaupt beobachteten Fallen von
Taubheit betrafen 97 M., 62 W., 134 beide Ohren,
25 nur das eine, u. zwar 15 das rechte, 10 das
linke Ohr. Auf dem rdchlen Ohre waren taub 12 M.,
3 W., auf dem linken 7 M. , 3 W. ; im Ganzen fand
sich also einseitige Taubheit bei 1 9 M. u. 6 W. , ein
Verhältniss, welches der Zahl der Falle bei beiden
Geschlechtern im Allgemeinen entspricht. Nach v.
Tscharner, dessen Resultate [vgl. Jahrbb. LXVI.
220] mit denen des Vfs. ziemlich genau Übereinstim-
men, ist nur ein Ohr bei 25^0 (^^Vo ^^0 ergriffen,
eine Differenz, welche darauf zu beruhen scheint,
dass V. T. die Ohrenkraokfaeiten im Allgemeinen be-
rttcksichtigte , Vf. aber nur Falle von Taubheit. In
Bezug auf den Eitißuss des Geschlechts auf die
Prognose bemerkt Vf. zunächst, dass er geringe
Besserung da annehme, wo die Kr. nur die Uhr bei
einer etwas grössern Entfernung hOren lernten,
deutliche aber, wo die Entfernung grösser ist, die
Kr. verschiedene Geräusche besser unterscheiden u.
zur Gonversation eher befilfaigt sind. AiLffallende
Besserang ist nach ihm dann eingetreten , wenn die
Kr. fUr das gewöhnliche Bedttrfniss genug hören,
obschon sie selbst fahlen, dass der Zustand ihres
Hörvermögens nicht der normale isL In den 110
Fällen erzielte Vf. keinen Erfolg bei 42 (38 o/o), ge-
ringe Besserung bei 11 (IO^/q), deutliche Besserang
bei 28 (250/o)> auffallende Bess. bei 11 (10%) u.
Heilung bei 18 (16%). Rechnet man daher die
fUle von geringer Besserung zu. den ohne Erfolg be-
handelten , die von deutlicher oder auffallender aber
SU den geheilten, so ergiebt sich, dass letztere Klasse
die grosse Hälfte der Fälle (57: 110)umfasst. Ebenso
geht aus der gegebenen Uebersicht hervor, dass eine
Besserung veiliältnissmflssig öfter bei Männern ein-
trat , während von den völligen Heilungen mehr auf
die Weiber kommen.
Deutlicher als das Geschlecht ttbt das ^Iter einen
Einfluss auf die Prognose aus. Bei Kindern unter
10 J. lässt sich nach Vfs. Erfahrung beinahe in allen
Fällen Besserung oder Heilung hoffen , bei Kr. zwi-
schen 10 u. 50 J. in ungefähr %, zwischen 50 u.
60 J. bei % , bei Kr. , welche älter als 60 J. sind,
hat aber Vf. bis jetzt nur eine einzige Heilung , mei-
stens nicht einmal eine Besserung beobachtet. Ab
mittleres Alter in den Fällen, die ohne Erfolg behan-
delt wurden, fand Vf. bei den 32 früheren Fällen
41» bei 78 neuen 38 L, während das Durchachnitta-
alter fttr die Fälle von Besserung oder Hettnag in ier
ersiemKeihe 28V9» in der moeü^n 21% J. beträgt
Von einigem Einflüsse anf die Prognose ist ferner die
Dauer des üebels. Nach Vfs. Beobachtung kann maa
zwar bei ong'e^omer Taubheit in % der FlUe aif
Besserang hoffen, u. wenn das Uebel nicht Ober 8 J.
gedauert hat, ist die Dauer ohne erheblichen Ein-
fluss. Allein während bei den ohne Erfolg behan-
delten Fällen die mittlere Dauer 8 V« J- betrug , war
sie bei den Fällen von geringer Besserang 6%} l^
bei der deutlichen 4%^ J. , bei denen von Heilong
aber ly« J- »er Grad der Taubheit hat ebed^üls
einigen Einfluss auf die Prognose, u. im AllgeneiMn
lässt sich annehmen, dass das Hörvermögea der Kai-
fernung entspricht, bei welcher das Schlagen etacr
Uhr (das beste «PrOfungsmittel) deutlich vernonuaea
wird. Vf. bemerkt hierbei, dass eine gewöhnliche
Taschenuhr immer noch das einfachste u. bequemste
Instrument bleibe , um den Grad der Hörf^higkeit n
prüfen. Denn wenn man sich nur stets derselbea
Uhr bedient, so erreicht man damit denselben Zweck,
welchen man durch die bekannten, oft compfaeirten
Appatrale zu erreichen strebt, nämlich einen Ton her-
vorzubringen , dessen Stärke sich stets gleich bleibt
Der Gehörsinn hat indessen nicht nur die Empfindung
der Töne , sondern auch die Unterscheidung dersel-
ben, des Timbre u. des Accents zur Aufgabe. Diese
beiden Fähigkeiten sind aber durchaus nicht immer
einander entsprechend entwickelt, so dass nuncher,
welcher den Schlag der Uhr nur bei sehr beträcht-
licher Annäherung derselben wahrnimmt, an der Un- j
terbaltung , selbst wenn nicht lauter als gewöhnfich
gesprochen wird, sehr gut theilnehmen kann» o. um-
gekehrt. Zur Beurlheilung des Erfolgs der Behand-
lung ist es daher nölhig, die Hörweite vor, wahrend
u. nach derselben mittels ein u. derselben Uhr ze
messen, u. dabei auch die Entfernung zu berttckaich-
tigen, bei welcher das deutlich Gesprochene vernom-
men wird. SchiUsslich stellt Vf. als Ergebnisa seiner
Untersuchungen über den Einfluss des Grades der
Schwerhörigkeit auf die Prognose mit Bezug auf seine
HO Fälle folgende Sätze auf. Selbst bei dem höch-
sten Grade der Taubheit ist Besserung oder sogar
Heilung möglich ; ein günstiger Erfolg ist aber nm
so weniger zu erwarten , je mehr die Taubheit nt-
wickelt ist. Wo ein Geräusch schwer unterschieden,
die Sprache aber leicht verstanden wird, oder bei
dem umgekehrten Verhältnisse, ist die Heilung, ja
selbst eine Besserung schwer zu erzielen. Bei ana-
gebildeter,'seit längerer Zeit bestehender Taubheit
eines Ohres hat Vf. unter den 110 Fällen keinen Er-
folg der Behandlung, seitdem aber in 2 ^llen (eiae
Dame von fast 70 J. , u. ein Mann von 20 J.) be-
trächtliche Besserung beobachtet. |
Eine erbliche Anlage zur Taubheit konnte VL I
unter den 32 Fällen der ersten Reihe in 8 ermiltelB,
von denen einer geheilt, 2 gebessert vnirden, Voa
den 78 Ex. der 2. Reihe konnten 29 in dieser Bezie-
hung genauere Auskunft geben; bei 16
war Taubheit aohon in der Familie vorn
TL Chinifglly O|MMlBakgi0 t. OtiAtrik.
841
Von iimm MM i uigulMKien, M 19 im^
•Aes weoigcr «ngMproelmK ^mBenmg ekk, 1 war4e
fOttIf fpaiMft, fPibpeiid von 4o» 14, in derra Pawiln
Taubheit noch nkdit vopgekcpmiiw» w«r, 2 nngebno^
9tti UiebMi^ 7 mobr weniger gobeesert , 5 aber f Ol«-
lig gobeik; worden. In Allgeneinen ergiobc sieb
4aber, dass hei erblicber Anlage eine bntricbilictae
Besserung recbt wohl mdglicb kt, gintliebe Heilung
nber, w^en Vf. aofoer dem sehen erwähnten, neuer*-
dings einen Fall beobaobtet bat» eelttn vwkovam^
Bemerbenswertb iet es oocb, das» in den 15 Fllle«^
«8 erbbcbe Aniafe naehgewiesen werden benme,
alets Vater, MnUer, Onkel, Tante, Grose?«ter eidar
firosHHittcr, Bruder edtr Schwester, nie aber cii
Gewin mit Taubheit bebaftel war.
Ondeutäche Aussprache, wie sie bei angebomer
oder im frflhen Alter entstandener Taubheit nicht
seilen vorkommt, beobachtete Vf. in 6 Fällen von den
erwähnten 7S, Bei 4 von ihnen Hess sich mehr
weniger beträchtliche Besserung erzielen, so dass
also der (iragl. Fehler kein erhebliches Hinderniss bei
der Behandlung der Taubheit darbietet.
Die Besekttffenluü des OhrensckmalM ist nach
V(s. Erfahrungen ohne BiaOuse auf die Prognoee, mag
nun dasselbe braun u. trunken , oder gelb u. mehr
flttssig sein. In 10 Fällen fand VC eine so'beiraek$^
Kcke Menge Ohrenschmalz,, dasa die Luft nicht in
den Gang eindringen konnte; 7 davon wurden ge*
beili, jedoch keiner durch die Entfernung des Obren*
schmali altein. In xu geringer Menge war das
Ohreaschmals bei 7 Kr« vorhanden . % davon wurden
deutlich, 2 wenig, u. ebenso viel gar niebt geben-
serL Der Mangel an Ohrenschmalz scheint daher zu
den Charakteren der hartnäckigen Taubheit zu ge-
hören.
In Bezug auf die Beschaffenheit des Trommelfells
bemerkt Vf. zunächst, u. wie Bef. glaubt, mit vollemr
Rechte, dass bei aller Cebung u. mit den besten
HiUAmittehi dieselbe »cht immer genau ermittelt
werden kOnne. Er beobachtete wiederholt perlmuC-
tarweiase , oder auch braune Flecke auf demselben»
welfihe von keineaai wesentlichen Einiusse aul die
Fmgnose wüten. Dnrebbobrung des TrommelfellSp
bc!i welcher das bekannte Geräusch beim Binblasen
yon tult durch die EusL Bohre naeh seinen Erlah*
nungen auch fehlen kann» kam deea Vf. lOmal vor,
Amnl ohne dasa Otorriine vorausgegangen war; in 7
dieser FUle ward durch ein geeignetes Verfkhren
Besserung erzielt. Vf. fand den Biss von sehr ver-
ncbiedener Gestalln u. au verschiedenen StoUen. Er
erwähnt übrigens, dass in 2 Pniten bei einer kmfti-
^en Lnftmjeetioo in i^e Eust. Bohre, vermittels einer
Rautscbukblase, Zerreissung des Trommelfells unter
einenDi deutlichen Krachen eintrat« In beiden Fällen
kntlen die Kr. keinen Scbmera davon, u. in dem einen,
w^ schon völlige Taubheit in Folge einer Gontusion
▼ortianden war , blieb dieselbe darnach unverändert»
in dem andern aber, wo die Taubheit nach einem
»eC/ibrab. Bin. Uta.
TnAiia sieh eniwielreU hatte, nahm die flgrweüe «e
%^%** Ittr des beireffende OIm' ab. Naeb Vf. war in
beiden fällen eine Teedemung oder Erweiebung des
TromffleUellf sobon anvor eingetreten»
Ohrensausen kommt nach Vfs. Erfahrungen bei
mehr als der Hälfte aller Fälle vor. Es ist von sehr
verschiedener Art, tritt beim Beginn der Taubheit
auf, bleibt während ihrer weitem Entwicklung u.
verliert sich, wenn dieselbe völlig ausgebildet ist. Es
nimmt unter bestimmten Umständen, z. B. während
der Verdauung, bei hefUgen Bewegungen zu, u. unter
andern , z. B. Buhe , Nasenbluten ab. Die Zahl der
FäHe, in denen, obschon es vorhanden war, Heilung
oder Besserung eintrat, ist aber so beträchtlich, dass
man ihm keinen unbedingt nachtheiligen Einfluss auf die
Prognose zuschreiben kann, obschon beim Fehlen des-
selben durchschnittlich ein besserer Erfolg der Be-
handlung zu erwarten sein dOrfte.
üeber das Atmeten der Taubheit konnte Vf.»
aus leicht begreiflichen Gründen , nur in 48 Fällen
genauem Nachweis erhalten; in denselben hatte aieb
das Uebel 17fflal plötzlich, lOmal binnen weniger
Tage u. 21 mal gans aUaälig entwickelt» In alle» 8
Kategorien kamen Fälle von Besserung oder selbst
fifeilong vor« die meisten aber in der 2.» indem von
den ihr angehOrigen 10 Fällen nur 2 ohne alle Ben-
serung blieben, 4 aber vollständig gebeut vrurden.
Der Verkmf des üebela zeigte in den meialen FäUen
eine Zunahme der Schwerhörigkeit, oft abet kamen
nicht unbeträchtliche Schwankungen in Folge ver-
schiedener Umstände vor, u. nicht selten war das
Uebel auf einer gewissen Bntwicklungasinfe stehen
geblieben, ohne in völlige Taubbeil dberzugehen.
Der Betrachtung der Ursachen Ufid der kränk-
haften Zustande , welche auf die Taubheit und die
Prognose derselben von Einfluss sind, schickt Vf.
einige Bemertinngen über die Classification der Oh-
renkrankheiten überhaupt voraus. Die rationellste
wttrde jedenbUs eine mmtemiech-^pkffsiologische
nein, wie sie auch von Kramer anfgesleilt Verden
iai. Eine solche könnte indessen nach Vf. nur dann
allen Anforderungen entsprechen, wenn wir im Stande
wären , die Veränderungen der verschiedenen Theile,
welche das Gehörorgan zusammensetzen, mit Be-
atimmtheit zu erkennen, u. daraus fttr Prognose n»
Therapie aiehere Anbaltepeakte au gewinnen. Allein
ersteres ist nur hinsichtlich des äussern Gehörgangs,
der äussern Ifläche des Trommelfells, u. bis zu einem
gewissen Grade binsichllieh der fiusL Bohre möglieb,
Ub letxtenes läset sieh ebenlalls nur ia Bezug auf acute
Entzflodungen , welche das ganze Gehörorgan, oder
einen Theil desselben ergriffen haben , so wie hin-
sichtlich der Verstopfung der Eust. Bohre oder des
äussern GebBrganga annehoMU r während in den FiU
len von Taubheit , welche nicht auf einer der ange-
gebenen Veränderungen beruhen, aus dem Wesen
derselben keine rationellen Indicationen entnommen
werden können. Hier muss man die Indicationen
81 ^ -_
242
VIL StaatsaraieikiuMla.
aus den Ursachen herleiten / u. wo diess nicht mög-
lich ist , bleibt die Behandlung eine rein empirische.
Auch T 0 y n b e e 's 1) schOne patholog. -anat« Unter-
suchuDgen [wegen deren wir auf Jabrbb. LXVI. 218
verweisen] , geben nach Vf. keinen hinreichenden
Aufschluss. Bei dem jetzigen Stande der Wissenschaft
würde überhaupt nach seiner Ansicht eine jede Ein-
theiluog der Ohrenkrankheiten , die rein auf anatom.,
physiolog. , oder patholog. Grundlage beruhte, nur
eine Anzahl von Krankheitsarten aufstellen, welche
in der Natur kaum aufzufinden sein u. die Bedeutung
der auf dem Wege des Versuchs erhaltenen Resultate
stttren würden. ltard*s Eintheilung der Taubheit
(in 18 verschiedene Arten) entspricht, trotz ihrer
vielfachen Mängel , nach Vfs. Ansicht dem prakL Be-
dürfnisse am besten; er selbst nimmt 6 Klassen der
Taubheit an. Die erste derselben entliält alle die
Fälle , in denen kein ursächliches Moment der Taub-
heit aufzufinden ist, die zweite diejenigen , in wel-
chen in Folge directer Einwirkung von Feuchtigkeit
oder Kalte, oder indirect nach einem Schnupfen,
einem Lungenkatarrh, oder einem ähnlichen Leiden
die Taubheit sich entwickelte. Taubheit in Folge von
einfacher oder mit Caries complicirter Otorrhüe, bil-
det die dritte Klasse , während der vierten alle die
Fälle angehören , in denen bei Entstehung der Taub-
heit chron. Allgemeinleiden vorhanden waren, u. in
der fünften diejenigen stehen , wo dasselbe von acu-
ten Aifectionen gilt. Die sechste Klasse endlich wird
von den Fällen gebildet, in denen äussere Einflüsse
(ausser Kälte u. Feuchtigkeit), wie Gontusionen,
fremde Körper, durchdringende Geräusche, mora-
lische Eindrücke als Ursache zu betrachten waren.
Mit Bezug auf diese Classification bemerkt nun
Vf., dass die Prognose gun$tig gesteUt werden kOnae,
wenn der Einfluse von Kälte oder Feuchtigkeit , eii
Schnupfen, eine Bronchitis , ein chron. NatenkaUnI
oder ein Leiden de« Rachens in ursächlicher Besie-
hung zur Taubheit steht. Gleiches gilt von den Fll-
len , wo Scrophulose , ein chron. Ausschlag im Kii-
desalter (gourmes) , ein fremder Körper , ein Potyy
im Gehörgang oder in der Nase als Ursache ze he-
traditen ist. Selbst ein stinkender Ohrenfliias mt
Durchbohrung des Trommelfells macht die Prognoie
nicht unbedingt schlecht. Ungünstig dagegen ist
dieselbe , wo Gontusionen des Kopfes oder sehr hef-
tige Geräusche als Ursache der Taubheil zu betneh-
ten sind. Sehr hartnäckig ist auch die Taubheit
welche durch eine Metastase entstanden ist» o4ci
sich ohne bekannte Ursache allmälig entwickelt hat
Gleiches gilt von den Fällen, wo Röthein, Caries des
Felsenbeins, oder das Wochenbett das Uebel beding-
ten. In den Fällen endlich, wo bei Beginn der Taoh-
heit Keuchhusten, Scharlach, ein fieberhaftes Leideiu
bes. Typbus , oder die klimakterischen Jahre vorhas-
den waren , konnte Vf. zwar Besserung , aiber keiie
Heilung erzielen.
Schlttsslich bespricht Vf. noch einige ümstiMie,
welche die Taubheit zu modificiren im Stande sind.
Er beobachtete öfters sowohl Verschlimmerung ab
Besserung, nur in 16 Fällen aber konnten die Kr.
die betreffenden Umstände bestimmt angehen, welche
übrigens von der verschiedensten Art waren. Eine
plötzliche Heilung trat in 2 Fällen ohne nachweisbare
Ursache ein; Scharlach u. Pocken, welche in je
einem Falle hinzutraten , hatten keinen Einfloss anf
den Verlauf der Taubheit. (Winter.)
VII. Staatsarzneiknnde.
463. neber Kindesmord durch Eintauchen
des Kindes in stanbfSrmige Stoffe; von Adrien
B^renguier. (Journ. de Bord. Avril et Journ. de
Toul. Aoüt 1851.)
Der Torliegeode Fall betraf, wie die ÄDklageacte besagt,
eine 29jäbr. Wittwe , welche , Dachdem sie ihre Schwanger-
schart verheimlicht, ihren heimlich geborenen Knaben, um
sich seiner zu entledigen, nachdem sie denselben zu erwürgen
versucht, in einen mit Asche gefüllten Fetttopf gesteckt hatte,
üeber die Frage : lebte das Kind , als es in den Topf gesteckt
wurde? spricht sich das Gutachten des Vfs. folgendermaassen
aus. Der Leichnam des Kindes lag, mit Asche bedeckt , in
dem genannten Fetttopfe ; nach der Reinigung fand sich der-
selbe stark, wohlgenährt, gut gebildet, ohne Fäulniss, eben-
massig gebaut, die obern Extremitäten biegsam, blass, die
untern steif und mit violetten Flecken an der Innern Fläche
'der Oberschenkel versehen. Thorax gut gewölbt, sonor bei
der Percussion, Gescblechtstbeile gut entwickelt, Haut überall
1) Vf. bemerkt hierbei , dass T. aus dem seltenen Vor-
kommen von organ. Veränderungen der Eust. Röhre und von
Schleimanhäufung in der Paukenhöhle , mit I}nrecht auf die
Nut2lofi((keit des iUtheteritmai der £utt. Röhre ichliMse.
derb, fest, schwarze, dichte Haare anf dem Kopfe, am Nabel
ein kurzes Stuck Nabelstrang, welches scharfe Scknittnicbe
darbot, das Gesiebt des Rindes und die Kopfhaut sehr violett,
am Schädel keine Geschwulst oder äussere Beschädigang, die
violette Farbe auch an der äussern Oberfl&cbe der Schadet
knochen wahrnehmbar, die letztem selbst normal, Gchn-
substanz gesund, aber anscheinend etwas bleicher als gewöbA-
lich. Von der Kinnfalte bis zum Stemum ist die ganze vor-
dere Partie des Halses sehr roth , verzerrt , wie mit einem
schneidenden Instrumente gekraut, die von der Epidermii
entblösste Haut ist von scharlachrolher Farbe , und eracbcut
wie mit den Nägeln geschunden. Bei der weiteni GntertiK
chung fand man keine darunter liegende Verletzung , in den
tiefern Halspartien keine Ekchymose, am Larynx ood der
Trachea keine Fractur. Mund, Gaumen, Larynx, Naaea-
gänge , Pharynx und Eingang der Glottis sind mit Aache an-
gekleidet, auch im ohem Dritttheil des Oesophagus findet aich
davon etwas vor. Im Thorax sind die Organe sammtlicb gvi
gebildet, die Lungen scheinen das Pericardium ganz au be-
decken, sind rosenfarbig , weich , schwimmen im Wasaer'ao-
wohl ganz , als in einzelnen Stückchen. Hen ond groaae
Gefässe enthalten schwarzes Blut , doch nicht in za betriebt-
lieber Menge, die Unterleibsorgane sind gesund, die üiin-
blase leer. r^
Aus vorstehenden'^t'gSi^ ^eWf. folgende SMäam.
1) Das JUnd war anagetrageni labenafiblg nnd wobl fibUditi
VIL SUaUmneikntde.
.243
^ 2) es ist mit dem Kopfe fantus geboren worden; 3) es wurde
: lebend geboren ond hat ▼ollstindig geatbmet, jedenfalls einige
Aagenblicke , Tielleicht auch einige Stunden lang ; 4) es ist
kurze Zeit nach der Geburt verstorben, wie das noch im Dick-
darme enthaltene Meconium und der Zustand der Nabelstrang-
gelasse beweisen; 5) der Tod kann nicht mehr als 24 Std.
zuvor erfolgt sein , da keine Spur von Faulniss vorhanden ist.
6) Obgleich man Strangulationsspuren am vordem Tbeile des
Halses und Asche bis zum Eingang der Glottis bin antraf, so
kaon doch der Tod nicht durch Suffocation oder Asphyxie er-
folgt sein, weil die Respirationsorgane keine VerSnderung
darboten. 7) Ebenso wenig kann Verblutung durch den
Nabelstrang stattgefunden haben, da Blutleere nirgends im
Leichname bemerkt ward, dennoch konnte der Blutverlust
wegen Mangel der Ligatnr des Nabelstranges betrachtlich sein,
ond das Neugeborene bedeutend schw&chen. Deshalb glaubt
Vf. schliessen zu dQrfen, dass Versuch zur Strangulation
stattfand , dass die Blutung durch den Nabelstrang das Leben
des Rindes in 'Gefahr brachte , dass es aber noch athmete,
als es in den Aschentopf gebracht ward.
Dem Richter liegt nicht nur daran» tu wissen,
ob das Kind lebend und lebensfähig zur Welt kam,
sondern auch daran, auf welche Weise es starb. Im
vorliegenden Falle war Tod durch Blutverlust nicht
anzunehmen, andererseits hat nach den Ansichten der
Geburtshelfer die unterlassene Unterbindung des Na-
belstranges nicht immer den Tod durch Verblutung zur
Folge. Die Excorialionen am vordem Theile des
Halses, offenbar wKhrend des Lebens hervorgebracht,
Hessen an Strangulation denken , allein der Zustand
der darunter gelegenen Theile , die Abwesenheit des
Schaumes in der Trachea , die Färbung der Lungen
u. s. w. Hessen dieser Annahme nicht Folge geben.
Das Kind ward aus einem mit Asche geftlllten Gefässe
gesogen, dort war es, durch die Staubmolekttlen
erstickt, gestorben. * Diese Annahme muss man fest-
halten , denn die Asche war tief in den Oesophagus
herabgestiegen, und erst am Eingange zur Glottis
schnell angehalten worden, was die Einbringung der-
selben während des Lebens beweist, denn die Epi-
glottis hatte , indem sie sich fest auf die Glottis auf-
legte, das Eindringen der Asche in die Luftwege
gehindert.
Drei andere rein wissenschaftliehe Fragen bieten
sich hier dem Experten dar. 1) Ist in einem durch
staubige Stoffe gebildeten Medium der Tod ein augen-
blicklicher, oder kann das Leben sich einige Zeit
hindurch forterhalten? 2) Dringen unter solchen
Umstanden staubige Stoffe, wie Asche, Mehl, gemah-
lener Gyps in die Respirationswege ein , und bis zu
welcher Tiefe gelangen sie in den Verdauungswegen 7
3) Welche anatomische Charaktere können die Lun-
gen eines so durch Staub erstickten Neugebornen
darbieten ? Diese Fragen sind nur auf dem Wege des
Experimentes zu erledigen, und zwar hat gerade die
gericbtl. Medicin den meisten Vortheil aus Versuchen
an Thieren zu ziehen. Zur Erledigung derselben
verscharrte Vf. vier 3 Std. alte Schäferhunde in Asche,
sie lebten darin 1 5 Std. , bei der Section erschienen
die Lungen etwas rOther, als im normalen Zustande.
Die Asche war bis in den halben Oesophagus gedrun*
gen , die Nasengänge und der Pharynx davon vollge-
stopft In der LoftrOhre fand sieb kein Atom davon.
die Asche war hart an der Grenze der 61ottis5ff*
nung zurOckgehalten worden. Vf. liess femer neu-
gebome Hunde theils an freier Luft sterben, theils
in Wasser ersäufen , bei ersteren waren die Lungen
leicht rosenroth, fast weiss, bei den letztem dagegen
von sehr ausgesprochener braunrolber Färbung. Die
Lungen der in Asche erstickten Hunde dagegen zeig-
ten eine mittlere Färbung. Das Lungenparenchym
war, ohne wie bei den Asphyxirten rothbraun zu
sein, hinreichend roth, um darzulhun, dass während
des Lebens die Respiration schwer und mflhsam sein
musste. Gypsstaub und Roggenmehl wurden zu ver-
gleichenden Versuchen benutzt; Asche drang stets
tiefer in den Oesophagus, als anderer Staub, Gyps
und Mehl bildeten mit dem Schleime der Mundhohle
und dem Pharynx einen Teig, adhärirlen an den
Wänden, ohne dass sie verschluckt wurden. Im
Roggenmehle lebten die Thiere einige Stunden weni-
ger , als im Gyps , doch war bei den im erstem er-
stickten jungen Hunden das Lungenparenchym nicht
dunkler, als bei den im Gyps oder in Asche gestor-
benen. Strassenstaub verhielt sich wie Gyps.
Aus diesen Versuchen zieht Vf. folgende Schlüsse.
1) Der Tod erfolgt bei den in staubige Stoffe gelegten
lebenden Wesen nicht augenblicklich , die zwischen
den Molekülen des Staubes befindliche Luft ist hin-
reichend, die Asphyxie nicht zu Slande kommen zu
lassen. 2) Bei lebend in staubige Stoffe verscharrten
Thieren dringen erslere niemals in die Glottis ein,
weil sie die sich krampfhaft darüber weglegende Epi-
glottis zurückhält, sie füllen die Nasen kanäle und den
Pharynx an, dringen aber selten bis in den Oesophagus.
Im Hagen wurden sie niemals angetroffen. 3) Die
Lungen derjenigen Thiere , welche in staubigen Stof-
fen umkommen, zeigen in rolhen Nuancen eine Zwi-
schenftfrbung zwischen derjenigen, welche man in
den Lungen von Thieren trifft, die in freier Luft star^
ben, und derjenigen, welche die Lungen asphyxirter
Thiere zeigen. (Flachs.)
464. Zur Dianostik der Blat- und Samen-
flecke in gerichtlichen Fällen ; von Dr. Bern h.
Ritter in Roltenburg. (Yer. d. Zlschr. f. St.-A.-K.
X. 1. 1851.)
An frühere Arbeiten über denselben Gegenstand
sich anschliessend, bespricht Vf. vorzüglich in histo-
risch-kritischer Form die Diagnostik der Blut- und
Samenflecke mit besonderer Beziehung zu der Mög-
lichkeit Menschenblut von Thierblut zu unterschei-
den ^ und hebt zuerst hervor, dass ältere Beobachter
bis auf P r e V o s t und Dumas geradezu für unmttg*
lieh erklärten, in letzterer Beziehung sichere Momente
aufzustellen. Später wurde Barruel (1829) bei
dem Versuche, d^n Blutfarbstoff aus Ochsenblut nach
Vauquelin's Methode, mittels Schwefelsäure zu
isoliren , durch den hierbei sich entwickelnden Kuh-
stallgeruch frappirt, welcher sich im Momente des
Schwefelsäuresusatzes zu dem frischen Blute ent-
wickelte, imd zu einer grossem Reihe von Versuchen
Mi
?1L fiUtItanMikuidi.
«b^r TUerUi« veraolastt iuoM lalitem ergab sidt»
da«8 das ikt jeder Tiücrart ein eigenlMloiiieh rie*
ehendea, flttohtigea, dem SchweiHe, der Haut-^ uod
L«iii|^att8düD8UiDg dea iMtreffeQden Thierea anal»*
§aa , Bit dem Blnta innig TeHbundenea » beim mlBA^
lieben fieaehlechie dcoüieber hervor&relendea Pnncip
beaiuty welclies am leicblesten durch ScbweCeUflure
nod »na dem defibrinirteii Blute oder dem Serum
allein entwickeli werden kana. Der Verauch wird
angeateUt, indem man 1 Volumen Blutmit 2V9 ^oL
eoncentririer 8ebwe{$laXure aueammenrttbri imd in
demselben Angettbliefee daran riacbA. Nach Barruel
aoU man auf diese Weise Blut von MiNioeni » Frauen,
Oehaeo» Pferden, Sebafen, Hunden, YOgeln, Fiacben
n. a. w« kidit unUraeheideti k0nnen , und ilulflecjke
aeii 8 bis 14 Tagen auf Leinwand eingetrocknet aol-*
len nach dem Aufweichen in Waaser, beim Ueber-
gieaaen mit conc. Schwefels. , im Momente des Um-*
rtthrens mit dem Glasslabe durchaus den Geruch der
antsfrechenden Bluian im frischen Zustande ent*
wickeln. «^ Der Zufall fügte, dass Barruel bald
Gelegenheit fond, aeine Methode pi^aklisch zu prüfen in
einem Criminalfalle , wo es galt, Menschenblut von
Schweineblut zu unterscheiden. Ein Schweinemelz-
ger stand nämlich in Verdacht, seine Frau ermordet
zu haben , und unter andern gravirenden Umständen
wurde in einem Kinderbette ein blutiges Mannshemd
gefunden; Inquisit behauptete, das Blut rubre von
einem Schweine her, welches er vor 14 Tagen ge-
schlachtet. "— Von den Sachverständigen (Barruel,
Henry, Gibourt und Orfila) wurden einige
Leinwandstreifen in Blut vom Manne, Weibe, Affen
und Schweine getaucht, 14 Tage an der Luft ge-
trocknet, dann in destillirtes Wasser gelegt. Die
Flüssigkeit , mit Schwefels, behandelt, roch beim
Schweineblut charakteristisch nach Schweinen, das
des Mannes fettig nach Männerschweiss, das der Frau
aauer, nicht unangenehm, das Blut des fraglichen
Hemdes endlich entwickeile einen sauern , nicht un-
angenehmen, dem des Weibes ähnlichen Geruch.
Wiederholte Gegenversuche mit Schweineblute gaben
denselben charakteriatischen'Schweinestallgeruch, das
der Ochsen bald den Geruch des Schlachthofes , bald
den des schwitzenden Tbieres. Männerblqt rocb
constant nach MHnnerscbweiss, das von Weibern ver-
aebiedenartig, ja aelbst bei einer 17iXbr. Jungfrau
dem dea Mannea llbnlicb. Die Commiaaion entacbied
aioh dahin, dass der fragl. Blutfleck evident nkit
ScbweiAeblttt aei. Orfila und die Akademie spra-
chen sich» namentlich in Bezug auf diesen Fall, fttr
Barrnera Methode aua, nurRaapail erhob an/
Grund seibatstlndiger Untersuchungen folgende be*
gründete Einwünde«
,,Bei Criminalfiillen aei diese Methode ala aUeini-
gea Beweiamittel nicht zulflaaig, da daaselbe aich
iedigUch auf den Geruch beziehe und 1. B. der Knob-
lauohgeruch dea Araenika allein, nicht recbtagiltig
sei. Die Gerdche aeien flüchtig und wandelbar, ihre
Charakteristik u. Intensität wecbsale'naeh Umständen
APd nach der Einbildungakiaft. Die in nnteraqeheode
fiabatans kOnnn ebentogvt ttUgra» nie äkf <
aelbat. Das BKit rieche an den ersten Tageo anden^
als an den folgenden , besonders im Sommer und bei
feuchter Witterung. Fremde Einmenguiigeo : Spei»
obel , Schleim « BluA anderer Tbiere u. a. w. äadcra
den Geruch bia znr Unkenntlichkeit Eine Wode
lang getragene Leinwand wurde in Wasser geweicht»
und die Flüssigkeit mit Hammelblut gemiscIU; Seh«»*
Maaura entwickelte den Geruch von Menaebcnadiwniaa.
Hammelblut mit Speidiel gemischt ergab bald Bodu»
geruch, bald den Ae$ faulenden KUse oder Biters,
Mit Katzenblut vermischtes Bockabliit entwick^te mä
Sebwefelaiure nur den Bocksgemch. Harn n* flam»
melblut zeigte zuerst einen Harngeruch, dann dea
nach Safran und Jod, oder einen zwischen beides
schwankenden Geruch. Auch eingetrockneter Leia
mit Irocknem Hammelblute vermischt, gäbe einen
harnahnlichen, sehr widerlichen Geruch. Wenn nia
ein Mädchen auf Nothzucht klagte , und ihr längere
Zeit getragenes Hemde mit Hammelblut befleckte, sa
würde der Chemiker nach Barruel's Methode fin-
den , dass die Flecke den Geruch nach WeiberUnt
von sich geben, und die Nothzucht keinen Zwolri
unterliege, da Hammelblut auf einem durchschwitzten
Hemde den Geruch von Menschenfleisch von sich
giebt. Würe aber das Mädchen wirklich genothzilch-
tigt worden , das Blut aber auf eine Stelle des Hem-
des gekommen, wo sich Speichel, Harn oder ein an-
derer fremdartiger Stofi* befand , so wOrde der Che-
miker nach gedachter Methode erklaren , das Blut sei
von keinem Weibe, sondern von der Wandeibarkeä
der Gerüche verführt , aussagen , das fragliche BVnl
rühre von einem Bocke oder sonstigen atiiikenden
Tbiere her.*' Aehnliche, gewiss triftige. Einwflrfc
machten anfGrund eigener Untersuchungen Cooerbe.
in Deutsehland Wedekind (Henke's Ztschr. XVIL
S. 188. Erganzungsh.) , und neuerdings namentfi^
0. Schmidt zu Dorpat (Diagnost. verdScht Flecke
in Criminalfllllen. Mitau 1848), welcher mit dem
Blute der verschiedenartigsten Thiere aus den Reihen
der Säugethiere, Vogel und Amphibien experimeirtirte,
nnd die Ansicht aussprach, dass BarrueTs Metbodi
nur fttr Bocks-, Hammel- und Katzenblot umr aOen
UmatXnden charakteristisehe , bei den ttbrige« ahar
nur aehr zweifelhafte Resultate liefert, worava aich
der wahre Werth dieaer Methode fiftr Crinunnlfidla
von selbst ergiebt.
Einen andern Weg, die verachiedenen Bliitartan
von einander lu unterscheiden, betrat Bertaaii,
setzte dabei aber die Richtigkeit folgender Prifanviptia-
nen voraus, nämlich, 1) dass das Blut sich auf Uam^
wand gleichmässig verbreite, d« h. Stücke derselben,
nach dem Trünken mit Blut und dem Troeknen , bei
gleicher Farm u. Grösse, auch dieselbe Quamtiüt
eingetrockneten Fluidums enthalten, und 2) daaa das
Blut derselben Race oder Gattung constant und iimcr
allen Verhaltnissen dieselbe, innerhalb aehr engen
Grenzen schwankende, Zusammensetsung zeige« Dv
Bkhügkeit der eratern Vorauasettung beatreitel VI
insofarn er nach Analogie anderer Farbalollb o«
99L fitaaMnMiklulAl.
SM
piJvtbliMlieto, io wi« «h«iDJwAiMi VwMlten tm Mi
SU fMeodc« KUrpeni* lo 4l«r UeberteiigHiig Itani»
dni eia iluifloek auf iem gleicheii 8to0B n. von der
giekb«» AiMdelm«Bg deBooeh eiaeo vencfaitdnmi
Oeiialt 0D Bkilfcttrperehea bMiIceD kann , je oacbdeii
der bttfelTeade Stoff d«rch niMUge Begtasügmi^
der weitem und tiefera Vefbreitaaf des Farbstoffi
darch üria« Schfweise» Speichel u. b. w. varbreiteu
oder dar Üagaof des Parbeatofb dar<Jh Kleister^
s. Ei fiesUrkte Leinwand , Scfaleini i Sadiea a. s. w^
eracbwert «ad beachrlakt ist Solimidt kaan auf
eiperiDiealelleai Wege fen deoiselben Resullate« Ei
laaeble aSaslieb eiaen Streifea feiaer Leiawattd in ein
Glas mit defibrinirtem Kalbsblttte, and spaaale das-
selbe Back dem Heraaszieken uad mehrfachem Dre-»
hen, um eiae möglichst gleichförmige Vertheiluag
des Fluidums su bewirken, harizontai in einem Rah*
anen auf, und trocknete es bei 18^ C. an der Luft«
Mit dem Rundeisen eines Buchbinders an verschiede*
nen Stellen herausgeschlagene Stücke von 8 Gtmtr.
Darchm« differirten von 0,5 bis 1,2 Proc. des 6e-
sammtgewichts. Um die auf denselben befindlichen
Blutquaatltatea unter einander vergleichen zu kttnaea,
wurden mit demselben Rundeisen einige Stücke aus
derselben unbefleckten Leinwand geschlagen , gew<H
gen und das mittlere Gewicht vom Gesammtgewichle
abgezogen. Die Differenzen im Gewichte der au^e^
trockneten Blutmengen stiegen von 2 bis 4 Proo^
Sodann wurde ein eingetauchter Leinwandstreifea
senkrecht an Faden aufgehängt .und bei derselben
Temperatur getrocknet. Die Gewichtsdifferenz im
Gehalte der hoher und tiefer ausgeschlagenen Stücke
stieg auf 26 Proe., indem sich das Blut der Schwere
nach an den tiefern Stellen des Streifens sich starker
angesammelt hatte. Hierauf wurden Streifen aus 8
verschiedenen Sorten feiner, mittlerer und grober
Leinwand in dasselbe defibrinirte Blut getaucht, an
Felden aufgehangen und wie die frühem getrocknet.
In gleicher Höhe ausgeschlagene Stücke zeigten Diffe-
renzen von 18 bis 102 Proc, also über das Doppelte
des Blutgehalts. Endlich befleckte Schmidt Strei-
fen von Leinwand , Tuch u. Seide zum Theil durch
Bintauchen in Blut, zum Theil durch Abwischen einer
blutigen Messerklinge u. Anspritzen mittels eines in
Blut getauchten Borstenpinsels oberflächlich , u. die
Differenzen stiegen bis aufs Vierfache der relativen
SIntmengen. — Allein auch der 2. Grundsatz der
ft e r t a z z i *schen Methode beruht auf einer falschen
rorauBsetzung , In sofern nach den zahlreichen Ana-
lysen von Andral, Gavarretu. A. feststeht, dass
rerachiedene Krankheitsprocesse an u< für sieh, so
6vie der innerliche u. Xusserliche Gebrauch versehio*
iener Mittel eine mehr oder minder betrachtliche
l^orHnderung in der Biutmischung hervorbringen , n.
laaa die Maxime u. Minima in den Blutbestandtbeilea
Etberhaupt sehr bedeutende Schwankungen zeigen« —
Endlich besteht neben diesem doppelten Principfehler
auch Boeh ein Irrthum in der Erkiänmg der Reac*
Hon. Vf. fand nümlieh bei Wiederholung der dies-
TalaigeB Veraaehe das Jodwasser als empfindliches
Reagens flli^ BlatkUrperaheB i }«do(ft nieht dt Odr d94i
dSss er die Art des Btotes aas der Art der ¥^lXko»t
hatte aaehweisea können. Sehmidt will dea Un»
terschicd in der Gohoentration der BlutrolMdanng
selbst bei den Eatremea (VOgela u. pflaaaen fressenden
Saugethieren) so gering gefaaden heben« dass er ihn
mibarkeit dareh Jod nichl im Miadesien hoei»*
trSchtigt.
In neuerer Zeit wurden auch vergleichende Ana-
lysen des eingeäscherten Blutes verschiedener Thiere
angestellt, welche ein yerschiedenes Verhaltniss der
einzelnen Blutbestandtheile ergaben, u. somit auch
zu dem Zwecke verschiedene Blutarten von einandet
zu unterscheiden, benutzt werden könnten. Am
meisten empfiehlt sich hierzu die Methode von V erdeil
(Liebig's Annal. Bd. LXIX. S. 89). Diese specielle
Bestimmung der einzelnen Blutbestandtheile nach
ihrer relativen Quantität auf dem Wege der Verbren-
nung des Bluts erfordert aber immer eine grossere
Menge von Blut , u. ist deshalb nicht anzuwenden in
Fallen, wo blos einzelne Blutflecke zur Untersuchung
vorliegen. Abgesehen hiervon setzt aber auch bei
grosserer Btutquantitat die Methode von Verdeil
nicht in den Stand, mit apodiktischer Gewissheit
Menschenblut von Thierblut zu unterscheiden.
Endlich bat man auch das Mikroskop benuut i«t
Attsmittlung von Blut. Zuerst gesehsh diese 1827
von Orfila, spater voo Ratier, Bailly, Du-
vergcr, Paniaza, Mandl u. A«, welche die
Form, Grosse, Farbe n. s. w. ^r BlulkOrperehon
von Menschen, als diagnostische Momente snr Unter«
seheidnng vom Thierblute benutzt wissen wollten*
Zieht man jedoch in Betracht die NichtliberelnstinH
Bung jener Beobachter über die eben gedachten phy*
sikalisehen Eigenschaften des BluU, erwägt man
femer, dass Gulliver bei seinen Untersuchungen
über die GrOsse u. Form der Blutkörperchen von 140
Saugetbieren verschiedener Species fand» dass die
Blutkörperchen eine besondere Neigung haben , ihre
Grosse u. Form zu verändern > u. zwar unter dem
Einflüsse von allerlei Umstanden , berücksiditigt man
endlich, dass die Blutkörperchen unter den Einflüsse
des Trocknens u. Wiederaufweiebens , behufs der
mikroskopischen Untersuchung einer VerSndemng
uttterliegea, dass ihre Gestalt u. GrOsse dnreh anklo«
bende Pariikelehen von StolTen, auf dem sie sieh vor*
gefunden, von Staub u. andern zufHlligen Theilen
Modificationen erleiden, so kann nirht entgehen, dass
der bisherige mikroskopische Weg, Menscbenblut von
Thierbhit zu unterscheiden , zu einem sehr unsiehem
Resultate führen mtlsse. Schmidt schlug deshalb
zu gedachtem Zwecke neuerdings den Weg der m^
krometriseken Messung o» der Vergleichung des
Mittels mit den für die EintrocknungsooefReienten ein
für allemal ermittelten Werthen ein , zu deren Bo*
Stimmung er folgende Resultate zu Grunde legt. «,lu
Masse eingetrocknet schrumpfen die BhtiMeiUn sn>
sammen ; das Plasma verliert Wasser u. enUieht bei
der VerwandtschaCt dea Albnminnstrona an letalorai
946
VIL SUahnmieikandc.
dem lohalte des BlotkOrperchens einen Theil seines
Wassergehaltes. Diese Verdunstung u. Wasserabgabe
der Blutzelle an das Plasma gehen bis zum TOlligen
Eintrocknen des Tropfens gleichmtfssig fort; der Ge-
wichtsverlust der ganzen Masse ist proportional dem
Einschrumpfungscoefficienten des Blutblsschens. Wird
dagegen das Blut in sehr dünnen Schichten , die die
Dicke einer einzigen Blutzelle nicht überschreiten,
auf Glasplatten gebreitet , so erfolgt das Austrocknen
fast in demselben Momente. Die der OberflScbe des
Glases zugewendete kreisförmige oder elliptische Ba-
sis des Blutkörperchens adhSrirt dem Glase sehr in-
nig; sie bleibt straff gespannt, u. die Verdunstung
erfolgt nur an der obern Flache, die Voliiroverminde-
rung nur in der Richtung der Dicke der scheiben(<Or-
migen Zellen, d. h. beim Liegen auf der Basis, der
Höhe. In diesem Zustande sind dieselben aber mit
Sicherheit messbar. In sehr </£;iffe Schichten (0,005
bis 0,002 Mmtr. Dicke) auf Glasblattchen eingetrock-
nete Blutscheiben bieten feststehende Objecle; die
Einstellung des tangirenden Millimeterfadens kann
haarscharf bewerkstelligt i das Object Jahre lang un-
verändert aufbewahrt, die Messung mithin beliebig
wiederholt u. controlirt werden. So findet man, dass
95 bis 98 Proc. der Blulscheibchen ein u. desselben
Thieres nahe dieselbe Grösse besitzt, u. dass die
beobachteten Schwankungen grösstentheils in der
Fehlerquelle der Messung, nicht aber in wirklich
vorhandenen Differenzen zu suchen sind. — Beim
Eintrocknen des Blutes in Masse ist also die Volum-
verminderung der Blutzelle allseitig, bei der auf so-
liden Unterlagen, die keine Verdunstung gestatten,
wie Glas, Metall u. s. w. einseitig , nur in der Rich-
tung der Dicke, d. h. der Höhe der aufliegenden
Scheibe. Eine einfache Schlussreihe ergiebt, dass die
allseitige Volumverminderung im erstem Falle nichi
nach beiden Richtungen , nämlich der des Flachen-
durchmessers u. der Achse, gleichmassig erfolgen
kann , sondern nothwendig im Centrum der Scheibe
am stärksten sein, d. h. eine Scheibe mit aufgewul-
stetem Rande, das Endresultat der Wasserverdunstung
liefern muss. Dieselbe Form resultirt nothwendig,
sobald dem Inhalte einer sphärischen Zelle durch
Diffusion Wasser entzogen wird, u. die anDfngliche
Volumverminderung bei regelmässiger Abspaltung von
diametral entgegengesetzten Seiten dieser Hohlkugeln
(Polen) her stattfindet. Die Aequitorialschichlen einer
solchen Halbkugel werden beim Austritte flüssigen
Inhalts u. in Folge davon eintretender Abplattung der
Pole immer stärker comprimirt; diese Verdichtung
ist am Aeqnator seihst am stärksten , gegen die Pole
hin immer schwächer, an letzteren selbst gleich
Null. Die Permeabilität für Fldasigkeiten u. Gase
nimmt dem entsprechend gegen den Aequator hin
immer mehr ab , während sie an den Polen unverän-
dert bleibt. Hieraus folgt aber, dass die Summe des
Verdunstungscoefficienten , d. h. die relative Volums-
verminderung, am Aequator viel geringer, als an den
Polen ist Da aber das Eintrocknen bei den Blutzel-
len verschiedener Thiere isolirt, wie in Masse, naeb
denselben Gesetzen der WassKrverdunstoiig erfolgt,
der Wassergehalt derselben aber nur innerhnlb sdir
enger Grenzen schwankt, so l&sst sich voraussetzcM,
dass die Einirocknungscoefpcienten ,*d. k. die Fe-
bimsverminderung , nake dieselben sein müssen.*'
Auf diese Weise soll nach Schmidt die Lönoog da
Problems , einzelne Blutarten unter einander a. vea
Blute des Menschen in getrocknetem ZasUnde sa
unterscheiden gewonnen sein, u. machte derselbe vei
dieser Ansicht ausgehend mikromelrische Messaogci
von in sehr dünnen Schichten auf Glasplatten ■.
hernach in Masse auf Holz oder verschiedenen Gewe-
ben eingetrockneten Blutzellen verschiedener Thicn,
deren Resultate er in 2 Tabellen zusammenstellte. ^
Hiergegen macht aber Vf. geltend, dass sich S.'i
Ansicht auf Präsumplionen stützt, die noch sehr eiaer
tiefern Begründung bedürfen. Einmal nämlich beroht
jene Methode auf dem Gesetze der Diffusion , derea
Vorgang unter einer Menge so verwickelter Einflüsse
steht, dass sie sich vom theoretischen Standpunkte
aus nicht allseitig verfolgen lassen, namentlich an dea
so kleinen Blutkörperchen. Ausserdem aber kreEsen,
abgesehen von andern wichtigen Einwürfen gegen
S c h m i d t *s Methode , im Blute neben den Blutkör-
perchen noch andere farblose Körperchen, welche
sich nach Wagner zu einander verhalten = 5:1,
u. ausser ihrer Farbe noch andere Verschiedenheiten
darbieten, die von verschiedenen Beobachtern vei^
schieden gedeutet worden sind. Diese farblosen
Körperchen vermehren sich nach Remak, wenn ein
Mensch oder Thier grosse Mengen von Blot Terlorea
hat, so dass sich ein grosser Irrthum hiemach her-
ausstellen kann , wenn man die Berechnungen
Schmidt*8 bei allen vorkommenden Fällen allge-
mein zu Grunde legen wollte.
Nach dieser kritischen Beleuchtung hält sich nai
Vf. zu der Annahme berechtigt, dass es zur Zeit noch
nicht möglich ist , mit absoluter Bestimmtheit Mf n-
schenblut von Thierhlut zu unterscheiden, u. dass
man mittels der gedachten Methoden je nach IJmstän-
den , nur mit grösserer oder geringerer Wahrschein-
lichkeit auf diese oder jene Blutart su erkennen
vermöge. Aber auch diese Wahrscheinlichkeit kana
sich sehr vermindern oder ganz verwischen, wem
der zu untersuchende Blutfleck nur klein oder mit
zufälligen andern Substanzen, Dünger, Staub, Excre-
menten u. s. w. vermengt ist, wodurch die chemische,
wie die mikroskopische Prüfung sehr erschwert wei^
den kann.
Diagnose von Menstrual- und LocktenbluL
Schmidt behauptet in dieser Beziehung : Menstmal-
blut enthält kein Fibrin. Durch dasselbe gebiideU
Flecke hinterlassen, beim Behandeln mit Wasser, kei-
nen faserigen Fibrinrttckstand. Behandelt man einen
solchen Fleck mit Wasser, so erfolgt vollständige
Auflösung; das ausgezogene Leingewebe, mit Jod
imprägnirt, erscheint gleichförmig gelb ohne Spar
eines gebräunten Fibrinnetzes im Rückstände. —
Valentin dagegen sagt: die entleerte FlüMigkeit
YDI. SUitoiKiieikiuida.
MY
bOdet keia reines Blut» sie ist gemischt mit ferschie-
deneo Äbsooderongsmassen der weibi. Genitalien, zo
denen die SchiauchdrUsen der Gebärmutterschleim-
haut viel beitragen. Das Henstrualblut ftthrt Blut-
körperchen, jedoch weniger, als reine Blutmassen.
Früher u. neuerdings bat man wahrgenommen , dass
das McDstrualblut gar nicht, oder weniger gerinnt,
als anderes Blut. Bodensätze, die es z. B. im Harne
liefert, bestehen zu einem grossen Theile aus gesenk-
ten Blutkörperchen , die eine halbweiche Masse zu-
aammenkettet. Fangt man reines Menstrualblut in
einem Gylindergeföss auf, so kann sich etwas Aehn-
liches beim ruhigen Stehen wiederholen. Nach
B e t z i u s , der den Mangel von Fibrine in gedachtem
Blute AtüA/ zugiebt, enthalt dasselbe viel Phosphor-
n. Milchsäure, welche das Gerinnen verhindere. B a-
ciborsky endlich nahm an, dass der beigemengte
Schleim die Ursache des bleibenden flüssigen Zustan-
des bildet" Hiernach ist es aber gewiss gewagt, bei
an einem Blutflecke vorgefundenem Mangel an Fibrine
in gerichtl. Fallen fttr Menstrualblut sich apodiktisch
aussprechen zu wollen , zumal bei secundären Blut-
flecken , d. h. solchen , wo ein blutiges Oberkleid-
stUck das unter ihm liegende ßtrbt. Zu berücksich-
tigen ist jedoch immer die mikroskopische Untersu-
chung, in sofern Menstrualblut weniger Blutkörper-
chen, dagegen aber Schleimkttgelchen u. Reste von
Flimmerepithelium der Gebarmutterschleimhaut bei-
gemengt enthalt.
Noch schwieriger ist die Erkennung der Flecke
von Lochienblut. Die Lochien entstehen nämlich
dadurch, dass verletzte Blutgefllsse Blut in die Ge-
bärmutterhohle ergiessen, n. dass sich die Gebärmut-
terschleimhaut , die sich früher zur Bildung der hin-
fälligen Häute aufgelockert hatte, theilweise losstösst,
während das üebrige eigenthttmliche Ausschwitzungen
liefert. Hierbei ändert sich während der ersten Woche
nach der Niederkunft die Farbe und Zusammensetzung
der Lochien ; in den ersten Tagen enthalten sie fast
reines Blut mit regelrecht gebildeten Blutkörperchen.
Diese verändern sich mit dem 3. bis 4. Tage, wo
Exsudat- u. EiterkOrperchen bemerkt werden ; ausser-
lem können sich kleine Fetttröpfchen, Epithelialblätt-
ihen in wechselnder Menge zu allen Zeiten vorfinden.
lie Menge der Blutkörperchen nimmt mit der zuneh-
nenden Farblosigkeit der Ausscheidung ab. Ausser-
leno schwankt in den ersten Tagen der Wassergehalt
I. wächst vom 5. an immer mehr; die organischen
UoiTe nehmen dabei durchschnittlich stärker ab , als
lie unorganischen. Man ist also zur Zeit nicht im
Stande , mit Bestimmtheit das Lochienblut nachzu-
veisen , ebenso wenig wie von dem Menstrualblute
:u unterscheiden , da das erstere während des Wo-
chenbettes dem letztern sich immer mehr nähert, so
lass man sich bei dieser Diagnose nur alternativ aus-
;usprechen vermag.
Diagnose der Blutflecke von andern Farbstoff-»
lecken. Eine diesfallsige Verwechslung ist nament-
ich möglich in Bezug auf Lakmus, Krapproth i Coc-
cnsroth, Femambuk, Safflor, Alkanna, Pirucbtslfte
u. s. w. Diese organischen Farbstoflb zerfallen in
2 Klassen. Die einen nämlich haben im Allgemeinen
die Natur u. die Charaktere des Extractivstofies, d. h.
sie sind nicht fluchtig, erscheinen gewöhnlich dun-
kelroth geftrbt, sind nicht krystallisirbar , in Wasser
u. wässerigem Alkohol löslich u. s. w., andere lösen
sich in Wasser nicht auf, wohl aber in Alkohol,
wässerigen Alkalien u. s. w. , und haben im Allge-
meinen die Charaktere der Harze. Hiernach giebt es
a) extractive, in Wasser u. wässerigem Alkohol lös-
liche Farbstolfe, u. b) harzige, in Alkohol leicht, in
Wasser schwer oder unlösliche Farbstoffle. Das fär-
bende Princip des Blutes gehört zu der 1. Klasse,
u. lässt sich demnach von einem andern mit harzigen
Farbstolfen imprägnirten Stofi'e leicht unterscheiden,
von den übrigen Farbstolfen derselben Klasse aber
durch folgende Momente. Die Lösungen des Blut-
rothes besitzen immer eine blutrothe Farbe , welche
auch bei Zusatz von Alkalien u. Säuren roth bleibt,
nur das Krapproth verhalt sich in Bezug auf Säuren
u. Alkalien ähnlich. Flecbtenroth erhält durch Zusatz
von Säuren eine brennend carmoisinrpthe u. mit Al-
kalien eine violette Farbe ; Lakmus durch Säuren eine
hellrothe , durch Alkalien blaue ; Coccusroth durch
Säuren eine ins Gelbliche bis Gelblichrothe ziehende»
durch Alkalien violette ; Fernambukroth durch Säu-
ren eine rothe bis gelbliche , durch Alkalien Tiolette ;
Blauholz durch Säuren eine blassgelbe bis rothCt
durch Alkalien purpurne bis violette, je nach der
Menge der fieagentien ; Kino durch Säuren eine dun-
kelrothe, durch Alkalien braune; ebenso Katechu u.
Batanhia. Bothe Tinte nimmt durch Säuren u. Alka-
lien, je nachdem sie aus Carmin oder Femambuk
bereitet ist, eine diesen Farbstofften entsprechende,
rothe Beeren durch erstere eine dunklere, durch letz-
tere violette Farbe an. — Nur das Krapproth u. Blau-
holzroth zeigen hiernach einige Analogie mit dem Blute»
u. gelten in dieser Beziehung folgende Unterschiede. Das
Krapproth ist sehr schwer in kaltem Wasser löslich,
während das Blutroth sich durch dieses Vehikel voll-
kommen ausziehen lässt; Alkohol bildet bei Zusatz
zur wässerigen Blutrothlösung eine theilweise Coa-
gulation, während wässerige Krapprothlösung klar
bleibt, u. endlich löst sich Krapproth leicht in Alaun-
flttssigkeit, aus welcher sich bei Zusatz von Alkali
ein käsiger, rother Niederschlag von Krapplak bildet,
was bei dem Blutroth nicht der Fall ist. Das Blau-
holz endlich lässt sich in seinen wässerigen Lösungen
durch sein Verhalten gegen Alkalien unterscheiden,
in sofern durch geringe Menge letzterer sich die
wässerige Lösung purpurn, durch grössere violett
fiirbt, welche letztere Farbe nach einiger Zeit ins
Braunrolhe u. zuletzt ins Braungelbe übergeht«
Diagnose der Samenflecke. Diese können mit
Effluvien bei Blennorrhöen, mit Lochien, Eiter, Spei-
chel, Fettflecken u. s. w. verwechselt u. durch Gummi,
Kleister u. Eiweiss nachgeahmt werden. Die S^amen-
flecke sind wellenldrmijs in ihrem Umfiuige» ?on leicbl
im
mu Sjlutiiinwilriinjto
Iiea4« m der GkcuflifereA« Mwu «Uürher o^lorirU
.M« im Gtntnim ; aie uucikAi» du» Leiow^od steif, ef-
«qbiiinuBO swUchaa den Fiagero gedrOcbt iHUftentliab
awf der naitSperiQalozoeii liedeclue» Seile eines Lei»^
waodMttckes» ieicht raub «« leiaCeai Widentead, wie
feeUirkte Wäscbe; trocken find sie gerucbke» mit
WuMflv befeMcbtet eolwickqln »ie dea dem Saeiea,
nil hewem eine«, der Lauge eigsedUimliebea Q^
jmab^ %wei Su^aden ia Wasser ma^^rt» g^bt eine
grosse Hfiige des Sperma ie letstsires ttheri .doob
bleibt «eeb so viet zurUGk. diss die I^einwand ge»-
tr«ckiiet wieder steif wird; das Wasser ^igl sieb
bierbei Irube, eDtbUt LeiewasdlaserQ, ist s^bwer
SU fiitriren und durcb die Filtration voUkAmmen klar
stt bekommeo , beim AbdampCau ealwiekeii es dautr
Uch Sam^Dgerueh» es coeguürl «icbl, e* setst eur
einige glutinöse Stoffe ab. Nacbdem bierauf Vf« die
von ScbmidL aufgefuhrteo Cbaraktere zur Uoter«-
sobeiduoig von andern äbnlichen Flüssigkeiten u. Bei-
misQbuegen berYorgeboben , wird necb die von dem-
aelben Autor angegebene, modificirte Bayard^scbe
Nethnde, um Spermatozoen voa den uaUiegeadeD Lei-
nenftden für (Ue mikroskqp. Untersuchung zu isoliren
beaproobeo« In dieser Besiebnng ermUtelt man zuersi,
VIA wekker Seite die Befleckung erfolgt ist. Auf
dieser finden sieb nämlicb die eingetrockneten Sper-
maiasoen. In der Mitte der Flecke &ieb4 man auf
dicker Seile einescbwacbgUinzende» diwreb eine Schiebt
eingetrockneter Samenfiidea gebildete Crbabenheit*
1^0 sehr allnUUg g^en den Band binabfilllt, Disselhe
be«nerkt »an am besten bei Kerzealicbt, indem man
daa WxscbstUek unter schiefem Winket gegen das-
selbe b^lt, u* dem Lichte gegenüber unter dem gleit-
eken Winkel daranf sieht. BAan erkennt sa die dOnniv
eingetroeknele Schleimschichi am Lichtrefleie von
der gblnaenden Oberfläche , wahrend die Gegenseite
des Fleckes homogen matt erscheini, u. sich rauh
anfflhlu Die gedachte Seite wird nun nach aussen
gskebirt u. das WaschstUck so geleitet, dass diese
Schicht die Spitze eines langen» begelfik^migen Sackes
bildete Ber Zipfd mit der nach aussen gekehrten»
. darauf eingetrockneten Spermatoaeenscbicbt ^ wird
mil dieser in ein» halb mit Wasaer gefülltes Uhrglas
getaucht, indem man ihn lon einem Gestelle senk^
leobt hie unter den Wasserspiegel des Uhrglases he»^
abbangen lasst, so dass nur die mit Spermatoaoen
bedeckte SpiUe, als tiefster Theil des Zipfels berührt
wird. Wach 3 hie 4 Std. ist der Fleck aufgeweiobt^
man erwärmt daa Wasser in dem Uhrglase, nach dem
Zusatz von etwas Ammoniaklösung^ schwenkt dea
Zipfel darin bin o. her, u. streicht ihn endlich von
oben, nach unten leicht zwisohen Bäumen u, Zeigefin-
ger durob. Ber Fleck isl nun verschwunden, das
Wssser erscheint trübe u. schwach schleimig. Die
mikroskopische Untersuchung eines Tropfens zeigt
darin theils voUkommen erhaltene Spermatozoen^
tbeils auf da« knopHHrmige ovale Vorderende (KopO
derselben. Man kann einen Tropfen auf einer Glaa-
jiilaite eintfockAon lassen wd daa. so ecbaltane min*
kanakepiadm Pr^^arat den UmetavtehmfAenahtB
beilegen« (S o n n e » k a 1 b»)
465. Die Swititfpelliei in Intewill;
TM Br. J. Bierbaom m BefatCD* (Henke'a Ztaebt.
421 Efgannngah. 1851.)
Bie Wethkrankheit entwickek sieb sp^Miam nv
bei Fleiscbfcesseni p wahrend sie bei den Pflaaaea^
bessern einzig u. allein durch. Mittbeilnng daa Wulk>
giftea eniatebL Am häufigsten tritt sie auf apontane
Weise bei den Hunden, u, demnächst» nach Morgagni,
auch bei den Katzen auL Bas Wesen der Hitndawvtk
kennen wir noch niehtf. fafypotbetisch sind wemgitts
die Ansichten Autenrieth*s, sie beatebe is
einer brandigen Entzündung des Magens u. der Leber«
Kreys.ig's, sie sei eine Herzentzündung, Loder's,
sie habe ihren Grund in einer Afiectioa der üb,
SchdnleinVi, sie bestehe in einer schnell «crlao-
fenden Entzündung des Rückenmarks. Nach letaleier
Ansicht lasst sich wenigstens nach an» eheataa die
UehereinstimmuDg der Symptome derselboA mit deaca
des Starrkrampfs u. mehrerer anderer Nerveai«den
erklaren. Ebenso sind auch die ursächlichen Hn-
mente, die auf die Selbstantwicklung Eiofluas haben,
noch nicht hinlänglich bekannt. Man bezeichnet ak
solche vorzüglich: 1) eine dem HundegnacblecbAe
eigenthümliche » besondere Anlage, die nnraentück
bei zornigen u. bissigen Hunden sich eaewickeU; «^
2) starken Begattungstrieb ohne hinlängliche Befriedi-
gvng; — 3) wiederholte Anfreiaung' zum Zorne a.
halbes Scblageo u. Peitschen der Hunde, ao wie
übermässige Anstrengung, besonders in der keiiaei
Jahvesseit; — 4) eine eigentbamlicbe Witfemgs-
beschaffenbeit , d^ siefa durch anhakende
nasse Uk Warme, oder «bermBsaige Hffie lu
oder schneiten' Wechsel einer sehr heben a. äner
aebr niedrigen Temperatur oharaktensirt ; — &)Man*
gel a» gutem Trinkwasser od. einer derffatmrdesfhRraa
angemessenen Nabmag; Preiliob sind alle diese Ho^
menle wllstaadig nicht acichhakig, doch sebeinl den
gfOsalmi Eioflua» anf die spontane ISntrwieUiinf der
Handswolh daa Genkafienvjstem si haben, wenn
sich namltcb der anf dsa Heebsle gesleigerU €e-
iM^bleehtatrieb nioht productiv säge» kanv. HieH^
spreeben mebvera Thatsacben. ki nnsem Gegenden
beatehi in der Anaabi der Monde u. Mndkmen eia
gewisses Missverfaahnias, indem letatere m der Regri
anl die Seite geschaflt, erstere dagega« anfgnkeben
werden. Bie HUndianen sind suaaeideD vsp ei» M
im Jahre lavfiacb, wahuead die Hundi» aleta a«r Be-
gattung aalJBfelegt aiad, a. niobi Weibchen genng* la-
den ztt letzterer. Beswegen keowrt aneh die flnndi-
wuth da , wo dergleiofaen MIssverhaltMae b<
häufiger vor, als in andern Gegenden, we dieaa aaela i
der Fall. Man sieht daher im Oriente , der dnrtigan '
Hitze ungeachtet , so weit der IslaaMMi» kemcH
tt« wo jenes MissTerbaltniss nicht vorhanden.» die Hf-
drophobie gar nioht» oder doch nur ansaerat aekm
aulWeUiw Auch ist an berttcksicbijgenn dnaa eich
ftl. Sttitsameikutttle.
249
die fnigl. ffruilBlieit nur n der Bransfceit spontaB
MMwickidt, u. aar 8«lteD die fiOodinneD befSrllt.
Aus welcher Ursache immerhin die Hundswuth
hervorgegangen^ sie erzeugt ein Contagium u. ver-
breitet sich durch dessen Uebertragun^. Wie aber
das Wuthgift auf den Organismus einwirke, wissen
wir nicht, dagegen kann man als Eigenschaften des-
selben folgende annehmen : 1) dasselbe ist fixer Na-
tur u. an ein , durch die Krankheil erzeugtes Secret
ffebunden, dessen TrSger eine schon im gesunden
OrganisniM vorkommende Flüssigkeit ist Nach
Sclidnlein soll auch die Secretion der Genkalien
fVXger des Wvthgtfles sein können. Zur Zeit fehlen
«her hiertiber alle Beobachtungen. Die dbrigen Sxfle,
Damentlieh das Mnt u. die MHch walhkranker Thiere,
00 vne ihr Fleisch , dürfen nicht ftlr ganz unverdSch^
tig gehalten werden, in manchen Fallen ist wahr-
scheinlich die Krankheit durch den Genuss des Flei-
sches n. der Milch entstanden. — 2) Das Contagium
wurzelt auf Schleimhäuten , u. besonders auf den,
der Epidermis entblttssten Stellen. Gewöhnlich wird
aber der Ansteckungsstoff durch den Biss eines wotli-
k-ranken Tbieres weiter übertragen , sei die bewirkte
A^'unde auch noch so klein , oder bestehe sie blos in
dem Eindrucke eines mit dem Wuthgifle besudelten
Zahnes in die Hautoberfläche. Aber auch ohne Ver-
wundung der Haut kann das Contagium sich mitthei-
ieji, wenn man zerkratzte, zerrissene oder sonst
wunde, oder sehr zarte Hautstellen von einem wnth-
kranken Hunde, ohne dass man seine Krankheit ahnet,
hclocken ISsst, oder wenn der Speichel eines solchen
Tliieres unvorsichtiger Weise auf diese Theile kommt,
oder sehr feine Hautstellen trifft. — 3) Die Em-
pHinglichkeit ist allgemein, u. kein Alter, kein Ge-
schlecht, keine Constitution u. s. w. hebt dieselbe
auf. Das einzige Schutzmittel dagegen ist die Ver-
meidung des Gonlagiums. — 4) Der Ausbruch der
Hundswuth ist an keine bestimmte Zeit gebunden,
sondern erfolgt ohne hinlänglichen Grund bald frlHier,
bald später. fJngereehtiertigt ist die Annahme , dass
die Krankheit nach 7 Std. , oder sieben Tagen , oder
ebenso viel Wochen n. Jahren sich entwickele, ebenso
wie die Behauptuiftg , dass dieselbe noch nach 10,
2€, M oder gar 40 Jahren ausbrechen kOnne. Dage-
gen sieht aber thatstteblich fest, dass einige Indivi-
luen schon nach wenigen Tagen , andere aber erst
lach Monaten befallen werden. In der Regel zeigt
lieh die Krankheit zwischen dem 3. u. 60. Tage,
»eilen vor dem 3., häufiger zwischen dem 3. u. 21.
Tage, oder zwischen dem 21. u. 60. nach Ueberira-
a^ung des Contagiums, ohne dass die Bissstelle oder
]ie Menge des Ansteckungssloffas hierauf irgend einen
Sinlluss hat. Indessen ist Vf. nicht durchaus der
Meinung, dass , wenn bis zum 60. J. die Krankheit
ioch nicht eingetreten, alle Gefahr eines spsitern
jkusbruches schwinde.
Als »amtäüpoMztiMeke Maassregeln znr ^erAtf-
tmig^ der Ansleckfing werden folgende t om Vf. attfge-
führt. Eine der ersten Aufgaben ist u. Ideibt in ge-
daditer Beziehung, die Hunde auf eine möglichst
irteineZaM ernzuschrJlnken. Thetit man jede Gemeinde
In 2 Klassen, so so^l die erste nicht befugt sein^
Hunde zu halten , die andere aber dieses Recht nur
unter gewissen Bedingungen haben. Zu der 1. Klasse
gehören «Ne diejenigen Einwohner, die keine Abga-
ben zahlen , oder aus Armienmitteln u. andern wohl-
thMtigen Anstalten Unterstittzungen geniessen, so wie
Dienstboten, GeseNen, Tagelöhner, Fabrikarbeiter,
theüs weil sie jenen Thieren die nothwendigsten Be-
dflrfnisse nicht verschafTen können, theils weil sie
kein wachsames Auge auf dieselben haben. Diejeni-
gen aber , welche berechtigt smd , Hunde zu halten,
darfen dieselben nur zu einem bestimmten Zwecke
hallen, u. zwar behufs gewisser Arbeiten a. Beschaff
iigungea, oder zur Bewachung, oder endlich zmn
blosen Vergoflgen. Diese «Klasse ist eiftor strengen
Controle xu unterwerfen, u. muss der Polizei ^leshalb
in eineai hesondem Verzeichnisse die Zahl, Raoe»
Farbe, Alter, Gescbleobt, die Art der HiUMle u. dea
Zweck ihres Haltens anfOhceii, n. die einzelnea Thiera
mit einem bestimmten Sishüde bezeichnen. Hierdnrch
würde sich mit der Zeit auch vielleicht diejenige Bace
ausfindig machen lassen , welche der Wuth am mei-
sten ausgesetzt ist. Jährlich mtlsste ausserdem ein-
bis zweimal von einem guten Thierarzte Hundeschan
gehalten werden , um alte, kranke, bösartige Thiere
beseitigen zu k()nnen.
Die Hunde dürften aber immer nur unter Beob--
achtung folgender Vorsichtsmaassregeln gehalten wer-
den. I) Keiner darf ohne Erlaubniss der Poli^i, od.
ohne Nachweis eines bestimmten Zweckes einen Hund
hallen. Ausserdem sollen die Metzger ihre Hunde
mit Maulkörben versehen u. an Stricken füliren , das-
selbe soll geschehen mit den Jagdhunden bis zur
Stelle der Jagd, Fuhrleute sollen die Uunde unter
dem Wagen kurz anbinden, die (jandleute dürfen ihre
Hunde zur Bewachung ihres Viehs u. des GeböAes nieht
frei umherlaufen lassen, sonderp mttssen sie ap Ketten
hsngen, od. wenigstens mit Klöppelp versehen y. s. w.
In Städten können dagegen Hunde zur Bewachuxyt
des Hauses, der Güter u. Hßbe recht wohl durch
gute Sicherbeitsanstalten , welche .%uf dem platten
Lande wegen djer piehr od. weniger weit auseinander
gelegenen Wohnungen nicht zu verwirklichen sind,
füglich entbehrt werden. Die Polizei gebe daher daü
Halten derselben zu .einepo solchen Zwecke hier nicht
zu. Wer endlich blos zum Vergnügen Hunde halt,
soll jährlich 6 Thir. Hundesteuer zahlen , aber unter
keiner Bedingung mehr als einenj^un^ halten. Ueber-
haupl sollte kein Ubeifflüssiger H^nd geduldet werden«
2) Jeder Eigenthümer muss für die Gesundheit
setner Hunde haften, n. in dieser Beziehung folgende
Regeln beobachten : a) die Hunde müssen hinreichende
n. angemessene Nahrung u. frisches Wasser nach
Belieben erbvlten; b) das Obdach sei zweckmässig
vor sehädtichen 'Witterungseinfiüssen geschützt, u.
83 _.
250
VIL SUtUtfiEMkimda.
werde reinlich gehalten; c) bei grosser RiUe sollen
die Hunde nicht tu lange u. ttber ihre KrSfle zum
Karrenziehen, Jagen, Treiben des Viehes u. s. w.
benutzt werden; d) man reize u. misshandele die
Hunde nicht, u. hetze sie weder aufeinander, noch
auf Menschen; e) läufische Hündinnen u. begattungs-
lustige Hunde dürfen nicht in Befriedigung des (Ge-
schlechtstriebes gestört werden ; von Wichtigkeit ist
für die Behörde das VerhSltniss der Hunde zu den
Hündinnen; f) man verweichliche die Hunde nicht
durch Liegen hinter dem Ofen, noch setze man sie
zu grosser Kalte aus. — Der EigeothOmer hat aber
zu haflen lUr die aus der Erkrankung des Hundes
entstehenden Folgen, u. etwaigen Schaden zu er-
setzen, oder mit Personalarrest abzubUssen.
3) Wer einen Hund halt, soll ihn zu Hause hal-
ten, Q. nicht herrenlos umherlaufen lassen, wodurch
verbatet wird , theils dass die Hunde Menschen an-
fallen tt. beissen können , theils dass sie von andern
unbekannten Hunden , fUr deren Gesundheit Niemand
haften kann , gebissen u. mit Wutbgifl heimlich an*
gesteckt werden. Contraventionen gegen diese Vor-
schrift waren nachdrücklich zu bestrafen.
4) Keinem sei es gestattet, einen heimtückischen,
wirklich beissenden, oder selbst im gesunden Zu-
stande bösen u. bissigen Hund zu halten, wenn ihn
auch der Eigenthümer durch Anlegen an Ketten un-
schädlich zu machen sucht. — 5) Erkrankt ein
Hund plötzlich oder ohne bekannte Veranlassung,
verändert er sein gewöhnliches Temperament, u. wird
er still u. traurig, verliert er die Fresslust u. säuft in
24 Sid. nicht, so werde er sofort eingesperrt. Er-
giebt sich, dass er an Wasserscheu, wenn auch nur
im geringsten Grade , leide , so werde er sofort ge-
tödtet. Sind Menschen von einem, nicht offenbar
wütbenden Hunde gebissen worden , so werde er so
lange sorgfältig beobachtet, als zur nähern Aufstel-
lung der Krankheit nothwendig ist; diess muss ge-
schehen schon aus Rücksicht auf die Furcht u. Angst
der Gebissenen , von einem wuthkranken Hunde ver-
letzt worden zu sein. Thiere, welche von einem
▼erdächtigen Hunde gebissen wurden , sind sofort zu
tödten , es sei denn , dass es möglich ist , durch ge-
naue, mehrere Monate lange, Controle zu verhindern,
dass dieselben als Schlachtvieh verkauft u. deren
Milch benutzt werde. — 6) Jeder Hund , der wirk-
lich toll ist, oder der befürchten lässt, von einem
tollen Hunde oder einer solchen Katze gebissen wor-
den zu sein, muss todtgeschlagen werden. Alle
Hunde eines Bezirkes, wo ein toller sich aufgehalten,
sind einzusperren, u. später 14 Tage lang mit einem
Maulkorbe zu versehen. Das Einfangen erfolgt am
besten mittels Schlingen, der Transport bei grössern
Hunden an zwei Schlingen , welche von 2 Personen
in entgegengesetzter Richtung gehandhabt werden,
bei kleinem in Körben , welche gehörig mit Stricken
befestigt, getragen oder auf Karren gefahren werden.
Die Bekleidung des EinfiKngers toller Hunde bestehe
üi^'^Delten, ledernen Handschuhen, dicken, weiten
Hosen n. in einer mit Leder übenogeoeB Aemd-
weste. — Die Behälter zum Aufbewahren wiUhkn»-
ker Thiere müssen 1) sehr fest sein u. das fintwei-
chen unmöglich machen ; 2) gehörig beleuchtet, aber
auch verdunkelt werden können, u. genaue Beobach-
tung zulassen; 3) gegen WitterungseinflOsse geschützt,
u. 4) so eingerichtet sein , dass Versuche , Operatio-
nen u. s. w. bequem u. ohne Nachtheil filr den Ex-
perimentator vorgenommen werden können.
Als Maassregeln zur Ferhütung des j4uskrueks
der Krankheit sind nachstehende zu empfehlen. Der
Inficirte sowohl, als auch Jeder, der um die Anstek-
kung weiss , ist bei strenger Strafe verpflichtet , der
Polizeibehörde Anzeige zu machen. Letztere nusi
für schleunige, geeignete Hülfe Sorge tragen, ausser-
dem aber das Selbstbehandeln bei dieser Krankheit
auf alle Weise zu hindern suchen. Anlangend die
Behandlung, so muss man vor Allem die Wunde aus-
bluten lassen, durch Einschnitte zu grösserer Uot-
absonderung reizen, mit Wasser auswaschen oda
mit Urin, oder wenn dieselben bald zu erlangen , nit
Salzwasser, Aschenlauge, Lösung von schwarzer
Seife; später hat^man dann die Verletzung mit Spa-
nischfliegenpulver oder Pflaster, oder in Ermange-
lung dieser, mit schwarzer Seife, Holzasche, EUchen-
salz oder ungelöschtem Kalke zu bedecken. — Bei
dem derzeitigen Mangel eines Specificums gegen die
ToUwuth bleibt die Behandlung der Wunde die Haupt-
sache, u. hat man hierzu empfohlen: 1) Exstirpation,
kann sich der Kranke hierzu, oder wie <• B. bei
einem Finger oder einer Zehe zur Amputation nicht
enlschliessen , so schreite man sofort 2) zur Ans-
ätzung mit Kai. caust. , Butyr. antim. , Lap. infera.,
Merc. praec. ruh. u. s. w. ; 3) Ausbrennen der Wunde.
Dieses Verfahren, am besten mit dem Glüheisen, we-
niger mit dem Stempel oder mittels Schiesspulver
vorzunehmen, steht den vorhergehenden 2 Verfahren
bei Weitem nach ; 4) Scarification , welche in sofern
nützlich, als dadurch die Blutung befördert wird, die
sich durch Aufsetzen von Schröpfköpfen unterhalten
u. verstärken lässt — Konnte der Ausbruch der
Wuthkrankheit nicht verhütet werden, so ist voa
ärztlichen Wirken Erfolg nicht mehr zu erwarten.
Die Angehörigen u. Wärter eines solchen Kr. sind
auf alle Gefabren aufmerksam zu machen, u. vor des
Gebrauche der mit dem Speichel desselben besudeltea
Gegenstände zu warnen.
Von einem tollen u. auch nur der Wuth verdäch-
tigen Hunde gebissene Hausthiere sind von einem
approbirten Thierarzth zu behandeln, u. bei Ausbmck
der Wasserscheu sofort zu tödten. Wäre eine Heerde
Schafe oder anderer Thiere von einem tollen Hunde,
Fuchse öder Wolfe angefallen worden, so treibe mu
sie durch den nächsten Bach, wasche die gebissenen
Thiere rein ab u. trenne sie sogleich von den Übrigen.
Der Zeitpunkt, von wo an die Krankheit als aufgehört
in der Heerde betrachtet werden kann, tritt 9 Wochea
nach dem Aufhören des letzten Erkrankens ein. In-
nerhalb dieser Frist darf das Schlachtvieh weder fw-
vif. Staatsamieikiinde.
251
kauft , nocli geschlachtet , noch die Milch davon be-
nutzt werden* Ansserdem dOrfen Heerden , in denen
eine Ansteckung stattgefunden , mit andern gesunden
nicht znsammentreiTen , sondern müssen wenigstens
500 Schritte Ton einander bleiben. Auch darf kein
Bauhfotter u. Dflnger aus dem Orte verkauft oder
Aber die Grenze gebracht werden.
Als sanitats-polizeil. Vorschriften bei der Beer--
digung waren nachstehende anzusehen. Sobald ein
Mensch an der Wasserscheu gestorben, ist nicht
allein der Zulauf des Volkes abzuhalten, sondern
auch für sichere Aufhebung der gebrauchten Effecten
Sorge zu tragen , welche sobald als möglich auf An-
ordnung u. in Gegenwart von gerichtlichen Zeugen
an einem entfernten Orte zu verbrennen sind. Die
Leiche selbst werde ohne vorherige Reinigung u.
Umkleidung, in einen von innen mit Pech aberzoge-
nen Sarg gelegt u. zur Grabstatte gefahren; die
Beerdigung erfolge in der Stille, in den ersten 24
Std. nach dem Ableben in eine 7 bis 8 Fuss tiefe
Grube, welche mit ungelöschtem Kalke theilweise
anzufallen ist. Den Sarg hatte man vorher mit
schweren Steinen zu belegen, um das Aufscharren
von Thieren zu hindern. — Die Thierleichen werden
auf Schleifen oder zugedeckten Kasten zum Schind-
anger gefahren und tief in die Erde verscharrt, nach-
dem die Haut an mehrern Stellen kreuzweise durch-
schnitten. Besondere Beachtung verdient aber die
Reinigung der Stalle. Der Dünger derselben werde
sofort entfernt u. auf dem Felde untergepflügt, das
Pflaster herausgenommen, oder, wenn der Boden von
Erde ist, werde er 2' tief ausgegraben u. durch neuen
ersetzt. Die Mauern werden mit Kalk aberzogen, Rau-
fen , GeHlsse , Stricke , im Stalle befindliches Futter
u. s. w. verbrannt, u. eiserne Werkzeuge im Feuer
ausgeglüht. Auch müssen die Kleider, welche Wär-
ter getragen , die mit der Pflege der kranken Men-
schen u. Thiere sich abgegeben, auf Kosten der Ge-
meinden verbrannt werden.
Alle Schutzmaassregeln zur Verhütung der An-
steckung , so wie des Ausbruchs der Wasserscheu,
können freilich nur erst dann ein günstiges Resultat
geben , wenn die Polizei die pünktliche Befolgung
der vorgeschriebenen Schutzmittel gewissenhaft über-
veacht, u. im Uebertretungsfalle strenge Strafen ein-
Ireteo lässt. (S o n n e n k a 1 b.)
466. Ueber der Gesundheit nachtheilige Zn-
8&tZ6 nm Biere, in med.'poL Beziehung ; von A.
Grünbaum in Bernstein. (Henke's Ztschr. 1 . 1852.)
Das Bier ist ein heisser Aufguss von Gersten- od.
Weizenmalz, der mit Hopfen aufgekocht und nach
dem Erkalten in eine weinige Gahrung versetzt wird.
Aus dem Malze nimmt das Bier auf: Gummi, Zucker,
Kleber und vegetabilisches Eiweiss , und erhalt da-
durch seine nährenden Eigenschaften ; aus dem Hopfen
nimmt es auf: Hopfenbilter — Lupulin — , äther.
Gel und Harz , welche man zusammen als Extractiv-
stoff des Bieres bezeichnet , das dadurch seinen aro-
aialiscben, bittem Geschmack u. grossere Haltbarkeit
bekommt. Die Gsbrung verwandelt den grOssten
Theil des Zuckers in Alkohol und Kohlensaure , und
hierdurch theils in ein berauschendes , theils in ein
kühlendes und erfHschendes GetrUnk. Ausser diesen
normalen Bestandtheilen soll das Bier andere wesent-
liche Beimengungen nicht haben und die Verschieden-
heit der Biere soH eigentlich nur bedingt sein von
dem verschiedenen relativen Gehalte der gedachten
Bestandtheile zu einander, wie zu dem anderer Bier-
sorten ; oder es dürfen höchstens an u. für sich un-
wesentliche, für die Gesundheit unschädliche Beimen-
gungen statthaben, die aber auf die Geschmacksorgane
mitunter sehr einflussreich sein können. Der Ge-
schmack des Bieres hangt bisweilen auch ab von dem
dazu verwendeten Wasser. Die Verschiedenheit,
welche bedingt ist durch einen verschiedenen absolu-
ten oder relativen Gehalt der normalen Bestandtheile,
kann durch chemische Untersuchung nachgewiesen
werden, dagegen aber nicht die Anwesenheit der
unwesentlichen Bestandtheile, besonders wenn sie
organischer Natur sind. Daher kommt es, dass
manche Bierbrauer ein Bier darstellen, welches ihnen
kein anderer nachbilden kann, und dass die Gewinn-
sucht nicht selten der Gesundheit nachtheilige Zusätze
zum Biere macht.
Die Hauptabsicht, wegen welcher Fälschungen
des Bieres vorgenommen werden, ist gewöhnlich:
dem Biere den Anschein einer Güte zu geben, die es
in der That nicht besitzt , oder wenigstens die durch
schlechte Bereitung und zu langes Aufbewahren her-
beigeführten Mängel zu ersetzen. Gutea Bier soll:
1) klar sein und darf bei längerem Stehen im Glase
weder einen Bodensatz bilden , noch darf Hefe darin
schwimmen. Die Eigenschaft erhält es, wenn die
Gährung nicht eher unterbrochen wird , als bis die
Weingährung vollendet ist und die Essiggährung noch
nicht begonnen hat. Sauer reagirt das Bier zwar
immer, weil bei der Gährung an der Luft ein kleiner
Theil des durch die Gährung gebildeten Alkohols sich
zu Essigs, oxydirt ; auch bildet sich etwas Milchsäure.
Die Säure darf aber nicht durch den Geschmack wahr-
zunehmen sein. Wenn Bier in Fäulniss übergeht,
verliert es die Klarheit, wird trübe, zähe und lang,
2) Der Geschmack muss der eigentliche Biergeschmack,
derselbe darf weder sauef, noch schaal sein. 3) Das
Bier darf nicht zu dünn und wässerig , sondern muss
etwas klebrig und rimd sein. Diese Eigenschaft er-
hält es durch seine schleimigen Bestandtheile u. giebt
sie sich dadurch zu erkennen, dass 4) der Schaum, der
weiss und fein sein muss , sich längere Zeit hält und
nicht leicht verfliegt. 5) Das Bier muss gelind gei-
stig und erregend sein , darf jedoch nicht betäuben.
Um diese bisweilen fehlenden Eigenschaften eines
aus guten Materialien gut zubereiteten Bieres zu er-
setzen, werden nicht selten fremdartige, der Gesund-
heit mehr oder weniger schädliche Substanzen beige-
mischt ; und zwar
1) um das Bier klar und durehsichüg xu
machen , und demselben , wenn es noch jung , 4i^
S5a
TIL SUaUannttkiuMtek
Gesclunack tod akem su geben , Schwefelsaure ent«
weder allein # o4er mit Aianin. Wiewoltl uud der
Beisatz leliterer gewöhnlich sehr gering ist, so muss
derselbe dennoch beim täglichen und starken Genüsse
eines solchen Bieres schädlich einwirken. Die Schwe-
fels, ist erkennbar durch salzs. Baryt» welcher einen
selbst in Salpeters, nicht auflösliehen — bei Kpfels«
Baryt geschieht diess — Niederschlag giebu Den
Alaun kann man nachweisen, wenn man die Schwe-
fels, desselben durch Baryt bindet, mittels Filiration
abscheidet, dem Filirate Salzs. hinzoeeUt und letztere
durch Ammoniak neutralisirt^ War Alaun im Biere»
so bildet sich das gelatinöse ThenerdehydraL Um
klares Bier zu machen, wird ausserdem £i weiss.
Hausenblase, thierieche Gallerle u. s. w. zugesetzt,
welche dasselbe fade und geneigt zu Fäulniss
machen.
2) Zahlreich sind die Zusätze für den Geschmack,
welche man in bestimmte Kategorien bringen kann,
a) Um einen bittern Geschmack zu geben , ohne den
theuern Hopfen dazu zu verwenden, nimmt man wohl-
feile, bittere PflanzenstolTe, wie Werrouth, Tausend-
güldenkraut, Enzian, Bitterklee u. s. w., oder kleine
Mengen von Quassia. Diese Zusätze bewirken bei
täglichem utid häufigem Genüsse eines mit denselben
versetzten Bieres Gongestionen, und schwächen nach
und nach sehr bedeutend die Digestionsorgane. In
England verwendete man zu gedachtem Zwecke selbst
Nux Tomlca , zur Erkennung derselben kann der Um-
stand benutast werden , dass beim Digerlren des Bie-
res mit gereinigter Thierkohle alle Bitterkeit, sie mag
vom Hopfen, oder von den gedachten Vegetabilien
(selbst von Aloe) herrühren, verschwindet, und nur
die Bitterkeit des Strychnins dadurch nicht aufgeho-
ben wird, b) Einen bittem u. zugleich aromatisch
angenehmen Geschmack giebt man dem Biere biswi^i-
len durch grüne Pomeranzen, Pomeranz^nschalen,
Ingwer, ZiKwersamen u. s. w. c) Um einen aroma-
tischen und scharf pikanten Geschmack hervorzuru-
fen , setzt man besonders dem englischen Ale zu :
ParadieskOrner , span. Pfeffer, Koriander, Kokkels-
kürner, alles Substanzen , welche die Erscheinungen
einer leichtern oder schwerern Vergiftung durch
scharfe Substanzen zur Folge haben, d) Dem Porter
soll man auch, um ihm einen reizenden und zugleich
adstfingirenden Geschmack zu geben , Alaun , Eisen-
vitriol und Rochsalz zusetzen. Den Eisenvitriol er-
kennt man durch atzende Alkalien , welche dasselbe
aus den Verblödungen mit den Säuren ausfällen und
diess besonders, wenn ein Oxydulsalz in der Auflösung
enthalten war, als einen weissen, schnell grau, dann
grün und endlich braun werdenden Niederschlag zu
Boden fallen machen. Dass das Eisensalz ein schwe-
felsaures, also Eisenvitriol gewesen, erkennt man
wieder durch salzs. Baryt« Kochsalz endlich ist
leicht zu finden mittels Salpeters« Silber, e) Um die
Saure in sauer gewordenem Biere zu binden , u. das
Rier wieder geniessbar zu machen , werden ätzende
und koblens. Alkalien hinzugesetzt. Dadurch bekommt
M aber einen mehr faden , widerlich unangenehmen
Geschmack ; auch helfen diese Miltel nor auf emigt
Tage , denn das Sauerwerden beruht auf SasiKsäart»
Bildung. Die Alkalien verbinden sich hierbei ailder
freien Essigs, zu essiga. Salzen, sie halten aber dii
neue Bildung der Säure und die beginnende Zer«
Setzung im Biere nicht auf. Demnach ist es aorb
eigentlich nicht möglich verdorbenes , sauer gewor-
denes Bier in genieasbares umzuwandeln und iba sei-
nen natürlichen Geschmack wiederzugeben. Man
verwendet zu gedachtem Zwecke besonders PoUascbeb
Kreide oder Kalk , Magnesis , gebrannten Hirschbon
u. s. w. Der Genuss eines hiermit behandelten Bie-
res ist nun zwar nicht viel schädlicher, als der von
verdorbenem Biere überhaupt, doch ist zu berücksich-
tigen, dass es dann ein Salz enthält, das durch seiic
abfuhrenden, harntreibenden u. schwächenden Eigen-
schaflen nicht weniger gefährlich ist, sich aber durck
den Geschmack nicht so leicht verräth. Solriies Bier
wird also doch eher genossen, u. kann daher schäd-
licher werden , als saures. — Braust ein Bier mit
kohlens. Alkalien stark auf, und lässt es dabei eines
schmutzig-weissen Niederschlag fallen , so enthält es
Kalk oder Magnesia; Pottasche und Soda erkennt
man. wenn man das Bier zur Trockne abdampft« und
den Rückstand verbrennt. Die Alkalien sind dann is
der Asche enthalten, welche man mit destill. Wasser
auszieht. Bleibt beim Verdampfen dieser filtrirtea
Losung eine nicht ganz geringe Menge von weisses
Salzen zurück, deren Auflösung in wenig reinem
Wasser Curcumapapier bräunt, Lakmus bläut, beim
Zusatz irgend einer Säure aufliraust und in Ralkwas-
ser einen weissen Niederschlag verursacht, so war
dem Biere kohlens. Kali oder Natron zugesetzt.
3) Uro eine grossere Consislenz u. dunklere Farbe
zu gelten, wird Lakrizensaft und brauner Zucker an-
gewendet, welche dadurch schädlich werden können,
dass sich bei der Gährung zu viel Alkohol bildet nsd
das Bier zu leicht berauschend wird.
4) Die erwähnte Mischung von schwefeis. Eisen,
Alaun u. Kochsalz soll unter dem Namen /^eeriAeo^^
dem Porter zugesetzt werden, um dasselbe schäumesd
zu machen. Morris empfiehlt dazu KupferlOsasg
und Alaun. Kupfer, welches auch durch Uoarhlsam-
keit und Unreinlichkcit von Kupfergeschirren ins Bier
kommen- kann, kann durch Ammoniaklosung und
Scbwefelwasserst. nachgewiesen werden. Ist Kupfer
im Biere, so entsteht durch erstere ein schmutzig-
bi^ungrüner, durch letzteren ein schwarzbrauner Nie-
derschlag.
5) Um endlich das Bier mehr berauschend zu macben,
werden, nicht selten Narcotica zugemischt, als Pspav.
somnif., Hyosc. nig. und alb. , Veratrum nigr., Asa-
rum europ., Seeale com. , Ledum palustre; in Eng-
land soll man auch ganz jungen Rum in dieser Absicht
zusetzen. Der reichliche Genuss eines solchen Bie-
res erzeugt die bekannten Symptome schwächerer od.
stärkerer Vergiftung durch narkotische od. narkoüsck
scharfe Stoffe. Wenn nun auch eine voUaUadigc
Vn. 8Uiter»«ikuBde«
8&8
Verfiftiwg ^Kireb dan Gwims einM nit d«B gedacbUn
narkoiiacbeii Sloffiio verselsteo Bieres Bidit leieU ver-
vraaekt werde« utkbte, weil hierau sehr vtd eines
solcbeo Bieres gehören würde, so ist doch auch schon
eine bis zur Betäubung gehende Berauschung durch
solche Stoffe der Gesundheit sehr nachtheilig, und
kann bei Öfterer Wiederholung dauernde Rrankheilen
der Digestionsorgane, bleibende SchwSche des Ver-
standes und zuletzt Geistesstörung zur Folge haben.
Leider ist die Anwesenheit jeuer Beimischungen che-
ttfaeh nicht nachanweisen. Man hat iwar vorge-
schlagen , ein in gedachter Weise verdachtiges Bier
eiBEukocheB und alsdann etwas davon mittels eines
Pinsels auf das Auge einer Katze, oder eines Kanin-
chens zu streichen ; wenn sich die Pupille hierbei er-
weiterte, solle man auf ein betäubendes Gift mit Be-
stimmtheit schliessen kOnnen ; jene Wirkung kommt
nun aber blos dem Hyosc. und der Beilad. zu, und
der Schluss bleibt deshalb ein einseitiger, denn aus
der Erweiterung der Pupille kann man wohl schlies-
sen, dass ein Narcoticum im Biere ist, und insofern
hat der Versuch einigen Werth ; aus einer nicht er-
weiterten Pupille aber nicht folgern, dass kein nar-
kotisches Gift im Biere sei.
6) Um die Gahrung aufzuhalten , werfen einige
Brauer Zinnteller ins Bier. Da nun jedes Zinn etwas
Blei enthält, und im Biere stets Kohlen«, und auch
etwas Essigs, vorhanden ist, so löst sich das Blei
auf und macht das Bier giftig. Diese Beimischung
erkennt man leicht durch SchwefelwasserstolT.
Nach Auffahrung der gedachten, schädlichen Sub-
stanzen» die dem Biere zugesetzt werden, und früher
besonders in England oft Bestrafungen zur Folge hat-
ten, ist freilich zu bemerken, dass in Deutschland
solche nrge Verfitlschuogen wohl nie vorgekommen
sind, uud dass jetzt auch in England, nachdem da-
selbst sehr hohe Strafen (200 Pfd. Sterl.) darauf ge-
setzt sind, dergleichen kaum mehr vorkommen mOgen,
trotzdem aber darf die Medicinalpolizei nie vergessen,
d<iss dieselben nicht blos vorkommen können , son-
dern auch häufig stattgefunden habe^n, uud muss ihre
Hauptaufgabe sein, Vorr<ilschungen des Bieres zu ver-
hüten. Kommen aber trotzdem Fälschungen vor, so
sind diese möglichst zu ermitteln und das betr. Bier
dem Verkehre zu entziehen. Leider sind freilich
Fälschungen durch Vegetabilien schwer nachzuwei-
sen. Ergiebt sich aber in solchen Fallen hinläng-
icher Verdacht, indem z. B. ein Bier stärkere, berau-
schende Wirkungen zeigt, als diess nach seinem Alko-
lolgehalte der Fall sein könnte, u. ist dasRier vielleicht
lusserdem noch zu leicht oder fehlerhaft in seiner Zu-
sammensetzung, so kann dadurch Schaden verhtitet
^enlen , dass die Polizei bekannt macht : dieser od.
rner Brauer oder Gastwirth verkaufe ein Bier, das
in u. für sich schwach, doch sehr leicht berauscht, u.
laher der Vordacht obwalte, dem Biere seien der Ge-
inndheit nachtheilige Substanzen beigemengt, doch
lönne diess nicht nachgewiesen werden.
In manchen Staaten giebt es nun zwar Verbote u.
Strafandrohungen gegen das gedaebte Verbveehen, in
Prensscn z. B. wird der Fälscher des Bieres fttr jede
Tonne mit 9 Tblr., bei Vergiftungen mit Narcoticia
mit 50 Thlr. und in Wiederhoiungsßlllen mit 1 bis
Bjährigem Zuchtliause u. a^ w. belegt, — besser
jedoch wird das Verbrechen verhindert durch Mittel,
wodurch der aua letzterem erwachsende Gewinn mög-
lichst verringert oder ganz aufgehoben wird. Hierher
geboren Vorkehrungen , welche es dem Braue? mög-
lich machen, zu einem nicht zu hohen Preise ein gu-
te» Bier liefern zu kOnnen , namentHch aber das Auf-
hören der Besteuerang der Bterfabrikation, Verhinde-
rung zu grosser Goncurrenz u. s. w. Ansserdem
hatte aber die Medictnalpoiizei namentlich darauf an
achten, daas die verschiedenen Brere nicht unter
einem gewissen Gehalte zubereitet wdrden , und ao
lange die Bierhestenerung besteht, die Steuerbeamten
genau untersuchen lassen , ob gutes Malz und guter
Bopfen verwendet wttrden. (S o n n e n k a I b.)
467. Ueber die fiesimdheitSYerhUtnlsse der
in Baumwollspinnereien beschiftigten IndiTi-
dnen im Allgemeinen, und über die unter ihnen
vorzugsweise vorkommenden Krankheiten insbeson-
dere; von Dr. ftredow inAlexandrowsb. (Med. Ztg.
Russl. 35—38. 1851.)
Vf., welcher wahrend 15 J. Arzt in mehreren
Fabriken, in welchen mehr als 5000 Arbeiter be-
schäftigt wenden , gewesen , stellt vergleichende Un-
tersuchungen in Bezug auf physiologiache Verhältnisse
bei den Arbeitern in den Fabriken und den auf andere
Art Beschäftigten, über Süsseres Ansehen, Wachs-
thum, KOrpergrOsse , Gewicht, Entwickelung der
Muskelkräfte, AthemzOge, Putsschläge, Verdauung,
Eintritt der Pubertät, Fruchtbarkeit, Lebensdauer
und Sterblichkeitsverhaltnisse an. Uinsichtlich der
beobachteten Krankheiten sucht er zu ermitteln , ob
und inwiefern dieselben 1) von ihrem Aufenthalte in
den Fabrikgebäuden und der Dauer derselben , oder
2) von der daselbst getriebenen Beschäftigung, und
3) von der Lebensart und Aufenthalt während der
arbeitsfreien Zeit abhängen.
Das äussere Ansehen der Baum Wollspinner darf
man nicht darnach beurtheilen, wie sie sich hei ihrer
Beschäftigung selbst , oder eben von derselben kom-
mend, darstellen, da der Staub und Schmutz, wel-
cher aie in Folge df^rselben bedeckt, eine schmutzig-
gelbe, kacbektische Gesichtsfarbe bewirkt, die oft
nur tauschend ist; es lässt sich aber auch nicht leug-
nen, dass unter den reingewaschenen nur wenige ein
so frisches und . bitlhendes Ansehen darbieten , wie
Personen, die mehr in freier LuA leben. Bei Kin-
dern und jungen Leuten ist diess flbrigens auffallen-
der, als bei Erwachsenen , die von ihrer Kindheit an
in der Fabrik gearbeitet haben. Die iknisert Haltung,
besonders die der Kinder, ist nicht vortheilhaft und
offenbar durch die Art der Beschäftigung modificirt ;
so gehen besonders die, welche genOthigt sind unter
die Spinnstnhle zu kriechen, fast immer mit gekrflmm-
254
VII. SUatsaniieikande.
tem Rüeken and vorwarU geneigtem Kopfe; die,
welche Gewichte an einen Theil der Maschine zu han-
gen hahen , hssen die Arme hangen und man beol>-
achtet Mangel an Krümmung der Ellenbogen ; durch
das lange Stehen gewöhnen sich viele einen schlep-
penden , schlotternden Gang an ; bei vielen werden
durch den Staub und die Baumwollenfibern die
Haare nicht nur straff, sondern auch in ihrer Farbe
verändert.
Körpergrösse. Vf. hat folgende allgemeine Re-
sultate erhalten. 1) Knaben und Madchen von 11
bis 15 Jahren, welche in Fabriken besciiaRigt waren,
boten keine Abweichungen von andern Kindern dar.
2) Vom 15. — 16. J. ergab sich einiges Zurückblei-
ben im Wachsthum bei den Knaben, das im 16. J.
etwa Vs'S und bis zu vollendetem Wachsthum sich
steigernd l^a — ^Va'' betrug; so dass 16jährige;
welche nach Quetelet's Angabe circa 62 Va''
messen, eine durchschnittliche Grösse von nur6lY)",
solche von 17 J. statt 63 V4 nur 62 Y4'', von 18 J.
statt 64 Vs nur 63V4''u. hei vollendetem Wachsthum
statt 66 nur 641/4 ' haben. 3) Bei Madchen wurde
im Allgemeinen die als Norm angenommene Grösse
gefunden (mit 16 J. 587,, mit 17 J. 59, mit 18 J.
59%, mit vollendetem Wachsthum 60— 61'')- '^)
Unter vielen tausend Fabrikarbeitern ist Vf. kein ein-
ziger, der eine die gewöhnliche bedeutend aberra-
gende Grösse erreicht hatte, vorgekommen (der
grösste maass ß^^/^"), während auffallend kleine
Figuren beiderlei Geschlechts ziemlich häufig sind.
Was das Körpergewicht betriflll und das Verhalt-
niss desselben zum Wüchse in den verschiedenen
Lebensaltern , so fand Vf. bei den angestellten Wa-
gungen und Vergleichnngen der Resultate mit den von
Quetelet und andern Beobachtern als mittleres
Gewicht angegebenen Zahlen, dass das letztere in u.
um Petersburg etwas geringer ist, als es in Deutsch -
land, England und Belgien gefunden wurde, dagegen
war kein irgend bedeutender Unterschied zwischen
den Fabrikarbeitern und den andern Standen.
Hinsichtlich der Functionen de» vegetativen
Lebens fand Vf. in Bezug auf Verdauung , dass die
meisten Baumwollenspinner und Spinnerinnen , ohne
an wirklich krankhafter Verdauung zu leiden , selbst
in den Jahren des Wachsthums, nur geringe Esslust
zeigen. Namentlich geniessen sie ungern Suppen u.
Grütze , am liebsten aber trocknes Fleisch und Brod,
wozu sie Quas trinken. Es erklärt sich diess daraus,
dass sie bei ihrer Arbeit gewöhnlich viel trinken, da sie
in Folge der in der Fabrik stattfindenden hohem Tem-
peratur mehr als gewöhnlich das Bedürfnis» zum Trin-
ken fühlen , dann aber auch um eine Unterbrechung
ihres einförmigen Geschäfts zu bewirken ; aus diesem
Grunde lassen sie auch Öfter als nöthig den Urin und
geben zu Stuhle, wie denn überhaupt häufige und
weiche Stuhlausleerungen bei ihnen gewöhnlich, das
Gegentheil nur ausnahmsweise vorkommt.
— Schlecht geformte, leicht cariös werdende Zahne,
so wie übler Geroch aus dem Monde findet man hlo-
fig . letzteres mag daher rühren , das« bei vielen die
ffautthätigkeit gering, die Haut rauh und trocken ist.
In Bezug auf Blutwandet, Athemholen , Pula-
schlag n. s. w. konnten keine besondern Erschetnna-
gen wahrgenommen werden , doch sind nur wenige,
welche eine gutgeformte Brust haben, bei den Heistea
ist vielmehr der Brustkasten flach und eng, die Schul-
tern hervorstehend.
Hinsichtlich der Muskelkraß , so war dieselbe
nicht genau zo bestimmen, doch zeigten die aagt-
stellten Versuche mit den Armmuskeln dasa sie gerin-
ger war, als bei Alters- und Geachlechtsgenossen ans
andern StSnden.
Wenn auch nicht Geschlechtsrei/e, so doch der
Geschlechtstrieb ist bei ihnen früher, als bei anden
entwickelt, wahrend dagegen die Pubertät bei den
weiblichen Geschlechte spater eintritt; selten wird
ein Nadehen vor dem 15., 16. J., meist erst
mit dem 18. bis 19. J. menstruirt werden. In Be-
zug auf die Fruchtbarkeit oder die Zahl der Gebur-
ten musste sich Vf. nur auf die im Orte ansässiges
Familien beschranken, deren nahe 300 sind. Die
Arbeiter heirathen meist jung und wählen ihre Pranea
entweder unter den Töchtern der freien Arbeiter, od.
noch häufiger unter den noch von der Manafactnr
verpflegten weiblichen Zöglingen. Ganz unfruchtbar
bleibende Ehen kommen fast gar nicht vor, selten bat
aber auch ein Ehepaar mehr als 7 — 8 , meist nur %
— 5 Kinder. Als mittlere Zahl fand Vf. 4,64 Kin-
der, und die Zahl der gebornen Mädchen aberlraf die
der Knaben im Verhaltniss von etwa 107 : 100.
Zwillingsgeburlen kamen in 15 J. 13, DrillingsgebHrt
nur eine vor.
Krankheitsfrequenz. Hierbei ist zu berücksich-
tigen, dass 1) von den freien Arbeitern, d. h. denea,
welche in nach ihrem Gutdünken gemietheten Quar-
tieren wohnen, und wenn sie krank werden , keinen
Lohn erhalten, nicht jede Unpässlichkeit berOckstcb-
tigt wird, und manche an leichten Fiebern, Rlieumi-
tismen, Katarrhen, oder an chronischen Hebeln Lei-
dende so lange zur Arbeit gehen , als es eben nar
möglich ist; 2) pflegen viele dergleichen bei cbroni-
sehen Krankheiten in ihre Heimath zurflckzukebm,
und 3) werden in vielen Fabriken die neu aufzunek-
menden Arbeiter arztlich untersucht , und die aa
Dyskrasien, chronischen Krankheiten, oder Qberhaspl
für das Fahrikgeschaft Untauglichen zurOckgewieseii.
Im Durchschnitt kommen bei einer Anzahl von zien-
lich 2000 Individuen von 12—50 J. taglich nidri
mehr als 38 sich krank erwiesene, also etwa 1,09
und von diesen war nur etwa die Hälfte so krank,
dass sie ihre Arbeit einstellen und ins Hospital %\^
aufnehmen lassen uius^ten. Durchschnittlich febllea
taglich Krankheitshalber bei der Arbeit 41 , so dass
demnach auf jedes Individuum von circa 300 Arbeits-
tagen etwa 6 Krankheitstage fallen. Anders verhalt
es sich mit den Zöglingen, welche in der Alexan-
VII. SUftUaraieikiiiide.
855
4lr«W8kisclica ManiilaciQr als BtunwolUpiDoer be-
sehSlligt warden, desD diese hsben weniger Ursache,
bei Dswohlsein ihre Arbeit fortsusetxen , was auch
fOD Seiten der Aufseher verhindert wird. Hier be-
trägt die Krankenzahl durchschnittlich 9 von 100, so
dass auf jeden Arbeiter von 300 Arbeitstagen im Jahre
27 Krankheitstage fallen.
MortaUtätsverhältnm u. mittlere Lebensdauer,
Eine genaue Angabe kann bei den freien Arbeitern,
ans den oben angegebenen Gründen , nicht ge-
macht werden. Es sterben von ihnen im Fabrikorte
nur solche, welche gleichsam von einer todlbringen-
den Krankheit überrascht werden, so dass, die Zeit
einer Typhusepidemie und der Cholera abgerechnet,
die Zahl der Gestorbenen im VerhSltniss zu der der
Arbeiter sehr gering, etwa 0,6 von 100 ist. Im
Verhaltniss zur Zahl der Erkrankten und in Kranken-
anstalten Behandelten ist das Sterblichkeitsverhaltniss
dagegen nicht so gOnstig, da hier circa der 11. starb,
wobei allerdings zu heräcksichtigen ist , dass in der
Regel nur schwere Krankheiten aufgenommen wer-
den. Sichere Resultate liefern die im Hospital der
Alexandrowskischen Maniifartur geführten Listen. Die
Zahl der Kranken der hier bcschäfiigteu Knaben und
Mädchen ist im VerhSltniss ziemlich gross, doch ster-
ben nur äusserst wenige von ihnen. Es kommen
Jahre vor, wo von mehreren Hunderlen dersel-
ben auch nicht einer, andere wo von Hundert 1 , 2
bis 3 starben. Berücksichtigt muss werden, dass man-
che der zuerst in der Baumwollspinnerei Beschäftig-
ten, wenn es scheint, dass diese Beschäftigung einen
nachtheiligen Einfluss auf ihre Gesundheit ausübt, in
einer andern Fabrik angestellt werden , oder eignen
sie sich überhaupt fQr Fabrikarbeiten nicht , an die
Behörden des Erziehnngshauses zurückgeschickt wer-
den. Eine Vergleichung der Sterblichkeit unter den
verschiedenen Handwerkern und den in der Fabrik
Arbeitenden stellt als unzweifelhaftes Resultat heraus,
dass die Beschäftigung der letzlern eine ausserge-
vvOhnliche LebensgeßLbrlichkeit keineswegs bedinge.
Trotz den Räumlichkeiten , welche die Fabriken
larbieten, den hohen ArbeitssSlen u. den im Verhalt-
liss wenigen Menschen, welche sich darin aufhalten,
la auf jeden 3mal so viel Kubikfuss Raum fällt, als
ar Kasernen und Hospitäler vorgeschrieben ist, der
ehr vervollkommneten Luftreinigungsapparate und
^erdeckung der Maschinen , womit für das Abführen
les Staubes und« der Baum wollfasern gesorgt wird,
o dass alle die darin ihren Grund haben sollenden
lachtheile: häufige Lungenkrankheiten, Augenent-
ttndungen u. s. w. fast gar nicht mehr vorkommen, so
it doch unter den Krankheiten, welche durch den
.nfenthalt in den FabrikrSumen bewirkt werden , die
Icrophelkrankheit diejenige, welche bei langdauem-
em Aufenthalt in den Fabriken sich bei Kindern und
ODgen Leuten am häufigsten entwickelt. Vf. hat in
iDcr Monographie der Scrophelkrankheit die Gründe
Ir die Annahme, dass diese Krankheit meistens auf an-
eborner oder angeerbter Anlage beruhe , dass diese
letstere aber nur dann zur Entwicklung komme, wenn
bestimmte Gelegenbeitsursachen dazu einwirkten, dass
aber als die wichtigste , wenn nicht vielleicht einzige
dieser Gelegenheitsursachen der langdauernde Aufent-
halt in geschlossenen Räumen, wo mehrere Menschen
athmen , Mangel an Bewegung in freier Luft , zu be-
trachten sei, schon früher nachgewiesen. Auf welche
Art die Luft in solchen Räumen so eigenthümlich mo-
dificirt werde, dass sie die Eigenschaft erhält, bei den
dazu disponirten Subjecten Scrophelkrankheit zu er-
zeugen» lässt Vf« unentschieden, und beschränkt sich
auf Thatsachen , wonach trotz der Grossartigkeit und
zweckmässigen Einrichtung der ^Gebäude und deren
Luftreinigungsapparaten , doch die Arbeiter an dieser
Krankheit zu leiden haben. Einige solcher That-
sachen sind folgende: 1) die Scrophelkrankheit ist
unter den in Baumwollspinnereien beschäftigten Kna-
ben und Mädchen sehr verbreitet und kommt bei
ihnen verhältnissmässig weit häufiger, als bei den auf
andere Art, namentlich mit Laudbau beschäftigten
Personen vor. 2) Die Alexandr. Manufactur beschäf-
tigt Knaben und Mädchen , welche Zöglinge des Fin-
delhauses sind, so wie auch freie Arbeiter und deren
Kinder, letztere wohnen 1 — 4 Wen<t von der Fabrik
und legen den Weg zu ihren Aeltern täglich 2 — 4mal
zurück. Die erwähnten Zöglinge werden von der
Verwaltung der Manufactur unterhallen; die aufs
zweckmässigste und sogar mit grosser Eleganz aus-
gestatteten Lehrzimmer, Speise-, Recreations- und
Scblafsäle siössen unmittelbar an die Fabrikgebäude,
so dass die Kinder bei schlechtem Wetter gar nicht
ins Freie kommen, bei gutem Wetter aber auch we-
nig Zeir dazu haben , indem sie nach der Arbeit noch
Unterricht erhalten. Nun ist aber die Zahl der Scro-
phelkranken unter den Zöglingen verhältnissmässig
immer bei weitem grösser, als bei den freien Arbei-
tern, und man kann sogar bei diesen ein slufenwei-
ses, selteneres Vorkommen der Krankheit, je nach
der grössern Entfernnng, in welcher sie von dem
Arbeitsorte wohnen, beobachten. 3) Manche Kna-
ben und Mädchen, die bis zum 13. Jahre auf dem
Lande gelebt und daselbst keine Spur von Scrophel-
leiden gehabt hatten, wurden scrophulös, bald nach-
dem sie ihre Beschäftigung in der Fabrik übernom-
men. 4) Bei Kindern theils der Bauern , theils der
Fabrikarbeiter, wo ein oder mehrere Brüder oder
Schwestern in der Fabrik arbeiteten , andere auf an-
dere Art beschäftigt wurden» findet man häufig, dass»
wenn eine scropbulöse Anlage auch bei allen zu er-
kennen ist, dieselbe doch nur bei den Fabrikarbeitern
zur Entwicklung kommt.
Die Formen, unter welchen die Krankheit auf-
tritt, sind die gewöhnlichen ; Kopfausschläge kommen
selten, Drüsengeschwülste häufiger vor, Ophthalmien,
namentlich BlepharophThalmia, Trichiasis u. Entrjopium
sind nicht selten, obwohl der Baumwollenstaub in
keinem besondern Causalverhältnisse hierru zu stehen
scheint, wenigstens nicht, bei den nicht mit scro-
phulöser Anlage begabten Individuen, da bei den
freien Arbeitern keineswegs Ophthalmien häufiger^
«68
VII. fittttMnaeilMode.
▼nilconimeii, ak bei den auf andere Art besehlfUg^leii
Arbeitern. An Lungentoberkeln leiden sehr viele o.
wenn die Sterblichkeit nur gering ist, so erklärt es
sich daraus , dass Leidende dieser Art , sof die eine
oder andere Weise, bald von der Fabrik entfernt wer-
den. Immer aber sind es Individuen , bei denen die
Scropheidyskrasie auch auf and(*re Art sich aussprach,
ehe sie in den Lungen auftrat.
Eine specifische Pneumonie der BaumwoHenarbei-
ter, wie sie Raroazzini, Palitsier, Goet-
aem, Kay, Halfort beschrieben, als deren Vor-
boten Schnupfen , Gefühl von Trockenheit und Kitzel
im Schlünde, starker üorsl, kurzer finsteii angeführt
werden , wonach dann weisse , schaumige , viskose,
zähe Sputa sich zeigen, in denen man unter d<>rLoupe
kleine, flockige KOrperchen entdeckt, welche dem
Staube im Fabriklocale gleichen sollen , hat Vf. nicht
-wahrgenommen. Schnupfen, Katarrlie, Bronchitis u.
Pneumonien, auch Hydrolliorax , kommen, wie bei
andern Leuten, auch bei den Baumwoliarbeitern vor,
die Krankheitsursachen sind aber immer nachweisbar
andere, als der BHumwolienstaub. Werden diese Ar-
berter , wenn sich Symptome eines Brusileidens zei-
gen, in andfMn Abthcilungen d« r Fabrik, wo gar kein
Staub ist, beschäftigt, und wird ihnen nicht zugleich
Gelegenheit gegeben , sich mehr in freier Luft zu be-
wegen, so hat die Versetzung meist auf die Entwick-
lung der Krankheit keinen Einfluss.
Die von einigen Schriflslellern in Folge der Hitze
angegebenen Krankheitszufälle , wie Geneigtheit zu
Rheumatismen und Katarrhen, nebst allgemeiner Kör-
perschwäche, eine Art Erysipelas in den Scheukel-
biegungen der Frauen , chronische Geschwulst der
Tonsillen u. s. w. hat Vf. weniger häufig , oder gar
nicht beobachtet. Dagegen hat er in den Abtheilun-
gen , wo eine höhere Temperatur unterhallen wird,
gefunden, dass die Arbeiter häufiger hier an Dyspep-
sie und andern Verdauungsbeschwerden, Stockungen
im Pfortadersystem und Lebervergri^sserung leiden.
Die Frauenzimmer leiden Öfter an hysterischen Zufäl-
len, krampfhaften Zusammenziehen der Finger, weis-
sem FInss, Unregelmässigkeit der Menstruation u. bie-
ten in Bezug auf ihre Krankheilen viel Analoges mit
denen der höheren Stände dar.
In Folge des betäubenden Geräusches der Ma-
schinen bildet sieh bei Manchen Harthörigkeit aus,
welche indessen weniger auf wirkliches Leiden der
Gehörorgane und Nerven zu beruhen, als vielmehr
erae gewisse angewöhnte Unachtsamkeit zu sein
scheint.
Die Gasbeleuchtung der Arbeitssäle, wenn das
Gas gut bereitet, die Röhren in gutem Stande, so
dass nicht mehr Gas ausströmt , als verbrannt wird,
scheint keine nachlheiligen Einwirkungen, selbst nicht
auf das Sehvermögen, anszuUben.
flittsichtlKeti 4er ARntnAAnIto, weitab 90m im
^rt der Beschäftigung ahkängem, «oMt« mma glra-
4>en , dass das fortwäiirende «uf den fltasensM Cr*
Sache zu vielen Krankheiten derselben ai»gebeo nOsae,
aber obgleich VerkrUmmwigen im Kniegelenk« niekl
ganz selten vorkonmen , s« sind sie doch auch nidit
so häufig, als dass das lange Stehen vM Sieberheil
als Ursache anzusehen sei. Geschwülste und Ge-
achwtlre der F<lsse hat Vf. nie in Folge dea Stehern
beobachtet. KniegeachwOlste, .ein wirklicher Tumor
albus screphulosus , waren in einigen Fällen hei In-
dividuen, welche indessen auch an andern Scropbel-
symptomen litten, olTeobar durch ihre Beschäflif ung,
den Staub unter den Maschinen we|;zukehreii • was
nur auf den Knien liegend geschehen kann , eot^ta»-
den. £s bleiben also Aur noch die Folgen von Ver-
letzungen t die sich die Arbeiter an der Maschine zn*
ziehen, (Ibrig. Im Aligemeinen heilen dieselben aus-
serordentlich gut, so dass seihst da, wo die Amputa-
tion als dringendste Nolhwendigkeit anzuseJien war,
noch ohne diese Heilung erzielt wurde. Vf. glaakt
den günstigen Erfolg in den Bäumlich keilen Ues Ho-
spit'ils, wo jedem bedeutend Verletzten ein eigner
Saal angewiesen werden kann , suchen zu mUssen.
Tetanus kam in 5 Fällen vor und zwar gehörten die
Befallenen verschiedenen Lebensaltern und beiden Ge-
schlechtern an, 1 Mädchen von 11, 2 Knaben von 11
und 14, 1 Mann von 24 und ein anderer von 43 J.
3 waren von schwächlicher, 2 von robuster Consti-
tution. Die Verletzungen boten nichts fiigenth&m-
liches dar, sondern waren gerissene und gequetschte
Wunden, wie sie sehr hifufig vorgekommen, ohne dasa
Tetanus folgte; in den äussern Umständen konnte
auch nicht Veranlassendes gefunden werden und bei
ganz gleicher Behandlung wurden 2 hergestellt u. 3
starben.
Hinsichtlich <fer Krankheüen äer^^keiter^ we^
che von ihren Wohnungen und häwfMckem Lehek
abhangen, ist es unbegreifhch , dass nicht nook weit
mehr Krankheiten vorkommen, als es wirklich te
Fall ist. Oft leben in Wohnungen , die nur fnr 3—
4 Arbeiter gross genug wären, 20 — 25. Der Scor-
bul ist im Frühjahr und Anfang des Sommers daher
die gewöhnliche Krankheit, an welcher sie leidet,
die oft nur dadurch, dass den Kranken bessere Woh-
nungen angewiesen werden, beseitigt wird. Oiigleicft
viele dem Trünke sich ergeben, so kommen dock
Fälle von Folgen der Trunksucht, namentlich Dehnna
tremens, fast gar nicht vor.
Attlfallend ist das sehr seltene Vorkommen kr
Syphilis, wovon die Ursache gewiss in jedem andflA
Umstände, nur nicht in besonderer SiUenreinfa«!
der Fabrikarbeiter zu suchen sein dtftrfle.
(Millies.)
Digitized by
Qoo^^
Schul tie, Niturgeicbichte der TurbeHarien.
267
B. KRITIKEN.
67. Beiträge nr Hatnrgeschichte der Tur-
beHarien; voD Dr. Max Sigm. Scliul tze.
j. Abtlieil. Mit 7 zum Tlieil colorirten Kuprer-
tafeln. Greifswald 1851. 8. 78 S. (5Thlr.
6 Ngr.)
Die Untersuchung wirbelloser Tliiere ist seil eini-
gen Jahrzehnten so cultivirt und hat so viel Reiz und
Anziehungskraft ausgeübt, dass wir sie nicht mehr
den eigentlichen Fachzoologen, die überhaupt seltner
werden , überlassen finden , sondern nicht wenige
unserer namhaftesten Physiologen und Histologen auf
diesem Felde mit Vorliebe arbeiten sehn. Rein zoo-
logische Werke, worin die Arten einzelner Thiergrup-
pen, in* möglichster Vollständigkeit nach äussern
Merkmalen beschrieben, an einander und in das
System eingereiht werden , erscheinen fast nur noch
auf den grossen Gebieten der Insecto- und Concbylio-
logie. Derartige Rereicherungen nehmen jedoch ein
allgemeines Interesse gar nicht in Ansj^ruch und sind
der vergleichenden Physiologie gleichgültig. Die vor-
liegenden »^Beitrage" meines Freundes gehören in die
andere Kategorie, wo bei der detaillirten Unter-
suchung von scheinbar ganz unbedeutenden , wenig
oder nicht in die Augen fallenden Thierformen Resul-
tate erzielt werden, die alsbald nach verschiedenen
Seiten sich verwerthen lassen und Material für die
vergleichende Biologie liefern.
Der 1. AhsckniU handelt ,,über die Orga-
nisation der rhabdocoelen TurbeHarien im Allge^
meinen^ besonders in histologischer Beziehung.**
Vorzüglich sein Inhalt berechtigt zur Anzeige in die-
ser Zeitschrift, Wir begegnen in dem Körperparen-
chyna der Strudelwürmer jener eigentbümlichen, so-
g^enannten ungeformten contraclilen Substanz, welche
neuerdings die Aufmerksamkeit der Histologen (Ek-
ker, Kölliker u. A.) mehrfach auf sich gezogen
lat. Sie findet sich ausserdem besonders bei den
[Dfusorien und Polypen. Wenn Ecker in histologi-
icher Beziehung das Wesen dieser noch mannigfach
•äthselhaflen Substanz darin gesetzt hatte, dass sich
in ihr keine nähern histologischen Elemente, als Zel-
ten, Fasern, nachweisen Hessen , sie durch ihre all-
ieilige Gontractilität sich von nur in einer Richtung
conlractilen Muskeln unterschiede, und dass sie zu-
gleich NervensubsUnz sei, so hat Ref. in einem, in
den Fror. Tagesberichten abgedruckten Abschnitt aus
der demnächst erscheinenden 2. Aufl. seiner verglei-
chenden Anatomie seine Einwürfe und Berichtigungen
gegen diese Angaben geltend gemacht Er hat na-
mentlich hervorgehoben, dass bei vielen Infusorien
Med. Jahrbb. Bd. 7«. Uft I.
die contractile Substanz geformt erscheint, faserähn-
liche Streifen bildet, welche den Muskeilasern äquiva-
lent sind , indem die Körpercontrartionen nur in der
Richtung dieser Streifen und durch sie erfolgen.' Die
Haut der Rhabdocoelen besteht nach Vf. (S. 71) „aus
einer weichen, homogenen, feinkörnigen Grundsub-
stanz, welche die Cilien trägt und in ihrem Innern
viele wasserklare Hohlräume enthält. Sie gleicht
hierin der Körpersubslanz der Infusorien u. Uydern,
unterscheidet sich von derselben jedoch dadurch, dass
sie heim Behandeln mit gewissen Reagentien, nament-
lich verdünntem Ammoniak, in regelmässige Stücke
zerlegt werden kann , von denen ein jedes aus einem
Complex von Hohlräumen und der dazu gehörigen
Grundsubstanz besteht. Eine Erklärung dieses Zer-
fallens konnte nur in der Annahme gefunden werden,
dass jedes der regelmässigen Hautslücke aus einer
Zelle entstanden sei. Wandung und Inhalt der ur-
sprünglichen Zellen sind gleichmässig zu den eigen-
tbümlichen, der Sarcode ähnlichen Substanz meta-
morphosirl, deren Entstehung aus Zellen bisher noch
nicht nachgewiesen war. Unter einander sind die
ehemaligen Zellen jedoch noch nicht so weit ver-
schmolzen, dass nicht durch chemische Hülfsmittel
eine Trennung noch möglich wäre."
Vf. betrachtet hierauf die stäbchenförmigen Nor-
per, deren allgemeines Vorkommen bei den Rhabdo-
coelen und Bildung in eigentbümlichen birnförmigen
Zellen Ref. in seiner Monographie dieser Thiergruppe
(1848) nachgewiesen hatte. Aus ihrer Anhäufung
in der Nähe der Centralorgane des Nervensystems, so
wie aus ihrem chemischen Verhalten kommt Schnitze
zu dem Schlüsse, dass die fraglichen Gebilde nicht
Nesseiorgane seien , wie sie sonst bei Polypen , Aca-
lephen , wie an andern Thieren sich finden , sondern
„der Nutzen der in und unmittelbar unter der Haut
liegenden Stäbchen beschränkt sich vielleicht darauf,
dass dieselben, wenn sie dem äussern Drucke einen
Widerstand entgegensetzen , in ähnlicher Weise auf
das feinere Gefühl der Haut einwirken, wie der Nagel
auf das Tastvermögen der Fingerspitze."
Das kurze Capitel über die Pigmente unter der
Haut ist dadurch wichtig, dass die vollkommene
Uebereinstimmung der besonders bei Vortex viridis
vorkommenden grünen Kügelchen mit dem Chlorophyll
grüner Pflanzentheile in histologischer und chemi-
scher Beziehung dargethan wird. Vf. hat sich auch
bei Hydra viridis und Gleuton polymorphus von dem
Vorhandensein des Chlorophyll überzeugt ; bei Loxo-
des Bursaria hat Cohn (Zeitschr. für wissensch. Zoo-
33 ^ .
268
Sebnltie, NatorgefohiciiU d«r TurbellarieB«
togie Bd. ni, Hft. 3) diesen Farbstoff ebenfalls nach-
gewiesen, und bei andern Infusorien lässt er sich mit
der grössten Wahrscheinlichkeit vermuthen, so dass,
wir mochten fast sagen leider !, wieder ein Kenn-
zeichen, welches man zur Unterscheidung von Pflaaza
und Thier für charakteristisch hielt , gestrichen wer-
den muss.
Oass die Rhabdocoelen mancherlei Muskeln haben,
darüber kann kein Zweifel sein ; viele der innern Or-
gane werden durch deutliche Muskeln fixirt und be-
wegt. Gegen meine frühere Angabe findet Vf. „bei
fast allen Rhabdocoelen ein gesondertes, sehr dichtes
Hautmuskelnetz t und bei vielen Parenchymmuskeln
in sebr ausgebildetem Grade." Mit dem aus unver-
astelten Längs- und Querfasern bestehenden Uaut-
rouskelnetz, welches meiner Beobachtung entgangen,
hat es wohl seine Richtigkeit ; hinsichtlich der ver-
meintlichen Parenchymmuskeln muss ich dem Vf. aber
nochmals entgegenhalten, dass sie bei allen Bewe-
gungen des Körpers passiv sind , wenn er auch fUr
seine Ansicht anfuhren kann, dass sie in chemischer,
wie histologischer Beziehung sich den zur Bewegung
innerer Organe dienenden Muskelf^deu ganz gleich
verhalten«
Unsere Kenntnisse über das Nervensystem der
Rhabdocoelen waren bisher sehr beschränkt. Vf.
hat dasselbe in allen Familien dieser Ordnung nach-
gewiesen. Es besteht aus einem in dem Vordertheile
des Thieres gelegenen Doppelganglion , von welchem
verschiedene Nervenf^den ausgehn. Von Elementar-
theilen Hessen sich bei Opistomum pallidum in den
Strängen feine, blasse Fasern von höchstens 0,0003'^'.
Breite, in dem Nackenganglion „geschwänzte KOrper-
chen von 0,001''' Breite und 0»005''' Läng«, welehe
sich an beiden Enden in eine freie Faser fortausetaen
scheinen'S unterscheiden.
Unter den bestimmt ausgeprägten Sianesarganen
nehmen die Jugen die erste Stelle ein, die zumTheil
nur als Pigmentanhäufungen von verschiedener Gestalt
vorhanden sind , aber auch in diesem Falle mit dem
Nervensystem zusammenhängen, zum Theil mit licht-
brechenden Medien u. einer kugelförmigen Linse ver-
sehen sind. Das unpaarige Organ , bestehend aus
einer hellen, von einem sehr durchsichtigen Bläschen
umschlossenen Kugel, welches sich bei verschiedenen
Meer-Turbellarien findet, und welches ich mit 0er-*
s t e d eher für ein Auge , als für ein Ohr halten zu
müssen glaubte, erklärt Vf. mit Levy und Leuk-
kart ganz entschieden für ein Gehörorgan. Es
mag sein ; die Unterscheidungen werden hier so
subtil, dass der Glaube zu Hälfe gerufen werden
muss.
Meine Angaben Ober die Verbreitvng der f^as-
serge/Usse, als Athemorgane. im KOrper der Rhabdo-
coelen bestätigt Vf. Sie haben deswegen noch ein
besonderes Interesse, weil die Bewegung des Wassers
-^ 'hnen durch schwingende Läppchen geschieht, der-
artige undulirende Membranen, auf welche Denerdiigs
unsere Aufmerksamkeit durch Czermak u. ▼. Sit-
b o 1 d gelenkt wurde.
Nach der allgemeinen Beschreibung des Fer-
dauungsapparales handelt Vf. noch die Gesckleekts-
Organe ab. Durch die Trennung der Microslonwi
und der von mir entdeckten Gattung Dinopliilas vm
de« Rhabdocoelen bat Schnitze eine gHtosereKiih
heit in dieser Gruppe hergestellt. Die Rbebdocoelea
in seinem Sinne aind alle flermaphrodilea , die eines
aehr complieirten Gescbleehtsapparat besitzen, merk-
würdig besonders durch die Trennung der weibücbea
- Drüse in Keimstock und Dotterstock, eine Eigenschaft,
welche auch die Saug- und Bandwürmer zeigen. Voi
Einzelheiten, welche Vf. giebt, heben wir nur herror
die genauere Beobachtung der Bildung der Saraei-
l^den, so wie den Nachweis, dass die harte, braiwc
Schale der Thiere Chitin ist, jene eigen Ihtfmiieke
Substanz, welche zuerst als Bestandtheil der KOrper-
bedeckungen der Gliederthiere , in neuerer Zeit aber
auch bei vielen Würmern und Polypen bekannt
wurde.
Es folgt auf diesen Abschnitt die specielie Be-
schreibung der beobachteten Arten (S. 34 — 5»),
woraus hier Näheres mitzutheilen uns leider nicht er-
laubt ist. Der bisher hinsichtlich ihrer systemsU-
sehen SleHung zweifelhaften Gattung MonoeeUs ist
nach der vortrefflichen Darstellung des Vfs. von nun
an wohl unzweifelhaft ihr Platz bei den Rhabdocoe-
len vindicirt. Aus dem Vorrath neu entdeckter Ar-
ten hat der Vf. nur einige besonders interessante is
sein Werk aufgenommen.
Einiges über Nemertinen ( S. 59 — 6$ ).
>,Nemerlinen sind diejenigen Turbellarien , wekhe
einen geraden Darm mit After und einen henrorstreck-
baren, oft bewaCTneten Rüssel haben." Durch die
Beschreibung zweier neuen Species, wovon die eise
als Süsswasserform besonders merkwürdig ist, be-
kommen wir zum ersten Male Aufschluss aber die
Entwicklung dieser Gruppe, welche mit der der
Rhabdocoelen insofern übereinstimmt, als in keiner
dieser Ordnungen eine Metamorphose stattfindet. Auch
die Auffindung eines Wassergefässsystems neben den
bisher allein bekannten Blutgeßisssystem gelang doi
Verf.
S. schliesst seine „Schrift«' mit der Beschreibong
verschiedener Binnenthiere von Turbellarien , der
Opalinen und Gregarinen , von welchen ersteren er
gewiss mit Recht vermuthet , dass sie unaasgebildete
Thierformen sind.
Die zu den Abhandinngen gebOrigen Keichnongw
stellen sieh den besten in dieaem Genre en die Seite
und sind m Stkh künstlerisch wiedergegeben. Mit
Verlangen sehen wir de« Erscheinen des zw«m
Heftes der inhaltreicben Beitrage entgegen.
Oscar ScbmidL
Wagner, S^ko^iiier. Ckmi^^
m
•B. Die GlMli» fa^Uek dargesi^lii sacA dem
neuntem Siäm^punkU thr f^memthafl ßr
StutUremde der Medicin. der N^iurms^ßn^
MckafUn und der Pkarmacit; von Or. Riid.
Wagnor(Pror. zu Narnberg). Zweite v«rai.
md verbesserle Aufl. Hit 98 in dee Text eiiv-
fedruckten Abbilctungen. Leipsig 1851, Otto
Wigand. kl. 8- X u. 636 S, (13/^ Tbir.)
69. Qnmdxflge der aUgemdoeii Cbemie taU
besonderer Rücksicht auf die Bedürfnisse des
ärztlichen Studiums bearbeitet; von Dr. C, F,
Schneider. Wien 1851. W. Braumgller.
gr. 8. XII u. 443 S. (21/, Thlr.)
70. Gnindzllge der analytischen Chemie an-
organischer Substanzen, Zum Gebrauche in
landwirthschaftl. -cbein, Laboratorien entwor-
fen; von Dr. Hermann Ludwig. Jena
1851. Carl Ooebereiner, gr. 8. XVI u. 470 S.
(2 Thlr.)
71. Dictionnaire des analyses chimiqnes, ou
ripertoire alphabitique des analyses de tous
Us Corps naturels et artifideü depuis fori^
gine de la chimiejusqu'a nos jours avee findi-
eation du nom des auteurs et des recueils ou
eUes ont itS insSrSes ,- par J. H. N» V i o I e 1 1 e
et P. F. A r c b a m b a u 1 1. Deux Voluwes. Paris
1851. Bailli^re. gr, 8. I. VoL VII et 528 p.
IL Vol. 446 p. (SVs Thlr.)
Es liegt in der Natur der Sache, das« in dem
hasse, als irgend eine Wissenschaft populXrer wird,,
nd in erhöhtem Grade ihren Einfluss «nuf die viel-
tehen loteressen des Lebens geltend macht, auch die
ahl der Schriiten tunimmt, deren Zweck es ist, den
eophylen in die Vorhallen des Wissentempels einzu*
Ihren, oder um uns einfacher und mit besserem Gc-
bhmacke auszudrücken, die dazu bestimmt sind» den
nf^nger mit den Grundlehren der Wissenschaft in
idglicbst fasslicher und bündiger Weise bekannt zu
lachen. Es kann uns daher auch nicht wundern,
•SS wir seit einigen Jahren mit Grundlehren und
rrandrissen, kurzen Lehrbachern u. s. w, der Che-
lie, so wie mit Anleitungen zur chemischen Analyse
I um so reichlicheren Maasse hescheert werden , als
bgeseben von der Vervielfachung chemischer Lehr^
•stalten , durch A\% neuerliche Einrichtung des na-
•rwissenschafUichen Unterrichts auf manchen Qym-
nsien aueh von dieser Seite her ein nicht unbedeu-
endes Gontingent gestellt wird. l»er Werih dieser
lompendien und Gompilationen ist nun natürlich ein
ebr verschiedener; wir begegnen dem Trefflichen,
lrauchbaren,NittelmassigenQ. Schlechten. Wepn nun
lleich Ref., als ihm Dr. R. Wagner 's (I.) Werk-
iben das erste Mal in erster Auflage zur Hand kam,
fli Hinblick auf die schönen Forschungen dieses Che*
•ikers von vorn herein aberzeugt vyar, dass es nicht
tu den beiden letztgenannten Kategorien zählen
vttrde, so fand er bei genauerer Durchsicht desael*
ben d^h noch mehr, als er erwartet hatte. In
der Tbat ist Wagner 's Chemie nicht allein eine
branchbare Zusammenstellung der Grundlehren der
anorganischen und organischen Chemie, sondern
zeichnet sich ganz besonders durch fasslicbe, suc<-
cincte u. klare Darstellung aus, ein Vorzug, der kei-
neswegs der Mehrzahl Sholicher Compendien eigen*
thUmlich ist. Vf. hat mit vielem Geschick Kürze mit
Vollständigkeit zu vereinigen gewusst , und dabei im
Gegensatze zu manchen andern in neuester Zeit mit
Erfolg aufgetauchten literarischen Erscheinungen, den
Boden streng wissenschaftlicher Darstellung nicht
verlassen , so dass sich sein Werkchen ganz beson-
ders als Leitfaden für Vorlesungen und zum Anfangs-
studiura der Chemie eignet. Das von Ref. hier aus-
gesprochene günstige Urlheil findet darin seine Be-
stätigung, dass bereits nach zwei Jahren eine zweite
Auflage nölhig geworden ist , welche der rasch fort-
schreitenden organischen Chemie Rechnung tragend,
entsprechend umgearbeitet wurde. Wir finden es
ganz zweckmässig, dass bei der zweiten Auflage
beide Theile: die anorganische und die organische
Chemie in einem Bande vereinigt worden sind, und
müssen auch darin einen Forlschntt erkennen , dass
der in der ersten Auflage ziemlich zahlreichen Druck-
fehler viel weniger geworden sind. Aufgefallen ist*
es Ref. , in der sonst im Verhaltniss zur ersten Auf-
lage bedeutend ausführlicher behandelten organischen
Chemie bei Gelegenheit der Darstellung der Bernstein-
säure die Methode der Gewinnung derselben durch
Gährung von apfelsaurem Kalk nicht erwähnt zu
finden.
Was die zweite der oben citirten Schriften anbe-
Iriflt, so muss Ref. gestehen, dass es ihm schwer
wird, darüber ein Urlheil zu fällen. Wir würden
ungerecht sein , wölken wir nicht anerkennen , dass
Vf. seine Aufgabe : ein kurzes Lehrbuch zu schreiben,
so gut gelöst hat und vielleicht besser, wie mancher
Andere. Wenn man sich aber dazu versteht, so breit
getretene Wege zu wandeln, wie die der Lehrbücher,
so, muss man es sich gefallen lassen, keine besondere
Aufmerksamkeit zu erregen , wenn man nicht in der
Lag4 k^t, in irgend einer Weise mit dem grossen Hau-
fen der Wanderer zu contrastiren, mag diess nun im
guten, oder üblen Sinne der Fall sein. Noch bedenk-
licher wird die Sache , wenn bereits Treuliches vor-
handen ist , u. die Berechtigung zum Debüt auf glei-
chen Bretern nur von der Ueberzeugung hergeleitet
werden kann, dass man im Stande sei , es besser zu
machen , oder der Sache eine neue Seite abzugewin-
nen. Von diesen Gesichtspunkten aus müssen wir
Dr. Schneider's Grundzüge der allgemeinen Che-
mie als ein verfehltes Beginnen betrachten. Es ist
eine mit Fleiss und recht vollständiger Benutzung der
neueren Literatur bearbeitete Compilation, bietet aber
weder in der Art der Darstellung, noch in Bezug auf
Klarheit , Uebersichtlichkeil und prägnante Kürze so
viel > dass es vor andern derartigen Erzeugnissen be-
sonders empfohlen zu werden verdiente. In Bezug
auf die Anordnung lieaae es sich noch am ersten mit
260 Ludwig, Violette u.ArchambaiiU, Cliemie.
Lehmann, phyaioL Chemie.
Lehmann's Taschenbuch der Chemie vergleichen,
steht aber diesem trefflichen Werkehen, dessen fünfte
Auflage vor Kurzem erschien , — in Bezug auf die
obengenannten Eigenschaften bedeutend nach. Ein
recht guter Gedanke war es , bei den coroplicirteren
organischen Verbindungen , wie der SaUcyl- und
Benzoylreihe j die zahlreichen Zersetzungsproducte
und Derivate in einer Tabelle übersichtlich zusammen-
zustellen. Aehnliche Tabellen sind wirklich über-
sichtlich und erleichtern das Studium.
Ludwig 's GrundzUge der analytischen Chemie
anorganischer Substanzen sind , wie der Titel schon
besagt, für den Gebrauch in landwirthschaftlivh-
chemischen Laboratorien bestimmt, und enthalten in
der That auch die Anleitung zur qualitativen u. quan-
titativen Analyse der zunächst für den Landwirth
wichtigen Suhstanzen. wie der Ackererde ^ der Ge-
steine, der fVässer, der natürlichen und künstlichen
Mineraldünger, der Meialllegirungen, und endlich
verschiedener Salze und Salzgemenge. Hieraus geht
hervor, dass sich das Werk zu einer ausführlichem
Besprechung in einem medicinischen Journal nicht
wohl eignet. Wir begnügen uns daher auch, das-
selbe im Ganzen als ein dem Zwecke entsprechendes
•zu bezeichnen, können aber nicht umhin, unser Be-
denken darüber auszusprechen , dass Vf. unter der
Ucberschrift : einige Lehrsatze aus der allgemeinen
Chemie auf 71 Seiten die Systematik der chemischen
Elemente, die mineralogische, physikalische u. che-
mische Eintheilung der Elemenlarmassen , die Ein-
theilung der chemischen Verhindungen, die Stoechio-
metrie und die Zersetzung chemischer Verbindyngen
abhandelt. Uns dünkt, dass derjenige, der sich in
einem Lahoratorium mit wahrem Nutzen in qualitati-
ven und quantitativen Analysen üben will, mit den
Grundlehren der Chemie schlechterdings vertraut sein
muss, u. demjenigen, der das nicht ist, kennen obige
71 Seiten davon nur einen sehr unvollkommenen Ke-
grifl geben ; Dilettantismus ist aber entschieden nir-
gends von grösserem Uebel , als gerade in Naturwis-
senschaften. Dass Vf. die Berechnung der Analyse
jedesmal durch Beispiele verdeutlicht hat, halten wir
für ganz zweckmassig , nicht aber, dass er zuweilen
Methoden angiebt, die nicht weniger als exact und
reinlich erscheinen ; so bei der Wasserbestimmun^
des Kochsalzes, wo er dazu 30 Grmm. verwenden
lasst, während 3 Grmm. vollkommen genügten; so
ferner bei der Analyse einer Metalllegirung (S. 386),
wo er behufs der quantitativen Bestimmung des Zinns,
resp. des Zinnoxyds dasselbe im hessischen Tiegel
glühen lässt u. dgl. jja.
Alphabetisches Repertorium der Analysen aller
natürlichen und aller künstlich dargestellten Substan-
zen vom Ursprung der Chemie bis auf die Gegenwart!
Welches Unternehmen , welch passender Gegenstand
für deutschen Sammelfleiss ! Und nun noch gar mit
Angabe der Namen der VIT. und der Zeilschrillten,
worin sie mitgetheilt wurden. Wahrlich , sollte der
Inhalt dem Titel vollständig entsprechen , so mussten
den Vff. sebeo der Kemtoiss aller civiKsirteB Spra-
chen die reicbhaltigsteo BibliothelteB zu Gebote ste-
hen, denn es versteht sich wohl von selbst • dass sie
dann aus den Originalquellen schöpfen mosstea.
Dies« after haben die beiden Herren Violette qs4
Archambault keineswegs für ndthig gehaltes,
sondern sich damit begnügt , die franiösiscfaeo Jak-
resberichte , Journale und Uebersetzungen xu exce^
piren. Auf diese Weise haben sie zwar ein Opus n
Tage gefordert, das vom französischen Standpunklt
gelehrter Forschung aus alle Anerkennung verdieaea
mag, das aber für unsere deutschen ADSchanuAgea
nicht im Geringsten das bietet, was es verspriclit,
und von eigentlicher Vollständigkeit weit entfernt isL
Man verstehe uns wohl, wir sind weit davon entfenl,
die ausgezeichneten Verdienste französischer Gelehr-
ter um die Entwicklung der Wissenschaften im Ge-
ringsten in Zweifel ziehen zu wollen, allein geratft
zu solchen Sammelwerken sind sie am Wenigsten ge-
eignet, da sie sich noch immer nicht auf jenen Stand-
punkt der Objectivitat erheben konnten, von dem rick-
tige Würdigung fremder Leistungen abhängig isL
Gorup.
72. Lehrbach der physiologischen OieBie;
von Prof. C. G. Lehmann. Dritter Baad^
1. Abtheil. Leipzig 1851. Engelmann. 224 S.
[Vgl. Jahrbb. LXVL 256 u. LXX. 258.] (IIL 1.
pr. in. 1. 2, 2V3 Thlr.)
Die vor uns liegende 1. Abiheilung des 3. Bandes
von L e h m a n n ' s trefflichem Lehrbuche der physi<^
logischen Chemie, enthalt vorzugsweise die Lehre voa I
der chemischen Beschaffenheit der thieriscben Ge-
webe , die Uistoehemie und einen Theii der zooekt-
mischen Processe , in deren Kreis übrigens aufb die
Theorien der Entstehung organischer Materien m
Pflanzenreiche gezogen sind.
Ist das Gebiet der physiologischen Chemie Ober-
haupt schon für den dasselbe Betretenden ein klip-
penreiches, so gilt diess ganz besonders noch fllr
jenen Theil dieser Doctrin , welcher sich Axt Erfot^
achung der chemischen Natur der Gewebe zur Aii^ak
gesetzt hat. In der That ist die Erkenntniss der
chemischen Verhaltnisse der Substrate des tbierischca
und pflanzlichen Organismus in ihrer steten engee
Wechselwirkung eine leider noch sehr Ittckenhafte;
so berechtigten uns die höchst bescheidenen AnHiBfe.
welche im Gehiete histochero. Forschung vorfiegea,
bis jetzt kaum dazu , die wenigen vereinzelten Tbah
Sachen in ein irgend wissenschaftliches System ni
bringen. Um so erfreulicher ist es uns , anzuerken-
nen, dass Lehmann nicht allein den Kreis der
Beobachtungen in dieser Richtung wesentlich ver-
mehrt, sondern auch hier sein grosses sirhlendrs
Talent bewahrt hat, so, dass wenn wir auch Iramer-
hin von einer eigentlichen Hislochemie noch weil ent-
fernt sind , doch vielfache Wege angedeutet erschei-
nen, deren Verfolgung zu interessanten und wichtiges
Beobachtungen führen wird, abgesehen davon, da»
durch die dem Vf. so sehr eigene klare, fassiicbc
LehmaRD, physiol. Chemie.
