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Full text of "Schriften"

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JEIjmnas  Mntntt 


itirti  tue  ßirdje  bes  ÜUttditltem 


s^on 


?$al*bemar  jfcaiuerau. 


Halle  1890. 
SBcrein  für  9%eformattonSgefci)tCE)te. 


^  o  r  id  o  r  t. 


S)er  Snljoft  ber  nacfifotgenben  @tubie  tft  burcf)  ben  Site! 
umfdjrieben,  unb  id)  möd)te  auSbrücftid)  bemalen,  hak  fidj  bte 
5d)vtft  ftrcng  in  triefen  felBftgeftecften  ©dfjranfen  fjatten  null. 
8ie  tft  geplant  unb  gefdfjrieoen  afö  ©inlettung  gu  einer  in 
l)offent(id)  uicr)t  allnt  langer  ^rift  nad)fotgenbeu  Stroeit  über 
9Jturner§  Stellung  &ur  beut f cf) e n  Deformation  unb  nur 
unter  biejem  ©efidjtspunfte  null  fie  betrachtet  [ein.  3dj  roetfj 
barum  fefjr  mol)l,  bafj  burcr)  bteje  SBtätter  ber  SEBunfd)  ber 
^itteraturgefdjicfjte  nad)  einer  SKonograpljie  über  ben  mert= 
mürbigen  3fran$i3faner  nidjt  erfüllt  mirb.  3öa§  itfj  erftreBte  mar, 
unbeirrt  burcf)  Stnltagen  oon  rjüben  unb  Rettungen  oon  brüben, 
ein  tttterari jdjeS  unb  religio  je§  C£t)araf tevbtCb  be§  üRanneS  ,yt 
,^eid)neu,  ber  bie  Stufmerffamfett  ber  ßttteraturs  mie  ber  Ätrdjen= 
gejdjidjte  in  gteidjem  9Kaf?e  in  Shtfprucf)  nimmt.  SGBte  jdjnmnfenb 
ba5  Urteil  über  ttjn  tautet,  tft  befannt,  unb  man  barf  mol)l  otjne 
ttjettcreS  jugeben,  baf?  er  oon  eoangetifdjer  Seite  ntdjt  immer  geredet 
unb  oor  allem  nid)t  immer  mit  genügenber  Sadjfemttntö  geroürbigt 
roorben  tft  ©er  SBerfuclj  eines  aus  ben  Quellen  kl  im  gefd&öpften 
Sf)arafterBübe8  mirb  balier  feiner  ^Rechtfertigung  bebürfeu. 

Sflagbeburg,  am   1.  3uni  1890. 


9  n  6  a  f  t. 


Seite 

GrfieS  Äapiiel. 

§ctmat  unb  2Banberjaljre 1 

3>ueitc§  Äapitel . 

fÖettelntDndj  unb  -fiumanift 22 

drittes  Äapttel. 

2$eolog,  ^rcbigcc  unb  ßetfUidjer  £>td)ter 42 

Viertes  Jtapitel. 

£er  ©attrifet    . 64 

2lnmerfimgen     ...................    92 


(£rftcs  ßnmtel. 
§ciiitat  mt&  2ßan2terjafjre* 

£ljoma§  SDhtmerS  Seben  ift  üietbetoegt  unb  unftät.  ßtne 
fieberhafte  Unruhe  fcfjeint  ifin  31t  ber^ren  unb  if)n  raftfo§  untrer* 
zutreiben.  5ht§  ben  ßreuggangen  be§  heimatlichen  $arjnfserfTofter§ 
locft  e§  ben  311m  Sßriefter  gemeinten  Süngftng  in  bie  meite  Sßelt ; 
er  siefjt  bon  einer  rjorjeu  ©djule  jur  aubern,  bon  $ari§  bi§  nad) 
ftrafau;  er  empfängt  au§  be§  Äaiferö  §anb  ben  bitfjterifdjen 
Sorbeer;  er  Iel)rt  balb  ()ier  balb  bort  bom  Äatfjcbcr  unb  prebigt 
auf  ber  fanget,  ©r  erfdjcint  balb  afö  £f)eoIog,  balb  afö  Surift 
unb  pfufdjt  gelegentlich  and)  ben  Sterben  in§  §anbmerf.  ©r 
fdjreibt  toi|ige  (Satiren  unb  bertröbeti  ^uifdjenburd)  feine  $eit 
mit  allerlei  Spielereien  unb  Sdjrullen.  Uebcrall  aber  Ijat  er, 
glcidjfam  ein  Sanbsfuedjt  in  ber  ftutte,  §änbet  au^ufedjten  unb 
fid)  balb  mit  biefem,  batb  mit  jenem  ©egner  l)ernm(mfd)tagen. 
dlad)  langen  2Banberjaf>ren  t'aum  in  fein  SU  öfter  beimgefebrt,  treibt 
e§  if)u  an  ben  Eönigttd)en  §of  in  Gnglanb,  um  bem  ftreitüaren 
Sßiberfatfier  Sutljerl  reiche  ISljreu  ,yt  teil  »erben.  üfödjt  fange 
barauf  nun!  er  ruic  ein  Verbannter  au§  ber  §eimat  entmeid)en, 
um  bann  in  ber  Sdjlbeig  abermals  fonbftücfjtig  ju  toerben,  6i§ 
er  enblid)   nad)   neuen  ftrrfaljrten   in  Tentfcblanb  öerfd^oHen  ift. 

£ie  Umriffe  biefe§  toirren  Se&enälaufeS  laffen  fiel)  nad)  ben 
litterarifcbjen  Spuren  einigermaßen  feftftellen,  boefj  in  eS  nicht 
leid)t,  bnrd)  alt  ba£  ©eftrübb  unb  ©etoirr  bon  unöeröunbenen 
Sijatfadjcn  liebten  Sßeg  ;n  febaffen.  sJctd)t  nur  Anfang  unb  ©nbe 
finb  in  Tnnt'el  gebüßt,  fonbem  and)  fünft  noefj  liegt  über  ganzen 
Strect'en  feinem  SeBenl  ein  biebter  Sdjleier,   unb  bie  borfjanbenen 

.tniHni  u,  iEfjoi  ■  .  1  er.  1 


Sücfen  mit  Vermutungen  auSpfüttett,  märe  ^mcdloS.  SSaS  uns 
aufser  feinen  bürfttgeit  eigenen  biograp()ifd)en  Angaben  unb  ben 
tierrjältuifnnäfng  geringfügigen  urfunbüdjen  ßeugniffett  erhalten 
ift,  finb  im  mefeuttidjen  2(uSfageu  feiner  ©egner,  bei  bereu  Ve= 
nufcung  äujjerfte  Vorfielt  unb  93e()ittfamfeit  geboten  ift,  ba  bei  ben 
fliaufbolbmanieren  ber  beseitigen  ^ßotemif  beftmfjte  Verfätfdjungen 
biograpt)ifd)er  Xtjatjadjett  §um  groeefe  perfönüdjer  Verunglimpfung 
gang  unb  gäbe  finb. 

S(joma§  ÜDhtruer l)  nannte  fid)  fetbft  einen  ©trafjburgcr,  bod) 
gehörte  feine  gamitie  nidjt  51t  ben  atteingefeffeneu  ber  ©tabt, 
fonbern  ftammte  aus  ber  meilanb  faiferüdjen  ^5fatg  Dbererjcnrjetm 2) 
am  gufee  beS  ObitieubergeS.  §ier  ftanb  aud)  feine  Sßiege.  3C6er 
fd)on  1481  t)atte  fid)  fein  Vater  S0?attf»ia§  als  9ibüofat  in  ©trafc 
bürg  niebergelaffen ;  er  fjatte  fjier  baS  Vürgerred)t 3)  ermorben  unb 
fdjeiut  ein  üermögenber  unb  gcadjteter  Wann  gemefen  31t  fein.  S)a 
jebod)  fdjon  beö  ©ofjneS  frütjefte  &inbr)eitSerinnerungen  in  ber 
9)cünfterftabt  nmrjelten,  fo  rjatte  er  ein  geönffel  Sftedfjt,  fid)  als 
©trafsburger  &inb  auszugeben.  @r  „ftamme  aus  einem  ehrbaren 
unb  e()rtid)eu  ©efdjledjt  üon  Strasburg",  fdjreibt  er  in  feiner 
„^ßroteftation"  t>om  18.  Sütguft  1515 4),  unb  in  feinem  im  Qafjre 
1524  mit  bem  ©trafiburger  fRatc  geführten  Vriefmed)fe( 5)  beruft 
er  fid)  ttrieberfjolt  barauf,  baf?  er  „ein  frommer,  treuer  ©traf}* 
burger"  unb  be§  ct)rfamen  SftateS,  feiner  guäbigen  sperren,  ergebenes 
„föiub"  fei.  (Sr  fpridjt  üon  ber  „augeborueu  Siebe",  bie  er  gegen 
©trafcburg  fyege  unb  beftagt  eS  bitterüd),  bafj  man  it)n  aus  feinem 
Vatertaube  vertrieben  unb  ins  (Stenb  gejagt  l)abe.  S)afj  bie  fd)bne 
©tabt  unb  i()re  mit  bem  ©egen  einer  überaus  freigebigen  9catur 
überfd)üttetc  Umgebung  i()m  lieb  maren,  ift  uatürlid),  bod)  mirb 
man  im  übrigen  bei  bem  9Jcöud)e,  ben  bie  Sftegd  feines  OrbenS 
geöriffermafien  $ur  §etmatlofigfert  berurteilte,  ben  (Sinflttf;  be§ 
rjeimifdjen  (SrbreidjS  uid)t  aü^ufjod;  aufd)lagen  bürfeu.  3mmerl)iu 
berührt  eS  erfreulid),  ju  fel)en,  Jute  ber  imftäte  SBarfüfjet  fpäter 
auf  feinen  Srrfatjrtcn  allezeit  ein  ©türfleiu  Heimat  mit  fid)  trug, 
mie  ber  fromme  Sßilger  eine  .S^aub  noll  Zeitiger  (Srbe.  Unb  and) 
baS  ift  ein  mo()(t()itenber  ßug  in  feinem  (Stjarafterbilbe,  baf}  er 
feines  Vaters  guten  Flamen  ftets  mit  treuer  Sßietät  unb  tapferer 
@ntfd)iebeul)eit  (jütete. 


3 

3<$  bin  ÜRurner,  min§  üaterä  namen 
Tarf  \d)  mic§  fcor  memanbsi  fcftamen  — 

fo  ruft  er  ffotg  in  bei  ,,9torrmbefd)toörung''  (2,03)  au§  itnb  banfbar 
gebeitft  er  mieberbolt  feiner  „lieben  nnb  frommen"  Altern  nnb 
ber  Opfer,  bie  fie  für  feine  SluSbitbung  nnb  ©rjiefyung  gebraut 
batten.  Unb  meuu  ilm  fpüter  bie  ©egner  nad)  SÖKmpfelingä  5Bor= 
gange  mit  moblfeilem  2Bortroi|e  at§  „üöhtrnart"  necften  nnb 
bbbnten,  fo  toie§  er  fie  immer  mieber  auf  feines  SBaterä  unb  ber 
Seinen  eljrftdjen  Tanten  bin  unb  braubmarfte  e§  al§  eine  ©entütä 
rof)t)eit,  jemanbee  bäterftdjen  Tanten  alfo  §u  berunglnnöfen.6) 

9cad)  ber  getoöf)nftdjen  2tnnar)me,  bie  freiließ  auf  eine  uid)t 
einmanbfreie  Duette  prüdEge^t '),  ift  er  im  Segember  1475  geboren 
morbeu,  alfo  adjt  S^re  bor  ßut^er,  Dreien  oabre  öor  glitten 
unb  brei  Safjre,  beoor  ©eiter  oou  ®aifer3berg  biefelbe  fanget  im 
fünfter  beftteg,  nun  ber  einft  Sofjaun  laulere  Stimme  erfdjotten 
mar.  (§&  mar  ein  3af>r  großer  bofttifdjer  ©reiguiffe,  ein  Subüäumä* 
jabr  unb  ba3  ^sal)r  ber  a,rofceu  S©attfaljrt§bett>egung,  bie  mie  eine 
(i-pibemie  um  fidj  griff,  (Sben  t)atte  ber  burgunbifdje  ftrieq,  eine 
tiefa,el)enbe  nationale  SBetoegung  tjerborgerufen;  nun  lorfte  eine 
blutige  $oftie  bie  aufgeregten  SRaffen  gen  SSilsnatf,  mäbreub  gleid)= 
jeitig  burd)  bie  Seböfferung  in  beu  Xljälern  be*  Dbentoalbg  unb 
bei  Speffarts  eine  SBeroeguug  ging,  bie  mie  ein  brofjenbes  333etter= 
geilen  beu  f'ommenben  ©auernfrieg  berfüubete. 

2)a§  (Slternljaus,  in  bem  Sühtrner  aufmud)*,  mar  t'iuber 
reid).  Qsiner  feiner  trüber,  3ol)aunes,  marb  nadjmatö  ein  am 
gefeljener  Sluroatt  in  ©trafcburg  unb  SBerfaffer  einer  Heineu  Sdirift: 
„23on  Setidjä  Staubte  nu|  unb  beidimerben"s);  ein  anberer  Stoiber, 
SirtuS,  mar  SSucfjbrucfer  in  gfretburg,  ein  britter,  S3eatu8,  hatte 
in  ^rauifurt  eine  Xrutferei;  auüerbem  böreu  nur  gelegentlich  eineä 
beitleu  §Jfrogeffe3  tum  einer  Scbmefter  ÜDtoria,  melcbe  bon  einem 
jungen  ©trafsburger  ^ßatrijier  oerfiibrt  toorben  toar.  Heber  feine 
eigene  Viiubbeit  miffeu  mir  toenig  mein;  afä  bau  er  tum  (Geburt 
au  fd)mäd)lid)  unb  fräut'lid)  mar  unb  bau  il)m  eine  [djtoere,  oou 
feinen  Altern  ber  Söefdretfjung  einer  Zauberin  jugefdjriebene 
ßinberfranfljeit  jettfebenä  eine  geibiffe  Webmblidifeit  jurütflief?.9) 

Sd)ou  1491,  alfo  als  fän^e^njätfriger  .stuabe  "M,  trat  er  in 

l* 


ben  Söarfüfjerorben  unb  jtoar,  tt»ie  er  felbft  fpüter  berichtete,  „anfangs 
nfj  fonberer  gefjorfatne  mtjixer  lieben  ttatier  nnb  mutter,  and)  ufs 
liebe  unb  innigem  mitlen,  fo  tdj  öon  juget  $u  genanntem  tjenligen 
Drben  getragen  unb  nod)  f)ab."u) 

Wad)  (Strasburg,  baS  ju  ben  getftftdfjen  |)od)burgen  an  ber 
täug§  beS  S^eineS  fid)  t)in^ief)enben  Sogenannten  Sßfaffengaffe  ge- 
hörte, maren  53arfüf?er  oom  Drben  beS  rjeiligen  granciscuS  fcf)on 
im  Saf)re  1230  gefommen  unb  fjatten  alSbalb  mit  beut  Sau  eines 
ftlofterS  begonnen,  baS  1283  burd)  S3mber  Äonrab  öollenbet  mürbe. 
©S  ftanb  neben  beut  ^ßfennigturme  auf  bem  58arfüfjerpla£e,  bem 
heutigen  &leberplai3e.  f^aft  gteief^eitig  fjatten  fid)  bie  ®ominifaner 
f)ier  angefiebett  unb  ebenfalls  eine  Ätrdje  unb  auSgebetjnte  &tofter= 
gebäube  (1260)  errichtet,  unb  nid)t  nur  burd)  itjre  ^üljrigfeit, 
fonbern  aud)  burd)  it)re  93ilbung  l)atten  biefe  SBetteimöndje  rafd) 
einen  tiefgreifenben  (Einfluß  gemonnen.  3)ie  SDominifaner  maren 
üornel)mer,  bie  QfranjiSfaner  ooltStümlidjer  unb  agitatorifdjer. 
©eit  3nnoceng  III.  bem  großen  aSretifdjen  QSolfSmanne  unb  feinen 
2lpoftetn  baS  ^rebigtamt  übertragen  tjatte  (1207),  unb  nun  ^rebiger= 
möndje  3)eutftf)lanb  ebenfo  mie  bie  ^rooence  unb  Italien  burdj= 
manberten,  begann  ber  ^tuffdjnmng  ber  SSolfSprebigt.  S)er  tief* 
finnige  Vorüber  2)aüib  unb  ber  tumultuarifd)e  93ertt)otb  maren 
^ranjiSfanermündje  unb  bie  S3egrünber  einer  frifdjen  unb  ootfS= 
tümlicfjen  Äan^elberebfamfeit,  bie  mef)r  unb  mel)r  aud)  einen  ftarfen 
gug  jur  (Satire  befunbete.  Unb  mütjrenb  beS  ganzen  SttittelalterS 
blieben  bie  23ettetmönd)e  oornefjmlid)  bie  berufsmäßigen  Pfleger 
ber  s^rebigt  unb  bamit  sugteid)  bie  eigentlid)en  Xräger  unb  Pfleger 
beS  religiöfen  SebenS.  9cad)  bem  SBorbilbe  unb  Seilten  il)reS 
Stifters,  bem  baS  füt)ne  3bealbilb  oorfd)mebtc,  baS  gefamte  d)riftlid)e 
Seben  möud)ifd)  ju  geftatten,  griff  bie  SBirffamfeit  ber  ^ran^iSl'aner 
meit  l)iuauS  über  bie  ©renken  il)rer  befonberen  ©enoffeufdjaft: 
nid)t  ()iuter  tttoftermauern,  bon  ber  SBelt  aügefperrt,  nidjt  in 
einfamer  $ette,  fonbern  mitten  in  ber  3BeIt  ber  ©ünbe  füllten  fie 
für  baS  SReid)  ©otteS  mirten  unb  merbeu.  sJ?id)t  in  melt= 
abgcfd)iebeuer  (Sinfamt'eit,  fonbern  in  ben  ©täbteu  feilten  fie  fiel) 
aufiebeln,  unb  fo,  als  l)cimat=  unb  eigentnmlofe  ivinber  (MotteS 
l)inaitSgeftoßen  auf  bie  £anbftraf5e,  in  baS  ©emüt)l  ber  Stäbte,  in 
ben  ßärm  be*  öffentlichen  SebenS,  uat)men  biefe  Settelmöndje  i()rcu 


5 

@tege§äitg  bind)  gang  £eutfd)(anb.  3Sof)(  toarcti  audj  bie 
QfrangiSfaner  mä()renb  beS  großen  @dji§ma§  berttritbert,  unb  e§ 
fehlte  feiten  an  fötagen  über  irjre  §abfudjt,  ©fetSneret,  Unfittüdjfett 
unb  Unmiffettfieit,  mie  beim  and)  äfteifter  unb  sJmt  $u  ©trafjburg 
ürieberljoft  mit  33efd)merbeu  über  ber  SBarfüierittondje  (ödere  ©ttten 
fid)  m  befdjäftigen  batteu;  aber  bod)  roar  gerabe  t)ier  tu  beti 
Stoftergetten  ein  fteteS  fingen  nad)  (Srneueritug  be§  ftttltdjen 
unb  religiofen  2eben§  unoerfeuubar,  unb  e£  fehlte  gerabe  rjier 
niemale  an  eruften  ©elftem,  meldje  efjrlid)  beftrebt  maren,  ba§ 
mittela(terlid)e  Zsbeal  be§  religiofen  unb  be»  fu*d)tid)eu  2eben§  §u 
t>ermirflid)eu.12) 

(Se  ift  angunefraten,  baf$  ünjomaä  SÄurner  fdjon  bor  feinem 
Eintritt  in  ben  Drben  ben  Unterridjt  ber  Älofterfdjule  empfangen 
^aben  roirb.  Senn  bie  <Sd)it(en  ber  SBettetorben  erfreuten  fid) 
eine»  guten  fRufe§  unb  gerabe  über  bie  ®tofterfdjute  ber  §8arfüf$er 
finb  un§  mehrere  rü()menbe  ßeugniffe  aufbewahrt.13)  So  mögen 
roorjt  bie  SKöndje  fcfjon  frür^eitig  auf  ben  aufgemedteu  Knaben 
aufmerffam  geworben  fein,  ber  beim  and)  at§  SRoöige  i()re  @r= 
Wartungen  nid)t  täufd)te,  ba  er  bereite  im  8at)re  1494  bie  Sßriefter* 
Weifye  empfangen  tonnte,  £)atmt  begann  für  ben  ntum^e()itjäl)rigett 
SängKng  ein  neuer  2ebenÄabfd)uitt,  ba  fid)  nun  bie  Ülofterpforten 
if)iu  öffneten.  -Denn  ba  er  ,m  gelehrten  Stubten  beftimmt  mar, 
follte  er  nun  feine  Sefjr=  unb  Sßanbcrjaljre  antreten.  Stuf  biefeu 
Stubienreifen  mar  uatürlid)  ber  2(ngel)ürige  be§  DrbenS  gegenüber 
öieleu  feiner  ftubentifdjen  ©enoffen  in  einer  glüdftidjen  Sage.  2ötr 
miffen,  mie  batnafö  bimberte  unb  aber()itnberte  oou  SBacdjanten 
nnftät  oon  einer  Uuioerfität  mr  anbern  jogen  unb  fid)  burd) 
23ettelu,  Spielen  unb  ©testen  il)reu  Unterhalt  enoerben  mitütcit, 
unb  mie  biete  oon  ihnen  burd)  ba§  emige  herumlungern  auf  ber 
Sanbftrafje  fdjliefuid)  in  rober  ßieberfidjfett  ju  ©rnnbe  gingen.14) 
dagegen  faub  ber  SBarfüfjeT  a((entl)alben  in  beu  .SUüftmi  feine» 
Crbene  gaftftdje  Slufnafpe  nnb  Unterhalt,  foban  ilmi  bie  Sorge 
um  bal  tägßdje  Sorot  nnb  mandicrlei  Sßlatfereien  nnb  SDemütigungen, 
benen  fonft  bie  fabrenben  Sd)üler  auSgefe|t  Waren,  erfpart  blieben. 
$>a(m  tarn,  baf?  er,  mie  er  fpiiter  felbft  bezeugte,  „ntt  on  Keine 
mi)iter  eitern  .mftener  unb  treue  l)ilff"  feine  Stubieiireifeii  abfol 
toteren  tonnte,  ja  er  ergäbt  ein  anbereS  mal  gang  auSbrürflicfi,  bau 


6 

er  bie  ntdjt  uuanfefmüdje  Summe  oon  600  ©ulben  aus  oäterlidjer 
£afdje  „tum  beS  MofterS  roegen  berftubtert"  fjabe.15) 

3uuüd)ft  teufte  er  feine  ©djrttte  nad)  greiöurg,  mo  er 
gmifdjen  1495  unb  1497  meilte  uub  ging  bann  nad)  SßartS 
beffen  Dodjfcrntle  bamats  nodj  mie  baS  ganje  Mittelalter  tjinburd) 
als  Mutter  aller  übrigen  geiftigen  ^flan^ftätten  unb  als  Mittet= 
punft  alles  geiftigen  ßebenS  galt.16)  @r  erroarb  ftcf)  fjter  bie 
Magiftermürbe.1')  2)ann  finben  mir  ilm,  nadjbem  er  im  SOcai 
1499  furge  ßeit  in  ber  §eimat  gemeilt  tjatte18),  im  ©ommer 
beSfelben  3at)reS  in  Ärafaulfl),  morauf  er  im  £>erbft  beS  gleiten 
SafyreS,  nadjbem  er  bort  baS  tfjeologifdje  ÜBaccataureat  ftcf)  ermorben 
f)atte2"),  nad)  ^reiburg  äurüdfefjrte.21)  Sm  folgenben  3atjre 
(1500)  reifte  er  in  ber  ©djmeij  untfjer,  mo  er  in  ben  bortigen 
Möftern  feines  DrbenS  einfprad)  unb  ftd)  namentlid)  in  ©ofo= 
tfjurn22)  lungere  $eit  auffielt,  unb  bann  mieber  finben  mir  itm 
in  ^ranffurt  a.  M.,  mof)in  er  mof)t  im  auftrage  feines  DrbenS 
gefommen  mar,  ba  ftd)  eben  bamals  bort  ©reigniffe  abspielten,  an 
benen  bie  $rangisfaner  in  erfter  ßinte  beteiligt  maren.  $on 
biefen  Vorgängen,  bie  man  gemiffermafsen  als  baS  SBorfptet  beS 
fpäteren  SetjertjanbetS  in  Söern  betrachten  barf,  mirb  fpäter  nod)  bie 
ftfebe  fein.  Gsr  ging  bann  oermutüd)  uod)malS  nad)  ®r  ahnt  gurüd, 
morauf  er  enblidj  §u  Anfang  beS  3a()reS  1502  ju  längerem  Stuf  enthalt 
in  baS  t)eimattidje  Mofter  £it  (Strafeburg  mieber  einteerte. 

SSte  üiele  unb  mefdje  .'podjfdmfen  er  aufjer  benen  §u  SßartS, 
Srafau  unb  greiburg  nod)  befudjt  l)at,  muft  bal)ingcftcllt  bleiben, 
benn  bie  Eingabe  eiueS  feiner  ©egner,  ^Seter  ©üntrjerS 2:i),  baf? 
Munter  felbft  in  einer  nid)t  auf  uns  gefommenen  Wnrebe  an  bie 
Jungfrau  Maria  aufser  jenen  brei  Unioerfitäten  nod)  bie  gu  &ötn, 
SRoftocf,  $rag  uub  SSien  befudjt  §u  l)aben  behauptete,  bürfen  mir 
fdjmertidj  ol)uc  meitereS  als  baare  Mün^e  annehmen.  S)en  fpäteren 
SBiberfadjern  beS  l)äubeffüd)tigen  MöndjeS  freilief)  bot  biefe  lauge 
Stfte  ber  oon  itjtn  befucfjten  l)orjen  ©djulen  mitlfommenen  Slntaf?, 
über  fo  meitläufige  ©tubien,  bie  bodj  fo  fdjfedjten  ßrfolg  gel)abt 
l)ätteu,  in  fpotten  unb  it)tn,  mie  beifpielsmeife  jener  ©untrer,  baS 
.fmra^ifdje  „coelum  nou  animnm  mutant,  qui  trans  mnre  currunt* 
jujurufen.24)  $>odj  mod)te  audj  ber  miffenfd)aftlid)e  Qsrtrag  biefer 
auSgebe()uten  ©tubienreifeu   ttidjt  att.ut  erl)eblid)  fein  —  obmoljl 


SOiurner  beim  bod)  nitfjt  ber  fabenfdjeinige  (55elef)rte  mar,  ju  bem 
ifjn  feine  ©egner  ftempeln  wollten,  bie  fogar  über  einen  gelegen!* 
tidjen  grammatifdjeu  @djni§er  ungebüljrüdjen  Sann  fd)tugen 
(pareebunt  für  parcent  in  bcr  „Oratio  ad  Capitulum  Solo- 
dorense")  —  fo  waren  biefe  bod)  in  anbrer  |)infid)t  für  iljn  oon 
nidjt  ju  unterfdjäjjenber  SBebeutung.  SK§  rnfct)  unb  teid)t  auf* 
faffenber  ftopf  fieimfte  er  ein  gut  3 eil  ÜDienfdjenfenntnis  unb 
Söelterfafjrung  ein  unb  gewann  jene  fdjarfe  83eobad)tung§gabe  für 
ba%,  wa§  um  if)n  l)er  borging,  bie  bem  fpäteren  ©atirücr  trefftid) 
511  ftatten  fam.  2)a§  lange  Umtjerfdjmeifeu  al§  faljrenber  (Schüler 
gab  if)m  jubem  jenen  flotten  unb  burfd)itofen  gug,  beu  ficf)  ber 
in  feine  ßette  gebannte  Wond)  niemals  t)ätte  erwerben  tonnen. 
Cb  er  3ugteid)  in  jenen  SSanberjaijren  intimer  in  metttidje  ^renben 
fid)  eingelaffen  unb  über  Safter  unb  ~tf)orf)eiten  ber  SDcenfdjen 
metjr  praftifdje  (Erfahrung  gefammett  ()atte,  a(§  beut  Suttenträger 
angemeffen  war,  wie  ifnn  fpäter  Diejenigen,  bereu  ©djonung  unb 
9cad)fid)t  er  grünbtid)  uerfdjerjt  l)atte,  nad)fagteu,  muft  natürfid) 
eine  offene  $rage  bleiben;  bod)  liegt  e§  nat)e,  baft  mancher 
©ennnn  foldjer  unftäten  23anberfa()rten,  ber  bem  grobianifdjen 
©atirifer  31t  gute  fommen  modjte,  leidjt  nur  burd)  eine  (Einbuße 
an  ber  fittlid)eu  SBürbe  be§  ©eiftlidjen  31t  erlaufen  war.  3n3= 
befonbere  behielt  er  al§  (Srbe  biefer  Setjr-  unb  SBaubcrjafjre  jeit= 
lebend  eine  gewiffe  Unrulje  unb  gatjrigfeit,  bie  ebenfo  eine  erufttidje 
Vertiefung  feines  ©IjarafterS,  wie  bie  Vertiefung  feiner  miffenfdjaft* 
lidjen  unb  bid)terifd)eu  ßeifrungen  oerrjiuberteu. 

(2d)on  in  biefe  erftcn  8tubienjaf)re  fallen  feine  titterarifdjen 
(Srftlinge,  bie  auf  bie  ©eifte§art  be§  fafyrenben  SKöndjeS  ein 
rfjaraitcrifttfdjes  ßidjt  werfen.  2ft§  er  im  ätfai  1499  in  ber  öeimat 
weilte,  erfdjieu  bort  fein  2d)riftd)eu  „In vectiva  contra  astro- 
logos"25),  ein  in  Briefform  an  feinen  ^reiburger  ^reunb  ^sofianu 
SBerner  oon  SfteerSüurg  gerichteter  Xraftat,  in  bem  er,  anfnüöfenb 
an  bie  äDWtteifong,  ba|  ettidje  ?lftrologeu  bem  ttaifer  SKajimilian 
für  feinen  ftricg  gegen  bie  Sd)wei/,er  Unheil  öerfunbet  l)ätten,  ben 
9cu|en  ber  Stftronomie  6et)anbelt  ©eine  äfteimmg  becft  fid)  ooll* 
fommen  mit  ber  bei  ShtguftinerS  5of)ann  Sßat$,  ber  et(id)e  3al)re 
moor  in  feiner  Coelifodina  1 L490)  bie  gteidje  [Jfrage  erörtert  l)atte: 
bie  Slftronontie  ift  gut  unb  nütUtd),   man  lann  aud)  wol)l  am 


8 

bett  ßetdtjett  be§  |jttntttel§  allerlei  Seljrett  entnehmen  über  ©efunbljett 
unb  &ranff)eit,  über  gute  unb  böfe  SBittertmg,  über  fruchtbare  unb 
unfruchtbare  ßett;  aber  e§  ift  üerroerftid)er  Aberglaube  cmgtmetjtttett, 
bafj  biefe  SSiffenfdjaft  Singe  beftimmen  tonne,  roetdje  bem  freien 
Sßtflen  be§  SDcenfdjen  unterworfen  finb.  Biegt  ftdj  tjter  gegen  bett 
abergläubigen  Sßafjn  ber  ?(ftrotogeu  ein  rationaliftifd)  gefärbter 
SBiberfprucf),  fo  §eigt  bagegen  ba%  groeite,  fpäter  im  „^ejentjammer" 
mieber  aogebruefte  ©djrtftdjett:  Tractatus  perutilis  de  phi- 
tonico  contractu  and)  if)n  üöttig  tjetmifd)  in  ber  unfjeimlidjen 
(Spufmett  be§  9Kttte(a(ter3  unb  al§  edt)te§  Sinb  einer  ßeit,  bie 
mit  ber  bibüfdrjen  Dämonologie  ein  untjotbeä  (Spiel  trieb.  3n 
einem  ©efpräd)  groifdjen  SBerner,  feinem  Sßater  ©aSparb  unb 
ÜDcurner  felbft  bejubelt  ba§  au§  bem  ^reiburger  ^perbftaufentl)a(te 
ftammenbe  Söüdtjtetn  be§  Sßerfaffer§  eigene  Sötjmung,  meiere  audt) 
er  ber  53efprednmg  burdt)  eine  gauberin  ^ufdjreibt.  §ier  ift  SSerner 
ber  ßmetfter,  bodt)  fuerjt  irjm  SUcurner  in  einer  ebenfo  langen  rote 
oermorrenen  31u§einanberfe|ung  biefe  3roeifet  au^ureben.  (Sr  glaubt 
nicr)t  an  ben  Gsmftufj  ber  (Sterne,  aber  er  glaubt,  ©Ott  laffe  e§ 
gu,  bafj  §e;ren  mit  bem  Steufel  einen  93unb  fcrjtieften  unb  ifmt 
bienftbar  toerben.  ©inen  pofitioen  Sern  avß  biefer  in  bialeftifdje 
(Spielereien  fiel)  oerflüd)tigenben  Slbrjanbfung  fjerau§  gu  fcfjäten, 
ift  unmöglich ;  nur  f o  üiel  ift  tlar  erfidjttid),  bah  SRurner  an  bie 
SOcadjt  ber  $erm  glaubt,  ba$  er  ttjnen  ßauberfräfte  zutraut  unb 
fie  bem  ^euertobe  überliefert  miffen  mit!: 

Nun  in§  für  unb  angejtnbt! 
Unb  ob  man  fdjon  fein  genfer  finbt, 
(Sb,  ba£  td)  bid)  tnoKt  [äffen  gan 
2,ci)  n5o[[§  e  fefber  jinben  an. 

Slbgefetjen  oon  biefen  beiben  litterarifdjeu  ßeugttiffen  miffen 
mir  oon  ben  erften  3ugenbjaf)rcn  3Jhmter§  nur  bie  nadten  Daten, 
bie  un§  nid)t§  fagen;  erft  jetjt,  mit  feiner  §eim!el)r  nadj  <Strafi= 
bürg,  tritt  fein  33itb  in  rjettere  23eteud)tung.  (5r  mar  oiel  §u 
unruhig  unb  fafjrig,  al§  bafj  er  fid)  in  bie  ftöfterlidje  ©infamfeit 
fjätte  einfpinnen  tonnen,  unb  fo  zettelte  er  tjier  algbatb  mit  bem  an= 
geferjenen  |mmaniften  unb  ^äbagogen  Rat  ob  SBimpfeling  einen 
(Streit  an,  ber  bie  lange  sJteif)e  jener  $et)ben  einleiten  follte,  bie 
il)in  nur  51t  rafd)  ben  böfen  Ceumunb  eme§  f)änbelfüd)tigen  Äutten* 


träger»  unb  ba§  Dbiunt  fecf'er  ©elbftüöertjebung  unb  bretfter 
9fcdjtr)a6erei  anhefteten.  3(uf  biefe  kämpfe  wirb  fpäter  in  anberem 
^ufammentjange  gnrücf^ufommen  fein.  3m  Safjre  1503  finben 
mir  trat  bei  einem  Kapitel  be§  fjfrangtefanerorbenS  in  Sfjlingcn, 
gmei  Sa^re  fpäter  auf  einem  fotdjen  §n  lleberlingen,  morauf 
ifmt  im  grüfyafjr  1505  am  Sftljeine  —  oermuttid)  gu  SßormS 
—  au»  ber  |janb  be§  föaifer»  ber  ©idjtertorbeer  ju  teil  rourbe. 
Tann  taudjte  er  im  SBinter  be§  letztgenannten  3af)re§  aberma(§ 
in  greiburg  auf,  mo  er  nunmehr  unter  bie  Renten  ging 
unb  rafdj  eine  ebenfo  rüfjrige  mie  oielfcitige  S^ättgfeit  entfaltete. 
@r  erflärte  SSergilS  3Ienei*,  la»  über  [ateinifdje  s£rofobie  unb 
erroarb  ficf)  gleidj^eitig  (am  26.  äßärg  1506)  bie  SSürbe  eineS 
Sisentiaten,  am  fotgenben  läge  bie  eine§  ®oftor§  ber  Geologie 2(i), 
fobafs  nun  ber  fnapp  £reißigjäf)rige  mit  ben  f)öcf)ften  tf)eotogifd)en 
©Ijren  befteibet  mar. 

tiefem  inljattreidjen  greiburger  SBinter  folgte  im  grübjarjr 
1506  eine  im  Stuf  trage  feine»  Crben»  unternommene  9?  om  reife. 
Stallt  in  bem  (Schreiben  feine?  JDrben§generafö,  mefdjes  ifm  §ur 
?tnnaf)me  be§  ©idjterlorbeerS  ermächtigt  rjatte,  mar  ifjm  gugteidj 
bie  Gintabung  zugegangen,  an  bem  burdj  ^apft  8ufiu§  IL  am 
5.  Suü  1505  einberufeneu  ©eneratfapitet  be»  Crben»  in  ber 
©iebenpgetftabt  teitjune^men.  Aufgabe  biefe§  Kapitels  follte  e§ 
fein,  bie  Sßieberoereinigung  ber  beiben  ßmeige  beS  Orben»,  ber 
Äonoentuafen  unb  ber  trüber  oon  ber  Cbferoanj,  ju  oermitteln, 
unb  bat"?  ju  biefer  mid]tigen  s-8erfammtung  and)  Üühmter  oon 
feinem  Cbereu  berufen  untrbe,  ift  immerhin  alz  geugntä  für  ba§> 
f)o(je  ?(nfef)en,  beffen  er  fidj  bei  feinen  DrbenSgenoffen  erfreute, 
bead)ten*mert.  2UIerbing§  fjaben  mir  für  feine  SHInarjme  an  bem 
ftapitet,  toetd)e§  in  ben  te|ten  ättaitagen  1506  gufanratentrat,  fein 
unmittelbarem  3eugni§,  bod)  ift  gteid)tool)t  feine  Stntoefenljeit  faum 
ju  bejmeifclu.  Xenn  bafj  er  bor  1512  in  Stauen  gemefen  ift, 
miffen  mir  au3  ber  „Starrenoefdjtoörung'',  mo  er  gelegentfidj  oon 
einem  (5r(ebni»  in  SWontefieScone  (am  ^ago  bi  SBotfena)  ergabt27) 
unb  ebenfo  uüffeu  mir  oon  einem  StufentrjaÜ  in  ©enebig  28)(  um 
er  alfo  entmcbev  auf  ber  §in=  ober  Wirfreife  eingeteilt  fein  mirb. 
ßeiber  aber  fehlen  uu»  über  biefen  feinen  erften  2lufent|aft  in 
bem  attittetmmfte  ber  (Sl)riftenl)eit  alle  näheren  SRadjridjten  unb 


10 

öergeblid)  fudjen  mir  in  feinen  späteren  (Schriften  nad)  einem  5üt= 
Hange  an  bie  inneren  unb  äußeren  ©rtebniffe  unb  oor  allem  an 
bie  religiüfen  (Sinbrüde,  bie  irjm  bie  emige  Stabt  mit  irjren  bieten 
gnabenreidjen  «Stätten  unb  mit  itjren  SBunbertnerfen  ber  ßunft 
bargeboten  tjatte. 

CSrft  im  SBinter,  fo  fdjetnt  e§,  50g  er  über  bie  5(tpen  mieber 
rjeimmärt3,  bod)  ferjrte  er  ntdr)t  fogleid)  nad)  ^reiburg  gurücf, 
fonbern  manbte  fid)  junäd)[t  abermals  nad)  ßrafau.  (5r  narjm 
l)ier  fogleid)  feine  £et)rtl)ätigfett  mieber  auf  unb  tm'tpfte  babei 
unmittelbar  an  feine  ^reiburger  arbeiten  an,  inbem  er  aucr)  tjter 
unter  großem  ßulauf  über  bie  Sogt!  be§  SßetruS  |)t8patut§  ta* 
unb  gugteicl)  fein  bort  begonnenes  „togifcrjeS  Äartenfpiel" 
tooltenbete.  ©§  erfcfjien  in  ber  alten  polntfdjen  Ärönung^ftabt  im 
gebruar  1507  unb  er  erntete  mit  biefer  Spielerei  grofktt  Seifall. 
ßtoar  fdjüttelten  bie  ßrafauer  Sperren  anfänglich  bie  föüpfe  unb 
befonberg  ängfilidje  ©emüter  mitteilen  gar  Räuberei  bal)inter; 
aber  nadjbem  Turner  oor  beu  Senat  eitiert  morben  mar  unb 
bort  fein  Spiet  erläutert  fjafte,  fdjlug  ba§>  9Jftfstraucn  in  t)etle 
93emunberung  um,  fo  bafj  bem  erfinbungSreidjen  2Intor  fogar  ein 
anfefjulidje*  Srjrengefdjenf  51t  teil  mürbe.  Stufjerbent  ftellte  tf)nt 
ber  ^ßrofeffor  3of)aun  üon  ©togau  ein  3eugui§  au§ -'■'),  tu  bem 
irjm  nid)t  nur  feine  SRedjtgläubigfcit,  fonbern  aucr)  bie  Stnertennung 
feiner  faft  göttlicfjcu  &uuft  feierlid)  befdjeinigt  mürbe.  $ür  ben 
Beifall,  ben  biefe§  „togifdje  Äartenfpiel"  fanb,  geugt  nidjt  minber, 
baft  e§  nidjt  nur  fogleid)  mehrere  Stuflagen  erlebte,  fonbern  baf> 
e3  fogar  nod)  auberttjatb  ^af)rl)itnberte  fpätcr  in  neuer  Bearbeitung 
gebrucft  mürbe. 

ütad)  an  neuen  (Stnbrütfen  unb  Erfolgen  ferjrte  sDcurner 
enblid)  nad)  gr  ei  bürg  gurücf,  mo  jebod)  bie  Stimmung  gegen 
i()it  mittlermeite  grünblid)  gereift  morbeu  mar.  (Sr  felbft  modjte 
motjt  and),  bcranfd)t  oon  feineu  Äralauer  Xriumpl)en,  jetjt  nod) 
projjiger  auftreten  als  üorbem,  unb  fo  fam  e£  batb  31t  ßufantmen* 
ftöfcen,  bie  ifjm  beu  ?lnfentt)alt  an  ber  9(lbert=&ubmig§41nioerfität 
mef)r  unb  mein*  oerteibeteu.  So  mürbe  if)m  beifpielsmeife  unter 
bem  25.  üftooember  1508  ftreng  nnterfagt,  ctmaS  auf  bie  Mangel 
gu  bringen,  ma§  bie  Sftedfcjte  ber  'jßfarrftrdje  (be§  SOM'ntfterö)  be= 
cinträd)tigen  ober  Ungelegensten  jmifdjen  beut  Pfarrer  unb  beu 


11 

DrbenSgeiftlidjen  tjerbetfüfircn  fönne,  unb  im  folgerte  Stoljre  — 
unter  bem  SReftorate  be§  ^urtften  (Sict)l)orn  —  glaubte  er  gor, 
ficfj  Darüber  befdimeren  ju  muffen  1 8.  guni  1509),  bajü  bie  Uniüerfität 
ifm  bei  feinen  Oberen  bemustert  t)abe,  roorauf  ifnn  ber  (afonifdje 

Söefdjeib  mürbe,  man  fjabe  nur  getljan,  roa§  erlaubt  unb  pftidf)t= 
gemäft  geroefen  fei.8")  3tn  eine  erfprief?(id)e  8et)rtt)ärigfeit  mar  unter 
folctjen  Umftänben  nicfjt  merjr  (yt  benfen,  unb  er  modjte  e§  bafjer 
mit  [Jreuben  begrüben,  al§  it)n  ein  neuer  Stuftrag  feines  Drben§ 
abberief  unb  it)n  nad)  S3ern  fanbte,  mo  foeben  burd)  ben  fdjinad)= 
üotlen  StuSgang  bee  $e|ert)anbet§  öje  frangislanifd^e  ßet)re  üon 
ber  unbeflecften  ©ntpfängniS  einen  neuen  @ieg  errungen  fjatte. 
2öie  etlidje  8al)re  guüor  in  ^ranffurt,  fo  mar  el  and)  tjier  feine 
Aufgabe,  über  bie  Vorgänge  SBeridjt  §u  erftatteu,  unb  mir  bürfen 
and)  fjierin  ein  ßeitfjen  bei  ungeminberten  SBertrauenl  erbücfen, 
ba%  man  bem  rührigen  unb  gemanbteu  äRönctje  innerhalb  feines 
Crben§  entgegentrug.  -Dafür  fpridjt  audj  bie  X()atfadje,  bat}  ein 
$u  iKörblingen  am  10.  Suli  1513  gehaltenes  ^romu^ialfapitel  il)n 
$um  ©uarbian  in  ©frafcburg  ermatte,  ein  9lmt,  ba§  freilidj  für 
ir)n  nur  $u  balb  eine  Quelle  arger  ©erbriefjtidjfeit  unb  ber  erfte 
3(u(an  bauernber  unerquicfüdicr  Raufereien  merben  fottte. 

$lad)  (Srlebigung  feiner  ferner  SDWffion  mar  ütturner  juuädjft 
nad)  Jy  rauf  fürt  gegangen  unb  biefer  Stufentljatt  füllte  für  feine 
innere  (SmtroütTung  entfdjeibeub  merben.  S5enn  tjier  entpuppte  fid) 
aus  bem  Sangelrebner  ber  fatirifcrje  3)idjter#  ber  rafd)  uadjeinanber 
„©djelmengunft"  unb  „9tarrenbefd)möruug"  t)erau§gab 
in  benen  er  ©ebaftian  SBrant  ttoct)  überbot  unb  jum  erften  male 
jene  fatirifdje  ßraft  entfaltete,  bie  fid)  bann  fpäter  in  feinen 
Stampfen  gegen  bie  ^Reformation  ju  üoHer  §öt)e  erbeben  füllte. 
Unb  er  eutmidelte  nun  aföbalb  atö  flinfer  SsÖerfemadjer  eine 
erftauntidje  [Jrudjtbarfeit  ©eine  Sfteife  nad)  [Jranffurt  im  SBinter 
1511  auf  einem  9}()einfd)iff  rjatte  il)iu  eine  fdimere  (Srfültung  JU 
gebogen,  für  bie  er  im  folgenben  {Jrürjjaljr  in  einem  „SRaienbabe" 
Teilung  fudieu  imune,  unb  hiev  entftaub  feine  „©eiftlidje  SBaben* 
fal)rt",  bie  1514  im  Xnicf  erfd)ien,  als  and)  fctjon  bie  ,,©äuct)* 
matt"  üoßenbet  mar;  ein  fttifyc  fpäter  folgte  bie  „9Jiül)L  üon 
(2d)minbe(sl)eim"  —  leidit  tjingetüorfene,  üon  SDerbr)eii  ftrot.umbe 
£id)tuugen,  bie  jebod)  bem  ßeitgefdjntad  in  folgern  üDfofte  entgegen» 


12 

tarnen,  ba§  ifyc  SSerfaffer  aföMb  in  bie  Üteifje  ber  oo(f§tümüd)ften 
nnb  etnflufereidjften  (Sdjriftftetter  feiner  £age  eintrat. 

9iacf)  einem  abermaligen  5tufentt)a(te  in  Stauen,  ben  mir 
mof)t  in  ben  Slnfang  be§  Sarjre»  1515  fe|en  muffen,  fefjrte  äKurner 
nad)  Strasburg  gurüef,  mo  er  am  15.  Stuguft  bie  SSibmuug 
feiner  S5ergi(=Ueberfe^ung  an  föaifer  ÜDcarjmiüan  unter^eirfjnete. 
£)rei  Xage  fpäter  oeröffenttidjte  er  eine  fteine  ©djrift:Jl),  bie  auf 
fein  5Berfjälrni§  ju  feinen  ßfofterbritbern  ein  bejeidjnenbe^  Sidfjt 
mirft.  @r  fei,  fo  ergät)Ite  er  im  (Zugänge,  „au§  metfd)en  Sauben 
gen  (Strasburg  gefommen,  um  fid)  ju  üertljeibigen",  ba  man  ifjm 
als  ©uarbian  be§  ©trafjburger  ®onüent§,  nicr)t  nur  an  oerfcfjiebenen 
^ßerfonatoeränberungen,  fonbern  aud)  an  ber  Sßergeubung,  ja  wo()( 
gar  Unterfdjfagung  „etlicher  (junbert  (Bulben"  ©djutb  gegeben 
fyabe.  ^Dagegen  oerfidjerte  er,  feine§  2(mt*  treutid),  fleißig  unb 
et)r(id)  gemattet  ju  fjaben;  audj  t)abe  er  fid)  erboten,  oor  einigen 
Ferren  be§  SttagiftratS  Sftcdjnung  abzulegen  unb  ben  etwaigen 
©djaben  gu  erfe^en.  3)a§  fei,  fo  ergäbt  er  weiter,  aud)  gefct)ef)en, 
unb  e§  tjabe  fid)  t)erau§gefteüt,  bafj  er  „nid)tS  oerfdjmenbet  ober 
unnütj  oergeubet  l)abe."  gugteid)  breite  er  nun  ben  ©piefc  um 
unb  f(agte  feinerfeitS  über  ettidjer  „SDäftgimuer"  ungefdjidteS, 
unbrüberlidjeS  unb  freüentltct)e§  SBerljaften  itjm  gegenüber,  gegen 
baZ  er  oergeblid)  bei  feinem  DrbeuSprooin^iat  um  @cr)u|  nad)= 
gefudjt  t)abe.  Sa,  biefer  fe(bft  oerfotge  it)n  feit  meljr  atö  einem 
öarjre  mit  „uuprätatifdjen"  ©djmadjreben  unb  @d)änbuugen  unb 
berjanbte  tfjn  in  fo  fdjuöber,  parteiifdjer  SBeife,  „bafj  &  jebem  2ieb= 
tjaber  güttüdjeu  unb  gemeinen  s3ted)t§  31t  ^er^en  getjen  nützte". 
Sn  $o(ge  beffeu  fjabe  er,  ÜDhtrner,  biefe  s^roteftation  oeröffeutüdjt, 
um  ju  bezeugen,  baf?  er  bereit  fei,  oor  s$apft  ober  Äaifer,  oor 
23ifd)of  ober  dürften,  oor  ßanbgeridjten  ober  oorab  oor  bem 
9\ate  §u  ©trafwurg  fein  yicdjt  51t  oerteibigen. 

9rad)bem  er  mit  biefem  gef)arnifd)ten  ©djriftftüd  jene  inneren 
gwiftigfeiteu  au  bie  grofse  ©tode  gelängt  chatte,  mar  fein  S5er= 
rjaftnis  ju  ben  ©trafwutger  OrbenSgenoffeu  oo(tenb§  unhaltbar 
geworben.  Sr  fefjrte  beStjatb  abermatö  ber  Heimat  btn  ffiüden 
unb  wanbte  fid)  nad)  Irier,  mo  er  im  sJcooember  1515  $or= 
tefnngen  über  bie  Snftitutionen  autünbigte.  Scbe  weitere  pofitioe 
9cad)rtd)t  über  feinen   bortigen  ?lufent()a(t   feljlt  im*  unb   and) 


13 

feine  2)auer  ift  gtoeifet^aft.    CS  liegt  über  beu  fotgenben  Sauren 

feine»  Sebens  ein  Sdjteier,  ben  51t  lüften  bisher  nidjt  gelungen 
tft  nnb  erft  mit  feinem  Eintritt  in  58 ofel  f)aben  mir  mieber  feften 
33oben  unter  ben  ^üBett.  3m  Sommer  1518  finben  mir  itjn  in 
ber  üblidjen  £oppe(eigenfcf)aft  als  Sekret  nnb  Stubeut  an  ber 
bortigen  £>od)fd)ule.32)  Sßeber  ber  £irr)ter(orbeer,  nod)  bie  f)öd)ften 
tbeologifdjen  ©fjren  genügten  it)m;  er  ftrebte  and)  nad)  bem 
jnriftifdjen  £oftorf)ute,  mcSfjatb  er  trotj  feiner  ^meiunbnierjig  3at)re 
nod)  einmal  unter  bie  Stubenteit  ging.33)  Unb  and)  baS  neue  ßiet, 
bas  er  ficf)  geftedt  fjatte,  tierfolgte  er  mit  ftürmifdjem  Gsifer  unb 
unermübtidjer  s3tü()rigfeit.  -Tag  unb  Üftadjt,  fo  oerfid)erte  er  fetbft, 
l)abe  er  t)ier  bem  Stubittiit  ber  5Hed)te  obgelegen,  mäljreitb  er 
pgteid)  ben  Stubenteit  bie  Snftitutionett  ftaifer  3toftinian§  erflärte 
unb  nebenbei  eine  umfaffenbe  fd)riftftelterifd)e  21)ätigfeit  entfaltete. 
Sornof)!  ber  ©ifer,  mit  bem  er  ?(t(es,  maS  il)tt  intereffierte,  angriff, 
als  and)  bie  Energie  unb  ?lrbeitsfraft,  mit  ber  er  immer  unb 
überall  auf  fein  ßiel  losging,  finb  erftaunlid)  unb  fd)toerlid)  nur 
ber  2(uSftuf3  oon  ©rjrgeiä  unb  ©itelfeit.  öielmefjr  fpürt  man 
gerabe  in  feinen  juriftifdjen  Stubien  unb  StrBeiten  am  attgen= 
fütligften,  mie  eng  bei  il)tu  bas  eigentlich  miffenfdjaftlidje  ^utereffe 
mit  bem  Streben  nad)  s$opu(arifieritng  ber  2Biffenfd)aften  unb 
üolfstüin(id)er  praftifdjer  SSBirftttig  oerbunbett  mar,  eilt  Streben, 
bas  ja  bei  bem  im  Söettetorbett  mur^elnbeu  s$rebiger  leicht  511  er= 
flören  ift.  Tenn  biefen  mitten  in  ber  SBett  lebenben  SUiöndjen 
follte  nad)  bem  SOSilleii  tfjres  Stifters  nidjtS  menfd)tid)es  fremb 
bleiben,  unb  e§  Ijat  bal)er  ttidjtS  überrafdjenbeS,  meun  beut  oiel 
uml)ergemorfeuen  graitjiefaner  fd)on  früt^eitig  bie  9?ot  beS  fo 
gut  mie  redjttofen  armen  ÜDtonneS  auf  ber  Seele  brannte  unb  ber 
Söunfd),  l)ier  SBanbel  ju  fd)affen,  it)it  auf  allen  feinen  Stubien= 
reifen  begleitete,  3tt  ber  „©djetmenjunft"  mie  in  ber  „Starren* 
befd)ioöruug"  l)atte  er  in  reichem  ÜDtofce  Spott  unb  .Silagen  über 
bie  unmiffeubeit  Surifteu  unb  rabuliftifd)en  Slntoälte  ausgefluttet. 
Sr  fjatte  ben  Wed)tSüerbrel)ern  oorge()alteu,  loie  fie  aus  einem 
Säd)lein  eine  Sad)e,  aus  einem  Söädjlcin  einen  Sadj  m  niadjeu 
nmnten  unb  mie  trefflid)  fie  es  oerftünben,  einen  .\>aubel  l;in,vt= 
jerren,  fo  bafc  er  itiemafä  jum  @nbe  lamme.  ®r  Ijatte  heftig  auf 
bie  \Uboofateu  gefdjolteu,  meldje  fid)  mannten,  umnvenb  bie  armen 


14 

progeffierenben  Sauern  erfrieren  müßten,  unb  rjatte  fe^r  ergöpd) 
bie  geiftlofe  SßrajiS  jener  Sanften  gefdjitbert,  bie  roobj  grofte 
S3ücr)er,  aber  nur  einen  f (einen  SBerftanb  rjätten: 

Äein  tüarfyeit  tviil  td)  baran  tyaren, 
©rofee  biedrer,  grofje  narren. 
3>ft  ber  tejt  fdjon  rect)t  unb  frum, 
©o  ift  bie  gfoff  ein  fd^alf  bautm. 
Sen  te£t  fie  algeit  töufen  ba£, 
£>a3  nie  be§  tejteä  meinung  ma§.34) 

£iefe  offenfunbigen  sJ?otftänbe  Ratten  fcfjon  in  ber  gtueiten 
§ätfte  be§  15.  Satyr  fmnbertS  eine  reiche  populäre  juriftifdje 
Sitteratur  fyerüorgerufeu,  über  bereu  erftaunh'djen  Umfang  mir 
burd)  eine  2(rbeit  $1.  b.  ©tin|ing3  35j  unterridjtet  finb,  fobafe  alfo 
äJfttrner  mit  feiner  öolfstümüdjen  juriftifdjeu  ©djriftfteüerei 
feine§meg3  adein  ftaub.  ©d)on  frühzeitig,  fo  er$af)fte  er  fpäter 
in  ber  an  bitter  §an§  Sorf  gerichteten  Sßibmung  ber  „faiferlidjen 
(gtatredjten"  (©traftburg  1521),  fyab?  er  ben  fanget  beutfcrjer 
SRecfjtgbüdjer  für  ben  Unftubierten  fcrjmerj(icf)  empfunben  unb  fei 
baburd)  ju  feinen  populären  juriftifdjeu  ©djriften  öeranlafjt  roorben. 
Unb  er  fjafte  biefe§  fein  Unternehmen  für  ein  beffereä  SSerf  benn 
SBeten  unb  gfaften.  „(Sinb  ba%  geift(id)e  Süöerfe,  baZ  |mar  über 
ben  Cfjren  fdjeeren  §u  (äffen,  ein  groft  ©(otfenfetf,  gerriffene  ©djuf) 
unb  ein  molteneS  £emb  tragen,  auf  bem  ©trofjfad  liegen,  über 
Xifd)  unb  im  Sreuggang  nidjt  reben,  oon  §au§  31t  |jau3  laufen  unb 
um  Sefu  mitten  betteln  ....  fo  befeune  id>  offen,  hak  idj  fein 
geiftüdjer  9Jcann  bin,  nod)  je  merben  miß;  benn  fold)  2(ffenfpie( 
ftebjt  ben  Seginen  beffer  an,  benn  einem  frommen,  aufrichtigen, 
reblidjen,  crjriftlidjcn  Spanne.  3d)  fjoffe,  mein  ©eiftltdjreit  unb 
©emütf)  31t  betneifen  in  ©rgrünbung  ber  ©eredjtigfeit  in  fo(d)er 
großen  äftürje  unb  Arbeit,  bie  id)  je|t  in§  britte  ftafyr  in  faurem 
Sdjmeift  geübt  Ijabt."  Unb  gerabe  Safel  roar  für  biefe  populäre 
^urisprubcnj  ein  t(affifd)er  Söoben.36)  3(((e  namhaften  Sudjbruder 
maren  ()ier  feit  Csarn'serjnten  auf  biefem  ©ebiete  befd)äftigt  unb 
bie  maffenfjafte  ^robuftion  ebenfo  roie  ber  gute  2ft)fa$  biefer 
Sitteratur  betneifen  gur  ©enüge,  mie  fet)r  fie  einem  umlud)  üor= 
(janbenen  SSebürfnte  entgegenfam. 

2)ie  Uuioerfität  SBafel  erfreute  fid)  im  ©ommer  1518,  al§ 


15 

Slfturner  unter  bem  Sßroreftorate  be§  Soljann  ©ellatoriS  infcribiert 
tourbe,  fetner  fonberlidjen  SBIüte.  Unter  ben  ßel)rera  Ware«  nur 
meirtge  oon  unbegtneifeltcni  Üaiif  unb  Slnfeljen,  ber  Jflejitd)  mar 
fcf)iracr)  unb  ber  ÜBaHler  S)oftor  fjatte  au  feiner  bisherigen  @cf)ä|ung 
ertjebüd)  eingebüßt  -Der  8tolg  jbc-r  t^eotogtfd^en  ^yafultat  war 
allein  ber  9$a§ler  Subnrig  SBär,  ber  tropft  §u  2t.  ^Seter,  ber  ftd) 
in  Sßarte  ben  tijeologifdjen  SJoftorgrab  erworben  l)atte,  ttjäJjrenb 
unter  ben  9ftedjt§geteljrten  lebiglidj  Klaubiu§  Eantiuncula 37)  au§ 
Wtt%,  ein  rjumaniftifd)  gebilbeter,  üon  @ra§mu§  £)odjgefdjä|ter 
SUJann,  einen  berüfjmteu  Tanten  trug,  ber  aucfj  au3  weiterer  ^erne 
(Stubenten  angog.  9ieid)ere  Stnregung  mocfjte  beSljatb  SJhmterg 
regfamer  ©eift  aufeerljalb  ber  ttniüerfität  finben.  3»t  ^ranjtefaner* 
Hofier,  in  bem  er  fjerbenite,  white  ber  treffliche  $ßt)ilolog  ®onrab 
^ellifau,  ein  Sdjüler  be§  9Jtattt)äuö  Slbrian,  ber  ftdj  jpäter  ßutljerS 
fierjre  anfdjlof?,  unb  unter  ben  S)omf)erren  ber  ©tobt  fanb  er  feinen 
©tubiengenoffen  unb  öugenbfreunb  3o()auu  SBerner  oon  3Keer§= 
bürg  mieber,  bem  er  eiuft  feine  (£rftling§fcf)riften  getoibntet  rjatte. 

2)a  e§  il)m  oor  allem  barauf  auf'am,  ben  9ftecf)t§gelef)rten 

gegenüber  ficfj  toiffenfdjaftlidj  $u  legitimieren,  fo  begann  er  ftugä 

etlidje  juriftifdje  Sucher  in  Singriff  §u  nehmen  unb  feine  eigenen 

SBorlefungen  alsbalb  litterarifdj  au3$unu|en.    @§  !am  il)iu  babei 

§u  ftatten,  bav,  er  unmittelbar  an  eigene  arbeiten  unb  Sßläne 

früherer  ßeiteu  aufnüpfen  tonnte.    3)enn  fd)on   oor  1502,  alfo 

oor  feinem  erften  Streite  mit  Sßimpfeling,  t)atte  er  in  Strafwurf 

ein  jurifrifdjeä  Äartenfpiel  £|erau§gegeben,  beffen  ßtoecf  ans  ben 

auf  ber  legten  «arte  befinblidjen  Werfen  beutlid)  erfid)ttid)  tft: 

Res  est  jjlena  joci,  res  est  miranda  profecto, 
Ordine  si  cunctas  picto  pictasmate  leges 
Et  decreta  patnim  commemorare  potes. 

3u  betttfd): 

Jraun,  ein  luftiger  ©|>afj,  eine  £ad)c  fürtvafyr  jum  Sßertounbent, 
2Denn  bu  in  jierlid)em  33Ub  unb  georbnet  alte  öefene 
Unb  ber  Säter  Sefret  einzuläuten  bermagft. 

Taft  il)m  biefeä  Spiel  bereit  lebiglidj  Spott  unb  .s>ol)n  ein 
getragen,  l)atte  il)it  wenig  geflimmert,    heftig  hatte  ber  jüngere 
Ibjomav  SBolff38)  gegen  ben   „gefdjwäjjigften  aller  äJiöndje"  ge 
poltert,  ber  uid)t  nur  bie  (jeiltgeu  onftitntionen  3uftinian3  bind) 


1(5 

bie  atberuften  ©(offen  nerljiu^t,  fonbern  bie  faifertidjen  (Sbüte 
gar  ofö  ©pietf  arten  Ijerausgegeben  fyabt  unb  ^atte  hinzugefügt : 
„9aemanb  mirb  fürberfjin  bor  feinem  giftigen  Söiffe  fieser  fein, 
feitbem  be§  föaifers  äftajeftät  f o  berieft  roirb ;  unb  boct)  labet  $>a§> 
fdjmerfte  Sßerbredjen  auf  fid),  mer  jene  beteibigt."  SKurner  mar  bie 
Sinnport  nidjt  f  djulbig  geblieben ;  er  fyatte  unter  Berufung  auf  i>a% 
burdj  ©ebaftian  23rant  gegebene  23eifpiet  auf  ben  SSert  bilbtictjer 
SDarftettungen  f)ingeunefen  unb  es  als  feine  91bfid)t  bejeicfinet,  burd) 
„biefeS  t)ücfjft  gefuube  «Spiet  ber  faiferlidjen  Snftitutionen"  fd)led)te 
(Spiele  §u  beseitigen.39)  @r  rjatte  bann  in  £rter  unter  $ugrunbe= 
tegung  eben  jenes  ßartenfpiefö  über  bie  Snftitutionen  SSortefungen 
gehalten  unb  fid)  in  feiner  marftfd)reierifd)en  ©intabung  baju  an= 
fjeifdjig  gemadjt,  fraft  feiner  „gong  neuen  unerhörten  SCftetrjobe"  feinen 
gufjörern  bie  Snftitutionen  binnen  biet  2öod)en  beizubringen,  f alls  fie 
nur  einem  fjumanen  Sefjrer  bertrauen  wollten,  ber  gang  genau  roiffe, 
auf  metdjem  SSege  ba§>  in  5(usfid)t  geftettte  $iel  511  erreidjen  fei. 

Setjt  nun  tiefe  er  in  Strafeburg  bei  Sodann  ^ßrüfe  fein 
chartiludiuui  Institute  summarie  brntfen,  bas  fidj),  tuie 
man  mor/t  mit  9fted)t  bermutet  fjat,40)  im  mefenttidjen  nur  als 
eine  neue  bermetjrte,  mit  erttarenbem  £e;rt  unb  miffenfdjafttidjem 
5(nftrid)  berfet)ene  Ausgabe  jenes  bor  1502  entftanbenen  harten* 
fpiets  barftellt.  (Einer  fummarifdjen  (Einteilung  unb  ueberfidjt  bes 
Sebjrftoffes  in  tabcltarifd)cr  gönn  folgen  bie  giguren  unb  Silber 
bes  ^artenfpiets,  benen  bann  als  britter  STeit  ein  SSerjeid^ni^  ber 
auf  ben  ©pietfarten  angebradjten  Stid]luörter  mit  ben  betreffenben 
Paragraphen  ber  Suftitutionen  fid)  aufdjtiefet. 

SCRit  beut  il)in  eigenen  Ökmifd)  bon  ed)t  melttidjem  Selbft= 
beroufetfein  unb  möndjtfdjer  ©emut  erflärte  SDhrnter  in  einer 
gmifdjen  ben  Tabellen  berfteeften  2uifprac§e  au  bie  Stubenten:  ,,3d) 
merbe  in  alle  (Eunqf'ett  ntdjt  glauben,  bafe  irgeub  ein  Serjrer  bas 
$8erftänbnis  ber  ^uftitutiouen  bequemer  beizubringen  im  (Staube 
tft. .  . .  diejenigen,  tueldjc  bie  SBafjrljeit  tjaffen  unb  auf  meine 
(St)re  neibifd)  finb,  behaupten,  ein  £ämon  fjabe  mir  bie  neue 
(Srfinbung  berraten  unb  ftetje  beim  ©djretoen  neben  mir  unb  rebe 
gu  mir  mit  lauter  Stimme.  .  .  3d)  aber  meife  es,  alle  gute  unb 
alle  bolltommeuc  &aiK  fommt  bon  oben,  bom  SBater  be§  &id)ts, 
unb  id)  glaube,  bafe  mir  nidjt  ein  2)ämon,  loorjt  aber  ein  (Enget 


17 

öottes  basjenige  mitteilt,  beffett  bie  göttlidje  ©nabe  mid)  un= 
tträrbigen  unb  unbanfbaren  &ned)t  roürbigt  äftöge  biefer  (Singet 
meinen  Sinn  nnb  SBerftanb  bclnitcn,  tote  ben  Stpfel  be§  3CugeSf 

unb  uon  bem  Söege  bei*  ©eredjtigfeit,  wie  e§  fid)  für  einen  matfern 
Suriften  gejiemt,  nie  abirren  Caffen.  Xarnm  bitte  id)  nnb  beuge 
meine  Äniee  bor  bem  Sätet  meine*  Äjerrn  Sefu  C£l)rifti." 

35em  Chartiludium  fohlten  in  Söafel  fetbft  rafdj  Ejinter  einanber 
gmei  »eitere  23üd)er,  metdje  gleichfalls  ber  ^oputarifierung  bes 
^Hecr)t»  bienen  fällten,  nämlid)  im  Cftober  1518  bie  Tituli  et 
regulae  juris  mit  beigefügter  ^erbeutfcfjung41)  unb  im  9lpri( 
1519  bie  erfte  öollftänbige  beutfd)e  Ueberfe^ung  ber  Snftitu* 
tionen.42)  93eibe  „mit  faifertidjer  grei^ett  begabten"  SSüdjer  maren 
oon  2(bam  ^etri  gebrudt,  unb  ber  STitel  bes  letzteren  öon  Ur§  ©raf 
mit  einer  ^oi^fchnitteinfüffung  gefdjmüdt  roorben. 

©in  Urteil  über  biefe  arbeiten  ftcfjt  mir  uid)t  51t,  unb  id) 
muß  mid)  bestjatb  barauf  befdjräufen  auf  bie  Sfjarafterifttf  t)iu= 
gutoeifen,  metdje  ber  fadjtuubige  ©efd)id)tsfd)reiber  biefer  populären 
^Kedjtelitteratur  t>on  it)ueu  entroorfen  t)at.4'-)  £er  ©runbgebanfe 
be§  (Stjartilubium*,  meinte  Stm|ing,  fei  ein  bibaftifd)  gan$ 
richtiger,  inbem  ba*  Sud)  ben  Anfänger  §uerft  mit  ben  ©runb* 
£ügen  ber  $Red)tetet)rc,  bann  mit  bem  Stiftern  in  heiterer  Stu§= 
fülvrung,  enblid)  mit  ben  (Sinket  hdten  befannt  madjen  molle. 
allein  bie  9ftannigfattigreit  ber  Tabellen  erleichtere  nidjt,  fonbern 
erfdjmere  ba§  SöerftänbniS  unb  jerftöre  ben  inneren  3ufammen= 
l)aug.  Unb  basjeloe  gelte  uon  bem  eigeuttid)en  (ihartilubium. 
SHe  Figuren  ftüuben  ju  ben  Sät.um,  mcld)c  mit  il)ueu  in  SSer= 
biubung  gebrad)t  finb,  in  gar  feiner  SBerbinbung  unb  tonnten 
barjer  otö  mnemoniftrje  Hilfsmittel  nur  wenig  ausrichten.  Ueber- 
baupt  aber  fjabe  fid)  bei  bem  ©ebraudj  be§  SßerfeS  balb  jeigen 
muffen,  bau  fd)licßlid)  beuu  bodt)  nid)t  alle»  mit  bem  ©ebadjtniS 
bel]errfd)t  werben  fanu  unb  bah,  üjo  bem  Sßadjbenfen  jebe  5ln= 
ftrengung  erfpart  merbeu  fall,  Sgnoranj  unb  ßonfuflon  unouS» 
bleiblid)  finb.  Wud)  über  bie  jtoeite  biefer  arbeiten  lautet  ©tinfcingä 
Urteil  uid)t  günftiger:  ber  UerJ  fei  oljnc  itritif  unb  fehlerhaft  ab 
gefdjrieben,  bie  Ueberfenung  l)öd)ft  mangelhaft,  dagegen  ftehe 
bie  SBerbeutfcfmng  ber  3nftitutionen  erheblich  höher;  ihr  fei  eine 
getoiffe   ©icfjerljeit   im  ©eöraucfje  ber  Spradje  unb  eine  gemiffe 

ftaroerau,  £$oma3  iWurner.  9 


18 

Ireue  nadföttriiljmen;  aDer  auf  Öer  anbern  Seite  fei  fie  aud)  fo 
fftaoifd)  treu  unb  medjanifd)  be^anbelt,  bafj  eben  baburd)  baS 
^erftänbui*  erfdjmert  merbe.  $)emt  überall  ba,  mo  $m  totrf= 
lidjen  §Berftcmbnt§  baz  blofie  Ueberfetjen  bes  unmittelbar  oor= 
(fecjenbeit  5£e$te§  nidjt  au*reidje,  fonbern  genaue  Äcnntniffe  au§ 
bem  romifdjeu  SRedjt  notmenbig  feien,  tappe  Stfturner  oollftänbig 
im  ^unfein  unb  [gebe  bie  SBorte  in  einer  2Öeife  mieber,  roeldje  ben 
Sinn  trübten  ober  üerfehtteu,  fo  bafi  alfo  nur  bei  ben  cinfadjften 
teilen  feine  Ueberfetmng  mäßigen  9lufprüdjcu  genügen  tonne. 

Turner  felbft  mar  oon  oornfjerein  auf  ein  menig  glimpflid)e§ 
Urteil  ber  9fted)t§gelet)rten  vorbereitet,  Sie,  bie  ($eljeimni§= 
friimer  unb  Unterminier  be§  juriftifdjen  Stubium§  mürben, 
fo  meinte  er,  eS  irjm  natürticr)  oerargen,  ba^  er  bie  bi§rjer  fo 
forgfam  gehüteten  ©efjeimniffe  geoffenbart  Jjabe,  unb  man  merbe 
it)u  auflagen,  bie  perlen  oor  bie  Sdjmeine  gemorfen  gu  fjaben. 
Unb  biefe  SJhttmafmng  mar  oöltig  ptreffenb,  benn  bie  $ad)= 
gelehrten  betrachteten  in  ber  £tjat  fein  Unterfangen  mit  grünblidjer 
©eringfdjatmng ,  menn  nidjt  mit  £)ofjn  unb  $erad)tung.  Sie 
faljen  barin  atlerbing§  (ebig(id)  ein  oermeffene§  preisgeben  ber 
^unftgefjeimniffe  unb  ein  täppifd)e§  Üiüttetn  an  alterjrmürbigen 
Ueberlieferuugen ,  mobei  nod)  at§  ein  erfdjmerenber  Umftanb 
rjinjutam,  bafi  e§  ein  ÜDJönd)  mar,  ber  mit  foldjen  „Spielereien" 
in  bie  ^afultät  einbrad).  Unb  meljr  nod):  berfelbe  SRönd),  ber 
üorbem  in  beutfdjen  Werfen  bie  Suriften  als  feltfame  ©fjrifteti 
unb  9\ed)t50erbrerjer  rjödjft  refpeftlos  oerljörjut  fjatte!  $8or  allem 
mar  e§  ein  alter  Wegner  2Jhtmer§  oon  ^reiburg  t)er,  ber  ^rofeffor 
Ulrid)  3afiu§,  ber  gegen  ben  feden  Sftöndj  Ijeftig  Io*potterte. 
„diejenigen",  fdjrieb  er,  „oerbienen  jegtid)e  3üd)tigung,  roeldje  bie 
Sßiffeufcfjaft  bes  ($ioilred)t§,  bie  fie  felbft  nidjt  einmal  oom  ^orljofe 
au§  fennen  gelernt  (jaben,  in  bie  9Jhttterfprad)c  unb  in  roeifj  ma§  für 
Spielereien  übertragen:  benn  nidjt  genug,  ba^  fie  felbft  gän^lid) 
unmiffenb  finb,  madjen  fie  audj  anbere  §u  Darren".44)  Unb  an 
einer  anberen  Stelle  äufkrte  er  fid)  nidjt  minber  berb:  „95cr= 
ftänbige  ÜDMnner  (jatten  ooramSgefetjen,  bafj  ßungenbrefdjcr  fom= 
men  mürben,  bie  at§  Csbioteu  unb  Ignoranten  eg  magen,  bie 
3teinf)ett  be»  9fted)t§  ju  beflcct'cn,  31t  entmürbigen  unb  burdj 
beutfdje  Ueberfetutugen  gemein  511  madjen.    fabelt  mir  e§  bodj 


19 

in  ©etttfdjfottb  erleben  muffen,  bafj  bercjleicfjen  oon  Seilten  in 
ber  ftapn^e,  ober,  toetttt  man  lieber  mill,  in  ber  Sftanmttippe 
üerfudjt  mürbe." 

£iefe§  einer  grihtbltdjen  perföttudjett  ©ereijtfjeit  entsprungene 
Urteil  fdjtefjt  natürlich  über  baZ  ßiel  t)inau§.  $)enn  modjte  and) 
9Jhirner  bei  feiner  (SÜIfertigfeit,  feiner  ©djreibfeligfeit  nnb  man* 
gelnbeu  ©rünblidjfeit  fid)  fad)lid)  mandje  Slöfje  gegeben  baben, 
fo  mar  bod)  ber  ©runbgebanfe  feiner  arbeiten  mit  (£d)eltmorten 
nid)t  fnr^er  §anb  beifeite  31t  fd)ieben.  £enn  biefer  ©runbgebaut'e, 
baB  bie  Sßiffenfdjaft  nnb  bot  allem  bie  9iecfjt§roiffenfd)aft  prar= 
tifdjen  (Stnflufj  auf  ba»  ßeben  fudjen  muffe,  lag,  mie  ja  ba§> 
beseitige  üppige  (£mpormud)ern  einer  oolfstümlidjen  juriftifd)en 
Sitteratnr  f)in(änglid)  bemeift,  gleicfjfam  in  ber  Suft,  nnb  bafj 
babei  ^ugleid)  aud)  bie  Söiffenfdjaft  be£  sJied)t§  felber  itidjt  leer 
ausgeben  fonnte,  bebarf  feines  VemeifeS.  5Iud)  jeigt  bie  Verbreitung 
ber  üerbeutfdjten  Snftitntionen,  bafj  9Jhtrner  mit  biefer  Arbeit 
ein  ü)atfäd)lid)  oorl)aubene§  23ebürfni§  befriebigt  tjatte :  fcfjon 
1520  erfdjien  in  23afel  eine  neue  Ausgabe,  ber  1536  nnb  1537 
^mei  »eitere  in  granffnrt  folgten,  nnb  nod)  fpäter  bilbete  9)htrner§ 
Arbeit  bie  ©runbfage  einer  f)oltänbifd)en  Ueberfet3nng,  toeldje  1547 
in  Antwerpen  gebrudt  morben  ift. 

(Ss  ift  fd)on  oben  bemerft  morben,  baf?  Turner  in  biefen 
arbeiten  feine  eigenen  SSorlefungen  titterarifd)  du§genu|t  l)abe, 
benn  in  ber  an  feine  ^ufyörer  gerid)teten  Vorrebe  %a  ben  ber= 
bentfd)ten  Sttftttutiotteit  eqäfjft  er,  baf,  er  im  Sommer  1518 
eine  Sßrofeffur  ber  Wedjte  ,ut  Söafel  befleibet  nnb  über  bie  3n= 
ftitntionen  ^uftiuian*  Vorlefnngen  gehalten  babe,  ans  betten 
bann  auf  SBnnfdj  feiner  ßufjörer  bie  gebrndte  Arbeit  ermad)fen 
fei.  Unb  auf  bem  Xitel  btefeS  83ud)e3  mie  auf  beut  ber  „&ändy 
matt",  meld)e  brei  läge  bot  ben  Sttftttuttoneti  erfd)ien,  nennt 
er  fid)  nid)t  nnr  -Toftor  ber  beiligen  Sdirift,  fonbern  and) 
„Stjetttiat  beiber  SRedjte",  fo  bau  il)in  alfo  biefe  lefctere  SBürbe 
uon  ber  Safe  ottriftcnfafultät  fdmeü  genug  ,yi  teil  getoorben 
ift.  Stbet  fein  tebrgei,;  ftrebte  nod)  toetter.  „Ott  ift  ein  Toetor 
ber  l)ei)ligen  gefd)rifft"  —  fo  fpottet  einer  feiner  ©egrtei  —  „aber 
er  bat  nod)  nii  gnng  uurbideut  nad)  feinem  fimn,  onb  gebad)t 
jm,  mie  er  lux  mundi  mod)t  merben,   aud)  bar  juo  Toetor  inti 

2* 


20 

bctiben  SRedjten,  bann  er  f)at  baS  Snftitut  üerteütfcljt,  önb  rjalt 
fid)  fetbcr  für  ein  großen  f)od)beriempten  Surtften,  tute  tt>ol  jm  nie= 
mantS  glaubt".45)  3n  ber  £rjat  legte  ber  ftrebfame  9ftönd)  gerabe 
auf  ben  SDoftortitet  einen  ganj  befonberen  SBert,  ba  bie  SBelt,  wie 
er  getegenttid)  äußerte,  nur  bie  SDoftoren  fdjät^e,  fo  bafs  felbft 
©alomo  unb  (SbriftuS,  roeun  fie  trieber  §ur  (Srbe  !ämen,  ob,ne 
einen  geteerten  ®rab  fdjroertidj  refpeftiert  werben  mürben,  ©o 
tl)at  er  benn  in  53afel  alle  einteitenben  ©djritte  unb  burfte  fid) 
fd)on  nab,e  am  ßtet  glauben,  al§  ptö^ltcr)  ein  |)inberaiS  eintrat, 
baS  roenigftenS  fürs  erfte  feine  Hoffnungen  vereitelte. 

ÄQum  uämfid)  tjatte  Utridj  $afiu§  üon  9Jhirner§  SBorljaben 
gehört,  als  er  fid)  rjinfetjte  unb  an  feinen  ^reunb  unb  Äotlegen 
ßantiuucuta  in  $afet  einen  beroeglidjen  SBxief  fdjrieb  (1.  SOrär§  1519), 
in  beut  er  üjn  befdjroor,  oon  ber  bärtigen  gafuttät  bie  <Sd)tnad), 
tiefen  9ftönd)  gum  SDoftor  gu  machen,  abproenben.  „@d)on  ift 
baS  ©erebe  verbreitet"  —  fo  fdjrieb  er  —  bafc  unbebeutenbc 
9ttenfdjen  bei  ©ud)  leidjt  gefrönt  Werben;  id)  bitte  bid)  bafjer 
um  ©otteSwillen,  (ElaubiuS,  bereute,  ba$  ÜUhmter  bieS  nid)t  in 
einer  fo  ehrenwerten  ^afuttät  beweife!  (SS  ift  baS  eine  b,ocfj= 
widjtige  ©acb.e,  bie  feinem  braoen  SOJanne  gleichgültig  fein  barf; 
benn  e§  fjaubett  fiefj  um  baS  5(nfef)en  unferer  gafultät.  ©S 
märe  fdjanblid)  unb  tiefte  fid)  niemals  wieber  gut  mad)en,  wenn 
ber  ungcwaftfjene  Sftenfd)  mit  feiner  9?arrenfappe  bie  fjeiligen 
©efetje  unb  bie  geprtefenen  fauonifdjen  Sßorfdjriften  fdjänben 
burfte,  er,  ber  oon  beiben  SRed)tcn  fo  oiel  ocrftefjt  wie  ber  231inbe 
tum  ber  garbe."46) 

2)iefe  Sßarnuug  eines  fo  angefeilten  $ad)genoffcn  burfte 
bie  ^a§ler  gafultät  nidjt  unbcad)tet  laffeu,  unb  fie  bcfd)loft 
bal)er,  beoor  fie  9Jiurner  jur  Promotion  zulieft,  jtuei  Vorfragen 
$u  ftellen :  einmal,  ob  eS  überhaupt  pläffig  fei,  bafj  ein  grangi§= 
faucr  SDoftor  beS  faiferlidjen  SRedjtS  werbe  unb  jtrni  anbern,  ob 
nad)  ben  ©atjuugeu  be§  DrbenS  ein  armer  ^ran^iSfauer  mit 
(Gepränge  fein  £)oftorat  feiern  bürfe.  S)ie  ßutfdjeibuug  bierüber 
fodte  nad)  bem  23cfd)tufie  beS  afabemifdjeu  Senats  bem  papftlidjen 
©tttrjte  ant)eimgeftcltt  werben.  Ter  l)ierburd)  bebiugte  2(uffd)ub 
mar  für  äJhtraer  um  fo  ärgerlicher,  als  er  fdjon  alles  ju  einer 
prunfoollen  ^eier  gerüftet   unb  fogar  oon  Strasburg  bie  ©tabt= 


21 

Pfeifer  fid)  rjatte  fcfjicfcit  (offen,  meldje  nun  unoerridjteter  Badje 
roieber  obgic^cit  mußten.  9tu  unb  für  fid)  fjatte  biefe  ßurüftung 
nitfjts  aufcergemö!mftdje§,  ba  in  Safel  bie  Slnnafraie  ber  juriftifcfjen 
S)o!tortoürbe  in  ber  Siegel  mit  grofjer  Jeierüdjfeit  öffentlid)  in 
einer  töirdje,  gang  äbjulid)  ttrie  in  ber  tfyeotogifdjen  Jafiütät,  §u 
gefrfjetjen  pflegte.  3>ie  SBefjörben  ber  ©tabt  unb  ber  üöifdjof  mit 
feineu  Beamten  nutzten  eingelaben  unb  mit  Baretten  unb  ,*panb= 
fd)ut)en  befd)enft  merben  unb  biefe  (Siulabuugen  pflegte  ber  S)oftor= 
anb  51t  Sßferbe  auszurichten,  toobet  er  öon  Trompetern  unb  Pfeifern 
begleitet  mar.47)  9lber  ba  bie  Promotion  be§  ehrgeizigen  3ftan§i§= 
faners  orjnerjin  in§  allgemeine  ©erebe  gekommen  mar,  fo  braud)te 
er  nun,  baut  feinem  ooreiligeu  05eftapper,  neben  bem  ©droben 
aud)  für  ben  Spott  nidjt  311  forgen.  (Sr  felbfte  teilte  in  einem 
Sdrreiben  oom  11.  äKärj  151948)  äMfter  unb  fRat  öon  (Stras- 
burg ben  unliebfameu  Raubet  mit.  ÜJfcadjbem  ber  Senat  be= 
fdjloffeu  habt,  bon  9ftom  bie  liutfdjeibuug  eiu(yü)olen,  muffe  er 
feinerfeitS  fid)  befdjeiben  unb  be§  tjeiligeu  3$ater§  Interpretation 
abmarten.  „3ft  off  bt&mal  nit  für  fid)  gangeun."  2)odj  fotle 
ber  Ükt  nur  ja  nicfjt  glauben,  bafs  er  bie  Stabtpfeifer  „uff  eön 
fafenadjt  imb  nit  pte  ereu"  erbeten  fyabc.  2)afj  er  fd)ließlid) 
gleidnuoljl  fein  $iel  erreid)t  bjat,  ift  nicr)t  §u  be^neifelu.  ^roar 
fefjlt  fein  SRame  in  ber  lütfenbjaft  unb  ungenau  geführten  3)oftor= 
matrifel,  bod)  tjat  er  felbft  an*brütflid)  berfidjert,  baf?  er  alle 
Softorgrabe  redjtmäfjig  erlangt  f)abe,  mie  if)m  örief  unb  Siegel 
ber  Sd)ulen  £U  ÜBafet  unb  $reiburg  bezeugen  tonnten.  Unb 
aud)  ber  fdjon  ermahnte  s}>ampl)letift,  ber  fid)  über  biefe  §tnge= 
legenbeit  afö  mol)luuterrid)tet  jeigt,  beftätigt  bie  J^atfad^e,  beim 
nad)bem  er  über  ben  fel)lgefd)lageneu  „Triumph  beS  armen 
Söettelmöndjs"  gefbottet  bat,  fährt  er  fort:  „fein  anfd)lag  feiet 
jm,  onb  muoft  on  gefdjret)  bnb  bomb  als  einem  müiicl)  jugeljört 
$oftor  merben,  unb  ging  bennod)  mit  mübe  für  fiel)"."' 

Salb  nad)  (irlebigung  biefer  SDof  torangelegen  beit  f  ehrte  9)cur= 
ner,  naebbem  er  ben  SöaStem  afö  StbfdjiebSgefdjen!  feine  „Oniiid) 
matt"  bargebrad)t  hatte,  nad)  Strasburg  jurücf50,  um  er  nun* 
mehr   als   rttftiger  ©djübfnabbe  ber  alten  .Sttrd)e   in  ben  .Stampf 
miber  Butler  nnb  bie  beutfefie  Deformation  eintrat. 


3mcitcö  ßapitcl. 
öettclmöndj  1111D  \>umouiit. 


@§  maren  nur  bie  Umrtfjftnten  bon  3Jhmter§  äußerem 
Seöen,  meiere  mir  in  beut  borigen  S£6fd§nitte  gejetcönet  tjaben, 
bod)  muffen  mir,  bebor  mir  auf  ferne  ©telhmg  §ur  reformatoriferjen 
Söetoegung  eingeben,  ben  9Keufd)en  mie  ben  Sdjriftfteller  nod) 
nätjer  feunen  lernen.  Unb  feine  jar/lradjen  ©Triften  bieten  un§ 
genügenbe  |)anbl)abe,  um  feine  ^ßofitiou  innerrjalb  ber  alten 
£ird)e,  fotote  fein  5Berf)ättnt§  p  ben  geiftigen  Zaditen  ber 
3eit  erfeunen  31t  fönnen,  mäljrenb  fie  un§  gugletdj  aud)  bie 
Sßerföitttcfjfett  be§  merlmürbigen  äJfccmneS  nafje  rüden,  ber  nun 
blötjlid)  aus  bem  mitügen  Satirit'er  in  ben  leibeufd)afttid)ften 
SBerfedfjter  ber  alten  Äirdje  fid)  maubelte. 

2)er  erfte  Streit  be§  allezeit  ftreitliiftigen  SDahid)*  mar,  mie 
mir  fal)en,  ein  ,3ufamnienftof?  mit  einem  ber  gtänjenbften  Vertreter 
be§  |)untam3nut§  gemefeu,  unb  biefer  erfte  Raubet  mar  für  irju, 
baut  ber  Sßerfon  feinet  (Gegner*,  bor  allein  barnm  fo  berfjängni§= 
boll  geworben,  meil  er  gleid)  bon  boruberein  feinem  tarnen  einen 
fatalen  üöeigefdjmacf  gab  unb  meil  bie  (Srinueruug  baran  audj 
alle  feine  foäteren  $el)beu  nod)  berfeprfte  unb  berbitterte.  Unb 
in  ber  Xbjat  djaraftertftert  aud)  gleid)  biefer  jerfte  Streit  ben 
gangen  SJtonn,  @§  mar  biet  meniger  bie  Sad)e,  bie  itjnt  bon 
allen  Seiten  Spott  unb  £>orjn  eintrug,  benn  barin  gab  er  fidj 
nur  gerabe  eben  fo  biete  SBIöfien  mie  fein  berühmter  Wegner,  fonberu 
e§  mar  in  erfter  Sinte  ber  Umftaub,  baf?  er,  ber  jugeubütfje 
ÜUumd),  überhaupt  bullig  unberufen  unb  ol)ne  jeglidje  Legitimation 
mit  einer  $an\)  boll  zufällig  aufgeraffter  fteuutuiffe  bem  fo  oiel 
älteren  SDtonne  entgegentrat,  einem  SOiauue,  auf  beffeu  Stnljm  bie 


23 

©trafsburger  ftolj  maren  unb  mit  bem  er  jubem  felbft  perföntidj 
befreunbet  getuefen  mar. 

Tiefer  üötonn  mar  Safob  SBimtofeling,  ber  angefeuerte 
Sßäbagog,  ber  im  Satjre  1500  in  ba§  ©trajjburger  ßtofter  ber 
Sffitfljeimiter  fid)  prütfgeäogen  Ijatte  unb  bort  rafd)  ber  SOcitte(= 
punft  etneä  fid)  immer  reifer  entfattenben  (itterariftfieit  SebenS 
gemorben  mar.  Gr  mar  ein  feftfameS  ßkmifd)  tum  ttüdjternem 
SRationaüftcn  unb  oerftiegenem  *ßr)antaften,  öon  töeftfreubigem 
|utmanifteu  unb  roettfrembem  StSfeten;  öietfeittg  in  feinen  Sntereffen, 
bie  jebod)  alle  öon  jtoei  übermächtigen  beficrrfdjt  mürben:  bem 
öäbagogifdjen  unb  bem  patriotifdjen.51)  SBie  er  einerseits  at§ 
?lllermelt*fd)utmeifter  fid)  auSgiebt  unb  unautTjörfictj  öäbagogiftfje 
Weformürojeftc  im  Stopfe  mäl^t,  fo  ift  er  anberfeitS  allezeit  ein 
Patriot  öon  reinftem  SGBaffet  unb  ein  tapferer  nationaler  ga()nen= 
tröger.  ber  auet)  rein  öofittfdje  fragen  miv  imt  patriotifdjer 
SBegetfterung  ober  ©ntrüftung  ju  (Öfen  imftanbe  ift.  SttS  einen 
foltfien  patriotifdjen  ^erjenSergufj  nun  fjatte  er  am  14.  Otober 
1501  in  feiner  ßöfterlidjen  ©infiebelei  ein  ftetneS  ©djriftdjen 
unter  beut  Xitel:  Germania  ad  rempublicam  Argentinensem52) 
OOÖenbet  unb  baSfetbe  in  latcinifdjcr  gaffung  bei  3ot)ann  Sßrüfs 
bruden  (äffen,  mä()renb  er  eine  eigene  betttfct)e  ^Bearbeitung  ben  beS 
Satetmfdjen  nidjt  mäd)tigeu  ÜWcitgliebern  beS  ©trafjburger  SftatS 
mitteilte.  Tiefe  bcutfdje  Raffung  mürbe  erft  natreju  anbertl)alb 
Csafirfiuuberte  fpäter  im  3al)re  beS  meftfä(ifd)eu  gttebenSfdtjluffeS 
(1648)  öon  $anS  9Jcid).  2Rofct)erofdj  tjerauSgegeben.53)  Ter  Sftat 
uafjm  bie  ©abe  feines  berühmten  9JJitbürger§  banfbar  entgegen 
unb  fofl  fie  burd)  ein  anfetjnüct)eS  ©elbgef(t)en!  evmiebett  babeu. 

SBimpfeling*  Germania  ^erfaßt  in  jmei  tum  eiuanber  ööttig 
unabhängige  Teile,  bereu  erfter  nid)tc>  geringeres  bemeifeu  rotH 
afö  bah  baz  Slfafc  niemals  ju  granfreidtj  gel)ört  r)abe.  SBiel 
leid)t  mod)te  er  bemerft  haben,  ha))  eben  bantalS  mieber  bie 
frangöftfdje  Tbeorie  ber  SRljeingrenje  in  mannen  .stopfen  ju  fpufen 
begann,  fo  bau  alfo  burd)  @rfar)rungen  in  nädjfter  Sftälje  feine 
nationale  (Sntpfiublidifeit  gereift  morbeu  mar.  „9hemat3"  — 
fo  lautet  bem  gegenüber  feine  T liefe  —  „niemals  ift  ein  römifdtjer 
.Sibuig  auS  gallifd)em  ©tamm  tjeröorgegangen,  tuelinebr  flammten 
fie,  meun  uid)t  au$  Stalten,  an*  anbern  Sßroöinjeu  beS  rönufdien 


24 

SRcidjS,  au»  Stjraeien,  Arabien,  Sßannonien,  Serien,  bis  auf 
®art  ben  ©rofsen,  ber  ein  ^entfcfjcr  war  uub  baS  römtfdje  9tod) 
als  (Srbe  beu  ©eutfdjen  übergeben  Ijat,  welche  eS  in  uuunter= 
brodjener  9f?etf)enfotge  bef)errfd)ten.  (SäfarS  äßeinung,  bafj  ber 
SUljein  bie  ©ren^e  üon  ©attien  bilbe,  tft  irrig,  beuu  jttnfdjen 
bem  eigentlichen  ©attien  uub  bem  ^Rfjein  liegt  baS  gange  auftrafifdje 
ilaub  uub  bie  SBogefen,  it»ctct)e  eine  treffttdje  ©djetbewanb  bitben". 

SDiefe  füfjue  Stfjefe  fudtjte  Ssföimpfeling  gunädjft  bttrd)  al(ert)anb 
SBermutungen  51t  ftüfjen,  wobei  er  mit  fjug  uub  9\ed)t  mit  be= 
fonberem  Sitodjbrucf  auf  bie  beutfdje  ^Rationalität  StatU  beS  ©rofjen 
$uttmeS,  wätyreub  bagegen  feine  äfteimtng,  bafe  Sßipin  fd)on  aus 
bem  ©runbe  unmöglidt)  als  ©allier  gelten  fönne,  weit  bie  (Sr= 
innerung  an  itjn  in  beutfdjeu  ©pricfjWörtern  fortlebe,  benn  boef) 
auf  bebenftid)  fdjwadjett  gitfeen  ftanb.  (Sr  füllte  aud)  felbft 
fefjr  wot)l,  bafj  foldje  Vermutungen  gum  53eroetfe  feines  @a£e§ 
nidjt  hinreichten,  uub  fttdjte  beSrjalb  emfig  allerlei  (itterarifdje 
3eugntffe  gufammen,  mit  benen  er  feinen  ©ai3  §u  erl)ärten  be= 
fliffen  war.  «Sieben  beugen  läjst  er  51t  biefem  $wede  ber  iRettje 
nad)  aufmarfdjieren :  beu  ^apft  Sfanoceng  III.  uub  baS  Corpus 
juris,  9(mminnuS  3Jiarcettinu§  unb  'papft  Urban  II.,  2IeneaS 
©tytoiuS  unb  StntoninS  ©abettieuS,  wetcfje  beibe  für  föaxU  beutferje 
Nationalität  geugen  muffen,  unb  enblidj  £acitu§,  ber  neben  &öln, 
©peter  uub  SBormS  and)  ©trafwurg  unter  beu  ©täbteu  ®eutfd)= 
tanbS  genannt  l)abe.  Stogu  tritt  31t  gittertest  nod),  gteidjfam  als 
adjter  3eu9A  Petrarca,  ber  einmal  ganj  auSbrüdlid)  „ha*  gange 
9ttjctntt)at  al§  bm  ebelften  Streit  £eutfd)fanbS"  begeidjnet  tjabe. 

9hir  ein  (Sinmanb  nod)  fdjeint  bem  SBerfaffer  ber  Germauia 
eines  befonberen  GsingeljenS  31t  bebürfen,  nämlid)  ber  etwaige 
-Hinweis  barauf,  bafi  and)  Strasburg  eine  Silie  im  äßappeu  fütjre, 
är)n(ict)  wie  ^rautreief),  woran»  oietleidjt  einer  ober  ber  anbere  auf 
bie  ßufammengefjörigfcit  beiber  fcfjltefien  tonnte.  3)od)  and)  biefer 
(Einwurf  beirrt  itjn  ntdjt:  $ranfreid)  t)at  brei  Sitten,  wir  tjaben 
nur  eine,  in  ^ranfreid)  tragen  Sßappen  unb  Jahnen  bie  brei 
Vitien,  wir  l)abeu  bie  unfrige  nur  auf  ben  SKüngen,  mätjrenb 
wir  fte  bodj  gerabe  auf  ben  ftricgSgertiten  tragen  mufften,  wenn 
wir  fte  als  getdjen  ehemaliger  Untertfjüuigfett  unter  fjfranfreid) 
erhalten  Ratten. 


25 

Unb  fo  ftfjiiefjt  er  beim  mit  ben  ftoI§en  äßorten:  „SBtr  finb 
^eutfcfje  unb  nidjt  granjofen,  unb  unfer  Sanb  mufe,  weil  ^eutfcfje  in 
ifjm  mobilen,  ^eutjdjlanb,  unb  iiictjt  ^ranfreid)  genannt  merben. . . 
9Jät  9xecrjt  umfaßt  unferc  Stabt  unb  ba§>  ganje  etfüffifd^e  Saitb 
bie  greil)eit  beö  römifdjen  StetdjS  unb  null  fie  behaupten;  es 
Rittet  fid),  bie  Änedjtfdjaft  ber  ©aflier  auf  fid)  511  nehmen,  m 
meldjer  es  manchmal  oon  frangöfifdjen,  mm  SCbfafl  anftadjelnben 
Senbüngen  überrebet  merben  fotl,  unb  wirb  füuftig  alle  auSmeifen, 
bie  es  frangöfifdj  madjen  mollen ". 

tiefer  patriotif djen ,  leiber  tjiftorifdj  jiemlid)  bürfttg  be= 
grünbeten  2fa§füt)rwtg,  bafs  ber  SRrjein  25eutfdjtonb§  Strom,  nid)t 
2)eutfdjlanb§  ©renge  fei,  folgt  als  jineiter  Xeil  in  ftebenurbgtijangig 
5(bfd)nitten  ein  ganges  33ünbel  oon  guten  Ermahnungen  an  fftat 
unb  SBiirgerfdjaft,  barunter  oiet  treffliches  unb  fötuges,  obmot)l 
and)  an  Ijodjtrabenben  ©emeinpiä|en  fein  Mangel  ift.  3)er 
Sdjmerpunft  liegt  fjter  in  ben  SRatfdjlägen  mr  gürberung  be§ 
Unterridjts,  bie  in  bem  Aufruf  mr  ©rünbung  einer  fjürjeren 
Sdjule  in  Strasburg  gipfeln  —  ein  'projeft,  bas  iljm  gang 
befonberS  am  £)ergen  lag  unb  bem  511  Siebe  bie  gange  5lbf)anbtung 
allem  Stnfdjeine  nad)  in  erfter  Sinie  gef abrieben  ift.  31  lies  Rubere 
ift  metm  ober  weniger  nur  Söeitoerf  unb  ?lrabesfe,  ba§  m  grünbenbe 
©immafium  aber  bie  §auptfad)e.  Sdjon  ©euer  tjatte  ©letdjeS, 
jebod)  oergeblid),  angeftrebt  unb  Raffte  nun  oon  SöimpfelingS 
loeittönenbem  SSorte  eine  beffere  SBirfung.54)  £>ie  Sdntle,  bie  nicfjt 
für  ben  gciftlidjen  Staub  allein  ergießen  follte,  mar  als  eine 
giüifdjenftufe  gtoifdjen  ben  tateinifdjen  Sdjnlen  unb  ber  Unioerfität 
gebadjt,  fo  baf?  au§  biefer  neuen  Wnftalt  ben  Schulen  be§  2Rünfters> 
unb  ber  Stifter  bnrdjaus  fein  Sdjabeu  ermadjfeu  follte.  £enn, 
fo  fügte  äßimpfeling  oorfidjtig  Ijinm,  e§  fomme  il)in  uid)t  in 
ben  Sinn,  irgenb  jenianben  m  fd)äbigen,  am  menigfteu  aber  bie 
Sd)itllet)rer,  feine  befonberen  5reuu0e  un0  SBofjltljäter. 

tiefem  Sdjulplane  folgen  enblid)  nod)  allert)anb  gute  2Mufd)e 
unb  9iatfd)(äge  für  bie  $cbung  bes  ©ottesbienfteS,  unb  liier 
meift  Sßimpfeling  insbefonbere  auf  bie  Wotmeubigfeit  meltlid)er 
©eleljrten  ber  ^eiligen  Sdjrift  bin,  bie  nidjt  00m  Opfer  ober 
3llmofen  erhalten,  fonbern  mit  Solb  nngcftellt  mürben,  bamit  fie 
ftaubrjaft    unb    nnerfd)rorfen    bie    3Baf>rfjeit    öffentlich   (m   fagen 


26 

wagten.  9(ud)  ermahnt  er  bie  Altern,  itjre  ftinber  nidjt  toiber 
Söiffen  unb  SBtfien  in  früfjefter  3ugenb  ben  ftlöftern  gu  über* 
geben,  nur  um  ficf»  ber  (Sorgen  für  ©r^ierjung  unb  Unterhalt 
§u  entfdjtagen,  unb  orme  fid)  metter  barum  gu  fümmern,  mas 
in  ben  Älöftern  ou§  irjren  ßinbern  gemalt  werbe.  3)cnit  ein 
befdjorener  £opf  unb  Butten  machen  üftiemanb  feiig,  ber  nirfjt  audj 
bes  ^errn  ©ebote  f)ält.  53or  altem,  meint  er,  fei  e§  fefjr  un= 
überlegt,  bie  unfd)utbigen  SDcäbdjen  ^weifen  mit  ®ewatt  §u  ben 
(Stätten  §u  führen,  bie  foum  brei  (Schritte  öom  $rauenl)aufe  ent= 
fernt  feien. 

SBimpfettng  fetbft  mar  anfängtief)  ^weifelrjaft,  ob  bie  $er= 
öffentüd)ung  ber  (Schrift  oljne  Söebenfen  fei  unb  teilte  fie  be§f)alb 
oor  bem  2)rutfe  bem  am  14.  Januar  1501  auf  (Seilers  (Smpferjlung 55) 
jum  «Strajwurger  (Stabtfpnbicug  ernannten  (Sebaftian  33rant  mit56,) 
ber  it)n  jebod)  altem  Sttrfcfjeme  nad)  über  bie  Unoerfängticrjfeit  ber 
Veröffentlichung  beruhigte.  Unb  e§  mußten  fiel)  ja  audj  in  ber 
£f)at  bem  SSerfaffer  gemiffe  33ebenfen  gang  oon  fetbft  aufbrängen, 
Db  bie  Schrift  in  potitifd)er  Innfidjt  opportun  mar,  ftanb  babei 
mot)l  in  ^weiter  ßinie ;  weit  wefcntlidjer  mar  jebenfalt§  ber  fdjarf 
ausgeprägte  ©egenfa|  be§  fjumaniftifd)  geridjtcten  2SeItgeifttid)en 
§n  ben  SBettetmöudjen  unb  in  bem  (Sdjufptane  inSbefonbere  bie 
be^eierjuenbe  £f)atfad)e,  baf?  SBimpfeting,  ber  treue  (Sofm  ber  £ird)e, 
fein  ©efud)  nitfjt  an  ben  23ifd)of  ober  an  bie  Kapitel  ber  (Stifter, 
fonbern  an  ben  SCftagiftrat  richtete,  unb  bamit  baZ  Unterrichts* 
monopol  ben  gciftlttfjen  3M)ürben  ab=  unb  bem  wettüdjen  Regiment 
gufprad).57) 

(SS  mar  benn  aud)  ein  53cttelmond),  ber  ben  t)ingemorfenen 
gef)bef)anbfd)ul)  aufnahm.  Tenn  51t  böfer  (Stunbe  befdjlofs  SDhtrner 
fid)  an  bem  berühmten  9#anne  bie  ^Ritterfporen  gu  oerbienen  unb 
ben  $iftorifer  SBimpfeting  in  ben  Sanb  51t  ftreefeu.  2Ba§  it)n 
311  feinem  Ausfall  reifte,  ift  unfdjmer  31t  erraten:  einmal 
modjte  ben  (Satirifer  in  ifjm  bie  feierlich  pattjetifdje  SCrt  be§ 
raunaniftifdjen  s4$äbagogen  aufftadietn,  unb  juin  aubern  erregte  e§ 
natürlid)  ben  $orn  be§  ^ettclmöndj*,  bafi  SBtntpfeltng  trofc  feines 
gelegentlich  ben  ßlofterfdjulen  gefpenbeten  ßobS  biefe  bod)  nid)t 
für  auSreidjenb  f|ielt,  fonbern  ibmen  burd)  eine  neue  Sefjranftalt 
Slonfurrcnj    madjeu    mottte.    Wamcntlid)    biefeS    letztere    äftotfo 


27 

liegt  nafje,  audj  menn  e§  uns  nirfjt  burdj  äBimbfeling  ausbrütfüd) 
beftätigt  mürbe,  ber  fid)  in  einem  23rief  an  Il)omas  SBolff58)  bitter 
barüber  befdjmcrte,  bau  üDhtrner  allenthalben  gegen  bie  bon  ftrat 
oorgefdjlagene  Schule  fdjnöbe  Sfteben  geführt  rjabe.  liefen  SBetoeg= 
grunb  jcbocf)  untfete  ber  granflisfaner  in  feiner  Entgegnung  fd)(au 
§u  berfteäen:  er  fd)tug  nur  auf  hm  erften  £eil  ber  Germania, 
beu  feiten  aber  meinte  er.  2)a6ei  tjatte  ber  baterfanbStofe  SDcond) 
für  bie  patriotifdjen  Gmbfinbungeu  feines  ©egners  natürlid)  nur 
ein  fpüttifdjes  ^(djfeljucfen,  märjrenb  er  il)m  in  f)iftorifd)en  Sdjuitjern 
nidjt  ba§  minbefte  nadjgiebt.  Unb  fd)reibt  SSMmpfeling  t)od)= 
trabenb  unb  batf)etifd),  fo  äJhtrner  unflar  unb  öermorren,  nur  ba£ 
fid)  if)m  immer  jur  regten  ßeit  ein  effeftboße§  2Bi|djen  etn= 
ftellt,  momit  er  bie  au  fidf»  I)üd)ft  rei^lofe  Unterfudjuug  51t  mür= 
§en  roeifj. 

(Seine  fd)on  um  bie  3af)resmenbe  oottenbete  Germania 
Nova 59 )  erfdjien  int  Sluguft  1502.  jJhtr  au§  djriftticfjer  28ab,rl)eit§= 
liebe,  berfidjerte  er,  t)abe  er  ba§  2Bort  genommen,  getrieben  bon 
ber  iöeforgnis,  bie  @trafcburger  Bunten,  um  bem  erbid)teten 
Stnfbrud)  ber  ^ranjofen  511  entgegen,  at§  Sügner  bem  -teufet 
an tjeiinf allen.  £>ie  feit  Sari  bem  ©rofeen  freie  ©tabt  ©trafiburg 
b\:n  ^frangofen  51t  überliefern  fomme  i()in  nid)t  in  ben  Sinn,  beim 
nadjbem  fie  burdj  ©otteä  Fügung  unb  unter  babftfidjer  SSeftä= 
tiguug  bem  beutfdjeu  Sfteidje  angefallen,  märe  e§  Sünbe,  menn 
bie  jjrangofen  if)re  alten  §tnf»rüdje  mieber  gelteub  madjen  wollten. 
Stber  ein  berljangniäboßer  Srrtum  fei  bie  bon  SBimpfeliug  oer= 
teibigte  I  liefe,  bafi  bie  (ballier  über  grangofen  niemals  über 
Straf3burg  unb  über  baä  Glfaf?  gel)errfd)t  tjätten.  ®r  bemertt 
bem  SBcrfaffcr  ber  Germania  gegenüber  mit  Wed)t,  bafc  (Säfar 
©alltcn  allerbiugs  bis  junt  Steine  redjne  unb  [bortet  ebenfalls 
burdjaus  mit  9\ed)t  über  SCBimbfelingS  furiofe  SBetoeigfüfjrung  für  bas 
Teutfdjtum  SßibinS,  bas  il)in  lebig(id)  burd)  ein  elfäff  tfdjeS  ©prid)= 
mort  t)iutäng(id)  ermiefeu  fei.  8Cuf  foldjc  SBeife,  meint  er, 
fönute  man  ebenfo  (Salomo  ober  beu  König  StrtuS  ju  Tcntfdjen 
ftemoeln,  ha,  mie  befanut,  bon  bes  einen  äBeiSljeii  unb  beS  anbevn 
s^rad)t  nufere  Soridjwürter  genug  p  ergäben  mufften.  Stber 
and)  mm  ftartö  beutfdjer  Nationalität  null  er  nidjtS  toiffen;  gab 
biefer  feineu  ftinbern  bentfdie  Kamen,  fo  tl)at  er  eä  bem  beutfd)en 


28 

5lbel  äii  Siebe;  fprad)  er  £eutfd),  fo  madje  ibjn  baZ  fo  wenig  jum 
£eutfd)en,  wie  e§  Saifer  äRar.  gum  granjofen  madje,  baft  er 
ausgezeichnet  ^ran§öfifd;  fpred)e ;  ermies  er  £eutfd)tanb  Söorjttljaten, 
fo  erwies  er  anbere  größere  Stauen  unb  föxantt&ä)',  liefe  er  fid) 
enblid)  auf  beutfdjem  Soben  begraben,  fo  fjat  er  bamit  nur  gezeigt, 
ba$  einem  Söeifen  bie  @rbe,  in  ber  fein  2eid)nam  rutje,  gleid)= 
giltig  fei.  (Srinnere  SBtmpfeting  an  bie  ÜBerbienfte  kaxU,  fo 
wolle  er  bie  ©trapurger  an  bie  2öof)It£)aten  erinnern,  bie  fie 
bem  fran^öfifc^en  Gtjlobwig  oerbantten,  ber  bod)  ifjren  9Jcünfter= 
türm  511  fo  fjerrüdjer  £)üf)e  emporgefüfjrt.  2öimpfelings  fieben 
geugen  fertigt  er  mit  bem  Hinweis  auf  bas  ©pridjmort  ab :  „wer 
tion  fieben  fagt,  ber  lügt  gern",  unb  fpielt  enblid)  at§  legten 
Xrumpf  bie  f)ämifdje  SBerbäctjtigung  aus,  bafj  SSimpfeling  am 
©d)tuffe  feiner  Sdjrift  bie  ©trapurger  ©efanbten  an  bem  fran» 
äüfifcfjen  §ofe  als  sernigalli,  afö  Verräter,  bezeichnet  f)abe. 

©eroife  mar  in  SBimpfelings  Germania  ber  Patriotismus 
weit  ftärfer  als  bie  tjiftorifdje  Kenntnis  bes  SSerfafferS,  fo  bafe 
bas  23ütf)(ein  bie  Äritif  notwenbig  fjerausforbern  mufete.  £er 
9J?öncr)  aber,  ber  Hart  ben  (&rof$cn  jum  Urheber  ber  9tod)S= 
freitjeit  unb  Grjlobwig  311m  Erbauer  bes  SOtünfterturmes  madjte 
war  benn  bod)  warjrlid)  ber  letzte,  ber  ben  Sßerfaffet  gu  fcr)ul= 
meiftern  bas  SRedjt  fjatte.  Unb  nidjt  nur  ber  SDfangel  jeber 
facrjlkfjen  Legitimation,  fonbern  and)  fein  perföntidjes  SBerrjättnis 
ju  ÜESimpfeling  6,)j  ftempelte  feine  ^olemif  einfad)  §u  einer  £aft* 
lofigfeit  unb  unbefonnenen  Ueberrjebung.  (5ct)on  in  ber  ^aftenjeit 
1502  fjatte  ber  SBerfaffer  ber  Germania  non  ÜDhtrners  beabfid)= 
tigter  ©egenfdjrift  fönnbe  erholten  unb  fid)  bestjatb  alsbalb  mit 
biefem  in  perfünlidje  §Se§ietjung  gefe|t.  S5a§  (Ergebnis  einer 
müublid)en  9(u3fpradje  war  gewefen,  baJ3  üjm  SHurner  feine 
|)anbfd)rift  (26.  gebruat)  überfanbt  unb  itjn  51t  itjrer  SBernidjtung 
ermächtigt  l)atte.  Unb  mel)r  nod) :  fclbft  ein  getoiffeS  freunbf  d)aft= 
lidjes  SSer^ältniS  fdjeint  feitbem  eingetreten  511  fein,  benn  Sßimpfeling 
lub  ben  ^ranjisfaner  §u  ©afte  unb  [teilte  it)m  feine  23ibliotl)e! 
gut  Verfügung,  aus  ber  fid)  jener  fogar  in  bes  85efi|er§  Sfötoef enljeit 
S3üd)er  entließen  rjat.  ©a  aber  erfuhr  biefes  SBerfjäftnte  burd) 
eine  3)iffereng  gnrifdtjen  ÜDhirner  unb  ©eiler  eine  neue  Trübung, 
unb   nun   erlieft  SüBimpfeting   plüfclid)   im  Stuguft   bie   gebrurfte 


29 

Germania  Nova,  bereu  SBeröffentftdjung  er  je^t,  uad)  beu  s-8erb,anb= 
hingen  im  fjebruar,  gerabeju  als  einen  2öort=  nnb  -treubrudj 
empfinben  mußte.  Äein  SBuuber,  baß  er  nun  fjeftig  gegen  bcn 
SSarfüfjer  foSöotterte  unb  itjm  in  einein  Schreiben  nom  30.  3(uguft 
entrüftet  feine  gatfdjljeit  unb  Unbanfbarfcit  uormarf.  (5r  brof)te» 
üDhirner  fjöfmte;  er  mürbe  grob,  äBuroet  bosfjaft.  Fac  cito, 
quod  facere  cupis*),  rief  ber  festere  feinem  ©egner  51t;  er  feinerfeitS 
fei  bereit  ju  fämpfen,  bis  einer  öon  it)iten  auf  bem  Sßiaiw  bleibe. 
Unter  fotdjen  Umftänben  tannte  ber  gereifte  Sßäbagog  feine 
(Sdjonung;  nun  fing  er  macfer  51t  fdjimpfen  an  unb  [c|tc  alle 
§ebet  jener  fleinlidjen,  perfön  lid)  öerbitterten  Sßotemif  in  SBetoegung, 
meldje  bie  bamalige  (Mef)rten=Gtf)if  felbft  öoraeljmen  ©eiftern  ju 
gute  t)ielt.  „"ftu  fjaft  beu  §unb  au§  bem  Srfjlafc  gemerft",  rief 
er  beut  SBarfüfcet  311,  „unb  fo  merbe  irf)  benn  bellen,  baf?  bir 
beibe  Dljten  gellen  füllen",  inbem  er  ifjm  pgleid)  brol)eub  an= 
fünbigte,  bafc  er  aud)  alle  feine  greunbe  unb  @d)üler  miber  it)it 
auf  beu  ^ßtan  rufen  merbe. 

(£t)e  jebod)  biefel  litterarifdje  Strafgericht  an  bem  öorlauten 
SWöndje  bottgogen  mürbe,  fdjritt  bie  meltüdje  Obrigfeit  ein,  ba 
il)r  benn  bod)  bie  tum  äJhtrner  öerfodjtene  Sfjefe  ofö  politifd) 
bebenflidj  erfdjeinen  modjte.61)  2>er  Sßerfaffer  ber  Germania 
Nova  mürbe  öon  Sebaftian  Srant  öorgelaben  unb  nutzte  fid) 
üerpfticfjten,  bie  nodj  öorljanbenen  Vorräte  feines  SBudjeS,  —  öon 
beut  600  (Sjembfare  gebrurft  unb  erft  (5  öerfauft  toaren  —  unter 
2}erfd)lufr  311  galten  unb  nidjte  baoon  „olme  äMfter  unb  9ftat 
SBiffen  unb  ©ef  allen"  31t  öerftuJ3ern.  Seine  Germania  Nova 
mar,  mie  beiläufig  bemertt  fein  mag,  ba§  erfte  S3ud),  toeldjeS  ber 
Strafeburger  deufur  311m  Opfer  fiel. 

<3ad)tid)  tarn  ber  in  sJfebe  ftebenben  (Streitfrage  bie  nun 
beginnenbe  Sßotemi!  faft  gar  nidjt  31t  gute,  öielmebr  mürbe  öon  bei* 
beu  Seiten  ber  Mernpunft  mel)r  unb  me()r  umgangen  unb  namentlid) 
mürbe  öon  SBimöfetingS  [Jreunbcn  ber  Streit  immer  mefji  auf 
baä  (Gebiet  rein  perfönlidjer  Snüeftiben  Ijinübergefpielt.  SEBim 
pfeltng  felbft  fudjte  allerbingS  in  feiner  erfteu  Sftebti!,  ber 
Deolaratio  ad   mitigandum   adversarium 82)   feinen   3a{\   ttodj 


*)  „SB08  Su  tljun  nnüft  tluie  baW,  tuolU  in  Sfafttelimfl  auf  Jolj.  13,  27. 


30 

ftörfer  §u  ftü|en,  inbem  er  feinen  fiebert  Mengen  s$linins  nnb 
et(icf)e  anbere  anreihte  nnb  unter  anberm  barauf  Ijintoie§,  bafj  bie 
röntifdje  Äurie,  „bte  befte  23etoaf)rerin  aller  alten  Ueberlieferung", 
ifjre  ©efanbten  für  2)entfcf)(aub  and)  nad)  bem  (Sljajj  fdjide, 
inbem  er  ferner  an  ben  beurfdjen  Äfang  ber  elfäffifdjen  DrtS* 
namen  erinnerte  unb  ben  ßtjarafter  ber  (Slfäffer,  tfjre  Xapf erfeit, 
Streue,  al§  burdjaus  beutfd)  fenngeidjnete.  SJhtrner  jebod)  fct)ob 
and)  biefe  ©rünbe  in  feiner  neuen  ©egenf cfjrift  63)  fur§er  £)anb 
bei  Seite :  er  fpottett  über  2öhnpfeling§  ^intt>et§  auf  ber  (Slfäff  er 
blonbeS  |jaar  nnb  meint  ferner,  bafc  ttjenn  bie  Spradje  für  folct)e 
politifdje  fragen  entfdjeibenb  fein  füllte,  beifpielsmeife  SSöfjmen, 
in  metdjem  aufter  ben  eigentlichen  Söhnten  and)  SBenben,  9ßolen 
unb  -Tentfdje  lebten,  öon  redjtätoegen  in  biet  (Staaten  jerf allen 
nützte.  Samit  gleitet  er  rafd)  über  bie  eigentliche  Streitfrage 
tjittneg,  um  fid)  nun  in  meitlünfigen  Erörterungen  über  bie 
33eftrafung  öon  <2d)mal)gebid)teu  bei  ben  Sitten  cut  ergeben  unb 
fid)  im  Vetteren  im  (Spott  über  einen  fcfjma^fjaftett,  frafttofen 
unb  bennod)  ffanbalfüd)tigen  ©rei§  gütlich  51t  tlmn.  (5r  fdjloft 
bie  mit  guter  Saune  unb  bemerfenSmertem  polemifdjen  ©ejd)icf 
gefdjriebene  Entgegnung  mit  etlichen  SBorfd) lägen,  mie  ber  teibige 
Raubet  beizulegen  fei.  93ürgerücfjen  Sßro$ef$,  Simulation,  tneitereS 
Schreiben,  jebod)  otjue  <Sd)mäf)ung  unb  fiügen,  ober  enbtict)  eine 
(Sntfdjeibung  burd)  bie  Unioerfitäl  greiburg:  biefe  oier  Sßege 
ftelle  er  feinem  (Segner  frei,  ja  er  biete  tfjnt  fogar  feine 
$reunbfd)aft  an,  falls  er  fortan  anftänbig  31t  fd)reiben  im= 
ftanbe  fei. 

®iefe  f)od)mütige  Slrt  nnb  SBeife,  in  ber  ber  junge  23arfüfjer 
mit  feinem  bejahrten  ©egner  umfprang,  brachte  natürlid)  biefen  unb 
feine  2lnf)änger  oollenb§  in  ^arnifdj.  äöimpfeling  fetbft  mar 
f  (einlief)  unb  boSfjaft  genug,  iljm  einen  profobifdjen  (Scfjnitjer 
(int  93oetiu§)  in  einem  Epigramm64)  aufeumufcen,  in  meinem  er 
iljm  §nerft  ben  (Schimpfnamen  „üfturnarr"  beilegte,  möljrenb  feine 
greunbe  bem  SKanne,  ber  bei  üjretn  t)od)oeret)rten  SKeifter  001t 
veterana  deliratio  5llter§tl)ort)eit  gefprodjen  t)atte,  jnnäcrjft  mit 
einer  Defensio  Germaniae  Jacobi  Wimphelingii 65)  31t  Seibe 
rücften,  bie  an  ©robfjeit  nidjt  ba§>  minbefte  $u  münfd)en  übrig  Itefs. 
Ter  £itefljoljfdmitt  jetgt  SBtmpfeling  mit  feinen  fieben  ßengen, 


31 

benen  SDhtrner  in  öro|iger  Haltung  mit  ben  SBorten:  „Oid)  allein" 
gegenüberfterjt.6")  3m  Xeyte  ift  an  Schimpfwörtern  unb  bo§= 
fjaften  SBortfpieten  fein  äRangef,  mäh,renb  oon  ber  eigentlichen 
Streitfrage  überhaupt  faum  nodj  bie  9iebe  ift.  2)er  Sammler 
biefer  s$ampt)(ete  mar  mofjt  ber  jüngere  XfjomaS  SSolff,07)  bem 
alsbalb  ein  anberer  Scrjüter  2Bimpfeting§,  SDietrid)  ©refemunb, 
mit  einer  nocf)  umfänglicheren  öerteibigungSfdjrift e&)  jur  Seite 
trat.  Ter  Herausgeber  felbft  l)atte  ju  biefer  Sammlung  brei 
Ötebicfjte  beigefteuert,  in  bereu  einem  er  fid)  energifdj  »erbat,  bafe 
Turner  ifjn,  einen  Steutfdjen,  ju  einem  granjofen  madjen  wolle, 
unb  in  beren  brittem  er  bie  (Germania  betlagt,  hak  nidjt  ein 
föönig,  ein  Äaifer  ober  ber  Surfe  it)r  SSerftümmelung  brofje, 
fonbern  eine  übd  beleumunbete  itutte.  2lud)  ber  Poeta  laurea- 
tus  9üjagiu§  2(efticampianu3  poltert  in  SSerfen  gegen  ben  9ftann, 
ber  mit  SSiperngunge  gegen  einen  fjodjöcre!t)rten  ©elefjrten  jifdje 
unb  bebauert  bie  Stabt,  tuclcfjc  einen  fo  entarteten  Sproffen  gemengt 
f)abe.  SBimpfeling  werbe  jebod),  ein  neuer,  ein  beutfdjer  Sftfibe, 
ba§  fief)  fjeroorwagenbe  ©e^üd)t  ber  Unterwelt  mit  feiner  fteute 
nieberfdjlagen,  unb  wenn  biefem  etwa  nadj  £)t)bernart  neue  fdjlüpfrige 
©lieber  nacfjwüdjfen,  fo  würben  feine  Streiter  fie  abgalten.  Unb 
and)  in  biefer  Sammlung  fetjlt  ber  teibenfd)aftlid)e  1()oma3 
Sßolff  uid)t:  er  laut  einen  33rief  brurfen,  mit  bem  er  feinem 
„IljefeuS",  §errn  3llbred)t  oon  9?atrjfam()ufen  in  Bologna  äJhtrnerS 
Sdjrift  überfcfjidt,  bamit  er  mit  il)r  bie  SSotognefer  ©elefjrten 
311m  fiadjen  bringe.  Sinb  fdjou  bie  ©refemunb  unb  SftljagiuS 
iüd)t  eben  gart,  fo  ift  ber  junge  äBolff  fd)led)tweg  grob  unb 
unflätig ;  er  poltert  blinb  barauf  lo§  unb  rebet  fid)  felbft  in  eine 
mafyre  2But  gegen  ben  oerfjafeteu  9)iöud)  hinein,  in  ber  ihm 
fdjliefilid)  jebe  (Smpfiubung  für  bie  fltoljtjcit  feiner  Sßotemif  ab* 
Rauben  tarnt69) 

sJuif)cr  auf  biefc  uuerquirflidK  ^amphtet^'itteratur  einzugehen, 
ift  überflüffig,  ba  bas  Mitgeteilte  jur  ©fjarafteriftif  oon  ,"vorm 
unb  Snljalt  genügen  wirb.  SDhtrner  feinerfeite  fd)Wieg  fortan,  unb 
Söimpfeling  felbft  begnügte  fid)  bamit,  ben  3nf}alt  feiner  Decla- 
ratio  nod)  einmal  in  ber  SBorrebe  ,yt  feiner  1515  bei  >hann 
Sßrü|  in  Strasburg  erfdjienenen  Epitome  rerum  Germanicarnm,70) 
ber  erften,  freilid)  nur  in  Unniffeu  gehalteneu  bentfdieu  ©efdjidjte 


32 

oom  nationalen  ©tanbpunfte  aus,  511  mieberf)oten  unb  sugleid) 
nod)  ein  ft)eitere§  3eugni§  für  bie  beutfcfje  Nationalität  ber 
(Slfäffer  ^tngujufügen.  „SDZögen  fidj  anbere  tf|re§  Ursprunges  oon 
ben  grangofen  rühmen,  mir  motten  ftolg  barauf  fein,  oon  ben 
©ermanen  fjersuftammen,  bereu  bemunbern§toerte  unb  rufjmootte 
Staaten  in  unferer  ©cfjrift  betrieben  merben." 

$ür  SDtorner  mar  ber  ?lu£gang  biefeS  oon  irjm  prooo^ierten 
gufammenftofjeg  mit  bem  berühmten  Mitbürger  üert)ängni3üotl 
unb  nod)  fange  mochten  irjn  bie  (Striemen  fcfimer^en,  bie  er 
natfjbent  er  unter  fpöttifdjem  ©elädjter  00m  ©djauptatje  abgetreten 
mar,  afö  einzige  Kampf  erbeute  baoongetragen  tjatte.  2öof)l  trug 
er  an  biefem  ?lu§gange  ein  oollgerüttelt  9ftaf}  eigener  ©d)ulb, 
benn  e§  mar  ein  fecfe§  ©tüd  breifter  ©elbftüberljcbung,  ba§  er 
gegen  SBimpfeting  auffpielte,  unb  feiner  Unfärjigreit,  bie  patriotifdjen 
unb  nationalen  93emeggrünbe  unb  bie  eigentlichen  ©efid)t§pun!te 
be§  SSerfafferS  ber  Germania  §u  begreifen  unb  ju  mürbigen, 
fomie  feiner  eigenen  bürftigen  ©adjfenntnis  mar  eine  berbe  Section 
moljl  ju  gönnen.  ©od)  mirb  .man  irjm  anberfeitS  bie  Slnerfennung 
nict)t  oerfageu  fönnen,  ba$  er  in  ber  gönn  feiner  Volenti!  feinen 
(Gegnern  überlegen  mar.  ,3mar  mar  er  nicrjt  üorneljmer,  aber 
bod)  borftdjttger:  mof)l  ging  aud)  er  bem  (Gegner  fdjarf  §u 
Seibe,  aber  befmtfam  oermieb  er  e§,  if)n  namentlid)  31t  nennen; 
er  mar  31t  !lug  unb  äugleid)  in  ber  ©ac^e  biet  $u  inbifferent,  um 
f)i|ig  §u  merben,  511  politifd),  um  ficr)  burd)  greifbare  Snjurten 
Sölöjkn  31t  geben.  ®od)  fonnte  alle  feine  möndjifdjc  ©djlaufjeit  ben 
für  irjn  tragifcrjen  9lu§gang  be§  §anbel§  nidjt  abmetjren.  2)enn  im 
©runbe  betraf  bod)  feine  üföebertage  meniger  feine  Sßerfon,  al»  bie  oon 
if)m  tiertretene  ©acfje:  fein  ©treit  mit  Söimpfeting  mar  eine  ber 
erften  Kraftproben  ^mifdjen  SSettelntöndj  unb  ^umanift,  mobei 
ber  Stnlafc  jiemlicr)  gletdrjgilttg  mar;  e§  mar  mit  ber  erfte  ßufammen* 
ftofj  jmeier  geiftiger  Sftidjtungen,  für  meldje  neben  einanber  im 
fReirfje  ber  Söiffeufdjaft  fein  9iaum  mar.  Unb  infofern  ift  biefer 
erfte  ©treit  9J£umer§  jugleid)  für  jenen  aubern  Kampf,  ber 
fpäter  lange  Sofjre  feines  Seben§  auffüllen  follte,  oorbilbtid)  ge= 
morben:  mie  rjiev  bem  $utnant§mu§,  fo  ftemmte  er  fidj  bort  ber 
Deformation  entgegen,  unb  l)icr  mie  bort  mit  bem  gleidjen  Erfolge, 
"Da.  beibe  fiegreidj  über  biefen  ©egner  Ijiumcgfdjritten. 


33 

Uub  nod)  eine  anbete  fömtroberfe  foltte  beit  33ette(mönd) 
voäfjrenb  jenes  furzen  ©trafjburger  Stufentf)alt§  toiber  beti  be= 
rühmten  «'pumauiften  auf  ben  Sßtan  führen.  SttterbingS  ift  fein 
eigener  Stittcil  an  tiefet:  <Sadje  nur  burdj  ein  uidjt  unbebingt  §u= 
üerläffigeä  ßeugniS  behauptet,  uub  ooHenb§  fefjtt  e§  für  9(rt  uub 
Umfang  biefeS  Stnteitö  an  fixeren  Urfnnben. 

■£>atte  Sffiimöfeting  e§  fdjon  in  feiner  Germania  an  met)r 
ober  ininber  oerftetften  Stoffüllen  gegen  bie  53ettetmoud)e  uidjt 
fehlen  (äffen,  fo  rücfte  er  ifjnen  in  feiner  im  SRärg  1505  bei 
3o()ann  Snobtoudj  in  Strasburg  erfdjienenen  ©djrift  de  in- 
tegritate"1)  nod)  meit  umdjtiger  ju  Seibe.  9tod)bem  er  in  ben 
erften  Äapiteln  —  juni  %ät  in  roörtüdjer  Stntefmung  an  feine 
Adolescentia  —  über  bie  ©ittenrcintjeit  ber  ©eiftlidjen  im  all* 
gemeinen  geljaubelt  Ijat,  menbet  er  fid)  nun  an  bie  öetteünöndje 
im  befoubern.  ®r  beflagt  ba§  äftöndjSgeganr1,  ba§  in  bie  SSiffen* 
fdjaft  3nnctrad)t  uub  6ö§ttjißtge  Verfeinerung  eingeführt  tjabe. 
(Sr  weift  barauf  t)in,  nrie  bie  grangiSfaner,  bie  e§  mit  @cotu§ 
In'elten,  auf  bie  Sljomiftifdjen  SDominifaner  fdjimpfteu  uub  um* 
gefeljrt,  uub  mie  bie  einzelnen  Sßettetorben  uutereiuanber  fid)  ftetö 
in  ben  paaren  lägen,  fofort  aber  gemeinfd)aft(id)e  <&ad)c  mad)ten, 
menn  e§  fid)  um  ben  Äampf  gegen  einen  Sßcltgciftlidjen  l)aubele, 
ha,  toer  nid)t  ÄOpuje  uub  Sfapulier  getragen,  in  ibren  Stugen 
jeber  Autorität  ermangele.  Uub  um  nun  bie  gäbet,  bafe  bie  SBiffen* 
fdjaft  in  ben  äRöndjSfappen  fterfe,  grünblid)  ju  befeitigeu,  magt  er  bie 
SBefjauürung,  hak  ber  tjeitige  Sluguftin  felbft  niemals  Mond)  nod) 
Eremit  gemefeu  fei  uub  niemals  eine  Äutte  getragen,  gefdjtoeige 
beim  gebettelt  l)abe.  Stile  bie  Settetorben,  bie  ifm  ,ui  ben  irrigen 
,Vil)lteu,  feien  lauge  uad)  irau  unb  überhaupt  erft  öor  furjer  ßeit 
gegrüubet  morbeu. 

SBas  er  felbft  üon  ber  (Siuigfeit  ber  Crbeu  nad)  aufcen  bin, 
jumal  einem  Söettgeifttidjen  gegenüber,  gejagt  batte,  betuabrbeitete 
fid)  and)  in  biefem  gatle.  3fa  allen  Ätöftem  rübrte  nnb  regte 
eS  fid)  unb  fie  alle  ftellten  fid)  atöbatb  auf  bie  Seite  ber  junädjft 
unb  am  fdjtoerften  angegriffenen  Stuguftiner,  um  il)r  burd)  SBimpfe 
IhtgS  ©efdjulbigung  arg  gefdjäbigteS  Stnfefjen  triebet  bermftellen. 
Tic  SBettetmöndje  inSgefami  nritterten  nid)t  mit  Unrecbt  in  bem 
Stngriff  beä  ^umaniften  einen  2tveid),  beffen   Eragtneite  unab» 

ßanerau,  ttyomai  SJlurner.  :; 


34 

fefjbar  toat;  fie  fpürten,  bafj  e§  ber  (Steift  einer  neuen  Qät  mar, 
ber  bem  möttdjtfcfjen  (Steifte  prinzipiell  miberftrebte ;  fie  mußten 
in  biefer  3ütflel)nung  gegen  bie  bisher  unangetaftet  gebliebene 
Autorität  ber  Söettelorben  ein  gefäljrtidjeS  Stjmptom  ber  ge= 
famten  rjumaniftifcfjen  Steftrebungen  erlernten,  bem  gegenüber 
ein  gefdjlof feneS ,  einmütiges  Sluftreten  bringenb  geboten  mar. 
35afj  aucf)  SJhmter,  ber  ja  ofmeJjht  mit  SBimpfeling  auf  ge= 
fpanntem  $uf$e  ftanb,  in  biefer  für  ilm  ungteid)  mistigeren  5ro9e-> 
a(3  e§  bie  nad)  ber  Nationalität  ber  Elfäffer  gemefen  mar,  nidjt  ge= 
fc^miegen  rjaben  mirb,  ift  orjne  meitereä  anzunehmen,  unb  e§  mirb 
un§  gubem  in  ben  Dunfelmännerbriefen  bezeugt,  in  benen  fpäter 
biefer  gange  (Streit  um  bie  ®utte  31uguftin§  fefyr  ergüttfid)  gefcfjilbert 
mürbe.  Ratten  biefe  oortjer  —  in  einem  (Sdjerz  be§  Srotu§ 
9ftubeanu§  —  unfern  ^arfüfier  zu  einem  9lnljänger  SReudjlin§ 
gemalt,  fo  nannten  fie  ilm  je|t  mit  unter  ben  (Stegnern  2öimpfe= 
lingg  unb  er§ät)tten,  bafj  er  in  einer  ^ßrebigt  fogar  (Sfjriftum  felbft 
ZU  einem  9#ünct)e  gemadjt  rjabe.72)  3mmerf)in  beftätigt  biefe 
bürftige  SOritteilung ,  bafc  and)  er  in  biefer  &ontroöerfe  nidjt 
untrjätig  geblieben  mar,  menn  er  and),  gemitjigt  burdj  frühere 
Erfahrungen,  ein  titterarifdje§  Eingreifen  in  bie  gefjbe  oermieben 
fjaben  modjte.  gfür  SSimpfeling,  bem  aud)  in  biefem  Raubet 
feine  alten  greunbe  treu  gur  (Seite  ftanben,  Ijatte  btö  £md), 
baz  9tt)agiu§  al3  ein  mit  fofratifdjem  (Srnfte  gefdjriebeue§,  feufdjeä 
!£Utd)  rütjmte,73)  üble  folgen.  2Die  Sluguftiuer,  bie  itjn  in  #tom 
benuujiert  Ratten,  festen  c§  burdj,  ba§  er  borttjin  zitiert  mürbe, 
unb  nur  bie  $ürfpradje  einflufjretdjer  (Sjöuner  erfparte  e§  it)m, 
biefer  bemütigeubeu  SBorlabung  $olge  leiften  gu  muffen.74) 

Unb  bocfj  foüte  aud)  ÜJfttroer  oon  ben  f)umaniftifcfjen  (£in= 
flüffen  nidjt  unberührt  bleiben.  9codj  beoor  biefer  (Streit  um 
9luguftin§  föutte  zum  9fa§trag  gefommen  mar,  fjatte  er  —  im 
SBinter  1505  —  Strasburg  mieber  oerlaffen  unb  fidj  in  $r  ei  bürg 
angefiebelt.  93ei  feiner  erftaunlidjen  ©kftigitöt  formte  er  nidjt 
lange  bei  ber  Stange  bleiben;  iljn  erfüllte  ein  matjres  (brauen 
öor  (janbmerfömäfjiger  23efdjräuhutg  unb  öor  bem  SBerfinfett  in 
eine  rein  möndjifdje  ©jriftenj,  fo  hak  er  überall  feine  §ebel  an= 
fe|te  unb  mit  unermüblidjer  9iüfjrigfeit  in  allen  Disziplinen 
fidj  tummelte.     23ol(enb§   feit   ifjin  Safob  Sodjer,75)   ber   als 


35 

Pliilomusus  gefeierte  Aoumanift  ber  gretburger  ."podjfdjule,  metdjer 
im  Suni  1503  oon  3ngolftabt  borten  jurütfge!c^rt  mar,  feine 
Sßroteftitm  jugemenbet  fjatte,  gettmnn  fein  Streben  nad)  miffen= 
fd)aftlidjen  nnb  poetifdjen  (*()reu  einen  neuen  Slnfporn.  Sener, 
ein  Sd)ü(er  SBrantS,  ber  1497  ba§  9carrenfd)iff  m§  ^ateinifdje 
(Stultifera  navis)  überfeM76)  nnb  in  überfdjmeuglicfjer  s-öe= 
munberung  feinem  äfteifterg  SBerbicnfte  um  bie  beutfdje  ©pradje 
benen  Tanten  nnb  Petrarcas  um  bie  irrige  gleidjgeftellt,  unb  ber 
bann  im  folgenben  3al)re  £eutfd)laub  bie  erfte  3lu§gabe  be§ 
^jorag  gefdjenft  hatte,  mar  bei  feiner  SBeftffttgljeit  nnb  feinem 
Stnfluge  oon  fatirifdjer  Stowte  gang  ein  9Ramt  nad)  SöhtnterS 
bergen.  Sin  frbf)lid)er  Sßeltmeifer,  nid)t  fonberlid)  gebanfen= 
fd)mer,  aber  öielfeitig  gebilbet,  erfdjieu  er  feinen  fdjtoerfälligen 
unb  pebantifdjeu  ilollegeu  faft  mie  ein  frtüoter  Lebemann,  ber 
bie  feierlidje  Stürbe  ber  fd)olaftifd)en  ©clefjrfamfeit  ernfttidj  ge= 
fäfjrbete.  5(ber  ihr  ©roll  unb  cor  allem  berjenige  be§  alten  ßafiul 
focfjt  if)n  menig  au ;  er  fud)te,  unbekümmert  um  ibre  Angriffe,  nad) 
mie  cor  bie  Stubeuten  für  feinen  geliebten  .^oraj  ju  ermannen 
unb  beu  ()umaniftifd)en  lenben^eu  beit  ^oben  51t  bereiten,  bi§ 
fd)liefetid)  bod)  bie  9ftad)t  ber  alten  Sd)olaftif  fid)  ot§  ftärfer  ermie£, 
fo  bafj  er  im  grnfjjabr  1506  abermals  ba§  gelb  räumen  mußte. 
-Ter  (Stufluft  btefe§  üütotmeä  auf  unferen  SBarfüfjer  ift  im* 
oetfeunbar,  unb  Sühmter  felbft  f)at  ifjn  banfbar  anerfannt,  inbem 
er  fpäter  in  ber  ßueignuitg  eines  ber  au§  feiner  Jyreiburger 
Ihätigt'eit  berüorgemad)feneu  ^üd)er  beut  tapferen  £)uinauiften 
aU-  feinem  gelehrten  9)ceifter  unb  beut  erfteu  unter  £eutfd)lanb§ 
Sßoeten  bulbigte.  Sodjer  mar  e§,  ber  je|t  feinen  Stubien  unb 
arbeiten  bie  Stiftung  toie§.  2)er  elegante  [lateinifdie  £id)ter, 
bem  .Staifer  äftarrorifiem  im  Jyrübjahr  14'. »7  bie  SEBürbe  eines 
Poeta  laureatus  oerliebeu  hatte,  fpornte  il)u  311  eigener  bid)terifd)er 
^liattgfcit;  er,  ber  in  einer  afabemif(f)en  Siebe ")  (1496)  fdmutng^ 
ooll  bie  2d)i3nl)cit  ber  Sßoefie  gefeiert  hatte  unb  für  bie  il)r 
gebübrenbe  2Bertfdjft|img  mit  jugeublicber  Söegeiftentltg  eingetreten 
nun-,  er  eröffnete  ilmt  ba£  SBerftänbniS  ber  alten  ßitteratut  unb 
gemauu  irjn  fo  nad)  unb  nad)  für  bie  2ad)C  be3  .vuimauicmiu«, 
in  beffen  SSefämpfung  rtodj  hitj  \wox  ber  Settelmöndj  feine 
Gräfte  erprobt  hatte. 


3(5 

S)er  il)m  furg  guoor  gu  teil  geworbene  ©nabenbetuete  be§ 
Äaifers  nutzte  ifjrt  in  biefer  9ftid)tung  nur  beftürfen.  £enn 
mir  l)atten  oben  gefeljen,  ba$,  aU  SJtorhnUian  im  $rüf)jat)r  1505 
am  fRfjein  meitte,  er  bem  23ette(möud)  ben  poetifcben  Sorbeer 
öertiefjen  fjatte;  ein  überrafdjenber  Vorgang,  ba  ein  ©runb  gu 
btefcr  9tu§geid)nung  nidjt  rcdjt  erfidjttid)  ift,  unb  and)  bie  näheren 
Umftönbe  ber  Krönung  böEtg  uerfdjleiert  jtnb.  STocfj  ift  bie 
Sfjarfadje  felbft  fidjer  beglaubigt.  SDhtmer  ergäbt  gelegentlich 
barübet  in  feiner  ©djrift  Am.a  patientiae,  mie  er  nun  bem 
^perfommen  gemäß  ein  Sßappen  fid)  fjabe  gutegen  muffen  unb 
einen  ©djilb  auf  gelbem  ©runbe  mit  ber  Ärone  barüfcer  gemäfjlt 
babe;  ber  obere  %äl  bes  (Sdjitbes  mar  meiß,  ber  untere  fdjmarg ; 
feine  £ettife  baz  Sßort  patientia.  Unb  er  erläutert  biefe  3Ba|l 
bat)in,  bafj  bie  fdjmarge  $arbe  bie  Xrübfat,  bie  meiße  bie  gebutbig 
madjenbe  Unfd)utb,  bie  gelbe  bie  ftrone  ber  fcedjtigfeit  bebeuten 
folle.  ©cfjergrjaft  gebadjte  er  fobann  feiner  <2)id)terfrönung  in 
ber  ,,^arrenbefd)mörung",7s)  too  er  3Borm§  at§  ben  Drt  be= 
geidjnete,  an  metdjem  ifjm  üotn  Äaifer  bie  (Erlaubnis,  bie  Darren 
gu  fdjinben,  erteilt  morben  fei,  unb  and)  einer  feiner  (itterarifdjen 
SSiberfadjer ,  ber  SBerfaffer  beö  ®arftf)an§,  bezeichnete  ibjn  aus= 
brüdtid)  at§  einen  Poeten,  ber  mit  einem  ßorbeerf  ränge  gefrönt 
morben  fei.7")  SBor  Klient  aber  befi|en  mir  ba$  fdjon  ermähnte 
(schreiben  feines  DrbenSgeneralS  GsgibiuS  £)etpt}in  be  3(meria 
au§  SBiterbo,  in  meldjem  ir)m  bie  tatafnne  bcö  faifertidjen 
®id)tertorbeer§  geftattet  rnirb.*0)  £>er  ©enerat  ber  $rangi§faner 
mar  oorurteifSfrei  genug,  in  ber  einem  einzelnen  ÜDätgliebe  gu 
teil  geworbenen  9(u*geid)nung  ben  gangen  Drbeu  geehrt  51t  finben, 
mätjrenb  im  übrigen  bie  S)idjterfrönnng  eines  OrbenSgeifttidjen 
naturgemäß  oielfad)  Söcfrembcn  erregen  mußte.  Sa,  felbft  einem 
Spanne  mie  bem  Straßburger  Sodann  ©djott  gegenüber  mußte 
üöhirner  feine  neue  SBürbe  oerteibigen  unb  bafür  eintreten,  ba^ 
and)  um  eine  Äapuge  Apollos  ßorbeer  fid)  minbeu  bürfe. 

Unb  nun  bot  biefer  gum  S)id)ter  gefrönte  grangisfaner  ein 
Sdjaufpiel,  baZ  merfmürbig  genug  mar.  2öie  in  allem,  öja§  er 
angriff,  rjeftig  unb  fji|ig,  bis  bann  bie  fül)leren  (Srmägungen 
binterljer  f)inften,  fo  and)  in  biefem  gälte:  fauni  l)aben  if)u  in 
Sodjerä  2c!jre  unb  23eifpief  gum  erfteu  mal  bie  f)itmaniftifd)en 


37 

Xenb'engen  berührt,  a(»  er  aud)  ftugl  red)t  gefliffentlid)  l)umauiftifdje 
Allüren  §ur  Sdjau  trägt.  ®r  fbürt  nun  blö|ftdj  ben  ®i|et,  bat 
Steftljetifer  unb  ©djöngeift  in  ber  föutte  51t  fpieten :  er  beginnt 
SBergife  &enei§  gu  erflären,  bie  er  fpäter  aud)  berbeutfdjte  unb 
Dem  Äaifer  Sftar.  at§  ©an!  für  ben  SDidjtertorbeer  barbradjte;  er 
lieft  über  bie  ars  carminandi  unb  öerteibigt  beut  Csitrifteu  3afiu§ 
gegenüber  ber  SÜKiuctjc  gute§  Sftedjt  auf  bie  Kenntnis  ber  alten 
Sitteratur  unb  auf  mettlidje  SBilbung,  S)enn  natürlid)  nutzte  bciZ, 
roa§  bie  gfreiburger  .sperren  fdjon  bei  Sotfjer  fo  übel  öermertt 
fjatten,  bei  einem  DrbenSgeifttidjen  in  nod)  roeit  rjöfjerem  Sftafje 
9(nftof5  erregen,  unb  ftafivß  luar  nify  °er  SJtonn,  ber  mit  feiner 
SKeimtng  fjinterm  Serge  t)ielt.  ßtbar  bagegen  (jatte  er  nidfjt§ 
einjmuenben,  bafj  ber  ftloftergeiftlidje  in  feiner  Sugenb  £id)ter 
lefe  unb  morjl  gar  felbft  boetifdje  Allotria  treibe;  bettet  aber  fei 
uufd)id(id)  für  irm,  fobatb  er  im  Slirdjenbienfte  ftelje.  So  ber= 
lange  e§  ba§  ftirajeuredjt,  beut  aud)  3itenea§  ©blbiuä  beiftimme. 
(Sr  fönne  e§  bemnad)  nur  (berabfdjeuen,  roenn  Drben*geifttid)e, 
bie  ber  23etrad)tuug  jjimmßfdjer  Srtnge  fid)  roibmen  füllen,  fid) 
mit  ber  im  t)öd)ften  ©rabe  eitlen  (jeibnifdjen  Sitteratur  befd)äftigten. 
£a  fdjon  ber  fjeibnifdje  ^ßlato,  nad)bem  er  jur  pl)ilofop()ifd)eu 
Sefdjäftigung  übergegangen,  feine  3ngenbgebid)te  öerbrannt  Ijabe, 
müßten  bie  DrbenSleute  bollenbS  öon  fofdjem  !£anb  fid)  fern 
galten.  SKurner  möge  alfo,  tuenn  i()m  fein  guter  Sftuf  am  -'perlen 
liege,  bon  fotdjem  treiben  ablaffeu.  Neffen  Slntttjort  barauf 
mad)te  feinem  ()umaniftifd)eu  SOieiftcr  a((e  (5f)ve.  ©r  unb  feine 
DrbenSgenoffen,  fo  erttiberte  er,  feien  nict)t  ba(^u  beftimmt,  ein  be= 
fdjaulidje*  ©infieblerleben  ju  führen,  fonbern  in  ber  Seit  gu  ttnrfen 
unb  p  prebigen,  moju  fie  fid)  bie  erfürbevüd)e  Sitbung  aneignen 
mufften.  Xa,yi  gehöre  aud)  bie  tantniS  ber  alten  Sitteratur. 
2Sol)(  fönne  bie  SBefdjaftigung  mit  tf)t  l)iev  unb  ba  üble 
folgen  l)abeu  unb  bie  reine  flamme  ber  ftrömmigfeit  auStöfdjen, 
aber  biefe  Jolge  fei  bodj  feineStoegS  ttotttenbig,  viel  mein"  feien 
ftenntniS  ber  alten  Sitteratur  unb  Siebe  ju  ihr  mit  einem 
frommen  unb  jüdjttgen  Seben  molil  bereinbar.81) 

8tu3  biefen  Knfdjauungen  IjerauS  enuudjfen  and)  feine  s-lsor 
lefungen   über    lateiiüfd)e   Sßrofobie,    in   benen   er  eine    praftifdie 
Anleitung  jur  ars  carminandi   gab,   bie  er  t)i\\u\  al->  3djad) 


38 

ober    SBrettfotel    in    brei    öerfdnebenen    gönnen    beröffentftdjte: 

einmal  in  ber  gorm  oon  Sfiknbtafeln  unter  bem  Xitel:  Scacus 
infallibilis,  unb  gtoetmol  in  Duartblüttern :  als  Praxis 
carminandi  bei  feinem  53ruber  @ijt  in  greiburg  unb  al§ 
Ludus  studentum  Friburgensium*52)  bei  feinem  granf= 
furter  Vorüber  S3eatu§.  Stuf  btö  fpietenbe  ßernen  legte  er  ftetS 
ba$  größte  ©emid)t;  tote  f)ier  bie  ättetrtf  aU  23rettfpiel,  fo  be= 
Rubelte  er  bie  Sogif,  ja  ba§>  gefamte  Ü?ed)t  als  Äartenfpiet 
unb  fdmf  bamit  mnemonifd)=bi(btid)e  Hilfsmittel  pr  Erlernung 
ber  Sßiffenfdjaften,  bie  bei  ben  ßeitgenoffen  gan§  erftauntid)e§ 
©lücf  madjten.  Sie  gorm  entfprang  feiner  Neigung,  atterfjanb 
fpieterigen  ©cfjrutlen  nad)3ut)ängen,  in  ber  &ad)e  aber  ftanb  er 
bod)  and)  f)ier  auf  bem  93oben  ber  l)umaniftifd)en  ©djutmeifter, 
bie  bie  SBiffenfdjaft  ber  s£rofobie  fefjr  f)od)  f  erjagten,*3)  ba  fie 
—  um  mit  ©obanu*  £effu5  31t  reben  —  auf  alle  2ßiffenfd)aften 
^e^ug  fjabe,  fie  fdjmüde  unb  erft  oollenbe.  ®onrab  (EeltiS  mar 
mit  einer  ars  versificandi  oorangegangen,  Söimpfcling  t)atte  1505 
eine  ars  lnetrificandi  oeröffentlidjt,  unb  balb  ging  bie  ßitteratur 
biefer  ^ßoetifen  getoatttg  in  bie  breite.  Unb  bafe  tjier  in  ber 
®efolgfd)aft  ber  |mmauiften  and)  ÜHurner  unä  entgegentritt,  ift 
immerhin  beadjtensmert.  2)iefe  titterarifcrjen  arbeiten  finb  3>ofu= 
mente  ber  SBanblung,  bie  fidj  baut  Sodjerä  ©inftufs  in  bem  33ettel= 
mönd)e  ooü>gen  fjatte,  einer  äBanbtung,  au§  ber  fd)tiefttid)  ber 
frudjtbare  2)id)ter  unb  freimütige  ©atmfer  fid)  entmidelte. 

?lber  bod)  mar  ber  neugebarfene  §umanift  &ugleidj  nod) 
immer  ber  alte  ^ettelmöncfj  unb  als  fold)er  ber  treue  SDienft- 
mann  ber  tttrdjc,  unb  bei  feiner  erftauntidjen  öemanbtbjeit  unb 
©efctjmeibigfeit  mürbe  e§  ifjm  nidjt  jdjtoer,  bie  in  biefer  £oppel= 
ftellung  liegenben  äStberjprüdje  au^ugleidjen.  £er  ftirdje  21erger= 
ni§  5U  geben,  tarn  irnn  nidjt  in  ben  (Sinn,  unb  rjatte  er  e§  be= 
reit§  getl)an,  fo  mar  er  fofort  bereit,  ein  pater  peccavi  ju  fagen 
unb  feine  äftl)etifd)en  Äe^ereien  reumütig  51t  toiberatfen.  Unb 
gtoar  ba§  teuere  in  einer  gorm,  bie  ber  ftirdje  oöllig  ©enüge 
t()at,  ofjue  ba^  er  barum  aud)  nur  ba§>  geringfte  an  feiner 
$riüatmeinüng  31t  äubern  braudjte.  £af3  er  bamit  im  ©runbe 
ein  l)üd)ft  befrembfidje*  SDoppelfpiet  trieb,  beirrte  il)n  nid)t,  ja 
modjte  il)in  oieUeidjt  gar  nidjt  redjt  §nm  SSetoufctfein  tommen. 


39 

<Sr  lieft  unb  erftärt  SBergtf,  um  fafi  in  bemfelben  ^tem^uge 
unter  Berufung  auf  bie  ttircr)eutef)ver  auSeinanbergufefcen,  bah 
SBergtl  megen  ber  irjm  mangelnben  Söerebfamfeit  gar  fein  2)idjter 
fet;b4)  er  öertetbigt  gegen  3afto8  oa*  9u*e  ^cc^)t  ocr  ©etftftdjen 

auf  meltlid)e  SSübung  mit  (Shtfdjtufj  ber  alten  l)eibnifd)eu  Tidjter 
unb  lieft  gleichzeitig  eine  §trt  fird)tid)er  Sleftbjetif,  in  ber  er,  geftünt 
auf  bie  Autorität  SlugufttnS,  nur  bie  firdjlidje  $oefte  anerfennt,  ben 
lueltlidfen  Sßoeten  aber  ben  ©idjternamen  überhaupt  abfprid)t,  mobei 
er  braftijd)  genug  bie  ßtoeifler  unter  Berufung  auf  2.  5£imotrj.  4 
(3  unb  4)  abtrumpft:  „Tonn  es  mirb  eine  ftät  fein,  ba  fie  bie 
f)eilfame  ßetjre  nicr)t  leiben  merbeu,  fonbern  nad)  ihren  eigenen 
ßüften  werben  fie  ifynen  felbft  Sekret  auflaben,  nad)  benen  itjnen 
bie  Chren  Juden;  unb  merbeu  bie  Dfjren  bon  ber  2Bcu)rr)eit 
menbeu  unb  ftdj  51t  ben  fabeln  febren."  üßod)  fraffer  tritt 
tiefer  SBiberfbrudj  in  beut  S3udje  31t  läge,  in  meinem  er  1509 
biefe  feine  greiburger  SBorlefungen  über  bie  Beurteilung  mettlidjer 
3Md)ter  ou§  beut  ©eftdjräbunfte  ber  ftirdjenlebrer  Sluguftiu  unb 
|)ieront)mu§  beröffentlutjte.85)  SCu  ber  Spitze  fterjt  bie  ßueiguung 
an  3nfob  Sodjer,  „poetarum  Germaniae  prineipem",  am  Gnbe 
fein  obenermabmter  93riefmed)je(  mit  3aftu§  unb  gan^  §ute|t  bas 
Sdjrciben  feinet  Drben§generafö,  in  beut  itjnt  biefer  bie  Stnnafjme 
bes  ifjm  bom  ttaifer  oerlief)enen  Tidjterlorbeer»  gemattete,  mäbreub 
er  ba^mifdjen  mit  ber  tjarmtofeften  sDäene  bou  ber  SBelt  bie 
äft()etifd)e  ^eisrjeit  ber  ttirerjenbäter  auSframte  unb  von  biefer 
l)ü()eu  SSarte  aus  biefelbe  meltlidje  Sßoefie  befampfte,  ber  er  in 
ber  Sßerfon  Sbct)er§  Ijitlbigte  unb  bereu  Ärong  it)m  felbft  alz 
l)üd)fte  (Stjre  511  teil  geworben  mar.  Wlit  gutartiger  Cbjet'timtat 
fpridjt  er  in  jenen  Borlefuugen  nie  unb  nirgenbs  feine  eigene 
äßeinüng  au«,  fonbern  nur  bie  ber  vier  Mirdjeulcbver  Stuguftin, 
^ieronrjmuS,  Sfatbrofiuä  unb  ©regortuS.  ©r  berfuljr  bamit 
fivd)lid)  uüllig  forreft  unb  bergab  fid)  bod)  and)  ntdjtS  nad)  ber 
auberu  Seite  bin,  ba  er  fiel)  bei  jebem  (Sinwurf  bahntet  ber 
fdjan^eu  tonnte,  baf?  ja  ntd)t  er  felbft,  fonbern  nur  jene  bier  ihre 
Sfteinung  aufwerten. 

Unb  aud)  in  biefer  /"yragc  nad)  bem  SBerte  ber  alten  ßitteratur 
unb  ber  alten  Siebter  injouberbett  ftanbeu  mieber  bie  betben  alten 
©egner,  SBimbfeling  unb  äRurner,  einonber  gegenüber  —  eine 


40 

überrafdjenbe  ©rfd^einung,  bie  einen  ööttt&en  'jRol(entaufd)  gur 
§Borau§fe$tmg  I)atte.  Sßimpfeting  f»atte  atterbmgS  fdjon  früher 
au§  feiner  33eforgni§  öor  bem  f>ctbnifcf;en  (Reifte  be§  21ttertum§ 
fein  £ef)l  gemadjt ; 86)  nun  aber  fdjrieb  er  gegen  Sodjer  ein  bitter* 
büfe§  $ßampt)tet,8T)  in  meinem  er  gan^  ben  Staubpuutt  einnahm, 
ber  morjt  9tturner§  ®ird)entef)rcr=2(eftt)etif  entfprad),  ben  perfim= 
iidjen  ©runbfä|ett  beweiben  aber,  ebenfo  tote  betten  ber  fjuma= 
niftifdjen  ©eftnnuugggenoffen  3ßimpfe(ing§,  fdjnurftrads  pmiber= 
lief.  Stellte  er  bie  tfjeotogifdje  ^oefie  obenan  unb  empfatjt  ftatt 
ber  alten  rjeibnifcrjen  bie  neuen  djriftlidjen  2>icf)ter,  barunter  and) 
ba§>  an  ^ßoefie  bettelarme  Carmen  de  historia  violatae  crucis 
feine§  $reunbe§  ©refemunb, 88)  fo  mar  er  l)ier  atlerbingä  mit  bem 
SJhirner  im  ©inttang,  ber  fid)  lebiglid)  gum  Sprad)rob,r  be§ 
9(uguftin  unb  §ieronl)mu§  gemadjt  tjatte;  bagegen  trennte  fie 
eine  tiefe  Sttuft,  menu  Sßimpfeling  feinerfeit*  fdjtanfmeg  behauptete, 
bafj  für  ben  fotogen,  mie  ben  Suriften  unb  9^ebi^iner  bie  ®etmtm§ 
ber  £id)ter  ganj  bebeutung§Io§  fei,  mäfjrenb  jener  in  feinem  Briefe 
an  ßafiu§  biefe  Äenutni*  für  ben  2b,eotogen  gerabe^u  al§  eine 
^?flid)t  reflamiert  l)atte.  Unb  fprad)  Söimpfeling  fdjlief3lidj  fpöttifd) 
unb  megmerfeub  öott  bem  poetifcrjen  Sorbeer,  [öott  bem  fo  oiel 
?lufl)eben§  gemadjt  merbe,  mäfjrenb  bodj  bie  'poefie  al§  Steil  ber 
©rammatif,  bie  mieber  itjrerfeits  öott  allen  freien  Mufteu  al§  bie 
unterfte  bafte()e,  einer  foldjen  Sßürbe  unb  ?lu§3eid)uung  nidjt  im 
minbeften  mert  fei,  fo  nutzte  ben  furg  gitöor  felbft  mit  bem 
poetifdjen  Lorbeer  gelrönten  SBettetmöttd)  biefe  ©eringfdjälutng 
feiner  neuen  SBürbe  grünblicr)  öerbriefsen  unb  feinem  alten  ©roll 
gegen  ben  (Strafmurger  Sßäbagogett  neue  sJcarjrung  geben.  üftatür* 
lief)  fdjüttelten  aud)  beffen  alte  $reunbe  unb  @eftnnung§gcuoffen 
über  biefe  Angriffe  bebenftidj  bie  Äöpfe,  beuu  bie  23efürdjtung, 
ba$  baS  S3ud)  bei  bem  2lufeljn  feinet  SBerfafferS  ben  tjumaniftifdjen 
Stubieu  überl)aupt  ©intrag  tljitn  merbe,  mar  nidjt  mofjl  ab= 
gutoeifen. 

$ür  ba§>  SBerftanbniS  öott  SJcurnerS  ^erfünlidjfeit  ift  jebenfal(§ 
biefer  ©inblicf  in  feine  ^reiburger  lljütigfeit  überaus  terjrreid). 
l'eidjt  bemeglid)  unb  babei  nidjt  eben  (mgtjaft,  gefdjiueibig  unb 
anfprud)§oot(,  begabt  mit  feiner  Sßitterurig  für  bie  geiftigen 
Strömungen   ber  $eit  unb  barum  ein  Stürf  £mmauift,  ^ugtetd) 


41 

aber  bodj  allezeit  ber  beoote  Wiener  bcr  Strebe  —  ha*  tft  ba§ 
23üb,  ttrie  e§  mt§  in  biefen  Sdjriften  entgegentritt.  2Öie  er  Qfetcf)= 
jeitig  ai%  s$rebiger  gef(iffentlid)  ^Uifferjen  gu  erregen  fncfjt,  fo 
treibt  ifyn  fein  93cbürfnis  nad)  Popularität  and)  al§  2)ogcnt,  in 
allen  Si^ipünen  mit^nreben  nnb  bnrd)  feine  SBietfetttgfeit  ber 
ättenge  §u  imponieren.  SOier  ferjon  bier  feljlt  biefer  oon  §au§ 
an»  fo  reid)  auSaeftatteten  s3iatnr  ein  9Jcitte(pnnft.  Sie  jerjptttternbe 
23ietgefd)üftigfeit  (ä|t  roeber  fein  latent  gnr  Vertiefung,  nod) 
feinen  Gfjarafter  jur  SReife  gelangen,  worüber  fein  breifte§  Setbft= 
bennintiein  fdjon  bie  ßeitgenoffen  nidjt  fjimoegptäufdjen  oermodjte. 


Drittes  Unpttcl. 
%f)eolo$,  9>vcMgcv  mtö  geiftltdjev  $idjtev* 


2tts  azurner  als  neunzehnjähriger  Simgting  jum  erfteu 
male  cm§  (Strasburg  fdjieb,  tjatte  irjm  fein  SSater,  mie  er  felbft 
fpäter  in  ber  „©eiftttd^en  23abenfatjrt"  (1514)  erzäfjtt,  ernft  unb 
einbringtid)  ein  treue§  ©ebenfen  an  bie  §eimat  an§  §erg  gelegt 
unb  if)it  ennatjnt,  jebein  nad)  Strasburg  Söanbernben,  ber  ifjnt 
begegne,  einen  ©ruft  an  bie  Ijeilige  Jungfrau  in  ber  SSaterftabt 
mitzugeben,  ben  biefer  ausridjten  f olle ,  fobatb  ifjin  bie  Stürme 
bes  ÜDcünfters  ftdjtbar  mürben. 

„9Jlein  fun"  \pxad)  er,  „oolg  meiner  lere! 
2ßo  bu  r/in  fumpft  in  bie  lenber  fere 
23nb  ein  5otfct)afft  fyeim  r/er  fünbeft, 
<3o  luog  ba3  bu  bin  gruofj  öerfünbeft 
SSnfer  lieben  froutoen  F/ar, 
35a§  fie  bidt)  in  ber  frembb  betr-ar!" 

SOßtr  fnüpfeu  am  beften  an  biefe  (Srzärjtung  an,  menn  mir 

üerfucfjen  motten,   SOhtrners  firdjlidje  unb  reftgiöfe  'Sßofition  §u 

beftimmen,    ba  bie   gläubige  2$eref)rung  ber  (Gottesmutter  ofjne 

grage  in  feinem  retigiöfen  Seben  ben  SOättelpnnft  bilbete.    3b,r 

%u  rjnlbigeu  mirb  er  nidjt  mübe   unb  nod)  in  einer  feiner  legten 

antireformatoriferjen  ©djriften   tft  fie  es,   bereu  §ilfe  er  in  ben 

©taubensroirren  ber  ßeit  anruft: 

9Jiaria  jart,  man  jagt  t>on  bir 
©rofs  lob  bnb  eer,  ba<§  gloubent  mir 
35 u  t)abft  gemeine  (SF/riftenr/eit 
Hör  tirtfmm  M/iet  bnb  aud)  üor  leib. 
2(cf/  t>itff  unS  aud)  311  einifeit 
Xuvd)  bin  fun  Sr/efum,  reine  metib! 


43 

Unb  in  feinem  Siebe  „öotn  Untergange  bes  d)rifttid)en 
©tauben*"  fingt  er: 

,,2ta)  frumen  cfyriftengemeine, 

2Bölt  ir  b'beiligen  tut, 

23efyalten  boeb  alleine 

SDiariam  ift  mein  bit, 

9iit  toerfft  31t  tuebt  öon  lanben, 

Ob  ir§  bebörffe  möcbt, 

Snb  leibs  eud)  gieng  ^u  banbe, 

©g  ir  fie  fint  fttteid^t." 

SHefer  $ug  llt  feinem  retigiöfen  (Srjarafterbitbe  bat  nid)t§ 
S5efrembenbe§,  ba  ja  im  granjt§!anerorben  überhaupt  eine  ganj 
befonbere  SBereljruttg  ber  üötoria  im  Sdjmange  mar  unb  jubem 
bezaubere  Umftänbe  gerabe  in  jenen  erften  @tubien=  unb  2Banber= 
jaljven  2Jcurner§  auf§  neue  ben  ftampf  um  baz  frangiSfanifdje 
SiebtingSbogma,  bie  ßefyre  non  ber  unbefledten  (Empfängnis  9ftaria§, 
entfeffelt  fjatten.  Unb  nur  Ratten  bereits  gefefien,  mie  üDhtrner  §mei= 
mal  (Gelegenheit  geboten  mar,  in  tiefen  kämpfen  al§  ßufdjauer  unb 
SBeritfjterftatter  t^ätig  51t  fein  —  ein  Umjtanb,  bem  mir  au§  biefem 
ßeitraum  bie  beiben  einzigen,  in  gefoiffem  Sinn  menigften*  ttjeolo» 
giften  arbeiten  be§  bietfdjreibenben  9Köndj§  jn  »erbanfen  fjaben. 

sJJod)  immer  trifteten  ber  Sonbertefjre  ber  grangtefaner  ihre 
Filialen,  bie  Tominifauer,  befjarrüdjen  Sßiberftanb.  Sßoljl  Ratten 
bie  teueren  in  ber  geteerten  2)i§fuffion  über  bie  bettle  ,"yrage 
obgefiegt:  tjinter  jenen  aber,  benen  bie  Sfagnftiner  al§  S3nnbe§= 
genoffen  fid)  anfdjloffen,  ftanb  bie  grofce  Waffe  be*  SBoffeS,  audj 
ber  gebübeten  Saien,  fo  bafj  tljatjädilidj  ber  Streit  ju  ©unften 
ber  /"s-rauyefauer  entfdjieben  mar.  üföurner  fonnte  beSfjatb  mit 
gug  unb  töedjt  in  feinem  Webidjt  „Ston  ben  fier  teueren"  berfidjern: 

2ßa§  bie  barfüfjcr  glatten  ban, 
25em  linkt  genolgt  r>on  tieberman, 
9}nb  trer  ein  aber  in  jm  breM 
SDie  bo  liebet  bie  reine  metybt 
JJiariam  jatt,  ber  rebt  an*  baS 
Cn  erbfünb  fr>e  entfangen  ioas. 
Ja-  meinung  gftabt  t>cfct  alle  tuelt  .  .  . 

3n  ben  einanbei  befefjbenben  Drben  jebod)  garte  eä  metter, 
unb  baS  Sßrebigtge$änl  wollte  trofc  aller  SBerbote  fein  ©nbe  nelnnen. 


44 

unb  nun  tarn  e§  im  Safjre  1501  in  granffurt  §u  einem  ßufamnten* 
ftojje  swifcrjen  ben  beiben  Parteien,  ber  burd)  ba§  it)m  anfjaftenbe 
Dbium  eines  rjäfjtidjeu  öffentlichen  ©faubats  für  bie  Sominifauer 
hoppelt  oerh/ängni§üou'  werben  muftte,  ba  ber  §anbel  baburd)  al§ 
ba%  würbige  ^rälubium  $u  bem  fpäteren  3e£erf)anbet  in  Sern 
erfcfjien,  beffen  plumper  ©djwinbel  it)re  Sadje  fjeit(o<§  bfo^ftettte,  ben 
Sieg  ber  beftrittenen  2ef)re  felbft  ober  enbgüttig  befiegette.  So= 
wob,(  jetjt  in  graut" fürt,  wie  ad)t  Safjre  fpäter  in  23eru,  war  Säumer 
öon  feinem  Orben  auf  ben  Sd)aup(at3  ber  Vorgänge  entfenbet 
Worben  unb  fein  93erid)t  barüber  ift  für  btefe§  trübe  ftapitet 
qu§  ber  ($efcrjid)te  be§  9)carienbienfte§  eine  wertoolte  Urfunbe. 89) 
Ser  frankfurter  Raubet  an  fid)  ift  überaus  fteintid)  unb 
ftellt  fid)  lebigüd)  a(§  ein  gewüt)uüd)e*  ^faffenge^änf  bar.  2)ie 
granffurter  fjatten  an  ifjrem  ©tabtpfarrer  an  (St.  93artb,o(omäu§, 
Äonrab  §enfet, 9")  einen  eifrigen  Vertreter  ber  fran^igfanifdjen 
ßefjre,  ber  oon  feiner  Standet  (jerab  tjeftige  StoutrooerSprebigten 
gegen  bie  Sominifaucr  rjiett,  ifmen  fatfdje  ßetjre  öortoarf  unb  fie  ber 
SBerunefjrung  ber  ^eiligen  Jungfrau  befdjutbigte.  35er  ^eftor  unb 
^ßrebiger  im  Sominifauerftofter,  Söigaub  2öirt,  91)  mod)te  feinerfeitS 
in  feinen  'prebigten  bem  ©egner  nid)t§  fdjittbig  geblieben  fein ; 
ja  nad)  9Jhtrner§  Sarftettung  rjatte  er  §uerft  in  feineu  ^rebigten 
„gröfkre  unb  fredjere  23eteibiguugeu,  a(S  einem  frommen  Säemann 
be§  göttlichen  2öorte§  ^iemt",  gegen  ben  Stabtpfarrer  gefcfjteubert 
unb  tiefen  bamit  fo  gereift,  baft  er  „nicfjt  nur  ©teicfjeS  mit 
©leidjem,  fonbern  ©crjärfe  mit  größerer  Sdjörfe"  oergotten  r)atte. 
Seiten  Söiganb  2öirt  fdjitbert  2tbt  £ritt)eitn  a(§  einen  nicfjt  um 
geteerten,  aber  anmaftenben  unb  tjodjmütigen  üUtonn,  SDcurner  at§ 
üerfcfjmitjt  unb  fed;il2)  jebeufadS  mar  er  uidjt  Wöbt,  mie  au§ 
bem  oon  ibjm  protwgierten  Sfanbal  beut(id)  erfidjttidj  ift.  Senn 
at§  er  nun  tjörte  —  fo  erjäfjtt  Turner,  ber  ben  rjäftfidjeu  Vorgang 
mit  feinen  eigenen  SBorten  bertdjtcn  mag  —  „ba$  cutd)  et  ^on 
bem  ©tabtpfarrer  in  feinen  ^ßrebigten  angegriffen  werbe,  befd)tof$ 
er,  benfetben  perfönüdj  beizuwohnen ;  er  ftettte  fid)  il)in  fo  gegen* 
über,  bafs  er  oon  itnn  gefet)en  werben  mufste,  unb  Iaufd)te  mit 
gcfpannter  Wufmerffamfeit,  ob  er  fid)  einen  SuigfaÖ  gegen  itju 
ertauben  werbe.  Sem  ^farrerr  ocm  °^e  (Gegenwart  be§  gredjen 
uuerträgtid)  war,  ftieg  bie  ©alle,  unb  fid)  felbft  in  ber  Üeibenfdjaft 


45 

bergeffenb,  fdjleuberte  er  §mei  33eletbtgungen  gegen  SBiganb:  er 
fprad)  feine  freute  barüber  auS,  baft  er  nidjt  ^u  benen  jäfjle, 
roetdje  ben  förifer  $einrid}93)  mit  ®ift  ober  bem  [vergifteten 
©aframent  gemorbet  fjätten,  fobann  aber  tabelte  unb  geißelte  er  bie, 
toetdje  ben  9tof enfranj 94)  ber  Jungfrau  üötoria  nidjt  bjod)  genug 
ergeben  unb  empfehlen  tonnten  unb  fidt)  bennodj  erbreifteten,  ttjre 
(Empfängnis  mit  beut  SKafel  ber  Srbffinbe  ju  befleden  unb  baburd) 
ben  ßrang  unb  bas  iQaax  ber  Jungfrau  felbft  mit  biefer  -!punbs= 
blume  ber  ©rbfünbe  (canino  hoc  flosculo  originalis  delicti)  gu 
entehren  unb  eine  fo  fd)inüt)lid)e  SRofe  in  bie  ftrone  ber  rjohen 
Sungfrau  ein^ufledjten.  2HS  SBiganb  bas  hörte,  brüllte  er  mit 
lauter  Stimme:  £u  lügft  unb  tjaft  beine  Sügen  mie  ein  Äe^er 
ausgefpieen.  STte  übrige  ©emeinbe  t)örte  bas  mit  üDWfjfallen  unb 
Slergernis ;  bie  greunbe  be§  ©tabtbfarrerS  unb  foldje,  toetdje  ifyrem 
Wirten  unb  ^ütjrer  23eiftanb  51t  fdjulbcn  glaubten,  empfauben  es, 
tote  fie  fid)  felbft  ausbrüdten,  übel,  ba£  ein  behüteter  ätföndj  in 
ber  öaupt=  unb  Sßfarrfirdje  einer  fo  berühmten  ©tobt  fid)  fofdje 
freuet  ertaubt  fyabe,  unb  bro()teu  tfjin,  too  er  and)  feine  ^uftudjt 
fucfjen  toerbe,  ben  Stob.  311s  er  bies  oernominen,  rettete  er  fein 
Seben  burd)  bie  ^tuetjt." 

SHe  £ominifaner  toollten  uatürtid)  biefen  ©djimpf  uid)t  auf 
fid)  fi|en  (äffen.  Sie  reichten  beim  römifdjen  Sturjle  über  ben 
^•ranf  furter  ©tabtpfarrer  eine  SBefdjtoerbe  ein,  unb  es  begannen 
nun  (angtoierige  SBerljanblungen, 95)  bie  fid)  bis  in  ben  Februar 
1503  hineinzogen  unb  bie  511m  Ted  in  Strasburg  geführt  toerben 
mußten,  ba  fid)  |)enfel  ben  bortigeu  ©tabtfdjreiber  ©ebafrian  Sörant 
jimt  Slntoatt  ermärjlt  hatte.  ©3  tourben  ^eugeu  über  beugen 
oeruommen,  bis  enb(id)  bie  Sadje  bamit  enbete,  baf?,  toie  üDhtrner 
ferner  erjagt,  „Söiganb  in  $om  unb  Untoißen  abfuhr,  ba  ber 
Stabtpfarrer  nid)t,  toie  er  gewollt  unb  gehofft  hatte,  bei  lebeiibigem 
Üeibe  gefdjuubeu  toorben  mar."  Unb  nun  tobte  ber  abgetoiefene 
Tomiuttaner  feinen  ftom  litterarifd)  aus,  iubeiu  er,  nad)  bem 
Vlusbrucf  unferes  ©etofttjrsmanneS,  ein  SBüdjIein  „gufammen 
fd)inierte",  in  bem  er  „fo  freigebig  feinen  A>af?  ausfehüttete,  ba| 
er  ÜRiemanbeS  (51, ie  nod)  SBürbe  feboute  unb  fein  äBafjnfinniger 
es  it)iu  barin  hätte  gleidjthun  tonnen."  "'lud)  ber  Tid)ter  be3 
„ STlarrcnf d^iff 3*    tourbe   barin,    toie  üföuraer   befonberS   beroov 


46 

(jeBt,  ntdjt  gefront.96)  $fyn,  „einen  SDfamt  oon  oietberounberter 
©eferjrfamfeit  unb  unfterbficrjent  tarnen,  gerrtfe  er  mit  feinen 
©djinäfjungen  bei  lebenbigem  Setfcc,  tote  felbft  roilbe  Xfjiere  einen 
ausgeflogenen  Seicfutam  ntcr)t  gu  gerfleifdjen  pflegen."  3)a§ 
^ßamprjtet  mar  in  ber  Xfjat  fo  arg,  baf?  ber  (Srgbifcrjof  Don 
äRaittg  e§  fonfi£gieren  nnb  oerbrennen  tiefj.  Sftun  aber  breiten 
bie  grangi*faner  ben  ©piefs  nm,  inbem  °fie  irjrerfeit§  in  SRom 
ffagbar  toutben  nnb  ben  fcr)inärjfücr)tigen  Tomimfaner  bortfjin 
girieren  liefen,  „lieber  ben  Verlauf  biefer  SBorfabung  nnb  ^anbtung 
gu  berichten"  —  fo  fdjtiefst  üöhmter  feine  ©rgärjtung  —  „märe 
gu  toetttäuftg." 

©ein  SBertcfjt  über  tiefen  Raubet  ift  cor  allem  infofern 
intereffant,  at§  er,  gefcrjrieben  oon  (Sinem,  ber  bod)  in  ber  ©acfje 
gang  Partei  mar,  überrafdjenb  mafjüotl  unb  objeftio  gehalten  ift. 
9Jcan  fpürt  beutltcr)  fein  23eftreben,  ruhig  unb  (eibenfd)aft§to§  ben 
gefd)id)tlid)en  Hergang  gu  ergäben,  (ebtgftdj  bie  £f)atfad)en  für 
fid)  felbft  fpretfjen  gu  (äffen  nnb  ba§  eigene  rjituge  Temperament 
gu  gügeln.  ßtoar  hält  er  mit  feiner  ©ntrüftung  über  ü£3irt§ 
auftreten  nirfjt  l)interm  ÜBerge,  aber  er  fann  boer)  and)  bem 
granffurter  pfeoanuS,  ber  fo  tapfer  für  bie  <2adr)e  ber  grangi3= 
faner  eingetreten  mar,  eine  ernftlicrje  Stüge  nnb  amtsbrüberttdje 
©rmafmung  nid)t  erfparen.  ©djalt  er  mieber,  nad)bem  er  gefdjotteu 
toorben,  fo  tonnte,  meint  Söhtrncr,  ein  foldjeS  SBerfcrfjren  „fefnoadjen 
nnb  fleinmütigen  bergen"  nicfjt  gur  (Srbauung  gereidjen.  „2)erot 
toei  fte()t  ber  (£f)riftenf)eit  fo  fremb,  bafj  e§  ihn  ntdt)t  mit  83etrüb= 
ni§  erfüllen  ntufj,  toeitn  er  bie,  metd)e  bie  Aufgabe  Jjaben,  ba§> 
djriftlicrje  SM!  gn  bifben,  uugefdjeut  SlergerniS  geben  fietjt,  inbem 
fie  fid)  roie  öffentliche  kirnen  fd)impfen  unb  fid)  in  reicfjent  üötofje 
beffen  fdutlbtg  mad)en,  toa§  fie  an  ihren  Untergebenen  nicfjt  ferjarf 
genug  gu  rügen  miffen."  (£3  ift  ba%  ein  JöefenntntS,  ba§  benu 
bod)  im  ÜDftmbe  be§  50tonne§,  beffen  gangeä  fpätereS  Seben  eine 
ununterbrochene  Sftei^e  oon  §änbeln  mar,  fid)  feltfam  genug 
ausnimmt. 

