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r-'
Dom f^erausgeber tft friil^er erfd^tenen:
^^open^auex. ^efc^ic^fe feines J,e6ens.
init Porträt, nadj bcm Ölbilbc im 5täbclfd?en lllufeum.
Berlin, (Ernft ^ofmann 8c do., ^H()7.
3n 80; XII; 332 Seiten.
J&djopenljaufr'a tSelprädit
Ultb
Bflbftgffpräitjr
nadj Örr J^anMdtrift st; §auxQv.
Berlin.
«rnp Ijofmann & «o.
3lttc Hccfjtc, ctnfdilicgltc^ bcs Uberfeöungsrecfjtcs, »orbeljaltcn.
üi^^AÄM)*
• •
• • •
• • •
• •
t)ortt)ort
©a§ öorliegcnbc, bereite tu meiner, im felbeu SScrlage
erfd&ienenen, ©d^openl^auersaSiograpl^ie anöefünbiötc Siid^ ^er-
föttt in gtüci §älften. 3n bcr crften igälfte ftnb bic an öer^^
fd^iebeneu Orten gerftrenten, fomie einige bi^l^er underöffent*
lid^te Slufgeid^nungen über ®d)o})en]^auer'§ ©cfpräd^e
pm erftenmal, in d^ronologifd^er S^Igc, bereinigt toorben.
Slud^ auf biefe ©efpräd^e ift ber ©enefa'fd^c ©runbfaö „non
multa, sed multum" anptüeubeu, unb fo bieten fie mertl^-
doKe Stad^tröge p ben SBerfen be§ grofeen Sß]^iIofo))]^en, ge^
tüöl^ren aber üor attem ein lebenbigere^ Silb be§ 3Ken)d^en
©d^openl^auer al§ felbft feine Sriefe unb ftelten bal^cr eine
unentbel^rlid^e ©rgöngung p feiner 33iogra))^ie bar. greilic^
l^aben toir au§ ber 3ugenbseit nur ba§ ©efpräd^ mit 2BieIanb
unb bie ©efprä^e mit ©oetl^e (1813 unb 1814). 8lu^ bem
•iDtanne^alter ift un§ lein gefprod^eneö SBort öon Sl^m über-
liefert, erft 1846 öffnet er gleid^fam toieber bie breifeig 3al^re
lang fd^toeigenben Sippen in ben ©efpräd^en mit feinem erften
@d§üler, Dr. phil. 3uliu§ grauenftäbt. 8lu§ jener 3cit feiner
ÜDJanneSial^re l^aben toir jeboc^ einen eigent^ümlid^en ©rfaß
für bie fel^Ienben (Sefpräd^e mit Slnbern: ber ©infame fpricf)t
mit fid^ felbft, in einem, gu Serlin 1821 angefangenen Mann-
ffript legt er biefe etl^ifc^en ©elbftgefpräd^e niebcr unb betitelt
bie Schrift, nad^ bem Sorbilb be$ p^ilofop^ifdjen Saifcr^
-^ VI <^
Tloxt 8lurel, ^slg kavrov^ b. i. an ftd^ felbft gerid^tete Se^
trad^tungen. 2)iefe ©elbftgcfpräd^e ®c^o))en]^auer'ö
btiben bie gtüeite Hälfte be§ gegentDärtigen 8ammeItDerfe.
3tt)ar ift ba§ 3J{anuffri))t f/g eauror afe fold^c^ leiber öerloren
gegangen, in mie meit e^ aber bod§ möglich getoefen ift, feine
disjecta menibra 5U fammeln, bariiber l^abe ic^ in ben ,Sor**
bemerfungen' (®. 97 ff.) au^fül^rlid^ SWec^enfc^aft abgelegt.
Sin ben Xejt ber ©efpräd^e unb Selbftgefpräc^e fd^liefeen
fid^ genaue QueUennad^toeifungen unb erläutenibeSlnmerfungen,
tüeld^e leiteten ebenfalls gum heiteren Slu^bau ber ©d^open-
]^auer*Siogra)3^ie beitragen werben.
S)em älteften lebenben greunbe <Bä)optni)a\\cx'^, »^errn
Stabtrat^ S3edE in ^ranffurt a. M., ber bie @üte gel)abt l^at,
bie ®efpräc^e ?lr. 11 unb 12 für mid^ nicbersufc^reiben, ber-
fel)le id^ fc^Iiefelii^ nic()t, auc^ an biefer Stelle meinen l^erg-
lid^en S)anf au^gufpred^en.
»erlin W. 50, im Sluguft 1897.
(E&uarS (Brif^BarJ^.
J(nl}a(t0tiet<ieit^ni^.
@eite
1. ^it 2ßielanb 3
2. WUt @oet^e 4
B. Tili Dr. phil. 3uliuö ^rauenftäbt .... 8
4. gjlit 5(bam öon ^ofe 49
5. 3nit Dr. phil. ©. O. ßinbner 52
6. 9JMt Dr. phil. D. 5lf^er 53
7. Smit Sprofcffor ^. @. S5ä^r 53
.8. mit Dr. SvaTt(:ot§ SBide 53
9. Wii ^ohcvi öoit ipornfleiii 54
10. mit tarl S3ä^r 61
11. 3nil bcm 9)Ja(er 3uliug ^amcl 68
12. «mit (S;. @. 23edf 70
13. mit Jriebricö Hebbel 80
14. 93Ht gricbricö Öaafe 80
15. 9Kit 51. Soucöer bc ©arcil 81
16. mit ^. ^^alUmtU2acoux 83
17. mit 3ufti3rat§ ^norr 89
18. SJlit CsuliuS 23aumann . . 90
19. 9)Ht Dr. jiir. Sirs, ©lüinner 90
IL ^etBfl^efptä^c ^^open^auet^s 95
^mttenna^weifun^en 125
Jlnmetftungen bes S^etaus^e^ns 129
^ammte^ifiex 140
— ^>-
3d70$)cnE^aucr'5 (ßcfpräd^c
- » <
1.
mit IDielanb.
5H)rU 1811.
^ielanb l^attc ben brciunbgtoanaigiäl^riöen ©d^openl^aucr
%\k fid^ bitten laffen, um über bie SBal^I feinet @tubium§
mit il^m p rebcn. @r tictl^ il^m ^, lebiglid^ Sßl^ilofopl^ie
gu ftubieren, toa§ bod& fein folibeg gad^ fei. ,,2)a§ ßcben",
antwortete ©d^openl^auer, ,,ift eine mifelid^e ^^6)^1 i(| l^abe
mir öorgefe^t, e§ bamit l^inpbringen, über bagfelbe nad§su=
ben!en." 3m SSerlauf ber Unterrebung fagte SBielanb mit
SBärme: ,,3a, cg fd^eint mir je^t felbft, Sie l^aben ba§
SRed^te getüäl^It, junger 3Kann; id^ öerftcl^e \t%i Sl^re Statur,
bleiben ©ie bei ber Sßl^ilofopl^ie." '^yAt%i fagte er: ,,6ie
merben \t%i toieber nad^ ©öttingen gel^n unb bann nad^
Söerlin. Sie tl^un red^t baran. Db \i) tüol^l nod§ leben
merbe, wenn Sie in %\ot\ Sauren ttJieber l^ier finb?"
— ,,333arum follten @ie nid^t bie gtoei 3a]^re nod^ leben,
©err .^ofrat^, Sie feigen ja gang tüol^I au§."
— ,,(5§ ift tüal^r, man trodfnct im 2lltcr fo gufammcn, unb
in biefcm fteifen 3uftanb lebt man oft nod^ mel^rerc Saläre I)in.''
21I§ SBielanb balb nad^l^er auf einer §offeftIid^feit mit
i5rau Sd^openl^auer gufammentraf, trat er auf fie gu unb
fagte mit jugenblid^er Sebl^aftigleit: ,,3dö l^abe neulid^ eine
I)öd^ft intcrcffante 33efanntfd^aft gemad^t: miffen Sie auc^
mit toem? mit S^rem ©ol^n! ^, e§ mar mir fel^r lieb,
biefen jungen ÜKann !ennen %\\ lernen, au§ bem mirb nod^
einmal tiXQOi^ @rofee§ toerben."
1*
Dom I^erausgcber ip friil^er crfd^ienen:
^^open^auex. ^efi^ic^fe feinem liebem.
IXixt Porträt, naci) bcm Ölbilbe im Stäbclfd^cn IHufenm.
Berlin, (Eritft fjofmann 3c (£o., ^897.
3n 8°; Xir, 332 Seiten.
^djoptnljaufr'a tSefprädie
Ullb
nadi Qrr %anlildirift sit; lauxov.
€bufltb ^lifcbiidj.
Serlin.
€tnp IJofmann & 4o.
2Ittc ^ed^ie, cinfd?lieglid? bcs Überfe^ungsrcd^tes, üorbcl^altcu.
l friGoOl
• • : •
• • • •
" • •
• «
• I •
• •. ••
Doru)ort
©a§ öörüegeubc, bereite tu meiner, im felbeu SScrtage
erfd^iencnen, ©d^open]^auer=S3iograp]^ie anoefimbigte Sud^ ^er-
faßt in gtüci Hälften. 3n ber erften Hälfte finb bic an öer*
fd^iebenen Orten gcrftrcuten, fomie einige bi^^er unöeröffent^
lid^te 8lnf3eid^nungen über @(i)D|3en^auer'§ ©cfpräd^c
snm erftenmal, in d^rönologifd^er ^ölge, Dereinigt tüorben.
3tud^ auf biefe ©efpräd^c ift ber ©enefa'fd^c ©runbfa^ „non
multa, sed multum" au^utoeubeu, unb fo bieten fte tncrt^-
Dölle Stad^träge p ben SBerfen be§ gröfeen Sß^iIöfo))]^en, gc=
mäl^ren aber t)ox allem ein lebenbigere^ Silb be§ aJienfd^en
©d^öpen^aucr al§ felbft feine Sriefe unb ftelten ba^er eine
unentbel^rlid^e ©rgängung p feiner Siograpl^ie bar. iJi^cilid^
l^aben toir au§ ber Sugenb^eit nur ba§ ©efpräd^ mit SBielanb
unb bie ©efpräd^e mit ©oet^e (1813 unb 1814). 3lu§ bem
3)ianne^alter ift un§ fein gefprod^eneö SBort öon 3^m über-
liefert, erft 1846 öffnet er gleid^fam tnicber bie breifeig Saläre
lang fd^tncigenben äippcn in bcn (Scfprädöen mit feinem erften
Schüler, Dr. phil. 3uliu§ grauenftäbt. 8lu§ jener 3cit feiner
ajfanne^ial^re l^aben toir jebod^ einen cigent^ümlid^en ®rfaö
für bie fel^Ienben &c\^xää)t mit Slnbern: ber ©infame fpridjt
mit \xä) felbft, in einem, gu Serlin 1821 angefangenen älianu-
ffript legt er biefe etl^if^^i^ ©elbftgefpräd^e nieber unb betitelt
bie Schrift, nacf) bem SSorbilb beö p{)iIofop^ifc[)en Saifer^
^ VI <=-
5ölarf Slurel, yslg kavrcyv^ b. i. an f\ä) fefbft gerid^tete Se-
trad^tungen. 3)icfe «gelbftöefpräd^e ©d^openl^auer'»
bilben bie gtüeite §älfte be^ geöentoärtigen Sammelmerfö.
3tt)ar ift ba§ 3Jianuffrit)t ftV e^i^^-ov al§ fötd^e^ leiber Verloren
geöangen, in mie toeit e§ aber bod^ möglid^ o^^^f^n ift, feine
disjecta membra gu fammeln, barüber ^abc iä) in ben ,3}ors*
bemerfungen' (©. 97 ff.) auSffil^rlid^ Sted^enfd^aft abgelegt.
2ln ben J^ejt ber &t\pxixä)t unb ©elbftgefpräc^e fd^Iiefeen
fid^ genaue OueUcnnad^meifungcn unb erläutenibeSlnmerlungen,
toeli^c leiteten ebenfalls ai^^n weiteren Slu^bau ber ©d^open-
l^auer-Siögrap^ie beitragen merben.
S)em älteften lebenben greunbe ©c^öpenl^auef ^, §errn
©tabtratl^ S3edE in granffurt a. 3J(., ber bie ©üte gel)abt l^at,
bie &t]pxä(i)c ÜWr. 11 unb 12 für niid^ niebergufd^reiben, der*
feilte i^ fd&Iiefelic^ nicf)t, aud^ an biefer Stelle meinen l^erg^
lid^en 2)anf au^sufpred^en.
»erlin W. 50, im Stuguft 1897.
(E&uarö (BrifaBatß*
jrn^a(t0t>£V|sit^nt^.
©cite
I. ^^open^anet^s ^efptä^e.
1. mit Söielanb 3
2. aj^it ©oet^e 4
8. 3Jlit Dr. phil. 3uliuö Srauenftäbt .... 8
4. mit 5tbam öon 5)o6 49
5. 3Wit Dr. phil. ^!. D. £inbner 52
6. gj^it Dr. phil. ^. Hf^er 53
7. aJlit ^rofeffor (S:. @. 25ö^r 53
.8. Wit Dr. 3ranQ0i§ Söidc 53
9. 3Wit JHobert boit ^ornfteiii • . 54
10. ma tarl S3ä^r 61
11. 3Kit bem 2)Jaler 3uHug öamel 68
12. 3Jlit (S. @. S3edf 70
13. 2)Ht griebricö Hebbel 80
14. 2)Ht gricbricö ,?)aafe 80
15. mit 51. Souc^er be (Sareil 81
16. mit ^. ^^aUcmtU2acoux 83
17. m
18. m
19. m
it Suftigrat^ ^norr 89
t 3uHu§ 23aumann . . 90
it Dr. jur. 2B. (SJtüinner 90
IL ^etdfl^efpx&^e ^^open^auet^s 95
^ueficnna^weifun^en 125
jtnmerßuitgen be$ S^ttaus^ednc 129
ITamentegißer 140
<$>--
3d70$)cnl)aucr's (5cf$)räd7C
• ' -" '.
, . • • •
1.
5llJn( 1811.
^ielanb l^attc ben bremnbgtDangigiälÖriöen @döot)enf)auer
3u ftd^ bitten laffen, um über bie SBal^I feinet @tubtum§
mit il^m p reben. ®r rictl^ i^m (ibf lebiglid^ $ß]^iIofo)3]^ie
gu ftubieren, toa§ bod^ fein folibe^ %ai) fei. ,,2)a§ ßebcn",
antwortete ©d^openl^auer, „\\i eine mifelic^e ®a(|e: \ä) l^abe
mir öorgefe^t, e§ bamit l^ingubringen, über ba^felbe nad^ju«
benfen." 3m Verlauf ber Unterrebung fagte SBielanb mit
SBärme: „3a, c§ fd^eint mir je^t felbft, ©ie l^aben ba§
"Sitü^it ^tXoci^i, junger 2ßann; ic^ öerftcl^e je^t 3^tc Statur,
bleiben @ie bei ber Sß^ilofob^^ie." ^\xlt^i fagte er: ,,@ie
tüerben je^t toieber nad^ ©öttingen gel^n unb bann nad^
33erlin. Sie tl^un red^t baran. Ob ic^ mol^I nod^ leben
merbe, toenn @ie in gmei 3a^ten tüieber l^ier ftnb?"
— ,,SBarum füllten Sie nid^t bie gmei 3a^ve nod^ leben,
^tn .'Oöfrat]^, Sie fe^en ja gang tnol^I m^."
— „®§ ift tnal^r, man trödfnct im Sllter fo gufammen, unb
in biefem fteifcn 3uftanb lebt man oft nod^ mehrere 3ci]&te l^in."
31I§ SBielanb balb nad^l^cr auf einer §offeftIid^feit mit
fjrau ®d^o:pen]^auer gufammentraf, trat er auf fic gu unb
fagte mit jugenblid^er ßebl^aftigfeit: „3d& ^öbe neuli^ eine
I)öd^ft intereffante Selanntfc^aft gemad^t: miffen @ic auc^
mit mem? mit 3^rem ©ol^n! al^^ e§ mar mir fel^r lieb,
biefen jungen OJJann lennen gu lernen, au§ bem mirb uod^
einmal dxoa^ ®rofee§ toerben."
1*
• _ • •
• »•
• »
.* • ••
• ••. •
* • •
2.
^. " mit (5oett?e,
6. ^oöembet 1813 - 15. SJlai 1814
(E§ mar am 6. 9iot)cmber 1813 unb einer ber @alün=
abenbe Sol^anna ©(i)ot)en]^auer§ , (Soetl^e fafe bereite an
feinem getool^nten ^ßla^e, öon gal^Ireid^en Sßerel^rern umgeben,
al§ bcr @ü]^n ber ^auSl^errin eintrat. ®a erl^ob fic^ ber
grofee 3)lann plöölid^, nnb fc^meigenb burd^ einen Raufen
Umftel^enbcr fid^ SBal^n bred^enb, ging er auf Dr. (Sd^openl^auer
p, unb i^m bie §anb brudfenb änderte er fid^ in Sobe§*
erl^ebungen iiber S)effen eben erfd^ienene 3)iffertation, ,®ic
bierfad^e SBurgel be§ ®afee§ Dom gureid^enben ©runbe',
in^befonbere über ba§ fed^^te Sapitel be^ 83ud^e§, ba»
ben ,,@afe t)om ©runbe be§ SeinS", bie ©nttoidtelung
ber (Seomctrie au» ber Slnfd^auung bel^anbelt. 3)a§ fid^
baran fnüpfenbe ©efpräd^, meld^c^ alSbalb auf bie ijarben-
Icl^re überfprang, fd^Iofe bamit, bafe ©oet^e bcn jungen
@elcl}rten auf ben folgenben 2^ag p fid^ einlub.^)
(Soetl^e unterU)ie§ befanntlid^ ©d^öpenl^aucr in bcr
iJarbcnlel^re mit SSörgeigung feiner (Sjperimente. „Slber
biefer ©öctl^e", fagte Sd^öpenl^auer, al^ er fpäter mit
^rauenftäbt üon biefem Unterrid^t in ber garbenlel^re fprad^,
,,lr)ar fö gang 9iealift, bafe e^ i^m burd^au^ nid^t gu Sinne
tüollte, ba^ bie Objelte al§ föld^e nur ba feien, inföfernfie
bön bem erlennenben ©ubjeft öorgefteüt toerben. 3Bac\
fagte er mir einft, mit feinen 3upiter^augen mid^ anblidtenb,
"hix^ ßid^t foHte nur ba fein, infofern Sie e§ feigen? Stein,
Sie mären nid^t ba, menn ba§ Sid^t Sie nid^t fäl^e."^)
S)er gmeite 2Biberft)rudö [gegen 3^te ^Jarbenlel^re] ift,
"h^^ nur ber pl^ijftologifd^e ©egcnfa^, nid^t ber t)]&^fifdöe, ein
polarer fei. ^ä) erinnere mid^, biefe§ @tt). ©jcettenj fd^ön
in SBeimar münblid^ vorgetragen au l^aben, Vorauf Sie fe^r
liberal antworteten: ^^Sd^reiben ©ie böd^ einmal ein SBerl
in ^mi bidfen SBänbcn, ol^ne bafe irgenb ettnaS p berid^tigen
märe." —
SBa§ aber biefe [meine] S^l^eorie beitragen fann, 3^rer
garbenlel^re ©ültigfeit nnb Slnerlennung p oerfd^affen, ba§
möd^te nid^t n^enig fein. ®tD. ©jcelteng felbft gaben mir
einmal bie Seigre, man muffe ftet§ pofttit) öerfal^i^en, ftet§
aufbauen unb nid^t fid^ mit bem 3liebeu'eiJ3en be§ fjremben
p lange aufl^alten: worauf id^ bie SBorte 3^re§ ßiebling^
©pinoja anffil^rte: est enlm verum index sui et falsi: —
lux se ipsa et tenebras illustrat.«')
©oetl^e ergä^Ite mir neulid^, er l^abe am $ofe bcr
»^ergogin Slmalie biele feiner bamal^ foeben gefd^riebenen
©tüdfe von ben igoffeuten auffül^ren laffen, ol^ne bafe irgenb
einer mel^r aU feine eigne Motte gefannt l^ötte, unb ba»
©tücf in feinem gufammenl^ang Sitten unbefannt unb ba^er
bei ber Sluffül^rung aud& ben ©pielenben neu mar. 3ft
unfer ßeben tttoa^ 8lnbre§ al§ eine fold^c Xfomöbie? 2)er
5ß]^iIofo))]^ ift ®iner, ber mittig ben ©tatiften mad^t, um befto
bcffer auf ben Bufammenl^ang ad^ten p fönnen.^)
3d^ fagte einmal p @o etilen, inbem id^ über bie
2:äufd^ungen unb Slid^tigfeit be§ £eben§ flagte: ,,2)er gegen*
märtige tjreunb ift ja ber abmefcnbe nid^t mel^r." Sarauf
er antmortete: „3^^ öjeil berSlbmefenbeSie felbft ftnb, xmb
er nur in il^rem Äopfe gefd^affen ift; ^iait bafe ber gegen*
märtige feine eigne Snbibibualität l^at unb fxä) mä) feinen
eignen ©efefeen bemegt, bie mit ®em, ma§ ©ie fid^ tbcn
beulen, nidijt attemal itbereinftimmen fönnen."^)
^ 6 ^^
©oetfje fagte mir cin3WaI, bafe, toeun er eineSeiteim
Stallt lefe, il^m p SDiut^c n:)ürbe, al§ träte er in ein l^elleö
Simmer.O
aSon bemerfen§n:)ert^en 8feufeerunöen ©oetl^e*^ 311
©d^opcnl^auer fül^re id^ nod^ an, bafe ©oetl^c einft 3U il^m
gefaßt, fo oft er ein Sßaar Seiten im^eanSßauI lefe, ftbev-
lomme il^n ein (5fel unb er mitffe ba§ Snd^ tt)eglegen>')
©inft citirte ©d^o^jenl^auer mir ha§> üxüjeil (Soetl^e^ö
über ben 2)r)n 3uan mit großem SBol^IgefaHen, tüomä) e§
im 3)on 3uan nur auf ber Dberfläd^e luftig pgel^e, in ber
Xiefe aber ber ©ruft malte, unb bie SDlufil eben biefen
bojjpelten Sl^arafter bortreffüd^ au^brücfe.^)
®ie beftänbige »lotl^, mel^e ba§ .^erg (aBitten) bec-.
3Jlenf(^en balb fd^mer beängftigt, balb l^eftig bemegt unb il^n
fortmäl^renb im 3uftanb bt§f gürd^ten^ unb ^offen^ cvi)ält,
mäl)renb bie S)inge, üon benen er I)offt unb fürci^tet, nici^tin
feiner (Semalt fter)n, ja, ber 3wfcinimen]^ang ber Äaufalfctten,
an benen fold^e l^erbeigefübrt merben, nur eine furse Spanne
meit üon feiner ©rfenntnife erreid^t merben fann; — biefe
dloii}, bie» ftete gürd^ten unb i&offen, bringt il^n bal^in, bafe
er bie .^i)poftafe perfönlid^er SBefen mad^t, öon benen ?tüeö
abl^ienge. SSon fold^en nun läfet fid^ öorau^fe^en, ia^ fie,
gleid^ anbcrn $ßerfonen, für Sitte unb ©d^meid^elei, 2)ienft
unb ®abc, empfänglid^, alfo traftabler fe^n merben, al§ bie
ftarre 9lot]^menbigfeit, bie unerbittlid^en, gefül^IIofen 3latur-
fräfte unb bie bunfeln 3Käc^te be§ 3BeItIauf§. Sinb nun
3tnfang§, mie e§ natürlid^ ift unb bie 3llten e§ fel^r 5medt=
mäfeig burd^gefül^rt l^atten, bicfer ®ötter, nad^ SSerfd^ieben^eit
ber Jlngelegenl^eiten, mel^rere; fo merben fie fpäter, burd)
ba§ Sebürfnife, Sloufequens, Drbnung unb ©inl^eit in bie
©rfcnntiuB su bringen, ©inem unterworfen, ober Qat auf
©inen rcbucirt Werben, — ber nun freilid^, wie mir ©oetl^e
einmal bemerft Ijat, fel^r unbramatifd^ ift; weil mit ®iner
SPerfon [xä) uid^t^ anfangen läfet.O
3n 3)taclaurin*§ ,An account of Sir Isaac Newtons
Philosophie al discoveries*. (2 nd edition. London 1750.)
ijat ©d^openl^auer in feinem i&anbejemplar in ber Stelle
©. 257 „Sir Is. Newton saw . . . that the moon was
only a greater projeetile that received its motion, in the
beginning of things, from the Almighty Author of
the universe" bie gefperrt gebrudEten SBorte unterftrid^en unb
an ben 3tanb gefd^rieben:
A kick, Said Goethe to me 1814.
©benfo l^at er ©. 133 ba§ SBort „The Creator"
unterftrid^en unb an ben 3tanb gefd^rieben:
A kick! S. 257. t)
m^ \ä) (Soetl^en ba§ öorlc^te 3)M ht\nä)it — \ä)
glaube e^ war 1814 — fagte er: SBie alt finb Sie? —
„©ed^^unbgwanaig 3a]^r." — ©o jung unb fd^on fo reid^ an
©rfal^rung! SBie öiel ^ik iä) fd^affen woHen, wenn id^
fd^on in Sl^rem Sllter fo reid^e Äenutniffe gel^abt I)ättc.O
Sefet, nad^ 21 Salären, berftel^e id^ toa^ ©oetl^e mir
1814 fagte, in Söerla, wo id^ il^u beim "Sana) ber StaH ,de
rAllemagne' gefunbeu l^atte unb nun im ©efpräd^ barüber
äußerte, fte mad^e eine übertriebene ©d^ilberung t)on ber föl^r^^
li^feit ber S)eutfd^en, woburd^ SluSIänber irre geleitet werben
fönnten. ®r ladete unb fagte: ,Ja freilid^, bie werben ben
Soff er nid^t anfetten, unb ia wirb er abgefc^nitten werben.''
®ann aber fe^te er ernft l^ingu: „aber wenn man bie Unreb-
lid^feit ber Deutfd^en in il^rer gangen ©röfee fennen lernen will,
mufe man fid^ mit ber beutfc^en ßitteratur befannt mad^en."^")
2nit Dr. phil. ^vXwxs ^rauenftäbt.
3un 1846* - Oftober 1846 m (£nbc gcörwar 1847. -
Sc^Jtcmicr 1847.
iöa td^ nur einen S^ag '^txi ^atte, mid^ in tJtanffurt
aufpl^alten, fo tooHte id^ mir biefen möglidöft p S^lufee mad^en
unb ging bal^er fd^on SSormittag^, gegen 11 Ul^r gu @d^o)3cn=
l^auer. 8lfö id^ auf bem iQau^flur gu ebener ®rbe öor ber
©tubentl^ür be§ Sßl^ilüfopl^en flanb, toar id^ in grofeer Span-
nung, öerfprad^ mir aber, geftü^t auf meine Sßerbienfte um
feine Sßl^itofopl^ie, einen guten ©mpfang unb üopfte bal^er
breift an. Sofort fd^Iug brinnen ein ©unb laut an, unb ein
fräftige^ ©erein ertönte. 21I§ id^ eintrat, lag ber ^ßl^ilofop^,
befleibet mit einem leidsten grauen §au§rodC auf bem ©opl^a,
ber 2^1^ür gegenüber, mit einem 23ud^e in ber §anb, fprang
iebod^ fogleid^ auf unb BemiHfommnete mid^ l^erglic^. (Sr be-
bauertc, bafe ein bon il^m balb nad^ ©rfd^einen ber gmeiten
2luflage ber ,a[BeIt afö SBiße unb SßorfteHung' an mic^ nad^
Serlin gefanbteö Freiexemplar berfelben auf Velinpapier mid^
bafelbft nid^t angetroffen l^atte imb an il^n prüdtgegangen
mar. ®r l^olte \t%i biefe§ (S^emplar l^erbei unb überreizte
c§ mir .... ©eine Erbitterung über bie nod^ immer gegen
i^n geübte „Xaftif be§ 3gnoriren§ unb ©efretiren^" VMx^it
ftd^ mir gegenüber Suft; mie er bcnn fiberl^aupt immer mieber
auf ba§ ©d^icffal feiner Sgl^ifofopl^ie p fpred^en fam. Straten
nid^t, fagte er, Sie unb 3)orgut]^ für mid^ ein, ba» 5ßublifum
crfül^re faft nid^t^ öon mir. Sie gereid^en mir ju grofecm
Srofte
?lad^bem ©d^openl^auer feinem @rimm über bie Sß]^iIo=
fopl^ieprofefforen Suft gegen mid^ gemad&t l^atte, ging er im
©efpröd^ 5u einem anbem, il^m bamal^ mel^r ^xxci ©ergen
liegenben fac^Hd^en S^l^ema über, toie il^m benn überl^aupt
-... 9 -
bie <Saä)c immer mel^r am ^crjen lag, al^ ia^ ©c^idtfal
feiner Sßerfön. ®r M^jfte nämlid^ tüieber an ba§ bei
meinem (Eintritt Weggelegte Sud^ an unb fagte: Sie a^nben
getoife nic^t, in toeld^em Sud^e iä) ha gelefen l^abe. ®§ ift
bie§ eineg ber älteften 2^ranmbüd^er, ba§ ,Dneirofritifon'
be§ 2lrtemiboro§; xä) mad^e nömlid^ fd^on feit gtüei Salären
©tnbien über Somnambulismus, (Seifterfel^n unb bie bamit
öertüanbten ©rfd^eimmgen, 33e]^ufS einer metat)]^i}fifd^en 6r*
flärung berfelben. S)iefe toirb s^^ar nur einige Sogen im
S)rudE einnel^men; aber um biefe menige Sogen fd^reiben p
fönnen, mufete id^ bod^ gut)or baS gange meite ©ebiet biefer
©rfd^einungen burd^toanbern unb bie ältere unb neuere Sitteratur
über biefelben burd^nel^men. Ueberl^aupt, ful^r er fort, fielet
man eS meinen, oft nur toenige Seiten einnel^menben ©r^
örterungen ber toid^tigften unb fc^toierigften metap]^t)fifd^en
Sßrobleme gar nid^t an, toeld^e ungel^euere ©tubien il^nen öor*
angegangen finb. Slber fo l^abe id^ eS ftetS gel^alten; ftetS
^abe id^ mid^ erft mit einem ©egenftanbe genau belannt ge*
mad^t, el^e id^ über benfelben gefd^rieben. ©inen SBinter lang
l^abe id^ 3. 33. blofe antife gried^ifd^e J^ragobie getrieben,
Sel^ufS meiner toenigen ©eiten im gtoeiten Sanbe ber ,3BeIt
als SQSiffe unb SorfteHung' über baS S^rauerfpiel; ein
anber 3JlaI l^abe id^ ©eneralbafe getrieben, Sel^ufS meiner
3Ketai)^t)fiI ber 3Rufif, u. f. m.
Segen 4 Ul^r 5ßad^mittagS ftellte id^ mid^, mie berabrebet
toai, toieber bei bem Spi^ilofopl^en ein. SBir plauberten erft
eine SBeile auf bem ©opl^a neben einanber über gleid^gültige
©egenftänbe, bann aber fd^Iug er mir t)or, mit i^m einen
Spaziergang inS %xtk su matten. . . .
3nnerf)alb ber Stabt ging ©c^openl^ouer fel^r fc^nett unb
\a^ SWemanben an, als tooHte er nur rafd& bie (Stabt unb
bie 2Renfd^en l^inter fid^ ^ctben. SlIS toir no^ nic^t treit bon
-^ 10 ->-
i&aufc mcg toaxcn, tarn c§ bor, ha^ ©iner ber un§ ©iitöegen-
fommcnben, ^taii red)t§ auSgumeid^en, linfg au^tüid^. 2)a
tüurbc Sd^openl^auer grimmig unb fagte fo laut, ba^ e» bcr
Slnberc 5um Xi)c\l noc^ l^örcn fonnte: ,,®a6 böd^ bie Slö^e nid^t
rcd^t§ au§mcii{)cu tooHeu! 3cbcr®nglönberl)ältfid^ftet§rcd^t§."
2fl§. mir tüeit bor ber @tabt an einem einfamen Drte
waren, mo toir nid^t p befürd^teu l^atten, bon irgenb Semanben
im Sß^ilofopl^iren geftört ober bel^ord^t p luerben, riidEte id6
mit einigen meiner ©intoenbungen gegen bie ,S33eIt aU SBiÖe
unb aSorfteüung' l^erau^, begierig, \m^ ©d^openl^auer barauf
ermibern miirbe. dlaä) Sl^rer Seigre, fagte id^, ift berSBille
ber §err unb ber 3nte lieft ber 3)iener, ein @ecunbäre§,
ein bIofee§ SBerfseug, bon bem SBiflen l^erborgebrad&t fiir ben
S)ienft feiner ä^crfe, toeld^e^ nad^ ben ©rforberniffen biefc^:>
2)ienfte§ mel^r ober tbcniger boUfommen unb fomplicirt ift.
SBie nac^ ben 3medten be§ SBiflen§ einer Sl^iergattung fie
mit §uf, ^laue, $anb, glügeln, ©emeil^ ober (Sebife berfel^cn
auftritt, fo aud^ mit einem mefir ober meniger enttoidfelten
©el^irn, beffen ^Junftion bie SuteHigen^ ift. ®ennod^ l^cbt
bcr 3ntel(cft, im 5Dlenfd^en auf ben ©ipfel ber förfenntnife
gelangt, ple^t im ^eiligen, ba§ SBefen be§ Seben§ burd^=
fdiaucnb, ben 3BilIen auf. SBie fommt nun, fragte id^, ber
®iener, ba§ SSerfscug bagu, ftd^ über feinen §errn unb
8d[)öt)fer fo 5U erl^eben, bafe er il^n fogar aufl^ebt? ©cfet
bicfcr l^öl^ere 3nteHeft nic^t einen l^öl^ern SBiDen borau^.?
Sd^openl^auer toottte bon einem bop^jelten SBillen nid^t»
miffcn, fonbern fagte: S[Ba§ Sl^ren ©intourf betrifft, fo ift bie
Sac^e cinfad^ biefe. Sin 3!Banberer berfolgt, mit einer Saterne
in ber §anb, einen SBeg; plö^Iid^ fielet er ftd^ an einem Stb-
grnnb ftel^en unb feiert um. S)er SBanberer ift ber SBiße
5um ßeben, bie Sateme ber 3nteßeft; beim iJid^te biefer fielet
ber SBillc, bafe er auf einem Srrtuege fid^ befinbet, an einem
Slbgrunbe ftel^t, unb er toenbet fid^, er feiert um.
-■<' 11 ^-
3d^ legte i^m fobann eine s^eite tjrage öor. Winnie
nid^t, fagte id^, ba nad^ Sl^rer Se^re ber SBiffe in jeber ®r*
fd^einung, in iebem 3nbit)ibuum gan^ unb unget^eilt ift,
bie Sluf^cBung beffelben in einem Snbiöibuum, einem
^eiligen, bie Slufl^ebung beffelben in ber gangen SBelt gur
golgel^aben? 3)lftfete alfü nid^t ein ^eiliger im ©tanbe fein,
bie gange SBelt gu erlöfen? — liefen ©intüurf, ermibertc
©d^openl^auer, mad^en @ie mir nid^t guerft, fonbern man i)ai
i^n mir fd^on 1819, gleid^ nad^ bem ®rfd^einen ber ,2BeIt
aU SBiße unb Sorftellung' gemad^t. 3dö lann aber barauf
nur crmibern: 3n ber einen (Srfd^einung öerneint ftd^ ber
SBille, in ber anbern nid^t. SBie ba§ guge^t, meife id^ nid^t;
benn id^ l^abe e» nid^t auf mid^ genommen, alle SHätl^fel ber
SBelt gu löfen. 3d^ l^abe fd^on in ber „®})ip]^itofop]&ie" ge*
fagt, ia^ mir nid^t miffen fönnen, „mie tief im SBefen an ftd)
ber aiBelt bie SBurgeln ber Snbiöibualität gel^n?"
21B mir gegen Slbenb mieber in ©d^openl^auer^ Se*
l^aufung angelangt maren, mieten mir öon ber Qtfjobkn Sfn-
ftrengung be§ 2aufen§ unb be§ mäl^renb be§ iJaufen§ un^^
unterbrod^en gefül^rtcn (Sefprädi^ au§; mä^renb Sltma fein
gutter, einen S^eHer t)oU tJIeifd^, bergel^rte unb ftd^ bann un§
gegenüber ebenfatt^ gum Slu^rul^en lagerte. 2)od^ bie Slul^e
bauerte nid^t lange. 91ad^ einigen gleid^gültigen ©efpräd^en
brad^ Sd&openl^auer nad^ bem Sefelabinet auf. 3d^ begleitete
il^n nod^ bi§ bal^in unb nal^m bann Slbfd^ieb mit bem aBunfd^c,
balb auf längere 3^it micberfommen gu fönnen. Xi}un Sie
biei\ fagie er, Sie finb bod^ menigften^ (Siner, mit bem fid^
ein SBort reben läfet.
?(I^ id^ mieber bei Sd&obenl^auer eintrat, fe^te er bie
2:age unb Stunben in ber SBod^e feft, mo ic^ gu i^m fommen
bürfte. So gelangte i^ bagu [fünf 3)Jonate l^inburd^],
möd^cntlid^ ein bie gmeimal faft ben gangen 3lad^mittag mit
: 12 ■>'-
©d^openl^auer p t)crfef)ren unb Gctt)ör)nlid^ il^n auf feinen
©pagiergängen 511 begleiten
2ä) öerl^ielt mid^ ©d^openl^auer gegenüber meift em=
pfangenb, gul^örenb, unterbrach il^n nur feiten burd^ ®egen=^
bemerlungen; benn einerfeit^ tüar e§ ein ©enufe, il^n gu
l^ören, unb anbererfeit^ l^atte id) fd^on toal^rgenümmen, bafe
er ©intoenbungen nid^t licbc. ^ä) liefe mir öon i^m ©r-
läuterungen über mand^c Sßunfte feiner §ß^iIofo))]öic geben unb
biefe tourben mir p S^eit. . . . @d^öt)enf)auer mad^te biefe
Erläuterungen ftet§ fei^r anfd^aulic^, inbem er nid^t blofe
immer ein treffenbe§ (Steid^nife pr $anb l^atte, um einen
abftralten ©ebanfen 3U öerfinnlid^en, fonbern oft aud^ burd^
Sör))erbett)egungen, (Seftifulationcn unb 3Kienenfpiet feine ©e-
banlen üeranf^aulid^te. So Ia§ er einft auf einem Spagier^
gange einen Stein auf unb mog il^n in ber §anb, um feinen
Sa^ gu erläutern, ia^ ba§ 2Befen ber 3Katerie nur im
SBirfen beftel^e, unb bie befonberen ©igenfd^aften einc^
^'öxpa^ nur bie fpecififd^e Slrt finb, mie er n)irft. (Sin
anbere§ SKal, aU mir be§ Slbenb^ im 6nglifd[)en ^ofe beim
©c^öppen SBein fafecn, tjeranfd^aulid^te er mir feinen ®a^,
bafe bie aKotil^ation nur bie ^aufalität öon innen gc^^
feigen fei, bafe bemnad^ ber auf ein 3)iotiö erfülgenbe 3Biflen§*
alt gleid^ notl^menbig fei tüxe bie auf eine Urf ad^e folgenbe
S3emegung eine§ Körper^, 3. 33. ba§ SloHen einer ^gel auf
erl^altenen Stufe, — er Deranfc^aulid^te mir, fage id^, biefe§
baburdE), bafe er bie §anb nad^ bcm öor il^m ftel^enben SBein-
glafe auSftredtte unb ba§ 2BeingIa§ (ba§ moixt)) fiir bie
neceffitirenbe Urfad^e feiner ^anbbcmegung erflärte.
®in eigentl^ümlid^er S^Q in ®döo))en]^auer§ ©efpräc^en
mar, bafe er, wo e§ ber ©egenftanb pliefe, eben fo leid&t bon
objeftiöen Betrachtungen auf fid^, feine Sßerfon unb i^r
©c^idEfal i'iberging, bie SInmenbung auf biefe mad^enb, aU
-- 13 -
xiniQefeört Don feiner ^erfon auf objeftiöe, au§ jener abftra*
l^irte Setrac^tungen . . . SBie, fagte er einmal, ein ßöme,
nad^bem er eine SBeilc rul^ig im Säfig gelegen, mieber ouf^
fpringt unb an ben eifernen (Stäben be§ Säfig^ p rütteln
beginnt, fid^ erinnernb, tper er ift, fo fi^e id6 l^icr in meinem
©rimm, u. f. to. 3Son biefem Slu^brud^ perfönlid&er ©r«
bitterung ging er aber plö^Iid^ p bem objeftit)en allgemeinen
<Sa^e über: Qui non habet indignationem, non habet in-
genium unb citirte mir bafür ein fpanifd^eS ©prid^tDort.
8lu§ bem Sngenium feiner eigenen Snbignation l^atte er alfo
jenen objeftiüen ©a^ abftra^irt.
Umgefel^rt ging er aber aud^ öon objeftiDen Sä^en auf
fid^ über, fic^ aU Seifpiel bafür anfü^renb. @o fagte er
einft: 3)ie meiften Sudler merben toicbcr öergeffen. ©leiben*
ben ©inbrudt mad^en nur biejenigen, ino ber Slutor fid^ felbft
gans l^ineingelegt l^at. 3n allen grofecn SBcrfen ift ber 8tutor
felbft gans mieber^ufinben. 3n meinem SBcrfc ftedfe id^ felbft
gan^. Wlan mufe fi^ burd^au§ gum 3Kärtt}rcr feiner Baä^t
mad^en, mie id^ e§ getl^an.
Sei biefer (Selegcnl^cit fagte er: 3JJan fielet e§ meinem
So)3fc an, ba§ id^ öiel in meinem Seben gearbeitet l^abe.
S)ie Slrbeit ift mir aii^ bem ©cftdjte gu lefen. ©in 6ng*
länber, ergöl^Ite er, l^abe if)m einft an ber table d'höte gegen*
über gefeffen, ol^ne il^n gu fennen, unb nad^bem er il^n eine
SQSeile aufmerffam angefel)en, ijobe er ju i^m gefagt: $err,
@ie muffen ein grofee§ SBcrf öollenbet I)aben.
Sinen l^eröorftcd^enben ßl^araftersug ©d^openl^auerS,
nämlid^ bie göl^igfeit unb '^c\t\Qttit, mit ber er einen
einmal gefaxten Sßorfafe feft^ielt unb gur Slu^fül^rung
brad)te, l^atte id^ ©clcgenl^eit p bemerfcn, aU er an ber
gtüeiten Sluflage ber .öierfac^en ^m^d be§ @a^e§ öom p*
reid^enben ©runbc' arbeitete. @r fagte mir bamal^, bafe er
*=> 14 -^
in bicfer bie Sßl^ilüfopl^teprofefforen nadö SBerbicnft pd^tiöc,
unb tl^eilte mir gut SProbe einifle ©teilen mit. 3n feiner Slengft*
lid^Ieit toav er beforgt getüefen, e§ lönnte il^m toegen mancher
3nbeltiöen ein gerid^tlid^er Sßro^efe öon ben 5ßrofefforen gemad^t
merben, unb er l^atte beSl^alb einen befreunbeten Suriften be*
fragt, mie tüeit man in folc^en Singriffen ge^en bürfe. ^ä)
xkü) il)m, an^ feinen objeltiöen SBerfen bie 3nöeftiöen lieber
gang toeggulaffen unb fte für eine befonbere polemifd^e ©d^rift
aufpf})aren. 3d^ fagte: 3n Sl^rer erften Auflage ber ,3BeIt
aU aBiUe unb SSorftettung' fte^en Sie eben barum fo erl^aben
ha, iDeil 8ie ganj nur ber Sad^e pgemenbet, gan§ übjeftiö
ftnb. Dbjeltiöe toiffenfc^aftlid^e SBerfe, bie für bie TUn\ä)'^
f}dt beftimmt finb, müfeten frei bleiben t)on fubjeftiuen ©j^
peftorationen gegen bie S^itgenoffen. 8lud^ fagte i^ i^m,
bafe, toenn man Semanbem miffenfd^aftlid^e SBa^r^eitcn unter
3nöeftiöen 'barböte, ba§ mir gerabe fo Dorfümme, aU menn
man®inem eine föftlid^e ^Jrud^t unter SPrügeln gu geniefeen gäbe.
Sd^openl^auer ermibcrte: 3a, in ber 3ugenb ift man fo
erl^aben; aber im Sllter toirb'^ anber§. 3dö l^abe 25 3al^re
lang biefe (Srl^abenl^eit befeffen unb l^abe gefd^luicgen; aber
ie^t tüiü id^ fte ganj faltblütig güd^tigen. Sluc^, ful^r er
fort, faffen ©ie mit 31^rem ©leid^nife oon ber gruc^t, bie
man unter SjSrügeln barreid^t, bie ©ad&e gang falfd^ auf; benn
erftlid^ fd^reibe id^ nxäjt für bie ^^ilofop^ieprofcfforcn, bie id^
güd^tige, gmeiten^ ift bie Sßeitfd^e, mit ber ic^ fie burd^prügele,
feine gemeine Starbatfd^e, fonbern öergolbet unb mit feibener
©d^nur umlüidtelt, ä^nlid^ ber feibenen ©d^nur, bie ber
©ultan pm ©rbroffeln fd^idft. ®ö ginge, meinte er, babei
?ttle§ nod^ gans anftänbig ab. Sßlato im ,§|8rotagoraö* unb
©iorbano 33runo in ,1a bestia trlunfante', ber gerabcsu fage,
man müfete il^nen Sitten bie ^öpfe l^crunterfd^Iagen unb neue
auffegen, l^ätten e§ ebenfo gcmad^t unb aufeerbem nod^
mand^c Slnbcre.
I
^ 15 ->
?Iud) cr^ä^Ite er mir bei biefer ©eleoenl^eit, ber grofee
Sßl^ilolog SBoIf l^älte feinen ^oEegen Sd^Ieiermac^er, ber
nebenan bocirt, immer ben kleinen genannt unb gcfagt,
man merfe e§ ®inem gleid^ am @til an, toenn er bndlig ift.
UeberbieS, toa^ ben 8lnftanb betreffe, fo fei e§ gans an*
ftänbig, ©piftbuben, bic man in einer nobeln ©efellfc^aft
entberft, p faffen unb bie 2;reppe hinunter gn merfcn.
©c^Iiefelid^ fagte er: 3a, mcnn bie Unmal^rl^citen ber ^l^ilo*
fop^ieprofeffüren au§ ©rienntnifegrünben folgten, bann
liefen fie ftc^ objeftiD tüiberlegen; aber fte gelten an-5 Ü)lo=
tiöen l^eröor unb biefe mufe id^ aufbedten.
2fl§ ©(^openl^auer ju ©reiben mit feinem öauptmcrf
fd^manger ging, geigte er, mic er mir ergäl^Ite, in feinem
gangen SBefen unb feinen (Sebärben ettoa^ fo 3(uffaaenbc§,
bafe man il^n beinal^e für toll gel^alten. ©inft, im Jreib^aufe
gu S)re§ben uml^ergel^enb unb gang in Setrad^tnngen über
bie Spi^^fiognomie ber Sßflangen Vertieft, i)abc er fic^
gefragt, mol^er biefe fo oerfd^iebenen ijormen unb g-ärbungen
ber 5ßflangen? SBa§ miß mir l^ier biefe» ®ctt)ä(^^ in feiner
fo, eigentl^ümlid^en (Seftalt fagen? 2BeId^e§ ift ba^ innere
fubjeftioe SBefen, ber Sffiille, ber l^ier, in biefen Slättern
unb Stützen gur (Srfd^einung fommt? @r ^obe bietleid^t laut
mit fid^ gefprod^en unb fei baburd^, fo mie burd^ feine ®efti*
fulationen bem Stuffel^er be§ Xreibl^aufe^ aufgefallen. 3)iefer
fei neugierig gemorben, toer benn biefer fonberbare Sjcvt fei,
unb l^abe il^n beim SBeggel^en ausgefragt. 9[uf bie atntmort:
„3a, toenn Sie mir ba§ fagen fönnten, mcr i^ bin, bann
toärc ic^ Sinnen bielen 2)anf fd^ulbig" — f)abe il^n Sencr an-
gefeiten, al§ ob er einen SSerrüdften oor [i6) l^abe.