26t
DarstelloBg das erste Mal ein vollständiger Ueber-
blick über das Geleistete, und das zu Leistende gege-
ben ist.
Vr. beginnt mit einer historischen Darstellung-
der vorhandenen Beobachtungen und Untersuchungen
über Ihierisclie (lewehe, wobei die von Mulder u.
D 0 n d e r s ausgeführten vorzugsweise beleuchtet
werden. Der von dem letztgenannten Forscher ein-
geschlagene Weg, auf die zu untersuchenden Gewehe
verschiedene chemische Agentien einwirken zu lassen,
und unter dem Mikroskope die Veränderungen zu
beobachten, welche sie dadurch in ihrer Texlur erlei-
den , um auf diese Weise die Verschiedenheit ihrer
chemischen Constitution beurtheilen zu können , er-
scheint dem Vf. bei Weitem versprechender und för-
derlicher, als der von Mulder früher betretene,
wornach die Gewebe mittels saurer oder alkalischer
Lösungen zerlegt wurden , um aus der Zusammen-
setzung der Zerlegungsproducte rückwärts auf die
morphotische Zusammenlagerung verschiedener Ge-
webstheile, oder die chemische Zusammensetzung
des ursprünglichen Ohjects zu sehliessen. Vf. glaubt
der histochemischen Forschung nur dann eine nicht
ungünstige Prognose stellen zu dürfen, wenn die
makrochemische Untersuchung von den Ergebnissen
der mißtro chemischen Analysen geleitet und geregelt
wird, indem ja schon das miktuchemische Verhalten
eines Gewebes den Weg andeutiB , der zu einer ge-
deihlichen Untersuchung der chemischen Bestand-
theile des Gewebes und ilffer Zusammensetzung füh-
ren müsse.
Von diesen Gesichtspunkten ausgebend , handelt
Vf. die ßlementargewebe in der Weise der Reihe nach
ab, dass zuerst kurz das Morphologische betrachtet
dann aber zunächst zu den mikrochemischen Reactio-
nen übergegangen wird. In Bezug auf diese macht
Vf. auf mehrere wichtige Punkte aufmerksam , deren
Nichtbeachtung vielfache Irrthümer veranlasst hat.
Es gehört hierher die Dauer der Einwirkung der che-
mischen Reagentien. Vf. hült es für unbedingt notb-
wendig, nicht allein die erste unmittelbare Einwir-
kung des Mittels auf die morphotischen Elemente zu
beobachten, sondern dasselbe auch durch Ijfngere
Zeit, und zwar nicht blos Stunden — sondern tage-
lang einwirken zu lassen. Giebt letztere Methode
Aufschluss über das Endresultat der Wirkung, und
ein klareres Bild, so eignet sich erstere dagegen zur
Ermittlung der Art und Weise , in der die Verände-
rung vor sich ging , und welche Theile ihr vorzugs-
weise unterlagen. Ein anderer bei mikrochemischen
Untersuchungen sehr zu beachtender Umstand ist,
wie zunächst Lehmann und Donders hervorge-
lioben, der Grad der Verdünnung der anzuwendenden
Reagentien , von dem natürlicherweise die Art der
Einwirkung ausserordentlich abh«1ngig erscheint.
Endlich muss die mikrochemische Untersuchung,
wenn sie vom chemischen Standpunkte aus etwas lei-
sten soll , denselben Zweck wie jede andere chemi-
sche Manipulation ?erfolgen, nSmlich Anleitung zu
geben zur Ermittlung der eigeniüchen ckemiseken
Constitution des fraglichen Ohjects. Ist gleieb das
in dieser Beziehung Geleistete weit hinter den Erwar-
tungen zurückgeblieben , so glaubt Vf. doch auf die-
sem Wege den allgemeinen Satz : dass die physiolo-
gische DignitXt eines Stoffes von seiner chemischen
Constitution abhangig sei , auch in der Histochemie
bewahrheitet gefunden zu haben. Auf den mikro-
chemischen Reactionen zum grossen Theil fussend,
schreitet Vf. dann zur Untersuchung der chemischen
Eigenschaften und der Zusammensetzung der ein-
zelnen Stoffe, welche aus den Geweben extrahirt od.
überhaupt ohne wesentliche Veränderung ihrer Zusam-
mensetzung isolirl dargestellt werden können , wobei
auch die sogenannten parenchymatösen SilHie, die seit
den schönen Untersuchungen Liebig's so hohe
Bedeutung gewonnen haben, gebührende Beachtung
finden. Den Schluss jeder einzelnen Rubrik bildet
eine zum Theil auf den mikrochemischen Versnchen
fusseode /Anleitung zur allgemeineim chemischen
Analyse jedes einzelnen Gewehes,
Nach diesen Grundprincipien handelt Vf. die ver-
schiedenen Gewebe in nachstehender Reihenfolge ab :
Knochengewebe, Zähne, Knorpel, Bindegewebe,
elastisches Gewebe, Bomgewebe, Haare, contrac-
tile Faserzellen, quergestreifte Muskelfasern, Ner-
ven - und Gehirn, Exsudate und pathologische
Formbildungen, Obgleich Vf. sich in Bezug auf die
mikrochemischen Verhältnisse fast nur auf eigene
Beobachtungen stützt, so ist doch auch fremden For-
schungen überall gebührend Rechnung gelragen, und
Alles zu einem einheitlichen Ganzen gestaltet. So
wie bereits bei der Anzeige der vorausgegangenen
Bände müssen wir uns aber auch )»ei dem vorliegen-
den darauf beschränken, nur das Prägnantere, allge-
mein Wichtigere aus den einzelnen Capiteln hervor-
zuheben; diess wird genügen, den Geist des Buches
kennen zu lernen und somit den eigentlichen Zweck
einer wissenschafllichen Anzeige zu erfüllen.
Vf. macht bei Gelegenheit der mikroskopischen
Verhältnisse des Knochengewebes darauf aufmerk-
sam, dass der Inhalt der kleinsten Knochenhöhlen
und Knochenporen bis zur Zeit noch nicht untersucht
sei; es dränge sich aber gewiss jedem hier der
Gedanke auf, dass dieses System von feinsten Höh-
lungen , da es mit den Havers sehen Kanälen , den
Geßisshöhlen der Knochen, allseitig communicirt, die
Transsudate der Gefässe , d. h. die Ernährungsflüs-
sigkeit in sich aufnimmt, und die verbrauchten
Gewebstheile in Lösung wieder den Havers'schen
Kanälen zuführt. Gelänge es , aus diesen Kanälchen
den Inhalt möglichst rein auszuziehen, so würde man
auf diese Weise Gelegenheit erhalten, ein vollkommen
physiologisches Plasma chemisch untersuchen zu kön-
nen. — Bekanntlich ist das Verhältniss des kohlen-
sauren Kalks zum phosphorsauren in den Knochen
bei verschiedenen Lebensaltern von einzelnen Beob-
achtern sehr verschieden gefunden worden. Leh-
mann fand in den Knochen des Kindes weit mehr
SM»
L^hmaao» pbysioL GhcmU.
koblensauren KaHi im Verbiltniss zum phosphorsaiH
reu als in denen des Erwaclisenen und Greises, wäh-
rend V. Bibra in den Knochen junger Tiiiere durch-
tchniltlich weit weniger kohlensauren Kalk vorfand.
Uebrigens fand auch'v. Bihra bei mehrern sehr jun-
gen Individuen elwas mehr phosphor^aure Biltererde,
als in den Knochen allerer. Den Grund» warum man
IroU so zahlreicher Analysen krankhafter Knochen
noch immer nicht zu einigermaassen sichern Kesul-
taten Über die Zusammensetzung der Knochen in
Krankheilen gelangt ist» sieht Vf. zum nicht geringen
Theile in der Schwierigkeit, die Diagnose einer
Knochenkrankhoit wahrend des Lrtiens u. selbitl uarh
dem Tode zu machen , sobald im letztern Falle nur
das einfache palhologiscii-anatomische Ohject vorliegt,
andrerseits aber glaubt er auch, dass von palhohigisrh'
anatomischer Seite die Lehre von den Knochenkrank-
heiten noch keineswegs abgesclilossen sei, u. dadurch
mannigfache Wirrnisse auch von chemischer Seile
entschuldbar seien. Im Allgemeinen stellt sich aus den
Ergebnissen so zahlreicher Arbeiten zunifchst der
schon von Bibra ausgesprochene Salz heraus: dass
fast bei allen palhologischen die Knochen belrefPenden
Processen die mineralischen Stoffe früher und in
grosserer Menge dem Gewebe entzogen werden , als
die organische Materie ; in fast allen erkrankten Kno-
chen wurde eine relative Zunahme der Knorpelsub-
stanz beobachtet, was sich sogar in der Zusammen-
setzung der sogenannten Sklerosen zeigt, indem auch
hier der Erdgehalt des Knochens noch lange nicht
das normale Mittel erreicht. — In Bezug auf die
Analyse der Knochen hebt Vf. besonders hervor, dass
eine genauere Kenntniss des specifischen Gewichts
der Knochrn manche Aufschlüsse fiber dieselben in
physiologischen und palhologischen Zusiänden ver-
spräche, dessen Bestimmung bei Knochenanalysen
aber bisher fast allgemein unterlassen worden ist.
Zunächst wtirde sich bei näherer Untersuchung die-
ses Gegenstandes vielleicht ein bestimmtes Verbältniss
zum Gehalte des Knochens an anorganischer u. orga-
nischer Materie herausstellen, wobei freilich zuerst
die specifischen Gewichte verschiedener Knochen im
lufttrocknen, im enlfelteten und im vollkommen was-
serfreien Zustande unter einander verglichen werden
roflssteD. Wie die Bestimmungen des specifischen
Gewichts, bat man meistens auch die des absoluten
bei Vergleicbung normaler und krankhafter Knochen
verabsäumt, und doch lässt sich nach des Vfs. Uebcr«
Zeugung nur aus dieser und der Zusammenstellung
mit den specifischen Gewichten ein Urlheil über den
während eines physiologischen oder pathologischen
Processei im Knochen staltgehahlen StolTwandel
fällen.
Bei der Betrachtung der histochemiHchen Verhält-
nisse der Knorpel weist Vf. darauf hin, dass i\ie
Substanz der wahren Knorpel vom chemischen Stand-
punkte ebenso wenig homogen zu nennen sei als vom
histologischen , indem sich die sogenanntfu Knorpel-
zclleu gegen kochendes Wasser anders verhalten, wie
die homogene Grundmasse der Knorpel, aus welcher
letztem allein das Gb^adrin hervorgehen eoU. INe
Knorpelzellen bleiben beim Kochen des Kjiarpele ail
Wasser ganz oder zum Theil ungelöst und beding«
jene Opalescenz , welche auch die klarste Chondrin-
lösung zeigt. Dass jedoch auch diese homogene
Grundmasse nicht ein vollkommen reiner chemischer
Körper sei, glaubt Vf. aus ihrem Verhallen gegea
concenlrirle Schwefelsäure schliessen zu dürfen , ia-
dem durch diese Säure die Körnchen der granulösen
Knorpelmaterie etwas später als diese seihst, die
Pasern der fasrigen Masse aber wieder später als jene
Körnchen aufgelöst werden. Ref. kann hierbei nicht
umhin, die Bemerkung zu machen, dass es ihm etwas
misslich erscheint, aus der verschiedenen Zeil, ii
welcher histologisch differente Gebilde durch ein und •
dasselbe Lösungsmitl«^! gelöst werden, einen sieben
Schluss auf eine chemische DiOerenz zu ziehen , in-
dem es bei organisirlen Körpern jedenfalls sehr auf
den Gohärenz- und Dichligkeilsgrad ankömmt , und
bei sehr verschiedenen Cohärenzgraden das Material
doch immer ein und dasselbe sein kann, ein Satz,
der sich überdiess nicht allein auf Organ isirtes bezieht,
sondern in der allgemeinen Chemie tägliche Bestlli-
gung findet. Es scheint sonach die Frage . ob die
Verschiedenheit der obengenannten drei Materien mir
auf einer verschiedenen Aggregation der kleinsten
mechanischen Theilclien beruhe, oder ob sie in che-
mischer Differenz begründet sei, denn doch nicht so
ganz unbeantwortet zu sein , da Elementaranalysen
der Knorpel so völlig gleiche Resultate geliefert ha-
ben, und Ref. bei der so genau zu bemessenden
Grösse der Fehlergrenzen der analytischen Methode
viel eher daraus den Schluss zieht , dass die elemen-
tare Zusammensetzung dieser Materien eine jedenfalls
nahezu gleiche sei, als den, dass diese Gleicbhett i»
Resultate die Unbrauchbarkeit der so vielfach bewiki^
ten Methode involvire.
Als die Aufgaben , welche heutzutage den bishe-
rigen histologischen Forschungen nach der Chemiker
sich bezüglich der Homgeweke zu stellen hätte, be-
zeichnet Vf. folgende : giebt es in der Tbat eine ^
Zellen jener Gewebe zusammenhallende, sie gewis-
sermaassen zusammenleimende Substanz, und welche
chemischen Eigenschaften und Zusammensetzung hat
dieselbe? Ferner, welche chemische BescbafTenheit
haben die morphutischen Bestand theile jener verlrock-
neten Zellen oder Bläschen des Horngewebes ? Voa
welcher Natur ist die Hallenmembran , welcher Art
sind die fast in allen nachweisbaren Kerne u. worans
besieht endlich der meist vertrocknete Inhalt jener
Zellen? Sind diese gleicben morphologiseheo Ele-
mente in verschiedenen Arten des Horngewebes gleich
oder sind sie, wie mehrere Reactionen andeuten, od
wesentlich von einander verschieden? Welche Con-
stitution haben ferner dieselben morphologischen Ele-
mente in den neuenlstehenden oder entstandenen Zel-
len in der Nähe des Malpighi'schen Netzes der Haut
od. der Schleimschicbt des Nagels ? Welche Umwand-
lungen fiieiden die gleicJmamigen Sleoente hu de«
LehmanB, fhysioL Ciicaia.
963
allmSUgen Bintroeknen and den FormverXndenmgen
der arspiUiiglich gefOllteD, mehr spliXrischen od. ova-
len Zollen? Leider haben, wie Vf. richtig hervor-
hebt, die hisherigen chemischen Porschiiiigen ttber
diesen Gegenstand mehr dazu beigetragen, diese
Fragen stellen, als sie beantworten zu können.
Die jfingste Zeit hat sehr interessante Forschun-
gen und Thataachen in Bezug auf die sogenannten
contraetileM Faserzellen gebracht, TOr deren ge-
nauere Kennlniss und physiologische Bedeutung die
Arbeilen KoUiker's und Ed. Weber'a das Meiste
gethan haben. Auch von chemischer Seite her hat
nun Lehmann zur Lehre dieses Gewebes einen
sehr interessanten Beilrag geliefert. Aus dem von
ihm genau studirten mikrochemischen Verhalten die-
ser Gebilde geht zunächst so viel hervor , dass ihre
Substanz den im Blute vorkommenden Sloffi^n ahnli-
cher ist, als eines der bisher betrachteten Gewebe:
indessen ist sie nicht identisch mit irgend einem der
bekannten Blutbestandtheile , sieht aber dem Fikrin
ana nächsten, von welchem sie sich übrigens ebenso-
wohl durch ihre Unlösliclikeit in Salpeterwasser, als
durch ihr Verhallen gegen verdünnte Salzsäure unler-
scheideL Mit dem Fibrin der quergestreiAon Mus-
keln dagegen stimmt sie sowohl in Bezug auf mikro-
chemisches Verhalten, als auch bezüglich der elemen-
taren Znsammensetzung übereiu. Vf. unterwarf die
durch verdünnte Salzsaure aus jedem contractilen
Gewebe extrahirbare Substanz nach ihrer Fällung
durch verdünnte Natronlauge u. der weiiem Behand-
lung mit Alkohol und Aether der Elementaranalyse,
woraus sich ergab, dass diese allerdings nicht ganz
chemisch reine, der Hauptmasse aber jedenfalls den
contractilen Faserzelten angehörende Substanz stets
dieselbe Zusammensetzung zeigt, mag sie der Muscn-
laria des Schweines oder der mittlem Arterienhaut
des Kindes oder derTunica dartos oder der Harnblase
entlehnt sein. Dabei stellte sich aber gleichzeitig
heraus, dasa diese den glatten Muskelfasern entsprun-
gene Materie völlig ebenso zusammengesetzt war, wie
die von Lieb ig dargestellte und von Strecker
analysirte analoge Materie aus den quergestreiften
Muskelfasern. Vf. fand durchschnittlich: Kohlenstoff
SB 53,84, Wasserstoff SS 7,30, Stickstoffs 15,81
und Schwefel azs l,09^/o. Da diese Materie der con-
tractilen Faser ganz eigenthttmlich zu sein scheint,
so hielt es Vf. für passend, ihr zum Unterschiede
▼om gewöhnlichen Fibrin einen eigenthümlichen Na-
men beizulegen. Er würde zu diesem Beliufe den
Namen Synfonin (von trwreivsiv stark anspannen,
um etwas zusammenzuziehen) vorschlagen. Die Un-
tersuchungen des Vfs. über den die contractilen Ge-
wehe durekfeticktenden 5«/^ haben folgendes gelehrt:
die aus der Muscularis des Schweinemagens ausge-
logene Flüssigkeit reagirt deutlich sauer , wenn auch
nicht so intensiv, wie die aus quergestreiften Muskeln;
die analoge Flüssigkeit aus der mittlem Arterienhaut
(Aorta ascendens, descendens u. Carotis des Kindes)
rOtbet Lakmua twar sehwach, aber gani unzweifel-
haft ; die aas der Tunica dartos war ahne alle Reac-
tion auf FOanzenfarben. In der mittlem Arterienhaut
und der Tunica dartos findet sich Casein , und zwar
mehr und weniger Albumin als in der Muacularia des
Schweinemagena ; M^ letzlere ist ebenso reich an
Albnmin, als der Saft der animalen Muskeln. Rreatin
uud Inosit finden sich in weit geringerer Menge als in
dem Safte der quergestreiften Muskeln vor; neben
sehr geringen Mengen von Milchsäure findet man fer-
ner auch Essigsaure und ButtersHure. Das Verhalt*
niss des Kalis zum Natron wurde 3=s 38 : 62 in dem
Safle der glatten Magenmuskeln und s» 42:58 in
dem der mittlem Arterienhaut, das der loslichen Phos-
phate zu den unitfslichen in dem Magenmuskelsafle
OB 82 : 1 8 , in dem der mittlem Arierienbaut as
79:21 gefunden. Alle diese Verhlltniase beweisen
schon jetzt, dass zwischen dem Safte der querg^
streiften Muskelcylihder und dem der Faserzellen min-
destens eine sehr grosse Analogie besteht, und dasi
die Fihrillensuhstanz der quergestreiften wie der glat-
ten Muskeln und die sogenannten contractilen Gewebe
nicht nur eine feste Materie enthalten, die in allen
sich als chemisoh identisch zeigt , sondern daas auch
dieses Gewebselement stets von einem Safte umflos-
sen ist, der durch seine saure Beaction, seinen Reich-
ihum an Kalisalzen und Phosphaten, seinen Gehalt an
Kreatin, Inosit u. dergl. sich von allen andern thieri-
schen Saften wesentlich unterscheidet. Zur Unter-
suchung des contractilen Fasergewebes hält Vf. fol-
genden Weg nach seinen Erfahrungen fflr den zweck-
mSssigsten : Man behandelt das betreffende Gewebe
mit höchst verdünnter Salzsäure (von 0, 1 *- 0,5%
Sauregehalt) , wodurch die Substanz der Faserzellen
in Losung gebracht wird, wahrend Bindt^gewebe»
Kernfasern und die Kerne der Fuserzellen selbst un-
gelöst bleiben. Aus dieser Lösung fällt liei vorsich-
tiger Neutralisation die Faserzellenmaterie in Form
einer weichen Gallert nieder , die , nachdem sie mit
Alkohol und Aether extrahirt worden, vollkommen
tauglich ist zur Schwefelbestimmnng und weiteren
Analyse.
Auch die mikrochemischen Verhaltnisse der ^«er-
gestreiften Muskeln hat Vf. einer genauem Revision
unterzogen ; es geht aus seinen Untersuchungen her-
vor, dass die drei morphotischen Elemente, die wir
im Muskelprimitivbilndel unterscheiden: die eigent-
liche Fibrillensubstanz , die Kernaubstanz und das
Sarkolemm , auch chemisch von einander unterschie-
den sind. Die Fibrillensubstanz ist nichts anders als
das bereits hei den contractilen Faserzellen naher be-
sprochene Syntonin, Was die chemische Natur der
Substanz 6^f in dem Sarkolemm eingeschlossenen
Reme hetriflTt, so glaubt Vf. aus den mikrochemischen
Reactionen sehliessen zu dürfen, dass diese Materie
sich im Allgemeinen dem Syntonin nicht unähnlich
verhalt ; nur Essigsaure imd Mineralsauren hei hohem
Grade der Verdünnung weisen Unterschiede nach;
lassen aber diese Agentien auch die Kerne deutlich
hervortreten, so siiKl sie doch nicht gänzlich ohne
LOaungskraft auf dieselben. Dass das SwrkokmnuL^
264
Lehmanii, physiol. Gbeniie.
nicht aus Bindegewebe bestehe, und beim Kochen
Leim gebe, haben schon Köiliker und Scherer
dargelban, und wird von Vf. gleichfalls bestätigt. Da
es weder durch Stturen noch durch Alkalien seine
Elasticilüt verln^rt , u. gleich dem elastischen Gewebe
auch nicht durch Kochen oder durch Alkohol , so ist
Vf. mit K ö 1 1 i k e r geneigt , im Sarkolemm ein dem
elastischen Gewebe analoges Substrat anzunehmen,
nur lässt sich wegen der Schwierigkeit es frei von
Proleinsubstanzen zu erhallen , schwer ausmilleln,
ob es gleich dem elastischen Gewebe durch concen-
trirte Salpetersäure gelb gefärbt werde. Obgleich
die chemischen Eigen schallen des Muskelfarbstoßs
auf die Identiljft desselben mit dem ßlulfarbstofle hin-
deuten, so glaubt Vf. aus mehrern physiologischen
Gründen wenigstens, dass dieses Pigment nicht in
Gefälssen und Blutkörperchen enthalten sei, sondern
frei den Muskehibrillen adhärire. In dem Fleische
verschiedener Thiere sind nach Lieb ig 's Erfahrun-
gen sehr verschiedene Mengen jener durch Salzsäure
ausziehbaren Proleiusubstanz enlhallen , am wenig-
sten davon enthalt das Kalbflt^iscli ; es muss also im
Kalbfleische weniger Fasersubstanz (Syntonin) und
mehr Bindegewebe vorhanden sein, ein Schluss , der
in der That auch durch die einfache mikroskopische
Vergleichung der MuskelprimilivbUndel des Rindes u.
Kalbes besläligt wird. Untersuchungen über den
fVassergehalt der Muskeln mit vergleichenden Bestim-
mungen des Wassergehalts des Blutserums hält Vf.
für sehr wichtig für die Theorie des mechanischen
Stoffwechsels. Eine diese Frage betreffende Arbeit
ist auch bereits von einem i\^v Schüler des Vfs. : Or.
Schottin, ausgeführt wouleii. Durchschnittlich
wurde gefunden, dass im Muskel 9,9% weniger Was-
ser als im Serum des Blutes enthalten waren, u. dass
dieses Verhaltniss ziemlich dassflbe blieb, mochte
das Blut concentrirler oder wasserreicher gefunden
werden. In Bezug auf die Beziehungen der chemi-
schen Verhaltnisse der Muskelsubstanz zu ihrer Func-
tion schliesst Vf. Folgendes : Das Syntonin ist das
wesentlichste Element der thierischen Bewegung, u.
findet sich in den quergestreiften Muskelfasern, in den
glatten Muskeln und in den Geweben, die man früher
contractile nannte; es ist aber nur solchen Qrganen
eigenthUmlich, welche eine vom Nervensystem abhän-
gige Bewegung vermitteln. In den willkürlichen wie
in den unwillkürlichen Muskeln ist ferner eine sich
durch ihre Acidität auszeichnende , von dem Plasma
des Blutes durchaus verschiedene Flüssigkeit enthal-
ten, welche sauer und reich an Kalisalzen u. Phos-
phaten ist, während das Blutplasma vorwiegend Chlor-
alkalien und Natronsalze enthält u. bekanntlich alka-
lisch reagirt. Dieser Gegensatz steht sicherlich in
* nahem Zusammenhange mit der dieMuskelcontraction
begleitenden Eleklricilätsentwicklung (Du Bois Rey-
m 0 n d). Schlüsslich macht Vf. auf die hohe Bedeu-
tung der von G. v. Lieb ig ausgeführten üptersu-
chungen über die Muskelrespiralion für den thieri-
schen Stoffwechsel aufmerksam , durch welche unter
^andern auch der von vielen Physiologen bereits
geahnte Satz zur Gewiasheil gebracht wuHe» dait
wenigstens ein grosser Theil der im Thierkttrper ent-
standenen Kohlensäure ausserhalb der GapilUrgeftsae
im Parenchym der Organe, und zwar ?orxttgsweise
durch die Muskeiaction gebildet werde.
Aus deu von Vf. angestellten UntersochoDgu
über das mikrochemische Verhalten und die chemi-
schen Charaktere der Nervenmasse überhaupt zieht
derselbe folgende Schlüsse. Die Scheide der Ner-
venfasern besteht aus einer dum elastischen Gewete
nicht unähnlichen Substanz, welche sich davon jedock
durch Löslichkeil in siedender Essigsäure u. grossere
LOslichkeit in Kalilauge unterscheidet ; sie ist derSdiei-
densubslanz der Muskelprimitivbflndel sehr analog,
steht aber wahrhaften Proteinverbindungen bei Wei-
tem näher als das elastische Gewebe. Der ^ckstth
cylinder besteht aus einer Pruteinsubstanz , welehe
manche Aehnlichkeiten mit der Fibrillensubstanz der
Muskelfaser (dem Syntonin) darbietet , jedoch sicher
nicht damit identisch ist. Vom gewöhnlichen Blnl-
fibriu unterscheiilet sie sich durch ihre Scbweriös-
licbkeit in Essigsäure , und ihre völlige UniOslichkeil
in kuhlensaurem Kuli, so wie in Salpelerwasser; voa
Muskelfibrin durch die Lnlöslichkeit in verdOunler
Salzsäure und die Schwerlöslichkeit in Essigsaure.
Vf. widerlegt hier die Angaben, wornach der Acbset-
cylinder aus einer bindegewebsartigen Substanx oder
wohl gar aus Fett bestände. Die Marksubsiamt
der Nerven enthält neben einem reichlichen Gehalte
an Fett eine von wässriger Feuchtigkeit durchdron-
gene Proteinsubstanz , welche nach Vf. höchst wafar-
scheinlichtirweise dem löslichen Albumin oder Caaeia
entspricht; jedenfalls ist die albuminOse Substanz
des Nervenmarks durchaus verschieden von der Mate-
rie des Achsencylinders. Diese lösliche Proteinver-
bindung scheint in feinster Mengung mit einem durch
leicht zerselzbare Seifen gelösten Fette vorliandea«
und das Sichtbarwerden des Marks weniger die Folge
einer Gerinnung jenes eiweissartigen Körpers zu sein,
als vielmehr die der Trennung des Fettes von densick
zersetzenden Seifen und der albuminösen Substanz.
indem Vf. die über die Nervenfette vorhandeaea
Untersuchungen bespricht, macht er darauf aufmeik-
sam, dass der Sticksloffgehalt der Cerehrinsaure ■.
die Fremy'sche Angabe, es sei in die AelherlOsusg
Albumin mit übergegangen , Punkte seien , die ao^
fallend genug noch keine nähere Untersuchung erfah-
ren haben, obgleich sie bisherigen Erfahraogen wider-
sprechen , und möglicherweise von hoher Bedeotaag
für die mit dem Chemismus unabänderlich verbundeaa
Function des Nervensystems sein könnten. Der bal^
flüssige granulöse Inhalt der Nervenzellen ist naci
den Beobachtungen des Vfs. an Fett weit ärmer . als
das Mark der Nervenröhren ; seine Hauptmasse scheiat
aus einer theiis gelösten , theils nur aufgeqoolleoea
Proteinsubstanz zu bestehen. — Schlüsslich bebt
Vf. hervor, dass, entsprechend den physikaliscliea a.
physiologischen Erscheinungen der Nerven, in dieses
Organen Materien von so labilem chemischem Schwer-
L^bm^im» physiol* Cliwie«
9»
pookt^, «OQ solcbtr Bewfglicbk^U in ihre« lahern
und nüchsUo BesU«4theiLep angohHuft seien, wie wir
ai« in keinem ei^deri^ Ofgaqe de» ihieriachen Körpers
wiMUrfindea; die cbewiecheo Substrate der Nerven
sind confepun den Punetioneii deraeiben.
Den üassudaten und ptUhologis^hen FormHi^'
äuHfeu widmet VC eine aebr aoafabrUcbe Betrac)^
IttPg., wobei er auf die eifentbUmticbeA Sebwierig-
keilen bioweiat, die sieb einer fbrderJicben jqyaläafi-
ven cbemiscben Unterauobung dieser Materien in den
Weg stellen, so dass er wenig Aussiebt gegeben
glaabt, durcb solche qualitative Untersuchungen, so
interessante RenukaCe sie m maflcberlei iemliung
geben nOgen , den patliotegischeti Froceasen auf die
Spur SH kommen, oder dadurch «berhanpt nmr irgend
eiDe» wissenschaftlichen Zweck su erreicbea. Bin
gonstiferes Heroakop dagegen glaubt er qmntüaiwen
ADa^yaen soleher Producte atellen zu dürfen , die ein
rmebet Feld ftlr ebenso mamigfaltige als belohnende
Forschungen darbMen, wemigtekb dudureb dw
Ha«ge der heutigen Aerzte nach bumoralpathol^h'
achen Anschauungen nur wenig Nahruug gegeben
w«rde. Itte 6eaicbli|Miakle jedoch, unter denen der-
artige quanlilative Untersuchungea palh^gischer
Froduete durehzuAlhren waren, sin^ ^ie des mechani-
sche« SloiWeehsels. Vf. bat bereits io der thieri-
ac^en Slftelebre auf die Unteracbiede iwischen exces-
aiven Transaudalen u, Exsudaten hingewiesen (Tb. 2.:
S. 3^00 ff.), er hat ferner nach eigenen und fremden
Vnnmchen die Bildung der Transsudate und ihre Con-
ettlotion ^Yb abhängig von gewissen physikalischen
Verimltnieaen darfraalelH. In gleiolier Weise durften
sMeii auch flttr die Exsudate beelimmte aufzählen redu-
eirbere Verhältufeae aosSndig macben lasaes» nach
denen sich ihre Zusammensetzung nnd ihre spätere
Umwandlung richten wird. Oass auch die Exsudate
gewissen physikalisch - faaabaren Gesetzen unterwor-
fen sein werden , hält Vf. mit Recht für ausgemacht,
da t mag auch der Nerveneinfluss bei der Exsudation
zum Tbeil mit in ziemlich directer Weise auf die che«
oai&cben Verhältnisse des Exsudats selbst einwirkeut
die qiumtitailven Verhältnisse doch ohne allen Zwei*
fei bei der Exsudation , wie jedem ähnlichen Processe
im Thierktfrper , lediglich von der Veränderung der
mechanischen Bedingungen abhängig sein werden.
VL verkennt aucb hier keineswegs die eigenthUmli-
[^hen Schwierigkeiten des Gegenstandes, und ist der
LJeberzeugung , dass man erst dann den inductiven
Veweia für die Summe unserer mechanischen flypo-
thonen gewonnen haben werde» wenn es gelungen
nein wird, die quantitative Zusammensetjuing der
Producie teuer Proceaae in Einklang zu bringen mit
4e« ^devweit eruirtei^ Geaetaen und Erfahrungen.
i^l^ wipbtige Vorarbeiten ftlr die&e Fragen bezeichnet
er J 0 1 1 y * s und L u d w i g * s Untersuchungen
aber Endosmose und endosmotische Aequivalente,
C. Schmidt*s Untersuchungen über das Verbältnisa
der DidHigkeftscoeMetenten der Salztnmingen zu den
JuhrM. B4. T«. Bli &
OiAiaiAnaäquivaleiUen, Grabam*! «lerkwtlrdvt CffJh
deckitngeo Über die BiOuaieit aufgelöster Subat«nxe%
endlich, die Arbeiten E. B, Weber'a» Volkn^nnn'e
und Bu Boia Re:ymond*a Über HäuMtedynni^ib»
tbieriache EUktridAJU und ähnUche VerhJliiniaaiB. Eß
veraLebe sieb dbrigens von aelbst, dasa bei lUen dae-
artigen Untersuchungen auob auf die Mutterflttasigkeit»
d. b. auf dos Blut Rttokaicbt genommen werden mMif.
Nur wenn wir im Stande sind» der Analyse einen
Exsudates die des entsprechenden Blutea an die Seile
zu steilen, kann das Resultat jener einn Bedeutung
gewinnen. Endlich mtlasen die Analysen der Exsu-
date auch unter sieb vergleichafttig sein , sie ddrian
nicht aufa Geradewobl bin angentelit werde«» od^r
etwa nur dann , wenn gerade ein dem Ante inAei?«»-
santer Fall vorliegt — Da nun aber alle difse Ve^
bältni^se am Menacben^eeib&t in Krenkenbäuaern anhr
schwierig oder gar nicht xu realiwen aindf so wei^
den zu derartigen Untersnobun^n sich grossere Vet*-
Tinäranatallen am Beaten eignen.
In der Eintbeilung der Exsudate folgt Vf. dir
Rokitanaky* s^hen Beaeicbnnngaw*>^ i^ btiracb-
tet: 1) fa&erstv^ fiUsuitate, die wieder in einbcb-
plaatisebe und eroupOan zerMlen, 2) albnminBae wid
3) eitrige Exaudate, denen die achmelienden nndlMt-
morrhagischen nach hejg^eafthlt werden können. Im
fasereiofligen flaUucAe» ExtwkU*^ wnlcbea im
ganz friacben Zustande alle Eigenaabafton der Intes>-
cellularflttaaigfceit dea Blutea an aieh trägt« Cand VI
constant mehr Wasser ab im Uquor aanguinia • da-
gegen weniger Albumin. In B Fällen hat VC die nnr
gefitliren Proportionen der Pboaphata und Qblncm^
talle einerseits und der Kali- und NatronsaUe ander-
seits zu bestimmen versucht» und glaubt gefunden an
haben, dasa das Wundaecret relativ luehr Fhonphata
und Kaliaalse als das Blutwasaer enthielt; daaaelbn
gilt filr die jüngsten Exsudate» aua den B^fik-
aen Säcken menaehlicbef Leichen« welche gawohnlieh
achon in Gnagulum und Fioasigkeit getrennt sin4
Vf. macht ttbrigena darauf aufmerkaam, daaa diasea
Plus von Kalieelzen und Pboaphaiten reehl wohl von
einem Gehalte an Blutxellen herrtlbren konnte » von
dem man aolche Exsudate kaum frei an erhaHen im
Stande sein dOrfte, obgleich andrerseita aich darana
auch eine Beslätifung der Ansicht abteilen liesaa»
dasa die Phoapbate, und mit ihnen wahracbeinMeh
auch die Kaliaalae etwaa WesentUchea zur Plaaticitil
der Exsudate beitragen. J^ur BegrOndung eines indn^
tiven Beweises dieaes Satzes Uesse sich auch dea En-
gebniss einer Versuchsreihe dea Vfs. geltend machen^
die deraeibe am Blute verschiedener GeBlaae in stetem
Vergleich mit dem zufliesaenden Arterienblute hfi
Pferden angentelit bat. Ea gebt nämlich daraua her-
vor» dass in den Gapiliaren, welche die Mnahebl»
an Kalisalsen und Phosphaten ttberreiche Organe» lei^
sorgen , die grOsste Anzahl von Blutzellen zu Grunde
geht , und dass in dem von dort abflieaaenden Venen-
blute sieb weit weniger Blutaetten und wmi weniger
54
266
Romberg, NenrenkrinkheiteD.
Kalisalze und Phosphate vorfinden, als im entspre-
chenden Ärlerienblule, oder im Blute anderer Venen.
In Bezug auf die crovpösen Exsudate Rokitans-
ky's bemerkt Vf., dass das Object, dem Roki-
tansky den Namen croupOsen oder aphtOsen Faser-
stoffs beilegte, zum grossen Theil kein Faserstoff
mehr sei, und nicht allein morphotische , sondern
auch chemische Umwandlungen bereits erlitten habe ;
es enthält aber neben granulöser Materie u. Anfängen
der Zellenbildung wahrhaftes Fibrin. In Bezug auf
die tuberkulösen Exsudate macht Vf. auf die neuer-
dings gemachte merkwürdige Beobachtung aufmerk-
sam, womach sich in alten Tuberkeln zuweilen Cystin
vorfindet. Ueber das Vorkommen von Casein in al-
buminösen Exsudaten finden sich mehrfache Angaben ;
es ist Lehmann nie geglückt, sich von der Gegen-
wart dieses Stoffes durch Anwendung von Lab oder
andern Mitteln Überzeugen zu können, mit Recht
macht er darauf aufmerksam, dass die Gegenwart
stark basischer Albuminate hier leicht Tauschungen
veranlassen kann. Die serösen hydropischen Exsu-
^v Rokitansky*s fallen ganz zusammen mit den
von Vf. schon irUhtT (Tb. 2. S. 300— 325) abgehan-
delten Transsudaten, Sie siuu sffiaier arm oder
ganzlich frei von löslichen Phosphaten, welche in
plastischen Exsudaten stets in einer gewissen Menge
zugegen sind. Ihr Erscheinen in diesen ist die Folge
von wahrhafter Stase mit Zerstörung der Blutkörper-
chen , wahrend die Transsudale nur von einer Ver-
langsamung des Blutstroms in den Capillaren und an-
dern rein mechanischen Verhaltnissen abhangig, aber
nie durch ein vollkommenes Stocken und Zugrunde-
gehen der Blutkörperchen, kurz niemals durch eigent-
liche Entzündung bedingt sind. — Der Eiter macht
den Schluss der von Vf. abgehandelten Exsudate und
pathologischen Formbildungen. Vf. hat bekanntlich
bereits vor längerer Zeit in Gemeinschaft mit Mes-
serschmidt Untersuchungen über Eiter und Eite-
rung angestellt; desto eindringlicher erscheint der
von ihm ausgesprochene Salz, dass die bisherigen
chemischen Untersuchungen noch wenig dazu beige-
tragen haben, die Lehre vom Eiter und eitrigen Exsu-
daten aufzuhellen. In Bezug auf mikrochemische
Verhaltnisse wollen wir hervorheben , dass nach des
Vfs. neuerlichen Forschungen llüllenmembran , zäh-
flüssiger Inhalt und Kerne der Eiterkörperchen dem
Albumen sehr nahe verwandte Stoffe sind , während
In Bezog auf makrochemische Verhältnisse die Angabe
von Interesse erscheint, wornach von einem Schüler
Lehmann's Glykocholsaures und Taurocholsaures
Natron im Eiter eines grossen Schenkelabscesses bei
katarrhalischem Icterus, und von einem andern, Zuk-
ker im Eiler gefunden wurde.
Der letzte Abscliniti enthält einen Theil der zoo-
ehemischen Processei Vf. giebt hier in einer treff-
lich geschriebenen Einleitung über die Molekular^
I. Auflage.
SeDsihilitfitt-NearoM ist der Lebensvorsang , in welchem
die Energie des sensiblen Nerven durch Veraoderuog seiner
^nUbarkHi von der Norm abweicht.
kräfte eine Beleuchtung der Haltlosigkeit des VitaUs-
mus, die jedoch eines Auszugs nicht wohl fShig ist,
wobei er mit der ihm eigenlhflmlichen ordnendes
Hand alles verwerlhbare Material für eine kflnftige
physikalische Theorie der im Reiche des Organisebca
wirkenden MolekuiarkrSfke sorgfältig zusammeDtragL
Das letzte in der vorliegenden Lieferung vollsiandigt
Capitel : Entstehung organischer Materie im Pfln-
zenreiche enthält eine klar geordnete Uebersicht dei
vielfachen auf diesem Gebiete thatsachlich Gelei-
steten und des noch zahlreichern Angeregien ud
Gedachten.
Hiermit schliessen wir die Anzeige des werthvol-
len Buches in der Ueberzeugung, dass das Mitgelheütc
genügen wird, die Ueberzeugung hervorzurufen, da»
die erste Abtheilung dea dritten Banden von Leb-
m a n n ' s physiologischer Chemie in Bezug auf treff-
lichen gediegenen Inhalt alle billigen Wünsche beürie-
digend, vorzugsweise nur einen Wunsch im Leser
Ipcht lebendig macht, nSmlich den: ihr bald die
^^ite folgen zu sehen. Gorup.
73. Lehrbach der NervenkranUieiteB iu
SSSSCheil; Yon Dr. Moritz Heinrich Roa-
berg, RRl^r u. s. w. , o. 0. Prof. der Heil-
kunde, Dir. des K. Poliklin. InstiL d. Friedneb-
Wilhelms-Univ. u. Uügl d. med. Ober-Exan.-
Gommission. Zweite veränderte j^uf-
läge. Berlin 1851. Alex. Duncker. 8. (Er-
ster Band. Erste Klasse. SemsikiS-
tätS'Neurosen. S. 1 — 317. Zweite Nimsse.
MotiütätS'Neurosen. Erste jibtheihmg. ttyptr-
cineses, Krämpfe. S. 1—373. Zweite Jh-
theil, ^icineses , Lähmungen. S. 1 — 241.)
(51/, Tblr.)
Dieses klassische Werk ist wohl in jedes wissei-
schafllichen Arztes Bibliothek zu finden, und dabcr
bekannt genug , so dass wir seinen Inhalt nicht wei-
ter besprechen wollen, als insofern uns eine gewif-
senhafle, Seite für Seite vorgenommene Vergleicboa;
der hier vorliegenden Auflage mit der in den Jakrei
1840 bis 1846 erschienenen die hauptsachlicfastei
vom Vf. vorgenommenen Umarbeitungen, Zusitte,
Hinweglassungen und sonstigen Ferändenrngn
kennen gelehrt hat. Davon sind allerdings nicht we-
nige, aber doch, ganz aufrichtig gestanden, weit we-
niger, als Ref. im Voraus erwartet halte.
I. Die bedeutenderen Umarbeitungen sind fai-
gende: 1) Die Einleitung in die Lehre von den Sem-
sibilitätsneurosen nberhaupt , so wie in die von dea
Hyperästhesien , insbesondere den ganglioojfren sid
spinalen. (II. Aufl. L Kl. S. 3. f., 7. f.. 141 L
172 f.) Die Veränderung ist hier zum Theil
principiell.
//. Auflag:
Sentibilit&ti-Neurose ist der Lebeotvoifang , in
die Eoersie des ceatripetalea Nerven ^urch Verindemof ee^
aer Erregungszustände von der gewohnten NonaabwsicbL
Eomberg, NemDkraBkbeiUB.
307
Die Eoeifie de« senttblen Nenren offenbart eich dareh
EmpflnduDg und dieser ihr Ausdruclc ist e» , welcher abnorm
erscheint, gesteigert, Hypera0stkesia , oder Termiodert
jinoMthMia.
Der gemeinscbartliche Charakter der Hyperaeetbeaieo ist,:
Exaltation der ReUbarkeit seruibler Nerven,
Der Aosdrack ist Terschieden jenachdereigeothümlicheo
Energie des Nerren.
S. 6 bespricht Vf. die Möglichkeit, die SckneUig-
äeü mit welcher die Nerveneindrflcke zum Gehirn
geleilet werden, uuu Jertsn Verlangsamung in krank-
haften Zustanden (z. ß. Lahmungen) zu messen. —
S. 141 erwähnt Vf. die Untersuchungen von Volk-
mann und B i d d e r mit der Bemerkung, dass, wenn
auch V. u. B. eine eigene Klasse von Nervenfasern
QOler dem Namen der Mympaikiscken nachgewiesen
haben, hinsichtlich deren es noch zweifelhaft sei, ob
sie Empfindungsvermögen besitzen, hei den Hyperäst-
hesien der sympathischen Bahnen der Sympathicus
eben nur aU ein mit sensiblen cerebrospinalen
Fasern gemischter Nerv in Betracht komme. —
S. 172 giebt Vf, die sensible Function der hintern
Rackenmarkstrange als eine nunmehr, durch die neue-
ren Versuche von Longet u. Flourens, unzweifel-
hafl ausgemachte Thatsache. Er unterscheidet jetzt die
Hyperästhesien des Bückenmarks (S. 175 f.) in un-
bewusstbleibende u. in bewusstwerdende ; erstere
sich durch übermässige Reflexsymptome äussernd, wie
bei Hysterie, Tetanus, Hydrophobie. Obschon diese
Charakteristik alles in sieb einschliesst, was man seit
Griff in als Kennzeichen der SpinaUrrilation be-
zeichnet hat, so zeigt sich doch Vf. in vorliegender
/. Auflage.
Motilitäts-Neurose ist der Lebensvorgang, in welchem die
detion des motorischen Nerven durch Veränderung seiner
Erregbarkeit von der Norm abweicht u. s. w.
Der allgemeine Charakter des Krampfes ist : Exaltation
ier Erregbarkeit motorischer Nerven mit dem Symbole
gesteigerter Muskelcontraction.
Bei dieser Gelegenheit hat Vf. , hauptsächlich ge-
itülzt auf Ed. Weber*s Experimente (Wagner*s
landwörterb. IlL Bd.) den Unterschied zwischen den
/willkürlichen und ganglionaren Muskelbewegungen
lusftthrlicher und scharfer als in der ersten Auflage
largestelU.
Beim Stimmritzen kramp f (IL 1. S. 71) finden
iwir mehrere Umänderungen und Zusätze, bes. hin-
lichtHch der Ursachen : sein Vorkommen in den er-
iten Lebenswochen, hauptsächlich jedoch in der Den-
itionsperiode ; die angeborene Disposition, nach Vf.
m verkennbar, auch von Reid bestätigt; das Vor-
lerrschen bei aufgefütterten und entwöhnten Kindern.
Um so mehr wundert sich Ref. , dass Vf. das ent-
Die Energie des eeatripelalea Nerven offenbart aicb :
unter Vermittlung des Gehirns als bewusstwerdende
Empfindung,
unter spinnler und Ganglienvermittlung als An^
trieb mur Reflexbewegung^
entweder in gesteigertem Grade (Hyperaesthesia)
oder in vermindertem (Anaesthesia),
Der gemeinschaftliche Charakter der Hyper&sthesie ist :
erhöhte Erregbarkeit und gesteigerte Erregung der sen-
siblen (centripetalen) Nerven.
Der ADsdmck dieser Erregnog ist entweder ein psyehU
seher (ein bewusstwerdender, Empflndung), oder ein meto*
riseher (Reflexbewegang), oder beides zugleich.
[Mit aasfuhrlicher Erläuterung im Nachfolgenden.]
Auflage dieser Krankheitsspecies weniger geneigt alf
in der vorigen : er nennt sie ein „Zerrbild <*, und be«
schreibt die dahin gehörigen Symptome (Wirbel'-»
schmerz u. s. w.) unter der Rubrik Spinalneuraigiet
mit dem Bemerken, dass Valleix sehr richtig eine
Menge früher für Spinalirritalion gehaltener Falle als
Intercostalnetiralgien gedeutet habe. Auch ist den
letztem S. 93 ein eigenes neues Capilel gewidmet»
in welchem sie mit der schon in der vorigen Auflage
abgehandelten Maslodynia vereinigt sind.
Die Neuralgia mesenterica (S. 151) ist umgear-
beitet, so dass sie jetzt alle nervOsen Koliken umfasst,
und die in der vorigen Auflage einseitiger hervorgeho-
benen Unterarten : Colica satumina und Colica vc-
getabiUs zurücktreten. Dass Vf. gerade letztere
diesmal bezweifelt, wo deren Existenz durch die fran-
zösischen MarineMrzte vor Algier als eine von jeder
Bleivergiftung unabhängige Krankheit dargethan za
sein scheint, ist uns aufgefallen.
Entsprechend hat Vf. auch die Einleitung za den
Motilitätsneurosen überhaupt, und zu den Krämpfen
insbesondere (II. Aufl. 2. Kl. 1. Ahth. S. 1 IT., 7 ff.)t
so wie mehrere einzelne Krampfformen tiberarbeitet*
//. Auflage.
MotilitSts- Neurose ist der Lebensvorgang, in welchem die
Energie des centrifugalen Nerven durch VerSaderong seiner
Erregungszustände von der gewohnten Norm abweicht
U. 8. W.
Der gemeinschaftliche Cbankter der Krämpfe ist : erhöhte
Erregbarkeit und gesteigerte Erregung des motorischeil
Nerven.
schieden hifufige Vorkommen bei weichem Hinterkopf
nicht erwähnt, das doch El süsser schon hervorge-
hoben hat; wogegen Vf. weiter unten , bei Eklamp^
sie, der Craniotabes und der ElsSsser'scheB
Schrift , ja sogar des Glottiskrampfs als Complieatioil
jener Eklampsie , allerdings Erwähnung thut.] Die
Behandlung des Anfalls im Glottiskrampf ist verbes-
sert: Kallwasser- Anspritzungen, Anfkcheln kalter
Luft, bei Hinzutritt von Eklampsie kalte Begiessungen;
zweifelhaft Chloroform und Tracheotomie , so wie
Scartfication des Zahnfleisches. Aqua asae foet. hat
Vf. erprobt gefunden, Moschus hingegen n. Liq. amm.
succin. nicht. C^nkr^n]p>
Digitizedby VjOCJQI^« .
Bei Darm'- md Magenkrampf (d.Hi. Erbre-
968
R<6 Allerg, mt^nMftkMteii.
eken), iT». S. 152 ü. 12«, halt?., aiif die obeöge-
nannten Weber'schen Versuche gestaut, den dcut*
liehe« fiinfloss ^% Vagus a«f die Magenbewe^ng u.
die BeweguDgsweise der MageftamsMo nlher erdri-
tfert. — Desgl. S. 155 nach tVeber (a. a. 0.) die
Krampfbewegungen der SamengeHisse.
Bei den ^ntH^iketivn m wettig, nnd bei den^lKA**
mungen fast gar nichts umge9ndett. Bei AnaeHhe-
Ha Mft^ »^ (f. S. 264. 267) nt deotüeher her-
vergehoben, der Unterschied der firopfindlichkeil,
welche Stimmritke und Kehlkopf (d. h. N. laryngeus
superior) im Vergleich zur Trachea u. den Bronchien
beaitol. LeCzlerai ecbreibt Vf. ein GefKhl iwn Schtnera»
BeUeouDung und Athemnoth [vielmehr Luflhunger]
und denen Uai^l bei Anästhesie des respiralort-
seiiea Vagva «n, und fügt xn den schon in der 1. Aufl.
srwibnten Versuchen Brächet*», A. Gooper's
- iMd Arnold's die von Traube (Beitrage, 1846,
S. 1(^2). Nur bei beidseitiger Lähmung der Vagi
bOre übrigens der Athmongstrieb [das Liiftbedarfniss]
auf; am banfigaten bei centraler Labmung derselben
durch Hirnschlagflttsse, oder in Folge von tOdtl. Lun^
genlurankheiten [von Steckfluss]. Bei einseiliger
Vagualähmung entstehen asthmatische Zufälle. —
Ceber Anaesth, des gastrischen Fagus fehle es an
phys. und path. Beobachtungen ; vielleicht verursache
sie das Fehlen der Empfindung von Sättigung nach
dem Essen. [Diese kann sogar lland in Hand mit
Verweigerung des Essens gehen. Eine Melancholi-
sche, welche ich vor einigen Jahren behandelte, und
durch Sturzbader über den Kopf herstellte, ass ohne
gezwungen zu werden tage lang nichts, wenn sie
aber sum Essen gebracht wat« enorm Viel. Sie
tMgt% selbst: „ich fable den Hunger nielit, ich fahle
anoh nickt ob ich genug gegessen habe; ich werde
Hiebt kmigrig u. nicht satt'*.]
Die Anästhesien 4ti Mekenmarks sind in ge-
genwartiger Auflage erstens in die des LeiUrngs- u.
des Refltwapparates eingetheik, und denn mehrseitig
ftberarbeitet , bes. mk Rücksicht auf 4f^ gediegene
Arbeit von Danielssen und B o e c k über den nor-
discbeB AnssatJE (die Speäaiskhed), n. auf die neuem
AnüstheHirungen mittels Aether und Chloroform (letz-
tere Überhaupt auch an andern Stellen) ; die Anästhe-
sien dureh Blei- oder Mutterkorn« Vergiftung finden
ebenlalls etwas ausfahrlichere Besprechung. [Die
vonScofcalsky ne«erdings(Prag. Vjbrsohr. 4. 1851)
mehr hervorgehobenen Anästhesien der Hysterischen
sind nioht ecwabnl,]
IL Die wichtigem Zusätze der 2. Auflage sind
folgende: 1) Mehrfach sind neuerdings beobachtete
interessante und lehrreiche Fätle eingeschalten , bes.
bei AnäSsthesie des QubUus (I. S. 253), bei Jn.
gustatoria (1. S. 297, aus Franz von Meyers
Diss. sisU paralyseos nervi trigemini casum. Jena
1847), — bei Bronchialasthma ein Fall, wo es
durch eingeathmeten Ipecac. Staub entstand (II. 1.
8. 81), • — ein Tftll von Lackkrampf nach Ulrich
(ft). 'S. 160), — viöü Sainrnkrümpfnadh Bell (Ik
S. 104), — von Schreikrampf (ib. S. 110), —
von Hysterie (ib. S. 214), — bei Chorea nebrci«
Falle (II. 1. S. 178 ff., 181 f., 183 f., 186 L,
18g f.), _ desgl. bei Epilepsie (ib. S. 344, 345).
— 2) Mehrfach sind Arzneimittel u. Rvrmethodt»^
welche Vf. in der 2wisehenzeit erprobt germideB.
hinzugefügt : so besonders Arsenik an mehrern Orten,
namentlich gegen Neuralgien und Chorea; ferner Jod-
kali, Colchicum und L^eberthran gegen rbeomatischs
Grundlage von Neuroaen, Dampfbader und Terschie-
dene Thermen ebenso ; Chloroform und Aether ab
Linderungsmittel; die blutvermehrenden Heilmetho-
den , gesttiizt auf die Häufigkeit des Blutmangels bd
nervenkranken, bes. bei Chorea, Epilepsie (11. 1.
S. 362) u. a. m. — 3) Als neue Zuthaten fand«
wir folgende : die Carpopedal-Couvulsionen der Kia-
der [<Iie sog. Arthrogryposis] sind II. 1. S. 68 aa
Schluss der Lehre vom Klumpfuss erwähnt, doch nicht
aufgeklart. — Beim Bronchialasthma (II. 1. S. 80L)
ist Bergsun's Schrift mehrfach angezogen , a. die
Therapie vollständiger und besser bearbeitet : im An-
fall habe Opium, den ersten Rang, und sei nicht zag-
haft zu geben; Aethereinathmungen habe Vf. oft und
schon frtlherhin auf F o r m e y ' s Rath mit Nutzen bei
den quälendsten asthmat. AnrJlllen der Emphysemati-
ker verordnet, Cigarren von Stechapfelblattcm ein
Paar Mal mit Linderung. Beförderung der Diurese
sage allen Asthmatikern zu. Wenn der Anfall trou-
dero fortdauere, helfe nicht selten die KsUe, als
Waschung des Rumpfes, Einschlagen in nasse Toeher,
Abreibungen u. s. w. — Beim Keuchhusten (11. f.
S. 96 f.) ist als Sectionsbefund die Carniflcation ein-
zelner Lungenpartien nach JOrg (Atelectasis) , Ai-
de r s o n und West erwähnt ; die Frequenz dieses
Uebels vom 1. bis 7. Lebensjahre nach Rilliet ond
B a r t h e z , so wie nach West. — Die nrsicbfi-
eben Verhaltnisse desStoUems (ib. S. t06) sindbes.
nach C 0 1 0 m b a t ausführlicher mitgetheilL — Bei
Chorea ist Wicke's Buch ein Paar Mal erwähnt
(auch bei Ch. mqf.); die Ch* gravidarum istspeeiei-
1er behandelt; die AnSmie als Ursache der Moskel-
unruhe mit Recht hervorgehoben ; dagegen faad VL
den Too englischen Aenten behaupteten Zasanne»-
hang mit Rheumatismus nur selten nachweisbar; eö-
mal zeigte sich die Wiederherstellung unterdrOcklcr
Fussschweisse nützlich; öfters Abfuhr- und Wnra-
mittel, namentlich aber Arsenik. — Bei Hysterk
(ib. p. 211) ist hervorgehoben, wie der Druck auf
den Uterus oder auf die übrigens oft ganz scbmen-
lose Eierstocksgegend die Krampfanfälle herrorroft;
für die Behandlung sei eine gründliche Localuntersa-
chung der Genitalien unerlasslich u. darauf die Loeil-
behandlung durch Sitzbader, Einspritzungen, Hti-
lenstein u. s. w. zu begründen. [Mit Verweisnaf
auf Bennet, nicht aber auf Kiwiscb.] — Be
Tetanus ist (ib. S. 239) de Ricci 's Aufsatz (DaU.
Journ. 1850. Aug.), und die Anasthestmng dorek
Aether oder Chloroform (nach Pickfort, Knies»*
I i n g tt. s. w.) erwähnt ; bei T. neonatorum Schnee-
tv^tt<e«it, Fteorili».
M9
mann'« Ldch^ettbeAnde : ito«! L<b«Hiifertltos,
lOtnal LebertlMC68se, Imai Phlebitis mnbilicalis. —
Bei BpihpH^ ist di« B. oetuUa oder noeiitma (ib.
S. 962) liutt besprochen, mid mehrere« Ober die
BehsttdhMig hh»Qgeni^. 0ie Gompression der Garo^
tlden naeh Parry fand Vf. nicht nur snr Lmderung,
tfotrdern soj^afr (bei forhergehender Aora) ttir Verhö*
tätig des Anfalls nützlich ; übrigens solle die Therapie
bes. aehien auf 4te Anämie , auf krankhafte Zustande
der Leber und tof Hautaffeetionen, deren Beseilignng
bisweilen Heilung bringe.
HL Von HinwegkiMSHngtm erschienan uns fol-
gende bedeutsam: Hebetudo visus, in der ersten
Auflage als Giliarnieuralgie betrachtet , ist gana hin-
weggefellen. Desgl. bei Anüslhesia optica die ßiöu^
ehes völantes, [Bei der Jfnaesih, acusHta vermis^
sen wir auch in der 2. Auflage die schOnen Versuche
E. H. Weber*s mit der Stimmgabel , welche Ed.
SehmaU auf die diagnostische Prakis der Ohren-
krankheiten anwenden gelehrt hat, und welche sich
so befriedigend , wie es nur flberhaupt bei Untersu-
ehung subjectiver Symptome fen verlangen ist, ym be-
wahren pflegen.] Bei Himkopfsckmerz ein Fall von
Cancer cerebri. Beim Tetanus eine poetische Stelle
▼on Garns. Bei Chorea die S t i e b e T sehe Behand-
lung mit Blutegeln an den 7. Halswirbel u. s. w.
IV. Von Fersetmmgen folgende : Crampus ist
von den Maskelneuralgien zu den Krämpfen verseUf,
— Zittern und ParalysU agiians hinter die Kram^
pfe als Uebergang zu den Lahmungen : rootivirt ist
letzteres durch Voraflssendnng einer Stelle von Volk-
mann aus Wagner's phystol. Handwörterbuch.
Wir glauben im Vorstehenden Nichts hin wegge-
lassen zu haben, was einen wesentlichen Unterschied
der 2. von der ersten Auflage begründen konnte. Wir
schliessen mit dem Wunsche, dass es unserm Vf. ge-
lingen möge, den hundertflfltigen Abhaltungen, wel-
che seine Aemter und sein Aufenthalt in einer gros-
sen Hauptstadt ihm bereiten, so viel Zeit abzuringen,
um sein vor zwOlf Jahren begonnenes Werk endlich
zum Ende zu führen, — wenigstens hinsichtlich der
sog. Neurosen. Obschon wir selbst einwerfen müs-
sen, dass eine Trennung dieser, der functionellen
Störungen, von den materiellen Nervenkrankheiten,
heutzutage nicht mehr statthaft ist» und dass es dem
ärztlichen Publikum hOchsl wtlnschenswerth sein
mUsste, einen Kenner, wie Bombe rg, auch über
die letzten! (z. B. über Whytt*sche Hirnkrankheit,
locale Geschwülste und Erweichungen derHirnmasse,
Spinaüneningitis u. s. w.) zu vernehmen,
H. E. Bichter.
74. Die Pleuritis, beschrieben von H. L. v.
Guttceit, Dr. med. und Accoucheur, Mitgl.
d« Med.-Verwaltung in Orel u. prakt Arzt das.»
Mitglied gelehrter Ges. Hamburg 1851. 8.
XIV u. 240 S. (iVs Thlr.)
Vf., ein Schaler Bademaeher's, hat durch
Verschmelinng narverdauier, laua Itichem entlebiner,
pathologisch-anatomischer Begriffe mit den Irrthttmem
gewisser , jetzt so ziemlich beseitigier Systeme , nnd
mit den Urorgan berühr Iheit-Phan tasten seines Meisters
ein Werk ztt Tage gefedert, dessen Uohaltbarkeit ia
dem Innern Widerspruche seiner Elemente selbst be-
gründet ist.
In dem ersten Jbsehnitle, welcher überschrieben
ist : i.Begriff, allgemeine Symptome, pathologische
jinatomie^ objective und subjective Erscheinungen**
handelt Vf. zuerst vom Schmerz ^ einem Symptom,
welches, wie sich im Verlauf des Buches zeigt, dem
Vf genügt Pleuritis zu diagnosticiren (denn er spricht
z. ft. von Seitensiich-Bpidemien), hreranf vom Exsu-
dat (bei Vf. mit Extravasat synonym) offenbar nur um
zu zeigen , dass auch er Bücher gelesen hat , welche
„/ifr das Leichenhaus'' geschrieben sind. Die Resul-
tate pathol.-anat. Forschungen und hierauf gegrün-
deter klinischer Erfahrungen, welche Vf. hier anfUbrt,
verleugnet derselbe in den folgenden Gapiteln gänz-
lich. Der auffallende Gontrast dieses Abschnittes mil
den folgenden wird aber bei näherer Betrachtung als
ein scheinbarer erkannt, denn Vf. beweist durch die
Art, auf welche er von pathol. Processen und dem
Producten spricht, dass ihm die anat. Q. klin. Kennl*
niss derselben aus eigener Anschauung fremd ist.
Als Beleg dafür mOge es genügen , eine der undenk-
lichen Stellen anzufilhren : „Hatte die Lnnge selbst
am krankhaAen Processe Theil genommen , so kapn
man an ihrer Oberflache mehr oder weniger tief ein-
dringen, die Hepatisation, Tuberkeibildung oder Gom-
munication eines Bronchialastes mit der Pleura-HOble
finden.«' Unter andern Vorgängen scheint dem Vf.
die Entstehung des Pneumothorax nicht einmal aus
Büchern bekannt zu sein, wie auch ausdem folgen*-
den Abschnitte hervorgeht, wo er angiebi, dass oll
bei Durchbruoh des Exsudats in die Bronchien kein
anderes Zeichen vorhanden sei, als plötzliche Abnahme
des Exsudats bei reichlichen Auswurf. Bei alledem
ist dieser 1. Abschnitt der einzige, welcher wenig-
stens grttastentheils anerkannte Wahrheiten enihHU,
aber krilik- und prindplos compilirt und aneinander
gereiht
In den fblgenden Abschnitten giebt Vf. seiM
eigene Pathologie und Therapie; es genüge nvr, die
Namen meiner verschiedenen ^pecies der Pleuritis an-
anführen: Pleuritis trmtmätiea, rheumtUiea, inier-
mittens, Febris biUosa pleuritiea, Pleuritis adyna-
miea , exanthemaiiea , Pliguritis in typho , in in flu-
enxat Pleuritis chronica. Einen wahrhaft komi-
schen Eindruck macht es , wenn man auf der einen
Seite von pleuritischem Exsudat , und auf der andern
von kritischem Decubitus liest , und schwer ist es zu
begreifen, wie Vf. bald Bokitansky, bald Johan-
nes Argentarius (Neapel imlB.Jahrh.) als Auto-
ritäten citiren konnte.
Die Therapie ist aus dem Verfahren der Aerzte
verschiedener Jahrhunderte zusammengesucht , wo
man in der Diagnostik der Pleuritis und aller andern
970
Wagstaff, Behandlungsweise der Seblundtoideii. — Tetrsley, die Taubheit
Krankheiten, iingeflhr auf demselben Standpunkt war;
auf weichem sich Vf. in der Mitte des 19. Jahrhun-
derts, praktisch wenigstens, noch befindet ; eine wei-
tere Kritik derselben ist daher nicht möghch. Von
den vielen Krankengeschichten ist weiter nichts zu
sagen * als dass darunter Ueberschrifien vorkoiumen,
wie Pleuritis rheumatico - nilrosa , biliosa - otlyna-
miea, dann wieder Empyem, Sectionsberichte wer-
den begreiflicherweise nicht geliefert.
H. Seiler in Dresden.
75. On diseases of the mncoas membrane of
the throat and their treatment by topical
medicaÜQn; by William R. Wagstaff,
M. Ü. London 1851. Churchill. 183 p.
(2Vs Thir.)
Die ursprünglich von Charles Bell und spater
TonTrousseau und Bell oc empfohlene örtliche
Behandlungsweise der Sclilundleiden verdankt ihre
allgemeinere Anwendung dem Dr. Horace Green
in New -York, welcher zuerst die Einbringung von
fiOssigen Adstringentien in den Kehlkopf selbst als
praktisch ausführbar und nützlich nachwies. Vf.
hat diese Methode in einer grossen Zahl von Fällen
mit dem glücklichsten Erfolge augewendet ; die dazu
benutzten Substanzen waren Sublimat, Cyan-Queck-
Silber, Quecksilbernitrat, Salpeter, schwefelsaures
Kupfer und Hollenstein, am Meisten aber das letztere
in Auflösungen von ^j — 3jß auf die Unze Aq. dest.,
und vermittels eines an einer gekrümmten Schlund-
sonde von Fischbein befestigstigten Schwammes ein-
gebracht. Die Uebel, bei welchen Vf. diese Ortliche
Behandlung mit dem besten Erfolge ausführte, waren :
einfacher, acuter und chronischer Katarrh, so wie
die organischen Folgeleiden desselben, Entzündung
der Schleimhaut des Kehlkopfes und der Trachea , so
wie der Schleimdrüsen derselben, Tuberkeln der
Schleimhaut, Croup, Keuchhusten, Anschwellung der
Handeln und des Zäpfchens. Eine genaue Schilde-
rung aller dieser Uebel, so wie zahlreiche Falle be-
gleiten di6 anschauliche Darstellung. Zum' Schluss
folgen einige Notizen über dasEinathmen von Argent.
nitr. 1 Th. mit 5 Tb. Zucker bei chronischem Katarrh
mit Asthma complicirt, vermittels eines vom Vf. eigends
construirten Apparats. Ja ff 4.
76. Die Taubheit Eine Zusammenstellwig
eigner aus der Praxis geschöpfter Ansichten
über die Hatur, die Ursachen und Behand-
lung der Krankheiten des menschliehen Ohres ;
von James Yearsley, dirig. Arzte am Hosp.
, für, Augen- und Ohrenkrankh. in Sackville-Street
^u London. Nach der 3. engl. Orig. -Aufl.
deutsch bearbeitet von Dr. Claudius Ul-
mann, prakt. Arzte zu Weimar. Mit 6 lithogr.
Taf. Weimar 1852. Beruh. Voigt. 8. 285 S.
(1 Thlr.)
Der Uebersetzer bat unterlassen , den engl. Titel
und das Jahr, in dem die von ihm übertragene Schrift
erschienen ist, anzugeben 1 1 1 Ans dem Vorworte des
Vfs. gehl hervor, dass er die vorliegende Schrift v«
1 0 Jahren zuerst veröffentlicht hat , anfangs m der
Medical-Gazette , und »pater in besondern Aufsaiaei,
unter dem Titel: ^^Beiträge zur OhrenheiUatni^"
— In derselben hat er versucht, „den Beweis n
führen, dass fast alle Krankheilen des Ohrea m
krankhafter Beschaffenheit der Schleimhaut des Schia»-
des, der Nase und des Ohres ursprünglich ansgehei;.
und dasp letztere wieder aus verschiedenen Ursach«
erkrankt, unter welchen Erkältung, hitzige HauUit-
schlage, besonders Scharlach, und Magen verderbniss
in vorderster Beihe stehen."
In dieser Schrift findet man keineswegs eine vsfl-
sUfndige Abhandlung über die Taubheit und diejeDigca
Krankheiten der Ohren , wodurch dieselbe veranlass
werden kann, sondern blos einige Bemerkungen lAer
einzelne Arten der Taubheil, namentlich Aber die
durch Verdauungsfehler, durch Krankheil der Schleia-
haut des Schlundes und durch Verstopfung der Kiac
bewirkten Krankheilen des GehOrs (die sogenasaU
Magentaubheit , die Schlundtaubheit, die Nasen- «ad
Ohrentaubheit) , ferner über Yearsley*a nene Be-
handlungsweise bei Verlust des Trommelfells a. ba
Ohrfluss, durch Einführen von befeuchteter Bau-
wolle, und über die künstliche Durchbohrung des
Trommelfells. — Logische Ordnung darf man aller-
dings darin nicht suchen , da Alles bunt darcbeinaa-
der gewürfelt ist. Dieses wird aus der unten folgei-
den Angabe des Inhalts erhellen.
Andere Schriftsteller citirt der Vf« gar nicht —
(mit Ausnahme der Abhandlung von Jonalh. \Va-
then (1755) „über eine neue Methode zur Wieder-
herstellung des (jehOrs, nach dem Verluste desselbes
durch Verstopfung der Eustachischen Trompete'*, die
er S. 58 flg. wOrtlich mittheilt) — und er filfail
selbst die Meinungen derselben nur selten gelegeat-
lieh an. Er entschuldigt sich deshalb in der Vor-
rede damit, „dass er alle Werke über Krankheites
des Ohres für werthlos halle, in denen nicht fast aof
jeder Seite wiederholte Beziehung auf die Schleie-
haut genommen ist; und dass es ein solches Werk
bis jetzt noch nicht gebe! I !
Die Einleitung handelt von der Wichtigkeit da
Gehörsinns für den Menschen und der seltenen Hslfc
bei Krankheiten , nebst den verschiedenen Ursachei.
— Das 1. Capitel giebt (auf 8 S.) eine höchst ober-
flachliche und für (deutsche) Aerzte vOllig annOtic
anal. Beschreibung des Ohres. Hierzu gehOrt Taf. I.
— Das 2. Cap, giehl eine sehr kurze Uebersicht der
Krankheiten des Ohres, nach der anatomischen Lage,
in diejenigen des äussern, mittlem und innern Ohres
eingetheilt. — Hierin spricht er auch von der (in
London sehr nOthigen) künstlichen Beleuchtung des
Ohres u. von dem Ohrspiegel, Als solchen empfiehlt
er theils die bekannten silbernen Trichter — (angeb-
lich nach Wilde, in der Thal aber nach Gruber)
— iheils einen solchen mit äusserlicb rauhen Fllcbea
Tearsley, die Taubheit
271
welcher eich an die Seiten des Gehörganges fest an-
hangen soll, so dass dadurch nicht nur Erweiterung,
sondern, unbeschadet seines festen Verbleibens, auch
eine surttckziehende Bewegung möglich werde, wo-
durch der ganze Kanal straff angespannt werde. Das
Letztere aber hält er fttr wichtiger, als die blose Er-
weiterung. — Das 3. Cap. enthalt eine Geschichte
des Katheterismus der Eustachischen Trompete , wo-
bei, er auch die oben erwähnte Abhandlung J. Wa-
then's aufgenommen hat. In diesem Capitel be-
schreibt er auch als Yearley*s Apparat zur Er-
kenntniss und Behandlung der Ohrenkrankheiten,
einen Apparat , der zum Katheterisiren der Obrtrom-
I pete und zum Einbringen verdichteter Luft dienL
Defselbe unterscheidet sich aber von den gebräuch-
: liehen Apparaten in nichts Wesentlichem, und kommt
dem Kram er 'sehen sehr nahe, da er die Slirnbinde
für unerlässllch hält, ist aber bedeutend kleiner, als
dieser. Hierzu gehört Taf. III.
In dem 4. Cap. kommt VL zu dem fUr ihn wich-
tigsten Gegenstände , nämlich zu der Taubheit durch
Verdauungsfehler, oder der Magentaubheit. Er macht
ea den Aerzten, namentlich Itard und Kramer,
zum Vorwurf, dass sie bei ihren Studien und Unter-
suchungen ihre Aufmerksamkeit bisher nur dem Ohre
allein zugewendet, und dabei ganz ausser Acht gelas-
sen hätten, in welcher wichtigen Beziehung Ohrkrank-
heiten oft zum ganzen Körper stehen, und welche
grosse Vortheile eine Behandlung bieten muss, die
alle Lebensverrichtungen gleichzeitig ins Auge fasst,
zumal sie alle in so innigem Zusammenhange stehen,
dass selbst da , wo man es nur mit einer örtlichen
Krankheit im engsten Sinne zu thun hat , doch keine
von ihnen ganz unbeachtet bleiben darf. — (Bef. ist
mit diesen Grundsätzen völlig einverstanden, und hat
dieselben, besonders gegen Kramer, dessen Be-
handlung rein örtlich ist , in mehreren seiner Schrif-
ten verlheidigt. Doch hält er die gegen Itard in
dieser Beziehung gemachte Beschuldigung für nicht
gerechtfertigt.) — Vf. erklärt es ferner für Thatsache,
dass zwischen Magen- u. Gehörorgan eine Sympathie
bestehe. Namentlich sei die sogenannte nervöse
Taubheit oft nichts Anderes, als ein Leiden der Ver-
dauung, das einen nachtheiligen Einfluss auf das Ge-
hörorgan ausöbe. Diess lasse sich sehr leicht dadurch er-
klären, dass die das mittlere Ohr auskleidende Schleim-
haut in ununterbrochener Verbindung mit der Schleim-
haut des Magens stehe, und recht eigentlich den Cha-
rakter eines Theiles des Verdauungssystems habe. —
Als die geeignete Behandlung in solchen Fällen em-
pfiehlt er die sorgfältigste Begulirung der Diät, ferner
nach Beßnden ein Brech- und Abführmittel, aber ohne
Calomel.
5. Cap. Taubheit, erzeugt durch Krankheit der
Schleimhaut des Schlundes und des Ohres (Gaumen-
taubheit). Nachdem Vf. auf die Wichtigkeit der
Schleimhäute für das Gehör aufmerksam gemacht, u.
nochmals angeführt hat, dass die sogenannten Ur-
aachen von Ohrenkrankheiten, sowohl was Häufigkeit»
als Bedeutung betreife, allen Übrigen weit voranstän-
den , empfiehlt er hierbei besonders den Katheteris-
mus der Ohrtrompete. Dann kommt er zu dem Ohr-
flusse, den er ebenfalls als eine Krankheit der Schleioi-
haut ansieht, hierauf zur f^er^^^eru»^ der Man»
dein, über welche Gegenstände er einige gelegent-
liche Bemerkungen macht, und führt zuletzt noch die
hitzige und chronische Ohren tzün düng, die Verstopfung
der Eustachischen Trompete , polypöse Gewächse in
der Trommelhöhle oder dem Gehörgange , als durch
Erkrankung der Schleimhaut bedingt, an. — Jetzt
kommt Vf. zu der Prophylaxis^ dann zu der Behand^
iung der Ohrenkrankheiten im Allgemeinen , hierauf
giebt er die Behandlung bei Verengerung der Ohr-
trompete an, bei Polypen im Gehörgange und Mittel-
ohre , und bei der Vergrösserung der Mandeln. In
Bezug auf die Einwirkung der leutem auf die Ohr-
trompete bemerkt er, dass man dieselbe oft nicht mit
dem Auge wahrnehmen könne , wohl aber mit dem
untersuchenden Finger. Er führt an, dass er, wenn
es noch nicht zur Verhärtung gekommen sei, örtliche
Blutentziehungen, Gegenreize , Brechmittel u. Jodine
für die besten Mittel halte ; sobald aber die Mandeln
bis zur Verhärtung entartet waren , mussten sie ent-
fernt werden, u. empfiehlt zu diesem Zwecke beson-
dere (auf Taf. IV abgebildete) Instrumente.
Das 6. Cap. handelt über den pathologischen Zu-
sammenhang zwischen Hals und Ohr , wobei Alles,
was bereits kurz erwähnt wurde , weitläufig wieder-
gekaut wird. — Das 7. Cap. spricht von den Ver-
stopfungen der Nase, im Zusammenhange mit Gehör- -
schwäche (Nasen- und Gaumen taubheit), wobei Vf.,
nachdem er das Bekannte und schon mehrfach Er-
wähnte nochmals wiederholt hat, eine Nasengaumen-
sonde, zur Beseitigung der Verstopfung in den Nasen-
gängen, und ein Bohr nebst Flasche , zum Beinigen
und Ausgurgeln der hintern Nasenlöcher und der Na-
sengänge, des obern Theiles der Schlundhöhle und
der Mündungen d. Eustachischen Trompeten empfiehh.
Hierzu gehört Taf. V und VI.
8. Cap. Statistik der Taubheit. Zuerst
eine Statistik der im Jahre 1842 in das Hospital auf-
genommenen Kranken, deren Gesammtzahl 544,
nämlich 320 männliche und 224 weibliche betrug*
Dann folgt eine statistische üebersicht von lOOÖ
Fällen , 696 männlichen , 304 weiblichen , aus Vfs.
Privaipraxis u. von andern lOOO Fällen, 622 männ-
liche , 378 weibliche , aus den Büchern der öffeni-
liehen Heilanstalt. Bei der Aufzählung von allen
diesen 3 verschiedenen Arten ist ab^r das eigentliche
Wesen der Krankheit nirgends erwähnt worden.
In dem 9. Cap. giebt Y. die besten Verhaltungs-
maassregeln bei unheilbarer Taubheit an. Er sagt,
dass dieselbe selten von wahrer nervöser Schwäche
des Gehörnerven abhänge, oft von Dyspepsie» und
bisweilen mit einer eigentbUmlichen Beizung der Ner-
ven verbunden sei, welche namentlich bei Beetho-
ven suttgefunden habe. Er empfiehlt das Absehen
8»
Y««iaUy, diaT«iiUi#i|.
des tiufrQekanmt ah Braau, «od den ^.gutw Raii
für T0ui0'' <kr Mim Martin«««, Er wi4lfarlUi ftri-
lieh« Mwohl, ala allgemeiiie BiutenUeerQogeA, djra^
aliaolw AbmiirmiU«! , d(«a G«bratt«li des Cbinina u«d
das apata ikttn>l«ibeQ b«i Nacht, *^ Oaa 10« Cap^
ba«d«lt kiira voo den ObrUOQ»p«i«n, luid «r «inpft«hU
biesbei diejanigen der Miss Narliiveau , ^% Dunk&'^
sehem MrhSrntr, das fFnhsUr'sche OtopAonitim,
waral ab«r gegen d«o sogeaannUD Stimmkitir.
li. Cap. Ueber eine neu« Bebandlungswaise
der Taubheü, wenn ikeü weiser oder gänzlicher Ver-
lust des Troraooelfells dabei zugegen ist, mit od. ohne
glaichzoiligen Ohrfluss. (Dieses Cap. ist einzig u. allein
ein ungeordneter Wiederabdruck mehrerer inderLan-
cet (vom J. 1848) enthaltener Aufsätze.) Die frag-
liche neue Behandiungsweiee selbst besteht in den
Yor 2 Jahren bereits durch die genannte Zeitschrift»
und andere Aufsätze in Frankreich und in Deutsch-
land bekannt gewordenen Einbringen von befeuck-
teier Baumwolle bis an den Rest des Trommelfells.
Diesem Mittel ist nur bei Durchlöcherung , oder Zer-
aitfruj^ und Verschwärung des Tromntelfells anwend-
bar, und zwar nicht allein bei einfacher, sondern
auch bei dem damit verbundenen (so schwer heilba-
ren) innern Uhrflusae. Der Vf. hat sich «ine eigne
Zange anfertigen lassen , um die Baumwolle an die
r«ch&B Stelle baquAoi bringen z« köMm. Fir
Krank« • di« sich die Baumwolle » da si« täglich «c^
neuert werden mu«a . seihat einbringea wtolUa . bat
^ ein« Sande , aa der einen S«it« mit «io«iA Kii4p£-
dien, an d«r andern ipi^ einer Schraub« madiaa
laaseii.
Zuletzt handelt er „Mer die künstlieke DwFd^
bohrung des Tromme^elis*^, woze er ahnltelie b-
dicationen auPsteIh, als Ref. in seinen ,,Erfakrwh
gen** %. 487 , S. 292 , während anch er die vaa
Krämer angegebenen niebt für stichhaltig hstt I«
der Operation empiehlt er ein verbessertes Fahrtti-
sches Instrument. 9. Taf. II. Er stellt <lid AnsidK
auf, dass gegenwärtig far <fiese Operation ete nenci
Feld eröffnet sei, indem man, naehdem sie gvnuKbt
sei, die befeuehtele Baurawoffe anwenden kMne.
Die Uebersetzung ist gut und fliessend ; dock
halte der Ueberscizer die Abhandlung dber die kflnst-
liche Durchbohrung des Trommelfells in das Inhalt«-
verzeictkniss mit aufnehmen sollen (wenn es Midi vom
Vf. unterlassen worden ist), md Taf. II dabei eitiren,
um so mehr, da eine besondere Besehreihnng drr
Tafeln fehlt. — Papier, ^uck nnd die Steintafeia
sind vorzflglieh, der Preis billig.
E. Sehmall.
N«ii«r« BeiUnittiBl iui4 lutrimeato in HandeL
Wnemäl uo« Aim, fftr nedicisiacbe Zwecke als iokt «. rtin
«arsntirt, durcli Df. Raodard zu toits^ bei S^Unt
(Beucbe du Rhone).
BIatin'8 selbsttaugende S^hriipßHpfB (ventomes a
reföulement) aus vulkanisirtem Kautschuk, welcher vor
den Aufsetzen der S^hröpfkopf-MändMOg zusaquoeogedrackt
wird und durch seiq WiederaufhISheo saugt. Paris bei
Mathleu, chir. Instr.-M acher , Rue de Tancienne Com^
die No. 28.
ÖMonometer nach Schönbein's Angaben (eine Kapset mit
700 Stack sorgfältig bereltetoii Jodkalininstarke- Papiers,
Fafkeoscsls nnd Gebraichsanweisung) beln Bucbbiedar
B&rgi 4u Basel. (Prds i Fl. 12 kr.)
JneiemiMßke Waoktpräperet» vqq i. t. d Irioi in Brsun-
ichweig. 1. Ein vqb Oben geöffneter meoichlicher Schl-
4el « in welchem die Ursprünge sämmtlicber Gehirnnerren
und ihr Verlauf innerhalb der ScbädelbÖhle zu sehen sind.
Das TerMngerte Mark und die Gehiratbeile, weloke iee Nw-
Ten zum Ursprünge dienen , sind in der natürlichen Lage
erballAD, and our so viel von ikoeo entt^roi, als die deut-
licht Ansicht des NenenvecUufea erfordert. Speci^U ausge-
führt sied an diesem Präparate auf der einen Seite die Ner-
ven der Augenhohle, und auf der andera Seite die Arterien*
derteiben. Ausserdem sind aef der Nnken Saite dieNeneo
des initm Gekdvoqjane, der Nerwu, aeusügue, dm Fe-
oieli* mit dar Ckerda tymfani «nd dee Nwipettem
wperficiuleä y so wie auch das blosa^etegte Labjrialb
dargestellt. (Preis 6 Frd'or.)
II. Das verlängerte Mark end dje Tbeile des Gehirn«» a«
denen die Gehimnerven entspringen, so praparirt, dass die
Ursprünge sich klar darstellen. (Preis */i Frd'or.^
m. Die bekannten Heine man naschen, im vergroMotea
Maassstabe dargestelfte» Gehörorgane, durcfagesekeo voe
Dr. Krukenberg u. Vicfr-Prosector Fäaebtck. (Pnis
4 rrtfor.)
Die «raten beiden GegeBstend« sind eben^RUa unter d«
Leitung der genannten Herren ausgeführt , und können die«
drei Präparate binnen kurzem auf Bestellung angefeitigl
werden.
To des fall
Am 11. März d. J. verschied an Longentobe|kal9^
Dr. BennoReinhardt, 33 J. alt, Proaect. an d. Ckarit^
zu Bedin, MUherauageber des Archivs f. pathol. Anat. n.
Pbysiol. , bekannt durch mehrfache, wertbvolfe Arbeiten.
Einen kanea Nekrolog desselben von Lenbnecker eoh
hak Nr. 13 des deutschen Klinik.
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JIHUOCIU
der
in- and aasländischen gesammteB Medicin.
Bd 74-
1852.
M ^.
L AUSZUGS.
I. MedieinisciHi Physik, Chemie wä BotaalL
46g. XeieBeobiditiiueitkerdieKqrrtalle
dii lUsvaaen- n. Fischbuites ; von o. Funke.
(H. u. Pf.'s ZUchr. N. F. li. 3. 11)52.)
Ich habe meine Untersuchungen über die fitrher
von mir beschriel^ne (Jahrbb. LXX1. 8) Krystalibil-
dung im Mtlz?enen - und Pischblute wieder aufgenom-
men, einerseits um der ErtLcnntniss der Bedingungen
dieses Phänomens, der Eigenschaften und des Ur-
sprungs der krysullisirenden Substanz nJlh^r zu kom-
men , andrerseits um das Verhultniss meiner Beob-
achtungen zu den bereits frflher von Andern beschrie-
benen Blutkrystaflbildungen zu eruiren. Folgendes
sind die wesentlichsten Ergebnisse meiner Versuche,
welche ich der leichten Erlangung des Materials we-
gen hauptsächlich mit dem Blute einiger Fische (Leu-
ciscus tlobula, Gyprinus erythrophtahnus , Abramis
blicca) angestellt habe.
bringt man einen Tropfen des «nmitielbar nach
der Tödiung der Thiere aus den Herzen gelassenen
Blutes noch vor der Gerinnung auf eine Glasplatte
anter Deckblättchen, iSsst ihn einige Zeit verdunsten
und aetzt dann eine äusseret geringe Menge Wasser
zu , so verwandein sich nach einiger Zeit sämmt-
Jiche BJbUkdrpercken in RrysUdle , d. h. in kleine,
achmale, rOthlichgenurbte Kryalallatltbchen mit zuge-
spitzten oder scharf unter nüisaig stumpfem Winkel
abgeschnittenen Enden, von etwas grosserer Länge,
aU der Durchmesser der Blulki^rperchen beträgt.
Dieselben liegen in ebenso dichten llaufep , als vor-
her die Blutkörperchen, in einem völlig farbleaen,
bliitkOrpercbenfreien Medium, und verwandeln sicJi
«nf neuen Zuaatz von wenig Wasser wieder in Blut-
körperchen, indem die aie umachlieasende flailen-
naombran sich wieder aufbläht» der ILryslall darin sich
M«a. ^itärha. B4. 74. HA. t.
lost und so wieder eine flache , ovale , rothgeflrrbte
Scheibe gebildet wird.
Setzt man zu einem wie vorher vorbereiteten
Blatstropfen etwas mehr Wasser« etwa das halbe
Volumen , so tritt nach einiger Zeit eine den EisUu-
men an gefrorenen Fenstern ähnliche verworrene
Krystallisalion ein, es entsteht ein dichter Tilz feder-
buschartig vereinigter, meist unregelmässig begrenzter
Krystallnadebi von der Farbe der Blutkörperchen,
zwischen denen hier und da farblose Lakunen (mit
den Kernen der FischbluUellen) sichtbar sind.
£& iat dies» eine Obereüte KryntaUbiidinig* die
Multeriauge iat vor der VoUendttng der Kryttalie su
etark verdunstet. Setst man zu eiMm Wutotraflan
etwa das gleiehe V#lumen Waaaer, ae entMehen naeh
etwas längerer Zeit, als vorher, greeee, aoharf W-
grenale, von einander iselirle Kryaialle, welche Iheile
ala viersetlige Priai^en, 4heils ala flache, lange filfltler
erscheinen, an den Snden entweder aagea|^tiBt« edar
, unter verschiedenen stumpfen Winkeln geradlinig ab-
gestumpft, oder unregelmässig begrenat, wie abge-
brochen sind. Sie erreichen oft eine Länge von meh-
reren Linien, sind dann aber meist nnregeinrässig
gestaltet , und liegen entweder einzeln , oder (wo
vorher dichte Bluizellenschichien sich beftinden) in
dichten Netzen , oder wirlelfOrmigen Brasen zusam-
men in einem je nach der Masse der gebfldeten Kry-
stalle mehr od. weniger entfärbten, doch nie ganz
farblosen Medium. Die Krystalle selbst sind gelbrolh
» (zinnoberähnlich) gefärbt ; die Stellen, wo sie gebil-
det sind,, sind schon mit-blosen Augen an der terfn-
derten Farbe zu erkennen.
Bei ZusaU von sehr viel Wasser tritt erat sehr
apät, und dann nur eine sehr unrcgelmäaaige KryaUl-
38 ^
274
L Medicinische Physik, Chemie u. Botanik.
lisation meist in Form dichter Hecken haarfeiner Na-
deln längst der RSlnder des DeckblSltchens oder rodi-
meniarer Schdppchen ein. Die KryslallbilJung Iriü
unter den genannten Bedingungen 2/;7/eA/^ar jedesmal
ein ; doch kommen nattlrlich die verschiedenen be-
schriebenen ModiGcalionen hau6g promiscue vor.
Auf Zusatz von Alkohol zu Fischblut tritt sogleich
Coagulation aber keine Krystallisation ein , nur bei
Behandlung mit stark wasserhaltigem Weingeist, wo
erstere unvollkommen ist» zeigen sich zuweilen ver-
einzelte Krystallrudimente. Aether bewirkt im Fisch-
blut gar keine Krystallbildung.
Auch das menschliche MUzvenenblut krystalli-
«sirt, ich habe es neuerdings zu wiederholten Malen
untersucht, und muss in Bezug auf meine frühern
Mitlheilungen bemerken , dass ich sein mikroskopi-
sches Verhalten in allen Beziehungen dem desPferde-
milzvenenblutes gleich fand , dieselbe enorme Menge
farbloser Zellen, dieselbe Beschaffenheit der farbigen,
dieselben farblosen KOrnchenzellen, dieselben runden,
gerinnselartigen Körper, keine blulkörperchenhaltigen
' Zellen. Das Milzvenenblut eines Leukaemischen sah
dickem Eiter ähnlich, indem die farbigen Zellen durch
Fäulniss zerstört, und nur die zahllosen Haufen farb-
loser übrig waren. Das normale Milzvenenblut kry-
Btallisirte spärlich auf Wasserzusatz, nachdem die
farbigen KOrperchen ausserordentlich lange der Ein-
wirkung des Wassers widerstanden hatten, das leu-
kämische krystallisirte ohne Wasser bei freiwilliger
Verdunstung, da die Hüllen der Blulzellen in ihm
schon zerstört waren. Neben der prismatischen Form
'bildeten sich in diesem zweierlei durch ihre Winkel
verschiedener rhombischer Tafeln, Die einen waren
klein, dunkel gefärbt, lagen isolirt, ihr spitzer Win-
kel betrug im Mittel 7d<^ 23', der stumpfe demnach
1060 37'. Die andern waren gross, blass, fast recht-
winklich (der spitze Winkel = 880 30', der stumpfe
CBS OfO 30'), lagen in cliolesterinartigen Geschieben
zusammen. Auch aus Fischblut gelang es mir, rhom-
bische Tafeln zu erhallen, aber wiederum mit andern
Winkeln. Die spitzen waren im Mittel der zahllosen
Messungen theils 40^, theils 50«, theils 620.
Schwierig ist es , zu sagen , in welches krystal-
.lographische System die beschriebenen Krystalle in
ihren zwei anscheinend ganz verschiedenen Formen
gehören. Sie bestehen beide aus derselben Substanz,
müssen sich demnach auch auf ein System zurückfüh-
ren lassen ; es fragt sich , ob diess das rhombische
oder monokünoedrische ist. Ich habe mich aus hier
nicht weitläufig zu erörternden Gründen für das er-
stere entschieden ; die anscheinend prismatischen
Krystalle sind dann als einseitig stark verlängerte
rhombische Tafeln zu betrachten, es spricht dafür
einmal das häufige Erscheinen solcher blatlartiger'
Formen , welche mit demselben Recht als Prismen u.
als Tafeln ausgegeben werden können, namentlich
aber die Identität 'der Abstumpfuugswinkel der „pris-
-^■»^■«chen** Krystalle mit denen der rhombischen Ta-
feln. Die verschiedenen Winkelgrössen der rhombi-
schen Tafeln haben allerdings etwas Auff^illiges ; da
sie sich indessen nahezu auf einfache TaDgeDlenver-
haltnisse zurückfuhren lassen , so ist diess ein Griui4
mehr für die Annahme des rhombischen Systems.
Die wichtigern wettern Eigenschafteo
Krystalle sind folgende. Merkwürdig ist ihre ausser-
ordentliche Vergänglichkeit; sie bilden steh nicht, wens
das Blut nicht mit einem Deckblätlchen bedeckt ist,
unter diesem aber erhallen sie sich nur so lange, ab
das Präparat nicht ganz eingetrocknet ist. Hebt mao
das Deckblättchen ab , so zerfallen die reichsten , re-
gelmassigsten Bildungen fast momentan zu amorphes
Massen. In Wasser lösen sich die Krystalle ziemlich
leicht, krystallisiren aber nach der Verdunstung dem-
selben wieder heraus, lassen sich zu wiederholtes
Malen lösen, um immer aufs Neue wieder zu erschei-
nen. Neben dieser Löslichkeit erklärt sich die Bd-
dung der Krystalle auf Wasserzusatz folgen dermaas-
sen. Die krystaliisirende Materie ist, wie ich frOber
bewies, und auch aus diesen Versuchen unzweifelbalt
hervorgeht , lediglich in den rothen Blulzellen einge-
schlossen, muss in denselben gelöst, oder durch Ü^
sung aus der Hüllenmembran befreit werden, üb
krystallisiren zu können; vielleicht wird sie aadt
durch das Wasser von andern sie begleitenden Sloffea
isolirt. Setzen wir so viel Wasser zum Blut, dass
die Hüllen der KOrperchen gesprengt werden, so dif-
fundirt sich die gelöste Substanz in der Fltfssigkeit,
und krystallisirl, je nach der Goncentration derselben
früher oder später , vollkommen oder unvollkomraea
bei der Verdunstung heraus. Bei zu rascher Ver-
dunstung erzeugt sich jene übereilte, eisblum^nartige
Formation. War die zugesetzte Wassermenge so
gering, dass die Hüllen nicht zerbersten, so geschieht
die Lösung innerhalb der Blutzölle, und ebenso die
Krystallisation, die Hülle legt sich an den KrrstaU
eng an, bei neuem Wasserzusatz bläht sie sich wieder
sphärisch auf, und wird von dem wieder gelösten
Krystalle ausgefüllt, wie die frische Zelle von ihrem
Inhalt. Sind die BlutkörperchenhUllen bereiu durch
andere Umstände, z. B. durch Fäulniss, zerstört, so
ist auch die kryst. Materie bereits in der Blotnassigkeit
gelöst und krystallisirl daraus ohne Wasserzusatz.
Je grösser die Resistenz der Hüllen gegen Wasser ist,
desto mehr ist davon erforderlich, um Rryslallisatioo
hervorzurufen , desto längere Zeit vergeht bis zu ih-
rem Eintritt. Frisches Blut kryst. daher schwieriger
als älteres , dessen Hüllen bereits zeireisslicher ge-
worden sind ; menschliches Milzvenenblut sehr schwer,
da die Hüllen seiner Körperchen dem Wasser so
hartnäckig widerstehen. Dass das Blut desto schoel-
1er krysL , je mehr man es vor dem Wasserzusatze
verdunsten lässt, ist selbstverständlich. Eine ge-
wisse Menge Wasser ist aber auch als KryslaHwasscr
erforderlich , wie einerseits aus dem Verwittern der
Krystalle an der Luft, andrerseits aus ihrem Verhal-
ten gegen Alkohol hervorgeht. Auf Alkoholznsali
verschwinden nämlich bereits gebildete Krystalle in-
I. Medtcinische Physik, Chemie u. Botanik.
275
I dem sich an ihrer Stelle gerinnselarlif^e Massen aus-
isclieidcn; die krysl. SubsUnz ist (Ktlier in Alkohol
unlöslich, die Kryslalle sellisl zerfallen , weil iliiien
der Alkohol Wasser entzieht, ebenso wie die Alauo-
kryslalle in Alkohol.
Essigsaure lOsl die Kryslalle, ohne etwas Ande-
res an ihrer Stelle auszuscheiden ; bei Fischblut
erscheinen dann in der Flüssigkeit die kleinen blas-
chenartigen Kerne der Blutzellen wieder. Salpe-
tersäure zerstört ebenfalls die krysl. Form, und bil-
det aus den Kryslallen intensiv gelb gef^irbte, dichte,
klumpige Mass^en.
Fragen wir nun nach der chemischen Zusammen-
setzung der Krystafff, nach der Natur der krysl. Sub-
stanz, so steht so viel fest, dass die von mir beschrie-
benen Kryslalle unmöglich aus dem unKlslichen llama-
loidin bestHion ; dass sie ferner nichi aus einem
anorganischen ßestandtheil der Blutzellen gebildet
sein können , dass sie ferner nicht identisch sind mit
den von Kolli ker und Andern in Blutkörperchen
von Fischen und im Milzblute beobacbleten Kryslal-
len, da dieselben überall als unlöslich in Wasser be-
schrieben werden. Mit hoher Wahrscheinlichkeit
lässt sich dagegen annehmen , dass sie aus dem we-
sentlichen organischen Inhalte der Blulzellen, d. h.
aus G lobulin in Verbindung mit Humatin
bestehen. Dafür spricht schon der erste Anblick des
kryst. Blutes, da dessen Zellen unmöglich einen an-
dern Beslandtheil als die genannten in solchen Massen
enthalten können, dass ein ganzes Blutkörperchen zu
einem Krystall wird, dass sich solche Krystallmassen
bilden können. Dass aller Farbstoff in die Kryslall-
bildung eingehl, ist unzweifelhafl; die 6 Procent
Humatin aber, welche die Blulzellen etwa enthalten,
können unmöglich allein jene enorme Krystallisation
bilden. Direct für jene Annahme sprechen folgende
Gründe: Das Vermögen des Bluts zu krystallisiren
wird aufgehoben , wenn der Proteininhalt der Zellen
durch Alkohol coagulirt ist , Alkohol verwandelt die
fertigen Kryslalle in Gerinnsel, Rssigsäure löst leicht
die kryst. Substanz, Salpetersaure verwandelt die
Kryslalle in gelbgeßfrbte coagulaahnliche Massen. Gin
Zersetzungsproduct kann die kryst. Materie schon
darum nicht sein , weil die Krystallbildung im ganz
Trischen Blute und im Herzblute der Fische ebenso
gut als im Milzvenenblut eintritt. Dass man bis jetzt
(ausser Beichert's Eiweisskrystallen) keine Pro-
teinkörper in Kryslaliform kennt, kann natürlich kein
Beweis gegen meine Annahme sein. Ks ist höchst
wahrscheinlich, dass man auch diese Stofle zum
Krystallisiren bringen kann, wenn man durch irgend
welche Mittel sie möglichst rein bei Erhallung ihres
löslichen Zustandes darstellen, und ihren Wasserge-
halt in der erforderlichen Weise wird reguliren kön-
nen. Ich habe in vorliegender Abhandlung ausge-
sprochen, dass wahrscheinlich jede beliebige Blulart,
aus welchem Thier, aus welcher GeHfssprovinz sie
auch sei, zum Krystallisiren gebracht werden könne.
Seit dem Drucke derselben habe ich bereits von vielen
Seilen die ßesUtigung dieser Vorhersage erfahren, u.
sehe einer VcrölTenllichung der bclreffenden Beobach-
tungen baldigst entgegen. Ich habe ferner die gewiss
nicht zu voreilige llolTnung ausgesprochen, dass meine
ßeobachlungen vielleicht wichtige Consequenzen, vor
Allem für die Erforschung der Constitution der Blul-
zellen, nach sich ziehen können.
Scblüsslich habe ich nur einige Worte über das
Verhilllniss meiner Beobachtungen zu den von Remak
(Müller's Arch. 1852. 115) veröfTentlicbten Unter-
suchungen , welche erschienen , als vorliegende Ab-
handlung bereits gedruckt war, hinzuzufügen. Re-
mak h;it oflenbar die von mir bereits in meiner frü-
hem Abhandlung beschriebenen Kryslalle vor sich ge-
habt, wenn er auch über ihr Verhalten gegen Alkohol
und Sauren im Irrlhum ist. Wunderbar ist es, dass
Remak meiner Beobachtungen nicht mit einer Sylbe
gedenkt , obwohl sie bereits im vorigen Sommer in
llenle und Pfeufers Ztschr. N. F. 1. Bd. l.Uft
erschienen sind, obwohl er die Stelle in Kölliker*8
mikroskopischer Anatomie citirt u. bespricht, an wel-
cher dieser hochgeachtete Forscher auch meine Beob-
achtungen zu wiederholten Malen der Erwähnung
würdigt. HUtte Remak meine damalige Abhandlung
gelesen, so würde er gefunden haben, dass ich auch
die von ihm aqsfttbriich untersuchten Gerinnsel des
Milzvenenblutes bereits damals gesehen, beschrieben
und sogar abgebildet habe. (Funke.)
469. Ueber das Torkommen von langan
im menschlichen Blute ; von Burin du Buis-
son. (Rev. m6d. F^vr. Mars. 1852.)
Vf. knUpft seine Untersuchungen an die therapeu-
tischen Erfahrungen Pötrequin's, dass es Chlo-
rosen gebe, deren Heilung bei der blosen Anwendung
von Eisen entweder nicht vorwärts schreitet, oder
welche nach ziemlich erfolgter Wiederherstellung
leicht Recidiven machen, die aber bei einem geringen
Zusatz von Mangansalzen zum Eisen schneller und
gründlich gehoben wurden. Das von M i 1 1 o n und
H a n n 0 n bereits erwiesene Vorkommen des Mangans
im normalen Blute, bestätigt Vf. Man findet es nach
ihm am besten , wenn man die mit einer Mischung
von Salzs. und salpetriger Saure behandelte Asche
so lange kocht, abdampft und in Wasser wieder lOsU
bis sie neutral wird, das Eisen dann mit benzogsau-:
rem Ammoniak und das Mangan endlich mit koblens.
Natron fällt. Vf. erhielt nach diesem Verfahren bei
wiederholten Untersuchungen (10) aus einem Kilo-
gramm Blut 0,078 Grmm. Manganoxyd; und glaubt
nachgewiesen zu haben , dass das Mangan den Blut-*
kugelchen und nicht dem Serum angehöre. SpSter
untersuchte B. das Blut eines Pletharischen , eines
Gesunden und das einer chlorotisehen Fraa. Es
ergiebt sich aus diesen 3 einzeln stehenden Analysen
eine von dem erstem zu den letztern Fällen gleich-
massig fortschreitende Abnahme der Menge der Blut-
körperchen, des Eisens und des Mangans , und zwar
für alle drei KOrper conform in dem Verhältnisse von
*t6
I. Iledidniiche Phyrik, Chemie u. Botanik.
t:A:i,5. l^^lrequioB Aogab«, dass man den
Eisenpräparaten eine geringe (10 — 15mal kleinere)
Quantität Mangan zusetzen mdsse » um die Chlorose
achnell und' sicher zu heiTen , wird demnach durch
das trgebni^s der ehem. Untersuchung begründet, u.
istt wie Vf. bemerkt y im sddl. Frankreich bereits
▼ielfach befolgt worden.
In einem zweiten Artikel widerlegt VT. die von
flannon in Brüssel aufgestellte Theorie der Wir-
kung der Metalle in der Chforöse [allerdings, wie uns
dünkt, auch einige flypothesen in BelrelT der Diffe-
rensirung der Wirkung der einzelnen Eisenpräparate
hinzulegend.]
H. b«lii«pl«f bekanmllicii, dis Tkter Termtfge
^rehffiia keiM aMrganiseb« Subaunt sich zu aasimi«
Hirev, MM^at die Saite« Eiaen u. 0. w. , deren es be*-
tfSife« mtfaaleil «tfUiwendtg ton den Pflanzen erat in
nfganiseVM Verbindungen Obergaflbrl worden seien.
ehe iie der Pianaenf^eaSer und durch diesen mittel-
bar der Flei9ohft*ea8er in steh aufnehmen könnte« VC
mndil dagegen geltend, dasa wir bei der Respiration,
Wie bei der Ingestion sehr Wel anorganische Ka^rper
in luftftlnniger, fUtesiger «nd feaier Perm, z. B.
Sanentoff; Waaaer, Clilomatrinm avfnehmen, welche
d«eb entaebiedeB a«f diese Weise in die Masse des
KBtp€H tfbergeben.
Nach H. kann nun auch der Thier- Organismus
Ml Hltnatin bilden, atmdarn die Pflanzen müssen
daaaelbe mit Halle von Eisen und Mangan, weklH»
sie aus dem Bodeff entnehmen^ für die Thiere vorbe-
reiten. Vf. bemerkt dagegen, dass der allgemein an-
genommenen Hypothese, dass z. B. milchsaures Ei-
seüoiydul in den BTuutrom übergehe und dort direcl
für Bildung der Blutkörperchen beitrage, nichts ent-
geganstehe ; und stellt tum directen Belege dafür M-
gande Erfahrungen zusammen. Zwei Analysen des
Blntea Chlorotischer, von Andral und Gavarret
vor und nach 4w0chentl. Behandlung mit Eisen an-^
geatdlt, «rgeban eine Vermehrung der Blntkürper-
ehen um 28— IOO^/q. H. selbst referiri anderwärts,
dass et sich nacfa iitagigem Gebrauche von laglich
1 Gr. Manganoxyd „pfethoHscb" gefühl| habe; und
Kaninchen geriethen in denselben Zustand , nachdem
ihnen 4 Woch^ lang täglich 1 Gr. eines Eisenoxydul-
aahea eingegeben worden war, worauf daü Eisen mit
dem Stühle abging.
Faraar fttbrt Vf. gegen H. an, dasa die rothe
Snbatans, woiebe allein von den Pflanzen praparirt
in dan Tbierkürper gelangen soU, im Darmkanala der
Pflaasenfreaaer niaht aufiuifinden aei; daaa ja die Ver<-
dauttiigamiUel bei Carni- und Herbivorea ganz diesel-
bin seien ; daaa der Mensch sich von bloaer Fleiach-
brflha ebne rolbcn Blutiarbsiofi au erhalten ver-
niügt*
Eisen und Mangan fand H. von Nutzen in Aer
Chlorose ; andere Falle heilten unter dem Gebrauche
ton Wiamuth, Kupfer, Blei bei gutem Regime. U. er-
klärt die Wirkung der Metalle überhaupt bei CM«n-
tischen aus einer übermässigen Sebwefdwaaaerstof-
eulvcicklung im Darme derselben. Dieses Gaa wirkt
zersetzend auf das Pflanzenhamatin im Darme , indea
es ihm das Eisen entziehe und mache , daaa dasselbe
ai» unlösliches Sulphid durch den Stuhl abgebe. Bie-
tet man nun dem vorhandenen filydrothiongas irgend
ein freies Metall , ao werde es durch dieses geai-
tigt und lasse den Blutfarbstoff eisenbaltig ins Bl«
übertreten.
Vf. erhiSrt sieh die Wirkung des Knpfer , Wia*
muth und Blei als eine reine Nerven Wirkung:, wodurch
diese bei Neurosen des Darmes sonst bewährten Mit-
tel hier mittelbar einen vortheilhaften Einfluss auf die
Secrelion und Absorption ausübten.
Wollte man auch vorläußg dleexcessiTeScbwefel-
wassifrsiuffljililung im Darme zugeben, so zersetil
dieses Gas eben die Eisensalze nicht, wahrend es
Blei und Kupfer allerdings niederschlagt. Und weaa
sich auch Schwefelwasserstoffammoniak bildete, so ist
zu h(»rflrksich(igen, dass bekanntlich kein Reagens aaf
Eisen mir dem Farbstoffe des Blutes unmittelbar eiae
Reaclion giebt. Aus den Versuchen von Engel-
hart und Böse ergiebt sich, dass die Naiar das
Eisen im Hamatin, wie sich Vf. ausdrückt, gerade
gegen den Schwefelwasserstoff, so wie gegen die
noch gel^hrficbern Feinde, die Gallus- und Gerb-
säuren durch Verbindungen mit Altiuminkürperdiea
ü. s. w. habe schützen wollen.
Wenn ferner die Binder auf frischer Weide, wa
bei der bedeutenden Gasentwicklung im Darme sn-
gleich sieh Schwefelwasserstoff bildet, gerade gel
gedeihen, statt anämisch oder chlaroiiscb an werden;
wenn nach Berzelius der Schwefel als Heilosilicl
sieb im Darme mit Wasserstoff verbindet , nnd wena
H selbst gerade deshalb den braunen Schweld in
Zustande» , wie gegen scrophiilüae Infiltrationen« wa
er gewiss die Anämie nicht künstlich vermehren will,
emphielt, ao dflrAe diese an sich schon nnaichei«
Theorie, weil die übermassige ScbwefelwaBsersteff»
enlwicklung im Darme Chlwotiaeher durchaus nnbe»
wiesen ist, vollends in NicbU serfaUen. Naeb Vf.*i
Anaicht führen die Nahrungsmittel uns nur die Hanpi-
elemenle der llamatine zu , sie selbst bildet sieb ecat
im Blute.
In Betreff der therapeutischen Wirkung in der
Chlorose zerfallen nach ihm die Eisen- und Mangan-
Präparate in 2 Klassen. 1) Die Salze der Or^äe,
sie sind nur als Adstringentia oder Tonica im weilen
Sinne zu betrachten (Bouchard a't, Soubeiran),
welche blos anf die Nerven und auf den ganzen Ver-
dauungskanal einwirken ; einigermaassen analog de»
Wismutli, Blei, Kupfer, welche vorzüglich die chlo-
rotische Gastralgie heilen. Eine 2. RIasae bilden die
Oxydulsalze, besonders die organisch - aanren , die
als Tonica analeptica od. Bestituentia (Tronssean)
anzusehen sind, indem sie I) auf den Magen nnd die
Nerven wirken, 2) in den Blutstrom eingedrungen
I. Vediciiiisdto Miyift, Chemie n. ftoCanik.
877
lienseften mit HümaiiiiB-lfateri«! versehen, welches
der kranke Magen nicht mehr aus den I^ahrungsmNteln
extrahlren konnte. Letztere also wirken vTs Meifi-
camenle im Darme und als Nahrorrgsmittef im Blot-
ftfrome, indem sie tur Bildung neuer Blutkörperchen
beitragen. (Ubfe.)
47d. Veber die letoMrpkose iergeflrUM
BlatkOrperriieil und ikres InhmlU iM extrmvamrtmk
und »ioekendem Mut; fon J. 9e* Sa»derson;
(Montbty Jeurn. Sept. ftee. 1851.)
" Vr. beahsicluigt , durch die UiUheilung vorliegen-
der Beobadilungeu zu beweisen , dass keine der bei*
den anlagonisiischen Theorien aber -die Function der
Mib voltkommen baUbarsei, indem er die wahreBedeu-
lung der Thalsacben, auf wekbe dieselben hauptsach-
lich basirl sind » zu eruiren sich bemüht bat. Die
Untersuchungen Vfs. betreiTen daher haupli>achlich
die vielbesprochenen, vielfach gedeuteten blulkOrper-
chenhaltigen Zellen u. diejeNigon Bihlungen , welclie
man als deren weitere Umwandlungsstufen beschrie-
ben bat, Nach einem kurzen historischen Ueborblick
der über diese Gel)ilde gepflogenen Conlroversen theilt
Vf. folgende eigen« Beobachtungen mit.
Vf. glaubt sich tlherzeugt zu haben, dass in vOYlig
normalem Znstande die Milz nie blutkOrperchen hal-
lende Zellen enthalte, und sciilies»! daraus, dass diese
auch nieht in einer constanten Beziehung zu einem
phyftiologiachen Process in derselben , wie zu der Bi^
diiog neuer Blutkörperchen stehen können , dass sie
vielmehr in dieselbe Kategorie mit denselben in rein
pathologischen Producte« Torkommenden Gebilden
geboren , mit denen sie auch die Bedingungen ihrer
Entstehung gemein haben. Zunächst erwShut er die
beim HOhnerembryo etwa am dritten Btbrütungs-
tage entstehenden „BJutiaseln** welche, wie die frag«*
li«ben Zelkn, aus BlutkOrpercbenhaufen , die von
einer Zelleiimembraii umgeben zu sein scheinen , be-
alehen. Sie verdanken ihre Bildung nach Vf. einer
partiellen Blulstockuag ; ihre Deutung erbellt aus den
folgeaden Thatsacbett, Bei einer Wiederholung der
K 0 1 1 i k e r ' sehen Versuche • blutkOrperchenhallende
Zeilen in Gehirawunden bei der Umwandlung des ge**
bildeten Blulextravasats zu erzeugen, erhielt er fol-
gende ResQltate. Bei Tauben, denen er durch Durch-
sieben einer Heftnadel Gehirawunden in die grossen
Hemisphären beibracht«, zeigte sich drei Tage nach
der Operation das Gehirn in der Umgebung der Wunde
f^elbgrün gefärbt und erweicht, die Wunde selbst
mit einem Gerinnsel erltllll. Die erweichte Partie ent-
hielt 1) zellenahnlicbe KOrper mit deutlicher Mem-
bran, erftfllt mit feinen Molekülen und einzelnen gros-
sem Olig-albuminOsen [?I] Granulis; 2) ahnliche
Korper, vollständig mit Olig-albuminOsen Granulis
erfflilt (corps granoleux); 3) ahnliche KOrper, welche
neben jenen Granulis ausgebildete Blutkörperchen,
von derselben Beschaffenheit wie die freien , enthiel-
ten. 7 — 8 Tage nach der Verwundung war die
Wände nur noch an einer gelben erweichten Stelle
zu erkennen. Diese enthielt ähnliche aber kleinere
scbarfbegrenzte KOrper, welche neben jenen Grannlrs
eine gelbe» feine Molekularmasse und einzelne verän-
derte Blutkörperchen umschlossen , gegen Wasser u.
EssigHUure sich indifferent verhielten. Bei einer
Taube enthielt 9 Tage nach der Verwundung die gelbe
erweichte Gehirnmasse ähnliche mit Granulis, einer
hellen Molekularmasse, und einem deutlichen, meist
excentrischen Kern versehene Gebilde, wahrend eia
kleines Caagulum Haufen einer ochergelben, amorphen
Materie, an denen sich keine umgebende Zellenmembran
erkennen liess, enthielt. Vf. scbliesst aus diesen Beob-
achtungen 1) dass Kolliker's Annahme von einer
Umhflllung der Blutkörperchen durch ein Zellenmem
brau vor ihrer weitern Umwandlung , durch sie be-
wiesen werde; 2) dass bei der Bildung jener granu-
lirten KOrper die Membran sich erst naclitrjfglich um
den aggregirten Inhalt bilde. Die bhilkOrperclien-
baltigen Zellen halt er für identisch mit die*
sen granulirten KOrpern , einmal weil sie sich gleicli-
zeitig unter denselben Umstanden erzeugen, zweitens
weil alleUebergangsstufen zwischen beiden vorkommen,
drittens weil, wo keine Hämorrhagie in der Wunde ent-
stehe, auch keine BlutkOrperchenzellen, sondern nur
granulirte KOrper auftreten.
In einem kleinen hämorrhagischen Gehirn extra va-
sat eines Mannes fand Vf. sehr grosse , zum Theil mit
blosen Äugen erkennbare zellensbnliche Körper» vop
denen die einen nichts als unveränderte Blutkörper-
chen in einer durchsichtigen Flüssigkeit, die andern
mehr weniger vollständig in goldgelbe Granula ver-
wandelte Blutkörperchen enthalten. Gr halt diese
Gebilde wegen ihres Mangels an Olig-album. Granniis
für nicht identisch mit den oben bescbriebenen For-
men, welche nach ihm speeifische Producte des Ent-
zündungsprucesses in den Nervencentris zu sein schei-
nen. BlutkOrperehenhallige und mit gelben Pigment-
kOrnern erfüllte Zellen fand Vf. in derselben Weise,
wie sie in der Milz vorkommen , in den Mesenterial-
drüsen, wenn sich in denselben kleine, congestive
Hamorrhagien gebildet haben. Die Citate fremder
Beobachtungen über das Vorkommen ahnlicher Gebilde
in Gehirnextravasaten ond in zurückgehaltenem Hen-
strnationsblut Obergehen wir, und wenden uns zu
Vfs. Hittheilungen betreffs der Milz selbst.^ Er leug*
nei das constante Vorkommen mit vOllig unversehrten
Blutkörperchen erfollter Zellen in der Milz der Sau*
gelhiere , so wie das von L a n d i s behauptete Ver-
haltniss ihrer Menge zu der nach der Ftttterung ver-
flossenen Zeit, u. schiebt die Ursache dieser Behaup-
tung theils auf eine Verwechslung von mehrkemigen
Zellen oder Mutterzellen mit blutkOrperchenhaftigen,
theils auf die unvollkommenen Mikroskope, deren man
sich auf dem Gontinente bediene [!]. Auch in der
Milz frisch eingefangener Amphibien leugnet er das
constante Vorkommen der fraglichen Bildungen , und
lasst ihre Gegenwart nur bei Thieren, die in der
Gefangenschaft herabgekommen sind, gelten. Uebri-
gens beobachtete er ganz dieselben ftlr blulkOraaiteB
278
I. Medicinische Physik, Chemie a. Botanik.
chenhaUige Zellen angosprochenen Körper in grosser
Anzahl auch in der Leber von Fröschen.
Nach diesen Auseinandersetzungen über die blnl-
körperchenhalligen Zellen gehl Vr. zu den weitem
Umwandlungen der Blulzellen Ober, er nimmt folff'^nde
Metamorphosen ihres goHlrblen Inhalts in exiravasir-
lern oder stockendem Blute an, wenn dasselbe lungere
Zeit mit lebenden Geweben in Berührung bleibt: Ein
Theil des Inhalts werde von den umgebenden Geweben
absorbirt, in den meisten Fällen gehe ein Theil des-
selben in die unlösliche Form Aber und bilde so die
verschiedenen beschriebenen, gefärbten Molekubirmns-
sen und Körnchen ; in einigen Fidlen vereinige sich
die färbende Materie mit einem öligen Körper und
bilde so die ölig-albuminösen Granula, oder, doch
selten, vereinige sie sich mit einem krystallisirbartm Fett
zu gefärbten Krystallen , oder mit einer krystallini-
sehen Eiweissmalerie zu geHlrbten eiweissarligen
Krystallen, Diese Veränderungen könnten in Verbin-
dung oder unabhängig von der Entwicklung der be-
schriebenen Zellenbildungen vor sich geben , würden
jedenralls durch letzlere nicht modificirt. Als Bei-
spiel für die Umwandlung des Blutkörpercheninhalts
in eine körnchenförmige oder amorphe Masse führt
Vf. neben den obengenannten Fallen von Gehirnexlra-
vasalen einen Fall an , wo in einer Markschwamm-
geschwulst der Lunge eine um ein Blulextravasat
herum befindliche, rothgelbe erweichte Partie neben
den gewöhnlichen Markschwammzellen theils mit ölig-
albuminösen Granulis, theils mit halbgoldgelben Pig-
mentkernchen erfüllte Zellen enthielt. Jene Körn-
chen halten verschiedene Grösse und Form, wahrend
einige als geschrumpfte Blutkörperchen erschienen,
zeigten andere eine feine Molekularform. Vf. glaubt
sich durch diese Beobachtung berechtigt zu schties-
sen , dass diese pigmenthaltigen Zellen identisch mit
den Krebszellen gewesen seien , dass die Benennung
der letztern, wenn wir Zellen in Zellen finden; als
„Mutterzellen*' oft falsch sei, dass sich gewiss in vie-
len Fallen die äussere Zelle erst nachtraglich um die
innern bilde.
In dem Mesogaslrium eines Frosches fand Vf.
eine hämorrhagische Geschwulst, deren Inhalt neben
Fettmolekulen aus theils freien , theils in Zellen ein-
geschlossenen, feinen, grasgrünen Molekülen, welche
durch Essigsaure, Schwefelsaure, Aetzkali nicht ange-
griffen, durch concentrirte Salpetersaure entfärbt wur-
den , bestand. An der innern Seile der fibrösen
Wand fanden sich zellenahnliche Körper, welche in
ihrem Cenlrum maulheerförmige braungelbe Pigment-
körnchenconglomerate enthielten. Die Membran der
Zellen zeigte ccfncenlrische Linien, war unlöslich in
verdünnter Essigsaure, Aetzkali und Salpetersaure,
löslich in concentrirler Essigsaure. Die grasgrünen
Pigmcntköruchen halt Vf. für Umwandlungsproducle
des Biutpignienls, wie sie durch eine Lösung und
Verbindung desselben mit einer öligen Materie erzeugt
werden [den Reweis bleibt er natürlich schuldig].
_i>ie eigenthümliche Zeichnung der letztgenannten Zei-
lenmembran führt ihn zu dem Schlüsse, dasis jene
Körper und vielleicht die Mehrzahl analoger Gebilde
niciil eigentlich als Zellen, sondern richLiger, alt
solide Körper zu betrachten seien. Dazu heslimiDt
ihn namentlich auch der Umstand, dass neben du
Bildungen» welche eine von ihrem Inhalt deullidi
abgegrenzte äussere Gontour zeigen , Jiaufig solche
vorkommen, in welchen diess nicht der Fall ist, son-
dern die einzelnen Parlikelehen des inhaUs nur durch
eine durchsichtige Zwischensubstanz zasaiumeoi^
klebt erscheinen , dass man häufig Congloraerate voi
Blutkörperchen oder Pigment finde , von denen nicht
ein einziges die Gontouren einer umgebenden Mem-
bran zeige. Einige von den blolkörperclienballigen
Zellen seien indess entschieden blasenförmig, wiesidi
ergebe, weun man sie in Wasser unter dem Mikro-
skope rollen lasse. Vf. entwirft daher folgende
Theorie der Entf^tehung aller hierher gehörigen Bil-
dungen : zuerst bilde sich ein sphärisches Conglome-
rat des betreffenden Inhalts , dessen Beslnndtheile
durch eine structurlose Zwischensubstanz zasanoroeih
gehalten seien ; letzlere wachse durch Apposition aa
der Oberfläche und gebe so das Ansehen einer Zelleo-
membran ; in einigen Fallen erweichen nun die cen-
tralen Partien dieser Substanz , wahrend die aussen
sich zu einer wirklichen Zellenmembran umhildeD. ■.
den freigewordenen Inhalt umschlieasen.
In dem zweiten spatern Artikel Vfs. Ober densel-
ben Gegenstand bringt er zunächst Beweise bei, dass
die beschriebene Umwandlung der Blutkörpereben in
gelbes Pigment unabhängig von der Erzeugung umge-
hender Zellen vor sich gehe, indem er Beobacbtungcs
aufzählt, wo dieselben Umwandlungen ohne alle Zel-
lenbildungen erscheinen , oder wo wenigstens eta
Theil des Pigments frei bleibt, ein anderer mehr od.
weniger sphärische Congtumerate bildet, und wendet
sich dann zu der Beschreibung einer andern Um wavd-
lungsarl des ßlutkörpercheninhalts , zu der Bildung
gefärbter Krystallc. An dem Schädel einer Tanhc
fand er eine Geschwulst, deren dunkler. saftgrOner
Inhalt runde, ovale oder unregelmassige, scharfbe-
grenzte kernhaltige Zellen enthielt, welche Iheils mit
stark lichthrechenden , farblosen , Olig-albuminösea
Granulis, theils mit geIhgrUn gefärbter Holekular-
masse, theils mit dunkelgelbrothen, rhomboedrischca
(Winkel = IIS« und 62») Krystallen erftilU waren.
Alle die genannten ßestandtheile des Zelteninhalb
fanden sich auch frei in der übrigen Masse.
Indem Vf. die Bildung der fraglichen Umwandlua-
geu der Blutkörperchen in der Milz für pathologische
Erscheinungen hall, führl er an, dass bei dem Zustande
der Milz, den man mit hämorrhagischen Infarct be-
zeichnet, welcher sich z. B. bei Typhus und pemi-
ciösen Wechselfiebern vorfindet, die genannten RQck-
hildungsproducte in den meisten Fallen nicht vorkom-
men , sehr häufig aber bei den chronischen Milzan-
sOh wellungen , welche durch oft wiederholte Con-
gesiionen und damit verbundene Uamorrhagien cba-
rakterisirt sind. ^
1. M«dieiiiiieli« Physik» Chemie «• Botanitt.
879
Schlttsslich theilt Vf. einige Deabachtutigen Ober
die Umwandlungen des BlalkOrperctientnhalts im Cor-
pus luteum mit; er hält den Bluterguss in die Graaf-
sehen Follikel fHr eine zumilige Erscheinung, nicht
aber fUr die wesentliche Bedingung der Bildung eines
Corpus luteum. Die Umwandlungen der Blutkörper-
chen sind dieselben, wie anderwärts, häufig iriOt
man die rhoroboedrischen ziegelrolhen Krystalle [HSma-
toidin] , und halbkrystallinische bröcklige Pigmentkör-
ner [amorphes Usimatoidin]. Weitläufig verbreitet
sich Vr. aber die Bildung des Corpus luteum aus zel-
lenähnlichen, jedoch nach ihm soliden Körpern , von
runder oder ovaler Form* welche neben Kernen fett-
artige Moleküle einschliessen. Die ganze Erörterung
dtlnkt uns indessen nur eine Umschreibung längst
bekannter Thatsachen. (Funk e.)
471. Die organischen Normalbestandtheile
des Harns in med.-diagnosi Beziehnng ; von Dr.
J. Fl. Heller. (Hellers Arch. N. F. 1. 1. und 2.
1852.)
Vf. verspricht im Anschluss an früher veröQent-
iichte Beobachtungen Ober die quantitativen Verhalt-
nisse der mineralischen Harnbeätandtheile, einige fUr
die Pathologie wichtige Thalsachen Über die Mengen-
verhältnisse der or^a/iüe^en Normalbestandtheile des
Urins, welche er „als constante habe festhallen"
können, mitzutheilen. Er betrachtet in dieser Bezie-
hung voriHufig nur den Harnstoff* und die Harn- und
Ifippursdure.
Die Harnstoffmenge übt unter den physikalischen
Eigenschaften nur auf das specilische Gewicht einen
Einfluss aus; dasselbe wird durch Vermehrung des
Harnstoffs erhöht; der Harnstoff wird in dieser Rück-
sicht nur von Zucker, Eiweiss und Blut überlroffen.
Eine dunklere Färbung bei saurer Reaction (Meningi-
tis» Rheumatismus acutus, Endocarditis) ISIsst indes-
sen auch auf vermehrten Harnstoffgehalt scbliessen.
Bei kräftiger Nahrung und Bewegung, bei geregeller
Lebensweise tritt im Allgemeinen eine f^'^ermekmng
des Harnstoffs ein ; ebenso in Krankheilen mit gestei-
gertem ,,Verbrennungs- nebst Umselzungsprocesse".
So findet Vf. die grOsste Menge im exsudativen Sta-
dium der Enlzttndungskrankheiten , wo die Quantität
des Urophai'n , der Harnsäure , der Sulphale und des
pliospbors. Alkalis zugleich erhöht ist; bei Abnahme
derselben mindert sich auch der Harnstoff, während
die Zahl der Chloride steigt. Uebrigens bemerkt Vf.,
dass es ihm gelungen sei, das UrophaYn im normalen,
leichter noch, im entzündlichen Blute nachzuweisen.
Im Typhus zeigt sich anfangs eine geringe Vermeh-
rung, später eine Verminderung des Harnstoffes.
Bei der f^erminderung desselben ist zu beachten,
ob dieselbe eine sog. primäre ist, d. h. eine solche,
wo sich kein kohlens. Ammoniak zugleich im Urine
findet, in welches der Harnstoff zersetzt sein könnte;
oder ob der Harn von kohlens. Ammoniak alkalisch
reagirt , in weldiem Falle die- Hacnsloffverminder iing
eine secundsre to nenoen ist. Letclere^ftndet sich
bei Cystitis, Urolithiasis, weil durch den in grösserer
Menge abgesonderten Schleim eine Zersetzung des
ursprünglich gebildeten Harnstoffes bereits in der Blase
eingeleitet wird ; ferner in den spatern Stadien des
Typhus, ohne dass ein Blasenleiden vorhanden ist.
Eine primäre Vermmderung des Harnstoffs tritt hin-
gegen nach H. ein bei den „der Entzündung ent-
gegengesetzten*' Krankheiten und solchen, wo der
Stoffumsatz ein geringer ist, bei Nierenentartun-
gen , Tuberkulose, chron. Neurosen und anämischen
Zuständen.
Die Harnsäure u. Hippursäure kommen in grös-
serer Menge eher im dunkeln als im lichten Harne
vor. Um die Abhängigkeit ihrer Quantität von der
Diät zu Studiren, genoss H. 8 Tage lang blos Schwarz-
und Weissbrod und trank Wasser dazu. Eine reich-
liche Menge von Hippursäure trat an die Stelle der
Harnsäure. Bei einer zweiten Person , die sich
ebenso lange nur von Schwarzbrod nährte, wurde die
Harnsäure ganz von der Hippursäure verdrängt. Einen
Gegensatz zwischen den Absonderungsmengen von
Harnstoff und Harnsäure , wie er nach dem Vf. von
Manchen angenommen wird , konnte derselbe nicht
bemerken.
Eine ^ei*mehrung der Harnsäure erfolgt nach
anstrengender Bewegung, nach dem Gebrauche von
Gantharidentinctur, nach deren Aussetzen die Ham-
säuremenge dann sofort plötzlich sinkt. Bei „stär-
kerem Verbrennungsprocesse*' wird auch die Harn-
säure im Allgemeinen vermehrt, so in allen Krankhei-
ten, welche mit Fieber beginnen , und nach schmen-
haflen Operationen. Im Rheumatismus acutus er-
scheint sie vom Uroerythrin tingirt als ziegelrotbes
Sediment ; ebenso bei Endocarditis , während sie bei
Pericarditis normal bleibt oder unter die Normale
sinkt. Bei „Uebergang des Bheumatismus in den
chronischen Gharakter, bei Gicht*' tritt kohlens. Kalk
in demselben Verhältnisse auf, in welchem die Harn-
säure zurücktritt; wenn sie vorhanden ist, bildet sie
ein fast weisses Sediment, welches sich häufig im
Harne suspendirt erhält.
Bei Entzündungen der Brust- und Himorgane
sind 3 Stadien in Betreff der Form und Quantität der
Harnsäure zu bemerken. Im Stadium der Hyperämie:
Vermehrung der Harnsäure , als freie Säure gelöst
oder als solche sedimentirend. Zugleich : Abnahme
der Chloride; Uroxanthin normal; Urophain, Sul-
phale und Harnstoff vermehrt. Beim Beginne der
Resorption ist das harns. Ammoniak und das harns.
Natron vermehrt ; beide sedimenliren gewöhnlich erst
einige Zeil nach der Entleerung. Die übrigen Bestand-
theile zeigen noch keine Veränderung, mit Ausnahme
der Chloride, welche abnehmen. Der eigentliche
Resorplionsharn soll sich durch harns. Ammoniak
auszeichnen, welches aber bald abnimmt, womit so-
fort die Quantität der Harnsäure unter die normale
sinkt. Dabei: Chloride normal ; Harnstoff u» Salf^ -
L MidioMiiidM »hyäk, Qhmm u. ItoUnik.
mrfiol&trtiteH; üfoxanlhin MlMtrackreniiebri; gleicli*
lekiges Auftreten amierer AouBooialurapfaindungtD.
Nicht erheblich ist die Harnsäure vermehrt bei
Peritonitis, Phlebitis, Puerperalprocessen, ebenso
bei Typhus im Beginne, wahrend sie im 2. Stadium
desselben in normaler Menge aultritt.
Vermindert ist dwselbe in AllgeBwi»ea htx tri*-
gern Vcrbrennungsprocesse , bei Anaorien, M sehr
chronischen Leiden ; bei Pericarditis ; im B«siiiid«ni
bei Nieren - und Rftckennarfcsafleeiionen. Erstere
folgen letztern sehr häufig nach He II er 's speeieUer
Beobachtung. Bei Neurosen des Spinalsystems, isl der
HarnsloiT zugleich vermindert«
In den letstgenannten Ftfleii fehlt die Hvrnsflire
a«cfa gtnzlic^. Man »olie sich hflteo, aus dem Niohl*
erfolgen eines Niederschlags mittels SahiHure in ei-
Bern Haree, aus dem das Sediment entfernt oderwel*
eher fittrirt- ist, das Pehlen der HarosXure zu schlies*
Ben ; «ie sei dann eben im Sedimente zu suche«.
Aus de« Beshadüuogen Ober das vermehrte oder
vieniiiDderte Auftreten von Hipptarsäure konnte H.
noch keine semiotischen oder diagnostischen Aahalte-
punkte gewinnen.
Die am Eingänge des letzten Capitels mit grossen
Lettern gedruckte Warnung , ja niclit nach der Starke
dnr sauren Beaciion den Gehalt des Urins an Harn-
siure zu beurtheilen; der. absolute Mangel an Zahlen
bei den» wie es scheint, oft sehr feinen Distinctionen
der Grade der Q4ianliUltssdiwaakungen dererwjihnten
Barnhestandüiefle , die trotzdem in dieser Besiehung
anfgestelUe Tiveanung von augenscheinlich auf sbnli-
cken Processen beruhenden Krankheiten , wie Peri-
earditis und Endocarditis ; die der ganzen paihogene*
tischen Anschauung su Grunde liegende Idee einer
gesteigerten Oxydation in einer Menge von Krankhei-
ten, in welchen offenbar das filut eher mit unser-
setsten Excretionsstoffen Überladen ist, mDgen den
lief, entschuldigen , wenn er anf das Detail des veoi
VC. bis jetzt Gegebenen nicht weiter eingeht , um so
mehr, als 11. heinahe bei jeder Behauptung em^ kttaf*
tige ausfahrlichere Untersuchung verspricht.
(Uhle.)
472. CMait des Huns 4i Statten md
PhOfphftteD bei acuter Charta, Delirium tremens^
€ekimentzünäuMg; von BenceJones. (Med.-chir.
Transaet. XXXI V. 1851.)
Vf. hat in 58 Fallen der genannten pathologischen
Zustande den Harn auf seinen Gehalt an schwefel-
sauren und phosphorsauren Saison in verschiedenen
Stadien der Krankheit geprüft, und folgende fieoln
achtungen darttber gemacht. Leider sind die Ergeb-
nisse darum zu physiologischer Verwerüiung wenig
geeignet, weil Vf. noch immer den alten in Deutsch-
land und Frankreich langst abgestellten Fehler began«
■^^ bat« aios beUebige Pertioa Harn su aaalysinsa.
und aaf unsend nieile 4ie gefondene Hnngn
Bestaadtbeils an berechnen. Die oft »cbemb»fi
yermehrun^ der proceniisohen SehwieAlsAiireAieiy
ist sicher in den melslen Fällen nur anf «ioer
gen, vieUeichl zuweilen gar keiner absakils
derselben begründet, wie daraus einleiichlet^ 4m-
VX, dieselbe in Unsend Theilen eines sehr concentrir-
ten sparsam ausgeschiedenen flanis beslimit, «. ait
der des ncf^maien Harns von milllerer Conceniraties
verglichen hat. Die Resultate von Vis. Beobachtun-
gen bedürfen dabei* einer sehr vorsichtigen Bcw-
theilung.
Im normalen Harn nimmt Vf. folgende Mengca
der fraglichen Sauren an.
Schwefelsäure .-
Nach der Mahlzeit 11,85 Gr. schwefeln. Baryt is
100t) Gr. Harn von 1039,9 spec. Gew.
Vor der Mahlzeit 7,93 Gr. schwefieis. Baryt la
1000 Gr. Harn von 1026,5 spec. Gew.
Phosphorsäure:
Nadi der Mahlzeit 7,22 Gr. phosphorsa w«r Kalk ia
1000 Gr. Harn von 1030,0 spec. Gew.
Vor der Mahlzeit 7,96 Gr. phosphorsaurer Kalk ia
1000 Gr. Harn von 1027,9 spec. Gew.
Bei acuter Chorea aeigten sich, so lange die m-
willkürlichen Muskelaecionen lebhaft vorfuniden wa-
ren, die Sulphate vermehrt, und nahmen bei im
Convalescenz wieder ab ; die Phosphate waren meist
nicht vermehrt, oft sogar vermindert. Vergleiches
wir Vf«. Zahlen mit den Krankengeschichten, so fs-
den wir brirUchlliche procentische Vermehrung der
Sulphate eigentlich nur nach dem Genüsse von schwe-
felsaurer Magnesia, die Zahlen, welche der Harn aus-
serdem gab, abersteigen das obengenannte Mittel ss
wenig (etwa 2 pr. H.) , dass wir in Betracht des ho-
hen specif. Gewichts, und der geringen Mengen des
abgesonderten Harns nur eine sehr geringe abselntc
Vermehrung der (in 24 Std.) ezcernirten Sulphate
daraus zu folgern wagen dürfen. Die gleichzeitige
Verminderung der Phosphate halte wohl » wie Tt
selbst angiebt , meist in der kargen DiSt der betref-
fenden Patienten ihren Grund. Wir geben beispiels-
weise die Zahlen eines Falles von einem Bjshr.
Knaben. t
SO, Bs 0
Phosphate
Tag der
Grad der
in 1000
Spec.
in 1000 n.
Krkbt.
Krkht.
Tb. Harn
Gew.
Bani
6.
sehrbef-
11.25
1030.6,
3.2»
7.
ebenso
10.66
1031.8
2^2
8.
ebenso
11.16
1031,2
2J>4
10.
Nachlass
7.3»
1028.4
3,50
11.
-
3,92
1018.6
t^7
iOS.
-
8,»1
1030^6
IL Anatomie u. Physii
281
Etwas betrUchllicher erscheint die Vermehrung
der Solphate bei heftigem Delirium* tremens ^ 1000
Th. Harn gaben zuweilen 19 — 36 Tli. schwefelsau-
ren Baryt. Aber auch hier ist zu bedenken , dass
der Harn zuweilen ein specifisches Gewicht von 1041,2
hatte , und » je grosser sein relativer Schwefclsilure-
gehalt, desto geringer seine absolute Menge war. Er
war meist so concentrirt, dass er beim Erkalten
dicke Sedimente von harnsaurem Ammoniak (d. h.
harnsaurem Natron) absetzte, und unmittelbar mit
Salpetersaure versetzt, salpetersauren Harnstoff aus-
schied. Die Phosphate waren bei fastenden Patien-
ten vermindert , bei nicht fastenden ungefähr in nor-
maler Menge.
Vf. schliesst aü3 seinen Zahlen auch auf eine Ver-
mehrung der Sulphate und Phosphate bei GeMrnent-
zündufig , wir können diess indess nur für die letz-
tern zugeben ; die Mengen der erstem sind meist un-
ter dem normalen Mittel, dem entsprechend zwar
auch das specifische Gewicht meist geringer, aber
doch die absoluten Harnmeogen meist gering.
Auch die Schlüsse Vfs. aus diesen Beobachtungen
sind , wie wir das leider in der englischen Naturfor-
schung nicht allzuseUen treffen , zum Theil mehr als
hypothetisch, einige geradezu falsch. Die Vermeh-
rung der Sulphate bei Chorea und Delirium tremens
leitet Vf. von der vermehrten Muskelaction , ebenso
wie die meist gleichzeitig vorhandene (relative) Harn-
stoffvermehrung ab. Ware eine absolute Vermehrung
dieser Stoffe nachgewiesen, so wäre insbesondere
der letztere Schluss wohl statthaft; dieser Beweis
fehlt indessen. Vf. erklart die Muskeln für einen or-
ganischen Atomencomplex mit unoxydirtem Schwefel ;
die Muskelaction sei begleitet , wo nicht bedingt von
einem Oxydationsprocess, welcher ausser andern Pro-
ducten seinem Grade entsprechende Mengen Schwe-
felsaure und Harnstoff bilde. Gans analog sei bei
Gehirnentzündungen die Vermehrung der Sulphate u.
Phosphate das Product der vermehrten Oxydation des
Schwefels im Geliirneiweiss und des Phosphors im
Gehirnfeite.
Schlusslich erklart Vf. selbst die mitgetheillen
Resultate für praliminarisch, und eine Bestimmung
der in 24 Sld. excernirten Phosphorsaure- u. Schwe-
felsauremengen für wUnschenswerth, fügt aber hinzu,
dass die Bestimmung der 24stündigen Harnmengen
auch bei der grüssten Sorgfalt des Beobachters „zu
IrrthUmern, aber nicht zur Wahrheit führe*M
(Funke.)
473. Harn bei Harnröhrenverengenmg ; Yon
Prof. Dr. Sigmund. (Heller's Arch. N. F. 1. 1 u.
2. 1852.)
In 33 Fallen beobachtete Vf.
17mal normalen,
8mal solchen Harn , wie „bei chronischem Bla-
senkatarrh,«* d.h. mit Sedimenten von harn-
saurem Ammoniak.
5mal Urin, wie ,,bei Nierenleiden«', d. h. mit
betrachtlichen Mengen von Eiter,
3mal enthielt der Harn Eiter und kohlensaures
Ammoniak.
Von diesen letzten 3 Fallen wurde die Diagnose
auf Nierenabscess zweimal durch die Section bestätigt.
(üble.)
n. Anatomie und Physiologie.
474. Die Bildung der fttr partielle Fnrcbung
bestimmten Eier der Tögel, im FergUich mit
dem Graafschen Follikel und der Decidua des Men^
sehen; von Dr. H. Meckel von Hemsbach in
Halle, (v. S. und Kölliker*s Ztschr. f. Zool. 111. 4.
1852.)
Vf. hall mit Andern fUr das eigentliche Ei nur
das beim Menschen, Saugethiere, nackten Amphibium
und Knochenfisch so genannte Gebilde, und das Pur-
kinje'scbe Bläschen der ttbrigen Wirbelthiere ; alle
llbrigen Theile sind apponirt, und entspricht der
gelbe Eidotter dem gelben Körper des Ovariums des
Menschen , das Eiweiss dem Uterussecrete , die
Kalkschale der Decidua- Schleimhaut des Uterus des
Menschen.
Die Graafschen Follikel des Goldfisches werden
von einer structurlosen Kapsel gebildet, die innen ein
Epithelium tragt. Nach innen liegt eine structurlose
Zona pellucida, die eine leicht körnige Eisubstanz
Med. Jahrbb. B4. 74. Hft S.
mit wandstandigem Keimbläschen und wandstandigen
Keimflecken umschliesst. Zu diesen Theilen werden
von den Abschnitten des Genitalapparates beim Vogel
neue hinzugefügt.
Beim Fcgel (Huhn) zeigt der GraaPsche Follikel
eine structurlose Haut, ein einfaches inneres Pflaster-
epithel, darin die Zona , eine kOrnige Eisubstanz mit
Keimbläschen. Bei weiterer Entwicklung bildet sich
das stark wuchernde Epithelium zu mchrern gelbli-
chen Schichten um, und bildet den Dotter, wahrend
das Ei wandstandig in einer Verdickung der periphe-
rischen Schichten des Dotters , dem Discus prolige-
rus , zu liegen kömmt. Die Bildung des Dotters be-
ruht daher auf einer Epithelialbildung , ganz wie der
gelbe Körper durch Wucherung des Graafschen Epi-
thels (ohne Bindegewebe und Blutgefässe) sich bildet.
Das gelbe Pigment beider Körper scheint vollkommen
identisch zu sein.
Die den Dotter bilMJflfil ^pithelialschichten zei-
36
ssa
n. Anatomie u. Physielogie.
gen eine wesentliche Verschiedenheit. Zunächst an
die einfache Epithelialschicht des Follikels stOsst eine
feine, faltige, feste, aus verklebten Zellen bestehende,
geschichtete Membran , die Dottermerobran , die sich
mit der nächsten aus cubischen Zellen bestehenden
Ober dem Discus abziehen lässt. Die folgende aus
Pflasterzellen bestehende Schicht bildet den Discus.
Nach innen folgen die nur zähflüssig zusammenhän-
genden Zellen des gelben Dotters. Die äusserslen
sind leicht gelblich getrübt, ohne Kerne. Die kör-
nige Substanz sammelt sich in den folgenden zunächst
an der Membran, wird dann discreter und confluirt
schlüsslich zu einem centralen KUgelchen, das Fett-
glanz hat, aber durch Jod gebräunt wird. Alle diese
Zellen zerfliessen, um den Furchungskugeln als Nah-
rung zu dienen. Die Furchung geht aber nur am
eigentlichen Ei vor sich.
Vf. erklärt nun das reife Ei desMenschenu. s. w.,
wie das Purkinje*sche Bläschen für eine vollen-
dete Zelle, und definirt letztere als einen KOrper,
welcher aus mehrern, durch und für einander leben-
den Theilen und Organen besteht, aus einem scharf
begrenzten, soliden oder hohlen, mit Ffucleolus ver-
sehenen oder nicht versehenen Kern als beherrschen-
dem Gentrum und aus einer Zellensubstanz , welche
theils durch Epigenese aus dem Kerne, theils durch
Apposition aus dem Plasma gebildet , scharf demar-
kirt ist und eine mehr oder weniger selbstständige
und chemisch verschiedene Grenzschicht hat, die un-
ter Umständen membranös ist. [Ref. kann selbst
nach dieser Definition das Ei für keine einfache Zelle
halten, sondern nur das Keimbläschen für eine
solche ansehen, was Steint in für das Säugethierei,
Ref. für die Eier verschiedener Spinnen entschieden
nachgewiesen zu haben glaubt. Selbst wenn die
Fälle, wo das Keimbläschen nicht homogen ist und
differenzirte Organe besitzt (was Vf. als gegen seine
Kernnatur sprechend anführt), zu den Ausnahmen ge-
hörten , so erfolgt doch die Bildung desselben Gebil-
des nach demselben Gesetze überall, u. ist der Keim-
fleck irgendwo Nucleus mit eingeschlossnen Nucleolis,
so wird er es auch überall sein, kann aber, wie Kern
und KernkOrperchen in andern Zellen , fehlen. Das
Ei wiederholt allerdings die Form einer Zelle, aber
erst als secundäre Bildund um die primäre Zelle , das
Keimbläschen].
Je nach dem Antheile an der Ausstattung des Eies
kann man am Eileiter 3 Theile unterscheiden : Trom-
pete, Ulerushorn und Vaginalporlion. In der Trom-
pete scheint nur ein eiweissartiger Schleim secernirt
zu werden. Dick und wulstig erscheint dagegen die
Schleimhaut des Uterushornes , das in seinen Glan-
dulae utriculares durch Auflösen weicher Epithelzel-
len einen feinkörnigen Eiweissschleim bildet, der bei
der Spiralen Fortbewegung des Eies als Membran um
den Dotter herumgeschlagen, und später ganz klar
wird. Die beiden entgegengesetzt gedrehten Spiralen
der Chalazen halten das Eiweiss in der Spannung sich
rückwärts aufzurollen, was auch bei der Entwicklung
geschieht, wobei die Gicatricula vermffge ihrer sped-
fischen LeichtiglTeit oben bleibt, der Dotter auftlei^
Durch Pixirnng des Eiweisses wird daher die En-
wicklung verhindert.
Dass die Schalenhaut der Decidua des Menscba
entspricht, schlicsst Vf. wohl mit Recht aus des
Schleimhaulverlusle im Uterus trächtiger Hennen ai4
aus der Structur der Schalenhaut, die ebeDfalls spinl
um das Ei geschlagen ist. Sie besteht aus cid
durchkreuzenden Fasern mit sichern Spuren grösserer
Blutgefässe und erscheint von den Oeff'nungen der
Glandulae utriculares sicbförmig.
Verkalkt wird das Ei in der Vaginalportion, die
in hirsekorngrosscn keilförmigen Zotten verzweipe
Drüsen besitzt, deren Epithel Kalkslaub enthält, der
nach Auflösung der Zellen frei wird.