Ter  fatale  Slusgaug  ber  grauffurtcr  ©treitigfeiten  hatte  bie 
£omiuifauer  nid)t  ru()en  [äffen,  unb  fo  hatten  fie  1506  auf 
einem  Crbensfapttet  tu  SBtutpfen  in  geheimer  Beratung  befdjtoffen, 
burd)  Sift   unb  betrug  (Srfchetuungen   ber  Jungfrau   SDtorta    gu 


47 

probateren,  in  betten  bicfe  felbft  gegen  bie  Seljren  bor  gran^iS* 
fnner  proteftieren  nnb  bem  ©ommifanerorben  9\ed)t  geben  fottte. 
9tt§  ©d&auptaf  bes  ©dfjtombelS  mnrbe  Sern  auSerfeljen,  fco  man 
ber  (Sinfalt  ber  SBürger  fidjerer  ju  fein  glaubte,  afö  in  ben 
junädjft  oorgefdjlagenen  ©tobten  granffurt  nnb  üfäiraberg.  £ie 
nier  an  ber  ©pi|e  be§  ferner  ©ominifanerftofterS  ftefjenben 
Männer:  ber  Sßrior  SoljanneS  Setter,  ber  ©ubprior  $rang  U(fd)i, 
ber  $rofurator  £einrid)  ©teinedfer  nnb  ber  0ofterprebiger  ©tepljan 
§Bol3f)orft  übernahmen  bie  fjeifle  nnb  gefafjrtiotte  Sfafgaoe,  ben 
^Betrug  jn  infeenieren,  mobei  ibnen  a(§  SBerf^eug  ein  afö  Stoötge 
in§  Stoßet  aufgenommener  ©cjjneibetgefette  au§  8urSac(J>  l>an§ 
3e$er,  bienett  mußte.  Stnfangg  fjattc  bie  Sadje  guten  @rf  olg :  ber 
^Betrogene  mürbe  mefytfadj  be§  9fad)t§  bttrd)  SSunbererfc^etnungen 
^etmgefuc^t  nnb  eS  gelang,  trjtt  in  bemußtlofent  ßuftanbe  §u 
ftigmatifieten;  &ugleid()  forgte  man  fleißig  für  bie  SütSbrettung 
biefer  Sßunbermat  nnb  ließ  ben  armen  Slert  al§  netten  fettigen 
naef)  ©ebi'tfjr  anftanneit.  @ine§  SRacfjtS  jeboct)  gingen  biefem  bie 
5ütgeu  auf.  Sl(§  ifmt  Sttaria  abermals,  nnb  groar  bteSmal  mit 
einer  blutgetränkten  §oftie  nnb  einem  mit  ß^rtfti  23lttt  gefüllten 
Olafe  erfdjien,  erfannte  er  bie  ©timme  be§  Sßriotö,  ergriff  ein 
Keffer  nnb  ftad)  ber  tjtmmlijdjen  ©rfdfjeinung  bermafjen  ins  Sein, 
bah  ber  ©eftod^ene  öon  ©djmetj  übermältigt  bie  2Ka§fe  fallen 
ließ.  s3tid)t  faul  padfte  er  eine  jinneme  (Sdjüffel  nnb  fdjleuberte 
fie  gegett  bett  Angreifer,  toorauf  er  Ijttmpelnb  batmnlief.  Üftun 
ftattb  bie  ©acfje  fdilimm,  aber  bodj  nod)  nid)t  üergtoeifeft,  ba  ber 
gequälte  3d)tteibergefelle  auf  bieteS  ßureben  einmilligte,  reinen 
3Kunb  ju  lialten  nnb  ben  SBetrug  ju  oertüfdjjen.  ?lud)  mußten 
nun  neue  SEBunber  bie  alten  betätigen :  ba§  SDtorienbitb  in  ber 
Äfofterfirdje  bub  ,yt  meinen  an,  mäljreub  3e|er,  auf  gelieimuisooUc 
SBeife  feiner  ;\dU  entriuft,  tote  öergiutt  bot  bem  Stttat  fniete;  ja 
äRaria  begann  gar  ju  teben  nnb  baS  SBotl  ;,u  [gelten,  baß  e3  und) 
immer  bie  fefcerifdjeu  ^yrau.y^aiuT  in  ber  ©tabt  bnlbe.  Vlber 
bie  .<pcrv(td)feit  mäljrte  nidjt  lange:  "\ener,  ber  Quälereien  nnb 
be3  (Jafteng  mübe,  mürbe  auffäfftg,  [0  ba\i  bie  2)ominifanet  ernft= 
lief)  um  ben  tfaSgang  beiorgt  mürben.  9Äefjrere  ^erfuebe,  il)tt  bind) 
©ift  auS  ber  SBelt  ju  [Raffen,  [djeiterteu  m\  feiner  SBad^famfett, 
nnb  eineä  fdjönen  XageS  eutmid)  er  gar  au3  beut  Äloftev  nnb  ftellte 


48 

fidj  bem  Sßat,  bem  er  bie  erbaulichen  ©efcrjefjniffe  umftänbtid) 
berichtete.  ©§  folgte  ein  langet  peinliches  ©eridjt,  morauf  im 
9Jcai  1509  bie  ÜDäffettjüter  ifjrer  geifttidjen  SBürben  entfe|t  unb 
ber  tt)eltlid)en  duftig  überliefert  mürben.  Slm  31.  sDtai  flammten 
bie  ©djeiterrjaufen,  auf  benen  bie  Hier  Betrüger  im  Seifein  einer 
nadj  Xaufenben  gäf/tenbeu,  gaffenben  SotfSmenge  oerbrannt  mürben. 
2)er  ©djneiber  mürbe  at§  betrogener  Betrüger  in  einen  „Ääfig" 
eingefperrt,  enttarn  jebodj  unb  blieb  fpäter  unbeljelligt. 

3ßunbercrfdr)einung,en  in  biefer  oiel  umftrittenen  $rage  waren 
nichts  neue§  meijr,  benn  fdjon  nneberfjott  r)atte  SDtoria  in  biefer 
ifjrer  eigenen  ©acrje  Zeugnis  ablegen  muffen.  Stber  leiber  Ratten 
fidt)  iljre  5tuSfagen  bisher  fcrjnurftradS  nnberfprocfjen.  ®er  ^eiligen 
Äatrjarina  öon  ©iena  gegenüber  tjatte  fie  fiel)  yx  ber  Setjre  beS 
l)eiligen  £t)omaS  begannt,  mäfjrenb  fie  ber  fdjmebifdjen  ^eiligen, 
ber  ^eiligen  Srigitta,  ergäbt  fjatte,  bafs  fie,  wie  ©cotuS  letjre,  oon 
ber  Srbfünbe  frei  geblieben  fei.  @§  fehlte  alfo  bem  $orgef)en 
ber  ferner  Sominitaner  ntcfjt  an  berühmten  SDhtftern,  aber  il)r 
©djtoinbel  war  benn  bod)  fo  fred)  unb  plump,  bafs  eine  ®ata= 
ftroptje  nicrjt  ausbleiben  tonnte.  Unb  bie  ^ran^iSlaner  itjrerfettS 
mußten  biefen  jdjmäljlidjen  3ufamntenbrucfj  gerabeju  wie  ein 
©otteSgeridjt  betradjten,  baS  ifrre  Sefjre  oon  ber  uubefledten 
(Empfängnis  oollenbS  beftätigte.  5(udj  in  beu  jaljlreidjcn  gffttg« 
fdjriften,  in  benen  biefer  Serner  ©djwinbet  bef)anbelt  würbe,  fpiegelt 
fidj  bot  allem  biefer  ©inbrud  Wieber: 

9JJaria,  DJhttter,  reine  9Jiagb, 
Sein  2ob  ftnr  fprecfyen  unöerjagt, 
Dtyn'  @rbfünb  bu  empfangen  bift 
Unb  fyat  mdjt  geholfen  arge  Sift! 

£)em  grangiStaner^Drben  muffte  natürlid)  baran  liegen,  biefe 
9cieberlage  feines  ©egncrS  grünblid)  befannt  §u  madjeu,  unb  fo 
fdjidte  er  äJhiroet  nadj  Sern,  um  an  Drt  unb  ©teile  ben  Hergang 
aus  ben  juöertafftgften  Quellen  $u  erforfdjen  unb  gu  betreiben. 
SDiefer  entlebigte  fid)  feines  Auftrags  in  boppelter  SSeife:  einmal 
in  jenem  fd)on  erwähnten  tateiuifdjeu  Referat  für  bie  gelehrten 
Greife  unb  §unt  anbern  in  einem  populären  Seridjt  in  htrgen 
beutfdjen  Reimpaaren,97)  ber  nod)  ba%a  mit  jaljlreidjen  £ofsfd)nitten 
gefdjmüdt  unb  fomit  red)t  eigentlich  auf  bie  grofsc  9ftaffe  beredjnet 


49 

mar.  Sadilidi  ftitnmcti  beibe  SBeridjte  überein:  hier  mie  bort  ift 
ber  Vorgang  fetbft  idilid)t  nnb  attenmafüg,  nmftänblid)  unb  genau 
bargeftettt;  hier  mie  bort  beffeifiigt  fid)  ber@t#U)Ier  einer  grofcen 
ßurücfljaftwtg  unb  Dbjeftttrität,  fo  bafj  beibe  ©arftellwtgen  einen 
bitrdiaus  gtaubttmrbtgen  nnb  6t§  in  bie  (Sin^ell)eiten  juüeriöffigcit 
(iinbvncE  machen.  Slüer  ber  jmeite,  beutfdje  Söcrid^t  ift  tnfofern 
befonber*  intereffant,  afö  er  9Jhtmer3  erfte  Arbeit  in  beutfdjer 
©pradje  nnb  feine  erfte  beutfdje  Xiditnng  ift.  Unb  ba  er  liier  &u= 
gteid)  über  ben  bogmatifeffen  Streit  ^uüfdien  ÜKafuIiftett  nnb  ^mma= 
hiliften  fid)  an§fprid)t,  jo  gettritmeti  mir  fjtercmS  einen  lehrreichen 
(iinblicf  in  fein  SBerljäftniS  §ur  &ird)e  be*  ÜRtttetafterä  überhaupt 
nnb  511  jenem  franjisfaniicfien  ßiebfingäbogtna  im  befonbern. 

Ter  erfte  iHbfdmitt  [ehte§  @ebid^t§  trägt  bie  Ueberfd)rift : 
„Ter  Sßrebiger  nnb  SBarfüfjer  ßttrietradjt  öon  ber  (Smpfängnv» 
9J?ariä,  ber  SDhitter  ©otte§."  Wti  bent  8ünbenfall  im  s}>ara= 
bieie  ift  bie  ©rbfünbe  in  bie  SBett  gefoimnen: 

£orumb  jn  gott  fo  graufamüd) 
SBerflucfit,  beraubt  be§  fyimelricr) 
2tbam  bnb  all  leut  bff  erben, 
Sie  »ort  jm  erboren  roerben. 
SDer  felbig  graufam  ellenbt  find) 
Stot  fiarlicf)  in  bem  erften  bud) 
2)er  23ibel,  fo  folt  bu  e§  lefen, 
2Btc  roir  bon  gott  berfludjt  finb  gtoefen. 

9lim  ift  e§  feit  [atigem  eine  Streitfrage  unter  ben  ©eteljrten, 
ob  in  biefem  JylndK  alle  ÜJfotfdjeti  begriffen  finb  nnb  bot  allem, 
ob  and)  bie  SDhitter  ©otteä  biefel  jJtudEjel  teilhaftig  ift.  Ter 
fjeifige  S^omaä  öom  Sßrebigerorben  bejalit  biefe  [Jrage:  bie 
Ijimmetöromgiti  ift  oon  biefem  „götttidjen,  graufamen  ,"yhtd)e" 
getroffen  loorben,  mie  mir  anbern  alle. 

2)arum&  ir  aucfi  baö  felbig   brift, 
D3  i'ih  in  uinb  enttofangen  ift, 
Ererbet  f»ab  mit  anbren  all 
S3nferS  erften  batterS  abfall. 

Tic  SBarfüfcer  bagegen   haben   einen    „milbereit"  3inn;   fie 
jagen,  e8  fei  „unbillig"  anzunehmen,  ba|,  afö  ©Ott  alle  KbamS 
finber  oerflnd)t,   er  and)  feine   eigene  Knitter   mit   gemeint   habe, 
ba   bodi   ein  fthtb  SBater   nnb  äRuttet   in  Sfjren    halten    jolle. 

ftaroerau,  Jhmmvj  SRurner.  1 


50 

2>e§f)alb  ift  ber  gange  SSctrfüfcerorben  frni(f)t  ofme  ©runb"  m 
ber  Slufdjauung  bewegt  Werben,  bafc  äftarta  ofnte  ©rbfüube 
empfangen  worben  ift.  „2>er  meinnng  gftobt  b,e|t  alte  weit." 
9hir  bem  ^rebigerorben  gefällt  biefe  SJteinung  nicfjt;  er  bleibt 
bei  bem,  wa§  SlljotnaS  gefdjriebcn  fjat,  unb  Witt  lieber  SJcaria 
mit  ber  ©rbfünbe  befiedert,  al§  jugeben,  bafj  bie  Sefjre  be§  fjeiligen 
XfjomaS  an  einem  fünfte  „argwönig"  ift. 

2)iefe  naitie  unb  teidjtljergige  Argumentation  ift  für  unfereä 
$ran§i§faner§  retigiöfe  unb  tfjeologifdje  (Stellung  f)öd)ft  be^eidjnenb. 
9Jtit  bem  §inmei§  auf  ba§  werte  (55ebot  unb  ben  „milben"  ©inn 
ber  SSarfüfcer  ift  für  ifjn  bie  $rage  entf Rieben,  unb  man  gewinnt 
au§  bem  gangen  23ud)e  nirgenb§  ben  (Sinbrucf,  bafs  er  bie  ©arfje 
für  met)r  al§  eine  im  ©runbe  giemtitfj  gteidjgiltige  9Keinung§* 
biffereng  anfielt,  ©r  perföntidj  witt§  „ben  (Meierten  fjeimftelten, 
bie  reben  baüon,  wa§  fie  wellen."  £od)  ba  fid)  nun  einmal  fein 
ÜDrben  für  bie  Meinung  be§  ©cotuä  entfdjieben  l)at,  fo  ift  and) 
er  natürüd)  biefer  Meinung  unb  gleitet  über  ade  bogmatifdjen 
©djwierigfeiten  in  bem  berufjigenbeu  ©cfüljt  IjinWeg,  bafj  e§  bod) 
im  ©runbe  31t  (Sfjrifti  eigener  @t)re  gereiche,  wenn  man  feine 
SOhttter  üon  bem  SttaM  ber  Srbfünbe  reinige. 

Unb  uod)  ein  anbereS  ift  für  ifm  cfjarafteriftifd).  SSir 
erinnern  un§,  bafe  er  etliche  3at)re  juoor  in  einer  fonfufen 
2(u§einanbcrfe|uug  feinen  ©tauben  an  §ejen  befannt  t)atte ;  t)ier 
nun  fetjt  er  gutgläubig  unb  nmftänb(id)  auSeinanber,  bafj  jene 
dier  Betrüger  oor  ber  Xfyat  ein  33imbni§  mit  bem  Xeufet 
gefdjtoffeu  fyätten.  2)er  9(uftifter  fei  5ran5  Ulfdfji  gemefeu,  ber 
mit  bem  (Satan  ©emeiufdjaft  gehabt  fjabe  unb  il)u  jebergeit  fjabe 
bannen  fönnen:  Stuf  fein  ©cfjeifj  fei  biefer  beim  aud)  jenen  Hier 
ÜDominÜanern  in  eine§  Sttofjren  ©eftatt  erfdjienen  unb  l-jabc  ifmen 
üerfprodjeu,  bie  &ad)t  tapfer  führen  m  Reifen,  wenn  fie  fid)  it)iu 
mit  itjrem  eigenen  Stute  öcrfdjreiben  wollten.  3)a3  fei  gefdjeljen, 
unb  fo  fei  ber  teufet  fetbft  int  ^rebigcrorbeu  5tbt  geworben. 
Unb  SKurner  fügt  bie  Sitte  tn'nju: 

Maxxa  jart,  rein  leiferinn, 
23efyut  tm§  armen  imfer  ftmt, 
25j  ir-tr  ömb  bifcr  inettc   tanbt 
9£it  fc^en  tmfer  feel  31t  pfanbt. 


51 

5lud)  notf)  ein  anbereS  @efcf)td)tcf>en  jeigt,  tote  tief  er  in 
ben  Slbetglauben  mib  in  bie  Söunberfudjt  feiner  3^it  oerftridt 
mar.  ®r  er^ärjtt  nämlicf)  oon  einem  gelehrten  DrbenSgenoffen,98) 
ber  oon  bem  ©tauben,  baB  Ataxia  an  bei*  ©rbfünbe  Seil  i^abc, 
nidjt  fyabe  (äffen  motten.  £od)  bie  Strafe  fei  nicr)t  ausgeblieben, 
benn  alljährlich  am  Sage  ber  (Empfängnis  äftariä  i)abc  itju  ein 
fernerer  ^ieberanfall  rjeinigefudit,  bi§  it)n  enbttcr)  ein  frommer 
Orabet  baju  gebracht  habt,  oou  bem  fatfd)en  ©tauben  fidj  ab* 
jumenben.  2)ie§  fjabe  er  getobt  unb  bie  Zeitige  Jungfrau  ge= 
beten,  it)n  oon  ber  Äranffjeit  §u  befreien,  bann  motte  aud)  er 
fortan  gtaubeu,  baB  fie  ofme  ©ünbe  empfangen  fei. 

•öiaria  jart  erhört  ben  man 
Äein  febreä  tan  jn  hcmer  an 
2l(§  e§  cor  iärftdj  fyett  gctfyan. 

5(uf  bie  langatmige  (Shrgäljtung99)  bes  ^anbefö  fetbft  eingu- 
getjen,  ift  unnötig.  9hir  fetten  unterbricht  äJcuraet  ben  rut)igen 
^luB  ber  Xarftettung  burd)  furje  ßnrifdjenbemetfungen  fritifdjer 
ober  erbaulicher  Dcatur;  im  allgemeinen  (äfjt  er  bie  SUjatfadjen 
fetbft  reben  unb  fucrjt  es  möglidjft  §u  oerbergen,  bafj  er  fetbft  in 
ber  Sadje  gang  unb  gar  Partei  ift.  -Tod)  merft  man  es  immerhin 
rafd)  genug,  baB  ber  (Srgctljlet  als  ©adjttjalter  ber  SBatfüfjer 
fpridjt  unb  faun  e§  jlöifd^en  ben  Reiten  [puren,  mit  metdjer 
©enugtrjuung  er  ben  ©djimüf  be§  ©egner§  an  bie  große  ©lode 
t)ängt.  SDas  Söcoth),  bas  bem  3d)miubet  ber  Xominifaner  $a 
©runbe  liegt,  ift  für  il)u  utdjt  nur  ba§  SSeftreben,  ifjtet  €rbens= 
boftrin  über  bie  ©ntpfängniS  ber  SDcaria  jum  Siege  p  oerlielfeu, 
fonbern  aud)  ber  Sßunfcf),  bie  SJcinoriten  aus  Sern  ju  oevbvängen 
unb  if)r  eigenes  Ätoftet  $u  einer  ©uabeu=  unb  5B&attfal)rt3ftätte 
(^u  ergeben,  ©ie  mollten,  mie  er  öerfidt)crt,  hier  eine  ,,[ya()rt  bes 
tjeitigen  SBluteS"  grüuben.  (St  mein  benn  aud)  mancherlei  oon 
bem  Älatfdj  §u  etfläfjlen,  ben  ber  fernbliebe  Dtben  über  ben  feinigen 
oerbreitet  fcjatte.  Tic  SBatfüfcet  führten  ein  fd)äublid)es  ßeben, 
il)re  .Sluttc  „fdjmecfe  uad)  SBein"  unb  mas  berg(eid)en  Sieben  melir 
getoefen  feien,  fo  ba\]  fdjlieflicfj  bie  alten  Sßetbet  auf  ber  ©äffe 
über  bie  SBatfüfjet  gefdjimpft  unb  ibuen  ben  Sßtebigerorben  als 
SUcufter  t)iugeftetlt  hätten.  \Hber  allen  biefeu  „fejjetifdjen  SBuben 
ftüdeu"   fei  ber  oetbiente  8of)n   \\\  Jeü  geworben.    6t  fdiliem 

4* 


52 

enblid)  mit  einer  Sttmtftmg  ber  Butter  öotte§ :  fie  nermte  er  gum 

beugen,  bafc  fein  53ucf)  ntcrjt  bem  ^rebigerorben  511  Seibe,  fonbern 

nur  irjr,  ber  |)immelsföntgin,  51t  (Stjren  gefcfjrieben  fei: 

£>er  bifeg  cücfylein  fyat  trutfen  Ion, 
2)cr  f>at§  SJJarie  ju  eeren  gtfyon, 
@r  tyofft  toon  ir  ben  etoigen  Ion. 

3m  übrigen  befdjrönf't  fid)  unfere  Kenntnis  öon  SÖcurners 
trjeologifdjen  (Stubieu  uub  ^eftrebungen  au§  ber  $eit  ttor  feinem 
(Eintreten  in  bie  reformatorifdje  iBemegung  auf  fo  bürftige  9)ftt= 
teitungeu,  bau  barau§  fein  ftare§  23i(b  511  geroinnen  ift.  SBSir 
roiffen,  baft  er  öor  ben  Drben§rapiteut  in  ©fingen  (1503), 
©trafcourg  (1504)  nnb  llebertingen  (1505)  eine  Sftebe  über  ba§ 
ed)t  fcrjotaftifdje,  uöllig  unfruchtbare  £rjema:  Deum  non  esse  ens 
gehalten  b,at,  roäfyrenb  unZ  bcifpietöroeife  über  feine  trjeotogifdjen 
Sßorfefmtgen  in  ^yreiburg,  roo  er  ben  tfyeologifdjen  35oftor  fid) 
erroorben  fjatte,  jebe  ®unbe  ferjtt.  dagegen  bürfen  mir  root)t  in 
biefen  ^ufammeurjang  feine  in  ben  fruchtbaren  ^frankfurter  5(ufent= 
balt  (1511)  fatlenben  Ijebraifdjen  3tubien  rüden,  äu§  benen 
feine  3d)riftd)eu  über  bie  Dftergebräudje  ber  3  üben100)  nnb 
feine  beutfdje  Ueberfet^ung  ber  jübifdjcn  Jifdjgebete101) 
rjertiorrondjfen.  (£r  gab  in  jener  erften  3djrift  eine  Ueberfe^uug 
ber  ©efrete,  meld)e  üon  ben  3ubeu  bei  ber  I)ämMid)en  fjeier  be* 
erften  $ßefadjabenb§  gefprodjen  merben,  ntcrjt  ofjne  fid)  in  ber  au  bie 
Srfjrer  be§  ^rangiSfaner^Drben^  gerichteten  SBorrebe  megen  etmaiger 
fjfefjter  51t  entfdjulbtgen,  „ba  er  ntcf)t  non  frütje  an  im  §ebräifcr)en 
unterrichtet  roorben  fei,  foubern  erft  fpät  einige  ÜSrocfen  gelernt  fjabe." 
llnb  biefe  (£ntfd)itlbigung  mar  in  ber  Zi)at  für  beibe  arbeiten 
burd)auS  notroenbig,  ba  fie  uad)  berufenem  Urteil102)  nur  be= 
meifen,  bafc  SJcurnerS  ßenntmffe  im  §ebräifd)en,  felbft  im  SBergletdj 
§u  ben  üerfyältni§mäfng  geringen  feiner  ßeitgenoffen,  l)üd)ft  un= 
bebeutenb  maren.  2utdj  biefe  beiben  ©djriften  befunbeu  mie  feine 
meiften  anberen  miffenfd)afttid)eu  arbeiten  „bie  grofce  ßeidjtigfett, 
aber  aucr)  Setdjtferrigfeit,  mit  roeldjer  er  arbeitete."  3mmerr)in 
jebod)  gemannen  biefe  rjebräifdjeu  Stubien  für  irjn  perföntid)  eine 
gemiffe  SSebeutung,  inbem  er  baburdj  in  rjunmniftifdjen  Greifen 
btö  feit  feinem  ßufammenftofce  mit  Söhnpfcliug  fjcrrfdjenbe  9Jcife= 
trauen    ehtigemtafjett    übermanb   unb   fid)   eine   üerljäitnismäfeig 


53 

morjlmotlenbe  Beurteilung  oon  Seiten  ber  SBerfaffer  ber  Tnnfel= 
männerbrieie  fieberte.  S)enn  inbeui  er,  unbefangen  genug,  eben 
jefct  bie  jübifdjen  ©ebete  nnb  eine  Sd)ilbernng  jübiid)er  ©ebräudje 
herausgab,  [teilte  et  fid)  in  bem  (Streite  ^oifdien  Fendilin  nnb 
^fefferforn  auf  bie  Seite  be§  ©rfteren  nnb  üerbanfte  e§  biefem 
Umftanbe,  bafj  er  an  brei  Stellen  ber  S)un!elmännerbriefe  als 
9fteuct)Iiitift  bejeidjnet  umrbe. I03) 

®tma§  ergiebiger  finb  bie  Quellen  über  feine  S£tjätigfeit  afö 
Äangelrebner.  SGBir  roiffen,  bafj  er  [djon  in  ^reiburg  oietf  ad) 
geprebigt  rjat  unb  giuar  muffen  feine  Sßrebigten  ein  gettrif[e§  9luf= 
feben  erregt  haben,  ba  nodj  lange  nad)her  jafjlreictje  Stnefboten 
barübet  im  Umlauf  maren.  Tiefe  fanben  bann  natürlid)  and) 
in  ben  fpateren  Sd)mäl)fd)riften  gegen  il)n  if)ren  sJäeberfd)lag. 
So  rouBte  beifpielsmeife  ber  angeblid)e  ^apbjael  3Jcufäu§104)  bon 
einer  Sftoffionäörebigt  ju  ergär/ten,  in  ber  äfturner  ben  Suben 
nadjgefagt  l)abe,  fie  f)ätten  ben  turnt  färeuge  genommenen  Seicrjnam 
bes  .sperrn,  ba  e§  ,y«n  SBeftatten  $u  fpät  geiuorben,  einfad)  über 
ben  ßaun  geworfen,  t)ätten  ilm  bort  liegen  (äffen  nnb  üfttentanb 
miffe,  niofjin  er  gefommen  fei.  SJcicrjt  minber  bebenflid)  lautet  eine 
Steufjerung,  bie  er  if)m  überSKaria  in  ben  3Jhmb  fegt105)  Unb 
Un  lirfftein  tifd)t  in  feinem  „Concilium"106)  einen  iil)nttd)en  .SUatfd) 
auf.  $lad)  irjm  nämlid)  habe  ÜDhtraer  bei  Sdiilbernng  ber 
©efangennaffnie  Sefu  in  ©ettjfentane  erzählt,  bie  Sdnoaben  hätten 
bort  in  einem  Hinterhalte  gelegen,  nm,  fatt§  bie  Sfuben  ben  Herrn 
freigelaffen,  ibrerfeits  it)ii  $u  greifen  nnb  §U  freudigen.  oin 
„.Siarftbans"  enblid)  rübmt  fidj  üöhmter,  bafj  er  \u  ^reibnrg  eine 
gange  [Jaftengeit  binbnrd)  über  ba§  Sprid)tmort:  „Haft  nit  mein 
gen*  gefe()en"  geprebigt  habe.1""»  Sitte  biefe  @efcr)icr)teu  bat  er 
felbft  für  böswillige  @rfinbungent08)  ert'lürt,  nnb  bau  er  biefe 
Tinge  fo,  toie  fie  bort  au3  bem  ^nfainmenbange  beransgertffen, 
mitgeteilt  Würben,  in  bor  Efjat  nicht  gefagt  haben  mirb,  barf  man 
it)in  toobl  aufS  Sßort  glauben.  Tod)  ift  anbrerfeitS  nicht  \n 
bezweifeln,  bafj  biefer  Sftadjrebe  ein  .Siörnchen  Sßatjrrjeit  ;n  ©runbe 
liegt,  nnb  mir  haben  (ebenfalls  baS  Wecht,  in  biefen  "Hnet'boten 
einen  [Jingergeig  jut  ,Sienn;cid)nnng  nnb  Beurteilung  [einer  ^rebigt 
monier  511  erblidcn.  Ter  Wann,  welcher  nicht  lange  barauf  übet 
feine   eigene    „Ouirrenbeidnoornng"  prebigte,   en'cbeint   eben   fdum 


54 

tjter  als  ber  Vertreter  einer  ®cmgefi>erebfamfett,  meldje  fid)  bie 
©renken  bes  ßiitäffigert  \&fi  lre^  geftecft  Ijatte,  unb  mir  bürfen 
oljne  toeiteres  annehmen,  bafe  gerabe  er  bei  feiner  Vorliebe  für 
padenbe  SSirfungen,  bei  feiner  %abz  tebenbiger  (Sr^ärjlung  nnb 
bei  feiner  efyrlidjen  Sdjeu  baoor,  je  Cangtüeiltg  gn  merben,  ge= 
lecjentücf)  aud)  t»or  einem  berben  Spafs  ober  braftifd)en  §Bt|djett 
nidjt  zurücfgefdjeut  fein  mirb.  £abei  mag  bann  freilief)  feine 
Söiebergabe  bibtifdjer  ö)efd)id)ten  manchmal  red)t  menfdjfid)  nnb 
irbifd)  ausgefallen  fein. 

Unb  mir  befifeen  nun  i()m  felbft  ein  ßeugmä  über  feine 
s^rebigtmauter,  in  bem  biefe  SSermutung  burdjaus  beftütigt  mirb. 
Sluct)  in  grauffurt  a.  Tl.  f>attc  er  im  Söinter  1511  oietf  ad) 
geprebigt  nnb  $oax  and)  f)ier  mit  bem  gleichen  (Srfolge  unb 
5(uffet)en.  3?rt  $o!ge  beffen  maubte  fid)  einer  feiner  ehemaligen 
^reiburger  23efannteu,  ber  granffurter  "Jßlnlipp  Äeilbad),  ein 
äftatm,  bei!  bie  Tnnfelmännerbriefe  unter  ben  sJJeud)liniften  auf= 
führen,  mit  ber  53itte  au  it)n,  if)m  eine  ^Ibfdjrift  feiner  erften 
granffnrter  sßrebigt  mitzuteilen.  Ost  entfprad)  biefem  2Sunfd)e, 
inbem  er  jenem  einen  tatetmfdjen  2m§jug  ber  ^rebigt  in  53rief= 
form  übermittelte.10'-')  SHefe  s$rebigt  felbft  nun  bietet  menig  Q3c= 
merf  ett§tt>erte§ ;  fie  be()anbelt  mit  großer  33el)utfamfeit  unb  ofjne 
jebe  anitüfnge  SSettbung  ba§>  Xt)ema:  bie  SSaffen  ber  Gtebulbf 
inbem  fie  fein  eigenes,  oben  befdjricbenes  Söappeu  allegorifd)  aus= 
beutet.  2C6er  SJhtrner  räumt  pgleid)  ein,  bafi  er  feinen  s$rebigteu 
f)ier  unb  ba  Späfje  beizumengen  pflege,  inbem  er  fid)  %a  feiner 
9ied)tfertigung  auf  (Meilers  23eifpiel  beruft,  bas  ja  in  ber  S^at 
Lanier  unb  Stil  unfers  ^ranzisfauers  auf  bas  entfd)iebenfte 
beeinflußt  t)at.  38ie  jener  über  Krauts  „Üftarrenfdjiff",  fo  prebigte 
nun  biefer  über  feine  eigene  „9?arrenbefd)mörung",  nur  bah  er 
nod)  meit  berber  jugriff  unb  (Meilers  Stil  red)t  gefliffentlid)  ins 
9tiebrige  t)enmtergog. 

Tentlid)  formen  mir  bas  and)  in  ber  geiftlidjeu  £iditung 
lual)rnef)men,  bie  SDhimet  balb  nad)  feinem  ^rauffnrter  ?luf:nt= 
I)alt  unter  bem  2ütel  „Sin  aubed)tig  geiftlidje  93abenfart" 
nollenbete.110)  Unmittelbar  guöot  mar  er  mit  bem  tadienbeu 
©efidjt  bes  Spötters  unb  Satirifers  oor  fein  $ßublifnm  getreten, 
nun  tarn   er  biefem  mit  ber    entfielt  SRtette  bes  Seelf orgers  nnb 


5 


-. 


SSufjprebigerä.    oben  tjatte'er  bie  ©djeltnenpnft  gefdjilbert  unb 

bie  Darren  bcjdjiuoren  —  jei.u  [Gilberte  er  crbautid)  bcn  Sßrogejs 
ber  diriftlidieu  Heiligung.  C£*bcn  liattc  er  rote  üföemanb  vor  Unit 
bie  öertteftücrjte  ftircbe  unb  bcn  ncrmelttiditcu  Stents  gefjöfjnt, 
je&t  fdirieb  er  ein  poetifdjeä  ©rbauungäbudj,  in  bem  er  gläubig 
bie  Oouabenmittet  ber  Mirdjc  6efang  unb  bie  ^riefter  ofö  @otte§ 
Statthafter  uerberrlidüe. 

Ten  Stnfafs  biefeS  fettfamen  93üdjtein3  Ijat  er  un§  fetbft  um= 
ftänb(id)  bevidjtet.  VLU  er  SSinter  1511  rfjeinabroärtö  gen  £yranf= 
fürt  fufjr,  liattc  er  fid)  untertoegS  in  groft  unb  Untoetter  eine 
t)eftige  ©rfaftung  unb  erfrorene  ©lieber  jugejogen,  bie  U)it  im 
gfrüljjaljr  §u  einer  Änr  im  „sI>caieubabe"  nötigten.  Unfähig  31t 
fd)reibcn,  ju  lefen,  ober  gar  ju  örebigen,  unb  bodj  nidjt  genullt, 
ben  „Zettel  umfonft  %a  freffen",  biftierte  er  bort  bie  SBabenfafjrt 
einem  jüngeren  gfreunbe  in  bie  geber111):  als  ein  Taufopfer 
für  feine  ©enefuug  unb  ftugteidj  anberen  51t  9htjj  unb  g-rommen, 
bamit  fie  meljr  Üjrer  Seele,  benu  U)re§  SeibeS  ad)t  Ratten  unb 
jene  rein&utDafdjen  befliffen  feien. 

<yinb  icf>  bnber  tufent  einen, 
Ser  fieb  ün  bab  nnirb  alfo  reinen 
Sßnb  beffert  ftcb  aufj  meim  gebiebt, 
<Bo  fyoff  id),  baS  mein  arbait  niebt 
©ei  öon  mir  tnnb  fünft  gemacht. 

©r  bid)tete  ba*  33ud)  nid)t  lateinifd),  fonbern  in  beutfdjer 
Spradje  für  ben  ungetefjrteu  2Äann,  fügte  jebod)  für  bie  (Mefyrten 
bte  SBelegftetten  lateinifd)  au  ben  Iftanb,  ba  er  felbft  ()ier,  wo  er 
lebiglid)  erbaulidi  mirt'eu  loollte,  ber  gelehrten  Trübelbube  nict)t 
entraten  tonnte. 

(Sein  Sorbtfb  ift  toieber  ber  Strafuntrger  SRünfterprebiger 
©euer,  beffen  Sßrebigten  ber  (Srbanungslitteratur  bie  praftifdie 
Sftidjtung  gennefen  hatten,  ©enau  in  ber  gleiten  ÜDtonier,  in  ber 
liier  Turner  eine  SBabrafaljrt  geiftlid)  ausbeutete,  l)atte  ©eilet 
beiipielmeife  in  feinem  ^ilgerbüdjletn "-)  eine  ÄHallfahrt  alle 
govifd)  ausgemalt:  ba3  Sdmlbenmblen  be3  :,iir  Pilgerfahrt  fid) 
Stüjtenben  ift  bie  S8eicr)te;  ber  leberne  Bad,  in  bem  er  feine 
.\>abc  mit  fid)  trägt,  ber  lebenbige  (tfltfttbe;  ber  breite  ^ilgcrliut 
bie  (Mebulb;   ber  IKantcl  bie  d)riftlid)e  ^reuubfdjaft ;   ber  Pilger 


56 

ftab  tue  Hoffnung ;  ber  Notpfennig  be§  2Bauberer§  finb  bie  guten 
SJBerre.  5lber  für  einen  ■Dfatdjafjmer  mie  SOhtrner  mar  ©ei(er§ 
Lanier  üerf)äugni3t>o((.  ?(ud)  biefer  rjatte  o()ne  $rage  nid)t 
feiten  bem  iöebürfni§  nad)  braftifdjem  ?(u*brud  adju  oie(  nad)= 
gegeben  unb  bei  feinem  SCufnüpfen  an  fiunlidje  Singe  mitunter 
Saft  unb  ©efdjmad  oermiffen  (äffen;  aber  immerhin  burfte  eine 
fo  urfprünglidje,  burd)  unb  burdj  orgineKe  s^3erfön(ic()feit  mandjes 
magen,  tua§  bem  Nadjatjmer  oermefyrt  mar.  Unb  mie  feine 
Lanier,  fobatb  fie  auf  bie  <3pi|e  getrieben  mürbe,  fofort  in 
unmi(lfür(id)e  föomif  umfdjlug,  ba%  bemeift  nid)t*  fdjtagenber  als 
SJturnerS  „geiftlidje  S3abenfa()rt".  Saft"  er  fetbft  ba§  (jier  burdj= 
geführte  nmnberlidje  ©(eidjm§  bitterernft  genommen  rjat,  bürfen 
mir  if)tn  auf§  Sßort  glauben,  bod)  mutete  e§  fdjon  bie  @ebi(beten 
unter  ben  ßeitgenoffen  burd)au§  al§  gefd)tnad(ofe  Sraüeftie  an, 
unb  baz  ganje  fatbuugcmoüe  23üd)(ein  büufte  ifjnen  meniger  er= 

bautidj  at§  (äd)er(id).  £)enn  3U9  fur  3US  ift  ^er  oa*  2W° 
be§  (eiblidjen  33abe*  auf  bas  geiftige  iöab  übertragen  morben, 
mobei  CS^riftuc-  fetbft  a(§  93aber  fungiert,  bem  äftenfdjen  bie  $üf$e 
mäfdjt,  if)n  abreibt,  i()in  bie  §aut  fraj3t,  ttm  fdjröpft  unb  ifjnt 
baZ  |)anpt  fdjert  —  lauter  ^roseburen,  bie  nod)  ba^u  in  Söttberit 
erbau(id)  gefd)i(bert  finb.  SäJhtraer  beburfte  eben,  gerabe  mie 
©ei(er,  immer  eines  finnlidjen  5(n()a(t§,  um  feine  geiftlidjen 
93etrad)tungen  barau  anknüpfen,  aber  ba  tfm  bie  6orge  bes 
3umeitge()en§  niemals  befümmerte,  fo  oermod)te  er  fetbft  in  gehobener 
Stimmung  ber  $(attf)eit  uidjt  51t  entrinnen  unb  tarn  fd)(ief3lid) 
51t  bem  oerrjängnicmotfeu  Irrtum,  jebem  braftifdjeu  unb  faftigen 
23itbe  an  fid)  eine  praftifd)  erbaulidje  2Birfung  äu^ufdjreiben. 
Unb  fo  ift  er  benn  a(§  geiftüdjer  Sicrjter  genau  berfelbe  gügeüofe 
9?atura(ift  mie  aü  ©atirifer.  %ud)  fjier,  mo  er  ben  ^rojef3 
ber  d)rift(id)en  £>ei(igung  a(§  ein  ^ab  beS  ©ünber§  abfd)i(bert, 
bemärjrt  er  überall  feinen  fdjarfen  33Iid  für  bie  Singe  ber  9üifjen= 
me(t  unb  bie  gefd)u(tefte  2kobad)tung£gabe  be§  Sinnfälligen,  mo= 
burd)  beim  ba§>  jur  ßrbauung  gebidjtete  £Utd)  in  erfter  Sinie  §u 
einer  fdjä^ensmerten  guubgrnbe  für  unfre  ftenntntö  beS  alt= 
beutfdjen  £Babemefen§  gemorben  ift.113)  daneben  ift  e§  freitid) 
aud)  lefjrreid)  a(§  ein  gengnis»  für  bie  (SrbauungSütteratnr  unb, 
ba  SJhtnter  oermutüd)  aud)  über  bie  33abenfa§rt  geprebigt  (jaben 


57 

roirb,  für  baä  Sßrebigtoefen  oor  ber  Deformation,  ba  e»  immer* 
()in  geigt,  metdje  ©efdjmacftoftgfeiten  imb  Xerbbeiten  felbft  ein 
©eiftlidjer  feinen  ßefera  jujumuten  magte;  bod)  muffen  mir  f»ier 
üor  all^u  raftfien  ©djlulfolgerungen  auf  ber  f)irt  fein,  ba  mir  an§ 
äfturnerS  eigenen  bemegtidjen  klagen  miffen,  bau  fdjon  ben  ßeit= 
genoffen  ber  Einfalt,  ©Ott  51t  einem  öaber  5U  machen,  ju  meit 
ging,  nnb  baß  er*  and)  mit  feiner  „SBabenfaljrt"  ben  ßeuten 
feineSmegS  rjatte  red)t  madjen  fönnen.  lir  liefe  e§  benn  and), 
bnrd)  fo(d)e  Erfahrungen  gemüßigt,  an  biefem  einen  SBerfudj, 
feinen  ßefern  gefüblooll  nnb  erbanlid)  51t  romnten,  genug  fein 
nnb  ferjrte  ftug§  jur  Satire  juriuf,  mo  feine  populäre  Terbfyeit 
beffer  am  $(a|e  mar. 

Sn  ifjrer  erften  Anlage  geigt  bie  „53abenfat)rt"  eine  öint)eit= 
lidjfeit  nnb  Sonfequenj  ber  Tnrd)fnl)rung,  mie  feine  anbere 
30hirnerfd)e  £id)tnng,  bod)  (jat  er  felbft  bie  nrfprüng(id)e  (Sin* 
()eitüd)feit  bnrd)  allerfjanb  angeflidte  ßufäfce  mieber  jerftört, 
rno^n  er,  mie  e§  fd)eint,  tebigtid)  bnrd)  ted)nifd)e  ©ri'tnbe  bei 
.\>erfteünng  be*  £Utd)(eitt6  beftimmt  morben  ift.  S)enn  junädjft 
toaren  offenbar  mir  bie  erften  fünfnnb^manjig  Slbfdjnitte  mit 
ber  Stonffagung  an  ©ort  (XXXIV)  al§  ein  jufammen^ängenbeS 
©ange§  gebietet  morben,  mafvrenb  er  bie  übrigen  ftapitet  {jtnter 
()er  einfd)ob  nnb  fogar  nod)  bittrer  ber  Angabe  beS  Xrntfer§  nnb 
be§  Säijreä  ber  gertigftettung114)  ein  Tanfgebet  an  üDtoria  t)in= 
anfügte.  Xeutlid)  ert'ennt  man  bie  £nrcbbred)ttng  beS  nrfpriing= 
(id)en  3d)ema§  an  allerlei  äitneren  Stnjeic^en,  aber  nid)t  minber 
am  Tsnl)alt,  ber  eben  mir  in  jenen  erften  fünfunbgttjangig  §tt= 
fd)nitten  eine  gemiffe  fogifdje  liunuicfluna,  aufmeift.  Wadibem  er 
im  erften  .Siapitel  eine  geiftlidje  Tentnng  be§  öabeS  int  attge 
meinen  gegeben  l)at,  meift  er  im  jmeiten  baranf  l)in,  mie  ©Ott 
burd)  s^ropf)eten  nnb  Wpoftel  bie  IKeimben  in  bie  Sabeftube 
gefoben  nnb  in  ber  Offenbarung  uns  fetter  „in3  Sab  geblafen" 
babe.  ©Ott  fetter  fjcijt  un3  and)  bie  Söabftube  ein  mit  beut 
gfeuer  ber  göttlichen  Siebe  nnb  ben  Et)ränen  ber  SReue.  Sßir 
aber  muffen  un8  felbft  „afö  unrein  erlernten,"  benn  ber  ift  ein 
tl)örid)ter  Wann,  ber  beut  Jlrjt  feinen  Schaben  uerbirgt  nnb 
bod)  gefunb  »erben  mödjte,  b.  t).  mir  muffen  unfre  Sünben 
befennen,   mollen   mir  ber  ©mibe  ©otte*  teilbaitig  merben.     llnb 


c 


8 


ttteiter :  tote  ber  SDicnfd)  im  SBabe  bie  Äleibung  abfegt,  fo  muß 
bic  ©eele  bie  ©ünbe  oon  fid)  tfmn,  unb  „oor  ©ott  nacfenb 
fteljen,"  mobei  ifjr  nichts  bleibt,  um  iljre  Slöfse  gu  becfeu,  al§ 
bie  guten  SSerfe.  ©ott  felbft  mäfctjt  un§  atebann  bie  fjfüfie, 
inbem  er  un§  tef)rt,  nad)  feinem  53eifpiet  bemütig  tocrben;  er 
reibt  un§  ben  Seib,  inbem  er  uns  in  ber  SBeid^te  fdjtoijjen  läfjt; 
er  träfet  un§  bie  |)aut,  inbem  er  un§  für  unfre  8ünbe  Söufje 
auferlegt;  er  fcfjröpft  un§,  inbem  er  un§  ba§  geile  53tut  burd) 
f^aften,  Sßadjen  unb  SSeten  beimpfen  lefjrt;  er  mäfdjt  un§  ba* 
^aupt,  inbem  er  uns  §um  (5ntfd)Iuffe  ber  SBefferung  antreibt. 
ßu  einem  SBorbilbe  gottfetigen  28anbet§  finb  bie  Sßriefter  berufen, 
bie  mir  at§  (Statthafter  ©otte§  oerefjren  f ollen,  ba  fie  93cacf)t 
l)aben,  31t  ftrafen  unb  freigufpredjen,  ya  „lebigen  ober  ju  binben." 
Sft  bann  baZ  eigentliche  23ab  beenbet,  fo  toirb  bem  üöabegafte 
ba%  §aar  gelammt,  mobei  er  ber  gürforge  ©ottes  gebenfen  foll, 
ber  jebe§  ^jaar  auf  feinem  Raupte  ge§äf)ft  ^at.  ÜDer  Seib  toirb 
gepeitfdjt  unb  befprifet,  b.  fy.  ber  ,<perr  entgünbet  im  SOcenfdjen* 
rjergen  bie  göttliche  Siebe  unb  ^nbntnft;  bie  güfk  toerben  ab* 
gerieben  aU  eine  SOcafjnung  an  bie  SSerfucrjungen  be5  böfen 
geinbeS,  unb  enblid)  toirb  ber  83abegaft  mit  f altem  SBaffer  ah= 
gegoffen,  toa§  an  bie  (Sünbenoergebung  in  Xaufe,  Söeict)te  unb 
51blaB  erinnern  foll.  S)er  SSabemantet,  ben  man  un§  nad)  bem 
%abt  umlegt,  foll  uns  an  baZ  3terbef)embe,  ba%  ^Kufjebett  an 
ba§>  ©rab  mahnen,  benu  e§  fommt  bie  $eit,  ba  unS  ©ott  nicf)t 
mein*  al§  93aberfnccr)t,  fonbern  afö  Sftidjter  erfdjeinen  mirb.  3C6er 
mie  mir  nad)  bem  93abe  bie  föleibung  mieber  anlegen,  fo  toerben 
mir  einft  aud)  00m  ©rabe  mieber  auferftefjen,  unb  jtoar  in 
fdjöuercr  Äleibung  aU  guoor,  unb  toerben  f)eimget)en  auf  beut 
|)imme(sftege,  ben  un§  ©tjtiftuS  gemiefen  l)at.  (@to.  3of).  14,  6.) 
Unb  mie  bem  ^eimgefjen  nad)  bem  23abe  ba%  Söofjlteben  mit 
©djmaitfen  unb  ßecrjen  folgt,  fo  mirb  aud)  bemjenigen,  ber  l)ier 
auf  ©rben  redjt  gebabet  I)at,  broben  im  .S^immelreid)  ein  emige§ 
2Bol)lleben  bereitet  fein. 

Soroeit  ift  bie  £urd)füf)rung  be§  ©teid)niffe§  leiblid)  logifd) 
unb  5itfammeul)ängenb,  aber  ba  au§  rein  äufsereu  ©rüuben  eine 
toeitere  5tuebel)nung  bc§  ©ebid)te  geboten  fd)ieu,  fo  ntadjte  SOhtvner 
an%  ber  9cot  eine  lugenb  unb  fügte  otme  SBejumen  nod)  ad)t 


59 

wettere  SCbfdjnitte  fnngu,   bie  er  einfad)  burd)   bie  Semerfung: 

„§er  und)  nolget  oou  ben  natürlichen  nnb  mepen  bebern"   an 

bas   SJorfjergefjenbe   aufd)lon.     ©r   Befingt   f)ter   bie   laufe   als 

einen  Jungbrunnen  itub  braut  —  in  einer  grünblid)  öerfdjroominenen 

Kftegotie  —  ein  ftränterbab  &uredjt.    ©r  bemonftriert  am  ©öpmnger 

(Sauerbrunnen  ben  Sfatfcen  bc§  SeibenS,  mobei  er  bie  üöloral   in 

bas  Sprüd)lein  &ufammenfa|t: 

„San  ber  fol  nit  be§  fieffen  ban 
Ser  bitter^  nit  berbomren  fan." 

©r  preift  ©brifti  Sölut  aU  bas  redjte  föeiuigungSbab  unb 
befingt  nochmals  Saufe  unb  letzte  Delung  unter  beut  SBitbe  eines 
DelfcabeS.  ©r  weift  auf  bie  Kottoenbtglett  be§  täglidjcn  S8abe§  bin, 
b.  f).  auf  2Seu)toaffet  unb  üföeffeljören.  ©r  mafjnt  in  beut  Slbjdjnitt 
„bas  SBifbbab,"  bie  SBefetjrung  nid)t  attgu  lange  f)inau§äufd)ie6en, 
unb  beljanbett  enblid)  bie  Seilte  al§  ein  SdnoeiBbab.  3n  biefen 
angeflirfteu  itapitelu,  bie  ofme  jebe  innere  Sättigung  ben  Stoff 
auffdjmellen ,  finb  natürlich  SSieberlmlungeu  aus  ben  früheren 
unoermeiblid) ;  einmal  mie  bas  anbere  mal  tebreu  bie  alten 
SBilbcr  mieber;  biefelben  paar  gebauten  werben  enbloS  mieber = 
gefaut  unb  oariirt,  unb  tu  biefem  bürren  Sdjematismus  ift 
fd)üen(id)  felbft  bie  anfängliche  2ebf)aftigfeit  unb  ^rifetje  bei 
XontS  fo  gut  mie  öerfdjttmnben.  Stuä  beul  grofjen  Slnfouf  ift 
ber  trägfte  Sdjnerfeugang  geworben.  SöcurnerS  latent  mar  eben 
öiel  JU  hirjatmig,  als  bafi  ibm  eine  gröftere  &ompofition  f)ättc 
gelingen  tonnen,  unb  bei  biefer  fo  bürftigeu  mie  fpielerigcn 
Turd)fübrung  mirtt  ber  .Stontraft  jttnfdjen  beut  großen  ©egen* 
ftanbe  unb  beul  Heinlidjen,  ber  platten  Stttägfidjfeit  entnommenen 
Söübe  oollenbs  abftonenb  unb  ärgertief). 

Unb  baS  betaittiertc  SluSmalen  biefeS  SöilbcS  ift  nid)t  nur 
tleinlid),  fonberu  es  ift  fd)led)tmeg  un.yemlid):  bas  empfanben 
fd)on  bie  ^eitgeuoffen,  bie  bod)  mabrlid)  in  ber  Sßtebigt  unb  in 
ber  fonftigeu  ©rbanungslitteratur  in  SBegug  auf  braftifd)e  Silber 
unb  ©leidmtffe  nid)ts  Weniger  als  priibe  maren.  Sdiwanft 
gleid)  anfangs  bas  ©rbabeue  fortmäl)reub  ins  ^äd)cvlid)c  über, 
fo  mirtt  fd)lier,lid)  biefeS  Üftebenetnanber  oou  gefübloollen  Srgüffen 
unb  berben  Späfjen  nod)  meit  mebr  abftotVnb,  als  lädicrlid). 
Xies  im  einzelnen   nadmttüeifen  ift  unnötig,  ba   bie   fiunmarifdic 


(30 

Angabe  be§  3nf)alt§  $xt  Äennjeidjnung  bei"  ©idijtung  genügen 
toixb,  borf)  fei,  um  menigften*  ein  SBeiftriel  an^ufüfjren,  auf  jenen 
3(bfd)nitt  (XXXIII)  bjngebeutet,  in  meinem  bie  Seidjte  al*  ein 
(Sdjmeifjbab  gefdjilbert  mirb.  £>ier  ift  SCRurner  gtütfficf)  bei  jenem 
roljen  9raturati§mu§  mieber  angelangt,  ber  fdjon  in  gemiffen 
Partien  ber  9carrenbefd)mörung  fid)  breit  madjt;  tjier  mirb  ba§> 
©öttticfjc  31t  einer  grateten  föurifatur  oer^errt;  f)ier  ift  ein 
<8d)tr>e(gcn  in  ©d)mut5  unb  Unfauberfeit,  ba§  bei  bem  a§fetifd)en 
SDZöndje  gang  befonber*  peinlich,  berühren  muß. 

(£§  ift  baf)er  nid)t  red)t  erfinb(id),  mie  man  in  biefer  ge= 
fd)marf(ofen  fdjotaftifdjen  2t(tegorie  einen  gemiffen  tnl)ftifcr)en  $ug 
fjat  finben  fönnen,  benn  9Dhn*ner§  gange  9catur  ftanb  benn  bod) 
ber  mtjftifdjen  9Infd)auung  fo  fern  mie  nur  möglid).  SDie  9Jtyftif 
ift  ein  Seben  im  ©(erneute  be§  Unenbtid)en;  ifjr  ?Xuge  Ijaftet  am 
Ueberfinntidjen  unb  am  ©innüdjen  nur,  fomeit  ba$  lleberfinntidje 
in  ifmt  §itr  (Srfdjeinung  fommt.  Sie  ftrebt  über  bie  ©grauten 
be§  empirifdjen  £>enfen§  unb  in§befonbere  über  ^aum  unb  $eit  t)in= 
au§  unb  betrachtet  alle  SHnge  unter  bem  ©efid)t§minfel  ber  (Smig= 
feit.  ?tud)  madjte  fie  fid)  mit  it)rem  ^ringip  ber  inneren  Srfafyrung 
oon  einer  äußeren  Stutorität  überhaupt  bi§  gu  einem  fjofjen  ©rabe 
unabhängig.115)  Sei  äfturner  bagegen  fpiett  bie  innere  (Srfafjrung 
gar  feine  SRotle,  unb  nirgenb§  ift  bei  if)in  jene  ber  9Jrt)ftif  eigen* 
tümlidje  greiljeit  oon  ber  @nge  be§  2öirf(id)en  unb  eine  (Srfjebung 
über  oerftänbige  9?üd)ternl)eit  mafjrnefjmbar.  26of)t  mag  er  ben 
9Jh)ftifern  bie  eine  ober  bie  anbere  lerminotogie  für  bie  abftraften 
begriffe  ber  Sd)ofaftif  entlehnt  unb  oon  if)nen  gelernt  fyaben, 
ben  Segriffen  einen  Körper  31t  geben  unb  bie  ©ebanfeu  burd) 
Silber  ju  erläutern,  aber  meljr  als  biefe  rein  tedmifdjeu  ^>anb= 
griffe  fonnte  jene  Xtjeotogie  einer  fo  berben  unb  fyanbfeften 
üßatur,  mie  bie  feinige  mar,  nierjt  übermitteln.  2öie  auber§  feine 
braftifdjen  Silber,  at§  bie  feinen  unb  oornef)men  ber  9)h)ftifer! 
^pier  ßattljeit  unb  gormeufiun,  fjicr  ein  fjoljer  $tug  ber  s$f)an= 
tafie,  f)ier  immer  ba§  Seftreben,  jeben  geifttidjen  ^rogefj  pfodjo* 
logifd)  unb  fpefnlatio  311  begrünben;  bei  il)m  bagegen  immer 
unb  überall  ein  formlofer  sJcatuvali3mu§,  bei  ifjm  überall  bie 
^oefie  fyerabgeriffen  in  bie  tiefften  Wiebcrungeu,  unb  nirgeub§ 
aud)    nur   ber   Serfud)    einer   pforfjologifdjen   Segrünbung   unb 


Gl 

Vertiefung,  gfreitutj  flingt  bie  Söabenfatjrt  im  legten  91bfcf)nitt 
in  eine  iiberfdjttmtigtidje  Anrufung  bev  heiligen  gungfrau  au*, 
mobei  ber  £on  mariner  unb  inniger  ift,  al§  roir  e*  fonft  bei 
bem  Spötter  in  ber  Surre  gemorjnt  finb,  aber  mir  Dürfen  roorjl 
bicfe  größere  ©arme  be§  Zorn  ofjne  23ebenfen  meit  mein"  bem 
«peimatgefürjt  bes  ©traf»burger§,  als  ber  Snnigfeit  [eineä  retigiofeu 
(Smpfiuben*  auftreiben. 

Unb  aud)  im  einzelnen  bet'uubet  bieie  geiftlicfje  2)icr)tung 
feine  Spur  einer  gefteigerten  fubjet'tiuen  SUctigiofität  unb  leben« 
biger,  gefdjmeige  benn  mtiftijcrjcr  Snnerlicfjfeit  Ueberall  fterjt  SDhmter 
burerjaus  auf  mönd)ifdiem  Staubpunrte;  überall  geigt  er  fict)  ge= 
bunben  öon  ben  ^effelu  ber  Srabition.  9cirgenb3  ergebt  er  fid) 
über  ben  großen  Iroß  feiner  ©tanbeSgenoffen ;  nirgenb*  ift  ein  eigen« 
tümlid)er  $oq  feine*  religibfeu  Sinne*  roaljrnefratbar.  9)cit  ecr)t 
möndjifdjem  ßifer  betont  er  mieberrjott  ben  2öert  ber  guten  SBerfe: 

25ie  bringen  trir  für  go£  geriet, 

8uft  mag  bor  got  ton*  lleiben  nitft, 

San  bte  guoten  trerl  aletn 

DJftt  ben  toier  feinbt  getvefdjien  rein. 

Cn  biefe  roerd  [ton  nur  ganfc  bto§ 

33nb  bah  tms  nieman  fdabenlo3. 

Teuu  bte  guten  SBerfe  fiub  boJ  bodr,eitlid)e  ttleib,  öon  bem 
ber  A>err  gerebet  bat,  unb  niemanb  Eontntt  ins  .vummelreid),  ber 
nid)t  ein  mit  allen  Xugenben  befe^teS  ©etoanb  anhat.  Sebem 
äRenfdjen  bat  ©ort  feinen  ScbuUengel  jugeorbnet,  bamit  et  ber 
guten  SBerfe  beSfelben  adnbabe,  bte  l)eint(id)eu  erföäfje  unb  fie 
aüefamt  bereinft  öor  ©otte§  £r)ron  bringe.  Hub  mit  nid)t 
geringerem  mönct)ifcr)eni  (£ifer  erbebt  er  bie  Autorität  ber  Sßriefter 
unb  ber  Drben  im  befoubereu.  itcin  büberer  Staub,  oll  ber 
öriefterlictje,  ber  mit  SBeten,  Singen,  ©orten  unb  SSerlen  bie  arme 
Et)riftenl)eü  auf  beut  SBege  ber  ©r)rbarfeit  führen  fotl.  (Sin 
Kröpfen  SQSafferS  öon  beä  SßriefterS  |j>cmb  miifcbt  jeglicbe  Sünbe 
ab.  Seine  gefehorene  platte  ift  ein  öffentliche!  Reichen  ber  ihtit 
oeriiebeueu  großen  ©nabe;  fie  ift  ein  Slbbilb  ber  Dornentrone 
(ihrifti,  fo  bau  jebel  ?ßrteftcr3  fäavtipt  an  baä  ßeiben  be8  ^eilanbä 
erinnern  fotl.  Tie  Sßrieftet  finb  gefatbt,  um  Iitgcub  \u  lebreu, 
JU  Uvafeii,  JU  [Öfen  unb  ber  (ibrifteu  Seelen  \u  regieren.  Ter 
Sßriefter  unb  ber  König  finb  beibe  Stattrjalter  ©orteS: 


62 


Sarumb  ir  billid)  »nbertfyon 
©ie  beib  fir  götter  folenbt  b>n 
Sie  bety  tm§  toonenbt  fyie  bff  erben. 

SBie  anberS  fjatte  ber  23ettelmönd)  furg  guüot  über  bie  eigenen 
©tanbe§genoffett  fidj  auSgetaffen,  bereu  Slutorttftt  er  jetjt  auf  ba% 
überfd)mänglict)fte  tierl)errlid)te !  3)od)  tarn  er  atterbtttgl  audf) 
fjter  bie  $lage  über  ben  mangetnben  t'irdjlidjen  ©ifer  nnb  bie 
Unfjeiügfett  be§  2Banbel§  oieler  ©eifttidjen  nidjt  gang  unterbrücfen. 
©emt,  meinte  er,  redjt  mären  fie  bod)  erft  bann  gefdjoren,  roenn 
fte  burd)  iljr  eigenes  33eifpiel  un§  lehrten,  Jute  fie  e§  mit  Sßorten 
ttmn;  bann  mürbe  e§  allerorten  beffer  fielen.  Sföer  aud)  ber  in 
Sebcn  nnb  Sßanbet  unmürbige  ^rieftet  bleibt  immer  ber  mit 
gött(id)er  ©eroaft  ausgeftattete  (Statthalter  C£f)rtftt  auf  ©rben,  nnb 
mer  ben  Sßrtefter  in  (Sfjren  f)ält,  elmt  eben  babnrd)  bie  göttlidje 
©eroalt,  bie  ifjm  anvertraut  morbeu  tft: 

SBer  got  liebet,  ber  eret  fein  fnedjr, 
3Hjj  billig  tft  tonb  mxlty  redjt. 

Sludj  in  feinen  bogmatifdjett  Stnfdjauungen  fteljt  üöhtrner 
oollftäubig  im  Sänne  ber  mittetalterlidjen  ©djolaftif.  ©o  fcrjilbert 
er  beifpietsmeife  in  beut  2lbfd)nitt  über  bie  91uferfte()uug,  mie  un§ 
©ott  einft  alle  raieber  jufammenrufen  nnb  un§  Seib  nnb  alte 
©lieber  miebergeben  merbe,  nnb  fügt  bie  Sßerfidjernng  fjmgtt,  baf? 
alte  SCuferftanbenen  bie  ©röf?e  nnb  £eibe§befd)affenl)eit  erhalten 
mürben,  bie  fie  breiunbbreifngjät)rig  gehabt  bjaben  ober  gehabt 
rjaben  mürben,  ba  (St)riftn§  in  biefem  Filter  geftorben  nnb  nneber 
anferftanben  fei : 

SSnb  iüirt  bein  leib  fein  alfo  grofj 

3Mcf  bnb  lang  in  alter  mofj, 

2llf5  er  mar  geinefen  bor 

2>n  feim  brci  ünb  breiffigften  ior, 

<pet  er^  erlebt  bff  biefer  erben. 

@o  toerbenbt  nur  fo  alt  aud)  rocrben 

3Snb  atffampt  in  bem  alter  finb 

2Uf5  (SE>riftu§  lr>a§  ba  er  ftarb  fyin. 

©euüffenljaft  l)at  er  feine  Duette  am  ^Ranbe  angegeben, 
nämlid)  ben  Magister  sententiaruin,  SßetruS  SotnbarbuS,  ber  im 
inerten  ifludje  feiner  Sentenzen  unter  ^Berufung  anf  ©oljef.  4,  13 


63 

juerft  jene  ßeljre  6egrünbet  Ijatte.  Xfyomaä  öon  SCquino  fjattc  fid) 
ilim  angefdfloffen,  116>  unb  nod)  ber  „leite"  Sdiolaftifer,  ©abriet 
Siel,  öeirtrat  bie  xHnfidn,  bafj  jeber  in  ber  SSerfaffung  auferftefjen 
werbe,  tote  fie  potentiell  in  ihm  angelegt  fei,  b.  I).  atfo,  jeber 
menfd)tid)e  Körper  in  bem  SBotlmafje  feiner  ©röfce,  ©djönrjeit  unb 
Äraft,  baZ  für  if)n  nad)  feiner  Snbimbuatität  erreichbar  mar.117) 
Sfturner  gtebt  atfo  aud)  in  biefer  melbemerften  Stelle  nur  einen 
Sefjrjafc  ber  8d)olaftif  nüeber,  in  ber  feine  gan$e  Geologie  ttmrgette. 
Unb  e§  gewinnt  faft  ben  Stnfcfjein,  al*  Ejabe  er  in  biefer 
geiftlidjen  ©icfjtung  foroobjl  bie  priefterlidie  Autorität,  al§  aud) 
feine  gutgläubige  ©efinnung  febiglid)  be§f)atb  fo  gefliffenlid) 
t)ert)orget)oben,  um  baburd)  ben  mandjertei  SJfaurjreben,  bie  fid)  an 
feine  Spöttereien  in  ber  „Oiarrenbefc^inörung"  unb  an  feine 
granffurter  unb  Jreiburger  Sßrebtgten  gefnüpft  fjatten,  bie  Spi£e 
abjubredjen.  sJtid)t  at§  ob  er  bemufjt  biefe  Senbenj  in  bas  23udj 
hineingelegt  fjätte;  aber  gan§  uumitlfürlid)  mochte  beim 'Schreiben 
biefeS  ©ebürfnte  ber  SRecrjtferttaung  fid)  geltenb  maerjen.  SBüdjer 
l)aben  iljre  eigene  Temperatur,  unb  me()r  at§  einmal  marfjt  bie 
Temperatur,  in  ber  fie  gefdjrieben  würben,  irjr  3d)itffal  au*.  S)ie= 
felbe  läßt  fid)  freilid)  nid)t  ineffen,  fonbern  nur  empfinbeu.  Unb  bei 
ber  „Sabenfaljrt"  wirb  ber  Sefer,  wenn  e*  itim  überhaupt  ge= 
lingt,  über  bie  Qkfdjmarflofigfeit  unb  Uufd)idlid)teit  bee  SBitbeS 
f)inmeg,iufet)en ,  fd)Wer(id)  eine*  gemiffeu  froftigen  ©efürjfö  fid) 
erwefjren  tonnen.  SBir  Ijaben  allerbiug*  nidjt  ba§  SRedjt,  bie  5Xuf= 
ridjtigfeit  feine»  StonfeS  für  bie  im  Wabe  gefunbene  ©enefuug  m 
bezweifeln,  beim  bie  Tanfoerfe,  bie  er  bem  „güttltdien  ©aber" 
mibmet,  atmen  wirftid)  Oiefülü  unb  "mnigfeit;  bie  gange  Tid)tnng 
aber  entfpraug  ganj  geroin  feiner  innerlichen  üftötigung,  fonbern 
mar  ilini  felbft  fdiwerlid)  mel)r  afö  ein  boetifefjeS  (Srerjitiuni  unb 
eine  allegorifd)e  Spielerei,  momit  er  fid)  bie  unfreiwillige  äRujüe 
feine*  .Sivaufentager*  m  öerrurjen  fndite. 


DwtftB  ^optici. 
$cv  Sati  vifer. 


3lfö  Sßrebtger  mar  üöhtrner  im  3af)re  1511  nad)  granffurt  a.  9Jc. 
gegangen,  unb  fjier  nmrbe  au§  beut  Äan^elrebner  ber  fatirifdje 
2)id)ter,  ber,  S5anf  jetner  großen  fomifd)en  Äraft,  feinen  fattrifdjen 
(Srftlhtgen  einen  fotdjen  ßug  nnb  Sdjroung  51t  berteifjen  mufjte, 
baf3  ifmen  fctbft  für  wt§  heutige  nod)  —  in  einzelnen  Partien 
menigften*  —  eine  an^iefjenbe  nnb  feffelnbe  öematt  innemoljnt. 

2)er  ßufammenfjang  ^mifdjen  biefen  Satiren  unb  ber  ftangel 
ift  unoerfennbar,  felbft  meint  un§  äfturoer  tttdjt  auSbrücfltdj  ber= 
ftdjerte,  bafc  er  S^elmettgunft  unb  ^tarrenbefdjmüruug  in  5ranf= 
fürt  lateinifd)  ntebergefdjrieben  unb  beutfd)  barüber  geprebigt 
fjabe. lls)  35emt  mie  in  Stalten  unb  $ranfreid), ll!>)  fo  fjatte  aud) 
in  SDeutfdjfanb  bie  bolfötümlidje  Satire  gerate  in  ber  ®an§el= 
berebfamfeit  einen  6efonber§  nu'rffamen  ?(u*brud  gefunben,  unb 
§mar  traft  einer  gemiffen  inneren  üftotmenbtgfeit,  bie  fid)  au§  ber 
SRatur  be§  mittelalterlichen  s$rebigtmefen§  unfdjmer  erftäreu  täf?t. 
Sic  eigentlichen  Präger  unb  Pfleger  ber  Sßrebtgt  maren,  mie  be= 
faunt,  bie  Settelmöndje,  bie,  meit  fie  aufjer  jebem  ßufammenfjattge 
mit  ber  feetforgerifcrjeu  Pflege  ber  ©emeinben  ftanben, 12u)  nur  31t 
leidjt  @efat)r  liefen,  in  ifjrett  ^rebigteu  entmeber  in  einen  un= 
fruchtbaren  2)o!trmart§mu§  51t  geraten,  ober  aber,  um  ba§  Sntereffe 
aufauftadjetn,  Sftetjtmttel  an&umenben,  al§  bereu  mirffamfte*  gang 
bon  felbft  bie  frifd)  unb  unmittelbar  an  bie  äöirfltdjfett  an= 
fnübfenbe  Satire  fid)  barbot.  SBte  fid)  biefc  allmäl)lid)  auS  ber 
fleißigen  ^enutumg  ber  beu  (Meiftüdjen  reid)Ud)  jur  Verfügung 
ftcl)euben  (^embelfammtungen  entmidetn  mufjte,  ift  leidjt  erfid)t(id). 


65 

£er  btetgebraucrjte,  au§  beml3.3ar)rrjunbert  ftammeube  Apiariua121) 
fjatte  bie  berfctjiebenen  ©igenfdjaften  nitb  ©etoorjnrjeiten  Der  Sötencit 
als  Sßrebigtterte  beraroeitet,  bann  tjatto  im  15.  3ar)rr)unbert  bcr 
2)ominifaner  Sofj.  üßieber  in  feinem  Formicaiins  bie  Svenen  biircf» 
Slnteifen  abgelöft:  toarunt  follte  man  nun  biefe  äftorafttäten  nicfjt 
bireft  am  ber  toeftfutjen  ßitteratur  fdjöbfen?  ."pter  boten  bor 
allem  bie  [bätet  anefj  (1538)  proteftautifd)  burifijierten  nnb  bcr* 
beutfdjten  ,22)  Gesta  Romanorum,  bie  äRemorabtlictt  be§  SSa(erin§ 
lUtarimus  nnb  bie  2Retantotbr)ofen  Cüib§  reidjüdje  SfaSbeute.  Unb 
bon  biefem  (Srgätjlen  toeftKdjer,  an*  ber  ßitteratur  gefdjöbfter 
anerboten  bt§  jur  Sdiftiübfung  an  bie  foufrete  SGBtrHid^Mt  mar 
mir  ein  @d)ritt  noefj:  fcfjon  ber  -Tomiuifaner  ^of).  ^perolt  au§ 
93afd  bebaubelte  in  feinen  147(>  erfdjieuenen  Sfteben  (Sermones 
de  tempore  et  de  Sanetis)  frifefj  nnb  parfeub,  in  totferftem 
ßufanunenfjange  mit  bem  [etoeitigen  lerte,  5(rt  nnb  Unart  ber 
.ßeitgenoffen,  mobei  er  meber  bor  burte§fen  hoffen,  uod)  bor 
plumpen  ©bäfjen  nnb  ©bniStnen  ^uriicffcfjcute. 

$)er  glängcnbfte  Vertreter  biefer  mit  ber  bolfetümlidjen  Satire 
in  engem  ßuftnnntenrjange  fterjenben  föanjetberebfantfett  mar  ^o- 
l)ann  Weiler  bon  ®aifer§berg,  ben  5ßetet  ©djott  im  3nfyve 
1478  ot§  breiunbbreifjigjärjrigen  für  ba%  ©trafjburger  äJcimfter  ge= 
monnen  l)atte,  bon  beffen  Sanjel  er  burd)  32  3?ar)re  bk  an  feinen  Tob 
(.10.  2Rarg  1510)  brebtgte.  „@tn  ätfann,  nidjt  altein  bon  guten 
Sitten  nnb  beroätjrtent  SBanbet,  fonbem  and)  bortrefflid)  an  .Siitnft 
nnb  Seljre",  tote  it)in  jener  ©trafeburger  Sfmntetfter  bezeugte123);  ein 
geteerter  Ideologe  nnb  gugfeief)  ein  Wann  bon  SBMterfafjrung  unb 
SKenfd^enfennrniS;  uid)t  unberührt  bon  ben  (utmaniftifdjen  Ien= 
beulen  ber  $t\t  unb  jugfeidj  uidit  olme  einen  3U9  &u  ntrjfrifdjer 
Eontentblation;  ein  berb  ,yipad'euber  Wealift  unb  Dabei  nidjt  obue 
einen  Stnftug  bid)terifd)er  Sßrjantafte;  begabt  mit  einem  prat'tifd) 
uott'vtüiulidien  Sinn  unb  bod)  jugteicr)  ein  fdjolaftifdjer  Tialettiter 
—  Da*  red)te  ftiub  feiner  $&t,  in  toeldjer  SllteS  unb  9ßeue3  toirr 
burcrjeinanberlag.  ©nergtfdjer  unb  .yelbemufster  afö  feine  SBorgänger 
berbflattgte  biefer  einflumeidie  SBolföbrebtget  bie  ©brodle  beS 
.Vmnfev'  unb  ber  ©äffe  auf  bie  .Stau^el  unb  befinibele  and)  in  ber 
Stabatjl  ber  Jrjentata  für  feine  ftnnbitbernben  SRoraüfationen 
feinen  ferjarf  ausgeprägten  Sinn  für  bog  berb  bolfvtüiulidie  nnb 

Aanerau,  Zfyomai  SRutner.  ;, 


m 

baS,  maS  ring»  um  ifm  fjer  borgtng.  2)ie  äfteffe  in  Strasburg 
gab  ifjm  Slnlafj  %u  einem  langatmigen  ^ßrebigtcoftuS  über  bie 
^aufteilte;  ein  bort  gezeigter  ßötoe  oerautafjte  jiebjeljn  Sßrebigten, 
in  benett  er  biefeS  Xier  al§  Sinnbitb  eines  frommen  äftenferjen, 
eine§  SSSeltmenfdjen,  ß^riftt  unb  beS  Teufels  abfdjitberte ;  mieber 
anbere  ^rebigten  fnüpfte  er  an  ein  Äinbcrfpiel  an,  ober  an  bm 
„$afen  im  Pfeffer",  inbem  er  bie  Bereitung  eine§  Dafeupfeffers 
geifttief)  ausbeutete.  Unb  cnblidj  prebigte  er  in  §toei  gaftengeiten 
(1498  unb  1499)  über  23rantS  „SRarrenfdjiff",  roobei  er  jeben 
Starren  einzeln  oornarjm  unb  jebe  Sdjette  an  feiner  kappe  als 
eine  befonbere  ©ünbe  bcrjanbelte. 

3)er  (Sinflufj  tiefer  beiben  berühmten  ©trafmurger,  Krauts  lu) 
unb  ©eiterS,  auf  unfern  SJarfüfjer  ift  unberfennbar.  ©eine 
Sßrebigrmanier  ift,  mie  er  fetbft  in  bem  fdjon  ermähnten  Sd)rift= 
d)en  Arma  patientiae  (1511)  §ugeftet)t,  burdjauS  jenem  großen 
SBolfsprebiger  abgegueft  unb  in  ben  beiben  auf  ber  Mangel 
befjanbelten  3)idjtungen  ootlenbs  liegen  bie  erlernten  äujjeren 
9ftotioe  auf  ber  ^panb,  menn  man  aud)  SJhtrner  fcfjroerlid)  einen 
geroöt)ntid)en  Äopiften  iörants  nennen  barf.  £ocf)  aucrj  ©euer  tjat 
nidjt  nur  auf  bie  granffurter  Sßrebigten,  fonbern  auefj  auf  bie  Satiren 
fetbft  gang  bireft  eingemirft;  benu  Sfturaer  frfjreibt  ntcr)t  nur  ofjne 
Sfrupet  gange  ©teilen  aus  SSrant,  fonbern  aud)  aus  (Leiter  aus 
unb  überträgt  biefe  einfad)  in  Sftehne.  3Sie  roeit  biefe  ©tnmirfung 
beS  älteren  ÄaugetrebnerS  auf  ben  jüngeren  ©eiftlidjen  unmittet= 
barer  Statur  mar,  mufc  batnngeftctlt  bleiben;  moljt  aber  erinnern 
mir  uns,  bah  %u  ©eilerS  eifrigfteu  ßurjürern  ein  Crbeusbruber 
SDhtruerS,  ber  ©uarbiau  beS  ©trafmurger  23arfüJ3erflofterS,  Sofymn 
^auli, 126)  gehörte,  ber  bie  ^rebigten  jenes  in  feiner  gelle  emfig 
nieberfdjrieb  unb  oon  ben  fabeln,  Parabeln  unb  SKärd^en, 
bie  jener  auf  ber  Standet  befjanbett  l)atte,  oieles  in  feine  Sammlung 
„Sd)impf  unb  ©ruft"  aufnahm,  aud)  bie  Ißrebigten  über  baS  Starren« 
fd)iff  aus  OtgerS  lateinifd)er  Ueüerfe|ung  aufs  neue  oerbeutfdjte. 
9Md)tS  fei  Jjergefefct,  oerfidjerte  er  in  feinem  ©djroanfbüdjleiu, 
„benn  baS  mit  öljren  roorjl  mag  geprebigt  merben",  morauS 
man  erleuuen  fann,  mic  meit  bamalS  biefe  ©ren^e  gebogen  mar. 

£ie  $rage,  ob  jene  2ßed)felmirfung  jnrifdjen  'iprebigt  unb 
oolfstümüdjer  Satire  ber  Stan^elberebfamfeit  auf  ber  einen  unb 


67 

ber  ßitteratur  auf  ber  erobern  Seite  mirflid)  girni  Vorteil  gereicht 
bat,  ift  ficfjer  uid)t  olme  weitere»  gu  bejahen,  meber  für  jene  nod) 
für  biefe.  SBtant  fjattc  tu  feinem  ^arreufdnff  eine  mafjloie  fjeftige 
Ärittf  ber  öffentlichen  Angelegenheiten  eingeleitet;  ©eiler  übertrug 
biefe  Äntif  auf  bie  ßangel  unb  gab  irjr  bamit  nidjt  nur  eine  gan^ 
anbete  Srogtoeite,  fonbern  umfleibete  fie  aud)  mit  einer  befonberen 
SBütbe  unb  üetlief)  i[)r  für  alte  $älle  ben  ?lnfd)ein  ber  fittlidieu 
Söetedjttgung.  2(6er  mae  ber  fittlidjen  Integrität  eine§  33rant 
unb  ©eiler  anftanb,  ttmtbe  lebiglid)  Spanier,  toenn  nicfjt  gerabe.yt 
ftarifatur  bei  ben  unberufenen  9cad)trctern.  $ludj  (Meiler  tjatte 
felbft  an  ben  eigenen  @tanbe§genoffen  fdjatfe  Stitif  geübt : 
9Jhtrner  übertrumpft  it)n  barin  unb  fteigert  bie  pefftmiftifdje 
(Stimmung  bi§  51t  -Jporjn  unb  Sßeradjtuug.  Unb  nrie  in  biefem 
^•alle,  fo  ntufjte  ftdj  überhaupt  bie  gerabe  bei  ber  Satire  überaus 
jarte  ©renjlinie  jttnfdtjen  beut  ©djicflidjen  unb  Unfdjicfltdjcn,  bie 
nur  ein  fetjr  gefeftetes  £aftgefüt)l  einhalten  fann,  fdjuell  genug 
oermifdien,  pmat  olmeliiu  meljt  at§  jebe  attbere  Sütomer  bie 
fatirifdje  (^tt  Uebertreibungen  betlocft  unb  leid)t  gemiffe  mttuofen* 
fyafte  äRäldjen  tjetöottujt  2Rit  9\ed)t  ift  beSfjaö)  non  ©ermnu§ 
bemerft  morben,  bau  33tant§  SJcattenfdjiff,  inbem  e§  gegen  bie 
ßügellofigfeit  im  Seben  anging,  bie  ßügettojtgfeit  in  ber  Sitteratur 
bod)  gleidjfam  eröffnete.  3)a§  ©ebidjt  ftet)t  al§  ätfatfftein  am 
(Eingänge  einer  littetatifdjen  ^eriobe,  bereu  1t)pu§  ber  ©robianu§ 
mar. 

2öilt)etm  Sd)erer  fcjat  einmal126)  bie  [ojiale  $otau§fefrong 
ber  Sitteratut  be3  12.  unb  13.  3at)tfmnbert8  einetfeitö  unb 
biejentge  be§  15.  unb  16.  SaljrfurobettS  anbrerfeitä  [c^arf,  öietteidjt 
etoaä  ju  [djatf,  als  bie  ©egenföfce  beS  ariftortatifdjen  Salons 
unb  ber  bürgerlidieu  Mneipe  gefennjeidjnet:  bat?  in  beu  Satiren 
äJcuroerä  ettuaS  tum  ber  8uft  ber  Mueipe  mebt,  ift  [ebenfalls 
nid)t  ju  oerfennen.  Ter  fnodjige  unb  tranige  äftöndj  ift  mie 
,;inii  Demagogen  unb  Sietbanl  Siebnet  gefdjaffen,  beim  er  befiiu 
eine  (ante  Stimme  unb  bie  nötige  robnite  populäre  öerebfamfeit 
6t  bat  jut  Satire  ein  frifdtjeS  unb  fcl|lagfettigeS(  jebod)  nidjt 
auf  nachhaltige  ©ebeutung  angelegtes  Xalent;  er  iit  miniger  als 
Srant,  aber  fein  3ßi|  ift  nur  \u  oft  brutal  nnb  grobiauiid). 
(St  ftrebt     -  beifaßSbebtitftig  mie  er  ift  —   nur  und)   btaftifdjen 


68 

unb  cmgenHidftdjen  SBtrfungcn  unb  greift  babei  um  fid),  fo  roeit 
er  fanu,  ofme  §it  fragen,  rote  roeit  er  barf.  SDton  empfängt 
baritm  audj  au§  feinen  ©trafprebigten  nur  fefjr  fetten  ben 
(Sinbrucf,  al§  ob  fie  einer  Nötigung  feinet  ©eroiffenS  entsprängen, 
ja  roeifj  mandjmat  faum,  roie  roeit  e§  trjm  um  bie  ©adie  überhaupt 
(Srnft  ift.  Unb  roie  bei*  redjte  fttttierje  ©ruft,  fo  fetjlt  if)in  nid)t 
minber  Sftafj  unb  Ökfdjmad  unb  fünftterifdje  ($eftaftung§fraft. 
üftem  merft,  röte  er  al§  befjenber  Verfemadjer  feine  SReime  nur 
fo  qu§  bem  ^panbgetenf  fdjüttelt  unb  roie  biefem  oon  |)aufe  au§ 
fo  reidjen  latent  jebe  ©djiitung  unb  Vertiefung  abgebt. 

Smmerfnn  jcbodj  finb  „ ©djelmengunft "  rote  „Barrett- 
befdjloörung "  rjodjft  intereffaute  fittengefcrjid)tlid)e  ©ofumente 
einer  feltfam  betoegten  3eit  urt0  5U9^^I  für  bie  töeuntnis  unb 
Söürbigung  ifjreS  SSerfafferS  bie  ergiebigfte  ^unbgrube.  lieber 
bie  erftere  freilief)  formen  toir  raferjer  rjinlueggteiten,  ba  fie  loeniger 
@igentümttdje§  jeigt  unb  gennffermafcen  nur  aH  ein  ftüdjtiger, 
fft$enr)after  ©ntrourf  ,m  ber  jroeiten  umfangreicheren  ©idjtung 
gu  betradjten  ift,  roäfjrenb  bie  „^arrenbefdpob'rung''  ju  längerem 
Sßerroeilen  einlabet,  ba  ou§  ifjr  ein  treues  53i(b  be§  fpöteren 
erbitterten  SäSiberfadjerS  SutfjerS  unb  ber  Deformation  gu  genrin= 
nen  ift. 

®ie  „©crjeimenjunft", l2T)  bereu  Xitel  er  ber  1506  in 
Strasburg  erftfjienenen  ©atire  „2)er  SBruber  Drben  in  ber 
@djelmen&unfft"  entlehnte,  lief?  SDhtrner  1512  bei  feinem  in 
granffurt  lebeubeu  ©ruber  Söeatuä  bruden,  unb  e§  fdjeint  faft, 
afö  fjabe  ifm  lebiglid)  perfönlidje  SRücfficfjt  auf  biefeu  beftimmt,  ba% 
($ebid)t  felbftftänbig  neben  ber  s3carreubefd)roörung  berau^ugeben. 
3ebouj  l)atte  ba§  burd)  bie  jroeite  ansfüf)rlid)ere  ©eftaltung 
eigentlicf)  überflüffig  getoorbene  33ud)  guten  (Srfolg,  unb  bie 
oerfdjiebenen  fpäteren  SluSgaben  bezeugen  ben  üöeifatt,  beffen  e§ 
fid)  bei  ben  ßeitgenoffen  $u  erfreuen  battc. 

Sit  §roeiunbbreif$ig  furzen  itapiteln  l)aubett  SJhtrner  ebenfo  biete 
Wirten  oon  ©djetmen  ab.  @r  fpottet  über  bie  böfeu  ßungen;  über 
©djmeicfjler  unb  Sügner,  über  Hemmer  unb  @d)temmer,  über 
bie  „Qsifenbeifjer"  b.  1).  bie  ^ludmiäutcr  unb  Sßratjler,  über  bie 
?(uffd)nciber  unb  ©trorjbartfledjter  unb  bie  alte*  liebet  auffudjeuben 
Äotrütteler.    @r   toibmet   ein   eignes  Kapitel   bem  £)ippenbubeu= 


69 

Drben  unb  madit  ficfj  über  biejenigen  ,  bie  lebiglid)  um  (Selb 
freien,  foftig;  aud)  bet  üblidje  8pott  über  baä  Suriftcntioß, 
biefe  „feÜfamcn  (ibriften",  bie  ba*  Sftedjt  „f°  HnlHl  5«  biegen" 
toiffen,  fehlt  itidjt.  Terb  (jöfjnt  er  über  bie  fömnegietjer  unb 
Sierbanfpolitifer,  —  „bie  üon  ben  9ftetd}8ftäbten  reben",  nennt 
er  fie  —  bie  jtdj  um  aöc§#  toaä  innerhalb  unb  aufjerlialb  bei 
SReidj*  borgest,  beruiumerit:  um  ben  beliebiger  unb  ^rangofen, 
ben  Türfeu  unb  ben  s}?apft,  unb  bodj  tualjrlid)  beffer  träten,  fid) 
um  irjre  eigenen  Stngetegenljetten  51t  forgen  unb  „bie  ^eidisftabte 
98eid)3ftäbte  fein  ju  laffeu."  ®r  lieft  ben  ©unfern  unb  ßtttrhtfern 
ben  Te;rt, l28)  bie  tote  bie  ©ättfe  eiuanber  nadjtrhtfen  ol)ite  Turft 
unb  fo  lange  bei  ber  $lafd)e  ft$en,  „bi*  aller  Sßein  rjinein  unb 
aller  SBtfi  f)erau<§"  ift.    Tenn  e§  fei  nun  einmal  bei  im»  fo  (Sitte: 

2i'a§  ber  £eutfd)  au  ff  erb  anfad)t, 
fo  roirt  barbet?  ber  ftefct)cn  gebadet. 

5lüd)tig  ftreift  er  aud)  bie  ftrdjltdjen  2>er()ältuiffe  unb  bie 
fittlid)eu  ^uftäube  iuuerliatb  ber  ©etftftdjfett.  Gr  flogt  über 
biejenigen,  bie  ha*  (Soaugelium  unb  bie  göttttdje  ßef)re  oerfälfdjeu 
unb  fo  mit  „ntandjer  Se|erei  uns  ben  frommen  33rei  oerfal;,eu" ; 
er  geißelt  in  bem  2Ibfdntitt:  „^uüfdieu  8tü()len  nieberfitum" 
biejenigen,  bie  „^meien  Ferren  Tienft  jufagett,  mit  einem  Jfpnnb 
jtoeen  Apafen  jagen"  unb  flagt: 

SB«  werben!  münd)  timS  etutg  leben 
ünb  btenent  bod;  ber  2ßelt  borneben  — 

unb  er  foiitmt  auf  ba§  gtetdje  Tf)ema  äuriief,  meint  er  non  betten 

fprid)t,  bie  „mit  allen  üffiinben  fegeln"  uuh  tun  1)1  cutfjerftdj  geiftlid) 

fd)eiuen,  iuuerlid)  jebod)  oou  grömmigf'eit  toett  entfernt  fiub,  aber 

leibet  burdj   bie  angeuommeue  9Jto§le  ber  ^römiiiigfeit  fo  oiele 

fromme   Seilte    blenbeteu.    Seibenfdjaftfidjer   ,yel)t    er    gegen    bie 

uuroiffeubeu  Pfaffen  los,  bie  tljre  angelernten  SBorte  toie  bie  tf  übe 

bal  .'paberftrol)  nueberfäiieu,  Satetit  einbrod'eu  olme  bod)  ein  2Bori 

baoou  JU   oerftebeu    unb   fo   oft  felber  nidjt  toiffen,   um  toaä  fie 

eigentlich  ©Ott  bitten.    Hub  rndjt  miiiber  leibenfd)afttid)  poltert  er 

in  beut  ^(bfd)uitt:  „Ter  Teufel  ift  &bt"  gegen  bie  böfeu  Prälaten, 

bie  oiel  teuflifdje  Tbateu  tl)im,  iiibem  er  ;mgleid)  bitter  l)in;mfügt: 

;sn  Stöjletll  tbmtb  ba<>  aueb  bie  Gbt, 
id)  tveifj  lool  toi«  man  bvinnen  lebt. 


70 

©r  fd)lug  bamit  ba%  Stfjema  an,  ba§  er  bann  in  ber  „Starren* 
befdjtoörung''  mit  ber)agücf)er  breite  bet)anbette,  wobei  e§  bem 
eifernben  ©atirifer  in  ber  Glitte  nichts  üerfdjtug,  bafe  er  in  ber 
„©djelmengunft"  ben  „unnützen  Sßoget",  ber  fein  eigenes  üfteft 
befdjmutjt,  als  roarnenbeS  (Stempel  oorgefüfjrt  unb  babei  ganj 
auSbrüdlid)  barauf  rjingewiefen  tjatte,  ba$  bie  gleiche  böfe  Neigung 
cor  allem  ben  Pfaffen  eigentümlich  fei: 

Sie  getftlicfyfeit  tfyut§  allermeift; 
roa§  einer  tion  bem  anbern  ir>eif;t, 
ba§  imi^  l)erau^,  fo  jeberman 
mit  anbaut  fompt  ju  ^rebig  gan. 

Setbftanbiger  unb  eigentümlicher  ift,  mie  gejagt,  bie 
„üftarrenbefcfjWörung",  meiere  —  gleichfalls  im  Sarjre  1512 

—  oon  9ftatf)ia§  ^upfuff  in  Strasburg  gebrueft  worben  ift.129) 
groar  bewegt  fid)  ÜDcurner  aud)  Ijier  gan^  in  ©ebaftian  23rant§ 
Lanier  unb  ift  auef)  in  größeren  unb  fleineren  2tnteif)en  ntdjt 
blöbe;  aber  bod)  trägt  ba%  ©an^e  burd)au§  ben  (Stempel  feiner 
eigenen  Snbitübuatitöt,  feines  leibenfdjafttidjen  Temperaments  unb 
feines  biffigen  SBi|eS.  £aS  gan^e  ($ebid)t  Ijat  einen  reden  unb 
burfcfjif'ofen  gug,  oer  oag  93rantfd^e  SBorBtfb  faft  prjitiftröS 
erfetjemen  fäfjt.  ?lber  gürnt  33rant,  fo  ganft  Turner,  unb  fpürt 
man  bei  jenem  attentfjalben  einen  tiefen  fittlidjen  Srnft,  fo  ift 
SJhirner  fd){ed)tweg  leid)tfinnig  unb  würbcloS.  SSon  fünftlerifdjer 
Äompofition  unb  einem  folgerichtigen  'jßlaue  ift  l)ier  fo  menig 
mie  in  ber  ©djelmenäunft  bie  fRebe:  Turner  läfst  bie  Starren 
einen  naef)  bem  anbern  aufmarfdjieren,  um  fie  ju  djarafterifieren 
unb  ausformen,  unb  babei  fann  natürlid)  oon  (Sinrjeit  unb 
innerem  gufammenfjange  nid)t  bie  fRebe  fein.  51ber  er  ift  un= 
übertrefftid)  in  ber  realiftifcrjcn  Söiebergabe  ber  auSfcrjWeifenben 
©Uten  ber  geit.  31ufd)aulid)  unb  tebenSfrifd)  fcfjilbert  er  baS 
(betriebe  beS  wirflid)en  SebenS  im  §aufe  unb  auf  ber  £anbftrafje, 
in  ber  Kneipe  unb  tjinter  ben  Äloftermauem  in  einer  mit  ©prid)= 
mortem  unb  oott'Stümlidjeu  SütSbrüden  burdjfättigten  (Spraye 
ooll  finnlid)er  ®erbl)eit  unb  9tüdfid)tSfofigfeit,  beren  9let§  unoer= 
müfttid)  ift.    „2Ber  bie  (Sitten  ber  bamaligen  $eit  lennen  miß" 

—  fdjreibt  Seffing  einmal130)  —   „wer  bie  beutfd)e  ©pradje  in 
allem  ifjrem  Umfange  ftubieren  will,  bem  rate  id),  bie  9)htrnerfd)en 


71 

©ebid)te  fleißig  51t  tefen.  SßaS  bie  Sprache  9cad)brüdüd)e*, 
derbes,  SlngügtidjeS,  ©robeS  unb  SßfumpeS  tjat,  fantt  er  nirgenbS 
beffer  gu  §aufe  finben  als  in  if)nen." 

Sßiele  ber  üon  äßurner  befdjmornen  Starten  finb  unS  fd)on 
au§  bcm  „9carrenfd)iff"  unb  ber  „©djefmengunft"  alte  93efannte. 
%ud)  f)ier  marfdjteren  »riebet  bie  gelehrten  Darren  auf,  üon  benen 
e§  in  äBar)rc)eit  gelte:  „je  gelehrter,  befto  üerfetjrter" ;  audj  t)ier 
belaufdjen  mir  mieber  bie  bei  ber  $tafdje  biSputierenben  unb 
räfonnierenben  Äannegiefeer,  bie  bem  lieben  ©ort  ben  £ag  abftefjten, 
unb  fefjen  in  bunter  Sftctlje  bie  2iebe§tt)oren  unb  Sßerfdjmenber, 
bie  SJcobegecfen  unb  5Bornetjmtt)uer,  bie  SßarbenuS,  bie  fid)  plump 
in  r)öf)ere  Stänbe  einbrängen  motten,  efjrgeijige  Streber,  SBerteumber 
unb  töfatfdjmäuler.  SSefonberS  übel  fommen  natürlid),  mie  ba§ 
ja  ben  tanbtäufigen  2lnfd)auungen  ber  üotfStümtidjen  Satire 
entfprad),  bie  Söeiber  meg,  mobei  äJhrmer  einiges,  ma§  er  t)ier 
nur  anbeutete,  fpätcr  in  ber  „9Jcüt|te  öon  ©djminbelstjeim"  nodj 
braftifdjer  unb  umfänglicher  ausführte.  £ie  f)ier  51t  Tage  tretenbe 
geringe  Sdjät.utng  ber  $rau,  bie  fief)  ber  metterfafjrene  SOcönd) 
nur  atS  untreu  unb  fofett,  alz  feu|füdjtig  unb  taftert)aft  üorftetten 
fanu,  entfpridjt  gang  ben  Stnfdjauungen  jener  grobianifdjen  ßeit, 
meldje  jenes  33itb  $u  einem  feftftefjenben  %typvß  auSgebilbet  tjatte, 
ber  in  allen  ©djmanfbüdjern  unb  Sattren  mieberfel)rt.  2Bar 
bod)  aud)  in  tmntaniftifdjen  Greifen  bie  gleiche  ©eringfcfyäfcung 
ber  5rau  Öan9  un0  3^e-  -^a^  ungebunbenc,  fatjrenbe  Seben 
lieft  eine  redjte  ©djä|ung  ber  (Slje  unb  bc3  Familienlebens  nidjt 
ankommen  unb  bie  menigen  ßeidjcn  cm^  SSerftänbniffeS  für 
^öfiere  Sßeibtidjfeit  uerfdjminben  unter  ber  mudjernben  ^ülle 
faschier  unb  ctuüfdjer  (Sroti!.131)  Wü  innigem  23ef)agen  unb 
einem  matjrljaft  mepf)iftop£)elifd)en  ©rinfen  fdjmelgt  benn  aud) 
unfer  ©arfüfjer  in  ben  (Säuberungen  ber  fatfdjen  unb  (ieber(id)en 
äBeiber,  bie  Ijüten  §u  motten  grabe  fo  tt)örid>t  fei,  atS  meun  mau 
SBaffer  in  ben  SBrunnen  fdjütten  molle.  S)aS  Steifte  in  biefeu 
Partien  ift  ein  fatales  ©emifd)  don  biffigem  2Bi|  unb  eigenem 
Söeljagen  au  Sdjlüpfrigleit,  unb  nur  in  ber  fontifdjen  ©ejdjidjte 
oom  ."oünbdjen  fSecfettin,  ba§  burdj  feine  Xreue  beut  §erra  bie 
(eidjtfertige  3frau  betraten  f)at,  gteidjmof)l  aber  büfjen  muft  unb 
nun  00m  Xtdjter  als  ßotjn  einen  s^(afe  im  .ftunbeljtmmef  (ytgefid)crt 


72 

erf)ä(t,  ift  mirflid)  gute  £aune  unb  gefunber  Junior  mafjrnerjmbar. 

UebrigenS   ift  ^§>  bcmerfenStoert,   baft  ber  Stngetjörigc  be§  OrbenS, 

auf  ben  in  erfter  Sinie  bie  Ueberfdjmönglicfjf'eit   be§   bamatigen 

äJtortenfuttuS  jurücf^ufitfjren  ift,  benn  bod)  über  feine  ausgiebige 

SSerwertung   ber   bie  grauen   berunglimpfenben  Siebiingätljemata 

ber  (Satire  einige  ©frupet  ju  empfinben  frfjten.    SDenn  miebertjoft 

fudtjt  er  feinen  berben  Ausfällen  gegen  bie  grauen  burdj  bettj^intoetS 

auf  „äftaria  gart,  bie  reine  9Jcaib"  bie  ©pitje  abzubrechen,    tiefer 

©ebanfe  fefjrt  ja  in  ber  gteid^eitigen  ßitteratur  mefjrfadj  nrieber. 

2ltn  frou  ift  gar  ein  ebler  nam, 

2)en  man  pitlidjen  eeren  tfyui 

SDurd)  3DJarta,  ber  ^undfrauen  gut  — 

fo  tjeifst  e£  beifpielsmetfe  in  ber  „Sifdföudjt"  (93ibt.  b. 
litt.  Vereins  119,53),  unb  gang  äfjnlidt)  malmt  auä)  SLRurner, 
bafj  man  um  biefer  einen  grau  mitten  fidj  fjüten  möge,  ha§> 
gange  meibticfjc  ©efdt)Ied)t  ju  öerungttntpfen: 

Senn  alte  rciber  tjie  uf  erben 

©eeret  billid)  foltent  werben 

$on  einer  rocgen,  ir-ot  befant, 

Sie  rein  unb  $art  9)taria  genant. 
%lafy  ben  grauen  tarnen  bie  Strinfer  unb  ©djtemmer  an 
bie  SRetlje  unb  nad)  bem  ©aufteufel  ber  Xangteufel.  S5enn  Wer 
feine  Xodjter  fromm  beroafjren  motte,  taffe  fie  nicfjt  guin  Spange 
getjen,  ba  Sebermann  miffe,  mie  biete  unfdmtbige  ©eeten  ber 
„©cfjäfer  oon  ber  Steuftabt"  m)  (eine  bamat<§  beliebte,  audt)  in 
ben  Tunfetmäunerbriefen  erwähnte  ü£angtüeife)  berborben  fyabt. 
Unb  wer  t)icr  baZ  üEanjtafter  fliege,  fjabe  bereinft  ben  Sofjn 
bafür  gu  gemärtigen: 

Siefeiben  werben  »ornan  fton 

Unb  mit  2)iaria  banden  fd)cm. 
9catürttd)  fehlen  im  weiteren  audj  bie  unmiffenben  Sfuriften 
unb  rabuliftifdjen  2tnmä(te  nicfjt,  bie  gang  ätjnltdj  mie  in  ber 
„©djetmengunft"  al§  9fedjt§berbretjer  berfjöfjnt  me\ben,  unb  audt) 
bie  Steinte  muffen  —  in  einem  ber  getuugenften  ?tbfdmitte  be» 
gangen  ©ebid)t§  —  ben  ÜJcarren  fidj  anreihen.  Sr  eifert  ferner 
gegen  SBudtjer  unb  gürfauf  unb  bor  allem  gegen  bie  ßfyriften, 
weldjc  ©elbgef djäf te  treiben ,  mobei  er  befonbcrS  auf  bie  graut f urter 
SDJeffe   fjinmeift,    bei   ber   man   erfahren  tonne,    ma§   alles    ber 


73 

SBndjer  auffreffe  unb  üerfdjlinge.    @r  fdjärft  ben  ßaufteuten  ba§ 

©etoifjcn  unb  branbntarft  bie  üietfad^en  Betrügereien  in  §anbe( 
unb  SBanbet.  £ie  ©üte  ber  SBarcn  fümmerc  fie  rndjt,  toenn 
biefetben  nur  bie  tilgen  btenbeten,  fo  bau  mau  meinen  füllte,  bte 
Lorbeeren  ber  9ioßtäufd)er  ließen  bie  ^anbeMeute  nid)t  fdjlafen. 
@r  lieft  ben  Bauern  ben  Sejt,  bie  blinbting§  mS  ©efadj  l)inein= 
lebten,  ben  Ertrag  eines  ganzen  8arjre§  an  einem  S^age  oerpraßten 
unb  bie  ©rnte  noefj  auf  bem  £alme  oerpfänbeten  unb  bie  bann, 
toenn  fie  im  2öirt§rjaufe  auSgeBcutett  toorben,  ben  Bunbfcrjurj 
auftoerfen,  mit  ben  Rauften  breiufd)lagen  unb  9lbel  unb  Pfaffen 
au§  bem  Sanbe  nerjagen  motlten. 

Sbenfo  toenig  nüe  bie  ftubierteu  sperren  unb  ftaufteute, 
bie  ^anbmerfer  unb  Bauern  fdjont  er  £>of  unb  ?(bet,  fonbern 
unbarmherzig  fijjt  er  mit  bem  ganzen  fteifnadigen  Xro|  unb 
(Stolz  eine§  ©otjneS  au§  bem  Sßoffe  and)  über  bie  9Jcäd)tigeu 
ber  erbe  ju  ©eridjt.  2)en  abiigen  Bufdjfleppern,  bie  raun  (Sattel, 
b.  I).  com  (Straßenraub  (eben  unb  beneu  atte§  ®anfmann§gnt 
auf  ber  Sanbftraße  für  oogetfrei  gilt,  l)ätt  er  ebenfo  einen 
(Spiegel  bor,  toie  jenen  abiigen  Sunfern,  benen  §ol§  unb  2öilb 
im  Sßalbe,  tote  ber  $ifd)  im  Gaffer  gehört  unb  bie  babei  il)re 
Bauern  auffangen  unb  bebrüden,  il)r  Äorn  öertoüften,  il)re 
SRebftöcfe  zerbredjen  unb  fie  tote  bie  Sdjafe  fcfjtnben  unb  fdjeeren. 
©r  toenbet  fid)  bireft  in  enger  Sfrtterjnnng  an  einen  ganz  äljnftdjen 
Stbfdjnttt  in  Braute  9carrenjd)iff  an  Sßabft,  ßatfer  unb  dürften: 
ba*  (Sd)iff  ber  .Sürd)e  fdjtoanft,  afö  toolle  e§  untergeben;  3ud)t, 
(Sfjre  unb  Sftedjt  fiub  untergraben  unb  ftmkixaifyt  l)errfd)t,  bereu 
ber  Xeutfdje  fid)  fd)ämen  muß.  Sie  ©djulb  trägt  bor  allem  bie 
Unbotmäßigfeit  ber  dürften,  beim  ber  Äaifer  al»  einzelner 
SDiann,  oerntag  ntdjtS  ofme  fie,  benen  jnr  ©djanbe  ber  beutfdjen 
Station  ttjrc  eigenen  Sntereffen  toeit  metjr  am  $er$en  liegen,  ate 
bie  be3  großen  ©an^en.  Sie  ©djutb  trägt  ferner  ber  toiberfbenftige 
Stbel  unb  bie  Sd)laff()eit  ber  bentfdjen  Stabte.  äBotjl  geberben 
fid)  bie  Bürger  fo  ftolz  unb  Ijoffarttg,  als  ob  jeber  oou  il)ueu  oou 
Stbel  fei,  aber  toenn  Da8  ^eid)  il)rer  bebarf,  bann  fjaüen  fie  toeber 
©elb  nod)  teilte,  bann  oerhiedjen  fie  fid)  l)iuter  ben  loariueu 
Cfen,  jammern  über  bie  fd)led)ten  ßeiten  unb  (äffen  baS  Weicl) 
!JKeid)  fein. 


74 

Sßor  allem  jebocfj  get)t  er  mit  beruftem  greimute  mit  ben 
eigenen  Stanbe3genoffen  tn§  ©ericfjt,  mit  fdjonungStofer  Söitterleit 
unb  in  einem  £one,  ber  uns  heutigen  unerhört  bünft.  9cur 
allju  beutlict)  erhellt  au§  feinen  (Säuberungen,  bafs  e§  bod)  nur 
eine  9ftinbert)eit  tum  äftöndjen  nior,  in  benen  burct)  bie  rjeitfamen 
Älofterreformationen  be§  fünfzehnten  $af)rf)unbert§  ber  ernfte  SBille 
^ur  (Erfüllung  itjrer  Stufgabe  ermecft  morben  mar.  diejenigen,  bie 
fid)  äfteifter  ber  tjeüigen  (Scfjrift  unb  Softoren  nennen,  finb 
unter  benrr  ©elefjrten  unb  5ßerlet)rten"  bie  allerärgften ;  bei  aller 
ifjrer  (Merjrfamfeit  miffen  fie  nidjt  einmal,  ma§  bie  fRüben  foften; 
au§menbig  gelernte  Söorte  lauen  fie  mieber,  mie  bie  &üf)e  ba$ 
(Strof);  ba§  getftttcfje  fRecfjt  adjten  fie  nict)t;  anbern  meifen  fie  ben 
2öeg  gur  (Seligfeit  unb  laufen  felbft  baneben  ben  2tffenfteg.133) 
Sie  ©eiftticfjen  finb  bie  (Srften,  bie  am  sJcarrenfeile  laufen  unb 
ben  ©emeinben  böfe  23eifpiele  geben.  Pfaffen,  99cönd)e  unb 
Tonnen  beten  unb  miffen  felbft  nicfjt,  mas  fie  fagen.  Sa  finb 
Pfarrer,  bie  meber  fingen  nod)  lefen  tonnen,  unb  bie  roof)l  eine 
fjatbe  Stunbe  m  iljrem  23ud)e  blättern,  et)e  fie  bie  richtige  (Seite 
gefunben  fjaben.  Soldje  Seute  §u  Pfaffen  machen,  fjeifee  einen 
@fel  Satein  lefjren,  ftatt  ttm  bie  ©acte  gur  9Mf)fe  tragen  gu  laffen, 
ma§  be§  ©feto  gottoerorbnete§  Stmt  fei.134)  Sfber  aber,  ber  bie 
Arbeit  fcfjeut  unb  lieber  müfetg  gef)en  null,  mirb  ÜDcbnd)  ober 
Pfaffe,  unb  menn  bie  ^eilige  §oftie  nur  fo  ferner  märe  mie  ba§ 
Sßiertel  eine§  &ornfade§,  fo  bliebe  üftiemaub  oou  it)nen  einen  Sag 
länger  ©eifttidjer.  23obenlos  ift  ber  SBettetfacf  unb  jebe  ^rebigt 
fängt  mit  einem  „&kb"  an.  ßur  Strmut  muffen  mir  un§  oer= 
pflichten,  aber  mefye  un§,  menn  mir  nidjt  ©otb  unb  (Bulben  l)aben : 
benn  e§  mag  einer  bie  SSeiSljeit  Salomo*  befitjcn,  fo  fommt  er 
bocf)  nidjt  efjer  in  ein  Slmt,  aU  bi§  er  e§  fid)  burd)  ©efdjenfe 
erfauft,  at§  bi§  er  feineu  Dbern  gefduueidjett  unb  fie  („gefd)miert" 
l)at.  Unb  ift  er  nun  im  Stmte,  bann  mufe  alles,  mu<§  er  barin 
tf)ut,  nur  bagu  bienen,  ben  Pfaffen  feifter  gu  machen.  SSSittft  bu 
beidjten,  fo  tl)ite  ben  Söeutet  auf,  millft  bu  §um  Satrameut  gel)en, 
be§gleid)en.  Senn  9ttte§  ift  mtS  rjeut^utage  täuflid)  gemorben 
unb  fäme  ©Ott  felber  jetjt  auf  bie  (Srbe  unb  f)ätte  fein  ©elb  in 
ber  Safdje  —  feiner  feiner  Siener  mürbe  tfm  in  fein  §au§ 
aufnehmen.    9)iit  ^frünben  mirb  §anbel   ebenfo   getrieben,   mie 


75 

mit  ben  Saframenten;  feil  finb  audj  Cf)re  unb  Gfjrbarfeit,  9teue 
unb  fieib  um  bie  Sünbe,  breite  unb  2öatrrt)eit.  £er  SRiftbraud), 
bet  mit  ben  geiftlidjen  Strafen  getrieben  toirb,  ift  fo  grofe,  bafs 
ber  Söann  l)eute  rein  für  ein  9ctdjt§  gilt.  Unb  fd)inben  bie  Pfarrer 
tljre  gerben,  fo  werben  fie  toieber  boit  ben  Sifdjöfen  gefdjunben, 
bie  allezeit  in  ©elbnöten  fteefen  unb  um  it)re  Sädet  311  füllen, 
ben  armen  Sanbgetftltdjen  fogar  für  if)re  Äödjinnen  Steuern 
auferlegen.  Xenn  au§  Wirten  finb  bie  SBifc^öfe  SBülfe  gemorben, 
üor  allem  fettbem  ber  Teufel  ben  Slbel135)  in  bie  ftlerifei  gcbrad)t 
unb  Wtentanb  mefjr  §u  einem  SBtfcfjof  gut  genug  tft,  er  fei  beim 
ein  Gbelmann.  Sdjtimm  ift  e§  enbüct)  and)  mit  ber  Sittlicfjt'eit 
beftellt.  2)raftifdj  fd)ilbert  SOtater  bie  oertiebten  unb  ocrbufjlten 
Pfaffen  unb  ÜDiöndje  unb  bie  geiftftdjen  grauen,  bie  fid)  preisgeben. 
Xie  Äntte  ift  ein  S)erfmantel  breifter  Sittentofigt'eit,  nicfjt  jule^t 
in  ben  grauenf  tüftern,  fettbem  biefe  bem  Slbel  lebigüd)  eine 
ikrforguugsanftalt  für  il)re  itiitber,  ober,  tote  SDhmter  fagt, 
„gemeiner  ebellüt  fpital"  getoorben  finb.  3)enn  taun  ber  @bel= 
mann  feine  Xodjter  ntdjt  oerbeiraten,  ober  fet)lt  e§  au  Üöcitgift 
unb  Slusfteuer,  fo  fteeft  er  fie  ins  St  öfter,  unbefümmert  barum, 
ob  fie  bort  bas  geiftftdje  Mleib  fd)iiubet  unb  befubelt. 

8fadj  auf  ben  ©otteSbienft  unb  in  ba§  innere  ber  ftircfje 
toirft  bie  ÜRarrenbefdjtoörttng  grelle  Streiflidjter.  SBäljrenb  ber 
üföeffe  politifieren  unb  fannegteftern  bie  ©eiftftdjen  unb  raunen 
fid)  am  SHtar  neue  Leitungen  ju.136)  Sie  fingen  in  ber  .Sttrdjc 
leichtfertige  Sieber,  bie  fid)  beffer  ju  einem  Sauemtang  otö  in§ 
©otte8f)OU§  fdjicfcn,  unb  toentt  man  glaubt,  fie  loben  ©ort,  fo 
treiben  fie  in  Sßaijrljeit  Spott  unb  Narretei.137)  Unb  mit  ber 
fdiamperen  Sfaffüfjrung  ber  ©eiftfidjen  ftel)t  bie  Haltung  ber 
©emeinbe  burdjaus  in  (Stntlang.  Heber  bas  2Ritneljmen  öon 
.vmuben  in  bie  ttirdjc-n  l)atteu  fd)on  Srcmt  nnb  (heiler  gettagt. 
„@3  finb  etliche  ©efetten"  —  fo  heint  es  in  bes  ßefcteren  Sßrebigten 
über  bas  sJcarrenfd)iff  —  „bie  pichen  in  bie  Äirdje,  gleicl)  als  ob 
fie  jut  Sögb  toottten,  bringen  Ralfen  ober  .s>abid)te  mit  hinein 
fantt  einem  gronen  Raufen  .\}unbc,  bie  ilmen  nachlaufen  nnb 
ein  grones  ©eljeul  nnb  ©ebefl  madjen.  .  .  .  Tenn  toenti  bie 
|>abid)te  fiel)  fd)ütteln,  geben  bie  Stellen  ein  ©etön  nnb  baju 
ijeitlon  bie  .ftuube."     Die  gleidie  Älage  wieberbolt  SDhtmet,  nad)= 


76 

bem   er   fdjon   im  Suli   1502   in  ©trafwurg   über   ba§>  £t)ema 

geprebigt  fjatte: 13&)  er  fd)itbert  bie  ©ecfen,  bie  ifjre  |wnbe  §ur 

Äirtfje   treiben   nnb   fetbft   nnr   bortfjin  get)en,   um   geferjen   §u 

»erben  nnb  natf)  ben  SKäbdjen  31t  guden,  babei  fjin  unb  t)er 

laufen  unb  mit  ben  ©djuljen  flappern,   moburcf)  ben  übrigen  bie 

Stnbadjt  geftört  werbe.    91ucf)  über  ben  berben  Naturalismus  ber 

£>eitigenbitber  fjatte  fcrjon  ©eiler  beweglidje  ®tage  geführt:    „(£§ 

ift  je^t  fein  9(ltar,  e§  ftefjet  eine  §ure  barauf.    SBenn  bie  SQialer 

©t.  Barbara   ober  ©t.  Äatfjarina   malen,    fo   malen   fie  £>uren 

f)in.  .  .  2öettf)e  Stnbadjt  fotl  ein  junger  "pfaff   t)aben,   wenn   er 

ba§  confiteor  betet,  unb  fielet  atfo  fjübfdje  Silber  uor  fid)  ftetjen." 

©benfo  fdjilt  aud)  SDcurner  über  bie  fdjamlofen  SBilbmffe,  beren 

Originale  im  $rauent)aufe  aufgetefen  31t  fein  fdjienen;  über  bie 

al§  ^eilige   gemalten  SöetbSbttber,    bie  mafjrlid)    ben  SKöndjen 

große  5tnbad)t  bereiteten,    ®etn  Söunber  baljer,  menn  bie  9Jcif?= 

adjtung  ber  &ird)e  nnb  ttjrer  Wiener  immer  größer  wirb,    ©ef)t 

ber  ^riefter,  um  einen  ©terbenben  ju  oerferjen,  über  bie  ©traße, 

fo   folgt    ifjm    fein  SDtenfdj    unb  Sftemanb    achtet    be§    l)ei(igen 

©aframent§,  wäfjrenb,  loeun  Sunfer  §an§  ficf)  fefjen  läßt,  gleid) 

ein  ganzer  £roß  fjinter  il)m  fjerläuft. 

(Geringer  a(§  bie  9lu§fünfte,  bie  mir  au§  biefen  reatiftifcrjen 

©crjilberungen   über   bie  fird)(id)en   unb  fitttttfjen  ßuftänbe   oer 

$eit  erfjalten,  finb  biejenigen  über  be§  5ßerfaffer§  eigene  religiöfe 

unb   ttjeologifdje  Stellung,    obwofjl  fiel)   biefelbe   immerhin   aus 

ben   l)ier   unb  bort  gerftreuten  Semerfnngen  jientftdj  fidjer  be= 

ftimmen   läßt.     SSa§   er   au   bibtifdjen   Silbern   unb  (Stempeln 

anführt,  ift  meift  bem  alten  Seftament  entlehnt.    SOcit  befonberer 

Vorliebe  citiert  er  ©alomo,  mefjrfacfj  Subttf)  unb  |wtoferae§  unb 

SDatiib  unb  23att)feba;  al§  abfd)redenbe§  Sßeifpiel  üerburjtter.Sßeiber 

bient  natürlid)  in  erfter  Sinie  *ßottpf)ar§  Sßetb,  unb  wie  ftarf  bie 

©triefe  unb  Sanbe  ber  SSenuS  feien,  wirb  ben  oerliebten  ©eiftlidjeu 

burd)  bie  ©efdjitfjte  ©imfou£   unb  $ettta§   warnenb  an§  §erg 

gelegt.    (Sinmat  füljrt  er  ein  SBort  be3  Gerrit  an  (SO^attt).  23,3): 

$o!g  ber  ler  unb  lafc  mein  tat, 
S)a§  ift  be3  Ferren  Gfyrifti  rat  — 

toäfjrenb  er  im  übrigen   au§  ben  (Soangelien  —  wenn  wir  oou 
ber  Ijäufigen  Srwäfjnuug  3Karia§,  ber   „garten,  reinen  9J?aib" 


77 

unb  ber  „©bleu  tone"  abfegen  —  tebiglid)  ben  SBerräter  SubaS 
unb  bie  büfeenbe  SKagbatena  nennt.  Stufjerbem  eitiert  er  aus 
bem  leiten  -Teftament  jmeimal  bie  Sfyoftetgefdjidjte  nnb  einmal 
eine  nod)  31t  erwäfjnenbe  Stelle  ans  bem  SRönterbrief.  2)er 
Zeitigen  gebenft  er  faft  gar  nicfjt  nnb  wo  c§  einmal  gcfd)ief)t, 
ba  gefdjiefjt  e§  ^tendier)  refpeftloS.  ©0  Rüttelt  er  getegenttid) 
über  bie  allentfjatben  mit  Üüfttfcrjebt  begangenen  3afob§brüber, 
bie  nad)  ©t  Safob  in  (Sompoftell  Einlaufen,  nnb  äufjert  ficf>  ein 
onbereS  Sttal  nicfjt  fet)r  erbaut  über  bie  Dielen  neuen  ^eiligen, 
benen  allerorten  neue  Äirdjen  aufgerichtet  »erben,  mätyrenb  man 
bie  alten  verfallen  läfet139)  3)ie  nafjen  ^eiligen  —  fo  Rottet 
er  —  tljun  feine  SBunber  mef)r  unb  beefjalb  laufen  bie  Seute 
31t  möglicfjft  weit  entfernten.  Sßenn  er  babei  befoubers  t)eröor* 
tjebt,  nrie  je|t  alte  sIöelt  311  ©t.  Slnna  Einlaufe,  'fo  ift  biefe  im 
ßufamnten^ange  redjt  rcfpcftlofe  SBemcrfung  im  SKunbe  eine§ 
SöarfitfjerS  boppclt  beachtenswert,  ba  bie  in  ben  (e|ten  Sat)r= 
geijnten  be§  9Kittefofter§  faft  jur  9ttobefad)e  geworbene  S8eret)rung 
ber  ^eiligen  Stoma  bod)  nur  aJ§  notwenbige  ®onfequeng  aus 
bem  2iebtittg*bogma  ber  SSarfüfer,  ifjrer  Set)re  0011  ber  uubefledten 
(Smpfängnis  ber  9Karia,  t)eroorgegangen  war.140) 

(Sinmal  erwähnt  9Jhirner,  wie  gefagt,  ben  Rönterbrief  (3, 20— 
24.),  um  in  immerhin  bemerfensmerter  SEBeife  gegen  bie  Söerfljeiligen 
p  polemifieren,  bie  an  anderen  il)nen  auferlegten  Werfen  ber  ^nfse 
fid)  uicfjt  genug  tfutn  tonnen  nnb  mit  folgern  „Söeginentanb" 
fid)  bie  Sefigfeit  $u  oerbienen  wälwen.  3)em  gegenüber  weift  er 
auf  (Lottes  93arml)er,ygfeit  t)in,  bie  allein  un§  bie  ©efigfeit 
oerbürge,  wie  „in  ©t  Sßauti  ©riefen  gefdjrieben  ftel)t".  SHteS 
anbere,  wieberl)ott  er,  ift  einfad)  „Seginentoerf"'  Tod)  werben 
wir  nn6  t)üteu  muffen,  biefe  gelegentliche  2leu&erung  ju  über* 
fd)ät3en  nnb  iliv  wo  1)1  gar  eine  bogmatifdje  SBebeutung  bcip= 
meffen,  ba  fie  Dtturner  nur  afö  Singang  ju  einem  neuen  berbeu 
Spott  über  jene  Pfaffen  bient,  weldie  e3  für  ©ünbe  l)a(ten, 
wenn  fie  einmal  ba8  ipanbtDafdjen  öor  Tifdi  bergeffen,  Dagegen 
une()etid)e  Äinber  baben,  bie  Ätöfter  burdt)taufen,  ßnrietradjt  ftiften 
nnb  kuppeln  fiii  nidjtö  achten.  Studj  ift  ja  ber  Oebanfe  ber 
Rechtfertigung  bind)  ben  (Glauben  an  fiel)  nicht  ba3  Unter 
febeibenbe   jttrifdjen    eoangeliidjem    nnb  fatl)olifd)em   (il)riftentitm, 


78 

fonbern  er  ttrirb  e3  erft  burd)  bie  abroeidjenben  Folgerungen.141) 
(£ö  nmre  bemnad)  »ergebene  üötulje,  roollte  man  um  jener  ©teile 
nullen  aud)  in  Turner  ein  ©tüd  ^Reformator  bor  ber  9ftefor= 
mation  auffoüren.  SDenn  irgeub  meiere  meitere  Folgerungen 
au§  jenen  paulinifdjen  Söorten  ju  §ietjen,  fommt  itjm  ntcrjt  in 
ben  Smn.  3m  ©egenteit  eifert  er  ein  anbere§  9DM  nod)  roeit 
energifetjer  afö  gegen  bie  Söerffjeiügen  gegen  biejenigen,  roeldje 
immer  nur  oon  ©otte§  großer  93arm^er^igteit  unb  ©nabe  örebigen, 
immer  nur  ©otte£  Siebe  unb  Freunbtidjfeit  im  ÜDhtnbe  führen,  ba= 
gegen  feine  ©eredjtigfeit,  feine  „fdjarfe  SRute"  gän^lid)  ^u  oergeffen 
fdjeinen.  Unb  ift  er  fjter  ber  SSerfünbiger  eine§  zornigen  unb 
eifrigen  ©otteg,  fo  ift  er  mieber  ein  anbere§  Wai  gan$  ber 
ÜKann  ber  Sftilbe  unb  Xoteranj,  ber  ben  menfdjlidjen  ©d)mäd)en 
unb  ©ünben  ba%  liebenSttmrbtgfte  äBofjtro ollen  entgegenbringt, 
©ott  fjabe  nun  einmal  ben  SDJenfdjen,  er  fei  roetttid)  ober  geifttid), 
f o  gefdjaffen,  bafe  er  §unt  ©traudjeln  bereit  fei ;  Ijeute  ftef)t  er  auf, 
morgen  fällt  er  mieber, 142)  fjeute  ein  ©ünber  unb  morgen  bieber. 
£ie  djriftlidje  ®trd)e,  fo  meint  er  anflingenb  an  9Jtottt).  13,  30, 
ift  eben  eine  ©djeuer,  in  ber  (Spreu  unb  ®om  miteinanber 
aufgeftapelt  finb,  unb  erft  am  jüngften  Xage  ber  (Srnte  mirb 
©Ott  böfe  unb  gut  trennen,  bciZ  er  jefct  nebeneinauber  auf* 
roacrjfen  läfjt. 

2Bo  im  übrigen  in  beut  fatirifdjen  $>id)ter  ber  Sßrebtger 
ba<§  ü&Sort  nimmt,  fommt  er  über  gan^  allgemeine  erbaulidje  33e= 
trad)tuugeu  nidjt  t)inau§,  roie  er  benn  beifpietämeife  biejenigen, 
meldje  bei  jeber  fleinen  SSibermärtigfeit  be§  SebenS  immer  gleid) 
ba§  Äinb  mit  beut  S3abe  au§fd)ütten  unb  immer  geneigt  finb 
miber  ©Ott  51t  murren,  51t  Vertrauen  auf  ©ott  ermarmt,  ber  nod) 
nidjt  geftorben  fei,  fonbern  alle  Stage  ba3  sJiegiment  fül)re. 

£>a*  2Ulb,  ba§  nur  au§  aliebem  oon  beut  Söarfüfeer  gewinnen, 
ift  ein  jtt)iefpältige§  unb  im  ganzen  toenig  erfreuliches.  SCfferbingS 
jttnngen  einzelne  ber  mit  ferjarfer  23eobad)tung§gabe  unb  berb 
reatiftifdjem  Sßtnfel  ausgeführten  Silber  beS  ttrirflidjen  Sebenä 
§u  rürfrjaltlofer  iöeuniuberuug ;  mir  erfreuen  un§  miebert)olt  an 
feiner  guten  Saune,  an  bem  Freimut  feiner  Äritif,  an  ber  9tüc£= 
fidjtstofigfeit,  mit  ber  er  dürften  unb  Wbel  einen  blauten  ©pieget 
oorl)ält  unb  bei  |>od)  unb  fiebrig  allerlei  Safter  unb  Xfjorfjeiten 


79 

ftraft  unb  ncrfpottet.  9(ber  tiefe  Sittenprebigten  entspringen 
bocfj  roeit  weniger  ber  Sorge  um  bie  Tugenb  be3  $8olfe§,  a(§ 
oielmefn*  ber  gurcfjt  [cor  einer  großen  Umroälmng,  bie  bie  alte 
ftänbifcr)e  Crbnung  über  ben  Raufen  werfen  müßte.  Unb  mir 
fefjen  auf  ber  anbern  Seite,  rote  er  fidj  in  feinen  religiöfeu 
9(nfd)auungen  nirgenbS  über  ben  großen  5rof$  feiner  ©tanbe§* 
genoffen  ergebt.  @§  tritt  un»  ntrgenbs  bei  ilnn  ein  pofitte 
Jüebenöibeaf  entgegen.  28it  fpüreu  nirgenb»  ein  6efümmerte§ 
fingen  um  bie  Söfung  fittlicfjer,  gefcrjroeige  beim  religiöfer 
Probleme.  SSir  fjören  nirgenbs  einen  STon,  ber  ben  tiefen 
©rnft  einer  fcf)mer  erkämpften  Ueber^eugung  ernennen  tiefte. 
(5r  beugt  ftdj  al§  getreuer  Sorm  unter  bie  im  ^öefifte  ber  gott= 
licrjen  äBafjrtjeit  befiublidje  ftirtfje,  mäfjrenb  er  fie  bocfj  mgteidj 
in  Ujrett  Wienern  unb  in  allen  irjren  5(efjertttf)fetten  Ijöfmt  unb 
oeräd)tlid)  madjt.  (Sr  flogt  über  it)re  3>erfunfenrjeit  unb  bie  9?ot 
bc§  5Bolfe§,  aber  ntrgenbs  fpürt  man  in  biefen  klagen  eine 
innere  Ergriffenheit  unb  leibenfdjaftlicfje  Erregung.  @r  unter* 
fcrjäfct  bie  brofjenben  ßeidjen  ber  $eit  unb  er  überfdjätjt  bie 
y)lad)t  ber  alten  fttrdje,  bereu  5(nfet)en  m  untergraben  er  felbft 
am  eifrigften  befliffen  ift. 

Unb  biefeS  (entere  ift  otjne  $rage  oer  ftärffte  (Sinbrucf,  ben 
bie  3arrenbeftf)rüi5nmg"  in  un§  mrücflä&t.  ©r,  ber  Äutten* 
träger  unb  Pfaffe,  regt  gegen  ftuttenträger  unb  Pfaffen  ben  2öi$ 
beö  SBolfeS  auf,  ja  er  [teilt  fid)  felbft  mit  bitterer  Sronie  al» 
9D?itftf)utbigen  mit  an  ben  oranger,  unb  trägt  fo  rebüd)  ba^u 
bei,  ben  geiftlidjen  Stanb  in  ber  allgemeinen  ©djäjjung  f)erab= 
mbrücfeu  unb  bie  9Jciftad)tung  allgemad)  in  .frafe  unb  $o$n  um* 
mmanbeln. 

3ft  e«  mirftid)  ba§>  SBenmfjtfein  ber  eigenen  Integrität,  in 
beut  er  in  foldjer  SEBeife  gegen  feine  eigenen  StanbeSgenoffen 
to^ierjt?  Tiefe  ^rage  brängt  fidj  naturgemäß  in  erfter  Sinie 
auf,  ba  oon  iljrer  SBeanttnortung  nnfer  fittlidje*  Urteil  über  eine 
fo  mafftoS  fdjarfe  ftritif  abhängen  muß.  (Sin  bünbigc»  3a  ober 
ÜRein  ift  bei  fod)er  5vaÖ°  natürlich  unmögtidj,  ba  mir  Sfttemanbem 
in3  t*per§  fefjen  fönnen.  Sludj  l)aben  mir  fdjtuerlid)  baS  9xedjt,  bie 
mef)rfad)eu  2elbftfd)i(bernngen  SfturnerS  für  bare  3Rün$e  m 
nehmen   unb  banadj   ot)ne  weiteres  feinen   fitttiebnt  (ibarafter  ,m 


80 

beurteilen,  ©tcfj  fetbft  in  fotdjer  SSeije  ben  Darren  anjureiljen 
ift  alter  Sraud)  ber  ©atirifer  unb  ein  wirfjameS  Mittel,  ben 
(Spott  $a  milbern,  unb  man  mürbe  bcmnad)  äJcurner  gan§  gewifj 
iinredjt  ttjun,  wollte  man  it)n  bei  beriet  jägerhaften  ©eftänb= 
niffen  pebantifd)  beim  SBort  nehmen  unb  fie  gerate ju  als  bio= 
graptjifdjeS  ÜKateriat  ausbeuten.  &a%u  lommt,  bafe  auefj  ©eiler 
fetjon  bei  feinen  klagen  über  bie  ©eiftlictjfeit  meift  beS  „mir" 
fiel)  bebient  tjatte.  „Söir'fagen"  —  jo  tjeifet  eS  im  „23röjamfin" 
—  „oon  großer  ©emütigfeit  unb  ift  Sftiemanb  t)off artiger  als 
mir.  SGSir  jagen  oon  ©otteS  SBarmtjergigfeit  unb  ^reigebigleit 
unb  ift  üftiemanb  geiziger  als  mir;  mir  fteefen  ooller  ^ßfrünben, 
mefjr  als  ein  Strebs  ooll  @ier.  äöir  jagen  oon  ©otteS  ®eufdjt)eit 
unb  finb  SSuben  oon  bauten  unb  oorn.  .  .  Sßir  jagen  oon  großer 
Stnbadjt  unb  ift  SRiemanb  üerrud)ter  als  mir."  Cber  in  ben 
„SImeifen":  „iie  Sßraebicanten  bie  Jollen  ©ort  anfangen  unb 
in  fiel)  felber  trinren,  maS  fie  bamadj  ausgießen.  516er  weifet  bu, 
Wie  eS  um  uns  ^rebiger  ift?  (SS  ift  um  unS  s$rebiger  wie  um 
einen  ©cfmeiber.  ©in  ©djneiber  ber  nimmt  baS  93kul  ooll 
SBaffer,  er  triuft  eS  aber  nidjt,  eS  berührt  ibjm  auef)  baS  ^erj 
nidjt,  unb  baS  Sßaffer  fprir^t  unb  jprengt  er  auf  baS  £udj.  Sltfo 
ijt  eS  um  uns  Sßrebiger.  SBaS  wir  prebigen,  baS  getjt  nur  oon 
bem  ÜKunbe  l)er,  eS  lommt  nidjt  oon  .^er^en." 

3)ie  Lanier  als  foldje  war  atfo  nichts  aufjergewöt)nlidje§, 
bod)  wirb  man  immerhin  aus  ber  Sfrt  unb  SBeife,  in  weldjer 
ajhtrner  jict)  fetbft  abfdjitbert,  unb  nod)  baju  teilweife  bireft 
in  ber  3a>gorm,  einigermaßen  feinen  wahren  ©fjarafter  er* 
rennen  tonnen.  @S  ift  IjarmloS  unb  luftig,  wenn  er  beifpietS*. 
weife,  inbem  er  bie  gelehrten  -Karren  als  bie  atlerfdjtimmften 
oerfpottet,  fid)  felbft  als  einen  ber  ärgften  berfelbeu  feinen  Sefern 
oorftellt,  unb  eS  ift  nod)  erträglid),  wenn  er  bei  ber  ©djitberung 
oon  allerf)anb  Unarten  ber  ©eifttidjen  fid)  felbft  meift  als 
ÜDcttfdjntbigen  aufteilt,  wenn  aud)  baS  moberne  ©mpfinben  mit 
einer  fo  geringen  (Sdjäfcung  ber  eigenen  ©tanbeSWürbe  gerabe 
bei  einem  Wiener  ber  ®irdje  nidjt  teidjt  fid)  juredjtfinben  wirb, 
dagegen  ift  ein  anbreS  fdjtedjtweg  unbegreiflidj.  Söenn  ber 
SBarfüfeermönd) ,  um  UnfMidjfeit  unb  Safter  innerhalb  unb 
anftert)alb  ber  flöftertidjen  Steilhänge  p  oerfpotten,   fict)  eifrig 


81 

befttffen   geigt,   feine   ßontpeteng,    über   foldje   £inge   31t   rebeu 
nadjgutoeifen  nnb  §u  bent  ßmerf  öon  fid)  felbft  ©inge  cr,^äf)(t  — 

ober  tote  nur  annehmen  tooßen,  fid)  anbietet  —  bie  an  Un= 
fanberfeit  nid)t  ba§  minbefte  $u  toünfdjen  übrig  laffen,  fo  fann 
un§  barübet  feine  eigene  ©ntfdjutbigung,  baB  er  ja  öott  Stnfang 
an  and)  fid)  felbft  all  im  SKarrenfleibe  ftedenb  t)ingeftellt  fjabe, 
fdnoerlid)  (jintoegfjetfen.  9fäd)t  ba3  fid)  felbft  an  hm  oranger 
ftellen  an  fid)  ift  es,  loa*  un§  fo  peinlid)  berührt,  fonbern  and) 
tjter  ift  eS  bei  Ion,  ber  bie  üüftuftf  mad)t.  Otiemanb  toirb  ja  in 
biefen  Partien  eine  §ituperticf)e,  fopff)ängerifd)e  8d)üd)ternf)eit 
ertoarten,  unb  e§  toäre  oollenb*  tf)örid)t,  ben  oielgereiften,  roetter* 
far)renen  9)£önd)  für  einen  l)ann(ofen  Säten  in  ber  (Srotif  §u 
t)a(ten;N3)  bie  Sfrt  jebod),  in  ber  er  hjer  bie  eigene  SBürbe  oon 
fid)  toirft  unb  fid)  a(§  taScioen  Sebentann  in  ber  ßutte  abfonterfeit, 
bcfttnbet  benn  bod)  eine  fo  bebenftidje  Jyrioolitat  ber  ©cfinnnng, 
ban  eS  ntdjt  eben  $u  öertounbera  iff,  toenn  fpäter  bie  Wegner 
be§  fampflnftigen  SatiriferS  biefe  Offenbarungen  nad)  Gräften 
ausbeuteten  unb  ofnte  fonberlid)e  ©frupel  nun  and)  feine  Seben3= 
fitfjrung  auf  ba§  grünblidjfte  oerbäd)tigten.  2Kocr)te  er  fid)  felbft 
mit  bem  alten  s-li>orte  be§  Coib:  „mein  Beben  ift  ehrbar,  meine 
SWufe  anÄgelaffen",  tröften  tonnen,  tote  mir  ju  feiner  (Stire 
annehmen  tootten  —  immerhin  ftanb  beut  Scanne,  ber  fid)  felbft 
fo  eimifd)  ber  intimen  SBertrautHjett  mit  bem  Safter  gerühmt  t)atte, 
bie  nacrjträglidje  fittlicrje  ©ntrüftung  fd)lcd)t  §u  ©eftcrjt,  bie  er 
über  bie  praftifdje  Wntjanmenbnng  biefer  poetijchen  ©eftänbniffe 
fo  gern  jur  3d)an  trug. 

Sßorjt  fnd)te  er  felbft  bie  öerfjängntStiottften  Äonfequenjen 
[eineS  Spotten*  unb  ^öfjnenS  über  bie  eigenen  ©tanbeSgenoffen 
babnrd)  ab;inucl)ren,  ban  er  in  einem  eigenen  ",'lbjdinitt  gegen 
bie  jenigen  eiferte,  toetcfje  bie  gefantte  Sßriefterfcrjaft  üeradjteten. 
Vlndi  Seiler  hatte  ja  ben  grellen  Säuberungen  in  feinen  ein 
unbjtoangig  "Hrtifeln  bie  äRaljnung  hinzugefügt:  „Tainm,  toeil 
ein  s.l)annl)  ein  ©übe  ift,  follft  bn  nid)t  alle  ll'unulie  93ubeil 
fdielten,  nnb  toeil  ein  Sßfaff  llnred)t  thnt,  finb  nid)t  alle  Schelme." 
SDraftifdj  erfühlt  9J1 nrner,  es  fei  Bereits  [0  toeit  gefontnten,  bau  toenn 
Sfemanb  einen  SDtöndj  über  bie  Strafte  trotten  fel)e,  er  ftugS  fein 
$au3  abfperre  nnb  oerriegele,  "M  ba,  toentl  bie  .SUittc  bineintanic, 

fiaroerau,  X$oma8  SRurner.  fi 


82 

feine  grau  fd;mei*(icf>  gut  trjun  roerbe,  um  baran  bie  9Jcar)nung 
gu  htüpfen,  man  muffe,  mie  man  bem  gangen  roetblidjen  ©cfdjlecfjt 
um  ÜDcaria§  mitten  bie  (Srjre  nicfjt  oerfagen  bürfe,  fo  bie  fönedjte 
©ottc§  um  @otte§  mitten  fdjätien  unb  efjren.  5(ber  er  ücrmag 
baburcf)  ben  ©inbrud  nicfjt  ju  üermifcfjen,  bafj  in  jener  gärenben 
ßeit  üftiemanb  energifdjer  unb  embrucfSbotter  at§  er  jene  peffi= 
mifrifdje  «Stimmung  im  SBotfe  beförbert  fjat,  meiere  ber  Deformation 
ben  $3oben  bereitete. 

9ftit  „Scrjetmengunft"  unb  „^arrenbefdjmö'rung"  mar  ÜDcurner 
gum  erften  male,  menn  mir  oon  feinem  gereimten  S3ericr)t  über 
ben  Sefcerfjanbel  abfegen,  atö  ©tdjter  an  bie  Deffentftdjfett  getreten, 
unb  ber  ungemörjnticrje  (Srfotg  r)atte  ir)m  gegeigt,  mogu  er  berufen 
mar.  Unb  baft  er  nun  al^balb  aud)  auf  biefem  neuen  (Gebiete 
eine  grofje  ^robuftioitat  entmidette,  ba§  entfprad)  nidjt  nur  feiner 
rafttofen  Semeglidjfeit  unb  Söerebfamfeit  überhaupt,  fonbern  ebenfo 
ber  %xt  feiner  btdjtertfcfjen  Begabung  im  befonberen.  (Sr  ift  nicfjt 
nur  SInempfinber,  fonbern  oft  genug  fdjtedjtmeg  Stbfcfjreiber.  (5r 
nimmt  bie  üDcotibe,  mo  er  fie  finbet,  unb  rjätt  e§  burdjauS  mit  ßogau§ 
©prüdjletn,  bafj  e§  genug  fei,  „menn  franbeS  ©ut  redjt  id)  midj  gu 
braudjen  fleifje."  5Iud>  fein  eitler  2>rang  naefj  ber  Deffenttidjfeit 
liefe  e§  nidjt  §u,  baf?  fein  latent  unter  bem  ©djeffel  oerfümmerte, 
unb  ba  ©etbfttritit  unb  ©etbftgucfjt  tr)m  niemals  ßunge  unb 
gebet  gebügelt  fjatten,  fo  entmidette  er  fid)  nun  rafd)  gum 
flinfen  SBerfemadjer,  ber  bie  s^oefie  fommanbierte,  mobei  benn 
freilief)  ber  ©eminn  immer  größerer  gormgemanbfjeit  mit  ber 
(Sinbufje  an  Urfprüngticfjfeit  unb  innerem  @er)alt  aügu  ttjeueu 
begabt  mar.  üftur  baZ  3)raftifd)e  unb  £erbe  erfdjeint  ftetig 
gefteigert,  ba  üDhtrner  mofjt  mufete,  mie  er  bamit  bem  ©efdjtnacf 
ber  ßeitgenoffen  entgegenkam.  3u  biefem  ©tit  niebrigfter  2&ir= 
hingen  finb  bie  gortfdjrttte  uuoerfennbar ,  benn  bie  Xenbeng 
nad)  äußerem  (Sffeft  ftedte  aügu  tief  in  feinem  Sßefen,  ba%  mit 
aller  ©nergie  auf  bie  Stufeenmett  gefpanut  mar. 

ÜKod)  in  bemfetben  Satjre,  in  metdjcm  feine  ,f$8abenfa§rt'4 
erfdjien,  t)atte  er  eine  aubere  Jidjtung  nm  ein  Honorar  oon 
biet  ©nlben  an  ben  @tra|Burger  Bruder  ^pupfuff  berfauft,  bodj 
t)atte  fid),  ba  biefetbe  mehrere  perfünlicfjC  Snbefttben  enthielt, 
bie  bortige  ßenfur  in§  Mittel  gelegt  unb  ben  £rnd  bereitet!145) 


83 

@r  toufcte  firfj  jebodj  ju  Reifen.  @r  legte  bie  £anbfdjrift  biefer 
S)idjtung  bi§  auf  gelegenere  ^'n  surücf,  narjm  aber  flugä  ba§ 
gleite  Sfjema  nodj  einmal  nur  unb  machte  im  |>anbumbrelieu 
au»  ber  „©äudjmatt"  eine  „ÜMljle  bon  Sdjroiubclsfjeim  ober 
©ret  ÜMUerin  Sa^rgeit."146)  Somorjl  bie  poütifct)en  2(n= 
fpieluugeu  at-S  and)  bie  Snbeftiben  gegen  feine  Strafcburger 
€rben*genoffen  maren  fjier  befeitigt,  fo  bafe  ber  SBeröffentlictjung 
biefer  nicf)t§  im  2öege  ftanb.  £ie  S)tdjtung  erfdjien  „gebrurft 
gn  Strasburg  burd)  3Kattt)ia§  önpfnff"  im  3al)re  1515,  an§ge= 
ftattet  mit  atfjt  au*brud»lofen  Sllufträtionen  unb  mit  Laubleifteu 
bie  banf  ber  „unflätigen  ©erbfjeit  ifjrer  £arftelluugen"  ben  Xej;t 
roürbig  einrahmen. 

3lucf)  biefe  £id)tuug  ift  letjrreid)  für  bie  Sitteugefd)id)te 
jener  -Tage,  mobei  man  freilief)  bie  üblidjen  Uebertreibungen  ber 
«Satire  abjierjen  mute,  ©enn  bei*  fdjon  in  feinen  fatirtfdjen 
(Srftliugen  mefyrf  ad)  geftretfte  Jbjema  ber  23ul)lerei  befjanbelt  er 
nun  t)ier  breit  unb  ausfüf)rlid)  in  berbfter  -öol^fdjnittmanier, 
mit  biffigem  W\t$  unb  in  einer  boßfaftigen,  mit  fomifdjen  ©(erneuten 
bnrdjtrauften  ^olfsfpradje.  Spridjmürtlidje  Lebensarten  ftrömen 
i()iu  ju.  @r  gebraust  baZ  Sßort:  „lange  Leiber,  titrier  ©tun;" 
er  matjut:  „maef/  fein  <yeuer,  meuu  bu  ben  Laud)  fd)euft;"  er 
citiert:  „eine  Lebe,  feine  Lebe"  unb  and)  ba§  in  ben  5(u§fäUen 
gegen  ben  ©aufteufel  mebrfad)  mieberfeljreube  SBort,  baß  uom 
Xrtnfen  tuet  meljr  afö  natürlichen  Xobes  ftürben,147)  nerbanft  it)m 
ba§  titterarifd)e  ©ürgerredjt  Aber  aud)  t)ter  btö  gleiche  faunifdje 
Sädjeln  mte  in  ben  betreffenben  Partien  ber  „Larrcubefdjmüruug" 
unb  enblid)  aud)  t)ier  mieber  bie  gleiche  unleiblidje  ©reite,  bind) 
bie  er  bie  SBirhing  aller  feiner  fatirifd)en  Tidjtnngen  beeinträchtigte. 

.vuitte  er  in  ber  „Söabenfaljrt"  feine  geifttidjen  ©etradjtungen 
an  fiimtlid)e  Hantierungen  unb  Sßrojebureu  in  ber  öabeftübe 
angehängt,  fo  htübfte  er  l)ier  feine  ©atire  an  bie  einzelnen 
Jfjätigfeiten  unb  ©ebflogenljeiten  be8  äJcüHerljanbnjerfeg.  Tic 
9)iül)le  bon  SdjttrinbetSljeini  (©(^nrinbrajjljeini  bei  ©runtat)  lag 
brei  Steilen  öon  8traf?burg  unb  mar  int  öolfömunbe  ein 
beliebter  ©egenftahb  be8  2Bi|e8,  inbem  fie  einmal  iljreä  Warnen* 
l)albev  atS  flaffndie  Stätte  jeglid)en  8d)minbcl«  galt,  unb  med 
jum  anberen  ber  SJcame  ©retmüllerin,  bisweilen  and)  einfadj  ©ret 


84 

alz  allgemeine  23eseid)nung  für  eine  bub/lerifdje  grauen§perfon,  für 
bie  Äurtifane  gebräudjlid)  toax.  SDarauS  ergab  fidj  benn  and) 
für  9Kurncr§  Satire  ein  boppelte§  SEfjema :  f  omofjt  ber  ©pott  über 
allertjanb  ©djroinbel  nnb  ©cfjroinbler,  at§  aud)  ber  ©pott  über 
23ul)ter  nnb  Sudlerinnen  —  gtüei  SDcotioe,  bie  jebod)  feine 
unbeholfene  Ä'unft  nur  gang  lofe  uub  oberflädjlicf)  &u  oerfnüpfen 
muffte.  SDenn  in  ber  gleidjeu  furforifdjcn  Spanier,  in  ber  er 
früher  ©djetme  unb  Darren  nad)  einanber  öorgefüljrt  nnb  jebem 
einzelnen  feinen  ©tedbrief  angehängt  tjatte,  fjält  er  tjier  über  alle 
möglichen  ©d)ft)iubeteien  ^eerfdjau,  tuobei  er  un§  faft  burdjmeg 
nur  SBiebertjolungen  aus  ben  früheren  ©atiren  auftifdjt.  ©rft 
al§  bie  grofte  ©lüde  geläutet  luirb,  unb  nun  alle  SBelt  $u 
„©retmüllerm  Safjrgeit"  Ijinläuft,  luirb  bie  Äompofitiou  eiut)eit= 
lidjer  unb  gefd)loffener.  3rcar  ift  aud)  für  alte  bie  uortjer  be= 
Ijanbelten  ©djminbcteien  bem  Füller  3in§  git  entrichten,  moburdj 
SJhtrner  meuigften§  eine  gemiffe  äufjerftdje  SSerfnüpfung  beiber 
SEeile  nt  ©taube  bringt,  bod)  fet^t  nun  erft  baZ  eigentliche 
-tfjema  ein,  bei  beffen  93et)aublung  er  51t  jener  atlegorifdjen  ©in= 
fleibung  -utrücfgrtff,  bie  if)in  oon  ber  33abenfal)rt  f)er  geläufig 
gemorben  war. 

SDie  SOhiljle  nt  ©d)iuiubel*l)eim  ift  im  ©runbe  natürtid) 
berfelbe  ©d)auplat3  mie  bie  ©äudjmatt;  nur  bie  Tanten  finb 
anbere.  |)ier  nimmt  grau  Sßenu§  fei  ber  bie  buhlerifdjeu  9Jcöuner 
uub  grauen,  meltüdje  uub  geiftlidje,  in  ©ib  unb  s$ftidjt,  bort  ift 
e§  bie  ©retmülleriu,  ber  bie  Seute  nadjlaufen  unb  opfern.  Unb 
l)ier  tote  bort  tarnen  am  fdjlimmften  bie  SBciber  tueg.  ®erb(. 
mirb  gefdjilbert,  mie  fie  ben  Pfaffen  iu§  £au8  taufen,  mie  fie  burdfj ' 
tfjre  ©udjt  nad)  &leiberprad)t  bie  ÜJJcänner  ruinieren  unb  in  ber 
<£)offart  fein  SDfofj  fennen.148)  üfteben  ben  grauen  aber  gef)t§ 
aud)  t)ier  t)auptfüd)iid)  über  bie  ©eiftlidjeu  ()er.  Gut  flagt  über 
iljre  £mbfud)t:  mie  bie  ttaifer  uub  gürften,  fo  feien  aud)  bie 
©etftltdjen  Ijeutgutage  £  aufknie  gemorben,  bie  einen  „jübtfdjen 
©edel"  tragen;  fie  betrügen  bie  (Seemänner,  fie  finb  bie  erften, 
bie  bie  ©retmüllerin  in  ßoljn  unb  s}>flidjt  genommen  Ijat.  Unb 
gufe|t  fdjilbert  er  mit  ingrimmigem  23et)agen,  mie  ber  SJäitler 
feinen  oertoruen  ©fei  fudjeu  gel)t:  er  finbet  ihn  im  State  ber 
93ürger;    ber  Äaifer   t)at   it)u    geabett;    er   ift  ßunftmeifter   unb 


85 

Stfjöppe  nnb  ft|t  beim  @o(bfd)mieb  uub  beim  fträmer  im  Saben. 

2(ber  and)  in  ber  ttirdje  t)at  er  ifm  gefunben: 

#anb  in  oben  fton  im  djor 
5ßnb  gab  ficf>  ofc  für  ein  boctor 
SSnb  fyatt  ein  ftyben  diorrod  an, 
äSnber  in  aüen  oben  ftan. 

93ci  ben  SBarfüftern  ift  er  ©uarbian  gemorben  uub  int  Sßrebtger= 
orben  Sßrior: 

3)ie  2(uguftiner,  ©armelfyten, 

diartfnifer  t>or  ben  alten  jeitten 
jpatienbt  in  aucb  off  gelefen, 
Tay  er  mit  in  fuort  münd)e§  toefen 
^Bni  muoft  in  in  ber  fdntolen  lefen. 

SJicr  3al)re  fpater  nat)in  SDiurncr  in  23afe(  bie  bereit  öon 
ber  ©trafcourget  ßenfut  uermorfene  |>anbfdjrtft  mieber  bor,  arbeitete 
fic  um  uub  nertraute  bie  neu  gemattete  £)id)tung  feinem  $afe(er 
Verleger  Stbam  5ßctri  an,  ber  am  5.  Sfyrrf  1519,  unmittelbar 
beoor  ber  SSerfaffer  abermals  nad)  Stalten  30g,  ben  £rud  ber 
,,(5>öud)matt"  U!li  üoüenbete.  Sn  ben  ©djtufjöerfeu  mibmete 
äRurnex  ba§  ©ebidjt  ber  „frummen  Sanier  gmetm",  bie  fdjon 
etlidje  Satjre  juöpr  (1514)  ^ampt)i(u§  ©engenbad)*  ©äuctjmatt, 
metdie  bie  gleidje  Xenbeu^  berfotgte,  tjatte  aufführen  jefjen,  uub 
fd)(oß  feine  Zueignung  mit  ben  SBorten: 

x\di  toolt  üd)  fdnmpfflid)  ftraffen  leren, 

@o  tfmnbt  burdj  gott,  bencft  mtyn  gun  eren, 

Xa$  gott  mit  ere  ücb  hnebergelt 

^e&  tmb  oud)  in  gfyrmer  loelt. 

Sttjj  budi  ir  Söafjler  mcrcft  midi  eben, 

JE)a§  bab  id)  üd>  ju  lelien  geben. 

25a8  ©ebidjt  ielbft  ift  fo  jerfafjren  nnb  öfantoS,  baii  ben 
leitenbeu  gaben  feffyuijalten  uid)t  eben  (eid)t  ift.  SfctfangS  jttjat 
fdicint  es,  als  motte  ber  ©atirifet  eine  neue  eigentümliche  ©in 
fleibnug  finben,  aber  unter  ben  Rauben  jeroröcfeH  ilini  [ofort 
nrieber  baä  ©ange  in  Heine  Stüde  uub  StücEdjen;  er  gerät  in 
ermiibenbe  9@ttberJt)oftingen  nnb  ttrirb  id)lienlid)  fo  u>eitid)iueifig, 
ban  ba3  biegen  SBifc  in  biefem  eintönigen  2Bortfdt)mafl  rettungslos 
untergeht.  8d)Lm  miebertiolt,  [o  erzählt  er  in  ber  Sorrebe,  fei 
er  m  Schimpf  nnb  (grnfi  gegen  bie  SJfaxrrijeit  ;n  gelbe  gebogen, 


86 

aber  für  einen  Starren,  ben  er  befdjrooren,  fei  eine  Segion  neuer 

ausgefahren.    üftun  berfammelt  er  fjter  bie  toeibifdjen  ©äudjc  auf 

einer  eigenen  SDcatte,  b.  \).  alfo  in  einer  Strt  Sßenusgarten,  unb 

tote  er  einft  in  ber  „©djetmen^unft"  ficf»  felbft  at§  ßunftmeifter, 

in  ber  „Utarrenbefdjtoörung"  fidj  felbft  als  ben  ^auptnarrcn  f)in= 

geftettt  fjatte,   fo  füljrt  er  fiel)  nun   fjier   at§   ben  tarier   ber 

(Säudje150)  ein,  ber  ben  übrigen  bie  jiucmnbgtuangig  SCrtifel  ber 

$enusbiener  erläutert  unb  fie  ben  alten  ßiebesbienft  befdjtoöreu  (äjst. 

Unb  aud)  t)ier  trägt  er  allenthalben  eine  überrafdjenbe  ©adjtenntnis 

§ur  (Sdjau,  öon  ber  er  freilief)  auf§  üßeue  nerfidjert,  hak  fie  nur 

bie  grudjt  feines  ausgebeizten  85ütf)ertefen§  fei,  obroot)!  er  fid) 

gelegenttid)  aud)  eine  3icmlicf)  unverblümte  Einbeulung  über  eigne 

üble  Erfahrungen  entfdjtüpfeu  läfst. 

©tfmm^t  xd]  mid)  nit  bfj  geiftlidjfett 
%d)  rebte  t>fj  erfarenfyeit,  — 

äußert  er  an  einer  ©teile,  unb  an  einer  anbern  beteuert  er  mit 
einer  mefjr  als  groetbeuttgen  ©rintaffe,  bafs  er,  roemt  er  ein 
„grauenfdjänber"  märe,  b.  1).  meun  er  bie  9(bfidjt  f)ätte,  bie 
grauen  311  befdjimpfen,  nod)  gang  anbre  SDhtge  311  ersten  roüjüte, 
ba  man  Um  felber  bor  ^abjrcu  einmal  grünbtidj  gerupft  unb 
gefdjoren  rjabc.  SBir  l)aben  alfo  aud)  t)ier  mieber  genau  baffelbe 
(Spiel  rote  in  ber  „9carrenbefd)n>ürung" :  baffelbe  SBegmerfen  ber 
geiftlidjen  Söürbe  unb  baffelbe  Äofetttereu  mit  perfönlidjen  SebenS* 
erfal)rungcu  auf  beut  ©ebiete  ber  (Srotit,  unb  baneben  bas  gtctdje 
fittlidje'ißatrjos  bei  Söufsprebigers,  rounberttd)  üerquieft  mit  bem  berben 
2Bil3  bes  (Satiriters  —  ein  fatales  ©emifd),  ba§  fo  root)t  eine  rein 
tüuftlerifdje,  als  aud)  eine  mirflid)  etljifdje  SStrfung  unmügtidj  madjt. 
üftadjbent  äfturner  felbft  als  Rangier  ber  ©äudje  als  s$rotogus 
bie  3)idjtung  eröffnet  l)at,  täftt  er  ^unädjft  ben  ©enius  ber  roeibtidjen 
Stugenb  auftreten,  um  über  bas  (Sdjtoinben  ber  ®eufdjt]eit  Älage  §u 
führen,  mobei  uns  ein  erftes  Gegiftet  tugenb*  unb  fd)amf)after2öeiber, 
mit  SÜcaria,  ber  „fd)aml)aftigen  Äaiferin"  beginnenb,  aufgctifdjt 
roirb.  £)anu  nimmt  grau  Zenits  bas  SBort,  um  itjre  Sfllgeroatt 
an  ^arjtreidjen  biblifd)en  unb  fjiftorifdjen  ^eifpieleu  bar.ytttnm, 
roorauf  enblid)  bie  ©äudje  felbft  aufmarfdjieren.  3)cr  Äau^ler 
maerjt  fie  mit  ben  (Satjungen  unb  Drbnungen  bes  ^euusbienftes 
betaunt  unb  fdjilbert  bann  in  jarjtreidjcn  ©cjcfjidjten  bie  fünfte, 


87 

mit  benett  bie  Sßeiber  tue  SKänner  anlorfen,  fie  plünbern  unb 
rupfen,  [ottrie  bie  toeibifdjen  uttb  getfenljaften  Üftoben  ber  SJläimer, 
bie  fidj  mit  SBeibertanb  bedangen  uttb  fo  auTputjen,  ban  fie 
„feiner  ganj  511  SBeibero  merben."  @r  (äfit  SBenul  felbft  ben 
SBeibern  3ftatfdt)täge  geben,  töte  fie  ju  redeten  „SRannätoingent" 
werben  fönnen,  wobei  ber  9Jcöud)  eine  üottftanbtge  ®o§metif 
unb  loitettenfunbe  ausframt,  unb  giebt  ebenfo  ben  männftdjen 
©äudtjen  allerbanb  £oilettenregeln  unb  fonftige  9ftatfdt)täge,  tote  ein 
richtiges  „gäiielnfdi"  Beben  51t  führen  [et.  SDabet  luieberbolt  er 
in  ermübenber  breite  fortwübrenb  biefelbeu  SSeiföiete.  3Ö§  tugenb* 
fjafte  ©eiber  parabiereu  einmal  wie  ba%  anbete  mal  neben  SDtoria 
s$enelope  unb  ßufretia,  at§  Sudlerinnen  Vatliieba,  Telila  unb 
bie  ,,.\>ausfrau"  ^otipbars,  afö  abfchrecfenbe  ©raupet  für  bie 
9Jcad)t  ber  %xau  SSenuä  Satonto  unb  Sintfon  unb  Slleranber 
ber  ©rofee.  3lu§  bent  gangen  weiten  ©ebiete  ber  ©efdjidjte  aller 
ßänber,  SBölfer  unb  Reiten  l)at  er  mit  emfigem  SöemiUieu  merjr 
benn  (junbert  berühmte  Liebespaare  aufgeftöbert,  an  benen  er  nun 
in  allen  mögfidjen  Variationen  feinen  Sefern  öorbemonftriert,  mie 
bie  SBeiber  bie  ©äudje  anlorfeu,  plünbern  unb  rupfen. 

Xie  SBebeutung  bes  Qtebid)t§  für  bie  8itteugefd)id)te  jener 
Tage  tft  nad)  bent  ©efagten  leidjt  erftdjtftdt),  ba  unfere  Äenntni§ 
ber  beseitigen  ilultuquftäiibe,  bor  allem  ber  ?Jiobetl)orl)eiten  unb 
ber  fokalen  Stellung  ber  ^rau  barau§  reiben  ©etoinn  jietjt. 
Sod)  aud)  als  Veitrag  jur  (S  (ia  vaftertftif  be§  SSerfaffcrS  berbient 
bas  Vud)  forgiame  Veadjtiing.  £euu  bie  burdnoeg  burleste 
unb  bergnügtidje  "Hrt,  in  ber  ÜJhtrner  fein  fdjliipfriges  S^enta 
bel)aubelt,  ift  beim  bod)  für  ben  tfittteutrager  l)öd)ft  fenn^eidjneub 
unb  befunbet  genau  biefelbe  üon  ©runb  aus  leichtfertige  ©efinnung, 
weldje  uns  fcfjon  in  ber  „Warreubefdnoöruug''  [0  befremblid)  ent= 
gegentrat.  Tan  er  allen  Söebenfeti  gegenüber  binter  feinen  Quellen 
Xerfuug  fudjt,  nimmt  biefeti  öebenfen  uidus  von  ibrer  SBerecEjtigung, 
ebenfo  mie  es  für  bie  Beurteilung  ber  Tiebtnng  nidits  oerielnügt, 
ob  ber  SBerfaffer  bie  intime  Kenntnis  ber  Sittenloftgfeit  feiner 
ßeit  wirflid)  nur  ber  ßeftüre  ober  ber  eigenen  (Srfarjrung  JU 
nerbanfen  bat.  Tenn  es  bleibt  eben  and)  liier  als  elfter  unb 
let.Uer  ©iubrutf  bie  (Sinpfinbnng  bes  niaiigelnben  fittlidjen  lirnftes, 
ja  mehr  nod),  bie  (Smbfinbung  einer  gfribolität,  bie  um  [0  anftbfuger 


88 

berührt,  weil  fie  un§  in  ber  Äutte  entgegentritt.  Unb  and)  au§ 
mandjen  (Sinsettjeiten  nod)  fallen  auf  SSJcurner»  (£l)arafter  grelle 
Streiflidjter.  (£S  ift  bod)  f)öd)ft  befremblid),  menn  ber  ättöndj 
aud)  l)ier  mieber  roie  fd)on  in  ber  SBabenfatjrt  bie  ©ejdjidjte  oon 
ber  ^äpftin  3ot)anna  mit  beruftem  üßaturaft&nuS  unb  mabrfjaft 
conifdjem  Seijagen  feinen  Sefern  auftifd)t,  nid)t  minber  befremb= 
lid),  menn  er  bie  altteftamenttidjen  pftorien  in  genau  bem  gleichen 
burte^fen  SBäufetfängertone  öorträgt,  roie  etroa  bie  ©efdjidjte  ber 
ßirce  ober  ber  fdjöneu  £etena.  ?(ud)  ?(bra()am  fe|t  er  unter 
bie  ©äudje,  roobei  er  nid)t  unterläßt  barauf  rjinptöcifen,  baft  er 
barin  allerbings  oon  ber  Meinung  ?luguftin§  abroeidje.  £afj 
enbtid)  aud)  f)icr  bie  eigenen  Stanbe§genoffcn  bes  8Serfaffer§ 
nidjt  eben  gtimpflid)  baooufommen,  ift  natürlid).  Öleid)  unter  ben 
jroeiunbjroanäig  Slrtifeln  ber  ©äud)e  befinbet  fid)  ein  eigener  für 
bie  ©eiftltdjen,  ber  mit  bem  23efcuntni§  fdjtiefet:  „S*  but  onfj  geift= 
lidjen  bid  root  im  ^er^en,  ba*  ber  arm  gemein  man  meintet, 
mir  fingen,  pfiffen,  orgten  got,  fo  loden  mir  bem  goud)."  Unb 
ganj  ät)n(id)  Reifet  e§  in  einem  fpäteren,  ben  ©eifttidjeu  gemibmeten 
Äapitet,  aud)  bie  £ird)eu  ftedten  oolter  @äud)e,  unb  menn  SljriftuS 
einmal  mieberfäme  mit  ber  ©einet,  fo  mürbe  er  pnädjft  alle  biefe 
au§  bem  ©ottesrjaufe  t)inau§jagen  unb  babei  mit  ben  ©eifttidien 
fetbft  ben  Anfang  madjeu  muffen.  Sbenfo  tieft  er  ben  burjterifdien 
Sltofterfrauen  ben  £e;rt,  bie  nidjt  minber  ein  gäudnfd)  Seben 
führten  unb  menig  be»  £)rben§  gebähten,  in  bem  fie  „geifttidje 
minber"  gemorbeu  feien. 

2tu*füt)rlid)  fud)t  er  pguterfefct  in  bem  „23efd)tuJ3  ber 
©äudjmatt"  £on  unb  3nr)alt  ber  £idtfung  3"  rechtfertigen. 
3(ud)  bjier  l)abe  er  ©ruft  mit  @d)erj  gemifd)t,  mie  e§  nötig  fei, 
bamit  er  ©et)ör  finbe;  benu  nur  ladjenb  motte  t)eute  bie  SBett 
fid)  ftrafen  laffen.  <So  muffe  aud)  er  mot)(  ober  übet  bie  Diebe 
nad)  il)rem,  nid)t  aber  nad)  feinem  ©efd)inad  einrid)ten,  benu 
motte  er  nad)  feinem  ©hin  ftrafen,  fo  mürbe  er  lieber  mit 
fünften  breinfd)(agen.  SCber  mau  motte  feine  SBeife  nidjt  gelten 
laffen  unb-  oerlange  oon  it)in,  bafj  er  gciftlid)  fd)reiben  unb  allein 
in  eruftem  Xone  reben  fotle.  SCSie  aber  fei  e§  i()iu  bamit  er« 
gangen?  günf§ig  $3üd)er  fyabc  er  gebietet  unb  gei'd)rieben, 
geiftlid)  unb  emftfjaft,  menn  er  jebod)  bamit  311  ben  Söudjbrucfern 


89 

gefommen,  fo  fjättcn  fie  üjin  adjfetguctenb  ertoibert:  bie  Söelt 
»olle  fdjcrgljaftc  Xittge  lefen.  „2o  blibt  gott  logen  in  ber 
ftjften."  Unb  fdjreioe  er  nun,  mie  e*  ber  äßenge  gefalle,  bann 
fönten  nriebex  anbere  unb  fagten,  er  folle  bergleidjen  toenigftenS 
fatetnifd)  fcfjretben  unb  nidjt  in  beutfdje  Meinte  faffen,  ba  fid) 
ba*  für  einen  Softor  nidjt  fdjicte.  $enen  gebe  er  gur  Sbtttoort, 
batf  er  in  feinem  ganzen  ßeben  nodj  fein  beutfdjeS  83udj  gebidjtet 
fyabt,  orjne  e§  gleichzeitig  tateinifdj  nteberjüf dtjretben : 

%d)  null  birg  jeigen,  tum  ju  mir, 
23nb  toi  11  bir  fr;  all  tragen  für. 

2)aB  biefe  nid)t  oeröffenttidfjt  mürben,  baran  trügen  eben 
allein  bie  SBudjbrucfer  ©djulb],  bie  mot)t  ©äudjereien  bntdten, 
ernftl)afte  SBiidjer  aber  liegen  Itcfeen.  Sößerfe  man  if)m  enblidj 
feine  Steinte  oor,  fo  tonne  er  fid)  biefer  nidjt  ermeljren : 

SBcnn  \<fy  fcfum  anberS  reben  fol 
Sßurbt  mir  ber  munbt  ber  rfymen  fol. 
9tr/men  machen  iiutrbt  nit  für 
ßrmt,  ber  baffelb  fyat  Don  natur.  .  . 

(Selbft  mit  feiner  „Sabenfa^rt",  in  ber  er  bodj  ,r©eiftlicr)e§ 
nidit  gefpart  l)abe",  rjabe  er  e§  ben  Öeuten  nidjt  redjt  madjen 
tonnen,  benn  fie  tjätten  barüber  gefpottet,  ba§  er  ©Ott  ju  einem 
SBaber  gemacht  fjabe. 

G§  ift  jn  alles  famjjt  nit  gut 
35nb  gifft,  toas  boctor  murner  tf;ut. 

@r  t)abe  eben  an  bie  Strafte  gebaut  unb  ba  muffe  er  fid) 
fdjon  gefallen  [äffen,  ba%  bor  eine  lobt,  toa§  ber  anbere  tabelt. 
(Srnftlidj  bekümmere  ifjn  allein  ber  SBorttmrf,  bafi  er  in  feinen 
©djitberungen  ber  SBeiber  ,ut  grob  unb  offen  bergig  geworben  fei. 
Tod)  öerfidjere  er  hiermit  auf  feinen  Gib,  bafj  er  alle«  tt>a8  er 
oon  ben  üBetbern  unb  iljrem  leichtfertigen  SBefen  gejagt,  in  Suchern 
gelefen  l)abe,  wo  biefe  Tinge  nod)  bunbertmal  gröber  befd)rieben 
feien.  (Sr  babe  oielleid)t  mebr  meltltcbe  ©tiefet  gelefen,  als  il)m 
Ziemlid)  gemefen,  benn  man  tonne  fdjon  auä  bem  llmftanbe,  bau 
er  in  feine  Xidjtnng  120  ^piftorien  aufgenommen  baue,  erfeben, 
bafe,  teer  bieä  33nd)  gebietet,  me()r  benn  ein  SBudj  gelefen  tjaben 
muffe.     HcblieBlid)   folgt  bann   uod)   bie   üblid)c  (Sntfdjutbigung: 


90 

nid)t  bie  frommen,  fonbern  nur  bie  böfen  grauen  fjabe  er  ge= 
[traft  unb  Sftiemanben  werteren  wollen. 

Ob  mir  Um  mit  fetner  Behauptung,  bafj  er  fo  öiete  crnfte, 
ungebnufte  Büdjer  gefdjrieben  fjabe,  beim  SBorte  nehmen  bürfen, 
rau|  bat)iu  geftetlt  bleiben;  jebenfattS  ift  tiefe  ^Rechtfertigung, 
mie  fdjon  ©eröinuS  betont  r)at,  bafür  ein  intereffanteS  ßeugniS, 
mie  ber  $otf§gefd)mad  aße§  mit  ©eroalt  big  in§  Sieffte  fjerabrifj 
unb  bie  geteerten  £)id)ter  jWang,  fid)  ifjm  au^upaffen.  Slber  hak 
SOcurner  nun  gleid)  fo  oöllig  in  ben  groben  £on  ber  ßeit  öer= 
fiel,  ba§  bemeift  benn  bod)  nitfit  ntinber,  bafe  il)in  felbft  biefe§ 
ßugeftanbniä  burdjauö  nidjt  fdjroer  fiel,  fonbern  ba$  im  ©egen= 
teil  biefer  grobianifd)e  ©eift  nur  feiner  iunerfteu  9catur  gemäfj 
mar.  Unb  bttrd)  biefen  faft  bttrdjroeg  31t  niebrig  gegriffnen  £on 
wirb  bie  fittlidje  £enbeng  biefcs  ©ebid)t3  natje^u  böHig  nerbunfelt, 
unb  ba§  beabfid)tigte  moratifierenbe  Seljrgcbidjt,  ba§  fefjr  jeitgemäfj 
gegen  bie  in  ^atjlreidjen  Schriften  oerfünbete  faje  unb  tüberlidje 
SJcoral,  ber  gufolge  llnfcufdjfjeit  feine  (Siinbe  fei,  protestieren 
füllte,151)  ftreift  eben  babttrd)  unb  äugleid)  burd)  ben  Mangel 
an  fittlidjem  ©ruft  bebentlid)  tjart  an  biefelbe  ßitteratur,  beren 
fdjüblidje  STenben^  31t  befäntpfen  ber  SDidjter  —  mie  er  roentgftens 
behauptete  —  im  (Sinne  t)atte. 

Bor  allem  jebod)  finb  biefe  fämtlidjen  (Satiren  letjrreidj  für 
bie  Beurteilung  feiner  Stellung  jur  ftirdje  be3  Mittelalters.  3lu3 
ßweifel  unb  ®ampf  ntufcte  fid)  ein  neuer  ©taube,  aus.  Spott  unb 
£)otm  nutfiten  fid)  bie  neuen  Sbeale  ergeben.  Unb  biefer  Spott 
richtete  fid)  am  (ebl)aftefteu  unb  bartnärfigften  gegen  ben  ©tanb,  ber 
am  allermeiften  auf  bie  öffenttid)e  Sichtung  attgemiefett  ift,  gegen 
ben  ÄleruS.  ©rünblidj  tjatte  biefer  in  feiner43tßgemein^eit  int  Saufe 
bes  fünfzehnten  3at)rf)unbert3  jegtidjen  9iefpeft  berfdjerjt;  immer 
lauter  mürben  bie  klagen  über  feine  fittlidje  unb  roiffenfdjaftlidje 
SBerroljung,  metttt  and)  bie  Singriffe  auf  feine  Unfittlidjfeit  unb 
©tetenerei  oft  über  baz  ßiel  ()inausfd)ief;en  motten.  9cooeüeu 
unb  Sdjroanfbüdjer  finb  ooll  üön  unfauberen  Sßfaffengefdjidjten ; 
eine  fed'e  SBolfSpolemif  fd)ürt  ben  £jafc  ber  ßaien  gegen  bie 
©eWeiljten;  ber  Satirifer  nimmt  9ciemauben  l)ärter  mit,  afö  ben 
ituttenträger  unb  ben  ©eiftüdjen.  Unb  aud)  t)iev  gel)t  ber  SBettel* 
nrönd)  mit  ben  ,'pumaniften  |)anb  in  .S^anb.    STcnn   aud)  biefe 


91 

ftnb  unermübtid)  in  Angriffen  auf  tue  SSerberbtljeit  be§  Älcrul 
üov  allem  ber  SKöndje,  tute  beim  beifpietöiDeife  ftonrab  (ietti§ 
bei  jcber  (Gelegenheit  auf  bie  „öejcfjorenen"  unb  bie  „ftutten" 
biefe  „bunfeln  ^cadjtgefuenfter",  foSfdjfögt  unb  ifjren  SBitbungSljafj, 
itrre  £abfud)t,  tljre  köolluft  unb  Ökfrätfigfeit  in  ben  fdjuuu^eften 
färben  ausmalt.  fteiu  SSeib  tft  öor  ifjnen  fidjer;  33eid)tfturjt 
unb  SBallfaljrt  finb  tfmett  gut,  bafür  (Gelegenheit  51t  madjeu;  fie 
„freffen  bie  ©ünben  bes  93otfe§",  um  bie  erfdjmiubelteu  ©ctber 
ber  SßenuS  unb  bem  23aed)it§  §u  opfern.  Slefjttltdje  2(usfälle  au§ 
jenem  Sager  (äffen  fid)  in  rekfjer  güöe  ner^eidjnen.  SCßie  üiel 
aber  and)  bamats  über  Pfaffen  unb  3Rönd)e  gemottet  mürbe: 
ber  graufamfte  £of)n,  ber  über  fie  ausgegoffen  mürbe,  ftammt 
au»  ber  $eber  unfrei  äKöntfjs,  unb  Sttemcmb  f)at  bie  9(d)tung 
nor  ber  alten  ftirdje  mefjr  untergraben,  afö  ber  SJtotm,  ber  nun» 
mefjr  bem  neuen  (Glauben,  beut  er  felbft  burd)  feine  (Satiren 
SBrefdje  gelegt  fjatte,  at§  erbittertfter  SBiberfadjer  gegeuübertrat. 


%ttmerfttttgett* 

1.  (©.2.)  SSergl.  ©§.  ©cb,mibt,  Histoire  litteraire  de  l'Alsace,  II, 
?ßaxi$  1879,   ©.  209-315. 

2.  (©.2.)  SSgl.  ©tyjj,  Histoire  de  la  ville  d'Obernai.  Strasburg 
1866,  II,  423. 

3.  (©.  2.)  „^afob  unb  Mattljeuei  Murner  bort  Dber  =  (Sfyenfyeim,  gebrü= 
bere,  r;aben  faufft  ba§  Bürgerrecht,  feria  quinta  post  Antonii  1482." 
©tf)mibt  a.  a.D.  ©.  211.  Matthias  Murner  führte  ben  Xitel:  Prolocutor 
majoris  consulatus ;  er  ftarb  1506.  ©eine  $rau  mar  Urfula  ©tubeler  bon 
©ddettftabt. 

4.  (©.  2.)  Mitgeteilt  bon  Döfyricf;  in  ber  3eitfd)rift  für  bie  fyiftorifcbe 
Geologie  1848,  ©.  588. 

5.  (©.  2.)  3>n  ©trobelg  Seiträgen  jur  beutfdjen  Sitteratur  u.  Sitterär« 
gefdt)tc^te,  ^)Sari§  unb  ©trafjburg  1827.  ©.  67  fg. 

6.  (©.  3.)  ©o  beHagt  er  fitf>  in  ber  „^roteftatton"  bon  1521  (Döfyricf, 
a.  a.  D.  ©.  598  fg.)  über  bie  Söfeioidder,  bie  ifym  feinen  bäterlid)en  dornen 
berunftaltetcn  unb  felbft  nicfyt  genannt  fein  bürften  unb  mollten,  ba  bod) 
bie  Murner  in  (§I)ren  ju  Strasburg  befannt  feien,  roäfyrenb  jene  33u  ben  tr)re 
■Kamen  nicbt  einmal  nennen  bürften. 

7.  (©.3.)  Dabf;.  MufäuS  (Mattty.  ©nibiuS)  läßt  Murner  im  Mur- 
narus  Leviathan  (1521)  331.  Ciiij1'  er&ä^len:  „Ni  mea  fallat  opinio,  quarta 
luna  natus  sum,  anno  1475.  Mense  dtiodecimo,  hora  Sexta  poineridiana." 

8.  (©.  3.)  Sie  ©d)rift  trägt  baS  Motto:  „Ser  roeifc  nit  bon  @elid)em 
©tabt  |  ber  in  nit  felb§  geiebet  b,at  |  borumb  folt  er  biö  S3iedr)ün  Icfen  |  fo 
lernt  er  roa§  ift  eeltdt)  roefen".  ©.  @.  SBatbau,  9Jad)ricf)ten  bon  Xr)oma§ 
Murner§  fieben  unb  ©cr/riften,  Nürnberg  1775,  ©.  47,  fd)rieb  ba§  SSüd^fein 
irrtümlid)  Xljomass  Murner  ju. 

9.  (©.  3.)  (Sr  felbft  berichtet  barüber  in  feinem  „Tractatus  perutilis" 
($reiburg  1499). 

10.  (©.  3.)  „Puer  eram  quindccim  annoruni.11  Honestormn  poe- 
matum  laudatio  St.  C2. 

11.  (©.4.)  Döljrid)  a.  a.  D.  ©.  588.  «gl.  aud)  21.  $ung,  ©efdiidde 
ber  Deformation  ber  $vrd;e  in  Strasburg,  I,  ©trafjburg  unb  Seibjig  1830, 
©.  239. 

12.  (©.  5.)  33gl.  £>.  Deuter,  ©efdudde  ber  religiöfen  21ufflänmg  im 
Mittelalter,  II,  Berlin  1877,  ©.  184  fg.  unb  Xf).  Äolbe,  Martin  Sut^er, 
I,  ©otb,a  1884,  ©.  14  fg. 


93 

13.  (©.5.)  Sßgt.  (£.  Irngel,  2>a§  Sdudmefen  in  Strafeburg  bor  ber 
©rünbung  be§  broteftantifdicn  ©tmmafium§.  Strasburg  18S6.  ©.12  fg. 
2>a3  3cugnin  0ebmtter3  bei  !Röf>ric£)  a.  a.  D.  ©.  588. 

14.  (©.  5.)  5BgI.  ben  Slbfdmitt  „(Sin  fabrenber  ©duiler"  in  &.  greb- 
tags  Silbern  „21u§  bem  £,abrbunbert  ber  Deformation". 

15.  (©.  »i.)  ©trobel,  a.  a.  D.  ©.  75. 

in.   (©.6.)  2.  ©eiger,  ^obamx  9teud?lin,  Setyjig  1871.  ©.9. 

1 T.  (©.  fi.)  Sliurner  felbft  nennt  ficf/  Studii  Parisiensis  Magistrum. 

18.  (2.  ß.)  Seine  ©cbrift  „Invectiva  contra  Astrologos"  ift  batiert: 
Ex  Argentina  octavo  die  Maij  (1499). 

19.  (©.♦}.)  „Frater  Thomas  Murner  ordinis  s.  Francisci  de  Argen- 
tina W.  S.  1499."  £.  3eifjberg,  2aS  ältefte  9JcatrifelbucB  ber  Uniüerfttät 
ffrafau,  ^nnsbrud  1S72,  2.  84. 

2n.  (S.  fi.)  Xlm  baä  23accalaureat  erbauen  ;u  tonnen,  legte  llhirner 
bie  ßutte  ab,  ba  nad;  ben  Statuten  ber  Ärafauer  llniüerfität  CrbenSbrüber 
feine  afabemifdjen  Grabe  erhalten  tonnten,  SSgl.  ^abrb.  für  Scbioeijerifcbe 
©efd)id)te,  VII,  159. 

21.  (S.  (J.)  Sgl.  §.  Sd)  reib  er,  ©efduebte  ber  2tlbert=2ubhrig34Inü 
nerfität  ju  greiburg  i.  23.  I,  1857,  S.  160  ff. 

22.  (2.  6.)  Crine  hier  am  12.  iguni  1500  r>or  ben  23rübern  gehaltene 
Mite  liefe  er  1502  a(§  2(nbang  feiner  „Germania  nova"  bruden. 

23.  (S.  li.)  tiefer  crjär)It  in  ber  „Defensio  Germaniac  Jacobi  Wim- 
plielingii" :  -Ipse  enim  ad  beatam  Mariam  virginem  loquens,  testatur 
se  Parrhisios,  Friburguiu,  Agrippinaui,  Uostochium,  Pragam,  Viennam 
et  Cracoviam  ridisse  etc." 

24.  (S.  ii.)  Sgl.  21.  ^ling  a.  a.  D.  S.  239. 

25.  (S.  7.)  Sgl.  ©öbefe,  ©runbrife  II-,  S.  215. 

26.  (S.  9.)  „Anno  1506,  27  die  Martii  promotus  est  in  saerae  Theol. 
Doctorem  venerabilis  Pater  Thomas  Biurnei  de  Argentina  Ordin.  Minor. 
siib  Decanatu  Heinrici  Krim  Ord.  Eremit.  S.  August.  S.  Theol.  Prof.  etc." 
UniberfitätS^xototoB  boti  Jyreiburg  i.  23.  2lbgebrudt  in  ©töberS  2U)'atia 
1873—1874,  2.  306. 

27.  (2.'.u  Juirrenbefdnnörung  88,  35—44.  5ßod)  [öäter  ermähnt  er 
feinen  2(ufentbalt  in  Dioutefiascone  in  ber  Sdirift:  „©in  lrorhafttig*  bets 
antworten"  231.  Bi. 

28.  (©.9.)  DB  bie  im  „Murnarus  I..vi:itlian"  »I.  Bi.  er,äblten  gt« 
lebniüe  i'Jiuvncrs  in  Scnebig  auf  Jbatfaden  bauben,  muf,  babin  aeftellt 
bleiben. 

29.  (2.  10.)  63  ift  abgebrudt  bei  Meneetrier,  Biblioth.  curieuse  <t 
instractive  T.  II.  pag.  186  unb  bei  Marchand,  Dictionnaire  historiqae 
T.  II.  pag.  95. 

30.  (2.  ii.)  „Hespondil  Universitas,  Be  fecisse  liciteel  ex  officio". 
Sergl.  §.  2  di  reib  er,  ©efdjtcBt«  ber  äüBetfeSubnngS'Unibfvfitäi  }ti  Aiei 
buva  i.  B.   1.  1857,  3.  160     169. 


94 

31.  (©.  12.)  9tö$ric&,  a.  a.  D.  ©.  589  fg. 

32.  (©.  13.)  3?9r.  £$.  bon  Sie  Ben  au  im  Saäler  3a$r6uc§  1879, 
©.  70  fg.  unb  S.  ©ieber  in  ben  Seiträgen  jur  baterlänbifd)en  ©efcfyidjte, 
X  (SBafel  1875.),  ©.275  fg. 

33.  (©.  13.)  „Frater  Thomas  Murner  ordinis  ininorum,  sacre  theo- 
logie  doctor",  fo  lautet  bcr  (Eintrag  in  ber  Uniberfität§5  9)latrifeL  (33ei= 
träge  X,  294.) 

34.  (©.  14.)  9iarrenbefd)t»örung  29,  34  fg. 

35.  (©.  14.)  ®efd)td)te  ber  bobulären  Sitteratur  be§  römifd;en  9tedjt3 
Seutfd;(anb,  Setbäig  1867. 