„3)a§ aber ift ipumor", fügte Sd^open^auer bei biefer
©clegenl^eit l^ingu unb ging fogleid^ auf feine, in ber ,2BeIt
aU aSillc unb äSorftellung* gegebene Definition be§ önmorS
-. 16
über, auf bie er fid^ öiel p (Sute tl^at, lüeil alle anbern, bor
il^m gegebenen ©rflörungen be§ $umor§ nic^t^ taugten.
Sd^openl^auer rül^mte öön feiner 5{5]^tlt)fr)p^ie, bafe fie
mit ber ä^i^fäßiing ber SBcIt in SBille unb SSorftellung
bie 35urc^fc^nitt§Iinie gmifc^en bem SRealen unb Sbealen an
ber aEein rechten ©teile gebogen; ber ©d^nitt fei l^ier ber
felbe, mie ber ^ant'fc^e gtüifd^en ®ing an fid^ unb ©rfd^einung.
tJrül^ere Sß^ilofopfien l^äften toof)! aud^ ®urd^fd^nitt^Iinien
gebogen, aber an gang falfd^er ©teKe, toie ßarteftu^ gtoifd^en
®eift unb 9Katerie; ba faKc ber SBille fammt bem ®enfen
(SSorfteHen) auf bie ©eite be^ ©eifte^, unb bie 3Jlaterie bleibe
aU ein tobtet SBefen, öon bem man nid^t red^t tniffe, ma^
e§ ift, auf ber anbern ©eite.
gür einen §au|)tirrt^um ber Spi^ilofopl^ie be§ 6arteftu§
unb ©Ijinoga erllörte ©d^ojjenl^auer bie SSermifd^ung öon
aSille unb Urtl&eil, al§ lüärc SBoEen nur ein Slft be§ Ur=
tl^eilen^, be§ SlffirmirenS unb 9?egiren§.
Seiner, fagte er bei biefer (Selegenl^eit, l&at fo fd^arf
^mifd^en SBille xmb Sntellelt gefd^ieben, toie id^. 2)er
Sntetteft meife oft gar ni^t, ma§ ber SBiHe für ein terl ift,
lüie id^ in meinem Kapitel über ben Sprimat be§ Sa3iIIen^3 qc^
geigt l^abe. 2)er 3nteHeIt traut barum aud^ bem SBillen ni^f,
wenn er einen Sßlan gefafet l^at; benn er toeife \)ov ber 8(u§-
fül^rung nid^t, ob e§ bem SBiöen (Srnft bamit ift. SDJand^er
bilbet ftd^ ein, er mürbe fo ober fo l^anbeln, menn biefe ober
jene Umftönbe einträten; unb menn fie bann eintreten, mirb
er p feinem ®rftaunen getoal^r, bafe er gang entgegengefe^t
l^anbelt, j. 35. frembe^ ®ut ftd^ aneignet, mann feine ©efal^r
ber (Sntbedtung unb Seftrafung öorliegt; mäl^renb er öorl^er
glaubte, bafe er unter allen Umftänben e^rlid^ l^anbeln mürbe,
u. f. m.
-^ 17 <^
gerner rfil^mte er an fetner $)8]ötIofo))]^ic bie f($arfc
©önberuno gtnifd^en SSerftanb unb SBernunft. Ser^Pral^«
lerei ber Sßrofefforen mit ber SSemunft aU einem 2?ermö0en
be§ Ueberfinnlid^en, fagte er, toerbe id^ in ber gtüeiten
Sfuflaöe ber ,t)ierfac^en SBur^el', an ber xä) je^t arbeite, ein
@nbc machen.
3d^ mad^te il^m einft Dpt)ofttion gegen feinen SbealiS^
mu§, inbem id) gegen fein: ,,2)ie SBelt ift meine SßörfteHung",
mömit fein ^aupitoat beginnt, einmenbete, bie beftimmten
cmpirifd^en formen unb ä^^I^nöerl^ältniffe ber^örjjer, bie
bei öerfd^iebenen fö öerfc^ieben feien, fönnten bod^ nid^t au§
ben at^riürifd^en IJormen ber 9taume§ unb ber 3^it abgeleitet
werben, fonbern müfeten im 2)ingc an fid^ begrünbet fein,
fo bafe fte alfo feine blofee aSorfteltung mären. — SBarum,
fragte id6 il^n, feigen mir, menn bie SBelt blofe unfere SSor-
fteihmg ift, ben einen ©egcnftanb runb, ben anberen edtig
unb gmar mit einer beftimmten Slngal^I öon ®dEen, u. f. m.?
3)ie§ laffe fid^ nid^t au§ imferem borfteßenben ©ubjeft allein
crflären.
Sc^openl^auer ermiberte: S)ie§ l^aben Sie fid^ fo gu er^^
flären: S)ic eine Sleufeerung be§ SBillen^ l^ier ftellt ftd^, menn
fie in ben 3nteÖe!t eingebt, aU biefen Körper, g. 33. aU
biefen Srt)ftatt, mit biefer gorm unb S^^^ ^^^ ®*cn bar, bie
anberc al§ einen anbern. @o feien bie fed^§ ®dfen ber
Sd^neefiodEen, fo bie conftanten fteben $al§mirbel, u. f. m.
3U crflären. 2)a§ S)ing an fid^ er fd^ eine alfo, inbem e»
in ben 3nteHeft eingeigt, in biefen beftimmten empirifd^en
formen.
3d^ bemerfte gegen @d^open^auer§ „SBelt aU SBorfteßung",
bafe, menn bie in ben ^Jo^wten be§ 9taume§, ber 3^it unb
ber Saufalität ftd& barfteüenbc SBelt unfere SSorftellung fei,
bann feien aud^ bie fo^mogonifd^en unb geologifd^en SJorgänge,
-o 18 o-
tt)cld^e bcr 3cit nad^ unfcrer je^igen SBcIt" unb ©rbperiobe
öorl^ergcgangcn, nur unferc SSorfteüung, unb man lönnc
folglich alle biefe SSorgänge, tote ftc un§ bic Äo^mologcn unb
(Scologen ergöl^Icn, nid^t aU reale betrad^ten.
©d^openl^auer nannte biefe§ eine /nEraßacng eiq dXXo
y£vog, aus ber Sßl^^fil in bie aWetapl^^ftf. SSom pl^^fifd^en
©tanbpunft au§ l^ätten Sant unb ßaplace red^t.
Unter meinen ®intüenbungen, bie id^ ©d^openl^auer gegen
feine Sßl^ilofopl^ie mad^te, betraf eine bie t)on il^m bel^auptete
Unüerönberlid^feit be§ SBittenS. S)iefe fd^ien mir mit
beffen Verneinung ^u ftreiten. SBenn, fagte id^, ber SBille
fidö verneinen lann, fo ift er ja nid^t unöeränberlid^ ; unb um*
geleiert, tüenn er unberänberlid^ ift, fo fann er fid^ nid^t öer«
neinen.
©d^o|)en]^auer ertoiberte: SS ift nid^t auSgemad^t, bafe
ber SBille alS SDing an fid^ unberönberlid^ fei, alfo etoig
möHen muffe; nur t)on ber Srfd^einung beS aBiHenS, bem
em^)irifd^en ßl^araftcr, gilt bie Unöcrönberlid^feit.
Safe aud^ bei ©old^en, in benen ber SBiUe fid^ fd^on
öerneint l^at, bei ben ipeiligen, ha^ Seben beS Organismus
bod^ nod^ eine SBeile fortbeftcl^t, bafür, bemerfte er, l^aben
bie Orientalen baS ©leid^nife, ein ©old^er fei, n)ie bie 2^öpfer=
fd^eibe, bie fid^ nod^ eine SBeilc brel^t, nad^bem ber S^öpfcr
fd^on aufgel^ört l^at, p arbeiten.
2)er Optimismus, fagtc er, ift unl^altbar. SBaS fie
„aSerllärung beS SBiHenS" nennen, b. 1^. Serbefferung, ift
unmöglid^. ®S bleibt nur bie SBal^I ^toifd^en SJejal^ung unb
SSerneinung beS SBißenS.
Sine S3eftätigung feines ^^^effimiSmuS fanb ©d^öpenl^auer
unter anbern aud^ in ©eorge ©anb'S: chacun a les d^-
-^ 19 '^
fauts des ses vertus. 35te§, faßte er, lönnte nid^t fein,
toenn mir nid^t 8lÖe fd^Ied^t toären. 2)te SBurgel in un§ ift
ba^ ©d^Iec^te, barum ift ba§ @ute immer, toie ba§ @oIb,
berfe^t; e§ lommt nie rein öor.
3c^ öufeerte, mir fd^cine bie entgegengefe^te SBeltan^
fd^auung be§ Dt)timi§mu§ unb Sßefftmi^mu^ nid^t au§ ber
©rfenntnife, fonbern au§ bem SBiUen ju fliegen: S)ie
nämlid^, meldte bie SBelt unb ba§ 2eben mit bem SBiKen
bejal^ten, feien in ber Xi)eovxt Dptimiften, bie l^ingegen,
meldte e§ verneinten, feien SPefftmiften; bie Sinen fänben
ba§ Sebcn fd^ön, toeil fie e§ lieben, e§ mollen, bie änbern
iämmerlid^, toeil fte e§ l^affen, e§ nid^t tt) ollen, ipierauf
ertüiberte ©d^openl^auer: ®o ift e§ nid^t; benn ha müfete id)
ein Zeitiger fein. ®r mic§ auf ben S^i^ft^öÜ ätoifd^en
SBöHen unb ©rfennen l^in, bem gufolge n)ir tl^eoretifd^ red^t
gut bie SBal^rl^eit erfennen, unb ))raltifd^ bod^ ba§ ©ntgegen*
gefeilte moHen. S)od^ feien e§ aßcrbing§ immer ebele Seelen,
beren SBeltanfd^auung peffimiftifd^ fei.
3dE) fagte femer, Dptimi§mu§ unb Steali§mu§
frf)ienen mir unsertrennlid^. ®ie Dptimiften, bie biefe SBelt
bejal^en, müfeten fie bod) notl^lnenbig für real l^alten.
@d)ol)enI)auer crmiberte, e§ fönne aud^ ein 5ßefftmift, ein
iQciliger, ein 8l§fet, ber bie SBelt öerneint, SHealift fein.
S)ie d^riftlid^en ^eiligen feien feine 3bealiften gcn^efen. SBol^I
aber l^önge mit bem Xl^ei^muS ber 3fteali§mu§ sufammen;
benn tt)enn ®ott biefe SBcIt gemad^t l^at, bann muffe fie bod^
real ba fein.
81I§ mir einmal auf unfcrm ©pagiergange au^manbernbe
gamilien, gum %i)t\l in Summen gepßt, trafen, fagte @d^open=
{)auer, ftel^en bleibenb unb fiebetrad^tenb: SBenn man biefe^
fielet, ha fafet ®inen toieber ber gange 3ammer be§ ßeben§ an.
2*
— -^
20
SBcnn man ermööt, toie ungcl^cucr bte Sßorrid^tungcn iit
biefcr SBelt fmb, unb tüie erbärmlid^ bagcgcn \iO^ SRcfuItat,
fo fann man feine Soblieber anftimmcn.
9ta(i& einer SBeilc fagtc er: ®§ fonnte aber aud^ nid^t
anber§ fein. 9Jlan benfe pd^ bcn SBißcn, ber eine fold^c
SBelt mit nnge^enrer Staft l^eröorbringt, in Sinem 3nbit)ibuo
comprimirt, unb ba§ 2Be]^e miifete unenblid^ öröfeer fein, al^
jejjt, tDO e§ \\i) nntcr fo SSielc öertf)cilt. (2)er tiefe, nad^
3nnen öctt)enbete SSIidf, ben ©d^openl^auer babei mad^te, ift
mir unöergcfelid^.)
@§ finb, fnl^r er fort, nur brei ^ößc benfbar: ©ntmeber
ber aiöillc ertrug alle^ SBel^c in ®in§ comprimirt, ober er
trug e§ öertl^eilt unter SSicIc; ober er liefe e§ gang bleiben,
fid^ in biefe SBelt gu merfen.
3d^ fagte %\\ Sd^open^auer: 2)a nac^ 3]^rer ßel^rc oom
6f u7fQo^' orAouc ba§ ßeiben l^eilfam ift, meil e§ gur SRefigimtion,
5ur SScrneinung bc§ 2BiIIen§ fü^rt; fo tl^ut eigentlid^ jcbc
®ntbedtung, jebe ®rfinbung, meldte ba§ Seiben minbern ober
gegen baffclbe uncmpfinblid^ mad^en l^ilft, loie %. S. bic
8(et^erifation bei Imputationen, jener l^eilfamen SBirfung be§
ßciben§ Slbbruc^, unb fonfequentermcife bürfte man überhaupt
frembeg Seiben nid^t gu milbern fud^en, um bie Stefignatiou
ni(f)t 3U l^inbern.
C ermibcrte ©d^openl^auer, e§ toirb tro^ aller SüJübe*
rungen unb Sinberungen be§ Seiben§ bod^ noc^ ®Ienb genug
in ber SBelt geben, me((^e§ gur Mefignation fü^rt; fo "t^^x^ ic^
immer nod^ SSiti:^i behalten merbc, menn ic^ fage, e§ mörc
beffcr, biefe SBelt toäre nic^t. @r toie^ auf bie entfe^Iid^en
Ungliict^fäde l^in, öon bencn täglid& bie gcitungen berid^ten.
C5§ t)erge]^e fein 2^ag, mo nid^t, balb in bicfem, balb in jenem
X^cilc ber SBelt, 3)lorbe, SSerftümmelungen, QJfe^eleien, ©d^iff-
briic^c u. f. m. oorfielen.
-^ 21 <--
3(^ erinnere nüd^, bafe ©d^o^jenl^auer in feinen ©efpräd^en
mit mir, aU auf ben Dptimi^mu^ Seibnigen^ bie SWebc tarn,
fagtc: ®ie Dptimiften tüeifen immer auf bie ))]^t)fif(i6e ^ar*
monie unb SttJßtfwtöfeiöIeit be§ Uniöerfum^ l^in. 35iefe iDotte
er auc^ gar nid^t in Slbrebe ftellen. Sel^e man nun aber
einmal bie SBelt nad^ il^rer innern, fubjeftiöen unb mora*
lifd^en Seite an, ba biete fte ein gans anbere^ ®i)au)p\cl
S)ie ©t^ieler auf ber tool^Iöegimmerten SBül^ne mit i^rem
(Sör)i§mu§, il^rer S3o§]^eit, il^rem ipafe unb 5Reib, ber ben einen
SRenfd^en bem anbern gum SBoIfc mad^t, u. f. tv. — gäben
(Sinem leinen Slnlafe 3U öaHehijaftg.
©d^üpenl^auer fj)r)ttete in feinen ©cfpräd^en mit mir ftber
bie Hegelianer, bie ben 3Jlunb immer fo DüH nel^men über
bie ©efd^id^te al§ ben Sßrogcfe be§ 3lbfoIuten. SJer ^rdjali
ber ®efcf)ic^te, fagte er gu mir, finb „bie europäifc^en Äa^^
balgereien." Uebrigen^ fei e§ nid^t toal^r, bafe ba§ aKenfd^en^
gefd^Iec^t nur immer fortfd^reite, fonbern e§ gebe aud^ SHidt*
fdfiritte unb e§ fomme gu S^^^^^^ ^^^ SRüdtfaH in bie Sarbarei
\)ox. ®in anber 3)lal fagte er mir: ©ie reben immer öiel
öon „Sßerfeftibilität be§ ^enfd^engefd^Ied^t^"; aber ein grau*
5ofe ^at neulid^ gefagt: SBenn id^ ben 2^ob Dor Slugen l^abe,
ma^ nü^t e§ mir, ia^ bie Seute nad^ 100 ^al^rcn nod^ tttüa'^
beffer unb bequemer leben merbcn? — 2)a§ 3Jlenfd^engcfd^Ied^t,
fagte ©d^openl^auer ein anber 3KaI, ift einmal öüu 9latur au§
pm SIenb unb Untergang beftimmt; benn, inenn nun aud^
burd^ ben Staat unb bie ©efd^id^te bem Unrecht unb ber dloti)
fr) toeit abgel^olfen tnäre, bafe eine SIrt ©d^Iaraffenleben ein*
träte, fo tüürben fid^ bie ajJenfd^en al^bann öor Sangemeile
balgen unb über einanber l^erfaHen, ober bie Ucberöölferung
mürbe ^unger^nüt)^ Iierbeifül^ren unb biefe fie aufreiben.
3d^ äußerte einft, in mand^en fünften fd^eine ba§ OJtcnfc^en*
gefd^Iec^t ba§ ^öc^fte fd^on erreid^t su l^aben, 3. S. in ber
Sfulptur bei ben ©ried^en, in bcr SDlufil bei ben 3)eutfd^en,
unb in biefen fc^eine alfo fein meiterer görtfd^ritt möglich,
©d^openl^auer crtüiberte: ^a§ ©enieift inbiöibuell, unb e§
laffen fid^ alfo neben SJlo^art unb Seetl^oöen fel^r gut nod)
8lnbere benfen, bie mit neuen, eißent^ämlid^en Sßrobuftioncn
l^eröortretcn tnerben. Slud^ fei ju bebenfen, bafe ba§ aJienfd^en*
Oefd^Ied^t im (Sangen noc^ fel^r jung ift. 3lnber§ freiließ t)a^
f)altc e§ fic^ mit ber Sßl^ilofopl^ie; biefe muffe boä) tniliä)
einmal in eine Spi^e auslaufen, einen ©ipfel erreichen. ®o
mie e§ nur eine ß^emie gebe, fo fönne e§ aud^ nur eine
malere Sßl^ilofopl^ie geben, unb tnenn biefe einmal gefunbcn
ift, bann muffe man bei if)v ftel^en bleiben, fönne nid^t mcl^r
Aber fte l^inau^.
„lieber mid^", äußerte er einft, „fann man mol^I in ber
33reite, aber nid^t in ber Xiefe l^inau^".
@r fagte mir einft gerabeju, e§ gebe feinen anbern SBeg
jur Söfung ber metapl^liftfd^en Sßrobleme aU ben feinigen,
unb fd^liefelid^ müßten bod^ Sitte p il&m fommen. 3n meiner
Sugenb, erjäl^Ite er mir, al§ id^ bie erfte Sluflage ber ,3BeIt
als SBitte unb SSorftettung' öoflenbet l^atte, toottte id^ mir
eine ®))l^iny, bie ftd^ in ben 8lbgrunb ftürgt, auf mein Sßett«
fd^aft fted^en laffen; benn id^ tnar überjeugt, baS SHätl^fel ber
Sßelt gelöft gu ^aben.
81I§ id^ il^n einft barüber befragte, ob er ettoa in jungen
gal^ren öiel gelitten l^abe unb barauS fein SßeffimiSmuS gu
erflären fei, crloiberte er: „®ar nid^t; fonbern id^ mar alg
3flngling immer fel&r meland^olifd^ unb einmal, id^ mod^te
ungefäl^r 18 3a]^r alt fein, haä)ic \ä), noä) fo jung, bei mir:
2)iefe SBelt fott ein @ott gemad^t l^aben? 9lein, el&cr ein
2^eufel. — 3d^ ^oic freilid^ fd^on biet in ber ©rgiel^ung, burd^
bie §ärte meines SSaterS, p leiben gel^abt."
-^> 23 <^
aSon feinem SSater fprad^ ©d^openl^ouer mit g^^fe^r
®anfbarfeit, tl^eilte mir auä) aJland^eS über ba§ bornel^me
.^au§, ba§ fein Satcr gemad^t, unb ba§ öornel^me ßeben,
ia§f fte auf Steifen gefül^tt, mit, baran bie Semerlung fnfipfenb,
bafe e§ im ÄaufntannSftanbe, tüie fid^ BefonberS bei ber Se*
tüirtl^ung öon ©äften unb aud^ fonft jeige, nid^t fo fnidterig
l^ergel^c, mic in anberen Stäuben. S)er Saufmann fei im
Slllgemcinen lueit freigebiger, fplenbiber, al§ Seute au§ anbern
©tauben.
©d)open]^auer fügte mir, er l^abe ftd^ feiner 3JJuttcr unb
ifiren ©irfeln gegenüber immer fremb unb einfam gefül^It, unb
man fei be§f)alb auc^ in SBeimar mit il^m un^ufrieben ge=
mefen.
3d^ fragte ©d^openl^auer einft, ob er nie an^ ^eiratl^en
gebadet. 6r ertoiberte, e§ fei ii^m mol^I einige SDtale in feinem
Seben nal^^ gelegt morben, 3u l^eiratl^en, e§ fei aber immer
nic^t^ barauS gemorben, unb er red^ne ftd^ biefeS 3um ©lüdfe
an; benn im 3od^e ber (Sl^e l^ätte er mop fd^toerlid^ feine
SBerle fd^affen fönnen.
®r toar im Jßunfte ber ®efd^Ied^t§Iiebe fein ^eiliger,
unb l^at e§ mir felbft geftanben, bafe er arg nad^ ben Säeibern
gemefen, ia^ er in Italien nid^t blofe ba§ @d^öne, fonbem
aud^ bie Schönen genoffen l^abe, u. f. to.
©d^openl^auer unterfd^ieb bie intcßeltueHe Sßl^^fiognomie
be§ 3Jlenfd^en Don ber moralifd^en. 3ene liefe er in Sing*
unb Stirn, biefe in ber untern Sßartie beS ®efld^t§ um 3Jlunb
unb Sinn il^ren ©i^ l^aben.
6r befannte mir gan^ unöerl^ol^Ien, bofe, fo fel^r il^m aud^
feine intelleftuellc Sß]^t)fiognomie gefalle, fo toenig gefalle
il^m bod^ feine moralifd^e. — (§x fanb feinen p]^t)rtogno*
mifd^cn 8[u§brucf um 3Jiuub unb Sinn in äJiifeöerl^ältmfe gu
bem übern, intcHeftuellcn.
SBir fprad^eu Dom @enie. Siad^bem ®d§openI)auer bc«
merft l^atte, 3Jlenf(J6cn unb Slffen feien in ber 3uöenb ®enie§,
fpäter nid^t mel^r, fügte er l^ingu: ®a§ !onnt' aber anä) nur
Siner, toie id^, ba§ Äapitel iiber ba§ ©enie mit bem 8lffen
fd^Iiefecn.
3d^ mad^te bie Semerfung, bafe 3)Jänner üon ©enie oft
ein I)o]^c§ Sllter erreid^t l^ötten, toie ©oetlfte. ®§ ift, fagtc
©d^openl^mier, aU ob l^ier bic 9latur einen fold^cn SnteHeJt,
ber il^r fo feiten gelingt, nid^t fobalb trieber fal^rcn laffcn
moHte, ba berfelbe bod^ burd^ ben Xoh gerftört toirb. 2(ucö
entftel^en getoölönlid^ erft im 8nter bie reifften SBerfe. S)enn
bi§ gum 35. ^at)xc muffen gtoar bie Sbeen, bie ©runb*
gebanfen gefammelt unb eingetragen fein; aber bie i^erarbci«:
tung unb SSel^errfd^ung biefe§ Stoffel ift bod^ erft baö SBerf
be§ fpätern Sllterö.
©d^openl^auer tl^eilte bie ©eifter im Slttgemcinen in
folgenbe brci klaffen: 1) ©old^e, bie au§ eigenen SJütteln
ia^ ditä)tt finben unb machen. 2)iefe feien fef)r feiten.
2) ©old^e, bie e§ gmar nid^t felbft mad^en fönnen, aber e§
erfennen, toenn e§ il^nen oorgelegt loirb. Slud^ Sicfcr gebe
eö nur SBenige. ©nblid^ 3) ©old^e, bie e^ meber mad^en,
nod^ erfennen fönnen — ber grofee §aufe. 2)ie§ l^abe fd^ou
§efiob gefagt unb 3)tacd^iaoeIIi l^abe e§ auf bie dürften
angemenbet, inbem er fte einget^cilt in @oId^e, bie ba§ Died^tc
treffen; @oId^e, bie e§ erfennen, n)enn e§ il^nen oorgelegt
mirb; unb ©oldl^e, bie feinet oon beiben fönnen. 3)iefe
le^teren taugten nid^tö.
3u ber gmeiten Älaffc Don ©eiftern red^nete ®c^open'=
haucr Slein^olb unb 81. SB. ©d^Ieget, bie gmar felbft
-=c> 25 <^-
mä)i^ Sebcutenbe^ gemad^t, aber ha§> ©rofee in Äant unb
®oci^t erlannt unb 5ur ©eltung qthxaä)t l^ätten.
2)a§ ®afein ber @ente§ unter. bcn aJienfd^en, fagtc
iä)f l^at ettt)a§ SBunberbareS. SBie lommen fie in biefe
aJlenfd^enlnelt l^inein, ber fie fxä) ioä) fo fremb unb l^eterogen
fü^en?
^ftr fi(^ freilid^ nid^t, fagte ©d^openl^auer, aber für bie
äJienfd^l^eit fommen fte in bie 3ßdt, um fie au^ SRol^l^eit
unb Barbarei p erlöfen. Slbgefel^en öon beut ©enufe, ben
bie @enie§ an fid^ felbft l^aben, finb fie bod^ eigentlid^ nur
bie ^eugträger ber SUfenfd^l^eit. 8Iud^ fxä) red^nete (Sd^open*
I)auer gu biefen ^eu^trägern. 3d^ l^abe, fagte er bei einer
anbern ©elegenl^eit, mein Seben lang mein ^eu^ getragen
unb l^abe beffen 3)rud( gefül^lt.
Sie @enie§ red^nete ©d^openl^auer gu ben „^oi)tn"
(Seiftern, unb fagte einft gu mir: ®in l^ol^er @eift — ha§>
tüitL aSiel fagen; bie tnerben feiten gefunben.
®afe bie @enie§ il^rer 3^it getnöl^nlid^ um ein Sal^r^
l^unbert öorau§ finb, bafür l^atte ©d^openl^auer folgenbe^
©leid^nife. SBie bie Äugel, bie id^ au§ ber Sßiftole fd^iefee,
l^unbert Sd^ritt Don mir entfernt nieberfäKt, unb id^ nid^t p*
gleid^ an biefem Drte, mo fte l^infällt, fein fann; fo propettirt
ba§ (Senie feine 3rit, fann alfo felbft nid^t bort fein, Wo e§
fie l^inbringt.
2)cife fie ie^t lüieber auf Äant, meinen äJfeifter gurftdt-
gel^n unb fid^ an il^m ,,Drientiren", fagte er, ift red^t; aber
ia^ lüir bei Sant nid^t ftel^en bleiben unb mit bem t)on il^m
©efunbenen un§ nid^t begnitgen lönnen, ba§ muß man aucf)
cinfel^en.
-^- 26 --
Sent OvÖek; ayecöjLieTQriTOi; eioitcö BilbctC &ä)OptX[f)CiUCV
nad^t Ovöen; axavTtaroi; Ficrmo,
Sd^ fragte il^n, xoa^ er öon §egel§ SSßi^ über bic
Sant^fd&c Äritif ber reinen SSemunft benfe, ber biefe^ Unter*
nel^men mit bem iene§ ©d^olaftifu^ öergleid^t, meld^er nid^t
el^er in§ Söaffer gelten toüHtc, al§ bi§ er fd^mimmen gelernt.
Sant^ Unternel^mcn, fagte @d^ot)en]^(mer, gleid^t öielmel^r
bem cineg Saumeifter^, ber einen Sauanfd^Iag mad^t, el^e er
gu bauen unternimmt. ©^ ift burd^auS fein (Srunb öor«
Rauben, biefe§ löd^erlid^ p mad^en.
S?ant, fagte er ein anbereS ajial, Verneinte bic fpefulatiöc
S^j^cologie afö SBiffenfd^aft, liefe bagegen bie populäre praf«
tifd^e Si^l^eolögie beftel^cn. S)ie moberncn SReligion^pl^ilofopl^en
mit il^rer fpefulatiöen S:]^eoIogie, bie fie gern für eineSöiffeus^
fd^aft ausgeben möd^ten, mad^en e§ umgefel^rt.
aSir fprad^en öon S^. §. S33eifee^§ ©d^rift: ,3n
meld^em @inne bie beutfd^e ^l^ilofopl^ie \t%i toieber an Äant
fid^ gu Orientiren l&at'. ©d^openl^auer fagte: SBeifee meint, mir
fönnten, toie bie tjrangofcn il^ren Se^carteS, fo unfern Sant
al§ nationalen Sßj^ilofopl^en aufloeifen, an ben anfnüpfenb toir
un§ ebenfalls einer nationalen Sßl^ilofopl^ie rül^men lönnten.
21I§ ob, fügte er l^inp, bie 5ß^iIofopl^ie @ad^e einer 9?atton
toäre! ßarteftuS, Sant unb fold^e ©eifter gel^ören bem
3Jlcnfd^engefd^Ied^te an, unb e§ ift gans gleid^, ob jte in granl«
reid§ ober in 2)eutfd^lanb gelebt l^aben. SBa§ I)at bic ^{)iIo*
fopl^ie mit ber Sßationalitöt p tl^un? £)b bie SOSal^rl^eit auf
biefem, ober jenem %\ti ber ®rbe entbedtt loirb, ba§ mad^t
feinen Unterfd^ieb.
©d^openl^auer geigte mir ein auf einer Sluftion gefaufteS
alte§ öilbnife beS ßarteftuS unb bemerfte, bafe ßarteftuS auf
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bicfem S3ilbe fel^r el^rlid^ au^fel^e. &i}xl\ä) mu^ ©iner aber auä),
füöte er J^tn^u, fein, toenn er cttoa^ @rofee§ leiften miß. alle
örofeen ©elfter toaren el^rlid^.
©pinoga^S Optimismus, fein vivere, agere, suum utile
quaerere erllörte ©d^openl^auer 311m Xl^eil bal^er, ia% ©pinoga
3ube gctoefen. 35ie 3uben, fagte er, finb aße öiel l^citerer
als anbere Stationen, finb im ©angen, tro^ beS fd^toeren
2)rucfeS, ber auf il^nen liegt, eine l^eitere lebenSIuftige SJation^
unb @))ino3a toar immer l^eiter.
®ie ^l^ilofopl^ieprofefforen, fagte er einft ^u mir, ftnb
nur barum fo untoiffenb unb lernen nid^tS, toeil fie p öicl
treiben, STmtSgefd&äfte, Sßolitif, 3?eifen u. f. it). SBer maS
lernen toill, barf nid^tS treiben. Unb öon Seibnig alS $ßI)iIo=
fopl^en l^ielt er, auS bem felben ©runbe, ni^t öiel. „S)a
fud^en fte", fagte er ein 3}lal „toieber ben ßeibnis i^er*
öor, geben il^n l^erouS unb reben öiel öon il^m; alS ob 3)er
fo ein grofeeS ßid^t »äre! 3Kein ©ott! toenn (Siner fo lebt,
mie S)er, l^erumreift, Sraunfd^ttjeigifd^e SInnalen fd^reibt u. f. m.
u. f. it)., fo ift er fd^on barum in meinen Slugen fein großer
8luf meine SBemerfung, id^ l^ätte oft meit mel^r ^u §aufe auS
guten SSfid^em, alS in ben §örfalen auS ben SSorlefungen
ber sprofefforen gelernt, unb man fd^lüge äber]^aut)t öiel ju
oiel 3rit mit hm KoBegien tobt, —fagte ©d^openl^auer: „2lber
bie Viva vox tl^ut bod^ öiel, befonberS bei ber ftubirenben
3ugenb. SBenn ia ein S)ocent lebl^aft ift, fo lann er mäd^tig
mirlen." @r gebadete in biefer SBegiel^ung befonberS Slumen*
bad^*S unb ©d^ulge'S, bie er in ©öttingen geprt, unb
fügte bann j^inju: „fjreilid^ ein folc^er SBortrag, loie ber
STOarl^einefe'S, fann nid^t begeiftern."
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2Iu§ bcn ©efpröd^en ©d^openl^auer^ ift mir erinnerlich,
bafe er ©d^iller unb a5i)ron gu bcn fubjeltiüen ®id^tern
redende, ©oetl^e unb @^afef)3eare gu ben übjeftiöen, unb
lottere tDeit l^öl^er fteßte aU jene.
lieber (Soetl^e^ ß^aralter äußerte fid^ ©d^openl^auer
einft gu mir bal^in: ,,(5in ©goift ift biefer ©oetl^e getoefen,
ba^ ift toa^x." ®r fprad^ über (Soetl^Cö SJerl^alten su 3Kercf,
tüop il^n bcr öon SBagner l^erau^gegebene Sriefmed^fel mit
ajiercf Deranlafete, ben er bamafö gerabe Ia§. SDiefer Tlcxd,
fügte er l^ingu, l^at eigentlid^ nid^t§ SebeutenbeS gemad^t,
unb ioä) l^ulbigen fie il)m Sllle in il^ren Briefen. ©^ mufe
bod^ in feiner ^erfon elma^ getnefen fein, moburd^ er biefe
Ttaä)t auf Sllle, bie mit i^m in Serül^rung famen, ausgeübt
i)at. ^ä) lici) mir ben ermäl^nten aiierrf'fd^en SSriefmed^fel
öon ©d^üpenl^auer auf einige S^^^ iinb fanb barin, in einem
Sriefe ©oet^e'ö, bie Sleufeerung: „S)a^ Seben bei §ofe ift
bod^ eine ma^re ®d^ . . . ejifteng." 8ll§ id^ barauf mieber
p Sd^open^auer lam,^ citirte id^ ii^m biefe Stelle unb fagte:
(SotÜjc, ber feine iQofmann, fd^eint bod^, aufeerl^alb be§
§r)fe§, c^nifd^e ?lu§brüdfe fel^r geliebt p l^aben. „^a'\ er=
miberte Sc^openl^auer, „t9> t)at gar SSieleS neben einanber
Sßlat? im aJZenfd^en", unb er beftätigtc mir au§ eigener (Si's
fal^rung, bafe ©oetl^e berbe 8lu§brücfe geliebt.
©d^openl^auer ergäl^lte mir öon einem feiner frül)eren
33efannten SRamen^ 3fen. SDiefer l^abc il^m einft ben famofen
9loman: ,©d^elmuff^ft)'§ Suriofe Seifebcfd^reibung gu SBaffer
unb Sanb' gebrad^t unb fei gang Dernarrt in biefe§ 33ud^ ge»
mefen. Sin S)iefem meiner Sefanntcn, fagte @d^openl)auer,
l^atte ic^ einen redeten 33cleg für bie Sbentitöt unb Unüer^*
dnberlic^feit be§ 6^arafter§. ®r mar, ma§ Sean ^^aut ein
paffiüe^ ©enie nennt; er l^atte grofee ©mpfänglic^feit für
atlc§ Sleftl^etifd^c, tonnte aber felbft nid^t§ mad^en.
-^ 29 -^
©d^openl^auer citirte mir bann aus km ©ebäd^tttife, in
braflifd^er SBeife, einige ©teilen bc§ ,@d^clmuff§lt)'.
SBir f))rad^en öon 3tomancn. ©d^openl^auer nannte ben
Xriftram ©l^anbt), ben SBill^elm 3[Reifter, ben ®on
Dui^üteunb bieSlouöene^eloife ,,bieöier gröfeten SWomane
ber SBelt". 2)em 2)on Duijotc fd^rieb er einen aEegorifd^en
Sinn gu. 3)em Söilficlm SKeifter gab er, aU einem ,,in:=
telleftuellen" Stoman, ben SSorgug öor aßen anbern.
SBir fprad^en öomSramaunb namentlid^ i)omS^rauer=
)p\d. Slud^ l^ier, fagte ©d^openI)auer, bin xä^ tiefer eingc=
brnngen, aU alle 8lnbern. ®er S^^^ be^ S^rauerfpiel^ ift,
burd^ ©arftcBung eineS fd^tocren SeibenS, gleid^üiel tceld^cr
2lrt, t)om SBillen gum Sebcn abgutocnben.
3c^ erjäl^Ite il^m öon einigen ^eiligenbilbern, bie id^ im
2)ome äu ^Diaing gefeiten, unb fnüpfte baran eine allgemeine
SBcmerhmg über ha^ ©l^arafteriftifd^e in ben §eiligenbilbern
unb beren ©egcnfa^ p ben toeltlid^en Silbern. SDie äJialerei,
fagte ©d^openl^auer, l^at öor ber ©cuH)tur biefe§ borau§,
bafe fic ba§ ©l^arafteriftifd^e barftellt; benn bap finb Slugen
unb IJarbe erforbert; biefe aber lann bie ©culptur nid^t
geben. 2)er ©auptgegenftanb biefer ift förperlid^c ©d^önl^eit,
bal^er fte ba§ 3ladk liebt. Säeim ©l^arafteriftifd^en aber ge*
ratl^cn mir ple^t in§ ©tl^ifd^e, unb ba fommen mir auf
meinen ©egenfa^ öon ber Sejal^ung unb SSerneinung be§
3!Bißen§ sunt Seben. S)iefer ©egenfa^ ift c§, ber fi^ in ben
meltlid^en unb l^eiligen Silbern abfpiegelt. SDal^er ber
ßontraft beiber. Sie meltlid^en Silber ftetten bie Sejal^ung,
bie .^eiligenbilber bie Verneinung be§ 2öiIIen§ pm Seben
bar. — Sei biefer ©elegcnl^eit fprad^ er üon bem unöergefe==
lid^en ©inbrudt, ben il^m in ber 3)re^bner (SemälbegaHerie
einige §eiligenbilber g^ntad^t. SBcnn man, fagte er, in ber
-^ 30 <-
®re§bncr (SaHcric fid^ bcn l^eiligcn fJron^iSluS öon Slffift
anfielet, fo fd^aut er un§ au§ bcm SSilbc an, aK ob er fagcn
looKte: 3d§ l^abe übertounben, e§ tft öorbei, e§ ift }a 8lttcS
ntd^t§, alles ®paa%. ©o fälig fielet er un§ an.
3(^ er^äl^Ite iftm öon einem (Semälbe, ba§ eine
ttJoBfiftigc Situation barftellt unb auf ber legten 5ßarifcr
^nftauSftellunö fel^r betounbert toorben mar. 3d^ erinnerte
babei an feine SSertoerfung be§ 3?eisenben in ber ^nft.
@§ fommt l^icr, fagtc ©d^ot)en]^auer, 8lße§ auf bie 8lrt
ber Sluffaffung unb Sel^anblung an. Uebrigen^ fül^rte er
mir aU Seleg bafür, bafe aud^ ba» mirflid^ Schöne rei^enb
mirfen fönne, ba§ 33eifpiel einiger Snbiöibuen an, bie beim
SlnblidE nadtter antifer Statuen in moEiiftigc Erregung ge*
ratl^cn feien. 2)abei ersäl^Ite er einige ct)nifd^e ©efd^id^ten,
bie fid^ l^ier nid^t miebergeben laffen.
©c^Dpen^auer öermarf ben 3Kifebraud[}, ber mit bem
2Borte„9tomantif" getrieben mirb. 3)ic Hegelianer, fagte er,
l^aben bcm SBort „Stomantif" einen gan^ anberen Sinn
gegeben, aU c§ urfprünglid^, im (Segenfatje gum Slafftfd^en,
Stntifen I)at. ©traufe nennt g. S. Sulian ben Slbtrünnigen
einen SHomantifer, toä^rcnb biefcr boc^ gerabe ba§ Slntifc,
Älafftfdfie tt^ieber prürffül^rcn tooUte. 2)ie SÄomantif ift ein
5ßrobuft be§ ß^riftentl)um§: überfd^mänglid^e 9teIigiofität,
pl^antaftifd^e SBeibcrDcrel^rung unb rittcrlid^e Xapfcrieit, alfo
(Sott, bie 3)ame unb ber S)cgen, — ba§ finb bie SJenngeid^en
be§ Slomantifd^en. ßalbcron ift ein SHomantifer.
SBir fprad^en über ©l^afefpcarc. ©d^openl^aucr
äufeertc fein SSefremben baruber, bafe ©l^alefpcare, ber aU
3)id^ter fo grofe toax unb bie aJienfd^cn, toic Seiner, öon
@runb au§ fannte, bod^ afö ©d^aufpielcr nid^t bcbeutenb
getoefen fein foH.
— 31 <^
Scfet, Ilagtc einft ©d^ojjenl^auer, ftnb bie ßcute fo xoi)
gctoorbcn, bafe fte im Xijtaitx nur feigen, nid^t mcl^r lösten
tuoKcn. S)a]^er tft in bcn ncucftcn Somöbien faft lauter
^anblung unb nur mcniö S)iaIog. 3n ben älteren guten
Somöbien, 5. SB. ben SKoIiörefd^cn, ift t)iel ©ialog.
3)ie Beute, fagte er, langtoeilen ftd6, unb au§ Sänge*
toeile greifen fte in ber ßitteratur mä) aHem ©d^Ied^ten.
S33o nur ®iner toa^ Sleue^ gemad^t l^at, ba toirb e§ gleid^
in aUe ©prad^en itberfe^t unb, ift e^ eine Somöbie ober
Sßöffe, überall gefpielt. 35a glauben pe bann, toa§ SRed^te^
gu l^aben.
SBir f^jrad^en bon feiner Definition be§ Säd^erlid^en,
auf bie er grofeen SBert^ legte. 21I§ id^ Bemerfte, au§ ben
(Segenftänben, über toeld^e öerfd^iebene 3Jlenfd^en lachen, fönnc
man auf il^ren (Seift fd^Iiefeen, fagte ©d^openl^auer: „3a, unb
au§ ber 2lrt i^rer 2aä)t,'' 21I§ SBeifpicI bafür, bafe oft ber
®ine über tttoa^ lad^e, loa^ bem Slnbem gar nid^t läd^crlid^
erfd^eine, tt)ie man befonber^ im Sil^eater beobad^ten fönne,
fül^rte er mir an, bafe er einft bei einem fd^Ied^ten ©tücfc
oon äcic^^iö^ SBerner gelad^t, toäl^renb neben il^m.eine fjrau
öor Slül^rung gemeint l^abe.
S)a§ ^ol^ngelöd^ter erltärte ©c^ojjenl^auer al§ ent-
fprungen au§ ber grofeen Snfongrueng gmifd^en bem ®r*
lebten unb hem, ma§ nad^ ber eigenen förmartung l^ätte
gefd^el^en foHen.
2)afe äJlenfd^en mitunter in oergmeifelter Sage mi^ig
»erben unb lad^en, erllärte ©d^ojjenl^auer aU eine 8lb*
menbung be§ 3nteIIeft§ oon ber oer^meifelten Situation; mo*
burd^ ber SBiße fic^ ein ©oulagement berfc^affe. 35ergleid^en
Slbmenbungen be^ 3ntel[elt§, moburd^ ber SBiUe für ben
Slugenblidf befd^mid^tigt merbe, gebe e§ aud^ nod^ anbere. ®r
-^ 32 - —
cr^äl^Itc mir nun bie ©efd^id^te eine§ pm 2^obc SBcrurti^cilten,
ber, el^e er auf ha^ ©d^affot gcfül^rt tourbe, eifrig bamit be-
fd&äftigt mar, aHe Stägel im ©efängnife gu ^ai)kn. S)urdö
biefe äufeerlid^e Sefd^äftigung i)abt ber SSenirtl^eilte feinen
SnteHeft öon bcm ffir feinen SBiHen fd^recflid^en ©ebanfen an
ba§ S^affot abgelenft. Slud^ ba§ 3}titfi(^felbftfpred^en,
über bem toir un§ bi^toeilen, menn un§ etma§ Unangenel^meS
über Sefd^ämenbe^ begegnet ift, ertappen, red^nete, ©d^open*
l&auer %u biefen ^erftreuenben SSefd^äftigungen be§ 3ntetle!t§,
bie lt)ir inftinftmäfeig ergreifen, um un§ öon bem öerl^afeten
©egenftanbe be§ SBiUen^ abgulenfen.
Sd^openl^auer l^atte gtoar ein ftupenbe^ ©cbäd^tnife;
aber in einzelnen '^äütn öerfagte il^m ^baffelbe ben Sienft.
2)ann tourbe er jebegmal ärgerlid^, unb gmang fid^, ba§
SSergeffene toieber in bie ©rinnerung gurüdtprufen. Man
mufe, fagte er, gegen fein ©cbäd^tnife beSpotifd^ öerfal^ren,
man mufe e§ metl^obifd^ gmingen, ba§ ©efud^te tüieberpgeben.
60 ]^(flte er e§ mit feinem ©ebäd^tnife.
3d^ citirte il&m bei einer ©elegenl^eit eine Stelle au§
feinem igaupttocrle, an bie er fclbft fid^ burd^au^ nid^t er*=
innern fonnte. 3d^ tounbertc mid^ barüber.
(Stauben @ie, fagte er, baß man f\ä) jcben 3lugcnblicf
SRed^enfd^aft ablegen fann über 2)a§, ma§ man gemacht t)at^
\ä) tounbere mid^ felbft mand^mal barüber, mie id^ ba^ 9ttte§
l^abe mad^en !önncn. S)enn im gett^ö^nlid^en Seben ift mau
gar nid^t 3)a§, toa§ man in ben erl^öl^tcn 3)lomentcn ber
^robuftion ift. -
SBöl^renb man fd^reibt, fagte er ein anberc§ 3)M, ftel^t
man toie ber 2)e!oration§maIer i)or ber fieinmanb unb fielet
bie gel^Ier nid^t, bie man mad^t. ®rft in einiger entfcrnung,
bei ber SKeöifton, mirb man fie gemal^r.
^ä) äufeerte, bafe oft ein gel^örtcö ober öelefene» SBort
im erflen 3Koment tt)irlung§lü§ an un» öorübergel^e, fpäter
aber falle e§ un§ Wieber ein unb befd^äftige ben ®cift an^
l^altenb. ©d^openl^auer erläuterte al^balb bie[e§ pfi}d^ifc^e
^l^önomen burd^ fülgenbe§ (Sleid^nife: 3Bie eine im Kriege
empfangene SBunbe nid^t fogleid^ gefpürt n^irb, fonbern erft
eine SBeile nad^l^er, fo fpüren mir äienfeerungen, bie im erften
ajloment unbead^tet an nn§ öorübergel^en, erft fpäter, unb
bann geben fie un§ oft öiel gu benfen.
SBir fprac^en üon 5ßlagiaten. ®§ giebt, fagtc Sc^open*
1^'aucr, unbemufete Sßlagiate, menn mir ba§ ©elefene be^
l^alten l^aben, nac^l^er aber öergeffen, mo mir e§ I^erl^aben
unb e§ für ba§ Unfrige l^alten unb ausgeben.
®§ mar oon gelränfter ®itelfeit bie 9tebe. ©d^openl^auer
bemerfte, 2lngelu§ @ilefiu§ fage fel^r fd^ön: SBie ein
StäubdEien unfer Sluge reigt, fo fränfe ba§ ©eringfte, ba§
unferer ©itelfeit ^umiber ift, unfer ^er^. 3a, fo finb mir,
fügte er l^in^u, e§ ift uid^t anber».