Die Form des Eies wird bedingt durch diespirak
Drehung durch den Uterus, fixirt durch die Verkal-
kung der Decidua ; sie ist von Steiner als eine der
Ellipse verwandte Curve vierten Grades bestimmt wor-
den. Die verschiedenen Formen des Eies sind viel-
leicht möglicherweise von Einfluss auf die Form der
ersten Anlage und des Fruchthofes. Doch habei
sich bis jetzt constante Verhältnisse (bei fehlerhafter
Form des Uterus , ExtrauterinschwangerschallcB
u. s. w.) noch nicht finden lassen, da im normales
Ulerus Monstra , im abnormen normale Kinder ent-
wickelt wurden. Von grossem Werthe wäre es im-
mer, einen Zusammenhang zwischen Form des Eies
und Form der Embryonalanlage zu finden.
(V. Carus.)
475. Zur Intwicklongsgeschiclite des peri-
pherischen Nervensystems; von Dr. a. voi
Frantzius in Breslau. (Das.)
Vf. versucht in vorliegendem Aufsatze eine über-
sichtliche Darstellung der verhältnissmässig vemack-
lässigten Entwicklungsgeschichte des peripherisches
Nervensystems zu geben, dessen Untersuchung zieo-
lieh schwierig ist , da sich die Nerven weder dorck
ihre Färbung so leicht markiren, wie die Geftfssc,
noch ihre mikroskopische Charakteristik im Anfanf
so scharf ist, als bei andern Systemen. Durd
Schlüsse, die man aus Beobachtungen an Erwachse-
nen , Kindern und Embryonen über den Verlauf dff
Nerven ziehen kann, gelangt man zu der Feststellii|
folgenden Bildungsgesetzes: „Es läuft ursprOnglick
ein jeder Nerv in gerader Linie zu seinem Organ ud
entspringt aus dem Gentralorgane an der dem snge-
hürigen Organe zunächst gelegenen Stelle". Die ii
diesem geradlinigen Verlaufe eintretenden VoMde-
rungen beruhen einmal darauf, dass der nach vwi
gekrümmte Embryo sich streckt, also Ortsverande-
ruugen der Organe eintreten ; und dann auf Ortsver-
änderungen einzelner Organe unabhängig von der
Streckung des ganzen Embryo ,
Was den Zeitp^nit^i^er KnUtemmg der erst«
Anlage des Nervensystems anlangt, so mtiss man süA
II. Anatomie u. Physiologie.
283
dabin eDtscheiden , dass mit der ersten Anlage eines
Organs auch die Anlage zu seinen Nerven gegeben ist,
dass also von einem zusammenhängenden Nerven-
systeme erst dann die Rede sein kann, wenn der
Embryo mit den Anlagen seiner Organe vor uns liegt,
ein Zeilpunkt, der beim Menschen ungefähr der sech-
sten Woche entspricht. Der Embryo ist um diese
Zeit stark gekrümmt, das Gehirn sehr lang. Man
überzeugt sich hier leicht, dass die Nerven in gerader
Linie unter rechtem Winkel an die Organe abgehen.
Das Wachslhum erfolgt nun nicbt gleichmässig in
allen Theilen, daher tritt eine ümbiegung des gerad-
linigen Verlaufes ein.
Der Rackenmarkskanal zunächst wächst besonders
durch Verlängerung der Wirbel in die Länge; das
Rückenmark bleibt dagegen zurück und ist sein Ende
bekanntlich in der Gegend des zweiten Lendenwirbels
bei Erwachsenen. Die vom Rückenmark abgehenden
Nerven folgen natürlich ihrem Cenlrum, und so sieht
man sie je tiefer unter um so spitzerm Winkel abtre-
ten. Auch liegen die Austrittsöffnungen des VVirbel-
kanals stets tiefer als die Ursprungsstellen.
In ähnlichen Ortsveränderungen liegt auch der
Grund , warum die Austrittspunkte der Nerven höher
liegen, als ihre Verbreitungsstellen. Wahrend näm-
lich der Embryo sich streckt, nähert sich der Kehl-
kopf dem Kopfe, das Berz mit den Aortenbögen , die
Lunge nebst Leber und Magen treten weiter hinab,
und ziehen natürlich ihre hochentspringenden Nerven
mit sich. Der Magen dreht sich später noch unter
einem rechten Winkel von links nach rechts, so dass
seine Nerven nicht mehr seitlich , sondern vorn und
hinten liegen.
Der Kehlkopf, der anfangs tiefer als der Aorten-
bogen liegt, erhält seinen Nervus recurrens auf gera-
dem Wege unter dem Aortenbogen hindurch ; da er
später aber herauf, der Aortenbogen hinabrUckt, so
umfasst der Nerv den letztern schlingenförmig.
Ein fernerer Beweis dafür, dass die Nerven sich
in sehr früher Zeit bilden, ist der hohe Ursprung des
N. spermaticus , gerade da , wo sich die Anlagen für
Hoden und Eierstock finden. Er wird dann ein-
fach durch die Lagerungsveränderung der Organe
verlängert.
Die bedeutendsten Formverdnderungcn am Schä-
del finden sich bei der Bildung des Gesichts. Betrach-
tet man letzteres , wenn es sich schon aus den Kie-
menbögen gebildet hat, so zeichnet es sich, selbst
noch bei der Geburt durch grosse Kürze aus. Erst
die im Unterkiefer sich entwickelnden Zahnreihen
verlängern es, wobei sich letzterer Knochen , der im
Gelenk fixirt ist, im Winkel biegen muss. Ganz
hiermit in Uebereinstimmung ist der gebogene Verlauf
des Unterkieferastes vom Trigeminus. Etwas verwik-
kelter, doch aus ähnlichen Erscheinungen erklärbar
ist der Verlauf der Chorda tympani. Diese strahlt
anfangs ebenfalls geradlinig nach dem Unterkiefer,
durchsetzt aber die Theile, aus denen sich später die
Trommelhöhle bildet. Mit dem Hinaufrücken dieser,
so wie der anfangs so tief liegenden äussern Gehör-
öffnung rückt auch die Chorda in die Höhe , ähnlich
wie der Ramus auricularis Nervi vagi.
Durch ahnliche Verhältnisse wird auch der ge-
wundne Verlauf des N. nasociliaris und des ethmoi-
dalis klar, wenn man erwägt, dass die Nasenlöcher
anfangs weit auseinander standen und sich erst spä-
ter nach der Mitte zu immer mehr nähern.
Der N. hypoglossus schliesst sich im Ganzen dem
dritten Aste des Trigeminus an. Ein specielles Ver-
hällniss erwähnt Vf., nämlich den von Nuhn soge-
nannten arteriösen Halter, einen Nervenzweig, der
sich schlingenförmig um einen Zweig der Carotis zum
M. sternocleidomastoideus legt, und dem Nuhn die
Function zuschreibt, die Arterie coroprimiren, den
Muskel dadurch erschlaffen und den Kopf emporrich-
ten zu können. Vf. verwahrt sich mit vollem Recht
gegen die Anwendung eines solchen, mechanisch
nicht einmal zulässigen, teleologischen Princips, und
erklärt die Schlingenbildung einfach aus der relativen
Lage der Theile beim Embryo , wo die Zungenspitze
herauf- der Muskel hinabrOckt, wobei Arterie und
Nerv ihren Organen folgen.
Interessant ist die hierdurch sich docuroentirende
UnSelbstständigkeit der Nerven. Nirgends lässt sich
in ihnen eine Scheidung erkennen, gemischte sind es
gleich von Anfang an , ferner versorgt ein und der-
selbe Nerv Theile des animalen und vegetativen Blat-
tes u. s. w.
Vf. verspricht in einem zweiten Theile seiner
Arbeit eine Vergleichung der Verhältnisse des peri-
pherischen Nervensystems der niedersten Wirbelthiere
mit der primitiven Anlage beim Embryo des Menschen
zu geben. (V. C a r u s.)
476. neber ftinctionell verschiedene and
räumlich getrennte Nervencentra im Frosch-
herzen ; von F. R i d d e r in Dorpat. (MUller's Arch.
2. 1852. p. 163.)
In seiner im Jahre 1850 publicirten Disserta-
tion *) beschrieb Dr. G. Rosenberger zwei func-
tionell verschiedene und räumlich getrennte Nerven-
centra des Froschherzens: die in der Vorkammer-
scheidewand befindlichen Ganglien als Centren der
rhythmischen Bewegung, die in der Atrio-ventricular-
klappe von R. gefundenen als Centren der reflectori-
schen Herzbewegung. Leider wurde Rosenber-
ger durch seinen frühen Tod daran verhindert, die
Resultate seiner vielleicht nicht allgemeiner gekannten
Dissertation durch Umarbeitung derselben in einen
Journalartikel weiter zu verbreiten, und Vf. über-
nimmt daher die nochmalige Revision und Publication
derselben.
1) De centris niotoum'%'ifää.^^t)i8qai8itioqes anatomico-
pbysiologicae. Dorpati 1850. 3.
284
IL Anatoraie u. Physiologie.
In Bezug auf die rhythmischen Bewegungen des
Herzens steht fest, dass das dieselben rcgulirende
Nervencentrum in den Ganglien desselben zu suchen
ist, und von den NN. vagi in der Weise gezUgelt ist,
dass Beizung der Vagi Verlangsamung und Aussetzen '
der Contractionen , Durchschneidung derselben Stei-
gerung der Schläge u. endliche Erschöpfung des sich
überarbeitenden Herzens (dann Tod; s. Fowelin,
Diss. de causa mortis post nervös vagos dissectos in-
stanlis. Dorp. 1851) zur Folge habe. Neben dieser
rhythmischen Bewegung wird aber durch äussere Bei-
zung eine andere Art hervorgerufen , die nach den
Gesetzen der Beflexaction zu erfolgen scheint, und
sich besonders noch dadurch von der rhythmischen
unterscheidet, dass sie bei Beizung des Ventrikels an
diesem beginnt und am Vorhofe erlischt. Beide Bewe-
gungen auf ein Centrum zurückführen zu wollen, ist
wegen folgender Thatsachen nicht statthaft.
Bringt man das Herz durch Anwendung des Bota-
tionsapparates auf die NN. vagi zum Stillstand, so
bewirkt eine Beizung des Ventrikels mit einer Nadel-
spitze sofort eine Gontraction des Ventrikels, Beizung
des Vorhofs dagegen nicht oder höchstens, bei stär-
kerer Beizung, eine der rhythmischen ganz gleiche
Bewegung. Schon hiernach müssten auch am Ven-
trikel Ganglien angenommen werden. Hierfür spricht
auch noch, dass, wenn man das Herz durch einen
passenden Schnitt in der Atrioventricularfurche ge-
theilt hat, die Atrien rhythmisch foripulsiren , die
Ventrikel dagegen sich nur auf Beizungen contrahiren.
Entscheidend sind aber allein anatomische Untersu-
chungen über das Verhalten der Herznerven. Nach
Budge erhält das Herz nur durch den Vagus Nerven-
fasern. Die Ventrikel haben nach ihm sparsamere
Elemente, als die VorhÜfe ; Ludwig sah jedoch
die Herznerven nach dem Ventricularrande laufen u.
sich rasch auf letzterm verästeln.
Zu den vom Vf. wieder aufgenommenen Untersu-
chungen dienten frische und aufgeblasen getrocknete
Herzen ; von Beagentien wurde keines besonders
fördernd gefunden, die Präparate wurden nur mit
Wasser oder künstlichem Blutserum benetzt.
Die Herzzweige des Vagus haben weder Aeste
noch Ganglienzellen , so lange sie an den Hohlvenen
verlaufen. Erst am Atrium, wo die Venenstämme
zusammentreten, bilden sie ein Ganglion, in dem die
beiden Nerven einen Theil ihrer Fasern austauschen.
Der hintere, kürzere und stärkere Scheidewandnerv
wird mehr von dem linken, der vordere, längere und
dünnere mehr von dem linken Bamus cardiacus gebil-
det. Auf ibrem Verlauf im Septum zeigen beide Ner-
ven Ganglienzellen, entweder einzeln oder zu Grup-
pen angeordnet, constant aber ein mikroskopisches
Ganglion vor ihrem Uebergange in den Ventrikel.
Dieser bat fast nur an einer Stelle Nervensubstanz,
an der Atrioventricular-Klappe, und hier zeigt sich in
den grauweissen Knötchen jederseits eine erneute
Einlagerung von Ganglienzellen. Sonst kommen
keine Ganglienkugeln im Ventrikel vor» Nervenfasen
nur in der Nähe der Klappen.
Hieraus ergiebt sich nicht nur die Zerf^Uang da
Nervencentrums des Herzens (dessen polydyDamisehe
Natur), sondern auch das Cenlrum für die aof Rei-
zung erfolgende totale Gontraction des Ventrikdi,
woraus weiter folgt, dass der Ventrikel wohl liberal
feine Nerven enthalten möge, und dass eine Ueberlra-
gung des Beizes von centripetalen auf centrifugak
Fasern auch in Ganglien erfolgen könne.
Auffallend ist, dass durch Ausscbneidung der
Ventricularganglien die rhythmischen CootractioMi
des ganzen Herzens nicht beeinträchtigt werden, was
Vf. durch die netzartige Verbindung der Muskelbfladd
des Herzens und die dadurch vermittelte Zusamma-
zieliung der Kammerrouskelp erklären zu kOnaea
glaubt. (V. Carus.)
477. neber das Wesen der Pacchioiiisclci
DrftSen ; von Prof. Hub. Luschka in Tobingei.
(Das. 2. p. 101.)
NachdemPncchioni diese Gebilde 1705 zaerst
beschrieben und für eigenthttmliche Drüsen erkürt
hatte , aus denen Malacarne selbst einen sehmie-
rigen Saft gedrückt haben will, hielten sie Rnysck
und S ö m m e r r i n g für Fettklümpchen , bis endlich
Bokilansky, sich der Erklärung derselben als Gra-
nulationen anschliessend , dieselben für pathologisek,
für fibroide Verdickung der serösen Haat in granolir-
ter Gestalt erklärte. Aehnlicherweise sind auch alle
einzelnen Gehirnhäute als Träger dieser Glandniae
Paccbionii angesehen worden. Diese Unsicherheita
und das Consta nte Vorkommen der fraglichen Gebikle
nur an einer verhällnissmässig so beschränkten Stell«,
wie der Sichelrand des grossen Gehirns , bestimmtei
Vf. die Sache von Neuem zu untersuchen. Gegen ihre
pathologische Natur spricht nicht blos das beschränkte
Vorkommen , sondern die detaillirte Unlersucbius
entschieden. Vf. bespricht nun gesondert die Pac-
chioiiischen Drüsen an der Oberfläche des Gehins
und die an der innern Fläche der harten HimhauL
1) Die Pacchionischen Drusen an der Oberfii-
che des Gehirns, Sie Gnden sich nur auf dem oben
abgerundeten , sog. Sichelrande des grossen Gehins,
und ist an andern Stellen keine Spur davon zusebei.
Hier kann man bei frischen Gehirnen grössere Stfld-
chen der Arachnoidea von der Pia abziehen, und nm
überzeugt sich dabei, dass die Pacchionischen DrOsa
nur der Spinnwebenhaul angehören und in der Forai
von zottenarligen Verlängerungen des Gewebes der-
selben mehr weniger über deren Oberfläche hervor-
ragen. Vf. nennt sie daher Arachnoidealsoiten.
Er vermissle sie hei keiner Altersstufe, fand sie dest«
kleiner, je jUnger die Individuen waren, völlig nor-
mal gebildet hei Individuen von 10 — 20 Jahren. Sie
sind hier von der Grösse des kleinsten Mohnsamea-
korns bis zu der eines Hirsekorns, stets sehr dQu
gestielt, nicht selten traubig, nur die grössern er-
schienen bläschenartig, die kleinern waren stell
II. Anatomie a. Physiologie.
285
soHd. Mikroskopisch bestehen sie aus demselben
normalen Fasergewebe, wie die Arachnoidea, mit sehr
breiten, theils homogenen, theils fein gestreiften Bin-
degewebsfasern. Am stumpfen Ende der Zotten ra-
gen oft einzelne Fasern frei über den Rand, entweder
einzeln oder in grösserer Zahl, so dass die Oberflache
wie fasrig zerfallend erscheint oder mit kleinen Fort-
sätzen besetzt ist. Bei Neogebornen finden sich nur
solche Fortsätze am Hirnsichelrande und noch keine
Arachnoidealzotten , woraus Vf. schliesst, dass diese
Fortsatze die Anfangsstadien der Zotten sind. Epi-
thelium tragen die Zotten pur in einzelnen Plätt-
clien, von andern Elementen (Gefässe u. s. w.) keine
Spur.
2) Die Pacchionüchen Drusen an dei^ innem
Fläche der harten Hirnhaut, Vf. fand sie hier am
parietalen Blatte der Arachnoidea der Ausdehnung des
Lflngensinus entsprechend. Wahrend am Gehirn das
parietale Blatt der Arachnoidea so fest mit der Dura
verwachsen ist, dass viele Neuere es gar nicht als
solches anerkennen, bildet es am Sinus und in dessen
Nahe hautige UeberbrQckungen der netzförmig aus-
einander weichenden Fasern der Dura, und in die
Lücken dieses Netzes, theils in den Sinus, theils ge-
gen das Schadeldach zu, ragen freie zottenförmige
Verlangerungen, die zuweilen so machtig werden,
dass sie zwischen die Zotten des Visceralblalles der
Arachnoidea hinabgehen, od. den Sinus durchbohren,
oder sich grubenartige Vertiefungen am Schadeldache
bilden. Die Form dieser Arachnoidealzotten u. ihre
Structur entsprach der des visceralen Blattes vollkom-
men ; auch sie bestanden aus Bindegewebfasern,
sparsamem Epithel, und bei den in den Sinus ragen-
den fand sich noch ein besonderer aus derGefasshaut
gebildeter Ueberzug.
Von den pathologischen Veränderungen , welche
die Arachnoidealzotten erleiden , ist die Hypertrophie
die häufigste, mit gleichen mikroskopischen Bestand-
tlieilen, zu denen meist noch Fettiropfen kommen.
Seltner waren erdige Einlagerungen; einmal fand Vf.
eine bräunliche Masse von der Form eines alten Ge-
rinnsels; Blutgefässe waren niemals zu finden.
Ihre physiologische Bedeutung anlangend, so
glaubt sie Vf. vielleicht für Hallorgane der aus dem
Gehirne in dem Langssinus tretenden Gefässe ansehen
zu dürfen. Bei vielen untersuchten Thieren fand sie
Vf. nicht. (V. Carus.)
478. neber die Ganglien der Zunge bei säu-
ge thieren und Menschen; von B. Uemak. (Das.
I. 1852. p. 58.)
Vf. beobachtete 1840 Ganglien an den feinsten
Aestchen des Glossopharyngeus in der Zunge bei Men-
schen und Saugelhieren , und vermissle solche an der
Ausbreitung des Hypoglossus und Lingualis, welches
letztere K ö 1 1 i k e r bestätigte. Vf. nimmt jetzt seine
Angabe in Bezug auf das Fehlen der Ganglien amLin-
gualis zurück. Sie finden sich auch hier, zuweilen
in der Nahe der Papillen. Beim Schafe und Kalbe
kommen sie , bis 2'^' gross auch an starkern Aasten
vor, die meisten jedoch von Y4Q — Vio'" ^^ feinen
Nerven von */i0o — Vso'" ^^^ "^'^^ *" ^*® ^^^''
genspitze, jedoch weniger zahlreich als hinten am
Glossopharyngeus. Beim Menschen sah Vf. sehr feine
Ganglien nur an den feinsten Aestchen im Innern der
Zunge. Am Hypoglossus fand Vf. auch diesmal keine
Ganglien.
Vf. glaubt nicht, dass die Ganglien in Beziehung
zu den ■ Hautfasern der Zungenhautnerven stehen,
1) weil sie an der Zungenspitze (beim Schafe) trotz
aller Mühe nicht zu finden waren , 2) weil die Gan-
glien an den starkern Aesten des Glossopharyngeus
und Lingu.'tlis nicht die ganze Dicke des Nerven eio-
nehmiMi , sondern ein unbelheiligtes Nervenbündel
vorbeigehen lassen (Hemiganglia), wahrend an den
feinsten Seitenastchen meist Hologanglia sassen (wo
sich alle Fasern zwischen den Ganglienkugeln ver-
lieren) ; 3)- weil die aus letztern ausstrahlenden Ner-
ven sich sehr auUallend durch ihre derben Scheiden,
und die Menge der in ihnen enthaltenen kernhaltigen
Fasern von den das Papillargeflecht bildenden, dunkel-
randigen und mit sehr dünnen Scheiden umgebenen
Nerven unterscheiden.
In Bezug auf die Vermuthung, dass die Ganglien
in Beziehung zu den Schleimdrttschen stehen, halt
Vf. für bemerkenswerth : 1) dass sie immer in der
Nahe derselben oder ihrer Ausfuhrungsgange vorkom-
men ; 2) dass ihre geringere Zahl im vordem Theil
der Zunge (Schaf, Kalh) der geringern Zahl von
Schleimdrüschen entspricht ; 3) dass sich an den zur
Glandula maxillaris und zum Ductus Whartonianus
gehenden Aeslen des ^Lingualis Ganglien finden ;
4) dass in der Zungenspitze des Schafes keine Schleim-
drüschen vorkommen ; 5) dass diese in der Wand
des Schlundes und des Kehlkopfes, wo Vf. am Glos-
sopharyngeus und Laryngeus superior kleine Ganglien
fand , sehr zahlreich sind ; endlich 6) dass Vf. beim
Schafe und Kalhe am Ductus Whartonianus kleine,
mit einem den Gang umspinnenden Geflechte in Ver-
bindung stehende Ganglien fand.
(V. Carus.)
479. Erörterung eines physiologiscli- opti-
schen Phänomens; von A. Fick. (U. u. Pfs. Zeit-
schr. N. F. IL 2. 1852.)
Das fragliche Phänomen besteht in der bisher
wenig beachteten Thatsache, dass dem Auge ein hori-
zontaler weisser Streifen auf dunklem Grunde breiter,
als ein gleich breiter verticaler erscheint, ein helles
Quadrat demnach als aufrecht stehendes Oblong. Vf.
hat den Nachweis, dass die Ursache dieser Erschei-
nung in der Ahweichung der brechenden Oberflachen
des Auges von der Kugelgestalt liegt, folgendermaas-
sen geliefert. Denken wir uns die brechenden Ober-
flächen nicht als Kugelsegmente, aber doch ihre
sammllichen Achsenschnitte als Kreisabschnitte, und
zwar als die grOssten darunter den verticalen u. den
horizontalen Kreisabschnitt, ohne vorlUuflg zu ent-
380
II. Anatomie u. Physiologie.
scheiden, welcher von beiden der grüssle ist, so
wird, wenn wir nur einen Strahlenkegel, der von ei-
nem leuchtenden Punkt in der Sehachse ausgeht und
die Pupille gerade ausfallt vorstellen, der Vereini-
gungspunkt der in der verlicalen üauptschtiiUebene
liegenden Strahlen ein anderer sein mUssen , als der
in dem Horizonlalhauptahschnilt liegenden, da beide
Hauptschnitte verschiedene Krümmungshalbmesser
haben. Die beiden Gonvergcnzpunkte mUssen hinter-
einander in der Sehachse liegen ; liegt demnach der
eine Convergenzpunkt der liorizonlaleu Slrahlon ge-
rade auf der Netzhaut, so mUssen die Strahlen der
verticalen Ebene die Netzhaut in einer geraden verli-
calen Linie schneiden. Denken wir uns nun ein Ag-
gregat von^ leuchtenden Punkten in Form einos Qua-
drats in einer auf die Sehachse senkrechten Ebene,
so werden sich die verlicalen linienförmigen Netzhaut-
bilder der einzelnen leuchtenden Punkte zum Theil
decken und der erleuchteten Flifche der Netzhaut die
Form eines aufrechtstehenden Oblongs ertheilen ; die
beiden verticalen Begränzungslinien des Quadrats
werden vollkommen scharf erscheinen, die horizon-
talen dagegen wegen der theilweisen Deckung der
Zerstreuungsbilder undeutlich. Diese Erklärung des
Phänomens widerspricht allerdings einem voUkommnen
Accomodationsvermögen des Auges, es kann nach
dieser Theorie das Auge, wenn es „für eine gewisse
Entfernung adaptirt'* ist, nur die verticalen Linien
in derselben vollkommen scharf sehen; horizontale
Linien werden etwas undeutlich erscheinen. Der
Ausdruck dieser unvollkommenen Accommodation ist
eben das in Rede stehende Phänomen. Aendern wir
bei anhaltender Fixation eines solchen weissen Qua-
drats auf dunklem Grunde den Acommodationszustand,
so kann es kommen , dass das Phänomen sich um-
kehrt, -wenn der Bewegungspunkl der Strahlen der
Verticalebene auf die Netzhaut tritt und die Strahlen
der Horizonlalehcne die Netzhaut in einer horizonta-
len Linie schneiden.
Vf. suchte zu bestimmen, wie viel die scheinbare
Verlängerung eines solchen weissen Quadrats für ver-
schiedene Entfernungen beträgt. Dieselbe muss of-
fenbar gerade so viel betragen , als das Zerslreu-
ungsbild eines in jener Entfernung befindlichen leuch-
tenden Punktes im Auge beträgt. Die Länge dieses
Zerstreuungsbildcs hängt wiederum ab von der Länge
der ßrennstrecke und der (Grösse derPupillenöfinung;
die Länge der Brennstrecke bleibt aber constant fttr
alle Entfernungen eines leuchtenden Punktes, die eine
gewisse Grenze übersteigen , folglich wird auch die
Länge des Zerstreuungsbildes fUr eine constante OefT-
nong der Pupille dieselbe bleiben; demnach wird
die Gr($sse der scheinbaren Verlängerung bei constan-
ter PupillcnOirniing der Entfernung des Gegenstandes
direct proportional sein. Direcle Versuche Vfs. be-
stätigten diesen Satz vollkommen.
A priori sollte man erwarten, dass sich das Phä-
nomen bei Betrachtung eines schwarzen Quadrats auf
hellem Grunde umkehren mUsste, weil dann die Bilder
der hellen Begrenzungsflächen durch die beschriebe-
nen Zerstreuungsflächen die horizontalen GrenzlioieB
des Quadrats überragen würden. Diess ist jedoch io
der Wirklichkeit nicht constant der Fall, bei vieles
Augen erscheint im Gegentheil ein schwarzes Quadrat,
gerade wie. ein helles als aufrecht stehendes Oblong.
Diess kann nur daran liegen, dass die Accommodalioi
des Auges beim Fixiren des schwarzen Quadrats eine
andere ist als bei dem weissen Quadrat, u. zwar so,
dass der Convergenzpunkt der in dem verticalen Haupt-
schnitte liegenden Strahlen auf die Netzhaut fällt,
während die andern Strahlen eine horizontale Zer-
streuungslinie bilden. Vf. nennt die letztere Accom-
modation: Einstellung auf horizontale Linien ^ die
bei der Fixation weisser Objecte stattfindende Ein-
stellung auf verticale Linien. Dass die letztere
Einstellung diejenige ist , welche das Auge gewöhn-
lich bei der unbefangenen Accommodation annimmi,
folgert Vf. aus der bekannten Thatsache , dass mai
schwarze Linien auf weissem Grunde aus einer be-
trächtlich grössern Entfernung sieht, wenn sie ver-
tical dem Auge gegenüberstehen, als wenn sie boh-
zontal liegen.
Es blieb nun Vf. noch übrig zu entscheiden, wei-
cher von den beiden Krümmungshalbmessern, ob des
horizontalen oder des verticalen Hauptschnitles der
brechenden Oberfläche des Auges (die wir uns als
eine einzige Fläche vorstellen können) der grössere
sei , d. h. also , ob der Convergenzpunkt der in der
verticalen Ebene oder der Convergenzpunkt der in der
Horizontalebene liogcnden Strahlen auf die Netzhaut
falle, wenn das Auge auf verticale Linien eingestellt
ist. Zur Entscheidung stellte er folgenden Ver-
such an. Er stellte in der Entfernung von 4, 6 Met
aU Visirpunkt einen kleinen weissen Kreis auf dunk-
lem Grunde auf, und schob zwischen das Auge und
den Visirpunkt in der Entfernung von 3 Met. ein aas
zwei weissen Papierstreifen gebildetes Kreuz , dessen
Umrisse sich demnach von jenem schwarzen Grunde
absetzten. War nun das Auge auf den Visirpunkt
accommodirt, so erschienen die horizotalen Begrea-
zungslinien des horizontalen Papierstreifens scharf,
die verticalen undeutlich durch hervorragende Zer-
streuungsbilder. Hieraus folgt, dass 'der Brennpunkt
der in der Horizonlalebene liegenden Strahlen der
hintere ist, da er bei einem 4, 6 MeL entferntem Ob-
jecte auf der Netzhaut lag , während der Brennpunkt
der Verticalebenestrahlen erst auf die Netzhaut fiel,
wenn das Object (für dieselbe Einrichtung des Auges)
auf 3 Met. genähert wurde. Der Krümmungshalb-
messer des vertikalen Achsenschnitts ist daher kleiner
als der des Horizontalen. Diese Ungleichheit ver-
theilt sich natürlich im Auge auf die verschiedenes
brechenden Oberflächen. (Funke.)
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ID. Bygieine, DiStetik, Phannakologie u. Toxikologie.
S87
III, Hygieine, Diätetik, Pliarmaliologie und Toxiliologie,
480. likroskopisch- chemische Analyse der
festen und flüssigen Nahrungsmittel, nebst
deren TerfälSChongen. (Lancet. Jan. 1852. Forts.
VCD Jahrbb. LXX. 166. LXXl. 36 u. 149. LXXII.
156. LXXllI. 291.)
Essig u. dessen Ferßlschungen. Nach einer
langern, das Bekannte enthaltenden Abhandlung über
Essigbereitung u. über die verschiedenen Essigsorlen
folgt der Bericht der Sanitaiscommission über deren
VerfSlschungen. Diese bestehen in Verdünnung mit
Wasser, Zusatz von Schwefeisäure, von allerlei schar-
fen Substanzen , von Holzessig stall Essigsäure , von
gebranntem Zucker alsFärbungsmittel. Yiooo Schwe-
felsüure darf gesetzlich in englischem Essig enthalten
sein. Andere Verfälschungen, als mit Salpetersäure,
Salzsäure, Weinsäure, Alaun, Kochsalz, Seidelbast,
[spurge flax?] u. Senrsamen , werden zwar von ein-
zelnen Autoren erwähnt, kommen aber sehr selten
▼or. Dagegen sind Verunreinigungen mit Blei u.
Kupfer in Folge des Gebrauchs von aus diesen Me-
tallen bereiteten GeHlssen sehr häufig. Guter Essig
muss 4 — 5% reiner Essigsäure enthalten.
Erkennung der Ferßlschtmgen. Die Menge
der Essigsäure im Essig bestimmt man durch Sätti-
gung mit bekadnten Gewichtsmengen von Alkalien,
gewöhnlich Soda. Eine abgewogene Quantität ge-
brannter Soda wird in einer bekannten Menge Was-
ser aufgelöst u. die Lösung mittels eines Alkalimeters
dem Essig zugesetzt. Der Alkalimetcr ist eine oben
weite 9 unten verengte graduirte Glasröhre, aus wel-
cher die eingebrachte SodalOsung tropfenweis abfliesst.
Ein Atom, od. 1,03 frisch gebrannte Soda entspricht
u. sättigt 1 Atom wasserfreie Essigsäure. Am besten
eignet sich zu diesem Processe eine Lösung von 6
Aeq. Soda auf 100 Gr. destillirtes Wasser. Der von
fast allen Chemikern empfohlene Zusatz von einigen
Tropfen starker Lakmustinctur zu dem zu untersu-
chenden Essig hat den Zweck, den Moment der ein-
tretenden Sättigung des Essigs mit Soda durch die
wieder eintretende Bläuung der anfangs gerötheten
FHlssigkeit zu beobachten u. hiernach die erforder-
liche Menge der Soda u. die Stärke des Essigs zu
bestimmen ; doch ist dieses Verfahren durchaus irrig,
da das Lakmus erst dann sich wieder bläuet, wenn
der Sättigungspunkt des Essigs längst überschritten
ist. Auch das gewöhnlich empfohlene Eintauchen von
Lakmuspapier in die eben zu untersuchende Flüssig-
keit fuhrt zn Irrthümcm, weil die entweichende Koh-
lensäure zum grossen Theil von dem Essig absorbirt
wird, also das Lakmuspapier auch nach der Sättigung
des Essigs mit Soda noch geröthet wird. Man ver-
meidet diesen Irrthum , wenn man während der Prü-
fung das Lakmuspapier wiederholt in der Wärme
trocknet, wobei, falls die Röthang von Kohlensäure
abhängt, dieselbe verschwindet, während die vom
Essig bedingte , gegen M i t c h e 1 Ts Ansicht , bleibt.
Die Sättigung ist vollständig, wenn bei diesem Ver-
fahren nicht die leiseste Spur von Röthung des Pa-
piers zurückbleibt. Steigerung der blauen Farbe
deutet auf Ucbersälligung mit Alkali.
Gegenwart von Schwefelsäure im Essig ist im
englischen Essig nur im Verhältnisse von 1:1000
gesetzlich statthaft, u. auch in dieser kleinen Menge
dürfte dieselbe bei dem jetzigen Stande der Essigbe-
reitung zur Conservirung des Essigs nicht nöthig
sein. Jedes Plus ist Verfälschung. Man bestimmt die
Menge der Schwefelsäure durch eine Lösung von
1 — 2 Gr. krystallisirten Chlorbaryums in 100 Gr.
destillirten Wassers, eine Menge, welche y^ Gr.
käuflicher Schwefelsäure entspricht, 500 Gr. Essig
bringt man nun in ein grosses Probirglas u. setzt
jene Chlorbaryumlösung tropfenweis in Pausen von
3 — 4 Std. zu , wobei jedesmal das Glas wohl umge-
schüttelt werden muss. Spuren von schwefelsauren
Salzen kommen selbst im reinsten Essig vor ; daher
ist es nöthig, die Schwefelsäuremenge sehr genau zu
bestimmen. Sollen grössere Mengen Essig auf Schwe-
felsäure geprüft werden , so setzt man zu Va P^<^*
oder mehr Essig eine überschüssige Menge einer
concentrirten Chlorbaryumlösung , sammelt das Prä-
cipjtat auf einem gewogenen Filter , trocknet es im
Platintiegel u. wägt den schwefeis. Baryt sorgHiltig
ab. 27,19 Theile des Pulvers «entsprechen 11,44
Theilen des ersten Schwefelsäurehydrals. Dieses ist
aber weit stärker als die käufliche Schwefelsäure,
deren Zusatz gesetzlich gestattet ist. In den von
der Gommission angestellten Analysen wird aber un-
ter Schwefelsäure stets das erste Hydrat verstanden,
welches einer weit grössern Menge käuflicher Schwe-
felsäure entspricht.
Metallische Beimengungen. 1 5 Essig wird im
Porcellantiegel zur Trockenheit abgedampft, der Rück-
stand eingeäschert, die Asche mit einigen Tropfen
reiner Salpetersäure versetzt u. nach einigen Minuten
etwa 3 3 destillirten Wassers zugefügt, die Solution
filtrirt u. mit Schwefelwasserstofi' geprüft Eine
schwarze Färbung lässt mit Wahrscheinlichkeit auf
Gegenwart von Blei, eine dunkelbraune auf Kupfer,
Farblosigkeit auf Reinheit des Essigs von metallischen
Beimischungen schliessen. Fernerweite Prüfung des
gefundenen Metalls durch die geeigneten Reagentien
ist zur Vollständigkeit der Analyse nöthig. Von 38
Essigproben enthielten 12 keine freie Schwefelsäure,
die somit überhaupt nicht nöthjg ist , um den Essig
zu conserviren, 8 die gesetzliche Menge, JLO mehr
als diese , zuweilen das 3 — 4fache. In schlechten
Wirthshäusern soll der Essig zuweilen fast nur aus
Wasser, Schwefelsäure u. gebranntem Zucker be^
stehen.
III. Hygieine, DiKtetik, Phannakologie u. Toxikologie.
Pickles u. deren Ferfälscktmgen, Die Commis-
sion oimmt in diesem Artikel weniger auf die einge-
machten Stoffe selbst, die übrigens oft genug auch
mit ungehörigen Substanzen vermengt sind , sondern
namentlich auf die Verfälschungen des zum Einmachen
yerwendeten Essigs u. auf die zum Färben der Pickles
gebrauchten schädlichen Stoffe RQcksicht. Von bei-
den gilt dasselbe, was bereits bei den Essigverftil-
schungen gesagt wurde. Kupfer wird zum Grtlnför-
ben der Pickles äusserst häuGg verwendet , u. spielt
bei fast allen Vorschriften zu deren Bereitung eine
Hauptrolle. 20 Proben von Pickles wurden unter-
sucht. Der dazu verwendete Essig war äusserst
schwach (1,48 — 2.91 statt 4 — ö^/o reiner Essig-
säure), 19 Proben enthielten mehr Schwefelsäure als
ge8<itzlich ist , namentlich die , in denen rother Kohl
sich befand. 16 auf Kupfer geprüfte Proben ent-
hielten dieses Metall , 2 davon in geHihrlicher Menge.
Am reichsten daran waren die , welche nur aus grü-
nen Gemüsen bestapden.
Gewürze u, deren Ferfälschun gen^
1) Ingwer. Das Rhizom von Zingiber officinale
wird auf Jamaika im Januar oder Februar abgeschnit-
ten, gereinigt u. entweder geschalt oder ungeschält
in den Handel gebracht, wo es hiernach mit dem
Namen des weissen u. schwarzen Ingwers belegt
wird. Ersterer ist stets der bessere. Der gute
geschälte Ingwer ist fleischig, weisslich oder schwach
strohgelb, weich u. mehlig, von kurzem Bruche, auf
der Bruchfläche mit einem röthlichen, harzigen Ringe
▼ersehen, von brennendem, beissendem, aromatischem
Geschmack. Der geringere , meist von der Epidermis
noch bedeckte Ingwer ist weniger fleischig, runzlig,
braungelb, härter, faseriger, von schwächerem, we-
niger aromatischem Geruch. Ein grüner, ganz un-
znbereiteter Ingwer wird zuweilen aus Jamaika im-
porlirt. Die jungen SchOsslinge werden mit Syrup
eingemacht, u. gleichfalls meistens aus Jamaika als
eingemachter Ingwer (preserved Ginger, conditum
Zingiberis) eingeführt. Mikroskopisch betrachtet be-
steht die Ingwerwurzel aus mehrern Schichten. Die
Epidermis, wo sie vorhanden ist, zeigt mehrere La-
gen von grossen , eckigen, durchsichtigen, bräunlich
gefürbten Zellen, an deren Unterfläche Fettkugeln von
verschiedener Grösse u. dunkelgelber Farbe, u. einige
wenige Zellen, die der Structur u. Farbe nach denen
der Curcuma gleichen , sichtbar sind. Die Substanz
des Rhizoms selbst besteht haupUächlich aus Zellen,
die von durchsichtigen, feinpunktirten Wanden einge-
schlossen sind u. eine grosse Anzahl von Stärkemehl-
kürnchen enthalten. Zwischen diesen Zellen liegen
andere von fast gleicher Grösse u. Form, aber hell-
gelber Farbe , völlig den geßirbten Zellen der Cur-
cuma gleichend, Reiche dem Ingwer seine Farbe
▼erleihen. Auf dem Längsdurchscbnitte der Wurzel
sieht man Holzfaserbündel, in denen hier und da ein
oder mehrere Gänge oder Gefüsse bemenklich sind.
Die Stärkekörnchen des Ingwer unterscheiden sich
von den ihnen vielfach ähnlichen der Curcuma da-
durch, dass sie etwas kleiner u. weniger ISnglick
sind, auch einen weniger deutlichen Hilus besitzen, h
dem zerkleinerten Ingwer sind diese verschiedenea
Structuren mannigfach untereinander genoengt nsi
zertheilt.
Verfälschungen des Ingwer. Um die Farbe d«r
schlechtem Sorten zu verbessern n. Insecten abzu-
halten (letzteres besonders bei dem malebariscben y.
bengalischen, weniger bei dem westindischen mi
afrikanischen) wird der Ingwer jjäufig mit Kalk abge-
rieben oder gewaschen, auch wohl mit Chlorkalk
oder Schwefeldämpfen gebleicht. Eine der gewöhs-
liebsten VerHilschungen ist die mit Sago - oder Wei-
zenmehl, die jedoch mikroskopisch nach dem, wu
früher (s. Jahrbb. LXXI. 37) über diese Mehlsortea
gesagt wurde, leicht zu erkennen ist. Ferner wird,
um andere VerHilschungen zu verdecken u. dem log-
wer anscheinende Stärke zu verleihen, Cayennepfeffer
u. Senfsamen zugesetzt, die beide gleichfalls durck
ihre Structur sich leicht unterscheiden lassen. - Aock
Curcumapulver wird zur Färbung zugesetzt.
Von 20 Ingwerproben waren nicht weniger ab
15 mit obigen Substanzen verfälscht, u. zwar in den
Maasse, dass das Verfälschungsroittel häufig det
Hauptbestandtheil bildete.
2) Curcuma. Die Curcuma unterliegt zwar« dci
angestellten Untersuchungen zufolge, weil sie sehr
wohlfeil ist u. wenig davon gebraucht wird » keincB
VerHllschungen , doch wird sie so häufig zur Veri^
schung anderer Stoffe gebraucht, da'ss die Gommis-
sion darüber einen Bericht erstattet. Die Curcama-
Wurzel, von Curcuma longa (Calcutta, Bengalei,
China, Cochinchina) zeigt mikroskopisch folgende
Structur: Die Epidermis besteht aus einer einzigci
Schicht durchsichtiger, fest aneinander hängender
Zellen. Die Wurzelsubstanz zeigt ein verschiedo-
artiges Gefüge : 1) ein aus eckigen, durclisichtigea,
farblosen, von dünnen, häutigen Wänden einge-
schlossenen Zellen bestehendes Gewebe. 2) Diese
Zellen enthalten den eigenthümlichen gelben Park-
Stoff" der Curcuma, vermischt mit StärkekOmchet,
welche von denen der C. angustifolia, ostindisdicr
Arrow-root, sich durch ihre geringere Zahl u. da-
durch unterscheiden, dass sie weniger entwickeil
sind, u. sich weniger leicht von den übrigen Sok-
stanzen trennen lassen. 3) Einzelne geflirbte Fett-
tropfen u. unregelmässige, dunkel rotbbraune Masses,
wahrscheinlich von harzartiger Beschaffenheit, weMe
der Curcumawurzel einen harzigen Bruch verleibei.
4) Gestreifte, den Spiralgef^ssen ähnliche ROhrta»
umgeben von Holzfaser.
3) Zimmt u. dessen Ferßlschtngen. Ziramt*
die Rinde von Cinnamomum Zeylanicum, wird haiqpt-
sächlich auf Ceylon in der Nähe von Columbo ange-
baut, u. dadurch gewonnen, dass 2 — 4 Längssclmille
in den Baum gema<;ht^.. u.^dann die Rinde noit des
Schälmesser entfernt wird. Nach 24 Std. wird die
Epidermis u.eine grüne weiche Mass^ (rete mucosnai)
in. Hygieine, Divteli^ Pharmakologie u. Toiikologie.
289
sorgftllig abgeschabt, die grifsaern Stücke in die
kleinem eiDgerolit, an der Sonne getrocknet u. in
BttDdel gebunden. In die Zimmtballen wird schwär-
«er Pfeffer gestreut , am die Qualität des Zimmts zu
erhalten a. zu verbessern. Man unterscheidet 4 Ar-
ien : Ceylon - , Tellicherry , Malabar - u. Javazimmt ;
letzterer ist selten. £ine 5. Sorte, der Gayenne-
zimmt, kommt im französischen Handel ?or. Die
beste Sorte ist der Ziromt von Ceylon. Die in einan-
der gerollten Rohren sind etwa 3^/^* lang, dOon u.
zerbrechlichv Die Rinde ist dünn (die feinste kaum
dicker als Zeichnenpapier) , glatt, licht gelbbraun
oder braungelb, von splittrigem Bruch, massig bieg-
sam. Die innere Fläche ist dunkler u. zeigt kleine
Markslreifen , erfallt mit einer rölhlichen Flüssigkeit,
.dem eigentlichen Arom. Der Geruch ist stark aro-
malisch, der Geschmack brennend, süsslich, ange-
nehm. Die Rohren sind schief-, bei den andern Sor-
ten querabgeschnitten. — Der Tellicherry- oder
Bombay-Zimmt gleicht dem vorigen , doch ist die in-
nere Rindenfläche faseriger, das Arom schwüchcr. —
Der Madras- oder Malabar-Zimrot ist dicker u. von
noch schwächerem Geruch. Aehnlich verhalt sich
der Javazimmt. Der von Cayenne ist von schärferem,
pfefferartigem Geschmack.
Mikroskopische Kennzeichen. Auf der äussern
Fläche bemerkt man zahlreiche, sternförmige, leicht
von einander trennbare, auch in andern Pflanzenge-
bilden vorkommende Zellen, von viereckiger oder
ovaler Gestalt , bisweilen einige Starkekörnchen
enthaltend. Auf diese ziemlich dicke Schicht folgt
eine andere Zellenlage mit dünnen Wänden , ohne
das strahlige Ansehen der vorigen , fest aneinander
hängend, u. einige Stärkekörnchen enthaltend. Zwi-
schen beiden Schichten liegen Holzfasern, die an den
Enden zugespitzt sind, u. einen centralen Kanal
haben. Die Stärkekörnchen des Zimmt sind so spar-
sam , dass eine Abkochung der Rinde sich mit Jod
nicht blau f^rbt. Dieselben sind klein, rundlich, u.
besitzen einen sehr deutlichen Uilus. In den äussern
Theilen der 2. Zellschicht liegen häufig zimmtfarhige
Nassen von körniger Textur , die ohne Zweifel einige
der wirksamen Substanzen des Zimmt enthalten. In
gestossenem Zimmt liegen diese Formelemente ver-
theilt.
Ferßlschungen des Zimmt, Eine der gewöhn-
lichsten Betrügereien besteht darin , dass Zimmtrinde
zur Bereitung von Zimmtwasser u. Zimmtöl der De-
stillation mit Wasser unterworfen, dann getrocknet
u. verkauft wird. Man entdeckt diesen Betrug da-
durch, dass man die fragt. Rinde pulvert, u. dann
nachsieht, ob die Stärkekörnchen grösser als gewöhn-
lich sind, ihre Form verloren haben, verdreht u.
unregelmässig, oder gar nicht mehr vorhanden sind.
Ist diess der Fall, so ist die Rinde vorher ausgekocht
worden. Die Verfälschungen s. bei Zimmtcassia.
4) Zimmtcassia u. deren FerftUschmgen. l^'\%
Cassia , von Ginnamomnm Casaia , ist viel dicker als
Med. JahrU. B4. 74. HA. t.
der Zimmt, von kurzem, nicht splittrigem ßmch, von
mehr rother u. heller Farbe, weniger süss, hinterher
etwas bitter. Unter dem Mikroskope bemerkt man
auf der äussern Oberfläche dieselben sternförmigen
Zellen , wie beim Zimmt , doch sind sie mit vollkom-
men ausgebildeten Stärkekörnchen erfüllt. Die nächst-
folgende Zellschicht enthält Zellen, wie beim Zimmt,
aber erfüllt mit vielen 2 — dmal grössern Stärkekörn-
chen. In gepulverter Cassia prävaliren daher die
Stärkekörnchen, die weit grösser sind als beim Zimmt,
beim Zimmt die sternförmigen Zellen u. die Holzfaser.
Eine Abkochung der Cassia färbt sich mit Jod deut-
lich blau. Da die Cassia weit wohlfeiler ist als der
Zimmt, so wird dieser mit ihr verfälscht, auch wer-
den zur Verfälschung des Zimmt Sago- u. Weizen-
mehl häufig benutzt. Von 32 Zimmtproben waren
nur 7 unverfälscht; 5 bestanden lediglich aus Cas-
sia. (Julius Clar US.)
481. neber das Schwinden derBrflstennd
Hoden nnter dem Gebrauche von Jod.
In einer Januar-Nummer des Prov. Journ. (1852)
stellt Dr. Call die Frage auf, ob Beobachtungen Ober
das Schwinden der Brüste u. Hoden unter dem Ge-
brauche von Jod vorlägen. In der Nummer vom 4.
Febr. desselben Journals theilt Dr. Parker in Bezug
hierauf mit, dass er auch nach Jahre langem Gebrauch
des Jods kein Schwinden des Hodens beobachtet
habe. Zum Beleg erzählt er 4 Fälle. Alle betrafen
Syphilitiker; in allen war^odkali gebraucht worden.
In dem 1. nahm der betreffende Pat. 10 Jahre lang
täglich 2mal 10 Gr.; in dem 2. hatte der Pat. 4 J.
lang das Jodkali in reichlicher Menge genommen ; in
dem 3. 3 J. lang täglich 3mal 5 Gr.; in dem 4. Falle
litt der Pat. seit 13 J. an constitutioneller Syphilis,
in welcher Zeit häufig u. lange das Jodkali in Anwen-
dung gekommen war. In keinem Falle zeigte sich
ein Schwinden der Testikel. Wohl aber will P. nach
langem Jodgehrauche ein eigentliUmliches Leiden der
Zunge beobachtet haben. Diese hypertrophirt, wird
schmerzhaft, zeigt ein lappiges u. knotiges Aussehen
u. tiefe Risse. (Millies.)
482. neber IpecaCUanha ; von Prof. Dr. De-
lioux. (Gaz. de Paris. 6—10. 1852.)
Oertliche Wirkung der Ipecacuanha, Man
schreibt gewöhnlich die Brechwirkung der Ipeca-
cuanha einer durch dieselbe entstehenden Reizung
der Magenschleimhaut zu. Dieser Annahme wider-
sprechen mehrere Thatsachen: 1) der Umstand, dass
auch nach Einspritzung des Mittels in die Venen
Brechen entsteht. Man hat zwar diese Erscheinung
dadurch zu erklären gesucht, dass man annahm, es
transsudire die injicirte Flüssigkeit von dem Blutge-
f^sssysteme aus auf die Oberfläche des Magens , doch
steht dem die bekannte Beobachtung Magendie's
entgegen » der eine Blase an die Stelle des Magens
band, Brechweinstein in die Jugularven^ einspritzte,
37 _
290
III. HygieiM, MlMik» Phaflkeiogie u. T^iikologie.
u. denftoch disrch die blose iauchpreMe Erbrtchen
entstellen sah. 2) Nicht allein giebl es viele Sub-
stanzen , die , obgleich sie nicht die geringste Local-
reizung hervorrufen , dennoch Erbrechen bewirken,
sondern auch die reizenden Brechmittel werden meist
so verdünnt u. vertheiit dargereicht, das» an eine
Localreizung des Magens durch dieselben nicht lu
denken ist.
Die Versuche , welche Vf. an Menschen u. Th le-
ren mit Ipecacuanhapulver anstellte , haben ihm fol-
gende Resullale golieferl. Die reizende Einwirkung
der Ipec. lasst sich im Allgemeinen zwar nicht leug-
' nen, doch äussert sich dieselbe in verschiedenen Or-
ganen verschieden. Auf der Schleimhaut des Auges
ist die Reizung heftig., in Wunden fehlt sie fast ganz-
lich, auf der Haut , die weit weniger empGodtich ist,
als Wunden, ist sie constant, auf der Schleimhaut
\' des Magens tritt nicht die geringste entzündliche.
^ Beizung ein.
2) Dynamische H^irkung der Ipecaeuanka und
ihre Anwendung gegen Ruhr u. Pneumonie, Die
dynamische Wirkung der Ipec. ist von ihrer topischen
verschieden, u. ist im Wesentlichen die eines sedati-
ven n. alterirenden Mittels. Als ein solches zeigt sie
sich bei Dysenterie u. Pneumonie nützlich. Die Form
des Aufgusses ist der Pulverform vorzuziehen , theils
weil das Emetin darin in gelöstem Zustande enthal-
ten ist, theils weil, je vertheilter die Ipec. ist, desto
weniger der Magen gereizt u. Brechen hervorgerufen
wird [also doch Magenfeizung !]. Zur VerhOlung
des Brechens bei den genannten Krankheiten, welches
zum Heilerfolge nichts beitragt, ist der Zusatz von
Aromaticis sehr zu empfehlen.
(Julius dar US.)
483. neber FranendistelsamenafflKctioii; von
Dr. Brenschedt. (Bernhardi's Ztschr. V. 1.J851.)
Vf. emp6ehlt die Frauendistelsamentinctor in fri-
sclien, acut verlaufenden Fallen von Grippe, stünd-
lich zu 15 — 20 Tropfen, in veralteten zu 3ß — 3j
5mal täglich, mit Gummiwasser.
(Julius Clarus.)
484. Gefikrliche Wirkug des Brechwein^
Steins bei Anwendimg gegen Lnngonentzün-
dong; von Dr. Boling. (Amer. Journ. Oct. 1851.)
Der Brechweinstein veranlasst nicht '^allein die
bekannten Reizongszustflnde im Munde, Schlünde u.
auf der Gastroi ntestinalschleimhaut, sondern ruft zui-
weilen auch eine eigen thiroliche Reihe plMslich ein-
tretender heftiger Symptome hervor, die sich in fol-
gender Weise entwickeln. Einige Tage'» nachdem
der Kr. den Brech Weinstein zu nehmen angefangen
hat, u. wahrend die Symptome der Pneumonie sich
allseitig bessern, wird derselbe unruhig, der Durst
vermehrt sich, hSuige, dünnflüssige Stühle treten
ein, der Unterleib wird tympanittsch anfgotrieben,
empQndlich, die Tolerant gegen den Brechweinstein
int verloren gegiuigen , so dass das Mittel jedairi
Brechen oder Brechneigung bewirkt , die Zoige lü
trocken , der Puls frequent , hart , klein n. fadeoli.
mig, Gelbsucht u. ein dem bei gelbem Fieber i»
kommenden ahnliches Erbrechen kdnnen eiotretaii
der Tod unter Delirien u. comatdsen Kracheiauia
erfolgen. Die Dauer dieser Symptome von Aafaii
bis zu Ende ist von 6—12 Sid. oder iJager. Wi-
renddem verschwinden fast alle subjectiiea o. 4
jectiven Erscheinungen der LungenentEflndaag. k
4 — 5 Std. geht der leere Percusaionslon io äw
vollen, das bronchiale Athmen in das normale ficsp-
rationsgeräusch über [I]. Die Schnelligkeit, wxk
die Veränderungen in der Lunge eintreten, ealufiridli
der Heftigkeit u. Schnelligkeit, mit der die acMi-
standene Unterleibskrankheil verlauft. Es mius %
mit bei jeder Behandlung der Lungeaentzflndesg nt
Brechweinstein die leichteste Tym[>aniti8 , vermdula
Durst u. Neigung zum Durchfall zur Vorsidil mabiei
Die grössere Reizbarkeit der GastrointeatinalscUe»
haut der Südiünder ist die Ursache , dass diese Wr*
kung des Brechweinsteins im SOden häufiger ilt ia
Norden vorkommt. Wahrend somit die nach Alf-
nähme des Brech Weinsteins in das Bhit eiatrUaie
sedative u. contrastimulirende Wirkung dieses ludi
den günstigen Verlauf der Lungenentzünduog «Dia"
stützt, kann die eben beschriebene revolsive Wlrknf
den Tod herbeiführen. Vf. halt die eintretende Lo-
calwirkung auf die Darmschleimhaut für Folge der
nicht eintretenden Resorption des BrecbweiBsleins i
diese wieder für Folge der Darreichung grosser Ga-
ben des Mittels in längern Z wisch enrUumeo. Di
diese TJebelstande zu vermeiden, lasst er kleiseft,
Mengen, 3 — 6 Gr. auf §vj Wasser, alle «/gSld.«
Y, Theelöffel voll , u. , wenn der Kr. in herügtn
Fallen schnell unter den Einfluss des Mittels gebradi
werden soll , zu Anfange Yg — 1 Gr. p. d. nebau
u. vermeidet alle Mischungen , welche die ResorplKü
hindern u. das Mittel nur lange mit der Dannschleia-
haut in Berührung erhalten. Die beste Form ist (fo
der Auflösung in Wasser. Auch die Anwendoog ■
Klystirform (3 Gr. auf 1 — 2 § warmen Wassers ai
15—20 Tr. Tinct. opii, alle 3 Std.) ist voo VCot
Glück versucht worden. (Jul. Claras.)
485. Potio Ghoparti gegen Hkmoptjsis; ^
Wolf f. (Ann. d. Charit^ zu Berlin. IL 2. 1852.)
Die ursprüngliche Formel der Potio €hoparti K
folgende: Ff; ßalsami copaivae, Sympi tqlousi
Aquae Menthae, Alcohol ana ^; Aetheris aitr«
gr. xvj M. D. S. Täglich 1—2 Esslöffel, womit bä
zum ganzlichen Aufhören des Bluthustens fortgefohrei
wird. Die Gabe wird erhobt, wenn die Heftigkeit
u. Dauer der Lungenblutung es erfordern. Vf. tt-
derle die Formel der preuss. Pharmakopoe eatspre-
chend folgendermaassen ab. V^ Bals. copaivae, Sym^
balsamic. , Aqu. Menth, pip. , Spir. vini rectificatiss.
ana^; S|Mr. nitrioo-aetfaer. .3fl. IL S. EssMd-
weiae. — In dieser Mischimg trennt sieh zwar der
Copaiv-Balsam , wenn die Annei einige Seil Kcbtf
IH. fiyf^eine, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
2»t
roll den tifarigen Beslandtheilen , u. schwimmt oben,
täast sieh ihnen jedoch mit Leichtigkeit durch Um-
ichQtteln wieder beimischen. Der Geschmack des
Killeis ist nicht unangenehm; zwar etwas kratzend
I. brennend , doch nicht in dem Maasse , um etwa
Husteq zu erregen.
Vf. hat das Mittel seit 2 J. in der Berliner Ghari(6
bei einer grossen Anzahl von Fallen von Hamoptysis
)ei Liingentuberkulose angewendet, u. es hat sich in
lern Haasse bewahrt, dass es jetzt eine stehende
formel geworden ist. Wahrend es in der ersten
Seit nur dann in Gebrauch gezogen wurde, wenn die
mdern gebrauchlichen Mittel die Hüire versagten,
nrird es jetzt sogleich angewendet , wenn eine Lun-
jenblutung höheren Grades eintritt , u. der Erfolg ist
nn sehr befriedigender gewesen. Nur in äusserst
^nigen Fallen hat das Mittel die erwartete FlUlfe
wrsagt, in denjenigen nämlich, in welchen es wegen
diosynkrasie der Kr. nicht anhaltend gebraucht wer-
ten konnte. Es waren diess solche Kr., welche
¥egen wiederholter Anf^He von Blutspeien die Clio-
>art'sche Solution schon mehrmals gebraucht hatten,
1. bei denen das Mittel Erbrechen hervorrief.
(Millies.)
486. Tannin gegen Krampfhusten ; von Dr.
^ Breuning. (Deutsche Klin. 6. 1852.)
Vf. empfiehlt das Tannin gegen Keuchhusten in
olgender Verbindung: Tannini Gr. y^, Ac. benzoic,
5ilr. belladonn. ana Gr. */,j, Pulv. rhei Gr. jjj, Pulv.
(Qmmos. Gr. xjj, alle 2 — 5 Sld. '/^ — 1 Pulver. In
venigen Tagen wird die Heftigkeit der Anfülle ver-
nindert u. der Charakter derselben wesentlich geän-
lert. Bei Unreinigkeiten in den ersten Wegen ist
orher ein Brechweinsteinbrechmiltel zu reichen. Hat
lie Zahl u. die Heftigkeit der Anfalle nach einigen
'agen noch nicht abgenommen, u. tritt die Periodic!-
It derselben deutlich hervor, so können 1 — 2 Gr.
alzsaures Chinin statt des Rhabarbers zugesetzt wer-
len. Der gleichzeitige Gebrauch eines Thees der
Humen von Primula veris, mit eingedicktem Holz-
pfelsaft u. Candiszuckcr zu gleichen Theilen, ist sehr
orlheilhaft. (Jul. Clarus.)
[Nach V. M a u t h n e r ( Journ. f. Kinderkr. Sept.,
Ict. 1851) Hessen Versuche mit Faccinaschorfen
legen den Keuchhusten (nach L a c h ni u n d) in 3
^allen eine auffallende Remission des Hustens wahr-
lehmen. Es wurde jedesmal nur ein solcher Schorf
;egeben, u. waren es ganz reine Formen von Keuch-
rasten, welche man zu den Versuchen auswählte.
Redaction.]
487. Chloroform gegen gichtische Affeetio-
len; von Giuseppe Marchiandi. (Gazz. med.
lal. Stati Sardi. 34. 1851.)
Da das fragl. Mittel bei Verreibung mit Fett meist
iemlich unwirksam geblieben war, indem es sich
wahrBcbeinlich bei der Prüparation grossen Iheils ver«
flttchligt, so bediente sich Vf. einer Lösung in Oel.
Der erste Kr., 29 J. alt, litt seit 5 J. an erblicher Gicht
am rechten Handgelenke , die sich nach und nach anf andere
Gelenke verbreitete , später mit acutem Charakter im rechten
Scholtergeleoke auftrat und zuletzt bei den heftigsten Schmer-
zen im linken Knie- und Fussgelenke von bedeutendem Fie-
ber begleitet wurde. Wiederholte Aderlässe vermochten nur
wenig. Die Einreibung eines Liniments aus 1 Drachme Chlo-
roform und 1 Unze Ol. hyosc. in die achmerzenden Theile,
4 Mal täglich , worüber dann ein erweichendes Kataplasma
gelegt wurde , führte nicht allein einen wunderbar schnellen
Nachlass der Schmerzen, sondern auch Verminderung des
Fiebers herbei, und leichte Mitte! ohqe weitere Blutentziebung
reichten nun zur völligen Wiederheratellong des. Kr. bin.
Em 64jähr. Mann hatte schon 1830 den ersten Gicht-
anfall, und zwar von solcher Heftigkeit gehabt, dass ihm fast
bis zum Erl^chen des Lebens zur Ader gelassen wurde. Die
Abfälle haben sich seitdem von Zeit zu Zeit wiederholt, be-
sonders intensiv im Juni 1850, wo ein kaum uberstandener
Paroxysmus in Folge von Erkältung recidivirte. Das gewaltigste
Fieber war von den heftigsten Schmerzen des linken Knie- n.
Fussgeienks und gastrisch biliösem Zustande begleitet. Die
gewohnlichen Mittel leisteten Nichts. Nach einer reichlichen
Blulenileerung difrch Blutegel am After ward das Chloroform
ganz wie im ersten Falle angewendet, und führte sofort Lin-
derung der Schmerzen« und des Fiebers herbei, worauf speei-
ßache Antarthritica, Aconit, Colchicom, Quajac die Kur leieht
und schnell zu vollenden vermochten.
Keine Krankheit vielleicht giebt dem aderlasssflch-
tigen Arzte mit scheinbarem Rechte mehr Anlass zur
Anwendung der Lanzette, als die acute Gicht, u. doch
sind gerade hier, trotz täuschender symptomatischer
Indicationen, zu reichliche Blutentziehungen verderb-
lich u. stören nur zu leicht die Krisen. Das Fieber
ist meist directe Folge der Schmerzen , u. legt sich
von selbst, wenn diese gehoben werden. Fast alte
dem letztern Zwecke dienende iMiltol haben bedenk-
liche Nebenwirkungen , indem sie einerseits (durch
ihre Wurme) die locale Entzündung zu steigern, Eite-
rung zu bewirken , andererseits (durch ihre Kalte)
Metastasen zu bedingen drohen. Das Chloroform
wird von keinem dieser Vorwürfe getroffen , u. je
schneller durch dasselbe die Schmerzen gehoben , u.
folglich bei analog gemindertem Fieber die schwä-
chenden Blutentziehungen überflüssig gemacht wer-
den, um so hoher ist es auch zu schützen. Natürlich
darf man es gleichwohl nur als ein secundares, sym^
ptomalisches Mittel betrachten, durch dessen kräftige
anästhesirende Wirkung die krampfliafte Spannung u.
Hyperästhesie gehoben, u. wodurch erst die erfolg-
reiche Einwirkung eines directen Heilverfahrens be-
dingt wird , wozii jetzt nur mildere antiphlogistische
u. depletorische Mittel, so wie die anerkannten antar-
thritischen Specifica noch erfurderlich sind.
(Kohlschütter.)
488. Erkennung des Chloroform im Blute
und den wichtigsten Eingeweiden. (Buii..deTh^r.
F6vr. 1852.)
Tourdes, Rigaud u. Gaillaud bedienen
sich dazu folgenden Verfahrens. Ein Gasometer steht
durch eine Glasröhre mit einer tubulirten Retorte, in
292
IIL Hygieine , Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
der die zu untersuchenden Stoffe befindlich sind , in
Verbindung. Von dieser Retorte gehl eine Glasröhre
aus, die in eine Porcellanröhre mündet, welche mit
Fragmenten derselben Substanz erfüllt ist. An diese
Röhre ist eine andere mit 3 Kugeln befestigt, in de-
nen eine Lösung von salpetersaorem Silber befindlich
ist. Ein Luflstrom von 6 — 8 Liter wird durch die
zu untersuchenden Stoffe geleitet, um das darin ent-
haltene Chloroform in Gasform fortzuführen. Die
Porcellanröhre wird bis zum RothglUhen erhitzt,
worauf sich das Chloroform in Salzsäure u. freies
Chlor zersetzt, welche mit dem Silber einen Nieder-
schlag bilden. Vergleichende Versuche mit Thier-
stoffen, die kein Chloroform enthielten, gaben keinen
Niederschlag. S n o w erweitert das Experiment noch
dadurch , dass er in die Röhre , welche das Gas zu
der Silberlösung führt, einen mit Stifrkemehl u. Jod-
kalium bestrichenen Papierstreifen u. Lakmuspapier
bringt , deren ersterer sich blaut , während letzteres
gerölhet wird. Auch prüft er den Niederschlag nach
einander mit Ammoniak , Salpetersäure u. Aelzkali-
lösung. Die Empßndlichkeit jener Probe ist so gross,
dass S n 0 w einen reichlichen Niederschlag aus einer
Lösung von Vioo ^rmm. Chforoform in 1000 Grmm.
Wasser u. Bläuung des Jodprobepapiers, so wie Rö-
thung des Lakmuspapiers aus 1 Tropfen Chloroform,
50 Tropfen Alkohol u. 32 Grmm. Wasser erhielt.
Es ist somit Chloroform in Vergiflungsfällen mit aller
Sicherheit auch in der kleinsten Menge nachweisbar.
(Julius Clarus.)
489. Kalte Doncben gegen Wecbselfleber;
von Fleury. (Gaz. de Paris. 10. 1852.)
In einem in der Acad. de m^d. gehaltenen Vor-
trage über die Behandlung der intermiltirenden Fie-
ber mit kalten Douchen stellt Vf. folgende Satze auf.
1) In Fallen von frischen, einfachen intermitti-
renden Fiebern mit oder ohne Anschwellung der Milz
ersetzen die kalten Douchen das Chinin vollkommen.
2) Bei der Behandlung von alten , mehrmals re-
cidivirten Wechseißebern, mit beträchtlicher u. chro-
nischer Anschwellung der Milz oder Leber u. beglei-
tet von Anämie oder einem kacheklischen Zustande
sind die kalten Douchen dem Chinin vorzuziehen, in-
dem sie sicherer u. schneller die Anfalle coupiren,
den Milz- oder Lebertumor, so wie die Anämie oder
Kachexie beseitigen, ohne die üblen Zußflle hervor-
zurufen, welche bisweilen die hohen Dosen von Chi-
nin in solchen Fällen in Bezug auf das Nervensystem
u. die Verdauungsorgane zur Folge haben.
3) Die kalten Douchen heilen nicht nur die Krank-
heit, sondern beugen auch den Rückfällen vor.
(Millies.)
490. Behandlong der Wechselfleber mittels
des galvano-magnetiscben Stroms im MUUair-
kospUale in fVarschau; von Lossiewsky u.
Henrizi. (Med. Ztg. Russl. 3 — 5. 1852.)
Zur galvano-magnelischen BehaDdluog ward« ikr
Apparat des Dr. Kabat benutzt u. dabei folgenie
Regeln beobachtet.
1) Man muss die Stärke des galvano-magneüscbei
Sfroms soviel als möglich der individuellen Receptivi-
tat des Kr. anzupassen suchen. Die Zeil zur Kor,
die Dauer jeder Session , ihre Zahl u. die Wahl der
Kdrperstellen wurden nach den von Prof. Scbips-
1 i n s k y angegebenen Regeln bestimmt, a) Bei ua-
längst entstandenen WechselGebern kann man dei
Strom in einer Starke von 16^ u. mehr einwirkci
lassen, b) Bei lange anhaltenden Wechselfiebem a.
gleichzeitiger Schwache u. Reizbarkeit des Kr. rnnst
man die Behandlung mit einem schwachen StroflM
von 3 — 5^ anfangen, c) Bei Complicationeo da
Wechselfiebers mit irgend einer Form der Wassersucht
kann man wegen der durch das seröse Exsudat ver-
anlassten krankfiaften Ausdehnung der Qaul u. des
Zellgewebes, wodurch die Einwirkung des galvaso-
magnelischen Stroms auf die Gewebe selbst geschwächt
wird, den Strom bis 18 u. 22<) steigern.
2) Wenn bei einer gewissen Starke des Stroms
eine Verminderung der Receptivitat bereits eingetretei
ist, so muss man die Kur bis zur nächsten Sessioa
unterbrechen u. alsdann die Behandlung mit eiaem
schwachem Strome beginnen.
3) Bei der Entwicklung des durch zu heftige
Einwirkung des Stroms bedingten krankbafien Zu-
slandea: schmerzhafte Empfindlichkeit des Epigastriom
u. der Wirbelsäule, Fiebererscheinungen , Uoler-
drückung der Stuhlausleerung u. HamaussoDderuog
(auf welche dann eine reichliche rothe Harnaosscbei-
dung u. copiöse Darmausleerungen folgten) o. io
höchsten Grade ein, mit Ausnahme der oben genasn-
ten schmerzhaften Stellen , fast apathischer Zuslaad
— wurden trockne Schröpfküpfe auf das Epigastriam
u. die Wirbelsäule , warme Umschlage auf den Leib,
innerlich Chlorwasser u. einmal kalte Begiessuoges
des ganzen Körpers mit Erfolg angewendet.
iy Bei der Untersuchung der Kr. muss man eine
besondere Aufmerksamkeit auf den Grad der Empfind-
lichkeit in der Wirbelsäule richten , u. wenn sie in
einigen Wirbeln krankhaft erhöhl erscheint, oder
wenn der Kr. frOher heftige Schmerzen im Rflcfcei
gehabt zu haben versichert, so ist es besser, mit der
Platte dos Plalinpols längs der rechten oder liokea 1
Seite der Wirbelsäule 1 oder 2'' von den Wirbeln i
entfernt, aber nicht an den Dornfortsätzen selbst la |
operiren. "j
5) Das Rothwerden der Haut n. die Eniptieai
von Papeln an den- einer der Leitungsplatlen ausge-l
setzten Stellen ist ein sicheres Kennzeichen der Heil-
barkeit des Wechseifiebers.
6) Erscheint nach 2 — 5 Sessionen kein kriti-
scher Schweiss, wohl zu unterscheiden von dea
durch einen zu starken Strom unmittelbar henrorge-
rufenen, so ist die Behandlung aufzugeben.
III. Bygieine, Diätetik, Pharmakologie u. Toxikologie.
293
7) Bei bedeutender MihvergrOsaemng muss man
darch Verlegung der Leitungsplatte des Zinkpols von
der Herzgrube nach der Milzgegend die Zertheilung
TDrdern.
8) Bei Goroplication des Wechselßebers mit
chronischem Lungenkatarrh muss man die Leitungs-
platte des Zinkpols so halten, dass .sich ihr oberer
Rand 2 — 3 Querfinger unter dem schwertförmigen
Fortsatz des Brustbeins befindet.
9) Bei Complication mit vorübergehender oder
habitueller atonischer Verstopfung muss man diese
nicht durch Abführmittel , sondern durch den Strom
selbst bekämpfen. Zu diesen^ Zwecke bewegt man
die Leitungsplatte des Zinkpols in der Richtung des
Krummdarms hin u. her , u. fixirt die Plalinplalte in
.der Gegend des letzten Rticken- oder 1. Sacral-
wirbels.
1 0) Bei Complication mit Wassersucht muss man
die zur Bekämpfung der Verstopfung dienenden Ma-
nipulationen vermeiden, weil sehr geiährlicher Durch-
fall entsteht, vielmehr muss man die üautthMtigkeit
herstellen , indem man den Strom in schrHger Rich-
tung durch beide Hälften des Körpers dadurch leitet,
däss man dem Kr. die eine Platte in die Hand gicht,
die andere aber an die entgegengesetzte untere Ex-
tremität fixirt.
11) Bei unvollkommenen Paroxysmen u. gesun-
kener Hautthäligkeit ist es zweckmässig, den Kr.,
auch wenn er mit China behandeil wird , zuweilen
zu galvanisiren, um die Hautthätigkeil herzustellen.
12) Bei lebensgeHlhrlichen Paroxysmen kann man
den Kr. auch in der Apyrexie, oder bei bereits vor-
handenen Vorboten des Paroxysmus galvanisiren, um
letztern abzukürzen. Gewöhnlich wird die Session
^j^ Std. vor dem Anfalle vorgenommen.
Behandlungsresuliate. Von 31 Kr. genasen 14
vollkommen ohne BeihUlfe von Arzneien nach 2 — 5
Sessionen , 6 wurden recidiv u. erhielten China , die
11 übrigen erhielten ebenfalls China, weil bei 2 das
Wechselfieher in ein remiltirendes, hei 3 der regel-
mässige Typus in den anl^ponirenden übergegangen
war, u. sich also die Einlrillszeit des Fiebers nicht
genau bestimmen Hess. Bei 2 waren die früher am
Tage eingetretenen, postponirenden Fieberparoxysmen
in nachtliche übergegangen , hei 2 Wassersüchtigen
wurden im Verhällniss der Abnahme des Wassers die
Anfülle heftiger, ein Kr. war zu empfindlich, bei
einem verschlimmerte sich nach jeder Session der
vorhandene Lungenkatarrh u. die Engbrüstigkeit.
In langwierigen Fiebern mit deutlich ausgepräg-
tem serös-fieberhaftem Habitus, bei bedeutender Milz-
hyperamie u. Wassersucht nützt das Verfahren weni-
ger, dagegen halte der Typus wenig Einfluss. Wo
durch die galvano-mngnetische Behandlung ein Wech-
sellieber heilt, da erfolgt die Heilung schnell in 1 — 4
Sessionen. Wird China noch höthig, so erleichtert
die vorhergegangene galvano-magnetische Behandlung
deren Wirkung. (J u I. C I a r u s.)
491. Kochsalz gegen Wechsellleber; von
Margerie. (Gas. des Hdp. 20. 1852.)
Die von Vf. mit Kochsalz bei Wecbselfieber ge-
machten Versuche lieferten ein durchaus negatives
Resultat. Derselbe spricht sich sehr zu Gunsten des
schwefeis. Chinin aus , falls dasselbe auf die richtige
Weise angewendet wird , nämlich mit der Dose stei-
gend in dem Verhältnisse der Milzvergrösserung u.
der Dauer der Krankheit. (J u I. C 1 a r u s.)
492. neber den Gebrauch der Cbinaprlpa-
rate gegen Wecbselfieber; von Dr. l. b. Fenogiio.
(Gazz. med. ital. Stati Sardi. 44. 1851.)
Vf. macht darauf aufmerksam u. erläutert durch
einigo niitgetheilte KrankheitsHllle, dass in Folge von
Idiosynkrasie, von individuell differenter Saflceptibi-
lität, oder von sonst andern Ursachen manchmal das
eine Chinaprifparat ganz unwirksam zur Unterdrük-
kung des Wechselfiehers ist, während ein anderes
sich schnell bewährt. Man soll daher in hartnäcki-
gen Fällen mit den Präparaten versuchsweise wech-
seln. Bei regulärem Typus u. unzweifelhafter Dia-
gnose hat diess an sich keine Schwierigkeit, wichtig
kann die Bemerkung aber in den Fällen von verlarvten
u. nicht rein intermittirenden , irregulären Fiebern
werden, wo man leicht wegen Unwirksamkeit, z. B,
des Chinin, sulphur. zu einer falschen Diagnose ver-
führt werden kann. Mehrmals gelang es dem Vf. ein
Wechselfieher. welches dem schwefelsauren Chinin
hartnäckig widerstanden hatte, durch Substituirung
des Cilrates u. Valerianales dieses Alkaloides schnell
u. glücklich zu vertreiben. (Kohl schütter.)
493. Scbnell wirksames Hittel gegen regn*
lire Wecbselfieber ; von Dr, ß. Cracchi. (ibid.
5. Suppl. 1851.)
Dicss besonders der Kostenersparniss wegen vom
Vf. empfohlene, aber auch als sicher u. schnell wirk-
sam gerühmte, Mittel ist Senna-Jufgvss mit China-
extract. Erwachsenen giehl er 1 Scr. Cxtract auf
3 Unz. Infusion des Morgens ndchtorn, auf zwei Mal
mit einstündiger Pause zu nehmen. Bei 400 Fällen
versagte dicss Mittel ihm nur 10 Male, wo es durch
Erbrechen zu schnell wieder entleert worden war,
wie es denn überhaupt jedesmal einige Vomituritionen
erregt, welche vorübergehen, wenn die gewöhnlichen
starken Stuhlausleerungen sich einstellen.
(Kohlschülter.)
494. Horpbinm nnd Cbinin gegen Wecbsel-
fieber ; von Prof. Dr. H a n n o n. (Presse m6d. 4.
1852.)
Das Chinin ist nach Vf. heut zu Tage hauptsäch-
lich deshalb um seinen Credit gekommen , weil man
es nicht richtig, d. h. meist in viel zu grossen Gnben
u. zur unrechten Zeit, d. h. kurz vor dem Fieber-
anfalle giebt, der bei derartiger Medication nur ge-
steigert wird. Daher die Menge der Chinaersatzmil-
f94
tu. HygieineK Oitttetik, Pharmakologie u. Toxikologia
tel , die diircli weiter nichts sich auszeichnen , als
dass sie Iheurer sind als Chinin u. nichts heiren. Vf.
verschreibt Sulph. chin. Gr. w, Sacch. q. s. Div. in
dos. V. S. Nr. I. Extr. gummös, opii Gr. v, Morph,
muriat. Gr. j , Extr. valerian. Gr. xxx T. pil. Nr. XV.
Ein durch unsinnigen Ghiningebrauch gegen China
abgestumpfter Tertianakranker erhielt am 1. Pieher-
tage beim Beginn des Anfalles 1 Pille, nach demsel-
ben ein Pulver, am fieberfreien Tage von 4 — 4 Std.
1 Pille , am 2. Fiebertage wieder von 4 — 4 Std. 1
Pille» nach dem Anfalle 1 Pulver» am 2. fieberfreien
Tage 3 Pillen , am 3. Picbertage sehr schwacher An-
fall, dieselbe Behandlung, wie am 2. Fiebertage, am
3. fieberfreien Tage 3 Pillen, am Tage, wo der 4.
Anfall erwartet wurde , kein Fiebe»; 1 Pulver. Von
da an bekam der Kr. keine Arznei mehr u. das Fieber
war verschwunden.
Vf. erkiKrt die Wirkung des combinirten Opium
ii. Chinin so, dass er annimmt, durch das Opium
werde die reizende Einwirkung des in das Blut tiber-
gegangenen Sumpfmiasma gehindert, durch das Chi-
nin der Sympathicus angeregt, u. hierdurch die in-
nern Secretionen gefordert, u. das Miasma aus dem
Blute entfernt. (J u 1. C 1 a r u s.)
495. neber TerfiUschang des Schwefels.
Chinins mit schwefeis. Cinchonin ; von chiap-
pero. (Gazz. med. ital. Stali Sardi. 11. 1851.)
Neben andern Verfälschungen des schwefeis. Chi-
nins (mittels Magnesia , Zucker, Slürkemehl, Salicin,
Salmiak, Manna u. s. w.), welche leichter zu ent-
decken sind, kommt in neuerer Zeit nicht sehen auch
die genannte vor, wodurch, wenn sie auch sonst
nicht schädlich ist, doch die Wirksamkeit des Präpa-
rats geschmälert wird. Die Untersuchung ist auf die
verschiedene Oxydation , verschiedene Löslichkeit in
gewissen Menstruen u. auf die verschiedene Krystalli-
sation beider Salze zu basiren. Es giebt aber ein
Jedem zugängliches sicheres Mittel , die Beimischung
u. selbst die Proportion derselben nachzuweisen,
nämlich Schwefeläther.
25 Ctgrmm. schwefeis. Chinin werden in 25 Grmm.
destillirten Wassers unter Zusatz von etwas Schwe-
felsäure gelost, 10 Grmm. Schwefelälher beigegeben,
u. dann so viel Ammoniak, Soda oder Potasche zu-
gesetzt, als nölhig ist, um die Base vollständig zu
substituiren. War das schwefeis. Chinin rein, so
scheidet sich die Flüssigkeit in der Buhe in 2 voll-
kommen klare Lagen, indem sich das Chinin während
der Präcipitation in dem Aether auflöst u. mit ihm
oben aufschwimmt. Das etwa beigemengte Cincho-
nin aber bleibt, da es in Aether unlöslich ist, sus-
pendirt und kann durch Filtration und Trocknen
quantitativ bestimmt werden.
(Kohlschütter.)
496. Die Fetteinreibnngen bei Scharlach,
lasen und RAtheln ; von Dr. Waiz. (Med. ztg.
Rdssl. 1. 2. 1852.)
Vf. hat bei einer grossen Ansaht von Fslica der
gedachten Krankheiten Schneenann's Melbedt
angewendet, dieselbe aber etwas abgeändert, iadcB
er statt des Specks des geschmolzenen reinen Scbwen
nefettes sich bedient, indem er ferner die Zahl der
täglichen Einreibungen ganz nach dem BedQrfnisse
der Haut u. der innewohnenden Hitze bemisst, d. b.
so lange einreiben lässt , als die Haut absorbirl , o.
darauf so lange wartet, bis dieselbe wieder anfängt
durstig zu werden ; indem er endlich nicht blos den
Rumpf u. die Extremitäten , sondern auch den Kopf
u. das Gesicht mit einreiben ISsst. Die Pelteintei-
bungen bezwecken die Erhaltung der Haut; dasn
tragen auch reine Wäsche u. ein Bad Vieles bei.
Deshalb lässt Vf. bei dieser Methode die WXscbe han-
fig wechseln u. die einzelnen KOrpertheiie vom 10.
Tage an mit lau warmem Wasser vorsichtig abwaschen,
wartet auch mit dem Beinigungsbade nicht bis nach
4 Wochen. Vom Tage des beendigten Fiebers bis
zu Ende der 2. Woche lässt derselbe täglich eine
Einreibung machen, in der 3. Woche einen Tag um
den andern , in der 4. jeden 3. Tag u. noch seltner.
Der Nutzen , den die Fetteinreibungen schaOen , ist
ein mehrfacher, 1) sie verhüten während des Beste-
hens des Ausschlags , indem sie die Haut in Faoclion
erhalten , die Erkältungen u. den BUcktritt , ▼erkttr-
zen u. vermindern die Dauer u. Stärke den Fiebers.
2) Sie verhüten sicher den Abgang der Haut , doch
muss dabei der Körper nur leicht zugedeckt n. die
Krankenstube bei einer Temperatur von 13^ R. mit
frischer Luft slels versehen werden. 3) Sie verbö-
ten die secundäre Wassersucht nach Scharlach , in-
dem sie theits der Erkältung, thcils der Verderbniss
der Säflemasse durch nicht ausgeschiedene schädliche
Stoffe vorbeugen. Die Aufliebung der Gontagiosilät,
die Schneemann seiner Methode vindicirt , kann
Vf. nicht bestätigen. Schlüsslich empfiehlt er die
Methode zur allseitigen Nachahmung.
Nicht so günstig sind die Berichte einiger Aerzle
in der Gesellschaft der Aerzte in Riga (Med. Ztg.
Bussl. 4. 1852). Dr. Rohland beobachtete bei
11 Kr. 5mal Wassersucht, nach Reichard fe6lt
die Abschuppung nie. Irmer sab stets Haulwas-
sersucht folgen , die sich aber immer auch leicht he-
ben liess. Der Hauptvorlheil ist nach Rohland
der, dass man den Kr. am 10. Tage aufstehen lassen
kann. (Jul. Clarus.)
[Im Journ. f. Kinderkr. Sept., Oct. 18di berich-
tet V. M a u t h n e r aber seine weitern Versuche mit
den Speckeinreibungen gegen Scharlach (nach
Schneemann). Die letzten Fälle waren mit bran-
diger Angina complicirt, u. da leisteten sie nichts.
Ein Kind wurde trotz der Speckeinreibungen hydro-
pisch, ebenso trat auch bei dem Gebrauche dieses
Mittels Abscbuppung ein. Redaction.]
497. Chloijodqnecksilber gegen Finnen nach
Boutigny; von Dr. Bochard. (L'Union. 1§3.
154.1851.) ■^'''^"^' ^
m, Hji^ne» Mitedk, Piamakologie ik T«xtk#logui.
89fi
1 4 Vüh TOfl ^iBven » sowoM 4«r tfyth«matOsen
I als 4«r pustulOseD Form, werden berichtet, in denen
I das gedachte PrSparat sieh nOtzlicb bewies u. daran
folgende allgemeine Betrachtungen geknüpft. 1) Das
Ghlorjodqoecksilber ist eines der wirksamsten Um-
5timiBung8mittel des Organismus. In den meisten
Fallen genügt die ausserliche Anwendung in Salben-
form, 75 Gtgrmm. auf 60 Grmm. Schweinefett, täg-
lich früh oder Abends in die leidende Stelle einge-
rieben. Nöthigenfalls wird das Mittel nebenbei auch
innerlich gegeben in Form von Pillen oder Syrup.
i) Unter dem Einflüsse jener Einreibungen steigert
sich die Hantthatigkeit , die Warme der afficirten
Stelle wird erhöht, u. es tritt aus den Acnepusteln
eine seröse oder puriforme, reichliche Secrelioa ein,
die sich in Schorfe umwandelt, nach deren Abfallen
eine weniger als früher indurirle Uauloberflache sicht-
bar wird. Unter fortgesetzter Behandlung nimmt die
Haut ihre normale Beschaffenheit an. In einem Falle
wurde anstatt jener Secretion eine reichliche Schüp-
penbildung beobachtet. Im Cebrigen war der Erfolg
ebenso günstig. (J u 1. C 1 a r u s.)
498. CoUodinm gegen Geschwflre ; von Dr.
Dreyfuss. (L'ünion. 20. 1852. Societ. m^d. prat.)
Dr. Dreyfuss berichtet über 3 Falle von hart-
näckigen Exulcerationen: am Os sacrum nach Typhus,
an einem Frostballen u. an einer Vesicatorslelle , die
durch Bestreichen mit Collodium in sehr kurzer Zeit
gelieilt wivden. Gharrier bemerkt hierzu, dass
derZf^eek, den man beiGoIlodiumbehandlungen habe,
Abhaltung der Luft, nicht allein genüge dieselben zu
indicircn. Nur wo bereits ein Heilbeslreben sichtbar
sei, kdnne das Gollodiuqn entschiedenen Nutzen haben.
Er wendet es auf Battist gestrichen an.
Wir erwähnen hierbei, dass im Bull, de Th^r.
(F^vr. 1852) als radicales [?I] MiUel gegen Frost-
ballen nach Dr. Margoton eine Mischung aus
192 Grmm. Aq. comm., 3 Grmm. Ac. sulph. dilut.
u. 1 5 Tr. Tincl. croci empfohlen wird. Aller 4 Sld.
9oll damit getränkte Leinwand aufgelegt werden.
(Julius Glarus.)
499. Deber Jodhijectionen in die Qelenk-
llOlllCA) von Dr. Giambattista Borelli. (Gazz.
»ed. ital. Stati Sardi. 1. 2. u. 40 — 44. 1851.)
Die Beobachtungen u. Versuche des Vfs. führten
zu folgenden Resultaten.
1) Die mit gehöriger Vorsicht n. verballnissmas*
siger Verdünnung des Mittels ausgeführten Jodinjee-
tionen erzeugen keine übermassige Reizung des Ge-
lenks ; sie bewirken nicht Eiterung in der Gelenkhtfhie»
aach nicht Adhäsion oder vollständige Verwachsung
der GelenkBUchen.
2) Die fibrinösen oder plastischen Exsudate,
welche als Folge der Injection eintreten können, sind
80 ttnbedeiileiid ^ dui aie eniwadtt gröAstenUMÜ«
wieder rasorbirt werden» oder doeh die Bewegungen
des Gelenks nicht wesentlich beeintrichiigei.
3) Nur bei solchen Hydartlirosen , -welche nicht
mit wesentlichen Leiden der Gelenkknorpel u. Kno-
chen complicirt, u. nicht von acuten EnlzUndungs-
symplomen begleitet sind, ist die Jodinjeclion ftlr
indicirt zu halten.
4) Sie eignet sich vorzugsweise für die primiti?
von einem chronisch eolzOndlichen Processe der Sy^
novialhaut bedingte Hydarthrose , wird aber durch
leichtere Mitieidenbeit der benachbarleo Weichtheile
nicht geradezu conlraindicirt.
5) Die alkoholische Jodtinctur rauss anfangs mit
mindestens 2 Th. Wasser verdünnt sein , spater and
bei geringer Reaclion kann man sie starker h. selbst
unverdannt anwenden. Ein Zusatz von Jodkaliun
ist nicht unbedingt nötliig, aber um der Pracipitation
des Jods vorzubeugen, immer zweckmässig, im Vei^
haltniss von Vis ^^^ Tinctur.
6) Man soll die Kur zunächst mittels einfacher
Function u. Evacualion der* Flüssigkeit versuchen, u.
nur bei Wiederansammlung der lelzlcrn zu d^r Jod-
injeclion schreiten. Dasselbe gilt heim Recidiv nach
der Jodinjeclion, da auch dann nicht seilen die blose
Entleerung der neuangesammellen Flüssigkeit zur
Aadicalheilung ftthrl.
7) Zu starke Reaction erfordert kräftige Anti-
phlogose, jedoch mehr u. zunächst allgemeine, als
locale , um nicht die örtliche Reizung noch zu. ver-
mehren.
8) Die Jodinjeclion in die Gelenkhohlen bewirkt *
nicht wie die bei Hydrocele die Obliteration der
Höhle durch plastisches Exsudat, sondern eine eigene'
Modification derThattgkeit der secernirenden Flachen,
zufolge deren ihre Producle sich mindern, eine mehr
plastische Natur annehmen u. der abnorme Exsuda-
tionsprocess erlischt.
Zur Bestätigung des Gesagten theilt Vf. einen
eigenen u. ^ aus französ. Journalen entlehnte Falle
von durch Jodinjectionen glücklich behandelter Hy-
darthrose u. einige an Pferden mit Glück verrichtete
Operationen der Art von Knoli mit. Zu letzteren
bemerkt Prof. P e r o s i n o , dass zwar die Jodinjec-
tionen als Heilmittel der Wassersucht der Synovial^
höhlen bereits mit Fug u. Recht in der Ghirurgia ve-*
terinaria Geltung erlangt haben; dass sie aber gleich«-
wohl mit grosser Vorsicht anzuwenden sind, nament*
lieh bei grossen Gelenken u. denjenigen Synovialhöh*
len , welche mit andern nicht erkrankten , oder mit
Sehnenscheiden in unmittelbarer Verbindung stehen«
Auch in der menschlichen Therapie ist der Erfolg der
Jodinjectionen in die grössern u. sensiblem, Synovia*
ien u. serösen Höhlen noch nicht so allgemein aner^
kannt , wie in Betreff der Balggeschwulste , der Hy*
droeele u. s. w. AulTallead ist die heftige enizttnd*
liehe Reaclion , welche nach JodinjeetiiNi in gross« *
Synoviaihöhlefi einzutreten u, ebenso schnell wied/'*
396
UL Hygieine, Diätetik, Pharmakologi« u. Toxikologie.
xa^verscliwinden pflegt. Dieses Resultat ist voradg-
lieh der iweckmassigern neoera, eigentlich subcuta-
nen Operationsweise zuzuschreiben, wobei man nur
eine kleine Trokarwunde erhält, den Eintritt von Luft
in die Höhle vermeidet u. die Schliessung per primam
intentionem bewirkt. Man wähle zur Function am
Kniegelenke den hervorragendsten Punkt an der in-
nern oder äussern Seile, immer oberhalb der Knie-
scheibe, wo die Fluctuation am deutlichsten u. die
Bedeckung am dünnsten erscheint, u. steche unter-
halb einer vorher gebildeten Hauifalte ein , damit die
Hautwunde der der Muskeln u. unterliegenden Theile
nicht entspreche. Um aber sicher zu sein , dass die
Kanttie ohne Hemmniss eingeht, ist es zweckmassig,
die Haut vorher mittels des Bistouri zu spalten , und
dann erst den Trokar einzuslossen. Vor der Injection
entleere man die Utthle vollständig, weil die Jodlinc-
tur auf die zurückgebliebene seröse Flüssigkeit aus-
serordentlich schnell coagulirend wirkt, u. es so ge-
schehen kann , dass dieselbe in Folge dieser Verdik-
kung nicht wieder durch die Kanüle ausfliesst. Eine
wässerige Lösung statt der alkoholischen zu nehmen,
welche das Eiweiss nicht gerinnen macht, wie Bon-
net vorschlägt , dürfte wegen minderer Wirksamkeit
derselben nach Vf. nicht zu empfehlen sein.
(Kohlschütter.)
500. Salpetersaares Kali gegen Homhant-
flecke; von Dr. B. Gastaldi. (Gazz. med. ilal.
StaliSardi 7. 1851.)
Vf. wandte das genannte Mittel in Pulverform mit-
tels Einstreuen gegen eine nach scrophulöser Con-
. junctiviiis zurückgebliebene , die halbe Cornea ver-
dunkelnde Nubecula bei einem 15jähr. Mädchen an.
Am 10. Tage schon sichtbare Besserung, am 22.
neue Entzündung in Folge des Eintritts der Katame-
nieui Aussetzen der Einstreuung auf 8 Tage ; gänzli-
ches Verschwinden der Nubecula nach erneuter, 28
Tage fortgesetzter Anwendung des Nitrum.
(Kohlschütter.)
501. Experimente mit Nicotin j von g a s t a i d i.
(Ibidem 38. 1851.)
Prof. Berulti hat in Verbindung mit den DDr.
Vella und Gastaldi verschiedene Versuche mit
dem Nicotin angestellt. Es folgen hier vorläußg die
, Resultate der an damit vergifteten Thieren angestell-
ten mikroskopischen Beobachtungen des letztgenannten
Physiologen.
1) Die Blutkörperchen der mit Nicotin getödteten
Frösche und Kaninchen zeigen niemals eine auch nur
unbedeutende Formveränderung.
2) Die capilläre Circulation in der Lunge des
Frosches zeigte folgende Erscheinungen : wenige Se-
cunden, nachdem man einen Tropfen Nicotin auf eine
Wunde am Schenkel gebracht hat, wird der arterielle
Blutstrom ausserordentlich beschleunigt, die Blutkör-
perchen werden minder zahlreich, ohne ihre Form zu
^ andern , und häufen sich in den Venen , namentlich
-^ ^'Mi schon mit blosem Auge sichtbaren > an.
3) Bringt man anstatt des Nicotins einen Tropfet
Blausäure auf die Wunde, so wird die Circulatisi
dagegen verlangsamt und steht nach 3 — 4 Minulci
vollkommen still.
4) Bringt man nun im Momente , wo der Bist-
Umlauf gänzlich stocken will, auf eine andere Wunde
einen Tropfen Nicotin, so kommt das Blut sofort wie-
der in eine immer steigende Bewegung und das Thier
stirbt binnen 3 — 4 Minuten.
5) Bei umgekehrter Experimentirung vermag die
später aufgetragene Blausäure die durch das Ni-
cotin accelerirte Circulation nicht wieder zu verlang-
samen.
6) Die in dem Darmkanale eines mit Nicotin ler-
gifteten Frosches enthaltenen Infusorien zeigen aeck
einige Stunden nach dem Absterben des erstem noch
Leben und Bewegung.
7) Die Bewegung der Wimpern des Flimmerepi-
theliums wurde weder bei Fröschen , noch bei
acephalen Mollusken retardirl, selbst wenn sie mit
bedeutenden Dosen Nicotin vergiftet worden wa-
ren , und noch viele Stunden nach dem Tode.
(KohlschUtter.)
502. Taba^inftasnm als Brechmittel beifa-
giftong mit Laudannm ; von Dr. S t r o n g. (Anaer.
Journ. Jan. 1852).
EIq Frauenzimmer hatte £ Laudanum verschluckt oad
zeigte die gewöhnlichen Zeichea starker Opiumiiarkose. Nadi-
dem 9 Gr. Zinc. eulph. ohne allen and Senf als Brechmitld
mit sehr geringem Erfolge gegeben worden war , rief ein star-
kes Tabak infusum mit Kaffee die gewünschte Wirkoag ii
hohem Grade hervor. Die Kranke genas.
(Julias Claras.^
503. Tergiftnng mit Oleum tanaoeti; m
Dr. Dal ton. (Ibid.)
Ein 21jähr. Mädchen hatte ^ und 3jjj Oleum laoaceti,
um Abortus zu bewirken, genommen und beraod sich elwi
1/4 Std. nachher in folgendem Zustande. Völlige Bewossiio-
sigkeit, Wangen hochroth, Augen offen u. glänzend , PapiUe
erweitert und unbeweglich , Sclcrodca injicirt , Haut wara,
Respiration beschleunigt, sterlorös , durch schaumigea
Schleim behindert, Athem stark nach Oleum taoaceti riechend,
Puls voll, stark, 128, in Zwischenräumen von 5 — 10 Miac-
ten heftige Krampranfalle, während denen der Kopf nach hia-
ten geworfen , die Respiration suspendirt , die Arme erhohes
und grad ausgestreckt , die Finger contrabirt und , nachdcB
dieser Zustand etwa ^2 Minute gedauert hatte, der Körjptr
von den heftigsten Schuttelkrampfen befallen wurde. \wm.
Beginne eines Krampfes bis zur ersten vollen Inspiration vei^
floss 1—1 Vs Minute. Die Zunge wurde durch das Ziisaa-
menbeissen der Zähne verletzt. Nach jedem Anfalte war das
Gesicht bleich und livid , in Folge der suspeadirten Retpin-
tion , der Puls schvvacH und frequent. In den ZiriscbcDrän-
men blieben die Kinnbacken zusammengekniffen, während die
Gliedmaassen erschlafften. Weder ein Aderlass, noch Brech-
weinsteinklystire brachten Erfolg. Tod 37s Std. nach dff
Vergiftung. Abortus war nicht erfolgt.
Section 10 Std. nach dem Tode, Todtenslarre be-
deutend, Todtenflecken schwach und purparroth. In der
Kopfhöhle ausser Trockenheit der Aracbnoidea keine Ahww-
mität. Brusthöhle. Der linke Herzventrikel stark conti**
hirt, Rlut sehr flussig, nach Ol. tanaceti riechend, Longa
normal. Etwaa Röthnng an dem hintern Theile der Epigtoip
If. Patkolegi«, Thempk h. medieiaifclM IliniL
297
tit. BtmohkUM^. ItoreritMiealaackGeradiMekdMiOd.
Magenschleimhaut an der grossen Curratur briunlich, lerw
döDDt, erweicht, an einer grösseren Stell« fast zerstört. Der
S^isawnhaii tUrli; nach dem 0«le riechend, das in vielen
Kügelchen darch denselbea Yertbeill war. Chylusgelasse toq
milchigem Chylus ausgedehnt ; nur in jem obern Theile der
dOnnen Gedärme noch Spuren yon Ol. tanaceti. Milz schlaff,
blutleer, die Harnblase enthielt Sjj-^jü Harn , im Uterus ein
wohlgebildeter imonallicbcr wetblicber Fötus , sanimt seinen
Membranen völlig unYersebrt , beide Ovarien ? ollkominen ge-
sund.
2vrei ibaliche F$Jle werden beilanflg erwihnt.
(Julius Claras.)
504. Tergiftnngen mit animalischen Snb-
ttanian; wo l>r. Ledere. (Gaz. dea Höp. 13.
1862.)
1. Fafl. Ein Bäcker, 40 J. alt, wurde von einem ge-
feilten RaaiDtben in Jen Ringfinger der rechten Hand gebis»
seo. Nach 5 oder 6 Tagen sab Vf. an der BissstelljB eine
kleine, runde Geschwulst^ von brauner Farbe und von der
Foren und Grösse einer Kubpocke , umgeben von erhabenen
Rindern und mit einer halbfidssigen , bräunlichen Substanz
eKOllt. Di« Hand und der Arm waren bis zur Achsel hinauf
schmerzhaft o«d geecbwollea. Ein rocber Streifen zog sich
von der Faust bis zur Schulter an der äussern Seile herauf.
Unter Anwendung warmer Umschläge öffnete sich die Pustel,
daa bisher vorhandene allgemeine Unwohlsein besserte sich u.
es trat baid vollständige Genesung ein. Eine in dem Hause
des Kranken arbeitende Person bekam denselben Zofall , der
auf ähnliche Weise behandelt wurde und in Genesung über-
ging. Ob dieselbe Ursache da war, wird nicht berichtet.
%, Fall. Ein Reisender stutzte sich mit der linken Hand
auf die Wagentbflre und empfand sogleich ein heftiges Jucken
iwiaebea dem ZeigtAnger und MilteUinger. Am Islgendeo
Tage hiUete eich ao dieser Stelle ein kJeiaes Bläsche» aas^
des^ oaeb 3 Tagen sich in eine der im vorigea Falle beschrie-
benen ganz ähnliche Pustel verwandelte. Auch der Arm war
in derselben Weise afGcirt. Erweichende Umschläge, Empl.
dtaebyloii und resolvirendo Mittel bewirkten eine baldige Hei-
lung. V^muUUMh war ein laaekteaalieh die Ueiaehe. Aeh»<
liebe Erscheinungen sah Vf. häufig nach dem Bisse von Trachi-
soe «ipera Cu?. eatstehen , welche de» Ammody tea äoeeeret
ähalich sind und deshalb fon Fischern ^ die auf den Fan^
dieses letzteren Thierea ausgeben, für dieses gebalten werden.
[In der Dublin. Prese. vom 4. Febr. lStt2 (Nr. 083)
theill Dr. Bagot den Fall eines Kjähr. Kindes mit, bei wel-
chem sich nach dem Bisse einer Katze in die Hand eine Menge
kleiner Abscesse an der Ifand, auf dem Vorder und Ober-
arm und ao der Sehalter eotwickellen.]
(Julius Clarus.)
505. Tergiftnng mit Calomel; von Bon na-
wyn. (Prasaem^ü. 5i. 1851.)
Dass Calomel, wenn es mit Sauren in VerbindunCf
kommt, sich in Sublimat verwandeln kOnne, wird
durch 2 FaMe dargelhan. Im 1. nahm ein Kr. 5 Gr.
Calomel, die er mit Stachelbeercoropot versetzte, und
starb nach 6 Sld. unter allen Erscheinungen von
Sublimatvergiriung. Im 2. bedieole sich ein Kr.
einer Salbe aus 2 3 Calomel und 1 § Fett gegen
einen Uautausschlag. Dieser heilte ohne Spur von
Quecksilberintoxication in sehr kurzer Zeil ; der Kr.
hob die Salbe auf, brauchte sie nach einem Jahre
wieder und es stellten sich Salivation, Uebelkeit,
weisshches, schaumiges Erbrechen u. s. w. ein.
(Julius Clarus.)
50$. Epidemisclie Bleikolik durch mit Blei
yersetiten Aepfelweia hervorgerufen ; von l e -
groux. (Gaz. des Höp. 15. 1852.)
Oa im vergangenen Jahre der Aepfelwein sich aebr acbwer
klären Hess, so setzten die Brauer in Frankreicb eine oft be-
deutende Menge essigsaures Blei zu (bis zu 4 Ctgrmm. auf
1 Liter) , um dadurch die die Trübung Teranlassenden Sub-
stanzen zu präcipitiren. In Folge dieser Verfälschung sind
eine siemjicbe Anzahl Bletiotozicationsfalle im H6pital Beaujon
zur Behandlung gekommen. Die Behörde bat dagegen die
geeigneten Maassregeln getroffen und liereits einen Brauer um
12,000 Fr. gestraft. (/nlius Clarus.)
IV« Pathologie, Therapie und medidnische UMk^
507. Qeber parenchjmattae Entitudung^
von Virchow. (V. u, B/s Arcb. IV. 2. 1852.)
Bei dem Proeeaae der parenchymatösen EntsQn-
duBg fehen die eiiaraktertsliachen Und wesentlichen
Veraiideniiifeii hn Innern der Parenchym-Bestandlheile
▼or sich. Di« Bnlcündnrig im Allgemeinen^ wie Aber-
baiipt jeder locale pathologische Vorgang, der mit
TarSndemngen der Bxsudation oder Resorption ein-
bergeht, ist als ein Act der verttnderten Ernährung
anfeirfiiaseB. Baa bei der Bntxtlndung gesetzte Bx-
sudmi ist dann' nicbis Anderes, als die quantitativ od.
qvtttlitatir verSnderte Bmäkrwigsflüssigkeit. Biese,
wenn sie aus de» Gefitssen atistrilt , kann allerdinga
nr nwBcheB Punzen , s. B. an aerOsen Häuten , an
die freie 'OberiSche treten (Enliflndong mit freiem
Exsudat), att anderen, l B. an drttsigen Organen,
dielDlerstflietf der Gewebsbeataardtheile erfallen (Ent-
attndung mit interstitiellem Exsudat), allein bei einer
grossen Reihe anderer Gebilde ist diess nicht mög-
lich. Nimmt man einen Gefilsskanal, ein sogen.
Haversches Kanttlchen am Knochen, so sieht man hier
die Geßlsswand nicht selten unmittelbar dem Knochen-
gewebe anliegen und das Knochengewebe selbst bil-
det keine Intarstitien, sondern ein unaufliOrliches
Gontinuum von Knochenkdrperchen nod Knochen-
grundsubstanz. Hier kann also die Ernährungsfltls-
sigkeit nur in die Elemente des Gewebes selbst ein-
dringen «• au keiner Zeit kann s\b irgendwo anders,
als im Innarn der Gewebe enthalten sein , so lange
diess Überhaupt noch exiatirt (Entzündung mit paren-
chymatOaem Eixsudai).
Das Knochen-, Knorpel- n. Bindegewebe sind
naeh Vfa. ünterandinngen zusammengesetzt aus KOr-
perchen, die entweder aelbst Zellen sind, oder aua
298
IV. Pathologie, Therapie a. medicmische Klinik.
Zellen hervorgingen, und aus lotercellularsubstanz.
Die sogen. Knorpel- und KnochenkOrperchen, so wie
die sogen. Kernfasern und Spiralrasern des Binde-
gewebes , welche Vf. unter dem Namen der Binde-
gewebskörperchen und Bindegewebskanalchen zu-
sammenfasst, sind Zellen oder Zellenderivate, zwi-
schen denen die Grundsubstanz, die eigentliche Knor-
pel-, Knochen- und Bindegewebssubstanz inlercellu-
lar eingelagert ist. Im Knochen- und Bindegewebe
bilden die KOrpcrchen (Zellen und Zellenderivate)
anaslomosirende Systeme , die mit Flüssigkeit gefüllt
sind , u. die Ernährung dieser Theile lasst sich nicht
anders denken , als dass der Emahrungssaft aus den
BlutgeDfssen in die feinen Röhren dieser KOrperchen,
also in eine neue Art von Kanälchen eindringt, und
sich von hier aus durch und in das Gewehe vcr-
theill. Wir haben also ein besonderes (seröses)
Kanalsystem, das neben dem Systeme der Blut-
gefässe der Leitung der Ernährungssäfte dient, ein
System, das dem einzelnen Gewebe als integrirender,
genetisch mit ihm verbundener Theil angehört. Ist
der Ernährungssaft, das Exsudat in dasselbe einge-
treten , so ist er nicht mehr isolirhar , er ist dann
vollständig parenchymatös geworden. Tritt er aus
diesem Sysiem in das Intercellulargewebe ein , so ist
er nicht minder parenchymatös, nicht minder innjg
mit dem Gewebe vereinigt, denn er tränkt das Ge-
webe, er liegt nicht mehr interstitiell zwischen seinen
Elementen , sondern nur noch interstitiell zwischen
seinen Molekülen. Der Ernährungssaft , das Exsudat
sind dann also gleichfalls • nur noch molekular vor-
banden.
S trübe (Inaug.-Diss. Würzburg 1851) unter-
nahm auf Vfs. Veranlassung eine Reihe experimentel-
ler Untersuchungen über den Bau und die pathologi-
schen Veränderungen der Hornhaut, Es stellte sich
dabei heraus , dass die Veränderungen , welche man
durch die verschiedenartigsten Entzündungsreize an
der üornhaut erlangte , Veränderungen , wie sie all-
gemein unter dem Namen der Hornhautentzündung,
der Keratitis, beschrieben werden , nur parenchyma-
töser Natur sind , dass sich dabei kein freies Exsudat
zwischen den Lamellen od. Fasern der Hornhaut wahr-
nehmen und noch weniger isoliren lässt, dass viel-
mehr die Veränderungen an den Hornhautkörperchen
und demnächst ^n der klaren Intercellularsubstanz
vor sich gehen. Die Veränderungen zeigen sich zu-
nächst durch Anschwellen , Vergrösserung der Kör-
perchen, durch Erscheinen kleiner Fettmoleküle in
denselben, durch Vermehrung und Vergrösserung
ihrer Kerne. Die Intercellularsubstanz trübt sich,
wird undurchsichtiger, dichter, faserungsfähiger, sie
erlangt eine mehr fibröse, der Sclerotica ähnliche
Beschaflenheit, wird zuweilen mehr körnig, fein gra-
nulirt, wie staubig u. in einzelnen Fällen sieht man auch
in ihr Fetlmoleküle erscheinen. In manchen Fallen
bleiben diese Veränderungen stehen und bedingen die
verschiedenen Trübungen, Leukome u. s. w. ; in an-
dern aber geht eine wirkliche Erweichung der Uorn-
haulsubstanz und daraus die oberflächliche üleoratiii
hervor.
Es ist hier sonach eine Reihe von Veranderangei.
welche in kurzer Zeit zu Stande kommen, u. weldie
nicht anders zu Verstehen sind , als durch eine Ter-
mehrte Aufnahme von Material, von exosmolisckci
Flüssigkeit in die Gewebselemenle , die Hornhanl-
körperchen und die Hornhautgrundsubstanz. Und
doch ist hier kein Exsudat im Sinne der Schule,
weder ein freies auf der Oberfläche , da vielmehr die
Oberfläche trockner, matter, trüber wird, noch ein
interstitielles, da keine Inlerslilien vorhanden sind.
Dieselben elementaren Störungen, welche bei der
entzündlichen Trübung auftreten, können aber ancli
unter andern Bedingungen entstehen. So isl der
Arcus senilis , das Gerontoxon , die Fettdegeneralioi
der Horniiaut, der entzündlichen Hornbautaffeclioa
sehr ähnlich. Hier liegt eine gestörte ErnahruDg,
eine elementare Störung vor, welche den Anfang der-
jenigen Veränderungen bezeichnet, die bei acnlcr
Erregung den entzündlichen Charakter nDnebmea
würden.
Dieselben Erscheinungen, welche das faserknorp-
lige Gewebe der Hornhaut zeigt, lassen sieb an des
wahren Knorpeln verfolgen. Derselbe Process, der
bei Leuten gefunden wird, die an wiederholten rheu-
matischen und arthritischen Entzündungen der Ge-
lenke gelitten haben, wird auch bei Greisen beobach-
tet, die keine besondern Krankheitserscheinungen
zeigen. Die Intercellularsubstanz zerklüftet und zer-
spaltet sich, wird brüchig und erweicht endlich voll-
ständig, die Knorpelknörperchen vergrössern sich
und bald zeigt sich in ihnen eine fettige MeUmor-
phose , bald mehr eine endogene Wucherung.
Es fragt sich nun, welcher Natur sind diese Vor-
gänge? Wäre es ausgemacht , dass nur geßisshaltige
Theile sich entzünden können , so witre jede weitere
Discussion abgeschnitten. Allein auch die geftssloscn
Theile stehen in Ernährungsverhaltnissen, auch sie
beziehen schlüsslich ihr Ernährungsinaterial aus den
Blute , und wenn dasselbe auch auf einem grösseren
und längeren Wege ihnen zugeftihrt wird , wenn es
nicht unmittelbar von den Gefllssen aufgenommei
wird , so dienen doch gewisse Gefiisse ihnen als Z»-
leitungsröhren der Stoffe. Im Grossen und Wesent-
lichen nehmen sie also ihre Ernährungsslofl'e eben
daher, wo es die gef^ssbaitigen Theile erhalten, and
wenn es bei ihnen weniger direct geschieht, so folgt
daraus eben nur eine grössere Resistenz und Starr-
heit, ein geringerer Wechsel der Stoffe, eine gewisse
Langsamkeit der Ernährung und eine relativ grossere
Selbstständigkeit, allein keine Verschiedenbeil in dem
eigentlichen Wesen der ErnäbruogsvorgSnge. Die
pathologischen Veränderungen ihrer Substanz» die
Degenerationen, welche sie erleiden, können daher
auch mit dem Anscheine grösserer SelbstsUndigkeit
und Unabhängigkeit auftreten ; die elementaren Stil-
rungen ihrer innern Verfassung ' können als sehr ein-
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
299
fache Formen des pathologischen Processes erschei-
nen , aber es ist damit nicht ausgeschlossen , dass
diese selben Störungen, diese selben elementaren
Degenerationen auch unter gewissen Bedingungen in
acuter Weise, unter vermehrter Zersetzung, bei
grösserem Wechsel der Stoffe, unter einer Steigerung
der Diffusionsverhallnisse, mit andern Worten, unter
entzündlicher Form zu Stande kommen.
Es giebt eine Reihe von sogen. EntzUndungs-
reizen , von mechanischen und chemischen Einwir-
kungen, die constant in denjenigen Theilen , welche
den anerkannten Entznndungen zuganglich sind , so-
bald sie nicht anderweitig verändert sind, Entzündung
hervorrufen. Wenn nun diese Reize , auf gcfasslose
Theile angewendet, hier denselben Effect in den
Elementargeweben hervorbringen , der in den gefäss-
haltigen Theilen eintritt, so ist es erlaubt, auch die
Vorgänge zu idenlificiren, wenn auch die anatomische
Beschaffenheit der Theile, ihr GePass- und Nerven-
gelialt gewisse entferntere Verschiedenheiten bedingt.
I Die Analogie tritt aber um so mehr hervor, wenn
man wahrnimmt, dass diejenigen Gef^sse, von denen
der afGcirte Theil sein Ernahriingsmaterial bezieht, in
' einen Zustand der Hyperämie gerathen, demjenigen
entsprechend, der sonst an entzündeten Theilen zu
bemerken ist, wenn ferner in der nächsten Umgebung
der veränderten gefässlosen Theile alle diejenigen Zu-
stande sich Gnden, welche sonst der Entzündung zu-
geschrieben werden, Geschwulst, Exsudat, Schmerz
u. s. w. , wenn endlich die elementaren Veränderun-
gen des geHisslosen Tbciles selbst nicht mehr blos
durch eine innere Veränderung des vorhandenen Ma-
terials , sondern durch eine Fermehrung desselben,
durch Aufnahme neuer ex-osmotischer Flüssigkeit^
oder nach \L* durch parenchymatöses Exsudat zu
erklaren sind.
Alle diese Bedingungen treffen nun für die Knor-
peldegeneration zu. Die Gelenkknorpel zeigen eine
endogene Wucherung , eine Vcrgrösserung «ler vor-
handenen Elemente, eine Auflockerung, Volums-
zunahme und endlich Auflösung, Erweichung der In-
tercellularsubstanz. Die Erscheinungen der Hyper-
ümie finden sich zwar bei der Autopsie solcher Theile
oft genug nicht vor , allein man muss sich hier der
Zwei fei haftigkeil dieses anatomischen Merkmals erin-
nern, des möglichen und öfl genug direct zu beob-
achtenden Verschwindens der entzündlichen Rölhung
an todten oder abgeschnittenen Theilen. CJebrigens
ist anch die Hyperamie keineswegs so selten. Häufig
findet man die Gefasse der nächsten Theile der Syno-
vialhaute, der Fortsatze derselben in das Gelenk hin-
ein, der weicheren Ligamente, welche das Gelenk
dtirchsetzen, von Blut strotzend gefüllt. Neben die-
ser Hyperamie der Haute zeigt sich nicht selten eine
starke Böthung der Knochenenden , welche sich bald
gleichmassig unter dem Knorpel forterstreckt, bald
unregelmässige Flecke in dem areoiären Gewebe der
spongiösen Substanz bildet. In der Höhle des Ge-
lenkes sieht man in vielen Fallen eine reichlichere u.
dünnere, an Biweiss reichere Flüssigkeit, aus der sich
an verschiedenen Stellen der Oberflache faserstoffige
Pseudomembranen niedergeschlagen haben. Später-
hin bemerkt man im Umfange der KnorpelUberzüge
neue Auflagerungen junger Knochensubstanz auf der
Oberfläche der alten Knochenenden , und das ganze
Gelenk erweitert sich nicht selten durch pilzförmige
oder knollige Wucherungen, welche rings um die
allen Gelenkflachen sich anbilden.^ Bekanntlich treten
diese Affectionen zuweilen unter heftigen, namentlich
rheumatischen Schmerzen auf und zeigen alle klini-
schen Erscheinungen der Entzündung.
Der Haupleinwand, den man gegen diese Aufstel-
lungen machen könnte, ist der, dass dieselben Ver-
änderungen, welche zuweilen nach arthritischen und
rheumatischen Entzündungen der Gelenke zu sehen
sind , andere Male einfach seniler Natur sind. Ob*
gleich nicht zu bezweifeln ist , dass das Greisenalter
unter den zahlreichen Erscheinungen veränderter Gir-
culation, Innervation u. Nutrition, die es charakterisi-
fen, ebensogut einfache Degeneration des Gelenkappa-
rates hervorbringen kann, so kann sich Vf. doch nicht
überzeugen, dass diese Veränderungen, wenn sie
wirklich von bedeutendem Umfange und Grade sind,
jedesmal einfacher Natur sind, und verweist hier auf
Adams und Smith, welche das Malum coxae se-
nile für eine chron. rheumatische Gelenkentzündung
erklären.
Vf. bespricht hier noch die Ossification der Knor-
pel und sucht auch sie auf eine parenchymatöse Ent-
zündung zurUrkzufllhren. R e d f e r n (Jahrbb. LXVII.
279) beobachtete Ossification der Knorpel bei Hun-
den, denen er ein Seton durch die Rippen- und Ohr-
knorpel gezogen , und denen er den Knorpel der Pa-
tella eingeschnitten und dislocirt hatte, so wie bei
Kaninchen, denen er auf die Knorpel des Kniegelenks
das Cauterium actuale oder chemische Aetzmitlel
applicirt halte. Man beobachtet Verknöcherung der
Knorpel der Luflwege bei chronischer Laryngitis und
Bronchitis , der Knorpel der Rippen bei chron. Pleu-
ritis, der Cartilagines intervertebrales bei Spondylar-
ihrocace. Vf. hat nachgewiesen , dass die frühzeiti-
gen Synostosen der Schädelknochen, welche die
eigenthümlichen Schädeldifformiläten bei Crelinen
veranlassen , aus entzündlichen Zuständen der Schä-
delhüllen und dadurch bedingter, prämaturer Ver-
knöcherung des Nalhknorpels abzuleiten sind. End-
lich gehören noch die Erfahrungen der Zahnärzte üb.
die Bildung der secundären Dentine durch Ossification
der Zahnpulpe unter entzündlichen Bedingungen
hierher.
Diese Ossification setzt nach Vf. stets eine Stei-
gerung der Diffusionsverhältnisse voraus. Während
sich die Kalksalze , welche doch erst herbeigeschaflt
werden, d. h. exosmotisch aus dem Blute in die Theile
gelangen müssen, ablagern, verändert sich die Masse
der früher vorhandenen Substanz. Der erkrankte
Knochen zeigt ohne Rauroveränderung ein ganz an-
deres Verhällniss der festen und flüssigen Theile so-
wohl , als der organischen und unorganischen. Es
800
IV. PaUiol<)9ie, Therapie il medicinische Klinik.
mOssen aUo auch gewisse Theile endosmoUscb io das
GeRlsssyslem zuraekkehreo, resorbirl werden. So
ist das gesanimlc Criiülirungssystem verändert, eine
Zunahme der Vorgänge gegeben. Nimmt man nun
noch mit Valentin an» dass die ersten Ablagerun-
gen aberwiegend reich an kohlensauren Salzen sind»
und dass die Phosphorsäure» welche spater einen
Theil der Kohlensaure austreibt, durch Oxydation des
in den Albuminalen enthaltenen Phosphors, also durch
eine parenchymalöse Verbrennung entsteht, so ist es
nicht schwer, auch eine entzOndliche Ossißcation
(Ossißc inflammation, iohn H unter) als eine
'wahrhart parenchymatöse Entzündung zu statuiren.
Was die Knochen selbst hetrilft» so finden sich
auch hier ganz analoge Processe, wie an der Horn-
haut und den Knorpeln. Es ist an allen entzündeten
Knochen das Vorkommen eisudaliver Zust^tude an der
äussern Oberflache und im Innern der Markhohlen,
der Areolen der spongitfsen Substanz nachzuweisen.
Man kann hier also Treie oberflachhche Exsudate der
Periostitis und interslielle der Endostitis, der areola-
ren KnochenentzUndung unterscheiden. Allein bei
beiden Formen, wenn sie rein sind, vermisst man
die Affection des eigentlichen Knochengewebes, der
Substantia ossis propria. Doch auch in ihr kommt
eine parenchymatöse Entzündung vor. Vfs. Unter-
suchungen in dieser Beziehung (an frischen Knochen)
ergaben Folgendes. Zuerst fand er, freilich nicht
constant, doch ofl genug eine Fettmetamorphose der
KnockenkärpercAen , eine Erscheinung, welche Vfs.
Ansicht von der Bedeutung dieser Elemente in der
Reihe der zelligen Gebilde bestätigt. Im Innern der
Höhle der Knochenkörperchen nun sah Vf. kleine
Feltmoleküle auftreten, 1, 2, 3 und manchmal ganze
Gruppen. In einigen, besonders ausgezeichneten
Fallen lagen ähnliche Fettkörnchen auch in den Kno-
chenkanälchen , jedoch hier nur einzeln , getrennt u.
von sehr grosser Feinheit, — Wahrend dieser Ver-
änderungen, jedoch häufig ohne dieselben, finden
sich manche Körperchen etwas grösser vor und man
erkennnt in einzelnen, diess jedoch am seltensten,
doppelte Kerne. An entzündeten Rippen, namentlich
aber in einem Falle an dem untern Ende einer cariö-
sen Tibia sah Vf. in einiger Distanz von der äussern
Oberfläche des eigentlichen Körperchens eine Tren-
nung der Substanz entstehen ; aus dem intercellula-
ren Gewebe lösten sich fast vollständig runde , sphä-
rische, höchstens etwas längliche Massen aus, die
ganz das Bild von verdickten und mit Porenkanälen
versehenen Knorpelzellea darboten, und die durch
einen feinen Spalt von der umliegenden, noch homo-
genen Substanz getrennt waren. Andere Bildungen
dieser Art zeigten sich noch mehr gelöst u. zugleich
verschwand das Bild der TUpfelzelle, und man sah
nur einen etwas weichen , trüben , körnigen Haufen,
in dem man undeutlich die durchsetzenden Kanalchen,
zuweilen mit feinsten Fetttröpfchen , selten noch das
eigentliche Knochenkörperchen wahrnehmen konnte.
Durch Waschen liessen sich diese breiigen Haufen
entfernen und die Oberfläche der einzelnen Knochen-
stUcke zeigte nun rundliche» an einer Seite mehr ei
weniger oU'ene , an der andern von noch fester Kia-
chensubstanz umgrenzte Höhlen.
Die Erweichung ist also reell; die Knoeliensai.
stanz schmilzt wirklich zusammen wie MetaH, uod ei
entstehen mitten im festen Knochengewebe Lackes,
die mit einer weichen , anfangs mehr breiigen , end-
lich löslichen Masse erfüllt sind. Interessant bei die-
sem Vorgange ist, dass das Knochengewebe nicht
gleichmässig an seiner Oberfläche zusammenschinilst,
sondern dass es sich in Elemente auflöst, die jedes-
mal das Gebiet eines Knochenkörperchens aasdrflk-
ken , was die Bedeutung dieser Körperchen für dh
Ernährung des Gewebes bestätigt. Wo die Fett-
metamorphose eintrat, ging sie diesem Einschmelzci
voraus, zum Zeiclien, dass auch hier der Zelleniohaü
zuerst beiheiligt wurde.
Dass nun diese Vorgänge entzündlicher Natur
sind , möchte kaum zu bezweifeln sein , man mflaste
sonst die Möglichkeit der Osütis in der compacCei
Rindenschicht ganz leugnen. In dieser Schicht \A
nichts weiter, als Knochensubstanz und mit Geftsset
erfüllte Kanäle ; Raum für Exsudate fehlt hier voff-
ständig, Nerven sind nur an wenigen Stellen Torfaan-
den, Geschwulst ist wegen der festen Knocheo-
structur unmöglich. So beschränkt sich also d«
Entzündungsprocess hier zunächst auf die Erweichung,
die Rarefaclion des Gewebes, auf eine acute Destruc-
tion und Degeneration der Theile. Allein diese De-
generation ist nicht ihrem Wesen nach derEntzOndnaf
ganz eigenthümlich, ebensowenig als die Uornbaot-
und Knorpeldegeneralion es waren ; vielmehr ist sie
ein ganz physiologischer Act, der die ftrachigkeit
der senilen Knochen auf dieselbe Weise hervorbringt,
wie er die Entwicklung des jugendlichen Knocheni
begleitet. Es ist derselbe Process , durch den nor-
mal die Markräume, die Areolen des Knochens ge-
schaffen werden; durch welchen die an der Knorpel-
grenze des wachsenden Knochens eben gebildete,
dichte Knochensubstanz wieder an einzelnen Pnnkten
zusammenschmilzt und spongiös wird; durch wel-
chen endlich die compacte GorticalsubstaBz nach od
nach immer wieder in spongiöse areoläre SubsUni
umgewandelt wird. £s ist aber auch ungekehtt
derselbe Process, durch welchen die eigemOitkt
IfnocAenerweichuHg, die Osteomalacie, die Rarefae-
tion des Knochengewebes hervorbringt. Und se
zeigt sich auch hier, dasa die Entzündung nicht ii
ihren Leiatungen , in ihren Producten , sondern nur
in ihrem Geschehen eigenthümlich ist.
Was das Bindegewebe anbelangt, so giebt es
auch hier eine parenchymatöse Entzündung. Vieles
von dem, was man aligemein als Infiltration in prä-
lendirte Interstitien schildert, waa man als ein zwi-
schen die Gewebstheile abgelagertes Exsndat dar-
stellt, ist nach Vf. aus inneren Veränderungen her-
vorgegangen. Schon Küss hat als die successives
Veränderungen des sich entzündenden Bindegewebes
IV. Palhelaf^, Therapi« u. tnedieiDitibe Kliiift.
301
die Avschlveilting, iie Trüboog unil endlich die Aa^
hebuag teiner ElasUciiat, die Brttchigkeit ingageben.
Oieie Verünflerungen drflcken die lunebmende Dege-
neration des Gewebes und das Fortschreiten dersei«-
ben sur Yollkommenen Erweichung aus» weiche leiiF-
lere nicht nothwendig und jedesmal ekisutreten
braucht, aber oft genug zu Stande kommt. Wahrend
dieser Veränderungen, welche zum grossen Tbeii von
der Interceliularsubstanz , zum kleineren von den
KOrperchen abbangen , sieht man sehr häufig in die-
nen die Fettmetamorphöse. Das Vorkommen dieses
Processes sieht man nicht nur in den geschwänzten
Kitrperchen des jüngeren Bindegewebes, sondern auch
an alteren» welche man bisher zu den Kernfasern ge-
rechnet hat , u. ist er zuweilen im Umfange von Eni-
ztfndungaherden » z. B. der Haut, so ausgedehnt,
dass man dieaelbe nach allen Richtungen von ZUgen
feinkornigen Fettes durchzogen aieht, dessen Lagerung
im Innern der röhrenförmigen Kürperchen nicht zwei-
Ifeihtfi isL Manchmal sieht man daneben eine Ver-
mebrang der Kerne» offepbar durch Theilung, so
dass 2 , 3 und mehr in einer Varicoailät der Spiral-
faser liegen. Allein im Allgemeinen scheint es Regel
tu sein, dass in dem Maasse, als die endogene
Wucherung zunimmt, die Pettmetamorphose zurQck^
tritt. Letztere gehört mehr den chronischen , die
endogene Wucherung den massig acuten Formen an.
Im letzleren Falle erreicht die Anbauf\ing neuer Ele-
mente an der Stelle der frühern elastischen Fasern
nicht selten eine solche Ausdehnung, dass die beiref-
fenden Stellen mit dem blossen Auge unterschieden
iverden können. Man sieht dann in der gewöhnlich
stark gcrOtbeten Flache kleine graue, oder weissliche
Pnnkle ; die ganze Flache hat ein unregelmassig flek-
kiges Aussehen. Es bilden sich hier also ähnliche
Beerde endogen wuchernder Elemente , wie bei den
Knorpeldegenerationen, und in ahnlicher Weise
brechen diese Herde an der Oberfläche auf, ergiessen
ihren Inhalt nach aussen und bedingen so eine eigen-
thamliche Ulceration, wie sie an der äussern Haut u.
den Synovialhamen nicht seilen zu sehen ist. Man«
dies, was man als Eiter im Sinne eines reinen Exsu-
dats zu diagnosliciren pflegt, stammt von der Entlee-
rung dieser Herde, und nicht alle Absonderung auf
der GeschwUrsflache stammt aus den Gefüssen, man-
che ist wirklich auf das Gewebe zurückzuführen.
Wahrend die Gewebe der Bindesubslanz alle darin
illiereinkommen, dass sie aus runden, faserigen oder
sternfOrffligen Zellen und einer festen Grund- oder
iDlercellularsubstanz zusammengesetzt sind » giebt es
eine andere Gruppe von Geweben, an denen die Zel-
len sich isolirt enlwickeln , ohne dass eine besondere
Intercellularsubstanz an ihnen nachzuweisen ist. Meist
verschmelzen hier die Zellen zu längeren, rObrcnfOr-
migen Bildungen, deren Inhall sich mehr und mehr
differenzirl , dabei immer aber eine gewisse Weich-
heit, eine mehr oder weniger grosse Verscbiebbarkeit
und Beweglichkeit besitzt. Die hauplsachücbsten
hierher gehörigen Gebilde sind die Muskeln^ die Ner-
ven und zum Theil die Ge/Usse, Alle diese Theile
teigen im Wesentlichen dieselben elementaren Vefw
anderungeu, wie die Gewebe der fiindesubstaas, «ad
diese Veränderungen , diese Degenerationen und W^
tamorphosen können ebenso unter e«lzttndliehen Be-
dingungen zn Siande kommen.
Was die Muskelenlzündung betrifft, so findet
man das Exsudat entweder lilos in den Interstilien
der Primilivbflndel , oder gleichzeitig in den Intersti-
lien und den PrimilivbUndeln , oder in den letzteren
allein. Im letzteren Falle zeigt sich bei einem acuten
Verlaufe der Enlz. zunächst eine Farben- und eine
Cohasions-yeranderung des Muskelfleisches — fir-
scheinungcn, welcbe beide auf eine Veränderung in
der molekularen Zusammensetzung des Gewebes deu-
ten. Das Muskelfleisch wird bald violett, bald grau-
lich und braunlich , bald blass weisslich , gelblich
oder grünlich; es ist brücbig, leicht zerreisslich.
Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass die
MuskelprimilivliUndel zuersl ein mehr homogenes An-
sehen bekommen , ihre Querslreifung wird undeut-
lich, sie brechen sehr leicht in unregel massige Stücke
u. an den Bruciiciiden sieht man sie häufig in Langn-
lihrillen zcrsplillcrt. Weitcrbin wird der Inhalt dee
Primilivbündels trüber , verliert seine gelbliche Farbe
und wird mehr grau ; in der Scheide zeigt sich all«
mälig eil) molekularer Inhalt von grosser Dichtigkeit»
der sich in Essigsaure klart und alle Eigenschaftea
der Proleinsubstanzen zeigt; hier und da sieht man
ein FelitrOpfchen darin. Bei ganz acutem Verlauf
gehl dann sehr bald der Zusammenhang der Primitiv-
bündel verloren , die Scheiden zerrcissen oder wer-
den anfgelOst, der molekulare Inhalt fliesst in eine
Hohle zusammen. Bei eiwns weniger acutem Ver^
lauf sieht man in der molekularen Masse allmalig
einige FettlrOpfcben erscheinen, deren Zahl zunimmt»
so dass allmalig das ganze Primitivbündel mit fein*
körnigem Fell, das in eine sparliehe, stickstoAThattige
Bindemasse eingesetzt ist , erfnllt ist. Nicht selten
kann man die ganze Reihe dieser Erscheinungen an
einem einzigen Primiitvbandel gleichzeitig beobach«-
len» Endlich sieht man Falle, und auch diese kOn^
nen in einer noch verhalinissmassig kurzen Zeit ver-
laufen , wo die Fettmeiamorphose ohne vorganglgol
Zerfallen des Primitivbündels zu molekularer Substanft
auftritt. In diesen Fallen erscheinen die FetttrOpfcheA
in ganz feinen Reihen perlenschnurformig hintereifr»
ander gelagert , in der Langsachse des Primilivbün-
dels, genau den Langsßhrillen des Muskels ent-
sprechend.
Daneben existiren nun langsamer verlaufende For-
men, die einen andern Ausgang haben« In manchen
Fallen Irin auch hier die FeUnietamorphose der Fi-
brillen ein. In anderen dagegen sind die sichlbaren
Veränderungen sehr unboileutend. Man sieht dann
mit blossem Auge dasMuskeifleisch enlflirbt, grünlich-
gelb, weisslich gelb und erkennt unter dem Mikro-
skop die Priniilivbündel niclil molir gelblich, sondern
vollkommen fiirblos, wahrend sich in denselben kleine
Häufchen gelblich gefärbter, glänzender Moleküle fin*
902
IV. Pathologie, Therapie n. medieinische Klinik.
den; es sieht ans, als habe sich der Muskel rarbstoff,
der forher gleichmSssig durch die ganze Substanz
dtffuttdirt war, an einzelnen Punkten in Form von
Körnern gesammelt. Die Primitivbündel haben da-
bei eine grössere Brtlchigkeit als normal , ihre Quer-
slreifung ist undeutlicher geworden, ihre LängsGbril-
len treten ohne PrXparation bervor. — Wie aber
auch die Metamorphose des Prirailivhündels im chro-
nischen Verlauf des localen Processes sein m.ig, stets
tritt nach einiger Zeit eine vermehrte Resorption ein,
der veränderte Inhalt des Prirailivbündcls wird wie-
der in die Circiilation aufgenommen, und man sieht
ein lockeres Gewebe von leicht faseriger Nntur mit
sehr viel länglich ovalen Kernen. Später sieht man
die afßcirt gewesene Stelle immer eingesunken, unter
dem Niveau der Umgebung und durch ein muiir oder
welliger dichtes, rölhliches oder weisses Rindegewebe
eingenommen , welches zu Ende des Processes ein
glänzendes, sehncnarliges Ansehen hat: den Sebnen-
fleck des Muskelfleisches.
Bezüglich der Nerven so zeigen sich an ihnen in
der eigentlichen Encephalitis, Neuritis u. s. w. Ver-
Inderungen , die ebenfalls in einer offenbaren Dege-
neration bestehen. Die fettige Metamorphose der
Ganglienkugeln und der Nervenprimitivfasern tritt
ebenso unter entzündlichen VerhSiltnissen auf, wie die
Erweichungen, die hauptsächlich an den Nerven-
fasern zu verfolgen sind. — Ebenso lässt sich an der
Gefiisswand eine Enlzündungsform, die nxjt parenchy-
matösen Veränderungen einhergeht, nuffmden.
Schwieriger stellt sich die Frage für die eigent-
lich zelligen Theile, wo die Zellen als solche persi-
•liren und zwischen ihnen meist noch eine intercel-
luUre Flüssigkeit ezislirt , also die eigentlich epithe-
lialen und drüsigen Gebilde. Küss nimmt eine
Entzündung des Epithels an und nach Vf. lässt sich
eine gewisse Berechtigung zu dieser Annahme nicht
leugnen. Allein die Anwesenheit der inlercellulären
Flüssigkeit , welche stets mehr oder weniger an der
Veränderung Theil nimmt und welche dann den Cha-
rakter der interstitiellen und freien Exsudalion be-
kommt , stört die Anschauung an den meisten Punk-
ten in dem Maasse, dass die Möglichkeit, die paren*
Ghymatöse Degeneration als etwas secundäres oder
zufälliges zu betrachten, immer gegeben ist.
Am reinsten lassen sich die primären Alterationen
der Parenchym- Zelten bei gewissen Entzündungen
der Leber erkennen, eines Organs, das die Zellen am
dichtesten und reinsten, fast ohne weitere Zumischung
Ton Elementen enthalt. Vf. sah diese Hepatitis ge-
wöhnlich als melaslatiscbe und lobuläre. Einzelne
Acini der Leber entfärben sich in der Mitte , wie das
entzündete Muskelfleisch; die Entzündung schreitet
peripherisch fort, während die Zellen zu einer kör-
nigen , feinmolekulären , in Essigsäure zum grössten
Theil löslichen Detritusmasse, zu einem albuminösen
Brei zerfallen. Es handelt sieb also hier um eine
entzündliche Erweichung. Beim Manschen ist die
Entfärbung dieser Stellen so bedeutend , dass dM
ben für den ersten Anblick ganz das Aussehen i«
Abscessen darbieten. Auf dem Durchschnitt tii
man zuweilen wallnussgrosse Stellen dieser Art, k
noch ganz fest sind ; an anderen sieht man end^
die Erweichung, das Schmelzen eintreten, ohne dm
noch von Eiter oder einem eigentlichen , isolirbara.
interstitiellen Exsudat die Rede sein kann. Wieder-
holte Untersuchungen der ersten erweichenden Ha»
zeigten keine Spur von Eiter, sondern nur die Tmo-
mer der sich auflösenden Leberelemente. Kommt et
später zur Eiterung, so verhält es sich damit abnlidk,
wie bei der eitrigen Ostitis ; die Eiterung kommt se- ^
cundär an den erweichten Punkten zu Stande, da,
wo durch die Erweichung Raum gesehaflen woröei
ist. Es ist hier ein innerer , parenchymatöser Prt-
cess vorhanden , und wenn man die spätere Eitenaf
als den Ausgang einer Entzündung betrachtet, se
kann man nicht anstehen, die Degeneration des Pa- {
rencliyms als einen integrirenden , weder conseeni-
ven, noch zufälligen Restandtheil des EDlzflndo^p»-
processes zu betrachten.
Schlüsslich wirft Vf. noch einige Blicke iifdie
parenchymatöse Nephritis, den sogen. Horiüs
Briglitii. Nach Vf. lassen sich 3 Formen der Nephn-
tis unterscheiden: die katarrhalische, die crovpiie
und parenchymatöse.
Was die erstere betrifft , so geht gewöhnlich der
Katarrh von den Nierenkelchen auf die Papillen Aber
und erstreckt sich zuweilen in den geraden Ein-
kanälclien bis fast zur Peripherie der Pyramidn,
Anfangs mit starkor Röthung auftretend» bringt er
bald ein gleichmässiges, blasses, gelblichweisses Ab-
selien der befallenen Theile bervor, welches auf «kr
Vermehrung des zelligen Inhalts der Harnkanälehea
beruht; in höheren Stadien tritt eine Verändemei
an den Zellen selbst auf, die ihnen zuerst ein mehr
körniges, undurchsichtiges, späterhin ein unregel-
mässiges, bröckliches, graugelbliches Ansehen giein
In heftigeren Fällen ist die ganze Niere dunkelroth o.
scheinbar dichter, als normal, und man findet 9wh
fasersloffige Cylinder in den Kanälchen, d. h. die ka-
tarrhalische Form steigert sich zu der erouposa.
Albuminöse Exsudate begleiten bekanntlich zahlreiehe
Arten des Katarrhs.
Der Croup der Harnkanälchen verhält sich in den
Katarrh ganz ebenso, wie die croupöse Pneumonie n
der katarrhalischen. Der Katarrh kann sich zai
Croup steigern ; er kann andere Male primär mit den
Croup zusammenfallen ; dieser kann endlich ziemlici
isoiirt vorkommen. Croupöse Exsudate finden sick
am häufigsten in den geraden Harnkanälchen , retatif
seltener in den gewundenen. Nur aus den ersterei
können sie im Allgemeinen in den Harn gelangen, (b
sie in den anderen durch die Windungen ofTeobar
an der Fortbewegung gehindert werden. Allein ebo
weil die ersleren, welche zugleich die hauBgercB
sind , leicht ausgeleert werden , so sind sie von ge-
IV. PaUiologM» Therapie u. mediemiscbe Klinik.
aVil
ringerer Bedeutung und Rflckwirkung auf daa Nieren-
parenchym. Man findet diesen Croup in ttberra*
sehender Häufigkeit, lumal in der Nähe der Papillen,
ohne dass sonst die bekannte Nierendegeneration oder
Hydrops zugegen ist. Die Papillen haben dann ein
homogenes, durchscheinendes, zuweilen lichtgelbes
Aussehen , das sich mehr oder weniger hoch in die
Pyramiden hinauf erstreckt. Auf Durchschnitten
sieht man lange Züge der glänzenden Croupsäulen
sich in den Harnkanälchen fortziehen. Diejenigen
Exsudate, die nicht durch den Harn herausgeschoben
werden, erweichen allmäiig, werden dünner,
schleimiger und scheinen dann später zuweilen die
Veranlassung zu Zersetzungen des Uarnstofis und zu
Niederschlägen von Kalksalzen in den Kanäleben zu
geben. — In manchen Fällen geschehen aber die
Croopezsudate auch höher hinauf und selbst in den
Malpighi*scben Kapseln. Hier kOonen sie direct die
Metamorphose in Bindegewebe eingehen , indem sich
in ihrem Innern sternförmige Zellen, Bindegewebs-
körperchen , entwickeln , und der Rest als Intercel-
lularsubstanz verwendet wird, gerade wie es auch in
den Lungenbläschen nach croupöser Pneumonie ge-
schieht.
Die psrenckymatöse Form der Nephritis besieht
ihrem Wesen nach in einer Veränderung der Epilhe-
lialzellen , und zwar hauptsächlich in dem den Mal-
pighi*8chen Kapseln zunächst gelegenen, gewundenen
und mehr quer gelagerten Theile der Harnkanälchen.
Wenn man die Peripherie , die Corticalschicht einer
Niere genau betrachtet, so sieht man, dass jede Fer-
rein'sche Pyramide der Medullarsubstanz sich bis zur
Peripherie fortsetzt, indem aie einen langen Kegel
bildet, dessen Basis sich deutlich an der Oberfläche
erkennen lässt und dessen Spitze in den Nierenkelch
ausläuft. Ein jeder solcher Kegel oder Lobulus ist
von grossen Gelassen umsponnen, welche an der
Oberfläche Netze bilden und auf dem Durchschnitte
eine Abgrenzung der einzelnen Lobuli von einander
anzeigen. An dieser Grenze liegen hauptsächlich die
Malpighi'schen Knäuel aufgehäuft, so dass nach bei-
den Seiten hin die abgehenden Harnkanälchen verfolgt
werden können. Diese laufen stark gewunden, häu-
fig spiralig, indem sie im Allgemeinen eine quere od.
schief nach innen und unten verlaufende Richtung
verfolgen. Erst in der Mitte eines jeden corticalen
Lobulus finden sich mehr verticale und zugleich mehr
gestreckt verlaufende Kanälchen. Hält man diess
Verhälltniss fest, so überzeugt man sich leicht, dass
die Degeneration bei parenchymatöser Nierenentzün-
dung sich in den meisten Fällen am stärksten, in
manchen fast einzig, an den transversalen oder schie-
fen Theilen der Harnkanälchen im Umfange der corti-
calen Keile entwickelt. Hier findet man nun eine
Vergrösserung der Epiihelien mit auffallender Trflbung
ihres Inhalts, welchem Zustande bald die Meta-
morphose der Epithelialzellen zu Fettkörnchen folgt.
Mit der Zeit geht diese fettige Degeneration so weit,
dass man gar keine normalen Elemente an solchen
SteUan mehr vorfindet; die Fettkörnchen zerfallen
endlich und das Harnkanälchen enthält sehlttsalieh
nur einen fettigen Brei, einen emulsiven Detritus
ohne bestimmte Formelemente. Diese Veränderung
ist es, welche das charakteristische Bild der Bright'-
schen Afl'ection auf ihrer Culmination darstellt.
Diese 3 eben beschriebenen Formen der Nephri-
tis sind es , welche man gewöhnlich in ein Bild zu-
sammenwirft und in dem Begriffe der Brighl*schen
Krankheit vereinigt. Nicht selten kommen sie aller-
dings auch zusammen vor und gerade diese Gompli-
cation ist geeignet, die höchsten Grade der Degene-
ration hervorzubringen. Jedenfalls aber ist es nicht
zweifelhaft, dass weder die einfach katarrhalische,
noch die einfach croupöse, noch die katarrhalisch-
croupöse Entzündung jemals die vollständige Degene-
ration erzeugen kann, sondern dass diese an das
Auftreten der parenchymatösen Veränderung gebun-
den ist
Nach Vfs. Beobachtungen giebl es übrigens auch
eine lobuläre , keilförmige, partielle parenchymatöse
Entzündung, die auf ganz kleine Abschnitte der Niere
beschränkt ist. Viele der gewöhnlichen Narben der
Nierenoberfläche sind von einem solchen Processe
herzuleiten. Nur selten sieht man diese Form frisch«
Man erblickt dann nach Abziehung der Kapsel die
Oberfläche an einzelnen Stellen, gewissen Aggregaten
von Nierenkegeln entsprechend , hervorgetrieben und
die dadurch gebildeten Buckel von derselben gelblich-
weissen Farbe , wie sie bei allgemeiner Degeneration
die ganze Nierenoberfläche zeigt. Auf dem Durch-
schnitte erkennt man deutlich die lobuläre, keilför-
mige Degeneration, welche sich durch die Rinden«
schichl gegen die Pyramide herabzieht und in wel-
cher sich dieselben parenchymatösen Veränderungen
nachweisen lassen, welche man bei allgemeiner
Bright*scher Krankheit findet
Was die fettige Degeneration betrifft , so hall es
Vf. für unzulässig , dieselbe für secundär, als blösen
Folgezustand zu betrachten. Auch an den Nieren-
epithelien findet sich diese Degeneration mehr oder
weniger isolirt vor, und namentlich bei manchen
Thieren, wie Katzen und Hunden, sieht man so häu-
fig und in solcher Ausdehnung die Fettmetamorphose
der Epithelien in den der Pyramidalsubstanz zunächst
gelegenen , mehr gestreckten Theilen der corticalen
Harnkanälchen, dass man leicht erkennt, dass es sieb
hier nicht um eine parenchymatöse Entzündung han-
deln kann. Aber diese Degeneration findet sich in
diesen Fällen auch in einem Theile der Harnwege,
der dem Secretionsgeschäfte ofilenbar femer liegt,
sonach geringere Bedeutung hat , während bei der
Bright*schen Krankheit gerade die zunächst an die
Anfünge der Kanäle stossenden Abschnitte, welche*
für die Secretion nicht gleichgültige Elemente sind^
erkranken. Die Erfahrungen in der Cholera schei-
nen aber dafür zu sprechen, dass nur bedeutendec«
Veränderungen dieser Theile die grossen Störungen
der Secretion, das AuAretea der urämiicheB, Iff^i»»
aot
l¥. faiMogie, fbeMpit «• AeditiiiiMlM Ilinil.
Amk iMtil«de begleilei, o»d es mttchie liaber schwer
sein, 4ie Vorgänge der Nutrition , Secrelion «n<l Bx«
siidetMA so auseinander z« halten , dass man je^n
Toa ibaeo einieln in seiner Abhängigkeit oder Unab-
hängigkeit von de» »»4erea aufsufasseii vemOehte.
Auch bei den einfachslen katarrhalischen Formen
zeigt sich Albuminurie und doch ist oft keine Verän-
derung fettiger Art an den Cpithelien zu sehen.