36.  (©.  14.)  ©efd)tdrte  be§  beutfd)en  Sud)banber<3,  I,  Seidig  1886, 
©.  329  fg. 

37.  (©.15.)  Sgl.  A.  Rivier,  Claude  Chansonette.  Bruxelles  1878 
unb  2t.  £>oratr>i£,  Srtefe  be§  (SlaubiuS  ©antiuncida  unb  lUrid)  3af'ug  ÜOn 
1521—1533.    Söien  1879. 

38.  (©.  15.)  Versiculi  Theodorici  Gresmundi  etc.  Bl.  3a. 

39.  (©.  16.)  %n  feiner  ©djrift:  honestorum  poeniatum  condigna 
laudatio. 

40.  (©.  16.)  Seiträge  gur  baterL  ©efct)ict)te,  X,  304. 

41.  (©.  17.)  Basileae  ex  officina  Adae  Petri,  anno  M.  D.  XVIII. 
©ine  groeite  2tu§gabe  erfdjien  im  Dftober  1520. 

42.  (©.  17.)  „©ebrudt  in  ber  Ioblid;en  ftatt  Bafel,  burd)  ben  fürfid;= 
tigen  Slbam  betri  bon  Sangenborff.  2tt$  man  jait  nacfy  ber  ©eburt  ©brifti 
M.  DXIX  in  bem  VIII  £ag  StyrittS." 

43. *)  (S.  17.)  ©tintjing  a.  a.  D.  ©.  475  fg. 

44.  (©.  18.)  Zasii  opera.  Francot'urti  1590.  Tom.  2,  p.  122.  Sgl. 
ferner  9i.  ©tintjing,  Ulrid)  $afiu§.  Safe!  1857.  ©.  155  unb  beffelben 
lobuläre  Sitteratur  ©.  467. 

45.  (©.  20.)  „grag  unb  2lnttoort  ©bmonte  £effi"  bei  Södtng  opp. 
Hutteni  IV,  609. 

46.  (©.  20.)  ©tinfcing,  3afiu§.  ©.  209. 

47.  (©.21.)  3B.  Sifd;er,  @efa)id;te  ber  Uniberfität  »Bafel.  Safe! 
1860.  ©.  235. 

48.  (©.  21.)  älbgebrudt  bei  b.  Äiebenau  a.  a.  D.  ©.  100. 

49.  (©.21.)  So  ding,  opp.  Hutteni  IV,  609. 

50.  (©.  21.)  £>ier  erfcf/ieu  am  9.  2Iuguft  1519  feine  Ueberfejumg  bon 
£>utten§   ©d)rift    über    ba§   ©uajafbolj,    abgebrudt    bei    So  ding,    opp 
Hutteni  V,  399—496. 

51.  (©.  23.)  Sgl.  Soreng  unb  ©euerer,  ®«fd)id)te  bei  ©IfaffeS. 
Serlin  1871,  I,  162. 

.">2.  (©.  23.)  Sgl.  Germania  bon  ^acob  SQiiinpfeling,  überfeid  unb  er= 
läutert  von  (Srnft  Martin.  Strasburg  1885   (tuo  ©.  100  fg.  bie  auf  bie 


*)  2)urd)  ein  Serfeb>n  ftefyt  im  XtvJ  jroeimal  bie  -$at)l  42. 


95 

Germania  bejügficfye  Sitteratur  bezeichnet  ift);  2.  ©etger  tut  21rdno  für 
2itteraturgefd)id)te,  VII,  164  fg.;  3.  9iatbgeber  in  ber  <öiftor.  3eitfü)rift, 
5tt.  fr  I  (1ST7),  ©.  451  fg.  nnb  S.  b.  2Bt3f  oioatof  f,  %acob  SEBimpfeting. 
Berlin  1S6T.  ©.  97—103. 

53.  (©.  23.)  Sutfd&Ianb  ^afob  äBtymbfflingerS  bon  ©lettftabt  31t  (5re 
ber  Statt  Strasburg  bnb  be§  SRinftromS.  3>e£°  nac&,  I47  Sagten  jitm  Zxud 
gegeben  burdr;  §.  2«.  2Jiofct)€rofcr>.  ©trafjburg  1648.  24  33i.  in  4. 

54.  (©.  25.)  ©.  bett  betr.  Srief  ©eiter§  bei  SWartin  a.  a.  D.  ©.  102  fg. 

55.  (©.  26.)  ©eitert  Guibfebluttgsbrief  ift  toieberabgebr.  bti  2.  2)ad)euj:, 
Sic  ältcften  Schriften  ©eilerg  bon  Äat/feräberg.  gretburg  1882,  ©.  109. 
Srant  fei  —  fdjreibt  er  —  „ein  Äinb  bon  ber  Statt  unb  faft  nu)t  berümt 
in  allen  i'anben  für  anbern.  Sott  ber  Äunft  jeugen  fine  ©efd)rifften,  tt>a§ 
er  fan  in  Sittfdj  unb  2atin." 

56.  (©.  26.)  2)a3  intereffante  ©dreiben  äBimbfeltngä  an  Srant  ift 
bon  ÜJfartin  a.  a.  D.  ©.  106  mitgeteilt. 

57.  (©.  26.)  Sgl.  6.  ©nget  0.  o.  D.  ©.  30. 

58.  (©.27.)  l.SUärj  1503,  bei9liegger,  Ainoenitates  Friburgenses, 
II,  224. 

50.  (©.27.)  (Sinen  ^eubrucf  beranftaltete  1874  Ä.  ©dmübt:  Thoinae 
Murner  Argentini  Ordinis  Minoruni  Sacre  Theologie  Baccalarii  Craeo- 
uiensis  ad  rempublicaui  Argentinam  Germania  noua.  Impressum  Ge- 
nevae per  Guill.  Fick  ls74.  —  Sott  bem  Original  finb  bi§b,er  nur  brei 
(Srembtare  nadjgetoiefeit.  ©ein  Jitelboljfdntitt  geigt  einen  getoabbneten 
bitter  3U  Sferbe,  baS  Sanner  ©trafiburgS  fcbnnugenb,  uttb  ba§  ©brudibanb: 
Recordare  virgo  mäter  ut  loquaris  pro  nobis  bona. 

60.  (©.  28.)  2)ie  hierüber  2luffddufj  gebenben  83riefe  finb  bei  SHartin 
a.  a.  D.  ©.  los— 113  tnieber  abgebrudt. 

61.  (©.  29.)  o»  ®eb.  SrantS  l;anbfd)rifttid)cn  atonalen  nnrb  berichtet: 
„1502.  3  vigil.  Bartholom.  Item.  Sruber  Montag  2Jhtmer  gebid;t  fo  er 
gemadjt  fyat  tiübcr  D.  ^ac.  äi'unpbelmg  ....  ©er  bruber  foll  fcfytnören  bie 
büdjel  nit  bon  banben  3U  laffen  unb  and)  alle  bücbel,  fo  er  getrudt  bat,  311 
oerbalten,  nit  3U  oerfaufen  unb  fin  leib  unb  gut  toeber  31t  berüffertt  nod) 
3U  berbunben  ofme  3JJeifter  unb  diati)  SBiffen  unb  ©efaüett.  —  §at  600 
getrudt  unb  ioob,!  6  betlauft."  Sei  3t  ö  1;  r  i  rfy»  a.  a.  C.  ©.  592.  Sgl. 
(5.  ©d;mibt,  3ur  ©efd)ia)te  ber  älteftcn  Sibltotbefen  unb  ber  erften  Sua> 
bruder  31t  ©traf?burg.     Strasburg  1882,  ©.  87. 

62.  (©.  29.)  Seutfd)  bei  3Rorttn  a.  a.  D.  ©.  87—93. 

63.  (©.  30.)  Thome  murner  Axgetini  diuinarü  littcrartT  baccalaurij 
Craconiesis  ordinis  minorf  honestorü  poematä  cödigna  laudatio.  Im- 
pudicorü  vero  miranda  Castigatio.    0.  D.  u.  3-  24  Sil.  4U. 

64.  (©.30.)    Nonne  satia  res  Gothorum  te  s&hcte  Uoeti 

Affecit  probris,  carcere  et  exiliol 
Heu  mutilat,  truncat,  laceral  tua  carmina  Murnar: 
Effoeto  media  tiam  legit  ips<-  brevi. 


96 

(i5.  (©.  30.)  SBgL  311m  golgenben:  ©.  »oud^,  im  Streit)  f.  Sitteratur« 
gefdndjte,  XII,  333  fg. 

66.  (©.  31.)  „Praeter  nie  nemo",  ein  2lu§brud,  ber  einem  23riefe 
9Jhtrner§  an  ©eiler  entnommen  mar. 

67.  (@.  31.)  ©eboren  in  ©trafjburg  1476.  ©r  l;atte  in  Italien  ftitbirt 
unb  ftarb  fdfion  1509. 

68.  (©.  31.)  Versiculi  Theodorici  Gresruundi  Leguin  Doctoris.  Epis- 
tole  Thome  Wolffij  iunioris.  Decretoruin  Doct.  Carmina  Esticainpiani 
Poete  laureati.  Tetrastichon  Jacobi  Wimphelingi.  Epistola  Thonie 
Murner.  |  Lector  eine  et  gaudebis.  |  Joannes  Strosack  feliciter  impressit. 
(o.  D.  u.  3-)  —  ©refemunbä  Sßibmung  an  SBimfcfefing  ift  batiert:  Ex  Spira, 
9.  November  1502. 

69.  (©.  31.)  ©r  nennt  SJturner  balb  einen  bleiernen  ©fei  (asinus  ille 
plumbeus),  balb  einen  Teufel  in  ber  Äa^uje  (cucullatum  diabolum),  balb 
mieber  einen  9Jfenfd)en,  ber  nid)t  nad)  Seben  unb  ©fyarafter,  fonbern  nur 
nacfy  ber  fd)Ied)ten  unb  fdnnierigen  $utte  religiös  fei  (non  vita  aut  moribus, 
sed  vili  et  sordido  pallio  religiosus),  unb  fein  burd)  bie  gröbfteu  ©cl;ni^er 
toerunftalteteS  Satein  finbet  er  ftinfenber  als  ©djtffSjaudje  (sermo  omni 
sentina  foetidior). 

70.  (©.31.)  Sgl.  baju  21.  <jboramik  in  ber  £>iftorifd)en  3ettfdjrrft, 
Söb.  25  (1871),  ©.  72  fg. 

71.  (©.  33.)  SSgl.  $p.  t>.  SDBiSf oh>otoff  a.  a.  D.  8.  121  fg.  u.  9föb> 
rid)  a.  a.  D.  ©.  593. 

72.  (©.  34.)  „Tbom.  Murner,  Doctor  admodum  subtilis  solenniter 
praedicavit  in  ambone,  quod  Christus  fuerit  monachus,  et  scivit  etiam 
realiter  defendere.  Sed  unus  discipulus  Wiuaphelingii  noluit  credere 
in  Christum,  si  esset  mouachus,  et  fecit  illos  versus: 

Non  ego  fallaci  tecto  tibi,  Christe,  cucullo 
Crediderim ;  veste  hac  frans  tegiturque  dolus." 

73.  (8.  34.)  2lrdno  für  &itteraturgefdnd)te,  XII,  369. 

74.  (©.  34.)  Sine  intereffautc  ©pifobe  biefe§  ©treitg,  bie  aud)  ©eiler 
3um  (Singreifen  ttcranlafjte  (Epistola  elegantissima  Joannis  Keisersbergii 
de  modo   predicandi    dominicain   passionem   et   de   nuditate   crucifixi, 

burd)  üßtmpfeling  beröffentltdjt  in  feiner  Apologetica  declaratio in 

libellum  suum  de  integritate.  s.  1.  e.  a.),  breite  fid)  einmal  um  bie  5'ra9er 
ob  (Sfyriftu*  nacft  am  Äreuje  gegangen,  unb  311111  anberu,  ob  e8  paffenb  fei, 
biefe  9iarftb,eit  be§  ©efreujigten  oor  grauen  unb  Sungfrauen  üon  ber  Äan^el 
fyerab  311  befpredieu.  Sie  Sohimente  über  biefe  für  ba£  bamalige  ^rebigt= 
mefen  d)arafteriftifd)e  Streitfrage  b,at  £.  Änob  im  2lrdür>  für  Sittevatur« 
gefcbtdjtc,  XIV,  1  fg.  mitgeteilt. 

75.  (©.34.)  lieber  ig.  £o<$er  »gl.  •peljle,  £er  fcb>äbifd)e  £mmanift 
Safob  Soö)er  Philomnsns  (Programm  be§  fönigl.  ©mitnaftumS  in  ©fingen) 
1873  unb  1874,  unb  ©.  Stieg  Ter,  ©cfrfmbte  Saiern«,  III,  931  fg. 


97 

tu.  (2.  35.)  fr  3arntfe,  SrantS  9torrenfd&iff.   ©.  lls  fg.  u.  210  fg. 

77.  (©.35.)  <  »ratio  de  studio  humanarum  disciplinarum  et  laude 
poetarum  extemporalis  habita  in  publico  auditorio  studii  Friburgensis. 
Sgl.  öetylc  a.  a.  D.,  I,  22  fg. 

78.  (©.36.)  5,81  fg.:  „3JKn  frituit  fag  icf>  in  woran,  |  Sic  ieb  »Ott 
unferm  feifer  fmn  |  ©r^olet,  liJanmilian,  |  £er  mir§  ju  2Burm8  uf  einem 
tag  |  Crrloubt,  ba§  ieb  üeb  (bie  Starren)  fefyinbcn  mag." 

7(.».  (2.  36.)  ,,6'r  ift  ein  poet,  ber  mit  einem  lorbonen  fraid;  gefrönt 
i[t."  23  ö  ding,  opp.  Hutteni  l\r,  624. 

80.  (2.  36.)  23on  Säfturnet  mitgeteilt  in  fetner  ©djrift  de  augustiniana 
hieronymianaqne  reformatione  poetarum;  mieber  abgebruett  Bei  SBalbau 
a.a.O.  ©.44 fg.  2)a3  2cbreiben  ift  liier  irrtümlich  öon  1506  ftatt  1505 
batiert. 

81.  (2.37.)  Ser  23riefroecbfeI  mit  3aftu§  ift  abgebruett  in  3Jhtmet§ 
ßd)rift  de  augustiniana  hieronymianaque  reformatione  poetarum  Bl.iiifg. 

82.  (2.  38.)  2obttifeb  ioirb  hierauf  in  einer  au§  beut  2(nfange  ber 
Deformation  ftammenbcu  Satire  „Gin  f ebbner  2)ia(ogu§  ober  ©etyradi,  fo 
ein  Sßrebigermtind),  23cmbu§  genannt,  tmb  ein  SBurger  ©deine?  unb  fein 
SRarr  mit  einanber  babeu",  angezielt.  .v>icr  fpriebt  S3embu§  bon  bem 
„JDhtrnat  mit  feim  ©djadjgabel."    il>gt .  Schabe,  Satiren  III,  215. 

83.  (2.  38.)  ß.  2JorinSft,  Sie  Sßoetif  ber  Denaiffancc,  Berlin  1886. 
©.  17  fg. 

84.  (©.39.)  Cap.  4.  Bl.  VII:  „Nemo  est...  sine  eloquentia  poeta; 
propbani  autem  et  theatrales  non  sunt  eloquentes.  Ergo  non  sunt 
poetae.    Major  est  evidens;   minor  est   divi  Augustini  1. IV  de  doctr. 

Christ.  (|ni  eorum  eloquentiam   iuvenilem  appellat Haec  veritas 

est,  Vergilium  non  esse  poetam.  Quis  dixit?  Augustinus.1' 

85.  (S.  39.)  Thomas  Mur- 1|  ner  de  augusti- 1|  niana  hierony- 1|  mia- 
aaque  reformatione  ||  poetarum.  —  21  m  2d)luf; :  ^J  Impressum  Argentine 
anno  salutis  M  D.  IX.  104  6.  in   l".  (2Rim$en  L.  eleg.  g.  I:;»1.) 

86.  (2.  in.)  Bgl.  barüber  bie  feinen  SBemerlungen  a.  ö.  SBegotbS  in 
ber  fciftor.  „-'.eitfebrift,  öanb    19  (1883)  2.  L3. 

87.  (S.  l<>.)  Contra  turpem  libellum  Philomusi  Defensio  theolo- 
logiae  scholasticae  et  Deotericorum.  SBgl.  2(vebio  für  8itterarurgefd)id)te, 
XIII,  27  fg. 

ss.  (2.  Ki.)  lieber  biefed  f^ebtdd  bgl.  ®.Sauc$,  im  2ira)ro  f.  ßitt.* 
^Jefebtcbte,  XII.  857  fg.  unb  CS.  (5itgct  a.  a.  D.  ©.  31. 

89.  (©.44.)  „De  quatuor  haeresiarchis  ordinis  Praedicatorum  de 
Observautia  Duncupatorum,  apud  Suitenses  in  civitate  Bernensi  com- 
imstis  anno  Christi  MDIX."  Die  2cbrift  ift  triebet  a&gebrudi  in  $oitinger8 
Historie  ecclesiastica  Novi  Testament!  Pars  V.  :'.■'■  i  H3,  ber  2lbfd)nitt 
über  bie  Aianlinrter  Vorgänge  and;  bei  ©ödHng  in  ben  Supplementen  ju 
§utten8  SBerfen  II,  i,  309  fg.  Weitere  aftenmäfjige  SKitt^eilungen  über  ben 
Jpanbel  giebt  3  teil;  in  feinen  „2(bbanblungeu  ju  granffurtä  ftird)en«  unb 
Rorcerou,  Eljomafl  Kurner.  7 


08 

9ieformation§gefd;.  5tt.  $.  granffurt  a.Wi.  1877,  ©.  1  fg.,  h>o  audj  (©.6—9) 
9)iurncr3  23evid;t  über  ben  gftanffuttet  ©treit  in  beutfd;er  Uebcrfeluing  mit? 
geteilt  ift.  Sie  Sitteratur  über  ben3c£crf;anbc(toer;eidmet  58äd;to(b,3{ifIau$ 
äRanuel,  8-rauenf.  1878,  ©.  CCVIIfg.  —  fHapf).  äßufäuS  läfjt  Turner  im  Mur- 
narus  Leviathan  231.  2tüij  erjagen :  „Frimum  a  Francofordia  pulsus  sum 
magno  ciim  dedecore,  cum  Wigando  Ilessio  praedicatorij  ordinis,  divac 
virginis  tenieratori,  cuius  exilii  causam  ideirco  non  refero.  quod  hanc 
iam  multis  annis  tenes".  —  SBegen  beä  inneren  3ufammenf;ang§  beiber 
gätte  refabittdiert  äRutnet  aud)  in  feinem  beutfd)en  Söcridit  über  beu  ^etjer- 
fyanbel  bie  Vorgänge  in  granffurt,  um  §«  jeigen :  „2jßo  I;är  bie  fad)  btfjJtiingfc 
lid;  tarn  |  23nb  mo  ft;e  iren  anfang  nam". 

90.  (©.44.)  @r  b>tte  in  Erfurt  ftubiert  unb  mar  1471  Sianonifu§  unb 
©tabtbfarrer  am  23artf;oIomäuSfttftc  31t  gratdfurt  geworben,  ©r  ftarb  am 
12.  9Mr3  1505. 

91.  (©.  44.)  Sgl.  33 ö ding,  opp.  Hutteni,  Suppl.  IT,  508. 

92.  (©.  44.)  gn  feinem  ©ebid;t  „SSon  ben  fier  teueren"  fd)dbert  i$n 
•äRutnet:  „©in  boctor  Jr>3  aud)  ^rebger  orben  |  23nb  torebicant  ju  grandfurt 
morben  |  9JHt  namm  bjefj  er  Soctor  2£i;gant  |  S«  freue!  wct;t  bnb  brebt 
betaut." 

93.  (©.  45.)  ©emeint  ift  $aifer  §einrid;  VII.,  Felder  am  24.  2(uguft 
1313  ftarb,  bgl.  Rolewinkü  Fasciculus  temporum  ad.  a.  1313.  äRutnet 
freilief;  nennt  in  feinem  gereimten  33erid;t  über  ben  Sefcer^anbel  Maifer 
$riebrid;:  „2Bie  b$  ft;e  teifer  ^yrtberid;  |  9Ht  f;abeu  a(fo  läfterttd;  |  Sn  beut 
facrament  Hergeben  |  SSnb  abbrod;cn  f;anb  fein  leben",  ©t  fügt  bin^u: 
,M">d;  glaub  e§  felber  nit  bo  bei;  |  Sod;  ift  atgtoon  bei  göltet  frei;." 

94.  (©.  45.)  Sie  SSerbrcitung  be§  9?ofcnf'ran3gcbete§  mar  bciZ  Skrbicnft 
ber  Sominifaner. 

95.  (©.45.)  Sic  begannen  am  24.  September  1501;  bie  2lftcn,  in 
benen  ba§  Urteil  fcf;lt,  reichen  bis  jum  4.  Februar  1503. 

96.  (©.  46.)  $n  bem  «ebid;t  „SSon  ben  fier  feieren"  I;eifd  eS:  ri8ff.b| 
bu  [oId)8  toerftanbeft  ba§  |  2f(§  boctor  23rant  31t  Söafel  h>a§  |  So  fd;vicb  et 
Serfj  mit  innigfeit  |  23nb  oIS  ein  frumer  d;riften  feit  |  SBie  b3  bie  muter 
gotteS  toer  |  Dn  erbfünben  enttofaugen  ftär  |  4>nb  ftrafft  mit  ernft  bie  miber- 
toart  |  Sic  fidj  barmiber  feilet  I;art ....  Sarumb  SBbganb  in  feim  libelt  | 
Soctot  brauten  tod  manche  fd;eU  |  9Jiit  büfen  morten  ancfddug  |  6r  faub 
fein  aber  feinen  fug." 

'.17.  (©.  48.)  23on  ben  fier  fcl;.eren  Sßtebiget  ||  orbcS  ber  obfcruanfc  3Ü 
23ern  ||  im  ©d)toct;tjcr  laub  toerbrant,  in  bc  jar  uod;  ||  Gf;rifti  geButt. 
SR.  (SGGGGii;  toff  be  ned;ftc  ||  bonberftag  uod;  toftugften.  ||  mit  od  fdönc 
figürlin  ton  lieblichen  ||  ret;mftorüd;cn  neütoücfi,  geteüfrid.  ||  fjb©I}fdjmtt.]  SBet 
fidi  be§  nimtot  in  übelö  an  ||  2)^  ict;  bie  fad)  befdriben  I;an  ||  Scr  fdmff  bj 
foliduo  utom  gefd)ec  ||  ©0  fdiocig  id  baS  an  anbreö  me."  ||  —  2(m  Scbluf;: 
^|  3er  bifeä  büridin  I;at  tntde  Ion  ||  2)et  I;ato  SDZarie  311  cren  gt[;on,  ||  ®t 
l;offt  oon  ir  ben  einigen  ton.  ||  —  Sitcl  unb  166  Seiten  in  l",  (etde  ©citc 


99 

(cor.  $m  STcrt  20  öolsfcbnitte,  Don  benen  6  je  jtoeimal  luicbcrfcf;vcn. 
|:>Jüiucben.  P.  0.  gerni.  145  a-  °-] 

98.  (©.51.)  2(leranber  Don  ftafeS,  mit  bem  Seinamen  ber  Unmiber= 
fegbare  (irreftagabilis). 

99.(6.51.)  Saä  ©ebiefit  jä^tt  cttoa  4600  SBerfe.  @letä}too&l  Der» 
filtert  Turner  fid>  Iura  gefafjt  ju  f;abcn:  „San  folt  idgiS  atteS  f;ie  be= 
febriben  |  3d)  imtrb  ein  fievteil  iarc-  bertriben."  231.  Niij. 

luo.  (@.  52.)  Kitas  et  celebratio  phase  judeorum  etc.  16  2311. 
in  1".  o.  D.  n.  3.  (granffurt  1512.) 

101.  (<3.  52.)  Set  üibcn  SBenebicite  tote  fl;  gott  ben  Ferren  loben,  bnb 
im  Dntb  bie  fper/J5  banfen  :c.  2lm  ©djfojj:  „©ebrurft  ju  granlfurt  burd) 
23eat'  mnrner  Don  Strasburg",  o.  3- 

102.  (©.  52.)  2.  Geiger  in  ben  3a$rbüdjern  für  Seutfcfjc  Geologie, 
33b.  21  (1876),  ©.  221. 

103.  (@.  53.)  Lib.  II,  epp.  3,  9,  59.  3n  bem  testen  Briefe  beif;t  e§ 
ait^brüctltcf; :  „composuit  unum  librum  in  defensionem  Reuchlini",  toomit 
nur  eine  jener  beiben  Scbriften  gemeint  fein  fanu. 

104.  (<3.  53.)  Murnarus  Leviathan  Bl.  Aiiijb:  „Deiectus  itaque  per- 
\  tili  Friburgum,  illic  conlnmeliose  quaedam  protuli  in  Christum  et 
sanetam  dei  parenteni  Mariam.  De  Christo  aiebam  in  haec  verba.  ^j  So 
man  in  nun  bet  Dom  erüfc  getfyon,  bo  fuubten  fie  ben  Schelmen  nit  bc= 
graben,  bau  bie  nacf;t  fiel  3uf;er,  bnb  toart  bie  jeit  gufurij.  Sind)  mafj  e§, 
ba§  ber  Sabatli  anfieuge,  bnb  fie  be3  gefeij  I;alber  in  nit  begraben  borfften, 
toaä  folten  fie  ba  tbun.  So  giengen  fie  bar,  Dnb  toarffen  ben  cebetmen 
über  ben  saun,  Dnb  (ieffen  in  ligen,  in  bem  bo  tarn  er  binioeg,  toifi  niemant 
nit  too  bin.  et  caetera  liis  similia.  Virginem  autem  voeavi  ein  SDtefcen 
ober  ein  äRabunnen,  vocabulo  quodam  inusitato  et  non  minus  etiam 
turpi." 

105.  (©.  53.)  öierauf  bejie^t  fiel;  eine  23emcrfung  931.  Sttyfelä  „toiber 
Socior  äRurnarä  falfd)  evbt;d;t  2i;eb"  331.  Gi:  „Sic  grofj  anbaebt  beS  Wluv> 
narö  )U  ber  mutter  gotteS  bat  jm  gemacht  ber  neib  ju  beut  2utf;er.  Sann 
toaS  fein  anbaut  ju  ir  feb  getoefen  Dorfnm,  bo8  bat  man  tool  gemereft  an 
feineu  prebtgten,  mit  feinen  oembtlid)en  anammen,  bie  er  ir  ettoon  gegeben 
(;at  fo  er  Don  ir  rebet.     Sann  nennet  fbe   ein  mabunuen   Dnb   ein   iucr.cn." 

106.  ic.  53.)  „9118  (Sfyriftu*  in  beut  garten  mar  |  l;inbrcut  31111  bicltc 
bie  2tbloaebi)"cl;  febar  Dnb  b/ttinb  b  v\uben  libriftuin  glon  |  fo  l;ettinb  jnn 
bie  Sd&toaben  gnon."  SBgl.  3«^bud5  für  S«$toeijerif$e  Wefcbicbte,  VII,  131 
unb  Sd&ei&leS  RIofter  VIII,  tu:,  fg. 

luT.  (@.  .",:',.)  SBödfing,  opp.  Butteni  l\',  628.  Ser  Spott  übet  ben 
„©änfeprebiger"  feb^t  in  ben  •nambbletcn  toiber  SDturnet  febr  biiufig  toieber. 
Rodj  1526  bcif;t  eS  in  ®<fftein3  2ieb  „93on  ber  Sioputation  ju  ©oben": 
„Ter  Diurnar  taut  oud)  jue  beut  jpil  |  SBo  man  Don  ®ott8  toorbt  refeu 
toil  |  2jon  genffen  fann  er  jagen". 


100 

ins.  (©.53.)  „(Sin  toorlrnfftigg  ixrantmorten  etc.  St.  rjj:  „2lber  btt 
luolteft  2)oc.  ©den  ben  cibtgnoffen  ba  mit  gern  gebeffig  mad;en,  iuie  bn  mir 
mit  ben  fdjftja&en  I;aft  getbon,  all  bu  in  beinern  fd;elmen  lutcf;  ju  .^ürict) 
gebrudt  fd;ribeft,  tote  id;  31t  grefyburg  k»ff  ben  bei;tigen  farfreitag  fot  ge= 
Vrebigct  baben  in  bem  paffion,  ba§  bie  fd;ioaben  über  (£l;riftuu  l;inber  einem 
berg  geftanben,  bie  hinter  pt  gehalten  I;ant,  wo  ©fyriftuä  bnfer  tyerre  ben 
Snben  entronnen  toere  Wottent  in  bie  fd;Waben  gefangen  tonb  erl;endt  f;au. 
2)a3  feinbt,  bn  t-erlogner  bnbe,  beine  [djelmenftücf,  bie  bu  mit  mir  onb 
©den,  gabern,  Semtoen  unb  anbren  frummen  leiden  brndt)eft,  »nb  gegen  er= 
barne  lenbren  rmb  Icutten  gern  üerunglimbfcft.  S)u  maineft  ftelteid;t,  id; 
[et;  bein§  ledtrifebeu  glaubend,  ba§  id;  »ff  ben  I;cl;(igt  farfret;tag  fold;e 
vnd)ri[tlicr)e  fablen  treiben  . .  ." 

109.  (©.  54.)   Arma  patientie  cötra  omes  |]  seculi  aduersitates.  | 
fräckfordie  pre  ||  dicata   [£ol3fd;nitt.]    Sßtbmung:  „Thomas  Murner  diui- 
narum  humanarumque  litterarmn   doctor  Erudito   viro  Philippo   Keyl- 
bach  franefordeü.  Felicitateni.    2lm  ©djlufj :  Vale.  1511.    6  Seiten  £ej;t 
in  4°  [SDUincfycn,  Polein.  2148.] 

110.  (©.  54.)  ©inen  3Jeubrud  nad;  bem  ©öttinger  ©i-emklar  beranfials 
tete  ©rnft  Martin  af§  siüciteS  &eft  ber  „Seiträge  jur  Sanbe§=  n.  Solf§= 
Innbe  toon  ©IfafcSotfyringen",  Strasburg  1887.  Sgl.  ba^u  5ßb.  Strand) 
in  ber  2)eutfd;en  Sitteraturseitung  1SS7,  ©.  1476  f.  unb  G.  2Ratt§ia§  in 
ber  Seitfdjrift  für  beutfd;e  ^ilotogie  XXI,  ©.  498  fg. 

111.  (©.  55.)  „SDarum,  mein  iunger,  feft  bid;  fyar  |  SSnb  ni;m  at  meiner 
reben  mar.  |  6d;reib  mine  Wörter  alle  an,  |  Sie  id;  im  fin  beruaffet  I;an"  — 
fo  betfit  e§  I,  16  ff.  (Erläutert  Wirb  bie  Situation  burd;  ben  beigefügten 
lpoIsfd;nitt:  biefer  jcigt  ben  35id;ter  in  ber  Sßanne  fiijcnb,  baüor  einen- 
jüngeren  üöiönd;  mit  $eber  unb  Sintenfafi.  Sßic  2Balbau  a.  a.  D.  6.  71, 
in  bem  Silbe  eine  „SBeiBSperfon  in  einer  SBabtoanne  unb  einen  SKöndj  mit 
ber  Sibel  unb  bem  Ärucifire  üor  il;r  fitjenb"  I;at  ernennen  fönucn,  ift  uns 
Derftanblid;. 

112.  (6.  55.)  „Ser  bilger  mit  feinen  cl;genfcbaften  aud;  figurcu".  1 194. 
2lbgebrudt  bei  2.  Sadjeui;,  Sie  ätteften  <3d;riften  öeilerS  Don  5ta\>fcr3berg. 
Aieiburg  i.  S.  1S82,  ©.  229—316. 

113.  (©.  56.)  @.  Martini  (Einleitung  junt  -Hcubrucf  ber  Sabcnfal;rt 
enthält  I;ie3u  fdjä|en§toert§e  (Erläuterungen. 

114.  (©.  57.)  „©eligtid;  getrudt  burd;  ^obanueS  örüninger  ,;}uo  ©trajjs 
bürg  im  £ar.  9JL  2).  rjiij  uff  fant  DfjtoaßS  tag." 

115.  (S.  60.)  Sgt\  31.  Scffon,  3Kcifter  (Etfl;art  ber  2Jtyfti!er,  Scrlin 
1868.  ©.  12  fg. 

116.  (©.  63.)  3n  feinem  Äommentar  311m  feierten  Sude  bc<3  Sombarbcn, 
dist.  44,  art.  3:  „Natura  humana  perfectissimum  statum  habet  in  aetate 
juvenili.  Ergo  in  illa  aetate  resurgent  omnes." 

117.  (©.63.)  Supplementuin  in  quartmu  Sententiaruiu  dist,  44,  qu. 
2,  dub.  4.  Edit.  Brixiae  157  1,  p.  467. 


101 

118.  (3.  «4.)  „3u  gfranffuri  bab  icb  an  beut  2Rein  |  3)i3  bud;  Be= 
fdirtben  ju  latin  |  Sßnb  31t  tütfdj  barju  geferebtgt."  SftarrenBefd&toörung, 
97,   143. 

119.  (©.  04.)  33gi.  SB.© clever,  Vorträge  unb  Stuffäfce.  Berlin  1874. 

3.    IsT. 

120.  (3.  64.)  Scrgr.  @.  Äatoerau  in  ber  3eitfd>rift  für  fireblicbe 
2Biffenfa>ft,  1882.  3.  150. 

121.  (3.  65.)  „Bonuiu  universale  de  apibus".  SSgf.  9t  (iruet,  ©e= 
[djidjte  bei-  beutfd;en  gfrebtgt  im  3KitteIaIter.  Setmolb  18T9.  6.  457. 

122.  (3.  65.)  »gl.  Ä.  Pöbele,  ©runbrijj  II2,  3.  316. 

123.  (©.65.)  geitfd&rift  für  bie  Ijtftorifdie  Geologie,  1847,  ©.575. 
Sgl.  aud)  ßruel  a.  a.  D.  3.  53s  fg. 

124.  (3.  66.)  „EKurnerS  Sßerfe  —  fo  bemerkt  g.  £arnde  (SrantS 
3torrvnfdüff  3.  CXVI)  -  -  öor  allem  feine  „9iarrcnBefd>ioönmg",  müßten 
fo  herausgegeben  werben,  bafj  bie  au§  33rant3  Sl'erfe  ebtbent  entlehnten 
ganjen  SBerfe  Eurftö  gebrud't  toürben;  e-3  toürbe  baS  me[;r  a(§  ein  drittel 
beö  Öai^cn  auftragen." 

125.  (©.66.)  Sgl.  &  33  e  1 1  f; ,  lieber  ben  »arfüfjer  So^anneä  Sauli. 
SBien  1839,  3.  7  unb  9  f.  unb  ©ertnnuä  II5,  3.  534. 

Tili.  (3.  67.)  gn  ber  0efd;id;te  beS  ©IfaffeS,  I,  »erlin  1871,  3.  138. 
Sgl.  ba3u  feine  ©efcfüct)te  ber  beutfdjen  Sidjtung  im  11.  u.  12.  ^abrbunbert. 
Strasburg  1875,  ©.  2. 

127.  (©.  68.)  Seutfdje  ©rüde  alter  geir,  auSgetoäljlt  0.  SB.  3 du- r er. 
Berlin  1881.  fteubruäe  toon  ®.  23alfe  (Seuiftf/e  "Ji'ationallittcratur,  33b.  140) 
unb  e.  AKattbias  ($offe  1890). 

128.  (©.  69.)  Sgl.  21.  fcauf  fen  in  ber  Siertelja$r3fd&rifi  f.  Sitteraturs 
gefebiobte,  11,   188  unb  beffelben  Caspar  3cbeibt.    ©trafjBurg  1889.  3.  22  fg. 

129.  (3.  To.)  ^d;  citiere  nacb  8.  ©oebeleS  3lu3gaBe,  Setyjtg  1879. 

130.  (3.70.)  ScffingS  SBerfe  (wnipel)  XU,  Tis. 

131.  (3.  71.)  Sgl.  3f.  ö.  Sejolb  in  feinem  2luffa£  über  St.  ©eliiS  in 
ber  §ifior.  ;;eitfd;r.  Sanb  49  (1883),  3.  in  fg. 

132.  (3.  T2.)   Epp.  obscur.  viror.  im  33.  JBriefe  beä  erften  SBuctyeS. 
£crt  unb  SKelobie  in  grana  3R.  Stfbme*  ©efdj.  beS  ^onjeä  in  Teutfcb 
laiib,  II,  Seidig  1886,  3lx.  12. 

133.  (@.  74.)  ,\n  einer  StrafjBurger  .uirobe  Befanb  fieb  1490  ein  Silb, 
auf  liu'lcbem  bas  ©leic&,nt8  00m  breiten  unb  jrtmmlen  SBege  bargefteHt  unb 
auf  beut  erfteren  eine  9tetB,e  geiftlidjer  SBanberer  mit  foIä)er  Rennilidjfeii 
aBgeBilbei  toar,  bau  bie  Sarfüjjer  barüber  8ärm  fdjlugen.  Sgl.  ©.  ©rün« 
eifen,  SRiclaug  .Uianuei.  Stuttgart  1887,  3.  to. 

i:u.  (©.  74.)  Sgl.  ben  »Bftfmitt  „2Me Stlbung  be8 ßleruS"  bei  gfrieb* 
ri*,  Johann  SEBeffel.  SRegenSBurg  1862,  S.  48  fg. 

L35.  (©.  75.)  Sgl.  Ai-iebricb  a.  a.  D.  3.  9. 

186.  (3.  75.)  ©anj  äbnliib  (Tagt  ©Berlin  oon  ©ünjBurg  im  fiebeiiteu 
SunbSgenoffen   (JDaS  CoB  ber  Pfarrer,    1521):   S)ie  l'ionde  tacken  unb 


102 

fd;ioat5cn  im  Gf>or,  treiben  einanber  jur  Gile,  f^vccf;cn  iljre  „ftiegenben" 
©ebctc  o$ne  2(0e  oorljcr  imb  narfifjer  unb  führen  babei  leidjtfmnige  Bpott» 
toben  über  bie  SBeiber.  Üsgl.  23. 3t ig  gen  b  ad),  %ot).  ©Berlin  Don  ©ünjburg. 
Tübingen  1S74,  3.  41. 

137.  (S.  75.)  SSgl.  Darrenbefdjtoörung  22,  13  fg.  Tiefe  Stelle  citiert 
S.  Sanffen,  0efd}tyte  be§  beutfrf;en  »oße§  VI,  152  mitten  unter  3eug» 
niffen  au§  ber  gtoeiten  Jpälfte  be§  1 6.  3a$r§unbertg  at§  23eleg  für  ben  burd) 
ik  Deformation  I;crborgcrufenen  „Verfall  beä  liturgifcfyen  @efangc3".  G§ 
I;ätte  fid)  toold  empfohlen,  toenn  er  auef)  bei  biefem  Gitat,  ioie  bei  ben 
übrigen,  bic  !yaf;re§3a&J  (1512)  §injugefügt  I; a 1 1 c. 

13S.  (S.  76.)  Sgl.  2Ä>imtofe(ing  an  2Jcurner,  25.  Suli  1502.  (Dcfcnsio 
Germ.  331.  83iij)  Heber  ba§  „©efdjtoäfc  in  ber  $ird;e"  »gl.  and)  ben  14. 
Don  ©eilerS  21  2lrtifeln  bei  Tadjeur.  a.  a.  D.  S.  31. 

139.  (S.  77.)  2luf  biefe  Stelle  hnrb  in  einer  Oermutlicb  au$  bem 
Satire  1525  ftammenben  gtugfdirift  „Gin  SDrud)  Don  bem  böfen  3Äifj6raue6, 
ber  Ijeiligen  Gl;riftcnr/cit  entftanben"  I;ingcnuefen:  „Saufcnt  all  laut  unb 
ioinfcl  aufj  |  SBauent  all  tag  ein  neu  got§t)au§,  |  Sajjent  bie  alten  fallen 
barniber  |  . . . .  Ter  äftuntet  f;at  folid)  Darren  erjelt,  |  %n  feiner  narren* 
bcfdnocruug  gemelt."  D.  Scbabc,  Satiren  unb  5ßa§quiHe  I,  30. 

140.  (3.  77.)  Sgl.  <s>.  Haioerau,  GaSpar  ©üttet,  §alte  1882,  3.  10  fg. 

141.  (©.  78.)  «gl.  21.  Ditfd;!,  Trei  afabemiföe  Heben,  33onn  1887, 
S.  34  fg. 

142.  (S.  78.)  Ten  gleichen  2(u*brud  gebraudjt  SRurner  fd)on  in  feinem 
©ebid)t  „3>ou  ben  ficr  teueren":  „Dit  ad)t  euer)  beffer  bann  ir  finbt  |  SBir 
feiub  alfampt  ein§  oatterg  finbt  |  öeut  fton  toir  Off,  mom  fallen  niber". 

143.  (S.  81.)  9Ha<§  für  üble  ©cfd)id;ten  über  il;n  in  Umlauf  loareu, 
beioeift  eine  Stelle  in  ber  3immcrifcf>cn  Gf;ronif  ed.  SBaracf  III,  70,  boren 
äBiebergaBe  unmöglidj  ift.  Sind;  in  Uli  GdftciuS  „33ff  Toctor  Stomas  äRurs 
ner8  Galenber,  Gin  £übfef)  Sieb"  (Sa^rb.  für  ©d&toeij.  @ef<$.  VII,  212  fg.) 
fel;ren  äf;nliebe  2(nflagen  ioieber. 

144.  (S.  81.)  -Dtan  bgt.  baju  bie  SBcmcrfung  in  ber  3immerifc§en 
Gbronif  III,  OS:  „5>n  foma,  h)er  ioeiSlid)  unb  lool  fjanblen  mcll,  ber  laf, 
bie  bfaffen  unb  mund),  fooil  fein  lau,  ufjerat  bau§,  toermeg  bcS  alten  fOrud;= 
toortö:  2öeld)er  fein  fyaus  iocll  fauber  unb  rain  behalten,  |  Ter  meibt  Pfaffen, 
mündfj  unb  tauben,  |  Unb  laf;  ben  lieben  ©ort  loalten."  |  Dber:  „2(lt  äffen, 
jung  pfaffen  unb  ioilbe  bem  |  Soll  ntentanbS  in  fein  §au§  begem." 

145.  (S.  82.)  Sie  2lften  bei  Dbfyrid;,  tfcitfdjrift  für  bie  t;iftorifd;e 
Geologie,  1848,  S.  591  unb  Bender,  Collect,  p.  144  (aud;  abgebrudt  bei 
2Batb  au,  S.  16  fg.). 

110.  (©.83.)  Tic  ERütte  bon  ||  Sdni'imbelfjfycim  Onb  ||  ©rebt  Müllerin 
Sarjeit.  ||  2lm  3d;luf;:  ©ebrurft  juo  Strasburg  burd;  2Kat$i8  fcüpfuff.  ^n 
beut  iar  ||  al*  man  jalt  M Du  onb  XV.  —  Gin  unbou'ftänbtgeS  Gvemoiar 
be8  i3ud;e§  in  ber  .Ugl.  iüibliotljef  311  »erlin;  einzelne  Släiter  bei  ©ebid^tö 
in  einem  Sammelbaube  ber  il'olfeub.  23ibliotl;et.    l'ia*   Beiben   oeranflaltetc 


103 

2([brccbt  ben  cvftcn  2(bbrucf  bc§  ganzen  ©ebtä)tä  in  ben  ©trafjburger 
©tubien,  berau3g.  Don  &  SKartin  unb  SB.  SBieganb.  II,  Strasburg  1884, 
©.  1 — 52. 

147.  (©.  83.)  Säjeit  im  „fcobtentanj" :  „SJann  in  beut  äBeingfofj  bin 
mebr  fterben,  £ann  bic  burrf>  feberff  be§  fcbioertg  Derberben."  Sajn  ©ro= 
bianuS,  3.  S2:  „G§  erfanffen  mefyr  im  mein  bann  im  SBaffer". 

148.  (2.  84.)  2(u3füf>r[icbe  ©d)übcnmgcn  ber  berjeitigen  l'iobctfyor-- 
fyeitcn  finben  fieb  febon  in  bc§  STuguftinerS  SoI;.  5ßatf$  Coelifodina 
(I  190),  bic  noeb  1503  in  Strasburg  neu  gebvueft  lintrbe  unb  Diurncr  jcben= 
faffä  befannt  toar.  2(üe  ©täube,  fo  ruft  Sßalfc  au§,  ber  33aucr  iiuc  ber 
öanbioerfer,  bie  SBürgetfrau  lote  bic  (Sbelbame,  alte  [eben  fie  über  if;rc  SBer* 
tnättuiffe;  überall  ein  Sluftoanb,  ber  mit  ben  Gtnfünften  cbrliober  2(rbcit  niebt 
beftritten  »Derben  lann.  Cbetidjc  Untreue  fyängt  in  bieten  gaffen  mit  biefen 
Ucobefünbcn  jufammen;  man  frage  nur  fo  manche  ©^efrau,  Don  toem  fte 
bic  aKittel  511  ibrem  JWeiberauftoanbe  erhält,  ob  Don  intern  äßanne  ober  Don 
ifyrcm  Sieb^abet ?  2(ucb  2d\  33ranbt  bemerft  gelegentlich,  manche  grau  eine§ 
$janbteerfer3  trage  an  ÜHöcfen,  fingen,  SRänteln  unb  Sorten  mefyr  am  Scibe, 
al§  if;r  ganzer  übriger  öau^rat  mertb,  fei.  Sgl.  aueb  %.  D.  33ejoIb  in  ber 
Öiftor.  Seitfrttr.   li,  10  fg. 

14!».  (©.  S5.)  Sie  gau  ||  cbmatt  )U  ftraff  allen  roijbtfdjen  manen  bureb 
ben  bocbgclertcn  fyerren  ||  Jfyoman  3Kumer  ber  bcDligcn  ||  gefebrifft  boctor, 
beDber  redeten  ||  Sicentiaten,  Dnb  ber  b>I;eu  fefnil  ||  SBafet  be3  .üeoferliebcn 
reebtens  ||  orbenlicber  lerer  erbietet,  bnnb  ||  cDncr  fnmunen  gemetm  ber  ||  löb= 
lieben  ftatt  Safel  in  frei;  ||  ben  gu  einer  lefc  bc  ||  fdjriben  Dnb  Der  ||  [äffen. 
2(m  (Snbe:  CMcbrurft  in  ber  loblicben  ftatt  Safel  burrl)  2lbam  Setri  Don  Sans 
genborff.  M.  D.  XIX.  2(n  bem  fünffteu  tag  im  2(Dril.  in  1".  lieber  bic 
.v>oUfdmittc  Dg[.  %\).  b.  Siebenau  a.a.O.  ©.98.  ©in  fetu-  mangelhafte« 
Sleubrutf  in  ©d)eible3  ftlofter  VIII,  895—1122. 

150.  (2.  86.)  ®aud)  fihihrf,  Starr)  toirb  einmal  für  .<öal;nrci  unb  ums 
gefebrt  für  Suhlet  gebraucht.  Sgl.  ©rimmS  SBörterBud)  IV,  ©j>.  1524  fg. 

151.  (©.90.)  Sgl.  ben  2lbfcbnitt:  „Tic  Vittcratur  ber  ilir,ucbt"  bei 
Jriebtid),  A"\obann  SBeffel.  SRegenSburg  lMi2,  ©.  52  fg. 


■Jon  Q(r$atM  Siauai,  .C\ilTc  a.  G 


'glr.  31.  «Ptei§:  9JH.  1,20. 

®djriften 

be3 

$ercinö  für  fteformatton&jefcfytcfyte. 

,Äd)ler  ^aljrgang.     Jtotttts  Jötück. 


f  utljers  ßetuf. 


(tutljcr  im  neucßen  rBmifdjcn  Ökrid)t,  3.  f)eft.) 


$on 


<$tf(j.  ^alliier. 


Ijnllc  1890. 
3n  (SommifftonSöerlaa,  öon  3Jtar  Stiemeijer. 

.Uiet,  Quatenbrüdf, 

3ul.  Gcnfl  «$omann,  (*bm.  GcHjarbt, 

SPfUget  für  6$le8t0ig*$o(ßeitu      Pfleget  für  ."pannpuer  u.  Dlbenburg. 

Stuttgart, 
©.  ^rcgijer, 

Pfleger  für  ^Württemberg. 


^erseicfjnis  ber  ßisfier  erfdjienenen  ^eremsfdjriften. 

©rfte§  2Serein§jaljr:  Dftern  1883—1884. 

1.  ßolbe,  %,!).,  Sutfyer  unb  ber  Deid)§tag  ju  3Borm§  1521. 

2.  R  o  I  b  e  to  e  ty ,  griebr.,  £em^  Don  SBolfenbüttet.  ©in  ßeitbitb  au§  bem 
iyafyrtnmbert  ber  Deformation. 

3.  ©tä^etin,  Dubolf,  ^ulbretct)  Snungti  unb  fein  Deformationätuert. 
3um  öiertyunbertjä^rigen  ©eburtgtage  gnüngtig  bargeftellt. 

4.  Sut^er,  9)iartin,  2In  ben  djriftlidjen  Stbel  beutfcfyer  -Kation  »on  bc§ 
djriftlidjen  <3tanbe<§  öefferung.  Gearbeitet  fonne  mit  ©inleitung  unb 
©rläuterungen  oerfe^en  »on  Ä.  »enratb,. 

ßroeite§  SScrcinSja^t:  Dftern  1884—1885. 

5/6.    »offcrt,  ©uft.,  SßtirttemBerg  unb  Sanffen.    2  Seite. 

7.    Sßatttyer,  2B.,  2utb,er  im  neueften  römifd)en  ©ertd)t.  I. 
8/9.    Subbenfieg,  Dub.,  Sodann  SDBictif  unb  feine  3eit.  3um  fünfhundert: 
jährigen  SBtcnfjubtfäum.  (31.  Secember  1884).    (Vergriffen.) 

drittes  $erein§}afjr:  Dftern  1885—1886. 

10.  S  d?  o  1 1 ,  %$.,  Sie  Stuf  Hebung  beg  ©bit  teS  oon  Danteg  im  Dftober  1 685. 
(Vergriffen.) 

11.  © ott) ein,  ©berb,.,  Sg«atiu§  »on  Sofyota. 

12.  3  Jen,  &  d-t  ^einrieb,  »on  Bütten. 

13.  SBattfyer,  SB.,  Suujer  im  neueften  römifdjen  ©erid;t.  II. 

SSierteS  SBereinäjarjr:  Dftern  1886  —  1887. 

4/15.    £olftein,  §ugo,  Sie  Sieformation  im  ©öiegetbitbe  ber  bramatifdjen 
Siteratur  be§  fedjgjefynten  ^ß^unbertg.    (Vergriffen.) 

16.  ©iltem,  ©.  <p.  SBitt).,  Sie  ©infüfyrung  ber  Deformation  in  Hamburg 
1521  Bi§  1532.    (Vergriffen.) 

17.  Äalfoff,  $.,  Sie  Sebefdjen  be§  Duntiug  2Ileanber  öom  Jßormfer 
3teidt)§tag,  überfe^t  unb  erläutert.    (Vergriffen.) 

fünftes  SßereinSjatyr:  Dftern  1887  —  1888. 

18.  »enratb,,  $.,  ©efd)id)te  ber  Deformation  in  »enebig.  (Vergriffen.) 

19.  ©rbmann,  S.,  2utt;er  unb  feine  Regierungen  ju  <3d)Ieften,  ing= 
befonbere  ju  Sregfau. 

20.  Sogt,  2B.,  Sie  SSorgcfd;ict)te  beg  »aucrufriegeg. 

21.  Dot§,  d-,  SB.  prtyeimer.    ©in  Sebengbilb  aug  bem  Seitatter  beg 
£umanigmug  unb  ber  Deformation. 

6ed)fte§  SBereinSja^r:  Dftern  1888  —  1889 

22.  gering,  £>.,   Sottor  ^omeranug,   !yofyanneg  23ugenb,agen.      Sin 
Sebengbilb  aug  ber  3ei^  ber  Deformation. 

23.  Don  ©d)ub ert,  <p.,  Domg  Äamtof  um  bic  2Betu)crrfd;>aft.     ©ine 
nrcfyengefd)td)tud)e  ©tubie. 

24.  $iegler,  §.,  Sie  ©egenreformation  in  <Sd)tefien. 

25.  Sßrebe,  2t  b.,  ©ruft  ber  »etenner,   £er$og  bon  SBraunfdjmeig  unb 
Lüneburg. 


üttljers  ßtmi 


(tntljrr  im  nritcllcit  römifdjcn  (ßcridit,  3,  ijcft.) 


$on 


^ifß.  paftßer. 


ijnUr  1890. 
SBercin  für  9fteformation8gef3iicf)te. 


ISine  SBerftönbigung  über  bie  gfrage,  ob  ßutfjer  31t  bem 
Seile,  njelcfjem  er  fidj  getoibmet,  berechtigt  mar,  ift  gtt>ifcr)en 
Soangetifdjen  unb  3tömifdjen  unmögtidj.  Tie  Semüljungen  unferer 
SBäter,  9tom  gegenüber  unferen  Reformator  als  ba§,  toa§  er  un§ 
ift,  ju  ertoeifen,  finb  erfolglos  gemefen,  mußten  oerforene  Strbeit 
fein.  £enn  eben  bie  Sfnfdjauungen  barüber,  tooburdj  ©ort  einen 
äKenfdjen  gum  SBirfen  in  unb  an  ber  ©t)riftenc)ett  antorifiert,  finb 
bei  Rom  unb  un*  bie  entgegengefemen.  Rom  t'ennt  feine  anbere 
Sfatorifation  alä  bie  nun  ber  ttirdje',  öou  bem  unfehlbaren 
Lehramt  ber  römifdjen  färdjengemeinfdjaft  erteilte  öottmadjt. 
SBte  tonnte  beim  ein  öou  ber  ttird)e'  SBerbammter,  ber  atö 
fo(d)er  natfj  römifct)er  2lnfd)auung  nidjt  einmal  eriften,^bered)tigt, 
fonberu  ^auszurotten'  mar,  als  ju  feinem,  biefe  .Minty  fo  gemaltig 
nbäbigenben,  SBirfen  legitimiert  anerfannt  toerben  I 

So  finb  eS  beim  bitrdjaiiv-  anbere  ^iele,  um  bereu  millen 
mir  bie  grage  und)  ber  Segitimation  ßuttjerä  nicht  unberührt 
(äffen.  Sßor  allem  möchten  mir  bie  heilloje  öerroirrung,  mekhe 
bie  römifdjen  Sdjriftfteller  in  bie  hierher  gehörigen  fragen  m 
bringen  beftrebt  gemefen  finb,  ein  menig  ju  befeitigen  Oerfuctjen, 
fobafc  man  Kater  überleben  tarnt,  11111  roaS  eS  fiel)  eigentlich 
hanbelt.  2obann  hoffen  mir  biejenigen  Iljatfadjen  1111b  ©r 
mägnngen,  bnrd)  meldje  nnfere  ©egner  bie  Berechtigung  ßuttjerS 
ju  feinem  SBerfe  auch  für  unfer  Urteil,  roetcijeS  oon  oöflig 
anberen  aß  ben  römifdjen  Sßrincipien  auggetjt,  m  öemidjten 
gefud)t  haben,  afö  reine  lintftelliingen  unb  Srrtümer  tu  ertoeifen. 


Staburdj  bürfte  bann  entlief)  tn§  SJtdjt  gefteßt  toerben,  lueldjcs 
bie  leiste  prineipiette  $rage  ift,  um  bereu  entgegengefeiter  83e= 
antmortung  mitten  bte  Dömifdjen  uub  bie  Sbangetifcfjen  über 
£utt)er<§  äöerf  fo  entgegengefejst  urteilen.  Sa§  &nbt  nnferer 
örtoögungen  bürfte  alfo  bie  ©runbbtffereuj  §tutfct)en  £utt)er  uub 
9\oin  at§  bie  alleinige  llrfacfje  ber  §ät)lIofen  gegen  Sutfjer  aU 
ben  größten  sJ}ebotutionür  erhobenen  Stnltagen  aufbeefen. 

2utf)er  fetbft  ftetlt  'eine  boppelte  $orberung  an  ben,  tneldjer 
im  Manien  ©otte*  nrirfen  roitt:  „Sa3  erfte  ift,  hak  er  ein  5unt 
fjabe  uub  gemif?  fei,'  baf?  er  berufen  uub  gefanbt  fei,  uub  tna§  er 
ttjue,  um  feinet  Zimtes  unlleu  trjue.  .  .  ßum  anberu,  fo  foll  er 
and)  gemifj  fein,  bafs  er  ©ottes  SBort  terjre  unb  prebige  uub 
ntdjt  9)tenfd)enlet)re  ober  SeufetStet)re  füfjre.  Sann  ift  e§  redjt, 
meint  ein  Sßrebiger  gettüfe  ift,  bafc  er  nitfjt  allein  @otte§  SSort, 
fonbern  baft  er  aud)  bas  2(mt  t)abe" ! ')  SBir  neunten  an,  bafe 
audj  bie  römifdje  ßirdje  eben  biefe  Sftequifite  aufftellen  mirb. 
Senn  einerfeit§  forbert  aud)  fie  bon  iijren  Sienern  bie  orbttungs= 
gemäße  Berufung,  bte  missio  canonica;  anberfettS  ift  e§  aud) 
il)r  felbftüerftänbltdj,  bafe  ifjre  Siener  ttur  bie  Söafjrfjeit  51t  terjren 
l)aben.  (So  tonnen  mir  bie  $rage  nad)  ber  Legitimation  SutljerS 
in  bie  beiben  fragen  ^erlegen,  in  bie  nad)  bem  S3erufe  beSfelben 
uub  in  bte  nad)  beut  Snrjalt  be§  bon  il)iu  SSerrunbtgten.  Sie 
erfte  biefer  beiben  fragen  füll  un§  int  folgenben  befdjäftigeu. 

Sutfjer  mar  fid)  feine§  Berufes  böllig  gemif3.  Slber  efje  mir 
unterfudjen,  morauf  fid)  biefe  ©emiftfyeit  grünbete,  muffen  mir 
un§  über  bie  Vorfrage  flar  merben,  toaS  benu  eigentlich  Sntljer 
als  feinen  SSeruf  angefefjcn  l)at,  ma§  benu  eigentlich  er  gemoltt, 
uub  toa§  er  r^u  ftanbe  gebracht  f)at.  Senn  fdjoii  fjter  meinen 
mir  meit  ab  tum  ber  römifdjen  Sarftellttng  ber  Deformation. 

&>ji$  Ijtclt  V«tl)cv  für  feine«  öcvnf  ? 

Sie  Uubefttmmtbeit  be§  SSorteS  „SBernf"  ermöglicht  unferen 
(Gegnern,  grofce  SiBernrirrung  in  bie  bortiegenbe  5ra9e  l)inciit,yt= 
bringen,  ©ie  bermögen  offenbar  nid)t  bie  berfdt)iebenen  SBebeutungen 
auSetnanber  gu  fjaltcu,  meld)e  man  mit  jenem  ÜEBorte  bcrbtubct.  Sie 
mirreu  beftiinbig  burdjeinanber  bie  Srjätigfeit,  me(d)e  eitt  beftimmter 


©eruf  unS  auferlegt,  unb  Die  äBirfung,  ben  ©rfolg,  bie  s^e= 
beutung,  meldie  nad)  (jöljerem  SRatfdjlufj  unfer  Tlinn  finbet 
Cime  ©djaben  fann  man  aud)  ßefctereS  al§  ben  SBeruf  ober  bie 
SDttffion,  toeldje  ein  ÜKenfdij  erfüllt  bat,  begeidjnen;  bodj  nur 
folange  als  eS  fid)  'nidjt  um  bie  5ra9c  Rubelt,  maS  ein  SUienfcf) 
aß  feinen  ©eruf  anfielt  So  batte  einft  Sofeölj  bie  SKiffion, 
3afobS  J-amilie  8ur  8^  Der  Seurung  öor  beut  Untergange  ju 
bewahren  unb  nad)  beut  Sanbe  ©ofen  ju  beröflan^en.  Stber  nur 
©ott,  nidjt  er  felbft,  fonnte  bieS  als  [einen  SBeruf  auf efjen.  9fair 
©Ott,  ntd)t  aber  er  [elbft,  fonnte  auf  bie  ©rfüttung  biefer  feiner 
ÜJftffion  Einarbeiten.  £>er  Seruf,  ben  er  int  Stuge  rjaben  mußte, 
mar  ein  burdjauS  anberer,  baS  treue  Tienen  in  ben  neridnebenften 
Situationen.  Snbem  er  biefetn  öerufe  genügte,  würbe  ber  (Srfolg 
erhielt,  baf?  er  feine  meltgefd)id)tlid)e  Söäffion  erfüllte,  .statte  er 
aber,  o()ne  eine  befonbere  Offenbarung  oon  ©ott  ju  empfangen, 
fid)  einen  fo  boben,  folgenreichen  SBeruf  beigelegt,  fo  märe  bieS 
ba§  ßeidjen  beS  ärgften  §od|mutS  gemefen,  fo  biitte  man  il)n 
tjöfjnenb  nad)  ben  üöetoeifen  für  fold)  eine  Sßraefuttttion  fragen 
fönnen.  Sftadjbem  er  aber  bnrd)  ©otteS  Fügung  eine  fo  große 
©ebeutung  erlangt,  nacfjbcm  ibm  felbft  Kar  geworben  mar,  moju 
(Lottes  SBorfetjung  ilm  gebraust  rjatte,  fonnte  er  and)  rnbig 
baoon  reben,  olme  baß  mir  barin  .fmdjntnt  ju  erlernten  baben.2) 
SEBie  midjtig  eS  ift,  biefe  beiben  Sebeutungen  beS  SBorteS  ,,9Kiffionw 
auSeinanber  ^n  galten,  mirb  befonberS  an  Denjenigen  fällen  flar, 
mo  ein  Üttenfd)  ben  i()in  bon  ©ott  pgebadjten  SBeruf  nidjt 
erfüllt  unb  eben  Damit  eine  göttlidje  Sftiffiou  erfüllt.  SBer  fid) 
redjtötoibrig  eine  .'perrfdjerfrone  aneignet,  bat  fidjer  nid)t  bieten, 
fonbern  ju  ettoaS  ganj  anberem  ben  ©eruf  erbalten,  Sftadjbem 
er  aber  fo  ben  il)m  jugebadjten  SBeruf  nermorfen  bat,  fann  er 
oon  ©ort  ba$U  gebrand)t  merben,  mie  eine  ©eißel  baS  oon  il)in 
beberrfdjte  Soll  unb  anbere  in  ©ottlofig!eit  gefnnfeue  Nationen 
§U  jüdjtigen.  SDieS  ift  bann  feine  meltgeid)id)tlidie  SDctffion,  — 
baS  ©egenteil  feines  mirflidien  SerufeS. 

SBenben  mir  baS  ©efagte  auf  ßutfjer  an !  @r  bat  eine 
nnennenlid)  große  ©ebeutung  erlangt,  eine  SSebeutung  für  alle 
SBölfer  unb  Jfttittn.  @8  ift  \n  ermatten,  baß  man  oon  ifjm  reben, 
um    ilm    ftreiten    loirb,    folange   biefer   SBeltlauf   malm,     „'»engen 


feiner  hoben  SBebeutung  finb  gerabe  Sanffen  unb  ©enoffen,  meldje 
ein  paar  3faf)rf>unberte,  nadjbem  beS  ^apftee  Sann,  be§  .Slaifers 
5ld)t  unb  ber  lob  ifm  unfdjäblid)  §11  mad)en  gefugt,  nod)  mit 
allen  nur  möglichen  SSaffen  gegen  ifm  ftreiten  muffen.  ÜKiematS 
aber  tjat  Sut|er  fold)  eine  Sebeutung  begehrt.  üftiemafö  tjat  er 
auf  ©rnnb  berfetben  ein  SBort  gereber,  ein  ÜEßerf  unternommen. 
SBo()I  l)at  er  fpäter,  ta  bie  SBclt  burdj  fein  Sßirfen  in  jmei 
feinblidje  Sager  geteilt  mar,  felbft  erfannt,  31t  mie  großen  Singen 
er  t»on  ©ott  gebraudjt  mar.  SSäre  er  bod)  ein  üftarr  gemefen, 
raenn  trjrn  allein  unter  Sitten  baZ  Perborgen  geblieben  märe!  51ber 
mer  e§  nod)  l)ente  nid)t  fetjen  mill,  ber  mag  gern  bei  feiner 
Söftnbfjeit  bleiben;  meber  Sutfjer  nod)  mir  motten  il)m  biefe  @r= 
!enntni§  aufbröngen.  80  laffen  mir  ©ottlieb  nngeftürt,  menn 
er  fid)  beflagt:  ,Sutrjer  meift  jebe  ^yorbernng  eines?  öerftänbigen, 
mifjenjd)aftlid)cn  üftadjmeifeS  feiner  meltnmfaffenben  3Jiiffion  oon 
fid)'.:'')  S)enn  nie  l)at  Sutrjer  eine  mettnmfaffenbe  SDtfffion  für 
feinen  Söeruf  ausgegeben,  b.  1).  bahjn  gearbeitet,  babnrd)  fid)  be= 
ftimmen  laffen.  9Jät  allem,  ma§  er  t()at,  mollte  er  nur  feiner 
näd)ftliegenben  33ernf*pflid)t  genügen.  Sr  mar  unb  mollte  nicht* 
meiter  fein,  atö  ein  „3)oftor  ber  ^eiligen  ©djrift",  beffen  SSeruf 
e§  mar,  bie  göttftdje  3Bat)rt)eit  immer  tiefer  §n  erfaffen  unb  51t 
teuren,  alfo  and)  gegen  Angriffe  gu  oerteibigen.  üftur  ber  nn= 
meife,  allgemeine*  Wnffeben  erregenbe,  §u  öcmattmafh'egetn  greifenbe 
SBtberfprndj  feiner  ©egner  l)at  ihm  fo  grofte  SBebeurung  oerfdjafft. 
„<8te  l)eben  mid)  auf,  fagt  er,  bafj  id),  ein  Giniger,  allein 
mid)  beroorttjne,  jebermann  §u  teuren.  Xa  antmorte  id)  auf, 
bafj  id)  mid)  felbft  nod)  nie  bargetfjan  [öorgebrängt]  habe, 
fonbern  allezeit  §u  SBinfel  §u  frieden  [öerborgen  §u  bleiben] 
geneigt  gemefen  bin.  (Sie  baben  mid)  aber  mit  Sift  unb  ©emalt 
bjeroorge^ogen,  5ßrei3  unb  (St)re  oon  mir  ju  erlangen.  9fam,  ba 
ibnen  ba§  ©piel  mifUingt,  bin  id)  oor  il)nen  ber  (Sljrgeigigfeit 
fdjnlbig".4) 

©in  anberer5)  fragt,  moher  ßutf>er  bie  SBeredjtigung  ju 
feinem  Sßirfen  genommen:  tmar  er  beim  fo  mnnberbar  gum 
Vlpoftel  berufen  mie  Paulus"?  ?(ber  mer  behauptet  benn,  baf? 
erju  einem  Slpoftel  berufen  gemefen  fei?  „SDie  ^Ipoftel",  fagt 
er,  „maren  ba^u  georbnet,  berufen  unb  gefanbt,  bah  fie  an  allen 


Orten  füllten  brebigen.  Stber  bamadj  Ijat  uiemanb  mcljr 
foldien  allgemeinen,  aboftolifdjen  SBefef)!."  ÜJfäemanb,  atfo  aud) 
ßutt)er  nidjt. 

Ober  man  fragt;  4SQ3o^er  natjm  ßutt)er  bie  SSeredjtigung 
au  beut  gewattfamen  Sörudj  mit  ber  gefdjidjtlidjen  Kontinuität 
im  (inrifteutum'?6)  ßt  unternahm',  fo  belehrt  un§  Sanffen, 
äne  ßirdjentrennung.  Sein  Unternehmen  begmecfte  ben  böHigen 
Umfturg  be§  gangen  bisherigen  itirdjenmefen»  uub  hiermit  ju= 
gleid)  ber  6eftet)enben  »ledjt^uftanbe'.7)  51ber  toeber  öon  un§ 
uod)  non  ßutljer  mirb  e§  zugegeben,  bau  er  .mit  ber  ©ergangen* 
f)eit  total  gebrodjen'  rjabe.8)  SDenn  mann  uub  mie  füllte  er  bcß 
getljan  rjaben?  ©djon  äufjertidj,  werben  unfere  ©egner  ant= 
mortem  ts.)cimmermen,r  bnrfte  er  fid)  öon  ber  föirdje  trennen', 
er  .aber  ging  gerabeju  barauf  au§,  bie  Ätrcfje,  bereu  Sßriefter 
uub  ßetyrer  er  mar,  ju  üeruidjteu.9)  51ber  mann  tjat  er  benn 
öon  ber  Mirdje  fid)  gerrennt?  ©r  ift  ja  in  il)r  geblieben,  bi§ 
man  ilm  fyinauSftiefj.  ®r  !ann  fd)reibeu:  „©§  ift  meiner  greuben 
Sroft  aud)  einer  uub  ^mar  ntcrjt  ber  geringste,  hak  icrj  mid)  uidjt 
habe  au*  bem  Sßabfttum  getljan.  S)enn  id)  l)ielt  feft  bei  ber  roten 
£ure  unb  tfjat  ber  ÜDcörberin  in  allem  Tienft  uub  Temut.  Stber 
fie  mollte  mid)  nid)t  leiben  unb  berbannte  unb  [tieft  mid)  au* 
ii)rer  äJfttte." '")  Uub  nadjbem  fie  fo  getljan,  Ragen  fie  if)n  an, 
bat?  er  nidjt  barin  geblieben  fei?! 

Ober  füllte  er  bod)  toenigftenl  im  geheimen  oon  Stnfang  an 
eine  iold)e  ßirdjentrennung  beab[id)tia,t  Ijaben?  £odj,  mie  tonnte 
er  bann  im  $uti  151!»  auf  ber  Seidiger  Disputation  beteuern, 
er  „tiabe  nie  ein  ©djifma  gebilligt  unb  roerbe  e§  in  ©oigfeit 
nid)t  billigen"?11)  Ober  füllte  @ber§  einmal  berechtigt  fein  \u 
ber  Ofrage,  bie  er  bei  allen  i()in  nid)t  baffenben  SBorten  ßutljerS, 
uub  fo  aud)  bier  fid)  erlaubt:  (©inb  bie  SBorte  aber  fo  ge= 
meint,  mie  fie  bauten'? '*)  Unb  Sanffen  fagt  etmav  feiner: 
$ft  es  meine  8dwlo,  bau  ßutljerS  SBort  „bis  in  Sttngfeit"  bei 
il)in  fein  oaljr  meljr  galt,  bar,  er  fd)ou  im  folgenben  oal)re  er» 
Karte,  bie  Söljmen  unb  ©rieben  hätten  fid)  mit  Sftedjt  oon  bem 
römifd)eu  ©abtolon  abgefonbert ;  ban  er  alle  üerfliutite,  bie  uod) 
(^emciufdiaft  l)ätten  mit  bem  vömiidieu  Stitbl,  bau  er  ben  Sßabft 
für  ben  Shttidjrift  ausgab  unb  jum  9Religion3friege  aufrief?13) 


8 

,@eit  bem  3al)re  1510  roar  er  entfctjtoffen,  mit  bcr  fatljolifdjen 

«ircfje  für  immer  &u  bredjen'.14)  2Bir  freuen  uns  bes  3uge= 
ftäitbniffeS,  bafj  ßutf)er  bod)  ein  paar  3at)re  lang  fett  feinem 
;Il)efenaufd)lag  nod)  nidjt  an  eine  Jdirdjentrennung  gebaut  Ijabe. 
2Bte  aber  öerljält  e§  fid)  mit  ben  Söetoeifen  SanffenS  für  bie 
$et)auptung,  bafj  er  in  bem  Csal)re  1519  feine  2lbfid)t  bireft 
gcanbert  t)abe?  (Sie  finb  eine  Sßerbreljung.  Stile  jene  bie 
Trennung  bott  ber  römifdjen  ftirdje  ermöl)uenbcn  (Säfte  finb  bei 
ßutljer  üftadjfäfte,  bereu  Sßorberfäfte  mit  i()rem  „menn"  puffen 
fortläßt,  greilid)  ift  e§  nidjt  „SanffenS  @d)itlb",  bat)  Sutljer 
fo(d)e  SCenfjerwtgen  tl)at.  2(ud)  mar  es  nidjt  bie  3d)itlb  einiger 
^ntjfiten,  meldje  nad)  ^anffen  15j  unb  ©enoffen  ben  jdjnclkn 
$ceinung§med)fer16)  bemirft  fjaben  f ollen.  (S§  mar  melme()r  bie 
Sdjutb  be§  päpftlidjen  Beamten  ©t)loefter  $rieria§.  tiefer 
fjatte  eine  fotd)e  l^eorie  über  baz  s$apfttum  aufgeftetlt,  17j  bafj 
fie  nad)  Suttjerg  Urteil  nur  „au§  ber  |)ölle  fjemor  an  ben  Stag 
gebradjt  fein"  fonnte,  „boß  greulicher,  fd)äublid)er  ö5otte*täftcrung 
öom  ^paupt  an  bi§  $u  ben  Ruften"  mar  unb  „av&  jebem  ^apfte, 
and)  bem  gottlofeften,  ©ort  mad)te".  (Sollte  eine  fotdje  Xtjeorie 
meljr  fein  als  bas  .^irngefpinft  eines  berfdjrotjenen  ftopfes?  Zsfy 
3£utor  mar  angefeuerter  päpftlidjer  Beamte.  SBar  es  müglid), 
bafs  man  gu  SRom  allgemeiner  fo  badjte?  bat)  oielleidjt  gar  bem 
^apfte  foldje  ^oftriuen  moljfgefieleu  ?  Suttjer  t'ann  es  fid)  nod) 
nid)t  borftellen.  @3  märe  31t  entfeftlid).  3fn  flammenber  @nt= 
rüftuug  ruft  er:  „|)ält  unb  (cljrt  man  freiöffentlid)  Dermalen  31t 
SRotn,  als  id)  nid)t  l)offe  .  .  .,  ift  bas  ber  9tömifd)cn  ftirdjen 
©tauben  .  .  .,  mo  ber  ^apft  unb  bie  Äarbinäle  bieS  uuner= 
fd)ämte  Säftermaul  bes  ©atan§  nid)t  (uun  ©djtoetgett  bringen" 
—  für  biefen  gall  nntf?  'er  in  fold)cm  Rupfte  ben  2tnticr}rift  er* 
fennen  unb  Diejenigen  .glücffelig'  preijen,  meiere  nirfjtS  mefjr  mit 
it)iu  §u  fd)affen  l)abeu.  ©r  fagt  uid)t,  mie  SßJiffen18)  behauptet, 
tbie  93öf)iueu  (jättett  fid)  mit  9ied)t  non  beut  römifdjen  öabtitott 
abgefonbert'.  lieber  biefe  5rfl9e»  °^  fte  fetner^eil  311  fo!d)er 
Trennung  berechtigt  gemefen,  fagt  er  nid)ts.  Sonbcrn  für  ben 
galt,  bafc  ber  s$apft  burd)  Billigung  jener  gottestäfterlidjen 
Sät^e  bes  ^Srierias  jum  Stntidjrift  merben  mürbe,  beueibet  er  bie, 
meld)e  uidjts  mefjr  an   ben  ^apft   biubet.    Gs  fatttt  ein  <Solm 


9 

für  Unredn  halten,  bafc  [ein  ©ruber  fief)  auä  bem  SBaterljaufe 
entfernt  bat,  nnb  bodj  triefen  ©ruber  glütflid)  preiien,  meint  etttw 
ber  Sätet  auf  febänbliebe  SBege  geraten  ift  'unb  beut  Sofjne  üer* 
möge  feiner  oaterlidien  Autorität  etoaS  gebietet,  toaä  gegen  baZ 
©enriffen  ift.  Sfabererfeitä  freilidi  mürbe  Dinner  mobl  nid)t  in 
biefer  SBeife  bon  ben  SBöfjmen  getebet  tjaben,  menn  er  nod)  toie 
in  alten  Reiten  bem  ©afe  jugeftimhtt  tjätte:  „^Innerbalb  ber 
römifdjen  ßirdjengeineinfdjaft  giebt  e§  fein  A>ei(".  ftnfofern  batte 
mirflid)  ein  t2tteinung§tt)ecr)feF  ftattgefunben,  baß  er  baz  |jeit 
tum  ettoai  anberent  abhängig  mnfne.  Slbet  barnm  dielt  er  bod) 
nod)  bafür,  bafj  bie  Siebe  niebt  Trennung  tum  ber  .stirdie,  ber 
man  angetjört,  fonbern  SBefferung  berfelben  gebietet. 

grei(td)  ert'lärt  er  and),  er  wolle  in  jenem  rjoffenttidj  nidjt 
eintretenben  galle,  „ei  nid)t  mebr  mit  ber  römifdjen  &ird)e  tjafteu, 
fonbern  fie  preisgeben  unb  oerfengnen."  Slber  unter  biefer  „römifdjen 
Äirdje"  bat  er  uidjt  bie  „fatfjoßfdje  ,stird)e"  berftanben,  roie 
ganffen  nad)  feinem  belieben  bafür  fe|t,10)  fonbern  jenen  Seil 
ber  allgemeinen,  „fatfjotifdjen"  Äirdje,  meldjer  nad)  be§  ^rieriaS 
gforberung  bie  ©efamtfirdje  bel)errfd)en  follte.  ^eut^utage  ift  freilief) 
in  Sejug  auf  bie  ©egentoart  eine  fotdfe  Unterfdjeibung  nid)t 
metjr  mötiücr).  2)enn  e3  ift  beä  SßrieriaS  Verlangen  in  (SrfüIIung 
gegangen.  Tie  rümifdje  ftirdie  bat  alle  fatljotifdjen  ^artiMarfirdjen 
fo  oollftänbig  fid)  unterworfen,  baf;  man  |e|t  ben  StuSbrud  „rümifdje 
ftird)e"  für  baS  ©ange  anmenbet.  SBir  fürd)ten  and),  baf?  mir 
einen  ^anfielt  fdimerlid)  betoegen  merben,  biefen  llnterfdjicb  als 
nod)  ju  ßutfjerä  ßeiten  geltenb  anjuerfennen.  Xenn  ba  bie 
römifdje  ftirdje  aöeS  oon  ibrer  8ef>re  Slbtoeidjenbe  a(3  eine 
„Steuerung,"  fid)  aber  als  bie  ©emafjrerin  beSSKten  barjuftetten 
liebt,  tarnt  fie  itidü  jugeben,  bau  in  ibr  felbft  bie  alleraamefteu 
Steuerungen  jur  -vvnidiaft  gelangt  finb.  ©ie  fnd)t  baber  ibre 
Heutigen  Snfdjauungen  al*  ,ui  allen  Reiten  beftebenb  nadjgumeifen. 
So  überträgt  Sanffen  feine  bentiiien,  auf  bem  Eribentinifdjen  unb 
Satifanifdjen  .Storni  l  unb  Dergleichen  Neuerungen  bernbenben  8tn* 
fdjauungen  gang  forgfoS  auf  8utt)erä  Reiten.  ftudj  bei  ber 
bortiegenben  ^rage.  3nbem  8utt)er  gegen  bie  8et)re  bei  SßrieriaS 
oon  ber  Unfeblbarfeit  beä  SßapfteS  jdneibt,  foll  er  gegen  „bie 
ftirdje"  gefdjrieben  tjaben;  menn  er  gegen  bie  „rbmn'die  .stivdio" 


10 

rebet,  fofl  er  bie  ,fatf)olifdje  ftirdje'  angegriffen  fjaben.  2ft§ 
menn  fdjon  bamafä  biefe  betbcn  ^Begriffe  ibentijd)  getoefen  mären ! 
SSielmeljr  mar  ju  jener  ^eit  eine  folcrje  Unterfdjeibttng  jttrifdjen  ber 
röntifdjen  ^artitnlarfirebe  unb  ber  fatljotifdjen  b.  I).  atigemeinen 
Äirdjc  mögüd)  unb  gemör)ntidij.  9cur  $nei  Söetoeife!  oben  bte 
©tfjrift  be§  SßrieriaS,  gegen  toelcrje  ßutfjer  fdjreibt,  unterfdjeibet 
.bte  römifcfje  Äirdje'  oon  (ben  anbern  &ird)en',  nennt  jene  ,bie 
erfte',  roeldje  ,ba§  featipt  oller  Äirdjen'  fein  muffe.20)  Unb 
"pauft  Seo  X.  gebraucht  in  ber  SButte,  mit  meldjer  er  ßutfjer 
öerbammt,  biefetbe  Unterfdjeibttng,  inbem  er  Me  rümifdjc  Ätrdje 
bie  Söftttter  aller  anberen  Äirdjen'  nennt.-1)  5(n  eine  -Trennung 
üon  ber  fatr)ottfcr)en  £ird)e,  itt  melier  er  anfgemadjfen  mar,  benft 
fintier  nid)t  im  (Sntfernteften. 

(Sr  mitt  nidjt  einmal  bon  ber  „römifdjen^irerje"  fid)  trennen. 
SDenn  roogu  (äfjt  er  überhaupt  biefe  Stfjrtft  gegen  Sßrieria§  au§ger)en? 
Um  momügüd)  biefe  unerhörte  Sluffaffung  bon  bem  Sßabfttunt  uod) 
rechtzeitig  mieber  31t  erftiden;  nm  51t  bereuten,  bau  biefefije  §u 
einem  ©laubenffa^  erhoben  merbe;  nm  atfo  nidjt  genötigt  §u 
merben,  biefe  römifdje  ®ird)e  $u  üerleugnen.  Sein  üBJunfdj  ift 
ja  and)  in  Erfüllung  gegangen,  ©rft  über  300  Satire  föäter  ift 
jene  ßet)re  bon  ber  bäbftücrjen  Unferjtbarfeit  §um  2)ogma  gemorben. 
©0  l)at  benn  ßutfjer  öon  einem  möglichen  ,~yaüe  gerebet',  ber  irjtt 
Urningen  mürbe,  „e§  nid)t  tnebr  mit  ber  röntifdjen  iiirdje  51t 
galten",  meldier  aber  bei  feinen  Seöjeiten  nidjt  eingetreten  ift.  Sa, 
eben  ber  ©a|j  in  ßutfjer§  ©djrift,  au§  bem  Sanffen  folgern  mdl, 
er  Ijabe  fid)  bon  ber  tfirdje  „reinen  nnb  fdjeiben"  gewollt,  baljer 
§unt  9Migion§friege  aufgerufen',  ber  ©a|,  bafc  er  ebentueü  fein 
anbereS  SftettungSmittel  met)r  felje,  atö  ben  Sßabft  nnb  feine 
A>elfcr$liclfer  mit  ben  SBaffen  anzugreifen,  nm  ein  ®ongit  ju 
erzwingen,  §eigt  bentlid),  ban  er  baä  anbere  Wettnngcmtittet,  eine 
Trennung  oon  ber  rötnifdjen  Äirdje,  nidjt  oeaofidjtigte.  S)enn 
mojn  will  er  gegen  ben  Sßabft  nnb  bie  Seinen  ein  iUm^il  f)aben? 
Um  4bic  Äircfje  §u  gerftören'?  Stein,  med  fie  ,,©otte§  itirdje 
otjne  Unterlaß  öergiften  nnb  ju  grnnbe  ridjten",  nnb  bamit  „ber 
elenben,  jömmerlid)  gerriffenen  nnb  bertoüfteten  .Slivdic  geraten 
nnb  geholfen  merbe."  Reifen  mi((  er  feiner  Viirdie,  nid)t  fid) 
trennen  öon  iljr. 


11 

Süllen  mir  nodi  all  bie  nebeuiädilidieu  Steu&erungen  ßutfjers 
einer  Prüfung  unterteilen,  aus  benen  etma  ein  (Söers  bas  ©egen- 
teil  heraus  lieft?  Ocur  ein  SBeifpiet!  Rüther  mill',  fdjreibt  @bers, 
.and)  bie  Äanones  unb  Teeretaleu,  atfo  ba§  fanüiüfdie  Sftedjt  uub 
bamii  bie  gange  SBerfaffung  ber  Mirdie  umftürgen'.2'2)  So  lieft 
er  in  einem  ©riefe  bom  Sftai  1518.  Unb  bodj  fteht  in  bem 
fraglichen  ©a|e  neben  ben  eben  angeführten  Singen,  meldie  (umge= 
ftürgt'  merben  füllen,  and)  „bie  ßogif."  Du  benn  ßuttjer  and)  bie 
ßogif  hat  aus  ber  SBett  [djaffen  motten?  Sfatn,  jener  Sörief23)  ift 
an  ben  Sßrofeffor  ber  Uniüerfitat  ßrfurt,  Trutfetter  gerietet,  unb  bie 
fragliche  Stelle  Ijanbelt  tum  uidjts  meiter  als  babon,  bafj  „bie 
©tubien"  ber  jungen  Geologen  eine  Stenbemng  erfahren  müßten. 
,.Xie  2trt,  roie  bie  Äanones,  ©ecretalen,  bie  fdmlaftiidie  Jtjeologie, 
bie  sßrjilofobf)ie,  bie  ßogif  jel.U  beljanbelt  merben,  muft  gänglidj 
ausgerottet  merben;  bas  redete  ©tubium  ber  Söibel  unb  ber  r)eiligen 
.Siirdieuiiäter  mufj  mieber  beginnen."  Unb  bodj  operiert  @oer§ 
unermüblid)  meiter  mit  jenen  Sßorten  jur  Irreleitung  feiner  ßefer.24) 

über  füllen  mir  alle  jene  SSorte  ßutt)er§  juredjtftetten,  in 
meldien  er  ausfbridjt,  bah  er  „emiglidj  nidjt  mit  Urnen  fidj 
ausiübnen  nmlle. "  ?-5)  Sie  rjanbeln  allefamt  nidit  bon  einem 
Verhältnis  jur  .Sltrdic,  fünbern  üon  einer  Slusföfmung  mit  ber 
römifdjen  tturie  unb  ben  SBerteibigern  eines  unfehlbaren  Sßabfttums. 
Mann  mau  benn  nidjt  in  ftarfer  ßiebe  an  bem  SBolfe  banden, 
meldiem  mau  öon  (Geburt  angehört,  unb  M^  ber  aiuienblirflidi 
in  ben  SRegierungstreifen  Ijerrfdjenben  Strömung  unberföljnlidj  feinb 
fein,  ja  eben  aus  ßiebe  ju  feinem  SBolfe  gegen  fie.fämbfen?  ,,©o 
meit,  fü  breit,  fo  tief  roie  nur  mögtid)  unterfdjeibe  id)  jmiferjen  ber 
römifdjen  ftirdje  unb  ber  römifdjen  .Stnrie",  fcrjreitJt  ßutfjer  im 
September  L519.  „Sie  füllen  miffen,  bafj  fie  irren,  menu  fie 
fd)reien,  id)  hielte  nidjt  mit  ber  römifcfjen  Äirdje;  idi,  ber  id)  fü 
rein  liebe  nidjt  allein  bie  römifdje,  fünbern  bie  gange  Vi  i  übe 
(ibrifti."-'  i  SRatürlidj  1 1 1 1 1 vj  all  benen  foldje  Unterfcr)eibung  un* 
finnig  erfebeiuen,  meldie  mit  ^rierias  bafiir  halten,  bar,  ber  Sßabft 
virtualiter  bie  Äird>e'  fei.  2T6er  bamals  mar  eben  biefe 
Slnfidjt  nod)  eine  bisputable  üföeinung. 

SBie  toenig  ßutfjer  baran  gebadet  hat,  neben  ber  bisherigen 
Äirdje  eine  anbere  \u  grünben,   tonnten  feine  ©egner  fehr  umbl 


12 

felbft  erfettncn.  Cbmotjt  Scmffen  behauptet  fjat:  ßtii  bem 
Satjre  1519  ruar  Sutljer  entfdjloffen,  mit  bcr  fatrjotifdjen  Äirdje 
für  immer  $u  brechen',2")  fdjreibt  er  boefj  audj  —  unb  biefe^mal 
richtig  — :  .Sis  fluni  §erbft  1521  mürbe  an  bie  Stufftellung 
eine§  eigenen  neuen  &ird)enroefenö  [oon  Sutljer  unb  feinen  21n= 
Ijängem]  nodj  nidjt  gebadjf.28)  ©r  meint  fogar:  ^atürlid) 
mar  c§  uitmöglid),  auf  ©runbtage  jenes  öemeinbeprinäp§  [be§ 
atigemeinen  ^rieftertumS,  melcrje§  er  ^um  llmftur^e  be§  fatf)otifcf)en 
&ird)enmefens  aufgeteilt'  bjaben  fotl,]  eine  neue  Äirdje  unb  eine 
firdjlidje  Sßerfaffung  flu  grünben'.  ©oll  benn  Sutfjer  mirilidj  ein 
fo  boben(o§  befdjränfter  Äopf  geroefen  fein,  bau  er,  um  ba§ 
bisherige  ftirdjenmefen  51t  ftürgen  unb  ein  anbereS  baneben  flu 
grünben,  ein  Sßrincip  auffte((te,  auf  beffen  ©mnbtage  .eine 
ivirdjeugemeinfdjaft  ju  grünben  natürtidj  unmöglich  mar"?  ©elbft 
SDöutnger  fann  fid)  nid)t  verbergen,  in  meld)  unlösbare  Sftätfel 
biefe  römifcfje  Sutrjerlegenbe  fütjrt.  ߧ>  ift  roirfttcr)  auffaUenb', 
fdjreibt  er,2l))  ,bafj  ein  9Jcann,  ber  fonft  in  ber  Beurteilung  mandjer 
SBetfjäftniffe  einen  gefunbeu  praftifdjen  33lirf  beroäfjrte,  bei  ber 
SBeljanbtung  firtfjlidjer  SBerfaffttttgSformen'  fo  unflug  fid)  benafjm. 
Un§  ift  nur  auffaUenb,  bafe  man  nod)  fjeitte  nidjt  ertannt  t)at, 
tote  menig  ßuttjer  e*  fid)  in  ben  Sinn  fommen  liefe,  öon  ber 
fatrjolifdjen  ftirdje  fid)  511  trennen. 

^pat  er  bod)  felbft  bann,  afö  längft  ba§  Regiment  ber 
römifdjeu  ftirdje  i()u  au§  tiefer  an§geftof$en  tjatte ,  nod)  nidjt  e§ 
für  feinen  S3eruf  gehalten,  eine  neben  biefer  ftefjenbe  neue  ttirerje 
51t  grünben!  23ei  öanffen  felbft :i")  finbeu  mir  gelegentlid)  bie 
Behauptung  2Mand)tfjon§  au§  einem  Söriefc  beffelben  an  feinen 
^reunb  (Samerariu*  oom  $äf)xe  1530  angeführt:  „SSäre  e§  and) 
erlaubt,  bie  fird)lidje  Crbnung  umguftürgen,  fo  märe  e§  bod) 
id)roer(id)  rjeilfam.  So  l)at  and)  Sutljer  immer  gcbad)t."31) 
Unb  Sanffen  l)ätte  nur  nod)  ettoaS  mel)r  über  Surljerä  (Stellung 
flu  biefer  5ra9e  feinen  Sefern  öerraten  foUen!  £enn  eben  in  bem 
Csa(}rc,  ba  2Mandjtf)on  bieä  behauptete,  l)at  Sutf>er  nod)  bie 
2ftögtid>feit  in  33etrad)t  gebogen,  bab  er  unb  feine  Stnljänger  mit 
bat  Sßiberfadjern  in  einer  Ätrdjengemeinfdjaft  unter  ben  latfjolifcfjeu 
S3ifd)öfen  bereinigt  blieben.  3u  einem  toäfjrenb  beS  2Iug§burger 
9ieid)5tag*  erlaffeuen  £enbfd)reiben  menbet  er  fid)  an  bie  Bifdjüfe : 


13 

„(SJebt  im*  baä  ©bangeliutn  frei  ju  teuren,  unb  (äffet  im§  bem 

armen  2Mf,  ba§  fromm  j«  fein  begehrt,  bienen.    ©erfolgt  unb 

mefjrt  bodj  beut  nidjt.  .  .  ©o  motten  mir  eud)  (äffen  bleiben, 
toaä  il)r  feib,  unb  lehren,  bafc  man  eudj  (äffe  dürften  unb  sperren 
fein,  um  be*  ^rieben!  milleu.  unb  eure  Wüter  (äffen,  toeldjeS  bodj 
bie  fntffiten  unb  SBicleffiten  nidjt  getffan,  and)  jfc|t  uodj  feine 
Sdjmärmer  üub  Wottengeifter  tf>un  tooHen.  Unb  tonnt  i()r  ben 
bifdjöftidjen  ^rnang  mieberaufricfjten,  ba  null  id)  für  mein  Seil 
audj  getroft  §u  Reifen  unb  raten."32) 

Qfreilid)  ift  fein  SBunfd)  nidjt  in  ©rfüßung  gegangen.  ?hid) 
mir  glauben,  bafj  ber  9ffri,  toeldjer  je|t  äufjerlidj  burdj  bie 
Gljrifteurjeit  tjiuburdjgeljt,  nidjt  nadj  bem  bitten  ©otteä  ift.  $)ie 
Sdjitlb  rjteran  aber  trägt  nidjt  fintier,  fonbern  bie  römifdie 
|)ierardjie,  metdje  „ba*  Söangelüwn",  b.  ().  bie  Seljre,  in  meldjer 
Suttjer  unb  bie  Seinen  ben  ^rieben  ir)rcr  Seele  mit  ©ort  tjatten, 
nidjt  einmal  „freigeben",  %u  glauben  unb  gu  lehren  erlauben 
nmllte,  fonbern  bafür  nur  $>erbammung*urteil  unb  ben  Sann 
fjatte.  äftögen  bie  Sftömifdjen  fagen:  SBir  fonnten  nidjt  anberS, 
beim  in  unferen  Singen  ift  jene  l'eljre  and)  nidjt  $u  bulben! 
Xaun  Ijaben  fie  uuz  uiifre  ßeljre  uorgemorfen.  Unb  barauf  finb 
mir  ftolj.  3Ü6er  nun  ben  Ijiftorifdjen  Xfjatbeftanb  in  fein  ©egen= 
teil  ju  oerfeljren,  nun  bie  Sdjitlb  ber  Trennung  auf  Sutrjer  at\yi= 
fd)ieben,  ifjm  nadfoufagen,  bafs  er  teine  ftirdjeutrenuung  be^medt' 
Ijabe,  baz  ermerft  ben  Sdjein  eine*  böfeu  ©emiffen*. 

Unb  audj  infofern  Ijat  Sutljer  ,bie  Ijiftorifdje  Kontinuität' 
mit  ber  bisherigen  .Stirdje  nidjt  jerriffen,  alä  eS  bie  Sßaljrbeit 
gerabegu  auf  ben  .Stopf  ftellen  beiftt,  toenn  mau  feinen  ßefern 
er.vifjlt:  .Stile*,  fo  erflärte  Cutter,  toaS  nidjt  ben  S8ud)ftaBen 
ber  33ibel  für  fiel)  bat,  atlcc-,  loa*  nid)t  bereit*  mr  Qät  ber 
Stpoftel  in  Hebung  mar,  ift  falfd)  unb  abmtbun'.:,:M  SSetfj  mau 
mirt'tidj  fo  meuig  oou  Cutter?  Sein  ©runbfafc  mar:  üftut  bat, 
um*  ber  23ibet  gerabeju  toiberfpridjt,  ift  abmtlniu;  um*  nidjt 
öon  ber  ©ibel  gerietet  ift,  tonn,  ja  fofl  beftebeu  bleiben.  Tanun 
Ijat  er  audj  bie  gejdudniid)  gemorbeneu  firdjtidieu  Sinridjtungen, 
mie  bie  Crbuuug  be3  ©otteSbienfteS,  ber  Jaufe,  be*  ©ebraucfjS 
Don  Silbern,  Orgeln  u.  bergl.  nur  fomeit  geaubert,  als  fie  mit  bem 
SBorte  ©otte*   in   biret'tem   SBiberfprudj   ftanben.     333er    nuiiue 


14 

nidjt  aud),  meldjeu  f daueren  Staub  er  mit  biefem  Sßrinciö  ben 
„©djiuärmern  unb  Üftottengeiftern"  gegenüber  fjatte,  unb  tote  un= 
enttoegt  er  itjnen  gegenüber  feinen  ©runbjatj  aufred)t  erhalten  f)at! 
916er  freiließ,  meint  aud)  ßutr)er  ben  äuf$ertid)eu  ßufamnten* 
rjang  mit  ber  Äircfje,  in  metdjer  er  geboren  mar,  51t  bematjren 
münfdjte,  fo  fann  er  benfelbcn  bod)  innertid)  $erriffen  rjaben. 
So  meinen  natürlidj  unfre  (Segnet.  ß$  fjanbelt  fid)  um  bie 
aufcerorbentltcrje  Sßrebigt  öon  SBarjrrjeiten,  bie,  a(§  bisher  nidjt 
geformt  ober  gar  al§  allgemein  Beftritten)  eine  neue  Offenbarung 
oorau§fe|en.";14)  ßt  marf  fid)  al§  neuer  SMigionSftifter  in 
bie  93ruft.  ßtma§  SReueä  foüte  t)eroorgebrad)t  werben'.35)  ß% 
tjat  ßuttjer  beliebt,  ba§>  (Soaugeüum  im  totalen  Sßiberfprud)  mit 
ber  ganzen  alten  Mirdje  be§  SKittelafterS  auSjutegen'.3")  .Seine 
neue  ßetjre',  jein  neues  ©üangelumt'  —  aud)  Sanffen  operiert 
unermübet  mit  biefen  üBenbungen.37)  Ob  unfere  ©egner  mit 
SRedjt  it)nt  biefen  SBortourf  madjen,  ba$  ift  eine  ber  großen 
fragen,  über  bie  51t  [treuen  fid)  mirftid)  ber  ÜRütje  öertotjnt. 
2)ie  2w§fid)t  auf  Erfolg  ift  babet  freilief)  nur  gering,  juntal  ba 
bei  ben  SRömifdjen  gar  munberlidje  SSorftettungen  fjinfidjtlid)  be§ 
33egriff§  „Weites"  511  eriftiereu  fd)eiuen.  2öir  faffeu  es  in  ber 
Xtjat  nidjt  mel)r,  meuu  mau  ettoa  un§  guruft:  $ber  f)at  benn 
(EljrtftuS  üfteueS  gelehrt?3»)  SebenfaftS  fönneu  mir  an  biefem 
Orte  un»  nietjt  auf  bogmatifd)e  Unterfudjuugen  eiulaffen.  ©oöiet 
aber  ift  getoife,  baf?  e§  nidjt  ßutJtjerS  SC b f t  et) t  mar,  eitoa§  in 
ber  d)riftlid)eu  .Slirdje  nod)  nid)t  ©cgtaubteS  51t  (etjren.  Sollte 
er  biefeS  bod)  gettjan  tjaben,  fo  mürbe  es  it)m  gegen  feinen  SSitten 
miberfat)reu  fein,  dagegen  alfo  proteftiereu  mir  tjicr,  bati  un§ 
Sanffen  eine  SReitje  öon  Steuerungen  ßutt)er3  §ufammenfteßt,  in 
benen  biefer  öon  feiner  ßci)re  atö  oou  etroa§  „feuern"  rebet,  unb 
baburd)  ben  ©inbruef  tjeroorbringt,  als  fei  ber  Reformator  barauf 
ausgegangen,  !tae§  511  teuren.39)  SSeij?  Sanffen  e§  bod)  beffer. 
flennt  er  bod)  felbft  e§  «ßutljerS  vorgefaßte  Meinung,  bafj  er  oou 
©Ott  berufen  fei,  bie  oerbunfette  unb  oerunftaltete  toatjre  ,V)aupt= 
lel)re  be§  (itjriftentumS  oou  neuem  (ut  oertüuben'.4")  „Sieben 
©ruber",  fd)reibt  ßuttjer  einmal,  „beult  janid)t,  bafj  id)  etma§ 
9leue§  tetireu  werbe.  3d)  6emüt)e  mid)  nur  bat)in,  baf?  id)  eud) 
in  ber  anfangs  juöorgegebenen  ßet)re  ermatten  möge.    3d)  miß 


1 


r 


end)  in  bor  Qsinfötntigfett  ftriber  bie  neuen  Sekret  erbalten."  3a, 
in  bem  Sinne  fjat  er  eine  Neuerung'  dorgenonnnen,  in  meld)em 
jener  .SKmftter  zttoaä  üfteuel  aufbrachte,  alä  er  ben  alten  ftalf 
entfernte,  mit  meldjem  man  ba§  herrlidie  JreSfogemätbe  an  ber 
SBanb  ber  Stircfje  übertünetjt  hatte.  3fo  sffiirflidjfeit  mar  ber 
„alte"  Siait  bat  SJceue,  *üaz  neue  SBÜb  ba§  Sitte.  @o  tjaben 
ßut^erS  2f)itn  nidjt  toenige  feiner  ßeitgenoffen  beurteilt.  2Bir 
üerroeifen  nur  auf  jeneä,  an  1.  SKofe  26,  14  —  1(.»  anhtüüfenbe 
fdjöne  ßieb: 

%b>  Goten,  (Srafen  unb  dürften, 
D  Äönig  unb  ftaifer  ,'öcrr! 
3)a3  libriftenöolf  tl;at  bürften 
Jiadi  eoangelifdjer  8e^r, 
Sebenbig  2Baffer  moltn  fie  f;aben. 
@ut  Brunnen  t;att  3faaf  gegraben; 
B^ilifter  bertoorfen  haben, 
Sie  Brunnen  jugcfüllt  mit  tfotfy; 
2(lfo  cS  je§t  and;  gebt: 
■^bilifter  fiabcn  fct)r  berloorfen 
Die  Brunnen  göttlicher  8e§r, 
Jn  Stätten  unb  in  S)orfen 
Äctn  lautre  Sßrebigt  mehr.  .  . 
D,  toa§  ift  neucS  oorfyanoen,  | 
2)a§  id)  mit  Jreuben  &ör? 
Biet  Jfaaf  finb  auferftanben 
Uns  ^u  gut  unb  ©ott  ju  ©fcr, 
SBBotlen  lebenbige  Quellen  Imben, 
Jiacb  lautrem  Sßaffer  graben, 
Damit  fie  unö  erlaben 
.Vcimlid)  unb  offenbar, 
©ott  geb'  ilmeu  biel  gute  x"Vibr!") 

2)a3  Sßapfttutn  liatte  diel  Neuerungen  angerichtet  unb  ba3 
foioenig  geleugnet,  bafc  es  [eine  Berechtigung  bagu  mit  bem 
SBibefoort  beteiieS:  ,,M)  t)abe  eud)  nodj  oiel  ,yi  [agen,  aber  iljt 
fönnt  e§  jelu  nodj  nierjt  tragen",  ßutljet  bat  bie  alte  ßerjte 
nnebet  ljetöotgebracf|t.  ÜRatürttdj  fam  baä  Sßieten  [einet  3e^ 
genoffen  mie  eine  Neuerung  öor.  St  aber  ruft  itjnen  ju:  „3ie 
antworten,  baS  [roa3  idj  lel)re|  fei  toibet  ben  alten,  (jetge 
brad)ten  ©tauben.  2BaS  ift  baä  für  ein  ©taube?  8Ba3  ber 
Sßapft  mit  feinen  Pfaffen  unb  äftöndjen  gtauben.    SBie  alt  ift 


IG 

ber  ©foube  ?  .ßrnei  ober  breiljunbert  Soljr.  2Bie  benn  tuet  neuer 
püpftlidjer  WctlM  aufgefommen  unb  eingeriffen  finb  bei  meinem 
©ebenfen.  S5enn  idj  gebenfe  nod),  bafi  in  tiefen  Äirdjen  unb 
Sanben  [bie  SSereljrung  ber]  8t.  Stnna  nidjt  befannt  mar.  .  . 
Sßeldjeä  atteS  man  bei  iljuen  fjeifst :  SJer  alte  Ijergebradjte  ©taube. 
gürmafjr,  ein  fdjimer  ©laude,  ber  nidjt  fo  alt  ift  al§  ein  SOiann  üon 
fedj&ig  ^afjren!  Slber  ift  e§  nidjt  berpriefjtidj,  bah  be§  iperrn  Söort, 
ja  ber  fjeißgen  Sßäter  unb  s^ropfjeten  öon  Slnfang  ber  SEBeft,  bei 
benen,  bie  fidj  (Ifjriften  Ijeifjen,  folt  Ijeifjen  ein  neuer  (Staube? 
3)enn  mir  nidjt§  anber§  prebigen  nodj  prebigen  motten,  benn  mos 
bu  felbft  in  ber  ©djrift  ber  ^ropfjeteu  unb  Stpoftel  lieft."  *-)  SSenn 
er  fo  immer  mieber  behauptet,  fo  muf$  bod)  ber  blöbefte  SBerftanb 
üerftefjen  fünnen,  marum  er  and)  einige  mal  feine  Setjre  „ettoaS 
Weites"  nennt,  -^odjmut  unb  ©treitfudjt  Ijatte  man  itjm  t>orge= 
morfen,  meil  er  flüger  fein  molle,  als  feine  ^eitgenoffen.  „333er 
lueifj  nierjt,  antwortet  er,  baf?  ot)ne  §odjmut  ober  bod)  obne  ben 
Huf  d)  ein  oon  ,£odjmut  unb  Streitfudjt  nie  etwas  !Keue§  oor= 
gebradjt  »erben  fann?"43)  fgkx  fjanbelt  e§  fid)  nidjt  um  bie 
Q-rage,  ob  feine  Seljre  etma»  abfolut  üfteue§  ober  fdjou  in  ber 
fjeiligen  Sdjrift  gelehrt  unb  nur  mieber  öergeffen  ift.  ©onbern 
oon  beut  ©inbrutf  rebet  er,  ben  feine  Seljre  auf  feine  ßeit? 
gen  offen  madjen  muffte,  gür  biefe  mar  fie  etroaS  DJeue», 
unb  mer  fie  oerfodjt,  fdjien  fidj  über  bie  ßeitgenoffen  gu  erbeben 
unb  ftreitfüdjrig  ju  fein.  (£§  mar  nidjt  anberS  mbglid).  ©afyer 
grämte  fidj  Suttjer  nidjt  über  foldjen  SSorttmrf.  „SBenn  aud) 
bie  leibhaftige  ©emut  üfteueS  unternehmen  mürbe,  fo  mürbe  ib,r 
auf  ber  ©teile  ba§  ßafter  be§  $odjmut§  oon  benen,  meld)e 
anberä  beuten,  nadjgefagt  merben". 

35oct),  behauptet  nidjt  Sutfjer  felbft  maudjinal,  er  leljre,  mic 
feiner  feit  laugen  ßeiten  geletjrt  Ijabe?  Sefen  mir  nidjt  bei  ifjm, 
4^)eutfdjlanb  Ijabe  feit  ben  Sagen  feiner  Eljriftianifierung  6i§  auf 
iljn  nodj  gar  fein  (Sljrifteutum  befeffen ;  erft  jettf  fei  baä  öoan= 
gelium  in  feiner  erften  ffteint)eit  fommen'?44)  SCBte  man  bodj 
einem  Sutt)er  atte§  ju  oerbreljen  Weift!  @r  rebet  in  ber  ange= 
geführten  ©teile  mit  feiner  Silbe  oon  fidj  felbft;  er  rüljint  nur 
i>a$,  ma*  anbere  oor  il)in  getljan  baben.  @r  fdjreibt  „an  bie  9iat§= 
berrn  aller  Stiibte  in  Teutfdieu  Sanben,  baf?  fie  cbriftlidje  ©dürfen 


17 

pjifridjten  nnb  galten  foüen",  in  metöjen  bie  Sugenb  and)  in 
ben  fremben  3prad)en  unterrichtet  werbe.  SKI  öor  feiner  ßeit 
baä  3tnbinm  ber  3prad)en  mieber  aufgelebt  fei,  „habe  niemanb 
getoufjt,  tooju  baz  bienen  mürbe,  bar,  e§  nämlidfc)  um  be§  (5öan= 
gefiumS  mitten  gefdfcjefje,  melcbee  ©ott  bjernad)  fjabc  offenbaren 
mallen".  „SBeit  jefet  bie  3pradien  (jeröorfommen  finb,  [weif 
man  mieber  bie  SSioel  in  ben  Urterten  ftnbieren  fann,]  bringen 
fie  ein  foldjel  Sidjt  mit  ftcf)  nnb  tl)itn  folcfjc  grofee  2)inge,  baft 
fid)  alle  SBeft  oermnnbert  nnb  befennen  mufe  bak  mir  ba*  (£uan= 
gelium  fo  (auter  nnb  rein  baben,  faft  all  bie  Styoftel  gehabt 
baben,  nnb  gang  in  feine  Sftemigfeit  fommen,  gar  nie!  retner, 
benu  e§  jur  3°^  ©*•  ^ierontimi  ober  Stuguftini  getoefen  ift".45) 
Sllfo  nur  baüon  rebet  er,  bafj  bie  größere  3prad)fenntni§  jur 
reineren  ©rferattniS  be§  göttlichen  SBorteS  gebieut  bat.  Unb 
natürfid)  jagt  er  nid)t,  bie  „3prad)en"  feien  tum  il)in  mieber 
anS  ßidjt  gebracht.  SScIct)  ein  f)eif?e*  Verlangen,  d)n  ju  oer= 
leumben,  miiB  nun  feine  ^einbe  befeelen,  menn  etma  einer  ber= 
felbcn46)  51t  jenen  SBorten  fdjreiot:  ,11m  8utf)er§  ßüge  §u 
branbmarfen,  genügt  e§,  rjinpmeifen,  bafi  bie  „3prad)en"  iiicr)t 
erft  bnrd)  ßutfjer  formen'! 

hieben  ber  rein  reformierenben  Xbiitigfeit  aber,  neben  ber 
SUJfteßung  tum  „9Jäfmrändjen",  fann  öutfjer  nodj  einen  anberen 
Shtfjm  für  ftcf)  in  Wnfprud)  nelnnen.  Gsr  fdjreiöt  einmal :  „Tiefe 
jtoei  Sßrebigten  ober  SBorte  [©efefc  nnb  Gsoangelmm]  mufet  bu 
mof)[  nnterfd)eiben  nnb  erfennen.  Tenn  ttfj  fage  bir,  bafs  anfeer 
ber  Schrift  bisher  fein  SBudtj  gefd)rieben  ift,  and)  mm  feinen 
^eiligen,  ba*  oorrjanben  fei,  barinnen  btefe  gmei  Sßrebigten 
red)t  unterfebieben  mären  gel)anbelt;  ba  bod)  grone  SJcadjt  an 
liegt  ju  luiffen".17)  ^sa,  auf  melobem  SBege  ber  üDcenfdj  baju 
fommt,  ©ott  für  fid)  ju  baben,  btö  finben  nur  aufjer  in  ber 
.^eiligen  Scbrift  in  feinem  ber  oorbanbenen  Söüdjer  fo  flar  gelebrt 
mie  bei  8utt)er.  Ter  SBeg,  ben  biefer  afö  jum  ^tele  fiibrenb 
barfteltt,  ift  ber  eine  nnb  felbe,  auf  luelcbem  \u  allen  3^01  — 
anel)  unter  beul  Sßapfttfmm  —  bie  3eligfeit  gefnnben  ift.  tCber 
a\%  ßefjre  fafUmr  formuliert  nnb  oorgetragen  bat  biefen  SBeg 
feiner  feit  ber  Stpoftel  Jagen  fo  flar,  fo  beni  SBerftänbniS  er* 
fd)loffen  mie  er. 

SBoU^er,  SutQerS  Beruf.  ■> 


18 

-Taft  ©taube  an  Sefutn  ßfjriftum  notroenbig  [et,  um  bor 
©ott  geredjt  unb  affo  jetig  §u  merben,  mürbe  aucfj  im  9)cittef= 
alter  gelehrt.  Stber  mie  roar  e§  näfjer  51t  beftimmen?  R  ur 
©taube?  2Bie  ift  e§  51t  erklären,  bajj  bie  -Jpeifige  ©dfjrift  batb 
©tauben,  batb  Sßerfe  forbert?  3ft  bietteicfjt  beibeS  nötig? 
2Befd)e3  benn  juerft?  Ober  tote  fonft  berfjalten  ficf)  bie  betben 
31t  etnanber?  2öa§  ift  eigenttid)  „©taube"?  9BaS  finb  „gute 
SBerfe"?  2Bie  diel  fönnen  mir  tfjuu  §ur  ©rfangung  ber  ©efig= 
feit?  2öie  biet  tmtfe  ©ott  atiein  tf)itnk?  Seber,  ber  fetig  mürbe, 
fjatte  baZ  Ridjtige;  aber  nur  al§  [S5efi|  be§  ^ergenS, 
norf)  nidjt  af§  95eft|  be§  SBerftanbeS,  af§  begriffliche  $ormu= 
tierung.  ?(uf  alt  jene  fragen  Itare  5(ntmurten  gefunbcn  unb 
gelefjrt  51t  fabelt,  ba§  eben  ift  Sutfjerä  SBerf.  (Sr  fanb  fte 
burdj  ben  ©egenfatj  gegen  bie  berfeljrtett  3(ntmorten,  roefcfje  er 
gu  feiner  3e^  ju  fjören  befam,  meldjc  eben  beut  miberfpradjen, 
ma§  er  in  Uebereinftimmung  mit  ber  Zeitigen  ©djrift  erfahren 
fjatte  unb  nun  af§  $er&en§gtauben  befaft.  Snbettt  er  jene  faffdjen 
Sfntmorten  prücftoie§,  mürbe  er  (tttefjr  unb  mefjr  fidj  fetbft  Kar 
über  ba%,  ma§  er  nadj  ber  ßelfcjre  be§  Gerrit  unb  ber  Stpoftef  im 
^jergett  fjatte,  mürbe  er  mefjr  unb  mefjr  befähigt,  biefe  2Bafjr= 
fjeiten  fo  %a  f efj reu,  mic  feit  fangen  ßeitett  deiner  fie  getefjrt 
f)atte.  Unb  um  biefe§  SßmtfteS  mitten  ift  er  mef)r  ats>  ein  blofjer 
Reformator,  mefjr  al§  (Siner,  ber  nur  SKifjbräudje  abgefteltt  fjat. 
Um  biefeä  fünfte*  mitten  I)at  er  in  ber  23)at  eine  „meltuim 
faffenbe  äftiffion"  gefjabt.  Um  biefe§  fünftes  mitten  mürbe 
Rom  |burd)  ßutfjer  51t  einer  uuenbtidj  fofgenfdjmercn  ©ntfdjeibung 
gezwungen:  es  nutzte  nun  enbgüttig  müfjlen  jmifrfjen  ben  oer= 
fdjiebenen  3(ntmorteu  auf  jene  toidjtigfte  aller  fragen.  Sßäfjrenb 
ba§  Sßabfttttm  6il  baljin  bie  ©ittgefljeitett  biefe.3  ßefjrbunfteg  nod) 
in  einer  gemiffeu  Unbeftimmtfjeit  getaffett  fjatte,  muffte  eS  nun 
entmcber  ber  ßeljre  ßutljerS  juftimmen  ober  bie  eutgegcugejeMen 
9(ufid)ten  mit  auäbrücflidjen  Sßortett  jur  allein  gültigen  &irdjen= 
lefjre  ergeben.  Um  biefeS  Sßtmfte§  mitten  fjat  ßutfjer  eine  für 
äffe  Reiten  bfeibcnbe  SSebeututtg:  e§  fanit  nun  deiner,  ofjne 
empfinblidjen  8djaben  51t  leiben,  ßutfjerS  ßeljre  unbeadjtet  laffen, 
meuu  er  flare  Wutmort  auf  bie  ^rage  fudjt:  „SBaS  ntitfj  idj  tfjiin, 
bau  idj  fetig  werbe?" 


19 

So  fjat  beim  ßuttjer  einerfeitS  bie  burd)  Slufnaljme  oon 
Steuerungen  in  ber  römifdjen  ilirdje  ^erriffene  Kontinuität  im 
Sljrtftentum'  burd)  Üutdtefjr  51t  ber  alten  Setjre  mieber  angefnüöft 
linb  rjat  anbererfeitS  rjinfidjtlid)  eine§  §auptöunfte§  ber  d)rifttid)en 
ßetjre,  welcfjer  nod)  uicfjt  burd)  ein  firtfjlidjeS  ©taubenSbefenntniS 
formuliert  mar,  bie  in  ber  ^eiligen  Scfjrift  enthaltenen  2Barjr= 
Reiten  ju  einem  feften  ßeljrgangen  jufantntengefügt.  Witt  and) 
hjermit  wollte  er  nidjt  einen  SRtft  in  bie  Äirdjc  bringen.  SoerS 
behauptet  nirfjt  unridvtig:  ,2oStrennung  oon  ber  $irdje  wollte 
ßuttjer  gang  gemifi  bamal§  nicfjt.  3m  ©egentetl,  er  wollte  feine 
Sbeen  jur  §errfcr)aft  in  berfelBen  bringen'.48)  Üftodj  genauer  ge= 
rebet  war  fein  Stbfeljen  eigentlich)  garnidjt  auf  bie  grofee  SDtoffe 
ber  in  ber  fatrjotifdjen  ftirdje  Söefiublidjen  gerietet,  fouberu  im 
wcfentlidjeu  tjatte  er  nur  eine  beftimmte  ftlaffe  unter  itjnen  im 
eilige,  ©en  burd)  il)re  ©ünbe  „geängfteten  ©etftern  unb  §er* 
fdjlagenen  ^ergen"  fonnte  bie  bisherige  &ircf)enlef)re  nid)t  tlare 
SBeifung  geben;  tiefen  wollte  er  ben  Sßeg  gutn  ^rieben  für  irjre 
Seele  geigen.  „£afj  id)  l)ier  genrinne  unb  jtegljaft  obliege  wiber  ben 
Sßapft, . . .  baS  ad)te  id)  nid)t  grofs",  jagt  er.  „2)a§  [bietmetjr]  ift 
mein  $leif3,  bah  id)  bie  ©etoiffen  gern  ruften  unb  ftärfen 
toollte  toiber  SatanaS  in  ber  Staube,  wenn  e§  Sterbens  gilt, 
unb  bafs  id)  biefelben  lel)rte  beftelm,  toeun  fie  follen  beftel)n  üor 
beut  ^tdjterftul)!  (£f)rifti,  bei  9Kenfd|enfotme§''.49) 

^arnm  aber  touftte  er  fiel)  aud)  @in§  mit  beueu,  toeld)e  bor 
il)m  beufelbeu  2Beg  §um  -Speit,  ben  er  prebigte,  gefitubeu  Ratten 
unb  gegangen  inaren.  Sftur  wenn  man  baS,  wa§  ber  Sßapft  mit 
feinen  Stnfjangern  ol)ue  unb  gegen  bie  ^eilige  Sdjrift  lehrte,  ins 
Sluge  faftte,  war  ba§  SBanb  oon  ber  Stöoftel  lagen  bis  31t  feiner 
3cit  jerriffen.  hieben  ben  Irrtümern  aber  war  in  ber  föirdje  bei 
sDcittelalterS  nod)  sIi>atn1ieit  genug  übrig  geblieben,  \o  bat  es 
nicht  unmögltd)  getoefen  mar,  ben  fetigmadjenben  ©tauben  ai;d) 
tu  il)r  31t  erlangen.  Xcuu  Wahrer  ©taube  t'auu  neben  oiel 
Irrtümern  öorrjanben  [ein.  Tie  abfotute  Äonfequenj  beS  (Glaubens, 
bie  allen  Srrtum  auSfcrjlicfn,  fiubet  fid)  wohl  niemals  ©at)er 
behauptet  Sut^et  immer  wieber  baS  Xoppelte,  einerfeitö  in  ©e 
jug  auf  bie  ftirdje  bei  Mittelalter»  im  ©angen,  baf?  fie  bie 
.vpauptartifel   beS  ©taubenS  in  ben  chriftlicheu  Sefenntniffeu  unb 

2" 


20 

bie  äftittel  be£  $eil§,  bie  fettige  Sdjrift,  bie  Xaufe,  bas  9tbenb* 
mal)l  feftgefjalten,  meungletcf»  itjre  roarjre  Söebeutung  mannigfadj 
öerbunielt  fjabe;  anbererfeit§  in  Sejug  auf  bie  ©in^elnen,  bafc 
e§  51t  allen  gehen  tt>al)rf)aft  ©laubige  gegeben  Ijabe.  „®ott  r)at 
mit  9J?acf)t  unb  SBunber  erhalten,  baf?  bennod)  unter  bem  ^ßapft^ 
tum  geblieben  finb  bie  Ijeilige  £aufe,  auf  ber  Mangel  ber  £e£t 
be§  rjeitigen  ©bangeliumS.  .  .  SBo  nun  foldje  Stüd'e  nod)  geblieben 
finb,  \>a  ift  genüf?tid)  bie  ®ircr)e  unb  etlidje  .speilige  blieben.  S)a* 
rum  ift  l)ier  gettrifjtid)  Gt)riftu§  bei  ben  ©einen  gemefeu  mit 
feinem  ^eiligen  ©eift  unb  Ijat  in  i()uen  beu  Ijeiligen  ©tauben 
erhalten. " 50) 

Sfaitürtidj  finb  fotdje  Urteile  £utt)er§  feinen  ^einben  unbegreiflich 
^uid)  il)rer  ?lnfd)auuug  ift  ja  bie  Seligkeit  be£  ©ingelneu  ab= 
Ijängig  mm  feiner  ßugerjörigfeit  31t  ber  äußerlichen  &ird)euge= 
meinfdjaft.  2öie  fällten  fie  e§  faffen  tonnen,  baf?  Suttjer  Solche, 
metdje  äufcerlidt)  ber  mm  ifjm  „Satansfirdjc"  genannten  Stnftalt 
angehörten,  bod)  für  Ijeilig  unb  feiig  gehalten  fjat!  So  nmnbern 
mir  un§  garnidjt,  meint  fie  fotdje  anerteuuenben  SSorte  £ut£)er§ 
für  42öiberforüd)e'  gegen  feine  fouftigeu  Slnfdjauungen  elitären;51) 
ober  wenn  fie  biefelben  al§>  einen  .Söewets  bafür  anfeljen,  bafj  er 
fid)  tro|  aller  33emül)ungen  im  ©emiffen  nid)t  öon  ber  f)etmücf)eu 
Ueoer-jeugung  losmadjen  tonnte:  ^Tie  Äirdje,  bie  bu  fdjmäljft 
unb  jeroredtjen  millft,  ift  bennod)  bie  alte  matjre  föirdje  be*  @t>ange= 
lium§' ; 52)  ober  wenn  mau  biefelben  barau§  erflärt,  baf?  er  joldje 
SBorte  in  lidjteren  $lugeublid'cu  ober,  mie  er  felber  nidjt  feiten 
fid)  ausbrüdtc,  im  uüdjternen  ßuftanbe  nidjt  prütfget)alten' 
t)abe.53)  2Ü6er  all  biefe  (SrHärungSberfudje  einer  bebauern§= 
merten  Sftatlofigfeit  jdjeitcrn  au  ber  einen  SDjatfadje,  baf?  bei 
Sutljcr  unmittelbar  bor  unb  uacl)  berartigen  StuSfprüdjen  über 
ba$  @ute  in  ber  mittelalterlichen  Äirdje  bie  atlerfdjärfften  §Ber= 
bammuugöurteile  über  biefetbe  ftirdje  fid)  finben.  So  tjat  er 
nur  ber  eben  angeführten  Stelle  babon  gerebet,  baf?  „etlidje 
Sünbflut  mm  allerlei  9tafdt)enlef)re,  bal  ift  ßügen,  Strtum, 
Abgötterei  unb  ©reul  eingeriffeu"  gemefen  fei;  nub  uad)  ber= 
felbeu  rebet  er  mieber  babon,  mie  an  „foldjer  tjeiligen  Stätte  [in  ber 
.Siirdje]  ber  ©reul  beS  XeufelS  ftel)e,  über  alle  äRafjen  genau  ba= 
rin  gemengt,   baf?   ol)ne  ben  beiligen  ©eift   iüd)t   müglid)   ift,   fie 


21 

tion  ber  Jjjeiftgen  ©tätte  ju  imterf Reiben".54)    SBiStoeilen  fafct  er 

fogar  Leibes  in  einen  emsigen  San  jufannncn:  „Xemnad)  oer= 
toerfe  unb  öerbatmne  id)  and)  a(3  eitel  Teufelerotteu  nnb  3rr= 
tum  alle  Drben,  Kegeln,  .suöftcv,  ©ttfte  nnb  toa§  bon  3Kenfd^en 
über  unb  außer  ber  Sdirift  ift  erfunben  unb  eingefe|t,  mit 
©elübben  unb  Sßfltdjten  berfafjt;  obgleid)  oiel  großer  fettigen 
barin  gelebt  unb  ali  bie  'Husermtiblteu  ©otteä  jit  biefer  3int 
baburdj  berfüljrt  unb  bod)  enblid)  burd)  beu  ©lauben  an  Sefunt 
(Srjriftum  crlöft  unb  entronnen  fiub".55)  9Ucf)t  alfo  berteiteu  fid) 
bei  if)in  ßob  unb  labd  über  bie  mittetatterftdje  Svircfje  auf  bie 
lidjteren  unb  bie  bunfleren,  bie  nüchternen  unb  bie  trunfenen 
^htgenbtufe'  [eine!  ßebenS  —  beim  s)aid)tern()eit  nad)  einem 
SRaufdje  tritt  nid)t  [0  momentan  ein  — ;  Jonbern  mit  einem 
Söftcfe  bat  er  beftänbig  58etbe§  erfaßt,  meuu  er  aud)  öfter  Urfadje 
(jatte,  auf  ba§  Sd)(ed)te  bin^umeifeu,  ba§  in  bie  ilirdje  einge= 
brungen  mar,  als  auf  baz  ©ute,  bai  in  irjr  erhalten  mar.  Unb 
meuu  man  bie  ?(usflud)t,  er  t)abe  nur,  üt  nüdjternent  guftaube' 
günftiger  über  bie  Äirdfje  geurteilt,  bamit  begrünbeu  null,  bafj 
mau  Jagt:  ,2)enn  foldje  ßugeftänbntffe  maren  beu  Sntereffen 
feiner  Neuerung  gäu^ttd)  ^umiber',  fo  bemeift  man  bamit  nur, 
baß  mau  oou  beu  ^ntereffeu  ßutljerS  unb  öou  feinen  Neuerungen' 
nidit  ba$  ©eringfte  begriffen  bat.  Senn  eben  in  bem  Csutereffe 
ßufljerS  lag  es,  an  bem  in  ber  ,Siird)e  gebliebenen  ©uten  nady 
jutnetfen,  baß  er  feine  Neuerungen  ooruetimen,  fouberu  nur 
bem  metjr  ober  meuiger  uuterbrücften  unb  nad)  flarer  StuSfbradje 
feufeenben  ©uten  jum  Siege  berfjelfen  moltte;  Darzulegen,  bau 
baSfetbe  £er$Mui  be3  ©(aubenS  \n  allen  Qtiten  in  allen  mabreu 
(ihrifteu  putfiert  babe.  äßte  aber  follen  mir  nur  faffeu,  bau 
Rannen  angefiebt*  aller  augebeuteten  Haren  StuSfbriufje  ßutljerS 
ju  fd)rcibeu  oermag ,  biefer  babe  ,bie  SBorftetlung  ausgebilbet, 
bau  nur  ber  (Eröffnung  boc-.  neuen  SbangeßumS  gteidjfam  ein 
biaboüfdjes  äRiflennium  in  ber  .stirdie  geberriebt,  ber  Satan  babe 
baS  3(mt  übernommen,  meldjes  nad)  Den  eoaugelifdieu  Sßer* 
beifmngen  bem  hrligeu  ©eift  hatte  .mfalleu  follen'?56) 

SCBir  babeu  bie  Stnttnorten  nnierer  ©egner  auf  bie  ,~yrage, 
moju  fid)  ßutfjer  für  berufen  bielt,  als  irrig  eit'auut.  Sie  babeu 
bie   tum   ilmt    iüd)t   beabfidüigteu  folgen  feinem  Vluftretens,  bau 


22 

er  eine  mettumfaffenbe  SRiffion  gehabt  t)at,  bafj  bie  ®ird)e  ge= 
[palten  mürbe,  bafe  feine  2ef)re  als  eine  Neuerung  bezeichnet  unb 
berroorfen  ift,  ate  bo§  ßtet,  bem  er  zuftrebte,  ba§  gu  erreichen 
er  fiefj  für  berufen  rjieft,  angefefjen. 

Sit  SBaFjrfjeit  aber  fjiett  er  ntcr)t§  anbereS  für  feinen  93eruf, 
aU  bie  ^eilige  ©cfjrift  ju  erftaren  unb  bie  in  ir)r  enthaltene 
SBarjrrjett  gegen  SStberfprucr)  311  üerteibigen.  9ftocf)ten  bie  folgen 
fein,  roetd^e  ba  moltten;  er  fufjr  in  biefer  feiner  £r)ätigfeit  a(§ 
in  bem  üon  ©Ott  ifjm  auferlegten  Berufe  fort.  2Sar  nun  biefe 
feine  Ueber^eugung  berechtigt?  2Bir  fragen  na  et)  ber  £egiti= 
niation  31t  feinem  33eruf. 

26tc  Jjat  Cutter  i>ic  ©ercdjtigmtg  $u  feinem 
Berufe  uac^gcttiicfen  1 

3n  ein  roarjreS  Sabrjrintr)  aber  fdjeinen  mir  mit  biefer 
grage  hineinzugeraten,  menn  mir  ben  Slnttoorten  ber  römifdjen 
©cfjriftfteller  ©tauben  fdjenfen  bürfen.  SDftt  auffaüenber  lieber* 
einftimmung  behaupten  fie,  Suttjer  fyabt  feine  /Angabe  über  bie 
eigene  SDftffion  in  öterunbgtDanjig  Satjren  ntcrjt  meniger  at§  bter= 
gerjnmat  geänbert'.57)  SDton  bebente,  ma§  biefer  Sßorttmrf  fagen 
miü!  (Soroenig  tonnte  er  einen  fietjern  ©runb  für  fein  Sohlen 
finben,  bafc  er  unaufrjürlid)  nad)  neuen  fRec^tferttgungSgrünben 
fudjen  tmtfjte.  Steinte  er  eben  fein  (©emiffeu'  beruhigt  zu  tjaben, 
fo  nutzte  er  51t  feinem  ©dfjrctfcn  eütferjett,  bafc  er  auf  Sanb 
gebaut  rjatte.  Unb  bod)  mar  er  oerftorft  genug,  audj  bann  nod) 
nidjt  oon  ber  ©üubtjaftigfeit  feinc§  §Borgerjert§  fid)  überzeugen 
gu  taffen.  ÜBielmefjr  griff  er  nad)  einem  neuen  ©trotjrjatm  oon 
S3emei§  für  feine  Segitimatiou,  bi§  er  in  OTbe  ertannte,  bafs 
aud)  biefer  irjn  nid)t  oor  bem  9(bgrunbe  ber  SBergroetflung  retten 
tonne. 

Söttinger  ift  e§,  metdjer  jene  (Sutbedung  gemadjt  unb  311111 
©djufce  Sftomä  ber  SCBett  funbgetban  t)at.  «Serjen  mir  benn  bei 
trjtn  ivl,  mie  er  biefes  erfdjütternbe  ^biergerjnmal  geänbert'  Ijerau§= 
red)net ! 

3u  unferer  großen  SBerurjigurtg  finben  mir,  baft  2)üUiuger 
nid)t  biergerjn  berfdjiebene  Meinungen  SutfjerS  über  ben  fraglidrjen 


23 

^unft  gefunben  fjat,  toie  toir  nad)  obiger  Stngabe  ertoartet  fjatten, 
fonbern  im  ©anjen  nur  bereu  fttoei.  3)a  er  aber  bei  Sutljet  oier= 
^erjn  oerfdjiebene  ©teilen  gefunben  fjat,  in  benen  balb  bie  eine, 
balb  bie  anbere  biefer  beiben  Meinungen'  geäußert  ift,  fo  nennt 
er  ba*  oier$efmmatige  SKeinungSänberung.  Unb  febeu  nur  uns 
biefe  beiben  Reiben  oon  Weiterungen  na  ber  an,  fo  finb  e§  feinet 
toegS  jtoei  o  er  fd)t  ebene  ÜJtteinungen.  «^ätte  ©ötttnget  nur  ein 
roenig  genauer  jufeljen  tootten,  fo  bätte  er  fagen  muffen,  fintier 
fjabe  oftmals  in  ein  unb  berfelben  ecrjrift,  btStoeüen  fogar  in 
ein  [unb  bemfetben  Sähe  ,feine  SDfeinung  geänbert'.  £arau§ 
bätte  er  bod)  fdjon  febjen  fönnen,  ba))  in  £utf)er§  Singen  biefe 
beiben  Reiben  bon  Stu§fagen  fief)  feine§roeg§  toieberföredjen,  bau 
berfetbe  oielmebr  an  Den,  toeldjer  ©otte§  SBort  öffentlich  oer«= 
füubigen  will,  §toei  $orberuugeu  ftellt,  toetdje  beibe  erfüllt  fein 
muffen.  ^8aib  faßt  er  biefelben  in  ein§  jufammen,  tote  in  ben  oben 
angeführten  SBorten  §ur  (Srflärung  ber  ©teile  3ob,auni§  7,  I6.58) 
SBalb  betont  er  nur  einen  biefer  fünfte.  2)enn  jroei  klaffen 
oon  ©egnern  ftanben  if)m  gegenüber  SDie  einen  toaren  bie 
papifttfdjen  ®eiftlicf)en.  „Sie  fitzen  im  $(mte  gleidj  tote  id)", 
fagt  er;  „fo  ift  e§  bennod)  nid)t  genug  baran,  fie  follen  auefj 
®otte§  s^ort  ba^u  für  fidj  getotfc  l)abeu."  Segen  fie  alfo  febrt 
er  jene  jtoeite  5Ln'oeruu3:  s^ur  toev  beffen  getoifc  ift,  bafl  er  bie 
Sßatjtljeit  babe,  barf  baüon  jeugen.  2)ie  anbeten  toaren  bie 
feftirerifdjen  Sßrebiger,  „bie  oon  beut  beiligeu  ©etft  oiel  rütnneu". 
3(ber  baS  allein  ift  aud)  nid)t  genügenb.  ©egen  biefe  febrt  er  bie  erfte 
$orberuug:  sJcur  toer  orbnungSmäfjig  baju  berufen  ift,  barf 
öffeuttid)  orebigeu.  Qfene  oierjefjnmatige  Slenberung  eriftirt  alfo 
nur  in  ber  römifcfjen  ßutljertegenbe,  nidjt  aber  in  SBirftictjfeit. 

freilief)  fdjeint  e§,  afö  babe  er  feiner  feften  Siegel  jtoei 
SfaSnafunen  hinzugefügt,  ©r  fagt  niimlid)  einmal:59)  „SBemt 
ein  (Sbrift  ift  an  einem  Drt,  ba  feine  (ibrifteu  finb,  ba  bebarf 
er  feinet  anberen  SöerufS,  benn  baf?  er  ein  Sfjrift  ift,  intoenbig 
oon  ©ott  berufen  unb  gefalbt;  ba  ift  er  fdjulbig,  ben  irreuben 
Reiben  ober  Undjriften  ju  prebigen  unb  \n  lehren  baS  (Soange 
liuni  auS  sJ$flid)t  brüberlicber  Siebe,  ob  ifm  fd)on  fein  ÜKenfdj 
ba^it  beruft."  Hub  fagt  fobann :  „3a,  ein  Efjrifl  bat  fooiel 
9Jiad)t,  bau  er  and)  mitten  unter  ben  ISbriften,   unberufen  burd) 


24 

ÜKenfdjen,  mag  uub  foH  auftreten  unb  teuren,  mo  er  ftefjt,  bafj 
ber  ßeljrer  bafclbft  feljlt;  bodj  fo,  bafe  e§  fittig  unb  §iicf>ttg  §u= 
ge()e."  ?(ber  bie  je  beiben  6ä|e  fügt  er  nur  barum  tjingu, 
bamit  man  ba§  über  bie  an  einen  öffentlichen  Sßrebiger  gu  ftellenben 
gorbcrungeu  ©efagte  nidjt  weiter  erftrede,  als  es  gemeint  ift,  nidjt 
atfo  auf  biejeuigeu  $ü(le  ber  9cot,  mo  aud)  gläubige  Saien  ber 
SBaljrljeit  nt  gut  nidjt  fdjWeigen  bürfen.  Sind)  au  biefer  Stelle 
behauptet  er  mit  Seftintmttjeit:  „SSenn  ber  (Sfjrift  aber  ift,  ba 
Gfjriften  au  beut  Ort  finb,  bie  mit  ifjtn  gleite  sDcad)t  unb  9ied)t 
fjaben,  ba  fott  er  fidj  nid)t  Ijeroortrjun,  fonberu  fid)  berufen  unb 
rjernoräierjen  taffen".  Unb  mie  man  fiefjt,  fjaben  tiefe  ?(u§= 
nahmen  mit  l'utljefä  SBeruf  nichts  31t  tljun.  SBenben  mir  benn 
3unäd)ft  jene  Sieget  SntfjcrS,  bafj  mau  orbnungSgemäfj  berufen 
fein  muffe,  auf  irjn  felbft  an! 

2>ielleidjt  merben  mandje  eine  Erörterung  biefer  ^tage  für 
unruidjtig  galten.  335te  man  tjeutjutage  bie  2Barjt  be§  §u  ergreifenbeu 
Berufes  nidjt  feiten  in  bas  fubjeftine  belieben  be§  ©ingelnen 
gefteltt,  nidjt  aber  bttrd)  bie  üufiertidj  marjrnerjmbare  ^erfunft, 
Sßeranlagung  ubgt.  fidj  für  gebunben  erad)tet,  fo  meint  man 
aud)  t)äufig,  ba§  ^Rcdjt  ntr  SluSüüung  einer  bcftimmteu  Xrjätigfeit 
nidjt  erft  öon  aufeertidj  mab,rneljutbaren  ^aftoren  fid)  erteilen 
taffen  ni  muffen ;  fonberu  in  ber  guten  9(bfidjt,  öon  metdjer  man 
geleitet  Wirb,  in  beut  bringeuben  ÜBebürfniS,  WetdjeS  man  mat)r= 
ntnetjmen  meint,  in  bem  guten  (Sirfolge,  toetdjen  man  $u  erzielen 
ermartet,  glaubt  man  l)inreid)enbe  ^Berechtigung  511m  Vorgeben  in 
einer  beftimmten  SBegieljung  nt  befreit.  SQBir  l)aben  an  biefem 
Orte  nidjt  bie  Stidjtigfeit  biefer  Stnfdtjauungen  51t  unterfudjen, 
fonberu  nur  l)enior(uitjeben,  bafs  Suttjer  bicfclbeu  nidjt  geteilt 
l)at.  9tuf§  flarfte  fjat  er  bie,  aud)  feinen  ©egnern  eignenbe 
Ueber^eugung  vorgetragen,  bafj  mau  ntr  STuSübüng  einer  firdjtidjen 
Ifjätigfcit  nidjt  nur  eine§  „innerlichen  SSerufS",  fonberu  aud) 
einer  äufu'rlidj  gefdjeljeuben  ^Berufung  bebürfe.  (Sr  (jat  bie8  mit 
foldjer  (Smpljafc  behauptet,  baf?  mau  flar  erfennt,  e2  mar  für  iljit 
nidjt  nur  eine  abftrafte  2)oftrin,  fonberu  aud)  ba§  (Srgebni-3 
einer  inneren  (Erfahrung.  (Sr  Ijatte  felbft  cmpfunben,  bafj  mau 
mit  beut  beftgemeiutcn,  fdjeiubar  bringenb  notmenbigeu  SBirfen 
in  SBerjttieiflung  geraten  tonne,  menu  man  nidjt  orbnungStnäfjtg 


25 

ju  bemfelben  berufen  fei.  Xarum  ttmrnt  er:  „SBenn  ©Ott  biet) 
nicfjt  forbert  511  einem  SBerf,  mer  bift  bu  9Zarr,  baß  bu  bir  eS 
barfft  Domernnen?  3U  f»11'1"  flutcu  Sötetf  gehört  ein  getöiffer 
göttlidier  SBeruf  unb  niebt  eigene  Slnbadjt,  toeldjeS  man  rjeifst: 
eigene  ?lnfd)lage.  @S  mirb  benen  fauer,  bie  gettrifjen  SBeruf  non 
@ott  baben,  bafj  fte  etttJaS  ©ute§  anfangen  unb  ausrichten, 
obmobl  ©ott  bei  ifjncn  unb  mit  ifynen  ift.  2Ba§  fottten  benn 
bie  unfinnigen  Darren  tfntn,  bie  otyne  SBeruf  binan  raolien."60) 
„Sa,  toenn  bu  meifer  unb  Hüger  märeft,  beim  Salomo  unb 
Taniel,  botf)  follft  bu  baöor  fliehen  toie  bor  ber  £>ölle,  ban  bu 
aud)  nur  ein  SBort  rebeft,  bu  mürbeft  benn  ba^u  geforbert  unb 
berufen.  Sßirb  ©ott  bein  bebürfen,  er  mirb  biet)  mobl  rufen. 
Stuft  er  biet)  uid)t,  lieber,  tan  bir  beine  ftunft  nidjt  beu 
SBaucfj  aufreihen,  ©taube  mir,  niemanb  mirb  mit  ^rebigen 
acutum  fdiaffeu,  beim  ber  o()iie  feinen  Tillen  unb  33egierbe  §u 
prebigen  unb  ,m  teuren  mirb  geforbert  unb  gebrungen.  £enn 
mir  tjaben  nur  einen  iWeifter,  unfer  §err  Sefu§  (Sbriftu*,  ber 
lehret  allein  unb  bringet  grudtjt  burd)  feine  Änetfue,  bie  er  baju 
berufen  bat;  mer  aber  unberufen  tetjret,  ber  lehret  uid)t  orme 
3diaben,  beibe,  feiner  1111b  ber  ßuf)örer,  barum  baf5  (£()riftu§ 
nidjt  bei  ifjm  ift."61) 

Wad)  foldjen  Steuerungen  ßutt)er§  mirb  bie  £yrage  um  fo 
bringenber,  momit  er  felbft  bie  33ered)tiguug  ,m  feinem  eigenen 
Söirfen  naehgemiefeu  fcjabe.  @oer§  behauptet:  ^Sutfjeri  Seredj* 
tigung  beruht  auf  feiner  ihm  uad)  eigener  Zugabe  gemiffen 
perfonltdieu  Sßrobeftination  unb  bamit  empfangenen  perfoulichen 
Unfeblbarfeit.'1'-)  80  fdjreibt  er,  obmobl  er  mein,  ban  Butler 
eüuaä  gang  anbereS  alc-  feine  Legitimation  angeführt  bat,  obmol)l 
er  felbft  fortfährt:  ,2öir  fottten  billig  bei  ihm  leisten  §ergenS 
barouf  oer,^id)ten,  um*  fatfjqtifdje  öefdjränfttjeit  bie  Senbung 
nennt.  Tiefer  beburfte  er  uatiirlid)  uid)t,  mir  bürfeu  alfo  eige.u 
lief)  garnid)t  baritadi  fragen.  3nbe3  foiumt  ber  grone  Wann 
felbft  bt^meileu  auf  biefe  [Jrage  ,m  fpredieif.  3ene  Setbäd)tigung 
aber  begrüntet  SnerS  bamit,  bar,  febou  ju  ber  Qeit,  atö  Luther 
uod)  fd)üd)teru  „in  beu  SEBinfel  JU  friedien"  geneigt  mar,  einige 
fid)  bal)in  geäußert  haben,  er  »erbe  nodEj  eine  grofje  SBirffamfeit 
entfalten.     Unb   freilief)   l)at   Luther   ipäter,   als   ibui   0011   ©ort 


26 

ein  fo  wetter  S93irlung§!rei§  eröffnet  mar,  ficf/  mieber  an  fotdje 
Steuerungen  erinnert.  ©§  ift  ifjm  aber  uicr)t  in  ben  (Sinn 
gefommen,  §ierau§  ba§  fRect)t  ober  bie  ^ftidjt  ju  feinem  Sohlen 
abzuleiten.  9cirgenbs  ftefyt  bei  ßuttjer  ein  SSort  baoon,  baft  er 
burd)  ba§,  ma§  anbre  ifym  früher  oon  ber  feiner  nod)  marteuben 
toidjtigcn  3ll^ulIft  gefagt  rjabcu,  befielt  gennfc  gemorben  fei,  er 
fotte  öffentlich  lehren   ober  ba§  ^apfttum  befämpfeu. 

Sbenfo  fjat  er  niemals  als  ©runb,  marum  er  tefjren 
muffe,  irgenb  eine  innere  (Erfahrung  angeführt,  niemals  etma, 
baf?  er  feine§  ©laubenS  51t  getuifj  fei,  um  baoou  fdjmeigen  51t 
tonnen,  baf}  ber  (Steift  ©otte§  if)n  bagu  treibe,  baf?  er  burd)  eine 
innere  (Stimme  baju  berufen  fei.  S3Sor)(  r)at  er  all  biefe§  oon 
fid)  behauptet,  aber  barauS  nidjt  bie  Berechtigung,  fonbern 
nur  bie  Befähigung  311  lehren,  abgeleitet,  ©in  Ärieger  mag 
baoon  reben,  bab  ein  -Traum  in  jener  sJcadjt  itjn  jur  1obe§oer= 
ad)tung  angefeuert  Ijabe,  bafj  er,  oon  r)eifeer  ®ampfbegierbe  getrieben, 
am  borgen  in  bie  Sd)tad)t  geftürmt  fei.  Somit  aber  t)at  er 
nicr)t  gefagt,  baf}  er  au§  jenem  Traume  ober  biefer  Ötemüt§oer= 
faffung  bie  Befestigung  fjerteite  für  ben  ^ampf  gegen  ben  #einb. 
Siefe  Beredjtigung  ift  it>m  oietmerjr  burd)  nid)^  anbereä  gegeben 
ab§  burd)  ben  ftaren  Befebjt  feine«  Borgefetjten.  ©benfo  mürbe 
aud)  £utrjer,  tro|bem  er  feines  ©tauben«  fo  gemiR  mar,  trot^bem 
eine  innere  Stimme  itnt  51t  reben  antrieb,  bodj  nidjt  öffeutlidj 
geprebigt  unb  geteert  tjabeu,  menn  nidjt  etma«  gan§  anbereS  iljm 
bie§  auferlegt  fjätte.    2Ba*  mar  e§? 

$u  einer  öffentlichen  Sefjrtrjütigfeit  muß  man  berufen  fein. 
Unb  merjr  als  einmal  rjat  Su.tfjer  au§einanbergefe|t,  auf  metdje 
Söeife  ba§  gefdjefjen  füuue,  am  bünbigften  etma  in  fotgeuben 
Sßorten:  „üftun  ift  gmeiertei  Berufung  511m  s$rebigtamt :  (Sine 
gefdjiefjt  oljne  SKittet,  oon  <55ott;  bie  anbre  burd)  bie  SDienfdjen 
unb  gleidjttmljl  aud)  oon  <55ott.  £)er  erften  fo((  man  nidjt 
glauben,  e§  fei  benn,  baf}  fie  mit  2Bunbergeicr)en  bemeift  merbe.  .  . 
9Jian  foü  bie,  metdje  fid)  afö  Sßrebiger  aufmerfen,  fragen:  2öo 
l)aft  bu  Brief  unb  Siget,  baf?  bu  oon  äftenfdjett  gefanbt  feieft? 
Ober  mo  finb  beine  Sönuber^eidjen,  bafc  bidt)  ©ott  gefanbt  ()at?63) 
Bon  ficf)  fetbft  aber  Ijat  ßutfjer  niemals  bie  jmeite,  mol)(  aber 
Mnmer  mieber  bie  erfte  9lrt  be§  Berufeufcin«  behauptet,    ^anffeu 


27 

fdjtägt    ber   SBStrftidjfeit    btreft    ins   Stngefidjt,    wenn    er   jagt: 

t2utf>er  pflegte  fid)  auf  eine  itwt  geworbene,  aufterorbentlidje 
biiffion  ju  berufen'.64)  £enn  fo  fdjreibt  ßutfjer  immer  uneben 
„3dj  aber,  $)octor  äRartinuS,  bin  baju  berufen  unb  gelungen. 

3)enn  id)  muftte  2)octor  [ber  fjeüigen  ©djrift]  werben  ofnte 
metneu  Tauf,  aus  lauter  ©etjorfam  [gegen  meine  Sßorgefe^ten]. 

£a  l)abe  id]  beim  baS  Tnctoramt  muffen  annehmen  unb  meiner 
alterliebften  ©djrift  fdjttören  unb  geloben,  fie  treutief)  unb  lauter 
gu  prebigen  unb  §u  telireu."65)  ,,3d)  foll  unberufen  ttidjt  prebigen, 
foll  uid)t  gen  Seipjig  unb  gen  SDlagbeourg  geljen  unb  allba 
prebigen  motten.  Tenn  id)  Ijabe  bat) in  feinen  Söeruf  nodj  9(mt. 
3a,  menn  id)  hörte,  baß  ju  ßetygig  lauter  Äefeerei  geprebigt  mürbe, 
fo  (äffe  id)  fie  immerhin  madjen.  (5§  gefjt  mid)  nichts  an.  .  . 
3(ber  menn  mid)  5  uufer  Herrgott  t)iefte,  [inbem  er  mid)  orbeuttid) 
bortrjin  berufen  tiefte],  fo  mottte  id)  e§  tf)itn  unb  muftte  e§  aud) 
tf)iin;  wie  id)  beim  t)ierf)er,  nadj  SBittenoerg,  berufen  bin  jum 
prebigen  unb  merbe  gezwungen,  hak  id)  prebigen  utuft."66) 

2öas  foüeu  mir  attgefidjts  [foldjer  ©rtlörungeu  31t  ber  Auflage 
fageu:  Sttttjer  begnügt  fid)  mit  ber  bloften  SSefjauotung,  baft  er 
unmittelbar  oon  ©ort  berufen  fei,  ol)ne  fid)  auf  einen  miffeufd)aft= 
lief)  eontrolierbareu  9iad)weis  feines  SBerufeS  frühen  §u  tonnen'.67) 
$ur  Qät  ber  Deformation  backte  man  onberS  über  [biefe  3?rage. 
©0  erfd)ien  i.  o-  1520  ein  33üd)lein,  beffen  Sßerfaffer  fo  menig 
ein  blinber  ?(n()änger  ßutfjer'S  ift,  baf  er  nodj  St.  ^ierommuiy 
als  feinen  befonberen  ©djufcljeitigen  uerehjrt,  baft  er  fid)  nid)t 
anmafteu  null,  311  entfdjeiben,  ob  ßutljerä  ßeljre  ridjtig  fei  ober  uid)t, 
fonbern  fold)  ein  ©erid)t  311  fällen,  allein  bie  itirdje  für  tompetent 
erflärt.  lieber  bie  Jyrage  aber,  ob  ßutljer  311  feiner  SBirffamfeit 
bered)tigt  fei,  fprid)t  er  fid)  gmtj  entfd)ieben  aus:  „Taft  2)octor 
ßutf)ern  ans  SBittigfeit  gegieme  unb  juftefje,  Dergleichen  d)riftlid)e 
Toetriu  jur  Untenoetfung  be3  d)riftlid)eu  Golfes  öorjutegen,  beS 
mag  ein  jeber  biefe  begrünbete  Bewegung  net)inen.  Teuu  au= 
fängtid)  ift  Toetor  ßut^er  ein  Crbensmann,  311111  anbern  ein 
Sßrebiger,  311111  Dritten  ein  Xoetor,  beut  in  allewege  aus  (Sr* 
t)eifd)itug  feines  SfatteS  mfteht,  bie  d)riftlid)e  ßeljre  nicht  311 
oerfdjweigen,  fonbern  bis  31t  ^ergieftung  feines  Blutes  \u  oer 
festen."88) 


28 

Sftwt  erflärt  e§  fid)  aud),  roarum  e§  Sütljer  nidjt  in  ben 
©hm  fommen  tonnte,  fid)  eine  ,»ettumfaffenbe  9Jüffion'  beizulegen, 
»arum  er  fid)  nicfjt  einfallen  liefe,  mit  feiner  .neuen  ßefjre'  in 
ber  2ßelt  um^erjugietjen,  fo  ferm(id)  er  aud)  »ünfdjen  mufete, 
bafc  ade  2Bett  fie  annehmen  mödjte.  ,,3d)  Ijabe  nodj  nie  geprebigt, 
nodj  prebigen  »ollen,  »o  idj  nid)t  öon  SKenfdjen  bin  gebeten 
unb  berufen.  SDenn  id)  mid)  nidjt  rühmen  fann,  baf?  mid)  ©Ott 
o()ne  Mittel  oom  Rummel  gefanbt  §at,"  fagt  er.69) 

9c  im  bürfte  aud)  teid)t  oerftönbtid)  fein,  »arunt  er  üon 
ge»iffen  Scannern  SSßun b erleid) en  ai§>  Beglaubigung  if)rer 
göttlichen  ©enbung  oer langte.  @in  galt  freitid),  üon  beut  (Süerä 
fo  oiel  21uft)eben§  madjt,  gehört  burdjau§  nid)t  f)ierf)er.  Bon 
feinem  ©egner  (£ra§mu§  foll  ßutfjer  geforbert  tjaben,  bafj  er 
mit  Sßunbern  feine  Slnfidjt  be»eife;  »ie  oiel  mefjr  muffe  man 
fotd)e  oon  ifjm  felbft  f orbern,  ber  er  ein  ©üangetift  üon  ©otte3 
©naben  ju  fein  behaupte.70)  SBeldje  ßuft  bod)  ein  @üer§  am 
Spotten  über  Sutrjer  t)at!  SDenn  um  »a§  l)anbelt  e§  fid)  tjter? 
@ra3mu§  batte  bie  $reit)eit  be§  menfdjlidjen  SSillen§  in  fo 
fdjarfer  SBeife  oerteibigt,  baf}  ßutfjer  iljm  fcljerjenb  antwortet,  er 
möge  bod)  einmal  burd)  bie  £()at  be»eifen,  baf}  »irtlid)  ber 
9Jcenfd)  alles  fönne,  »a§  er  »olle.  ©r  möge  boct)  einmal  mit 
ber  ÜDcadjt  feinet  SBillen«  über  bie  9catur  gebieten,  möge  bod) 
aud)  nur  einen  $rofd)  fd)affen,  bereu  bod)  bie  ljeibuifd)en  ß^uberer 
in  (Sgüpten  oiele  fd)affen  tonnten.  Dber  er  möge  bod)  oermöge 
feine§  freien  SBiHen§  über  feine  eigene  ^atur  t)errfd)en  unb  in 
reiner  £>eitigfeit  nad)  bem  ©eifte  leben,  £arnad)  fjatte  er  bod) 
»ot)t  ein  Ü^ectjt  fortzufahren:  „9$on  un§,  bie  »ir  e§  [bie  $reif)eit 
be§  menfd)lid)en  äSiUenS]  oerneineu,  bürft  itjr  ©eift,  ^eiligteit, 
üßhtttber  nidjt  forbern."71) 

Sßotjl  aber  fjat  ßuttjer  oon  Garlftabt,  Jünger  unb  ©enoffen 
2Suuberzeid)en  oerlangt.  SDarum  bellagt  fid)  ftanffen:  ßht  fid) 
felbft  unb  an  fein  Stuftreten  »iber  bie  alte  Crbnung  ftellte 
ßuttjer  biefe  gorberung  nid)t'.72)  ßt  ntufj  befenneu',  fdjreibt 
QsüerS,  (ba%  er  feine  SSunber  $ur  Beglaubigung  feiner  ßefjre 
tl)im  tonne'.  tWix  bi^penfiercu  if)n  nid)t  oon  ber  Berpflidjtung, 
fid)  burd)  SBunber  511  beglaubigen.'73)  Stber  um  fo  fagen  gu 
fönnen,   entftelleu   bie  ©egner   ben  gangen  Sadjocrljatt   big   jur 


29 

unfenntlidjfeit.  sJHd)t  bar  um  forbert  ßntfjer  oon  jenen  SDiannem 
eine  fotdje  befonbere  ßegitimation,  »eil  fie  uicfjt  mit  feiner  neuen 
Sefjre  Harmonierten'.7*)  Ueberfjaupt  gar  nicfjt  um  beS  3nljatt§ 
ifjrer  ßef|re  mitten.  Sagt  er  bodj  ausbrücflid),  „e*  fei  nidjt  31t 
leiben,  es  fei  miber  bie  gefefclidje  Drbnung",  menn  fie  auberen 
„ins  9tmt  nnb  Sefefyt  greifen  mollten,  ob  fie  aud)  gteid)  redjt 
teerten."75) 

Ter  übernommenen  23erpffid)tung  juttriber  tjabe  er,  fo 
tabelt  ßntt)er76)  ben  CSarlftabt,  fid)  aus  SBittenoerg  entfernt  unb 
in  Crtamüube  fid)  eigenmächtig  jum  Sßrebiger  aufgeworfen;  er 
I)abe  alfo  bie  alte  gottgewollte  Crbnung,  mie  man  bas  SRedjt  gu 
einem  öffentlichen  ßefyramie  befomme,  nidjt  innegehalten  unb 
nactj  einer  gang  neuen  SCBeifc  getjanbelt.  3)aöon  fagt  benn 
fintier:  „©ort  bridjt  feine  alte  Drbnung  nid)t  mit  einer  neuen, 
er  tbjue  beim  grolle  ßeidjeu  babei."  Xarnad)  beburfte  alfo  er 
felbft  feiner  äöunbergeidjen  ju  feiner  Beglaubigung.  S)enn  er 
trat  nidjt  miber  bie  alte  Drbnnng'  auf  —  mie  Sanffen  behauptet7" ), 
fouberu  er  mar  buret)  feine  Ernennung  nun  Xocenten  ber  tjeiftgen 
Sdjrift  unb  jum  Sßrebiger  in  Wittenberg  orbnungSmäjsig  baxu 
berufen,  bie  betlige  Sdjrift  auszulegen  unb  öffentlid)  bo§  göttliche 
Wort  nt  oerfünbigen.  ,~yreilidj  fagt  mau  uns:  4©eine  Berufung 
jum  Sfyoftel  barau§  ju  erroeifen,  baf?  il)it  ©ott  jum  s^rofeffor, 
SDoctor  unb  Pfarrer  gemacht  babt,  ift  bodj  oügu  tomifd)'.78) 
Sloer  bie  .ftomii  t)at  nidjt  Sutljer  oerfdjiitbet;  benn  er  fjat  ja  nie 
behauptet,  baf?  er  jn  einem  Sfyoftel  berufen  fei. 

9JJan  giebt  fid)  jmar  bie  größte  3Rüf)e,  bie  @adt)e  fo  p 
brel)en,  als  (jütte  8uflt)er  bodt)  ber  Wunber  (yi  feiner  Legitimation 
beburft,  ba  er  SfteueS  gelehrt  l)abe,.  Üöton  fül)rt  bat)er  and) 
mit  befonberer  Vorliebe  ein  Wort  ßuttjerS  an,  WeldjeS  mit  bem, 
mas  er  gegen  liarlftabt  unb  SRünger  bemerfte,  garoidjtS  $u 
fdiaffeu  t)at.  Tamit  man  aber  nidjt  merfe,  baf?  biefer  SluSfprudj 
fid)  an  gang  anbrer  Stelle  6efinbet,  atö  bie  eben  angegebeneu 
©ä$e,  ftellt  man  benfelben  unmittelbar  mit  bem  jufammen,  W08 
mir  foeben  anführten.  @8  ift  baS  Wort:  „Wer  ettoaS  Sfteueä 
auf  bie  Bahn  bringen  ober  etwas  anbereS  leinen  null  [aß  in 
ber  Bibel  enthalten  ift],  ber  mnf?  oou  ©Ott  berufen  fein  nnb 
feineu  Beruf    mit    malnen  Wunberu    bekräftigen."     Süton    betont 


30 

aud)  gern  ben  (Sdjlufj  biefe§  <5a^e§,  al§  tonnte  man  bamit 
£ut()er  felbft  au§  bem  2Sege  räumen:  „2öo  er  ba§  nitfjt  311 
SBerfe  richten  fann,  fo  paefe  er  fid)  feiner  2öege."79)  2)odj  mir 
brauchen  nidjt  erft  auf  tiefe  $rage  ein^ugefyen,  ba  mir  fafjen, 
bafc  Sutfjer  nidjtS  9ceue3  tefjren  moltte;  mie  er  benn  fagt:  „(£§ 
ift  ofm.e  üftot,  bafj  mir^3eidjen  tf)un,  bem  unfre  Sefjre  ift  guoor 
beftätigt  [burtf)  bie  fjeitige  Schrift]  uub  ift  feine  neue  £ef)re."80) 
393ir  übertaffen  e§  alfo  ber  |päpftlid)en  ^trcr)e,  meiere  foüiete 
Steuerungen  in  ber  Seljre  üorgenommen  f)at,  mit  ben  SSunbern 
31t  prat)(en,  metdje  it)re  göttliche  Berechtigung  nadjmeifen  folten. 

9(n  unfre  ©egner  aber  möchten  mir  bie  Ofrage  rieten,  ob 
fie  benn  mirfüd)  Sutfjer  als  gottgefaubten  Setyrer  anerfennen 
mürben,  menn  er  Sßunber  oerridjtet  Ijätte.  Sßir  jmeifeln  feinen 
Stugenbücf  baran,  bafc  man  it)n  bod)  oermerfen  mürbe,  menn  er 
g(eitf)  %ok  aufermeeft  tjätte.  ©agt  bod)  fdjon  fein  2öiberfadjer 
Gnnfer  i.  3.  1520:  $a,  menn  bei  Sutljer  ein  ÜÜJcirafet  gefdjäfje, 
fo  fönnte  vi)  anber§  nidjt  glauben,  benn  ber  Teufel  f)ätte  baZ 
getrau  uub  tfnn  alfo  eine  9cafe  gebrefyt,  bamit  er  befto  füljner 
mürbe,  bie  djriftlidje  &ird)e  je  länger  je  mef)r  ju  »erfolgen'.81) 
grei(id)  fann  berfetbe  (Smfer,  nadjbcm  er  fo  £utf)er§  etmaige 
Söunber  im  oorauS  für  nid)t§fagenb  erfiärt  fjat,  ein  paar  Safjre 
fpäter  oon  biefem  oerlangen:  ßx  bemeife  benn,  baf?  djm  fold) 
2lmt,  SSort  uub  SSerf  oon  ©ott  fonbertid)  befohlen  fei,  mie  ba§> 
bie  ma()rf)aftigen  ^ßropf)eten  entmeber  mit  ©djrift  ober  beftänbigen 
SSunbergeidjen  bemeift  fjaben'.  SDod)  in  feiner  Slngft,  bafj  Sutfyer 
oielteidjt  bennod)  SBunber  tt)uu  tonne,  fügt  er  aud)  tjier  mieber 
ljingu :  $m  $aüe  aber,  baf?  er  fid)  btä  mit  SDftrafeln  ju  bemeifen 
unterftänbe,  nod)  märe  itjm  fo  (eid)tüd)  nidjt  ju  glauben  unb 
gehört  ein  großer  Stautet  uub  gürfidjtigfeit  baju.  £)enn  menn 
mir  aud)  ben  ÜDrirafeln  fo  batb  glauben  müfjten,  fjätte  un§ 
C£ü)riftu§  nidjt  baüor  gemaruet  unb  oerfünbigt,  bab  aud)  bie 
fatfd)en  ^roptjeten  Sßunber  uub  fettfame  2)inge  ftifteu  mürben'.82) 
£)ann  aber  ift  ba§>  feitenlange  ©erebe  oon  ber  mangetuben 
Legitimation  SutfjerS  burd)  Söunber  nidjt§  all  eine  Uuma()r= 
l)aftigfeit. 

Uub  toa§  f  ollen  mir  baju  fagen,  meuu  mau  bann  mieber 
neue  SBertoirrung  in  biefe  fo  einfache  3ra9e  hineinbringt,  inbem 


31 

man  einzelne  Sßorte  SutljerS  [o  öerbrefjt,  afö  habe  er  bodj  auf 
SBunbet  al§  auf  SBctoeife  für  feine  göttfidje  Senbung  fiel)  berufen 

mollenV  SÖ5ir  glauben,  berartigeä  unberüdfidjtigt  (äffen  ju  Jollen, 
gumal  unfre  (Segnet  gerbet  fo  toettgeljen,  etwa  brutfeu  511  laffen : 
$n  33e$ug  auf  fid)  felbft  madjt  nun  freilid)  ßutfjet  einige  53er= 
fnd)e,  feine  göttfidje  ©enbung  mit  SBunberjeidjen  511  beglaubigen 
[inbem  er  fdjreibt]:  „3)et  .fterr  l)at  midj  plöjjlid)  nnb  ber  id) 
anbete  ©ebanfen  fjatte,  jufammengemorfeu  nnt  über  bar  ermeife 
in  bie  @he  mit  jener  Sftonne  ftatfjartna  Söora".83) 

33egreiflid)ermeife  mollen  bie  Sßibetfadjei;  ßutljet'S  feinen 
Semeii  für  bie  öeredjtigung  311  lef)ren  nidjt  all  gültig  aner= 
fenuen.  £od)  mürben  fie  ohne  allen  3lueÜc^  entgegengefe|t  nr= 
teilen,  menn  er  nur  niemals  irjrer  rümifdjen  ?lnfd)annng  miber= 
forod)cn  f)ätte.  ßefen  nur  bodj  bei  einem  unter  it)nen:  ,ßutf)er 
l)ätte  in  äBcrtjrfjeit  ein  Reformator  merben  nnb  bei  feiner  hohen 
geiftigen  Begabung  unb  ber  ©uergie  jeineS  ßljarafterS  bie  größten 
SBerbicnfte  nm  bal  beutfdje  SBofll  unb  bie  Äirdjc  fiefj  ermerben 
fonueu,  menn  er  innerhalb  ber  Äirdje,  ber  er  unter  feinen 
Umftänben  ben  Ö5ef)orfam  fünbeu  burfte,  feine  reformatorifdjc 
Xfjätigfeit  entfaltet  Ijätte'.84)  Ober  bei  einem  auberu:  ,/pätte  er 
feine  Begabung  im  Tienfte  ber  lauteren  Söalirlicit  oermertet, 
meldier  ©egen  l)ätte  er  merben  fönnen  für  bie  Kirche,  mie  für  bie 
focialen  SBerfjältniffe'!85)  ©0  mar  er  benn  and)  uad)  römifd)em 
Urteil  ,ui  reformatorifdjer  Tl)ütigfeit  beredüigt,  uatürlid)  nur  fo= 
lange,  als  —  ber  Sßapft  i()iu  biefe  Söeredjtigung  nod)  niri)t  ab= 
gefprodjen  l)atte.  ?(ls  aber  bies  gefd)el)eu  mar,  fallen  biejeuigen, 
toeldjen  öuther  Qkhorfam  fd)itlbtg  mar  —  bie  Unioerfitat  ,ui  bitten 
berg  ftanb  ,uuu  ©lud  nidjt  unter  einer  fivdjtidjen  53ehürbe  — 
feine  Berufung  nod)  nid)t  für  erlofebeu  au.  @o  tonnte  beim  er  felbft 
fdjerjenb  feine  (Jfreube  barübei  auSfptedjen,  bau  ibni  00m  Sßapfte 
ber  „Toftortitel  unb  alle  paoftlid).'u  ßaröen  genommen  feien", Mii 
ol)ue  baf?  er  barum  feine  89eruf3tf)ätigfeit  einjufteHen  gehabt  hätte. s~  1 

(Sin  SBeruf  aber  oerleiht  uid)t  nur  ein  'Hecht,  fouberu  legt 
audi  eine  N4>flid)t  auf.  reiner  ^erufspflicht  ,ui  genügen,  mar 
bas  einzige  l'ünio,  bnrd)  meldies  Cutter  ,m  feinem  SBirfen  be= 
ftimmt  mürbe,  SRömifdje  klugen  fel)en  uatürlid)  aubere  öetüeg- 
grünbe  bei  ihm. 


32 

SBurÖe  öutfjev  5«  feinem  Söirfen  uott  imfittüdjcit 
WottUcii  geleitet? 

ÜDcag  ein  (Soers  barüber  fpotten,  fo  mef  er  nritt,88)  ßntljer§ 
natürliche  Neigung  ging  bennodt)  barauf,  in  [tiller  Verborgenheit 
feinen  ©tubten  gu  leben.89)  Unleugbar  ift  bie  Drjatfadje,  bafj  er 
nur  miberftrebenb,  allein  au§  ©eljorfam  gegen  feine  §Borgefe|ten, 
ben  erften  ©dtjritt  jutn  £eroortreten  aus  „feinem  SBinfel"  tt)at, 
bafc  er  gteidjfam  nur  gelungen  S)oftor  ber  Geologie  mürbe. 
Unleugbar  ift  aud)  bie  anbere  Xfjatjadje,  bafj  er  fdtjon  öor  bent 
2tnfd)tag  ber  Xrjefen  Gelegenheit  gehabt  rjätte,  „aus  feinem 
SötnM  ju  rriedtjen",  menu  feine  natürliche  Neigung  ifjn  ba§u 
getrieben  tjätte,  bojs  er  aber  öon  ben  kämpfen,  metcfje  it)n  bod) 
innerlid)  bemegten  —  mie  ber  3fteudr)lin'fdt)e  (Streit  —  fid)  fern 
gehalten  l)at.  Unleugbar  ift  enbtidt)  aud)  bie  Sfjatfadje,  ba|  er 
überzeugt  mar,  31t  ber  SBeröffentüdtjung  ber  95  £f)efeu  zwinge 
if)n  fein  Söernf.  ®enn  als  ©eelforger  mar  er  t>erpftid)tet,  feineu 
S8eidt)tfinbern  einen  fieberen  Unterricht  über  ben  Abfaf?  511  er= 
teilen,  meltfjer  in  nädrjfter  üftäfje  öon  %t%z\  üerfünbtgt  mürbe. 
Ueber  biefe  $rage  aber  gab  e§  31t  jener  $eit  nodt)  feine  feft= 
fterjenbe  tfird)ente()re,  mie  felbft  SüerS  nid)t  leugnen  fann:  ,3ur 
ßeit  feines  erften  Auftretens  mar  bie  2ef)re  öom  Wbtaf?  unb 
ebenfalls  bie  öon  ber  amtlichen  Unfel)lbarfeit  be§  apoftolijdjen 
(Stuhles  nodt)  nidtjt  amt(idt)  öerrunbigt  morben'.90)  konnte 
bod)  felbft  ein  (Sajetan  nodt)  Sfttftdtjten  über  ben  Slblafj  aus= 
fpredjen,  meldje  f)eut§ntage  un^meifetrjafte  ®e|ereien  finb.91)  (So 
muf3te  benn  burd)  Disputation  bie  SMSfuffion  biefer  gftage  in 
$tuf5  gebradjt  merben,  bamit  ein  Urteil  ber  .Siircr)e  proöoetert 
merbe.  Unb  biefes  ttjat  Suttjer,  meil  —  mie  er  felbft  fagt  — 
er  als  2)oftor  ber  Geologie  „für  feinen  Söeruf  unb  feine  s^flid)t 
fjalteu  mufjte,  über  fotebe  nodt)  gtt)eifett)afte  fragen  ju  bi§pu= 
tieren".92)  (So  ift  benn  jene  röntifdje  Slnfdtjauung  nur  eine 
SSerleitmbitng ,  menu  etma  (SöerS  fein  grofseS  SSerf  über  ben 
Reformator  mit  ben  SBorten  beginnt:  jsßon  niemanb  anbers  als 
tum  feinem  eigenen  ^ebürfuis  genötigt  überrafdjte  er  im  ^erbft 
1517  bie  23?ett  mit  einer  öffentlichen  -S^erauSforberung,  in  meldjer 
er  ber  beftel)euben  ftirdje  ben  $ef)bel)anbjd)ut)  l)inmarf'.93) 


33 

freilief)  meint  berfetbe  ©djriftfteKer,  bemüleformatoi  bie  23ered)= 
tignng  §ur  öeröffentlufmng  feiner  £ljefen  burd)  ein  üon  biefettt 

fetbft  geänfcerteg  SBort  abfpredjen  gu  fönnen.  Sutljer  nämtid) 
fdjreibt  einmal:  „@l  fam  mir  nidjt  gu,  in  biefer  ©adje  etmal 
feft  gu  ftetten".94)  Slber  tote  mag  ©öer§  anftatt  biefer  SBorte 
feinen  ßefern  immer  roieber  mitteilen,  (8utf|er  geftebe  fetbft,  e§ 
fei  feinel  3lmte§  nid)t  gemefen,  fid)  in  bie  5(blaf}prebigt  einju= 
mifdjen ;  er  habt  bamit  getfjan,  roa§  ber  SBifdföfe  ©adje  gemefen?95) 
^reilid)  märe  el  ber  33ifd)öfe  ^f(id)t  gemefen,  beti  fdjamtofeu  St6« 
tafeprebigern  ben  ÜDhmb  51t  fdjlieBen.  £a  fie  e§  aber  nirfjt  traten, 
fo  mußte  ßntljer  menigftenl  bal jenige  tbnn,  mal  er  t()im  tonnte. 
(Stmal  feftguftetlen,  ftattb  ibm  nid)t  ju;  mobt  aber  fotmte  unb 
muffte  er  bie  Anregung  jur  öffentticfjcn  iöefpredjung  biefer  ^rage 
geben. 

Sßeiter  aber  foll  er06)  .feine  Snfompoteng  in  biefer  <&ad)t 
fetbft  bofumentiert  (ja&en  burd)  bal  33efenntnil :  3d)  ttmfete  fetbft 
nidjt,  mal  ba§  Slbtafj  märe  nnb  bal  Sieb  moKte  meiner  Stimme 
£U  rjoer)  merben'.9")  £od)  marnm  fübrt  man  fein  SBort  nidjt 
genauer  an:  „Tenu,  mie  gefagt,  id)  muffte  fetbft  nidft  — ;" 
mal  aber  batte  er  eben  oorber  gefagt?  @r  i)abt  bamall  nod) 
ntcfjt  gemnfu,  bafj  jener  oon  le&el  oerfiinbigte  Slbtafi  nur  bem 
^apfte  nnb  bem  £Bifd£>of  §tfl>red)t  babe  @e(b  einbringen  folten. 
$reüidj  muffte  er  bamats  aud)  nod)  nid]t,  meldjel  bie  redite 
Slnfid^t  über  ben  SBert  bei  5(b(affel  fei,  „mie  el  benn  fein 
SRenfdj  nidit  muffte",  fügte  er  binp.  SUier  barnin  bat  er  ja 
and)  nur  bie  ^roge  in  Stnregnng  bringen  motten.  Unb  ben 
©ettnnn  Ejat  er  baoon  gebabt,  hak  er  halb  über  biefetbe  fid)  Kar 
mnrbe,  märjrenb  nad)  unferer  Uebeneugung  feine  ©egner  nod) 
bentigen  SEageS  nid)t  miffen,  ma§  ber  TOafj  in  SBirHid^feit  ift. 

Mannt  glanblid)  aber  ift,  bah  man  nod)  Ijeute  jenel  SBort 
8utf)er3  nnl  mieber  anftifdieu  mag,  in  meldiem  er  felbft  ertlärt 
fjaben  foll,  bau  er  nid)t  um  ©otteS  nullen  fein  SfteformationSroerl 
begonnen  babe.  3ur  8^1  oa"  Öliger  Tisputaticm  inimlid)  bat 
Sutljer  auf  bie  Vlufforberung,  ben  Streit  ruben  ;Au  [äffen,  ge= 
antmortet:  „Tic  Badw  ift  uid)t  in  ©otteS  Warnen  angefangen, 
fie  fofl  aud)  nicht  in  ©otteS  Hainen  aufboren".  Tiefe  SBorte 
Perbrebte  fd)ou  gleid)  nadiber  fein   ©egner  ©mfer  ibm   fo,  atS 

SBaltljer,  Butlers  Seruf.  ;-) 


34 

fjafce  Cutter  öon  fid)  f  e  f  b  ft  gcfagt,  er  tjabe  feine  Sadje  nidjt 
um  ©otte§  «ritten  angefangen.  S33a§  rjat  es  geholfen,  bafc  ßutrjer 
weitläufig  gegen  biefe  ÜRisbeutung  öffentlich  $ermaf)rung  einlegte, 
hak  er  auseinanberfetjte,  er  fjabe  anfangs  gerjofft,  bie  £eip§iger 
Disputation  fei  (lote  öon  irjm,  fo)  and)  öon  feinen  ©egnern  in 
©ottes  tarnen,  b.  t).  aus  Siebe  jur  Warjrrjeit,  unternommen; 
aber  ntefjr  unb  metjr  fjabe  er  ftdj  überzeugen  muffen,  baft  feine 
©egner  nidjt  bie  Wafjrfjett,  fonbern  tfjre  eigene  (Sfjre  baburd) 
fugten;  barum  fjabe  er  aucr)  balb  alle  Hoffnung  auf  einen 
gettrinttretdjett  Ausgang  ber  Disputation  aufgeben  muffen  unb 
btes  mit  ben  SSorten  ausgebrüdt:  „Das  Ding  ift  ntctjt  in  ©ottes 
Tanten  angefangen,  es  rnirb  aucfj  ntdjt  in  ©ottes  tarnen  aus= 
gerjen.  @s  liege  ja  and)  flar  am  Dage,  bafc  burdjaus  nidjt  bie 
Kenntnis  ber  Wafjrfjeit  baburd)  geförbert  fei".?8)  Sftodj  fjeute 
hrieberfjott  man  jenes  Wort.99)  ©etbft  Sanffeu  mag  jenen  @mfer'= 
fdjen  23eridjt  anführen.  gfreilidj  toeife  er,  bafj  Sutfjer  benfefben 
afs  eine  fdjänblidje  Sßerbrcfjung  bargetfjan  fjat.  Um  bie§  nidjt 
ganj  P  üerfdjroeigen,  fdjreibt  er  in  einer  5(nmerfung:  4@egen 
8utljer§  ©inrebe,  er  fjabe  letztere  Worte  nidjt  öon  ftd),  fonbern 
öou  bem  SSibetbart  gefagt,  öergl.  (Smfer,  ?(uf  bes  ©tieres  §u 
Wittenberg  mietenbe  Wplka  $81  ?f.100)  Sollte  er  fid)  gefdjämi 
l)aben,  bie  alberne  (Srtoiberung  bes  (Stttfer  nüfjer  mitzuteilen  ?  ©ie 
beftefjt  barin,  bafj  Stttfjer  jene  SBorte  nidjt,  tote  er  behaupte, 
mit  betrübtem  ©emüt,  fonbern  mit  mütenben,  fnnfelnben  Mugett 
gefagt  fjabe.  Wenn  Sanffen  ßutfjer's  ©rttnbernng  als  eine  ,©in= 
rebe'  bezeichnet,  fo  miiftte  er  biefe  (Smfer'fdje  23emeisfürjruug  rcoljf 
eine  Sfusrebe  nennen;  beim  ein  betrübtes  ©cmüt  braudjt  bod) 
nidjt  bie  Singen  zujubrüden  unb  meiuertidj  breinzufefjen.  (Sin 
ßuttjer  fonntc  jene  Worte  nidjt  ofjtte  ftärtfte  Erregung,  nidjt 
of)ne  flammenben  ßora  ausfpredjen.  Dajj  (Süers  frei  fjeraus 
fagt,  Sutljer  futfje  feine  Worte  mit  einer  elenben  Wusftudjt 
nadjfjer  anbers  zu  beuten,  fann  nidjt  Wunber  nefjmen.  5tbcr 
tu  etfj  man  bettit  garnidjt,  mie  l'ntfjer  zu  biefer  Söeljaitptttng 
tarn,  bie  leipziger  Disputation  fei  nidjt  in  ©ottes  Wanten  an* 
gefangen?  s,H(s  Det3el  baoon  l)örte,  baft  bie  Disputation  ftrirf* 
lid)  bor  fid)  getjen  merbe,  fjattc  er  —  fo  erzählte  man  fidj  — 
ausgerufen:  ,Das  malt  ber  Deufef!101) 


35 

ätodj  ein  anbereg  äöort  ßuttjerä  6enu|en  feine  geinbe  mit 

Vorliebe  ba.yi,  tfrai  nnfittlid)e  äßottoe  uuter^ufd)iebeu.  2(l§  £e|el 
oon  feinen  SBprgefefcten  beSaöouiert  unb  nur  Sdnoermut  barüber 
jum  2obe  erfranft  mar,  füll  ßuttjer  ilnn  pm  Irofte  gefdjrteben 
(laben,  „er  möge  fidj  unbefümmert  [äffen,  benn  bie  ©adje  fei 
nidjt  tum  feütettoegen  angefangen,  fonbern  ba»  Ätnb  fyabe  tuet 
einen  anbereit  Sater."  35afj  mir  biefen  ©rief  ßutt)er§  nidjt 
mefjr  befifcen,  fonbern  mir  bei  feinem  eben  ermähnten  SiMberfadjer 
©mfer  baöon  rjüreu,102)  verraten  nnfre  ©egner  ifjren  ßefern  uicfjt. 
Sanffen  freilief;  protestiert  bagegen,  baf?  man  it)in  t)ierau*  einen 
SBortourf  madje,  inbem  er  fdjreibt:  ($)a§  fann  jeber  bei  be  SBette* 
Seibemann  finben,  ben  id)  $u  jenem  Sat3  eitiert  Ijabc'.1"3)  91ber 
mer  ()ätte  an  8 eibemann'*  ©emiffen^afttgfett  gejtoeifelt?  ©3 
banbett  fidj  oielmetjr  barnm,  ba£  Sanffen  nidjt  einmal  anbentet, 
ma§  er  bod)  bei  ©eibemann  gefuubeu  bjatte,  fonbern  einfad)  fagt: 
,ßutt)er  fdjrieb  fpäter  an  TeUel:  — '. 

£a  nun  jene  oermeintlidjen  SBorte  ßutljerS  in  i()rer  SC6ge- 
riffenljett  redjt  bunte!  tauten,  fo  fann  Sanffen  fie  auf*  bequemfte  o()ne 
meitere  (Srfiöruug  §u  uubeftimmten  SSerbädjtigungen  benufcen.104) 
So  oerfte()t  g.  $.  9iöl)in  feinen  Jreunb  "sauffeu  bal)in:  4(S§ 
mareu  in  ber  2()at  nidjt  fo  faft  religiofe,  als  focial  politifdjc 
Sntereffen',  moburdj  ßutt)er  bemogen  mürbe,  „bie  Sadje  an^u= 
fangen",  üöftt  Uuredjt  alfo  beflagt  3auffeu  fid),  als  ob  Sßrote* 
ftauteu  ibu  abfidjttid)  mif?betttet  Ritten.  Cber  mau  fann  mit 
jener  angeblichen  Sleufcerung  ßutt)ers  bemeifen,  baf?  biefer  bei 
feinem  auftreten  gegen  ben  $töfafj  garuiebjt  borjugSmeife  biefen  int 
Sluge  Ijatte,  fonbern  ber  ®irdje  neue  ßeljren  aufbrängen,  ober  gar 
bie  gange  ftirdie  umftiirgen  mollte.105)  Unb  freiftet)  liegt  in  biefen 
Darlegungen  fooiel  s^abrl)eit,  bafeSefcelS  auftreten  nur  bie  ihrjjerlidje 
SBeranlaffung  gu  ber  Deformation  gemefen  ift,  baf?  biefe  in 
s-hMvt'lid)teit  „einen  gang  onberen  SBater"  hatte,  nantlid)  ben  ©ort, 
toeldjer  fiel)  feiner  ftirdje  erbarmen  mollte  unb  burdj  £e|el  ßutljer 
gmang,  mit  feinem  ©lauben  an*  feinem  SBinfel  (jeröorgutreten. 
(Solange  mir  nidjt*  habere*  über  jene  oerineintlid)en  Söorte 
ßuttjerä  miffeu,  balteu  mir  biefe  (Srflärung  für  bie  richtige. 