@r fagte einft gu mir, bafe er bei Slbfaffung feiner SBerfe
burd^au§ nid^t auf 9lul)m au^3gegangen fei, an 9lu^m nid^t
gebadet l^abe, fonbern lebiglid^ bcr innern Stotl^menbigleit
feiner ?latur gefolgt fei, gcmäfe bem ©panifd^en Sffiort,
melc^e§ er für eine mid^tige Sebcuöregel I)iclt, baß man un-
befümmert um bie folgen I)anbcln foKc al§ bcr, bcr man ift.
®r citirte mir ein anberc§ 9J?aI eine SteKe au§ einem
Öriefc @cncfa'y, mo e§ i^eißt: Gloria, virtutis umbra, etiam
invitumsequitur; sed, ut umbra, in terdimi. antecedit, interdum
sequitur. gerner crgä^Ite er mir, bafe er ba§ 93ud^ be§ Dforiu§
,do j^loria' gclefen. Siefer meine, um SRul^m gu erlangen, biirfe
man il^n nid^t fuc^en. hingegen fei audö gu bead^ten, ma§
34
<- - -
ein fjran^üfe Qt\aQi, bafe man, um ba§ @utc in Stuf ^u
bringen, bie felben 3JlitteI antoenben muffe, lt)ie bie (Smaaxa^
berien, um ha^ Sd^Ied^tc in ©d^tüung p bringen; nur bafe
aföbann ba§ @utc oben bleibe, ba§ ©d^Ied^te l^ingegen falle.
Uebrigeng toar ©d^ojjenl^auer el^rlid^ genug einpgeftel^cn,
ia% ber SHul^m anä) feine fd^äblid^e Seite l^abe, benn lr>cr
einmal Selebrität erlangt, ber bleibe ftel^en ober gel^e gurücf.
2)ie SÄul^mfud^t l^ielt Sd^opcn^auer für einen @runb«
gug be» 8tlter^. 3ebe§ SebenSalter, fagte er einft gu mir,
^at feine Seibenfd^aft, in itbtm mirft fid^ ber SBille auf
einen anbcrn ©egenftanb. 3n ber"3ugenb ift e§ bie ßicbc,
im äRanne^altcr Wla^i unb Sefife, im ©reifenalter ber
Slul)m. SBenn bei ben ©reifen fd^on atte§ Slnbere meg ift,
fö l^aben fie bod^ nod^ biefe§ ®ine, ' bie Dtul^mfud^t. Salier
fann man fclbft in bcn niebrigfteu ©täuben feigen, mie rul^m*
rebig bie ©reife fmb, ujie fie gern öon il^ren • t)ergangenen
^elbentl^aten unb il^rer ehemaligen ©lorie ergäl^Ien. 2lud^,
fügte er l^ingu, l)at tDol^I Scbcr einmal in feinem Scben einen
fjreubeu:: unb (Sl^rcntag gel^abt, bcffcn er fic^ rül^mcn fann.
dlid)t^ fanb Sd^open^aucr mibcrlid^er, aU einen Sllten,
bem man c» anfielet, ia^ er fein ßcbcn lang meiter nid^tö
gctl^an I)at, al§ gefreffcn unb gcfoffcn, u. f. m. Sie bumm
unb ))\ci)\\(i) au^fe^cnben ©reife, fagtc er, fmb etell^aft, mie
bie @cf)mcine. _
3cf) äufecrtc, bafe mit Sd^lcd^tiglcit fel^r oft 2)umm=
l^eit gepaart fei. Sa» ift auc^ fcl^r gut, fagte Sd^openl^auer;
fonft gäbe c§ immer gleich einen Stapoleon.
©c^opcnl^aucr mar feft überscugt oon ber 9Jot^menbigfcit
be§ Sönigtf)um§. 2)er 8tönig, mifeerte er einft, fönntc
ftatt: „SBir oon &ottt^ ©naben", ricf)tigcr fagcn: „SBir üdu
-^ 35 <^-
^njei liebeln ba§ SIeinfte". S)enn ol^ne Sönig Qä)t e§ nun
einmal nic^t, er fei ber ©d^Iujäftein be§ ©anjen, ba§ ol^ne
il^n Bufammenftursen tDürbc.
2)a fd^impfen fie in Sinem fort auf bie Slegierunflen,
al§ ob bie Sleöierungen ©d^ulb lüären an aöem SIenb.
Stein, ba§ ®Ienb folgt unbermeiblid^ aug ber menfd^Iid^en
3?atur. ®er aJlenfd^ ift burd^ feinen SBillen ^um ©lenb
))räbeftinirt.
21I§ i^, burd^3cWung§na(i^ridöten bap öeranlafet, bemerfte,
c§ öergcl^e faft fein 2:ag, loo nid^t auf einem Sßunfte ber
©rbe, tocnn aud^ nid^t ein ^icg im ©rofeen, bod^ ein Srieg
im Meinen, eine aße^elei vorfiele — entgegnete ©d^open-
l^auer: 2)a^ ift gerabe fo, al§ njenn Sie fagten, e§ üer*
gel^e fein Sag, mo nidjt in einer ber Strafen ßonbon^
eine Sßrügelei oorfiele. Sebenfen @ie aber, ha^ auf einem
fleinen gledt, toie Sonbon, gtrei 3Riflionen 3)Jcnfd^en bei*
fammcn mol^nen. ®o toeit l^aben e§ bie OJlenfd^en alfo, feit
Sain feinen SBruber 2lbel .erfd^Iug, bod^ gebrad^t, bafe auf
einem engen 9taum gmei aJtiflioncn ajlenfd^en im (Sangen
rul^ig unb frieblid§ beifammen leben !önnen.
3c^ ersäl^Ite il^m einen %aü, au§ bem l^eroorging, loic
bie Stegienmgen bemii^t finb, jebe öon ber „©taat^rcligion"
abloeid^cnbe ©lauben^rid^tung gu üerfolgen unb gu unter-
biiidten.
©d^openl^auer mißbilligte bicfe§ S^reiben ber Jlegierungen
in ftarfcn 8lu§brüdEcn. S)er Staat, fagte er, foH fid^ gar
nid^t um bie SWeligion befümmern, fonbern fie mie eine reine
Sßriöatfac^c betrad^ten unb bel^anbeln.
©eit So))erniIu§, fagte ©d^oj^enl^öucr, fommen bie
S^^eologen mit bem lieben @ott in SJcrlcgcuI^eit; benn e» ift
3*
i
— - 36 -^-
fein Fimmel mcl^r für il^n ba, mo ftc iijn, tote frül^cr,
placircn fönnten. Steinet ^at bem XijcxMvL^ fo öiel gefc§(ü)ct
al§ tü)3enüfu§.
®§ ift bo^, fagte er ein anbercS ''Mal, eine fraffe 3bce,
ber S^l^ei^muS. @r ftammt lebtoüd^ au§ bem Subentl^um.
2Iber bie l^errfd^cnbe 3^toi(^tung entfernt fid^ immer mcl^r
öon i^m unb näl^ert fid^ immer mel^r bem ^antl^ci^muS.
^ä) l^örte in einer ©efellfd^aft einen jungen, nidfit geleierten
ÜÖJann, aU öon @ott bie SHebc toar, fagen: SBarum fofltc
®oti nic^t fein? Seilet l^cr; überaH ift ®oti; biefer 3a8cin
r)ier ift @ott, bie Siebe ift ®oit, 2tIIe§ ift (Sott
©d^openl^auer leugnete, bafe bie Sbee ®otte§ angeboren
fei. 2)er Sl^ei^mn^, fagte er, ift anergogen. Man fage
einem SHnbe nie ctroa^ Don @ott uor, fo mirb eö Don feinem
©Ott miffen. (Sbcn barnm ift ber Subbl)aiömn§ fo fd^ön.
^U ii) bagegen einmenbcte, au§ btofeer Slner^iei^ung
(äffe ftc^ bie 3bee ©ottci^ aurf) nic^t erflären; benn @incr
muffe boe^ guerft auf biefclbe getommen fein, ef)c fie burd^
Stnergie^ung meiter fortgepflanst merben fonnte; mir fd^cine
ber 8lberg(aube, bie Seifibämonie ber gcmeinfd^aftlid^e
llrfprung be§ ©ötter* mic bee^ (Sottglauben^ 5U fein, ba
ftimmte mir ©c^openl^auer bei unb oermie» auf §ume'§ öcr»
luanbte Sleufeerungen. 3Jicf)t bie $ortreffIicf;feit ber Söelt —
benn biefe (aufe boc^ nur barauf ^inau§, bafe ber 3){enfc§
ßur 9lot^ ejiftiren fönne — fonbern bie Uebel ber Sääelt,
'JJlifemac^ö, ^^eft, .^unger^notf) u. bgl. er3eugten in bem ©c«
mutige roI)er !Jlaturmenfd[)en ben ©ötterglaubcn.
©c^openljauer erinnerte ferner an .öume'c-' Sleufecrung,
bafe ber Öjott ber ajJenfd^en fo gemein fei, aU:> fie felbft;
me^l^alb fte il^m fortmäl^renb fc^meic^ctten unb l^ulbigtcn.
iBal^cr boö unaufl)örlid^e ©erebe Don bem ?tllmcifen, ^ü-
öütiöcu u. f. \\)., lüä^renb boc^ bicSöcIt öoH Sammer, 3lotij
unb fölcnb fei, inbcm ^'mtJ^eit, Ärieg, $JJeft unb igungcr^s^
notl^ in ii^r miitl^eten.
SBcnn man, faßte Sd^opcnl^aucr, bcn Subbl^ai^mu^
au§ feinen QucKen ftubirt, ba mirb e§ Sinem f)tü im^öpfe;
ba ift Qax mä)t ba§ bumme (Serebe öon ber SBelt, au§
91id^tö gefci^affen, unb t)ön einem perfönlid^en S?erl, ber pc
gemacht l^at. 5ßfui iiber biefen @d^mu^!
3m Prabodha Chandrodaya, faßte er, lDcId^e§ be*
beutet „©rfenntnifesSfonbaufßano", ma§ Dtofenfrans aber
gang falfc^ „bie ®eburt be§ SegriffeS" überfeftt l^at, toirb e§
bem Sral^ma gur Sünbe angered^net, bafe er bie SBelt
gefd^affen l^at. Sral^ma ift Leiter nid^t§ al§ bie 3^u9ung^*
fraft. SBie, l^eifet e§ bafelbft, fott ber a)Jenfd§ jur SRul^e gc*
langen, menn bu nid^t auf^örft mit beinen (Seburten?
gerner erinnere id^ mid^, mit lücld^er Segeifterung unb
innern Sefriebigung er mir einft ha^ entfagenbe Seben
Subbl^a'ö. fd^ilberte unb bie Sanftmut)^ ber t)om äd^ten
©eifte be§ Subb^ai^mu^ 2)urd§brungenen bei Seleibigungen,
Sranlungen, Serle^ungen pxk^. 2Iud^ führte er m\d) einft
in feinem Sibliotl^efgimmer Dor feine Sammlung bon a^-
letifd^cn ®d)riften, öon S3iograp]^ien ber ^eiligen u. f. m.,
unb fprad^ baöon, bafe e§ Sinem, menn man biefe Sudler
lefe, mie Sdßuppen t)on ben 9(ugen falle.
2ic Subbl^aiften nannte ©d^openl^auer feine (Slauben^*
genoffen unb fagte, tcenn er am Sterben fein »erbe, tücrbe er
in feiner bubbl^aiftifd^en SSibel lefen..
SBir fprad^en öon bem l^iftorif^en Urfprung ber ^Religionen.
SBa§ im ß^riftent^um SBal^re^ ift, fagte ©d^open^auer,
ift orientalifd^en Urfprung^; l^ingegen ber (Sott ift ber alt*
-> 38 ^-
teftamentlid^e Scl^obal^, biefer aber ift bei* perftfd^e Drmu^b,
unb biefer tDteberunt ift Snbra, ber ©ott be§ Firmaments.
3)ie Sleg^pter finb urfpriinglid^ eine ^inbufolonie; bal^cr
fo üiel bem ^nbifd^en Slel^ittid^cS in il^rer SReligion, bal^er
and^ i^r Saftentoefen.
3dö lünnberte mid^ barfiber, bafe gange SSöIIer, bie fd)on
i^re Dleligion l&aben, fo leidet bie Dteligion eme§ anbern
aSüIfe§, mit bem fic in Serül^rung fommen, annel^men füllen,
mic nad^ il^m bie Snben bie perfifd^e Sleligion.
®ie 3uben, erloibertc ©d^Dpenl^aner, l^atten, beöor fte
in bie babl)Ionifd^e ©cfangcnfd^aft gerietl^en, gar feine
cigentlid^e 3teligiün. ®ie ©ruberer bringen ben nnterjod^ten
aSöIfern il^re Sfteligion auf. @d verbreitete fid^ 3. S5. bor
3Rü]^ammcbani§mu§, ber urfpiünglicf) nur in einer von ?Dlo^
l^ammeb geftifteten Seite beftanb, burd^ (grorberung.
3n §inftd^t auf ßl^riftu^ ftimmtc ©d^opcnl^auer ber
Slnficfit be§ Steimaru§ in beffen S3uc^c ,öom 3tt)edt 3efu
unb feiner jünger* bei, monadf) ber urfprünglid^ irbifd^e
3Jleffta§, al^ bie politifd^en ©riuartungen, bie man öon il^m
liegte, nid^t in ®rfftHung gegangen luaren, nad^ ber teusigung
öon ben Slpofteln in einen l^immlifd^cn umgefc^affen morben.
Der l^iftorifd^c ßl^riftu» fei nur ein 2)emagDg gemefcn, ber
ftdö pm Sönig ber Subcn l^abe mad^cn moHen. aJteffiaS
^eifee ©efalbter, Äönig; unb nid^t o^nc ®runb l^abc man
über ba§ Sircug gefcfirieben: Jesus Nazarenus, rex Judaporum.
Später, aU ba§ ©cJ^offte fel^Igefd^Iagen tüav, l^ättcn Slnbere
mit ber 5ßerfon 3efu bubbl^aiftifd^e 3becn öcrbunbcn, f)atten
bubbl^aiftifd^e Tloxal an feine ©efd^ic^te angefnüpft. ^iernad^
fei bann Gl^riftuS ber Sftepräfentant ber SSerncinung beS
SBiHen^ jum Seben geworben, ber un§ nid^t Dom Sotn
®otte§ — biefe 2lnftd^t fei jübifd^ — , fonbern öon ber ©etoalt
be^ J^eufel^, b. i. öon ber SBcial^ung bc» SBillcn^ jum
> 39 ^
Sebcn, crlöft l^abe. 2)cr et^ifc^e ®e^alt bc§ S^tentl^umS
fei alfö bubbl^aiftifd^.
81I§ iä) ©d^openl^auer l^ierauf fragte, tote e§ gefc^el^en
fonntc, bafe ftd^ an bie fimple (Sefc^icfite eine§ ifibifd^en
©emagogen fold^e überfd^tDänglid^e 9Kt)t]^en unb Segenben
anfttüpften, tote bie neuteftamentlid^en, ffil^rte er mir jur (Sx-
löuterung anbere aJJ^tl^enf reife an, bie fid^ in ber (Sefd^id^te
an mand)e unbebcutenbe 5ßerfonen unb SJcgebenl^eiten gefnüpft
^aben. ®a§ ^aftifd^e biefer le^teren fei fel^r öerfc^ieben öon
bem, h)a^ bie ©age au§ il^nen gemad^t fjai. Bo fei nad^
neuem gorfd^ungen ba§ ben poctifd^en ©agen öom ,tönig
Sfrtl^ur p ©runbe liegenbe ©iftorifd^e giemlid^ unbebeutenb,
unb nid^t minber unbebcutenb, nic^t minber geringfügig möd^te
mol^I ba§ eigentlid^ ipiftorifd^e Dom Xrojanifd^en Sriege fein,
ba§ ber 3Iia§ gum ©runbe liegt.
©d^openl^auer mar fel^r erfreut über bie förgebniffe ber
neueften biblifd^en Sritif, ber pfolge bie Slpofaltipfe ba§
eigentlid^ äd^te urd^riftlid^e Sud^ fei. ®r fa^ barin bie
Seftätigung feiner Slnfid^t, baß ba§ alte, 'dä)tc ©l^riftentl^um
a^fctifc^en (Seiftet njar. 3n ber 2lpofaIt)pfe, fagte er,
mirb bießl^elofigleitgepriefen, unb er toieS l^ierbei auf bie
©teEe Kap. XIV, 4, bie er in feinem 9?. 2:. angeftric^en l^atte.
Stor bie mobernen proteftantifd^en Dptimiften, fagte er, er-
Hären bie ®^e für ttm^ $o^e§, ^eilige^, ©öttlid^e^. Xer*
tuHian l^ingegen f)abt gcfagt, ha^ bie ®^e öom ©tupnim
nid^t tuefentlic^ öerfd^ieben fei.
®§ mar öon ben „legten ®ingen" ber S^l^eologen bie
Siebe. Sd^openl^auer fagte: „Smige SSerbammnife — toie
abfurb! ^Jür ein Scben bon breifeig Salären emige Sßer^
bammnife!"
-^ 40 -
2c^r erbittert mar S(^openf)auer auf baö cnglifd^c
^4}faffentf)uni. 3n Gnö^^^i^/ f^Öte er, wirb'» mit ber Barbarei
ber ©lauben^^errfc^aft balb ein Gnbe nel^mcn, menn nur
crft ba^ Qan^e SSoIf Icfen lernt, Don bem bi^ber - 3 nic^t
lefen fonnten. ®^ giebt in öinfic^t auf Silbung feine
f(t)ärferc Sd^eibctoanb, a[6 gmifc^en 2)enen, bie lefen lönnen^
unb 2)cncn, bie c^j nic^t fönnen. 2)ie legieren finb ber
ciflentlic^e ^öbe(. Unter ben (Sebilbeten mieberum finbet
ber felbc llnterfc^ieb ^tatt gmifc^cn 2)encn, bie gatein öerftel^en,
unb 2)enen, bie c§ nic^t üer [teilen.
X^eologie unb 5lJf)i(oiop]^ie, fagtc er, finb mie gtoei
äUaagfd)aIcn. 3e mc^r bie eine finft, befto mel^r ftetgt bie
anbcre. 3c größer ber Unglaube in unfcrer 3cit mirb, befto
ftdrfcr ertoac^t ba^ SebürfniB nad^ ^Ijilofopl^ie, nac^ ^Ma^
pl)t)fif, unb ba muffen fie 5U mir fommcn.
3cb fagte gu i^m: S)a^ l^abcn Sie nur nid^t §u er=
märten, baft 3^re ^pi^ilofopl^ic jemals populär fein mirb.
t^r gab bieg p, meinte aber, baS ajJcnfd^engcfci^tcd^t werbe
ftct^J eine 5ß]^iIofopI)ie nötf)ig l^abcn, bcnn ba§ metapl)l)fifd^c
ilH'biirfnift fei fo unausrottbar, mic ba§ pl^^fifcbc.
SlUeberI)oIt fam ®d)openbaucr in feinen ©efpräc^en auf
biejenigen S|8untte feiner $}JI)iIofopI}ic surücf, in bencn er
(Megenftflnbc, bie bi^ber Don ben 5}Jf)i(ofop^cn mcnig beachtet
morben, ber ül)tetapl)l)fif öinbicirt l^atte, — auf bie (Sc*
fcl)Ied)t<6liebe unb auf baö „©cifterfe^cn unb maö
bamit .uifammcnbdngt".
I^cn crften ^4-^unft betreff enb, fagte er unter Jtnberm:
Vid)tenbcrg bat in feiner ?lb{)anblung „über bie ?ßlaä)i ber
Vicbc" ,^mar gcfagt, nur ber pbt)fifd)c Jrieb fei unmiber*
ficblid), nid)t aber bie leib enfd)aftl id)e Siebe. 3d) aber
fagc: t^^J ocrbält fld) umgefebrt: ben p{)i)fifc^en Iricb fann
-^^ 41 ..-
man uiitcrbrücfcn, lüie 5. S. bie @cfte ber ®]^afer§ tl^ut,
nic^t aber bie Siebe.
©ine§ S^agc^ geigte er mir ba§ a3ud^ be§ 3oI)anne§
®ecunbu§ über bie Süffe, meld^e^ er auf einer Sluctiou er-
ftanbeu l^atte, unb fprad^ mit mir über bie Derfd^iebenen
Strien uon Mffen.
3Jon ben Slu^artungen be§ ©efd^Ied^t^triebe^ fpred^enb,
tjertoeiltc er befouberS bei ber Späberaftie, beren ®rllörung
il^n bamal§ ftarf gu befd^äftigen fd^ien. ®r ergäl^Ite mir
mel)rere ^äEe bon ^äberaflie au§ ber ©egentoart unb fügte
l^in^u, biefe§ Safter fei aud^ unter ben bleuem gar nic^t fo
feiten, al^ man glaubt. ®r l^atte S^cifefpeare im SSerbad^t,
ein $ßäberaft getoefen gu fein, unb moßte bie» au§ feinen
Sonetten fd)Iiefeen.
Xcn smeiten ernjäl^nten 5ßunft, ba§ (Scifterreid^ be*
treffcnb, maren ©d^openl^auerg ©ef^röd^e fel^r mannigfaltig,
gaben tl^eil^ fjaftifd^e^, tl^eilS ©rllärungen unb S)eutungen.
6r ersäl^Ite mir einige gölte t)on magifd^er SBirfung
beö SBilleUö auf Slnbere, bie baburd^ mie gebannt njaren,
3. 23. burc^ einen magif^ mirlenben gl^^ geläl^mt mürben
unb üon Stunbe an i)\ntcn mufeten, u. f. m. 3c^ äufeerte
meine aJermunberung über biefe Slnni^itation be^ Sl^iHeng im
@eban.nten. @d)£H)en]^auer fagte: 33ei 2:]^ieren ifl'§ leidster
alf> bei 3Jlenfd^en, meil, mie Sßaracelfu^ fagt, ber (Seift be^3
SÖlenfd^en fid^ meiert. /
S8ei biefer ©elegenl^eit bemerfte er: ®§ mar bod^ ein
ganger Serl, ber Sßaracelfu^. SBeld^e Sraft in feinem Stil!
2>a§ 3?or]^erfel)en be§ 3ufünftigen in ber glairöo^ance
erflörte Sd^open^auer au§ ber Sbealität ber 3eit unb ber
Völligen Jlotömenbigfeit alle^ ©efd^el^enben. ®§ ift,
- > 42 >
fagte er, 8lttc§ fd^on je^t, ma^ nx)c^ fommen toirb; mir feigen:
e§ blüfe mit unfern geroöl^nlid^en Singen nid^t. 2)er ^ellfel^enbc
fd^iebt aber gleic^fam bie ©ritte bcr 3cit öoran unb fielet c§.
SBir fprac^en öom ,,stDeiten ©eftdöt". 31I§ id^ meine
aSertnunbernng barüber aufeerte, bafe in SSifioncn bicfer STrt
oft äJlel^rere gleichseitig unb unabl^angig öon cinanber ba^
©elbe feigen, njö^renb boc^ fonft nur bann DJle^rere gleichzeitig
ba§ Selbe feigen, tnenn ein realem aufeereS Dbjeft gleichseitig
auf il^re ©inne einwirft, crmiberte ©c^openl^auer: 3)ie SBelt
aU SSorftettung fann auf smeierlei SBeife entfjjringen. 33Bir
fmb jtoar getoo^nt, ein äußeret, empirifd^e^ Dbie!t, ba§ auf
bie @inne einmirlt, ba^ mittelft bcr Sid^tftral^Ien in ba§
Sluge bringt, u. f. h). angunel^mcn, jdo 3?erfc^iebene bie felbe
3lnfd^auung l^aben. 8lbcr bie SBett aB SJorftettung fann
aud^ no^ auf einem gans anbcrn ,9Bege ent|)3ringen.
2ßie ©d^openl^aucr in ben magifd^en SBirfungen bie
Slllmad^t bc§ 333itte§ fal^, fo fal^ er in ben Sll^nungen, ben
fatibilen S^röumen, ben ba§ Slbmefenbe unb 3iJtünftige
fd^auenben Sifioncn ,,unfere Sllfmiffenl^eit".
©d^opcnl^auer fprad^ mit mir aud^ öon „proöibentietter
Leitung im Sc^idffale be§ ©ingelnen". 6t fanb ein
Slnalogon berfelben in bem inftinftartigen X^un ber Siliere
unb ber in bem Snftinft tt)altcnben bemufetlofen ^roDibenj.
SBir fprad^en einft tiom Snftinft ber 2:()iere. aJJic^ be*
frcmbcte bie ©rfc^einung, bafe, mä^renb fonft ber 3nftinft bie
2^1^iere auf ba^ gu i^rer ©elbfter^altung ©rforberlic^e l^in*
fß^rt unb üon bem @c^äbIidE)en gurüdf^ölt, bod^ bie OJlotten
fo oft in ba§ brennenbe Sic^t I)ineinfliegen unb fii) oer*
brennen, ©cfiopenl^auer fd)ien im 3(ugenbIidE felbft feine
redete Söfung biefe^ SJJl^änomen^ 5U miffen. (5r erinnerte
-^ 43 -
nur an bie lex parsimoniae naturae, bic l^ier ba5 Xi^kx fo
fnapp au^geftattet, bafe e^ nid^t einmal SSerflanb genug f)abt,
[xä) Dor ber ^Jlcimmc p pten.
©d^openl^auer festen mir Unred^t ju l^aben, bafe er ben
Xl^iercn bie SSernunft abf priest. Sd^ citirte il^m einige
®ef(!^i(JÖten bon ^unben, 8lffcn, (^kp^ankn, auS benen
unjtDcifcIl^aft l^cröorgcl^e, bafe biefe Zijkxt SSernunft I)aben.
®r crtt)iberte: Natura non facit saltum. ©in Slnalogon
öon SSernunft finbe ftd^ allerbing§ fd^on in bcn l^öl^ern
J^l^ieren. S)enn Sßernunft fei e§, öon feinem unmittelbaren
StüedE abgelten unb benfelben auf einem Umtuege, burd^
Mittel, p benen SRefiejion gel^ört, p erreid^en fud^en, irie
jener 8lffe, ber, aU er fid^ nid^t unmittelbar bon ber Sette
loSmad^en lonnte, an bie er befeftigt mar, nun bic Sctte öon
bem ^fal^Ie abmidEelte, um ben fte gefd^Iungen mar, um fid^
auf biefe SBeife p befreien.
SBir fbrad^cn öom §unbe. 3)er §unb, fagte ©d^open*
Iraner, ift eigcntlid^ unb urfbrünglid^ ein SRaubtl^ier. 3)er
aWenfdö l^at il^n fid^ erft 3U bem gebogen unb gebilbet, ma§
er ieftt ift, gum p^men ^au^t^ier. SBenn e§ feine §unbe
gäbe, fügte er l^inp, möchte ic^ nid^t leben.
SBa^ mir, fagte er einft, ben Umgang mit meinem
iQunbe fo erfreulid^ mad^t — unb l^ierbei ftreid^elte er i^n
unb fal^ il^m babei freunblid^ in§ Sluge — ift bie S)urd^=
fid^tigfeit feinet 2Befen§. allein §unb ift burd^fid^tig mie ein
®Ia§. Unb l^ieran Inü|)fte er gleid^ feine Jl^eorie bon bem
Unterfd^iebe jmifc^en 3Jienfd^ unb Xl^ier, bafe nämlid^ i>a^
Xi^kx nur burc^ anfd^ anliefe 3Kotiöe in Semegung gefegt
mirb unb bal)er öom gegenmärtigen ©inbrudf abl^ängig
bleibt, mäl^renb beim äRenfd^en, in golge ber SSernunft,
bie gö^igfeit für nid^tanfd^aulic^e, abftrafte QRotiüe unb ha-
44 ''^'
mit bic llnabOängigfeit öon ber ©egemrart, bamit aber aud^
ba^ Sermögen ber SReflcjion unb ber SSerflellung ein«
getreten fei.
2)ie §crbart*)c^e Seugnung ber Siell^eit ber ©eelen*
vermögen erflärte Sd^openl^auer für abfurb. 2)er fogenannteit
©celenüermögen, fagte er, giebt e§ offenbar mel^rere, gang
berfd^iebene, ba g. S. ba§ ©ebäc^tnife ein gang anbercS
aSermögen ift aU Urt^eilen nnb ©d^Iiefeen.
3c^ fagte, fc^on bie Sinne^t^ötigfeiten feien fo öerfc^ieben,
bafe fid^ nic^t bie eine auf bie anbere gurndtfül^ren laffe;
©el^en unb §ören feien gan^ öerfd^iebcne Munitionen.
Slber nod^ Derfd^iebener, fagte ©d&openl^auer, finb ©enfen
unb Selben, unb ber größte Unterfdf)ieb ift gtoifd^en SBille
unb 3nteneft.
3d^ fül^rte au^3 meiner eigenen förfal^rung an, bafe id^
oft be» Ü)lorgen§, nac^ bcm ©rmad^en, ol^ne alle Slnftrengung
gauii flar über 35inge benfe, bie mir ben Slbenb öorl^er nod^
bunfel toaren unb über bie id^ mid^ oergeben^ in§ Silare 5u
!ommen angeftrengt l^atte.
2>a feigen Sie, fagte Sd^openl^auer, mie pl^^fifd^ ber
vsntelleft ift, unb fam l^ierbci auf feine Seigre Dom ©rmüben
be§ SnteßeftS im ©egenfa^e sur Unermübli^feit be§ müc\\§>
Buruct.
@egen Senefe'^ Sel)auptung, bafe, je me^r (Seift einer
Mite, er befio weniger 3eit 3um @dE)Iaf brandete, berfod^t
©c^openl^auer bie gerabe entgegengefe^te Se^auptung unb
n)ie§ aii^ ber ©cfd^id^te geiftig begabter unb oicl mit bem
©cifte arbeitcnber aJlänner, mie 6artefiu§, Sant mi), bafe
ftc fiangfc^Iäfer maren. aSon fic^ felbft beridE)tete er mir, bafe
er adE)t ©tunben ununterbrochen fd^lafe.
i
-^ 45 <^
©inft, mäl^rcnb Bä)optni}amx 511 mir ^pxa^ iinb \^
\i)m aufmerffam gul^örtc, brel^tc iä), oi)m mir beffen bemufet
gu fein, unauf^örlid^ ein ©tilcf ^ßapier in ber §anb. 3115
©c^openl^auer ju ipredften aufl^örte, tt)arf id^ ba§ ^4}a))icr tocg
unb nun, mir bemüht merbenb, bafe ic^ toäl^renb be§ 9lacf):^
benleng ba^felbe fortmäl^renb ^mifd^en ben ^Jingern gebre^t
i}atk, fnüpftc ic^ baran bie Semerfung, e§ fei hoä) ein
eigentl^ümlid^e^ t)f^(^oIogifd^e§ Sßl^änomen, bafe toir oft,
tt)Q]^renb toir mit 5ftac^ben!en über einen ©egenftanb bc=
fd^aftigt fmb, gleichseitig ganj med^anifct) etma^ treiben, ol^ne
ung beffen betoufet p fein unb ol^ne bafe bie eine 2ptig!cit
burd^ bie anberc geftört mirb. 3^ lüünfd^te su miffen, mic
@d^o)3en]§auer biefe§ erfläre.
6§ giebt, fagte Qii)opeui)aixzx, eine Spaltung im 3n*
telleft gmifd^en ber anfd^aulid^en unb abftraftcn X^ätigfcit,
öon benen jebc i^ren abgefonberten Verlauf nel^men fann.
SBä^renb id^ s- 35. beim Slnlleibcn gang anfd^aulid^ bc*
fc^äftigt bin, lann id^ gugleid^ abftralt in einen ©egenftanb
be§ 9tad§benfen§ bertieft fein.
8Iu§ ber Spaltung gtüifd^en bem 81nfd^aulic^cn unb
Slbftraften erflärtc ©d^openl^auer aud^ ba§ moralif^e
Spi^änomcn, bafe n)ir ba§ Seffere erfennen unb bem ©d^Icd^tercn
folgen. (Video meliora proboque, deteriora sequor.) 2)a§
anfd^aulid^c, in ber (Segenmart licgenbe 3)totiö mirfe
nämlid^ ftärfcr al§ ba§ abftrafte, vernünftige, ber 3iifii"ft
angel^örige.
3d^ fragte ©d^opcnl^aucr, marum ber SBiße in ber
31atur, ba- ftd§ oon Stufe su Stufe bi§ l^inauf sum ajJcnfc^en
fteigert, bie niebrigcrn Stufen, über bie er l^inau^gel^t, unb
bie if)m alfo nid^t su genügen fd^einen, bod^ für fic^ fort=
bcftel^en läfet?
/
-^ - 46 ^
Sc^opcnl^aucr ermibcrtc: (gr laßt jtc ftcl^cn, unb bringt
fic immer toiebcr öon Slcucm l^eröor, tDcil er fte hxaa^t,
um fie p üerfdölingen. 2)enn biefer SSäiHe ift ein l^ungriger
SBißc unb sel^rt an fxd) felber.
311^ mir Dom Urpftanb be§ aRenfdö^ngefc^Ied^tS fprad^en,
fagte ©d^openl^auer: S)er aKenfd^ tt)ar urfprfinglic^ fdöttJor^
unb ein rcinlid^e^, öon Segetabilien, toie ber 8lffe, lebenbcS
X^ier. ©inmal in ben 9Jorben l^incingebrängt aber lonnte
er o{)ne JJIeifd^ ni(^t mel^r befleißen unb i)ai baburd^, fo lote
burc^ bic Meibung, eine unreine unb efell^afte Sefc^affenl^eit
angenommen.
Schopenhauer mar feft baöon überseugt, bafe c§ eine
jjjc^noratio aoquivoca gebe. 8(bcr bafe ein 3Befen, inie ber
*Dkn\ii), unmittelbar au§ bem ©d^Iamm entftanben fei, l^ielt
er für abfurb. 9lein, fagte er, bie Statur fteigert ftd^ all-
mälig. i]\\x gtücHid^cn ©tunbe, al§ alte Sebingungen ba^u
DorI)anbcn maren, legte cinft bie Sd^Iange, nad^bem fie un«
3(i^Iige 3i)lale ®icr gelegt l^atte, rt)orau§ micber nur ©d^Iangen
mürben, - ein ®i, au§ meld^em eine ©ibed^fe mürbe. 3)ian
beute fic^ einen 8lbler; mic fott ber au§ bem Sd^Iamm l^er*
öorgefommen feinV Stein, sur gli'icflid^en Stunbe mürbe einft
au^ bem .'öabid^t ein Slbler. Hub mieber pir glüdflid^en
©tunbe mürbe auö bem G^iinpcinfc ein 35fcnfc^. 8lu§ bem
Srf)Iamm cntftcl&en nur bie nicbrigftcn, unüoUfommenften
2l)icrc, bic ^nfuforicn. ©l^rcnberg, fagte er bei biefer
Öclcgeul)eit, l)at Unrecht, bicfc ficincn S^icrd^en für öoB*
fommcnc Crgaui^men gu l^altcn unb S}Junftc für Slugen auö=
i^ugeben. ©^renberg mag fc^arfe Slugcn l^abcn, um gut 5u
fcl)cn; a^er auf fein llrtl)cil gebe \d) nichts.
M mcnbete gegen ©d^opcnl^aucr^ 2;()eoric üon ber all*
möligcn Steigerung ber 9latur au» nicbrigcren su bollern
-c> 47 >c-
©attungcn ein, eine fold^e Steigerung bürfte erft bann, menn
fie empitifc^ (a posteriori) beriefen lüäre, für eine tüiffen*
fd^aftlid^e aBal^rftcit gelten; a priori liefee fxä) barüber nid^t§
ausmachen. 3ebod& ©d^openl^auer toar entgegengefe^ter
3Jleinung. ®r iti^aupttk, e§ laffe fid^ a priori einfel^en,
bafe bie Slatnr feinen Sprung ntad^e, bafe ber SBitte gum
Seben fid^ a lim ölig fteigere.
stuf meine fjrage, toie c§ benn fomme, bafe bie Statur,
nad^i^^^ pc einmal gur glüdflic^cn ©tunbe au§ einem
©d^Iangenei eine ®ibec^fe l^eröorgebrad^t, nad^l^er bod^ au§
ben ©(^langen tnieber nur ©d^Iangen hervorgingen, ermiberte
er, ftc fonnte e§ eben nur einmal, gur gludlid^cn Stunbe.
9?ac^I)er ))flan^ten fic^ bie Schlangen tüiebcr nur al§
©erlangen fort.
SBie fel^r bie Statur beftrebt ift, jebe ©pecie» gu crl^alten,
ia^, fagte ©d^openl^aucr, fie^t man baran, bafe in bem
®rabe, al§> einmal bie ©terblid^feit übcrl^anb nimmt, auc^
bie 3eu0ung pnimmt, ^. S. nad^ einer großen 5ßcft. 3Ba§
in aller SBelt, fügte er l^inju, l^at mein 2:ob mit bem (Sl^e-
bette be§ Sßad^barS gu t^un, bafe au§ bicfem grfafe für
meinen Slbgang entfpringen foll, unb er barum mel^r S^nber
^eugt. §ier offenbart fi(^ eben ha^o aJtetapl^^fifd^e in ber
Statur.
Sll§ id^ einft mit il)m über feine Seigre, bafe ber S^a»
ralter, bie Steigungen unb Seibcnfd^aften, lurg ba^ §ßt^,
t)om SSater, bagegen bie Sutelligen^, i^r @rab, il^re Se=
fd^affenj^eit unb Stid^tung, von ber 3Jlutter öererbt toerbe,
fpracö unb bemerfte, e§ fämen mo^I auc^ Äinber öor, bie
nid^t ben Cl^arafter bc§ Sßater^ l^ötten, ermiberte er furg:
„Pater semper ineertus". Unb al§ ic^ ferner an mir felbft
einen üon meinem 35ater öerfct)iebenen (S^arafter loal^rgenommen
fiabcn IDoHtc, tro^bcm bafe Pater semper inceilus auf mid6
iüd)t angumenben fei, crflärtc er meine 2BaI)rne]^mitng aU
Xönfd^img. @ic ölöuben, fagte er, nur barum einen anbern
(5^arafter, al§ Sl^r Sater gu l^aben, meit 3^r t)om aSater
ererbter ©l^cirafter in ijolge be§ il^m t)on ber DKutter beige«
gebencn 3nteHcft§ eine anbere Sticht ung genommen l^at, aU
bei 3^rem25ater. aijraBille ift, pximSk ft4 tüefentlid^
ber felbe, mie ber Sl^reö 3?ater§; aber bie 3Jlotit)e, bie bicfen
SBillen in Setoegung fe^en, ftnb, aU bnrc^ ein anbereS
ajfebinm, ben Don Sl^rer a)hitter ererbten SnteEeft, l^inbiirdö«
ge^enb, anbcre, nnb bal^er bic fd^einbare SSerfd^iebenl^eit bc§
(?f)arafterc\ ;
SKir fprad^cn oon 3)föblcr'ö ,,ßentra(fonne". SBenn,
fagtc @c^opcnl)aucr, bic SBcIt ein gefc^Ioffene§ ©anße marc
mit einem ©cntrnm, fo mürbe fic bod^ im unenblid^cn 9taumc
nur einen liJJnnft au§macf)cn, unb c§ märe mit Slriftotcle^ gu
fragen, marum fie gcrabc biefen nnb feinen anbern Ort
einnel)me.
(5'in ü}]irofeffor 3-i|d}cr in Safcl, fagte Schopenhauer,
bat eine ÜBJetapI)l)flt, auf ^l^ljfif gegriinbct, gcfcl)riebcn. 3)a
foK ber ?Ietl)er bie Urfad^c be» 3Jaume§ fein, u. bgl. ®r ift
oberflftd^lid^. ©ine a)feta})I)t)fif, auf l^btjftf gegriinbct, l^abc
anrf) \ä) geliefert, im ,2!BilIcn in ber Statur'; aber f)ier ift
ba^^ ^;U)l)fifd)e nur i){ittel, nicf)t ^mecf.
M) bemerfte, ia ber 3ntcUeft aU^ eine gunftion be§
(Mebirnv^ mit bem @el)irn im Üobe serftört mirb, fo merbc
bamit eigentlid^ anc^ bie a)fetapl)i)fif, aU eine g-nnftion
bcs^ 3nteIIeft§, gerftört. i^fit bem ©ebirn bore ber Csntelleft,
nnb mit bem 3nteUeft bie a)fetapl)l)fif anf.
?(ber ba§ 2:f)ema ber l^ietapbiifif, ermibcrtc er, mirb
cmig bleiben.
4.
2TTit 2lbam von Do§.
$(^rU 1849. ~ 9Kai 1850. - ©ommct 1857.
^üfete iä) nur bie Duette, tocld^er ®ie bie lüunberüoUc
SParabel entna^ntcu unb mir einft mit o^^^feer Sfiül^runö cr=
pleiten, naä) meld^er ©d^afia^muni einft al§ Ämuöbiant ein
55reubenmäbd^en, h3elc^e§ er in einen SBalb Qdodt i}aik, er-
morbete, einen ©inftebicr fälfd^lid^ be§ SWlorbeS anflagte, aber
bei beffen ^inrid^tung bergeftalt öon JWeue ergriffen mürbe,
bafe er ^xä) fclbft bcm Dtid^ter unb bem Xobt überlieferte,
morauf er in t)erfc^iebenen äBiebergeburten fein Serbred^en
noc^ mciter baburc^ abbüfete, bafe i^m ftet§ ba§ pgleid^
miebergeborene, t)on \i}m gctöbtete SBeib irgenb ein Seib 5U*
fügte, biü fie i^n 3ule($t, aU er bereite aU Sobl^ifattba —
ober gar alö 23ubbl)a — tior einer grüßen Serfammlung
lel^rtc, öffentlid^, in ber (Seftalt eine^ alten SBeibe», mit
©c^impfmorten öcrfolgte, mcld)c er gebulbig unb fc^meigenb
über fic^ ergeben liefe, inbem er ben fic^ munbernbcn
©d^ülern s^k^t entbedfte, — bafe er felbft jener ffomöbiant
gemefen fei.
i^efen Sie ja, Derel^rter 3Jteifter, bie Operette morali unb
bie Pensien 2eoparbi'§, biefeS f üblichen Doppelgänger^
im $ßefftmi^mu§, toenn Sie il^n nod^ nii^t fennen, ma§ mol^I
ber %aü fein bürfte, meil fonft gemife Sic mid^ auf i^n auf*
merffam gemad^t ptten. Uebrigen^ l^aben mir boc^ einmal
t)on fieoparbi gefprod^en, nämlid^ mäl^renb meinet Slufcnt*
l^alte^ in granffurt im 3Jlai 1850, aber freiließ nur auf
SSeranlaffung einer menigc aJZonate 5Ut)or in ben blättern
für litter. Unterl^altung erfd^ienenen Slnjeige feiner gefammelten
S3riefe. (Sinige Steßen au§ benfelben oerriell^cn mir fd^on
bamalü ben ungemö^nlid^cn S3cobad[)ter unb Genfer, aV^
St^opcnljaucr'ö C^cfprüclie. "A
--<> 50 -
meieren xä) nun bcn mir tl^euer ociDorbcncn SUitor bcr Operette
inorali näl^er fcnnen gelernt I)aBe. —
^ä) beneibc ®ie um bcn nod^ bet)oi*ftc]^cnbcn erftcn ©in«
brucf, ben biefe ©(^riften auf Sie, l^oc^üercl^rter 3)lciftcr,
machen njerben, unb freue mid§ äugleid^, eine @d^ulb gurüdf*
erftattet su l^abcn, mit ber id) feit bcm Saläre 1850 tu)d^
immer im Sluctftanbe toax. 5)amat^ empfal^Ien Sie mir
Üicf)tenberö'§ öermifd^te Sd^riften, bie id^ noc^ nic^t gcicfcit
()atte, mit ber Semertung, bafe Sie mict) um ben mir nod^
beüorfte^enbcn ©enufe bcucibeten.
3c{) lobe ten ZaQ, an tuclc^cm id) bcn ©ntfd^IuB gefaxt
I)abe, mit Ueberiuinbung jcber Sd)U)icrigfeit Sbrc perfönlid^e
a3efanntfrf)aft aufpfud^cn unb 3f)re Iciblid^ ausgeprägte
3nbiüibuatität mit bcm in 3^rcn SBcrfen tt»altcnbcn ©elfte
fo j^u fagen gu confrontiren; bcnn id) l^abc baburd^ bie für
mid) tüid[)tigc Ucb-craeugung gewonnen, baß man fid) in einem
rcIaüD, b. I). fotucit c» übci()aupt mcnfdjcnmöglic^ ift, glücf^
lid)cn ^'Juftanbc bcfinbcn unb bocf) ba§ im ?nigcmeinen
bcrrfc^cnbc mcnfc^Iidjc &Icnb aufS tiefftc cnipfinbcn unb mit
I)inrcif5enber Straft unb Ircuc barftcttcn fann. Scitbem bie
nncrfd)öpf(id)e grifc^c, giillc unb @cfunbr)cit 3()rc<?' förpcr^^
lid)cn, gcnuitl)lid)cn unb gciftigcn 2Bcfcn§ im unmittelbaren
iUn'fcbv mit 3I)ncn auf mid^ cingcftrömt ift, Italic ic^ Sic für
einen bcr gindlidjften unb bcncibcuömcrtf)cftcn Stcrblid)cn unb
bceI)aU) jene Stcöcn 3r)rer fficrfc, bie inmtcr unb immer
U)iebcr a(ö franfl)aftc ?lnSbrüd^e einer smar bebcutcnbcn, aber
abnorm ocrftimmtcn, unmaafegcblic^cn Subjcftioität fritifirt
unb pcrI)orrcöcirt merben, für objeftio mor)Ibcgrüubcte Cffen«
barnngen, cinc^? öom eigenen 33cf}agcn unb Scibftgcnuffe nid^t
bcraufdjtcn Weniu».
Unoergefjlid) mcrbcn mir iuäbefonbcre bie Xagc meinet
Icljten 3Uifcntf)aItc§ gn ^i'^nffurt fein, Jueil fic mid), nac^
cincr ^"^if'ic^Scit öon ftebcn 3al)rcn, nid^t nur feine SlO^
nal^me Sl^rer OJfunterleit unb atüftigfeit, fonbern el)er eine
Steigerung berfelben ma]^rnel)men liefeen. So I)inöcriffen mar
iä) t)on ben tüäl^renb unferer erften fiebenftnnbigen Unterrebung
empfangenen ®inbrü(fen, bafe iä), obmol)! iä) mxä} gegen
3RitternadE)t p 33ett Begeben ^atte, hoä) ben ÜJtorgen grauen
]ai}, cl)c \ä) ben nad) einer 2^agereifc ]o nötl^igen Sd^Iaf finben
fonnte. 3(1) bebauere nur, bafe meine bamaligc Stimmung,
megen be§ 3)rudfe^3, ben bie ungemiffe Slu^fid^t auf nal^e be^
Dorftel^enbe, tiefeingrcifenbe SSeränberungen in meinem ^riöat-
unb Seruföleben auf mid^ ausübte, nic^t I)eiter, frei unb un^
befangen genug mar, um ber tViil^c be§ in ber Unterl^altung
t)on 3f)nen 2)argebotencn mit größerer S(ftit)ität entgegengu-
fommen unb t)crfd)iebene metap]^t)ft)c^e Stniiegen unb t^i^agen,
meldte id^ gern 3^rer münblid^en (Erläuterung unb ®nt=^
fd^eibung an^eimgefteEt i)ätk, 3ur S)i§cuffton auf^umerfen. ,
tjreilid^ Iftätte e^3 micf) felbft bei ungebunbenerer Stimmung
eine nid^t geringe Uebertuinbung gefoftet, au§ ber pafftüeu
dioüc eine§ Sluf^ord^enben l^eraui-^sutreten unb ben gluB 3^rer
3tebe burd^ Slufmerfung felbftgemä^lter Xl^emata su unter-
bred^en unb abplenfen, meil brei STage, menn man fic^ faft
nur an ber 2ßirt]^§tafel ficf)t unb fprid^t, gegenüber einer fo
feltenen ^^erföniid^feit, mie bie gu geniefeenbe mar, eine gu
foftbare 3^i^ fi^^i^/ i"Ji ft^ ^i^^'rf) eigene ©inftreuungen 5er*
fplittern gu mögen.