Wtlrde das veränderte Ernährungsplasma bei der pa-
renchymatösen EotzOndung nicht sofort in die Ele-
mente aufgenommen , wtlrde es nicht schnell paren-
chymatös, so würde die Krankheit einen andern Ver-
lauf nehmen , sie wOrde sich je nach den Umständen
als Katarrh , oder als Croup darstellen.
Pia Richtigkeit diesier Anschauung zeigt sich nach
Vf. am besten in den selteneren Fällen, wo die
elementare Degeneration gar nicht bis zur Feltmetamor-*
phose gelangt, sondern schon auf früheren Stadien eine
Erweichung, ein Zerfallen der veränderten Epithelien
in iler Art zu Stande kommt, wie es oben bei der
Leber besehrieben wurde. Es entstehen dadurch
ioweilen speckige odef wachsarlige Degenerationen,
in denen die Hamkanäichen ganz mit einem moleku-
laren, in Essigsäure loslichen Brei von albuminöser
Substanz erfüllt sind. (M i 1 1 i e s.)
50S. neber Gtnileatioii ; von c. iaron.
(Gaz. 4% Paris. 46 — 52. 185t.)
Nachdem Vf. in einer Reihe von 31 Beobachtun-
gen , welche hier selbst im Auszuge mitzutheilen der
Raum verbietet , den Process der Carnification , wie
sich derselbe während des Lebens u. an der Leiche
zu erkennen giebt, verfolgt hat, verbreitet er sich
über denselben im Allgemeinen folgendermaassen.
Die Carnification nimoftl gewObalicb einen nicht
unbeträchtlichen Theil de^ diron ergriSenen Organs
ein. Die carnißcirte Partie ist äusserlich gewöhnlich
bUnKck oder bram , Cast , compact v. nicht zusam-
OMofalleiid, nacJi Gewichl u. Umfang vergrössert.
Dia camificirte Substanz selbst sieht graulieh oder
graurOtblicb aus ; iin Normalzustände unterscheidbar
^evMsena FarbennUancen verschwinden , das Gewebe
erecheint homogen. Das Parenchym ist dicht, resi-i
alant, schwer zerreissbar, nur in seltenen FaUeo
^waa weniger cohärenl als im gesimden Zuslande ;
die Sc^ttitiOitcheD egal, glatt, bbweile« etwas dorch-^
feiiehtet, von Ansehe des Fleisches. Das camificirte
LuAgengawebe knistert nicht beim Druck , iat mehr
oder weniger luflüeer, lässt sieh aber in vielen Fäl-
'len anfblaften. Von dem nach Legendre u. Baiily
angan. FoialzusUmde unierseheidet sich die Garnifi-
oation dadurch, dass dort die Alteration sieb auf sehr
kleine Organpäriien beecliränkt, dass diese weich,
achki"» eingesunken, welk sind, daaa sich die orga-
lUBohe Textur des Gewebes u. die darin eingelagerten
frandartigirn Elemente dcutliob unteracbeide» lassen,
dann daa Gewebe selbst trocken eraehewt. Bei dem
vwi denselben Aiiiorea beachriebeneD ctts^etlairef»
FSi^lß^(0id baschrttttiu aiob düa Allaratioii gew«h»*
lieh auf den hintam Lwigenran^» die tartk
dunkalgefarbt , läset sieh leiebt zwichan des Fingai
zarreiben, die die Lungenzellchen umgebendca 6».
fasaneise eraebeinen im Zustande der Goegaslin.
Bei ier Atuckoppung bleibt die Orgaftteitor 4««lfick
erkennbar, 4ie spec. Schwere ist wenig ▼erwckrt,
das Gewebe knislert beim Druck , Cohäaion o. Cea»
sistena sind eher vermindert, als vermehrt, ki
Hepaä'uttiwi unierseheidet sich dureb daa kOraifi
Aasehen» Zerreiblichkeit des Gewebes, die raeiat ifü»
lige UnmögUehkeit es wieder aufzublaaen acboa bia>
läoglich von der Carni£cation.
kl fast allen von Vf. milgatbetlten BeobadUoagci
war der Carniicationsproeess von einer serOaen Er-
gtesanng begleitet , welche entweder ia caraiftcirlfli
Organe aelbst, oder im abrigen Kirper, DMiat in im
Nähe des ersteren , ihren Sita hatte. UbiI wa ne
fehlte, waren doch wenigstens die eüMB aertMa
firgasB begünstigenden Momente in der KraaUMi,
der Conatitution, den äussern Verbällataati» daa Sek-
jects vorhanden. Man kann hieraus wohl ala Tkn-
sacke feststellen, dass der Carnifieattonspnicesa aalar
Umständen auftritt, welche der Entwiobliug lea
Oedemen u. Hydropsien günstig sind, oder, dass
beide, Carnification u. Hydropsie, sidi voe eimra.
derselben Entstehungsursache herleiten u. ata« gresss
Analogie unter sich haben. Die voraoageacfaicklSB
Beobachtnngen enthalten Fälle, wo aebr batrachlb- ,
cbee Oedeai mit noch wenig entwickelter Carmfica-
tion in denselben Orgenpartien , ander«, wo beidi
Processe ebenfalls in demselben Organe aber dai
Oedem wenig, die Camifieatio» stärker entwickeil^
sieb fanden; in andern Fällen sab nun deotfidw
Carnification u. das Oeden an einer beBachbartea
SteHe desselben Organa; in noch andena, wa die
Carnification am entwickeltsten war , zeigte aicb te
Oedem nicht in demaelben Organe, sondern irgendwa
im übrigen Karper. Diese innige Beziebvog n. wecb-
selaweise Steigerung beider Processe berechtigt sa
dem Schlttsa , dass die Carnification das ResuUat d«
hydropiachen AfTection sei , dass erstere ans der ü»-
bilduag der letztem entstehe, wie man denn anei
diese allmälige Transfermation des einen in den an*
dern Proeesa in der Reihe der voran geschickten Beob-
achtungen last schrittweise verfolgen kann. Daa ia
daa organische S^ubalrat infiltrirt^ Fluidum identificirt
sich allmaii^ mit diesem, das Gewebe verliert
nonnalen Charabter, verhärtet, earnificirt,
das Infiltrat nach tt.nach verschwindet, so daaa, wenn
die GamifioatioD ihren Höhepunkt erreicht bat , sieb
keine Flüssigkeit aua dem so veränderten Gewebe
auadrttcken läast. Am spätesten kommt ea zor Indn*
raüon; die einzelnen Gewebseiemente werden nicht
mehr nnterscbeidhar , u. schon bei wenig varge
achrittener Verhärtung sind sie wegen der ferdicb-
tnng dea Gewebes nicht mehr zu erkennen«
Verwisohnng der einzelnen Gewebseiemente 1
tet man schon, während das Parenchya noch
lieb von FIflaaigkeit infiltrirt erscheint; nmgakehit
beobaabtete VL anch FäUe weil
IV. P^ÜLötöfie, fhefätpi« iL mdkdmtth^ ilinlL
36!t
VdrhJrtdtfg, ^ö 5ic& die ^inz61iieii Cdw^bs^lftm^nf«
üöch gabz (feutli^h uüterscheiden Hessei^. Nicht
inliAer wird das ganze Infiltrat zur Bildung der Gar-
nification verwelidef; War dasselbe BelrXchtlicb , so
iVird ein Thcril davon resorbirt. So erklart es sieb,
dass man in bedeutend earnificirteita Parencliym bis-
weilen AOch eine gewisse Quantität Flüssigkeit antrift.
Dass die Consislena^ des carüificirten Gewebes im
Allgemeinen zunimmt » erklärt sich durch die voraus-
gegangene IdfiftrMiön; auf ähnlichen Vorgängen be-
ruht der Milztumor bei lutermittens , die Zellgeweb-
verhärtung beim Sklerom, die Lebercirrhose u. s. w.
Dock li«4 sich in änigei» Beobachlungen Vfs. die
• Gohifsion de» eamiileirtett Gewebes etwas vermivdert;
bisweilea bildet sick keine Carniflciition , v. das Ge-
webe bleibt erweicht Et seheiat dKemaach eine
gewisse Bexiehmig zwischen Gamificatiott u« Erwei->
Oknng (Splenisation) obzuwalten; Vf. beobachtete
'm einem Falle , dass die ehe Lunge carnifiidirtf die
andere iplenisirt war; ja man findet ih ein u. dem-
selben Organe carHificirte n« splemsirte Partien. Auch
die Erweichung oder SpknMtion ist Folge einer In-
fiNiTation , de«ik tritt sie meist auf im Gefolg» tfcbwe-
rer Fieber, die Garnifieetion dagegen ist in ihrer Ent-
wicklnng nicht an ein aetttes Fieberletden gebanden,
^«dem oBeiet das Resnkat eines fieberlosen Oedems.
Beim J)^kuß ist keine Jeildewz zn Hydropsieni wohl
aber zu Stasen u. zur Erweichung vorhanden, die
Garnification ist hier selten ; sie entwickelt sich vor-
zugsweise in Phallen; wo eine Tendenz zur Induration
sich ausprägt. Bei ihr scheinen mehr active, bei der
Splenisation passive Elemente thätig, auch ist die
begleitende Induration bei jener bedeutender, als bei
dieser, u. das Infiltrat setzt sich hier mehr in das
Innere der Bronchen u« Lungenbläschen ab, als in
das Gewebe, weshalb diese auch keine Gompression
von aussen erfahren, wodurch ihr Kaliber beschränkt,
der Luftzutritt verbindert werden konnte. Daher
kommt es, dass man fast immer feuchte Rasselge-
räusche über der splenisirten Stelle hOrl.
Die graxiliehe oder bräunlieh-graue Färbung der
oaririficirtett Partie ^ird durch die Farbe der das Pa-
revchym durelidririgenden Serosität bedingt ; ist letz-
tere mehr oder weniger mit Blut vermischt, so variirt
daiKach die Färi^ung der carnifieirten Partie bis ins
DiHikelllrattne «• Rl^lhHehe.
Durch Infiltration schwillt die Substanz des Ör-
fiDS auf; auch bei Garnification beobachtet man eine
unahme des Volums bei Leber u. Milz; weniger
Mifßllig ist diese Volnmszunahme bei der Lunge, sie
ist hier am bemerkbarsten , so lange noch Infiltration
vorhanden, später bei der Verdichtung des Paren-
cbyms^ durch Gartfl^ation nimmt das Volum wieder
etwas ab. öleichzeilig mit dem vermehrten Umfang
wii^'d audk ^in^ äev^icittsziiriahme des carnifieirten
Qffgiitii hemefkU Bei derLürige wird dieser fiewichts-
ubterscbied üiti tfd deutlicher, da, an der Leiche, die
ca'rnilteirle Partiä wenig ödtt gar nicht lufthaltig ist.
fliei'aiis ei^klätt siöii au^b dic( Abwcfsenheit von Cräpi-
tation in der carnificiiteii Partie.
Diese Behinderung des Lufteintritts resultirt aus
der durch das Infiltrat erzeugten Anschwellung der
Zwischensubstanz. Dadurch wird eine Abplattung,
Verengerung, endlich Verödung der Luftzellen und
Bronchialverästelungen herbeigeführt ; sie werden
jedoch nicht zerstört, denn es gelingt oft durch Ein-
blasen ihre Permeabilität zu beweisen. Und hierin
liegt ein Hauptunlerschied zwischen Garnification u.
Hepatisation, wo diess bekanntlich nicht möglich ist,
weil hier die Lungenzellen u. Bronchialzweige selbst
Silz der Krankheit sind. Die Veränderung, welche
letztere bei der Garnification erleiden, ist ähnlich der,
wo durch pleuritisches E^tsudat ein Druck von aussen
auf die Lungen ausgeübt wird. Auch hat eine so
coniprimirte Lungenparlie im Aeussern viel Aehnliches
mit einer carnifieirten, doch treten die einzelnen Ge-
webseleraente dort deutlicher hervor , u. ihr Volum
ist beträchtlich vermindert; auch erscheint die Schnitt-
fläche weniger glatt h. ist trockner.
Gleich den Bronchialästen sind gewöhnlich auch
die Gefksse in der carnifieirten Partie abgeflacht, wenn
auch der Impuls des Blutes ein gänzliches Verschlies-
sen derselben bindert; sie bleiben in dem übrigens
homogenen Gewebe stets erkennbar, einmal fand sie
Vf. selbst offenstehend. Doch wird jedenfalls die
freie Blutcirculation durch den Carnißcationsprocess
wesentlich behindert, denn Vf. fand bei sehr ent-
wickelter Garnification das betrefiiende Organ blut-
leer. Auch in der Leber werden die Gallengänge,
so wie die Verzweigungen der V. portaO dadurch nicht
gänzlich obliterirt, vielmehr hat die Gallensc'- u. Ex-
cretion ihren ungestörten Fortgang.
Das dem Processe vorausgehende Qedem bleibt
häufig, nachdem sich dieser entwickelt bat; es coin-
cidirt oft mit nnvollstäffdige^ Garnification wird aber
auch noch beobachtet, nachdem diese vollkommeii 6
ausgebildet ist. Findet man es nicht mehr im ergriiTe- 1
nen Organe selbst, so gewahrt man es doch in den
nicht carnifieirten Partien desselben , oder in einem
Naclibarorgane , oder sonst wo im Körper. Findet
man es nirgends mehr, so kann man annehmen, dass
das Ergossene resorbirt worden , oder eben nur in
der carnifieirten Partie vorhanden gewesen ist. Beob-
achtet man Symptome der sich entwickelnden Garni-
fication früher, bevor das llaulödem auflrilt, so darf
man daraus nicht auf die Unabhängigkeil des ersteren
PröcGfsses Von der Uydropsie sehtiessen ; denn dieser
sowohl, wie das HautAdem sindja Efleete einer und
derselben Grundursache. Ebenso deutet das so hau*
fige Voriconimen mehrfaehei^ Garnificationen n. mehr-<
fadier hydrofiscber Anschweltungeil in demselben
Subjecte auf eiiegemeiMeliaftlidhe bedingende Grund-
ursache Irin«
In Lünged, wetrhe gleichzeitig carnificirl u, Ode-
mattfs waren, find Tf. das Serum bald schaumig,
3^ . ^
306
IV. Palholagie, Therapie u. medicinische KliniL
bald nicht. Wo letzleres der Fall, ist das Serum
ausserhalb der Lurikanäle, im Zellgewebe ergossen,
schaumig erscheint es nur, wo es sich sowohl aus-
serhalb, als innerhalb der Bronchialverzweigungen
abgesetzt hat. Aber auch dann ist es nur in einem
mindejrn Grade schaumig, weil das im umgebenden
Zellgewebe ergossene Serum das innerhalb der Luft-
kanäle enthaltene weit tiberwiegt, auch die letztern
wegen der von aussen auf sie wirkenden Gompres-
sion gewöhnlich nur wenig lufthaltig sind. War ein
überwiegend schaumiges Serum vorhanden, so kommt
es in den Lungen selten zur CarniGcalion , sondern
nur zum Oedem, während Leber u. Milz carnificirt
sein können.
Die carnificirte Partie grenzt sich in gewissen
Fällen scharf ab , in andern verliert sie sich allmälig
in dem gesunden Gewebe ; letzteres ist in der Leber
der gewöhnlichere Fall.
Der GarniGcationsprocess kann sich in allen Or-
ganen entwickeln , welche einer Infiltration u. Indu-
ration fähig sind; die vorzugsweise Häufigkeit in
Lunge, Leber u. Milz harmonirt mit dem häufigen
Vorkommen des Lungenödems u. der blutig -serösen
Infiltrationen von Leber u. Milz. In der Lunge be-
fällt sie gewöhnlich die hintere Partie, häufiger rech-
ter- als linkerseits. Bisweilen sah Vf. beide Lungen
ergrilTen , in einzelnen Fällen sogar in ihrer ganzen
Ausdehnung. Am häufigsten war der untere Lappen,
bisweilen der mittlere, oder dieser u. der untere,
selten der obere in seinem hintern Theile ergrifien.
In der Lunge war der Process meist auf eine einzelne
Partie eines Lappens beschränkt, die Leber, noch
häufiger die Milz werden meist ihrem ganzen Umfange
nach ergriffen. Bisweilen entwickelt sich der Process
allmälig fortschreitend , bisweilen bildet er inselför-
mige Gruppen innerhalb der Infiltration , welche all-
mälig verschmelzen. Die verschiedene Textur des
Organs bedingt diese verschiedenartige Form der
Entwicklung.
Selten findet man in der Nachbarschaft der car-
nificirten Partie die Spuren eines entzündlichen Pro-
cesses , was auf die entzündliche Natur des Carnifi-
cationsprocesses selbst schliessen liesse. Vf. fand
blos in einzelnen Fällen Pleuresie neben Lungencar-
nification , nie Spuren von Peritonitis neben carnifi-
cirter Leber oder Milz ; wo sich dergleichen finden,
ist daher wohl eher anzunehmen, dass sich beide
Processe unabhängig von einander entwickelt haben.
Da wir das Oedem als ursächliches Moment der
Garnification kennen gelernt haben, so müssen Krank-
heiten , welche zu allgemeinen oder localen Infiltra-
tionen Anlass geben , auch als Ursachen der Garnifi-
cation betrachtet werden. Zu diesen gehört vor
Allem die firight'sche Krankheit. Vf. fand diese De-
generation in der Mehrzahl der von ihm mitgetheilten
Fälle, u. auch andere Beobachter, wie Ray er,
Gre-gory, Becquerel bestätigen diess durch
ihre Beobachtungen, In einem Falle des Vfs. war
Apoplexie der Niere , in einem andern eine Kooebet-
ablagerung in der Nähe der HerzOffnung der V. can
inf., so wie eine grosse Anzahl EncephaloidgeschwfiJsif
in den Lungen Ursache des Anasarka. Häufig cm-
cidirte die Garnification mit Scleroma^ einem der
erstem jedenfalls sehr analogen Processe in der Hi&
Ferner beobachtete Vf. als Ursache der Caroificaüii
Herzfehler, Scharlach, Blattern, Masern, Wechs^
fieber ; häufig war Gangrän , namentlich der Mui-
höhle, vorausgegangen. Endlich mag auch Anäsä
u. Phlhisis der Entwicklung von Garnificalion gls-
stig sein.
Das kindliche Alter disponirt ungleich häufiger a
Garnification, als alle übrigen Lebensperiodeo. Rad
dem 4. oder 5. Jahre iässt diese Geneigtheit scha
nach; Neugeborne scheinen am meisten dispoHt
Im spätem Mannes - u. im Greisenalter tritt der Pro-
cess wieder etwas häufiger auf, u. namentlich scbeiü
die von Hourroann u. Decbambre beschrieben
Afleclion der Lungen bei Greisen sehr viel Analofs
mit der Garnificalion zu haben. Das weibliche Ge
schlecht scheint bei der hier vorwaltenden lymphati-
schen Gonstitution mehr disponirt als das männliebt
Auch die Jahreszeit ist wohl nicht ohne Einfloss aaf
die Entwicklung der Krankheit , wenigstens heobacb-
tete Vf. nur 2 Fälle während des Sommers, währeiA
alle übrigen in die kalten, feuchten Monate fallen.
Bezüglich der Symptome bemerkt Vf. , dass er t
nur in einigen Fällen von Lungencarnification dse '
erhebliche Fieberreaction wahrgenommen habe; m
Allgemeinen tritt die Aflection ohne Fieber auf. Ebessi
sind die auskultatorischen Zeichen im Allgemein«
wenig constant; nur in einzelnen Fällen Rhonekis
crepitans, Bronchialathmen u. dumpfer Ton» öfter
noch Bhonchus sibilans, subcrepitans u. mucosus;
meist war nur eine Schwächung des Respirationsge-
räusches u. etwas Dämpfung bei der Percussion zt
bemerken. Oft aber war bei sehr ausgebildeter Gar-
nification gar keine Veränderung der stethoskopischea
Symptome während des Lebens zu bemerken. Damit
im Einklänge steht , dass die Kr. meist wenig tber
Athembeschwerden klagen ; Vf. beobachtete nur io
3 Fällen erhebliche Dyspnoe , welche jedoch von an-
dern gleichzeitig vorhandenen Krankheitsprocessea
(Group, Lungenödem , Gangrän des Pharynx) abhän-
gig sein mochte. Husten beobachtete Vf. hei ^^
seiner Kr. , doch glaubt er auch dessen Ursache ii
andern Afi'eclionen , als in der Garnification suchei
zu müssen; auch war derselbe selten heftig. Von
Auswurf konnte bei Kindern wohl selten die Rede
sein. Ein Kind zeigte beim Schreien eine auffallead
gedämpfte Stimme.
Die Vergleichung der hier mitgetheilten Symptome
mit dem anatomischen Befunde beweist, dass die
Rolle, welche die Entztlndung bei dem Carnifications-
processe spielt, jedenfalls nur eine sehr untergeordnete
ist; nur in einem einzigen Falle von carnificirter Leber
war die Gegend dieses Organs von Erhöhter Empfind-
lichkeit, bisweilen etwas gespannt u. geschwollea.
IV. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
307
Die Function der Leber bleibt im Allgemeinen unge-
stört; nur in einem Falle war Icterus neonatorum
vorhanden , in einem andern wies Salpetersäure Gal-
lenfarbstoff im Urine nach ; in beiden war die Leber
jedoch mehr indurirt als carnificirt. Doch findet sich
bei stark entwickelter Lebercarnification wenig Galle
in der Gallenblase, was wenigstens auf eine BeschrSin-
kung ihrer Secretion hinweist.
Die Dauer der Carnification schwankt nach des
Vfs. Beobachtungen zwischen 3 Tagen bis zu 5 Mo-
naten. Am meisten zieht sich der Process in Leber
_u. Milz in die Länge; in der Lunge dauert er seilen
über 14 Tage. Uebrigens steht die Dauer der Krank-
heit mit dem Grade ihrer Ausbildung in keinem be-
stimmten Verhältnisse. Vf. fand sehr enlwickelle
Carnification, welche sich binnen wenig Tagen gebil-
det, während nach längerer Dauer der Process nur
unvollkommen sich entwickelt hatte. (K r u g.)
509. Der Arcus senilis als Zeichen der Fett-
entartnng des Herzens.
Seit den Arbeiten von Ormerod (Jahrbb. LXV.
' 183) u. Quai n (das. LXVilL 49) über die Feltent-
artung des Herzens erscheinen in den englischen
Journalen häufig Mittheilungen einzelner Fälle von
genannter Krankheit. So thcilte Richardson in
der Med. Soc. of Lond. (Times. Jan. 1852) einen
Fall dieser Ai^ mit, welcher zu einer längern Debatte
Veranlassung gab, in der Ca n ton von Neuem her-
vorhob^ dass der sogen. Arcus senilis ein sicheres
Zeichen der Fettentartung des Herzens sei , indem
sich derselbe stets vorfinde, wenn letztere angetroffen
würde. [Schon 1850. Lancet Mai wies C. das gleich-
zeitige Vorkommen des Arcus senilis oder der Fetl-
degeneration der Hornhaut u. der fettigen Entartung
des Herzens nach.] Nach C. kommt der Arcus senilis
selbst bei jungem Personen vor, wenn das Herzfleisch
fettig efftartet, während er im höhern Airer vermisst
wird, wenn das Herz gesund bleibt. So erwähnt C.
den Fall eines Mannes von 103 Jahren, welcher durch
einen Unfall umkam, u. bei welchem sich bei gesun-
dem Herzen auch kein Arcus senilis gezeigt habe. —
Dr. Reith bestätigt die Beobachtungen C.'s bezüg-
lich des Arcus senilis u. fügt noch bei, dass die Ver-
stopfung , welche gewöhnlich im höhern Altec beob-
achtet würde, von einer Fettenlartung der Muscularis
der Darmwand abhänge. (M i 1 1 i e s.)
510. Fett im Harn bei Krebs der Leber nnd
des Pankreas; von Dr. Bowditcli. (Amer. Journ.
Jan. 1852. Boston med. soc.)
Ein Mann litt seit einigen Monaten an unbestimm-
ten Unterleibsbeschwerden. Der von ihm gelassene
Harn hatte die Farbe einer Mischung von Melasse mit
Wasser u. zeigte auf der Oberfläche beträchtliche
Oeltropfcn. Nach dem Tode fand man Krebs der
Leber u. eines grossen Theils des Pankreas. Die
Nieren waren vollkommen gesund.
(Julius Glarus.)
511. neber Impfting mit lenschenblattem;
vom Regimentsarzte Dr. Branca. (Gazz. med. ital.
Stali Sardi. 43. 1851.)
Vf. hat in einem Decennium 900 Kinder vaccinirt
u. beabsichtigte mit den Resultaten seiner dabei all-
seilig aufgezeichneten Beobachtungen nicht eher her-
vorzutreten, als bis eine Reihe von 20 — 25 Jahren
darüber hingegangen sein würde, weil erst dann, u.
namentlich , wenn die einzelnen Individuen dem Ein-
flüsse einer Pockenepidemie ausgesetzt gewesen sind,
verlässige Ergehnisse der Impfung gewonnen werden
können. Der Termin , welchen er sich gestellt hat,
wird mit dem Jahre 1855 abgelaufen u. bis dahin die
vollständige Bekanntmachung seiner Beobachtungen
zu erwarten sein. Da inzwischen neuerlich Stimmen
laut geworden sind, welche das Abgehen von der
angeblich unwirksamen Kuhpockenimpfung u. die
Rückkehr zur Inoculation des Menschenblatterngiftes
bevorworten , so fühlt er sich gedrungen , dagegen
aufzutreten , u. spricht sich entschieden dagegen aus.
Entweder behält das Gift der Menschenblatlern auch
bei wifulerholtcr Regeneration seine Wesenheit und
Kraft, u. dann ist es gefährlich, ja tollkühn, dasselbe
fortzupflanzen , oder es wird mit jedem Durchgange
durch den Organismus mehr geschwächt, u. dann
wird es bald genug unwirksam sein , abgesehen da-
von , dass es auch in diesem Falle unmoralisch und
unverantwortlich wäre, nur ein Kind, das erste in
der Reihe , der Gefahr einer ächten Pockenkrankheit
bloszustellen , um sich dadurch Lymphe zu verschaf-
fen. Die Erfahrungen des Vfs. , welcher bei drohen-
der Epidemie u. in Ermangelung von Vaccine die
Impfung mit Menschenpockenlymphe allerdings fttr
zulässig hält, u. in 50 Fällen wirklich ausgeführt
hat, sprechen übrigens unbedingt für erstem Fall, u.
demnach um so mehr für die Verwerflichkeit dieses
Verfahrens. (K o h 1 s c h a 1 1 e r.)
512. neber lanke nnd Knhpocken; von
Dr. Jacopo Facen. (Gazz. med. ital. fed. Lom-
bardia. 40. 1851.)
Im März 1844 ward in' die Thierarzneischule zu
Padua ein Pferd mit einer grossen Geschwulst an der
Fessel des linken Hinterbeins gebracht , welche Prof.
Brugnolo sofort für ächte Mauke (Giavardo caval-
lino) erkannte u. zu Versuchen zu benutzen beschloss.
Vf. theilt nun hier in einem Briefe an Strambio
die Versuche mit, welche er mit der ihm einige,
Wochen später zugekommenen Lymphe von jenem
Pferde angestellt hat, wobei er ausdrückhch bemerkt,
dass er erst 10 Tage nach Empfang der Spatel die-
selbe in Gebrauch zu ziehen Gelegenheit fand.
Die Resultate seiner hier nicht einzeln zu wieder-
holenden Versuche fassen sich in folgenden Sätzen
zusammen , welche auch mit den von andern Impf-
Aerzlen im Venetianischen davon gewonnenen gün-
stigen Ergebnissen vollkommen übereinzustimmen
scheinen.
ao8
ly. pa^ologie^ Therapie \^ fne^ioimscbe Kluij^
I) Das Cootagtun der bamaBiairUB Kohpocken
fchliessl das der Maijike Qichl aas u. umgekehrt.
2) Die Lymphe von Pferdemauke kaon dem
meDschlichen OrgsDismas ebenso wohl direct, als
auch indirect nach vorheriger Einimpfung auf KOhe
eingeimpft werden, u. bringt in beiden Füllen die
nSmliche Wirkung hervor.
3) Dieselbe Is^sl sich -r- sowohl unmittelbar,
als nach dem Durchgang dur^h Kühs «r- ebenso- gut,
wie die ILuhpockenlymphe „bumanisir^n'' u. erzeugt
im menschlichen prganisfnMS die nämlichen gegen
Heoscbenpockeo ßchatsenden Phüeomepe, wie die
lebten Kubpockea.
4) Sie äussert dieselben Wirkungen, doch in
geringerer Intensität» auch bei Bevaccinationen.
5) Es Issst sich aur Zeit noch nicht feststellen,
auf welchen Zeitraum sich ihre Schulzkraft erstreckt.
Allein da sie eine heftigere Reaclion im menschlichen
Organismus erzeugt u. tiefere Farben zurdcklässt, als
die üchte Kuhpocj^e, so lasst sich annehmen, dass
ihre Schutzkraft auch die d^r letzlern übertrifft ^ we-
nigstens so lange sie noch neu u. nicht durch eine
längere Reihe von Individuen hindurch forlgepflanst
worden ist.
6) Sie bewahrt ihre Wirksamkeit im getrockne-
ten Zustande langer als 40 Tage.
(Kohlsebatter.)
eis. gpoDtane Uebertragug des Rotzes n.
HftntWIUmieS vom P/hrde avf den Mensehen und
umgekeAri, mit direeten hioculationsversuchen ^
von Daniele Bertacchi. (tiazz. med. ital. Stati
Sardi. 14. 1851.)
Der Kr. , von welchem der Eiter zur iDOcuIalion genom-
meo wurde , war ein Soldat vom Cavalierie-Regimenle Aosta,
welcher nach längerem Dienste bei den rotzkranken Pferden
des Corps von einem Exanthem nnd Geschwulsten befallen
und deshalb in da« Beginieolsspital zu Saluzzo gebracht wor-
den vrar, wo er sich zur Zeit des Experiments schon seit
8 Mon. befand und wenige Tage später starb.
Man wählte zum Experiment ein wohlgenährtes Pferd u.
impfte den aus den Beulen jenes Kr. gepoiqnienen Eiter an
folgenden 4 Stellen in die Haut ein : 1) zwischen die Schul-
terblätter mittels Incision, Dilatation .des subcutanen Zell-
gewebes und Einführung einer mit dem Eiter getränkten Cbar-
piewieke ; 2) an der Grenze awischep HaU und Brust ; 3) an
der Basis der rechten Parotis^ und 4) am rechten Nasenloche,
Gberall mittels der Vaccinations-Nadel. Am folgenden Tage
bemerkte man eine entzQndlicbe Anschwellung an der ersten
Stelle, die am 3. Tage zur Entfernung der Wieke veranlasste,
welche vielleicht nur mechanisch gereift haben konnte. Dabei
zeigten lich nur leichte Fieberbewegungen , und die Wun^e
vernarbte nach starker Eiterung, zwar langsam, doch unter
Anwendung blos der gewöhnlichen Mittel. Nach Verlauf von
4 Wochen fährte man das Pferd zu seiner Schwadron zurfick,
obschon sich inzwischen eine kleine, den Hautwurmbeulen
nicht unähnliche Geschwulst an der rechten Seite des Halses,
wo die Jugularis in die Brust eintritt, entwickelt hatte. Allein
4 Wochen später musste es wieder in den Krankenstall ver-
setzt werden , da an der Inoculationsstelle Nr. 2 eine kleine
fluctuirende Geschwulst entstanden war, von welcher aus 2
harte, knotige Strange nach oben und unten hin , letzterer zu
oben erwähnter Geschwulst, sich erstreckten. Der Sicher-
heit des Experiments wegen Qberliesi ipan die Krukta^
Natur, die Knoten vermehrten sich mehr und mehr, nAh
Tbier ging sichtbar zu Grande. Nach abermals 4 W«^
Qk, Aug.) und wegen nicht volUtäedi^n Erfolges nua in
den 14. Aug. , wurde zur Operation , mitteU tieler Im«
und Cauterisation aller Verhärtungen und Stränge go^
ten , wobei sich die bösartige Natur des Uebels mit tllaSi
cherheit herausstellte — scirrhöse Härte, charsktcntBii
Lage und tiefer Sita der Geschwülste. Insarlick w^k
Schwefel-, Mercurial-, Antimonjai- und toQlscbe Nitteli^
geben. Trotz wiederholter Operationen , und obwoki «k
Stellen verheilten , hildeleo sieh doch iaamer ata« Hlrteii
der Nähe der zerslörteB, nnd ibtf Pfe^d \m anfdMiUf
serstQ herunter. Wegen Gamisonswechsel kam ef EodeSe
tember nach Turin , wnrde hier zum 4. Male gebnoDt, i
iodkalium und Asa foetida, dann äosaarlich mit «MrU
«US Subliaaat und Scbwefelaraen bebandtlt, abar 4s ä«! [4
deni^och immer höher stieg, ailgemeiof lynpbatifclie hlt|
tion, Exulcerationen y saniöser Ausfluss aus derNatf,b
alle Zeichen des letzten Stadium des bösartigsten Haotviai
und Rotzes zeigte, endlich nach abgeballeoer ofOdellcrCft
•ultation am 11(. Decbr. getödiet.
Die Sectian zeigte Erosionen und ExalctFilisiei h
Nasenschleimhaut, polypöse und cancröse Prodociiooeiai
eine Masse saniöser Stoflfe in atomtüche« NaseuhöhicB, ^
knöcherne Wände schon theilweise angegriffen warpo. ^
liehe Ulcerationen befanden sich auch im Kehlkopfe, Üth
tersi^chung wprde jedoch nicht weiter fortgesetzt, dtüclü-
gnose bereits hinreichend festgeHellt und die Ueheitnm
der Krankheit vom Menschen auf das Pferd ausser allfo E»
fei gesetzt erschien. i
Wir erwähnen hierbei, daas Gius. Albeagiiiiii
Gaza. med. ital. fed. Lomb. (19 1851) den Fall ta»U
thiertreiber« mitthetlt, welcher, von seinem Dabei«BÜ|
rotzkranken Thiere angesteckt, die mit kuraen Zwiscbnii»
men 3 Mal auftretende Kolzkrankheit durch BreoDeoder^
ateln mit einem glühenden Schlüssel glücklich beseitigte.
Einen Todesfall mit Ferdaekt von RotzvergiM
veröffentlichte ferner Dr. Ferd. Lecchini. (Gan. Tel.
10. 21. 1851.) Ein 42jähr. Cavallerie-Officier, wddc
dem Vernehmen nach ein Paar am Rotz erkrankte Pfeidep-
habt und eigenhändig besorgt hatte, bekam bald dtraof k(^
tige Kopfschmerzen mit anfangs leichten FiebererscbeiDflOfS,
welche trotz Abführungen , Aderlass und Btutegelo sich d^
mälig steigerten. Am 6. Tage der Kraqkheit zeigte sick hl-
tration des linken obern Augenlides mit Hervordraai^o ^
Bulbus. Die Geschwulst röthete und verbreitete sich aliai-
lig in der ganzen Umgegend des Auges, welches ioiner itä-
ker hervortrat und nicht mehr ftinctionirte ; das Fieber sata
einen ernsteren Charakter an , und die Haut hekaa lüv
starken, wie faulendes Stroh riechenden Seh weissen öi^
Gänsehaut ähnliches Aussehen, jedoch ohne eigentlicbcaA*'
schlag, bis am 9. Tage um die Schlüsselbeine bemoevit
Pusteln und Frieselbläschen hervorbrachen. Zugieicb haut
sich die Exophthalmia u. die Geschwulst um das Aoge bcn«
sehr gesteigert , auch war auf dar linken Wange eiaa huj|
kirschkerngrosse Geschwulst hervorgetreten , troti wicdifW-
ter Application von Blutegeln, erweichenden KalapIafoOi
Fomentationen mit Bieiessig , Einreibung von CrotonSI io ^
Brust , Sinapismen auf die untern Extremitäten uad dca ■>-
nem Gebrauch von essigs. Ammoniak. An den folgen^
Tagen verbreitete sich die Geschwulst auch auf die Spei#
drusen der linken Seite und zeigte Fluctualion , das nit»
Augenlid exulcerirte , das Fieber ward offenbar adynaaiis»!
im Gesicht und auf den Vorderarmen erschieaen eiaige Fi-
steln und Frieselbläschen , und am 15. Tage der RnDk^
trat der Tod unter Sopor und kalten Schwaissen ein.
Die Section zeigte ein Eiterdapol unter dem link«
obern Augenlide , woselbst das Periosteum vom Knocbep 8^
löst war, alle Lymphdrusen dieser Gesichtshältte gescbwolin,
härtlicb , und so wie die drei Speicheldrusen stark diH v^
inflltrirt, auch zerstreut im subeutancn Zellgewebe aad^
Mus](ein dieser Gegend zahlreiche kleine Eiterherde. Der^^'
IT, PiithologWi IlteRipi* v» mediciiuMli« Kli«L
m
ißv TMI te linken Häljä« derj^pra p^er abenliUi reicblkli
mit Eiterponktea a«f Mden Oberflacbea be«eUt , inden ? oo
der ivgeobobla ber Eiter durcb das Foramen opticom liDgs
der UokeA Seite des Seboervea io die HirobÖble eipgedrungcp
war; die linke NaseDscbleimbaut di^akejrolb, gesf^bwollen.
Die Scbleimbaut der recbten Nasenbälfte , die des Scblundes,
der Speiserfifare o. s. w. , so wie alle öbrigea Organe — na-
mentlich aaeb der Dannkanal -^ ia Toilbommea gessadeai
IttsUade.
Die n)i|(roskopische Untersqcbupg des Eilers lieas acbte
pterkQrperchen ^ überhaupt alle Qualitäten gewobniicben Ei-
ters erkennen. Die Pusteln entbleiten eine wei^siicbe und
eine cbocoladenfarbige , aus irregulären Granulationen ebne
Spur yop I^pgel^bep bestebeode Snbst^ai.
Vf. baot seine Vermnthong einer üebertragnng des Rota-
contagiums in diesem Falle, abgeseben von der Torbaaden
gewesenen Gelegeabeit tur Ansteckung, bauptsicbijcb auf den
Ausbruch Ton Pusteln an driitleliten Tage vor dem Tode,
' obee jedoch diese Diagnose unbedingt festbalten ^u wollen.
^ Aucb Dr. F. F. spricbt in Nr. ^1 derselben Zeitscbr. seiae
Zweifel über diese Diagnose aus , indem er awar die MÖgUcb-
I l^it der (Jel>ertragnng des Rotzes auf Menseben nicbt geradesu
( )eugnep will, aber in obigem Falle jedes cbarakleristiscbe
I lierkmal derselben (und zwar sowohl der eigentlicben Rot«-
jirankbeit, als auch des Hautworuis) vermiist. Es fand weder
iasOuss purulenter, stinkender Flössigkeit aus derNasc, noch
^ das eigentbüinlicbe Respirationsgeräoseh in Folge der Nasen-
, Verstopfung , noch das schmerzhafte Engorgement der Sublin-
^ gual- upd Suhmaxillardrusen Statt, noch zeigte» sich die
runden, harten , bäuflg durch gewundene ebenfalls verhärtete
Stränge verbundenen kleinen, bald heftig, bald gar nicht
I f cbmerzenden , bald fluctuirenden , bald ezulcerirenden Ge-
> schwulste, dem Laufe oberflächlicher Lympbgefasse und
I Drufsp entsprechend. Die Iiyeetion und Anschwellung der
i Scbf)ei4er*febrn Haut linker Seite erkläre sich hinlänglich
aua der beqaf bbarten Eiterung. (KohlschQtter.)
i
I 514. Fille TOI Rotzkrankheii
, Brächet (Rev. med. Dec. 1851) theilt in seioeii
I „Le^oas sur la morve^ folgenden Fall mit.
Ein Stallknecht zeigte bei seiner Aufnahme in das Hospi-
tal folgende Symptome. Das eine Ohr war geschwollen , Ton
dunkel violettrotber Farbe , und mit kleinen Phlyktänen be-
setzt; eine kleine Geschwulst und Rothung zeigte sich auf
dem Rucken der Hand und der Seite des Daumens und auf
der Innern Fläche des Fussruckens. Ausserdem waren noch
an mehrern Stellen der Haut des Gesichts^ des Rumpfes u.
der Extremitäten geringe und wenig gefärbte pqstulöse An-
schwellungen vorhanden. An einigen dieser Stellen liess sich
geringe Flucluation wahrnehmen. Puls hart, 118 Schläge.
Zunge in der Mitte trocken und roth , an den Ränder^ feucht
und weiss. Pat. beantwortet die Fragen langsam, sein Ge-
dacbtniss ist geschwächt, sein Verstand getrübt. Die Kor-
perwärme ist wenig gesteigert. Grosse Prostratlon. — Den
andern Tag stellte sich Ausflnss aus der Nase ein. Es ent-
wickelten sich neue Anschwellungen auf der Haut, am 5. T.
trat der Tod ein. — Seetion. Die Geschwülste der Haut
zeigten beim Einschneiden eine syrupartige, schmutzig- grau-
weisse Masse ; an den tief geröthetcn Stellen zeigte das Ge-
webe der Haut eine ekchymotischc Beschafl'enheit. — Das
Herz und die grossen Gerdsse enthielten eine beträchtliche
Menge eines dunkeln, schmutzigen, schaumigen Blutes, und
geringe feuchte Blutcoagula. In den Lungen fand sich nichts
. Anomales. Die Gehirnhäute waren stellenweise stark injicirt
und serös inflltrirt ; an einigen Stellen zeigten sich membra-
nenartige Ablagerungen. Die Nasenhöhlen waren mit einem
dicken, saniösen Schleime erfüllt; die Schleimhaut war er-
weicht und stellenweise uiccrirt. Im Schlünde und dem
obern Tbeile des Oesophagus war die Scbleimbaut mit einem
klebrigen, grau-bräunlichen Ueberzuge belegt.
Einen Versuch , den man in der Veterinärschule zu Lyon
mecbte , die Krankheit mittels Schleim aus der Nase des ¥o^
liebenden Kranken auf ein Maultbier dberzotrafen , gelang
Tollkommen.
Mackeazfe (Lond. Joora. 8apt. 1851) erzählt fel-
geade Beobacbtuag.
Ein j(8jähr., schlecht genährter Stallknecht hatte 30
3tj)ek Pferde zu versorgen, von denen mehrere rotzkrank
waren. Nach 8 Tagen flng er an zu flebern und es traten
Verdauungsstörungen auf. Bei seiner Aufnahme in das Hospi-
tal zeigte sich das ganze Gesicht geschwollen , vorzQ^lich ip
der Subroazillargegend. Aus dem Munde ergoss sich unauf-
hörlich eipe Menge Speichel , der Atbem war stinkend , das
JSahnfleisch gescbwollea; die Zähne lose; die Zunge slar)[
geschwollen ; die Nasenhöhlen sind mit einem dicken, klebri-
gen , stinkenden Schleime erfüllt. Die Conjunctiva ist gerS-
tbet, die Augen thränen. Pat. klagt aber heftige Schmer^ep
in der Stiragegend. Im Munde fühlte man au jeder Seite 4ee
Zungenbändchens eine elastische Geschwulst , welche vpa der
Hypertrophie der Sublingual- und Subma^illardnlscQ and Er-
weiterung der AusfObrungsgänge dieser Driiseo bersuröhrep
schien, per Puls war schnell und klein. Schlaf fehlte seit
8 Tagen. — Man machte sofort Einschnitte in die Sublingual
Geschwülste ; es ergoss sich , mit grosser Erleichterung des
Kr., eine reichliche Masse einer klaren, schleimigen Flüssig-
keit. Hierauf reichte man ein Brechmittel aus Ipecaeuanbi,
und nach dessen Wirkung eine Solution von Ammon. carheo*
Hiermit verband man eine nährende Diät, zum Getränk Wein
und Abends ein Opiat. Unter dieser Behandlung erholte sieh
Pat. schnell , so dass er schon am 10. T^ge als geheilt dA*
Hospital verlassen konnte.
Nach Mackenzie hat man Yorstehen()eq Pell
als acute Rotzkrankheit aufzufassen. Marchant
(L'üpion. Nr. 3. 1852), welcher diesen Fall bespricht,
bezweifelt es, dt die charakleristischen Syinplomß
fehlen. Er giebt folgendes Krankheilsbild. Die ertlen
Symptome der acuten Rotzkrankheit bestehen h$i
stets in intermiltireoden Anfällen oder iq rheumati-
schen Schmerzen. Später treten Abscess« an ver-
achiedenen Stellen des Körpers auf, u. dazu geselU
sich ein Fieber, welches mit den örtlichen Erschei-
nungen nicht im Verhaltniss steht. Die abendlichen
Exacerbationen, die Abmagerung, das Verfallen des
Gesichts zeigen deutlich das liefe Ergriffensein des
Organismus. In dieser Periode, welche je naek dem
Kraflezustande des Kr. mehr oder weniger lange
dauert, tritt ffusscrst selten schon die Affectioo der
Nasenschleimhaut auf. In dieser Periode ist nach Vf,
auch noch Genesung möglich , die aber weniger yon
der Uedicalion, als von der Widerstandsßthigkeit d#8
Organismus gegen die Krankheit abhUngt. -^^ In dem
3. Stadium treten Pusteln u. Brand auf, ti. nun er-
scheint gewöhnlich erst die Aifection der Nasen-
achleimhaut. Der Kr. ist unwiderruflich verloren.
Es existirt noch kein conslalirler Fall, in welchem in
diesem Stadium Heilung erfolgt w9re. — Beztiglicb
der Entstehung der Rolzkrankheit stehen nach \k
folgende Satze lest: 1) Die Rolzkrankheit entwickelt
sich nie spontan bei dem Menschen; 2) stets findet
eine L'chcrtmgung von dein Thiere auf den Menschen
Statt; 3) sie lüsirl sich von rincm Menschen auf den
andern flbertragen; sie pflanzt sich sowohl durch
Contagium als durch directe Uehertragung fort.
Sabersky (Deutsche Klin. Nr. 13. 1852| theilt folgen-
den Fall von acuter Rolzkrankheit mit. ^OQIC
Ein 53jahr. Mann , von ziemlich geschwächter Constitu-
tion, klagte über abwechselnden Frost und Hitze, Matf*-""^^^
SlO
ly. Pathologie, Therapie u. medicinische Klinik.
Hangel an Esslust, dumpfes Kopfweh und ilher einen heftigen,
reissenden Schmerz, der sich ?on der linken Hfifte bis zu der
Wade herab erstreckte, während ausserlich nicht die geringste
Veränderung an dem afHcirten Gliede zu entdecken war , und
ebenso wenig die Anamnese eine Erklärung dieses constanten
Schmerzes gab. Die Zunge hatte dabei einen dicken, weissen
Beleg, massiges Fieber in den Morgenstunden , Exacerbatio-
nen zur Abendzeit mit einem reichlichen, sauer rieclienden
Schweisse ; trüber Urin mit starkem , ziegelmehlariigem Bo-
densatz. Am 10. Tage der Krankheit fmg Pat. an auch über
Schmerzen im Hand- und Schultergclenke linkerseits zu kla-
gen; eine Anschwellung war dabei ebenfalls nicht zu fin-
den, massiger Druck steigerte den Schmerz. — Am 12. Tage
traten schwach rothe Anschwellungen in den schmerzhaften
Gelenken linkerseits auf, die kaum den leisesten Druck ver-
trugen , und zugleich fand sich auch in den Extremitäten der
rechten Seite ein dumpfes, reissendcs Gefühl ein. In der
Nacht zum 13. Tage wurde der bisher leidliche Schlaf unru-
hig; Pal. fing an zu deliriren. — Am Morgen des 13. Tages
waren die Gelenkaffectionen noch schmerzhafter und zeigten
eine starke erysipelatöse Färbung. — Am Abend desselben
Tages hatte der Puls 105 Schläge, imd es zeigten sich im Ge-
sichte und auf der Kopfhaut einige Pusteln, und kleine, ela-
stische,* schwach geröthete Beulen, deren Berührung dem
Kr. 'lautes Stöhnen entriss. — Am 14. Tage war der ganze
Korper mit pockenähnlichen Pusteln und mit Beulen von
Bohnen- bis Raselnussgrössc bedeckt; einige Pusteln hatten
sich selbst geöffnet und Messen einen brandigen Fleck zurück.
Die Augen waren geschwollen, Stirn und Nase dick aufgetrie-
ben, zugleich entleerte sich aus letzterereine braune, übel-
riechende Tlussigkeii. Der Puls wurde kleiner, der Atbem
röchelnd , und unter convulsivischem Zittern der Lippen und
Hände trat der Tod ein.
- Pat. hatte sich mehrere Wochen vor seiner Krankheit
mit der Pflege rotzkranker Pferde beschäftigt und sich während
dieser Zeit unbedeutend in einen Finger der rechten Hand ge-
schnitten. Diese Wunde war schnell geheilt, ohne Entzün-
dung verursacht zu haben. Nach Vfs. Ansicht kann diese
Wunde nicht der Herd der Ansteckung gewesen sein ; ebenso
wenig kann man eine örtliche Uebertragung des Rotzgiftes auf
jene von Anfang an constanl schmerzende Hüfte annehmen,
da diese Stelle von Kleidungsstücken bedeckt war. Vf. ist
geneigt, anzunehmen, dass die Ansteckung durch /len Ath-
mungsprocess entstanden sei , indem sich bei längerem Auf-
enthalt in den Ställen durch die Exhalalionen der rotzigen
Pferde das Rotzgift dem Körper eingeimpft habe.
Als chronische Rotzkrankheit betrachten Richard und
Pouch er (Arch. gdn. Dec. IStfl) folgenden Fall.
Ein 28jähr., kräftiger, früher stets gesunder Stallknecht,
welcher nie mit rolzkranken Pferden zu thun gehabt haben
wollte, bemerkte plötzlich, ohne sonst' unwohl gewesen zu
sein, 2 Knoten von Kirschengrosse am Rande des Afters,
welche sehr schmerzten; sie öffneten sich von selbst und
Dässten 8 Tage lang, dann verschwanden sie. Hierauf er-
schien ein 3. Knoten in der Mitte der linken Wade, welcher
dem Pat. durch 3 — 4 Tage viel zu schaffen machte, dann
plötzlich verschwand und nur einen violettrolhen Fleck mit
leicht schuppiger Epidermis zurückliess. Kaum war der 3.
Knoten verschwunden, als ein 4. von HGhnereigrösse auf der
innern Fläche des rechten Schenkels erschien , auch dieser
öffnete sich von selbst und nässte durch einige Tage u. nahm
Aann ab. Währenddem zeigte sich ein 5. kleinerer Knoten
unter der linken Brustwarze. — Als Pat. in das Hospital
kam, ungefähr 1 Monat nach dem Auftreten des 1. Knotens,
hatte derselbe 3 Geschwülste vcm Tnuliencigrösse in der Mitte
des rechten Hinterbackens ; 2 dieser Gi'schwfilsle lagen nahe
bei einander, ohno aber zu confluiren; man nahm deutliche
Fluctuation wahr; die iibcriiegonde Maut war normal. Die
3. Geschwulst glich einem Anthrax ; sie war oberdächlicher,
über der Haut hervortretend, mit geringer Härte der Umge-
bung , von lividcr Farbe , sehr schmerzhaft ; sie zeigtc^keine
Fluctuation, sondern mehr eine schwammige Beschaffenheit.
Sie brach von selbst auf, entle^te durch einige Tage eine
««ringe Menge eines schlechten Eiters und verkleinerte sich
hierauf nach und nach. In einen der Abscesse wurde eia
Einstich gemacht , worauf sich eine beträchtliche Menge eines
dicken, guten Eiters entleerte. — Pat. erhielt HolztroDk und
Bäder. Nach iVs 1^0° • ^><'c° ^^^^ Spuren der Geschwülrte
verschwunden und keine neuen hatten sich wieder gezeigt.
Mit dem aus dem geöffneten Abscesse entleerten EiUr
wurde versuchsweise in der Veterinär-Schule za Alfort eä
Pferd geimpft, und es starb dieses am 4. Tage aacli ie
Impfung an acuter Rotzkrankheit. Die Lungen waren voe
einer Unzahl frischer , haselnussgrosser , metastatischer Abi-
cesse durchsetzt , und auf der Nasenschleimhaut zeigten sicfc
einige zerstreute Pusteln.
Wir fugen obigen Fällen noch einen too Heyf eider
(Deutsche Klin. Nr. 5. 1852) unter dem Titel „zur Pyämie'
mitgetheilten an.
Ein 50jähr. kräftiger, wohlhabender Bauer bemerkt;
anfangs October an der Ruckenfläche der 1. Phalanx des Zö-
geflngers der linken Hand ein missfarbiges Bläschen mit wca-
ser Spitze, welches , von einem rosigen Hofe umgeben , eti-
gcn Schmerz verursachte und aufgestochen eine wasserkette
Flüssigkeit entleerte. Durch die Eröffnung des Bläsclios
wurden die Schmerzen nicht gemildert, im Gegentheil naham
sie zu , der Finger schwoll an und mit ihm der ganze Uaad»
rucken. Dieser Zustand währte ungefähr 14 Tage, dau
bildeten sich auf der Dorsalseite der Hand mehrere harte E^
höhungen, die später fluctuirten, endlich aufbrachen n. eiset
mit Blut gemischten Eiter entleerten. Am 26. Oct. sackte
Pat. bei Vf. Hülfe. Es ergab sich , dass er 3 mit der Dn»
behaftete Pferde gehabt und 2 davon dieses Leidens wegei
verkauft habe. Das noch vorhandene 3. Pferd wurde UDtcr-
sucht, aber frei von Rotz und Wurm gefunden. Pat. gab as,
vor dem Erscheinen des Bläschens am Zeigefinger mehreit
Tage hindurch Schmerzen und Hitze in der Hand , Uebelkei l
und Brechreiz, Kopfschmerz und Fieber gehabt zu haben. —
Die Untersuchung zeigte die ganze linke Hand stark geschwol-
len , roth und bei Berührung sehr empßndlich. Die unten
Hälfte des Vorderarms war gleichfalls geschwollen , empfind-
lich und livid geröthet. Auf der Dorsalseite der 1. Finger-
glieder und ebenso auf dem Handrucken fanden sich viele oih
schriebene harte Aufwulstungen von runder oder ovaler Pona
und mit kraterartigen Oclfnungen in der Mitte, aas welches
beim Druck sich ein dicker, gruraöser Eiter entleerte. Die
Sonde zeigte, dass jede dieser Abscesshöblen eine harte Basis
und keine Communication mit den andern hatte. Vf. spaltrtt
die Hautbrucken zwischen mehrern dieser Abscessböhleo, was
jedoch den Abfluss des Eiters nicht erleichterte; die Schnitt-
wunden klafften übrigens nicht und waren nach 24 Std. schoo
vollständig verklebt. Der Puls war etwas beschleunigt uq4
hart, die Zunge rein, die Esslust nicht ganz geschwundrt,
der Stuhlgang träge, die Nase frei von Ausfluss oder soo«t
verdächtigen Erscheinungen , die Parotiden, die Subliagnal-
und S^ibmaxillardn'isen nicht geschwollen , die Re^pinlion
frei. — Schon am folgenden Tage hatte sich die Röthc usd
Geschwulst am Vorderarme bis zum Ellenbogen ausgebreitet,
und es entstanden auf der Dorsatfläche des Vorderarms neue
Knoten , die in der Mitte sich erweichten und eingeschnitten
einen mit Blut gemischten dicken Eiter entleerten. — Die
Nacht vom 30. — 31 . Oct. brachte Pat. schlaflos zu , der
Schmerz war gesteigert und wurde bis zum Scbultei^eleok
empfunden. Ebenso hatte Geschwulst und livide Röthe sich
bis zur Hälfte des Oheranus ausgebreitet. Neu eutstandeae
Knoten wurden geöffnet. — Am 6. und 7. Nov. wurden aber-
mals einige frisch entstandene Abscesse auf dem Handruckri
und dem Vorderarme geöffnet. Am 10. Nov. klagte Pat. über
Schlingbeschwerden; seine Mautfarbe war leicht ikterisck,
sein Sensorium eingenommen, seine Sprache ziehend. —
In der Nacht vom 11. — 12. Nov. hatte Pat. einen Scbultei-
frost mit nachfolgender trockner Hitze; um 10 Uhr Vormit-
tags einen 2. Fro.slanfall ; am Abend war der ganze Körper,
mit Ausnahme der kalten Extremitäten, mit Schweiss bedeckt;
Puls klein und sehr beschleunigt. — Am 13. Nov. gros»
Decomposition der Gesichtszuge bei kalten Extremitäten, kara
.fühlbarem Pulse und erloschenem ßewnsstsein. Dtr Toi
IV. Pathologie , Therapie a. medicinische KliniL
311
erfolgte ruhig. — Seetion, Ikterische Farbuog der ganzen
Oberflficbe. Der bis zum Scbultergelenk ddematöse Oberarm
bot in seiner untern Hälfte das Bild einer sehr ansgesproche-
1 nen Entzündung im Zellgewebe , in den Muskeln und Periost.
Mitten in den Muskeln der innem Seite fanden sich 3 Eiter-
' herde ?on 4 — 6"* Durchmesser. Der Eiter glich einem aus
, Blut und Eiter geformten gelc^eartigen Brei. Der linke Vor-
^ derarm und der Rucken d^r Hand bot ausser den oberflach-
I liehen Abscessen eine grosse Menge ?on Eiterherden unter der
I Haut, im Zellgewebe, in der Muskelsubstanz, in den Sehnen-
^ scheiden und im Periost. Der Umfang dieser meist abgerun-
I deten a. umschriebenen Eiterherde yariirte zwischen 2 u. 6'",
auch waren sie, namentlich in der Muskelsubslanz, von einem
stark entzündeten Gewebe umgeben , der in ihnen enthaltene
^ Eiter war theils dick breiartig, theiis schön gelb. Die Mus-
keln des Vorderarms hatten eine blaugraue Farbe und eine
wenig feste Consistenz. Sämmtliche Venen dieser Extremität
enthielten schwarzes, geleeartiges Blut und Eiter. In dem
linken Ellenbogen - und Schultergelenke fand sich kein Eiter,
wohl aber im Handgelenk und in den Articulationen zwischen
den Phalangen und den Metacarpalknochen. — Das Gehirn
und seine Häute zeigten ausser einem nicht übermässigen
Blulreichthum nichts Abnormes ; die Nasenhöhlen , der Kehl-
kopf und die Luftröhre waren gesund. In den Lungen fanden
sich einige Eiterablagerungen. Peri- und Endocardium waren
gesund; die rechte Herzkammer umschloss einen umfang-
reichen Pseudopolypcn , welcher im Innern eine mit dickem
Eiter gefüllte Höhle hatte. Die Unterleibsorgane waren
N gesund.
Bei der Seetion verletzte sich der Assistenzarzt. Trotz
sorgfältiger Reinigung und Cauterisation der Wunde entvvik-
kelte sich an der verletzten Stelle der Hand eine Pustel auf
hartem Grunde und unter heftigen Schmerzen. Cauterisirt
heilte sie zwar , aber es entwickelte sich an derselben Stelle
eine neue Pustel, die in gleicher Weise bebandelt, auch wie-
der verschwand. Es entstanden nun andere Pusteln mit har-
tem Grunde an der Volar- und Dorsalseite der Hand und des
Vorderarms, so wie Anschwellungen einzelner Lymphdrüsen
auf derselben Körperbälfte ; endlich einige umfangreiche car-
bunkeJartige Geschwülste am Rücken, die von Fieberbewe-
gungen begleitet waren. Frühzeitig geöffnet und kataplasmirt
gelangten sie endlich zur Heilung. (M i 1 1 i e s.)
515. Kritisch -geschichtliche Auseinander-
Setzung der syphilii Taccination und Syphili-
Sation; von Saurel. (Rev. th^r. du Midi. 1. 2.
1852.)
Vf. begnOgt sich damit , die Resultate einiger der
einschlagenden Mittheilungen vorzuführen; Einen
möglichst vollständigen Bericht lieferten bereits diese
Jabrbb. (LXXIV. 45 ff.), u. ist nur noch aus der
Gazette des Höp. (1852. Nr. 7) eine von Archam-
b a u 1 1 sehr ausführlich erzählte Beobachtung, welche
aus Gosselin's Abiheilung im Höp. de Lourcine
herrührt, nachzutragen.
Constitutionelle Syphilis mitteU suecessiver Fer-
I impfung von 18 Schankem behandelt. Erfolglosigkeit,
I Ein 16jähr. Mädchen war mit Schleimplatten, Drüsenanschwel-
[ luDgen , einer über den ganzen Körper verbreiteten Syphilide
. u. 8. w. behaftet.. Man nahm vom 19. Octbr. bis zum 11.
I Novbr. 19 Impfungen vor. Nur ein einziges Mal schlug die
Inocnlation fehl. Der Inoculationseiter war aus einem Ge-
f 9chwQre benutzt worden , welches in der Reparationsperiode
, stand. Fernere Impfungen wurden deshalb nicht angestellt,
I weil: 1) Pat. einen unüberwindlichen Widerwillen gegen diese
I Behandlung hatte, 2) weil die constitutionejlen Symptome,
wogegen man sie angewendet , nach mehr denn 2 Mon. nicht
die geringste Veränderung zeigten , 3) weil die von S p e r i n o
aufgestellten Zeichen , wodurch sich die Wirksamkeit kund*
g^ben ioU, gänzlich ausblieben. Die letzte Inocolation hatte
durchaus denselben Erfolg als die erste. Die Ulcerationen
nahmen nicht nach und nach an Ausdehnung und Tiefe ab,
und die Impfpusteln zeigten nicht die gerühmte Gutartigkeit,
vermöge welcher sie auf der Stelle eintrocknen, ohne zu eitern.
Auffallender Weise bewirkten die auf dem Unlerleibe vorge-
nommenen Inoculationen sämmtlich , ohne Ausnahme, viel
kleinere und Schanker von viel kürzerer Dauer, als die an den
Schenkeln. Hätte man allein auf dem Unterleibe, nicht
gleichzeitig auf den Schenkeln geimpft , so hätte man in ge-
wissem Betrachte leicht getaucht werden können. — Go»-
selin's Kr. ward mit Mercurialien behandelt, die sich ebenso
sehr bewährten, als sich die sogen. Syphilisation erfolglos
gezeigt hatte.
Saurel schlicsst seine Auseinandersetzung mit
nachstehenden aus den Füllen gezogenen Folgerun-
gen. Die Syphilisation, weit entfernt der Syphilis
vorzubeugen , oder, wenn sie bereits besteht, sie zu
heilen, verschlimmert nur ihre nachlheiligen Wirkun-
gen, u. macht die Symptome hartnäckiger. Die vor-
bauende Syphilisation ist widersinnig , weil sich Nie-
mand zu der Inoculation von 40 — 50 Schankem
hergeben wird, um dadurch einem zu entgehen«
Hätte sich aber auch wirklich die Syphilisation bis-
weilen heiinihig gezeigt, so würde doch schon des-
halb eine Mercurialkur vorzuziehen sein, weil Niemand
zu bestimmen wagt, wie lange die so theuer erkaufte
Sicherslellung sich bewähren werde, u. weil eine
Mercurialkur kürzer, weniger unangenehm u. weni-
ger schmerzhaft ist. Endlich ist die Heilkraft des
Mercurs ziemlich stichhaltig, die der Syphilisation
mehr als zweifelhaft. (Hacker.)
516. Syphilisation beim lenschen. (Gazz.
med. ital. Stati Sardi. 48. 49. 1852.)
In Nr. 48 theilt die Redaction der Gazzetta (aus
der Gaz. des Höp. Nr. 136) den bekanntlich ungün-
stigen Ausspruch der Societä de Chirurgie zu Paris
über die Impfung des Eiters von primären syphiliU
Geschwüren zur Verhütung secundärer Syphilis mit
[Jabrbb. LXXIV. 46]. Dieselbe Frage liegt so eben
der Accademia medico-chirurgica zu Turin, über die
von Sperino bei ihr eingereichte Abhandlung „Sulla
sifilizzazione nell* uomo" zur Beantwortung vor, und
werden Experimente deswegen im dortigen Spitale
für Syphilitische angestellt , deren Ergebnisse vorerst
noch zu erwarten sind.
Dr. Sperino beschwert sich nun (in Nr. 49)
über diese voreilige, absprechende Beurtheilung, und
sucht nachzuweisen, dass die von Dr. L. in Paris an-
gestellten Versuche nicht maassgebend seien, da man
die von A u z i a s u. ihm aufgestellten Grundsätze da-
bei nicht gehörig berücksichtigt habe. Die Franzosen
seien mit ihrer vorgefasslen Meinung weit weniger
competente Richter über die Wirkungen der successi-
ven , vervielfältigten u. hinreichend wiederholten In-
oculation des syphilit. Giftes, als die Italiäner» welche
bereits umsichtige Versuche — jedoch stets nur an
bereits angesteckten Individuen — damit angestellt
haben. Es sei befremdend, dass Hie ersten primären
Inoculationsgeschwttre schon nach 5 — 10 Tagen ver-
narbt sein sollen* Später habe man secundäre^
m
IV. P^OM^^B, ThertipM tt Atedi«falMdi« filintt.
primäre Gesctrwtrre, mt Idocutation beitutzt, düeH
die InocaUtion sieht in dien gehOrigeo Zeitfristen oft
gemtg wiederMty es sei M\tit kein Wunder, daw
meh ciftt 3 Man. die vollige secandare Lues «iisge^
bröcheii sei. Die in Folge der nun schnell na<!h ein-
ander yorgenommenen Impfungen mit primSrem £iter
•lugelMrochenen Geschwüre konnten durch ihren phdh
gedsnischen Charakter nur den ersehrecken » der die
Wirkungsweise der Syphilisation noch nicht kennt,
u. wurden zu sehr unpassender Zeit benutzt, das
Urtheil der Soci^t^ de Chir. gefangen zu nehmen.
thr. L war schlecht beralhen , sein Verfahren musste
ihm die constitutionellc Lues zuziehen, wie diess
stets der Fall ist , wenn die Impfung zu sparsam ge*>
ttacbf, zu fange unCerbrochen , oder zu bald suspen-
dirt wird , wahrend das entgegengesetzte Yerfahretf
auch die schon ausgebrochene secundsrre Syphilis
wieder vertreibt. Noch viel weniger durfte man sich
secundUren Eiters bedienen, u. wenn diess etwtf
tberbaupt nicht syphrliiischer gewesen sein sollte, so
tili der Fall um so mehr irrelevant , weil noch nicht
gtngi u. ermiltelt ist , ob anderem gotartigen EHer
jene Schutzkraft zukommt, welche dem der prrmärenr
Schanker beizuwohnen scheint. Die spätem fmpfun-
gen worden in zu schneller Aufeinanderfolge u. nicht
anMtend, nicht zahlreich genug gemacht.
Indem sich daher Sperino gegen alle aus die-
sem Falle zu ziehenden Folgerungen verwahrt u. auf
seine bald vollständig bekannt zu machenden Beob-
achtungen hinweisi, theilt er hier nur noch mit, dass
er binnen 6 Mon. 50 Frauen von schwerer Syphilis
durch sein Verfahren geheilt aus seinem Spitale ent-
lauen hat , ■. dass von diesen nur sieben wiederge-
kooimen sind, während sonst die Prostituirten fast
Alle melirmals im Jahre mit neuer Anstechuiig einm-
trtten pfleglenv Dennach stände dieser Inoeelaliod
Mdi Sciuitzkralt gegen neue Infectiienen su. Bie
amtl nie unter 20O betragende 2M der weiblichen
Kr. wi binnen 6 Mon. seit BinfUhrong der Inoculation
bis auf iM' herabgegangen. Uebrigens stimmen alle
IrfafarnogeB an den bis jetzt Syphilisirlen darin flber-
eio, dflss die Constitution keineswegs darunter leidet,
HtmiBm da« allgemeine Beinden fortwährend das
beste bleibt. Zwei in dieser ganzen Zeit vorgekom^
mnne Todesfillle von Syphilisirten haben ganz andere
Ursachen gehabt u. mit der Syphilisation selbst in
keiner Beziehung gestanden.
(Kohlschtttter.)
517. Die Syphilisation und die im Spitale St.
örsola »u Bologna im Juni und Juli 1851 deshalb
angestellten Fersuche; von Dr. Pietro Gambe-
rini. (Ann. univ. di Med. Febr. 1852.)
Als Einleitung theilt Vf. die in den Jahrbb. mehr'-
fireh besprochenen Angaben vonAuzias-Turenne
if. Sperino ttber den frag?. Gegenstand mit. Beson-
ders des letztem Autorität bewog ihn zur Anstellung
von Versuchen. Er bemerkt indessen, dass Sperino*
iHHüebeir prlfflirett ii, srecundäiren Syntptometf t&dnt
Schärf genüg unterschieden, u. Geschwüre, wettfti
von andern Aerzten fttr secunUre geballen werdn,
oft ftU' primäre genommen zu haben acheine« kwk
durfte auf die Statistik des Brkrankens ^t hetthsir.
(en in grossen Städten, als höchst utsicket, keii
grosser Werth zu legen sein.
Vfs. Beobachtungen erstreckten sich über Ü ibit
verschiedenen syphilit. Alfectienen behaltele Kr., di«
sich den Versuchen in der Hoffnuttg, dadurch uhaett
«. deuernd kurirt zu werden, willfg blugifbea, hs
Verläufe derselben aber unausgesetzt Über Scdäemfi
u. Langwierigkeit zu klagen hatten. Die ResalWe
fielen fttr die Sache sehr ungünstig aus« Chrooisclifr
hartnäckige Geschwüre wurden nicht geheih, bot
wenige bekamen temporär ein etwas bes^efes Aus-
sehen, in einem Falle, wo Heilung eintrat, itl«
sehr zweifelhaft , ob nicht die vorausgegangene M«r-
curtilknr oder des hinzugetretene heftige Fieber viel-
mehr dis die Syphilisation dahin gewirkt babei
Frische primäre Schanker sind allerdings geheilt, aJMr
nicht in so kurzer Zeit, wie S per ine behaiipMt
Mft^Ttt in 1 — 2 Hon., ein Zeitraum, weichet aiKk
bei jeder andern Kurmethode mehr als hinreiöli^titf
gewesen wäre. In einem Falle nahm das Ge^eftwtr
v^ährend der Behandlung eine Callöse BescbaifeDbeit
an , was von vielen Aerzten als das Zeichen der «is-
tretenden seeundären Lues angesehen wird, andii
einem andern traten arthritisth« u. osteokoptsehe B^
scheinungen ein, deren ä'cht syphilit. Charakter durdi
die bald darauf erfolgte Eruption von Sypbilideo auf
der Haut sich »ur zu deutlieh zu erkennen gab. Weia
Sperino- angiebt, dass 8 — 10 successive Inocali-
tionen tur Tilgung des Syphilismus ausreichen, to
fand G a m b e r i n i noch selbst bei einer vierxehiteM
Inoculation die Beeeptivität gegen das Gift nicht gau
erloschen 9 wenn er auch im Allgemeinen bestätigt,
dass die Reaction (mag man den fhoculatioris-Ciltf
von demselben oder von einem andern Kr. nebaeo),
mit jeder folgenden Inoculation eine geriogere so
werden, tu suletst ganz auszubleiben pflegt Aber
selbst in diesen, der Zeit nach nie voraus tu beilinh
meufden, Falle kam es vor , dass eine spätere laoeo*
lalioff wieder von Neuem inficirend wirble, als« kaM
auf die Sicherheit des Erfolgs nieaials gerediMt
werden.
Ein bemerkenswerther Umstand ist das den Aoi-
bruch der Inoculationspusteln zu Anfang der Kor
oder auch wiederholt begleitende Fieber, weTcfaes
sieh durch sUrken Frost, Hitze, KrankbeiUgeAUr
Delir,. Durst, Selimerx an den Impfstellen u. bedta**
teirde Cephalttigie charakteHsirt. Man wOrde M
sehr irren , Wenn man dasselbe für analog mit dem
die Pocken, Käsern, Scharlach begleitenden Fieber
halten' wollte , denn es geht nie, wie letzteres, dir
Hauterupfion voratn^, sondern erscheint erst mit, <Hl.
gewühnltcb einige Zeit nach dem Auflreleo der
Pusteln ; es ist also nicht wie jenes ein wesentlicbv
Altribot des- Hatitleidenn, sondern nnr das ieod^'
(«ile' Prtfdiiet der WerWtnduntf d; lufölidittei , AMi
IV. Pathologie, Therapie h. medicisisdie Klinik.
ai3
Uebergaog vom Localen io den allgemeinen Organis-
mus es zu bezeichniSH scheint Freilich bleibt es
dunkel, warum blos in Folge der Impfung u. nicht
auch bei gewöhnlicher Ansteckung Fieber eintritt.
Denn in der Localiltft, da erstere die Cutis der Ober-
schenkel, letztere meist die zarte Schleimhaut der
Genitalien betrifft, dürfte der Grund davon kaum zu
suchen sein. Zwar hat unter Anderm Diday den
lastigen Kopfschmerz schon als einen Vorläufer des
Uebergangs primärer in secundäre Syphilis bezeich-
net, u. würde diess auf eine ähnliche Bedeutung jenes
von solchen Kopfschmerzen immer begleiteten Fie-
I bers hinweisen , allein es ist auf die von Diday an-
gegebenen Vorläufer nicht so grosser Werth zu legen,
sie sind, wie auch die sogen. Febris syphilitica von
Castelnau, noch für sehr problematisch zu halten.
Wenn Auzias sagt, dass die locale Reaction,
der Ausbruch der Pustel , auch bei der Impfung der
Syphilis beim Affen u. beim Menschen erst nach
2 — 3 Tagen erfolge, so stimmen damit die Versuche
Gamberini*s nicht ttberein, indem die Pustel con-
stant binnen der ersten 24 Std. schon sich zeigte.
Sollte diess darin liegen , dass von letzterem nur be-
reits angesteckt gewesene Personed" derartig behan-
delt worden sind?
Aus dem Gesammtresultate seiner Versuche zieht
^ Gamberini nun folgende Schlüsse.
1) Chronische syphilit. Geschwüre wurden nicht
geheilt, primäre syphilit. Geschwüre vernai*blen bin-
nen einer in der That nicht kurzen Zeitfrist.
2) Die Entwicklung der constitutionellen (secun-
dären) Lues ist nicht verhütet worden.
3) Trotz der gelungenen Syphilisation , welche
sich in sofern constatirt zeigte, als spätere Impfungen
ohne Resultat geblieben waren, konnte den betreffen-
den Kr. dennoch nachträglich der Eiter von syphilit.
Eclhyma — also von secundärer Syphilis — mit
offenbarem u. nachhaltigem Erfolge eingeimpft wer-
den, u. rief ganz ähnliche Erscheinungen hervor.
4) Die Symptome der inveterirten constitutionel-
len Lues haben 4urch die Syphilisation nicht die min-
deste Besserung erfahren.
Ohne daher definitiv über diese so überaus wich-
tige Frage absprechen zu wollen , bekennt Vf. , dass
er nicht wage, die Versuche noch weiter fortzusetzen,
da sie sich ihm bisher nicht blos als nutzlos, sondern
sogar als gefährlich dargestellt haben.
(Kohlschtttter.)
518. Syphilitische leningitis; von Thomas
Read. (Dubl. Journ. Febr. 1852.)
Wenn schon van Swieten lehrte: dass auf der
innern Schadelfläche Geschwülste entstehen können,
welche durch Druck auf das Gehirn sämmtliche gei-
stige Verrichtungen zu sturen vermögen, so finden
sich bei spätern Autoren meist nuc Andeutungen über
ll«4.JalirM. B4.7i. ilA.a.
diesen Gegenstand , u. lassen ihn Andere ganz unbe-
rührt. Ricdrd [u. A.] erwähnen der Lähmungen
epilept. u. anderer Krämpfe , u. lobt VL ausserdem
Aston Key u. Todd.
Von den 3 Fällen syphilitischer Meningitis , die R. hier
mittbeilt, zeichnete sich der 1. durch Parapregle, Hemiple-
gie, Amaurose, Schwäche des Gedächtnisses aus , und fiel es
dem 32jähr. Kr. schwer, die richtigen Worte zu finden, und
sie auszusprechen. Ein vor 4 Jahren vorhergegangener Bubo
„ohne Schanker**, welcher nach Mercur verschwand, indess
später wieder aufbrach, und einen Ausschlag in Begleitung
hatte, dem hartnäckige Hautgeschwure folgten, die einer
mehrmonatlicben Behandlung nicht wichen, sodann aber, als
Fat. zur See ging, in dem freien Seebade heilten, worauf sich
jetzt die oben genannten Erscheinungen zeigten , liessen den
Vf. vermuthen, dass sie sämmtlich durch einen Druck auf das
Gehirn bedingt seien. Eine schnell eingreifende Quecksilber-
behandlung sah er für das Sicherste an. Er liess das Kopf-
haar abrasiren, ein Blasenpflaster legen , und 2 Mal des Tags
1 Drachme von der starken Quecksilbersalbe einreiben. Als
üble Folge trat schnell Coma ein , doch nach etwa 8 Tagen
Besserung , und nach 3 Wochen war Pat. in jeder Beziehung
von allen seinen Leiden befreit, hatte ein klares Auge, mun-
teres Aussehen und seine körperl. ^ wi(^ geistigen Kräfte voll-
kommen wieder gewonnen. [Wie lange die Kur fortgesetzt, u.
wie sie übrigens geleitet vfurde , ist nicht gesagt.] Auf das
Kalijod, bemerkt Vf. , hatte er bei so gewaltsamen Störungen
nicht das volle Vertrauen ,. so wie er überhaupt in das excea-
trische Lob, welches ihm Ricord gegen die tertiäre Syphilis
zollt, einzustimmen, noch ansteht. Fat., heisst es schluss-
lich , vermochte seinen Geschäften seitdem (er hatte den Vf.
im Juli 1847 consultirt) nachzugehen, litt aber doch an meh-
rern von Ricord sogen, tertiären Zufallen, als: Schmerzen,
Schlaflosigkeit, Knochen- und Gelenkauftreibung und ganz
vor Kurzem an einer doppelten Sarcocele , die schneller oder
langsamer dem Kalijod wichen , womit man gegenwärtig bis
dreimal d^s Tags auf eine halbe Drachme gestiegen ist. Seit
der Paralyse ist das Leben nie wieder in Gefahr gewesen.
In dem 2. Falle war bereits Verwirrung der Begriffe und
im Ausdrucke vorhergegangen , als der etwa 26jähr. Kr. von
Hemiplegie der rechten Seite befallen wurde. Er litt später
an Iritis syphil. beider Augen. Diese Vorgänge und die lang-
same Verbesserung der geistigen Kräfte liessen den Vf. sypbil.
Meningitis annehmen. Er liess zur Ader, den Kopf scheeren,
Zugpflaster darauf legen, verordnete Purganzen mit Brech-
weinstein und, als der Unterleib' frei zu werden begann,
Quecksilber. „In ungefähr 4 Tagen wirkte der Mercur , die
Krankheit verschwand ungemein schnell , und die geistigen u.
körperlichen Verrichtungen waren vollkommen hergestellt."
In dem 3., äusserst hartnäckigen, Falle stellten sich nach
und nach epileptische Krämpfe, intermittirende Kopfschmer-
zen , geistige Störungen , Paralyse der Sphinkteren u. s. w.
ein. Doppelte Sarcocele bildete das letzte deutlich syphilit.
Symptom, zu welchen sich, nach mehrmaligen Rückfällen,
Hydrocele gesellte. Jodsalbe beseitigte alle diese Symptome.
Pat. erfreute sich etwa 2 J. der besten Gesundheit. Drohte
ja Erneuerung der Leiden , so nahm er Jod , das für ihn ein
SpeciOcum abgab. Sein allgemeines Befinden besserte sich
dabei stets so sehr, dass er es ein Mal 4 Mon. hindurch ohne
Unterbrechung brauchte. Die Gabe war von tf zu 20 Grmm.
nach und nach gesteigert worden. Traten innere Gehimaffec-
tionen hinzu, so blieb das Mittel unwirksam. Mercur war
weder gegen die prim. , noch gegen die secund. Leiden ge-
reicht, nur gegen die syphilit. Kachexie 9 — 10 Einreibungen
von je 15 Gr. und bei einem Ruckfalle 40 Gr. Jodquecksilber,
in Zeit von 21 Tagen, verordnet worden.
Als prakt. Folgerungen ans vorstehenden Fallen
will Vf. hervorheben, dass in den spatern Stadien der
Krankheit eine nachlheilige Wirkung des Quecksilbers
nie zu beftlrchlen stehe, dass es im Gegentheil, wenn
40
8U
IT.I PMbot^fi«» TbwapHi m pediGinrnb^k Klinft.
alle andern Wml feUg^eblagon habe« , BOQh alieiB
Hülfe veraprcH^ha, Keia, auch nicbt der stärkste
Grad von Schwache hielt i)ui von dessen Anwendung
zurück. Vf. vergleicht die Wirkung des Mercurs
gegen prim. q. tertiäre Syphilis , die er in dem grös-
sten gegenseitigen Cont,ra8te aufgefasst bat, u. dar-
stellt. Man bttr«: Wenn der Merciir gegen «n prim.
Geschwür angewendet wird, bei übrigens untadelhait
kräftiger Gesundheit, so wird diese dadurch stets
verkümmert. Der Kr. verliert an Fleisch u. Gewicht;
die Elasticität u. Kraft der Muskeln nimmt ab ; das
Gesicht wird blass ; selbst geringe Bewegung bewirkt
Schweiss; zu geistiger Anstrengung ist Pat. unver-
mögend. Alles diess erfolgt, obwohl eine hinläng-
lieb nahrhafte Diäl^ massige Bewegung u. Genuas der
freien Luft verstatiet bleibt. Muss der Kr. die Stube
hüten , so verschlimmern sich alle diese Eingriffe des
Mereurs in die Constitution, inuner tritt geistige^ Nie-
dergeschlagenheit ein, bisweilen auch liegen die
physischen, wie geistigen Kräfte in beunruhigender
Weise darqieder. Der Mercur wirkt in allen Fällen
augenscheinlich als Gift. Eine gerade umgekehrte
Wirkung hat er dagegen, sobald der Körp^ dem
Einflüsse des sypbilit. Giftes schon lange Preis gege-
ben war, dann wird seine Wirkung zu einer toni-
schen, erstarkenden. Alle Functionen heben sich
schnell , die Schmerzen verlieren sich , es tritt wie-
der erquickender Schlaf, Appetit, HerstelluDg der
Digestion ein, die Muskelkraft kehrt wieder, das Auge
gewinnt seinen Glaaz u. Ausdruck wieder» es kehrt
Hoffnung u. Heiterkeit zurück, u. doch ist aAsser dem
Mercur kein Mittel angewendet worden. Eine Erklä-
rung der so völlig entgegengesetzten Wirkung des
Quecksilbers will Vf. nicht versuchen , dass sie aber
begründet, hat sich ihm durch diese, wie verschie-
dene andere Fälle bestätigt. Andern nicbt.
(Hacker.)
519. ADweQdqjig de& Ricard'gGhem Terfali-
leng sm* Zerikeibmg sypkiUL Buhonen; von Eh-
ren reich. (Pr. Ver.-Ztg. 4«. 1851.)
Bei umfangreichem» sowohl torpiden als entzünd-
lichen , Bubonen bedient sich VL des bekannten Ma-
lapert-Reynaud 'sehen Verfahrens. Vqrtheilbaft
zur schneliern Schmelzung zeigte sich die damit ver-
bundene Gompression. Gewöhnlich trat keine Eite-
rung ein , fand sie aber doch Statt , so erfolgte sie
nur in einem sehr kleinen Umfange.
Malapert (Arch. g4a. F^vr. 1832) legte die
Vesicaiore auf bereits maturirte Bubonen, u. Rey-
naod empfahl in seinem Trait6 pratique von 1845
(S. 73) dasi von ihn^ etwas modificirte Verfahren, unter
gleichen Umstanden, als dasjenige, welche& ih# seit
12 Jahren die glücklichsten Resultate gegeben habe.
Ricord nahm sich der Vesicatore erst seit 1834 an.
(Hacker.)
520. Hie lHwcvitlkrukheit ig Rwftlasd;
von Dr. E. v. RussdQrf in Berlin. 2., 3., 4., 5.
Artikel, (Med. Centr.-Ztf. 11 — 14, 1852. Forts.»
Jahrbb. IXXIV, 48.)
Die Mercurialatropkie. Sobald der Mercurii^
rheumatismus längere Zeit in den Muskeln gehafU
hat, verfallen diese in Folge der der Krankheit eigea i
Schwäche dem Zittern. Die Kr. gehen endlich gr&
senartig einher, u. es wird der elastische Bewegun|s-
apparat atrophisch. Manche Muskeln sind, ihre
grossen Umfangs halber, u. weil in ihnen der Rraik-
heilsprocess weniger zu haften pflegt, bei der Atro-
phie nicht sehr beiheiligt, so die Gesflssmuskeli.
Trotzdem werden auch sie zuweilen , u. um so auf-
fallender, weil einseilig, ergriffen. Auf der Höbe
der Krankheit treten des Abends regelmässig Fieb«-
bewegungen , so wie ausserdem nach jeder Anstreo-
gung ein. Beim Schlafengehen werden die Kr. tn
Schttitelfrost mit Zähneklappern befallen , a. frdsldi
ttberdiess bei jedem Anhauch eines kalten Laflzn^
Es bemeistert sich ihrer eine tiefe Sckwermuth usi
Hoffnungslosigkeit, u. sie klagen Ober Gedacblsts»-
schwSche. Die Mercurialatrophie seheint dem VI dn
richtige Brücke zu den nächst zu erlaoto«^«
Formen.
Der Mercurialscorbul. Hier besieht die tiefste
Verwundung des animalischen Lebens. Die Ver-
dauungskraft liegt in hohem Grade darnieder. Dn
wohllhuende Gefitthl der Sättigung keonen die Kr.
nicht. Eine Mahlzeil bis zur Sätligüng verursackt
fieberhafte Aufregung, glühende Hitze des Gesichli,
Müdigkeit u. unwiderstehliche Scbl,afsucht. Die Ver-
dauung erfolgt sehr langsam, weshalb auch fast ni«-
mals Hunger eintritt. Die Zunge beurkundet da
Zustand des Digeslionsapparates nirgends deutlicher,
als hier. Nach keiner Krankheit, nach keiner Arzad
ist der Zungenbeleg so sUrk. Er besieht aus zäW
Scbleimbildung, u. ist aschgrau. Am stärksten isi
Qr allerdings bei gleiciueitig bestehender SalivaiioSf
doch auch ohne diese ist er gewöhnlich. Die aeste
Salivation , welche am leichtesten nach dem Qaecfc-
silbergebraucbe erfolgt, ist hinlänglich bekannt, nA
weniger dagegen die chronische, welche. sich ki
Mercurialkranken vorfindet, die nie an jener gel/Uen
haben. Diese Salivation findet nur im Schlafe Stau,
in einem sogar profusen Grade nach dem Essen. Aus-
ser dieser chronischen Salivation charakterisirl sich
der Mercurialscorbul durch eine chromscbe Angina.
Nicht selten ist sie von einer chronischen StenMtitis
begleitet, die sich durch häufige kleine Geackvvttrckai
auszeichnet. Auch die Angina tonsüWis ftlhrt bis
zur GescbwUrsbildung, u. kennt Vf. kein Mittel, wo-
durch sie sich von der sypbilit. unterscheiden Hesse,
als eben genaue Kenntniss der gesammlen EigenthOm-
lichkeiten beider Krankheiten. Wie oft eine solche
aber fehlt, beweist die nicht seltene Behandlung
mercurij^ler Rachengeschwüre mit Mercur. &ie Zunge
ist ausserdem, de«: Sitz, einei. sul^etctiven Syfl»jptems,
des Hercudalgeschmacka» welcher beennders des
Morgen« en^funde/OL wird. 1» FelgC; der gesdvwädi-
ten Verdauungskraft entsteht nangeJhaAe iimkerei-
IV. Pathologie, Therapie n. me^cinilche Klinik.
315
Yang , u. die»e giebt sich durch Maculose kund. Die
Flecke gleichen in Grösse u. Form denen des Morbns
lYerlhofii. Bisweilen erscheinen sie erst nach Hattt^
reizen, bisweilen fehlen sie auch. Verbindet sich
der höchste Grad des Mercurialscorhuts mit dem
höchsten Grade der Morcurialatrophie , so haben die
Kr. über u. über ein Mumien gleiches Ansehen.
Die Mercvrialscrophein. Fast ausnahmslos wer-
den zuerst die conglobirten Halsdrtlsen betheiligt. Sie
schwelten bis zur Bohnen - u. Birnengrösse an. Mit-
unter bilden sie eine Kelle um den Nacken herum,
bis unter die Clavicula u. in'^die Achselhöhle. Später
entstehen auch in den Leisten kleine Drüsenanschwel-
lungen , doch nie sah sie VF. hier zu einer grossen
entzündlichen Geschwulst zusammenfliessen, wie diess
am Halse in der Regel geschieht. Eine andere Gat-
tung von Geschwülsten bilden isolirte verhSrtete Drü-
sen von der ungefähren Grösse einer Haselnuss,
welche an verschiedenen Körperstellen, häufig in der
Nahe von Gelenken, dicht unter der Haut u. an Orten
▼orkommen, wo kein DrUsenplexus ist. Endlich
erwähnt Vf. noch der Hoden , die nicht selten an der
Mercurialscrophulosis Theil nehmen. Es bildet sich
eine ziemliche Entzündung des Nebenhoden , die sich
jedoch leicht wieder zertheilen lässt. Nachträglich
verkümmern aber die Hoden, werden winzig, die
geschlechtlichen Potenzen sind gar sehr reducirt.
Vr. kannte einen Petershurger Schneider, dem wegen
einer Contusion am Knie die graue Salbe angerathen
^vorden war. Sie bewahrte sich dagegen so vorzüg-
lich , dass er sie spHter bei Zahnschmerzen , dann
gegen Kopfschmerzen, recht tüchtig aher, als er
endlich von Gliederreissen heimgesucht wurdet ein-
rieb. Es stellte sich nun Salivation ein, Mercurial-
scropheln bildelen sich, es erfolgte Atrophie der Ho-
den, nebst Impotenz, u. nicht lange darnach starb
er an Lungenschwindsucht. Vf. gicbt hierbei zu be-
trachten, dass bei solcher Wirkung des Mercurs auf
das Lymphsystem nichts frevelhafter sein kOnne , als
bei der Scrophulosis , woher sie auch immer rühren,
a. welche Form sie tragen mOge, Mercur zu verord-
nen, wjis in Russland häufig geschehe. Er deutet
dabei auf einen Fall hin, in dem bei einem Bauer,
welcher von Jugend auf an Lupus des Gesichts gelit-
ten hatte, in Folge des Mercurs die eine Hälfte des
Unterkiefers so vOliig von Caries zerstört war, dass
sie Vf. ohne Muhe mit der Zange herausriss. Merk-
würdig ist Uberdiess, dass ausser dem ungemein
wuchernden Lupus des Gesichls , welcher die Nase
zerstört hatte, ein solcher auch die Brust u. einen
Theil des übrigen Körpers , gleich einem verrosteten
Panzer, bedeckte. Also kommt der Lupus nicht in
dem Gesicht allein vor. Kehren wir zu unserm spe-
cieUen Thema zurück, so ist noch zu erwähnen, dass
der Bntzttndnngscharakter der Mereurialscropheln im
ganzen sehr torpid ist. An Zertbeilung ist nicht zu
denken. Sie lassen sich künstlich nur in Eiterung
setzen« Diese ist auch bei der ganzen Hydrargyrose
in therap. Hinsicht nicht ohne Werth. Besser sie
.besteht , als nicht. Mitunter bleiben allerdings nach
Eroifhütog der eiternden DHlsen hartnitckige Fisteln
zurück. Katin man aber annehmen, dasa die Heilung
der Gesamrotkrankheit so weit vorgeschritten ist, das«
durch sie nichts mehr aus der Werkstatte des Mercurs
entleert wird, so lassen sie sich leicht durch Betupfen
mit Hollenstein schliessen.
Combination der Fürmen, Entstehung, Kur.
Für sich allein tritt am haufigsteik der Rheumatisrnns
auf; die häufigste Combination bildet dieser mit leich-
ten Graden der Mereurialscropheln. In beiden Fal-
len meinen die Kr. , an einer Bagatelle zu leiden, und
ist daher der Arzt, bei der doch so grossen Hartnlk'-
kigkeit der Leiden, übel daran. Auf viel bessere
Folgen u. Ausdauer kann er in dem hohem Grade
rechnen , wo sich zu jenen Formen die Atrophie und
das Fieber mit der irritablen Schwache des Herzens
gesellt, u. wo dann auch selten die scorbuiischen
Sytnptome fehlen. Der Mercur ist Ursache der Krank«-
heit. Durch Kälte wird sie befördert. Deshalb erfor-
dert der Mercur in Russland mehr Vorsicht, als
irgendwo, u. dürfte, nach Vfs. Unheil, im nördlichen
Russland kein Syphilitischer mit Mercur behandelt
werden. [Was aber soll mit ihnen geschehen , so-
bald das Quecksilber erforderlich scheiüt, soll man
die Kr. dort nicht in der geeigneten Zimmertempera-
tur, gleicl) wie bei uns, ohne Nachtheil mit Mercur
behandeln können? Hält auch Vf. die Annahme, dass
der Mercur durch die Haut ausgeschieden werde , für
gewiss irrthümlich, u. vermochten zu seinem Erstau-
nen die warmen Dampfbäder, nach russischer Art,
ebenso wenig gegen die Hydrargyrose auszurichten,
als selbst die Schwitzkasten mit Schwefeldämpfen , ja
ist es ein von ihm gewonnenes Resultat, dass die Queck-
silberkranken keine Schwitzkuren vertragen, dass die
Transspiration die schwachen Lebensgeister so auf-
i'egt, sie hinterdrein aber so deprimirt, dass die
letzten Kräfte schwinden , so geht aus dem Uebrigen
doch hervor, dass er zur Kur die warme Temperatur
nolhwendig u. nützlich betrachtet. Daher scheint
mir der Antheil , welchen Vf. der Hautlhätigkeit zur
Vorbeugung der Mercurialkrankheit zuschreibt, doch
zu gering u. die Erklärung, dass das Quecksilber in
milden Klimaten, ohne Hydrargyrose hervorzurufen,
im Organismus latent bleibe, nicht ausreichend]. Vf.
ist überzeugt, dass das Quecksilber durch die Haut
nicht anders entfernt werde, als mittels UIceralion.
Diess findet er auch durch Gräfenberg genügend be-
stäligt, welches einen immensen Contingent russi-
scher Mercurkranker aufzuweisen habe. Die Kr.
wurden mit Hautgeschwttren übersäet. Diese aber
bieten das unsäglichste Leiden, „diese Hautulceration
ist das hartnäckigste Uebel, ebenso schwer heilbar,
ebenso langwierig, ja chronischer als Hydrargyrose."
[Dann wozu?]. Nachdem noch bemerkt ist, dass
alle innerlich gereichte roborrrende Arzeneien nichts
roboriren, als die Krankheit selbst, werden das kalle
Bad , ohne vorgängiges oder nachherigea Schwitzen,
„welches Wunder Ihi^t..**^ u. starke Drastica (Vf. ist
überzeugt, „daas der Mercur nur durch lymphatische
Resorption und weiter durch den Darm eliminirt
316
V. Gynäkologie n. Pidiatrik.
werde'') : Jalappe , GummfgutI u. s. w. als die ein-
zigen heilsamen MiUel empfohlen, „d. h. hei slark
nährender FJeischdtät, gegen alle medicinische Ver*
nunfi."
Wie inleressant dem Ref. Vfs. Ahhandlung war,
geht aus der Ausführlichkeit seines Auszugs hervor,
u. setzte er bei den Lesern ein gleiches Interesse
voraus. Man sieht es dem Aufsalze auf den ersten
Blick an, dass ihm eigene, reine u. reiche Erfahrung
zu Grunde liegt. Ref. hat 5 Beobachtungen 1833 in
d. Heidelb. Annalen (Fall XXV von grosser Bedeut-
samkeit), u. Rust*s Magazin (7. — 10. Beobach-
tung) über Mercurialleiden verOiTenllicht , u. ist ihm
nicht erinnerlich, dass ihm seit 1836 neue Fülle
vorgekommen wären. Reine Luft u. massige Bewe-
gung in derselben, leichtverdauliche, nahrhafte, nicht
reizende Kost, besonders Milch von der Kuh weg,
geregelte Thätigkcit der Excretionen durch Darm,
Nieren u. Haut bildeten die diätetische Basis. Die
auf Empfehlung von Blathias o. A. verordneten MiU
tel : Säuren , Asa foedita , Schwefelleber u. s. w. o.
dergleichen Bäder schienen naizlich, doch vermag
ich für deren Heilanlheil nicht einzustehen.
(Hacker.)
521. Ueber eine nene Taenia des ■enscheii,
Taenia mediocanellata hominis seu ZiUaviensis;
von Dr. Küchenmeister. (Deutsche Klin. 9.
1852.)
Vf. hält die dicke, breite, im Binnenlande DeuUch-
lanids vorkommende Taenia für eine besondere, von
der dünnen, schmalen Tänia (T. solium) wohl zu un-
terscheidende Species, u. will ihr den Namen T. me-
diocanellata hominis s. Zittaviensis geben. £r giebt
folgende Beschreibung.
Taenia solium» (Die dilnn^ Taenia der Praktiker.)
Körper sehr dünn, schmutzig weissgelb von Farbe,
längste Glieder bis i'\ bei einer Breite von etwa %''} G^-
•cblecbtsoiTnungen seitlicb, unregelmassig alternirend.
Kopf: bei massigem Drucke ein kleines Quadrat dar-
stellend, welches 4 kleine Ventousen um einen centralen Ring
gestellt darbietet , der eine doppelte Reibe von Hukentaschen
und Haken tragt, 24 — 26 an der Zahl, in jeder Reihe also
12 — 13.
Hals : sehr dünn und zart, feingegliedert.
Geschlechtstheile .
a) männliche: ein kurzer, dicker-schwach sichelförmi-
ger Penis mit vielfach gewundenem Samenstrange, an dem
jedoch selten bedeutende Ausbuchtungen bemerkbar sind.
b) weibliche: Scheide kaum deutlich ausgeprägt und,
wenn sie doch erkannt wird, so kurz und so liebt, dass sie
leicht übersehen wird. Die Eierbebälter baumförmig, fast
verzweigt.
Bei einem auf die Längsrichtung gemachten Querschnitt
erkennt man seitlich in jedem Gliede einen kleinen Gefasspunkt,
sucht aber sonst vergebens nach einem weitem Kanäle.
Taenia mediocanellata hominis s. Zittaviensis. (Die
dicke Taenia der Praktiker.)
ATo'rper sehr steif , schmutzig braungelb , die hioterMeB
Glieder weisser , sulzig anzugreifen ; längste Glieder bei einer
Länge von aber 1" eine Breite von Vs — Vs''» Gesclilecbt&-
Öffnungen unregelmässig alternirend.
Kopf: bei massigem Drucke ein fast noch emmal so
grosses Quadrat darstellend, welches 4 noch einmal so grosse
Ventousen als die T. solium Irngt. Der centrale 5. Ring frbh
ganz, desgleichen alle Spur von Hakentaschen. Ob der ftoff
ganz hakenlos sei, wagt Vf. nicht mit Sicherheit auszo-
sprechen.
Hals : dicker, breiter, gröber gegliedert.
Geschlechtstheile.
a) männliche: Penis ganz analog dem Penis toi
Distoma hepaticum , sehr dick und kurz , mit einem vieliacb
gewundenen und stellenweis varikös ausgebuchteteo Sameo-
strang.
b) weibliche: Scheide ausserordentlich lang, bis xor
Mitte des an sich breiten Gliedes sich erstreckend und an der
Seite des Samenstranges verlaufend , ganz dunkelschvrarz ge-
färbt ; an ihrer Ausmundungsstelie ein Porus genitalis kolbes-
artig anschwellend. Wahrscheinlich tritt sie in den Mediaa-
kanai ein. Die Ovarien nicht dendritisch.
Bei einem Querschnitte stellen sieb auf der Schnittfläche
3 Punkte dar, seitlich 2 grössere , deren jeder beim Dnick
Flüssigkeit entleert (die gewöhnlichen Gefässe der Taenien),
und ein etwas kleinerer gerade in der Mittellinie des Tänieo-
gliedes. Dieser Punkt entspricht einem Kanäle, der sich dorck
die Mitte aller Bandwurmglieder zieht und bei alten y in Spiri-
tus bewahrten Individuen sich als eine Art bindfadenar-
tiger Strang schon von aussen erkennen lässt.
(Miliies.)
V. Gynäkologie und Pädiatrik.
522. Ueber eine den Franen eigene Ge-
schwulst am Hinterhaupt; von Thirion; (Joam.
de Brux. Fdvr. 1852.)
Vf. beobacbtete in den letzten Jahren bei 3 jun-
gen Frauen eine eigentbümliche weiche, quer am
untersten behaarten Theile des Hinterhauptes ver-
laufende, ungefähr die Gestalt des Pankreas besiz-
zende Geschwulst, die nach seiner Meioung durch das
tagliche, beim Kämmen des Haares staUfiodende,
etwas gewaltsame Ziehen nach abwürls verarsacbt
wurde. Einreibungen von Jodsalfoe fahrten in weni-
gen Wochen völlige Heilung herbei. (S i c k e I.)
V. Gynäkologie u. Psdiatrik.
317
523. Ueber Blitgescbwtlste im weiblieben
Beeken; von Vigu^s. (Rev. m«d.-cbir. Oct. et
Nov. 1851.)
Symptome und Fei'lauf. Die ersten Krankheils-
ersclieinungea pflegen die Menslraalion zu belreflen,
welche Störungen verschiedener Art erPtihrt: bald
wird sie plötzlich unterdrückt, bald Iritt iiu Gegen-
tbeile eine mehr oder minder beträchtliche Metror-
rhagie ein , die in einzelnen FJillen Wochen lang an-
dauert, bald ist der Blutverlust kein bedeutender,
erfolgt aber aller 2 bis 3 Tage. Hierauf hört der
Blutahgang auf, und es zeigen sich Schmerzen im
Unterleibe und ein Gefühl von Schwere im Becken
und Drängen nach unten; bald erleiden auch andere
Functionen Störungen , der Appetit verliert sich , es
kommen Uebelkeiten , galliges Erbrechen , der Durst
wird vermehrt, es Iritt hartnäckige Stuhlverstopfung
ein ; die Pulsfrequenz pflegt zuzunehmen. Nach kur-
zer Zeit befällt die Kr. eine auffallende Schwäche, es
erfolgt bald Abmagerung, Gesichtsblasse, die Haut
gewinnt das Ansehen wie bei solchen, die grosse
Blutverluste h.itten , alle Functionen gehen mit auf-
fallender Trägheit von Statten. Untersucht man bei
solchen Kr. den Unterleib, so wird man denselben
aufgetrieben, gespannt, schmerzhaft flnden ; die Pat«
liegen meist auf dem Rücken mit angezogenen Schen-
keln. Bei tieferm Eingreifen durch die Bauchdecken
bemerkt man eine in dem kleinen Becken betindiiche
Geschwulst, die jedoch bisweilen auch so gross ist,
dass sie bis zum Nabel heraufreicht; sie ist glatt,
rund, ohne Erhabenheilen, und kann, mit Ausnahme
der Basis, von allen Seiten umgrifl'en werden; sie
zeigt wenig Beweglichkeit, ziemlich bedeutende Con-
sistenz, die Bauchdecken sind verschiebbar über ihr.
Die Percussion giebt in der ganzen Ausdehnung der
Geschwulst einen matten Ton, in ihrer Umgebung
einen lympauitischen ; bei grossen Geschwülsten
nimmt man mittels der Auscultalion bisweilen ein
blasendes Geräusch wahr.
Bei Einführung des Pingers in die Scheide
bemerkt man zwischen Uterus und Rectum eine An-
schwellung, die je nach ihrem Umfange, mehr oder
weniger tief herabragt; sie ist glatt, rund, weniger
consistent, als die durch die Bauchdecken hindurch
gefühlte, bisweilen fluctuirend. Der Uterus wird
durch die Geschwulst nach vorn und oben gedrängt,
so dass man seinen Grund bisweilen oberhalb der
Schambeinverbindung wahrnimmt und den Mutter-
mund, wegen seines hohen Standes, kaum erreichen
kann. In der Regel erstreckt sich die Geschwulst
etwas nach der Fossa iliaca dextra hin , wahrschein-
lich wegen des Mastdarms und der Fleiura coli. Uebt
man durch den in die Scheide eingeführten Finger
einen Druck auf die Geschwulst, so kann man die
dadurch verursachte Bewegung am obern Theile der-
selben durch die Bauchbedeckungen wahrnehmen.
Hat die Geschwulst einen bedeutenden Umfang, und
ist in Folge davon die Gebärmutter sehr hoch in die
Höhe gehoben , so fühlt man durch die Bauchdecken
2 tthereinander liegende Geschwfliste, oder es scheint
Alt geftlhlte Geschwulst aus 2 Tbeilea zu bestehen.
Das Fluctuiren in der Geschwulst wird man dann am
deutlichsten erkennen, wenn man den Zeige- und
Mittelfinger zugleich in die Vagina einführt und mit
ihnen abwechselnd einen Druck übt, oder auch bei
gleichzeitig vorgenommener Untersuchung durch
Scheide und Rectum ; bei dieser erhält man auch den
besten Aufschluss über den Umfang und die Consi-
stenz der Geschwulst.
Erlangt die Geschwulst einen beträchtlichen Um-
fang, so kann sie durch den Druck, den sie auf die
Nachbarorgane ausübt, die Functionen derselben
mehr oder weniger beeinträchtigen. Es tritt, wie
schon erwähnt wurde, Hartleibigkeit ein, indem der
Mastdarm comprimirt wird, es erscheint ein häufiger
Drang zum Uriniren, u. dieses ist äusserst beschwer-
lich oder auch völlig gehindert, indem die Geschwulst
den Uterus mehr, oder weniger gegen den Blasenhals
presst. Erscheinungen, die als Folge von Gompres-
sion der Nerven- und GefNssstämme anzusehen sind,
kommen nicht vor.
Der Verlauf der Krankheit ist ein verschiedener,
je nachdem man dem aufgesammelten Blute bei Zeiten
einen Ausweg verschafft, oder sich damit begnügt,
die durch das Wachsen der Geschwulst verursachten
Erscheinungen zu bekämpfen. Nach Eröffnung der
Geschwulst verschwinden schnell die durch sie her-
beigeführten Störungen ; indessen. soll es fast immer
geschehen, dass beim Ausfliessen des Blutes durch
die angebrachte Oeffnung, Luft in die Geschwulst
eindringt und Entzündung der Wandungen und Zer-
setzung der norh in der Höhle bufmdlichen Blutreste
verursacht , die sich durcli Übeln Geruch und einen
ichorösen Ausfluss kundgiebl. Wenn nach Eröfl'nung
und Entleerung der Geschwulst sich der Leib nicht
verhältnissmässig verkleinert , so ist sofort eine ge-
naue Untersuchung uöthig, welche ergeben wird,
dass nicht nur eine, sondern 2 Blut geschwülste gleich-
zeitig vorhanden waren.
Unterlägst man es , die Gesehwulst bei Zeiten zu
eröffnen, so steigern sich nicht nur die durch das
Wachsen derselben bedingten allgemeinen Erschei-
nungen , sondern es kann Entzündung der Nachbar-
organe und der Geschwulst selbst eintreten, die Ver-
wachsungen bedingt und zu Abscessbildung Veranlas-
sung giebt. Im günstigsten Falle entleeren sich
solche Abscesse durch das Rectum ; sie können sich
aber auch durch die Blase oder Scheide entleeren
oder ihren Inhalt in die Bauchhöhle ergiessen, was
wohl immer Peritonitis herbeiführen wird.
Aetiologie. Alle Individuen , bei denen Vf. die
in Rede stehende Krankheit beobachtete,, waren jung,
gesund, selbst robust; die meisten hatten geboren,
nur 2 nicht, alle, mit Ausnahme einer einzigen, hatten
an Störungen der Menstruation gelitten. Dass die
Geschwülste durch Zerreissung eines der zahlreichen
im subperitoDäalen Zeltgewebe verlaufenden GefUss«
816
V. eynSlologra iL Pxdistrili.
«itJilelieii, geheim ^m Vf. nicht wahrscheinlich ; in
keinen ^r von ihm beobNchleteo Falle war ein Stoss
oder Fall vorausgegangen , der die Geßlssserreissung
hStte bewirken ktfnnen. Für wahrscheinlicher bllt
er folgende Grklarnngsweise : mit jeder Menslruations-
periode bildet sich eine Hypertmie der Ovarien , und
beim Platzen des Graafschen Follikels kann eine be-
deutende Blutung enistehen ; wenn nun das Platzen
des Follikels an einer Steile des Eierstocks stattfindet»
wo dieser nicht vom Perilonaum aberkleidet ist , zu-
gleich aber ein starker Bluterguss erfolgt, so wird
das Blut sich in das subperitonüale Zellgewebe ergies-
sen und in eine Cyste abschliessen ; auf diese Weise
wUre auch die Bildung zweier Blutgeschwülste zu
lerschiedenen Zeiten erklärlich. Wie aber ist das
Wegbleiben der Menstruation bei Vorhandensein einer
Blntgeschwulst zu erklaren und deren Wiedereintritt
nach Beseitigung der Geschwulst?
Therapie. Man hat gleichzeitig die allgemeinen
Erscheinungen und den Ortlichen Zustand zu berück-
sichtigen. Die Eröffnung der Geschwulst von der
Scheide aus ist jedenfalls der durch die Bauchdecken
vorzuziehen , da man bei ersterer das Bauchfell nicht
verletzt Letztere wäre nur bei sehr grossen, in die
Bauchhöhle weit heraufreichenden Geschwülsten zu-
lassig, wo man, des hohen Standes wegen , von der
Scheide aus keine Fiuctuation wahrnimmt. Eine
vollständige Entleerung der Geschwulst von den Bauch-
decken aus ist nicht wohl denkbar, wogegen eine
solche immer stattfinden wird, wenn man die Ge-
schwulst an ihrer tiefsten Stelle, tflso von der Scheide
aus, öffnet. Wenn entzündliche Symptome in den
Abdomioalorganen und sehr heflige Schmerzen vor-
handen sind , wenn man dabei von der Scheide aus
deutlich Fiuctuation wahrnimmt, so i^l es geralhen,
die Geschwulst ohne Zögern zu öffnen; denn nach
dem Abfliessen ihres Inhalts tritt ein schneller Nach-
lass der secumlaren Erscheinungen ein. Wartet man
mit dem Eröffnen zu lange, so kann leicht eine be-
denkliche Peritonitis entstehen. Die Eröffnung selbst
kann mittels eines Bistouri , oder eines starken Tro-
kart geschehen ; es ist dafür Sorge zu tragen , dass
nach Entleerung des flüssigen Inhalts auch alle Blut-
coagula sorgfältig aus der Höhle entfernt werden.
Um das Eindringen von Luft zu vermeiden, ist es gut,
in die entleerte Geschwulst Wasser einzuspritzen.
Bei sehr grossen Geschwülsten und hoch oben an den
Wanden ansitzenden Blutgerinnseln gelingt die Ent-
leerung der Geschwulst mittels des Fingers allein
nicht; in solchen Fallen wird man sich einer Curette
bedienen müssen.
Wenn einige Tage nach der Operation das aus
der Wunde kommende Fluidum anlangt eine purulente
Beschaffenheit zu zeigen , so sihd anstatt der anfangs
vorzunehro^den erweichenden Injectionen solche mit
Chlor zu machen. Zu gleicher Zeit hat man für Erhal-
tung der Kräfte der Kr. auf alle Weise zu sorgen.
Wenn nach der ersten Entleerung der Gesehwulst
durch die Operation noch Symptome von Peritonitis
zarQckUeiben , . so kami man mlstign Bialentitthon-
gen anstellen, femer Einreibungen mit MorciirialsalU
vornehmen lassen und Klystire geben. Opium und
warme Umschlage über den Bauch sind da angezeigt,
wo nach Entleerung der Geschwulst die Schmerzca
noch fortbestehen; etwa eintretendem Erbrechen ist
durch Eis oder Selters-Wasser zu begegnen.
(SickeL)
524. Zur Anatomie, Physiologie i. Patho-
logie des UternS; von Snow Beck. (Times. May
— Dec. 1851. Forts, s. Jahrbb. LXXin. 66.)
B. ConsiituUoneüe Symptome; dietelben kOi*
nen sehr variiren , je nachdem die Krankheit beson-
ders heftig und ihre Dauer eine sehr lange ist , od«
je nachdem dieser oder jener Theil ^e% Uterus er-
krankt ist; ebenso übt die Constitution der Kr. eina
grossen Einfluss auf die Krankheitssympiome ans.
Bei einer allgemeinen Besprechung der Krankheitser-
scheinungen kann natürlich auf solche AbweichangaB
nicht Rücksicht genommen werden, a) StOmnges
des Allgemeinbefindens : grosse Schwache und Unter*
mOgen zu körperlichen Anstrengungen, in di^ Linie
gezogenes Gesicht, matter Blick, dunkle Ringe ms
die Augen , blasse , schmutzige Gesichts - und Haol-
farbung , schwache , oft zitternde Stimme , grosse
Empfindlichkeit gegen Warme und Kalte , auflallendc
Neigung zu Katarrhen, plötzlicher Wechsel vod Warme
und Kalte, von Trockenheit und Seh weiss der Haut,
alimaliges Abmagern des Körpers, besonders hemerk-
lieh an den Brüsten.
b) Störungen des Cerebrospinalsystems , Kopf-
schmerz in sehr verschiedener Form, gestörter Schlal
theils eine wahre Schlafsucht, theils Schlaflosigkeit
trotz nllor Ermüdung; liom Schlafe folgt keine Erquik-
kung, unruhige Traume wahrend des Schlafes; an-
fallende Umänderungen in der Gemüthsarl der Kr.,
meist dcprimirter Gemülhszustand, Neigung xuid Wei-
nen, grosse Reizbarkeit , Gedachtnissschwacbe , bis-
weilen Neigung zu Selbstmord. Häufig hat der nit
dem Namen Hysterie belegte Zustand seinen Grund ii
einer Erkrankung der Gebärmutter. Einige besen-
ders auffallende Störungen im Nervensystena erlaalert
Vf. durch Mittheilung mehrerer Krankengescliichten.
c) Störungen im Verdauungs-Apparate. Die Zunge
ist meistens blass , rein und feucht , oder bat eines
schmutzig weissen Beleg in der Mitte , wahrend die
Bander roth sind ; gewöhnlich ist kein starker Dnrtt
vorhanden , die Hundhöhle pflegt feucht za sein ; oft
wird ein unangenehmer Geschmack geklagt, und der
Alhem hat in der Begel einen schlechten Gerueh. Der
Appetit ist ein verscliiedener ; bisweifen erzeugt
schon eine kleine Quantität Nahrung einen ISstiges
Druck im Magen. Geräusch volles Anfslossen, beso»-
ders am Morgen, bisweilen von Erbrechen weisses
Schleimes begleitet; in andern Fallen ist das Erbre-
chen ein sehr häufiges. Das Epigastrium ist oseistens
anfgetrieben und pflegt, wenn es diess auch nicht ist»
sehr empfindlich zu sein. E>ie f^lnhliurilrrrnMfss
V. GynlkologiA «. PMiatrik.
319
mi bald sehr fest» bali beslekl iueh Nei^sg zu
DiarrhO«. Der Urin ist bei derteiben Kr. bald blast,
bell und wird in reichlicher Meoge abgesoDderi, bald
isl er dunkel gefiürbl, dick und verursachl bei der
Katleefuog Breoneo und Hiise. Es scheint bemer-
kenswerth, dass bei &e allgeineiuer StOrong der
Digestion die Leber nicht leicht in Mitleidenschaft
gesogen wird.
d) Störungen im Circulalions - and Respirations-
system. Im Beginne der Krankheil pflegt man im
Pulse keine Unregelmässigkeiten zu finden ; besteht
jedoch die Krankheit länger , so nimmt die Pulsfre-
quenz sehr zu (120 — 15D Schlage in der Minute);
dabei wird der Puls sehr weich und bisweilen unre-
geimässig. Vf. ist nach seinen bisherigen Beobach-
tungen ausser Stande, zu bestimmen, ob die Weichheit
des Pulses von der Erkrankung des Uterus abhängt,
oder ihren Grund in der so oft gleichzeitig vorhande-
nen Lungentuberkulose hat. Schon geringe Anstren-
gungen pflegen Herzklopfen zu verursachen. Die
Respiration ist beim Beginne der Krankheil ungestört,
wird aber im weitern Verlaufe derselben frequeuler,
seicht, beschwerlich ; die Kr. neigen sehr zu Katar-
rhen der Respiralionsorgane. Wie schon erwälint
wurde, kommen Uieruskrankheiten und Lungen-
schwindsucht gern gleichzeitig vor.
6) Locale Symptome. Der Congeslionszustand
der Vagina verursacht vermehrte Wärme und Rothe
dieses Theiles; die Schleimhaut ist theils trocken,
iheils reichlich mit Schleim bedeckt. Bei acuter
EntzOnduog der Scheide ist die Sehleimhaut derselben
äusserst empfindlich gegen Berührung, sehr heiss,
geschwollen, sammetartig; der eingebrachte Finger
lahlt die PulsatioB der Arterien; die Secretion ist
dUnnflassig , eitrig. Ist die Vulva gleichzeitig ent-
zündet, so ist sie ebenfalls geschwollen, heiss, sehr
empfindlich, heftig juckend, auffallend übel riechend;
die Schleimdrüsen sondern einen scharfen Schleim
ab, der leicht Excorialiouen bewirkt. Bisweilen ist
nicht die ganze Vagina , sondern nur ein Theil der-
selben entzündet; ist diess hinsichtlich des ohern der
Fall , so pflanzt sich die Entzündung gern auf den
Vaginaltheil des Uterus fort , welcher dann stark ge-
rö,thet erscheinL Bei chronischer Entzündung bietet
die Schleimhaut je nach der Dauer und Intensität der
Krankheit und je nach der Constitution der Patientin
ein sehr verschiedenes Ansehen und Beschaflen-
heit dar.
Bei acuter Entzündung der Gebärmutter wird die-
tea Organ entweder in seiner natürlichen oder in
einer abweichende» Lage getroffen; es ist sehr heiss,
äusserst empfindlich bei Berührung, geschwollen;
mau fühlt doutlieh Pulsation. Je nachdem der eine
oder andere Tberi vorzugsweise ergriffen ist variiren
die ErsAh^iiiungeiL l^w Hottermundslippen zeigen
sadi vergrösaert, sind glaU, der Muttermund ist von
natürlicher BescMTenbeit oder verengert» die ihn be-
greoMnde Schleimhaut et scbeiat raub , uM er pflegt
imxä eiwewiaytigeM; ScMeun vetAlopft %vk sein. Bei
chronischer Eitaanduiig eraclMint die Gebirautter
nicht heiaeer, aber empfiniilicber als im normalen
Zustande, dabei feat, hart, »nab^n, gew<(balieh
nmfangreicher ; sabr häufig findet sich Retroversion,
doch kommen auch andere Lagenabweiehuagen vor,
gewiVhnlich bat sie einen sehr tiefen Stand» Die
Hutteruundslippen erseheinen glatt, rund, etwas
vergrOssert, der Multermund zeigt sieh deshatb klein;
der Mutterhals ist verlängert, die Arterien in ihm pul-
siren deutlieh , aber weniger stark , als bei der acu-
ten Entzündung. Durch das Speculum bemerkt man
zuweilen eine Vergritoserung der Drüsen der die Lip-
pen deckenden Sehleimkaut, welche dann als kleine,
runde, rothe Kügelchen erscheinen ; Vf. fand bis jetst
nie von EpitJielium enlblOsste Steilen.
Der Zustand, in welchem sich die Gehärmntter
nach einer Entbindung befindet, hängt hauptsächhch
von der Zeit ab, die seit jener verstrichen ist, wird
aber auch durch intercurrirende entzündliche Zustände
und deren Folgen bedingt. Gleich nach einem Abor-
tus oder einer rechtzeitigen, von bedeutendem Hämor-
rhagien begleiteten Gebort , findet man den Uterus
gross, weich und schlaff, den Muttermund weit offen;
Bitze der mit dem Finger erreichbaren Tbeile und
Pulsation der Arterien in denselben nimmt man nicht
wahr. Stellt man die Untersuchung an einer bei der
Geburt Gestorbenen an , so findet man die Muskeln
der Gebärmutter in hohem Grade entwickelt. Tritt
nach der Entbindung ein gelinder Grad von Entzün-
dung ein, so findet man eine noch beträchtlichere Ver-
grösserung des Organs, den Muttermund rundlich
geöffnet ; das ganze Organ bietet dem untersuchenden
Finger das Gefühl einer leeren Gummiflasche mit dik-
ken Wandungen dar ; die natürliche Wärme des Or-
gans ist etwas vermehrt , und es wird leichte Pulsa-
tion in den Arterien wahrgenommen. Der Uterus
steht tief und pflegt retroflectirt zu sein , die Mutter-
mundstippen sind sehr geröthel, Abrasion der Schleim-
haut beobachtete Vf. nie. Die Entzündung braucht
nicht das ganze Organ ergriffen zu haben , sie kann
sich auf einzelne Stellen beschränken ; hat sie ihren
Sitz im Fundus, so ist der Cervicaltheil verhältniss-
mässig klein und nicht eropündlich gegen Druck, hat
sie dagegen ihren Sitz im Cervix, so finden sich die
Lippen geröthel, geschwollen, schmerzhaft und beu-
gen sich nach aussen um , während der Muttermund
mit eiweissartigem Schleim gefüllt erscheint. Auch
in diesem Falle beobachtete Vf. keine UIcerationen.
Sollte nur die eine Hälfte des Gervicaltheils sich in
einem entzündlichen Zustande befinden, so bekommt
der Muttermund ein halbmondförmiges Ansehen.
In Folge der ungewöhnlichen Entwicklung seiner '
natürlichen Gewebe, in Folge des vermehrten Blot-
zuflusses und der sich öfter wiederholenden entzünd-
lichen Zustände erfährt der Uterus nacii der Geburt
mannigfache Veränderungen. fXer Fundus nimmt nn-
regelmässig an Uniang zu und bietet dem unlersu-
chen4an Finger das GefOiii einer fibrösen Härte; die
unfegalmäsaigea harten Stehen sind rund, und yUit
320
V. GynXkelogie u. PidiatriL
Qod unterscheiden sich dadurch von Krebs ; schwie-
riger ist es, diese nicht krankhafte Beschaffenheit der
Gebarmutier von sogenannten gutartigen Gescbwtllslen
derselben zu unterscheiden. Besonders die Mutter-
mundsiippen bieten nach Geburten sehr verschieden-
artige Erscheinungen dar ; ebenso verschieden ist die
Gestalt des Muttermundes , was zum Theil auf Rech-
nung der bei der Geburt vorkommenden Einrisse zu
bringen ist. Bisweilen findet man längere Zeit nach
der Geburt leichte Ulcerationen am Muttermunde.
Werfen wir einen Blick auf das bisher Gesagte
zurück, u. betrachten wir die verschiedenen Erschei-
nungen in ihrer Aufeinanderfolge , so lassen sie sich
leicht erklaren. Die Existenz eines Uterusleiden offen-
bart sich zuerst durch Schmerzen in den Seiten des
Abdomen und der Lumbargegend, oder in der Sacral-
gegend und den Schenkeln. Ist die Krankheil von
geringer Intensilät und erst kurzer Dauer, so kann
es sein , dass die Schmerzen nur an den Endigungen
einiger Nerven empfunden werden , die mit dem er-
krankten Theile in Verbindung stehen; isl die Erkran-
kung eine bedeutendere, so werden die Schmerzen
im ganzen Verlaufe aller der Nerven wahrgenommen,
die von dem Theile des Rückenmarks entspringen, von
welchem aus Zweige zum Uterus gehen. Es isl nicht
unwahrscheinlich, dass der eben bezeichnete Theil
des Rückenmarks selbst eine Veränderung erleidet, u.
dass von ihm aus das ganze Rückenmark in einen
Zustand der Irritation versetzt wird. Und in der
Thal pflegt sich gleich beim Beginne einer Erkran-
kung der Gebanuuuer eine allgemeine Irrilabiliiäl zu
zeigen, wie diess die gestörle Nachtruhe, der Kopf-
schmerz und die grosse Malligkeil beweisen. Die
Störungen im Digestionsapparate lassen sich nach der-
selben Weise erklären, d. h. sie entstehen durch Ner-
venreflexy nicht so die Veränderungen im Circulalions-
und Respirationssysteme ; denn hier findet ein Ner-
venzusammenhang nicht Stall. Den zuerst erwähn-
ten Symptomen folgen allmälig eine Reihe anderer:
1) allgemeine Irritation des Nervensystems, verur-
sacht durch den fortwährenden Schmerz im Rücken,
in den Seiten des Unterleibes u. s. w., welche Schmer-
zen beim Eintritt der Menstruation im verstärkten
Maasse aufzutreten pflegen; 2) die den Nervencen-
tren durch Vermittlung der Rückenmarksnerven mit-
gelheilte Irritation ; 3) die Polgen der Schlaflosigkeit
und der beunruhigenden Träume ; 4) der Mangel der
hinreichenden Ernährung wegen der Appetitlosigkeit;
5) die unzureichende Ernährung in Folge der gestör-
ten Verdauung ; 6) der Blutverlust durch die zu oft
wiederkehrende oder zu reichlich fliessende Men-
struation erzeugt ; 7) der anämische Zustand als Folge
davon. 8) Nicht selten kommen Kummer und Angst
dazu. 9) Nur zu oft sind die körperlichen Anstren-
gungen zu gross, um ungestraft ertragen zu werden.
10) Grossen Einfluss übt die Lebensweise der Kr.
auf den Verlauf der Krankheit, und 11) die bei einer
eintretenden Entbindung vorkommende Angst, Scbroer-
«en» fieberhafte Bewegungen, Blutverluste, Störun-
gen der Circulation in den Beckenorgaoen a. s. w.
Alle diese Umstände rufen in verschiedenen iDdindoci
sehr verschiedene Erscheinungen hervor. Nach Be-
seitigung des Uterinleidens kann eine Erkrankung da
Allgemeinbefindens noch zurOckbleiben und eise spc-
cielle Behandlung erfordern.
Kommen Ulcerationen des Uterus häufig vmr\
Nachdem sich Vf. darüber verbreitet hat, in wieweit dci
Allen die Krankh. der Gebärmutter bekannt waren, lässt
er es sich angelegen sein, mehreren Ansichten u. Be-
hauptungen von Bennet entgegenzutreten. Weii
dieser sagt: „Anstalt die Abrasionen, Excorialionea
u. wuchernden Ulcerationen als verschiedene Kraok-
heitsformen zu beschreiben (was sie nicht sind) habe
ich sie alle unter dem Namen Ulcerationen zusao-
mengefassl", so scheint er ausser Acht gelassen xa
haben , dass der Process , durch welchen ein TM
des Epitheliums von einer entzündeten Schleimhait
sich trennt, und eine Abrasion erzeugt, wesentlich
verschieden von dem ist, der eine Continuitaislrei-
nung desselben Theiies, oder eine Ulceration erzeugt.
Bei erslerm erhebt sich zuerst das Epithelium durch
den Austritt von Serum unterhalb desselben , u. daaa
reisst es, während bei den Ulcerationen ein Process
von Molecular- Gangrän existirt, der eine th eilweise
Zerstörung der Membran bedingt. Diese beiden Pro- 1
cesse mit demselben Ausdrucke zu bezeichnen, ist
irralionell. Abrasion u. Excoriation sind gewOhnlid
Begleiter von Entzündung , und verlangen eine anti-
phlogistische Behandlung, oder sie kommen mit Blnt-
erkrankungen und Exanthemen vor und verscliwinda
mil diesen. Ulceration dagegen zeigt von einer ht-
Irächtlichern Störung der Circulation und Nutritios
des befallenen Theils; entweder finden sich vergrOf-
serte und obliterirle Venen, Blutstockungen, lod
schlüssli^h entsteht Ulceration durch Molekular-€as-
grän , ähnlich wie an varikösen Venen der Schenkel
öder die Ulceration ist die Folge von wiederholla
entzündlichen Afleclionen des Multerhalses , der aa
Volumen zunimmt und wesentliche Nutrilionsäiie-
rungen erleidet. Was auch immer ihre Ursache sein
möge, sie verlangen eine ganz andere Rehandloag als
die Abrasionen und Excorialionen, sie sind durch rei-
zende und atzende locale Mittel zu behandeln, if(K
mit ein passendes allgemeines Heilverfahren Hand im
Hand gehen muss. Schliesst man die einen syphn
lilischen, tuberkulösen oder andern specifischen Cha-
rakter zeigenden Ulcerationen hier aus, so findet
man die hier in Rede stehenden nur hei Frauen, #c
geboren haben, obgleich Bennet sie auch bei Jm^
frauen, ja sogar Kindern gefunden haben will,
iL
i, wekJ
Therapie. Weder Diejenigen haben Recht,
die Gebärmutterkrankh. ausschliesslich, od. doch ver-
zugsweise örtl. behandelt wissen wollen, noch Diejca»-
gen, welche eine blosgeg. das Allgemeinbefinden gerkla-
tete Kurmethode einschlagen; das Wahre liegt ■
der Mitte. Die verschiedenen FanctaonstlOrangei
werden zwar in vielen Fällen luerat durch ein Loeil-
y. «yrnkologia «. Pldiatofk.
SSt
hüien am (Hera« ^bedingt, «itanfiien aber bei iMgem
Bestehen eine solche SelbstsISndigkeit, dass durch sie
wiederum das Localleideo erhalten wird , nnd beide
müssen daher pari passu behandelt werden , ehe an
eine wirkliche Beseitigung des Ortlichen Uebels zu
denken ist. Nur bei erst neu entslandenen Gebärmutter-
leiden und bei (Ibrigens gesunden Individuen kann
eine rein Örtliche Behandlung genügen. Der wich-
tigste Punkt in der Behandlung ist im Allgemeinen
die Beseitigung der Functionsstörungen in den ver-
schiedenen Orgauen, um diese dadurch wieder in
den Stand zu setzen , ihre Functionen gehörig zu er-
füllen, wodurch aHein ein allgemeines Wohlbefinden
herbeigeführt werden kann.
Die allgemeine Schwäche, die Schlaflosigkeit,
die weiche, feuchte Haut und der ruhige Puls Hessen
es lange Zeit verkennen , dass ein entzündlicher Zu-
stand zu Grunde liegt, und es wurde deshalb zu to-
nischen Mitteln, Eisenpräparaten und Leibesübungen
gerathen. Da, wo das Gebärmutterleiden Folge einer
erst kürzlich überstandenen , von vielem Blutverluste
begleiteten Geburt ist, da wo es einen sehr chroni-
schen Verlauf hat und nicht einen beträchtlichen Grad
erreichte, dort kann das genannte Heilverfahren sich
wohlthuend erweisen, wogegen es in acutem Fällen
von grossem Nachtheil sein wird. Als allgemeine
Regel ist festzustellen, dass, trotz der anscheinenden
Schwäche, des Heilverfahren von Anfang an ein leicht
antiphlogistisches sein muss, dass aber gegen das
Ende der Kur reizende und tonische Mittel in Anwen-
dung zu bringen sind. Der Grad der Ruhe oder KOr-
perUbungen, welcher anzurathen ist, lässt sich im
Allgemeinen nicht bestimmen ; bei schwerer Erkran-
kung der Gebärmutter wird die Kr. in der Rücken-
oder Seilenrlage mit herangezogenen Schenkeln die
grOsste Erleichterung*^nden , bei Leiden der Scheide
wird sie eine sitzende Stellung, auf einem harten Ge-
genstande, mit vorn ttbergebeugtem Oberkörper wählen,
bei grosser nervOser Aufregung wird man ein rastlo-
ses Umhergehen beobachten , und es ist nicht gera-
then , die Kr. von einer selbstgewählten Haltung zu-
rückzuhalten. In leichtern Fallen ist eine massige,
nicht anstrengende, mit leichter Beschäftigung ver-
bundene Bewegung räthlich ; bei dem geringsten Ge-
fühl der Ermüdung mag sich die Kr. durch ein kür-
zeres oder längeres Liegen wieder stärken.
Ein besonderes Augenmerk ist auf das Nerven-
system zu richten ; deshalb sind Gemüthsbewegungen
jeder Art auf das Sorgfältigste zu vermeiden. Die
Anwendung narkotischer Mittel ist zur Beruhigung des
erregten Nervensystems , zur Linderung der Schmer-
aen vnd zur Hervormfung von Schlaf von äusserster
Wichtigkeit. Es empfehlen sich hier besonders Bel-
ladonna, Bilsenkraut, Schierling und vor Allen Can-
nabis indica, welche die heftigsten, durch Krankheiten
dee Uterus bedingten Schmerzen schneH mässigt,
ipvVhrend sie gegen Schmerzen , durch eine Affection
der Muttereoheide hervorgerufen, nichts leistet. Die
Anwendwigsweise der genannten Mittel ist theils eine
innere, theils eine äussere, in Form der Pflaster,
Salben und Iiijectionen in Scheide oder Mastdarm.
Opium ist nur in einzelnen Fällen anwendbar.
Von grossem Nutzen ist oft eine Veränderung der
Lult, sei diess nur, indem eine andere Luft eingeath-
mel wird, sei es, indem der Wechsel des Ortes das
Gemüth erfreut, oder sei es, indem dadurch eine Ver-
änderung in dem Digestionsapparate herbeigeführt
wird. Wo der übrige Zustand der Kr. es gestattet,
da ist der Aufenthalt an der See besonders empfeh-
lenswerth ; er soll von besonders heilsamen Einfluss
auf den Schlaf sein. Uebrigens ist zu bemerken,
dass die erwähnten Veränderungen der Luft weniger
am Anfange, als vielmehr gegen das Ende der Kur
von gutem Erfolge sind. Von unverkennbarem Nuz-
zen sind in vielen Fällen Waschungen mit Seewas-
ser, Sitz- und ganze Bäder in der See.
(Sickel.)
525. Fu&cUoiieUe Kiankheiteni der Oebär-
matter; von Snow Beck. (Lond. Journ. May.
1851.)
Um unnöthige Wiederholungen zu vermeiden, de-
ren sich Vf. selbst dadurch schuldig machte , dass er
Vieles, was er bereits in seiner Arbeit über Anatomie,
Physiologie und Pathologie des Uterus gesagt hat, hier
wiederbringt, verweisen wir auf die ebenerwähnte
Arbeit (Jabrbb. LXXIU. 66 ttnd den vorhergehenden
Aufsatz) und geben hier nsr das dort nicht Bettthrte
wieder. .
Die Diagnose, welche, bevor man eine Kr. einer
örtlichen Untersuchung aussetzen darf, mit einer ge-
wissen Genauigkeit festgestellt sein muss, hat die
Uterinkrankheiten hauptsächlich von folgenden Zustän-
den zu unterscheiden.
1) Anämie. Der Gedanke an diese Krankheit
wird erweckt durch allgemeine Schwäche, Unfähig-
keit zu jeder Anstrengung mit darauf folgenden
Schweissen, Klingen vor den Ohren, Herzklopfen,
Niedergeschlagenheit, nervöse Reizbarkeit, Unregel-
mässigkeit und blasse Farbe der Katamenien. Dage-
gen aber sprechen die Gesichtsfarbe , die Rölhe der
Lippen und Mundschleimhaut, der Charakter des Pul-
ses, Abwesenheit der venösen und arteriellen Geräu-
sche, während der Kopfschmerz, die schlaflosen
durch ängstliche Träume gestörten Nächte, die Schmer-
zen im Rücken, Unterleib und Schenkeln, und beson-
ders der heftige, die Katamenien begleitende Schmerz,
so wie der gelbliche Scheidenabgang den Uterus mit
ziemlicher Sicherheit als das hauptsächlich ergriffene
Organ bezeichnen. Es ist oft schwer die zu Anämie
und die zur Uterinkrankheit gehörigen Symptome
scharf von einander zu trennen , da beide Zustände
nicht selten in ein und demselben Individuum zusam-
mentreffen, u.'es werden daher in den Handbüchern
41
322
V. Gynxkologie u. Pidiatrik.
die dem einen oder dem andern Leiden angehOrigen
Erscheinungen httafig mit einander verwechselt.
2) Rheumatismus, Hier bietet die Diagnose oft
grosse Schwierigkeiten, da der äussere Anblick der
Kr., der Zustand der Verdauung, die Farbe und Nie-
derschläge des Urins, so wie der Sitz der Schmerzen
leicht missleilen können , denn die eine Uterinkrank-
heit begleitenden Schmerzen haben ihren Sitz in den
zu den Muskeln des Rückens , des Bauches und der
untern Eilremitäten führenden Nerven und kOnnen
daher leicht mit in den Muskeln selbst sitzenden
Schmerzen verwechselt werden , besonders da sie bei
Zusammenziehungen der Muskeln an Heftigkeit zuneh-
men. Aber die genauere Betrachtung des Sitzes der
Schmerzen, der Verlauf derselben, die Zunahme wäh-
rend der Katamenien, der Zustand des Uterus, das all-
gemeine Leiden des Nervensystems, verbunden mit
einer sorgfältigen Anamnese, werden doch in den
meisten Fällen eine richtige Diagnose zulassen.
3) Ferdauungsstörungen, Hier wird die Erkennt-
niss oft schwierig bei hartnäckiger Verstopfung und
heftigem Schmerz im Vorderkopf als Folge dA*selben,
da bei gleichem Ursprung der betreffenden Nerven die
Reflexerscheinungen vom Darmkanal leicht mit denen
vom Uterus nahe zusammenfallen können. Doch
wird eine genaue Erwägung des Vorausgegangenen
und der vorhandenen Erscheinungen in der Regel eine
bestimmte Diagnose erlauben.
l) Nierenkrankheiten, Im Ganzen können Uterin-
krankheiten wohl nicht leicht für Nierenkrankheiten
angesehen werden. Am Leichtesten dürfte diess
noch der Fall mit Pyelitis sein. Vf. sah in einem
solchen Falle Schmerz in der Nierengegend auf einer
Seite, bei Druck zunehmend, Schmerzen, die in der
Gegend des Harnleiters herabzusteigen schienen ; da-
bei war der Urin sauer, enthielt Eiterkügelchen und
Eiweiss. Bei genauerer Untersuchung fand sich aber
der Schmerz nicht genau in der Nierengegend und
mehr oberflächlich, als er bei einer Nierenaffection hätte
sein müssen, wurde auch beim Druck auf die Nieren-
gegend von hinten her nicht empfunden ; der Sitz des
Schmerzes im Laufe des Ureters war in den Bauch-
wandungen befindlich, und die Beimischung von Blut,
Eiter und Eiweiss zum Urin hing von den Katamenien
und einem eitrigen Scheidenabgange ab, so dass
sich das Leiden als Uterinkrankheit mit Sicherheit
kundgab.
Hierzu bemerkt Vf., dass bei Uterinkrankheiten
häufig Schmerzerscheinungen vorkommen, die fiilsch-
licherweise als Symptom von OvarienentzUndung ge-
nommen werden. Der Schmerz kommt aber von der
Lumbargegend her, wird in den Abdominalmuskeln
empfunden und schon durch einen Druck vermehrt,
der auf das tiefliegende Ovirium noch gar keine Ein-
wirkung äussert, wobei gelegentliche Muskelzusam-
menziehung den Schein von Anschwellung täuschend
nachahmen kann. Ein solcher Schmerz ist oft bei
-**^»»terer Berührung sehr intensiv, Während er bei
heftigerm und tieferm Druck , wie bei Nettralgien ge-
wöhnlich , abnimmt , zum sichern Zeichen , dass dai
Ovarium der Sitz des Uebels nicht ist
Behandlung, In den meisten Fällen genOgi eil
mildes antiphlogistisches Verfahren, um das Ortlicke
Uebei und die von ihm allein abhängigen allgemeines
Erscheinungen, wie allgemeine Depression, Abmage-
rung, Störungen des Nervensystems und der Ver-
dauung u. s. w. zu beseitigen; in manchen F^iltM
aber hat die Krankheit so lange nachtheilig auf det
Organismus eingewirkt, dass die hierdurch hervor-
gebrachte functionelle Veränderung des Nervensystem
das ursächliche örtliche Uterinleiden überdauert. Bier
sind leichte Narcotica , Tonica und BerücksichtigiBf
des Gemüthszustandes der Kr. am Platze. Schwierig
sind solche Fälle, bei denen sich ein anämischer Zo-
stand des Gesammtorganismus zu der örtlichen Eat-
zündung des Uterus hinzugesellt, indem die fOr das
eine nützlichen deprimirenden Mittel durch die Aal-
mie; die für letztere dienlichen Eisenmittel dagegai
durch die örtliche Entzündung contraindicirt werden.
In den meisten derartigen Fällen ist ein Ortliches Ver-
fahren gar nicht erforderlich, vielmehr reichen in der
Regel leichte Narcotica mit blue pills, Alkaliei
mit Blausäure in einem bittern Infusum hin , wen
Ruhe und gelegentlich warme Halbbäder anzuwendea
sind. Oft sind selbst Waschungen Uberflassig a. bei
Jungfrauen sogar zu widerralhen. Ein Paar Blutegel
an das Perinäum, darauf ein warmes Ualbbad slni
ferner oft sehr dienlich nach den Katamenien, una die
im Uterus und Scheide zurückbleibende, die Erschei-
nungen der chronischen Entzündung steigernde Con-
gestion zu heben.
Verwerflich ist die Behau dlungs weise, nach wel-
cher Stimulantia gegeben werden , um die Henslroi-
tion hervorzurufen und zugleich Narcotica, um die
Schmerzen zu vermindern. Zwar tritt hierbei Öfters
vorübergehende Erleichterung ein, aber die gntea
Folgen schwinden bald und das Uebel bleibt in dem-
selben Grade sieben. Ebenso warnt Vf. vor der Be-
handlung der gerötheten Schleimhaut der Mutter-
mundslippen mit Höllenstein, indem man dieselbe
fälschlich für ein Geschwür hält, sieht sich aber aus-
ser Stande, im gegenwärtigen Aufsatze ausfÜhrUcher
auf diesen Punkt einzugehen. (S i c k e I.)
526. Zur Physiologie mid Patbologie d«
lenstmation ; von Hannover in Copenhagen,
übersetzt von B. Hansen. (Lond. Gaz. Oct. — Dec.
1851.)
Wir heben aus dem längern , grösstentheiis mir
Bekanntes enthaltenden Aufsatze die BeobachtUDgca
hervor, welche Vf. an 55 Individuen über den En-
fluss verschiedener Krankheiten und Arzneimittel auf
die Menstruation angestellt hat. 22mal blieb die
Menstruation ganz ungestört, 4mal wurde der Blot-
ausfluss stärker, dmal achwacher, 9mal hatte er eine
kürzere Dauer, war aber sonst unverändert, 2oial
V. Gynxkologie u. Pädiatrik.
323
^war er vod karzerer Dauer u. zugleich stärker » Sinai
kürzere Zeit dauernd und schwächer, Imal stärker
und länger anhaltend, 6mal unregelmässig, so dass
er aussetzte und wieder eintrat, 5mal blieb der
schon frttber unregelmässige Verlauf der Menstruation
unverändert.
Die Menstruation blieb ungestört :
bei Bheumatismus ' 2mal
„ Bronchitis u. Pneumonie 3 „
, Hämatemesis 2 „
„ Chlorose 2 .
„ Spinalirritation 3 „
t, Hysterie u. Gardialgie 6 «
j, chronischem Rheumatismus 5 .
sie erlitt Störungen
3mal
1»
1»
3„
3.
3„
3.
Die folgende Tabelle zeigt den EinHuss Terschiedener Arzneimittel auf die Menstruation.
Angewandte Arzneimittel.
Der Blut-
ausfluss
blieb unver-
ändert.
D. Blulaus-
nuss wurde
kurzer,
schwächer
u. un regel-
mässiger.
D. Blutfluss
wurde stär-
ker u. dau-
erte länger.
D. Blutfluss
wurde stär-
ker u. dau-
erte kürzere
Zeit.
Narcptica (Opinm, Straroonium, Hyoscyamus)
2
3
1
_
Valeriana (Infus., Zinc. val,, Inf. tonico nerv.)
3
3
—
—
Camphora
2
1
—
—
China (Dec. chin. acid., Elix. robor., Chio. sulph.)
4
2
—
1
Ferrum (F. subcarb., tinct. f. pom., Fcrr. mar.)
3
4
—
—
Ac. sulphur. (EI. acid. Hall.) *
2
4
—
— *.
Eliz. aromat. acidum
—
—
1
1
Tartarus stibiatus
2
2
—
—
Asa foetida
1
2
2
— "
Laxantia varia
2
1
—
—
Vesicatorium
1
1
1
—
Cucurbitae cruentae, Venaesectio
—
2
—
—
Balneum tepidum v. russicum
1
/ 6
—
—
Den grössten Einfluss üble hiernach das laue und
russische Bad, indem dadurch 6mal die Menstrua-
tion abgekürzt wurde ; man hätte wohl eher das Ge-
gentheil erwarten sollen , nämlich eine in Folge der
Wärme entstehende Steigerung der Menstruation ; es
ist möglich, dass dieser Erfolg der durch das Bad
verursachten grössern Neigung zur Erkältung zuzu-
schreiben ist. Ebenso beobachtete Vf. im Hospitale,
dass bei Frauen, denen während der Menstruation
weisse, vielleicht nicht völlig trockne Leibwäsche
u. ßetttflcher gereicht wurden, der Blutfluss aufhörte.
Es giebt acute und chronische Krankheilen , auf
welche der Eintritt der Menstruation, möge dieser
nun zu Anfange der Krankheit oder im Verlaufe der-
selben sich ereignen, nicht den geringsten Einfluss
zu üben scheint , es giebt auf der andern Seite aber
auch welche , auf die der Wiedereintritt der Regeln
einen sichtlich guten Erfolg übt. Es fragt sich nun,
ob diese Besserung auf Rechnung der periodischen
Reifung eines Eies oder des Blutverlustes zu bringen
ist. Wenn z. B. eine Frau an acuter oder chroni-
scher Erkrankung des Unterleibes, besonders der Ge-
nitalien leidet, so werden die Anfälle durch, od. nach
dem Eintreten der Menstruation gelinder ; fand dage-
gen bei heftigem Kopfweh eine Erleichterung beim
Eintritt der Menses Statt, so wird es sich immer fra-
gen , ob Nasenbluten nicht denselben Erfolg gehabt
haben würde. Wir befinden uns in derselben Unge-
wissbeit, wenn die Menstruation wegbleibt zu dersel-
ben Zeit, wo eine Krankheit entsteht; eine Erkältung
kann eine Unterdrückung der Menstruation bewirken,
sie kann aber auch eine Pneumonie hervorrufen.
Unter solchen Verhältnissen ist es schwierig zu sagen,
ob dieselbe Ursache beides bewirkt hat , oder ob die
Zurückdrängung einer gewohnten Secretion die Lun-
genaffection erzeugte. Dasselbe ist der Fall mit ner-
vösen und congestiven Zuständen nach Amenorrhoe
und mit Phthisis nach dem Wegbleiben der Menstrua-
tion; ist hier die gestörte Periodicität der Ovarien
oder das Wegbleiben des Blutflusses die Ursache?
könnten nicht dieselben Symptome nach dem Aufhö-
ren anderer gewohnter Blutentleerungen, z. B. hämor-
rhoidalischer , zum Vorschein kommen ? Ebenso un-
genügend sind unsere Erfahrungen in Bezug auf die
Fälle, wo eine Blutung aus einem andern Organe die
Menstruation verdrängt ; ein Aderlass vor oder wäh-
rend der Menstruation kann das Aufhören dieser be-
wirken oder den Blutfluss weniger stark machen, aber
NFchls deutet darauf hin , dass zu derselben Zeit die
Function der Ovarien eine Beeinträchtigung erfahrt.
— Es geht wohl aus alledem deutlich hervor , dass
der Blutausfluss bei der Menstruation nur von unter-
geordneter Bedeutung ist.
Dass Seeale cornutum und Sabina einen directen
Einfluss auf die Gebärmutter üben, ist wohl mit
Sicherheil anzunehmen; aber es ist nicht bekannt,
324
V. Qynilkologie u. PftdiAlrik.
dass die genanaten Mittel auch auf die Ovarien , noch
viel weniger auf die periodische Reifung der Eier wir-
ken. Auch bei den Störungen , die die Menstruation
durch Krankheiten erfährt, bleiben wir ungewiss, ob
sich dieselben auf die Blutsecretion beschranken , od.
ob sie das Ovarium selbst betreffen; ohne Zweifel
muss das erstere angenommen werden.
Nach seinen Erfahrungen ist Vf. überzeugt, dass
nichts den Gebrauch , was immer fttr einer Arznei,
während der Menstruation verbietet, selbst nicht,
wenn der Blutausfluss eine Störung dadurch erleiden
sollte ; die einzigen Mittel , die hier vietteicht aus-
zunehmen wären, sind die Bäder. Ghristensen
lässt bei entzündlichen Zuständen der Vaginalschleim-
haut täglich 3 bis 4mal Injectionen vonEichenrinden-
Decoct mit Alaun machen , gleichviel , ob die Men-
struation zugegen ist, oder nicht , und er versichert,
nie Nachtheile beobachtet zu haben.
(Sickel.)