©tmas  eigentiimlid)  berührt  e8,  baf?  man  and)  bie  uralte  /yabel 
nod)   uid)t   gang   fahren    laffen    mag,   als   erftare   fiel)  ßuujerä 


36 

SBorgefyen  flogen  ben  öon  STcfeet  öerfünbigten  'äUafc  baraus,  baft 
burdj  btefen  bie  bcr  SStttenöerget  ©djlofjftrdje  oerliefjenen  Sl&föffe 
aufgehoben  morben  maren.  tWd\x  biefe  Susoenfion  ntdjt  cm= 
gcorbnct  morben,  Ijätte  ber  Stblafe  ber  Söittenberger  &ird)e 
ausgebeutet  merben  fönncn  511m  Sßorteil  ber  Unioerfität  unb 
tjjtet  ftetS  gelbarmeu  'profefforen,  fo  wäre  fein  Sutfjer  gegen  ben 
2(b(af3  aufgeftanben',  meint  (Soers.106)  SBunbetbat!  um  ben  ber 
SBtttenberget  ßtrdje  betltefjenen  2tblaf3  ju  fdjüfcen,  folt  Sutr)er 
gegen  ben  ?C6Iafj  fetbft  aufgetreten  fein,  Unb  bod)  r)atte  er  audj 
fdjon  früher  fo  gegen  ben  ?(blaf$  geprebigt,  bafe  fein  Äutfütft 
fefjt  unmutig  betrübet  mürbe,  eben  meil  biefer  fein  mit  5tbtaf?gnaben 
reid)  au§geftattete§  ©tift  „fo  fcljt  lieb  tiatte."107)  £ro|bem 
unternimmt  ßoers  fogar,  feine  fütjne  9(nfidr)t  '%u  beroeifen.  Sutfjer 
fagt  nemttdt)  in  ber  89.  SOjefe,  es  fyabe  in  ber  £Ijat  einen  ©djein 
für  fid),  roenn  btele  nidjt  mit  einanber  reimen  fönnten,  baf?  bem 
^ßapft  nidjt  fonmtjt  an  ©tnfjeimfung  oon  ©etb  als  an  ber 
Austeilung  be§  AbtafjfegeuS  gelegen  fei,  unb  bafj  er  |bodj  "ju 
(fünften  biefe§  neuen  Abtaffes  alle  anbeten  Abtaffe,  bie  er  früher 
bemilligt,  aufgehoben  fjabe.  Unb  freilief)  bürfte  es  redtjt  fdjroierig 
fein,  bas  mit  einanber  ju  reimen ;  unb  freiließ  mufften  butdr)  biefe 
SDcafiregel  bie  Abtäffe  in  ben  Singen  bes  SBotfe§  nidjt  menig  im 
üßJette  finten.  S)afj  aber  ßutljet  barum  gegen  ben  Abtafc  auf= 
getreten  fei,  meit  burdj  benfelben  bie  mitteuberger  Sßttüitegten 
gefdmnilert  mürben,  mirb  fdjtuerlidj  ein  anbrer  als  (Süers  in 
jenen  SBorten  ftnben. 

Uugtaubtidj  mirb  e§  mandjem  (Soangelifdjen  erfdjeinen,  bafr 
man  als  Sftottö  be§  SSitfenS  bei  ßntfjet  and)  ©ettunnfttdjt 
angiebt,  unb  als  ba§,  maS  er  31t  genrinnen  fudjte,  alles  anbete, 
nur  nidtjt  baS  SßofjtgefaUeu  ©otte§  nennt.  Saunt  benfbar  ift  es, 
mie  oft  ©oers108j  31t  biefem  ßmed"  jenes  SBott  iiutljers  citiert, 
metdjcS  er  an  feine  greunbe  Stnf  unb  Stäupt^  gefdjrieben  tjat: 
,,3d)  finge  mit  Sfteudjtin:  SSet  arm  ift.  Ijat  uidjts  51t  fürdjten, 
fann  uidjts  oertieren,  fonberu  fitjt  früljttdj  in  guter  Hoffnung, 
benn  et  ljofft  31t  genrinnen".109)  Unb  bod)  fagt  ßutljet  unmittelbar 
nad)  btefen  äöotten,  n>a§  er  §u  geminnen  t)offe,  nemtid)  ba§ 
emige  Seben.  Stuf  bie  „SBatnungen  feiner  <yreunbe",  ba$  fein 
SBotgeljen  it)m  felbft  großen  ©dtjaben  bringen  föune,  „antmortet" 


37 

er  Reitern  9Jcut§:  „@e(b  unb  ©ut  fyabc  id)  nid)t  unb  begehre 
id)  n  t  et) t.  §abe  id)  guten  Üftamett  unb  (Sfore  befeffeu,  fo  tuirb 
ba§  jefet  fdjou  ouf§  eifrigfte  ju  ©runbe  gerietet  @ine§  nur 
ift  mir  noefj  geblieben,  ber  fd)road)e  unb  burtf)  beftünbige  SBiber* 
märtigfeiten  tobntübe  ßetB.  SBenn  fie  ben  mit  ßtft  ober  öematt 
nehmen  nad)  bem  Sßitten  ©otteiS,  fo  madjen  fie  mid)  oieltetdjt 
um  eine  ober  §ruet  SebenSftunben  ärmer.  3d)  f)at»c  genug  an 
meinem  füfjen  ©rföfet  unb  SBerföfyter,  meinem  .'perrn  gefu  (Sfjrifto, 
bem  id)  frörjlid)  fingen  null,  fofange  id)  lebe."  80  mufe  ©öer§ 
bei  Sutfjer  gefuuben  ()aben.  Hub  bod)  mag  er  bölmenb  fdjreibeu : 
ßlcm  mürbe  SutfjerS  f)öd)fte  fittlid)e  (Sntrüftuug  uub  bie  gan$e 
tofenbe  glitt  l^uer  9tt)etorif  mad)ntfeit,  Wollte  mau  eüna  beiden, 
bat?  er  für  fid)  aud)  etmaS  babei  fifd)en  ju  fönuen  f)eim(id) 
gebadjt  rjabeV10) 

fragen  mir  aber,  ma§  beuu  nad)  (SuerS  SReinung  ber 
Reformator  für  fid)  fifdjen  ju  fönuen  meinte,  fo  oerfd)iuäl)t 
berfelbe  auetj  bie  Stntmort  uidjt,  er  (jabe  (Selb  gemiuueu  mollen, 
unb  fuetjt  biefe*  afö  bcfonberS  mibermiirtig  burd)  ben  pftadjmeiS 
§u  fenn^eidjnen,  baB  ßutfjer  natürlid)  feinen  Stfcauget  gelitten, 
fouberu  afö  SDiöndj  an  allen  Gsinfünften  beS  Äfofters  Anteil 
gehabt'111)  l)abe.  2Ba*  f)ilft  e§,  menn  Butler  uu^al)tige  9Jcale  ba§ 
(Gegenteil  oerfid)evt,  menn  er  5.  33.  bem  GsraStnuS  fd)reibt:  „(Glaube 
mir,  id)  bin  mabrlid)  nid)t  fo  gang  ein  üßarr,  fo  toll  ober  t()orid)t, 
bau  id)  um  Weibe*  mitten,  meld)e*  id)  meber  l)abe  nod)  begctjre, 
ober  um  (£()re  nullen,  roeldje  id)  in  ber  SEBeft,  bie  mir  fo  bitter 
feinb  ift,  fidjer  emig  uid)t  befummelt  merbe,  ober  um  meines 
^eben§  mitten,  beS  id)  Bis  auf  biefe  ©tunbe  feiuen^'Hugenblirf 
fid)er  bin,  biefe  8ad)e  mit  fold)  großem  üDhit,  mit  fold)  im* 
beugfamem  5(usl)arreu  (ma3  bu  ^ateftarrigfeit  uenuft,)  treiben 
uub  führen  mollte,  ba  id)  bod)  nidjtö  baoou  l)abe,  atö  bau  man 
mir  nad)  ßeib  unb  Seben  traclitet,  afö  ba}\  id)  aller  äftenfdjen 
^-eiubfd)aft  unb  Jörn  unb  aller  leitfei  A>nn  1111b  sAYib  auf 
meinen  .'pale  gelabeu  tjabe."112)  SüerS  bemerft  l)ier,yt:  Seinen 
SBerfidjerungen  urb  Beteuerungen  bürfeit  mir  nur  mit  groüer 
SBorfid£)t  (Glauben  fd)enfen,  ba  er  Oiottügen,*)  felbft  ftarfe,   menn 


")  Jßtr  twffen  nidit,  in  iuc(d;cv  jftpi  Butler  t?tcr  gerebet  I;abcn  foH. 


38 

biefetben  bem  guten  $med  ber  üBenttdjrung  be§  (Gegners  bienen,*) 
für  erlaubt  erfrört';  unb  ergäbt  rnetter :  tsJcid)t  gerabe  fange 
bauerte  e§,  ba  brachte  ifjm  bie  St)mpatf)ie,  bie  er  mit  feinem 
(Stürmen  fanb,  ffingenbeu  ©enrinn  ein.  (Sd)on  1520  r)atte  er 
baZ  @tücf,  ©rbfdjaften  31t  machen,  perft  eine  Don  100  ©utben, 
eine  annehmbare  (Summe  für  bic  bamaftge  ßeif.113)  Spotte  ®öcr§ 
nur  and)  meiter  ergäbt,  roa§  Sutfjer  über  biefeS  ^egat  geäußert 
I)at!  „S5ie  fyunbert  Ojutbcn",  fdjreibt  er,  „bte  mir  öermadjt  finb, 
fiabe  id)  erhalten.  3T6er  and)  <Sd)art  fyat  50  gegeben,  fobaß  id) 
gu  fürdjten  anfange,  ©ott  motte  mid)  tjier  belohnen.  SDod)  f)abc 
id)  bagegen  proteftiert,  id)  wollte  nid)t  fo  öon  ifjm  gefättigt  merben, 
ober  idj  merbe  es  fofort  prücfgebcn  ober  öerfdjenfen.  2>enn 
wa§  foll  id)  mit  foöiet  (Mbe  madjen'r1  SDem  Sßrtor  [es>  mar 
bie§  ber  einige,  metd)er  nod)  mit  itjm  im  Softer  mar]  fjabe  id) 
bie  §ätfte  gegeben  unb  ben  Mann  frof)  gemad)t."114) 

(£öer3  meift  audj  nod)  barauf  l)in,  baf$  ßutfjer  bi§meiten 
(Mefdjenfe  angenommen  Ijabe.  «Selbft  Sanffen  fdjeint  bie§  für 
einen  (Sdjaubfled  bei  bem  Reformator  aupfeljen,  nur  gnäbig 
nid)t  großes  Slufljeben  baöon  madjen  ju  mollen.  @d)on  in  feinem 
großen  3Ber!e115)  fjält  er  bie  ÜDcitteilung  für  mid)tig  genug,  ha)) 
Sutfjer  öon  Sanbgraf  ^pi)ilipp  öon  Reffen  „$ubcr  2öein§"**)  ge= 
fdjenft  erhalten  unb  ,,fid)  be§  gang  untertbänigtid)  bebanft" 
fyabe.  Snbem  er  bann  fpäter  bie  fd)meren  9Jä§bräud)e,  roetdje 
bei  Sßerfünbigung  bes  2lblaffe§  oorgefommeu  feien,  aU  ntcr)t  §u 
öerrounberlid)  barftellen  mitl,  fagt  er:  „9(ber  fotd)e  9Jä3braud)e 
öon  «Seiten  ber  geiftüd)eu  Gkmalt  finben  mir  bod)  nirgenb§,  mie 
bie  ^5roteftanten  gu  bettagen  t)aben,  5.  23.  bei  jenem  geheimen 
2>i*peus,  ben  ßutfjer  bem  fianbgrafeu  s43f)ilipp  öon  Reffen  bei 
feiner  3)oppelel)e  erteilte  unb  bann  nad)  gefd)el)ener  Trauung  be§ 
ßaitbgrafett  mit  fetner  9cebenfrau  am  24.  ÜDcai  1540  an  biefen 
fd)rieb:  ,,3d)  f)abe  (Suer  ©mibe  ©efdjenf,  bie  guber  2öein§, 
rfyeinifd),  empfangen,  unb  bebanfe  mid)  be§  ganj  untertfyinigtid)." 
2öir  öerftet)en  in  ber  2l)at  nid)t,  mas  oanffen  I)iermit  fagen  mit!. 
2öer  foll  Ijier  einen  äftisbraud)  begangen  fjaben?    ©oll  bie  öon 


*)  SBeldjen  ©egncr  hüll  2utfyer  I)ier  berm  öernitfiten? 

**)  (Sin  guber  2Bem§  fyielt  3.  93.  in  Sßürttemberg  6  ©tmer. 


39 

Sut^cr  erteilte  2)i§öenfation  ,ui  befleißen  fein?  SCber  wo^u  fügt 
Sotiffcn  bann  ben  SBeridjt  öon  bem  gefdjenften  Sßein  fn'nju? 
<5olt  ber  Sanbgraf  gefünbigt  Ejaben,  inbem  er  ßutrjer  etwas 
fdjenfte?  Ober  joll  e§  ju  bef  lagen  fein,  bafj  biefer  baS  ©cfcfjcit! 
annabm,  ober  bah  er  —  was  Sanffen  fjeroorrjebt  —  fiel)  bafür 
bebanft  t)at  V  ÜDtit  anbern  SBorten,  biefe  gange  Mitteilung  fjat 
nur  bann  einen  ©inn,  wenn  man  barauä  öerfteljt,  Sutrjer  l)abe 
in  ber  Hoffnung  auf  (Mefdjeufe  bem  Sanbgrafen  ben  ge= 
Wünfdjten  3)i§öen§*)  erteilt.  S)a§  freilief)  märe  jeljr  ,ut  bef  lagen', 
ba§  ift  aber  and)  ein  fo  Watmwi|iger  (Mebanfe,  bafj  Sanffen  ifjn 
nie  offen  auSföredjen  mirb.  $reiüd)  fjat  ßutfjer  bisweilen 
(Mefcfjent'e  angenommen.  Sßer  aber  ()ätte  ba%  nidjt  getfjan?  (53 
genügt,  barauf  fjinguweifen,  bafc  Sutljer  and)  bisweilen  ©efdjenfe 
abgelehnt  t)at;  Sanffen  felbft  berid)tet  bon  einem  fold)en  3?att.116) 
@§  ift  eigentümltd),  mie  wenig  Anlage  offenbar  bie  fatf>o= 
lifd)en  8d)riftfteüer  beft|en,  bie  befonberen  (Sigcntümtidjfeiten 
einer  ^erföulid)feit  gu  erfaffen.  SCSenn  ein  ^eiliger  gegeidjnet 
Werben  foll,  fo  mirb  am  (iebften  ein  ganger  Katalog  öon  Xugenben 
aufgerechnet,  fo  bafe  man  fd)liefj(id)  nid)t  meljr  einen  Wirßidjen 
9)cenfd)en,  fonbern  nur  eine  bunte  'iHinfterfarte  öon  l)errlid)en 
©genfdjaften  öor  fid)  l)at.  Unb  menn  ein  fjeinb  ber  fatljoiifdjen 
.Siircbe  gemalt  Werben  foll,  fo  werben  alle  nur  erbenflidjen  ©d)änb= 
lidjfeiteu  if)m  nadjgefagt,  fobafi  man  fd)liefslid)  nur  nod)  ein  &on= 
glomerat  oon  s3iid)tsmürbigfeiten  oor  fid)  fjat,  wie  e8  in  2öirfiid)= 
lidjfeit  ju  f (Raffen  fein  Teufel  oermöd)te.  3)enn  um  bie  Qfrage, 
ob  and)  alle  biefe  ©ünben  in  einer  Sßerfon  öereinigt  fein  tonnen, 
nid)t  aber  eine  bie  anbere  ausfd)lief5t,  t)at  mau  fid)  nid)t  gegrämt, 
©o  fönnteu  mir  es  etwa  begreifen,  Wenn  man  gegen  Luther  bie 
Staffage  erl)öbe,  er  [)ab\:  bie  irbifdjen  ©üter  uicl)t  als  ©otteS 
(Mabeu  [djä|en  Wollen,  er  [ei  uuoerantwortlid)  leidüfiuuig  mit 
(Melb  unb  (Mut  umgegangen,  babe  bie  beilige  Sßfßdjt  oerfäuiut, 
fid)  uub  feiner  Familie  bie  3ubfifteu^mittel  JU  oerfdjaffeu,  habe, 
Wal  er  befeffen,  au  Uuwürbige  oerfdjleubert.  3)a3  würbe  bod) 
bei  Sutljer  benfbar  uub  bal)er  ber  SSiberlegung  wert  [ein.  Aber 
ein   habgieriger  Cutter  ift  ein  ju  fülmes  (Mebilbe  ber  Sßljantafte. 


*)  lieber  tiefen  2)tepen8  felbft  toirb  ein  ff>äteved  fteft  näbereö  bringen. 


40 

$8on  nnjäfjügen  ©egenbeweifen  erwähnen  wir  nur  einen.  2öäre 
e§  aud)  nur  im  attergeringften  51t  beanftanben  gemefen,  wenn  er 
für  feine  fdjriftftetterifdje  £bjätigfeit  oon  ben  93ud)f)änbtera,  weldje 
baburd)  retetj  mürben,  ein  fc^r  bcbeutcnbeS  Honorar  fidj  fjätte 
jaulen  laffen  ?  35>ie  mandjes  guber  2öein§  märe  bafür  §u  fjaben 
gemefen!  ©r  aber  meinte,  ma§  er  öon  bem  £>errn  umfonft  empfangen 
tjabe,  aud)  umfonft  geben  ju  follen.  üfttemafö  fyat  er  etwa§  für 
btefe  arbeiten  genommen. 

3)od)  auf  etwa§  anbereS  muffen  mir  nodj  lunweifen.  Denn 
bie  SRömifdjen  fdjeinen  oergeffen  gu  fjaben,  auf  meinem  SBege 
Sutfjer  reidje  irbifdje  Vorteile  rjätte  gewinnen  tonnen.  ^Papft 
2eo  X.  fjat  an  ben  föd)fifd)en  föurf ürfteu  gefdjriebeu :  ,SDu  fetbft 
fannft  bezeugen,  .  .  .  mie  mir  biefen  äftenfdjen  in  feiner  SRaferet 
aufhatten  gefudjt  fjaben,  batb  mit  bäterftdjen  Srmatmungen, 
batb  mit  ©trafanbrorjungeu  unb  ©djelten,  gumeifen  aud)  mit 
rjufboolten  Söerfpredjungen'.117)  Unb  biefer  töurfürft  f)at 
auf  bem  9fteid)§tage  ju  2öorm§  oerfdjiebenen  dürften  mitgeteilt, 
ber  ^ßapft  rjabe  fintier  anbieten  laffen,  it)m  einen  eräbifawflidjen 
©tufjt  ober  aud)  ben  $urpur  (eine§  &urbinat§)  ju  oerfeifjen, 
wenn  er  oon  feinem  beginnen  abfaffen  motte;  baZ  miffe  er  ganj 
fidjer.  2>er  päpftlidje  Segat  ?lleanber  freitid)  beftreitet  bie  9ttd)iig= 
feit  biefer  Angabe,  bod)  allein  bamit,  bafj  er  ntcfjtö  baoon  miffe. 
Sfber  befauntlid)  fjat  er  öfter  fid)  barüber  §it  bettagen  gehabt, 
baf3  bie  römifdje  Diplomatie  if)m  nidjt  a(te§  anoertraute,  ma§ 
er  miffen  51t  muffen  meinte,  ^ebenfallg  märe  e§  fefjr  auffallenb, 
menu  bem  Sutfjei  feine  berartigeu  Sßerfpredjuugen  gemadjt  morbeu 
mären,  ba  Sffeanber  fetbft  erflärte,  nur  auf  fotdje  SÖSeife  ber  <rudj= 
tofeu  §unbe'  oon  ^roteftanten  £>err  merben  51t  tonnen,  ba  er  aud) 
bem  ®apito  unb  23u£er  burd)  foldje  ÜDattcf  ben  9J?uub  fdjfiefkn 
gu  fönnen  oermeinte,  ba  er  ben  ©runbfa£  aufftcllte,  man  ,müffe 
ben  geinblicfjen  unb  £>erbädjtigen  Sfteere  unb  23erge,  rote  £mte 
unb  rote  föäpprfjen  oerfpred)eu;  mit  ©rünben  be£  ©faubenS, 
ber  Stetigion,  be§  ©eetenfjeite  ju  argumentieren,  mit  Segen  ober 
$lud)  31t  operieren,  nü|e  nid)t§,  benn  alle  2öett  ladje  barüber.'*) 


*)  £efyrreitf)   ift   e3,   ju  fefyen,   iva§   in   benfclben   2ttftenftücfen,   au$ 
luclftjeix  nur  btefe  unb  bie  in  unferm  erften  §efte  <3.  89  gegebene  JJotij 


41 

2£ir  freuen  urt*,  in  bev  römifdjen  Sd)rift  &ird)e  unb  s$ro= 
tcftonttömuS'  bod)  ben  —  freilief)  fetrr  oerfefjrt  ouggebrütften  — 
Saß  311  finben:  ;Jlud)  rechnen  mir  unter  jene  lugenbeu,  bie 
ßutfjex  noef)  am  früherer  3e^  geblieben  maren,  feine  Uneigen» 
nüfeigfeit,  bie  it)n  nad)  @elb  unb  trbifdjer  Opabe  nirijt  diel  fragen 
unb  oertrauensöolt  in  ben  Sag  Ejinein  leben  liefe'.118) 

Sollen  mir  (SberS  auef)  nod)  bei  feiner  neuen  SBerbödjtigung 
folgen,  ßutljet  l)abc  fein  SBerf  unternommen,  um  ein  fd)önes 
9#äbd)eu  31t  geminnen?  Sie  ift  bod)  mof)l  etmas  ju  fef)r 
neraltet.  £enn  fünblidje  ßuft  fann  ßutljet  nid)t  gefudjt 
baben,  ba  biefer  fid)  (jinjugeben  ibm  als  bem  feinblid)  umlauerten 
Reformator  ja  oiel  fd)toerer  mögtidj  mar,  als  bem  treuen  rbmiferjen 
äKöndje.  Sind)  nad)  bem  ßl)eftanbe  fann  er  nid)t  begehrt  fjaben; 
benu  fouft  mürbe  er  mit  bem  Gintritt  in  beufelben  nidjt  nod) 
5  3abre,  nadjbem  er  fdjon  öon  bem  ^aofte  in  ben  Sann  getrau 
mar,  gemartet  f)aben.  Sfadj  ein  fd)önes  sItfäbd)eu  fann  nietjt 
fein  ^egebr  gemefen  fein ;  benu  eS  mirb  bereu  bod)  mof)l  etliche 
ju  feiner  3«t  gegeben  baben,  er  aber  ermäf)lte  fid)  31t  feiner 
(5b,efrau  ein  —  aud)  nad)  feinem  eigenen  ©efdnuatf  —  nid)t 
fdjüne*  9Jcäbd)en.  2Bof)l  mandje*  l)at  er  an  i()r  gerüfjmt,  oon 
il)rer  3d)önt)eit  aber  nidjtä  geäußert. 


Rubere  ätfotioe  alfo  al»  öenriftfjcit  feines  SBerufS  laffeu  fid) 
nid)t  finben  bei  ßutljer.  Unb  barum,  meil  i()n  allein  bie  oon 
©ott  auferlegte  SBerpflidjtung  leitete,  fonnte  er  fo  fetbftäubig  unb 
fo  fidleren  Schrittes  öorgefjen.  Xarum  fonnte  er  alle  äußeren 
^Veiuflnmingen  tum  fid)  abmelden,  mod)ten  fie  fommen,  oon 
meld)er  Seite  fie  mollten. 

(£3  ift  begreiflid),  ban  bie,  meld)e  il)in  bie  lleber^engung, 
er  hanble  nad)  bem  Tillen  (Motten,  abfpredjen,  and)  nidjt  glauben 
Können,    ban    er   bnrd)    oon    anf?en   t'ommenbe   öeeinfluffungen 


über  2lleanbcr  erbeben  fyabeu,  römifrbe  Äugen  }U  finben  bevmdgen:  ,2üeanber 
erfcfieint  rrn  siebte  ber  93alan=@ammlunfl  ali  eine  limine  Riefengeftalt 
©ele^rfamfeit,  .Hliuibeit,  ©tauben8treue  unb  tyober  äJhit  finb  bie  $au}>t< 
5»QC  ff'"fr  erifbcinunß'.  60  l>r.  ikllobcim,  Jcunbifar  311  Mölln,  in  ben 
r/iftoriKb^elitijcben  Blättern,  23b.  94,  ®.  795. 


42 

unberührt  geblieben  fei.  ©eine  oermeinttidje  innere  $aftfofig= 
feit  mttfj  b%u  geführt  fyabtn,  bak  er  in  feinem  %tym  öon  anberen 
fid)  beftimmen  liefe.  SJcan  füllte  bies  freilief)  bei  einem  Sftanne, 
mie  fie  uns  ßutfjer  gefiltert  fjaben,  einfad)  für  unmöglich  galten. 
©erat  mie  oft  werfen  fie  ihm  oor,  er  fei,  für  alle  SBorfteßungen 
unjngänglicfj,  nur  feinem  ftarren  Gigenfimt  gefolgt.  s.ß>ie  tonnen 
fie  bann  ihn  gugteidj  als  ein  fd)manfenbes  Üiotjr  fdjilbern,  Jncld)e§ 
jebem  Sßinbe  nadjgafc?  Tod)  ßutljer  mar  nun  einmal  ein  SDcon* 
ftrum.  Sehnt  mir  alfo  näl)cr  ju.  2Ser  finb  bie  anbem,  unter 
beren  (Sinfluf?  er  geftanben  haben  fott? 

3n  bas  ©e&iet  be§  ßomifdjen  treten  mir  ein,  menn  man 
un§  als  bie  eine  ÜDcad)t,  in  bereit  $effetn'  ber  Reformator  gelegen 
—  jeine  ÄäthY  nennt.  Unb  bod)  meint  man  biefes  in  oollftcm 
(Srnfte.  tSie  hat  ben  flogen  Reformator,  ber  einft  Sßapft  unb 
Äaifer  getrost,  in  bie  ^effetn  einer  unmürbigen  ©tinäfofratie 
gefdjtagen  unb  beherrfdüe  ihn  bergeftalt,  bafj  er  fie  gemöhulid) 
„|jerr  ®ätf)e"  31t  nennen  pflegte'.119)  Jungfrau  Sätlje  hat  bas 
alte  (Sinl)orn  bermafjen  gefangen  gebalten,  bafe  er  fie  [fogar] 
„mein  gnäbiger  §err  föätbe"  nennt'.12'1)  51ud)  Sanffen  tarnt  fid) 
nid)t  öerfagen,  Luther  in  tiefem  Sichte  ber  (Srbärmtid)feit  unb 
l'äd)erlid)feit  erfdjeinen  511  (äffen.121) 

Unb  freilid)  muffen  bie  ^feffeln,  in  bie  feine  ($au§frau'*) 
it)tt  gefdilagen,  fd)on  fehr  feft  gemefen  fein,  ba  er  felbft  niemals, 
aud)  nidjt  hinter  ihrem  Rüden,  and)  nid)t  mit  beut  leifeften 
SBort,  ausbeuten  gemagt  t)at,  ha}]  er  unter  il)rer  §errfd)aft 
ftet)e ,  oietntelir  nid)t  feiten  —  offenbar  in  fftaoifcber  $urd)t 
öor  ihr  —  fie  getobt  unb  ertlärt  bat,  er  lebe  recht  glüdtich  mit 
ibjr.  Sft  er  bod)  fogar  bis  31t  ber  (Srflärung  gegangen:  ,,3d) 
l)abe  meine  ftätlje  lieb,  ja  id)  habe  fie  lieber  berat  mid)  felber, 
bas  ift  gewifstid)  mahr." 12-)  Mittel)  unfre  römifcheu  ßafierer 
miffen  bies:  ,ßut§er  giebt  ihr  bas  ßeugniS,  bafj  fie  es  fo  fein 
t>erftet)e  .  .  .  fid)  in  feine  Gemütsart  §u  feinden  unb  feine  $el)ler 
unb  ©efiredjen  mit  (Sanftmut  51t  übertragen  [sie!].  „Sie  ift  mir  ©Ott 
fei  £anf  mehr  nü|e,  als  id)  31t  hoffen  gemagt  l)ätte,  fobafj  id) 


*)  2ßegcn  btefe§  2luebrucfe3,  meldicn  Sanffen  für  Sut^er'S  ©fyefrau 
verteenbet,  werben  ivir  ifyn  in  einem  späteren  <pefte  interpellieren. 


43 

meine  Strmut  nidit  mit  ben  Sdiiineu  bes  Äröfus  üertaufdjt 
liätte",  fdireibt  er  1526'.123)  SBie  fontmen  betttt  bie  ^ömiidieu 
auf    jene   (2Bctbcrr)crrf d^aft ?'      Sollten    mirflidi   foldie   Stnreben 

wie  „mein  .Sperr  Mäthe"  fie  bogu  Herleitet  haben?  Tann  mufften 
fie  auf  bent  ©ebiete  be§  (jeifigen  @r)eftanbeS,  bermutttcrj  weil  fie 
benfelben  nidit  au§  eigener  Erfahrung  rennen,  fehr  unrotffenb  [ein. 
SDenn  wohl  ger)t  au§  jenen  ?lnreben  heroor,  baB  ßutr)er'§  ©r)e= 
frau  nid)t  einen  weidien,  fügfamen,  [onbem  fetbftänbigen,  ;um 
$errfcrjen  geneigten  (Srjarafter  befall  ßu  gleicher  ßei*  aber  bemeifen 
gerabe  fie  uumibcrfpred)lid),  baf?  ßuttjer  nidjt  oon  tr)r  fid)  be= 
rjerrfdjen  ließ.  SSBürbe  er  freilid)  nur  im  SBeifein  Xritter  in 
folcber  Sßeife  fid)  ,ut  äußern  gewagt  rjaben,  fo  wäre  es  möglid), 
baB  er  bamit  gleichfam  für  erlittene  ttneditidiaft'  fid)  rjarte 
räd)eu  wollen.  333er  aber  in  müublidiem  unb  fd)riftlid)em  33er= 
fein*  mit  feiner  (Ehefrau  fid)  foldje  Scherte  erlaubt,  ber  ift  .sperr 
über  ihre  £errfcr)aft§gelüfte.  So  war  benn  ^utfyn  felbftäubiger 
al§  mand)e  grone  ÜÄänner,  welcrje  in  ben  Stürmen  beS  öffent= 
lidjeu  Gebens  ben  (Strömungen  §u  gebieten  nermodüen,  aber  in 
beut  f  leinen  Sl reife  bes  f)äuslid)en  ßebenä  fid)  unterwerfen  mußten. 
SSir  zweifeln  nid)t  baran,  baB  ßutr)er§  ©tjefrau  nid)t  ol)ne 
GinflitB  auf  i()n  gewefeu  ift.  Söürbe  borfj  fonft  biefer  (it)eftanb 
uid)t  bas  gewefeu  fein,  rooju  ©ort  bie  ©he  beftimmt  bat.  ?lber 
einen  oerwerflidieu,  feilte  Selbftänbigfeit  beeinträditigeuben  (Sin* 
fhife  bat  Luther  fid)  nid)t  non  feiner  .Stätte  gefallen  (äffen. 
Sanffen  freitid)  fülirt  ein  Söeifpiel  oon  bem  Gegenteil  an. 
Seinem  großen  ©efdjidjtSroeri  glaubt  er  bie  (Sfrjärjlung  einfügen 
§u  follcn,  ,ßutr)er  babe  bie  bitterften  .Silagen  Darüber  gefübrt, 
ban  aud)  bie  bem  ßutfjertum  anbiiugenben  oiiriften  bie  Üben 
ber  Sßriefter  nicht  als  gültig,  bie  .Siiuber  nidjt  ate  ehelich  uub 
erbberechtigt  hätten  anfer)en'  motten,124)  unb  fährt  bann  fort: 
eingefeuert  burd)  feine  .spausfrau  .Siatbariua  oon  SBora, 
bie  begreiflid)  ihre  Äinber  at3  chelid)  uub  erbfähig  anerfannt 
wiffeu  wollte,  ging  ßutrjer  in  feinem  SBibermitten  gegen  bie 
"sttriften  fo  weit,  bafj  er  fie,  mit  2lu3nar)me  beS  einzigen  fädififd)en 
ÄangterS  örtiet  „all.yunal  für  gottlos"  ausgab,  uub  verlangte, 
„mau  füllte  fold)eu  ftol',en  tropfen  unb  Wabuleu  bie  jungen 
aus  bem  ßalfe  reinen".    XHlfo  ber  gewaltige  ftautöf  Luthers  gegen 


44 

„bie  böfen  fünften",  ein  &ampf,  metd)er  fo  eigenartiger  Sftatur 
mar  unb  mit  fotcfjer  Energie  geführt  mürbe,  bafj  eigene  93üd^er 
gur  23eteud)tung  beweiben  gefdjrieben  finb,  fotl  buref)  eine  grau 
entgünbet  fein  unb  feine  Urfad)e  barin  fyabtn,  bafi  biefe  ben 
9?ecf)tSgetefirten  bereu  Urteil  über  bie  juriftifdje  ©üttigleit  iljrer 
©f)e  nidjt  üergetfjen  fonnte!  Unb  Sutfjer  foll  bei  biefem  (Streit 
bie  ftägticfje  Stolle  gefpiett  t)abeu,  bafj  er,  augefeuert  burdj  feine 
©fjefrau,  ^erlangte',  man  fotle  allen  Suriften,  mit  3lu3naf)me 
eines  einzigen,  bie  ßunge  cmSreif&en! 

üRun,  §unäcfjft  möchten  mir  Sauffen  ernfttid)  erfucfjen,  mit 
ben  „Xifdjreben"  2utt)erS  etmaS  oorfidjtiger  um§ugef)en.  @3  finb 
bie§  ja  9(ufeeid)nungen,  metdje  greunbe  2utf)erS  über  baS  oon 
ifmt  ©eljötte  gemacht  fjaben.  ßum  atlermenigften  fottte  man 
boef)  bebenfen,  bafe  babei  eine  budjftäbtid)  getreue  SBiebergabe 
abfotut  unmögtid)  mar.  SBürbe  Sanffen  etmaS  mefjr  oon  biefen 
Stifdjreben  rennen,  fo  mürbe  er  troffen,  maS  man  ferjon  im  Voraus 
oermuten  mufj,  bafs  nämtitf)  ntcfjt  feiten  ein  unb  berfetbe  SluSfprud) 
SuttjerS  oon  ben  oerfdjiebenen  greunben  fein*  üerfcfjiebeu  roieber= 
gegeben  ift.  @S  ift  unüeranttoorttid),  auf  grunb  einer  SDfttteilung 
in  ben  Xifdjreben  ju  behaupten,  Öuttjer  fyabe  (bie  Suriften  allzumal 
mit  21uSnat)me  beS  einigen  fädjfifdjen  Slan^erS  $rüd  für  gottlos 
ausgegeben',  ba  biefe  3af)(beftimmung  f)infä{tig  tüirb,  falls  Sutljer 
nur  ein  Kein  menig  anberS  fid)  auSgebrüdt  tjaben  fotlte.  Unb 
mirflid)  fjat  ilm  g.  33.  fein  Xifdjgenoffe  Öauterbad)  fdjon  anberS 
oerftanben.  Watt)  biefem  fjat  er  gefagt:  „Seber  ©ottfelige  fotlte 
bie  9?ed)te  fenuen,  nur  um  fid)  51t  oerteibigen,  baf?  er  bie  böfen 
Jude  ber  SSett  oerftefjen  unb  Ijinbem  mödjte.  (Sin  fotdfjer  Wann 
ift  3).  S3rürf.  ?(nbere  gottlofe  Surtftcn,  bie  nur  baS  Sfyre  fudjcn, 
fjaben  baS  9Red)t  in  ben  Söaffen."125)  Sauterbad)  fjat  alfo  oerftanben, 
bafe  33rüd  als  ein  23etfpiel  aus  ber  Qaty  ber  gottfetigen  Suriften 
genannt  ift,  baf}  feineStoegS  alte  anberen  für  gottlos»  ausgegeben 
finb.  Unb  nkfjt  einmal  in  ber  Sftecenfion,  meldjer  knuffen  folgt, 
fteljt  baS,  maS  biefer  angiebt.  Sanffen  fefet  ein  SBort  fytngu,  baS 
SBort:  ber  einzige  23rüd,  unb  täfst  ein  2ßort  meg,  baS  2öort: 
„£ie  anbern  gemeinigfid)  allzumal."  @r  Fjatte  bie  SBorte  oor 
fid):  „(Sin  jegtidjer  frommer  (Sfjrift  fotlte  bie  9M)te  miffen  nur 
gur  £efenfion   unb  ©djnt}   .   .   .   mie  S)r.  ©.  Srücf   ift.    £ie 


45 

anbeten  gemeiniglich  aupmal  ftnb  gottlos  .  .  ."126)  Sft  bies 
nitf)t  ganj  etmaS  anbereS,  als  toaS  ganffen  fdjreibt?  Unb  an 
anberen  ©teilen  ftnb  nod)  anbere  Suriften  oon  £utf)er  aus  bet- 
rat)! ber  „gotttofcn"  ausgenommen.  <So  jagt  er  ein  anbet  mal: 
„Stücke  ftnb  gar  fromm,  tute  Dr.  Sebalb,  etliche  aber  ftnb  eitel 
Seufet."12?) 

Sind)  baS  tft  ein  betrübenber  ßunftgriff  SanffenS,  bafe  er 
Sut^efn  fagen  täfst,  alte  Suriften  ntit  einer  einzigen  3tuSnaI)me 
feien  gottlos  unb  mau  fotlte  folgen  ftofyen  tropfen  bie  ßnngc 
aus  bem  £>alfe  reinen,  ©r  fteüt  alfo  bie  ©adje'  fo  bar,  atS 
I)ätte  Sutljer  ben  3uriften  allzumal,  mit  SluSnaljme  eines  einigen, 
folcfje  Dual  zufügen  motten.  Sn  SBirHidjfeit  aber  ftnb  eS  groei 
oerfdjiebeue  SluSfagen  SutfjerS,  metdje  Sanffen  f)tcr  $u  einem 
€a|e  oerbinbet.  £er  erfte  ?luSfprud)  tft  i.  3-  1538  bei  2ifd) 
getrau,  ber  anbere  fedjS  3afjrc  fpäter  auf  ber  fanget  Unb 
„fotd)e  ftolgen  tropfen"  Ijat  er  nidjt  4bte  Triften  allzumal 
mit  MuSnafjme  beS  einzigen  SBrücF  genannt,  fonbern  eine  Befummle 
Ätaffe  oon  Suriften,  nämtid)  bie  fdjänblidjen,  bemufUeu  SftectjtS* 
oerbretjer.128) 

$od)  $ax  £>auptfad)e!  SMjer  roeif?  Sanffen,  bafj  Suitjer 
barum  fo  gornig  auf  bie.  fünften  getoefen  fei,  meit  fic  bie 
ttinber  feiner  ^auSfrau  nid)t  atS  cfjettd)  unb  erbfähig  anerfennen' 
toottten?  $toei  Stelleu  citiert  Csattffett,  —  mir  tjabett  fie  foeben 
ermähnt.  Stbet  in  beiben  ift  nid)t  ein  SBort  oon  feiner  Gf)e, 
feiner  §auSfrau,  feineu  ttiubern  ju  finben.  Sind)  föfjt  Sut^er 
feineStoegS  unbeftimmt,  marnm  er  „fo  jornig"  auf  biete  fünften  fei, 
bafj  Sanffen  bodj  ju  einer  böSttrittigen  Vermutung  oerleitet  werben 
tonnte.  ®r  fagt  flar:  „$He  anberen  gemeiuiglid)  allzumal  finb 
gottlos,  fucfjen  nur  tfjren  ©eniefj  unb  üRufcen,  jietjen  baS  <Ked)t 
unb  brel)en  eS  \\c\d)  il)rem  Vorteil,  machen  aus  Wcdjt  Unredjt 
unb  aus  Unredjt  SRed^t  mit  il)rer  Deutelei  unb  Sopbifterei,  allein 
um  ©elbeS  teißen."129)  Ta  nun  fein  3urifi  „®etb"  gemauu 
ober  oerlor,  ob  SuttjerS  (5$e  für  rechtsgültig  crflärt  umrbe  ober 
nidjt,  fo  t)at  ßutljer  bei  biefen  SBorten  feineSfattS  au  bat  oon 
sauffeu  SJeljauötete  gebadjt 

ftretltdj  bat  Butler  einmal  ermähnt,  bafä  bie  fünften  „and) 
feine  {gfyce  nnb  öettetftücfe  uid)t  gebauten   feinen  Äinbern  $%& 


4(3 

fpred)en."130)  Slber  nie  t)at  er  gejagt,  biefeS  madje  ilm  fo  ^oraig. 
Sfanfjen  behauptet:  fiuifyex  füfjrt  barüber  bie  bitterften  flogen'.131) 
£ut()er  aber  behauptet  eben  an  ber  einen,  aud)  oon  Sanffen 
citierten  (Stelle132)  baS  gerabe  (Gegenteil.  Sutt)er  fagt  auebrücflid), 
baß  er  fid)  um  biefeS,  aud)  irjn  unb  feine  ^amitie  treffenbe  Urteil 
niemals  gegrämt  fjabe:  „£>iefe  3tebe  tief?  id)  alfo  l)iuftreict)en 
unb  fie  machen,  maS  fie  matten,  als  bie  mir  nidjt  befohlen 
mären."  £aS  aber,  fäfjrt  er  fort,  l)abe  er  nicfjt  leiben  tonnen, 
baß  fie  nacfj  bem  alten  päpftlidjen  9?erf)te  bie  Ghiltigfeit  ber  orme 
(Sinmilligung  ber  Altern  gegebenen  @t)eoerfpred)en  behaupteten. 
£>enn  bieS  mar  gegen  baS  inerte  ©ebot.  dagegen  mußte  er  als 
©eelforger  auftreten.  @S  liegt  alfo  bie  ©ad)e  gerabe  umgefel)rt, 
al§  Qanffen  fie  barftellt.  9md)  it)m  foll  Sutljer  ^u  feinem  Kampfe 
gegen  bie  fünften  burd)  ein  rein  perfönlid)eS  Sfftotio  getrieben 
morben  fein,  burd)  ben  Berbruß  über  ifjre  Beurteilung  feiner 
(£t)e.  3n  Sßirflicrjfeit  aber  bat  er  biefe  perföntidje  @ad)e,  als 
eine  rein  juriftifdje  $rage,  getjen  laffen,  mie  fie  ging.  9tur  für 
eine  gan§  anbere  $rage  fjat  er  bie  San^e  eingelegt,  für  baS,  maS 
it)m  „befohlen  mar."  ©eine  23erufSpflid)t  allein  rjat  it)u  geleitet. 
öS  ift  bod)  bemunbernSmert  groß,  fo  31t  l)anbetn.  3auffen  finbet 
eS  ^begreiflich/,  ba$  Suttjer  cm§  rein  p.erfönlidjen  SKotiüen  folgen 
,2ßibermillen'  gegen  bie  fünften  gefaßt  fjabe.  3a,  märe  Sutljer 
fo  niebrig  gefiunt  geroefen,  fo  mürbe  Sanffen  irjn  begreifen 
formen:  ber  mirflidje  ßutljer  ift  unb  bleibt  bem  römifdjen 
£>iftorifer  ju  rjod). 

Slber  mie  mag  beim  Sanffen  .üuttjcrS  Hausfrau'  als  bie 
treibenbe  Äraft  in  biefem  Kampfe  gegen  bie  3urifteu  aufteilen? 
©r  bat  mirflid)  irgenbmo  einen  l)alben  Sa£  gefuuben,  ben  er 
ba^u  mißbraudjen  fann.  3n  einer  Slnmerhmg  füljrt  er133)  auS 
einem  Briefe  (SrucigerS  an  Sßeit  SDietrid)  folgenbe  SBorte  an: 
„3e|t  ift  er  [ßuttjer]  gang  entbrannt  gegen  uufere  fünften,  unb 
bu  meif5t,  er  l)at  außer  bem  nieten,  maS  tfjn  in  flammen  fettf, 
eine  ^auSfarfel."  25>er  müßte  liiernacr)  nidjt  auneljmen,  ba$ 
aud)  Grueiger  fid)  über  &atl)arina'S  ©iumifdjung  in  ßutljer'ä 
kämpfe  unb  über  feinen  babnrd)  erregten  ßoru  geärgert  tjabe? 
2)enn  oanffen  läßt  aus  bem  (iitat  einen  @a|  fort,  oline  aud) 
nur  ausbeuten,  ba^  er  uuoollftäubig  anführt,  bie  SSorte  nämlid), 


47 

in  benen  Stuciget  oon  beti  Sutiften  fagt:  „2Befd|e  Äfaffe  oon 
äRenfdjen,  mie  fie  beim  (jodjfaljtenb  finb  unb  famu  einen  Sföenfdjen 
auncr  fiel)  felber  gelten  [äffen,  nidjt  teiebt  nadjgiebt."  Stuciget 
freut  fid)  atfo  beä  stampfe*  ßutljeti  gegen  bie  Sutiften.  Sfadj 
null  er  Äatfjatina  nidjt  tabelu,  weil  and)  fie  ibren  äftann  .anfeuert'. 
Tenn  er  weiß,  baf?  fie  ben  triftigsten  ®rnnb  liat,  in  biefem  gälte 
Partei  ,m  ergreifen.  ©§  ift  eine  fdnoere  Uumabjrbeit,  toenn 
Sanffen  afö  bal  ättotiti  ihrer  ©rregtfjeit  angiebt,  fie  tjabe  .begreifüd) 
ihre  tobet  ali  ef)e(id)  nnb  erbfähig  auerfanut  miffen  motten'. 
(5§  roar  oielmebr  mieber  ein  fjeimßdjei  SBettöbnii,  um  baz  e£ 
fid)  lianbelte,  nnb  ffoax  eine*  ihrer  SBettoanbten,  bei  (Sa*uar 
SBetiet.134)  ©ottte  fie  benn  barum,  weil  ßntf)et  ihr  (Seemann 
mar,  nidjt  thun  Dürfen,  roai  jeber  anbete  tbnn  tonnte,  toenn  in 
feiner  gamilie  foldje  füubhafte  gätte  oorfameu,  follte  il)r  allein 
oenocljrt  fein,  ßutfjeri  Stf)im  für  bas  göttliche  9ied)t  anzurufen? 
Ober  follte  barum  oon  einer  SBeeinftuffung  ßutljeri  buret)  fie 
gerebet  merbeu  fönnen,  med  er  in  biefem  feine  grau  perfonlid) 
angebenben  gatte  genau  baifelbe  tl)at,  ttiai  er  immer  bei  ben 
hinter  beut  SRütfen  ber  ISltern  gefdjloffeueu  ©fjeöerfttredjen  getbau  ? 
Dbet  follte  et  bieitnal  feine  s}>flid)t  oetfänmt  nnb  erft  burd) 
Äatbarina  bayi  angefeuert'  fein?  So  mürben  nur  il)r  Xanf 
miffen  muffen.  3t6er  ßraciger  fagt  ja  auibrüdftd),  bau  nod) 
„öietei  anbete"  ifjn  gegen  bie  Triften  erregt  babe.  So  mar  e§ 
beim  nidjt  SBeibereinftufj,  unter  bem  Vuther  ftaub,  fouberu  feine 
©erufipflidjt,  toaS  itm  trieb,  gegen  eine  ^erletumg  bei  öietten 
©ebotei  ,m  tampfen. 

Hub  ei  mar  Sanffen  fo  leidjt  gemacht,  ben  Reformator 
hierfür  \u  loben.  Tenn  bie  burd)  jenen  rönüfdieu  Ba[\  oon  ber 
3ied)t*gültigfeit  unb  SBerbinblidjf eii  einei  olme  elterlidjelS-iumilligimg 
gegebenen  6f)eöerft)red)en3  angeriebtete  SBerttrirrung  ift  fo  gron 
gemorben,  bau  felbft  ba3  römifdie  Soncil  ,m  Orient  i.  3.  L545 
fid)  oetanlafet  gefeljeu  bat,  ,m  erfliiren,  bie  beilige  .Stirdie  habe 
jene  Sßerlöbniffe  au*  ben  gerechtefteu  Urfadjen  oerabfdieut  unb 
betfjinbett'.135)  Selbft  bann  alfo,  meim  ein  .Stampf  ßutfyerg  oon 
ber  rbiuifdien  .Stirdie  als  nidjt  uubereditigt  anerfaimt  ift,  bat 
Csanffen  uidn  ein  Soor!  ber  Vliierleunung  für  ihn,  foiibeni  nur 
bie  ilunft  falfdjer  Vluflageu. 


48 

üßodj  in  einer  onberen  SBegiefiung  beftreitet  Sanffen  bie  ©etb= 
ftänbigfeit  £utl)er*.  3n  f)od)mid)tigen  fragen  foll  er  nad)  ber 
pfeife  fetne£  Äurfürften  getaugt  haben.136) 

3nt  3af)re  1534  fyoffte  £8u|er  eine  5lunät)erung  jmiftfjen 
ben  reformiert  nnb  ben  lutljerifd)  ©efinnten  herbeiführen  31t  tonnen. 
9?ad)bem  ßutljer  eine  fd)rifttid)e  ©rffftrung  in  Rauben  batte, 
roonad)  bie  öiSljer  jnringßfd)  gerichteten  ©tobte  „in  ber  ßeljre 
ttom  ©aframent  nnb  onberen  Strtifeln  ber  [aug§burgifd)en] 
Äonfeffion  nnb  SCpotogie  gemäfj  teuren  mollten",137)  bot  er 
bereitmiltig,  ja  mit  Jjoljer  greube  bie  §anb  51t  einem  SBerfud), 
in  einer  perföuüdjeu  gttfammenfunft,  „aufrichtige  unb  malire 
(Sinigfeit"  ju  befdjliefeen.138)  „gum  5(6fcf|Iuft  berfetben',  fd)reibt 
Sanffen  ridjttg,  ganten  SBu|er  nnb  mehrere  obertänbifdje  ^räbifanten 
im  3M  153(3  nad)  Wittenberg'.139)  t3(ber',  fo  fät)rt  Sanffen  fort, 
,fie  fonben  einen  onberen  ßutljer,  al§  fie  erroortet  Ratten.  Tenu 
fur^  cor  ir)rer  Sfrtfunft  batte  ber  fturfürft  oon  ©ad)fen  on 
ßutfyer  ben  S9efet)t  gerietet,  auf  ber  ?tug*burger  Äonfeffion 
unb  bereu  Apologie  beftänbig  311  bleiben,  barob  feftjubaiten  unb 
ben  fremben  Sßräbifanten  in  feinem  SBege,  mit  nidjten  aud)  in 
bem  meuigften  s^untt  unb  Wrtifel  31t  roetdjen.  ßutljer  banbelte 
nad)  tiefem  ©efeljl,  toarf  aber  gleichzeitig  ben  oberlänbifdjen 
Sßrebigern  nor:  fie  ftänben  l)infid)ttid)  ber  ftrdjfidjen  2)inge  in 
fflatiifdjer  Wbhäugigfeit  oon  ibren  ÜDtogiftraten'.  ©ettnfj  ein 
läd)erlid)er  ©flaue,  ber  onberen  ©flaoen  iljre  ©flaoerei  oonoirft! 

fintier  alfo  foll  bcabfidjtigt  fjaben,  oon  bcrSlugsburgerftonfcffion 
ab§ugerjen,  auf  .Söefeljf  be*  ßurfürften  aber  entgegengefe$t  gefjanbelt 
fabelt '?  STber  mo  ftcljt  benn  etroaä  oon  ßtftfy'?  3S3or)(  bei 
Sanffen,  aber  nidjt  in  bem  ©djreiben  be§  Äurfürften.  3n  biefem 
ftet)t  oielmcf)r:  „2öir  motten  guäbiglid)  begehrt  baben."14") 
Unb  bätte  ^anffeu  nur  nod)  ein  paar  SBorte  meljr  au*  biefem 
SSriefe  mitgeteilt,  fo  mürbe  jeber  ßefer  fofort  erfannt  baben,  bafj 
ber  Äurfürft  nierjt  baran  gebadjt  l)at,  ßutfjer  fonne,  fättS  ihm 
nierjt  ein  ,S5efef)f  erteilt  mürbe,  „aud)  nur  in  bem  geringften 
fünfte  meid)en."  2)enn  eS  beifst  meiter:  „2Bie  mir  aud)  olme 
unfere  (Erinnerung  ber  beftänbig  feit  miffeu,  baf?  an  cud)  fein 
9Jcaugel  fein  mirb.  2tber  um  ber  auberen  millen  — ."  Tamit 
alfo  ßutfjer  nötigenfalls  für  ein   bartnötfige*  ©efteljen    anf   ber 


49 

StugSburger  Äonfeffion  ben  aubereu  Zeitnehmern  bet  Konferenz 
gegenüber  fid)  auf  feinen  .siurfürften  berufen  tonne,  bamit  er  ein 
9ied)t  fyabt  311  ber  ©rflarung,  nur  unter  jeuer  SBebingung  roerbe 
ber  Äurfürft  ber  Vereinbarung  beitreten,  ftellt  ber  fturfürft  ilint 
biefes  ©djreiben  51t.  2)aB  aber  biefc  ©emerfung  über  ßütr)er§ 
„tßeftänbigfeit"  feine  Lebensart  —  etroa  jur  SDWIberung  be§ 
gefeiltes'  —  fei,  bafj  btetmerjr  ber  Surfürft  feine  ©orge,  e§ 
tonnten  bei  ben  SBertjanbtungen  .Sion^effiouen  gemalt  werben, 
burd)  ben  23lid  auf  i'utrfer  bottftänbig  jurücfbrängt,  beweift  bac- 
gleichzeitige  @d)reibeu  bei  Siurfürften  an  ben  Rangier  ^rütf.'41) 
£a  rjeifjt  e*:  „9cad)bein  Dr.  3Kartinu§  fetbft  jur  (Stelle  [bei 
ben  $}errjanblungen  gegenwärtig  ift],  motten  nur  uu*  oerfetjen,  e§ 
werbe  ben  obertäitbifdjen  Sßräbifdnten  nidjt§  geroietjen  nod) 
eingeräumt  werben." 

freilief)  Rauben  S3u|er  unb  feine  ^reunbe  einen  anberen 
ßutrjer,  afö  fie  erwartet  tjatten.  Stber  wie  leid)t  f)ätte  Scmffen 
fid)  bauon  überzeugen  fönnen,  bafj  ßutr)er§  Stimmung  nid)t  burd) 
be§  Äurfürften  93rief  eine  Stenberung  erfahren  tjatte!  Denn  and) 
in  biefem  oon  irjm  eitierteu  ©djreiben  founte  er  fiubeu,  baft  ßutrjer 
ferjon  u  ort)  er,  et)e  ber  fturfürft  fd)rieb,  feine  Hoffnung  merjr  auf  ba§ 
ßuftanbefoinmen  ber  gewüufd)teu  Einigung  liegte,  bafj  btetmerjr 
ber  Slurfürft  irjm  nod)  SJhtt  maerjen  muffte,  ben  SBcrfudE)  nidjt 
gang  aufzugeben.  Terfelbe  fctjreibt:  „;Kacrjbem  itjr  e§  aber  bafür 
ad)tet,  bafc  ber  Soncorbie  halber  wenig  Xvoft  unb  Hoffnung  fein 
fotl:  ba§  hören  wir  wa()riid)  uid)t  gern.  SBir  finb  aber  un= 
gejttjeifelter  Hoffnung  unb  ^uuerfidit,  ber  allmächtige  ©ort  werbe 
e§  bamit  .  .  .  wollt  gnäbigtidtj  ju  feinden  wiffen."  Gbenio 
founte  ^anfien  au§  bem  vorhin  erwähnten  ©riefe  beS  Äurfürften 
au  ben  .Stander  SBrücf142)  erferjen,  roaS  beim  ßutrjer  unb  feine 
3freunbe  in  Wittenberg  [0  umgeftiiuiut  liatte.  3n  ber  ßeit,  wetd)e 
jttnfdjen  ßutr)er§  günftiger  ©timmung  unb  feiner  lliuftimiunug 
lag,  hatten  „bie  obertänbifdtjen  Sßrebiger  foldie  ©üdjer  ausgeben 
laffeu",  auS  weldieu  beroormgebeu  fd)ieu,  bau  fie  bie  Vertreter 
ber  oon  ßutrjer  berabferjeuten  8tbenbmarjt8terjre#  „^wingli  unb 
Decotampab,  für  heilig  achteten."  Die  Vorrebe  ba^u  trug  Vu$er8 
Flamen.  SBenti  aber  biefer  unb  feine  [Jfreunbe  juerft  erftärt  hatten, 
fie  wollten  ber  s.Hng->biirger  Moufeifion  genuin  lehren,   unb   bann 

SBalt&tr,  Cutter«  J<eruf.  4 


50 

bod)  gnringü  anzufangen  jcjjtenen,  fo  famSutf|er  auf  bie  83ef ürdjtung, 
fie  wollten  ihn  unb  feine  greuube  burd)  ßtuetbeutigfetten  täufdien. 
(£r  fprad)  btefe§  ihnen  gegenüber  fofort  bei  her  erften  ßufantmen* 
fünft  aufsl  fdjärffte  au§  unb  nannte  bie  eben  crmäfjnteu  ©rüube 
für  ben  Umfdimuug  in  feiner  ©timmung  gegen  fie.11:ii  S§ 
tonnte  alfo  uidjt  metjr  auf  grunb  ihrer  früheren  —  burd)  bie 
neueften  Vorgänge  gleidjfam  mieber  annullierten  —  (Srffärung 
eine  (Sinigtot  fonftatiert  luerben.  ©r  mufjte  oerlangen,  hak  fie 
eine  öon  ifmi  öorgetegte  (oon  äMandjtfan  entworfene)  2ebjr= 
formet  unterjeidjueteu. 

Ü23a§  er  nidjt  gu  rjoffen  geioagt  fatte,  ba§  erreichte  er  in 
jenen  2agen.  93u|$er  unb  ©enoffen  unterfdjrieben  bie  oou  iljin 
oorgefdjlagene  (SinigungSformet.  So  mar  ber  Slrgmorju  über= 
munben.  Sö§  barauf  audj  bie  Sdjmei^er  ber  „(Soncorbie"  beitreten 
wollten,  fam  fintier  ifjnen  auf*  freunblid)fte  entgegen.  öanffen 
aber  f djreibt:  ^lud)  \t%i  eutfd)ieb  bie  wcttlidje  Obrigfeit,  aber 
in  anberm  Sinne  al§  [nadj  3anffen§  eben  toiberlegter  £arftellung] 
ein  Sarjr  oorfar  bei  ber  Goncorbienoerhanblung  ju  Sßitteuberg. 
£er  Äurfürft  oou  Sadjfen  eradjtete  unter  ben  obmattenben 
Serfattniffeu  ju  Sßapft  unb  Äatfer  eine  Sinne§änberung  \>t\x 
©djtnetgern  gegenüber  für  bringeub  geboten.  .  .  Sutljer  madjte 
anfangs  erufte  Sdjnrierigfetten.  .  .  2lber  nadjbem  ber  Äurfürft 
feine  Stellung  geiinbert,  änbcrte  and)  Suther  feine  Spradje'.144) 
Sllfo  wieber  ber  ^Reformator  bie  Marionette  in  be§  fturfürften 
^panb!  %&?\\\\  nur  nttfjt  aüe§  in  biefer  Sanffenfdjen  Darlegung 
unrid)tig  märe! 

£urd)  ,bie  obmalteubeu  ^erfattniffe'  foll  ber  ilurfürft  bemogcn 
morbeu  fein,  eine  (Siuigung  mit  ben  reformiert  ©efinnten,  melcrje  er 
ein  3ahr  früher  nicrjt  für  nötig  gehalten,  berbei^uwüufdjen'?  2(ber 
abfolut  nicf)t§  l)atte  fid)  währeub  biefer  $eit  in  ben  SBerfjältntffen 
geiinbert.  (©eäubert'  fallen  ber  Äurfürft  unb  il)in  nad)  üutfar 
ihre  Stellung  haben?  ,3h  auberem  Sinne  afö  im  3a()re  oorl)er' 
foll  ber  Äurfürft  entfd)ieben  t)abeu?  SC6er  genau  berfelbe  Sinn 
mie  bamal*  befeelte  ihn  aud)  jefct.  ©erabe  mie  Sutljer,  fo  fetmte 
er  —  bäntalS  mie  je$t  —  eine  Einigung  aufj  ba§  far^lidjfte 
herbei.  Unb  beibe  Ratten  oor  einem  ^arjre  bicfctbe  Söebingung 
geftetlt,  auf  ber  fie  aud)  }e|t  beftanben,  bafc  nümlid)  bie  mitteuberger 


51 


(ioneorbie  untertrieben  roerben  muffe.  Sanffen  freilid)  fudjt 
and)  ju  betoeifen,  bat"?  ßutfjer  [ejjt  ,anfang§  crnftc  ©djmierig* 
fetten  cjemacht'  habe.  @r  meift  barauf  ()in,  ban  Sutljer  [e|t  51t 
5Bu|er  cjef agt :  „2)a§  SBcftc  jur  3ad)e  märe,  meint  eure  Scutc 
recfjt  (ehrten  unb  frei  inib  nuib  heran*  befeuneteu:  hieben 
^reuube,  ©Ott  Ijat  uns  faden  (äffen,  mir  haben  geirrt  nnb  falfdie 
ße^re  geführt,  (äffet  un§  nunmehr  Hüger  roerben,  norfebeu  nnb 
red)t  (el)ren."  ©etoifj,  fo  hat  ßutfjer  |e|t  gefagt.145)  §(ber  du 
Saljr  oorfjer'?  QJenau  baSfetbe,  ja  eigentlich)  itocf)  mehr  hatte  er 
bamal§  gefagt.  3U  Anfang  ber  SSerljanblungen  hatte  er  erüärt, 
„e§  würbe  oon  nöten  fein,  bau  fie  ibve  frembe  äMnung,  bie 
nierjt  be§  Gerrit  (Stjrifti,  ber  Stpoftct  nnb  ber  itirdje  ift  nnb  bie 
fie  bodj  6i§^er  51t  (ehren  nnb  anberen  eingubitben  nnb  eingureben 
fid)  unterftanben,  miberrufen  nnb  öffentlich  unredfjt  fpredjen 
fottten."146)  Unb  geroifj  märe  fo(ri)  ein  „SBiberruf"  „ba§  SBefte" 
geroefen.  SCber  med  er  nidjt  ju  erreichen  mar  nnb  bie  ÜDcogfid)feit 
oortiegt,  baf;  man  einen  alten  Irrtum  erfattnt  hat,  menn  man 
gleidj  nid)t  tfm  öffentlich)  mit  au§brüdftidjen  SBorten  miberrttft, 
fo  f)at  Luther  biefen  Söunfd)  ba%  erfte  mie  ba§  §tteite  SÜcal  mieber 
fallen  (äffen.  5(ud)  biefe  Slnftage  Scinffenä  auf  ttnfeßjftänbigfeit 
bei  ßutljer  jerfliefst  alfo  bei   näherer  Prüfung  in  nichts. 

©anj  anberS  üerfjält  e§  fid)  mit  ber  anberen  SSefdjulbigung, 
ßutf)er  habe  bie  ®infü()rung  ber  beutfeheu  ßiturgie  unb  ©efftnge 
im  ®otte§bienft  nidjt  aus  eigenem  antrieb'  dorgenommen, ,47) 
unb  fpäter  fei  4bie  Slufljemmg  ber  -ftoftie  unb  be§  ÄetdjS  beim 
SCbenbmafjl'  ,burd)  bie  melt(id)e  Dbrigfeit  befeitigtV46)  Tiefe 
angaben  finb  in  ber  lhat  richtig.  üftur  bemeifeu  fie  nidjt 
Sftangel  an  ©etbftänbigfeit  bei  Luther.  Tie  äußere  Orbnung 
beS  ©ottesbieufte*  ,yi  änbern,  fah  er  nur  fomeit  für  feine  SBerufS* 
pflidjt  au,  als  bariu  fttnbfjafteS  öorfam.  80  lief?  er  jroar  auS 
eigenem  ©rmeffen  baSjenige  aus  ber  ©otteSbienftorbnung  fort, 
toa3  fid)  auf  ba3  rbiuifd)e  SRefcoüfer  6e$og;  benu  biefe  l'ehre 
ftaub  nad)  feiner  Ueber^eugung  in  bireftem  SBiberfprucfj  jur 
v^ibcl.  Cb  mau  aber  nodj  tateiuifd)e  ©efänge  beibehielt  unb 
beim  Slbenbmaljl  SBrob  unb  SBein  in  bie  .fröne  hielt,  mag  und) 
römifdjer  2lnfd)auung  fehr  mistig  fein.  Cutter  aber  (egte  be 
fauutlid)  fehr  geringen   SBert  auf  btofje  (Zeremonien ;   mie  and) 

4* 


52 

Sanffen  einmal149)  berietet,  Sutfjet  fjabe  felbft  an  ber  33ei= 
Besaitung  oon  Sßroceffbnen,  ber  f)ergebrad)ten  sßriefterHeibung, 
be§  §erumtragen§  oon  gofbenen  nnb  fitbernen  Äreujcn  feinen 
Slnftoft  genommen,  menn  nur  „baä  ©oangelium  lauter,  rein  nnb 
ftar  ofjue  menfdjfidfje  ßufä|e  geprebigt  werbe".150)  3öof)I  wünfdjte 
üntfjer  felbft  jene  beiben  Stenberungen  im  ©ottesbtenft.  Stbet  fie 
eingnf ürjren ,  mar  nid)t  feinet  3tmte§.  £a£  rjatte,  weit  bie 
SBtfdjöfe  fid)  ber  Deformation  Wtberfe|ten,  ber  Äurfürft  anju= 
orbnen.  ÜJiit  ^renben  folgte  Sutfjer  in  beiben  fällen,  ba  bie 
Stnorbnung  mit  feinem  Sßunfdje  übereinftimmte,  nnb  meil  ba§ 
allgemeiner  ausgefprodjene  Verlangen  nad)  biefen  Neuerungen 
irjm  geigte,  bafe  burd)  biefelben  niebt  mefjr  fdnoadje  ©emüter 
geärgert  werben  mürben.  @o  ift  e§  mieber  nur  bie  flare  (§r= 
fenntni§  baoon,  wop  er  einen  SBeraf  l)atte  nnb  wogu  nidjt,  menn 
er  bjier  uid^t  eigenmäd)tig  öorging. 

Spalte  er  burd)  ba§>  üage  Verlangen,  gute§  §u  ftiften,  fid) 
verteilen  laffen,  nidjt  mel)r  §u  fragen,  ob  aud)  fein  SBeruf  ifjn 
bagu  autorifiere,  fo  t)ätte  er  nidjt  fefte,  fidjere  (Schritte  trjun 
fönnen.  Nur,  menn  er  nicf)t§  unternahmt,  at§  woju  er  burd) 
61)rifteupflid)t  nnb  33eruf§öf(icr)t  genötigt  mürbe,  fonnte  er  bie 
folgen  getroft  bem  überlaffen,  ber  if)m  foldjen  33eruf  auferlegt 
l)atte.  S)ie  ©ewiffensnbre ,  ba  unerwartete  unb  unermünfd)te 
folgen  uns  an  ber  ßwecfmäfjigfeit  unb  53ered)tigung  unfer§ 
£f)un§  irre  mad)en,  blieben  il)iu  erfoart. 

S)ie  römifd)en  ©djriftfteller  freifid)  miffen  un§  baZ  Qkgeu- 
teil  ju  beridjteu.  2)amit  fommeu  mir  §u  einer  ber  büfterfteu 
Partien  in  ber  römifd)en  Suttjetfegenbe. 

i'utycrs  Zweifel  an  bev  Üterijttnäftigfett  feines  9btffcetett$. 

$n  rul)igen  Momenten',  fo  belehrt  man  un§,  .würbe  Sntljer 
fel)r  oft  tum  grofjen  Zweifeln  an  feiner  gütttidjen  ©enbuug  unb 
ber  2Bal)rl)eit  feiner  Setyre  unb  öon  großen  (Sewiffensbiffen  über 
fein  gangeS  X()itu  unb  treiben  ergriffen'.1"'1)  fi)aä  Seelenleben 
bes  ©eädjteten  mar  büfter.  ßweifel  unb  ©eWiffenSbiffe  waren 
feine  Trabanten'.152)  .SBatjrlid),  ein  in  fid)  jerriffener,  ungtü(f= 
lid)er  Sföenfd)!'153)    Sanffen  mein  fogar  öon  (nnanff)örüdjen 


53 

SBeiingfrigungen,   ßmetfeftt   unb   ©emiffenlqualen    begüglidj   ber 

SRedjtmämgreit  feine!  auftreten»'  ju  berieten.154)  &eiu  Sßunber, 
baf?  alle  römifdjeu  ©egner  unfer§  ^Reformators  tiefen  ^uuft 
mit  fo  großer  Vorliebe  bel)anbeln.  Xeutt  tote  berechtigt  finb  fie, 
an  feinem  SBeruf  §u  jroeifeln,  wenn  er  felbft  ihnen  mit  gutem 
SBeifpiel  vorangegangen  ift!  Unb  fo  feft  ftnb  fie  üon  ber 
9iicr)tigfeit  üjrer  ^Behauptungen  überzeugt,  bat?  fie  baraufhiu  ihm 
bie  benfüar  größte  ©djtnad)  antl)ttu  mögen,  bafc  fie  erflären, 
fie  bemitleibeten  il)tt!  42eine  $ei7,agtl)eit  unb  tieffte  @ut= 
mutigung',  fcrjreibt  ^anffen,  Vob)  ^treten  oft  in  tuaf)rl)aft  ergreifenben 
unb  SOZitteib  erregenben  Sßorten  Ijeroor'.  SBir  bebürfen  ber  größten 
<2c(bftbcl)errfd)iiug,  um  nidjt  biefel  23euel)men,  ba  ein  ^sanffen 
einen  £utt)er  öffentlich  bemitleibet,  oerbieutermafsen  ,^u  d)araf terifiereu. 
Unb  füllte  er  roirflid)  9Jiit(eib  empfinben?  S)ann  müfjte  er  felbft 
nidjt  glauben,  toa§  er  meiter  über  ßutt)er§  4®etüiffen§qualcn'  be= 
richtet  Sft  biefe§  toofyc,  fo  ift  e§  fünbfiaft,  ßutfjer  §u  bemitleiben. 
©o  barf  man  auf  biefen  nur  mit  Sfel  unb  ©rauen  öfteren ;  mit 
@!el  oor  biefer  teitflifcfjen  Verlogenheit,  mit  ©rauen  barüber,  bafj 
ein  üötenfdj  fo  bobenlo*  tief  finfeu  tonnte. 

3)enn  fo  beridjtet  Sanffen  meiter:  fßutl)er§  Urteile  über 
fid)  felbft  unb  fein  SBerf  lernt  man  bei  genaueren  feuuen 
au§  feinen  oertraulid)en  Unterredungen  unb  ©riefen'.156) 
9iad)bem  er  bann  einige  biefer  ,®emiffen§öeängftigungen'  un§ 
gefdjilbert,  fügt  er  eine  Sfteilje  üon  entgegengefefct  lauteubeu 
3lu*fprüdien  ßutljerä  ein,  bereu  Sinn  fein  foll,  jeine  ßefjre  muffe 
geprebigt  »erben,  toenn  and)  aÜe§  in  ber  SBeft  barüber  ju  grunbe 
gel)e',  ba  EljriftuS  ihm  ju  teuren  gereiften  habe.  Tann  fäl)rt  er 
fort157):  £@ine  fold)  ,uioerfid)tlid)e  Sprache  be^üglid)  ber  SBaljrljeit 
fetner  Sßrebigt  führte  er  in  all'  feinen  2d)rifteu.  3>u  feineu 
oertraulidjen  Seloftbefenntniffen  aber  unb  in  ben  Unterrebungen 
mit  feinen  Jyreunben  lauteten  feine  SBorte  gang  anbete-.',  (gin 
nnberer  rötnifdiev  iJutberbiograpb  brüdt  fiel)  fo  au3:  .ffiäbrenb 
er  in  feinen  Sßrebigten  unb  ©cfjriften  mit  ber  ferffteu  ©ennfcljeit 
auftrat,  ja  Unfeblbarfett  beanfprud)enb,  (eben  ©inttmrf  tobenb 
nieberbouuerte,  jammerte  er  int  3tilleu,  ban  er  feine  eigette  8ef>re 
nid)t  einmal  glauben  fönne'.158)  SJhm,  mer  müßte  nid)t  tiefften 
(Stet  oor  fold)  einem  lUenfdjen  empfinben,  ber  oon   unaufr)brlid)eu 


54 

ßtoeifeln  unb  ©emiffenSquaten'  gefoltert  ift,  aber  bor  ber  Deffent* 
lidjfett  eine  faft  beifpiellofe  geftigfeit  unb  ßuberficfjt  erl)eud)elt! 

©od),  fel)en  wir  un§  SanffenS  Belege  für  biefe  furdjtbare 
Slnftage  näl)er  an!  Sit  ber  Ibat,  alle  öon  iljm  cirierten 
SluSf&rüdje  SutljerS,  meldje  beffen  Sßergagtlfeit  betoeifen  fallen,  finb 
au§  ben  Tifdjreben  ober  ber  be  äöette'fdjen  ©ammtung  oon 
©riefen  be§  Reformator1?  genommen.  Stber  bamit  ift  bod)  nod) 
nid)t  beroiefen,  bafj  er  in  fo(djer  SBeife  einzig  in  oertraulidjen 
Steuerungen,  nidjt  aber  and)  in  jetnen  3d)riften'  öbjnlid)  gerebet 
bat.  Sollen  mir  nn§  ben  Sdjer,^  erlauben,  mit  Sanffenfdjer 
Äunft  51t  bemeifen,  baft  ßutljer  in  feinen  bertraulidjen  Unterrebungen 
unb  ©riefen'  eine  unglaubtid)  poerfidjtlidje  Spradje  geführt  fyabt, 
in  jetneu  Schriften'  aber  ,gang  anber£\  f (eintaut  unb  berjagt 
feine  Gkroiffensbiffe'  funb  getrau  Ijabt?  (5s  mürbe  fet)r  teidjt 
fein.    2ötr  rjalten  es  jebod)  für  Sßfftdjt,  einen  anbern  SSeg  einjufctjlagen. 

S)ie  erfte  Stelle,  meldje  oanffen  §ur  Tarftellung  ber  nur 
oertrautict)  offenbarten  ®emiffensängfte  ßutf>er§  anführt,159) 
ift  jenem  an  bie  Sluguftiner  ju  SBittenberg  gerichteten  ©riefe  00m 
25.  üftoüember  1521 ,6Ü)  entnommen.  3)amm  giebt  Sanffen  biefe 
SBorte  als  ein  {oertrauftd>e§  Selbftbefeuutuis'  raieber,  metdjes 
in  fdjreienbem  Söiberfprud)  311  allen  für  bie  Deffenttid>feit  be= 
fttmmteu  Steuerungen  ßutfjer§  fielen  fotl.  Sr  toeifj  alfo  eiufad) 
nid)t,  bafc  biefer  oermeintlidje  ©rief  nidjt§  anbere§  ift  als  ber 
Anfang  einer  für  bie  Ceffeutlidifeit  gefdjriebenen,  Oon  ßutfjer 
felbft  als  gebrurftes  ©üdjlein  ausgegebenen  3d)rift161).  2)a 
aber  biefe  ^orrebe  zufällig  in  bie  gform  eines  ©riefeä  getfeibet 
mar,  fo  uarjm  be  Sßette  biefelbe  and)  in  bie  Sammlung  feiner 
ßutljeroriefe  auf.  Zubern  aber  fjierburdj  Sanffen  bie  9Jcöglid)feit 
gemann,  auf  biefe  ©rieffammtung  als  Duette  31t  oermeifen,  mar 
b€in  ßefer  bie  9Jcöglid)feit  genommen,  ben  betrug  ,^11  erfennen, 
falls  er  nidjt  fd)on  genau  über  bie  Verausgabe  jeuer  Schrift 
ßuttjeri  orientiert  mar  unb  burd)  SKadjfdjfagen  bes  (iitats  erfaf), 
baf?  e§  fid)  eben  um  biefe  Sdjrift  fyanbcle. 

Sinen  anberen  SetoeiS  für  feine  entfet.Utdje  Stnflage  entnimmt 
3anffen,w)  einem  ©riefe  ÖntfjerS  au  liaspar  ©üttel  00m  oanuar 
1530.  Tenu  and)  ()ier  tonnte  er  be  SBetteS  ©rieffammlung163) 
eitleren.    ©0  mein  er  beun   abermals   nidü,   bafj  biefes  ©djrift* 


55 

ftücf164)  nidjt  eine  (öertrautidje'  Mitteilung  tft,  fonbern  ttoit  untrer 
beut  kniete  übergeben  mürbe,  meil  Unit  eben  barem  fag,  bafc  bas 
barin  ©efagte  mögftctjft  töeit  unb  breit  befannt  merbe. 

Tod)  Jagen  mir  hin^it,  bafj  nad)  tmferer  ÜDceinung  Sanffen 
um  ben  argen  Setrug,  bert  er  [einen  ßefern  ipielt,  [elbft  nierjt 
gettmfit  hat,  roenn  mir  and)  feine  SBeröflicfjtung  bagu  fühlen,  bie 
äKögftcr)feit  fofdjen  SßerfarjrenS  bei  einem  jefuittfd)  benfenben  Spanne 
nadföutoeifen.  Um  it)n  mögtid)ft  ju  entfdjutbigen ,  teilen  mir 
nod)  mit,  bafj  er  and)  jene  Stnüage  ßutr)er§  nierjt  fiel)  erfonnen, 
fonbern  ungeprüft  abgefd)rieben  t)at.  Sei  ©öttinger165)  hatte  er 
gefunben:  Tie  ^uoerfidjt,  mit  ber  er  fid)  ausfprad),  blieb  ,^mar 
bis  ,^u  feinem  Tobe  in  allen  feineu  polemifdjen  Schriften  ber 
fjerrfdjeube  Ton,  aber  gang  ctnberS  lauteten  bie  §erjen§- 
ergiemntgeu  im  Greife  feiner  Familie  unb  feiner  öertraüten  ^yreunbe'. 
Heber  ltufer  gaffungSöermögen  aber  gerjt  es  rjiuaus,  ha)]  oanffen 
einfad)  oou  Töllinger  abfd)reibeu  mag,  tu  a  1 1*  feinen  ©djriften'  rjabe 
Luther  jolcf)  juöerfierjtftcfje  ©örctdje  bejügftcrj  ber  Söa()rt)eit  feiner 
Sßrebigt  geführt',  jn  feinen  üertrauticr)en  Setbftbefeuntniffen  aber  (ante 
feine  Sprache  ganj  anberS',166)  nad) beut  er  f elbft  eben  öorrjer167) 
aus ^reb igten,  bie  ßutljer  öffeutlid) gehalten,  mehrere  Sfeu&erungen 
eitiert  hatte,  roelcrje  aufs  offeufte  baöon  rebeu,  mie  „meibtid)  es 
il)tt  öor  ben  ilopf  geftoften  tjctbe,  betfj  er  gegen  bie  Sßäter  gelehrt 
unb  geglaubt  habe",  in  meldjen  ^auffeit  lieft:  ßt  \)aiw,  marf 
ihm  fein  Wemiffeu  öor,  unreerjt  gelehrt'.  Sei  Stbfaffung  eines 
fo  grofcen  (^efd)id)tsmert'es  hatte  bodj  bie  9Jcüglid)feit,  baf?  basfelbe 
aud)  in  bie  .\>anbe  nacfjbenfeuber  ßefer  fallen  t'öitue,  au  feiner 
Stelle  aus  ben  klugen  gclaffen  merben  bürfen. 

SBürbe  mau  freilief)  alle  Steuerungen  ßutrjerä  über  feine 
Vlufedjtiiiigeit,  meld)e  in  feinen  öffentlichen  ©djriften  fid)  fiubeu, 
neben  biejeuigeu,  roetöje  er  nur  uertraulid)  gethait,  ftelleit  t'öuneu, 
fo  Dürfte  aud)  nad)  innerer  Vlufid)t  bie  ßctrjl  ber  [enteren  Sfteirje 
größer  fein  als  bie  ber  elfteren.  Teint  ba8,  mas  hier  unter 
Stnfecrjtungen  gemeint  ift,  t'oiumt  nur  auf  höhereu  Stufen  bes 
religiöfen  Gebens  öor.  SBon  ber  grofjen  ÜKenge  mirb  berartigeS 
nidit  öerftanben,  borjer  minbeutet  unb  mif,braud)t  —  bie  8trt, 
mie  unfere  römiferjen  (Gegner  mit  ben  betreffenben  Keulerungen 
ßuttjerS   mitgehen,   bemeiü   bies   aufs   fdilagenbfte.     Tannn    mar 


56 

e3  ßutf)er§  $f(id)t,  oor  ber  Ceffcntüdjfeit  nur  bann  baoon  $u 
reben,  wenn  anbere  bation  (gewinn  fjabeu  fonnten.  Sann  aber 
rebete  er  aud)  mit  bottfter  Offenheit  baöon,  otme  fid)  baran  ^u 
fefjren,  ob  e§  in  ben  Singen  ber  Unüerftänbigen  ifjn  tjerabfetjeu 
würbe.  Senn  —  unb  bieg  mögen  fid)  bie  inerten,  weldje  ifjn  fo 
gern  ofö  einen  ($rotfpra()ter  tnuftellcn  —  er  wollte  nie  etwa» 
anberes  fdjeinen,  aU  er  war.  ©§  lag  if)in  aucfj  nidjtS  baran,  ob 
bie  Sßaüiften  it)u  uid)t  öerftanben  unb  für  fdjledjter  aufaßen,  a(§ 
er  war.  3a,  wer  and)  nur  biefen  einigen  $ug  in  beut  Gfyarafter 
£utt)er§,  biefen  abfotuten  Mangel  an  Selbftoerfd)ünerung*fud)t,  bi§ 
auf  feine  SSur^etn  oerfotgt,  ber  tauu  uidjt  mefjr  römifd)  über 
ifjn  urteilen.  äöcnn  unfere  ©egner  fid)  flar  mad)ten,  ba%  fie 
alle§,  \va§  fie  oon  Sd)Wäcf)eu  unb  llnoottfommenrjeiten  üjm 
nacfjfagen,  einzig  unb  allein  oon  if)iu  felbft  erfahren  rjaben,  fo 
müftte  baZ  btofse  S(nftanb*gcfül)f  itmeu  unmöglid)  madjen,  ber= 
gleichen  unermübtid)  att^upofaunen.  üöa§  würbe  mau  §u  fold) 
einem  9Jiifwraud)  ber  „SSetenntniffe"  be§  rjeiligen  Stuguftin  fagen? 
Socf)  wir  oerlangen  nicfjt  me()r  eine  anftiiubigc  53el)anblung 
SutfjerS.  SGSir  oerlangen  nur  SKafjrfjaftigfett.  2öa§  aber  tuadjt 
man  au§  ben  Einfettungen  Sutfjerä? 

ß%  waren',  fo  fagt  Sanffen,168)  bie  .Vorwürfe  feinet 
©emiffen»';  er  aber  ,gab  biefe  innere  (Stimme  für  bie  Stimme 
be§  Teufels  au§'.  grofjtodeub  ftimmeu  bie  Stbfdjreiber  ein: 
,Um  ba%  ©ewiffen  jum  Sd)Weigen  51t  bringen,  benutzt  fid)  ber 
oon  wahrer  ,f)üllenangft  (Mefolterte  bie  Stimme  biefeS  inneren 
©ebieter§  für  Sug  unb  Srug  be§  Satan3  ausgeben;  ber 
Stimme  be§  ©emiffens  binbet  er  bie  £eufet§fra|e  oor'.16")  Sarum 
gönnte  er  nid)t  gur  GsrfenntmS  fommen,  bak  er  fatfdje  28ege 
gef)e,  weil  er  bie  Vorwürfe,  bie  i()iu  isernunft  unb  ©emiffen 
madjtcn,  auf  teuflifdje  ^erfudjitngen  unb  ©inflüfterungen  jurüd* 
füfrrte'.1'")  So  tief  alfo  tonnte  ber,  meldjer  —  nad)  römifdjer 
93el)auptung  jid)  für  ben  äJhtnb  &otk%  feinen  ©cift  für 
ben  ©eift  ©otte§  l)ielt',  f inten,  bafj  er  bie  Stiuuue  feinet  ©e= 
wiffens  b.  1).  (bie  Stimme  ©otteS'171).  für  be§  Satan§  Stimme 
I)iclt!  (Sine  foldje  Stnfdjauung  oon  il)m  mitfj  freilid)  jeber 
ed)te  ftatljolif  f)aben.  SBerbanft  Sut^er  feine  üefjre  ben  ®in* 
flüfterungen   beS  ©aton§,  fo  muffen  alle  feine  .ßmeifel   an  ber 


57 

s-h>af)rl)cit  feinet  8et)re'  bon  feinem  ©emiffen  lierftammeu.  Aber 
bah  mau  iold)  eine  Anfdjauung  oll  gemiffe  ^alivhctt  un!  oor= 
tragen  mag,  bau  ein  ^itftorifcr  mie  Sanffen,  meldjer  fid)  rüfrait, 
nur  bie  Tljatfadjen  bargefteüt  ju  tiabeit,  Seiten  Ijinbttrcfj 
mit  biefer  SBerbrefmug  onerieren  mag,  all  märe  e!  eine  ungroeifefljafte 
Ttiatfadje,  toiffen  mir  nidjt  gu  6egreifen.  ©!  ift  in  ber  j^at 
toeit  gefommen,  bafj  man  un!  fo  etroa!  ju  bieten  magt  SüBir 
rädjen  Miltner  uid)t  baburdfc),  bau  mir  Sanffen!  (©efd>idjte  be! 
beutfdfjen  SBotfe!'  auf  Gmtflüfterungen  be!  Satan!  ^urütffülireu. 
SBir  fragen  nur  uadi  ben  SBemeifen  bafür,  bau  ßutljer!  „An= 
fedjtumien"  nichts  anbere!  &t!  bie  Stimme  feine!  ©emiffen! 
gemefen  feien.  SBergeben!  fudjeu  mir  barnad).  ÜBielmetjr  ergiebt 
fid),  bafj  uniere  ©egner  jene  Söeljauptung  öoHig  unüberlegt  in 
beit  Sag  hinein  au!gefprod)en  baben.  $)enn  inbem  Sanffen  un! 
einige  Anfechtungen  ßutfjer!  namhaft  madjt,  meldje  bie  Stimme 
ferne!  ©emiffen!  gemefen  fein  fotten,  bem  er  (eiber  nidfcjt  gefolgt 
fei,  ermähnt  er17-)  and)  bie,  ßutfjer  babe  bismeilen  Selbftmorb= 
gebanfen  gehegt,  ja  fei  §ur  ©otteüäfterung  öerfudjt  morben. 
Atfo  fein  ©emiffen,  (©otte!  Stimme',  foö  irnu  Selbftmorb  uub 
®otte!täfterung  geraten  cjaben!  Ober  ein  anberer  biefer  ßutfjer* 
barftefler173)  meint,  inbem  ßutljer  in  ber  Stimme  feine!  ©emiffen! 
anftatt  bie  Stimme  ©orte!  bie  Stimme  be*  teufet!  gu  erfennen 
glaubte,  unterbrürfte  er  bie  befferen  Regungen  feine!  ©emiffen!, 
unb  teilt  un!  bann  gang  forglol  jene  Anfechtung  ßutt)er!  mit: 
„©er  Teufet  tjat  mir  oft  foldie  Argumente  gebracht,  bafj  id) 
uid)t  muffte,  ob  ein  ©ott.mar  ober  nitfjt."  Alfo  fein  ©emiffen 
bat  i()u  jum  ßmeifetn  am  Tafein  ©orte!  berleiten  motten !  SBir 
fagen  nid)t,  bau,  bie  fo  fdjreiben,  it)r  «©emiffen  unterbriidt' 
(laben;  nur  meinen  aber,  bau  fie  iure  Vernunft  uid)t  gefragt 
bjabeu. 

Tod),  bringen  fie  nidjt  einen  SBemei!  für  jene  öeljauptung? 
sJhtn  freilief),  fie  fagen  un!:  ßt  felbft  fdnieb  einmal  in  einem 
lidneu  Augenblicl :  „Ter  traurige  ©eift  ift  ba!  ©emiffen  felbft" IW  i 
SB3ir  aber  fragen,  Wie  fann  er  bann  Daneben  immer  roieber  behaupten, 
feine  Anfechtungen  tarnen  oom  leufei?  3ft  ba!  üorftettbar,  bau 
er  nur  anmal'  in  feinem  gangen  Beben  .einen  lidneu  Augenblicf 
gehabt  t)abe?    Stein,  ba!  SRatfjfel  (oft  fid)  febr  einiadi.    A(!  beu 


58 

SBerurjadier  aller  feiner  5(nfed)tungen  fafj  Sutfjer  ben  -teufet  an. 
S3ei  einigen  berfelben  aber  f)ielt  ihm  ber  Teufel  feine  @ünbe 
nur,  fobaft  2uth>r§  ©etoiffen  if)m  fomeit  9?ed)t  geben  mufjte. 
Sie  ßüge  bes  Xenfets,  bie  ?(nfed)tung,  beftanb  bann  barin,  bafc 
er  Üutrjer  jur  ^erjmeiffung  bringen  mollte,  mahrenb  bie  $er= 
gmeiftung  nur  eine  neue  ©ünbe  gemefen  fein  mürbe.  Siefe  Wd 
öon  51nfed)tung  nannte  Sutfjer  bistoeiten   ben   „traurigen  ©etft." 

Hub  bas  ift  bie  ftunft  ber  SRömtjtfjcn,  mit  bereit  |)ülfe  fie 
il)ren  Sefern  öößig  unmügtid)  macfjen,  ben  nnrflidjeu  -Tbatbeftaub 
nad)  ben  bei  i()nen  $u  finbenben  eingaben  richtig  §u  erfennen, 
baf?  fie  alles,  mas  Sutfjer  mit  bem  SBorte  „Wnfedjtung"  begeidjnet 
hat,  mitb  burerjetnanber  mirren,  ba$  fie  bie  oon  ben  after- 
oerfdjiebenften  Singen  hanbetnben  5(u§fprüd)e  ßutfjerl  in  buntefter 
^ufammenorbnung  311  einem  ©angen,  mitunter  fogar  ju  einem 
<Sa|e  oerftedjten,  fobafe  nun  jeber  Sefer  ba$,  mas  ßutbjer  oon 
ber  einen  ?lrt  oon  5(nfed)tung,  uub  nur  oon  biefer,  geäußert  hat, 
als  aud)  Don  ben  anberen  gefagt  anfeuert  muB. 

2)er  begriff  „?(nfed)tung"  faßt  fo  SSerfdjiebenartiges  ju= 
fammen,  mie  bas  SJßort  Äranfrjeit.  2öas  mürbe  baraus  merben, 
menn  mir  bas,  mas  ein  9tr$t  über  bie  üftatnr,  bie  Urfadjen,  bie 
Teilung  öerfdjiebener  Äranf fjeiten  gefefj  rieben  tjat,  fo  burdjeinanber 
mirren  mollten,  bafi  jebermann  glauben  muft,  er  f)ätte  ba§,  mas 
er  über  bie  (Sntftef)ungsurfad)e  bes  Süpbus  gefcfjrieben,  über  bie 
©ntftefmng  bes  (Sdjarlad)  gelehrt ;  er  bätte  gegen  einen  Söetnbrudj 
biejenigeu  Mittel  augeraten,  metdje  er  in  Sötrfttdjfett  gegen 
Sßedjfelfieber  angemanbt  miffen  mollte! 

Wian  fann  bie  Stnfedjtungen  Luthers  in  üier  klaffen  einteilen, 
meldje  nad)  21rt,  Urfad)e  uub  Heilmittel  oöllig  berfdjieben  finb: 
diejenige,  ba  er  fid)  fragte,  ob  fein  auftreten  auef)  mirflid) 
geredjtfertigt  gemefen  fei;  bie  anbere,  ba  er  an  ber  2öat)rheit 
feiner  ©tanbensüber^eugung  hatte  irre  merben  tonnen;  bie  britte, 
ba  er  im  33ettmJ3tfein  feiner  Sünbe  fid)  fragte,  ob  er  benn 
mirflid)  bei  ©Ott  in  ©nabelt  flehe ;  bie  oierte,  ba  fein  ©emüt 
burdj  oerfcfjiebene  ßiuflüffe  fid)  bebrücft  fühlte.  SBie  fdjmer  man 
fid)  oergel)t,  menn  man  btefe  ganj  heterogenen  Sitten  nid)t  !lar 
auseinanberhält,  geigen  mir  jetrt  nur  an  einem  ^eifpiel.  Sie 
lektermähnte  Stnfedjtung,    bie  gur  9Jceland)olie,    rät  ßutfjet   and) 


59 

buvd)   abfidjtftdjel   Stuffudjen   bon    erfjeiteraben    ©inflüffen    $u 

befampfeu.    Unfere  ©egnet  aber  berieten  nur  oon  ben  ^nfedjtungen 

bc^iicjlid^  be§  begonnenen  SBerfeS  unb  bei  ^abrbeit  [einer  Sßrebigf, 

alfo  nur  oon  ben  beiben  erften  ber  eben  ermähnten  Stnffdjtungen. 

Unb  bodi  fügen  fie  bann  iljretn  33erid}t  and)  jenen  9iat  bei,  ben 
ßutljer  nur  im  Segug  auf  jene  böKig  anber§artige  Einfettung 
gegeben  fcjat.  Sc  entftebt  bann  bie  toaf)nnri$ige  Sßorftettung,  al§ 
tiatte  ßutf|er  3.  33.  feine  fragen  nad)  .ber  SBofjr^eit  feiner  Sßrebigtf 
bitrdi  .Spiet  unb  Scfjer^c'  niebergufdjtagen  gefugt.  Stuf  foldje 
Sßeife  ift  e§  freilief)  nidjt  fdnoer,  ben  Reformator  $u  einem 
.A>alboerrücftcn',  31t  einem  93efeffenen'  ju  madjen.  .Unaufbörlicf/, 
febreibt  3anffen,175)  eine  eigentümliche  Sluffaffung  oou  ßutt)er§ 
53efd)äftigung  oerratenb,  .uuaufbörlid)  mar  er  mit  fid)  fetbft  unb 
feinem  ©emtffen  in  jenem  ftampfe  begriffen,  au§  toetdjem  er, 
feinem  eigenen  ©eftänbniffe  nad),  burd)  reid)Iid)e§  Xrinfen,  biird) 
Spiel  unb  Sctjerge  .  .  .  31t  entnommen  fud)te'.  ^fragt  man  aber 
nad)  ben  nötigen  ditaten,  fo  finbet  oauffen  natürüd)  in  all  ben 
dielen  Stellen,  mit  benen  er  ßutf)er§  (©ettriffen§biffe'  gefd)itbert 
bat,  uid)t*  berartiges.  Tenn  für  biefe  Stnfecfjtungen  bat  ßutljer 
burdjauä  anbete  9ktfd)lage  erteilt,  ^auffeu  fdjreibt  bat)er:  ßtQ\. 
bie  üitate  bei  Totlinger  3,  -1^7.  .statte  bod)  er  felbft  biefeS 
Sitat  nidit  bei  Xöllinger,  fonberu  in  ber  Quelle  bergüdjen! 
Tann  märe  ibm  bie  (SrfenntniS  ermöglicht  morbeu,  bajj  er 
ßutljera  ba§  fd)merftc  Unrecht  zufügte.  2)enn  ber  fragliche  Sörief 
mill  ^\\  ^ieronümuS  SÖSeHer  über  bie  Sdjmermut  tröften,  bie 
über  fein  ©emüt  gefommen  mar.  SluSbrüdKidt)  liebt  ßutljer 
beroor,  bau  „bei  biefer  2lrt  oou  SBerfudjung"  befonbere  üKittel 
anjunjenben  feien.  Unb  mit  ben  .(^emifiensbiffeif  ßutljerS  bat 
baä  bier  einzig  bebanbelte  „genas"  oou  Slnfedjtung  nidjtä  \\\ 
fdmfieu.  Sonnent'lar  lebrt  ba£  bieier  ©rief.  Teun  jene  hiemiffenc« 
biffe'  tonnte  ßutljer  ja  erft  feuuen,  nadjbem  er  mit  feiner  neuen 
£et)te'  .gegen  bie  Mirebe  aufgetreten'  mar.  Um  aber  ben  Sßetter 
über  feine  Slnfedjtung  ,^t  tröften,  er,ml)lt  ibm  ßutljer,  bau  er 
felbft  einmal  baäfefte  erlebt  babe.  SBann  aber  toarbieS?  ,,'Hlv 
id)  juerft  in3  .Silofter  getreten  mar",  atfo  lauge  beoor  jene 
.(^emiffen^biffe'  ibm  tominen  tonnten! 

S)a|  ein  (SSoerS,170)  ©ottlieb  ubgl.  ebenfo  oenabrt  luie  oanfjeu, 


60 

bcbarf  moljl  faum  einer  (Erroäfjnung.  2(ucrfeunenb  molleu  mir 
Ijeroorljeben,  bafj  323of)lgemuttj  bod)  menigftens  aud)  aubere  $tat= 
fdjtäge  ßutt)er§  $ur  SBefäntpfung  ber  Sfotfedjtungen  anbeutet, 
inbem  er  fdjreibt177):  tUni  fein  ©emiffen  ju  gefdjttjetgen,  nafjm 
2utt)er  nidjt  bto§  5 um  ©tauben  feine  3uf(ud)t,  fonbern 
empfafjl  (jierfür,  at§  ein  0011  i()in  felbft  erprobte»  ü)Jättef,  reid)= 
iidjer  ju  offen,  51t  träfen,  31t  fpieten  .  .  .' 

-Tod)  mir  merben  fpäter  auf  biefe  Heilmittel  jurüdftomnten. 
3>enn  im  ®egenfa|  ju  ber  öon  ben  Sftömifdjen  angeridjteten 
Sßermiruttg  muffen  mir  fdjarf  jmifdjen  ben  oerfdjiebenen  3(rten 
oon  Slnfedjtungen  ßutt)er§  ftfjeiben.  gunadjft  alfo  oermeiten  mir 
nur  bei  ben  ^meifetn',  meld)e  ilju  in  33e$ug  auf  feinen  SBcruf, 
feine  öffentliche  Sßirffamfeit,  gefoltert'  fjabeu  füllen. 

©djfagen  mir  beuu  biefe  ?(u§fprüd)e  Sutf>er§,  in  benen  er 
felbft  befennen  fotl,  bafe  er  an  ber  Söeredjtigung  feines  3(uftreten§ 
irre  gemorben  fei,  in  feinen  eigenen  SBerfen  nadj!  3öa§  ergiebt 
fid)?  kaum  follte  mau  e§  für  möglid)  tjaften,  bod)  e§  ift 
unleugbar:  £>ie  meiften  tiefer  SBorte  fjat  i'utfjer  nur  §11  bem 
gmed  gefprodjen  ober  gefdjrieben,  um  51t  jeigen,  tafj  er  uner= 
fdjütterlid)  öon  ber  ^Berechtigung  feines  !©irfens,  öon  ber  burd) 
©Ott  if)in  auferlegten  Serufsüerpftidjtung  überzeugt  fei.  £ie 
Äunft,  mit  melier  feine  feinte  aus  tiefen  feineu  Söorten  bas 
(Gegenteil  (jeraustefen  madjen,  ift  feine  aubere,  als  menn  man 
ben  2(poftet  Paulus  bas  Selbftbefenntnis  ablegen  (iefse,  er  fei 
an  feinem  Sßtrfen  oerjmeifett,  er  fei  in  feiner  .©etotffensangft 
üergagt',  to  er  fid)  oon  ©Ott  „oertaffeu"  gemußt  fjabe.  (Sagt 
er  bod),  baß  er  in  feinem  Slntte  „Irübfal"  bulbeu  muffe,  bafe 
il)m  „bange"  fei,  ba$  er  „unterbrürf't"  unb  „gu  23oben  geworfen" 
merbe.  fjrcilic^  fügt  er  bann  ()huu:  „St-Ber  mir  ängfteu  uns 
nidjt,  mir  besagen  nicfjt,  mir  fommen  nicfjt  um".  £od)  biefe 
Sßorte  braudjt  man  nur  einfad)  fortptaffen,  um  einen  an  feinem 
^Berufe  ocr^meifelten  Sßauhts  fonftruiert  ni  Ijaben.  Sfadj  ßutljer 
fd)ilbert  uns,  mie  fdjmer  if)m  manche  folgen  feine»  2Birfens 
aufs  §erg  gefallen  feien,  um  baraus,  bafs  er  fid)  aud)  baburd) 
nidjt  fjabe  in  feinem  SSirfen  aufljatteu  (äffen,  bie  überseugenbe 
Folgerung  51t  jicljen,  bafe  er  an  ber  ^ercdjtigung,  ja  an  ber 
Sßerpflidjtung  31t  feinem  Stuftreten  niemals  gezweifelt  fjabe.    Teilt 


61 

man  nun  allein  ben  Stilfang  biefer  Stuifagen  mit,  fo   fjat  man 
ben  Sutrjer   fertig,   roeldjem   fein    ökmifien'   bie  ©ünbrjaftigfeit 

feinet  gangen  Hnternebmens'  öormarf. 

Tod)  bie  einzelnen  ©teilen!  oanfjen  beginnt178):  8d)on 
vuäljrenb  feines  Stufenttjatti  auf  ber  SßartBurg  begannen  feine 
SBeängftigungen,  ßmeifet  unb  ©eroiffenibiffe  Bejügticrj  bei  Be= 
gonnenen  Sßerfei'.  Stti  Söeroeü  eitievt  er  bie  SBorrebe  51t  ber 
für  bie  Deffentlutjfeit  beftiiumten  Sdjrift  „uon  9JiiBbraud)  ber 
Sföeffe",  ober  mie  er  ei  nennt:  ßx  fdjrieB  an  bie  2luguftiner 
gu  SBittenberg',  ei  mar  .ein  bertrautierjer  Sörief.  Hub  freitid)  ift 
bieies  Söucf)  auf  ber  SßartBurg  gefd)riebeu.  2tBer  mober  meife 
Sanffen,  baf?  bamals  bie  bon  Luther  gefd)ilberten  ©ebenfen 
begonnen  t)aBen?  Sßober  mein  er  and)  nur,  bafs  er  biefelben 
nod)  gu  jener  $eit  gehegt  babe?  011  jeuer  Sdjrift  ftebt  fein 
SBort  baüon,  öielmerjr  bas  (Gegenteil.  9)£an  traut  feinen  Stugen 
nidjt,  meun  man  fierjt,  bafj  Sanffen  r)in§ufügen  mufj:  {©ettriffeni= 
beaugftigungen  biefer  2lrt  aber,  meinte  er,  feien  uorüber'.  9hm, 
Waren  fie  nad)  ßutrjeri  SDteinung  —  unb  er  ift  ber  ©ingige, 
burd)  ben  mir  etmas  baüon  miffen  —  uorüber,  fo  ift  ei  eine 
Umfelirung  bei  Tbatbeftanbcs ,  meun  Scmffen  biefelben  ,id)on 
mabrenb  bei  3tufentr)alti  auf  ber  SßartBurg  beginnen'  lafn. 
Tod)  mos  foll  tjier  biefe  falfd)e  gritaitgabe?  ©in  .Siampfgeuoffe 
3anffeni  oerrät  ben  ©mnb:  .'Huf  ber  ©infamfeit  ber  SBart 
bürg  mürbe  in  beut  abgefalleneu  äftöndj  bin  unb  mieber  and) 
bie  ©timme  bes  ©eroiffeni  rege,  unb  mitunter  fiirjtte  er  fid) 
voegeu  feines  eigenmiid)tigeu  ßeBeni  unb  Treibens  tnnerftdj  [er)r 
geängftigtf.179)  Sßie  in  blinber  Tolltülmbeit  foll  ßuttjer,  obne 
fein  ©etöiffen  &u  fragen,  .ben  Stampf  gegen  bie  .stirdie'  unter 
uommen  babeu.  Unb  fo  lauge  er  nod)  mitten  im  ßärm  bei 
(Streites  ftanb,  .geftüt.ü  auf  bie  mächtige  SSunbeigenoffenfcrjaft, 
bie  er  gemounen',  .bie  .fnimanifteu  unb  bie  reuolutiouare  Vlbels= 
partei',  fotange  biefe  feinen  ..vmdjiuut'  burd)  it)re  miberlidieu 
ßoBeiertjeBungen  beförberten  unb  feine  ,"yitrd)t  burd)  bie  immer 
neuen  ^ufidjernugeu  trjrei  ©djufcei  jerftreuten,  rafte  ßuttjer  in 
feinet  ungezügelten  ßeibenfdjafr'  batjin,  .getrieben,  er  muffte 
felbft  nid)t,  oon  meldjem  (Reifte'.  Vlber  faiim  brachte  ibm  bie 
©title  unb  ©infamfeit  ber  SBartBurg  ^eit   \m  SetBftBefinnung, 


62 

ba  brachen  aud)  fdjon  bie  anfingen  feines  fo  lange  uuterbrücften 
©ennffenS  fjeroor.  &ieS  ift  SanffenS  ©ebanfengang l!>")  uiib 
baS  ©egenteit  ber  SöaJjrfjett.  3)enn  anfangs  war  Cutter  nidjt 
jum  ftampf,  fonbern  jum  „&eben  in  feinem  Söinfel"  geneigt 
gemefeu  unb  mürbe  nod)  öon  üieten  Scbenfcn  geplagt,  nadjbcm 
er  fdjon  in  ben  Äampf  eingetreten  mar.  3e  mel)r  er  aber  in 
ber  ©rfenntniS  beS  göttlidjen  üEBorte§  unb  beS  ifjtn  auferlegten 
33eruf§  gunafjm,  befto  mefjr  fdjmanben  jene  Siebenten  bei  itjm. 

Slber  freilid),  tute  follte  ein  Sanffen  tiefen  muuberbaren 
ßxkf  üutfjerS  an  bie  SSittenberger  2tuguftinermönd)e  üerftetjen 
fönnen!  £iefe  Ratten  Neuerungen  in  SutfjerJ  Sinne  oorge= 
nommen.  (5r  erfuhr  eS  auf  ber  üEBartburg.  (£r  erfaunte  barauS, 
roie  ber  öon  il)m  auSgeftreute  ©ante  erfreulid)  aufging,  tro^bem 
er  felbft  gleid)fam  öon  bem  ©djauptafe  abgetreten  mar.  2Öer 
follte  nirfjt  erraarten,  ba$  er  barüber  nidjtS  als  fjotje  greube 
empfunben  t)ätte?  Sßenn  er  il]neu  barüber  fcfjrieb,  tonnte  er 
etmaS  anbereS  motten,  als  fie  loben  unb  §um  ^ortfdjreiten  auf 
ber  betretenen  53af)n  anfpornen?  216er  muuberbar,  biefer  Sutfjer 
tjat  eine  beinahe  entgegengefefcte  Xeubeng  bei  feinem  ©djreiben 
an  fie.  3u  iljiu  t)at  biefeS  an  ftcf)  fo  ermünfdjte  SBorgefjen  ber 
Suiguftiner  eine  ©orge  madjgerufen.  @r  fürdjtet  für  tt)r 
©emiffen.  ®enn  Ü)r  ©emiffeu  ift  il)m  mistiger  als  ein 
äufjertidjeS  Umfidjgreifen  beS  Kampfes  gegen  9f*om.  SBie  follte 
ein  Sanffeu  baS  faffen  fönneu. 

2)ie  „grofee  ©orge"  foridjt  er  ben  Sttöndjen  aus,  fie  fönnten 
bie  Neuerungen  auf  fein  blofeeS  SSort  t)iu  ober  auS  bloßer 
Oppofition  oorgenommeu,  fie  fönnten  „fotdje  grofjeu  merflidjen 
3)tnge  nidjt  alle"  mit  „93eftänbtgfett  unb  gutem  ©emiffeu"  an* 
gefangen  tjabeu,  nidjt  in  ber  gemiffeu  perföntidjeu  üeber= 
geugung,  bafe  es  oou  @ott  fo  unb  nidjt  auberS  gewollt  fei. 
Nur  ber  aber  fönne  ben  Stnfedjtungen  beS  Teufels,  ob  er  aud) 
redjt  gel)anbelt  l)abe,  mie  in  einer  „gemiffeu,  untrüglichen  gfeftung", 
SSiberftanb  leiften,  meld)er  „mit  bem  fettigen,  ftarfen  unb  mat)r= 
fjaftigen  Sßovt  ©ottc§  allenthalben  mofjl  oermafjrt  unb  bejdjirmt", 
„ber  <Bad)c  gemife"  fei.  Um  itjuen  biefeS  einbringtid)  flar  51t 
madjcn,  ergäljft  er  il)uen:  „0  mie  mit  oieler  großer  SO^ütje  unb 
Arbeit,   aud)    burd)    begrünbete   tjeilige   ©djrift   fjabe   id)   mein 


03 

eigen  ©enriffen  faum  tonnen  rechtfertigen,  bafä  id)  einer  allein 
miber  ben  s£apft  fjabc  bürfen  auftreten.  .  .  .  s-h>ie  oft  t)at  mein 
.perj  gezappelt,  midtj  geftraft  nnb  mir  fürgetoorfen  il)r  einig 
ftärfeft  Argument:  Xu  bift  allein  ftug?  ©ottten  bie  anbern 
alle  irren  unb  fo  eine  lange  $eit  geirrt  Mafien?  SEßie,  menn  bu 
irreft,  unb  fo  öiel  Seute  in  Irrtum  uerfübreftV"  1S1) 

SBaS  alfo  lel)rt  un§  biefeä  ,@euiftüefenntni§'  ?  —  dasjenige, 
toa§  man  31t  feiner  3ei*  ibm  öortoarf,  bie  ©rünbe,  mit  benen 
man  fein  auftreten  nnb  SBorgefjen  al§  ein  uubcred)tigte*  $u  er= 
kneifen  fitste,  bat  !L'ntf)er  nid)t  trot.üg,  t)od)mütig,  faltbtütig 
ignoriert;  er  bat  bergteidien  SsBortjattungen  and)  nidjt  bamit 
r>ou  fid)  genriefen,  bafj  er  fid)  eiurebete,  e§  feien  bas  nur  %n= 
fedjtungen  be§  £eufel§.  SBietmeljr  ()at  er  biefelbeu  fid)  tief  gu 
Jperjen  geljen  (äffen  unb  fid)  oft  öorgeljatten,  obmobl  fie  non 
feinen  ^einbeu  famen.  (5r  fuit  fid)  nidjt  eljer  barüber  beruhigt, 
al§  bie  er  barüber  fief»  oöllig  flar  gemorben  mar.  Senn  fo 
fäfjrt  er  fort:  ,,^is  fo  taug,  bafs  mid)  ßfjriftuS  mit  feinem 
einigen  gemiffeu  SBort  befeftigt  unb  beftätigt  l)at,  bah  mein 
§erj  nid)t  meljr  päppelt,  fonberu  fid)  miber  biefe  Argumente 
ber  Sßaötften,  al§  ein  fteineru  Ufer  miber  bie  SBeßen,  aufleimet, 
unb  ib,r  dräuen  unb  ©türmen  bertadjet".  3a,  nad)bem  er 
enblid)  31t  ber  ittarl)eit  l)iuburdj  gebrnngeu  mar,  bat?  biefe 
„Argumente"  nur  Anfechtungen  be§  2eufel§  waren,  bat  er  fie 
neradjtet,  meit  er  nun  muffte,  mie  er  fie  anntfeljeu  i)abc.  2)enn 
frei(id)  befafs  er  ein  öiel  31t  jarte§  ©etoiffen,  at§  bah  jene  fragen 
nidjt  miebergefet)rt  mären.  Snnffen  begebt,  bet  ein  redjter  Anhänger 
bes  ^aöfttumeS  biefe  Slrt  öon  Anfechtungen  nidjt  feuut,  eine 
fatale  Serttjedjfelung.  (St  fdjreiöt:  .(Memiffenybeängftiguugen  biefer 
Art,  glaubte  er,  feien  tmrüber.  .  .  Aber  er  tiinfd)te  fid).  Vyaft 
unanfbörlid)  ferjrten  bie  Seangftigungen  mieber'.ls-)  Aber  mo 
fagt  Sutljer,  ban  bei  it)in  berartige  fragen  für  immer  öorüber  feien? 
Sie  finb  il)in  jebeSmal  miebergefebrt,  wenn  er  au3  ber  öiöel 
ju  erfenuen  glaubte,  bau  ein  Sßunft  in  ber  ßefjre  feiner  ,~yeinbe, 
ben  er  bisher  nod1  für  ridjtig  gebalten  batte,  eine  ^rrlebre  fei. 
Aber  nad)bem  er  einmal  eingefeben,  bau  baS  SBunberfttfje  mbglid) 
fei,  bah  mirflid)  fo  SSiefe  fo  lange  geirrt  batten,  „päppelte"  fein 
."per^  nid)t  mel)r,  fonberu  er  tonnte  bie  alte  Anfechtung  in  biefer 


64 

neuen  £yorm  balb  als  bas  erfenncn,  mas  fie  mar.  Ober,  wie  er 
es  bilblidj  ausbrütft,  fein  §erg  tonnte  ficf)  auflehnen  gegen  bie 
äöellen  Derartiger  ©ebanfcn,  tonnte  ifmen  nubcrfteben.  Unb 
bas  ift  bte  gfeftigfeit  bes  §erjens,  bie  ©enriffenSübergengung,  bte 
er  ben  Stuguftinern  31t  SSittettBerg  müufdjt. 

(So  geigt  uns  benn  biefes  auf  ber  SBartbnrg  niebergefdjriebene 
©elbftbefenntnis  baZ  ©egenteil  nun  bem,  moju  bie  römifdjen 
SJntfjerbilber  e§  üorfüfjren.  SJcicfjt  einen  Stbtrünnigen,  bem  erft  tu 
ber  ©infamfeit  bas  ©enriffen  rege  wirb,  fonbern  einen  untrer,  ber 
mitten  in  ber  $i|3e  be§  Kampfe!  trofc  bes  it)in  gefpenbeten 
23eifatts,  trojj  ber  irmt  geworbenen  ßuftimmungen,  bod)  im 
©ewiffen  ficf)  mit  ber  ^rage  quält,  ob  er  uürftid)  §u  feinem 
Äampf  berechtigt  fei,  ber  aber  bann  —  i.  3-  1521  —  fdjon  ju  ber 
Karen  ©ewifjfjeit  Ijiuburdjgebrungen  ift,  bau  er  $u  feinem  $8or= 
gebjen  öerpflidjtet  gemefett  fei. 

Sanffen  fäfjrt  fort:  $aft  unaufbürlid)  febrten  bie  93e= 
ängftigungeu  mieber,  unb  uod)  in  feinem  Sftter  fragte  il)n  bie= 
fetbe  innere  (Stimme,  bie  er  alterbings  für  eine  (Stimme  beS 
Teufels  ausgab,  wer  ibn  ba§u  berufen  tjabe,  bas  (Soaugelium 
in  einer  SSeife  $u  prebigen,  als  in  öiel  fmnbert  Sauren  fid)'s 
fein  SBifdjof  nocr)  Zeitiger  je  uuterftanben  tjat'.  SBieberum  ift 
alles  in  biefent  (Sa£e  uurid)tig.  SJenn  wober  weift  Sanffen, 
baft  il)tt  (nod)  in  feinem  Sitter  bie  innere  Stimme'  fo  gefragt 
l)abe?  ©§  ift  uns  unbef'aunt,  in  Weldje  $eit  er  bei  untrer  ben 
^Beginn  bes  Süters  anfcfot.  äJcöglidjerWeife  oor  beffett  58. 
üebensjabr.  S)enn  fcfjon  im  3-  1537  fjat  ßutljer  bie  fraglicfjen 
äöorte  geförodjen.183)  Slber  baratts  folgt  bod)  nidjt,  bak  ßut^er 
^nocf/  §u  ber  $eit  folcrje  fragen  gehört  l)abe.  ®§  tarnt  ja 
öiel  früher  gewefen  fein,  oa,  eigentlich  rebet  er  in  ben  fraglichen 
SBorten  gar  nid)t  öon  ficf)  felbft.  3)enn  nur  Csauffeti,  uid)t  aber 
ßut^er  ergäbt,  baf?  ifjn  eine  (Stimme  gefragt,  mer  il)n  berufen 
Ijabe.  ßuttier  fagt:  wS)er  Teufel  beginnt  uns  oor^uljalten :  SEBet 
fjat  ettd)  bagu  berufen".  (Sr  befd)reibt  eine  Vlitfed)tiuig,  bie  all  betten 
fommen  tonnte,  weldje  ber  römifdjen  Seljre  miberfpradjen ;  and)  er 
felbft  freilief)  fanute  fie  ans  eigener  (irfafjrung.  Oiidjt  aber,  als  ob 
er  uod)  bamats  nott  ifjr  geplagt  toorben  märe.  3)enn  bas  s^raefens, 
in  bem  er  rebet,   fann  nur  bas  befdjreibenbe  Sßraefeni  fein,  med 


65 

er  e§  aud)  mit  bem  ßeitmort  „öffegett"  umfd^rctfct:  „5tlfo  pflegt 
ber  Söfettridjt  .  .  .",  unb  weil  er  biefent  SßraefenS  ein  anbere§ 
gegenüberstellt ,  in  meldiem  er  tum  fid)  allein  unb  oott  ber 
Ötegenmart  rebet:  „(Sbe  id)  ba*  tl)ite  [et)e  id)  nad)  bem  SQSitten 
be§  Sßaöftei  öott  bem  (Soangelium  tueidje],  mill  id)  mid),  ob  ©Ott 
mill,  tt>etttt3  möglid)  märe,  lieber  jeljtttttal  barüber  oerbrennen 
laffen.  .  .  9hm  roeifs  id)  ba§  in  allen  ?lufed)tungen.  .  .".  Sm 
©egenfa^  aber  511  biefer  feiner  ©egentoart,  ba  il)u  tticfjtl  mel)r 
an  feiner  SBerufSöffidjt  irre  madjett  tonnte,  ergäfjtte  er  öott  ber 
Vergangenheit:  „sJhm  l)ätte  id)  mid)  gern  bem  Sßatift  unb  feinen 
©eiftlicrjen  in  ber  erfte  untermorfen.  .  .  Wir  fjätte  ber  Satan 
tuet  mef)r  ju  fd)affen  gemad)t,  menn  id)  ttidjt  märe  Toftor  ge* 
mefen.  Gs  ift  ttidjt  eine  geringe  Sad)e,  bie  ganje  Religion  uttb 
2ef)re  be§  SßafcfttutttS  31t  änbertt.  SBie  fd)tuer  tttirS  gemorbeu 
ift,  mirb  man  an  jenem  Tage  fefym;  je^t  glaubt  e§  memattb".184) 
So  let)rt  benn  aud)  biefe  Stelle,  bafs  er,  toeit  entfernt  ba= 
oon,  an  feinem  SBerufe  §tt  jroeifetn,  oie(mel)r  ebett  bttrd)  ba§ 
Söemufttfein  feine»  öerufel  bie  föraft  gefunbeu  bat,  ba*  511  trjttn, 
ma§  üjtn  „fo  fdimer"  mürbe.  äftögett  bie  Sftömifdjett  bie§  lefctere 
il)ttt  „ttidjt  glauben."  216er  tjörett  fie  bann  aud)  auf,  feine  eigenen 
2öorte  ju  oermenben,  ai%  ob  fie  if)itt  glaubten,  um  barau*  ba§ 
(Gegenteil  oon  bem  ju  folgern,  toa§  er  gefagt  l)at! 

Sftidjt  ofjtte  ©ntttb  aber  l)at  ^anffen  biefe  oermeintlid)eu 
.©emiffettvlüffe'  in  ßutljer§  Mlter'  oerlegt.  SBaS  fie  bort  folteu, 
geigt  beutlid)  ber  ?(bfd)ttitt,  beffett  Ueberfdjrift  lautet  ,2utf)er3 
tefete  SeBettSjeti  1546'.  §ier  merbeu  tute  mieber  bie  unauf= 
f)örlid)en  53eängftigungen,  ^meifel  uttb  ©ettriffettSquatett  be.yigtid) 
ber  ^cdjtmäfügfeit  feinem  Vorgeben»'  gemalt.  @3  füll  bie 
Stimmung  ßutljerg  htrj  oor  feinem  CSnbc  gefd)ilbert  merbeu. 
Tie  ?(bfid)t  ift  flar.  SBie  bie  tSiufamteit  ber  SBattburg  .yterft 
ba§  ©etotffett  getoeeft  bat,  fo  bat  bie  ©iitfamfeit  be3  SltterS 
baSfelbe  uod)  einmal  mit  furchtbarer  Stimme  rebeu  laffen  unb 
irjm  fein  oerfeblte*,  fludjbelabenes  Seben  oorgebalteu.  Ter  Teufet 
lief?  ibu  aud)  uid)t  einen  Tag  in  Wube',  —  ba8  SBorföfel  beffett, 
Utas  balb,  mit  feinem  Tobe,  eintrat.  SBMe  tonnte  aud)  Qlattffeit 
auber§  urteilen,  ba  8ut!t)er  oon  beut  unfehlbaren  Sßapfte  ber 
$öllc  ,utgefprod)en   mar.     Tod),  bie  öetoetfe!     3u  >'utber*  lebte 

EEBaltfjer,  Sut&erä  »eruf.  ;, 


66 

SebenSgeif  üerfefct  er  bie  citicrten  SdtSfprüdje  be3  ^Reformators. 
SD^it  weldjem  fRec^te '?  (£r  wufetc  nidjt,  au§  weldjcr  $eit  fte 
f)errüf)i*en.  2)enn  bie  öon  it)m  benagte  @r langer  Ausgabe  ber 
Xifdjreben  SutljerS  giebt  51t  jenen  Slnfprüdjen  nidjt  an,  mann 
fic  gefprodjeu  finb.  äfteint  beim  Scmffen  bannt  ba§>  Sftedfjt 
gewonnen  §u  rjaben,  ,fie  in  ba§  3a!§r  1546  31t  oerfe|en  nnb  aus 
biefer  oon  u)m  erfnnbenen  falfdjen  Datierung  bie  (Stimmung 
2utt)er§,  furj  beoor  ,feine  Seele  üor  ben  eroigen  IRicf)ter  traf, 185) 
gu  erWeifen?  £afi  er  ntctjt  wufjte,  wann  ßutfjer  fo  gefprodjen, 
ift  allenfalls  entfcfmlbbar,  obwotjl  er  e§  in  bent  oon  it)nt  fetbft 
al§  Jfjenugf  aufgeführten  93udje,  in  £auterbad)§  -tagebudje,  fjätte 
finben  fönnen.  ©r  oerftebt  nun  einmal  unter  ^enufcung'  oon 
Duellen  etwas  ©igentümlidjeS;  er  finbet  nur,  wa§  er  fudjt 
Slber  hak  er  biefe  feine  Unmiffenrjeit  benutzte,  um  eine  falfdje 
Datierung  51t  erfinben  unb  mit  |)ütfe  biefer  ein  folcfyeS  33ilb 
oon  fiutrjers  fester  SebenSgeit  ju  malen,  wie  er  e§  fudjte,  ba§- 
roiffen  mir  nidjt  31t  entfdntlbigeu.  Ridjt  im  Seigre  1546,  fonbern 
am  16.  3(uguft  1538  tjat  ber  Reformator  jene  SSorte  gefprodjen: 
„Sßenn  einer  bie  5Infed)tung  fjätte  leiben  folteu,  bie  id)  gelitten 
I)abe,  fo  märe  er  lange  tot".186)  Unb  natürlid)  bürfen  biefe 
Sßorte  nidjt  einmal  gur  ©fjarafterifierung  oon  423eängftigungeu, 
bie  er  im  3aljre  1538  erlitten  fjabe,  oerwanbt  werben.  SDenn 
er  rebet  ja  nidjt  oon  ber  ©egentoart,  fonbern  oon  einer  —  mer 
weifj,  wie  lange  —  fjinter  it)in  (tegenben  Vergangenheit. 

SBill  Souffen  aber  miffen,  wie  beun  in  SiföirfXidjfeit  Sutt)er 
am  Gnbe  über  fein  Seben  unb  SBirfen,  über  feinen  Sßeruf,  ge= 
bad)t  f)abe,  fo  möge  er  ba§  ©ebet  31t  §er§en  nehmen,  mit  bem 
ber  Reformator  fein  Seben  fdjlofj.  ©§  rjeifst  barin:  ,$tf)  bauk 
bir,  bafy  bu  mir  beineu  lieben  Sotjn,  $efum  (irjriftum,  offenbart 
t)aft,  an  ben  id)  glaube,  ben  icf)  geprebigt  unb  betau ut  Ijabe, 
hm  id)  geliebet  unb  gelobet  Ijabe,  meldjeu  ber  leibige  Sßapft  unb 
alle  ©otttofen  fd)iiuben,  oerfolgen  unb  läftern.  .  .  Ö  l)immlifd)er 
SBater,  ob  icf)  fdjon  biefen  Seib  laffen  nnb  an-i  biefent  ßeben 
Ijinmeggeriffen  werben  mu|,  fo  Weife  idj  bod)  gern  in,  bau  id)  bei 
bir  ewig  bleiben  [werbe]  nnb  au§>  beineu  Rauben  mid)  niemaub 
reiben  tat".187)  — 

gaffen   mir  bie   übrigen   oon  Sanffen  in§  0^°  geführten 


67 

äBorte  ßuttjerl  inä  ?(ugc,  [o  finben  nur,  bafj  fie  attefantt  ntd)t§ 
toeiter  befagen,  at§  baß  bcr  Reformator  nidjt  (eidjtfinnig  oor= 
gegangen  ift.  Sanffen  leitet  ba*  eine  Kitat  mit  ben  SBorten 
ein:  tSein  öemiffen  warf  ilim  oor'.  Siutfjer  leitet  e»  anbei» 
ein.  ßutljer  fdjreiot:  „Sßenn  mid)  ber  Teufel  muffig  fiubet, 
baß  idj)  ©otteS  SBort  außer  SCdjt  laffe".  8oÖ  betbee  ba§fefi>e 
fein?  @s  tft  ba§  (Gegenteil,  ßuttjer  l)at  beobachtet,  ban  bann, 
wenn  fein  ©ewiffen  buvd)  23ejd)äftigung  mit  ©otteä  SBort 
lebenbig  unb  mad)  mar,  foldje  ©ebanfen  fern  oon  il)m  blieben; 
Sanffcn  berichtet,  baf;  fein  erwadjte*  ©ewiffen  ifjni  foldje  ©e= 
banfen  erregt  rjabe.  SBenn  ßutt)er  im  allgemeinen  biefe  ©ebanfen 
als  Dom  Teufel  fommenb  anfielt,  fo  ftel)t  Csanffcn  ba*  ^Rectjt  51t, 
anberer  Meinung  511  fein  unb  barin  bie  Stimme  bes  ©ewiffenä 
gu  fel)en;  benn  babei  Ijaubelt  e§  fief)  um  eine  Beurteilung. 
Sßenn  aber  ßutrjer  eine  3<-itbeftiminuug  giebt,  fo  fjat  niemanb 
ein  sJ£ed)t,  biefelbe  unerwähnt  gu  (äffen  unb  baZ  (Gegenteil  ju  fd)reibeu. 

Tann  alfo,  fagt  ßutrjer,  meint  er  ®otte§  SBort  außer  Slugen 
laffe,  merfe  it)m  ber  Teufel  oor,  er  t)abe  „ben  oorigen  Staub 
ber  ftirdje,  ber  unter  bem  Sßapfttum  fein  ftill  unb  friebfam  mar, 
jerriffen,  oiel  3legcruic\  3mietrad)t  unb  Rotten  bttrd)  feine  ßerjre 
angerichtet".18*)  Xavielbe  beiagt  jene»  anbere  SBort:  ,,3d)  l)abc 
feine  größere  uod)  fd)merere  3tnfecr)tung  gehabt,  benn  oon  meinem 
^rebigeu,  baf?  idj  gebadjt:  Ties  SBefen  rid)teft  bu  alle«  an".18") 
Ober  jener  StuSfprudj,  ben  mau  für  fo  widjtig  rjält,  baf?  mau 
i()it  gar  als  ÜÄotto  für  ßutljerl  .(Srjarattcrbilb'  oermeubet l90): 
„323er  mollte  and)  angefangen  l)abeu  ,ut  prebigen,  Wenn  mir  juoor 
gemußt  rjatten,  bar,  [0  oiel  Uuglücf,  Rotterei,  SfergerniS,  ßäfterung, 
Unbauf  unb  Soweit  follte  barauf  folgen?"1'")  Ober  gar:  „(5§ 
mödjte  einer  fdjier  mit  A>iob  unb  oeremia*  jagen:  3d)  loollt,  bafi 
idj  nie  geboren  märe;  fo  mödjte  icf)  aud)  jagen:  ^d)  Wollt',  bau  idj 
mit  meinen  Söüdjern  nid)t  gefommeu  märe,  fragte  aud)  uidn*  bar« 
nadj,  möchte  leiben,   bah  fie  fdjon  alle  mären  untergegangen". |,|J) 

9Jcit  fold)eu  Stetleu  mill  mau  alfo  bemeifeu,  baf?  ßutljer 
an  ber  ^Vreditiguug  feine«  Auftretens  irre  geworben  fei?  3fi 
benn  ber  Sßroprjet  oerem iac-  —  an  ben  ßutrjer  erinnert  — 
baran  irre  geworben,  ban  er  oon  ©otl  umi  Sßroprjeten  berufen 
fei,   unb   ban  er   nad)  (Lottes  Tillen   gelehrt   habe,   wenn   ihm 


68 

golgen  feine»  SSirfeus  fo  tief  311  ^per^en  gingen,  baf?  er  fjätte 
münfdjen  mögen,  er  märe  gar  nidjt  geboren,  um  „fotdj  Sommer 
unb  §er§eleib  nidjt  fetjen  ju  muffen"?  3ft  benn  ber  s}$ropl)et 
©ttas  —  an  ben  Sut^er  meiter  gebenft  —  irre  gemorben  tan 
feinem  Stuftreten',  Ijat  er  aud)  nur  leife  baran  gejmeifelt,  ob  er 
oon  ©ott  berufen  fei,  toenn  er  feine  guten,  mobt  aber  böfe 
folgen  feines  SSirfens  &U  fet)en  meinte  unb  barum  unter  bem 
SSadjbjolberftraudj  ber  SBüfte  feufgte:  „©0  nimm  nun,  §err, 
meine  «Seele  oon  mir" '?  Steht,  fie  beibe  jeigen  bamit  nur,  baf? 
ibnen  ein  entfektidj  fdjtuerer  33eruf  auferlegt  mar,  unb  bab  fie 
gcluiffenfjaft  bas  Sdjmere  empfanben;  bafj  fie  atfo  nidjt  leicf)t= 
fertig  fetbftenoäf)lte  SBege  gegangen,  fonbem  burd)  ben  oon 
@ott  erhaltenen  Sluftrag  im  ©etotffen  gebunbeu  maren,  511  trjun, 
mas  fie  traten.  2rot$  feiner  ^er^agttjeit  über  bie  fctjehibare 
(Srfotglofigfeit  feine»  SSirfens  ineifj  ötias  bodj  gemiB,  bafj  er 
„um  ben  §errn  geeifert"  Ijat.1'-'3)  Xrot}  feiner  tiefen  sJcieber= 
gefdjfagenfjeit  über  bie  folgen  feines  Auftretens  toeif?  ^eremias 
unerfdjüttertidj  gemift:  „£)err,  bu  fjaft  mief)  überrebet  [ju  meinem 
SBirfen],  unb  idj  fjabe  midj  Überreben  tatfen;  bu  bift  mir  51t 
ftarf  gemorben  unb  Ijaft  gemonnen".11"4) 

©erabe  ebenfo  mar  es  ein  unbefdjreiblidj  fdjmerer  23eruf, 
melier  Suttjer  auferlegt  mar.  Qmn  fein  auftreten  tjatte 
folgen,  meiere  ifjm  fdjmer^idjfte  Dual  oerurfadjen  mußten,  meil 
er  etmas  ganj  anberes  oon  feinem  Sßirfen  getjofft  unb  ermartet 
fjatte.  ©r  rjatte  gemeint,  ber  2öaf)rt)eit,  bie  feinem  ©emiffen  ben 
^rieben  gebradjt,  merbe  bie  iföelt  mit  3ube(  jufalten,  unb  —  fie 
erregte  bie  bitterften  Spaltungen.  6r  t)atte  gemeint,  burdj  bie 
^rebigt  ber  SBaljrtjeit  merbe  bie  gefammte  Äirdje  gebeffert 
tuerben,  unb  —  fie  mürbe  tum  nidjt  menigen  gemifmraudjt  §u 
iljrem  i8erberben.  oene  4Selbftbefenutuiffe'  bemeifen,  mie  tief  ihm 
bies  alles  ,^u  £er$en  gegangen  ift.  Sie  bemeifen,  bafi  feine 
Auflage  nngeredjter  fein  fann  als  bie  feiner  Sßiberfadjer,  er 
Ijabe  nadj  ben  folgen  feine»  Auftretens  nidjts  gefragt.  Unb 
mie  tjätte  ein  ÜDcenfdj  berartiges  $u  fetjen  unb  ju  füljleu  ertragen 
tonnen,  ohne  auf  bem  betretenen  SBege  inne  51t  halten,  toenn  er 
nidjt  unjtoeifefljaft  getoifj  gemefen  märe,  bah  er  nidjt  aus  eigenem 
Spillen,  fonbem  nadj  beut  Befehl  ©ottes  toirfe? 


69 

freilief),  fofange  man  oon  jenen  ©ntbü  Illingen  feiner  ,93e= 
ängftigungen  mir  ba»  fennt,  toaä  uufere  ©egner  oon  ifjnen 
berichten,  fann  man  nod)  barüber  ^mcifelljaft  fein,  toaS  benn 
öutfjer  beroogen  rjabe,  trol3  ber  traurigen  50^9en'  0*e  feinem 
auftreten  nidjt  festen,  auf  beut  eingefdjlagenen  Sßege  ju  oer= 
rjarren.  @r  aber  fagt  e§  ftar  genug,  aud)  an  faft  all  ben 
Stellen,  metdje  un§  feine  (Segnet  oorgetjalten  l)aben;  nur  freilief) 
lieben  fie  e»,  biefe§  ju  oerfdjtueigeu.  @r  fagt  un§;195)  er  l)abe 
fotdje  fdjmerjftdje  2Sal)rne()mungen  über  fd)limme  folgen  feine»" 
SBirfenS  baburd)  311  übermiuben  gefud)t,  bafi  er  bent  Teufel 
„geantmortet,  e§  fei  bod)  aud)  öiel  Öhtte*  au*  feiner  Sebjre  ge= 
fommen".  Tod)  aud)  baz  „miffe  ber  Teufel  meifterlid)  31t  oer= 
teuren" ;  er  Knute  ba*,  toa§  gute*  au»  ber  £et)re  gekommen  „ — 
beffen  gottlob  febr  oiel  ift  —  ju  eitel  ©ünbe  mad)en".  (Sin  anbere§ 
aber  f)abe  üjn  getröftet:  „Csd)  mein  gottlob,  bafs  meine  <5ad)£ 
gut,  redjt  unb  gottlid)  ift.  3ft  (Sfjriftus  nidjt  im  Fimmel  uub 
ein  £>err  über  alles,  fo  ift  meine  Sacfje  unredjt.  2Ba§  id)  lel)re, 
fdjreibe,  prebige  unb  uorf)abe  in  ber  ©djute  unb  Sircfje,  ba» 
fitere  id)  frei  öffeutlid)  am  Tage,  nidjt  oerborgen  in  einem 
SÖBinfef,  unb  rid)te  alle»  au»  bent  (Soaugelium,  Saufe,  isater= 
unfer".  „Tie  freubige  ©ettnfctjeit  uufere§  $erjen§  ift  bie  $e= 
mifibeit  unferS  SBerufS.  8ouft  ttnrb  rtientanb  in  Ungute!  ober 
in  SBerfudjung  befteben  föuueu,  toenn  er  nidjt  gemif?  ift,  er  fei 
oon  ©Ott  baju  berufen.  .  .  Ta3  ift  ein  einiger  Sroft  in  ber 
Sßerfudjung,  ber  uu»  öfter»  bei  fo  groneu  Stergerniffen  uuferer 
ßeljre  erguirft  ()at,  meit  mir  miffen,  baß  biefelbe  nidjt  unfer, 
fonberu  ©otteä  fei,  ber  regiere  fein  SBerf,  31t  meld)em  er  im» 
miber  Tillen  gebogen  t)at.  Tiefe»  ift  ein  einiger  Troft,  mit 
metd)em  id)  midj  fel)r  oft  aufgerichtet  habe  miber  ben  ©ebanfen 
be»  ©atanS,  bai)  er  bie  gegenwärtigen  Slergerniffe  beut  Strange* 
lium  beimint".1 " 

Tamal»  freilief),  at»  il)iu  biefer  öeruf  befolgen  mürbe,  mar 
er  nod)  fo  jagljaft  unb  unfidiev,  bafj  er  ihn  nidjt  übernommen 
tjabeu  mürbe,  meun  er  oorber  geumm  bätte,  10a-  alle*  er  barum 
erleben  follte:  „Söenn  mir  nun  ©Ott  uid)t  bie  fingen  \11ge 
fd)loifen  hatte,  uub  id)  hätte  biefe  jtergemiä  oorhergefehen,  fo 
l)ätte   id)   nimmermehr   augefangen,   baä   (Soaugeltuin   311   lehren. 


70 

9hmmef)r  tröftet  micf)  biefes,  baft  id)  weife,  mein  Stmt  ift  ©ottes 
3lmt  [öoti  @ott  mir  auferlegt].  2)iefe  Qtetoifsljeit  erf)ält  mid) 
mtber  alle  Uebel".  (Sr  mürbe,  mcnn  er  bamats  alles  ooraus- 
geteuft  l)ätte,  „nidjt  angefangen  fjaben  31t  lehren",  n»ie  Sanffen 
ritfjtig  mitteilt.  „Wber"  —  fo  fäl)rt  untrer  fort,  ^anffen  aber 
ermätjnt  es  ntdt)t  —  „nun  mir  barin  [in  bem  53eruf]  finb,  muffen 
mir  fyerbalten  unb  fotdjes  lefjren  unb  fcl)en,  baf?  es  nidjt  9Jcenfd)en= 
tljitn  nod)  ftraft  ift,  fonbern  ber  Zeitige  ©eift  felbft  tl)un  unb  er* 
fjatten  mufr.  ©onft  mären  mir  bie  Seute  ntct)t,  bie  fotcfjes  ertragen 
unb  ausführen  tonnten."  Söenn  er  bann  fierjt,  mie  felbft  unter 
feinen  3(ul)ängern  mieber  Spaltungen  entfielen,  fo  ruft  er  mot)( 
aus:  „5(dj,  id)  fottte  mot)l  bittig  oor  ben  üDceinen  ^rieben  fjaben; 
es  märe  an  ben  s$apiften  genug.  Cs  möchte  einer  fdjter  fagen: 
Sd)  mollte,  baf?  id)  nie  geboren  märe.  ?Iber"  —  fo  färjrt  gleich 
nad)t)er  Suttjer  fort,  Sauf  fett  aber  ermätjnt  es  nidjt  —  „aber 
um  ber  frommen  mitten,  fo  ha  fetig  merben  motten,  muffen 
mir  leben,  prebigen,  fdjreiben,  alles  ttjun  unb  leiben,  ©onft,  mo 
man  bie  STeufet  unb  falfdjen  trüber  anfielet,  märe  es  beffer, 
nid)ts  geprebigt,  gefd)rieben,  getl)an,  fonbern  nur  balb  geftorben 
unb  begraben:  fie  oerfebren  unb  läftern  bod)  alle  £inge,  madjen 
eitel  5lergernis  unb  ©djaben  baraus,  mie  fie  ber  Steufet  reitet 
unb  führet.  (5S  mit!  unb  mufe  getantpfet  unb  gelitten  fein. 
2Sir  tonnen  nidjt  beffer  fein,  benn  bie  lieben  s$roprjetcn  unb 
Sfpoftel,  benen  es  attet)  alfo  ergangen  ift."197) 

©0  bofumentiert  ßutrjer  reinesmegs  —  mie  es  nadj  ber  3anffen= 
fdjett  ^ufammenftellung  fdjeinen  fann  —  mit  jenen  Wusfprüdjen 
etmas  mie  SHeue  über  fein  Stuftreten ;  ebenfomenig,  mie  ber  9#ann, 
metdjer  fel)r  oiel  ©djmeres  in  feinem  Gbjeftanbc  erlebt,  51t  bereuen 
braudjt,  bafi  er  fid)  verheiratet  fjat,  menn  er  fagt:  Gs  ift  gut, 
baf}  id)  nid)t  bas  alles  oortjer  gemufft  tjabe,  fonft  märe  id)  nie 
in  ben  ©fyeftattb  getreten.  3}ielleid)t  freut  er  fid),  bafj  es  it)tn 
»erborgen  geblieben  ift.  Unb  gefreut  bat  ßutrjer  fid),  bafs  er 
utdr)t  oorl)er  geal)ut,  mefdjc  ©djntergen  irjnt  fein  Söeruf  auferlegen 
mürbe,  fid)  gefreut,  hak  er  fid)  uid)t  besfclben  gemeigert  l)at,  gefreut 
mitten  in  feinem  ©eilten,  ,,-öätte  id)S  jttüor  gemufn,  es  fjätte 
üöcürje  bebürft",  fagt  er,  „baf?  er  mid)  baju  bätte  gefcracrjt. . .  Söieberum, 
luenu  id)  auf  ben  fefye,  ber  mid)  ba^tt  berufen  bat,  fo  mollte  id) 


71 

audj  nicfjt,  bafc  idj  e§  nicfjt  angefangen  rjätte.  Qtfj  toiU  and) 
nun  feinen  anberen  ©ott  fja&en."198)  „3dj  t)abe  oft  gefagt  unb 
fage  e§  nodj,  tcf)  tooKte  ntdjt  ber  üEBelt  ©ut  nehmen  für  mein 
Toctorat.  3)enn  idj  nutfjte  toaljrlitfj  ^uletjt  besagen  unb  üerjtoetfetn 
in  ber  grofjen,  fdjmercu  Badjc,  fo  auf  mir  liegt.  Sfber  nun  muft 
@ott  unb  alle  SBcft  mir  gengen,  bafj  icr)8  in  meinem  SJoctoramt 
unb  Sßrebtgerantt  öffenfftd)  f)abe  angefangen  unb  6i§  barjer  geführt 
mit  ©otte§  ©nabe  unb  §ülfe."199) 

<&o  terjrt  bie  nähere  SBetratfjtung  ber  .Selbftbefenntniffe' 
SutljerS  unnriberfpredjlidt),  baft  er  ntdjt  an  ber  ©ültigfeit  feiner 
Berufung  gejtoeifett  bat,  bafc  dtefoneljr  bie  UeBerjeugung  oon 
feiner  ©eruf&pftidjt  unerfdjüttertid)  feft  genug  mar,  um  irjm  bie 
ftaunenätoerte  Äraft  §u  Herleiten,  allen  uuermarteteu  unb  bitteren 
folgen  feinem  2Btrfen§  §um  Tron  unentmegt  auf  bem  oon  ©ott 
gemiefenen  SBege  31t  oerl)arren. 


Tie  fonftigen  Anfechtungen  ßutljerS  gehören  nidjt  eigentlich 
^u  ber  oon  uns  ine  Auge  gefaxten  ^rage  na(*)  feinem  Berufe, 
fonbern  51t  ber  jenigen  nad)   bem  ^sntjatt  feiner  SBerfünbigung, 

meldjc  mir  erft  in  bem  folgenben  |jefte  bebaubeln  werben.  Tod)  bürfte 
e3  erlaubt  fein,  nid)t  fo  fdjarf  ju  febeiben,  fonbern  eine  öefpredjung 
ber  übrigen  ©eunffensängfte'  be3  ^Reformators  fogleid)  an,yifd)liefeen. 

2Bte  notmenbig  aber  e§  ift,  bie  oerfd)iebenen  Strien  oon 
Anfechtungen  SutfjerS  Kar  auSeinanber  ,yi  balten,  bal  jeigt  fid) 
fd)ou  an  einem  Umftanbe:  Allel  toa§  feine  ©egner  oon  ben 
^unaufborlidicu  ©ettriffenSbeöngftigungen  ßutfjerS  l)i  u  f  i  d)  1 1 1  et) 
ber  SRedjtmafjigfeit  feines  Auftretens'  Gerichteten,  bat  fid) 
uns  als  reine  SBerbrefjung  beransgcftcllt;  baSjenige  bagegen,  loas 
fie  oon  feinen  fonftigen  Anfechtungen  ju  ergäben  mifien,  ift 
feineStoegS  ofme  alle  2Baf}rf)eit  Tic  (frage,  ob  er  bas  i)\cd)t 
unb  bie  ^flidjt  ,\u  feinem  SÜSirfen  babc,  bat  Luther  nur  im 
Anfang  feines  Auftretens  bcfd)iiftigt,  unb  fie  ift  balb  mit  ber 
©cmifdjeit  feines  SöerufS  erlebigt  geioefen.  Seit!  ganzes  ßeoen 
l)inbiird)  aber  ftnb  il)iu  immer  mieber  bie  anbereu  brei  Arten  oon 


72 

9(nfed)tnngen  gcfommen:  SDMandjoüe,  ßtoeifet  an  bem  eigenen 
©nabeuftanbe,  llnfidjerfjeit  über  bie  9tid)tigfeit  feiner  Seljre. 

beginnen  mir  mit  ber  Sdjtoermut,  fo  bürfte  e§  boct)  in  ber 
Xfjat  nidjt  oermunberlid)  fein,  bafj  ßutljer  fefjr  oft  barait  gelitten 
fjat.  23eifpietlo§  grof?  mar  bie  Saft  ber  Arbeit,  meiere  auf  itjnt 
lag.  Unb  müfjrenb  meitau§  bie  meiften  (55eifte§probufte  im  ©runbe 
nur  eine  neue  -Darfteilung  oon  fdjon  befannten  2Baf)rt)eiten  finb,  fo 
mußte  ßuttjer  nid)t  menige§  oon  bem,  ma§  er  fdjrieb,  oollftänbig  neu 
probucieren.  23efanntfid)  aber  tuerben  ade  mirflid)  probuftiüen 
@eifter  teid)t  reigbar  unb  jum  £rübfinn  geneigt.  ®a§u  mar 
it)in  bie  notmenbige  SMreation  ber  übermäßig  angeftrengten 
Gräfte  faft  niemals  mög(id).  So  mußte  eine  Sfterocnüberreigung 
eintreten,  meiere  bi§  51t  pfjtififalifdjen  Xäufdjungen  führen  tonnte, 
ober  audj  eine  ©rfdjfaffnug  unb  bamit  Sdjmermut  fid)  ein= 
ftelleu.  S)agu  tarnen  bie  fdjmeren  förperlidjen  Seiben,  melden 
er  untermorfeu  mar ;  befonber§  jenes  Steinleiben ,  meldjes  il)n 
20  3af)re  fjinburd)  fo  arg  gequält  t)at,  ba$  er  mef}r  al§  einmal 
bem  STobe  nat)c  mar.  (Snblidj  oergeffe  man  ntcr)t  bie  ungemein 
ftarfe  Aufregung  unb  Spannung,  in  metdjer  fein  ©emüt  nid)t 
feiten  lauge  ßeit  bjnburd)  fd)meben  mußte,  menn  e§  fid)  um 
mid)tige  ©ntfdjeibuugen  über  fein  eigenes  Sd)idfal  ober  baZ 
jeiuer  2ef)re'  banbette.  2ßar  bann  eine  @ntfd)eibung  gefällt,  fo 
trat  naturgemäß  mieber  eine  pft)d)ifd)e  Slbfpannung  ein.  £öf)nenb 
auf  Sutfjcrs  me(and)olifd)e  Stimmungen  fjmjutoeifen,  ift  eben  fo 
gemein,  a(§  menn  man  einen  Ä rieger  um  ber  ©ebredjen  millen 
oerfpottet,  bie  ber  ^elbjug  iljm  eingebradjt  t)at.  gür  anbere 
fjat  Shttfjcr  bie  folgen  Hne^  ferneren  SBerufS  getragen. 

So  mar  e§  felbftoerftänblid),  baß  nadj  ben  ungeheuren 
Aufregungen,  meld)e  bor  allem  bie  Sßormfer  Jage  if)tn  gebradjt 
Ratten,  in  ber  ^Hnf)e  unb  ber  gän^lid)  oeränberten  Sebenemeife 
auf  ber  Sßartourg  eine  ftarfe  51bfpannung  fid)  einftellte.  Sein 
SBunber,  baß  Sanffeu  auf  ^utljerS  traurige  Sceleujuftänbe 
mäl)renb  biefeS  Stufent^attS'  l)inmeifen  fann.20")  2)odj  fefjen 
mir  un§  bie  23emeife  bafür  ctmas  nätjer  an. 

3uerft  citiert  Sanffen  ,£e  2Bette  2,  2\  Cb  er  mot)(  felbft 
biefe  Stelle  nadjgelefcn  t)at?  ©3  ift  auf  ber  ganzen  angeführten 
Seite   über  £utl)er§  (Seetensnftänbe'   nidjte   anbereS  51t  finben, 


73 

a(S  folgenbe  S&orte,  metcfic  ßutljer  an  feinen  intimen  $reunb 
Sftetandjtfjon  gcfdirieben :  „Ter  $err  f)at  mid)  mit  großen 
©djmergen  am  Alfter  gefdjlagen.  Ter  ©tufjtgang  tft  fo  fjart, 
bafe  id)  ilm  mit  großer  Stnftrengung,  bi§  jum  Scfjmeifc,  antreffen 
mm;.  GJeftern  fjatte  id)  nad)  4  Jagen  einmal  Deffnung;  bafjer 
fydbe  id)  and)  bie  gange  SJtodjt  nidjt  gefd)tafen  unb  fiabe  and) 
je^t  nod)  feine  Otubje.  53itte  bod)  für  mid);  beim  biefel  liebet 
ttrirb  unertraglicf)  roerben,  roenn  e§  jo  annimmt,  mie  e*  ange= 
fangen  fjat".  SBottte  3anfjen  mirflid),  baf3  mir  biefe  Stelle 
nadjjäfjen  unb  jo  bie  fel)r  natürlid)e  Urfad)e  oon  SutljerS  9)ce= 
landjolie  finben  füllten'?  —  @r  oermeift  unS  meiter  auf  ©.  10 
ber  Te  Sßette'fdjen  SBrieffammtung.  Tort  finbet  fid)  über  bie 
traurigen  Seetenjuftänbe'  Sutljerl  nid^tS  meiter,  al«  bie  au 
$tfeland)tt)on  gerid)teten  SQSortc:  „Um  mid)  brand)t  il)r  burd)au§ 
nidjt  beforgt  51t  fein.  sDcir  perfönlid)  ge()t  e§  fel)r  mof)l;  nur 
baft  bie  8d)mermnt  nod)  nid)t  gemid)en  tft  unb  ber  bisherige 
©eift  unb  ©laubcnsjdjmadjtjeit  nod)  aul)ält".  Tan  mir  un§ 
hierunter  aber  nidjt§  3d)rerflid)e§  borjufteßen  l)abeu,  geigen 
fd)on  bie  anbeten  SBorte  in  biefem  Briefe:  „@o  oft  l)aben  mir 
oon  ©tauben  unb  Hoffnung  beffen,  roaS  man  ntdjt  fiel)t,  gerebet; 
mol)lan,  nun  motten  mir  eS  and)  einmal  bei  ber  {(einen  ©efafjt 
für  bie  Score  mit  ber  Tt)at  bemeifen.  Sielje  gu,  baf?  if)r  nirfjt 
betrübt  merbet,  fonbern  fingt  ben  ©ejang  be§  £errn,  ber  für  bie 
sJcad)t  befohlen  ift;  id)  mid  mit  fingen". 

Sßeitere  Zeitteilungen  über  SuttjerS  traurige  ©eelenjuftänbe 
mifl  3anffen  bei  Te  SOSette  2,  16.  17.  gelefen  l)aben.  lieber 
fid)  felbft  l)at  Sutfjer  fjier  burdjauä  ntdjtc-  anbereS  gejd)rieben, 
als  bie  SSorte:  „od)  bin  f)ier  in  ooüftev  Henne  unb  in  uollfter 
Arbeit,  lerne  bebräifd)  unb  gried)ifd)  unb  febreibe  otjne  Unter« 
bved)itng.  ÜRodj  nid)t  bat  mid)  baä  Hebel  öertaffen,  (\n  bem  id) 
in  SBormä  litt,  es  ift  jogar  nod)  ärger  geroorben.  "üb  leibe  an 
entfet3lid)er  .Sjartleibigfeit,  mie  nod)  nie  in  meinem  Seben,  fobafj 
id)  fein  Heilmittel  mehr  Dagegen  mein.  Ter  .\>err  fnd)t  mid)  fo 
f)cim,  bamit  id)  ntdjt  ofme  bie  Reliquien  be3  ÄreujeS  fei.  (Sr  fei 
gelobt,  Linien". 

.frören  nur  bann  nod)  meiter,  melcbe  entfct.Uicbcn  folgen  für 
feinen  Äürper  btefeS  Seiben   mit  fid)  führte  —  e3  lafn  fiel)  l)ier 


74 

ititfjt  mol)l  abbrutfen'-01)  — ,  fo  ftauneu  mir  barüber,  bcm  £utt)er 
babei  nod)  imftanbe  toar,  trgenb  ettüa§,  unb  nun  gar  nod)  fo  oie(, 
311  arbeiten,  unb  ball  er  an  bie  (Sfjriften  31t  Wittenberg  fd)reiben 
modfjte:  „21m  fieibe  f)abe  idj  ein  Keine!  ©ebredjtein  überfommen; 
aber  es  fdjabet  nit". 

3u  bem  Jrübfinn  2utrjer§  roerben  nnfere  ©egner  and)  ba% 
redjnen,  bau  er  fid)  mit  Selbftmorbgebanfeu  getragen  babe. 
9Jtojunfe  ergäbt!  un§,  bafi  nad)  ßutfjerS  eigenen  Söorten  e§ 
t()iu  ber  Xeufel  „gar  oft  fcfjr  nabje  gebrad)t,  hau  man  bie 
£eute  am  borgen  im  23ett  tot  finbet.2"2)  tiefes  Ciitat  ift  eine 
foldje  ©ntfteßung,  al§  menn  mir  als  9Jfajunfes  Meinung  bie 
Söorte  aus  feiner  Sdjrift  eitleren  mürben:  „2)aS  SSerf  2utf)ers 
fterjt  rjeute  geraaltiger  ba,  benn  je  feit  breirjunbert  3af)ren". 
Söirfticfj  t)at  SERajunfe  bies  gefdjrieben;  mir  ()aben  nur  einige 
SSorte  ausgelaffen.  So  fdjreibt  Suttjet  an  ber  fraglidjen  Stelle: 
,,3d)  t)abe  ba  mobjf  erfahren,  mie  es  jjugef)t,  bafj  man  be§ 
Borgens  bie  Seute  im  53ette  tobt  finbet.  Gr  [ber  Teufel]  fann 
ben  2eib  ermürgen:  -Das  ift  eins,  ©r  fann  aber  aud)  ber 
Seele  fo  angft  machen  mit  disputieren,  ba}]  fie  au§fafjren  muf? 
in  einem  2Utgenblicf,  mie  ers  mir  gar  oft  faft  natje  gebradjt 
tjat".  Sntfjer  rebet  alfo  mit  bem,  tt»a§  er  oon  fid)  fagt,  nid)t 
001t  Setbftmorbgebanfeu,  fouberu  oon  ÖkmütSbemegungen,  meldte 
tötlid)  merben  tonnen. 

Sanffen  berichtet :  «Site  einft  ein  s^rebiger  erjagte,  ber 
STeufel  oerfudje  ilm,  er  falle  fid)  mit  einem  Keffer  erftedjen, 
errotberte  £utl)er:  £aS  ift  mir  aud)  oft  begegnet,  baf,  menu  id) 
ein  Sföeffet  babe  in  bie  .Soanb  genommen,  fo  finb  mir  beSgletdjen 
böfe  ©ebaufeu  eingefallen'.203)  —  Sdjon  bie  (Einleitung,  meiere 
Sanffen  biefent  SBorte  ßutt)er3  giebt,  ift  unrid)tig.  $enn  nad) 
tfjt  fdjeint  es,  als  ob  bie  eoangelifdjen  sl*rebiger  fid)  gegenfeitig 
if)re  Neigung  511m  ©etbftmorb  geftauben  bätten.  5(ber  ßeonljarb 
S^eier,  Pfarrer  311  ©üben,  erjagte  baS  ©rmabnte  uid)t  oon 
ber  bamaügeu  ©egenmart,  fouberu  fagte,  früber  einmal,  „als  er 
gefangen  gemefeu",  Ijättc  ibu  ber  leufel  oerfud)t,  mit  einem 
SKeffer  ober  mit  einem  Stria:  feinem  traurigen  Stofein  ein  (ünbe 
ju  mad)en.  (Sbeufo  erfiebt  mau  am  bem  angeführten  Söort 
ßutljerS,  ball  aud)  biefer  nur  oon  ber  ^ergaugenbeit  rebet.    Unb 


75 

$wax  mar  eS  fpätefteu*  i.  3-  1532,  bafj  er  jene  Steigerung  tbat. 
SDettn  üöeter  tft  itod^  als  Pfarrer  in  ©üben  begegnet,  mekbe  Stelle 
er  i.  3.  1532  oerlietV04 1  gftettidj  giebt  ßutljet  ntd)t  nätiet  bie 
geit  an,  §u  melier  il)in  früher  iotdje  ©ebonfen  gefommen  feien. 
38it  fönnen  alfo  nid)t  au§  feinen  SEBotten  erfeben,  ob  betgtetdjen 
nur  in  feiner  ehemaligen  fatbotifdjen  fttit  ober  and)  nod)  fptiter 
öotgefotmnen  tft.  ^ebenfalls  ift  e§  eine  (Stbidjtung,  »enn  3Ka= 
junte-"M  joldje  ©emütäöetfaffung'  SutljetS  in  ba§  5ctf)t  1546, 
ba§  2obe*jab,r  be§  Reformators,  deriegt.  derjenige  aber  fennt 
meber  ßutfjet,  nod)  ba§,  mooon  er  rebet,  metdjer  meint,  Sutljet 
fei  bnrd)  SBetgtoeiffang  auf  ©etbfttnotbgebanfen  gebradjt.  ^auffen 
mili  e§  olnte  ßtoetfet  fo  oerftanben  baben.  SDenn  er  fd)iebt  ba§ 
in  $rage  ftebeube  Sßort  ßutfjetö  smifeben  jmei  anbete,  &u  anbeten 
Reiten  geäufcette,  SBotte,  in  beten  einem  er  oon  feineu  ßc= 
ttriffenibiffen'  reben,  in  bereu  anberem  et  ben  SSunfd)  ausfpredien 
fotl,  nie  geboren  gu  fein.  Sdjntiebet  man  aber  brei  oerfdnebeue 
SluSfagen  fo  funftoott  ^ufammen,  fo  ettoeert  ba*  bjerber  gel)örenbe 
SSort  freitid)  ben  (Sinbrucf,  aU  babe  Sutljet  ben  SBunfd)  gehabt, 
feinem  ßeben  ein  Gnbe  §n  madjen.  (Sotdje  sDciBbeutung  täfjt  fid) 
gemöl)n(id)  jdmuT  miberlegen,  btefeä  Wlai  aber  fprid)t  zufällig 
bie  gorm  be§  2Borte*  Sutf)et§  gegen  fo(d)e  Deutung,  £enu 
roer  in  SSetjttJeiftung  fid)  töten  roit(,  ber  fud)t  ein  äfteffet,  einen 
<2tricf  ober  ettt>a§  3fefmfidje§ ;  in  fotd)em  ^yatte  ift  ber  Selbft= 
morbgebanfe  bas  f rubere,  bie  Utfadje  be§  3ud)en6  unb  ^inben§. 
derjenige  aber,  meldjer  —  tote  ßut^et  bier  oon  fid)  etgäljft,  —  erft 
burd)  ben  5tnb(irf  be§  3Reffet§  in  feiner  $anb  auf  ben  ©ebanfen, 
er  tonnte  fid)  felbft  töten,  oerfältt,  braud)t  burd)au§  nid)t  be§ 
SebenS  überbrüffig  §u  fein.  3n  foldieu  gälten  liegt  ber  ®ij$et 
nid)t  in  bem  (Gebauten,  bei  ßebenS  Siaft  oon  fidi  toetfen  ju 
fönnen,  foubern  barin,  bafj  man  mit  größter  iA'tdjtigt'eit  baS 
VU(ergröf5te  tt)un  tonnte,  ©o  faun  ben  befteu,  tebensfrobefieu 
(Efjriften,  loeuu  fie  auf  bobem  Purine  ober  an  einem  SBetgeä 
abfange  ober  auf  ber  oberften  Stufe  einer  fteileu  Treppe  ftebeu, 
ber  ©ebanfe  fotmnen,  ttrie  eS  fein  mürbe,  wenn  fie  fid)  biuab 
ftür^ten.  Ct)ue  im  minbeften  Steigung  junt  Setbftmorb  JU 
I)aben,  füt)teu  fie  infolge  ber  befonberen  Situation  nur  bie 
fd)red'lid)e   Wöglid)feit.    Xaruin   erzählt  aud)  Söeicr,   ba   er   oon 


76 

feinem  einftmatigen  £eben§überbruf5  rebet,  ni<f)t  nur  oon  einem 
üDieffer,  Jonbern  aud)  oon  einem  ©trid;  Sutljer  aber  weife  nur- 
oon  einem  Keffer  gu  jagen.  2)enn  wer  einen  ©trief  mit  ©elbft* 
morbgebanfen  betrachtet,  ber  mödjte  in  ber  £f)at  feinem  Seben 
ein  ©nbe  madjen.  2)enn  biefe  5tobe§art  erforbert  längere  23or= 
bereitnngen,  atfo  Ueberlegnng.  @§  trägt  bemnad)  bie  Stnfedjtung, 
an  ber  23eier  gelitten,  einen  burctjauS  anberen  Grjarafter  at§  bie= 
jenige,  metdje  aucrj  fiutfyer  gekannt  tjat.  SSieUeiri^t  oon  9ceroo= 
fität ,  nidjt  aber  oon  SL)^elancr)otie ,  jengt  ba*  oon  Sutrjer 
23erid)tete. 

5tuf  wetdje  SBeife  aber  Ijat  ßutfjer  feinen  Strübfinn  jn  über* 
winben  gefugt?  SBir  tjaben  fdjon  ermähnt,  bafj  e§  eine  arge 
Sßerbrefjung  ift,  wenn  Sanffen  fdjreibt:  Snttjer  fudjte  au3  bem 
Kampfe  mit  fief)  fetbft  unb  feinem  ©emiffeu  feinem  eigenen 
©eftänbniffe  nad)  bnrd)  rcidfjtidjeS  Xrinfen,  burd)  ©piet  unb 
©c^er^e. . .  511  entfommen'.206)  @§  mar  bie  ©d)Wermut,  in  meiere 
|rierom)mu§  Söeller  geraten  mar,  51t  bereit  Uebermiubung  Suttjer 
iljm  biefe  ^Hatfcfjtäge  erteilte.  3Sa§  nun  juerft  ba§  3anffenfd)e 
,reid)tid)e  £rinfen'  betrifft,  fo  ift  bie§  eine  fefjr  flehte,  aber 
fefjr  mächtige  ^ätfdjung.  £utt)er  fjat  uid)t  ^reidjtid)',  fonbern 
„reid)(id)er"  gefd)riebeu.  Unb  berauntüd)  meint  biefer  fö'omparatiü 
geuuVf)n(id)  etwa§  öteringere§  als  ber  ^ofitiü.  (Sinem  ®ranfen, 
metdjer  fid)  „beffer"  füfjtt,  gefyt  e§  oielleidjt  nod)  lüngft  nid)t  „gut". 
„9ieid)(id)er  trinfen"  Ijeifjt:  metjr  trinfen,  als  man  öiSljer  gettjan. 
£ie§  empfiehlt  £ut()er  beut  fetter.  %lad)  feiner  Ueber^eugung 
ift  ber  SRat  ber  römifd)en  2(5fefe,  burd)  $aften  gegen  9lufed)tung 
5U  fämpfen,  bei  ber  5(nfed)tung  be*  £rübfinn§  für  mannen 
burdjauö  oerfetjrt.  sJcad)  feiner  Ueberjeugung  mar  bie  ®onfti= 
tution  be§  Söeller  eine  fotdje,  bafj  auf  ifjtt  eine  5>ernad)(äffigung 
ber  leibücfjen  Pflege,  ju  weldjer  befanntlid)  ber  Xrübfinn  ge= 
neigt  mad)t,  nur  fd)äb(id)  mirfte. 

3Sa§  aber  follcn  mir  unter  4©pief  uns  oorfteden  ?  Sanffcn 
fdjeiut  an  ftartenfpiel  ob.  brgt.  51t  beuten.  2utf)er  aber  erftärt 
e§  beut(id)  genug:  „Sei  biefer  Wd  oon  Sfrtfedjtwtg  ift  bie  befte 
unb  (eid)teftc  SBcifc,  ben  leufet  [metdjer  un8  fdjmcrmütig  machen 
will]  §u  überminbeu,  bie,  Um  ju  oeracfjten.  ©0  tadje  über  ben 
2öiberfad)er  unb  forge  bafür,  bafj  bu  bid)  mit  jemanbem  unter* 


77 

Ijöftft  gliche  auf  jebe  SBeife  bie  ßinfamfeit,  burd)  fpielenben 
Spott20')  wirb  ber  Jeufei  befiegt,  nidjt  burd)  2Biberfpred)en  unb 
disputieren.  £arjer  |toaf)rfd)ein(id)  oon  StofmxQ  aus  fdjreibt 
ihitfyer  an  ben  in  feinem  §aufe  51t  SBtttenberg  toof)nenben  SBeller] 
mögeft  2)u  fetten  unb  fpafeen  mit  meiner  grau  unb  ben  übrigen." 
$afs  aber  biefe  SRatfdjtäge  nidjt  bie  einigen  finb,  melcrje  Sutfyer 
gegen  ätfelandjoüe  erteilt  fjat,  toirb  roof)t  jeber  Sefer  fcfjon  fetbft 
fid)  fagen.  ©ietleicfjt  fjat  Sanffen  aud)  nur  aus  biefem  ©runbe 
altes  »eitere  unertoäjjnt  gelaffen.  So  jagte  Suttjer  einmal: 
„£arum  fo  betet  fteifng  unb  getjet  mit  gottfetigeu  ßeuten  um 
unb  tröftet  eud)  mit  ©ottes  2Bort."2l,s)  €ber:  „s£kr  mit 
SCraurigfeit,  SBergtoeiffung  ober  auberem  ^pev^cleib  geplagt  toirb, 
berfelbe  fjalte  fid)  an  ben  Sroft  be§  göttlichen  Portes, 
barnadt)  effe  unb  trinfe  er  unb  traute  nad)  öefeöfdjaft  unb 
©efpräd)  gottfetiger,  d)riftlid)er  Öente,  fo  toirb  e§  beffer  mit  iljtn 
toerben."  9cad)bem  er  bann  ergäbt,  toie  ein  S3ifcf)of  feiner 
trübfinnigen  Sdjtoefter  tf)eoretifdj  unb  praftifd)  ben  9tat  erteilt 
§abe:  „Sßarte  beineS  Veibcs  mit  offen  unb  Xrinfen,  bem 
teufet  jum  23erbntB,  fo  toirft  bu  bie  bofen  Träume  unb 
Anfechtungen  tos  toerben",  fügt  er  fun^u:  „?(ber  alten  mürbe 
bas  SRemebium  nidjt  nü|c  fein,  fonbertid)  nidjt  jungen  beuten." -oi') 
2Bir  miffen  in  ber  &t)at  nidt)t§  gegen  biefeu  IRat  ßuttjerS  ein= 
äuroeuben:  ©djtoermütige  ©ebanfen  tonnen  nict)t  burd)  dritten 
übermuuben  »erben ;  fie  muffen  burd)  SBeradtjtuug  berfetben,  burd) 
abfid)t(id)es  3(uffud)en  non  ert)eiternben  ©inflüffen,  tjauftg  aud) 
burd)  Kräftigung  bes  Äürpers,  burd)  angemeffene  S)iät,  oertrieben 
toerben. 

greitid)  betrübte  es  8utf)er,  bajj  er  fetbft  ebenfalls  nod) 
fotd)e  SDitttel  antoenben  muffte,  um  feiner  Sdjtoermut  lebig  tut 
toerben.  @r  muffte,  in  ßfjrifto,  feinem  .vierru,  fprubele  eine  fo 
reid)e  greubenquelle,  bafj  ein  oollfomnteuer  ©taube  feines  anbereu 
sJJtitte(s  bebürfe,  um  ungetrübt  frötjlicfj  §U  fein,  als  nur  fid)  an 
(EtjriftuS  ju  erinnern.  Wber  es  giebt  auf  (Srbeu  feinen  uotl= 
fommenen  ©tauben  ^0  ift  es  benn  nidjt  auffallenb,  toie 
Sanffen  ju  meinen  fd)eiut,  fouberu  gang  uatürlid),  menu  Sutfjer 
einmal  üunerte:  ,,"sd)  bin  oft  felbft  auf  und)  jomig,  baf?  id) 
uid)t  fann  in  ber  Sfofedjtung  [ber  ©djioermut ;  benn  einzig   001t 


78 

bicfer  ift  bte  9^ebe]  burdj  Gtjriftum  meine  ©ebanfen  austreiben, 
nodj  berfetben  fann  to§  werben,  ba  icf)  bodj  foüiet  baoon  getefen, 
geschrieben  nub  geprebigt  tjabe."210) 


©ewöijnftd)  mit  STrübfinn  oerbunben,  bod)  um  ber  befonberen 
Urfadje  willen  oon  biefer  9trt  ber  Stnfedjtung  weit  $u  unterfdjeiben, 
ift  bie  anbere:  bie  Ungewifjfjeit  barüber,  ob  man  einen  gnäbigen 
©ott  fjabe  ober  nidjt.  Unb  ebenfo  bie  letzte  5(rt :  S)ie  Unftctjertjett 
über  bie  SÖßafjrfjeit  ber  reügiöfen  Ueberjeugung.  2)iefe  beiben 
Slnfedjtungen  fann  fein  Ütümifdjer,  fotange  er  biefen  Sftamen 
ttjatfäctjttcf)  oerbieut,  wirf Udj  fennen.  £enn  an  einem  33efit$e 
§weifefn  fann  nur  ber,  welcher  oorfjer  besfetben  gewife  mar.  (Sin 
römifdjer  £t)rift  aber  barf  nad)  ber  Sßorfdjrift  feiner  ÄHrcrje  unb 
fann  infolge  feiner  SftetfitfcrtigungSieljre  niemals  beffen  gewif?  fein, 
bafj  er  bei  ©Ott  in  ©naben  fterje.  ©benfo  fann  an  feiner 
©laubenSüber^eugung  zweifeln  nur  berjenige,  melier  eben  eine 
Ueber^eugung  befi^t.  ©in  9tümifd)er  aber  folt  bie  ®Iauben§= 
fä^e  auf  Autorität  |in  annehmen,  fie  bitbeu  atfo  nidjt  feine 
perfönüdje  Ueber^eugung.  2Bot)l  fönuen  aud)  ftatljotifen  ifjre 
Setjre  mit  großer  ßunerficrjt,  ja  mit  ftol^em  23emuf5tfein  unb 
fd)arfer  ©iegeSgewifcrjeit  oerteibigen,  fobafe  fie  ben  ©iubrud  ermeefen, 
a(§  mären  fie  tr)re§  ^©(aubens'  ebeufo  gewif?,  wie  etwa  Sutfjer 
be§  feinigen  gewiß  war.  «Sietjt  mau  aber  nätjer  51t,  fo  ^eigt  fief),  hak 
ber  ©inline  nidjt  feine»  ©taubeus  perfönüd)  gewifi  ift,  fonbern 
nur  fid)  nidjt  oorftetfen  fann,  baf?  bie  oon  beut  ©anjeu,  wetdjem  er 
augetjört,  behauptete  Setjre  eine  fatfdje  fein  fönne.  Ütidjt  eine 
perfünlidje  Ueber^eugung  ift  e§,  fonbern  eine  auf  ^eretfjuungcu 
be§  ^erftanbe*  bcrut)enbe,  bie  3iuc^fe^  a^  graufame  Räuber 
ignorierenbe  Hoffnung.  Sowenig  fennen  fie  baZ  grofse  ©ut,  um 
wetdjes  e§  fid)  rjanbelt,  bafs  5.  ®.  einer  uuferer  ©eguer  fdjreibeu 
fann:  ,2Bären  wir,  bie  wir  in  ber  fattjoüfdjen  iardje  geboren 
unb  erlogen  fiub,  umgefefjrt  im  s^rotcftautiömu§  aufgewadjfen 
unb  (jätteu  unfern  ganzen  93ilbuug§gaug  in  biefer  Sttdjtung 
burdj^umadjen  gehabt,  wir  wären  fidjerüdj  fo  eifrige  s$roteftanteu, 
ata  wir  jefct  Äatfjolifcn  fiub'.-11)  2)arum  fiub  bie  Stömifdjen 
nbfolut  inkompetent,    über  biefe  beiben  Sitten   oon  Wufedjtuugeu 


79 

mitjureben.  Sie  galten  biefe  Stttfedjtwtgeit  bei  ßutljer  für  einen 
23eroci§  baöon,  bau  er  niemals  feines  ©nabenftanbeä  unb  feiner 
ßerjre  gettnjj  gemorben  fei,  toärjrenb  in  2Birflid)feit  biefelben  nur 
bei  foldjen  ntögftd)  finb,  toeldje  bie  ftoljc  c^cuufUictt  rennen,  unb 
ttwfn*enb  biefelben  nid)t§  weiter  finb,  al§  ba§  burdjanS  unentbehrliche 
Mittel,  um  bie  ©ettnfjtjeit  nod)  tiefer  §u  grünben  unb  bamit 
fefter  ju  machen. 

£odj  rjören  mir  bie  einzelnen  SCuSförüdje  ßutljer§,  metdje 
unfern  ©egnern  fo  ouffoKenb  finb.  Sanffen  lieft  in  ifnten  allen 
ßutrjerS  ßtoetfel  fc^üglid)  ber  Söanrixit  feiner  *ßrebigt\  @r 
fdjreibt:  .Um  fid)  511  tröften  in  feinen  „ßroeifeln,  fndjte  Sntrjer 
fid)  ,^n  ü ber r eben,  bafj  and)  ber  beil.  s^an(n»  feiner  ßeljre 
nid)t  feft  habt  glauben  tonnen,  unb  bah  bie§  ber  s^faht  im 
^(eifd),  öon  beut  ^anlnö  rebe,  geroefen  fei.  S)a§  SSort  biefe§ 
2(poftet§,  er  fterbe  täglid),  tjeifje  fooiet  atö,  er  rjabe  ge^toeifelt  an 
feiner  ijef)re.  ,,3d)  mahrlid)  [fdjreibt  ßutljer]  fann'3  and)  fo  ftarf 
teiber  nidjt  glauben,  afö  id)  bauen  örebigen,  reben,  fdjreiben  fann, 
unb  nrie  anbre  ßeuteöon  mir  mot)l  benfen,  bafj  id)  fo  feft  glaube".212) 

£a*  freilief)  ift  in  ber  2f)at  oermnnberlid),  bau  and)  ^anluä 
an  ber  Sffial)rr)ett  feiner  £ef)re  gezweifelt  t)aben  foll,  unb  baf? 
man  ben  s^faf)t  im  ^k\}d)  fo  ju  erflären  f)abe.  Unb  menn 
£'ntf)er  jid)  baoon  ju  Überreben'  fnd)te,  um  nur  ntdjt  über  feine 
eignen  ^meifet  fid)  grämen  51t  muffen,  fo  ift  bie§  ein  3eidjen 
üon  innerer  Verlogenheit,  £od)  Sanffen  bjat  l)ier  brei  üerfdjieben* 
artige  nnb  §u  oerfdiicbenen  ßeiten  gerebete  SBorte  ßutljerS  §u 
einem  einzigen  (Gebauten  oerfd)lnngen,  oermnttid),  weil  er  bie 
betreff enben  SSorte  niemals  felbft  fid)  angefe()en  bat.  @r  fd)reibt 
nämlid)  oon  £üllinger  ab.213)  Tiefer  aber  eitiert  —  oermntlid), 
meil  and)  er  an*  oerfd)iebenen  S8üd)em  abfdjrieb  —  bie  brei  in 
Ofrage  ftet)enben  SluSfprüdje  ßutljerS  nad)  brei  oerfdiicbenen 
SluSgaben  ber  lifdjreben,  nad)  ÜEBatdj,  ,"yövftcniann  unb  Slurifaber, 
obioobl  fie  alle  and)  bei  bem  fonft  001t  il)in  benufcten  SEBaldj 
fielen.  Snfotgebeffen  tonnte  oanfien  bie  SBorte  nid)t  in  feiner 
(Srlanger  StuSgabe  finben.  Ta  aber  biefe  Stellen  ihm  bod)  gar$U 
angenehm  waren,  fo  öermanbte  er  fie,  ohne  irgenb  eine  ©etegftette 
anzugeben.  53ei  fo  [djmeren  öefdjutbigungen  iollte  man  nid)t 
fo  oerfa()ren. 


80 

2Ba§  nun  äunad)ft  bie  ©teile  oom  ^fat)t  im  fyteifc^  betrifft/214) 
fo  ift  e§  natürtidj,  bab  bie  9?ömifd)en  fie  falfdf)  oerfteljen.    £utt)er 
tebet  oon  ber  „9(nfedjtimg  be§  Glaubens."    SDa§  oerftetjt  Sanffen, 
meit  er  nicfjt  tueifj,  roa§  ßutfjer  nadj  ber  23ibel  ©tauben  nennt, 
batjin,   ol§  f)abe  nad)  £utrjer  'pautu*   feiner  £ef)re   nidjt   fcft 
glauben  fönnen,  roäljrenb  fetbftüerftänbücrj  oon  einer  Sßerbunfelung 
be»  auf  GErjriftum  gefegten  SBertrattettS  bie  !Rebe  ift.    S^tcfjt  näfjer 
aber  erftört  Sutfjer,   roa§  er  an  biefer  ©teile  meint.    £er  anbre 
2lu§fprud),  in  meinem  er  an  ba%  SBort  s$auti  „tri)  fterbe  tägticfj" 
gebeult,215)  giebt  e£  an.    £)a  rebet  Sutljer  baüou,  „tote  ttttbegretf* 
lief)  (£f)riftu§  in  biefem  Seben"  fei;    „er  fdjmeigt  fülle  ba^u  unb 
läßt  e§  gefd)ef)en",    ba$    „bie  Sßelt   feinen   beften   unb   treuften 
Wienern  fefyr  übel  lotjnt  unb  fie  oerfotgt  ...   als   bie  ärgften, 
fdjlimmften    ßetjer    unb    Uebettfjäter."     SDie§    fei    eine    feinere 
21nfedjtung  für  ßtjrifti  Wiener.    £enn  ba§  fdjeine  ifjrem  ©tauben, 
bem  fröfjlidjen  Vertrauen,  51t  miberfprecfjen,   baß  il)r  §err  auf 
ifjrer  ©ehe  ftef)e  unb   tf)ue,   ma£  ba$   befte  für  fein  iHetdf)  fei. 
3f)m  felbft,  fügt  2utf)er  fjingu,  fei  bie§  „bi§roeiten"  fo  fdjmer  ju 
ertragen  getuefett,  baß  er  gebaut  fjabe:    „3cfj  mein  fcrjier  nicf)t, 
moran  id)  bin,    ob  tdj  redjt  prebtge  ober  tttdjt."     2)aß  SßautuS 
je  basfetbe  gebaerjt  l)abe,   fagt  er   nierjt.    $u   ^tter   21ttfed)tuttg 
aber    ift    bergleidjen    nad)    feiner  Meinung    aud)    bem  Paulus 
gemorben.    Slucfj  biefer  f)at  fid)  nidjt  immer  ot)ne  tueitere§  barin 
finben  lönnen,  ba)]  ber  §err  ftille  fdjmcigen  fönne  511  bem  fdjeinbar 
fo    fdgabenbringenben   treiben    feiner   5e^noe-    ^D   Sutfyer    mit 
biefer,  einmal  bei  £ifdj   geäußerten,   ^nficrjt  sJxed)t  gehabt  l)abe, 
mag  fragtid)  bleiben.    3)od)  geftefjen  mir,  bafä  aud)  mir  etnen  fo 
f)od)ftet)enben    unb    in    fo    fd)tuierigett    SBerljattniffen    tuirfenben 
(griffen,  mie  ^aulu«,  nid)t  orjtte  foldje  ?(nfed)tungett  un£  uor= 
ftellen  fönnen.    Söir  munbern  un§  alfo  nidjt,  menn  ßutfjer  in 
^leußeruttgen  be§  Stpoftefö  Einbeulungen  baoon  51t  lefen  gemeint  f»at. 
SBon    gan^    anbrer    ?(nfed)tung    Ijanbelt    ha*    britte    Sßort 
SuttjevS;210)    burd)au§   nidjt   —   mie  Sanffen   angiebt   —   oon 
„ßmeifeln   an    feiner  £el)re',    fonbern    oon    ber  5ra9A    ob    bie 
©etuißtjeit   be§  ßfniften,    baß    er  ©otte3  Äittb    unb  (Srbe    be§ 
emigen  £eben§  fei,  leinen  ©djmanhtngeu  untermorfen  fei.    Snftu* 
jonaä   fjatte   fiel)   gemunbert   über   bie  guoerfidit,    mit   luetdjer 


3 


81 

^aulu*  2.  Tim.  4,  8  getrieben :  „hinfort  ift  mir  beigelegt  bie 
£rone  bei*  ©eredjtigfeit" ;  er  hatte  geftanben,  feiner  Seftgfeit 
nidjt  immer  fo  gettnfj  §u  fein.  Tarauf  äunerte  ßutljer  bie 
Vermutung,  aud)  $aubtS  fjabe  el  nid)t  fo  ftarf  glauben  formen, 
mie  er  baoon  gefdjrieben  tjabe;  it)m  fetbft,  fügte  er  t)in§u,  ergebe 
e§  ebenfo.  S)a  Sanffen  mieber  nidjt  ba§  SGBort  fr ©taube"  oerftetjt, 
fo  mirb  er  meinen,  $aulu§  foüe  nad)  ßuttjer  etroas  anbereS 
geprebigt  haben,  at§  er  für  mab,r  bjielt.  Stber  er  mirb  aud)  nietet 
begreifen  fönnen,  toarunt  ßuttjer  an  biefer  (Stelle  tjtngufügt: 
w(§§  märe  fd)ier  nid)t  gut,  meun  mir  aßeio  trjäteu,  mae  ©Ott 
befiehlt.  .  .  (5*  märe  bann  nicfjt  öonnöten  be§  ?lrtife(§  oon 
Vergebung  ber  Süube."  Ter  ©laubige  alfo  mein,  hak  er  bei 
©ott  in  ©naben  ftetjt  uub  ein  Grbe  bei  emigeu  ßeben§  tft,  baf? 
il)m  bie  Äronc  ber  ©credjtigfeit  fdjon  beigelegt  ift.  Tiefe  feiige 
©eroifrrjeit  fpridjt  er  aud)  frörjlid)  am.  Tarau*  aber  barf  man 
nierjt  fdjlieBeu,  baf?  biefelbe  ficrj  ftetig  gleid)  bleibe.  3Steftnet)r, 
fobalb  ber  ©tjrift  mieber  barauf  fief)t,  bah  er  „nidjt  gethan, 
roa§  ©ott  befiehlt",  fann  er  e§  nidjt  fo  ftarf  glauben.  Tann 
bebarf  e§  mieber  be*  ©tauben*,  meldjer  bie  ©uabe  ©ottes  annimmt. 
Snbem  aber  biefer  bie  ©emifjfjeit  erlaugt,  baja  and)  bie  neue 
@finbe  üergeben  fei,  mirb  bie  ©emifuVit  be§  eigenen  ©uabenftanbeS 
tiefer  uub  fefter.  9iidjt,  at§  ob  fie  oorrjer  nidjt  feft  gemefeu 
märe.  ÜJcein,  aud)  dort)er  tonnte  nidjt*  oon  bem,  tt»a§  ber 
9Jcenfd)  fannte,  ibu  an  feiner  93eguabigung  irre  madjen.  Slber 
je£t  fennt  er  nodj  mel)r  al§  oortjer,  uub  aud)  biefel  fann  il)it 
nun  nidjt  me()r  ungemin  mad)en. 