3)a§ öon 3^nen öerl^eificne .Kapitel über baö alte
S^cftament, meld^e§ Sie p biefem 33e^ufe eigen^^ burd)-
ftubirt I)aben, öermifete id) mit öebauern unter ben S^'
jä^en ber neueften Sluflagc gum gmeiten 33anbe 3I)re§
,V)auptmerfe§.
52
2nit Dr. phil. €. 0. Cin^ner•
Sommer 1852. ^pätfornmer 1858«
3m Sommer 1852 machte ic^ Sc^open^aucr'§ perfonlic^c
öcfanntfc^aft. 23ei bicfcr ©clcgen^eit fmib cö \x6^, bafe id^
mit einem öaron ö. ßomtsom befamit gcmorbcn toar, mit
melcf)cm Scöopeufjaucr Dom ^al)xc 1823 an üiclfac^ freimb-
fcf)aftlid) oerfc^rt i)atu; crft feit 1836 loaren fic in ^otgc
einer Sknfeernnö £^open^auer'§, bie Som^om übel genommen
f)atle (£cf)open^auer i^atte SoiD^om ben Stec^nenmeifter bcr
SJanern ßcnannt), außer a5erfef)r oetommen.
Ml Spätfommer 1858 ftanb Sd)open!)auer mit Örodt^auö
mcflen ber brittcn 9(ufiage ber ,2BeIt al^ SBitte unb SSor-
fteKunn' in llnterlianbluno; a(§ ic^ ifin um biefe 3^it bc«
fncf)te, fprac^ er mieberl^olt mit mir iiber bie 33ebinGungcn,
bie er [teilen folle, unb fanb meinen i^orfdilaö öon 3 ßouiS^s
b'or fiir ben Sogen angemcffen.
C^'v*» ift ein unerfeftlid^er SSerluft, baß eine Sd^rift,
toelcl)e £d)0penl)auer im Saufe be» fpäteren Sllterö begonnen,
nid)t mel)r oorI)anben ift. 6r nannte biefelbe Flg euvtoy,
äUieberl)oU I)abe id) mit i()m barüber gefproc^eu. Silicat im
3al)re 1H5H. "ilad) feinen Jteufeerungen mollte er barin eine
J)leil)e uon rein perfönlid)en Sebeui^erinnerungen nieberlegcn,
,Vim Ibeil mit ber 2lbfid)t, fic^ felbft einen Spiegel iiber
ein.ulne Seiten feinet natürlid^en SiJefen^ oorgu^alten. 3u'
gleid) bemcrfte er, bafe biefe 9luf5eid)nungen oor feinem 2:obc
burd)an<J nid)t gebrucft merben fönnten. Unb nid^t mit mir
allein l)at Sd^openf)auer in foId)er Si^eife gefprod^en. Stetv3
aber fd)eint er einen befonberen 2Bertf) auf biefe Sd^rift gc*
legt 5u l)aben, unb id^ menigftenc-» mar in golge feiner Sin*
: 53 •
beutungen gerabc auf bicfen Xijcxl feine§ ^kd^Iaffe^ BefonberS
gefpannt, ba ic^ il^n nac^ <Bä)opcnf}amf^ eigenen Sleufeerungeu
für micfittger unb etgentl^ümni^cr Italien mufetc al§ eingelne
©ebanfen, ©tubienl^efte unb surücfgclegte frühere Slrbctten.
6.
mit Dr. phil. V. 2t[I]er.
Sommer 1854
He [Schopenhauer] expressed to me his deep reo-ret
at not having* enjoyed the personal acquaintance of Byron.
7.
mit profeffor (£. (5. Bätjr.
Sommer 1855.
Jfm Saufe ber Unterrebung äufeerte Säl^r su ©d^open*
I)auer, feine Sßl^ilofopl^ie fei eigentlich fei)! befd^eiben. 21I§
©c^openl^auer barauf fragte : ,,lt)ie fo?", unb jener ermiberte:
„lueil ©ie bie @üte be§ Qtx^cn^ f)öi)a fteßen al§ ba§ ©enie,
ba§ 3f)nen iod) felbft eigen ift", fügte er beifällig: ,,©ic
l^aben rec^t, ba§ öerfault einft, luoburd^ iä) Xiox S^aufenben
ejcetlire, mdl^renb bie @üte be^ iQeräenS unbergänglid^ ift."
8.
2Tlit Dr. ßvanc^ois IDille.
Sommer 1855*
(Erinnern ®ie ftd^, tt)a§ Dr. SBille mir [SKid^arb SBagner]
einmal al§ ©rufe bon ©d^openl^auer mitbrad^te: ,,@agen Sie
Sl^rem greunbe SBagner in meinem Flamen 2)anl für bie
3ufenbung feiner Slibelungen, allein er foKe bie 3Jlufif an
ben Sßagel l^ängen, er l^at mel^r (Senie gum ©id^tcr! 3d)
©d^openl^auer, bleibe SRoffmi unb äRogart treu".
• 54
9.
illit Hobert von f)ornftein.
ec^Jtcmkr 1855— Oftobcr 1859.
►ic ^au^l^älterin, bcn ^^Jubcl gur Seite, öffnete mir
unb melbete mid^ beim 2)oftor an. Sd^ ^örte tttoa^ brummen;
barauf bie Stimme ber .^gaii^l^älterin: (5^ fd^eint mir ein
©tubent 5U fein. „S)ann fod er l^erein", rief bie 33rumm=
ftimme. i^iein ®rfte§ mar, il^m bie ©rüfee SBagnef^ gu
iiberbrinoen . . . . „(5r ^at mir fd^ön einmal burd^ einen
8nric[)er Stubenten, |3oIitifcf)er gliidtitling fdE)ien er gu fein'',
fe^te er ctwa^ Dcräd^tlid^ f)in3U, „©rüfee fagen laffcn. 3)cr
Dicnfd) ocficl mir aber nic^t. 2)od^ I)alt. S)er alte SBille
I)at mir aucf; ©rüfee \)o\\ i^m gebrad^t. ®er alte SBiüe, ja
freilief}, ciöentlic^ ein guter Hamburger.". . .
„(5r f)at mir feine Srilogic gefd^idft. SerÄcrl ift ein Sid^ter
unb fein 3}lufifer. S§ fommcn allerbing§ tolle 2)inöe ba
uor. ginmal [SSalfürc, Schluß be§ 1. 9lftc§] lieifet e§:
,^er Sor^ang fällt rafi^.* SBcnn er aber nid^t rafd^ fällt,
bann fricgcn mir böfc 2)inge ba gu fcl)cn."
®r fagte nie SBagncr, ol^nc ba§ SRidjarb Dorsufe^en, ba»
er cnglifd) (Slitfd^ert) auöfpracft. . . . „3d; bemunbere xmb
liebe ÜDtosart unb befud)e alle (Jonccrtc, in bencn 33eetl)ODen*fd^c
®i)mpl)onicn gcfpielt merbcn, aber — menn man öiel Sbffmi
gel)ürt l)at, fommt ®inem allci^ ?lnberc fdjmerfällig Dor."
ÜBcnn er Don 3loffini ]pxai}, )d)lug er bie Singen anbäc^tig
,uun §immcl auf. „Sloffini mar einmal l)ier, logirte einige
Üage im ,©nglilc^cn §of ; er fafj bei ber Xafel in meiner
!9Jäl)e, aber — id) mollte feine Öefanntfc^aft nid)t mad^en.
^'ium :föirtl)e fagte ic^: 2)aü fann unmöglich SHoffini fein,
ba^ ift ein bidfer gi^angofe. Uebrigene fommt ei3 gcrabe bei
ÜUufifern leid)t oor, baß fte ba§ nid^t rcpräfentiren, ma» fie
finb. Spontini aber macf)te eine ?(niMtaf)me. ö^r mar auc^
--- 55 <-
l&icr unb mir öerfefirten mel^rere Sage miteinanber. (Sinmal
fagte er p mir: ,.§ören Sie bie aJÜlitärmufif im @ec^§*
at^teltafte fpielen? 3)a§ foUte'nit^t fein. aKilitärmuftf barf
nur SSierDierteltaft fpielen. 2lße§ Slnbere ift gegen il^re SBürbe.'
Sä) gab i^m öollflänbig xzäjt" pr ^arl 9)laria Don SBeber
l^atte @d)open^auer nid^t biel ©Qmpatl^ie. ,nS^<^iWüfe* Ut
rcc^t nieblic^, aber eine ganj fleineDper." ®r befafe förnntt-
lid^e Opern Sloffini*^, für eine glöte arrangirt. 3)a§ fpielte
er Slüe» Don Sal^r gu 3a]^r einmal bnrd^, 3JJittag§ oon 12
bi§ 1 U^r. ?Jie erlaubte er mir, il^m gugu^ören, fo oft \ä)
\f)n barum bat . . . 9tur bem g-Ioten^aSirtuofen 3)rouet toitt
er einmal Dorgefpielt l^aben. ®r ergäl^Ite mir aud^, bafe er
nad^ bem streiten ®a^e ber Seetl^oöen'fd^en F-dur^Stimpl^Dnie
[für ftd^] aufgerufen l^abe: ,,®a meint man bod^, aller ®rben*
pcin fei man für emig entronnen! ®er ©a^ tourbe da capo
gefpielt, morauf mein 3laä^hax bie felbe Semerfung mit ben
felben SBorten mad^te." 81I§ idö mid^ bei il^m empfal^I, fagte er
nod^: ,,2)afeid^©ie annal)m, Dcrbanten Sie meiner §au§]^älterin,
bie ©ie einen Stubenten nannte. SBären Sie ein Sßfjilofopl^ie'
SJJrofeffor gemefen, l^ätte ic^ Sie nidE)t angenommen, ^rofeffor
SBcifee au^ Seipgig troHte midö einmal befud^en. 3c^ fd[)rie
aber fo, bafe er e» ^ören mufete: %ni §crrn Sßrofeffor SBeifee
bin id^ nid^t j;u §aufe. Uebrigeng, toenn Sic Slbenb»
in ben ,®ngIifdE)en §of' fomnten, toerben Sie mid) ha
treffen."
®ine^ Xage§ fam ba^ ©efpräd^ auf geuerbadf). ,,3)Ht
geuerbad) f)abe id^ fo Diel gemein toxt Xtli mit bem SParri*
ctba", meinte Sd^openf)auer. ,,geuerbad^'^ 3)eoife fann bod^
nur fein: post mortem nuUa voluptas, edito, bibite. Sein
,SBefen be§ Kl^riftent^um^' l^at biele gute Stellen, nur ift fein
SluSfprud) falfd^: SC^eoIogie ift 8lntI)ropoIogie, nein!: Sl^eologie
ift 8lntl)ropomorpf)i§mu§, bal^er ift ber ?lu§fprud^ be§ $eIoetiu§
- 56 -
ober 'Dibcrot ,L"lioiume eree le dieu i\ son image' gauä
ric^tin, bcn Sfeucrbad^ acccptirt l^at."
,,2)cn Strauß f)abc id& biird^ einen Jlmcrifaner grüfecii
laffen; \ä) aä)tc ben Wlam, feine ftritif ijat SSerbienfte; nur
I)ättc er noc^ mel)r ©rünbe öegen baö ^iftorifd^e ber @öan*
nelicn anfül)ren fönnen, gum Seifpiel einen be§ SSoItaire:
C^I)riftU';5 hat bie ©cifter ber Sefeffenen au§octrteben unb in
eine »beerbe Don 500 Säuen gcöonnt. 3Bie fommen 500
Säue in ein ßanb, wo ba§ gc^ireinefleitd^ verboten ift?
l^ai ift bie poetifd^e SlUmiffen^eit. gerner: ©l^riftug hat ein
beftinunteö Öebct am Celberg gcfprod£)en, ba§ anöcfül^rt mirb.
ffioI)er loiffen mir ba§? 3)ie Süuoer fd^Iiefen, unb ölcid^
nad)I)er mürbe er flefangen." 3c^ fagte, bem Straufe fei bie
.oiftorie Don ben 500 Säuen moI)l au friool gemefen, toorauf
er entgegnete: ,,3ft aber treffenb." 3d^ fragte, ob lool^I
Stranf5 feine äJerfc fenne'^ „2)ofe in ajJünci^en, mein tief»
fmnigfter Slpoftel — mein gelel^rteftcr ift Sedfer in ajfains —
gab fie ii)m; ic^ meife nic^t§ 2Beitere§. Sei bem großen
StrauB*fd)en ©rfolge begreife ici^ nur nic^t, mie bie Seute
mirflid) friiber an bie Sarfje glauben tonnten."
„(Moetbc fannte mein ^auptmerf", fagte er mir einft auf
meine «Vrage, ,,er fd)rieb an meine Scfjioefter ^mei Seiten
barüber mit iPIciftift. SefonberS gefiel iljm: lieber ben an*
geborenen unb ben ermorbenen (Sbaraftcr unb über $^bibia§.
C^in WleidjuiB Don mir erjäblte er bem ©dermann. (Se» mar
eine offenbare JHcminic-'ceua."
,,^JOJoIefd)ott ift ein Sarbiergefeüe. Sein 6^apitel über
ben älMüen ift für einen ®i)mnafiaften su oiel."
,/4}rofeffor i^fidjelct legt in einem 3luffat5e i'iber mid) eine
fold)c Unmiffenl^eit an bcn Sag, bafe id) il)n |4)iid)elet| cafftrcn
tDurbc. 2Iud& fanntc er bcn Sattel meiner Sßret^fd^riften md)t,
fc^rieb aber barüber." .
SSon SReid^arbt l^ielt er öiel aU ßieberfömfiomft, bagegcn
fd^impftc er über Sd^uberf § falfd^e Sel^anblung be§ ,®rl-
fönig^', 5. S. bafe Sieden, bie öci^eimnifeüoE bcl^anbclt tücrben
müfeten, laut gefd&riecu mürben. ,,3){enbel§|£i]^n'§ 6ompo=
fitioiien fmb l^übfd^, aber ol^ne ®enie. Seine @l)mp]&onien
finb lanötDeilig. Slm beften gefiel mir ,$ßaulu§^ ben möd^te
id^ fd^on einmal lieber l^ören. @Iud( mar mir immer lang*
meilig. ®IudP§ 3Kufif läfet fic^ nid^t getrennt benfen üon
ben äSorten, unb baS ift falfd^. 2JJuftf mufe burd^ fid^ aUein
mirfen, bie SBorte finb 5lebenfad^e. 2)ie 3Wuftf ift öiel
mäd^tiger al§ ba§ SBort. 2RufiI unb SBorte ftnb bie SSer-
mäl^Iung eincS Springen* mit einem Settlermäbd^en. 2)ie
gäbet in ber Dper ift Slebenfad^e, im ©runbe nur bagu t)or*
l^anben, um ber SSernunft auc^ ma§ p geben. Dtoffini l^at
bieg in§ (Sjtreme getrieben unb bie SBorte grabep öerl^öl^nt."
®an^ begeiftert fam er eines Slbenb^ au§ bem ,3'iöö^*^'
im ©nglifd^en ipof an, befonber§ bie munberbare ©til-Sin^eit
betonenb.
Dft prte id^ i^n fagen: „3dö mufe mir immer bie
©röfee ©d^iflerS öor Singen fül^^-en, um nid^t ungered^t gegen
i^n p merben."
Sr erl^ob einmal ba§ ©la», um „auf ben eblen güi-'fteH
SBinbifd^gräö" p trinfen, bebauerte nur feine gu grofee
©mpfinbfamfeit. S)en 23lum l^ätte er nid^t erfd^iefeen, fonbern
l^enfen foUen. ®r fd^ilberte Slum al§ einen „fnotigen terl",
ber fxä) „unterftanben l^ätte, ba§ Seutfd^e SReid^ inftanb*
fe^en su motten. ®r l^ätte fotten bei feiner bramatifd^en
(Saniere bleiben, iJogenfd^liefeer unb X^eatercaffier."
-^- 58 --
„Ölum l^atte in bcr ^anUl\xi)t, aU man i^m ^u^
flatfd)tc, gerufen: SBir finb l^ier nid^t im Xfjtattx, —
2Bärc id) baöcircfen, l^ättc iä) gerufen: greilid^ follte man
meinen, man märe im XI)eater, menn Sogeufd^Iiefeer ba§
gvofee ffiort fnljven."
i^x erj|äf)It eine^ Sage», bafe bie SBeamten ber freien
Stabt ^ranffnrt fid^ fürd^terlid^ blamirt l^ätten in einer
^^Uibiens bei einem bentfc^en 3)fonard^en. „dagegen mein
Sater. (5r ftanb eine§ 2agc§ anf bem Sd^lofepla^e tu
9?erlin, mäl^renb ber ^arabe. Ser alte grift bemerlte bcn
fvcmben 3JJann, ging anf il^n gn nnb fragte i^n nad^ feinem
Öerfommen. ,,?In§ Sandig, a}(ajeftät, bin Saufmann.'' ©neu
33nrger a\i§> S^angig p fprec^en, intereffirte il^n, nnb er moflte
ilin bei ftd^ ^aben. „^ai ®r and) 8panioI?" ,,3öU)i)]^I,
i^Jajeftät." „bringe ®r mir morgen meieren." SJlein
SJater mar 3ur beftimmten ©tunbc im Si^Ioffe. ®a er
Ci^ für nnfci^ictlid^ I)ielt, einem SJJonard^en bie ®ofe 3U
offeriren, fc^üttete er ben gangen Spaniol auf ben 2^ifdö,
bamit ber .Uönig badon nel^me. ,,®ein Spaniol ift gut.''
(5t nmc^te eine gröfeere Seftellung. Sein taftöoUe^ S3e*
nehmen nnb feine Stnffi^Iüffe über Sandig l^attcn ben Sönig
fe()r für il)n eingenommen. Sie begegneten fic^ nod^ öfter."
LHnmal fagte er: „Xa^ \ä) bie gibte fpiele, ijerbanfe ic^
meinem SSater, bem profaifc^en Slaufmann öon Sanjig, ber
meinte, id^ folle e§ nur lernen, man föunc nid^t miffen, mogn
irf) c^ nod^ brandneu fönne. 3}i'eine poetifd^e Üfutter aber,
ber Sd^öngeift Don 3Beimar, mar meinem SBunfd^e entgegen:
er mirb einmal fooicl Selb l^aben, bafe er fid^ glöte oor-
fpicien laffen !ann."
SBenn @döopenf)auer bie äJorjüge feinet 3}ater§ gegen
bie ;^'ef)Ier feiner SRutter l)erüorgc]öoben l^atte, fd^lofe er:
--^^ 59 ^
„Xa ©eift meinet 3Sater§ fd^tücBt über mir iinb fagt: 9ttd)t
mal^r mein @of)n, id) l^abe beffer für 2)id^ 'oeforot?"
Xer aJiuttcr gab er bic ©d^ulb an bem ©elbftmorb [?J
fcineö 3Satcr§ ... er fd^ricb il^r ba§ finansiette .t>erabfommen
feiner gamilie gn. „®§ ifl ja vorüber, e§ Gehört gn allem
Slnbern" pflegte er auffenfsenb 5U fagen, menn er auf biefc
5ßeriöbe feinet 2eben§ 5x1 fprec^en fam.
„^ä) ijütk einen ©mpfel^Iung^brief an S3^ron non ©oetl^e.
3n 35cncbig tcar x^ brei 3)?onate lüäl^renb St)ron§ Sfufentl^alt.
3mmer moHte iä) mit ©oct^e» ©rief gu i^m, al» id^ e^ eine§
2:agc§ gan3 aufgab. 3)ät meiner ©eliebten ging xd) auf bem
Sibo fpagiren, al§ meine S)ulcinea in ber größten Slufregung
auffc^ric: ,Ecco 11 poeta ino-lese!' St)ron faufte 5U $ßferbc
an mir öorüber, unb bie 3)ünna lonnte ben gangen Xag biefen
©inbrud nicl)t Io§ lüerben. S)a befd^Iofe xä), ©oetl^e^ Sricf
itid^t abzugeben. 3d^ fürchtete mid^ Dor Römern. SBa^ l^at
mit^ ba» fc^öu gereut!!"
„93l)ron ift nii^t ber erfte, aber bod^ ber gtceite engtifd^c
©id^ter", fagte er oft.
,,3Biffen ©ie auc^, bafe in einem 3a^re bic brei größten
^JJeffimiften gugleid^ in 3talien maren? 2)ofe i^at e§ au§'
{jered^net: 33t)ron, ßeoparbi unb id^. S)od^ l^at Seiner ben
?lnbern fennen gelernt."
för erpl^Ite mir, bafe in ^Jl^reng an ber 3Jlittag§tafeI
i^m (Jincr gefagt l^abe: @ie fefien au§, aU fjixücn ©ie ein
großcy SBerf gefc^rieben ober eine grofee S^l^at öoßbrad^t."
©in burd^ ^ranffurt fommenber 8lmerifaner, ber nid^t§
Uön Sd^openl^auer gclefen unb nur gef)ört l^atte, bafe er ,,ber
?ßI)iIofDp^ be§ Sage»" fei, t)erfud^te ein Snteröiem mit il^m
- 60
imb begann mit bcr %xaQC im SHeporterftil: „SBa^ l^alten Sic
üon fcc0cIV" ^ antttjortcte barfd): „§egcl ift ein (^tjavlaian"
unb liefe ben 3ntcrüien:)er [teilen. Sin bicfen SBorgang an^
fnüpfenb fagtc er gn Don §omftcin: „2)ie Slmerifaner ftnb
mir öcrl^afet. 3^r Sene^men ift rol^, ifjrc ^ntettigens ent^
Icl&nt, ^olen fi^ Slfle^ au§ bem Cften. §aben ba§ @elb,
©tobte 3U bauen, aber nid^t bic gnteüigen^, il^nen Flamen gu
geben, ba()cr in Slmerifa alle europäifd^en ©töbtenamen an^iu^
treffen finb. S)er ©nglänber Der^ält fidö pnt Stmerifaner mic
ein 2)nfaten gum SWed)enpfennig. Sluf ben erften Slugenblicf
fann man fic nic^t unterfd^eiben, aber I)ernad) —." „2)er
(Sngiftnber ift eine noble Station; intelligent im pd^ften ®rabe,
fobafi man feinen firdjlid^en Slberglaubcn barüber oergcffen
fann. S)ie Slmerifaner I)ingegen finb jübifc^-ortl^oboi:, ol^nc
bic englifc^en Sugenben.''
©ein .^an^argt, ber 3}JebicinaIrat]^ ©ticbel, traf aud^
einnml im fy()tc[ ein. Ü}iit bem nedfte er fic^ gerne. 211^ ber
Slrgt gefagt i)aitc: „SSaS ßebenSfraft? eö giebt feine ßeben^^^
fraft" — ermibertc Schopenhauer: „Slber ba§ .^onorar net)mt
3I)r für bic i'eiftungen ber iJebenöfraft."
„M) loerbe uralt. 3J}ein langer Schlaf unb mein guter
iüJagen fagen mir baö. 3d) mod^te 90 ^ai)x toerben.
Selbft bei ben Sldjtsigern I)at ber 2:ob noc^ ctrda^ (SmalU
fameS. )öei ben Stennsigern gel)en Seben unb Xob rul)ig in
cinanber über. ®in ^Jeungiger in ?{fd^affenburg mollte eine
SBeintraubc bom Öelänbe fdE)neiben, al§ er tobt umfiel. So
möd)tc id) ftcrbcn. 3tur nid)t lange leiben."
„I^cnfen Sie, tocr I)eute bei mir mar? ®ine fd)önc
junge Dame, eine talentoolle S3ilb]^auerin, eine Sermanbtc
Dom aUfarfd^all 3Iel). Sic ift eigenS l^icr^cr gefommcn unb
bleibt längere 3cit ^ier, um eine Öüftc oon mir su mad^en."
- 61 ■
®irt anbermal ersäl^lte er: „Bk arbeitet ben gangen Xag
bei mir. SBenn ic^ Dorn S-ff^n fornme, trinfen mir gufammcn
Äaffce, ft^en bei einanber auf bem Sofa, ba fomme \ä) mir
bann Dor tüic öerl^ciratl^et." 2)abei rieb er fii^ bie $änbe.
£)btDoi}l er fc^Ied^t auf bie (SI)e gu fpred^en irar, äußerte er
hod) einmal: „2)a§ ift'§ ja gerabe, man mag e§ anfangen
tüie man tü\ü, fo ift e§ aiii) nic^t§."
31I§ iä) ü)m meine SJerlobung anfünbigte, rief er: „Sinb
®ie btö 2:cufel§? ^ciratl^cn Ijclßt feine ^erpfiiditungen öer-
boppeln unb feine dtcä)k Ijalbircn. Unb ein Stünftler I)eirat]^en!
2)er mufe fein 3)omiciI Ieid)t üeränbcrn fönnen, ba unb bort
toa^ Ü)Jeue§ su l^ören. Unb bann, eine grau ginge nod^,
aber eine 8tube öott Sinber. aJian f)at bie S(u§gaben mä)i
me^r in bcr §anb, man fann nicf}t fparen. 2)ie gange Statur
loirb um einige Saiten r)eruntergefpannt. S)a§ 3?oIf fagt
nid^t unricf)tig: ,®r l^at fii^ oeränbcrt' für ,®r l^at ge-
l^ciratl^et'. . . . SBo merbcn Sic fid^ gunäd^ft l^inmenbcn?"
3d) merbc ben Sommer in einem Sanb^aufe am Sii^ein gu^
bringen. „3Jun, ba§ ift ja red^t artig. 3öa^rfdf)cinlid^ in
einer Saube fi^enb, umgeben Don ber ,25offifd^en' unb i^ren
ungäl^ügen Seilagen. 5Jun", ful)r er fdEiIiefelidt) rul^iger fort,
„im ©runbe entrinnt man ' bcr W\]m hc'6 Seben» ni^t, man
mag e§ fo ober fo anfangen."
10.
mit Stuöiofus Karl Bät?r.
VL ^ilpril 1856. h unb 15. mal 1858.
iSd^openl^aucr begrüfete mic^ in ber liebcn^tnürbigften
SBeifc xmb nötf)igtc mid) neben fid) auf ba§ Sofa . . . Sr
fragte mid^ nad) bem Sefinbcn meinet äJater^ unb ob id^ ben
jungen SÄitter fenne, toobei id^ ©elegenl^eit nal^m, ber roarmen
SSerel^rung bcr %xan Dritter für i^n unb feine Schriften gu
^ 62 -
ncbcnfcn. 8ic fei, meinte i^ mol^I bic cingige ^amc,
meiüöfteitö unferer öefanntfc^aft, tr)elcf)e feine ©d^riften
ftubire. „3lmx ja", fagtc er, ,,fiir Söeibcv fmb meine
@(^riften aud) nic^t." Snbcffen gebe e§ anä) 8lu^3nal)mcn,
moDon er ein Scifpiel anführen fönne. SBie i^m nämltc^
grauenftäbt fürglid^ au§ S^crlin gcf (^rieben, l)abc fein
i^crlag§budöl)änbler ben 3lbfd^mtt über bie SBciber au§ ben
,^4?civcrga' feiner eigenen «^van Dorgelefen, unb mäl^renb er
geglanbt, biefe irerbe gans inbignirt bariiber fein, fei fte gur
äJermnnberung be§ 33ud)I}nnbIcr§ mit bem ?Uiffat3e gaiig gu«
f rieben gemcfen. „'Bo'\ fet3tc Sd^openl^ancr l^ingn, „mögen
mor)I bic SBeiber im allgemeinen benfen, freilid^ nid^t bie
litterarifi^en, bic nic^t." 3hm erfnnbigte er ftc^ citoa^
x\ai}cx mä) grau Flitter unb nac^ il)rcm So^nc, iiber meieren er
fidö fcl)r beifällig aufwerte. „9(f)", fagtc er, ,,er I)at aud^
Exterieur, bunfclc Singen." Xa\] er i)hiftfer nnb Signier
5Hid)arb aBagner'^3, I)abc er il)m Dcrfrfjmiegen nnb fic^ al§
jungen bramatifc^cn !rid)tcr Dorgcftcllt. 3lnf fein 3?efragen:
ob in ber fomifd^cn ober tragifc()cn ©attnng? r)abc er gcfagt:
in bcibcn. 6r l^abc gegen il)n nic^t ern)äl)nt, bafj er ]d)on
cttüat^ gefi^rieben, unb ba^^ fei aiidj gang gut, ba man nid^t
gn frü^ anfangen follc. 2)agcgcn laffe fid) nid)t§ fagcn, fügte
er l^ingu, unb mieberl^oltc mit gnfricbencm Mopfnirfcn: „er l^at
mir gut gcfaüen.". . . .
S)aö ©efpräd) ging auf l^ßrofcffor JBcifjc über ... (Jr
fragte mid^, ob SBeifee nic^t Jdt^SdjclIingiancr fciV - „iJJein,
ü)?eu=®^ellingianer unb fi*ül)er .^cgeliancr." — „2oV alfo
aSertreter ber £)ffenbarung§pI)iIofopi^ieV SDa mir einmal Don
Cffenbarung reben, fo mufe id) 3;{)nen bod^ ct\m^ f)öd)ft
3ntereffante§ unb ©eltcne» geigen." 33ci biefcn SSJortcu bolte
er an^ einer ©dfe be§ 3ii"»^^'i''^ eine f leine, etma fufebofjc
fifeenbe Jigur öon ®ifen ober :ü)}cffing, aber fd;marg an-
geftrid;en, nid^t undl^nlic^ auf ben erften 9(nblid einer djinefifc^en
63 -
Sßagobc, xinb fcfetc fie öor im§ auf bcn 2^ifcf), inbcm er qc*
l^cimmfeöoll fragte, oh ii) errietl^c, tDa§ ha^ öorftcfle. Sc^
Dcnuiitl^ete, e§ fei ettüaS Sl^inefifd^e^, aber er fagte: bie ^igur
fei tDaf)rfc^einIi($ au§ 2^ibet, fei idoI^I l^unbert ^aijxc alt iiub
fteHe ben S3ubb^a öor. ©§ fei ein feltene^ Stücf, ba§ \ä)
irol^I föbalb nid^t tDo anber§ feigen merbe; er l^abc e§ fic^
au§ Sßari§ öerfd^rieben. S)iefe gigur fei fi'tr bie Subb^aiften
ba§ felbe, toa^ für bie ßi^riften ba^ ©rucifij. Subb^a fei ^ier
aU Settier bargeftellt, in afiatifd^er SBeife fit^enb, bie Slugcn
niebergefdEiIagen, bie redete §anb über ba§ redete Suie nieber*
I)angenb unb bie linfe Dor ber 33ruft I)in]^altenb, um ®abc\x
gu empfangen. Siefc» fei bie ftrcng bogmatifd^e SScifc, ben
Subbl^a barsuftcKen. 2II§ id^ i^n fragte, tnarum man bcn
Subbl^a bettelnb barftelle, fam er barauf, mir bie a)ti)t^c Don
a3ubbl)a 5U fc^ilberu, in einer 2Bcife aber gu fdf)ilbern, bie mir
unöergefelid^ fein mirb. S)a§ mar fein ©tubengelef)rtcr, fein
beutfd^er 5ßrofeffor ber ^pi^ilofopl^ie, fonbern ein S}5^iIofopI) 'oon
®ottc^ ©naben, ein SBcifer be§ ?(ltertr)um§, mcld^er ^n mir
rebete. Söiit 2lnbad^t unb SSerel^rung mufete id) il)m sul^ören.
„^a tm)]^!", fagte er mit einem rü^renben 8(u§brucE in
ber Stimme, „Subbl^a icttcU, meil er ein 33ettler ift. D
fie ift fd)ön, bie 9Ki)t^e, lt)ie 23ubbba pm §eil gefül^rt murbc!
(Sin Sßring au§ föniglid^em §aufe, marb er erßogen in einem
glän^enben §arcm, in ^rac^t unb 9teid^t^um, unb aU er
jjmangig ^af)vt alt gemorben, öerlicfe er sunt erften mal ba»
©d^Iofe unb trat mit feinem ©cfolge l^inauS in bie l^errlic^e
inbifdEie Statur, bie Dor il^m ausgebreitet lag in i^rem @Ian3c.
®a ftel^t er ftaunenb öor i^r unb freut fid^ über bie Sc^önl^cit
be§ 2)afein§. Stber fiel)! c§> fommt einer auf il^n gugegangen
(l^ier mad)te Sc^opcnl^auer, l^eftig erregt, bie ©eberbe einc§
alten 3Kanne§, ber mit bcm £opfe madfelt), e§ fommt einer
gegangen, ber fd^eint gu fügen: Siei^ mid) an! S)ie§ Slßcy
ift nic^ti>, nid^tö! — Seftürst fragt ber Sßring einen Begleiter,
-^ . 64 --
tDQö bicfc ©cftalt bcbcutc. „®§ ift ba§ Slltcr, S^rin^; )o icic
bicfer f)icr mcrbcn tüir cinft alle." 3)er 3^0 ö^^t tDcitcr, unb
man fiefit am SScge einen fied^en 3Kenfd^cn, ber ftc^ mit feinem
Seiben I)infd^Ie))pt. ,,2Ber ift biefer?" — ,,®in aranfer." —
,ßann anä) ba§ un^ alle treffen?" — ,,3a^oo]^I, lieber Sßrin^."
— S)er 3119 Ö^f)t abermals toeiter, unb auf einer Saläre toirb
ein Xobter üorüberGetraoen. Subbl^a erblicft il^n mit ©nt*
fe^en. 3n fold^em 3iiftönbe ^at er noä) nie einen 3)lenfd^en
(icfel^en. (5r fragt mit bebenber Stimme, ob aud^ ha^ allen
9}fenfc()en beöorftel^e? ©ein Segleiter gucfte mit ben Sldifcln:
„S)cm ift nid^t anberS, ^^^ring. 2)em Jobe cntgel^t feiner öou
unö." „Sagt il)r mir baö?", ruft S3ubbl^a au§, „fül^rt p
Stiter, Ätanf^eit, 2:ob unfer Safein, o fo miß id^ nid^t leben,
fort miU ic^ üon eud), — in bie 2Biifte loiH id^ gelten unb —
mebitiren!" — 3n feiner (Srääl^Iung fortfal^renb, fd^ilbcrte
Sd^open^auer nun, of)ne meine tiefe 9lü()rung gu bemerfen,
toic aSubb^a anfangs burdt) feine Umgebung Don ber 9luö*
fü^rung feineS ©ntfdöIuffeS surüdfgel^ alten unb loieber im
Schlöffe beS ÄönigS eingefperrt loirb, toie er ftd^ aber enblid^
befreit unb mit einem einzigen 2)iener fort5ieI)t, tok er bann,
in bie 3Büfte gefommen, biefen 2)tener entläßt, aud^ fein SPferb
frei baoonlaufen läfet unb biefem noc^ öoH Dli'il^rung unb
Siebe einige SKorte be§ Slbfc^iebS nad)ruft, loobci er
if)m oer^eiBt: „2luc^ 2)u foflft bereinft erlöft »erben!"
©r begegnet einem Settier, taufest mit il&m bie SHeibung
unb bringt oon nun an feine Xage in SRad^benfen
unb ®ntf)altfamfeit gu, feine ©peife frember ffiol^It^ätigfeit
banfenb.
SUS eine bead[)ten§mert^e ^fd^einung ermähnte er, bafe
feine ^^J^ilofopl^ie me{)rfad^ gerabe in fat^olifd^en Greifen
3lufnal)me gefunben l^abe. So 5. 5ö. l^abe fte ber öor
mehreren Sauren oerftorbene ülJrofeffor Staubingcr in Jfi»
65 ' -
biiiBcn feinen S^^örem cnipfol^Icn. Sind) ein fatl^olifc^cr
3)ocent in Sonn lefc jefet baritbcr. 2)a§ foinme bal^er, mcil
feine Sßl^ilofojjl^ie bcm Äatl)i)lici§mug tocit mel^r geredet tocrbc
als irgenb eine feit bcn Seiten ber ©d^olaftifer, bic ja bod^
nur I)albe 5ß^iIofop]^en, §ur anbem Hälfte Xi)toioQtn ge*
tocfen feien. S)ie Seigre öom ©rlöfer trete im Äat^oIiciSmuS
öiel bebeutenber unb toefentlid^er auf aU bcr jnbifd^e Sel^oöa.
ßl^riftuS unb 3Jiaria feien bie eißcntlid^ bebeutenben flöttlid^
berel^rten ©eftalten; ber @ott ©d^öpfer fi^e nur oben in
feinem ^immel ftill unb unt^ätio ba unb fel^c mit SBürbe
auf alles l^erunter, ol^ne actuellen ®inPufe. S)em ftatl^olicis*
muS fei bal^er tool^l eine längere 3)auer bcfcfiieben al§ bem
SßroteftantiSmuS , ber offenbar ftarf im -Kicbergano begriffen
fei. 2)iefer l^abe einen i?eben§ncrt) beS ßj^riftentl^umS baburd^
jcrftört, ha^ er bie SSerbicnftlid^feit bc§ KölibatS beftrittcn,
baS in ber lat^olifc^en Sirene nod) einen ftc^tbaren Sluöbrud!
in ben Slöftem f)ait. 2)aB Üutl^cr bamal^ in ben Staub
ber Sl^e getreten fei, bafe er bel^auptct ijabt, man fönne nic^t
caste vivere außerhalb ber ©l^e, baS tjabt bie Sac^e ent*
fdftieben. „SBart; l^aft Su baS gcfagt? . . . XaS bricht SJir
ben ipalö!" 3n einen milberen Xon cinlenfenb, gab er ju,
ßutl^er fei ein großer 3Jlann, ein gewaltiger tieffinniger Xcnkv
gettefen; er fei aber burd^ bic 3^itumftftnbe gu loeitge^cnbcn
äugeftanbniffen gebrängt morben.
;,ÜWeine ^ßj^ilofopl^ie", micber^olte er, „ift bie crftc, meiere
ber asfefe il^r Stecht miberfabrcn läßt." ©r griff hierbei nac^
einem Ileinen Suc^, ia^ auf feinem ^ulte lag, unb fagte
lebl^aft: „3c^ mufe 3^nen gleich etmaS geigen, ba$ mir in
meinen 8lnfi(^ten rec^t gelegen fommt." 3<^ glaubte natiirlicf),
eS l^anble \id) um eine ganjj neue Grfc^cinung ber tbeologifc^en
ßitcrotur, alö ic^ auf bcm 2itel bie SBorte la»: „Xcut)(i)c
2:^eoIogie'' u. f. m. „Sennen Sie ba§ SSuc^?" - „3lcin."
— SJarauf fing er an, mir ^u cr^ä^lcn:
— - 66 <
„Bd)tn Sie bort brüben in Sad^fenl^aufen ba§ alte
oraue §au§, tüorin jefet ber 3Jialer meinet Sßorträt^, Sunte*
fd&üö, fein Sltelier aufoef dalagen l^at? S)ürt lebte im 13. 3a]^r=
l^unbert ein SRitter, ber ^uerft bie SSerneinung be§ 2Btffen§
Icl)rte. ©ein Sud^ mürbe öielfad^ l^erumgetüorfen unb tarn
gufällig in ein alteö Slofter, too man, ba e§ in beutfd^er
©prad^e öerfafet toar, üeräc^tlid^ barauf fd^rieb: ,2^entfd^c
Xl^eologie öou an granfforter'. 2)a§ Süd^Iein erlebte öer«
fd^iebene mel)r ober toenigcr entfteflcnbe SScrboImetfd^ungen.
3d^ fclbft i}abc e§, ungefähr in Syrern 2llter, ba§ crfte mal
in einer fold^en Uebertragung gelefen, bie tro^ if)rer 3Kangel
einen tiefen ®inbrudC anf mid^ gemadE)t i^at. 3m Urte^ ift
e§ fd^mer gn bcrftel^en für bcnjenigen, ber nid^t, mie td^, ein
grunblid^er Senner bc§ ©nglifc^en ift, treil ia^ ©nglifd^c au§
ber bcntfd^en Sprache be§ 6. Sal^rl^nnbert^ cntftanben ift.
S)ie 8lu§gabe, bie mir Ijicr su .^anben, ift im Saläre 1851 in
250 (S-yempIaren gcbmdft toorbcn. Später mxirbc e§ nod^
einmal l^erauSgegcben mit einer bcigebrudftcn Ueberfe^nng in$
Steu^oc^bentfc^e. — 3a, ba^ finb meine @eifte§genoffen, bicfer
nnb ®dff)art nnb ber Spanier, nur bafe unfer SSerfaffer feine Sin-
ftd^ten in ein !Ieinc§ Sud^ gufammenfafetc, mäl^renb jene bidt-
leibige S3änbe öon $rcbigten fd^riebcn."
&r crmäl^nte nod^, mie er in bcm alten Xc\it)6)tn §aufe
brüben ieben SBintel burc[)fud^t unb jeben Stein befid^tigt
l^abe, um öiellcid^t nod^ eine Erinnerung, ein ®pitap]^ ober
fonft. irgcnb metd^e Spur feinet Sorgänger§ gu finben, —
bod^ öergeblid^. ®r fprad^ mit fo tiefer Semegung, al§ ob
er biefcn el^rinürbigen 3Kann lebcnb gefannt ^ätte.
Sc^openl^auer munberte fid^, baß ic^ ben ,Gil Blas' nid^t
gelefcn l^abc. (5r beseid^ncte mir fürs ben ^rdjalt biefc§
SHoman^ unb ben Kl^araftcr feines a?erfaffer§, xmb bemerlte,
bafe biefer mit anbern grofecn Sd^riftftellern ba§ Sd^idtfal
67 --
flemcin flc^abt i)abt, toäl^i^cnb )einc§ l'ebenö fein ©ünftling
bcS @IücfS 5U fein unb crft bei ber dlaä)rüclt bie banfbarc
Sfncrfcnnunö ö^fuiibcn 311 l^abcn, bic feine SBerfe |o reid^Iid^
k)etbient l^dtten.
3)iefc§ ©d^icffal be» ßefaöc erinnerte i^n an ,SlünftIer^
erbcnioallcn* öon ©oet^e unb gab unferm ®efprä(f)e eine
eigcntl^ümlic^e SBenbung, bei ber fid^ mir fein (Semütl^^leben
fo tief unb niä(f)tiö mic fonft bei feinem anbern Slnlafe offen*
Barte. 3)iit ber innigften Shil^runö fprad) er öon ber S^id^tung,
bic in §©ei bebeutnngööoUen 8cenen ben .fti'mftler einmal in
ber Sebürftigfeit unb 6nge feines (S^rbenfc^ictfalö, ba§ anbere
mal in feiner gläuäenben Jtpotl^eofe im ©ebäd^tniB ber SJac^-
toelt fc^ilbert. 3n fursen 3fiOcn, aber üoUftänbig unb mit
l^öc^fter Slnfd^aulid^feit, ersäljitc er mir, ba ic^ il^m gefte^en
mufetc, auc^ biefe 3)ic^tung Iciber nod) nid^t su fenncn, bie
barin vorgeführte 33egebcnf}cit. ©crabcju Ijersergrcifcnb mar
feine 9?ecitation be§ Serfcö:
©in greuiib, bor ftd) mit mir crflcfetc,
@in /ynrft, ber bic Xalcntc fdjätjie,
Sie f)abcn leiber mir gefehlt;
3m Siloftcr faub id) bumpfc (Gönner:
So l)ab' id), cmfig, dI)uc lilcntier
Unb ol^nc Sd)ülcr mic^ gequält.
©r mieberl^olte biefen SJcr» im l'aufe be$ ©cfpräcf)^
nod^ einmal, inbem er babei bcfonbcrö bic legten gmci feilen
SBort für 2Bort mit 9Jad)brucf betonte. . . .
S)en (Jontraft smifdjcn bem Sünfticr, mie er cinerfeit§
in feiner irbifc^en Sebürftigfeit erfd)eint unb anbererfeit»
im ©ebäc^tniß ber 9fad^melt fic^ barfteüt, fonnte er mir nic^t
einbringlid) genug l^eroor^ebcn. 3n biefem 3iM"antmen^ange
fül^rtc er mir nod^ eine anbere Scene oor:
3n einem S^l^cater ;^u glorens mirb ein Sc^aufpiel auf*
flcfül^rt. (?in Sluftritt fteüt bem ,Suic6aiicr ein fd)önc'5 (sjc*
r.*
-^ 68 ^
länbe tyox Stugen. Sic öcrflärten (Seftaltcu bcr Qxo^tn
S)td^ter unb ^nftler Stalten^ begrüfeen ftd^ im ©I^fium.
3Ran f)ört ba bie Flamen cine§ Si^affo, ®anlc, 5ßctrarca nennen^
bie ftd^ beflegnen unb freubig grüfeen. Unter anbern loirb
aber aud^ ber eine§ nöc^ lebenben ^\ä)kx^, OKctaftajto,
genannt.
2)a erl^ebt fid^ au§ bcm ^blifum mitten im Sßartcrrc
ein alter äJlann in grauem Mittel unb ruft, inbem er mit
einem Btod mel^rmal^ auf ben S3oben ftöfet, mit jornigcr
Stimme: „lo sono Metastasio! io sono Metastasio!" ®§
mar ber angerufene 2)ici^tcr felbft, ber l^ier, gegenüber feiner
öorgeitigen Slpotl^eofe auf ber SSül^ne, feine örmlid^e
SSBirflidöfeit in Erinnerung brad^te unb für biefe ia^ aHitlcib
ber SSerfammlung in 9tnfprucf| na^m.
„3ci", fagte ©d^openl^auer mit äßel^mutl^, ,,fo feigen bie
au§, unfdEieinbar unb bebürftig unb oftmals bebrfidft burd^
8lrmut]^ unb Sorge, bie 3^r bereinft al§ bie (Senien ber
üDlenfc^l^eit greifet unb beinal^e vergöttert, ©el^t fte an, ba§
ftnb fie! Sag ift minftler§ erbenmaDcn! Sommt nid^t erfi
mit ®urer 8lnerfennung unb Sl^eilna^me, mcnn fte im (Srabe
liegen, fonbern l^clft il^ncn, folange fte einen l^ungrigen aWagen
I)aben unb einen 3Runb pm Süffen!"
11.
VPixt &em IHaler 3^Iii^5 fjameL
mal 1856.
©er Spreufeifc^e ©el^eimratl^ ©rüger l^atte bem gronf*
furter 3}JaIer 3uliu§ §amel bcu Sluftrag ertl^eilt, für i^rt
Sd^open^auer'ö Sßorträt ^u malen. Einige öon bem crft 23
3a^re alten 3JiaIer auSgefteßtcn Sßorträt§, l^atten il^i^er ÄeJ^n«
lid^feit unb treffüd^en J^er^nif megen bie Slugen ber ^nft*
fenner auf i^n gelenft unb auc^ einige ^iftorifd^e ©emfilbc,
69 :
mic: bic JJufettJöfc^e Sßetri, ©rablegung ßl^rifti, bcr Slblafe*
främer S^c^cl, fanbcn, il^rer einfachen ßom|)ofttion unb be»
anfprcd^enbcn Solorit» tocgcn, aHgcmciuen SBeifaß. 9lun murbc
tl^m, bcm jungen befdöeibcncn Ü)tann bic Stufgabc geftcHt, bcn
i^crborragcnbcn Spi^ilofotJl^en gu malen. 3Ktt größer Slengftlid^s
feit, faft Scfangenl^eit fafe er i^m gegenüber. SBö^renb ber
crften ©i^ung frug il^n ©c^openl^auer, toa^ er für fein Porträt
befomme. gantet nannte einen fei^r befd^eibenen Sßreiö.