527. neber Anästbesie und Hyperästhesie
bei hysterischen Frandn; von v. Szokaisky.
(Prag. Vjhrschr. 4. 1851.)
Nachdem zuerst Gendrin darauf aufmerksam
gemacht hat, das« nach jedem hysterischen Anfalle
eine allgemeine oder partielle Unempfindlichkeit der
Haut eintritt, haben Simon, Henrot und Vf. die-
selbe Beobachtung gemacht; letzterer traf bei 17 Hy-
sterischen, die er seit jener Zeit behandelte, stets
Aästhesie an, und theilt einen der am deutlichsten
ausgesprochenen Fälle hier ausführlich mit.
Man beobachtet die hysterische Anästhesie am
häufigsten in der Haut und in den Muskeln , dann in
den Schleimhäuten und am seltensten in den hohem
Sinnesorganen. Unter den erwähnten 17 Fällen fand
Vf. 5mal eine Abstumpfung der Empfindlichkeit in der
ganzen Haut. Ist die Anästhesie partiell, so findet
man sie am häufigsten auf der äussern Fläche der Ex-
tremitäten, auf der DorsalQäche der Hände u. Füsse,
und in der Gegend des äussern Knöchels. Sind die
hysterischen Anfälle sehr schwach , so tritt meistens
die Anästhesie nur auf der Dorsalfläche der Hände u.
der äussern Seite des Vorderarmes auf, und zwar in
sehr schwachem Grade. Um sich vom Dasein der-
selben genau zu überzeugen» muss man der Kranken
die Augen zubinden, ihr die Hand auf den Tisch
legen und dieselbe zuerst mit dem Finger, dann mit
stumpfen und zuletzt mit spitzen Instrumenten berüh-
ren. Auch kann man sich desselben Mittels bedie-
nen, welches Weber zur genauen Bestimmung der
EmpfindiichkeiH der Haut angewendet hat (ein Stan-
genzirkel, dessen Spitzen mit Kork versehen sind).
Hat die Haut ihre tactile Empfindhchkeit verloren, so
unterscheidet sie auch nicht glatt und rauh, spitz u.
stumpf, ist aber noch immer empfindlich gegen kalt
und warm ; ist aber auch dieses Gefühl zu Grunde
gegangen , so kann die Kranke auch nass u. trocken
nicht mehr unterscheiden.
Die Anästhesie der Muskeln scheint
in den obern Extremitäten »ttliutretea, dann z«igt sm
sich in den untern und zuletzt in gaasen RumplL
Die Kranke verliert dabei die Empfintdong der Slelliu^
welche ihre Glieder in den Räume einaehneD. Pas-
sive Bewegungen der Finger, des Hand- und EUcih
bogengelenkes bleiben unbemerkt, so wie die des Fassu
und Unterschenkels; Bewegungen im Schotter- mi
Hüftgelenk werden nur in den höhern Graden der An-
ästhesie bewusstlos ausgeübt. Bei Anästhesie der
Gesichtsmuskeln leiden die mimischen Bewegungei
der Physiognomie in hohem Grade, u. die Bewegui-
gen der Gesichtszüge contrastiren oft auffallend mit
der Gemüthsstimmung. Bei der Anästhesie der Ge-
sichtsmuskeln und des 5. Nerven paares ist auch das
Gontractionsgefühl der Augenmuskeln deprimirt ; be-
steht dabei keine Anästhesie der Retina , so ist das
Sehvermögen insofern getrübt, dass sich die Irrthü-
mer einzig und allein auf das räumliche Verhaltnisi
des gesehenen Objects beziehen. Die Kranke int
sich in der Benrtbeilung der Htfhe nnd Tiefe, des
Senkrechten und« Wagreckten , der Entfernung u. der
absoluten Grösse der Gegenstände ; sie kann die Be-
wegung u. den Ruhestand überschätzen oder verken-
nen , sieht aber alles in der natürlichen Färbung oi4
Beleuchtung.
Nach der Anästhesie der Haut und Musleln ist
die der Bindehaut, der Mund- und Ifasenböble die
häufigste; oft bleibt dabei die specielle SensibiUtii
der Geruch- und Gescbmacksorgane unangetastet
Seltner findet man Anästhesie der Scheide mit voll-
kommener Unempfindlichkeit für Begattung; sie ist
gewöhnlich von Anästhesie der Harnorgane u. daraos
entstehender Urinverhaltung begleitet. Nicht selta
sind jedoch auch die Fälle, wo Anästhesie der Scheid
und Hyperästhesie der Harnorgane zugleich vorfcoa-
men. Unempfindlichkeit des Hastdarmes und Ver-
stopfung sind häufige Erscheinungen.
Unter den Anästhesien der Sinne können die der
Geruchs- und Geschmacksorgane am häufigsten vor;
niemals erscheinen sie ohne den Verlust der Uctilei
Empfindlichkeit. Eine vollkommene hysterische Ajbjb-
rose beobachtete Vf. nie; An^lyopien verschiedeier
Grade sind nicht selten, und werden gewöhnbd
durch amaurotische Skotome angekündigt, welche
sich nur auf den hellen und halberleucbtelen FJächea
erblicken lassen. Sie sind anfangs gelb, dann grfln,
blau und zuletzt schwarz; ist anstatt einzelner Wars-
chen die ganze Fläche der Netzhaut gleichmässig er-
griffen , so sehen die Kranken alle Gegenstände far-
big. Anstatt der Skotome und des farbigen Sehen
findet man in andern Fällen der hysterischen Anästhe-
sie der Retina die Abstumpfung der Empfindlichkeit
für das Licht, in deren Folge die Kranken nur bei
einer hellen Beleuchtung die Gegenstände erkennen;
in der Dämmerung sind sie beinahe völlig blind, h
noch andern Fällen verwechseln die Kranken die
Farben. Die Anästhesie der Gehdrorgane ist gewöhn-
lich unvollkommen. ^
V. QftakdkoffB %. Fi^btrik.
fiitten CrefNi8»tz zo cten bis jetzt bezf rochene«
ErscfaeiBungeii bildet die Hyperästhesie; dieEmpfiDd-
lichkeit der Htut wird krsDkhall vermehrt, so dass
die mindeste Bertthrang oft den heftigsten Schmerz
verursacht. Ist die Krankheit anfs Ht^chste gestio^
gen, so treten freiwillige Schmerzen auf, die man
zu der Kategorie der Neuralgien und Neurosen zu
zahlen pflegt. Die Hyperästhesie der Baut ist eben-
so häufig, als die Anästhesie derselben, ist aber nie-
mals , wie die letztere , allgemein , sondern tritt nur
stellenweise auf. Am häuflgslen trifft man sie auf
dem Rücken, in der Lendengegend, auf dem Unter-
leibe , auf der Brust , in den Brustwarzen , auf den
Schenkeln und auf den Schultern, seltner auf dem
Gesichte, dem Hafse und den Extremitäten. Die
Stelle, wo sie erscheint, hat in der Regel nur einige
Quadratzoll Ausdehnung. Die Hyperästhesie der
Kopfschwarte ist sehr häufig , so dass die mindeste
BerOhrung der Haare den heAigsten Schmerz verur-
sachen kann ; sie beschränkt sich meistens auf eine
kleine Stelle und lässt einen heftigen , klopfenden u.
bohrenden Schmerz empfinden, den man mit dem
Namen Gfavus hystericus belegt.
Hyparäsllietie der Schleimhäute kommt am hä»-
figsten in der Harnröhre und im Blasenhalse vor ; sie
lässl sich oH unmittelbar nach den Anfällen durch
den heftigen Drang zum Uriniren erkennen , seltner
wird sie chronisch. Hyperästhesie der Scheide ist
auch keine gar seltne Erscheinung und wird fast
immer von Exaltation des Geschlechtstriebes beglei-
tet. Bei Hyperästhesie des Schlundes u. der Speise-
röhre ist das Schlucken in hohem Grade erschwert;
die der Luftwege bedingt heftigen Krampfhusten. Un-
ter den Hyperästhesien der Sinne kommt am häufigsten
die des Gerochsorgans vor; Hyperästhesie der Retina
erkennt man an der Photophobie , der Persistenz der
LichteindrQcke , und in den hohern Graden an der
Photopsie. Das GehOr kann durch die Exaltation
seiner specifischen Nerven eine ausserordentliche
Schärfe erlangen.
Vf. kann sich mit D u b o i s (d'Amiens) nicht
einverstanden erklären, wenn dieser behauptet , dass
die Schmerzen, welche hysterische Frauen in dem
Zwischenräume der Anfälle erleiden, bei weitem Öfter
in den Gtiedern, als in den Eingeweiden vorkommen.
Die Gebärmutter ist die Stelle, wo sie am häofigsten
angetroffen werden , dann folgt der Magen. Hyper-
ästhesie des Herzens giebt sich durch schmerzhaf-
tes und nnregelmässiges Herzklopfen kund und ist bei
gleichzeitig vorhandener Chlorose besonders lästig.
Seltner kommt Hyperästhesie der Nieren vor; auch
die der Gelenke ist selten. Einige Male beobachtete
Vf. die Krankheit in Muskelpartien der untern Extre-
mitäten.
Die hysterischen Anßflle können je nach ihrem
Grade und Intensität bekanntlich auf verschiedene
Weise auftreten ; die wesentlichste Erscheinung einer
nolciien Krise ist das Gefühl von Beklemmung u. der
drttekenden Eineehnttrung im Halse, welches die Kr.
mit der Empfindung eines i» der Speiserohre stecke«
gebliebenen Bissens vergleichen. Isl der Anfall etWM
starker, so gesellen sich heftige Sclwierzen in dem
Gliedern und in Unterleibe hinzu, nebst dem Geftüile
filier aufsteigenden Kugel in der Brut. Die Goawl*
sionen der willkürlichen Muskeln bezeichnen einet
neeh stiirkem Gra*d des Anfalles , n. die Perturbatiea
der Geistesthätigkett findet nur dann St»kt, wein der
Anfall de» höchsten Grad seiner Inteifsiläl erreicht
Nach jeder Art dieser Krise ist die Anästhesie in
und die Hyperästhesie fast immer da. Nach eil
sehwachen Anfalle tritt die Anästhesie nur in schwer-
ehern Grade auf u. ist auf wenige Stelkn besehrtakt,
die Hyperästhesie fehlt gänzlich , oder ist nar unke^
deutend un<l rasch vorabergehend. Je Öfter u. sllr^
ker die Anfälle sind, desto deutlicher zeigen sieb auch
die Folgen , halten länger an und nehnaeii langsamer
wieder ab. Alle übrigen Sympterae der Hysterie»
wie die Schwäche , Nervenreizlrärkeit v. s, w. , hal^
ten mit der Anästhesie und Hyperlftsthesie gleichen
Sehritt. Ist die letztere aufs äossersle gesliegesy so
kann sie selbst wieder Anfillle hervorrufe». WeMl
eine oder die andere Art der Anästhesie oder Hyper*
llsftheste eh renisch geworden isl , so kann sie fort»
dmern selbst nach dem veUkommenen Aufhören der
Hysterie, und bHdeti dann eine besondere und selbst-
slitndige Neurose, deren Erkennlniss manchmal gresne
Schwierigkeiten darbietet. Die häufigste« unter sei**
eben Neurosen sind die Supraerbitalschmersen u. die
Neurosen des Magens.
Prognose. Nehmen die Anästhesie und Hyper-
ästhesie an Ausdehnung und Intensität ab, springen
sie von einem Organe auf das andere über u. erschei-
nen sie in mannigfaltigen Formen , so kann man auf
Abnahme der Krankheit schlicssen. Dauern sie da-
gegen in demselben Grade fort, so isl, selbst wenn
die Anfälle seltner und gelinder werden, an Besserung
nicht zu denken. Haben die Anfälle 4 bis 6 Monate
ausgesetzt, die Anästhesie oder Hyperästhesie bleibt
aber .unverändert, so ist ein Chronischwerden dieser
Zustände, also ein Uebergehen in scibstständige Neu-
rosen zu befürchten. Die Prognose dieser letztern
hängt von den ergriffenen Orgnnen und von der Stärke
des Leidens ab; eine völlige Genesung wird seilen
stattfinden.
Wenn sich durch das Krankcnexaroen nachweisen
lässt , dass die Hyperästhesie und Anästhesie mit hy-
sterischen Anfällen in Vcrhindting stehen, so ist die
Erkennlniss derselben im Allgomeinen leicht; dadiess
jedoch nicht immer mOglich isl, so kommen auch
leichl IrrlhUmer vor , hauptsächlich da , wo die An-
fälle sehr undeutlich sind und das Localleiden in den
chronischen Zustand übergegangen ist.
SlOrsngen in derThätigkeiides Bewegungsyslems,
die sieh durch Krampf und Lähmung kund geben, er-
scheinen ungleich seltner unter den Formen der perma-
nenten hysterischen Symptome. Die spasmodisefaei
Zttsammenziehungen der Muskeln , welche mai'^''""'**
3S6
V. Gynäkologie iL Pädiatrik.
Montte lang forldauern und oft plötzlich verschwin-
den, sind im Allgemeinen selten und beschränken
sich gewöhnlich auf kleine Huskelpartien. Unter den
Krämpfen sind die heftigsten die des M. siernoclei-
domastoideus ; manchmal beobachtet man Strabismus,
andere Male anhaltenden Trismus; auch klonische
Krämpfe kommen zur Beobachtung. Viel seit-
ner als Krampf findet man Lähmung der Bewegung;
am häufigsten erscheint sie in den untern Extremitä-
ten, wobei die Beugemuskeln vorzugsweise ergriffen
sind. Die Lähmung ist entweder vorübergehend,
oder dauert Monate und Jahre lang, hört langsam od,
plötzlich auf, und erscheint von Neuem an denselben,
oder an andern Stellen des Körpers. Sie ist stets
von Anästhesie begleitet und man Iriflt die beiden
Affectionen dann entweder in denselben, oder in ver-
schiedenen Organen an.
Nach dem bisher Gesagten wird sieb ergeben, 1)
dass die hysterischen Anfälle fortdauernde Folgen in
dem peripherischen Nervensysteme nach sich lassen ;
2) dass diese Folgen auf der Exaltation der nervösen
Thätigkeit einerseits und auf der Erschöpfung dersel-
ben andererseits beruhen; 3) dass sie in dem Em-
pfind ungssysteme weit häufiger, als in dem Bewe-
gnngssysteme auftreten. — Wenn wir annehmen,
dass das verlängerte Mark, dieser allgemeine Aus-
gangspunkt aller Empfindungs- u. Bewegungsnerven,
in der Hysterie vorzugsweise leide , so ist es nicht
schwer, alle bis jetzt erwähnten Krankheitssymptome
hinreichend zu erklären. Das verlängerte Mark bil-
det den Mittelpunkt zwischen der Gehimmasse, welche
den höhern Gcistesfunctionen vorsteht, und den pe-
ripherischen Empfindungs- und Bewegungsnerven.
Es ist von den vordem Bewegungs- und den hinlern
Empfindungsslrängen zusammengeselzt, u. es scheint,
dass diese letztem in der Hysterie vorzugsweise lei-
den , so dass ein hysterischer Anfall nichts anderes
ist, als ein vorttbcrgehendcr , gegen die hinlern
Stränge gerichteter Angriff, der sich auch den vor-
dem mitlheilcn kann, wenn er einen gewissen Grad
der Heftigkeit erreicht. Ist dieser Angriff gelind, so
hat er zur unniilleibaren Folge die anomale Empfin-
dung im Bereiche jener Nerven, welche von den hin-
tern Strängen des verlängerten Markes ihren Ursprung
nehmen, wie des N. vagus, glossopharyngeus und
trigeminus, daher das Gefühl der Beklemmung , des
aufsteigenden Kitzels von der Magengegend , der Ein-
schnürung im Halse, des Augenschwindels u. s. w.
Es sind nur die Folgen der Aufreizung der Gentral-
enden der respecliven Nervenzweige, welche sich von
einem Punkte auf einen andern benachbarten der
Marksubstanz Überträgt, so dass dabei die Schmerzen
von einem Gliede des Körpers auf das andere mit
Blitzesschnelle überspringen. Der vorübergehende
Angriff des verlängerten Markes , der einen solchen
Anfall zur Folge hat, muss natürlich eine fortdauernde
Erschöpfung einiger Nerventheile nach sich ziehen,
daher die allgemeine oder partielle Anästhesie ; sie
kann aber auch eine Aufreizung jener Theile und so-
gar die entzündliche Beaclion in denselben hervor-
rufen, woraus die Hyperästhesie entsteht Die Auf-
reizung des verlängerten Markes kann sich auch auf
die andern Gehirntheile reflectiren , daher jene ner-
vöse Ueberspannung der Gcistesfunctionen und jene
.Störungen der höhern Sinne.
Bei der anatomischen Beschaffenheit des verlän-
gerten Markes kann es nicht befremden, dass die Auf-
reizung seiner hintern Stränge sich so leicht auf die
vordem Bewegungsstränge fortpflanzt und Krämpfe
bewirkt. In ^en gelindem Graden bemerkt maa
diese in dem Bereiche jener Bewegungsnerven, wel-
che direct aus dem verlängerten Marke entspringeo,
wie der N. hypoglossus und accessorius Willisii. ht
die Aufregung heftiger, so werden die Gentralendea
der übrigen Bewegungsnerven stimulirt ; die Krämpfe
werden daher allgemein und springen von einer auf
die andere Muskelpartie über. Da die vordem Stränge
des verlängerten Markes nur mittelbar und nur in
stärkeren Graden der hysterischen Aufreizung aCQcirt
werden , so sind die auf das Bewegungssystem be-
züglichen forldauernden Folgen der Anfälle ioi Allge-
meinen seltner, als die des Empfindungssyslems.
Der forldauernde Krampf in den Zwischenzeiten der
AnHille ist ebenso wie die Hyperästhesie die Folge der
permanenten Aufreizung in den Gentralenden der an-
gegriffenen Nervenzweige, und die Lähmung die Folge
der Unterdrückung ihrer Functionen.
Die hysterischen Anßllle sind nicht nur ihrem
Grade, sondern auch ihrer Qualität nach sehr von
einander verschieden, weil sich die Aufreizung des
verlängerten Markes vorzugsweise auf diesen oder
jenen Theil des Nervensystems übertragen kann. Die
apoplekt. Formen d. AnHillesind nur als Rückwirkungen
der Blulbewegung auf die Gehirnmasse zu betrach-
ten , und die sogenannten Syncopai-Anf^lle , welche
von einer manchmal Tage lang dauernden Ohnmacht
begleitet werden, sind nur die Folgen einer allgemei-
nen Erschöpfung.
Ein einzelner Krampfanfall für sich macht die
Hysterie noch nicht aus, sondern eine Reihenfolge
derselben. Damit aber eine solche stattfinden kann,
sind 2 Bedingungen nothwendig, eine besondere
Disposition des Nervensystems und die periodisch
hinzutretende Aufreizung. Ist das Nervensystem so
gestimmt, dass die mindeste Aufreizung eine heftige
Gegenwirkung erregt , so kann seine Thätigkeit sehr
leicht in Unordnung gerathen. Die Exaltation der
Nerventhätigkeit wird durch die constitutionellen Ver-
hältnisse, durch die Lebensweise der Kranken und
durch sonstige ätiologische Momente hervorgerufen.
Hysterie kann auch bei Männern vorkommen, wird
jedoch fast ausschliesslich nur bei Frauen beobachtet,
nicht nur weil die ganze weibliche Organisation die-
ser Krankheit mehr entspricht , sondern daher , weil
das ganze Nervensystem unter dem zur Generalion
nolhwendigen Geschlechtstriebe zu einem weit höhe-
ren Grade der Empfindlichkeit gelangt. Da aber
dieser Trieb von dem cigenlhUmlichen Einflüsse der
V. Gynäkologie n. Pldiatrik.
327
GebXrmnUer abhXDgt, so spielt dieses Organ in der
Hysterie eine besondere Rolle.
Die einzelnen hysterischen AnHllle kOnnen ent-
weder durch heftige Geistesbewegungen , oder durch
somatische Reize erweckt werden ; deshalb ist auch
die Hyperästhesie im Stande, Anßllle hervorzurufen.
Diese Anfülle und die hyperästhesischen Schmerzen
können sich gegenseitig bedingen u. durch ihre ver-
derbliche Wechselwirkung die Functionen des verlän-
gerten Markes immer mehr untergraben. Unter den
Localleiden der Hyperästhesien sind die der Gebärmut-
ter besonders geeignet , die Anfalle hervorzurufen ;
dieser Umstand hat wahrscheinlich zu der Annahme
beigetragen» dass die Hysterie nichts anderes, als
eine Neurose der Gebärmutter sei. (S i c k e 1.)
528. AnwendnngderSerres-flnes bei Tor-
fall der Gebirmutter ; von n 6 1 a t o n. (Gaz. des
Höp. 22. 1852.)
Nach dem Vorgänge von D e s g r a n g e s hat Vf. bei eioem
an volIkommeDem Prolapus uteri leidenden lOjähr. Mädchen
die Serres-fines mit grossem Vorlheil angewendet. Bei einer
54jähr. Frau, die tfmal geboren hatte, wendete er kurzlich
dasselbe Mittel an ; mit Hülfe des Speculum wurden 9 starke
Serres-fines theils an die vordere, theiis an die hintere Wand
der 'Scheide angelegt , nachdem zovor der Uterus zurückge-
bracht worden war. Die Kranke konnte sogleich aufstehen
and empfand keinen Schmerz ; binnen 24 Stunden fielen die
. Serres-flnes ab y and auch jetzt trat beim Stehen oder Geben
die Gebarmatter nicht wieder herab. Nach etwa 14 Tagen
worden von Neuem 10 Serres-fines angelegt, die ebenralls gut
vertragen wurden, u. nach deren Abfallen die Kranke im
Stande war, ihr Bett zu machen, ohne dass sie den geringsten
Nachtheii spurte. Der grössern Sicherheit halber legte Vf.
noch zum 3. Male 8 Serres-fines an. — Da die Kranke noch in
fiebandlung ist, so kann über die Dauer der Heilung zur Zeit
nichts mitgetheilt werden. (S i c k e I.)
529. Anwendung der Senes-flnes bei an-
Tollkommenen Dammrissen ; von Deidier. (Rev.
th^r. du Midi. Janv. 1852.)
Wenn man die Heilung von Dammrissen, die sich
nicht durch den Sphincter ani erstrecken, der Natur
überUsst, so entsteht eine Narbenbildung, welche
Deformitäten herbeiführt und zu Vorfällen der Gebür-
multer Veranlassung geben kann; es ist daher ge-
rathen , derartigen Inconvenie/izen möglichst vorzu-
beugen. Zu diesem Zwecke empfiehlt Vf. die An-
legung von Serres-fines ; dieselbe kann sogleich nach
Beendigung der Geburt vorgenommen werden, sie
verursacht keinen Schmerz und die Heilung wird
durch die Lochien nicht beeinträchtigt. Vf. theilt
einen Fall mit, wo er durch 3 Serres-fines in kürze-
ster Zeit eine vollständige Heilung erzielte. [Vgl.
Trogher's Bemerkungen Jahrbb. LXXül. 194.]
(Sickel.)
530. Ueber die Zeit, innerhalb welcher das
Sinf en, nacKdem es unterbrochen wnrde, wie-
der m 6ang gebracht werden kann ; von d u f a y.
(L'ünion. 21. 1852.)
Nach Tyler Smith kann man während der
erzeugungsfähigen Jahre des Weibes 3 Perioden un-
terscheiden, 1) den catamenialen CycloB, der Zeit-
räume von je 28 Tagen enthält, 2) die Schwanger-
schaft, welche den vorigen Cyclus lOmal umfasst,
daher 280 Tage dauert, und 3) den Cyclus des Säu-
gens. Wahrscheinlich ist dieser letzlere dem der
Schwangerschaft gleich. Je nach verschiedenen
Umständen säugen zwar Frauen längere oder kürzere
Zeit , doch lässt sich aus der vergleichenden Physio-
logie schliessen, dass diese Function eigentlich eine
bestimmte Dauer hat. Wenn sich diess so verhalt,
so lassen die Beobachtungen von G u b 1 e r (Jahrbb.
LXXIV. 206) sich leicht erklären , die ausserdem als
grosse Anomalien dastehen würden.
Aus dieser Theorie von T. Smith geht auch
deutlich der Nutzen hervor , welchen das Säugen für
die Mütter hat, und der Nachtheil, der durch den
Eintritt einer neuen Schwangerschaft entsteht, bevor
die für das Säugen bestimmte Periode völlig abgelau-
fen war. Ohne Zweifel war es die Ahsicht der Na-
tur, dass in dem ganzen generischen Cyclus jedes
der beiheiligten Organe» Ovarien, Gebärmutter und
Brüste, ihre bestimmte Zeil der Ruhe geniessen.
(Sickel.)
531. Ueber das Binden des Leibes nach der
Entbindung; von Prelty. (Lond. Gaz. Nov.
1851.)
Mit Bezug auf einen von Kesteven im Lond.
Journ. Sept. 1851 veröffenllichleu Aufsatz (s. Jahrbb.
LXXIII. 195) bemerkt Vf., dass die ungünstige Beur-
theilung, welche das Binden des Leibes nach der
Geburt erfahren hat, besonders darin ihren Grund
habe , dass dieses Binden oft auf die unrechte Weise
ausgeführt wird. Die Binde wird am zweckmässig-
sten aus Flanell gefertigt, nicht gesäumt, und muss
4' lang und 15^' breit sein; sie muss bis an die
Trochanteren herab und bis über den Nabel hinauf-
reichen und von unten nach oben hin festgesteckt
werden, unten möglichst eng, nach dem Nabel zu
aber lockerer, um das Alhmen nicht zu erschweren.
Das Zusammenrutschen der so angelegten Binde wird
durch eine über Ecke zusammengefaltete darüber ge-
bundene Serviette leicht verhütet.
Da der Hauptzweck des Bindens der ist, den
Bauchdecken eine Unterstützung zu gewähren , so ist
es weniger bei kräftigen Erstgebärenden, als vielmehr
bei solchen, deren Bauchwandungen durch frühere
Geburten sehr erschlafft und ausgedehnt sind, an
seinem Platze. Dass durch das Binden die Nach-
wehen gesteigert werden , kann Vf. ebensowenig zu-
geben, als dass es Blutungen veranlasst; wenn eines
oder das andere eintrat, so geschah diess, weil die
Binde nicht fest genug anlag. Von grossem Nutzen
ist das Binden des Leihes unmittelbar nach der Ge-
burt auch deshalb, weil es den Übeln Folgen, die
die schnelle Entleerung des Unterleibes nach sich
ziehen kann, vorbeugen hilft, ähnlich, wie diess nach
der Paracentese bei Bauchwassersucht der Fall ist«
(Sickel.)
Y. «fliftkdag»i«.MdiatriL
69^. IMer8tkideil«eeii( ^1 J. ariifUk«
S'Way««. (ProY. Joura. Febr. ISdi.)
Die 1. Schädellage, wo das Hinterhaupt des Fö-
tus nach dem linken Acetabulum der Mutter gerichtet
ist , ist nach dem Urtheile aller Theoretiker u. Prak-
tiker die am häufigsten vorkommende Stellung des
Kopfes. Die 2. Schadellage, wo das Hinterhaupt
nach dem rechten Acetabulum hinsieht, wird von den
meisten Franzosen, Dubois ausgenommen, als die
nach der 1. am häußgsten vorkommende Stellung
angesehen, während Nägele und andere Deutsche
sie als die seltenste von allen betrachten; die ßoi-
vin beobachtete sie in einem Verhällniss vonlOpCt.,
die Lachapelle von 21. Simpson dagegen will
die 2. Sdiädellage i>nter 668 HmterhMiptslagen 2&6
Mal gesehen haben. Die 3. SchHdellage, 'die Stirn
gegen di« linke Pfanne gerichtet, wird von Nägele
nnd Stoltz als die nach der 1. am häufigsten vor-
kommende Stellung angesehen, die meislen Franzosen
stellen »ie in Hinsicht ihrer Häufigkeit in den 3. Rang;
Nägele beobachtete 29 pCt. , die Boivin 189mad
unter 20,517 Geburten, die Lachapelle 164mal
unter 22,243 Fällen ; Simpson hat nur einen Fall
unter 668 beobachtet. Die 4. Schädellage, die Stirn
gegen die rechte Pfanne, betrachten die meislen
Schriftsteller als die seltenste von allen, wogegen sie
Simpson 76mal unter 668 Fällen fand.
Die hier zu ersehenden Widersprüche sind mehr
scheinbare. So führt Nägele an, dass fast alle 2.
Schädellagen ursprünglich 3. sind, und sich erst im
Verlaufe der Geburt in 2. umwandeln; die meislen
Engländer treten dieser Ansicht bei , nicht so die
Franzosen. Auch Vf. hält die 2. Schädellage für
häufiger, als die 3.; er beobachtete die erstere
28mal unter 286 Fällen. So stimmen auch des Vfs.
Beobachtungen hinsichtlich der 3. und 4. Lage nicht
mit Andern flberein ; er sah nur 3mal 3., aber 8mal
4. Hinterhauptslage; Simpson und Miller in
Louisville erhiellen ähnliche Resultate. Es ist sehr
wahrscheinlich , dass diese Verschiedenheiten zum
Theil mit auf diagnostischen Irrungen beruhen. Vf.
macht auf einen untrüglichen Unterschied zwischen
den Geburten aufmerksam , wo das Hinterhaupt nach
torn, und denen, wo es nach nach hinten gerichtet
kt. Man wird nämlich, noch ehe die Blase gesprun-
gen, ja noch ehe der Naltermund erweitert ist,
immer finden, dass bei 1. und 2. Hinterhauptslage
die vordere MuUermundslippe nicht unbedeutend tie-
fer steht, als die hintere, wogegen bei 3. und 4. dae
Umgekehrte stattfindet; es wird dalier der unter-
suchende Finger bei nach vorn gerichtetem Uinter-
heupte in dem zwischen der vordem Lippe und der
Scheide befindlic]>en Räume nicht weit in die Hohe
gelangen , wogegen bei nach hinten gekehrtem Hin-
terhaupte das Gegentheil stattfindet. Auf diese Weise
entdeckte Vf. immer schon sehr zeitig die verschiede-
nen SehSdellagen, konnte sich aber nicht davon ttber^
sengen, dass das Hioterhauf^t sich, wie Nägele
will, so httnfig von hinten her nach vorn wendet;
wler den von um bedbaclitelen 9 4. Lafen §tB^kA
es nur Imal.
Früher war man der Ansicht, daes S. wmI 4.
Scfaädellagen nur wenn die Kinder sehr klein seien
ohne Kunstbtife verlaufen konnten, und a«ich v«t
einigen neueren Schriftsteliern wird diese Aosicbt <
getheilt. Die von Vf.' beobachteten Fä4le verliefei I
alle ohne Kunsthülfe. Die Bedenken sind daher woU
grOsstentkeils theoretischer Art, und men hat die
Fügsamkeit des FOtussdiädels dabei ausser Aciit ge-
lassen. (Siekel.)
533. Die Lehre von der m korxen und a
langen, imschlnngenen n vorgefallenen label-
SCbnor; von Dr. Jos. Herm. Sch^nidt (AnnaLd.
Ghar. zu Berl. H. 2. 1852) und Prof. Hohl. (Deut-
sehe Klin. 15. 1852.)
Seh. legt seinen Betrachtungen die im Jahre
1845 im Ghar.-Krankenhause gesammelten Beobach-
tungen zu Grunde. Die längste im genannten Jahre
vorgekommene Nabelschnur hatte 36", die kürzeste
10", während die mittlere Länge 243V259'' betmg.
In den meisten Handbüchern findet man eine ganze
Reihe bedenklicher Folgen aufgeführt, welche eine z«
kurze Nabelschnur haben kann; das Höchste, was
Seh. zugeben kann, ist, dass eine zu kurze «. dabei i
feste Nabelschnur vielleicht eine theilweise frflhefc
Losung der 'Placenta und davon abhängige Blotuog
bedingen kann. Hiermit stimmt H. ganz überein und
sagt, dass eine zu kurze Nabelschnur bei voraogeben-
dem Kopfe die Vorbewegung desselben nur dana hin-
dern oder verzögern kann, wenn der Kopf beretts tief
im Becken steht ; zu dieser Zeit hat der Rumpf des
Kindes den Uterus schon ziemlich ganz verlassen , a.
der sich verkleinernde Uterus folgt demselbeo, wo-
durch ein Theil der Kürze ersetzt wird, ist die
Nabelschnur so kurz, dass sie gespannt wird, ss
wird durch den Zug der Uterus gereizt, und die ge-
steigerte Wehenkraft und die Bauchpresse dürftea
den Widerstand der Nabelschnur wohl überwinden,
in dieser gesteigerten Thäligkeit des Uterus ist andi
wohl eher, als in der Kürze der Nabelschnur der
Grund der vorzeitigen Trennung der Placenta zu
suchen.
Dass die Grosse eines Kindes mit von der Lauige
der Nabelschnur abhängig ist, hält Seh. für nicht un-
wahrscheinlich; wenn Zwillinge eine gemeinschaft-
liche Placenta hatten , so entsprach immer das gros-
sere Kind der kürzeren Nabelschnur und umgekehrt. 1
Waren die Placenten gesondert, so kam das Gewicht
derselben mit in Anschlag ; lief die schwerere in eine
kürzere Nabelschnur aus , so endigte letztere auch in
ein schwereres Kind, lief die kleinere Placenta in eine
längere Nabelschnur aus, so endigte letztere inomer
in ein kleineres Kind. Traf aber die kleinere Pla-
centa mit der kürzeren Nabelschnur , oder die grös-
sere mit der längeren zusammen, so hatte diess
sicher einen compensirenden Einfluss anf die €fdsse
des entsprechenden Kindes gettbt. Insofern also «ine
V. GffBAjdopß m. Fidiatrik.
kttraere Nabelsdisar «iD grOteerts Kind bedisgt, kanii
die KOrze einen indirecten Einflnsa amf die Geburt
ahea. H. glaubt binsafageo zu mtfssea , daas eine za
lange NabeUchnnr gewObnlieh auch eine zu dttnae
isi , und das« daher neben der Lflnge vielleicht a«ch
das Verhallniea der kleinern Geftfsse Beachtung ver-
dient.
Die directen Folgen ^ welche man der zu kurzen
Nabelschnur zuschreibt» fürchtet man auch von der
umschlungeie« , ja Vnan geht hier noch weiter und
rurchlet bei Umsehlingang der Nabekchn^r um den
Hala eine Erdrosselung des Kindes. Auch diese Be*
fürdilong kattn Seh. nicht theilen, seine Erfahrua-
geo widersprechen durchaus, üoiscfalingungen der
Nabelschnur um den Hals geboren in der Charil^ zu
den sehr gewöhnlichen Ereignissen und werden gaoz
ig«orirt; denn wenn der nicht umschlungene Rest
lang genug ist zu einer Lockerung, so ist diese nicht
nOthig, und ist er nicht lang genug, so verbietet sich
die Lockerung von selbst. Ein bei der ümscblingung
um den iiais gettbter Druck schadet nicht, da die
Luftröhre noch nicht eine wirkliche ist; höchstens
könnte der Druck auf die Hal&geHlsse nachtheilig
werden. Jedenfalls mögen aber mehr Kinder durch
die Quetsch- und Zerrversuche , oder durch ein vor-
eiliges Durchacluieiden der Nabelschnur zu Grunde
gegangen sein, als durch Ignoriren der Umschlingung.
Ja «lan kann die Umschlingung der Nabelschnur sogar
als eine Wohllhat betrachten, indem dadurch dem
Vorfalle derselben oft vorgebeugt wird. VorMe der
Nabelschnur kommen viel seltner vor, als Umschlin-
gungen; Busch beobachtete bei der 60. Geburt
eilten Vorfall» bei der 9. eine Umschlingung.
Hierzu bemerkt H., dass» wenn eine dUnne»
magere Nabelschnur einen Kindestbeil schon frühzei-
tig umschlingt , sie den Theil einschnüren , vielleicht
auch abschnüren kann ; hierbei wirkt nicht allein ihr
Druck auf die Stelle, sondern die fortwachsenden
weichen Theile quellen gewissermaassen über den
eingeschnürten Theil zusammen und bewirken einen
Druck auf die Nabelschnur, so dass die filutzufuhr
durch dieaelbe allmälig abgeschnitten wird und nicht
mehr für das Wachsthum und die Ernährung des Fö-
tus ausreicht, welcher abstirbt. Ist aber die um-
s|chlungene Nabelschnur von gewöhnlicher Beschaffen-
heit, und die Umschlingung erst später zu Stande
gekommen , so dürfte sich nur erst dann eine Gefahr
zeigen, wenn der Kopf geboren ist, die Schultern
nicht folgen , und die Spannung der Nabelschnur be-
sonders im Nacken des Kindes gross wird , od. wenn
bei gebomem Rumpfe die Heraosbeförderung des
Kopfes sich verzögert. Die Umschlingung der Nabel-
schnur um den Hals kann verhindern : 1) die regel-
mässige Einstellung des Kopfes in die obere Apertur,
ao dass der Kopf nach einer Seite hin abweicht , 2)
die gewöhnlichen Drehungen des Kopfes bei seinem
Durchgange durchs Becken, 3) die der Kopfstellung
entsprechende Stellung d«r Schultern am Ausgange
dea Beckens.
MiMl. Jabrbb. 3d. 71. flft. $,
Der Verfall der Nabalschnar, Mvi Schv fort»
ereignet sich am seltensten bei KapAagea. Ist bei
Quer-, Sehalter- und Unterendealagea die Nabel-
schnur vorgefallen , so wird es wobi heutzutage Nie-
Biand emfalten, Repoeitionsversuche zu machen. Liegt
die Nahdschour neben dem Kopfe , so soll man ver-
suchen , sie aurückzubringea , u. gelingt diess nicht»
den Kopf mit der Zange entwickeln. Diese Lehre
ist logisch, aber nicht praktisch. Durch die Reposi-
tion der Nabelschnur, seihst wenn sie gelingt, ist die
Lebensgefahr für das Kind nur scheinbar beseitigt;
das Leben des Kindes ist in Gefahr nicht blos wenn
und weil die Nabeisclinur vorliegt, sondern auch
weil sie vorgelegen hat. Deshalb sind wir nach
Zurttckbringupg der Nabelschnur nicht berechtigt»
von nun an das Kind der austreibenden Natur zu
überlassen. Die Schule lehrt ferner» das Kind durch
die Wendung zu Tage zu fördern, wepn der Kopf
noch beweglich auf dem Beckeneingange steht, und
die Zange anzulegen , wenn der Kopf bereits in das
kleine Becken eingetreten ist. Seh. fand schon frü-
her in seiner Privatpraxis» dass , wenn er bei vorlie-
gender noch pulsirender Nabelschnur so frühzeitig
gerufen wurde, dass der Kopf noch beweglich über
dem Beckeneingange stand, er in der Regel ein todtes
Kind erhielt, wenn er Repositionsversuche machte u.
dann zur Wendung schritt; dass er dagegen ein
lebendes Kind erhielt, wenn er zu spät kam, den Kopf
schon neben der pulsirenden Nabelschnur herabgetre-
ten fand und ihn mit der Zange entwickelte. Hier
lag nun die Frage sehr nahe : »Sollte es wirklich ein
so grosses Unglück für das Kind sein, wenn die Na-
belschnur neben dem noch hoch und beweglich auf
dem Beckeneingange stehenden Kopfe vorliegt?'' Die
naheliegende Antwort ist die » dass die Nabelschnur
gewiss keinen Druck erleidet, so lange noch so viel
Platz da ist , dass die Hand neben dem Kopfe vorbei-
gebracht werden kann ; und da es für das Leben des
Kindes jedenfalls minder gerahrlich i^t, wenn ein mit
dem Kopfe vorliegendes Kind beim Kopfe hervorgezo-
gen, als wenn es gewendet wird» so scheint es räth-
lieh, nicht eher Hand anzulegen» als bis der Kopf
zangenrecht steht.
H. ist der Ansicht , dass» wenn eine vorgeJegene
und reponirte Nabelschnur auch keine Bürgschaft für
die Erhaltung des Kindes giebt, man deshalb die
Reposition doch nicht aus der Reihe der Operationen
streichen darf. Er reponirt nur , wenn die Schlinge
klein ist, wenn er die Wendung zu umgehen wttnj$cht»
oder di^se nicht mehr möglich ist, die Zange aber
noch nicht angelegt werden kann; zu einer Zeit» wo
weder Zange noch Wendung aaweadbar ist» lässt
sich nichts Besseres thun» als die Reposition ver-
suchen. Der von S c h. aafgesteUte Satz : »,So knge
die Wendung noch möglich ist, ist die Gefahr so
gross nicht , und wenn eigentlich periculum in mora
anningt» ist die Zange möglich gtworden'% ist schein-
bar richtig; denn wem die Hand atben dem beweg-
lich aufliegende Kofife ^or btigelien kann, wird auch
A2 _
330
y. Gynlkologie «• Pldiatrik.
die Nabelschnur Platx haben. Wenn aber auch der
hochstehende Kopf im Moment die Schlinge nicht
drOckt , so kann doch sehr bald eine Zeit kommen»
wo er sie drttckt , wo das Kind dadurch in Lebens-
gefahr kommt, u. wo wir ruhig zusehen müssen, weil
die Wendung nicht mehr und die Zange noch nickt
anwendbar ist. Man muss bei Vorfall der Nabel-
schnur die Wendung als vorbereitende Operation an-
sehen, um zur rechten Zeit das Mittel zur Beschleu-
nigung der Geburt zu besitzen.
In der Charit6 befolgt man gegenwärtig folgende
Grundsätze. Wenn eine Nabelschnur neben dem
Kopfe liegt und das Wasser noch steht, so wartet
man ruhig den Blasensprung ab. Stellt sich bald
nach demselben der Kopf dergestallt fest in das kleine
Becken, dass er mit der Zange gefasst werden kann,
so verliert man keine zu lange Zeit mit Repositions-
versuchen , sondern extrahirt das Kind beim Kopfe ;
bleibt aber nach dem Blasensprunge der Kopf beweg-
lich auf dem Beckeneingange stehen, so kommt es
darauf an, welche Lage der Kopf und welche die
Nabelschnur hat. Hat der Kopf die 1. od. 2. Scbeilel-
oder Gesichtslage , und liegt die Nabelschnur in dem
nicht vom Kopfe belegten Durchmesser, so wartet
man ruhig, bis der Kopf zangenrecht steht; auch
kann man diese Zeit des Abwartens zu Repositions-
versuchen der Nabelschnur benutzen, oder, gelingen
diese nicht, die Nabelschnur wenigstens in die Scheide
zurückbringen und einen warmen Schwamm vorlegen.
Hat der Kopf die 3. oder 4. Scheitel- oder Gesichts-
lage, so hat die sofortige Wendung, wenn diese noch
möglich sein sollte , den Vorzug vor dem Abwarten ;
es ist dieselbe auch dann vorzunehmen, wenn die
Nabelschnur im nicht belegten schiefen Durchmesser
vorgefallen ist. Ist die Nabelschnur im belegten
schiefen Durchmesser vorgefallen, so ist, wenn nicht
die sofortige Wendung angezeigt sein sollte, die Hin-
überleitung derselben in den nicht belegten schiefen
Durchmesser zu versuchen. Misslingt diese , so ist
die Wendung oder nach Umständen die Zange ange-
zeigt, gelingt sie, so kann man das weitere Uerab-
rücken des Kopfes ruhig abwarten. In allen Fallen,
wo der zangenrechte Stand des Kopfes abgewartet
wird, muss es der concreten Beurtheilung überlassen
bleiben, ob und inwieweit dynamische Geburts-
beschleunigungsmittel das schnellere Herabrücken des
Kopfes unterstützen dürfen. Sobald aber der Kopf
weit genug herabgetreten ist , so muss die sofortige
Extraction durch die Zange erfolgen.
Mit der Ansicht, dass bei vorliegender Nabel-
schnur neben dem Kopfe der Blasensprung ruhig ab-
gewartet werden soll, kann sich H. nicht einverstan-
den erklären ; er beharrt vielmehr bei seiner früher
ausgesprochenen Meinung, dass bei noch stehendem
Fruchtwasser und grosser Schlinge neben dem hoch
stehenden Kopfe die Wendung zu machen ist (Jahrbb.
LXXir. 213). Ferner kann H. die Ansicht nicht
theilen, dass bei der 1. u. 2.*Scheite]lage die zangen-
^ttfihte Stellung des Kopfes ruhig abgewartet werden
soll , während bei der 3. und 4. Scheitellage , auch
wenn die Nabelschnur im nicht belegten schiefen
Durchmesser vorgefallen ist , gewendet werden soll
Seh. scheint von der Ansicht auszugehen , dass der
Druck erst auf die Nabelschnur wirkt, wenn der Kopf
zangenrecht steht. Diess ist aber nicht der Fall ; die
vorgefallene Nabelschnurschlinge ist häufig schon vor
dem Blasensprunge u. auch nach demselben bei dem
Stande des Kopfes auf der obern Apertur prall , uod
die Kinder sterben ab; ja es konfmt sogar vor» daa
die Pulsation wieder freier wird, wenn der Kopf in
die Beckenhöhle gelangt. Wir können uns QbrigcBs
auf die Pulsation in einer vorgefallenen Schlinge nicht
immer verlassen; es kann nämlich der Druck nur
einen Theil der Schlinge treffen, entweder den an
dem Kinde, oder den zur Placenta hingehenden, la
letztern Falle fühlen wir natürlich die Puisation in der
Schlinge, und vielleicht bis zum Momente des Todes
des Kindes, wenn an der gedrückten Stelle wenig
oder gar kein Blut in den Nabelarterien durchkani,
und im ersten Falle fühlen wir die Pulsation nnr
schwach oder gar nicht , je nachdem das Blut an der
gedrückten Stelle noch durchfliesst, oder nichL Im
ersten Falle kann der Tod des Kindes überrascheiid
schnell eintreten , im zweiten das Kind noch leben,
obgleich wir die Pulsation nicht mehr fühlen. Dieser |
Umstand spricht unzweifelhaft für Beschleunigung der
Geburt. (Sickel.)
534. neber den Veitstanz; von Dr. Giamb.
Borelli. (Gazz. med. itaL Stati Sardi. 24. 29. 32.
1851.)
An den früher mitgetheilten Fall eines Veitstanzes,
welcher von einem doppelten Neuroma im Verlaufe
des Nervus plantaris internus bedingt und durch Ki-
stirpatiön dieser Geschwülste gehoben wurde, schliesst
Vf. die gegenwärtige, in der Form ganz ähnliche , ii
ätiologischer Beziehung aber ganz differente Kranken-
geschichte an.
Ein 12jabr. Mädcben von sanguin. Temperament , gros-
sem Kopfe, frühreifer Intelligenz , hatte (wohl in Folge der
feuchten Wohnung) seit ihrem tf . Jahre am Kopfausach läge t.
Drüsenanschwellungen gelitten, welche erst seit der Ikbcr-
siedlung nach Tarin Tor etwa 2 Jahren sieh verloren babcA.
Im 8. J. wurde sie in Folge von Angst bei einem heftigen Cft-
wetter von convulsiviscben Bewegungen der rechten Eztrenü-
taten befallen und litt auch nach deren durch Evacaantia nnd
Anthelminthica bewirkten Beseitigung viel an Zahnweh und an
noch jetzt häufigen Palpitationen des Herzens. Spater traten
nach wiederholten Gemüthsbewegungen und nach einer hef-
tigen Erkältung jene spasmodischen Bewegungen wieder her-
vor, die von den Aeltem anfangs für Unart genommen a. mit
Strafen bedroht, dadurch aber nur verschlimmert warden.
Alle willkürlichen Muskeln, auch die des Gesichts, maditen
unwillkürliche Bewegungen, jedoch ohne die von EiDigen
beobachteten Rotationen des Kopfes und Körpers and ohne
jenes charakteristische Hämmern (Malleatio) , wovon Mor-
gagni einen auffiillenden Fall erzählt. Sie dauerten nuch
im Schlafe fort und machten articulirtes Sprechen unmöglich.
Schmerzen waren weder längs der Wirbelsäule, noch im Kopfe,
oder andern Theilen vorhanden, der Puls klein, gespannt,
firequent, der Herzschlag stürmisch, sehr weit verbreitet.
Zwei Aderlässe und Abführungen verschlimmerten dns
Uebel. Eine Mischang von Vi ^^^ Chloroform nnd i Onie
y. Gynäkologie u« PidUtriL
331
Mandelöl, nach Gassi er, zu 1—2 Löffel Smal Uglich in
die Wirbelsäule, Damentlicb im Nacken eingerieben, bewirkte
nach 10 Tagen sebr bedeutende Besserung. Terpentinöl Sus-
serilcfa und innerlich nach E. Rousseau angewendet, zeigte
sich in minderem Grade heilsam, wessbalb Vf. fon einer
Mischung fon ^j Cblorororm in ^f Flüssigkeit Smal täglich
einen Löffel nehmen Hess. Schon binnen 6 Tagen war der
Erfolg glänzend, als ein bedenklicher Ohnmachtsanfall in
Folge einer unforsichtiger Weise gegebenen doppelten Dosis
das Aufgeben dieses Mittels feranlasste. Das Ezlr. nucis Tom.
zu i/s ^f' ^^ täglich fährte hierauf sehr markirte Verschlim-
merung, dagegen das Exlr. Beilad. zu V4 Gr. mit ^/g Gr.
Opium gummosom (nach und nach bis zur doppelten Dosis
ansteigend) binnen 10 Tagen fast Tollständige Genesung her-
bei, und auch die nach dem Verschwinden der Chorea St. Viti
wieder aufgetretenen heftigen Zahnschmerzen wichen dem noch
14 Tage lang forlgesetzten Gebrauche derselben Narcotica.
Nur die von Hypertrophie bedingten Palpitatioifen des Herzens
blieben zurück, wurden jedoch durch Aqua amygdal. amar.
und Digitalis auf einen sebr erträglichen Grad zurückge-
führt.
Auch der vorstebeDde Fall spricht, wie Vf. be-
merkt, namentlich in BerUcksichligung der habituel-
len Zahnschmerzen und des unzweifelhaft aus einer
schleichenden Endocarditis hervorgegangenen Herz-
leidens, für den besonders von See und Kirkes
nachgewiesenen (iahrbb. LXXI. 308. 310) nahen
Rapport zwischen rheumatischer Diathese u. Veitstanz,
während materielle Lasionen des Nervensystems nur
sehr selten als Ursache der Chorea gefunden wurden.
(Koblschütter.)
[Einen in letzterer Hinsicht interessanten Fall
▼erOffenllicbte Dr. R 0 b. N a i r n e in den Med.-chir.
Transact. (XXXIV. 1851).
Ein 17jähr. Gemüsehändler kam am 27. Juni 18tt0 in
das St. Georg-Hosp. mit den charakteristischen Erscheinungen
der Chorea. Seine Sprache war undeullich, er konnte weder
stehen noch gehen u. klagte über Schmerzen im Rücken, den
Knien und Füssen. Die Knie- und Fussgelenke fand man ge-
röthet, die Haut heiss, den Puls fieberhaft und ein leichtes
systolisches Geräusch beim 1. Herztone. Nach Angabe der
Angehörigen hatte der Kr. seit seinem 12. J. Öfters an rheu*
mat. Zufallen gelitten , choreaähnliche Erscheinungen aber
erst während der letzten 5 Wochen wahrnehmen lassen u. war
seit 5 T. unfähig zu gehen.
Vf. betrachtete einen Anfall von acut. Rheumat. als Ur-
sache der Chorea und während der beiden nächstfolgenden
Tage nahmen auch in der That die Erscheinungen beider
Krankheiten wesentlich ab. Allein der Kr. schlief nicht, fom
30. Juni an steigerten sich die Erscheinungen der Chorea in
hohem Grade, und am 3. Juli starb der Kr., nachdem 2Std.
Torher Coma an die Stelle der krampfhaften Dewegungen ge-
treten war.
Section 12 Std. nach dem Tode. Schädel-, Hirn- und
Rückenmarksvenen sehr überfulll. Das Rückenmark dem 3.
und 4. Kückenwirbel entsprechend , wenigstens in der Aus-
dehnung von i**, weiss und seiner ganzen Dicke nach fast bis
zum flüssigen Zustande erweicht, sonst nirgends eine Abnor-
mität desselben. Hirnsubstanz uberdll fest, die Rindenschicht
etwas dunkler, in der Markschicht zahlreiche Blutpunkte.
Fast völlige Verwachsung des Herzbeutels mit deni Herzen ;
leichte Excrescenzen an der Auricularselle der Mitralis. Be-
trächtliche Hyperämie beider Lungen; in ihren untersten
Theilen umschriebene Blutergüsse.
Nacb Vf. spricht auch der fragl. Fall fOr den Zu-
8<immienhang zwischen Chorea und rheumat. Diatbese.
Allein die krampfhaften Bewegungen der untern Glied-
maasaen, welche dabei beobachtet wurden, hingen
nach seiner Ansicht jedenfalls mit dem Rockenmarks-
leiden zusammen. Er kennt, indessen nur 4 andere
Fälle , in denen Erweichung des Rückenmarks bei
Personen gefunden wurde, die an Chorea gelitten
hatten: 1 von Brera und 2 von Guersant theilt
Olli vi er d'Anger^s (Traitö de la mobile 6pin.
2. 6d. 11. 817) mit, den 4. veröffentlicht Dr. Keir
zu Moskau. 0. fügt jedoch hinzu , dass er in einem
andern Falle von G. wie gewöhnUeh durchaus nichts
Krankhaftes am ROckenmarke gefunden habe , und in
K.*s Falle kann das Rttckenmarksleiden keinen be-
trächtlichen Einfluss auf Entwicklung d. Chorea gehabt
haben, da der betreffende Kr. 3 J. hindurch an Cho-
rea litt, aber noch 7 T. vor dem Tode ohne Unter-
stützung herumgehen konnte. Vf. selbst fand in 3
andern Fallen von Chorea nur Blutüberfüllung des
Gehirns und Rückenmarks , ohne irgend welche Ver-
änderung der Substanz dieser Gebilde, also eine nach
den verschiedensten andern Krankheiten vorkommende
Erscheinung. Ja er behauptet, dass man bis jetzt
bei Chorea noch keine bestimmte Veränderung irgend
eines Gebildes gefunden habe, welche in ursäch-
lichen Zusammenhang mit derselben zu bringen
wäre.
Scblttsslich wirft Vf. die Frage auf, wie es mög-
lich war, dass bei der so beträchtlichen Entartung
des Rückenmarks in dem beschriebenen Falle, trotz
der Lähmung der untern Gliedmaassen Gefühl in den-
selben vorhanden war, und so oft jemand an das Bett
trat, und besonders wenn eine Frage an den Kr. ge-
richtet wurde, die Bewegungen der willkürlichen
Muskeln , sowohl der obern Hälfte des Körpers , als
auch namentlich der untern Gliedmaassen sebr be-
trächtlich gesteigert wurden. R e d a c t i 0 n.]
535. Eclampsia nntans, oder Salaam Con-
vulsiom; von E. C, Bidwell, M. D. (New- York
Journ. Nov. 1851.)
Ein Mädchen von 3 Monaten verlor plötzlich das Vermö-
gen, sich zu bewegen, und zugleich war Verstopfung vorhan-
den. Eröffnende Mittel beseitigten die Zufalle. Als das Kind
6 Monate alt war , bemerkten die Angehörigen , dass es früh
nach dem Erwachen und einige Male wahrend des Tages den
Kopf krampfhaft vorwärts beugte. Röthung der Augen und
Bewusstlüsigkeit ohne Aeusserung von Schmerz begleiteten die
Anfälle. Der Kopf war nicht heiss , das Gesicht nicht gerö-
thet, der Appetit gut, der Stuhl verstopft, nur die Fusse waren
gewöhnlich kalt. Diese Krämpfe nahmen ailmälig an Häuflg-
keit und Stärke zu. Als das Kind 1 J. alt war, kamen die
Paroxysmen sebr häufig, meist früh bald nach dem Erwachen
und auch zu anderer Zeit mit 30 bis 40 sehr schnell auf ein-
ander folgenden Convulsionen, begleitet von einem Schrei, wie
von Schmerz. Die Geisteskräfte hatten augenscheinlich ge-
litten, die körperliche Gesundheit schien dagegen nicht weiter
gestört und das Kind konnte mit 13 Monaten laufen. Nach
dieser Zeit war das Wachsthum langsam und die Geisteskräfte
blieben zurück. Die Krämpfe steigerten sich ailmälig und
wurden zu einem wahren orientalischen Salaam, wobei der
Kopf plötzlich mit. solcher Gewalt bis zur Erde niedergezogen
wurde , dass Stirn und Lippen beständig gequetscht und ver-
wundet waren. Um diese Zeit fand nur eine einzige Convul-
sion jedesmal Statt , die nur einen Augenblick dauerte , aber
während des Tages oft wiederkehrte. Noch später gaa«"""
332
y. 6;»*olagk «. Fadktrik.
neh e^ileptirfelM kMWß diso und ge^en Esde des %, Jthrw
war das Kind epileptisch und föllig geistescbwach , und starb
im 26. Monate des Lebens nach einer kurzen Qeberhaftea
Krankheit, mit bedeutender VersehlimiDerung der Krämpfe.
Em gfittstiffer Erfolg fon einer der vielen angewendeten Heil-
methoden könnt« nicht nacbgeitiesen werden.
Das bezeichnende Nieken oder Beugen des Kopfes , be-
sonders bald nach dem Schlafen, jedoch auch zu anderer Zeit,
das tp&tere Hinzutreten anderer Kraropfbewegoagen neben den
urspränglicben, die andauernde Beeinträchtigung der Geistes-
kräfte, und endlich der unheilbare Charakter und todtliche
Aosgang bilden die Haoptzflge der Krankheit. Lahmung War
in diesem Falle nicht Torhandan , wie in den meisten andern
Fällen.
Vf. beioerkt schlOsslich, dasü seines Wissens nur
5 Mlinlielie Falle veröffeDtlicht wof den seien , von
denen nur einer glücklich ablief, während in den an-
dern der Tod einlrai. [Vgl. die Cniersurhungen üb.
das frag]. Uebel von Paber (Jahrbb. LXVL 213)
8Dd Eben (LXXII. 320). Redaetion.]
(Heil.)
536. Heilung eines Falles von weichem
Hinterkopf- £in Beürag zur Lehre vom Mthma
laryngeum infantum; von Dr. Spengler in Her-
born. (Deutsche Klin. 3. 1852.)
Ein V/2Jahr. Knabe, von gesunden Eltern , war in letzte-
rer Zeit mager geworden, ohne aber früher besonders fett ge-
wesen zu sein (wie einige Ueobachier bei Astbma thymicum
bemerkt haben wollen), trank stets an der Mutter, hatte aber
Diarrhöe ; spiter schlief er nnrohig , bekam Krämpfe und litt
an Erstickungsanfällen , besonders wenn er geweint , getrun-
ken oder geschlafen hatte, dabei beugte er den Kopf nach
hinten und schlug mit Händen und Füssen um sich , wonach
grosse Erschlaffung und Mattigkeit eintrat. Bisweilen blieben
diese Znllälle einen Tag aus, kehrten aber dann desto heftiger
wieder. Die physikalische Untersuchung der Brust ergab
keine Abnormität , der Herzschlag war deutlich , Athmungs-
gerausch flberall zu hören , Thorax nicht sehr gewölbt , die
Percussion ergab auf dem Sternum keinen weiter Terbreiteten
dumpfen Ton, mithin konnte von vergrösserler Thymus nicht
die Rede sein. Der Kopf war ziemlich gross, vorn spärlich,
hinten fast gar nicht mit Haaren besetzt. Die vordere Fon-
tanelle weit offen, die hintern Stellen der Seitenwandbeine u.
der obere Theil des Hinlerhaupts waren stellenweise so bieg-
sam, wie eine dünne elastische Platte, u. gegen Fingerdruck
wie Papier nachgiebig. Bei nur etwas festerem Drucken auf
diese Stellen bekam das Kind sogleich Stickanfäile mit blauem
Gesicht. — Die Ursache dieses Asthma lag jedenfalls in einem
Glottiskrampf, war also ein Asthma laryngeum chronicum s.
Koppii. Kein anderes Moment, als der weiche Hinterkopf
konnte die Hervorbringung dieser Erscheinung bedingen. Pat.
erhielt Calcaria phosph. , dabei wurde die Hinterhauptslage
vermieden, und wo möglich Seiten- oder Bauchlage eingehal-
ten. Gegen die nervöse Irritation wurden Flor, zinci gereicht.
Nach 14 Tagen wurden die Anfälle seltner u. nach 0 Wochen
war das Kind geheilt, die weichen Stellen am Hinterhaupt
waren hart und fest , die grosse Fontanelle kleiner ge-
worden.
Ist man auch Aber die Thymuslehre hinaus , so
tritt jetzt doch eine andere Frage auf, nämlich der
Unterschied zwischen der neuralgischen u. humoral-
pathologischen Natur des Stimmritzenkrampfes. Einige
behaupten» dass Asthma Millari s. acutum und Asthma
Koppii 8. chronicum ein und dasseH>e sei, Andere
unterscheiden beide. Vf. glaubt, dass es einen Sub-
stantiven Stimmritzenkrampf» eine reine Neurose, u.
tiaea secundXren Stimmritzenkrampf, bedingt dorch
terschiedene inatöditsGhe Lx^etteOi gi^bt , und Mint
zum Beweise noch folgenden Fall an.
Et* 6 Wochen altes Kind ward ptotzltcb von eiocni sehr
befugen Stimmritienkrampf beMlea , der astt pfeifender , via
sehr feinem Ton begleiteter Inspiration begann , darauf wBr4i
es athemlos, blau im Gesicht, kalt an den ExtremHätea,
beogte sich stark nach rückwärts , und unter Schreien löne
sich der Krampf. Nach Darreichung von Moschus genaa dai
Kind bald , ohne dass eine anatomische Ursache bitte aa%»- '
fanden werden können.
Letzlerer Fall stellt nach Vf. eine reine Neurose
dar, wUhrend der erstere als ^cundüre ErscheinuBg,
bedingt durch den weichen Hinlerkopf, auftrat
Denn wie die weichen Knochen fest und fester wor-
den , so verloren sich nach und nach die Krämpfe i.
mit vollkommener Knochenbildung am Hinierlianpt
war auch der Slimmritzenkrampf versch wanden.
(Millies.)
537. neber einige Krankheiten der Ke^
rationSOrgane , die man am häufigsten bei Kiä-
dem in der Privatpraxis beobachtet; von Dr. Ril-
1 i e t zu Genf. (Rev. m^d. - chir. Oct. u. Schw. C-
Zlschr. 4. 1851.)
Die Häufigkeit des Vorkommens Terschiedener
Krankheiten der Respirationsorgane variirt je m^
den verschiedenen Aliersperioden A^t Kinder , und je
nach den Verhsllnissen, unter denen dieselben lebea.
So findet man in der Privalpraxis » besonders in da
wohlhabenden Volksklassen , vorzugsweise primitive
Erkrankungen , während man in den Kranken häusera
mehr secundtfren Uebeln begegnet. So wird man nur
selten in der Privatprsxis bei Nengeboroen schwere
Leiden des Respiralionsapparates erblicken ; bis zur
Zeil der ersten Dentition wird man es mit einzelnea
Fallen von Giottiskrampf, ziemlich häufig mit Trachei-
lis, zuweilen mit Bronchitis und Pneumonie »i ihm
haben. V^^ährend der Zeil des ersten Zahnens kon-
men die eben genannten Rrankheilen häufiger zar
Beobachtung, selten der Keuchhusten« sehr seliea
der Croup. Zwischen dem 1. und 2. Zahnen bal
man es oft mit Bronchitis , Keuchhusten und Poee-
monie zu ihun ; Group ist eine seltne Erscheinst^
während Laryngitis spasroodica sehr häufig vorkonaL
Vom 2. Zahnen an kommt einfache Laryngitis elVer
vor, spasmodische Laryngitis dagegen und Croup nur
ausnahmsweise ; auch der Keuchhusten wird nun selt-
ner, wogegen Bronchitis, Pleuresie, Pneumonie und
Phlhisis vorherrschend werden. — Im Nachfolgendes
wird vorzüglich von Tracheo-bronchitis kleinerer Kin-
der die Rede sein.
Tracheo-bronchitis, Die Krankheit tritt beson-
ders in den beiden ersten Lebensjahren auf, u. kommt
meistens epidemisch vor ; sie hat viel Neigung, Rdck-
HtUe zu machen, befällt übrigens häufiger dicke» Ij-m-
phatische Individuen, als magere. Sie erscheint be-
sonders gern im Winter und lässt deutlich eine leich-
tere und schwerere Form unterscheiden.
A. Die leichtere Form tritt mit häufigem »^trock-
nen Husten» beschwertem Athmen und Fieber s«L
T. OjnAMgia q« PsdiUriL
333
Der Husten bildet oft einzelne Anfillle mit lungern od.
kurzem Interyallen, er ist am stärksten beim Er-
wachen des Kindes, wird von Zeichen dos Unbeht-
gens und der Angst begleitet, weiche deutlich bewei-
sen, dass das Kind Schmerzen empfindet; auch be-
mtlben sich die Kinder siehllich, den Hasten zurück-
zuhalten. Die Respiration ist frequent, ungleithmas-
sig. Nach einigen Tagen hört man schon von weitem
ein Gertfusch , bald trocken und etwas schnarchend,
bald fencht u. rasselnd ; durcli Aufbosten versebwin-
det es. Beim Anlegen des Ohres an die Brust oder
an den Rttcken nimmt man in der Begel nichts Ano-
males wahr ; bisweilen wird das Respnrationsgerausch
durch das ROcbetn in der Trachea verdeckt, andere
Male htfrt man deutlich pueriles Athmen. Ausnahms»
weise veruimmt man am 3. oder 4. Tage der Krank-
heit muköses oder subcrepitirendes Rasseln auf einer,
oder auf beiden Hülften des Rückens. Die Stimme
des Kindes ist gewöhnlich unverändert, bei sehr klei-
nen Kindern jedoch auch bisweilen matt u. gedampft.
, Augen und Nase pflegen feucht zu sein, die Augen-
lider etwas geschwollen. Das Fieber, welches sel-
ten ganz fehlt, ist meistens remittireod, bisweilen
intermittirend ; wahrend der Paroxysmen findet sich
eine brennende Hitze, die darauf in reichlichen
Schweiss übergeht. Der Appetit richtet sich nach
dem Grade des Fiebers , ist aber meist nur gering,
der Stuhlgang träge; die Zunge behält ihre Feuch-
tigkeit ^ wird aber meistens von weissem Schleime
bedeckt gefunden. In den husten- und fieberfreien
Zeiten nimmt man an dem Kinde keine Zeichen von
Schwäche wahr. Gewöhnlich geht die Krankheit bald
in Genesung über, doch kann sie auch von heftiger
Bronchitis oder von Pneumonie gefolgt werden ;
ihre Dauer ist verschieden, gewöhnlich die einer
Woche.
B. Schwere Form. Die Tracheitis kann von sehr
bedenklichen Erscheinungen begleitet werden, die
sich theils während eines einfachen Hustens einstel-
len , theils während der Dauer der leichtern Form
dazugesellen , theils aber auch ganz plölzlich auftre-
ten. Das Fieber ist stark und anhaltend, ebenso die
Dyspnoe, zu welcher sich Crslickungsanfällc gesellen ;
der Husten ist äusserst quälend, kurz , (rocken. Das
Kind erscheint bald aufgeregt, bald in einem somno-
lenten Zustande. Das Respirationsgeräusch, von
weitem vernommen, zeigt eine charakteristische
Trockenheit des Tones; beim Auscultit-en des Tho-
rax findet man meistens das Athroungsgeräiisch in
den Lungen durch das Rasseln in der Trachea mas-
kirt. In dem heftigsten Grade der Krankheit wird
die SufTocation immer bedeutender, das Gesicht vio-
lett, die Extremitäten kalt, es droht Asphyxie; die
Pulsschlage sind kauig zu zählen. In der Regel sind
die drohendsten Symptome nur von kurzer Dauer u.
hören plötzlich wieder auf; das Kind hustet noch
mehrere Tage , jedoch ohne Dyspnoe , oder es zeigen
sich einige Tage hindurch die Erscheinungen der
leichtern Form. Hält das Fieber an , so muss man
den Eintritt einer Pneumonie oder Bronchitis capilla-
ris befürchten ; auch trägt es sich zu, dass ohne das
Auflrelen einer der genannten Krankheiten das Kind
unter Gebirnerseheinungen weggerafl\ wird.
Diagnose. Die zuverlässigsten Merkmale giebt
uns die Auscultation. Die vollständige oder beinahe
vollständige Abwesenheit von Röcheln (räle), u. des
unbedingte Fehlen des Bronchialalhroens lassen die
Krankheit bestimmt von Bronchitis capillarls und von
Pneumonie unterscheiden. Der nicht rauhe Husten,
das Bleiben der Stimme , der schmerzhafte Gesichts-
aosdrnck bei jedem Hustenanfalle , das fenchte Ras-
seln in der Trachea , die Abwesenheit von intermitti-
renden Erstickungsanfällen unterscheiden die Krank-
heit von einfacher und spasmodischer Laryngitis. Das
80 charakteristische inlermittirende Röcheln findet sich
bei neugeboruen Kindern bisweilen auch in Folge
einer Compression, die die Trachea durch dieThymus-
Drttse erleidet, bei Kindern unter 1 Jahre auch in
Folge eines hypertrophischen Zustande« der Bronchial-
Ganglien. Vf. theilt einen Fall erster Art mit; der
Stertor und die Dyspnoe waren die hervortretendsten
Symptome, aber das Fehion des Hustens, die Heftig-
keit der Sufl'ocalion, die Abwesenheit von Fieber, das
Auftreten der Krankheit schon % ^lunde nach der
Geburt und der gedämpfte Ton im obern Dritttheil*
des Sternum dienten als deutliche Unterscheidungs-
merkmale, und das letzterwähnte Symptom deutete
auf einen hypertrophischen Zustand der Thymus-
drüse.
Prognose, Die leichtere Form endet immer mit
Rückkehr der Gesundheil; es ist jedoch nothwendig,
sie stets aorgl^ltig zu überwachen, weil der entzünd-
liche Zustand sich leicht auf andere Respirationswege
fortpflanzen kann , wo dann die Erscheinungen einer
Bronchitis capillaris oder Pneumonie eintreten. Auch
die schlimmere Form geht meistens in Genesung
über; die Erscheinung<'n von SuflV>cation sind wenn
ger zu fürchten, als der Eintritt der Gehirnsymptome,
die meistens Folge von Congestionen , hervorgerufen
durch die behinderte Respiration, sind. Bedenkliche
Symptome sind die Heftigkeit des Fiebers und der
Suflbcalion , Verminderung des Hustens , Unterdrük-
kung der Nasen- und Aiigenseeretion und Unempfind-
lichkeit des Magens gegen Brechreize.
Behandhwg, Für die leichtere Form der Krank-
heit empfiehlt Vf. den Kcrnies zu 1 — 3 Gr.; wird
dieses Mittel, wie diess bei sehr kleinen Kindern nicht
gar seilen vorkommt, nicht vertragen , so ist an sei-
ner Statt der Syrupus ipecac. zu reichen, nach Be-
finden mit Piilv. ipecac. in Brechen erregender Gabe.
Ist das Fieber bedeutend , so giebt Vf. das James-
Pulver zu 5 — 30 Ctgrmm. Das Kind muss in einer
warmen, feuchten Temperatur gehalten werden. Bei
der schweren Form ist ein ähnliches Verfahren ein-
zuschlagen; ist die Dyspnoe bedeutend, so können
Hautreize angewendet werden; auch kann zuweilen
eine energische Ableitung nach dem Darmkanale nöthig
sein. (Sickel.V— ■
334
VI. Chinirgie, Ophthalmologie u. Otiatrik«
VI. Chinirgie, Ophthalmologie und Otiatrikt
538. Pathologisch -anatomische Skiue der
Osteoporose der Gelenkenden der Knochen;
von Dr. Heinrich Wenig. (luaug.-Dissert. Erlan-
gen 1852.)
Die vorliegende Abhandlung giebl unter Zugrunde-
legung von Rokilansky*s Ansicht einen schäU-
haren Beitrag zur pathologischen Anatomie der ent-
ittndlichen Form der Osteoporose und zu einer ge-
naueren Erörterung dieses Krankheitsprocesses.
Der leichtern Uebersicht wegen wird dieser Pro-
cess in zwei Stadien getheilt » von welchen das vor-
hergehende oder Anrangsstadium den Namen Osteo--
poröse in der That verdient, wahrend das nachfol-
gende oder Endstadium von mehreren Schriftstellern
als Osteosklerose bezeichnet wird.
Die pathologisch - anatomischen Veränderungen,
welche das erste Stadium charaklerisiren , sind fol-
gende.
Die Gelenkenden der )Cnochen sind angeschwollen.
Die Räume derselben, besonders die Ifarkzellen,
sind erweitert.
Die Gelenkenden sind dunkler gefärbt, blut-
reich.
In den Markräumen findet sich eine dickliche,
nicht gleichartig gefSrbte (graurOlhliche , dunkel-
rothe, schmiilzigrothbraune), galiertarlige Flüssig-
keit, hier und da sind kleine Bhitextravasate be-
merkbar.
Die erkrankten Gelenkenden erscheinen weicher,
leicht schneidbar oder eindrückbar, an der Oberfläche
grob porOs.
Die Beinhaut ist leichter vom Knochen abziehbar,
meist angeschwollen, injicirt, verdickt.
Die knorpligen GelenkUberzttge werden entweder
verdünnt, geschwunden angetrofifen, oder aufgequol-
len, mit faserig filziger Entartung der hyalinen Grund-
lage, anscheinend seltner ist die hyaline Grundlage
faserig netzfbrmig umgestaltet, mit nachfolgender Ab-
lagerung von Kalksalzen und Uebergang zu VerknO-
cherung.
In der Gelenkhöhle ist eine reichliche Menge nor-
maler oder krankhaft veränderter Synovialflüssigkeit
vorhanden ; die Synovialhaute sind geschwollen und
injicirt.
Aus diesem Befunde lässt sich mit Sicherheit an-
nehmen , dass ein EntzUndungsprocess der Gelenk-
enden der Knochen zu Grunde liegt, welcher nach
vorhergegangener Hyperämie und Stase ein Entzün-
dungsproduct liefert. Dieses, bisher wenig beach-
tet, ist ein nur sehr wenig gerinnfähiges, gallert-
artiges, welches lange, ohne ctoe besoDdere
morphose einzugehen, in den Knochen
durch Resorption flüssiger Bestandtheile abnira^
durch neue Exsudation zunimmt. Was nait dN
Exsudate fernerhin geschieht, ist bis jetzt nicht a
gewiesen, wahrscheinlich aber, dass es sich in t
auch unvollkommene Knochenmasse umwandehili
Dass vielleicht noch andere von dem angegeb
verschiedene Exsudate im Gefolge dieses EnUlbidii
processes einhergehen , lässt sich daraus
dass sich - später eine nur entfernt dem Knod
gewebe ähnliche Kalkmasse bildet, oder djsi
durch verschiedene Mittelstufen durchgehend s
normales, mikroskopisch nachweisbares Knocfa
gewebe erzeugt, od. dass sich in der Nachbaneliaft i
Gelenkenden in der Synovialmembran dichte, bin
fibroide Neubildungen entwickeln.
Die Veränderungen, welche in den ha^
stattfinden, sind secundär. Man findet deilMqd
geschwunden. Dieser Schwund wird oMi
durch die Volumszunahme des Gelenkendes desU
chens, wobei eine Massenzunahme des Knorpeb
stattfindet, während noch eine neue, Druck
sende Ursache durch eine von dem gegendberliq
den Gelenktheile dargebotene grössere Berahroi
fläche hinzukommt. In andern Fällen bat der Ka
pel eine faserig filzige Textur angenommen,
lässt sich auf doppelle Weise erklären ; entweder
hyaline Grundlage des Knorpels wird faserig
Knorpelzellen verscliwindm allmälig; öderes
vorher, durch was immer fUr eine Ursache, ein S
slanzverlusl im Knorpel Statt, welcher durch
Exsudulion des blosliegenden Knochengewebes
setzt wird, welche die faserig filzige Textur annii
Prof. Dittrich hält die erstere Entstehungs«
für wahrscheinlich , wegen des innigen Zusaoi
banges des filzigen Gewebes mit der Corlicalsnbst
des Knochens, während Rok*itansky die kutfi«
Erklärung giebt.
Die Missstaltung der so veränderten Gelenkeada
der Knochen , als der formelle Ausdruck der Ikn^
heit ist durchaus nicht gleichförmig. Sie hängt i
von dem Grade des Entzttndungsprocesses ; von ^
langsamen oder stürmischen Verlaufe; von den fr
Sachen , je nachdem die Osteoporose primär aultiü
oder durch eine andere Gelenkkrankheil bedingt ist
von der Constitution, dem Alter und Geschlecht (!
der Kranken; von der Beschaffenheit der übrige
Knochen ; von der Ausbreitung der Krankheit ; m
der Bewegung oder Buhe des Gelenks in Att Kraek
heit.
Im Hüftgelenke treten speciell folgende Missstal
tungen hervor: 1) Erweiterung der Gelenkböhl«
2) Verflachung derselben; 3) AbplaUung des GeM
VI. Chirurgie» Ophthalmologie u. Otiatrik.
335
pfes (Pikforin)y UDd es kODoen so die charakte-
tiAcfaen Zeichen der Geleukmissstal langen Überhaupt
Tgestelll werden.
Das zweite Stadium, das der Osteosklerose, wird
durch charakterisirt , dass eine ossiGcirende Abla-
rung in die Gelenkenden geschieht , deren Einlrilt
d Verlauf freilich wohl niemals nur annäherungs-
lise beobachtet und beschrieben worden ist. Die
nntniss dieses Vorganges wird nur durch einen
ckschluss ermillelt. Jene Ablagerung nun ist kei-
Bwegs immer von gleicher Natur, sondern im Ge-
niheil auffallend verschieden, sie ist zuweilen
antitativ und qualitativ unvolisUlndig, indem blos
3r und da die osteoporotischen Markräume mit
ler schwammigen Knochenmasse ausgefüllt sind , in
ineben PXllen zeigt die neue Ablagerung daher das
I sehen einer unregelmSssigen Ahljgerung von Kalk-
Izen in Form von kreideSihnlichen Massen mit uu-
utlicher laroellOser Structur des Kochengewebes
i sparsamen, oder ganz fehlenden, oder gruppen-
iiae zusammengedrängten Knochenkörperchen. Aus
ssem Knochengewebe bestehen die Osteophyten,
siehe als Resultat einer Periostitis, oder einer Ent-
ndung der fibrösen oder serösen tiHenkkapsel hau-
; , wenn auch nicht charakteristisch nothwendig
rbanden sind. Ebenso oft zeigt aber die hinzuge-
mmene Knochenablagerung einen deutlich lamelld-
n Bau, deutliche, selbst gut entwickelte Knochen-
rperchen, kurz eine dem normalen Knochengewebe
hr nahe stehende Knochenmasse.
Der Knorpel verschwindet bei dem Eintritt der
lerose völlig; sei es durch Alrophiren, oder durch
igrundegehen des Faserfilzes (entweder durch den
uck der Gelenkflachen , oder nach Rokitansky
irch Verödung des der Ernährung vorsiehenden
»f^ssapparates u. der schwammigen Knochenenden),
ler durch Ablagerung von Kalksalzen in die Knor-
Izellen und Verkuöcherunff. Hierdurch ist, weil
e Gelenke nie völlig bewegungsfällig sind , das Ab-
ischliffensein , die Politur, der köchernen Gelenk-
icheo bedingt, welche vorzugsweise zu Stande
»mrnt, wenn die abgelagerte Knochenroasse mehr
De kalkähnliche Beschaffenheit, als die eines normä-
a Knochengewebes hat.
Die Krankheit kann in allen Gelenken vorkom-
en. Nach den Präparaten im Erlauger Museum
Idet sich folgende Reihe : Hüftgelenk, Ellenbogen-
ilenk, Oberarm-, Knie- und Ftngergelenk.
In Bezug auf die pathologische Bedeutung wird
e Ansicht des Prof. Dittrich mitgetheilt, welcher
mimmt, dass diese Gelenkerkrankung eine selbst-
ändige Krankheit sei, die meist im vorgerückten
Her auftritt , wobei die übrigen Knochen nicht mit-
iden und welche während des Lebens schmerzhaft
t. Es ist diess diejenige Form, welche viele Beob-
!hter als einen gichlischen Entzttndungsprocess be-
achten. Charakteristisch für diese Form ist die
^enthomliche Osteosklerose in Form einer matt-
weissen, kreideähnlichen Knochenablagernng in u. um
die Gelenkenden. So viel kann mit Recht wohl
Oberhaupt angenommen werden , dass es nicht blos
eine auf das Gelenk beschränkte und durch locale
Ursachen hervorgerufene Krankheit ist, sondern dass
eine Anomalie der Constitution zu Grunde liegt, wenn
sich auch die Qualität derselben zur Zeit noch nicht
bestimmen lässt.
In einer zweiten Reihe von Fällen lässt sich eine
rein locale Ursache nachweisen (Bruch , Luxation,
traumatische Gelenkentzündung), aus welcher sich
derselbe Process von Osteoporose u. darauf folgende
Sklerose entwickelt. Ausser dem nachweisbaren
Befund der Heilung eines Bruchs, einer Luxation
u. s. w. ist hier die neu abgelagerte Knochenmasse, so-
wohl in den Gelenkenden, als auch in den Osteophy-
ten, dem normalen Knochengewebe nahestehend,
nicht matlweiss, kreideähnlich, u. somit verschieden
von der in der vorigen Reihe erwähnten.
Eine dritte Reihe von Fällen wird durch folgende
Momente bezeichnet: 1) constantes Auftreten im
höheren Alter, daher vorgeschrittene Atrophie der
gesamniten Knochen; 2) quantitativ und qualitativ
unvollkommene Osteosklerose; 3) meist sehr weit
gediehene Missstaltung der Gelenkenden, besonders
bedeutendes ZusammengedrUcktsein der Gelenkköpfe ;
4) mangelhafte Osteophyten.
Die Involution des Knochengewebes ist jedenfalls
der Grund dieses von den 2 frühern Reihen verschie-
denen Verhaltens. Ob aber in der beginnenden In-
volution des Knochengewebes selbst, oder in einer
Alienation der Gesammtconstitution , oder endlich in
einer durch traumatische Veranlassung herbeigeführ-
ten Gelenkerkrankung, bei schon vorhandener Involu-
tion der Knochen im höhern Alter , die Uri^ache die-
ses Leidens zu suchen sei, ist derzeit nicht ermittelt.
(Heil.)
539. Eigenthfimliche Affection der Knochen
desFnSSeS, mitgetheilt aus der Klinik NSlaton's.
(Gaz. des Uöp. 4. 1852.)
Ein 35 J. alter Kunsllischler von etwas schwächlichem
Körperbau , aber suost gesunden Brust- und Bauchorganeo,
leidet seit länger als 12 Jahren an brandiger Losstossnng der
Fussknocheu unter so eigenthümlichen Erscheinungen , dass
analoge Beispiele noch gar nicht beobachtet worden sa sein
scheinen. Die Rnocbenaffectiun bat an den Metataraalköpfen
begonnen und sich unverändert unter folgenden Erscheinungen
entwickelt. Unter bohrenden Schmerzen, ohne entzündliche
ÄDScbwellung erbebt sieb auf der Haut , die die Knochenvor-
sprunge an der Plantarseite bedeckt, eine Phlyktäne ; die er-
hobene Epidermis dehnt sich im Verlauf mehrerer Tage aus,
füllt sich mit einer serös-purulenten Flüssigkeit, und wenn sie
platzt oder geöffnet wird , so erscheint die darunter liegende
wunde Hautfläche rosig gerötbet u. ausserordentlich empfind-
lich bei der Berührung. Die rosige Haut nimmt allmilig eine
schmutzige Färbung an und excoriirt sich unter fortwahrender
wässerig eitriger Absonderung zu einer kleinen Fisteloffnung,
die nur bis in das unterbäutige Zellgewebe geht. In einem
Zeiträume von 4 — 6 Wochen verändert sich die kleine Fistel-
öffnung nicht im mindesten und die eingebrachte Sonde dringt
nur bis ins Zellgewebe^ nach dieser Zeit aber stosst die Senden-
33»
VI. Chirurgie, Ophthaimolagie v. Otiatrik.
ajpitce auf einmal auf eine kleine, blossliegende , nekrotische
Hnocbenpartit, die FistelöflbuDg vergrössert sich u. es bildet
sich ein Sequester, der extrahirt werden kann, oder sich von
selbst losstost. Nach Entfernung des Sequesters tritt Heilung
mit Bildung einer Tertieften Narbe ein. Diess ist der Vorgang,
der »ich bei dein erwähnten Kranken in 12 J. ausserordentlich
olt wiederAolt und ferscbiedene chirurgische Eingriffe hervor-
gerufen hat. Vor 12 J. extrahirte Ricord zuerst den ne-
krotischen Kopf des 5. Metatarsalknochens des linken Fusses ;
2 J. später entfernte Bland in an demselben Fuss den Meta-
tarsalkopf der grossen Zehe ; einige- Monate später nahm
Nälaton'den Metatarsaikopf der kleinen Zehe am rechten
Fusse weg, und führte 11 Monate spater dieselbe Operation
am Metatarsalkopfe der 4. Zehe des rechten Fusses aus.
Boy er und Mi c hon extrahirten in den folgenden 3 J. 4
oder ttmal die nekrotischen Metatarsalkopfe der übrigen Zehen.
Malgaigne exarticulirte 2 Zehen des Kr.*, die unter Pblyk-
tänenbildnng bis zum Knochen dringende FistelöiFnuogen be-
kommen hatten. Vor 2 J. , wo am linken Fasse des Pat. an
allen 5 Metatarsalknochen neue partielle Knochennekrose ent^
standen war, amputirte Malgaigne den Fuss in der Mitte
der Metatarsalknochen ; der nach 4 Wochen als geheilt ent-
lassene Kr. kehrte nach 3 Monaten zurück und es hatte sich
abermals an den Metatarsalknochen des Stumpfes Nekrose
entwickelt, welche nun durch Amputation in der Verbindung
der Metatarsalknochen mit den Tursaiknocben beseitigt wurde.
Vor einigen Monaten kam der Kr. zu N ^ 1 a t o o , weil sich an
3 Stellen der Metatarsalknochen dos rechten Fusses unter
Phlyktänenbildung u. Verschwärurig der Hnut wiederum Kno-
chenbrand ausgebildet hatte.
N^laton gesteht, dass er nicht im Stande sei,
die Natur dieses eigenthUnilichen Leidens naher za
bestimmen ; die Affeclion scheint von den Weichtiiei*
len aus auf die Knochen fortzuschreiten , doch sind
die Erscheinungen, mil welchen die AfTcclion in den
Weichlheilen auftritt, wiederum so gering, und, die
Schmerzhufligkeit ausgenommen, so unbedeutend, dass
man wohl auch ein primJires Knochcnleiden anzuneh-
men versucht sein könnte. Ein merkwürdiger Tm-
stand ist der, dass die Affeclion gcwissermaassen ein
hereditäres Leiden bildet, denn Pal. giebt an» dass 2
seiner Brüder auf dieselbe Weise mehrfach erkrankt
seien , und dass einer derselben sogar in Folge der
verbreiteten brandigen Zerstörung gestorben sei. Die
Frage, ob man in diesem Falle fortfahren solle, durch
AmputatLonen der Knochennekrose CinhaH zu Ihun,
beantwortet N. verneinend, indem er eben darauf
hindeutet» dass die Operation die Recidive nicht habe
verhindern können. Da die Affeclion sich immer nur
an den Stellen entwickelt hat, wo die Kffpfe der Me-
tatarsalknochen einen Druck auf die Haut ausüben, vu
da selbst die Recidiven nach der Amputation mit dem
Druck des Knochensiumpfes auf die Weichtheile in
Verbindung zn stehen scheinen , -so erscheint es am
Zweckniässigslen , zu versuchen, durch Vermeidung
allea Druckes dem Wiedererscheinen der Affeclion
vortubeugea. Da aber die Fersenhaul an beiden
Fassen keine Affeclion durch den Druck des Fersen-
knochens bisher erlitten hat , und auch zu einer sol-
chen nicht geneigt acheint, so heahsichtigl N« den
Druck und die Last des Körpers einzig auf die Fer&e
wirken zu lassen und dem Pat. einen Verband anzu-
legen, der den Fuss im Fussgelenk fortwährend in
Flexion erhalU Das Gehen wird zwar durch einen
-\skmi VerbADdapparat eischwefft u. ^dem Geben auf
Steicen Xhnltch werden, allein aller Dniek «nf Tbeile,
die M sehr zu brandiger Entartung peaei^ eini
wird dadurch vermieden werden.
Vösigni^ berichtet (Gaz. des Hdp. 15. 1852)
aus dem Hdtel-Dieu voii Abbevüle, dass er in 20 iak-
ren bei 4 Individuen dasselbe Leiden, welches N^-
laton als eigenthUuliche Affeclion der Kooclien da
Fusses beschreibt, wenn auch nicht in so hochgradi*
ger Form , zu beobaditen Gelegenheit gdiabi hak.
Aus der weitschweifigen Schilderung der g«4acblea 4
Fülle, nebst den beigefügten Bemerkungen • gehi i»-
dess hervor, dass die Beispiele von V. mil dem Falle
von N^i. aucii nicht die mindeste Aeholichkeit babea.
In den Fällen , die V. anführt , enlwickelle sich i»
Leiden allerdings auch an der Plantarfljiche df^ Haat
des Fusses über den Metatarsalköpfen , allew abge-
sehen davon, dass die Entwicklung der Affeclion ais-
serordentlich langsam vor sich ging, trat sie nidtt
nur unter gariz andern Symptomen anf, soeden
zeigte auch, mil Ausnahme eines Falles, gar UiK
Beziehung zu den Knochen und gar keine Neiguaf n
Recidiven. In V.'s Fällen begann die Aflediaa nie
mit Phlyktänenbildung, sondern stets mit h4iniartiger
Epidermisverdickung der Haut auf der PlnolaifildM
unter dem Metatarsalkopfe der grossen oder der klo-
nen Zehe. Die anfänglich sehr kleine, homariife
Verdickung, erregle zuerst gar keine Beschwerden i.
nahm nur sehr langsam an Umfang und Dicke vl
Endlich trat beim Geben einiger Schmerz ein, da
sich steigerte und zuletzt das Geben äussersi
schwerlich oder seihst unmöglich machte. Die Hat
um das liorn halte sich gerölhel. Wenn das Hon
der Planta vorsichtig mit dem Messer schiclitenwei$£
abgetragen wurde, fand man unler demselben eis
cxcoriirle, wunde, nässende und empfindliche Ha«-
slclle; das üorn erzeugte sich immer wieder «d
musste vielmals abgetragen werden, ehe die SteSs
gehörig verheilte. Bei einem Handarbeiter, der tnti
seinen Beschwerden dennoch immer seinen anstm-
gcnden Beschäftigungen oblag, bildete sich endlich fit-
göse Wucherung an der wimden Stelle unter da
Hörn , die Zehe und der ganze Fuss schwoll jb»
übele Absonderung folgte und endlich kam es zneincr
nekrotischen Abstossung des Melatarsalkopfs der gros-
sen Zehe, wonach Heilung eintrat.
V. erklärt das Leiden für eine Psoriasis , die sid
verbreitend die unterliegende Haut zur Entrandung i
Verschwärung bringt, u. glaubt den Beweis für sei«
Meinung darin zu finden, dass er in den gedachUf
Fällen durch den innern Gebrauch von AraeniksoS»
tion rasche Besserung und Heilung erzielte. — [V4I
der Hautkrankbeil , welche die Pathologen Psorinsi
nennen, ist in den Fällen von V. gar nicht die Eedt
sondern es handett sich nur um sogenannte Corwa
d. h. hornartige Bpidermiaverdickungen als Omd
prodncie in Folge von Druck des Schuhwerk«, odi
von Druck der subcutanen Knochenvonprilnge , dii
«Ater UmsUndefl allerdings die umgebende uod dar
«otcfflieigeflde BmA wie beibaniit in
Tl. Chinurgie» Ophduliiologia o. OtiatriL
337
DleeratioB Yertetsea kOsneii. Der Fall von N« la-
to n aber giebt eio Beispiel einer mit pblykUnOser
EnuanduDg der Hant aber den Metatarsalköpfen ent-
itehenden eigenthamlichen Afleclion, die gar bald in
Knochenbrand ttbergeht, der nach der Sequesterlos-
Rtossung beilly um nach kurzer Zeit unter denselben
Erscheinungen wieder aufzutreten.]
(Slreubel.)
540. üeber dieBehaiidlug schlecht geheil-
ter dnerbrtche der Kniescheibe; ton Bon neu
(Bev. m6d.-chir. Dec. 1851.)
Die Behandlung der queren Fracturen der Knie-
scheibe besteht im Allgemeinen im Gebrauch eines
festen Schienenapparats, der den Unterschenkel aut-
gestreckt, die Ferse erhoben erbalt, und in der Anle-
gung von Binden, die den 2 weck haben, die ausein-
ander getretenen Bruchstücke zu nahern und genä-
hert zu erhalten. Leider haben alle die gebrauch-
lichen Verbandweisen ihre UnvoUkommenheiten, und
der Chirurg muss fortwahrend mit grosser Vorsicht
den Verband flberwachen, um durch diesen nicht
selbst betrachtliche Nachlheile für den Fat. einzulei-
ten. Wenn die gestreckte und erhobene Stellung
des Unterschenkels, bei queren Kniescheibenfracturen
am besten die Muskeln des Oberschenkels gleichmassig
erschlafft , so darf doch der Unterschenkel nicht aber
20 bis 25 Gtmtr. erhoben werden, weil sonst die
Muskeln an der hintern Seite des Schenkelbeins eine
Zerrung erleiden, die sie zur Gontraction zwingt , u.
Auseinanderziehung der Bruchfragmenie zur Folge
haben muss. Wenn der solide Schienen- oder Rin-
nenverband nicht so eingerichtet ist, dass er einen
ziemlichen Theil des Oberschenkels mit umfasst, und
dass er der Ferse des erhobenen Unterschenkels einen
Stutzpunkt gewahrt, so erregt er leicht unregelmas-
sige Muskelaction , die sich durch schmerzhaftes Zie-
hen in der Extremität kund giebt, und gleichfalls mit
Auseinanderrttcken der Bruchstücken endet. Noch
schlimmer als die Lage und der Apparat pQegen aber
die Binden selbst zu wirken, wie Nalgaigne zuerst
dargethan hat; mag man die Binden, welche die
BruchsiOcke nahem sollen, nach der Achse des Glie-
des , oder schief oder quer anlegen , immer Oben sie
dicht oberhalb und unterhalb der Patella einen Druck
auf die Sehne des Qnadriceps und auf das Patellar-
ligament aus, welcher diese Theile niederdrückt, u.
wenn er auch im Stande ist, die Fragmente naher
aneinander zu bringen, diesen doch andrerseits an
der Bruchstelle eine umkippende Bewegung mittheilt,
'nach welcher die Bruchstücke winklig zusammenstos-
sen und die Bruchflachen selbst einen nach aussen
offenen Winkel bilden. Die Umkippung und winklige
Zusammendrangung der Bruchstücken lasst sich aber
auf keine Weise beseitigen , und selbst ein directer
Druck mittels Binden auf die Winkelstelle vermag' nie
die Bruchflachen passend an einander zu bringen. So
viel stellt sich mit Bestimmtheit heraus, dass alle
jene unzahligen Verbandweisen , lediglich ersonnen,
M0d.Jilirbb.^B4.7A. HftS.
um die Bruchstücke in Contact zu bringen, weit ent-
fernt sind diesen Zweck zu erfüllen. Dessenun-
geachtet ist die Vorhersage bei den einfachen queren
Fracturen der Kniescheibe nicht ungünstig, und in
der Mehrzahl der Falle wird eine Heilung ohne allen
bleibenden Nachtheil erzielt. Es ist bekannt, dass
nur selten und ausnahmsweise die Fragmente der ge-
brochenen Kniescheibe durch Callusmasse aneinander
gelothet werden, und dass gewöhnlich eine fibrüse
Zwischensubstanz die Bruchstücke verbindet; die
fibröse Zwischensubstanz ist aber meist so fest und
resistent, dass sie den Callus fast vollständig ersetzt
und der Kniescheibe ihre frühere Festigkeit zurttck-
giebU Ist das fibröse Zwischengewebe nur sonst
gehörig fest und resistent, so kann es eine Breite bis
zu 2 Ctmtr. haben , ohne dass dadurch die Beweg-
lichkeit und Starke des Gliedes nur im mindesten
beeinträchtigt wird. Zuweilen ereignet es sich aller-
dings, dass die fracturirende Gewalt nicht allein die
Kniescheibe quer trennt, sondern auch die fibrOse
Gelenkkapsel des Kniegelenks einreisst, und ein sol-
ches Klaffen der Bruchslücke zu Wege bringt, dass
keine Lagerung, kein Verband die Bruchslücke zu
nahern vermag, und dass sich eine dünne nicht resi-
stente Zwischensubstanz bildet, die eine Breite von
3 — 7 Gtmtr. hat, die Bruchstücke nicht fest zusam-
menhält, und endlich die ganze Extremität in einem
gelahmten ZusUnd zurücklasst. In solchen Fallen,
die glücklicherweise nicht sehr häufig vorkommen,
erkennt man deutlich die Wirkungslosigkeit der ge-
wöhnlichen Verbandweisen und man wird zu jenen
energischen Mitteln hingeführt, die einzig Hülfe zu
bringen im Stande sind, und welche die meisten Ghi-
rurgen immer noch in Anwendung zu bringen verab-
säumt haben«
Zuerst sind hier die Metallklammem Malgaig^
ne's zu erwähnen, die am obern und untern Rand
der Patella durch die Haut bis in die Knochensubstanz
gehakt und durch Schraubendrehung in der Mitte so
zusammengezogen werden, dass sie die klaffenden
Bruchstücke gewaltsam in gehörigen Gontact bringen.
Die Falle von Malgaigne, N^laton und Vf. ha-
ben aufs Glänzendste die Wirkung dieser Metallklam-
mern dargethan. Die weit von einander abstehen-
den Bruchstücke der Kniescheibe, die auf keine Weise,
weder durch Ruhe, Lagerung des Gliedes, noch durch
irgend ein Verbandmittel so genähert werden konn-
ten , dass sich eine Heilung ohne wesentliche Func-
tionsstOrung voraussetzen liess, wurden durch M.'s
Klammern sofort in Berührung gebracht. Die Klam-
mem blieben 14 Tage bis 4 Wochen liegen und an
den Stellen , wo sie durch die Haut bis in die Kno-
chensubstanz drangen, bildete sich nur eine ganz
beschrankte Entzündung mit äusserst geringer Eiter-
absonderung aus.
Rigaud zu Strassburg, welcher die Bemerkung
machte, dass die Anlegung derMetallklammera zuwei-
len mit grosser Schwierigkeit verbunden sei, o. dus
43
33S
VI. Chiröfgle, Ophthalmologie tt. (Xiatrik.
die firuchstücke der Patelld durch die gekrdtaidteii
Baken der Klammern nicht immer gehörig ergri/Teti
werden konnten, versuchte statt der Klammem Me^
tallstifle , die 3 Ctmtr. lang und an dem einen Ende
mit einem feinen bohrgang, an dem andern mit einer
kleinen Handhabe versehen waren (vis implantöes).
Die Metallslirte wurden so angelegt, dass Sie in der
Milte des obern und untern ßfuchsttlcks , 1 Ctmtr.
von dem Fracturrande entfernt, durch die Haut ein-
gestochen und 4 — 5 Mmlr. tief in die Knochensub-
stanz der Kniescheibe eingeschraubt wurden. Die so
befestigten Melalislifte wurden endlich mit starken
Faden in Achtertouren umschlungen und langsam
aneinander gezogen, bis die Ränder der Fractur zu-
sammensUessen. Vf. hat sich sowohl durch Leichen-
eiperimenle, so wie auch 2mal an Lebenden von der
stets leichten Application der Metallstifte tiberzeugt,
und da sie eine ebenso beschrankte Enlzflndung, wie
die Klammern bedingen, so glaubt er sie den letztern
im Allgemeinen vorziehen zu müssen. Mit Recht
bemerkt er, dass die Klammern, wie die Metallstifle,
noch viel zu Wenig von den Chirurgen in Gebrauch
gezogen worden sind, obgleich sie gerade bei frischen
Pracluren der Kniescheibe, mit starkem Klaffen der
Bruchstücke, nebst der gehörigen Lagerung des Glie-
des, allein hinreichen , um die Bruchsttlcke zur er-
wünschten Vereinigung mit möglichst schmaler Zwi-
schensubslanz zu bringen.
Ein zweites Mittel, um die stark klafTenden Bruch-
stücke der gebrochenen Kniescheibe näher aneinander
zu bringen, besteht in der subcutanen Muskel- uod
Sehnendurchschneidung. Dieffenbach soll zuerst
bei einer queren Fractur der Patetia den Rectos femo-
ris 3" Ober dem Rande der Kniescheibe subcutan
durchschnitten haben. Malgaigne bemerkt sehr
riehtig, daas dio blese Durchscbneiduag des Rectus
wenig ntttzen kOone, wenn nicht gleichzeitig eine
Durchscboeidung des Tricep« damit verbunden werde.
Die Durdischaeiduug des Quadriceps , wenn sie voll-
ständig ausgeführt worden ist, bringt allerdings so-
fort ein Herabsinken des obern Bruchstücks der Pa-
lella tu Stande ; in frischen Fällen von Kniescheiben-
fracturen dürAe indessen diese Durchschneidung un-
Büthig sein, da man hier durch die Klammern und
Metallstifle allein schon die Näherung der BruchslUk-
ke erzielt. Anders ist es bei veralteten u. schlecht
geheilten Kniescheiben fractvreo, hier kann die subcu-
tane Durchschneidung, verbunden mit noch andern
operativen Eingriffen, eine schätzbare Beihülfe gewah-
ren. Bei der subcutanen Durchschneidung des Qua-
driceps geht man , um liie vollständige Trennung zu
erreichen, am besten von 2 Slichpunkten aus« Man
bildet die Haulfallen dicht unter der Mitte des Ober-
sebenkels an der äussern und inoern Seile» u. durch-
schneidet mittels eines schmalen , langen Tenoloms
den Quadriceps l^a" ^^^r der Palella von aussen u.
innen. Durch den langen Unterhäutigen Kanal, den
man auf beiden Seilen des Oberschenkels bei der Ein-
führung des Tenotoms anlegt, beugt man am sicher-
en dem Luftzutritte von
Die schlimmsten Fälle sind diejenigen, in wekka
eine quere Kfiiescheibenfraclur schlecht, d. h. «
Bildung einer 3—6 Ctmtr. breiten Zwischensubst«
verheilt ist. Die breite Zwischensubstaot ist in sd^
chen Fällen nur dünn , der Schenkel beugt sich »
willkürlich im Kniegelenk , kann gar nicht gestrat
werden, das Bein verliert alle Kraft, der Pat. ha
nur hinkend eiiihergehen , verliert leicht das Gieki-
gewicht und sinkt bei dem geringsten Hindeniw
zusammen. Zuweilen ist dann das hinkaade Mn
überhaupt nur möglich , nachdem durch eine etm
gebogene rinnenfOrmige Schiene, die man im Kmt-
gelenk mit Binden befestigt hat, dem Beine eine ki
von Stütze gegeben worden ist. Die Zeit vermag ii
solchen Fällen den schlimmen Zustand des PaL nicb
zu verbessern. Die operative Behandlung muss i
solchen Fallen eine Dreifache sein. Zuerst basddt
es sich um eine nicht consolidirte Fractur , um eise
Pseudarlhrose. Die dünne, breite Zwischensuhsuii
muss beseitigt werden , die klaffenden RSoder te
Fractur müssen in einen entzündlichen Znstaad ro^
setzt werden, damit sie eine festere, kürzer« nid
resistentere Zwischensubstanz prodnciren isaaeiL
Zu diesem End^ muss man mit einem Tenolom voi
den Schenkelbeincondylen aus an die FVactorstefle
dringen, u. hier subcutan die dünne, breite Zwiscb» !
Substanz von den Fractorrändern abtrennen. Da ht
veraltete nicht consolidirte Fractur eine Contract«
des Quadriceps hervorgerufen hat, die nicht das ge-
ringste Herabziehen des obern Bruchstücks gestattet,
so ist zweitens die subcutane Durchschneidung de
Quadriceps nOthig. tJnd da die Durchscfaneidung 4a
Quadriceps nicht einmal hinreichend ist, um die Brad-
stücke aneinander zu bringen, so muss drittens mA
die Application der Klammern od. der Metallslifte p-
schehen, damit die angefrischten Bruchstücke bisis
festen Verheilung in genauem Contact gehalten mh
den können. Als Beweis für die Nützlichkeit des »
gegebenen Verfahrens wird folgender Fall mitgetbeä
Ein 44jelir. kräftiger Mann hatte Im Dec. 1848 dieRrä^i
Scheibe quer gebrochen ; er war mit eraem Verband voiiSe^l
Ben üSd Binden nach der gewöinlicben Weile bebandcb m-
den. Trotz dem bäuflg erneuerten und verstärkten Vofaai
gelang es nicht, die weit auseinander gewichenen BrucbslütU
der Patella zu nähern, vielmehr schienen diese immer «ite
zu klaffen, und es kam keine Coosolidatiott zwiscbea ^
aelbed 20 Slinde. Pal. verlor fast ^nc den Gebrauob scae
Gliedes, er konnte nur mäbsam, hinkend und da« Bcio aad-
schleppend einhergeben , musste sieb einer Krücke bediesa
und hatte alle Kraft iuiti Auftreten verloren. Im Jao. ISSI
Btellie er sich im flötel-Dien tu Lyon dem Vf. vor. Da^ €fct
war tierolicb abgemagert, die weit klaffettdea BTttchsiäete Ar
Patella hatten eine dünne, breite, baatige ZwisebeosubataK
zwischen sich. Brachte man den Schenkel in Ezteasion , sl
stand das obere Bruchstöck 5—6 Ctmtr. von dem uniera al]
und bei der Flexion des Schenkels stieg der Abstand de
Bnickfetuckc bis zu 10 Untr. Bebafs der tabcalaaen Bmi^
ftohneiduog des Quadriceps wurden am 18. Jan. 2 Ei«sti^
an der äussern und innern Seite des Oberschenkels anterbab
der Mille gemacht, ein langes Tenotom unter der Hau! dank
den Einstieb bis IYj" Ober der PaieHa blDgeföbrl, und mm
vorn nai^h bintea die Sebbe des Qoadricept ia 2 AbacboHUi
durchgeschnitten. Nach der Durcbscbaeidung dea Qosdiicafi
stieg das obere Bruchstück der Patelki über 3 Ctmtr. wtfi
herab. Zum subcutanen Anfriscben der Bracbstucke b»
VI. Chirurgie, Ophtbalipologie u. Otiatrik.
939
i^ sichB. eipes dünnen Tenotoms mit abgerundeter Klinge
Blumpfer Spitze. Zuerst wurde ein Einstich am innern
lylus gemacht, das Tenotom eiogefQbrt und mittels des-
tn das fibröse Gewebe von den Rändern der Bruchstücke
lui^ Mitte getrennt; dann. wurde durch einen Einstich am
era Condylus das Tenotom zum zweiten Male eingebracht
von aussen her die Ränder angefrischt. Das Anfri^cben
Bt bildete eine schwierige und mühsame Operation, indem
Bruchränder sehr hocicrig geworden waren u. viele Schnitte
I wendig waren, um die gehörige Abtrennung des fibrösen,
tjg^n Oowebea zu bewirlten. Die Stichwueden zur Ein«
«ing des Teqotoms wurden nach der Operation sofort mit
odium verlilebt. Nach diesen 2 Operationen wurde das
d ia eine gekrümmte Rinne gelagert, so dafts der Unter-
Miket 15 Ctmtr. erhoben war, u. die Ferse am Ende der Rinne
rn Stutzpunkt fand. In den 4 ersten Tagen schwoll das
pgelenk beträchtlich an und zeigte das Bild einer acuten
lartbrose; in den folgenden 3 Tagen vorschwand die ent-
dlicbe Geschwulst, und das Gelenk kehrte zu seinem nor-
len Volumen zurück. Am 25. Jan. unternahm Vf. die Ein-
ruDg von Metallitiften in der Mitte der Brachstuckei Ctmtr.
I Raad entfernt; nach Einbohrung derselben wurden die
allstifte mit gewichsten Fäden umschlungen und anHnan-
gezogen, wodurch es geTang, die BrurhstOcke so weit zu
tf rn , dnss sie nach aussen weniger als 1 Ctmtr. , nach
en gerade 1 Clmtr. weil abstanden. Die MotaÜHtifle blje-
I 40 Tage liegen , erregten nur anfänglich Schmerz und
ichwellung und bildeten kleine, geröthete, wenig eiternde
lale. Nachdem die locker gewordenen MetalUtifle entfernt
roD , aeigte sich , dass die Bruchstücke durch eine feste,
istente, fibröse Zwischensuhstanz , die nicht ganz 2 Ctmtr,
»tt war, sich vereinigt hatten. 8 Wochen nach der ersten
«ratioD wunlea die ersten Gehversuche vorgenommen , wo-
zur grassern Sicherheit eine etwas gebogene , gefütterte
tallrinne, die sich bis zur Hälfte des Unterschenkels u.
erschenkels erstreckte , in der Kniekehle befestigt wurde.
nch bei den ersten Versuchen versicherte Pat., dass er sein
in weit kräftiger fühle als früher; allmälig lernte er das-
be immer besser und freier brauchen, er konnte den Sehen«
1 strecken und bis zum rechten Winkel beugen , und ziem-
h lange Fusstouren ohne die mindeste Erschöpfung vollbrio-
d. Im Juli legte Pat. die Befestigungsschiene ab und des-
Buogeaebtet behielt das Bein die gehörige Kraft nnd Festig-
II. (Streu bei.)
541. Terrenkung der Nasenknoehen ohne
raciur derselben nach Einwirkung einer trauma-
tchen Ursache^ von Dr. Bourguet zu Aix. (Ibid.
oüt.)
Uaber die Verreokung der N^senknochen «chwei*-
»a die meisieo HaodbOcher der Chirurgie voJi9iiiQdig.
. Bell und Heister heben zwar die Nöglicbkfit
»er solcheg Verletzung ztigegeben, ohne sie jedoch
urob ein Beiipiel zu belegen , auch haben sie eine
^ oberflsohliehe und ungenügende Beschreibung der^
llben gegeben » daes sich ein Unterschied zwischen
imation und Fractur gar nicht feststellen Usst. Näch-
tigendes Beispiel, welchee der Vf. unUngst subeob-
£hten Gelegenheit hatte, zeigt auf das Bestimmteste
ine Verrenkung (Verschiebung) der Nasenkno*
:^en ohne Fractur mit ganz charakteristischen Kenn-*
seichen.
Ein 33jabr., sehwfiehlicb gebaoler Mann vrurde am 9. Mai
18tfl Bit seinem Cabriolet auf der Strasse umgeworfen , und
mit der linken Seite der Nase äusserst heftig gegen die Kante
des steinernen Trottoir angescbleudert. Der Verletzte verlor
Itir einige Minuten das Bewusstsein , und wurde gleich in ein
bcnaehbertes Hans geschafft, wo ihn der Vf. y« Std. nach der
Verletzung za aeben bekam. Die Nase , die in ihrer naturli-
chen Beschaffenheit ziemlich gross , yorspriogend und stark
gebogen war^ batte eine auffallende Ve(8chiebuq| an der Wur-
zel nach rechts erlitten ; nach der Spitze zu nahm sie wieder
ihre normale (licbtung an. Auf der rechten Seite , gerade an
der Stelle, wo sich der Seiteoknerpel an das Na^mbein ioie-
rirt, erhob sich ein kleiner Knochenvorsprung, der sich beim
Befühlen als unterer Rand des rechten Nasenbeins heraus-
stellte. Die linke Seite war mit Blut unterlaufen und ober-
ftächlich excoriirt ; statt der Knochenliervorragung recbterseita
exisiirte hier eine Einbuchtung , in deren Grunde man eine
verticaie Knocbeeleiste fühlte, die sieh nach oben bis aar
Sehne des Orbicularis palpeb. verfolgen liest , und die vom
vordem Rand des Process. nasalis sive front, des Oberkiefer-
beins gebildet wurde. An der Nasenwurzel erhoben sieb
rechterstitB die obern Ränder der in Verbindung unter sieh
gebliebenen Nasenbeine , linkeneits hesland eine kliiine Ver«>
tiefung, die durch ihre höckrige Beschaffenheit den Ort be>
zeichnete, wo die Nasenbeine ihre Verbindung mit dem Stirn«-
beine verlassen hatten. Ausser der seitfichen Verbiegung
konnte weder Crepltaiion noch anomale Beweglichkeit an der
verletzten Nase wahrgenommen werden. Das linke Naaenloch
war etwas verengt. Die Untersuchung mit dem kleinen Fin-
ger durch die Noeenlöchef zeigte recbteraeits das Vorspringen
des Na^enfortsatzes des Oberkiefers nach innen , linkerseits
die Verengung der Nasenhöhle durch das naph. rechts verscho-
bene Nasenbein.
Die Reposition der verschobenen Nasenknochen gelang
leicht und rasch auf folgende Weise. Vf. führte den kleinen
Finger der rechten Hand in das Unke flasenlecb, bis diefulpa
des Pingera sieb uater das linke Nasenbein gedriogt hatte,
dann hob er das linke Nasenbein jo die Höbe., während er
gleichzeitig mit den Fingern der linken Hand einen Druck auf
die Nasenwurzel von rechts nach links anbrachte. Die Na«en-
knochen rfickten ohne Gerflusch und f^st ohne allen Schmerz
sogleich wieder in ihre gehörig« Lage, und eeigteo aock fceioe
Neigung, sich wieder so verschieben. Gleich oaeb dar Rep<H
sition entstand eine copiöse Blutung aus der eingerissenen
Nasenschleimhaut, die durch Einfuhren von Charpiebanscb-
chen in die Nasenlöcher, und durch kalte DmsehlSge bald ge*
stillt wurde.
Nach der Verletzung traten welter keine Symptom« von
Gehimerschfltternngauf; die Nase schwoll tuobtigan,doelibe«
gaoo die Gescbwulst vom S.Tage an siDb allmeligru versieben.
Nach 6 Tagen hatte die Nase wieder ihr ganz normales Anse-
hen erlangt, und nur beim Schneuzen klagte Pat. noch über
ein unangenehmes Gefflbl in der Nasenwurzel. Nach 10 Tagen
war die Heilung beendet.
Obgleich man die Verschiebungen an Knochen,
die durch Synarthrose mit einander verbunden sind,
mit dem Namen Diasiase zu bezeichnen pflegt, so
findet doch Vf. diese Bezeichnung ftlr den eben ge~
schilderten Fall nicht bestimmt genug, und zieht den
Namen Lwcation der Nasenknochen vor, zumal da er.
zugleich mit anzeigen soU^ dass die Verschiebung
ohne^alle Fractur zu Stande gekommen «ei. Nach
ihm wird allerdings Fractur der Nasenknochen b|u-
figer sich ereignen als Luzation, da die iet^tnre ein«
bei weitem beschränkter wirkende Gewelt zum Ent-
stehen voraussetzt. Im angefahrten Fall halt Vf, die
Luxation linkerseits für eine complete, und rechter<-
seits für eine incomplete. Die Einrichtung bei Lux-
ationen der Nasenknochen kann im Allgemeinen wenig
Schwierigkeit verursachen» da die oberflächlich gele-
genen Knochen sich leicht in ihre normale Lage zu*-
rockbringen lassen. Anders igt es bei Fracturen der
Nasenknochen, wo liobt nur die Beposition der Bruchf
stUcke , sondern noch mehr die Erhaltung derselben
in der richtigen Lage 'häufig schwer und selbst ganz
unmöglich }aU (S t r e a b e 1.)
340
VI. Chirurgie y Ophthalmologie n. Otiatrik.
542. Deber Luation ier leUUnaltaio-
ChdB iMtf eine neue Species derselben; von Prof.
Laugier. (Arch. g6n. iaof. 1852.)
Noch vor 30 J. stellte man die Möglichkeit der
Luxation der Metatarsalknochen ganzlich in Abrede»
und Boy er suchte durch anatomische Gründe die
Unmöglichkeit einer solchen Verrenkung darzuthun,
indem er auf die straffen Gelenkbänder, auf die ge-
ringe Beweglichkeit der Gelenke zwischen Tarsus u.
Metatarsus hinwies. Gegenwartig kennt man 5 — 6
Beispiele von Luxationen der Metatarsalknochen» wel-
che darthun, dass die straffen Gelenkbander» die ge-
ringe Beweglichkeit der Gelenke das Zustandekommen
von Verrenkungen wohl beschranken , d. h. seltner
machen» aber nicht ganz verhindern können.
Nach den bekannt gewordtoen Beispielen lasst
sich im Allgemeinen schliessen » dass die Metatarsal-
knochen von unten nach oben u. von vom nach hin-
ten sich zu verrenken am meisten geneigt sind. Den-
noch exlstiren nur 2 Beispiele» nämlich die 2. Beob-
achtung von Dupuytren und die Beobachtung
von Del ort» in welchen sämmtliche Mittelfusskno-
chen so nach oben und hinten verrenkt waren » dass
sie Aber den Tarsalknochen der zweiten Reihe gleich-
sam ritten. In den andern 3 Fällen wichen die Lux-
ationen zum Theil vom gewöhnlichen Typus ab. In
der ersten Beobachtung von Dupuytren und in der
Beobachtung von R. Smith hatten sich die 4 Meta-
tarsalknochen der äussern Zehen nach oben u. hinten
verrenkt» der Metatarsalknochen der grossen Zehe
dagegen war in Verbindung mit dem ersten keilför-
migen Knochen geblieben» welcher sich unvollständig
nach oben luxirt hatte und Über dem Kahnbeine her-
vortrat. In der Beobachtung von M a z e t aber hatte
aich der Metatarsalknochen der grossen Zehe nach
innen verrenkt, die 3 folgenden Metatarsalknochen
waren nach oben u. hinten gewichen» und der Meta-
tarsalknochen der kleinen Zehe bildete eine Luxation
nach aussen.
Die Symptome der Luxation sämmtlicher Metatar-
salknochen nach oben und hinten sind folgende. Die
Gonvexität des Fusses ist vermehrt» die Länge dessel-
ben etwa um 1" verringert; in der Mitte der Dorsal-
ilache des Fusses und quer Ober dieselbe binweglau-
fend erhebt sich eine leicht ausgeschweifte Knochen-
Ifiste, an welcher namentlich nach hinten der obere
Rand des 2. Metatarsalknochens und die Tuberosität
des 5. hervortritt; ist noch keine oder nur geringe
Geschwulst vorhanden» so unterscheidet man mit den
Fingern nicht nur die VorsprOnge der Metatarsalkno-
chen , sondern man kann selbst die kleinen» polirten
Gelenkflächen derselben fahlen. Die Planta pedis
zeigt eine beträchtliche Depression im Niveau der
Articulatio tarso-metatarsalia» die Goncavität derselben
ist vollständig verwischt und wird durch die Senkung
der Taraalknochen aufgehoben. Die Sehnen der
Extensoren sind gespannt und treten strangfSrmig
»nier der Baut hervor» die Zehen befinden sich in
Hyperextension. Die Schmerzen bei frisdier Ve
renkung sind ausserordentlich intensiv.
Sobald nicht sämmtliche Metatarsalknocheii
gleiche Weise nach oben und hinten verrenkt
müssen natürlicherweise die Symptome einigeramani
differiren. In den Beobachtungen » wo der Metabi
salknochen der grossen Zehe mit dem Os cuoeifon
prim. verbunden geblieben war» und dieses sieh
complet nach oben verrenkt hatte» so dast es
dem Rahnbeine hervortrat, zeigte die grosse Zehe i
Vergleich zu den übrigen Zehen eine flbei
Länge. In der Beobachtung von Mazet aber
schon die schiefe Stellung der grossen and kli
Zehe» nebst der Vergrösserung des Querdi
sers des Fusses am Metatarso-Tarsalgelenk die
gehabte Verrenkung des ersten Metatarsalkoodiea
nach innen und die 5. nach aussen ; überdiess hHH
der 5. Metatarsalknochen in dieser Beobachtung aodk
eine Rotation um seine Achse erlitten, so daasie
Verrenkung desselben nach aussen u. unten geridM
war, und in der Mitte seiner Diaphyse bestand ea
Knochenbruch.
Die Chirurgen haben complete und partidk im-
ationen der Metatarsalknochen unterschieden, xü
unter den erstem diejenigen verstanden» wo allelii-
telfussknochen » unter den letztern diejenigen» n
nur einzelne Mittelfussknocben sich verrenkt hatta.
Die Bezeichnung ist unrichtig , weil man das Beiwtit
complet nur als Gegensatz von dem Beiworte
plet brauchen kann , um damit die Ausdehnung der
Verschiebung der Gelenkflächen zu bezeichnen; n
sind daher in dem angenommenen Sinne der Chirv-
gen den partiellen Luxationen die totalen gegenlkr
zu stellen. Die partiellen Luxationen der Metatara^
knochen scheinen ausserordentlich selten xa seiami
Vf. hat wenige Beispiele derselben auffinden kOnnei,
obgleich es nicht unwahrscheinlich ist» dass nameü-
licb der 1. und 5. Metatarsalknochen eine isohrk
Verschiebung erleiden kann» oder dass blos die erslei
oder letzten 2 oder 3 Mittelfussknocben sich an nt-
renken im Stande aind. Die incompleten Luzal
der Metatarsalknochen betreffend» so findet man
deren Vorkommen auch nirgends Notizen» Vf.
indessen ihre Existenz durch ein im J. 1851 an
jungen Mädchen beobachteten Beispiele erweiaen. De
1.» 2. u. 3. Mittelfussknocben erhob sich nach obaa
über den 3 keilförmigen Knochen ; die 8 ersten Ze-
hen waren hyperextendirt» ihreExtensorensehnenaelr
gespannt; dabei zeigte der Puss bei einer Tei^ci-
chenden Messung nicht die mindeste VerkUrsnng. Dil
Metatarsalknochen hatten also die Gelenkflächen 4m
Tarsalknochen nicht ganz veriaasen » aonst hätten sie
Ober denselben reiten und eine Verkürzung des Pns-
sea bewirken müssen. Die Reposition kam
Druck auf die Knochenvorsprflnge zu Stande,
grosse Beweglichkeit der Metatarsalknochen nach der
Einrichtung» die sich mehrere Tage lang erhielt, seagte»
daas Zerreissung der Dorsal- und Intermetalarsal-
ligamente stattgefunden hatte.
TL dunirgie» Oj^hthilmologie v. Otiatrik.
341
Einige Schriftstelltr haben gemeint, die Verren-
kung des Mittelfusses kOnne nar darch Fall vou einer
gewissen Htfbe herab auf die vorgestreckte Fussspitxe
zu Stande kommen. Zuerst wurde es richtiger sein,
statt der Fussspitze die vordere Partie der Planta pe-
dis zu nennen, dann aber muss erwähnt werden, dass
gerade nur in der zweiten Beobachtung Dupuytren*s
die Luxation auf die gedachte Weise vermittelt wurde.
In der ersten Beobachtung Dupuytren*s glitt die
mit einer 200 Pfd. schweren Last beladene LasttrS-
gerin aus und die ganze KOrperlast neigte sich nach
dem seitlich abgewichenen Fusse hin. In D e 1 o r t *s
Fall wurde ein Arbeitsmann beim Graben eines Grabes
von der nachfallenden Erde verschattet In dem
Beispiele von Mazet war die Gelegenheitsursacbe
complicirt, der Verletzte war rflcklings vom Wagen
gestürzt und mit dem Fusse (die Stellung desselben
ist nicht angegeben) unter das Wagenrad gekommen.
R. Smith endlich hat in seiner Beobachtung die Ur-
sache der Verletzung gar nicht erwähnt.
Die Verrenkung der Metatarsalknochen nach oben
und hinten entsteht, nach Vf. und Dupuytren, da-
durch , dass die schädliche Gewalt indirect auf den
Fuss wirkt, der sich in einer solchen Stellung befin-
det, dass die vordere Partie der Planta den Boden
berührt, wahrend die Ferse erhoben ist. Die Waden-
muskeln befinden sich in heftiger Gontraction und ge-
statten der Ferse nicht sich zu senken ; in den Tarsp-
metatarsalgelenken concentrirt sich die ganze Gewalt,
und wenn diese so stark ist, dass sie die Bänder der-
selben zerreisst, so sinkt der Tarsus herab u. die Me-
tatarsalknochen luziren sich nach oben.
Eine Luxation der Metatarsalknochen nach unten
ist noch nicht beobachtet worden, auch stehen ihrem
Zustandekommen die grOsslen Hindemisse entgegen,
indem die Muskeln und Muskelsehnen der Fusssohle,
so wie die starke Plantaraponeurose den Widerstand
der Ligamente ausserordentlich vermehren. Nur am
5. Metatarsalknochen könnte vielleicht eine incomplete
Verrenkung nach unten zu Stande kommen.
Seitliche Luxation des 1. u. 5, Metatarsalknochens
wurde in M a z e t * s Fall beobachtet ; der Luxations-
mechanismus war ebenso , wie er oben geschildert,
nur dass die schädliche Gewalt noch eine Torsion im
Tarso-Metatarsalgelenk vermittelte.
Eine Luxation sammtlicher Metatarsalknochen
nach der einen oder der andern Seite scheint ganz
unmöglich, indem der 2. Metatarsalknochen nach
oben zwischen dem 1. und 3. keilförmigen Knochen
wie in einer knöchernen Excavation befestigt ist.
Wenn man indessen annimmt, dass die luxirende Ge-
walt den zweiten Metatarsalknochen bricht , so lässt
sich eher eine seitliche Verrenkung denken , und hat
Vf. nachfolgenden interessanten Fall dieser Art unlängst
beobachtet.
Eio eojabr. Dienstbote stieg mit nackten Fuuen anfeiner
Leiter zum Speicher; die Leiter rutschte ab und er fiel 4Ntr.
hoch herab ; der vorgehaltene rechte , etwas nach innen ge-
drehte Fuii stiess mit der vorderp Partie der Plai^ta bei erlio-
bener Ferse znerst auf den Boden auf, der Gefallene enapfend
ein scbmerzhaflefl Krachen im rechten Fqm und stflrste auf
die rechte Körperseite nro.
Etwa 10 Stunden nach der Yerleuung fand Vf. den Foss
geschwollen , mit kleinen Ekcfaymosen bedeckt , deform vnd
bei der Berührung äusserst schmerzhaft. Der innere Fuss-
rand machte an der Stelle, wo der erste Melatarsatknochen
sich mit dem Os coneif. prim. verbindet, eine winklige Bie-
gung ; der erste keilförmige Knochen war mit dem Kahnbeine
in Verbindong geblieben, der erste Metatarsalknochen von
demselben aber nach aussen abgewichen , so dass der erstere
1 Ctmtr. weit nach innen Aber dem letztem hervorstand ; der
erste Metatarsalknochen hatte sich auch etwas gedreht, so *
dass sein innerer Rand mehr nach oben gerichtet war. Am
äussern Fassrand trat die Tuberositit des 5. Metatarsalkno«
chens stark hervor und hatte sich aber 1 Ctmtr. weit vom
Wurfelbein entfernt. Die abnorme Beweglichkeit des 3. n. 4.
Metatarsalknochens und die Richtung der Diapbysen dieser
Knochen zeigte trotz der Geschwulst, dass anch sie nach aus-
sen dislocirt waren. Der zweite Metatarsalknochen war in
der Mitte seiner Diaphyse gebrochen und das obere Bruch-
stück , welches abnorm beweglich war , hatte sich nach aus-
sen verschoben und gleichzeitig etwas gedreht. Die LSnge
des Fusses war normal ; der Querdurchmesser desselben im
Niveau des Tarso-Metatarsalgelenks V/t Ctmtr. vergrössert.
Jedenfalls war eine incomplete Laiation der Metatarsal-
knochen nach aussen vorhanden. Die grossen Schmerzen
des Fat. veranlassten den Vf., den Repositionsversnchen die
Chloroformimng vorauszuschicken. Die Reposition wurde so
vorgenommen, dass Vf. mit beiden Binden die Mittelfnsskno-
chen umfasste und sie nach innen zog , w&hrend ein Gebfilfe
den umfassten Tarsus nach aussen drängte ; sie gelang sehr
schnell , und mit ihr verschwand die Deformität. Der Fuss
wurde nach der Reposition mit einem unbeweglichen Verband
versehen, u. mit kalten Fomentationen bedeckt. Die Geschwolst
des Fusses verschwand erst nach 18 Tagen ; nach 4 Wochen
fing der Fat. wieder an den Fuss zu gebrauchen , der nach
einiger Zeit fast seine frühere Kraft und Beweglichkeit wieder
erhielt.
Der Mechanismus der seitlichen Verrenkung war folgen-
der gewesen. Durch den Fall auf die vordere Pa«ie der
Planta bei erhobener Ferse waren die Bander zwischen Taraoa
and Metatarsus , wo sich die Gewalt concentrirte , gesprengt
worden. Da indessen der Stoss beim Fall die Gelenkköpfe
der Metatarsalknochen an ihrer Verbindung mit den Zehen
gewaltsam nach innen gedruckt, und die Körperlast den Tar-
aalknocben eine Drehung mitgetheiit hatte, so dislocirten sich
die Metatarsalknochen an der Verbindung mit dem Tarsus nach
aussen, wobei der 1. Metatarsalknochen sich etwas von innen
nach aussen drehte, der 2. brach und am obern StQck sich
gleichfalls rotirte.
Die Kennzeichen der incompleten Luxation der
Metatarsalknochen nach aussen sind: 1) Vorsprung
des Os cuneiforme prim. nach innen ; 2) Vorsprung
der Tuberositat des 5. Metatarsalknochens nach aus-
sen ; 3) annomale Beweglichkeit der Metatarsalkno-
chen tther den Tarsalknochen und 4) Fractur des 2/
Metatarsalknochens, ohne welche derselbe nicht nach
aussen gerUckt werden kann. (S t r e u b e 1.)
543. Parallele zwisclien der Tenenitzux «
und TenenanfroUiing bei Behandliing der Tan-
COCele ; von B 0 n n e t zu Lyon. (Bull, de Th^r. F^vr.
1852.)
Unter den verschiedenen operativen Behandlungs-
weisen der Varicocele, die in der neuesten Zeit vor-
geschlagen worden sind , beBnden sich 2 Methoden»
die ihrer angenommenen Gefahrlosigkeit und ji»»*'^—
äid
VI. Chirurgie A Ophthalmologie u* OUatjrik.
Erfolgg halber immer mehr in der Praxis sich zu ver-
brejkeD beginnen , nSmlich die Venenaizung und die
Venenaurrollung. Die Aufrolliing der Venen (Penrou-
lement) des Samenstrangs wurde von Vidal de
Gassis im J. 1842 zuerst versucht; die Aelzung
führte Vf. im J. 1845 ein. Vidal hat zu Gunsten
seiner Methode in einer hesondern Ahhandlung eine
grosse Anzahl von Fallen angeführt, und versichert,
dass er die Aufrollung 250mal vorgenommen habe;
zum Beleg für die Wirksamkeit der Cauterisation
•ezistiren allerdings so viele Beispiele nicht. Vf. hat
lOmal die Aetzung verrichtet, Hervier fahrt in
einer Ahhandlung von 1848 und in einer These von
1850 6 Fiflle von Aetzung an und Prunaire hat
1851 6 Beobachtungen von R i g a u d ausführlich ana-
lysirt. Trotzdem behauptet aber Vf. , dass die Aez-
zung dennoch als eine gefahrlosere und wirksamere
Operationsmethode zu betrachten sei, als die Auf-
rollung.
Nach Vfs. Vorschrift soll die Cauterisation auf fol-
gende Weise verrichtet werden. Nachdem der Kr.
auf den Rücken gelagert, und mit Chloroform betäubt
worden ist, ergreift der Operateur den Samenslrang
der kranken Seite mit den Fingern und sondert sorg*
fifitig das Vas deferens von den varikösen Venenbün-
deln ; das Vas deferens drängt er mit den Fingerspiz-
zen nach hinten , die Venenbündel zieht er nach vorn
und hält» indem er mit den Fingern abwärts steigt»
diese Theile vom Inguinalring an bis zum Hoden ge-
trennt. Zwischen die gesondert gehaltenen Theile
legt nun ein Gehulfe ein eigenthUmliches zangenarti-
ges Instrument, bestehend aus 2, ly^ bis *1" langen
Metallstäbchen , die an ihren Enden mit stellbaren
umgebogenen Federn versehen sind, so dass die wie
eine Zange wirkenden Metallstäbchen die Action der
Finger ersetzen und das Vas deferens nach hinten,
die VenenbUndel mit der Scrotalhaut nach vorn ge-
drängt erhalten,
Ist das Instrument gehörig (ixirt, so ergreift der
Operateur ein leicht convexes Bistouri, und macht
vor den Netallstäbcben von der Mitte des einen bis
zur Mitte des andera ^iuea queren Schnitt von 4 — «l
Ctmtr. Länge , der nach und nach die Haut und das
Zellgewebe trennt und die varikösen Venen blosslegl.
Bei dem Querschnitte ist die grösste Vorsicht anzu-
wenden» damit die Venen nicht verletzt werden, auch
müssen kleine spritzende Arterien sofort unterbunden
werden. In die klaffende Wunde selbst, und sie
ganz ausfüllend , wird nun eine Paste von Ghlorzink
gelegt und diese 24 Std. am Platze gelassen. Nach
dieser Zeit wird die Paste entfernt, das Fassungs-
instrument , damit es die geschwollenen Weichlhede
nicht zu schmerzhaft comprimire, etwas gelockert,
mit Pincelte und Messer die Oberfläche des gebildeten
Aetzschorfs, dessen Dicke etwa % Ctmtr. beträgt,
abgetragen und eine neue Paste von Cblorzink einge-
legt, die abermals 24 Std. in Wirkung bleibt. Am
3. Tage nimmt man die Paste wie das Instrument
weg, die Cauterisation ist beendigt und der PaL hat
sich nur nocli ruhig^im Bett zu verhalten. 8 oder
9 Tage später stösst sich ein f langer und ebenso
dicker, weisser Aetzschorf los, der die zerstörten Ve-
nenbündel umfasst, wie man an einzelnen coagulirlee,
schwarzen Blutstücken im Innern desselben erkeoot
Nach dieser Losstossung gebt die Vernarbung rasch
vor sich.
Das Verfahren der Aufrollung nach Vidal be-
ginnt gleichfalls mit einer sorgPiiltigen Sonderung des
Vas deferens von den Venen des Samenstranges.
Dann werden 2 zugespitzte Silberdrähte durch diesel-
ben Ein- und Ausstichspunkte so eingezogen, dass
der eine Draht die vordere, der andere die hintere
Hälfte der Venenbündel umfasst. Nach der Einzie-
hung werden die Drähte zu beiden Seiten gefasst und
zusammengedreht, wodurch sie die Venen theils com-
primiren, theils wie das Seil auf einer Welle zusam-
menrollen, theils den verlängerten Samenstrang ver-
kürzen. Zuletzt werden die Enden der Drahte nach
vorn umgebogen und stark zusammengedreht 0'\t
Entfernung der Drähte findet zwischen dem 10. and
15. Tage Statt, und wenn dieselben die vor ihnen
befindliche Hautbrücke noch nicht ganz durch-
schnitten haben , so wird diese mit dem Messer ge-
trennt.
Vf. hat die Methode der Cauterisation nur in be-
deutenden Fällen von Varicocele , in welchen die PaL
am Gehen behindert wurden und an fortwährendea
Schmerzen litten, in Anwendung gebracht. In Fällen,
wo die Venenanschwellung gering ist, wo der PaL
ohne Beschwerde gehen kann und die Schmerzen ent-
weder ganz fehlen, oder gering sind, und durch An-
legen eines Tragbeutels verschwinden, findet Vf. über-
haupt jedweden operativen Eingriff contraindicirL
Vidal dagegen hat auch die geringen Grade von Va-
ricocele der Aufrollung unterworfen, und da diese
gerade am häufigsten beobachtet werden , so können
Vidal's sahireiche Operation&fitlie nicht Wunder
nehmen.
Beide Methoden wirken in sofern gleich , als sie
Obliteration der Venen und Verkürzung des verlänger-
ten Samenstrangs hervorbringen. Um aber eine Par-
VI. €htrtttgte» Ophthalmologie ti. Ofiatrilr.
943
altele twischen beMeti Methoden ra begründen , idt
es nOthig zn ermitteln, ob beide Metboden unter gleich
gelinden Symptomen den Operationszweck erreichen,
ob sie anf gleich schnelle und dauernde Weise Hei-
lung erzielen.
Durch die Gauterisation werden in den ersten 2
oder 3 Tagen sehr heftige Schmerzen hervorgerufen,
die dann sich ziemlich schnell vermindern und noch
vor der Losslossung des Aelzschorfs ganz verschwun-
den sind. Auf den Hoden hat die Gauterisation nur
geringen Einfluss; er schwillt nur sehr wenig an.
Die stärkere entzündliche Geschwulst der Scrotalhaut
entsteht auch nur in den ersten 3 Tagen , halt sich
in massigen Grenzen und gehl in 10 — 12 Tagen voll-
standig zurück. Leichte Fieherbewegungen stellen
sich blos in den ersten 48 Std. ein , nie kommt es
zu einer Hamorrhagie ; nie zu einer hochgradigen,
OdematOsen , langwierigen Entzündung mit Phlebitis,
Abscessbildung, Verschwärung , Gangran und Eiter-
resorption. Sobald der Aeizschorf geftillen ist, geht
die Reconvalescenz an ; der Pat kann nach 20 Tagen
das Bett verlassen und ist durchschnittlich den 26.
oder 28. Tag nach der Operation hergestellt.
Nach der Aufrollung zeigen die Syroptonp e häufig
Dicht «ine solche Gefahrlosigkeit und Onbedeutend-
heit. In der allgemeinen Exposition seiner Methode
gesteht Vidal seihet, dass der Aufrollung zuweilen
Himorrhagien und laugwierige Entzündungen nach»
folgen. In einem Fall enutand gleich nach der Oper-
ratioa eine arterielle Blutung, wobei der Operirte
260 Grmm. Blut verlor ; in 3 andern Fallen war die
Blutung geringer, machte indessen dennoch Gon>-
pression durch Tampons nothwendig. Die Drahte
durchschneiden bei der Znsammendrehung die Venen
und comprimiren dieselben nicht immer so stark, um
Blutaustritt zu verhindern. Die entzündlichen Er-
aeheinungen treten nicht selten so intensiv auf, dass
starke locale Blutentsiehungen mehrmals gemacht
werden müssen. Der Hode schwillt zuweilen unter
fürchterlichen Schmerzen zur Grösse einer Faust an ;
die ödematOse finUüodung mit Phlebitis verursacht
oft erst den 14. oder 15. Tag nach der Operation
coDsecutive Blutungen , welche noch durch Blulinfil-
tratioD ins Zellgewebe schädlich werden können, und
nachweisbar einige Male umfängliche Abscesse u. Ver-
schwSrungen hervorgerufen haben. Durch alle diese
Umstände , die glUckhcherweise nicht häufig sich zu
gefährlichen Erscheinungen steigern, wird die Hei-
lung bei der Aufrollung verzögert und findet meist
erst nach 40 oder 50 Tagen Statt. Die Venenauf-
rollung ist nichts Anderes , als eine Modification der
atibculanen Venennnterbindung ; allerdings hat sie
bedeutende Vorzüge vor der gewühnlichen Unterbin-
dung , indem sie den Hoden gleichzeitig mit erhebt,
die Venen in grosser Ausdehnung abplattet und com-
prifflirt und nach der Obliteration eine Heilung mit
bleibender Verkürzung des verlängerten Samenslrangs
bewirkt ; allein dieselben gefährlichen Erscheinungen,
die der Venenligatur tnweilen nachfolgen i müssen
natürlicherweise auch bei der Ligatur mit Zusammen-
drehung der Unterbindungsdrahte sich ereignen. Bei
den subcutanen Unterbindungen der Venen des Samen-
strangs hat man Phlebitis mit Eiterung, Abscessbil-
dung, Gangran, Eilerresorption nnd selbst Tod beob-
achtet; dasselbe gilt von der AufVoIlung, und wenn
zur Zeit noch kein TodesfAll durch Eiterresorption
vorgekommen ist, so dürfte dtess als ein besonderer
Glücksfall zu betrachten sein , der die gerechte Be-
fürchtung eines solchen lethalen Ausganges nicht auf-
zuheben vermag. Die Gauterisation, deren Gefahr-
losigkeit bei den Venencrweiierungen am Mastdarm
und an den Unterschenkeln sich hinlänglich bewahrt
hat, hat diese Eigenschaft bei Anwendung auf die
Varices des Samenslrangs unvenlndert beibehalten;
sie erregt niemals Phlebitis, Abscessbildung u. s. w.y
und ist stets als eine völlig gefahrlose Operation zu
betrachten.
Vidal versichert , dass die Heilung der Varice-
cele nach der Venenaufrollung eine dauernde sei,
ohne indessen genügende üelege dafür zu geben; die
meisten der üperirien blieben etwa 3 Monate im
Hospital und wurden dann als geheilt entlassen; nur
ein'en einzigen Opei irlen hat Vidal nach 2 Jahren
wieder gesehen, und sich von dessen dauernder Hei-
lung überzeugt. Wenn man bedenkt, das« nach dar
Ligatur der Venen sich zuweilen an derselben Stelle
wieder Varices entwickelt haben , so wird man niebt
in Abrede stellen, dass nach der Aufrollung der Ve-
nen als Modillcation der Ligatur dasselbe stattfindepi
kann, obgleich die Aüfrollung die Venen besser cooft-
primirt, abplattet, vielfach einschneidet und verkUrsI»
so dass dadurch Recidive allerdings seltner werden
müssen. Nach der Gauterisation in der oben gedaek-
ten Weise kann Vf. die dauernde Heilung beweisen ;
unter den 10 durch Aetzung wegen hochgradiger
Varicocele Operirlen befanden sich 4 im flospitaU n«
6 gehörten zur Privatpraxis. VL hat die sammtlichen
Operirten nach der Entlassung aus der Behandlung
noch mehrfach nach 10, 15 und 20 Monaten wie-
dergesehen und sie allemal unverändert gefunden«
Dass die Gauterisation eine Persistenz der Heilung be-
wirken müsse, dass eine Becidive unmöglich »^^ geht
auch daraus hervor , dass die Venenbündel in einer
Ausdehnung von fast 3 Clmtr. complet zerstört wer-
den, dass die venöse Circulation nur noch durch einige
ganz dünne Venen dicht am Vas deferens unterhalten
wird, die gerade nur zur Beförderung des gehörigen
Rückflusses des Blutes hinreichen [?].
R i g a u d hat in 6 Fallen von Gauterisation gleich-
falls dauernde Heilung beobachtet, obgleich er sich
eines andern Verfahrens bei der Aelzung bedient.
Nach Sonderung der Venenbündel vom Vas deferens
incidirt er nSnilich den Zwischenraum und zrelit eine
starke Gharpiewieke ein ; dann erst legt er die Venen
bloss und bedeckt sie mit Wiener Aetzpaste, die er
nur 5 Minuten lang liegen Issst, um sie spater nach
Umstanden noch ein oder zweimal zu erneuern. Vf.
hat att diesem Verfahren der Aelzung erstens ensto-
3U
VI. CUmrgie, Ophthalmologie o. OtiatriL
seUen, dais die Einziehong der Gharpiewieke eine
Verletzung erfordert, die erspart werden kann , und
2) daas die Wieke selbst verhindert , dass das Aeti-
mittel gehörig auf die Totalität der Venen einwirkt.
Auch hat die Wiener Aetzpaste, statt das Blut zu coa-
gulirei, mehr eine verflüchtigende Einwirkung auf
dasselbe» kann Blutungen hervorrufen, die bei der
Application von Chlorzinkpaste gar nicht vorkommen.
Dessenungeachtet spricht der Erfolg der etwas unvoll-
kommenem Aetzungsweise Rigaud's auch noch zu
Gunsten der Gauterisation. (S t r e u b e 1.)
544. Terbindnng der Cjstotomia perinealii
BH dor LItkotripsie behufs der Extraction volu-
minöser Steine; von P^trequin. (Ibid. Novbr.
1851.)
Seit der Einführung der SteinzertrUmmerung ist
die Lithotomie nicht nur eine seltnere, sondern auch
eine weit ungflnstigere Operation als früher gewor-
den. Die Listen der grossem SpitHler Frankreichs
zeigen , dass der Steinschnitt kaum noch halb so oft
als ehedem ausgeführt wird, und solche Resul-
tate der Gystotomie, wie sie z. B. Viricel im
Hötel-Dieu von Lyon erhielt, der von 1806-^12
109 Steinschnitte machte und nur 9 Operirte verlor,
kann kein Ghirarg der Neuzeit mehr aufweisen. Der
Steinzertrflmmerung sind alle jene Fälle von Lithiasis
anheimgefallen , in welchen es sich um nur massig
grosse Steine handelt und die Urin wege sich in einem
ziemlich guten Zustand befinden ; die Gystotomie wird
fast nur da unternommen , wo der Stein sehr gross
ist, die Urinwege sehr alterirt sind, oder wenn die
SteinzertrUmmerung fruchtlos versucht worden ist.
Da also der Gystotomie jene Fälle genommen sind , in
welchen auch sie sich der günstigsten Resultate bis-
her zu erfreuen gehabt hat, ihr vielmehr nur die Falle
gelassen sind, die als die schwierigsten und bezüglich
der Prognose am zweifelhaftesten erscheinen, so kann
es nicht Wunder nehmen, wenn die Erfolge derselben,
wie sie sich zur Zeit herausstellen , diese Operation
weit gefährlicher erscheinen lassen, als ehedem.
•Unrecht. aber würden wir verfahren, wenn wir des-
halb die Gystotomie geringer achten wollten, die im-
mer das hauptsächlichste operative Mittel zur Stein-
entferaung bleiben wird ; denn die Gystotomie kann
die Lithotripsie nicht nur stets ersetzen , wenn auch
letztere in vielen Fällen vorzüglicher sein mag , son-
dern bleibt auch in einer grossen Anzahl von Fällen,
anerkannt das einzige Rettungsmittel.
Das grüsste Hinderniss und die grüsste Gefahr
bei der Operation des Steinschnilts erwächst zwei-
felsohne aus dem Vorhandensein eines voluminösen
Steins. Der Ghirurg soll bei der Extraction des
Steins, nach ausgeführtem Perinäalscbnitt , alle ge-
waltsamen Anstrengungen und Zerrungen vermeiden,
weil diese Zerreissungen und Infiltrationen zu Wege
bringen, die fast notliwendig mit dem Tode des Ope-
rirten enden. Dupuytren rieth in den Fällen , wo
.die Perinäaleinschnitte nicht genügend gross waren,
"^ den umfänglichen Stein zu entfernen , sofort eine
zweite, besser für die Entforanng Tolominöser SteiM
sich eignende Operation , nämlich den hoben Stein-
schnitt zu verrichten. Aber abgesehen noch vom daa
besondern Gefahren, welche die Sectio alta» bei Er- i
wachsenen namentlich, mit sich bringt, ist es ersicht-
lich, dass die zweite Operation die Gefahr verdoppdl
und nur geringe HoiTnung zur Rettung des Fat. abrig
lässt. Wäre man im Stande sich vor der Operatiaa
stets eine sichere Kenntniss von dem Umfange da
Steins zu verschaffen, so würde man wenigstes!
durch die Ausführung der einfachen Sectio alta die
unglückliche Prognose einigermaassen verbessai
können.
Als die beste Methode der Gystotomie hat man des
Seitensteinschnitt anerkannt, sobald derselbe in gewis-
sen Grenzen bleibt Anatomische Studien und Erfah-
rung haben gelehrt, dass Einschnitte in den Blases-
hals einiger Erweiterung ohne Zerreissung f^hig sisd,
dass aber die Einschnitte , so wie sie den Blaseshab
überschreiten und sich bis in den BlaseokOrper er-
strecken , die tiefer gelegene Beckenaponearos« be-
theiligen, Urinerguss in das subperitonäale Zellgeireöe
veranlassen und zu Vereiterung , VerschwSrssg osd
brandiger Zerstörung Gelegenheit geben. Scarpa,
Gheselden, Senn u. A. haben Messungen ange-
stellt, bis zu welchem Umfang sich ein Einschnitt is
den Blasenhals erweitern lasse, ohne besondere Ge-
fahr zu bedingen , allein diese Messungen sind , wie
Malgaigne gezeigt hat, nicht richtig ansgefallcs
und haben falsche Schlüsse erzeugt. Es ist als er-
wiesen zu betrachten , dass der Blasenhals hdcbstens
8''' weit eingeschnitten werden kann , und dass d«
Umfang dieses Schnitts in Verein mit der Circonfe-
renz des Blasenhalses selbst und mit Zurechnung dr
zulässigen ' Dilatation , höchstens einen Siein tqd 18
— 20''' im Durchm. ohne schädliche Zerrung eztra-
biren lässt. Bei sehr voluminösen Steinen sind die
stets bedenklichen Erweiterungen über diese Grense
hinaus nicht genügend, und auch die vielfachen Ver-
suche durch Modification des Perinäalscbnitts mehr
Raum zur Extraction zu gewinnen, ohne die Grenzen
der Vorsicht zu überschreiten, sind bis jetzt vergeb-
lich gewesen.