£)at  ßuttjer  bem  großen  Wpoftel  llured)t  getbau,  ba  er  i()in 
foldje  Stnfectjtungen  zutraute?  ©§  ift  unbenfbar,  bau  ein  ÜD&nfcfc), 
metdjer  feine  Sünbe  fo  tief  füblte,  mie  Rauhte,  $u  foleber  §öt)e 
ber  ©lanben*geminbeit,  mie  er  fie  eben  2.  Tim.  1,  8  auSgeförodjen 
b,at,  auf  einem  auberu  SBege  babe  aufzeigen  fönnen,  at8  auf 
bem,  bau  er  immer  neu  uub  tiefer  bie  Unbenfbarfeit  feiner 
23eguabiguug  fühlte,  mit  burd)  Uebenoinbnug  aud)  biefer  "Hm 
fcd)tuitg  beS  feiles  nodj  geroiffer  $u  »erben.  Ober  föuute  e3 
jemaub  Sßunber  nehmen,  bau  benfelben  SBeg  auch  Luther  gehen 
muftte,  toeld)er  ein  fo  tiefe*  Sünbeugefübl  hatte  unb  fo  aufrichtig 
feiner  Stinbe   in3  Stuge  iah?    SBenn   bie  Wömifdjen   ihn  megeu 

SBaltljer,  Sut$er3  Beruf.  t; 


82 

feiner  Anfechtungen  ,bemit(eiben\  menn  fie  öon  feinem  flogen' 
unb  jammern'   berichten,   fo    bürfen   fie   fid)    beruhigen,    beim 
un§äfjligemal  fjat  ßutljer  feine  5reuoe  üj&*i  biefc  Anfechtungen 
ausgefprodjen.    @r  hatte  erlebt,  nrie  ©rofjeS  fie  it)m  einbrachten. 
„©§  ift  un3  feljr  nü|e  unb  gut,  bafj  ber  teufet  un§  alfo  treibt. 
SJenn  baburd)  mad)t  er  ba§>  SBort  ber  £ehre  foöiet  befto  gemiffer, 
bafj  ber  ©taube  in  un§  befto  ftärfer  Werbe.  .  .  (£f)riftu§  t)at  nod) 
imnterbar  ben  tylafy  unb  ba§  $äb  behalten  unb  behält  e§  and) 
nod)  burd)  uu§."    „©§  ift  unmöglich,  bafi  ber  SUcenfdjen  $erg  tonne 
rcdjt  ©ott  erfenuen   unb   im  ©ebädjtni§   behalten   unb   an   it)it 
gebenien,  ohne  ba§>  liebe  ®reug  unb  Anfechtung."    £arnad)  manbte 
er  fid)  ju  @d)laginhaufen  unb  fprad):     „©laubt  mir,  menn  ihr 
nidjt  fo   einen   guten  Stein   im  2h*ett   gärtet   bei  @ott,   unferm 
SBater,  ihr  würbet  bie  Sentation  unb  Anfechtung  nidjt  haben."217) 
©§  Reifet  alfo  bie  Sadje  auf  ben  ftopf  ftelleu,  toenn  man  fdjreibt: 
Rüther  litt  nad)  eigenem  ®eftänbni§  |)ötlenängfte,    ohne  311  ber 
,pcil*fid)erheit  gelangen  gu  fönnen.'218)    ©eine  ©emißheit  mürbe 
im  (Gegenteil  burd)  ,bie  |)ölteuängfte'  immer  umfaffeuber  unb  tiefer. 
Sin  anbermat  äußerte  Sutfjer:    „8dj  f)abe  bem  Sßapft  unb 
SDcöncf)en  alles  geglaubt;  aber  tva%  je|t  Gfyriftu»  fagt,  ber  boefi 
nid)t  lügt,  baZ  fann  ich  nicht  glauben."2111)    SBem  aber  ergebt  e§ 
nidjt  ebeufo,  etwa  ntcr)t  ben  Sftöntifdjen?    @ie  glauben  ja  nod) 
immer  bem  Sßaöft,  nidjt  aber  C£t)rifto.    Hub  bie»  ift  fel)r  begreiftid). 
S)enn  (SfjriftuS  fagt  5.  93. :    „2Ber  an  mid)  glaubt,  ber  fjat  baZ 
emige  Sehen."     £as  ift  ungemein  fdjwer  ^u   glauben.    Qmn  e§ 
ift  über  alle  Vernunft,   baft  ein  Sünber  ba§  emige  Sehen  fd)on 
befugen  folle,  unb  ba§  au£  feinem  onberen  ©runbe,  atö  barunt, 
meil  er  fid)  an  (Stjrtftum  f)ält.    £er  ^apft  bagegen   fagt:    4£a 
nidjt  mc()r  öon  bir  oerlangt  mirb,   at§  bu  leiften  fannft,  fo  f»at 
(Sljriftu*  beine  ©ünbenfdjulb  getilgt.    Aber  bie  Strafen  mufjt  bu 
nun  felbft  abbitten  unb  burd)  gute  Sßerfe  bid)  göttlicher  Belohnung 
mürbig  madjen.    3c  eifriger  bu  ba%  tl)itft,    befto  met)r  barfft   bu 
bid)  ber  Hoffnung  auf  ba§  emige  ßeben   Eingeben'.    2)a§  ift  ja 
ungemein  einleud)teub,  ift  fo  ed)t  menfd)tid)  gebad)t,  ba§  mau  e§ 
fel)r  teid)t   glauben,  b.  I).  für  watjr    galten   t'ann,  pntal  bann, 
toenn  mau  nod)  in  blinbem  Autoritätsglauben  biefem  Auyfprud) 
bc§  SßapfteS  fid)  unterwirft,    dasjenige  aber,  wa3  EfnHftuS  fagt, 


83 

fann  mau  garnidjt  bloß  für  tuafjt  Ratten.  (E@  erforbert  üielmcbr 
eine  perfönlidie  Aneignung  im  $)er$en.  So  rjanbelt  e§  fidj  and) 
liier  ntrfjt  um  ßroetfel  art  ber  ßerjre,  fonberu  um  bie  ©erötfjfjeit, 
bafe  mau  burd)  (£l)rij"tum  bei  ©Ott  in  Oonaben  fterje. 

Cber  Sanffen  fdireibt:  ,@3  nimmt  mid)  umnber,  Ragte 
Sutfjer,  nacfjbem  er  fdjon  über  20  3al)re  laug  feine  £et)re  geurebigt 
liatte,  bafi  id)  biefer  Seiire  nidjt  öertrauen  fanu;  id)  bin  mir 
fetter  baruin  feinb,  ba  bodj  alle  meine  Xiseipel  meinen,  fie 
tonnen  fie  auf  ein  9tögelein.,22°)  Stter  and)  t)ier  rebet  Sutfycr 
nidjt  öon  ßmeifetu  .an  ber  SBatjrrjeit  fetner  Sßrebigr',  mie  Sanffen 
meint,  fonberu  bon  ber  perfönticrjen  Stneignung  ber  ©nabe  ©otte§. 
Sr  fd)reibt  uaiulid)  oorfjer  :  „3)a§  ift  nun  ber  (Sl)riften  iluuft 
allein,  bafj  id)  mid)  nun  meiner  Sünbe  abmeube  unb  baöon 
garaicr/t§  luiffeu  mill  unb  fef)re  mid)  allein  auf  (it)rifti  ©eredjtigfcit, 
bafj  id)  fo  gemif-  roeifc,  bah  (Sbrifti  g-römmigfeit,  SBerbienft, 
Uufd)ulb  unb  ^eüigfeit  mein  fei,  fo  gettrifj  id)  meife,  baf?  biefer 
ßeiü  mein  ift.  .  .  KrjriftuS  nimmt  fid)  uufer  an;  allein  [bcß  ift 
bo§  Sd)roere],  bah  mir  il)iu  öer trauen.  (£g  nimmt  midi  munber, 
bah  id)  biefer  Seiire  uid)t  öertrauen  faiui."  @*  ift  Sutbcr 
uid)t  in  ben  Sinn  gefomnten,  an  ber  SBarjrrjeit  feiner  Seiire 
b.  li.  baran  $u  jnjeifeln,  bau  mir  allein  burd)  ben  ©tauben  an 
Ciliriftum  geredjt  werben.  Sßorjl  aber  bat  er  erfahren,  mie  fdimer 
e3  fei,  nad)  biefer  Seiire  ju  bau  bellt,  biefer  Vertrauen  ju  (il)rifto 
ju  faffen  unb  feftgurjaften.  (St  läd)elt  über  feine  Sdjüter,  meldie 
meinen,  fie  feien  bamit  fd)on  fertig.  Sie  toaren  eben  nad)  Stnfänger, 
meldje  nodj  nidit,  uüe  Sutlier,  bie  Tiefe  unb  ©röfce  ibrer  Sünbe 
erfanut  batten. 

SDaSfette,  um*  biefeS  Sßort  meint,  roirb  andi  mobl  jene 
anbre  Steuerung  ßutrjerS  im  Vlnge  gehabt  baben,  roetdje  er  beut 
SlntoniuS  "ilKnfa  gegenüber  gettjan  baben  fall.  Tiefer  bat  biefette 
beut  SKattjeftuI  wieber  erfüllt,  unb  let.Uerer  beliebtet  in  einer 
Sßrebigt  bauon.  Unter  fotdjen  Umftaiiben  laut  fid)  ber  genaue 
Sinn  nidit  mein*  obllig  fidier  feftftetten.  SDJufa  fofl  erzählt 
baben,  „er  babe  bem  2)octor  einmal  berdid)  geflagt,  er  fönne 
felbft  nidit  glauben,  roaS  er  anbeten  prebige."  obn  ju  tröften, 
babe  Sutber  geantroortel :  „©Ott  fei  ßob  unb  Tanf,  bar,  anbem 
Seilten  e8  and)  fo  ergebt;  id)  meinte,  mir  märe  allein  fo."--1) 

6* 


84 

Steint  beim  Sctnffett  mirtlid),  äJhtfa  unb  Suttjer  l)ätten  garnid)t§ 
oon  beut,  \va§>  fie  prebigten,  für  mat)r  gehalten?  @s  mirb  bem 
SJhtfa  ergangen  fei,  ixite  mol)t  jebem,  metd)er"  oon  ber  feiigen 
Söajjrljeit  au§  Ueber^eugung  prebigt,  bak  (Sl)rifti  ©nabe  größer 
fei  at§  olle  (Sünbe.  (£r  ibnf$te  e§  unb  tonnte  c*  bod)  nidjt  immer 
„glauben."  @§  mürbe  it)tn  ebenfo  fctymer,  mie  feinen  beften 
ßufjörern,  biefe,  alle  menfcfjlidje  SSorftellung  überfteigenbe  33otfd)aft 
fid)  felbft  im  (Glauben  anzueignen.  @o  erging  e§  aud)  Sutijer. 
sMe  oon  Sanffen  citierten  Sßorte  2utl)er§  reben  alfo  itidr)t  oon 
ßtoeifetn  an  ber  Söatjrtjeit  feiner  prebigt,  foubern  bon  ?(nfed)tungen 
l)infid)tlid)  be§  eigenen  ©nabenftanbeä. 

2Bie  aber  fjat  fintier  biefe  21nfed)tungen,  ba  feine  ©ünbe 
i()u  ängftigen  mollte,  ^u  überminben  gefurfjt? 

Sßir  merben  jmei  gßtte  §n  unterfdjeiben  tjaben.  3)a£  eine 
Wal  berfe|te  bie  Sfrtfedjrung  feine  Seele  in  mirflidje  Slugft, 
inbem  er  juuädjft  in  bem  Irrtum  befangen  mar,  bie  5lnfed)tung 
getje  oon  ©Ott  aml;  baZ  anbre  ffllat  erfanute  er  bie  SBerfucfnmg 
fogleid)  als  fotdje.  Söa§  er  in  bem  erfteren  J-alle  getrau  tjat, 
mirb  moi)l  jeber  fid)  felbft  fageu  tonnen.  Un(\äf)ligemat  bezeugt 
e§  Sutljer;  %.  23.:  „SBenn  ber  Teufel  mit  mir  auf  ba§>  @efe| 
fommt,  fo  tjabe  id)  oerlorcu.  Slber  id)  mufj  irjm  Gtjriftus  oor= 
galten  unb  il)u  bamit  oerjagcn  unb  it)m  einen  anbern  S^ejt  bot 
bie  Sftafe  galten,  nämlid) :  (Sljriftus  ijat  fid)  felbft  für  bie  Sünber 
gegeben."222)  ^atürlid)  mar  biefe  feligc  (35 e tr> t f3 f) e i t  erft  bie 
golge  ber  Stnfedjtung.  5£)ie  Stnfedjtnng  felbft  beftaub  eben  bariu, 
baf?  er  nod)  nidjt  ber  ©nabe  ©otte§,  bei  SSerbtenfteS  Cljrifti  fid) 
getröften  tonnte.  2öar  e§  alfo  eine  fein-  tiefe  Stnfedjtung,  fo 
tonnte  ei  i()iu  mätjreub  berfelbeu  fo  ergeben,  mie  er  einmal  an 
ÜD?eland)tl)ou  fdjrieB:  „$5a  id)  ßfjrtftum  gang  oerloreu  hatte, 
marb  id)  umrjergemorfen  oon  beu  fluten  unb  (Stürmen  ber 
SSer^oeiflung  unb  ber  Safterung  gegen  ©ott."223)  9latürlid)  ift 
er  nid)t  uer^oeifelt  unb  l)at  utd)t  ©Ott  geläftert;  aber  er  mürbe 
ba$tt  oerfud)t,  baf?  er  um  feiner  Sünbe  miüeii  bergtoeifeln  nub 
oon  ©ott  beuten  fülle,  er  fei  nidjt  barmherzig.224)  Unb  bai 
@nbe  mar:  „(Sfjriftui  aber,  ber  SSefieger  bei  lobe-?,  berSJefieger 
ber  .£)ülle,  ber  Söefieger  ber  Sünbe,  ber  SBett,  bei  J-leifdie*  fei 
unb  merbe   ftarf  mit  feinem  ©eifte   in   uns   unb  eud),   kirnen." 


85 

?(utf)  barübet  unmbetn  mir  un§  nicfjt,  bafc  Sutljet  bismeilen  in 
ferneren  Smfedjtimgen  ju  9Kute  mar,  als  litte  er  etmaS  gart^ 
&efoitbete§.  @§  tft  bieS  mäbrenb  ber  -Tunfeüicit  ber  Stnfedjtung 
geroöfinticr)  ber  gatt.  datier  tqfitiß  Sutfjet,  er  ijabc  früher  oft 
gcbad)t:  „33in  id)'s  benn  allein,  ber  fo  traurig  im  (Reifte  fem 
muft  unb  angefochten  merben"  ?225)  Söetrübeiib  mar  eS  für 
Um,  baß  er  nidjt  jebe§mat,  menn  er  eine  neue  ©ünbe  erfannt 
hatte,  and)  fofott  fid)  ber  ©nabe  ©otteS  getroffen  fonnte.  ör 
äufjette  baf)er  einmal:  ,,3d)  bin  oft  felbft  auf  mid)  zornig,  bat?  id) 
nicf)t  faun  in  ber  Sfnfedjtung  burcf)  Sljttftum  meine  ökbanfen  aus= 
treiben,  noef)  berfelben  fann  Co§  merben;  beim"  tef)  bodj  foüiet  baoou 
gelcfen,  geidmieben  unb  geprebigt  f)abe."226)  $BaS  fällt  Sfanffen 
an  biefem  Sßotte  auf?  (5r  giebt  eS  nidjt  an.  ©ollen  mir  etma 
barauS  lefen,  baB  £utber  niemall  foldje  ©ebanfen  los  gemorbeu 
[ei?  SCber  er  rebet  ja  nur  oon  beut,  mie  es  ifjrn  mäfireub  ber 
Sfafedjtung  felbft  ergebt,  unb  immer  mieber  bezeugt  er:  „$)er 
Satan  tft  meiner  ©otttob  uod]  nie  mädjttg  gemorbeu,  miemobt 
er  mir  mandtjen  Smgftfdjtoeifj  ausgetrieben  bat;  benu  er  bat  fid) 
an  Cibrifto,  nnfernt  .fterrn,  ju  hart  öetbtannt."227) 

9tatüt(itf)  rebet  ein  (Sfjtift  nicfjt  öor  ber  Deffentßdjfeit  oon 
ben  gebeimniSuollen  Stampfen  feiner  Seele;  baber  fiub  and)  alle 
l)ierl)er  gefjötenben  SBorte  SutfjetS  nicfjt  oon  ihm  uiebergefdjriebeu; 
e§  fiub  nur  Sleufjetungen  Oon  ibm,  mit  metebeu  er  feine  üertrauten 
^reuube  in  ifjren  Anfechtungen  aufjutidjten  unb  $u  uutermeifeu 
fud)te.  SBon  bieien  erft  mürben  feine  Söorte  fpüter  uiebergefebrieben. 
So  iebrieb  auefj  Luther  einmal  au  einen  ^reunb:  „SBiefe  beuten, 
meil  id)  mid)  uutermeüeu  in  meinem  üunerlicbeu  SBanbel  Trüblid) 
ftelle,  id)  gehe  auf  eitel  [Rofen;  aber  ©Ott  mein,  mie  eS  um  mid) 
ftebt  meines  ßebenS  halber  [b.  h.  in  ^irflid)feit|."  3anffen  finbet 
bieS  fel)r  auffalleub.  ÜKeint  er  mohl,  Luther  geflehe  bamit,  bau 
er  bie  9Jteufd)eu  bind)  SBetftelhmg  über  feinen  mahreit  Seeleu 
juftaub  betrügen  motte?  So  fei  er  an  bat  SßJott  ber  5d)rift 
erinnert:  SBeun  bu  fafteft,  fo  falbe  beiu  .\Snupt  unb  mafebe  beiu 
V(ngefid)t,  auf  bai-,  bu  nicht  fdjeineft  oot  ben  Beuten  mit  beinern 
3?aften.  (£r  möge  oiefatefjt  au£  biefem  Sorte  ßutfjerS  erfeunen, 
bar,  es  ein  febmere*  Unrecht  ift,  bie  geheimen  Seetenfämöfe  eines 
anberen  bot  ber  Cefreutlichfeit  breit  ju  treten. 


86 

SfaberS  lai]  bie  &aa)c  bei  ßutljer,  menn  Üjm  aföoolb  tXax 
mürbe,  baft  bie  jur  $er^meiftung  reigenben  ©ebanfen  nur  eine 
Stnfedjtung  oon  beut  büfen  (Reifte  feien.  Siefe  er  fidj  bann  bod) 
auf  eine  weitläufige  SBiberfegnng  berfelben  ein,  fo  würben  babitrd) 
nur  neue,  beunrn()igenbe  ©ebanfen  erzeugt,  tüte  menn  man  — 
fagt  er  einmal  —  „ttadfj  einem  bellenben  ."ounbe  mit  bem  Stotfe 
fdjlagt;  man  mnf?  oielmebjr  fdjwetgenb  an  ilun  oorübergcben." 
Tanfbar  erwärmt  er  oftmale  ben  Oöerfon,  toetdjer  gefeljrt  babe, 
in  fotdjem  $alle  tl)ite  man  am  beften,  ben  Batart  mit  äBeradjtuna 
einfad)  afyuwetfen.  @o  antwortete  er  wol)l  bem  -Teufet:  „Tu 
^öfewidjt,  wie  barfftTu  Tid)  unterftet)en,  mid)  foldjes  §u  bereben? 
I)at  mir  bod)  mein  §err  (£l)riftit5  befohlen,  idj  fällte  2)ir  nidjt 
glauben."  Unb  bei  feiner  bekannten  braftifd)en  9trt  bürfen  mir 
nn§  nid)t  mnnbern,  baf?  er  and)  einmal  änderte:  „2ßenn  td) 
bes  9Jad)t§  erWadje,  fo  fommt  ber  Teufel  balb  unb  bisputiert 
mit  mir  unb  madjt  mir  allerlei  feltfame  ©ebanfen,  bi§  folang 
idj  mid)  ermuntere  unb  fage:  „ftüffe  mid)  auf  — ;  ©ort  ift 
nid)t  &ornig,  wie  Tu  fagft."228) 

©el)r  fyütfig  erfuhr  £'ut()er  aud),  baf?  ber  -Teufet  nad)  feinem 
„Manien  diabolns,  b.  i.  ein  SBerfefyrer  unb  Säfterer,  aud)  ba$,  fo 
gut,  nötig,  nü|lid)  unb  rjcUfam  ift,  un§  unb  anberen  täftertid) 
uerferjrt";  „er  rann  ba  <8ünbc  mad)en,  ba  gar  feine  ober  gar  Heine 
<3iinbe  ift."229)  3n  biefen  fällen  baubelte  i§>  fid)  faft  immer  um 
fotcfje§,  ma§  er  früher  felbft  für  2ünbe  gebalten  ljatte,  ba  es 
nad)  fatl)otifd)cr  ?(nfd)auung  2ünbe  mar.  93ei  ber  uubibtifdjen 
(Strömung,  weldje  bie  gonge  römifdje  ÜUioral  bitrd),yel)t,  mufften 
bcrartige  ^ätle  nidjt  feiten  oorfommen.  80  ift  bie  oou  ©Ott 
un§  anerfdjaffene  gcfd)led)tlid)e  i^iebe  nad)  römifd)em  Segriff 
(Sünbe;  in  einem  fpätereu  Ajefte  merben  mir  ausfül)rlid)er  baoon 
311  reben  l)abeu.  Sutljer  hatte  eingefeben,  bau  biefe  römifdje 
Sfafdjauung  irrig  fei.  üBenti  nun  ein  früherer  ,Stat()olif  etwa 
„au  ein  fd)öue*  9)ftibd)en  gebad)t"  hatte,  fo  bielt  il)tn  oielleid)t 
ber  Teufel  ba§  aH  Sünbe  oor.  Um  nun  gu  geigen,  baf?  er  über 
biefe  lädjerftdje  Floxal  ergaben  fei,  tonnte  er  feine  „Sßeradjtung" 
am  beften  babnrd)  funb  t()itn,  bafj  er  „boS  Verbotene  erft  red)t 
tl)at."  Tal)er  fd)reibt  ßutljer  an  feineu  jungen  Jymutb  Heller: 
„2Benn  ctma  ber  Teufel  fagt:    {SCrinf  nidft',  fo  magft  Tu  if)m 


87 

antworten:  SBeil  $)u  e§  derbieteft,  und  id)  gerabe  tüchtig  trinfen, 
id)  roill  Jogar  in  bem  tarnen  CSfjriftt  nod)  reidfjftdjer  trinfen; 
fo  ift  immer  ba§  ©egenteil  don  bem  $u  tlntn,  ttm§  bei  Teufel 
miß".230)  vvanffen  fd)reibt:  ßn§  bem  Kampfe  mit  feinem  ©ettriffen 
fudjte  er  .  .  .  burdj  Gtebanfen  an  ein  [djöne§  sDcübd)eu  ju  ent- 
fommen'.231)  SRun,  e§  ift  nirgenbl  ein  ©ort  baoon  51t  lefen, 
hak  Sutfjer  fclbft  fo  gebanbett  ijabe.  Sfiier  er  Ijat  bem  SMer 
geraten,  menn  if)in  ber  teufet  ba§  §u  einer  Sünbe  mad)en  motte, 
baf?  er  gefdjtedjttidje  Siebe  gefüllt  babe,  fo  möge  er  gerabe  bann 
tftt  „s-l>erad)tuug  be»  Xeufefe"  an  ein  fd)öne§  sJtfäbd)en  beuten. 
Ta  nun  fold)er  ©ebanfe  nad)  ben  Giuflüfterungen  be§  @atan§ 
unb  nad)  fatbolifdjer  Sfafdjauung  Sünbe  mar,  fo  brüdt  Sutfjer 
feinen  IRat  and)  fo  au*:  „2Ran  mim  irgenb  eine  Simbt  tfjun 
gur  SBerabfdjeuung  bes  Satans." 

8Kan  möd)te  glauben,  menn  ßutljer  l)ätte  af>nen  tonnen,  es 
mürbe  fein  an  SBetter  geriditeter  SBxief  fpäter  fogar  ihitbolifen 
defannt  merben,  io  l)ätte  er  ftdj  fo  ausgebrüdt,  bafj  nidjt  nur 
2Seüer,  metdjer  SutljerS  ©rauen  oor  jeber  wirf  liefen  Sünbe 
()inreid)enb  fannte,  ibn  nid)t  mifmerftet)en  tonnte,  fonbern  aud) 
bie  ttatbolifen  itm  nidjt  mißdeuten  f bunten.  Tod)  nein,  er  bat 
fid)  niemals  barum  gegrämt,  menn  er  burd)  fdjärffte  Betonung 
ber  einen  Seite  einer  2Bal}rf)eit  feinen  oerftod'ten  geinben  (gelegen* 
l)eit  gegeben  hatte,  feine  SBBortc  51t  oerbreben.  Ajätte  er  gemimt, 
baf?  btefer  gebeime  SSriej  oon  .Siatfjoüfen  geminbraudjt  merben 
mürbe,  fo  möd)te  er  mof)t  gar  nod)  fdjärfer  fid)  ausgebrüdt  t)aben. 
(Sr  mürbe  bann  oieüeidjt  ben  Sa£:  „Sßir  muffen  ben  ganzen 
Xefalog  [03ottes  ©efe£]  aus  ben  öligen  unb  §ergen  fet.um", 
uirfjt  nod)  mit  ber  ©rflärung  erläutert  ijaben:  „SGBenn  aljo  ber 
Teufel  uns  uufre  Sünben  oormirft  unb  uns  be§  SobeS  unb 
ber  .ftölle  fd)iübig  erflärt,  bann  muffen  mir  ibm  fo  fageu:  oid) 
befeune  tfoax,  bafi  id)  bes  lobe*  unb  ber  .vuitle  fdjulbig  bin; 
aber  mas  meiterV  9Hfo  mirft  bu  aud)  in  limigfett  oerbammt 
merben V  ßeineStoegä!  Teun  id)  tenne  einen,  metdjer  für  mid) 
gelitten  unb  genug  getrau  ljat,  unb  ber  beifü  3fefuS  ßfjriftuS, 
©ottes  Sof)it.    8ßo  ber  bleiben  mirb,  ba  merbe  id)  aud)  bleiben." 

Sßäbrenb  alle  bisherigen  Sffiorte  ßutfjerS,  meldie  midi  Sanffen 
feine  ßtoeifel  an  ber  2M)r()eit  feiner  Sßtebtgt   offenbaren  füllen, 


88 

oon  ettoctS  gan§  emberem,  nämlitf)  oon  ber  perfünlidjen  §eil§= 
gennjjfjett  reben,  fjanbett  ein  oitberei  Sßort  ßutijer§  in  ber  £f)at 
oon  ßmeifefn  an  feiner  £et)re.  „$)er  Xeufel",  fo  jagte  er  einft 
einigen  ^reunben,  „t)at  mir  oft  foterje  Argumente  gebracht,  i>a$ 
idj  nidjt  mufjte,  ob  ein  ©Ott  mar,  ober  nidjt".'233)  Sn  biefem 
SSorte  liegt  mefjr  auffadenbeS,  ot§  in  all  beuen,  mefdje  unfere 
©egner  51t  oerbretien  gefudjt  baben;  es  liegt  aber  ntdjt  meljr 
barin,  al§  mir  Sutljer  zugetraut  fjaben. 

3unäd)ft  geigt  un§  btefeS  Söort,  bafj  eS  eine  Sntftellung 
ift,  menn  feine  ^jfeinbe  fo  reben,  al§  Ijätte  er  nur  an  bem  ge= 
jioeifelt,  ma§  er  „feine  2et)re"  nannte;  ol§  ob  bie  ©d)(ed)tigfeit 
feiner  ©onberlefjren  oerurfadjt  Ijätte,  bafs  er  itjrer  nidjt  gemift 
gcroefen  fei.  @r  fyat  üietonefjr  and)  an  bem  gc^meifelt,  maS 
er  mit  ber  fatf)o(ifd)en  Äirdje  gemeinfam  fefjrte.  ©eine  ßraeifel 
bemeifen  alfo  nid)t  bie  Unridjtigfeit  feiner  2et)re;  benn  ben  ©tauben 
an  bas  SDafein  ©ottes  merben  audj  bie  Äattjotifen  für  ridjtig  galten. 

Öuttjer  rebet  oon  ber  tängft  oergangenen  ßeit,  ba  er  ©e= 
mifsfjeit  31t  erlangen  fudjte  über  ba§  SBefeti  be§  l)eiligen  5(benb= 
matjtS.  (£r  fagt,  „ma§  ÜDcenfdjen  erbadjt  unb  erfunben  miber 
ba§>  21benbmaf)t"  Ijätte  ifjn  niemals  fefjr  bemegt.  $(ber  bie  in 
il)m  felbft  auftaudjenben  ©ebanfen,  meldje  er  bem  Teufel  gu= 
fdjrieb,  Ijütten  il)m  oiel  §u  fdjaffen  gemadjt.  (Sr  fei  bei  fofdjem 
©rübetn  juttjeüen  fogar  bis  auf  bie  ^frage  gefommen,  ob  ©Ott 
fei  ober  nid)t.  —  (53  ift  bie*  mot)l  begreiflid).  £enn  alle 
©emifsfjeit  ber  Ueberjeugung,  meldje  er  befafj,  f)atte  er  ntdjt  an= 
genommen,  foubern  fie  mar  in  if]iu  felbft  geboren.  SSenn  if)m 
nun  irgenb  eine  göttlidje  2Ba£>rljeit  nod)  unllar  mar,  unb  er 
biefe  Unffarfjeit  bis  31t  ifjren  legten  ^onfequenjen  ocrfolgte,  fo 
mürbe  il)m  junädjft  alle  göttliche  2ßa()r()eit,  ba  biefe  ein  feft  ju= 
fammen()ängenbeS  ©ange  ift,  unflar  unb  unfidjer.  SBenn  er 
etroa,  aud)  nur  funfidjtlidj  einer  einzigen  Sünbe,  barüber  3raeifel= 
baft  mar,  ob  ©otteS  oergebeube  ©nabe  il)m  offen  ftefje,  fo  muf?te 
er  bei  fonfeguenter  Verfolgung  biefer  5ra9e  äu  oer  oberen 
t'ommen,  ob  ©ott  fei  ober  nidjt.  2)enn  t)at  ©ott  uns  erfdjaffen, 
fo  mufj  er  uns  aud)  bie  SDtöglidjfeit  geben,  feiig  §u  merben. 
<3onft  märe  er  graufam.  5£>a  aber  ©ott  biefeS  nidjt  fein  fann, 
fo  ift   fein   britteS   möglidj:   (Sntmeber   muffen   mir  Vergebung 


89 

finben  formen,  tuenn  mir  unä  nact)  irjr  fefjnen,  ober  e§  muf? 
feinen  ©ott  geben.  Snbem  nun  Sutljer  fürjtte,  bafc  all  fein  bi§= 
fjeriger  ©taube  in  $rage  geftettt  roerbe,  roenn  biefer  eine  neue 
3meifel  berechtigt  [et,  mar  e§  itjm  fdjon  möglid),  biefen  51t  ü6er= 
minben.  Unb  tnbem  er  biefen  übermanb,  mürbe  ba§,  toai  it)m 
früher  fdjon  geroifj  getoefen,  aber  bttrefj  baZ  neue  Stomfel  mieber 
in  ^rage  geftellt  mar,  nur  noctj  gemiffer.  @§  ift  bie§  ber  ©ang, 
ben  bei  jebem  feinet  ©laubenS  felbftüubig  gemiffen  ©t)riften  ber 
^ortfdjritt  ber  ©taubenSerlenntniä  nimmt,  freilief)  befitjt  nicfjt 
jeber  ben  fittlidjen  Üöhlt  ober  bie  Sonfequenj  be3  S)enfen§,  um 
fid)  in  allen  einzelnen  Rotten  Hat  31t  maetjen,  baf?  e§  fict)  bei 
jebem  ^meifel  um  ben  ganzen  ©taubenSbefi^  tjanbeft.  SSiele 
[crjlagen  neue  ©unfettjeiten  au§  ^furdjt  bor  ber  brotjenben  ©efabr 
einfattj  nieber.  ®te  5(nfed)tung  bringt  batjer  nidjt  ben  Segen, 
meldjeu  fic  in  itjrem  ©djofee  barg.  üJhtr  ber,  meldjer  be§ 
©entrumS  feinet  (WaubenS  fo  felfeufeft  gemif?  ift,  mie  Öuttjer,  fann 
fid)  in  bie  tieffte  ©untettjeit  mutig  tjtneinbegeben.  ©r  meifi,  bafs  er 
an  bem,  ma§  itjm  ferjon  gemif?  ift  im  ©tauben,  ben  Striabnefaben 
befiftt,  meldier  it)n  ntdjt  fid)  üerirren  lafct  in  bem  Sabörintt). 

SBcitn  aber  ßuttjer  bie  fdjeiubar  gegen  bie  güttütfje  3Bat)r* 
tjeit  fpredjenben  ©rünbe  nid)t  unermogeu  lief?,  meuu  er,  nadi 
immer  größerer  Älartjeit  rtngenb,  aitd)  bie  9Jcad)t  ber  @egen= 
grünbe  oöllig  offen  unb  Hat  empfaub,  fo  rannte  er  auef)  öiel 
mcf)r  öon  bem,  roaä  gegen  feilte  ßetjre  oorgebrad)t  merben  tonnte, 
als  oiele  aubre.  So  äußerte  er  einmal:  „SBenn  id)  moüte 
(itjriftum  oerteugueu,  fo  motlte  [tonnte]  id)  ber  ©t)riftent)eit 
großen  Sdjaben  rt)un.  2)enn  ber  Teufel  giebt  mir  anbete, 
ioinigere  Argumente  oor,  bie  fic  [meine  ©egner]  nodj  nid)t 
miffen  unb  oorgeben  tonnen.  Stber  ©Ott  behüte  mid)  baoor".-:u) 
SöerS  fiel)t  bieriu  ein  auffattenbeS  ©eftänbniS'  baöon,  bat  Suttjer 
,bie  l)eimlid)e  Ucberumgung  tum  ber  (id)tlicit  unb  2Sar)rt)eit  ber 
römifd)=tatl)oltfd)en  Äirdje  nie  t)at  los  merben  lönnen'.235)  3e 
bem  oernünftigeu  3Renfct)en  aber  jeigen  2utt)erS  SBorte,  tote  tief 
er  alle*  ermogcu  t)ot,  et)e  er  [eines  ©foubenä  gettrifj  [ein  moctjte, 
mie  uuerfd)ütterlid)  et  0011  ber  2Bat)rr)ei1  [einer  8et)re  überzeugt 
getoefen  ift,  ba  felbft  „bie  fpitügften  Argumente  iüd)t  feilte  lieber* 
geugung  erfdjüttern  tonnten". 


90 

®§  tft  ftar,  mofjer  e§  fommt,  baB  bie  Äatljoufen  SutljerS 
Anfechtungen  nttfjt  üerftefjen,  fonbern  oerfpotten.  Sie  fennen 
nidjt  ba§  ©rolle,  ma*  Sutljer  oon  allen  geforbert  uub  für  fid) 
fetbft  gefudjt  uub  gefunben  l)at,  fie  feunen  nidjt  bie  perföntidje 
@tauben*gemiBt)eit.  2öer  in  SSer§tueiftung  auf  biefe  öerjtdjtet, 
mer  fid)  mit  bem  traurigen  (Surrogat  einer  blinben  Unter« 
merfung  unter  bie  Ausforüdje  ber  Sirtfje  begnügt  t)at,  ber  fennt 
feine  Anfechtungen,  tote  ber  Arme  bie  Sorgen  be§  9teid)tum§ 
nidjt  fennt. 


£>b  bie  Sftömifdjen  ober  mir  Sutfjer^  Anfed)tungen  ridjtig 
beurteilt  baben,  ob  er  mirftid)  —  mie  mir  &u  geigen  fud)ten  — 
ferjon  halb  ber  if)in  oon  (Mott  übertragenen  33eruf3pflid)t  oölüg 
gemiB  mar,  unb  ob  feine  fonftigen  Seelenfämpfe  nidjt*  weniger 
at§  ein  §BeWei§  oon  Unfidjerfjeit,  oietntebr  ba£  oon  ©Ott  gemotlte 
Söiittet  waren,  feine  ©tauben§gemiBt)eit  immer  tiefer  uub  um= 
faffenber  p  madjen,  ba§  mufj  fid)  oor  altem  an  einem  fünfte 
geigen.  Sßar  unfere  35arfteflung  bie  richtige,  fo  muB  ber  9tefor= 
mator  oon  jenem  fittlid)en  9)cute  erfüllt  gemefen  fein,  metdjer 
alleö  auf  fid)  §u  nehmen  bereit  ift,  ma§  ber  gbtttidje  Söeruf  auf= 
erlegt;  fo  bürfen  and)  bie  grünten  (Mefaljreu  nid)t  im  ftanbe 
gemefen  fein,  il)n  in  feiner  Ueber^eugung  51t  erfd)üttern  ober  oon 
bem  betretenen  Sßege  abzubringen,  3n  tabellofer  Äonfequcnj 
fud)en  baf)er  feine  römifdjen  Auflager  nadjjutoeijen,  baft  er  — 
oon  einer  bis  511111  ^erfolguug§mab,n  gel)enben  SobeSfurdjt  be= 
l)errfd)t  morbeu  fei  unb  in  gcfabroolten  Situationen  jammerooll 
l)iri  uub  t)er  gefd)ioanft  fjabe.  prüfen  mir  biefeS  neue  @te= 
fd)id)tsbilb ! 

Sutljcrd  ^fcigfjcit. 

©3  ift  eigentümlid)  (ut  beobad)ten,  baB  eine  fo  in  bie  (5r= 
fd)einung  tretenbe  (Sigcnfd)aft,  mie  ber  ÜJhtt  e§  ift,  an  einem 
Statute,  beffen  ganzes  ßeben  fo  ungemein  offen  am  Jage  liegt, 
mie  an  Sutfjer,  oon  feinen  greunben  fo  l)od)  bemunbert,  oon 
feinen   ^feinben   fo   gän^lid)   geleugnet    mirb.     (53   ift   bie§   ein 


91 

23eleg  bafür,  bafj  bie  flarften  gefdiid)tlid)en  iEljatfadjen  je  nad) 
bcr  Neigung  bcä  Stnfdjauenben  einen  total  berfdjiebenen  Ginbrutf 
madjen.  Gnttueber  mufs  bie  Öiebe  311  ßntfjer  ober  ber  -SaB  gegen 
ifjn  blinb  madjen. 

4£ie  franffjafte  gurcfjt  nor  Verfolgung  unb  SDceudielmorb, 
an  ber  ßutf)ei  fd)on  1520  litt,  mürbe  fpäter  ^u  einer  förmlichen 
Monomanie',  roetfj  3anffen  51t  berichten.236)  ,3öir  rennen  ßutlKr', 
fo  belehrt  nnä  ein  anberer,237)  fein  l'eben  nnb  feinen  (Srjarafter 
gu  gut  unb  ju  fef)r  bt^  ins  detail,  um  nidjt  §u  miffen,  baB" 
perfönlicfjer  93cut  ßntljerS  ftärffte  Seite  gerabe  nicf)t  mar'.  Gr 
legt  eine  järtfidje  SBeforgnte  unb  eine  fomifcf)e  Stngft  für  fein 
„töörperdfen"  bei  jeber  gegebenen  Gelegenheit  an  ben  -Tag  unb 
bietet  ftetS  alle§  auf,  etwaigen  ©efäljrbungen  beffetben  aus  beut 
SBege  §u  gerjn.  $rofeffor  ßuftjer  mar  ein  fluger  ÜÄann,  ber 
ftets  bas  ©ebot:  Tu  follft  öott  nidjt  üerfndjen,  al3  f)öd)ftes  an= 
erfannte,  roenn  feiner  §aut  ©efaftr  fid)  r>on  fern  (ut  jetgen 
fcfjien'.238)  So  ^eigt  fid)  biefer  üon  §au«  au§  unb  feiner  9?atur 
nad)  nid)ts  weniger  als  helbenmütige  unb  unerfdjrotfene,  nietmebr 
ängft(ict)e,  furditfame,  miBtrauifdie,  um  fein  fieben  beforgte  unb 
bis  $ur  lädjerlidjften  Uebertreibung  jitternbe  ÜnUier'.231')  Unb 
als  märe  biefer  ,^itternbe  ßuftjer  nid)t  fdjon  üerädjtlid)  genug,  fügt 
man  bem  ©emtilbe  einen  nod)  miberticfjeren  3U3  h'^W-  9)?an 
matt  il)it  ntgleicf)  als  ben  größten  SRenonratiften.  (So  berid)tet 
Sanffen":  Rüther  tarn  in  SBorms  an,  feft  entftfjloffen,  „allen 
Pforten  ber  .fröUe  unb  dürften  ber  ßuft"  [roie  er  felbft  fagt] 
Zxofy  §u  bieten.  Sin  Spalatiu  fdireibt  er:  „2Bir  finb  UBittenS, 
Satan  ni  fcrjrecfen  unb  ju  öeracfjten".  Stber  bei  feinem  erften  s-l>er= 
l)ör  mar  ßutt)er  feiuesmegs  in  einer  ,umerfid)tlid)en  Stimmung'. -"m 
Ober  ein  anberer  fd)reibt:  ßtioax  l'atte  cv  früher  in  mehreren 
Briefen  t)od)trabeub  fid)  (uim  SiKärttirertob  für  fein  Söangetium 
bereit  erfliirt;  allein,  als  e8  ©ruft  ,ui  Werben  brol)te,  fanf  fein 
revolutionärer  Sföut  ,ui  iöoben'.241) 

So  uugel)euerlid)  and)  biefe  StuSfagen  unS  ©tiangeftfdjen 
erfdieinen,  fo  jmingt  bod)  bie  ßint)elligfeit  unb  ^nuerfiditlidjfeit 
unferer  (Gegner  ,ui  ruhiger  SrWägüng  berfelbeu.  8Bir  hoffen 
aud),  einen  pofitiocu  ©eroinu  aus  ben  notmenbig  geworbenen 
Unterfudjungen  ,ui  erzielen. 


92 

3uttüd)ft  ift  un§  eins  feljr  auffällig.  Söefanntlidj  tljttt 
Sanffcn  fid)  t)tc(  barauf  51t  gut,  bafj  in  feiner  ,®efdjidjte  be§ 
beutfdjen  SBolfes'  er  felbft  fotoettig  fagt,  fouberu  oormiegenb  bie 
Duellen  felbft  rebeu  (äfjt.  3>amit  meint  er  ben  ©inbrutf 
größter  Cbjeftioität  p  machen,  £odj  er  muß  ja  aus  all  ben 
oorfjanbenett  Quellen  eine  Slnjafjl  auSttmfylen  unb  aus  biefen 
mieber  bie  ©ätje  unb  SSorte  aitSfttdjen,  meiere  er  mitzuteilen 
münfdjt.  SDamit  aber  toirb  fein  Sßerf  ebenfo  fubjcftiö  gefärbt, 
mie  jebes  anbere.  SDer  gan^e  GJeminn  biefes  SBerfatjrens  fommt 
nid)t  beut  Sßerfe,  fonbern  bem  SBerfaffer  gu  gute,  metdjer  ben 
etjrenoollen  unb  oertrauenermedenben  |)eiligenfd)ein  ber  Dbjef= 
ttoität  erlangt  unb  nur  ferner  für  ben  (Sittbrud,  ben  er  fjeroor= 
bringt,  §ur  Sßerantmortung  gebogen  werben  fann,  ba  er  ja  nichts 
gefagt,  fonbern  nur  Quellen  citiert  tjat.  2öonad)  aber  trifft  er 
feine  Slusmaljl  aus  ben  Quellen?  3ft  e§  nidjt  auffallenb,  baf? 
er,  ber  fo  unenbtidj  oiele  ungünftige  Urteile  oon  ßeitgenoffen 
2utt)ers  über  biefen  anfütjrt,  garniert'?  barüber  31t  berichten  l)at, 
wie  biefetben  fid)  über  bie  oorliegettbe  Orage  ausgefprodjen 
liaben?  SSenn  er  Sutfjer§  SOhtt  ermütjut,  fo  rebet  bod)  aliein 
er  felbft,  ober  er  (äfjt  nur  bie  oon  iljin  ausgewählten  unb  paffenb 
gruppierten  oermeinttidjen  ,£t)atfad)en'  rebeu.  Unb  bod)  giebt  es 
mot)l  feine  $rage,  über  meldje  bie  2lnfid)t  ber  ,3eitgenoffen  ein 
fo  fompetenteS  Urteil  märe  als  bie  nad)  bem  9Jhtte  ober  ber 
^eigf)eit  einer  bebeutenben,  biet  betämpften  s$erfönltdjfeit.  (So 
boten  mir  bas  oon  3'auffen  SSerfäumte  wenigftens  mit  ein  paar 
SS  orten  nadj. 

©rotuä  3fhtbianu§  j.  93.  fdjrieb  an  8utf)er:  „Stße  2Be(t 
rebet  baoon,242)  mie  btt  nidjt  im  allcrgeringftett  erfdjredt  mirft 
bttrd)  bie  $)rol)iiitgen  ber  ^rannen,  meld)  ein  unerfdjrodetter 
SBerädjter  beS  STobes  bu  bift,  mie  btt  münfd)eft,  au3  freien  ©tücfen 
für  (£t)riftum  tattfenb  ©efatjren  auf  bid)  51t  nehmen.  $)iefe 
©efinnung  billigen  mir  §War  unb  erlernten  barin  ben  ©cift  bes 
.'pernt.  Stber  mir  fürd)ten,  baf?  burdj  beinen  ^eiligen  2Rut  ber 
SBelt  ©efaljr  brofjt.  .  .  äftutig  mill  ©Ott  uns  t)aben,  aber  nid)t 
unoorfid)tig ;  tapfer,  nid)t  tollrufju;  mer  bie  gürforge  für  fid) 
felbft  oernadjtäffigt,  ber  fdjeint  mir  ©Ott  5U  üerf tiefen.  3d) 
glaube,    id)   bin  bir  eitt   ungelegener  ÜDfrttmer;   aber  gern  neunte 


93 

id)  tiefe  Sdmlb  auf  mid),  bereu  oiele  teilhaftig  finb,  toeil  fie 
meinen,  baB  große  ©efat)ren  bir  brorjcn  uermüge  beinet  er= 
roätjuten  53ereitfdjaft,  roetd)e  biete  für  Sorglofigfeit  auslegen". 
Sanffen  rennt  biefeu  23rief,  eitiert  and)  auS  it)m,  bod)  utcf)te 
oon  biefeu  SBorten,  nur  etioaS  anbetet,  um  ßuttjer  311  oerun= 
glimpfen.243) 

Ober  -Sutteu  fdjreibt  an  ßutljer:  ,,©ief)  bid)  oor  unb  tjatte 
Singe  unb  (Sinn  auf  bie  ^yeinbe  gerichtet  S)u  fielet,  mas  für 
ein  Verluft  für  bas  öffentliche  2Sorj(  bein  Untergang  fein  mürbe. 
2)enn,  toaS  bief)  felbft  betrifft,  fo  renne  id)  beine  ©efinnung,  bau 
hu  lieber  fo  fterben  als  irgenb  ttrie  anberS  (eben  millft".244) 
Sanffen  fennt  biefeu  Q3rief,  eitiert  aud)  eine  üfaitje  oon  ®ät$en 
auS  it)m.  Tod)  ba  er  unmittelbar  oorfjer  oon  SutfjerS  t93er= 
fotgungsfurdjt'  gerebet,  fann  er  biefe  eben  ermähnten  2öorte 
^mtienS  ntrfjt  geüraucfjen.  @r  fdjiteibet  umgefetjrt  foterje  ©ö|e 
^erau§,  in  weldjen  ber  furdjtfame  Sutljer  als  burd)  Butten  jum 
SÜhit  angefpornt  erfdjeinen  fann.  So  läßt  er  glitten  fdjreiben: 
,Sei  männlidj  unb  ftarf  unb  toanfe  ntcfjt.  2ln  mir  t)aft  bu 
einen  ?M)änger  für  jeben  galt'.  393er  läfe  nierjt  Daraus,  baB 
$utten  gefürchtet  l)at,  ßutijer  werbe  in  feiner  Verfolguugsfurdjt' 
manfen,  unb  für  nötig  gehalten  l)at,  il)u  burd)  ßufidjerung  feiner 
£mlfe  aufäuridjten?  Sanffen  liat  bie  SBorte  ^uttens  fortge= 
laffen:  „ —  uxinfe  nidjt.  5lber  10031t  ermahne  id),  wo  es  beffen 
nid)t  bebarf!" 

5DaB  Sutijer  oon  bieten  Seiten  $ur  SBorfiajt  geioarnt  lourbe, 
weiß  aud)  3anffen.  XHnftatt  aber  Daraus  311  folgern,  baf?  er  nadi 
bem  Urteil  feiner  Jyreunbe  „forglos"  unb  „ein  uucrfdjrocr'ener 
$eräd)ter  bes  Xobes"  gewefen,  fdjreibt  er:  £ie  franftjafte  gurd)t 
bor  Verfolgung  unb  9)ceud)elmorb,  au  ber  !L'ut()er  fd)on  bamals 
litt,  mürbe  burd)  fo(d)e  Tarnungen,  er  ftet)e  in  ^ebeusgefaljr, 
bebeuteub  öerftärff.245)  3anffen  alfo  weift  eS  beffer,  als  bte 
gfreunbe  SutljerS.  @r  eitiert  für  biefe  ffiaruungcii'  einen  ©rief 
bes  ISrotus  SftubianuS  an  ßutljer  00m  28.  Störil  1520.  §atte 
er  uns  aus  bemfelben  bod)  aud)  bie  Stelle  mitgeteilt,  in  ber 
(Irotus  fid)  mül)t,  b:n  ^Reformator  „oon  bem  SJorfafc,  bie 
3al)l  ber  d)riftlid)en  SDtörtörer  ju  oevmel)ren,  loomöglid)  ab$u= 
bringen" ! 


94 

Cber  ein  Flugblatt  au§  ber  Steformation^eit,  „ein  fur^ 
gebidU"  eines  „tl)urgöuifd)en  Sauern",  beginnt: 

2)e3  £ut£>er§  ©ad?  $ft  nod?  nid;t  fctytoad),  2i>iercobJ  Diel  ©emalt  ©an$ 
manigfalt  21Uber  ifyn  hnrt  geübt,  2)a3  ib,n  nit  betrübt  2U3  um  ein  £aar. 
@r  f)at  fid)  gar  2ln  (S6,riftum  geb,entt  Unb  ficr)  toerfenft  3«  btc  vILUmben  fein. 
6r  meint,  barein  ©ei  itmt  bereit  2(11  ©ic^crfieit,  ftein<§  Dienfdjen  ©rimm 
fcalte  fid?  ber  Stimm,  Sie  GfyriftuS  tyrad).  Me3  Ungemacf/  Sa§  aud)  ge; 
fd)itt)t  2)a§  ad)ten  nid;t  Unb  fürchten  ben,  2)er  aud)  bie  $en  35er  §öl(e 
möcf/t  gen  Unb  Seib  unb  Seel  %n  etoig'  Dual'  3Serbammen  mag". 

Cber  —  um  and)  einen  geinb  ÖuttjerS  gu  tjören  —  ber 
Senetianer  Marino  ©anuto  fdjrieb:  ,3d)  fefye,  mie  feft  biefer 
9Jienfct)  fid)  gemacht  f)at,  unb  bafj  er  meber  burd)  Sernunftgrünbe, 
nod)  burd)  5urd)t,  nod)  burd)  Sitten  oon  feiner  ÜÜceiuuug  ab= 
gebraut  merben  fann'.246) 

£a§  alfo  mar  ber  ©inbrncf,  ben  Untrer  auf  feine  $eitge= 
noffen  macfjte;  fie  meinten  an  ilnn  einen  9JJut  ju  feljen,  ben 
üiete  fid)  nur  al§  ©orgtofigfeit  ober  £ollfül)nl)eit  erflären 
fonnten. 

greilid)  fronten  aud)  feine  heutigen  geinbe  itidjt  leugnen, 
bah  er  bi§meilen  mit  großer  ®iu}iu)eit  aufgetreten  ift.  3)iefe 
aber  foll  nid)t  ben  eblen  Hainen  be<§  fittlidjen  9Jcute§  oerbienen; 
er  füll  nidjt  im  Vertrauen  auf  ©ott  fiel)  ©efafjreu  ausgefegt 
l)aben.  ßim  mädjtige  Sunbe§genoffenfd)aft'  foü  ,er  für  fein 
(Soangelium  gemonneu'  tjabeu,  oor  allem  ,bie  abiige  SReoolutionS* 
partei',  ,auf  bie  geftü^t  er  alle*  „Sannen,  brauen  unb 
©djrerfeu  feiner  $einbe"  oeracfjtete'.247)  —  ?lber  mit  biefer 
«mächtigen  Sunbeägenoffenfdjaft'  ftanb  er  bod)  nocf)  in  abfolut 
feiner  Serbinbung,  al§  er  jenen  folgenreichen  erften  Sdjritt  tl)at, 
al§>  er  bie  £f)efeu  an  bie  2l)iir  ber  Söittenberger  Sd)(of5ftrd)e 
fcrjlug.  (So  mufs  beim  l)ier  ein  anberer  Wusmeg  gefunben 
merben.  Sanffen  fjat  it)n  entbedt.  @r  belehrt  imS:  ,2öer  bie 
bäumte  allgemein  üblid)eu  ©ebraudje  ber  llnioerfittiten  unb 
befonber§  ber  trjeologifdjeu  ^-acultäten  betreffs  ber  Disputationen 
fennr,  finbet  in  bem  ?lnfd)lagen  ber  Di*putation*tl)efen  au  einer 
ftird)entl)ür  meber  eine  Sfterfttmrbigfeit  nocf)  eine  fütjne  Il)at'.24S) 
ß%  war  bies',  fd)reibt  ein  anberer  ab,  meber  nterfmürbig,  und) 
fülm,  ionbern  üblid)'.  Sfattt  ja,  e§  mar  jiblicl)',  Tiefen,  bie  man 
oerteibigeu  wollte,  ju  oeröffentlid)en.    @s  mar  aud)  feine  jfttljne 


95 

Ifyat',  Rapier  an  eine  ßtrdjentljür  51t  nageln.  (53  ift  [ogar 
möglid),  baB  ßutffer  bie*  uid)t  felbft  getrau  Ijat,  fonbern  bnrd) 
einen  Unioerfitätebiener  beforgen  liefe.  (5*  Üjut  uns  leib,  bafi 
biefeS  le|tere  nidjt  gemin  ift.  £ie  9tömifdjen  tonnten  bann 
[agen,  ßutfjer  habe  in  feiner  Jrranfljaften  SBerfotgungSfurdjt'  ben 
erften  entfdjeibenben  8d)ritt  einem  anbern  aufgebürbet  — 9Hd)t 
aber  iiblirfi'  mar  e§,  foldje  Üljefen  öffentlich  berteibigen  51t 
motten.  Unb  roorjl  mar  eS  .merfmürbig',  bafj  [0  ein  paar 
22jefen  in  titrier  $eit  bte  gange  CS  Triften  l)eit  in  5Bett>eguitg  ge= 
fet.it  fjaben.  ÜEBaS  follen  foldje  fteinlidje  Sfäirgeleten  an  einer 
großen  Xljat,  menn  [elbft  Csanffen  fie  für  be§  SBemerfenS  toürbig 
rjat  galten  muffen,  menn  er  felbft  bie  Verbreitung  nun  ßntljerS 
ßefyre'  .feit  beut  81.  öftober  1517'  batiert?  ®a  merrt  man  boer) 
bie  Slbftdjt  aü,yifet)v  nnb  mirb  oerftintmt.  @o  erflärt  benn 
Sanffen  fpüter,  er  Ijabe  mit  jener  SBemerfung  nid)t  ,bie  aller 
bings  lawinenartigen  SBirfungen  ber  ßutJjeTfdjen  SDjefen'  leugnen 
motten.*)  $tax  megen  ber  Xljatfadje  beS  StnfdjlagenS  ber 
Snjefen  tjabe'  er  jene  gertngfdjä|ettben  Sßorte  gemeint.  Ter 
Stcmbort  ßutljerS  mar  bei  biefem  5lnfd)lagen  im  ?sat)re  1517 
nid)t  l)bf)er,  mie  ber  eine-:-  jeben  anberen  Söätgliebe§  ber  bitten 
berger  Unioerfitat'.  Witt  er  bamit  bie  anberen  üötttglieber  ber 
Sßittenberger  Unioerfitat  ergeben  ober  ßutljer  (jeraöfe|en?  Sollen 
fie  ebenfo  füljn  gemefen  fein  mie  er,  ober  er  fo  gemöljnlid)  mie 
fie?  ^ebenfalls  ift  eS  Sanffen  felbft,  meldier  un§  auSeinanbet* 
fet.U,  baf?  Cutter  nidjt  bnrd)  bie  bei  bem  9lb(afs  oorgefonunenen 
9Jafmränd)e  $n  foldjem  Vorgehen  oeranlafn'  morben  fei,  baf?  er 
bieltnefp  babitrd)  ben  Stbtafj  felbft  nnb  bie  feinen  5lnjdjannna.cn 
entgegenfte()enbe  .Stird)enleb,re  Ijabe  angreifen  mollen.  Sßenn 
oanffen  biefe  —  nid)t  ganj  richtige  —  Stnfidjt  t)egt,  mie  mag 
er  benn  [agen,  baf?  ba8  Slnfdjlagen  b.  I).  bie  Söeröffentlidjung 
jener   STtjefen   feine   fiilme  1l)at  gemefen   [ei?     SBeifj   er   benn 

*)  Sa«ffc»/  '•  2t>ort,  ©•  --•  Sßcnn  er  liier  fyemorfycbt,  bafi  er  nur 
,bie  Sßorte  beg  Üiüncbener  SßrofefforS  ^rantl  ritiert'  b,abe,  fo  t)ätte  er  auch 
bewerfen  follen,  bafj  er  btefeS  (Sitat  mit  ben  Starten  eingeleitet  Ijat:  ,sHiit 
9tect>t  bemerft  Sßrantl'.  £aburcb  alfo,  baf;  er  nur  eitiert,  wirb  baä  <v'h' 
imcbt  ber  il$orte  nicht  geringer,  fonbern  nur  ftarfer,  iubeiit  nun  jloei 
Autoritäten  aufgetreten  finb,  Sßrantl  unb  ^anffen. 


96 

nid)t,  ioa§  ein  Sfagriff  gegen  eine  Csnftitutton  itnb  bie  fiefjre  ber 
Mirdje  nad)  fid)  ^iefjen  muBte?  —  3ebeufatt§  aber  ntuftte  iiuttjer 
burd)  Slnfftettnng  biejer  £t)efeu  ben  brennenben  3orn  oer  mii 
päpftlidjer  Autorifation  uub  bifdjöfftdjer  Approbation  —  ein 
niedres  muftte  freifttfj  Untrer  bantafö  nod)  nidjt  —  fjanbetnben 
AbtaBlrämer  fid)  gu^en  nnb  fid)  ba§  9)citgtieb  be§  3nquifition3= 
gerieftes  Stehet  &unt  Xobfetube  madjen.  Unb  jebenfaltä  finb  unter 
Denjenigen  <Sä|en,  nin  berer  mitten  ber  s$apft  ben  33annftraf)t 
gegen  Sutf)er  gefdjteubcrt  bat,  and)  eine  Ansät  biejer  £t)efen.249) 
(So  mirb  Sutt)er§  Xt)at  bod)  eine  füt)ne  Xtjat  bleiben. 

3m  ftafjre  1520  erft  mar  e§,  baJ3  gurten  unb  «Sirfingen 
bem  Reformator  irjren  ©rfjutj  anboten.250)  £ie§  folt  bie  grofje 
Ummaubeluug  bei  fiutljer  r)eruorgebrad)t  fjaben.  ,Auf  tiefe 
mädjtige  SunbeSgenoffenfdjaft  geftütjt  »erachtete  er  atte§  dräuen 
feiner  geinbe'  fagt  Sanffen;251)  ober  ein  anberer:  ßis  bafjin 
ängftlitf),  furd)tfam,  friedjerifdj,  fafete  fiutrjer  neuen  äKttt,  gab 
btö  Ränfefpiet  auf,  ba§>  er  bi§  baf)in  mit  ber  geifttid)en  Übrigfeit 
getrieben,  unb  oerfünbete,  im  Vertrauen  auf  feine  fyanbfeften,  in 
jeber  (Skmatttbat  erfahrenen  (Gönner,  offen  ben  allgemeinen 
Umfturg' I252)  ®a§  atfo  mar  fein  fogenannteS  ©ottoertrauen ! 
Sft  it)m  bod)  einmal  ba§  ^etbftbefenntnte'  eutfdjtüpft,  auf 
(Strfingen  fefce  er  gröBere§  Vertrauen  unb  größere  Hoffnung  at§ 
auf  irgenb  einen  gürften.  Aber  marum  citiert  Sanffen2**)  biefen 
(Sa£  in  inbirefter  gorm?  2Beif  mir  nidjt  mel)r  bie  bireften 
äöorte  t)aben.  @§  ift  ber  mütenbe  geinb  £utt)er§  God)täu5, 
meld)er  mer^n  Satire  fpäter254)  ergäbt,  ßutber  l)aU  fo  an 
glitten  gefd)rieben.  (Sin  redjt  unfidjerer  23emei§,  ba  eS  ()icr  auf 
ben  genauen  AuSbrucf  anfommt  unb  fd)on  ein  geringer  ®ebad)tni§= 
fet)ter  bc§  6oct)täu§  atteS  eutftetlt  l)aben  fann.  Sanffen  fdjeint 
bie§  51t  füllen.  £>at)er  möd)te  er  bie  SBörtlidjtcit  ber  SSiebergabe 
retten,  fdjreibt  be*()alb:  {®jcerpt  bei  Cochlaeus'.  Cb  er  nidjt 
bamit  eine  fiMe  ber  ^Überlieferungen  mit  eigenem  ©ebilbe 
aufgefüllt'  fyat?  3a,  alte§  fprid)t  bagegen,  bai  (Sodpus  bei 
jener  Mitteilung  ben  53rtef  £utl)er§  oor  fid)  gehabt;  alte*  bafür, 
bafe  il)iu  mie  ^fällig  eine  Erinnerung  an  eine  briefüdje  Aeuneruug 
Sutljerä  in  ben  Sinn  tarn.  S)enn  er  teilt  uid)t  mörttid),  fonbern 
nur  in  inbirefter  Rebe  mit;  er  ertoäfmt   nur  biefen  einen  Sah; 


97 

er,  meldjer  fein  ganges  SEBerf  annalenartig  angelegt,  ermähnt  biefe 
Sfeufjerung  ntcfjt  $unt  <saijre  1520,  umhin  bas  £atum  bes  SBrtefeS 
fie  oerroiefen  haben  mürbe,  fonbern  jur  lirgäblung  öon  2irfingen§ 
lobe.  2o  ift  ba£  Sanffenfdje  ©rcerpt'  31t  ftreic^en  nnb  bannt 
fdjttrinbet  bie  gaitje  SfisetoeiSfeaft  be§  (XitatS.  £enn  mir  merben 
bod)  nid)t  auf  bie  2teujjerung  eiue§  ©egner§  bin,  bafj  er  nor 
fahren  gehört,  fiutlier  habe  bot  14  Saljren  an  jemanben  bies 
unb  bas  gefd)rieben,  ben  Reformator  in  Stnflageguftanb  uerfefcen 
ober  gar  —  roie  Sanffen  tfjut  —  für  überfübrt  ausgeben,  üöeftfcen 
mir  bod)  in  ben  nod)  erhaltenen  Briefen  Sutbers  fo  unmiber* 
fpred)lid)  Kare  ^lusfprüdje  barüber,  mie  er  über  ben  Sdjutj 
©ottes  unb  biefer  bitter  gebaut  bat!  SSarunt  in  bie  unfidjere 
$erne  fdjmeifen,  meun  bas  ©ute  fo  nabe  liegt?  5rc^^  nic^t  bei 
Sanfjen.  tiefer  ermähnt  5.  93.  SutljerS  SSrief  an  ©batartn  oom 
13.  SDcai  1520,  bod)  nur,  um  31t  geigen,  mas  ben  an  h-anfbafter 
$urd)t  bot  Verfolgung  (eibeuben'  Luther  mutig  gemadit  f)nbe: 
,3m  SDcai  1520  öerfid)erte  ü)n  and)  bei  Sftittcr  ©ütbeftet  non 
2d)aumburg  feines  2d)ut3es'.  SBeiter  nid)ts  bettät  ^sanffen 
au§  biefem  Briefe.  Hub  boefj  hätte  es  nur  nod)  ber  SDcitteilung 
meniger  SSorte  beburft,  um  eben  ba§,  toa§  Sonffcn  in  biefem 
gangen  xUbjdjnitt  geigen  mill,  ins  heltfte  ßid)t  gu  [teilen,  nämlich 
mie  Luther  tiefe  3uficfjerungen  °ß°  ritterlid)en  @dju|e§  auf* 
genommen  fjat.  tiefer  nümlid)  fd)reibt:  ,,3d)  fjatte  bot  gmei 
■Jagen  eine  [müublidjc]  öotfdjaft  öon  ©bjlbeftet  bon  ©djauntbutg, 
einem  fränfifd)en  bitter,  meld)er  mir  jtdjeten  2d)iü3  berfpttdjt,  falls 
ter  .Shtrfürft  meiuetmegen  irgenbmie  in  ©efabr  tarne.  IS-inerieits 
betadjte  id)  bies  nid)t,  anberfeits  aber  mill  id)  einzig  auf  ben 
33efd)ü$et  (ihriftnm  mid)  itünen ;  bietteidjt  hat  biefer  if)m  [bem  bitter] 
jenen  Sinn  gegeben."-55)  2)iefe  SBortc  lehren  gunädift,  um  mas 
für  einen  „3d)iit3"  es  fid)  gehantelt  hat.  3fo  jenen  Jagen  mürben 
Suttjet  unb  feine  Anhänger  oon  einer  Jtage  aufs  lebhaitefte 
bemegt,  baoon,  nxtä  er  tlniu  falle,  meun  ber  tturfürft  Jyriebrid) 
feinetmegen  in  (Uefaljt  fäme,  menn  betfetbe  uid)t  länger  ohne 
fdnoereu  üftadjteü  für  fid)  felbft  bem  mal)rfd)einlid)  halb  00m 
Sänne  getroffeneu  Sutljer  jtdjeten  Vlufenthalt  geuuihren  tonne. 
Sut^er  felbft  mitfite  bisher  feinen  anberen  StuStoeg,  als  nad) 
Sööfraten    fid)    aufeumadjen.      .vüeruou    fnd)ten    ihn     biejenigeu 

SBaltber,  2utb«rt  Beruf.  7 


98 

jurücfju^atten,  metdje  nocf)  auf  eine  enbtid)  günftige  (Sntfcfjeibung 
feiner  ©acfje  tjofften.  llnb  ba§,  unb  ba%  allein,  mar  ber  ©cfjufc, 
ben  jene  bitter  itmt  jufagten:  Sluf  einer  itjrer  Bürgen  folle  er 
einftmeiten  fidjeren  9(ufenttjaft  finben.  Sanffen  fdjeint  oon  biefer 
bama(§  fooiet  üentitierten  $ra9e'  h)etcf)e  bie  Steuerungen  £utrjer§ 
unb  fetner  ^reunbe  befummle,  nidjts  jö  miffen.  S5a  er  aber 
boef)  oon  ben  barauf  be§üglid)en  5Ieufjerungen  eine  Slnjarjt  oon 
©ätjen  mitteilt,  of)ne  beren  ßid  5U  »erraten,  fo  mufs  ba*  gan§e 
93ilb  biefer  Sßerfjanblungen  ein  unrtdjttge§  merbeu.  Snbem  Suttjer 
biefe  Slnerbietungen  eme§  fieberen  2(ufentf)att§orte§  nidjt  oon  ber 
^anb  örieS,  foll  fein  ^(nfdjtufj  an  bie  ^eoolution^partei  eine 
ootlenbete  Xf)atfact)e'2,i6)  geroefen  fein.  Ober  maS  für  blutige 
'plane  fdjeineu  fief)  51t  offenbaren,  roenn  ^anffen  berichtet:  ^(m 
11.  Sunt  erbot  fid)  ber  fRitter  ©otoefter  oon  Sdjaumburg,  §u 
feinem  ©cfjufce  tjunbert  00m  Slbel  aufzubringen',  nad)bem  er  eben 
öortjer  ben  gurten  fjatte  an  Sutrjer  fcfjreiben  laff en :  t3Bir  motten 
miteinanber*)  ba§  fdjon  folange  gefriedete  SBatertanb  befreien'.257) 
3Sie  cmberS  lautet  ba*fetbe  in  bem  SBrtef  jene§  9Ütter§  !258) 
ßutrjer,  fo  fdjreibt  biefer,  motte  „burd)  eine  gemein  djrifttid) 
Berufung  ober  fonft  uuüerbödjtiger  frommer  Scanner  SRedjtfpredjen" 
über  bie  9\id)tigfeit  feiner  Setjre  entfdjeiben  laffeu,  ftetje  aber  in 
ber  ©efaljr,  51t  ben  83ör)men  gefeit  31t  muffen,  ©er  Üiitter 
bitte  iljn,  bie§  nietjt  ju  tl)un,  ba  e§  feinem  guten  tarnen  fd)aben 
tonne.  @r  fönne  31t  it)m  fommen.  „Tenn  icf)  unb  fonft,  meinet 
^erferjenS,  tmnbert  00m  Slbel,  bie  tcr)  (ob  ©Ott  null !)  aufbringen 
roill,  eud)  reblid)  -\u  galten  unb  gegen  euere  Sßibermürtigeu  üor 
©efatjr  fd)üt$en  roollen."  @r  motte  ihn  folange  fänden,  bis  feine 
@ad)e  burd)  ein  (Soueit  ober  auf  anbere  Sßeife  entfd)iebeu  ober 
Üutljer  „beffer  unterridjtet  [feine  £et)re  tötberrufen]  mürbe." 

©obann  (e()rt  uns  obige  Sfeufjeruttg  üurrjersi,  bafi  fein 
Vertrauen  allein  §u  bem  Gerrit  geftanben,  bafj  er  aber  nid)t 
SBunber  com  fmumet  ju  feinem  ©d)iti3  ermartet,  fonbern  für 
mügltd)  gehalten  l)at,  ber  $err  molle  eben  burd)  einen  biefer 
bitter  iljn  fdn'dwu. 

Sauffcn  tlammert  fid)  an  ein  anbeteS  SBort  SutrjerS.    ©r 


*)  2>iefe§  SßJort  ftcfyt  nicht  in  £utten§  53rief,  SBötftng,  Hutt.  opp.  I,  355. 


99 

fjätt  un§  oor,  biefer  bäte  an  ©pctfatin  gefdirieben:  „Soloefter 
oon  Sdiaumburg  unb  ^rang  oon  Siefingen  fjaben  mid)  oon  ber 
9J?eufd)enfurd)t  befreit.  .  .  9hm  fürefite  id)  rndjtS  mehr."  So 
ift'«?  ja  Kar,  bisher  mar  er  r>on  SD^enfcfjenfurctjt  erfüllt,  ©eine 
fpätere  gurdjttofigfeit  t)at  er  nur  burd)  bie  bitter  unb  üjr 
blutige*  Sd)toert  gentonnen.  —  £od)  ber  fragtidje  ©rief  ift 
lateinifct)  gefdirieben.  Unb  wenn  ^anffen  fogar  verlangt,  bafe 
wir  peceatum  bisweilen  mit  ber  rötmfdjen  £ogmatif  falfd), 
nämlid)  ,©trafen  für  bie  Sünben',  überfein  foüen,25!,j  fo  fönnen 
wir  bodj  öon  ir)tn  bertangen,  baft  er  ridjtigeS  Latein  nid)t  falfd) 
überfeine.  33ei  Sutfjer  tefen  mir:  Securum  rae  fecit  ab  hominum 
timore260).  SDa§  Reifet  bod)  wof)t  rridjt:  @r  fjat  mid)  öon  ber 
SOienfdjenfurdjt  befreit'261)  fonbern:  @r  bat  geiuad)t,  ba$  id)  [in 
ßufunftj  üor  9Jcenfd)enfurdit  fid)er  bin.  So  ftel)t  atfo  ntcfjt  in 
biefen  SBorten,  baB  er  bisber  ^yurct)t  gehegt  fyabc,  fonbern  baf$  er 
nun  weift,  er  werbe  and)  in  ber  ßuhwft  oon  ifyr  oerfdwnt  bleiben. 
Unb  ebeufoweuig  (jeifjt  ba§>  in  einem  anberen  ©riefe  oorfommenbe 
nihil  timemus  amplius:  id)  fürdjte,  fonbern  nur  fürdjten  nid)ts 
mehr.  £amit  meint  er  aber262)  nid)t  fief),  fonbern  er  rebet  oon 
einer  gangen  Partei,  oon  meldjer  er  in  bem  ©riefe  baz  fpeciell  oon 
il)m  gcltenbc  burdj  bie  erfte  ^erfon  ©ingulartg  unterfd*eibet. 
2Beld)e»  aber  war  bie  SSeforgntä  biefer  gartet  ?  SSeUfjes  bie  ©e= 
forgnie,  bie  nun  aud)  bem  Reformator  nicfjt  mein"  f'ommeu  tonnte  ? 
STaf?  eS  ben  ^einben  gelingen  werbe,  wieber  einmal  ba§  ßeugniä  ber 
ü&atwtjeit  $11  unterbrürfen,  ban  er  Teutfdjlanb  oerlaffen  muffe, 
um  feinem  Äurfürfteu  nid)t  Unangelegen  (leiten  ju  bereiten.  2)aS 
ift  feine  ^reube,  —  fagt  er,  -  bau  „wenn  fie  mid)  au*  bitten 
berg  vertreiben  würben,  fie  nid)t*  erreichen,  nur  bie  Sache  nod) 
übler  mad)eu  würben,  ba  nunmehr  nid)t  in  ©öbmen,  fonbern 
and)  mitten  in  Xentfcblanb  fold)e  finb,  welche  ben  Vertriebenen 
fd)üt3en  fönneu  unb  wollen."21'3)  Stber  and)  hierüber  freut  er 
fid)  nid)t  um  feiner  perfönlidien  Sicherheit  willen,  fonbern  weil 
.  er  nun  für  bie  Zad)t  weiter  fäniofen  fann.  Tanmi  fd)lient  er 
ben  ©rief  mit  bem  iö>nnfd)e:  „Ter  .\>err  wirb  feine  <£ad)c,  fei  e* 
burd)  mid),  fei  eS  burd)  einen  anberen,  binan*fül)ren;  barau 
jweifle  id)  uid)t".  ?sa,  wenn  mau  bei  ^anfielt  jenen  2an  lieft: 
,©ic    haben    mid)     oon    9Jcenid)enfnrd)t    befreit',    fo    nuin    mau 

I 


100 

barunter  berfteljen,  Sutfjer  freue  fidj,  bofe  er  oor  Seiben  um  be§ 
(Soangeliumg  mitten  ftcfjer  fei.  3n  2Birflid)feit  aber  bient  ber 
©a£,  oon  bem  Sanffen  eine  jugeftu^te  £)ätfte  mitteilt,  jur  33e= 
grünbung  ber  Ueber§eugung ,  bafj  er  unmöglich  objne  Seiben 
bleiben  fönne.  ©o  lautet  e§  öollftänbig:  „©ei  eingeben!,  bafj 
mir  für  ba§  2öort  leiben  muffen.  2)enn  meit  micf)  je|t 
©uloefter  ©Naumburg  unb  $ron3  ©icfingen  oor  9JJenf cr)en  = 
furdjt  gefiebert  tjaben,  fo  [bleiben  barum  bie  Seiben  boef)  nidjt 
au3,  fo  merben  fie  burdj  anbere  erregt  merben;  es]  mufj  aud) 
ber  böfen  ©eifter  SBut  erfolgen". 

Oft  Ijat  Sutfyer  in  jenen  Salden  geäußert,  er  fürchte.  2)a= 
raus»  motlen  feine  ©egner  feine  $urd)tfamfeit  folgern.  5lber  ba§ 
©egenteil  oon  biefem  „fürdjten"  ift  nierjt  „mutig  fein",  fonbern 
„Ijoffen",  raie  Suttjer  e§  aud)  mot)l  in  einem  ©atje  nebenein= 
anberftellt:  „Steine  ©acfje  ftet)t  fo,  bafs  tdj  fotoot)l  fürdjte  al§ 
aud)  t)offe".264)  dlifyt  für  fid)  alfo,  nur  für  bie  oon  il)in  oer= 
fodjtene  ©ad)e  t)at  er  gefürdjtet.    (Sr  l)at  nid)t  „fid)  gefürchtet." 

2)od),  bamit  flar  merbe,  mag  für  eine  ©timmung  Sutl)ern 
erfüllte,  al§  fd)on  fdjroere  ©efaljren  itjm  brol)ten  unb  nod)  feiner 
jener  bitter  fid)  irjm  zuneigte,  führen  mir  nod)  ein  paar  feiner 
SSorte  au§  jener  $eit  an.  2(m  14.  Januar  1520  fdjreibt  er  an 
feinen  5mmo  ©pcilatin:  „3>d)  tjabe  mid)  ergeben  unb  geopfert 
in  bem  üftamen  be§  A>rrn.  ©ein  Sßille  gefd)et)e!  2Ber  fjat  it)n 
gebeten,  mid)  jum  £>oftor  ju  madjen?  2Bcnn  er  mid)  ba^u 
gemadjt  Ijat,  fo  get)t  e§  irjn  an,  ober  fo  mag  er  mid)  oernidjten, 
roenn'3  it)n  gereut,  mid)  ba^u  gemacht  ju  l)aben.  ©o  garnid)t 
öer^agt  mad)t  mid)  biefc  £rübfal,  ba$  fie  üielmerjr  bie  ©egel 
meinet  ^erjens  unglaublid)  anfd)mellen  madjt,  fobafr  id)  je£t  an 
mir  felbft  oerftel)e,  marum  bie  Xeufel  in  ber  ©djrift  mit  SSiuben 
oerg  liefen  merben.  SDenn  mätrrenb  fie  ben  Sßinb  ifjrer  SBut 
au§blafen,  blafen  fie  ben  anberen,  bie  eS  leiben,  Straft  ein.  sJhtr 
an  bem  (Sinen  liegt  mir,  bah  ber  £>err  mir  in  bem,  ma§  sroifdjen 
mir  unb  il)m  ju  üert)anbeln  ift,  gnäbig  fei,  unb  barin  molleft 
bu,  fooiel  bu  fannft,  mir  l)elfen.  Seite  ©ad)e  aber  mit  ben 
Sttenfcfjen  mollen  mir  in  treuem  @ebet  bem  |>erru  überlaffen, 
unb  motlen  otjne  Sorge  fein.  £>enn  roas  tonnen  fie  tfjun? 
9Jiid)  tobten?     können  fie  aud)  mieber  aufermeden,  um  nod) 


101 

einmal  311  tobten?  Wu  ben  Sdjimpf  berÄe|eret  anhängen  ?  5(ber 
(Sljriftu*  ift  mit  ben  Uebeltljätern,  ©erfüljrem,  ©otte§läftcient 
öerbammt  morben.  Sßenn  id)  fein  Setbett  anfd)aue,  fo  fränft  e§ 
mid)  fefjr,  baB  biefe  meine  9(nfed)tung  üieten  unb  grofen  Seilten 
ntdjt  allein  alz  etma§,  foubern  audj  a(§  feljr  grofs  erfdjeint, 
ba  fie  bod)  in  SBafjrfjeit  nid)t§  ift.  2Bir  finb  nur  gang  unb 
gar  entmöfmt  üon  ßetbett  unb  liebeln,  b.  [fy.  öott  djriftlidjem 
Seben.  21lfo  tan  el  nur  gefdjetjen:  je  mächtiger  jene  gegen  mid) 
angeben,  befto  forglofer  merben  fie  oou  mir  oerladjt.  9Mn 
93efd)lufe  ftel)t  feft,  id)  mill  nidjtS  fürd)ten,  fonbern  atte§  der* 
actum".265) 

Sold)e  oertraulidien  Mitteilungen  Sutl)er§  an  feine  greunbe' 
fennt  Sfanffen  —  mir  meinen :  Stanffett'S  t©efd)idite'  ittcfit.  ©ben= 
fomeuig  roeift  er  ettt»a§  non  ben  Sttjatfadjen  §11  beridjten,  meld)e 
bemeifen,  mie  rütffidjtStoä  gegen  fiefj  felbft,  [tute  furtfjtfoS  Sutber 
mar,  menn  e£  galt,  eine  s^flid)t  feines  Berufs  511  erfüllen. 

Vergebens  fud)en  mir  bei  puffen  nad)  einer  Mitteilung  au§ 
jenem  ©riefe,  ben  Butler  am  26.  Oftober  1516  an  feinen  greuttb 
Sänge  fd)rieb,  al-5  in  Wittenberg  bie  Sßeft  auSgebrodjen  ?roar. 
„2)te  s$eft  ift  ba  unb  ift  fd)on  im  beginnen  grimmig  unb 
fdjnelt  genug,  befonberS  unter  jungen  Seilten.  Tu  rätft  mir 
ju  f lieben?  äBoljin  follte  id)  fliegen?  Sd)  boffe,  bie  FWelt 
mirb  nid)t  untergebn,  menn  aud)  ber  23ruber  9Jcartiuu§  bal)in  ift. 
Tie  trüber  [im  &t  öfter]  freilid)  merbe  id),  menn  bie  s}>eft  meiter 
um  fid)  greift,  {in  alle  Welt  auSfenben.  3d)  aber  bin  f)iert)er 
gefet.U.  Ter  ©etjorfam  verbietet  mir  jtt  flielien,  bis  ber  ©eljorfam, 
ber  mir  [liier  §u  [ein]  befohlen  bat,  mieberum  mir  befiehlt  [i>on  liier 
fortzugeben]".268)  üftur  ein  einziger  innerer  römifelien  Wegner  mein 
um  biefen  ©rief,  ba  er  in  früherer  Qtit,  atö  er  nodi  „eöangetifdj 
lutlierifdi"  mar,  Sntlier  utnbiefeS  [eines  SftuteS  millen  ju  bemnnbern 
gelernt  bat.  fe  ift  (StierS.  Stber  ba  biefer  ©rief  niebt  ftimmt  ju.bem 
rimiiidien  ^itteraben  Sntlier,  fn  mnf?  er  ba3  ©egenteil  oon  beut 
geigen,  roaS  er  [agt  Unb  tnaS  fein  miiB,  fann  and)  fein. 
SKati  möchte  eS  in  biefem  fo  Haren  (JfaKe  für  nnmöglid)  lialten. 
Vlber  nein.  Söerä  :,eigt  eben  an*  biefem  ©riefe,  bafj  bie  eoau= 
geliidie  Seine  bem  Menfdjen  allen  fittlidjen  üRut  raube.  Tenu 
berielbe   Sutber,    meleliev   nadi   feinem   Vlbfall    DOU    ber   ..Stivdie', 


102 

oon  fo  ,fomifd)er  5(ng[t  für  fein  Äörperdjen'  erfüllt  mar,  jeigte 
o  ort)  er  fo  l)errtid)en  SDiut,  trie  jener  93rtef  bofumentiert. 
(göerä  fdjreibt:  t5l(§  Mutter  nod)  fatl)o(ifdjer  SJSriefter 
mar,   fam  bie  ^eft  nadj  Sßittenberg.    Seine  ^reunbe  orangen 

in  irjn,  fid)   baoon  §u  madjen.    @r  antwortet 2>a§  tt>ar 

bie  Spradje  be*  fatrjoltfcfjen  ^ßriefter§'.267)  $n  ber  Xbjat,  bie 
Ä'unft  ber  römifdjen  Sutfjerbiograpfyen  ift  grofe.  SDod)  jum  ©lud 
nid)t  §n  grof;,  nm  nidjt  bei  näfjerer  ©rroägnng  at§  bas  erfannt 
gu  werben,  ma§  fie  ift. 

31m  26.  Cf tober  1516  atfo  foü  Sutljer  nod)  ein  ed)ter, 
pflidjtgetrener,  mutiger  fatfjotifdjer  ^riefter  gemefen  fein.  Sßjer 
toaö  (efen  mir  bei  bemfetben  @oer§  an  einer  anberen  Stelle?  $nt 
Sarjre  1516  geigen  ifid)  fdjon  bie  Sötjetd^cn,  bafj  s$rofeffor 
Sntrjer  inner(id)  mit  feiner  ^ßriefterfdjaft  bereite  je r falten 
mar'.268)  Dber  Sanffen  fagt:  .Sd)on  mehrere  Saljre  oor  9(u§= 
brud)  bes  "ülbtafjftreites  ftanb  Sutfjer  mit  feinen  2tnfd)aunngen 
über  @nabe,  ^Rechtfertigung  unb  gfreüjeit  be§  menfd)tid)en  2öi(ten§ 
aufserfjalb  ber  Scf>re  ber  Äirdje';  ,bte  entfdjeibenbe  Söcnbung 
in  feiner  ßntraidluug  fdjcint  fdjon  nm  1513 — 1514  erfolgt  ju 
fein'269).  So  ftanb  er  am  26.  Dftobet  1510  gereift  fdjon  faufeer* 
rjalb  ber  fietrre  ber&ird)e',  ,bie  entfd)eibenbe  Söenbnng'  mar  fdjon 
längft  eingetreten.  3)as  Sftatfonnentent  be§  (Soer§  ift  fnnfältig. 
£)od)  acceptiereu  nur  einmal  bie  Unterfdjeibnng,  meldje  ßoer§ 
fid)  erfonnen  l)at.  3)enn  ßutljet:  toat  ja  im  Saljre  1516  nod) 
oielfad)  in  iatt)ofifd)en  Stnfdjauungen  befangen.  Sßais  crgiebt 
fid)  bann?  t9(tö  er  nod)  fatl)olifd)er  ^rieftet  mar',  fd)rieb  er 
fd)on  obige  l)errlid)en  SEBorte ;  bod)  fügte  er  nod)  Ijingu:  „sJtid)t 
ba%  id)  mid)  oor  bem  Xobe  nicf)t  füvd)tete.  3)enn  id)  bin  nid)t 
ber  Stpoftel  SßautuS,  fonbern  nur  fein  biliärer.  SEber  id)  fjoffe, 
ber  £)err  mirb  mid)  oon  meiner  gurdfjt  befreien".  SÖ§  alfo  bei 
untrer  bie  entfdjeibenbe  SEBenbung  fd)on  eingetreten  mar,  aber  nod) 
nid)t  fauerteigartig  atte§  bnrd)brnngen  nnb  neu  gemadjt  fjatte, 
fürd)tete  er  fid)  nod)  oor  bem  £obe,  lief?  fid)  aber  babnrd)  nidjt 
abgalten,  feiner  s4?f(id)t  gu  genügen,  nnb  boffte,  @ott  merbe  ibn 
nod)  oon  ber  Jyurcfjt  befreien.  2Bte  aber  ftanb  es  nm  ifjn,  als  er 
nid)t  mel)r  .fatfjoüfdjer  Sßricfter*  mar?  £a  tjatte  ibm  ©Ott  oon 
ber   lyitvdjt   befreit.     2)enn   im    oaljre    1527    brad)   mieber   bie 


103 

^eft  in  Wittenberg  ou§.  ßuttjer  fjätte  fid)  nid)t  ju  fdjämett 
braudjeit,  toertn  er  ber  ©cfafjr  au3  bem  Wege  gegangen  märe. 
ÜDenn  bie  gefamte  Uniuerfitüt  berftejs  bie  ©tobt  nnb  fiebelte 
nad)  ^ena  über,  ©r  aber  blieb  auf  feinem  Soften.  äBäre  and) 
nur  ber  fetfcfte  gttnfe  oon  ^-nrd)t  in  tfjnt  geroefen,  rate  (eid)t 
t)ätte  er  einen  über^engenben  SSortoanb  für  feinen  Fortgang  au§ 
Sßittenberg  angeben  formen,  ba  ber  Äurfürft  if)it  brieflid)  auf* 
forberte,  bod)  and)  nad)  Sena  $u  geben,  raeit  man  irjn  nid)t  bei 
ber  Uniuerfität  entbehren  fönne.  ©r  aber  blieb,  um  in  ber  s-öe= 
brängniS  bem  Stabtpfarrer  SBugenfjagen  gnr  Seite  ju  ftetjen.270) 
,,3d)  bleibe",  fdjrieb  er  an  Spatatiu,  inbem  er  non  ben  einzelnen 
!£obe§fätlen  beriditete,  bie  „um  it)it  t)er"  oorgefommen  feien, 
„feilte  l)aben  mir  bie  $rau  be§  £tfo  Teue  begraben,  meldje 
geftern  faft  in  meinen  Firmen  ftarb" ;  „id)  bleibe,  nnb  e§  ift  not= 
racnbig,  raeit  bie  Jynrd)t  unter  bem  SBolf  fo  grofj  ift.  So  finb 
benn  Söugenrjageu  nnb  id)  altein  l)ier  mit  ben  (Sapläneu.  &t)riftu§ 
aber  ift  bei  uns,  fo  bak  mir  nid)t  allein  finb".271)  (So  tjanbefte 
er  felbft  genau  nad)  bem,  toa§  er  §u  jener  ßeit  in  feiner  Sd)rift 
„Cb  man  oor  bem  Sterben  fliegen  möge"2"-)  auberen  norge= 
fdiriebeu  l)at:  „Wof)t  billig  ift,  bajs  mau  ba§  SeBen  fudje  §u 
erbalten  nnb  ben  Tob  fliefje,  rao  e§  fein  fann  o()ne  sJtad)teit 
bc§  ÜJcäd)fteu".  .Stöer  „rao  jemaub  ©otteS  Wort  nerleuguete  ober 
raiberriefe,  auf  ban  er  bem  lobe  entliefe:  in  foldiem  Jalt  t)at 
jebermau  einen  bffentlid)en  ^efebl  nnb  ©ebot  trau  ßfjrifto,  bafi 
er  nid)t  fliedeu,  fonbern  lieber  fterbeu  fotl.  desgleichen  bie, 
fo  im  geiftlidjen  Flinte  finb,  alc-  Sßrebiger  nnb  Seelforger,  finb 
and)  fd)itlbig,  ,ui  ftel)en  nnb  51t  bleiben  in  Sterbens-  nnb  Sobeä 
nöten.  $>enn  ba  ftel)t  ein  üffeutlid)er  SBefeljl  (Sl)rifti:  (Sin  guter 
fjirte  laut  [ein  ßeben  für  bie  8d)afe".  Wer  aber  001t  gfurdjt 
augefod)ten  werbe,  ben  tel)rt  er  311  beut  Teufel  fageu:  „A>ebe 
bid),  Teufel,  mit  beut  Sd)red"en;  unb  weil  eS  biet)  uerbriefU,  fo 
raill  id)  bir  jum  Jro|  nur  befto  eher  l)iu;uget)en  ju  meinem 
tränten  ÜMädjftcn,  um  $n  lielfeu,  nnb  raill  bid)  nid)t  aufe()eu.  .  . 
Wie  roittig  unb  frötjticrj  toollte  id)*  tt)un,  raeniis  nur  einem 
(Sngel  raolilgefiele,  ber  mir  jufälje  uub  fid)  mein  barüber  freute! 
SRun  es  aber  meinem  .V>erru  3efu  Eljrifto  uub  bem  gangen 
t)iutmtifd)eu  Speere  raolilgefällt   uub  ift   ©otteS,    meines  öaterS, 


104 

SBille  unb  ©ebot,  toa§  foüte  mid)  bein  Sdjretfen  benn  be= 
megen,  bafj  id)  foldje  grcube  im  .fnmmel  unb  fiuft  meines 
£errn  foüte  Ijinbern  unb  bir  mit  beinett  Teufeln  in  bei*  £)ötle 
ein  ©elädjter  nnb  Qtefpött  über  mid)  ctnridjten  unb  rjofieren? 
Ridjt  alfo,  bu  fottft'S  nidjt  enbcu.  §at  GljriftuS  fein  SBfut  für 
mid)  üergoffen,  warum  füllte  id)  nidjt  aud)  um  feinetmillen  mid) 
in  eine  fleine  ©efatji*  geben  unb  eine  ohnmächtige  Sßeftiteng  nidjt 
bürfen  anfetjen!  Äannft  bu  fd)redeu,  fo  faun  mein  (SljriftuS 
ftärfeu.  Äannft  bu  tobten,  fo  fann  mein  (£ljriftu§  Sefien  geben. 
$aft  bu  ®ift  im  üßaul,  (Kfjriftu§  |at  nod)  oiet  metjr  Sfrpei.  .  . 
£>eb  bid),  leufet,  l)inter  mid)!  §ie  ift  GtjriftuS  unb  id)  fein 
Wiener  in  biefem  Sßerf.    2)er  folls  matten.    3lmen". 

SBtr  tjoffen,  @öer§  fennt  biefe  ©runbfäjje  SutöjerS  nid)t. 
©enn  er  erlaubt  fidj,27:t)  einen  SSxief  bes  Reformators,  metdjer 
über  bie  ^rioatfommunion  fid)  auSfpridjt,  bafyin  g"  beuten,  afö 
fjabe  Sutljer  aus  2lngft  üor  Traufen  betten  unb  infonber()eit  oor 
ber  "ißeft  eine  3(bfdjaffuug  bei*  Äranfentommunion  gemünfd)t. 
Stnton  Sauterbad)  fragte  nänt(id)  einmal  fd)rifttid)  bei  ßuttjer 
an,  mie  er  eS  mit  ber  töraufenfornmunion  galten  folle.  Sutfjer, 
weldjer  belannttid)  aud)  ber  nid)t  oolltommeneu  fonbern  ah= 
änberungsbebürftigeu  fird)lid)eu  Örbnuug  folgte,  faü§  biefe  nidjt 
eine  birefte  ©ünbe  gebot,  antmortet  ifun,  er  miffe  boctj,  meines 
bie  gu  Redjt  beftetjenbe  Orbnung  fei,  unb  Ijabe  fidj  vorläufig 
barnad)  51t  ridjteu,  menn  er  gleidj  babei  erMären  möge,  bafj  eine 
anbere  23eftimmung  getroffen  merben  muffe.  2)enn  jugteidj  ner= 
Ijetjlt  er  nidjt  feine  ernften  SBebenfen  gegen  biefe  Snftitution. 
Sni  9Jcitte(alter  galt  —  infolge  ber  falfdjen  5tnfd)auung  über 
bie  üftotwenbiafrit  ber  ÜBeidjtc  oor  beut  ^rieftet  —  „ungebeidjtet 
fterbcu"  in  ber  Regel  at«?  gteidjbebeutenb  mit  „unfelig  fterben", 
unb  baS  Alirdjengefet*.  rjatte  beftimmt,  baf?  feiner  firdjlidj  beerbigt 
merben  bürfe,  meldjer  nidjt  im  legten  Saljre  gebeidjtet  unb 
fommuniciert  fjabe.  ^nfolgebeffen  uerlangteu  aud)  burdjauS 
©ottlofe  auf  bent  Sterbebette  mit  ben  ©terbefaframenten  der* 
fetjeu  ju  merben,  ebenfo,  menn  Üjrem  ßeben  ©efalji*  51t  brotjen 
fdjien.  tiefem  Verlangen  fommt  bie  römifdjc  ftirdje  fo  bereit* 
mittig  entgegen,  baf*.  Sterbenbe  abfoliücrt  merben  muffen,  menn 
fie   aud)  nur  ,in   bie  5lbfolution   einmi lügen',   \a  Sterbenbe, 


105 

roeldje  JbefmnungSloS  jtnb,  tocnigftcni  bcbingungStöcife  abfotütert 

merben  muffen,  menu  fie  öor  bem  SSerluft  ifjrer  Sinne  einen 
§ßrieftet  rufen  tieften,  inbem  man  bann  annimmt,  baf?  fte  roirf= 
tief)  beidjten  rootlten'. 

Sem  gegenüber  meint  untrer,  ba«  s3iid)tige  fei,  menn  ba§> 
SBolf  »erlerne,  anf  ben  ?lbcnbmaf)l*eiupfang  auf  bem  (Sterbe* 
bette  feine  3uyerftcf)t  31t  fe|en,  menn  „jeber  brei=  ober  oicrmal 
im  Sa^re  fommuuiciere  unb  bann,  burd)  ba§  933 ort  geftärft, 
entfd)lafe".  Senn  gegen  bic  ^rioatfommuttion  madjt  er  ein 
doppeltes  geltettb.  ßuerft,  e§  ronne  Seiten  geben,  mo  bie 
Seute  einzeln  in  iljren  .Käufern  mit  bem  Saframent  &u  oerfefjen 
gerabeju  unmöglich  fei.  @r  bebt  fßeftgetteit  tjcrüor,  in  betten 
gange  SDcaffen  jugteidj  bafjingerafft  merben.  @r  fjätte  etroa  auef) 
an  bie  S3ebienung  ber  ©otbaten  bor  einer  (Sdjladrt  erinnern 
föuuen.  923ie  folt  e§  beim  mögtid)  fein,  bie  Seidjte  öon  Xaufenben, 
benen  ber  Zob  brotjt,  $u  boren?  ©oer§  freilief)  fd)reibt  baju: 
$n  ber  fatl)olifd)en  itirdje  ift  ba3  fein  fd)ier  unmügtid)  933erf 
unb  Arbeit'.  5fber  er  mirb  bod)  aud)  miffen,  tote  biefe  Äircfye 
foldje*  ,933erf  mögtid)  gemad)t  bat.  Sn  folcfjen  fällen  braudjt 
eben  uid)t  jeber  einzelne  51t  beichten  unb  abfototert  311  merben, 
fonbern  e§  merben  alle,  menn  fie  nur  irgenb  ,ein  allgemeines 
geidjen  ber  9teue  unb  Seilte  gegeben  fjabeit,  burd)  ein  ein* 
maliges  Spredjeu  ber  formet:  3d)  abfoloiere  eud),  abfoloiert'.-74) 
So  aber  mochte  ßutljer  fidi  nidjt  belfen.  ®as  madjte  il)tn  fd)on 
ba£  anbere  Sebenfen  unmöglid),  meldie*  er  gegen  bie  ilratifen= 
foiitmuuiou  ausfpridn,  ba§  ©emiffenSbebenfen. 

2Bie  |eber  treue  eoangeltfdje  ©etftlidje  mauri)  lieber  3Kal  e3 
Suther  nadjgefnfjtt  bat,  fo  empfaub  e§  biefer  at§  eine  oftmals  faum 
p  errragenbe  „Änedjtfdjaft  ber  .Siirdie",  baß  mau  ben  ber  Äirdje 
öölltg  ©ntfrembeten,  „bie  [oöiele  Saljre  baä  Ijeilige  Saframent  oer= 
aditet  baben  ober  gar  t()r  ßeöen  lang  nid)t  empfangen",  baä  Sitter» 
lieiligfte  reidien  foll,  fobalb  bie  Spbeäangft  fie  uael)  einem  leiduen 
9Jcittel,  bod)  uod)  in  ben  .sSiiiimcl  hiueinpidUüpfeu,  begehren 
läfn,  ober  aud)  nur  bie  [Jfurdjt  oor  bem  Schimpf  ber  8$er 
fagung  be3  fird)lid)eu  SBegräbniffeä  fie  treibt.  3n  gemölmlidien 
Reiten  fauii  man  oielleidit  nod)  ben  M  raufen  oorlier  untenueifeu 
unb  il)in  flar  madjen,  bau  ol)ne  aufriebtige  Söefeljrang  baS  heilige 


106 

§(6enbntaf>I  511m  SSerberbcn  empfangen  mirb.  ?(ber  ,„5ur  $eit  ber 
^eftilciu/',  mo  foüiete  plö£ticf)e  Grfraufungen  borfommen  unb  ber 
fcrjnelle  (Eintritt  be§  £obe§  alle  feelforgerlidjie  ©inmirhmg  unmögtid) 
macrjt,  ift  bem  treuen  ©eelforger  biefe  (#emiffeu§not,  ob  er  bas 
SCbenbmaljt  reidjen  bürfe,  faft  unerträglid).  £)as  tft'3,  toaä  fiutrjer 
fagt.  ©in  9?ömifd)er  fennt  freilief)  biefe  (Memiffen§not  nid)t,  ba  nad) 
romifdjer  Setyre  aucf)  folcf)e  ©af  genreue  jum  fegensoollen  (Empfang 
be§  3(benbmat)l§  genügt  unb  foicfje  Unterwerfung  unter  baZ  23eid)t= 
gebot  ber  Äirdje  einigen  (Segen  bringt.  Sfljer  bannt  fjat  er  nid)t 
bo§  fftedjt  gewonnen,  £ütfjer'§  ?tbficf)t  fo  entfetuld)  $u  ent= 
(teilen,  als  fjättc  biefer  ficf)  cor  ber  Sßeft  gefürchtet.  öoer§ 
meifs  bod),  lote  berfelbe  £ut()er  Wenige  Jage  oortjer  gefjanbett 
bjat.  Snt  Stoöember  1539,  wo  er  jenen  93rief  fdnieb,  mar  bie 
Sßeft  mieber  nad)  Wittenberg  gefommen.  ßt  felbft,  jmar' 
fdjreibt  (Soer§ 275)  ber  <&ad)e  nad)  richtig,  (xoax  nicf)t  entwichen,  er 
rjatte  ficf)  im  (Gegenteil  mutig  genug  gegeigt,  um  bie  öier  «ruber 
einc§  an  ber  Sßeft  gcftorbenen  2Ranne§  nt  fid)  in§  §au§  gu 
nehmen,  was  um  fo  mefjr  anzuerkennen  ift,  afs  fid)  be§fjafij  ein 
gewaltiges  ©efdfjrei  gegen  il)n  erfjob'.276) 

$anffen§  ßtftfyiffytt'  weif?  nicr)t§  oon  berartigen  SBetoetfen 
bes  aus  ber  SSerufStreue  2utb,ers  entfpringenbcn  9Kute&  — 
21  ber  nodj  in  anberen  ßkfarjren  rjat  ber  ^Reformator  gefcfjwebt. 
9xom  tonnte  ja  uid)t  anbers,  e§  muf3te  ifjn  unfdjäbücf)  §u 
mad)en  fud)cn,  als  er  rndjt  nun  nacften  ©erjorfam  gegen  bas 
^apfttnm  ni  bemegen  mar.  3U  öerfd)iebenen  gehen  unb  oon 
oerfdjiebenen  Seiten  erlieft  Suttjer  Warnungen,  er  möge  auf 
feiner  |)ut  fein,  ba  man  il)it  bnrd)  ©ift  ober  35otdj  au§  bem 
Wege  räumen  molle.  Unfere  Wegner  fudjen  un§  natürlid)  ein(ut= 
reben:  Tie  Sädjerftdjfett  biefer  angeöfidjen  SSefürdjtungen  liegt 
auf  ber  .vurnb'.277)  SDodj  mir  fünuen  bie  grage,  melden  ßofyn 
ber  jenige  00m  Zapfte  nt  ermarten  (jatte,  meld)er  biefe  ,93cftie 
£ntf)er'  auS  bem  SBege  räumte,  bei  Seite  laffen.  ©§  genügt 
bie  Xl)atfad)e,  bafj  man  31t  jener  ^eit  in  ben  ocrfd)iebenften 
«reifen,  baf?  «oumaniften 27s)  unb  bitter279)  unb  dürften,-80) 
bafc  greunbe281)  nnb  gfeinbe282)  SutljerS  nidjt  an  ber  9Jcüglicf)= 
feit  foldjer  Richte  gezweifelt  baben,  ja  oon  ber  Wirfticbfeit  Der* 
felbcn   überzeugt  gemefen   finb.     So   ift  burdjauS  uid)t  ju  oer 


107 

ronnbern,  baft  Butler  Derartige  9Rttteüungen  ofö  mögttdjetmeife 

richtig  angefeljen  l)at.  ?(ud)  bat  er  bte  mögliche  ©efaljr  nict)t 
cinfad)  ignoriert,  lir  ergätjlte  ober  fdjrieb  feinen  greunben, 
ma*  il)tn  berichtet  mar.  Xatnad)  bürften  biejenigen  mol)(  nidjt 
ein  öölftg  $utreffenbe§  33tlb  oon  fernem  dbarafter  fid)  ^eidinen, 
meldte  fid)  iljn  afö  einen  tollfübnen,  blinb  in  alle  ©efaf)ten  fid) 
Inneinftürsenben  gelben  oorfteüen.  SBit  bejroeifeln  and),  bafj  ein 
berartiger  Sohlt  bie  23emnnbcrnng  oerbient,  roeldje  itnn  nidjt 
feiten  gesollt  mirb.  £nrd)  2htbidjtung  einer  blinben  SBerfcegen* 
l)eit  tat  ba*  i.'ntbcrbifb  mir  oerüeren.  @r  befaß  oon  9catur 
nidjt*  oon  ciferner  3hrfje,  nidjtS  oon  faltet  SffcücffidjtSlofigfeit, 
nidjts  oon  ftoifd)er  ©leidjgittigfeit.  SBie  jeber,  beffen  ©emüt 
für  alle  (Sinbrütfe  ftarte  Gmpfängtid)feit,  beffen  ©eifi  bie  fyabt 
fdjarfer  SotfteKungSfraft  befittf,  mar  and)  feiner  Statur  bie 
äRöglidjfeit  ber  Jynrd)t  nid)t  frcmb.  ©erabe  fo,  mie  er  bie  nn= 
erraünfdjten  folgen,  me(d)e  fein  Stuftreten  für  anbete  batte,  nidjt 
gleid)gi(tig  anfab,  fonbern  ober  mit  feiner  Sßljantafie  fid)  ftarf 
ausmalte,  mie  er  biefetben  tief  empfanb  nnb  biefen  3d)mer$ 
erft  burd)  bie  ©emifjljeit,  bafj  er  nadj  ©otteä  SBißen  nid)t  anbetS 
babe  banbeln  tonnen,  überminben  muffte;  gerabefo  tonnte  fein 
fananinifd)es  Temperament  eine  ©cfarjr,  oon  ber  man  ilmt  fagte, 
nid)t  obne  mettereS  afö  nid)teriftierenb  anfeben.  SBielmefjr  liegt 
bei  einem  foldjen  (lliarafter  fogar  bie  3ftöglidjfeit  oor,  bafä  er 
[ojufagen  bie  ©efä^rttdjfeit  einer  ©efaljt  für  gtöfjet  anfie()t,  al§ 
fie  in  SBirttidjfeit  ift.  Um  fo  gröfjer.  ift  eS,  menn  foldje  ©fjaraftete 
bod)  nid)t  [Jutdjt  füllen.  ©8  ift  nid)t  ,yt  bemunbern,  menn  ber, 
toetd)er  nielit-r-  oon  einer  ©efaf)t  meif?  nnb  ber,  melcber  fie 
in  toüfüfmet  Sttnbljeit  oerad)tet,  fid)  nidjt  oor  il)r  fürd)tet. 
Son  mirt'lidjem  sDhit  fann  nur  bei  beut  bie  Sftebe  fein,  toeldjet 
ben  ^-einb  Kommen  fiebt  nnb  feine  ÜJJcadji  t'ennt.  ©etabe  Darum 
ftelit  ßutffet  fo  gron  ba,  toeil  et  .Verfolgung  nnb  Dieiubel 
morb'  für  möglid)  ober  mabrfcbeinlid)  bielt  nnb  bod),  tto|bem  er 
füblte,  tua$  ba8  bebeutete,  feine  ,"yurd)t,  gefdjmeige  benn  —  mie 
Janffen283)  bietet  —  ,ftanffjafte  [Jfurdjf  battot  empfanb. 

©d)on  bie  Wrt,  mie  Butler  oon  biefen  ©efaljren  rebet, 
bemeift  nnoerfennbar,  bafj  er  biefelben  nid)t  gefürd)tet  bat.  ©o 
batten  .fmlberftabter   ,~yrennbe   ihn  gemarnt,   ed  fei  ein  ilUYbieiner 


£ 


108 

auSgefcmbt,  if)n  gtt  tobten;  felbft  ben  £ag  fetner  bea6fi(f>tigten 
Slnfunft  in  Söittenberg  meinten  fie  31t  miffen.  2>erfelbe  tjabe 
unter  53eil)ilfe  ber  magifd)en  ftunft,  fid),  toemt  er  motte,  unfic^t* 
bar  51t  madjen,  fdjon  einmal  einen  SJftenfdjen  getöbtet.  Sanffen 
behauptet,  babttrd)  fei  £utf)er§  $nrd)t  4bebeutenb  üerftärft'.  2öo= 
I)er  er  ba§  mot)t  weift?  ßutfjer  teilt  jene£  ©erüdjt  feinem 
greunbe  Spalatin  mit.284)  21ber  wie?  (Sowenig  ift  er  bation 
erregt,  ba$  er  ntcfjt  feinen  23rief  bamit  beginnt,  ntcfjt  ficfj  $Rat= 
fdjläge,  tva*  $1  tfjitn  fei,  ober  ©d)u£  nom  ßurfürften  erbittet, 
nid)t  bie  geringfte  Süeufserung,  \m%  für  einen  (Sinbrutf  bie 
SKttteiumg  auf  it)n  gemacht,  t)in^ufügt.  9htr  am  Sd)lufc  be§ 
S3riefe§,  nadjbem  er  über  bie  beabficfjtigte  Aufteilung  eine§  *ßro= 
fefforg  beridjtet  t)at,  erwähnt  er  aud)  jene  SJättcilttng,  unb  gwar  fo 
troden,  ba$  wir  Hergeben*  au§  ber  Raffung  ber  SBorte  IjerauSgu* 
finben  fudjen,  ob  er  bem  ©erüdjt  ©tauben  gefdjcnft  t)at  ober  nicfjt. 

^Wobefonbere',  meint  ^anffen,285)  ,bttrd)  Butten  würbe  feine 
$urd)t  genährt',  3n  einem  anbeten  Briefe  nämlid)  fcfjreibt 
ßutljer  an  Spalatin:  „glitten  fann  mid)  nicrjt  genug  warnen. 
©0  fel)r  fürdjtet  er  für  mid)  ©ift".2&(i)  216er  biefe  wenigen 
Söorte  finb  wieber  ba§>  (Singige,  tüaZ  er  über  bie  i()m  brobenbe 
©efaljr  fagt.  Unb  woju  fdjreibt  er  banon?  (5r  fügt  es  nur 
an,  um  eine  Sitte  ju  begrünben.  Qsr  tjatte  gefdjrieben:  „Sorge, 
baft  nid)t  jebermanu  ber  Zutritt  jn  unferm  .Sturfürftett  offen 
ftebe,  bamit  nur  nid)t  jemaub  it)m  mit  ©ift  nadiftede.  ®enn 
nicrjty  werben  bie  IRöntifdEien  nnuerfucbt  (äffen  unb  ■'putten  fann 
mid)  nid)t  genug  warnen.  .  ."  Um  fid)  felbft  alfo  bat  er  nitfjt 
einmal  Sorge  gehabt. 

£>at)er  l)at  er  aud)  feiuesmegö  immer  ba  ©efatjren  für 
möglid)  gehalten,  wo  feine  gfreunbe  foldje  bro()en  $u  fef)u  meinten. 
So  war  er  einft  wäf)renb  be§  SfteidEjStageS  ju  SBormS  oon  einem 
93ifd)of  ju  ©aft  gelaben.  2ܧ  er  ein  i()m  gereidjte*  ©las  an 
ben  9Jcuub  fetten  wollte,  fiel  plöttfid)  au§  bcmfelbcn  ber  SBoben 
fyerau*,  bafj  ber  3ul)alt  öerfdpttet  würbe.  Einige  fetner  $reunbc 
waren  ber  Ueber^enguug,  man  t)abe  ib,n  oergiften  wollen,  ©otteS 
Sd)ttt3  i)abc  iijn  wttnberbar  baöor  bewahrt.  (Sr  aber  war  öer* 
nünftig  genug,  ju  erftären,  ba&  @ta§  fei  einfad)  beSJjaft  $er= 
fpruugeu,  weil  man  el  eben  oortjer  fo  fd)nell  in  EalteS  SBaffet  getaudjt 


109 

liabe.2*7)    Reifst  baä  and)  ,franfljafte  gurd)t  oor  äfteudjctmorb' ? 

2Bie  aber  finben  fid)  innere  ©egner  mit  ben  Haren  ge= 
fd)id)tlid)en  23jatfadjen  in  ßutt)er§  fieben  ab,  biefen  23emeifen 
für  feine  gnrd)tlofigfeit  bem  49fteudjelmorbT  gegenüber? 

Sm  Störü  1518  mußte  er  in  Drben§angelegenl)eiten  eine 
IReife  nacr)  öeibelberg  unternehmen.  „SBon  allen  Seiten  mirb 
mir  geraten,  id)  fülle  nidjt  bortbin  getjen,  bamit  meine  $m\be 
nid)t  mit  ßift  an  mir  oollbringen,  roa§  fie  mit  ©etoalt  nid)t 
oermögen".  @o  beridjtet  er  feinem  Drben3üorgefe|ten  Sänge. 
„£odj",  fätjrt  er  fort,  ,,id)  werbe  getjorfam  bem  53efel)te 
folgen".288)  @r  ift  bingereift.  —  Säfjt  fid)  biefe  mutige  Sßffidjjt* 
erfüllung  wegleugnen?  (Sewifc.  ©öer§  fiefjt  eben  barin  Sutf)er§ 
£ynrd)t,  üav>  er  ©efaljren  mitterte,  wo  fclbftuerftänblid)  gar  feine 
geiuefen  feien:  ^ir  werben  eS  bem  Selben  ,ßutr)er  bergeitjen,  bafi 
er  überall  ©Weiterlaufen  fat),  nad)bem  ifjm  p  (Stjren  Je0el§ 
Xbefen  dem  feinem  5lnl)ang  oerbrannt  Waren'.289)  Slüer  abge= 
fef)en  baoon,  baß  ßutljer  uicrjt^  oon  43d)eiterbanfen'  gefetjen, 
fonbern  gerabe  im  ©egenfa|  §n  foldjer  2t)at  ber  „©ewalt" 
oon  „ßift"  gerebet  t)at,  fo  fagt  ja  ßutljer  and)  nidjt*  baoon, 
ban  er  ©efaljren  fätje,  fonbern  nur,  bafc  anbere  tfm  oor  foldjen 
gewarnt  tjatten.  Unb  wie  foll  benn  biefe  feine  oermeintlidje 
,~yitrd)t  $u  ber  2l)atfad)e  ftimmen,  bafs  er  bod)  naef)  .\;vibelberg 
ging?  ©der!  fätjrt  fort:  ^ätte  Sßrofeffor  ßuttjer  felbft  anf= 
richtig  an  biefe  (Mefal)ren  geglaubt,  fo  märe  er  getoifj  nidjt  nad) 
.freibelberg  gegangen'.  Stber  maö  follen  mir  nun  .fierrn  ©oer§ 
glauben V  @ben  mußte  er,  ßuttjer  tjabe  ©efaljren  gefeben  nnb 
gefürchtet;  nun  weife  er,  Sntber  {)ü{k  feine  ©efatjren  gefeben? 
Soldje  Sd)riftfteller  finben  gläubige  ßefer.  — 

3m  SKuguft  1518  erhielt  ßuttjer  oon  feinen  papftlidjen 
Wtdjtern  ben  SBefefft,  binnen  fedr>ig  Sagen  fid)  perfönlid)  in  9fcom 
§u  ftellen.  Sder3  erfennt  (bie  öerfönlidtje  Feigheit  eines  un- 
lauteren ©enriffenS' '-'"')  barin,  ban  ßuttjer  bringenb  münfdjte, 
nid)t  in  bie  .\>ö()le  bec-  „Soweit"  geben  $u  muffen.  Tamit  foll 
ßuttjer  bem  Raufte  .ben  feierlid)  oerfprodienen  Oetjorfam  nid)t 
getriftet  baben'.  Vlber  Ungeborfam'  ift  es  bod)  nid)t  gu  nennen, 
wenn  SßautuS  bie  ihm  juerfannte  ©eiftetung  oon  fid)  ab,yiwenben 
fnd)te.2'M)     Ungeborfam    war'S  bod)   woljl   nidjt,    menn   ßuttjer 


110 

burdj  bie  ^ürfpradje  be§  ÄotferS  uub  feinet  Äurfürften  §u 
erreichen  fudjte,  hab  bie  Unterfudjung  feiner  Sadje  ben  beutfdjen 
9ied)tSanfd)auungen  entfpredjeub  in  beutfdjeu  Sanben  oon  un= 
parteiifdjen  SRidjtern  geführt  merbe.  £afj  er  feine  Neigung 
t>erfpürte,  in  jener  ßeit,  reo  ba§  öon  it)m  begonnene  ÜEßerf  oon 
allen  Seiten  angegriffen  ttmrbe  nnb  feiner  SBerteibigung  fo 
bringenb  beburfte,  in  fRont  abget()an  &n  werben,  üerargt  itmt  fein 
Vernünftiger.  ©tier§  freilid)  erflärt  fbte  $eb,auptung,  Sutljer 
mürbe  ou§  fRont  nid)t  mieber  jurüdgefornmen  fein,  für  nidjt 
mein*  al§  einen  blofkn  Sd)er,y.  8n  Rom  tvoUte  man  if)in  ja 
garnidjtS  §u  teibe  t()itn.  4@§  jjanbelte  fiel)  ja  nur  um  eine 
Unterfud)itng  ber  immer  loetter  um  fid)  greifenben  Vemegung'; 
ß  tjetfjt  in  tenbenjiöfer  äöeife  ©efdjtdjte  madjen,  biefe  [päpftlid)e] 
Sommiffion  ein  Se|ergeridfjt  gu  nennen',  (Sbeufo  Herfahren  bie 
übrigen  (Gegner  2utt)erS,  roeldje  bie  oorliegenbe  %xo%t  befpredjeu. 
§öf)nenb  reben  fie  oon  ben  33eforgniffeu,  bie  man  für  bie  perfön= 
lidje  Sid)er()eit  beS  Reformators  gcfjegt  \)ab<t;  eS  foll  ba^u  gar 
fein  ©ruttb  öorf)anben  geluefen  fein!2112)  Sttn  funftoollften  öer= 
fät)rt  3auffen.  ©r  ermähnt  aud)  nidjt  eine  ber  nieten  Sfjatfadjen, 
metdjc  bie  ?lbfid)tcn  ber  geinbe  ßutt>er§  aufberfen.  (Sit  fammett 
nur  alle  Weiterungen  Sutf)er§  uub  feiner  ^reunbe,  meldje  fid) 
IM  bem  9tad)tueife  oerbrefjen  laffeu,  baf3  biefe  ^utn  Verberben 
beS  ^apfttums  atteS  für  erlaubt'  erflärt  unb  einen  (getuattfamen 
Angriff  geplant  Ijätten,  um  if)re  $änbe  im  SBIut  beS  s}>apfteS 
unb  feiner  föarbiuäle  }it  toafdjen'.  ©3  ift  in  ber  £t)at  ein 
intereffaute*  Söilb,  ba§  er  oon  ber  $eit  öott  1517  bis  jum 
^perbft  bes  SatyreS  1520  uns  malt.  Stuf  ber  einen  —  ber 
2ut()erfd)en  —  Seite  Soften  unb  SSitten,  <mürbe'rifd)e  Stnfdjlage' 
unb  ,Signa(e  junt  geiuattfameu  Angriff.  9luf  ber  aubereu  — 
ber  päpftlidjeu  —  Seite  nid)t  einmal  ein  einziges  bitteres  SSort, 
gefd)ti>eige  beim  ettuaS  oon  ©ebanfeu  an  geioattfame  SRajiregeln: 
ein  paar  gutmütige  Streitfd)riften  uub  fd)iuädUid)e  Unter« 
banblungen,  ha*  ift  alle*.  So  bleibt  eS  3al)re  binburd).  3)aS 
erfte  fd)arfe  SBort  ift  bie  päpfttid)e  Bannbulle;  aber  aud)  biefe 
ift  4nief)r  in  einem  %on  uäterlidiev  SöetrüBntg  afö  ftrafeuber  Märte 
abgefaßt'  uub  übt  bie  Jjödjfte  9iad)fid)t'.  Uub  tto|bem  .tetbet'  ber 
Sutljer  an  —  tVerfolgiiugsfurd)t!'  3to  ber  23jat,  baS  mar  h-aut'baft !' 


111 

SDiefeS  SSilb  bnrf  bod)  nid)t  ofjne  einige  ©rgänfcungen  bleiben. 

Stm  21.  SOiärj  1518  fd)reibt  ßutljer:  „(Segen  mid)  bonnem 
bie  ?lblafefrämer  geroaltig  don  ber  ttaugel  tjerab,  fobafe"  fie  nid)t 
Schimpfnamen  genug  baben,  mid)  bamit  ju  nennen,  Sie  fügen 
Trobungeu  bingu,  monadj  ber  eine  bem  Volf  oerjpridü,  id)  fotte 
innerhalb  uierjebu  lagen,  ber  anbete,  id)  fotte  innerhalb  eine§ 
SRonatS  gang  fidjer  oerbrauut  werben.  Sie  geben  and)  roiber 
mid)  öegenttjefeu  tjeraiiv".  Ta  e»  iiuthcr  ift,  ber  bie§  be= 
rid)tet,  fo  mirb  Sanffen  bem  nirfjt  ©tauben  fdjenfeu,  obmot)!  bie 
sJiid)tigfeit  ber  [elften  Angabe  —  £e|el  beröffentlidjte  befanuttid) 
(Segentfjefen  —  and)  für  bie  ßuörcföfjtgfeit  ber  erften  fpricrjt. 
Torf)  bie  Spur  jener  Tagungen  ift  uod)  nidjt  gang  oermifd)t. 
Ter  bekannte  Sefcermeifter  3acob  oon  ^poogftrateu  gab  im  3ab,re 
1518  eine  Keine  Sdjrift  beraub,  in  meldjer  er  ben  s}3apft  §ur 
fdjleunigen  Verbrennung  ßutljerä  aufforbert,  ober  —  wie  biefer 
eS  auSbrücft  —  „mit  blutgieriger  ßunge  öermaljnt  er  ben  Sßapft, 
hak  er  fid)  nid)t  mit  fanftem  unb  d)riftlid)em,  fonberu  mit  löweu= 
artigem  unb  teuflifdiem  ©emüt  folle  aufmad)eu  nriber  bie 
®efcer".MS) 

Sei  bem  in  $Rom  eiugefet.Ueu  ©eridjt  aber  follte  e§  fid) 
garnidjt  um  bie  [Jrage  baubeln,  ob  ßuttjer  ober  feine  ©egner 
ÜKedjt  batteu.  (£s  mar  ötelmeljr  gegen  biefeu  bie  Auflage  auf 
Äefcerei  erhoben,  unb  ber  uom  Zapfte  beftellte  Siebter,  oon  beut 
bie  (£utid)eibung  abl)äugeu  muffte,  mar  uiemanb  anberä  afö  jener 
SBiberfadjet  ßutljerS,  Stffoefter  Sßrieriaä,  bem  fd)ou  —  mie  (SüerS 
jugeftety  —  .bie  ©alle  ftarf  übergelaufen'  mar,  inbem  er  gegen 
Butler  als  einen  $u§fä$igen  unb  biffigen  fjunb'  gefebriebeu 
unb  erflärt  batte:  ,2Ber  uid)t  bleibt  bei  ber  ßeljre  ber  rümiuiieu 
Äirdje  unb  beä  römijdien  SßapfieS  ali  ber  untrüglichen  ©taubenä 
regel,  oon  ber  and)  bie  beilige  ©djrifi  ibve  .straft  unb  ^luftben 
empfängt,  ber  ift  ein  .Stetter'.'-"  i  Tiefen  Wann,  ben  Vntber  öffentlich 
„ein  unoerfdtjämteS  ßügenmaul"  genannt  batte,  ben  nad)  ßut$erä 
Verlangen  „ber  Sßapft  jum  Schweigen  bringen"  follte,  batte  ber 
sJ>apft  \n  ßutf)er3  9Hd^tet  ernannt.  Unb  weldies  loaren  bie 
Intentionen  beä  SßapfteS  bei  biefem  beabfidjtigten  ©erfahren  in 
Oftom?  Vlnt  5.  Wngnft  batte  ber  Äaifer  ein  Schreiben  an  ben 
^apft  evlaffen,  in  welchem  er  ibm  vorhielt,  .er  [ei  idpilbig,  jenen 


112 

Slugufttnerbrüber,  äRartin  Sutfjer,  ber  fo  fyartnäcfig  feine  fefcerifdjen 
Setjren  feftfjatte,  jum  ©djtöetgen  gu  bringen,  ba  nod)  feine  ©treittg« 
feiten  üorgefommen  feien,  lüetdt)e  fo  oerberbtidj  gegen  bie  d)rift= 
Iid)e  grömmigfeit  feien';  feine  faiferlidje  9)cad)t  ftelle  er  ju  bem 
gmecf  gur  Verfügung.295)  Sn  bemfelben  üDfamat  erteilte  ber 
Sßapft  bem  Äurfürften  üoit  ©acfjfen  jn  Sraft  beS  Zeitigen 
®ef)orfam§  ben  93efe!t)f,  Sutljer  (a(§  ein  Sinb  ber  33o§f)eit  unb 
einen  ©otte8öerätf)ter,/  tuetd^er  <oiete  gottlofe,  fe|3erifd)e  Irrtümer 
öffentlid)  51t  oerteibigen  mage',  ,ber  ßtemalt  unb  bem  ©ericfjt  be£ 
römifcfjen  @tuf)Ie§  gu  überantmorteu ;  fonft  inerte  man  einft 
flagen  unb  fagen,  bie  fd)äblid)fte  $e|erei  in  ber  Itirdje  ©otteS 
märe  burd)  .Jpülfe  unb  @hmft  feine§  rjodjebelften  §aufe§  ent= 
ftanben'.296) 

3n  @oer§297)  Stugen  freilid)  ift  fetbft  biefeS  ©djreifcen  gang 
unfdjutbiger  üftatur:  ,(§£  loirb  nur  bedangt,  ba$  ber  Äurfürft 
feinerfeitS  ba^u  fjelfe,  bafj  ber  Unterfucf)ung§proäef$  unb  ba§ 
5ßerr)ör  in  alter  $orm  SRedjtens  angefaßt  unb  burd)gefüf)rt 
roerben  fönite.'  Unb  bod)  teilt  @oer§  un§  aud)  mit,  ba£  in  bem 
im  SBatifanifdjen  9Irdjiü  kfinblidjen  Criginalmanufcript  einige 
Äorrefturen  oorgenommen  finb,  meldje  geigen,  baf?  man  bei  ber 
erften  ÜJcieberfdjrtft  nod)  mef)r  Neigung  jur  äftitbe  gehegt  t)at, 
,bie  aber  fdjlieftlid)  burd)  Keffer  Berechtigte  Strenge  mieber  jurüd* 
gebrängt  erfdjeint'  @*  finbet  fid)  uamlid)  rtadj  ben  SSorten  ,mir 
fyaben  ttm  jur  SBerantroortung  befohlen'  urfprüngüd)  nod)  ber 
©a|  ,11m  nod)  einmal  bie  ©adje  ju  prüfen.'  tiefer  ©atj  ift 
bann  burd)geftrid)en.  (Sbenfo  mar  urfprünglid)  gefd)rieben,  ber 
pöoftlidje  Segat  fotle  Sutf)ern,  menn  fid)  t)er  aufteilen  foltte, 
baf?  er  nid)t  bon  ber  2öaf)rl)ett  abirre,  fogar  mit  einem  ©efdjenfe 
gurüdfenben' ;  aud)  biefe  SSJorte  finb  getilgt.  SBäfjrenb  man  alfo 
anfangt  nod)  bie  sDaiglid)feit,  bafj  Sntljer  fidj  rechtfertigen  fönne, 
anbeuten  mollte,  entfd)lofe  man  fid)  fpäter,  ben  Sfageftagten  fdjon 
als  Ueberfü()rteu  anjufeljen. 

3tn  bemfelben  iage,  an  mcldjem  ber  s$abft  btefeä  ©djreiüen 
an  ben  Änrfürften  oon  ©ad)feu  richtete,  am  23.  Stuguft  1520, 
erlief  er  aud)  ein  SBrebe  an  feinen  Legaten  Slajetau.  @»  ift 
biefeS  Saturn  beSljalb  mid)tig,  med  ßutijer  am  7.  Stuguft  bie 
(iitatiou  nad)  SRom  ermatten  fyatte,  in  roeldjcr  ifjm  00  Xage  ^yrift 


113 

geftellt  waren.    £er  s^apft  wartete  alfo   beu  9(blauf  biefer  grift 
ittcfjt  ah,  fonbern  fdjlug  fd)on  uaef)  16  Jagen  ein  ganj  anbereS 
SBerfaljreu  ein,   oermutlid)   burd)   ben  oben  erwähnten  Srief  be§ 
ßaiferS  bewogen.    £em  Segaten  ftajetan,  weldjer  auf  beut  SfteidtjS« 
tage   51t  3(ug*burg  weilte,  wirb  (befohlen,  ben  besagten  DJcarttn, 
meldjer  burd)  uniern  Sfabitor  bereits  für  einen  ftetjer  erflürt  ift, 
unoer^üglid)  nad)  (Smpfang  biefeS  @djreiben§  ju  zwingen,  baf?  er 
pcrfönlicr)  bor  2)tr  erfdjeine.'     Sobann  foÖ  er  itjn  in  fixerem 
®emal)rfam  Ratten,  bis  er  weiteren  SBefefjl  au§  S^om  empfange. 
Söenn  ßutfjer  bann  in  fid)  fdjlageu,  toafjre  ßeidjeu  ber  33uße 
febjeu  faffeu  unb  uugenötigt  oon   freien  Stücfen  um  fönabe  unb 
Vergebung    bitten   follte,   fo   barf  ber  Üegat   tt)n  mieber  in   bie 
C£int)eit  ber  9)httter  Äirdje  aufnehmen.    SCßenn  er  aber  in  feiner 
.ftartnädigfeit  befjarrt,  ben  weltlidjen  Wem  oeradjtet  unb  ber  Segat 
feiner  nid)t  fjabfjaft  werben  tarn,  fo  wirb  ibm  bie  SBoffmadjt 
erteilt,  ßuttjer  unb  alte  feine  9(ul)änger,  and)  biu*ct)   öffentliche 
©bitte,  nadj   ber  Söeife  bercr,  meldjc  oor  ßdttn  öffentlich  al§ 
©cädjtete  an  bie  3uitt)äufer  gefdjtagen  würben,   für  Äetjer,  S5er= 
bannte  unb   SBerffadjte  öffentlich  $u  ciliaren.      ?((Ie    geiftlidjen 
unb  wcltlidjen  Ferren  fotlen  unter  SInbroljung  be§  33anne§   auf= 
geforbert  werben,  baft  fic  benannten  SJtortin  ßutljer  mit  feinem 
SInt)onge  gefäugltd)  eingießen  unb  wotjtoerwarjrt  bem  Segaten  §u= 
fd)iden.     SBelcjje  dürften  aber  bem  ßuttyer  irgeub  9iat,  -öülfe, 
SSorfdjnb  ober  ©unft   öffeuttid)   ober  l)eimlid),   fetbft   ober  burd) 
aubere,   erzeigen  würben,   bereu  (Gebiete  follcn  mit  bem  Qfnterbift 
belegt   werben,  ebenfo  jeber  Ort,   in  bem  ßutfjcr  fid)   aufhalten 
würbe.     Htte  fo  Ijanbeluben  ©eiftftdtjen  foüen  all  iljrer  Sinfünfte 
unb  (bitter  beraubt  fein,    Sitte  fo  ^anbetttben  ßaien  füllen  ebrto» 
unb  redjttoS,   and)   bes  tird)lid)eu  öegrabniffeS  beraubt  fein.298) 
53eranntlicl)  ift  bie  ©djtljeit  biefeä  SBrebeS  bezweifelt  worbeu, 
oor  allem  be*balb,  weil  barnadj  bo3  SBerfa^rcn  be3  SßapfteS  eine 
„Nullität  ber   euormfteu  VCvt"  '-"•'■')   gewefen   fein   würbe,     ©etbft 
ßutljer  bat  e3  fein  balb  für  unedü  gehalten.800)    8tbet  ber  „im 
gebeuerlidie"  3iil)alt  biefeS  SreüeS  fauu   nidtjt  me()r  als  SBetoeiS 
gegen  bie  ISdjtljeit  beSfetben   aiigefübrt   werben.     Tenn   baSfetbe 
uuerborte  Verfahren  wirb  in  bem  oben   ertöätjnten  Schreiben   au 
ben  .Siitrf  unten  nun  ©adjfen   unb   in  ^wei  weiteren  SBreoen  beä 

SBottljcr,  Vuthcio  Beruf,  g 


114 

$ßaöfte§  an  feine  beiben  Segaten  in  2)eutfd)fanb  angemanbt,  meldte 
in  benfctben  £agen  ausgefertigt  finb.  S)tc  (Sdjtfjeit  biefer  brei 
©tücfe  aber  täfst  fid)  ntc^t  mefjr  6e§tüeifetn,  feitbem  @öer§  bie 
Originale  im  SBatifanifcrjen  2(rd)io  aufgefunben  fjat.301)  2)er 
gange  Xon  ber  beiben  Bretten  bezeugt  bie  jornige  ©rregtrjeit  be§ 
^ßapfteS,  feine  Entlüftung  über  bie  beutfc^e  Xreulofigfeit  gegen 
ben  ©tauben  unb  bie  ©üter  ber  (Sfjriftentjeif,  mie  @oer§  e§  nennt. 
2)a§  erfte  SBrcöe  fdjfiefjt  mit  einem  ©cbet,  in  beut  e§  fjeifjt:  ^ufe 
enttoeber  bie  gottlofen  ©efinnuugen  biefer  äftenfdjett  gur  ©efunbf)eit 
gurücf,  ober  ftrede  gegen  bie  Sßerftodten  ba§>  gejücfte  ©djroert 
behteS  ©erid)te§  au§.'  2)a§  gleite  23reoe  get)t  ebenfalls  in  ein 
©ebet  au§,  beffen  ©crjlufefaj}  beginnt:  ,£>ie  aber,  bereu  ©efinnungen 
oon  bem,  roa§  red)t  unb  roatyr  ift,  fiel)  abgeroanbt  rjaben,  umlieft 
bu,  roenn  fie  heilbar  finb,  gur  (Stnfidjt  be§  Sidjt-o  ber  2Bat)rt)eit 
gurüdf üf)ren ;  roenn  fie  aber  in  itjrer  95erberbtt)ett  fdjon  oerftoeft 
finb,  umlieft  bu  fie  oon  ber  beerbe  unb  ©emeinfdjaft  beiner 
©laubigen  fobalb  als  möglidj  auftreiben,  bamit  fie  nicfjt  burcl) 
if)re  SSerfütjrung  ben  übrigen  Sßerberben  bringen/  2>tefe£  ©ebet 
be£  ^ßapfteS  aber  muffte,  roenn  e§  ntdjt  eine  Unmat)rf)eit  fein  follte, 
burcl)  ben  ©tetloertreter  ©otte§  auf  (Srben,  burcl)  ben  $apft 
fetbft,  feine  ©rrjörung  finbeu.  2)af)er  jenes  fpecicll  an  Sajetan 
gerichtete  SBreüe. 

©o  fönuen  mir  un§  and)  nid)t  merjr  über  ba%  ©djreiben 
munbern ,  meldje*  unter  bem  25.  21uguft  1520  ber  oberfte  Seiter 
beS  DrbenS,  bem  fiutfjer  angehörte,  ©abriet  SBettetuS,  an  ben 
fädjfifdjcn  ^rooingial  be§  Drbcn«,  ©ertjarb  £>ecfer,  rtdjtcte.302) 
|)ier  mirb  auf  ein  päpfttidjeg  93reoe  f)ingeroiefen,  meldje*  Sutljer 
als  oollenbcten  Sieger  rjtnftelle,  unb  befohlen,  biefen  bei  ©träfe 
be§  SBertufteS  aller  SSürben  unb  Remter  gu  ergreifen,  einterfern 
§u  laffen  unb  an  §änbcn  unb  %ü$m  gefeffclt  in  ©emarjrfam  §u 
tjalten;  enbttdj  il)in  bie  SJoflmacrjt  erteilt,  toenn  eS  jur  2tu§= 
füf)rung  biefeS  53efet)ls  nötig  fei,  SBann  unb  3ntcrbtft  51t  oer= 
l)ängcn. 

51  de  biefe  Xfjatfacrjcn  »erben  oon  3anffen  unb  ©enoffen 
nidjt  ertuäfjnr.  Sann  ift'§  freilief)  bequem,  über  SnttjerS  ,53er* 
folgimgäftttdjtf  51t  fpotten.  jjhtr  Qpüerä  rebet  baoon.  Xro|bem 
aber  fdjreibt  er:  4§ätte  Suttjer  fid)  in  9ftom  geftellt,   fo  märe 


115 

£eo  X.  §meifel§ofjue  frof)  qctnejen ,  einen  ©runb  gur  üftieber= 
fcfjlagung  ber  ©adtje  in  |)ünben  ju  £)aben'.  (SJemife,  er  mürbe 
bann  nidjt  unterlaffen  fjaben,  ,bie  <Sadje',  meiere  Sutfjer  für 
©otteS  «Sacfje  fjiett,  bie  Sadje,  metdje  bann  ber  ^ßapft  jn 
£)änben  fjatte',  ein  für  alle  ÜJftal  (nieber3ufcfjlageu'.  (Sben  biefeS 
aber  mollte  Sutljer  nidjt.  Unb  nur  bann  märe  er  oielteicfjt 
nod)  fiViS  Dom  gurüdgefommeu,  roenn  er  ÜESiberruf  geleiftet 
unb  bamit  felbft  $ur  SSertilgung  ber  boit  il)iu  oerfocfjtenen 
2öaf)rfjeit  beigetragen  l)ätte.  So  fdjeint  and)  (SoerS  ju  benfen. 
6r  tnciB,  eines  Sutljerl  Seben  toar  nidjt  in  Dom  gefäbrbet :  <23ei 
ber  befannten  §ärtlicf)en  gfürforge,  meldje  Sutfjer  feinem  Körberdjen 
fdjenfte  unb  bei  feiner  berfönfidjen  ^eigfjeit  im  9(ngcfidjte  mirflidjer 
©efa()r,  ift  gar  nidjt  §u  begmeifeln,  bafc  er  in  Dom  balb  mürbe 
geworben  unb  51t  Äreuje  gefroren  fein  mürbe,  ofjite  bafj  itjm 
5)aumfcr)rau6en  angelegt  morben  mären'.  Dun  atfo  foll  boefj 
in  Dom  ttinrfücf)e  ÖJefafjr'  für  Sutljer  bortjanben  gemefen  fein? 
SSie  lange  mirb  (5oer§  nodj  bei  3anffen  in  bie  ecfntte  gefjen 
muffen,  cfje  er  ein  meuig  joou  beffen  Sßorfitfjt  gelernt  fjat!  ßr 
fann  aud)  nid)t  gang  berheimlicfjen ,  marum  bie  gfeinbe  ber 
Deformation  [0  grimmig  Darüber  finb,  ba$  ßutfjer  nicfjt  nad) 
Dom  gegangen,  marum  fie  itjn  als  feig  üerfpotteu:  Jg&tte  ber 
$apft',  fagt  (SberS,  4Üutfier  rechtzeitig  in  eine  gebcifjfidje  ßlofter= 
tjaft  gefteeft,  fo  märe  all  ba§  grofce  ttnglücf  mof)t  berbfieben' ; 
ß  gab  nur  ein  9)cittel,  bie  Bad)c  511  erftirfen,  ba§  mar,  biefen 
aalartigeu,  unberbefferftdjen,  in  allen  Sügen  nnb  Sffiinfeljügen 
unb  in  jeber  Krt  nun  V)eud)clei  bemauberten  Demagogen  für 
immer  in  ein  ftlofter  eutjufberren  nnb  jtoar  aufierljaft)  3)eutfdj=* 
laubs'.  s2öäre  SberS  nicht  früher  Sßroteftant  gemefen,  foubern 
in  fatljofifdjen  Stnfdjauungen  aufgetoadjfen ,  fo  mürbe  er  mol)l 
anftatt  bei  ,gebeifjlidfjeu  .SUoftcrbaff  nod)  etttmS  anbereä  befür- 
wortet (jaben.  Sr  mürbe  etma  mit  einem  anberen  .scathutiten 
ber  neneften  ^eit,  beut  and)  oon  Sanffen  gern  citierten  Dr. 
©alentin  ©röne,  fcfyreiben :  ,2Bäre  eS  benn  nicht  öeffer  gemefen 
für  ben  Staat  atö  [8ic!]  für  bie  .Scirdic  iDeutfcfjlanbS,  man  l)ätte 
Sutljer  aufer  Statu)  gefefci  \n  fdjaben,  ober  man  hätte  ihn 
fdjlimmftcu  [Jattä  felbft  auf  beut  Scheiterhaufen  nrie  .vun;  fterben 
(äffen,  als  bafj  er  gange  ©öfter  nnb  Stationen,  Eaufenbe  ber 

b* 


116 

ebetften  SDcenf  d)en  *)  tn§  SSerberben  führte,  fie  um  Shtlje  unb 
©eltgfeit  braute?  SBenn  ba%  fdjon  |>od)ftraten  einfafy  menn  er 
nad)  ben  (55efet3en  ber  ßeit,  bie  bett  Xob  eine§  fjartnäcftgen 
®e|er§  f orberte,  **)  Sutljer  für  ben  ©djettcrfjaufen  reif  erflärtc; 
fyat  er  benn  etiua§  getfjan,  üjefjluegen  er  t>on  mt§  einen  SBortuurf 
öerbiente?  2öo  möchte  ein  'ißroteftant  fein,  ber  e£  mit  ber 
3Sat)rt)eit  fjält  unb  bie  fiage  jener  3^tt  unb  bie  folgen  oeg 
unglücfltdjen  £ampfe3,  ben  fiutfyer  anljob,  mit  unparteiifdjem 
9(uge  überfiel)!  unb  beurteilt,  ***)  ber  jenem  9Iu3fprudj  be§  Äölner 
SDominifanerS  nidjt  feinen  Rotten  Beifall  gumenbet?  SBeffer  ift, 
einer  ftirbt,  al§  ba§>  gange  SSol!  get)t  ju  ©runbe'.  (Sbenfo 
fdjrieb  man  jur  $eit  ^er  Deformation;  ,6t)riftu§  fagt'  —  fo 
meint  ber  mitbe  SDietenberger  i.  3.  1523  —  4e§  märe  beffer, 
baft  ber,  burd)  metdjen  9lergerat§  fommt,  im  DJieer  mit  einem 
großen  SQtütjtftein  ertränft  mürbe,  el)e  ba§>  2(ergerni§  erroüdjfe. 
äöottte  ©ott,  man  f)ätte  au  bir  [ßutt)er]  biefen  SRat  (grifft  nor 
bret  Saljren  üoltbradjt!'303)  Unb  fdjon  bamat§  tt)at  man  mie 
ber  5uc£)§  in  ber  $aM,  metdjer  ben  §afen  megen  feiner  f^eig^ctt 
üerfpottete,  meit  berfetbe  nidjt  feinen  Stopf  in  bm  9tad)en  beS 
3fud)fe3  ftecfen  mollte.  ,,©ie  trogen",  fdjreibt  Sutber,  „marum 
id)  fo  sagljaft  fei  unb  nict)t  gen  Dom  fommc.  (Merabe  al§  t)ätte 
(SfjriftuS  mutmittig  }tt  ,£)anna§,  itatplja*,  SßtfatuS,  $erobe§  §au§ 
gelaufen  unb  fid)  Ijetfjen  tobten.  3dj  meinte,  e§  märe  genug, 
menn  id)  ftilt  ftänbe,  nidjt  flöfje,  unb  ifyrer  martete,  mo  id)  bin, 
bi§  fie  micf)  mie  (Il)riftum  Rotten  unb  führten,  mo  ftc  bin  mollten. 
©o  fott  id)  tfjnett  nadjtaufen  unb  fie  treiben,  mid)  §«  tobten. 
@o  flügtidj  geben  fie  alle  S)iuge  üor".304)  Wad)  beut,  ma§  mir 
über  bie  Intentionen  be§  ^Sapftco  erfahren  (jaben,  mad)t  e§  bod) 
einen  gar  eigentümüdjen  (Shtbrucf,  menn  mir  bcufelben  in  feiner 
gegen  Muttjer  ertaffeucn  Bannbulle  fid)  barüber  beflagen  boren,  bafe 


*)  aflerftoürbig,  bafj  bie  Anhänger  ber  Deformation  mit  einem  äifal 
bie  ebetften  SDtenfd^en  finb! 

**)  a?03u  biefe  (Sntfcfyulbigimg  §oogftraten<§  mit  [ct)led)ten  .©efefcen', 
trenn  er  boefy  unfern  .»olten  93eifalf  oerbient? 

***)  2lber  fold&e  ^roteftanten  giebt  e8  leiber  nid)t  naefy  römijcfyer 
3fofi$t. 


117 

bieier  nidjt  auf  bie  (Sitation  fjin  tofjne  ^urdjt  unb  Sd)eu,  roetd^e  bie 
öollfommeue  üiebe  austreiben  folite',  nad)  SRom  gekommen  jei.305) 


Cb  ßutfjer  ben  ÜJhtt  befaß,  fein  Seben  für  feinen  93eruf 
aufs  Spiel  ,ut  fe$en,  jeigte  fidj  balb.  &er  Äurfürft  f)atte  be= 
roirit,  baß  Sutljer  nidjt  nad)  SRom  51t  gefjen  brauchte,  (£r  fjatte 
aber  audj  nodj  jooiel  Vertrauen  gu  bem  päpftlidjeu  ßegaten 
.Siajetan,  baf?  er  barein  roitligte,  ßutfjer  folle  öor  bemfelben  in 
Augsburg  erfdjetnen.  Tic  #reunbe  ßutljerä  aber  mürben  auf§ 
£)ödjfte  beftürjt.  Sie  rieten  irjm  briugenb  baoou  ab,  ber  SSeifung 
ju  folgen;  er  fei  nid)t  bagu  oerpflidjtet.306)  @r  felbft  fjatte  ba§ 
flare  33eunifitfein ,  in  meldje  Öefafjr  er  fid}  begeben  mürbe.307) 
2Bof)(  fafj  er  fdjon  im  (Seifte  ben  Sdjeiterljaufen  öor  fid);  moljl 
mad)te  er  fid)  ftar,  toa§  für  eine  Sdjanbe  er  feinen  ©ttent 
bereiten  mürbe,  menn  er  at§  öcrmalebeiter  Äetjer  öerbrannt 
mürbe.308)  Unb  bie  üorljin  angebeutete  Sage  ber  2)inge  geigt, 
bati  feine  Sefürdjtungen  moljl  berechtigt  untren.  Stber  bem  flaren 
SSMlfcn  feines  Murf  unten  511  folgen,  l)ielt  er  für  feine  ^ßflidjt. 
5(uf  ber  Weife  fdjrieb  er:  „od)  ()abe  einige  Seilte  in  meiner 
Sadje  fleiumütig  gefunbeu,  fobaf3  fie  aud)  anfingen  micr)  §u  der* 
fndjen,  id)  folite  nidjt  nad)  Augsburg  ge()en.  Vlber  id)  beftefje 
feit  barauf.  ©§  gefebebe  ber  SSitte  be@  .fterru.  Vludj  in  StugS« 
bürg,  aud)  mitten  unter  feinen  gfeinben  (jerrfdjt  oefus  ISljriftu». 
@§  lebe  SÜjriftuS,  es  fterbe  SRartinus !"  309) 

Seljr  fdjmüle  ßuft  liegt  über  jenen  Tagen  ni  Vlngsburg. 
Tie  ^freunbe  in  ber  Stabt,  an  bie  ber  .Stnrfürft  feinen  ßutfjer 
empfo()len,  mnftfen  fdiou  fooiel  01m  ben  il)iu  brolienbeu  ©efaljren, 
bafj  fie  it)m  niebt  geftatten  mollten,  öor  bem  ßegaten  ni  evid)eiuen, 
el)e  er  nidjt  oon  bem  in  ber  ÜJtöfje  beftnblidjen  .Staijer  einen 
©eleitsbrief  erbalten  habe.  Unterben  aber  erfd)ien  immer  mieber 
ein  Vlbgefanbter  bes  ßegaten,  ber  ilm  ui  beroegen  fudjte,  aud) 
otjne  bas  fid)  in  bie  SBofjnung  besfelben  gu  begeben.  Unb  nidjt 
ol)ue  (Sinbrucf  blieb  auf  Snthers  Vlnfdjannng  oon  feiner  Sage 
biefe  büftere  Stimmung.  Vlber  uid)ts  oon  'Jyurdjt  befdjlidj  ilm. 
„Sei  ein  Wlcam",  fd)rieb  er  an  sDMandjtljon,  „nub  lebre  bie 
jungen  Seilte   redjt !     od)  bin   auf  bem  2Bege,   mid)  für   fie  unb 


118 

eud)  opfern  gu  taffen,  menn  e§  ©ort  gefällt.  ®enn  id)  mit!  lieber 
fterben  al§  ba§>,  ma§  id)  richtig  gelehrt  Ijabe,  miberrufen''.310) 

©igentümftd)  ober  fontraftiert  mit  biefen  fidjern  SBortcn 
ba§>  SSenefjmen  Sutljer§,  al§  er  bem  Äarbtnal  gegenüber« 
trat.  Offenbar  ronrbe  er  oon  einer  Strt  ©djüdjterabjeit  befallen. 
SBenn  er  bie  fjerfommfidjen  beooten  görmtidjfeiten  mit  faft 
ängfttidjer  Sorgfalt  erfüllte,  inbem  er  fid)  oor  bem  Äarbmaf 
auf  ba§>  Sfagefidjt  roarf  unb,  al§  biefer  tf>m  aufguftefjen  ertaubte, 
nod)  eine  2Bei(e  in  tiegenber  (Stellung  oerbjarrte,  um  erft  einen 
groeiten  gnäbigen  SSin!  abgumarten:  menn  er  bann  bemütig  um 
SBergeifjung!  bat,  falls  er  unbebadjtfam  getetjrt  ober  getjanbett 
tjabe;  fo  mirb  !tar,  ba$  er  nicr)t§  üon  jenem  oettuegenen,  felbft= 
bemühten,  trotzig  unbeugfamen  9Jcute  befaft,  roie  if)n  Üieootutionäre 
gur  @cr)au  tragen.  $a,  man  fönnte  biefe  Verlegenheit  oöllig  mifi= 
beuten,  roenn  nid)t  ein  anberer  3ug  bannt  oerbunben  fid)  gegeigt 
fjatte.  ©obalb  e§  nämticf)  um  bie  @acr)e  fid)  fjanbelte,  bie  er 
üertrat,  mar  er  ein  oötlig  anberer.  SDann  erfcfjten  er  bem  großen 
9Jtanne,  bem  er  gegenüberftanb,  als  unoerfcfjämt.  9Jcact)t  man 
ficr)  ftar,  mer  e§  mar,  mit  bem  er  gu  ttjim  r)atte ;  erinnert  man 
ficr)  etma  baran,  bafc  biefer  Äajetan  oor  ein  paar  Sßbjren  burcf) 
bie  9Jcad)t  feiner  Sßerfönfidjfcit  unb  bie  ©cmatt  feiner  SRebe 
ein  gauge§  miberfpenftigeS  (Soncil  bem  Zapfte  gu  $üfjen  gelegt 
fjatte,  baf;  er  bie  ®ird)enfürften,  mctd)c  bie  9ftad)t  be§  ^ßapfte§ 
Ratten  befdjrünfen  motten,  gur  Uutermerfuug  unter  ben  Bafy 
gelungen  ()atte:  fifa  ftirdje  ift  bie  geborene  9)tagb  be§ 
^3apfte§';  fo  mufr  man  ftaunen  über  bie  unbeugfame  ^eftigfeit, 
mit  ber  Sutljer  biefem  SDcaune  gegenüber  bei  bem  befjarrte,  ma§ 
er  für  gottlidje  2öafjrf)eit  erfannt  fjatte,  unb  über  ben  rjotjen 
Wut,  mit  bem  il)n  bie  Uebergeugung,  ©ottc§  (5ad)e  gu  oertreten, 
erfüllte. 

5Die  9?ümifd)cn  freitidj  benutzen  gerabe  bie  ^(ugsburger 
^ragöbie',  um  Sutljer*  ^eigfjeit  im  gvettften  üidjtc  bargufteüen. 
,2>a  itjiu  bod)  nidjt  redjt  gereuet  mar,  brannte  er  bei  9cad)t  unb 
ÜJcebet  burcf)'.811)  ,$>er  §elb  läuft  baoon,  um  nidjt  öor  bie 
Söatjl  gnnfdjen  Sßtberruf  unb  Opfer  geftellt  31t  »erben',  fo  über= 
fdjreibt  (Soerö312)  ben  Slbfdjuitt,  in  metchem  er  oon  ber  .feigen 
$tudjt'  £utfjer§  ergätjlt:  t3Se(dj  günftige  ©etegenfjeit  tjattc  unfer 


119 

£>elb  bod)  in  Augsburg,  wenn  wir  U)m  glauben  bürfen,  feine 
fjelbenmütige  Eingebung  31t  beweifen!  Stber  alle*  (SrnfteS,  ber 
sßrofeffor  batte  feine  ßett  bajit,  fid)  opfern  311  laffen.  Unfer 
-Ipetb  nerjiditet  auf  bie  ©torie  be§  fo  fjeife  unb  fo  tapfer  gefudjten 
9Jfärtt)rertobe§,  ben  er  feiner  SBerficfjcrung  nad)  faft  fdjon  in  ber 
§anb  batte.  @r,  ber  fo  berr(id)  bezeugt,  bafe  er  afö  „Geologe 
bei  Ären^eö"  bie  ©trafen  unb  ben  £ob  (iebenb  umfaffe  unb 
fitdje  unb  weiter  nidjt§  wolle,  al§  and)  anbere  §u  biefer  ßiebe 
gur  Strafe  ent^ünben,  er  übt  eine  fold)  beroifdje  (Sntfagung  unb 
Selbftoerbemütigung,  bau  er  borgtest,  nidjt  nur  ben  Sdjein  be§  2ßiber= 
fprudjs  3Wifdjen  feinen  .\>anbfungeii  unb  Porten,  fonbern  fogar  ben 
Sdjein  feiger  $lud)t  auf  fid)  31t  laben.  .  .  SSir  fönnen  unl  in 
feine  tragifdje  Stimmung  fjineiubeufen ,  baf?  er  nidjt  baju  ge= 
fommen,  bie§  Cpfer  311  bringen,  weit  feine  3reuu0e  ^)m  bieten, 
baöonjulaufen,  bannt  er  —  nid)t  am  @ube  fid)  bod)  311111  SSiber= 
rufe  beftimmen  fiefkV513)  Um  nun  biefe  Xarftetlung  bod)  mit 
irgenb  einem  Sd)ein  oon  28a()rfd)eiulid)fat  31t  umgeben,  ei^ärjtt 
man  tmä  nod) :  $n  ber  9cad)t  entflog  er  fo  eilig  au§  Augsburg, 
bafc  er  Sdjube  unb  Strümpfe  unb  .Soofeit  3itrüdlieft'.:m)  9cun 
frei(id),  wer  bei  Stiltritt  einer  IReife  fofd)e  (Site  bat,  bnf?  er  nid)t 
einmal  bie  alleruotweubigften  SUcibungsftücfe  anlegt,  Wer  eine  Steife 
oon  SbtgSburg  6i8  SSitteuberg  mit  blofcen  Ruften  unb  Seinen 
ausfübrt,  unb  ba§  gu  einer  3e^,  tuo  e§  nod)  feine  @ifeubat)itcn 
ubgt  gab,  nnb  ba%  in  ber  jtteiten  .ftülfte  be§  SDfrmatS  Cftober, 
ber  mim  nid)t  allein  eine  ausiiebmenb  ftarfe  ©efunbfjeit  befeffen 
()aben,  fonbern  and)  oor  Sfngft  ben  .Stopf  oollftänbig  oerlorcn 
baben;  beffen  gurdjt  grenjt  an  SBa^nfinn.  SCber  wober  bat 
man  biefe  pifante  ©efdjtdjte?  Sie  ift  oollfommen  rid)tig :  nur 
ein  SBort  ift  £id)tung,  unb  biefeS  eine  erbid)tete  SBort  niadjt 
an*  beut  Selbftoerftünbtidieu  etwa*  überaus  Momifcbey,  einen 
fyalbnacfteu  Stufjreijjer.  £a«  eine  s^ort  ift  e3:  @r  lief;  jurttet 
$ofen  ufw.  SBie  ßuttjer  felbft  einmal  erjaljtt,315)  baben  ,"yreuube 
it)in  3itr  Jvludjt  au3  SlugSburg  ein  Sßferb  üerfdjafft  Um  nun 
31t  fd)ilberu,  wie  befd)Werlid)  für  ihn  311  jener  ;\c\i,  ha  er  nod) 
ÜRöndj  war,  biefe  eilige  Steife  gewefen,  erinnert  er  baran,  bah  er 
ja  uicfjt  getragen  fyabe,  was  man  311m  leiten  gebrauchte,  bafj  er 
feine  3 tiefet,  feine  Sporen  unb  Sd)wert,  feine  laugen  Weiterlwfeu 


120 

geformt,  fonbern  eben  in  bei  511m  Letten  fet)r  unpaffenben  9ftöndj§= 
tratfjt  mit  ftnieijofen 316)  auf  beut  Sßferbe  gefeffen  f)abe.  @r 
liefe  atfo,  fotueit  befannt  ift,  nichts  in  Augsburg  jurücf,  am 
menigften  „(Sporen  unb  ©djmert''.  Ratten  bie  ^ömifcrjen  nur 
biefe  (enteren  SSorte  2utt)er3  bei  it)rer  ©ejdjidtjtc  nid)t  oergeffen, 
fo  mürben  fie  mob/l  ntdtjt  fo  arg  fidt)  oerfefjen  fjaben.  ©trumpfe 
fjat  Sutfjer  natürtidj  angehabt.  Safe  audj  biefe  iljm  gefehlt,  fjaben 
bie  SRömifctjen  fidj  erbadjt. 

$(ber  ßutljer  ift  boct)  au§  ber  ©tabt  geflogen?  ©emife, 
nur  nidjt  in  foldjer  SSeife,  röte  man  un§  eben  gefdjilbert  fjat. 
3n  alter  9^ut)e  fjat  er  im  £>unfel  ber  Sßadfjt,  bamit  er  ntdtjt 
jurücf  gehalten  merbe,  fid)  entfernt.  Öemife  mar  unb  ift  baZ 
argerlid)  für  bie  SRömtfdjen,  baf^  fie  Ujn  nun  nid)t  auS  bem 
SSege  räumen  tonnten,  fo  argerlid),  ba^  fie  Ujren  Sefera  nun 
einreben,  e<§  fjabe  ,$ur  3$orfidt)t  gar  fein  pofitiüer  ©runb  tior= 
gelegen'.317)  SOBir  aber  miffen  e§  it)m  Sauf,  bafe  er  fo  gefjanbelt 
r)at.  9?ad)bem  bem  päpftfidjen  Segaten  bie  ©rotjung  entfallen 
mar,  er  fjabe  ein  päpftüd>e§  Sftanbat,  ifjn  ein^uferfern  unb  nadt) 
9iom  gu  fdjicfen,  in  ber  Xafdje,  nadjbem  er  Sutf>er  zugerufen: 
,ÜE3iberrufe  ober  fomme  mir  nidjt  roieber  unter  bie  3tugen', 
nadjbem  bie  StugSburger  ^reunbe  001t  if)m  fdjfeunige  3tbreife 
»erlangten,  füllte  er  fid)  friß  tjinfefcen  unb  märten,  bi§  man  Ujn 
für  immer  munbtobt  gemadjt  f)ätte?  oft  e§  benn  nid)t  ftare 
©ünbe,  tollfüljn  ben  SDiärttjrertob  511  fndjen?  2öar  e3  nidjt 
einfadj  bie  ^flidjt  ßutt)er§,  nadjbem  er  gefjorfam  bem  Legaten 
fid)  gefteilt  tjatte,  unb  biejBerfjanbluugen  mit  bemfelben  511  (Snbe 
maren,  fid)  felbft  für  feinen  83eruf  511  erhalten?  3ft  benn 
SßauhtS  feige  gemefen,  meit  er  mehr  al§  einmal  bem  äRärttjrer* 
tobe  burdt)  bie  gludjt  fid)  entzogen  tjat?318)  üfteitt,  ba1^  Suttjcr 
uad)  3tng§tiurg  ging,  trofebcm  er  fdjmarje  SBettermolfen  brot)en 
fal),  bemeift  feine  33ereitfdjaft,  alles  für  feinen  SBeruf  31t  leiben; 
bafe  er  a\\Z  9(ug§burg  entmid),  bemeift,  bafe  nid)t  tollfüt)ner, 
fonbern  bemütiger,  burd)  ©otteä  ©eift  tior  3tu3fd)reitungen 
bemafjrter  9Jhtt  il)it  erfüllte. 


$om    ftaifer    mürbe    ßutfjer    nadj    SßormS    citiert.     SEBtr 
^roteftanten  finb  gemoljnt,   auf  ben   „ßutt)er  in  SBormS"  mit 


121 

(Stolg  31t  bliden.  Stfjon  ntandjcr  rjat  nid)t  nur  fidj  erquicft, 
fonbern  roirfiid)  erbaut  an  bem  §clbemnute  beS  nnerfdjüttertidjen 
ÜBefennerS  t>on  SBormS ;  erbaut,  meil  er  fühlte,  ba$  foldje  @id)er= 
fjett  nicfjt  ein  blo§  natürlicher  SDhtt  ücrlcirjt.  Stber  röte  Ströme 
etfigen  2Safjer§  [türmen  bie  93c(efjrungen  ber  römifdjen  (#efdjtcf)t§= 
foridjer  auf  trafete  SBegeifterung.  ß$  ift  gerabep  abgejdjmarft', 
üerjidjert  ber  etjemafö  lutrjerijdje  Sßaftor  @üer§,319)  tXotö  man  un§ 
in  Schulen  unb  Uuinerfitiiten  gelehrt  fjat,  baß  es  eine  gelben* 
tfjat  ßutijetS  geroefen  fei,  nad)  SöormS  ju  geljen.  Senn  ntct)t 
ber  ftaifer  unb  bte  Äatljoftfen  toaren  non  il)tn  31t  fürdjten, 
jonbern'  —  umgefeljrt  lagen  bte  Singe!  Sanffen  fdjitbert  vmS 
mit  ben  tebfjafteftcn  färben  tbie  £age  ber  Singe,  bei  ber  man  in 
8Borm§  ber  Slnfunft  ßutfjerg  entgegenfalj'320):  Ser  päpftfidje 
ßegat  Ifteanber  mar  —  feines  ßebenS  nicfjt  mefyr  ficfjer ;  ßutfjer 
bagegen  mürbe  uom  33otf  ol§  ein  neuer  SKofeS,  a(§  ber  jmeite 
SßaufaS  gepriefen ;  auf  bffeutlidjem  äKarfte  tonnte  i()n  einer  feiner 
Knljanger  für  gröfjer  a(§  Stuguftin  erklären;  fie  tonnten  eine 
Xr  lieferet  in  2Borm§  erridjten,  raeldje  nur  fircf)enfeinbücf)e  Sdjriften 
oertrieb;  glitten  jdjrieb  uon  ber  nahen  ©bernburg  bie  genteinften 
Xrobbriefe  an  bie  päpfttidjen  ßegaten;  in  2Bornt§  mar  man 
tägtid)  in  Slngft  öor  einem  tteberfatt,  bor  einer  (Sprengung 
beS  9ieid)Stage*  burdfj  bie  9let)oIuttonSpartet;  mar  bodj  ber 
Äaifer  öwrffentoS,  Sicfingen  aber,  ßutljerS  5reuu^  oev  Sdjretfen 
XeutfdjIanbS,  nur  bem  ade  gitterten.  Qfanffen  fdjlicfet  biefen 
Sbfdjnitt  mit  jeuer  >Knt)c ,  meld)e  am  emüdjternbften  auf  bie 
©egeifterung  511  dürfen  pflegt,  mit  ben  [afonifdjen  SBorten: 
.(Sine*  befonberen  ÜDhtteS ,  feine  SReife  anzutreten ,  beburfte 
ßutfjer  nidn'.  2öte  rein  tjatte  er  biefeä  neue  ^ilt>  öorbereitet! 
SBir  miffen  fehon,  ba\\  nad)  3tonffen  alle  .Siiilmbeit,  bie  Luther 
bi»ber  gejeigl  hatte,  ihre  Queue  einzig  in  ben  ©erfpredjungen 
ber  .revolutionären  SlbetSpattei'  gehabt,  bau  nad)  Butlers  eigenein 
©eftänbniS  fein  ganzes  SBertrauen  auf  Sirfiugen  unb  (^enoffen 
beruhte,  bar,  erft  biefe  ihn  tum  ,"yiircl)t  befreit'  hatten.  G*  be= 
burfte  alfo  nur  nod)  eine*  pnfetftridjeS,  nm  ßutfjerS  9Ku1  in 
SEBonnS  als  ßäd)erlidjfeii  erfdjeinen  ,ui  (äffen ;  man  mimte 
nur  nod)  bie  Sßäpftlidjeu  in  SBortnS  afö  nint=  unb  mebrlo*  fjin- 
[teilen.    SBie  fein  ftimmt  bann  \u  bem  ©Übe  öon  bem  »itteraben 


122 

2öorm§  bie  bann  bei  Sanffen  fotgenbe  @r§äf)lung  öon  bem  fitrdjt* 
baren  Slufru^r  gegen  bie  treuen  römifdjen  ©eiftlidjen  in  (Erfurt, 
metdjen  fintier  bürde)  eine  einzige  ^ßrebigt  §u  entflammen  im 
ftanbe  mar.  9J?an  fiefyt,  Suttjer,  nid)t  Äaifer  ober  ^ßapft,  mar 
ber  §err  ber  «Situation,  ber  §u  fürdjtenbe.  @oer§  fdjreibt 321) : 
^Sßir  t)aben  bei  bem  (Erfurter  '»ßöbelaufrurjr  un§  nur  ^u  bem 
ßmed  aufgehalten,  um  baran  ein  23eifpiet  gu  geben,  baf?  e§  öon 
bem  rjeitigftcn  ^ßriefter  be§  (Soangetiums  [Sutrjer]  gerabe  feine 
®ülmrjeit  mar,  feinen  Sriumpr^ug  nad)  2Sorm§  §u  Ratten'. 

2öie  unfägtief)  mibermärtig  füngen  nad)  bem  allen  bie 
barauf  ben  Sefern  mitgeteilten  5leufeerungen  Suttjer*,  bafs  er 
„alten  Pforten  ber  §öüe  unb  dürften  ber  Suft  Zxofy  bieten 
motte!"  ^pottmorjlfeite  ^Renommiftereieu',  ruft  Soer»  au§. 
Unb  bi§  ju  metdjer  $ölje  mufs  bann  ber  (Sfet  oor  biefem 
erbärmlichen  ©ro&prarjter  fteigen,  menn  un§  Sanffen  alsbatb 
nad)  9Jcittei(ung  fotdjer  SRenommiftereien  fdjtlbert:  (tCöer  bei 
feinem  erften  SBerfjör  oor  bem  Äaifer  unb  ber  Sfteid)3üer= 
fammtung  mar  Sutrjer  feine&oegS  in  einer  juüerficrjtftcrjen 
(Stimmung';  93eben!geit  bittet  er  fid)  au§,  obroorjl  eine  ungemein 
einfache  5raSe  ^m  vorgelegt  ift;  in  feiner  5tngft  fann  er  faum 
fpredjen;  er  rebet  fo  teife,  4bafs  man  ifjn  aud)  in  ber  9iärje  nidjt  motjt 
rjören  fonnte,  at§  ob  er  erfdjroden  ober  entfe&t  märe'.  ?(lfo 
trotjbem  er  abfotut  uid)t§  511  fürdjten  t)at,  oietme()r  bem  föaifer 
unb  beffen  5(nl)ängern  oor  i()in  unb  feinem  2(nt)ang  bange  fein 
mufj;  nadjbem  er  eben  nod)  erftärt:  „SBir  finb  3Biüeu§,  Satan 
gu  fdjretfcn  unb  gu  ocradjten";  ift  er  nun  fo  fiunlos  furdjtfam, 

e3  ift  (bie  oor  bem  9taufcr)en  etneS  Stattet  erfd)redenbe 
^etbentierjigfeit'.322)  9lnt  fotgenben  Sage  freilief;  geigte  er  fid) 
anberS.  Slber  me§f)alb?  Sanffen  beridjtet,  ■Butten  [)ciU  itjn 
unterbefj  ,jur  Stanbrjaftigfeit  ermahnt'  mit  ber  ßufidjeruug: 
,,3d)  merbe  fetbft  baS  ©djrccflidjfte  mageu".  So  bemie£'  benn 
ßutfjet  JeineStticgS  feinen  Wut,  menu  er  nunmehr  .unerfdjrocfcn 
jebeu  SBiberruf  oerfagte',  fonberu  nur  ,bte  öon  feinen  Jyreunben 
gemiinfdjte  Stanbl)aftigt'eit'.  3a,  genau  betrachtet  mar  and)  btefe 
nidjtS  atö  bie  ^-olge  feiner  —  $cig()eit.  SDenn,  fo  läfit  Sanffett 
ben  Qfeinb  SutljerS,  Stomas  äßünjer,  beridjten,  ßut^et  märe  00m 
?(bct  erftodjen  mnrben,  menn  er  in  äBormS  gemantt  l)ättc.    ^rei(id) 


123 

bat  Sanffcn  ntdjt  ben  9Jhtt,  bie  Üxicf)tttjfcit  bicfcr  tädjertidjen 
23et)auptung  gcrabeju  gu  öertetbigen.  @r  mufe  ja  fürdjten,  bei  prote= 
ftantifdjen  ßefern  für  immer  alten  Grebit  511  oertieren.  Gr  fagt 
bafyer  nur:  Unzweifelhaft  tft,  bak  Suttjcr  in  SBorntS  unter  bem 
Ginftuft  beS  revolutionären  Stbcfö  [taub.  Skontos  äftunjer  ging  in 
einer  Schrift  gegen  ttm  fogar  fomeit,  511  behaupten. .  .'  2tber  toogii 
teitt  er  bann  biefe  $et)auptung  mit?  3ft  ein  <55cfd)td)t§roerf, 
wie  ba*  feinige,  baju  ba,  atte  Serbädjtigungen,  bie  gegen  Sutrjer 
borgebradjt  finb,  ber  9)citwett  dorptragen,  ancf)  wenn  fie  nur 
Iäajerltd)  finb?  Sßarwn  fagt  3anffen  nidvt,  bafj  er  biefe  SJcunjer* 
fd)c  Sübernfjcit  für  ba§  fjalte,  was  fie  tft?  Ober  t)offt  er,  e3  mürbe 
fetbft  oon  jofdjer  £üge  etloaS  an  bem  Reformator  fjangen 
bleiben?  3ene*  römtfdje  Sud)  3.  33.,  ba§>  fid)  ^efdjidjtstügen' 
nennt,  fdfjreibt  fct)on:  42f)oma§  aKünjer  tjatte  f e  t) r  3ftedjt,  ba  er 
anno  1524  Sutf)cr  ben  ©orttmrf  machte  —'.»23) 

53ewunbern*wert  tft  bie  Sorgfalt,  mit  ber  Sfonffcn  an 
biefem  23i(be  gemalt  l)at.  ÜTeidjtS  wirb  unermä()ut  gclaffcn,  \oaS 
nur  irgenbmie  herangezogen  merben  fann,  um  biefe  ©tffilberung 
eiuleud)tenb  (ui  matten.  SEBentt  ba  jemanb  in  ber  9Jad)t  einen 
^ettel  am  Sftatljaufe  befeftigt,  toorin  e§  f)eint ,  mau  werbe  bcn 
geregten  fiutljer  nid)t  üertaffen,  fonbern  mit  m'erljunbert  oer= 
fdjworenen  Gbetleuten  unb  adjttaufeub  äftann  ben  dürften  unb 
Pfaffen  großen  Sdjaben  bringen,  fo  oerwenbet  er  bicfe3  in  ooüent 
Gruft,  roälirenb  bod)  fein  äftenfdj  al)itt,  mer  ober  wo  biefe 
Witter  ober  u)re  Truppen  getoefen  feien.  3a,  er  fügt  fjingu,  um 
bie  8efer  erfdjaubern  ju  mad)en:  Ter  Qettel  fd)(oft  mit  bem 
gefürdjteten  CofungöWort  aufrüljrerifdjer  dauern :  ^unbfdjul), 
SBunbfdfjulj,  83unbfd)uIj'.3M)  Gr  fdjehtt  nid)t  \u  bemerfen,  baf; 
fd)on  biefe  Uuterfdjrift  nnmbglid)  nmdjt,  bie  ©efc^idjte  eruft  JU 
nebmen,  ba  Gbelleute  fid)  bod)  uidjt  mit  .JBunbfdjufj'  unter* 
geidjneten.  Vliid)  laut  Sanffen  un3  nid)t  erfahren,  was  mau 
bmnols  über  ben  Urfprung  biefeS  böfen  ßettelä  gebadjt  Ijat. 
gurten  5.  S.,  ber  nod)  am  ebefteu  bariim  wiffeu  tonnte,  hielt 
für  baä  wal)rfd)einlid)fte,  ban  ber  ßettel  ÖOn  SutljerS  ^einbeu 
angeflogen  fei,  um  bie  (Gemüter  ber  dürften  gegen  lfm  ein 
gunefpnen.'2*)  Gbcuwmeuig  teilt  Sanffen  uns  mit,  bau  and)  ein 
gegen  Butler  gerichteter  ßettel  angeflogen  würben  in.126) 


124 


Ober  menn  Sutljer  bem  (Sräbifdjof  oon  Xrter  etma§  at§ 
23eidjtgef)etmm§  mitteilt,  fo  fügt  Sanffen327)  jur  Stü|e  feinet 
23ilbe§  tjinju:  ߧ  mar  offenbar  SntljerS  ^rntociS  auf  bie 
|tnter  irjm  ftefjenbe  revolutionäre  SReidjSritterjdjaft',  obwohl  bodj 
aud)  3fanf|en  ein  33eid)tget)eimni3  nidjt  offenbar'  machen  barf, 
aud)  e§  nidjt  offenbaren  fann,  ba  ber  (Sr§btjcf»of  ben  Sßorftetlungen 
be§  päpftlidjen  Legaten  ?Ileanber,  jene§  23eid)tget)eimni<§  ju  offen- 
baren, pftidjtgetreu  miberftanben  Ijat. 

(Sollte  aber  bem  Sefer  nod)  irgenb  ein  ßmeifet  übrig  bleiben, 
füllte  er  üteUeidjt  fragen,  roarum  benn  ßuttjer  überhaupt  fid)  nadj 
üß3orm§  begeben  rjabe,  toarum  er  nidjt  in  Sßittenberg  geblieben 
fei,  mo  mcber  9?ömlinge  itjin  etma§  anttjun,  nod)  ?lblige  irjn 
^rftedjen'  lonuten,  fo  meifs  Sanffen  aud)  biefen  23ebenfen  ju 
begegnen.  (5r  berichtet  nömlidj,328)  ber  Äaifer  tjabe  in  bem  an 
Suttjer  gefaubten  (£itation*fd)reibeu  einerfettS  irjm  §ugcfict)crt,  bafj 
er  f einerlei  ©eroatt  ober  Unbill  gu  fürdjten  fyabe,  menn  er  fomme; 
anbererfeit§  aber  hinzugefügt:  t2Bir  redjnen  barauf,  baf3  bu  fommft; 
fonft  ergeljt  gegen  bief)  unfer  ftreuger  Urteiiöfprud/.  gfretlid) 
finbet  fiel)  oon  biefen  legten  brotjenben  SSortcn  nicfjt  eine  (Silbe 
in  bem  Ä'aiferlidjen  Schreiben.  Slber  bei  Sanffen  ftefjen  fie.329) 
llnb  bamit  mau  Hjre  Sebeutung  redjt  oerftetje,  fügt  er  Jun^u, 
bie  9ieid)§ftänbe  t)ätten  erflärt,  ,menn  er  nidjt  fommen  ober 
mtberruf eu  toolle,  fo  folle  er  für  einen  offenbaren  Äe|er  oon 
männiglid)  gehalten  unb  mit  ÜDJanbaten  gegen  iljn  proeebiert 
roerben'.  So  rjatte  benn  (nadj  Sanffen)  Sutljer  baS  Sdjlimmfte  gu 
fürdjten,  menn  er  bem  9xitfe  nidjt  folgte,  junädjft  aber  garnicrjtä  §u 
beforgen,  menn  er  laut.  ©3  mar  alfo  mieber  gtigtjett,  bafe  er  fam. 
üftttn  rotrb  audj  ftar,  marum  er  überhaupt  fam:  (Sr  mollte 
miberrufen.  £)enn  fo  fäfjrt  öanffen  ju  erjagten  fort :  ^n^mifdjen 
gab  fid)  ber  faifertidje  ^eidjtüater  ©lapion  alle  üDfttfje,  um  ben 
.Si  urfürften  ^riebridj  oon  Sadjfen  baljin  ^u  beftimmen,  bafj  ^utt)cr 
auf  feineu  reoolutionären  SBegen  anfljalte'.  So  untrben  ?(rtitel 
aufgefegt,  bie  ^utljer  miberrufen  füllte.  Hub  biefer  antmortete 
barauf  feinem  fturfürften:  ,,3d)  bin  bereit,  bie  römifdje  Alirdje 
in  aller  Fenint  ju  et)ren.  3)arum  idj  gern  bereit  bin,  ein 
SBiberruf  p  tljitn,   in  meldjen  Stüdeu  mein  orrtnm   angezeigt 


125 

mirb."*)  2Bie  fonnenflar  [iff§]  bjiernad),  baft  bei  Sutfyer  ^eigfjeit 
bie  in  allen  Sagen  Sluäfdjlag  gebenbe  ftraft  mar!  £>ie  Otigbjett 
oor  beut  Äaifer  uub  ben  SRömifcrjen  Itefs  ibm  nad)  2Sorm3  fommen, 
um  bort  511  toiberrufen.  SDte  geigljeit  oor  bem  $Heid)3tage  einer* 
feitS  unb  ber  abiigen  OfcoolutiomSpartei'  anbererfeitS  madjte  trm 
am  erfteu  Soge  feines  SBerljörS  in  SßormS  fo  fdjmanfen,  bafj  er 
fid)  SSebenfgeit  auSbat,  um  erft  fid)  Karex  $n  werben,  ob  er  burd) 
Stanbfjaftigfeit  ben  9Jeicr)§tag  ober  burd)  Sßiberruf  bie  bitter 
fid)  ju  geinben  madjen  fülle.  Sll§  er  aber  bann  bie  3Jiacf)ttofig= 
feit  be§  ÄaiferS  errannt  rjatte  unb  fid)  fagen  tonnte,  bafj  er  ,oom 
?(be(  erftodjen'  roürbe,  roenn  er  nid)t  nad)  beffen  Söünfdjen 
.trotzig'  aufträte,  jwang  ifm  biefelbe  <yeigbät,  jeben  Sßiberruf 
§u  öerfagen'. 

2öir  glaubten  biefeS  93i(b  oon  „ßuttjer  in  SBormS"  etwas 
ausfüt)rlid)er  reprobueieren  51t  f ollen,  nidjt  allein,  bamit  man 
fiel)t,  toa§  funftoolle  3ht§War)I  unb  (Gruppierung  fd)5pferifd)  ju 
geftalten  oermag,  fonbern  and),  weil  römifd)e  Scbriftfteller  un3 
in  Segieljung  auf  biefe  (Spifobe  ben  Vorwurf  madjeu :  $roteftan= 
tifdje  ßebenSbefdjreiber  oerbergcn  ba$  natürlid)'.330)  SBirflid), 
SanffenS  Xarfteltung  ift  fd)on  intereffant  genug,  atö  ba$  feine 
Wbfcbreiber  e§  l)ättcn  für  nötig  galten  füllen,  nod)  pifaute  ?(u§fd)müf= 
hingen  fn'npgutrjun.  ®°  kfen  öjir331):  ,9)leljr  al§  be*  ftaiferS  ©e= 
leitsbrief  unb  bie  greunbe  bei  ben  dürften  unb  bei  bem  9(bel  be= 
rubjigtc  itjn  [Suttjer]  ber  2d)itt3  einer  Seibgarbe  oon  100  baubfeften 
Gittern,  oon  benen  bie  meiften  fd)on  ba%  ©olbateurjaubwerf  mit 
beut  9ftäuberIjanbWerF  (ber  (£r,^ä()ler  meint  wobt:  ba3  Wäuber= 
tjaubwerf  mit  bem  ©olbatenr)anbtoerf]  (öerbunben  fjatten  unb  oor 
feiner  ©ewaftttjat  prüd'Kbred'ten.  $u  einem  balbeu  »tauber* 
l)auptmanu  mit  einer  biiubertföpfigeu  ßeibgarbe  bat  3anffen  bod) 
Butler  uid)t  gemad)t.  —  Ober  man332)  weift  §u  beliebten:  ,©8 
mar  it)iu  nidjt  bie  ftarfe  äRannfdjaft  uubetannt,  meldje  bei  SBorotS 
im  Hinterhalte  lag,  um  jeben  Vlugeublicf,  wenn  nötig,  ;m  feinen 
©unften  einzugreifen'.  Ober:  ,®r  mar  fid)  wohl  bewnftf'  [fofl 
mol)l  beifum:  (SS  mar  il)in  wobt  bemiifU|,  ,baf?  lanfenbe  oon 
bewaffneten   [Jfreunben    in    unb    um   SBormS    bernm    für    feine 


*)  2)af?  ^anfi'ou  Ina-  au-i  einem   )u   gang  anbetet  ;lcit  gefdjriebenen 
Briefe  ifutf?crö  citiert,  Jvcrbcu  nur  unten  geigen. 


126 

©tdjertjett  madjten,  mätjrenb  ber  Äaifer  orjne  olle  betnaffnete 
üftadjt  mar'.333)  Sergteidjen  fdjreibt  Sanffen  bod)  nid)t,  ba  er 
für  feine  Angaben  menigftenS  ben  ©tf)ein  irgenb  eines  (SttatS 
fudjt.  (Sin  foldjer  fefjlt  natürlich  bei  ben  eben  ermähnten 
^mllucinationen. 

9hm,  mir  begreifen  baS  fjeifk  Verlangen  unb  ben  grofsen 
ßifer,  SutfjerS  ÜDhit  in  baS  (Gegenteil  51t  oerfeljren,  fefjr  mof)t. 
@S  mufj  als  Süge  ermiefen  »erben,  maS  Sutfjer  auf  feiner  Steife 
nad)  SSormS  gefagt:  „(Srrjält  ©ott  nnferm  £>errn  Sefu  (Stjrifto 
feine  ©aclje,  fo  ift  bie  meine  aud)  gewonnen."334)  2)er  Reformator 
barf  ntcfjt  bie  mit  äßitt  erfültenbe  ©emifjrjeit,  bafc  feine  «Sac^e 
beS  £>errn  @ad)e  fei,  gehabt  tjaben.  Sod),  maS  tjitft  fjier  alle 
Sunft?  gunt  ®tM  ift  üon  Sutfjer  unb  bem  Reichstage  31t 
SßormS  ber  Radjmett  jnötel  überliefert,  als  bafe  ber  STfjatbeftanb 
aud)  nur  unfidjer  feftguftelten  märe. 