©d^openi^auer fd)ättelte nnmiEig ben ^opf, unb lüie er oft
laut 5U benfen pflegte unb icbenfaü^ in ber SJieinung, nic^t
öerftanben gu tüerben, brummte er öor fic^ I)in: ,,Unfinn, be-
fd^ränftcr Sopf, öerftel^t nic^t feinen Sortl^eil, einfältiger
3)ltnW Hameln, ber natürlid^ atte^ l^örte, lief e^ falt unb
njorm über ben SRüdfen. 81I§ nun bie Sifeung beenbet mar,
fprad^ er ju il^m: ,,@in 3i)taler mufe feinen SBert^ p fc^äften
tDtffen, er barf feine Söerfe nid^t megfd^leubem, mie der-
iorb'ne Srämermaare. S)er SHtnftler mufe ben a)Jenfd^en SRe*
fpclt öor feiner SPerfönlid^feit einpflöfeen miffen unb barf fid^
nid^t fd^euen ben $rei^ gu forbern, ben fein SBerf mert^ ift.
35r Sßrei^ ift t)iel gu niebrig, ben mag ein 5ßfufd^erf orbern."
9?ad^ ber erften ©ifeung mar er mit bem Silbe nod^ rec^t p*
trieben unb lobte ba» fd^one Kolorit unb bie forgfältige Söe^
l^anblung, aber nad^bem er e§ nad^ ber gmeiten Si^ung be*
trad^tete, rief er entrüftct an^: ,,3)a§ Silb ift erfd^rccfenb
äl^niidö, ift trefflidt) gemalt; — aber id^ bin e§ nicf)t. S)a§
ift ein bef^ränfter Sorffd^ulge. SJlerfen Sie fic^, junger
3)Jann, ba§ Sßorträt foU fein Spiegclbilb fein, ba§ liefert baS
S)aguerroti)p beffer. 2)a§ Porträt mufe ein l^rifd^e^ ©ebid^t
fein, au§ bem un§ eine gange üßerfönlid^feit, mit i^rem gangen
S)cnfcn, gö^to^ ii^b SJoßen entgegenfprid^t. Ueberfiaupt
mufe jebcS gute Silb poetifc^ empfunben fein unb poetifd^
auf un§ mirfen, ja e§ mufe \id) in S^oefie überfe^en laffen;
benn bie SPoefie ift bie SDhitter alter Sünfte. §aben Sie fd^on
^- 70 ~
über S^re tunft nac^gebad^t? bcmt bcr toatjxc ^mftlcr mufe
fid^ feinet 2BoHen§ unb @d^affen§ auä) Bcmufet fein. Sennen
@ie fd^on ®Det]^e§ ^nftler§ ©rbenmallen unb feine Slpotl^eofe?
— Sll§ ^amel c§ verneinte, fagte er gu il^wi: ,,2)ann Icfcn
®ie eö, Sie werben öiel trefflid^e^ unb befönber^ für ©ie
gu befiersigcnbe» barin finben."
12.
. mit C (5, Becf,
ÜKörj 1857.
'ProfeffDr 2)aumer (ber SSerfaffer ber ,SReIigion be§ neuen
SBeltalter^' unb llcberfc^er be§ ^afiö), mit beut icfi perfönlid^
befannt tüax, mad)tc mic^ guerft auf ©d^ojjenl^auer aufmcrf^
fam unb empfal^I mir beffen SBerf ,3)ie SBelt al§ SBille
unb aSorftettung', aU bie bcbcutenbfte neuere ®rfd^einung auf
bem ©ebiet ber pl^ilofop^ifd^en ßitteratur. 3d^ begann in
meinen Slbenbftunben biefe ßeftüre unb mar an fie fo feft ge-
bannt, bafe id^ bie gange 3laä)i nid^t mel^r sum ©d^Iafe fam.
3ä) geriet)^ in einen ^iifi^i^i^ i>cr Segeifterung, mie id^ il^n,
in biefem ®rabe, feit meiner frül^eften Sugenb nid^t me^r gc»
fül^It l^attc. grül^e fd^on l^atte id^ mid^ mit Sßl^ilofopl^ie be^»
fd^äftigt unb mar mit bcn SBerfen Sßlato'^ unb Sant'§ giemlic^
öcrtraut, fo bafe id^, nad^ ben SBorten ©d^otJenJ^auer», nid^t
unvorbereitet gum SSerftänbnife feiner SBerfe fam.
©d^otjenl^auer mar, nad^ üerfc^iebenen Hnefboten, bie öon
i^m furfirten, al§ ein l^eftiger unsugänglid^er 3Kann befannt.
3Kir mar er fd^on in meiner Shtabengeit, ol^ne bafe id^ mufete
mer er mar, burc^ feinen bebeutcnben Sopf, mit ben grofecn
feurigen Singen aufgefallen. ®r trug im Sommer ftet§ einen
fd^margen %xad, naä) altem ©d^nitt, im SBinter einen Wlanitl
mit öielen fleinen fragen, mie man if)n in ber Saifergeit gu
tragen t)flegte. 35er gröfete 2:^eil be§ ^ßublifumö fal^ il^m
71 -
fopffd^uttelnb nai), menu er in Scgteitung feine» Spubel^
l^aftiö burd^ bic Stuafeen \ä)X\tt, anä) bi^lrcilen einen 3Komcnt
[teilen blieb unb nnbcrftänblid^e SBorte öor fid^ l^inmunneltc,
ober fiä) mit feinem täglid^en Segleiter unterl^ielt. äHan l^ielt
il^n fitr einen 3Kenfd^en, in beffen ^opf e§ nid^t red&t flar ift,
unb mufele nid^t, toa§ man au§ il^m mad^en follte. 3n biefem
rötl^fell^aften Spanne erfannte id^ nun bcn Slutor be§ öor«
trefflidöen SBcrfe§. 3c^ fd^märmte um ba§ §au§ an ber
fd^önen 8lu§ftd^t i^erum, um i^n menigftcn§ einen 3)lDment
am tjenfter gu fel)en, unb beneibete faft ben Sßubel, ber taq^
täQliä) in feiner ^ixt)t fein burfte. 3ule^t fonnte id^ bem
l^cftigen ®rang i^n pcrfönlid^ fcnnen gu lernen nid^t länger
miberftel^n. 8lm 21. ^cbruar 1857 verfertigte id^ ein IlcineS
(Sebidtjt, toeld^e^ id^ i^m am näc^ften 2^age, feinem 70. ®e=
burt^tag, mit einem Slumenftraufe iiberfenbete. ^ä) l^atte
ba§ ®cbid[)t anonym an il^n gerid^tet, aber ber 3KaIer ßunte^
fd^üft, bem id^ meine Slbfid^t mittl^eilte, verriet)^ il^m meinen
9tamen unb fo erl^ielt id^ benn fd^on nad) einigen 2!agen,
burd^ feine alte Slöd^in, bic ©inlabung gu einem S3cfud^. Wlit
^er^flopfen Mxat \ä) bie Sd^meHc, tneld^c» nod^ gefteigert
mürbe, al§ eine 3J?anne§ftimme ein fräftige^ ,,§erein" bonnerte.
Bo ftanb id^ benn enblid^ bem god^üerel^rten gegenüber, ^ä)
nannte il^m meinen Spanten, er reid^te mir feine §anb unb
forberte mid^ auf, mid^ neben il^n auf ein altc^ mit ßeber
bcfpannte§ ©opl^a nieber gu fe^en. „^^v fel)r fd^öne» ®e*
bid^t unb ber ©traufe, ben fie mir in biefer minterlid^en 3^it
fd&idtten, l^at mir fel^r grofee ijreube gemad^t unb id^ fage
il^nen bafür meinen beften Sauf," er fprad^ biefe SBorte in
einem fo l^er^lid^en unb loarmem 2^on, bafe alle Slngft unb
25efangen]^eit bei mir gän^Iid^ berfd^munben mar. „@ie l^eifecn
SSedt", ful^r er bann fort, „^ä) fannte in SBeimar eine Sd^au-
fpielcrin gleid^en ?lamen§, bie, toeil fie in ben breiscl^ncr
Salären bie SBIeffirten pflegte, ba§ ©l^renfreu^ erl^iclt. Sie
- 62 -
cicbcnfcn. Sic fei, meinte ic^, \voi)l bie einzige Xamc,
menigfteuö unferer Sefaiintfc^aft, meiere feine Sd^rifteu
ftubire. „dliin ja", fagtc er, „für SBeiber fmb meine
©d^riften auä) nid^t." Snbeffen gebe e§ and) SliuMml^men,
lüotjon er ein Seifpiel anfül^ren fönne. SSie i^m nämlic^
gtaucnftäbt fürglid^ au§ Serlin gefd^rieben, l)abe fein
3JcrIag§budöf)änbIer ben Slbfd^nitt iiber bie Sßeiber au§ ben
.^^arerga' feiner eigenen gran üorgelefen, unb toä^renb er
geglaubt, biefe merbe gans inbignirt barüber fein, fei fie jur
SJcrmunberung be§ 23udöl)nnbler§ mit bem Sluffaöc gaii^ p*
frieben gemefen. „So", fe^te Sd^ot)en]^auer l^insu, „mögen
mof)! bie SBeiber im allgemeinen benfen, freilid^ nic^t bie
litterarifd^en, bie nic^t." 5Jun erfunbigte er ftc^ etlt)a§
näl^er nad^ %xan SRitter unb nad^ ifirem Sol^ne, i'iber n^el^en er
ftc^ fel)r beifällig äuftcrtc. „?If)", fagte er, „er I)at aud^
Exterieur, bunfele Singen." 2)ai3 er iUufifer unb Schüler
SRid)arb SBagner^3, I)abe er ir)m l^erfd^miegen unb fic^ al^
jungen bramatifd^en Xi(f)ter üorgcftcUt. 8luf fein befragen:
ob in ber fomifd^en ober tragifd^en ©attung? f)abe er gcfagt:
in beiben. @r l^abe gegen il^n nic^t ermahnt, baß er fd^on
cttt)a§ gefd^rieben, unb ba§ fei auc^ gang gut, ba nmn nid^t
3U frü^ anfangen foHe. Sagegen laffe ftd) mdjt^ feigen, fügte
er l^ingu, unb toieberl^olte mit sufriebenem Stopfnidfen : „er l^at
mir gut gefallen.". . . .
2)aö ©efprädö ging auf ÜJJrofeffor Si^eifee über . . . ©r
fragte mid^, ob SBeifee nic^t 9[lt=Scf)ellingianer feiV — „5?ein,
Üleu^Sd^eüingianer unb finil^er Hegelianer." — „SoV alfo
Vertreter ber Dffenbarung^pl^itofopl^ieV 3)a mir einmal üon
Offenbarung rebeu, fo muß icf) S^nen bod^ ciwa^^ l^ödjft
3ntereffante§ unb Seltenem jcigen." Sei biefen Sorten I)olte
er am einer (Bit be^ 3i«iii^<^i'» eine f leine, etma fuBl)oI)e
fitjenbe ^iqmx oon ©ifen ober iöieffing, aber f^marg an-
geftrirf)en, uid)t unäl^nlicf) auf ben erften SlublidE einer djinefifc^cn
~- 63 ■
Sßagobc, unb fctjtc fie üoi* un§ auf bcn Xifcf), inbcm er gc*
J^cimnifeDoü fragte, ob ic^ crrietl^c, tca» ba§ öorftelle. 3c^
Dcrmut^cte, e§ fei etma^ Kl^inefifd^e^, aber er fagte: bie ^iöur
fei ma^rfdieinlid^ au§ S^ibet, fei tüoi}l l^unbert Saläre alt xntb
ftette bcn Subbl^a bor. ®§ fei ein feltene§ ©tücf, ba» i^
tDol^t fobalb nii^t too anber§ feigen toerbe; er ijobc e§ fic^
au§ $ari§ öerfd^rieben. S)iefe gigur fei fiir bie Subbl^aiften
ba§ felbe, toa^ für bie KI}riften baö ßrucifij. Säubbl^a fei ^ier
al§ Setlter bargeftellt, in afiatifd^er 2Beife ftfeenb, bie Singen
niebergefdfilagen, bie redete §anb über ha^ redete Änie nieber^
I)angenb nnb bie linfe oor ber Srnft l^inl^altenb, um ©abcn
gu empfangen. ®iefe§ fei bie ftreng bogmatifi^e SBeifc, bcn
Subbl^a bar^nftcKen. 3II§ iä) \t)n fragte, toarum man bcn
33nbb]^a bettelnb barftelfe, fam er barauf, mir bie 3lUi)tf)c oon
Snbbl^a 3U fd^ilbcrn, in einer SBcife aber gu fd^ilbern, bie mir
unbergefelid^ fein mirb. ®a§ loar fein Stubengelehrter, fein
beutfd^er ^ßrofeffor ber ^ßl^ilofopl^ie, fonbern ein ^^^ilofop^ öon
@otte^ ©naben, ein SBcifcr be§ ?ÜtcrtI)nm§, mldycx ^n mir
rebete. 3Jiit Stnbac^t nnb äJcrel^rnng mufete \ä) xi)m subören.
„3a iDol^r', fagte er mit einem rü^renben 3(u§bruct in
ber Stimme, „Subb^a bettelt, meil er ein Settier ift. O
fie ift fd)ön, bie 3Jlt}t^e, mie 33ubb^a pm §cil gcfül}rt murbc!
6in spring au§ föniglid^em §aufe, toarb er erlogen in einem
glängenben $arcm, in Sßra^t nnb SReic^tl^um, unb aU er
gtoangig Saläre alt gemorben, ocrliefe er gum erften mal ba»
Sd^Iofe unb trat mit feinem ©cfolge {)inauö in bie I)crrlii^e
inbifd^e Statur, bie öor il^m ausgebreitet lag in i^rem ©lause.
2)a fielet er ftaunenb Oor i^r unb freut fid) über bie @c^önt)cit
be§ SafeinS. Slbcr fiel)! e§ fommt einer auf il^n gugegangen
(l^ier mad)te S(j^openl)auer, l^eftig ciTcgt, bie ©eberbe cinc§
alten 3J?anneS, ber mit bem Sopfc loadclt), c§ fommt einer
gegangen, ber fd^eint gu fagcn: ©icl^ mid) an! Sie» Stüc»
ift nic^t^3, nid^tö! — Seftürgt fragt ber Spring einen SScgleitcr,
.. 74
in meine ^önbe. 3cf) ttjar mie beraufd^t öon bcr mäd^tiöcu
SBirfung, bie e§ auf m\ä) mad^tc. ©» liefe xmä) nic^t meftr
Io§; i^ lebte unb mebte nur in bem 9fleid^t]^um bcr neuen
3been, bie mir nun in einer fo Haren unb suglcid^ fo blftl^enben,
Don einem §audE)c ber Jßoefie burd^toel^ten Sprache geboten
lourbe. 3eöt erft öerftanb iä) ba§ aUc§, ma§ mir 8lnfang§
nod^ bunfel in Slant§ SBerfen mar, jeftt crft fanb id^ bie ©r-
gängung 5u bem Sing an fid^, meIdE)e§ Äant al§ unburc^-
bringlid^e^, unlösbare» 3tät]^fel un§ geboten l^atte, benn in
bem munberbaren SBcrfe ,®ic SBelt aU SBille unb SSorftct*
lung' mar aöe§ in übcrseugenbfter, l^armonifd^er SBeife gelöft.
©d^openliauer nidEte mol^Igefällig mit bem Sopfe. ,,®ie famen
gut vorbereitet an mein SBerf. 3dö I)abe meitergebaut an
bem SRiefenbau, meldten ber geniale Sant für alle ©migfeit
gegrünbet Ijai, unb glaube aud^ bie Sbeen be§ göttlid[)en Sßlato
in§ rechte ßid^t gebradjt p l^aben. Semen Sie nun nod^ bie
munbcrbaren ©d^riften inbifd^er SBei^^eit fennen, bie ic^ Sinnen
bringenb empfehle, fo l^aben @ie a(Ic§ fenncn gelernt, ma§ id^
pm ooßen aSerftänbnife meiner SBerfe bei meinem ßefer t)or=
au^fe^cn mod^te." 3d^ ergdl^Ite il)m nun, bafe id^ mid^ eine
3eit lang mit ben beutfd^en 3Ji^ftifern befd^äftigt unb öerfuc^t
l^ätte, bie tl^citocife glängeuben, aber biöloeilen boc^ red^t
bunfeln Slu^fprüd^e Safob Söl^mc'S au üerftel^en; bafe mir
ajJeifter ©dtel^arbt, Spanier unb bie ,2:5eoIogia ®eutfd^' nic^t
fremb fei, bafe id^ bie 8eben§befd^reibungen ber SDiabame
®uion unb ber 23ourignon gelefen l^ättc unb in be» Slngelu^
Sileftu^ d^erubinifd^em SBanber^mann mand^e tä)k $erle ge*
funben fjättt. „®a§ ift aüe^ red^t fd^ön unb gut", ermiberte
er, „id^ i^abe fie bietfac^ in meinen Sd^riften, befonber» baS
treffliche Sud^ ,X^eoIogia S)eutfd^', ermäl^nt, aber bie Ferren
feigen bod) alle mel^r ober mcniger burd^ bie Sriße be» d^rift«
lid^en S)ogma§; in 3nbien aber ift ba§ Stuge nod^ frei, ^d)
empfel^Ie 3^nen barum oor aßem su einem eingc^enberem
> 75
Stiibiiim ba§ SBcrf bcr Upanifd^aben, todä)c§> Sic öon Slnquctil
bu SPcrron tn§ Satcinifd^c überfe^t in unfrer StabtbibliDtljef
ftnbcn rönnen. 6ic n^erben feinen d^riftlid^en ^eiligen, fein
ßnicifii' bei mir finben unb hoä) l^abe auä) \ä) meine SlSe-
naten. 3d^ l^abe mid^ lange bemüht einen alten SJubbl^a sn
erl^alten, enblid^ f}at ber ©el^eimeratl^ ^üger einen fold^en,
an§ Sibct ftammenb, in SPari§ fitr mid^ erftanben. @r inar
urfprünglid^ fd^marg ladtirt, id^ l^abe i^n aber bei 3unge l)er=
golben laffen nnb bemfelben ftrenge befolgten, nur ec^te^ @oIb
5u nehmen unb baran nidfjt p fparen. ®r jeigte mir nun
einen Subbl^a in fi^enber Stellung, ben er auf einem ffDnfoI
in ber ®dEe feinet 3i^nter§ angebrad^t l^atte.
9?un l^atte id& ©elegenl^eit mid^ in bem gimmer umsu*
fe^en. Ueber bem @op^a f)ing ein Oelbilb ©oetl^e'^, auf
bem Sd^reibpult ftanb bie »üfte ^ant^§, üiele Sßorträt§, unter
anbern ©l^afefpeare, Kartefiu», Klaubiu» mit Sant auf ®inem
Slatte, fd^müdften bie SBönbe, aud^^ maren einige Sl^ierftücte
im Äupferftid^ borl^anben, unter tneld^en ic^ einen JRicbinger
ju entbedfen glaubte. 31I§ er fa^, bafe id^ fi^ ^^^^ STufmerf-
feit betrad^tete, fagte er: „3^ befi^e noc^ eine gange Änfleftion
fölc^er ©tid^e, mufe fte aber in aJlajjpen aufbetoal^ren. ©oet^e
l^atte in feinen 3intmern eine ^medtmäfeige Einrichtung ge*
troffen. (Sr ijatk grofee SHal^men angebra^t, in tneld^e fein
®iener täglid^ neue ^nftmerfe einfd^ieben mufete, fo bafe
fotüol^I für ©petl^e, al§ feine S3efud^er bie (Selegenl^eit ge:=
boten mar fie längere 3^it unb mit größerer Slufmerffamfeit
betrad^ten p fönnen. Stuf bem ©ebiet ber !£]^ierma(erei ift
für einen tüd^tigen ajtaler noc^ üiel p leiften. Slber er mufe
mit bem Sluge be§ ^tnftler^ bie fd^arfe S3eobad^tung§gabe
bc§ 9?aturforfjd^er^ oerbinben. ®r mufe bie Sßl^tjfiognomie bc§
S:f|iere§ in aller Seftimmtl^eit erfaffen, mufe e§ oerfte^en, ba^
Xl^ier in feinen d^arafteriftifd^en Situationen, bie oft nur
einen ajloment mähren, su belaufd^en, in feiner Sßlftantafie feft*
- 76 --
gii^altcn unb bann in aller 2^reue micbcrgugeben. 3)ie Snfl*
lüubcr, bie auf anbren ©ebieten ber bilbenben Stunft lüeniö
l^crüorragenbe^ geleiftet l^aben, fittb l^ier, lüic in bcr Sarifatur,
bic ja oft an bie ©rimaffe ber Xl^iere, befonber^ be§ 3lffen
erinnert, Söieifter. 8(ud^ bem fügenannten Seelenleben ber
2;()icre toeubet man je^t toieber eine größere Slufmerffamfeit
511. SBcId^e intercffante Seobad^tung i)at man bei ben SWattcn
gcmad^t. ©d^on burd^ i^re fingen Singen befunben fie einen
nngemöl^ntid^en 3ntcUeft. SSon i^rer Sifl unb ®ä)lanl}dt
meiß man öiel p ergäl^Ien. W\t tüdä)tx Ätugl^eit tDiffen fie
5. 33. bie (Sier in il^re ßöd)er gu fd)affen. Sluc^ il^r Familien*
leben ift ein innige^. @o ]ai) man eine alte Matte i^r er*
blinbete§ 3unge§ an einem ©tndfe meiter tran^portiren. 3Jlan
ift nun cnblid^ auc^ bem fabelt)aften JRattenfönig auf bie
©pur gefommen. ®r inirb öon einer Sln^al^I blatten gebilbet,
bie mit i^ren ©d^tränjen gufammengetüad^fen fmb, toa^ öer^
mutl^Iid^ bei einem engen 3ufammenfauern, um fid) bielleid^t
öor bcr £älte p fd^üfeen, gefd^el^en fein mag." — 2ln ber
aäJanb maren öiele ®aguerroti)pen angcl^eftet, bie ©d^open*
Iraner in ben t)erfd^icbenften ©tettungen feinet SopfeS geigten.
,,©ie finb nid^t gelungen", fagte er. .,,3)er 3Serfertiger tcar
ein ©tümpcr, id6 l^abe il^n aber aud^ abgefertigt. S)iefe ba
fc^cint mir unb Slnbern, bie fie gefeiten, bie getungenfte su
fein." — m^ \d) Sanf § Süfte bttxaii)tck, fagte er: ,M ift ein
gutc§ SBerf unb e^ ift mir eine gi^eube, bie Snfte be» äRanne^
in meiner Mf)e p l^aben, ber auf mein Scben unb ©cnfcn
einen fo mächtigen ©influfe ausgeübt i^at. 3d^ befi^e nod)
eine unfc^ä^bare äleliquie öon i^m." hierauf brad^te er mir
ein 3?urf): ,,@§ ift ßant'§ ^anbcjemplar ber Jriti! bcr praf-
tifc^cn Vernunft', mcld^cö er bei feinen SJorlcfungcn benu^te,
mit Manbbemerfungen öon feiner eigenen $anb. 3d^ öerbanfc
bicfen ©c^a^ bcr ©cfäHigfeit einc§ ^^^eunbe^, aber nur lei^-
meifc, bcnn id^ mufete i^m öcrfpred^en, bafe e§, mä) meinem
— 77 -^-
2;obe, micbeu an ii^n, bcn ®iöentl)ämer, surüctöel^en niüffc."
Sr tarn bann auf feine eigenen SBerfe unb tv^äf)ltc, ein
aSerel^rer feiner Sß^ilofojjl^ie l^abe il^m öcfö^neben, er l^abe
biefe SBerfe ftct§ bei fid^, fogar auf feinem 9iad^ttifci^
liegen, unb öerrid^te an il^nen, inie ber fromme S^rift an ber
SSibel, feine 3JJorgen== unb Slbenbanbadjt. ^^lleberl^aupt", fagte
er mit einem triumpl^irenben ßäc^eln, „meine St\t ift gefommcn,
bie id^ mit ^vit)e unb 3wt)erfid^t ermarten fonnte unb beren
ic^ getoife toar. S)ie Ferren $ß]^iIofDp]^ieprofefforen fönncn
mid^ nid^t langer tübtfd^meigcn, ober l^ämifc^ begeifern. 3n
aßen Äreifen merbe id^ gelefen unb öon allen Seiten mirb
mein Sßorträt oerlangt. Sud^^Ianb miH mid^ mit Äant al§
Sßcnbant auf ©inent Slatte fted^cn laffen. 3m §(uftrag bc§
©el^cimerat]^ Srüger l^at mid^ $amel gemalt, id^ fannte i^n
burd^ ba§ Sßorträt be§ 3uftinu^ Sierner. SIber mein Porträt
ift fd^Ied&t gelungen. ©» ift gut gemalt, ber junge llJann
l^at J^alent, aber e§ ift nid^t äl^nlid^, id^ gleid)c e^er einem
Sorffd^ulsen. Sltüger l^at il^n, loie id^ pre, fd^Ied^t bc-
aal^It. S)a§ ift ein Unred^t. 2)er Sünftler foß fiä) mi) bcm
SBertl^ feinet Silben begal^Ien laffen, ba§ ift ein reeller a?er«
bienft, nid^t ein ©d^minbel loie bie Sörfenfpielerei. a)feiffonier'^
Heiner SSilb: les trois amies foftete eine l^orrenbe Summe,
aber man pleite e§ gerne, benn e§ ift ein bortrefflidje» 23ilb.
2)en (Setbprofeen gegenüber l^atte SKembranbt ooKfommen
red^t, fid^ für geftorben auüsugeben, um ben SBert^ feiner
SBerfe gu erl^öl^en. 3)ie Söialer Hagen über ÜJfangel an ?tb=
fa^, aber fie ftnb bi^toeilen aud^ p faul unb bann foüten fie
mit bem ^4Jrei§ bod^ aud^ ein toenig auf bie aSermögen^oer-
l^ältniffe il^rer Säufer Slüdfftd^t nel^men. —
3d^ bin fd^loer gu malen, bin 5U mobil. 2)er Sünftlcr
mufe mid) geiftig aufgufaffcn miffen.
Slud^ Suntef#ö ^at mid^ gemalt. 2)a§ 33ilb toirb für
gut gcl}alten, aber id^ bin p fe^r ibealifirt. (5r looKtc mir
--C- 78 '^
burd^auö ein 33ud^ in bie §anb geben. @r malte c§ im Sluf-
trage eineS ®ut§befi^er§ SJBiefefe, ber il^m 25 8öui§b'or ha^
fiir begal^Ite. ©ine Kopie mill er für 20 Soui^b^or liefern.
3n meiner Sugenbgeit foftele ein Sßorträt burd^gängig 10
Soni§b*or; in ©reiben forberte felbft ein öoraüglid^er SDlaler
nid^t mel^r aU 12 Soui^b'or. 9liin tüxü mid^ aud^ no(^ ber
^Ölakx ®öbel malen. ®a§ öerf))rid^t ettoa^ gute§ su toerben.
^ä) fenne ein Silb öon il^m, ineld^e^ auf ber 2(u§fteIIung
toax unb fel^r betounbert mürbe: eine alte Sänerin, bie in
einem ©ebetbud^ lieft. (Sr ift ein 3tealift xmb fd^eint fid&
(Sourbet sum SSorbilb genommen gu l^aben. ßourbet ift ein
gang l)or^ügIid^er£ünftIer, aber ba§ ©ocialiftifd^e, Slufftad^elnbc,
meld^e^ er in feinen SSilbcrn ,®a§ ßeid^enbegängnife' nnb ,ber
©teinflopfer' gur 3)arfteIIung bxaä)ic, toax mir plüiber,
mäl^renb fein Sßorträt eine gang öor^üglid^e Seiftung mar."
3c^ frug il^n nun, ob er nid^t auc^ au§ feinen jüngeren Salären
ein Sßorträt befi^e. ®r geigte mir nun ein Silb au§ bem
ajJanneSalter, ba§ il^n in antifem ^oftüm barfteßte. 3nter-
cffant märe e§, meinte id^, menn @ie ein Silb an§ Sl^rer
frülftcren Sugenb^eit befit^en mürben, etma au§ ber Seit, in
meld^er ®ie bie ,bierfadöe SBurgel be§ Sa^e§ bom gureid^enben
©runbe' gefd^ricben l^aben. „2ä) befi^e ein fold^e^", ermiberte
er mir, faft gel^eimnifeöoß, „aber id^ geige e§ ungern, l^abc cö
übcr]^au})t nur SBenigen gegeigt". 35ann miß i^ nid^t unbe*
fc^eibcn fein unb e§ gu feigen öerlangen. „Sinnen geige ic^
e§", fagte er barauf unb bxaä^k mir ein fleinere^, aber fel^r
fd^ön gemaltes Sßorträt. 3d^ merfte, al§ \ä) baffelbe be*
ixaäjktt, mie er mic^ mit feinen grofecn Slugcn forfd^enb an*
fal^, als ob er ben ©inbrud erfunben moßte, ben eS auf mid^
mad^te. „Sie finb frabbii^t, ftnb frat)t)irt", fagte er bann
l^aftig, „id^ meife aud^ ben @runb: bie rotten ^aarc ftören
Sie". STHcrbingS, ba id^ @ie nur mit meifeen paaren gefannt.
„^ä) i)abc nie rotl^e ipaare gcl^abt, nie", fbrad^ er bann, faft
- 79 - -
ettna^ l^eftig. „3^ ^ctttc ein eigcntl^üniUci^ blnnbe^ §aar,
toeld^e^ ber 3J?aIer nur burd^ ein rntl^e^ Untermalen l^erftcllen
lonnte. 3lun Ijattt id) ba§ 33ilb lüäl^rcnb meinet Slufentl^alte^
in S)re§ben am genftcr l^ängen, bnrd^ melc^e^ bie toarmcn
©rmncnftral^Ien fürttoäl^renb auf ba^ 33ilb mirftcn, unb gu*
le^t bie obere ßafur gänglid^ tDegledften, fo bafe sule^t nur ha^
^oü} übrig blieb. 3)a§ Silb mirb auf bie 3laä)tüdi lommen,
um nun bem Srrtl^um borgubeugcn, al^ ij&itc iä) xotfjt Qaaxe
gehabt, fd^rieb id^ auf bie §intcrfeitc bc§ S3ilbc§, tt^ie Sie feigen,
in laleinif^er, beutfd^er, frangöftfdjer, englifdjer unb italiänifd)cr
@pra(^e: „3rf) l^abe nie rotfie §aare gel^abt". — ^SBeld^e
SBerfe ^aben Sie ööu mir gcicfcn", fi'ug er mid^ nun. 3d^
ermibcrtc, öorcrft nur bie ,2BeIt al§ SBiKe unb Sorfteüung'.
,,@ic muffen alle meine SBcrfe, ja jebc 3^if^ f^f^ni i^ f)ö6e
mid^ nie micberl^olt, mol^I aber einen ©egenftanb öon ben
öerfd)iebcnftcn Seiten htixaijtct unb mar immer beftrcbt,
meinen Sefcrn ba§ Serftänbnife fc^lüierigercr mctap]^t)ftfd^cr
S3egriffe, burc^ pdfift möglidie Slarl^eit, oft aud^ burd^ (Sleid^=
Ttiffe 5u erleid^tern." Unterbeffen mar bie 3eit l^erangefommen,
p meld)er er gemöl^nlid^ gum aTiittagtifd^ in ben ,englifd^en
$of' 3u gelten p^cQk. 3d^ \ai) mie er auf feine Ul^r blidtte
unb faf) biefe^ aU ein 3cid)en mid) gu cmpfefjlcu an. ß-r
reichte mir fei^r freunblid^ bie §anb unb id^ banfte il)m auf»
märmfte, bafe er mir geftattet l^abe, il^n gu befud^en. 3d^
l^atte nod^ fo manche grage auf beut bergen unb frug barum
fd^üd^tern, ob er mir erlaube, meinen 33efuc^ gu mieberl^olen.
,,®em", ermiberte er, „aber id; bin morgend oft mit einer
Slrbeit, ober Seftüre befd^äftigt, unb bred)e nur ungern ba§
Söegonnene ab. 2)aö 33efte märe bann, menn ®ie bei meiner
ipau§f)ölterin nad^fragen unb fid^ bei mir melben taffen
mürben." 3d^ banfte i^m gum mieberl^oltcn Ü)tale unb al§ id^
ba§ 3intmer oerliefe, fielen mir bie SBorte au§ ©oetl^e*^ ®ö^ ein:
„@§ ift eine SBoHuft einen großen ÜJIann gu feigen!"
-^ 80 ->-
13.
L mal 1857.
Wad^bcm Hebbel feiner Setounberung ber SBerfe Sd^opcn^^
l^aiier*^ SluSbrud QtQtbm, fd^Iofe er bamii, bafe er gu bem
toeiten Ummeg über granffurt nur bettJöflcn fei, um ben gröfecn
®eniu§ t)on Slnöefid^t gu begrüfeen, meld&er eben je^t ben
^njar fpaten, aber befto glcingüolleren Sonnenaufgang feinet
9tu]^me§ erleben barf. ©d^openl^auer ertoiberte: „^\t
meinem SHu^m ift ba§ ein eigen S)ing. 8ll§ bramatifd^cr
2)ici^ter befud^en Sie gemife oft ba§ S^l^eater. 2)a loirb
e§ üielleid^t aud^ in Sl^rer ©egenmart einmal öorgefommen
fein, ba6 ber Sampenpu^er nod^ nid^t gan^ fertig loar mit
bem Slnsünben ber Sßobiumlid^tcr, aU fd^on ber SJorl^ang in
bic ^öl^e ging. Unter lautem ©eläd^ter unb ©eflatfd^e be§
derel^rung^mürbigen Sßublici raffte fid^ bann ber fibcrrafd^te
8luff(ärung§bcforgcr in fomifc^er §aft auf, um fo fd^nell
al^ möglid^ l^intcr ben ^uliffcn gu öcrfd^loinben. Selben Sic
— gcrabe fo bin id^ auf ber 23ü]^ne für tragifd^e Sßoffcn,
toeld^e man bie SBelt nennt, in gufälliger SBerfpatung nod^
anioefenb, mäl^renb bic ^omöbie meinet Jlul^mc^ aufgc*
fü^rt loirb."
14.
1858.
S?ittag§ pflegte id& im .(Snglifd^cn §of' gu fpeifen unb
t)atte bic @]&rc unb greubc gegenitber bem ebenfalls bort
fpeifenben gewaltigen Sdöopen^auer 5U fi^en, mcld^cr nie ein
SBort fprad^, toä^renb be§ ®ffen§ miffcnfc^afttidjc 3citungcn
ju lefcn pflegte .... @inc§ Xagcö bcmcrftc ic^ . . ., bafe
Sd^open^aucr iiber feine SBrille meg mic^ fc^arf fifirte unb
-> 81 <^-
}3lö^Iic6 311 mir fagte: „$err §aafe, id^ ^dbt Sic geftcrn
Slbenb im gauft ^pkkn ]d}m unb öiel Slnregung inxä) S^rc
®arftellung emj^fangen". — 3loä) allerlei fügte ber grofec SP^i-
lofo))]^ ^insu, h)aö iä) nid^t toieber ergäl^Ien barf, h)cil c§ fel^r
lobenb mar.
15.
2nit 21, ^oudjcr be (Eareil.
1859.
]8c^o))en]^auer empfing mid^ mit berjenigen greunblid^^
feit, mit ber er alle ^ransofeu mit Shi^na^me be§ Gerrit
Stlejanbcr SBeil empfangen i)atk, ber aU Sube auf il)n einen
fd)Ied^len ©inbrudE mad)te. ©ein im Slnfange ctma^f fremb=
artige^ (Scfpräd^ 50g mid^ lebl^aft an. 2)iefer emfige Scfer
ber Simey unb gciftfprül^enbe Saufeur mar gugleidf) ein tiefer
2)enfer. Sein glüctlid^e§ ©ebäd^tniß, mit bem er niemals
prunfte, an bcffen 8lu§bilbung er t)ielmef)r mit größter fömfig^^
feit unabläffig arbeitete, mar nur bie geringfte ber ®aben,
meld&c er ber 5Ratur unb feiner ©rgiel^ung 5U t)erbanfen l^atte.
©eine tiefe ©elel^rfamfeit l^atte nid^t§ $pebantifd^e§ an f\ä)
unb trofebem befafe er bie 23üdE)ermei^^eit a}fontaigne'§. 3n
feiner SJibfiot^ef fal^ \ä) ungefäl^r 3000 S3änbe, bie er, im
©egenfa^c gu unferen mobernen Siebl^abern, faft alle gelefen
l^atte; e§ maren barunter menig beutfd}e, Diel englifd^e, einige
italiänifd)e, meiften§ aber fransöfifd^e S3nd^er. 9(I§ Semei^
fül^re irf) nur bie S)iamantauögabe Don ©l^amfort an; er ge*
ftanb, ha^ nacö 9^ant bie großen ©d)riftfteller ^etöetiuS unb
Sabaniö in feinem Seben ©pod^e madf)ten. ©^ ift mal^r, bafe
er in if)nen Slrgumente 3U gunften feiner ^auptlel^re Don ber
fefunbären 9Jatur be» 3nte(Ieft§ gefunben l^atte, auf ber
feine ganse ^45^iIofop^ie be§ aU primäre ^Dtenj be§ Sein§
aufgefaßten SBillcuy aufgebaut mar. Slber er fanb in ben
-o. 82 -^
SBerfen jener ©d^riftfteller anä) anbere gefunbe ©ebanlen, toie
g. 33. ben be§ ^elöetiu^: ,,S)ie grofeeit Staaten, in benen mir
leben, fitmmern f\ä) menig barum, unferen (Seift gu ermedten,
ioeil fte nid^t ber grofeen ©eifter bebürfen; fte erl^alten fid^
burd^ il^re eigene ÜJlaffc." — ©rmäl^nen mir im SSorübergel^en
nod^ einen £ftabelai§, ein in 3)eutid^Ianb feiten gefunbeneg
33ud^, unb eine ,Ars crepitandi' . . .
21I§ id^ ©d^o^jen^aucr gum erften a)JaIe im Saläre 1859
an ber Table d'höte im ,,@ng{ifd^en ipofe" p ^Jranffnrt \af),
mar er bereite ein ®rei^. Sein blaue§, lebl^afte^ 3luge, feine
bünne Sippe, meldte ein feine», farfaftifd^e^ ßad^eln umfpielte,
feine mcitc, bon gmei mcifeen ^aarlodten eingeral^mte ©tirne
brüdttcn ber Don (Seift nnb S3o^]^aftigfeit fprül^enben Sßl^l)-
ftognomic ba§ Siegel be§ ?lbcl§ unb ber SBornel^ml^eit auf.
SeineSIeiber, feine Spitjenfraufe unb mcifee Srabatte erinnerten
an einen (Srei§ au§ bem @nbc be§ 3citatter§ ßubmig XV.;
feine aiJanicrcn maren bic einc§ 9Jfannc§ an§ ber guten ©efell^^
fd^aft. Sel^r surüdf^altcnb unb öon einem oft bi§ gum ^ßli^-
trauen gcf)enben 9?aturett, Dcrfcl)rte er blofe mit feinen intimften
greunben ober ben gi^anffurt befud^enben ijremben. Seine
Semegungcn crrcid^tcn in ber Slonöerfation oft eine aufeer-
orbentlid^c ficb^aftigfeit. ®r l^afete bie eitlen SBortgefe^te,
bafür aber miifete er umfomcl^r ben Sieig eine^3 grünblid^en
unb gciftöoücn ©efpräd^eS p mürbigcn. &r bel^eafd^te unb
fprad) mit gleicher g^rtigfeit öier Sprad^en: ba§ g-rangöfifd^e,
Snglifc^c, 3)cutfd)e, Staliänifc^e unb fo gicmlid) aud^ ba§
Spanifd^c. Söenn er fprad^, öerbrämtc er ben etma§ raul^en
bcutfcf)cn Sanncöay mit feinen glängenbcn latcinifd^en, gried^i«
fc^cn, fran5öfifc()en, englifc^en unb itaüänifd)cn Slrabe^fen.
Sein ©cfprdd) fprubelte nur fo oon mi^igcu (Einfällen, Ki*
taten unb intcrcffanten 2)etail§ unb liefe bie Stunben oergeffen;
mandjutal Iaufcf)tcn i^m feine intimen ^^reunbc bio iUittcrnad^t,
Dl)nc baß fic ein Slugcnblidf ber 3)tübigfcit übcrfam ober ha^
--> 83 '^
geuer feinet S3Iictc§ erlofc^. ©eine aiu^bnicf^DoKcn Söortc
fcffeltcn biegupi'er, fie malten unb analt)firtcn ^uölcic^; ein
^anä) öon @m})finbfamfeit bermel^rte nod^ ha§> ^Jcuer feiner
a3crebfam!eit. Sßor allem ^eid^nete \\ä) fein ©efpräd^ burd^
eine feltene ^arl^eit au», ©in Sentfd^er, ber üiel in STb^ffinien
gereift mar, mar gans erftaunt, al§ il^m Sd^openl^auer bie
üerfd^iebenen Srofobilarten fo betaillirt gefd^ilbert l^atte, bafe
er anfangt glaubte, e^ mit einem alten Sleifegefäl^rten su ti^un
p l^aben.
©lüdEIid^ biejenigen, benen e^ gegönnt mar, biefen legten
ber ßanfenre au§ bem S^italter be§ Vorigen 3ö]^tl)unbert§
p ^örcn! ®r mar in biefer ^inftc^t ein ä^ttgenoffe SSoItaire»,
S)iberot§, ^clüetiu»' unb S^amfort§.
16.
VPiit p. (£ljanemeI=Cacour.
(S^Jöt^erBft 1859.
Un sait ce qu'il etait advenu en France de la Philo-
sophie apr^s 1848, et le profond discr6dit oü eile etait
tombee dans le public et dans Fenseignement ; k peine si
eile s'en relcve lentement aujourd'hui. La m^me catastrophe
se produisit i\ la mt^me 6poque en Allemagne. . .
G'est t\ ce moment que le nom de Schopenhauer surgit
k la lunüere. Un beau jour, 1' Allemagne apprend non sans
surprise qu'elle poss^de a son insu depuis trente ans un
grand prosateur inconnu et un profond penseur de plus. . .
J'ai eu rhonneur de le voir dans la joie et Teclat de
ses demieres annees; quoiqu'il ne füt pas en g^neral de
facile abord, il accueillait volontiers les Fran^^ais et les
Anglais. Je le trouvai dans sa biblioth^que, oü j'aper^us
en entrant le buste en plätre de Kant par Hagemann: lui-
möme posait en ce moment ])our le sien, qu'6tait en train
6*
-'- 84 ^-
de modeler une estimable artiste de Berlin, M}^^ Ney. Son
Portrait avait d^jä 6t6 fait plusieurs fois par Lunteschütz,
par Gopbel, et multiplie par la Photographie : c'6tait la con-
s6cration de sa recente c616brit^. Schopenhauer avait alors
soixante et onze ans, les cheveux et la barbe enti^rement
blancs; mais c'6tait un vieillard alerte, avec les yeux et le
geste d'un jeune homme. Je fus frapp6 d'un sillon sar-
castique autour de sa bouche. II n'avait rien de la raideur
d'un philosophe de profession. II me re^ut bien, mais sans
se lever et sans cesser de caresser de la main, d'une mani^re
presque injurieuse pour les hommes, un bei öpagneul noir.
Voyant que je le remarquais, il me dit qu'il l'avait appel6
Ätma (äme du monde en sanscrit), qu'il aimait les chiens
parce qu'il ne trouvait qu'en eux Tintelligence sans la dis-
simulation humaine. II me demanda si j'avais lu la critique
de Gutzkow sur son dernier ouvrage, ses Parerga, qui sont
un recueil de fragmens; je fus oblig6 d'avouer que je n'avais
lu ni la critique ni l'ouvrage. Je ne voulus pas prolonger
cette visite, et il me donna rendez-vous pour le soir ä
l'hötel d'Angleterre, oü il prenait ses repas.
J'arrivai vers la fin de son dtner, et je le trouvai assis
k table d'hote, a cöte de plusieurs officiers. Je remarquai
devant lui, i)r^s de son assiette, un louis d'or qu'il prit en
se Icvant et qu'il mit dans sa poche. „Voih\ vingt francs,
me dit-il, (jue je mets \k depuis un mois avec la r^'solution
de les donner aux pauvres le jour oü ces messieurs auront
parK' d'autre chose i)endant le dtner que d'avancement, de
chevaux et de femmes. Je les ai encore." Nous allämes
nous asseoir seuls k une table. Je lui dis en souriant que
je le savais s^v^re pour les femmes, et (jue l'amour me
paraissait apres tout une des fortes objections k opposer
i\ son pessimisme. II me repondit avec gravit6: „L'amour,
c'est l'ennemi. Faites-en, si cela vous convient, un luxe et
- > 85 ■—
im passe-temps, traitez-le en artiste; le G^nie de Tesp^ce
est un industriel qui ne veut que produire. II n'a qu'une
pensee, pens^e positive et sans po^sie, c'est la duree du
genre humain. Les hommes ne sont mus ni par des con-
voitises d^prav^^es ni par un attrait divin, ils travaillent
pour le G^nie de Tespece sans le savoir, ils sont tout k la
fois ses courtiers, ses instrumens et ses dupes. Admirez,
si vous le voulez, ses proc6d4s; mais n'oubliez pas qu'il ne
songe qu'ä combler les vides, a r^'parer les breches, ä
maintenir l'equilibre entre les provisions et la d^pense, k
tenir toujours largement peuplöe T^table oü la douleur et
la mort viennent recruter leurs ^ictimes. C'est pour cela,
c'est en vue de l'esp^ce, qu'avant de rapprocher les rouages
de la machine, ce Genie perfide, qui ne veut })as m anquer
son ceuvre, observe si soigneusement leurs propri6tes, leurs
combinaisons, leurs r^actions, leurs antipathies. Les femmes
sont ses complices. Elles ont accompli une chose merveil-
leuse lorsqu'elles ont spiritualis6 l'amour. Peut-Otre c'en
etait fait de lui et du genre humain; les hommes, fatigu^s
de souffrir et ne voyant nul moyen (Je se derober jamais,
eux ni leurs enfans, aux misöres qui les accablaient et que
la culture leur rendait chaque jour plus sensibles, allaient
peut-^tre prendre enfin le chemin du salut en renoncant ä
Tamour. Les femmes y ont pourvu. G'est alors qu elles se
sont adress6es ä l'intelligence de l'homme et que tout ce
qu'il y a de spirituel dans Torganisation feminine, elles Tont
consacr^ k ce jeu qu'elles appellent l'amour. Peuples de
galantins que vous §tes, dupes innocentes, qui croyez, en
cultivant l'esprit des femmes, les elever jusqu'ii vous, com-
ment n'avez-vous pas encore vu que ces reines de vos so-
ci6t6s ont de l'esprit souvent, du g^nie par accident, mais
de l'intelligence jamais, ou que ce qu'elles en ont ressemblcj
k l'intelligence de l'homme comme le soleil, fleur des jardins,
86 -^-
ressemble au soleil, roi de la lumi^re. Depuis que vous les
avez admises a delib^rer, elles ont fait de vous une race
de Chrj^salides qui a d^sappris sous leur joug les fortes
vertus. Ce sont elles qui ont le plus contribu6 k inoculer
au monde moderne le mal qui le ronge. Trop faibles de
Corps et d'esprit pour soutenir par la discussion la place
qu'elles ont usurp6o, ä la fois debiles et tyranniques, il faut
bien pourtant qu'elles aient une arme: le lion a ses griffes
et ses dents, le vautour son bec, T^l^phant ses d^fenses, le
taureau ses cornes, la söpia, pour tu er Tennemi ou le fuir,
lache son encre et trouble l'eau : voilA, le vöritable analogue
de la femme. Comme la söpia, eile s'enveloppe d'un nuage
et se meut k l'aise dans la dissimulation. Et maintenant,
dresst'S k leur 4cole, qui d'entre vous se vantera d'^tre
sincore et peut parier d'indöpendance sans qu'une femme,
Sans que loutes les femmes sourient? Vous voyez, beau
d^fenseur de Tamour, que je ne diminue pas leur part dans
rcpuvre de la civilisation. Tenez, j'ai soixante-dix ans et
plus, et si je me f^licite d'une chose, c'est d'avoir ^vent6
a temps le piöge de la nature: xoilk pourquoi je ne me suis
l)as marie. Les grandes religions ont toutes vantö la conti-
nence, mais elles n'ont pas toujours compris ce qui fait de
cetto vertu la vertu souveraine. Elles n'y ont vu souvent
que le d<''ploiement d'une Energie sans but, le m^rite d'ob^ir
k une loi fantasque, de supporter une privation gratuite,
ou bien encore elles ont couronnö dans le c^libat je ne sais
(luelle i)uret6 incomprc'^hensible et fait ainsi la part trop
belle aux ^conomistes et aux saint-simoniens. Le prix de
cette vertu, c'est qu'elle mene au salut; preparer la fin du
monde et en indiquer le chemin, teile est la suprOme utilite
des existences ascetiques. A force de prodiges, et d'aumönes,
et de consolations, rai)6tre de la charitt'' sauve de la mort
(juelques familles voui'es i)ar ses bienfaits a une longue
--^- 87 ^-
agonie; Tascete fait davantage, il sauve de la vie des
gen^rations enti^res. II donne un exemple qui a failli sauver
le monde deux ou trois fois. Les femines ne Tont pas
Youlu: c'est pourquoi je les hais."