Die altern Ghirungen wendeten , wenn sie beim
gewöhnlichen Steinschnilt einen sehr voluminOsea
Stein vorfanden , der sich mit den einfachen Zangca
nicht wollte eztrahiren lassen, starke, gezahnte Zan-
gen an , mit welchen sie den Stein zerquetschten n.
ihn dann in einzelnen Fragmenten extrahirten. Be-
trachten wir aber die Ungeheuern Proportionen dieser
Zertrttmmerungszangen, so wird es ersichtlich » dass
Zerrangen, Quetschungen und Zerreissungen dnrdi
dieselben nothwendigerweise bedingt werden mossteB.
Die lithotriptischen Instrumente entsprechen hingegen
allen Anforderungen und Vf. findet in der Verbindung
der Lithotomie mit der Lithotripsie das beste Mitlei,
um die Gefahren, welche voluminöse Steine der Ope-
ration entgegenstellen, zu umgehen. Der Operateur
wählt die Methode des Seitensteiaschnitts mit kleinsr
vi diunirgit« OfditlMhuilogie «« Otiatrik.
SIS
im fljMiilnU moM «bericlirtiteikler hicigioB, wd-
ch%t in BBtng «uf di< Folge«, die wettigtie Gcftlir
bietet ; de» verhandenett ToluiiHB^seii Stein greift er
sofoit nach 4er IneiMn mit &tm Percvteur a« , uid
' redocirt dadurdi den UmfaDg des Sl«iD8, todem er
' ilin ii mahrere StUeke bricht , die nmmehr leicht «.
' olme alie Zerrung und Quetschung sich aus der Inci-
' aionswunde entfernen lassen. Durch 2 Beispiele er-
weist Vf. den grossen Nutzen dieser gemischten Ope-
rationsmethode.
Bßobatht, 1. Im Jahre 1847 wendete sich ein S2j£hr.
' flaadwerker, der seit 2 Jahren an einem Blasenleiden litt, an
den Vf. Pat. war sehr heruntergekumnien, hatte furtwähren-
den Harndrang, Sclileim-and Bfutatigang, fieherte, konnte
nicbt scfalsfen, klagte aber unsfigtiche Schmerzen , und halte
seit eieigen Wochen das h^i nickt mehr ferlassen. Die
Schwierigkeiten heim Katheterjsmus liesaen Vf. schon die Ge-
genwart eines enormen Steins in der Blase Yermuthen , die
Exploration durch das Rectum und die Meosuraiion mit dem
nrsdoirten Lithotfiteor ergaben das Vorhandensein e'mea Steins,
der den grössten Theii des ßlasenraums ausfüllte. Im August
unternahm Vf. den gewöhnlichen Seitensteinschnitt, u. nach-
dem er sich nochmals von der enormen Grosse des Blasen-
ateins überzeugt hatte, griff er sogleich zum Heurteloup'-
sehen Percutenr, den er TDraicbtig einführte, den Stein in
die geöffneten, gczahaten Arme desselben brachte und nach
Fixirung durch Festschrauben mittels einiger kraftigen Ham-
merschlSge zerstückelte. Die grössern Steinfragmente wur-
den mit Zangen , die kleinem mit der Curelte extrabirt u. die
sandformigen Zerbröckelungea dorcfa Injectionen berausge-
spult. Nach einer Vierlelsiuade war die Operation beendet,
der Pat. hatte nur wenig Blut verloren und wachteerst, nach-
dem er in das Bette gebracht worden war, von der Aethernar-
koee auf, in Welche er vor der Operation versetzt worden war.
Nach 5 Std. folgte mfissige Reaction ; die Wunde begann sich
SU entzünden, doch blieb die Entzündung auf die Wundraader
beschränkt , erzeugte eine gutartige Eiterung , die bald unter
dem Gebrauche von Bädern zu festen Granulationen und zur
soliden Veniarbung fQhrle. Der Operirte veriiess 6 Wochen
nach der Operation das Hospital vollständig hergestellt.
ßeobaohi, 2 betrifft einen 14jäbr. Knaben , der schon
seit 4 J. an Steinhescbwerden litt, in der Entwicklung sehr
zurückgeblieben, zum Skelett abgemagert war und durch aus-
serordentliche Schmerzen gequält wurde. Die Untersuchung
zeigte die Gegenwart eines enormen Steins. Nachdem der
Pat. einige Wochen durch Bäder und Katheterisiren vorberei-
tet worden war, unternahm Vf. im Juni 1848 die Operation
ganz auf dieselbe Weise , wie im vorhergebenden Fall. Die
extrebirten Fragmente hatten ein Gewicht von über 6 Loth.
Nach der Operation trat ziemliches Fieber ein, welches 10 Std.
anhielt ; die Wunde entzündete sich , die Eiterung zog sich
etwas in die Länge, doch zeigte sich nach 7 Wochen gute
Granulation und nach 10 Wochen war die Vernarbung voll-
endet.
Ausser diesen S Beobachtungen kann der Vf. noch 2 anf-
weisen , welche ebenso günstig für die Verbindung der Litbo-
tomie mit der Lithotripsie bei grossen Steinen sprechen ; in
den 2 mitgetbeilten Fällen aber lässt sich mit Sicherheit be-
haupten, dass eben nur darch die gemischte Operations-
welse das Lehen der Kr. erhalten , das Leiden selbst entfernt
wurde.
Vf. holll, daas man die vorgeschlagene Opera*
lioiiswetse als eine bestimmt indicirte Methode aner-
kaonen werde. Dass noch Niemand die Lithotripsie
bei grosses Steinen mit dem Seitensteinschnitt ver-
lHua^l«n hat » beruht nach Vf. wahrscheinlich darauf
^Bt die EilshningeB Ton Sonberbielle» Thi-
#rry n. A. dnrtbaten» der Steinschoitc gebe allemal
|M.MrM(.BAfAillWa. ^
eine ungOnniige Progonse, wen« er ferridüet wwd«
nach vorausgegangen vergeblichen litholriptischen
Versuchen. Bei Vfs. Methode geht aber nicht die
Lithotripsie der Sectio lateralis voraus» sondern
die letztere beginnt die Operation und Offnet den Zer-
trttuimerungsinstrumenteo mit Scheoung der Weich-
theile einen Weg. Bouisson zu Montpellier ist
der einsige , der Ober den Nutzen , der sich aus der
Verbindung des SteinschniUs mit der ZertrOmmerang
ziehen lasse» sich ausspricht. In seiner ausgezeich-
neten Abhandlung über die LüAolripsie von acciden^
teilen fVegen aus (Gas. de Paris. Nr. 40 u. 41.
1850; Jahrbb. LXVI. 82) zeigt er» dass man bei
Sieinkranken mit Harnrührenverengerung und Peri-
DäalGstel, die letztere durch Erweiterung zur fiiafah-
rung des Litholriteur benutzen könne und giebt zwei
beweisende Beispiele. Er äussert ferner» dass man
bei Sieinkranken mit Slrictur ohne PerinZalGstel » die
Harnröhre hinter dem Bulbus einschneiden und von
hier aus den Litliotrileur einbringen könne » endlich»
dass man bei sehr grossen Steinen dadurch die Ge-
fahr» welche grosse Incisionen u. Zerrung der Weich-
theile bei der Eztraaion bringen wttrden^ zu vermei-
den im Stande sei, dass man nach ausgeführtem Peri-
naalschnitt » und nach hioser Einschneidung des Bla-
senhalses den Liihotriteur einfahrt und den Stein in
leicht entfernbare Fragmente zerdrückt. B. hat aber
die gemischte Operationsweise , die er bevorwortet,
noch nicht selbst ausgefllhrt» er nennt mit Unrecht
die Sectio lateralis» die der Einführung des Percuteur
vorausgehen soll» eine accidentelle Oeffnung u. glaubt
überhaupt , dass nur in Ausnahmsftllen von der Ver-
bindung der Lithotomie mit der Lithotripsie die Rede
sein könne » obgleich voluminöse Steine leider nicht
blos ausnahmsweise vorkommen.
Zuletzt erwähnt Vf. noch » dass man sich bei der
Zerirammerung mit grösserm Vortheil des Percutenr
k marteau als des Percuteur i. pignon bedienen wttrde»
weil man bei ersterm eine viel geringere Gewalt zur
Zerbrechung des Steins nothwendig habe» den Stein
in viel gleichmässigere Fragmente zertrümmern könne
und den Ungiflcksfklien durch Zerbrechung des In-
struments weit weniger ausgesetzt sei, —
(Stfeubel.)
545. Ueber die scroplialOge Augenentita-
dang.
H. L.ehert (Tratte pratique des malad, scrofu-
leus. et tnberculeuses. Paris 1849. p. 31 7 sq.) erklart
nach einigen kurzen Bemerkungen über die Nothwen-
digkeit» die Annahme von sogen, specafischen Augen-
entzündungen nicht za weit zutreiben» dass er die An-
nahme einer scropkuühen Augenentsündnng im ge-
wöhnlichen Sinne des* Worts für nicht gerechtfertigt
halten könne. Dass Augenleiden hei ScrophuUtoen
sehr häufig vorkommen» giebl er gern zu» einen spe-
cifischen Charakter haben dieselben aber nach seiner
Erfahrung nicht» und deswegen halt er es auch fUr
richtiger von einer JugenentBÜndung bä Scropkur
44
346
Vi. Chirurgie, OphthallDäiogi« u. OUatraL
lösen , als voo einer scropkulosen AugeneDlsandung
zu sprechen.
L/s Angaben über die bei Scrophulösen vorzugs-
weise ergriffenen Gebilde des Auges und die dabei
vorkommenden Erscbeinucgen, weichen im Allgemei-
nen von der gewöhnlichen Annahme nicht ab. Auch
er fand sehr häufig (^3 ^* Falle) die Lider ergriffen,
und zwar ebenralls oftmals lange ohne deutliche
AfTection des Augapfels , während bei ursprünglichem
Auftreten der letztern die Lider fast stets bald gleich-
falls erkranken. Die Annahme aber, dass je schwe-
rer das Leiden der Lider,, um so weniger der Aug-
apfel ergriffen sei, erleidet nach seiner Erfahrung sehr
zahlreiche Ausnahmen. Ebenso wenig kann man die
partielle Entzündung der Bindehaut als ein charakte-
ristisches Kennzeichen der scroph. Augenentzündung
betrachten, sondern nur annehmen, dass bei Scro-
phulOsen die Bindehautentzündung häufig partiell auf-
tritt. Die Lichtscheu ist nach L. nicht Folge der
Entzündung, sondern beruht auf einem krampfhaften
Zustande; sehr gute Dienste sah er gegen dieselbe
von Aufschlagen mit einem Infus, hb. hyosc. (12 —
16 Grnmi. : 240 Grmm.) mit Borax (3 — 4 Grmm).
Eine regelmassige Verschlimmerung der Zufälle
des Morgens beobachtete L. nicht, wohl aber nicht
selten eine vorübergehende Steigerung derselben in
Folge von Schwankungen in der Lufttemperatur, ganz
besonders bei feuchter Kälte. Letzlere Angabe
machte schon früher Gunier in dem sehr gründ-
lichen Berichte „über die gewöhnlichsten Augen-
krankheiten in der Provinz Brabant", in welchem
sich sehr schätzenswerthe Bemerkungen über die
Scropheln, besonders in ätiologischer Beziehung,
vorfinden ^).
Lebert's Angaben gründen sich auf 162 Fälle,
von denen 73 M., 89 W. betrafen; 53 M. u. 67 W.
zeigten keine tuberkulöse Coroplication, d. h. keine
Drüsenanschwellungen oder Ablagerung von Tuber-
kelmasse in innern Organen. Die Augenentzündung
kommt daher viel häufiger (fast ^/^ d. Fälle) bei Sero-
phulösen ohne tuberkulöse Gomplicalion vor. Bei
scroph. Personen männl. Geschlechts ohnetub. CompL
fand L. vor dem 5. J. ohngefähr Y7 der Fälle , von
5 — 10 J. 1/3, von 10 — 15 J. %, von 15—20
Yio, und zwischen 20 und 25 unter den erwähnten
53 nur 2 Fälle. Beim weibl. Geschlechte hingegen
zeigte sich die Entzündung vor dem 5. J. in fast %5
der Fälle, vom 5.— 10. J. bei s/5, vom 10.— 15.
J. bei «/n, vom 15. — 20. J. bei Yij. Für beide
Geschlechter zusammengenommen kommt daher Y5
der Fälle auf die Periode vor dem 5. J., während sich
das Verhältniss vom 5. — 10. J. auf mehr als Y3,
vom 10. — 15. auf 1/4, vom 15. — 20. auf Y13 u.
vom 15. — 20. J. auf obngefiähr Yis herausstellt.
Bei tuberkuloser Complicaäon kommt auf die Pe-
1846.
1) Ann. d'Ocal. Tome XV., Livr. 6 et 6. Mal et Juin.
riode vor dem 10. J. nicht wie im erstem Falle le>
nahe die Hälfte , sondern nur ^4 der Kr. • wahrai
die grOssle Frequenz C/^) zwischen dem 10. a. U
J., und selbst noch zwischen dem 15. u. 20. i. e«^
grossere Anzahl (^4) beobachtet wird. Racksicbtüdl
auf düs Geschlecht zeigt sich hier die grOsste Freqea
bei dem männl, zwischen dem 15. u. 20. J.» beida
weibl. aber zwischen dem 10. u. 15. I
Hinsichtlich der Dauer der AugeDentzandof
weichen L.'s Angaben von dergewOhnlicheD ADDal»
nicht ab ; nur schien ihm das Uebel beim weiääekm
Geschlechle etwas hartnäckiger zu sein , als bca
männlichen. Den sogen, scropkulosen Habitus Im
er nur bei ^is seiner Kr., und fehlt derselbe sid
seiner Erfahrung überhaupt bei der ScropbeJkraii-
heit im Allgemeinen öfter , als er bei ihr gefosda
wird.
In 93 von den 162 Fällen fand L. neben derii-
genentzündung noch eine andere Form derScropbdi
die während des Verlaufs der Augen entzQn dang vid-
fach wechseln kann. Nicht selten jedoch koflUMi
auch mehrere Formen gleichzeitig neben der ia^-
entzündung vor. Als hauptsächlichste CosiplieaUfni
(44 mal) beobachtete er Hautkrankheiten , und iwv
besonders Impetigo des Kopfes und des Gesichts, m
wie verschiedene Formen des Ekzems. Beim weil
Geschlechte fanden sich Hautkrankbeilen aUeln etw«
öfter als beim männlichen (14 m., 20 w.). Ebet-
falls häuGg kamen Knochenleiden als Complieatioia
vor, und zwar in der Mehrzahl der Fälle Caries , die
sich etwas häufiger beim männL Geschlechle (13)
als beim weiblichen (9) zeigte, und vorzüglich ik
Knochen der Gliedmaassen ergriffen hatte. Gelesk*
leiden waren ebenfalls nicht selten , meist mit Ks»-
chen - oder Hautleiden vergesellschaftet » ausserdn
fanden sich 3mal Geschwüre und 3mal eine Ous-
rhöe vor.
Rttcksichtlich der Diagnose bemerkt daher L,
dass die Augenentzündung bei ScropbulOsen dnrcha«
keine specifische Gefässvertheilung darbiete, dass aa
aber aus der Summe aller Erscheinungen fast imma
die Diagnose zu stellen im Stande sei. Der vomgi-
weise Sitz des Uebels an den Lidern oder in der Alf-
apfelbindehaut, die Hartnäckigkeit desselben, Ae
häufigen Intermissionen, die Lichtscheu, das Ver-
kommen von Pusteln am Bande der Hornhaut werd«
schon auf den richtigen Weg hinsichtlich des aüoli»-
gischen Elements leiten. Durch die Untersuchiu|
des Körperzustandes im Allgemeinen wird aber leti-
teres bestimmt nachgewiesen, und zwar b^sonden
durch die Complicationen, wie tuberkulöse Anschwel-
lungen der Drüsen, scroph. Afiectionen der Haot, de
Unterhaut-Zellgewebes , der Gelenke oder der Kae^
eben. Eine genaue Berücksichtigung des KOrpena-
Standes im Allgemeinen ist daher um so mehr nOtlu^
als man sonst leicht nach den örtl. Erscheineagci
allein eine Augenenttttndung nilschltch für scrapbnlii
erklären könnte. Man muss vielmehr stets dam
denken , dass acute un^ chron. Aageaentafiftdiia^
VI. Chirurgie, Ophthalmologie u. OtiatriL
3i7
'auch bei nieki scropholOsen Rindern gar nicht seilen
'sind, nnd dass die wirklich vorhandene scro-
phuldse Anlage sich nur selten in den Augen allein
localisirt.
^ Die Prognose endlich ist nach L. der Hartnäckig-
keit des Uebels und der bekannten , so oft zurück-
bleibenden, üblen Folgen halber, stets sehr vorsichtig
zu stellen, obschon Zerstörung des Augapfels oder
'Vernichtung des Sehvermögens in Folge der Augen-
entzündung bei ScrophulOsen fast nie beobachtet wird.
'Hartnackiger fand L. das fragl. Uebel da , wo viele
HalsdrUsen tuberkulös iofiltrirt waren ; die Lichtscheu
hingegen ist auch nach seiner Erfahrung keineswegs
Von so unbedingt schlechter Vorbedeutung , als man
€8 glauben sollte. Die Entzündung der Bindehaut des
Augapfels gestattet nach ihm eine bessere Prognose,
als die Entzündung der Lidbindehaul, welche hart-
nackiger und mehr zu Recidiven geneigt sein soll.
Entzündung der Hornhaut ist schwer zu heilen , der
Gefässe halber , welche sich an der hintern Flache
der Hornhaut entwickeln und sehr schwer zum Ver-
schwinden zu bringen sind. Amblyopie oder Amau-
rose eines Auges in Folge von leichler Trübung der
Hornhaut, sah L. mehrmals schwinden, wenn das
kranke Auge, durch Zubinden des gesunden, zu Aus-
übung seiner Function genOthigl wurde. Den gün-
stigen Einfluss der Pubertätsperiode auf schon früher
vorhandene Augencnlzündung , so wie sehr grosse
Hartnackigkeit, wenn sie wahrend dieser Zeit ent-
ilanden waren, hat L. bestätigt gefunden.
C u n i e r ' s sehr schätzens werthe Untersuchungen
[a. a. 0.) beziehen sich zum grosseu Theile auf die
^etiologie der Scropkulose im Allgemeinen, Da
lie indessen grösstentheils Bekanntes enthalten, so
leben wir daraus nur Einiges hervor , was sich spe-
siell auf die scroph. Augenentzündung bezieht. Auch
u. fand in der Mehrzahl der Falle neben dem Augen-
leiden, oder als Vorläufer desselben noch andere Fur-
nen der Scropbeln, weiche zum grossen Theile
[45:91) in einem Hautleiden bestanden. Nur in
wenig Fällen war das Augenübel als erstes Zeichen
1er Scrophulose zu betrachten. In Bezug auf die
Belegenheitsursachen bestätigt C. die Beobachtung,
lass acute Exantheme, namentlich Masern u. Schar-
lach, sehr oft die Entwicklung des fragl. Uebels be-
lingen. Fronmüller (Beobachl. auf d. Gebiete
L Augenheilk. Fürth 1850. S. J3 ff.) fand bei 4
llasernepidemien, dass nach denselben die Anzahl der
icropb. AugenentzUnduogen beinahe doppelt so gross
pvar , als vor ihnen , während des Herrschens der
Epidemie aber nur ohngeflihr um ^5 zunahm. Bei
2 Scharlachepidemien, welche F. beobachtete, war
die Anzahl der scroph. Augenenlzündungen während
Jos Herrschens der Epidemie grösser, als vor dersel-
len und nach ihrem Verschwinden. Eine nicht sel-
tene Gelegenheitsursache der scroph. AugenentzUn-
lung ist nach G. ferner das Zahnen ^ so wie die
^äte Entwicklung der Menstruation , letztere be-
looders bei Mädchen, die eine sitzende Lebensart
fuhren. Endlich aber bemerkt G. noch, dass bei
scroph. Personen , besonders mit irritabler Gonstilu-
tion, ein übermässiger Genuss schwer verdaulicher
Nahrungsmittel, Mangel an Reinlichkeit, Aufenthalt
in feuchter, staubiger, rauchiger Luft, übermässige
Anstrengung der Augen hinreicht , um eine entzünd-
liche Reizung der Bindehaut hervorzurufen, welche
alle Charaktere der sog. scrophul. Augenentzündung
annimmt.
In Bezug auf die Behandlung giebt L. eine
gute Uebersicht des Bekannten. Fronmüller (a.
a. 0. S. 41 ff.) empfiehlt von Neuem das Coniin, be-
sonders bei erelhischero Charakter des Uebels, mit
Vorherrschen des Lidkrampfes und der Lichtscheu.
Er wendet es gegenwärtig zu 4 Gr. (früher 2 Gr.)
auf 5 Drachmen Aq. dest. und 1 Scrup. Weingeist,
täglich .3mal 20-^30 Tr., an und versichert, dass
es auch in dieser Gabe Monate lang ohne Nachtheil
gegeben werden könne. Auch die Einreibung eini-
ger Tropfen dieser Lösung in die Umgegend des Au-
ges, mehrmals tägl. wiederholt, leistete F. in meh-
rern Fällen sehr gute Dienste ; sie darf indessen nicht
zu lange fortgesetzt werden , da sonst ein stark juk-
kender Papelausschlag entsteht.
Dr. V. ROser in Bartenstein (Rhein. Mon.-Schr.
Mai 1851) bemerkt, dass zur Beseitigung jedes chron.
Uebels die Arzneimittel in so grossen Gaben gegeben
werden müssen, als sie nur immer vertragen werden,
ohne eine Krankheit hervorzurufen , welche schlim-
mer als die Hauplkrankheit selbst ist. Als Haupt-
mittel gegen die scroph. Augenentzündung bezeichnet
aber Vf. das Plummer'sche Pulver , welches er für
Kinder von 1 — 3 J. zu 4 Gr., 3mal tägl., zu verord-
nen pflegt. Brechen die Kinder nach einer solchen
Gabe, so wird dieselbe so lange verringert, bis kein
Erbrechen mehr eintritt , das Mittel in letzterer Gabe
einige Tage hindurch fortgebraucht, später aber in
stärkerer Gabe wieder verabreicht, bis die Entzün-
dung gehoben ist. Verträgt das Kind die Gabe von
4 Gr., od. tritt darnach nur ein Paar Mal Würgen ein,
zeigt sich aber nicht bald eine Ahnahme des Augen-
leidens, so wird mit der Gabe schnell so weit gestie-
gen, dass Erbrechen eintritt, welche Gabe als Cul-
minationspunkt zu betrachten und so lange fort zu
geben ist, bis Besserung erfolgt. Bei sehr drohenden
Erscheinungen hat Vf., selbst 3jähr. Kinder, wieder-
holt 72 Gr. Plumm. Pulv. tägl. mehrere Wochen lang,
wie er versichert, ohne Nachtheil, nehmen lassen.
Abweichen verliert sich , wenn es überhaupt eintritt,
bei dem Fortgebrauche des Mittels, wo nöthig in
etwas verminderter Gabe, von selbst. Die Erschei-
nungen des beginnenden Speichelflusses aber kom-
men, wie Vf. angiebt, nur nach langem Gebrauche
sehr grosser Gaben, und dann stets mit gleichzeitiger
Besserung des Augenleidens vor. Uebrigens bemerkt
noch R. , dass die Gabe durchaus nicht immer mit
dem Alter gesteigert werden dürfe, dass vielmehr
kleinere Kinder verhältnissmässig grössere Gaben ver-
tragen, als ältere und Erwachsene, Mit dem anf?«-
»48
VI. Chinirgie» OphtiMknologie »• Odatrüu
gebeMn VerMiren versichert R. bei Uoge Zeit schon
beslandeneR AugeneBlEündangeo binoco ein Pasr
Wochen überrascbeBde Heilung eniel4 su haben. Bei
sehr Kacliektiscben llisst er aber darnach £«^erMrcii»
und swar ebenfalls in so grossen Gaben nehmen , als
sie der Magen verlragU Erbrechen ist hier kein Din«*
dcrniss der Gabe , wie er bemerkt , denn der Magen
gewöhnt sich aliraälig selbst an Gaben von 3 — 6Essl.
früh und Abends bei kleinen Kindern, bei Erwachse-
nen natürlich mehr. Sind die Plumm. Pulver bis
zum Eintritt der Hydrargyrose gebraucht worden,
ohne dass Besserung eintrat , so empfiehlt Vf. , der
unter solchen Umstanden vom Jodkalium gar keinen
Nutzen sah, den Arsenik in der Fowler'schen Tinc^
iur. Er lässt auch von dieser selbst kleinere Kinder
Sfmal tflgl. einen Tropfen in einem halben bis ganzen
Glas Wasser nehmen, und versichert, nur in seltenen
Fallen genOthigt gewesen zu sein, nicht mehr als
eine solche Gabe auf 3 mal tagl., zu verordnen , wah-
rend er mehrmals selbst bei kleinern Kindern bis zu
3 , ja 5 Tr. , 3mal tagl. steigen und diese Gabe län-
gere Zeit fortnehmen lassen konnte. Hinsichtlich der
Grösse der Gabe ist auch hier zu bemerken, dass
Erwachsene häufig nur verhaltnissmassig kleinere Ga-
ben, z. B. 3mal tagl. 10 Tr., vertragen, obschon Vf.
einen Fall von Lepra vulgaris erwähnt, wo mehrere
Wochen hindurch bis zur völligen Heilung 3mal tagl.
40 Tr. genommen wurden. Stets aber mnss auch
der Arsenik in einer solchen Gabe verordne! werden,
dass leichte krankhafte Erscheinungen darauf erfolgen,
bis zu deren Beseitigung das Mittel ausgesetzt, darauf
aber in etwas geringerer Dosis bis zur Heilung fort-
gebraucht wird. Schlttsslich erwähnt Vf. , dass das
beschriebene Verfahren auch gegen andere chron.
Augenentzttndungen, z. B. herpetische, sehr wirksam
sei, und dass er beim Gebrauche des Plumn. Pulvers
sowohl, als des Arseniks das Einstreuen von Calonel
in das Auge als Adjuvans sehr erfolgreich gefunden
habe. Ref. aber scbliesst mit der Bemerkung , dass
er die Anwendung so eingreifender Mittel, wie Plumm.
Pulver und noch mehr Arsen , in so Ungeheuern Ga-
ben nur ausnahmsweise, bei Unwirksamkeit alier an-
dern Mittel fUr gerechtfertigt hallen kann.
(Winter.)
546. Ueber Cornea Gonica.
V« Ammon theiU in der deuisehen Mimik (45.
1851) folgenden Fall des fragL Uebels mit.
Ein einige 40 J. alter, nerTdser Herr, mit eigeirtbuni-
licbtv Sclifidelbildttai, hielt die tu betracbtendcn Gegen Mlade
sUtt sehr nahe, uod zwar etwas zur Seite, vor die Augen,
und bei rascher Bewegung derselben ging von beiden ein
opslisirender Schein aus. Er starb nach kurzem Kranken-
lager am Typhus und Vf. fand bei der Section Folgendes.
Beide Augen, bei sebr konisch geformter Hornhaut, im
mittlem Durchmesser sehr breit, von fest fötaler Gestalt. Die
duaoea , sehr tendinoeen 3iuskein setzten sieh weiter oaeh
hinten, als gewMalicb an die ScleroHca-, ein BurcbscbaiU
letzlerer (am 1. A.) zeigte dieselbe wenig resistent, sehrdflnn.
Die helle Linsenkapsel, von vorn betrachtet, normal ge-
wölbt, lag nicht so nahe und gleicbmSssig wie gewöhnlich
an den Ciliarfortsitzen, anter der l^epe eneWeo sie wie ein-
gekerbt. Der Orbicul, eiliarü in seinen Fi4na ^ft^i
gebildet ; Liquor Morgagni von normaler Bescbaffeahsu
Menge ; das Peristoma Döllingeri gehörig entwickelt. ll
Pigment der Uvea sehr sebwart , lercht als Meiubran Süll
bar , an der hintern Fläche der Urea traten nblreichc Üsifl
aus den CiiiarfortsStzen in ihr Parenchjm; der firnil
CiHarfbrtsäUe etwas ferschobeo, die einzekien Fofi«H
ohne Pigment , etwas geschrumpft ; Ckorioidem cbocdw
farbig ; Netzhaut dünn , faltig , in beiden Aoeen kcia Fa
men centrale, die Macula lutea sehr ausgebildet. Dasli
ciliare dick und so breit wie die sehr muskulöse Iris ,
vordere Fliehe sehr ausgebiTdete Erhaben beiten aod Toto
fungen wahrsehmen liess. Die ä^mkänt€ bol«n an de «
dem Fläche nichts no||ewdholiches dar; beim
schnitt (der r. Hornhaut) zeigte sich eine äberall gldi
dicke Schnittfläche ; die Substanz der Hornhaot war ilr
etwas dünner als gewöhulich ; die sebr kouiscbe , hm, p«
midale (»estalt verlor sich nach dem LangeDschBitle ukt bl
Die Descemet'sche Haut zeigte in beiden Aogen entvreteL»
gen- oder Querfalten, von gleicher BeschaflCenbeit, wiesifs
der isolirten Linsenkapsel vorkommen. — Das Gekim.t
seiner Substanz normal , hatte grosse Aebniichkett mit da
von Vf. friiher (klin. DarstelU Tb. 111. Taf. XVIll. Fi|.|
abgebildeten, wo neben Cornea conica, abnorme Schiddfaa
und Amaurose , in Folge angeboraer Fehler des Hirascftifp^
rats vorbanden war. fm fragl. Falle erscbien iadesKs it
optische Theil des Gehirns sehr ausgebildet ; die mehr beiB
al« ruadea Sehnervea verliefen unter eineni aebr mmfim
Winkel zu den Augäpfeln, hinter den Chiasma aber ab U
Kolben zu den sehr grossen Thalam. nerv. epticoroiL
Nach Vf. gehört der beschriebene PalJ zn ^oft-
nigen, wo die konische oder pyramidale Fonak
Hornhaut mit zur Welt gebracht worden ist« und«
Vf (a. a. 0.) nachgewiesen bat, mit eigentbOnilickB
Hirn- und Koplbildung im Zusammenhang steht
konische Hornhaut dürfte deshalb bei gleichzeififci
Vorkommen von abnormer Schsdelbildung sieu lii
ein Bildungsfebler zu betrachten sein, der in
Kindheit leicht übersehen wird. Aber auck in
Fallen , wo die Cornea conica wirklich als nen at*
standene Krankheit au betrachten, keine abaei«
^htdel- oder Hirnformation vorhanden ist» darf k
Grnnd des Uebels nach Vf. nicht »Hein m einei
tholog. Zastande der Hornhaut gesucht werAeo;
ist vielmehr auch der wichtige Etnftass zs berflcksidb-
trgen, welchen ei0 AHgemekileiden durch VenmCtlMf
der Giliarnerven auf Form- und Structurrerandenaf
derHornhfffK beben bann, worauf schon Arlt (Kjaik-
heit. d. A. t. S. 280) hingewiesen hat.
An vorstehende Beobachtung reiben wir eisiii
Angaben aus einer Arbeit White Gooper*s flkr
die Cornea^onica (Lond. Journ. May, June. 185(1)
Nach C.'s Untersuchungen kommt das Iragl. LtüSL
nur bei civilisirten Völkern, und zwar im Norden liii
seltener als im Süden vor. Unter 208,970 in v€^
schiedenen Hospitälern behandelten Augenkranka
litten 194 an demselben, also l:1077,t6, wSk-
rend sich das Verhüllniss zur Gesammtsumme <ie
Augenkr. für die einzelnen Orte folgendermaassa
herausstellt.
Macao » i : 308,1(0 ; Undon » 1 : i9S9,9k \
Plymouth » 1 : 393,69 ; Manchester » 1 : 1199,81 !
Dublin «1: 405,00; Liverpool »» 1:1941,00.
Bnvrol aocf: 807,19; Scbotdand »1:4514.71.
fn 48 FSIIen fend C. 34inal beide Aagen, iimeV des I.,
Smal das r. allei» ergriffen , von M derfl. Ir. waren % aaMr
VI. Oirorgter Opkikilfflologie i. OUatrik.
349
^ J. , ift zwltehen 10«. 9», SMl zwiBofatn SO n. Sa, 8 iwt-
Uen 30 u. 40, 4 zwwcbeo 40 u. 50, 2 über 00 J. aU, und
kler 72 Kr. bcfaDden sieb 47 W., 25 M.
IMtT die Symptome bringt C. niehts Neues bei ;
aen Fall, we das Uebel angeboreo war, versichert
r nicfai beob'acbteC za haben, and seiner Ansieht
iifolge liegt demsctben meistens ferminderte Zufbhr
»n Ntfhrstoff zur Bornhaul, i» Folge allgemeiner
ebwäche iiv Grunde f>. Die nächste Veranhssung
ber ist der Druck der Maskefn auf den Augapfel,
urch welchen der Inhalt desselben nach vorn getrie-
BD wird , und somit eine konische Hervortreibung
es Centrum der Hornhaut, wo der geringste Wider-
tand stattfindet , zu Stande kommt. Dass in vielen
'allen ein Gongestivzustand die Entwickung des fragt,
febels begünstigt, schliesst Vf. aus dem häufigen Vor-
ooiinen eines spannenden Gefühls und von Skotomen
ei demselben, so wie daraus, dass es sehr oft
26aial unter 43 Fallen) bei Personen gefunden wird»
leren Beschäftigung einen Bluladdrang zum Auge be-
ÜDgl. Auch Geschwüre der Hornhaut, so wie Ent-
andung derselben, vorzüglich scroph. Natur, be-
rächtet Vf. als Ursachen der konischen Hervortrei-
mng. Die pathologische Veränderung aber besieht
lacb seiner Ansicht darin , dass die elastische Mem-
ftra» der Hornhant [das Bindehantblattehen ?] ihre
resUgfceit und Elasticität verliert, wahrend dieeig^nt-
iche Substanz im Centrum an Dicke und Cohasio«
ibnimmt, an der Peripherie aber bisweilen dicker
mrd.
HrnsTChtlich der Behandlung bemerkt Vf. zu-
nächst, dass er in 3 Fallen, nach TyrrelTa Vor-
schlage, die Pupille durch Aussehneidung eines
schnaalen Streifens ihres seitlichen Randes vergrös-
serte» so dass dieselbe einer weniger konischen
Stelle der Hernhaut entsprach. In einem Falle wtrrde
das Sehen dadurch wesentlich, im 2. nur wenig, im
3. aber gar nicht gebessert, obschon im letztern
später auch noch die Linse zerstört worden war.
Aueto andere engl. Chirurgen halben nach G.'s Angabe
die VergrOsserung der Pupille auf gleiche Weise mit
günstigem Erfolge ausgeRihrt, während Wilde (Du-
blin) durch Verziehung der Pupille, mit Einklemmung
des PupiUarrandes in der Hornhautwunde, in einem
Falle eine bekrächltiche Besserung erzielte, ein Ver-
fakren-, welches wach Ansicht des Ref. den Vorzug
verdient , da es mehr Sicherheit für den Erfolg dar-
bietet, als die einfache Ausschneidung. Mit Recht
bemerkt aber Vf., dass man, bevor eine solche Ope-
rstiem unfen^mwen wird, die nalttrltche Pupille ver-
mittels eines HTydriaticum erweitern müsse, um zu
sehen» ob das Sehvermögen dadurch gebessert wird.
Ebenso ist es gewiss gerathen , zu untersuchen , ob
das Sehen durch eine Stelle der Hornhant besser von
Statten gebt , als durch eine andere , um dieser ge-
genüber die grösste Weite der Pupille zu verlegen.
332.
1) V9I. Pickff rd's Uotersucbangen. Jrtrbb, XLV.
Die Entfernung der Lin»e aus der Sehachse
(durch ZerstOcklomg oder Verschieb.) bekanntlich von
A d a m s bei dem fragl. Leiden sehr warm empfohlen,
von Tyrrell, Lawrence nnd Andern verworfen,
kann auch nach Vfs. Ansicht in der Regel keinen
Nutzen schafi'en. Denn da bei der koniseben Horn-
haut die Sehstörung weniger von einer quantitativen
Veränderung der Liciilbrechuag (Steigerung), als von
der fehlerhaften Art derselben abhängt, welche die
Bildung von Bildeben an den geeigneten St«illen der
Netzhaut verhindert , so kann durch EiUfernung der
Linse das zur normalen Entstelning der Bildehen boHif-
wendige Verhältniss nicht hergestellt werden. Dass
jedoch durch dasfrngliche Verfahren in manchen FUlen
ein günstiger Erfolg erzielt worden sei , geht aus 3
Fallen von Butter, Robertson, Walker (Bla»-
ehester), welche Vf. kurz mitll»eilt, hervor. Vf.
selbst bediente sich desselben 2mal, ohne davon Nut-
zen zu sehen; er hält es daher nur für die Fälle
empfehlenswerth , wo neben kon. Hornhaut Cataracl
vorbanden ist.
Die Entfernung eines Segments der Hornhaut
von Mttling so aosgeföhrt, dass er an der untern
Hälfte der Hornhaut einen Schnitt machte tmd ein
Stück des Lappens abtrug, hatte keinen günstigen
ErMg, indfem sich die konische Spitze der Hornhaut
nur von der Mitte mehr nach unten senkte; Das
giefche Verfahren an der obern Hälfte der Hornhaut,
welches M. aaszuftlhren beabsiclrtigte, ward von dem
Pat. nicht gestattet. Fario QJull. di Bologna. Die.
i»3») will in einem Falfe, an 3 verschiedenen Stel-
len ein V-förmiges Stück aus der Hornhaut ausge-
schnitten und so Heilung erzielt haben. Vf. bemerkt
aber mit Recht dagegen, dass jedenfalls nach F.*s
Methode nndnrchsichlige Narben entstehen, u. somit
beträchlliehe Behinderung des Sehvermögens eintreten
mllsse.
Von der einfachen Punclion der Hornhaut hat
Vf., gleich andern engl. Chir.. nie erheblichen Nutzen
gesehen , woJil aber von der Verbindung der Func-
tion mit einem Drucke auf die Hornhaut, was zuerst
von D e s m a r r e s vorgeschlagen wurde. Der Druck
muss anhakend, aber nicht auf die Spitze aUeiu ein-
wirken, sondern der ganzen Hornhaut einen festen
Stützpunkt gegen die Wirkung der Augenmuskeln ge-
währen. Diess kann aber nur vermittels einer flüs-
sigen Substanz erreicht werden, nnd Vf. bediente
sich das» in einem Falle eines Luftkissen aus einem
fernen Stoffe, weithes vermittels einer stellbaren Fe-
der »m Hmterhaupte fiiirt war und einen so starken
Druck a«f das Auge ausübte , als er ohne Besehwer-
den zu veranlassen vertragen wurde. Er legte den
Apparat unmittelbar, nachdem der Ausfluss der wässr.
Feuchtigkeit a«s einem Einslich in die Hornhaut aul-
geh4>rt hatte, an und beobachtete nach Swöchentl«
Gebrauche desselben deuthehe Besserung, welche
noch grösser gewesen sein wttrde , wenn nieht das
Kissen, da es nicht vollkommen luftdicht war» stets
naeta einigen Tagen ausammengefaUen wäre. Letz-
3S0
VI. Chirurgie, Ophthdmologie u. Otiatrik«
terer Uebelstaod darfte sich durch Anwendung von
vuliianisirteni Kaulschul(, nichl aber einer animali-
schen Substanz, wie Vf. bemerkt, beseitigen lassen,
und das fragl. Verfahren verdient gewiss alle Beach-
tung, jann jedoch ohne sorgHiilige Berücksichtigung
des Allgemeinbefindens den gewünschten Erfolg nichl
haben.
Die gleichzeitige Anwendung von Brech - tmd
Abführmitteln (Zinc. sulpii. mit Magn. sulph.), wie
sie Pickford empfohlen hat, versuchte Vf. in 2
Pillen. Die Kr. erklarten aber, das Mittel sei schlim-
mer als das Uebel, weshalb C. ein eigenes Urtheil
über diese, von Jam. Dixon, am k. Augeninstitute
tu Moorfields (London), mit vollem Rechte als
verwerflich bezeichnete Methode sich nicht bilden
konnte.
Adstringentia und Aetzmitfel auf die Hornhaut
selbst angewendet haben nach Vfs. und mehrerer an-
derer engl. Augenarzte Erfahrung keinen günstigen
Erfolg. Selbst die F{jlle von Ware, Gibson, Lyall u.
Gerdis, in denen die Wirkung der fragt. Mittel den
Erwartungen entsprochen haben soll, sind nicht geeig-
net, zur weitern Anwendung derselben zu veranlas-
sen , indem entweder die Besserung nur vorüberge-
hend war, oder das Sehen gar nicht erleichtert
wurde , oder endlich der günstige Erfolg hauptsäch-
lich der gleichzeitigen Allgemeinbehandlung zuge-
schrieben werden muss. Ebenso sah Vf. von dem
Elektromagnelismus, mehrere Wochen hindurch an-
gewendet , gar keinen Erfolg , wahrend er nach dem
beharrlichen Gebraucht von Dämpfen der Blausäure
nur eine Abnahme der Trübung an der Spitze der
Hornhaut beobachtete , wie sie bei langer Dauer des
Uebels nicht seilen beobachtet wird. Dalrymple
gelang die Beseitigung einer solchen Trübung durch
EintrOpflung einer LAsung von 1 Gr. Zinc. acet. in
i Unze desl. W., wobei freilich gleichzeitig eine star-
kende innerliche Behandlung eingeschlagen wurde.
Die Anwendung des Höllensteins und der Jodtinctur
auf die Aussenflache des obern Lides, bis zur anhal-
tenden Schorfbildung, will Smith (Southam) in meh-
rern Fallen von günstiger Wirkung gefunden haben.
Vf. sah von der fraglichen Anwendung der Jodtinctur
in 2 Fallen gegen die dabei vorhandene Lichtscheu
guten Erfolg, wie überhaupt dieselbe bei scrophuL
Augenentzündung bekanntlich gute Dienste leistet.
Optische Apparate sind in grosser Anzahl und
von der verschiedensten Constrnction gegen das fragl.
Uebel vorgeschlagen worden. So hat mafl , da der-
gleichen Kr. nicht selten durch eine feine Oeffnung
besser sehen, Vorrichtungen mit einer solchen ange-
geben, und Vf. hat wiederholt von dergleichen, öfters
mit einer doppelt concaven Linse (Nr. 11) gute Wir-
kung beobachleL Er bemerkt aber, dass die pas-
sende Ausdehnung, Richtung und Stelle der Oeffnung,
so wie die Starke der Linse , für jeden Fall durch
sorgfältige Untersuchung ermittelt werden müsse. In
einem Falle Vfs. besserte eine doppelt convexe Linse,
vor einer solchen OeflTnung angebracht, das Sehen
mehr als eine eoncave. Ausserdem hat mao
den geschliffene Glaser zur Beseitigung der SehsU-
rung bei Cornea conica vorgeschlagen ; allein Vf. be-
merkt mit Recht, dass, wenn man auch dieselben der
Gestalt der Hornhaut entsprechend erhallea kOnale.
immer noch die grosse Schwierigkeit bleibe, sie stcn '
in einer passenden relativen Entfernung vom Auge zi
erhallen. Am besten würden sich zu diesem Zwecke
Linsen eignen , welche nicht Abschnitte von Kogein,
sondern von Parabeln oder Hyperbeln , der Form der
kon. Hornhaut entsprechend, darstellen.
Schlusslich bemerkt Vf., dass nach seiner Ueber-
zeugung die Verbindung der wiederholten Ponclion der
Hornhaut mit einem Drucke durch eine Flüssigkeit,
unter gehöriger Berücksichtigung des Allgemeiobe-
findens, das passendste Verfahren gegen das CragL
Uebel sei , besonders da es , wenn erfolglos , doch
keinen Nachlheil veranlasse. Die allerdings in vieiei
Fallen erfolgreiche operative Behandlung belrachict
er als letztes Mittel, und dringt darauf , dass maa,
bevor irgend ein operativer Eingriff aniemomsea
wird, genau ermittele, ob das Sehen durch eiae
schmale Oeffnung oder bei erweiterter Pupille besäet
von Statten geht K) (W i n i er.^
547. Ueber Melanose des Ange« ; von Si-
chel. (Gaz. des Höp. 98. u. Ann. d'Oc. Oct., Nov.,
D4c. 1851.)
Eine 59jähr. Dame, von ziemlich guter KorperbeschaiTefl-
heit, seit ihrem 45. J. nicht mehr menstruirt, war 3 J., be-
vor sie sich an S. wandte, ohne grosse Schmerzen za empfiii-
dcD, völlig erblindet. Während der letzten 2*/s J. litt sie «a
sehr heftigen Koprsch merzen, und seit 6 Mon. hatte sicli ao
dem rechten Augapfel nach aussen und oben ein kleines, )ak-
kendes Dluthchen gebildet, das fortwährend gewachsen war.
S. fand die Pupille des betreflendeo Aoges durch eiae
Trübung , wie es schien der Linse sammt ihrer Kapsel , ge<-
schlosseo^ und das ganze äussere obere Dritttbeil des Aag-
apfels in eine bläuliche Geschwulst verwandelt. Eiae 2. Ge-
schwulst von dem Umfange einer grossen Haselnuss fand sick
etwas nach hinten und unten. Die Exstirpation des Aeg-
apfeis gelang vollkommen, obschoo die Lösung der MM. rect.
int. und sup., so wie des Obliq. sup. grosse Schwierigfccitea
veranlasste. In der Augenhöhle liess sich e.twas Krankhaftes
nicht entdecken, und schon am 19. Tage nach der OperatioG
war die Heilung vollendet.
Bei der Untersuchung des exstirpirten Angapfels ergak
sieb , dass , wie es S. vor der Operation diagnosticirt hatte,
die melanotische Masse nach oben und aussen in die Höhlaag
der Chorioidea, die übrigens nur etwas verdfinot und entfaztt i
gefunden wurde, abgelagert worden war. Sie hatte die Netz-
haut nach vorn und innen gedrängt und endlich gelost, sc
dass dieselbe als eine gelbliche Tasche erschien , welche mit
einer citrooengelbeo, einzelne schwarze Massen enthalteDdea
Flüssigkeit erfüllt war. Die Reste des Glaskörpers lagea
hart an der verdickten und getrübten hintern LinsenkapseJ,
welche die getrübte, ziemlich harte Linse wie gewöhnlich um-
gab. Die Sclerotira aber war an 2 Stellen nach oben and
vorn und etwas mehr nach hinten und unten durch den Dnick
der melanot. Masse allmälig durchbrochen worden , so dass
1) Vf. erwähnt hierbei, dass er nach dem Schnupfen von
Seeale corootum weder bei natürlicher, noch künstlicher Er-
weiterung der Pupille eine Vercpgerang derselben beobachtet
habe.
Vll. ^ydiiatrilc.
381
4t« melaoot. Mäste nor ton der Btadehaot bedeckt enchien,
welche an einzelnen Stellen gleich ralls durch brechen war.
Leb er t, weichem S. einen Theil des exstir-
pirten Auges sandte , halt die Entartung fttr Cancer
melanodes, da er tiberall vom Augapfel einen schmie-
rigen, brSunlichen Brei abschaben konnte, welcher
mit Wasser eine emulsionsahnliche , von Krebseiter
nur durch die Farbe verschiedene PKlssigkeit bildete,
und 2) weil er unter dem Mikroskope darin zahlreiche
Zellen fand, die man als für den Krebs charakteri-
stisch betrachten kann. Nach seiner Ansicht ist Über-
haupt der Cancer melanodes des Auges viel häufiger,
als die einfache Melanose desselben. S. hingegen
rechnet die beschriebene Geschwulst zur wirklichen
Melanose, wie er es schon früher in einem ähnlichen
Falle, ebenfalls gegen die Ansicht von 2 bekannten
Mikroskopikern gethan halte, und stützt sich dabei
vorzüglich auf den Umstand , dass im letztern Falle
die Geschwulst wahrend mehrerer Jahre wiederholt
theil weise abgetragen werden konnte, ohne dass üble
Folgen sich zeigten, was bei krebsigem Charakter
der Entartung sicher nicht der Fall gewesen sein
würde.
Nach S. besteht die Melanose nur in abnormer
Anhäufung des Pigments oder einer analogen Sub-
stanz, deren Grundlage der Kohlenstoff bildet. Die
Substanz kann in allen Organen , sowohl bei norma-
lem als bei pathologischem Zustande derselben abge-
lagert werden, u. findet sich besonders oft in krebs-
und Tuberkel -Geschwülsten. Als charakteristische
Kennzeichen aber giebl Vf. an: 1) dass man auf dem
Durchschnitte schon mit freiem Auge deutlich Pigment-
zellen unterscheidet, 2) dass solche Geschwülste
dem Wasser schnell eine bräunliche Farbe miUheilen,
wahrend durch Alkohol aus der Flüssigkeit eine mehr
oder weniger schwarze Masse in verschiedener Menge
niedergeschlagen wird , endlich 3) dass die Neigung
zu Recidiven und Ausbreitung auf die benachbarten
Gebilde fehlt.
Im Auge kann nun eine solche Ablagerung um so
leichter stattfinden , weil eine Pigment absondernde
Membran , die Chorioidca , daselbst schon vorbanden
ist. Meistens . findet die Ablagerung zunächst an der
innern Seite der Chorioidea Statt, wo dann durch
die gewöhnlich unregeimassig erweiterte Pupille eine
braunliche Trübung , so wie zuweilen eine höckrige
Flache sichtbar wird; in der Regel ist jedoch der 1.
Grad der Melanose kaum zu diagnosticiren. Beim
weitern Fortschreiten des Uebels gewahrt man eine
braunliche Geschwulst im Grunde des Auges, welche
sich allmalig nach vorn drangt und dann gewöhnlich
Erscheinungen, wie im beschriebenen Falle, bedingt.
Nicht selten aber entwickeln sich auch , wenn die
Geschwulst die ScItTolica oder Hornhaut durchbro-
chen hat, in Folge von Verschwüriing der entzün-
deten Bindehaut Granulationen, und die Vermischung
derselben mit der nielanot. Masse, oder das gleich-
zeitige Vorkommen von Cancer, hat nach S. Veran-
lassung gegeben, dass die fragl. Entartung als Can-
cer melanodes bezeichnet wurde.
[Ref. erinnert hierbei an die ähnlichen Bemer-
kungen von F o 1 1 z, n«ieli P ö t r e q u i n (Jahrbb. LXVL
213), so wie an die von Hewlett und Neuhau-
sen mitgetheilten Falle; vgl. Jahrbb. LXVII. 345.J
(Winter.)
Vil. Psychiatric
548. Ueber pathologisclie Beftmde in den
Leichen Geisteskranker. 2. FojHesung; von John
Hitchman. (Psychol. Journ. July. 1850. Vgl.
Jahrbb. LXVlll. 104.)
Gegenstand dieses Vortrags bildet die Epilepsie,
in Verbindung mit Manie, so wie die dabei u. danach
vorkommenden anatomischen Störungen im Leich-
name. Trotz der zahlreichen altern und neuern
Arbeiten Ober Epilepsie ist unsere Kenntniss dersel-
ben doch nicht viel grösser, als sie A r e t a u s besass,
unter Vespasians Regierung. — Von 6 Epileptikern,
welche Vf. innerhalb 15 Mon. sterben sah, zeigten
nur 3 specielle Besonderheiten. Bei allen fani} sich
bedeutender Congesttonszustand des Gehirns, ausser-
dem aber keine Störung oder Deformität im Gehirn
oder an der Basis des Schadeis , welche nicht auch
bei andern chronischen Fallen von Geistesstörung
gewöhnlich wäre.
Die Kranke , welche den Gegenstand des ersten Falles
bildete, zeigte wShrend des Lebens die Eigenthumlichkeit,
dass sie sich beim Beginne des Anfalles schnell rand um sich
selbst drehte ; bisweilen dauerte dieses Drehen einige Secun-
den lang , ein anderes Mal wieder stürzte sie , nach halber
Drehung, heftig zu Bodj;n. Im 8. Lebensjahre hatte sie einen
heftigen Schlag an den Vorderkopf mit Bruch der äussern
Knochentafel des Stirnbeins erlillen ; die Epilepsie folgte der
Verletzung augenblicklich. Die Kr. wuchs heran, verheira-
thete sich, bekam Kinder u. wurde 1837 durch die vereinigte
Einwirkung von Ärmuth, Kummer und Epilepsie geisteskrank.
Gewöhnlich betrug sie sich artig , hatte wenige und barmlose
üallucinationen, nur einige Stunden vor dem Anfalle ward sie
mürrisch , argwöhnisch , eifersüchtig und ängstlich. Lag sie
dabei im Bette, so wur ihre Neigung zu rotiren weniger gross,
aber auch dann rollte sie sich aufs Gesiebt und wieder rück-
wärts. Sie war beim Tode 56 J. alt und 11 Jahre geistes-
krank gewesen. Das Calvarium hatte eine dreieckige Vertie-
fung auf der äussern Tafel des Stirnbeins , die innere zeigte
keine Spur riner corrcspondirenden Verletzung. Letztere
aber war von dem Verlaufe der Art. mening. so tief ausge-
höhlt, dass der Knochen längs desselben ganz dünn n. durch-
sichtig erschien. Die Schädelbasis war unregeimassig gebil-
det und am vordem Theile , auf dem die Hirnlappen ruheui
verengt , die Crista galli des Siebbeins war lang und gross.
Die Dura mater hing fest an den Schädel knochen , die Arach-
noidea undurchsichtig, die Pia mater im Congestionszustande,
die Pacchionischen Körper gross , das Gehirn durcbgebends
mit Blut erfüllt , am meisten im Cerebellum und der MeduUa
oblong., die Seitenvenlrikel leer, die Gland.pituit.atropbisc*-
3ft2
ni. etydiiaUrik.
dai Herz kleio , die Miukolatur desselben schlaff, die Va^? .
tricusp. des rechten Ventrikels krank und ferdickt, die übri-
gen Eingeweide erschienen gesund.
Die 2. Kranke, 1843 aurgenommen and seit einem Jahre
geisteskrank , kam in diesen Zustand , angeblich durch Epi-
lepsie entstanden, in der Kindheit und starb 381. alt an Lnn-
genleiden. Das CalTarium war fon unregelmiasiger Gestalt,
die Dura mater sehr adhärirend , die Arachnoidea undurch-
Mcliiig, mikhig, auf dem Gerebeil., ausserdem nicht. Im
Sacke der Arachnoidea befand sich viel braun geförbtes Serum,
welches die Zwischenräume der Gehirnwindungen ausfüllte.
Letztere waren atrophisch und durch die Flüssigkeit weit aus-
etnander getrieben. Der linke Lappen des Gehirns war
grösser und '/i" läoger als der rechte, die Hirnsubstanz bei-
der Hemisphären weich und in der Farbe von Dunkelbraun
zu Blassreh farbig fariirend. Die Seitenventrikel enthielten
etwa IVs Unze Serum , der mittlere Lappen des Cerebellum
war verschrumpft , sah blass , wie macerirt aus , das Gehirn
Abrigens stark mit Blut uberfülit. Die Membran des Herzens
in der Gegend der Verbindung der Ventrikelöflhungen mit den
Herzohren an der äussern Oberfläche war entzündet, die Un-
terleibsorgane gesund.
Dieselbe Ungleichheit im Umfange der beiden Gehimhe-
misphären sah Vf. bei einem andern Epileptischen ebenfalls,
ausserdem aber noch bei einer Nichtepileptischen , weshalb
die genannte Ungleichheit mehr mit den Manifestationen des
QMie§, als mit den epilept. Convulsioncn zusammenhingen
soll. Diese Kr. hatte kleine , aus den Seiten des Schädels
hervorragende, nahe am obern Längeosinus befindliche Kno-
cbenspitzchen, das Calvarium war in seinen Umrissen unregel-
missig, die Membranen sehr verdickt, die Gefässe atheroma-
tos; dabei war jedoch diese Kr. zwar nicht epileptisch, doch
bedeutend geisteskrank, ausserdem blind und stark von Bron-
chitis heimgesucht Dieser Fall beweist, wie vorbemerkt,
dass manche Theile des Gehirns extensiv krank sein können,
ohne dass Epilepsie entsteht, er bildet auch einen bemer-
kenswerthen Contrast mit dem folgenden.
Eine Kr. war viele Jahre hindurch epileptisch gewesen,
und doch fand man bei der Section nur solche Veränderungen
im Gehirn , wie sie gewöhnlich bei chron. Manie vorkommen.
Es gab weder Knochenspiculae , noch Cysten in den Seiten-
▼entrikeln, kurz keine entdeckbare Veränderung , welche Epi-
lepsie hätte erzeugen können , nur die Gland. pituit. an der
Schädelbasis war hypertrophisch, griesig, ziegelmehlartig.
Abdominaleingeweide gesund, Herz klein, nur 5% Unz.
schwer, das Muskelgewebe weich, schlaff, degenerirt. Meh-
rere Anatomen haben die Ursache der Epilepsie in Verände-
rungen der Gland. pituit. gesucht, und auch Vf. fand dieselbe
oft vergrössert und anderweit verändert in Fällen , wo sonst
im Gehirn keine auf Epil. bezflglichc Veränderung wahrzu-
nehmen war. Ihre Structur, welche ans nusskernförmigen
Bläschen besteht, ihre Blutgefässe, die Art, wie sie von der
Dura mater umgehen ist, ihre Verbindung mit dein Gehirn
durch dasInfundibuUim (auch ein hochstehender Gehirnlheil),
und der Umstand , dass sie im Gehirn einer sehr ausgecleb«^.
ten Thierklasse gefunden wird , rechtfertigen die Annahme,
dass ihre Veränderungen von bedeutender Wichtigkeit sind.
Vf. fand den genannten Körper ein Mal bei einer Person , von
welcher man nicht wusste, dass sie epileptisch gewesen sei,
bis zur doppelten Norinalgrösse hypertrophirt *, es ergab sich,
dass schon Jahre lang Epilepsie vorhanden gewesen war. —
Letztere ist übrigens , bisweilen auch von andern Krankheiten
abhängig , und kann auf Monate durch kräftige Anregung der
Leichtgläubigkeit oder des Vertrauens suspendirt werden,
auch Lungenschwindsucht hält die convulsiven Anfälle auf.
Die Veründerungen im Gehirn sind bei Epilepsie
durch9U8 nicht gleichfdrmig ; bei einer 1847 plötz-
lich verstorbenen Frau fanden sich in den Gehirnwin*
düngen viele knotige Indurationen von wahren Hyda-
tiden herrührend, eine im Corp. striatum gelegene
war wie einTaubenei gross. Einige dieser Hydatiden*
cyaben, weldie klai^ FItsiigkeü atttUeliaa, «n
mit heMen KOgeichen, wahrscheinlicfa jongeii BjM
den gefallt. In andern Fällen (w4en sich die PrM
dinoid. verlängert; in 3 FHlien ve« Epilepsie i
bedeutende Gongeation des Gehirns vorbaadee i
dasselbe nach oben und seitlich hervergeCriebee,
dass es aussah» als wenn es einigen Druck vee sei
AalUrlichen Decke erlitten hme. In Muderm ftfi
war keine Erscheinung da, welche die Kraekhciii-
vorginge während des Lebens halte erklären binact
in solchen muss man annehmen, dass die Epd. da»
Irritation in den Nieren, in entferritera Ccb4ji^
durch Blutvergiftung u. s. w. entslasdee isL Amm-
dem kann E. alles erzeugen, was die Blu&cireeiaia
durch die MeduU. oblong. , das Mesoceplial^M , k
Gangl. sensoria an der Schädelbasis unterbnchL -
Es ist hiernach keine specifisciie Verjfndemag aaa-
nehmen, welche für diese Krankheit paihognemosiid
wäre. Congestion der genannten Parües ist äc
käufige Ursache , Öfter noch unregelm^ssige Cirab-
tion, Anämie des Gehirns. AndraTs Uetersock»
gen lehrten, dass Anämie und Hyperämie dietelha
Erscheinungen hervorbringen. Die letzten üanate
eines an Verblutung sterbenden Thieres ^ithea
einem Epilepsieanfalle. Doch wOrde man unt,
wollte man Blutmangel des Gehirns als aJleinige cm-
gende Ursache der E. betracliten, denn es giebtfa-
siände und vitale Phänomene , welche stets räihid-
haft bleiben. Die einzelnen Individualitäleo nala-
scheiden sich in ihren Empl^nglichkeileo und in dv
Geneigtheit zu Krankheiten so sehr, wie in lessoi
Ausdrucke u. in der Verschiedenheit ihres Gesehmacfa.
Alles, was unser gegenwärtiges Wissen anzunehna
gestattet, ist, dass die E. entweder durch psychisck
oder durch körperliche Ursachen entsteht » und dan
sie im letztern Falle schltlsslich geistige Störung aad 1
sich sieben kann, während heilige geistige Aufrcg«| >
derartige körperliche Störungen veranlassen kaai,
dass epilept. Convulsionen entstehen. — Der lü
erfolgt bei E. aus verschiedenen Ursachen , die bSi-
figste ist nach des Vfs. Ansicht venöse Congestion dn
Gehirns, oder eine apoplektisclie Blutergiessung; da
nächste, Asphyxie, das Resultat von Congestion ode
Druck auf das Mesocephalon oder den obern TM
des Rückenmarkes; die dritte, Krampf der Glotta»
welcher lange genug dauert , um Verändeningen in
Blute hervorzubringen, um die Thätigkeit des Hersenl
zu paralysiren oder Coma zu erzeugen. Noeb ist es
vierter Fall denkbar, nämlich der Tod durch Suffoca-
tion, wenn während des epilept. Anfalles das Gesick
in die Kissen gedrückt und die Mundhöhle, dotk
Ansammlung von Speichel , den Zutritt der Luft h^
hindert. (F^lacbs.)
549. neber Identitit der allgemeine]! fiiit-
SGhreitendeii LUmumgen; von Brierre di
Boismont. (Ann. möd. psych. Avril 1851.)
Ist die zuerst von Requin im J. 1846 so ge-
nannte Paralysie g^nörale progressive eine von dir
^^allgemeinen Lähmung der Irren'' (P. g^ den ali^
VII. Psyditatrik.
369
f) vAnehiedene Krankheit ; darf man tne ab spe-
•Ue SlArung des Moakelsysteina , zu welcher dre
tfsteastOruDg oft als Complicatio» Irin, welche aber
!fHlsde9t(memger davon gani unabhängig isr, l»e-
lehrten 1 Ist diese Llrtnirong immer mit sich seihst
sntiieh, oder giebl es Merkmale, welche beweiaenr,
ns man unter dieser Benennung Affectionen ver-
hieilener Art znüammengeworren hat? — Diese
kwierrgen ProMene sudil Vf. su ertedigen. ZuvOr-
ml twet Beispiele verschiedener Galtuirg.
1. Beohacht, Fortschrntende Paralyte ohne Gti*
UMtörung. Am 23. Aug. 1850 ward im Hotel D'ieu eio
jthr. Handarbeiter a«f){eaommeo , welcher nie an Cerebral-
og«slioa geiilteo bat, noeh je krank gewesen ist. Er mm*
anclit geistige Geir&oke oft and leidet seit % Jabren an Zil-
ro der obern Gliedmaasaen ohne Abnahme der Muakelkr&fte.
D 30. Juni flel er trunken in den FTuss und behielt die nas-
D> Kleider mehrere Stunden auf dem Leibe, am andern Tage
hite er Brennen in dte Fvassöblea und Knöchehi, 8 Tage
iter in der Polnrnrn&cbe der Hände und Finger. Im M\
irte er auf zu arbeiten , und gegen Mitte August konnte er
18 Bett nicht verlassen. Von dieser Zeit an liessen die
;hmerzen nach , aber die Schwäche nahm zu *, ?om Anfange
rr Krankheit an waren die Genitalien w^lstindig Meavpßa«^'
sb. Allgemeine Abmagerung, mehr rechts als links bemerk-
ih, mühsames Flectiren der Finger und Hände, das Drücken
it den Händen gebt mittelmässig von Statten , ebenso ist es
1 den FAssen. Aufrecbtsteben unmöglich, an mehrem Orten
brlreo die Mnskelu , Drack auf diesellen erzeugt Schmerz,
ssooders bei den paralyairten , ebenso ist Compressi^n der
ervenslamme sehr schmenhaft , und erzeugt Contractionen
I betreflendeo Gtiede. Rücken , Lendengegend und Kopf
nd schmerzfrei, die Intelligenz ganz ungestört. Bei Anstel-
ng der gahaniscbeo fcrauche bracht« der Apparat in seiner
»chsten Wirksamkeit keine Coniraclian der Unterschenkel-
id Fussmuskeln iiervur, mit Hülfe in die Muskelsubstanz
ngestochener Nadeln kamen schwache fibrilläre Cootractio-
sn zu Stande. An den Oberschenkeln ist die Contractibili-
€ der inneru Schenkelmuskeln fast erloschen , an den Ab-
Ktoren dagegen ist sie fa^t normal. In den obern Gliedern
nd die Störungen der Imtabilität besonders an den Bändea
ad Vorderarmen merklich , aber ungleich massig , wie an den
Bssen. Die M. interossei der rechten Hand ziehen sich
iebt , die der linken nur schwach zusammen , die Muskeln
IS rechten Vorderarms sind für die stärkste Rcisiiog fast an"
npflndlich , die des linken haben einen grossen Tbeil ihrer
eizbarkeit verloren. Die Hautsensibijjtät ist vermehrt , die
lektn-mnskuläre (das durch Reizung des Muskels hervorge-
Mchae Gefühl) hinreichend entwickelt , die der Kniekehlen-
snren scbeini gesteigert. Die Störung der Mnskelirritahililäi
sheint nicht in Uebereinstiminung mit der der Mnskelcontrao-
litat. Man beobachtet , dass der Kr. , obschon in sehr be-
(hrfinfcter Weise, mit dem Fusse oder der Hand alle partiel-
tt Bewngnngen macben kann, obschon die Mnskeln , wdchn
ie ausfihreft» der Kcaft beraubt sind. Die Zunge ist noch
«i 9 aber es ist vorauszusehen , dass die Lähmung derselben
ich später auch zn erkennen geben wird.
% Bsohaehi, Paraljfse skU Geutetstörung, Der
!r. ist mager, von mittlerer Statur, nervös-saoguin. Tempe-
inente, war niemals krank. Sein Charakter ist lebhaft,
rfne Uttteriialtong die eines nnterrichteten nnd vielgereisten
lannes» Im Juni vor. J, von einer Reise naoh des TArkei
;nrückgekehrt, bemerkte man , dass er reizbar geworden und
ich wegen Kleinigkeiten erhitzte. Frau und Kinder , welche
ft sehr liebte , hatten täglich von seiner fibeln Laune zu lei-
Itn ; dine ward naeh nnd nach inner sebKmmer, manchmsl
tainen enznanunenhängende Reden, ea äusserte sich Neigung
ui Verschwendung bei precärer Lage, jedoch mit angeblicher
Ussicht auf eine glänzende Zukunit. Einige Tage vor dem
kintfitte in die Anstalt hatte seine fnu veränderte Aassprache,
- iaiBbkId.9e.M0.a«
SlotCem, Sloekan der Spraebe ond mangelnde Articoiation
«orubemshend bemerkt. Ais Vf. den Kr. sah , war er roth,
seine moralische und phjiische Sensibilität sehr erregt , es
zeigte sich Neigung zum Weinen bei geringen Widerwärtig-
keiten , er konnte weder Sonnenlicht , noch gewöhnliches
Sprechen ertragen. Seine Dolerhaltnng betraf ausschllesslitb
hohe Personen Frankveiehs and Englands, die er gekannt
hatte, er baute die schönsten Pläne auf, halte keine Sorge
um die Zukunft , war im Besitze von einer Menge kostbarer
Gegenstände, und verstand die schwierigsten europäischen
Sprachen. An alle dem war etwas Wahres, nur dass fiberall
grosse Heberireibung stattfsnd. Mitten in diesem Wortschwall
trat auf einmal Stammein ein , welches jeden Augenblick wie-
derkehrte und den Kr. oft zum Stillhalten im Sprechen nö-
tiiigte. Im Laufe de» Tages machte er einen Fluchtversuch
nnd kletterte anf einen Baun; swei Tage später ward er inhig
wid vernünftig, welche Besserung etwa 14 Tage lang anhielu
Stammeln , Aufregung waren völlig venchwunden , nicht die
geringste Störung im Muskelsysteme vorhanden , so dass man
auf Heilung zu rechnen geneigt war. Nur die völlige Umwand-
Hing des Charakfers, welcher aus einem reizbaren, jäbzorni««
gen ein geduldiger , reaignirter geworden war, Aösste Mia»-
tniucn ein. Und wirklich trat der vorige Zustand plötzlich
wieder auf, der Anfall dauerte etwa 2 Tage und ging bis zu
völligem Verluste der Sprache ; die Eitramitäten schienen in
Bezug anf Kraft und Zusammenwirken nicht zu leiden. Am
35. iamiar neue Krise, in welcher er sich bitter über die
Trennung von seiner Freu beklagt , auf der Höbe seiner Exal-
tation stiebt er sich eine Scheere 4'" tief in die Herzgegend
ein; auf das Vereprechen einer Zusammenkunft mit seiner
Fnra wird er ruhig und benimmt sich aneh wirklich bei der*
selben nit grösster Gelassenheit, Ruhe «od Vemnnfl, macht
keine Vorwurfe über die Vergangenheit , beschäftigt sich mit
seinen Kindern , ist nicht zu expansiv im Spreeben und bricht
die Unterhaltung nach Verlauf von einer halben Stunde selbst
ab. Die zweite Zusammenkunft war eheafiils ruhig, doeh mit
BMhr Uebertreibung nnd Hyperbeln, Es wurde keine Stömnf
der Motilität constatirt, und die Anwendung des Galvanismus
zeigte keine Schwächung der elektrischen Muskularcontracti-
fität. Der Kr. ward anscheinend gänzlich hergestellt ent-
lassen.
Zwischen beiden FaUen ist ein grosser Unter-
schied! Im ersten keine Cerebralcongeation auf Kdte^
einwirkimg, anfsteigender progressiver Gang der Pa-
ralyse, Gontinnit» der Sym|ytbme, Integritül der In-
telligenz, mehr oder minder coroplette Aufhebung der
Muskularcontraction m grosser Ansdehnung, Vermeh-
rnng der Hautsensibilitat. Im 2. Falle im Gegentbeil
teigt sich die^ramkheit mehrere Honale voraus in
einer Exageration des gevrnhnlichen Wesens , durch
Aafbrausen, mit einem Worte durch intellectuelle
StdruDgen , welche in der letztem Zeit von vorflber-
gj^fi^ndem Stammeln begleitet waren. Alle diese
Symptome verschwinden und werden durch Mekkehr
der Vemanft nnd v(Hlige Abwesenheit jeder Muskel-
stOrung ersetzt. Man kann also diese FUHe bei ihrer
wesentlichen Verscbiedenfaeit nnmi^lich in eine Khasse
rangiren. Vf. hat auch, ah man die Lehre von der
Identität der Paralysen proclamirte, Eniwttrfe dagegen
gemacht , nnd namentlich bei einer Riscussion in der
Akademie hierither hervorgehoben, wie wenig hlufig
die fortschreitende Paralyse ohne Geistesstörung sei,
und darauf bestanden, die pathologische Individualität
der Paralyse der Irreir aufrecht zu erhalten. Spater
sind noch mehrere dme Ansicht einigemnasBen mo-
dificirende Arheiten* hiertther erschienen. Eine im
Verein mitDueheBne 1849 unternommene Reihe
354
VII. Psychiatrik.
voD Forschungen brachte die Ueberzeugung vom Vor-
handensein eigenthümlicher Begriffsverwirrungen über
diesen Gegenstand, und eins der ersten Resultate, zu
denen die mit UUlfe der localisirten Galvanisation an-
gestellten Versuche führten, war, dass es 2 Arten
allgemeiner Paralyse giebt, die nach ihrer Beschaffen-
heit und nach ihrem Sitze wesentlich verschieden
sind. Die erste Art dieser allgemeinen fortschrei-
tenden Paralysen ohne Alienalion hat als unterschei-
denden Charakter eine Schwächung, Verminderung,
Vernichtung der Irritabilität, welche um so ausge-
sprochener, je älter die Krankheit ist. Diese Ver-
änderung kann mit einem Muskel, einem Gliede be-
ginnen, gewöhnlich aber sind die untern Extremitäten
der Ausgangspunkt, obgleich sie sich auch in den
obern zeigen kann. Allmälig nimmt sie alle Theile
ein und occupirl zuletzt auch die ^unge. Interessaul
ist es, hiergegen die Resultate zu vergleichen, welche
die Untersuchung der allgemeinen Paralyse mit Gei-
stesstörung lieferte. Die 3 Kranken, welche den
Gegenstand derselben bildeten , waren in verschiede-
nen Graden paralytisch , der erste litt nur an inler-
miltirendem Stammeln, der zweite gehörte der zwei-
ten Periode an und war sehr abgemagert , der dritte,
seit mehrern Jahren paralytisch, hielt sich schwer
auf den Beinen und konnte nicht antworten. Bei
allen dreien existirtedie Irritabilität in sehr merklicher
Weise; ebenso war es bei einer Untersuchung im
Bicölre , wo 6 Kr. aufs Gradewohl aus den ältesten
und schlechtesten herausgenommen wurden. Bei
allen war Irritabilität vorhanden, zwei waren, nament-
lich an den untern Extremitäten, sehr mager und
atrophisch, die meisten von ihnen beschmutzten sich.
Man kann demnach als constantes Factum annehmen,
dass bei allgem. Paralysen mit Geistesstörung die Ir-
ritabilität vorhanden bleibt. Es kommen jedenfalls
Beispiele vor, wo diese Eigenlhümlichkeiten sich zei-
gen, ohne dass noch Symptome von Geislesstörung
da sind , aber man darf nicht vergessen , dass es in
dieser Krankheit drei Symplomengaltungen giebt, u.
dass deshalb Sensibilität und Molililät«^lein ergriffen
sein können, während die Intelligenz erst längere
Zeit nachher gestört wird. Endlich können auch bei
Paralysen der Irren fortschreitende Paralysen dazu
kommen, welche von Erkrankung des Rückenmarks
abhängig sind. Es giebt also allgem. Paralyse mit
und ohne Geistesstörung , die Existenz der allgem.
Paralyse ohne charakteristische Geistesstörung, wie
sie von den Autoren beschrieben wird, implicirt nicht
alleinige Veränderung der Motilität, denn bei Beispie-
len davon, welche dem Vf. vor Augen kamen , waren
Spuren von Dementia oder Schwäche des Gedächt-
nisses vorhanden. Was den Sitz der allgem. Paralyse
betriflX, so kann man denselben unmöglich constanl in
den Nervencentren localisirl annehmen. Es giebt fUr den
Vf. beobachtungsgemäss solche, welche vom Rttcken-
mai ke , vom Sympathicus magnus , von den periphe-
rischen Nerven abhängen, andere, welche keine wahr-
nehmbare Beziehung zu Störung der Nervencentren
haben. Man kann deshalb definitiv annehmen , dass
es 2 grosse Abtiieilungen der allgeiHt. Paralyse P'^
von denen die eine, die Paraljtiker mit Geislet!«
rung, die Irritabilität in allen Graden beiheliäit, «s
rend bei der andern , ohne Geistesslöruog , ^
Eigenschaft sich ändert , schwächt und verliert
dem Grade, wie die functionelle Störung forlschreit
— Die allgem. Paralyse der Irren hat wiederi
zwei Varietäten, die ersiere, zahlreichere beßlU 4
Individuen im kräftigen Alter, die hauplsSohi. ioU
lecluelle Störung ist durch ambitiöses Irrseio, UdfCi
Ireibung des Ich, markirt, die zweite minder badi^
kommt meist bei altern Personen vor und bietet 4
intellectuelle Störungen die Symptome der Demeili
und speciell Schwächung und Verlust des Gedäcli^
nisses dar. Der Sitz der allgem. Paralyse darf oirlt
wie bisher geschehen , localisirt werden ; alle TIk-Ji
des Nervensystems erscheinen hierbei afficirL -|
Gegenüber diesen neuen Elementen ist es schwie-
rig, die Behauptung aufrecht zu erhallen, dass ^
allgem. fortschr. Paralyse überall dieselbe sei. Esel
vielmehr, der Beobachtung conform, die allgem.PjraL
der Irren, die ohne Irrsein, die der Greise, der titr-
droceph. chronicus der Greise und der codsotiuiib
nach localen Gehirnleiden nicht in eine KU»k lu
bringen. Ebenso wenig ist Vf. trotz seiner ^oc^
achtung vor B a i 1 1 a r g e r im Stande, dessen Aisick
von der Identität der Paral. der Irren und der PanL
der Pellagristen zu theilen. Der bei Letztem so f^
wohnliche Selbstmord ist eine St'ltenlieit unter dci
gelähmten Irren, und nach Baillarger selbst sldk
das Irrsein der pellagrösen Selbstmörder eine AI»!*
von Monomanie dar, welche fast immer al» traurij:'
Monomanie erscheint, während hei den Paralyliken
das Irrsein das Siegel der Dementia IrägL Das VtV
lagra kommt bei Kindern , die Paralyse der Irren m^
bei Erwachsenen vor , bei Pellagrischen beobachif^
man Erblichkeit in der Mehrzahl der Fälle , bei Pan-
lytikern findet man zwar oft auch Erblichkeil, akr
nicht specielle , sondern die aller Formen von Deli-
rium und nervöser Krankheilen. Auch in Bezug atf
die Heilbarkeit stellt sich ein beträchtlicher Unter-
schied zwischen beiden Leiden heraus. — Calmeil
leugnet , dass die von ihm beschriebene Paralyse bei
Personen von gesunder Intelligenz vorkommen könne,
oder mit andern Worten, eine von der Geislessldrast
isolirle oder unabhängige Existenz haben könne, wci
er es für unmöglich hält, dass die Vernunft las^
unbetheiligt bleibe, wo das Gehirn so tief ergriffes
ist. Ebenso bekämpft Moreau diejenigen, welcbc
die pathologische Individualität der in Rede stehend«
Krankheit in Zweifel ziehen. Fair et nennt die
allgem. Paralyse eine specielle Form der Geistessil-
rung, mit welcher man aber oft die epileptische , die
alkoholische, die fortschreitende P. mit Schwachnof
der Intelligenz, aber ohne Delirium, verwechselt baL
Nach dem genannten Moreau ist die unter dem Na-
men ,, allgem. Lähmung der Irren" verstandene Krank-
heit eine besondere krankhafte Individualität , bei der
die Störung der Bewegungen und die der Intelligeni
von gleichem Werthe als patholog. Elemente sifid,
VII. Psychialril.
3S5
»Iclie auch die Epoche des Erscheinens der einen
er der andern sein möge. V a 11 e i x bemerkt, dass
seinen Augen viele^der in neuerer Zeit für allgem.
hmung ausgegebenen Falle nur allgemeine Neural-
en seien.
Beschreibung der fortschreitenden
mralyse ohne Gaistesslorun g,
Symptome, Als Ausgangspunkt der Krankheit
det man Itoi manchen Kr. Betäubung, Zeichen von
»pfcongestion, Kopfschmerz, hei andern fehlen alle
in Gehirn lierrühreiHien Symptome. Nuch Sandras
id R e q u i n beginnt die allgem. Lähmung mit merk-
iier Störung der Sprache, nach dem Vf. und D u-
1 e n n e fdngt sie an einer oder beiden Händen, oder
I den untern Extremilüten an und occupirt die Zunge
st spater. Die Kr. klagen Uher Ameisenkriechen in
in später paralytischen Theilen , über Betäubung,
lllegefühl darin, über Schmerz od. einfache Schwä-
lung der Muskelkraft. Diese Verminderung kann in
nem oder mehrern Fingern, auf einer oder beiden
silen, in der Hand oder am Fiisse fühlbar werden,
mehr die Krankheit fortschreitet, je mehr erstreckt
Ä sich auch auf die obern Theile , auf die Vorder-
id Oberarme, auf die Unter- und Oberschenkel, in
nigen seltenem Füllen zeigt sich die Lähmung an
len Extremitäten zu gleicher ZeiL Die Hände ver-
*ren das feine Gefühl , die Patienten werden unge-
liickt. stolpern leicht, die Füsse sind minder bieg-
m , die Knie sind immer halbgebogen. Im weitern
>rtschreiten geht das üebel auf die Zunge über, die
Lisaprache der Worte ist schwierig, die Anstrengun-
m des Mundes, der Lippen, der llnterkinulade und
»r Zunge zu arliculiren, veranlassen ein peinliches
.ammoln und eine verwirrte Langsamkeit in der Un-
rhaltung. Mitunter tritt die Unordnung im Sprechen
'8t sehr spät nach Beginn der Krankheit ein. Er-
reckt sich die Lähmung über einen grössern Theil
?s Körpers, so ist die Motilität vermindert, gC'-
rhwScbt, die obern Extremitäten zeigen beim An-
issen. Heben u. s. w. Mangel an Kraft, der Gang
t nicht fest, schwankend, mühsam, bisweilen un-
löglich. Die tactile Sensibilität nimmt an der allge-
leinen Schwächung Theil ; wenn man die Kr. kneipt
der sticht, so fühlen sie nur stumpf, bisweilen gar
irht; je nach den verschiedenen Körpergegenden ist
as Gefühl verschieden , auch können Sensibilität u.
lotilität an einer Körperhälfte schwächer als an der
ndern sein. Manche dieser Kr. werden zum Zeu-
ungsacte ungeschickt; bei einem seit 8 Jahren an
aralyse Leidenden dauerte jedoch die Manneskraft
»rl. Mit dem Fortschreiten des Uebels wird die Zu-
ückhaltnng des Urins aufgehoben . die Fäcalmassen
taufen sich in den Därmen, bis sie später unwillkür-
ich abgehen. Zu diesen Symptomen geseilt sich
neist ein mehr oder weniger deutlicher Grad von
uontraction ; Störungen des Gesichts und Gehörs
;ommen nicht vor; dif» Verdniiungsfunclionen bleiben
mgestörl, der Schlaf gut, nur gef^en das Ende der
Crankheit werden auch diese derangirt. In dieser
Schilderung der fortschreitenden Lahmung ohne Gei-
stesstörung ist es unmöglich, Aehnlichkeiten mit der
Lähmung der Irren zu erblicken. Noch ist aber ein
Zeichen übrig, welches auf das Evidenteste die Exi-
stenz zweier Arten allgemeiner Lähmung nachweist,
nämlich die localisirte Galvanisation. Diese giebt,
wo Lähmung vorhanden ist, immer Verminderung,
Schwächung , Abwesenheit der aligemeinen und par-
tiellen Muskelcontraction in den obern, untern Extre-
mitäten und im Stamme zu erkennen. Die Störung
der Muskelirritabilität kann auch bisweilen mit der
der willkürlichen Contractilität nicht im Einklänge
stehen, denn man findet, dass Muskeln, welche der
galvanischen Stimulation nicht gehorchen, noch unter
dem Einflüsse des Willens reagiren. — Bei den vor-
stehenden Erörterungen ist von Störungen der Intel-
ligenz nicht die Bede gewesen, es kann eine Schwä-
chung der Facultäten , besonders des Gedächtnisses,
aber nur vorübergehend , vorhanden sein, oft kennen
sie nur die Kr. selbst , dem Beobachter aber scheint
der Geist nicht von dem einer Menge anderer Indivi-
duen verschieden zu sein. Bei einer andern Katego-
rie ist die Dementia olTenbar, aber die Kr. geben mit
Abrechnung der Gedächtnissschwäche Rechenschaft von
ihrer Lage , und man entdeckt bei ihren bisweiligen
Incohärenzen und Abschweifungen keine Spur ambi-
tiösen Deliriums , Ueberschätzung des Ichs in Bezug
auf Gesundheitskräfte, Talente u. s. w. Der Gang
der allgem. Lähmung ist langsam, ihre Form im We-
sentlichen chronisch. Möglich, dass bei der allgem.
Lähmung der Irren es einen acuten Zustand giebt,
aber bei der in Rede stehenden ist er nicht beobach-
tet worden.
Pathologische Anatomie. Welcher Ansicht man
auch über die Identität der anatom. Veränderungen
bei der Paralyse der Irren sei , so ist doch gewiss,
dass sie am häuOgsten in den Meningen und Gehirn-
windungen vorkommen und , sei es Wirkung oder
Ursache, constant in der vorgerückten Epoche der
Krankheit vorhanden sind. Bei den Sectionen hei
allgem. Lähmung ohne Irrsein hat man sogar bei
lange bestehender Krankheit weder im Gehirn , noch
im Rückenmark etwas angetroffen, es scheint, dass
dieselbe, wie Epilepsie, Hysterie, Hypochondrie, ohne
wahrnehmbare anatomische Ursachen bestehen kann.
In dieser Beziehung differiren also die beiden Arten
der Paralyse wesentlich. Prognose. Diese ist, worin
alle Autoren übereinstimmen , immer eine sehr be-
denkliche , der grösste Theil der Kr. unterliegt nach
längerer oder kürzerer Zeit, doch hat man auch einige
Heilungen beobachtet, was wiederum einen Unter-
schied mit der Paralyse der Irren herstellt. Ursachen,
Die in den Hospitälern vorgekommenen Kr. standen
im Alter von 35 — 50 Jahren, und war das männl.
Geschlecht vorwaltend vertreten, — in Bezug auf
Erblichkeit liess sich nichts nachweisen. Als haupt-
sächliche Gelegenheitsursachen galten Einwirkung
feuchter Kälte und Missbrauch alkoholischer Ge-
tränke. ^
flL PifOhiatift.
iHagne$0. 66wi«M BoHllmi0B|Miaku . Analo*
gien «od \ehDliehkeit«D iwiKbea beides KriBkb«Ueii
sind jedcrtfalU Veranlaüusg geweteo, dieselben in
•ine and dieselbe Species lusannen » werfen.
Diese Ansiirhl iheilt Vf. nicbt, und ebenso wenig an^
dere gute Beobaebter. Die Verkebrlbeit der Neigun^
gen und affectiven Facultlten bei der Paralyse der
Irren, die Cbarakterverlnderungen , die coogestiven
PbVnomene» die charakteristische Eiageration des
leb, die specielle Hemmung der Rede, das Abweichen
der Zunge, ihre wunortfrinige Bewegung, so wie die
der Lippen, das besondere Aueseben des Ganges, die
nomenune Geseation beider Sympiouie, die Steiflieit
der Muskeln, die eonvulsiven, epiJepeieartigen AoHllle,
die Umstände , welche die Entwicklung dieser Para-
lyse befördern , die Bescliaffenheit der aoatoinischen
Störungen bilden ein Games von Unterscheidungs*
merkmalen, welche mehr als hinreichen» um eine
gesonderte Art von Geistesstdrung xu begründen,
welche man nach Parchappe „Folie paralytique*'
nennen kann.
Tkerapie. Diese bietet ziemlich bedeutende
Schwierigkeiten dar; die Hatfptindication ist, die
Ursache xu bekämpfen und den leidenden Partien
Mittel zu appliciren. Zu Erfüllung der erstem gehart
es , Gewohnheiten aufzugeben oder klug zu uiodifici^
ren, der Kurplan muss mit Ausdauer verfolgt werden.
Gegen Erkältung und deren Polgen dienen Bilder ver-
schiedener Art, Einreibungen, Diaphoretica u. s. w.
Bisweilen gesellt sich ein unbekanntes Element zur
Hauptkrankheit, allgem. oder locale Plethora, Zufluss
nach einem Tbeile, moralische Ursachen oder ein
nervöser Zustand. Demnächst ist den localen Indi*
cationen die grösste Aufmerksamkeit zu widmen;
hlingen Schwindel, Störungen der Intelligens, Hsllu-
cinationen von Plethora ab, so leisten Blutentziehun<-
gen, sind sie nervöser Art, Opium, Belladonna, Aco-
nit, Kirschlorbeer u. a. w. gute Dienste. Bei Schmer-
zen der Nervencentren und Contracturen erweichende
und im Nothfalle narkotische Applicationen , Frictio-
nen, sedative Bähungen, Bilder. Das Einschlafen
mit Kältegefühl erfordert warme Applicationen , Fric-
tionen nasser und trockner Art, Wärme, bei man-
gelnden Congestionssymptoroen Strychnin innerlich,
bei Blutandrang nur äusserlich , auf endermatischem
Wege. Die glücklichen Erfolge der Elektricität bei
nervösen Krankheiten mussten natürlich zum Ge-
brauche dieses Mittels lUhren. Die besten Apparate
sind die von Breton, besonders der von Duchenne
(Boulogne), mit dem man die Action der Strömungen
am besten graduiren kann. Bei den meisten Kr.
erhält sich das Besultat der Elektrisirung mehrere
Stunden lang und ist sogar die Nacht hindurch fühl-
bar, Oefter als aller 2 — 3 Tage ist die Anwendung
der Elektricität nicht nOthig , und da die Operation
immer ein merklichea Mattigkeitsgefühl hinterlässt,
mnsa man sie nicht zu oft wiederholen und immer
bedenken, dass bei nervöser Action die Uebung stärkt
und die Anstrengung schwächt Wichtig ist die Be*
merkung, dass die Elektricität bei Lähmung der Inen
bedeutend nacbllieilig zu wirken aebeniU Kalla
gieasungen in einem warmen Bade Aber 4lefl
länge der Wirbelsäule berab sind ein aebr m
lendes Mittel; man reibt den Kr. naehliflr
ab und empfiehlt ihm sich eine massige Bewcgang
machen. (Flachs.)
550. Bericht über die während des J. lll
m der Fnv^ansiali sfu Bendorf bei KmkiemM bebm
deiten Gekirn* ii. Nervenkranken § von Dr. Erlas
meyer. (Pr. Ver.-Ztg. Ä. 18««.)
Es wurden 31 Kr. , 18 raSnnl. und i3 weiU. , wif
noiDUKi) (BeMoorf toid Torigcti Jalirp war tS); laitbio
49 bebaodeli, yoo welchen 14 geoases, 4 aDgebeUt
3 gestorben und 22 in Behandlung geblieben ftind
/. Abtkmhmg ftir Aervenkrank^. lo
10 Kr. autgenommen, welche für eine JrrenaostaU
eignet, dennoch bei längerem Verweilen in ihren Verbaha»
gen unfehlbar in Seeienstörung verfallen wiren. Solche V
venfcranke sind in der Privatpraxis eine grosse Last, ,««1»
an vernünftig encbeinen, um mit Zwang , «b^r w imais
tig, OA erfolgreich ohne denselben behandelt zu wexdea.' k
einer Anstalt untergebracht, sträuben sich solche Kr. gewAt-
lieh lange, ehe sie sich an die Hansordnung gewöhneo a^.
Das lange Liegen im Bette, welches das geschwächte Im-
syaten noch mehr heranurbringl , die Ünregclmiiii|lfii •
Gasen ued Trinken, die hundert kleinen Medicamcttuwkle
sie mit sich herumschleppen , mögen sie nicht aulgeha, mi
es ist manche Aufxnunterung , Scherz und Eroat Botki|,te
sie an eine vemOnflige Ordnung gewöhnt aiiid , ist dk«^
erreicht, so kann man sie als halb genesen betrecbten. f»
zuglich wirksam zeigten sich bei aolchen Kr. Rheiahtda,
kaum tf Min. von der Anstalt, die Bader des Hauses, oawtf-
lieh Schlackenbäder, welche aus den zahlreichen Eisenbfitti
der Naehbarschaft beschaflt werden , demoSehst die Traeli»
kur, besonders bei Trägheit in der Circulation desPfMlado»-
sheiJt cMlaaBiJ
lind.
oicaeloe otsi
statt iwar as»
Von den genannten 10 Kr. waren 2 aoa dcoi vonpa
Jahre, welche geheilt entlassen wurden, i Kr. beaachteir
Anstalt aus Vorsorge wieder, welche früher an Gemötkwr-
Stimmung in Folge eines profusen weissen Flossea gefittai
2 Kr. litten an Gemöthsverstimmung mit Pricordiaiaaf«
deren Anfalle aie lar Verzweiflung und Selhitlroordideci sii
— Versuchen führten , i Frau litt an Melancholie in Felge b'
deutender LeberhyperSmie , die übrigen 4 Kr. boten exqir^
Formen der Hypochondrie und Hysterie dar, die vdlIiggeM|
wurden.
//. Abtheilung für Seelengesiörte, a) HeüaHtUÜ
Zu den 3 Verbliebenen kamen 12 neue Kr. hinzu ; aoegewi«-
den sind 7. Gebirnatrophie kam sehr oft Tor ; dieselbe üh>
zeitig zu erkennen , ist von Wichtigkeit , denn ist die Knik-
heit schon so weit vorgeschritten, dass sich die Syraptflat;
der wirklichen Gebii nerkrankung deutlich wahrnehmen laffo.
so ist keine Hoffnung mehr vorhanden. Von den 4 dsm
Erkrankten wurde 1 wegen Torgeröcklen Stadium der Knak-
heit in die Pflegeanstalt aufgenommen , 1 ist so weit helf^
stellt, dass er seine Geschäfte wieder besorgen kann, 1 «ar*
als unheilbar entlassen und 1 befindet sich noch mit ungii-
stiger Prognose in der Anstalt. Femer worden 2 Epileptihr
(1 männl. und 1 weihl.) behandelt; über die Ursache «v
etwas Bestimmtes nicht zu ermitteln ; der eine wurde bei ft
regeltem Leben sehr gebessert, der andere ungebeilt entlasset
— An Melancholie litten 4 (2 männl. , 2 weibl.) Kr. , ttt
denen 3 eine günstige Prognose zuliessen. 1 wurde gcM
entlassen , 2 befinden sich noch in der Anstalt and i ist f»
storben. — An (izem Wahn leidet eine Frau ; an Tobsacli
litt ein Mädchen , welche vollständig genesen ; Verwimiof.
die bereits zum 3. Male aufgetreten , zeigte ein junger Maas
— Dieae Abtheilnng verliessen genesen 3, ungebeilt S, sd4
surh 1. ^ b) PfUgeamitält. Es worden K la dieaalhe aol^
Vm JMIm im ABgmeiien.
S6T
|WK>«l«fii» v»roii 1 %M itrophia eerebri kidet, 3 tiod blöd*
linnig and 1 wdhnsioQig«
///. JUh0aw$ für KMsr, Zu den 7 T«rbliebeieii
Kindern kamea 6 (4 Knabeoj 2 Mädcheo) binzo. Mit Aii«-
Dahme eines Knaben, der in Folge tod durcb die Amine über-
tragener Syphilis, wekbe Knocbenauftreibong am Scbadel, an
den RippeD and dem linken Oberschenke] mr Folxe gehabt,
so wie öbenaaesigen Marcurgebrauchs an Körper und Geist
Terkuomert war, sieb aber unter längerem Gebrauch des Jod-
kali ums sehr erbolt bat, litten alle an Idiotie, und zwar 6 im
kScbsten (Sprachlosigkeit), 3 im mittlem (unfollstündtge
Spraelie) , und 3 Im geringsten Grade (rollstäadige Spreche).
Von den Sprachlosen lernten 2 aprecbeo , 1 ist geatorhea ;
von den Kindern 2. Grades bat sich bei 2 die Sprucbu sebr
gut entwickelt , uod 1 Ist gestorben ; von denen 3. Grades
wurde ein Hfidehen z«ir Elementarscirale entlassen , und <*in
Knabe wird es lom Frühjahr.
« 1) Höchster Grad deg Blödzinn», 5 Knaben und 1
MädeheB. 1 Knabe und 1 Madeben wardea über den Vorfoe-
reitungsunterhcht hinausgebracht, a) £. 10 J. blödiiiiiaig in
Folge ?on Convulsionen bei Keuchhusten spricht nach 14mu-
natlicher Behandlung die meisten ein- u. zweisilbigen Worte,
liest 8&mmtliche Buchstaben des kleinen deutschen Alphabets,
kann einzelne Bnchstaben schreiben , mit ziemlicher Sicher-
keit von 1 — 19 zahlen. Im Anscbauungsuaterricfal wurde er
von den geschnitzten Figuren auf die Bildortafein nhergefCihrt,
' auf denen er alle bekannteren Gegenstände zeigt und gezeigt
■ nennt. Im Turnen gute Fortschritte. Korperlicherseii» wnrde
idnreh den innerliehen Gebraneh der Amica und df.s Judka-
ilinma, ferner durch Ableitungen im Nacken, so wie durch
I Rüder mit bestem Erfolge eingewirkt. — h) M., ein 8jähr.
Mädchen , bei dessen Erkrankung folgende umstände mitge-
wirkt haben mdgen : Erblichkeit — das Kind kam , nachdem
die Mutter 9 Jahre nicht geboren hatte, zur Well als das
jüngste YOD 8 Geschwistern. Sowohl erstgeborene, als nach
längerer freier Zeit gehome Kinder finden pich sehr häufig
unter den Idioten. Auch kann die Umschlingung der Nnbel-
schnor um den Hals mitgewirkt haben , denn %o gut wie die-
selbe Atrophie anderer Organe hervorbringt, Hesse sich diess
auch beim Gehirn denken. Im Sprechen gehl es am schlech-
l<*sten , da die Stimme in Folge angebomen Kehlkopfletdens
aebr ranh ist, sie liest aämmtliche Buchstaben des kleinen
deutschen Alphabets und schreibt einzelne Buchstaben. Im
Anschauungsunterricht kennt sie auf den Rildertafeln die ge-
wöhnlichen Gegenstände und nennt sie bei Namen , auch ver-
mag sie etwas €la?ier zu spielen. Körperücheraeils wurde
durcb Gymnastik, Bäder, Ol. jecor. , ganz besonders aber
durch Opium eingewirkt. ~ Die 4 übrigen Kinder wurden in
der Gymnastik , in dem Erkennen der Gegenstände , so wie
im Nachsprechen einzelner Laute geübt. 1 starb an Magen-
er weich ung ; das Gehirn war sklerotisiit und die graae Sub-
stanz durch Exsudat ?erödet 1 wnrde als unheilbar ent-
lassen.
2) Mittlerer Grad des Blödsinns, 1 Mädchen, 2 Kna«
ben. a) M. (Mikrocephalie und Asymmetrie) , 13J8brig,
mit rechtseltiger unvollkommener Lähmung, starb nach
kurzem Aufenthalt in der Anstalt an den Folgti der in«
fluenza. Die Section ergab Pnenmonie des rechten untern
LuDgenluppeud ; das Gehirn war im Ganzen, vorzugsw(!iä(>
aber die linke Hälfte, atrophisch, b) T., 18 J. , körperlich
sehr znrfickgeblieben in Folge von Epilepsie -, sfnfangs kehrten
die AnfSlIe aller 3 — S Tage wieder , l*ei dem Gebrauehe von
Nux «omica und einer coaseqiienl dnrcbgefftlirlen Lehensord«
uung verstrichen Monate , ehe ein ABfiilJ wieder kam,; früher
lieisinndig in einem halb soporosen Zustumle kennt er jetzt
alle Buchstaben des Alphabets und liest kleine Sätze, üt
Sprache ist gut entwickelt, er aebfeibt'aNe Buckatahea, zahlt
und addirt und spielt vortrefflich Domino ; er kennt die Far-
ben, c) K., 17 J., von Geburt an' blödsinnig (von mütter-
licher Seite ererbte Anlage) konnte noch nicht ordentlicb
gehen, die geistige Entwicklung machte grössere Schwierigkeit.
Strjchnia in Verbindung mit einer Ableitung und kalteu Oou*
chebadern hatte gutaa Erfolg. Er liest und schreibt aämmt-
liche Buchstaben und zählt ziemlich gut. Im Aoscbauungs-
unterrichl hat er die Farben gelernt und erkennt Manches
aus den Bildern. Das Turnen wird ihm sehr schwer.
3) Geringster Grad des Blödsinns, a) M.,_ 13jähr.,
in Folge einer Gehimentzrindung im 2. Jahre blödsinniger
Knabe. Er liest jetzt geläuRg deutsehe Druckschrift , doch
ohne richtige Betonung , schreibt eine gute Hand und selbst
kleine Briefe an seine Aeltern, er zählt, addirt vielstellige
Zahlen schrifllich , kann das kleine Einmaleins , zeichnet ge-
radlinige Figuren , singt mit richtiger Melodie viele Lieder,
sobald man ihm den Text vorsagt, mehrere spielt er nach dem
Gehör auf dem Glavier. Alles diess hst er seit Mai 1550 sich
angeeignet, b) B., ein 9jähr. Mädchen, schwachsinnig in
Folge von Gehirnentzündung, hat in iO Mon. säramllirhe
Buchstaben des Alphabets gelernt , liest mehrere Seiten im
Buch, zahlt von 1 bis 100 anf- und abwärts, schreibt sfimnt*
liehe Buchstaben , so wie einzelne Worte , kennt die Farben
und singt mehrere Liedchen nach Clavierhegleitung. Sie litt
früher an beständigem Zucken und Zittern , wobei sich die
Gymnastik sehr vortheilhafl gezeigt hat. Innerlich erhielt sie
mehrere Monate Zinr. oxyd., äusserlfch warme Bäder, e) K«,
9 J. alt, lernte in 6 Mon. aämmtliche Buchstaben u. achrieb
die meisten , auch ging das Zählen gut , ebenso das Turnen
und Stricken. — Diese Ahtbeilung verliessen 4 Kinder, und
zwar wurde 1 Mädchen der Elementarschule fibergeben, 2
starben und 1 wurde unheilbar entlassen.
(Sonnenkalb.)
Vllls Medicin im Allgememen.
551. Ueber die Pathologie des Schmenes;
von James Kilgour. (Lond. Journ. Sept. 1851.)
Vf. ist durch seine Beobachtungen zu folgenden
Resultaten gekommen. Abgesehen von allen mecha-
niüchen Einflüssen und Reflexactionen kann ein ge-
sunder Nerv von Schmerz ergrilTpn werden , wenn er
an einem pathologi.«cbeD Process Theil nimmt, wel-
cher in dem Gewehe, in dem er verläuft, staltfindet.
Dauert dieser Process lange , oder ist er sehr inten-
siv, so erleidet die Sensibilität des Nerven in sofern
eine Veränderung, als eine grosse Neigung zu Schmerz-
haftigkeit zurUckbleiht , welche sich sogleich äussert,
wenn jener primtfre Process in dem betreffenden Or-
gane oder Gewebe rflcknillig wird, auch wenn er in
viel geringerem Grade, als das 1. Mal auftritt, und
ohne die flbrigen Nebenerscheinungen. Dieser Vor-
gang findet sich am häufigsten da , wo die betreffen-
den Gewebe fihrOser Natur sind. Bltitentziehangen
leisten in diesen Fällen oft gute Dienste. Haben die
Gewebe ihr Reactionavermögen verloren, so sind toni-
sche und alterirende Mittel zu empfehlen.
(Herrn. Günther.)
552. Die Gompresflion der Carotis gegen
gewisse Schmerzen im Truncus und in den Extre-
mitäten; von Turck. (Bev. m^d.-ehir. OcL 1851.)
3SS
Vfll. Medkin im Ailgemeinen.
Von der Theorie gebilligt lial sich die Gompres-
sion der Carolis in verschiedenen Leiden des Ko|if(»s
praktisch hewährl. Obgleich bei manchen Krank-
heiten des Rumpfes und der Exlremilälen die Art der
Wirkung einer Gompression der Carolis nicht filglich
zu erklären ist, so kann nichtsdestoweniger eine
solche nicht geleugnet werden, und Vf. sucht diess
durch Mittheilung einiger Fülle zu beweisen. So
wandte er das Mittel bei einem 40jithr. Manne an,
der zu Zeiten an ifusserst heftiger Kolik litt, gegen
welche alle Heilverfahren fruchtlos ein^ef;chlagen
worden waren: das Mittel trug hier ^um cnuchieden
zur Besserung bei. Doch giebt Vf. zu, dass liier
nicht sowohl die Gompression des Gefässes , als viei-
raehr der gleichzeitig auf den Vagus ausgedbte Druck
die Linderung der Schmerzen bewirkt haben mag.
Ferner erwies sich das Mittel bei einem mit schmerz-
haftem Husten, Blutspucken und einem leeren Ton in
der rechten obern Lungenspitze behafteten Madchen,
deren Aeltern und Geschwister an Lungentuberkulose
gestorben waren, von entschiedenem Erfolge, indem
die Kr. vollständig genas. Ein 3. Fall betrifft eine
an lebhaften Schmerzen in der Regio epigastrica Lei-
dende, der 4. einen jungen Mann, der nach dem
Genüsse von unreifen Fruchten lebhafte Schmerzen in
der rechten Seite empfand. Sodann erzüiiit Vf., wie
das Mittel die Schmerzen in einer seit 2 Jahren unter
der 4*echten Brust einer 45jahr. Frau bestehenden
Geschwulst sofort beseitigte. Endlich werden noch
3 nicht weniger wunderbare Geschichtchen milge-
theill, aus denen sich, wie Vf. sagt, sehr deutlich
ergiebt, ein wie inniger Zusammenhang zwischen
dem Vagus, den Zwischenrippennerven u. dem RUk-
kenmarke besieht. [Nach alle dem Gesagten hiilte
aber Vf. nicht sowohl von Gompression der Carotis,
als vielmehr des Vagus reden sollen.]
(Sickel.)
553. Ueber die Ungleichheit der beiden Pa-
pillen in Krankheüen^ namentlich des Gehirns;
von Dr. Andrea Verga. (Gazz. med. Ital. Lombar-
dia. 5. 1852.)
Sehr selten findet man den Durchmesser beider
Pupillen rein physiologisch oder angeboren verschie-
den. Vf. kennt nur eine» Fall, wo bei vollkommen
gesunden Augen die linkte Pupille auffallend mehr
dilatirt ist als die rechte. Dagegen kommt diese
DifTerenz häufig krankhaft vor, wenn nur ein Auge
von einer entzündlichen oder irgend andern Krankheit
ergriffen ist, sei es nun, dass dasselbe von Myosis
oder von Mydriasis befallen wurde.
Die hier mitzntheilenden Beobachtungen beziehen
sich aber weder auf den einen , noch den andern
Fall, soudern auf Differenzen in der Weite der Pupil-
len, welche von Leiden anderer mit dem Auge nur
in Sympathie stehender Organe bedingt sind.
Man hat dieses Symptom früher wie es scheint
gar nicht berücksichtigt, und nur neuerlich in Frank-
reich darauf als ein neues Zeichen allgemeiner Para*
lyse hingewiesen *). Schon a priori !s«st sich «
nrhmcn, dass dieser Zustand nicht selten vorkomi»
mOsse, da die beiden Augen anatomisch ziemlich e
abhängig von einander sind und jedes unier ds.
sympathischen Einflüsse der paarigen Organe seicf
Seite steht. In der Senavra (Irrenhaas zu Mailaa^i
starben kfirzlirh 2 Kranke , der Eine an reclilseit-
ger Angina faucium mit Pneumonie derselben Seist
der Andere an einem grossen Cancer aqualica« der
rechten Wange, bei welohen beiden in den leiiin
Lebensmonaten und nach dem Tode eine starke Dda-
laiion der rechten Pupille beobachtet wurde. Eise
krankheil, welche einen Nervus intercosUlis in Mit-
leidenheil zog, konnte mittels der längs der Carot«
zum Ganglion ophlhalmicum und den Ciliaroenn
verlaufenden Verbindungsftfden leicht auf das Aas*
der betreffenden Seite influiren ; dasselbe kann aurt
durch secundäre Alleration der Blulcirculation in 6r
betreffenden Hirnhemisphcfre statthaben. Koch leids-
ter erklärt sich die Ungleichheit der Pupillen in Foj^e
von seitlichen Hirnleiden , man findet sie daher $ekr
häufig bei Geisleskranken, ja dieser Fehler li/ö
giebl ihnen schon den Ausdruck des Irrseisf. tr
kommt aber auch ohne Irrsein , als Symftf« «m
Paralyse , Amaurose oder Amblyopie vor. 1» 4jri
ihn' jedoch keiner Form dieser oder anderer Neuros«
als pathognomonisch zuschreiben , da er bei allii
ebenso oft vorhanden sein, als fehlen kann.
Die einseilige Myosis scheint mehr von frritatiot,
die Mydriasis mehr von Congestion und von blutig«
oder serösen Ergiessungen in einer HemispbSre alv
zuhängen, doch kommt auch das Gegenlheil vor. Dm
Mydriasis ist häufiger als Myosis , wie Paralyse häoS-
ger ist als Spasmus; manchmal zeigt sich auf eittt»
Auge das erstere, auf dem andern das letztere Ur
den. — Die Ungleichheit der Pupillen ist bald in-
porär , bald permanent, acut oder chronisch.—
Die einseitige Mydriasis ist häufig mit Störungen ^
Empfindung und Bewegung in benachbarten TheÜrf
verbunden, so mit Anästhesie der entsprechenden Ge-
sichtshälfte, mit Strabismus, Prolapsus des oben
Lides, Relaxation des Orbicular- oder des Fronla!-
Muskels. Zwei Mal fand Vf. mit dem Prolapsus fil-
pebrae super, die Myose verbunden. Bei BemipW-
gischen entspricbt die Mydriasis gewöhnlich der ge-
lähmten , die Myosis der spastisch afficirten KOrper-
hälfle.
Die Ungleichheit der Pupillen tritt aus unbekano-
ter Ursache öfters erst im Todeskampfe ein oder wir4
erst nach dem Tode beobachtet. — Bechtseilige My-
driasis scheint häufiger als linkseitige. Die ursäcl^
liehe Läsion findet sich in der Regel in der Hewr-
Sphäre der entgegengesetzten Seite; Sitz, Art un<)
Grad derselben sind aber unendlich verschieden. VL
1) Vgl. die Bemerkungen von Baillarger (Jabrfci»
LXVII. 102) und Leidersdorf (Jahrbb. LXXII. 245.)
Red^action.
VIU. Madicin im Allgemeineiu
859
fand ein Mal phlebitische Blutpfröpfe im Sinus longi-
ladinalis , seröse Infiltration der Meningen und Blul-
ttberfallung der flirnsubslanz ; ein audei es Mai Serum
in den Seitenvenlrikeln, Lynipherguss auf der Arach-
iiüidea ; dann Verwachsungen der Dura nialer, mit
Congeslion und Erweichung des Hirn»; Granulationen
auf der Pia mater der Venlrikel; Entzündung der
Arterien an der Basis cranii ; d;>ge(^'en wieder Blut-
leere des Gehirns mit Verdickung der Schädelwan-
dungen , endlich alle die verschiedenen Ausgänge der
einfachen HirnentzUndung. Der Zusammenhang die-
ser Lasionen mit dem Auge scheint lüngs der Ur-
sprünge der Ciliarnerven, beim 3., 5. u. 6. Hininer-
venpaare zu suchen zu sein. Nur in einem Falle
fand Vf. den Nerv, opticus atrophisch, und in zwei
andern atheromalüse Entartung der Carotis interna,
der einseitig dilatirten Pupille entsprechend.
Die Ungleichheit der Pupillen in Polge von Hirn-
leiden ist immer ein böses Zeichen , sie kann wohl
verschwinden , ohne dass das Hirnleiden gehoben ist,
aber umgekehrt bleibt, so lange sie fortbesteht, die
Prognose immer ganz ungünstig. Die Behandlung
rauss Siels auf das Grnndleiden gerichtet sein —
die Mittel, welche specifisrh auf Erweiterung und
Verengung der Pupille wirken , wie die Belladonna,
dürfen nur exploratorisch angewendet werden , um
sich zu versichern , oh die Iris frei , oder mit der
Linsenkapsel verwachsen ist.
(Kohlschütter.)
554. Ueber den thierischen Hagnetismns ;
Bericht über die im Civil-Spitale zu Ficenza ange-
sfellten Versuche und Beobachtungen -, von Dr.
Pielro Beroaldi, dirigireudem Arzte. (Ann. univ.
di Med. Gennajo 1852.)
Das Dunkel , welches noch immer über dem
eigentlichen Wesen des thierischen Magnetismus
schwebt, die entgegengesetzten Meinungen, welche
über Werth und Unwerlh, über Wahrheit und Irrthum
in Betreff desselben unter den Acrzten herrschen , u.
die Betrachtung, dass die blose Uuerklarlichkeit an
sich ein absprechendes Urtheil in der Naturwissen-
schaft nicht erlaube, veranlassten dem Vf. in dem
unter seiner Leitung stehenden Spitale ohne vorge-
fasste Meinung Versuche anzustellen, nur um Thal-
sachen zu gewinnen, nicht schon um deren Erklärung
zu suchen. Er fühlte sich durch C a I d e r i n i ' s Vor-
gang um so mehr dazu bestimmt, welcher vor Kurzem
in Mailand ähnliche Versuche gemacht halte und an-
giebl , dass er dabei Schritt vor Schritt vom Unglau-
ben und Zweifel zur Anerkennung und Glauben hin-
geführt worden sei.
Folgende magnetische Phänomene sollten nament-
lich der prüfenden Beobachtung unterworfen werden,
wobei natürlich bei je Einem Individuum nur immer
Eins oder Einige , nie die Gesammlheil Aller hervor-
treten zu sehen erwartet werden konnte. 1) Der
magnetische Schlaf, 2) die Anästhesie, 3) die Kata-
lepsie, 4) das Erlöschen eines oder mehrerer Sinne,
5) das Reden (dialogazione) , 6) der Somnambulis-
mus , 7) die Gemeinsichafi der Gefühle und Wahr-
nehmungen mil dem Magueliseur, 8) das Sehen mil
geschlossenen und verbundenen Augen, 9) dieUeber-
tragung der Gedanken, 10) die Ausführung von will-
kürlichen Handlungen gemäss der von dem Magneti-
seur oder von den in magnetischen Kapport stehenden
Personen blos in Gedanken gegebeneu Vorschrift, 11)
das Hellsehen, und 12) das absolute Vergessen Alles
dessen, was wUhreud des magnetischen Zustandes
vorgegangen ist.
Vier PersuncD wurden den Versuchen unterworlen , zwei
von andern Krankheilen im Spitale genesene Frauen, und ein
Mann und eine Frau , welche von ihrem Magnetiseur freiwillig
dazu dargeboten worden waren. Ais Magoeliseure dienten
drei ebenfalls am Spitale angestellte Aerzie u. ein Kechnuogs-
föbrer desselben. Zwei bedienten sich der gewöhnlichen Ma-
nipulalioueu, nach J) elende, die zwei andern nur des
Blickes, und manipulirten erst, nachdem der Schlaf bereits
eingetreten war. Viele ärztliche und andere Zeugen aus der
Stadt wohnten den Versuchen bei , welche nie eher hegonnen
wurden , als bis man sich vom wirklich erfolgten Eintritt des
Schlafes überzeugt hatte, und wobei es jedem Anwesenden
freistand, sich selbst, unter Entfernung des Magueliseurs,
in magnetischen Kapport mit der magnetisirten Person zu
setzen .
Nach den Ergebnissen dieser Versuche nun,
sagt der Vf. , würde es wie Wahnsinn und wie ein
Zweifel an der eignen Existenz erscheinen, wenn man
die Realität der magnetischen Piiänomene nicht der
Mehrzahl nach wenigstens anerkennen wollte. Nur
die des Uellsehens im strengsten Sinne des Wortes
kamen nicht zur Beobarlitung, was jedoch keineswegs
zum Ableugnen des Vorkommens derselben überhaupt
berechtigen darf. — Die Erscheinungen des künstlich
erzeugten thierischen Magnetismus kommen hiernach
ganz mil denen der allgemein anerkannten spontanen
magnetischen Zustände, Somnambulismus u. s. w.
Uberein, und difleriren nur in der Ursache, so dass
man das eigentliche Wesen derselben für identisch
halten kann , welcher Hypothese man auch zui' Er-
klärung dieser wahrscheinlich noch lange unerklär-
lichen , aber gleichwohl thatsächlich erwiesenen Zu-
stände folgen möge.
Es würde zu weil führen , dem Vf. in der minu-
tiösen Schilderung der 12 Sitzungen folgen zu wollen.
Nur das Wichtigste der angestellten Beobachtungen
soll mitge(heill werden.
Die Magnetisirten bolm ein sehr verschiedenes Bild dar:
die Eine das des ruhigen Schlafes , mit vollkommen geschlos-
senen Augen und unveränderten (nur wenig gerötheten) Ge-
sichtszügen , bei der Andern waren die Augen nur halb ge-
schlossen, nach oben gedreht , die Augenlider in fortwährend
krampfliafter Bewegung , das Gesicht blauroth und entstellt,
der Puls verlangsamt, dip Haultemperalur vennindert. Durch
Drucken , Reiben , Brennen , Stechen , ja selbst durch das
Losscbiessen einer Pistole nahe am Ohre überzeugte man sich
vuti dem Erloschensein der natürlichen Sinnesempfindungen.
Dagegen ward nicht nur jeder dem Magnetiseur unversehens
beigefugte Schmerz sofort an der nämlichen Kdrperstellc von
den Magnetisirten empfunden, sondern auch jede Geschmackt-
und Geruchbempfindoog desselben wahrgenommen , so ^^-^
960
Du Boif-Rcr'kO'^'t ttb«r «hier. Bewegung.
als man dem leisten WeiD, der Magnetisirteii gteickoehif
Wauer trinken lieas , diese sofort Weia lu trinken aiuaagte.
— Der Magneliieur rermochte den fotlkommeosteD katatepti-
•chen Zustand — nach -Verlangen der Umstehenden — ber-
beitardhren und in beliebiger Reibenfolge wieder aufbin zu
laasen. Man liesa die BlagBetisirten so längere Zeit in den
nonatitflichstea und unbequemsten Stellangen verweilen, wäh-
rend welcher Zeit die flAuskeln vollkommen rigid erschienen u.
auch mit Gewalt kein Glied aus seiner Lage zu bringen war.
•— Alle Bewegungen , u. mitunter ziemlieb complicirte Hand>
langen^ wekhe der Magnetiseur oöer eine mil dan Magnetieir«-
ten dusch Auflegen der Hand in Rafport geseuie Peiaon in
Gedanken derselben vorschrieben, wurden meistens pünktlich
von ihnen ausgeführt. — Ebenso bestätigte sich das fiesen a.
das Unterscheiden der Farben bei vollkommen gescbloesenen
nnd verbundenen Augen. — Aus einer Anzahl ganz gleicharti-
ger Mffnzen wnsste die Magnetisirte sogleich ein von dem
Magnetiseur zuvor in der ffand gehaltenes Stock herauszuffn-
den ; ein WiderwrHe gegen Metalfe schien nicht vorhanden zu
sein. FndÜch nberzeugre man sich auch durch wiederholte
und immer bestätigende Versuche von der innigen Beziehung,
welche zwischen dem animaf . u. raineraf. Magnetismus zu beste-
hen scheint. Eine Einwirkung der Bfagnetisirten auf die Hagnet-
nadel ward nur in einem Falle, u. auch hier nicht mit geoii-
gender Sicherheit wahrgenommen. Umgekehrt fühlten aber
erstere jedesmal die Nähe eines Magnetes, u. gaben sie durch
Zeichen Ton unangenehmen Empfindungen zu erkennen. Wäh-
rend das Stechen mit gewohnlichen Nadeln gar nicht empfun-
den wurde, erregte dasselbe mit magnetisirten Nadeln den
lebhaftesten Schmerz. Die abwechselnde Berührung der bei-
den entgegengesetzten Pole erregte abwechselnd die Empfin-
dung von Warme und Kälte.
Uebrigens darf nicht unerwähnt bleiben , dass unter den
Anwesenden sich auch Ungläubige befanden, welche die anzu-
stellenden Versuche mit grosser Strenge überwachten , und
dass der Vf. daa etwas weniger befriedigende Resultat d^r Ex-
perimente in eintr der Sitzungen dem Umstände zuzuschreiben
geneigt ist , dass in derselben die auftauchenden Zweifel und
das Misstrauen von einem der Zeugen auf zu rücksichtslose
Weise geäussert worden waren , wodurch die Magnetisirten in
eine befangene Stimmung versetzt worden sein mochten *).
(Kobschätter.)
1) Eine interesaanta Mittheilang iber eine magoetisch»
Sitzung, welche von dem ärztlichen Vereine an Genf zur
Prüfung des Magnetismus benutzt wurde, findet sich in CM
Wochenschr. 10. 1851. Das Resultat war ein von dem bei
Beroaldi'i Versuchen erhaltenen ziemlich verschiedenes.
Radaction.
555. Refoltete d^r RentechitioB «*
kSnigL pneuis. jirmBB m J. 1851« (Fr. Ver.-
13. 1852.)
Geimpft wurden bei sämmtlichen Tropoentheileo 57,0
von diesen hatten 42,903 dentKcbe, 9935 oadeatRcbei
4931 gar keine Narben der Irükar bei rhneo ■Cntti
Vaccination. Die durch die Impfnne eraengten Sckuti
waren bei 33,444 regelmässig , bei 98&7 unregelmässif i
bei 13,758 blieb die Impfung ganz ohne Erfolg. Diese otat
Erfolg^ gebliebene Impfliing wurde bei 3338 mit and It
10,354 oboa Erfolg wiedtrbok. Bd 10,908 «nUficftdM
sieb 1—5 achte Vaccine -Pusteln, bei 11,306^ 6— tt, k
8196 11—20, bei 1087 21—30.
Ea kommen somit auf lOOGeimpRe über W, Wi
die Impfung ächte, regelmässig verlaufende SchaUpoekeaa
Folge hatte, ein Verhältniss, was mit dem im J. 1819 erk»-
tenen Sbcreinstimmt (vgl. Jahrbb. LXVll. 110>, wibresd s
dea JJ. 1847 und 48 die fragl. Zahl fest nm i % nicdf^
war, und fon den im J. 1850 Geimpften von iOO nnr 8
(einschliesslich der nach erfolgloser Impfung snedei bo/t U
impften AI) ächte Scbatzpocken bekamen (h^. labrtt
LXXII. 98).
Von den verschiedenen Formen der
wurden im fragl. Jahre 246 Individuen ergriffea, nnd i
von Varicellen, 160 von Varioloiden u. nur 7 von dtaieka
Pocken.
Bei solchen Individuen, die der Revaccination aKkikibi
unterworfen waren, kamen 71 Fälle ?on Pocken (Sllincd-
len, 47 Varioloiden und 3 äeble Pocken) vor; bei sbteb^
folg Revaccinirten kamen 71 Fälle von Pocken (21 Vaikd«.
47 Varioloiden und 3 ächte Pocken) , und bei mit Erfolg B^
vaccinirten kamen 61 Fälle von Pocken (20 Varicelltn, 41
Varioloiden) vor.
Die häufigsten Erkrankungen fielen in die 3 eraten
des Jahres , wovon der Grund theils in der damaligen bed»
teoden Stärke der Armee, tbeils daria an suclien isl, da
sich die Truppen in dieser Zeit mebrentbeila auf dem
oder in Cantonnements befanden, und zwar Iheilveisc ia Ce
genden, in denen die Pocken epidemisch herrachten
Bei den mit Erfolg Revaccinirten verliefen die
stets mild und gutartig, bei den übrigen Erkrankten war^
Verlauf nicht immer so gelind und die RKaokhctt war sofr
in 3 Fällen tödtlich. Zwei von den Verstorbenen litten aaicfc>
ten Pocken (beide waren erfolglos revaccinirt worden), dtrl
Kranke starb an bösartig gewordenen Varioloiden.
(Cramer.)
B. KRmKEH.
77. Veber thieriscbe Sevegung, Bede ge-
halten im Ferein für wwtmchafiliehe Far^
trägt am 22. Febr. 1851; vom Bmil du
Bois-Reyinond. Berlin 1851. 8. 31 S.
(6 Ngr.)
Der Vf., auf dem Felde strenger WisseiiBchaiir-
ÜAhkeil solmn. cttimüich bekaut dusch seiaa ausg«*-
xeichneten Untersuchungen aber thierische Elekirici-
tSt, zeigt in diesem Schriflchen, das, wie giehoB de
TiM angiebt, einen vor einem Laienpublikom gehi^
tenen Vortrag enthalt, wie gescbickt er neft m
sehwierige und abstracte Gegenstands aus der Pkf-
siologie zu behandeln versteht, and auch oliiie Ä
sonrt 99- unteroltitieode AoadiattOBg, dordl'^emHMB^
ÜD ff Ol tun, IIb. ikm Pfianvnsdilaf. — H^yfelder, fib. 4en Bau 4tr Lympbdrtae«.
36t
I der vom »llUgfiebeii Lebe« gegebeiMii BrfahruDgett
^ nnd demselben entnommene Vergleiche «eiii« Aufgabe
bewitfügen kann. Wer in iJiDliche Lagen kommt,
t GcigensUfttde aeiner Wiasenschafl einem «ogenannien
I gebildeten, aber nichl aach?er$tilndlgeo Publikum
^ milzutbeilen, wird gern von der Art und Weisf^ wie
I Vf. seinen Gegenstand bebandeli , lernen.
Reinhard.
; 7a. üitermdiiiigeii tber 46B FtUunenftiUar;
von H. fioffmaiin, a. o, Prof. 4. Botanik in
GietseA. Gieasen t«&l. 8. 30 S. (5Ngr.)
it
< Das kleine 'Sehriftchen enthalt eine Beih« von
Versuchen über das m Titel bezeichnete, eigenthüm-
i Kdie Phänomen des Pflanzenlebens, durch welche Vf.
die Ursache desselben zu ermitteln sucht. Als
äussere Ursachen , von welchen man bisher versucht
hatte , die Erscheinung abzuleiten , sind zu nennen :
Feuchtigkeitsverhaltnisse , ElektricilSt , Licht, Aus-
' delmung von Gasen im PflanzenkOrper und Wflrroe.
I Vf. hat auf jedes dieser Agentien seine Versuche ge-
richtet, aber mit Ausnahme der Warme stets negative
Resultate erhalten. Selbst das Licht, wenn es nicht
, znglerch mit Wsrmestrahlen die Pflanze traf, konnte
I auf das Entfalten der Blatter keinen EinBuss gewin-
' nen. Dagegen ergab die Warme den entschiedensten
' Einfluss auf diese Bewegung der Pflauzent heile, aller-
dings mit einigen Modificationen , welche eine Con-
currenz mehrerer Ursachen anzudeuten scheinen.
Was der innere Vorgang bei diesen Bewegungen
sei, konnte Vf. nicht ermitteln, doch vermuthet
, er, dass eine Zusammenziehung der SpiralgefUsse
I ütnttfinde.
Wir emftfehleii das Scbrillch^n allen Freunden der
Botanik, sie werden mit Interesse die Eiüzelheiten
der Versuche kennen lernen u. sie leicht selbst wie-
derholen können , um diese eigentbtlmlichen Be-
wegunifserscheinungen der Pflanzen zu beobachten.
Reinhard.
79. Qeker den Bau der Lympkditsen.
Inaugural-Ahhandlimg der medic. FacuU, mu
Erlangen vorgelegt von Dr. Oscar Hey-
felder. Mit 1 SteindrucktafeL Breslau 1851.
4. 19 S.
„Die Stmctnr der Lymphdrüsen ist noch nicht
hinreichend gekannt.*' So sagte Henle vor mehr
als 10 Jafhren, und trotz der seitdem erschienenen
Arbeiten tiber dieselben blieb dodi nicht btoa noch
manches besonders auf die Physiologie derselben sich
Beziehendes ziemlich dnnkel, sondera man war selbst
Ober den hauptsachlichsten morphologischen Factor,
über das Verhalten der Lymphgeßlsse in den Drüsen
noch zweifelbafL Durch vorliegende Arbeit ist das
Analomisobe der Lynpbdrtlseii weae»lli«li fpefOfidert
und den AbsebHist sehr «ah« gerttokt worden , was
vonrogawewe der UotaraucliuBgmiielhod« des Vfs. an-
weßt #aMPv. Ml« sa» sum a»
luaebreibca ist, der Iqectionen nur zum Studium des
grObereo V^erhaltena der Lymph- und Biutgeflisse b«-
Untat«, dM eigentlich Histologische dagegen unmit-
teMrtr «tl dem Mikroskop zu erkennen auchte. -^ Das
wichtigste R«8ukal der Uvtersachungen des Vfs. ist
der mürosikofisch« «. physiologiaohe Naehwcis eon-
traeüler PaaerzeNen (glatter Muskelfasern) in der
H<llle der Drüsen und den dieselben dnrchsetzcnden
Seheidewindeii , vradurch die physikalische Schwie-
rigkeit der Fortbewegung der Lymphe aus den Hold-
rliiflMO der Drila« beseitigt wird, Letztere sind nach
Vr. Erweitenangen der LymphgeflUs« selbst, die, wie
schon J. Goodsir sah, nur ans einer einzigen
atructariosen, (ausserlich) snit Kernen besetzten Haut
bestehen , aobald ai« in die Drüsen eingetreten sind.
Sie Mdea entwieder eiafaelM, die Drüsen füllend«
Windungen und Krümmungen, oder sie aoastomosi-
ren mit einander, oder sie bilden runde, zelienarti^
Brweitcrwigen von 0,06S — 0,076"' in ihrer gröss-
ten Breite. Diese bestehen aua deraelben Membrsn,
wie die Lyraphgeftsse, und hinter ihnen nehmen letz-
tere ihren frühem Charakter wieder an. Verbundea
und understützt werden die Windungen und Erweite-
nwgen durch aus geformtem Bindegewebe bestehende
Scbeidewünde , welche den ftlutgeflissen als Stratum
dienen und, wie erwähnt, gleichfalls contractile Pa-
serzellen enthalten. Letztere treten übrigens beim /
Menschen sehr gegen das Bindegewebe zurück,, viel-
leicht weil sie b«i h«gitttteoder Zersetzung schwieri-
ger zu erkennen si^d, worauf ja schon Henle auf-
merksam gemacht haL
Was die Function der Lymphdrüsen anlangt , so
schliesst Vf. aus Untersuchung des Inhaltes der Ge-
fSsse vor, in und hinter einer Drüse auf eine Neubil-
dung von Lymphkörperchen. Er fand den Inhalt
innerhalb der Drüsen als aus ElementarkOrnchen und
Lymphkörperchen bestehend. Da es hier also auf eine
Zellenbtldung ankommt, so wäre wohl die Angabe
Goodsir*s, dass die aller Häute bis auf die inner-
ste beraubten Lymphgeflisse ein stark entwickeltes
Epithelium trügen , naher zu prüfen und vielleicht zu
bestätigen gewesen. Diess bleibt noch ferneren Un-
tersuchungen vorbehalten , und dem Vf. ist vorläufig
für seine schüne Arbeit im Interesse der Wissenschaft
recht sehr zu danken. J. V. Carus.
80. De Aetheris snlpborici connabio cum
CUorofarmio anaestliesiam cito tnto et
JBCUnde prOVOCante; auctore Joseph o
Weiger, medicinae doctore etc. Patavii, typ.
AnL Bianchi, 1851. 8. 67 S.
Weiger*8 schützbarer, mit verdientem Lob
auch in diesen Jahrbb. (LXX. il9 ff.) von uns ange-
zeigter Sebrift : „Heber die Unacbüdlichkeit des Schwe-
feläthers und die Maohtbeile des Chloroforms*' u. s. w«,
schliesst sieh in der vorliegenden eine «holiche mono-
grafäiache Bearbeitiung an, welche ihr Vf. der apatei^
hin durch dem Dmek zu verOffenilicbenden ausführ-
46
362 W e i g e r , ttb. Verbind. d. Schwefelflth. u. Ghloraforms. — Uenoch-Bomberg, klia. Watimelm«
liehen Abhandlung Über diesen Gegenstand entnom-
men hat. indem wir mit ?ollem Rechte ans der
bereits erwähnten Beurtheilung der frohem Schrift
des Vfs. auf die vorliegende ttbertragen, dass er auch
in ihr die Ergebnisse eines reichen Beobaclitungs-
materials niedergelegt habe, und ihm auf seinem
Standpunkte gelungen sei , auf das Ueberzeugendste
darzutbun, wie die Verbindung des Schwefelathers
und des Chloroforms in dem von ihm angegebenen
Verhältnisse das sicherste Mittel sei, durch Inhalation
desselben die Narkose bei chirurgischen Operationen,
besonders an den Zahnen , ohne Nachtheil herbeizu-
fahren, dürfen wir den Schluss auf neue, für die
Praxis wichtige Aufschlüsse und Aufhellungen, die
der uns noch vorenthaltene Theil des Werkes in sich
schliessen werde, wohl einen mehr als wahrscheinlichen
nennen. Es ist übrigens einleuchtend, dass ein
Mann, wie der Vf., der als Augenzeuge von 35,000
Versuchen mit SchwefelUlherinhalationen auftritt, in
solchen Erörterungen weit mehr Zuversicht erweckt
und grösseren Glauben verdient, als ein Anderer, der
sich nur aus bereits vorhandenen Materialien seine
MittheiiuDgen zusammenfügt , und nicht selten durch
das Bestreben, einander widersprechende Angaben
zu vereinigen, zu neuen Irrthümern Veranlassung
giebt, welche sich dann zu immer grösserer Verdun-
kelung des wahren Sachverhaltes nur zu leicht fort-
zupflanzen pflegen.
Wir geben im Nachstehenden einen kurzen Be-
richt über den Inhalt der* vorliegenden Schrift , ohne
auf irgend welche Specialiläten naher einzugehen.
Den Eingang bildet eine gedrängte geschichtliche
Uebersicht der Anaeslhelica von den frühem Zeilen
bis zur Erfindung derSchwefelätherinhaiationen durch
Jackson und Morton, in der nur das Bekannte
wiederholt wird. Ihr folgt eine geschichtliche Dar-
stellung der Einführung der Schwefelätherinhalalio-
nen und ihrer Fortschritte in verschiedenen Ländern
Europas. Hierauf die Geschichte der Schwefelatlier-
inhalationen des Vfs. selbst, nebst Beschreibung seines
Inhalallonsapparates u. dessen Anwendung, so wie der
subjectiven u. object.Erscheinungen, welche die Schwe-
felathernarkose vom Anfange bis Ende begleiten und
charaklerisiren. Hieran schliesst sich ein geschicht-
licher Ueberblick der Anwendung des Chloroforms als
AnSsthetikon, in welchem der Vf. die Resultate seiner
eignen Versuche mit diesem Mittel (in 500 Fallen)
giebt und dieselben benuzt, um die Beschuldigungen,
welche man gegen die Inhalationen mit Schwefelälher
zu Gunsten der Ghloroforminhalalionen erhoben hat,
zu widerlegen und die entschiedenen Nachiheile,
welche mit der Anwendung des Chloroforms beim
Einalhmen verbunden sind, von Neuem hervorzu-
heben.
Ein ziemlich vollständiges Verzeichniss von Schrif-
ten über Schwefelather- und Chloroforminhalalion, in
welchem ausser den selbststandigen Schriften nur
Aufsatze aus italianischen Zeitschriften aufgenommen
sind, die deutschen, französischen und englischen
Journalaufsätze aber — wir sehen nicht ein , aus
welchem Grande — ausgeschlossen ward«D , i
den Beschluss.
Schlüsslich erlauben wir uns noch die BemeH
dass die lateinische Schreibart des Vfs. zwar nnr
ten wirkliche grammatische Unrichtigkeilen darU
eine römische Färbung aber ebenso sehr vennn
als erkennen ISsst, dass der Vf. mehr deutsch,
lateinisch gedacht habe, worin zugleich die HäaS^
der Germanismen in Ausdruck und Wendung ihre
klarung findet. Ebenso tadelnswerlh finden
Gebrauch von ungewöhnlichen lateinischen Wörl
und Redensarten, so wie der griechischen Wörter
Fallen, wo dieselben weder nöthig, noch zweckal
sig sind. Fast jede Seite enthält Beweise für
Richtigkeil unserer Bemerkung , weshalb wir uns ii
Anführung von Belegstellen überhoben glanbea al
nur noch erinnern wollen, dass ,,Dentharpaga" (i^
dem Titelblalte der Schrift) eine voz hibnda sut|
Odonlharpaga — nur sachliche BedeutaBg* U
und ein Instrument zum Herausziehen der Zihat
keineswegs den Zahnarzt selbst bezeichnet.
Thierfelder sa
81. Klinische WahiBehmugen uidMi4
tUgBlL Gesammelt in dem Aörnffitchafk-
likUnischen Institut der Universitäi vom iö»
Assistenzärzte Dr. Ed. U e d o c h • Phratd«.
an d. Univ. zu Berlin, und herausgegeben v«
Ür. Nor. Ueinr. Romberg, Bitter des
rothen Adlerordens dritter Klasse mit de
Schleife, Geh. M.-R., o. Prof. der Heilk., Du.
des k. poliklin. Instituts der Univ. zu Berlis i
Mitgl. der med. Ober-Examinations-Commissiei.
Berlin 1851. W. Hertz (Besser sehe BachLi
gr. 8 VIU u. 238 S. (1 Thlr. 15Ngr.)
Diese Schrift ist gewissermaassen eine Forlselzni
der vor 5 Jahren von denselben Verfassern heraus^
gebenen , Minischen Ergebnisse^' (Berlin bei Fdr${-
ner, 1846, vgl. Jahrbb. LIV. 107), auf welche ue
sich auch in mehreren Fallen bezieht. Sie eni
die wichtigsten Falle und Sammelbeobachlungen
dem reichen Material der Berliner Poliklinik and vm\
Theil der Privatpraxis Romberg* s. Dass dieselhn
mit der schon bei jenem Werke (a. 0.) gerOhmln
Gediegenheit und Wissenschaftlichkeit bearbeitet sisi
versteht sich fast von selbst. Besonders zu rflfama
aber ist (wenn es auch als reactionar klingen sollte)
dass die VIT. die eigentliche Aufgabe des ärztlicba
Berufes, das Helfensollen, nie ausser Augeo lasset,
und daher, ausser vielen wichtigen pathologisches
Beobachtungen , auch viel Beachtenswerthes ober die
Therapie hinzufügen. Von Beiden referiren wir hier
die Hauptsachen.
A. Pathologisches.
Nervenkrankheiten. Vff. heben mit Recht $.2 C
die Abhängigkeit def Neuralgien (bes. der Prosopal-
gien) von Sexualstörungen, namentlich von Uterin-
krankheiten, hervor. Mehrfach kam die Ptosopalpe
Henoeh-Romberg, klin. Wahrnebmangeo.
363
in iDtermiUireDdem Typns vor; Oft«re Male die Neu-
ralgia UnguaMs, Die Valleix'sch(>n SehmerM-
pünkichen wollen W. nie gefunden haben. [Ref.
fand sie bei Gesichts- und andern Neuralgien Öfters,
wenigstens einzelne derselben, z. B. am Foramen supra-
oder infraorbitale, am Occiput, hinter dem Trocban«
ter, über der Kniekehle an der Stelle, wo der
Jschiadicus aus dem Slusc. semimembranosus heraus-
tritt u. 8. w. Er fand aber nieht immer alle , und
manchmal auch keinen einzigen.] — Von achter ner-
vöser Ihtrstsucht (Polydipsia) ohne Diabetes beob-
achteten VS. ein Paar Fälle ; sie versncblen dabei enipir.
das von Jos. Frank empfohlene Sal prunellae,
durch Zusammenschmelzen von Schwefel und Salpeter
bereitet (1 5 auf 1 Pfd. Wasser, halbelassenweise) ;
ein Mal mit Erfolg.
Dass die Gefühlslahroungen (Anästhesien) , wie
die Bewegungslahmungen (Paralysen) anfailsweise
in inlermittirendem Typus auftreten können (auch
ohne Wechselfieber) bestittigten mehrere Fülle (S.
12 ff., S. 53 ff.). — Als Ursache der Anästh. (wie
der Lähmungen) fand sich besonders häufig „ein
rheumatischer Anlass**, d. h. die Einwirkung von
Kälte und Feuchtigkeit auf die Haut, bes. auf die
schwitzende , u. namentlich die Erkaltunf; schtüeis-
siger Fiisse , welche Vff. (und mit ihnen gewiss alle
erfahrenen Praktiker, trotz allen Anzweifelungen
mancher Theoretiker) als eine häufige Quelle von
Neurosen anführen. — Paraplegien der Unter-
extremitäten beobachteten Vff. ausserdem oft (S. 3 1 ff.)
als Folge von einer innerhalb des Beckens stattfin-
denden Comprimirung der betr. Nervengeflechte, z. B.
durch Geschwülste, durch den schwangern oder auf-
getriebenen Uterus, auch durch Kothklumpen im
Mastdarm (S. 144); nach Entbindungen blieb eine
S4)lche Lähmung zurück in Folge des Druckes des
Kindeskopfes auf die betr. Nerven und einer nachfol-
genden Neuritis, welche wohl ehedem unter dem
Namen Phlegmasia alba dolens mit verstanden wor-
den sein mag, sich auch mit Oedem, Cruralphlebitis,
Anästhesie der Haut u. dgl. compliciren kann. —
Aurh Armlähmungen sahen Vff. und andere von
ihnen erwähnte -Aerzte Öfters in Folge von Druck auf
den Arm entstehen, besonders durch Darauflegen des
Kopfes im Schlafen I oder auch durch das Gegen-
stemmen gegen ein Handwerkszeug, eine Maschine
u. dgl.
Als Ursache der Tabes dorsuaäs fanden Vff.
ungleich häufiger [ist wo|]l zu viel gesagt, obschon
Ref. die Thalsache selbst bestätigen muss] einen
rheumatischen Anlass, bes. geslOrte Fussschweissc,
als die gewOhplich beschuldigten Geschlechtsaus-
schweifungen. Vff. beharren dabei, als diagnostisches
Merkmal dieser Krankheit [d. h. also doch wohl der
Atrophia meduüae spinalis?] den Verlust des Mus-
kelgefllhls anzuführen, so z. B. das Fallen bei ge-
schlossenen Augen , die Unfifhigkeit . ohne Hülfe des
Gesichtssinns das Gleichgewicht zu behaupten. Doch
führen Vff. diessmal selbst (S. 41) Falle von Tabes
darsuaHs spuHa auf, wo obiges Symptom bestand
und doch Heilung erfolgte [einmal blitzschnell auf
eröffnende und mensestreibende AloOpillen] , und sie
geben zu, dass diese Mnskelanästhesie auch zu andern
Neurosen, z. B. Krankheiten der Hirnbasis, der
Varolsbrücke , hinzutreten kOnne. [In einer von
Forster's Reisen muss ein Fall erzählt sein, wo
dieses Symptom auf den Genuas giftiger Fische er-
folgte.] Die in beiden Auflagen von Romberg's
Handbuch noch nicht ervfJihnie Anästhesie der Arm^
und Handmuskeln bei Tabes dors. findet sich S. 40
erwähnt : PaL entfiel die Tasse aus der Hand , wenn
er nicht darauf hinsah. [Ref. beobachtete diess
Symptom mehrmals ; es ist sehr charakteristisch ;
Pat. kann sich die Kleider nicht selbst zuknOpfen,
ohne die Augen zu Hülfe zu nehmen , daher auf dem
Rflcken gar nicht; in der auf den Rücken gelegten
Hand vermag er ein Geldstück, einen Schlüssel u. s. w.
nicht durchs Getast zu erkennen , obschon er Glätte
und Rauhheit, Warm- und Kaltsein desselben fühlt.
Ref. glaubt, dass dieser Verlust des Muskelgefühls
ein Zeichen von Erkrankung der centralen Markmasse
des Rückenmarks überhaupt, nicht blos von Atrophia
medullae spinalis ist. S. dessen Handb. , 4. Aufl.,
$. 732, Anm. 1.]
Lähmungen in der ersten Dentiäonsperiode der
Rinder t ohne Tuberkulose und ohne sonstige Struc-
turveränderungen des Nervensystems kommen (nach
S. 44) Öfters vor. [Aber wohl nur in Folge unserer
magelbaften anat. Forschungsmittel.]
Von Zungenlähmung theilen Vff. mehrere Fälle
mit (S. 45), welche die vielseitigen Formen dieser
Lähmung recht ins Licht stellen. [So vermisst z. R.
Ref. noch in den Romberg'schen Werken die von
ihm einmal beobachtete Form, wo der Kehlkopf u.
die Zungenwurzel tief nach unten herabgesunken ist,
und der Unterkiefer beim Aufsperren des Mundes nach
vorn aus der Gelenkgrube gleitet, beim Schliessen des
Mundes aber erst zur Seite hin- und hergleitet oder
zuckt, dann wieder in die Gelenkgrube springt.] —
Bei Paralysen des Facialnerven beobachteten Vff.
Öfters (S. 19) GeschmackstOrungen, namentlich einen
Säuerüchen Metallgeschmack, dessen Entstehungs-
grund noch unerklärt ist«
Von dem Grüsskrampf (Salaam-Convulsion,
Spasmus nutans) sind S. 57 ein Paar hübsche Fälle
mitgetheilt. [In einem vom Ref. beobachteten war
der Krampf hauptsächlich in dem PlatysmamyoTdes
beider Seiten , erstreckte sich dann auf Mundwinkel
und Lippen, und bei höchster Steigerung auf das
ganze Gebiet des Facialis.] — Den Stimmritzen-
krampf fanden Vff. Öfters abwechselnd mit Carpo-
pedalconvulsionen [Arthrogryposis}.
Ueber Chorea minor sind viele Fälle und Bemer-
kungen mitgetheilt. Vff. leugnen den Zusammenhang
mit Herzkrankheiten als Ursache, obschon auch ihnen
[wie dem Ref.] Fälle vorkamen, wo Ghoreakranke
Herzleiden hatten. [Vielleicht oft mehr Folgeübel;
364
Heftooh^R^mbtrg, Uta W^kvnelimiHifMk
man veraiDDÜcbe steh aar die EtnwirkiiBg » wekk«
ein soIcIkm allgeneiiMs MiulMkucken wider Willen»
bei wocheolanger Dauer, pspekueA «. dttrekk Heflw,
anf die Muske4b«we|(UDg dea BerxeDS haben miiaa I ]
Bagegee bestiligen Vff. den Oders Ursprung der CIhh
rea aus rheumatischem Anlaas, beiieheodlich ven Er-
haltung schweissigir Fflsse (S. 67). Chorea Er^
wachsener wurde 6mal beobachlet» darunter 2mal
Chorea gravidarum. Letztere ist auf beachten»*
werthe Weise ausfllbrlich besprocheft (S. 70 if.),
indem die Fülle von Lever» Ingleby u.Attdral
mit denen der Vff. ausammengestellt sind« Von
achter Chorea magna ist ein Fall ausfQhrlich be-*
schrieben. (S. Franqee, Deutsche KJinifc 1849
Dec.) — Starrsucht (,fEcl^ms*', R o m b e r g) war
bei Kindern häufig, indem sie plOizIich mit stierem
Blick stehen oder sitaen blieben , in der Rede atuf-«
hörten und nach einiger Zeil wieder fortfuhren » als
sei nichts vorgefallen. Ursachen bes. Würmer oder
Onanie. Selten bei Erwachsenen. Die »wacha-
artige Biegsamkeit der Glieder" wurde in keinem ein*
aigen Falle beobachtet
Von localen Trophoneurosen [d. h. einer um-
schriebenen , halbseitigen (z. B. Gesichts-) Abmage-
rung ohne nachweisbaren Grund] sind ein Paar wich-
tige Falle mitgeUieilt (S. 83) , ohne diese merkwür-
dige Erscheinung aufzuklären. A r a u's progresswe
MuakeUUrophie (a. Jahrbb. LXX. 175} ist mehrfach
erwähnt, wird aber S. 91 noch von dieses Uebela
unterschieden.
Verhaltn issmassig weniger reich sind die übrigen
KrankheiUklassen (des Blutes, der Bru9t- u. Bauch*
Organe) an pathologisch wichtigem Material.
Unter Rheumatismus (S. 98) besprechen Vff. als
eine der häufigsten in der Klinik vorkommenden
Krankheitsformen „die sogen. Arthritis nodosa oder
,yOsteoporosis, d. b. jenes eigentliümliche Leidender
„Gelenkknorpel, welches mit Schwinden derselben,
„Bloslegung und Abschleifuug der Knochenflachen u.
„Osteophyt- Bildung im Umfange des erkrankten Ge-
„leokes endet. Der grttsste Theil der unter dem
„Namen chronischer Gelenkrheumatismus bescbrie-
„nen Falle scheint in diese Kategorie zu gehören;
„doch war der Zusammenhang mit Erkaltung, ob-
„schon häufig, keineswegs in allen Fallen nachzu-
„weisen, vielmehr in andern Fallen der mit sexuellen
„Vorgangen. Die Krankheit kam vorzugsweise bei
„altern Frauen und zwar an den Hand" und Finger-
,fgelenken vor, wogegen sie bei Männern nicht sel-
„len am Oberschenkelkopf beobachtet wurde, u. hier
„das sog. Malum coxae senile bildete.'* Die Krank-
heit beginnt mit einer weichen, wahrscheinlich durch
seröses Exsudat bedingten Anschwellung u. Steifigkeit
der Gelenke, welche dabei von lebhaften, manchmal
des Nachts oder beim Witterungswechsel , oder mit
dea Katamenien» zunehmenden Schmerzen beiaUen
Bind. Spater wird die Anschwellung harter, daa
Gelenk steifer , unbeweglich und endlich auf die die*-
aen Uehel charahlerisUaohe Weise verltrU|ipnlt>, i
daes Hand und Finger nsach der UhMraeile vem^i
werden u. leiztere zugleich nach ioneii f ekrOflunt läi
Zu dieser Zeit uo^lagern Oeleophytea das Geloiik «t
bilden ungleiche Höcker» Oefter aohreUei mmmim
Uehel auf andere Gelenke weiter; in eiiieia F^llek»
fiel ea fast alle Gelenke, a« dass die Kra«ke seit?