@d)on  bie  gange  <Sd)itberung  SanffeuS  üon  ber  ,2age   ber 
Singe  in  SSormS'  ift  eine  Äarrifatur.    SBir  finb  il)m  banfbar 
für  bie  gufammenftetlung  all  beffen,  ttms  nadj  ilmt  bemeifen  fotl, 
bafc  nid)t  Surfjer,   bafs  oietmefjr  feine  ©egner  lirfad)   jur  gurdfjt 
fjatten.    2)enn  {ebenfalls  beioeift  eS,  mie  Sßiete  gegen  baS  'paöfttum 
unb  für  Sutfjer  maren.    235ir  finb  il)iu  banfbar   bafür,    Senn 
bamit   mirb  bie  23eobad)tung    bes   päpfttidjen  Segaten  9(leanber 
als   ridjtig   ermiefen:    Rollte   ber  Äaifer   nidjt   ber    getjorfame 
(Sljefutor  bes  sJ?apfteS  fein,   fo  märe  eS  um  ben  ©eljorfam  beS 
gangen  SeutfdjlaubS  gegen  ben  apoftolifctjeu  ©tufjl  gefd^etjen'.335) 
QjiS  ift  ja  oon  großer  SBidjttgfeit,  immer  micber  fid)  bie  Sf)atfad)e 
flar  in  madjen,  bafs  nidjt  religiöfe  SMottoe,  fonbern  bie  Slmuenbung 
üon  ©emalt  oerljiubert   l)at,   bafe   baS  gefamte  Seutfd)taub   oon 
Rom  fid)  loSfagte.    Sanffen  aber  fouftruiert  allein  aus  biefen 
gcidjeu  ber  Seilnafjme  für  ßutljer  unb  feine  Satfje  ,bie  Sage  ber 
Singe   in  SSorms'.    (Sr   fdjüeftf   barauS,    baf?  Sutfjer   burd)auS 
nidjtS  gu  fürdjteu  gehabt  l)abe.    SaS  ift  nidjt  auberS,  als  wenn 
jemaub  behaupten  mollte,  bie  erftcu  ßfjriften  ()ütteu  51t  Serufalem 
uidjts  gu  fürdjteu  gehabt,  bie  (Srgäl)lungen  oon  ben  Verfolgungen, 
bie  fie  erlitten,  beruhten  uumüglid)  auf  22|atfacfjen,  weit  ja  be= 
richtet    mirb:    „Sie  (Sljriften    Ratten   ($\iabc    bei    allem   $olr\" 
Senn  bie  {Jrage,   auf  bie  es  ()ier  antommt,  ift  bie,   auf  meldjer 


127 

Seite  bie  9Jcad)t  ftanb,  bei  ben  -öofjeuprieftern  ober  bei  bem 
iBolf,  bei  ben  Jeinben  ober  bei  ben  fjatben  ober  ganjen  Anhängern 
SutljerS,  unb  ob  bie  SDcädjtigen  in  2Borm3  ben  Sßitteu  unb  bie 
ÜUcögtidjteit  Ratten,  Suttjer  511  unterbrüden. 

Unb  roorjer  nimmt  3anffen  bie  einzelnen  Angaben,  um  ,bie 
furchtbare  Erregung7  511  fdjilbern,  metdjc  fidj  ,ber  Gemüter'  in 
SBorm§  4bemäd)tigte' ?  SBie  bemeift  er  feine  53ebauptuug,  4bafj 
man  in  SBorm*  täglid)  in  Sfagft  mar  oor  einem  Ueberfatt,  t>or 
einer  Sprengung  be§  SRetdjStages  buref)  bie  SteöofutionSpartei, 
bie  man  umfomefjr  §u  fürdjten  fjatte,  med  ber  Äaifer  otjne 
bewaffnete  Umgebung  mar'?  @r  t}at  einen  einjigen  ©emäljrSmann, 
ben  päpftlidjeu  Segaten  Weanber.  £ie  $ra9e'  ob  er  biefem 
unbebingten  ©tauben  fdjcnfen  bürfe,  fommt  irmi  nidjt  in  ben 
(Sinn.  Unb  bod)  tag  fie  fo  uafje,  ba  bie  .Seridjte'  beffetben 
burdjaue  nidjt  mit  bem  übereinftimmen,  mie  anbete  in  SSJormS 
Stnmefenbe  bie  (2age  ber  SDinge'  befdjrieben  ()abeu.  SBir  zweifeln 
nidjt  baratt,  Sanffen  mürbe  einem  Soangelifdjeu,  metd)er  foldje 
©runbjäüe  ausgefprodjen  fjättc,  mie  Sdeanber  gettjan,  nicr)t  ein  ein= 
jiges  SBort  metjr  glauben.  Unb  mer  bie  33ertct)te  biefeS  päpftfidjen 
Legaten  üorurteilSfrei  ftubiert,  ber  mirb  bie  unumftöfslidje  ©emiftljeit 
erlangen,  hak  er  alles,  mas  feine  SBerbienfte  um  bie  Sadje  be§ 
päpftüdjeu  Stuhls  erljöffen  unb  ttrat  reidje  9(nerfcnnung  unb 
Belohnung  einbringen  tonnte,  einfeitig  bemorgeljoben  unb  ungemein 
ftart  übertrieben  (jat  Xaljer  behauptet  er  immer  mieber,  feinet 
fiebens  nidjt  fidjer  ju  fein;  batjer  fdjitbert  er  bie  Sage  fo,  afö 
menn  eigentlich  alle*,  dürften  unb  bitter  unb  ©off,  auf  SutljerS 
Seite  ftelje;  at§  wäre  e*  ein  allein  feiner  raftlofeu  fcfjätigfett  JU 
öerbanfenbeä  SBunber,  bau  enblidj  bod)  Suttyer  verurteilt  mürbe. 
(Sinnig  am  Vlleanbers  Senaten  bie  Situation  in  SBormS  ju 
fonftrnieren,  ift  uuuer^eiljlid). 

SCbet  Sanffen  geljt  uodj  meiter.  s,Hu*  $Ueanbet8  Angaben 
mätjtt  er  mieber  nur  bas  aus,  toaS  feinen  Sa ft:  ,@hte8  bejouberen 
äJcuteä  beburfte  fintier  nidjt',  frühen  faun,  öerfdjmeigt  aber,  tuaS 
beut  mtberjpridjt.  SEBetct)  ein  auberc»  s^ilb  gemährt  fefion  bie 
eine  Mitteilung  beä  päpftttt^en  Senaten  öom  29.  l'iär,;  1521  j 
Xie  ßutfjeraner  Ijatteu  fidj  fdjon  00t  ber  Jyranffurter  äReffe 
mieber  meljr  als  brei  grone  SBagentabungen  öon  Sichern,  unter 


128 

biefen  aud)  einige  neue,  rjierljergebradjt,  tjaben  fie  aber  ptöttfid) 
in  ber  äufjerften  Seftürjung  mieber  fortgefdjafft.  ©ie  glaubten 
nämfid),  ba$  ber  taifer  auf  ©eiten  if)reS  Suttjcr  ftelje.  Sefct 
aber  laffen  fie  bie  Äöpfe  Rängen'. 

Rubere  9Jcänner  teilen  uns  nod)   met)r   mit.    ©o   fdjitbert 
^ermann  oon  beut  93ufd)e  in  einem  an  gurten  gerichteten  ©riefe 
üom  5.  SDcai  1521  aus  eigener  9(nfdjauung  bie  Sage  in  2BormS. 
©a  fjören  mir:-  „©ie  ^äpftlidjen,  bie  fidt)  anfänglich  oor  ©ir 
fdrjrecffidt)  fürchteten,  freuen  fidt)  nunmetjr  nidjt,  ©einer  ju  lachen 
unb  in  ©efettfdjaftert,  aud)  unferer  Seute,  ©einer  gu  footten.    ©S 
tft  leicht,  fagen  fie,  ben  gum  fjeinb  31t  f)aben,  ber  nur  mit  SBorten, 
ntcr)t  aber  mit  ©dalägen  §u  fdjaben  fuct)t.  .  .  ©er  ßutfjcr  muf? 
oerbammt  merben,  follte  eS  aud)  ein  23tutbab  ber  ©eutfdjen  lüften, 
menn  fidt)  jemanb  unterfangen  füllte,   un§   fidt)   §u   miberie^en. 
©0   orebigen   fie   öffentlich   auf   ben  hangeln."    SEBeiter   erjäfjlt 
Söufdt),   mie  ©egner  2utf)erS   auf   offener  ©rrafje  ©djriften   beS 
Reformators  unb  .£mttenS  jerriffen  unb  in  ben  Äotlj  traten,  mie 
„ein    fpantfdtjer  Leiter    mit    bloßem   ©egen    einen    ber   Unfern 
üerfolgt"   l)abe  unb  bie  l)erumftef)euben  ©eutfdjen  nidjt  gemagt 
Ratten,  bem  angegriffenen  beigufte^en.    „9)ian  fielet  täglidt)  brei, 
öier  ©panier  auf  ifjren  SOcaultteren  über  ben  SKarft  reiten  unb 
jebermann  mu|  if)nen  auSmeidjen,   ober  er  mirb  niebergeritten. 
©0  merben  mir  auf  bem  gangen  äftarft  tjerumgejagt ;  unb  f  dtjtoetgen 
füll  unb  geben  nad)."336)    ©0  ging  eS  in  SßormS  in  ben  ©agen 
l)er,  oon  meldten  Sanffen  fdjreibt :  $eben  Slugeublid  befürchtete  man 
ben  StuSorudf)  eines  blutigen  2lufruf)reS'.337)    Sonnte  benn  Sanffen 
biefen  23rief  23ufd)eu*  nid)t?    ©emifs,  er  citiert  aus  bemfelben,338) 
nur  freilief)  feines  ber  oon  uns  mitgeteilten  SSorte. 

©omeit  gel)t  Sanffen,  inbem  er  bie  Sage  als  allen  SJhtt  bei 
Sutfyer  überflüffig  madtjenb  barftellen  mill,  baf?  er  nidjt  einmal 
jenes  t)od)mid)tige  faifertidje  Wl anbot  ermähnt,  meldjeS  mie  ein 
jerfdrjmettcmber  23tit3ftraf)l  alle  etmaigen  Hoffnungen  ber  greunbe 
2utt)erS  oernidjten  muffte,  metdjeS  lerjrt,  baf?  {ebenfalls  ber  $aifer, 
ben  Sanffen  als  ^maffentoS'  oejetdtmet,  an  nidjtS  meniger  als  an 
^urdjf  gebadjt  fjat.  SBir  meinen  baS  äßanbat  00m  10.  SD^är^ 
1521, 339)  metdjeS  üutljer  auf  feiner  Steife  nad)  SöormS  511  fel)cn 
befam.    ©aSfclbe  gebot,   alle  SBücfyer  SutrjcrS  an  bie  betveffenben 


129 

äDbrigfeiten  anzuliefern,  fretueit  bie  alle  in  päpftlicfjer  23ulte 
oerbammt  unb  »erboten  unb  miber  unfern  biSljer  geglaubten 
unb  gehaltenen  djriftlirfjen  ©tauben,  Sefrren,  (gajjung  unb 
©cbraucf)  finb'. 

3>od),  an  biefem  Dtte  fönneu  mir  ntdrjt  biefe  umfangreiche 
Sanffenfdje  Xarfteltung  in  allen  (Shtgettjeiten  forrigieren.  gür 
un§  genügt  bie  Söeantmortung  ber  $rage,  mie  man  ju  jener 
^eit  barüber  gebad)t  l)at,  ob  e§  tbei  Sutt)er  eine§  befonberen 
9Jhite§  beburft  fjat',  um  nad)  2Sorm§  31t  geljen.  2Btr  meinen, 
in  biefer  SBegieljung  ift  ba§>  Urteil  ber  ßeitgenoffen  2utr)er§ 
entfdjeibenb.  Sie  merben  bie  Sage'  beffer  gefannt  l)aben  at§ 
Sanffen.  Stimmt  ifjre  3(nfdjauung  nirfjt  mit  ber  feinigen,  fo  ift 
bie  feinige  falfcfj.  3fonffen  ermäfjnt  nidjt  eine  einzige  ber  in 
$rage  fommenben  Steufjerangen. 

2ßie  alfo  urteilte  £utt)er§  Surfürft?  Ter  Staifer  fudjte 
benfelben  ju  betnegen,  hak  er  Sutljern  aufforbere,  ficf)  oor  ben 
^Reicl)§tag  gu  '©onus  §u  ftellen.  £)er  Äurfürft  aber  weigerte  ficf), 
biefem  Verlangen  ju  entfpredjen,  inbem  er  af§  ©runb  bafür 
gerabe^u  angab,  er  fönne  nid)t  bie  Sßerantmortung  bafür  tragen, 
menn  ßutljer  etnjas  „58efd)merticf)e§  ober  9cad)teilige§"  miber= 
füdre.340) 

2Sie  badjte  ©lapion,  ber  SBeidfrtuater  be§  S?atfer§?  Sanffen 
berid)tet:i4l>  allerlei  SIeufjerangen  beSfelben  über  ba§,  ma§  Suttjer  in 
SSorntS  31t  ermarten  r)abc ;  ba§  aber  läftt  er  uncrmäfynt,  baf?  berfelbe 
aud)  immer  mieber  ben  ))\at  erteilt  fjat,  Vutfjcr  folle  fid)  nictjt 
au§  bem  ©djufc  unb  ben  fianben  be§  geroaltigen  (öbftdjen  .f>crrn, 
feine?  fturfürfteu,  begeben'.  Ober  er  bittet  H'utrjer,  bodj  §u 
bebenfen,  toa§  feiner  marte,  »erat  ber  .Siaifer  fid)  gegen  if)n 
erftären  mürbe  —  unb  im  ©raube  mar  bieS  mit  jenem  ÜKanbat 
fdjon  gefdjefjen  — ,  mo  mürbe  H'utljer  ©djufc  finben,  mer  motlte 
if)n  behalten  ober  bie  llnfoft  ba%u  tlmn?'342) 

2Bie  urteilte  ber  ©efanbte  ^-ranffurt*  am  SfteidEjStage?  ©r 
fdjrieb:  „(&>  motzte  ben  Dcöndj  ja  ein  Teil  gar  anS  Äreuj 
fcfjlageu,  icf)  fürcfjtc,  er  mirb  ifjnen  taitm  entrinnen."343) 

2öa§  bejeidjnete  ber  fädjftfcfje  .Stander  83ra<f  aÖ  bie  Stnfidjt 
aller  in  SBorntS,  ioeld)e  ßutljera  „nicfjt  ungeueigt"  feien V  Tic 
einen  meinten,  und)  bem  ÜDcanbat  00m  1<».  äRärg  balte  ber  Äaifer 

SBalttjer,  vutiHT'5  Beruf.  <) 


130 

Suttjern  fdjon  für  einen  üerbammten  Äe^er ;  nad)  bem  päpftüdjen 
Sftecfjte  aber  fei  man  nidfjt  fd^ulbig,  einem  ®etjer  ba§  (Meite  §u 
galten.  @8  mürben  babjer  bie  ^Romifdjen  ben  föaifer  leidjt 
überreben,  hak  er  ba§  gegebene  ©eleite  „mit  guten  (Sbjren  Uttb 
$ug  brechen"  bürfte,  ja  „mit  gutem  ©eroiffen  gar  nicfjt  rjatten 
tonnte."  SDie  anberen  meinten,  au§  irgenb  einem  ©runbe  fcfjienen 
bie  römifdjen  ©egner  barauf  §u  r) offen,  ßuttjer  merbe  ber 
ßitation  nid)t  $otge  leiften.  $)arum  fei  e§  bod)  beffer,  bafj  er 
fomme.  (£§  mürben  aud)  bie  toettlidjen  dürften  garniert  §ittaffenf 
baf;  if)m  im  2öiberfprudj  mit  bem  gegebenen  (Meite  etma§  Uebte§ 
roiberfürjre.344)  —  Sin  ba§  alfo,  ma§  3anffen  burdj  feine  gange 
SDarfteltung  ermeifen  miü,  baran,  baf?  ben  (Gegnern  £utt)er§  ber 
SSille  ober  bie  Sftadjt  gefehlt  Ijabe,  Sutfjem  au§  bem  Sßege  $x 
räumen,  an  bie  9ftöglid)feit,  bafj  ibjnen  üor  bem  Slbel  unb  bem 
SSotf  ju  bange  gemefen  fei,  um  Suttjern  etma§  §u  ßeibe  tfmn  §u 
mögen,  benft  feiner  unter  iljnen  allen.  Sßuftten  fie  bod)  aud), 
bafi  ber  päpfttidje  Segat  in  feiner  berühmten  9fobe  oor  oerfammettem 
fReict)§tage  am  13.  gebruar  1521  oerlangt  Ijatte,  man  fotle  bie 
9f?eid)§ad)t  über  Suttjer  üertjängen,  ba  e§  burd)au§  ,nid)t§  neueä 
fei,  baf?  man  bie  ®et$er  unb  it)re  S3üd)er  oerbrenne'.  ßä  ift  and) 
über  ettidje  fjunbert  3at)re  in  ber  Uebung  atfo  t)ergebrad)t,  mie 
man  in  ben  |riftorien  finbet'.345) 

SSie  urteilten  glitten  unb  (Strfingeu  über  2uttjer§  ©ang 
nad)  2ßorm§?  Söo^u  f djreibt  benn  ber  erftere  feine  ,£)rol)briefe' 
„an  bie  päpfttidjen  Segaten,  an  bie  ßarbinäle,  23ifdjofe,  Sßrüpfte 
unb  bie  gange  ^ßriefteroerfammtuug,  bie  2utl)ern  unb  bie  <Sadje 
ber  Söaljrfjeit  unb  $reiljeit  §u  2öorm§  je|3t  anfed)ten"?  2öei( 
er  überzeugt  ift,  baf?  fie  ben  SSillen  unb  bie  Wlad)t  befreit, 
Sutljern  $u  üerberben;  meit  er  fie  bnrcfj  SDrorjungen  mit  bem, 
ma§  fie  fpäter  treffen  mürbe,  cingnfd)üd)tern  unb  baoon  gnrüd= 
galten  I)offt,  baf?  fie  £utl)er§  SBIitt  bergiefsen.  Äaun  bod)  aud) 
Sanffen,  inbem  er  au§  biefen  Briefen  $utten8  ©ä|e  anführt,34») 
nidjt  eine  einzige  Heufkrung  finben,  meldje  irgenbuüe  oon  @dm^ 
unb  £riilfe  rebete,  me(d)e  jel^t  bem  bebrängteu  ÜKündje  aus 
Söittenberg  gugefagt  mürbe,  (Srffärt  bod)  glitten  gerabejn,  baf? 
er  freitid)  jeijt  nidjt§  für  biefen  tfjun  fönne,  baf?  jefct  alle  9#ad)t 
allein  in  ben  §änben  feiner  geinbe  fei:   „SBcnn  e3  megen  eurer 


131 

boshaften  Üftinfe,  ba  man  [in  sJ&orm$]  nicfjt  mefjr  ficfjer  unter 
ben  Seilten  nwnbein  fann,  nur  mögiicf)  wäre,  fo  rjtitte  icr)  ba§, 
ma§  id)  r)ier  fdjreibe,  eud)  ^er^fjaft  unb  mit  gutem  ©eroiffen  cor  euren 
Dfjren  eingeprägt."  „3eöt  überfdjüttet  eud)  ba§  ©lud  aüjuferrr. 
3b,r  ftcfjt  jefet  am  fjöcfjften.  SBcnn  ityr  aber  auf  euer  @(ücf  trofet 
unb  Sutfjem  mie  bietjer  verfolgen  werbet,  fo  werbet  ttjt  aucr) 
—  beim  id)  meine  öorauSguftfjen,  roa§  gefcfjerjen  wirb  —  euer 
(Scfjicffat  über  eud)  bringen"  !347)  Sagt  boer)  fpätcr  3ranffen 
fetbft  :348j  jfflx  ha*  ©tiangeüum  fonnte  ^utten,  mie  grofjpraI)(erif  d) 
er  aud)  in  feinen  Briefen  brofjte,  ebenf omenig  mie  Sicfingen, 
für  ben  ^ugenbücf  öffentlich  einfcfjreiten ;  er  tjatte  fief)  für  ein 
Safjresgefjalt  öon  400  ©olbgulben  tum  einem  Unterl)änbler  be§ 
Äaifer»  geminnen  (äffen'.  2öie  fatal,  baf?  Sanffen  fid)  an  biefe 
^t)atfacfje  erft  fo  fpät  erinnert,  erft,  nadjbem  ber  9ietcr)^tag  §u 
9$orm§  längft  ertebigt  ift!  STbcr  freiließ,  gu  Sfanffcn§  SDarftettung 
ber  Situation  ßutfjer§  auf  bem  9£eiclj§tage  pa^te  fotdfje  Zeitteilung 
fet)r  fd)(ed)t. 

9lein,  f omenig  fjaben  jene  bitter  baran  gebadjt,  Sutfjern 
nor  ©efaljren  in  SBonnS  fd)üt$en  §u  motten  ober  ju  tonnen,  baB 
fie  oieünerjr  tfm.  ju  bemegen  fudjten,  nicfjt  nad)  2Borm§  511  gel)en, 
fonbern  311m  gmetf  non  UnterrjanMungen  mit  bem  53eid)tt>ater 
be*  Siaifers  511  ifjnen  auf  bie  (Sbernburg  311  fommeu.349)  So 
miben'pridvt  benn  bie  eiuftimmige  ?(nfid)t  ber  urteile  fähigen  $eit= 
genoffen  ber  rjente  bei  ben  ÜHb'mijdjen  beliebten  2)arfteÜung  : 
(£utb,er  rjattc  fomol)l  auf  ber  ffieife  al§  in  ber  Stabt  üößige 
Sidjer^eit'.350) 

(gütige  freilief)  öerliefjen  fid)  auf  ba8  faifertidje  ©eleit. 
5(ud)  beute  beruft  mau  fid)  auf  baäfetöe.861)  3anffeti  brurft 
nicfjt  nur  bie  berufjigenbcu  ^ufidjernugeu  auä  bem  ©eteitSbrief 
ab,  er  führt  aucr)  jenen  fyütereu  StuSfprudj  be§  ÄaiferS  au:  Ta* 
Söort,  meldje*  mir  il)in  gegeben,  unb  ba8  i()in  ,ytgefid)erte  freie 
©eleit  molleu  mir  il)m  galten'.862)  Stber  ein  aufmerffantcr  Sefei 
ertennt  fdjon  auä  biefen  Sorten,  baf?  e§  bod)  toemgftenS  in 
Qfrage  gcftellt  mürbe,  ob  bog  jugefagte  ©eteit  gu  bauen  fei. 
Unb  mir  miffen,  eä  mar  uabe  genug  baran,  bat  baSfetbe  gebrochen 
mürbe.353)  Seibit  Sanffen  fdjreibt:  tHuf  bem  9fceid)8tage  liatten, 
mie  e§  fnefs,  einige  gürften  .  .  .  öorgefdjfagen,  8utf)er  für  bie 

9« 


I.V2 

Rüdreife  baS  fixere  ©etett  git  öerfagen  .  .  .  "SPfalg  unb  23ranbeu= 
bürg  jollen  über  biefe  $rage  fo  ftarf  in  Sßortmedjfet  geraten 
fein,  bafj  fie  an  ifjre  ©djmerter  griffen'.354)  ©tauneub  möchte 
man  fragen,  tuie  aber  bann,  menn  felbft  bie  93erbtnblid)feit  beS 
fatferüdjen  (Geleites  in  Orage  geftanben  bat,  Sanffen  nod)  behaupten 
mag,  Sntfjer  tjabe  burcfyauS  nid)t§  §u  fttrdjten  gehabt.  Run, 
3anffen  l)at  tbtc  Sage  ber  Singe  in  SSorms',  alle  bort  mit 
Sutfjer  gepflogenen  SBerljanblungen,  beS  Reformators  51breife 
mit  einnnbäroangigtägigem  freien  (Geleit,  feine  nngefäl)rbete  Slnfttnft 
anf  ber  SSartbnrg  gefdjtlbert,  ol)ne  irgenb  etroaS  oon  btefer  ©efafjr 
für  bie  (Sicrjerrjeit  £ntljer§  §u  ermähnen.  (Srft  nad)träglid),  nad)= 
bem  baS  ©emälbe  oon  ber  Unmöglid)t'eit  jeber  VeforgniS  bei 
£utl)cr  feine  Sßtrfung  getban  l)at,  mirb  btefer  Sßnnrt  ermähnt, 
aber  nur  nad)  anberen  Mitteilungen  in  einer  Stnnterfung  oerftedt. 
3a,  e§  mirb  nod)  oerfudjt,  ßtteifel  an  ber  £l)atfäd)lid)feit  biefeS 
Vorfalles  51t  ermeden,  iubem  bie  SBenbungen  gemäljlt  merben: 
(ttne  e§  fjtefj',  jic  f  ollen  in  SS5orttoecr)feI  geraten  fein',  unb 
iubem  als  Quelle  ^utrjerS  Veridjt'  genannt  mirb.  2Ser  aber 
mirb  nod)  einem  SBertdjte  ßutljerä  ©tauften  fd)enfen,  menn  er 
SanffenS  (£l)arafterbilb  SutljerS  aeceptiert  l)at!  ßumal  menn  ber 
an  ^franüjafter  %uxd)t  oor  Verfolgung  unb  9Jceud)elmorb  fo  ftarf 
leibenbe'  Sutfjer  oon  ©efafjren  er^äb/lt,  bie  ilun  gebrol)t  rjaben 
f ollen!  So,  loenu  ein  oäpftlidjer  .ßegat  Stteanber  nad)  Rom 
beridjtet:  $He  bie  oieleu  unb  gro|en  ©efaljren,  benen  id)  ftünblid) 
auSgefetjt  bin,  fann  unb  miü  id)  nidjt  aufgäben;  man  glaubt 
mir  bod)  nidjt  el)er,  als  bis  id)  gefteinigt  ober  in  8türfe  genauen 
bin  oon  biefen  Seuten',355)  bann  mirb  ofpte  SBefinnen  eine  unan* 
fed)tbare  gefd)id)ttid)e  £l)atfad)e  ftatuiert:  ^lleanber  mar  feines 
SebenS  nidjt  mcrjr  fid)er'.:'56)  SSenn  aber  Sutljer  äf)ulid)eS  oon 
ficrj  ermäl)ut,  fo  mirb  eS  entmeber  ignoriert  ober  bezweifelt  ober 
als  ein  VemeiS  feiner  läd)ertid)en  JßerfoIgungSfudjf  mitgeteilt. 
Run,  fo  übereinftimmenb  beriri)ten  öerfdjiebene  Quellen  bie  Verfucrje, 
beu  ®aifer  jutn  SBrndfj  beS  (Geleites  ju  bemegen,  bafi  an  ber 
1()atfäd)lid)t'eit  nid)t  gegtoeifelt  merben  fann.  Unb  bebenft  man, 
ba$  felbft  nad)  ber  Sfttfdfjauung  ber  feurigen  rbmifdjeu  (Mefd)id)tS= 
fcbreiber  bas  ÜBerfaJjren  be§  -SiaiferS  SigiSmunb  gegen  ,fmS  nur 
ju  billigen  ift,:i57)   fo  tonnen  nur   es  nur  als  eine  munberbare 


133 

göttliche  5ü9un9  anfeljen,  bau  &u  SBormS  nidjt  ba§  Verlangen 

bes  paoftlidjeu  ©efanbten  Earacciotuä  erfüllt  mürbe,  meldjer 
„(jart  barum  anlieft,  man  fülle  ßuttjero  verbrennen."358)  ©nbtidj 
ift  föntet  getoifc,  bafe  ßutffer  nid)t  fein  Vertrauen  auf  ba§  fatferltdje 
(Geleit  gegründet  bat.  2)enn  als  fein  ©egner  (Sod)lüit*  in  jenen 
hagelt  il)n  anfforberte,  auf  bal  (Geleit  511  dergidjten  nnb  bann 
mit  ibm  eine  Tisuutatiou  31t  balten,  mar  ßutfjer  bereit  baju.359) 

80  »bedurfte  e§  bod)  mol)l  (eine§  befouberen  SäKuteS',  nm 
nad)  2Borm§  &u  gef)en.  ßutljer  bat  i()n  bemiefen.  üftadjbent  mir 
fd)on  fo  fonge  bei  ben  mibertieben  SBerbretjungen  beS  Xl)atbeftanbe§ 
dermeilt,  jebnen  mir  uns  nad)  einem  eraitidenben  ^Kuljepnnfte. 
©teidjfam  jur  (Srljdtung  Miefen  mir  einen  Stugenbttct  auf  ben 
mirflid)en  ßutfjer! 

Ter  .Sviirfiirft  ddn  8ad)fen  mar  jideifelfjaft,  ob  er  an  ßutljer 
bie  3untutung  ftellen  bürfe,  [e|t  nod),  nadjbem  bei  33annftraf)t 
be*  SßapfteS  ibn  fdjon  getroffen,  bod)  aus  ben  fädjfifdjen  ßanben 
binaus  mitten  unter  feine  ^yeiube  nad)  SÖSorms  fid)  p  belieben. 
ßutljersS  eigener  SBunfdj  follte  eutfd)eibeu.  80  tiefe  er  biefeu 
fragen,  ob  er  fid)  beut  9ßeidj§tage  ftellen  mürbe,  falls  ber  .Stauer 
il)u  ddrfübe.  Tic  Stnttoort  mar:  „Söenn  id)  berufen  merbe,  fo 
merbe  id),  fooiel  an  mir  (iegt,  felbft  t'ranf  mid)  l)iufd)affeu  (äffen, 
menu  id)  nidjf  gefunb  t'oiuuien  rannte.  3)enn  id)  fanu  nid)t 
baran  zweifeln,  bau  id)  oon  ©Ott  berufen  merbe,  menu  ber  Äaijer 
[bie  oon  ©ott  gefegte  Obrigfett]  mid)  ruft.  SBotten  fie  aber 
bie  Zadw  gettjaltfam  erledigen,  mie  z%  ma()rfd)einlid)  ift  (beulen 
fie  bod)  nid)t  baran,  mid)  ju  berufen,  um  belebrt  ju  merbem,  fo 
ift  bie  ©adje  ©ort  ,yt  befehlen.  Teuu  es  lebt  nnb  regiert  nod) 
berfelbe,  meldier  bie  brei  Scanner  im  feurigen  Ofen  be*  fifönigS 
;,u  Tabalon  bemabrt  bat.  SBilt  aber  er  mid)  uid)t  bemabren,  fo 
ift  mein  .stopf  nur  etmas  ©eringeS  im  SBergleid)  ju  Sljriftd, 
meld)er  in  ber  größten  Sdnuad),  ;,u  Silier  5tergemi8  uub  Vieler 
©erberben  getöbtet  ift.  Teuu  bier  barf  meber  nad)  | meiner] 
©efaljr  nod)  8id)erbeit  gefragt  »erben.  SBietmeljr  ift  nur  bafür 
ju  Jörgen,  bau  mir  ba£  ©dangefium  uidn  bew  ©potte  ber  ©otl 
loien  preisgeben,  bafc  mir  ben  ©iberfadjera  uid)t  ©etegenfjeit 
bieten,  gegen  uns  §u  prallen,  mir  tjätten  nid)t  ben  ÜKut,  ju 
befeuueu,  um*  mir  geteert,   uub  unfer  Wut  bafür  \\\  dergiefeen. 


134 

©idjer  ift  e§  nidjt  unfere  ©adje,  ju  entfdjeiben,  ob  aus  meinem 
£eben  ober  au§>  meinem  Xobe  bem  (Süangetium  unb  bem  (Gemein* 
roofjl  mct)r  ober  weniger  ©efafjr  erwactjfen  wirb.  .  .  9Ule§  magft 
®u  mir  zutrauen,  nur  nid)t  gtud)t  unb  SBiberruf.  glichen  mit! 
id)  nidc)t,  wiberrufen  nod)  öiel  Weniger.  SDarin  möge  mid)  ftärfen 
ber  ^err  3efu§.  ®enn  feinet  oon  beiben  fönnte  id)  tt)un  ot)ne 
@efaf)r  für  bie  grömmigfeit  unb  bie  ©etigreit  oieter."360)  £)iefe 
Antwort  entfd)ieb  über  feine  ßufunft.  Sftictjt  ba§>  leifefte  ©djwaiden, 
nict)t  eine  Spur  oon  ^urdjt  !ennt  er.  Unb  bod),  eine  ©orge 
oebrüdt  it)tt.  Sftögen  bie  ^ßäpfttidjen  fid)  mit  feinem  Glitte 
befteden;  wenn  nur  ber  junge  ®aifer,  gu  bem  fein  ed)t  beutfd)e§ 
©emüt  nod)  mit  93eret)rung  emporbtidt,  rein  bleibt!  „llnfere 
©orge  tjat  nun  bie  einzige  Sßflidjt,  ben  §errn  gu  bitten,  bafe  nid)t 
kaxl§>  Staifertum  burd)  mein  ober  eine§  anberen  93lut  eingeweiht 
werbe.  Sä)  möchte,  wie  id)  35ir  öfter  gejagt  t)abe,  allein  burd) 
ber  fRömifd)en  £)önbe  umfommen,  bamit  nur  nid)t  ber  ®aifer 
mit  ben  ©einen  in  biefe  ©adje  oerwitfelt  mürbe.  £>u  weifet  \ar 
\va§>  für  Unzeit  ben  Äaifer  ©igiömunb  nad)  ber  ©rmorbung  be§ 
|)u§  üerfotgt  bat",  —  er  §är)it  bas  (Singetue  auf  unb  fdjtiefjt: 
„SSenn  aber  bennod)  fo  gefd)et)en  mufe,  bafi  id)  nidjt  nur  ben 
^ßrieftem  fonbern  aud)  ben  Reiben  [ber  Dbrigfeit]  übergeben 
merbe,  fo  gefdjetje  be§  §errn  Sßiltc.    Sintert. u 

9?od)  ebe  bie  faiferlidje  SBorfabung  in  Sutt)er§  §änbe  gelangte, 
mürben  irjm  oon  bem  ©efretär  feine«  Äurfürften  bie  ©iit^e  gugeftellt, 
me(d)e  eijnad)  ber  Meinung  ©tapton§,[|be§  faifertidjeu  53eid)toater§, 
§u  wiberrufen  haben  merbe.  Sanften  täfjt  it)n  barauf  antworten, 
er  „motte  gern  einen  SSiberruf  ttjun."361)  @r  finbet  biefe  SSorte 
in  einem  93riefe  SutfjerS  unb  behauptet,  berfetbe  fei  ,am  19.  SDtörg 
gefdjrieben'.  SEBotjer  weift  er  btö?  £er  33rief  trägt  fein  ®atum. 
SRun  mag  ^anffen  gern  3unad)ft  fid)  beiden,  berfetbe  fei  etma  am 
19.  ÜDcör§  gefd)rieben.  SCfeer  er  6emt$t  biefe§  bto§  erbadjte  2)atum 
§u  einer  furdjtbaren  Auflage  gegen  Sutfjer.  ©injig  mit  biefem 
Saturn  beweift  er,  bafe  2utl)er  einer  fd)äubltd)eu  Soppetjüngigfeit 
fid)  fdjutbig  gemad)t  l)abe.  (Sr  fd)reibt:  <®ine  gang  anbete  ©pradje 
führte  er  bagegeu  fünf  Xage  fpäter,  am  24.  üföftrj,  in  einem 
S3viefe  an  einen  greuub:  „3n  SBormS  arbeitet  man  bat)in,  bafj 
id)  oiete  Prüfet  miberrufen  foll.    äfteht  SBibcmtf  wirb  fo  tauten: 


135 

£en  ^apft  |o6e  id)  früher  Statthalter  Sljrifti  genannt;  nun 
nnoerrufe  id)  unb  jage:  Ter  Sßabft  ift  ber  3?einb  Gbrifti  unb 
ber  SCboftel  be»  Seufet*."  sM)o,  am  1(.>.  fdjreibt  er  an  ben 
Äurfürften ,  er  werbe  briberrufen,  fünf  läge  ipäter  rjörjnt  er 
prarjlerifd)  bor  einem  greuube  über  bie  btofee  3bee  eine»  SSiber= 
ruf§.  s-öa§  mir  au§  biefem  nnberfprudjso  ollen  ^erfabren  2utt)er§ 
entnehmen  fotten,  ba§  fagt  Sanffen  ntdjt.  Sollen  mir  bie  SSorte 
an  ben  Äurfürften  für  Sutljeri  marjre  SDMnung  nehmen,  fo 
finb  bie  anbereu  Sporte  <an  einen  ^yreitnb*  eine  miber(id)e,  bemuBt 
unmat)re  Stenommifterei  Sollen  bie  SBortc  au  ben  ^reunb 
feine  mirfltdien  2C6fid)ten  betraten,  fo  finb  bie  an  ben  Äurfürften 
ein  abfid)tlid)er  betrug.  ^ebenfalls  nniB  man  (Sfet  bor  Suttjer 
empfinben.  —  2Bie  aber  tonn  Sanften  bie  .Vuifmbeit  gemiunen, 
einen  ©rief,  beffen  Tatum  niemaubem  befaunt  ift,  für  (am 
19.  9D^är§  gefd)riebeu'  anzugeben?  @r  citiert  bagu  ,93ei  be  Söette 
1,  575'.  SBa§  aber  lefen  mir  bjer?  3tf§  be  SBette  bie  ©riefe 
2iitber§  in  djronologifdjer  Reihenfolge  rjeraitygab,  muffte  er  uicfjt, 
mo()in  biefe*  unbatierte  Scbreibeu  gehören  möge.  @r  nutzte  es" 
aber  bod)  irgenbmo  mitteilen,  fo  fetzte  er  e§  mit  ber  Ueberfdjrift : 
f,^Hit)rfd)ciniid)  oom  19.  m\v\"  in  baz  3afrr  1521.  Sttfo  auf 
bie  bloße  il*a(nid)einlid)feit*oermutung  eine*  einzigen  9ftanne3 
bin  erbaut  Sanffen  eine  fo  grauenoolle  Auflage  gegen  Sutljer.  @r 
liiBt  §u  beut  3^ed  ba§  ,,mabrfd)eiulid)"  be*  be  SBette  fort,  nmdjt 
alfo  au*  ber  btoBcn  ÜDhitmaftung  eine  gemiffe  Tbatfadje.  Tenn 
freilid),  auf  Dem  ©runbe  eine*  unfidjeren  ,,mal)rfd)eiulid)"  föfct 
fid)  rtidjtä  fonftruieren.  s2Bie  mürbe  e§  ftcfj  and)  ausgenommen 
baben,  menu  er  bie  28af)rf>eit  gefd)rieben,  menu  er  alfo  gefagt 
bätte:  iXsn  einem  ©riefe,  ber  fein  Tatnm  trägt,  oon  bem  man 
alfo  nid)t  einmal  ba3  ?sal)r  ber  ©ntfteljung  rennt,  fagt  Butler  — ! 
Söcnn  mir  nun  unS  beiden,  er  habe  ben  ©rief  am  19.  äRätg 
L521  gefdjrieben,  [o  bat  er  fünf  Jage  [bätet  fd)on  bo8  (Gegenteil 
behauptet* !  —  ©erfeben  finb  mbglid).  Stbet  menn  ein  tömtfdjet 
Sdjriftfteller  niemals  m  (mtnften,  oft  aber  jum  Sd)aben  ßutfjerS 
fid)  oerfiebt  —V  Uebrigeiiv  bat  fdjon  ber  niidjfte  (belehrte, 
meld)er  nadj  be  äBette  jenen  nnbatierten  ©rief  nnterfud)te,  aufS 
fd)lagenbfte  nad)gemiefen,  baB  betfetbe  meber  ,am  19.  Wlixttf 
uod)  im  v"urbre  1521   gefd)iieben  iein  t'ann,  ban  er  oielmebr  übet 


136 

jmei  öaljre  älter  fein  muf?,  inbem  er  fid)  auf  bie  mit  SÖcilti* 
gepflogenen  Sßerljanblungen  bejiefjt.'362;  (So  gehört  ber  23rief  gar 
nidjt  ()iert)er,  mir  muffen  eine  anbere  ?lntroort  2utl)er*  auf  bie 
ooii  it)in  %vl  miberrufenben  fünfte  fud)eu.  ßum  ©IM  ift  fie 
un§  erhalten,  unb  jtoar  in  einem  tl)atfäd)lid)  mit  bem  Saturn, 
bem  19.  9)^är§  1521,  oerfeljenen  Briefe  Sutrjers.  Siefer,  roeldjer 
in  ber  be  ÜJSette'fdjen  ©ammlung  neben  bem  öou  Sanffen  fälfd)lid) 
oermenbeten  Sdjreiben  ftet)t,  mirb  oou  biefem  ©efd)id)tsforfd)er  nidjt 
erwähnt.    2Bie  lautet  £utf>er§  tuirfltcrje  Stitttoort? 

Sief  öerle|t  ift  ber  Reformator,  bafe  Spalatin  if)m  foldje 
SBorfcrjläge  audj  nur  l)at  sufenben  mögen,  ©r  beginnt:  „Sie 
2(rtifel,  meldje  id)  miberrufen  foll  unb  bie  SOorfdjriften  für  mein 
meitere§  s-lsert)alten  l)abe  id)  empfangen,  ßmeifte  nicfjt  baran, 
hak  id)  nidjts  miberrufen  merbe.  Senn  id)  fef)e,  bafj  fie  [bei 
ibjrem  Äampf  gegen  meine  ßeljre]  auf  fein  auberes  Argument  fid) 
ftütjen  als  barauf,  ba^  tcr)  gegen  ben  ©ebraud)  unb  bie  ©eroofjn* 
t)eitcn  il)rer  fogenannten  Äirdje  gefd)riebeu  ()abe.  3d)  merbe  alfo 
bem  Äaifer  islaxl  antworten,  wenn  er  mid)  nur  gum  2öiberruf 
berufen  motte,  fo  mürbe  id)  nid)t  fomnten ;  benu  baS  mürbe  eben= 
foüiel  fein,  als  menn  id)  fd)on  bortt)in  gegangen  unb  t)iert)er 
5urüdgetel)rt  märe.  3d)  fönnte  ja  and)  l)ier  miberrufen,  menn 
e§  fid)  nur  um  einen  Sßiberruf  t)anbe(te.  SSill  aber  bann  ber 
iiaifer  mid)  rufen,  um  mid)  51t  tobten,  fo  merbe  id)  mid)  erbieten 
äit  tommen.  Senn  id)  merbe  mit  ©ijrtfti  £)ülfe  uidjt  fliegen 
ober  bas  2Bort  im  .Stampfe  im  Stid)  (offen.  Völlig  gemif?  aber 
ift  mir,  ba§  jene  33lutmenfd)eu  uid)t  ruljcn  merben,  bis  fie  mid) 
getöbtet  fjaben.  9htr  baS  eine  münfdje  id),  bafj  allein  bie  ^apifteu 
mein  ©tut  auf  il)r  ©ettriffen  laben  merben."  Sie*  bie  für  ben 
.Siiirfiirften  beftimmte  ^lutmort,303)  mit  meld)er  benu  fretlid)  bie 
fünf  Sage  fpäter  an  einen  ,"yreuub  gerid)teten  SBorte  auf's  genau« 
efte  ()ar monieren.304) 

©in  paar  Sage  fpäter  erhielt  ihttljer  bie  (iitatiou  bes  ®aifet& 
©ie  forberte  bod)  uid)t  SSiberruf.  @r  follte  jiber  bie  ßetyre  unb 
bie  SBüdjer,  bie  oou  il)in  ausgegangen,  'Miishtnft'  geben.  SBer 
mürbe  fid)  muubern  tonnen,  wenn  il)n  bie  fjrage,  ob  er  nun 
mirftid)  nad)  SßormS  gel)en  folle,  uod)  einmal  in  Slufregung  unb 
Sdjmaufeu  oerfeljt  (jätte?    Slber  mo  ein  ßütljer  einmal   erfannt 


137 

()at,  was  ©ort  oon  ihm  will,  ba  ift  baS  fragen  abgctban.  Sffier 
mürbe  eS  nicht  begreifen,  wenn  bie  ©orge  um  ba§,  maS  bnnfel 
oot  trjm  lag,  üjn  $u  meiteren  arbeiten  unfähig  gemadjt  hätte? 
St  aber  fann  in  jenen  Jagen  einen  ©rief  über  eine  ttjeologifdje 
grage  an  ben  §er$og  Sodann  griebrid)  oon  ©adjfen  fdireibcn, 
in  mclchcm  er  baS,  maS  feiner  wartet,  nur  eben  ermahnt, 
um  511  ciliaren,  warum  er  itnn  mir  erft  einige  Sogen  feinem 
ÜDlagmficat  jufenbet:  „xHuf  ben  9fteicr)Stag  geforberi,  mufi  icrj 
otteS  liegen  laffen.  ,fntft  mir  ©Ott  mieber  51t  |)auS,  joll  e§ 
®m.  {JfürftL  ©naben  gar  fdjnefl  haben."305)  (£r  fann  am  folgenben 
läge,  wobt  bem  let.Uen  öor  ber  2tbreife,  eine  ©treitfdjrift  ooltenben,. 
an  bereit  ©djlufj  er  Jagt:  „5e|t  merben  fie  nur  nod)  mit  3d)reien, 
SBüten,  ßift  nnb  ©ematt  gegen  mid)  toben,  als  einen  VuIut, 
tote  ihn  alle  Csaln'lmnberte  nod)  nidjt  gefehen  haben,  Wicht  merjr 
mit  Sctjriften  werben  fie  gegen  mid)  fümpfen,  Jonbern  nur  fdjreien, 
id)  muffe  oon  ber  (irbe  oertitgt  merben.  3dj  aber  weif)  nnb  bin 
gemif),  ban  nnfer  .v>crr  SefuS  (il)riftitv  lebt  nnb  regiert.  Unb 
meil  id)  baS  weif)  nnb  glaube,  merbe  id)  aud)  biete  tanfenb 
Rupfte  nidjt  fiird)ten.  Tenn  grüner  ift  ber,  meldier  in  unS  ift, 
a(S  ber,  meld)er  in  ber  2Selt  ift".386) 

81IS  er  auf  ber  SRcife  in  SReintjarbSbrunn  übernachtete,  manne 
il)n  ber  SBorfteljer  beS  ÄtofterS,  Johann  .Steftner,  er  fenne  bie 
SBelfcrjen  nnb  Spanier  mohl,  mie  argltftige  nnb  falfd)e  ßeute  fie 
mären;  menn  fie  ihn  im  geringften  Sßörtlein  fangen  tonnten, 
toürben  fie  ihn  fidier  oerbrennen.  $)a  tonnte  Luther  fdjergenb 
antmorten,  momit  fie  ihn  beim  oerbrennen  mürben  V  3RU  Steffeln, 
baS  ginge  nod)  an;  aber  mit  [Jeuer,  baS  märe  freilich  JU  hein. 
Tann  forberte  er  jum  ©ebet  auf,  bau  bie  3achc  ber  Wahrheit 
erhalten  bleibe.  „83etet",  fagte  er  in  feiner  tiefen  äßeife,  „ein  Sater* 
nnfer  für  unfern  .vterrn  (ihriftnnt,  ben;  ihm  fein  SBater  motte 
gnabig  fein,  (irbält  er  ihm  feine  2acbc,  [0  ift  bie  meine  auch 
gemoniicii."  Wlon  finbei  biefe  SEBortt  .abgefdjmacrt,  ja  1111= 
finnig'.867)  Studj  jjanffen  icheint  fo  \\\  urteilen,  fonft  hätte  er 
fie  mohl  nicht  mitgeteilt38")  3a,  ü1  menig  faffen  bie  SRömifdjen 
biefe  finnige  SBenbung,  bau  ).  ö.  SWajunfe  oon  ber  bnreh  ßutfjet 
furj  oor  feinem  Jobe  gethanen  "Hcnnemng,  man  möge  für  unfern 
•Herrgott    nnb    fein   ©öangelium    beten,    fchreiben    mag:    .^nlcut 


138 

brad)  er  gerabep  in  bie  23faspt)emie  ay&,  man  folle  für  ©Ott 
§um  £eufel  beten'.369)  $aben  biefe  Geologen  benn  nodj 
nie  bebadrt,  hak  mir  in  jcbent  Sßaterunfer  „für  ©Ott"  etroas 
erbitten,  baft  fein  Sföante  geheiligt  roerbe,  fein  fReidt)  fomme,  fein 
SSiüe  gefd)ef)e?  Unb  bo  ©fjriftt  $eid)  bo§  !Rei«f)  ©otte§  ift,  fo 
begeben  roir  int  ^aterunfer  bie  ^bgefdjinacfttjeit',  „ben  $ater  §u 
bitten",  bafi  er  (5t»rifto  fo  „gnöbig  fein"  unb  fein  IReicf)  fomtnen 
laffen  motte.  SDas  aber  mar  £utf)er§  ®raft,  bie  ©eroif3t)eit,  bafe 
feine  (Sacf)e  ©otte*  <&a&)c  fei.  Unb  nur  an  ber  ©acfje  lag  it)m, 
nicf)t  an  feiner  Sßerfoit. 

9ftod)te  er  aber  nod)  irgenb  roetdje  Hoffnung  gefjegt  fjaben, 
ber  Äaifer  roerbe  nidfjt  —  roie  Stteanber  oertangte  —  (ber  gerjor* 
fame  (Sjefutor  be§  'papfteä'  fein,  fo  mufete  fie  oodftänbig  oernid)tet 
roerben,  ot§  er  auf  ber  2öeiterreife  jenes  faif ertid)e  SDcanbat  §u 
fefjen  befam,  roetcfje<§  bie  2(u§tieferung  alter  feiner  ©djriften 
gebot,  roeit  ber  $apft  fie  öerbammt  fjabe.  @§  lag  am  £age, 
roa§  feiner  in  2Sorm3  martete,  falls  er  nidjt  miberrufen  mollte. 
£>er  il)n  begleitenbe  faiferüdje  .^erolb  uafjin  an,  Sutfjer  roerbe 
umfe()ren.  (Sr  fragte,  ob  er  nod)  meiter  ju  jiefjen  gebenfe. 
Unb  fomenig  mar  ßutbjer  —  rote  unfere  ©egner  il)n  fcfjilbern  — 
ein  ^Renommift,  bafj  er  frei  er^äljlt,  er  fei  erfdjrocfen  unb  t)abe 
gegittert,  at§  er  biefe§  sD?anbat  gelefen.  £enn  freilid),  oermegen, 
tollfurjn  mar  er  nidjt.  §C6er  aucr)  nidjt  feige.  (£r  ermiberte  bem 
^erolb:  ,,3d)  roitl  tjin^tetjen,  meun  gleidj  fooiel  Teufel  barin 
mären  als  ßiegel  auf  ben  SDädjern."  üötog  ein  ©oer*  feinen 
Seferrt  etngurebeit  oerfudjen,  Sutfjcr  fjabe  oietteidjt  nie  fo  gefagt, 
roeit  er  —  erft  fpäter  baoon  ergäbt  ()abe,:i7°)  fo  finbett  mir 
biefen  ©egenberoeiS  bod)  etTOa§  gar  51t  uugetjenerlid).  Stimmen 
bod)  aud)  jene  Sßorte  fo  genau  311  bem,  roa§  er  auf  ber  Üxcife 
oon  $rauffnrt  ans  an  Spalatin  gefdjrieben  tjat:  ,,3d)  fetje,  ba$ 
SKcmbat  Älarte  ift  oeröffent(id)t,  um  mid)  [oon  ber  Söetter reife] 
ab^ufdjredeu.  SlBet  Gtjriftu»  lebt,  unb  id)  »erbe  SBormS  betreten 
allen  Pforten  ber  ,f)üUe  unb  ©eroaltigen  ber  Suft  511111  Strotj."371) 

9Jod)  einmal  oerfnd)te  man,  il)it  prütf,utl)atten.  Seite  beiben 
bitter,  4mttcr  bereu  (Stuflufj  Suttjer  in  SffiormS  —  nadj  Satiffett 
—  geftaubeu'  fjabeu  foll,  glitten  unb  Sicfingeu,  baten  ihn,  nod) 
„uid)t  nad)  2Borot§  31t  ^tefjen,  er  mürbe  fonft  oerbranut  merben." 


139 

2)eä  förifetä  23cid)toater  (jatte  fie  überzeugt,  8utf)erä  ©adje  werbe 
nod)  gut  ablaufen,  toenn  fie  nur  iljn  31t  einigen  ßonjefftonen 
betoegen  könnten.  Sutfjer  aber  antwortete:  „$at  beö  ÄutferS 
S3eid)töater  mir  etwa*  ju  jagen,  [o  mag  er  e§  wot)t  31t  SSorm» 
tb,un"  unb  §og  weiter.  (Staunen  ergriff  feine  $reunbe,  al§  er 
wirf(id)  in  bie  Stabt  einbog,  Staunen  über  „foldjen  djriftftdjen 
t)ot)en  SOhtt."  Sanffen  freilief)  weife  gu  etilen,372)  feine  greunbe 
flätten  if)n  $ix  ©tanbl)aftigfeit  ermahnen'  muffen.  Giner  biefer 
^reunbe  aber  berietet  umgefefrrt,  fein  sJJcut  tjabe  fie  aufgerichtet: 
,,©s  t)at  maiicr)  cfjriftticfj  §er,^  getröftet  unb  ermannt,  bak  ber 
d)rift(id)e  SToftor  äßarthmä  [0  tröfttid)  erfd)ieneu  ift,  uuangefefjen, 
bau  ein  9)canbat  in  faiferlidjer  iDcafeftät  tarnen  wiber  Um  au§= 
gegangen  ift,  bas  ifm,  ab§  bie  geinbe  bennuteten,  ^trittf  treiben 
follte.  übet  ber  gute  ^ater  ift  fommen  unb  l)at  fid)  fo  d)rift= 
lid)  erzeigt,  ba$  man  oermerft,  bafe  er  auf  @rbeu  nid)t§  gefürchtet, 
fonbern  efjet  Ijunbert  £älfe,  fieib  unb  Seben  baran  gewagt  unb 
gefegt,  ct)e  er  einen  23ud)ftabcn  objne  Untermeifung  aus  bem  gött= 
lidien  SBorte  wiberrufeu  (jätte."373) 

9(m  anbera  9cad)mittage  füllte  er  bor  bem  Weid)*tage 
erfdjeinen.  ©owenig  wuf?te  er  oon  Stngft  unb  forgeuooller  Un= 
entfdjiebenrjeit,  bafe  er  an  bem  läge  nod)  $üt  nnb  sDtul)e  genug 
fanb,  einen  fronten  (Sbelmauu  aufeufudjen,  feine  93eidt)te  31t  Ijören 
unb  tfjm  baz  2(benbmal)l  ju  reidjen.  ?(m  SKadjnrittage  mußte  er 
mehrere  ©tunben  über  bie  feftgefe|te  $ät  warten,  el)e  er  in  ben 
©rjjungSfaal  geführt  würbe.  SBie  abfpanuenb  wirft  e§,  oor 
einer  folgenfdjmereu  Sntfdjeibung  wiber  Srtoarten,  lange,  un= 
tfjätig,  warten  ju  muffen!  2öa3  mufite  !L'ut()er  f üblen,  aU 
er  eublid)  ber  erhabenen  ^erfammluug  gegenüberftanb,  ate 
er  bie  SBIicfe  ber  Süchtigen  biefer  (irbe  auf  fid)  gerichtet 
iali,  afö  er  fid)  [agen  mnfüe,  baf?  es  oon  einem  Söorte  ab 
bangen  fönne,  ob  er  biefe  gefamte  9Jcad)t  für  ober  gegen  fid) 
baben  werbe! 

@3  wirb  eine  3Baf)rljeii  barin  liegen,   wenn   unfete  (Gegner 
bei  biefent  Setljöre  nidit  jene  ßuberfidjt  an  filtrier  fiuben  tonnen, 
weld)e  fie  fouft  wo()l  au  il)in  }U   beobad)teu   meinen.     .Viaben   fie 
bod)  alle  feine  oon  äJhti  jeugenben  SBorte  afö  ,tro$ige  Herwegen 
I)eit'    ober    t(^rofwval)lerei'    aufgefaßt      Unb    freilid),    Derartiges 


140 

geigte  Sutijer  in  jener  ©tunbe  nicrjt.  @r  mar  ofjne  ßmeifet  be= 
fangen,  üertegen.  @r  forad)  nid)t  in  jenem  lauten,  tro|ig  fülmen 
%imr  melden  mau  irjm  zugetraut  t)atte,  irjm,  biefem  oermegenen 
SDfämdje,  mcldjer  ,ba§  .fmupt  ber  ©Jjrtfteritjeit'  bi§  aufs  aulerfte 
31t  reiben  fidj  nid)t  gefreut,  meldjer  trofc  jene»  brobenben  äJeanbateS 
öor  ben  ftaifer  Einzutreten  getoagt  t)atte.  sJcid)t  alle  im  <Baai 
tonnten  feine  SSSorte  genau  oerfterjen.  Qmttaufdjt  maren  nid)t 
toentge  in  ber  fjotjen  Sßerfamnilung.  ü0can  batte  einen  gelben 
erwartet,  weldjer  üerniöge  eine§  bemunbern§roerten  natürüdjen 
3föute§,  ber  9)cad)t,  metdje  irjm  entgegenftanb,  trofcig  fpottete. 
üöton  fal)  einen  einfachen  ÜDienfdjen,  weldjer  oon  Statur  offenbar 
et)er  fdjüdjtern  unb  —  tote  er  fetbft  fo  oft  geäußert  —  in  ben 
SSSinfel  31t  friecfjen  geneigt  mar,  meldjer,  in  uieberem  ©tanbe 
geboren  unb  §u  möndjtfdjer  Untermürfigfeit  erlogen,  nitfjtä  bon 
jener  Sidjerfjeit  be§  §tuftreten§  geigte,  bie  auf  aubere  imponiereub 
gu.  mirfen  oertnag.  3Jfan  faf)  einen  Sttenfdjen,  meldier  fomeuig 
oon  ber  £oUfüfmf|ett  jener  gelben  üeftfct,  bie  btinb  auf  itrr  Qkl 
jufteuern,  bafc  er  oielmebr  ben  gemaltigen  ©ruft  jener  ©tuube 
bi*  auf  ba%  tieffte  füllte.  ,2)er  mirb  midi  ntdjt  gum  teer 
madjen,  fagte  ber  Äatfer  oeradjtungsooü.  üüfondjer  moüte  uid)t 
glauben,  bafi  ein  fo  ^agfyafter'  üütenfdj  jene  fünften  unb  gewaltigen 
lädier  gcfd)riebeu  tjabe,  toetdje  unter  feinem  Warnen  ausgegangen 
maren.  Sßon  ben  SBurjetn  ber  ftraft  Sutf)er§  hatten  fie  eben 
feine  Atmung.  Sie  öerntuteten  biefelben  in  angeborenen  ©igen* 
fdjafteu.  Sie  tagen  aber  einzig  in  feinem  ©tauben.  3)iefe  feine 
Verlegenheit  unb  ©tf)ücf)ternfjeit  finb  ber  fid)erfte  SBetoeiS,  bafc 
eine  Jjöljere  „.Straft  in  ibm  mädjtig"  mar.  SBir  fiuben  fein 
SBilb  niemals  fdjöner  all  in  jener  ©tunbe  ju  2Bortn§.  3)a§, 
um  beSWitten  er  öeradjtet  mürbe  oon  beneu,  auf  meldje  nur 
uatürlidje  ©röfje  liinbrutf  gu  madjen  im  ftaube  ift,  ba§  tft 
nur  bie  Jyolie,  auf  ber  feine  wafjre  ©röfje  um  fo  beller  fidj 
abbebt.  Tenu  mie  banbette  er  tro|  feiner  natürlichen  Sßer 
legeu()eitV 

.stein  SBunber,  bafj  unfere  ©egner,  melcbe  il)u  jum  gfeigting 
macbeu  moüeu,  nur  barau  fid)  balten,  mit  meldjer  Stimme  er 
geantwortet  bat,  bafi  fie  aber  nicfjt  §ur  Weitung  fommen  (äffen, 
wa§  er  geantmortet.    3mei  fragen  würben  tljm  oorgelegt.    SDte 


141 

erfte  mar,  ob  er  fid)  $u  ben  unter  feinem  Sftamen  ausgegangenen 

Sägern  befennen,  bie  nneite,  ob  er  ihren  3uh,alt  anbetrafen 
motte.  3ene  erfte  jjrage  tautet  bodj  fetjr  auffaüenb.  2)enn  mit 
folget  Cffenfjeit  rjatte  Butler  ftetS  gefyinbelt  unb  feine  Schriften 
mit  feinem  Warnen  ausgeben  loffen,  bau  man  bod)  munte,  roaS 
er  gefdjrieben.  80  hatte  beim  and)  ber  ilaifer  in  jenem  ÜWanbat 
bie  Auslieferung  ber  Sdjriften  ßuttjerä  geboten,  ofjne  and)  nur 
an  bie  ERögftdjfeü  $u  benlen,  bafj  mau  barüber  unaetoifj  fein 
tonne,  toeldjeä  feine  Sdmfteu  feien.  So  fann  jene  etgentunutdje 
^rageftcüung  nidjt  ohne  Tenbenj  gefcfjeben  fein.  SBir  meinen, 
biefelbe  auf  ben  33eid)toater  bei  .Staiferc-  prürffübreu  §u  füllen. 
Xenn  biefer  hatte  bem  ttnrfürften  uou  Sacbfen  einen  boppelten 
SBorfdjtag  gemad)t;  entioeber  foüe  ßuttjer  bie  unb  bie  beftimmteu 
Seilte  au8  feinen  ©Triften  nnberrufen,  ober,  fall»  er  fid)  baju 
nid)t  oerfteben  fönne,  fo  folle  er  mit  einer  Keinen  llmuatirrjeit 
fid)  oor  ber  irjm  brot)enben  ©efatjr  bewahren.  @§  banble  fid) 
näiulid)  oor  allem  um  ba£  böfe  SBudj  ßutr)er§  „tion  bem  babt)= 
fonifdjen  Gefängnis".  @r  brauche  alfo  nur  ju  biefem  SBudje 
.fid)  nid)t  ju  befennen,  toeldjeS  er  (eidjt  unb  mit  gutem  $ug 
unb  obren  tfjun  tonne.  Tenn  er  foü  e§  gäiuüd)  bafür  galten, 
ba%  niemanb  ift,  ber  feine  früheren  Sdjriften  getefen,  ber  bafür 
hielte,  bab  er  bas  ungefd)idte  Sud)  gemadjt  habe.  SGßaS  märe 
beim  baran  gelegen,  ob  er  nun  ba^u  fiel)  nid)t  befennte'.374)  So 
hatte  ber  fitteuftrenge  ^raitcUfaner',  mie  x~sauffcn  beS  Maiferc- 
Seidjtöater  nennt,  geraten.  (Sine  öequeme  £r)ür  hatte  man 
Luther  eröffnet,  inbem  man  mit  ber  ,~yrage  begann,  ob  er  fid) 
|U  ben  unter  feinem  Tanten  ausgegangenen  SBüdjera  befenne. 
SBefdj  eine  lorf'eube  Vlusfidjt  bot  fid)  ihm,  loeuu  er  biefeu  StuS» 
meg  beniit.ue!  Sludj  anter  benen,  loclcbe  nicht  ,m  ben  Anhängern 
Butlers  gewählt  »erben  tonnten,  umreit  fehr  oiele  ergrimmt  über 
baS  Treiben  beS  römifcheu  §ofeS  unb  feiner  treuen  Tieuer. 
Ww  3ubel  hatten  fie  öieteä  oon  bem  getefen,  QjaS  Butler  ge 
fdirieben.  3Rit  Aieuben  hätten  fie  ihn  ab?  ©unbeSgenoffen  gegen 
bie  heiüofeu  ^uftaube  in  ber  .Siircbc  bcuuM.  ^(\\\\  Tcutfcblaub', 
fo  berichtete  (natürtidj  ein  öjenig  übertreibenb)  ber  papftlid)e 
ßegat  Itteanber  nach  -Koni,  fei  .aufgebracht  gegen  Wom,  alle  SCBeft 
rufe   nad)   einem   auf  beutfcheiu  ©oben   abmhatteuben  (ioucitV17'') 


142 

äßiemeit  be§  ßaiferg  23eid)ttiater  311  biefer  Partei  511  rennen  tft, 
mag  uneutfd)ieben  bleiben,  ^ebenfalls  aber  Ijat  er  gau^  in  U)rem 
Sinne  feine  Datfdjläge  für  baZ  oon  fintier  ein^nfcfjlagenbe  9$er= 
Ratten  gegeben.  (|)öd)iid)  —  fo  fagte  er  —  über  bie  ÜDtafien  erfreut 
fei  er  anfangs  über  SutfjerS  ©rfjriften  gemefen'.  SC(ä  feine 
STtjefen  luiber  ben  5tb(af3  ausgegangen,  fei  er  311  tireifen  geroefen; 
e§  fjabe  ,nidt)t  oiete  ©ctefjrte  gegeben,  bie  ilun  barin  nicfjt  53eifatt 
gesollt  fjätten'.  fix  fyaht  bafür  gehalten,  bafs  SuttjerS  ©emüt 
unb  SBornetjmen  auf  baS  rjeitfame  $iel  gerietet  fei,  eine  atlge= 
meine  Deformation  ber  Äirdje,  bie  freilief)  mit  bieten  9Jftf$6räudjen 
eine  ßüt  taug  bemafett  geroefen,  511  Söege  31t  bringen',  .Selbft 
ber  Äaifer  begehre  fjoer),  bafi  foldj  ein  ÜJtann  mit  ber  cfjriftlidjen 
Äirdje  öerföfjnt  merben  mödjte'.  ßben  jenem  ebten  93eftreben 
ijabe  er  entgegen  gefjanbeft  unb  ein  £)inbernis  üorgemä^t,  baburd) 
baf3  er  ba%  Sucrj  oon  ber  ©efangenfdjaft  ber  ftirdje  Jjabe  au§= 
gelten  (äffen.  @r  tjätte  anfeljen  fotten,  baf?  bie  gett  unb  bie 
Seute  [für  fotd)e  ©ebanfen]  unfcfjicfltcr)  mären'.  .SDarum  folle  er 
nur  51t  biefer  ©crjrtft  nicfjt  fidf»  befennen'.376)  —  gafjte  atfo 
ßutfjer  bie  folgen  ber  in  jener  Stunbe  gu  SSormS  51t  treffeuben 
(Sntfdjeibung  ins  Stuge,  fo  fdjien  er  nur  $ttnfdjen  ben  beiben 
9Jcög(id)feiten  bie  2Bal)t  311  fjaben:  (Sntmeber  tierleugnete  er  bie 
5(utorfd)aft  jenes  93ud)e§  unb  50g  bamtt  gleidjfam  bie  ©cbanfen 
mieber  jurücf,  metdje  $u  faffen  bie  SSett  nod)  uidjt  reif  mar; 
bann  mar  §n  ermarteu,  ba£  fo  gut  mie  alle  £)eutfd)eu  unter  ber 
$üfrrung  beS  Äaiferä  fetbft  itmi  anfangen  mürben,  ba$  eine  grünb= 
lidje  Deformation  ber  beutf djen  föirdjc  herbeigeführt  unb  irjm 
fetbft  bie  erfte  Stolle  bei  biefem  fd)önen  SBerfe  gufatten  mürbe. 
3a,  bei  bem  allgemeinen  SJafttrauen  unb  ber  jomig  erregten 
(Stimmung  gegen  ben  rümifdjen  Stu()(,  mar  aucr)  bie  ©rmartung 
mot)(  begrünbet,  bafi  bann  bie  beutfdje  Äirdje  eine  tion  Dom 
unabhängige  «Stellung  gewinnen  unb  baburd)  ber  23oben  bereitet 
mürbe,  auf  bem  Butler  unb  feine  Sd)üler  in  ftiiitercr  $eit  ben 
Samen  meiterer  sJ>läne  mit  (Srfolg  ausbreiten  tonnten.  SBie 
fel)r  irrt  puffen,  menu  er  meint,  mit  foldjer  Sftadjgiebigfett  in 
einigen  fünften  würbe  £utl)er  bie  Sßartet  ber  Sbftgen,  .unter 
bereu  C5inflnn  er  geftanben'  bjaben  foll,  erzürnt  babml  (Sr  t)ätte 
baburd)  gerabe  baS  errcid)t,  maS  fie  erftrebten:  £ic  „Jreifjcit" 


143 

oon  beut  aufjerKdjen  „römifdjen  ^sorfi,  bic  neuen  ^uftanbo,  bie 
ßerftörung  ber  päpftltcfjeu  3wingf)errfd)aft'\  me(d)e  ein  gutien  fo 
letbenfc^aftücf)  üerlangte.  Xie»  maren  ja  bte  gorberungen,  mefd)e 
biefer  bitter  in  feinen  nad)  SBorntS  gefanbten  .Trobbriefeu'  auf* 
ftellte.3")  Tarum  (jatte  ja  ©icfhtgen,  als  be§  ÄaiferS  S5eirf)t= 
oatcr  ©lapiott  tfjm  nadjttrieS,  Suttjer  fjabe  and)  gegen  beti  bi§= 
berigeu  ©tauben  gefdnieben,  eutrüftet  ausgerufen,  mo  ßutljer  ju 
übel  am  ©tauben  gevebet,  ba  tooHe  er  ber  erfte  fein,  ba§  geiter 
au^utreteu'.3^)  £arum  blatten  ja  bie  beibeu  bitter  ben  £utber 
gu  einer  23efpred)itug  mit  ©taöion  auf  bie  (Sberuburg  eiugetabeu. 
<Bo  founte  2utf)er  alle  gemimten  unb  afleS  gemimten,  meitu  er 
nur  ein  menig  nadjgab.  $n  ber  23jaf,  fdjrieb  ber  ^enejiauer 
Marino  ©anuto,  menu  Sutljer  (jter  mäßiger  unb  oorfidjtiger 
ge()anbelt  (jatte.  .  .  fo  mürbe  er  ganä  £eutfd)tanb  an  fid) 
gefeffelt  fjaben'.379)  SBoltte  er  aber  nidjts  toiberrufen,  feine  feiner 
<2d)riften  oerteugnen,  fo  founte  feiner  nur  bie  ^ermerfung  bttrd) 
ben  9?eid)*tag  märten,  fo  ftanb  ü)iu  ber  Job,  feiner  <&ad)e  ber 
Untergang  beoor. 

2Ber  fid)  biefe  Situation  oorftedt,  luirb  bie  mm  2utf)er 
gegebene  Antwort  ju  mürbigeu  miffeu.  €f)ite  aud)  nur  einen 
Stugenotuf  fid)  31t  befinnen,  befanute  er  fid)  31t  allen  feinen 
©djriften.  ffit  i()it  mar  ber  fftat  be§  jittenftrengeu  granjiS» 
fanennöndjeS',  beS  ©emiffeusberater*  be*  ßaiferS,  bod)  nid)t§, 
2Bo  ift  nun  mal)re  ©röfce,  rütffidjtSlofer  äJhtt,  ©ebunbenb,eit  an 
bie  2öa()rl)eitV 

Tan  ^'utfyer  fo  geautmortet,  fann  ^auffeu  nid)t  leugnen. 
Aber  bie  Wnbe  unb  ,yeitigieit,  mit  ber  Sutljer  biefe  (Srfläruug 
abgab,  mivb  bind)  feinen  ©eridjt  funftooll  ausgemerzt:  j8a 
feinem  erften  Verböte  mar  Sutfjer  feineftoegS  in  einer  jutier- 
fid)tliri)eu  Stimmung.  Stuf  bie  ihm  geftellte  [Jfrage:  ob  er  fid) 
311  feinen  @üdjern  befenne,  gab  er  bejabeube  Vluttuort ;  auf  bie 
anbete  ,"yrage  aber:  ob  er  biefe  SBüdjet  'uiberrnfen  molle,  bat  er 
fid)  ©ebenrjeit  aus'.380)  Unb  tote  baben  biefeti  rbmifdien  .\>iftorifer 
feine  Vlbfdireiber  inrftanbenV  Ter  eine881)  idireibt:  Tie  erfte 
$rage  bejahte  er  fleinlaut',  ein  anberer88*)  gar:  (S8eftommeu 
antwortete  er:  ja'.  SBer  fiel)t  ba  nidn  einen  fdmlbbemunteu 
Delinquenten,  mie  er  jittemb  bot  ber  mobloerbienten  Strafe  auf 


144 

bie  ©djulbfragc  faum  ba§  SSörttein  „ja"  tjemorbringen  rann? 
SBcr  fottte  e§  nad)  biefer  römifdjen  ©arfteßung  and)  nur  für 
möglid)  galten,  baf?  Sutfier  eine  Heine  Rebe  gehalten  t)at,  in 
melier  er  Ijinfidjtlidj  ber  crfteti  jener  beiben  fragen  eillärte, 
baft  er  nid)t  allein  bie  Söüdjer,  beren  £itel  eben  norgetefen  feien, 
für  bie  feinigen  erfenne,  fonbern  fogar  nod)  anbere  metjr,  nnb 
Ücß  er  feines  berfelben  jemals  ableugnen  in  olle.  $ax 
93eantmortnng  ber  ^rochen  £$frage  aber,  ob  er  feine  SBüdjer 
miberrnfen  roolle,  bat  er  fid)  $eit  gur  Ueberlegnng  au§. 

|rierin  fet)en  feine  $einbe  jcttt  ©djtuanfeif.  Stber  fd)on  ba% 
eine  follte  fie  nor  fotdjer  SJftfjbeutung  bemaljren,  bafe  ßutljer 
nod)  in  berfelben  ©tunbe,  in  meldjer  er  ou§  ber  Reicr)soer= 
fammlnng  jurikttefjrte,  an  3ot).  (SuSpianns  gefdjrieben  bat: 
,,3d)  f)abe  geantwortet,  bie  üBüdjer  feien  bie  meinigen ;  wa§  id) 
jeboct)  über  ben  2öiberruf  benre,  mürbe  id)  morgen  fagen,  ba  mir 
leine  ßeit  gegeben  fei,  ba§>  51t  überlegen.  Stber  mit  (5f)rifti 
©nabe  werbe  icf)  nidjt  ein  £itetd)en  miberrnfen".;!83)  <So  fann 
nidjt  Sdjwanfen  il)n  §ur  53itte  um  eine  „83ebenf§eit"  beftimmt 
l)abcn.  SBer  freilid)  bie  ©arftettung  biefcr  Vorgänge  bei  Sariffen 
lieft,  fann  garnidjt  anber§  als  bicfe  Söitte  Sut^er§  falfdj  ncr= 
ftel)en.  2)enn  bie  ©rünbe,  Weldjer  biefer  für  feine  Sitte  angegeben 
l)at,  üerfdjroeigt  Qfanffcii  gän$Iidj.  Unb  Don  bem,  was  ßutljer 
an  bem  folgenben  -Tage  in  ber  ReidKWerfammlnng  uorgetragen 
l)at,  weift  ^anffen  nid)t§  weitet  al§:  ßt  berfagte  mit  tapferer 
unerfdjrodener  Stimme  nnb  fftebe  jeben  Sßiberruf.  ©ewifi, 
Wenn  ßutljer  nidjt  met)r  fagen  mollte,  —  biefeS  Ijätte  er  and) 
am  erften  Xage  fagen  tonnen,  fo  nnoorbereitet  aud)  Um  bie 
$rage  bamalS  traf.  Söenn  er  nid)t  mel)r  gefagt  hätte,  fo  märe 
bie  Sitte  um  Söebenfgeit  ein  ßeidjen  baoon,  bafj  er  fid)  nod)  erft 
l)abe  „bebenfen"  motten,  ob  er  miberrnfen  folle  ober  nidjt; 
wäfvrenb  er  nur  fid)  „bebenlen"  mill,  mie  er  feine  Verweigerung 
be§  SBiberrufS  ans(yibrüd"en  babe,  nm  nid)t  mifmerftanben  gu 
Werben,  fragen  mir  aber  Sanffen,  maS  beim  ou8  bem  am 
erften  2age  fnrd)tfamen  nnb  fd)manfenben  ßutljer  ben  am 
^weiten  läge  nnerfd)rodenen  nnb  ftanbfjaften  9J?ann  gemacht  habe, 
fo  flid)t  er  einfad)  ein  paar  @ft|e  auS  einem  ©riefe  $utten3  an 
ßutljer  ein,   in   toetdjen   ber  Flitter  ben  Reformator  ^nr  @tanb= 


145 

Ijaftigfeif  ermahnt  Mafien  fott,  boju  einen  @a|  au§  bem  SBfricfc 
$utten§  an  Suftui  3fona8,  in  toeldjem  bte  SBenbung  „ -Tumult 
51t  ftanbe Bringen"  oorfommt.  3anffen§  Sdjfuf?  lautet  bann:  453ei 
feinem  ^meiten  SBerljöte  bemiev  ßutljet  bte  öon  feinen  ^teunben 
getöünfdjte  ©tanotjaftigfett'.  3fanffen3  SatfteÜung  öon  Öntber 
auf  bem  9fteidj§tage  ju  SSortttS'  ift  eine  föattifatut,  tote  fie  nur 
ein  üKeiftet  liefern  tann,  töetdjet  ba§  fdjönfte  Stotgefidjt  bnrer) 
Qfottnrifdjen  toeniger  Sttidje  in  eine  abfdjrctfenbe,  3>erad)tung 
einfföfjenbe  3?ra|e  um^ufdiaffeu  öetntag. 

Tamit  bat  Sntber  am  evften  Sage  feine  Söttte  nm  Soeben!* 
,;eit  begtünbet,  bafi  er,  toenn  er  auf  eine  fo  allgemein  gehaltene 
grage,  ob  et  alle  feine  ©üdjet  miberrufen  molle,  am  bem  Stegreif 
antmorten  muffe,  in  ®efaf>r  fterje,  bem  Urteil  be§  Gerrit  51t  öet= 
fallen:  „2Bet  fid)  mein  fdjämt  auf  Grbett,  bei  töetbe  td)  mid) 
fd)ämen  öor  meinem  tjimnttifd)en  SBatet  unb  box  feinen  ®ngeln".384) 
S)a§  allein  atfo  mar  feine  Sorge,  er  fönne  gegen  feineu  SBißen 
bemjenigen,  toal  er  at§  ba§  Sßott  (ilirifti  etfannt  batte,  etioaS 
Hergeben.  Sein  ©enriffen,  meldjev  feine  Sinie  meit  öon  ber 
Sßafjtljeit  abmeidjen  luottte,  bat  ihm  jene  Sitte  eingegeben.  2Ba§ 
er  batntt  gemeint,  jeigt  bie  ©rffärung,  bte  er  am  jineiten  Zage 
abgab.  St  mar  fid)  beuutnt,  bau  nid)t  alles,  toa§  er  gefdirieben, 
tobeHoä  fei.  ®r  befennt  ba()er,  er  fei  in  feinen  Streitfdjriften 
heftiger  gemefen,  at§  „bem  d)riftlid)eu  ©entetntüefen  unb  Staube 
gemeint".  (St  erflärt  fobann,  er  tröffe,  bafj  er  beut  orrtnm  au§= 
gefent  fei.  So  tonnte  er  beim  nid)t  obne  nähere  ©tftätung 
alle  feine  Südjet  anfrediterhalten.  Unb  bod)  and)  magte  er  nidit, 
biefeS  obne  genauere  SBeftintmungen  auSgufötecfjen.  2)enn  e3  bätte 
fo  öetftonben  toetben  tonnen,  ofö  molle  er  bod)  eftoaS  öon 
feiner  ßefjte  miberrufen.  Xarnni  imune  er  11111  SBebenfjeii 
bitten,  nm  nidit  juöiel  unb  nidit  mmenig  JU  lagen;  nm  am 
jttJeiten  läge  bie  ISrflarnng  abzugeben,  er  fönne  bie  ,~yorm 
feiner  Sd)riften  nidit  öettetbtgen,  and)  bie  s.lh'bglid)feit  liege 
OOt,  bafi  an  bem  v\nbalt  etmas  irrig  fei,  miberriifen  aber  tonne 
er  and)  baoon  ttidjtö,  folange  er  e8  für  &>al)rheit  balte,  iolange 
ibin  nid)t  ein  orrtitnt  nadi.yimeifeu  fei. 

5)a8  mar  bod)  (tat  genug  gerebet.  Vlber  uuinberbar! 
SDfaltl  madite  nod)  einen  Serfudj,  ilm  511111  Wadigeben  511  bemegen. 

SBaltfyct  vntiii'io  Beruf.  |o 


146 

2Ran  [teilte  bie  $orberung  fo  niebrig  als  nur  mögtid).  Wem 
bertangte  bon  ifnn,  er  fülle  nur  bie  jenigen  ber  bot!  iljin  auf* 
gefreuten  SBefjaubtungen,  meldje  fdjon  in  früheren  ßeiten  burdj 
allgemeine  ßoncüien  berurtetlt  feien,  miberrufen.  ÜDcau  fidjerte 
ifjnt  51t,  man  werbe  bann  fdjon  einen  SBeg  finben,  um  feine 
übrigen  23üdjer  51t  ermatten.  ÜKan  möchte  ftauneu,  bafe  ein 
SKeanbcr  fotdj  einen  SBorfdjtag  julief}.  £od)  er  fdjeint  beu 
Suttjer  beffer  gefannt  511  fjaben  als  etroa  ein  Sanffen.  @r  mar 
mof)t  überzeugt,  Suttfer  roerbc  bodj  unbemegtid)  fielen  uub  nidjts 
miberrufen.  (5r  rjat  fidj  nidjt  geirrt.  ,,3d)  bin  übermunben 
burefj  bie  ©djrift",  fpradj  ßutrjer,  „mein  ©emiffen  ift  gefangen 
im  2Borte  ©ottes.  3dj  mag  uub  roill  nidjts  miberrufen,  roeit 
miber  bas  ©emiffeu  51t  fjattbetn  befdjmerlidj ,  untjetlfam  unb 
gcfäfjrlidr)  ift". 

9tod)  einmal  bcrfudjte  man,  itm  umpftimmen.  S)ie  3)rot)ung 
füllte  es  ausridjten,  tmürbe  er  feinen  SSiberruf  t()itu,  fo  mürben 
Äaiferüdje  9Jtajeftät  famt  ben  dürften  uub  ©tänben  bes  9\cid)S 
befdjttefkn ,  toe§  fie  fid)  gegen  einen  fotdjen  &e£er  tjalten 
füllten'.385)  SC6er  bas  muffte  er  (ängft.  @r  „beharrte  mie  ein 
rjarter  %d%H,  fagt  ein  alter  23erid)t.  „©0  Ijelfe  mir  ©Ott,  einen 
Sßiberruf  faun  id)  nidjt  tf)itu",  antwortete  er;  „tjier  ftebe  id), 
id)  lauu  nidjt  anbers,  ©Ott  Ijelfe  mir!    kirnen". 

Ü)ton  fü()lt,  mas  in  tiefen  Sßorten  fid)  auSfbridjt.  ©ie 
allein  fd)on  merfen  bas  gefamte  römifdje  ©emalbe  öoit  beut 
^nfdjÜ'tjfigeu',  auf  SKenfdjen  fid)  ftü|enben  Sutljer  über  beu 
Raufen.  SDarum  muf?  jene§  SBort  Sutt)er§  aus  ber  SBclt 
gefd)afft  merben.  ©0  erzählt  man  uns,  es  fei  ,bon  |beiu 
Sßroteftanten]  SBnrtTfjarbt  in  ben  Stubieu  unb  Mritifen  RafycQ. 
1869  ©.  517—581  ber  Wadjtoeis  geführt,  bafe  ßnttjer  in  2öormS 
ben  tiietberufeueu  2tuSfprudj:  „.Spie  frei)  id),  id)  faun  nidjt  anbers, 
©ott  tjelff  mir,  Stnten"  nidjt  getljan  habe'.386)  Stoßet  miberführt 
einigen  tiefet  rümifdjen  Suttjerforfd^er  ein  intereffanteä  SBer* 
ieljen.  (SberS  tjatte  nämüd)  gefd)rieben:  Qafc  biefe  SBorte  eine 
ipätere  ßuttjat  finb,  ift  nadjgetoiefen  in  einem  Stuffafc  in  ber 
proteftautijdjeu  ßeitfd^rift  „Stubieu  \u\h  iiritireu"  bon  ©urfijarb 
1869  III'.  Tiefe  etioaS  unftare  Slngabe  tjatte  nun  c©ottlteb'  fo 
berftanben,    als   mürbe  jene  ^eitjebrift  bon  SBurffjarbt  heraus* 


14  7 

gegeben,  toäfjrenb  bodj  biefer  nur  ben  fraglichen  Slrtifel  geliefert 
jjat.  ©ottlieb  liatte  baljer  gef  trieben :  $eber  ©ebilbete  toeifj 
fjeute,  baß  jene3  äBort  eine  Tyabel  tft  2)afj  biefe  SBorte  eine 
(Srfinbung  fpütcrer  3eii  finb,  tft  nacfjgetoiefen  in  einem  §lttffa|  ber 
protcftanttfdjen  ^eitjrfjrtft:  „©tubien  uub  Kritifen  üon  Söurfljarb 
1869  III"'.  Tiefen  Unfiuu  fdjrieb  bann  ^errmann  gebulbig  ab. 
2öir  üergeüjen  ben  3tömifcf)en  foter)  ein  SBerfeljen,  toenn  wir  auet)  nidjt 
begreifen,  tote  man  bei  foldjer  Uumiffenbeit  mit  ber  fottüeränen 
Strafe  jeber  ©ebitbete  toeijg  beute'  operieren  mag.  Tic  Strt  aber, 
wie  ©ottfieb  fid)  fpäter  gerechtfertigt  bat,  afö  mir  Sßroteftanten 
ibm  ba3  tbatfäd)ttche  SBerljältniS  nun  SSurfijarbt  ju  jener  ßeit= 
fdjrift  funb  getljan  hatten,  tft  berartig,  bafs  mir  nur  irjm 
briugenb  raten  tonnen,  aud)  in  ^ufuitft  uid)t  anbers  afö  unter 
fclfdjem  Warnen  §u  fdjreibeu.  Sn  Sßirftidjfeit  bat  er  —  toie  mau 
fiebt  —  toörtiidj  von  ©oer§  abgefd)rieben,  weshalb  mir  aud)  ben 
«Sdireibfehler  5Burff)arb  (anftatt  83urK)arbt)  bei  ibm  mieberfinben. 
Sbtftatt  aber  bie§  einjugefteljen,  behauptet  er:  ßon  öerfdjiebener 
(Seite  tft  mir  ber  ^reüel  öorgerücft  toorben,  bafj  in  meinem  ©riefe 
„Stnbien  uub  .Strttifen  tum  23urfl)arbt"  §u  (efeu  mar,  WO  otö 
„mm  SBurfljarbt"  in  bie  üorljergefienbe  ^eile  §u  beut  SBort 
„Kliman"  tjätte  gefdmbcn  toerben  fallen.  Gutmeber  tft  mir  bei 
ber  teilmeifeu  2K>fct)rift  meinem  SBriefeS  in  ber  Site  ba§  febretf  liebe 
Ungliid  paffiert,  ober,  toaä  toaljrfdjeinüdjer  tft,  id)  tjabe  ben  „Söurit 
barbt"  naduvaglid)  eingefügt,  uub  ba  tft  er  anftatt  hinauf, 
biuuuter  gerutid)t.  SKun  beadjten  Sie,  bau  bergleidieu  Sftacf) 
läffigfeiteu  aud)  ihr  ©uteS  haben.  Taburd),  baf;  mau  geguerifdjer 
feite-  immer  toieber  auf  Derartige  ßappatien  jurüdfgreift,  befeunt 
mau,  bar,  mau".  .  .  gegen  ben  wefeutlidien  Inhalt  ber  gemachten 
Darlegungen  abfoiut  SKidjtS  öorjubringen  tjat'.381)  @8  mag  bie 
äJfttteüung  mm  3fntereffe  fein,  bau  ber  üftann,  beffen  SluSfage 
fo  wenig  bem  SJIjatbeftanbe  entfpridjt,  uub  bev  fid)  bodj  ,©ottlieb' 
nennen  mag,  ber  oefuit  Ifcümann  Sßefdj  tft. 

Tod)    (\nd)   Sanffen  idieint  bie  Quelle,    bie  er  fo  genau  au 
giebt,  nicht  fid)   angeiehen  ;tt  haben.     So  hoffen  mir  weuigftenv. 
Denn   er    behauptet,    jener  [ganje  Vlusfpniih  ßutfjerä  fei  bort  a(3 
,nid)t    gethatt'    ltadigemicicu.      Vlber    teiitem    Sßroteftanten,    aud) 
©urffjarbt   nidjt,    ift  jemals  eingefallen,   bie  Vlulheutie  bev  lebten 

10* 


148 

SBorte:  ,,©ott  fjelfe  mir.  Slmen"  aud)  nur  in  5ra9e  3U  ^ef)en. 
3l%t  guöerföffig  finb  biefetben  beglaubigt,  fftax  um  bie  oor= 
f)ergel)enben  SBotte  Ijat  e§  fid)  getjanbett  Hub  wollte  Scmffett 
bie  bon  it)m  citierte  Quelle  ^ur  §anb  nehmen,  fo  mürbe  er 
finben,  bafc  nad)  jenem  ?(rtifel  SBurffjarbtS  anbere  berühmte 
2utf)erforfcf)er  jene  SBorte  al§  tt)atfäd)üd)  gefprodjen  oerteibigen.388) 
?(uc^  mir  tjaben  unfere  ©rünbe,  marum  mir  glauben,  bafs  Sutfjer 
im  rocfenttidjen  fo  gercbet  Üjat.  Slber  mären  bie  SGBorte  aud)  unedjt,  fo 
ift  bod)  ba§,  roa§  fie  meinen,  mdfjt§  anbere§  al§  roa§  er  eben 
oortjer  ausführlicher  auSgefbrodjcn  l)atte.  „$d)  fann  nicfjt 
anber§,  tjier  ftefje  id)"  fjeifjt  ja  nid)t£  aubere§  at§  „^dj  bin  über* 
munben  burd)  bie  ©djrift,  id)  mag  nidjte  miberrufen,  madjt  mit 
mir,  ma§  tt)r  mollt!    ©Ott  allein  fann  mir  t)etfen." 

£utf)er§  fturfürft  mar  tief  ergriffen  üoit  folcrjer  gcftigfeit 
uub  üon  folgern  9Jhtte:  „2öof)t  f)at  ber  $ater  SDoctor  SDrartinuä 
gerebet  üor  bem  §errn  ®aifer  unb  allen  dürften  uub  ©tänben 
be£  9teid)3.  @r  ift  mir  oiel  §u  fütjn".389)  £mtten  fd)rieb  an 
^pirfljeimer:  „£utt)er  mirb  offenbar  non  göttlidjem  Smpulfe 
getrieben;  alle  menfdjtidjen  s,Ratfd)Iäge  fd)liefjt  er  au3  unb  ber- 
läßt  fid)  gang  auf  ©Ott.  &en  Stob  aber  beradjtet  er  mie  leiner 
fonft".390)  2öer  fül)lte  nidjt  au§  biefen  äöorten  bie  $emunberung 
beffen  fjeramo,  mefdjer  bei  einem  anberen  fiel)t,  ma§  er  fid) 
münfdjt,  aber  nidjt  f)at!  2>er  bitter,  metdjer  nid)t  ben  SDxut 
finben  fann,  fid)  in  2Borm§  fefjen  gu  (äffen,  fonbem  nur  oon 
ber  fixeren  (Sbernburg  l)erab  £)rol)bricfe  an  bie  in  2ßorm§  ber= 
fammeltcn  Ferren  31t  fenben  magt,  blicft  mit  33emunberung  gu 
bem  roefjrtofen  9ftönd)e  auf,  roeldjer  mitten  unter  feineu  grimmigen 
gcinben  fo  eifern  feft  ftefjt. 

SDie  bieten  Sßerfudje,  bie  man  norf)  in  SBormä  mad)te,  ben 
Reformator  jutn  SJcadjgeben  ju  bemegen,  finb  nur  ein  23emei3 
baoon,  baf?  mau  il)n  nidjt  oerftanb.  2>ie  ©ewiftbeit,  bie  it)it 
erfüllte,  mar  unb  ift  ben  Sfcöntifdjen  eine  unbefanute  ©röfje. 
®afe  ber  ©eift  ©otte§  in  bem  §ergen  be8  üftenfdjen  eine  lieber* 
jeugung  mtrt'eu  fann,  bie  burd)  nid)t§  311  erfd)ütteru  ift,  mar 
uub  ift  üjnen  oerborgeu.  £)iefe  ©emif5l)eit  Sut^erS  über  ben  3n= 
Ijatt  be§  üon  il)m  Skrfüubigten  merben  mir  in  einem  folgenben 


149 

£>efte  ins  Singe  $u  faffen  Ijaben,  um  bie  3?rdge  uac^  Der  ßegto* 
mation  SutfjerS  öoUftänbig  511  erlebigen  (tigt  oben  3.  4). 

liniere  ttnterfudjnngen  [)abcn  uns  gegeigt,  bafj  alles,  toontit 
SRom  bartffun  null,  Butler  [ei  nicfjt  31t  feinem  SBirfeti  tiüttticf) 
berechtigt  getoefen,  auf  Unmabrtieit  beru()t.  (Sr  l)at  fid)  nid)t 
einen  anbeten  SSeruf  angemaßt,  als  ben,  meldjer  if)m  orbnung§ 
gemäü  über  tragen  mar.  (Sr  lien  fiel)  nidt)t  öon  fünbüdjen  äftotiöen, 
[onbern  eingig  öon  [einer  SerufSöflidjt  leiten.  (Sr  t)at  ntcfjt 
ielbit  an  Der  Sftedjtmäfjigfeit  [eine§  SGBirfeni  gejtoeifett  (Sr  fjat 
melmebr  in  ber  (Mcunftfieit  [einer  göttlichen  Berufung  bie  Äraft 
gefunben,  bie  trüben  folgen  feines  SBirfenS  ju  ertragen,  mochten 
fie  and)  il)n  [etbft  treffen,  unb  ben  SfaSgang  ©ott  bem  |)errn 
31t  befehlen. 


SBdcflc  unb  ^iimcvhtiinciu 


1.  (Sri.  (erlangen » f$franf  fürtet  2Iu§gabe  ber  äßerre  2utt)er§)  48,  139. 

—  2.  1.  9JJofe  45,  5  ff.  -  -  3.  ©ottlieb  («riefe  au$  Hamburg  ©.)  231.  — 
4.  @rl.  24,  54.  —  5.  £6,efe  (groeimal  95  Sbefen  unb  2lntitbefen  Dr.  Tl.  Butler 
betreff enb)  15.  —  6.  ©ottlieb  231.  —  7.  Sanffen  (©efd>idite  be§  beutfd)en 
SSolfeg,  7.  Stuft.)  II,  170.  178.  —  8.  SBeftermatjer  (2utber§  Sßerf  im  Sajre 
1883,  ©.)  20.  —  9.  ©erfelbe  14.  —  10.  Sri.  31,  257.  --  U.  ©rl.  24,  8.  — 
12.  @oer§,  2R.  2.  (Martin  2utber)  II,  316.  —  13.  ^anffen,  1.  SBort  (an  meine 
Äritifer)  107.  —  14.  ganffen  II,  109.  —  15.  Safelbft  85.  —  16.  £befc  20. 

—  17.  Sgl.  imfer  2.  £eft  ©.  62.  —  18.  $anffen,  l.Sßort  108.  —  19.  ^anffen 

II,  109.  —  20.  Sßalcö,  (2utber§  SBerfc)  18,  219.  —  21.  2BaId>  15,  1693.  — 

22.  @t>er3,  SDl.  2. 1,  59.  61.    $reb.  (@r>er§,  Ser  ^rebiger  in  Srebra)  53.  — 

23.  Se  SBette  (2utberg  Sriefe)  1,  108.  —  24.  @»er§,  2R.  2. 1,  280;  II,  59. 
Äatbolifd)  (ober  ^roteftantifd),  4.  2lufl.)  121  u.  f.  \v.  -  -  25.  Q.  SB.  ®»er§, 
5ßreb.  53.  —  26.  SDe  Söette  1,  333  f.  --  27.  Sanffen  II,  109.  148.  —  28. 
$afelbft  205.  -  -  29.   SDbllinger,  Sie  Deformation  3,  204.  —  30.  ^anffen 

III,  178.  —  31.  Corpus  Reformat.  2,  334.  -  -  32.  @rl.  24 ",  307.  --  33. 
SDie  33ered;tiguna,  ber  Deformation  13.  —  34.  ©ermanuS  (Reformatoren: 
bilber)  54.  —  35.  Sßobjgemutb,  (Dr.  9JJ.  2utber)  22.  —  36.  3Beftermat?er 
17.  136.  —  37.  ^anffen  II,  73.  78.  79.  115  u.  f.  m.  —  38.  £§efe  14.  —  39. 
Sanffen  II,  78.  —  40.  Safelbft  79.  —  41.  Böcking,  Hutteni  opera  II,  95. 

-  42.  ©rl.  17,  142  f.  --  43.  2>e  äBette  1,  73.  -  44.  ©ber§,  Äatbof.  78  f. 
©ermannt  56.  SDiefer  fäbvt  fort:  ,3ft  if;m  ja  bocf)  fdion  ba§  2tyoftelconciI 
»erbädjtig,  ba  auf  bemfelben  mel;r  »on  3Berten  unb  Jrabitionen  al§  oom 
©lauben  get)anbelt  mürbe'.  S)iefem  römifdieu  2utberforfd)er  begegnet  aber 
babei  ba§  fatale  S5erfcb,en,  al§  SBerceiä  für  feine  23el;auptung  anfällig  eine 
foTcbe  ©teile  au§  2utber§  Werfen  (ut  citieren,  meldte  ba6  ©egenteil  ausfagt, 
nämlid)  2BaIcr)  19,  1034,  ioo  e<§  beifjt:  „©oncile  follen  mit  ©driften  ober  mit 
geiviffen  Sinnigen  beg  ©eifteS  banbeln,  loie  bag  erfte  ©oncit  ber  2(£oftel 
tb,at."  ©o  gel;t#,  wenn  man  fict)  ftellt,  al§  I;abe  man  felbft  geforfd)t,  unb 
boeb  nur  »on  SöIIinger  (Deform.  III,  105)  abfdjreibt.  SDlöd&te  aber  ©ermanuä 
bie  richtige  Stelle  gern  iuiffen,  fo  tooffen  mir  ilnn  »erraten,  bajj  er  Sßald; 
8,  1034  auf  (utf  dalagen  b,at.  ©r  toirb  bann  audi  finben,  bafs  2utb/er  fagt,  eö 
fei  „ob,ne  ©d;aben"  geioefen,  meint  auf  jenem  erften  Goncil  „ba§  ©efefc  ein 


151 

roenig  mitgelaufen  fei,  ba  man  baZ  §auptftüd  blatte  bleiben  raffen."  —  45. 
Grl.  22,  184.  —  46.  frerrmann  (9)}.  2utl?er3  £eben  <3.)  91.  —  47.  (fei.  10,  88. 

—  48.  GoerS,  3R.  8.  I,  324.  —  49.  SBald?  19,  2041.  —  50.  Sri.  31,  339.  — 
51.  ©o  3.  33.  Äircfie  (itnc  }>roteftanti§mu§  <B.)  271.  —  52.  Gr>er§,  ^5reb.  54. 

—  53.  ©ottlieb  55.  944.  —  54.  Gbenfo  (Sri.  26,  28  f.;  24,  57;  26,  257  f. 
Sgl.  aud)  Dölmt,   *>roteft.  }>olemif  16.  (Iatedü3mu§  10.  —  55.  (fei.  30,  366. 

—  56.  Sanffen,  1.  Wort  106.  —  57.  Tcüinger,  Deformation  3,  205  ff. 
«pergenrötb/er,  ftircbengefcbidte  2,306.  GoerS,  3)1.2.1,  140;  &atr,olifdj  91. 
©ermanu§  51.  §ertmann  176  u.  f.  to.  Sanften  reoet  toenigftenä  baoon,  baf? 
Vutber  in  feinen  Sefyau^tungen  über  bie  (5rfennung§jeicben  göttlicher  Se* 
rufung  ,fid)  oerbeffert'  babe,  II,  366.  —  58.  (fei.  48,  139.  —  59.  ©rl.  22, 
147.  —  60.  (Sri.  25H  Mi  f.  —  61.  Grl.  15,  K»  f.;  35,  103.  —  62.  GoerS, 
SR.  2.  1, 137.  —  63.  Grl.  15,  5.  —  64.  3anften  II,  216  f.   ©ermanuS  54  u.  a. 

—  65.  Grl.  25,  87.    —   66.    (fei.  48,  139.     Wald}  5,  1061  ff.     (Sri.  31,223. 

—  67.  ©ottlieb  233.  —  68.  Sdutfcrebe  r-nb  Gbriftenlidie  antroort.  GinS 
Grbarn   libtiaberö   gotlicber   roarb/dt  .  .  .     3Jield>.  Sottb,er,  Wittenberg!  1520. 

—  69.  (fei.  53,  255,  liöfmenb  angeführt  Don  Goer<§,  3Ji.  2.  I,  145.  —  70. 
GoerS,  3R.  8.  I,  121  11.  145;  Jiatbolifdi  81.  —  71.  Grl.  opp.  lat.  33,  164  f.  — 
72.  Sanften  II,  378.  —  73.  GoerS,  SR.  S.  I,  145;  Satb/olifd)  82.  84.  Gbenfo 
SCoblgemutb/  61.  2utb/er  gegen  2utb;er  5.  ©ermanu§  55.  Gatecbi3mu§  39  ff. 
3$efe  15  u.  a.  —  74.  Goer§,  9JJ.  8.  III,  142.  —  75.  (fei.  43,  313.  —  76.  Grl. 
29,  ho.  —  77.   Sanften  11,378.  --  78.  ^efc  15.  —  79.  Walcb  9,  1009. 

—  80.  (fei.  35,  57  ff.  —  81.  Gmfer,  Wiber  ba§  undmftenlidie  öudj  Partim 
2uter§  2luguftiners  Jüi.  —  82.  Gmfer,  Wtyber  ben  falfd»  genannten 
Gcclefiaften  23iii.  —  83.  GöerS,  Jlatbolifdj  85.  92.  2utb,er  gegen  2utb,er  6. 
©ottlieb  233.  »errmann  132.  ^anffen  ttmgeb/t  bei  Sutb.erä  betrat  ba3  Wort 
„ Wunber",  fdjreibt  aber:  ,Gr  fab;  feine  fretrat  für  ein  Werf  ©otteS  an'  II, 
537.  Sei  einer  anberen  Gelegenheit  fpottet  aud)  er  über  ein  bermeintlidieö 
Wunber  8ut$et3,  II,  159.  —  84.  Weftermar/er  13.  —  85.  GoerS,  Üatf/olifcf; 
2ls       86.  Grl.  28,  143.  —  87.  ©egen  GßerS,  1R.  8. 1,138;  Jtatb/ol.  91  u.a. 

—  88.  (feetS,  ÜR.  2.  1,  1.  57  ff.  72.  7 1.  ü6;  II,  343  f.  u.  f.  \v.  -  89.  2)e 
Wette  1,  115.  lls.  121.  6,  14.  ^auterbad),  TTagebud)  36  f.  u.  öfter.  —  90. 
Göer*,  l'i.  V.  1,  138.  -  91.  Sgl.  Wtlb.  Wattier,  Sie  Ai'üriUe  ber  römifdien 
S3eict.te,  Sraunfätoeiß,  äBoüetmann,  Z.  136  f.  —  92.  Sc  Wette  1,  114. 
93.  GuerS,  Di.  8. 1,  1.  -  -  94.  De  Wette  1,  113.  120.  --  95.  (feet8,  SR.  V. 
I,  57.  136.  1  in ;  11,  1  11.  —  96.  Rati)  CSüerö,  ,Uatl;olifd  117.  Vcogaft  21.  8. 
§errmann  31.  3iöl;m,  3ut  Se$el*£eaenbe  18.  ■  97.  Cr(.  26,  53.  98. 
(fei.  27,  217.  —  99.  »errmann  49.    ©etmanufl  66!  —  100.  ganffen  11.  in;». 

—  101.  le  Wette  1,255.  —  102.  Te  Wette--  cenbemanu  6,  18.  103. 
^anfielt,  2.  Wort  08.  —  104.  Rannen  II.  TT,  menn  er  gleich  (2.  Wort  68) 
meint,  c3  ergebe  fid>  eeutlid,  &>a8  er  mit  ber  2lnfül>mng  geiooltt  habe. 
ftird)e  171.  Goerv,  K.  8.  11,291.  Wohin,  Eefcel  vegenbe  II.  —  105.  §err» 
mann  3  1.  ©ermonuS  60.  Sanften,  1.  Wort  TT;  2.  Wort  <;s.  Seogaß  22. 
GöerS,   Äat^olifd)   NT;   m.  8.  I.  22.     £dK-n!mft  ift  eö  )U  feben,   mie  Göerö 


152 

an  biefer  unb  bieten  anbeten  ©teilen  (3.  33. 1,163)  nadjroeift,  bte  21blafj= 
brebtgten  feien  nur  ,ein  ermünfd}ter  SInlafc  für  2utb,er  geirefen,  feine  neuen 
Sefyren  unb  2lnfd)auungen  aud)  in  Weiteren  Greifen  ju  Verbreiten';  unb  mie 
er  bann  fbäter  biefe  feine  Sarfteltung  fo  böltig  mieber  bergeffen  bat,  bafj 
er  (j.  33.  II,  281)  nad)roetft,  ,nid;t  feine  Sebre  fyabe  ben  Siiittenberger  ju 
feinem  Angriff  getrieben'.  —  106.  @ber§,  50t.  2. 1,  183.  208.  §errmann  29  f. 
Seogaft  19.  —  107.  @rt.  26,  51.  —  108.  @ber§,  ßatlmlifd)  129.  159.  286; 
2R.  S.  I,  1.  72.  129.  212.  218.  232.  278.  362.  469;  II,  193.  ©berS  nennt 
jenes  SBort  fogar  .eine  Strt  bon  SBablfbrucfi,  Sut^erS'.  —  109.  Se  Söette  1, 
118.  130.  --  110.  @ber3,  m.  2.  I,  129.  —  IQ.  Safelbft  213.  — 112.  SBalcb, 
18,  2100.  —  113.    ©ber<§,  2R.  S.  I,  212.  218.  —  114.   Se  SDBette  1,  544.  546. 

—  115.  Sanffen  III,  419.  —  116.  Safelbft  203.  —  117.  Unter  bem  8.  guß 
1520,  bgl.  Balan,  nionumenta  2.  —  118.  Äirdje  225.  —  119.  ßirdje  220. 
SOJajunfe,  SutberS  SebenSenbe  36.  —  120.  fcerrmann  135.  —  121.  ganffen 
III,  18S.  —  122.  Sri.  58,  397.  —  123.  §errmann  135.  — 124.  ganffen  III, 
188;  IV,  150.  —  125.  Sauterbad),  £age&u$  46.  —  126.  @rl.  62,  254.  — 
127.  @rl.  62,  268.  Sauterbad»  1  76.  —  128.  (Sri.  62,  238.  —  129.  2(b,nlitt) 
®rl.  62,  238.  —  130.  Se  SBette  5,  26.  —  131.  ganffen  III,  187.  —  132. 
Se  9Jöette  5,  716.  —  133.  ^anffen  III,  187:  Nunc  totus  aräet  in  nostros 
vo[iixovq,  et  scis  illuin  habere  ad  multa  quae  eum  inflauiment,  facem 
domesticam.  Surd)  einen  Srudfefyler  bei  £unbe<3t)agen,  33eiträge  1,  435 
irre  geführt,  citiert  ^anffen  nur  nad)  biefem  33ud)e,  nid)t  nad)  ber  Quelle 
Corp.  Reform.  5,  314.  Sod)  bat  aueb,  £>unbe§&,agen  hinter  vo^ixovg  richtig 
ben  gnüfdjenfafc,  iüettt)en  Soffen  fortläßt:  quod  genus  bominum,  ut  est 
superbum  et  alios  prae  se  honiines  vix  existimat,  non  facile  cedit  u.  f.  Id. 

—  134.  Se  SBette  5,  615—622.  —  135.  Concil.  Tridentin.  De  matrimonio, 
de  clandestinis  matrimoniis.  Sessio  24,  cap.  1:  qui  aliter  quam  praesente 
parocboetduobusvel  tribus  testibus  matrimonium  contrabere  attentabunt, 
.  .  .  liujusmodi  contractus  irritos  et  nullos  esse  saneta  synodus  decernit. 

—  136.  Safj  Sutljer  nidjt  unter  bem  ©inffafj  ^fyilibbg  Don  Reffen  geftanben, 
mie  Sanffen  mehrmals  beraubtet,  geigten  mir  l.  £>eft  ©.  65.  —  137.  33gl. 
3ßald)  17,  2496.  2491  ff.  —  138.  Se  3Bette  4,  589.  —  139.  ^anffen  III,  359. 
Sie  citierten  Sßorte  SjanffenS  finb  beinahe  ba§  einjig  3iiditige  in  feiner  Sar= 
ftellung  biefer  Vorgänge.  ©r  fd;reibt  jroar:  .SMbereS  bgl.  bei  panef  'A,  366  ff.' 
2Ber  aber  biefe  Duelle  nad;fiefyt,  erfennt  balb,  mie  fefyr  Slanffcn  bon  berfelben 
abmeid;t.  Übrigem?  nehmen  mir  an,  bafj  er  felbft  fie  nid;t  .berglid^en'  l;at. 
Senn  fonft  ttnirbe  er  miffen,  baf$  ber  3.  33anb  bon  Sßlantf'3  ©efd;id)te  be§ 
toroteft.  2cbrbegriff§  in  sroei  <gälften  3erlegt  ift,  bafj  alfo  ju  fd)reiben  geiuefen 
lüäre:  planet  III,  1,  ©.  366.    ©benfo  finb  ©eitenjab.Ien  unrichtig  angegeben. 

—  140.  SÖßald)  17,  2527  f.  —  141.  SBala)  17,  2528  f.  —  142.  23gl.  ferner 
bie  33ericbte  beg  ÜJtyloniuS  unb  be£  3.  33crnarb,  SBald)  17,  2534  ff.  u.  2546  ff. 

-  143.  SBald;  17,  2535  f.  —  144.  ^anffen  III,  361  f.  —  145.  @rl.  65,  93  f. 
«gl.  nod;  planer,  ©ntftctumg  u.  f.  h>.  III,  1,  404  f.  —  146.  Sßatd)  17,  2537. 
2548.   —  147.   ©0  Sanffen  III,  63  f.   -      148.   ^anffen  III,  364.   ■       149. 


153 

Sanften  III,  404  —  150.  £e  SBettc  5,  235.  —  151.  £ird?e  229.  Gbenfo 
SaSbacf)  15.  —  152.  Seogaft  69.  —  153.  Suttyer  gegen  Suttjer  21.  —  154. 
Sanften  III,  547.  —  155.  Sanften  II,  176.  —  156.  Sanften  II,  173.  —  157. 
Sanften  II,  176.  —  158.  Söoblgemutb  57.  —  159.  Sanften  II,  174.  ©benfo 
3.  23.  Güer§,  2«.  S.  I,  36  f.  —  160.  £e  Jßette  2,  106  ff.  —  161.  Grl.  28,  27  ff. 

—  162.  Sanften  II,  177.  —  163.  3)e  Sßette  5,  153.  —  164.   (Sri.  32,  1  ff. 

—  165.  ©öttinger,  Deformation  III,  258.  —  166.  Sanften  II,  176.  —  167. 
Safetbft  175.  —  168.  Safelbft  174  f.  —  169.  ©ottlieb  618.  687.  —  170. 
2befe  144.  Gbenfo  3.  33.  ©ermanu«  75.  Sircbe  187  u.  229  f.  Seogaft  69. 
Sutfyer  gegen  Sutber  21.  —  171.  9todb,  ©ottlieb  618.  2Bir  fyaben  un§  bier 
biefer  berfommlicben  2luffaftung  be3  ©etoiffenä  angefcbloffen,  olnte  bamit  bie 
Stiditigfeit  berfelben  behaupten  3U  roollen.  —  172.  Sanften  II,  177.  —  173. 
ßircbe  230.  ©ermanuS  105.  —  174.  Äirdje  229.  2lucb  Sanften  flidjt  (II, 
177)  btefeS  Gitat  jtoifdjen  bie  anberen  2Iusfürüd)e  Sut&er§  ein.  Gbenfo  3.  93. 
SBoblgemutb,  57.  —  175.  Sanften  II,  177  f.  —  176.  Güer3,  9».  S.  I,  287.  392; 
II,  91.  309.  —  177.  SBoblgemutb  58.  —  178.  Sanften  II,  173  f.  —  179. 
ßtrcbe  1S7.  —  180.  S3gl.  Sanften  II,  SB.  96.  104.  114.  161.  173.  —  181. 
35e  3Bette  2,  107.  angeführt  üon  Sanften  II,  174.  (SoerS,  2Jt.  S.  I,  36  f. 
$ird)e  187.  ©ermanuS  57.  75.  SBofylgemutb,  57.  3)a§bad)  15.  3enottü. 
242.  —  182.  Sanften  II,  174.  —  183.  GorbatuS,  Sagebud»  3lx.  1366.  — 
184.  Grt.  59,  296  f.  —  185.  gn  füäteren  2luflagen  feine«  2Berfe§  b>t  Sanften 
biefe  furcbtbaren  Sßorte  fortgelaffen.  —  186.  (Sri.  62,  16.   Sauterbad)  S.  113. 

—  187.  äßatd)  21,  287*.  Safe  SNajunfe  u.  ©en.  bie«  ©ebet  für  eine  Grfinbung 
erflären,  ift  natürtid;  al3  unbetüiefen  aua)  bebeutitngSloä.  3ufäLtig  trägt 
gerabe  biefer  23ericbt  über  8ut§er3  Gnbe  bie  allerfcfiärfften  HentvjeicfKn  ber 
Cbjeftiüität  an  ficb,  foifofjC  in  bem,  tüa3  er  nirfjt  fagt,  a(§  aud)  in  bem,  loa» 
er  fagt.    2ln  anberem  Crte  fommen  tüir  hierauf  3itrüd.  —188.  Grl.  60,  82. 

—  189.  (Sri.  60,  45.  2Ingefüf>rt  üon  Sanften  II,  177;  III,  547.  5ßo&Igemut& 
57  u.  f.  to.  ©enau  baSfelbe  2Bort  finbet  ficb,  Grl.  60,  81.  2tngefübrt  üon 
ßircöe  229.  ©ermanuS  76.  ©ottlieb  618.  —  190.  ©0  SBoblgemutb,  £itel 
unb  6.  123.  —  191.  (Sri.  49,  74.  2tngefüf>rt  aud;  üon  Sanften  III,  545. 
St^efe  141.  ©ermanuS  106.  3enottt;  242.  —  192.  3)e  2öette  5,  153.  2In* 
gefübrt  3.23.  üon  Sanften  II,  177.  ftird&e  299  f.  •  193.  1.  Könige  19,4. 
10.  —  194.  geremioS  20,  7  ff.  —  195.  eil.  60,  81.  —  196.  i^aid)  6,  918 ff. 

—  197.  S)e  ffiert«  5,  153.  (Sri.  82,  8  f .  —  198.  Grl.  62,  443.  —  199.  (Sri. 
62,  130.  —  200.  Sanften  II,  174.  —  201.  3)e  ffiette  2,  29.  50  f.  —  202. 
3)iajunfe,  8ut$etS  Sebenäenbe  6.41.  Sri.  81,  311  f  SDtajunfe  citieri  bafür 
,2Bitt.  2luSg.  Tom.  VII.  fol.  479*.  2lls  er  aber  gefragt  nnirbe,  ob  er  loirflid) 
bie  fraglidjen  SBorte  an  biefer  Stelle  gefunben  babe,  erflärte  et  (HRajunle, 
25ie  biftor.  Mritif  über  2utb,er8  ÖebenSenbe  S.  66):  ,3n  ber  erfteu  Huflage 
meiner  6d;rift  toar  infolge  eines  Drucffebjerä  bie  ©ettenja^l  falfcb  an= 
gegeben  loorben.  (SS  mufjte  flott  foL  479  beif.en  fol.444'.  Sllfo  nur  ein 
2)rudfebler  in  feiner  6d)rift  f oll  es  fein?  3«  feinem  iiianufcriot  alfo  foll 
e3  richtig  fteficn?    2er  Jbatbeftanb  ift  in  9Bir!li($!eU  ein  gang  anberer. 


154 

derjenige,  bon  meldiem  9Jcajunfe  jene§  Sitat  abfd;rteb,  ofync  bie  (Stelle  felbft 
nacbjufelten,  blatte  bte  erfte  2luflage  ber  SBittenberger  2lu3gabe  benutzt,  in 
meieret  bie  fraglidjen  JBorte  tüirflid^  fol.  479  fielen.  2II§  aber  ÜRajunfe  ftd) 
genötigt  fal),  bie  ©teile  nachträglich  auf  jufcb,  lagen,  befam  er  anfällig  eine  ber 
fbäteren  2luf(agen  in  bie  <pänbe,  in  meieren  allen  bie  Sßorte  fol.  444  fielen, 
©afj  nta)t  leidji  jemanb  über  bie  berfduebenen  Auflagen  aller  ÜutfyerauSgaben 
orientiert  ift,  bebarf  feiner  23emerhmg.  ÜBarum  aber  geftefyt  ÜRajunfe  itidt)t 
bie  einfache  SBabrfjeit,  bafs  er  abgetrieben  f>at?  —  203.  ©rl.  60,  Gl.   Sanffen 

II,  177.  -  204.  3)e  SEBette  4,356.  ■  -  205.  SRajlttlie  41.  —  206.  23gl. 
oben  ©.  59.  3anffen  II,  178.  2)e  SBette  4,  187  f.  —  207.  Ludendo  et 
contemnendo.  2)a§  Dbjeft  31t  ludere  ift  in  biefetn  Briefe  diaboluin:  [ut 
ludarn  diabolum,  ad  eludendum  diabolum.  —  208.  (Sri.  60,  169  f.  — 
209.  (Sri.  60,  124.  —  210.  (Sri.  60,  111.  Sanffen  II,  177.  --  211.  SBefter* 
matyer  156.  —  212.  Sanffen  II,  176.  2ßor/fgemutt;  57.  ©ermanuS  76. 
£utf;er  gegen  Sutyer  21.    ©a^baa)  15.  —  213.  ©öltinger,  «Reform.  III,  244  f. 

—  214.  (Sri.  60,  113.  —  215.  (Sri.  58,  26.  —  216.  (Sri.  58,  380.  --  217. 
(Sri.  59,  344;  60,  107.  —  218.  ©ermanuS  85.  —  219.  ©rl.  57,  209;  58,  385. 
Sutyer  gegen  £utb>r  21  u.  f.  lo.  —  220.  ©rl.  62,122.  Sanffen  H,  176. 
®ermanu§  75.  fintier  gegen  fintier  21.  23ered)tigung  ber  Sieform.  24.  — 
221.  9J!atf>efui§,  $iftorten  139.  Sanffen  II,  176.  ©ermanu§  76.  ^Berechtigung 
24.  —  222.  ©rl.  60,  90  f.  —  223.  ®e  2ßette  3,  189.  Sanffen  II,  177.  — 
224.  «Eafj  biefe§  unter  „©otteSläfterung"  ju  berftel>en  ift,  jeigt  3.  33.  ©rl. 
60,  171.  —  225.  ©rl.  60,  108.    Sanffen  II,  177;  III,  547.  —  226.  ©rl.  60, 

III.  —  227.  ©rl.  60,  88.  —  228.  ©rl.  60,  92.  47.  2(ngefüf)rt  3.33.  bon 
ßird)e  230.  —  229.  ©rl.  59,  296.  331.  —  230.  35e  SDBette  4,  188.  —  231. 
Sanften  II,  178.  —  233.  ©rl.  59,  124.  -  234.  ©rl.  61,  116.  —  235.  ©öerS, 
2R.  S.  I,  37.  --  236.  Sanften  II,  96.  dUd)  ärger  ©ber§,  £atr,olifct)  148.  - 
237.  Berechtigung  99.  133.  --  238.  ©ber3,  ÜR.  S.  I,  282;  II,  279.  —  239. 
©efdnd)t$lügen  433,  nad)  Riffel,  ©Ijriftl.  Äirdiengefdndite  ber  neueften  3^it 
I,  296  ff.  2l()n(id)  3enottt>  256.  —  240.  Sanffen  II,  160  f.  --  241.  2öo$I* 
gemutf;  27.  —  242.  Constans  farna  est.  Böcking,  Hutteni  opp.  I,  433.  — 
243.  Sanffen  II,  144.   -      244.   Böcking  I,  355.    ©rl.  23rietmccbfel  2,  409. 

—  245.  Sanffen  II,  96.  —  246.  Diarium,  herausgegeben  unter  bem  £itel: 
3R.  Sutfyer  u.  bie  SReformation3betr>egung  in  Seutfdilanb,  bon  ©.  SR.  £boma8, 
©.  15.  -  247.  ©0  Sanffen  11,86.  --  248.  Soffen  II,  75.  —  249.  2jgl. 
3;t)efe  6.  20.  21.  56—58  mit  ben  in  ber  Bannbulle  l;erborget;obcnen  3**s 
tümern  17—19.  SBald;  18,  255  ff.;  15,  1703  f.  --  250.  Sgl.  imfer  1.  §eft 
©.  74.  —  251.  Sanffen  II,  86.  2üörtlic§  abgefdjrieben  burd;  ©berS,  Äatfyol. 
148.  -  252.  2Isor/lgemutf)  49.  253.  Sanffen  II,  98.  —  254.  Coehheus, 
De  act.  et  Script.  Lutheri,  ed.  Paris,  1565,  fol.  86bj  in  fcubevo  Übcrfetmng 
©.  182.  ©er  2lnfang  biefeS  erft  nad)  i'utlierg  £obe  berausigegebenen  SBerfeä 
ift  im  3al;re  1534   gcfd;ricben.  --  255.   Sanffen  11,96.    ©e  SEBette  1,448- 

—  256.  Sanffen  II,  98.  —  257.  ©afclbft  97.  —  258.  ©rl.  23rtefmed>fel  II, 
415  f.   -    259.  Sanffen,  1.  SBort  70.   —   260.  ©e  SBerte  1,469.  —  261. 


155 

So  %anffen  II,  99.  §errmamx  55.  Seogaft  52  u.  f.  Ib.  —  262.  9SgI.  35 e 
SBette  1,  475  —  263.  35afe(bft  465.  -  264.  35e  Sßette  1,  166.  (Sri.  33rief; 
h>ec$fel  1,273.  —  265.  2e  SBette  1,391.  Sgi.  I,  279  f.,  260  f.,  166.  — 
266.  Safelbft  1,  42.  —  267.  ©berS,  .ftatf>olifd>  195.  268.  3«.  8.  I,  230. 
269.  ganjfen  II,  74.  —  270.  3u  unferer  $reube  teilt  bod?  einer,  Seo^ 
gaft  10S,  bie§  gaftum  mit.  —  271.  35e  Sßette  4,  191  f.  —  272.  ©rl.  22, 
317  ff.  Sgl.  35e  SBette  l,  347  f.  —  273.  ®ber3,  Atat^plifcf»  405  f.  £e  SBette 
5,  226  ff.  SBit  galten  biefe  beiben  Briefe  für  ba§felbe,  unb  tfvax  ben 
[ateinifdjen  für  ba§  Original.  —  274.  Sgl.  j.  33.  Gury,  Compend.  theol. 
nioral.  II,  465.  506.  35ie  33ebenfen,  meldie  8ut$er  gegen  bie  SSribatfornmunion 
au^gefprodien,   haben  natürlid  beute  an  ©enri$t  fet)r  berloren,  ba  biefelbe 

—  ieilö  au§  guten,  teils  au$  üblen  Örünben  —  »iel  feltener  »erlangt  Wirb. 

—  275.  ©berS,  MatbolifA  405.  —  276.  3ur  Sad)e  bgl.  35e  Sßette  5,  218  f. 

—  277.  ©o  (StterS,   3Di.  2. 1,  282.        278.   3.  33.  Grt.  33riefmedfel  2,  386  f. 

—  279.  3.  33.  bafelbft  2,  409  f.  —  280.  3.  33.  35e  SBette  1,  120.  —  281. 
3.  33.  Sri.  33riefmedfel  1,  338.  —  282.  35e  SBette  1,  441.  —  283.  Sanffen 
11,96.  —  284.  35e  SBette  1,441.  —  285.  3anffen  11,00.  —  286.  35e 
SBette  I,  487.  —  287.  9?afeeberger,  <panbfcbriftl.  @efc$id)te  über  £utb.er  unb 
feine  3eit,  S.  51  f.  —  288.  25e  SBette  l,  99.     -  289.  (Süer§,  3Ä  S.  I,  282. 

—  290.  bafelbft  335.  —  291.  2(boftefgefdüdde  22,  25.  —  292.  3.  33.  ßirefie 
lt;7.  —  293.  £e  SBette  1,  98.    Sßald?  21,  1  18*  ff.    (Sri.  op.  lat.  2,  201  ff. 
294.    Wald)   18,  $4  ff.  295.    Wald)  15,  534  ff.     ©rl.  op.  v.  a.  2,  349  ff. 

296.  Wald}  15,  665  ff.  (Sri.  op.  lat,  v.  a.  2,  352  ff.  -  -  297.  (Süerä,  9Jt. 
2.  II,  129  ff.  298.  Wald)  15,  r,5u  ff.  299.  So  9tanfe,  35cutfdie  ©e= 
fdndite  im  Zeitalter  ber  Deformation  0,  97.  300.  3>gl.  befonberö  Waid] 
15,  L690.  —  301.  (Sä  ift  bicö  bie  einzige  Stelle,  an  ber  mir  in  ©ber§'  groftem 
SBerfe  ,2R.  Sutber'  ettva§  S9eac$ten3»öerte3  gefunben  haben.  SKad)  feiner 
Slngabe  (II,  102)  finbet  fidc)  ba<?  Criginalfoncept  jeneS  33riefe§  an  ben  Ättt* 
fürften  in  Brevia  ad  l'rincipes  Leonis  X.  28.  Fol.  121;  ba§  Original  ber 
beiben  (bon  (S»er§  II,  447  ff.  lateinifdi  mitgeteilten)  33reoen  an  bie  Legaten 
in  bemfclbcn  Tvoliobanbe  Fol.  182  sqq.  unb  Fol.  IM  sqq.  —  302.  3eitfdr>r. 
f.  .Uirdicngefd).  II,  3,  S.  477.  Äolbe,  Staubifc  S.  31s  u.  411.  —  303.  ©bet8, 
3R.  S.  [,357.  335.  140  f.  ©rbne,  STe^et  unb  Rüther  S.  152.  Tictcnbcrgcr, 
Snttoort  bae  Sundframcu  bie  Haftet .  .  .  nümet  gotiicb  berlaffen  mögen,  Tii. 

—  304.  (Sri.  2  1,  1  11.         305.  Waid)  15,  L716  f.     -  306.  Te  SOQett«  1,  IM. 

—  307.  bafelbft  132.  —  308  (Sri.  <>p.  tat  v.  a.  2,  360  "  309.  Seibc^ 
mann,  i.'utbcrbriefc  S.  1.  (Sri.  ^ricfmcchkl  l,  238.  310.  Te  SBette  I,  I  15. 
Sßenn  ©bevS  unb  beffen  Slbfcbrciber  8utt)er8  SBorte  immer  mieber  übcifeneu: 
,  )i\v>  id;  fo  trefflich  gelehrt  habe',  um  feineu  loiberlicben  Hochmut  \u  feigen, 
fo  icheint  ihnen  ber  Webraud)  beö  „licne"  unbefannt  JU  fein.  Vuthcr  ichrieb: 
quam  ut  revocem  bene  dieta.  311.  3Bohigemutb  27.  312.  (Socio,  Di. 
$>.  II,  92.  —  313.  35af.  07  f.  314.  So  .vu'rrmann  in,  luirf)  QJber«,  .Uathol.  136 
unb  ^rebiger  IM.  315.  (Sil.  64,  361  f.:  „Ta  ritt  id  ohne  >>fcn,  Stiefeln, 
Sporn  unb  Sdmu'rt,   unb    (am  6i8  gen  Wittenberg."    -  316.   3>gl.  Stubicu 


156 

unb  Äritifen  1878,  ©.  705.  —  317.  ©ottlieb  965.  —  318.  2IbofteIgefdüd)te 
9,  24.  29  f.;  17,8—10.13.14;  19,  30  f.;  20,3;  22,  1 8.  —  319.  ©ber§,  ÄatI)o= 
lifd^  159.  —  320.  Sanffen  II,  156  ff.  -  -  321.  @ber3,  ßattyottfd;  161.  — 
322.  Sber§,  ßat^olifd;  162.  —  323.  ©efd&id&tSlügen  433.  —  324.  Sanffcn 
II,  162.  —  325.  33rief  §utten§  bom  1.2Jtai  1521  an  prf Reimer,  2Ba£d)  15, 
2322  f.  25er  Äaifer  fyat  —  roie  2Heanber  berietet  —  über  jenen  3«**^  n"* 
gelacht  unb  bemerkt,  e§  behalte  ftd)  mit  biefer  SSerfdjmörung  ber  400  ©bei* 
leute  roie  mit  ber  be§  SJhtciuS  ©cäbota,  ber  aud)  300  ©enoffen  Ijaben  wollte, 
roäfyrenb  er  ganj  aHein  ftanb;  ßatfoff,  25ie  25ebefd>en  be<§  9tuntiu§  Süeanber 
©.  147.  —  326.  35gt.  SBalcfi,  15,  2310.  —  327.  Sanffen  II,  165.  —  328. 
25afelbft  153.  —  329.  Sa  puffen  nidjt  eine  Quelle  angiebt,  fönnen  mir 
audb,  nid^t  nacfymeifen,  mie  biefe  feine  fa(fd;e  2(ngabe  entftanben  ift.  33er= 
muüid)  b,at  ber,  bon  bem  Soffen  W*  abtreibt,  eine  latetnifd)e  Überfeijung 
be3  in  beutfcfyer  ©brache  ausgegangenen  ©d)reiben§  bor  ftd)  gehabt  unb  bie 
legten  Sßorte  beSfelben  unrid)tig  in§  ©eutfcfye  jurücfübertragen.  Sie  tauten 
in  2Birflid)feit:  (2)ann  mir  bia)  bei  bem  obgemetbten  unfern  ©eteit  feftigf(id) 
fjanbfyaben  motten,  bn§  audj  auf  fölet)  bein  3l^unft  enblid)  borlaffen,  unb 
bu  tb,  uft  baran  unfer  ernftlid)  Meinung',  @rl.  33riefroed)feL  3,  102.  -  330. 
@o  3.  ö.  £errmann  80.  —  331.  33ei  2Bot>tgemutb,  35.  —  332.  ©ermamiS  70. 

—  333.  ©efd)id;t§Iügen  433.  —  334.  3?al$eberger,  §anbfcb,riftr.  ©efdjidjte  50. 
2lngefül)rt  bon  Sanffen  II,  160.  —  335.  Sanfen,  2l[eanber  am  3ietd»<§tage 
ju  SGöormg,  ©.  28.  —  336.  2Batd)  15,  1952.     Böcking,  Hutt.  opp.  2,  62  ff. 

—  337.  Sanffen  II,  167.  2ltö  Slleanber  (am  13.  Stbril)  bie  t§m  in  2Borm§ 
brofyenbe  ©efaljr,  ,in  ©tüde  genauen  ju  roerben',  fd;ilbern  roiß,  fd)reibt  er: 
,25er  Äaifer  b,at  fyier  feine  bier  ßrübbel  bei  ftd)'.  25tefe  21ngabe  berroertet 
Sanffen,  freilief;  nid)t  bem  SBortlaut  nadj,  benn  wer  roürbe  fyettte  nod)  ib,m 
ba<§  glauben?  ©inen  9)lonat  fbäter  aber  erjagt  2Ucanber  unborfid)tigers 
roeifc  bon  bem  2lbmarfd)  —  ber  , faifertid)en  Reiterei'  (Äalfoff,  25ebcfd)en 
123  unb  201).  —  338.  Safetbft  169.  —  339.  görftemann,  9leue<8  Ur* 
funbenbud?  ©.  61  f.  —  340.  Sßald}  15,  2120  ff.  Senkel,  ©iftor.  33erid?t 
©.  500  ff.  —  341.  ^anffen  II,  153.  —  342.  görftemann,  3Jeue§  Urtunben* 
bud;  ©.  38.  41.  49.  50.  52.  —  343.  ©tei|,  25ie  aJlelandjtfionS;  unb  Sutfjer* 
Verbergen  ju  granffurt  a.  3Jf.,  ©.  61.  —  344.  görftemamt,  a.  a.  D.  ©.  64  ff. 

—  345.  Safelbft  34.  —  346.  Sanffen  II,  157.  —  347.  mald)  15,  2203  ff. 

—  348.  ganffen  II,  170.  —  349.  <ßgl.  unfer  1.  §eft  ©.  85.  —  350.  ©er= 
manu§  70.  —  351.  3.  33.  SOotdgemutb,  35.  --  352.  Sei  Sanffen  II,  162.  — 
353.  »gl.  2BaId)  22,  2026.  @tl.  64,  368.  3tafceberger  51.  2Kbfoniug  40. 
SBatd)  15,  2186.  2322.  $orfd;ungen  jur  beutf d;en  ©efd>idite  8,  30  ff.  —  354. 
Sanffen  II,  167  2Inm.  —  355.  ßalfoff,  Sie  35ebefd)eii  52.  —  356.  Sanffen 
II,  156.  —  357.  3.  23.  Äird;e  53.  —  358.  Sßatd;  15,  2186.  --  359.  Sa& 
Sod)läu3  fbäter  beraubtet,  er  I)abe  nid)t  £utl)er  jur  2lufgabe  be§  ©eleitä 
bemegen  luollen,  brausen  mir  an  biefem  Drte  nid;t  ju  beriid'ftditigcn,  ba  e§ 
fid)  t;ier  nid;t  um  baö  fyanbett,  iüaö  6od;[äug  bei  jenem  ©efbräd;  gemeint, 
fonbern  um  ba§,  roa§  £utb,er  berftanben  T;at.  —  360.  Se  2Bette  1,  534  ff. 


157 

--  361.  5anffen  II,  154.  —  362.  2er  fragtid>e  »rief  Sut&erS  (2>e  2Bette 
1,  575)  ift  suerft  richtig  batiert  burcft  »rieger,  Crinlabunflöfcfirift  jut  afab. 
Sutf^erfeier  ber  Uniberfität  Harburg  1883,  S.  24  ff.  —  363.  Se  2Bette  1, 
574.  -  364.  Safelbft  579  f.  --  365.  Safelbft  581  f.  —  366.  2)af.  585  f. 
—  367.  2utf;er3  Starte  bei  Jkfceberger  50.  Jhefe  46.  9ibbm,  3ur  XfyeU 
Segenbe  5.  —  368.  ganff en  H,  160.  —  369.  SJtojunfe,  SutberS  SebenSenbe 
42.  —  370.  (frl.  62,  75.  SRafceberger  51.  ©palatin  bei  £en$el  503.  — 
371.  2>e  SBette  2,  543.  —  372.  ganffen  II,  161.  —  373.  ©palatin,  bei  ftörfte 
mann  a.  a.  D.  69.  £cnfcel  506.  —  374.  ftörftemann  49».  2)af$  eS  QHapion 
toar,  auf  beffen  »eranlaffung  bei  bem  »erb,  ör  in  SßormS  mit  ber  auffallenben 
grage,  ob  fintier  alle  unter  feinem  Hainen  ausgegangenen  ©diriften  für  bie 
feinigen  anerfenne,  begonnen  mürbe,  unb  bafj  biefe  ft-ragcftettung  ntdjt  ofyne 
3JHu)e  bon  if>m  burcfigcfe^t  ift,  folgt  aucb  au$  bem  ©cbriftftütf  3h;.  42  bei 
Balan,  nionunienta.  2>arnad>  fanb  bortyer  eine  »cfpredumg  über  baS  bei 
bem  »erbör  bon  bem  Haifer  ein^ufcblagenbe  »erfahren  ftatt,  unb  „»orjugS* 
iueifc  ber  »eicbtbater  formulierte  unb  bittierte  ben  »efdilufj",  bie  ^äpftlicr)cn 
Segaten  aber  gaben  ui  »rotofoll,  bafj  nict)t  bon  ifynen  ein  berartiger  21ntrag 
ausgegangen  fei,  menn  jebodi  ber  Äaifer  biefen  2Beg  einfaMagen  loolfe,  fo 
möge  er  e§  au§  eigener  ^nitiatiöe  tbun.  »eadUet  man  ferner,  roie  bie 
Segaten  als  baS  für  ir>re  ©aefie  ,2(Ueroerberblicbfte' fürchteten,  Sut$er  »»erbe 
bei  bem  »erhör  ettoaS  jurücfneb^men  unb  baburd;  ben  Äaiferlidjen  ermöglichen, 
ifyn  für  ben  Äamipf  gegen  bie  römifchen  Übergriffe  ju  erhalten,  fo  febeinen 
biefelben  nur  baburd),  bafs  man  ifynen  immer  ioieber  einrebete,  Sutfyer  Ijabe 
nürttieb  nidit  alle  unter  feinem  9?amen  ausgegebenen  Schriften  berfafct,  baju 
betrogen  tuorben  )U  fein,  nidit  gerabeju  gegen  jene  Jyrageftellung  ju  pro* 
teftieren.  <5o  erfiärt  eS  fia),  bab  2Ücanber  mehrmals  crjäblt,  im  »ertrauen 
fyabe  Sutber  bie  Slutorfdbaft  oieler  unter  feinem  Manien  erfduenenen 
©diriften  bon  fidt)  abgelehnt  (Äaßoff  149.  153.  137.  151).  —  375.  2lud)  bei 
Sanffen  II,  144.  —  373.  görftemann  36.  37.  4S.  51.  —  377.  Böcking, 
Hutt.  opp.  2,  12  ff.  Sind;  bei  Sanffen  II,  157.  —  378.  lUlmann,  Sitfingen 
179  f.  Äaßoff,  Xit  Te&efdben  124.  —  379.  Diarium,  1.  c.  15.  —  380. 
Sanffen  II,  161.  —  381.  Sßobjgemutb  36.  —  382.  3enottb  207.  —  383. 
3)e  SSette  1,  587  f.  —  384.  AÖrftemaun  a.  a.  D.  69 b.  £cnt<cl  505.  —  385. 
So  SpalatinS  »eridit  bei  Jenbel  506.  386.  ^anffen  II,  166.  Gbcnfo 
(SbcrS,  Äat$oKfc$  161.  2$efe48.  ©ef($ie$t3Iüg,en  432.  l'eogaft  r,l.  .uirc&c 
116.  ©Ottlieb  34.  .verrmanu  79.  387.  ©ottlieb  539.  388.  Stubten 
unb  Äritifen  1875,  129  f.  urib  1882,  551  ff.  389.  Xenjjel  513.  390. 
Böcking,  Ihm.  opp.  2,  62.    äBaI$  15,  2323. 


ßruef  oon  C^t^atbt  Äatta«,  $allc  o.  3. 


gttdctt'f. 


2Ba§  Dielt  ßutfier  für  feinen  23eruf  ?  6.  4  —  (Er  fegt  ftd)  eine  tr»elt= 
umfaffenbe  SJiiffion  bei  ©.  5  —  bejmeeft  eine  ßirtftentrennung  ©.7  — 
jerreifet  bie  Kontinuität  im  ßljriftentum  ©.  13  —  nur  in  licftteren  Slugen« 
bilden  erftärt  er  bie  mittelalterlicf/e  Äircbe  für  bie  mabre  ©.  19. 

Sßie  fjat  ß.  bie  Söcrccfjtigung  $u  feinem  23etuf  nadjgcnncfen  ?  ©.  22 

—  6r  änbert  feine  2lngaben   barüber  in  24  ^afyren  bier3cr/nmal  ©.  22 

—  fann  feinen  23eruf  nadjmeifen  ©.  24  —  forbert  bon  anberen  SBunber 
©.  28. 

Sßurbe  2.  $u  feinem  2Sirfen  nott  unftttttdjen  Sttotinen  geleitet?  ®.  32 

—  sJMcbts  jtoang  ifm  311m  2tnfcbtagen  ber  Tiefen  ©.32  —  er  befennt 
felbft,  er  fyabt  nic^t  gemußt,  mag  2(blaf$  mar  unb  bie  ©acbe  fei  nia)t  in 
©ottes  Diamen  angefangen  ©.  33  —  er  toollte  nur  ben  UBitten&erger 
2tblaf$  bor  ©cbaben  bemattren  ©.  35  —  @etoinnfuä)t  ift  feine  3Triebfeber 
©.  36  —  bon  feiner  £>ausfrau  läfjt  er  fieb  leiten  ©.41  —  biefe  feuert 
ib,n  jum  .'oaf,  gegen  bie  fünften  an  ©.  43  —  er  ftebt  unter  bem  Ginflufj 
feine«  Muifürften,  bei  2lbfd)lufi  ber  31Uttenberger  Honforbie  ©.  48  —  bti 
2tbänberung  ber  Öottesbicnftorbnung  ©.51. 

£.'£  Einfettungen  ©.  52  —  bertraulid)  offenbart  er  feine  ^weifet  bmfiebt-- 
licf>  ber  Wedümäfügfeit  feines  2luftretens  ©.  53.  —  nur  gießt  er  biefe  für 
bie  Stimme  be8  Teufels  aus  ©.  56  —  er  übertäubt  fein  ©etoiffen  S.  5s 

—  in  ber  ©infamfeit  ber  SBartburg  beginnt  bas  ©etoiffen  31t  reben  ©.  61 

—  in  feinem  2llter  ergebt  es  feine  Stimme  nod;  einmal  ©.  64  —  er 
fdjreibt  felbft:  SBet  mürbe  angefangen  bab*u  31t  (»rebigen,  toenn  er  ge* 
tou^t  f;ätte  .  .  .  ©.67  -  l'utbers  büftere  Stimmungen  S.  71  feine 
traurigen  ©eeleir,uftänbe  auf  ber  äßartburg  ©.72  —  feine  Steigung  jum 
©elbftmorb  S.  7  1  —  er  geftebt,  feine  öeminensbiffe  bureb  Jriufen,  Spiel 
unb  ©d)er$e  unterbrüdt  )U  baben  ©.  76  —  er  rebet  fia)  ein,  aud>  Sßauluä 
fyabe  an  feiner  Üefyre  gejtoeifelt  S.  79  —  er  gefiel;:,  feiner  Velire  nietet 
bertrauen  311  tonnen  ©.  83  —  bertreibt  feine  (Seminensbiffe  burdj  ©e> 
banten  an  ein  fdtone*  2Jläbtt)en  u.  bgl.  3.  sc,  jtoeifeW  fogat  an  bem 
©afein  ©ottes  ©.  88. 


2.'8  ^etgljeit  ©.  90  —  Urteile  bon  3eitgenoffen  barüber  ©.  92  —  ber  2ln= 
frfjfag  ber  £b,efen  tr-ar  feine  fü^ne  XI)at  ©.  94  —  erft  bie  abiige  3iebo= 
tuttonSbartei  befreit  i^rt  bon  feiner  gurd&t  ©.  96  —  al§  fatr/0lifd)er 
^Srtefter  toar  er  nocb,  mutboU  getoefen  ©.  101  —  fbäter  teilt  er  auä  2lngft 
bor  2Inftecfung  bie  Äranfenfommunton  abf Raffen  ©.104  —  feine  gurd)t 
bor  Verfolgung  ©.106  —  er  fürdjtet  ficty,  nad)  5Rom  ju  gefyen  ©.  109 
—  au§  2lug§burg  entfliegt  er  in  fobflofer  2lngft  ©.117  —  nad)  2Borm3 
ju  geb,en,  beburfte  e§  feinet  befonberen  2Ruie§,  eigentticr)  trieb  ib,n  babin 
feine  $eigt>eit  ©.  120  —  bie  Sage  ber  Singe  in  2Borm§  ©.  126  —  2. 
ift  bereit  jum  Sßtberruf,  brafytt  aber  gegen  feine  $reunbe  ©.133  —  auf 
ber  Steife  nad)  2ßorm§  ©.  137  —  ift  bei  bem  SSert)ör  angftbott  unb 
fcfyteanfenb  ©.139  —  erft  feine  $reunbe  belegen  ib,n  gur  ©tanbl)afttgs 
feit  ©.  144  —  bie  Söorte:  „icb,  fann  ntd)t  anberi,  fyie  ftef;'  ich,  u.  f.  te." 
finb  nur  eine  $abel  ©.  146. 

föetege  unb  Slnmerfungcn  ©.  150. 


'gtr.  32.  «preis:  m  uo. 

Schriften 

be3 

$eremö  für  $eformation$cjefd)id)te. 

^.ttjtcr  #al)rgang.    jDrtttee  .Stück. 


Kljotnas  Jtuntet 

unb  bie  kutfdje  Heformation. 


^on 


^afbemar  ^ameran. 


f)allc  1«9I. 
3n  (Sommtfftonöüerlag  öon  3JJar  Sfttemctjcr. 

.uiel,  Duafenbrüdf, 

3»t.  Grnft  "domami,  (Sbm.  (fcflmrbr, 

Pfleger  für  2d»U'-MiMiv  .^oifu-iii.      pfleget  für  Ipannober  u.  CHbenburg. 

Stuttgart, 
0.  ^rca.t}cr, 
fleger  für  SBürttemberg. 


öco  herein*  für  ~gtefoxxnatioix&$ef&i<£>ic. 


§  1.  2)er  herein  fyat  gum  gtoed,  bie  9kfuttate  gefiederter  ^orfcfyumj  über 
bie  ©ntfteljmng  imferer  ebangelifd)en  Äircf/e,  über  bie  Verföntidjfeiten  imb  XfyaU 
fadjen  ber  Deformation  unb  über  il}rc  äßirfungen  auf  allen  ©ebieten  beS  Volfä= 
lebenS  bem  größeren  Vublifum  gugänglid)er  311  machen,  um  baS  ebangelifcfye  33e= 
roujjtfein  buret)  unmittelbare  @infüf;rung  in  bie  ©efdüd)te  unferer  $irct)e  gu  befeftigen 
unb  gu  ftärfen. 

§  2.  ©iefen  gtoed  fud;t  ber  herein  burd)  §erftellung  unb  Verbreitung  tum 
tyub lüationen,  namentlid)  unb  gunäd)ft  burcr)  Verausgabe  fteinerer  in  ftdt) 
abg'efd)loffener  fyiftorifdjer  ©Triften  gu  erreichen,  bie  burd;  gemeinberftänblicbe  unb 
anün-edjenbe  ©arftellung  unb  mäfjigen  ^ßrei§  gur  Verbreitung  in  heiteren  Greifen 
geeignet  fein  foltert,  Syäfyrlicf;  folt  eine  Slngar/l  größerer  ober  fteinerer  Riefte  in 
freier  Reihenfolge  erfcf)einen. 

§  3.  Sie  9ftiigliebfd)aft  berpftidjtet  gu  einem  jäfyrltdien  Veitrag  uon 
minbeft'enS  3  SDtatf,  Wofür  bie  ©Triften  be§  Vereint  unentgeltlich  ge  = 
liefert  Werben,  freiwillige  poliere  Beiträge  finb  erWünfd)t.  2ln=  unb  Sttbmelbung 
ber  SJJHglieber  erfolgt  bei  einem  ber  Vfleger  ober  beim  ©cfya^meifter.  35er  2lu3tritt 
tann  jebod;  nur  am  ©ctduffe  beS  3a^reg  erfolgen. 

§  4.  ©er  Vorftanb  be§  Vereint  befielt  auS  WenigftenS  15  9JJitgliebern, 
tie  je  auf  3  !yal)re  bon  ber  orbentlid;en  ©eneraloerfammlung  geroät)lt  merken. 
Serfelbe  ift  befugt,  fict)  naa)  VebürfniS  burd?  ©oopiation  auS  ber  gafyl  ber  Ver-- 
einSmitgtteber  gu  erweitern.  ©d;eiben  SKitglieber  in  ber  gwifdjengeit  aus,  fo  er= 
gängt  fidt>  ber  Vorftanb  ebenfo  burd;  ©ooptatton.  2)ie  2Bar)l  eines  Vorfi^enben 
unb  bie  Verteilung  ber  ©efd)äfte,  namentlict)  bie  ©infefcung  eines  RebaftionSr'omiteeS, 
bleibt  beut  Vorftanbe  überlaffen. 

§  5.  2)ie  3)Jitglieberbeiträgc  finb  aUjär)rHdc)  gu  Dftern  an  ben  ©cr)a£= 
meifter  abgufüfyren.  Serfelbe  §at  baS  ftedbt,  fie  burd)  Voftauftrag  eingugiefyen,  falls 
i^rc  Ueberfenbung  nad)  einmaliger  2lufforberung  nict)t  erfolgt  ift. 

§  6.  25er  Vorftanb  legt  alljäljrlid)  ben  9Jiitgliebern  einen  gebrudien  3>  a  b;  r  e  S  ^ 
berid/i  öor,  unb  alle  brei  ^afyxe  ein  Vergeicr)m3  ber  ÜDIitglieber. 

§  7.  ©er  Vorftanb  beftimmt  geit  unb  Drt  ber  ©eneralberfammlungen. 
Sie  orbentlid;e  ©eneralberfammtung  finbet  alle  brei  Qac)re  ftatt.  ©ine  aufjerorbent; 
lidje  Wirb  öom  Vorftanbe  einberufen,  Wenn  ein  befonbereS  VebürfmS  ober  ein  2Tn= 
trag  oon  minbeftenS  fünfgtg  SJlitgliebern  e§  erforbert. 

§  8.  2Me  orbentlidje  ©eneralberf  ammlung  Wäfylt  ben  Vorftanb, 
I;at  bem  ©djafcmeifter  35ecf/arge  gu  erteilen  unb  über  etwa  eingelaufene  Anträge  gu 
befd)liefsen. 

§  9.  Veränberungen  ber  ©afcungen  fönnen  nur  mit  3wcibvitteI=9)(aio= 
rität  ber  ©eneraloerfammlung  oorgenommen  werben. 

§  10.  Vei  einer  etwaigen  3luflöfung  beS  Vereins  fällt  baS  Vermögen 
beSfelben  an  bie  Sutfyerfammlung  in  SBittenberg. 


3LI)mmis  iltumet 


uub  Me  kutfdje  Hefotmatiotu 


©on 


^afbemar  JvatDcrau. 


iialk  1891. 
SBerein  für  9fteformation3gefd)td)te. 


9i 


htljaft. 


©rfteg  Äapitct.  Seite 

£tc  Deformation  in  @traf6nrg      ........      ! 

3toeite§  Äapitel. 

SDhirner  unb  l'ntfjcr ll 

Sritte«  Rapittl 

„SStturnarr" in 

Viertes  ftapüet. 

„5?om  (jroilcn  lutfjerifdjcn  Darren"     .......    tu 

Aünfteg  Mapitef. 

Ausgang 84 

2(nmerfungen 97 


(Erftrs  fiapitcl. 
$ie  Oleformation  in  Strafeonra,, 


3m  8at>re  1524  ermiberte  ber  Sßrior  ber  ^ominifauer  tu 
granffnrt,  Sofyanneg  2>tetenberger, ')  auf  ben  (Sinmanb,  bafc 
bisher  ntemanb  bic  neue  ßetjre  SutljeriS  orbentltdj  mibertegt  rjabe, 
mit  einer  (angen  Sifte  „Ijodjgeadjteter  uub  Imdjgetebrtcr''  rönner, 
bie  bie  $e$ereien  „burdj  got(id)  fdjrifft  angezeigt  nnb  nnüber* 
nrintlidj,  unmiberfpredjtid)  bermorffen"  Ratten.  3n  biefer  Sifte 
fehlt  and)  X()oma§  SDhirner  ntdjt,  ber  unter  allen  titterarifdjen 
SBiberfadjern  Sutfjerä  orme  ^rage  ber  fdjflfogfertigfte,  toi^tgfte 
uub  botf§tnmu'd)fte  mar,  fo  baft  er  unter  feinem  (Spottnamen 
„9Jeurnarr"  in  ber  reidjen  Sßaäquttten*  nnb  ©attrenfttteratur 
jener  ©türm*  nnb  Trangjatyre  allenthalben  atS  tnptfdje  $igur 
mieberfeln't.  Unb  fdmit  mit  feiner  Wübrigfeit  mitten  gebiibrte 
i()m  jener  Sßtafc,  ben  il)m  Xietenberger  in  ber  Sfteuje  ber  3Ser= 
fedjter  be§  alten  ©IctnbenS  angemiefeu  hatte.  Sttterbingä  mar  e§ 
motjl  etttmS  boretttge  Sftenommtfterei,  menn  er  gleid)  in  feiner 
erften  ©djrtft  mtber  Sutfjer,  ber  „(Sbriftlid)en  nnb  brüberlid)en 
(irnmlmnng"-),  mit  nid)t  meniger  ali  ^meinnbbreiiug  Straftaten 
brobte,  in  benen  er  bie  SBittenfoergifdje  ®e|erei  befiunpfen  motte, 
bod)  ift  e§  nid)t  \u  6ejmetfeln,  bafj  er  in  ber  lliat  meit  mehr 
gegen  ben  .Sicher  geidirieben  bat,  alS  öon  ü)in  gebrnd't  morben 
ift.  Sing  einem  Briefe  ans  ^agenau3)  erfnbr  Sutljer  [djon  ,m 
@nbe  beä  SaljreS  L520,  bafi  Ruinier  „breifug  Schriften"  miber 
ilm  in  Wn*fid)t  ftette,  nnb  bieier  felbft  uerfieberte  nodjmatö  in 
feiner  öom  8.  sJJcar;  K>21  batierten  „Sßroteftatton",  bar,  er  traft 
feiner  Sßfftcrjten,   ©etübbe   nnb  ®ib,   fo  er  ©ort,    beut   d)riftlicben 

Äaroera  t  unb  bic  [Reformation.  1 


©tauben,  ber  geifttidjen  Obrigfeit  unb  feinem  £)rben  fdjutbig  fei, 
at§  ein  öffentlicher  Sßrebiger  unb  ßefjrer  ber  fjeüigen  ©djrift  bie 
(Schriften  SutljerS  in  smeiunbbreifng  35üd)tein  in  aliebem  befämpft 
fjabe,  morin  fie  feiner  Meinung  nacf)  ber  Sßarjrfyeit  guroiber  feien. 
Sfadj  tjabe  er  alle  biefe  Schriften  bem  ©rgbifdjof  ju  SD^e^  unb 
bent  SSifdjof  ju  (Strasburg  öorgetegt  unb  biefen  gegenüber  fiel) 
at§  Sßerfaffcr  befannt,  bamit  fie  nid)t  für  ©djmadjbücfjfein  er= 
achtet  mürben.4) 

£)od)  fd)on  nad)  ber  gaf)!  feiner  gebrückten  ©djriften  nimmt 
unfer  ©trapurger  $rangi§faner  unter  ben  ©egnern  SutfjerS 
einen  fjemorragenben  ^ßtatj  ein.  ©djlag  auf  ©djlag,  mie  be§ 
2Bittenberger§  grofse  9foformation§fcrjriften,  folgten  feine  @r= 
miberungen,  tton  benen  allein  in  ben  beiben  legten  Monaten  be§ 
SatjreS  1520  wer  gebrueft  roorben  finb.  21m  10.  9cooember 
erfdjien  feine  „(Sträftlidje  unb  brüberlidje  ©rmafjnung",  am 
24 .Sßoöember  bie  gunädjft  gegen  Sa^arug  ©pengterS  „©crjutjrebe" 
geridjtete  ©djrift  „$on  ©oftor  SJcartin  ßuttjerS  ßerjren  unb 
Sßrebigen",  am  13.  2)egember  ba§  SBüdjleiu  „$on  bem  ^apfttum" 
unb  am  (Sfjriftabenb  (24.  SDegember)  be§  gleiten  $af)re§  feine 
antireformatorifdje  ^anptfd)rift  „91u  ben  Slbel  beutfdjer  Nation". 
Sind)  feine  9>erbeutfd)ung  üon  £utl)er§  „de  captivitate  Baby- 
lonica"  mar  jeljt  bereits  ooüenbet  unb  fonute  in  ben  erften 
Sagen  beS  neuen  8af)re§  ausgegeben  merben. 

Um  biefe  Ummanblung  be§  ttri|igen  ©atiriferS  in  ben 
feibenfdjaftlidjen  SSerfecfjter  be§  alten  ©laubenS  ju  begreifen,  ift 
e§  notmenbig,  fid)  bie  fyiftortfdjen  3Sorau§fe|ungen  ju  öergegen= 
märtigen. 

Sin  gewaltigen  (Sreigniffen  reidje  Saf)re  rjatte  bie  beutfdje 
Station  burdjlebt,  al§  9Jhtrner,  nunmehr  aud)  mit  bem  juriftifd)en 
SDoftorljute  gefdjinüdt,  ju  Anfang  be§  SatjreS  1520  au§  ber 
©djmeig  in  fein  Äloftcr  gu  Strafeburg  gurücffeljrte :  ein  Satyr 
nod)  gewaltiger  unb  folgenfcfjmerer  war  angebrodjen.  £>ie  grofje 
geiftige  Bewegung,  meiere  SutljerS  Sä£e  toiber  ben  SÖJtajj  l)erauf= 
befdnuoren  (jatten,  mar  im  äöatfjfeu;  immer  größer  mürbe  bie 
Aufregung  ber  Üötaffen,  immer  teibenfdjafttidjer  bie  (Erregung 
auf  ben  £>ö()eu  unb  in  ben  liefen.  Söäljrenb  ber  ©trafmurger 
Sarfüfjer   gu   53afet    römijdjcS    s3iedjt    bogiert    unb    fidj    bamit 


befdfäftigt  fjatte,  bie  Sßeiberbiener  burd)3itf)ed)eln,  mar  burcfj  bie 
am  28.  Suni  1519  erfolgte  3öat)l  ®arfö  oon  Defterreidj  jum 
Sräger  bei  römifdjen  Atrone  über  bie  ©efdjicfe  ber  beutfdjen 
Nation  auf  Sa^imberte  hinaus  baS  2oos  getoorfen  loorben; 
je£t  an  ber  Sdjmelle  be§  neuen  SjoJjreio  formte  nietnanb  mefjr, 
ber  überhaupt  tjören  roollte,  bem  immer  ftarfer  anfcbiuellenben 
23raufen  ber  nationalen  SBetoegung  fein  Dt)r  üerfdjßefsen.  „@s 
muft  burdjgebrodjen  roerben!  6»  lebe  bie  ^re^e^'  3»d)  fjab's 
gewagt!"  —  fo  rief  Ulridj  Don  glitten  jubelnb  an§>,  unb  allent* 
rjalbcn  erftanben  bem  SffiittenBerger  -ättöndje  SunbeSgenoffen,  bie 
2Bort  unb  ^eber  in  feinen  S)ienft  ftellten:  bie  Sßreffen  arbeiteten 
in  fieberhafter  S^ätigfeit,  bie  ^lugfdjriften  flatterten  über  baz 
Sanb  unb  trugen  bie  neuen  ©ebanfen  auf  SDcarft  unb  ©äffe,  in 
bie  getit  oe5  3J£öncr)e§  unb  in  bie  Quitte  be§  §anbtoer!er§. 

Sludj  in  8  tr  aß  bürg5)  rjatte  bie  SSeioeguug  immer  meitere 
Greife  gebogen,  unb  ber  t)eimgefet)rte  Wund)  motfjte  über  bie  oer= 
äuberte  geiftige  Pjtjfiognomie  feiner  |)eimat  grünblid)  erftaunt 
fein.  s)tod)  freilid)  mar  ei  eine  $eit  ber  Dämmerung,  aber  fdjon 
öerfünbtgte  frifdjer  SKorgentoinb  ba%  Taljen  beS  jungen  £age§. 
Sutfjers  Xbefen  tjatten  rajdi  aud)  burdj  bie  alte  SBötferftrafje 
am  SfMjetne  üjren  2öeg  genommen  unb  Ratten  oor  allem  bem  in 
ber  breiten  Waffe  be§  SBotfeS  lebeubigen,  allerbings  fet)r  unKaren 
©ränge  uaeb  einer  Deformation  ber  ftirdje  neuen  3(nftof5  gegeben, 
mafjrenb  bie  l)umaniftifd)eu  ©elefjrten,  bie  oorbem  am  fauteften 
jenen  8hif  erbobeu  fjatten,  jeM  erfdjrocfen  ben  anbredjenben  Sturm 
ju  befdpören  fiicbten.  3n  ilirer  (innerften  ©efinnung  t'onfer= 
oatio  unb  nidit  gemillt,  ben  ?lufprud)  als  treue  ©öt)ne  ber  alten 
ftirdje  $u  gelten  aufzugeben,  Ratten  fie  oor  allem  bie  berrfdienbe 
Sßeftauffaffung  ju  jerftören  oerfud)t,  aber  nun,  ba  fie  bind]  bie 
neue  SBeltanfdjauung  bie  ©runblage  ibrer  SSitbung  gefötjrbet 
malmten,  toenbeten  fie  fiel)  oerbrofjen  ab,  jogen  fiel)  in  ben  Sdjmofl 
miurel  jurüd  unb  jammerten  über  bie  neue  ^Barbarei,  bie  an 
gebltd)  über  SDeutfdjtanb  bereut  bradi.  Tie  getoattfamen  Endungen, 
bie  bie  neue  iöcmeguug,  meldje  bie  SBotföfeele  in  ibren  innerften 
liefen  aufmüblte,  naturgemäß  begleiten  mußten,  uuireu  ibrem 
feinfühligen  äftljettfdjen  Sinne  uubeliaglid),  unb  ba  aud)  ihre 
firdjlidjeu   oiitereffeu   bodj   mel)r    nur   äftbetijdjer    als    religiöfer 

l* 


9catur  maren,  fo  fehlte  if)nen  für  bie  erfdjütternben  religiösen 
Stampfe  be§  Sßittenberger  ÜKönd)e§  ba§  redete  SBerftänbnte.  SS  i  m  p  f e= 
ling§  titterarifdjer  ©efetlfdjaft,  bie  norbem  fo  tapfer  bem  neuen 
©eifte  bie  33atm  gebrochen  fjatte,  gab  bie  nun  entfeffelte  retigiöfe 
83etoegurtg  ben  £obe3ftofj.  ©cbmiter  unb  Ottmar  9cad)tig all 
manbten  fpäter  ber  fefcerifd)  geworbenen  ©tobt  ben  bilden;  ber 
feinfinnige  tjumaniftifdje  Sßäbagog  fetbft  blieb  iüt)t  unb  teifnarjmloS 
unb  nuijjte  ficrj  bod)  öon  einem  feiner  Sd)üter,  3a tob  Sturm, 
ber  neben  9Hfotau§  ©erbet  einer  ber  eifrigftcn  Vertreter  ber 
neuen  £et)re  in  feiner  SBaterftabt  geworben  mar,  ba§  bittere  SBort 
jurufen  taffen:  „SBenu  idj  ein  Steuer  bin,  fo  t)abt  ifjr  mid)  §u 
einem  gemacfjt". 

StnberS,  roie  gejagt,  mar  bie  Stellung  be§  3Sotfe§,  beffen 
Stimmung  ber  neuen  üßeroegung  miüig  entgegenfam.  ?(ucrj 
äußere  Umftänbe  leifteten  ber  teureren  Sßorfdjub.  &as  3afjr 
151 7, ,;)  merjr  noefj  ba§  folgenbe,  maren  SteurungS-  unb  sJ(0t= 
ftanbsjarjre  gcroefeu,  unb  ba  bie  reiben  ftlöfter  bie  Notlage  baju 
benutzt  rjatten,  bie  Äornpretfe  Ijcrauf^ufdjraitbeu,  fo  mar  bie  (Sr= 
bitteruug  in  ben  breiten  9Kaffen  grünblid)  gereift  morbeu.  £)en 
©eifttidjeu  (ytm  Tort  mürben  SutljerS  Ibefen  au  ben  £f)üren 
ber  Äircrjeu  unb  ^farrljäufer  angefdjlageu,7)  unb  menn  bie  £eute 
in  ber  Sdjänfe  beifanuueu  faf?en,  begannen  fic  bebeuflicfje  finanzielle 
Söeredjnungen  au^uftellen,  bei  beneit  bie  reichen  Pfaffen  unb 
^früubenfrcffer  nidjt  eben  glimpflid)  baüon  tarnen.  Xk  @r= 
Bitterling  ber  Saien  gegen  ben  Älcru*  l)atte  ben  ■fwrjepuuft  erreicht 
unb  bie  üütoffen  in  jene  Stimmung  hineingetrieben,  bie  nun  ber 
reformatorifdjen  ÜBeroegung  ben  breitefteu  Stüfepuuft  bot.  ©erabe 
in  bem  t'ird)eu=  unb  flüfterreidjeu  Strafwnrg,  roo  bie  Bürger 
genug  öon  eignen  üblen  (Erfahrungen  %a  er^äljlen  nutf?tcn,  fjattc 
bie  fdjouungelofe  SBotf&pofemif  gegen  Pfaffen  unb  SDcöndije  immer 
ein  williges  Ofjr  gefunben.  2lber  roai  öorbem  leibtid)  (jarmtoä 
gewefen  fein  mod)te,  ba  für  bie  allgemeine  Stuffaffung  ber  ^rieftet 
bod)  immer  ^rieftet  unb  ber  Stellvertreter  ©otteS  auf  (Srben 
blieb,8)  ba§  fal)  jeüt  plöt.üid)  minber  harmlos  ans,  gemaun  oiet= 
mel)r  eine  broljenbe  Spike  unb  Sd)ärfe.  SöiSljer  modjte  beifpiel§= 
weife  ber  naioe  ©laubige  wenig  ^Inftof?  baran  genommen  baben, 
menn  er  auf  einem   Steinmerf  im   Strafmurger  SDcunftet  $otf 


unb  ©djmein  bargeftettt  fal],  mte  fie  ben  fcfjlafcnben  g-ud)§  al§ 
Deifigtum  trugen,  oor  tfmen  ben  SBären  mit  beut  Äreuj  unb  ben 
SBotf  mit  6rcnnenbei  Sßadjäfeige,  bafn'nter  ber  ©fei,  ber  tun-  beut 
ytttar  bie  3Keffe  tieft;  ober  wenn  er  in  einer  aubern  Vürcfje  ba§ 
©leid)nis  tunn  breiten  unb  fdjinalen  SBege  bargeftettt  fat),  rooBei 
ber  erftere  burdjmeg  uou  geiftttdjen  Zauberern  belebt  mar.9) 
Sefct  maren  baz  grelle  unb  berbe  Sttuftrattonen  gu  ben  (Sdimäufeu, 
9lotielleu  unb  Satiren,  in  betten  Spott  unb  .ftaft  liegen  Pfaffen 
unb  9Jähid)e  fid)  ßuft  niaditen.  Unb  e§  tuareu  mabrlid)  nid)t 
bie  fd)led)tefteu  geroefen,  bie  biefe  (Stimmung  im  SBoße  beförbert 
Rotten,  ©eitere  Stimme  mar  berftungen,  aber  feine  gewaltigen 
SKinfterprebigteu,  in  beueu  er  freimütig,  au§  ber  gfutte  eine» 
fd)mer(^lid)  bemegten  ^per^en*  rjerau§  ben  eignen  ©tanbe§genoffen 
bie  ©emiffen  gefcliärft  ()atte,  maren  nod)  unüergeffen.  (Sin  Wann 
mie  SKimpfeling,  ju  bem  bie  Strafmurger  mit  f dienern  SRefpeft 
emporfabjen,  bjatte  eitift  in  feiner  ftomöbie  „Strjtptjo"  (1470)  berb 
bie  ftupiben  Sßfrünbenfreffer  uerfpottet l0)  unb  (jatte  bann  in  feiner 
Sdn'ift  „de  integritate"  |  L505)  Mi  über  bie  fitttidje  Sßermitberung 
unb  5ßerrot)ung  ber  ©eiftftdjen  bemegtid)e  ftlage  geführt.  $\M= 
fid)t5lo*  l)atte  er  bie  fd)mä()lid)en  &onfulüuat*uerl)ältuiffe  au  ben 
oranger  geftellt  unb  bie  ©otteSläfterung  gebranbmarft,  bereu 
foldje  ©etftftdje  fid)  fdjulbig  ntadjen,  bie  „mit  befteeften  Rauben, 
mit  unreinem  9Jcitnbe  unb  mit  mollüftigen  ©ebaufeu"  bie  heiligen 
,f)anblungeu  bottgieljen.  @r  batte  nidjt  minber  über  baä  uou 
ben  s.l)(öud)eu  erfunbene  Spridjmort,  bafc  bie  Sßiffenfdjaft  in  ben 
äRöndjSfapben  ftede,  feinen  grimmigen  Spott  ausgefelnittet  unb 
ben  x'Vttcliiiöiulieu  $um  Sletger  jenem  „muuberbareu  2nd)lappeu", 
ber  ©Übung  eiuflbnen  föune  unb  ber  bemnadj  roeit  liöber  afö 
^urpur  ju  fd)äl;.en  fei,  ein  ironifd)Cv  ßobtieb  gefangen.  (3n  feiner 
Sdjrift  de  vita  et  miracnlis  Joa.  Gerson.)  Unb  mie  enbliel) 
mar  9Ji  urner  felbft  mit  Weiftlicbeu  unb  s.l'iö;uben  umgefprungen! 
Unb  nicl)t  einmal  auo  uürflid)em  Sdnner;,  über  bie  Sftoi  ber 
■Siircbe,  fouberu  in  erfter  ßinte  boel)  nur  nni  augeublid'lidier, 
braftijdier  SBirfungen  mitten  unb  um  fid)  baS  banfbarfte  Cbjeft 
be8  @atirifet8  uid)t  entgehen  ;m  [äffen,  batte  er  gefpottet  unb 
gebölmt  unb  bie  Sldjtung  oor  beni  .Sfleniv  gninblid)  untergraben. 
SRun  mar  bie  Saat,  bie  er  aitvgeftreiit  batte,  aufgegangen  unb  jroar 


in  reidjfter  gütle  unb  lleppigfeit.  £ie  bunfte  ©mpfiubung,  baf? 
er  fid)  felbft  ben  9(ft,  auf  bem  er  gefeffen,  abgejagt  fjabe,  modjte 
'ü)Xi  nun  überfdjleidjen  unb  rat-  unb  fjilftos  bttefte  er  in  bte 
bunfel  öor  irjm  liegenbe  $ufuuft. 

Steufsertidj  freilief)  mar  in  (Strasburg  junädjft  fdjeinbar  nod) 
altes  beim  alten.  SRorf)  1518  roar  tjter  mit  feftlidjem  ©epränge 
ber  SBringer  eines  neuen  3Ö)iaffe§  empfangen  jroorben,  unb  al§ 
ein  feefer  93urfct)e  über  biefe§  ©nabenmtttel  ber  Ätrdje  öffentlich 
giemlict)  refpeftto*  fid)  geäußert  fjatte,  roar  er  öom  SRate  hinter 
Sdjtoft  unb  Siegel  gefegt  toorben,  um  bort  über  feinen  Ee|mfdjen 
Seicfjtfinn  nadjjubenfen.  2)od)  bie  Stetige  nahm  für  ben  2)etin= 
quenten  Partei;  cinftufsreidje  Bürger  legten  gürfpradje  für  ifm 
ein,  unb  bie  Öbrigfeit  gab  biefem  S)rutfe  nad),  fo  bafi  ber  arme 
©ünber  mit  einem  blauen  Singe  baöonfam.12)  Unb  fotdje  3eid)en 
einer  neuen  ßeit  merjrten  fid).  Sdjon  im  Sötyre  1519  begann 
ber  aulßofingen  in  ber  ©djtoeig  gebürtige  33ud)bruder  Sodann 
Stnobtondj,  ein  ÜDtonn  nid)t  of)ite  f)umaniftifd)e  ©Übung,  ber 
felbft  latetniferje  Vorreben  jur  @mpfel)tung  einzelner  fetner  ©rüde 
fdn'ieb,  fiutherfcfje  5£raftate  natfföubruden;13)  aud)  ber  au§  Laniers 
@d)itlc  rjemorgegangenen,  öon  ßutfjet  [eingeführten  unb  [mann 
empfohlenen  „3)eutfdjen  Geologie"  gab  er  burd)  einen  9tcubrud 
meiterc  Verbreitung.  31)nt  folgte  SKartin  $1 ad),  ber  im  gtcidjen 
3ahre  SutljerS  „©ernton  öon  bem  l)od)U)ürbigen  (Saframent  be§ 
marjren,  fettigen  Setdjnam£  (ihriftt  unb  öon  ben  SBrüberfdjaften" 
in  einem  s3cad)brud  fjerausgab.  £ie  öon  ©eüafttan  SSrant 
geübte  ßcnfur  Juar  nttlbe  unb  mol)lmol(enb  unb  nur  feiten  raffte 
fid)  ber  berühmte  ©tabtfdjreiüer  51t  eigner  Snitiatiöe  auf.  (Sbenfo 
bemaf)rte  ber  9tat  eine  abmartenbe  Haltung  unb  fdn'itt  nur  ein, 
toenn  er  bireft  ba§u  aufgeforbert  untrbe.  ßroar  erlieft  er  ju 
^Beginn  be§  3af)re§  1520,  at§  bie  religiöfe  Ißolemif  einen  immer 
teibenfdjaftlichercn  (Sfjarafter  annahm,  eine  Verfügung,14)  aber 
nid)t  um  bie  Vefpredjung  tt)eologifd)er  fjragen  $a  oerliinbern, 
fonbern  nur  um  groben  üerfönftdjen  Veleibigungen  (Sinfjalt  51t 
tf)itn.  SDabet  maren  bie  SBcrfaffer  il)in  gegenüber  jeber  SBerant* 
mortlid)feit  lebig.  (Sr  l)ielt  fid)  einfad)  an  bie  Trurf'er  unb  .ftänb* 
ler,  bie  in  befonbers  fd)tncrcn  fallen,  fnmmarifd)  genug,  burd)Äon= 
ftSfarion  unb  Vernichtung  ber  oorhanbeneu  Vorräte  geftraft  untrben. 


Setbft  burd)  baZ  SBorntfer  (Sbift,  bo§  nur  gögerob  publiziert 
roorben  mar,16)  uuirbe  an  biefer  milbcn  ^rari*  ber  ßenfur  Wenig 
geänbert.  SScnn  DJhtrner  nm  13.  Sanitär  1521  oon  33rant  nid)t§ 
geringere*  all  ba§  Verbot  aller  fet^erifdjen  (Schriften  verlangt 
rjatte,16)  fo  roar  bantal§  biefc§  2tnfinneu  oon  oornrjerein  au§= 
fid)t*lo§  geroefen;  aber  felbft  je|t  uod)  blieb  SBrantS  Sftadjfolger, 
^Seter  83n|,  ber  bisherigen  ©epffogen^eit  treu  unb  fudjte  bie 
^(itvfiibrung  be§  @bift§  fo  nie!  als  müglid)  ju  umgerjen.  @s  ift 
für  bie  Sage  in  ©trafjburg  bezcidmenb,  bafs  3Kattf)ia§  ßetl 
fpäter  (1523)  beridjten  formte,  man  rjabe  bie  Sutt)erfcr)en  (Schriften 
üffentlid)  feilgeboten,  felbft  an  ben  Orten,  an  benen  ba%  pöpftlidje 
unb  faiferftdje  äföanbat  angefd)lagen  geroefen  fei.17)  llnb  aucf) 
ba§  ift  bejeidmcnb,  baft  unter  ben  zarjtreidjeu  Strafjburger 
Smdjbrurfern  nur  ein  einziger,  SofjanneS  ©rüninger,18)  ben 
SJhtt  Ijatte,  and)  nad)  ber  Deformation  nod)  fatt)olifd)e  Sraftate 
herauszugeben. 

©o  lagen  bie  SBcrfjättmffe  in  ber  Heimat,  at§  ber  unftäte 
gfranjiiSfaner  mieber  bort  einfpraef)  unb  nun  für  geraume  3e^ 
in  feinem  ßtoftcr  ftcf)  beimifd)  mad)cu  follte.  Sutfjer  felbft  J)atte 
gerate  au  biefem  3e^Pllu^  wne  frtrge  g-rift  ber  SBaffenrulje  unb 
aud)  ber  inneren  Stille.  ©r  arbeitete  rüftig  an  ber  Qfortfefcnng 
feines  SßfatmenfommentarS  unb  an  ben  erften  Anfängen  feiner 
Sßoftille,  unb  erft  im  Februar  1520,  al§  er  ben  Sturm  immer 
näber  l)eranrürfen  fall,  regte  fidj  mieber  feine  alte  friegerifdje 
Stimmung.  Sic  ^nt  $u  rebeu  fd)ien  i()m  jeUt  gefommen  unb 
in  frö()lid)em  Vertrauen  auf  ©ort  überlief;  er  ba§  Sdjiffleiu  bem 
Sßinb  unb  ben  Sßetten.  3>e|t  begann  ilm  zum  erften  äftale  bie 
ftuttc  ernftlid)  ,m  brüden,1'1)  fo  bafj  er  bebauerte,  nirfjt  lieber  ein 
^anbtoerf  gelernt  $u  Ijaben,  ba  il)in  bie  .Silöftcv  toie  bie  „Sdjlacb> 
bänfe  beS  ©eroiffenS"  erfdjienen ;  unb  roie  er  nun  felbft  in  [einer 
inneren  (Sutmietelnng  Sdjritt  oor  Sdjritt  weiter  gebrängt  nmrbe, 
fo  rin  er  and)  [ein  SBolf  unwiberfteblid)  mit  fid)  fort,  be[[en  befte 
ßebenäfraft  in  biefem  einen  Spanne  bereinigt  feinen.  Sdimere 
Safjre  ooll  ©türm  unb  Xrang  jogen  nun  lieranf.  Ter  .Stampf, 
ben  er  angefadjt  batte,  mar  längft  nidn  mein  ein  Streit  ber 
Sßfaffen  unb  Jljeologen,  [onbem  er  mar  jur  Sacbe  ber  ganzen 
Nation  geworben.    Unb  Dabei  roar  ber  SERann,  ber  ben  ÜDfättefc 


8 

puttn  ber  gangen  23emcguug  bitbete,  felbft  über  bat  Ausgang 
oüttig  unbefümmert,  ja,  bie  ffia^,  *oofjin  er  eigentlid)  treibe, 
fdjien  ifjn  überhaupt  nidjt  mefjr  ernfttidj  gu  beunruhigen.  (Sr 
füfjlte  ftdf»  als  im  £>ienfte  feines  @otteS  ftefjeub,  unb  in  biefer 
unerfd)ütterlid)en  Uebergeugung  liefe  it)n  bie  ©orge  um  bie  äußere 
©eftaltung  ber  merbenben  2)ingc  oöttig  gleichmütig.  SSofjt  möglid), 
meinte  er,  bafs  ein  neuer  unb  großer  93ranb  entftelien  mirb,  toer 
aber  oermag  bem  Ototfdjutß  (Lottes  $u  uuberftef)en? 

SBei  ifjnt,  bem  ber  gange  ftampf  auS  bem  innerften  ßentrum 
feines  religiöfen  SebenS  rjerüorgegaugen  mar,  ift  biefe  großartige 
©orgiofigfeit  um  StuSgaug  unb  äufsertidje  ©eftaftung  ber  23erocgung 
begreiftid),  aber  eoenfo  ftar  tft,  baß  fid)  bemjenigen,  bem  biefer 
Äantpf  nidjt  tote  i()m  altein  unb  auSfdjtießtid)  ein  Äampf  um 
bie  (Seligfett  mar,  in  erfter  ßinie  eben  biefe  bange  $rage  nad) 
9Rid)tung  unb  ßiel  Der  83etoegung  aufbrängeu  mußte.  S)er 
9)cönd),  ber  in  feiner  ^eüe  ßuttjerS  fiegeSfrotje  &ampf=  unb 
©titrmfdjriften  las,  oljne  je  felbft  oon  jenen  ©emiffenSnöten  geparft 
unb  gefdjüttelt  morben  gu  fein,  bie  beut  Sßittenbergcr  Sluguftiner 
fo  flammenbe  Sßorte  auf  bie  Sippen  gelegt,  ber  9Jcönd),  ber  alle 
bie  ©djäben  unb  ©ebredjen  ber  Äirdje  unb  beS  ÄlteruS,  toeldje 
bie  Seele  jenes  in  l)el(cm  30ra  Ratten  aufbrennen  [äffen,  nur 
als  ©pötter  bem  ©elftester  feines  sßubfifumS  preisgegeben  rjatte  — 
biefer  9ttönd)  !onnte  öieltcidjt  für  htrge  $cit,  fo  lange  ber  ftampf 
jenes  merjr  nur  gegen  Steußerlidjfeiteu  unb  gang  offeut'unbige 
9Jcißbräud)e  gerietet  fdjieu,  in  il)in  eine  ?(rt  öon  ^unbeSgcuoffen 
fefjen,  einen  93unbesgenoffcn,  ber  gornig  unb  patljctifd)  baSfelbe 
anftrebte,  maS  er  felbft  oorbent  ladjenb  unb  fpottenb  öerfudjt 
l)atte.  316er  nur  §u  bafb  mußten  ifyre  SBege  fief)  fd)eiben  unb  bie  Un= 
oerfüfjnlidjfeit  gmeier  fo  gegenfa|ü'djer  8taubpunfte  mußte  offenbar 
toerben.  Sei  jebem  meitereu  ©djritte,  ben  8utt)er  tf)at,  mußte 
il)m  biefer  meljr  unb  met>r  nur  uod)  als  uermegucr  (Empörer 
erferjeinen,  ber  bie  alte  Äirdje  §u  zertrümmern  broljte.  Unb  menn 
bann  baS  anfängliche  ©cfüfjl  einer  gemiffen  ^unbeSgenoffenfd)aft 
fpäter  in  einen  um  fo  erbitterteren  $aß  umfd)lug,  fo  ift  aud) 
baS  pftjdjologifd)  mor/t  ju  begreifen. 