Schopenhauer n'aimait i)as la contradiction, et je n'^tais
pas venu pour argunienter contre lui ; mais, quoique j'eusse
d6jä une idee de sa doctrine, j'6tais tent6 de prendre cette
sortie pour une boutade, peut-ötre voulait-il s'amuser ä
essayer sur un etranger l'enchantement satanique de ses
sophismes. Cependant il parlait avec calme en lan(;ant de
temps en temps une boufföe de tabac; ses paroles, lentes
et monotones, qui m'arrivaient i\ travers le bruit des verres
et les 6clats de gälte de nos voisins, me causaient une sorte
de malaise, comme si j'eusse senti passer sur moi un souffle
glac6 k travers ift porte entr'ouverte du n4ant. J'osai
pourtant, au bout de quelques minutes, döclarer que, quant
k moi, la vie me semblait supportable, et que, si le monde
allait encore m^'diocrement, le progr^s finirait par l'am^liorer,
et en att^nuerait assez les imperfections pour que Ton püt
s'en contenter. „Nous j voila, repondit-il. Le progrös,
c'est h\ votre chim^re, il est le röve du XIX^ siöcle comme
la r^surrection des morts ^tait celui du X*'; chaque k^e a
le sien. (^uand, öpuisant vos greniers et ceux du pass^,
vous aurez port6 plus haut encore votre entassement de
Sciences et de richesses, l'homme, en se mesurant k un
pareil amas, en sera-t-il moins petit? Miserables parvenus,
enrichis de co que vous n'avez pas gagn6, orgueilleux de
ce qui ne vous appartient pas, mendians insolens qui glanez
le chamj) des premiers inventeurs et qui pillez leurs ruines,
compai'ez, si vous l'osez, vous qui c^lebrez vos d6couvertes
avec tant de pompe, Talgebre avec le langage, Timprimerie
avec l't'criture, votre science avec les simples calculs de
ceux qui les premiers regarderent le ciel, vos steamm^s avec
-^ 88 --
la premi^re barque a laquelle un audacieux mit une volle
et un gouvernail? Que sont vos ing^nieurs et vos chimistes
aupr^s de ceux qui vous ont donii6 le feu, la charrue et les
m^taux? Vous avez fait de tout cela des pr^sens divins,
vous avez eu raison. Pourquoi donc ^tes-vous si arrogans?
Je vois grandir la pyramide que vous n'avez pas commencee
et que vous n'ach^verez pas: mais le dernier ouvrier qui
s'assoira fierement sur le falte sera-t-il plus grand que celui
qui en a pos6 le premier bloc? Eacontez-moi pour la
milli^me fois vos ennujeuses histoires, et, si les grandeurs
passöes ne vous suffisent pas, anticipez Tavenir, ne craignez
pas de proph6tiser Variez les changemens de scene, multi-
pliez les acteurs, appelez les masses humaines sur le th^ätre,
inventez, si vous avez l'imagination assez riche, des peri-
p6ties. Ces histoires sont comme les dFames de Gozzi: les
motifs, les ineidens changent dans chaque pi^ce et ne se
reproduisent jamais, il est vrai; mais Tesprit de ces ineidens
est invariable, la catastrophe pr6vue, les personnages tou-
jours les m^mes. Voici, en d^pit de toutes les exp^riences
et de toutes les corrections, Pantalon toujours aussi lourd
et aussi avare, Tartaglia toujours aussi fripon, Brighella
toujours aussi lache, Oolombine toujours aussi coquette et
aussi perfide. Heureusement ils trouvent un parterre pr6t
t\ applaudir la piöce du jour, parce qu'il ne se sou-
vient plus de celle qu'il a vu jouer la veille. Les
yeux charm6s et la bouche b6ante, les spectateurs suivent
avec ravissement et pleins d'attente le progrea des choses
jusqu'au d^noftment, dont la monotonie les 6tonne sans les
d6courager."
II parla encore longtemps sur toute sorte de sujets, et
entre autres sur les ph^^nomenes niagi(iues, auxquels il i)re-
nait beaucoup d'int^r^t. La salle oü nous ^tions s'etait
vid6e peu i\ peu; le silence s'^tait fait autour de nous.
-c^ 89 ^-
Beaucoup de ses raisonnemens me paraissaient faibles, et
j'aurais voulu r6pondre; mais, soit que la fum6e de tabac
dont Tatmosph^re 6tait iinprögnöe me portät au cerveau,
soit que ses discours bizarres eussent fini par m'ötourdir,
des vertiges inconnus me gagnaient ä mesure que j'essayais
de suivre cet Strange raisonneur. Je le quittai fort tard,
et il me sembla, longtemps apr^s Tavoir quittö, 6tre ballott^
sur une mer houleuse, sillonnöe d'horribles courans. Cette
conversation, qui avait 6t6 plus d'une fois obscure pour
moi, demeura profond^ment grav6e dans ma memoire, et la
plupart de ees obscurit^s se dissipörent lorsque j'eus 6tudi6
de plus pr^s l'ensemble de la doctrine.
17.
2nit 3ufti3ratlj Knorr.
19. 5luguft 1860.
(Ein älterer §err, Suftisratl^ Snorr aii§ Stnhn, fprad^
bei il^m öor unb tl^eilte im Saufe be§ ©cfpräc^ö mit, tüie ber
DBer))räftbent ber ^ßrobins ^ßreufecn bie Stabt 2)an3ig, aU
„aSaterftabt be§ gröfeten S^ülerg 2ant^, ©c^openl^auerS"
amtlid^ aufgeforbert l^abe, su htm in Söniö^berg gu errid^ten^
ben Äant'®enlmal einen Seitrag p geben. Stuf bie grage,
ob ber Sefud^er biefe Stad^rid^t berbürgen fönne, unb auf
ilnoxx^ Slnttüort, bafe er fie bom @t)nbifu§ be» Sangiger
aWagiftratg ijobc, fagte ©d^openl^auer: „Selben Sie, n^enn ein
fo l^oc^gefteßter Seamter, tuic ein Dber)3räftbent, einen fold^en
?lu§fprud^ tl^nt, fo ift ba§ bon SBid^tigfeit unb geigt, ia^
meine $ß]^iIofot)]^ie aud^ in ben l^öl^eren Seamtenireifen a3es=
ad^timg nnb Slnerfennung finbet."
«t-
90
18.
Zfiit 3wnus 3aumann.
(Sttbc 5lu9uft 1860.
©a» ®c}px&ä) tanx auf Xrenbelenburg'S ,2ö0ifd^e Unter*
fud^ungcn', bie <Sä)optx[f)antx gelefen Ijatte: er fprad^ ftd^ un=
günftig barüber au§. aSon ßofte f)atit er nur bie ,2111*
gemeine ^ßl^^fiologie be§ Iör|)erlid^en ßeben^' gelefen. ,,®er
3)lenfd^ leugnet bie ßeben^fraft!" rief er an^, „(Stt}cn ®ie
nur einen ®xa^aim an, fo l^aben @ie bie ßebenSfraft."
®r seigte bem Sefuc^er feine a3ubb]^a*6tatuette unb bie
in feinem 3'«^«^^^^ aufgel)ängten Silber, „^n Söl^men",
fagte er, „iüDl^nt ein 9)?ann, ber befranst täglid^ mein 33ilb
frifc^. 3ft ba§ nid^t f^ön?"
19.
JHit Dr. jur. tPiltjelm (5tt)tnner.
Jfd^ toax nod^ fe^r jung, al§ id^ ©c^openl^aiier 5um
erften iüfal fpred^en l^örte. 3d^ fafe in feiner Jläl^e an ber
2Birt^§tafeI, fannte il^n ni(^t, n)ufete nid^t, tt)er er tt)ar. @r
bemonftrirte jemanben ben Slnfang ber ßogif, ba§ ®efeö ber
Sbentität unb be§ SBiberfprud^^ öor, unb lebl^aft ftel^t mir
nod^ ba§ befrembenbe (Sefül^I öor ber @eele, ®nen über
A=A fprcc^en unb ein ©eftd^t bap machen gu feigen, aU
]pxää)' er mit feiner ©elicbten öon ber ßiebe.
3c^ erinnere mid^, bafe id^ einft bei il^m fafe unb ^n
\i)m fprad^, al§ auf einmal fein ©efid^t fic^ öerönberte, inbem
fein 33Iicf auf ben Spubet fiel, ber eben in§ 3tomer gelaufen
mar unb mic^ al§ einen 3)knfd^cn, ben er nod^ nid^t rec^t
fannte, aufmerffam fijirte. 3c^ fc^mieg., unb erft nad^ einer
langen $aufc ergriff er lieber ba§ SiJort mit ber grage:
öaben Sie ben SÖIicf be§ 2:^iere§ gefc^en?
91
3-
in Jüngern Salären gab er manchmal bie gelüol^ntc 3u*
Tüdfl^altung auf, um anä) gremben gegenüber feine aUeinung
311 äuBern, fpäter aber fagte er mir einmal, aU er eben einen
3ubringli(^en ol^ne ?lnth)ort gelaffen: ,,3ncogmto gel^t ba§
nid^t me^r, aufeer mit ©nglänbern."
®o cima§> [mie bie erfle aiufiage ber ,2BeIt aU SBillc
unb SJorftcUung'], fagte er al§ @rei§, lönne man nur in ber
Sugenb unb nur mit Eingebung fd^reiben; je^t ftaune er fein
SBerf, befonberS ba§ öierte 23uc^ mie ba§ eine§ gan^ anberen
SRenfcöcn an.
8(ngcfid^t§ ber legten (Sreigniffe in Stauen [1859J,
äufeerte er: S)ie Scgitimität fei eine fd^öne @ad^e; aber fic
gebe für fid^ aßein nod^ feinen Slnfprud^ auf Srfolg. Um
beffen gcmife gu fein, muffe eine SHegierung intetteftuett über
ber bc^errfd^ten 3)faffe ftcl^en; moralifd^ aber bürfe fie nid^t
SU ebel fein, mie 2:itu§, aber cbenfo menig unter ba§ Jliöeau
be§ allgemeinen SRci^t^jgcfül^Iö l^crabfmfen. 3n biefem Sinne
))rop]^e5eite er SJapoIeon III. ben Stur^ mit ben SBorten:
„er ift 3U fd^Ied^t."
SBcnige 3cit öor feinem !Eobe ergäl^Ite er mir läd^elnb,
bafe er Semanben auf bem S3afinförper ber ftäbtifd^cn SScr*
binbung§ba^n l^abe gelten feigen, mo er aud^ gern gegangen
märe, mcnn i^n nid^t eine SBarnung^tafel gurüdfgefd^redft
^lydtic, bie e§ öcrbot, unb aß er ben ^^i'^mben gefragt, mie
biefcr c» magen fönne, berfelbe il^m ertoibert l^abe: „menn
ic^ fü ängftli(^ märe mie ©ic, l^ätte mid^ längft ber $£eufel
gcl^olt". llnb mid), menn ic^ nic^t \o märe! öerfejjte er ol^nc
33cbcnfcn.
?luf meine S'^oge, ob er bie ©eftion feiner Seid^e ver-
bieten molle, äufecrte er nad^ f urgent Sebenlen: „3a. —
92
§aben ftc Dörfer mä)t^ (^^tvn^i, fo foHcn fie aiiä) naä)i)cv
md^t§ miffen." Unb al§ id) xijn fragte, mo er rul^en tüollc^
fagte er: ,,©» tft einerlei, fie toerbeu mid^ finben."
3lm aJJoröcn be§ 9. September [1860] tDurbe iä) gu il^m
gerufen unb fanb il^n bon einer Sungenentpnbung ergriffen.
®r fagte gleich, bie§ fei fein Job ; erl^olte fxä) aber, nad^bem
bie SBrift^ eingetreten mar, in mcnigen 2^agen mieber fo rafd^,
bafe er ba§ ^ett berlaffen unb einige Sefud^e empfangen
lonnte. ...
Slm Slbenb be^ 18. September fprad^ xä) il)n gum legten
äJJal. @r fafe auf bem ©opl^a unb Itagte über intermittircnbc
Sßalpitatiünen, mä^renb feiner Stimme nid^t» Don ber ge-
mol^nten Stärfe fel^Ite. ®r Ia§ in ®'3§raeli'§ ,Guriosities of
literature^, unb l^atte bie Stelle aufgcfd^Iagen, meldte öon
ben Slutoren l^anbelt, bie ifire Verleger gu ©runbe gerid^tct
l^ätten. „3)a3u l^ättcn ftc mid^ aiiä) bcinal^e gebracht", fagtc
er f^crgenb. Safe feinen Scib nun balb bie SBiirmer 5er=
nagen mürben, fei i^m fein arger ©ebanfe: bagegen benfe er
mit ©raucn baran, mie fein ®cift unter ben i^änben ber
„Sßl^ilofopl^icprofefforen" zugerichtet merben mürbe. ®r fragte
nac^ bem Sicucften in ^ßolitif unb Sitteratur unb fprad^ bie
Hoffnung au§, bafe 3talien bod^ nod^ ein§ merben fönnc;
gab mir aber gu, ha^ mir bann ba» alte, rei($ inbioibualifirtc
3talicn gegen ein mobern bcrmifd^te^ unb nioeltirtc» oer*
taufd^en müfeten.
8llö litterarifd^c JJeuigfeit ijatk \ä} xijm Saaber'i>
Kommentar gu St. aj?artin'§ Schriften mitgebrad^t unb bie
Stellen angegeid^net, an bencn ber Herausgeber feiner ermäl^nt.
„Sonnen Sie aber fo etma§ Icfen?" fragte er, auf bie zu-
fällig aufgefc^lagenc Stelle Seite 86 geigenb: „„Ser ÜDknfc^
rid^tet ober birigirt fein SBoHcn, mclc^eS er al§ Cbem nur
l^at, menn er e§ empfängt, unb e» empfängt, menn er cS
- 93
Oicbt."" ,,©§ giebt mand^erlei Sßl^ilofDpl^en, abftrafte unb
lonfrcte, tl^eoretifc^c imb prafttfd^e: biefer 23aaber ifl ein
unau^ftel^Iid^er." 3(§ erinnerte il^n baran, bafe SSaaber fd^on
1836 in ber fpefniatiüen Dogmatil ben Stnbenten feine
SBerle empfol^Ien nnb, tro^ be§ grüfecn 8lbftanbc§ bcr bciber*
feitigen ©enfmeifen, in ben Sorlefungen über 3afob S3b]^me*§
2:]^eoIognmena unb ^^ilofopl^emc anerfannt l^abe, bafe
©d^openl^auer „inxi) fein SBerf unb burd^ feine 8(ufrid^tigfeit
fiä) ein ungleid^ gröfeere^ Serbicnft erirorben, aU eine Un^oijl
anberer, in bemfelben ©eifte fd^reibenber ^^ilofopl^cn unfcrer
3eit." „(S^ ift tvaf)x", crroiberte er, „iii) erinnere mid^, er I)at
glimpfüd^ Don mir gef})rod^cn; aber iä) fann il^m nid&t I)clfen."
lieber bcm ©cfpräc^ tt^ar e§ bunlel geluorben; bie
§au§^älterin fleHte bie Seud^tcr auf — bcnn ba§ öerbedfte
Sid^t einer ßampe mochte er nid^t — unb id^ fonnte mid^
nod^ feinet gellen 23Iidt^ freuen, in bem nid^tö öon ^anfl^eit
unb Sllter p lefen mar. ®§ toäxt ioä) crbärmlid^, fagte er,
ttjenn er je^t ftcrben fottte: er l^abe ben Sßarergcn noc^
tpid^tige Qu]äi^t p geben. ®r tarn auf bie ®ntftc]öung§=
gcfd^ic^te be§ a3ud^§, n^cld^e^ if)n perft in meiten Greifen
betannt gcmad^t l^atte. 3)ie ©auplfad^c feien bie 5ßaralipomena,
bie im ^ciuptmerfe if)re Stelle gefunbcn l^aben mürben, menn
er 5U jener Sdt i)ätk I)offen bürfcn, beffen britte Sluflage gu
erleben.
Ungern Derliefe idf) i^n, um feine Sräfte gu fc^onen.
©rnftr)aft äufeerte er noc^, e» mürbe für il^n nur eine SBol^I*
tl^at fein, pm abfoluteu dl\ä)t^ p gelangen; aber ber Xoh
eröffne leiber feine 9(u§fxd^t barauf. Slßein, e§ gel^e, mie e§
möde, er ijobc „5um mcnigften ein reine§, inteUeftuetle»
©emiffen".
cOo
(Elg iavTov: an [tc^ i'elbft gerichtete Betrachtungen).
Herausgebers»
IDon ber (STriftcnj ciuc§ autobiograpl^ifd^en SKanuffriptS l^aben
Wir gucrft burd& ©döopcnl^auer'g Slnpnger Dr. pbil. ©. C :i^tnbner
erfal^rcn, 311 meld&cm ber 2}^etfter fidö iüicber^olt über ba§ SBerf,
ha^ nur al^ posthumnni erfd^ctnen fönne, geäufeert ^at (fie^e oben
@. 52). 51I§ bann nad) Sd&openöauer'S ^obe Dr. grauenftäbt
bte 2. 5luflage ber ,$arerga' bearbeitete, benni^te er unter ben il^m
öermad)ten „iüiffenfdjaftüdöen SJianuffripten" bag gu ntcl^reren
(SteKen ber ^arerga im §anbe^:cmplar notirte 2}^anuffript ,eis
kavtov' unb inanbte fidö beg^alb an ben S^eftament^bollftredfer
Dr. jur.^minner. tiefer antwortete i^m: ba§ „tixooi 30 Iofe33lätter"
ftürfe ek laviov fei fein „lüiffenfd&aftlid^eS" SJianuffript geinefen,
fonbent ^fibe nur ,,5perfön(iciö^^"/ „^riöatöer^ältniffe gu einigen
Sßerfonen" 33etreffenbc§, foiuie ,,£{ug]^eitgrege(n" unb „;l^iebling^s
fteffen" enthalten. @r, ^lüinner, i)(\ht e§ „(Sd)Open^auer'g SS^itten
gemäfe" e r n i c^ t e t. tiefer Jörief ioedöfet 3toi) d)en grauenftäbt unb
©lüinner \)ai üor bem (^rfd^einen ber biograp()ifclöen (Sd&rift be§
ße^teren ,5(rt^ur @d)Opcn]^auer au§ pcrfönlidjem Umgang bargefteUt*
(fieipsig 18B2) ftattgcfunbcn. Sflad^bem bann Dr. ßinbner in bem
mit 'grauenftäbt gemeinfam l^erau^gcgebenen SB^erfe ,5lrt§ur
@c^openI)auer. ^-öon iöm. lieber if)n' (33er(in 1863) angebeutet
l^atte, ha'^ ü^cfte in ©minner'sj biograp^ifd&er Schrift möge tüof)I
au§ bem tk tavroy, üou bcffen C^jiften3 bort nic^t^ erU)äf)nt mirb,
entnommen fein, ermibevte C^minncr burd) eine 23rofd)üre ,6d)open=
l^aucv unb feine S'^^eunbe' (iieip3ig 1S63). (5r mad&t ^ier über ba^
tjon ibm, Sd)openI)auer'ö münblid) geäußerten „SL^unfcfte" ent=
-^ 98 -—
fprec^cub, öeritidötete €k kaviov Vit xotxitxt SKitt^eitung, haü^ eS in
Jöerltn 1821 angefangen unb „in \)tn baranffolgenben ^toangig
Salären attmä^üd^ entftanben" fei, „im fpäteren Filter feien faum
brei Seiten i^injugcfornmen." 2Ba§ bie öon ßinbner angebcutetc
33eTiu6ung be§ ^lannffriptS für feine biograpl^ifd&e «Sd^rift anbetrifft,
fo ftüttt ftdö ©loinner l^ierüber in biplomatifd^eS Sd&tDeigen: er cr=
tt)ä^nt nur, (Sd&o))en]^auer !^abe i^m feinergeit an^ bem eis iavtoy
©inigeö „mitgetl)eilt" (©. 9 bcr 23rofcöüre), l^abe i^m baraug
,,üorgelefen" (@. 11), niib bieg öon Schopenhauer münblicö
i^m 9J^ilget5ei(tc fei in feiner biograp^ifc^en Schrift @. 69 („©in*
brucf fciiter ^^^crfönlicöfeit auf ^rembe") unb <B. 112 („Einige
ficine 3^19^ ^^^ (Bdi^tüä^m feinet S^arafterS") gu finben. Dh er
aber, nacft '(Sd)opcn^auer'g Xobe, ba§ 2}ianuffript eis eavzov bei
Slu^arbeitung feiner 33iograp^ic üernjertl^ct unb bann erft öer=
nid&tet l^abe — barüber erfahren iüir nic^t^. ^xthtn Seigre fpäter
(am 22. 5lpril 1870) ^^i Dr. @tüinncr inbeffen einem 23cfud&er
gegenüber gugegeben, \>(\^ er in bcr ^l)at (m^ bem eis eavzov für
feine 23iograp]^ie gefd&öpft l^abe, „(^inigeg fönne fogar lü örtlich
aufgenomn-.cn fein" (fie^c meine ,(5bita uub 3nebtta Sd^opcn*
fjaueriana' [^Ceipgig, 33rr)cf^aug, 1888] S. 36).
gür bcn mit Sd)openr)auer'^ Sprache S^ertrauten ift eS nic^t att=
Sufc^mcr, in ©minner'fiJ Sd^rift ben §auptftocf ber 33eftanbt]^eile auf=
jjufinben, bie auS bem ekiceuroy aufgenommen finb: e^finb inbem2lb=
fc^nitt „2ßer er mar" bie Seiten 118 bi^ 151, mogu nur nocö
einige menige anbermärt^ üercingelt eingefprengte Stellen, fotoic
bie fc^on frül)er bireft gugeftanbenen Seiten 69 unb 112 l^ingu*
fommen.
Sfßir üermögen biefe au§ innern ©rünben abgeleitete X^atfacfte
ber ©erfunft jener 30 Seiten an^ bem ils iaurot^ übrigeng aucl&
burd) Sd^openl^auer^g eigene^ 3cugnife gu unterftüöen. ©r gebcnft
nämlidö biefeg feinet SJianuffriptg auc^ in feinen übrigen WlanM-
ffript6üd)crn unb im §anbejemplar ber ,$ßarcrga' an folgenben
Stellen:
1) Foliant' (Cftober 1826) S. 178 ff.: „3n .t»inri*t auf
üöertvauen bie 105. ©piftel beg Senefa: mie and) 9lä^ereg qm'^
meinem ds iauroy";
2) jiSoßhata^ (1830) S. 83: „§icr ^tncbcrö 5(u5Jfpruc6: fic^e
3) ,(S;o0itata' @. 286: gu ber @te((e öom „aimcborcnen unb
crtoorbenen ß^^araftcr": „öergl. e^V Eavtov";
4) ,(5;^oIerabud&* (1831) @. 12: gu ber (Stelle „my greatest
enjoyments": „Conf. ds aaviop p. 11";
5) ,5ßarerga' S3anb II § 58: 3U bem für bie 2. Sliiflagc l^tngu*
öefd&riebetten ©leid^nife öon ben S'lofefaftanien: „^is iavroy in medio";
6) ,$Parerga' S3anb II § 322 gu ber (Stelle über §t)pocl&onbrie:
,yi€ iavroy mittelfteS 23latt @. re*t§ p. 43".
Stoti btefer <Sd&openl^auer*fcl&en 6e(bftcttate finben ficö nun hd
©tüinner, (S. 121 unb 129, toieber, nämlidö ha^ @leid)nife üon
ben 9to6faftanten unb ber 5lu§fpnid& £neber§.
^agu fommt nod^ ba^ folgenbe äufeere SSetüeiSftücf.
Dr. ©tüinner fü^rt ben au§ bem ek eavwy ftammenben X^eil
beS Hbfd&nitteg „Sßer er toax" (S. 117 f. mit htn SSorten ein:
er fteEe l^ier gufammen
bk einzelnen 3üge öon @d&openl^auer'§ (Sinnesart, ^\i=
meift mit feinen eigenen Söorten, »ie i(^ fic öon tljm
in ernften <Stunben überfommen Italic.
3n ber jjiüeiten Sluflage aber ber @n)inner'fcf)en Söio-
grap^i«^ (1878) ift biefer gange, focben auSgel^obene ®infü;^rungg=
fa^ — bie Sperrungen rül^r^n oon mir ^er — »cggclaffcn,
mä^renb übrigeng ber gefamtmc Qnl^alt ber <Btiim 118 big 151
ber 1. 5luflagc ol^ne mefentUd&e 2(enberung reprobucirt töirb. Slug
ber Sßeglaffung jener (Singang^mortc werben tüir alfo mit dic(i)t
fd&liefeen bürfen, ha^ ber Jöiograp^ aud) bem größeren 5ßublifum
gegenüber nid&t me^r baran feft^ält, jene 30 Seiten feineg Söud^eg
ber münblidjen SJlitt^eiluug Sd&openl^auer'g gu öerbanfen, menn
er audj in biefer gmeiten, Jüie in ber erften Sluflage, eg nid&t für
nöt^ig gefunben ^at, öon ber einftmaligen (Sjrifteng eine^ 9Jlanu=
ffriptg 6tV eavToy überhaupt @rn)äl^nung gu tl^un.
2)ie ©minner'fd&e 3ufainmenftellung jener ,,eingelncn 3üge'',
b. fj. ber cingelnen Slufgeidönungcn im «tV iavroy, fjaht id) nun im
Jolgenben gu einer partiellen S^^efonftruftion beg öcrlorencn
2)^anuf friptö ber ,an ftd) felbft gerichteten S9etrad&timgen* htmVit.
T
- 100
^ic „eigenen Söorte'' Sd&openl^auer*^, bie fein Xeftament^öottftrecfer
leiber burc^lüeg anS ber btreften dicht beS 6k iavroy in bie in=
birefte nmgefe(}t ^at, finb babei t>on mir in bcn urfprüngltd^en
SSortlaut gurürfüermanbelt ioorben.
5lm Sd&Iuffe l^abe id& hk ,,i^iebling&fte(len" (fiel^e oben ^. 97)
Dereinigt, ^iefe i'ieblinggftellen ftammen übrigens nic^t auSfc^UefeUd^
aus bem «/? iavtoy, nad) @n)inner*8 Slngaben finb fic öielmel^r
auc6 auf ben Wedeln öon (Sc^openl^auer'g Sörteftafc^en eingetragen,
3um X^eil mögen fie aucf) auf Slnftreic^ungcn im §anbeyemplar
ber betrcffenben 5lutoren berufen .*)
Um bie fo au8 bem öerlorenen 2)ianufh:ipt geretteten !!örud6=
ftüdfe richtig -^u mürbigen, mufe ber öerftänbige i^efer fid^ übrigens^
gegenwärtig galten, bafe ade bicfe ©elbftgefpräd&e — big auf btc
brei (cßten ^lufgeicönungen @. 119 f. — au8 jener Sßeriobe ftammen,
in njcldjer 8d&open^auer ha^ ^arte, gänglid) unöerbiente ©d^icffal be&
„Süerfannten" (nac^ öJoctI)e'<5 5tugfprud)) trug, ha er alS ein öi)IIig
3.^ergeffener, oon ^liemanb iBead&tcter unter ben 3citgenoffen ttjan^
bette, (^g mufete il^m gu 9)hit^e fein wie einem lebenbig Söe-
grabencn, unb gleich bem treuen ©einrieb iin ©rimm'fcöen 2)iärcbcn
l^aben fic6 bie eifernen Steife and) um feine S3ruft gelegt. 3llS aber
bie fpäte !^(nerfennung auc6 für i!)n gefommen war, ba f prangen
hk (infenreife, einer nac^ bem aubern. Unb fo geigen if)n bie
@efpräd)c im Sdjlufejal^rgc^nt feinet iiebenS milber unb faft l^eiter,
wenn and) bie Icötc (5'in3cid)nung in feinem legten älJanuffriptbucöc
(ySeuilia') uod) immer lautet: „^le Si^elt ift unb ift wie 5ifi"va
geigt: \d) miJdjte nur wiffcu, wer ctwaö baoon I)at."
*) Tic 8. 120 mitgetbeilte Stelle an^ ber ,C5^bba' ift Don mir
Iltngugefügt: 3d)openI)auer hat fie auf bem Ijintcreu Xerfelblatt be«
2}^anuffriptbud)i5 ,C^ogitata' eingetragen.
• ' •
^0 toenio aU möglid^ 3U lüoITcn unb fo biet at^V-;':
möglich gu crfenucn, ift bie leitenbe 3Jla|:imc meinet 2c6en§*^* ,
Iauf§ getoefcn; benn ber SBille ift ba» burc^meg (Semeine "^
unb ©d^Iedite in un^: man foH i^n öcrbergen n)ie bie @e«
nitalien, obgleid^ beibe bie SBurgel unfere§ SBefen^ finb.
aWein Sebcn ift ein l^etDifd^eS, ba§ nid^t mit bem Sß^ilifter*
maafe ober ber ^ämerette p meffen ift, nod^ fiberl^aupt naä)
bem äJlaafeftab, toeld^er fltr ba§ ber getoöl^nlid^en 3Kenf(%en
gcprt, bie lein anbereS 2)afein l^aben, aß ba§ be§ auf bie
furge Spanne B^it befd^ränften 3nbit)ibuum§ ; iä) barf mic^
alfo nid^t baburd^ betrüben, bafe id^ bebenfe, U)ie mir abgel^t,
ma§ gu einem regelmäßigen SebenSIaufc bc§ 3nbiöibuum§
gel^ört, 2lmt, §au§, i^of, SBeib unb ^inb. ^^v ©afcin gel^t
in bergleid^en auf; mein Seben aber ift ein intcHeftuette^,
beffen unge^inberten ^Jortgang unb ungeftörte SBirffamfeit in
ben menigen Salären ber üoITcn ©eiftcSfraft unb il^rer freien
'ilnlüenbung gfntd^te tragen muß, Sal^rl^unberte ber ajJenfd^«
l^eit 3U bereid^ern. 'Snx biefe^ intcHeftuelle Seben ift mein
perfönlid^e^ blofe bie 8aft§, bie conditio sine qua non, alfo
etn)a§ gang Untergeorbnete^. 3e fd^maler bicfe Safi§, befto
ftd^erer: menn fie leiftet, toa^ fie in Sepg auf mein inteHet
tuefle^ Seben foH, fo ift il^r S^^^ erreid^t. S)er Snftinft,
meld^er bem beigegeben ift, beffen Safein inteHeltuefle 3^^*^
^at, ift aud^ mir ein ftd^erer gitl^rer gelüefen, fo baß id^ bie
perfönlid^cn 3ttJ^*e aufeer Sfd^t gelaffen unb SlHeS auf mein
gciftige» S)afein begogen l^abc. 3!)arum fann e§ mic^ auc^
nid^t tüunbern, toenn mein t)erfönlid^er SebenSlauf ungufammcii^
l^öngenb unb in fid^ planlos au^fiel^t: er gleid^t ber SRipicii*
/'.'.
102
• '•
•-•
• •
ftimme .i^'^^ber Harmonie, bie in \iä) and) feinen 3ufammens
j^ang.^jffrcn fann, totxl fie nur 5ur Unterlage bcr §auptftimme
bient;*.in roeld^er ber 3wfammenl^ang liegt. aSa§ meinem
pelfijnlid^en ßeben notl^toenbig abgelten mufe, tt)irb mir auf
,mibejr*e 2Beife erfefet, burd§ ben üollen ©enufe meinet Seiftet
/*'4p^ Strebend naä) ber angeborenen 9tid^tung mein gan^c^
'.'•!*Seben l^inburdfi; ja tcenn id^ e§ befäfee, n)ürbc e§ mir unge«
Vv.'niePar unb l^inberlid^ fein, ©inen (Seift, ber Don felbft giebt
• unb leiftet, unb gtoar ba^, lt)a§ fein Slnberer fo geben unb
leiften fänn unb n)aö eben barum beftel^en unb bleiben mirb —
einen fold^en smingcn gu motten p anbern Singen, übcr{)au))t
il)m 3^cing§bienfte aufzulegen unb baburd^ i^n t)on feinen frei-
minigen (Sabcn abgu^alten, märe graufam unb tl)öri(i^t gugleid^.
3^er mäd^tige lliücrfd^ieb gmifd^en mcineögleic^en unb ben
Stnbern bcrul^t grofeent^eilS barauf, ia^ (Srftere ein bringenbe^
S3ebürfniJ3 l^aben, meld)eö bie Slnbern nid^t fennen, ja beffen
Sefriebigung il^nen oerbcrblid^ fein mürbe: ba§ Sebitrfnife
ber freien äJJufee jum 2)enfen unb ©tubiren, meld^e§ fogar
ben moralifd^en DJtaafeftab ^ur Seurtfieilung bon ajienfc^en
meine^gleid^en änbert;' mennfd^on ber fterbenbe ^ßerifle»
dicä)t f)at, ha^ sulefet fein Sßerbienft in bie SOSaagfd^ale faße
gegen ein böfe§ ©emiffen. ajiit ben 8llten, mit ©otrate^ unb
Striftoteleö (Diog-. Laert. II, 31. Arist. Eth. Nie. X, 7, p.
1177, b, 4.) ift ba^er bie SDtufee für bag l^öc^fte ©rbengut
3u l^altcn. SBenn ein ajlenfc^ fo mie ic^ geboren bin, bleibt
oon Stufen nur bie^3 ©ine gu münfd^en, bafe er fo oiel al^
moglid^ feine ganße Seben^seit I)inburd^, unb jeben 2^ag unb
jebe ®tunbe er felbft fein unb feinem Seifte leben fönne.
Slber fd^mer ift bie ©rfüßung biefer gorberung in einer
SBelt, mo be§ 3)!enfc^en Soo» unb Seftimmung ganz anbere
finb, mo gmifcfien Slrmut^, bie unö alle freie ä^hiße nimmt,
unb SReidfitl^um, ber auf jebe SBeife fie 5U ocrberben unb un§
-^. 103 ^
abpjiel^en trachtet, lüic slüifd^cn ®ct)Ha unb K]^arl)bbi§ burd)^
guftcuern ift. SSon ber dlaint beftimmt ift bc§ ÜJJenfd^en
Soo^: Xaqt^ Slrbett, ?la(%tö SWul^c unb tüenig OJfufee, unb
be§ ajJenf^en ©lücf : 2Beib unb tinb, bie fein Slroft finb im
ßeben unb Sterben. SBo aber eine abnorme Sefd^affenl^eit
grofec geiftige S3ebürfniffe unb mit biefen bie ÜJtöglid^Ieit
grofeer geiftiger (Senüffe l^erbeigefül^rt, ba mirb freie aJtufee
3ur ^auptbebingung be§ @IM^, für toeld^e fobann bcm nor*
malen 3Kenfc^engIüdt burc^'SBcib unb Äinb tüittig entfagt
iDirb. 2)a§ 3nbit)ibuum biefer Slrt gel^ört einer anbern
©pl^äre an. Slttein gur S3efriebigung biefer öeränberten ^or-
berung finb äußere Umftänbe ber Slrt, lt)ie fie fd^on fel^r feiten
eintreten, bie 23ebingung. §ier mufe ein günftige§ Sd^idfal
lüalten, um einer aufeerorbentlid^en 9latur au^erorbentlic^e
Umftänbe p bereiten. 2)a tritt benn ein, toa^ ber neunzig*
jöl^rige Knebel in ©rfal^rung gcbrad^t l^at: bafe in bem Seben
ber meiften 3Jlenfd^en fid^ ein gemiffer Sßlan finbet, ber burd^
bie eigene 9Jatur fomol^I aU imä) bie Umftänbe, bie fie füfjren,
il^nen gleid^fam öorgegeid^net ift; bie gi^f^önbe il^re^ Bebend
mögen nod^ fr» abn:)e(j^felnb unb öeränberlid^ fein, e§ geigt fid^
bod^ am 6nbe ein (Sänget, bafe unter fic^ eine getüiffe Ueber^
einftimmung bemerfen läßt. 3)ie i&anb eine§ beftimmten
©d^idtfal^, fo verborgen fie aud^ tüirfen mag, geigt fid^: fie
mag nun burd^ äußere SBirfung ober innere SRegung bemegt
fein; ja, toiberfprec^enbe ®rünbe bemegen fid^ oft in i^rer
SRid^tung. (Snebel, Sitter. 9iad^Iafe, 33b. 3, @. 452.)
2)ie SBid^tigfeit be» intelleftuellen unfterblid^en aJienfc^en
in mir ift fo unenblid^ grofe getoefen gegen bie be§ Snbi-
bibuumö, bafe id^, menn aud^ nod^ fo öiele perfönlid^e Sorgen
auf mir gelaftet, fie fogleid^ l}dbt fahren unb oerfd^n)inben
laffen, fobalb ein Jjl^ilofopl^ifd^er ©ebanfe fid^ regte: benn ein
fold^er ift mir immer Dofler ©ruft getoefen unb aUe» Slnbere
baöegen Bpaai. 3)aö ift ber 2lbel§^ unb fjrctbnef ber dlatnv.
S)a§ ©Ifict ber gemöl^nlidöen 3Jfcnfc^en befielet in ber 816-
med^felung älüifd^en Slrbeit unb ©enufe, bei mir bagegen ftnb
beibe ®ine§. SDc^l^alb ift ba§ Seben öon aRenfd^en meiner
2Irt notl^menbig ein ajlonöbrama. 3)fifftonarien ber SBa^rl^eit
an ba§ äRenfd^engefc^Ied^t, mie ic^, werben, nad^bem fie fic^
begriffen, mit ben äRenf^en fxä) aufeer il^rer ^Ixifion fo menig
gemein mad^en, al^ bie 3Riffionäre in K^ina mit ben (Sl^inefcu
fraterniftren. ©inem 3Kenfc^en, tok mir, ift, befönberS fo
lange \i) jung bin, in aßen i^ebenSber^ältniffen beftänbig 5u
iSMi)t mie ®inem, ber in SIeibern ftectt, bie il^m nid^t t)affen.
SBag meine Slnfprüij^e betrifft, fo toürben fie 3)ie, meiere
im ©tanbe finb, ba§, morauf fie fxä) grünbcn, gu fül)lcn,
gelten laffen, mei( fte il^r Sntereffe nid^t angelten unb ba§
gürten unb ©eltcnlaffen il^nen intetleftuell unb moralifd^
(Sijxt maä)t: jebod^ toürben fie bei aüt bem fie blofe unter
ber Sebingung gelten laffen, bafe xä)'^ al§ ein ®efd^en! nel^mc,
tttoa fo tüie man unter Ouittungen „5U S)anf empfangen"
fe^t, obgleid^ e§ berflud^te ©d^ulbigfeit mar, ober mie ein
bittenbeg Plaudite am ®nbe ber StMt be§ Sßlautu^ fielet.
3c^ barf alfo nie mel^r Sßrätenfionen machen aU jeber Slnbcrc:
benn bie Seute fufeen barauf, bafe fein äufeerer S^Jang pe
gegen mid) öerpflid^tet, unb mürben mir biefe§ seigen, fobalb
id^ nic^t i^nen ^eige, bafe id^ e§ meife. 3^nen ift bie Qä)cn
t)or §erabfefeung (despectio) natürlid^, unb Seber ftel&t barauf,
bafe il^n bie Uebrigen nid^t für geringer al§ fic^ felbft ad&tcn.
Sie l^alten feft baran: par sum imicuique et moriatur qui
me contemnit! SBon biefer Sorge bin id^ frei, unb oonber
9latur fo angelegt, bafe Sitte, bie nid^t ben S3eften gugesöl^It
fein motten, mid^ notl^menbig mit ajlifetrauen (suspectio) bc*
trad^ten muffen. 3d^ l^altc feft baran: Conteiunite mo, si
potestis, vestro ppriculo, non meo!
-- 105 -^-
3a, aU noc^ bic Sugenb meiner Sßi^antafie btc SBelt
mit SScfen meinesgleichen bedölfert, ^abe id^ einige SInlage
sur ©efcUigfeit gehabt, unb aU iä), naä) mel^rjäl^riger 216*
mefen^eit, naä) meiner ^toeiten italiänifd^en Dteife, naä)
©reiben unb Berlin gurüdtgefommen bin, ^at mic^ alte 2Be(t
munberbar beränbert gefunben, fo grofe ift üorl^er meine
ÜJlelanc^oIie gemefen, al§ nod^ bcr natürlid^e Srieb 3ur
©efelligleit, bie Suft ftd^ mitptl^eilen unb baS gefül^Ite Se*
bürfnife perlangenber ®rfa]^rung bem (Sfel an ben 9)ienfd^en
ba§ @Ieid^gett)id^t gel^alten. Tlxt bem Uebergang in» aWanneS*
alter l^at bie erlangte (Srfal^rung bicfe abtreibenbe Äraft
öerftärft unb jene gefd^toäc^t. SSon ia ab l^abe ic^ aümäl^Iid^
ein „Sinfamfeit blidEenbe» Slugc" befommen, bin fljftematifd^
ungefeüig gelt)orben unb l^abe mir öorgenommen, ben SReft
beS Pü(%tigcn ßebenS gang mir felbft p lüibmen — mihi
vivam quod superest aevi (Horat.) — unb fo lt)enig tüie
möglich baöon mit jenen ©efd^öpfen 5U verlieren, bcnen ber
Umftanb, bafe fie auf ^mei Seinen gelten, ba§ Stecht giebt,
uns für il^reSgleij^en gu l^alten, ober »enn fte aud^, mie
meiftenS, merfen, bafe mir eS nid^t finb, bieS flüglic^ gu
ignoriren unb un§ aU il^reSgleid^en gu bel^anbeln: möl^renb
mir, gu ber alten Setrübnife, bafe fte eS nid^t finb, nod^ ben
Sc^merg beS Unred^tleibenS empfinben muffen.
3J}an lebt in Berlin mie auf einem ©d^iff: aHeS ift rar,
tl^euer, fd^mer gu l^aben, bie ßomcftibeln auSgetrodfnet unb
bürr; bie ©)3i^bübereien unb Betrügereien jeber Slrt finb ba*
gegen ärger alS im Sanb mo bie Zitronen blül^en. Sie
legen nic^t nur unS felber bie läftigfte Bel&utfamfeit auf,
fonbern bemirfen oft, bafe, bie unS nid^t fennen, einen SSerbad^t
gegen unS liegen, ben mir unS nic^t träumen laffen, unb unS
eigentli^ al§ filous bel^anbeln, bi§ eS gur fatalen ©yplofion
lommt.
- 106 —
3n einer SBelt, too memgfteu^ fünf ©eci^^tel @(%urfen
ober Starren unb ©ummföpfe finb, mufe für Seben be§ übrigen
©ed^^telö, unb gtoar um fo mel^r, je lueiter er öon bcn
3lnbern abfielet, bie Safi§ feinet 2ebcn§fl)ftem§ 3wrücf*
gesogenl^eit fein, je mciter befto beffer. Sie llebcraeugung,
bafe bie SBelt eine ©inöbe ift, in ber man nid&t auf ©e-
feüfc^aft gu rcd^nen l}ai, mufe gur ®m))finbung unb l^abituell
mcrbcn. 2Bie bie SBcinbe ben Slidt einengen, ber fid^ miebcr
auöbel^nt, toenn er nur gelb unb ^^hii^ ^^^ f^^ ^tit, fo engt
bie ®efellf(%aft meinen (Seift ein unb bie ©infamleit bel^nt
i^n mieber au§. ©iorbano SSruno fagt üon bem, ber bie
SBal^rl^eit fuc^t unb erreid^t, .er totxu au§ einem vulgären,
getüö^nlid^en, ciöilen unb jjöjjulären 3Jtenfc^en ein SBilber,
gleich einem §irfd§e ober SBüftenbetool^ner, unb 2lße, bie
l^icnicben ein l^öl^ere» ßeben l^ätten geniefeen mollen, fpräd^en
mit ©iner ©timme: Ecce elongavi fugiens et mansi in
solitudine. 2)enn bie Sefc^äftigung mit göttlid^cn Singen
mad^te fie tobt für bie OJfenge. (Opere, da A. Wagner,
Vol. 11, p. 408.) ©benfo Ijat SIeift gefagt unb S^iüer
belobt:
©in iDQ^rer Tltn]d) muB fern üon 9)lenfd&en fein.
3n einer fo burd^meg gemeinen SBelt loirb notl^^enbig jebeo
Ungemeine fid^ ifoliren unb l^at e§ aud^ getl^an. 3e mel)r
man f\ä) ber ©efeUfc^aft ber SKenfc^en entfd^Iagen fann, befto
beffer befinbet man fidf). SBie ber hungrige ein une6barc^:>
ober gar giftige^ ^aut ftel^en läfet, fo mufe e§, mer ba^3
33cbürfni6 ber (Sefettfd^aft fül^tt, mit ben aJtenfd^en, mie fie
finb, mad^en. ®in felteneS unb grofeeg ®Iüdt ift e§ bal^er,
an fxä) felber fo öiel gu befi^en, bafe man nid^t bur^ lieber*
brufe feiner felbft unb burd^ ßangemeile getrieben mirb, bie
©efeüfd^aft ber 3}Jenfc^en gu fud^en, oon benen felbft ber eblc
fanfte Petrarca fagt: Xon enim vile tantummodo foedumque,
sed (quod invitus dico, quodque utinam non tarn latc
- 107 ^
notiim experieiitia fecisset, assidueque faceret,) pemiciosum
quoque, varium et infidum et anceps et ferox et cruentum
animal est homo! (X>e vita solitaria. Praef.)