Jahren fast regungslos im Bette liegen oao««. Mcie
leiden gleiehzeitig die nämlichen Gelenk« a«f heite
KörperhaUten. Das Uehel ist oft veo reicblidM
Scbweisseja, harnaauren Bode^'^ntzen im Dri«. aeck
von Herzafectiunen begleitet u. s, w. [ReL lireat
sieh, dieae Krankheitsfnrm , welche er io e. spat
Path. und Therapie schon 1845 uater ä^m Nana
Arthritis pauperum unterschieden bat, bier grflad-
licher gewürdigt zu sehen ; jedoch hilligi er nic^ dii
Identificirung mit Osteoporose , welche hier nor ue-
tergeordnele Theilerscheinung ist und noch viele m-
dere KnuchenUbel umfasst, auch nicht die Herfaeizae-
hung des dubiösen Malum coxae senile. Die eigeaf-
liehen chronischen Rheumatismen sitzev mehr u
grossen Gelenken, besonders im Knie, und bei daer
ist wasseriges und fibrO^es Exsudat im Kapsefpdnk
die Baupterscheinung , wahrend das unserer Kraak-
heil eigenthümliche warzige, trop/steinSksXkki
Osteophyt mehr den Gichtkrankheiten eigen ist (üi-
kit. 11. 141). Auch zweifeln wir, dase die Geleofc-
knorpel der ursprünglich leidende Theil sind.J
Unter Scrophulosis adultorum sind (S. 104)
jene, allerdinga nicht seltenen Falle aufgeführt, wt
bei Erwachsenen die lymphatischen Drüsen ana Hai«,
bez. unter den Kiefern, anschwellen. Sie sind waU
in der Regel, wie auch die von Vff. milgeiheiht
Section eines Falles hewei&t, tuberhulOacr Nal»,
dodi gelingt in einaelnen Fallen (in dem S. 1 06 aiHr
getheilten durch Jodquecksilber, bis sum Speickel-
flu^a gegeben) eine Zertbeilung^ Vff. rechnen hierher
auch Auienrieth's Trippers^opAelm , w^gtgtB
die Lues gonorrhoica anf vorausgegangene Nararöh-
reaschanker «urUckzufUhren aei.
Ueh^T Retropharyngealabscesse beiHindem %\ti
mehrere, eigene und fremde Falle mitgetheill und re-
sumirt (S. 125). Es ergiebt sich, dass diese Kraak-
heit, welche neben Croup, Diphtheritis, Stinimrilzea-
krampf und Stimmritzüdem (letzteres bes. nach Ver-
brühungen durch heisse Getränke) im Kindesalter
durch Verengung des Larynxeinganges lebensgeflhr- j
liehe Symptome bewirkt, doshalb sehr zu heritefc<iick- |
tigen ist , wenn Kinder Dyspnoe mit gerttnschvolUn
Athmen zeigen. Sie beginnt bald mehr mit ZuflUa
von gestörter Muskelbewegung des Halses (Schwer-
beweglichkeit des Kopfes, Schmerz heim Veraueh der
Bewegung . Schieflialteo desselben u. s. w. , »o ^s
man an Meningitis spinalis oder SpoadyUiis cervicalii
denken könnte), bald aber mit Dysphagie u. aclinier»-
bafter Regurgitation des Getrunkenen, worauf daaa
das schnarrende Athmen und die Eistickungsaoik
folgt, sobald der Ahtceas weit vorragt Dagegen
bleibt der Klang des Schreiens aormal (ia Widerapruck
HeB«ek<*R»inberg, Univ WifhnieluiMCftti.
365
Keblfaiphkrft8fcheit> 9%i autgebrtiteter Eiter-
»OMDluiiif war die GtsdNTQlat» sogar dunkle
iivappung, an des S6il«ftlbeilea dea Balsas be-
rklMir, auch ainOBtl die luiaere Draasebder anorm
^oh^pvollen. Diirch EipiorMion mittals des V^ngers
inie nun die Geacbv^ki biDter dem Gaumsegel
Jtlich fühlen und mittels eiaes umwickidlen Ristou-
Offnen» das man zwischen zwei Fingern ein-
irte.
Da SS thronUcke RackcnknUarrke Scbwiidsacbl
^irleo, wurde (S. 128) mehrlaeh beobachtet. [Der
U ifti bes. hiufig bei Lehrern.] -^ Ei» seltnen r
II ¥on 3ydrayueumptkpnue t welcher sich fHHrio^
»eh durch die Luftwege entleerte, ist S. 171 ff.
sfUbrlich mitgetheriL — Ueber die »eiierdings viel
sproehene Gomhination von HerMkrankAeit, Stryma
id EaifAatmui finden wir S. 178 mehrere eigne
id fremde Beobachtungen mitgelheilt und erörtert ;
r verweisen auf das gegebene Resum^ S. 189 ff.»
(I so mehr, als das Rathsel auch hier noch ungelöst
eibt. Dass die Mehrzahl dieser Kranken Anämische
Iren , bestätigt sich auch hier. Von PerinepKriti&
. S. 210 ff. ein sehr seltner Fall mitgetbeilt, wo
i:h (in Folge einer Verletzung durch Fallen) ein
osser» von Aussen fühlbarer, fliictnirender Eiter-
ck in dem Zellgewebe hinter der Niere gebildet
itte, welcher sich periodisch durch das Nierenbecken
die Harnleiter, spater auch durch eine gebildete
(rforation in das Colon entleerte u. dann für einige
»il liusammenfiel.
B. TherapetUisches.
Mit besonderer Vorliebe empfehlen Vff. den innern
ebrauch des Arseniks , nicht nur bei verschiedenen
aarosen, namentlich Neuralgien (S. 3), sondern
ich gpgen chronische Hautausschlage, namentlich
loriasis , Bczema (unter andern auch gegen das bei
annern so häufige und lastige Ekzem des Scrolum,
RS PeriQ«am und der ionem Schenkelflache), nnd
egen loapetigo. Die zahlreich mitgetheilten Falle
ind allerdings sehrermuthigend. Vff. gaben die 7i>tc/.
^owleri^ bei Erwachsenen taglich 3mal zu 3» 4 bis
Tropfen, in Verdünnung, ohne Beschrankung der
iat,* ausser dass Säuren verboten wurden. Bei
ebelkeit und Brechneigung wurde Aq. menthae, bei
Diarrhoe Opiumtinctur zugesetzt; wenn leichte In-
»ication eintrat, das Mittel ausgesetzt. Nie folgten
bzehrung, Wassersucht, Lahmung, „diese so oft
efurchteten Gej>penster", nach. Die von Hunt
eim Gebrauche dieses Mittels beobachtete leichte
Conjunctivitis wurde einigemal , aber nicht so con-
tant, wie H. angiebt^ beobachtet; ebenso bisweilen
analog der von H. beobachteten Pityriasis) eine
>berhautabscbilferung an den Fusssohlen und Fersen.
— Ausserdem bewahrte sich bei Psoriasis der äussere
lebrauch des Tkeers ^ als Waschung mit Theer-
vasser. [Auch Ref. zieht diese Form den Theer-
lalben vor.]
{^^tJodkaUMm findeii wir hauSg alaetoLiebliiifa«^
mittel der Vff. gtrttbmt, ibeila bei Neuroeen, heson-
flers wenn sie anf rheumatischer, oder syphililischer
Basis beruhten , was man nicht immer unterscheidei»
könne (S. 29), theils bei RheumatieaieR , wo VC
ausserdem die russischen Dampfbader [mit Recht] sehr
loben, ttberhaupt bei Leiden der fibrtacn Haute, bes^
der Pertoslien. Rei Syphilis, mit Ausnahme de»
letztgenannten Falles , ward das Kalijod weniger zu*
verlasaig befunden, als die MertmiaUen. — Den
Sublknai erprobte Vf. [nach der aken Lentin*acheii
Enpfebking] bei rhemnatisehem Koplaohmen, frOh
und Abends zu V« G^an*
Von Anwendung des laufenden Quecksilbers bei
hartnackiger Obstruction nnd Ileus , in wiederholten
Sechsunzen-Gaben, Iheilen Vff. einen F^ll (S. 141)
mit, der fast fflr dieselbe spricht , obsehon Vff. diese
Kur nicht geradezu empfehlen wollen.
Argentum nitricum bewahrte sich in mehreren
Krankheiten. So z. B. als Gauterisation der Zunge
bei Neuralgia lingualis, als Aetzung oder Balning der
Haut bei und nach Zoster, innerlich gegen chro-
nische Diarrhoen der Kinder, gegen welche in andern
Fallen der Tokaiei^vein gute Dienste thal(S. 135 ff.).
— Dagegen schien die Caulerisation des Kehlkopfs
mit Höllensteinlosung (1 Th. auf 16 bis 24 Th. Aqua)
nicht die enormen von Green, Hastings u. an-
dern engL Aerzten gespendeten Lobeserhebungen zu
verdienen. [Ich habe diess Verfahren ebenfalls häu-
fig ausgetibt und kann Alles bestätigen , was die Vff.
über Ausftlhrung, Folge Wirkungen und Werth dessel-
ben berichten. Die Operation ist nicht schwer. Es ge-
nagt dazu ein Fischbeinstabchen mit einem Schwamm-
chen an der Spitze, genau wie der bekannte Schlund-
stOsser , nur halb so lang und gern etwas dicker bis
zur Spitze hin. Dieses biege man sich selbst über
der Weingeistflamme in einem mehr oder weniger
stumpfen Winkel. Pat. muss den Kopf nach vorn
neigen, den Mund möglichst weit aufsperren, die
Augen schliessen; nun drückt man die Zungenwurzel
nach unten n. bringt das Schwammchen rasch hinter
dieselbe und hinter den Kehldeckel ein , indem man
eine Berührung des Zäpfchens vermeidet, um nicht
Schlingbewegung rege su machen. Es erfolgt ein
Hustenanfall , dem Arst gerade ins Gesicht ; diess ist
aber die einzige Unannehmlichkeit, die ich dabei
beobachtet habe; denn die nachfolgende Reizung war
stets gering« Man üippt aber mit der ganzen Opera*^
tion im Blinden ; denn man weiss nicht , ob man die
kranke Stelle im Kehlkopf triflt , oder eine gesunde.]
Uebrigens empfehlen Vff.^gegen chronische Kehlkopfs-
kaUrrhe angelegentlich das ßf'eilhaeher Schwefel-
wasser, zu 3 bis 4 Bechern früh getrunken (S. 106).
Konigsscheidewasser bewahrte sich bei Gelb-
suchten , ausserlich (als Fussbad u. s. w.) u. inner-
lich (zu 5 Tr. etwa in Verdünnung).
Bei allen Milztumoren nOtaten bald das Brom'»
ksLHum, bald der Efsienaalmiük ^ daneben Bader mit
Kö9en9r MuUerlaugensalz,
366
Hanter, vener. Kranfch. — Kciot/T Krankh. der Harn^Geschlechtswerkzeuge.
Gegen unterdrüekien Fusssekweiss verordneten
die Vff. Fusshader mit Aelzkali (gß) oder Krtnigs-
Scheidewasser (2 bis 4 Drachmen) , auch wohl mit
Ameisen (S. 69), namentlich aber das Tragen von
Gummisohlen (S. 37). — [Ref. muss hier wiederholt
die in seinem Organon empfohlene Einwickelung der
FOsse in dünne Kauschukplatten rühmen ; statt deren
kommen jetzt im Handel auch dünne, sehr bequem
zu tragende Söckchen oder Babuachen aus vulkanisir-
tem Kautschuk vor, von Paris bezogen; doch findet
man auch unter den aus Amerika kommenden , aus
frischem Saft fahrieirten, Kautschukgaloschen eine
Sorte sehr dünner, welche sich ganz gut innei halb
des Schuhwerks tragen lassen nnd sehr wirksam und
baltbar sind.]
Bei Diabetes mellitus wurde sowohl die frische
Rindsgalle, als das cholsaure Natron ohne Erfolg
versucht, dagegen mit einiger Besserung die ge-
brannte Magnesia täglich 3mal 1 Theelöffel voll und
Syrup, ferrijodati in steigenden Dosen verordnet.
Bei Morbus Brigktii bewährten sich in acuten u,
frischen Fallen die Divretiea, bes. Digitalis mit Cre-
mor tarlari oderKaii acet. [Langst bei Scharlach-
wassersuchten erprobt ; doch fand ich zuweilen durch
dieses Mittel und durch Tart. boraxatus die Nieren-
reizung und -Blutung gesteigert, und gab dann mit
Nutzen die Tinct. seminum cannabeos.] Bei Fieber,
Bronchitis, £xsudationen in serösen Höhlen, Cerebral-
zufallen wurden Anliphlogislica , bes. Aderlässe
nöthig. Bei hartnäckigeren Fällen warme Bäder und
des Abends Dover'sche Pulver. — Bei dem chroni-
schen Hydrops Brighlii, wenn er [wie meistens] mit
Anämie verbunden war, das Ferrum jodatum und
andere Eisenpräparate.
Bei Stomatitis, auch der nicht mercuriellen , er-
probten yß. mehrmals das von Hunt und West
empfohlene Ifali oxymuriaticum [ßllschlich Chlor-
^a/z genannt I]. bei Kindern zu 3 bis.5, hei Erwach-
senen zu 5 bis 8 Gran , täglich einigemal innerlich
genommen; so z. B. bei Stomatitis aphthosa und
ulcerosa der Kinder, „wo man sonst die Behandlung
wegen des dicken Zungenbeleges mit einem Brech-
mittel zu eröffnen pflegt** [?].
Bei organischen Magenübeln bewährte sich in
der Regel die consequent durchgeführte Milchkur.
[Auch dem Ref.] Dem von den Vff. erwähnten üebel-
sUnd , dass manche Pat. die Milch überhaupt , oder
langern Fortgebrauch derselben, nicht vertragen,
muss man nicht sofort weichen, sondern kräftig ent-
gegenarbeiten; durch Zusatz von Soda, oder von
Magnesia, oder von beiden, oder von Soda- oder
Selterswasser, oder von Kochsalz, oder von Fenchel-
thee u. s. w., oder durch Wechseln des Thieres
(z. B. Ziege statt Kuh), oder des Milchpräparates
(Buttermilch , Molken u. s. w.).
So viel, um die praktische Reichhaltigkeit des
vorliegenden Werkes darzuthun u. zugleich für dessen
Benutzung auch unsererseits ein Scherflein beizu-
sleuern. H.E.Richter.
82. Traitt de la maladie fiiiirieBae ; ^
J. Hunt er, traduit de tanglais par le Dt
G, Riehelot, avec des notes ei des additimä
par le Dr. Ph. Rieord etc. Deuxite :
Edition, revue, corrig^e et augment^e. Accon-j
pagn^e de neuf planches. Paris 1852. 8.'
IV et 812 pp. (3 Thlr.)
Diese 2. Ausgabe unterscheidet sich von der 1.
dadurch, dass die Abhandlung über die Zähne und
deren Krankheiten, welche die ersten 143 Seitei
Pinnahm, weggefallen ist, u. diess mit volleai Recht
Gewiss war Jeder erstaunt, einen so heterogeaea
Gegenstand in einem Werke mit vorstehendem Tilfl
zu finden. Sicher hätte sich auch dieser bei einen
seihstständigen Auftreten bessere Bahn gebrockea,
denn die Zahnärzte kaufen schwerlich Werke Ober
Syphilis , um dadurch Abhandlungen über die Zilhae
zu erhalten.
Ein anderweiter Unterschied und Vorzog lie^
darin , dass die Überaus kleinen Lettern der 1. Auf-
gabe , vorzüglich in den Noten , worüber wir sc&m
bei Anzeige der deutschen Bearbeitung von B ra aiss
[Jahrbb. LX. 133] klagten, mit grossem vertauscht
worden sind, so dass sich die Seitenzahl, elneslheUs
hierdurch, andernlheils durch die mehrfachen ZosSlze
und Vervollständigungen Rieord 's, welche, gleich
den Noten Babington's, deren und dessen wohl
auf dem Titel hätte Erwähnung geschehen sollea.
meist mit der Textes-Schrifl gedruckt sind , um nahe
an 300 vermehrt hat. Die 9 ganz vorzüglichen Tafela
sind unverändert geblieben.
Dass die Franzosen auf die deutsche UebertragvDf
und folglich auf Behrendts Noten keine Rflcksicftt
genommen haben , diess wird aus wohlbekajintra
Gründen kein Deutscher auffallend finden.
Hacker.
83. A practical treatiae on diseases of tlie
luiDary and generative organs; ^ wiu
1 i a m A c 1 0 n. Second edition. London 1851»
gr. 8. VIÜ and 693 pp. (11 Thlr. 10 Ngr.j
Diese 2. der, vor 10 J. veröffentlichten, 1. Ak^
gäbe, die wir in diesen Jahrbb. (Suppl.-Bd. IV. *477) '
anzeigten, hat, bei verändertem Titel und Anlage,
einen Mehrumfang von circa anderthalb Hundert Sei-
len erhalten , und finden sich in dem 1. Theile:
Nicht specifische /{rankheiten, unter dem Männer'
tripper 4 neue Abschnitte, als: Irritabler ifode,
Blasenentzündung, Spermatdrrhöe und Impotenz,
Auch sie sind, gleich den Übrigen, durch dem Teit
einverleibte Holzschnitte erläutert. Die Blennorrhoe
der Frauen ist durch eine solche der Ovarien be-
reichert worden, u. unter derjenigen, welche beiden
Geschlechtern eigen ist, sind dem Tripperrheuma-
tismus 4 Seiten gewidmet. In dem 2. Theile : Sy-
philis, welcher früher aus 4 Cap. bestand, und wo
der Bubo unter dem Gap. Schanker besprochen
wurde , bildet er jetzt ein selbstständiges Gap. , und
Michaelis-Litzmann, d. enge Becken.
867
sind 2 andere Cap. : die syphiiütscke Kachexie und
ütonamame neu hinzugekommen. Das Ganze schJiea-
sen ein 3 Seiten kunes Formular der „am Häufigalen
angewendeten'' Mittel, worin wir aber nickt einer ein-
zigen Vorschrift eines , fOr den innerlichen Gebrauch
zu verordnenden, Quecksilbcrprjfparals begegnen , u.
ein 30 Seiten langer Indei. Der Atlas ist unverän-
dert geblieben, und geschiebt auch aber eine etwaige
Ermässigung des enormen Preises keine Erwähnung.
Vf. gebt nicht mit denen, welche da meinen, die
Syphilis habe abgenommen. Er bezweifelt, dass
venerische Leiden jemals häufiger gewesen sind , als
gegenwärtig. Sein Urtheil gründet sich auf das Vor-
kommen derselben in dem Bartbolumaus-Hospitale in
London, woselbst fast die Hälfte der sich Rath holen-
den Kranken an Syphilis lillen. Aus den Armen-
Berichten tiber einen Zeilraum von 7^/^ Jahren ent-
nahm er, dass unter 5. einer daran litt , und fand in
einigen andern Heilanstalten ein nicht viel erfreuliche-
res Verhallniss Statt. Vf. ist überzeugt, dass unter
gleich ungünstigen Umständen, als Ende des 15.
Jahrhunderts in Italien herrschten , die Krankheit zu
gleicher Heftigkeit gesteigert werden würde. Weit
also davon entfernt, die Syphilis jetzt für milder zu
halten, giebt er nur zu, dass sich die öiTentiiche
Gesundheitspflege verbessert hat, dass man die Krank-
heit besser zu behandeln versteht , und die Kranken
zeitiger Hülfe suchen, allein der in uns liegende
Keim der Krankheit ist noch ebenso kräftig, als er
jemals gewesen (S. 11). Wenn einmal Vfs. einzelne
Angaben einen Schluss auf das ganze Grossbritan-
nien nicht zulassen, so steht ferner so viel fest, dass
für Deutschland ein solches, auch nur annäherndes,
Verhältniss durchaus nicht stattfindet.
Die neuen Cap., welche die 2. Ausgabe liefert,
sind anerkennungswerth , dienen zur Vervollständi-
gung des Werkes, hätten aber zum Theil, da und
wenn sie Gegenstände belrefifen, die, streng genom-
men, nicht hierher gehören, und also auch nicht
vermisst worden wären, wie z: B. die Orchialgie,
welcher 1 Seite gewidmet ist, die Impotenz u. s. w.,
ebenso gut unberührt bleiben können. Auch hätten
wir die, ebenfalls et;iseitige Besprechung einer
„ßlennorrhagia of the ovary*' in einem besondern,
im 5. , Abschnitte des 3. Cap. um so lieber vermisst,
als der Ej|rstocksentzündung der Titel Blennorrhagie
nicht gut stehen will, u. hätte unter den Blennorrhöen
diejenige der Clitoris eher und um so mehr einen be-
sondern Abschnitt verdient, als sie je zuweilen für
sich ganz allein beobachtet wird (vgl. Jahrbb. LXXÜI.
318). Unangenehm berührten uns die in dem Teite
wörtlich abgedruckten Briefe, worin Vf. von Aerzten
um seinen Rath oder Urtheil befragt wird, nebst
Ueber- und Unterschriften, selbst |^is mit der Adresse:
„To W. Acton, Esq."
Schlüsslich müssen wir noch bemerken, dass auf
Dasjenige, was wir in der 1. Ausgabe zu tadeln hat-
ten, keine Rücksicht genommen ist, weshalb wir uns
in- Betreff desselben zu keinem andern Urtheile moti-
virt sehen. Schon vor 10 Jahren tadelten wir Meh-
reres bezugs der Hautkrankheiten, die im Verhältniss
zu dem Ganzen abermals karg (mit 23 Seileu) abge-
speist sind , und schon damals sprachen wir unsere
Verwunderung darüber aus, den Pemphigus nicht er-
wähnt zu finden, den D u b o i s bei den syphilitrschen
Neugebornen so oft beobachlel habe. Noch vielmehr
aber ist es zu verwundern, dass der Pemphigus auch
in dieser neuen Ausgabe keine Stelle gefunden , da
doch seitdem so Vieles über ihn geschrieben, Wal-
ler ihn so oft und auch Depaul während nur we-
niger Jahre 21 Fälle davon beobachtete. Ueber die in
neuerer Zeit besprochenen syphil. Entartungen in der
Thymus, in den Lungen und in der Leber der Neugc-
bornen wollen wir hinweg sehen , könuen diess aber
nicht darüber, dass Vf. auch den syphil. Process
der Leber bei den Erwachsenen, worüber Dittrich
1850 so ausführlich berichtete, keiner Beachtung
würdigte. Im Uebrigen und im Ganzen mOssen wir
uns jedoch über das Werk, welches ursprünglich
Ricord's Lehr- und Heil- Grundsätze zur Basis
hatte , und welches wir schon früher als die umfas-
sendste Darstellung derselben anerkannten, auch in
dieser neuen Ausgabe, durch Vfs. Beobachtungen aber-
mals bereichert und vervollständigt, belobend aus-
sprechen. Hacker.
•
84. Gustav ^ dolf Michaelis, daS eng6
Becken nach eignen Beobachtungen und Un-
tersuchungen; herausgegeben von C. C. Tb.
Litzmano. Leipzig 1851. Verlag von Georg
Wigand. 8. XIV u. 440 S. (2»/» Thlr.)
Der Name, welchen vorstehende Schrift an der
Spitze trägt, lebt unter den Fachgenossen noch in so
irischem , ehrenvollem Andenken fort , dass er allein
schon hinreichen wird, derselben eine grosse Zahl
von Lesern zuzuführen. M.'s Verdienste um die ob-
stetricische Wissenschaft und Kunst haben ihm ein
bleibendes Denkmal bei der Nachwelt gesichert und
gegenwärtiges nach seinem Tode erschienenes Werk
legt einen neuen Immortellenkranz auf seinen Grab-
hügel« Unstreitig gebührt demselben einer der ersten
Plätze unter den Erzeugnissen der neuesten Literatur
unseres Faches und in der Lehre vom engen Becken
ist keines , welches diesen Gegenstand mit gleicher
Vollständigkeit, gleicher wissenschaftlichen Genauig-
keit und solcher praktischen Kenntniss behandelte.
Das Buch fuhrt recht eigentlich in den Wirkungskreis
des thalkräftigen Mannes ein und lässt uns den viel
zu frühen Verlust des gründlichen wissenschaftlichen
Forschers, so wie des durch ausserordentliche Dexte-
rität und Gewandtheit ausgezeichneten , viel beschäf-
tigten Praktikers doppelt beklagen. Innigen Dank
daher dem Herausgeber, seinem würdigen Nachfolger
im Amte, dass er diese goldenen Früchte vieljähriger
gründlicher Forschung und gewissenhafter , genauer
Beobachtung der Wissenschaft erhalten hat. Eine
übersichtliche Darstellung des Inhalts wird dazu bei-
tragen, die Aufmerksamkeit derer auf das Studium
368
lliolia«lii«LitinaB&> d» e»g« Btcbea.
iIm Buches su ieakeii . die ttit den frflhereii werth«
wellen Schrifften des Vfs. weniger wrlrsut sind.
Der erste Abschnitt enthält sehr lehrreiche Be-
merkungen in Bezug auf die Geschichte der Gehurts-
hnife nberhaupt, und insbesondere höchst wichtige
historische Beiträge zur Lehre vom engen Becken u.
von dem Verlaufe der Geburt beim engen Becken«
VT. zeigt hier, wie bis gegen das Ende des 17. Jahr-
hunderts die Geburtshelfer nicht ahneten, dass es
ttberall eine regelwidrige Verengung des Beckens
geben könne, u. dass diese die Hauptursache schwe-
rer Geburten sei, u. findet die Ursachen hiervon theils
in der mangelhaften Eenntniss der regelmässigen Ver-
hältnisse des Beckens und des Kindeskörpers zu ein-
ander, theils in der Aufstellung vieler falschen Hypo-
Uiesen» durch welche die Schwierigkeit der Geburl
erklärt werden sollte.
ier zweite AhselMiiU verbreitet sioh llber da«
enge Becken und Über die ürkennlniss desselben. Vf.
halt nur diejenigett Becken fttr enge, deren Oeojugaia
entschieden unter 3^)" hält , weH frei diesen nocili
ha«ig und wohl in der Mehrzahl der Falle eine Stö-
rung des regeimäasigen Gelrurtsganges eintritt. Er
staCairt 3 flanptarten des engen Reckens. 1) Oas
tbeflwets verengte, 2) das gleichmassig verengte und
3) das allgemein, doch ungleichmässig verengte
Becken. — Nach seinen zahlreichen u. sehr genauen
Untersuchungen fand M. die€onjugata diagonalis mei-
stens 8'" grösser, als die Coryugala vera ; sehr sel-
ten beträgt dieser Unterschied 6'^' und darunter.
Anlangend die Häufigkeil des engen Beckens, so
zeigte sich dieses hei 1000 Gebärenden 72mal, wie
olwe Ausnahme durch Messung erkannt wurde. Üa-
bei dUnkl es dem Vf. nicht wahrscheinlioli , dass in
der Umgegend von Kiel TergleichuttgsweiBe die engen
Becken besonders häufig seien. Daa einzig sichere
Mittel zar Erkenntniss der Beckeneuge bei Lebenden
iMetet nur die Beckenmessung und Vf. ist der Ansicht»
dass 6ie grosse Mehrzahl der Geburlshelfer nur aus-
nahmsweise und zwar nur in den Extremen die Bek-
kenenge erkennen. Wenn es fa^t in allen Lehr-
i^tfcherB'^heisst, es sei unmöglich, bei der Unter-
aoofaung eives regelmässig weiten Beckens vMt einem
•der zwei Fingern das Promontorium zu erreichen,
ao erklärt M. dieae Angabe fflr durchaus falsch; viel-
mehr kann man bei jedem Becken mit seltenen Aus»
nahoien das Promontorium nicht allein erreichen,
«ondern auch die Conjugala diagonalis genau messen,
fiine directe Messung der Gonjvgata vera fand Vf. bis-
her unmöglich , und al4e Bestrebungen dazu sieht er
als vcrfeliU an. (m Ganzen pflegt er 5 Maaase bei
jedem Beoken zu messen, nämlich ausserlich: 1) die
auaaere Conjugata oder den Baudelocque'schen Qurch-
maaser; 2) den Abstand der Spinae sup. ant. oss. iL
von einander; 3) die grösste Breite des grossen Bek-
kena auf den Cristae oss. iL ; 4) die grösste Breite
der Trochanterengegend. Innerlich miast er gewöhn-
lich nar 5) die Conjugata diagonalis. — Zur äussern
BackaMieaannf bai liebandott hedieiil aidi Vf. 4ea
Taaterurkala von B u r e h a r d^ Bit Scimaogera I
#aoh aaf dem Rtleben und kann , weMi man die I
Ma«aii«||f aetieut, ttbar 4m «emde geneaaen ward
Den BaudeUe^fia'aehea ^ irehm. nimmt er immer i
der Seite , da die Me&%Ufig «it iwiachen den Sdk
kein liegendem Instrumente unaiaher uad am iiia|
nicht auaftlhrhar isL Alle Maasse ousa maD^a^le»
wahrend das histrvnent noch anliegt vod fest aa;
druckt ist. Der hintere Funkt Irillt dabei swwchc» d
Proc. spin. des letzten Lumbarwirbels und denjeaig
des obersten Sacralwirbels. Am trocknen Befeken kai
man den Punkt nicht zwischen den Domfortaätz<
wählen, sondern muss ihn auf einem Proc. spin., a
passendsten auf der Spitze des Proc. spin. des oste
sten Lumbarwirbels nehmen. Als vorderen Paul
wählt man bei Lebenden denjenigen auf der Schin
fuge , welcher das grössle Maass gewährt ; «fress i«
immer der obere Band des Schambeins. Bei troct
nem Becken wählt man wegen der Eintrocknung, d
des Mangels der Schamfuge, am besten das Tnbercafm
ossis pubis dicht an der Fuge. Der mittlere Ah^
von dem gefundenen Maasse darf nicht, wie Bai^c-
locque annahm, nur 3" beitragen , sonde/iauss
wenigstens 3" 5'" sein. — Um das Haass kx Spi-
nae anter. sup. oss. iL zu messen, kann man A» k-
strument nur auf der äussern Linea pectinea mit w-
ger Sicherheit anlegen. M. fand das Maass der Spi-
nae ilium äusserst wechselnd, und von demselbni
kann man selten direct auf die Enge oder Weite k
Beckens schliessen. Seine wichtigste Bedeutung e
hält dieses Maass erst durch eine Vergleichung a
dem Maasse der Cristae oss. il. Dieses letztere d
nämlich für regelmässig weite Recken im Mittel 1
f' grösser, als das der Spinae; bei einem gl^
massig verengten Becken bleibt das Verhällni» ir,
beiden Maasse ungeühr gleich und be»4e
glekJimasaig um fast 3'' unter das Mittel ainkes
theilweis verengten, besonders aber bei rl
verengte« Becken jeder Art ist der UnterscM
beiden Maasae gemiger« sinkt auf nichla herab,
verkehrt sich in das Gegen theii dea gemö]
Schmale Haften sind im AJlgemeinen kean Zeicbeaj
Beckenenge. — Die Messung der Gonjif ata diaj
räihM. iauner OMt zwei Fingern, dem Zeigefinger
Mittelfinger der linken Hand vorannehmaB. Wll
maa nämlich mit der ülaarseite der Spitze des
Mittelfingers daa Promontorium fixirt, muaa
dem Zeigefinger der rechten Hand unter daa
tum arcuatum gehen« dieses genau erforacfaea n.
die Spitae des Fingers so gegen das Ligaoaant
dana der Na^l gerade den untern Band dea)
rUhit. Hierbei musa die rechte Hand in die Joi
Pronation gebracht werden, wahrend der Ell
nach oben gerichtet ist Hat man beide Pool
Measung gefnnden^ ao setat nun die Fingei
mit gleicher Kraft gegen beide nnd drUckl di
Nagel des rechten Zeigefingers fest auf die Radii
dea linken Zeigefingers oder Metacarpus;
zieht man %eide üande vereinigt langsam
aehtat darwf , daaa die SteHnag der Fiager
lliohaälU-*LittmttiD, d. enge Becken.
169
ickt bleibt« und nwH mid mit eiiMm Taslenirkel
Mi der Merke, die der Regelread lurOeltlSMt, sor
iMTseÜe dee vorder» ffif^lrandes dee MilieMngere«
nter Beniiiiiiiig alker VoelkeiM kemi me» auf dme
^*eise eiM GonjugaU di»g9«eÄie von völlig 5'' unter
ttBsUgen UmsUnde» gen^e »eaaen, unter ungtUnHH-
Bm Uwstinden aber doch noch immer Ober 4" hin-
U8. Gewöhnlich hat Vf. bei Schwängern in den
ilBlen Monaten von 10 Becken 8 ohne beeondere
cliwierigkeit gemessen» |a in 4B aufein»nHer folgen-«
Bo FaUen alle. Dabei erregt man nur gelten ern
•deotenderes Scbmengefttkl , einen Drang; nie hat
f. Nachthei davon gesehen und glaubt , da99 man
»des Promontorinm mit höchst seltener Ausnahme
preichen konnte, wenn der Zweck es erfordert,
leeren sind aber erforderlich 1) eine geeignete Lage
er XU Unlwsucbeoden. Diese gewahrt die so-
€f»ennte Wendnogilage. Jedenfalls mues die Praa
• gelagert sein , dese man dicht an ihre linke SeÜe
»erantreten kann » der Damm mues völlig frei Hegen
ind es erleichtert die Untersuchung sehr, wenn man
or derselben eine üand aber den Damm bis sum
[reuz schiebt und damit die Gkriaen gleichsam vor^
tebt und se die Beekenneignng möglichst vermindert.
l) Den linken Arm muss man wahrend der Untersu-
hung in der Art unlerstUfezen, dass er der Last, den
lamm urdcksuschiekenv ganz ttberhoben wird. Bei
ter Lage auf dem Geburtsstuhl setate daher M. ge^
NMinJich einen niedrigen ^uhl zwischen die Knie
ler Frau , stellte auf denselben den linken Puss und
iUtnte dctt Bllenbo^n des linken Armes mit dem
Imtersehenkel. ^) Mao musa den linken Ellenbogen
ief senken. 4) Man muss anfs Sorgßlltigste vermei-
len» die Schamlippen nach inuen einzustülpen, oder
Ue Baare au fassen. 5) Bei grOsaerem Widerslande
BOSS man den Damm sehr langsam heben , und ee
«rgeheo oft Minuten, ehe er genügend nachgiebU
ler Eingflnger und der kleine Finger , mit denen er
^hnben wird, mOssen im ersten Gelenk so starii ge-*
i^gen sein, daes daaaelbe rechtwinklig ist, und nnr
lie Flachen der ersten Phalangen den Druck ausüben.
kuch ist es nOthig , die Finger nicht in der Hand zu
(totzen, damit sie frei schwebend elastisch nachgeben.
So kann man ohne bedeutenden Schmerz den Damm
itisserordentlich weit zurückschieben. Jeden Druck
ioter dem Schambeine muss man sorgfältig vermei-
len. 6) Dass die Harnblase, besonders aber der
Heatdarm entleert sein mdssen, versteht sich von
lelbsL -*^ Was die verschiedenen Arten enger Becken
bielriffl, so belraebtet M. unter der Abtheilnng dee
LiMtlweie verengteo Beckees das gewöhnlich rhaehiti-
solle und das Defenter*ecbe platte Becken. Bs wer^
dee drei vetecbiedeDe Formen dee rbachitiseh ver-
engtee Beckeae aagenomaran: 1) das tbeilweia ver^
engte rhecbiüscke Beckeo, die gewöhnlichste Form,
blee eine wesealiiehe Verengung in derConjugata des
Eiagaags neigend; 2^) da» allgemein , doch nngleieh--
mSaaig. veeeagia riiackstisohe Becken. Auch bei die-'
neaa ist die Genjugata* «m atOiketea fereagt ; daaebea
IM» Jahrbk. ^U.UtLl.
auch der Querdurchmesser unter dem regelmassigen
Haasse, oder durch das weit vorragende Promonto-
rium 90 beeinträchtigt, dass er für die .Geburt keinen
Raum gewahrt. 3) Das rbachitiscbe Becken von
pseudo-osteODYalacischer Form (Naegele). Das
H^upfresukat der Untersochungen des Vfs. geht da-
hin, dass bei rhachitischem , theilweis verengtem
Becken das Maass der Spinae anter. snp. oss. iL im
Allgemeinen viel grosser ist, als bei regelmassigem
Becken, vnd dass die GrOsse dieses Maasses und das
der Grist. oss. il. fast gleich sind. Ein zweites Büt-
tel, aus der Süssem Form die Art der Becken zu er-
kennen, gewahrt die Kreuzbeinflache. Dieselbe ist
bei rhachititfchen Becken sowohl kürzer , als schma-
ler ; besonders aber wird sie sehr oft dreieckig und
nie fintlet man sie hier von der dem guten Becken
eigenibOmlichen Ausdehnung o. schonen Form. Statt
in der Flache zu liegen , tritt das Kreuzbein hinten
mehr. oder weniger scharf hervor, es ist gebogen,
und besonders nach unten vorspringend. Dieses
Vorspringen des untern, hakenförmig gebogenen
Kreuzberns drangt oft die Hinterbacken so von ein-
ander, dass im höchsten Grade der Missbildung die
Spalte der Hinterbacken ganz mangelt und das Oriti-
oium ani offen daliegt, was einen für das rhachitische
Decken ausnehmend charakteristischen, hasslichen
Anblick gewahrt. — PeWis plana Deventeri nennt M.
nach Deventer's Vorgang eine Beckenart, die
darin der gewöhnlichen rhachilischen sehr nahe steht,
dass nur die Conjugaia des Eingangs verengt ist, im
Uebrigen aber nicht denselben Charakter zeigt. Es
scheint ihm hauOger zu sein, als das rhacbilische, da
steh nnter 72 engen Becken 31 platte und nur 22
rhachitische vorfanden. Dagegen find^et man es viel-
leicht nie unter 3*' verengt. Vf. kennt zwei Arten
desselben, nämlich das platte Becken mit einfachem
und das mit doppeltem Promontorium. Die Ursache
dieses Beckenfehlers bleibt im Dunkel, Vf. ist am
meisten geneigt, eine rein individuelle Bildungs-
a^weichting als Ursache des Fehlers anzunehmen. —
Unter der Abtheilung des ungleichmassig, allgemein
verengten Beckens betraditet M. nur zwei Formen,
a) das rhachitische, nngleichmässig verengte Becken,
und b) das allgemein verengte, platte Becken. —
Endlich werden nnter dem gleichmassig allgemein
verengten Becken aufgeführt a) das verjüngte Decken,
b) das mannlich -starke Becken, und c) das Zwerg-
becken. In einem Anhange spricht hierauf Vf. über
die Erkenntniss einiger seltneren Arten enger Becken,
ata des osteomalacischen , des rhachilischen von
pseudo-osteomalacischer Form, des querverenglen u.
des schragverengten.
Der dritte Abschnitt handelt von der Schwanger-
schaft vnd Geburt bei engem Becken. Die Emprdng-
nissfühigkeit ist nicht in gleichem Grade, wie die
Ausbildung des Beckens gehemmt. In den letzten
Monaten der Schwangerschaft übt das enge Becken
auf die Lage der Gebarmutter einen constanten Ein-
flfias aus , der bei jeder Schwangerschaft wachsend,
47
370
Angelstein, Chirurgie.
die Geburt in hohem Grade stören kann. Die Gebär-
mutter zeigt sich hier njtmlich in hohem Grade be-
weglich und dabei sehr gewöhnlich ein Uangebauch.
Die constante Schieflage der Gebärmutter nach einer
Seite ohne gleichzeitige Schieflieit des Organs ist
Überall , besonders aber bei engem Becken eine sel-
tene Erscheinung. Die Schieflieit beruht auf einem
bestimmten Gesetze, wornach die beiden seitlichen
Hälften der Gebärmutter eine verschiedene und in
gewissem Grade unabhängige AusbilduDgsßihigkeit
haben, ßeim engen Becken stellt sich die gewöhn-
liche Ungleichheit der seillichen Ausdehnung der Ge-
bärmutter öfter eicessiv dar und die erste Veranlas-
sung dieses Excesses mag wohl eine mechanische
sein, wie beim Hängebauch, nämlich Beschränkung
des Raumes für die Längenausdehnung des Organs.
Geben die Bauebdecken nicht ungewöhnlich nach,
bildet sich kein Hängebauch, so legt sich die Längen-
achse der Gebärmutter schräg, und der ungleiche
Druck des Kindes gegen seine Wandungen mag be-
sonders zur schiefen Ausdehnung der Gebärmutter
beitragen. Ungewöhnliche Kindeslagen sind bei
engem Becken mehr als 4mal so häufig, als bei wei-
tem. Das ungünstige Resultat der falschen Kindes-
lagen hängt aber nicht allein von der Beckenenge ab,
sondern sehr häufig von einer bei weiten Becken fast
unerhörten Complication der Kindesstellung, wovon
M. eigene zahlreiche Beobachtungen anfuhrt. Regel-
widrige Wehen können die Folge von Verhältnissen
sein, die nicht vom engen Becken abhängig sind und
eine rein zufällige Complication bilden. Dieses ist
indess bei weitem der seltenere Fall und fast immer
lässt sich der Fehler der Wehen vom engen Becken
selbst ableiten. Auch diesen Satz sucht M. durch
sehr lehrreiche Beispiele eigner Erfahrung zu bewei-
sen. Namentlich ist WehenschwäChe dem allgemein
verengten Becken eigenthUmlich , und Vf. glaubt die
Erklärung dieser Erscheinung in der besondern Art
des Druckes zu finden, den die Gebärmutter hier
zwischen Kopf und Becken erleidet. Ebenso wird
Krampf des Isthmus sehr oft durch die Beckenenge
selbst veranlasst. Darauf werden die Formverände-
rungen gewürdigt, welche der Kindeskopf im engen
Becken erleidet, und Vf. kommt hier zu dem interes-
santen Resultate, dass die Veränderungen, welche die
Kindestheile im engen Becken erleiden, nicht blos die
Folge einer rein mechanischen Einwirkung sind, son-
dern , dass nicht allein die Reaction des lebendigen
Kindeskörpers einen wesentfichen Antheil an den Er-
scheinungen hat , sondern auch , dass höchst wahr-
scheinlich eine Verkleinerung und Nachgiebigkeit des
Kindeskopfes zur Zeit der Geburt ganz spontan ein-
tritL Als wahrscheinliche Ursache hiervon glaubt
Vf. annehmen zu können , dass der Kindeskopf zur
Zeit der Geburt dem atmosphärischen Drucke einen
geringeren Widerstand entgegensetzt. Diess ist viel-
leicht auch der Grund, warum der Kindeskopf wäh-
rend der' Geburt viel weicher erscheint, als nach der-
selben. Die Knochen desselben knicken nämlich bei
gelindem Drucke sehr leicht ein und man ist dann
versucht, dieselben für ungemein dttnn t,u
während sie nach der Geburt nicht so ersel
Eine Auslegung dieser Erscheinung wagt M.
nicht, jedoch glaubt er, dass hier ein physiologiseb
Vorgang im Kindeskörper, der in irgeDd eioer W
mit der Geburlsthätigkeit zusammenhängt > wird
genommen werden roUssen, und dass das WesaM-
liche des Zustandes wahrscheinlich ein verriogerler
Blutandrang gegeu den Kopf des Kindes, eine pariiefie
Depletion ist. Darauf verbreitet sich Vf. über ist
Verbiegungen der Kopfknochen, wovon er drei ArfM
unterscheidet, a) die allgemeine Verbiagung eines oL
mehrerer Kopfknochen, b) die rin neu förmige Einbie-
gung eines Knochens, und c) den löffelfbrmtgeo £»-
druck. Endlich wird der sogenannten EiokeiJiif
des Kopfes gedacht, eine Benennung, die M. Ür
misslich hält, weil sie eigentlich nicht slatiind^
Diese Einkeilung bei engem Becken ist ein notiiira-
diges, heilsames Ereigniss, und die Kunst besitif
kein Mittel, sie zu verhindern, ausser den zerslOnt-
den Operationen ; namentlich kann die Zange ms
dadurch die Einklemmung beendigen , dass sie »
augenblicklich auf den höchsten Punkt treibt.
Wenn Vf. seine Ansichten durch lehrreiche Fälle,
die von seiner ausgezeichneten Beobachtungsgabe das
sprechendste Zeugniss geben, so wie durch zahlreicbe
statistische Untersuchungen immer sogleich an Ort i.
Stelle zu begründen sucht, so werden zum Schloss
noch Beobachtung XXVI — CIV angefügt, die mit we-
nigen Ausnahmen ebenso viel Interesse, als Belehnuf
gewähren , und ein lebendiges Bild von dem weites,
segensreichen Wirkungskreise geben, dem Michae-
lis leider viel zu früh durch den Tod entrflckt
ward.
Die vorstehenden Inhaltsangaben dürften genOgei,
anzudeuten , welchen Schatz von Kenntnissen n. Er-
fahrungen das Buch in sich schliesst, und so kaaa es
nicht fehlen , dass inniger Dank und hohe Verehrusg
dem Vf. noch ins Grab folgen werden« Die lioch-
händlerische Ausstattung des Werkes ist lohenswerth.
G r e n 8 e r.
85. Handbuch der Chirurgie. Bearbeitet tob
Dr. Gart Angelstein, Geh. San.-B. u. s. w.
Erlangen 1851, Perd. Enke. I. Bd. VI ob4
628 S. gr. 8. (3Va Thir.)
Mit Spannung wird Jeder das vorliegende Hand-
buch in die Hand nehmen , da Vf. in seiner Stellug
u. in seinen Beziehungen, in denen er zu Dieffes-
bach stand, eine Gelegenheit , wie Wenige, hatte,
Erfahrungen u. Studien in der Chirurgie zu machen.
Dass ein Handbuch der Chirurgie in der deutscbea
Literatur ein BedUrfniss war, beweisen die vielen Anf-
lagen , die C h e I i u s' Chirurgie nacheinander erlebt
hat; das übrigens vortrefHiehe Werk von Stroh*
meyer enthält eben vorzugsweise dessen An-
schauungsweise , und ist weniger für den Schaler o.
angehenden Arzt passend, als für erfahrenere Aersie,
von denen es gern benutzt wird. Andere Werke
sind zu umfangreich, wieder andere su kors» einsehie
Frank, Lehrb. d. Ghinirgie*
371
aber bloae GonpilatioBeo. Wir können daher ein
ÜMidboch aui der Feder eines so erfahrenen Chiror-
g^D wie Angelstein nur freudig Imgrtlssen.
Ein ausführliches genagendes Urtheil aber das
Ganze kann natürlich erst am Schlüsse des ganzen
Werkes gegeben , u. vor der Hand nur so viel be-
merkt werden , dass sogar die neuesten Erzeugnisse
in der Literatur benutzt sind.
Ueber die Anordnung spricht sich Vf. dahin aus,
dass keins der bisher aufgestellten Systeme zu Grunde
gelegt wurde, weil sip der Natnr Zwang anthun, ab-
gesehen davon, dass hei den immerwährenden Port-
schritten der Wissenschaft heute sehr wohl eine
Krankheit in eine Klasse zu passen scheint, morgen
aber schon einer andern Klasse angereiht werden
muss. Vf. hat es daher vorgesogen, in loser Reihen-
folge diejenigen Krankheitszuslünde , die einerseits
allerdings zusammengehören, andererseits in Ursache
oder Wirkung am meisten ähnlich sind , zusammen-
zustellen.
I Der vorliegende 1. Bd. enthalt nach der Einlei-
^ twig zunächst eine Skizze der topographisch-chirur-
gischen Anatomie nach P^trequin und Hyrtl.
(S. 7—139). Dann im
I. Abschnitt. Irritation, Congestion, ffyper-
I ämie, ffämorrhagie ;
II. Abschnitt. Entzündung mit ihren Ausgängen;
dann die einzelnen Entzündungsformen. (S. 140 —
297.)
III. Abschnitt. Verbrennungen und Erfrierun-
gen. (S, 298—319.)
IV. Abschnitt. Geschwüre (nach allen Seiten
liin beschrieben), ein sehr ausfahrliches Oapitel ; auch
die Lepra , Scabies , Lupus , Favus , Syphilis (S.
548 — 630) in allen ihren Erscheinungsformen, u.
die Hercurialkrankheit werden dabei abgehandelt.
(S. 631—681.)
Der Druck und die Ausstattung sind schon.
M e i n e 1.
86. Systematisches Lehrbuch der gesamm-
ten Chimrgie; von Dr. Martell Frank,
prakt. Arzte u. Privatdoc. an d. Univ. zu Man-
chen. 11. Bd. 1. Ahlheil. Erlangen 1851.
Ferd. Enke. 8. 384 S. (2 Thlr.)
* Nachdem wir den 1. Band dieses Werkes in die-
sen Jahrbb. (LXVll. 379) kritisch besprochen haben,
liefert die jetzt zur Recension vorliegende Fortsetzung
neue Beispiele ähnlicher Art , wie wir sie schon da-
mals gerOgt haben. Auch hier begegnen wir sogleich
wieder Nachlässigkeiten in der Schreibart, welche
beweisen , dass der Vf. sich nicht veranlasst gesehen
hat , etwas mehr Sorgfalt auf die Form zu verwen-
den. Auf S. 1 heisst es in $. 1 : „Die grösste Breite
„des Kopfes unmittelbar über den Oliren soll 3 Theüe
„der Höhe betragen'*, aber was für Theile gemeint
sind, ob Viertheile oder Fttnftbeile, wird nirgends
gesagt. So lesen wir ferner S. 7 in $. 8 : „Durch
„die alten, überflüssigen V<y*bände, welche man vor«
„zflglich nach Trepanationen empfahl, wird der Kopf
„viel zu warm gebalten , sie sind zu enge , zu dicht
„schliessend , und (durch) die künstliche Anlegung
„derselben , welche zudem nicht so gar schnell bei
„aller Uebung erledigt werden kann , wird der Kopf
„des Pat. viel zu sehr bewegt, mehrere Minuten lang
„in Anspruch genommen, u. sie sind daher sogar
,,theilweise ftlr schädlich zu erklären." Auch wenn
wir jenes durch , welches wahrscheinlich beim Druck
ausgelassen worden ist, hineinsetzen, bleiben so viele
Holprigketten des Styles übrig, dass es nicht eben
erfreulich ist, sich durch ein solches Deutsch hindurch
arbeiten zu müssen, denn das ganze Buch liest sich
nicht viel besser, als diese Probe.
Auf S. 226 , $. 335 , wird von der Ranula ge-
sagt : „ja man hat welche gesehen, welche die Zähne
,,nach vorwärts getrieben", u. auf S. 227 liest man
Folgendes: „Da eine Erschlaffung des Speichelganges
„öfters zu eirunde liegt, so erklärt .sich dadurch die
„vortreffliche Wirkungsweise der verdünnten Schwe-
„felsäure als kräftiges Tonicum — Adslringens gegen
„frische Ranulae. Z. B. 3jj Acid. nitric. dilutum
„werden auf Jvjij Aq. fönt, gemischt u. s. w." Die-
ses Verfahren , verdünnte Schwefelsäure zu bereiten,
war Ref. bisher unbekannt. Ein Druckfehler ist da-
bei nicht zu vermutlien. Es kann also nur ein Schreib-
fehler Schuld sein , u. man wird zugeben , dass der I
Ausdruck Nachlässigkeit für dergleichen Dinge ein sehr |
milder ist.
Der Mangel fast aller Literaturangaben ist auch
in diesem zweiten Theile vorhanden , u. auf unange-
nehme Weise fühlbar. Es ist ein grosser Unterschied,
ob man mit unnülhigen Citaten Missbrauch treibt, od.
ob man in das entgegengesetzte Extrem verfällt, u.
namentlich, ob in einem Lehrbuche dem Studirenden
gar nicht gesagt wird, wo die Quellen zu finden sind,
aus denen er zu schupfen hat, wenn er dazu Lust
haben sollte. Unfehlbar ist aber jedesmal mit diesem
Verfahren eine gewisse Verachtung des bisher Gelei-
steten verbunden. Die Vernachlässigung der Ge-
schichte der Künste und Wissenschaften , straft sich
aber ebenso sehr, als das der Welt- und Völker-
geschichte. Um nicht ungerecht zu sein, müssen
wir erwähnen , dass man allerdings bisweilen ein
kleines Stückchen Geschichte antrifll, z. B. bei der
Rhinoplastik auf S. 109, §. 165. Hier lesen
wir: „In Indien, an den Ufern des Ganges, haben
„die rhinoplastischen Operationen seit undenklichen
„Zeiten geblüht. In Galabrien wurde im 16. Jahr-
„hundert durch Tagliacozzi eine von der in
„Indien altherkömmlichen ganz abweichende, auf
„einem neuen Princip beruhende Methode der Rhino- i
„plastik erfunden.*« Dieser kleine Satz enthält eine i
Menge Unrichtigkeiten, welche leicht zu vermeiden |
gewesen wären , wenn Vf. nur ein klein wenig die |
Geschiebte der Rhinoplastik studirt hätte. T a g 1 i a -^
S72
Praak, Ubth* i. Ghimrgid«
coEza (nicht TagliaeoziQ isC b<skaDiiÜi«h nicht
der Erfinder der ilaliSnischen Methode der Rhinoi^stik»
sondern er vervolIkoBimpeCe sie u. beschrieb sie nar
1593, auch lebte er nicht in GaUbrien, sondern in
Bologna, wo er Professor war. Dass schon Branca»
ein Sicilianer, die Rhinoplastik zn Ende des 14. u.
Anfang des 1 5. Jahrhunderts geübt hat , dass dessen
Sohn Antonius, ferner Balthasar Parono,
Vincent, Bernhard und Peter Bojani als
Vorganger Tagliacozza*s die Knnst verstanden,
aber geheim hielten, diess sind Dinge, welche der
Vf. eines Lehrbuchs wissen konnte u. masste, u.
welche schon der junge Arzt wissen muss , wSre es
auch nur aus dem Grunde, weil Laien oft darnach
fragen.
Der vorliegende Band beginnt mit der speciellen
Lehre von den chirurgischen Krankheilen und Opera-
tionen der einzelnen Organe und Partien in den ver-
schiedenen Körperregionen. Daher ist zuerst von der
Schädelgegend die Rede.
Von der Trepanation wird ($. 47) gesagt, man
habe diese Operation bald als völlig gefahrlos, bald
als geradezu gefithrlich geschildert, beides sei irrig.
Hier hätten wir sehr gewünscht , dass Vf. die Namen
derjenigen Chirurgen genannt hiltte, welche, wie er
behauptet, die Trepanation für gefahrlos erklärt hjiben
sollen , denn so verschieden auch die Ansichten über
ihren V^erth und ihre Anwendbarkeit sind, so ist
doch unsers Wissens Niemand so weit gegangen.
Dasselbe hatten wir gewünscht da , wo kurz vorher
($. 45) die krankhaften Zustünde aufgezahlt werden,
welche, wenn auch nur von denen, die am weitesten
gegangen sind , als Indicationen für die Trepanation
angesehen worden seien. Wir finden in dieser lan-»
gen Liste Zustitnde aufgeführt, wie: alle Schädel-
brüche mit oder ohne Depression , Hiebwunden , die
durch die DiploS nur bis zur innern Knochentafel
dringen, Fissuren u. Gontrafissuren , Trennung der
N^hte durch äussere Gewalt u.-s. w. Es ist daher
nur zu verwundern , dass nicht auch einfacher Kopf-
schmerz und Schwindel mit genannt sind. Vf. halt
($. 48) die Trepanation für indicirt: „in allen Pal-
„len, wo nach einer Kopfverletzung entweder ein
„ausserlich wahrnehmbarer Reiz oder Druck auf das
„Gehirn , oder aber aus der mehr oder minder ge-
„slörten Function des Sensoriums hervorgehende u.
„längere Zeit anhaltende Symptome vorhanden sind,
,,die auf Gehirndruck schliessen lassen/' Könnte
uns der Vf. ein Mittel angeben , den Sitz des Extra-
vasates u. s. w. mit einiger Bestimmtheit zu erken-
nen, so würden wir es billigen, dass er sagt: „die
„Trepanation sei demgemVss in denjenigen Fallen
,, vorzunehmen, wo der Arzt entweder gewiss weiss,
„oder triftige Gründe zu der Vermuthung hat, dass
„unter der Schadeldecke irgend etwas sich befindet,
„was durch Reiz oder Druck die Ftinctidn des Ge-
„hirns beeinträchtigt , Entzündung und Eiterung m
„Gehirn erregt und unterhalt, und somit den Tt>d,
„wenn auch nur möglicherweise , herbeiaufikhren im
J8i9tBde iat/' Die ili ekrar ÖMserUtion «m |
Walther befindtiehe Aa«aha» daaa m lU lii
panirten nur 13 gettorbea» dagegen 180 go«
seien, bestimmt den Vf. sich dahin austnspredKi
,,dass die Trepanation an und für aich keia« so p
„fahrliche Operation seu" Zugegeben dais dieit
wenn sie geschickt u. an einer ungefilhrlicheo Sicft
ausgeführt wird, von ihr gesagt werden darf, soffh
daraus noch nicht hervor, dass diess in der NebniU
der Pslle so sei, und dass man itie (thaegam be-
stimmte Indication nnternehmen dürfe. WeHerüi
spricht sich Vf. wieder so aus , «lis wolle er die Tif
panation sehr beschrünkt wissen. Biese gaste 1^
handlung hinterlasU daher den Eindruck der Mh
atimmiheit , so dass der junge Arzt , wena er vA
hier Rath erholen wollte, gewiss unbefriedigt Mn
würde. Mit der Trepanation ist es nur derselbe fil
wie mit vielen atidern Operationen, welche tm lai-
chen hochgepriesen , von Andern wieder gan w-
worfen worden sind. So wie bei diesen, son«
auch bei der Trepanation Alles das ahgewogei wt^
den, was für oder gegen sie spricht, und der Tl
eines Lehrbuchs hat die Pflicht, ohne in die Ciwäi
eingehen zu können , die Falle genau zu beieidiei,
wo diese so wichtige, und unzweifelhaft hMa
lebensrettende Operation ihre Anwendung venüeri.
Auf 6. 47 heisst es ferner : „CR greift te
„Kranke im Taumel an die Stelle des Kopfes, vods
„Extravasat liegt; dass sich dieses auf der eitgcgei-
„gesetzten Seite befindet, wo Lähmung einlriu, n
„dass die Lahmung einzelner Theile den Sita des Si*
„travasates anzeige, ist eine durch die Erfabn^f
„nicht allgemein bestätigte Behauptung. Tindet na
„nach einmaliger Trepanation das Extravasat oicH
»,ao kann man an einer andern Stelle, wo ebeafib
„eine äussere Gewalt eingewirkt hat, trepaiirei."
Gegen solche Lehren ist es Pflicht, unsere Sun«
laut au erlieben, und davor zu warnen. Dass da
Extravasat auf der entgegeogenetzten Seile eoUifki.
als auf welcher die Gewalt einwirkte, usd fener,
dass sich die Lahmung wieder auf der cntgegengese(^
ten zeigt , als wo sich das Extravasat bcfiodel, i*
allerdings eine Regel, von der man nicht sageo kanti
dass sie keine Ausnahmen mache, immer aberislt*
ein werlhvollcres Mittel, hiernach auf den SiU des w-
travasates zu schliessen , als das Greifen des Krank«
nach dem Kopfe. Nicht blos altere Chirurgen, w«
Z. B. Boyer (Bd. 5, S. 101—104) sprerheo sie»
dahin ans , dass das Extravasat in der Mehriahl ^
Falle auf der entgegengesetzten Seite besteht, als <«
welcher die Lahmung zu bemerken ist, soademai»
neuere Physiologen stimmen hiermit überein. »"'
dach hat eine grosse Menge Falle gesamweM*
denen sich ergieht, dass bei Weitem i« der Uf^^^
wenn wir nicht irren in 10 Fallen 9mal,dieÜto«i<
auf der andern Seite enUtebt, als we sieb das v^
vasat befindet. Dasselbe behauptet und verlfce«Vi
Volkmann (Artikel: Gehirn, i" *«^-^'^!l[.
Handwörterbuch der Physiologie Bd. I. ^ ^
Wenn es also vielmehr ab Btgel ansuaabea iit. ^
Vrtnl» LeMk d. CIrirargi«.
873
4ie LÜMBniDg in pkreatUr ftklitimg g«tHiiefat» m
wird ttan, «n da« Extravaaat ta fiid«n» nicht da
operiren dürfen , wo die Snaaere Oewalt einfewirkt
bat » aber allerdings aucb nicht an jeder beliebigen
Stelle der andern Kopfhalfte. Oft kann man aus den
vorhandenen Lahmungserscheinungen mit Gewissheit
schliesaen, dass sich das Extravat an der Basis des
Gehirns befinden mttsse, so dass somit jede Operation
zu unterlassen ist. Hieraus folgt» dass man nur sel-
ten im Stande ist i zu bestimmen , dass sich das Ex*
travasat auf der Oberflache des Gehirns , und an wel-
cher Stelle es sieh befindet , und wir mossen daher
^nRath, wem man das Extravasal nicht getroffen hat,
sofort an einer andem* Stell« zh trepaniren, für einen
verwegenen und nnverantwortlichen halten.
S. 46, S* 55 wird zur grtfsaeren Sicherung der
Trepanationsstelle die Transplantation von Haut em-
pfohlen , welche , sobald die Oeffnung mit Granula*
tionen ausgefüllt ist, durch LOsung u. Herbeiziehuog
der benachbarten Haut geschehen soll. Es wäre zu
wünschen gewesen, dass Vf. seine, oder die von
Andern hiermit gemachten Erfahrungen etwas njiber
mitgetheilt bütte.
Für das Cephalaemafom wird (S. 49) nur das
exspectative Verfahren empfohlen , indem nach
von Walther selbst in spaterer Zeit Incisionen
zweckwidrig und unnnthig seien. Wie hier, so ist
auch an vielen andern Stellen der Mangel eines eignen
Urtheils auffallend.
I Der auf S» 65 gebrauchte Ausdruck „Stech-'' od.
j „Schneidttwaflen*' ist nndeutseh und ungebräurhlich,
, denn Schneiden u. Hauen sind verschiedene Begriffe.
, Man schneidet mit Messern , mit Säbeln haut man.
I Nachdem von den chir. Krankheiten der Sttm--
! gegend die Bede gewesen ist, kommt Vf. zu denen
i des Gesichts.
Die bisweilen durch Wunden der Augenbrauen-
gegend bewirkte Blindheit (S. 75) soll die Folge von
' Erschütterung der Markhaut des Auges, Zerreissung
' der Retina u. s. w. sein. Ob diess Letztere jemals,
' wo die Gewalt nicht direct auf das Auge einwirkte,
' geschehen ist, weiss ich nicht, jedenfalls ist es aber
' eine sehr gewagte Hypothese, von Ersehütternng der
Retina zu sprechen , da sie aicher niemals nachweis-
' bar ist, und in solchen FaUen die pathologische Ana-
' tomie gewiss jeilesmal bessere Erklärungen zu liefern
' vermag. Dergleichen vage Angaben bauen wir in
' einem Lehrbuche der Chirurgie gern vermieden ge-
' sehen.
Daas die Nase als nngeborner Bildungsfehler dop»
pelt vorkommen ktone, war Ref. bisher unbekannt.
Selbst von Ammon (an gebor ne chir. Krankbeiten),
der doch sehr sorgf^ttg geaamaielt hat , kennt kein
Beispiel davon, denn der auf seiner Tafel IV, Fig. II
abgebildete Fall ist nnr ein sehr hoher Grad von
Wolfsrachen , wobei der vorragende Theil der Naae
w zwei Hatften giespalten war* Wir hatten daher
•ehr gewünscht, zu erfahren, wo die Fllle, od. auch
nnr efn Fall dieser Art beschrieben ist , worauf sieh
die Behauptung des Vfs. gründet.
Das was Vf. S. 109 ff. über Rhinoplastik sagt,
ist schwerlich genügend, dem noch nicht mit ihr
Vertrauten einigermaassen als Anhalt zu dienen. Eine
genaue Rekanntscliafl mit allen den physiologieclien
Vorgangen, welche mit einem bis auf einen gewis-
sen Punkt losgelösten Hautstücke vorgehen können,
ist unbedingt die Basis der ganzen plastischen Chi-
rurgie, und wenn auch S. 112 hierüber Einiges ge-
sagt wird , so ist diess doch ungenügend. Der
Methode fran^aise , nämlich der seitlichen Hcrbeizie*
hung der Haut , wird mit Ausnahme der Falle , wo
umfänglichere Defecte zu ersetzen sind , als dem na-
türlichsten, einfachsten und ältesten Verfahren der
Vorrang vor allen übrigen eingeräumt, weil der Er-
satzlappen weniger zusammenschrumpfe, leichler an-
heile, und nicht so leicht absterbe. Abgesehen da-
von, dass dieses Verfahren gar nicht den von S e r r e
für ihn usurpirten Namen Methode frangaise verdient,
eignet es sich nur für solche Falle , wo der zu er-
setzende Theil platt erscheinen und bleiben soll,
wahrend es nicht zu brauchen ist, wenn der zu bil-
dende Theil hervorragen soll, wie eine Nase. Daher
fand Dieffenbach's Operationsmethode der Ble-
pheroplastik so allgemeinen Beifall. Wahrend die
früheren neugebildeien Augenlider sich jedesmal zu
runden Hautkugeln zusammengezogen hatten , u. nur
eine neue Entstellung bewirkten, überraschte es, dass
Dieffenbach's Augenlider platt ausgespannt blie-
ben. Dies« Alles geschab aber viel früher, ehe irgend
ein französischer Chirurg daran dachte, eine Methode
fran^aise zu erfinden, oder vielmehr der seitlichen
Herbeiziehung der Haut diesen Namen zu geben , der
somit in deutsehen Lehrbüchern nicht fortgepflanzt
werden aoUte.
Die Hasenscharte empfiehlt Vf. (S. 122) nicht
vor dem 6. Lebensmonat, und vor Vollendung des 2.
Lebensjahres zu operiren. In jedem Falle soll man
das Kind 24 Stunden vor der Operation am Einschla-
fen verhindern. Ref. halt diess für grausam u. un-
nöthig. „Der Zweck und das Wesen der Operation
„der Hasenscharten- Operation*', so heisst es S. 123
wörtlich , „besteht darin , die callösen Theile der
„Rander durch den Schnitt wegzunehmen o. s. w."
Ich für meinen Theil habe die Ränder der Hasenschar-
ten, sobald es angebome waren , niemals callös ge-
funden • sondern stets mit rolher Lippenschleimhaut
nrnsSomt , wie gesunde Lippen.
Bei der Lipfenbildtmg wird (S. 183) gesagt:
„Als die zweckaiassigste anerkannte (sie) Methode
„der Lippenbildnng od. Mondbilduog, Stomatoplastik
„gilt die Dieffenbach*sche.*' Lippenbildnng,
Chiloplastik , u. Mundbildung sind also dem VL Eins
und dasselbe , wahrend es doch Gegensatze sind wie
Berg und Thal. Ferner ist zn erwähnen, dass
Dieffenbach's Operationsmethode der Cbüeplaaük^..
371
If nard-Proteh, TMebeib, f. oper« Ghir.
welche Vf. vor allen den Vorzug giebt , obwohl si«
inf demselben PriMipe beruht« wie die seiner Rle-
pharoplastik , wahrscheinlich weil sie mit einer zu
grossen Verletzung verbunden ist, wenig Nachahmer
gefunden hat. Von der Eröffnung des verwachsenen
Mundes dagegen , welche Operation Vf. ebenfalls mit
dem Namen Stomatoplastik bezeichnet, ist weiter vom
S. 115 die Rede.
Hinsichtlich der Exstirpalion der Mandeln (S.
108, $. 292) theilt Vf. mit, was Linhard neuer-
dings über ihr Verhallniss zur Carotis interna , und
Ober die Ungefifhrlichkeit dieser Operation Lehanpiet
bat, erklart sich jedoch nicht damit einverstanden,
sondern mahnt, gewiss mit Recht, im Hinweis
auf die vielen vorgekommenenen Falle bedeutender
Blutungen bei dieser Operation , zur Vorsicht. Die
totale Exstirpation der Tonsillen ist aber auch, abge-
sehen von der damit verbundenen Gefahr, deshalb
unrathsam, weil dadurch die Sprache einen hohlen,
widrigen Klang bekommt, sie ist ferner unnötfaig,
weil die zurflckgelassene Hälfte zusammenschrumpft,
so dass das natttrliche VerhSltniss wieder her-
gestellt wird.
Auf S. 203 , $.300 ff. ist von der Staphylora-
phie die Rede. Vf. deutet an , dass diese Operation
mit sehr grossen Schwierigkeiten f(lr den Kranken
sowohl, als für den Operateur verbunden ist, zur
Warnung für junge Aerzte , welche noch nicht viel
operirt haben, damit sie sich nicht sobald daran wa-
gen sollen. Worin aber die Schwierigkeiten beste-
hen, die man hier zu Überwinden hat, hatte genauer
beschrieben zu werden verdient. In %. 301 zahlt
Vf. die Instrumente auf, deren man zur Staphylora-
phie bedarf, aber was man mit ihnen machen soll,
auf welche Weise man sie als Suturen benutzt , wird
im Folgenden nicht gesagt. Wir lesen ferner:
„Sind die angefrischten oder geatzten Rander durch
„die Ligaturen (soll heissen Suturen) vereinigt, oder
„durch den Bleidraht, so wurden von Dieffenbach
„Seitenincisionen gemacht, um die vorhandene Span-
„nung zu heben, wass ausserordentlich viel zum 6e-
„lingen der Operation beitragt. Auch wird, um den
„unendlichen Leiden nach der Operation durch An-
„schwellung des Gaumensegels u. s. w. abzuhelfen,
„das Gaumensegel zu beiden Seiten der Spalte unmit-
„telbar nach der Schliessung durchschnitten u. s.w."
Wir fragen, ob dieas deutlich ist, oder ob man hier-
nach nicht vielmehr glauben muss, mit Durchschnei-
dung des Gaumensegels sei etwas Anderes gemeint,
als mit den Seitenincisionen, wahrend doch die
Dieffenbach 'sehen Seitenincisionen in der voll-
kommenen Durchschneidung des weichen Gaumens
bestanden. Dieses Beispiel beweist deutlich, dass
Vf. sich hierüber nicht klar gewesen sein muss. —
Hierauf folgt die Beschreibung der Staphyloraphie
streng nach Roux, und nur der NaifelhaUer von
Foraytier wird noch erwähnt. Die Gründe,
warum Vf. diese altere Operationsmethode in dem
Grade für die vorzüglichste halt, dass er alle übrigen
mit Stillschweigen übergeht, hltte«, aneh um
ihm in diesem Urtheile beistimneD kOnate, m
nane Darlegung verdient.
Diese Beispiele mOgen hinreichen, das n
sprechende Buch zu charakterisiren u. la
obwohl fast jede Seite Stoff zu ahnlichen
gen liefert. Es sei daher nur noch erwihDl,
die vorliegende Abtheilung des zweiten Bandes
noch die Krankheiten des Halses n. der Brost ii
fasst.
Verlangt man zum Schluss ein
so vermag Ref. sich nur dahin aussusprechcs,
Vf. besser gethan hatte , die Herausgabe einei \
buches der Chirurgie andern Leuten zu Obdai
Für befSlhigt und berufen hierzu halten wir
den, welcher in den meisten Fachern seiner Vis
schalt selbststandig gearbeitet hat, und w^
Herausgabe die einzelnen Theile zu einem Gfl
verbindeL Von diesem Gesichtspunkte w
von Walther's Chirurgie zu beurlheilen,
Dieffen hach's operative Chirurgie. Dieiia
solchen Buche etwa vorkommenden Lücken a.l
werden dann durch die dem Vf. sukommendenlf
thümlichkeiten , neuen Ansichten u. ForscbuB^al
weitem aufgewogen. Ein Lehrbuch kann aberl
Eigenschaften ganz entbehren , und doch aosgen
net sein durch die lichtvolle Darstellung desii
Wissenschaft Geleisteten , und durch ein p»
theil. Es giebt Leute, welche, ohne jemals icbl
risch in der Wissenschaft gewirkt zu habei,
glückliches Talent besitzen, Gompendien losd
ben, indem sie das Wichtige hervorzobeben
Unwichtige wegzulassen verstehen. Das ror)J<^
Lehrbuch aber gehört keiner dieser beiden Kli
an, sondern jener dritten, von welcher mas
sagen kann, der Vf. habe aua 11 Büchern einii
tes gemacht.
Störende Druckfehler sind in reichlicher I
vorhanden, und die HolzschniUe weder eleganl,
deutlich. ^eii
87. Taschenbuch Nur operative Chim
Nach dem Französischen des Dr. If n>rd
bearbeitet und mit Erfahrungen und bewih
Methoden deutscher Chirurgen bereichert
Dr. H. Frosch. Leipzig 1852. Mm
Duodezform. 420 S. 63 Taf. mit Ahl
(2 Thlr.)
Das vorliegende nach Isn ard bearbeitete Tisd
buch der operativen Chirurgie handelt nicli< ^(^
sammte Akiurgie ab, sondern führt blos,wieancn
Vf. in der Vorrede angiebt, diejenigen Ope«*'*
vor, mit denen der Chirurg vorzugsweise veiH
sein muss, und deren sofortige Vollsiehnng <l^^ ^
nicht selten verlangt. Es ist gewiss nicht von««
setzen, dass der Chirurg z. B. den Verlauf »H«fJ
zelnen Arterien , selbst der dritten u. viertes Biafl
stets so im Kopfe habe , um jegliche Arterie sogH^
H a r V e y » Aussehiieidiuig der ToänUen.
375
h der sweckmisaigsten Methode aafsuehen und
erbinden zu kOnneo ; ebensowenig ist es zu Ver-
den , dass der Cbirorg mit allen jenen Metboden
Amputation , Exarliculation und Resection so be-
nt sein könne, um im gegebenen Falle äugen-
;klich nach der geeignetsten Weise operiren zu
men. Wer nicht wie Chirurgen an sehr grossen
»pilälern fortwährend in der Uebung bleibt , muss
: nothwendig bei vielen Operationen gewisse chi-
gisch-anatomische Einzelnheiten vergessen. For*
t nun einmal die Dringlichkeil eines Falles den
rurgen zum raschen Operiren auf, so wird die-
nach einem Hülfsmittel sich umsehen, uro die ihm
schwundenen Kenntnisse schnell wieder aufzu-
gehen ; die grossem chirurgischen Werke sind zu
^ftthrlich und theuer, und in den encyklopädischen
iriflen ist das Material zu sehr zerstreut , als dass
n es rasch genug auiTinden und zusammenbringen
inte. FOr solche Falle eignet sich aber I s n a r d's
schenbuch vorzugsweise zum Nachschlagen und
chlesen , indem es eine rasche Uebersicht gewahrt
d die abgehandelte Materie kurz und doch hinläng-
II genau vorfOhrL Der Vf. hat sich aber nicht blos
I einer Uebersetzung des französischen Werkes be-
ugt , sondern er hat an den betreffenden Stellen
ch die Erfahrungen und bewahrten Nethoden der
utscben Chirurgen beigefügt, und durch 63 dem
Kt eingestreute lithographirte Tafeln die Hauptpunkte
i Werks gehörig anschaulich gemacht. Das Ganze
det demnach eine ebenso zweckmassige, als bequeme
mpilation.
Der 1. Abschnitt enthält die sogenannten Elemen-
operationen. Der 2. jihschn. beschreibt die An-
mdung und Wirkung der anäslhetischen Mittel vor
n Operationen. Dieser Abschnitt kann ein selbst-
todiger genannt werden und die Durchlesung des-
Iben ist allen Chirurgen zu empfehlen. Der Vf.
tngt auf Vorsicht und Behutsamkeit , hebt die Ge-
liren der anSsthetischen Mittel genügend hervor, u.
eilt ihrer Anwendung genaue Indicationen u. Contra-
dicationen. Die günstige Stellung , in der sich Vf.
ifindet , indem er bei dem am meisten beschäftigten
nirurgen und Operateur Leipzigs, beim Prof. Dr.
r a n c k e , fortwährend den chirurgischen Operalio-
>n zu assistiren pflegt , und meist die Narkose ein-
ileiten hat, hat demselben eine Erfahrung verliehen,
le er wohlgeordnet und zum Nutzen der Chirurgen
erführt. Der 3. Abschn. umfasst das chirurgische
erfahren, um Blutungen zu stillen. Der 4. ^bschn.
indelt von der Unterbindung der Arterien, und ist
)rzüglich sorgfältig bearbeitet ; der Vf. hat den Weg,
m zu den einzelnen Arterien zu gelangen , so an-
sbaulich beschrieben , dass er sich dem Gedächtniss
nwillkUrlich einprägen muss. Der 5. Abschn. han-
elt die Amputationen in der Continuität und Conti-
uilät ab. Der 6. Abschn, endlich 'bespricht die
auptsächlichsten Punkte bei den Rcsectionen.
Der Styl ist durchweg verständlich und fliessend.
'qü den lilhographirten Tafeln sind die ersten recht
gut gerathen, die letzteren aber erscheinen zu fltlchtig
gearbeitet. Streu bei.
88. On ezcision of the enlarged tonsil and
its consequences in cases of deafitess,
UfM remarks on diseases of the IhrocU; by
William H a r v e y , F. R. C. S. , Surgeon to
the royal dispens. for diseases of the ear. Lon-
don 1850. Renshaw. 8. Xll and 42 t pp*
(*•/» Thlr.)
Es ist eine seltsame Erscheinung, dass von Zeit
zu Zeit in der Chirurgie Operationen auftauchen,
deren wohlthätige Folgen von verschiedenen Seiten
angepriesen werden, dass aber dieselben Operationen,
ohne dass deren Wirksamkeit eben geradezu viel ba--
stritten wird, nach wenigen Jahren unbeachtet liegen
bleiben, wenn nicht der Vergessenheit anheim fallen.
Man denke an die sogenannten RadicJal- Heilungen der
Brache in frtlhern Jahrhunderten , z. B. an den gol-
denen Stich , an die königliche Naht u. s. w. I Man
gedenke der Operationen gegen das Stottern I Wel-
ches Vertrauen schenkt man ihnen heute noch? Ja
selbst die Schiel- Operation ist in neuerer Zeit vielfach
discreditirt worden. Ueber das Ausschneiden der
Tonsillen gegen Taubheit, was zum Gegenstande der
hier vorliegenden Abhandlung gewählt ist, war be-
reits der Stab gebrochen, ehe Vf. dagegen ankämpfte.
Bekanntlich hat Yearsley vor mehreren Jahren
sieb besonders es angelegen sein lassen, das Aus-
schneiden stark angeschwollener Mandeln zur Wie-
derherstellung des Gehörs anzuempfehlen ; allein, ob-
gleich derselbe 2000 Mandeln ausgeschnitten haben
wollte , so ist das Vertrauen zu dieser Operation bei
den Praktikern doch nicht geweckt worden , u. zwar
aus dem ganz einfachen Grunde , weil noch so heftig
angeschwollene Mandeln die Eustachische Rdhre gar
nicht berühren , und demnach die Hörßlhigkeit nicht
im Mindesten beeinträchtigen, diese Operation dem-
nach, wenn sie nicht anderweitig geboten scheint, in
dieser Beziehung durchaus nutzlos ist. Unser Kra-
mer hat diess schon vor zwei Jahren (1849) in
seinem bekannten trefliichen Werke Über Ohrenkrank-
heiten zur Gentige dargethan. William Uarvey,
dessen Namen an eine grosse Entdeckung erinnert,
scheint von Kram er 's Widerlegung der Zweckmäs-
sigkeit dieser Operation keine Kenntniss gehabt zu
haben, als er selbst erst durch 15 Falle in eigner,
und durch Revision von 116 Fällen aus fremder
Praxis zur üeberzeugung gelangte, dass diese Opera-
tion wegen ihrer Nutzlosigkeit nicht nur verwerflich
sei, sondern auch dem Organismus durch Beraubung
eines ihm zweckdienlichen Tlieiles mannigfachen Seha-
den bringen könne. — Um nun die eben angeführte,
wohl kaum mehr ernstlich bestrittene Thatsache, die
so einfach, als wahr ist, darzulegen, hat Vf. dieses
Buch geschrieben. Aber welchen Anlauf nimmt der-
selbe, um zu diesem Ziele zu gelangen? Da werden
die Mandeln anatomisch beschrieben und besonders
ihre Lage zu den Übrigen Theilen hervorgehoben,
auch einiger Fälle von abnormer Verwacliaung des
376
V. lyäottkiiCb» MM—ilgMHZertediMitrttBgen.
CaiUMiiMgelt mic d«r Untern Wand d«s Pharynx g»*
dacht» wodurch das Gehör sich nicht beeinirttchligt
zeigte , und wobei Vf. sich gegen jede kflnslliche Er-
Offeniig ansspricht, indem dnrch diesetbe, wie er
mehrere Male beobachtet, Speisen nnd Getränke durch
die Nase wieder zum Vorschein kommen. Dass
flbrigena dieTonsiHen nicht blos absondernde Organe»
und zu rein mechanischem Zwecke. — dcMr meines
Wissens auch nicht einzig und aFfein behauptet ward
— vorhanden, glaubt Vf. dadurch erwiesen, dass
nach Entfernnng derselben vor erreichter Pubertät die
Stimme und Sprache geschwächt» das Gelrihr ge-
schwächt» das Schlucken» der Geschmack, der Ge-
ruch erschwert, nnd selbst die Zeugungafithigkeit be-
schrankt werde. I>ie verlängerte Uvula veranlasst
ebensowenig Taubheit » als die vergrösserUm Tonsur*
len. — Kann nun letzterer Angabe ohne Bedenkea
beistimmen • so ist es aber übertrieben , wenn Vf. in
in Folge ausgerotteter Tonsillen nidit bba Reizung
der Luftwege, sondern auch bedeutende krankhaft«
Störungen im Lungengewebe beobaehlet haben wUU
Idi habe niemals^^egen Schwerhörigkeit , wohl aber
anderer Störungen halber zuweilen vergrösseffle Ton-
aillen herausgenommen » aber niemals habe ieb dar*
nach, wie unser Vf., eine Phthisis pttimonum» eine
Impotenz oder Taubheit wahrgenommen. Avch nach
bedeutender Volumen - Verminderung der Mandeln
durch syphilitische Verschwarimg bemerkte ich niemals
nacbtheilige Veränderungen in den Atlimunga-Organen,
in Stimme» Sprache, den Geschledilserganen » dem
Gehöre. Wenn zuweilen* bei aUgemeinec Syphilis
Ohrensausen wahrgenommen wird» so büngt diess
ohne Frage von einer chronisclien Entzündung der
die Eustachische Köhre auskleidenden Schleimhaut
ab» wodurch dioM-r Kanal mehr oder minder ver«
stopft nnd unwegsam wird. Auch muss ich ea fttr
einseitig , wenn nicht geradezu irrig erklären » daas
Vf. die Vergrönserung der Mandeln ausschliessiicii
nur von einer Krankheit der Schleimhaut herleitet.
Meinen Beobachtungen zufolge liegt der Grund der
abnormen Vergrösserung mehr, in einer Hypertrophie
das Drüsengewebes selbst» sei es nun, dass ein scro-
pbulösrer Boden, wie nicht selten, zugegen ist» oder
nicht. Die vom Vf. beliebte Annahme einer gleiclv-
zeitig mit Mandel - Hypertrophie vorkommenden An-
schwellung der Wandungen der Eustachischen Röhre
ist möglich, aber keineswegs erwiesen , wie er denn
überhaupt in dem Katheterismus derselben beine be-
sondere Virtuosität zu besitzen scheint» daher er den-
selben auch im Allgemeinen fttr nutzlos erklärt » und
der allgemeinen Behandlung nachsetzt. Und worin
besieht dieselbe? Mao liörel Das edle Kleeblatt»
Scropheln » Gicht und Rheuma , dem sich nur selten
noch ein SchroaroUer beigeseUl» bildet» Harvey
zttfolfe» den Boden zur Mandelanschwellung» welche,
wie die Scroplieln überhaupt » «m schnellsten durcit
Lekerthran und vorzugsweise Herbstzeitlosen wein, der
auch äusserlieh zur Anwendung kommen müsse» dann
dnrch Gah>mei» Rbenm und China zwo Verschwinden
g^acht werden soll» Auch die Seeluft wird
pCsklen» an wie Btoslen dar UmL Dmwnlbe
indessen in einigen Widerspruch mit sieh ,
aul der einen Seit« jede BeianiMing dar Tamsii
den Eustachischen Röhren in Abrede §iMmnd,
Nttlsiasigkeil der Eislirpation derselben gegem TniiUMi
behauptet» auf dar andern Seite aber von dieser Kistif-
pation das Gehör häufig benachtheiligt gefmdeo haha
wilL VL hat seinen Kampf gegen die EDtkrmvngte i
Mandeln bei Schwerhörigkeit durch die Mirrtiajlnai
verschiedener Fälle untersttttst« däa indensan • ncinv
sonstigen Breite zuwider, häufig zn kurz sui4 und la
wenig schlagende Beweise Ii«€am. -- Im Ceratn
Verlaufe seiner Schrift macht er auf die neropfanläie
UIceration» so wie snf die acute und chroDindw Eäk-
zlindung der Schleimhaut des Pharynx aofosarksaa,
wobei zuweilen durch Mitleideosclialt 499
der Eustachischen Röhren das Gehör mehr o4w
der eine Beeinträchtigung erfilhrt, welche sich bei
dera durch Ohrensausen kund giebt» wogegen, wir
gegen die Granulationen des Pharyni auch winderdu
Colchicum hUlfreich sich erweisen soll. — Dine
Granulationen beim chronisehnn Katarrhe des Pka-
ryoa, woran in jüngster Zeit auch Valenitner in
Kid erinnert hat, pflegen mit der Abaonderong anes
grüngelben Schleimes an der hinlem Wand des Plia-
rynx verbunden zu sein. Hierbei will ich nicht ver-
fehlen, zu erinnern» dass solclie Granulationen aat
Absaederung eines zähen» grüngelben» an der binleni
Pbarynz-Wand ziemlich fest klebenden Sclileifliesattck
zuweilen bei venerischen Halsgescbwüren» wobei ge-
wöhnlich dann aber auch Ohrensausen zu|^agen » be-
obachtet werden, worauf meines Wissens bis jetzt voa
keiner Seite noch die gebührende Aufmerksamkeit ge-
lenkt wurde. Paali.
80. NMer Bericht über lO FäiU ausgeßkrUf
ßiaseMiein^Zerirümmenmg, nebst emem Um-
hange: über den Fortsehritt in der Litkm
trrpsie durch Beixiehvng derjäeibsr-NMrJt^se;
von Dr. Vict. V. Ivinehich. Wien 1851.
LeopoU Sommer. 8. 63 S. (15!lgr.)
Der Vf. giebt uns die Erzählung einer Anzahl voa
Rrankheilsfirflen , m denen er die Steinzermalmuag
ausführte. Gerade das Studium dieser einzelnen nie
ist sehr wichtig , weil sie uns die Verschiedenheftet
derselben recht anschaulich machen o. dadurch desi
praktischen Arzte insbesondere nützlich werden. Es
lassen sich wohl im Allgemeinen Indicationen uwi
Gontraindicationen in Betreff der Lithotritie aufstelleB.
Allein in praxi kommen nur zu häufig FäUe vor , üt
sich nicht in die allgemeinen Rubriken einreilien las-
sen , nnd gerade in solchen Fällen ist es von Wich-
tigkeit, dass sich der Arzt durch Kenntnisanahoe
einer grossem Anzahl gut erzählter Krankheitsftllt
in den Stand setzt, ein richtiges Urtheil zu fallen. S«
ähnlich sich die Erscheinungen bei Blasensteinkraa-
ken sind, so giebt es auf der andern Seite wiedema
so manche Verschiedenheiten und Efgenthtimlicbkei-
XMUm welche der vollaten BeHleksiabtigaaig werib sind.
Zar EswnitarMg der Kanntniss« sakhar imdi\
▼•Ifiaekieh, Bla«e»ile»-Z«rlillmiii«niii§ea.
377
Vtrsebiedeaheiteo gteb( »ueh vorliegende Schrift ein«»
guten fteitreg; flberdieft aber verdient aie noch dee-
halb eine beaondere Bertteksichtigung , weil aie nna
den gttnstigen Erfolg der Aeiber^Narfcoae beiAuattbnng
der. Sleinsermaimung leigt.
Unser Vf. ist zwar nicht der Ansicht , man solle
ohne Ausnahme bei den zu lilhotritirenden Stein-
kranken Aether und Chloroform anwenden ; aHein es
giebt eine Anzahl Piille, in denen ohne BeihUlfe der-
selben die Lithotritie kaum ausführbar gewesen sein
würde y so bei hOchst gesteigerter Reizbarkeit und
dadurch bedingter Gontraction der Blase. So Hess
L einen Kranken atherisiren » der eine solche Bertth-
rungsscheu nicht nur gegen die Instrumente, sondern
selbst gegen die Pinger des Arztes hatte , dass von
jeder Insirumentaluntersochung od. Steinzermalmung
hatte abgesehen werden müssen. Einen Nachlheil
hat I. von der Aetherisation oder Ghloroformirung
Dicht gesehen. Er überliess übrigens mit Recht einem
Andern , der Sache Kundigen , das Chloroformiren ;
denn bei der Steinzermalmung moss die Aufmerksam-
keit des Operateurs so ausschliesslich dem Steine u.
dem Instrumente gewidmet, er muss so ganz Gefühl
sein , dass eine Theilung der Aufmerksamkeit auf die
schnelle und sichere Ausführung der Operation nur
nachtheilig wirken kann. Belehrend in dieser Hin-
sicht ist vorzüglich ein Fall (S. 36 ff.), wo in einem
Zeiträume von zwei Monaten die Narkotisirung 13mal,
und zwar ohne den geringsten Nachtheil ausgeführt
wurde, obgleich der Kranke ein bejahrter, schwäch-
licher Mann war. In einem andern Falle wurde die
Aetherisation lOmal angewendet. Doch geschah ea
einige Male bei verschiedenen Kranken, dass sie
durch den Aether und das Chloroform aufgeregt
wurden, dass man sie halten musste, um die Aus-
führung der Operation möglich zu machen. Keiner
von ihnen hatte eine Rflckerinnerung von dem , was
mit ihnen wShrend der Narkose vorgenommen wor-
den war. Während bei einigen Kranken sSmmtliche
Sitzungen in dem gedachten Zustande abgemacht
wurden, beschrankte sich I. bei andern darauf, sie
nur bis zu dem Zeitpunkte in Anwendung zu bringen,
wo die Harnorgane weniger empfindlich waren , die
Blase mehr Flüssigkeit fasste und so das Fassen und
Zertrümmern der Steine leichter u. weniger schmerz-
haft war. — Ich gestehe offen , dass ich zwar bis
jetzt in den Füllen , wo ich die Lithotritie gemacht,
die Narkotisirung der Kranken nicht vorgenommen
habe, dass ich aber in einzelnen besondern Fällen
keinen Anstand nehmen werde, sie zu Hülfe zu neh-
men. Durch ihren Gebrauch ist das Feld der Litho-
tritie offenbar erweitert, letztere ist noch in Fällen
anwendbar geworden, wo man sonst, ohne Chloroform,
von ihr hätte abstehen müssen. Selbst chron. Ka-
tarrh bei dem einen und Insufficienz der Klappen bei
dem andern Kranken geben für die Ghloroformirung
keine Hindernisse ab.
Wir können hier nicht die einseinen Fälle der
Mad. Jakrkk. nd. 74. HA. a.
Reihe nach durchgehen, wollen jedoch einige der Er-
wähnung besonders werthe Mittheilungen hervorhe-
ben. I. versuchte bei 2 Kr. den Liihotribe ü levier
et rateau von G u i 1 1 o n , allein das Resultat, welches
er erhielt, war keineswegs ein günstiges, so dass
man kein grosses Verlangen haben ki^n , sich dieses
Instrumentes zu bedienen. Der Hauptzweck dessel-
ben, vermittels des Rechens den zwischen den
Branchen des Instrumentes angehäuften Detritus zu
entfernen, gelang L nicht, indem der MOrtel dem
Rechen selbst so fest anhing, dass er durch
keinerlei Bewegung desselben losgemacht werden
konnte.
Bei 4 der Kr. wurde die Steinzermalmung zum
2. Male gemacht; bei 1 Kr. sah sich 1. genOtbigt,
wegen eines Stein fragmen tes , das im spongiösen
Theile der Harnröhre stecken geblieben war und von
hier aus nicht extrahirt werden konnte, die Harnröhre
einzuschneiden, um das 9''' lange und 6'^' breite,
eckige Stück zu entfernen. Die Harnröhre schloss
sich später wieder , und dieses ist der einzige Fall,
wo unser Vf. sich genOthigt gesehen hat, die Harn-
röhre einzuschneiden , allerdings hier abgesehen von
der blutigen Erweiterung des Meat.. externus. Auch
bei einigen andern Kr. blieben zu wiederholten Malen
Steinfragmente stecken , wurden aber bald durch die
Uunter*sche Zange oder des Vfs. Quetschpincette
u. s. w. entfernt. Das Steckenbleiben der Stein-
trümmer in der Harnröhre ist leider ein ziemlich oft
vorkommendes Ereigniss, und eine Menge Instrumente
sind angegeben worden , um die Steine extrahiren zu
können. Ich selbst habe in der deutschen Klinik die
Beschreibung einer Zange veröffentlicht , welche mir
mehrere Male sehr erspriessliche Dienste geleistet hat
jund die ich für den gedachten Zweck empfehlen
kann.
In der Praxis kommen nicht selten Fälle vor, wo
die Verhältnisse der glücklichen Beendigung einer
Operation nicht günstig sind, wo aber dennoch durch*
Umstände verschiedener Art der Arzt genOlhigt ist, zu
operiren. Der alte Satz: remedium anceps melius
quam nullum, findet auch hier seine Anwendung. Der
erste von I. mitgetlieilte Fall gebort hierher. Der be-
jahrte Kr. litt an einer bedeutenden Hypertrophie der
Prostata und secundär an Blasensteinen , die sich
immer wieder erzeugten. Fast 2 Jahre lang führte
1. alle 14 Tage den Lithotriteur ein, dm diese klei-
nen Steine zu zerdrücken und zu entfernen. Endlich
starb PaL , bei dem 1. ausser dem zapfenarlig hinter
dem Blasenhalse sich erhebenden pathologischen Pro-
statalappen, die Blasenwände um den Blasenhals
herum mit Phosphaten inkruslirt fand. Ein zweiter
Kranker erlag bereits nach der zweiten Sitzung ; der
Fall war ein höchst ungünstiger. 1. sucht die Ur-
sache des Todes hauptsächlich in einem mit der Harn-
röhre communicirenden Prostataabscess.
Was nun die Zahl der in den einzelnen Fällen
nOthig gewordenen Sitnngen anlangt, so ist natür-
48 ^
376
^«ikBOliriftdii der MgiMben AtaJmiriifw
Hch, je nacb der Grosse, Horte u. Zahl der Steine die»
selbe eine sehr verschiedene, in ein Paar Fallen reichte l.
m\k 3 bis 4 derselben aus , wahrend bei andern Kr.
12, 13, selbst 15 Sitzungen gehalten werden muss-
ten. Mit Recht giebt unser Vf. dem Verfahren den
Voraug, welchem zufolge die einzelnen Operationeii
lieber öfter wiederholt, als in Bezug aufdiejedesn
mal ige Dauer zu sehr verlangertr werden. — SchlUss-
Hch will ich noch erwähnen, dass in einem Falle, wo
die Operation bei sehr ungünstigen VerhältntsMn un-^
ternomroen wurde, wo der 3. Proslatalappen vergrOe-
•ert war, 1. von der weitem Fortsetzirag der Stein-
zermalmung absah, weil er wohl fürchten mochte,
dass der Kr. sie nicht auslialten würde. Ein sehr
interessanter, mit inlercurrirender Pleuritis u. nach-
folgender hydropischer Ausschwitzung in die Bauch-
höhle coroplicirler Fall wird S. 46 ff. mitgetheilt.
Diese Schrift sowohl, aU die frühem des Vfs. (Iher
denselben Gegenstand bieten dem » der sich für die
Lithotritie interes«irt, des NUtztlichen und Beherzt-
genswertben viel. Der Vf. hat sich durch seine frühem
Arbeiten schoa so empfohlen , dass er einer weitem
Empfehlung nicht bedarf, G. S e y d e K
1^0. limoires i% racadimte royale de mide-
dne de Belgif Ue. Tome deuxi^me. Bruxelles.
1850. 105 et 660 pp. 4.
Dieser zweite Band besteht, wie der erste, nach
dem Vorbilde der Abhandlungen der französischen
medicinischen Akademie aus zwei Abtheilungen, einer
Partie historique und aus Memoiren.
Der historische Theil enthalt, ausser einigen
allerhöchsten Erlasaen, Abänderungen in den Statu-
ten der Akademie betreffend» ausser der Liste slmmt-
licher Mitglieder der Akadeipie u. s. w. , auch drei
Abhandlungen M a r i n u s ttifer die gerichtliche Me-
dicin und die mediciniscke Polizei am dem wissen-
schaftlichen Gesichtspunkte, Der Zweck dieser Abb.
ist, die Wichligkeil der Staatsarzneikunde darzuthun,
welche allerdings bei den Juristen Belgiens u. Frank-
reichs, wie der meisten Länder , die verdiente Aner-
kennung noch nicht gefunden hat. Häufig bezieht
sich der Vf. auf V. Trinquier, syst, complet de
m^decine legale Montpellier 1836, welches Werk in
Deutschland wenig gekannt zu sein scheint.
Mersemann, üker die grossen Epidemien in
den ersten Jahrhunderien des Mittelalters^ Der Vf«
sucht nachzuweisen, dass die grossen Weltseucheu
jener Zeit die natürlichen Blattern u. der Ignissacer
gewesen • welche letzte Krankheit er als eine Lepra
und .zwar als eine Abart der Lepra squamosa et cru-
stacea ansieht , wie sie gegenwärtig noch vorkommt.
D i d 0 1 von Lüttich , über das medicinische Ge-
heimniss. Ein Paragraph der Statuten der Pariser
med. Facultät lautet : audtta vel visa inter curandum
Bisi reipublicae ea alTerri inlersit silentio süppressu-
rnro, während in den frühem ein Paragraph sieh d»*
Jiin ausspricht: aegrorum arcana» visa, audita, in-
lelleel», efiminet nemo. Moses AUiasimiim sileM
fordert 4er Vf. von jeden Arzte , der lidber sidh im
Strafe unierziehen soll, welehe- ein vnbiihgcr ۥ-
riohtshof ausspricht, a^ ein ikai in setoer Bigti-
schalt als Arzt anvertrautee Geheinmee verr»then.
Die iweite Abtheilung bringt folgende Abhai4-
•en:
Seutin, ^bh. über die Mithode amavo-a-
amovible, enthaltend historische Untersuchofga
über den Ursprung dieser Methode^ die ^useiamh
dersetzung ihrer Principien, Charaktere , ^trttM t.
Anwendungsweisen in den verschiedenen Krankka-
ten und Verletzungen, S. 1 — 324.
Die historische Skizze , mit weldier der Vf. ät
Abhandlung beginnt, ist insofern sehr Iwlmdigeni |
als zie ziemlich Allea enthält, was i&ber die penna-
nenten Verbähde bei. KnochenbrQchen vertfenUich
worden ist Zugleich bemObt sich der Vf. , darsn*
thun , dass die erste Idee der permaoenleA Verbli^
zwar sehr all, aber erat durch Larrey im
Vater reaiisirt worden ist , dass die IMtMi |
amovo - inamovible » wesentlich verschiedev foa der
Methode inamovible^ ihm (Seutin) «usschliefabcb
gebore, indem er sie auch nicht auf die Fractnni
beschränkt, sondern auf viele chirurgische KnMm-
ten ausgedehnt, la. noch vor B^rard nusgesproebci
habe, dass dieser Verband bei Britohen den Unter-
schenkeis das Herumgehen der Kranken gealatle;
dass Velpeau*s ganzes Verdienst dara«C sich rede-
cire, das Stärhemehl durch DeUrin eraetst xa baboL
Als charakteristisch fttr aeinen Venband beieiehnd
Seutin die zirkelß)rmige Compression des Gliedes,
statt der seitlichen, die Möglichkeit ftlr den Kranken.
sich zu bewegen » ohne dass die Fragmente dadorck
verraekt werden», endlich dasa dieser Verband saglekk
amovibel und inamovihel sei» ao dass er g ealatte, das
fraoturirle Glied zu uaterauchea» ohne daa« die Bnicb-
atticke dabei verrückt wurden, welchea in der Alt
geschieht . dass man ihn an der vordem Partie der
Länge nach aufschneidet und die daduccli gebildelca
zwei seitlichen Hälften von einander biegt , innerliall
welcher das gebrochene Glied wie in einer Schale
liegt.
Seutin zieht die Zirkelbinde dem Scaltet^scbea
Verband bei Bereitung des permanenten Verband«
vor, wenn eine methodische Compression des Gliedes
wünschenswerth erscheint. Den letztern wählt er
degegen gern bei Brüchen der untern Extremität
Die Pappschienen soll man der Form des Gliedes an-
passen , und nicht schneiden , sondern reissen , wo-
durch die Bänder sich besser anlegen. Auf die An-
bringung eines zwOlf Linien breiten linnenen Bandes
der Länge nach auf das fracturirte Glied (von ihm
Gompressimeter genannt) legt er besonders grosses
Werth. Die Application des Seutin 'sehen Verban-
des ist allgemein bekannt, daher wir in der Beschrei-
bung desselben ihm hier nicht weiter fel§en* Dtsf
derselbe nicht blos anf die gebrochenen Knochen he-
DwlMliHlUii der MlgkehM \kail«Me^
S19
'acHrCnlit, ton^^o j««l€liftiHi mch aruf.Aas olivHiaH^
^ derselben iiefliidlich« Gclevk fort^i eut werde / i«t
^ eine natlirgetDasse FoHeruig^ Weim der V^basd
Mi fest anf^elegl sein suiUe, worüber das Ziehen an dem
Conftpressimeter ABskuafl gieiil» so sehneidet S. den Ver^
\ band derUingb nach mk dereigends von ihm da^ anger-
iebenen Schere «ur (waiB aber nieht ievc4ii v«r dem 3.
eöer 4. Tage geschehen soll), dringt die Seiten-^
Uieile von einander, inspicirt dab €rUed tnid dtaekt
dann die Seilenlheile der Schale witdier aneitaendery
•ie von Neuem anfeuchlead , inter mit etnigen iUnd^
I streifen tfusammenhaUend. Bei den ersten 6eh?er<*
s«cli«n soll der Kranke den febrodienten Pum liicht
neC den Boden setzen» sondern in einem Bospeosoriuni
tragen.
' Dem von V e I p e a u bevorzugten Dextrinverbande
räumt S. so wenig Vorzüge ein , als einigen andern
in netiester Zeit proponirlen permanenten Verbsfnden,
tvel(^1ie hier der fteihe nach durchgenommen werden.
Hehr als irgend ein anderer soll der Seuti n 'sehe
Verband die gebrochenen Theile nur zusammenhalten,
nicht drücken und daher auch niemals Zufälle veran-
> lassen , welche bei andern fest anliegenden Verbfiln-
> den beoacblet worden sind. Er allein gestatte es,
' die Bruchstelle und das ganze Glied gehörig und
i stündlich zu Überwachen, den Gompressionsgrad zu
I massigen oder zu verstärken, der überall gleichmässig
I sein soll u. eineVerschiebung der Fragmente verhindern.
; Auch passe derselbe , wenn für das Glied eine gebo-
I gene oder halb gebogene Lage mehr, ats eine ge-
I streckte entspreche. 'S eulin nimmt bekanntlich
I nicht den geringsten Anstand, seineta Pappverband
\ bei einfachen , complicirten und selbst bei Splitter-
I brdchen anzuwenden , von der Ueberzengung erfüllt,
I dass gerade durch ihn allen gefahrbringenden Polgen
I vorgebeugt werde, was durch statistische Erfahrungen
nachgewiesen werden kOnne. Dass mit Hülfe dieses
permanenten Verbandes Personen mit Fracluren der
untern Extremitäten nicht nOthig haben , Wocheb u.
Monate hindurch eine horizontale Lage zu beobach-
ten , sondern im Stande sind , sich tu bewegen , ist
allerdings ein anerkennenswerther Vorzug. Wie der
in Rede stehende Verband bei den Practuren aller
Glledmaassen seine Anwendung Gnden kOnne, wird
vom Vf. durch Beobachtungen , durch eine . genaue
Beschreibung und durch Holzschnitte im Texte nach-
gewiesen. Ebenso wird seine Anwendung bei com-
plicirten Brüchen, bei Distorsionen und Luxationen
besprochen , wo er selbst der örtlichen Anwendung
des kalten Wassers vorzuziehen sei , um einer ent-
stehenden Geschwulst tu begegnen. Dazukomme auch
noch der wohl zu berücksichtigende Umstand, dass
bei Distorsionen des Tibiotarsalgelenks die Kranken
nicht nölhig haben, längere Zeit liegend zuzu-
bringen.
Der Vf. findet die zur Heilung von Wunden bis**
i her benutzten Nahte , Heftpflaster , als unzureichend
und sucht zu erweisen, dass sein Verband mehr und
Ersprieasltcber^s leiste. Amputationswundea solleit^-
QBler seiner Anwendnig bcisser und idMeMer heil««
and übiele Pidgen verbittet werden. Namentlich sol-
len dadurch die kranipftiaften und schmerzhaften
Zuckungen des Stumpfes unmittelbar nach der Opera^
tion, 80 wie jeder Schmerz sogleich beseitigt, die
Erneuerutg der Verbjhide erleichtert, einer konischen
GestaKung des Stumpfes, so wie einer Nekrose des
Knochens und consecutiven Blutungen vorgebeugt
werden. Dabei gestatte dieser Verband, eine solche
Lage dem amputirten Gliede eu geben , weiche dem
AbAvsse der Wundsecrete am meisten entspriclit,
wodurch Eiterresorplionen und Pyümie vorgebengt
werde , desgleichen entspreche er vor Allem , wenn
Amputirte an einen andern Ort transponitt werden
müssen , was im Kriege ja so oll zu geschehen hat.
Ausserdem spricht der Vf. dem amovo-inamovibeln
Verbände das Wort nach Resectionen, nach der Ope-
ration der Hasenscharte, nach Sehnendurchschnei-
dungen, bei Gonlusionen, beim Erysipelas, bei Phleg-
mone, Abscessen, Geschwüren, bei Tumor albus,
bei Gelenkwunden, Gelenkentzündung und Gelenk^
Wassersucht, zur Verhütung entstellender Narben nach
Verbrennungen, zur Heilung von Verkrümmungen, voi
Aneurysmen und Varices, von Hernien bei Kindern,
bei Mammitis.
V. De la Vacherie, über die Ex^Hrpation
der Geschwülste am Halse , welche sich nicht zer-
theilen lassen ; nebst Bemerkungen über den Luft"
eintritt ins Herz durch die angeschnittenen t^enen.
Von S. 325— alre. Der Vf. spricht sich für die
möglichst baldige Exstirpation der Geschwülste am
Halse aus, besonders wenn sie lange stationär ge-
wesen waren und plötzlich anfingen, rasch an Umfang
zuzunehmen. Dabei warnt er bei der Entfernung
dieser Afterbildungen sie stark zu zerren , oder ein
rcissendes Verfahren anzuwenden , und wo ihre end-
liche Herausschneidung gefahrdrohend sei, soll man
nach Anlegung einer Ligatur mit dem Messer agiren.
Der Eintritt der Luft in eine angeschnittene Vene
werde am Sichersten durch einen Pingerdruck ver-
hütet.
M a s c B r t , gerichtUeh^medicinische Abk. über
den Abdruck der Fasse, Von S. 377 — 898.
Eigentlich werden hier nur Afideuiungen zur Beur-
theilung der Eindrücke des Pusses in den Boden ge^
geben, wobei auf die BescbalTenheit des Erdreichs^
auf die Pussbekleidung, auf die Art» wie def
Puss auf den Boden gebracht wird (rückwHrts^
seitwairts, vorwtfrts, bei Lahmen , Platt-^, Spits-- und
Klümpfüssigen, Trunkenen), auf die Bosch jlftigung u.
das Alter Rücksicht genommen worden ist
Craninx, über die Mittel, dem Typhus vor-
zubeugen, S. 394 — 505. Wir finden hier eine
genaue Zusammenstellung und Würdigung der Ver-
haltnisse, unter welchen der Typhus sich entwickelt, u.
dessen, was geschehen müsse, um die Entstehung u.
Vei'hreitung des Typhuscolitagium zu verhüten. Lei-
der fehlen aber fast in der ganzen Welt die Mittel,
SSO
DcaiktcbriAett der btlgiftchw Akademk.
um alle Anforderungen der Hygieina publica zu er-
füllen, durch welche allein Epidemien verhütet» oder
wenigstens weniger gefährlich gemacht werden kön-
nen. Im Ganzen hat diese Abhandlung auch einen
populären Charakter, und insofern ist ihre Kenntniss
auch in weitern Kreisen zu wünschen. Eigentlich
Neues haben wir in der Abb. nicht gefunden, welche
indessen doch Befriedigung gewahrt und deren Inhalt
von Aerzten , und namentlich von den Behörden , so
wie von den Vorstanden der GeHlngnisse, Hospitaler,
Kasernen, Pensionsanstalten, Fabriken, beherzigt
werden möge.
Van Berchem, über Fariola und Fariolois.
S. 506 — 517. Variola und Variolois sind zwei
verschiedene Grade einer und derselben Krankheit,
und zwar ist Variolois die durch die Vaccination ge-
milderte Variola — eine Ansicht, die wenigstens
nicht als neu bezeichnet werden kann.
Didot in LOttich, über ein neues Mittel der
Entbindung bei sehr engem Becken. S. 518 — 589.
Nach einer kurzen Uebersicht der Mittel, mit deren
Hülfe bei engem Becken eine Entbindung zu Ende ge-
führt wird , schlagt der Vf. die Desarticulation der
Gesichts- und Kopfknochen vermittels eines Instru-
ment vor, das er Diatripleur nennt u. schon erprobt
hat. Wenn man sich von der engen Beschaffenheit
des Beckens und von dem Tode des Kindes überzeugt
hat, so soll man die Hand in den Uterus führen und
dem Kopfe des Kindes wo möglich eine solche Stel-
lung geben, dass das Gesicht von dem Dialripteur
erreicht werden könne. Dieser muss zunächst in die
Nasenhöhlen eingeführt und hier so in perpendicuU-
rer und transversaler Richtung gebraucht werden,
dass dabei, eine Luxation der beiden Oberkiefer-
knochen zu Stande komme. Nächstdem soll man
durch das Septum ossis elhmoidei und in die Scha-
delhöhle eindringen und die obere V^and der Orbita
eindrücken ; sodann den Diatripteur in die innern
Augenwinkel fuhren und die grossen Keilbeinflügel
luxiren, alsdann dasselbe rücksicbtlich der beiden
Schlafenbeine eflectuiren. Auch möge man das In-
strument innerhalb der Schadelhöhle um seine Achse
drehen, um das Gehirn zu lockern u. zur Evacuation
geneigt zu machen. Die beiden Oberkieferknocben
werden nach der Desarticulation herausgenommen.
Nachdem dfess geschehen ist, wird das freie Ende
des Instruments durch die Orbita, oder durch den
Mund bis zum Körper des Keilbeins geführt u. die-
ser ebenfalls zerdrückt. Dasselbe geschieht dann be-
züglich der Wirbelbeine, des Hinlerhauptbeins u. der
Basis cranii. Auch nach stattgefundener Wendung
auf die Fttsse soll man so verfahren und selbst die
Detruncation vornehmen. Eine solche Operation,
wie sie oben beschrieben worden ist, soll eine Frau
wenig angreifen, höchstens so viel , als eine mit Ge-
schicklichkeit durchgeTuhrte Wendung [???].
F 0 s 8 i 0 n , über die Herzbewegungen. S. 590
— 630. Das Ergebniss dieser Untersuchungen ist:
die Syetole d^r Vorhöfa und die Systole dar Kam
wechseln regelmassig, wenn die Circulation bescU^
nigt ist; die Systole derVorhOfe erfolgt bei deaThj
ren früher, als die der Kammern bei langsaa«
Herzschlage; bei den warmblütigen Tbierea mh
die Systole der Vorhöfe immer vor der der Kanaa
die Diastole der Kammern halt bei den warmbifitiga
Tbieren langer an, als bei den Fröschen; die DiasM
der Kammern geschieht nicht langsam und in m
merklicher Weise , sondern durch eine schoelle Ei
pansion; wahrend der Systole verengeni sieh
Kammern nach allen Richtungen ; die Herzspit«
bleibt auf gleicher Höbe bei der Diastole der Ka»«
mern und bei der Systole ; bei der Diastole bei
die vordere Flache der Kammern die ßrustwaDdoBfe^
wahrend der Systole werden sie nacii vom gedrängt;
der Herzstoss erfolgt wahrend der Systole der Kam-
mern ; das erste Geräusch des Herzens rührt ber voa
dem Choc der Kammern an die B rast wand nrngca, '
wahrend der Diastole entsteht eine Leere in den Kaa- j
mern, wodurch das Blut aus den Vorhammera a■g^
zogen wird , welches beim Beginn der Diastole der
Vorhöfe in die Herzkammern eindringt und ein eiffi- '
thümliches Geräusch bedingt; dieses coi o eidin nit
dem Anfange der Diastole der Kammern , und ist du
zweite Herzgerausch ; das erste HerzgerSusch coiao-
dirt mit dem Austreiben des Blutes aus den Ka»-
mern, das zweite mit seiner Anziehung (Aspiratioi);
das Herz vereinigt in sich alle Bedingungen ein«
Ziehpumpe.
Martens, über die Eisenpräparate und ik
Anwendung des Mangans in der Heilkunde. Das
beste Eisenpräparat sei das Ferrum lacticum ; nacfal
diesem das Ferrum carbonicum in einer AuHOson^
oder in Pillenform mit Gummi gereicht , damit es sick
nicht Uberoxydiren könne; unauflösliche Eisenpräpa-
rate sollen wahrend einer Mahlzeit genommen wei^
den , damit sie sich in dem säuern Magensafte wah-
rend der Verdauung auflösen können; man müsse im-
mer solche Eisenpräparate wählen, welche nicht durck
die alkalischen Safte zur Zeit der Verdauung nieder-
geschlagen und unlöslich gemacht werden. Unter
den Ghloreisenpraparaten halt der Vf. die Bestucheff-
sche Tinctura aeth. für ein sehr gutes adstringireades
Mittel, für die kräftigsten Eisenmittel diejenigen,
welche flüssig ins Blut gelangen , leicht mit diesen
sich mischen und hier das rotbHirbende Element des
Blutes bilden helfen. Zur Heilung der Chlorose vai
anamischen Zustande führen die Eisenpräparate nir
dann , wenn gleichzeitig dem Kranken ein AufenthaÜ
auf dem Lande in einer ^sonnigen Gegend verschafi
werden kann ; auch sei dabei der Genuas des Rind-
fleisches von grossem Nutzen. Dieses Regimen reiche
allein schon aus zur Heilung leichter Grade der Chlo-
rose. Eine solche ausschliessliche Fleiscbdiat kaai
einen Uebersehuss von Croon im Blute bedingen, eine
reine vegetabilische Kost erzeuge Bleichsucht und
Blutarmuth. Das Weizenbrod werde durch eines
Zusatz von schwefelsaurem Eisen nahrhafter n. kOaae
Medk^hri^cbe Büliograpite d«8 b- a: Aarillaiidi.
881
selbst das Fleiscfi ersetzen. I>er Miinscfi bedtirfei
^lich zwei Gran Eisenoxyd zur Restauration und
r Erneuerung des Blutes, also zur Erhaltung seiner
•undheit. Ein eisenhalt. Brod sei besonders Fabrik-
oeitern und solchen Leuten zu empfehlen, die wenig
»ischnahrung erhalten (also vor Allem Gefangenen !)•
Das Mangan sei ftir die Sangnififation weniger
nothwendig, daher es auch unter den antichloroti'
sehen Mitteln nicht Platz greife und keineswegs mit
den Eiseumilteln concurriren kOnne.
Heyfelder sen.
). Hedlclnlsche Bibliographie des In * und
Auslands«
SämnUUehe Literatur ^ bei der keine besondere Jahreszahl angegeben ist, ist vom Jahre 1852.
!• medleliilüebe PbyüllL
Cbemle*
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\m Haroe der Grasfresser. Pro?. Jouro. Dcbr. 1851.
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Haufen. Verbandl. d. phys.nmed. Ges. zu WQrzb. U. 14— &
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Fischotter. Das.
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mit dem Graarschea Follikel u. der Decidua den Meascha.
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281.)
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Brust a. Ober Erection derselben. .Gas. de Par. !•
Moigno (rAbbQ, Sti^f^oscope , ses effetg menA-
lenz, Pseudoscope, ses effets Stranges. Avec 1 plaacfce.
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Section eines Menschen in der linken Saphena interna gel»
den wurde. Gas. de Par. 5.
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handl. d. phys.-med. Ges. zu Wfireb. II. 14— SS. (iahilt
LXXIV. 157.)
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Biceps. Times. Dcbr. 1851.
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— — Ueber extracellulere Entstehung thieriscber H-
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— — Ueber die Ganglien der Zunge bei SAugetbkra
u. beim Menschen. Das (Jahrbb. LXXIV. 285.)
— — Ueber runde Blutgerinnsel und Qber piginü>>
kugelhaltige Zellen. Das. 2.
— — Mitthellung Qbef die elastischen Lttngenfaecn.
Verhandl. d. pbys.-med. Ges. zu Wfirzb. II. 14 — M.
R e n d u , Ueber die GeogUen, In denen sieb die Lynp^
gefissä der Mandeln endigen. Gai. de Par. 10«
lMMiMh#» Bilili«sf«fMi *» in- m
Ringel, €b. , Mu 2NiereMeU iei den Sfiag«tkierea,
geln 0. Reptiliee. Giiz« de Pw. S. 3. 4.
Sorrts, Deber ^ HelMiorpteMii- der Aorta bei den
ibryooeo der Wirbellhiere. Gas. de Par. 1.
Virebow, Me Gallarte *u» Sehaeiiscbeideo'tt. Inter-
^bratteorpehi. Vepbaiidl. d. püyt.-ned. Gti. zu Wänb. Ifr.
— 22.
— — Weitere Beitrtge rar HenntiMse der Stractar der
webe der Bindesobstanz. Das.
Wjid, G. , Die Leber em Regenerattonaorgao ffir den
eriache» Orgaoieiiiua. Loitd. leum. Mareb.
2 « i 1 1 e r , P. , A^bildonge«- fiber de» Barn de» menach-
heo Gebima« f Mdncheo 1802. (Geb. Vs 'TbH*.)
Der MinntMun. 4. Manebea laOl. (Geb.
Ngr.)
3) Fehler der ersten Biidung.
Lebroann, L. , Yeracbliessaog des Eiogaogß der Ta«
la bei einem ausgetragenen Kinde. Nederl. Weel^bl, Aug.
löl.
Leopold, J. R. , Beschreibung einer Missgeburt,
ZUcbr. f. Geburuk. XXXII. 1.
MaTely Fall fon doppelter Vagina u. doppelter GebSr-
atter. Gaz. des H6p. 10. (Jahrbb. LXXIV. 195.)
Scanzoni, F^ll von Atresia ani congenita. VerbandL
pbys.-med. Ges. zu WOrzb. U. 14—22.
Tbiersch, C, Bildungsfeblerder Rarn- u. Gescblecbts-
srkzeuge eines Mannes. III. med. Ztg. 1.
T¥. Hysleliie u. llUtoelik.
Boucbardat, A., De Kalimentation iosufftsaBle.
itee prdseotäe au coneourt pcmr la cbaire d'Hjgitee a la
:ull^ de M^decine de Paris. Paris 1852. (27 Ngr.)
B o u c h u t , M. B. , MdRioire sur l*bygitoe et Tindustrie
la peinture au blanc de Zinc. Ssifi du rappoK foit a Taca*
nie par oae coauttission eonipoade de NM. Cbevalkier, Gri-
lle et Rayer. Paria 1862w
B 0 u c b u t , Industrie u. Hygieine des Zinkweisa. Ana.
Byg. Jan?.
Carri^re, Ed., Ueber Bäder und Wasebbäuaser.
Dniott. 4.
Cbevallier, Ueber Urin^ die Hulfsmittel denselben zu
mmein u. ihn zu nutzen. Ann. d'Hyg. Janv.
Geauodbeitspflege- ^erein. Berilner. Vierter
»riebt. Deutsche Klin. 5.
Gu^neau de Mussy, Vermischung der Getränke mit
ei. Gaz. de Par. 11.
G u d r a r d , A., Da Cbaiz et de la distribution des eaux
ins nne Tille. These pr^sent^e an concours pour une
aire d'Hygi^ne a la facuitö de m^d. de Par. Paris 1852.
ff Ngr.)
Guy, Vf. A., Ueber die öffentliche GesundbeitspQege.
mes. Dcbr. 1851.
Latsaigne, J. L. , Verrälschung des Mehls durch
eie. Gaz. des Höp. 32.
deMonestroI, D., Cooservation de la Santa. Manuel
bygi^ne a i'osage de tous , mais principalement des person-
» qoi ont adupt^ la doctrine de Hahnemann. In 12. Paris
)52.
Nahrungsmittel, mikrosk.-cbem. Untersuchung der
issigen und festen , so wie über V«>rfäl8cbungen derselben,
10 der zu diesem Bebufe niedergesetzten Coromission. Lancet.
in Febr. (Jahrbb. LXXiV. 287.)
Pappenheim, L. , Ueber die Nahrungsmittelproduc-
im u. ihr Vlsrbaltoiss zu den Epidemien, mit besonderer
lekaieht auf die in OberschleaieD in den Jabreo 1847 und
B48 herrschend gewesenen IpidtaHea. fkdte'a 2laehr. i.
Ssivrel, L. , Vl«ipffeguflg to 8«(Bleafe attf dett franzö-
sischen Kriegsschiffen. Re?. tber. du Midi. 4.
T a rd t e s , Am b r. , Dictioonair» dWygilne' publique
et de Saliibr^ oo repertoire de tontes fes ^eafibas rclatifei
a la santö publique etc. Tome premier. Paris 1852.
— — Voiriea et Gkneti^s. Th^se pf^eiHde, att con-
coura pour la cbaire d'Hygiene a- la iacultd iv mdd. de Par.
Paria t852. (iVs Thir.)
Wolff, Fr. A. , Ueber daa Anfreaae« der fittwmett
Kublröbren in kupfernen Kfibltonnen. Ann. d. Cbea». »-.
rterm. LXXXI. S.
V. PharntaMiiloslie«
IV JUgmUeimtB.
EQ.ucbardat» Annuaire de Th^pentiqne, de Mftli^re
m^dicale, de Pharmacia e( de Tozicolo^ie pour 18j|^ Paria
1852.
Caapari's homöopathiaches Dispensatorium furAerzte
und Apotheker. Herausg. fon F* Havtmann. 7. Aufl. 8. Laip*
zig 1852. (Geh. V4 Thlr.)
dar US, J.». Handbucb der specielle« Aaneimittfillebre
nach physiologisch-chemischen Gruodlaffaofürd.mtl. Pi;^^
2. Hälfte. 1. Ahth. Leipzig 1852. (IV, Thlr.)
Cogswell, Gh., Ueber die endosmotische Wirkung
der therapeutischen Ageotien. Lond. Joucn. March.
Goxe, Ed. J., Ueber Jkihftlationen mediciniacher Aiteft«
tien gegen lirankheiten der Beapiralionsorgwe. Smilh-Biddle^
Med. Ezam. Nofbr. 1851.
DorTa«U, Daa EinhuUea der PiUen. BuU. da Tbdr.
Janr.
Duparcque, Ueber geringere oder stärkere Raixem-
pfSnglichkeit der Haut für Irritantia im Allgemeinea und 18«
den Tartarus sttbiatus insbesondere. Ibid.
Guibourt, G. , Manuel legal dea pharoaciena et dea
^l^Tea en pharmacie, ou recueil dea loia» anrM^s, reglementa
et Instructions coocemant renseignement, les dtudes et l'e^r-
cice de la pbarmacie, et comprenant le programme dea coura
de l'ecole de Pharmacie de Paris. In 12. Paria 1852«
(2 Fr.)
Jaumes, Ueber Adstringentia. Bev. tb^i. da Midi»
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Lane, Hunter, A compeodium af materia medica
and pharmacy, adapted to tbe London Pbarmacopoeia, tmbo-
djing tbe new Frencb, American and indian medictnes, aad
alao comprising a summary of practica^ Toücology , wUh tbe
abbreviations used in prescriptions. % £d. London 185QL
12. 310 pp.
Marx, K. F. H. » Ueber Begriff und Bedeutung der
sabmerzlindernden Mittel. (Aus dem 5. Bde. der AbbandL
der Gesellscb. der Wissensch. zu Göttiogen.) Göttingeo
1851.
Nefins,J. Birkbek, A translatioa of tbe new Loo*
don Pbarmacopoeia, including also the new Dublin and Ediiir
burgh Pharroacopoeiaa ; witb a füll account of tbe chemical
and medicinal properties of their content«. London 1851. 8«
780. pp.
Pharm acopoeae Beroensis tentameiL Leok-B^ Baf<^
nae 1862. (Geh. 3Vs Thlr.)
Pbarmacopoeia eoliegif regalis asedicoram Imndl**
oewis. Londini 1851. 8. IM pp.
Squire, Pet., Tbe. new London Pbarmacopoeia tnoa»
lated aad arranged in a tabular form witb tbe Edinburgh and
Dublin Pharmacopoeias. London 18(^1. 8. 20d pp.
2) EimzeUie ^mneiimtteL
lll. 1.
8M
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des H6p. 3.
Bonnewyft, H. , Neue Oarstelloogtweiie de» Protojo-
diureum torrt. Preue nn^. 46. IMl. (Jahrbb. LXXIV.
162.)
Bourgeois, CaulerisatioD mit AuiloeiiDg von kaneti-
flbem Kali. Arcb. g^o. iaov.
Brenoiog, Ueber die Heilkraft de« Tannina gegeo
den l^raaipfhttalen. Deutacbe Iklia. 6. (Jahrbb. LXIIV.
291.)
Burin du Buisaon, Neue Formeln fon Eisen- und
Mangaopriparaten. Gas. des Hdp. 14.
C b a u s i t , Oleum animale Dippelii als örtliches Mittel
bei Behandlung des Lupus. Ann. des,maJtd. de ia peau et de
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Childs, G. B., Anwendung des Mercur in den gewöhn-
lichen Fallen der Syphilis. Times. Jan.
Colman, W. S., Gebrauch des Terpentins beim
PnerperalOeber. Charleston-Journ. 6. 1861.
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D e b 0 u t , Ueber den Anbau des Mohne«. Ibid. Febr.
— — Ueber Ersatzmittel der Präparate der China.
Fall fon Heilung eines Intermittens durch ein Terpentinlinl-
ment. Ibid.
Delioux, Ueber die Ipecacuanha. Gaz. de Par. 6. 7.
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DeWaoi, Pr. , Ueber Anwendung des Tartsrus stibia-
tus. Presse m^d. 6. 6. 7. 8.
Dorrault, F., Jodognosie oder chemisch-medicinisch-
pbarmaceutische Monographie des Jods. Nach dem Französ.
bearb. von H. Hartmann. 8. Grimma 1862. (Geh.
2 Thlr.)
Dorvanlt, Zur Pharmakologie des Matico. Bull, de
Th<r. Jan?.
Droste, Emplastrom canthsridum ordinarium gegen
Btennorrhagia urethrae. Deutsche Klin. 6.
Engelmann, Heilung einer Angiektasie mittels Collo-
dium. Das. 16.
Forget, Behandlung der Chorea. Heilung durch Strych-
nin. Bull, de Thtfr. F^Tr.
Frödöricq, Ueber die Anwendung der Belladonna als
Präservativ gegen epileptische Anfalle. Gaz. des Hop. 22.
Füller, H. W., Schwefelsfiure bei der Behandlung der
Diarrhöe. Times. Jan.
Gross, C, Einige Bemerkungen ober Collodium. Wur-
temb. Corr.-Bl. 6.
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Harper, R. , Profuse Salivation u. Erweichung des
Zahnfleisches durch 3 kleine Gaben Quecksilber. Lancet.
Dcbr. 1861.
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der Spiraea fliipendula. Presse m6d, 46. 46. 48. 1861.
(Jahrbb. LXXIV. 22.)
— — Neue Anwendungsweise des Morphium u. des
Chinin bei Behandlung der VVechselfleber. Ibid. 4. (Jahrbb.
LXXIV. 293 )
— — Gebrauch des Rousso gegen Wurmbeschwerden
bei Kindern. Ibid 12.
Heydioff, Merkwürdige Wirkung des Wurmsamens.
Pr. Ver.-Ztg. 7.
H ilton , J. , Doppelt cystenförmiger Kropf durch Jod-
' einspritzungen geheilt. Times. Jan.
Kermes, Verfälschungen desselben. Gaz. des Höp.
33.
Klusemann, Die Wirkungen des Succus citri. Pr.
Ver.-Ztg. 2. (Jahrbb. LXXIV. 169.)
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Falle von Empyem. Gaz. des H6p. 37.
L e r 0 y , 6. - F. , Ueber die Tinctura Ipecacuanhae.
Ibid. 30. Pr. Ver.-Ztg. 11.
Maclagtn, J. M., Ueber Colchicum autumnale.
Monthly Journ. Jan.
d
Martin, Staa. , Poiypode dt ^bda« ab £
des Seeale cornutum. Bull, de Tb^r. iaov.
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Thdr. Mars.
Mazade, J., Anwendung von M«rciirial « CUmA
gen bei der Sypbilia in der ersten Zeit der Schwanfera^
Ibid.
Morgan, A. , Neues Reagens auf Qoeckailbcr.
Press. Dcbr. 1861.
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P a r a n t, Ueber die Anwendung des Seeaalsea bei
lung der Wecbselfieber. Journ. de Toul. Mnrs.
Petit, F., Chronische Cystitis durcfi
von Theerwasser in die Blase geheilt. Presse med. 13.
Pätrequin, J. E. , Neue Untersuch angeo §ka k
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Pratt, St. H. , Fälle von Deliriuoi tremens; güd-
liche Behandlung derselben mit Chloroform. Americ.
Jan.
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Ztg. 23.
Rul-Ogez, Einige Worte über acute Aogiaa a. ik
Behandlung derselben mit krystallisirtem essigs. Bio. b
m^d.-cbir. F^vr.
Schneevogt, G. V., Ueber den Süssem Gcbiap
des Opium bei Krebsgescbwfiren. Nederl. WeekbL Bai
1861.
Spengler (Herborn), Behandlung der
Collodium. Deutsche Klin. 6. (Jahrbb. LXXIV. 208.)
— — Coniin gegen Keuchhusten. Med. Coa-
Ztg. 24.
— — Die abortive Behandlung des Erysipelas
Collodium. Deutsche Klin. 8.
Solomon,J. V., Therapeutische Wirksamkeit der»
dünnten Blausäure als topisches Mittel bei gewissen
neu des Auges. Times. Febr.
Thompson, H. , Salpetersaurea Silber gegen Spcm
torrhöe. LaAcet. Jan.
Tilanus, Cbin. sulphuric. bei AagenentzAndn^
Nederl. Weekbl. Aug. 1861.
V i 1 1 a r e t , Hartnäckige intermittirende Keonse , i
durch valeriansaures Chinin u. Aderlässe geheilt vrordc. Ca
des Hdp. 39.
Walz, K. F., Die Fetteinreibungen bei Scharlach, fr
Sern u. Böthein , nach genauen Beobachtungen am Kruha
bett. Med. Ztg. Bussl. 1. 2. (Jahrbb. LXXIV. 2M.)
Wolff, Kousso. Pr. Ver.-Ztg. 10.
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DeuUche Klin. 7 (Jahrbb. IXXIV. 169.)
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Arn Ott, James, The treatment of cancer by the a-
gulated application of an anaeslhetic temperatore. Loafa
1861. 8. 32 pp.
Bereu d, N., Zur Chloroform-Frage. Ein zvreiterle
trag zur Chloroform-Casuislik. Breslau 1862. (20 Ngr.)
Beyran, J. , Anderthalbstundige Ohnmacht in Fiip
von Cbloroforminhalation. Bull, de Thor. Mars.
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u. in den vorzuglichsten Eingeweiden darzuthnn. Ball, k
Th^r. F^vr. (Jahrbb. LXXIV. 291.)
Jöngken, J. C, Ueber die Anwendung des Chkn»
forms bei Augenoperationen, gr. 8. Berlin 1861. (G<i
Va Thlr.) (Separatabdruck aus der deutschen Klin. 5.1
1861. Jahrbb. LXXIIL 32.)
S., Tod durch Chloroform. Schw. C.-ZUchr. 4. ISH
Sädillotf C, Ursache des Todes nach CUanfiMl
Inhalationen. Gu. de Strasb. 2. ^
lUakMilMln Bibliokrtpli|t ilai b- «^ AwUmdl.
88S
g äow, f. , Ciilwr ffirtotimiM m. die KmaibaisDf fion
ISnapfen. Lond. Gai. Dcftr. IMl.
rbene(i«t«), OMoi«i»m«iD»tbi]iaii8tn bei Pieumo-
lie. Deutsche Klio. 12.
Ifl. llalneol^Sto.
Af^rc, Seebäder ü. Beglessungeil mit MeetWMtef g*gfen
Porrigo favosB. L'ÜDioo. 20.
Besebreibutig des Gatl'^cbeft Ddtnpfbsd- Apparats
milteU dessen Dainpfbider , zur schDeMen Erwfhaung des
Kdrpers u. Wled^rherMelluDg des Bltttumlaufe , im Bette lie-
gen d, genommen werden kdriden etc. 3. Term. Atifl. MÄ Ab-
bild. Trier 4S49.
Brom ei 8, C. , ücber auswerfe u. 'ninete VerhÄUnWse
der gasreicben Thermen t\i Nauheim. Ann. d. Ch. ii. Pharm.
LXXXI. 2.
V. Colomb Marie. Die Berechtigung der Wasserhell-
itiethode Tom wissenscbaftKcben Standpunkte tw. Berlin
1852. .
Clst«r B«d, Erronerungen ftn dasseHie etc. In Brie-
fen an einen im Auslande terweilenden freund. Eiledburg
Pleckles, L., Balneofoj^sch- therapeutische Mitlhei-
luDgen aus der Saison 1851 in Karlsbad. Med. Gentr.-
Ztg. IS.
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einer i^jäht, Erfahrung. Mit 2 Ansichten der Bfider a. einer
Vignette. Stuttgart 1852. (t8 Rgr.)
Hörlifig, Die Lippspringer H^ilqaelle. Med. Centr.-
^tii. 25.
Johnson, H. f., Ohiersnchöngen «her die Wirttungen
' des kalten Wassers auf den gesunden Körper , um seine Wir-
kung in Krankheiten festzustellen. Aus d. Engl, bearb. von
» G. W. Scharlau. 8. StettiA 1852. (1 Thir.)
> OJl>ersteiner, B., Baden u. Vöslau in ihrer Heii-
wirkiamkeit mit besonderer Bucksicbi auf Scrophelkrankheit,
I Rheuma , Gicht , Hämorrhoiden u. deren Folgeleiden , naeh
35jabr. eigenen« q. Anderer Erfahrungen. Wien 1852. (Geh.
i 1»/, TWr.)
P^treqniOy J* E., ÜQtersuchnngea über die Wir-
i kongaweise der Mineralwasser von Aii in Savoien bei Augen-
1 krankheiten. Ann. d'Oc. Janv. et F^vr.
Schneider, L., ResulUte der Wasserheilanstalt Geis-
I Weiler, bei Landau in Rheinbaiem. gr. 4. Landau 185S.
, (VeTWr.)
I S u c k 0 w , Ueber Rtaorption der Stahlbäder. Pr. Ver.-
Ztg. li.
Tillmanns. H., Notiz in Beziehang auf die Analyse
t bittererdehaitiger Mineralwassei». Ann. d. Chem. u. Pharm.
Lxiuu. a.
"WtM. ToiMkölogle.
, Andrew, üeber Vtrgiflnng dnreli Atropin. MoätlilT
I loum. Jan.
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I m^d. 46. 51. 1^1. (Jahrbb. LIXIV. 297.)
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nium. Prov. Journal. Dcbr. 1851.
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Couseran u. Filhol, Bemerkungen über einen Fall
' von Vergiftung durch Phosphor. Journal de Toni. F<Svr.
Dal ton, J. C. , VetgHlung durch Oleom Tanaceti.
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I Dermott, H., Vergiftung durch Arsenik; Reilmig.
I Untet. Dcbr. 1«1.
i Oeanartls, T. P.« Neae FaUe von Vergiftiingen dnrch
Sardinen. Bev. tbdr. da Midi. 5-^.
1 Dies, Erkradkaoge* durch PfaosphoriMreiMiiig. W4r-
k teaii« Oonr«<>BL 7.
Msd.JakrUb. Bd. 74. HA.t.
Fascanaeatt «*Mafrtin< , Deber Bltivengiftung
durch Gider. fÜtton. 85.
H a B a o n , Jm Vergiftang durch die Pigilalis , das Digi-
talin als ErsaUmittel aller PrlparaU der Digitaüs. Preaie
m^d. 7. s . '
K r a u s s, Vergiftung durch Strammonium-Eztract. Wur-
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fSlschte Getränke herbeigef&hrt. Ibid. 15. (Jahrbb. LXXlV.
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Maclagan, D. , Beiträge zur Toxikologie. MontMy
JoAm. Fehir.
Orfila, A. F., Deber die Ausscbeidang geurtsser Oifle.
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Vjhrsehr. f. geri«htl. Med. L 1 (Jahrbb. LjXiY. 165.)
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tt. Diagnostik. 1. Bd. : Pathologische Anatomie. 3. umgeän-
derte u. bedeutend vermehrte Aufl. Leipzig 1852. (3 Thlr.)
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liche Abtheilung des Catharinenbospitals in Stuttgart vom
1. Jttll 1850 bis 36. Juni 1851. WÜrtemb. Corr.-Bl. 44.
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s. a. Gaz. d(!s ßöp. 25.
Z 0 e c a r i n i , Mitthciilungen aus der dem G. - R. G i e 1 1
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B e 1 c o m b e, H. S., Erfolgreiche Behandlung der Ischias
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Duwning, Toogood, Neuralgie , its various forms,
pathology and treatment. Being the Jacksonian Prize- Essay
for 1850. London 1851. 8. 375 pp. (10 Sh.)
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Hyperästhesie des Magens bei Anämischen. Deutsche Klin.
14.
S. a. V. 2. Villaret.
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Höp. 6. 7. 8.
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Deutsche Klin. 16.
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Krankheiten. Bull, de Thdr. Fdvr.
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3. (Jahrbb. LXXIV. 309.)
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kranken der Brust- u. Baucbeingeweide , obae
Deutsche Klin. 12.
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Deutsche Klin. 13. (Jahrbb. LXXIV. 309.)
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den Augen , Atrophie des Pankreas. Nederl. WetkU. Ji|
1851.
Siebert (Jena), Ueber Saufer- Kacbeiie. te
Klin. 14.
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u. eines Tumor albus des Knies durch einen beftigaOnft
anfall. Rev. th^r. du Midi. 5—6.
V e r n e u 1 , A., Ueber die Epidemie des Scliweisbn
das im J. 1849 im Departement Oise herrschte. G3i.^K
9. 13.
b) Tuberkulose.
de Bordes, Ueber Ausschliessung von TDiNikil(»(i
Emphysem. Nederl. Weekfol. Febr.
Dubreuilh, Gh., EinHuss der Schwaogerseteit,^
Geburt u. des Stilleos auf die Entwicklung u. den SM^
Lungenschwindsucht. Rev. m^d. Jan?. F<Hrr.
G e h r i n g , Emphysem der Haut bei einem T*«
kranken. Pr. Ver.-Zlg. 9.
Hervieuz, E., Bemerkungen ober ^\t Ert/fcliW*
Phthisis. Gaz. des fl6p. 7.
La n z , J. , Ueber Heilung der Phthisis lubercshwM
monura. Schw. C.-Ztschr. 4. 1851. ^
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die Erblichkeit der Krankheiten im Allgemeinea. ^^
Höp. 7. .
Smith, Ed., Bemerkungen über die Aetiolo««*
Phthisis. Times. Dcbr. 1851. Febr. 1852.
Suringar, P. H., Tuberkulose des uropoel. Sys»
Nederi. Weekbl. Maart. 1851. ^
Teirlinck, Gh., Allgemeine Tuberitolof« <w^
schlechu-u. Harnorgane mit Tuberkulose in einiget »«i
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Tilanus, J. W. R., Acute Miliartuberkalos««»«*''
Bilde eines Typbus. Nederi V^eekbl. Julij 1851.
S. a. IX. Casier, Smith; XI. Guillot«
c) Wechselfieber.
Abeille, EinOuss der verschiedenen ^^^^^
intercurrirenden Krankheiten auf die Sumpftw»"'
Gaz. des Höp. 1. 2.
idaril*
Bertrand de St. - Germain, Meinoageiö»
über die Milztumoren bei Wechselfiebera. L'üaion. ».
Bouygues,L., Febris tertiana durch eise h^^
mfithsbewegung entstanden u. geheilt, die ^^^^°^ iM
fruchtlos therapeutisch behandelt worden war. Jw""* ^
Fdvr.
MadiciMMhe BAliogbapiäe des In- a. Amkaii*.
987
Lossiewsky tt. Henrizi, Bericht aber die Befaaad-
in^ der Weelwelfieber vermittels des galTano - magnetischen
troms im Militairhospitale in Warschau. Med. Ztg. Rusal.
. 4. 5. (Jahrbb. LXXIV. 292.)
Rocbard, Einige pathologiscb-anatomiscbe Thatsachen
) Bezug aof die Milz bei Wecbselfiebem aof Madagaskar.
/Union. 17.
S. «. V. 2. Debont; Hannon; Nonat; Parant.
Tilanas, C. B., Ueber Behandlung des Carcinom.
Ibid. Debr. IStfl. Januar. Febr. 1852.
Ulm er, W., Einige Worte über Magenkrebs. Wörtemb.
Corr.-Bl. 4.
S. a. V. 2. Schneevogt.
4) Krankkeüen der Cireuiationsorgane.
d) Typhus.
Brilg, Der Typhus in Derenborg n. der Umgegend.
^r. \er.-Ztg. 14.
F 0 r g e t , Parallele zwischen den Pocken u. dem Typhus.
ras. des Höp. 20.
Gaussail, Typhoidfieber das durch Application von
Hutegeln an den After coupirt wurde. Journ. de Toui. JanT.
Heiin, Ueber rosenartige Entzündungen bei Typbus-
iranken n. Greisen u. die Mittel ihre Entwicklung zu verhin-
lern. Journ. de Bruz. Janv.
J e n n e r , Ueber Identität u. Nichtidentität des Typhus,
les Typboidfleb'ers, des remittirenden Fiebers u. der Ephemera.
bid. JauT. Fävr.
Klose, C. W. , Der typhöse Wundprocess in seinen
rerschiedenen Richtungen.' Gunsb. Ztscbr. III. 2 u. 3.
Lautour, Ueber das Typhoidfieber zu Damas o. seine
Behandlung mit Calomel. L'Union. 1. 2. 4.
MoreaudeSt. -Ludg^re, ist das Typhoidfieber an-
iteckend. Gaz. des Höp. 29.
Thirial, H. , Ueber Schwierigkeiten in der Diagnose
Sewisaer Formen des Typhoidfiebers , vorzuglich des Pneumo-
typbus. L'Union. 10. 11. 12. 23. 26. 28. 29.
Thore(fils), Ueber Hallucinationen wahrend des Ver-
laufs des Typhoidfiebers. Ann. m^d. -psych. Janv.
Zimmermann, Zur Physiatrik des Typhus. Deutsche
Klin. 9.
e) Cholera.
Actstykker angaaende Cholera navnlig epidemien i
Cbristiania i 1850. Besörgede ved den Kgi. Cholera - Cenlral-
Commission. Cbristiania 1851. 8. 128 pp.
Goyrand, Zwei Fälle von Darm-Einklemmung in Folge
von Cholera. Rev. mdd.-chir.
H ^ 1 i n , Ueber die asiatische Cholera , ihre Ursachen
und die Mittel ihr Erscheinen zu verböten. Journ. de Brux.
Mars.
S n 0 w , J. , Ueber die Art u. Weise der Verbreitung der
Cholera. Times. Dcbr. 1851.
Vollem. Swaving, Bericht über 117 Cbolerakranke
in der Stadt Batavia 1851 mit Bemerkungen. Nederl. Weekbl.
Jan.
Voltolini, Die Choleraepidemie in Lauenburg. Pr.
Ver.-Ztg. 14.
0 Krebs.
Ball uff, Carcinoma medulläre veotriculi. Wörtemb.
Corr.-Bl. 6.
B i d d e r , F. , Ueber einen aus cylindrischeo Zeilen zu-
sammengesetzten Epitbelialkrebs. M.'s Arch. 2.
Chomel, Cancer des Duodenum. Gaz. des HOp.
10.
Lebert, H. , Beiträge zur Kenntniss des Gallertkreb-
ses. V. u. R.'s Arch. IV. 2. (Jahrbb. LXXIV. 180.)
Maisonneuve, Klinische Vorlesungen über krebsige
AfTectiooen. Gaz. des Höp. 19. 24. 28. 32. 37.
Muodendam, $., Carcinoma bepatis acutum« Nederl.
Weekbl. Junij. 1851.
Seitz, Fälle von Lungenkrebs. Deutsche Klin. 9. 10.
Surin gar, Carcinoma fibrosum der Leber. Nederl.
Weekbl. Febr.
Scheinbar sehr sebnell verlaufender Leberkrebs.
Ibid. JuDij. 1851.
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Battersby, Fr., Spontane Ruptur des linken Herz-
obres. Lond. Gaz. Dcbr. 1851.
Brown, R., Ueber das Herzklopfen. Lancet. Jan.
Charcot, Fall von vielbchen fibrinösen Geschwulsten
in dem rechten Herzohre , die eine eiterartige Materie enthiel-
ten. Gaz. de Par. 8.
Chevers, Norman, A practica! treatise on the ma-
nagement of diseases of the heart and ofaorticaneurysm, with
especiaJ reference to the treatment of those diseases in India.
Calcutta 1851. 8. 150 pp. [Im Allgemeinen gunstig beur-
theilt in Brit. and for. med. and surg. Rev. Jan. 1852.]
Fl et eher, Organisirter Polyp des Herzeos welcher von
dem linken Herzohre in den Ventrikel hineinragte u. ein selbst
in grösserer Entfernung vom Pat. hörbares Geräusch erzeugte.
Prov. Journ. Dcbr. 1851.
L a 1 0 r , Ueber epidemische Pericarditis. Dubl. Journ.
Febr.
Luschka, Das Endocardium u. die Endocarditis. V.u.
R.'s Arch. IV. 2. (Jahrbb. LXXIV. 170.)
Wardrop, Jam., On the nature and treatment of the
diseases of the heart , containing also an account of musculo-
cardiac, the pulmo-cardiac, andtbeveno-pulmonaryfunctions.
London i851. 8. 587 pp.
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B e 1 1 i n g h a m , O'B., Zur Behandlung der Aneurysmen
der Aorta. Dubl. Press. Febr.
Dewes, Ed., Aneurysma spurium der Aorta abdomi-
nalis durch Caries der Wirbel hervorgerufen. Lond. Journ.
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Havers, J., Unwegsamkeit der Lungenarterie als Ur-
sache des plötzlichen Todes nach der Geburt Times. Febr.
Holland, Ueber Aneurysma der Arteria innominata.
Dubl. Journ. Febr.
L i e g e y, Idiopathische Abdominal-Pulsationen. L'Union.
36.
Spengler (Herborn), Entzündung der aufsteigenden
Aorta. V. u. R.'s Arch. IV. 2. (Jahrbb. LXXIV. 40.)
5) Krankheiten der Respirationsorgane.
de Bordes, Ueber Behandlung der Lungenentzündung
mit oder ohne Blutentziehungen. Nederl. Weekbl. Septbr.
1851.
Bouillaud, Fall von Laryngo - Bronchitis pseudo-
membranosa (Croup) bei einem Erwachsenen. L'Union.
34.
de Crozant, L., De J'Astbme. In 8. Paris 1852.
Dupuy, Laryngitis oedematosa. Scariflcationen der
Epiglottis. Journ. de Bord. Dcbr. 1852.
F 0 w 1 e r , R. , Fall von Pneumonie , die sich mit einem
Lungenabscess endigte ; Ruptur desselben in die Pleurahöhle.
Tod. Lancet. Febr. •
Gildemester u. Hoyack, Bemerkungen über Pneu-
monie. Nederl. Weekbl. Febr. 1852.