SJcurner  mar  im  3af)re  1520,  atö  aud)  in  ©traßöurg  bie 
3)inge   jur  ©utfdjeibuug   ju   treiben   begannen,   ein  ÜJtonn   oon 


9 

merunbttierjig  Satjren;  feine  innere  (Snttoufelung  toar  abgefdjloffen 
nnb  er  muffte  fomit  jeber  neuen  geiftigen  Semeguug  fürjl  unb 
abmarteub  gegenüberftetjeu.  @r  mar  rcicf»  an  äußeren  (Sfyren 
unb  Sßürben:  ein  SDoftor  ber  33jeotogie,  ein  Toftor  beiber  ^Kedjte, 
ein  gefrönter  Sßoet  unb  ein  angefeilter  SJtonu  feinem  DrbenS. 
£a§u  fjattc  er  titterarifdjeu  9fhtf  unb  9tut)m  erlaugt,  fo  baf?  er 
gerabe  jetjt  redjt  eigentlid)  auf  ber  |jölje  feines  SeüenS  ftanb. 
Sfant  aber  brocjte  bie  oon  Wittenberg  auSgerjenbe  33emegung  attcS 
in  $rage  3U  [teilen,  tocß  bis  bal)iu  fein  innere*  Seben  aufgefüllt 
t)atte;  fie  broljte  gugleid)  alle  bie  äufkren  @tü|en  tjintoeggufegen, 
bie  bem  Äutteuträger  6i§  babüt  Sßürbe  unb  Stttfeljen  bei  bcn 
SOienjdjcn  unb  ben  Unterhalt  be§  ßebenS  oerbürgt  Ijattcu.  ?(ud) 
er  mar  bantit  bor  eine  furdjtbare  öntfdjeibuug  geftellt,  bereu 
©ruft  felbft  feine  oon  §au§  au§  leidjtlebige  unb  bemeglicfje  Sftatur 
im  Sunerften  erfdjütterte.  $ür  Stugenblufe  mochte  e§  anfäuglid) 
mot)l  il)in  felbft  fdjeinen,  al§>  fei  mit  bem  Scanne,  ber  biefeu 
geuerbranb  in  bie  ftlöfter  gemorfen  fjattc ,  eine  5>erftäubigung 
nocl)  ntöglid),  ba  er  ja  in  ber  ftrttif  gemiffer  äußerer  (Sdjäbeu 
unb  äftifbräudje  ber  Äirrfje  mit  jenem  burdt)au§  auf  gleid)em 
23obeu  ftanb.  (£§  ift  gubent  bcad)teu*mert,  baf?  unter  benjeuigen 
©djriften  SutljerS,  bie  in  Strasburg  burd)  einen  eignen  9cad)brutf 
öcrBreitet  mitrben,  auch  jener  au§>  ben  legten  Sagen  be§  3februar§ 
K>1(.|  ftammeube  „Unterricht  auf  etliche  Strtifet"20)  fid)  befaub, 
in  toetdjem  Cutter  atö  ^yrudjt  feiner  Unterrebiiug  mit  Wtit'ii)  $it 
bebeuteubeu  ^ngefttinbniffen  fid)  bequemt  nnb  nod)  ju  fatt)otifd)en 
2et)ren  fid)  befannt  batte,  bie  er  balb  nadjljer  offen  bertoerfen 
[olttte.  „2iel)e,  nun  fjoffe  idj",  —  fo  t)atte  er  ben  fpäter  bon 
i()m  felbft  afö  apologia  vernacula  be^eidmeteu  3ettel  gefdjl  offen 
—  „fiebe,  nun  tjoffe  idj,  eS  fei  offenbar,  bafj  id)  ber  romifdjen 
Mivdjc  nidjtö  uel)ineii  mill,  tote  midj  meine  lieben  [Jreunbe  fd)el= 
tcn.  .  .  Xem  heiligen  römifd)eu  Stuljle  foll  man  in  allen  Tingeu 
folgen,  bod)  einem  N>end)ler  nimmer  glauben."  ©8  märe  bemnad) 
uid)t  eben  nnmarjrfdjeinlid),  toenn  ein  üDiann  toie  SDfctrner  beut 
^Reformator  anfänglid)  mit  einer  gemifjen  Stmtdatljie  gegenüber 
geftanben  baue.-1)  Vlber  fobalb  ü)m  bie  ganje  ungeheuere  'Irag- 
toeite  ber  SBeroegung  aufgegangen  mar,  und)  er  fdjen  toieber 
jurütl  unb  tourbe  nun  am  bem  rüftigen  Sotirifer,  ber  als  johber 


10 

fed  bie  äWtfjbrändje  ber  alten  ßirdje  unb  bie  ©üitben  ifjrer 
Wiener  öerfpottct  fjatte,  ein  ebenfo  rüftiger  unb  ebenfo  ungefdjladjter 
®ämöe  für  bie  alte  Strafe  gegen  ben  teuerer,  ©r  far)  nun  in 
Sutljer  nur  nod)  ben  Üteoolutionär  unb  fonnte  e§  ifjm  nid)t 
»ergeben,  bafe  er  bie  ©infjeit  ber  &ird)e  gebrochen  fjatte.  @r 
machte  al§  getreuer  (Sofjn  ber  ßirdje  bebot  bor  betn  ©djlagbaum 
§alt,  an  ben  Dom  ein  „big  Ijierrjer  unb  nidjt  roeiter"  geschrieben 
fjatte,  benn  fjinter  biejem  @d)(agbaum  far)  er  nidf)t§  als  abtrünnige 
unb  ©mpörer.  Unb  nun  fluttete  er,  ein  färmenber  Sournatift 
in  ber  üttönd)§httte,  eine  gange  glitt  tton  @treit=  unb  @d)tnäf)= 
fünften  über  ben  SBittenberger  ©tnpörer  au§,  unter  allen  üttera= 
rifcfjen  Sßiberfatfjern  beSfetben  ber  eifrigfte  unb  fdjfagfertigfte,  ber 
gettmnbtefte,  ber  biffigfte  unb  tt)i|igfte.  2)a8  Sine  jebod),  roa§  in 
biefem  Stampfe  bie  £)auptfadje  mar,  fefjtte  ifjm:  bie  [tarte  reftgiöfe 
Uebergeugung ,  ber  lebenbige  Obern  einer  um  ir)r  ©eelenrjeit 
ringenben  8JJenfdfjenfeete.  Unb  barum  fielen  feine  ©djrtften  platt 
gu  23oben,  toärjrenb  bie  Deformation,  uubefümmert  um  ben 
ftrettbaren  ©cfulbfnappen  9tom§,  ifjren  ©tegeSjug  antrat. 


3uiritrs  finpitd. 
9Huritcr  und  ttutQcr. 


2Ba5  ÜDhtraer  }tt  feinem  erften  öffentlichen  auftreten  tuiber 
ßutrjer  öerantajjte,  toar  ber  Keine  „©ermon  oon  bem  neuen 
Steftament,  b.  t.  oon  ber  Ijeitigen  SJceffe",22)  ber  toenige  Xage 
öor  StuSgabe  ber  @cr)rift  an  ben  Stbel  erfcrjienen  mar.23)  üöiafc 
ooü,  mit  innerer  Sßärnte  unb  faft  böttig  frei  öon  allem  botemifdjen 
SBeboerf  fjatte  Sutrjer  Ijier  fein  £r)ema  in  einer  für  bie  Saien 
burdjauS  berftänbticrjen  Sßeife  bdjanbett.  9?od)  rjatte  er  fitf)  auf 
ben  Söunfcf)  befdjränft,  „bab  nur  ©eutfdjen  9Jcefj  jn  beutfd) 
lefen"  mödjten,  nnb  nodj  tjattc  er  ben  SBerfudj  gemacht,  ben  ber 
Stteffe  511  ©runbe  liegenben  Döfergebanfen  eöangetifdj  umjubeuten. 
Tenn  „ba§  befte  nnb  größte  Stücf  aller  ©aframent  unb  ber 
äRefc  fein  bie  SBort  nnb  ©etübb  ©otte§,  otm  toetdje  bie  ©aframent 
tot  nnb  nidjtS  fein;  g(eid)  tute  ein  Seib  otm  Seele,  ein  $afe 
ot)n  SBetn,  eine  1(\}d)\:  ofyi  Weib,  eine  gigur  ol)it  ©rfüuung,  ein 
S3nd)ftab  ot)n  ©eift,  eine  ©djeibe  obn  üDceffer  nnb  bergt."  (Sr 
tjatte  bamit  ben  magifdjen,  öerföfmenben,  oerbienfttidjen  unb 
gefefctidjeu  ßtjarafter  be§  ©otteSbienfteS  uadj  fatljolifdjer  Raffung 
abgelehnt  nnb  bafiir  baS  Sieben  be8  Sänften  in  ©tauben  unb 
ßiebe  als  ben  eigentlichen  geifttidjen  untreu  ©otteSbienft  beS 
neuen  leftameitts  ertennen  gelehrt.  „Teint  ber  ©taube  ntnf? 
aßeä  ttmn.  (Sr  ift  allein  ba3  rechte  brieftertidje  Sinti  .  ."  Stile 
aber,  bie  foterjen  ©tauben  ttidit  haben,  „fonbern  bermeffen  fid), 
bie  9Mefi  at§  ein  Dbfer  aufzutreiben  unb  ihr  Stmt  ©ort  fnr= 
tragen,  baä  fein  Detgöfcen,  halten  aufcertidj  ÜReB,  toiffen  felbft 
nit,  toaS  fie  machen  unb  mögen  ©ort  nit  luohlgefallen". 


12 

SBentt  Sutrjer  feinen  (Sermon  mit  ben  SBorten  fcf)tofe :  „igdj 
roeift  tt)of)l,  baf3  ettid)  merben  leichtfertig  fein,  fjierinne  mid)  einen 
$et3er  fdjetten.  ?lber  lieber  ©efell,  bu  fotlteft  aud)  gufetjen,  ob 
bu  e§  fo  feid)ttid)  bemäfjren  fönneft,  fo  teid)tlid)  bu  fäfterft"  — 
fo  foltte  biefe  feine  SBorausfage  nur  51t  balb  fid)  bemat)rt)eiten. 
(Er  felbft  modjte  bie  £ragmeite  feinet  Angriffs  auf  bie  römifd)e 
9fteffe  nod)  gar  nidjt  einmal  ööltig  überfetjen,  mätjrenb  ber  ©trai= 
burger  SOlöncfj  rafd)  erfannte,  baft  fdjon  in  bem  fd)onenben  SBerfud) 
einer  eoangelifdjen  Umbeutung  bes  Cpfergebaufen§  an  bem  gunba= 
ment  ber  treffe  gerüttelt  mar.  (Sr  fütjtte,  bafi  bamit  bem  &atf)o(i= 
§i§mu§  an§  ^jerg  gegriffen  mar,  ba  eben  in  ber  9)feffe,  mo  bie 
gange  unüberbrüdbare  iUuft  gmifdjen  bem  ßaien  unb  bem  ^ßriefter 
offenbar  mirb,  bie  Sßurgetn  feiner  &raft  liegen.24)  $11  tiefer 
grage  alfo  burfte  er  angefidjtö  be§  „Slergeruiffes",  ba§>  üutfjer 
„objn  allen  Reifet  ber  Neffen  t)alb  bem  Untierftänbigen" ») 
gegeben  Ijabe,  nid)t  fdjmeigen.  9tod)  mar  e§  tiietteidjt  an  bei- 
ßen, ben  irrenben  33ruber  gur  Umfefjr  51t  bemegen  unb  bm 
öerlorenen  ©obn  bem  „SSater  be§  djrifttidjen  Ö)lauben§"  mieber 
gugufütjren. 

9<tod)  roäljrenb  er  an  feiner  (Entgegnung  auf  ba§  23üd)lein 
üon  ber  SReffc  arbeitete,  tarn  aud)  ^utt)er§  (Schrift  an  ben 
Slbel  in  feine  |)änbe,  fo  baf?  er  aud)  biefe  nod),  menn  aud)  nur 
flüdjtig,  in  feiner  2trbeit  berühren  tonnte.  ®aburd)  geftaltete  fid) 
feine  ©djii|fdjrift  für  bie  römifd)e  90?effe  gang  öon  felbft  51t  einer 
©treitfdjrift  miber  baZ  gefamte  reformatorifd)e  SBorgetjen  £utt)er§, 
unb  mir  finben  fdjon  fjter  alle  bie  Argumente  für  bie  ttirdje  be§ 
'jßapfteS  unb  miber  ben  oermeffeneu  teuerer,  bie  er  bann  in 
allen  feinen  f  pureren  ©cfjriften  lebiglid)  miebertjolte  unb  mit 
ermübenber  2öeitfd)meifigfeit  breittrat.  Unb  gmar  finb  c§  im 
mefentüd)en  brei  fünfte,  auf  bie  er  in  feiner  feiernd  miber 
ben  $e|3er  immer  mieber  gurüdfommt.  Sßeruft  fid)  ßuttjer  auf 
bie  Sdjrift,  fo  er  auf  bie  „löblidjeu  ©emolm Reiten  unb  alten 
©ebraud)  ber  Später"  ober,  mie  e§  in  feiner  Sdjrift  an  ben 
51bel  büubig  Ijeifjt:  „Sßir  aüegieren  ba*  alt  §erfommen".26) 
ßiltn  anbern  proteftiert  er  immer  unb  überall  gegen  ba*  oon 
ßutfjet  proklamierte  ^rieftertum  aller  (Gläubigen,  inbem  er, 
geftüt^t  auf  bie  (jerfommlidjen  Argumente,   um  fo  nad)brüdlid)er 


13 

ben  oermeintlidjeu  character  indelebilis  be§  Sßriefter§  betont, 
unb  311m  brüten  cnbiict)  richtet  ficf)  fein  Sßroteft  immer  mieber 
gegen  ba§  Unterfangen,  burcfj  (Erörterung  fofcfjer  fragen  üor 
ben  Säten  bie  „f  nannten  gemeinen  Gt)riften"  in  itjrent  ©lauben 
irre  gu  machen,  ©erabe  btefeS  festere  SSebenfen  tft  ba%  21  unb 
C  feiner  gefamteu  antituttjerifcrjen  ©djriftftellerei,  mobei  aü= 
inärjftcf)  immer  beutftdjer  ba%  SBeftreben  juttage  tritt,  Suttjer 
afö  politifdjen  SReüotutionär  gu  Denunzieren,  beffen  fejjerifcrje 
Seljren  fc^liefelicf)  jebe  obrigfeittidje  Stutorttät  untergraben  müßten. 
Sßenn  er  babei  immer  mieber  tum  ßutrjer  forbert,  er  folle  bie 
eigentlichen  ©taubenSfragen  nnangetaftet  (äffen,  ba  fid)  nur  bann 
über  bie  mm  iljm  berührten  ÜKiftbräucrje  unb  äufterticrjen  ©cfcjäben 
innerrjalb  ber  römifcrjen  .Sttrdje  mt)ig  unb  fadjlid)  bietutieren 
(äffe,  fo  befunbet  ba§  beim  bod)  eine  fotdj  naiue  UnfenntniS 
feine»  ©egneri  unb  eine  fotdje  Unfät)igteit,  ben  Sernpunft  beS 
bie  Söett  bcmegenben  Kampfes  51t  begreifen,  bafj  e§  nur  §u  er= 
flärlid)  tft,  roenn  ßutrjer  felbft  tiefen  ©egner  furjer  §anb  bei 
Seite  fdjob  unb  ir)n  fpöter  gar  feiner  (Srroärjnung  mel)r,  gefdjroeige 
beim  einer  Slntttort  mürbigte. 

äJcurner  fdjitft  feiner  „(Srjrifttidjen  unb  urüberlicfjen  @r= 
niabuung"27)  eine  „SSorreb  §u  SDoftor  ÜDcartino  ßutter"28)  öor= 
aus,  in  ber  er  mit  bemerfensmerter  SDräfnguug  feinen  „erjrmürbigen 
Üötttörnber"  perfönlidj  apoftropt)iert  unb  ir)n  mal)nt,  öott  allen 
Neuerungen  abjufterjen.  (Sr  fdjreibe  an  i()n  nidjt  feiner  Sßerfon 
ju  ßeib  ober  öerÖehterung,  fonbern  allein  §ur  @rfennini§  ber 
göttlidjen  SBarjrrjeit  unb  bamit  faiferlidje  unb  l)i*panifd)e  SDfcajeftät 
mitfamt  allem  burd)laud)tigeu  beutfdjen  Slbel  burd)  Webe  unb 
SBiberrebe  baS  SBefte  ermeffen  mögen,  ba  eS  fdjou  im  Sprid)= 
mint  betne:  eine  Webe  ift  feine  Webe.  Sei  ber  .Staifcr  gemillt 
bie  Sadje  einem  .smu.u'l  ber  &r)riftenr)eit  ,ut  unterbreiten,  fo 
molle  er  biefem  fomolü  fein  Sdjreibeu  roie  fiel)  felbft  gerne  unter 
merfeu.  Xenu  er  fterje  biefem  ganzen  fjdnbel  atö  ein  llu= 
parteiifdjer  gegenüber,  ber  mit  ßutrjerS  Sßerfon  nicrjtS  beim  ßiebeS 
unb  ©uteS  im  8iuue  habe.  Stöer  eben  baruiu  molle  er  il)it, 
feineu  „allerliebfteu  ©ruber",  ermal)nt  babeu  umguferjren,  bamit 
er  mieber  mit  benjenigen,  bie  irjm  0011  Meißen  (mite*  gönnen, 
bereinigt  roerbe.29)    @r  möge  nur  oertrauen,  bnfj  ilmi,  fall*  er 


14 

als  verlorener  6otm  reuig  umferjre,  ber  fjeitige  $ater,  bei*  $apft, 
Jöannffergigfctt  nidjt  oerfagen  merbe. 

©djon  in  tiefer  erften  ©djrift  liegt  beim  aucf)  ber  @d*n>er= 
punft  meniger  in  ben  ©inroänben  gegen  ben  «Sermon  oon  ber 
Sfteffe,  al§  oielmefjr  in  ber  prinzipiellen  ^Bestreitung  ber  $8e= 
recrjtigung  SuujerS,  auf  ©runb  öorrjanbener  9Jüfmräucrje  an 
©a^ungen  be§  ©tauben§  51t  rüfjren ,  ober  üoIIenb§  gar  in 
@acf)en  be§  ©lauben§  oor  ber  „ungeteilten"  ©emeinbe  m  bi§= 
putieren.  2Sot){  fjat  2utf)er  öietfact)  „roof)t  unb  d^riftlid^"  gelehrt, 
unb  äfturner  felbft  ift  roeit  entfernt,  geroiffe  9JZtfebräucf;e  beim 
©ebraud)  be§  SlblaffeS  ober  in  ber  Setjre  üom  gegefeuer,  — 
üom  SDäfmraud)  be§  93ann§  gan^  ju  fdjmeigen  —  in  (Sdm|  5U 
nehmen,  ba§  Urteil  fjierüber  ftef)t  jebocfj  tebigtid)  einem  Ä'ongil 
gu,  nictjt  aber  einem  einzelnen.  Unb  motte  man  ifjm  felbft  biefeS 
Sftedjt  zugegen,  auf  Stbftetlung  oon  offenfunbigen  STObräucfjen 
m  bringen,  fo  ftefjt  itjm  bod)  nimmermehr  ba§>  9iectjt  §u,  mit 
„ungemafdjenen"  £änben  ben  ©tauben  felbft  angntaften.  2öeun 
einige  meinen,  man  fotte  in  2utf)er§  Setjre  unterfdjeiben,  ba§ 
©ute  annehmen  unb  ba§>  Ungläubige  üerroerfeu,  fo  ift  baZ  eine 
gefäl)rlid)c  ^palbljeit.  £)enn  roeil  eben  £utt)er§  SSaljrbjeit  mit  bem 
©ift  be§  Unglaubens  oermifdjt  ift,  foll  man  fie  gan§  oermerfen 
unb  nid)t  etma  meinen,  baf?  fie  bitrd)  SOcifsbräucfje,  mie  beifpiet&= 
meife  biejenigen  eine§  £et3et3,  beftätigt  mürbe. 

©er  §auptnad)bruc!  atfo  liegt  fdjon  tjier  in  bem  <3a|>e,  bajj 
mau  ben  „frommen  gemeinen"  Gfjriften  nidjt  in  biefe  ^pänbel 
oermicfeln  bürfe,  bamit  er  an  feinem  ©tauben  nidjt  irre  roerbe. 
Unb  bamit  gefjt  fdjon  fjier  ba$  93eftrebeu  §anb  in  §anb,  £utt)er§ 
£ef)re  al§  aufrüf)rerifd)  barpftellen  unb  fie  bei  ber  meltlidjen 
Dbrigfeit  §u  öerbädjtigeu.  ®enn  mürben  mirftid),  mic  ßutijer 
roolle,  bie  Älöftcr  aufgehoben  unb  bie  Steffen  abgettjau  merbeu, 
„mir  mürben  bermafjen  in  eiuanber  oermirret,  bafj  bie  föinber 
ibre  ©Itern,  ein  23ruber  ben  aubern,  ein  greunb  feinen  greunb 
barüber  erfdjtagcn  unb  ermürgeu  mürbe".  üöarnenb  l)ält  er 
bem  revolutionären  Söiöndje,  anfuüpfeub  au  beffen  33emerftmgen 
im  24.  Strtifet  ber  ©djrift  an  ben  Stbel,  ba8  Söeifpiel  ber  SBöfjmen 
oor  2(ugen:  „äBet&t  bit  and),  bajj  bie  33öf)men  äftöndje  unb 
Pfaffen  tot  gefdjlagen    fjaben?  ....  SSeijät  bu  andj,  baB  fie 


15 

ben  frommen  beutfd)en  9tat  rjaben  in  bte  ©piefj  (äffen  fallen 
unb  ofjn  Urfacf)  and)  erfragen?  ....  SBeifet  bu  and),  ba$  fie 
bte  (öblicf)  Sdjul  öon  Sßrag  ausgetrieben  l)aben  of)u  alten  itjren 
SBerbicnft  bei  breifeig  Saufeitben?  ....  SSeifet  bu  aud),  bafe  fie 
bie  fdjönen  Äirdjen  fo  uncr)riftüdt)  jerriffen  fjaben?"  ....  Unb  er 
fdjüetft  pattjetifd)  mit  einem  WpptU  an  ßtttf)er§  9cationatgefür)t : 
„SJcit  benen  foüen  mir  eins  fein,  bie  uns  töglid)  beutfdje  $unbe 
nennen'?" 30) 

25ie  erfte  Sbjefe  feiner  (Schrift  tautet:  „9ciemanb  foll 
prebigen,  er  fei  benn  gefanbt  unb  bajn  oerorbnet". 
Sftadjbem  bie  geiftlidje  Dbrigfeit  Sutfjer  baS  prebigen  unterfagt 
tjabc,  fei  eS  feine  s$ffid)t  bis  jrnn  SfaStrage  ber  §änbel  §u 
fdjmeigen.  äJtetnfi  bu  etwa,  fo  fäfjrt  SÖtorner  fort,  ba&  bein 
Slnrjaug  im  SSolfe  bir  baS  sJ?ed)t  311m  prebigen  giebt,  fo  fjätte 
aud)  äMjomeb  mit  feinem  meit  (größeren  Stn^ange  baS  gteterje 
9?ed)t.  (Spricht  bu,  id)  prebige  traft  meines  prieftertid)en  2tmteS, 
fo  ermibere  id),  ba$  bie  Dbrigfeit  §u  erfennen  l)at,  meffen  Sßrebigt 
ber  (Etjriftenljeit  tauglid)  fei  ober  ntdjt,  benn  fonft  tonnte  ein  jeber 
nadj  feinem  ©efaßen  prebigen.  5tucf>  pflegt  bie  C£f)riftenrjeit 
feine  SBkrfjrljeii  oon  benen  p  lernen,  bie  fie  mie  bu  mit  oiet 
Unwaljrtjeit  oermiferjen.  „2)arum  finb  ber  «ßoeten  SBüdEjer  oer= 
boten,  banun  alle  fefcerifdjen  öiidjer  in  alten  Reiten,  nidjt,  meit 
nidjts  SEBaljreS  barin  enthalten  märe,  fonbern  meit  fie  bie  2Sat)rf)cit 
mit  ßügen  oermifdjt  t)aben". 

daraus  folgt  jum  feiten:  w35a6  bem.  S)oftor  fintier 
in  bem  fdjmebeubeu  Streite  nidjt  allein  gu  glauben  fei 
bis  511m  SluStrag  ber  Sadjc".  (2prid)ft  bn,  bn  (jabeft  für 
bid)  baS  ßeugnis  ber  beiligen  Sdjrtft,  fo  warte  bod)  bis  eS 
gehört  wirb.  .s>aft  bu  SRedjt,  fo  tftS  für  bid)  um  fo  beffer. 
2lber  mau  finbet  oft  in  beinen  öüdjtein  bie  Ijeiftge  ©djrift  nad) 
beinern  ©inn  gebogen  unb  gerabebredjt.  Tu  bridjfi  ölumen 
nad)  beinern  (Gefallen,  bie  bir  wol)lriecl)eu,  ob  fie  fd)on  allen  au= 
beru  ba8  .\>rj  abftof?eu.  9fattl  mödjte  icli  ttriffen,  wem  id)  glauben 
foll.  Tir  allein  ju  glauben,  jd)eiut  mir  unfidjer,  beim  anbre 
SKüttex  fjaben  aud)  .Stinber  gentadit  unb  uid)t  bu  allein,  oa, 
fageu  niete,  c*  ift  aber  nie  einer  gewejeu,  ber  baä  fo  unerfcfjrocfen 
unb   tapfer   geprebigt   l)at.     Tod)   fauu   id)   um   fo   weniger   bir 


16 

glauben,  je  mefjr  idj  bei«  meufd)tid)eS  anliegen  erlernte;  benn 
mer  beinen  Jjpanbct  fennt,  bei*  meifj,  tüie  rafd)  bu  bidj  erzürnen 
läfst  unb  bann  au§  9?ad)e  ba§  &inb  mit  bem  Q3abe  ausfd)ütteft. 
3um  brüten:  „@in  Sßrebiger  fo  er  SUiiftbraudj  ftraft, 
fott  er  ba§  tljun  mit  djrifttidjer  SD^äjstgf eit".  S)ie  oon 
bir  berührten  ^Jäfrbrüudje  in  ber  djriftlidjen  Ätrdje  abgutfjun, 
ift  genrife  ein  gute§  Sßerf.  5tber  e§  ftefjt  geschrieben,  ma§  recfjt 
ift,  fotl  man  redjtlidj  austragen,  SDie  erfte  SRegel  babei  ift,  baf3 
man  öon  einem  jeben  eine  gute  Meinung  l)at,  bi§  ba3  ©egenteil 
beriefen  ift.  ®tft  ba§  fdjon  im  allgemeinen,  fo  gang  gemift  audj 
oom  Zapfte.  3d)  miß  bir  jngeben,  baf?  viele  ÜUiif?bröud)e  in  ber 
djrifiüdjen  Äirdje  finb:  aber  nenne  mir  einen  ©taub  auf  (Srben, 
geift(id)  ober  metttidj,  in  bem  nicfjt  ba§,  eine  ober  ba§>  anbre 
©lieb  frant  ift.  SBenn  ©ort  alle  Uebel  tjier  gcftraft  tjaben 
mollte,  fo  Ijätte  er  ftd)  nidjt  ba§  gufünftige  Urteil  über  Sebenbige 
unb  $ote  borbeljaften.  SBo^l  mügltd),  ba§  e§  einmal  toafyr 
nu'rb,  roa§  ba§>  alte  beutfdie  ©pridfjnjort  fagt: 

2Ben  geiftTidtj  ftanbt  ber  ftraff  toergcffen 
©o  fol  ber  toeltlid;  bj  ermeffen 
ÜBnb  fol  bie  orbenung  ftd;  üerferert, 
2)a8  lefyen  alle  Pfaffen  leren. 

S33a§  aber  ift  bie  $oIge,  roenu  bu  biefe  klagen,  örie  bu  e§  in 
bem  §8iidjlein  au  ben  beutfdjen  Slbel  tljuft,  in  bie  ungelernte 
©emeinbe  t)ineinträgft  ?  Sie  roerben  bie  SRomaniftcn  totfdjlageu, 
nrie  in  bem  böl)inifd)en  ?(ufrurjr  gcfdjal),  ba  mau  äftöndEje  unb 
Pfaffen  erfdjlagcu  ()at.  S)a§  follte  bir  unb  allen  beutfdjen 
dürften  billig  eine  SBarmtng  fein.  Carinii  ermahne  idj  bidfj, 
mein  Ijerjtteber  SBruber,  baf3  bu  ber  ©ebulb  $efu  (Srjrifti  unfrei 
§errn  nidjt  oergiffeft.  SDu  baft  früher  lateinifdjc  Sudler  au§= 
gcfjen  taffen,  looburd)  bu  öteX  ©tjrtnürbigleit  erlangt  baft;  }e|t 
aber  ftiugft  bn  an,  jebeS  ©djefttoort  mit  ©djelnoort  51t  begabten 
unb  öon  bem  Zapfte  fo  (äfterlid)  unb  ununirbig  ju  reben,  baf? 
id)  ein  grof?c3  SJJitteib  mit  bir  babe,  toeil  bu  beiner  äftäfhgfett 
fo  gar  bergeffen  baft.  S)u  bermagft  eS  bod)  nid)t,  allen  9ttiB= 
brandj  ab(yttl)iin;  bariun  l)abe  ©ebulb,  benn  ©ort  ift  eingeredeter 
Üiidjter. 

3m    oierteu    Wbjdjuitt:    „baf?    in   fdjioebenbeu   (Sadjen 


17 

beibe  Teile  berrjört  werben  folten",  fommt  SDhtrner  enbtid) 
auf  ba§  SBüdjtein  oon  ber  SCieffe  ju  fpredjen,  wobei  er  bewegßdje 
ßtage  fiihrt,  bafj  Suttjer  e§  fo  barftelle,  al§  ob  bie  SReffe  nur 
um  beS  ©elbeä  willen  erbietet  fei.  Strafft  bu  einen  äRif&brautf), 
feiert  er  fort,  fo  unterfdjeibe  ir)n  oon  ber  SBafjrtjeit  unb  (afj  bie 
3Bal)rt}oit  uuoerlent.  Bo  adjte  and)  ntrfjt  atte  Sßriefter  bafür, 
afö  ob  fie  allein  nni  be§  ©etbe§  roillen  bie  SOJcffe  übten  unb  nidjt 
l)ofiten  in  ßraft  ber  äReffen  unb  be§  ßeiben§  librifti  feiig  31t 
werben.  SBergifj  boctj  aud)  nidjt,  baß  bie  Sßriefter  uid)t  immer 
au§  ©eij,  fonbern  oftmals  au§  bitterer  sJ£ot  @elb  nehmen,  ^d) 
fefje  aber,  bau  bu  un§  auSfdjliefcen  uüllft  am  bem  SSerbteuft 
be»  SeibenS  (Sbrifti,  unb  ba  brid)t  mir  mein  §erg  mit  großer 
Sitterfeit  auf,  bir  Antwort  ju  geben  unb  meine  unb  nod)  mandje§ 
frommen  *ßriefter§  Qmtfdjutbigung  ,31t  fd)reibeu  mit  gebogenen 
.Siuicen,  mit  emporgeredten  täuben  unb  mit  beinen  Tbrtiueu. 
Sollte  wirf  lieh,  ein  fömgil  befinben,  bafc  mir  ben  ©otteSbienft 
ber  SWeffe  fälfdilid)  erbietet  Ijaben,  fo  fallen  mir  be-Mialb  billig 
geftraft  roerben  oon  ben  3ftenfc£>en  hjer  unb  bort  oon  ©ort  euüglid). 
3finbet  e§  fidj  aber,  baf?  bie  Steffen,  mie  fie  geübt  roerben,  göttlidi, 
geiftlid),  ebrlid),  anbädjtig,  watjrlid),  rechtliel),  üernünftig,  nüüüd), 
unb  ßebenbigen  unb  Toten  erfprienlidi  gebraucht  werben,  fo 
motten  mir  bir  eine  fold)  grofce  2dimaei)beweifuug  brübertid) 
t>ergeif)en  unb  nidjt  beinen  Tob  begebreu,  fonbern  ttnuifdjen, 
baft  bu  lebeft,  biet)  bet'ebreft  unb  mit  um  ©ort  ben  .fterru  (obeft 
viubem  9Jhmier  im  meiteren  bie  rümifebe  Set)re  oon  ber 
äfteffe  gegen  ßutljerä  Angriff  auf  ben  Dpfergebanfen  ju  üer 
teibtgen  fndit,  fommt  er  aud)  auf  ßutljerS  SBunfdj  ju  foredieu, 
„baf?  mir  Teutidieu  SDfefi  ju  beutfd)  lefeu  niöditeu".  @3  ift, 
menbet  er  bagegen  ein,  Sßftidft  eineä  jebeu  SßriefterS,  ber  in  ber 
[ateinifdjen  Viirebe  ift,  barin  bu  bift  unb  mir  alle,  beim  Vlmt  ber 
heiligen  ÜDJeffe  bie  (ateinifdjen  normen  511  gebraudien,  mie  mir 
fie  oon  ben  Sfyoftetn,  oon  allen  Äonjilien  unb  Sßäpften,  aud) 
ben  beiligen  Tätern  unb  Veljreru  alä  lange  löbliche  @erooI)nf)eit 
meldie  meber  ©Ott  nod)  feineu  (Geboten,  nod)  ben  guten  Sitten 
unb  ©eberben  ttriberftreitet,  überfoinmen  haben.  SBtodj  gebt  eS 
am  beut  ©runbe  uid)t  an,  in  beutfdier  Sprache  SO^effe  311  halten, 
meil   bie   barbarifebeu    Sprncbcn    fiel)    oft   oeränberu    unb    leicht 

Ratuerau,  JJliirner  hup  bie  [Reformation.  •> 


18 

fpötttid)  ober  öerödjtticr)  lauten.  (Sr  ift  aucr)  gteidj  mit  einem 
23eifpiete  bei  ber  §anb.  „allmächtiger  ©Ott,  minue  mid},  roie 
idj  bidj  minne".  @S  liegt  am  £ag,  fügt  er  Ijinju,  ba$  minncn 
früher  lieben  rjiefs,  jetjt  aber  gar  tüftertidj  fidj  oeräubert  tjat 
Sludt)  fjat  fidf)  ber  £aie  ntctjt  31t  beffagen,  als  ob  itjm  bei  feiner. 
UufemttmS  ber  lateinifdjen  (Spradje  etroaS  oerborgeu  mürbe,  ba 
eS  itjm  in  mancher  ^rebigt  lauterer  benn  bie  (Sonne  erflärt  mirb 
unb  je|t  attdj  beutfdje  SCtfefroüdjer  gebrucft  morben  finb. 

äfturnerS  ^auptargument  für  bie  römifdje  äReffe  ift  jebocr) : 
„baf?  einer  eljrtidjen  ©erootjntjeit  foll  geftanben  roerben, 
ob  fie  fdjon  nidjt  gefdjrieben  fteljt",  roobei  er  fid)  auf  (So. 
3of).  20,  30.  beruft:  „Sind)  oiete  anbre  geidjen  ^at  SefuS  oor 
feinen  Jüngern,  bie  nid)t  gefdjrieben  finb  in  biefem  93ud)e". 
(Sag  an,  roo  finbeft  bu  im  (Soangetium  gefdjrieben,  baf?  (SfjriftttS 
niebergefafjren  fei  px  §ölle,  unb  bodj  l)aben  mir  baS  oon  ben 
51pofteln  al§  einen  21rtifet  {unfreS  ©faubenS  empfangen.  Sßo 
fteljt  gefdjrieben,  bafc  mir  alfo  beidjten  füllen,  rote  roir  bie  Seichte 
in  ftraft  beS  (SaframenteS  üben?  2öo  finbeft  bu  gefdjrieben, 
baf?  bie  ©laubigen  mit  bent  ^eidjcn  oeg  ®mt§e§  fotlen  ge^eidjnet 
merben,  unb  bod)  ift  ein  foldjer  93raudj  oon  ben  Slpoftefn  auf 
un§  oererbt  roorbeu.  SBo  ftel)t  gefdjrieben,  ba$  roir  gegen  2(uf= 
gang  ber  «Sonne  beten  fotlen,  unb  bodj  bauen  roir  alle  unfre 
^irerjen  gen  (Sonnenaufgang.  SBollten  nur  oon  foldjcm  33rattdj 
ber  Ijetligen  SSüter  abftetjen,  ber  (Sdjabeu,  ben  roir  beul  C£f)rtftcn= 
glauben  zufügten,  märe  unermefttidj. 

Stuf  feine  roeiteren  StuSfüfjruugen,  „baft  niemanb  benn 
ber'priefter  9J?effe  galten  bürfe",  unb  „bafj  baS  <Saframent 
beS  ßeibeS  unb  SötuteS  ßljrifti  ein  roaljrtjaftigeS  Cpfer 
fei",  näljer  einpgefjcn,  ift  unnötig,  ba  er  tjier  lebigtidj  bie  üblidjen 
Argumente  ber  fatljolifdjen  SJogntattf  roiebergiebt.  Unb  roie  f)ier 
gegen  baS  allgemeine  ^rieftertum,  fo  eifert  er  (sulet3t  gegen  ihttljerS 
unfidjtbare  ftirdje,  [öjomit  er  bereits  baS  £l)ema  anfdjlägt,  baS 
er  gleidj  barauf  in  feiner  ©djrift  „£>om  s}kpfttum"  eingeljenb 
beljaubelte.  „@S  ift  leine  geiftlidje  Äirdje  oljtte  leiblidje  ©in= 
rooljner"  —  fo  lautet  bie  letzte  Xfjefe  feiner  „©rmnfjiuing." 
£amit  bu  midj  einmal  gang  oerfteljft,  fo  apoftroptjiert  er  ßutijer, 
roill  idj  tapferer  mit  bir  rebeu,  als  mit  einem  roaljren  §ufiteu, 


19 

ber  bu  bift  intb  all  bebt  gunbament  au§  bem  §u»  gefogen  fjaft 
unb  aud)  uns  gern  51t  £mfiten  macl)cu  totttft.  Sfljer  mir  toerben 
nn§  meber  burd)  bid)  nod)  burd)  |ntS  baljin  bringen  (äffen,  bafe 
ruir  eine  anbre  Äirdjc  glauben,  beim  bie  uns  bie  Stpoftel  gepre= 
bigt  Ijabeu.  3d)  glaube  als  ein  frommer  (Sl)ri[t  au  bie  gemeine 
apoftolifdje  unb  d)rtftlid)e  ßirdje,  toa§  bit  unb  |ms  aud)  für  eine 
£ird)e  jurecfjt  ptjautafieren.  SJton  fann  £eib  unb  ©eift  nidjt 
oon  einanber  fdjeiben,  ba  ©ott  felbft  fie  oermifdjt  f)at.  SDein 
Sßerfud)  fie  trennen  51t  motten,  erinnert  an  jene  geifttidjen  Ätofter= 
teute,  bie  ben  ©etft  fo  l)od)  ftelten,  unb  meun  maus  bei  £id)t 
befielt,  fo  fönneu  fie  bie  9cad)t  ofjne  ein  leiblid)  £ing  nidjt 
rjausfyalten.  Sarum  finben  mir  feine  Stabt  ofjne  teiblidje  Bürger, 
feine  Sfteffe  ol)ne  teiblidjes  ßu&eljör,  fein  gaften  otjne  Slbbrud) 
leiblicher  (Speifeu. 

5(m  Sdjluffe  feiner  Sdjrift  an  ben  djriftlidjen  5(bel  ^atte 
Sutrjer  aufgerufen:  „Sßorjlan,  id)  meife  nod)  ein  Siebtem  oon 
Ütom.  3ucft  fie  bas  ÖE>r,  id)  mitls  irjuen  and)  fingen  unb  bie 
9bten  aufs  |)öd)fte  ftimmen."  @rfcr)recft  ob  fotdjen  „freoel()afteu 
Grauens"  miber  ben  s$apft,  bittet  il)it  9Jhtrner  jute|t,  um 
©ottesroitlen  bas  nid)t  511  tfjun.  „@(jr  uns  armen  ©Triften  ba= 
ran,  fo  mir  ifm  für  unfre  Dbrigfeit  erfenuen,  e()r  feinen  Staub 
unb  Würben  unb  bid)  felber."  ©r  ergebt  gugteid)  gegen  itm  ben 
fpäter  nod)  oft  oon  i()m  mieberljolten  ^orrourf,  bafj  er  in  feinem 
(Sdjelteu  gegen  ben  ^apft  nur  „l)atbe  9ieben"  füt)re,  näntlicl) 
immer  nur  bas  oorbriuge,  mas  biefem  jnt  Sdjanbe  gereidje, 
basjenige  aber,  mas  if)m  §u  „Jyua,  unb  ©timpf"  bieneu  föune, 
norfä^(id)  oerfdjmeige.  .frnbe  irjnt  2ut()er  s3Jtifmräudje  oormmerfen, 
bie  ben  ©tauben  uicl)t  berühren,  fo  föune  er  (SJhmter)  fdjtoeigen, 
ba  ber  ^apft  mol)l  kniffen  mürbe,  fidj  felbft  gu  oerautmorten. 
2Bo  aber  mir  unb  unfer  (Glaube  in  feiner  Sßerfon  oerlel.U  »erben, 
ba  föunen  unb  mollen  tohS  nid)t  leiben  unb  bürfeu  uidjt  ftuutiu 
bleiben. 

©adjüd)  bebarf  bie  Sdjrift  feiner  ßrläitteruug,  mobl  aber 
ift  es  nötig,  ben  eigentümlich  bemegten  %on  $u  bezeugen,  ber 
burd)  fie  l)inburd)flingt.  StuSgug  unb  SCnaftjfe  oermögeu  baoou 
nur  eine  fel)r  oerbtaftte  s,Hnfd)auuug  §u  geben;  bei  ber  Seftüre 
ber  Sdjrift  felbft  aber  fpürt  mau  rafdj  jene  fd)on  oben  ertoäljnte 

2* 


20 

Uufirijerfjeit  bes  SdjreiberS,  tu  ber  er  jnrifdjen  $urd)t  unb  33emun= 
berung  ratfoS  l)in  unb  ijer  fdjmanft.  @r  i[t  gu  Httg,  als  bafc 
ihm  bie  öieleit  ©djäben  unb  SJcifsbräudjc  ber  römifdjen  Äirdje 
Ratten  »erborgen  bleiben  tonnen  unb  nur  51t  tuet  tftS,  ttjos  itmi 
Sutrjer  gerabeju  ait§  ber  Seele  gefprocrjen  tjat;  aber  er  ift  gugteid) 
aud)  §u  fcljr  ber  beüote  SD  teuer  jener  Ätrdje,  als  bafj  ifjn  nidjt 
üor  bot  ^onfequenjen  biefer  an  ben  gunbamenteu  rüttelnben 
ftritif  ein  (brauen  l)ätte  übcrfommen  follen.  SDeutlid)  fpiegett 
fid)  biefe  Stimmung  fornot)!  in  al§  gtnifdjcn  ben  ßetten  uneben 
eine  unflare  (Märung  unb  ein  äietlofeS  |)in  unb  .'per  ^uufdjen 
,ßuftimmung  unb  Stblefymmg,  gnnfdjen  ber  greube  an  bcm  tapfer 
breittfaf)renben  SBittenberger  unb  $(bfct)eu  bor  bent  ©erud)  ber 
Setzerei,  ännfdjen  f)atben  ßugeftänbniffen  unb  (tarrent  mündjifdjeu 
©ifer,  ber  fein  Sota  ber  Strabition  preisgeben  null.  SSorjl  rebet 
er  al§  91nma(t  be§  frommen  ©tattbenS,  ben  er  bent  armen  SSoöe 
nid)t  oermirren  (äffen  mitt,  aber  biefer  ©laube  ift  nidjts  anbres 
als  bie  üon  ber  ^ßapftfircrje  geforberte  SDeootion,  bie  mit  bem  oon 
Sutrjer  aufgeftellten  ©taubenSibeafe  uidjt  ba$  minbefte  gemein 
Ijat.  31)in  ift  eben  bie  gan^e  $rage  mefenttidj  nur  eine  9ttadjt= 
unb  ^(utoritätäfrage,  ba  fein  eigner  religiöser  ^ubifferentiSmus 
tfm  bie  rcügiöfen  ^mpttlfe  ber  SBemcguug  oollig  oerrennen  läfst. 
Unb  bas  bebingt  aud)  feine  perfönlidje  (Stellung  Sutt)er 
gegenüber.  SDaf?  er  im  ©runbe  feinet  §ergen§  an  bent  tapfern, 
fd)lagfertigen,  fingen  unb  teibeufdjafttidjeu  SOcantte  feine  freute 
fjatte,  ift  fattnt  §u  begeifern.  ?Iudj  ber  93erüt)ruugspunfte  foaren 
genug  oorrjanbeu,  bie  ben  einfügen  Satiriker  51t  ßuftimmung 
unb  SBcifatt  tjerattsforberten.  S33a§  il)n  berle|te,  mar  guuädjft 
nur  bas  ßutüeitgefjen  be§  Sluguftmer  SDJöndjeS  unb  jtoor,  mie  er 
meinte,  ein  $umeitgel)eu  febigtidj  aus  (Erbitterung  über  iljm  311= 
gefügtes  Itnredjt  unb  att§  ©roll  über  bie  päpftlidje  Uugnabe. 
©ben  beSljatb  l)offt  er  uod)  immer,  ii)tt  oon  bem  Sleufjerften 
§urüdR)aftett  unb  eine  SBerftänbigung  rjerbeifürjren  $u  tonnen. 
9Jod)  tebnt  er  e§  barnm  ab,  tlju  gerobeju  für  einen  Äefcer  ju 
erfliiren,  menn  er  itjn  aud)  im  ©ifer  ber  fRebe  bireft  als  pufften 
bejeirfjnet  l)atte.  SDenn  auf  SutljerS  SBemerfung,  man  fülle  einen 
ÄU'üer  uidjt  mit  fetter,  fonbern  mit  ber  ().  Sdjrtft  überminben, 
ermibert  er:  SDa  rebeft  btt  fel)r   übel,   meit   niemanb  ein  Se|er 


21 

ift,  beim  ber  fid)  am  Sßerftocfung  nicfit  tnitt  belehren  löffelt.  Den 
füll  mau  billig  üerfirennen  all  einen  bergroeifetten  33öfeiiucl]t,  aber 
einen  Srrenben,  ber  fid)  toifl  belehren  (äffen  nnb  ber  für  feinen 
«euer  geadjtet  roirb,  ben  foll  man  mit  ber  tjettigen  ©djrift  freunb* 
lid)  nnb  mit  djrifttidjcr  ßiebe  §uredjtroeifen.  SBIeibt  er  jebod) 
nerftotft,  bann  foll  bie  Dbrigfeit  be§  ©tauben!  51t  9?ed)t  erfennen. 
Denn  roenn  au§  bem  irrenben  ein  nerftotfter  &el}er  roirb, 
bann  foll  er  billig  burdj  SSranb  bon  biefer  SBett  getrau  unb 
afö  unfruchtbarer  Söaum  aulgereutet  merben.  Unb  in  ber  ^weiten 
SCuSgabe  ber  „©rmatjnung"  fügt  er  ait§briicfltd)  tjinju:  er  rjabe 
roeber  il)m  nodj  $an§  .vnt*  Ungunft  erzeigen  nnb  bor  allem  tfjn, 
einen  beutfd)eu  nnb  gelehrten  SJcann,  nid)t  oerf (einem  motten. 
„©§  (janbett  fid)  nur  um  ©rgrünbung  ber  SSarjrbjeit.  Darum 
bitte  id)  bidj,  meiner  nid)t  gu  fdjouen,  beim  bu  fannft  tiertrauen, 
bafj  id)  bir  unb  beinern  Wnljang  ritterlid)  entgegnen  mill." 

(Sdjon  in  bem  £U'td)(ein  oou  ber  2Äeffe  fyatte  äßurner,  meuu 
and)  nur  flüdjttg,  bie  ^rage  und)  bem  gbttlidjen  IHed^te  ber 
päpfttid)en  üüionardjie  geftreift,  beffeu  Uugvuub  Sutljer  in  feiner 
gegen  ben  Seidiger  ($ran$i$!aner  5llt>elb  gerichteten  Sdjrtft 
„öont  s4> a p Ü 1 11  in  juSRont"  in  (eibenfd)aftlicrjer  (Erregung  bar= 
getdau  chatte.  StuSfü^rti^i  batte  Sutfjer  l)ier  auf  ©runb  ber 
2d)iift  eine  (Erörterung  be§  SBegriffS  ber  föirdje  gegeben:  fie  ift 
bie  ©enteinfdjaft  aller  libriftglaubigeu  auf  ©rben,  $ufammen= 
getialteu  burd)  bie  eine  laufe,  ben  einen  Wlaubeu,  ben  einen 
•Serrn,  (SljriftuS.  ,,'Hlfo  bafj  e»  erlogen  unb  erfimbeu  ift  unb 
(il)vifto  at§  einem  Sügner  miberftvebt,  mer  ba  fagt,  baf?  bie 
(il)rifteiibnt  \n  Wom  ober  an  Wom  gebuubeu  fei.  .  .  Denn  toa8 
man  glaubt,  baä  ift  uid)t  leiblid)  uod)  fidjttid).  Die  äunerlidie 
rbnüfdje  .Stirdje  fel)eu  mir  alle;  brum  mag  fie  uid)t  fein  bie 
red)te  .Siirdje,  bie  geglaubt  roirb,  roetdje  ift  eine  ©emeine  ober 
Sammlung  ber  .^eiligen  im  ©tauben;  aber  niemanb  ficht ,  mer 
beilig  ober  gläubig  fei."31)  Die  .Sionfeaueu;,eu  biefer  ßetjre  tum 
ber  .Siircbe  lagen  auf  ber  .\>aub,  beim  „ba*  Vmdjfte  unb  bie 
.v>auptfad)e  beä  ©tauben!  ift  e8,  mie  SDcumer  fagt,  ob  baä  Sßaoft 
tum  uon  (Sl)rifto  geftiftet  uuubeit  ift  ober  uid)t."  Sr  madite  fid) 
be*t)alb  atöbatb  an  bie  Unterfudjung  biefer  Ofrage,  unb  fd)ou  am 


22 

13.  S)e§embet  1520  mar  feine  Slntmort  auf  SutljerS  ©djrift 
oottenbet  Stfjr  Xitel  (outet:  „Sßon  bem  ^apfttum,  b. i  oon 
ber  l)üd)ften  Dbriglett  beS  d)rifttid)cn  ©(aubenS" ;  iljr 
2)rutfer  mar  miebcr  Sobjann  ©rüninger.32) 

?(n  ber  ©tiitje  beS  erften  XeilS  fteljt  ber  <Sa|:  „bafe 
bie  chriftticrjc  Dbrigfeit  öon  ßfjrtfto  Sefu  geftiftet  ift". 
S)er  ©djrtftbemetS  liegt  gunädjft  unb  öor  allem  iu  ber  ©teile 
Sötottf).  16,  18  —  19,  aus  ber  bisher  öon  alter  SSett  bie  päpfttidje 
Dbrigfeit  als  tum  GHjrifto  gefttftet  öerftanben  morben  ift.  dreierlei 
folgt  aus  biefen  SBotteit  (Sfjrifti:  erftcnS,  baf?  ©t.  ^etruS  eiu 
Reifen  fei;  gmeitenS,  baf>  GtjriftuS  auf  benfelben  Reifen  feine 
&ird)e  bauen  mill;  brittenS,  baf,  er  Sßetro  bie  ©eioaft  ber  ©djlüffel 
oerfprodjeu  (jat.  MerbingS  (jat  GfjriftuS  auf  fid)  felber  als  auf 
baS  götttidje  unb  roaljrtjaftige  ^uubamcnt  feine  föirdje  gebaut, 
nicrjtSbeftonxmiger  aber  and)  auf  ©t.  ^ctruS,  mie  mir  ja  and) 
^SctruS  ein  Jpauöi  ber  Gbriftenljeit  nennen,  olme  bamit  GHjrifto 
ben  gleidjeu  Xitel  ftreitig  51t  madjen.  3d)  (äffe  mid)  öon  niemanb, 
er  fei,  mer  er  molle,  bajn  bringen,  bie  SBorte  Gfjrifti  anberS  §u 
öerftef)en,  benn  baft  er  ^etrum  einen  getfeu  genannt  unb  auf 
benfelben  Reifen,  b.  i.  auf  Sßetrunt,  feine  Äirdje  gegrünbet  (jat. 
Xenn  bie  SSorte  (£l)rifti  finb  tiarer  als  bie  ©onnc.  5lud)  bie 
©djtüffclgematt  Sßetri  erbetlt  beuttidj  auS  ben  SBorten  beS^errn: 
„Xir  mill  id)  geben  bie  ©djlüffel  be§  ^pimmelreidjS."  9htS 
biefen  SBorten  faugft  bn  bein  ©ift  unb  fragft  uns,  ob  mir  barin 
nidEjt  fetjen,  bafj  bie  ©djlüffel  in  feiner  Sßerfon  ber  ftircfje  gegeben 
feien.  Xu  faugft  ©ift  barauS,  fo  (afe  mid)  §onig  barauS  fangen. 
Xu  millft  baS  „bir  ^Setro"  auf  alle  §toö(f  Söotcn  begießen,  ba 
bod)  junfdjen  „bir"  unb  „nid)"  ein  grofjer  Unterfdjieb  ift.  Xu 
öerbrefjft  eben  bie  SSorte  (Stjrifti  um  ber  ©emeiube  mcis^nmadjen, 
baf3  il)r  jene  ©emalt  öon  (55ott  gegeben  fei,  möf)renb  fie  bod)  allein 
^etro  unb  feinen  9cad)folgern  (^uftet)t.  0,  fagft  bu  meiter,  baS 
gebe  ©Ott  nimmcrmetjr,  ba|l  bie  d)riftlid)e  Äirdje  auf  einen 
IWenfdjen  gegrünbet  fei.  sIt>aS  frag'  id)  jbanacE),  baft  er  ein 
9J(enfd)  ift,  fo  il)n  ber  $atcr  tel)rt,  ber  ©ol)u  für  il)n  bittet,  ber 
fj.  ©eift  511  ifjm  fontmt. 

Sut|er  meubet  ferner  ein:  menn  (SbriftnS  fage,  auf  biefen 
pfeifen  mill  id)  meine  ftirdje  feigen,  fo   muffe  unter  bem  Reifen 


23 

ba»  römtfdje  ^apfttum  öcrftanbeti  »erben ;  bann  fei  aber  überhaupt 
feine  5lircr)e  getoefen  com  2obe  GPjrifti  bi§  §u  ber  ßeit,  oa  ^etru§ 
angefangen  rjabe  in  SRom  51t  reftbteren.  Sine  finbifdje  SRebe  oon 
einem  toeifen  Spanne!  £ie  £ird)c  unb  cr)riftlicr)e  Cbrigfeit  ift 
auf  Sßetru§  afä  auf  einen  Reifen  gefegt,  unb  bie  Äirdie  ober  ba§ 
^apfttum  ift  bei  *ßetru§  getoefen,  ob  er  nun  ju  Serufatem,  §u 
SCntiodjia  ober  31t  9tom  »eilte.  SCber  tuctl  er  bie  tängfte  ßeit 
31t  SRom,  näm(id)  fünfunb^man^ig  Satjre,  gemotzt  bat,  bort 
geftorben  ift  unb  in  berfelBen  frauptftabt  feine  üJladjfotger  ein= 
gefegt  fjat,  ift  bie  Cbrigfeit  unb  ba§  ^apfttum  ber  Gfjriftenfieit 
zufällig  ba%  rötmfdje  ^apfttum  genannt  morben.  S03a§  get)t  ba§> 
^apfttum  ber  ütate  an?  SKenne  e§,  mie  bu  tnitlft,  fo  bleibt  e§ 
bennod)  baz  ct)riftltd)e  ^apfttum  unb  bie  Dbrigfeit  unfre§  ©laubenS. 
®u  aber  »ünfdjeft,  bie  ©emeinbe  l)ätte  bie  8d)tüffel  unb  fjetfe 
bir  bamit  Sl (öfter  unb  Stirdjen  gerftören.  3)od)  bebarfft  bu  baju 
ber  8d)(üffe(  s$etri  uid)t,  benn  eine  jebe  20.1  ift  511  beinern  $or= 
babeu  8d)lüffe(§  genug,  bie  ©eiftftdjfeit  bermafjen  51t  reformieren. 
Reifet  ba§  reformieren,  fo  ift  Xroja  oon  ben  gried)ifd)en  Königen 
and)  reformiert  morbeu  unb  bie  ©eiftftd|feit  oon  ben  53ör)men. 
@i,  mit  toai  für  6djü|erei  get)t  if)r  um,  unb  mie  lange  mufj 
man  botf)  euern  fd)e((igen  SJhitnnllen  leiben!  3$  glaube,  loenn 
bie  2Kenfd)en  fdjmiegcn,  bafj  ©Ott,  bie  Steine  unb  bie  ftinber 
reben  mürben ! 

Gin  anbre§  SCrgument  ßutf)er§  ift  *ßetri  Verleugnung  be§ 
Gerrit.  Stllmädjtiger  ©ort,  mit  meld)  liftigen  günben  mödjteft 
bu  ber  ©emeinbe  bie  8d)tüffet  überliefern!  Unb  meuu  fie  uürf= 
lief)  bie  ©djtüffel  öon  bir  empfinge,  fo  mären  e§  bod)  immer  nur  bie 
■8d)tüffe(  SDoftor  ßut^erS  unb  nidjt  bie  (if)rifti.  ©antut  fag  id) 
31t  beinern  Argument:  bafs  8t.  SßetruS,  nadjbem  er  bie  ©djlüffel 
empfangen  l)at  unb  burd)  ben  b.  ©etft  befeftigt  morbeu  ift, 
nimmermcljr  in  bem  ©tauben  geirrt  l)at.  Ter  ©raub,  uuinini 
SßetruS  bie  8d)lüffel  empfing,  mar  nidjt  fein  (Glaube,  foubem  ber 
s-lsMe  ©otteS;  eS  ift  bevbalb  ein  Irrtum,  ba|  bie  8d)lüffel 
niemanb  empfangen  tauu,  er  märe  benn  gläubig,  „Ob  aber  ein 
Ungläubiger  mag  Sßapft  fein,  miemobl  id)  nid)t  baran  >meif(e, 
laf?  id)  je|t  unerörtert,  bienet  aud)  nid)t  ,yt  biefer  ©ac^e."  8C6er, 
meint  ßutfjer,  atö  ©l)riftu3  bie  Ätrdije  gegrünbet,   babe  er  gefagt, 


24  ■ 

„bie  Pforten  ber  £>ölle  f  ollen  btdj  nidjt  übertraf  tigert."  3)arum 
tonne  ^etrus  nidjt  ber  $el<§  fein,  ba  eine  £t)ürfjütcrin  unb  eine 
9Jtagb  ifjtr  fo  übermunben  fjaben,  bari  er  (Sott  berleugttete.  Sdj 
aber  ttriebertjofe :  $etru§  tjat  bie  Dürigfeit  bes  djriftlidjen  @tauben§ 
in  Äraft  empfangen  nadj  bem  £obe  (Etjrifti  unb  banad)  fjaben 
itjn  bie  Pforten  ber  £)ölle  mit  ©ünben  nimmermehr  befdjmert. 
2>a§  Verleugnen  ift  tior  bem  £obe  C£f)rifti  gefct)ct)en  unb  fo  fann 
biefer  gatl  feiner  päpftücr)en  Obrigfeit  feinen  3lbbrurf)  ttjun.  ©o 
Ijat  alfo  Suttjer  nicfjt-S  bemiefen,  fonbern  „oergeben*  in  bie  ßuft 
gebtafen." 

2)ie  §tüeite  ©teile  ber  t).  ©djrift,  auf  bie  ba§  göttliche  9tedjt 
ber  päpftlidjen  äJconardjie  fidj  grünbet,  ift  ©ö.  Sot).  21,  15  —  17. 
91udj  biefe  2öorte  Gfjrifti  finb  bi£ljer  immer  fo,  luxe  fie  tauten,  üer= 
ftanben  morben.  ^etro  finb  bie  ©djafe  (Xljrifti  befohlen  unb  irjm 
bamit  baZ  ^irtenamt  übertragen  morben.  £arau§  erljellt  ftar, 
bah  bie  päpftlidje  Cbrigfeit  in  götttidjem  9tedjt  itjren  Urfprung  Ijat. 
2)odj  nun  fommt  SDoftor  9)cartinu§  Suttjer  unb  roill  ba*  freoent= 
lief)  beftreiten,  ifjut  ba$  aber  mit  fo  fdjledjten,  finbifetjen  unb 
grunbtofen  (Sinreben,  bafc  mid)  muubert,  ido  er  feine  Vernunft 
getaffen  Ijat.  SBie  bürfeu  mir,  fo  fragt  er,  ade  ©djäflein  Gnjrifti 
^etro  3iifpredjeu,  ba  bod)  alle  jmölf  23oteu,  jeber  an  einen  befonberen 
Ort,  31t  djriftlidjen  ©djäflein  gefenbet  unb  s^aulu§  311  bm  ljeib= 
nifcfjen  ©djäftein  oerorbnet  mar.  SSoljl  finb  bie  anbren  grrjölf 
33otcn  au^gefeubet  morben,  bett  ©djäflein  ©t)rifti  51t  bienen,  aber 
nidjt  fie  31t  tjüten  unb  31t  meiben.  Sffieifct  bit  aber  nidjt,  ma£ 
l)üten  unb  meiben  ift,  fo  lerne  e§  unb  beftreite  nidjt  etmas,  ma§ 
bu  nidjt  toeifit.  Sludj  munbert  mid),  mie  bu  fagen  fannft,  jene 
SSorte  feien  31t  iljnen  allen  gerebet  morben.  £ie§  bod)  ben  ieyt 
unb  finbeft  bu  barin,  bafj  Gtjriftuä  ben  anbern  gtoötf  SBotert  feine 
©djäflein  befolgen  fjat,  fo  fjaft  bu  redjt,  ftef)t  aber  barin,  baf?  er 
fie  s4?etro  befolgen  Ijat,  fo  fjaben  mir  redjt.  SSciter  meint  ßuttjer, 
raenn  ^petro  alle  ©djafe  befohlen  morben,  fo  folge  barau§,  ba^ 
biejenigen,  bie  bie  anbern  jmölf  Söoten  gemeibet,  nidjt  31t  ben 
Sdjafett  Gfjrifti  geljörten.  Sdj  mitl  ber  tfjöridjten  sJfcbe  feine 
anbre  ?(ntmort  geben,  beim  alfo :  ©inb  bem  Äaifer  alle  Bürger 
bc§  rbmifdjen  9ieidjes  befohlen  unb  merben  bennodj  biete  burd) 
„natürlidje  unb  erborene"  ."perrfdjafteu  regiert,   fo  finb   fie  nidjt 


25 

SBürger  bei  IReid^S.  8ft  mein  Sdjlun  richtig,  fo  ift  ber  beinige 
aud)  richtig,  Sdj  meiß  roorjl,  bat?  aud)  bie  anbern  Slpoftel  ben 
Sd)afen  ßfjrifti  geprebigt  unb  fie  getauft  haben,  aber  id)  ftttbe 
nid)t,  bafj  fie  fie  geroeibet  f)aben.  Tenn  ba§  SSJeiben  bebeutet, 
bafür  Sorge  tragen,  bafs  bie  SBöffe  bie  Sdjafe  niebt  rauben  unb 
bafj  biefe  auf  ber  redeten  unb  guten  SBeibe  bleiben  unb  bal  ftel)t 
allein  ber  Dbrigfeit  unfrei  ©taubenl  ju.  üDctt  ©einölt  Errungen 
im  djriftlidjen  (Glauben  o%ttfmn,  unb  bie  SBötfe,  mie  bu  einer 
bin,  ab^umebren,  bal  ift  ein  Stücftein  bei  SBeibenl.  Tie  Stpoftel« 
gefdiicbte  ergäbt  öon  beul  erften  Songil  ber  jtoölf  93otcn  511 
Cserufalem,  toobei  uiemanb  anbern  benu  allein  Sßetrul  bie  ßmietradjt 
gefdjlidjtet  unb  bie  ©enteng  gefällt  fjat  all  bie  tjödjfte  Dbrigfeit 

ßutfjer  meint  ferner,  bo  ©(jriftul  Sßetro  ben  Stuftrog  ^u 
meiben  gegeben,  habe  er  ilju  juöor  gefragt,  ob  er  ihn  lieb  babe; 
mer  alfo  (ibriftum  nidjt  liebe,  ber  falle  and)  nid)t  toeiben.  SCber 
bal  A^irtenamt  ftel)t  unb  fällt  ntd)t  mit  ber  Siebe,  fonbern  mit 
ber  Berufung.  SDenn  el  liegt  am  Sag,  bafj  ein  Jpirt  rool)l 
öjeiben  unb  bennodj  alle  Sdiafe  baffen  mag.  $at  Sljriftul 
Sßetrum  jur  Siebe  ermannt,  fo  bat  er  ibm  bamit  nur  ju  oerftebeu 
geben  mallen,  bafj  bie  Siebe  eine  grüne  vulfe  in  ber  ferneren 
Arbeit  bei  Sßeibenl  ift.  3U  oa"  toteren  gebort  im  Notfall  aud) 
bal  Sterben  für  bie  Sdjafe,  boeb  ift  aud)  babei  öoraulgefe|t, 
bar,  ber  Setreffenbe  p  foldier  Söeibe  öon  öJott  ermüblt  toorben 
ift.  Tenn  obiebou  bie  anbern  Slpoftel  aud)  für  ihre  Sdjäflein 
geftorbeu  finb,  baben  fie  bennod)  nid)t  gemeibet,  ba  fie  &ur  Dbrig* 
feit  niet)t  enoät)lt  tooren. 

Slber,  fo  meint  Sutber  loeiter,  bie  Berufung:  „äßeibe  meine 
Sdjafe",  bebiuge  audj  lebreu,  orebigeu  unb  taufen,  fco  aber  tbue 
ba5  ber  Sßapft?  Tarauf  aunoorte  id) :  alle  Sdjäflein  ,yi  meibm, 
ift  einem  IKeufeljeu  uutubglid),  er  ift  ba&U  and)  uid)t  oerbuubeu. 
Sßal  bei  Sßaöftel  Aufgabe  ift,  null  id)  bir  c\\\  einem  ©jemipel 
Mar  madjen.  Tu  prebigft  and)  unb  lebreü,  unb  toenn  ber  5ßaöft 
uiebt  Sorge  trüge,  bau  beine  Seine  uufel)äblid)  gemadjt  mirb, 
fo  mürben  mir  balb  fel)eu,  ma->  Anlegt  baraul  entftebeu  ntufj. 
Unb  meun  ber  Sßafcft  fein  Sebtag  nid)t  mebr  tbnt,  all  beine 
oergiftete  Seine  oerbanunen,  fo  büult  mid),  er  babe  mobl  gemeibet 
unb  feinem  Stmte  ©enüge  getban.    Taruni   iftl   unbillig,   meun 


26 

bu  ifjm  üorroirfft,  baf?  er  in  eigner  Sßerfott  uidjt  prebige,  (etjre 
unb  taufe.  (3s  ift  bod)  aud)  nur  Sad)e  bes  .fürten,  .futnbe  ju 
galten,  bie  ben  SBoIf  beiden,  unb  ift  nid)t  fein  5(mt,  bas  mit 
eignen  ßäljnett  ju  trjun.  ?lud)  tft§  überhaupt  ein  Irrtum» 
^rebigen,  ßeljren,  kaufen  jirat  9lmt  bes  SBeibeng  311  redjnen,  ba 
es  bod)  nur  SBerfe  bes  geiftücrjeu  Stinten,  aber  uidjt  bes  geiftlidjen 
SRegintcntcl  fittb.33)  Unb  menn  bu  ftagft,  ber  'Jßapft  prebige  unb 
lefjre  nid)t,  fo  fagft  bu  bamtt  bodj  nur,  bau  er  üM  tn'ttet,  uid)t 
aber,  bafs  er  fein  §irt  ift.  „3dj  totÜ  bir  bas  aber  Raffen,  bas 
id.)  bodj  felbft  uidjt  glaube,  biefer  ^apft  fei  ber  aller  büfefte  auf 
©rben,  fo  follteft  bu  bennodj  um  eines  ober  gtoeier  mitten  bie 
frommen  t).  ffliixxttyxzx  ©otte§  unb  bie  früheren  ^äpfte  uidjt  atfo 
nerarfiten.  (5s  ift  audj  p  f)offeu,  bafj  un§  ber  aflmädjtige  ©ort 
nacr)  it)m  auefj  mieber  fromme  unb  mürbige  ^irten  unb  s$äpfte 
fenben  mirb."  SDu  aber  bift  mie  unfinnig,  fiäfst  mau  bod)  einen 
Stftürbcr,  einen  -Dieb,  einen  £et$er,  fo  er  angeftagt  mirb,  pm 
SBcr^ör  f ommeu :  menn  bu  atfo  ben  sJ?apft  in  fo  tuet  böfen  Stüden 
anflagft,  fotlte  bod)  billig  aud)  er  311m  s$ert)ör  f  ommeu,  mie  es 
felbft  einem  ÜOiörber  uergönnt  mirb.  (£§  ift  tiielteidjt  nid)t  alles 
mal)r,  beffen  bu  it)n  auflagft,  unb  barum  füll  beiner  Auflage 
nid)t  gänjlid)  geglaubt  merben,  bt§  mir  be§  ^ßapftes  5tntmort 
gel)ört  tjaben.  SQSir  motten  uid)t  leid)tfertig  fein  unb  jemanben 
ol)uc  23erantmortung  feiner  Gljre  berauben.  35enti  menn  jebes 
Sßort  alsbalb  für  ma()r  gelten  follte,  märe  niemanb  auf  ©rben 
metjr  feiner  (S()re  fid)cr,  tooöor  unS  ©Ott  behüten  molle.  Unb 
uamentlid)  foll  bir  uid)t  alfo  geglaubt  merben,  ba  man  fiet)t,  bafj 
bu  aus  9Mb  unb  §af3  bie  Dbrigfeit  unfrei  ©louBenS  fd)äbigen 
millft.  Sd)  mill  aber  bamtt  meber  ben  Sßaöft,  uod)  bie  tum  bir 
ermähnten  Wiftbräudje  befdjönigt  unb  gerechtfertigt  jjaben,  foubern 
id)  mill  nur,  baf?  man  ben  s}>apft  gegen  beine  Auflagen  fid)  ber* 
antuiorten  taffe. 

Sftacfjbem  9Jhtruer  fo  ben  Srfjriftbemeis  geführt  311  fjaben 
glaubt,  menbet  er  fid)  im  jtoetten  -fwuptteile  ber  Scbrift  31t  ben 
geiftlidjen  SRedjten.  Tenn  e8  ift  ßutfjer  nid)t  genug  gemefen, 
mit  grunbtofen  unb  leeren  SBorteti  bas  1).  (Soangelium  ,yt  beftreiten, 
foubern  er  mufj  aud)  bem  geiftlid)en  Wed)te  nnb  ben  t).  ßefjrern 
fpbttlid)  miberfpred)eu,  meil  and)  fie  bie  Dbrigfeit  beS  (Glaubens, 


27 

bie  er  gern  ber  ©emeinbe  geben  mödjte,  bem  rönrifcfjen  Stuhle 
äitforedjen.  Tod)  t)ält  ficf)  üDhmiei  nicfjt  lange  bei  btefcr  Jyrage 
anf,  fonbern  befdjüftigt  ficf)  alsbalb  mit  einzelnen  klagen  nnb 
SBornriirfen,  bie  fintier  in  ber  2dyrift  an  ben  Stbel  auSgefprodjen 
Ijatte.  9?odj  ift,  ruft  er  au§,  ber  Stntid^rtft  ntdjt  gefommen. 
Sßoljer  fomnit  bir  beim  ein  foldjcr  Prebet,  bafj  bu  ben  Sßabft 
ben  Stntidjrift  uenuft?  Ta§  ift  nirfjt  maljr,  fonbern  bu  lügft  e§ 
in  beiuen  §al§  atfo  tief  t)inab,  afö  bu  c§  r)erau§gclogeu  baft. 
Tenn  mir  miffen,  ban  ©Ott  folrfje  Dbrigfeit  d)rift(id)eu  ©Iauben§ 
bem  Stntidjrift  nid)t  übertaffen  mürbe,  ba  in  bem  ©bangeliunt 
gefdjrieben  ftet)t,  bav  bie  Pforten  ber  |jöße  bie  Dbrigfeit  nirfjt 
übermäßigen  foüen.  S)u  geifjft  ferner  ben  Sßabft  ber  §offart, 
idj  aber  adjte  e§  für  feine  §offart,  bafj  er  fid)  nennen  läftt,  mie 
irjn  ©Ott  geftiftet  (jat.  2)enn  ibm  ift  (Memalt  gegeben,  auf  Gsrben 
unb  im  öimmet  311  binbeu  nnb  ju  [öfett,  nnb  folcfjc  ©tjre  ift 
nirfjt  fein,  fonbern  (ibrifti  unb  unfrei  beiligen  ®Iauoen§.  -Tu 
mirfft  ttmt  meiter  bor,  bafi  er  ber  beutfdjen  Nation  ba*  9Kar! 
au&  ben  ftnodjen  fauge,  fo  bafc  mir  alte  fünf  3af)re  Teutidilanb 
mieber  boit  ifjm  ,ytrücffaufeu  müßten;  er  triebe  SBudjer  mit  ben 
Sßfrünben,  mit  bem  Stbtais,  mit  ©utterbriefeu  unb  bergt.,  worüber 
bu  in  bem  „beutfdjen  ?lbel"  ftlage  fübrft.  $u  oem  a^cu  fa9e 
id):  T()ut  eudj  ber  Sßabft  Unrcdjt  unb  bebrürf't  eudj,  fo  flagt 
am  redeten  Orte,  baf?  eS  gebeffert  unb  eudj  geholfen  werben  möge. 
2Ba3  aber  folt  ^arfttian-:-  unb  bie  aufrül)rerifd)e  ©emeinbe  baju 
tbun?  Ten  ÄarftfjanS  feinte  id),  ber  oerftebjt  mit  Pfaffen  unb 
äftöndjen  feinen  &pa%  beim  id)  l)abc  au§  feinem  eignen  äJhutbe 
geljört,  mau  babe  iljm  brei  ßibfel  genommen  nnb  feebte  um  beu 
oierten,  er  molle  moljl  nodj  einmal  mit  beut  ilarft  breinjdilageii. 
Tarunt  rate  id)  ber  bentidjeu  Nation,  bar,  fie  bie  2arfje  gütlirfi 
unb  ocruünftig  bem  Vaifer  oorftelle,  bamit  er  fie  ber  yapftlidjen 
A>eiligfeit  bortrage,  od)  boffe  unb  oevtrane,  ber  Sßabft  merbe 
il)n  gnäbig  erhören  nnb  mit  un3  oüterlidj  nnb  nidjt  tijranitijd) 
nerf  abreit. 

2Ba§  meiter  SutljerS  Söemerfungen  über  bie  .Siircbengüter 
betrifft,  fo  ermibere  idj:  laufe  fie  in  ©otteö  Flamen  nnb  nenne 
fie,  mie  bu  millft:  berDftertag  fällt  bennodj  auf  einen  Sonntag. 
Tie  librnteu  in  innerer  ftirdje  bebürfen  foldjer  ©fiter  \\\  leiblidjer 


28 

9taf)rung;  beine$ird>e  aber  ifjt  unb  trinft  nid)t,  betet  aud)  nidjt 
unb  f)ört  unb  fiefjt  nidjt.  Studj  bebarf  Deine  ßirdje  fctncS  |)aupte§, 
beim  bu  fagft,  e§  fantt  ein  Seib  nidjt  §mei  -öäupter  Jjaben.  ©3 
ift  berbxiefjüdj,  über  fotd)  närrifdje  ÜEBorte  reben  §u  muffen, 
dagegen  gefällt  mir§,  bafs  bu  meinft,  man  fotle  ber  Sßriefterfctjaft 
(Stjefrauen  geftatten.  2)a§  getjt  ben  ©tauben  nid)t  fonberlid)  an 
unb  mag  batjer  morjt  erörtert  raerben.  (Sbenfo  ift§  mit  beut 
haften.  Sfergcrft  bu  bid)  jebod)  barüber,  ba$  ber  s^ap[t  fidj  bie 
güße  Kiffen  (äfjt,  fo  ift  btö  für  ben  ©tauben  böttig  gteidjgüfttg ; 
bu  Ijätteft  tiefe  &tage  otfo  iuot)t  untertaffen  rönnen.  35u  aber 
mufjt  nad)  betner  @ett>of)nr)ett  alle  2)inge  gum  93öfen  auslegen. 

SKurner  fdjtiefjt,  er  fjabe  Suttjer  nur  geantwortet,  meil  biefer 
au3  üfteib  unb  £>af3  gegen  ben  Sßabft  baz  Ü).  ©bangetium  antafte, 
uidjt  aber,  meil  ber  Sßapft  itjm  eine  23elot)nung  gegeben  ober  er 
eine  foldje  §u  ertnarten  tjabc.  Unb  er  fei  eutfdjloffen ,  fo  weit 
irjm  feine  $eit  geftatte,  £utr)er§  beutfdjen  üöüdjlein  lateinifdj  unb 
beutfdj  entgegenzutreten  „mit  bebadjteren  Sfteben".  2>abei  roolle 
er  nod)ma(3  bezeugen,  bafs  er  f einerlei  ÜUclfmräudje  rechtfertigen 
molle,  fonbem  biefe  beut  ®aifet  unb  ben  Shtrfürfteu  jur  (Srmagung 
anrjeimftetle.  @o  tjoffe  er  benu,  baf?  Suttjex  biefes  Schreiben 
in  befter  SJJeinung  aufnehmen  unb  uidjt  mie  bie  ^iötoenBuBen 
mit  Säfterungen  barauf  antmorten  toerbe. 

SStr  tjabeu  Ijter  im  roefentlicrjen  benfetBen  leibeufdjaftlid) 
bemegten  Üou  mie  in  ber  „©xmafmung" :  ein  fettfame§  ©emifd) 
non  @axfa§mu3  unb  SßatfjoS,  gegen  Suttjer  perfönüd)  batb  t)Oct)= 
faljreub  unb  grob,  batb  falbungiöofl  unb  feelforgerifcf».  „3dj 
l)abe  biet)  —  fo  rebet  er  Öuther  einmal  an  —  uidjt  fetjr  geeljrt 
in  biefer  2lntmort,  bodj  nimm§  für  gut:  Denn  idj  etjre  bidj,  mie 
bu  bie  Cbrigfeit  unfrei  ©taubenS  geeljrt  Ijaft".  £abei  ifts  aber 
Ijödjft  auffällig,  mit  meldt)  geringem  9fteföe!t  er  felbft  bom  Sßabfte 
fpridjt  unb  mie  er  immer  mieber  redjt  geftiffentlid)  bie  nmunig= 
fadjen  SBexüljxungäbunfte  mit  beut  ®e$er  Jjerborfef)rt.  Slndj  mit 
feinem  DrbenSbxubex  Sttbetb  getjt  er  nidjt  eben  glimpftid)  um 
unb  tft  mit  beffeu  Sdjxift  „lieber  ben  apoftolifdjeu  Stuljl" 
ebeuf omenig  aufrieben,  mie  mit  ßutfjerä  SCntrooxt  barauf.  „£u 
(Sutljer)  tjippenbubft  biet)  mafjrlid)  tapfer  au§  mit  einem  SBarfüfjer= 
mönd)  avß  Seidig.  .  .  dagegen  fetjenft  er  bir  audj  nidjt«    unb 


29 

irf)  fcmit  nur  fagen,  bar,  il]v  bcibe  ha$  .<pippenfaf5  woty  aus* 
gefdjüttet  fjabt".  Um  fo  fefbftäuftiebenet  fiel)t  er  fein  eignes 
Söerf  au.  ®r  öetftdfjett  pat()etijd)  bei  feiner  Seelen  Seligreit, 
baf;  er  gegen  Sntljer  nidjtS  fdjteiöe  ober  jage,  beim  UmS  ir)m 
göttliche  2öaf)rt)eit  5«  fein  bunte,  nnb  in  ber  gmeiten  3(n§gabe 
ber  (Srmarjnung  [teilt  er  feinem  §Bütf)tein  00m  ^ßapfttum  eigen= 
rjäubig  baS  ßeugniS  aus,  bafc  er  barin  beit  güttlidjeu  Urfprung 
ber  cfjriftüdjen  inrdje,  b.  I).  ber  päpftlidjen  9#onard)ie  untoiber= 
leg(id)  betoiefen  Ijabe. 

„^cm  geift(idjen  Staube  rate  id)  gatnidjtS,  ba  mir  bas 
nid)t  befohlen  ift.  £cm  toettfierjen  aber  möcf)te  id)  ben  Sftat 
geben,  recf)tlicf)  51t  Ijanbcln,  falls  nod)  ein  J-nnfc  ßfjrbarfeit  in 
ifjm  ift.  £od)  baüon  null  id)  in  bem  2)eutfcr)en  Stbel 
meitere§  fagen".  9ftit  biefen  SBorten  fjatte  Üöhttner  in  ber 
©crjtift  nom  sßapfttuin  eine  neue  Arbeit  angefünbigt,  bie  ifjm 
oor  allem  am  ^jetgen  (ag  nnb  bie  er  nun  in  fieberhafter  Gile 
oolleubete.  £cnu  feine  bisherigen  Sßrotefte  Ratten  ben  SiegeSgug 
tum  ßutfjetS  Sdjrift  an  ben  djriftlidjeu  Stbet,  jener  gemattigften 
Sturmfcfjrift  gegen  'iKom,  meldje  ber  Erfurter  Stngnftiner  Sofjanu 
Sang  treffenb  als  einen  „-Lrompetenfnm  §um  Angriff"  bejeidjnet 
(jatte,  nidjt  aufhalten  tonnen.  SBie  im  $luge  Ijatte  fie  fid)  über 
gang  -Teutfdjlaub  betbteitet;  öiettaufenb  Slbbtücfe  —  eine  für 
bie  bamatige  ßeit  faft  unerhört  grofse  3°$  roter  Auflage  — 
fjatten  für  bie  sJiad)frage  nid)t  ausgereist,  [0  baf?  fid)  rafd)  and) 
ber  sJtad)brncf  biefeS  @d£)riftct)enS  bemächtigt  hatte.  Unb  nidit 
jttlefct  mar  eS  bod)  gerabe  bor  don  Suttjer  angefd)tagene  nationale 
Ion  gemefen,  ber  bie  ©fut  ber  SSegeifterung  entfadjt  hatte,  ba 
nod)  niemals  ein  Xeutfdjer  mit  gtürjenberem  Patriotismus  ;>u 
feinem  23o(fe  gefdroerjen  hatte,  [0  baf;  fid)  üUcurnerS  Appell  an 
[eines  ©cgnerS  nationale  ©efinnung  beim  bod)  feltfam  genug 
ausnahm. 

^'(iid)  in   Strasburg   felbft  tourbe   ßutrjerS    rclnift   an  ben 
Slbel   nad)gebrnd't,;!1i    unb   mit  Sdivedeu   ntodite   nufer  [JrangiS 
tauet  felien,  wie  fie  in  allen  Sd)id)teu  beS  SotfeS,  auf  ben  .\>ölien 
unb  in  ben  Tiefen,   bie  .\>er^eu   unb  bie  (Seiftet  befd)äftigte.     So 
erfd)ieu  eS  irjm   beun   als  ©enriffenSdfüdjt,  nod)   einmal   gegen 


30 

baz  aufrütjrerifdje  23udj  feine  Stimme  31t  ergeben,  unb  fdjon  am 
2Seif)imcf)teabenb  1520  mar  ber  £)rucf  feiner  ©djrift  „an  ben 
großmädjtigfteu  unb  burdjtaudjtigfteu  2(be(  beutfdjer 
Nation"  burd)  ^orjanneä  (SJrüninger  oolienbct  morben.35) 
23ereitö  in  ben  legten  Sagen  be§  Saljre<§  fonnte  betrug 
$ranci§ci  au§  ^agcnau  (c§  muf;  barjin  geftetlt  bleiben,  mer 
hinter  biefem  ^feubonom  gu  fudjen  ift,)  ba§>  93ud)  an  fintier 
überfenben ; 36)  etliche  SBodjen  fpäter  (8.  gebruar  1521)  berichtete 
ber  9cuntiu§  3üeanber  au§>  3Sorm§,  bafj  eine  „angebüdj  rectjt 
tüdjtige  Sdjrift  in  bentfdjer  Spradje,  bie  fict)  gegen  £utl)er§ 
9?ebe  an  ben  9(bet  bentfdjer  Station  menbe",  erfdjiencn  fei.37) 

£iefe§  freiließ  nur  an§>  gtoeiter  feaiib  gefdjöpfte  Sob  bes 
Römers  ift  infofern  nid)t  unoerbient,  a(§  9fturner3  Schrift 
jebenfatl*  unter  ben  brei  beadjtenömerten  Srmiberungeu,  bie  bem 
Aufrufe  2utf)er§  avß  bem  Sager  ber  alten  fö'irdje  §u  Seil  mürben, 
nad)  gorm  unb  Snfjalt  am  l)ödjftcu  ftef)t.  §tt§  erfter  mar 
Sofjann  (5d38)  auf  ben  s^lan  getreten,  loürjreub  unmittelbar 
nad)  9Jcurner§  ©djrift,  am  Sage  gabian  unb  Sebaftian  (20.  Januar) 
1521  £jierontimu§  (£mfer§  ^ßroteft  „miber  ba§  undjriftfidje 
33ud)  SEfcartin  £utt)er»39)  erfdjienen  mar:  biefe  beiben  aber  über= 
trifft  ber  (Strafeburger  gran^faner  nidjt  nur  an  $rifdje  unb 
Sdjlagfertigfeit,  fonbern  and)  an  fadjüdjer  ©djärfe,  mäfjrenb  ju* 
gteid)  audj  ber  Sou  feiner  Sßolemif  üon  bem  ber  beiben  anbern 
uorteiüjaft  abftidjt.  2(l(erbing§  ift  fein  Son  fdjon  ein  mefenttid) 
anbrer  aU  in  feiner  „brübertidjen  (Srmarmuug"  unb  e§  ferjlt 
feine*mcg3  an  beroen  SluSfäHen  unb  Sdjcttmorten ;  aber  nad) 
bem  9Jca|e  ifjrer  geh  gemeffen  mar  biefe  ^otemif  immerhin  nod) 
leibtidj  mürbig  unb  rittertid). 

SGBie  Sutfjer  in  feiner  Sdjrift  bireft  bie  faiferüdje  SDcajeftät 
apoftroobjiert  (jatte,  fo  fdjicft  audj  üDhtrner  ber  feinigen  eine 
Stnfpradje  an  föaifer  ®art  öorauf.  ©atiftna,  b.  fj.  2)oftor 
ßutijer  ift  öon  ben  Sotcn  auferftanben,  um  bie  ©betften  be§ 
Maß  51t  bürgerlichem  Wufrufjr  gu  ermecf'en,  ben  SBater  miber 
feine  Minber,  Untertanen  gegen  iljre  Cbrtgfeit,  auf  baf?  alle 
3)inge  bermafjen  oermifdjt  unb  oermicfelt  mürben,  bafe  man  "^apft, 
Maijer,  iUmig,  öifdjof,  SBaber  ober  3au()irt  nidjt  mcljr  merbe 
uuterfdjetben  tonnen,    ftmax  finb  bie  Sefdjmerben  ber  beutfdjen 


31 

Station  über  tue  püpfttidje  Regierung  unb  ifivc  ©etberpreffungen, 
mie  fie  in  ßutljerä  ©dijrift  formuliert  toorben  finb,  nidjt  böttig 
grunbtos,  unb  er  (SJhtrner)  null  bie  tf)atfädjtidj  borljanbenen 
äJttfjbräudje,  tute  beifbietSroeife  Stblafibriefe,  S)i3benfe  unb  SButter* 
briefe,  feineäroegio  berteibigen ;  aber  Hagen  titnü  er  beut  Äaifer, 
bau  fotdje  Söefdjioerben  buvd)  üDtortin  ßuttjer,  ber  offenbar  ein 
jorniger  unb  unbefonnener  SDtonn  ift,  auf  eine  fo  ungefdjufte, 
mtdjriftltdje  unb  unmabrbaftige  SDBetfe  borgetragen  merben,  bau 
niemanb  gmeifelu  fann,  er  neunte  fotdje  SBefdjroerben  über  römifdje 
^JtifHn-ändje  nur  jnm  25ecfmantel,  um  unfern  (Stauben  unt^ufeljren, 
fein  ©ift  auszugießen  unb  jjufitifdje  unb  mit'tifitiftfje  Söotfdjaften 
§u  berfünbigen.  S)arum  ftelte  er  (ÜJhmter)  ber  faiferlidjeu 
ÜDcajeftat  bemütigtidj  bor,  mitfamt  bem  burdjtaudjtigften  Slbel 
„djriftlidje  2lugen  auf  unfern  ©tauben  ju  merfen,  in  beut  mir 
bert)offen  fetig  ju  merben".  ÜDiöge  beStjatb  ber  ilaifer  biefem 
liatilina  gebieten,  ben  ©tauben  unangetaftet  ju  (äffen,  unb  möge  er 
atSbann  bie  SBefdjtoerben  über  SKifebräudje,  SBürben  unb  un= 
leibliche  Styrannei  prüfen  unb  in  ©emeinfdjaft  mit  ben  .Sturfürften 
bem  liebet  gu  fteuem  fudien.  Sene  anbern  ^änbet  ßuttjerS  aber 
gehörten  bor  einen  anbreu  9iid)terftu()l,  fei  e§  nun  bor  ein 
föonjit,  ober  je  nad)  faifcrlidjem  äßiflen  bor  ein  anbreS  Kollegium. 
©obauu  menbet  er  fiel)  an  ßutljer  fetbft,40)  jtoar  in  fe()r 
biet  fd)ärferen  Sluäbriufen  atc-  etliche  ÜDconate  gubor  in  feiner 
„örmahuuug",  aber  bod)  immer  nodj  in  einem  Xone,  ber  ein 
@efüf)t  beS  9tefbeft§  bor  bem  tapferen  SBittenberger  uid)t  ber= 
feinten  (äfft.  3a,  er  beginnt  mit  einer  (jöflidjen  Verbeugung  bor 
bem  „befonberS  geteerten  ÜDianne",  beffen  fidj  billig  bie  (il)rifteu= 
fyett  erfreuen  foltte,  menu  er  nidjt  (eiber  feine  Miinft  unb  Vernunft 
^iim  Stäben  beS  SJatertanbS  unb  $ur  3cl1tLn'ul,fl  be«  öHaubeus 
anmenbete.  SBie  biet  lieber  mürben  mir  einem  fo  gefdnd'ten 
Wanne  ßob,  (vt)te  unb  $rei3  Jollen!  Vlber  ßutf>er  felbft  bat 
©uuft  in  Ungunft  bermanbett,  inbem  er  mit  ungettafdjenen  Rauben 
ben  ©tauben  angetaftei  unb  fidj  nicht  gefdjämt  l)at,  ben  frommen 
ßaifer  unb  ben  beutfdjen  Kbel  jur  Sefdjirmung  feines  unmal)r= 
Saftigen,  aufrübrerifebeu,  unfinnigen  unb  frevelhaften  [JfürneljmenS 
aufzurufen.  Xafj  er  „uufevem  fviebfameu  ©tut  au3  Defterreidj" 
folchnt  Vlufruhr  angeraten  babe,   fei  nur  barauä  ,ui  erfliiren,  bau 


32 

er  fid)  einmal  ot§  «fjofnarr  bjabe  auffpieten  motten,  etwa  nad) 
bem  Söeifbiet  be§  @ra§mu§  bon  Sftotterbam,  ber  ja  aud)  in  ©eftatt 
eines  Darren  bie  2S>abrl)eit  gerebet  fyabe.  „Tarum  bir  at§  einem 
Darren,  tote  ©atomo  fpridjt,  billig  nad)  beiner  Sftarrtjeit  ge= 
antwortet  merben  fofl,  auf  bafs  bu  bief)  nicfjt  für  einen  SBeifen 
ad)te[t".  Unb  aud)  tjier  fdjliefjt  er  mit  ber  äRatjnung,  Sutt)er 
möge  baoou  abfter)en,  ©adjen  be§  ©taubenS  bor  ben  Unoer= 
ftänbigen  ju  berljanbcln  unb  gmeifet  madföurufen,  bann  moltten 
fie  alle  ba%u  mithelfen,  baf?  itmt  feine  mannigfaltigen  9Jiiffe= 
traten  gnäbig  bergtetjen  mürben. 

%{%  bie  erfte  papierne  SDcauer  ber  ?Romantften  tjatte  Singer41) 
jene  gteifmeriferje  (Srfiubitng  augegriffen,  monadj  ein  Unterfdjieb 
gmifdjen  bem  geifttidjen  unb  melttidjeu  ©taube  bortjanben 
fei,  mätjrenb  bod)  nad)  ber  2et)re  ber  ©djrtft  burefj  Saufe, 
(Sbangetium  unb  ©taube  a((e  ßfjrifteu  gteidj  geifttidjen  @tanbe§, 
alte  ginn  fönigtitfjen  ^rieftertume  berufen  feien.  „£enu 
SEaufe,  (Soangetium  unb  ©lauBen,  bie  macfjen  allein  geifttidj  unb 
gu  ©tjriftenbolf".  Unb  an  einer  aubren  ©teile:  rf(£t)rifra§  fjat 
nidjt  gtoei  nodj  gmeiertei  Körper,  einen  mettlict),  ben  anbern 
geiftüd):  ©in  |)aupt  ift  unb  einen  .SUirper  ()at  er".42)  £amit 
tuar  bie  erfte  äftauer,  baf3  bie  metttidfe  Dbrigfeit  fein  SReajt  über 
bie  9\omaniften  \)abt,  umgeworfen,  ©egen  biefe  S^efe  menbet 
fid)  äJhtrner  im  erften  Sföfctjnitt  feiner  ©d)rift.  $lad)  feiner 
@emot)nf)cit,  fo  bemerft  er,  füfjre  Surfet  bie  ©djrift  in§  %ci\) 
unb  gittere  ©t.  sßautum  (1.  töor.  12,)  metd)er  fage,  bajs  mir  alle 
ein  Körper  feien,  an  bem  jebes  ©lieb  fein  eigen  SBerf  fyabc  nnb 
(Srjriftus  ba§  £>aupt  fei;  and)  l)ätten  mir  ade  ein  ©bangetium, 
eine  Saufe,  einen  ©tauben  unb  feien  babnrd)  äße  geifttidjen 
©tanbe§.  Sutt)er  i)abt  jebod)  ben  5(u§brucf  corpus  ballig  mifc 
berftanben,  ba  biefer  ttict)t§  anbers  bebente  als  eine  SBerfammtung, 
mie  man  etma  fage  corpus  capituli,  bie  SBerfammtung  bes 
ftapitets.43)  Suttjer  mifmraudje  t)ier  bie  (ateinifdje  ©prad)e  unb 
lege  bie  fjeitige  ©d)rift  miber  il)ren  ©inn  nnb  SBerftanb  au§. 
SSottc  man  jagen,  alle  (Sfyriften  feien  geifttidjen  ©taubes  in 
?(nfet)uug  itjres  ©lauBeitS  nnb  ber  Bereinigung  in  (il)rifto,  fo 
formte  man  mit  bemfclben  Sftedjte  fagen,  mir  feien  alle  mit» 
cinanber  im  erften  Örabe  oermanbt  nnb  ©djmefter  unb  ©ruber 


33 

in  beut  einen  Slbam,   ober  mir  mären  ade  abftgen  ©taubes,  ba 
mir  alte  einen  gemeiitfaineu  SBater,  (irjriftum,  bjaben. 

§atte  Suttjcr  ferner,  um  ben  oon  ben  8lötmfdjen  reflamierteu 
character  indelebilis  bcs  s}kiefterS  als  ©rbid^tung  bavjutfyun, 
au§  1.  Sßetr.  2.  behauptet,  bafs  mir  alle  burd)  bie  £aufe  Könige 
unb  ^rieftet  feien,44)  fo  meint  9Jhtruer  bagegen,  bie  ©teile  „ifjr 
feib  ein  ausermäf)ftes  s#olf  unb  föniglidje  s$riefterfd)aft"  bebeute 
etma  fo  oiel,  at§  ob  mau  fage,  if)r  SDeutfdjen  feib  ein  faifertidjeS 
9?eid),  momit  bod)  nidjt  gemeint  fei,  bafc  jeber  ©eutfdje  ein 
Äaijer  fei.  ^)eöf)aUi,  fäljrt  er  fort,  ift  e§  aud)  nid)t  toafyx,  batf 
gefdjrieben  fte()t,  bie  Xaufe  madje  alle  (ifjriften  311  Pfaffen  unb 
unb  Sßfäfftmten,  fcmbern  ber  ©inn  ift  fotgenber:  ©ort  l)at  uns 
gemadjt  ein  fteicfj  unb  ein  ^rieftertum ;  mer  aber  in  einem  >Heid)e 
ift,  ber  ift  barum  11  od)  fein  ftönig.  Hub  au§  ber  ^nget)örigfeit 
311m  ^rieftertum  folgern  motten,  bafs  jeber  einzelne  ein  s$riefter 
fei,  bas  fei  juft  fo  tf)örid)t,  als  menn  mau  fage,  baf?,  iueil  ber 
.Slaifer  aus  SBürttemberg  ein  .'pergogtum  gemadjt,  jeber  2ßitrttem= 
berger  ein  ^er^og  gemorben  fei.  Unb  madje  mirflid)  bie  laufe 
Pfaffen  unb  s^fäffin,  mie  fiub  beim  bie  jmölf  i^oten  Pfaffen 
gemorben  in  ber  Jaufe?  „©pridjft  bu,  fie  feien  getauft  morben, 
fo  jeig  mir  boS  in  ber  beiligeu  Sdirift,  fouft  gtaub'  id)  bir  fo 
menig  afö  bu  uns  gtaubft.  2)u  millft  uns  nid)ts  o()ne  ©djrift 
glauben,  fo  mill  id)  bir  aud)  uid)t  ofme  ©djrift  glauben,  beim 
mas  bir  rccfjt  ift,  ift  mir  billig". 

5tts  ^meite  ÜJftauer  ber  SRomauiften  tjatte  ßutf)er  öegeidjttet, 
„bau  fie  allein  mollen  äKeifter  ber  Sdjrift  fein,  ob  fie  fdiou 
if)r  lebelang  nid)ts  bannen  lernen.  Sie  oermeffen  fid)  allein  ber 
Cbrigfeit,  ganfein  00t  Utt8  mit  uiuierfd)ämten  SBorten,  ber  s4>apft 
tonne  nid)t  irren  im  (Glauben,  er  fei  böfe  ober  fromm  unb 
tonnen  bod)  nid)t  einen  Smfjftaoeti  baoon  bemeifeu.  .  .  2)rum 
ift  es  eine  freoelliaft  erbid)tete  ,"yabel,  bau  beS  Sßapftö  allein  fei 
bie  Sd)rift  auszulegen,  ober  ihre  Auslegung  JU  betätigen".4'1) 
9(ud)  3Jcurner  erörtert  bementföredfenb  im  jtoeiten  Stofdjnitt  bie 
$rage,  mer  in  „Spänen  djriftlidjen  (Miau ben s  ju  erfeuuen 
unb  "srrtii  111  er  ,ui  entfd)eibeu  Ijabe".  Seine  SttntttJOrt  ift 
hirj  unb  büubig:  uieiuaub  aubers  beim  St.  Petrus  unb  feine 
sJiad)folger,  mie  auS  ber  Sd)rift  leidit  \\\  beioeiien  fei.     Tenn  im 

ftaroerau,  SWurner  unb  bie  üteformation.  ;j 


34 

15.  föapitet  ber  2(poftetgefd)id)te  tuerbe  ergäbt,  bafj  auf  bem  Äon^it 
ber  Stpoftel  allein  ^etru§  ba§  entfdjeibenbe  SBort  gefprod)en  fjabe, 
unb  ßfjriftuS  felbft  f)abe  ju  $etru£  gejagt  (SufaS  22.  32.): 
„Set)  fjabe  für  biet)  gebeten,  bah  bein  ©taube  nidjt  aufhöre. 
2>arum  fetjre  um  unb  beftätige  aud)  beiue  ©ruber".  ?tu§brüdtid) 
fei  eine  foldje  Seftätigung  be§  ©tauben§  traft  ber  Sdjlüffet  be§ 
§immetreid)§  ©t.  ^etro  gegeben,  nidjt  aber  ber  ©emeinbe,  benn 
e§  ftetjt  gefdjrieben:  „Sßetrc,  bir  loitt  icrj  geben".  „Reifst  Sßetre 
bie  ©emeinbe,  fügt  er  tjinju,  fo  tjaft  bu  redfjt,  ift  e£  aber  ein 
eigner  9came,  fo  fjaben  mir  redjt". 

SDie  britte  üDtouer  enblid),   bafs  nur  ber  s$apft  ba§  SRedjt 
t)abe,  ein  Äon^il  ju  berufen,  fällt  nad)  SutijerS  bisheriger  3(u3= 
füljrung   öou   fetbft    jufantmen.     Turner    feinerfeit§   täfst    biefe 
grage  offen.     3)enu   e§  bleibe  jtoeifelljaft,   ob  jenes.  SRedjt   bem 
^apfte  ober  ber  gemeinen  Qnjrtftenfjeit  gnftetje,  „in  metdjem  gtoeifet 
etliche   au§  ©unft   bem  Zapfte  31t  diel  geben,  bie  anbern,  mie 
Suttjer,  aui  Ungunft  bem  ^apfte  ju  biet  neunten".    9#an  muffe 
baZ  SJättet  treffen,   bem  Zapfte  feine  ©emalt  erhalten   unb  bod) 
gugteid)    aud)    ber   (£[)riftent)eit    itjr   9xed)t   marjreu.     (53   tonne 
iebocfj  nur   „§u  einem  23unbfd)ut)"  unb  51t  unfiunigem  Slufrufjr 
bieueu,  meuu    mau  mit  Sd)mad)büd)lein   unb  ©djeltmorten  ber 
©emeinbe  geben  motte,  toa§  billig  ber  Öörigfeit  jugeljöre.    S)enn 
bie  tjcitige  «Sdjrift  letjre,   ba$  bie  Untertanen  üjre  33efd)merbeu 
oernüuftig  oortragen  unb  bie  Cbrigfeiten  ifjuen  mit  il)rer  ©etoalt 
§u  £)i(fe  tommeu  folleu,  nidjt  aber  einen  fotdjen  Slufruljt  erregen, 
ber    bod)    fdjtiefjtid)    feine    eignen    Urheber    oerfdjliugeu    muffe. 
9lud)  feien  SutljerS  ©rünbe  für  ein  AUm(yl   bei  Sichte   befetjen 
blofc  ©dfjeingrünbe.     ©S   ift    „gräiilid)   unb  jdjrerfiid)  anjufefjen, 
fo  Ijatte  biefer  gefdjrieben,   bafj  ber  Dberfte  in  ber  ßljriftentjeit, 
bor  fidj  (Stjrifti  Steltoertreter  unb  ©t.  SßeterS  9tad)fotger  rütjmt, 
fo  mettlid)  unb  prädjtig  fäfjrt.  .  .  (Sr  trägt  eine  breifäftige  Ärone, 
mäl)reub  bie  tjüdjfteu  Mönige  nur  eine  itroue  tragen:  gleidjt  fidj  ba% 
mit  bem  armen  (iljrifto  unb  8t.  Sßetro,  fo  iftS  ein  neu  gleidjen".46) 
gfür  ben  ©tauben,  meint  üöcurner  bagegen,  fei  baä  bod)  oüttig 
gteidjgtttig.    SDte   brei  .Sironen  bebeuteu   bie   beilige  £rcifatttgfeir, 
unb  fein  Üüieufd)  felje  barin  ein  ^etdjen  ber  .vmffart  auf?er  Sutljer, 
ber  fiel)  nun  einmal  oorgenommen  l)abe,   alle  ^inge  511m  SBöfen 


35 

äit  fefjren.  So  ereifere  er  fiel)  autfj  barüber,  bajj  ber  s^apft  firf) 
ben  5lllerh,eiligfteu  nennen  (äffe  unb  wolle  attcf)  bieg  Stücf  auf 
einem  Äonjil  berfjattbeft  nüffen.  Sßo  fjter  bie  ^offart  liege,  fei 
ebenfalls  unerfinblid),  beim  ber  $apft  fei  ber  Mertjeiligfte  boef) 
nicfjt  in  9(nbetradjt  feiner  Sßerfon,  fonbern  feine§  2lmte§. 

3um  ©djtuffe  wenbet  firf)  SOtater  enbtid)  an  bie  (Sbelleute 
felbft  mit  ber  äßa^nung,  ben  (Glauben  31t  oerfed)teu  nnb  31t 
befdjirmen,  inbem  er  fie  fpöttifrf)  barauf  t)iumeift,  bafc  ja  Sutfjer 
fie  alle  ifjreS  abligeu  ©tanbel  beraubt  unb  311  Pfaffen  gemadjt 
t)abe.  ®r  toieberfjoft  nod)  einmal,  ba$  Suttjer  feineäloegS  in 
allen  fingen  Unredjt  tjabe,  altein  er  miBbraudje  feine  tetft, 
feine  Vernunft  unb  bie  tjeilige  Sdjrift,  um  buref)  ben  Slbel  bie 
armen  Sdjäflein  (Sfjriftt  311111  Unglauben  31t  oerfüfjren.  Sollten 
mir  jebod),  fo  [djliefit  er,  bem  £oftor  Suttjer,  „ben  mir  für  ein 
©fori  unb  ötrr  be§  bentftfjen  ßanbe§  galten",  etmas  gugelegt 
haben,  baz  nidvt  feine  Meinung  ift,  fo  mollen  mir  brüberlidj 
feine  (Srf  lärmigen  annehmen;  füllte  er  aber  unfre  brübertierje 
©unft  oeradjten  unb  gegen  1111*,  mie  er  pflegt,  feinen  jornigen 
itopf  braudjen,  fo  möge  ber  Slbel  erfenneu,  toaä  bie  iöilligfeit 
erforbert.  Unb  er  fügt  fjtn^n :  2)amit  niemanb  biefe  ofjnc  Kamen 
erfdjienene  Sdjrift  für  ein  Sdjmadjbüdjlein  Jjaltc,  l)abe  er  bem 
5ßifdjof  oou  Strasburg  Warnen  unb  Sßerfon  bet'aunt,  bie  biefer, 
mo  es  ih,m  uotmeubig  fdjeinen  follte,  eröffnen  »erbe. 

S5ic  fadjlidjcn  Ausführungen  ber  Sdjrift  fiub,  mie  mau 
fieht,  3ienilid)  Dürftig  unb  lebiglidj  SBieberbolungen  beg  fdmu 
früher  ©efagten.  Neunter  leugnet  ba§  oou  ßutf)er  behauptete 
aügenieine  Sßrieftertum  unb  oerteibigt  baä  Sßontififat  Sßetri:  baS 
ift  ber  bogmatifcfje  Merupituft  feiner  Streitfdjrift.  Hub  er  6e 
megt  fidj  bier  gang  auf  beut  gleichen  ©oben  mie  [ein  DrbenS 
bruber  älöelb,  bem  ßutljer  in  feiner  Schrift  „SBom  Sßapfttuui 
311  ))iom"  geantwortet  hatte,  unb  mie  Suluefter  SßrieriaS, 
beffen  füfme  Definition  ber  papftlicheu  SKa^töottfommen^eit  ben 
lebten  Snftofc  %U  ber  Schritt  an  ben  Vlbel  gegeben  hatte;  eä  lag 
baber  für  ßut^er  faeblid)  teiu  Vlnlaf;  öor,  ÜKutnerS  SBudj  einer 
©rmiberung  31t  toürbigen,  unb  jmar  üoQenbS  nicht,  ba  es  für 
bie  SiSfuffion  and)  uiebt  einen  neuen  ©efidjtäpunft  eröffnete. 
ISigeutümlid)    ift    auch   biefe   Schrift   nur  burch  bie  barin   auS 


36 

gefprodjenen  gcdjtreicfyen  ßugeftönbniffe  unb  burd)  ben  abermaligen 
Sßerfud),  auf  ©ruub  unb  roegen  biefer  mannigfadjen  53erürjrungs= 
punfte  über  bie  Seljre  oon  ber  Äirdje  ju  einer  SBerftänbigung 
gu  gelangen.  @s  giebt  bas  aud)  ifjrem  gangen  Xon  jene  fcfjon 
mefjrfad)  ertocHjute  Unfid)ert)eit,  bie  oor  allem  in  ber  23ef)anblung 
ber  Sßerfon  8utf>er§  braftifd)  fid)  auSfpric^t.  SEtterbingS  fefjlt  es 
nidjt  an  teibenfdjaftlidjen  unb  biffigen  Stusfätlen:  id)  erinnere 
au  ben  Sergleid)  mit  (Satilina  ober  an  ben  *ßaffu§  über  ben 
Hofnarren,  ober  an  bie  folgenbe  ©teile:  „(Sie  malen  ben  ^eiligen 
©eift  auf  bein  ,£>aupt,  als  ob  er  aus  bir  rebete:  nun  merfe  id) 
erft,  bafj  ber  tjeitige  ©eift  aud)  unfinnig  reben  fann.  £>od) 
fag  id)  ba$u,  too  bu  toarjr  rebeft,  ba  rebet  ol)ne  3tt>eifel  oer 
fettige  (Seift  aus  btr,  benn  alle  SSafyrrjeit  ift  aus  ©Ott,  roo  bu 
aber  nidjt  roarjr  rebeft,  ba  rebet  fidjer  ber  Xeufel  aus  bir,  ber 
ein  93ater  ift  aller  Sügen.  SDarunt  möd)te  id)  raten,  man  malte 
bir  fie  beibe  auf  bein  |)aupt,  ben  I)eiligen  ©eift  auf  bie  eine 
(Seite  unb  ben  STeufet  auf  bie  anbre  (Seite  unb  bie  (Stabt  Sßrag 
in  bie  SOätte".  daneben  aber  immer  miebcr  bie  ^Beteuerung  bes 
Biefpefts  Oor  Sutfjcrs  ©etef)rfamfeit  unb  bie  SSerfidjerung,  bafj 
er  beileibe  nidjt  in  allen  Singen  unredjt,  fonberu  üielfad)  burcfj= 
aus  „roorjl  unb  d)riftlid)"  gelehrt  l)abe.  Sind)  bcgeidjnet  er  biefe 
2HTÜ()rungspunfte  mit  alier  nntnfdjensttjerten  £eutlid)feit.  @r 
erflärt  ausbrücflid),  bafj  es  itjnt  nidjt  in  ben  (Sinn  tomme  bie 
„Uebelttjaten  ber  Sftomaniften"  ,ut  oerteibigen  ober  fie  „in  irjrcm 
9Jiutroillen  fjalsftarrig"  §u  mad)eu.  @r  lucif?  fid)  eins  mit 
Suttjer  in  ber  SUage  über  ben  SJctpraud),  „mit  mancherlei 
©djinberei  Slblafc  ju  geben"  unb  (Seeleu  aus  beut  Fegefeuer  511 
oerfaufeu.  51ud)  er  oerurteilt  Sispeufe  unb  Söutterfiriefe.  Witd) 
ben  Zölibat  toill  er  prinzipiell  preisgeben.  Senn  fjatte  Sutljer 
in  (Sadjen  ber  (Slje  ber  Sßriefter  ausgeführt,  es  fei  bod)  beffer, 
il)neu  cfjelidjc  Sßeiber  als  33cifd)läfcrinnen  ju  geftatteu,  fo  benterft 
SUcitruer  ba§u:  „bas  laft  id)  alles  fterjen,  ba  es  bem  ©tauben 
Weber  giebt  nod)  nimmt,  unb  null  bie  gemeine  Gljriftenljeit  bas 
äitlaffeu,  fo  bin  idjs  Wol)t  jufrieben".  <yrcilid)  meint  er,  bafj  bie 
(Sbriftenljeit  nidjt  ofjne  ©runb  öon  ber  Sßriefterfdjaft  bas  ©elübbe 
ber  iteufd)l)eit  forbere,  bod)  wolle  fie  es  im  Warnen  ©ottes  ein* 
t)ellig  abt()itn,  fo  werbe   bie  fßriefterfd^aft  gerne  geljorfam  fein. 


37 

2htd)  mit  ber  ,$ü\Le  ber  ©efefce"  halt  er  e§  mit  Sutljer,  bemt 
ba  feien  öiele  (Gebote,  bie  mabrlidi  beffer  abgetljan  mürben.  9cur 
attpbiel  mürbe  je|t  gegen  bie  gefcfjric&cncn  ©ebote  gefünbigt 
unb  c§  märe  bringenb  §u  münfdjen,  man  fjebe  fie  gütlidj  auf, 
bamit  bie  ©emiffen  biefer  ©ünben  lebig  mürben.  SBon  beut 
Satin  enblid)  mit!  er  liier  fdjmeigen,  ba  er  in  einem  anbreu 
93ütf)(ein  Darüber  ju  rebeu  beabfiduige.  „S)a§  fagc  id)  aber  mit 
bollern  Sftunbe,  bau  ber  Söann  affo  beradjtet  ift,  baran  (jat  uiemaub 
fdjutb,  benn  bie  ©eiftftdjen  unb  SBifdjöfe,  bie  if)n  fo  leichtfertig 
unb  oft  nur  um  brei  ^afelnüffe  unb  $mei  Xaubenbrecf  brauchen 
ober  rid)tiger  mifjbraudjen.  2)arum  f)at  fidj  bie  ©eiftftdjfeit  gar 
m<fjt§  gu  bef  tagen,  ba  uiemaub  baran  fdjutb  tjat,  benn  fie 
fetber".47) 

Sutfjer§  Sdjrift  an  ben  5(be(  mar  gu  Anfang  £ f tober  feine 
grofje  tateinifdje  SReformationsfajrift  bon  ber  babplouifdjen 
©efangenfdjaft  ber  ftirdje  gefolgt,  feine  geiftesmäcr)tigftc  unb 
in  gemiffem  Sinne  rabifalfte  ©dfjrift,  mit  ber  er  feineu  23rnd) 
mit  ber  rümiftfjcn  ftirdje  befiegette.  Unb  e§  ift  eine  auffallenbe 
l£-rfd)eiuung,  ban  eben  biefe  Sdjrift  in  9)htrner  itjren  SBerbeutfdjer 
fanb.48)  SOtan  tjat  befanntlid)  au%  biefer  £fjatfadje  eine  jeitmeüige 
Hinneigung  unfrei  ^ran§i§faner§  gur  Deformation  folgern  motten, 
unb  man  barf,  mie  mir  fdjeint,  biefe  Sftmaljme  nidjt  olme  meitereS 
bon  ber  §anb  toeifen.  Stber  immerhin  ift  in  biefer  ^rage  manche* 
bnnfel,  fo  hak  mau  über  Vermutungen  fdjmerlidj  IjinauSfommen 
mirb.  Qsrljaften  finb  un§  nur  ein  paar  Steuerungen,  bie  auf 
bie  ©cfdjidjte  biefeS  @djriftdjen§  einiges  £id)t  toerfen.  Sftttljer 
ermähnte  bie  Ueberfet.utng  1522  in  feiner  „^'Intmort  bentfd)  auf 
Äönig  .vu'inrid)*  oon  (Snglanb  Sudj",  inbem  er  bemerfte,  baß  e8 
ibm,  obrnol)!  er  ba3  Sidjt  nid)t  idiene,  nidjt  gefallen  habe,  bau 
jene  Sdjrift  berbeutfdji  morben  fei,  meil  eS  fein  giftiger  [Jfeinb 
getlian  t)aoe,  nm  ii)n  $u  [djänben,  unb  „gar  feiten  troffen  mirb, 
mas  id)  fetbft  nidjt  oerbentfdfc".  ßrregt  replizierte  2Jcurner  baranf 
in  feiner  Sdjrift  „Ob  ber  Äönig  auä  (Snglanb  ein  ßügner  fei 
ober  ber  Sutfjer":49)  l'nther  tlnte  ihm  Unredn,  menn  er  ihn 
feinen  giftigen  ,~yeinb  nenne,  ba  er  feine*  Sftenfdjen  ,~yeinb  auf 
(Srben  fei.    Stucf)  habe  er  in  feiner  SBerbeutfdjung  ber  balnilonifdien 


38 

©efangettfdjaft  8utfjer§  Sßorte  nidjt  gefälfdjt,  fonbent  fein  Sateitt 
nad)  feinem  Vermögen  ins  Seutfdje  übertragen.  „3ft  irjm  ba& 
felbige  23ucf)  §ur  ©djanbe,  fo  fjat  er  fid)  felber  gefdjänbet  unb 
nicfjt  icfj,  ba  idj  fcitie§  23ud)ä  fein  DJcacrjer,  fonbern  ein  Solmetfd) 
gerne jen  bin",  ©ap  fommt  ferner  ot§  britteS  Beugnis  eine 
Sleufterung  ÜKitfjaet  ©tiefet,  ber  in  feiner  „91ntmort  auf 
21).  ÜD?urnar§  murnarrifd)e  ^fjantafei"50)  gegen  ben  Ueberfe^er 
gan^  bireft  bie  anflöge  auf  $ätfd)ung  ergebt,  üon  ber  er  fid) 
mit  eignen  3(ugen  überzeugt  fyafo.  SBeftreite  Turner  ba«,  fo 
tf)ue  er  es  als  ein  „unfdjamrjaftiger  Stftcnfd)".  „Seine  ■'panbfdjrift 
fjab  id)  gefebjen,  in  ber  icrj  fein  93oSrjeit  erfunben  §ab.  .  . 
2Siemof)t  eS  nicrjt  atfo  gebrudt  roorbcn  ift,  als  biefer  gätfdjer 
gefälfdjt  rjat.  Neffen  mag  man  if)n  überführen  mit  feiner  ,<panb= 
fd)rift,  bie  er  als  ein  redjt  gebeutfctjt  2Berf  für  fiebert  ©ulben 
in  bie  SDruderei  oerfauft  Ijat"  Unb  enbtid)  beutet  eine  ^Rotig51) 
barauf  t)in,  ba$  fid)  Sebaftian  93rant  merfmürbigermcife  bem 
Srud  ber  Ueberfetmng  anfängtid)  miberfetjt  511  fjaben  fdjeint, 
mofür  bei  ber  non  it)m  geübten  meitfjergigen  (Senfurürai'is  ein 
triftiger  ®runb  jwtäcrjft  nid)t  erfidjttid)  ift. 

©o  meit  bie  Duellen,  bie  für  bie  geftftellung  beS  <2adj= 
üerr)att§  roenigftens  einigen  Slnljatt  bieten,  ßttgtetdj  muffen  mir 
aber  aud)  bie  Säten  im  Singe  behalten.  Sa  Sutfjers  de  cap- 
tivitate  Babylonica  in  ben  erften  Öftobertctgen  ausgegeben  mürbe, 
fo  mirb  Turner  fie  üermutlid)  in  £)änbcn  gehabt  fjaben,  nod) 
et)e  er  feine  „(Srjriftiidje  unb  brübertidje  @rmal)uung",  bie  ba% 
^smpreffum  tiom  10.  S^otiember  trägt,  in  ben  Srucf  gab,  mäl)renb 
ber  Slufruf  an  ben  Slbel,  mie  aus  bem  Xejt  ber  f,©rmaf)uung" 
flar  fjerüorgetjt,  il)m  erft  gufam,  al§>  jene  nal^u  uollenbet  mar. 
(SS  ift  bemnad)  immerhin  möglid),  baf3  er  fid)  unter  bem  erften 
unmittelbaren  (Sinbrud  jener  gemaltigen  ©djrift  üon  ber  babl)fo= 
nifdjen  Ükfangenfdjaft  alsbalb  au  bie  Ueberfe|img  madjte,  bafi 
biefe  aber  fteden  blieb,  als  ifjm  über  ber  2(rbeit  bie  ganje  S£rag= 
meite  beS  Stttfjerfdjett  Angriffs  gutn  Söettjufetfein  tarn,  unb  hak 
fid)  baburd)  ber  SDrud  bis  jum  Sfafang  bes  fotgenbert  Satzes 
üerjögerte.  Sfyn  liegen  p  taffeit  lag  nid)t  in  feiner  an  bie 
•Ceffenttidjfeit  brängenbeu  51rt,  aber  er  modjte  nun  mol)l  in  ber 
X£)at  beabfidjtigt  tjaben,  buref)  Ginfdjiebfel  unb  febreljungett  bie 


39 

Spille  bcr  Ueoerfe$ung  gegen  Sutfjer  $u  fehren  unb  bamii  feilt 
©emiffen  31t  reinigen.    SDenn  ©tiefetS  öofittoer  StngaBe  31t  mifc 

trauen,  liegt  fein  ©runb  bor,  unb  e§  ift  immerhin  djarafterifttfdj, 
baß  äJhtraer  fetbft  in  jener  SBerwaljrung  Butler  gegenüber  fidj 
gegen  einen  Söorwurf  üerteibigte,  ben  btefer  gar  ntdjt  erhoben 
(jatte.  .s>icr  fdjeint  tt)iu  atfo  baz  6öfe  ©ewtfjcn  einen  ©treief) 
gefoielt  unb  feine  am  unbefannten  ©rünben  berettelte  Mbfidjt 
üerraten  31t  bjaben.  Hub  au?-  btefer  bemühten  gätfdjüng  erftärt 
fid)  ötefleidji  aud)  ber  3Biberförucf|  SBrantS,  benn  feine  et)rliefie 
Statur  modjte  SSebenfen  getragen  (jaben,  ein  fo  unlauteres  9)cadj= 
werf  burd)  feine  !5)ru(ferfaubni§  31t  beefen.  S)odj  fonuneu  wir, 
wie  gejagt,  über  ein  non  liquet  nid)t  rjinamS,  benn  e§  tft  anbrer= 
feit§  ebenfo  gut  moglid),  bafj  e§  fid)  bei  btefer  Ueberfe$ung  für 
SDhtrner  lebigiid)  um  eine  ©elbfperutatton  baubelte.  ^ebenfalls 
f)aben  mir  bier  bie  merfWürbtge  ^Xt)atfact)e,  bafj  Diejenige  6d)rift 
Sutbevv,  bie  ben  Sßiberfprud)  jwifdjen  ber  gangen  römifdjen 
§etl3leljre  unb  ber  fy.  ©djrift  aufbeerte  unb  am  fübnfteu  gegen 
ben  römifdjen  Slntidfjrift  31t  gelbe  30g,  burd)  ben  üötonn  berbeutfdjt 
unb  babitrd)  ben  Weiteften  M  reifen  jugängtief)  genta  d)t  warben  tft, 
ber  31t  gleicher  3^  \fyctn  SSerfaffer  als  aufrübrerifchen  ©atilina 
unermübüd)  beferjbete. 

Unb  31t  einem  neuen  StuSfafl  gegen  Sutber  bot  fidj  eben 
jetjt  abermafö  bie  ©elegenljett.  2lm  10.  £e,3ember  1520  (jatte 
ßutljer  bie  „fütjnfte  feiner  Tbaten"  boHbradjt  unb  bie  päpfttidjen 
Sftedjtöbticljer  mitfantt  ber 58  a  u  nbutl e  ben  %ta m m  c u  ü  b  e  r g e  6 e u 
worauf  er  über  biefen  ©djritt  atöbalb  lateinifd)  unb  bentfdj 
fRedjenfdjaft  ablegte.82)  Ter  ©inbrud  btefer  SDemonftration  mar 
ungeheuer.  Sr  (jabe  fiel)  Ejodfj  gewunbert,  oerfieberte  ÜJhtrner, 
bau  ein  äftenfdj  fiel)  imterftaubeu  babe,  baS  geütlicbe  Weebt  31t 
oerbrennen,  unb  feit  er  ber  Jtjat  uerfiebert  mürben,  babe  il)n 
„lag  unb  üftadjt  gebürftet",  bie  Urfadjen,  warum.  baS  gefebeben, 
31t  erfahren.  üßun  machte  er  fiel)  über  ßutfjerS  9ted)tfertigung  ber 
unb  oerfal)  [eben  Hrtifel  mit  feineu  (Stoffen,  bamit  ber  gemeine 
SKann  ermeffen  Knute,  ob  jene  Ibat  billig  ober  unbillig  gefebeben 
fei.  Sdjon  am  17.  (JfebruaT  L521  tonnte  feine  ©rwtberung*3) 
ausgegeben  Werben. 

Sludj   biet    Wieber    tritt    überall    baä  ©eftreben    31t   läge, 


40 

8utf)er§  Sefjrc  als  aufrüljrerifdj  barguttjun.  ©leid)  in  ben  erften 
brei  Slrtifeln  fei  e8  l)anbgreiflid)  31t  f puren,  ba§  iiutber  ben 
.Mauer  toiber  ben  s+3apft  fyeljen  molle,  bod)  fei  $u  rjoffen,  bau  ber 
alimäd)tige  ©Ott  beibc  Rauptet  ber  ©ijriftenijeit  in  fcligem  ^rieben 
bewahren  merbe.  .'patte  fiuttjcr  ferner  im  21.  5(rtifet  uadjgeunefen, 
bafs  ber  ^apft  ftcf)  bes  „romifdjen  9f}eid)es  ©r6en"  nenne,  fo 
behauptet  üölurner  and)  f)ier,  nadjbem  er  feinen  ©egner  über  ben 
Unterfdjieb  tum  successor  unb  heres  belehrt  fjat,  baf?  er  fotcrje 
Unroalydiät  nnr  fdjreibc,  um  ben  friebfamcu  Söntg  unb  .ftaifer 
mit  beut  Zapfte  311  veruneinigen,  Brie  berat  alle  feine  5lrtif'et 
nur  31t  Slufruljr  unb  unerhörten  Steuerungen  biettlid)  feien. 
Unb  gum  Sdjlutf  refapituliert  er  ben  gefamten  önfjalt  ber  <Sct)rift 
ba()in,  ba'ß  fie  lebigtid)  barauf  abfiele,  bcm  Sßdpfte  feine  Cbrigfeit 
gu  nehmen  unb  it)n  bent  ftatfer  §u  unterwerfen,  be§gtcidion  alle 
©eifttidjen  ber  toeftfidjen  Dbrigfeit.  ®r  (SJfrtrner)  aber  rjoffe, 
bas  „fromme  unb  friebenreid)e  33lut  aus  Cefterreid)"  merbe 
©otte§  Crbnung  auf  (Srben  ben  Vorrang  laffeu. 

Sn  ben  einzelnen  ©(offen  begegnen  mir  gunteift  2öiebert)otungeu 
beffen,  mas  9>htrner  bereits  früher  gegen  Sutrjcr  oorgebradjt  fjatte. 
Unb  unter  ben  alten  Sßormürfen  ftel)t  natürlid)  roieber  ber  oben= 
an,  ba$  2utl]er  bent  si^apft  31t  öiel  beilege  unb  alles  jum  33öfen 
t'erjre.  SDttfcgörate  er  bent  ^apfte  bie  t)üd)fte  Cbrigfeit,  fo  möge 
er  (£l)riftunt  barum  fdjclten,  ber  fie  ilmt  gegeben  l)abe.  „äKetnftu 
fein  perfon  fo  fdnoeig  idj,  meinftu  aber  b,^  babftcutbuni  onb  bie 
fjödjft  oberfeit  önferS  glabetts  öon  (il)rifto  erftifftet  fo  lafe  id) 
bir  ba§  in  feinem  toeg  511,  bas  oon  eindjerlen  mif?brud)S  falben 
baZ  fol  abgetl)on  merbett,  ba§  I5l)riftus  off  gefettet  Ijat,  fünft 
miefte  man  and)  ba£  fet)fertf)um  abtf)iin,  wenn  mir  einen  böfe 
fet)fer  fetten."  (Sbeufomenig  feljlt  ber  aubre  Sßortourf,  baf?  ßutljer 
bie  Sdjrtft  willfürfid)  brelje  unb  menbe.  „Tu  tnadjft  bir  fetter 
eiu  f)eilige  gefdjrifft,  mie  fie  bir  bienet,  ba3  bir  nit  gebüret." 
Tic  legten  Slrtifcl  cnblid)  erflärt  Turner  iusgefamt  für  erbidjtet 
unb  nientonb  werbe  ßutljer  feine  ^Behauptungen  glauben,  attjjer 
jenen  teidjtfertigen  ßeuten,  bie  alles  glauben,  loa*  mau  irjtteu 
oorrebet.  „SDaruntfi  fi|  niber  onb  bewer  mit  ber  gefdjrifft  bie 
artitf'el  fo  bu  bent  Impft  onb  bent  geiftltdien  red)teu  mit  ber 
omoarbeit  felfdjlidj  31t  geleget  baft,  toenn  mir  05  oon  bit  [e^en, 


41 

foltn  tni^  on  antmürt  nit  finben  ttne  faft  bu  fdjettig  mieteft  miber 
alle  bie  fo  ttriber  bid)  fdjriben." 

@r  jcfjliefst  and;  liier  mit  ber  Serftdjerung,  bafc,  metin  man 
ber  Körner  „überftfjttmngftdjen  SDWfebrau^"  in§  Jyelb  füljre,  er 
fidi  nie  „mit  ein  §aar"  nnterftanben  Ijabe,  biefen  ju  oertreten 
nnb  baä  and)  fürber  itid)t  t()int  molle.  XHncli  liier  erflärt  er  fief) 
einoerftanben  mit  ßutljerS  gorbernng  (im  17.  Slrt.i,  bie  otelen 
gaftengebote  it.  f.  m.  ab.yttlmn :  man  muffe  beit  Sßapft  bemütig 
bitten,  bafi  er  un§  biefer  SBefdjtoerben  oäterlid)  entfebige.  „Tan 
idi  ie  and)  ein  beutfdjer  bin,  bie  bifüiar  ber  fafteit  nit  l)od)  feint 
geriemet  morben."  Taft  aber  bo§  geiftftdje  9ted)t  toiber  ba§> 
ßöangefium  fei,  mü&te  anberl  bemiefen  toerben,  at»  c§  Sutfjer 
in  feiner  Kedjtfertigung  getlian  liabe.  £ier  liabe  er  nur  teere§ 
2  troll  gebrofdjen.  Unb  nur  um  ber  2Baljrf)eit  millen  liabe  er 
(9Kurncr)  atlebem,  ma§  er  für  ltnmaf)rlieit  lialte,  in  befter  9Jceinnng 
miberf prodien,  „alä  mir  ©Ott  an  meinem  letzten  (ümbe  gnäbig 
fei."  ®r  ijabe  e*  feinem  2ftenfdjen  gu  ßeib  ober  9cad)teil,  nodj 
jemanbeiit  ju  Jörberung  ober  ©unft  getlian.  2Ba§  er  liier 
gefdirieben,  fei  in  „eilenber,  gemeiner  Siebe"  gefdielien,  bod)  behalte 
er  fid)  oor,  fidi  in  anbern  nadifotgenben  SBüdjern  beffer  j« 
beflarieren. 

Unfrei  ^ranjiffanerS  rührige  3diriftftellerei  mar  ^ittber 
nidit  ltnbetannt  geblieben.  2d)on  am  4.  Xe^ember  1520  fjatte  it)nt 
äßotfgang  Eapito54)  an*  ÜJtoing  öon  ben  erften  beiben  Sdjriften 
SföurnerS  Wadiridit  gegeben  unb  ilm  .ytgleicb  über  bie  s|>erfünlid)= 
feit  beö  Sdireiber*  baliiit  orientiert,  bar,  fein  Kuf  ttid)t  ber  befte 
fei.  Kotf)  eittgetienber  batte  ©nbe  be3  3>af)reä  SßetruS  ,"y  rann  sei 
an*  .\>agenan  an  Vntber  berietet,56)  ittbeiit  er  ihm  jugteidj  bie 
beiben  Schriften  „SBom  Sßapfttum"  nnb  „s,Hn  ben  Slbel"  über* 
mittelte.  Qtoax  jtoetfle  er  nidit,  [o  fdnieb  er,  bau  ßut^er  fie 
bereit*  6efi$en  merbe,  bod)  merbe  ilnn  motu  ber  Kante  be*  Sßer 
faffer*  nid)t  befannt  fein,  ba  beibe  lädier  ammimt  erfdiienen 
feien,  SBermuttidj  habe  W  inner  feinen  Kamen  an*  beut  Omtnbe 
oeridimiegen,  med  er  ben  Vln*gang  be*  .s>anbel*  abmalten  molle: 
unterliege  er,  [o  brauche  nientanb  \n  miffen,  bau  er  ber  ©erfaffer 
fei;    bleibe    er   aber   Sieger,    fo    gelinge  e*    ihm    vielleicht ,    eine 


42 

23elor)nung  dorn  Sßopfte  IjerauS'rafdjIagen.  (Sine  ^lutmort  Sutljers 
merbe  bon   dielen   getoütifd^t,   nicf)t   a(§    ob  äJhtrnerS  (55efd)toäfe 

biefcr  (Sljrc  mert  fei,  fonberu  nur,  bamit  £utf)er  feinem  Tanten 
btefetbe  Uufterblidjt'eit  Herleite,  tote  ben  Stauten  bei*  ©tifoefter, 
Cd,  ©mfer,  SHöelb  uub  anbrer.  „£l)u§  ber  $reunbe  megen. 
£enn  fdjon  rül)mt  fid)  jener  toett  unb  breit,  bafs  er  bidj  über* 
ttmnben  f)abe."  Unb  audj  btefer  Q3rieffd)reiber  toetft  jum  ©djhtffe 
nadjbrüdlid)  auf  be§  fJfrangifSfanerS  fdjtedjten  Seuntunb  tun:  in 
(Strasburg  merbe  er  oon  aller  SBelt  üeracrjtet  unb  au*getad)t.56) 

®od)  Sutfjer  fjatte  &unädjft  toidjtigereS  §u  tljun  unb  er= 
miü)nte  nur  gang  gelegentlich}  biefen  neuen  ©egncr  in  Briefen  an 
©taupitj,  Soljann  Sang  unb  Spalatin.57)  „Sftttraer  öeradjte 
id)",5S)  fo  fdjrteb  er  an  ben  festeren  unb  fügte  ettoaS  fpäter 
Ijinju:  ©mfern  motte  er  feiner  „unfauberen  Verlogenheit"  megen 
antworten ;  ÜDcurnern  jebodj  fönne  er§  nod)  nidjt  unb  roie  tonnte 
er§  überhaupt  etilen?59)  2)od)  blieb  er  tljnt  bie  (Srmiberung 
ntcrjt  fd)ulbig,  bentt  51t  ©nbe  üftärg  1521  erfdüen  feine  ©c^rtft: 
„Stuf  ba§>  überd)rifttid)e  93itcf)  23od§  @ntfer§",60)  bereu  te|ter 
?lbfd)uitt  „Sin  ben  SKurnar"  überfdjrieben  mar.  Stuf  menigen 
(Seiten  bjält  er  ()ier  mit  9Jhtruer§  langatmiger  ©djreiberei  ?Ib= 
red)uung:  mit  fouoeräuer  Ironie,  in  Jjeiterfter  Saune  unb  mit 
jener  inneren  $reit)eit,  burd)  bie  felbft  feine  berbfte  uub  rütffid)t§= 
lofefte  Volenti!  geabett  mirb. 

S?n  treuherzigem  Xone  l)ebt  er  an,  9Jcurner  möge  nur  nidjt 
glauben,  baf?  er  (Butler)  feine  gute  Meinung  oeradjte.  2>enn 
attf§  erfte  fötal  molle  er  it)m  glauben,  troH  allen,  bie  i()n  anber§ 
abmalen.  $mar  fei  er  @mfer§  ©cfell,  inbem  er  gteid)  biefem 
feine  <Bad)e  auf  SDfenfdjenleljre  unb  ©emot)nt)eit  ftelle,  aber  er 
lüge  menigften*  nidjt  tote  ©ntfer,61)  unb  barirat  falle  il)iu  benn 
and)  biemit  eine  SCnttoort  p  teil  merben. 

ßunädjft  giebt  Sutber  eine  fd)lagenbe  (£()arafteriftif  ber 
Stattif,  bie  jene  beiben  ©egnex  miber  il)n  anmeubeu.  ®cr)on 
oorljer  hatte  er  gegen  ©tnferS  fortmärjrenbc  Berufung  auf  bie 
@emo()n()eit  treffeub  bemertt:  ,,3d)  fid)t  ben  ^riefterftanb  an, 
ber  ein  Urfad)  unb  unlieber  gemefeu  ift  btefer  (•oemolmbeit,  unb 
nidjt  mieberum.  80  antmorteft  bu  mir  burd)  bie  ©emotmbeit. 
SDa§  ift  eben,  atS  toenn  id)  fprädie:  ber  Warf  fall  ben  Sdjneiber 


43 

imb  ber  (2tf)uf)  folt  ben  Sdjufter  madjen."  3fa  älmlidiev  SSeiie 
leuchtet  er  jefct  SDhtrner  beim:  „3br  feib  mir  tounberfidje  $rieg§= 

Icute.  .  .  3rf)  füljre  Sdjrift  miber  eure  9Jcenfd)enlct)re  imb  ©emoh,n= 
t)eit,  io  fahret  ihr  einher,  afö  Rottet  ihre  erftritten,  bie  sI>txenfdienlebre 
imb  ©eroofmfjeit  fei  redjt  imb  bringt  mid)  nur  auf  bie  5pl3e 
unb  mottet  bamit  mid)  oon  ber  Schrift  reiften.  $üf  ©Ott,  tann 
id)  eud)  benu  nid)t  in  bie  3d)rift  bringen'?"  Unb  nod)  braftifdjer 
fenngeidptet  er  bie  Xaftif  Turners  mit  ben  SBorten:  „3fdj 
fdjlage  eud)  an  bie  Äöpfe,  fo  oerbinbet  i()r  bie  gfüf&e.  3cf)  jünbe 
bas  Skid)  an,  fo  löfd)t  ihr  im  .«eller.  2öie?  motlt  ihr  gaftnad)t*= 
fpiel  au§  bem  Gruft  mad)en?  .  .  .  Sieben  53rüber,  trinft  ihr 
au*  (ebigen  .Slanbeln  unb  jatjlet  Selb  aus  leeren  Saften;  bie 
Äunft  bab  id)  nod)  nidjt  gelernt." 

SSMr  erinnern  uns,  bafe  Turner  mieberbolt  mit  ^oeiunb= 
breimg  Sdjriften  miber  2utl)er  gebrobt  fjatte.  £b  er,  fragt 
Suttier  barauf,  glaube,  ifm  bamit  abgufäjreäm  ,,.s?ättft  bu  midi, 
lieber  SOhtrnar,  für  ben  Darren,  baf?  id)  mit  bir  ober  jemanb 
barob  ftreiten  molle,  mer  am  meifteu  fdmumen  unb  ba§  leute 
23ort  bel)alten  fann?  Soldjer  fliuhm  märe  bir  ohne  9tot  gemefen. 
(£§  ift  fünbig  genug,  menn  man  bid)  nad)  beiner  ßungen  uüegeu 
foüte,  iuo  ber  2lusfd)lag  t)iufallen  mürbe.  @§  ift  möglidier,  ban 
ber  9?f)ein  uerfiege,  benu  ban  birä  an  SBorten  gebred)e.  .  .  3dj 
ad)t  aber,  foüteft  bu  mit  ©djriften  hanbeln,  es  mürbe  bir  bas 
Xripligieren  beheub  oergehen  unb  an  einem  Sßapieroogen  oiel 
SRairmS  übrig  bleiben.  .  .  San  ben  fdjtoäfcigen  ©ortler  Thomas 
ÜUhirner  baheim:  miberlege  meine  Sdjrift  mit  befferer  3d)rift, 
,^eig  beiner  Sefjre  ©runb  an,  fahr  fjeraus  am  ßidjt  .  .  .  ©djrift, 
SDhirnar!  ÜDhmtar,  2d]iift!  ober  fueb  einen  anbem  .Stumpfer. 
3dj  bau  mehr  ju  thnn,  beim  beiues  jdmftlofen  ©efd)tt)ä$ä  \n 
marteu." 

sJiad)  biefen  perföntidjen  SBorbemerfungen  tommt  Butler  \nv 
<zad}£  felbft.  (Er  habe  bie  djrifttidje  .Stirdie  eine  geiftiidje  SBet 
fammlnng  genannt,  morüber  sA)curner  footte,  er  Riolle  eine  .Stirdie 
bauen,  mie  Sßlato  eine  Stobt,62)  bie  nirgenbs  märe,  mührenb  bod) 
bie  diriftlidie  .Ntirdje  ohne  leiblidie  2tabt,  Staunt  unb  ©ütet  nidit 
beuchen  fbnne.  SBaruni  aber  antmorte  er  nidit  auf  feine  2pnubc 
(5pl)ef.  6,  9,  SufaS  17,  20    1\  unb  (io.  3oB.  3,  6.?    „SSBie  büuft 


44 

bidj,  ÜDhmtar?  Sdj  mein,  bit  rcttcft  nun  and)  fein  einher  mit 
beiner  ftirdjeu  auf  (eibtidjen  Sßferben,  ©tobten  unb  türmen.  .  . 
£eig  mir  einen  23udjftaben  in  ber  ©djrift,  ba|  jeitKdj  $aum, 
©tatt  ober  ©ebäu  §n  Äirdjen  gehören,  fo  mit!  id)  nidjt  mefjr 
f orbern  unb  balb  folgen".  Unb  in  faft  toörtftdjer  lieber* 
einfrimmung  mit  feinen  StuSfu^rungen  in  ber  (Schrift  „$on  bem 
sßapfttunt  ju  9iom"63)  fafst  er  uodjmatö  feine  Sefjre  oou  ber 
ftirdje  babin  jufammen:  „Sitte  ©fjriften  in  ber  SBett  beten  atfo: 
3d)  glaub  an  ben  Zeitigen  (Seift,  eine  tjeilige  djrifttidje  Äirdje, 
©emeinfdjaft  ber  ^eiligen.  3ft  ber  5(rtifel  toofyx,  fo  folgt  barcmS, 
bafj  bie  ^eilige  djrifttidje  Äirdjc  ntentanb  fef)en  fann  nod)  füfjten, 
mag  and)  nicr)t  fagen,  fiefje,  Jjie  ober  ba  ift  fie.  ®enn  roa§  man 
glaubt,  ba§  fielet  ober  empftnbet  man  nidjt.  .  .  SBieberunt,  ma§ 
man  aber  fielet  ober  empfinbet,  ba§  glaubt  man  ntct)t.  Sft  baZ 
nidjt  ftar  genug,  lieber  SWurner  unb  Gmfer?" 

£utber  meubet  fidj  bann  $u  ÜJhtrncrS  33etoei§füf)rung  au§ 
9Jfattl).  16,  18;  Tu  es  Petrus.  „3dj  I)abe,  fdjrcibt  er,  in  ber 
gangen  ©djrift  feinen  [tarieren  STejt  miber  bat  ^apfttum,  beim 
eben  biefen  ©prudj,  toeldjen  bu  für  ben  einigen,  ftürfften  ©runb 
be§  ^apfttum*  fjältft".  (Sr  fjatte  fdjon  oorfjer64)  (Smfer  gegen* 
über  feine  (Stellung  gu  ber  $rage  be§  SßontififatS  Sßetri  uu(miei= 
beutig  flargelegt.  2)e§  3fyoftet§  ^lufeutljatt  in  Sftom  oerniöge 
mcber  er  nod)  fonft  jemaub  31t  bemeifen.  (Sr  fei  audj  fein 
5(rtifet  be§  ©laubeu§,  unb  uiemaub  fei  besfjalb  ein  Äel^er,  toeil 
er  nidjt  glaube,  baf?  §ßetru§  je  51t  9iom  getoefen  fei.  £)a§ 
fidjcrfte  fei,  man  laffe  bie  <yrage  offen,  beun  mir  fiub  nidjt 
metjr  fdjulbig  m  glauben,  at§  toa§  un§  ©ort  in  ber  ©djrift  $u 
glauben  geboten  bat.  „3fdj  adjte  aber,  (jatte  er  hinzugefügt,  bafs 
au§  fonbertidjem  9dat  ©otte§  gefdjebeu  fei,  bajj  St.  SßautuS  unb 
nidjt  ©t.  $etru§  9\omfa()rt  in  bie  ©djrift  fommen  ift.  Qmn 
er  bat  mol)t  oorgefebeu,  tote  bie  Sßapiften  mürben  barauf  il)r 
^apfttum  bauen.  SDarmn  Ijat  er  fie  in  £recf  unb  ©aub  gefegt, 
el)e  fie  angefangen  (yt  bauen  unb  feinen  gemiffeu  ©runb  getaffen. 
Tenn  mo  nidjt  gemifüidj  mit  ber  ©djrift  mag  ermiefeu  merben, 
bafj  St.  Sßeter  j«  9tom  gefeffen  bab  (atö  nid)t  mögtidj  ift),  liegt 
baS  Sßapfttuni  fdjou  im  Matt)  unb  ift  gan^  nidjt*".  ,£)ier  nun 
mieberljolt  er  ttodjmalS  SKurner  gegenüber:  menu  beS  SßapfttumS 


töebiiube  nur  auf  jenen  2prud)  gegrünbet  fei,  fo  fei  e§  gerabc 
fo,  at£  ob  ein  toller  äftenfdj  einen  3trof)f)itt  oufS  geuer  lelc- 
„9Jär  gilt  ber  .s;muptfprud)  (Stjrtfti  merjr,  bentt  alle  Sefjrer  unb 
SBftter,  mie  lieilig  unb  gelehrt  fie  inunev  fein  mögen,  ©fjrifri 
Sßorte  fiub  Hat  genug  unb  bebürfeu  feiner  ©(offen.  9htn  trju 
beinen  gftetfj  mit  alten  Sßapiften,  unb  ridjte  mir  ba§  ^ßapfttum 
mieber  auf  biefen  Sprucfj  unb  mad)  bein  SBort  roarjr;  fonft  mill 
id)  bir  auf  fein  auber  S)ing  autmorten". 

3um  @d)(ufs  ftrirb  ÜDhtrner  bie  Slnbcutung  nitfjt  erfuart, 
mie  anbre  ßeute  über  fein  SBüdjtein  urteilten,  unb  Sutrjer  fügt 
ginn  SBeJücife  beffeu  etlidje  Meinte  bei,  bie  it)iu  dorn  9W)ein  fjev 
gugefdjidt  morbeu  feien,  um  ifjn  §u  überzeugen,  bah  eine  9(ntmort 
JeinerfeitS  auf  ÜÖhirnerS  Scfjreiberei  burdjaus  nidjt  öon  nöten  fei. 

3)oKor  Hiurner,  toie  id)  beriefet, 
$>at  aber  ein  9Jadit  gfdjlafen  nidjt, 
3tr>ei  neuer  23üd;lein  sugeridit, 
Xar^u  er  fid;  faft  fyod)  erbrid)r, 
2)oftor  ^utf>er§  (Schriften  anficht, 
Sßielin^t  er  ganj  barneben  fticr/t  — 

fo  beginnt  biefer  „fftdm  öon  2)oftor  Sfturaer",  unb  anfuüpfeub 
an  bie  SBerfe: 

Serbunfein  toiD  er  b,cUe§  Üid;t 
<3o  ftd)§  Verbergen  (äffet  ntd)t  — 

befdjliefjt  fintier  ba§  Südjfein:  „D,  beffert  eud),  lieben  ©ruber, 
bie  Sdjrift  fommt  au  ben  Tag,  ber  ÜJtenfdjen  Singen  madjeu.  auf: 
it)r  toerbet  eure  Bad)n\  muffen  auber*  fdjmürfeu,  ober  ba*  belle 
Üidjt  toirb  eud)  ju  fdjanbeu   madfjen.    ?sd)  marne  eud)  treulid)". 


Brittcs  fiopitcl. 
„Wtuvnavt". 


2(d)  bu  armer  9Jt355J3?ar  roa3  fjaftu  getfyon, 

2)a§  bu  alfo  blinb  in  bcr  fyefylgen  fcfjrtft  bift  gort? 

3)es>  muftu  in  ber  futten  Ihten  pxn, 

2111er  gierten  MURRNARR  muft  bu  [in, 

Dfye  §o  lieber  SJhirnar  — 

fo  fdjfofc  ein  HeitieS  fatemifdjeS,  im  S)e$ember  1520  erfd)ienene§ 
©d)riftd)en 65)  miber  SDtorner  öon  9Jcatti)ia§  @nibiu§,  ber 
biefem  311  SInfang  be3  nädjften  Safjres  unter  bem  '»Pfeubontim 
9taof)aet  3Jcufäu§  bie  rosige  ©pottjdjrtft  Murnarus  LevU 
athan66)  folgen  tiefe.  3)er  Sßerfaffer  führte  fid)  felbft  a(§  alten 
kannten  unfer§  9)cönd)3  ein,  ber  oor  Reiten  mit  irjm  in  23afef, 
granffurt  unb  £ricr  in  „groller  $reunbfd)aft"  gelebt  rjafee;  er- 
labe be§()a(b  aud)  feine3tt>eg§  einen  perjönlidjen  |jaf3  gegen  ifjn, 
jonbern  fei  nur  ber  ©otteSlüfterung  gram,  burd)  toeldje  Turner  bie 
eoaugeüfdje  2el)re  unfrei  Gerrit  3efu  (Styrifti  unb  St.  s^auli 
befferft  tjabe.  2C6et  benuod)  finb  beibe  ©djriftcn  ooü  oou  oerfünüdjcn 
StuSfättett  unb  @d)müi)ungen.  (Soüttifd)  erinnert  ©nibiuS  in  ber 
Defensio  feinen  ©egner  an  bcn  feawbä  mit  Sßimpfeiing;  er 
t)öt)nt  über  fein  barbarifdje*  Satein;  er  mirft  i()m  feine  Habgier 
oor,  ja  befcfjidbigt  tfju  bireft  nur  um  ©elbeS  nullen  31t  fdjreiben, 
unb  läfet  e§  enblidj  baljingefteüt,  ob  feine  Ununffeuliett  ober  feine 
llimcrfd)ämt()eit  größer  fei.  Unb  im  Murnarus  Leviathan,  in 
bem  er  nebenbei  aud)  ben  ©trafjburger  Suriften  SSebbd  aufs 
Moni  nimmt,  aetdjnet  er  ein  fiebcnöbitb  ÜUhtrner*,  ba§  §toar  uicfjt 
nur  in  feineu  äufscren  Umriffen ,  jonbern  aud)  in  (v"d)Ireid)cn 
SDetaitö  auf  einen  gut  orientierten  SBetfaffer  fdjliefseu  tä|t,  aber 


47 

bod)  burdj  bas  emfige  ßufammentrogen  alles  übten  ftlatfdjes 
unb  burd)  feine  tenbengiöfe  SluSbeutung  als  fjijtorifdje  Quelle 
einiget  SDWfjtrauen  ermed'en  muf}.  (Mnibius  fjatte  bannt  nidjt  nur 
bas  Signal  31t  beut  titterarifdjen  Äleinfnege  trüber  SOturner  gegeben, 
fonbern  er  fjatte  gugleidj  aud)  ben  uadjfotgenben  ^ampljletiften 
bas  9Jiaterial  unterbreitet,  bas  benn  aud)  in  ber  an  9Jhtrner§ 
Statuen  fiel;  anfjeftenben  ©atireu-  unb  s}>asqutlleulitteratur  auf§ 
grünblidjfte  oermertet  marb. 

-Der  öon  Sfturaer  miber  Sntfjer  begonnene  Streit  mürbe 
Don  nun  an  mein  unb  mein'  auf  bas  rein  perföntidje  ©ebtet 
(jiuübergefpielt ;  er  nntvbe  gubem  mit  einem  male  auf  bes  Ü8arfüf$er§ 
§eimatboben  übertragen,  mo  er  nun  bei  ber  perfünlidjen  Stellung 
bes  öiel  angefeinbeten  3Kanne§  rafdj  einen  gang  befonbers  heftigen 
unb  gereiften  ßfjarafter  annehmen  mufcte.  (Ss  ift  in  biefent 
Streit  auf  beiben  Seiten  tuet  gefünbigt  morben,  unb  bafj  an 
beut  gef)äffigen,  aufs  fdjürffte  perfönliclj  gugefpifeten  -Ton  ber 
©iSfuffion  gunüdjft  biejenigen  bie  Sdjiilb  trugen,  bie  fidj  bem 
rührigen  Äutteuträgcr  gegenüber  gu  Gittern  iiutrjers  aufmarfeu, 
ift  unbeftreitbar.  Stber  biefes  jarje  Sosbredjen  be§  tauge  r>er= 
(jattenen  SngrimmS,  ber  fid)  nun  in  Spott  unb  ^otnt  unb  in 
ben  rüctfidjtslofefteu  Suöefttöen  Stift  madjt,  mirb  uns  bodj  auge= 
fidjts  ber  gangen  ^crfünlidjfeit  be<5  alfo  eingegriffenen  einiger* 
malen  erftiirlidj.  sJcodj  überall  batte  äKurnet  Slnftofj  erregt; 
überall  Ijatte  er  eine  Atolle  gu  fpielen  oerfudjt,  bie  mit  feinen 
ßeiftungen  nietjt  im  minbeften  im  ßinftaug  ftaub;  überall  f)atte 
er  Dänbel  angebettelt,  Ijatte  in  alle  SBiffeufdjafteu  (jiueingepfufdjt 
unb  überall  burdj  fein  breiftes  unb  profcigeiS  auftreten  Steigernd 
erregt.  Selbft  mit  feinen  DrbenSbrübern,  benen  er  ein  grünbtidj 
unbequemer  ^auSgenoffe  fein  modjte,  hatte  er  niemals  auf  einen 
leiblichen  [Jufj  fouimen  tonnen,  tüelmeljr  aud)  Ijier  ftaxit  unb 
Araber  otm  Unterlaß.  £agu  fam  cnbltcb  ein  liödift  bcbeut'lidjcr 
fittlidjer  ßeumunb,  ber  fiel)  nun  einmal  unentrinnbar  an  feine 
gferfen  geheftet  (jatte  —  fein  SBunber  baber,  baf;  baä  alles  nun 
gnfaiumeufam,  mit  ben  neuen  Streit  gn  oerbitteru  unb  gn  der* 
fdjärfen  unb  bau  nun  gngleid)  andi  bie  Erinnerung  au  alles 
ba§,  mas  ituit  liier  unb  bort  Uebles  nadjgcfagt  morben  mar, 
aufs   neue   lebenbig   mürbe.     So   tonnte   e3  benn   fommeu,   ba)\ 


48 

gerabe  er  für  bie  ßeitgenoffen  unter  alten  ©egnern  Sutf)er§  ber 
popufürfte  unb  &ugteidj  ber  öerädjtfidjfte  nmrbe  unb  bafs  er  nun 
aud)  in  ber  'Spampritetlitteratur  jener  Sage  eine  Spotte  fpielen 
nutzte,  }it  ber  it)n  feine  antilutfjerifdje  ©djriftfteKerei  allein 
fdjroerlid)  berechtigte. 

Sfjm  fetbft  mußten  jene  beiben,  in  Strasburg  bielf ad)  öer= 
breiteten  glugfdjriften  gerabe  toegen  feiner  orjnerjin  Ijeifteu  -ißofition 
boppett  cinpftnblicf)  fein,  bocr)  mars  immerhin  ein  Keiner  -Troft, 
baf?  fie  banf  iijrer  tateinifdjen  Raffung  auf  engere  Greife  bejdjrtinft 
blieben.  Stber  rafd)  folgten  nun  Sdjtag  auf  Sdjlag  aud)  ein 
paar  bitterbüfe  beutfdje  ©djrifttfjen,  au§  benen  ber  non  ®nibiu§ 
au§  SSimpfelings  Epigramm  toieber  aufgeftöberte  Spottname 
„äfturnarr"  nod)  weit  (auter  unb  in  weit  größeren  Greifen 
wiebeiftang.  Stt§  SJhtrnarr  figurierte  er  nun  fortan  in  ber  ge= 
famten  ©treitlitteratur  jener  pa3quitlenreid)en  $eit,  wätyrenb 
er  §ugteicf>  in  ber  bilbtidjen  £arftellung  einmal  uüe  ba$  anbre 
mal  mit  bem  Äa|enfopfe  crfdjeint,  unb  fomit  balb  als  ÜRarr, 
balb  al*  Äater  oerfpottet  mirb.  @d)on  auf  bem  ^o^fdjnitt  51t 
ber  Satire  „baZ  SSolffgefang",07)  bie  am  Cberrt)ein  in  ber 
^weiten  §ätfte  be§  3af)re3  1520  entftanben  tft,  erfdjeint  ein  bie 
Saute  fd)tagenber  üöJönrfj  mit  bem  $at}enfopfe,  womit  fidierlid) 
unfer  23arfüf5er  gemeint  ift,  unb  |e|t,  311  Anfang  bei  3flf|te§  1521 
fang  oon  irjm  ein  ©pottgebidjt:68) 

3ft  hirnen  gar  bei;  naa)  bon  fin 
2CIS  er  lüolt  ftraffen  Untrer?  fefirifft 
SBarb  er  jur  fa^en  tmb  fpeitoet  gtfft.  .  . 

üJhtn  tauchten  in  ber  erfteu  fuilfte  bes  SctfjreS  1521  faft 
gleidj^eitig  in  Strasburg  jmei  luiber  il)n  gerid)tete  Schriften  in 
beutfdjer  Spradje  auf:  bie  „fjrag  unb  Antwort  ©timoniS 
£effi"69)  unb  ber  „ftarftfjanS".  £>a§  erfte,  im  äRai  ge-- 
fdjriebene  3Mtd)lein,  als  beffen  SBerfaffer  man  tuofjt  mit  ftug 
unb  ^Hedjt  Urbauus  ÜMjegius  betrad)ten  barf,70)  uerberrlidjt 
in  0kfpräd)3form  Sutl)cr3  Stuftreten  in  SBonnS  unb  ift  burd)= 
weg  ein  „ffteftej  be8  gewaltigen  SinbrudS,  hm  baSfeflie  oKent* 
balbeu  in  2)eutfd)fanb  beroorgerufen  Ijatte".  3m  Saufe  biefeS 
(#efpräd)*  nun  t'ommt  bie  IRebe  aud)   auf  ben  SDhtrnarr,  001t 


49 

bem  $effu§  üerfidjert,  er  rjabe  mit  feinen  antihttficrifdjeu  ©djriften 
nur  bie  (Sdjanbe  Gilberten  motten,  bie  er  in  SBafet  fid)  angezogen  habt. 
Sluf  Sutljerä  ^yrage,  toa§  benn  bas  für  2djanbe  geroefen  fei,  giebt 
if)tn  |jeffu§  einen  an§fül)rftdjen  Söerid^t 7l)  über  üDhtrnerä  bortige 

Tot'torpromotion,  momit  benn  boJ  öon  9tap()aet  9Jhifäuä  bar= 
gebotene  biograpbifdje  Material  nodi  um  ein  neues  banfbares 
.Siamtel  oermebrt  luorben  ift.  Hin  bitterfteu  mar  jebod)  ber  and) 
liier  mieber,  menn  aitdi  nur  oerblümt,  gegen  äKurner  erhobene 
Sorttmrf,  baß  fein  ganzes  auftreten  miber  £utl)er  febiglid)  burd) 
bie  Hoffnung  auf  Hingenben  2of)n  beftimmt  morben  fei:  „<Ss  tft 
bas  ©efdjrei  unb  liegt  am  Sage,  ba^  fie  meber  (Mb  uod]  Sirbett 
gefpart  rjaben,  um  bid)  (Sutljer)  gebunbeu  beut  Reiter  ju  über= 
liefern,  unb  es  get)t  bas  ©eftfjrei,  e§  feien  ba^u  tuet  taufenb 
S)ufaten  ausgegeben  morben,  bafid)  niemaub  unter  beu  ©etefyrten 
gefunben  l)abe,  ber  fid)  fjätte  mit  ©elb  beftedjen  laffeu,  um  mit 
bir  51t  Disputieren  ober  miber  bid)  $u  fdjreiben.  .  .  Unb  nun 
befiel),  roas  er  für  tbeologifdje  lädier  bat  ausgeben  laffeu:  er 
meint,  er  reite  auf  feiner  (Müudjmatte". 

@d)on  etlid)e  2S>oci)cn  f rüber  mar  —  mal)rfd)einlid)  in  Strasburg 
felbft  —  ber  gteidjfaߧ  in  Oxfprädjsform  gehaltene  „ftarftbans" ;-) 
erfd)ieuen.  gefd)inürft  mit  einem  bie  rebenben  Sßerfonen  barftellenbeu 
.\>oUfd)uitt:  3Kercurtu§  al§  bärtiger  Filter  in  Sßelgbarett  unb  -Talar, 
SÜRurner  mit  Matertopf  in  ber  ^rangtefanerfutte,  ber  Stuben!  im 
lalar,  .Starfttjans  in  fpiber  3Jcu$e  mit  ^yeber,  SBantS,  ©d&urg, 
furzen  .\>ofen  unb  Sunbfcrjuljen,  beu  ilarft  auf  ber  redjten  ©djutter 
unb  ein  ©djtöert  an  ber  redeten  Seite.  Sinnier  uürb  als  Äafee 
eingeführt,  bis  Marftbaus  eutbetft,  bafc  er  ein  geiftlicber  SDfann 
fei.  Sein  Sofjn,  ber  Stubent,  ber  es  mit  üföurner  biilt,  beriditet 
il]iu  uon  bes  XHufömmliugs  Titeln  unb  Sßürben:  er  fei  ein 
gefrbuter  Sßoet,  ein  Toftor  beiber  SRedjte  unb  Toftor  ber 
Rheologie,  baju  ein  DrbenSmann  unb  beiüe  Stomas  SDhtrner 
mm  Strasburg.  Tod)  gerabe  ber.\>inmeis  auf  bie  Mutte  imponiert 
beut  itarftbaus  nid)t  im  minbeften:  ,,M)  bor  mol,  ber  orben  [igt 
allein  an  ber  f litten,  mag  baruebeu  mol  ein  bub  fim"."  1  üföittler=» 
meile  Köpft  Cutter  <u\*  lim,  roorauf  äJhirner  bittet,  ilm  burd)  eine 
.\>iutertbür  l)iuaus;mlaffeu,  ba  er  ein  ^ufaiuiueutrefieu  mit  jenem 
öermeiben  muffe.    Denn  er  habe  fid)  oerpf liebtet,  il)iu  ju  beweifen, 

Karo  er  au,  SRnrner  hup  btc  Reformation.  I 


50 

bcrfc  er  ein  Ä'e^er  fei,  giefje  e§  aber  bod)  üor,  eine  münbtidje  2lu§= 
fpradje  311  ücrmeiben.  Söorjt  rjoffe  er  in  (Spitjmorten  nidjt  31t 
unterließen,  aber  ßutfjer  molle  a(Ie§  burcr)  ba§  ©üangetium  unb 
burcf)  ©t.  'jßaulum  bemeifeu,  worin  er  nid)t  bewanbert  fei,  ba  er 
fidj  merjr  mit  ©äudjmatten ,  9carrenbefd)Wören  unb  bergteidjen 
jtr)eotogie  befdjäftigt  l)abe.  3m  Saufe  biefe§  @efpräd)§  wirb  Ujm 
oon  ®arftljan§  fdjarf  gugefel^t:  ^abt  ber  ^Sapft  bem  Dr.  @d 
für  feine  Arbeit  fünffjunbert  SDuraten  bejaljlt,  fo  werbe  wobjt  and) 
ÜDhtrner  auf  einen  ät)nttcr)en  Sobjn  gefjofft  tjaben.  2Bir  fyiben  alfo 
aud)  f)ier  wieber  bie  für  50htraer  empfiubüdjftc  S(nfd)u(bigung, 
bafj  er  tebigtid)  als  päpfttidjer  £o()ufd)reiber  feinen  ^felb^ug  gegen 
Sutrjer  unternommen  fjabe.  (Sr  fetbft  oerweift  bem  gegenüber 
auf  bie  §tnei  bei  ©rüninger  erfdjienenen  ©djrifteu,  biejenige  „üom 
^apfttum" ,  bie  er  al£  ein  „toftlid)e§,  ein  woh,lgegrünbete§ 
S3üd)(ein"  anpreift,  unb  bie  „brüberticfje  ©rmatjnung",  au§ 
beneu  man  erferjen  möge,  ob  er  „ein  !a|  ober  röüing"  ober 
ein  redjter  djrifttidjer  ßerjrer  fei  —  Worauf  er  nodj  gerabe  red)t= 
zeitig  bei  8utf)er§  Gintritt  burcf)  eine  aubre   -Xtjür  baoontäuft. 

3n  bem  ^weiten  Xeite  ber  gtugfdjrift  wirb  bann  an  jenen 
beiben  unb  ber  9Jcuruerfd)en  ©crjrift  „an  ben  2(bel"  eine  fdjarfe 
föritif  geübt,  in  ber  S'arftfyaus  ganj  in  £ut()erfd)en  ©ebanfen  lebt  unb 
webt  unb  mit  berber,  edjt  üotfetümtidjer  ÜSerebfamfeit  unb  mit 
überrafdjenber  ©d)rtftfeuutni§  feiner  anttpäpftlidjen  ©efiuuung 
§tu§bruct  gtebt.  Hub  braftifdj  cubttd)  djarafterifiert  er  unfrei 
^ranäi§faner§  Xattif  in  jenen  wiber  Sutljer  gerichteten  ©djriften, 
wenn  er  auf  ben  ©intoanb  be§  (Stubenten,  baft  Sätfurner  bod) 
feinem  (Segner  einen  t)o()en  Xitel  gebe  unb  pdjtig  ,^u  reben  an- 
l)ebe,  erwibert:  „(Sr  ift  eine  böfe  ®afoe,  bie  dorn  (erft  unb 
binten  rra|t." 

SDiefeS  Ißampblet  öor  aUcm  bradjtc  9ßürner  bermanen  in 
^arnifdj,  bafs  er  am  13.  Januar  L521  oon  Sebaftian  33 ran t 
nichts  geringerei  al§  bas  Verbot  alter  feUertfdjeu  ©djrtfteu 
forberte,74)  ein  Stnftnnen,  auf  ba§  ein^ugeljen  biefer  runbweg 
oerweigerte.  Sfrfotgebeffen  erlief  üDfttraer  am  8.  ÜDcarj  eine 
gebrudte  s^roteftatiou,75)  ,,ba\]  er  miber  Dr.  üücartin  Sutljer 
nid)tv>  unrechtes  gerjanbett  Ijabe",  unb  erwirftc  00m  Wak 
bie  (SrfauoniS,  biefeS  Sßfafat  au  jtoötf  Orten  innerfjato  ber  ©tabt 


51 

anfcfjlagen  §u  lafien.  gugletd)  nal)iu  freilief)  ber  9mt  bie  ©etegen= 
tjett  roal)r,  t£>n  511  ermahnen,  „ettblid)  einmal  fülle  51t  ftefjen  unb 
ioeiterl)in  meine  sperren  unbemübet  311  [äffen;  beim  fie  bebünfe, 
hak  es  feiuetbalb  in  üjtet  Stabt  meljt  beim  genug  fei" ;  bod) 
gab  er  if)m  ju  feinem  Srofte  ba§  Sßetfptedjen,  „bafj  bie  23üd)lein, 
fo  unter  ber  £>anb  unter  bem  üftamen  ftatfttjans,  unb  gu  5lufrubr 
allein  bienftlid),  nid)t  mebjr  feilgeboten  werben  füllten,  unb  gttwt 
bei  üurmftrafe  für  ben  Uebertreter."76)  5ene  Grmatjnung  be§ 
^Hat*  unb  bie  in  ber  3tranburgers-8ürgerfdjaft  tjerrfdjenbe  Stimmung 
etfläten  mot)l  ben  überrafdjenb  maßoollett  £on,  in  bem  bie 
$toteftation'  gehalten  ift:  ilvr  SBetfaffet  fiubet  fid)  mit  ©lud" 
unb  ©ejdjicf  in  bie  Ütotle  be*  ©eftänften  unb  Verfolgten  unb 
weife  fo  webjleibige  Jone  ait,mfd)lageu,  bafs  mau  in  bem  Scf)rift= 
ftücf  ben  biffigen  ©atitifet  taitm  wiebererfennt.  @r,  ber  f).  ©djtift 
unb  beiber  9\ed)te  £oftor  —  fo  beginnt  er  —  ttjue  l)iemit  $u 
wiffeu,  bafe  §u  (Strasburg  etlid)e  93üdjlein  be§  ebrwürbigen, 
b,od)gelel)rten  unb  geifttidjen  ^errn  D.  9J£.  SutljetS  ausgegangen 
feien,  bie,  roie  er  feftiglid)  glaube,  oielfad)  uuwaf)rbaftig,  ungläubig 
unb  undirtftlid)  feien,  £arum  babe  er  traft  feiner  SßfKdtten, 
©elübbe  unb  Gib,  als  ein  bffeutlidjer  Sßtebiget  unb  ßeljtet  ber 
l).  Sdjrift  jene  ©djtiften  Sutf)etS  in  jtoeiunbbteifng  SBüdjtein  in 
allebem  befämpft,  worin  fie  feiner  SKeinung  nad)  ber  Sßaljrfjeit 
jUttribetliefen.  ©t  babe  geglaubt',  bamit  niemanbeu  ,m  öetlejjen 
ober  m  beleibigen.  2eiuen  SBotgefefcten  babe  er  fid)  pflidnfebulbigft 
als  SSetfaffet  befannt,  eS  aber  nidit  für  nötig  etadjtet,  jebem 
einzelnen  feinen  Sftamen  ju  entbeden,  ba  eS  il)in  nid)t  mit  bie 
^erfon,  fonbern  nur  um  bie  Sa  die  \\i  tlnm  fei,  genuin  bem 
Sprudie,  bar,  eS  nidu  barauf  anfomme,  loet  tebe,  fonbern  toaS 
getebet  toetbe.  @t  babe  beutfdj  gefdjtieben,  weil  audi  Butlers 
8üd)tein  beutfdj  gefdjtieben  feien,  unb  in  ber  Hoffnung,  babutdj 
am  ebeften  bie  btennenben  flammen  be3  aufgeblafenen  Unglaubens 
löfdjen  ,m  (önnen.  (£t  babe  [otdjeä  getban  mit  diriftlidier  9Kä* 
fiigttng,  oliue  je  ben  obengenannten  Iwcbgelebneu  2)oftot  \u 
fcbmälien.  8udj  mit  beut  eljtenfeften  nui)  hodigelebrteu  .\>errn 
Ulrid)  öon  .vmtten  babe  et  in  allen  feinen  Sdjriften  nidjtS  als 
Siebes  unb  (Mute*  im  Sinne  gebabt,  ba  et  ilmt  billig  als  einem 
getefjtten  ©belmanne  oon  $et$en  günftig  fei    (£t  geböte  m  feinet 

r 


52 

Partei  unb  fjabe  feine  frembe  ©acfje  51t  oertreten,  Jonbern  irjm 
fei  e§  allein  um  bie  d)rifttid)e  2öar)rt)eit  5U  ttynn,  um  ba§  f)eitige 
9(mt  ber  SJceffe  unb  be§  ©ebödjtniffes  be§  Seibens  C£t)rtfti,  bie 
ßutrjer  feiner  äfteinung  nacf)  nidjt  tuenig  gefcrjäbigt  unb  oer= 
ungtimöft  I)abe.  2öof)l  fei  aucrj  er  ein  ÜDtenfd)  unb  fönne  irren, 
unb  gern  fei  er  besfjalb  bereit  ju  lernen,  nitfjt  allein  bon  Suttjer, 
fonbern  oon  einem  jcben,  ber  ifjtt  anberJ  teuren  unb  unterroeifen 
fönne.  £)enn  3tebe  unb  Söiberrebe,  mit  djrifttidjer  StRäfeigfeit 
geführt,  fönne  nur  gur  ©rgrünbung  ber  2ßar)rl)ett  Dienen.  So 
l)abe  er  olfo  meber  gefünbigt  nod)  Unrecht  getrjan,  fonbern  nur 
bas,  tt>as  ibjm  als  einem  frommen  Etjriften,  oI§  öffentlichem 
Sßrebiger  unb  £)oftor  ber  fj.  ®cr)rift  gebühre :  nämlid)  bie  einfältige 
Grjriftenfjeit  in  irjrem  frommen  ©tauben  ^u  erhalten  unb  ju 
ftärfen.  ®effeuungead)tet  rjätten  ficr)  etlidje  orjne  Nennung  ifyres 
Samens  ^ufammen gerottet  unb  §roei  23üd)tein  ausgeben  laffen, 
barin  fie  feine  (Stjrc  unb  feinen  bäterlidjeu  tarnen  gefdjänbet, 
feinen  SDoftortitel  angejtoeifelt  unb  il)n  al§  einen  9Jcann  tjingeftetlt 
t)ätten,  ber  nid)ts  miffe,  and)  feine  ©ctjriften  nidjt  felbft  gefdjrieben 
bjabe,  and)  il)m  atlerl)anb  nadjgefagt,  nm§  er  in  jüngeren  £agen 
begangen  rjaben  fülle  —  £)inge,  bereu  itm  fein  SeBtag  fein 
frommer,  roa()rf)aftiger  SDtonn  mit  befanntem  Tanten  je  gegierjen 
l)abe.  @r  gebe  allen  Gfjriftenmenjdjen  mabrrjeitsgemäfj,  of)n'  allen 
fftu^nt,  bie  SBerfictjerung,  baft,  toenn  er  feine  '3d)mät)er  fennte,  er 
feine  (il)re  bermafjen  retten  mollte,  bafj  jebermann  fetjen  müfste, 
toie  er  um  feinen  frommen  unb  gut  beleuinunbcten  Tanten  beforgt 
fei.  3)a  aber  jene  anonbnten  s^ampl)letiften  ibm  oormürfen,  er 
l)ätte  auf  feinen  SSüdjern  feinen  Tanten  au§>  gurdjt,  ll^)t  aDer 
aus  $)emut  berfcrjnriegen,  fo  befenne  er  hiermit  öffentlich,  baf?  er 
bie  fed)S  23üd)lein,  bie  ^onl  ©rüninger  311  ©trafjBurg  gebrurft 
bat,  unb  fedj^nnb^man^ig,  bie  er  nod)  ju  brud'en  nriflenS  fei, 
allein  gemacht  unb  gefd)riebcn  l)abe.  ©r  bezeuge  aud)  ausbrücflidj 
ben  l)od)gelel)rten  Ferren  Dr.  Sßetei  SBbcfram  (®euer8  Stoffe  unb 
unb  9>cadjfblger  int  ^rebigtamte)  nnb  üföagifter  $ieronümu3 
(Mebmiler,  bafj  fie  il)in  toeber  mit  5Hat  nod)  Xrjat  babei  geholfen 
hätten.  Studj  molle  er  biefe  Sdjriftcn  oor  jebermann  oeranttoorten, 
fei  eS  in  Söafel  ober  ^reiburg,  in  ÜRe$  ober  .'peibelberg ;  nur 
auf    feine  Soften    nad)    SBittcnberg   ju    laufen    falle   i()in    uid)t 


53 

ein,   ba   e3   oon  Strafsburg   bis"   bortbin   ebenfo   toeit   fei,   rote 
umgefehrt. 

sJiacr)bem  er  fobann  feierlid)  bie  rechtmäßige  ©rtangung  feiner 
SDoftorgrabe  bezeugt  f)at,  menbet  er  fid)  511111  ©djtuffe  in  leiben* 
fd)aftlid)erem  £one  ttriber  bie  „efjrfofen,  meiueibigeu  ^üjeioidjter", 
bk  if)in  feinen  eljrlidjen  oätertidjen  Tanten  oentuftalteteu.  Tenn 
tuetin  bai  gcftattct  werben  füllte,  baR  jeber  33ösniillige  namenlos 
ben  sJiäd)ften  mit  3d)mät)büd)lein  a(fo  fdjäuben  bi'trfe,  fo  märe 
niemanb  auf  (Srben  melir  feiner  Sljrc  fidjer.77)  „Reißet  bas 
2)oftor  ßutfjer  befcfjirmet,  fo  befdjirmet  aud)  alfo  ein  jeber  Rippen* 
bitb  fein  gfafj."  Xarum  fei  c§  feine  Demütige,  freunblidje  33itte 
an  alle  KtnHftenmenfdjen,  ba%  fie  fotdjen  untoa^r^aftigeit  Üvebett 
feiner  äBiberfacf)er  feinen  ©tauben  fdjeufen  mödjteu.  MCvd)  l)alte 
fie"  —  fo  fdjliefjt  er  —  „für  ebrlofe,  meiueibige  SBöfetoidjter, 
unb  (Joffe  and),  eS  merbe  fie  jeber  fromme  Wann  bafür  halten, 
bis  fie  fid)  nennen,  ober  foldje  mir  angetane  Sdjmadf)  mit 
offenem  Sifir  miber  inid)  oor bringen." 

Stbet  biefer  Sßroteft  Cjatte  feine§meg§  bie  genmnfdjte  Sßirfung. 
£d)on  im  9Jari  nutrbe  im  ©(faß  ein  neue»  Flugblatt  oerbreitet 
—  ein  Dialog  ^mifdjen  einem  Pfarrer  unb  einem  3d)ttlt  = 
rjeitV*')  —  toorin  audj  ÜDhiraer  mieber  mit  aller()aub  fpi|eti 
SBemerfungen  behalt  unb  oor  allem  and),  mas  il)iu  befonberS 
fränfenb  fein  muffte,  ber  „ftarfthauS"  beifällig  citiert  morben 
mar.  €l)ue  ftuuft  unb  Vernunft  —  fo  äußert  luer  ber  Pfarrer  — 
babe  ber  „SDhtrnarr"  fid)  unterftanben,  ben  ßutijer  JU  ftrafen. 
ioäl)reub  er  bod)  meit  beffer  gu  einem  „SBengetprebiger",  als  \n 
einem  KuSteger  ber  1).  3d)rift  gefdjid't  fei,  ba  er  in  „■Karren* 
befdjiooruug",  „©djetmengunft",  berj  „©retmüßerin  ?sabrtag"  unb 
bem  „Ulenfptegel"  bod)  nur  meuig  „aus  ber  SBibel  allegicrt" 
babe.  Unb  htrg  oor  oaf)resfd)luf?  fam  gar  aus  Wittenberg  ein 
Pamphlet,  beffen  litellmUnnuitt  fedjS  ©auptfetnbe  ßutljerS  tu 
Xiergeftaft  barfteßte,  unter  benen  natürlid)  aud)  ÜRurner  mieber 
oertveteu  war.  Serfaffer  beS  ^iemlid)  fatytofen:  „(Sine  für  je 
Vlnrebe  \\i  allen  ÜWifjgünftigen  Toftov  ßutfjerS  uub  ber 
d)riftlid)en  gfreiffeit"79)  betitelten  3d)riftd)ens  toar  ^sobaun 
Stgricola,  ber  feinen  eignen  Serfen  eine  profaifdje  Jtnrebe 
oorausgefdjirft   hatte,    bie    mit  $(u$naf)me   eines   Reinen  ^ufanes 


54 

ber  (Sdjtufjrebe  be§  Murnarus  Leviathan  (S3(.  2)ttj)  entnommen 
mar,  nur  bajj  ber  Ueberfetjer  allerf)anb  Slngügltrfjfetten  auf 
s$erfonlid)fciten,  bie  in  ©acfjfen  befannter  maren,  mit  einfloßt. 
SDenn  jene  (Satire  bes>  ©nibiu§  rjatte  ee>,  mie  mir  fatjen,  aus= 
fd)(ief;üd)  mit  ben  ©trafmurgern  9J?urner  unb  Sßebbet  ju  tlmn, 
märjrenb  tjier  (Smfer,  Stfeanber,  @cf  unb  ber  ^reiburger  £)ominitaner 
Sfjamm  ben  Zeigen  üerooüftänbigten.  „|)ört,  r)ört,  alle  ^reunbe 
ber  Sßarjrrjcit  unb  be§  §erru  ßtjrifti !  —  f  o  beginnt  jene  5lnrebe  — 
t)ört  unb  fefyt  bie  etenben,  unfetigen  unb  oer^meifetten  $einbe 
D.  £utrjer3,  ben  Stomas  Stfturner  unb  ben  Äreter  SSebel.  $or 
menig  Sagen  finb  fie  Sftenfdjen  gemefen,  aber  je|t  finb  fie  burd) 
eine  Söetrügung,  bie  fie  irjnen  fetbft  gemadjt  fjaben,  burd)  eine§ 
£eufet§  ^utfyun  uno  Bauöerel  tüelcfjer  $Iutu§,  bas  ift  9tod)tum, 
Reifet,  ber  SJhtrnar  in  einen  £)rad)en,  ber  $ßebtt  in  eine  ©au, 
ber  (Smfer  in  einen  23ocf,  3)oftor  Stfjamm  in  einen  (Sfetsfopf, 
?((eanber  in  einen  Sömen  unb  @cf  mit  bem  Dueftenmebet  oer* 
manbelt  morben.  SScldje  mir  eud)  be§t)alb  öffentlich  oorgefteüt 
tjaben,  bamit  eud)  ba§  gurd)t  unb  Sdjretfen  einjage,  auf 
bafe"  it)r  ntdjt  aud)  in  mitbe,  unvernünftige  STiere  oermanbett 
merbet." 

Neunter  fdjmicg  einftmeiten.  $on  ben  fedj^nnb^manäig  anti= 
httf)erifd)en  <5d)rifteu,  bie  er  im  Wdx^  öffentlich)  in  9Iu§fid)t 
gefteüt  rjatte,  trat  junädjft  feine  aus  Xagesüd)t,  unb  meber  jene 
$ampf)letc,  nod)  bie  irjm  ^ugleid)  mit  (Stnfer  burd)  Sutrjer  gu 
teit  gemorbene  Abfertigung  mürbigte  er  fürs  erfte  einer  @r= 
miberung.  ©tnfer80)  feiuerfeits  tjatte  mit  ber  Stntoort  nidjt 
lange  gezögert,  märjrenb  ßutljer,  bem  S)iurner§  „^roteftatiou" 
fdjmertid)  befannt  gemorbeu  fein  mirb,  nod)  am  26.  9#ai  oou 
ber  SBartburg  an§>  nidjt  obue  SBerttntnberuug  an  9Mand)trjon 
fd)rieb:  „Murner  tacet."81)  lieber  bie  ©rünbe  biefe§  immerhin 
befremblidjen  Sdjmeigeug  Vermutungen  anguftetten,  märe  ^medloS; 
mir  miffen  nur,  baft  SUhtruer  im  fterbft  mit  ber  .*oerau§gabe 
feiner  fffaifcrüd)cn  ©tabtredjten"  befdjäftigt  mar,  Jbcrcn  Trucf' 
©rüninger  „am  St.  ÜDridjaete  Slfcenb"  öottenbete,  mäl)renb  im 
übrigen  feine  1t)ätigfeit  in  biefem  Zeitraum  üötttg  im  Sfanfel  liegt. 

©rft  im  fotgenben  f^rüljjafjr  (1522)  fet)en  mir  irm  abermals 
iu   bie  t'irdjüdjcn  Mampfe  eingreifen.    SDen  9(nftoft  gab  ifjm   ein 


55 

Sdjriftdjen  bes  au*  Gelingen  gebürtigen  2tuguftiner§  SWidjact 
©tiefet,**2)  bcffeti  Hauptinhalt  ein  „überaus  fcfjön  füuftlid)  Sieb 
in  23ruber  leiten  Zou" S3)  bitbete,  ein  ßieb,  in  beut  ber  (Singet 
aus  ber  Offenbarung  (14,0)  gum  erften  male  auf  ßutljer  gebeutet 
ift.  3Bir  nernebmeu  aud)  in  biefen  ÜBerfen  einen  SBieberftang 
bes  gewaltigen  ©inbrucfä,  ben  bie  SBormfer  ©reigntffe  im  Sßotfe 
rjeroorgerufen  Ratten : 

©ein  beri?  ^u  ©ott  er  na»get 
rcd>t  al3  ein  Gfjrijren  man, 
Tic  gfdirtfft  er  rain  abfeget, 
fain  liuift  laft  et  baran, 
3u  SBormS  er  fid;  erjaget, 
er  trat  fecf  auff  ben  plan, 
©ein  fetmb  t)at  er  gcfd)iuat>gct 
fainr  borfft  jn  tr-enben  an. 

Umrarjmt  finb  biefe  Sieberftropbjen  von  einer  profaifdjcn, 
burdjrocg  in  ben  (Gebauten  unb  Silbern  ber  Offenbarung  (cbcnben 
8tu§tegung,  in  ber  jene  Deutung  bc§  ©nget§  auf  Sutljer  gang 
auSbrücflidj  beftätigt  unb  gerechtfertigt  toirb:  ,,3>d)  miü  Um 
nennen  biefen  Gugel:  er  Reifet  äftartinuS  ßuttjer.  £id)  fotl  aud) 
nidjt  t)iubern,  bafj  ein  Gngel  ober  ©eift  nidjt  ^leifd^  unb  Sein 
bat,  all  ein  SKenfdj.  3)enn  ba3  finbet  man  in  ber  Ijciligen 
©djrift,  bafe  beilige  äftenfdfjen,  bie  ben  äßeg  ©otteS  lcl)reu, 
(Singet  genannt  merben.  .  .  Gin  Gugel  ift  aud)  ein  S3otc  ©otte3 
genannt,  roaS  olme  Brceifef  oer  Sut^er  ift,  melcber  ba§  2Bort 
©ottes  fo  lauter  unb  rein  oerfünbiget".    (SSI.  Stiij.) 