Quoties inter homines fui, minor homo redii (Xf)oma§
öonSempcn — mä) ©encca, ®piftel 7). S'^ax fagt ©oet^e, ha^
ia§f ©efprärf) noc^ erquidtlid^er fei aU ba§ fiid^t; aber bcn*
noc^ ift e§ beffer, gar nic^t gu fprec^en, alö ein ]o taxqc^
lebernc^ ©cfpräd^ gu fül^ren, mie ba§ gemöl^nlid^e mit bcn
bipedes; bei bem brei Viertel öon bem, ma§ einem gu fagcn
einfiele, nid^t gefaßt werben burfen, au§ ebenfo albernen al§
notl^menbigen SÄüdfftd^ten, unb bie Unterl^altung in ber Xi)at
nic^t^ anbere^ ift al§ ein qualöoHe^ ©eiltangen auf ber
fc^malen fiinic be§ p fagen oI)ne ©efal^r Vergönnten. 3n
ber Jfiegel l^intertäfet jebe» ©efpräc^ — ba§ mit bem ^rcunbc
nnb ber ©eliebten aufgenommen — einen unangenel^men
9tacf)gefc^macf, eine leife Störung be§ innern ^^riebcn^. da-
gegen l^interläfet jebe Selbftbefd^äftigung be» Seiftet einen
n)o]^ItI)uenben 9?ad^flang. llnterl^alte \ä) mxä) mit ben
Stenfd^cn, fo empfange iä) il^re äReinungen, bie meiften^
falfc^, flad^ ober erlogen finb unb in ber armfäligen @prad^e
i^rc§ (Seiftet. Unterhalte \ä) mxd) mit ber Slatur, fo giebt
fic, mal^r unb unberfteHt, ba§ gange SBefen jebe§ 3)inge§,
baüon fte rebet, anfd^aulid^, unerfc^öpflid^ unb rebet mit mir
bie Sprache meinem (Seiftet. 3Ki(Jö befd^äftigen meine @e*
banfen unb bereu 3)titt]öeilung aHemal lebhaft; aber bie
bipedes ftnb in ber Siegel nid^t in bem felben gaH: il^rem
freien 2)enfen unb Spred^en fe^It e§ an toal^rl^aftigem 3n*
tereffe unb i^rem Slntl^eil an beiben an Sebl^aftigfeit, um fte
gang eingunel^men. Salier bleibt il^nen aud^ ftet§ öiel Sluf-
merffamfeit auf bie näd^fte Umgebung, fo öiel, alS id^ mir
unmittelbar gar nic^t Oorftellen fann. SBöl^renb mein SBIidC
auf einen $unft fifirt ift, irrt ber il^rige um^er unb jebe§
--^ 108 ->-
ftörenbe ©eräufc^ ift i^nen mittfommcn. ®o fann ic^ 5. 23.
bie äJlenfd^cn nie meniflcr für meine^gleid^cn l^altcn, al§ trenn
xä) fte gtt)ecflö§ fla^j^jern ober öunbegebett anl^ören ober
Sanartent)ögel Italien fel^e.
2tl§ id^ 29 Saläre alt loar, tarn ein mir unfiefanntcr
alter §err auf mic^ gu, mir p fagen, ic^ loürbe etmt^
grofee§ toerben. ©in Staliäner, ber mir lodflig fremb t»ar,
rebetc mic^ mit ben SBorten an: Sig:nore, lei deve avere
fatto qualche <^rande opora: non so cosa sia, ma lo vedo
al suo viso. ®in ©ngicinber, ber mid^ nur gefeiten l^attc^
äufeerte, ic^ muffe einen aufeerorbentlid^en (Seift l^aben. ®in
^rangofe fagtc t)Iöt5lid) über mid^: Je voudrais savoir ce
quMl pense de nous autreg; nous devons paraltre bien
petits 'k ses yeux. C'est qu'il est un 6tre sup^rieur.
S)er ©ol^n einer burd^reifenben englifd^en gamilie, bie ftd^
eben im ©aftgimmer in meiner 9tä^e nieberliefe, rief erregt:
No, ril sit here, I like to see his intellectual face!
S3ei Stnloanblungen oon Unsufriebenl^eit bebenfe id^ ftet§,
ma§ e^ l^^ifee, bafe ein ÜJfenfc^, tt)ie id^, fein gangeic» i^eben
ber Slu^bilbung feiner Stniagen unb feinem angeborenen a3e*
rufe leben fönne unb tok oiele 2^aufenb gegen ®in§ maren,
bafe ba§ nid^t anging unb \ä) fel^r unglüdtlic^ gen)orben
märe. SBenn id^ gu 3^iten mid^ ungliicflid^ gefül^lt, fo ift
bie§ mel^r nur oermöge einer meprise, eine§ 3rrtl^um§ in
ber 5ßerfon gefc^el^en, id^ l^abe mic^ bann für einen Slnbern
gel^alten, al§ id^ bin, unb nun beffen 3ammcr beflagt: 3. 35.
für einen ^Prioatbogenten, ber nid^t ^ßrofeffor mirb unb feine
3u]^örer f)at, ober für einen, Don bem biefer ^l^ilifter fd^Ied^t
rebet unb jene Saffcefd^mefter ftatfd^t, ober für ben 33eflagten
in jenem Snjurienprogeffe, ober für ben iJiebl^abcr, ben jene^
5Dlöb^en, auf ba§ er capricirt ift, nid^t erl^ören miü, ober
-<' 109 :
für ben Sßatienten, ben feine Äranfl^eit gu ipaufe l^ält, ober
für anbere äl^nlic^e SJJerfoncn, bic an äl^ntid^cn äJlif^ren labo^
riren: ba§ 8lffe§ bin ic^ nid^t ö^^cfen, ba§ 2lHe§ mar
frcmber Stoff, au§ bem l^öd^ftenS ber SHocf gemacht ö^^^f^n,
ben ic^ eine SBeile getragen unb bann gegen einen anbern
abgelegt l^abe. SBer aber bin ic^ benn? 3)er, toeld^er bie
SBelt aB SBitte unb aSorftcttung gefd^rieben unb öom grofeen
?(}robIem be§ ®afein§ eine Söfung gegeben, meldte öieffeid^t
bie bi§i^erigen anäquiren, jebenfaH^ aber bie 2)cnfer ber
fommenben Sal^rl^unberte befd^äftigen tüirb. 2)er bin i^, unb
tDa§ lönnte ben anfcd^ten in ben Salären, bie er nod^ §u
at^men tjat'?
2Ba^ biefer meiner ^Jerfon t)on Slufeenbingen am näd^ften
liegt, fo mie ia^ §emb bem Seibc, ift meine Unabl^ängigfeit,
bie nic^t Buläfet, bafe id^ gesmungen toerbe, 3u ücrgcffen mer
ic^ bin unb bie Dtoöe eine§ Slnbern gu fpielen, g. 35. bie
einc§ Srobfd^reiberS ober $rofeffor§, bem fein SBiffcn unb
Senfcn ba§ ift, toa^ bem Krämer bie Sßaare, bie er pr
<Sdf)au auflegt, ober bie einc§ bortragcnbcn ?liati)^, ober bie
eineö §ofmeiftcr§.
2)ie meiften 9)!änner laffen fic^ burdf) ein fd)öne§ ©cfid^t
Derlocfcn; benn bie Slatur inbucirt fie bagu, 2Beibcr gu nel^men,
inbem fie biefe auf Einmal i^re oolle ©lan^feite geigen läfet;
bie fielen Uebel bagegen, bie fte im ©cfolgc l^aben, Oerbirgt: al§
bafinbcnbIofe2tu§gabcn,ßinberforgen,3Biberf))enftigfeit, ©igen*
finn, 8llt= unb ©arftigmerben nad^ tocnigen Seigren, a3etrügen,
^ornerauffc^en, ©rillen, I)l)fterifd^e Slnfälle, Sieb^aber unb
^ößc unb S:eufel. 2)eö]^alb ift bie §eirat^ eine ®df)ulb gu
uenncn, bic in ber 3ugenb contra^irt unb im ?llter begal^It
toirb unb ijdt Saltl^afar ©racian rec^t, ber einen SSiergiger
bloB um bcfemiücn, mcil er Söcib unb\^^inbcr l^at, ein Äameel
-^ 110 --
i)c\%t; bcnu ba^ ö^tüöl^nlid^e 3icl ber fogenamiten Karriere
junger aJlänner ift hoä) nur, ba§ ßaftti^ier eine^ S33eibe§ gu
toerben. Sieben ben Sefferen unter il^nen gei^t bie %xan in
ber Siegel toie eine Sugenbfünbe. S)ie freie SRufee, melti^c
fie ii^ren SBeibem p erarbeiten ben Xüq l^inbringen, brandet
ber ^^ilofo)}]^ felbft. 2)er SJerl^eirat^ete trägt bie öoHe Saft
be§ ßeben§, ber Unöerl^eiratl^cte nur bie f^albt: tner fic^ ben
3)iufen toei^t, mufe p ber le^teren klaffe gel^ören. 2)al^er
mirb man finben, bafe faft alle ed^ten $ß]^iIofo))]^en lebig gc*
blieben [xnh: \o Kartefiu§, 3KaIebrand^e, ©pinoga unb ^ant.
2)ie Sllten lann man nid^t red^nen, ba bei il^nen bie SBeibcr
eine untergeorbnete Steßung eingenommen l^abcn; übrigen»
ift be§ @ofrate§ Seiben befannt unb 2lriftoteIe§ ift ein ^o\^
mann getüefen. 2)ie großen 2)id§ter bagegen ftnb alle t)cr=
l^eirati^et getüefen imb gmar aße unglüdtlid^. Sl^afefpeare i)ai
fögar bügelte ^ömcr getragen, ©l^emänner finb meiftenS um=
gefeierte Sßapageno§: bennlniebiefemfid^, mit bemunbernömerti^er
©d^nettigfeit, eine Sllte in eine 3unge öermaubelt, fo il^nen
mit bemunbern^mertl^er ©d^nedigfeit eine 3unge in eine 3llte.
Matrimony — war and want! gleid^mie fogar ber ge*
frönte Sänger ber Siebe fagt: quisquis requiem quaeris,
foeminam cave, perpetuam officinam litium ac laborum.
(Petrarca, de vita sollt. Lib. II, Seet. III, c. 3.)
(5§ ift nid^t möglid^, bie SBeiber in ben Sd^ranfen ber
aJernunft gu l^alten anber§ aU burd^ Surd^t; in ber (S^e
aber ift e§ notl^ig, fte in ©c^ranfcn gu l^altcn, meil man fein
JBefteS mit il^nen ju tl^eilen l^at, unb fo oerliert man am
®Iüdt ber Siebe, ma§ man an SJutorität gewinnt. S)al)cr
fommt e§ benn g. 33., bafe bie iQälfte aller Äapitalocrbrcd^en
in ©nglanb gmifd^en ©l^egatten begangen merben.
-^. 111 -^.-
3u aücn Seiten l^at e» bei ben gcbilbeten Aktionen eine
9(rt natiirli(%er ÜJJönd^c gegeben, Seute, bie, im 23etüufetfein
übermiegcnber ®eifte§frafte, bie Slu^bilbung unb Hebung ber*
felben jebcm anberen ®ut öorgogen unb bal^er ein contcm^^
))latit)c§, geiftig tl^ätigeg Scben fül^rten, beffen fjnt'^tc nac^*
maU ber äRenfc^l^eit gu gute famen. ©ie entfagtcn bem=
gemäfe bem SReidöti^um, bem ©rtoerb, bem irbif(%en Slnfel^n,
htm Scft^ eigener gamilie: \o bringt e§ ba§ ßompenfation§*
gefeö mit fid^. 3)em SÄange naä) bie öorneI)mfte Slaffc ber
9Kenfd^]^eit, burd^ beren 2(nerfennung ftd^ Seber felbft el^rt,
entfagen fie ber gemeinen aSornel^migfcit mit einer getoiffcn
äufeern ©emutl^, meldte ber ber äJlönd^e analog ift. SDie
SBelt ift i^r. Softer, i^re ©inftebelci. SBa^ ©iner bem
Slnbern fein fann, l^at feine fel^r engen ©renken: am @nbe
ift unb bleibt bod^ 3ebcr allein. Unb nun fommt e§ barauf
an, toer allein ift. 2Benn id^ ein Sönig märe, fo mürbe
meiner felbft megen lein Sefefit fo oft unb fo nad[}brüd(Iic^
gegeben merben al§: Sqfet mid^ attein! 3Keine^gIeic^cn foHten
unter ber 3flufton leben, auf einem oeröbeten ^ßlanetcn ber
eingige äJtenfd^ 5U fein, ber nun au§ ber ?lotI) eine Sugenb
mad^t. 2)ie 3Jlciften merfen aud^ bei ber crften Sefanntfd^aft
mit mir, ia^ fie mir unb id^ il^nen nid^t§ fein lann. 3m
aScfi^ eine§ l^ol^eren ©rab» l)on SSetoufetfein, alfo eine§ l^öl^ercn
S)afein^, ift, fid^ bem ®enufe be^felben rein unb unberfümmert
SU crl^alten, unb p biefem 3^^*^ nid^t§ barüber t)\mu^ gu
prätenbiren, meine ßebenSmei^l^cit. aRan l^at fonadö oiel ge*
monncn, menn man burd^ Sllter unb ®rfa]^rung enblic^ eine
vue nette tjon ber gänglid^en moralifd^en unb inteneftueKen
Srbörmlid^feit ber 2Jlenfd^en im 2lHgemcinen erl^aüen l^at,
meil man nun nid^t mel^r tjcrfud^t mirb, ftd^ mit il^nen tocitev
al§ nötl^ig eingulaffen, nid^t mel^r beftänbig in einem Sampf
lebt, melier bem gmifd^en bem 3)urft unb einer miberlic^en
Sifanc gleid^t, nid^t mel^r fic^ Oerleiten läfet, fid^ felbft Sflu^
- ' 112 < -
fion gu mad^cn unb bie 3Renf(%en \xä) gu benfen, tüie man jtc
toünfc^t, fonbern ftet§ t)or Slugen bel^alte, mic fie finb. 2)a]^cr
auä) Ijkx:
Optimus ille animi vindex laedentia pectus
Vincula qui rupit dedoluitque semel.
Sä) l}abc mid^ getüölöut öon ben 3Renfd§en öicl p er*
tragen, toeil ic^ frü^ eingefel^en, bafe ic^ e§ müfetc, menn id^
irgenb mit il^nen umgel^en tooHte. Slber biefc SUla^mc ftammt
aii§ ber be§ Umgang^ bebürftigcn Sugenb; ©rfal^rung unb
SWeife mad^en biefen entbel^rlid^, unb e§ tt)ärc tl^örid^t, il^n
bann nod^ mit grengenlofcr ®ebulb ju erfaufcn; öielmel^r foH
man bann, toie ©oetl^e fagt, aH ba§ SSoIf @ott unb ftd6 fclbft
unb bcm Xeufel überlaffen. SBenn man nid^t ein ©picl in
ber ^anb jebe^ Suben unb ber <Spott jebe^ Jlarren fein tt)itl,
fo ift bie erfte SRegel: gi^öcfnöpft! SBaö ein Tltn\ä) meinet*
gleid^en benft unb fül^It, l^at leine Slel^nlidfileit mit bem, toa^
jene beuten unb füllen. 2)arum giemt e§ mir unbebingt
öerfd^Ioffen gu bleiben. 3)er redete Xon ifjuen gegenüber ift
Srbnic; aber eine ööflig unaffcftirtc, gclaffene, ftc^ gar nid^t
öerrat^cnbe. Sie barf nie bireft gegen ben gerid^tet fein,
mit bcm man rebet. 3lxä)t au§ i^r ^erau^gefommen gu fein,
betrachte id^ jcbeömal al§ meinen Sieg. 3)tan mufe fidt) gc*
mö^ncn burdE)au§ 8llle§, auc^ ba§ SRafenbfte gang gelaffen an«
gul^örcn, babei bie Sebeutung^Iofigfeit bc§ SRebenbcn unb
feiner fflieinung ertuägen unb fid) jebe§ Streite entl^alten.
2^ann tuirb man nac^l^er mit ©elbftsufricbenl^eit an bie ©cene
gurüctbcnfcn. @tet§ fott man ftd^ ben a3Iidt auf ba§ Öanse
bcma^rcn: bleibt man beim föingelnen ftet)en, fo roirb man
leicht irre unb geluinnt nnr eine falfdie Slnfic^t Don ben
2)ingcn. 2lu§ bicfcr ober jener Krümmung eine» ^Ii^ffc»
fann man beffcn i'auf nie bcurtl)eilen. 2)en ©rfolg ober
9Hd)tcrfolG bec^ Stugenblicf» unb ben Sinbrncf, ben fie umc^cn.
^ 113 -^
barf man nic^t bead^ten. 8(u§ bcm Scncl^men Stnbcrer gegen
un§ füllen toir nid^t ettoa erft lernen unb abncl^men, mer mir
finb, fonbern »er fic Pnb. 3m lefetercn Sinne fönnen mir
e^ falt beobad^ten, im erfteren nid^t. 3Benn 3n)ei miteinanbcr
reben, treibt getoöl^nlid^ jeber mit bem Slnbern l^eimlid^ einen
gemiffen ®pott 3n jebem Slugenblidfe falter SBernunft mirb
man bal^er an jeben Slugenblidt 3ronie mit Xrinmpl^, an jebe
ißergenSergiefeung mit Sefd^amung prfidtbenfen. ®er ßuft gu
fpred^en, blofe um p ^ptcä^cn, ift nie nad^pgeben, ba bie
atebfeligfeit gur Dffenl^ergigfeit mirb. 3Kan foH bod^ nur be*
obad^ten, mie öerf trieben ba§ ©eftd^t ift, ba§ Siner mad^t,
inbem er un§ anl^ört, öon bem, mit meld^em er p unS fprid^t.
Sitte red^tfrat)t)anten unb edatanten Seif piele öonS^led^tig*
feit, So^l^eit, SJerratl^, 5ßieberträd^tigfeit, 5leib, Summl^eit unb
aSerfel^i^tlÖcit, bie man i^at erleben unb erbutben muffen, foH man
feine§meg§ in ben SBinb fd^Iagen, Dielmel^r aU alimenta misan-
thropiae beuufteu, fic fid^ ftetg öon neuem prüdtrufen unb Der*
gegenmärtigen, um banad^ bie reale Sefd^affenl^eit ber a)lenfd^en
ftet^ öor Singen gu l^aben unb fid^ nid^t mit il^nen irgenb
mie gu compromittiren. 35enn man mirb ftnben, ha^ bie,
ü0« benen man bergleid^en erful^r, oft fd^on Saläre lang mit
uns umgingen, ol^nc bafe mir il^nen folc^e 2)ingc ptrauten,
bal^er eS blofe bie Sdcgenl^eit gemefen ift, mel^c il^nen bie
SluSgeic^nung »erfd&offt i)at 2Benn man anfängt ftd^ mit
einem ÜDtenf(^en gu familiariftren, foU man immer bebenfen,
bafe man il^n bei naiverer Sefanntfc^aft mal^rfd^einlid^ merbe
üeradfiten ober l^affen muffen.
©incr ber ^unlte, morin Unerfal^renl^eit unb SBeltflug*
l^eit [lä) entgegengefeftt fmb, ift, bafe jene in i^rem S5emuBt*
fein unb bei il^rem i&anbeln unb Sieben e§ im ©angen nur
mit einem allgemeinen unb unbeftimmten S)u gu tl^un l^at,
bal^er i^r betragen nid^t fel^r abänbcrt nad^ Slnfel^n ber
Schopenhauer'« öiciprät^e. 8
- 114
$erfon, mit ber fie e§ öorl^at; fonbcrn il^r äJertraueit fo
Siemlid^ in gleid^em ajlaafee fd^enft, in tDeld^er ©eftalt aud^
ba^ 2)u t)or fie J^intritt; ferner il^re Sel^utfamfeit im Sßer^
fel^Ien unb SSebedfen il^rer eigenen ©d^tüäd^en unb ^J^l^Ier
ebenfo iii gleid^em äJfaafee anmenbet, ol^ne gn bebenfen, ob
ba^ ®n, bem ju ©efatten fie fid^ ©etoalt antl^nt unb il^re
Jlatur smingt, bic frembefte pd^tigfte ©eftalt ober ein
bleibenber tl^eilnel^menber 2Bäd^tcr ift. SBeltflugl^eit bagegen
fielet überaß auf bie Sßerfon: bie eine ift il^r unbebingtcn
SSertraucn^ mertl^, bie anbere l^at nid^t einen (Srofd^en ßrebit:
toegcn be§ einen S3eobad^tcr§ legt fie fid^ jal^relangen 3^öng
auf unb unterbrüdft bie Icifefte Biegung be» gu S3ebedfenben;
bem anbern tifd^t fie il^re tüal)xc Statur mit grengenlofer
t5rcdöt)cit anf unb genirt fid^ feinen 8lugenblidt. 3e gemeiner
biefe Slug^eit in ber menfdiüd^en ©efcllfd^aft ift, befto mel&r
fällt ber 3)JangeI baran auf. begegnet un» aber jene Un=
erfal^rcn^eit üolIcnb§ im reiferen i^ebcn^alter, fo ftnb toir
geneigt auf einen ]^of)en @rab Don (Scifteöbcfd^ränftl^eit gu
fd^tiefeen ober aber auf — (Genialität.
i8acon'§ @a^, bafe aller Slrgmol^n auf Unmiffenl^eit be*
rul^e, ift SU öermerfen, oielmel^r l^at ß^amfort red^t: ber
SBei^^eit ?(nfang fei bie t^mä^t oor ben aWenfd^en, unb
3)emoft]^ene§, n?enn er fagt: SBällc unb S^fauem feien eine
gute <B(ijx\i^)xici}X, bie beftc aber fei bie «or/or/r/.
It's safor trustiug' fear thaii faith. @ci immer ein«
gebcnf, bafe bu bidf) nidftt in beiner ipeimati); nidt)t unter
SBefen bcine^ gleid^en befinbeft; fonbcrn burd^ ein ]^arte§,
fonberbare§ unb nnr burc^ (5rfenntni6 3n erlci($ternbc^£d&idffal
unter bencn leben mnfet, bie bir frember finb aU bem Grnro-
päer bie G^inefen, unter ben i^ögeht, ben bipcMlos, ben
honibros clio uo lo soii.
-^ 115
Um bic, toeld^e e§ öerbiencn, b. 1^. fünf @cd^§tel bcr
ajJenfd^l^eü nadö SSerbtenft t)txaä^im p fönnen, ift bie crftc
JBcbinounö; bafe man fie nid^t l^affe; alfo muß man feinen
§afe in fi^ anffommen laffen; benn mag man l^afet bcrad^tet
man nid&t ganj. ®a§ fic^erfte äRittel l^iniriebernm oegen
ben aJJenfd^cnl^afe ift eben bie aJlenfd^enöerad^tunfl; aber eine
nä)i grünblid^e, ba§ SRefnltat einer gans beutlid^en nnb Haren
(Sinftd^t in bie unglaublid^e Sleinlid^Icit il^rer ©eftnnung, bie
enorme Scfd^ränltl^eit il^re^ SBerflanbeg unb ben gröngenlofen
®goi§mu§ il^reS igcrgenS, barau§ fd^reienbe Ungered^tigfeit,
blaffcr 5Jeib nnb 33o§]^eit, biSmeilcn bi§ gnr ©raufamfdt
l^eröorgcl^cn.
Similis simili gaudet: um t)on ben SDienfd^en geliebt
SU fciU; müfete man i^ncn atjwüä) fein; ba§ aber l^öle ber
Xeufel! SBaS fie pfammenbringt unb äufammenl^ält, ift i^re
©emeinl^eit, Slleinl)eit, Sßlattl^eit, ©eifte^fc^mäd^c unb ' ©r*
bärmlic^feit. Da^er fei S)ein ©rufe an aKe bipedes: pax
vobiscum, nihil amplius!
Give the world its due in bows!
2)ie mciften 3)ienfc^en finb b^n SRoßfaftanien p öer^
gleid^en, bie ia^ Slusfcl^en ber äd^tcn l^aben, aber burd^au§
ungenicfebar ftnb. Sel^r Siele finb ein Slmalgam öon
©(^(ed^tigfeit unb S)umm]^eit, bie bal^er in i^nen fd^mcr ju
unterfc^eiben ftnb. S)cr englifd^e Slu^brudf „a dull scoundrel"
begeic^nct fie am beften.
@r)ctf)e fd^ricb mir gan^ feinem ß^araftcr gemäß in§
Stammbuch :
SßiUft bu bid) beines^ ßebenö fi'eucn,
So wuifet bcr 2BcIt bu Söertl^ ocrlci^cn —
8*
-^ 116 ^^-
ic^ aber badete lieber mit ßl^amfort: II vaut mieux laisser
les hommes pour ce quHls sorU, que les prendre pour ce
quHls ne sont pas. Rien de si riche qu'un grand soi
möme! gaft jeber ©öntaft mit ÜJlenfd^en ift für eine conta-
mination, ein defilement p l^alten. @ic ftnb fo befd^affen,
bafe mer im ßaufe feineS ganzen SebcnS am toeniflften mit
iftnen fid^ ju tl^un ^tmci6)i l^at, ber SBeifeftc g^^^fcn ift
©oetl^e l^at ha^ ©egentl^eil beplorirt, bei Sdtermann. 3Kan
mufe burd^brunflen fein Don bcr Uebcrgeugung unb fie ftet§
gegentoärtig l^aben, bafe man ^emntergcfommcn ift in eine
2BeIt, bic öon moralifc^ unb intelleftuctt erbärmlid^en SBcfen
beöölfert ift, gu benen man nic^t gel^ört, beren ©emeinfd^aft
man bal^cr auf alle SBeife gu meiben l^at: man foH fid^ an«
fe^en unb benel^men mie ein S3rat)mine unter ®ubra§ unb
Sßaria§. S)ic wenigen S3effeten foH man, je nad^bem fie eS
finb, fd^äfecn unb eieren. ^ViX SBelefirung • ber Uebrigen, nid^t
5ur ©emcinfd^aft mit i^ncn ift man geboren. ÜJlan mufe ftd^
gett)öt)nen, fie at§ eine un» frembe @pccie§ anpfeifen, bic
nur ber Stoff unfcrc^ SBirfen§ ift. Ueber il^re moralifd^
unb intedeftuett elenbe SJefc^affenl^eit foU man täglid^ mcbi*
tiren unb ftd^ öor^alten, baß man il^rer nid^t bebürfe unb
il)nen fernbleiben fönne. 3)a bcr Sd)lcd()tcfte unb ©eringfte
bod^ nod^ in öielcn Stüdfen, nämlich p^t)ftfd^en unb mora*
lifd^cn, unfere§ gleichen ift, mirb er immer fud^en biefc in
bcn SBorbergrunb su bringen unb ba§ tooburd^ mir bcffer
ftnb gur Slebenfad^e gu mad)cn. Unb ba fte nur ^'üHai^i unb
®emalt ad^ten, mufe man fie entmeber uufd^dblid^ mad^cn
ober mcibeu fönnen. SBegen be^ DteibeS ber menfdölid^en Statur
ift e§ nid^t anber» möglidl), al§ bafe bie, meldte geiftloS unb
ftumpf finb, einen gcl^eimen SBibermiücn liegen gegen bic
gciftig ^oc^geftelltcn, bie ©d^led^ten unb 3Serrt)orfencn gegen
bic Mec^tfdiaffcnen unb ©bclcn, menn fic and^ bi^meitcn
SSort^eil unb .fturgtocil üon biefcn ©cgcnftänbcn il^reS ge«
-^> 117 <^ -
i^ctmcn ©roücö einernten xmb fold^e be^l^alb temporär fud^cn.
©benfo muffen bie, toclij^e ben ©belnrati^ ber ©eftnnunö ober
bcn ®rab bcr Älorl^eit ber Sntefligenä; bic fte felbft befi^en,
ftet§ oergeblic^ fud^en, notl^menbig enblid^ anfangen, fie im
©tillen 5u oerad^ten. 2)aranf berul^t bie ßloiefad^e Sfolation
jebe^ SJortrcfflid^cn, beffen Ucberlegenl^cit ber bipes, tocnn er
fie bcmerft i)af, fo inftinltmöfeig bifftmniirt, toie ein 3nfeft
fid^ tobt fteüt; benn er biffimulirt fie fid^ f eiber.
SBenn man bie öufeerlid^en SBiberlid^Ieiten ber 3}fenfd^cn
in Sßl^t)fto0nomien iinb 3)?anieren beim erften SlnblidE red^t
lebl^aft cmpfinbet, fo n)irb man oon ber naiveren 33efanntfd^aft
abflef)alten, toa§ in ben meiftcn iJäßen reiner ©etoinn ift.
3)ie aJJenfd^en finb mie fte au^fel^en: unb ettoa^ biel ©d^lim*
mere§ fann man oon ii^nen nid^t fagen. SRan betrad()tc
nur bie (Seftd^ter, an bie man noc^ nid§t getoöl^nt ift, unb
man mirb , ftc^ oft fd^ämen ein aJJenf d^ p fein. @^ ift immer
Oertoirrenb unb oft gefäl^rlid^, menn ®rfd^einung unb SBirf*
lid^feit meit üon einanber abftel^en: be^l^alb ift e§ gut, toenn
bie SBelt meinem 8lugc fo öbe erfd^eint, toie fte e§ meiner
SSernunft ift.
SBa» mir im mirflid^en Seben ftet§ unb überall im SBcge
geftanben l^at, ift, bafe id^ bi§ in fpäteren Salären nid^t im
©tanbe geloefen, mir einen au§reid^enben S3egriff Don ber
Sleinlid^feit unb Srbarmlid^feit ber 2)Jenfc^en p mad^en.
Sobalb id^ gu beulen angefangen, l^abe id^ mid^ mit ber
SBelt cnt^n^eit gefunben. 3m 3üngling§alter ift mir babei
oft bange gemorben; benn id^ l^abe gemutl^mafet, bafe ba§
9le^t bei ber aUajoritöt fein loerbe. ©eloetiuS l^at mid^ guerft
aufgerid^tet. S)ann, nad^ jebem neuen ßonflict, l^at bic SBelt
mel^r oerloren unb id^ mel^r gemonnen. @d^on nad^ surüdf*
gelegtem oiersigften ^ai)xc Ijat e§ mir gefd^ienen, bafe id^ ben
--:. 118 -
l^Jvogefe in Icjjtcr Snftang gewonnen ijdbc, xinb \ä) l^abc m\ä)
ijöfjct Qt^küt gefunbcn, al§ iä) je 5U mutl^mafeen gemagt:
aber btc SBcIt ift mir leer unb öbe geworben. Wlcxn gan3cö
ßeben l^inburd^ l^abe id^ mi(i§ fd^recflid^ einfam gefüllt unb
ftet§ an» liefer Sruft gefeufst: ,,3e^t gieb mir einen äßenfc^en!"
aSergebcnS. 3«^ bin einfam geblieben. SIber id^ fann auf*
rid^tig fagen, eg l^at nid^t an mir gelegen: id^ l^abe Seinen
Don mir geflogen, Seinen geflol^en, ber an @eift unb §era
ein aWenfcö getoefen märe: ni^tS al§ elenbe SBid^te, Don
befd^rönftem Sot)f, fcfiled^tem ©erjen, niebrigem Sinn l^abe id^
gefunben; ©oetl^e, iJernom, allenfalls %, 21. SBoIf unb hienigc
8lnbere aufgenommen, bie fämmtlid^ fünfunb^njangig bis Diergig
Sa^re älter aU \ä) toaren. 3)emnad^ l)at aüm'ätjliä) ber Un«
mille über Singelne ber ruf)igen Sßerad^tung be§ ©anscn ^lafe
mad^en muffen, grul^ ift mir ber UnterfdE)ieb gmifc^en mir
unb ben OJJenfd^en berufet gemorben; aber iij fjabc gebadet:
lerne nur erft l^unbert fennen unb bu loirft beiden aJJann
fd^on finben; bann: aber unter taufenb mirft bu'S; bann:
gulefet mufe er bod^ fommen, UJenn aud^ nur unter Dielen
2aufenben. (Snblid^ bin idb p ber ©inftd^t gelangt, bafe bie
9?atur nod& unenblid^ farger ift, unb id^ mufe bie „solitude
of Kings" (St)ron) mit SJürbe unb ®ebulb tragen.
3)ie 2!)en!mäler, bie gurüdtgelaffenen ©ebanfen ber mir
ä^nlid^en SBefen, bie einft mie ic^ unter ben 3)?enfdöen firf)
l^erumgcftofeen, ftnb mein gröfeter ©enufe im ßeben. 3^r
tobter Sud^ftabe fprid^t mid^ Dertrauter an al» baS lebenbige
2)afein ber 3^eifüfeer. Sft.bod^ bem StuSgemanberten ein
Srief aus ber igeimat^ mel^r alS baS ©efpräd^ ber i^n um«
gebenben ?5i^emben. ©prid^t bod^ ben 9teifenben auf menfd^en:»
leeren 3nfeln bie Spur ber frül^er 3)ageroefenen Dertrauter
an a(S alle Slffen unb SafabuS auf ben S3äumen!
c 119 ^^-
Bä)on in früf)er Sugcnb l^abc ic^ an mir benterft, bafe
ttJäl^renb xä) alle 2lnberen nad^ änfeeren ©ütern ftreben fal),
id^ mid^ nid^t barauf gu rid^ten l^ätte, mcil id^ einen Schafe
in mir truo, ber unenblid^ mel^r Sffiert^ l^atte aU alle äufeeren
(Süter, unb ha^ e§ nur barauf anföme, btefen ^ä)ai^ gu lieben,
mogu gciftige Slu^bilbuiiö unb öoKe SKufee, mitl^in Unab*
i^ängigfeit bie erftcn S3ebingungen toarcn. Sa» S3eiüufetfein
bicröon, im Slnfang bunfel unb bumpf, mürbe mir mit jebem
3a]^re beutlid^er, unb mar alTe 3^it l^inreid^enb , mid^ öor*
ftc^tig unb öfonomifd^ %n mad^en, nämlid^ meine Sorgfalt
auf bie ©rl^altung meiner felbft unb meiner g^-eil^eit gu rid^ten,
nid^t auf irgenb ein äufeere^ ®ut. 2)er JJatur unb bem
Sfcd^te be§ 5Dienfd^en entgegen l^abc id^ meine S!raftc bem
2)ienfte meiner SPerfon unb bcr g-örberung meinet 2Bo!^Ifcin§
entgicl^en muffen, um fic bem S)ienfte ber 3Jfenfd^]^eit su
fd^cnfen. 3Jfein SnteHelt l^at nid^t mti-, fonbcrn bcr SBcIt
angeprt. 2)ie ©mpfinbung bie)e§ SluSnal^meguftanbeö unb
ber burd^ il^n l^erbeigefül^rten fd^meren Stuf gäbe, 3U leben
o^ne meine Strafte für mic^ felbft gu öermenben, l^at
mid^ ftet§ gebrüdtt unb nod^ beforglic^er imb ängftIidE)cr ge=
mad^t, al§ id^ fd^on öon 5latur mar; aber ic^ l^abe e§ burd^*
gefül^rt, bie Slufgabe gelöft, meine 3)iiffion öottbrad^t. 8tu§
bicfcm ©runbe bin id& aud^ l&ered^tigt gemefen, forgfältig
barauf gu mad^en, bafe mir bie Stü^e meinet öäterlid^en
(5rbt^eil§, bie mid^ fo lange l^at ti*agen muffen unb ol^ne
mel^e bie SBelt nid^t^ öon mir gel^abt f)äik, anä) im Sllter
bleibe. Sein 8lmt in bei; SBelt, feine 3Kinifter* ober ®ou==
öerneurftelle l^ätte mid^ entfd^äbigen fönnen für meine freie
ajfufee, mie fie mir öon Qan^ au§ oftro^irt morben mar.
2Benn man fo ein langet Seben in Unbebcutfamfeit
unb ©eringfc^ä^ung gugebracf)t l^at, ba fommen fie am
Sc^lufe mit Sßaufcn unb S:romt)etcn unb meinen, c§ fei mac^
i^ro3c6 in Icötcr 3nftana icti^g0l^m;"xmi irfi r-'-
aber bic SBcIt ift mir Iccv -
Öcbcii ^inbiirtfi ^■
!■»«'
li ■
c 119 -
©d^on in friU)er 3ugenb l^abc ic^ an mir bemerft, bafe
ttJäl^renb iä) alle 3lnberen nad^ änderen ©ütcrn ftreben ^ai),
\ii) mxä) n\ä)t barauf p rid^ten l^ätte, lüeil iä) einen Sd^a^
in mir trug, ber unenblid^ mel^r SBert^ l^atte aU alle änfeeren
(Siiter, unb bafe e§ nur barauf anfäme, biefen ©d^a^ gu lieben,
roogu öciftißc 2lu§bilbunö unb öoHe ORufee, mitl^in Unab*
^ängigfeit bie erftcn Sebingungen toarcn. 2)a§ Sctnufetfein
f)iert)on, im Slnfang bunfel unb bumpf, mürbe mir mit jebem
3a]^re beutlid^er, unb mar aüe 3ßit l^inreid^enb, mid^ öor*
fic^tig unb öfonomifdE) p mad^en, nämlid^ meine Sorgfalt
auf bie ©rl^altung meiner felbft unb meiner greil^eit gu rid^ten,
nid^t auf irgenb ein äufeereS @ut. S)er Dtatur unb bem
JWcd^te be§ ^enfd^en entgegen l^abc id^ meine Sraftc bem
Sienfte meiner Sßerfon unb bcr ^örberung meinet SBol^lKni^
cntgicl^en muffen, um fie bem Sienfte ber SUfenfd^l^eit su
fd^cnfen. 3Kein SnteHeft i}at mä)i mti', fonbern ber 2BcIt
angeprt. ®ie @mj)finbung biefe§ SluSnal^mesuftanbeg unb
ber burd^ il^n l^erbeigeful^rten fd^meren Slufgabe, 3U leben
oi^ne meine Gräfte für mic^ felbft gu öermenben, ^at
m\ä) ftet§ gebrüdft unb nod^ beforglic^cr unb ängftIidE)er ge*
mad^t, aU iä) fd^on öon SRatur mar; aber id^ l^cibe e§ burd^*
gefül^rt, bie Slufgabe gelöft, meine 9)fifftün öollbrad^t. 8tu^
biefcm ©runbe bin id^ aud^ bered^tigt gemefen, forgfältig
barauf gu mad^en, bafe mir bie ©tü^e meinet öäterlic^en
6rbt^eil§, bie mid^ fo lange ^ai tragen muffen unb ol^ne
meldte bie 3BeIt nid^tg t)on mir gel^abt f)ätk, au^ im Sllter
bleibe. Slein 8(mt in bei; SBelt, feine ^Kinifter- ober ®ou=
DcrneurfteHe l^ätte midfj entfd^äbigen fönnen für meine freie
ajtufee, mie fie mir öon ^aii^ au§ oftrotjirt morben mar.
SBenn man fo ein langet Seben in Unbebeutfamfeit
unb (Seringfc^ä^ung gugebracfit l^at, ba fommen fie am
©c^Iufe mit ^^Jaufen unb trompeten unb meinen, e^ fei ma^.
-^' 118 -
Sßro^efe in Ic^tcr Snftans gcmonncn ijahc, unb ic^ Ijabc m\6)
j^öl^cr gefteßt gefunben, al§ id^ je 5U mutl^mafeen gemagt:
aber bic SBelt ift mir leer unb übe getoorben. SUlein gan5c§
ßebcn l^inburd^ l^abe iä) mid^ fd^redtlid^ einfam gefüllt unb
ftet§ au§ tiefer Sruft gefeufst: ,,3efet gieb mir einen äßenfci^en!"
aSergebenS. 3dö bin einfam geblieben. 8(ber iä) fann auf^
rid^tig fagen, e§ l^at nid^t an mir gelegen: id^ l^abe Seinen
Don mir gcftofeen, Seinen geflol^en, ber an (Seift unb ^erg
ein aWenfcö gciDefen märe: nid^t§ al§ elenbe SBid^te, öon
befd^ränftem Sopf, fd^Ied^tem bergen, niebrigem Sinn l^abc id^
gefunben; ®oet|ie, ^Jetnott), attenfalTg %. 81. SBoIf unb n?enigc
Slnbere aufgenommen, bie fämmtlid^ fünfimb^tDangig bi» öiergig
^aijxc älter aU xä) toaren. 2)emnad^ l^at allmäl^Iic^ ber Un-
miUe über Sinselne ber rul^igen aScrad^tung be§ ©angen $Ia^
mad^en muffen, grü^ ift mir ber Unterfd^ieb ^mifd^en mir
unb ben aJJenfd^cn betoufet getoorben; aber icft fyabe gebadet:
lerne nur erft l^unbert fennen unb bu loirft beizten SDlann
fd^on finben; bann: aber unter taufenb tt)irft bu'»; bann:
Sule^t mufe er boc^ fommen, toenn aud^ nur unter öielen
Saufenben. ©nblid^ bin id6 p ber ©inftd^t gelangt, bafe bie
9?atur nod6 unenblid^ farger ift, unb id^ mufe bie „solitude
of Kings" (g3Qron) mit SBürbe unb ©ebulb tragen.
2)ie S)enfmäler, bie gurüdfgelaffenen ©ebanfen ber mir
ä^nlid^en SBefen, bie einft mie ic^ unter ben SKenfc^en fid)
^erumgcftofeen, ftnb mein größter ©enufe im ßcben. 3^r
tobter a3udE)ftabe fprid^t mid^ vertrauter an al» bac> Icbenbige
2)afein ber ^n^eifüfeer. 3ft.boc^ bem Stu^gemanberten ein
:8rief au§ ber igeimat^ mel^r aU bag ©efpräd^ ber il^n um*
gebenben gremben. (3pxxä)t hoä) ben SReifenben auf mcnfc^en*
leeren 3nfeln bie ©pur ber frül^er S)agemefenen ucrtrauter
an a(§ äße 8lffen unb Safabu§ auf ben 33äumen!
119
©d^on in fnU)er Sugenb l^abe ic^ an mir bemcrft, bafe
mäl^renb id^ alle ?(ubcrcu waä) änderen ©ütcru ftrebcu ]at},
\ii) mxä) n\ä)t barauf gu rid^ten l^ätte, meil ic^ einen @c^a^
in mir trug, ber unenblic^ mel^r SBertl^ ^atte al§ atte änderen
©fiter, unb bafe e§ nur barauf anfäme, biefen ©d^a^ gu lieben,
mogu ö^iftigc Slu^bilbung unb öoHe OKufee, mitl^in Unab*
i^ängigfeit bic erftcn Sebingungen toarcn. 2)a§ Scmufetfcin
flicröon, im Slnfang bunfel unb bumpf, murbc mir mit jcbem
3a]^rc beutlid^er, unb mar äffe S^xt r)inrcid^enb, mid^ öor*
ftd^tig unb öfonomifd) p mad^cn, nömlid^ meine Sorgfalt
auf bie ©rl^altung meiner fclbft unb meiner tJi'cil^eit gu rid^ten,
nid^t auf irgenb ein äufeere§ @ut. 35er 9Jatur unb bem
Stcd^tc be§ SDfenfd^en entgegen l^abc id^ meine Sraftc bem
2)ienfte meiner SPerfon unb ber görberung meinet 3Bo]^Ifcin§
ent^icl^en muffen, um fic bem ©ienfte ber SDlenfd^l^eit gu
fc^enfen. aSfein Sntetteft l^at nid^t mir, fonbcrn ber SBcIt
angeprt. 3)ie Sm^jfinbung biefe§ 8(u§na()me5uftanbe§ unb
ber burd^ il^n l^erbeigefül^rten fd^meren Stuf gäbe, ju leben
ol^nc meine Strafte für mic^ felbft gu t)ermenben, i}at
mid^ ftetg gebrüdtt unb nod^ beforglic^er unb ängftlic^er ge^
mad^t, aU \ä) fd^on öon Slatur mar; aber ic^ l^abe e^ burd^*
gefül^rt, bie Slufgabe gelöft, meine 2)Ziffion öollbrad^t. Slu»
bicfem ©runbe bin id^ aud^ kred^tigt gemefen, forgfältig
barauf gu mad^en, bafe mir bie 6tü^e meinet Däterlid^en
ßrbtl^eil^, bic mid^ fo lange l^at tragen muffen unb ol^ne
metd^c bic SBelt nid^t§ öon mir gel^abt l}äiit, auä) im 8llter
btcibc. Sein 8(mt in bei; SBelt, feine SWinifter* ober ®ou*
öcrncurfteKe l^ättc midj entfd^äbigen fönnen für meine freie
ÜJtufee, roie fie mir üon ,^au§ au§ oftro^irt morben mar.
SBcnn man fo ein langet 2cim in Unbebeutfamteit
unb (Seringfcöä^ung 5ugebracf)t l^at, ba fommen fic am
©c^lufe mit Raufen unb trompeten unb meinen, e§ fei mac-».
122 -
3^ fjahc bic ©öttcr Qtbtkn, bafe fic mir meinen ?Slnti) unb
grab fet)n erl^alten motten bi§ an» ®nbc unb lieber mögen
ba§ ®nbe Dorriidfen, aU mxä) ben legten S^l^eil .be§ 3i^Ic^
läufig l^infriec^en laffcn. . . 3(^ hck bie ©ötter an unb
fül^Ie böd^ 3Kut]^ genug, i^nen emigen ^afe gu fd^mören,
menn fie fid^ gegen un^ betragen motten mie il^r SSilb, bie
anenfc^en."
©oet^e an Srau D. Stein, »erlin, ben 19. 3Jlai 1778.
„A vulgo longe longeque remotus,
solutus omni foenore."
„Coetusque vulgares et udam spernit humum fugiente
penna." Horaz.
„Asno sea quien a^ asno bozea" (®in ®fel fei mer al^S
®fel micl^ert). @panif(^e§ ©prid^mort.
„Ti scongiuro, Nolano, per 11 divino tuo genio che tl
difende et in cui ti fidi, che vogli guardarti 6i^ vili, ignobill,
barbare et indegne conversazioni; a fin cly^ non contraggi
per Sorte tal rabbia e tanta ritrösia, che divenghl forse
come ün satirico Momo tra li dei, e come un misantropo
Timon tra gli uomini."
Giordano Bruno, ,Oene de le Cene^i^
„Virtues, like essences, lose their fragrance when
exposed. They are sensitive plants, which will not bear
too familiär approaches."
Shenstone, Essays on men and manners.
„"iUi mi)t^ tragen bic 3Wenfdöen fd^m^cr, oIS an ber
?td^tung, ber SSerc^rung, bie fic für bie guten Sigenfd^aften
unb 2:ugenbcn anberer füllen ober fül^Ien muffen. SBer nid^t
mitt, bafe i^m bie Saft t)or bie güfee gemorfcn merbe, ober
123 ->
bcn fo Selaftctcu nad) unb waä) üon bcn ©d^ultcnt falle,
bcr miife immer ettüa§ gii bem ©cmid^te legen unb gu legen
'l^abcn — fur^, er mufe fie barunter erbrudten. Stber \ä) fte^*
ii^m mä)t für bie ijolöcn ber aSer^lüeifKung ber fo Seibenben."
Stinger, ,33etrad^tunöen unb ®ebanfen\
3n ©infld^t auf Vertrauen bie 105. @pifte( be^ Senela.
3)ie 177. a)}anme be§ (Sracian: 2)en tjcrtraulid^en
tJufe im Umoang ablel^nen.
„II n'y a pas de dette plus fidMement acfiuitt^e que le
m6pris." Helvetius.
-Magnum vectigal parsimonia.**
Cicero.