Gairdner, W. T., The pathological anatomy of bron-
cbitis , apd the diseases of the lung connected with bronchial
obstruction. Edinburgh 1851. 8. 82 pp. [Aus dem Monthly
Journ. Aug. Sept. 1850; May, July 1851; nichts Neues.]
Hoyack, G, , Umschriebener Lungenbrand. Nederl.
Weekbl. April 1851.
38»
Ibdicauidie Bibliographie An kl- «• Aitbndc
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is commonly called tbe fatal «üfteinper in cattle. Nearpoit
1M2. 8. 36 pp. (3 Sb.)
Marsball Hall, Deber Laryngismos u. seina Tflfaclii«-
deneo Modificationeo. Lancet. Dcbr. 18iH..
Meoudier, A., Hartnäckiger, intermittirtader Schnu-
pfen. L'Dnion. 28.
Molloy, R., Fall von Lungenabsoesa. Lautet. Jan.
Nelson, D. , Deber Krankheiten der Lungen. Prov.
Journ. Jan. Febr.
Pepper, W. , Fälle von Empyem mit Bemerkungen,
Tonüglicb in Bezug auf die Paracenteae. Americ. 4oum.
January.
Putegnat, Ueber das Asthma. Joum. de Bnu. Janv.
F^yr. Mars.
R u 8 e 1 1 , Vier Falle von Laryngismus stridulus. Lond.
Gaz. Dcbr. 18tfl.
Sbarkey, Edm. , Einflusa des Klima auf Lungen-
krankheiten. Oubl. Press. Febr.
Fälle von Lungenkrankbeiten. Ibid. Dcbr. 18tf1.
Febr. 18»2
Späth, Enorme Vergrosserung der Thymus, reichlicher
Wassererguss in die rechte Pleura , u. bis auf ein Minimum
verkleinerte rechte Lunge. Würtemb. Corr.-Bl. 2.
Thibierge, G., lieber die Modificationen des Respira-
tionsgeräusches in der Pleuresie. Arcb. gän. Mars.
Thompson, Th., Klinische Verlesungen über die
Krankheiten der Brustorgane. Lancet. Dcbr. iSKl.
Wolff, Zur Behandlung der Hämoptysis. Ann. d. Cha-
fiii zu Berlin. II. 2. (Jahrbb. LXXIV. 290.)
S. a. V. 3. Tbeile.
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Organe,
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Ballard, Ed., Üeber die physikalische Diagnose bei
Krankheiten des Unterleibes. Lond. Gaz. Dcbr. 1851.
(Jahrbb. LXX1H. 302.)
Berg, Blutung aus der Schleimhaut der Mundh6hle.
Wfirtcmb. Corr.-Bl. 5.
B u d d , W. , Fall von Retention der Galle n. krankhaf-
ter Ausdehnung der Gallenblase. Prov. Journ. Febr.
Crisp, Edw. , On the morbid conditioos of the bile
and Gallbladder. London 18K1. 8. 18 pp.
Curling, T. B., Observatiöns on the diseases of the
rectum. London 1851. 8. 123 pp.
Douglas, A. H., Dilatation des gemeinsamen Gallen-
ganges. Monthly Journ. Febr.
Drescher, Zerreissung des grossen Netzes. Pr. Ver.~
2tg. 4.
Fuchs, J. M., Colloidgeschwulst im Cöcum mit Durch-
bohrung der Darmwand u. der Urinblase. Nederl. Weekbl.
Octbr. 1851.
Haspel, A. , Comparative Behandlung der Frühlings-,
Sommer- a. Herbstruhren. Gaa. de Par. 4.
J e n i $ c h , Tödtlieber Verlauf einer eolzandlicbM Kolik
in Folge von Jahre lang liegen gebliebenen Kirschen u. Pflan*
nensteinen. Wurtemb. Corr.-Bl. 3.
Laae, G. Fr. , Ueber den gespaltenen Gaumen. Load.
Gaz. Dcbr. 1851.
M a i 1 1 o t , Oeber einige Lebaraffectionen die sonst nur
in den beiasen Ländern vorkommen. Gaz. des HAp. iS.
Mougins-Roquefort, Ueber nervöse chronisehe
Oaatritia. Rev. th^r. du Midi. 4.
Norris, W., Ueber chronische Coiica satnmina. Lao-
cet. Jan.
Pfenfer, C, Haus. H. n. Ff.'a Ztschr. N. F. II. 1.
(Jahrbb. LXXIV. 176.)
QuBin,'^fi., Ueber Krankbelten des Rectum. Times.
Jan. Febr.
Sandwith, H., Behandlung gewisser accundfirer For-
men von Diarriiöen. I^nd. Journ. Jnn.
8 c h m i d , Ueber die von Prof. M p 1 1 e r beaehriebene
Magenaffection. Deutsche Klin. 11.
8 e h n ee vo gl , MI von Sydvop» aaciUs mSt Hjpi
plNt d(er Mils, Atrophie dnr Leber, Vt reagemg der V«m
infar., tödti. Peritonilia. Nederl. Wsekhl. Delir. iWl.
S c 0 1 1 , J. , Ueber die iocale BchandlQSg dar Ural
tan des Pharyni q. Laryni. Riev. nu^d.-cbir« Mars.
8iebsrty Ueber Mogeaififamerz «ad
DeuUche Klin. 10.
Tif aeli, J., Uebsr Perforation des Oickdjinw. %i
Press. Febr.
S. a. V. 2. Füller^ Rnl-Ogez.
7) MrtmkhmUM 4er Mam- mm4 mSimficim
Geschlechtsorgane.
Delvaui, Pr. » Urethritis acuta, Enlzfindoiig da
benhoden n. des Dammes, consecutrve Furunkelerv^
Heilung durch den Copaivbalsam. Presse mM. 6.
F r e r i c h s (Kiel), Morbus Brightii «hrooirvs ; Aydn
sie ; urämische Intoxication, Lungenödem ; Tod. Ihm
Klin. 12.
Friedreich, Fall von Erweiterung des LyBfhgeSai
des Penis ; bedingt durch Stauung der Lympbe. \eite^
d. phys.-med. Ges. zu Wörzb. II. 14—22.
Herard, Diphtheritis der Glans penis bei
L'Union. 27.
Johnson, H. J., üeber cbron. Cntzundong s. wäf
krankhafte Zustände der Corpora cavernosa. LajiceL 9ä.
1881.
K e r U , Merkwürdiger Fall ton Ischurie. HanrORJ
BI. IT. 22.
Renouard, M. V. , Cystitis acuta ; Abdoi
schwulst zweifelhafter Natur. Rev. m^d. F6vr,
Richardson, B. W., Ueber speckartige Etttsrt^
der Nieren u. Qber Apoplexien in denselben. DabL Pra
Febr.
S i s t a c h , Ueber krankhafte Erectioneo der Gcidtal
bei dem Menschen. Gaz. des HOp- 3.
S. a. y. 2. Petit, Thompson; VIII. 3. b. Sori
gar, Teiflinck.
8) Gieht und Rheumatismus.
Aldis, C. J. B. , Klinische Bemerkongen u^cre
Fall von acutem Rheiimatismus. Lancet. Jan.
Harvey, W. , Behandlung des arthnliscbes fopi'
schmerz. Pro?, Journ. Debr. 1851.
Upsbor, G. L., Ueber die verschiedenen Behandlnip'
weisen des acutes Rheumatismus. Rev. miid.-chir. Fcn.
0) Knochen und Gelenkkrankkeiten,
Cooper, Br., Ueber Krankheiten der Knochen. Tima.
Febr.
G e i s t , L. , Die Regeneration des UnterkieEers nach ti-
Uler Nekrose dp/eh Phosphor dämpfe. £r|angan 18B9- i
(Geh. 16 Ngr.)
Goolden, R. H., Ueber Krankheiten des PcriosU, »
suf die Dura Mater abergehen. Lancet. Dcbr. 1851.
ManchBeyer,E., Empyems sinns fronlatia. B*
Corr.-Bl. II. 21.
Ramband, M., Ueber Rhaebitis. Hev. add. Mars.
S. a. XII. 8.
10) Hautkrankheiten und FaeeiMoäms.
Adams, J., Ueber Eczema rabrnm. Times. Jan.
Bourguignon, H., Ueber Hautkrankheit^ in All|r
metaen n. über das wänaüebe Jidt^ins^, L' Mjäon- 31
36. 37.
^P^^9 ^^B Wf ^Ä^^v^W^^^^V^
amr
CateAftT«, AIpb., Imp^tig« to OMiehU, tittand-
«he CncbeiaaoyeD, cupi5se Secretioa, lleiislnMiioMtt6ron-
» , HettiMg ^^^ Anliphloeistica a. iUnmlMTa. Gas. &m
lAp. 38.
-^ ^ üeber LupHS. Am. det malad, de la pean et de
I Syph. Ftffr.
Cbao/leary T9D IjaaeUieiji, V^berTmeefavosa.
[ederl. W^ekblt April IS»1.
Cbausit, Ecthyma complicirt mit Urticaria. Ann. det
lalad. de la pe^o et de la Syp|i. Japv,
— 1— PexDpbi|{U8 acutus pruriginosas, Ibidem,
(an.
— — Ueber Herpes phlyctenodes. Ibid. F^vr.
Danvergpe, Behandlung des Herpes squamosus mor-
icans. Bull, de Tb^. Nart.
Debourga, Cebtr die AMicbten Bayard'i la iezug
uf VaccioatioD. Journ. de Bnix. Fevr.
Denarp*Decaotelev, J. E. t., MoBegrepbie des
icatrices de le faceine etc. I. Lfrg. Paris 1651.
(Dai gantt Werk ersebeiat m 3 Liefemagen soit Tafeln
. kostet compl. 5 Fr. oder V/f Tblr.)
Devergie, All^omeioe tiierapeatiscbe Bemerkungen
ber Ibotkrankbeiten. (kz. des Höp. 4. B. 11. Sa.
Fronmfiller, G. F. Cb., Uebrr die neue Bebandlang
er KriUemk fldlBDg in at^BSUinden. 8. F4rtb 1852.
Geb. Va Tbir.)
Gardoer, W.H., üeber Poekea b. Vaednatio«. Lond.
ourn. Jan.
Heariatte, J. , Deber altmälige Depilatiea bei Be-
«odloag dea Faraa. Joarn. de Bfos. vad Bev. me4»-ebjr,
in?.
N a 8 8 i 1 0 w , K. , Oft eibinacbe Blatter ia dfa Ge«f err
enaenta von Nowgon>4, Tver q. Jaressla«. Med. Ztg. Bussl.
2. 1851. 1. 2. 1852.
Rldge, Benj. t Ab iQ4|airy oa tbe avbjt et of Vaiscina-
OD ; addressed to tbe royal Med. aad »aiv. aociety. U>n4(»o
85t. 8. BO pp.
Tidemann, y. G. , Ueber Cbloaaaia. Ilaon, Cerr.^
;i. IL 81.
V e 1 p e a n , Ueber Jilepbaati^aia arabnai. Gas. dea H^p*
8.
Wilson, firasai. , Portraits of diaeasfi of tbe skl».
aac. VIII and IX. London 1851. Folio.
S. a. V. 2. Chaasit; Spengler, Walz. VI» Affre.
II) SypkiäM u. Tripper.
Arobembaalt, ErfolgL^ee Beb^ndJung der cpastifur
ioneilen Syphilis durcb allmaligp louculalion too 18 Sc|iaD'r
er«. Gaz. 4ea H6p, 7. (Jabrbb. LXXiV. 311.)
Bertberand, A., Prt^cis des maladies T^ot^riennrs, 4e
MMT doctrine et de leur tralteineBt. In 8. Ave« pUnches.
ireebeurg 1852. (1 Tblr. 27 Ngr.)
Cbarloo, A. , üeber die SypbiK« ki 8o«9r Ga^. de
'er. 5. (Jabrbb. UXIV. 191.)
Caseaare, A., (lebertragbarkeil der Sypbilia fom
Jude auf dia Aipao, voia gericbllicb-qied)c»nj8cbea 8land-
unkte aus. Ann. des malad, de la pean e| de 1# Syp^. Jaa?.
HuQter, J, , Trai^dde la maMie v^atSrienne, Uaduit
e l'anglaia per le Decteur 6. B i o b e } o t. Avec dea aoU^i H
1»8 additioas far 1^ D^ei^r Ph.ßipord, 2. ^iljop, rtvue,
orrig^ et augmentäe. Accompage<i de aeuf plaacbea. Pvria
M»2. (Jabrbb. l]^:i^IV. 355.)
Heyne, E). G., Meber Blaeeatripper. Laad- ifflir^'
larcb.
Milton,JobnL. , On Bubo and perinial Absceaa.
m4. 1851. 8. 38 pp.
Read, Ueber Neaiagitia aypbilittca. DuM.Joara. Febr.
V. Russdorf, E. , Die Mercurialkrankheilen ia Uua|p
aod. IM, Ce^lr.rZtg. 9. (Jabrbb. LXXIV. 314.)
Saurel, L., Historiscbe o. kritische ßepMrkoagea nh,
ijp^Ktiscbe Veaeioatiea nnd übar Sypj^ilisitioq. Bev. th^r.
In Midi, 1. 8r (Julvbb. U»iy. W.)
Bimoa, Fr. A., Bieord'a UM ff n der »fFbUie,,
ihre bedenklieben Mängel a.grobealmbumcrkritiscbbeleaeb^
tet a. a. w. 2. Tbeil. 8ecund&ra tt. tertiAre Syphilis» Ham-
burg 1852.
Simon, J., Ueber eiaige Formea kacMtiscber Gan«
gria bei veneriaeben Kraaken. Times. F#br.
Thiryu.Hannon, Ueber 'die Syphiüsation ala Mittp)
gegen den Korebs. Presse m^. 50, 1851.
Tbl ry, UatersocbwBgen über die Natur der bleoaorrha-
giefihea Affectioaeo. Presse m^d. 9. liO. Pr. Ver.-Zig. fl.
Vaulpr^, £., Cioige Fälle von aypNUisc^ ^»«u^
gian, Bull, de Tbdr. Muf.
S. a. V. 2. Childs, Droste, Mazade.
12) ßntozo^nhildyngtn.
Braaa, Bie CeaesM ron Taenia eeüuin te 84. Feten*
boif. Joora. f. Kiaderfcr. XVIII. 1 u. 2.
Duncan, P. M., Fall fon Hydatidea in der Leber.
Fror. Journ. Febr.
Ku oben meist er, üeber eine neae Taenia des Neu«
sehen Taenia mediocanellata hominis, seu Zittarieasis. Deal»
scbeftlin. 9. (Jabitb. LXXIV. 8«8.)
S 0 u U , Zwei Beobaebtangeo fiber Hydatidenoyatea in
der Moakelsabatsns. Gat. des HAp. 88.
Späth, Weit verbreitete fast in allea Orgaaea gefun*
dene Aerpbalocystea. Wftrtemb. Corr.«>BI. 3.
Todd, R. f., Fall von einer Hydatide in der raebteo
Longe, Genesung nach Apstreibaog derselben. Timee. Jaa.
Vaughaa, J., Taeaia solivm die noch dem Gebrauche
des Kousso wieder erschien. Lancet. Jan.
van VoHenhofea u. Boogaard, Einfache Leber-
cyaten; acater Darrobatarrh. Nederi. Weekbl. Jolij. 1851.
HL. Gyiiftkeloyle.
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Adbfirenien, kfinstliebe Erwekeraog , Metro-PerilueKia, Hei-
lung. Presse m^d. 47. 1851.
Beck, Sn., Anatomie, Physiologie u. Patbologie dea
Uterus. Times. Dcbr. 1851. (Jahrbb. LXXIf. 318.)
Bennet, H. , Ueber gesunde u. kraaltbafte Heaeee.
Lancet. Jan.
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C b a p e I , L. , Blutung ans dem Uterus auf die der Tod
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C b 0 m e 1 , Umschriebene Peritonitis. Abscess des Ova-
rium. Ibid 33.
C 00 per, H. , Eaorme Asbiurong voa Fllesigkeit in
einer Ovarium-Cyste. Fror. Journ. Febr.
f)oogle86,J., Wassersacht dee Eierstocks durcb eine
eiofoebe Operation gebeilt. Charieston Joam. 5. 1851.
Falloon, Ed. L., Bebandlang der Uteriakroakbeitaa.
Lond. Juuru. Jan.
Goddard, Kectionsbericbt über eine Frau, bei welcher
30 Jahre ?erber die Exstirpaiio uteri forgeaemaiefi wordea
war. (Aus dem Helländiscben.) Med. Centr.-Ztg. 83.
Gream, G. T. , Krankhafte Ansdehnung drr GefSsse
der auskleidenden Membran der weihlicben Urechr». Lond.
Joura. Jan. (Jabrbb. LXXIV. 50.)
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logisebea o. patbologiseben Beziebangen. Land. Gaz. Dcbr.
1851. (Jahrbb. LXXIV. 322.)
Higgins, C. H., Die Uterinsonde. Times. Febr.
Robert (4e Lamballe), Fi^tqla fesico-vaginalls ;
Heilung, Gaa. des HOp. 6.
Jones, J. , Ueber Prolapsus nteri mit Rescbvd'
iw
Ifedieiniftche B&Uograpliie deä Iv- iL Aiiskii^l.
eines neuen TnsthimenU zur Beseitigung dieses U«bels. Pro?,
iourn. Jan. (Jahrbb. LXXIV. 198.)
Kiwiscb, Ueber fibrinöse Polypen des Cteras. Verhandl.
d. med.-phyu. Ges. zu Wilrzb. 11. 14—22.
Krfischinsky, Beobachtung eines merkwürdigen Fal-
les von Entzfindung der Glandula Taginalis. Med. Ztg. Russl.
51.
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stitutionellen Krankheiten. Lond. Jouro. Febr. Marcb.
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— — üeber Haematocele retro-uterina. Gaz« des Höp.
12. 17.
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lichen Urethra. Lond. Journ. Febr.
Po Hock, G. , Auszug von 583 Sectioneo der weib-
lichen Geschlechtsorgane, die in den J. 1841 — 1850 im St.
Geoi^-flospitale gemacht werden. Dubl. Press. Febr.
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Symptom bei gewissen Geschwülsten der weiblichen Brust.
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Rigby, Ed., Dysmenorrhoea. Times. Debr. 1851.
Febr. 1852. (Jahrbb. LXXIV. 196.)
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Smith, T. , Tuberkulöse Krankheit des Uterus und
des Ovarium; Fall von einem Uterinpolyp. Lond. Journ.
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Thirion; Ueber eine eigenthumlicbe Geschwulst auf
der behaarten Kopfhaut bei Frauen. Journ. de Bruz. Fdvr.
(Jahrbb. LXXIV. 316.)
T u n s t a 1 1 , J. , Constipation bei chronischen Uterinlei-
den. Prov. Journ. Ocbr. 1851. (Jahrbb. LXXIV. 195.)
Turnbull, L. , Constriction der Vagina u. Verschlies-
sung des Muttermundes. Smith-Biddle Med. Exam. Novbr.
1851.
V e I p ea n , Ueber Abscesse der weiblichen Brust. Bull»
deTh^r. Mars.
Vidart, P., Engorgeroent des Körpers des Uterus, mit
Anteversion ; Menorrhagie, complete Anämie ; Heilung durch
die Hydrotherapie. I/Union. 17.
Warren, F. H., Plötzlicher Tod durch spontane Zer-
reissung der Gebärmutter. Lond. Gaz. Dcbr. 1851 .
S. a. III. 2. Kilian; VllL 3. b. Dubreilh.
IL. CSebiirtuhulfe.
1) Mlgemeines und einzelne Krankheiten,
Ballon, A. , Ueber Wiedereintritt der Milchabsonderung.
Americ. Journ. Jan.
Betschier, J.W., Berichts-Auszng über die Ereignisse
des geburtsbölflichen Instituts der Universität zu Breslau in
dem akademischen Jahre 1849^1850 nach den Referaten der
Secundärärzte. Gilnsb. Ztschr. III. 2 u. 3.
Birnbaum, H. G., Ueber die Ceotralruptur des Mit-
t^lfleisches u. ihr Verhältniss zu dem Einschneiden u. Scarifi-
ciren desselben. N. Ztschr. f. Geburtsk. XXXII. 1.
Bishop, Edw. , Fall von Blutung vor der Geburt.
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Placenta. Rev. mäd.-chir. Fävr.
Cazeauz, Ueber die kunstlich bewirkte Fehlgeburt.
L'Union. 18.
Chailly-Honord, Praktische Bemerkungen über die
kunstliche Geburt bei noch nicht lebensfähigen Fröcbten.
Cless, Drillingsgebort. Würtemb. Corr.-Bl 8.
Crouch, J., Geburt hei einer Fraa, bei der frS
die Ovariotomie mit einem breiten Einschnitte gemaclit wed
war. Lond. Gaz. Decbr. 1851. (Jahrbb. LXXIV. 53.)
Davis, J. H., Bemerkungen über eine schwere Gcte
Lancet. January.
Delasiauve, Fall von Nephritis calculosa, mit Ab««
verbunden , nebst gerichtlich-med. Bemerkungen. Areh. fsi
Mars.
Duclos, H. und Bouteiller, J. (Sohn), Cefe
Krämpfe während der Geburt und über die Mittel dsf^B.
Arch. g^n. Fevr. Mars.
Dufay, Kann das unterbrochene Stillen wieder «r-
fangen werden? L'Union. 21. (Jahrbb. LXXIV. 327.) '
F 0 i e y , W. , Merkwürdiger Fall einer Sehwugasck
Times. Jan.
Garrison, Gh., Wiederholte Ossilication der f^
ceota bei einer und derselben Person. Americ. Joara. Jan.
Götz, Regelwidriger Verlauf einer Zwi/Imgayeshac
Wurtemb. Ztschr. f. Chir. u. Geburtsk. IV. 4.
G u b 1 e r , A., Wiedererscheinen der MilchaeotlieB län-
gere Zeit nach dem Entwöhnen. L'Union. 7. (Jahibk. LIXIV.
206.)
G u i 11 0 1 , N., Ueber die Wahl einer Amme n. ibcr dn
Stillen. Ibid. 15. 16.
Hanff, Ueber Säugen n. Nichtsängen kranker Fnm
Wurtemb. Corr.-Bl. 3. (Jahrbb. LXXIV. 206.)
Hof mann, Jahresbericht der geburtsholflicka P«i^
klinik an der Universität zu Mfinchen. Deottche KÜihit.
Hohl, Die zu kurze, zu lange u. vorgeCalleoe !l^
schnür. Daselbst. 15. (Jahri)b. LXXIV. 328.)
— — Zwillingsgeburt, mit beiden Köpfen im
N. Ztochr. f. Geburtsk. XXXII. 1.
Holst, Geburtsbescbleunigung durch die wanne DMck
bei Eklampsie. Daselbst.
Hoogeweg, Der Kleisterverband bei der
düng der Wöchnerinnen. Pr. Ver.-Ztg. 7.
Hu her, E. , Ueber ein schräg verengtes rfaaebitistli
Becken. N. ZUchr. f. GebnrUk. XXXII. 1.
Hilter, C. Gh., Die geburtsbulflicbe Klinik an*
Universität Marburg in dem Zeiträume vom 17. Aag. 1833 to
zum Schlüsse des J. 1843. Das.
Kerl($, Zur Kenntniss des Hebammeovresena im Koai-i
reich Hannover. Haun. Corr.-Bl. II. 24.
Kilian, H. F. , Die Geburtslehre von Selten der W»
senschaft u. Kunst dargestellt. 2. Aufl. II. Bd. 2. Bfi. gt. 8.
Frankfurt a. M. 1852. (Geh. 2«/» Thlr.)
Lehmann, L., Anschwellung des Coli am uteri ; SchnW
terlage, freiwillige Entwicklung. Nederi. WeekbU Haart
1851.
— — Zwei Fälle von Eclampsia gravidamm. Ibidea.
Julij.
Lynch, J. C.^ Schwangerschaft durch eine Gesch«^
im Unterieibe complicirt, die zu frQhzeitige Geburt htri^i
fährte. Lancet. Decbr. 1851.
Metz, Ueber die Anwendung der Kälte nach genacbia
Kaiserschnitte. Deutsche Klin. 4. (Jabrbb. LXXIV. S05.)
Morisseau, Ueber UnterleibsgeschwQlste während Ar
Schwangerschaft. L'Union. 32.
Nelson, D. , Beziehungen zwischen Schwangersch^
u. UnteHeibskrankbeiten. Prov. Journ. Decbr. 1851.
N e w m a n , B., Fall von Etytrocele, die die Gebwt ^
derte. Lancet. Decbr. 1851.
Nogu^s, Bemerkungen aber die Betention derPlaccflü
in Folge des Abreissens der Nabelschnur, u. über einige Zr
falle, die in Folge dessen entstehen können. Journ. de Tos!
Mars.
Nonat, Schwangerschaft, nicht zu stillendea EiM
eben, Tod. Autopsie, Fötus von 4 Mon. , Raarcyste. 04
des Höp. 34.
Oesterlen, J. Fr. , Drei seltenere GebnitsSM
Wörtemb. Corr.-Bl. figfti/ed by
V; Beijsen, B. , Placenta praevia marginalia ; Vertl
spontanea , Buptur der Häute. Nederi. Weekbl. Apcil ItSi
lbdiii»iCGbe BibliogrHiiUe toJn- u« Aw^ttdi^*
391
Rtebello, J. M., Plaeenta pnevia uArgfatlis. Ibid.
Bart.
Böser, Das Sfiugea kranker Fraoea. Wartemb. Corr.-
[.6.
Scanioni, Fr. W. » Lehrliach der Geburtsbulfe.
I. Bd. 1. Abib. Mit in den Teit etngeachalteten Hobcsebait-
n. Wien ISttS. (2 Thlr.)
Schmidt, J. H., Zor Lehre von der zu kurzen und au
ngen, umschlungenen und Torgefailenen Nabelscbnor. Ann.
. Chariti! zu Berlin. II. 2. (iabrbb. LIXIV. 328.)
Simpson, Beitrage zur geburubäinichen Pathologie.
oothly Journ. Jan. Febr.
Swayne,J. Gr., lieber die verschiedenen Kopfsteilun-
m bei der Geburt. Prov. Journ. Febr. (Jahrbb. LXXiV. 328.)
Tbirion, Dystokie, nebst einem Verfahren des Ez-
actum belladonnae nur auf den Uteruabals zu bringen,
»uro. de Brux. Mars.
Zeiiier, P., Hand-Atias far Hebammen. 2. Aufl. 4.
finchen u. Leipzig 1852. (2V4 Thir. Feine Ausgabe »Vs
blr.)
S.a. V. 2. Colman, Martin, Mazade; ViU, 4.
. flavers.
2) Operationen «. Instrumente.
Bergrat h (Goch), Verdient die warme Dierin-Douche
Is Mittel zur Erregung der künstlichen Frfihgeburt den Vor-
sg vor allen andern Metboden? Med. Ceotr. Ztg. 21.
Bernard, C, Neues Instrument zur Verkleinerung des
.opfes bei abgestorbenen Früchten. Gaz. des H6p. 28.
D e i d i e r , Anwendung der Serres-Fines bei incompleten
erreissungen des Dammes. Rev. thär. du Midi. 1. (Jshrbb.
IXIV. 327.)
Guillery, Ueber die Sagenzange und den Diatripteur.
'resse m^d. 52. 1851.
Hatin, Ueber Anwendung der Geburtszange nach der
Impfeblung von Prof. Flamant. Gaz. de Strasb. 2.
Hohl, Künstliche Drehungen des Kopfes im Becken mit
ler Kopfzange. Deutsche Klin. 13.
Hoogeweg, Künstliche Frühgeburt durch die Hüter'-
iche Blase eingeleitet. Pr. Ver.-Ztg. 10.
Irion, Durch grosse Missbildung der Frucht sehr
ichwer gewordene Wendung. Würtemb. Zlschr. f. Cbir. u.
Sehurtsk. IV. 4.
Lehmann, L. (Amsterdam) , Bijdrage tot de Kepha-
otrypsie. (Brochüre ohne Angabe des Druckortes.)
Verdient die warme Uterin-Douche als Mittel zur
Erregung der künstlichen Frühgeburt den Vorzug vor allen
lodern Methoden? Tydschr. d. ned. maatsch. tot. bevord.
lergeoeesk. Dec. 1851. Med. Centr. Ztg. 21.
Rosenfeld, A. , Ueber die künstliche Erregung der
^fibgeburt. Bern 1851. (5 Ngr.)
Seeger, Kaiserschnitt an einer Lebenden. Würtemb.
EUchr. f. Cbir. u. Geburtsk. IV. 4.
S. a. I. Houghton.
G u i 1 1 n t , N. , Symptome der Lungenschwindaucht bei
kleinen Kindern. Ibid. 5.
Uauner, Klinische Vorträge im Kinderspitaie zu Mün-
chen. Journ. f. Kinderffr. XVJll. In. 2.
— — Ueber das Zahnen und die Krankheilen zur
Zeit des Zahnens. Deutsche Klin. 11.
Lewenglick, Einige Bemerkungen über die Herbst-
diarrhöe der Kinder. Journ. f. Kinderkr. XVII. 5 u. 6.
— — Ueber das Choleratypboid der Kinder u. dessen
Behandlung durch Calomel , Moschus u. fireehweinsteinsaJbe.
Das. XVIII. 1 tt. 2.
Marchant, A., Behandlung der Asphyxie und der aa-
gebomen Sehwicbe darMeugebornen. L'Union. 8. 9. (Iabrbb.
LXXIV. 207.)
Mayer, Operation einer Imperforatio ani. Wfirtemb.
Corr.-Bl. 4.
M^dard, Voluminöser fremder Körper in dem Oeso-
phagus eines iOmonatl. Mädchens. Gaz. des H6p. 23.
Meigs , J. F., U|ber Atelectasis pulmonum mit Fallen.
Americ. Journ. Jan. (Jahrbb. LXXIV. 214.)
M e r e i , Vorlesung über Kinderkrankheiten. Prov. Journ.
Dechr. 1851.
Moore, W., Bemerkungen über die Incubationsperiode
u. die Ausgange des Scharlachs mit erleutemden Krankenge-
schichten. Journ. f. Kinderkr. XVII. 5 u. 6.
Morris, C., Vorlesungen über das Scharlachfieber.
Smith-Biddle Med.-Exam. Novbr. 1851.
Parkes, £. A., Ueber Chorea. Times. Jan.
Perrin, Obliteration des Dünndarms durch einen
Knäuel von Ascariden bei einem 2jähr. Kinde. Gat. des
H6p. 32.
R i 1 1 i e t , Ueber Darminvaginationen bei Kindern. Ibid.
13. 14. 16. 18. 23.
— — Ueber die idiopathischen Lähmungen bei Kin-
dern. Journ. f. Kinderkr. XVIII. 1 u. 2. (Aus Gaz. de Paris.
8. Jahrbb. LXXIV. 211.)
— — Ueber die Tracheobronchitis , eine bei kleinen
Kindern sehr häufig in der Privatpraxis vorkommende Krank-
heit der Athmungsorgane. Schw. C.-Ztschr. 4. 1851. (Vergi.
Jahrbb. LXXIV. 332.)
Trousseau, M., Klinische Vorlesung Ober katarrha-
lische und lobulare Pneumonie der Kinder. Lond. Gaz. Dchr.
1851.
S c a n z 0 n i , Die Milchsecretion und die entzündlichen
Anschwellungen der Brustdrüsen bei Nengebornen. Verhandl.
d. phys.-med. Ges. zu Würzb. II. 14—22.
Schnermans, Fr., Ueber Enteritis bei Kindern.
Presse m^d. 51. 1851.
Spaeth, Ueber das Aderlassen bei kleinen Kindern.
Würtemb. Corr.-Bl. 2.
Spengler (Herbom) , Beobachtung eines Cephaläma-
toms bei einem 5jähr. Mädchen. Med. Centr. Ztg. 8.
West, C. , Lectures on tbe diseases of infancy and
childhood. London 1852. 2. Ed. 8. (14 Sh.)
S.a. V 2. Breunig, Spengler, Walz; VIU. 9.
Rambaud u. 10 Henriette.
ILM. Mliiderkranklieltefi.
Barthez u. Rilliet, Ueber Broncho-Pneumonia ve-
sicularis bei Kindern. Rev. med.-chir. Mars. S. a. Journ. f.
Kinderkr. XVII. 5 u. 6.
Bird, J., Pathologie u. Behandlung des Croup. Lond.
Journ. Jan.
Delabarre, M A., Ueber die Zufälle beim Zahnen
jupger Kinder und die Mittel, sie zu heben, deutsch bearbeitet
von C. W. L. Sc hme dicke. Mit einer Steindruck tafel.
Berlin 1852. (18 Ngr.) (Jahrbb. LXXIV. 110.)
Duparcque, Ueber weisse, weiche Erweichung des
Gehirns bei Kindern. Arch. gdn. fän. (Jahrbb. LXXIV.
208.)
I Guersaat, Ueber Croup u. Tracheotomie. L'Union.
24. 3S.
ILU. Chirurgie.
1) allgemeines.
Adelmann, G. F. B. , Beiträge zur med. und cbir.
Heilkunde mit besonderer Berücksichtigung der Hospitalprazis.
3. Bd. Beobachtungen u. Bemerkungen aus der chir. Abtbeil.
d. akad. Klinik an der kais. Russ. Univ. au Dorpat während
der J. 1845 — 1847. Riga 1851.
Casier und Schönfeld, H., Die chirurgische Klinik
des Prof. Seutin (vom Juni 1850 bis zum Febr. 1851.)
Presse m^d. 44. 1851.)
Ghelius, M. J. , Handbuch der Chirurgie zum Ge-
Iffaucbe bei seinen Vorlesungen. Verm. u. verb. Orig.-Aufl.
I. Bd. 2. Abth. 7. Heidelberg 1851.
IftÜMUMid BiMi#|^4Me ^ 1m^ m ämOak^
Goa^ifer, Bf. ri., KIlntMlM VdrleMng^ür 0b# tbinir-
(ie. Times. Decbr. 18tfl. Jan. 18tfl.
rergutföQ, W. , ILlifiiscb^VorttHting«« «Iwr Chirur^
gie. Ibid. Decbr. l^f.
Gntbfl«, 6. I., D«b«r einige #ieMgere CapHel aas
der Chirurgie. Laocet. lan. F«br.
Jobert, Attgemerae ttemerlvtigea ab«r ebtr. Klinik.
Gaz. des (Mp. ft.
Q II a 1 0 , R. , Klinische VoriefluDg^n ober Cbtrurgie.
Ttmea. I>eebr. 1851.
Schauenburg, Nittheilungen aus det ebif . Rfinife m
Bon«. De»tscbe älia. 9. 10. 15.
Schindler« Ueb^r dti Verhällliisa der CbirvrgM w
dem gegenwärtigen Standpunkte der pathologisobti Anatomie.
Das. 4. 5.
Wagner, Mittheilüngen aus der cbir. Klinik des Prof.
fi. Langenbeck tu Berlin. Das. 9. IS.
H) Geschwülste und Potypeh.
Bertberand, A. , Trait^ des ad^nites idio^ttiifiMl,
•t tpeeiaAenient de cblles 4u «ol. lo 8. Strtfssbiirg 1852.
B o tt i ta • n , Tumor alöns an beide* THm Twaalgelea-
ken. Amputation an beiden Füssen. Bev. th^. du Midi. 4.
Boaygaes, b., EzstirpaiiMi einer Krebsgeschwulst,
die sich in der Oberlippe eiHwickelt baUe. Joura. de Tvai.
F<$fr.
B r i n 1 0 o t i. H. , Nikroskef iaebe beobachinng^n über
Geschwülste. Smilh-Biddle. Med. Eiaoi. Nofbr. 1851.
Forget, Am., Zur Diagnose der Geschwülste.
JL'Union. 19.
Führer, Umrisse und Bemerkungen zur patholo^isclicn
Aiatoinie der Geaobwaislc. Deutsche Min. 14. 15.
Gaiilet uod Beatchety lieber eine noch nicht be-
schriebene Geschwulst des Gaumeose^yets dh in einer Hj^ier-
tropbie einer der Dröeen an der vordcto Fladhe dieses Organs
bestellt. Gu. des Hdp. 9.
Gesehwälste, einige Bemerkungen über seiche im
Munde, die durch Hypertrophie der Speicheldritaei md der
Waofenschleimbattt gebildet sind. Bull de Tb<r. iadv.
Lacaie, J. , Synovia Icysten der Handbeugemusbaln.
Gaz. des H6p. 35.
Biciiard, A., O^ralion einer Hydrocele Colli, n. üb.
den Sitz dieser Art Geechwaiste, nebet Beitrügen vm Lebert.
Mem. de ia Soc. de Cbir. de Par. Hl. 1,
Robinson., Fr., Bösartige Gescbwulsl •■ Roi^fe, die
einen plötzlichen Tod Teranlassle. Tions. Febr.
TiUnua, Colloidcfste unter der Faecia profunda
am Halse. Nederl. Weekbl. Maart 1851.
Vignoio^ Exstirpaiion einer Krebsgeschwulst aus der
Brust eines Mannes, anter Anwendung des ersten Hydrates
der Scbwefelaäure und des Safran, liev. m^d. Fövr.
Wansbrongh, T. W., Kropf mit Oussigem Inhalte.
Tinaa. Jan.
Vgl. a. VIU. 3. f.
3) fFunden, Brandy Ferbrnnnungefh
Erfrierungen.
Dupuy, Zahlreiche traumatische Verletzungen, die
während des Lebens ganz unbedeutend erschienen, Tod 2
Std. nach der Verletzung. (Bei der Autopsite entdeckte man
18 FmetnreD , 2 Luxationen , nnd Wunden der Blase , des
Dflnndanns und des Meeentvrivm.) Jtfarn. de Bord. Fiitr.
Q i r b a I , ik , üeber daa Emdrlngen der Lnit in die Ve-
nen. Bev. tb^r. du Midi. 2.
Matan, Merkwürdige Sebmeverietziitig des Gesichts.
WQHemi». Ztaebr. f. Cbir. u. Gebirrtsk. IV. 4.
Hoppe, J., Hospilalbrandige Vesicatof^lScben, in fler
Mfatpraiis beobachtet. Hbein. Mon.-9cbr. flovbr. 1851.
K n ü p p ci , Bnndige Zertftöraag der SdiilddrQae. tt,
Ver.^Ztg. 6.
Liilibarda, de., LoDglllwadde mit
Arteria intercostalls. Gaz. des HAp. 28.
L^rich«, Noae BelMiidhing fsblerhatt geheilte 1
den. LTnion. 6.
Malgdigde, VecMizUng lär Arterieo daa Vefden
ttaba a» Handgeld, vefgeblieb aogewandte CodipreaBi
Unterbindung der Terletzten Arterien, eigentbfioillcbe Etich
BilDg an deäi Nflgetn der ^sprechenden Räod. €<l M
iWp.4Ä. 1
Morgan, I. E,, Epidamiathi Paronyctain. Aana
iourn. Jdh.
Saurel, L., Klinische Bemerbungata Aber Ca«Baj
man. Rev. thdr. d« Midi. 5—8.
SoUy> S.< Kiidisohe Voriaaüng Ober Wendeo desliJ
galenks. LanoeL iaa.' |
Thofflson« 8., Behandlung der Wandaa der Un i
aponeurotica. Times. Febr.
V c 1 p e a 11 , üeber Ekehymasai bei penetrtmndeii firai-
wnnden. Gas. des lldp. 16.
Wntzer, C. W., Ueber Wunden der Luftröhre iaes-
Kalb der BnistliöUe und Paracenteae der Muiemw
Mon.-Scbr. Novbr. 1851.
S. a. VIII. 2. b. Celles n. 3. d. Kloae.
A) M§eesS9, Geschwüre ^ Fisiebs.
Bagot, Abscess nach dem Bisse einer Katze. MU.
Press. Febr. (Jahrbb. LXXIV. 297.)
Cbapman, H. T. , Ueber die locale Behan£tti| 4a
Fussgeschwure. Times. Febr.
Jobert (de La m balle). Kalter Abscess des Öto-
Schenkels. Einspritzungen mit Jodlinclur. L'Union. 13.
Krebel, R., Behandlung der atonischea Fussgescbwin
Med. Ztg. Russl. 49. 50.
Müncbmeyer, E., Mastdarmfisteln In Veiiiindi^
mit Strlclur des Mastdarms. Hann. Corr.-Bl. ll. 2i.
B e i d , J. , tJeber die Identität der warzenförmigen Tcf
scbwärung einiger Marben und des fepitbeliaUKrebsea. fim.
iourn. Febr.
S. a. IX. Velpeao.
5) Geßsskrankktüen und j^neun^nmem.
C 0 X , W. J. , Erfolgreiche Behandlung einef Natm
aneui^smaticus durch die Ligator. Lancet. Febr.
H i I ton , 5. , Aneurysma der Art. popiitea; Anenrysai
traumat. der Art. brathlalis. Lond. Gaz. Decbr. 1851.
Mackenzie, B. J., Aneurysma am obem Tbeilc i&
Art. axillaris. Monthly JcKim. Febr.
Halgaigne, Neues OperationsTerftfhren bei Behaa^
lung des Aneurysma arterioso-tenosom. Ret. mdd.-düx.
Mars.
Monneret, M. , Fall von Aneurysma arterioso -ices-
sum Simplex. Mem. de Ia Soc. de Chir. de Par. III. 1.
Nann, Tbom. Willm. , Varioaae ? eins and fancw
ulcers. London 1852. 8. 72 pp. (3 Sh.)
Beeves, W., Aneurysma poplit. durch Compresätf
geheilt Laheet. Jan.
Tufoell, Joliffe, Praeti«al nuMi an tue tMi^
ment of Aneurysma by compressian. Dublin 18S1. Kr
IMpp.
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Banan, CtlbefwegKclier Netzbrach. Mbl.
d
rebr.
Blackman, George C. , Redietion of tftraagalslrfl
hernia in Mass. New- York 1851. 8. 52 pp.
Eula«l^«rg, MtniggttrDiagMaaderiiletmft. Beatodl
Klin. 12.
MediciniiclM Bibliographie des In- il Auslands«
d»3
Hj orth, Heroia perteardli. Gai. des H6p. 26.
▼. Leeuwen ?an Dui?enbode, Fall einer in Eite-
% ö hergegangenen Entiündang in einem nnbeweglich<%n
enkelDetsbrucbe mit Austrilt von Würmern. Nederl.
ftkbl. Mei 18tfi.
L i nhart, W., Ueber die Schenkelbernie. Mit 7 litbogr.
ein. Erlangen 1852.
Lobgeois, Ed., Recbtseitiger eingeklemmter Ingui-
brach ; Operation ; Enteroepiplocefe , Adbärenzen des
Lses im Grunde des Sackes u. s. w. Gaz. des Höp. 25.
M a D e 8 , C b. , Eingeklemmter Brocb ; Operation von
S o u I ^. Joum. de fiord. lanv.
Stadelmann, Zur Casuistik der Bracbscbnitte.
itsche Klin. 10.
Trenerry, Cb., Eingeklemmter Inguinalbrucb. Dubl.
688. Febr.
Ulm er, Fr., Ueber die Hemia incarcerata. Wurtemb.
sehr. f. Chir. n. Gebartsk. IV. 4.
S. a. VIU. 5. e. Goyrand.
Langenbeck, M. , Hei^ong der. Contracluren und
Ankylosen des Kniegelenks. Hann. Corr. -Bl. II. 24. III. 1.
Lee, R. , Ueber Vereiterung der Knocben. Lond.
Journ. Jan.
M a 8 o n , R. , Bemerkungen über einen Fall fon Kno-
chenerweichung. Lancel. Jan.
Näiaton, Eigenlbumiiche Affection der Fussknochen.
Gaz. des Höp. 4. (Jabrbb. LXXIV. 335.)
— — Ueber einige diagnostische Zeichen der Coxal-
gie. Ibidem. 29.
V e 8 i g n i e , Eigenthamliche Affection der Fussknochen.
Ibid.. 15. (Jabrbb. LXXIV. 336.)
Wenig, H. , Pathologisch • anatomische Skizze der
Osteoporose der Gelenkenden der Knochen. Inaugural- Ab-
handlung der med. Fakultät in Erlangen Torgelegt. Erlangen
1852. (Jabrbb. LXXIV. 334.)
Zuccarini, InQammatio cozae. Pyaemia. Deutsche
Klin. 7.
Vgl. VIII. 7.
7) Luxationen u. Fracturen.^
Bauer, R. , Drei Fälle von complicirten Hirnschädel-
uchen mit glücklichem Ausgang. Würtemb. Ztschr. f. Chir.
.Gebaruk. IV. 4.
Boteher, Fracturen in der Nähe der Gelenke. Dubl.
»uro. Febr.
Chassaignac, Reposition einer Luxation des EUen-
>geDfl. Gaz. des HOp. 3.
Deinarquay, Bemerkungen über Luxation des Dau-
fCD nach hinten, und über ein neues Verfahren, dieselbe zu
rponireD ; iocomplete Luxation des ersten Metacarpalkoo-
len nach Innen. Mem. de la Soc. de Chir. de Par. III. 1.
Foucard, P. A., Luxatio Sterno-claTicularis. Rev.
i^d.-cbir. F^vr.
Gross, C. , Einrichtung einer veralteten Luxation des
(Dterkiefers mittels eines neuen Mechanismus. Würtemb.
;orr.-Bl. 5.
Hewett, W. , Luxation des Scbultergelenks mit Frac-
ar complicirt. Times. Febr.
H i 1 1 0 n , J., Ueber Rippenbrüche. Lancet. Febr.
Jones, R. E.« Fractor des Humerus in seinem untern
drittel. Prov. Journ. Jan.
de Kimpe, Luxation der Rippenknorpel. Gaz. des
lAp. 5.
Lange, 197 Fälle von Knochenbrücben. Günsb.
ßuchr. III. 2 u. 3.
Lau gier, S. , Ueber eine neue Art von Luxation des
Metatarsus, und über die schon bekannten Luxationen dieses
Körpertheils. Arch. gdn. Janv. (Jabrbb. LXXIV. 340.)
Linden, Weiterverbreiteter Brand bei dem Bruche
eines Mittelfussknocbens. Pr. Ver.-Ztg. 8.
Matthews, F. T., Sehr ausgebreitete Scbädelfractor.
CharlestoA-Joum. 5. 1851.
Robert, Fractura transv. des untern Stucks des Schen-
kelbeins , die eine Luxation des Kniegelenks simulirte. Gaz.
des Höp. 30.
-• — Neues Verfahren bei der Behandlung der Frac*
tnren der Alveolar-Partie des Unterkiefers. Bull, de Thär.
Janv.
Streubel, C. , Luxationen im Scapulo-Humeralge-
lenk. Deutsche Klin. 11.
— — Verschiedene Luxationen im Ellenbogengelenk.
Daselbst. 16.
8) Knochen- und Gelenkkrankheiten.
Jobert, Nekrose der Tibia in Folge eines Schusses,
Entfernung des Sequesters durch die Trepanation. L'Union.
.20.
Med. Jihrbb. Bd. 74. Kit. S.
9) Krankheiten der Hamorgane und männlichen
Geschlechtsorgane.
Bonnet, Parallele zwischen der Cauterisation u. dem
Enroolement der Venen bei Behandlung der Varicocele. Bull,
de Th^r. Febr. (Jabrbb. LXXIV. 337.)
Canu, F., Alte Hydrocele, Operation nach der Me-
thode von B a u d e n 's, Einspritzungen von Luft, Wasser und
einer schwachen Auflösung -von Salpeters. Silberoxyd. Gaz.
des H6p. 5.
Civiale, Zur Diagnose des Blasensteins. Ibidem.
1. 10.
— — Ueber Uretbrotomie (von vom nach hinten.)
Ibid. 21. 27.
C 0 u I s 0 n , W., On the diseases of the bladder and the
prostate giand. Lond. 1852. 4. ed. 8. 500 pp. (lOV, Sh.)
Fontant, Entfernung eines 6 Jahre lang in der Blase
beflndlicben Federhalters durch die Sectio bilateralis. Gaz.
de Par. 11.
Hancock, H., Ueber Strictoren der Urethra. Lancet.
Febr.
Hoden, Behandlung tuberkuloser Geschwüre derselben
durch eine neue Operationsmethode. Deutsche Klin. 6.
(Nach Malgaigne; vgl. Jabrbb. LXXIII. 347.)
Holt, B. , Zur Behandlung der Harnröhrenstricturen.
Lancet. Febr.
Hyernaux, L. , Encephaloide Geschwulst des rechten
Hoden, Castration. Presse m^d. 12.'
Lizars, John, Practical observations on the treatment
of stricture of the Urethra and Ustnla in perinaeo. Edinburgh
1851. 8. 91 pp.
Mercier, L. Aug., Schwierigkeiten des Katheterismus
bei Harnröhrenstricturen und .Mittel dieselben zu besiegen.
Rev. mdd.-cbir. Janv.
de Montozon, Sehr einfaches Mittel , nm die Frag-
mente einer zerbrochenen Gutta-Percha-Bougie aus der Harn-
röhre herauszuziehen. Bull, de Th^r. Janv.
Mott, V., Zerreissung des Corpus carvernosum oder
Fractura penis. Gaz. des Höp. 39.
Münchmeyer, E. , Calculi vesicae. Hann. Corr.-
Bl. 11. 21.
— — Verwechslung eines Krebses des Hoden mit
Hydrocele. Daselbst.
Phimose, über die engeborne und über die daraus
entspringenden örtlichen und allgemeinen Störungen. Joum.
f. Kioderkr. XVII. 5 u. 6.
Q u a i n , R. , Ueber einige Schwierigkeiten , die bei
einem Steinschnitte vorkamen. Times. Jan.
Seydel, Bemerkungen Ober das Verfahren Syme's
bei Harnröhrenstricturen. Deutsche Klin. 12.
Wagner (Essen), Oeber Blasroieiden. Hann. Corr.-
Digitizedby VjOOS-
Bl. III. 2.
50
'ö
dM
MtdieiBisclM Bibtionrapliif il^s In<r «. AuabiMli.
W«kUy, F., U«b«r BcbaodIttDg 4ep Stiictureo der
UraUra. Laocet. Febr.
Walzer, C. W., Notiieo ober Maiischii&miii, beson-
dere über den des männlicben Gliedes und seiner üoifebuD^
gen. lil. Med.-Stg. 1.
Vgl. a. IX. Cream, Jober», Norman, Siroona.
10) Ortkopidik.
B i 8 h 0 p , J. , Researcbea inio tbe pathology and traat-
jDA^nt of deformiliea in tha buman bpdy. London 18<(2. 8.
»2 pp. (10 Sb.)
N^yer, Die Osteotomia, als neues ortbopädisches
Opera tionsveifabren. Verhandl. 4* pbya.*med. Ges. suWür^b.
«. U-22,
Riecke, Ceber denEinfluss, den KrankbeitsiusUo4«
in den Brustorganen , namentlich in den Lungai^ und insbe-
sondere daa Empyem auf Entstehung der Skoliose haben.
Joum. f. Kinderkr. XVill. 1 u. 2.
Sc bau an bürgt H., Baitrag zur Orthopädia d^a
Klumpfnsses. Rhein. Mon.-Schr. Novbr. 1851.
Ta m p 1 i n , R. W,, Lateral «unrature of tbe spine, ita
eauses, nature and treatment. London 1852. 8. 50 pp.
(4 S^.)
Varral, Cbiirl, The apina ils oun^turaa and otbfr
diseases, their symplOQ^ traaHnent and cu^e. Tq wbicb are
•(|dfl4 so«a rewavk« o« pavalyaia. Loodun |8(S1. ^ $04 pp.
Warner, Dia l^rtoinpogan des Mu^nila. Scoliosis
««ngeniia. Pf. ytis.'H^. 9. AO. 19,
11) Fremde Körper.
Aliaoi»» S, S. I Var8«blu4;keA eines kQnstIi<;hen Zahns
i\n(i ein^f Hetallpl^tVe* l^pud- Journ. Febr.
Engeliji^aQQ, (ine Nadel steckt 2 Hopate im Unter-
schenkel und weQhaeit manniQbfacb ibr^n Sit^, Deutsche
Klin. 14.
4obect» Fremder Körper im l^niegelenki newea Opera-
tionsveKahren dagegen. Gaz. des Höp. 20.
Rip^nlt^ Fall, in dem eine Flintenkugel länger als
90 I« iß ^w re^bien Glutäeo Uegeq blieb. Gay. de Par. i4.
12) Operationen, Instrumente, Ferbandlehte.
Be?an, lieber einen neuen Practuren-Apparat. Dubl.
Joum. Febr.
B e y r a n , J. , Tboracentese bei pleuritischem Exsudat.
L'Union. 32.
Blakiston, P., Ueber Mrankheiten der Brust , die
nach chirurgischen Operationen beobachtet werden. Times.
Febr.
Candino, Borges Monteiro, Fati einer im J.
1S42 ausgeführten Ligatur der Aorta abdominalis. Rev. mdd.-
qbir. Man.
Chassaignac, E., Ueber Neubildungen Im Gesiebte.
Hern, de la Soc. de Cbir. de Par. III. 1.
Contractur des Afters; Nutzen der gewaltsamen
Erweiterung. Bull, de Ther. Janv.
Dicksoo, S. H., Paracentese des Thorax ii^egen eines
Lungenabscesses. Charleston-Joum. 5. 1851.
Fergusson, Wm., Ueber Resectionen der Knochen,
mit Fällen ?on Resectionen des Radius , der Ulna und des El-
lenbogengelenkes. Times. Jan.
Gross, G. , Compressorium scroti und neue Methode
der Castration. Wurtemb. Corr.-Bl. 5.
— — Eine Körperscbwebe. Daselbst.
— — Neue chirurgische Apparate. Fror, Tagesber.
487. 488. 490.
Helmbrecht, E. ,, Helcopoesis s. Formatro ufcenim
artificialium. WQrtemb. Ztachr. f. Cbir. u. Geburtsk. IV« 4.
LofcJ
0 '
Hdnot, M^oina sur k ddaarticttlatloa c<
b Tecaasion d*une opdration öe ce gcnre proliqa^e aaec «
ces, le aujat elani aoua»ia k r^höriaalioo. In 4.
1852.
Hey fei der, 0., Die Klumpfussoperatioo m der
Kiinlk zu Erlangen. DcoUcbe Klin. 12.
Lowe, Ed. W. , Resection daa EH<obog<«gifaal
Tlmca. Deobr. 1851.
M a p 1 e s 0 n , J.', Obserrationa od tbe treatmeoi
palate by nechanical meana. London 1851. R. (1 Sfc
Le Pelletier, L. , |}eber die gewallaame Diletat«
bei Stricturen des Aflere. L'Union. 8.
R e y b a r d , Ueber ein neues OretroAbom, den
ten Diiatator. Gaz. de Par. 2.
Roth, Ein Vuracbiag zn einem neuen» etofachen lam
für Beinbruch kranke , so wie einige Worte über die Betsifl
der gewöhnlich forkommenden Beinbrüche, Med. Ceite^
Ztg. 22.
Sloan (Ayr), Secundäie BhiliiAg naeb. der Iticbeoi»^
mie. Monthly Joum. Jan.
Staudenmayer, Luftröhrenschnitt. Wärtern^. GofT^
Bl. 4.
Stedman, J. B. , Paracentese des Thorax bei eines
copiösen, flüssigen pleuritischen Exsudate. Times. Jan.
Stütz, J. H. , Aufsuchung der Geiäase and Nerrea m
menscbl. Körper. 2. Aufl. gr. 8. Wien 1852. (Geh. Vs ^^l
Tilanus, J. W. R., Ueber Amputation ioa Fnasgdat
Nederl. Weekhl. Octbr. 1851.
Tracbeotomie, über den Werth derselben krii-
gina laryngea oedematosa. Bull, de Thth". ¥€wt.
V e I p e a u , Bemerkungen über die Hasenadiarte. CiL
des fldp. 13.
Vollmer, E. , Ein Mundspiegel. Wfirtemb. Ztsckr.
f. Cbir. u. Geburtsk. IV. 4.
Wintrich, M. A., Einige Worte über die PtFBcefil««
der Brust , nebst Angabe eines neuen laatrumeots zo gefal^
loser Ausführung derselben. 111. Med. Ztg. 1.
9^111« A.iiKeiiJiell]iu«ide«
V. A m m 0 n , Zur Genesis der Cataracta centraNs {rni-
midalis, nach Sectionsresuttaten. Deutsche Klin. 9.
— — Die SubconjunctiTalophthalmie. Das. il.
— — Fungus melanodes corporis eHiaria. Dil
14.
— — Acute Entstehung eines (syphilitiseben f) Sde^
ralfungus auf der irfnern Fläche dieser Membran , mit gleieb-
zeitigem Luogenfnngus. Das.
B 1 i n , L. , Krebs des obem Augenlids. Ectre^na.
L'Uaion. 8.
Bowman, W., Neue Augenscheere. Tfmea. Jan.
— — Ueber künstliche Pupillenbildung. Ibides.
Cooper, Wh., Falle aus der praktischen AugenbcS-
kunde. Ibid. Febr.
Dalrymple, J. , Pathology of tbe buman Eye. Fase
VII. London 1851.
Forget, Behandlung der Augenentzfindungen, vonif-
lich durch das Verschllessen der Augenlider. Bull, de Tber.
Jenv.
Hirse hl er, Einfluss der Schwangerschaft auf Entsle
bung von Augenentzünduttgen. Deutsehe Klin. 7.
— — Schusswunden am Auge. Prolapsua befti.
Gutachten. Daselbst.
Jobert, Klinische Vorlesung über Krebs des oben
Augenlids. Gaz. des HOp 26.
Jones, T. Wh., Natur und Behandlung der pustnio-
sen Augenenuundiing. Timas. Jan.
Norman, H. B, Cy stengeschwulst in der rechtes Ab-
genbrauengegend. Monthly Journ. Febr.
P h i 1 i p p ea u X , Bericht über die KrankbeKen des Aa*
ges und seiner Anhänge, die während des J. 1850 fon Ba^
hier im Hötel-Dieu zu Lyon behandelt wurden. Ann. #9c
Jany. et F^vr. ^^
MBdiQiMMhe BiblitfghpU« dM Itt- n. Amiandii.
99&
Sehindlir, Dm „LtMihttD der Augca" der Marie
Irlcli. DeulMlM Khn. 10.
S i e b • I , Ueber die bDgeboreoe Aog^DWinkelffiHe , oder
\ Epictmltie coDgeoittta und bereditafittB« Joum. f. Kitt»
kr, XVIll. 1 0. a. (Vgl. Jahrbb. LXXIV. M.)
SAlomooy J. V.^ Opblbaliuologische Slinen« Pr^.
im. Febr.
Stande, Ft-ied., De deHfattone laci^marntn. Dissert.
mg. Ups. Altenbargi iBtf2« 8. 20 pp.
TarigDot, Parallele zwiscbea CaQteritotiöD uod Ab«
giiflg bei ktebaartigeD GeaobwaiitM der Augefellder. Gaz.
( H6p. 16.
S. a. V. 2. Solomon, Tilanus, 3. JuDgken,
P^lrequiD.
JLKW. «ehSr- imd Spraeli-
bellkiifide*
Barrett, Tb., Bemerkungen über Obrenkrankbeiten.
Dcet. Jan.
Bertbiör, F., Sur Topinion de feu )e docteur Ilard,
ative auz faculles des SourJs-muets. ß^futatiun pr^sentee
[ academies de m^decine et des scieoces morales et puliti-
es. In 8. Paris 1852.
Bisbop, John, On articufate sounds and on tbe
ise and eure of impedimenls of speecb London 1851. 8«
PP-
d'Espine, M., Praktische Untersuchungen üb6r Ur-
:ben , Prognose und Behandlung der Taubheit, Arcb. g^n.
IV. et F^vr. (Jabrbb LXXIV. 239.)
Forget, Behandlung der Krankheiten des Obrs durch
iblasen und Katheterismus der Tuba Euslachii. Bull, de
^r. Mars.
Harvey, W. , Syphilitische Afifectionen des Öhres,
nd. Joum. Febr. (Jabrbb. LXXIV. 235.)
Lowe, W., Die Erkebntniss und Behandlung der Taub-
it. 2. Aufl. gr. 8. Pasewalk 1852. ^Geb. >/• Thir.)
M a i 1 1 0 1 , Purulente Infection in Folge von Otof rhoe.
iz. des H6p. 40.
Schmidt, üeber' eine besondere Art von Spracblosig-
it. Hann. Corr.-Bl. II. 22. 23.
Toynbee, J. , Behandlung der Ohrpolypen. Times.
D. Febr-
S. a. XVII. Deutsch.
XV4 ZalinlielULtiliae^
Detabarre (fils). De 1a Gutta-Percba et de son appli-
tioD aui dentures artißcielles en remplacement de plagues
5ta]liques et des substances osseuses corruptibles. In 8.
iris 1852.
Brück, J., Üeber die Ursachen der Zahnverderbniss,
i( Berücksichtigung der endemischen Einflösse Breslaus«
. g. Breslau 1882. (Geh. i2 Ngr.)
Canton, Alfr. , The teeth and their oreservation in
fancy and childbood to old age. London 1851, 8. 20*7 pp.
R e i c h e I , W. , Ueher Gesichts - und Kopfschmerzen,
s Folge von krankhaft veränderten Zahnwurzeln^ hauptsäch-
ib von Exostosen derselben. .Med. Ztg. Bussl. 1.
Smith, J. , Ueber Carl es der Zähne und den Einlluss
18 Speichels auf dieselbe. JHontbly Jourfl .Horch.
S 1 0 k e s , C. , Befestigung künstlicher Zähne, fimes.
Ba inarger, MelanoboHe ttit nacbfolgenden Stupor
ich einem acuten Gelenkrheumatismus bei einer sao^ndeii
nm. GAi; des H6p. 81«
Bayarri, W. , 6«tottekffiiikh«it) die durdi eine chir.
Opefaliod gebeilt würde. LAncet. Jan.
Berend, H. W. , Mania transitoria mit Mangel dei
Hera- und PUlasebfage*. Med. Centr.-Etg. 1.
Burgeis^ I., Ueb«r Paihohigie ond Bebdtadlan| M
Geisteskrankbeiteu. Lancet. Febr.
Catesave^ ^» üeber die pathologiscbeti Betrebangen,
welche zwischen der acuten Manie und det Interü^itteDS zÜ
besleheo scheinen. L'ÜtilDb. 8.
Chowne^ W. D. , CioRusa gewisser Krartkbeiteii anff
dl« Spaonkrafl - de« Gellte» , und über einige eigentbfimiioba
Formen von Geisteskrankheiten. Labcet. Decbr. 1851.
CrAtioiattius, ße^baebtungen «bei* denselben. Eine
Zcitscbr. in Verb, mit mehrern Aerzten und Vorsteberti vdjk
HeilaAstalied flSr schw^chslnrtlge Kinder h««-au9gegebed von
K. fliach. 3i Hft. Tflbrngen 1852. (IVa Thlr.)
[Meyer-Abrens, gescbicbtL Mlitbell. Ober d. Mont^
nie»« von d. VetlireittlBg des CrtUniamus in der Schwab vor
dem J. 1840, oder bis fcu den ton der 8ebw«iz. Batarfcrrscbv
Gesellsch. angestellten NaühföHscbungen. ^ K. StabI«
einige bist. Winke und Betrachtungen über die muthnaansa-
liebe Gertesis dei Cretinismus in den Thälem von Cbamouni
ondAoMa -- Bdsofa ttöd K. flixnmer, 2. Ber. iber di4
Heil- und Erziehungsanstalt für ftcbwachsinnige Kinder tu Ms«
riaberg vom 1. Mai 1849 bi^ 80. April 1851.]
Glrflrd, L. j Vefbtfaaeroog der Irrenadstalten. Gas.»
des Höp. 16.
Gt-öll, duttcfafen fiber dnett aft Vel^irrtlieU Leiden-
den behufs der Aufdalime id das Hospital Haitia. Henke'i
Ztecbr. 1.
Hoffmann, Fr., Organisebe GehirdkraokleiteB del
Irren. GOdsb. tueht. III. 2 u. 3.
Jarvii, Edw. , On tbe eomparative KabHitt of mttlef
and üeibaleB to insanity add tbetf eomparative enrablKty ind
mortality wben insane. Utica (U. S.) 1850. 8. 32 pp.
Laiögue, C. , Ueber d<Sd Wabo des TartolglfvreMena.
Arcb. g^n. Fdvr«
M i c h ä a , Unterscheidungsmerkmale der krankhaftem tt«
moralischen Perteraität. L^Udiod. 29; 30. 31.
Mofiro, Henl-y^ Henarfca on idsonlty, h« d*tit«
and treainieiit. Loddod 1851. 8. 158 pp. [ObdO Wertb^ dach
Brit. and for. med.-cbi^. Retiew. Ott 1851.]
Monro, H. , Verbesserung der Lage de^ Gi^)steikf«n<^
ked darob bessere Deanf«iebtlgudg der Privät-IrredanstaUed.
Lodd. Gaz. Decbr. 1851 ; Ladeet. lad.
Morel, Klinische Studien über Geisteskrankboited.
Gdz. des HOp. 2. 3. 5.
Vircbow, Ueber den CretittlsmdSt dafflOdtlitb Id Utt<*
terfradked «dd Aber patbologische 8<)bädelfonned. TerbamdL
d. pbys.^med. Ges. aü wartb. H. 14^22.
S. a. VIII. 3. d. Tbore (fils); XVII. Brlarro dd
B D ) a ni 0 d I.
ILl^II* StantoarsiielkiiMtle«
Bierbaum, J., Das Verbrecbei der gefliaaeotliobeD
Frühgeburt gericbtsärztlich beurlheilt. Hedke's Ztschr, 1.
Brierre deBoisraodlj Reebtlicbe TerbällDisae der
Irred. And. d*byg. Jad.
Gas per, Ueber Notbzucbt ndd Päderastie vid ddrei
Ermiitrung «ticeda des Geriobtaantes. Vtjbfoetar. f. gericbti.
M($d. i. 1,
C azi d , Orgadisatiod der id^dictdiscben Bcbandlddg da#
Armen auf dem platten LandOy i* Bftzu| ätif AdMinistrttiod,
Hygieine und Therapie. Joum. de Brux. F^vr.
Chloroform, Tod durch dasselbe , Anklage auf Mord
durch Utfvoraicbligkeit. Goa. d« Strasb. 1.
Curling, T. B., Missbildung der weiblichen Ge-
sdfkebtao!%a«e ^ die Sclmterlgkoiioi in d» Beatlmibiidg des
Geschlechts veradlasst^n« Tim#a. Jafl.
0 0 0 1 • c h 4 Ueber «« Beofcte der TaukiBtDftmMd. Pr.
Ver.-Ztg. 6. 7. 8.
396
Nedicinische Bibliographie des In- u. Auslands.
Frani, Gerichtsarztliche Bfiirtbeilang der Körperver-
letzuDgeu lebender Persooeo. Vtjlirschr. f. gerirbiL Med.
I. 1.
Graetzer, L., Gedanken über die Zukunft der Armen-
Rrsnkfn • l'Hege breslaas. gr. 8. Breslau 1852. (Geb.
Va Tblr.)
Groll, Ohrreigen solleo Epilepsie Teranlasst baben.
Henkf's ZHchr. 1 .
G r fln h a u m , E.« Welche der Gesundheit des Menschen
srbädlirbe Zusätze zum Biere sind erfuhrungsmassig angewen-
det wurden , und was hat die Medicinalpulizei tiabei zu tbun.
Daselbst. (Jahrbb. LXXIV. 251.)
Herzog, Die Kreiswundärzte vor Gericht. Pr. Ver.-
Ztg. 8.
Holder, H. , Uehersicht der in den letzten 5 J. (1.
Juli 1846 — 1851) in Stuttgart vorgekommenen Selbstmorde.
Würtemb. Corr.-BI. 6. 7.
Jkin, J. Ingram, On the progress of public hygi^ae
and sanilary legislatiun in England and the advaniages tu be
derived from tbeir furtber Extension. Worcester 1851. 8.
23 pp.
Leubuscher, Aerzt lieber Bericht über das Arbeits-
bnus im J. 1851, nehmst Bemerkungen über die Einrichtungen
desselben. Deutsche Klin. H.
I.nwe, Ph., Die Prostitution aller Zeiten und Völker
mit besonderer Berücksichtigung von Berlin. Ein Beil rag zur
obscbwebenden Bordellfrage, kl. 8. Berlin 1852. (1 hlhlr.)
Magnus, Untersuchung des Brodes in der Sladtvoigtci-
gefangen- Anstalt zu Berlin. Vtjhrschr. f. gericbtl. Med. I. 1.
Mull er, Das Institut der Bertiner Polizei - Bezirks-
Aerzte. Pr. Ver.-Zig. 12.
deNeufville, W. C. , Die tÖdtlichen Verletzungen
nach den Grundsätzen der neuern deutschen Strafgeselzgehun-
gen. Erlangen 1851. (Separatabdruck aus H e n k e 's Ztschr.)
(20 Ngr.)
Parkraan, S., Beziehungen der medicinischen Wissen-
schaft zu den Gesetzen und den Gesetzgebern. Americ. Journ.
Jan.
R a m p 0 1 d , Ueber das Dnhorbarwerden des Herzschlags
als Zeichen des Todes. Würtemb. Corr.-BI. 45. 1851.
Revaccination, Resultate derselben in der königl.
preuss. Armee im J. 1851. Pr. Ver.-Ztg. 13. (Jahrbb.
LXXIV. 300.)
Riehm, H., Deher die Sorge des Staates für den all-
gemeinen Gesundheitszustand. Nederi. Weekbl. Septbr.
1851.
R o t h a m e 1 , Zweifelhafte Todesart eines in der Wenra
gefundenen Leichnams, welcher eine Scbuss- und mehrere
Schnittwunden an der rechten Seite des Halses und zugleich
nicht unerhebliche Zeichen des Ertrinkungstodes an sich hatte.
Henke*s Ztschr. 1.
Seiler, W. , Ein Beitrag zur Bestimmung, ob aufge-
fundene Leichen an Apoplexie oder durch Erstickung verstor-
ben sind. Monthly Journ. March.
S i e b e r t , A . , Gericbtsärztlicbes Obergutachten über
die ZurecbnungsfSbigkeit einer Kiodeamörderin , und über die
Todesart des neugebornen Kindes. Henke's Ztscbr. 1.
Tourdes, G. , Bemerkungen über den Tod durch
Chloroform in gerichtlich -medicinischer Beziehung. Gaz. de
Strasb. 1.
ZIttig, Monomania religiosa; Ezperimentum crucis
vor dem Schwurgericht zu Auricb. Vtjhrschr. f. gericbtl.
Med. I. 1.
Zurechnung des ärztlichen Heilverfahrens, zur Lehre
von derselben. Gutachten der k. wissensch. Deputation für
das Medicinalwesen. Daselbst.
S. a. VJU. 10. Cazenave.
ILIUII. TblerbeUkunde.
£ r k e n s , H. G., Neues Viebarzneibach für Jedermann.
3. Aun. gr. 12. Aachen 1852. (Geh. >/, Thlr.)
Basse, L. , Deher die Heilung der Lungeoseuche mit
schwefeis. Eisen. Rep. d. Thierheilk. Xlll. 1.
Kreutzer, J. M. , Grundriss der Veteripiifsi
zum Gebrauche bei Vorlesungen für Sludirende «Icr M
so wie zum Selbstgebrauche, für Pbysikata- uod pra&xiJ
Aerzte und Tbierärzte. 1. u. 2. Lfrg. Erlangen 1852. |
Laib, Beobachtungen über den Milzbraad bri Pfcri
auf dem Gestüte des (inifen M. Esterbizi zu Unter -latul
Ungarn. Rep. d. Thierheilk. Xlll. 1.
L a n d e 1 , Tuberkulose bei einem 5jähr. Pferde, tm
— — Deher eine vermeintliche aatbraxartige Kiaa
heit unter den Hunden und dem Federvieh. DsKelhst.
Leim er, E., Ectopia cordis bei einem Kalbe. Dm.
"SLUL. Medlelii Im AllsemetiieBi
1 ) allgemeines .
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pia; Scarlatina rlieumatica; Scbarlachfieber ; Schlaf a
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Hausarzt, der praktische, enth. über 1000 erprob«
Haus- und Heilmittel gegen alle im menschlichen Leben vef
kommenden Krankheiten u. s.w. 4. Aufl. Schaffhaasen 18Si
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richtige Wahl der bomöopath. Heilmittel. 4. Anfl. 5. lif.
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Onania, oder die Selbstbefleckung mit aUen ihn^
entsetzlichen Folgen u. s. w. Nach d. 12. Aufl. aus d. £b|1
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der Leibesübungen angewandt zur Heilung von Krankheiten
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[Diess Werk wird mit circa 4 — 5 Lieferungen gleicher
Stärke bis spätestens Juni 1852 vollendet sein.]
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3W
ch-Regiat«r«
S a c h
e g I s t e r.
(Die Zahlen Jfeziehen sich auf die Seite.)
AhdominAltyphos: Chinin, sniph. fbgogt^n 103.
Abortus: Compression der Aurta dagegeb 5tf ; — durch
fettige Efititrtung der Placenta 52.
Abscess: des Gehirns 29; — hrnier dem Pharynx 2^1.
Aconit: Bereitung des Extnic(9 f59.
Aepfelwein: epidemische Bieikolik durch mit Biet f ersetz^
ten 297.
Aerzte: numismatrsche , hiMorisrhe und kritische Studien
über dieselben, von L. J. Renauidin (Rec.) 143.
Aetrung: u. Aufrollung der Venen bei Varicoccie 341.
Amennorrhöe: mit Blutbrechen complicirt , durch Elek-
tromagnetismus geheilt 48 ; — Bromeisen dagegen* 162.
Ammoniak: im Schweiss 9.
Anästhesie: t>ei hysterischen Frauen 824; — Schwefel-
äther in Verbindung mit Chloruform dieselbe schnell, sicher
und angenehm hervorrufend, von J. Weiger (Kec.)
361.
Analyse: chemische, Wörterbuch derselben, oder alphab.
Repertorium der Analysen aller naluriichen und künstlichen
Körper, seit dem Ursprünge der Chemie bis jetzt, mit An-
gabe 6er Namen der Erlinder und der Sammlungen, id wel-
chen sie enlhullen sind, vun Violette und Archam-
bault(Rec.) 260; — quantitativ-mikroskop. und eben,
der Blul körperchen und Blutflüssigkeit 3; — zoochem.,
Anleitung znr qualitativen und quantitativen, von Gorup^
BesanezCRec.) 80.
Aneurysma: des Arcus aortae ohne die gewöhnlicbeo
diflgnost. Merkmale während des Lebens 173.
Animalische Substanzen: Vergiftung mit solchen
297.
Anthropologie: Blätter für gericbtlicbe , von J. B.
Friedreich (Rec.) 125.
Antimonflecke: Unterscheidung derselben von Arsen-
flecken 25.
Aorta: Aneurysma des Bogens derselben 173; — Com-
pression nach der Geburt 55 ; — Entzündung 40.
Arachnoidealzotten 284.
Arcus senilis: Zeichen der FetteAtarttlng Aei Hflrzens
307.
Argentum niCricum: gegen Ectropium 6S ; — gegen
Neuralgien 163; — gegen Ruhr 43; — als Vesicans
163.
Arm : über die Synomlgeschwülste am untersten Tbelle des^
selben 226.
Arsenik: Flecke , Unterscheidung von Antimonflecken 25 ;
— gegen Wechseirieber 24. 161 ; gegen scrophulöse Au-
genentzundung 348; — Sulphuret gegen Diabetes 17B.
Arteria pulmonalis: Verschliessung derselben 37. 40.
Asthma laryngeum infantum: bei weichem Hinter-
kopf 332.
Atelectasis pulmonum 214.
Athmen: über das der Haut 17.
Atmosphäre: freie Salpetersäure ein regelmässiger Be-
standtheil derselben 146.
A tropin: Vergiftung 28.
Aufrollung: und Aetzung der Venen bei Varicocele 341.
Auge: Einstellung desselben für horizontale oder verticale
Linien 288 ; — Melanose^desselben 350.
Augenentzündung: scrophulöse 345; Tuberkulose,
Complication derselben 346 ; Arsenik dagegen 348 ; Coniin
dagegen 347 ; Plummer'sche Pulver dagegen 347.
Baccae Mfz^rei: gegeo Prosopalgie 24.
Bad: russisches, Einfluss desselbeo aaf (Üt Meostnaiiw
323.
Bänderapparat: zwischen dem Hinterhaupisbeine o. deri
obersten Halswirbeln 155.
Bandwurm: neue Art desselben 316; — Koassu dagegei
164; — Quellen von J^iebwerda dagegen 88.
Bauchfell: Entzündung 41.
B a u c h f e 1 1 h-ö h I e : Einspritzung reizender FJussigkäUft iä
dieselbe zur Heilung der Wassersucht 24.
Bauchhöhle: Entfernung eines« durch Zerreissang der Ge»
bärmulter dahin gelangten Kindes aus derselben 55.
Bauch schnitt: wegen eines nach Zerreissung der Gebär-
mutter in die Bauchhöhle gelangten Kindes 55.
Baumwollspinnereien: Gesund heitsverhältnisse der is
denselben beschäftigten Arbeiter 253.
Becken: weibliches, Blutgeschwfilste in demselben 317;
— ein neues .Mittel der Entbindung bei sehr eogein, vs&
D i d 0 1 380 ; — das enge nach eigenen BeobacfatuageB l
Untersuchungen, von G. Michaelis o. C. C. Tb. Liti-
mann (Rec.) 367.
Begraben: vorzeitiges und Scheintod, von M. K a u fm a o ■
(Rec.) 127.
Belgische Akademie: Denkschriften derselben (Rec.)
378.
Bendorf: Bericht über die im J. 1851 daselbst behandel-
ten Gehirn- u. Nervenkranken 356.
Bewegung: thierische, über solche, von E. du Boit-
Reymond (Rec.) 360.
Bier: der Gesundheit nachtbeilige Zusätze zu demselben is
med.-polizeil. Beziehung 251.
Bindegewebe: Entstehung desselben , so wie des Knor-
pels 150 ; -^ Entzündung 300.
Binden: des Leibes nach der Entbindung 327.
Bisa: giftiger Thiere, Heilverfahren dagegen 25.
Bläschenkrebs 118.
Blas ei Tuberkelablagernng in der Schleimhani derselben
43.
Blasensteinzertrümmerung: Bericht über 19 Fällt
derselben , nebst einem Anhange : über den Fortscbritt ia
der Lithotripsie durch Beiziehung der Aetbemarkose , von
V. V. Ivänchich (Reo.) 376«
Blaaenwurm: im Gehirn 30.
Blattern: natürliche 380 ; Impfung mit solchen 307.
Blausäure: physiologische Versuche damit 22.
Blausucht: durch Oflenbleiben der Herekanunerscbeide-
wand bei Verschliessung der Lungenarterie und Fehlen dt»
Ductus Botalli 37.
B 1 e i k 0 1 i k : epidemische , durch mit Blef fersetzten Aepfel-
wein 297.
Blinde: Bericht über dieselben , sowie über TaabsUumna
und Geisteskranke in Norwegen, ?on F. Holst (Rec.)
132.
Blödsinn 357.
Blut: extravasirtes und stockendes, über die Metamorphose
der gefärbten Blutkörperchen in demselben 277« — Er-
kennung des Chloroforms in demselben 291 ; — Kiscstoff
darin 7 ; — Krankheilen desselben , der grossen Gefasjse
und des Herzens, von C. Forget (Ree.) 93; — bei
Krebs 115; — Krebszellen in demselben 115; — Kri-
stalle in dem der Milzvenen and' der Fische 273; — bei
Satfk -Rlgistei^.
390
Leiri[§iiiiei48; ^^ Mangao in demielbeo 2M; «^ qaaBtl-
tative, mikroskopisfihe uDd ebemwcbe Analyse der Körper-
eben u. der Flüssigkeit desselben 3.
Blutbrechen: mit Amenorrhoe complickt, diirdi Ekeitro-
Magnetismofl geheilt AS.
Blutflecke; lur Diagnostik deraelbeQ n. der Sameoflecke
in gerichtl. Fällen 243.
Blutgesehwulst: im weibiiehen Becken 317.
Blutung: durch fettige Entartung der Placenta 52.
fireehoiittel: Tabakinfasnm als aolcbee bei Vergiftung
mit Landanum 29ft.
Brechweinstein: gefiibriieht Wirknag bei Anwendung
desselben gegen Lungenentzündung 290.
Brigbt'sehe Krankheit 302; -^ Carniflcation hei ihr
306; *-<• Cinehonin gerbaanres n. Cbinoidin dagegen 160;
— Degeneration der Nieren bei derselben 1Ö7 ; -^ Sym-
ptome derselben , welche , wenn sie einxelo stebend sind,
andere Krankheiten simuljren können 178,
Brod: schwarzes , gegen Yeratopfung 24; — weisses, (Jr-
aacbe der Verstopfung 24.
Bromeisen: Gebrauch desselben 162 ; -<- g^en Erysipe-
las 162.
Brüste: Schwinden derselben u. der Hoden unter dem Ge-
brauche von Jod 289.
B u b o : syphilitischer , Zerlheilung desselben durch das Ri-
cord'scbe Verfahren 314.
Bursae subcutaneae: Anatomie und Pathologie dersel-
ben 223.
C.
Calomel: Vergiftung mit demselben 297.
Cannabis indica: schmerzstillendes Mittel bei Uterus-
krankheiten 321.
Caries: Complication scrophuldser Augenentzfindung 346.
Carnifieation 304 ; — bei Bnght'scber Krankheit 306.
Carotis: Compressioo derselben gegen gewisse Schmerzen
des Truncus nnd in den Extremitäten 357.
Casein: im Blute 7.
. C a u t e r is a t i o n : bei KropfgesckwäUten 220.
Chemie: dieselbe fasslich dargestellt nach dem neuesten
Standpunkte der Wissenschaft für Studirende der Hedicin,
der Naturwissenschaften und der Pbarmacie, von Rud.
Wagner (Rec.) 259 ; — Grundzüge der allgemeinen, mit
besonderer Rücksicht auf die Bedürfnisse des ärztlichen
Studinffls bearbeitet von C. Fr. S ebne i der (Rec.) 259;
— Grundzuge der analytischen, aoorganiseber Substanzen,
von Herm. Ludwig (Rec.) 260; — Lehrbuch der phy-
siologischen, von C. G. Lehmann (Rec.) 260.
China: Extract, mit Senna-Aufguss gegen reguläre Wecb-
selfieber 2i93 ; — Präparate gegen WecbselGeher 293 ; -*-
mit Ratanhiadecoct gegen profuse Eiterung 165.
Chinin: mit Arsenik gegen WechselOeber 161 ; — gegen
Abdominnllyphus 163; — und Morphium gegen Wechsel-
fieber 293; — gegen Typhus 163; — schwefelsaures,
Verfälschungen desselben mit schwefelsaurem Cinchonin
294.
Cbinoidin 160 ; — gerbsaures 159 ; gegen übermässige
Menslmation 160.
Chirurgie: praktische, von P. N. Gerd y (Rec.) 112; —
ttaadbucb derseUien, von C. Angelstein (Rec.) 370;
•^ ayatematisches Lehrbuch der gesammten, von M. Frank
(Rec.) 371 ; — Taschenbuch für operative. Nach dem
Franz. de» Dr. Isnard frei bearbeitet u. mit Erfahrungen
und bewährten Methoden deutscher Chir. bereichert , von
R. Prosch (Rec.) 374.
Chirurgische Krankheiten: Einfluss der Lage bei
dsnseiiben, von A. Nälaton (Rec.) 113.
Chlorjodquecksilber: gegen Finnen 294.
Chloroform: Erkennung desselben im Blute und den
wichtigsten Eiageweiden 291; ^ Gebrauch desselben in
Geburtsfällen in der Dubliner Gebäranstäil 204 ; -^ gegen
gichtische Affeetionen 29tl ; — gegen Lungenschwindsucht
163; -— Tod durch dasselbe uod seine Verhütung, von
Staaelli (Ret.), 124$ -^ in VechiadAUg mit Schwefel-
l
äther die Anästhesie achoell , § icher und angenehm hervor-
rufend, von J. Weiger(Rec.) 861.
Chlorose: Mineralwasser von Vicby dagegen 84.
C h 1 0 r z i n k : zur Aetzung bei Varicocele 342.
Cholera: chemische Untersuchungen in derselben 148 ; —
bei Irren 75.
Chorea 330; — Erweichung des Rückenmarks bei dersel-
ben 331 ; <-- Gehait des Harns an Sulphatea o. Phosphaten
bei derselben 280; — BluläberfülluBg dea Gehirns bei
derselben 331.
C i c tt t a : Bereitung dea Extractes 159.
Cinchonin: gerbsaures 159; ^-< sebwefelsaurea , Ver-
fälschungen des schwefeis. Chinins damit 294.
Citroaensaft: Wirkungen desselben 159.
Clavus hystericus 325.
Climatologie: und Gesundheitszustand des Gebietes und
der Stadt Ron 1849 u. 1850, von M. Armand (Rec.)
132.
CoUodium: gegeu Geschwüre 295; — bei Mftsti|is205;
— gegen Pockennarben 164.
Compressimeter 378.
Compression: der Aorta nach der Geburt 55; — der
Carotis gegen gewisse Schmerzen im Truncus und in den
Extremitäten 357.
Conicin 25.
C 0 n i i n : gegen seropbulöse AugenentzunduQg 347.
Cornea conica 348.
Crepitation: schmerzhafte der Sehnen 228.
Cretinismus: Abhandlnng über denselben, ao wie aber
Kropf, nebet der Statistik der Kropfie und der Cretins im
Isere-Thale, dem Isere - Departement und dea Ober- und
Niederalpen, von B. N i e p e e (Rec.) 130.
Croup: Tracbeotomie 215.
Cureuma 288.
Cyanosis s. Blausucht.
Cyste: Bildung derselben im Gehirn 30.
Cystotomia perinealis: in Verbindung mit der Litho-
tripsie behufs der Extraction voluminöser Steine 344.
D.
D a m m r i s s : Operation desselben 204 ; — Serres-Qnea bei
unvollkommenen 327.
Darmblutung: nach dem Gebrauche des Succus citri
159.
Darmschleimhaut: Hypertrophie der Drüsenfollikel der-
selben 174.
Datura Stramonium: Vergiftung damit 28.
Decidua: des Menschen und die Graafschen Follikel mit
der Bildung der für partielle Furcbung bestimmten Eier der
Vögel verglichen 281.
Delirium tremens: Gehalt des Harns an Sulphaten und
Phosphaten bei demselben 280.
Dentition 216; — die Zufälle bei derselben und die Mit-
teln, sie zu bekämpfen, von A. Del abarre tils (Rec.)
110.
Deviation: des Uterus 197.
Diabetes mellitus: Behandlung delhelben 178; -^
Mineralwasser von Vichy dagegen 84.
Diarrhöe: Kreosot dagegen 23 ; — Oleum naphlhae dage-
gen 164.
Diatripteur 54. 380.
D i s 1 0 r s i o n : Seuiia'scher Verband dagegen 379.
D 0 u ch e n : kalte, gegen Wechsellieber 292.
D rus ige Follikel : der Darmschleimhaut 157; Hyper-
trophie derselben 174.
Dublin: Bericht über den Gebrauch des Chloroforms in der
Gebäranstalt daselbst 204.
Ductus Botalli: Fehlen desselben 37.
Dura mater: fibröse Gesell wu Ist dersciUen 30; — die
Paccbioniscben {)rus«n an der iunam Fläche derselben
285. ^
Durststtcht 363.
400
S a c h - R*e g i f t 6 r.
Dytcnterie: BebaDdlung denelben 4S.
Dytmenorrhoea 196.
Eclampsia nutans 331.
Ectropium: sarkomalöses 67.
Ehe: hinsichtlich der Population, Gesundheit u. öffentlichen
Moral, fon A. Mayer (Rec.) 139.
Ei: der Vögel, die Bildung der für partielle Furchung be-
stimmten im Vergleich mit dem Graafschen Follikel u. der
Decidua des Menschen 281 ) — Rhythmus der Furchungen
in dem des Frosches 11.
Eierstock: Bildung eines kflnstlichen Eileiters zur Heilung
der Wassersucht desselben 200 ; — Pathologie, Diagnose
und Therapie der Geschwfltste in demselben 49 ; — Was-
sersucht desselben geheilt 203 ; — Tuberkulose desselßen
und des Uterus 200.
Eileiter: kunstlicher, zur Heilung der Eierstockwasser-
sucht 200.
Eingeweide: Erkennung des Chloroforms in den wichtig-
sten 291.
Einspritzung: reizende gegen Wassersucht 24.
Eisen-Kali-Ammoniak: weinsaures 162.
Eisenpräparate: über dieselben und die Anwendung
des Mangans, foo Marie ns (Rec.) 380.
Eiter: aus Bubonen 183; — des Schankers, Uebertragung
desselben von Menschen auf Tbiere 193 ; von dem Thiere
auf den Menschen 193 ; vom Menschen auf die Thiere zu-
- rflck 194 ; — im Urin , als diagnostisches Symptom für
^ gewisse Krankheiten des Urinsystems 65.
Eiterung: profuse, China und Ratanhiadecoct dagegen
165.
Eiweiss: Paralbumin u. Metalbumin demselben verwandte
Körper 147.
Elastische Faser: im Auswurf der Phthisiker als siche-
res Zeichen einer Vomica, von Schröder van der
Kolk (Rec.) 82.
Elektricität: atmosphärische. Ober einige mittelbare
physiol. Wirkungen derselben 145.
Elektromagnetismus: gegen Amenorrhoe mit Blut-
brechen 48.
Emollirende Methode: über dieselbe, sowie Aber
Remedia bechica u. pectoralia 158.
Endocarditis 170.
Endocardium 170.
Entbiodung: Binden des Leibes nach derselben 327 ; —
neues Verfahren bei derselben bei sehr engem Becken , von
D i d 0 1 (Kec.) 380.
Entropium: Complication von Epicanthos 70.
Entzündung: der Aorta 40 ; — des Bauchfells 41 ; —
der Meningen der Gehirnbasis u. des Rückenmarks 29; —
parenchymatöse 29^; — des Herzens 31 ; — desThranen-
schlaucbs 119.
Epicanthus 68.
Epidemien: über dieselben in den f. Jahrhunderten des
Mittel alleres, von Mersemann (Rec.) 378.
E p i 1 e p s i'e-: Leichenbefund bei derselben 352.
Episioraphie: und Vorfall der Gebärmutter 199.
Epithelialk^ebs 118.
Erysipelas: Bromeisen dagegen 162.
Essig: über denselben und seine Verfälschungen 287.
Essigsäure: im Essig 287.
Eustachische Klappe: Nutzen derselben 17.
Exstirpation: unzeri beilbarer Geschwülste am Halse
379; — der Kropfgeschwülste 220; — der Synovialge-
schwülste 232.
Extremitäten: Coropression der Carotis gegen gewisse
Schmerzen in denselben 357.
F.
Fallopi'sche Tuben: Einführen der Sonde in dieselben
und über Bildung eines künstlichen Eileiters zur Heilung
der Eierstockwassersucht 200.
Farbstoffe: krystallinische , thieriacbe 147 ; —
zer, in alten Cysticeicensicken 148.
Faserkrebs 118.
Febrifugum s. Wechselfieber.
Fett: im Harn bei Krebs und des Pankreas 307.
Fettablagerung: unterschied derselben voo feiliger Ent-
artung 52.
Fetteinreibungen: bei Scharlach , Maaem nod RMnk
294.
Fettentartung: 4ea Herzens, Arcus senilis ein Zeichci
derselben 307 ; — der Placenta u. ihre Folgen m.
Fettge»chwulst: des ütems 158.
Fibroide: narbenihnitche 117.
Finnen: Chlorjodquecktilber gegen dieselben SM.
Fischblut: KrystaUe in demselben und im MUzvencobkv
273.
Fistula ductus lacrymalis interna 181.
Frkuen: Geschwulst am Hinterhaupte derselben 316; -
hysterische, über Anästhesie und Hyperästhesie bei di»
selben 324 ; — kranke , über das Sängen and NfcbCsio|a
derselben 206.
Frauendistelsamen: Affectionen 290.
F r a c t u r : quere der Kniescheibe , Behandlung scUecht gr^
heilter 337 ; der Spina scapulae 57.
Frosch ei: Rhythmus der Fnrchungen desselben 11.
Froschherz: über functionell verschiedene and räumlid
getrennte Nervencentra in demselben 283 ; — Veraacbe
demselben 22.
Frostballen: verdünnte Schwefelsäure mit Tinct. crM
dagegen 295.
Fruchtbarkeit: Vergieichung derselben bei der kanki»
sehen u. afrikanischen Race 79.
Fungus cellulosus 117.
Furchung: partielle, die Bildung der für dieselbe
ten Eier der Vögel im Vergleich mit dem Graafschen Fstt
kel und der Decidua des Menschen 281; — Rhythaie
derselben im Frpscbei 11 ; — Wesen derselben 149.
F u s s : eigen thumliche AiTection der Knochen desselben 335
— gerichtl.-med. Abhandlung über den Abdruck derselka
379.
G.
Gallerte: der Sehnenscheiden und Interrertcbndkooipd
147.
Gallertkrebs 180.
Galvanismus: Werth desselben in der Gebortsbilfe 203.
Galvano-Magnetismus: gegen Wechseifieber 292.
Ganglien: der Zunge bei Säugethieren und Menscbei
285.
Gebärmutter: Anatomie, Physiologie a. Pathologie 321 ;
— Fettgeschwulst 158; — Deviationen n. deren Radicsl
kur durch ein modiöcirtes Richtinstruroent 197 ; — Inno
tionelle Krankheiten 321 ; — fungöse. Wucherungen, ran
cbende Salpetersäure dagegen 165 ; — Polyp und Excisiai
50; — Relroversioo , Red uction derselben 198; — TW
berkulose derselben und der Ovarien 200; — VorfiiH mai
Episioraphie 199; neues Instrument za dessen Brhas4
luog 198; Serres-fines dagegen 327; — Zerreissoag •«
Entfernung des in die Bauchhöhte gelangten Kindes dsfcl
den Bauchschnitt 55. •
Gebärmulterkrankheiten: chronische, Verstoplnn|
ein Begleiter derselben 195. i
Geburt: Compression der Aorta nach derselben 55; ^
glückliche , nach früher ausgeluhrter Ovariotomie 53 ; -«
Gebrauch des Chloroform bei derselben in der DnbliaC
Gebäranstalt 204.
Geburtsbfilfe: Anwendung des indischen Hanfs in id.
selben 164; — Werth des Galvanismus in derselbd
203.
Gebnrtsknnde: die, mit Eibschiuss der Lehre von dd
fibrigen Fortpflanzungsvorgängen im weilil. Orgsnismo^
von F. A. Kiwisch Ritter V. Rotterau (Rec.) 103.:
Bach - Register.
401
Gebeimniss: Übe^ das medidoiteh«, fofi Didot (Bec.)
378.
Gehirn: Abscess 29 ; — Blascnwürmer in demselben 30 ; —
^ Blulfiberföllung bei Chorea 331 ; — Cyslenbildung 30; —
»' EntzOnduDg der Meningen an der Basis 29; — Function
11 ; — Ohrenkrankheiten , welche Affecliooen desselben
i( veranlassen 236; — die PaGchionischen Drusen an der
Oberfläche desselben 284.
K GebirnentzOndttn(|: Gehalt des Barn an Stflphaten nnd
I Phosphaten in derselben 280. *
Gehirnerweichung: primfire, weisse, l^ei Kindern
208.
I Gehirn- u. NerTenkranke: Bericht Ober die während
k del J. 1851 in der Privatanstalt zu Bendorf behandi^ltett
356.
I Gehirnkrankheiten: Ungleichheit beider Pupille« in
h denselben 358. ^
\ Gehorgang: äusserer, Krankheiten desselben 237 .
I Gehörorgan: gichtische Aflfectiooen desselben 236; —
rheumatische 235 ; — syphilitische 236.
Geisteskranke: Bericht fiber dieselben, so wie die Blin-
den und Taubstummen in Norwegen, von F. Holst (Rec.)
132 ; — pathologische Befunde in den Leichen d^elben
351.
Geisteskrankheiten: Nomenclatur und Classification
derselben auf phrenologische Principien begröndet 72.
Gelenkenden: der Knochen, pathol.-anat. Skizze der
Osteoporose derselben 334.
Gelenkhoble: Jodinjectionen in dieselbe 295.
Gerichtliche Medicin: und medicinische Polizei vom
t wissenschaftlichen tiesichtspunkte , von Marinus (Bec.)
378.
Geschlechts- u. Harnorgane: über die Krankheiten
derselben , von H. J. J o h n s o o (Rec.) 94 ; — praktische
Abhandlung aber die Krankheiten derselben, von W.
Acton (Rec.) 366.
Geschlechtstheile: weibliche, Missbildungen derselben
195.
Geschwulst: des Eierstocks, hinsichtlich ihrer Pathologie,
Diagnose und Therapie 49; — Exstirpation solcher am
Hal.se, die sich nicht zertheilen lassen 379 ; — fibröse der
Dura mater 30; — den Frauen eigene am Hinterhaupt
316; — scrophulöse, Bromeisen dagegen 162; — des
Thr&nensacks 68.
Geschwüre: Collodium dagegen 295.
Gesichtslähmung: halbseitige, bei Neugebornen 56.
Gesundheit: Einftuss des Retsbaues auf dieselbe, von G.
Capsoni (Rec.) 135; — nacfalbeilige Zusätze zum Bier
für dieselbe 251.
Gesundheitspolizei: Handbuch derselben, von J. B.
Friedreich (Rec.) 124.
Gesundheitsverhältnisse: der in Baumwollspinne-
reien beschäftigten Individuen im Allgemeinen , und aber
die unter ihnen vorzugsweise vorkommenden Krankheiten
insbesondere 253 ; — Klimatologie in der Stadt Rom und
ihrem Gebiete 1849 u. 1850, von M. Armand (Rec.)
133.
Gicht: Chloroform dagegen 291; — des Gehörorgans
236.
Glandula pituitaria: Veränderungen derselben als Ur-
sache der Epilepsie 352.
Glüh eisen: bei hartnäckigen syphilitischen GeschwQren
185.
Graaf* scher Follikel: und Decidua des Menschen,
Terglichen mit der Rildung der für partielle Furchung be-
stimmten Eier der Vögel 281 .
Grippe: Frauendistelsamentinctur dagegen 290.
I Grusskrampf 331. 363.
H^
Haarseil: bei Kropfgeach Wülsten 219; — bei Synovialge-
schwülsten 232.
H a d s c b i : Beobachtungen über denselben 23.
Med. Jahrbh. Bd. 74. UO. 8.
Hftmoptyais: nach dem Gebranche von Succaa citri 159 ;
— Potio Chqparti dagegen 290.
Hals: über Exstirpation von Geschwülsten an demselben,
die sich nicht zertheilen lassen , nebst Bemerknngen über
den Lufteintritt ins Herz durch eingeschnittene Venen, von
delaVacherie (Rec.) 379.
Halswirbel: oberste, Bänderapparat zwischen denselben
u. dem Hinterhauptsbeine 155.
Handgelenk: Synorialgescbwülste daselbst 226.
Hanf: indischer 23; Anwendung desselben in der Gebnrta-
' hülfe 164.
Harn: blaues Sediment in demselben 148 ; — Eiter in dem-
selhen als diagnostisches Merkmal für gewisse Krankheiten
des Urinsystems 65; — fett in demselben bei Krebs der
Leber und des Pankreas 307; — Gebalt desselben an Sul-
• phaten und Phosphaten bei acuter Chorea , Delirium tre-
mens, Gehirnentzündung 280 ; — "bei Harnröhrenverenge-
rung 281 ; — organische Normalbestandtheile desselben in
med.-diagnost. Beziehung 279.
Harnblase: Ruptur , nach einem Stoss gegen den Leib,
Autopsie und gericbtsärztl. Betrachtung 58; statistische
Untersuchungen über dieselbe 59.
Harn- u. Geschlechtsorgane: über die Krankheiten
derselben, von H. J. Johnson (Rec.) 94; von W.
Acton (Rec.) 366.
Harnkanäle: eigentbümlicbe pathologische Entwicklung
des Pflasterepithelium in denselben 157.
Harnröhrenverengerung: Barn bei derselben 281.
Harnsteine: Mineralwasser von Vicby dagegen 84.
Harnstoff: im Schweiss 9.
Haut: Athmen 17; Verbältniss zum Lungenathmen 19;
— chemische Bestandtheile der Aussonderung derselben 8;
— eigenthümliche Tastkörperchen in derselben und über
Endausbreitung sensitiver Nerven 151.
Hautausschläge: syphilitische, Diagnose, Prognose und
Behandlung 189.
Hautwurm: spontane Uebertragnng desselben und des
Rotzes vom Pferde auf den Menschen und umgekehrt , mit
directen Inoculationsversuchen 308.
Heilquellen: zu Liebwerda, von J. P 1 u me rt (Rec.) 85 ;
— zu Vicby, von Ch. Petit (Hec.) 84.
Hemiplegie 169.
Herz: Entzündung der Muskeln 31; — Fettenlartung , der
Arcus senilis als Zeichen davon 307 ; — Krankheiten,
nebst den der grossen Gefässe und des Rlutes, von C. For-
get(Rec.)93; von Wals he (Rec.) 89; — Lufteintritt
in dasselbe durch eingeschnittene Venen bei Exstirpationen
von Geschwülsten am Halse 379; — Ofienbleiben der
Scheidewand desselben 37 ; — Zerreissung des gesunden
80 ; — über die Bewegungen desselben , von F o s s i o n
(Rec.) 380.
Hinterhaupt: über eine den Frauen eigene Geschwulst
daselbst 316.
Hinterhauptsbein: Bänderapparat zwischen demselben
tt. den obersten Halswirbeln 155.
Hinterkopf: weicher, Heilung desseißen 332.
Hoden: über das Schwinden derselben und der Brüste bei
dem Gebrauche von Jod 289.
Hornhaut: pathologische Veränderungen in der entzünde-
ten 298.
Hornhautflecke: salpetersaures Kali dagegen 296.
Hundswuth 31; — Sanitätspolizei bei derselben 248.
Hydatide: des Gehirns 30.
Hydatidenförmige Körper: in Synovialgeschwulsten
229.
Hydrargyrum: gegen syphilitische Hautausschläge 189 ;
— muriaiicum corr., Vergiftung 167; — ^ muriaticum mite,
Vergiftung 297.
Hydrops ovarii: Metalbumin u. Paraibumin zur Albumin-
familie gehörige SloflTe in der Flüssigkeit desselben 147.
Hyoscyamus: Eitracl , mit haidriani. Zink gegen Neural-
gien 24. IJgitizedbyVJ 005
Hyperästhesie: bei hysterischen Frauen 324.
61
401
.a Qh - R Q gi 9(t e r^
Hypertrophi«: 4er DrAsenloUikel der Dtriascbleimha«!
174.
Bypoiasthin: im Blufe bei Leukämie 148l
Hysterie: Aaistbesie und HyperÜAtbeeie bei derselben
324.
I.
Jabresbericbt: über die Leistungen der Klinik für Kin-
derkrankheiten zu Wien 56.
Idiosynkrasie: gegen Opium 23.
Idiotismus: Bericht über denselben an die Legislatur von
Massachusetts^ ?on S. G. Bo^we (Reo.) 131.
Ignis sacer 378.
Ileus 176; — Behandlung desselben 42.
Impfung: mit Menscbenblattern 307.
Ingwer: über denselben und seine Verfälschungen 288.
Inoculation: der Syphilis, Zulässigkeil derselben bei
sypbiüt. Kranken in Hospitälern 193; — des Rotzes
und Rautwurms Yom Pferde auf den Menschen und umg»>
kehrt 308.
Inosit 147.
Inostearin 158.
InoBteatoma: eine im Uterus gefundene Fettgeschwulst
158.
Intervertebralknorpel: Gallerte aus denselben u. den
Sehnenscheiden 147.
Ipecacuanha: Aber dieselbe 289 ; — gegen Tracheobron-
chitis 333.
Jod: Gehalt im Leberthran 159; — da» Schwinden der
Brüste und Hoden unter dem Gebrauche desselben 289.
Jodcigarren 23.
JoddSmpfe: gegen chronische TrommelhöblenentzOndung
165.
Jodinjection: necb der Function bei KropfgescbwOlsten
219 ; — bei Synovialgeschwälsten 232 ; ^ in die Gelenk-
höhlen 295.
Jodwassers to ff atber: gegen chronische Entzündung
der Trommelhöhle 165.
Irre: Cholera bei denselben 75; — durch politische Wir-
ren 74 ; — Paralyse derselben 354.
Irrenangelegenheiten: die Ober-Oesterreicbs , fon A.
Knörlein(Rec.) 129.
Irrenanstalt: Bericht ober die lu Prag fflr die Jahre
1846 -> 1850 73; — zu Sachsenberg, von E. F. Flem-
mingCRec.) 129.
Isire: Statistik der daselbst vorkommenden Cretins und
Kröpfe, von B. Niöpce (Rec.) 130.
Klai^pen: halbJAondfönnigei liiaabilduiifeo n. Kiank^citai
derselben 173.
Klinik: für Kinderkrank heilen in Wien, Bericht über dii
Leistungen derselben 56,
Klinische Wahrnebmungen: und Beubacbtiiofeii. /o
der UniversitäUpoiiklinik gesammeil von Ed. He noch,
herausgegeben von M. H. Romberg (Rec.) 362.
Kniescheibe: Behandlung schlecht gebeiiler Qaf^rbnkbe
derselben 337 ; -*- Anwendung von MeULlkUmmcni be
Fracturen derselben 337.
Knochen: AfTection, eigenlbumlicbe der am Fusse 335 ; —
Entzündung 299; — pathologisch-anatomische Skiaeder
Osteoporose an den Gelenkcnden derselben 334 ; — \n-
änderuog desselben und der Knorpel in der Peritaotil-
bohle Inender Thiere 149.
Kn<0chengewebe: mikroskopische ünteraucbuiig 26 f.
Knorpel: Entstehung desselben u. des Bindegewebes 150;
— 1E:nlzttndung298; — bystocbemiscbe Verbältoisse 4ies-
seiben 262 ; — Veränderung derselben und der Knocben ia
der Peritonäalhöble lebender Thiere 149; ^ Veiiiiöcbe-
mng 299.
Kochsalz: gegen Wechselfieber 293.
Körpergewicht: der in Baumwollspinnereien bescbältig-
ten Arbeiter 254.
Körpergröase: der in BaumvoUspinoereien bescbäfUgtea
Arbeiter 254.
Kondylome 188; — weisse 117.
K 0 u 8 s o : gegen Bandwurm 164.
Krampfhusten: Tannin dagegen 291.
Krankheiten: der Menschheit, inßezugauf die Geschichte
und die Verbreitung derselben in ihren Beziehuogeo ȟb
Wechsel und dem Erkranken der POanzenwelt 77.
Krebs: Blut bei solchem 115; — galleruriiger 180; —
der Leber und des Pankreas , Fett im Hara bei demaeiben
307 ; — linsenförmiger 118.
Krebszellen: im Blute 115.
Kreisaende: Wendung durch Lagerung derselben 204 .
Kreosot: gegen Diarrhöe 23.
Kropf: Abhandlung über denselben und den Cretioismui^
nebst der Statistik der Kröpfe u. der Cretins in dem Tbalc
von Isfere, dem Isere-Departement , den Ober- u. Nieder-
alpen, von B. Niepce (Rec.) 130.
Kropfgescb wü Iste: über die, welcbe die Luftröhre com-
primiren und deformiren und deren Behandlung 216 ; —
Verschiebung derselben 218.
Kry stalle: in den Milzvenen- und dem FischUute 273.
Kubpocken: über dieselben u. die Mauke 307.
Kupfer: Vergiftung 165.
K.
Kalte: nach gemachtem Kaiserschnitte 205.
K&sestoff: im Blute 7.
Kaiserschnitt: Kalte nach gemachtem 205.
Kali: chroms. Vergiftung durch dasselbe 28; — »alpeters.
gegen Hörn haut flecke 246.
K a ro p h e r : als Ursache der Verderbniss der Zähne 24.
Katarrh: virulenter, yenerischer 185.
R e r m e 8 : gegen Tracheo-bronchitis 333.
Keuchhusten: chronischer , gerbsaures Cincbonin und
Chlnoidin dagegen 160; — Vaccinaschorfe dagegen 291.
Kind: Austritt desselben nach Zerreissung des Uterus in die
Bauchhöhle 55; — essentielle Lähmung derselben 211;
— Mord derselben durch Eintauchen in staubförniige SlofTe
242; — Pneumonie bei denselben 215 ; — priraftre weisse
Hirnerweichung bei denselben 208 ; — über einige bei den-
selben häufig vorkommende Krankheiten der Respirations-
organc 332 ; — Tracheo-bronchkis bei denselben 332.
Kinderkrankheiten: acute und chronische , homöopa-
thische Behandlung derselben, von A. Teste (Rec.) 169;
— Bericht über die Klinik derselben in Wien 56.
Kindes in onl: durch Eintaochen des Kindes in staubför-
mige Stoffe 242.
Labyrinth: Krankheiten desselben, die anf das Gebini
übergeben 239.
Lfihmung: essentielle der Kinder 211 ; — motorisclie der
Zunge 153 ; »— Identität der alkgemeinen fortscbiviteDdeii
352.
Laudanom: Tabaksinfusum als Brecbmittel bei Vergiftung
mit demselben 296.
Lebensdauer: mittlere, der in Baumwollspinnereieo be-
schäftigten Arbeiter 255.
Leber: Entzündung, parenchymatöse 302 ; — Fett im H«n
bei Krebs derselben 307.
Leberthran: Jodgebalt 159; — gegen soroph. Kogeaent-
Zündung 348.
Lebervcrgrösserung: Mineralwasser soa Vicby «tage-
gen 84.
Leib: Binden desselben nach der Entbindung 337.
Leiche: pathologische Befände in denen Geisteskranker
351.
Leim: reinem im Blule bei beubämie 146. t
Leukämie: Blut bei derselben 148. ^OQ LC
Leukorrhöa: gerbsanres Cinchonia und Sidoidiii
gen 160.
Sk^b ^B^gist er.
403
Li^b^erda: seine Heilquellen , von J. Planiert' (Rec.)
8».
L i e o i n : Bestandtheil der Milzfliissigkeit • 148.
Lithotomias. Cystotomia.
Lithotripsie: io Verbindung mit Cystotomia perinealis
behufs der Extraction voluminöser Steine 344; — Fälle
davon, nehst Bemerkungen Aber Aetbernarkose dabei, von
Y. T. Ivanchich (Rec.) 376.
Luft: Eintritt derselben ins Herz durch eingeschnittene
Venen bei Exstirpation von Geschwülsten am Halse , von
de la Vacherie (Rec.) »79.
Lufteinbiason: Methoden desselben 207 ; — nach der
Function bei Kropfgeschwulsten 219.
Luftröhre: ub^r die K ropfgesch Wulste , welche dieselbe
comprimiren u. deformiren 216.
Lunge: Atelectasis 214; — Tuberkelabl;igerung in der-
selben 43.
LuDgenenttilndungs. Pneumonie.
Lungenkrankheiten: über dieselben, von H. W a 1 s h e
(Rec.) 89.
Lungenschwindsucht: Chloroformeinathmungen bei
derselben 163.
Luxation: Seutfn'scher Verband dagegen 380 ; — der Na-
senknochen ohne Fraclur derselben nach Einwirkung einer
traumatischen Ursache 339; — der Metatarsalknochen u.
eine besondere Species derselben 340.
Lymphdrusen: liber den Bau derselben, von 0. Hey-
felder (Rec.) 361.
Magnetismus: tbierischer, Bericht über die im Civilspi-
tale zu Vicenza damit angestellten Versuche u. Beobach-
tungen 359.
M a i w u r m : Vergiftung 28.
Mangan: Anwendung desselben, von Martens (Rec.)
380; — über das Vorkommen desselben im mensch-
lichen Blute 27K.
Masern: Fetteinreibungen hei denselben 294.
Massachusetts: Bericht über den Idiotismus daselbst,
von .S. G. Howe (Rec.) 131.
Mastitis: Behandlung mit Collodium 205.
Mastoidealzellen: Krankheiten derselben, die auf das
Gehirn übergehen 238.
Mauke: über dieselbe u. Kuhpocken 307.
Medicin: gerichtliche, Einleitung in das Studium und die
Praxis derselben, von H. H. Beer (Rec.) 126; — und
Phrenologie, von G. Scheve (Rec.) 137.
Medicinische Polizei: und gerichtliche Medicin vom
wjssenschaftl. Gesichtspunkte, von Marinus (Rec.)
u 7o.
Melanose: des Auges 350.
Meloe majalis s. Maiwurm.
Meningitis: an der Hirnbasis 29 ; — syphilitische 313.
Menschenblatter: über Impfung mit denselben 307.
Menstruation: Endzweck derselben 196; — Einfluss
des russischen Bades auf ditselbe 323 ; — Physiologie u.
Pathologie derselben 322; — übermässige, gerbsaures
Cincbonin und Chinoidin dagegen i60; — verspätete, Ur-
sache scroph. Augenentzündung 347.
Mercurialatrophie 314.
Mercurialkrankbeit: in Russland 48. 3l4.
Mercurialscorbut 314.
Mercurialscropheln 315.
Me tat hu min: ein zur Albuminfamilie gehöriger Stoff in
der Flüssigkeit des Hydrops ovarii 147.
Metalle: Beimengungen derselben zum Essig 287.
Metallklaromern: zur Heilung querer Kniescheiben-
brücbe 337.
Metallstifte: zur Heilung querer Kniescheibenbrüche 3Ä8.
Metatarsalknochen: Luxation derselben 340.
Miasma: Verbältniss des Ozon zu demselben 145.
Milchsäure: im Schwelsse 9.
Milchsecretion: Rückkehr derselben nach langer Unter-
brechung 206.
Milz: Beobachtungen über die Krystalle des Veneablots in
derselben und im Fischbiute 273 ; — einige chemische
Besiandtheile der Flüssigkeit derselben 1'iS.
Mtssbildungen : und Krankheiten der hailmiondrörmigeD
• Klappen 173; — der weiblichen Oeschiechlstheile 195.
Mittelalter: die grossen Epidemien in den ersten Jahrb.
desselben, vonMerseman (Rec.) 378.
Morphium: essigsanres, und Chinin gegen Wechsel Heber
293 ; — eigenthüinliche Wirkung desselben 23.
M 0 r t a I i t ä t s V e r h ä 1 1 n i s s : der in Baumwollspinnereien
beschäftigten Arbeiter 255.
Muske.1: Entzündung 301; — Entzündung der des Her-
zens 31; — Leistungsfähigkeit derselben 20; -^ querge*
streifte, miltrochemische Vet-hälinisse dertelbeo 263;-*«
Wassergehalt bei Cholera 149.
M u 8 k e 1 f 1 e 1 8 c*h : Sehnendeck desselben 302.
Muskelkraft: der in Baumwollspinnereien beschäftigten
Arbeiter 254.
Muttermund: Verschliessung desselben 195.
Mydriasis 358.
Myosis 358.
Myotomie: bei Kropfgescbwulst 218 ; — bei Kuiescheifaen-
brucb 338.
N,
Nabelschnur: von der zu kurzen u. zu langen, umschlan-
gcnen u. vorgefallenen 328 ; — Reposition der vorgefalle-
nen 53 ; — Vorfall 329.
Nachtripper: gerbsaures Cincbonin u. Chinoidin dagegen
160.
Nahrungsmittel: mikroskopisch - chemische Analyse der
festen u. flüssigen, nebst deren Verfälschungen 287.
Nasenknochen: Luxation derselben ohne Fractur 339.
Naturgeschichte: des Plinius sec. von i. Sillig(Rec.)
142;— der Turbellarien , von Max. Sigm. S cbultze
(Rec.) 257.
Nerven: sensitive, über ihre Endausbreitung 151; — Ür-
sprungsquellen des sympathischen 152.
Nervencentra: über functionell verschiedene und räum-
lich getrennte im Froschherzen 283.
Nervenfaser: gelähmte, anatomischer Charakter dersel-
ben 152.
Nerven- u. Geisteskranke: Bericht über die während
des J. 1851 zu Bendurf behandelten 356.
Nervenkrankheiten: Lehrbuch über die des Menschen,
vonMor. H. Romberg*(Rec.) 266.
Nervenmasse: chemischer Charakter derselben 264.
Nervensystem: Entwicklungsgeschichte des peripheri-
schen 282 ; — pbysiol.-pathol. Beobachtungen Ober das-
selbe 168.
NeugeboVne: Behandlung des Scheintodes n. der ange-
bornen Schwäche derselben 207 ; — halbseitige Gesichts*-
läbmung bei denselben 56.
Neuralgie: des 5. Nervenpaares , baldrians. Zink dagegen
24; — Höllenstein dagegen 163.
Nicotin: Experiment^ damit 296 ; — über dasselbe 25.
Nichtsäugen: u. Säugen kränker Frauen 206.
Niere: croupöse Eutzundung 302; — Degeneratiqn bei
Eright'scber Wassersucht 157; — katarrhalisclie Entzün-
dung 302; — parenchymatöse Entzündung 303;, — Tubei^
kelablagerung in derselben 43.
Norwegen: Bericht Ober die Geisteskranken , Blinden und
Taubstummen daselbst, von F. Holst (Rec.) 132.
0.
Oberösterreich: die Irreoangelegenheiten^aselbst , von
A.. Knörlein (Rec.) 129. ^OQIC
Obstruction: chron., Behandlung derselben 24 ; — Brod,
schwarzes , dagegen 24 ; — bei chron. Gebärmuiterleiden
195.
404
Sach-Eegitter.
Ohreokrankbeiteo: BcitrSge sa deDselheo 235; —
Helclie «^hirDiiirpctidnfn veranlasseo 236; — gichlische
236 ; rheuniutische 235 ; »ypliiiiliücb« 236.
Oleum D a p h t li 0 f : gfgen Diarrhöe 164 ; — taoaceti , Ver-
gifluog mii d«*iiKSHilien 296.
Omphalulai*t(*riuin 54.
0 in p h ii i 0 ( » X i s 53.
Opium: eigrothiimliche Wirkung dessellieo 23 ; — mit hal-
drianA. Zink gfgfn Neuralgien 24; — Kultur des einhei-
mischeo 159. s. a. Lauda num.
Organismus: EinHuss des Sonnenlichts auf denselben
77.
Osteoide 117.
Osteoporose: der Gelenkenden der Knochen 334. 364.
Osteosklerose 335.
0 V a r i 0 1 o m i e : glücklicher neburtsfall nach derselben 53 ;
— Zusiimnienfilellung von 162 Fällen derselben 50.
Ozon: Yerhältni»8 desselben zu Miasmen 145.
P.
Pacchionische Drusen: Wesen derselben 284.
Pankreas: Fett im Harn bei Krebs desselben 307.
Paracentese: nach Blusenruptur 61.
P a ral humin 147.
Paralyse: fortschreitende , ohne Geistesstörung 353 ;
mit GeKstesstörung 354.
Paukenhöhle: Krankheiten derselben, die auf das Gehirn
uliergeben 238.
Peritonaalhöhle: Veränderung ?on Knochen u. Knor-
peln in dersellien lebender Thiere 149.
Peritonitis: chronische 41.
Peyer'sche Haufen: über die Gefasse in den Follikeln
derselben 157.
Pflanzenschlaf: Untersuchungen über denselben , ?on
H. Hoff mann (Rec.) 361.
Pflanzenwelt: ihr Wechsel u. ihr Erkranken , in Bezie-
hung ai4r die Gesrhichle u. die Verbreitung der Krankheiten
der Menschheit 77,
Pflasterepithelium: der Harnkanale, eigentbümliche
pathologische Entwicklung 157.
Phänomen: Erörterung eines physiologisch - optischen
285.
Phimosis 184.
Phosphor: Vergiftung 168.
Phosphate: u. Sulphate im Harn bei acuter Chorea, Deli-
rium tremens, Gehirnentzündung 280.
Phrenologie: in ihren Grundzßgen u. nach ihrem wissen-
scbaftl. u. prakt. Werthe, von J. Schaller (Rec.) 136;
— u. Medicin^ von G. Scheve (Rec.) 137.
P h t h i si s : elastische Faser im Auswurfe als sicheres Zei-
chen einer Vomica, von S c h r ö d e r v. d. Kolk (Rec.) 82 ;
— Chlorofonneinathmungen bei derselben 163.
Pi ekles: u. deren Verfälschungen 288.
P 1 a c e n t a : fettige Entartung derselben u. deren Folgen 51 ;
— Zurückbleiben derselben 53.
Pleuritis:' über sie, von L. v. G u 1 1 c e i t (Rec.) 269.
Plinius: secund., Historia nat. ed. J. Sillig (Rec.) 142.
Plummer'sche Pulver: gegen scropb. Augenentzundung
347.
Pneumonie: der Rinder, Aderiass dagegen 56 ; die Dia-
gnose derselben 215; — gefährliche Wirkung des Brech-
weinsteins bei derselben 290; — Ipecacoanba dagegen
290.
Pocken: mucopunilenter Scbeidenausfloss in Folge dersel-
ben 196.
Polyp: Excision desselben aus dem Uterus 50.
Potio Cbop'arti: gegen Hämoptysis 290.
Prag: Bericht über die Abtheilung für Syphilis im allgemei-
nen Krankenhause daselbst 183.
Prosopalgie: Baccae Mezerei dagegen 24.
Protojoduretum: ferri, Anwendungsweise desselben 162;
— hydrargyri gegen secundäre Syphilis 187.
Pseudarthrose 338.
Pseudoplasmeo: über die Erkenntniss deraelbeo, foa
F. Schuh (Rec.) 113.
Psoriasis 336.
Ptosis: Complication von Epiranthus 69.
Punction: bei Kropfgeschwulsten 219; — bei SynoYialfe^
schwulsten 232.
Pupille: Ungleichheit beider in Krankheiten des Gehins
358.
Pyämie 310,
Rabies cani na 8. Hundswuth.
Race: kaukasische u. afrikanische in Vergleich der Procfat-
barkeit 79.
Ranula 117.
R a t a n h i a : u. Chinndecoct gegen profuse Eiterung 165.
Reisbau: Einduss desselben auf die menschliche Gesund-
heit, von G. Capsoni (Rec.) 135.
Re media bechica u. pectoralia: so wie über die
emollirende Methode 158.
Reposition: der vorgefallenen Nabelschnur 53.
Respirationsorgane: einige Krankheiten dersellien,
welche bei Kindern häuflg vorkommen 332; — Krankheiten
derselben, von H. Wals he (Rec.) 89.
Retina: sternförmige Zellen derselben 155.
Redresseur intra-uti^rin 197.
Retropharyngealabscess: seine Geschichte a. Be-
handlung, mit einer statistischen Tabelle über HS Fälle
221. 364.
Retroversion: der Gebarmutter, Reduction der». 198.
Revaccination: Resultate derselben in der preass. Ar-
mee im J. 1851 360.
Rheumatismus: des Gehörgangs 235.
Rhinorrhaphe69.
Ricord's Verfahren: zur Zertheilung syphilitischer Bubo-
nen 314.
R ö t h e 1 n : Fetteinreibungen bei denselben 294. «
Rom: über Klimatologie u. Gesundheitszustand daselbst 1849
u. 1850, von M. Armand (Rec.) 133.
Rotz: spontane Uebertragung desselben u. des Hautwurmea
vom Pferde auf den Menschen u. umgekehrt, mit directea
Inoculationsversuchen 308.
Rotzkrankheit: Brennen der Pusteln dagegen 308 ; —
Fälle derselben 309.
Rotzvergiftung: Tod dadurch 308.
Ruckenmark: Entzündung desselben 29 ; — ErwekAiiag
bei Chorea 331 ; — Blutiiberfüllung bei Chorea 33i.
Ruckenwirbel: Tuberkelablagerung in denselben 43.
Ruhr: Behandlung derselben 42; — Ipecacoanha dagegen
290.
Ruptur: der Harnblase nach einem Stosse gegen den Leib
58; statistische Untersuchungen über dieselbe 59.
R u 8 s 1 a n d : die Mercurialkrankheiten daselbst 48. 314.
Sachs enberg: die Irrenheilanstalt daselbst, von E. F.
Flemming (Rec.) 129.
Salaam Convulsions 331 .
Salicylige Säure: als Diureücum 23.
Salmiak: als Febrifugum 162.
Salpetersäure: freie , ein regelmässiger Bestandtbeii der
Atmosphäre 146 ; — rauchende , als hämostatiscbes ond
kaustisches Mittel bei fungösen Wncberungen am Collnm
uteri 165.
S a m e n f 1 e c k e : zur Diagnostik derselben u. der BlutAecke
in gerichtl. Fällen 243.
S a n i t ä t s p 0 1 i z e i : bei der Hundswuth 248.
Säugen: u. Nichtsäugen kranker Frauen 206; — über die
Zeit innerhalb welcher dasselbe , nachdem es unterbrochen
wurde, wieder in Gang gebracht werden kann 327.
Schädel lagen: über dieselben 328.
• ch*Regi8ter,
405
Scbarlteb: Fetteioreihnagen bei deroseiben 994.
Scheintod: Beb.-indlung desKelbeo u. der aagehornfo
Schwache bei Neugeboroen 207 ; — über denselben a. das
vorzeitige Begraben, von M. Kauf mono (Rec.) 127.
Schleimhaut: der weiblichen Urethra , brankhafle Va«-
cufaritat 50; — des Schlundes, Krankheiten derselben, von
W. R. Wagstaff (Hec.) 270
Schlund: über die Krankheiten der Schleimhaut desselben,
von W. R. Wagstaff (Rec.) 270.
Schmerz: Pathologie desselben 351 ; — im Tmncos and
den Extremitäten, Compression der Carotis dagegen 357.
Scbmerzponktcben: Valleii'sche 363.
Schreck: Tod durch denselben 80.
Schulterblatt: Fractur der Graibe 57.
Schwäche: angeboroe, Behandlung derselben u. des Schein-
todes bei Neugebornen 207.
SchwefelSther: zur Erkennung der Verfälschung des
schwefelsauren Chinins mit schwefeis. Cinchonin 204; *
in Verbindung mit Cblorofurm die Anästhesie schnell, sicher
u. aogenehin hervorrufend, von J. Weiger (Rec.) 361.
Schwefelsäure: verdünnte mit Tinct. croci gegen Frost-
ballen 295.
S c h w e i s s : Ammoniak in demselben 0 ; — chemische Be-
standlheile desselben 8; — Harnsäure tiarin 0; — Milch-
saure in demselben 9; — bei Wecbselfiebem 9; — Zucker
darin 9.
Scrophelkrankheit: bei den in ßaurawollspinoereien
beschäftigten Arbeitern 255. S. a. Augenentzändung, scro-
phulöse.
S e e 8 a I z : als Febrifugum 162.
Sehnen: schmerzhafte Crepilation derselben 228. .
Sehnenflecke: des Muskel fleisches 302.
Sehnenscheide: Gallerte derselben u. der Intervertebral-
knorpel 147.
S e n n a : Aufguss derselben mit Chinaextract gegen reguläre
\ Wechselneber 293.
Serres* fines: bei unvollkommenen Dammrissen 327 ; —
bei Vorfall der Gebärmutter 327.
Seutin'scher Verband 378.
Sonnenlicht: EinRüss desselben auf den Organismus 77.
Speekeinreibung: gegen Scharlach 294.
Spiraeaulmaria: das wirksame Princip derselben 22.
Staubförmige Stoffe: Mord durch Eintauchen des Kin-
des in solche 242.
Steinschnitt: hoher, seit seinem Ursprung bis zu seiner
jetzigen Ausbildung 62.
Strabismus: Complication bei Epicanthus 70.
Strychnin: Vergiftung 28.
Stutzfasern 150.
I Sublimat: Vergiftung durch denselben 167.
1 Succus citri s. Citronensaft.
Sulp bäte: u. Phosphate, im Harn bei acuter Chorea, Deli-
rium tremens, Gehirnentzündung 280.
Sulphoretum arsenii: gegen Diabetes 178.
Synovialgeschwaiste: über dieselben am untern Theile
des Vorderarms, an der Palmarfläche der Handu. am Hand-
gelenk 226.
Syntonin 263.
Syphilidologie: Probleme derselben 44.
I Syphilis: Bericht über Dr. Wallers Abtheilung für die-
selbe im Prager KrankeObause 183 ; — über dieselbe und
ihre Behandlung 186; ~ bei Baumwollarbeitern 256; —
angeborene, Uebertragung derselben von den Säuglingen
auf die Ammen 192 : — Bubo, syphilitischer, das R i c o r d'-
sche Verfahren dagegen 314; — constitutionelle, mittels
soccessiver Verimpfung von 18 Schankern bebandelt 31 1 ;
— Gluheisen, bei hartnäckigen Geschwüren 185; — Haut-
ansschläge, Diagnose, Prognase u. Behandlung, mit beson-
( derer Berücksichtigung des Quecksilbergebrauchs 189; —
Induration bei solcher 184; — hei Kindern 56; — des
Lymphgefasssystenis 186 ; — Meningitis, durch solche 3 1 3 ;
\ primäres Geschwiir 183; — primäre, Ü«liertragbarkeil der-
I selben auf Thiere 193; — Protojoduretum hydrarg. dagrg.
187; — in Rom 191 ; -— secundäre Ansteckung 191 ; —
secimdäre, Uebertmgong derselben von dem Kinde auf die
Amme in gerichtsarzll. Beziehung 191; — ÜIcerationen
bei derselben 320; — Veranlassung zu Obrenleiden 236;
— Wiederausbruch nach 22J. 44; — Znlässigkeit des
Experimentirens mit Inoculation derselben bei .^ypfailit. Hr.
in Hx)»pitä!ern 193. S. a. Tripper.
S y p h i I i s a t i 0 n 15 ; — Fieber nacb derselben 31 1 ; —
kritisch gesrhichtlirhe Auseinandersetzung derselben u. der
syphililischen Vaccination 311 ; — beim Menschen 311 ;
— die im Spital St. Orsola zn Bologna angestellten Ver-
suche 312.
Tabaksinfusum: als Brechmittel bei Vergiftung mit Lau-
danum 296.
Taenia mediocanellata s. Zittaviensis 316.
Tannin: gegen KrampfhuMen 291 .
Tastkörperchen: eigenthilmliche in den Gefuhlswibrz-
chen der menschlichen Haut u. aber die Endausbreitung
sensitiver Nerven 151.
Taubheit: die , des menschlichen Ohres, eine Zusammen-
stellung aus der Praxis geschöpfter Ansichten über die Na-
tur, Ursachen und Behandlung, von J. Yearsley (Rec.)
270; — Ursache, Prognose u. Behandlung drrselhen 239;
— Ausschneidung vergrosserter Tonsillen bei derselben u.
deren Consequenzen, von W. Harvey CRpc.) 375.
Taubstumme: Bericht «iber dieselben, solirie über Geistes*
kranke und Blinde in Norwegen, von F. Holst (Rec.)
132.
Temperatur: Messungen derselben bei Biausucht 37.
Tenotomie: bei Kniescheihenbnichen 338.
Terpentinöl: Vergiftung 168.
Thiere: giftige, Heilverfahren gegen den Biss derselben 28.
Thranenableitungsapparat: Beiträge zur Physiologie
u. Pathologie derselben, von J. v. Hasner (Rec.) 118,
Thränenorgane: zur Lehre von denselben , von Roser
123.
Thranenröhrchen: Wunden derselben 119.
Thränensack: eigenthilmliche Geschwulst desselben 68 ;
— Verödung desselben 124.
Tbränenschlauch: Entzündung 120 ; — Fistel dessel-
ben als Symptom von Caries 120.
Thränenträufeln: Behandlung desselben 71 .
/od: in Folge von Schreck 80; — durch Chloroform u Ver-
hütung desselben, von Stanelli (Rec.) 124; — sichere
Zeichen desselben, von M. H. Descbamps (Rec.) 128;
— durch Rotzverginung308 ; — durch Zerreissung des Her-
zens 80.
Todtenstarre 20.
Tonsillen: Ausscbneidong der vergrösserten n. ihre Con-
sequenzen in Fällen von Taubheit , nebst Remerkungen üb.
Krankheiten des Halses, von W. Harvey (Rec.) 375.
Tracheobronchitis: bei Kindern 332.
Tracheotomie: bei Croup 215.
Tripper: dem. seine Folgen, von H. J. Johnson (Rec.)
94; — Decoct. chinae u. ratanh. dagegen 165; — über
denselben 185 ; — Veranlassung zu Ohrenleiden 236 ; —
zur Lehre von demselben 48.
Trommelhöhle: Joddämpfe geg. chronische Entzündung
derselben 165.
Truncus: Compression der Carotis gegen Schmerzen in
demselben 357.
Tuberkel: Ablagerung derselben in Nierenbecken. Schleim-
haut des Ureters, der Rlase, Ruckenwirbeln u. Lunge 43.
Tuberkulose: Heilquellen von Liebwerda dagegen 80; —
des Uterus q. der Ovarien 200; — Complication bei scro-
phulöser Augenentzändung 346.
Turbellarlen: Beiträge zur Naturgeschichte derselben,
von M. S. Schnitze (Rec.) 257.
Typlius: gerbsaures Cinchonin u. Chinoidin dagegi^n 1(M);
— Chinin dagegen 163 ; — über die Mittel demselben vor-
zubeugen, von Craninx (Rec.) 379. s. a. Abdomi-
naltyphns.
m
N" am* e n - R* e'g t « l c r .
ü.
Ceberbeine233.
ÜIcerationen: bei ^philU 320 ; — des Uterus 320.
UnterI«ibsleideo: cbroniache, Mineral Ntasser von Vicby
dagegen 84.
Ureter: Tuberkelablagerung in der Scbleiiubaut desselben
43.
Urethra: weihiicbe, krankhafte Vascularität der Schlqim-
baut derselben 50.
Uterioe Truss 199.
Uteruas. Gebärinatter,
r.
Vaccination: syphilitische , kritisch - geschichtliche Aus-
einandersetzung derselben u. der Syphiltsalion 311.
VaLCcioaschorfe: gegen Keuchhusten 291.
Vagina: doppelte 195; — mucopuruleriter Ausfluss dersel-
ben in Folge von Pocken 196; — Undurchgängigkeit der-
8en>en 195; — Verengerung 195.
Vagus: Compression desselben gegen Schmerzen 858^
Varicocele: Parallele zwischen der Venenätzung u. Venen-
anfrollung bei Behandlung derselben 34\.
Variola u. Variolois, ¥onVan Bercbem (Rec ) 380.
Vascnlarität: krankhafte, der Schleimheut der weiblichen
Urethra 50.
Veitstanz s. Chorea.
Venen: ober Lufieinirittins Herz bei durchschnittenen 879 ;
Parallele zwischen der Aetzung u. Aufrollung derselben bei
Behandlung der Varicocele 341.
Venerische Krankheiten: Lehrbuch derselben, von
H. Holder (Rec.) 97; — Abhandlung über dieselben,
Ton J. H unter aus dem Englischen übersetzt von G. Ri-
chelot mit Noten u. Zusätzen yon Ph. Ricord (Rec.)
366; — über sie, ?on W. Act&n (Rec.) 366.
Verband: amovo-inamovibler 378.
Vergiftung: durch Atropin 28; — Calomel 297; —
durch Chroms. Kali 28; — durch Datura stramonium 28;
— durch animalische Substanzen 297 ; — mit Laudanum,
Tabaksinfusum als Brechmittel dageg. 296; — durch Kupfer
165; — durch Maiwürmer 28; — durch Phosphor 168;
— durch Rotz 308 ; — durch Strychnin 'IS ; — durch Subli-
mat 167; — durch Oleum tanaceti 296; — durch Terpen-
tinöl 168; — durch Zmkchlorid 167.
Verknocherung: der Knorpel 299.
Vers topfung: des Darmkanals bei chron. Uteruskrankbei-
ten 195 ; chronische , Behandlung derselben 24 ; — der
Lungenarterie 40. s. a. Obstrnction.
V e s i c a n 8 : Höllenstein als solches 163.
Vesicovaginalfistel: Operation 196.
V e r z e i c b n i 8 s : der in der Grossberzögl. Bibliothek zu Go^
tha enthaltenen Ausgaben, üehenetzungeo Q.ErNrateningi-
schriften medicinisch- physikalischer Werke der griecb.,
aroh. u. latein. Literatur bis zttm13. Jahrb., tod H. Brei-
schneider (Rec.) 142.
Vichy: Mineralwasser, gegen chronische öoterieibsleideii.
Harnsteine, Diabetes mellitus , von Charl. Petit (Rec.)
84.
Vomica: elastische Fasern hn Aaswurfe von Phthisikcnea
sicheres Kennzeichen derselb., von S c b r ö d e r y. d. ttik
(Rec.) 82.
Vorfall: der Pfabelscbnnr 329; — des ütems , d^Ii^
Schreibung eines nrtien Instruments za dessen Behaite|
198; Serres-fines dagegen 327.
W.
Wb rz e n : hornige, borkige 116.
Wassersucht: der Bauchhöhle, Einspritzungen dagegea
24; — der Eierstöcke , Heilang derselben durc6 Bf/dung
eines kflnslÜcheo Eileiter 200; — des Eierstocks gebei/l
203.
Wendung: durch Lagerung der Kreissenden 204.
Wechselfi eher: Arsenik dagegen 24. 161 ; — Behand-
lung desselben mittels des gulvano - magnetischen Strorai
292; — Chinin u. Arsenik dagegen 161 ; — kalte Doncbea
dagegen 292; — gerbsaures Cinchonin u.Cbinoidin dagff.
160 ; — über den Gebrauch der Chinapräparate gegeo das-
selbe 293; — Kochsalz dagegen 293; — Morphium sod
Chinin dagigen 293 ; — Salmiak dagegen 162 ; — Seesalz
dagegen 162; — Senoaaufguss mit Chinaextract dagcfri
293 ; — Schweiss bei demselben 9.
Wunde: der TbränenrÖhrchen 119; — AoweDdijog des
Seutin'schen Verbandes bei derselben 379.
Wurstgift 166.
Z.
Zahnen: Ursache scrophulöser Angenentzändang 347.
Zähne: Verderbnis.^ derselben durch Kampher 24.
Zellen: Blutkörperchen haltende 11 ; — thieriscbe, eitra-
celluläre Entstehung u. Vermehrung derselben durch Tbei-
lung 149 ; — sternfönuige der Retina 155.
Z i m m t : u. dessen Verfälschungen 288.
Zimmtcassia u. deren Verfälschungen 289.
Zink: baldrians., gegen Neuralgien 24.
Zinkchlorid: Vergiftung 167.
Zucker: Vorkommen desselben im Scbweisse der Diabeti-
ker 9.
Zunge: motorische Lähmung derselben 153; — Gangliea
derselben bei Säugethieren u. Menschen 285; — Lähmung
363.
Mamen -Register.
A.
Acton, W., (Rec.) 366.
Albenga, G., 308.
Albers, J. F. H., 200.
Allin, Ch. M., 221.
V. Aromon 348.
Andrew 28.
Angelatein, C.» (Rec.) 370,
Arcbarobanlt, P. F., (Rec.) 259.
Armand, M., (Rec.) 134.
Aubergier 159.
Auziaa-Turenne 45.
^ßX^n U r.^£gi9.t6^
407
♦ B.
Backer, L. Th., 30.
Ballon 207.
Barnes, Bob., öl. 196.
Baron, C.^ 304.
Beck, S., 318. 321.
Bennett, R., 37. 173.
IT. ßerchem (Rec.) 380.
Berenguier^ A., 242.
Berg 23.
Bertacchi, D., 308.
Beroaidi, P., 359.
Bidder, F., 283.
Bldwell, £. C, 331.
Bierbaum, J., 248.
Bird, Fr., 49.
Bird, J., 29.
Bock, C. £., 36.
Bödecker 25.
Bonnet 216. 337. 341.
Bonnewyn, H., 162. 297.
Bois-BeymoDd, E., (Rec.) 360.
Boling 290.
Borelli, G., 295. 330.
Bourguet 339.
Bowditch 307.
BowmaQ, W., 71.
Brächet 309.
Bramwell 30.
Branca 307.
Bredow 253.
Brenschedt 290.
Bretscbneider, H., (Rec.) 142.
V. BreuDiog 291.
Breweston 28.
Brierre de Boismont 352.
Broca 182.
Brown -S^quard 21.
Burei 36.
Burin du Baisson 275.
Busch, W., 158.
Caillaud 291.
de Calvi, H., 45. 47.
Capsoni, G., (Rec.) 135.
Caradic 191.
de Castelnau 45. 46. 191.
Casliglioni, C, 193.
Cazenave 191.
Charlon 191.
Chausit 46.
Chevaiiier 159.
Chiappero 294.
ChristeDseu 41. 43. 178.
Christison, A., 164.
Collett, H., 24.
Cooper, White, 348.
Corbett 53.
Costilbes 165.
CoulsoD, W., 223.
Craccbi, B., 293.
Craigie 36.
Graninx (Rec.) 380.
Cred« 199.
Grouch 63.
Curling 195.
Debout 46. 192.
Deidier327. '
Delabarre, A., (Rec.) ilO.
Deiabarpe, J., 24.
Delioui, J., 158. 289.
Deivaux 163.
Oeaham^ J., ^Q4.
Descbamps, M. H., (Rec.) 128.
Diday 45. 193.
, Didot 54. (Bec.) 380.
Ditlrich 31.
Donrault 159.
Douglass 203.
Dreifuss 295.
Dufay 327.
Dundas, R., 163.
Duparcque 208.
Dupuy 215.
Ehrenreicb 314.
Erlenmeyer 356.
d'Eapine, Marc^ 239.
Facep, Jac, 307.
Favrot, A., 198.
Fenoglio, L. B., 293.
Ferra rio, Erc, 80.
Fick, A, 285.
Fick, L , 11.
Fische] 73.
Fiemmiog, E. F., (Rec.) 1^9.
Flelcber 36.
Fleury 292.
Forgpl, C., (Rec.) 93,
Fossion (Rec.) 380.
Foucher 310.
Frank, Martell, (Rec.) 37t.
V. Frantzius 282.
Friedreich, J. B., (Rec.) 124. 125.
Funke, 0., 273.
G.
Gamberini, P., 312.
Gaslaldi, B., 296.
Gausaail 197.
Gerdy, P. N., (Bec.) 112.
Gerlach 17.
Giiiespie, E., 162.
Girbal 162.
Glusinsky 25.
Gobley 159.
Göz 161.
T. Gorup-Besanez, E. C. F., (Rec.) 80.
Gream, G., 50.
Grifßths, J., 328.
Gruber, Wenz., 155.
Grunbaum, A., 251.
Gubler 206.
Günther, G. B., 63.
f. Gutlceil, H., (Rec.) 269.
H.
D.
DaltOD 296.
Dassier 168.
HamiiLoo 65.
Hannon 22. 293.
Hannover 322.
Hansen, B., 322. .
Harrey, W., 235. (feec.) 375.
T. Hasner, J., (Rec.) 118.
Hauff 206.
Heller, J. Fl., «79.
Henoch, E., (Rec.) 362.
Henrizi 292.
Henri eux 48.
Heusinger, C. F., 77.
Heyfelder sen. 310.
Heyfelder, Ose«, (Rec.) 361.
Hiffelsheim 45.
Hitcbman, J., 351.
Holder, H., (Rec.) 97.
Hoffmann, H., (Rec.) 361.
Hogg, J., 178.
Hobi, 328.
Holst, Fr., (Rec.) 132.
Hoogeweg 40. 56. 204.
Hoppe, J., 57.
Hottghton 203.
Howe, S. G , (Rec.) 131.
Hunt, Tb., 189.
Hunter, J., (Rec.) 366.
1.
Jakscb 33.
Johnson, F. 168.
Johnson, H. J„ (Rec.) 94.
Jones, B., 280.
Jones, J., 198.
Isnard (Rec.) 374.
¥. hänchich, V. (Rec.) 376.
Kaufmann, M., (Rec.) 127.
Kilgour, J., 357.
Kiwiscb, R. v. Rottefau, (Rec.) 103.
Kletziosky 23.
Kluseroann 159. 163.
Kneeland, J., 58.
Knörrlein, A., (Rec.) 129.
Köllicker, A., 157.
Kuchenmeister 316.
Lacassin 162.
Lange 30.
Laugier 340.
Lebert, H., 180. 345.
Leccbini, F., 308. . .
Ledere 297.
Lee, R., 50.
Legroux 297.
Lebmann, C. G., (Rec.) 260.
Lemaire, J., 162.
Litzmann, C. C. Th., (Rec.) 367.
Lossiewsky 292,
Ludwig, H., (Rec.) 259.
Luschka, H., 170. 284.
Lussana, F., 164. 168.
Mackenzie SOÖ^.yCjOOQle
Maffei, G., 80.
Maisonneuve 196.
Marchant, A., 207. 309.
408
Marchitndi, G.» 891.
Margehe 293.
Marotte 163.
Mariniu (Rec.) 378.
Martelli, N., 216. *
Marteos (Rec.) 380.
Martin, Scao, 24.
Mascart (Rec.) 379.
Maaserotti, 0., 164.
V. Mautboer, L. W., 66. »1. 294.
Mavel 164. 196.
Mayer, A., (Rec.) 139.
Mazoon, F., 157.
Meckel f. Hemsbacb 281.
Meigs, F., 21). 21».
Meissner, G., 161.
Mersemann (Rec.) 378.
Meu 205.
Michaelis, G. A., (Rec.) 367.
Michon 226.
MiddeldorpfSl. 148. 149.
Milton, J., 167.
Molescbott, Jac, 7.
Morganti, G., 161.
Muller, H., 155.
N.
Nairne, R., 331.
Nebel 55.
M«ilaton» A., (Rec.) 113. 327. 335.
Neugebaoer 53.
Niipce, B., (Rec.) 130.
.0.
T. Oettingen 42.
Oliari, Fr., 164.
Orfila 25.
Paasch 166.
Pamnt 55.
Paris 165.
Parker 289.
Peacock 37. 173.
Pendieton 79.
Petit, Ch., (Rec.) 84.
P^trequin 344.
Petrini 192.
Pfeufer, C, 176.
Pbilipeaux 216.
Plumert, J., (Rec.) 85.
Pretly 327.
ProBcb, H., (Rec.) 374.
Ragsky 23:
Rämeii - Register*
Bamsbotbam 196.
Randolph, R., 17.
Read, Tb.. 313.
Reid, J., SO.
Reinhardt 174.
Remak, R., 11. 149. 150. 286.
Renauldin, L. J., (Rec.) 143.
Riboli, T., 72.
Richard 310.
Ricbardson, B. W., 23. 307.
Ricbeiot, G., (Rec.) 366.
Ricord 191. (Uec.) 366.
Rigaad 291.
Rigby 196.
Rilliet211.332.
T. Ritter 29.
Rittet, B., 243.
Rochard 294.
Romberg, M. H., (Rec.) 266. 362.
Rosenberger, G., 283.
Roser 123.
Röser (Bartensuin) 347.
Rota, L., 167.
V. Russdorf, E., 48. 314.
S.
Saberaky 309.
Saoderson, J. S., 277. ,
Saurel 311.
Schauer J., (Rec.) 136.
Scherer, J., 147. 148.
Scheve, G., (Rec.) 137.
Schiir, M., 152. 153.
Scbinkel 28.
Schmidt, J. H., 328.
Schneider, C. F., (Rec.) 259.
Schnepf 191.
Schönbein 145. 146.
Schottin, £., 8.
Schröder ?. d. Kolk, J. S. C, (Rec.)
82.
Schub, F., (Rec.) 113.
Scholtze, M. S., (Rec.) 257.
Schutzenberger 36.
Seutin (Rec.) 378.
Sichel 67. 68. 350.
Sigmund 281.
Sillig, J., (Rec.) 142.
Slaler 25.
Slusser, L., 160.
Smith, A., 28.
Smith, S., 59.
Smith, Tyler, 200.
Spengler, 40. 205. 332
Stannelü (Rec.) 124.
Stannius 20. 22.
Strambio sen. 173.
Stroog, 296.
Sucbaneck 183.
Syme, J., 195.
Szokalsky, V., 324.
T.
Teste, A., (Rec.) f09.
Thirioo 316.
Tibaldi, A.', 80.
Tourdes 291.
Tourni^ 24.
Toynbae, J., 236.
V. Tscbarner 165^
Tonsuli, J., 195.
Turck 357.
Turnbull 195.
ü.
Ulmann, CK, (Rec.) 270.
Vacberie , de la , V., (^ec.) 37«.
Verga, A., 358.
V^signi^ 336.
Vierordt, K., 3.
Violette, J. H. M., (Rec.) M,
Virchow 147. 297.
Wagner 44.
Wagner» R., (GöttingCD) ISl.
Wagner» R., (Nörfiberg)(&cc.)m I
Wagsiaflr, W. R., (Rec.) 270.
Wallach, J., 37.
Walser, £., 77.
Walshe, W. H., (Rec.) 89.
Walz 294.
Warren, M., 195. '
Weiger, J., (Rpc.) 361.
Wells, Sp., 163.
Wenig, H.,334.
Wertheim 24.
West, J., 28.
Wolff 290.
Wucherer 159.
Wuüer, C. W., 24. 204.
Yearsley, J., (Rec.) 270.
Zeis, Ed., 186.
Zeissl, H., 48.
Druck TOD Otto Wigaod in Leipcig.
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