,,3Benn ber Sßorsug be§ 3}tenf(i^en fid^ barin erl&ärtet,
bafe er mel^r ein felbftänbige^ unb gefc^Ioffene^ SBefen al§
jebcS einer anbern ®attung au^mad^t, fo befielt gemife ber
l^ö^cre SSprgug ber 3}lenfdöen unter einanber, in je l^ö^erem
@rabe einer öor bem anbern bie» in f\d) felbft gefd^loffene
felbftänbige SBefen bilbet. Sin 3)lenfd^ alfo, ber in feinen
ainftd^ten, ©anblungen, feiner ©eftaltung unb S|5robuftit)ität
ober in allen ben Serül^rungöpunften feinet 3)afein§ mit ben
äBcfen feiner ©attung fid^ gleid^fam felbft umfreift unb üon
ber ®p]^äre feine§g(eic^en burd^ fein abgerunbete» SBefen fo*
gufagen in bem @rabe abftreift, bafe nur ein Heiner 'ißunft
ber Stfftmilation, eine 2^angente smifd^en il^m unb ber
ÜDtenfd^engattung fidf) bilbet — einen fold^en 3)fenfc^en fann
man fc^Ied^tl^in gu Sen Sßorsüglid^ften unb ©rofeten sohlen."
,JSabinet berlinifc^er .Siaraftere.'
-^2?
<gtteffetttta<^weifttttfiett
unb
Jlttmetftnnsen »es ^au*««»«*.
8. 21^. = iHrtfjur @d6open§auer*2 fämmtlic^e Sßerfc in fed^S
23äiiben. i^crauggegeben öon (^buarb @rif ebacft. (ficU)3ig,
ikriag öon ^^ilipp S^leclam jun., 1891; ^»^iDcitcr,
nic^rfa* berichtigter 5tbbrucf. 1892 ff.)
S. 5ÜL = 5(rt^ur «Sc^open^auer'S ^anbfd6riftlid&er ^Jlad&lafe. 5(ug
bcn auf bcr Äömglid&en S3ibIiot^ef in S3erlin öermal^rtcn
SDJanuffriptbüd&ern ^erou^gegeben öon (§buarb ©rifebacft.
Sßier S3änbc. (ßeipgig, SSerlag öon ^i^ilipp ditdam jun.,
1891 ; 3ttJetter, berid&tigter 5lbbrurf 1895 f.)
3. )B. = Scöopen^auer*§ S3riefe anSccfer, grancnftäbt, öonS^ofe,
i^inbner unb 5lf^er; foiöie anbere, big^er ntc^t ge=
fammelte S3riefe an^ ben Saluten 1813 big 1860, ]&er=
ausgegeben öon ©buarb ©rifebac^. ßeipgig, ^ß^ilipp
^Tteclam jun. 1895.
(^nji =z Arthur Schopenhauer aus persönlichem Umgang dar-
gestellt. Ein Blick auf sein Lehen, seinen Charakter
und seine Lehre von Wilhelm Gwinner. Leipzig,
P. A. Brockhaus, 1862.
(^U)- = Schopenhauer's Leben von Wilhelm Gwinner. Zweite
umgearbeitete und vielfach vermehrte Auflage der
Schrift: Arthur Schopenhauer aus persönlichem Um-
gang dargestellt. Leipzif>, F. A. Brockhaus, 1878.
Sdjopenljauer's (ßefprädje \ — \9*
1. @efj)räd&e unb S3rteflücciöfcl mit %xif)m (Bäiopm^amx. 2lu§
bem S^ad&Iaffe öon ^arl liBäfir ^herausgegeben öon £ublüig ©d^emann.
(ßcipgig, g. 21. 33ri)cf§au§; 1894.) (3. 38.
2. a) Dr. 2). Slffier, „®in 23cfud& bei 9trt^ur (Sc^opett^aucr"
(@ufefütriS ,Unter§altungeit am i&äuglid&en §erb\ 1854. III, 2
€eitc 27—30); ferner @. 33. @. 195 f.
^) Arthur Schopenhauer. Von ihm. lieber ihn. Bin Wort
der Vertheidigung von Ernst Otto Lindner und Memorabilien,
Briefe und Nachlassstllcke von Julius Frauenstädt. (Berlin,
A. W. Hayn, 1863) ®. 221 f.
c) @. 2B. VI, 227. 228
d) S. dl IV, 339
e) @. dl IV, 320
S. 2B. IL 167
s) Sin bem unter ^) angegebenen Orte, @. 224 f.
h) 51. a. D. @. 243
i) 8. SS. IV, 141 f.
^) @oet^e8 (^efpräd^e. Herausgeber S^olbemar ^^rei^err Don
löiebermann (ßeipaig, S3iebermann, 1890) S3b. VIII, (2. 337. 411
2(n bem unter 1) angegebenen Drte, (S. 42
m) 8. 2Ö. III, 217.
3. 5ln bem 2, ^') angegebenen Drte, <S. 136—202. 205. 207.
224. 228. 230. 241. 270. 280. 300. 301 f. 306. 329. 336 f. 357.
411 f. 432 f. — ^k einseinen (SJefprädöe finb uon mir neu georbnet.
4» Scf)Open]^auer 5 ^Briefe. §erau§gcgeben üon ß. @c&emann
(ßctpgig, :örocf^aug, 1893), 8. 285. 301 f. 305. 299 f. 320.
5. 5(n bem 2, '') angegebenen Drte, 8. 101. 92. 5.
- 128 -
6. The Parthenon. London, June 21, 1862. ^(. au(^ an
bem 2, ») angegebenen Crte.
!♦ 2ln bem unter 1 angegebenen Crte, S. 8.
8« ,t$unfge^n Briefe non ^(^rb Wagner' ^au^gegeben üon
eiiga SBitte (,5^eulf*e Slunb^ou' 1887), XIII, 6, S. 3J^.
9* ^S'^eine ^nnerungen an Schopenhauer. S3on 9iobert Don
öomfiein'' (,9>leue greic ^effe' oom 21. vofb 23. 9looember 1883).
10. 2(n bem gu 1 angegebenen Crte, S. 16—18; 27—29;
41—43. 3(6 ntu^ mic^ auf btefe U)enigen ^uSgüge befc^rönfen
unb übrigeniS auf baS ®uc6 felbfit Dertoeifen, ba eine Dodftonbige
SBieber^oIung ber üon S3o^r metfter^aft toiebergegebenen @efprö(^
mit Scftopenl&auer gur 3^^^ natürlich auSgefc^Ioffen ift. 3)ic
Schrift »ä^r'S, bie ic6, al« fte noc6 SWanuffript mar, einfi in
feinem gamilienfreife öon i^m felbfit öorlefen gu l^örcn baS ©lud
gehabt ^abe, ift alfo bic not^inenbige ©rgongung gu ber gegen«
märtigen (Sammlung öon ,(S(6open6auer*8 @cfprä(6en*.
11 unb 12. 9la(ö bem öon ^crm ©tabtrat^ (F. @. 33ec! in
2rranffurt a. 2)1. mir gur SSerfügung gefteüten Originalmanuffript.
13. 8ie^e »(Schopenhauer, ©cfc^icötc feine» fieben». aSon
ebuarb ©rifebac^' (Berlin, Smft §ofmann & (5o., 1897) @. 241 f.
321 f.
14. gr. ^aafc ,2Baa ic6 erlebte. 1846-1896* (,9)bberne ^nft'
[Berlin, öong, 1897] XI, 16).
15. ,©egel unb ©d^open^auer. 35r ßcbcn unb SBirfen. SJom
trafen 21. ^oud^er be ©areil. 2Wit STutorifation be§ ^öerfafferö
au8 bem ^rangöfifc^en überfefet üon 3. Singer* (SBien 1880)
@. 193 ff. — %ci^ frangöfifie Original erfd&ieu $ari8 1862
unter bem Xitel: ,Hegel et Schopenhauer, ^tudes siir la philosophie
allemande moderne depuis Kant jusqu' a nos jours par A. Foucher
de Careil*.
16. P. Challemel-Lacour: ,Un bouddhiste conlcniporain eii
Allemagne* (,Revue des dcux Mondes' 15. mars 1870, p. 298.
310—314).
17. @ie^c an bem gu 13 angegebenen Drte, @. 263. 326.
18. 9)mnblic§e a)^itt^ci(ung beS ^cxxn Sßrofeffor 3"liu^ 33au«
mann in ©öttingen.
-^ 129 o-
19. @tt)i 76 f. 77. @tt)2 533. @lüi 52. 203 f. 116 f. @iü*
616. (5Jrt)i 219—222. 224.
Scibftgcfprädje Sdjopenljauer's.
(SJrt)! 126—129. 131 f. 134 ff. 61 f. 135—137. 79 f. 69. 137 f.
149 f. ((SJtt)2 335.) 138—143. 113 f. 119-125. 133 f. 144 f.
130 f. 145 f. @m2 526.
Sücbltng^ftcKcm (^tü^ 185. @mi 147. @iü^ 334. ®tt)i 114.
119. 118. 151. (Stt)2 409. @tt)i 124. 117. @n)2 418. 422 ff.
@tDi 133. 150. 106 f.
Jlitmetßungen be$ S^ttam^eßet».
S. 3.
SBicIanb'^ ^ufecrung über bic Untcrrebung ^atte ejrau (Sd^open*
fiaucr i^rcm Sol^ne fpäter brieflich nacf) ©öttingen mitgetl^eUt.
(i8äf)r, a. a. C).
a 4 ff.
lieber feine ©efpräcfte mit öJoet^e f)at fid& <Sd&o))enl^auer
in feinem ,Curriculura vitae' (8. 2Ö. VI, 247 ff.) foIgenber=
ma^en auSgefproc^en : „SS^ä^renb jenes gangen SBtnterS liefe nüc6
bcr grofee Tlann r)äufig ^u fic§ entbieten, unb l^aben nnfere ©e*
fpräcfte ficö feineSmegS anf bie garbenlei^re befd^ränft, fonbern tüix
ftabcn über bie üerfd&iebenartigften p^ilofop^ifd^en ©egenftönbe un§
unterhalten, oft mel^rere (Stunben lang."
®. 6 3. 4—7.
^•ranenftöbt bemerft baju: „Scfto^jen^aner ergä^lte mir biefeS,
aU% mir einft überhaupt Don bem „efeU)aften" 6til mand&er ©d^rift*
ftcller fprac^cn."
e. 10 3. 4—5.
^iefe SEkmerfung f)at «Sd&open^aner fpäter auggefül^rt in einem
3uiat5 gum 2. Jöanbe ber ,^arerga*: fie^e @. SS. V, 567.
S. 18 3. 5—7.
i^gl. bagn bic meitere 5(n§fü^rung ®. 2Ö. V, 154 ff.
6. 19 3. 13—14.
3L^gI. ^iergu bie «Stelle im iöriefe (Sc^openüauer'g an IJranen»
ftäbt nom 12. September 1852: „3d& l)abe moi^I ergrnnbet unb
3d}0pcnl)aucr'§ (iicfprnc^e. 9
-=t. 130 o-
geleiert, lüaS ein §ci(igcr fei, aber id^ l^abe nit gefagt, bafe td&
einer toaxt," (@. 33. 216).
(5. 22 3. 16—23.
ä^gl. 3U biefem 5lu8f|)rud6 bie (Stette ber ,@enilia' 8. S^l. IV,
364 : § 701.
@. 23 3. 10 ff.
Sin bem oben 2^ angefül^rten Drte finbet fid^ nod) eine ©r=
töäl^nung ©d^openl^auer'fd&er ^ln^\pxad)t über feine 2Jlutter. |5rauen=
ftäbt berietet (@. 207):
„Wlit geringerer Sichtung unb 5(nerfennung, alg öon feinem
SSater, fpracö er öon feiner 2Jhittcr, üon ber er er3äf)lte, lüeld^
glängenbe^ ßeben fie gefül^rt unb ttiic fie in SSeimar öon @c&ön=
geiftern umfci^lüärmt gelüefen."
@. 35 3. 29 — <S. 36 3. 3.
(Sdftopenl^auer ^at biefe Söemerfung toeiter au^gefü^rt im
1. S3anbe ber ,5|8arerga* (@. 2B. IV, 68 f.) Ueber^aupt finbet fid&
bcgreiflid^erttieife in feinen fpäteren SSeröffentlid&ungen 9Jland6e8
toieber, toaS er in ben @efj)räc6en mit ^Ji^auenftäbt berül^rte.
6. 38 3. 1.
@ine neue S3egrünbung feiner 5lnna:^me, „bafe bie 3uben in
Babt)lon, nad^ bem (Siege ber Sßerfer, ben S^^oa^^^x-Q^laubm an=
genommen l^aben", lieferte (Sd&o^jenl^auer in ben für bie 2. Sluflagc
ber ,^iparerga* l^ingugefd&riebenen 3wfä6en gu S3anb II, § 179 (@.
2B. V, 397 ff.)
@. 42 3. 4.
^rauenftäbt berichtet nod^ (a. a. D. @. 143 f.), ba^ 8d^open=
^auer „über lüunberbare tjäße aug bem ©ebiete ber fatibifen
Xräume, be§ gmeiten @efid&tS unb beg @eifterfe^eng" fel)r mit*
tl^eilfam gettiefen fei unb i^m aud& „einige ^äffe an^ eigener (Sr=
fal^rung, bon feinen ©Item, unb einen üon ber @d&aufpielerin Sage»
mann in SBeimar" ergöl^lt l^abe.
@. 42 3. 29 — (S. 43 3. 3.
^ie i^m fpäter eingefallene £öfung biefeö ^ß^änomcnö gab
@d&openl^auer in einem 3ufa6 gur glüeiten Sluflage be§ ,2Bitten8
in ber matnf (@. 2Ö. lU, 249).
--- 131 ---
(S. 52 S' IT f.
®ie ^otxi £tnbner*S, baJ5 ©c^opcnl^auer bag S3ud6 ^Is eavtov
„m Saufe bc§ f^ätercn SllterS Begonnen l^abe", berul^te auf einem
aJitfeüerftänbnife: fte^e oben (S. 98. 100.
(S. 54.
S^or feinem erften 33efuc6e l^atte Stöbert öon i&omftein
<Scl&o))enl^auer*n bereits an ber ^irtl^Stafel bon toeitcm ge=
feigen, toaS er folgenbermafeen befd&reibt: „Um 1 U^r . . fomml
eiligen «Sd^ritteS ein eleganter alter §err, hxt ©efellfd&aft muftemb,
I)erein unb fefet fidö gu einem jüngeren 2?Janne, ber il^n freunblid&ft
begrübt .... ^er Lettner betätigte mir, "ta^ e8 ©d^openl^auer
fei, unb fein ^reunb, fefete er l&ingu, ift ber 2)laler )öuntefcl)üfe, ber
i^n gemalt ^at. ^aS S3ilb ift eben öffentlich auSgefteHt."*)
@. 54 3. 7.
§err üon §omftein berichtet, bafe er bon S^lic^arb Söagner
„nie einen ^ünftler ober 5(utor mit fold^em ©nt^ufia^muS
^Cii rühmen pren als ©d^openl&auer'n." S3eim 5lbf4iebe toar
SßagnefS le^teS Sßort: „Sßenn @ie nad^ ^ranffurt fommen,
grüben Sie mir ©d^openl^auer."
@. 57 3. 21—23.
3m SJianuffriptbuc^ ,@enilia* (©.* 135) finbet fic^ über
<Sd&iller folgenbe, biSl^er ungebrucfte Sluf^eid&nung (Sc^openl^auerg:
(Sd&iller=5tlbum: 3d6 häd^it, ber ß^oruS njöre auc^ o^ne mid)
fd&on grofe genug.
«Sie begießt ficö auf bie an ©d&open^auer ergangene ^luf*
forberung, fic6 in tm gum lOOjäl^rigen Geburtstage beS 2)ici6terS
l^erauSgegebencS 5llbum einzutragen.
@. 57 3- 24 ff.
lieber (Sd&open^auer'S (Stellung gu ber Dleöolution üon
1848 ögl. (S. 33. 155 f. 179. 191. @oet§e*S @ebid&t „(Sin
*) ^ieS erfte Celpcrträt Scöopenl^auer'S befinbet ftd& je^t im
^ermanif^en 9Mtionalmufeum in Slümberg. @in gtoeiteS £unte=
fc^ü^ifdfeeS ^Porträt Scftopen^auefS ift im Stöbel * 2Jhifeum in
granffurt a. 9)1. : öeroielf öltigt in Söolbemar öon Seibli^' grofeem
,$orträtmerf' (a/iünc^en, SßerlagSanftalt gr. S3rucfmann), unb —
nad& einer neuen pj^otograp^ifc^cn Slufnal^me — öor meinem obem
citirten SBerfe ,(S^open]^auer. ©efc&ic^te feineS öebenS'.
9*
-> 1B2 <>-
großer Xdd) toax ^uQtUovm" X^'ißaxaboli^äjtSf') martbte er auf bte
@efd&i*tc ber Sa^re 1848-51 an ((^tü^ 205): öcmtut^Itdö eine
SWanbgtoffc ^d)o)ptnf)antx'^ in feinem @jenti)Iar öon ©octl^e*^
©ebid^ten.
@. 60 3. 27.
2lud& @lü^ 224 h)irb angefül^rt ,,@r l^attc immer gel^offt,
leicht 3U fterben; benn toer fein 2thtn lang einfam gc«
lüefen fei, lüerbe ficfe auf bicfcS folitaire @efd&äft beffer
öerfte^en als Slnbere.'' 3)ag gefpcrrt ©ebrucfte flammt öer=
mut^Iicö au8 bcm ,etV eavtov'.
@. 61 3. 19—21.
%l. bie ©tette 6. 5«. III, 86: „ . . . ber öollenbete S|S]^i=
Hfter: bcffen S3ilb giebt unS 3. 33. 2:ie(f im Sßrinj S^rbino
in ber ^ßerfon be§ Slüanor, ber e§ rein auSfprid&t ungefäl^r \ox
„xoanxi mirft \>\x fommen, erfel^nte ^di, rt)o id& fi^en merbe um=
geben Don einer toDl^lgegogenen Familie, srüifd&en bem Hamburger
Sorrefponbenten unb feinen gal^Ireicften Söeilagen!''
(S. 61 3. 29.
„Xer junge Dritter" (in S3ä^f§ Xejte nur mit ,,^Jt." be=
geicfenet) ift («:. @. bitter, geboren 8. Dftober 1830 in 9iaröa.
gfladö bem Xobe beg SSaterS (1839) 30g bie SJlutter mit i^ren fünf
^inbern nci6) Bresben. SSon 1854 big 1857 lebte Flitter in ber
6cl&mei3, im S^erfcl^r mit 9tid&arb SBagner, htx bem er aud& fc6on
1850, auf beffen (^inlabung, ein ganse^ Qa^r 3ugebracf)t ^atte.
SHitter l)at f))äter öier 2;ragöbien Deröff entließt: ,^er milbe 2BeIf*
(1877), ,^önig Diobert*' (1878), Virginia' (1878) unb ,33ünbel^
montc* (1881).
©. 81 3- 11 f.
Xie S3emerfung ^oucßer be G^areirs, ta^ 5(. SBeil üon 3c6open=
Iraner unfreunblicö empfangen morbcn fei, meil er ifjn alö Snben
erfannt ^(xht — ift ööüig irrtr)ümlicö. Sc^openl^auer ^ai befannt?
\\6) in allen (5pod&en feinet fiebenS freunbfc^aftlidö mit 3nben Der=
fcl)rt. Seinen berliner Kommilitonen (3^an§ na^m er fogar in
feinem §aufe auf unb forgte brüberlicf) für ifjn. 3n ^'ranffurt
irar fein langjähriger befter Srcu"b, Dr. (§mben, 3ube. Später
forrefponbierte er Sa^re lang mit ^aöib 5lf^er. ißon «verrn 23ei(
-^ 133 <^"-
aber tiiclt er lüd&t üiel, lüeil biefer öerftümmelte ^tuSgüge aug ber
,@t§if* in fdölcc^ter frangöftfcöer Ueberfefeung öcröffentlicöt l&atte.
®. 84 3. 22 ff.
^ic böti 6l^atteme(=ßacour alg fclbftcrtebt Uxi^Uk ^nd-
böte öom ättJa^^giöfr^^f'^tücf ift a^ofrt)^)^, cbenfo tute blc
anbete 2^ifd&anefbote, tt)Dnad& @cl&oj)en]^aner einem S'lad&bar auf bic
S3emerfung: „@ie effen aber aucl& breimal fo öiel al§ «Sie begal^Ien"
— ertoibert l^abe: „^UcxhinQ^ effe id) breimal fo biel toie Sie,
bafür l^abe id) aber aucö breimal fo biel SSerftanb toie Sie." 2(Ig
§err öon ^omftein ben SDleifter einftmalS auf biefe 5lnefboten an-
rebete, erflärte Sd&openl^auer beibc ©efdfticöten für erfunben, inbem
er l^in^ufe^te: „Sold&eg 3eug rebe id) nid&t." 3n ber 2^^at toirb
bie 5tne!bote öom 3toßit3i9ftcinf=Stürf bereits in ^Ji^iebridö bon
3)^att5iffon'§ »Erinnerungen' (3üricö 1816) S3b. V, @. 121 f. öon
einem (^glänber ergä^lt. Um fo auffallenber ift eS, bafe ©loinner
in beiben 5(uflagen feiner biograpl^ifd^en Sd^rift bit 5(ncfbote als
autl^entifdöe S(ftopen]^aucr=2lnefbote auftifd&t.
S. 91 3. 20 ff.
Heber Sd^openl^aucr^S ,,an SJ^anie grengenbe 5lugft'' (ein
@minner'fd)er überti-cibenber 5luSbrudf) finb bie fc^on oben
CSSorbemerfungen' S. 98) ertoäl^nten 3üge au^ bem ek eavrov
ÖJtü^ 112 gufammengeftellt. ^ie Stelle iauitii „Sd&on als fed6S=
jähriges ^inb fanben i^n bie öom Spaziergange l^eimfe^renben
Sleltern eines SlbenbS in ber üottften SSergloeiflung, n^eil er fid&
plöfelidö oon i^nen für immer berlaffen ioä^nte. ^IS Süngling
quälten ißn eingebilbete ^anf^eiten unb Streitpnbel. Söä^renb
er in 23erlin ftubirtc, l^iclt er fid& eine ^di lang für auSgel^renb.
23eim 5luSbrud6 beS triegS 1813 berfolgte i^n bie fjurd^t, gum
^riegSbienfte gepreßt gu toerben. 5luS SIeapel bertrieb x\)n hit
5lngft oor ben Jölattern, auS 23erlin bie (Jl^olera. 3n S3erona er=
griff il^n hxt fiye 3bee, Vergifteten Schnupftabak genommen 3U
l^aben. 5llS er 1833 im S3egriffe loar, 3Jlann]^eim gu berlaffen,
übcrfam i^n ol^ne alle äußere 23eranlaffung tm unfäglic^eS Slngft*
gefül^l. Sci^relang üerfolgte il^n bie %md)i üor einem Griminal-
proceffe megen ber 23erliner Slffaire [SJlarquet/Sd&openl^auer], oor
bem SSerlufte feines SSermögenS unb oor ber Slnfec^tung ber @rb=
-o 134 --
t^ciluitg feiner eigenen WlntUx gegenüber, ©ntftanb in ber Dlad^t
2äxm, fo ful^r er öom S3ett auf unb griff nad^ 2)egen unb ^ßiftolen,
bic er beftänbig gelaben l^atte."
Um eine toörtlidöe SBicbergabe toirb e§ fid& fiier o^ne Steifet
nid&t l^anbeln; namentlich bürfte ber (Scölufefa^ öom S)egcn unb
ben $ßifto(cn ein augfcömüdfcnbcr 3ufa^ beS S3iograp]^en fein. 3^
ber 9)Httl&eiIung öon htm „unfäglidöcn" Slngftgefül^I, ba^ (Schopen-
hauer in 2Wann]^cim befaüen, l^alte man bie Slufgeic^nung in feinem
aWanuffriptbucö ,eogitata' @. 415:
Söenn ici& nichts l^abe, toaS mic^ öngftiget, fo beängftigt mid^
eben XieS, inbem eS mir ift, al8 müfete boc6 dtoa^ bafe^n, ba&
mir nur eben öerborgen bliebe. Misera conditio nostra!
@ie^e ^aco de Deo Pan, in sapientia veterum.
(@. dl. IV, 352: bk (Stette ift gefd&riebcn — in 2)Jann^eim 1833).
@. 91 3. 28 f.
^aS SBorfdötoebcn ber SDlöglic^feit eineg (Sc^eintobeg mag
inbefe and) bd bcm Sßerbot ber «Seftion mitgeinirft ^aben;
bcnn- er öerorbnete auSbrüdflidö (©m^ 401), baft feine ßeictje über
bie gettJÖJ^nlid&e 3cit l^inauS in ber ßeid^enfammer beg ?5riebl^of^
offen beigefefet tnerben folle. 3n ber %f)at fanb bie 23cerbigung
©d6o|)en^auer*g erft am fünften Xage nad6 feinem 2^obe ^tatt
(S. 93 3. 26 f.
5tuf einem SWifeoerftel&en beg Dr. jur. ©ininiter beruht cg,
ba^ (Sd&open^auer öon ber „Sßol^Itl^at ins abfotute Slid^tS
3U gelangen" gefprod&en ^'dtki baöon fonnte er nid^t fpred&en,
benn in feiner Sß^ilofopl^ie giebt eS befanntlid^ nur ein rcl at iöcS
mm^
6. 95.
^er Xitel oon S^arf Slurers „ds iaviov ßißXia'' ift öon
3. @. (Sd^ult^efe in feiner ,S3ibliot^ef ber gricc^ifcften 5ß^ilo=
fopl^en' (3ürid& 1779) iiberfe^t „^Betrachtungen über feine eigcnftcn
^Ingelcgcn^ctten''; 3. 2Ö. 9^ed&e (^ranffurt a. Tl 1707) unb
3. Tlatif}. (BdjuU (6c6lc§tt)ig 1799) überfeöten bcibc „Unter«
I)altungcn mit fid^ felbft", unb ber lefetere in feiner latcinifd&en
Ueberfe^ung (ßeipgig 1821) „libri quos sibi ipsi scripsit**. 5tm
- > 135 -^
treffenbflen totrb ber Xitel tüol^l burcö „an fid& fclbft gericötete
S3eltacötungen" öerbculfd^t.
(S. 101 3. 3—5.
^iefe ©tette ift öon (Scl&o))eiiI)auer benufet @. SB. V, 633.
@. 109 3. 21 — @. 110 3. 23.
23etrad&tungen über bte @^c ftettte er, ' im ek iavmy^ and) in
englifd^er ©prad&e an: l^ierauS fc^eint überfc^t gu fein, toaS ©tr^
332 ff. mitget^eilt tt)irb. ®g Reifet §ier:
5lber aud) bie ^oxif^dU ber ©l^e — bie ^ßfCege in Sllter nnb
^anf^eit nnb ein eigener §eerb — fc^ienen il^m trügerifd^: er
fragte fic^, ob ttma feine 2)lutter feinen Spater gepflegt ^aht, ba
berfetbe franf gettJefen fei; ob einem nid^t ber l^erglid&fte SBidfomm
im ©aft^aufe gutl^eil icerbe nnb ob nid&t bieg gange ßeben ein
diversorium, eine bloge Verberge fei. Sßenn eS il^m aud& gtoeifel*
l^aft gn fein fd^ien, ob bk gnrüdfgegogene ßebenStüeife, beren
Tlm^djtu, njte er, bebürfen, leichter in ber @]§e ober im Sung*
gefettenftanb möglid^ fei, fo fal^ er bod^ tool^I ein, bcffe für il^n ber
le^tere fd^on nmbefeioitten geboten fei, toeil er, hd gemiffen^after
©elbftprüfung, treber ben 9)hit^ noc^ bie fjäl^igfeit nod6 htn 23emf
in fid& fül^lte, bie ßaften ber @^e anf ftd6 gn nel^men. Senfibilität
nnb 3nteÖeftuaIität loaren in i^m alle 3cit öor^errfd^enb, toeSl^alb
er ade 3^it für bie Uebel nnb Unbilben beS ßebenS bk intenfiüfte
(Smpfänglic^feit l^atte, üon bm fjrenben nnb ©enüffen begfelben
bagegen öerpllnifemäfeig meniger betoegt tünrbe. ^eSl^alb lagen
t)on Sngenb anf feinen Xräumen üon ©lüdf immer @cenen ber
3nrürfge3ogenl^eit, ber @tille, ber ©infamfeit nnb beS ©elbftgennffeS
gn @rnnb. SBenn fein reales 2zhm bit §anptfad&e feiner
^ifteng nnb bie Dnelle feiner @enüffe getocfen loäre, ptte er
rt)o]ÖIgctl)an, gn l^eiratl^en; ba fein 2thtn im ©egentl^eil ein ibealeg,
intelleftuellcS gemefen fei, f)abt er e§ nid&t tl^nn bürfen: benn eines
müffc bem anbem gnm Dj)fer gebracht toerben.
@in Tltn^dj, ber, ans lüeld^em @rnnb immer, bm natürlicfecn
ßebensmeg öerlaffen l^abe, bürfe nie l^eirat^en. SSer o^ne ©rmerb
fei, l)abe feine fefien SBurgeln anf ®rben, tin (Sturm fönnc i^n
umtoerfen, er muffe beS^alb allein fte^en. ^aS SSagnift mit
einem f leinen SSermögen ol^ne Slrbeit %n leben, fönne nnr im
-^ 136 <=--
Zölibat biircögefül^tt merbcn. ^cr SSerluft ber freien SSerfüöutifl
über feine eigene Sßerfon fei ein toeit gröfeereS Hebel al^ ber
^oxtf)üi, ber ii)m auS bem @ett)inn einer anbern ertt)ad&fcn fönne.
5lud6 fei eS fc^lec^terbingS unmöglidö, bafe er mit einem 2Beibc
glücflidö märe, tre(d;cc^ nic^t glücfli^ mit il^m fei: ba er nun i^aupU
ydd^iid} in feiner ©ebaafcntoclt lebe, ©efettfc^aft nnb fiuftbarfeiten
nid&t liebe, überbieS niä)t immer in guter fiaune fei, fo fei toenig
Hoffnung öorlO^nben, bafe fid6 dn Sßeib mit i^m glücflid^ fül^len toerbe.
Söeil er ben eigentlichen S^^^ feinet ßebenö jenfeit ber
©renken feiner perfönlicöen ^iften^, bie il^m nur ba^ 2)httel ha^u
tdax, liegen ]ai), fo fc^ien tl^m ba^ Sßid&tigfte unb Ungemeinfte bem
Gemeinen gum Dpfer gebracht gu merben, fobalb feine $)3erfon unb
fein ©igentl^um nic^t gang gu feiner S3erfügung ftänben, fonbem
jemanb baran tl^eilptte. liefen freien unb unbefc^vänftcn iöefife
feiner felbft fic^ t^u fid&ern, öergid^tete er auf ben S3efiö jcber aubent
4^erfon. 2)enn loenn fie il^m gel^ören foUe, muffe er i^r gcl^ören.
'^a^u tarn feine fjurd^t öor 9}langel im 5llter. (5r betrad^tete
fo fein (Srbt^eil al§ einen geioei^ten ^d&a^, ber i^m nur an=
vertraut fei, um bk i§m öon ber S^iatur geftellte Slufgabe 3u löfen,
um für ficö unb bk SJienfc^^eit bog fein gu fönnen, toogu fie il^n
beftinunt l^abe, alg einen fjreibrief, o^ne lüelc^en er für bie 2)Jenfcö=
l^eit nu^log fein unb öielleic^t bk elenbeftc (^iftenj l^abcn mürbe,
bie jemals^ dn 2}ienfcö feiner 5lrt gehabt l^abe. ^e^^alb l)ielt er
es für ben unbanfbarftcn unb untoürbigften SJJiftbrauc^ eines fo
feltenen ©d&irffals, menn er in ber fo oft getäufd)ten (hnuartung
eines genufereic^ern ßebenS, öielleidöt bk ipälfte feines ^infommenS
an 3}lobel^änbler, (Sd&neiber unb ^ßu^mac^erinnen ausgeben moUte.
(5r befannte ficö gu ber 9Jleinung, ba^ einer, je oerftänbiger
unb meifer er fei, befto fd&limmer in ber S^erbinbung mit ber un=
öerftänbigen ^ölfte ber 3)ienfd&]^eit fa^re, unb mit 8ftecl)t, ba biefe
Sßerbinbung oon feiner (Bdic eine größere ^^or^eit gemefen fei.
iöollenbs mer öieräig 3al)re alt gemorben fei, ol^ne ficö mit 5vrau
unb 5linbeni belaftet gu l)aben, muffe menig gelernt l)abcn, menn
er es nact)I)er noc6 tl^un motte. ©S fomme i^m bieS öor, al« menn
einer brei SSiertel ber ^Poftftation gu 3'ufe gurücfgelegt l)abc unb
nod6 ein ^affagierbittet für bie gange %aljxt löfen motte.
--^- 137 o-
@. 110 3. 10.
^cr l^icr, @tü^ 149, gtDtfdöcn ßartefiuS unb 2)lalcbrand&c eilige^
fd&obcrtc ßeibtttg fcöeint mir öon ©totnner eingcf droben gu fein: bei
6d)t)pen§aucr*g befannter SBerll^fcl&äfeunö ßeibnigeng tüirb er il^n
fcötoerlicö unter hm „'dä)kn ^ßl^ibfopl^en" genannt l^aben.
<S. 110 3. 20.
„Matrimony — war and want" ift fein ß^itat, fonbern (Sd)0|)ens
I)auer*g eigener @ebanfe in englifd^er (Spvad&e: ftel^e anä) <B. S3.
433. ^ag (Selbe gilt öon ber englifd&en (Senteng S. 115, unb
ebenfü ift (S. 116 „Rien de si riche qu*un grand soi-m^me**
(Sd^openl^auer*^ ©ebanfe in frangöfifc^er (Sprache.
<S. 119 3. 30-31.
^er SluSfprudö fte-^t @to^ 145 unb unmittelbar üor^a*
l)dbt eg bafelbft: ©r icar beffen geiüife, nid^t öergeffen gu
UJerben, unb toal^rl^aft prDpl^etifcö fc^ricb er gerabe in ber
3eit, als er t)'6UxQ öergeffen gu fein fd&ien: er bürfe Soffen,
,M^ bie 9?lorgenfonne feines Dtul^meS mit i^xtn erften Stxaf)kn
htn 5lbenb feines ßebenS öergolben unb il^m bie 2)üfter!eit benehmen
tuerbe." Unb als er biefeS 3^^^ tüirflid^ erreid^t l&atte, fagte er
(äc^elnb: ,,2Benn man" u. f. h). ^aS ,,fd&rieb" fann fid& m. @.
nur auf baS ek iavzov begiel^en. Qu ber 2. 5tuflage ber 23io-
grapl)ic ))Cii @iüinner biefe beiben 5luSfprüd6e getrennt: ber erftere
ftel^t @jü2 426, ber pitxit („SBenn man, fagte er einmal") @tö2 525.
3dö benufee h\t @elegen!^eit, l^ier nodö auS ©to^ 430 eine fd&öne
Jsl^ariante gu ber (Stelle über bie öorfantifd^e Sß^ilofop^ie ((S. SB.
IV, 203) gu reprobuciren, bermutl^lid^ ift eS eine Dlanbgloffc:
©S foll fid) nur jeber unbefangen prüfen, ob er auS ben an=
fprud)eIofcn unb veralteten Schriften eines SReimaruS, (SarDe, Suljer,
^IMatner, ^Jcber, 9}?einerS, ia felbft eineS ^rug nid&t nod) 6eutigen=
tags mel^r gu lernen öermöge, als auS benen ber brei berül^mten
nad^fantifc^en Sopl^iften, gefd^nieige benn auS ben unerträglichen
8d)retbcrcien il^i^er 5lffeclen unb Epigonen. ®ort begegnet man,
felbft bei geringem Xalente, überall jener in ber reinen 2,kht gur
2Bal)rl)eit »urgelnben ^eufc^l^eit beS p!Oilofop]&ifd&en XenfenS unb
ber barauS fliefeenben ^larl^eit; !^ier bagegen leeren, bunflen, prä^
tcntiöfeu, in ip^perbeln unb Gontrabictionen fcötöelgcnbcn SSort*
-^ 138 --
gegeben, tpcld&e ber beutfd^en spftilofopl^ic unfcrg Scil^rl^unbcrlS
bic attöemeine Sßerac^tung, guerft be^ 5luglanbeg, bann aud6 be8
Snlanbeg, mit öoUftem 9*cc6t gugegogen l^aben. 2)afe folcftc .5|ß]^tb=
fopl^cn in 2)eutfd6lanb il^r Sßublifum unb il^rc 3ctt finbcn, fann
um fo meniger »unberne^men, als fc^on ßucreg (1, 641 f.) gu flagen
gel^abt:
Omnia enim stolidi magis admirantur amantquc
Inversis quae sub verbis latitantia cemunt.
@. 121.
^ie ©teile an^ 2)iercf'g ,2inbi)r* loirb (Sd&opcn^aucr in feinem
ipanbe;remp(ar angeftric^en l^aben (ba^ SBerf erfc^ien guerfl in
SBielanb'^ ,Xeutfd&em Tltrhit 1781, bann lüieber^olt in ©tal^r'g
5lu§gabe [1840]). ©lo^ 409 tüirb erwähnt, (Sc^openl^auer ^abc
ben ,Sinbor' m „libellus vero aureus** genannt: bcrmutl^lidö lüirb
er ha^ an ben ^opf ber ©efc^id&te gefc^rieben j^aben: ögl. auc§
@. ^. II, 256.
8. 122 3. 17.
©ier ift gu lefen che (ftatt „cho**).
@. 122 3. 21.
§ier ift gu (cfen Cena (^iatt „Gene**).
@. 122 3. 22—25.
^ie «Stelle aug @^enftone fte^t, in ber 5luggabe öon 1768,
vol. II, p. 48. @Id2 422 giebt fie in Ueberfe^ung, bit iüol^l
öon ©cftopcn^auer l^errül^rt unb lautet:
©eiftige SSorgüge öerlieren, toie ©ff engen, anS S^'cie gefegt,
il^ren Xuft; fie fd^rumpfen gufammen unb lüelfen, lüie fenfitiöe
SPflangen, M gu naiver S3erü^rung.
8. 123 3. t!
^aö (5itat ber 105. @»)iftel beg Senefa fte^t im 2}ianuffri»)t:=
bud6 ,3olicint*, toie idft fd^on in meinen ,S^orbemerfungen* (S. 98)
angegeben f)ahc. ©tu^ 90 lieiftt eg: „(öd^rififtücfe, an benen er fic^
immer öon neuem erbaute, maren bie 105. (Spiftel be<S Sencfa, ber
Slnfang öon §obbe8 de cive, SJlacc^iaöell'g ^Principe, bie Jftebe beS
Sßoloniug an ßaerteg im Hamlet, bie 2}^ajimen (Sracian*^, ber fran«
göftfd&en Smoraliften, S^enftone'g unb ^lingef S."
139
3. 1-23 3- 13 ff.
neber bie (o. C 1808 crfcfticncne) Schrift «Sobinct bfrlmifc^r
ÄaroÖcrt* DgL 8. S. IV, 116. Biboiotnfymtt Demtut^ct bafclbft,
boB i^r S^moffcr ^aul gerb, griebricö ^uc^olj gemefcn fei.
j^ad^trag ;n iirn tSrfpräditn*
Xnit !(• 3- ^^^ Sunfen.
Srauner 1857.
IBunfen'^ 9?amc leud^tete langft im @Ian}e l^ol^er Sitten;
@(i^open]^auer, ber bomal^ berül^mt jn toerben begann, l^ielt
ba§ @nbc feiner irbifd^en Saufbal&n för ben Anfang feincS
unöergänglid^en 9lu]^me§ unb fagte ju Sunfen (toie biefer mir
[Äuno gifd^cr] unmittelbar nad^l^er ergäl^ß l^at): ^@ie l^aben
S^ren So^n baJ&in!"
Cnette: ©cfd^td^tc ber neuern ^l^üofopl^ie öon Äuno gifc^er.
Stifter S9anb. 5lrt]^ur ©d&open^auer. (^eibelberg, 6. SBinter, 1893)
e. 29.
">#-
riamenregifter.
21.
©eite
5lttöelu2f (öilefiug. . . . 83
5tnquctt( bn SPerron. . . 75
§(riftoteIeg .... 102. 110
Strtemiboru^ 9
5ttma, (Sd^openl^auerg
$ßubel 11. 84
23.
33aaber 92 f.
«acon . . . 114. 120. 134
mi)x, ^axl 128
fdcd, (Sd&aufpicierin . . 71 f.
Sedfer, So^cinn 5lugufl. . 56
Jiöeetl&Düen . . . . 22. 54 f.
23enefc 44
S3Ium, stöbert .... 57 f.
S3lumenbad) 27
23ra^ma 37
^runo, öJiorbano . 14. 106.
122. 138
$öu^5ol8 .... 123. 139
f&ubb^a ... 37. 49. 63 f.
S3l)ron . 28. 53. 59. 118. 120
d.
i^ahani^ 81
(Seite
Galberon ...... 30
(Sartcftug . 16. 26 f. 44. 110
feöanteS 29
e^amfort ... 81. 116. 121
ßicero 123
©ourbet 78
(5:rüger, @e:^eintcrrat]^ . 68. 75
D.
Räumer 70
^emoftl^eneg 114
^tberot 56
^D^SgracIt 92
^orgut^, ©el^eimer Sufttgratl^ 8
^ofe, 5lbam bött . . 56. 59
^rouet 55
€.
Mf)axt, 2)kifler .... 66
mha, bte 120
©^renberg 46
(hiripibcg 120
^.
fjebcr 137
gemottJ 118
-> 141 ^^-
(Scitc
^eucrbacö, ßubtüig . . 55 f.
Sichte 137
Stfcöcr, ^ßrofcffor in S3afcl 48
?5ran3 öon Slfftfi .... 30
frrauenftäbt 62
(5.
©aröc 137
(George Sanb .... 18 f.
(^hicf 57
(^öbcl, 5tngilbert .... 78
(^oct^e 4 ff. 24 f. 28 f. 56. 59.
67. 70. 72 f. 75. 115 f. 118.
121 f. 129
C^osai 88
@radan. . . 109. 123. 138
.sjamcl, Suliu« .... 77
§at)n, SSerlaggbud&^änblcr 62
.'Öcgel (unb Hegelianer) 21. 26.
30. 60. 73. 137
.^elüetiuö 55 f. 81 f. 117. 123
§erbart -44
.§cfiob 24
."Öobbe^ 138
^?öva3 105. 122
§inne 36
3.
3fcn, islaxi 28
Csnbra 38
3 (=3ob).
Sngemnnn, @cf)anfpie(erin 130
ocan ißaul .... 6. 28
3cl)0üa^ 38
3e)u^ 38 f.
©eilt
SoJanncS 6cfunbu8 . . 41
Sulian ^poftata ... 30
K.
^ant 6. 16. 18. 25 f. 44. 73 f.
76. 110
steift, eiüalb 6:§nftian öon 106
Jünger, g. 3^. . . 122 f. 138
Änebel 99. 103
^opemifu» 35 f.
£rug 137
£.
ßaplace 18
ßeibnig ... 21. 27. 137
ßeoparbi . . 49 f. 59. 120 f.
ßcfage 66 f.
ßeffing 72
ßicötenberg .... 40. 50
fiofee 90
l^otü^oto, öon .... 52
ßnfrea 13H
ßuntefc^üö . 66. 77 f. 131
2ntf)tx 65
m.
OKac^tabcm .... 24. 138
Wfläbkx 4H
makhxan(i)t 110
aWar^einefe 27
maxi 5lurel .... 134 f.
aJkinci'g 137
aJkiffonier 77
ST^enbcIgfo^n, Seli^ . . 57
mcxd .... 28. 121. 138
ajletaftafio 6H
142
(Seite
TO^elet 56 f.
SJb^ammeb 38
a^ülefc^ült 56
moüexc 31
aJiogart . . 6. 22. 53 f. 57
H.
^kpoleon 34
^^kpDleon III 91
S^elrton 7
mtt}, eiifabet .... 60 f.
0.
Ormugb 38
Oforiug 33
P.
^^^aracelfug 41
g^etrarfa ... 106 f. 110
^latncr 137
W^to 14
^lantn^ 104
^xkt, S^tidSarb .... 121
H.
Diabclai^ 82
^ci^arbt 57
Sfteimarug .... 38. 137
^Jteiit^olb 24
9tembranbt 77
Deuter, SScrfaffer beS
,(Bd)dnmmt)' . . 28 f.
Sattler, (J. @. . . 61 f. 132
9flofenfran3, t 37
9toffini .... 53 ff. 57
9touffcau, 3. 3. ... 29
5.
©eile
©cÖeUtng 137
(Bmtx . 28. 57. 106. 131
©c^Iegel, 21. SS. . . . 24
©d&Ietertnad&er 15
(Sdöü^enl^auer, Slrtl^ur
,«ierfatl)e SBuracI' . . 4. 13 f.
.(öcl^n unb färben' ... 4 f.
,9SBeIt als ffiiUc unb iBorfte^
lung' . . . 9 ff. 62. 56. 91
,2öiUe in bcr fflaim' . . 48
.et^if 57
.^arerga' 84. 93
(Sd&openl^auer, §einri(l&
SIürt§ ... 22 f. 58 f.
@d)opeu5auer, 3o]&anna 3 f.
23. 58 f. 130
©c^ubert 57
(öcöulac, 03. e 27
©enefa 33. 98. 107. 123. 138
Sl^afefpeare 28. 30. 41. 110. 121
©^cnftone . . . 122. 138
<BotxaM .... 102. 110
(Bpino^a . . 5. 16. 27. 110
©ponlini 54 f.
(Bia^i, SDMbame bc . . 7
©taubinger 64 f.
Sterne, ßorcng .... 29
©ttebel, ©el^eimcr §ofrat^ 60
©traufe, ^. S. . . . 30. 56
(Sud^Slanb, SSerlagSbucö*
pnbler 77
(E.
2:auler
^^ertußian
()6
40
143 <^-
Sfite
,5C§eü(oöia teutfd&', 23cr*
faffer ber . . . 65 f. 74
5t^oma§ öon Kempen . 107
Xkä, !d 132
Xitug, i^aifer .... 91
Xrcnbetenburg .... 90
U.
Upauifd)aben, bie . . . 75
W,
Slöagner, ^Jltcfearb 53 f. 62. 131
@eite
SKcbcr, ^. 2Jl. Don . . 55
Söeil, Sllejanber . 81. 132 f.
Söcifee, ^^riftian ipermann 26.
55. 62
Söerner, 3ac6aria8 . . 31
SBielanb 3. 129
SBiffe, fyran^oii^ ... 54
Sßhibifcögräö, prft. . . 57
Sßolf, g. 51. ... 15. 118
S.
I Boroafter . . . 38. 130
«aucTftfte 93u(^brudcrci, SBerlin SO.
SSerlag öon ©mft ^ofmonn & ©o* in ©erlin SW. 46, §ebemannflr. 2.
Saritlitttratats
Katalog eitte$ ^^ißfiopßifen
mit txttaatlf^en nnh
JinmerRungen
üon
€buarb (Brifebadj*
3n 8^; XI I, d^'k ^^^^cn, Sdjrcibpapicr, in Pergamentumfcblag, gel^. 6 HT.
fjierin 5. 3^0—325: 2lrtl?ur Sd^openl^auer.
iöerlaö Don 55» 51* ^rotfl^au^ in Sci^ijtö*
ötta anS Jn^ötta (
djop0nl|au0rtatta»
(Eine 5d?openl)auer«BibIiograpl^ic, fomtc Hanbfc^riftcn
unb Briefe 2lrtl^ur Sd^openl^auer's.
von
€buarb (5rif ebadj.
3n ^0; 222 Seiten, beutfd^es jitärfftes Büttenpapier, geheftet 10 IHarf.
ITlit Porträt, IDappen unb (Jacfimile ber Banbfdjrift Scbopcnl^auer's.