Vtuf  biefe  SBerljerrlidjung  be§  ^Reformators  antroortete  SDhtrner 
auf  einem  fliegeubeu  Statte  mit  „Ginem  neuen  Siebe  bon  bem 
Untergänge  beä  d)riftlidieu  ©taubenS  in  33ruber  Seitens 
Jon",84)  in  bem  et  uod)  einmal  atteS  baS  ttriber  bie  neue  Seiire 
jufammenfafcte,  ums  er  früher  fd)ou  in  feinen  antilutberifdieu 
©djriften  beljanbelt  batte.  üftur  mar  natürlidi  bier  in  biefer 
fnappereu  Siebforw  feine  fötage  meit  einbringlidier  unb  roirfungS* 
botter;  man  foürt  in  biefen  Werfen  mirtlid)  etttJaS  mie  eine  tiefere 
ereuui  Grreguug  unb  er  finbet  für  biefe  bemegte  (inipfinbuug  einen 
fo  fraftnotleu  unb  lebenbigen  SluSbriicf,  bar-,  bier  in  einer  bi*nev  bon 
ibiu  nie  erreichten  SBeife  3nt)att  unb  ftovin  bamumifcb  jufanimen 


56 

Hingen,  fttoax  toirb  aud)  fjier  ber  (Sinbrutf  burd)  bie  2lu§bc^nung 
be§  ©ebid)t§  einigermaßen  beeinträchtigt,  bod)  fcfjeint  mir  immerhin 
biefeS  ßteb  „oon  bem  Untergänge  be§  cfjrifttidjen  ©foubenS"  mit 
bo§  23ebeubenfte  §u  fein,  wa§  in  jenen  bewegten  Sagen  au§  bem 
geguerifdjeu  Sager  in  üotf8tümlidr)er  ^orm  wiber  Sutljer  unb 
bie  Deformation  gefagt  nnb  gefnngen  warben  ift.  Unb  oor 
altem  ift  baZ  für  ba§  Sieb  oon  Vorteil,  hak  Söhtrner  fjier  oon 
jeber  öerföntidjen  ^olemif  fid)  freihält.  Sßoljl  ift  bie  fadjüdje 
SBegietjung  auf  jene  ©tiefeffdje  ©djrift  unoerfennbar,  aber  nirgenbS 
wenbet  er  fidj  bireft  gegen  ifyn,  fonbern  giebt  nur  bem  %\x& 
bruef,  was  an  klagen  unb  an  SBefürdjtungen  bie  ^erjen  alter 
?(nf)änger  bes  Otiten  bewegen  mutfte. 

2tu§fü!tjrtidj  fdjtlbert  er  im  Cnngange  bie  „unerhörten  3)inge", 
bie  leiber  gefd)et)en  feien: 

2)er  fyirt  ber  ift  gefdjlagen, 
bie  fc^äfttn  fein  jerftreut, 
ber  bapft  ber  ift  ömagen, 
fein  fron  er  nie  auff  bretyt, 
SSnb  ift  mit  tainen  toorten 
öon  (Sfyrifto  tye  erftifft, 
an  fmnbert  taufent  orten 
ift  goffen  auf;  ba3  gifft. 

%udj  be§  ßaiferl  ©ewalt  fei  baljin;  Patriarchen,  Äarbinäte 
unb  SBifd^öfe  feien  abgetfjan  unb  nur  ber  oon  ber  ©emciube 
„nadj  iijrem  Unoerftanb"  erwäfjtte  Pfarrer  fei  allein  übrig  ge= 
blieben.  Tic  üfteffe  fotte  nid>t§  meljr  gelten,  unb  bie  «Satramente 
mürben  gefdtjolten,  bafür  aber  feien  mir  alle,  ätfann  unb  SBeib, 
o()ne  äöettje  &n  Pfaffen  gemorben: 

Sie  ftiel  fton  auff  ben  beneten, 
ber  tragen  cor  ben  rojj, 
ber  glaub  teil  gar  oerfenefen, 
ber  gnmb  ift  bobentofj. 

£as  ©oangelium,  baä  eiuft  eine  fröpdje  Wäx  gemefen,  [ei 
l)eute  oergiftet,  bie  Jreube  in  ^er^elcib  öerfe^rt  morbeu.  9lber 
aud)  hjer  ift  ÜDhtrner  weit  baoon  entfernt,  bie  oort)anbencn 
Bdjäbeu  unb  9)ufjbräud)e  innerbatb  ber  alten  föirdje  leugnen 
ober  oertufdjeu  ju  wollen:   ,,3d)   muf?  bie  SBafjrljeit  fageu 


57 

—  fo  fäfjrt  er  fort  —  mir  fjaben  fd)iilb  bar  an"  unb  ^mar  öor 
allem  buvcrj  btn  ÜKipraucfj ,  ber  mit  beut  TOa|  getrieben 
morben  ift.  Unb  alle  bieje  SDtf&bräudje  werbe  fein  (Sfjrenmamt 
entfdjufirigen  wollen.  Stöer  baf?  man  barüber  IjinauS  ben  ©tauben 
felbft  antafte,  ba§  muffe  er  Hagen,  beim  baburd)  werbe  nur  ein 
Stufruljr  im  Sanbe  erweeft,  ber  leichter  an&ufadjen,  als  ju 
bämpfeu  fei : 

3um  menfeben  [tat  b'anfang, 
ftnetool  bg  enb  ju  gott, 
ich  bforg  bc§  glaubend  tmbergang, 
\va  gott  hie  öon  onf?  lati). 

Unb  aud)  t)ier  wieber  jdjlieBt  er  mit  ber  SBerftdjerung,  baß  er 
nur  für  feine  eigne  Sßerfou  rebe  unb  bafj  er  rect)t  ju  fjanbeln  meine, 
wenn  er  bei  feinem  alten  ©tauben  uerriarre  uub  allen  Neuerungen 
fidi  unberfe$e. 

^cb.  tfyu  als  tl;ut  ein  reblicb  man, 
bem  man  ein  fdjlofe  cmpfilt, 
io  lang  ich  midi  gemern  fan. 
bruch  icf>  baS  fdnoert  tmnb  fdiilt. 

2)er  bn§  bj  lieb  gfungen  h,at, 

©ebicfjt  barju  gemacht, 

fyatt  önferS  gfauBenS  fleglid)  tfyat 

am  f>öd>ften  luol  betraebt, 

ber  sJJiurncr  l)at$  gefangen 

gemeiner  (S^riften^cDt, 

wirb  l'nier  glaub  berbrungen, 

brecht  feinem  herlum  laibt. 

Stuf  biefe  üücurnerfdje  Äfoge  antwortete  junädjft  ein  Stno 
nmnuS  mit  einem  „Siebe  Dom  Stuf  gange  ber  £f)riftenf>eit",85) 
in  beut  jene;  Strophe  für  Strophe  gefdjicft  gfofftert  uub  ra  eüan* 
geliid)em  Sinne  amgebeutei  wirb.  Ten  fl lagen  äRumerS  über 
bie  burd)  bie  Deformation  (jerborgerufenen  ^uftüube  Hellt  ba£ 
Sieb  ebenfo  heftige  Vi  lagen  unb  Staffagen  miber  bie  »xöniifdnn 
gegenüber,  um  bann  in  etlidjen  fiegeäfroljen  öerfen  Sutfjer  \u 
uerl)errlid)en.  Seit  biejer  .vvlb  aufgeftanben,  feien  bie  römrfdjen 
©d)elmenftü(fe  offenbar  getoorben.  Ter  Sßapfl  habe  bie  librijten 
l)eit  belogen,  oiel  gute*  ®eft  unb  alle  (Gewalt  biejer  (Ehrbe  an  jid) 


58 

gerafft  unb  motte  bennodj  'ißetri  9cad)folger  genannt  werben, 
obwohl  er  in  3öat)rt)cit  ein  9cero  fei.  2)ann  aber  wenbet  ftcf) 
t»iö$ttdj  ber  ungenannte  Skrfaffer  in  fcr)ärffter  Sßeife  gegen 
9Jhtroer  perfünlid) : 

©r  leer  ba  t;aim  tool  Bliben 
mit  feinen  (aruen  gfd))r>afc, 
bei;  nadjt  auff  beeret  gftigen 
gler/d)  wie  ain  anbre  fafc, 
t;nb  fyette  laffenn  bleiben 
bie  rechte  götlid)  fünft, 
»onn  ©djehnen  fol  er  fd)reiben, 
ba  ift  er  in  ber  ^"ff1- 

(Sr  flage  über  ben  Untergang  ber  (Stjrtfienrjeit,  unb  e2  öer* 
briefse  itjn  bod)  nur,  baft  ber  lebenbige  Shtttdjrtft  geftürgt  fei; 
er  flöge,  bafi  be§  ®aifer§  ©ewalt  batjin  fei,  Wä^renb  bod)  eben 
jeftt  bem  Äaifer  ba%  <2djwert  wieber  in  bie  §anb  gegeben  worben 
fei,  ba3  ttjm  jubor  ber  Sßapft  entwunben  fyatte.  £od)  toogu  fid) 
bie  SDtüfje  neunten,  jeben  einzelnen  feiner  Wnflagepnufte  31t  wiber= 
legen?  S)enn  if)n  tterbrtefjt  bod)  nur,  baft  wir  aul  be§  Sßapfte§ 
93ann  ertöft  Würben  finb  unb  nur  beSrjatö  fprürt  er  fein  ©ift 
wiber  un§.  S33tr  wollen  inelntel)r  ©ott  bitten,  bafs  er  un8  nod) 
metjr  fotdjer  Sßerfleute,  wie  Sutijer,  Butten  unb  äMandjtrjon 
finb,  feubeu  möge,  batmt  wir  aller  Butten  un§  erwehren 
fönnen: 

3Snb  bann  ft>  fyalt  fd)on  vierten, 
$ott  \vöü  fein  gliber  alt 
bnb  and;  fein  fird)en  Rieten. 
lwol  üor  be§  £euffeIS  fdiall. 

Sfljer  and)  Stiefel  felbft  blieb  ntdji  müf?ig,  fouberu  beant- 
wortete ba%  SJhirnerfdje  Sieb  gleid)  barauf  in  einem  eignen 
©crjriftdjen  „Sötber  ©oftor  SDfcurnarä  falfd)  erbietet  Sieb 
non  bem  Untergänge  be§  djriftlidjen  ©laubenä",86)  ba§ 
auf  feinem  Xitefirtatte  gleid)fam  atö  Sföotto  beufelben  ©pottberS 
trug,  ber  un§  fd)on  anZ  beS  SDtottljiag  ©ntbtuä  „Defensio" 
befannt  ift.  Unb  nod)  weit  fd)iirfer  atö  jener  Ungenannte  wenbet 
fid)  liier  ber  jünger  Vlngnftiner  wibev  unfern  SBarfitfjer  öerfön* 
lid),    in  einem   gereiften,   polternben  Xone,    ber  eben   nur   bann 


3 


59 

berftanblidt)  ift.    tuetm   mir  un§  immer  micbcr  baran  erinnern, 
mie  übel  es  um  SDhtrnerS  fRuf  unb  Seumunb  beftettt  mar,  unb 

mie  oeräd)tlid)  bic  ßeitgenoffen  oon  jebjer  feine  gange  ^erfönlitfjfett 
befjanbclten.  (Sr  felbft  fjatte  in  biefem  galle  bic  perfönttd)e,  an 
jnöefriocn  reidje  Volenti!  nid)t  im  minbeften  l)crau*geforbert,  aber 
e§  mar  nun  einmal  ein  $ug  biefer  leibenfdjaftlid)  bewegten  Qtit, 
bem  $eberfriege  eine  getoiffe  bramatifdjc  (Spannung  511  oerleiben, 
mobei  man  eine?  fingierten  ober  leibhaftigen  (Gegners  nid)t 
entraten  fonnte. 

Ter  SRurnar  —  fo  beginnt  Stiefel  —  tjabe  eine  Zeitlang 
gcfprod)en,  6tS  er  %ü  einer  Äa^e  unb  §u  einem  SDradjen  gemorbeu 
fei.  9Gun  aber  molle  er  aud)  einmal  fingen,  gerabe  mie  ein  Stffe, 
ber  nad)madicn  muffe,  toa§  ein  anbrer  if)m  öormadfcjt.  9)(id)ae( 
(Stiefel  babc  ein  Sieb  in  ©ruber  leiten*  Ton  gemacht,  gleid) 
muffe  ber  SDcurner  es  itnu  nadtjtljun  unb  ein  anbreä  fingen. 
Tiefe?  Sieb  aber  fei  fo  „fdjüblid),  miberfuerrig  unb  aufrübrerifd)", 
bau  er  eine  Stillegung  beffelben  geben  molle,  bamit  jebermanu 
nid)t  bes  SDcurnerä  objarifäifdjcn,  foubern  ben  feften  ©runb  be3 
ftarfeu  Reifens  (ibrifti  erfennen  möge.  @r  tönt  ju  biefem  3ttjecfe 
SDhirnerS  ganjeS  Sieb  oollftänbig  abbrurfen  unb  fügt  faft  311 
jeber  ßeile  eine  längere  ober  fiirgere  (klaffe  l)in,yi,  mobei  er  mit 
befonberer  Vln?fübrlid)feit  auf  bie  Setjre  oon  ben  Saframenten 
unb  oon  ber  £)eiligenoercbrung  eingebt.  Ter  Ton  in  biefen 
(Stoffen  ift,  mie  gefagt,  oon  uugefd)lad)ter  Terb()eit:  Stiefel  mirft 
feinem  ©egner  Titel  mie:  „grober  (Siel",  rf93üitt>unb"  unb 
„etenber  Cöaud)"  au  ben  Äoöf :  er  fügt  üKurnerS  gelegentlichem 
ShiSruf:  ,,SM)  met)  ber  großen  ©dtjanb"  bie  Sftanbbemerfung  bei: 
„9(  mee,  0  mee,  niainoaii.  SBann  tdt)  9Jhtrnar  bieü,  fo  loölt  idj 
midi  biefeS  fafcen  gefdtjretoä  abtfjun,  ba3  ber  ftarfttjanä  mein  nit 
tadjet" ;  er  foottet  über  BJcurnerS  biiufige  Sfnwenbung  oon  Sprid) 
mortem,  iubem  er  binpfügt:  „SBann  üJiurnar  etroaS  teil  idneiben 
ober  bliebten,  fo  bebarfr  er  feiner  betiligcn  gcfd)rifft,  baruff  er 
fein  metmung  grünb  befnnber  er  bat  gang  an  follieben  fpvicf>= 
mörtlin.  s,}ln  bifein  jeidjen  erfennet  idi  jn  am  erften  biubliu 
miber  ben  Sutffer  oon  ftunb  an,  miemol  er  fein  nnmeu  liet 
oevhalten."  Unb  aud)  an  ionftigeu  ocrfönlid)en  Anzapfungen  ift 
in  bem  Sd}riftd)en  fein  Mangel.    Stiefel   erinnert  an  SDhirnerS 


60 

greiburger  Sßrebigten  unb  inte  er  „mit  ©djanbe"  oon  bort  l)abe 
entroeidjen  muffen;  er  fpielt  auf  ein  fonft  unbefannt  gebliebenes 
3tug§Mtrger  @rlebnt§  äfturnerS  an  unb  oerfid)ert,  biefer  fei  in  ©traft* 
bürg  fo  toillfommen,  nrie  „eine  ©au  in  eines  Suben  |>aufe."  |)atte 
SÖhtrner  in  ber  neunten  ©tropf)e  feinet  Siebes  geflagt,  bafj  jefct 
alles  SBolf  Sügnern  anlaufe,  fo  t)ötmt  ©tiefet  über  bas  „unfdmtbige 
Sammlern",  oon  bem  er  fid)  bodj  erinnere,  im  Murnarus  Leviathan 
getefen  §u  tjaben,  roie  oft  er  beim  Sügen  ertappt  roorben  fei. 
Unb  enblid)  t)ä(t  er  iljm  aud)  eine  feiner  ©trafsburger  Sßrebigten 
oor,  in  ber  er  oon  ber  Mangel  fjerab  alfogerebet  fya.be:  „(Soangetium! 
(Süangetium !  Hansnarr!  ÜRan  mufj  bie  ©oftoreS  aud)  t)abeu. 
3of)anne§  f)at  rooljl  breifeig  $af)re  nad)  ßbrifto  gefdjrieben;  foüte 
er  nictjt  bertoeil  manches  oergeffen  tjaben  ?  £)u  fpridjft  nicfjt :  idj 
glaube  an  bas  ©oangelium,  fonbern  bu  fpridjft:  id)  glaube  an 
bie  tjeiüge  d]rifttid)e  &ird)e.  3ol)annes  fd)reibt:  (£l)riftus  t)abe 
alfo  gerebet;  möd)te  er  nid)t  oieüeid)t  anbers  gefprodjen  fmben?" 
SDiefe  2öorte  —  fügt  ©tiefet  tjiugu  —  f)aft  bu  öffentlich)  geprebigt, 
SJhtrnar,  ba§>  taunft  bu  uidjt  leugnen! 

Unb  er  jdjtiefet:  „£>ier  mill  id)  meinen  SJhtrnar  ftefyen  (äffen 
unb  ü)it  bitten,  baf?  er  aufbore,  bie  (Einfältigen  p  »erführen 
unb  bafür  bas  (Soaugelium  unb  ©t.  Sßautum  ftubiere,  bamit 
er  bie  2Bal)rt)eit  erlernte  unb  befenne,  aud)  barauf  beharre  bis 
an  fein  @nbe.  2)as  oerleibe  il)tn  unb  mir  mit  allen  ?luserroät)lteu 
bie  Sarmtjer^igfett  (%ttes." 

^)afe  nunmehr  aud)  Sfturaer  in  feiner  Slntmort  ben  Sluguftiner 
uid)t  fdjonte,  ift  crflärlid).  ßtoar  ift  mir  feine  (Entgegnung*7) 
felbft  unbetannt  geblieben,  bod)  föfst  fid)  tt)r  toefentlid)cr  3nbalt 
leid)t  au§  bemjeuigeu  refonftruiereu,  ums  ©tiefet  feinerfeits  ttrieber 
auf  jene  „muruarrifd)e  s^t)autafie"  autroortete.  S>iefc  letzte 
„5(ntmort  9Jiid)el  ©ttifels"88)  erfd)ieu  erft  im  ©ommer  beS 
folgeuben  Csabres  (1523)  oon  Wittenberg  aus,  angeeignet  einem 
jünger  Bürger  Alans  (Sugetfrieb,  in  il)rem  gangen  %ont  mdjt 
miuber  berb  als  bas  frühere  ©d)riftd)en.  §atte  9Jhtrner  fid) 
5unäd)ft  über  ben  ©pottoer*  anf  bem  litolblatte  befd)iocrt,  fo 
oerfidjert  fjter  ©tiefet,  baf;  berjelbe  ol)ue  fein  Sßtffen  unb  3utt)un 
bortl)iu  geraten  fei,  um  fid)  bann  im  weiteren  gegen  jenes  $el)anp= 
tung  nt  oenoafyren,  baf?  er  ans  feinem  Drben  oertrieben  loorbeu 


61 

fei.  (Sr  fetjt  umftünblid)  bie  Urfadjen  feiner  gludjt  aus  (sfslingen 
auseinauber,  wobei  er  es  nun  mieber  fetnerfeit§  au  perfönlicr)en 
VI  Unfällen  gegen  ben  SBarfüfjet  nidjt  fehlen  fäfct,  ben  er  rjter 
bireft  befdmtbigt,  in  feiner  Ueberfetjung  ber  „babtilonifdjen 
ötefangenfdjaft"  gälfdmugen  begangen  511  rjaben.  (Sr  oe^eidjnet 
ihn  mieberhott  als  „tollen  SüffetSfopf,  fpottet  über  ben  „fünft* 
reichen  9Jceifter  in  ber  ©äudjmattcn"  unb  meint,  ber  33ifd)of  t»on 
Strasburg  ttjäte  am  beften,  roenn  er  j;u  beut  sJJhirnar  fprädje: 
„Sdnneig'  ftilt,  bil  bacdiantifdjer  ßfet,  benn  bu  mad)eft  uns  alle 
ju  Scfjanbcn.  SDcög'  un§  jemanb  befd)irmcn,  ber  gefdjicfter  ift, 
beim  bu  bift."  Süisfürjrtid)  erörtert  Stiefel  ^roifd)enburd)  bie 
ikrjre  tum  ber  päpftüdjen  ©etoalt,  polcmifiert  in  längerer  V(us= 
führung  ttüber  bie  guten  SBerfe  unb  ttriber  bie  Sfteffe  als  Cpfer, 
berteibigt  ßuttjet  gegen  ben  SBoxnmrf,  bab  feine  Se^re  jnnt 
Vlufruhr  Diene  unb  fd)liefu  enblid)  mit  ben  SBorten:  „Vlber  toa§ 
fall  id)  mid)  mit  biefem  tollen  23üffe(sfopfe  tnel  herum,mnten ! 
S3itt'  ©Ott  für  mid)  unb  für  biefen  armen  ÜDhtmar.  sii>cr  toetfj, 
Paulus  mirb  jnle|t  um  fo  tuet  beffer,  je  böfer  er  oorber  gemefen 
ift.    Srxib'    ad)t   auf  9)curnars  .Soeimferjr   aus  ©uglanb." 

Sßir  finb,  mie  biefe  testen  SCBorte  geigen,  ben  ©retgniffen 
oorausgeeilt,  benn  jnrifdfjen  bem  Siebe  bont  Untergänge  bes 
d)riftlid)en  (Glaubens  unb  ber  tcMen  Stnttoort  Stiefels  lagen  ein 
paar  neue  in  ben  fird)lid)en  Stampf  eingreifenbe  arbeiten  SDhtrnerS 
unb  jubem  eine  für  it)n  bebeutfame  Steife,  bereu  $k\  Stiefel  in 
jenen  Sd)lnmuortcn  bezeichnete.  Tenn  unter  ben  neuen  litterarifd)eu 
(Gegnern,  bie  Sutljet  im  Safjre  1522  erftanben  waren,  befaub  fiel] 
and)  .SUhtig  A>ctnrid)  VIIL  bon  ©ngtanb,89)  ben  es  plimlicb 
gelüftete,  in  bem  ,~yebert'riege  gegen  ben  SBitteriberget  .Steher  ntit- 
zutl)iin.  üx  mar  eine  eitle,  an  äöiberfprüdjeu  reiche  Sftatur, 
nid)t  unbegabt,  aber  ;md)tlos  unb  gonj  unb  gar  ein  Spielball 
feines  ungezügelten  Temperaments:  ein  Scholaüifer  auf  beju 
Throne  unb  zuglcid)  ein  (Gönner  bes  SraSmuS;  ein  Verehrer 
bes  Thomas  tum  Vlquiuo,  ber  fid)  öon  ben  .vmmaniften  Inilbigeu 
lieft;  ein  eigeufinniger  Vlutofrat,  ber  bebot  um  beS  SßabfieS  ©unft 
bu()lte.  Seine  „ÜBegriinbung  ber  fieben  Saframente" ,  Womit  er 
gegen  Vuther  eine  ßange  brach,  ein  ittud),  bas  a\\  ©erbreljungen 


62 

unb  ©crjmärjuugen  baS  Sftenfcfjenmöglidje  leiftete,  fjatte  benn  aud) 
ben  (Srfolg,  baft  itjm  üeo  X.  ben  Zitei  eines  SBerteibigerS  bes 
©laubens  öerlierj  unb  ben  Sefern  feines  23udjs  einen  zehntägigen 
Slbiafe  bewilligte.  Unb  um  ber  ^erföntidjfeit  bes  Sßerfaffers 
tütUen  burfte  Sutljer  nidjt  fdjweigen  er  antwortete  alsbalb; 
beutfd)  unb  latetntfcf)  in  einer  fo  oerädjtlidjen  unb  wegwerfenben, 
mit  Sßerbalinjurien  gefpidten  ©pradje,  wie  fie  wof)f  nod)  nie  guöor 
einem  gefrönten  Raupte  gegenüber  geführt  worben  mar.  ©efbft 
feine  ^reunoe  waren  über  biefen  £on  erfcrjrotfen,  bodj  er  war 
ber  Meinung:  „barf  ein  Äönig  oon  ©ngfanb  feine  Sügen  un= 
öerfdjämt  ausfpeien,  fo  barf  idj  fie  iljm  fröfjfid)  mieber  in  feinen 
$al&  ftofeen".  .  .  ,,3d)  t)abe  es  au§  wob/lbebad)tem  Sftute  getrau, 
unb  mer  meine  fictjre  mit  rechtem  bergen  auffaßt,  mirb  ficf)  an 
meinem  ©dielten  nidjt  ärgern." 

Sene  unfüniglicfje  ©djrift  Äönig  |)emrtdj3  erfdjien  nun  am 
7.  ©eptember  1522  bei  Sodann  ©rüntnger  in  ©trafwurg  in  beutfdjer 
Ueberfefcung    oon    9Jhtrner,i,u)    ber,    nidjt    gemüßigt    burd)    ben 
micbert)o(t  gegen   iljn  erhobenen  Vorwurf,  in  päpftlidjem  ©olbe 
miber  Sutfjer  gefdjrieben  p   fjaben,   jet$t  natürlich   öollenb§   ben 
Sßerbadjt  erregen  muffte,  lebiglid)   ben  ©rofkn  §u  ©efaßen  unb 
um  flingenben  ßobjneS  miüen  feine  geber  bem  „unüberwinblidjen 
Könige  $u  ©nglanb"  geliehen  51t  fjnbcn.    Unb  bamit  nid)t  genug, 
füllte  er  fid)  audj  gebrungen,  fid)  ^utljerS  Eingriffen  gegenüber 
gum  bitter  be§  Königs  aufzuwerten  unb  in  feiner  ©djrift:  „Ob 
ber^önig  ausßnglanb  einSügner  fei,  ober  ber  Sutfjcr",91) 
morin   er  in  ber  ÜDcaftfofigfeit  beö  £ons  bie  gegen  .SUinig  £einj 
gerichtete    ©djrift    bes  SBittenberger    'DJc'ündjes    momög(id)    nod) 
übertrumpfte,  bem  erlaudjteu  $erfed)ter  be§  ©taubenS  $u  rmlbigen. 
®enn  es  fei  natürlid)  unb  red)t,  bie  51t  lieben,   bie  uns   lieben 
unb   banfbar  ju   fein   allen   beueu,    bie   uns  (Wittes   ttjun.    Unb 
fo  l)abc  fid)  fööuig  .'peiurid)        ober  ÜDMfter  -Jpeiug,  mie  £utl)ers 
t»eräd)ttid)er  ÜDhttwille  ben  frommen  dürften  nenne  —  ein  3ted)t 
auf  unfere  2)anfbarfeit  erworben  burd)   ba§  t)ei(fame  3-md),   bas 
er  gegen  bie  blutwüteube,  mbrberifdje  ®e|eret  unb  bie  nngöttftdje 
ßeljre  9ftarttn  ßntljerS   gefdjrieben  Ijabe.    dagegen    habe  ßut^er 
„wiber   alles   natürliche  $ed)t"    ben   burd)(aud)tigen,    frommen, 
djrtftlidjeu  dürften  fo  bitbtfdj  unb  läfterlid)  wie  ein  Jpippeubube 


63 

jugeridjtei,  bafs  billig  alle  frommen  Gbrtften  jur  ©fjrenrettung 
be§  gürftett  eintreten  müßten,  ber  „unfer  53efd)irmer  i[t  be§ 
^citüct)en  9xeid)§  unb  be£  eroigen."  Sfttt  mafjtofer  ^eftigfett  §tef)t 
SDhtrner  nuumctjr  gegen  Sutfjer  to§,  ben  er  balb  einen  „mütenben 
unb  rafenben  23lutrjuttb",  balb  einen  „tiftigen  Unflat"  nennt, 
batb  at§  Sotterbuben,  batb  at§  „läftertid)  ausgelaufenen  SDcüucfj" 
begeifert,  unb  bem  er  nun  nidjt  roeniger  at§  fündig  Sügen  nad)= 
jutteifen  befliffen  ift.  Sadjltd)  enthält  bie  (Sdjmürjfdjrtft  gar 
uicf)t5  ÜKeueS,  aud)  beruft  fief)  üDhtmer  gefegenttid)  ber  ©rörterung 
über  bas  infatübte  s$apfttum  ganj  ausbrürflid)  auf  fein  23ud) 
„$om  s$apfttum",  in  bem  er,  rote  er  ftot§  üerfidjert,  alte  t>ermeint= 
liefen  ©djrtftbemeife  Suttjer»  in  tfjrer  ganzen  £>infältigfett  gezeigt 
t)abe.  Siber  mit  fo  reidjer  tft  baZ  ©üdjleiu  an  Hnftagen  gegen 
unb  ait  ©djettroorten  über  Sutfjer  unb  bie  Soangetifdjen.  ©r 
ftagt  in  bem  Stbfdjnitt  über  bie  SÖieffe,  bafs  niete  ber  Anhänger 
ßutijerä  tebiglid)  babttrdj  itjren  eüangetifdjen  ©tauben  betätigten, 
hak  fie  meber  beteten  nodj  fafteten,  roobei  er  allerhaub  ()äf$lid)en 
ftlatfd)  au§  ©trafrourg  auftifdjt;  unb  in  bem  Stbfdjnitt  über  bie 
guten  Sßcrfe  fpottet  er  über  jene  eüangetifdjen  s$rebiger,  bte  auf 
ihren  fianjeln  ftet)en  unb  [freien:  es  tft  genug  mit  beut  ©tauben, 
too§  bebürfeu  mir  ber  guten  SBerfe?  Partim  tt)uu  mir  alle 
ßtöfter  ab,  bie  auf  gute  SBerle  geftiftet  finb.  „9lt§  ob  mir  nidjt 
aud)  d)riftgläitbig  mären,  allein  bie  SBerfe  ohne  allen  ©tauben 
thäteu  unb  it)r  Sut^erifd^ett  allein  ben  ©tauben  Rottet,  ber  alle 
3)inge  roirt'et.  3d)  rociB  nidjt,  roas  euer  ©taube  ftrirft;  ba§ 
aber  mein  tdj  nmtjl,  bafj  etlidje  finb,  bte  ben  ©tauben  fräftig 
prebtgen  unb  ausrufen ;  er  tft  aber  tu  ibueu  nodj  nidjt  alfo 
fräftig  gemejeu,  ban  man  fie  befto  beffer  ober  dt)rifttidt)er  erielien 
hatte  unb  finb  alle  ütjre  Sßrebigten  auf  ©tedjen,  ©dielten,  ©djänben, 
ßäftem  unb  2tu3t)iöpen  gerüftet,  baf;  mau  rooljl  eine  SBabermagb 
finbet,  bie  ebenfo  gut  prebigen  fönnte  atö  fie.  Hub  fdjaffen  aud) 
nichts  mit  itjrem  Sßrebigen,  beim  bau  fie  ben  toeifen  fürfid)tigeit 
Suiten  in  ben  Stäbteu  ju  uerftehen  geben,  roie  il)r  großer  ftarfer 
©taube  }o  gar  au3  feiner  Siebe  roirft,  fonbem  au8  Sfteib  unb 
Ijafj  unb  ben  SBunbfdjuf)  ju  furnieren."  Zugleich  uerfpridü  er 
über  ba3  ttapitel  uou  beut  ©tauben  unb  ben  guten  SBerfen  ein 
eignes  $udj,   in  beut  er  aitvführlidjer  barüber   haubelu    merbe. 


64 

£en  Sutfjer  aber  motte  er  gittert  ermahnen,  ftinftigfjin  c^rtftüc^e 
dürften  unb  Äöntge  mafeöoüer  angureben.  ,,2eb'  motjt,  id) 
tnilt  batb  micberfommen,  auf  bafi  iljr  mir  ben  ®at$en= 
fopf  nicfjt  oergebens  aufgefegt  rjabt." 

©in  ungenannter  23eref)rer  Sutf)er§  nafjm  fid)  bie  9ftüt)e, 
bem  granjiSfaner  auf  feine  Qfrage,  °&  oer  ®önig  oon  ©ngtanb 
ein  Sügner  fei  ober  ber  SDpftor  Sutfjer,  eine  Slntmort  ju  geben.92) 
2)te  in  falbuugöoollem  ^ßroprjetenton  gefdjrtebene  (Schrift  roar 
gtuar  gut  gemeint,  aber  grünblid)  oerroorren  unb  gefdjmacfto§. 
£)ie  oon  SDhtrner,  einem  fjodjgelerjrten  Potior  beiber  SRedjte,  auf= 
geworfene  $rage  fei  fdnmerig  §u  beantworten,  weil  oon  Königen 
§u  reben  nicf)t  unbebenflidj  fei.  £ocfj  fei  bie  5(ntmort  nidjt 
ämeifelrjaft,  benn  ber  allein  roafjrrjaftige  Äönig  fei  (Srjriftus,  unb 
ba  ßutrjer,  ber  2Siberfad)er  be§  5lntid)rtfts,  biefes  ÄöntgS  mafjr= 
tjaftiger  Sänger  fei,  fo  liege  auf  ber  |)anb,  auf  toeldjer  (Seite  bie 
2Bal)rt)eit  ^u  finben  fei.  @§  febjtt  bei  biefer  SetoeiSfüljrung  audj 
bie  toorjlfetle  SBortfpielerei  nidjt,  bü$  ber  eigentlidje  engetifdje 
ftünig  unb  fomit  ber  roafyrrjaftige  SKmig  in  ©ngetlanb  (£{>riftu§ 
fei,  wie  fid)  benn  ber  SBerfaffer  überhaupt  gern  an  beriet  gefd)tuad= 
tofen  Silbern  gütlid)  tfjut.  3m  übrigen  bilbet  ben  Hauptinhalt 
bes  ©d)riftd)en3  eine  überfcrjWäugltdje  Sobrebe  auf  ben  „götttidjen 
£oftor  Cutter",  bie  §uguterte|t  in  ein  ©ebet  anklingt. 

ßutljer  fetbft  batte  berget!  widrigere*  §u  tb,un,  atä  fid)  um 
foldje  ^ampl)lete  ju  befümmeru,  unb  and)  feine  näheren  [yreunbe 
l)ielten  c§  nidjt  für  ber  äJtttlje  wert,  fid)  mit  einem  fotd)eu 
(Segner  rjerum^ufdjlagen.  SKurner  jebod)  fonnte  mit  bem  ©rfolge 
ber  <Sd)rift  wofjl  aufrieben  fein.  £enu  burd)  einen  augeblid) 
in  fönig(id)en  Stfenften  fteljenbeu  £eutfd)en  erlnett  er  bie  2htf= 
forberung,  an  ben  §of  Äönig  A^einvtdje  511  fommeu  unb  trat, 
üermutlid)  im  grü()jal)r  1523,  bie  Sftetfe  bortt)in  au,  nadjbem 
ifjm  fur^  juttor  00m  ©trafiburger  9utte  abermals  eine  ©rmaljnung 
gur  äftäfngung  $u  teil  geworben  fear.03)  (£r  mod)te  unter  foldjen 
Umftänben  wnt)l  nur  §u  gern  ben  ©taub  ber  Heimat  öon  feinen 
^üfjen  fdjüttelu  unb  öon  frenbigen  Hoffnungen  gefd)»oellt  bem 
fünigtidjen  §ofe  be§  Det'ensor  fidei  entgegeneilen.  Tod)  follte 
il)iu  l)ier  junädjft  eine  rjerbe  (Sutttiiifdjitug  gu  teil  werben,  ba 
er  erfahren  muffte,  baf?  er  baz  Opfer  eines  ©djnnnbterS  geworben 


65 

fei.  SfaSfütyrftd)  bevidjtete  ber  Äangler  Stomas  2Koru§  bem 
Äarbinal  SEBotfeti94)  über  ben  feltfamen  SBorfafl:  Sin  grangiS« 
faner  Stomas  äJhmter,  ber  gut  23erteibigung  be§  $8udje§  bes 
®önig§  eine  Sdirift  gegen  ßuttjer  gefdjrieben  rjabe,  fei  burd) 
einen  boshaften  SQf enfdrjcn ,  einen  $)eutfd)en,  unter  ber  SBor= 
[Siegelung,  bafj  er  im  fönigtidjen  Stuftrage  ljanble,  511  einer  Sfteife 
nad)  ©ngtanb  berantafjt  morben.  S)er  ®önig,  ber  SDhtrnerS 
©lanbenSetfer  nnb  gute  ©efinnungen  adjte,  bebaure  bieje  Säufdjung 
•unb  erfudic  ben  töarbinaf,  it)m  einrjitnbert  'pfunb  511  Überreifen, 
bamtt  er  narii  $aufe  jurütße^ren  fönne.  Denn  bort  fei  feine 
©egentoart  fefjr  nötig,  ba  er  eine  ber  |)aubtftü$en  gegen 
bie  Partei  Suthers  fei.  ßr  rjabe  l)icr  in  ©nglanb  fein 
33ndi  gur  SBerteibigutig  be§  Äönig§  in§  fiateinifdje  überfefct; 
er  [ei  Xoftor  ber  Geologie  nnb  beiber  üiedjtc  nnb  ein  ÜDcaun, 
ber  toegen  feiner  (Sfdjriften  nnb  Sßrebigten  in  feinem  SBaterlanbe 
fear  gefdjäjjt  toerbe. 

Die  Sfteife  mar  alfo  bodj  nidjt  gang  oergeblid)  gemefen. 
Sßie  jttjei  Saljre  fbäter  Soljann  @crV'5)  fo  mnrbc  jei.U  3Jhirner  öom 
.Siünige  mohtmollenb  aufgenommen  nnb  reidjtidj  befdjent't,  ja  ^einrid) 
gab  ihm  bei  feinem  2tb[djiebe  aud)  noer)  ein  manne*  (5mpfeblung*= 
fdjreiben96)  an  ben  ©trafjburger  9ftat  mit,  in  bem  er  it)m  fogar 
ben  ©efallen  ermie-0,  [eine  Steife  nadi  (Sugtanb  miritidj  als  bie 
A-olge  einer  töniglidjen  Kintabung  barjufteHen.  „SSMr  tönneu 
nidjt  (eid)t  fagen  —  fo  Jjeifjt  e§  in  biefem  8d)reibeu  —  mit 
toetdjer  Zuneigung  mir  alle  iimfaffen,  bie  bei  SBibertegung  ber 
lutheriidien  Menerei  meber  ISlüty,  uodi  Sföeib,  uod)  ©efatjren 
fdjeueii.  3U  biefen  gel)ört  auefj  ber  mürbige  unb  fromme  9)(xauu 
Thomas  llKurncr.  Da  mir  nun  befdjl offen  batteu,  ihn 
berf  anlief)  t'enneu  ;,u  lernen,  unb  eiuV  grone  Segierbe 
iül)lten,  unS  mit  ihm  JU  unter  hei  l  teil,  fo  haben  mir  ihn  ui 
uns  fommen  laffeu,  unb  er  bat  bie  iWeinuug,  bie  mir  bon 
[einer  ^'editiebafieubeit,  ©eteljrfamfeit  unb  ©efcfjeibenfjeii  gehegt 
blatten,  nidu  nur  beftütigt,  [onbem  loeit  übertrofien,  [0  bar,  unS 
[ein  Söefudfc)  höd)ft  angenehm  unb  milltommni  getoefen  ift.  Da 
er  uädifteus  \\\  dmi)  .uirüd'felircu  mirb,  [0  molleu  mir  bind)  biefen 
©rief  unfer  SBJofjUbbtten  für  ihn  bezeugen  unb  lind)  her^lid)  bitten, 
bafj  ohr  ihn,  uebft  bem,  mas  3l)r  bon  freien  Sttiden  für  itjn  tliun 

At  a  tu  e rii  11,  SRurner  unb  bie  ütefotmaiott.  5 


66 

würbet,  and)  in  Sftütffidjt  auf  un3  in  aller  greunbfcrjaft  auf= 
nehmen  unb  ifmt  alle  ©unft  betocifen  möget,  roomit  3rjr  un§  einen 
angenehmen  SDtenft  (etften  merbet". 

®iefe3  fönigtidje  £eumunb^eugni3  fonnte  freilief)  bie  batb 
barauf  über  SJhirner  rjereinbrecfjenbe  ®ataftropf)e  nietjt  abmenben. 
£enn  nod)  efye  er  nad)  (Snglanb  gegangen  mar,  fjatte  er  feine 
$)rof)img  mafjr  gemadjt  unb  feinen  ©egnern  gezeigt,  bafj  fie  ifjm 
„ben  ^atjenfopf"  nicfjt  umfonft  aufgefegt  Ratten.  Unb  mätjrenb 
feiner  s#bmefenf)eit  mar  in  Strasburg  ber  ©ieg  ber  Deformation 
enbgüttig  entfcfjieben  unb  gugleid)  bie  (Stimmung  gegen  ifjn  fetbft 
eine  fo  erbitterte  gemorben,  bafj  bie  gürfpradje  eine§  ®önig§ 
§eiuä  it)n  nidjt  meljr  ju  fänden  imftanbe  mar. 


liiertes  ßnjnicl. 
„$om  großen  lutyertfdjen  Karren". 


platte  SDhtrner  bieder,  menn  mir  Dun  fetner  „^roteftation" 
abfetjen,  auf  alle  Sln^apfungen  bekannter  unb  unbefannter  ©egner 
gefdjmiegen,  fo  fjatte  er  boct)  feine  ©rraiberung  nur  aufgefdjüben, 
nirfjt  aber  aufgehoben.  £enn  er  mar  ntdjt  ber  äJtonn,  förüitiungeu 
unb  (Spöttereien  ftiüfdjmeigenb  eingufterf'eu.  Unb  be§  troefenen 
SoneS  fatt,  rief  er  muimefjr  ben  alten  ©atirifer  in  it)m  511 
^pttfe  unb  bereitete  einen  £>auptfd)lag  gegen  feine  SBiberfad^er 
nor,  beren  leiner  ungeftraft  it)in  entmifdjen  foltte.  ©rfjon  als  er 
in  ben  Sdjluftfuorten  feiner  ©d)ut}fd)rift  für  ftönig  ,<peinrid)  betn 
SBittenoerger  SKöndje  broljenb  fein  balbigc*  SSieberfommen  unb 
^mar  „mit  beut  Äa|enfopfe"  angefiinbigt  (jatte,  mar  fein  ©ebidjt 
„So  11  bem  großen  luttjerifdjen  Darren" 9r)  in  ©rüningerS 
£rutfcrei  unb  erfdjten  uoef)  öot  3toljre8fd)Iufj  „uff  3?rettag  nad) 
faut  Suci  mib  Ctilien  Sag"  (19.  ^ejember  1522),  üerfeljen  mit 
bem  SKotto: 

M)  fyab  fie  be3  genieffen  Ion, 
SBie  fie  mit  l;abcit  borget$on, 
JLSerben  fie  mein  nit  betgeffen, 
(So  teil  ief'  inen  Beffer  meffen 
2ßa  fie  fidi  mit  eint  toori  me  eigen, 
3BU  ich  in  baf;  ben  folben  jeigen, 
(Entgegnen  in  fürt  folget  maßen 
35a8  fie  ben  narren  ruften  (äffen. 

SDie  rettgiöfe  SBeroegung  hatte  bog  in  ber  ßttteratut  bereits 
borfjattbene  fatirifd)e  Clement  uiiidjtig  gefördert,  unb  imlleub*  feit 

5* 


68 

beut  Sßormfer  Deidjstage  fyatte  ber  ^eberfrieg  nadj  biefer  SRid)tung 
l)in  beftärtbig  an  5(usbef)uung  itnb  an  |jeftigfeit  zugenommen. 
§ft  Werfen  unb  in  ^rofa  mürbe  ber  ftampf  mit  einer  Seiben= 
fd)aftlid)feit  ohnegleichen  geführt;  in  taufenben  oon  $tugfd)riften 
gab  man  t)ier  SBünjdjen  unb  Hoffnungen,  bort  Silagen  unb 
Befürchtungen  9Iu§brud;  in  galjttofen  ^amprjleten  mürbe  ben 
befannten  Sßarteimännern  oon  f)übcn  unb  brüben  mitgefpielt. 
Unb  bie  Sftotte,  bie  biefe  ©atiren=  unb  ^aSguillentitteratur  bem 
©traftburger  ^franjigfaner  juerteift  t)atte,  mar  bie  benfbar  un= 
rürjmfidjftc  gemefen:  ha  mar  niemaub,  ber  ttjn  rotrflid)  ernft 
genommen  rjätte,  niemaub,  ber  fid)  burdj  feine  %ik\  unb  ÜEBürben 
unb  burd)  feine  roiffenfdjnftlidjeu  ßeiftungen  fjäite  imponieren 
laffen;  ta  mar  in  alten  ben  berb  populären  glugfdjriften,  bie 
nidjt  jule^l  in  ©trafeburg  felbft  emfig  verbreitet  mürben,  alle 
übte  üftadjrebc  über  feinen  fitttidjen  (Efjaratter  mieber  aufgetifd)t; 
ba  t)errfcr)te  allenthalben  ein  fo  berädjttidtjer  Ton,  ber  gerabe 
eine  oon  ,£)au£  au§  fo  eitle  unb  ehrgeizige  9catnr  rote  bie  feinige 
empfinblid)  fräufeu  mufjte.  Taju  tarn,  baf?  er  fid)  feiner 
Taufdjung  mcl)r  barüber  Eingeben  tonnte,  bab  fein  Stampf  roiber 
ben  neuen  ©eift  oergeblid)  gemefen  mar :  roirfung§lö§  maren  feine 
Sßaruuugeu  unb  Sßrotefte  oerljatlt  unb  bie  Deformation  fdjritt  in 
iljrem  @iege§guge  unauftjattfam  oorroärt§,  mie  fel)r  er  fid)  and) 
bagegeu  geftemmt  unb  gcmetjrt  t)atte.  ft'etn  SBunber,  roenn  nun 
bie  perfönlidje  @eretgtc)ett  bi§  zu  erbittertem  ,"paf3,  ba%  ©efürji 
ber  (Snttäufdjung  ju  polternbcnt  ^ofjne  fid)  fteigevte.  Sebe  $rüde 
§ur  SSerftänbtgung  mar  jeM  abgeorodtjen,  unb  ßutljer  fortan  nur 
nod)  ber  inmerföl)nlid)e  geinb  unb  oerftoefte  ®e|er,  bem  gegen* 
über  jeber  2Bi|,  felbft  ber  unflätigfte,  jebe  SSeteibigung,  felbft  bie 
rol)efte,  ffrupclto*  geftattet  mar.  Ter  im  ÜDfotto  aulgefprodjene 
©runbfaj*}:  Stuge  um  Shtge,  ftafyn  um  Qafyn,  mar  jetjt  feine 
ßofung:  Sicut  fecerunt  mihi,  sie  feci  eis  inde. 

Ta§  erflärt  einigermaßen  ben  fdtjranfenlofen,  bor  feiner 
9M)eit  unb  Uuftätigfeit  jurücffdtjrecfenben  Ton  be§  ©ebidjtS, 
bei  beffen  Sfäeberfdjreiben  er  ben  Geologen  an  ben  9Jaget  ge= 
()äugt  unb  fid)  üüttig  roieber  in  ben  itngefd)lad)ten,  mil.ügen  unb 
biffigen  ©atirifer  nermanbelt  fjatte.  äßir  Ijafcen  and)  t)ier  mieber 
alle  SBorgüge  nnb  alle  Sdjroadjen  be*  einfügen  SföarrenoefdjroörerS: 


69 

bie  alte  S3üblitf)feit  unb  SSottfaftiglcit  ber  Sprad)e,  bcn  leisten 
$lufe  bcr  Reimpaare,  einen  fc^tagferttgeit,  äuenben  2Bit5  unb  eine 
uerhältniviuäiüg  gefdjloffene  Äompofition,  bie  biStteilen  6i§  §u 
bramatifdjer  Spannung  gefteigert  tft.  So  tft  jein  ©ebid)t  „oom 
lutt)eriid)en  Starren",  ba%  fid),  wie  SEBüfjclm  Scheret  einmal 
bemerkt,  felbft  neben  ipnttens  tucianifcfjen  Biologen  fehnt  (äffen 
barf,  fraglos  bie  ttrirrfamfte,  6o§t)aftefte  unb  einfdjneibenbfte  uon 
allen  Satiren,  bie  bamal§  im  Sager  bei  alten  Äirdje  roiber  bie 
Deformation  gefdmeben  roorben  finb.  Slber  aud)  bie  äRanget 
finb  liier  nicht  nur  biefelben,  tuie  in  feinen  früheren  Satiren, 
fonberu  fie  erfd)einen  hier  fogar  uod)  gefteigert.  Tenu  fo  gefdjicn 
ber  ©ntttmrf,  fo  flüdjtig  tft  %am  guten  Seil  bie  3lu§fül)rung ; 
aud)  t)ier  gerat  er  ftretfentueife  in  eine  unleiblid)e  breite,  burd) 
bie  er  ba§  epiidie  Sntereffe  ftarf  abfduoädjt;  aud)  t)ter,  uüe  fdjon 
in  ben  früheren  arbeiten,  biefetbe  Ueberbnrbuug  mit  ötu^elbeiteu, 
biefelben  ermübenbeit  Slufgäljlungen  unb  lieber Ijolnugeu.  Unb 
nod)  mct)r  al§  je  juoor  uerliert  fid)  t)ter  bie  Satire  abwärts 
ine  Unflätige  unb  Uuauftänbige.  So  mitug  einzelne  Partien 
erfunbeu  unb  ausgeführt  finb,  fo  fd)ted)ttueg  roirdo*  unb  rol)  ift 
anbreS,  bi§  er  fid)  fchdiefelid)  über  atteS  SOfcafj  unb  ßiel  (jinau* 
überfd)(ägt  in  Sad)en  unb  in  SBorteu  unb  einfach,  gemein  wirb. 
Tyiiv  bie  (Sinfteibung  boten  il)in  bie  L521  erfd)ienenen 
Sd)riftd)en  eines  DrbenSbruberS,  bie  „gfünfgeljn  58unbeS= 
genoffen"  beS  JranjiSfanerS  Sodann  (Sberliu  uon  ©ünj* 
bürg  eine  uullfoiiimene  .vutnbbabe.  Tiefer  liebenemnirbige  djriftlidi 
fokale  SBotfSprebiger,  bem  unter  ben  ^Ingfdjrifteu  'Hittoren  jeuer 
läge  eine  ganj  eigentümliche  unb  fcjödjft  bebeutfame  Stellung 
jufotnmt,  baue  in  feinen,  unter  jenem  Jitel  /mfammengefamen 
Straftaten  mit  @ifer  unb  SBerftänbniS  alle  (Srfdjeinungen  beS 
tird)lid)en,  politifchen  unb  jovialen  ßebenS  berührt  unb  eine  ,"yiiüe 
non  Wcforniuorjchlagen  auSgefprodtjen,  bie  fdjeinbar  plan*  unb 
jufammenljangSioS,  bennod)  ber  inneren  Sinfjeit  unb  Coefcbloffcn 
beit  nid)t  ermangelten.  (Sr  gefeilte  fid)  bamit  afö  Stufer  im 
Streite  ,m  ßutfjer  unb  .vmtten,  gleid)  ihnen  erfüllt  uon  beut 
©ebanfen  ber  nationalen  Unabbangtgtcit  2)eutfd)lanb8  uon  9ftom 
unb  gang  erfüllt  uon  .vwfe  gegen  bie  römifdje  Habgier  unb  Vhiv 
bentnngepolittl:   ganj   ein  Wann    ber   euangelifd)en  Freiheit   unb 


70 

ganj  erfüllt  non  Siebe  für  ben  flehten  ÜRann,  für  bie  Ernten 
unb  (Sienben,  unb  barum  ein  rüftiger  Kämpfer  ebenfo  gegen  bie 
geifttidje  Tnrannei  tote  gegen  ben  brutalen  ^enbati§mn§  ber 
mcfttid)en  Ferren.  @r  mirb  nxdt)t  mühe,  feciale  Reformen  §u 
prebigen,  nm  ber  fokalen  SReöolution  üor^nbengen,  ba  e§  bod) 
beffer  märe,  „mir  reformierten  un£  f  eiber,  benn  baft  ber  &arft= 
I)an§  e§  ttjue".  (Sr  mirb  nicht  mübe,  bie  ^ßfticrjt  unb  ben  Slbel 
perfönlicfjcr  Arbeit  51t  betonen,  ba  roer  nid)t  arbeiten  motte,  audj 
nidjt  effen  folle.  2ßa§  jebod)  Turner  in  ben  „33nnbe§genoffen" 
am  meiften  erbittert  tjaben  mod)te,  mar  bie  ©ctjörfe,  mit  ber  fid) 
(Sberlin  mieber  unb  mieber  gegen  bie  33ettelmöncfje  menbete.  @r 
redjnet  au§,  ma§  fie  Teutfdjtanb  järjrtid)  foften;  er  ttagt  über 
bie  Uufummen,  bie  fie  mit  allerlei  erbidjteten  SSunberersäfjtungen 
bem  93otfe  $u  entlocfen  miffen,  unb  giebt  ber  Hoffnung  Sln§brutf, 
$>a$  ber  ®aifer  fie  atlgemad)  merbe  anwerben  taffen.  @r  fdjilbert 
ifre  unt)eilige§  fölofterleben  unb  beanfprnd)t  für  ben  ©taat  ein 
am§gebetmte§  ?(uffid)t§red)t.  @r  mit!  Eintritt  roie  Slnstritt  unter 
ftaatlirfje  Kontrolle  geftetlt  miffen  unb  öerlangt,  ba$  jeber  ?(u£= 
tretenbe  alsbatb  in  ben  Holten  ($ennf$  fämttidjer  bürgerlicher 
$Red)te  gelangen  fotie.  Gsr  mitl,  ;baf5  in  feinem  Mofter  mefjr  ber 
SBettel  gcbnlbet,  fonberu  in  allen  gearbeitet  merbe.  ©r  roarnt 
bie  ©Item,  itirc  STöditer  in§  Softer  §u  fted'en,  unb  mat)nt  fie, 
biefelben  baheim  arbeiten  unb  beten  ju  teuren,  Qsr  flagt,  roie 
über  aüerrjanb  änfserlid)em  ©ottcöbienft  öon  ben  Orben  ber  red)tc 
djriftlidje  ©otteäbienft  unb  bie  gürforge  für  bie  Sinnen  uerfänmt 
merbe  nnb  mahnt,  bie  Äan^eln  au§  „©djmal^grnbeu"  ber  SJiöndje 
in  ^flan^ftätten  ccf)t  djriftlidjcu  ßcbenö  um^nmanbetn.  Unb  er 
bleibt  nid)t  bei  ber  Ärttif  fteben,  fonbern  legt  ben  oollftänbigen 
©ntmurf  einer  ftird)en=  nnb  ©emeinbeorganifation,  fomie  ben  *ßtan 
einer  Drganifation  be§  öffentlichen  £eben§  bor,  bie  beibe  in  burd)= 
au§>  mafmolleu  (^ren^cu  bleiben  nnb  beutlid)  befnnben,  mie  bei 
il)in  ein  fdjmnngtiolter  3bealismu§  mit  gefunbem,  praftifd)cn 
^tenfdjennerftanb  iganb  in  /panb  ging.98) 

Tiefe  „günfaehn  £htnbc*genoffcn"  gaben  SKurnet  bie  Sbee 
für  bie  (Sinfleibnng  feiner  Tid)tnng.  Tie  (Srfinbung  mar  nie 
feine  ftarfe  ©ehe  gemefen,  tnclnicljr  liatte  er  nod)  immer  eine* 
23orbilbe§  bebnrft,  an  ba§  er  fid)  l)atte  anlehnen  tonnen.     Unb 


71 

fjiet  nun  toat  il)iu  ein  fef)t  glüdüdjcr  ©ebanfe  geboten  morben. 
(5r  fonnte  bie  Iutt)erifd)en  33unbe§genoffen  aufbieten  unb,  nadjbem 
er  fie  mobil  gcmadjt,  eine  Strt  .s>erfd)au  über  fie  abmatten,  um 
in  biefer  ^orm  bie  öerfdjtebenen  (Slemeute  ber  Deformation  gu 
djarafterifieren.  Unb  ba  fein  populärfter  £itet  ber  be§  Darren= 
befdjroörerS  mar,  fo  lieft  fid)  ja  and)  biefe  Dolle  mit  leidjter  ÜDülje 
bamit  oerbiuben.  @r  befctjluor  ben  großen  lutt)erifd)en  Darren  unb 
fdiuitt  ifmt  au§  feinem  Seibe  alte  bie  f leinen  Iutt)erifd)en  Darren 
ticrauÄ,  um  fie  bann  at§  Sutfjerä  SBunbeSgen offen,  mit  bem  83unb= 
fd)ut)  oorau,  il)re  §etbentf)aten  oerrid)ten  31t  taffen. 

S5em  eigentlichen  25ratna  fcfjicft  er  junädjft  einen  Prolog 
in  Sßrofa  oorauf,  morin  er  nodjmate  auf  feine  antireformatorifd)e 
Sdjriftftetlerei  rjinmeift,  in  ber  er,  mit  allem  Defpcft  oor  ben 
©tjren  unb  üEßürben  ber  Sßetfon,  SutljerS  ©faubenSänberungen 
befämpft  I)abe.  Die  fei  e§  it)in  babei  in  ben  ©inn  gefommen, 
irgcnb  jemanbeu  auf  (Srben  perfönlict)  51t  beteibigeu.  iiutrjer 
jebod)  l)abe  fein  SOätrcbeu  feljr  übel  aufgenommen  unb  mit 
uutoal)rl)aftigen  Sdunübuugcn  unb  fpöttifdjer  SBeränberung  feines 
nätcrttdjen  Damens  barauf  geautmortet.  Ungäljtige  uamenlofe 
Sbüdjerfdjreiber  feien  feinem  Seifpiele  gefolgt;  fie  l)ätteu  il)m  ütel 
Sdjanbe  unb  Softer  nadjgefagt,  t)ätten  il)n  für  be§  fßctpfieS  ©eiger 
ausgegeben  unb  eine  föafje  unb  einen  SDradjcn  au§  ilnn  gentadjt, 
fo  baft  faum  ein  ©lieb  au  feinem  Seibe  fei,  ba§  fie  nidfjt  befdiricbeu 
unb  oerfpottet  l)ätten.  £a  nun  bei  jebem  Spiet  ein  ÜJiündj  fein 
mitR,  ob  man  ilm  fd)ou  ba§u  malen  muffte,99)  unb  er  mot)l 
merfe,  baft  [in  biefetn  Spiel  er  biefer  äftöndj  fein  falle,  fo  motte 
er  nun  mirtlid)  einmal  ber  SJcurnarc  ober  Darr  fein,  afö  ben 
fie  irjn  überall  gefri)itbert  t)ätteu.  iliur  bäte  er  jebermanu,  il)iu 
biefeS  iMitdj  uidjt  anf.muutUen,  ba  er  felbft  am  beften  miffe,  bau 
e§  eigentlich  feinem  Staube  unb  feinen  (Sl)ren  niri)t  angemeffeu 
fei.  2Botte  mau  itm  aber  mit  ©etoalt  JU  einem  grofcmüdjtigen 
Darren  niarben:  nun  gut!  fo  wolle  er  feine*  2tmte2  malten  unb 
in  ber  Darrenrappe  feine  ÜWeinung  fagen.  Seine  Oebulb  fei  \u 
JU  (Snbe,  beim 

s.Uian  trit  o ff  einen  linirm  fo  fang, 

Sötft  ba»?  fid)  friinipt  ein  folrfter  frdlan^; 


72 


Gin  fijelftein  mu§  für  betragen, 

Wan  er  $u  r;errüct)  tuürt  gefcr^tagen.  .  .  . 

ober,  toie  e§  im  fedjften  Stüfdtjmtt  Reifet: 

23ua)  ttmb  bud;,  id)  ix>i£  mid;  red;en, 
&nb  fie  mit  bücbjin  t>beifted)en, 
Stab  fordet  fie  gar  nit  tnnb  ein  fyar, 
sJierrifd;e  toar  ömb  nerrifcfye  toar.  .  . 

■Jhtnmetjr  nimmt  bie  Öefdjtüorung  be§  grofeen  lutr)erifcf)en 
Darren  ifjren  Stnfatig.  tiefer  ift  riefen^aft  oon  <5>eftatt  mit 
mädjtig  gefcrjrootlenem  Setbe,  beim  barin  fteden  alte  Diejenigen, 
bie  mit  irjrer  neuen  ^eiligen  (Stfjrift  5lufrut)r  entjünbet  unb  ben 
93unbfd)itf)  aufgeworfen  rjaben.  3un&(§fi  narürftdt)  Diejenigen, 
bie  ifjn  fetbft  jur  ®a£e  unb  gum  Sradjen  gemadjt  unb  ifm  in 
jarjtlofen  anonmnen  ©djtnäljfdjriften  üerfcf)impficvt  fjaben.  3m 
Raupte  bes  Ungetüms  fiijen  bie  geteerten  Darren,  nämltcr)  bie 
eoangetifetjen  Sßrebtger,  bereu  ^ßrebigt  t)auptfäd)ltcr)  in  ©djmälmngeri 
gegen  ben  'papft  beftef)t,  unb  bie  nid)t§  anber§  ttjun,  al§>  ba%  SSotf 
gegen  bie  Düngfeiten  aufr)e£en.  3n  ben  Xafdjen  fteden  bie= 
jenigen,  bie  oor  allem  barauf  erpietjt  finb,  bie  ®Ioftergüier  an 
ftdf»  ju  reiften  unb  Söiftfjöfen  unb  föarbiuäten  it)r  @ut  p  rauben ; 
jene  ptjantaftijdjen  9carren,  bie  oon  ©ütergetneinfdjaft  träumen 
unb  fidt)  einbilben,  fie  fönnten  bie  Strmut  au§  ber  Sßclt  fdjaffen. 
Xie  allerjdjlimmften  jebod)  ftecfen  in  bes  Starren  Sandte,  näintict) 
bie  fünfäetjn  SBunbeSgenoffen  ©Berlins,  bie  nun  einer  nad)  bem 
anberu  üorgenommen  unb  oerr)öf)nt  merben.  (Sdjritt  für  ©djrttt 
folgt  SJhirner  jenen  $tugfd)riften  mit  feiner  beifsenben  ftritif,  in  ber 
Sel)re  unb  SBnnbel  ber  ©oangelifdjen  in  auSgic'bigftctu  äJtofje  mit 
§ol)n  überfdjüttct  mirb.  |)attc  (Sberlin  im  fünften  93unbeS= 
genoffen  bie  Dbrigfeit  erntafjnt,  ben  „*ßrcbigtftu()t  $u  reformieren", 
fo  giebt  nun  äJhmter  eine  giftige  ©djüberttng  ber  alfo  reformierten 
^ßrebigt:  man  folle  nur  prebigen,  loa*  bie  Acute  gerne  Ijören, 
nämlid)  baft  mau  ber  9fctcr)en  ©elb  unb  ©ut  teilen  motte.  2Son 
£>ötte,  STeufet  unb  Fegefeuer  fei  fortan  feine  SRebe  mcljr,  bamit 
ber  armeßSÖJann  in  ber  ®ird)e  ja  nidjt  erfdjretft  merbe.  .parte 
(Sberliu  ferner  beutfdjen]  ©otteSbienfi  unb  beutfdje  ©djriftcn 
für  ben  gemeinen  ÜJiann  geforbert,  fo  tjötjut  SDhtrner :  „Watürtid), 
benn  tote  diel  beffer  läfjt  fid)  auf  beutfd)  fpotteu  unb  fdjimpfen! 


73 

SBenn  il)r  ben  2>oftor  äfturuer  befd^impfen  mollt,  roie  titele 
fd)öne  SluSbrücfe  giebt  e§  ba,  bie  fid)  tatetntfd;  gar  ntdjt  roieber= 
geben  (äffen !  SEBie  trollt  üjr  beifpielsroeife  SJhtrmautu  latinifieren 
ober  Scfjmutjfolb  ober  ^tppenbnb?  SBir  fdjreiben  beutfd),  bamit 
jebe  25orfme|e  un§  lefen  fann".  (5r  gloffiert  ©Berlins  Slnnuort 
auf  bie  Ofrage,  tute  orbuen  wir  unfer  Sebett?  mit  fjeftigett 
StuSfätten  gegen  bie  (Stiangetifdjen,  bie,  nadjbem  fie  s$apft  unb  @eift= 
tidjfeit  „reformiert"  tjaben,  nun  auefj  Äatjer  unb  meltlidje  Dbrigteit 
in  gleidjer  SBeife  „reformieren"  rootlen.  £mtte  ber  groötfte  23unbe§= 
genoffe  für  bie  anStretenben  äRöndje  ftaattidjen  @djn|  unb  für 
ben  f^all  irjrer  Verheiratung  getüiffe  SBergünftiguttgen  erbeten, 
fo  roitjelt  ÜÖfttraer  über  biefe  „neue  Crbnung" :  jeber  üöürger 
muffe  oerpflidjtet  werben,  ben  ausgetretenen  ÜDiöndjen  unb  Tonnen 
in  feinem  ^aufe  Sßofmung  anzubieten;  ber  ©crjultrjcifs  unb  bie 
Cbrigfeit  müRten  51t  ifjren  ©ienften  fteljen,  fie  mit  Wt)einmein 
unb  äftatüafier  traftieren,  üjnen  Äudjen  baefen  unb  ifmen  auf 
jcglicrje  3Beife  ein  tiergnüglidjeS  ^eben  bereiten: 

San  fie  fein  alle  bot  geiüefen, 

bie  bom  bot  fein  tuiber  genefen, 

3Son  boten  fein  jum  leben  gedrungen. 

Unb  über  (Sbertin*  klagen  über  ben  .Jpeiligeubienft  enblid) 
fpottet  er:  bie  Ijöfgernen  ^eiligen  feien  Jnenigftenä  gut  311  93renn= 
t)ot§,100)  unb  aud)  bie  Wotl)elfer  feien  nidjt  §u  öeradjten,  fall* 
fie  oon  ©olb  ober  Silber  feien,  ba  man  fie  bann  boefj  31t  ©elb 
meufjen  tonne. 

SRadjbem  alle  biefe  Warreu  glürflid)  ans  XageSlidjt  tieförbert 
tuorben  fiub,  rürft  baS  reifige  gufjtiolf  be§  lutljerifdjen  SunbeS 
l)erau.  Seine  lat'ttt  ift  eiufad),  jeben,  ber  nidjt  feiner  SÜceinuug 
ift,  tierädjtlidj  ju  madjen.  S5en  Sßatift  fd)impft  mau  ^luttcfjrift, 
ben  Üöhrraer  ÜDhtrnarr  ober  .SiaUe,  SBifdjöfe  unb  Prälaten  SEtioftaten, 
Sßriefter  ©fei  unb  Delgöfcen  unb  tierfolgt  alte,  bie  nid)t  httlierijd) 
fein  motten,  mit  anontraten  3d)iual)fd)rifteu  .S)rei  <yal)iieu  flattern 
beut  lutl)erifd)en  §eerljaufen  uorau,  ber  tum  beut  Sßittenberger 
Sfööndje  ofö  SBnnbeSfjauptmann  geführt  wirb:  ein  gäfmtein  fürs 
^-ufwolf,  ein«  für  bie  Weiter  unb  eins  für  ben  Erofc.  $)a8  erfte 
ift  baä  Soangeliunt,  baZ  ba  let)rt,  (Stiftungen  umftofteu,  ftlöfter 
^erbredjeu   unb  bie  Steffen  abttjuu;  ba3  jtoeite  trägt  bie  "utfdjrift 


74 

„djriftlidje  ^freifjcit",  bie  tum  beichten,  Beten  unb  faften,  SDZeffe 
t)ören  unb  guten  SSerlen  entbinbet;  baS  brüte  enblid)  ift  bie 
Sßafjrrjeit,  ba  ja  mcmnigltdj  miffe,  bafc  Sutrjer  nodj  niemals  eine 
Süge  getrieben  ober  gerebet  rjabe,  unb  olle  Sutfjerifdjen  ber 
Süge  tum  .fjerjen  fcinb  feien. 
Slber: 

günffjefyen  fned)t  tinb  brei  ju  xo% 
mit  folgern  lumpenmercf  unb  trofj 
ift  fürwar  nit  gnug  311m  ftreit, 
mir  muffen  Ijaben  me  ber  leut 

—  unb  fo  muB  benn  nodunalS  ber  grofje  jftarr  baran  unb  altes 
fjerauSgeben,  roa§  an  unb  in  feinem  Seibc  Herbergen  ift.  Unb 
fietje  ba:  an  einem  gufte  trägt  er  einen  ©tiefet,  am  anbern  einen 
Sunbfdjur),  §rüei  £inge,  bie  natürlid)  in  bem  lutf)ertfdr)en  £)eer= 
rjaufen  nirfjt  fehlen  bürfen.  ©rünblid)  roirb  SBruber  ©tiefet,  baS 
„fdjröarjbraune  SiDtöndjleitt'',  baS  „üon  trüber  SSeit  gefungen,"  bat 
auSget)ül)nt,  unb  ber  SBunbfdjur),  ber  baS  Sßunber  boHbringt,  bie 
Sßelt  in  ein  ©djlaraffenlanb  um^uroanbetn,  bem  23unbeS()auptmann 
ausgeliefert.  Unb  als  bann  cnbüdf)  gar  nodj  ber  ®arftr)an§ 
jum  SBorfdjein  fommt,  unb  SDfurncr  bem  Darren  au§  ben  Dtjren 
ben  ganzen  großen  Raufen  jener  Sutrjerifcrjen  fjerauSgefdjnitten 
bat,  bie  mit  ©ebet  unb  ^aften,  mit  SO^effc  unb  Fegefeuer  nidjt§ 
merjr  51t  fdjaffen  t)abeu,  ba  ift  enblid)  ba§  tutberifdje  &riegS= 
fjeer  öoUgäijtig  unb  fann  nun  mit  ftatternben  $ar)ncn  in§  $elb 
rüden. 

©ein  erfteS  ^elbenftüd  ift  bie  gerftürung  eines  ÄlofterS, 
auS  bem  afle  golbenen  unb  filbernen  ©eräte  geftotjlen  merben, 
bie  als  ©otb  für  bie  tapferen  ftriegSteute  bienen  muffen.  Sßeniger 
erfolgreich  ift  ber  jtoeite  ©türm  auf  ein  oertaffeueS  ©djtoft,  ba 
liier  ben  Siegern  uidjts  ats  eine  ©au  ats  Sßeute  in  bie  $änbe 
fällt.  Unb  in  biefem  SDäfjerfolg  mittern  bie  SöunbeSgenoffen  eine 
Xitde  sDiurnerS,  ba  biefer  S3öfetDtdt)t  fortroäljrenb  barauf  finuc, 
bem  Sutrjer  Sdjanbe  angutjängen.  ©ie  befcrjliefcen  beSrjalb,  it)n 
ju  belagern,  beim 

Sl>an  mir  ben  finb  erobert  fyant 
San  nimpt  erft  ünfer  bunt  beftant. 


75 

9((te  bisherigen  Sßerfudje,  ir)n  unfdjöb(id)  §u  mad)en,  feien  (eiber 
fcf)tgefd)(agen :  fie  f)ättcn  Sdjmad)büd)(ciu  töiber  ifju  gefdjrieben, 
itm  jutn  £rad)en  gemadjt  unb  bon  ifiiu  vqßflt,  roie  er  mit 
eines  S3ürger§  2öeib  im  fttofter  (Sbebrud)  getrieben  Ijabe ;  er  aber 
(adje  nur  barüber  unb  rechne  fid)  gor  itjre  gctnbfdjaft  jur  (Srjre 
an.  9tun  jebod)  fall  es  iljm  ernfttid)  an  Stopf  unb  fragen  gefeit. 
6r  mirb  belagert,  unb  Sutljer  freut  ficf)  fdjott,  ben  Söget  im 
ftäfig  $u  fyaben.  3(ts  $Umbcsf)auptmann  ermahnt  er  itm,  jeben 
Söiberftanb  aufzugeben,  bod)  sDhtrner  tadjt  ber  Ü0ca()nung  unb 
forbert  bas  ftriegsrjeer  r)ö()nifd)  auf,  nur  immer  tapfer  anzugreifen. 
(Sr  fjabe  benu  bod)  einen  größeren  üButtb,  nämlid)  bie  gange  grofre 
(Sfvriftentjeit,  tjinter  fid),  fo  baf?  er  fid)  üor  it)rcm  SDrofjeu  nidjt 
gu  fürchten  braudje. 

3Mefelbig  gemein  fyat  übergeben 
ÜJiir  bas  jcblojj  ju  Rieten  eben, 
Sa^  tritt  tcf)  tfyun  ju  aller  ftunb, 
©o  lang  mein  atfyem  gat  t>om  murtb. 

£)odj  £utt)er  rät  nodjmats  jur  Unterwerfung.  (Sr  giebt 
gu,  baß  SDhtrner  Ojrunb  rjabe,  fid)  über  bie  anonymen  8d)iuiif)= 
fd)rifteu  ju  bettagen,  mit  betten  and)  i()m  felbft  ein  fdjtedjter 
SDienft  gefcfjerjeu  fei,  ba  fie  nur  bagtt  beigetragen  fjätten,  feine 
<Bad)t  anrüd)ig  %xl  mad)en.  Slbcr  ÜDhirner  fotlc  bebenfen,  baf? 
(Srjriftus  felbft  in  feinem  93ttttbc  fte()e,  unb  bab  barum  jeber  2ötber= 
ftaub  tt)örid)t  unb  nut$tos  fei.  Mein  ber  23e(agerte  lafct  i()it 
nod)mals  abblitzen,  ©ä  Ijanble  fid)  jetU  uid)t  mein-  um  2öort- 
gefegte.  @§  fei  if)in  je|t  oöüig  gleidjgültig,  ob  Stttlier  jener 
©djanbfdjriften  fid)  fd)äme,  benu  baburdj  toerbe  ©efd)ef)enes  nid)t 
nngefd)et)cn  gemadfjt  (St  fei  entfd)toffeu,  fortan  mit  gleichem 
SKafce  zu  (ol)nen  unb  erft  toettn  biefe  SRedjnung  quitt  fei,  föuue 
er  güttid)  mit  fid)  ()anbeln  (äffen. 

(So  ferjrt  benu  Sutfjer  unöerridjteter  ©adje  &u  ben  ©einigen 
Zitrürf  unb  berid)tet  Heinlaut  bas  SRefuttat  feiner  Serbanbtnngen. 
(Sr  oert)cl)lt  and)  i:id)t,  bafj  er  gegen  ein  ernftlidjeä  Sorgeben 
SBebenfen  babe  unb  ftnbet  bovin  bei  ©ruber  Seit  Unterftüming, 
ber  bringenb  beut  nodjmaligeu  öerfudje  einer  gütlidjen  Vereinbarung 
bas  SBort  rebet.  sKud)  bie  übrigen  ftinunen  bei,  moranf  benn 
Butler  fid)   nodjmats  auf   ben  2Beg   niadjt,    um  uunmebr   beut 


70 

gfranjtefcmex  borjuftfilagett,  er  fotle  lutljertfdj  »erben,  wofür  irjm 
fintier  §um  ßofjue  feine  £od)ter  jum  SSeibe  geben  motte. 

$amit  beginnt  ein  neuer  2lbfd)nitt  be§  tollen  ©piel§,  baZ 
nun  immer  giftiger  unb  friooler  ttnrb.  ?ü§  Turner  jene  üon 
ben  iöunbeSgenoffen  befdjtoffenen  SBorfdjtäge  erfährt,  erfrört  er 
fid)  mit  bem  §iueiten  otjue  roeitere§  einoerftanben,  mätjrenb  ifym 
bie  ^orberung  be§  2utt)erifd)merben§  jundc^ft  nod)  S3ebenfen 
öerurf  ad)  t.  ^ebenfalls  muffe  er  oorfjer  genau  toiffen,  ma§  cigent= 
lief)  ba%  luttjcrifd)  fein  31t  bebeuten  t)at.  Sutrjer  ift  natürüd) 
flug§  bei  ber  ipemb,  ifm  über  ba§  Sßefen  be£  „luti)erifd)en 
Drben*"  aufguftären.  (Srfttid)  gelte  e£,  ben  ^ßapft  als  SIntidjrift  §u 
oeracrjten  unb  bie  33ifd)bfe  mitfamt  bem  ganzen  prieftertidjen  ©taube 
51t  oertadjen.  SKan  bürfe  juiu  anbern  roeber  faften,  nod)  beidjten, 
nod)  beten  unb  meber  päpfttidjes  nod)  faiferüdjes  5Red)t  adjten. 
Qtaa  brüten  muffe,  mer  tutrjerifd)  fein  motle,  bie  9Jceffe  für  eine 
(Srfinbung  bes  Teufel*  galten,  bie  ©aframente  oerad)ten,  &ird)eu 
unb  Softer  [türmen,  bie  .'peitigenbilber  ^erftüren,  auf  9Jcond)e 
unb  Pfaffen  fd)impfen,  unb  alles,  mas  je  an  ,3mietrad)t  in  ber 
$ird)e  geroefen  ift,  auf*  neue  an§  ßidjt  ^erren.  91uf5erbem  muffe 
man  baoon  überzeugt  fein,  baf$  £utt)er  allein  bie  2öat)rt)eit  fage 
unb  alle  übrige  Sßett  nid)t§  als  Sügen  rebe.  2lud)  ber  33unb= 
fd)ul)  fei  auf  feiner  ©eite,  ber  alle  s$faffengüter  an  fid)  reifte 
unb  bem  Kaufmann  bas  ©eine  ftefjte. 

9hm  Ijab  icp  murnar  bir  gefeit 
2Ba§  onfer  orben  uff  im  treit. 
Sßiltu  nad)  bifer  reget  leben, 
©0  mit  id)  bir  mein  bocfyter  geben, 
9hm  meref  ba§  rool  r>nb  antiiuirt  eben. 

darauf  9Jhtruer : 

löo£  leidmam!  t>a§  fein  frülicfye  mer, 
3)er  orben  ift  mir  nit  311  fdjtoer, 
©ein  bie  artidel  euioer  orben, 
©0  mer  id;  lengft  ein  a\>t  brin  toorben. 

t*pätte  er  baS  oorljer  gettmfit,  fo  mürbe  er  fid)  überhaupt  niebt 
gefperrt  fjaben,  bod)  l)abe  er  immer  gemeint,  baft  futljerifdj  fein 
eine  fdjroere  53ürbe  fei ;  i)abe  gemeint,  bafj  ßutfjers  ?(ut)äuger  ein 
apoftolifdjes  ScBen  führen  müfeteu  unb  nid)t£  al§  lautere  äöafyrtjeit 


77 

reben  bürften  unb  bafe  fie  cor  ollem  einen  fo  ftarfett  (glauben 
(laben  müßten,  bafe  fie  ber  guten  Söerfe  entraten  tonnten.  3enen 
Crben  aber  molle  er  tapfer  annehmen  nnb  barin,  menu  ifjm  bie 
2od)ter  mürbe,  balb  ber  Srfte  fein.  9?ad)bem  Sutrjer  nod)  gefpottet, 
bau  er  il)n  für  gefd)eiter  gehalten  baue,  macfjt  fid)  9)htrner 
nunmehr  an  bie  £od)ter  tjeran,  fjofiert  il)r  nnb  fingt  ben  berüc£)= 
tigten,  burte§f  ironifchen  Öaffenbauer,  beffen  (Strophen  mit  bem 
Refrain  „SparnüBtin"  enbigen.  G§  mirb  benn  auch  alöbalb  bie 
.£od)3eit  jugerüftet,  nadjbem  £utf)er  it)m  junor  nod)  au§einanber= 
gefegt  t)at,  bafe  bie  @t)e  !ein  Saframent  fei,  unb  bie  2utl)erifd)en 
bie  Slje  nur  mit  gutem  ©ffen  unb  Xrinfen  einpmeiben  pflegten, 
mesbalb  er  alle  s^faffenfrauen  unb  biejeuigen  Pfaffen,  bie  SBeioer 
genommen,  eiugetaben  l)abe.  3n  Sau§  unb  23rau<?  unb  bei 
luftigem  Zan^  mirb  bie  öocfoeit  gefeiert;  ba§  (Shcpaar  §tet)t  fid) 
guriuf,  unb  nun  entbecft  üJhmter,  ba$  bie  Sodjter  am  (Srbgrinb 
leibet,  roesf)alb  er  fie,  ba  ja  bie  ©t)e  fein  Satrament  ift,  mit 
Schimpf  unb  Scfjanbe  mieber  baoonjagt. 

9Jcit  biefem  ct)nifd)en  (Sffeft  l)ätte  bie  3)tdjtwtg  abfdjliefeen 
tonnen ;  bod)  SDhirner  tjatte  ba§  93ebürfni§,  nod)  meiter  im  Sd)mu£ 
§u  mittlen,  unb  fo  flidtc  er  nod)  ein  paar  Äapitel  an,  in  benen 
er  junädjft  2utt)er§  ©nbe  ebenfo  poffenl)aft  tote  unanftänbig 
fd)ilbert  unb  enblid)  aud)  ben  grollen  lutl)erifd)en  Darren  felbft 
ba$  $eitlid)e  fegnen  läfet.  Miller  2öit$  mar  fd)on  oorber  betpufft, 
unb  fo  bleibt  f)ier  nid)ts  al§  bie  naefte  ©emeinl)eit. 

l'cit  fd)ouung^tofem  ^pol)ne  l)attc  ÜJhmtet  l)ier  mit  feinen 
©egnern  eine  (Meneralabrecbuuug  gehalten.  Hub  mandjer  glüd'lidie 
unb  fted)enbe  2Bil3  mod)te  ja  morjl  bie  Sachet  auf  feine  Seite 
^iel)en,  aber  bod)  ift,  tro|  mand)er  gelungenen  ©injefljeit,  bev 
®efamteinbrud  ber  Satire  -  -  wobei  bie  Tenben^  natürlich  gattj 
aufeer  9ted)uung  bleibt  —  nur  menig  erfrenlid).  sJtid)t  ettoa 
nur  megen  ber  jafjlreidjeti  Wobeiten  nnb  (Gemeinheiten,  fonbern 
oor  allem  beSfjalD,  toeil  man  aud)  bier  toieber  nirgenbS  ben 
(Sinbrurf  geminneu  fann,  bafc  all  ber  Spott  nnb  .vmlm  mirflid) 
ber  tCuSflujj  einer  inneren  (Srid)ütteniug  ift  nnb  bau  er  einer 
©efiuuung  entfpringt,  bie,  too  eS  fiel)  um  einen  Mampf  um  bie 
beiligfteu  (Müter  baubell,  [djtiefjttdj  jebe  SBoffe  :,u  abeln  iml'taube 
ift.    Mentbalben   eine  lüifige,   polterube,   feifeube  Negation,  aber 


78 

nirgeubS  eine  Kate  pofitioe  religiöfe  (Stellung;  nirgenbs  eine 
grofje  leitenbe  begeifternbe  Sbee,  fonbern  nur  ein  t)öt)nifd)eS 
3Bi|eln.  äBofjl  pftan§t  er  bem  reüotutionären  lutt)erifd)en  Banner 
gegenüber  baS  ber  alten  Äirdje  auf,  baS  er  gu  ftfjirmen  getobt 
bi§  junt  le|ten  Sltemjuge,  aber  mie  matt  ift  feine  SSerteibigung 
ber  brei  Snfdjriften  biefer  gafme:  Sßat)rt)ett,  (Soangetium  unb 
greifet!  £>ie  Sßaijrfjett  fei  fdjon  feit  fünfeet)nf)unbert  3af)ren 
bei  ber  „gemeinen  £t)riftent)eit"  unb  tiefe  allein  f)abe  ju  erlennen, 
ttiaS  2öat)rr)eit  ober  Süge  fei,  nidjt  aber  jeber  beliebige  ^rebiger; 
bei  it)r  allein  fei  aud)  baS  (Süangelium  unb 

2Bcm  fie  baffelb  ntt  l)at  empfohlen, 
2)er  f)at  e§  ttnffenlicö.  geftolen;  — 

unb  fie  enblidj  tjabe  aud)  allein  bie  tnarjre  cfjriftlidje  $reit)eit, 
mätjrenb  baS,  roaS  bie  Sutljerifdjen  fo  nennen,  nichts  als  3tuf= 
feffigfeit  gegen  bie  Dbrigfeit  fei,  fo  „mie  ber  Dd)S  baS  3od)  oon 
fid)  wirft." 

Unb  biefer  teuere  ©efidjtSpuntt  ift  awd)  t)ier  in  feiner 
Sritif  roieber  allein  entfdjeibenb.  $>ie  allein  SluSfdjlag  gebenben 
religiöfen  fragen  fd)iebt  er  furger  §anb  bei  (Seite,  beim 
bafür  fetjtt  ifjm  jebeS  Organ,  unb  feine  Stenben^  ift  auSfdjliefelid), 
mie  fdjon  in  feinen  antireformatorifdjen  Sdjriften,  barauf  geridjtet, 
Sutfjer  at§  politifdjen  SReootutionär  51t  bemusteren,  ifm  für  ben 
33unbfd)uf)  üerantmortlid)  311  madjen,  ben  aufrürjrerifdjen  ®arftt)an§ 
als  ben  eigentlidjen  tutt)erifd)en  33unbcSgeuoffen  Ijiujuftellen.  @S 
ift  mit  baS  boSljaftefte  Kapitel  beS  ©ebidjtS,  in  bem  er  fdjilbert, 
mie  Sutljer  oor  beginn  beS  ftriegSäugS  „ben  Sunbfdjul)  fdjmiert", 
ba,  toettn  man  il)n  ben  ßeuten  in  feiner  matten  ©eftalt  geigen 
wollte,  uiemanb  auf  ben  Seim  geljeu  mürbe,  ©arum  eben  muffe 
man  it)n  „fdjmieren",  b.  I).  ben  Seilten  altes  möglidjc  uorreben: 
tote  fie  ein  fo  etenbeS  ßeben  führten  unb  mie  baS  nun  alles 
beffer  merben  folle.  Sitte  ßötte,  (Steuern  unb  Saften  füllten  ab= 
gefdjafft  merben;  fein  Sauer  folle  mel)r  „Öhttt"  geben  unb  mir 
alle  mürben  31t  Pfaffen  unb  (Sbelleuten.  Unb  fei  bie  ©adje  erft 
fo  teder  gemadjt,  bafj  ben  Seuten  ber  Söhrnb  toaffere,  bann  fomme 
ber  Sutljer  OoßenbS  mit  feineu  liftigen  Lebensarten  oon  ber 
djrifttidjcn  greiljeit,  prebige  ßerftören   unb  Sßlünbera  ber  Älöfter 


79 

unb  ©tiftnngen,  nenne  bie  ÜJceffe  Abgötterei,  fdjmürje  bie  Saframente 
nnb  madje  mit  aliebem 

2)en  fcuntfdjufy  fo  öol  ferner, 
21I€  ob  er  tuter  sucfer  toer. 

&a§  ©tärffte  jebod)  mar  bie  53efd)impfung  ber  (Sfjc,  bie 
SOhirner  l)ier  at£  legten  Trumpf  gegen  bie  Deformation  anspielte. 
£)atte  bod)  Sutljer  gerabe  in  fester  geit  ben  ßobpreifern  ber  @t)e= 
lofigfeit  gegenüber  meljrfad)  über  bie  ©t)e  geljanbelt  unb  gerabe  ben 
au§  bem  Ätofter  Ausgetretenen  mieber  unb  mieber  zugerufen, 
bafi  bie  (Sfje  ©otte3  Sßitle  fei.  3m  gleichen  3af)re  roie  9Jairner<§ 
($ebid)t  mar  feine  Sßrebtgi  „üom  et)etid)en  ßeben"  erfdjienen  unb 
einer  nad)  bem  anbern  öon  feinen  greunben  Ijatte  bereite  bm 
©djritt  getbjan,  ju  bem  er  felbft  am  eifrigften  geraten  rjatte.101) 
Aber  eben  biefe3  £t)ema  mar  für  9J£urner3  8pott  ba§  banfbarfte 
Cbjeft;  l)ier  fonnte  fid)  feine  innerlid)e  grioolität  recfjt  mit 
33et)agen  gütlid)  tt)un,  unb  er  fjatte  gugleid)  bie  ©cnugtfjuung 
babei,  burd)  bau  Sftitfjren  an  biefeu  fjciflen  Sßnnft,  ber  ja  aud) 
Dielen  eoangelifd)  ©eftnnten  nod)  ernftlidje  Sebeufen  öerurfadjte, 
bie  Anhänger  SntfjerS  am  empfiublid)fteu  getroffen  51t  tjabeu. 
f^rei(icf)  r)atte  er  nun  aud)  feinerfeit§  auf  feine  ©djonung  metyr 
gu  rechnen  nnb  nur  511  balb  follte  biefer  nergiftete  s$feil  auf  it)n 
fetber  ^urütffdmetleu. 

äjhtrner  hatte  fid)  für  ba»  ®ebid)t  ein  faiferlid)e§  s$riöileg 
auf  fünf  Csalivc  ju  oerfdjaffen  gemußt,  aber  er  fjatte  babei  bie 
9tecf)nung  ohne  ben  ©trafjtmrger  3tat  gemad)t,  ber  nidjt  gemillt 
mar,  ba§  beleibigenbe  ^ampblet  unbeauftanbet  bnrd)gel)en  gu 
[äffen.  2)er  Xrutfev,  ^t>()ann  ©rüninger,  tarn  baburd)  in  eine 
übte  Sage.  ©d)on  ber  ©djrift  SJhtruer*  „Ob  ber  Äönig  oon 
ßuglanb  ein  ßügnet  fei  ober  ber  Sutljer"  t)atte  er  üorficfjtöjjalber 
eine  ()öd)ft  djarafterifttfdje  (Sntfdjutbigung  beigefügt:  .  .  „l)ab 
id)  .  .  .  bis  bnd)  gebrudt  in  guter  t)offniutg,  niematt  mir  fold)$ 
nerargeu  merb,  nrie  mol  mid)  etlid)  angerei  id)  fol  eS  ein  anbern 
trurfen  (äffen.  Wag  bod)  ein  lebet  fnuniuer  mol  bebenden,  ba8 
id)  mit  meiner  haubtierung  bis  önb  anbei  Irüd  mein  narung 
fud)eu  ntinV  Tseue  grobe  ©cfjrift  hatte  beim  aud)  ber  'Hat 
laufen  (äffen,    oetu  aber  berief  er,  brei  läge  nad)  Aufgabe  be8 


80 

@ebid)ts,  fümtlidje  SBudjljcinbler  311  fid)  mib  liefe  fid)  alle  nod) 
öorfjanbenen  @£cmötare  ausliefern,  bie  atsbatb  burd)  geuer 
öeraicfjtet  mürben.  SWur  menige  rjatte  ©rüninger  gerettet  unb 
erfetjte  nunmehr  in  |biefen  ba§  *ßriöüegium  burd)  eine  äljntidje 
(5nt[d)ulbigung:  äWurner  fjabe  ifmi  gugefagt,  baf;  ta§>  23üd)lein 
niemanben  fd)mät)en  folte.  „Uff  fold)§  tjab  id) . .  ba§  angcnummen, 
fo  id)  mid)  and)  trudeng  mufe  enteren,  unb  mein  fjanbel  ift. 
§8on  mir  getrudt  niemand  §u  lieb  uodj  31t  leib"  .  .I02) 

£ro|3  23cfd)lagnal)mc  unb  SBentidjtung  jebod)  mar  bü%  ©cbidjt 
genugfam  befannt  geroorben  unb  entfeffette  miber  ben  ©pötter 
eine  roarjre  glitt  ber  fjeftigften  Ausfälle.  £ie  rairffamfte,  launigfte 
unb  geiftreidjfte  (Srroiberung  mürbe  il)m  au*  23afct  51t  teil,  |mo 
ber  23ud)bruder  ^amöl)ilu§  ©engenbad)  1523  bie  „Sßoöetta" 
Verausgab,103)  eine  „mit  ladjenbem  Junior"  getriebene  Satire, 
bie  braftifd)  fdjitbert,  mie  SDftmier  öon  ber  Deformation  öerfdjtungen 
mirb.  (Sin  öon  s^obagra  arg  geplagter  Pfarrer  crgäfjtt  feinen 
©äften,  ba$  in  feiner  ©emetnbe  ein  Sauer  mit  9tamen  £arftt)an§ 
geftorben  fei,  ber  größte  Sftarr,  ber  fid)  öon  £utfjer§  ©lauben 
burd)  uid)t§  l)abe  abbringen  laffen.  @r  ttritfete  nun  gar  gu  gern, 
ma§  au3  biefem  föauj  gcmorben  fei,  ob  er  in  ben  ."pimmct  ge= 
fommen  fei  ober  ob  il)n  ber  Teufel  gcl)oIt  l)abe.  Stlidje  ,ßeit 
barauf  erfd)eint  ber  ©eftorbene  bent  Pfarrer  al§  ©eföenft,  unb 
auf  ben  9iat  eines  feiner  (Säfte,  eine3  S)oftor§  oom  ^rebigerorben, 
befdjtiefjt  ber  Pfarrer,  üDhmter  tjolen  ju  laffen,  um  ben  ©eift 
gu  befd)möreu.  3ener  SDoftor  toetfj  öon  unfrcm  gfrcmjtSfaner 
öiel  SRürjmtidjes  §u  berid)ten: 

Sn  teüfd;itanb  man  and)  überal 
©ein  leer  r-nb  ttigenb  luot  erfent, 
©en  £utcr  |>at  oud;  niemanbt  gfdient, 
3)ann  er  allein  burd;  fein  grofs  fünft, 
2)eJ5  bat  er  lvorlid)  grofscn  gunft 
Unb  nimm  Hon  aller  toält  erlangt. 

Cir  fyeifjt  ber  boctor  SOturner, 
SEQann  ir  t;n  mochten  bringen  Ijär, 
Ser  tinift  balb  tiue  er  in  folt  bfdnv-even, 
Unb  lote  er  in  folt  rcben  leren. 
2)a*  id}  ti on  imnt  gehöret  l;an, 


81 

SQBie  er  bie  narren  bfdMyeren  fau, 
5ßor  imm  aurfj  foiner  mag  beliben, 
2but  fid)  ben  narren  bfdjroerer  fdiriben. 
2111  fd>elmen  er  aud)  »r>ol  erfent, 
2>afc  er  fieb  bann  ein  meifter  nent. 

SDlurner  öemimmt  bie  SKadjridjt,  bafs  ber  ®arftt)an§  tot  [et,  mit 
großer  freute,  benn  ber  [ei  e§  geroefen,  ber  Um  am  meiften 
ge[djänbet  unb  gu  einer  $a$e  gemadjt  fjabe.  @r  geljt  beim  audj 
jur  befummlet!  $eit  mit  etlichen  ^Begleitern  auf  ben  .ftirdj£)of, 
lue»  ber  Seift  richtig  ftd)  einftetlt.  3unüd)ft  oerfudjt  ber  Toftor 
[ein  $eü,  aber  [eine  SBcfd)tuiivintc^  bleibt  toirfung§lo§.  Ta  getjt 
üKumer  ins  3CU9  un^  5tt>ittgt  ben  Seift,  SRebe  unb  ?(ntroort  ju 
fterjen.  Unb  nun  entpuppt  fid)  biefer  als  ber  grofje  lutl)ertfdie 
üßarr,  ben  [ein  ©efdjtoörer  unlängft  Begraben  fjatte ;  er  (jabe  jebodi 
nod)  feine  9\ul)e  gefunben  unb  werbe  fie  and)  nid)t  et)er  finben, 
al§  6iS  er  midjutalv  einen  Darren  r>erid)ludt  nabe.  Stm  uädjften 
sDtori}en  ftellt  er  fid)  mieber  ein  unb  nadjbem  er  mit  9)htrner 
abgerechnet,  parft  er  ir)n  rro§  allem  Sträuben  unb  uerfdjludt  ilm. 

©er  meiner  fprad^ :  o  l'hirneriin, 
Bing  nur  Jet?  bad  fparnöfuin.  .  . 
yjtit  narren  bift  bin  tag  uinbgangen 
2)ej;  ftaft  bu  je$  bin  Ion  empfangen. 
Requiescat  in  pice 
©r  beidiirert  fein  narren  me. 

Ter  Tidjter  ber  „SRoöeüa"  —  [o  bemert't  Äarl  ©oebefe  —  ()at 
m'ed)t:  bie  grofje  Söemegung  ber  SBelt  ging  über  ÜRuroer  (jintoeg 
unb  üerfdjfang  ilm  unb  [einen  öeraltenben  ^jumor. 

Tiefer  oon  ©engenbadj  angefctjfogene  Ion  flaut]  nun  in  ben 
mannigfadjften  SSariationen  mieber,  unb  noef)  in  gan$  anbrer 
SBeife  als  juoor  mürbe  SKurner  jent  in  [Jlugfdjrifteii  unb  §oIj 
fdmitten  bie  ^lelfdieibe  be3  Spottes  unb  ein  ©egenftanb  grünblidijfter 
SBeradjtung.  Sin  an*  beut  SBinter  r>~i  ftammenbeS,  Triumphus 
veritatis  lM)  betiteltem  Sdjriftdjen  jeigt  in  berber  olliiftration 
unter  ben  ,"yeiubeu  ber  Deformation  in  einem  müften  ßljor  öon 
Äuttenträgem  mit  lierföpfen  aud)  ilm  mit  bem  Äafcenfopfe  unb 
tialmt  über  ben  „SMurmau,  Dturuar",  ber  baä  2ßaufen  nidu 
laffeu  fann.  Unb  uodj  grunbtidjer  mmbe  ilmi  in  ber  aus  bem 
Sßittenberger Äreife  (jerrüfjrenben  ,A'utlieriidien  Strebfafce" lü5) 

Aaroerau,  SNurner  mit«  bie  Neformation.  i; 


82 

feine  ßäfterung  Sutl)er§  £)eimijegaf)(t.  9lud)  t)ier  baben  tüir  einen 
Xitelrjol^fcrmitt  al)nlid)en  3nf)alt§:  Cutter  rjätt  ba§  Äreug,  gegen 
bas*  ein  gegnerifdjer  .Jpaufe  Io§ftürmt,  roärjrenb  ber  ^ßapft,  feiner 
förone  oerluftig,  t)interrüct§  ju  SBoben  ftürjt.  Unter  ber  Üxotte, 
bie  roiber  fintier  in£  $etb  rüdt,  fef)lt  uatürtid)  and.)  ber  ÜJlönd) 
mit  bem  Äakenfopfe  nidjt,  bem  ein  anbrer  mit  einem  33ocf§fopfe 
(Smfer  $ur  (Seite  ftef)t.  Unb  biefe  Ummanblung  ber  (Gegner  SutfjerS 
in  STiergeftalten  oerfud)t  bie  profaifdje  Sßorrebe  fogar  au§  ber 
©d)rift  ju  rechtfertigen.  St>riftu§  nennt  bie  ^tjarifäer  nnb 
©teiSner  ©djlangen  nnb  'ißauluS  marnt  öor  fa(fcf)en  Seljrera 
mit  ben  äöorten:  „flieget  bie  |mnbe!"  3efaia§  nennt  bie  un= 
gelehrten  23ifd)öfe  „ftumme  £unbeM  unb  ätjnltdje  Seifpiefe  taffen 
fid)  in  ber  ^eiligen  ©djrift  31t  taufenben  nad)meifen.  SBarum 
f ollen  nur  nidjt  gleichfalls  fo  reben?  diejenigen,  bie  ba  raiber= 
bellen  unb  mibermurren  bem  ©uten  unb  bie  ©crjrift  fülfdjen,  bie 
ben  ^ßapft  liebfofen  unb  ben  Unfdjulbigen  beiden  unb  fragen  — 
fiub  bie  nidjt  «^unbe  unb  Äa^en?  ÜDat  folgen  Vieren  aber 
t)at  fid)  ber  ?(ntid)rift,  ber  Sßapft,  umgeben,  mit  „blutgierigen, 
gottlofen  SBefrien"  mie  @cf,  (Smfer  unb  SKurner, 

3n  bem  @ebid)t  felbft  nun  roenbet  fiel)  ber  s$apft  an  feine 
©efeflen,  mit  ber  Slufforberung,  i()tn  gegen  bie  Eingriffe  SutfjerS 
beipftetjen.  (Srft  tommt  (Smfer,  bann  (Stf,  al§  britter  enblid) 
Turner  an  bie  5Reil)e  —  fie  alle  aber  werben  Dom  ,,©eniu§" 
mit  $otjn  l)eimgefd)irft.  Unb  bod)  fjatte  ber  ^apft  gerabe  auf 
Ü0htrner§  „fdjarfc  Alanen"  unb  fein  ©efdjrei  fo  grofje§  $er= 
trauen  gefetU!  Unb  ÜDfttrner  mar  and)  fo  gerne  bereit  getöefen 
ba  i()m  bie  2lufforberuug  juft  §ur  redjteu  $eit  tarn :  ba%  englifdje 
©elb,  ba§  ifjm  Ä'ouig  -S^einrid)  für  Rettung  feiner  (Sdjaube  gefpeubet 
l)atte,  mar  aufge^eljrt,  unb  molle  nun  ber  s4>apft  feine  §anb  auf= 
tliuu,  fo  molle  er  if)n  fleißig  befdjirmeu.  ©0  nimmt  benn  aud) 
ber  ®eniu§  $unäd)ft  ben  päpftlid)eu  ©olbfrfjrciber  öor106):  mau 
miffe  ja,  ba)]  ber  s$apft  alte  feine  §ttfe  fid)  erlaufen  muffe,  ba 
fein  „frommer  ©elefjrter"  für  i()it  einzutreten  millem?  fei.  Sin 
äfturner  aber  l)abe  er  fiefj  gerabe  ben  rid)tigen  gelben  gewonnen : 
einen  ©eleljrten,  beffen  SfhrfpeStttel  „©äudjntatt"  nnb  „Sd)elinen= 
junft"  feien,  unb  ber  enblid)  in  bem  00m  Strafmnrger  Wate  öer= 
brannten  „großen  lutl)erifd)en  Starren"  fid)  felber  gefd)iiubet  rjabe. 


83 

Boldf  unr-cricbam^te  lefterlvort 
v>ab  id)  mein  lebtag  nie  gebort 
2U8  in  bem  felben  bücfcjin  mar. 
Turdi  gfd)rifft  fo  tfniftu  nicbtiet  bav : 
£a<3  fcfiafft,  bu  btft  ir  nit  geübt, 
2t  Hein  31t  Rippen  bir  geliebt. 

Tarauf  jiefjt  äRurner  berbu|t  öon  bannen,  um  ju  feljen, 
ob  e§  auberroärts  etroas  $u  mauien  giebt. 

2(n  Sftütfftdjtöfofigfeit  unb  £erbrjeit  gab  [tiefe  ^(btuefjr,  tote 
man  fiel]t,  bem  ÜKurnerfdjen  Singriff  nur  teerig  uad),  aber  man 
ipürt  tjier  bod)  alleutbalbeit  entmä  Don  ber  ftarfen  f i t't tt et) e u 
©tttrüftuttg,  ttefdje  ein  fo  tmtrbefofeä  2Bi|eIn  unb  fjöfjnen  in 
allen  ßreifen  ber  ©üattgefifdjen  (jerüorgerufen  fjatte.  Uub  man 
fpürt  l)ier  ^ugleid)  überall  einen  fo  fetfett,  glaubensmutigen 
unb  fiegeSfrofjen  ©etft,  ber  uns  rool)l  mit  biefer  ober  jener 
auftöBtgen  Ungefd)(ad)tt)eit  oerförjnen  tann.  (£§  ift  eben  aud) 
tjter  allenthalben  ein  .paitcr)  bes  ©elftes,  ber  ftegreid)  über  bas 
31(te  binmegfdjritt,  ol)ne  fidj  bitrct)  ben  biffigen  <pot)u  eines  ftutten* 
tragers  beirren  ju  laffeu. 


fünftes  ßttpitcl. 
Mitsang. 


ftatte  fdjon  bas  (Sinfcfjreiten  bes  Dats  gegen  fein  @ebid)t 
ttom  „lutf)erifd)en  Darren"  Turner  baoon  überzeugen  muffen, 
bafj  bie  reformatorifcfje  Semegung  and)  in  Strasburg  feften 
$ufe  gefaxt  rjatte,  fo  formte  if)m  öottenb§  nad)  fetner  SRücffeljr 
auZ  ©ngtanb  (im  ^erbft  1523)  fein  ßtoeifel  mel)r  bleiben,  baf? 
aud)  f)ier  ber  Sieg  ber  Deformation  entfdjieben  mar.  Stuf  Hjrer 
Seite  ftaub  bie  Dbrigfeit  mit  ber  übermiegenben  SJZetjrjatjI  ber 
Bürger,  unb  fd)ou  fanben  f)ier  bie  glüdjtlinge,  bie  um  be§ 
(StaubenS  mitten  vertrieben  morben  maren,  gaftlidje  2ütfnaf)me. 
3u  beginn  be§  neuen  ^arjres  (am  16.  gebruar)  mürbe  §um 
erften  Wlak  ba?  Slbenbmarjl  unter  betberlei  ©eftalt  aufgeteilt, 
am  19.  Slpril  bie  SKeffe  unter  großem  ßulauf  be§  2anbüotfc§ 
beutfd)  getefen  unb  bie  2aufe  auf  biefelbe  SBetfe  gehalten.  9htr 
gang  wenige^  im  ©ottesbienfte  erinnerte  nodj  an  bie  Vergangen* 
fjeit,  ha  mau  l)iev  ber  innerttdjen  Trennung  oon  ber  alten  töircfje 
voll  fid)  bemüht  mar."17) 

SKurnerS  Stlofter  mar  in^roifdjen,  bebtngt  burd)  atterljanb 
innere  unb  äußere  Umftänbe,  berma^en  fjcnmtergefommeu,  bafe 
fd)on  im  üftobember  1523  bie  9Jfel)V5at)t  ber  ^nfaffeu  bereit  mar, 
bie  DrbenSf leibe r  abzulegen  unb  bie  SBermaltuug  ifjrer 
^frünben  beut  State  anrjein^uftellcn.  dagegen  tjatte  jebod)  eine 
tleiue  9Jftnbert)eit  mit  bem  Sßrpbinjtal  an  ber  @pi|c  (Sinfpradjc 
erhoben,  morauf  jene  eigcnmädjtig  bie  ftutten  ab^  unb  ba» 
(Skraanb  ber  Sßettgeiftlicfjen  anlegten  —  ein  bebeutfamer  ©cfjritt, 
"ta  ber  Dat  ein  paar  läge  pbor  für  biefen  ^atl  bie  ^noentari 


fation  ber  Äfoftergüter  befdjtoffen  f|atte.108)  3U  ^ver  9tet^ 
fertigung  reidjte  ÜJhtrner  mit  beu  anbem  föonöentualen  am 
12.  9Kärg  bcnt  SRate  eine  £enf=  unb  SüHttfdjrift  ein,  bie  über 
ben  SßroöingiaK,  1).  ©eorg  £)ofmann,  bittere  klagen  enthielt  unb 
jugleidj  ben  Antrag  auf  ©emäfjruug  be§  §8ürgerredjt§  au§= 
fprad).  Huf  bie  inneren  ßuftänbe  be§  SSarfüf$erftofter§  nrirft  bieicc- 
©djreiben  grelle  Streiflichter.  S)ie  9Köndje  hätten,  fo  rjeifjt  es 
barin,  il)rer  ttutten  megen  feit  einiger  ßeit  üielfadje  3d)mad) 
erleibeu  muffen,  unb  ba  fie  burd)  il)re  DrbenSregel  $u  btefer 
Reibung,  uid)t  öetpflidjtet  feien,  roünfdjten  fie  biefelben  mit 
Sinmilligung  Des  ÜDtogiftrat§  abzulegen,  bamit  fie  be§megen  uid)t 
öon  beut  Söifdjof  unb  hn\  ftrdjtidjert  Obern  belangt  werben 
tonnten,  ^utileid)  bäten  fie,  ber  Mat  möge  fie  als  SBürgerSfinber 
in  feinen  befonberen  ©djirm  nehmen,  ba  it)re  ßloftergemeinbe 
unmögtidj  länger  in  foldjem  SBefen  fortbefteljen  fönnte.  3)er 
größte  Teil  ilirer  ©infünfte  fei  bereite  in  Stbgang  geraten  unb 
bas  luiifte  Treiben  ihres  sßroöingiatS,  beffeu  Suljtfdjaften  in  betn 
meiblidjen  ftlaraflofter  allgemein  begannt  feien,  triebe  fie  öottenb§ 
beut  finanziellen  SRuin  entgegen.  ©djon  feit  bierjeljn  Satiren 
liege  ihnen  btefer  auf  bem  Aoalfe  unb  lebe  auf  iljre  Soften  uüe 
ein  Jyürft ;  einen  ^riefter  müßten  fie  für  ihn  galten  jum 
üföeffetefen  unb  ba§  Weib  bafür  fterfe  ber  SßrotHnjial  in  feine  eigene 
Safdje;  einen  anbren  ^riefter  braudjc  er  jur  SBeforgung  feiner 
Sßferbe,  ma3  buch  mahrlid)  ein  ööttig  uupriefterlid)es  3lmt  fei. 
3a,  Sßferbefjanbel  unb  9ftofctäufd}erei  treibe  biefer  roürbige  üötonn, 
mache  il)r  Ätofter  jum  ©aftljauä  unb  ttnrtfdjafte  mit  feinen 
leichtfertigen  .scumpaneu  berart,  bafj  fie  e§  zur  (ihre  ber  ©eiftlidjfeit 
uid)t  einmal  [agen  müßten.  Xabci  fd)üre  er  bie  llueiuiiit'eit  in 
ber  ©emeinbe  unb  öerfüotte  ihre  sJJtita,lieber  auf  bie  unbittigfte 
Sßeife.  üüiefyr  ate  einmal  habe  er  fdjon  geprebigt,  bau  man 
ifmen  nidjtä  mehr  opfern  [olle,  roeil  fie  lüberlid)  feien  ;  habe 
fie  oon  ber  Mangel  herab  (Sfeföföpfe  genannt,  bie  nicht  einmal 
bas  Vlbc  tonnten  unb  Denen  mau  beileibe  nicht  beichten  fällte, 
weil  fie  feine  Öbfolution  ju  geben  imftanbe  mären.  Stud) 
betrage  er  fiel)  Jag  für  l.ac\  bei  Eifdj  fo  nuanftlidi,  bau  fie 
mit  (Sl)reu  nicht  baüon  rebeu  tbunteu.  ;))um  Schltti;  eubltd) 
gaben   fie   eine   Slbredjnung   über   beu    schaben,   ben   fie   einmal 


86 

burcrj  baS  91nroa(f)fen  bes  Suttjertiuns  unb  jum  anbern  burd) 
bas  roüfte  ©ebafjren  ifyreS  ^rooinsiats  erlitten  fjätten,  roobei  ber 
„Abgang  ber  Siuttjeret)  fjolb"  auf  180  ©ulben,  ber  burd) 
D.  §ofmann  angerichtete  Schaben  auf  177  ©ulben  jät)r(id) 
gefdjätjt  rourbe.109)  Unb  ba  fie  niemanben  fjätten,  ber  fid)  ifyrer 
annähme,  fo  roenbeten  fie  ficf)  um  Slbljütfe  ttjrer  23efd)roerben 
an  bie  bürgerliche  Dbrigfeit,  in  ber  Hoffnung,  bafe  btefe  ein 
gnäbigeS  ©infetjen  fcjaben  unb  if)uen  ifjren  ©dnrm  nidjt  oer= 
fagen  roerbe. 

©er  SRat  fctjritt  benn  aud)  alSbalb  §ur  21uSfüf)rung  feines 
93efct)Iuffe§  unb  tiefe,  ba  burd)  Stblegung  ber  DrbenSfteiber  ber 
Äonoent  fid)  tf)atfäd)lid)  aufgetöft  fjatte,  bie  ftlöfter  fequeftrieren, 
obroofjt  baS  ju  Dffenburg  abgehaltene  Kapitel  beS  Söarfüjjer* 
orbenS no)  (Stufpradje  bagegen  erf)ob  unb  bie  9Jcitt)ütfe  beS 
SJcagiftratS  forberte,  um  bie  ÜDcöndje  jur  Söieberaufnafnne  ber 
Butten  311  beroegen.  ©od)  roaren  nun  in  Strasburg  felbft  Äonocnt 
unb  sßrooingial  öötlig  mit  jener  ÜJJcafiregel  einöerftanben ,  ja 
teuerer  gab  fogar  feine  ©inroitlignng  ba%u,  tafa  biefe  audj  auf 
bie  beiben  jugetjörigen  grauenftöfter  auSgebet)nt  roerbe.111)  3lm 
26.  Warft  rourbe  ber  übel  berüchtigte  Sorg  ^ofmann  in  bie 
23ürgerrotIe  aufgenommen. ' ' 2) 

©ic  Äunbe  öon  biefen  Vorgängen  t)atte  fid)  rafd)  auSroartS 
tterbreitet  unb  aud)  Sutljer  nal)m  baoon  "Ototi^,  inbem  er  (4.  Suti 
1524)  an  Soljann  93ri§man  in  Königsberg  fcbrieb113)-  „SJcurnarr 
fjat  mit  ben  ©einen  bie  Äutte  'öeränbert  unb  bas  Softer  ber= 
laffen.  [Sinige  fagen,  bafc  er  ein  Canonicns  regularis  ober 
einer  beS  ©tubentenorbens  im  ©tift  geroorben  fei.  J@r  bleibt 
ber  alte  SÖcurnarr".  Unb  als  fotdjen  betrachtete  itjn  aud)  ber 
©trafrourger  SRat,  ber  it)m  unb  etlichen  anbern  aus  bem  gran5is= 
fanerflofter  betjarrtid)  baS  23ürgerred)t  oerroeigerte.  Sind)  faf) 
er  ntdfjt  ol)ne  SDcijütrauen  feine  SReüe  jura  Nürnberger  SReid)S= 
tage,  roo  natürlid)  ber  pöpftlidje  Segat  über  bie  gegen  bte  Sttöfter 
ergriffenen  9Jcafmal)inen  $Rea>nfd)aft  forberte.  2(m  29.  3Kärg  mar 
•sDhtrner  bortl)in  aufgebrochen  unb  alSbalb  fd)rieb  ber  ffiat114) 
an  feine  ©efanbten -^ ans  Jßorf  unb  SOcartin  Berlin,  tubem  er 
il)nen  über  bie  im  ÜBarfüfeerffofter  unb  ben  ftlöftern  gu  ©t.  Älara 
öorgenontmenen  Neuerungen    berichtete    unb  it)ncn  ^ugleid)  ein 


87 

mad)fame*  ?(uge  auf  SRamcrl  treiben  anempfahl.  S£enn  e§  iei 
^u  befürdjten,  baB  er  bie  Vorgänge  tu  einer  Sßeife  barftelleu 
fterbe,  bie  bem  9ftat  unb  ber  ©tabt  §um  „Unglimpf"  geteictjen 
tonne.  Tiefe  SBarnung  mar  uidjt  grunbtoä,  benn  Wohinter115) 
lien  e§  fid)  in  ber  £t)at  angelten  fein,  §Rai  unb  Bürger jdiaft 
beim  betpfttierjen  ßegaten  gu  berbäctjtigen,  bed)  mnrbe  ei  bem 
gegenüber  ben  ftäbtifdjen  ©efanbten  ntrfjt  jdnoer,  bie  getroffene 
Slenbeimngen  511  rechtfertigen.  SBegen  ber  ^rauenttöfter  erflärten 
fte  [ogar  gang  offen,  baB  ba%  „oerlumpte"  SBefen  barin  un= 
mögtictj  länger  §u  bnlben  geroefen  fei.  Tie  SDiöndje  feien 
uugehjnbert  barin  ein*  unb  ausgelaufen,  unb  fo  fiabe  man  bie 
Tonnen  toorjl  ober  übel  benfioniereu  muffen. 

So  hatte  biefe  föafyct  gen  Nürnberg  für  SJcurner  fein  anbereä 
©rgebnte,  afö  baB  fte  it)m  mit  gang  befonberer  ©ctjarfe  bor 
Stugen  führte,  mie  feft  unb  tief  bereit!  ber  reformatorifdje  ©ebanfe 
in  ben  ©entütern  SBurgel  gefcblagen  hatte.  S)enn  gerabe  in 
SRürnberg 116)  mußten  fid)  bie  SBortfürjrer  ber  neuen  ßetjre  bon 
ber  friferjen  Söegeifterung  ber  SBoÖSntaffen  getragen  unb  eben  jet.u, 
unter  ben  tilgen  ber  >Heid)eoerfamniluug  unb  beS  päpftltd)eu 
ßegaten,  bottgogen  fid)  im  .SUiltit*  tiefeiufd)iteibenbe  SSeränberungen, 
benen  Santpeggi  macr}tlo§  gegenüberftanb.  Unb  biefer  felbft 
hatte  hier  mitfamt  feinen  ^reuuben  ©odjtäuS  unb  äRurner  in 
reidmem  SOtofje  bie  gange  SBeracfcjtung  beS  5ßaöfttunt§  gu  entüfinben, 
bie  meite  Sctjictjten  ber  SSeböfferung  ergriffen  hatte.117)  Slnt 
ll.Vlpril  berictjtete  SßljUibb  öon  geili|fct)118)  bem  Murfürften 
^•riebrid)  oou  ©adjfen  über  ÜDhtrnerS  Stoübefenrjeit  unb  ergätjtte 
babei,  uüe  biefer,  als  er  unlängft  naef)  ©t.  ßoreng  gur  Sßrebigt 
gegangen,  um  bort  bem  ßegaten  neue  Leitung  mitzuteilen,  auf 
bem  .VK'iinmege  mm  mehr  benn  hunbert  ©üben  mit  bem  SRufe: 
„Üfturnarr,  äRurnarr,  Äafcenfobf!"  öexfotgt  roorben  fei.  Tarauf 
fei  er  ins  öarfüfjertXofter  geflüchtet,  100  it)in  bie  SUiönctje  bie 
Pforten  geöffnet  unb  ihn  eingelaffeu  hätten,  lir  fei  and)  etliche 
l'iale  auf  beut  Wi.thaufe  gemefeu,  unb  jebesiual  hätten  ihn  bie 
üöubeu  „mie  einen  Darren  untgetrieben",  fo  bau  er  nuter  Spott 
reben  habe  heimgehen  muffen. 

Vlber    uodi    mar  ber    ruhelofe    unb   ftreitluftige  [JfrangiSfaner 
femeSroegä  gemillt,  ben  .stampf  aufzugeben.    Oiaeli  feiner  Wüdfeln' 


au*  Nürnberg,  Öen  Sounabenb  nad)  ^fmgften,  manbte  er  fid) 
abermals  an  ben  9\at  mit  ber  SBitte,  i()m  fetne§  $ater§  !RecD»t 
ju  geben  unb  if)n  at§  Bürger  ber  Stabt  ju  erftäreu;  bod)  mar 
ber  SRat,  erbittert  über  bie  Nürnberger  Umtriebe  be§  9Mönd)& 
jet.U  uod)  meniger  at§  &uöor  geneigt,  auf  biefen  SBunfd)  eingu* 
geljen.119)  ®a  entfdjtofj  fid)  üötater,  ber  oorbem  am  eifrigften  für 
bo§  ablegen  be§  Drben§rteibe§  eingetreten  mar,  bie  ftutte  toieber 
anzulegen  unb  burdj  SSieberauuahme  ber  üorigen  Reibung 
fid)  oon  feinen  DrbenSgenoffen  abäufonbern.12")  Seine  Stellung 
mar  baburd)  natürlich  nad)  allen  (Seiten  t)in  unhaltbar  geworben, 
unb  e*  fann  nicfjt  Söunber  nehmen,  menn  it)n  fdjliefrlid)  beim 
eintritt  ber  Äataftrophe  aud)  feine  eigenen  CrbensOrüber  auz- 
na()m§lo§  im  Stieb,  tieften. 

®od)  befdjränfte  er  fid)  feinesmeg»  auf  biefe  Stemouftration, 
fonbern  fut)r  nad)  mie  öor  fort,  gegen  bie  eöangeltfdje  Sefjre  ju 
agitieren.  9Jät  großer  Schärfe  t)atte  fetjou  im  ?lprtt  ein  Sd)riftd)eu 
SSotf  ®üofel§,121)  ba§  äintäcf}ft  gegen  ben  3faguftiuer=Drbeuc« 
^roöinjiai  Äonrab  Xräger  gerietet  mar,  über  eine  feiner 
SJSrebigten  fid)  au3gefprod)en.  Stuf  Dreierlei  SSeife,  fo  führte  ber 
SSerfaffer  au§,  operierten  bie  geinbe  ber  SBahrljeit  unb  §mar,  im 
bem  fie  junäcrjft  fid)  beftiffen  geigten,  i()reu  Irrtümern  etma§ 
Sdjein  unb  garbe  ber  Ijeitigen  Sd)rift  ju  Herleiten.  SDafür  fei  ifjnen 
oon  2Kattf)ia§  ßell  in  ber  $erantmortung  feiner  Stttilel  gelohnt 
morbeu.  ßum  anbern  fud)ten  fie  uufer  (Soangetium  afö  neibifd) 
unb  get)äffig  barjufteßen,  fo  baft  el  feine  gute  $rud)t  tragen 
tonne,  worauf  (iapito  in  feiner  @ntfd)ulbigung  an  ben  üöifdjof 
oon  Strafmurg  Antwort  gegeben  habe.  0htn  aber,  nad)bem  bie 
S33at)r^ett  am  Sage  liege,  griffen  fie  pr  brüten  unb  testen  Slu3* 
tjülfe,  iubem  fie  fagten,  „mir  glauben  nidji  ber  Sd)rift,  fonbern 
allein  ber  Äirdje".  So  ^abc  SBruber  ftonrab  gerebet,  fo  aud) 
2)oftor  SJhmter  in  feineu  Sßrebigten  eS  ausgejdjricn.  9(m  ^alm= 
[onntag  uümlid)  l)abe  Söluraer  mürtlid)  gefagt:  „8dj  follte  aud) 
etma§  oon  ber  (Sinfetmug  be§  Sat'ramente  fageu.  ©laubt  itjr 
bem  Söangettum,  fo  glaub'  id)  il)tn  uid)t,  fonbern  allein, 
Wa§  bie  Äird)e  angenommen  l)at".  Unb  balb  barauf  f)abe 
er  nodjtnafS  mieberf)olt,  bau  er  bem  (Süangelium  uid)t  glaube. 
\>t3t,  gottlob,  —  fo   fügt   ber  Sßerfaffer   ^inju   —    tff§   am 


39 

Snbe,    tut   fie  batjin  gebrockt    finb,  bafe  fie  bie  Sdjrift    leugnen. 
Se|t  ift  bet  ©reuet  tfjreS  |jergen§  offenbar  geworben." 

Hub  abermatö  boren  nur  au§  bent  Sommer  beffetben  Sfaljreio 
bon  einem  (umgreifen  Ü0hirner§  in  bie  ftrdtjtidje  SBeroegung.  @§ 
baubelte  fid)  jetrt  nm  bieSReffe,  bie  ja  nur  allein  ben  ©bangelifdjen 
ein  -Tom  im  Huge  mar  nnb  bie  ben  Stngelbunft  ber  gangen 
inneren  ©efdjidjte  ber  fotgenben  Safjre  bilbet,  ba  erft  mit  ibrer 
Sföfdjaffung  ber  Sieg  ber  Deformation  enbgüttig  eutfdjieben 
mar.122)  Stm  24.  Suni  mar  bie  „leutfcbe  äKefj  nnb  lauf,  mie 
fie  jelutnb  $u  Strasburg  gehalten  mirb",  erfdjienen,  nnb  gleidt) 
mar  SOhirner  bei  ber  |)anb,  ;m  ©unften  ber  Sfteffe  über  bac- 
11.  Kapitel  bei  1.  ÄorinttjerbriefeS  SBorlefungen  $u  galten,  über 
bie  mir  bnrd)  einen  Srief  ©erbet§  an  2d)mebel123)  unterrichtet 
finb.  „fe  ift  fdireibt  biefer  —  ba§  alte  ßieb:  bie  ÜReffe 
fei  ein  Dbfer  nnb  nacr)  ber  Sßanbtung  fei  fem  Sorot  mehr  ba 
nnb  bergt.  M)  wollte,  bn  funnteft  mir  einmal  anfetjen  nnb 
baren,  mie  er  mit  feiner  t'etfeu  breiften  Stinte  halb  fi|enb,  balb 
auffbringenb  feine  Uimerfdiiinitlieiten  auSftöfct.  Eabito,  Sufcer 
unb  Gamben  bon  Stbignon  antworten  Sag  für  Sag  auf  bie  fredjen 
SBeljaubtungen  bei  SßoltererS,  fomobl  in  ben  sßrebigten,  at§  and) 
in  ihren  SBorlefungen,  mo,m  fid)  eine  ungeheure  SKenge  brängt 
nnb  worüber  äRuraer  berften  mücbte,  ber  immer  fcfjreit:  bie 
gelehrten  Sortefungen  uwh  SDiSbutattpnen  gingen  bie  Saien 
nid)ts  an ;  fie  füllten  §u  .VHiufe  nnb  ein  jeber  bei  feinem  Seiften 
bleiben".  S8u$er§  (Sinlabung  ju  einer  S)i3butation  leimte  Üfturner 
ab,  bodtj  fanb  er  fiel)  enblicf)  baju  bereit,  jenem  bie  .\>aubfebriit 
feiner  Vorträge  mitzuteilen,  auf  metdje  mm  Souper  in  beut 
Sdjriftdjen  „SBon  be3  .\>erni  sJiaditinal)l,  auf  bie  ©intbürfe 
ÜJhirnerS,  bie  biefer  mm  Seil  felbft  erbadjt,  mm  Seil  aus 
beSSBifdjofä  ooii  SRodjefter  unb  anberer  [Jrömmigfeitöfeinbe  Südjern 
jufammengeftobbell  bat"  '-m  nidit  ohne  mancherlei  perföntidje 
s'litvfälle  ermiberte.  3n  beut  Strafiburger  Slbenbmat)l8ftreite, 
ber  erft  bnrd)  ftartftabtö  Auftreten  feine  Schärfe  unb  feine 
prinzipielle  SBebeutung  erlangen  füllte,  ift  jeboer)  SJiurnerS  Ciiii 
greifen  eine  [o  bebeutungStofe  ©bifobe,  bar,  mir  eines  näheren 
SingefjenS  auf  [eine  faeblicbeu  StuSfüfjrungen  füglictj  entraten 
tonnen.     2Bor)l    aber    trug    feine    (Euvmifcljung    natürlich    baju 


90 

bei,  bie  Erbitterung  gegen  feine  ^erfon  nodj  ju  fteigem,  unb 
balb  fotlte  firf)  biefe,  roärjrenb  er  felbft  in  feinem  (Geburtsorte 
Oberere  nbjeim  weilte,  in  einem  rrirjen  ©emaltafte  Suft  machen. 
Um  äftidjaeüs  nämlicfj  braetj  in  (Strasburg,  fjeröorgerufen 
burd)  bae  agitatorifdje  auftreten  bes  fcfjon  genannten  ^ßrot»iu§iaiö 
ber  2luguftiner,  ®onrab  Präger,  ein  Tumult  aue ;  ein  aufgeregter 
Söotf'srjaufe  bratf)  im  Sluguftinerflofter  ein  unb  ftattete  t)inter= 
tjer  auef)  ber  SBormung  bes  oerfjafjten  3Jhtrner§  einen  Q3efud) 
ab.  ©abei  mürbe  in  ben  Räumen  be*  5lbmefenben  allerlei 
§ait§rat  zertrümmert  unb  befdjöbigt,  if)m  auef)  ein  SERanuffript 
entmenbet,  beffen  SSerluft  it)m  gang  befonbere  empfinblid)  mar. 
(£r  richtete  fofort  non  öberer)enr)eim  aue  an  üMfter  unb  3ftat 
eine  53efcfjmerbefcf)rift,125)  in  ber  er  in  bemeglicfjem  5£one  er§äf)lte, 
roie  er  in  feiner  ^Ibrcefenrjeit  erfahren  i)ab?,  baf3  man  ficrj  an 
bem  ©einigen  trjätlicf)  »ergriffen  unb  irjn  felbft  in§  ©efängnie 
fjabe  bringen  wollen.  @r  fünnc  bae  faum  glauben,  ba  er  firf) 
borf)  allezeit  gegen  einen  erjrfamen  9lat  get)orfam  gehalten  fyabc  unb 
eine  fotcfje  Xbjat  and)  ber  33ürgerfrf)aft  nirf)t  zutraue,  ba  er  ifjrer 
feinen  mit  äßiffen  unb  Tillen  je  beteibigt  I)abc  unb  uon  frommen 
©Itern  geboren  fei.  ^vnbeffeu  fybre  er  üon  ben  Vorgängen  fo 
öiel,  ba$  er  irjnen  in  etroas  ©lauben  ferjenfen  muffe,  roeferjalb  er 
ben  ^Rat  „um  ©otte§  milleu  unb  uon  megen  be§  jüngften 
(Stericfjte"  bitte,  itjm  gegen  fotetje  .Staublungen  §u  feinem  Sfledjt 
5U  üerbjetfen.  „3d)  f)offe,  3f>r  merbet  üöätleiben  mit  mir  tjaben, 
bamit  nirf)t  ein  armer  s-Jmrgersform  olme  alle  ©djulb  gefdjtiubet, 
gefdjmärjt  unb  bie  Stabt  (Strasburg  p  meiben  uerurfad)t  merbe." 
9cacfjbem  er  im  meitereu  ben  SBerbadjt  auegefprodieu,  bafc  mof)( 
fein  „tjolbfeliger"  sßroöingial  bap  bemegt  unb  getypt  dabe,  flagt 
er  ttor  allem,  h\$  man  irjm  eine  £)anbfd)rift,  ben  Äünig  tum 
önglaub  betreffenb,  „uft  bem  trog"  genommen  unb  fie  üDtottf|ia§ 
gell  auegeliefert  fjabe  unb  bittet  ben  Üiat  um  ©otteewilten, 
biefee  33ud)  an  fiel)  p  nefuneu.  tHudi  bittet  er  ben  Sftat  um 
feine  ^ermittetuug  beim  Äonneut,  bamit  irjm  bie  irjm  jufterjenben 
Äompeteitycu  aud)  in  feiner  Slbmefenheit  ausgefolgt  mürben,  ba 
es  unmogtid)  be§  Diatee  2öille  ober  äKeinung  fein  tonne,  hak  er 
aus  feinem  Skterlanbe  uertriebeu,  m§  (Sleub  gejagt  unb  feiner 
natürlichen  9ta()ruug   beraubt  merbe.     (Sollte  aber   ber  Shmoent 


91 

ficf)  toeigetn,  fo  begehre  et  ote  fein  Wecfjt  $um  miubefteu  ba§# 
Inas  fein  Sßatet  für  it)n  aufgetoenbet  unb  toaS  er  bes  ftlofter* 
megen  auf  ben  ©ct)ulen  öetget)tt  babc.  (Sin  paar  -Tage  fpüter 
(„©eben  51t  Cbetefjenfjeim  montag  nadt)  äJWc^oJtjeftS  1  r,24" )  miebet» 
lioltc  er  bie  Sitte,  inbem  er  beut  State  üot  allem  uodnnal*  fein 
53ud)  über  ben  ftönig  tum  Gnglanb,  1  „botan  mir  faft  fil  [igt") 
nacbbrücflid)  attS  £>ei7;  legte. 

(5tüd)e  Sßodien  fpüter  („uff  bouneretag  öot  Martini  Slnno 
1524.")  banfte  er  bem  Wate  für  bte  trjnt  gemorbene  StnttiJOtt,  in 
bet  e§  Reifte:  „fei  ifnu  8diaben  angefügt  warben,  fo  fei  bas  ofme 
SSiüen  unb  Äenntnie  be*  SftatS  gefdjetjen ;  malle  er  aber  jemanben 
auflagen,  ber  feinem  Stabe  uutermorfen  fei,  fo  motte  er  i()m  §u 
feinem  Wecrjte  bebülflitf)  fein  unb  irmt  frei  (Geleit  \x\su  geben." 
3u  biefem  3d)reiben,  ermiberte  ÜDhtrner,  fei  ibm  mandjeä  mt= 
uerftönb(id).  (£1  fonne  bodi  nid)t  laufen,  ab  bie  Uebeltbätev  ber 
ftäbtifdjen  ©etedjtigfeit  unterworfen  feien  ober  nidfcjt,  and)  meine 
er,  bafj,  moüten  biefclben  überhaupt  einem  ebrfamen  Wate  gebor= 
famen,  fie  wobjl  einen  [oldjen  .fninbel  uuterlaffen  l)ätten.  @t 
miffe  ferner  nid)t,  ob  er  in  einem  fo  uugewübnlidjeu  ^alle  einem 
gembbulidien  (Geleit  oertrauen  bürfe,  nnb  bo  er  au  einer  ferneren 
ftranfrjeit  leibe,  fei  er  tricfjt  in  ber  Sage  gemefeu,  ftd)  batübet 
mit  guten  ^-reunben  $n  beratfdjlagen.  3)et  9tat  möge  [e§  babjer 
nidjt  übel  beuten,  wenn  er  feiner  Sluffotbetung  $unädjft  uid)t 
Aülge  leifte.  £od)  wieberbole  ev  feine  .Silage,  bafj  er,  uod)  ba$U 
idnner  erfrauft,  um  $au3  unb  £of  gefonunen,  feines  ßebenä  uidit 
mebr  fidier  unb  atfo  obue  feine  Sdpilb  gleid)fam  beS  SanbeS 
betttriefen  fei.  Hub  uod)  einmal  rufe  er  be§t)atb  bie  .vulfe  beä 
Wate  gegen  ben  Äonüent  au,  bamit  biefev  il)in  fein  §au8  (an 
bem  er  laut  beigefügter  Sttejififation  mebr  als  49  (Mulben  oerbaut 
babei,  fottrie  feine  Sftaljtung  triebet  ausbäubige.  2)ie3  ;u  forberu, 
fei  fein  gute*  Wecbt;  DaS  (sktb,  baS  er  in  fein  .\\1u-5  geftedt  unb 
Me  600  (Bulben,  bie  ev  be8  ÄloftetS  wegen  üetftubiett  habe,  muffe 
tlpu  baS  Ml  öfter  erfreu. 

SDtott  fiebt  t)ietauS,  wie  aud)  febou  au*  bet  fvübeveu  Vluflage 
ttribet  feinen  Sßtottingial,  bafj  SDhtrnet  feibft  ate  feine  eigentlichen 
Jeinbe  bie  eigenen  DtbenSbtfibet  betrachtete,  unb  bau  bemnadi 
an   [einet   unfreiwilligen  Verbannung   im   [efeten   ©tunbe   niefit 


92 

ber  fonfeffiouelle  ©egenfajj,  Jonbern  bie  geiubfdjaft  feineä  eigenen 
fölofters  bie  ©d)utb  trug.  3a  e£  jdtjehtt,  al§  fjabe  ber  unbefonnene 
©treidtj  einer  erregten  SRotte  bem  Äonoente  bn\  mitlfommenen 
?(n(aJ3  geboten,  fid)  nunmefjr  be§  unbequemen,  fjänbelfüdjtigen 
©enoffen  gän^lid)  gu  entlebigen.  W\t  alten  übrigen  SDiöndjen 
l)atte  iu^mifdjen  ber  9tat  ba%  5Berf)ättni§  enbgültig  geregelt; 
ftlofter  unb  Äloftergüter  raaren  ber  ©tabt  übergeben  unb  bie 
einzelnen  Snfaffen  burd)  s^enfionen  abgefunbeu  morben.  916er 
SDtaierS  an  bie  ftloftertjerren  gerichtetes  ©efudj  um  ßafjtung 
üon  108  (Bulben  mürbe  üon  biefen  abgelehnt  unb  jtoar  mit  ber 
für  it)u  menig  fd)meid)el()aften  SCRotiuierung,  bafj  er,  menn  er  ba§  (Selb 
burd)gebrad)t,  bod)  mieber  mit  neuen  gorberungen  fommen  toerbe.126) 

©o  fam  ba§  neue  %dfyx  (1525),  unb  nod)  immer  mar 
SDhirner,  ein  trauter  Wlaxm,  in  Cberefjenrjeim,  otyne  bafj  fid) 
ingttnfdjen  fein  öerfönttdje§  SSerJ)ättni§  $u  ©trafcburg  geflärt  Ijätte. 
(£r  fdtjrieb  nunmetjr  au  feinen  ©djroager  Sßeter  ÜBitlenbadj,1-7) 
bafj  er  öon  einem  ÜDcanbat  gebort  baue,  bem^ufolge  alle  Gtetftlidjen 
Bürger  Werben  ober  bie  ©tabt  ©trafjburg  oerlaffeu  müßten, 
®a  er  nun  fein  Sebtag  nidjt  bie  Slbfidtjt  gehabt  fjabe,  bie  ©tnbt 
§u  meiben,  fo  bitte  er  dm,  il)iu  frei  ©eteit  unb  ©tdjerfjeit  §u 
errotrfen,  bamit  er  fommen  unb  ba%  93ürgerred)t  empfangen  tonne, 
ßtoar  fei  er  fid)  oor  ©Ott  unb  SBelt  feiner  ©djulb  bemüht,  um 
berentmillen  er  eine§  fotdjen  ©eleits  bebürftig  fei,  bod)  mage  er 
nid)t,  nad)  bem,  mas"  an  tt)m  begangen  morben,  ol)nc  fold)e  ©tdjerbeit 
jurütf^uferjren.  ©leidjgeitig  trug  er  bem  ©trapurger  ^lutmeifter 
yiitolauä  Ä'niebs  ba§  gleidje  ©efudj  oor.128)  Tod)  nod)  el)e 
il)iu  eine  SCnttoort  merben  tonnte,  mar  aud)  im  (Slfafj  ber  Säuern« 
frieg  entbrannt129)  unb  gerabe  Cbererjeurjeim  üon  ben  2(ufftänbifcl)en 
eruftlid)  bebrotjt  morben.  S)ie  Sauern,  bie  oom  9tate  bie  Sliic^ 
tieferung  ber  in  bie  ©tabt  geflüd)teten  ©eiftlidtjen  oertangteu, 
forberten  befonberS  rjartnärfig  biejenige  3Jcurner§,130)  morauf 
biefer,  feiner  ilrauf beit  uugead)tet,  fein  Seben  burd)  bie  gludjt  rettete. 

Sene  für  Oberet)eut)eiin  rritifclicu  Tage  mäl)rteu  oom  öfter* 
montag  (17.  Stprü)  bis  §um  19.  iDiai  unb  in  bicfe  3eit  llH1'b 
fomit  aud)  üöhtrnerS  5tud)t  hn  )et3cu  fcw-  Ueber  feine  3d)idfale 
lualnenb  ber  uäd)ften  üöfrmate  fiub  mir  nid)t  unterrichtet;  erft 
im  Januar  1526131)  taud)t  er  mieber  in  ßugfcrn  auf,  um  nun 


93 

Wut  unb  &  (öfter  fid)  tfjatfräftig  [einer  annahmen.    Studj  bemühte 

ficb  bei  erftere  rebticb,  ÜKurneTS  SBeiljättnis  §u  ben  Strafcburger 

Sloftertjerren  311  orbnen    unb   bic   entftanbeneu  Stffferenjen    auf 

gütltdjem  SBege  beizulegen.    3n  „taiifdjer,  unorbeut(id)er  Äleibiiug" 

—  fo  fd)vicb  er  bem  Strafeburger  9\atei:J2)  —  fei  unlängft  ber 

mürbige,  IjocrjgeterJTte  Toftor  i£r)onw§  äßurner,  nad)bem  er  burd) 

gufanrmengetaufene  Sauernrotten  ,,tl)ätlid)"  au§  feinem  SBatertanbe 

oertriebeu  worben  fei,  iu  irjre  Stabt  gefomnien,  wo  fie  itjn,  teil* 

bem  ©trafeburger  $ate  311  ©tjren,   teils  am  9Kitleib  mit   feiner 

ferneren  Sxanfrjeit,  auf  ftäbtifdje  Soften  befleibet,   ins  SBarfüfeer* 

fl öfter  aufgenommen  unb  ifjm  eine  SßrebigerfteÜe  übertragen  (jätten. 

Sic  batteu  an  feiner  Stuffürjrung  ein  grofeeS  (Gefallen   unb   uid)t 

jute|i   baran,  bafe  er  00m  ©trafeburger  9?ate   allezeit   im  loue 

„untertrjänigften  ^obtz"  gerebet  tjabe.    Stuf  biefen  fe|e  er  aud) 

nad)   Wie  oor   uod)   alle  feine  Hoffnung   unb    babe   fie   gebeten, 

^ürfpradie   für   itjn    einzulegen,    bamit   ibm   enblid)   fein  Sftedjt 

merbe.    Unb  aud)  SOhtrner  felbft  manbte  fid)  oon  bier  au*  auf§ 

neue  an  ben  SRat  mit  bem  gleid)en  ©rfudjen.133)   Seit  er  oor  oafires» 

frifi  um  frei  ©eleu  nad)  Strafsburg  gebeten  babe,  um  bort  feine 

ffied)te  perfönlid)  Warjrgunerjraen,   fei  er  burd)  uifammeugelaufcue 

dauern  mit  Qtewalt  auz  bem  Sanbe  oerjagt  Würben.    9hui  aber 

bitte  er  untertl)äuigft,  i()iu  auf  gütlid)em  SBege  ,;u  feinem  Sftedjte 

;u  oerbelfen,  ba  er  bei  feiner  angeborenen  Siebe  ju  feinem  5Bater= 

lanbe  feinen  anbern  SBeg  al§  ben   ber  @üte  unb  ^yreunblidü'eit 

oorfdilageu  fünue.    ©rft  Wenn  fold)  freunblicber  Sßorfdjtag,  „toaS 

©Ott  unb  bie  reine  Jungfrau  äKaria  oerbüten  molle!",  erfolglos 

bliebe,  mürbe  er  gelungen   fein,   anbre  SBege  einr;iifd)lageu.     ©r 

babe  fid)  niemals  gegen  ben  ))iai  ober  bie  löblid)e  Stabt  ©trafeburg 

nngebübrlid)    benommen,    fo    bau   er   gewife    fei,   ber  SRal    Werbe 

„feinem  .Sttnbe"    uid)t   abfragen,    loa*    er    felbft    einem  Wörber 

fdjnlbig  fei.     ®r  erbiete  fid),    oor   ibm   $u   erfdieinen,    fei   eä   in 

Srblettftabt    ober  .\>agenan,    ober  Cfienbnrg    ober   Cbevebenbeim. 

„WO  eä  meinen  gnftbigen  lieben  Ferren  am  gelegenflen  ift",  11111  ibnen 

ju  erjärjten  unb  \u  Hagen,  wie  er  unfdjulbig  unterbrücft  worben  fei. 

Stuf  jene  ,~yürforad)e  be£  8ugerner  SRateä  bin  erhielten  nun 

mebr  bie  itlofterberreu  SBoÜntadjt,   mit  ütturner  \u  nnterbanbeln 

unb  e3  fam  mi  einer  Vereinbarung,  burd)  bie  er  ein  für  alle 


94 

mal  abgefunben  mürbe.  (£r  gab  baraufrjin  fdjriftlid)  bteörflärung184) 
ob,  bafs  er,  nadjbem  itnn  ber  9ftat  at§  Renten,  ^infen  uno  ©cfäHe 
feines  $aufe§  järjrlict)  52  ©ulben  auf  Seben^eit  a(§  Seibgebinge 
angewiefen  Ijabe,  auf  alle  weiteren  3lnjprüdr)e  95er§tcf)t  teifte.  ©r 
fügte  tun^u:  „<So  will  icf)  mid)  fjiemit  üerfcfjribben  unb  oerbunben 
fabelt,  einer  ftat  (Strafsburg  ere  unb  nutj  ya  fürbren  unb  iren 
fdjaben  ju  warnen,  oud)  einer  ftat  Strasburg  burger,  ungehörigen 
unb  oermanbten,  Weber  mit  prebigen,  fctjretberi,  bidjten,  bruden 
ober  anbrer  geftalt,  wie  ba§  burd)  micf)  befcberjen  fünbt  ober 
möd)t,  Weber  burd)  mict)  fe(b§,  ober  burctj  neman  anber§  oon 
nurnen  wegen  befümmren,  »erleben  ober  beteibigen  foll  ober  will." 
gallS  er  biefe  SBerpfüdjtung  nidjt  fjatten  follte,  wolle  er  feine 
jät)r(id)e  ^ßenfion  oerwirft  fjaben.  „£>a§  id)  micf)  l)iemit  frt) 
willig  oerbunben  unb  begeben  tjaben  will." 

sDixit  biefem  feierlichen  35erfpred)en  jebocfj  nat)m  er  e§  nid)t 
all§u  ernftrjaft.  Scfjon  im  Sommer  Ratten  fid)  bie  fölofterfjerren 
mit  einem  Stfcurnerjdrjen  rrSd)macfjbüd)fein"  ^u  befctjäftigen  unb 
nicbt  lange  barauf  brofjte  er,  ein  gleidje§  wiber  (Sapito  unb  ben 
53utf)bruder  Sßolfgang  Äöpfel  brucfen  ju  laffen,  fo  ba$  ihn  ber 
9?at  bebeuten  mufste,  „er  folle  wiffeu,  tva%  er  oerjprocfjen  f)abe 
unb  jolle  fiel)  barnad)  galten;  wo  nicfjt,  fo  würbe  man  fid)  an 
ba§>  galten,  wa§>  er  unterfd)rieben,  b.  1).  feine  ^enftonjurücf galten." 135) 
Sinn  jebod)  war  fdjon  wieber  ber  Äamm  fo  gefdjmolleu,  bau  er 
fid)  fogar  gu  Ermahnungen  unb  9ftatfd)lägen  an  bie  ftäbtifebe 
Obrigfeit  berechtigt  f)ielt.  Sie  möge  nur  —  fo  fdjfofs  er  fein 
in  anmafeenbem  STone  gehaltenes  SRedfjtferttgungsfdjreiben  („greitag 
oor  Martini  1526")  —  ben  wüteuben  ^räbifanten  ben  $aum 
nicfjt  31t  lang  laffen,  benn  wenn  biefe  mit  9ttönd)en  unb  Pfaffen 
fertig  geworben  feien,  würben  fie  and)  mit  Sfatt  unb  23ürgerfcf)aft 
fertig  werben.  Unb  er  fügte  a(§  lefcteS  Slbfdjiebömort  an  bie 
Heimat  fnnp:  „.frat  mid)  bie  lutfjerifdje  Ungeredjtigfeit  in  2trmut 
gebradjt,  fo  foll  fie  micf)  bod),  fo  ©Ott  will,  htm  meine  ©fjre 
unb  um  meinen  ©tauben  nict)t  bringen,  ob  fie  aud)  nod)  fofe()rwüte." 

Storni!  waren  feine  33egiel)itngen  §ur  beutfdjen  Heimat  enb= 
gültig  getöft,  unb  fein  Äampf  galt  fortan  in  erfter  Sinie  ben 
(Schweiger  Reformatoren,  ben  „erjrtofen,  biebifcfjengwinglinSbuben", 


95 

gegen  bie  et  nun  mit  öerbopüetter  ^eftigleit  unb  SBiffigfeit  ju 

^•elbe  511g.  Seine  s^olemif  mürbe  jetjt  immer  ungefdjtadjter  unb 
roljer;  bie  erlittenen  perfünlidjen  Unbilben  hatten  ifnu  jcben 
fittlid)en  £m(t  geraubt  unb  er  fanf  nun  mm  Stufe  51t  ©tufe  bis 
jirat  niebrigfteu  §ßa§qirißaitten.  2Bo  er  fortan  notf)  bie  beutfd)e 
Deformation  berührte,  ba  gefdjat)  es  immer  nur  mit  müftem 
©ef  dumpfe,  ©ein  frfjou  31t  teubc  beS  ^vabreS  1526  ooüenbeter, 
,ytnad)ft  gegen  bie  „gmei  ergtutbiferjen,  fefcerifdjen  Werfer  unb  ©djetme" 
3mingti  unb  Cefolampabius  gerichteter  „£utrjeriftf)er  ßoan= 
gelijdjer  $ird)enbieb  =  unb  $e|erfatenber"13ti)  ift  mobl  fo 
^iem(id)  ba§  orbinärfte,  tt>a§  bie  mabrrjaftig  nidjt  feinfühlige 
5}>ampl)letliiteratur  jener  -Tage  rjemorgebradU  bat.  3}afe  unter 
ben  neuen  ßatenberfjeitigen  and)  ßutljer  nid)t  ferjtt,  ift  natürlid): 
gleid]  im  Januar  figuriert  er  als  „&et3er  unb  ausgelaufener 
Wflomfy"  jttrifdjen  3ubaS  beut  ©erratet  unb  9Kanidjeu§,  „ein 
Unflat."  „®ott  bebüte"  fo  fdjtiefjt  bo§  mit.Uofe  äftadjttjert  — 
„alle  frommen  (ibriftenleute  oor  allen  benen,  bie  in  biefem  tfalenber 
öergeicfjnet  fiub  unb  allen,  bie  trmen  unb  irjrer  ßet)re  anbängen, 
benn  fie  finb  alle  ebrlofe  Söfenndjte,  Xiebe,  ßeefer  unb  Sd)elme." 
Unb  bereits  im  guti  batte  er  in  feinem  „Sßafjrfjaftigen  ©er» 
a ntm orten"  in  gang  älmlidjer  Sßeife  feinen  .Vian  ausgetobt: 
„(£l)rlos  ift  ber  8utf>er,  ber  nüber  ©ort,  bie  b-  ©d)rift,  gute 
Sitten  unb  bie  beilige  Mivdie  oierbunbert  SDtol  gelogen  bat,  mie 
ba£  üRurnet  bemieieit  bat  unb  nodj  bemeifen  null ,  oor  melcbem 
Sftidjter  man  motte.  .  .  ©IjrtoS  fiub  and)  alle  ßutljerifcfjen ,  burd) 
bereu  oenoorieue  ßeljre  eS  gefd)e()en  ift,  hak  fo  biet  Xaufenb 
äßenfdjen  tu  fo  fur^er  ßeit  erfdUageu  morbeu  finb,  meldier  2Uut 
ol)ue  ^meifel  p  ©Ott  tu  bie  biutmlifdieu  Dljren  ruft."  (381.  jTüj.) 
(Sin  jeber  ©taube  aber,  ber  feine  ©täubigen,  ein  jebeä  @efe$,  ba-> 
feine  (Srfüller,  eine  jebe  ©eifttt^feit,  bie  il)ve  Slnbädjtigen,  eine 
jebe  üebre,  bie  ibre  jünger  et)rto8  ntadie,  fei  beut  göttlidien 
©efef,  ber  Vernunft,  beut  natürlichen  unb  ©ötferrecfyt  .mmiber, 
fei  lügenhaft,  öertoorfen  unb  ehrlos.  (93t.  &iij.) 

25 od)  bie  Xarftelluug  feiner  Teilnahme  an  ben  t'irdilidien 
.Stampfen  ber  r  duner,  greift  über  ben  Nahmen  biefer  Sdjrift 
hinaus,  benn  nur  fein  SBerljältniä  jur  beutfdjen  Deformation 
51t  fdjilbern  mar  bie  Vlufgabe  biefer  Starter.     Unb  für  bie  bemfdje 


96 

Äircfye  fjatte  er  fortan  jebe  SBebeututtg  oerloreu ;  nod)  jmar  tandjte 
hier  unb  ba  in  ber  glugfdjriftenlitteratur  unter  ben  3£iberfad)ern 
ber  Deformation  aud)  ber  alte  „9#urnarr"  auf,  bod)  niemanb  metjr 
erroie§  iljm  bie  CStjre,  if)n  ernftfjaft  311  nehmen.  Studj  bie  eigenen 
©lauBenSgenoffen  üerfagten  bem  be()enbeften,  tt)t|tgfien  unb  grb'bften 
©egner  be*  bitten  berger  £Mer§  ben  öon  Üjtn  erroarteten  3)anf,  roie 
it)iu  ja  aud)  bi§  §um  gütigen  Soge  uod)  bie  fatfjolifdje  Gkfd)id)t§= 
fd)reibung  eine  eingebjenbe  Söürbigung  unb  ba§  if)m  gebürjrenbe 
Xenfmaf  fdjulbig  geblieben  ift.l:!T)  Unb  bod)  ift  e§  tet)rreid), 
nicfjt  nur  ben  äußeren  Sdjicffalen  be§  merfroürbigen  Cannes, 
beffen  fieben  etmas  nom  Abenteurer  fjat,  uad^ugefjen,  fonbern 
aud)  ba*  titterarifdje  (Sl)araftcrbilb  bes  rüftigen  Kämpfers  feft= 
galten,  ber  feine  reiche  Begabung  nub  feine  niinmcnnübe  $eber 
in  ben  £ienft  ber  alten  Ätrdjc  geftetlt  unb  mit  einer  ßötjigfeit 
ohnegleichen  fid)  bem  neuen  (Seifte  miberfefet  batte.  $äax  erfennen 
roir  babei  aud)  bie  @rünbe  für  bie  (ärfolgtofigfeit  feiner  3:t)ätigfcit. 
(Sin  Talent,  aber  fein  (Sljarafter  -  -  fo  trat  ber  «uttenträger  in 
einen  Äampf  ein,  ber  al§  erfte  SBebingung  gerabe  ba§  forberte, 
toaS  if)iu  fefjtte:  einen  feften  ©taubenämut,  bie  reine  flamme 
religiöser  SBegeiftermtg  unb  uutabetige  ßauterleit  ber  (Mefinnung. 
Unb  barnnt  fielen  alle  feine  gegen  Sutijer  unb  bie  beutfdje 
Deformation  gerid)teten  ©tfjriften  platt  $u  23oben,  unb  eS  erfüllte 
firfi  an  if)m,  mas  ifim  ber  £id)ter  ber  „Sftooelta"  oorabmenb 
uerfünbet  l)atte. 


ttttmcrfuttgcit. 

SSorbemerfuno,.  Sie  borliegenbc  2(rbeit  fddiefct  ficf>  aufs  engfie  an  bic 
unter  bem  Jitel:  J(ioma^  2)J urner  unb  bic  ftircf/e  be3  l'iittel- 
altera  at§  breifcigfte  ber  Scbriften  bee  Vereins  für  Oteformationsgefcbtd'tc 
erfebienene  Stubie  an;  bie  Seilung  mar  nur  bureb,  ben  SBunfd)  beS 
9tebaftion3au§fd}uffeg,  ben  Umfang  ber  einjefnen  £efte  möglidift  ju  be= 
fdiränten,  bebingt  toorben.  Saf?  ia)  t)ter  lebiglid)  Di  urners"  Stellung  jur 
beutfeben  9icformation  berüdfief/tigt  fmbe,  wirb  ii>or)I  feiner  9tecbtfertigung 
bebürfen,  ba  ein  öefamtbüb  feiner  antireformatorifd)en  Jfmtigfeit  ben 
^afymen  biefer  Sd^rift  erbeblid)  überfebritten  bätte.  ^m  übrigen  berir-eife 
tcf>  auf  bie  Sßorbemertung  311  jenem  früheren  öefte  unb  möcbte  bier  nur 
nod)  bejeugen,  tote  feb,r  id»  für  freunblidje  öilfe  öerrn  ^ßrofeffor  D.  2b. 
Äolbe  in  Gr langen  unb  meinem  SBruber,  £errn  ^Srofcffor  D.  &.  it  am  er  au 
in  ftiel,  t>erbf(id;tet  bin.  (53  ift  mir  ein  SebürfrtiS,  ifmen  meinen  f^erjüden 
Sanf  für  mannigfadie  Anregung  unb  5^r^erun9  rtUC('  an  biefer  Stelle 
ausjufpreeben.  2tud>  mieberfjole  id;  fyier  ben  Sorftänben  ber  Sibtiotfyefen 
ui  ,'öalle,  öamburg,  Atel  unb  3Ründ)en  ben  ergebenden  25ant,  ben 
id)  ibnen  für  bie  mir  mit  unermübeter  iMcbenstiuirbigfeit  geroabrte  Unter* 
üüi.umg  fdmlbig  bin. 

1.  (S.  1)  §.  2Bebemer,  3.  Sietenbergcr.  greiburg  1SSS>.  S.  328. 
"2.  (S.  1)  „3ft  bif?  t>fc  rrrii  traetat  einer  eilents"  in  brüberlidier  liebe 
fütgement,  bei«  t-nb  tmfer  r/eil  barunber  frünbtlidter  311  betraebten".  3er 
.viinir>ei§  auf  nod  nid;t  gefdiriebene  53üd>er  gehörte,  tote  Sabpenberg 
(Ulcnffcicgel  391)  trefienb  bemerft,  „311  ber  bem  Turner  eigentümlichen 
toorgreifenben  ^erfbeftioe  in  bie  3uf»"ft"-  So  fyatte  er  fid>  glcicb  in  feinen 
beiben  erften  Sdriften  auf  ein  gröf?eree  2Herf  toibet  bie  l'lftniogen 
(Quadripartitam  malus)  belogen,  ba>>  nie  gebnidt,  bertttutltdj  audj  nie 
gefdmeben  toorben  ift. 

."..  (8.  l.)  Durdj  Petrus  granci8ct,  bgl.  Vutlnuv  8tieftoed)fel 
fyerausg.  mm  Gnbcrs.  [n,3ü.  ftadj  Jung  unb  81.  (julefcl  ©jamatoIJü, 
Bckhu  dedolatas,  33eriin  1891  2.  IX  f.  ift  i;.  gftangtSri  ßfeubottym  für 
ftnibiuä.) 

I.  (<3.  2.)  .^eitiebrift  für  bie  biftorifde  2$eotogte  1848,  6.598. 
£utb,er  §atle  tut]  JUbOt  (in  ba-  Sdjrtft  „(Sin  ontenidn  b«t  bendtliubcv 
tobir  bic  bor^otten  buriicr.  '^uittemberg.  3™  3«  SR.  T.ni")  ben  Begrifj 
„Sdmiadbud"  jo  befinievt:  ,,Tcnn  bj  bermet  ein  frfmiaclibudi,  ebbet  fomofe 
libelt,  rcic  es  aud)  fcDfcrliri'  redu  fett  bcuttcii,  bartyltn  mit  namen  bemant 
imn  funberbeit  gefdjmedt  mirt  an  feiner  eine,  tmb  ber  fd'reibcr  feinen 
Jtaroetau,  SRurnet  imh  bic  Reformation.  7 


98 

namen  nit  an3Ct?gt,  mil  nit  ju  red)t  fielen,  furdjt  baS  liedit,  mil  bodfy 
fd)aben  t;m  finfternifc  tyan  Ijaben,  betjffet  fyetymtid)  ir-ie  ein  bergiffte  fddange, 
a(§  ©atomon  fagt." 

5.  (©.  3.)  %üx  bie  ©trafjburger  Sleformationögefd^id^te  im  allgemeinen 
bermeife  tdj  auf  21.  Sun  9/  ©efd>id)te  ber  Deformation  berÄirdjie  in  Strasburg  I, 
Strasburg  unb  Seidig  1830;  X.  2B.  Dötyridt,  ©efcr)icr)te  ber  Defomation 
im  ©Ifafj.  1830  —  1832;  g.  SB.  Saum,  Gabito  unb  Su£er.  ©Iberfelb 
1860;  21.  Saum,  SJiagiftrat  unb  Deformation  in  (Strasburg  bi§  1529. 
Strasburg  18S7  unb  auf  bie  Solttifcfye  Äorreftoonbenj  ber  ©tabt  ©trafeburg 
im  geitalter  ber  Deformation  I.  fyr§g.  bon  §.  Sird  1882.  ©ine  populäre, 
bielfad)  torrefturbebürftige  Sarftellung  giebt  3- 9t a  r  fy  9  e  b  e  r,  ©trafjburg  im 
16.  lyafyr^unbert.  Stuttgart  1871.  gür  bie  Sorgcfd;icbte  ber  Deformation 
»gl.  fyaubtfädilid)  G.©d)mibt,  Histoire  litteraire  de  l'Alsace  I,  1878  unb 
£.  33  au  mg  arte  n§  2tuffa£  „Strasburg  bor  ber  Deformation"  in  ber  Qnt- 
fdjrtft  „3m  Denen  Deicf)"  1879  Dr.  2. 

6.  (©.  4.)  „!yn  biffem  1517  iar  an  miitmud;  no<f>  fontag  Cantate,  ba 
fyett  man  ein  groffen  Äreufcgang  3U  ©tra|burg  bon  ioegen  ber  ttyürung  unb 
fterbet,  ban  e§  fer)r  ftarb,  aud)  bon  megen  bem  Irieg  unb  mitbe  fyenbel  mit 
einem  ebelmann  genannt  ber  grantn£cu§  bon  ©id'ingen  .  .  ."  3n  *>er  3ms 
linfdjen  ^-amiliendjronif  in  ©töber<§2llfatia  1S73  —  1S74,©.  387.  2lud)  bom 
3al)re  1516  berjeidmet  ber  Gfjronift:  „ba<§  mar  ein  bürrer  ©ommer,  bafj  e§ 
lang   bor  2>ol)anni   nit  reget  bi£  uff    Sartfyolomei  tag  .  .  .  alfo  bafs  mein 

unb  forn  ufffd)lug."    @bba.  ©.  386. 

7.  (©.  4.)  21.  Saum  a.  a.D.  ©.  4. 

8.  (©.  4.)  Dad)brüdlid)  blatte  beifbielsmeife  ber  2luguftiner  ^ob^ann 
Sattj  in  feiner  Coelifodina  (1490)  gebrebigt,  bafj  bie  ©aframente  aud)  bei 
bem  fcfylediteften  SebenSmanbel  ber  Srtefter  nid)t§  bon  itjrer  ©ültigfeit  ein= 
büßten  unb  baf;  bie  $raft  ber  Srieftermeifye  and)  burd;  ba3  unfyeiligfte  Sebcn 
ber  ©emeifyten  nidit  gebrochen  merbe. 

9.  (©.  5.)  Sgl.  6.  ©rüneifen,Dic!au§9DanueI.  ©tuttgart  1837  .©.  76. 

10.  (©.  5.)  Sgl.  Ä.  ©  0  e  b  e! e  im  2lrd)ib  für  £itteraturgefd;idite  VII,  157  fg. 

11.  (©.  5.)  Sgl.  S.  b.  SBigfomatoff,  Safob  IBimbfeling.  Serltn 
1867.     ©.  121. 

12.  (©.  6.)  21.  Saum,a  .a.D.  ©.  3. 

13.  (©.  6.)  2lu3  bem^aljre  1519  meift  bie2JBeimarifd>e2utt;er  =  2Iu§gabe 
©irafjburger  Dad)brude  bon  8  £utl)erfriien  Sdn-iften  nad),  ju  benen  nod; 
ber  Dad)brnd  ber  „Xfyeotogia  beutfet)"  t;injufommt.  Unb  jmar  brudte 
Sotyann  Knobloud):  1)  2)ie  2lu3tegung  ber  fieben  Sufsbfalmen  (I,  156.); 

2)  ben  ©ermon  bon  ber  Setradjtung  be§  ^eiligen  ScibenS  ©fyrifti  (II,  133); 

3)  ben  ©ermon  bon  bem  efyelid)en  ©tanb  (II,  164)  unb  4)  ben  ©ermon  bon 
bem  ©ebet  unb  Srojeffion  in  ber  Äreusmocfye  (II,  173).  2(13  Srud'e,  bie 
nad)  ber  £iteleinfaffung  auf -öiarttn  Riad),  nad)  ben  £bben  auf  Änoblo  ud) 
l)inmeifen,  ber^eid^uet  Änaafe:  5)  Untcrridit  auf  etlidje  2lrtifel,  bie  ttnu  bon 
feinen  2lbgönnern  aufgelegt  unb  3itgemeffen  werben  (II,  68);  6)  ©in  ©ermon 


99 

tren  bem  ©aframent  bor  Sujje  (II,  711);  7)  (Sin  ©ermon  tren  bem  ©aframent 
ber  Saufe.  2Nartin  Jyladi  brudte:  S)  ©in  Sermon  bom  fredire.  ©aframent 
be§  l).  roafyren  i'eidmamS  (Sf>rifti  unb  tren  ben  33rüber[d;aften  (II,  740). 
Sie  „beutfct)e  Jlieologie"  bmcfte  lieber  ftnobloud),  ber  tren  SuttyerS  auS 
bem  ^a^re  1519  ftammenben  Iraftaten  aujjexbem  nod)  311  Anfang  1520  bie 
furje  llnterreeifung,  reie  man  betagten  foll  (II,  öS),  nadjbrudte. 

14.  (©.  6.)  Sgl.  S.  cdniiibt,  3ur  ©efa)id&te  ber  äfteften  Sibliotljelen 
unb  ber  erften  Süudibruder  31t  Strasburg.  ©trafjburg  1882,  ©.  SS  unb 
2lrd)tt>  für  ©efdjidjte  beS  beutfdjen  23ud>l;anbel3  V,  24  fg. 

15.  (©.  7.)  Sie  2luSfertigung  be§  ©bift§  erfolgte  am  2G.  9Jcat,  aber 
erft  am  30.  ©ettember  tourbe  ben  Sud)brurfern  «erboten,  lutb,erifa)e  33üd)er 
hi  bruden.  ©erbet  an  Sufcer,  30.  ©ebt.  1521:  „Hoc  etenim  die  quo  luiec 
scribimus  Caesareum  mandatum  bibliopolis  indicitur."  (Sin  neueö  -Dianbat 
gegen  $a§quille  unb  üäfterfdreiften  erlief  ber  diät  nad)  bem  Nürnberger 
fleid)stage  am  12.  ©cbtember  1524.  G§  ift  abgebrudt  bei  freite,  ba§  3unft= 
tr-efen  in  ©trafjburg.     ctrajjburg  1856,  ©.  173-179. 

16.  (©.  7.)  Sgl.  6.  ©cf/mibt,  Bistoire  II,  241. 

17.  (©.  7.)  Sgl.  ,H.  öagen,  Seutfddanc*  religtbfe  unb  litterarifdre 
Serbältniffe  im  StefoxmattonSgeitaltet  II,  159. 

IS.  (©.  7.)  ^ob;.  9?ein£;arb  au%  ©rüningen,  bgl.  2t.  £>.  Siogr.  X,  53  fg. 
unb  G.  ©duuibt,  3ur  @efd;ia)te  ber  älteften  Sibliotyefen  S.  115.  —  SKon 
bergl.  aud;  ben  Brief  Soliann  Sd'3  an  »erjog  2Bilb>ltn  (,,©ie  brurfcn  in 
ben  9?eid)3ftäbten  nid)t3  reiber  ben  ihitfyer,  e§  nelnue  beim  einer  eine  ^Injafd 
53üd;er")  bei  2t}.  äBtebentann,  Dr.  3ob>nn  (?tf.   Negensburg  1865.    ©.  655. 

19.  (©.  7.)  Sgl.  2$.ßoIbe,  SKortin  Sutöw  I,  248. 

20.  (©.  9.)  SBeimar.  8utb\  StuSg.  II,  09  —  73.  Sgl.  ba-,u  .uöftlin, 
Sut&er2  I.  243  fg.  unb  Äolbe,  I.   188. 

21.  (©.  9.)  2Kan  beachte  beiftüelätoeife  bie  folgenbe  ©teile  in  ber 
„libriftlid>en  unb  &tiiberlit$en  (irmalntung"  331.  (Sij:  „x"\d;  ijab  aud)  mid> 
nie  mit  fdueibeu,  prebigen,  reben  offenließ  ober  beimlid;  in  fdmlen  ober 
bamfj  reiber  bidi  robllen  bereegeu  in  Hoffnung,  beine  leeren  bunten  ju  einem 
fruchtbaren  bnb  511  einem  eriftenlidren  enb." 

22.  (@.  II.)  (Sri.  2lu3g.  27,  139  fg. 
28.  (©.  ll.)  ftofbe,  8ut$et  I.  268. 

24.  (©.   L2.)  libba.  ©.  270. 

25.  (©.   12.)  Gfreiftlide  unb  brüberlirte  ß  rmalmung  81.   Jijj. 

26.  (©.  12.)  ©an]  ulmlidi  führt  GorfUäu*  gegen  Luther  au*:  „Tu 
fannft  je  fein  ©efttyrifl  ufbringen,  bafi  ba  (in  ber  AKef'.e)  nidit  mht  gefdu-he, 
fo  l)aben  reir  für  inner  Dlej$alten  fou-b  alt  $er!ummen  unb  ba*  in  täg'.iehem 
iürudi  über  tuienb  3a^t,  burrfi  bie  ganj«  (jluiftenheit  11*,  bafi  1111*  ba* 
Wedit  ber  lobliden  Wereobnbeit  allein  giuigfam  mar,  beine  Üppigen  ifrönt 
niebet  ju  toerfen."    Sgl.  Otto,  3oJ>.  (Soc&JäuS,  Breölau    L874.    ©.  119. 

27.  (2.  18.)  2er  Eitel  ba'  Iren  mir  oenul.iteu  jtoeiten  SluSgobe  lautet: 
„trin  dreiftlide  ||  tmb  brüberlü  ||  du-  ermanung  ui   beut   bed)  |  geleite  boctot 

7* 


100 

attartino  hi  ||  ter  2Iuguftiner  orbe  ju  9£it  [|  temburg  (3)g  er  etliche  re  ||  bert 
Don  bem  neroc  tefta  ||  met  ber  ^eilige  meffen  ||  get^ö)  abftanbe,  bn  ||  tr>ib'  mit 
gemeiner  ||  dmftenfyeit  ftd)  ||  bereinige.  ||  3U  be  anbren  mal  »ber  fe=  ||  f>en 
bnb  in  feinen  waren  ||  brunnen  erfetiet."  —  2lm  ©d/htf; :  „Saturn  in  bem 
iar  nacb  b'  ||  geburt  Gfyrifti  bnfers  Ferren.  £atttfent  ||  G  C  G  G  G.  ön  jji. 
93 ff  fant  2lng  ||  nefen  tag  getrueft,  mitÄeifer  ||  lieber  matyeftat  Sßrütiltegi  ||  en, 
bas  bei  ben  in  eine  ||  iar  nieman  naef;  ||  trutfen  fol.  etc.  f  Genfores.  9.  931t. 
in  4°,  Ie£te  Seite  leer.    Siteleinfaffung  [SMndjen,   Polem.  21481']. 

26.  (©.  13.)  Sie  93orrebe  ift  abgebrudt  bei  Gnbers  II,  514  fg.  93gl. 
and)  ©.  ©.  Sßalbau,  9Jndt;ricr)ten  bon  Stomas  9Jhtrners  Sehen  unb  Schriften. 
Nürnberg  1775,  ©.  78  —  83. 

29.  (©.  13.)  ©ans  abliefe  berfiebert  er  fbäter  (931.  G),  er  fd^retbe 
nüber  ihn  erftlid,  „ba§  idt)  bir  bon  tyerijen  günftig  als  meinem  bruber,  bon 
irrungen  etlicher  beinen  leren  bon  gxifünfftiger  ftraff  betoaren  bnb  abrieben 
begere,  bff  bas  bu  toiber  femeft  in  bereinigung  ber  criftglobigen  bnt  alfo 
berfönet  mit  frueftt  lang  bie  armen  criften  leren  möditeft." 

30.  (©.  15.)  Ghriftl.  unb  brübert.  Grmafmung  931.  Stiij. 

31.  (©.  21.)  GrI.  Stusgabe  27,  108. 

32.  (©.  22.)  93on  bem  iab-  ||  ftentum  bas  ||  ift  bon  ber  fjbdjften  ober  j| 
fetit  Gfyriftlicbs  glau*  ||  ben  ibbber  boctor  ||  SWartinü  SutBer.  ||  —  2lm  ©a)lu&: 
£atü  in  b'löblict)en  ftat  ©traf?  ||  bürg  in  bem  iar  nach,  ber  geburt  dbrtfti 
bnfers  ||  Ferren  3tt.  3).  ££.  bff  fant  Surfen  bn  ||  Dtilien  tag  bon  Spanne 
grient  ||  ger  getrueft  mit  Äeifcrlicber  mageftet  brinüegn",  b3 1|  bifs  biedjlm  bb 
ben  bes  ||  orginals  memo  nad;  ||  fol  tnttfe  in  ei=  ||  nein  iar  etc  ||  9.  9311.  in  4° 
lefcte  ©eile  leer,  mit  Siieteinfaffung.  [ÜRündjen,  Polem.  21488]  —  £as 
unmittelbar  jubor  erfd)tenene  ©djriftdjen :  „93on  £>octor  3)t.  luterS  leren  bnb 
brebigeu.  £as  fie  argtoenig  feint  bnb  nit  gcnldicr)  glaubrotrbig  31t  galten" 
loenbei  ftd»  gegen  Sagaruä  ©benglcrs  „©dntfcrebe"  unb  bietet  faef/lid)  nichts 
als  eine  SBieberfyolung  ber  in  ber  „Grmabnung"  cntrotdelten  ©ebanfen,  fo 
bafj  Wir  liier  nicht  näfyer  barauf  einstigeren  brauchen. 

33.  (©.  26.)  2)ie  t'att)oltfd;e  Äirdje  unterfd;eibet  bei  jebem  ^tieftet  iic 
potestas  ördinis  unb  bie  potestas  jurisdictionis:  erftcre  ift  bie  93oI(mad>t 
bie  ©aframente  311  bertoalten;  letztere  ift  fein  3tegteramt,  Wie  er  es 
fraft  bes  ©ä)lüffelamte§  ausübt.  9hm  beftaub  ber  ©treit  3tbifdien  Gbi= 
ffobaltften  unb  Kurialiften,  ob  ber  ^3abft  nur  ben  suprematus  ordinis 
ober  auch,  ben  suprematus  jurisdictionis  heftige,  ^m  letzteren  gallc  ift  bie 
gange  Äirdic  feine  §crbe,  bie  er  regiert;  bie  93tfd;öfc  bt^tv.  ^saftoren  finb 
nur  feine  Delegaten;  er  ift  pastor  universalis.  9lacb  ebtffobatiftifdier 
Sefyre  bagegen  befitd  jeber  93ifd)of  über  feine  Siösefc  unmittelbar  bon  ©ott 
bie  potestas  jurisdictionis,  ift  in  feiner  SDiöjefe  bem  ^abft  gegenüber 
autonom,  über  ifym  ftefyt  nur  bie  universalis  Ecclesia,  bas  Äonjil.  3er 
s4>abft  befi^t  bagegen  ben  suprematus  ordinis,  inbem  il;m  alS  oberftem 
@eiftüa)en  3U  ben  Jtinfttünen  jebes  93ifdiofs  nur  nodi  eine  cura  universalis 
ecclesiae  gehört,  b.  ^>.  gelüiffc  auf  basöanse  bejüglidK  Stuffich^tsfunftionen, 


101 

aber  nie  ein  Singriff  in  bie  gutiSbiftion  anbrer  iüifcbbfe.  9jgt.  Zöllner,  ©bin» 
beltf  II,  430  f-  SKutnet  ift  ftrammer  .Hurialift,  inbem  er  bem  betrug  ben 
suprematus  jurisdictionis  juerfennt;  nad)  ifom  ift  ber  $abft  pastoz 
universalis,  alfofinb  alle  33ifct)öfe  nurdelegati  sedis  apostolicae. 

34.  (©.  29.)  2ln  ben  (Sri  ||  ftfirinm  abel  beut  ||  fdier  Kation:  bonllbeS 
Cl^riftliajen  ||  ftonbS  befferng  ||  $  äRattinuS  ||  Sutbet.  ||  SJuittenberg.  ||  Sttel« 
einfaffung  4(1  331.  4°,  lefcteS  33Iatt  leer.  2(m  (Jmbe:  2)urd)  il)n  fetb§  gemeret 
bnb  forrigiert.  —  2)rud  bon  9tenatu$  33etf,  beffen  Sonogramm  unten  in 
einem  ©cbübe  ftebt.  33gt.  SBcitn.  8ut$.  2foSg.  VI,  39ii  3ir.  F.  21ud)  ber 
ebenbaf.  unter  3fr.  (i.  berjeidjncte  SJadibrud  rüfyrt  nad)  ßnaafe  bermutlid) 
ani  Strasburg  ^er. 

35.  (©.  30.)  2(n  ben  ©rof^-  ||  med;tigften  bn  ||  5)utä)Iüä)tigfte  abel 
tut  ||  fd)er  nation  ba§  fbe  ben  ||  ä)rifttid)en  glauben  be=  ||  f dünnen,  Jobber 
ben  ||  gerftörer  bc3  glaubeä  ||  djrifti,  SDtattinä  |j  lutt)er  eine  b'fie  ||  rer  ber 
einfei  ||  tige  dt)rifte.  —  2lm  ©cblufj:  (SenforeS.  ||  ©etrudt  bon  °$o$anne  ©rie 
1  ninger  in  bem  iar  £aufent.  ©  (S  ©  G  G  3Snb  ||  xj.  33ff  be"  Griftabent 
mit  Äeis  ||  ferlicbcm  Sßtiuüegiä,  In  ein  ||  em  iar  memanS  nad)  ||  trud'en  fot. 
10  33ogen  in  4",  letztes  33(att  leer,  mit  Siteteinfaffung.  [ftamburgifcbe 
©tabtbibliotbef.] 

36.  (©.  30.)  ©nber§  III,  30  fg. 

.";".  (£.  30.)  „Aurora  ä  dato  fuora  un  libro  in  alemanno  contra 
Luther  ad  oobilitatem  Germaniae,  ehe  se  dice  esser  assai  ben  fatto". 
3Jgl.  $.  Äalloff,  bie  Tebefdjen  be3  9iuntiu§  21feanber.  Saite  1886.  ©.51. 
2>afj  mit  jener  2leuf3crung  bie  ©djrift  sJJiurner3  unb  nid)t,  roie  Halfoff  meint, 
Diejenige  ©mfers  gemeint  ift,  l)at  fd>on  GnberS  a.  a.  D.  III,  2t>  nadigeioiefen. 

38.  (©.  30.)  „S)c3  l)eilgen  Goncilij  tut  Soften}},  ber  beblgen  Gl)riftcn= 
b,eit,  Onb  tpoddöblidjen  febjjerS  ©ignumbS,  bn  aud)  be8  £eui<fd>en  2lbel§ 
entfdnilbigung".  Untetgeiajnet:  „3(n  ©ant  2Rie§aeI§tag  Ti.  £>.  x;r".  S8gt. 
Ib.  äUiebemann,  I>r.  viobann  Gtf,  Siegensburg  1865  ©.  517  unb  SBeitnat. 
i'utt).  2Iu§g.  VI,  402. 

39.  i  3 .  30.)  „SBiber  baS  toncfjriftcnltcfic  bud)  Stattini  Sutetä  SCugufthtetg, 
an  ben  Jeiotfdicn  Abel  aujjgangen  Vorlegung  üieronnmi  Gmfer.  2ln  gemeine 
Öoddoblidie  Jcutfdie  Nation".  2lm  ©dduf;:  „33oHenbei  {\n  8er/bfc!  am 
tag  ^-abiani  Du  ©ebaftiani  SDtottbtü.  .  .  Tl.  T.  rri.  3'gl.  8.  SnbetS,  Sutyet 
unb  Gmfer  I,  .stalle  1889. 

in.  (©.  31.)  Tic  „SBotteb  )U  2)octot  SOTattino  vutber"  ift  abgebruoft 
bei  ©nbctS  III,  27  fg. 

II.  (6.  32.)  Sut^etS  2duift  „an  bin  dniftlictnn  Kbel"  citiete  id) 
nad;  ber  2luögabe  bon  '^c nratb,  >>alle  1884. 

42.  (2.  32.)  Benrat^,  2.  9. 

13.  (S.  32.)  darüber   fpottet   ber   SBerfoffet    beö   „Marfibaio",    inbcm 
er  uigleid)  bie  vclne  bon  ba-  ecclesia  aI8  corpus  Christi  auofübrlid)  au-.< 
einanberfet;.t.     „Sieber   äRurnet"  fügt   er   biiiiu  „nim  bidi   felb  an 

bifem    ort    bei   ber    nafen.   .  .  ißeinft    ba«    iä)    nit    redu    b,ab,    befebe   beiu 


102 

biedern  bnb  boctor  Sutfyers  biecblin,  fo  ir  beib  bem  abel  jugefcferiben 
tyanb,  bnb  leg  bie  Epistolas  petri  bar  3mifcf)en  für  ein  ridjter,  totrt  bir  ein 
fentcn£,  be3  bu  bid)  billid)  bor  btberlüten  fcbamen  müft,  bas  bu  bem  guten 
man  Sutfyero  fein  eer  bnb  cfjriftenlic^en  limben  bor  aller  toelt  abftileft  roiKr 
Qot  bnb  bie  toarf;eit.  .  ."    So  ding,  opp.  Hutteni  IV.  644. 

44.  (©.  33.)  Senratf;,  ©.  7. 

45.  (©.  33.)  Senratt;,  @.  12. 
40.  (©.  34.)  Senratr;,©.  17. 

47.  (©.  37.)  gaft  gtetc^geitig  mit  3)curners  ©d)rift  an  iax  2lbel  brudte 
©rüninger  ein  ©dmftdjen  be<§  längere  geit  in  2)eutfd)tanb  mofynfjaften 
itatienifdjen  £)idjter§  2>oty.  2Intomu§  9Jcobeftu§:  Joiannis  Antonii  Modesti 
oratio  ad  Caroluin  Caesarcm  contra  Martinum  Luterum.  IS  Sil.  in  4. 
2lm  ©cfylufc:  ExcussumArgentine  in  Die  Apolöniae  Anno  Domini  M.D.  XXI. 
Die  X.  mensis  februarij.  21  ud;  I;ier  begegnen  roir  ganj  äfmlirijen  SUagen 
über  £utt)er§  Seriellen  bem  I).  Sater  gegenüber  unb  iüegen  ber  §eftigfeit 
unb  Sieblofigfeit,  mit  ber  er  feine  ©egner  befyanble.  Sind;  J>ter,  wie  bei 
Söcuwer,  bie  SeF/aubtung,  baf,  Sutfyer  ein  9teid;efeinb  fei:  nam  quiPontifici 
adversatur,  Caesari  quoque  adversatur,  unb  aud)  tner  bie  Serfid?erung, 
ba£  ber  Serfaffer  feinen  Jpafj  gegen  Sutfyer  im  üperjen  trage,  fonbern  nur 
um  ber  ÜDafyrfycit  nullen  fo  rebe.  —  ®af3  biefem  50Jobeftu§  ber  bon  ©nber3, 
£utf;er§  Sriefmecfyfel  III,  38  fg.  Veröffentlichte,  J  A  M  unterfd)riebene  SBrief  an 
Sutyer  gujutoeifen  tft,  ift  bon  @.ßato  er  au,  ©tubien  unb  Ärittfen  1890,  S.  390 
fg.  überjeugenb  nadjgeioiefen  morben. 

48.  (©.  37.)  „Son  ber  Sabtylonifdien  gefengf  [|  nujj  ber  Slird)en,  boctor 
SDcartm  SuttyerS".  —  Sarunter  Sut^erS  Silbnis.  72  St.  in  4°.  SDrucf  bon 
Sofmnn  Sßrüjj  in  ©trafjburg.    Sgl.  SBeim.  £ut$.  2lusg.  VI,  490  fg. 

49.  (©.  37.)  SI.  2Iiiij.  Sgl.  aud;  SBalbau,  a.  a.  D.  ©.  96, 

50.  (©.  38.)  Sl.  £ij.  Sgl.  ba3U  SBeim.  8ut&.  3Cu§g.  VI,  488. 

51.  (©.  38.)  Solitifcbe  Äonefbonbenj  ber  ©tabt  Strasburg  I,  45 
9fr.  79. 

52.  (©.  39.)  2)ie  Sibliograufyie  bei  Slnaafc,  brei  9ieformation3fcf/riften 
aus!  bem  Safyre  1520  bon  Martin  Sutfier.  fralle  1870,  ©.  IX  fg.  Sgl.  ferner 
ßolbe,  3ß.  Sut^er  I,  289. 

53.  (©.  39.)  SBie  boctor.  SR.  ||  £ut«r  bjj  falfd)  ||  cn  brfadjen  bewegt 
Sj  ||  geiftlicf»  recfyt  ber  ||  brennet  b>t.  —  ^iteteinfaffung.  5  Sl.  in  4°.  2tm 
©d)iufj:  ©etrudt  ju  ftrafjburg  buref)  Scanne  örienniger  ||  in  bem  iar.  SR. 
2).  rri.  bff .  ben  monbag  inuocauit.    [9Rüncben.  Poleni.  2148  *]. 

54.  (©.  41.)  (Snbere  III,  4. 

55.  (©.  41.)  (Snber3,  III,  80  fg. 

56.  (©.  41.)  „Mumarus  ab  omnibus  Argentorati  despicitur,  ride- 
tur,  exsibilatur". 

57.  (©.  42.)  Sgl.  aud)  ©djeurlS  Sriefbudi  II.  126. 

58.  (©.  42.)  „Murnerum  contemno".    Gnbers  III,  76. 


1 1 13 

59.  (©.  42.)  ..('i)»-itr  homini  ((Smfer)  respondere  soluni  ob  mendacia 
impurissima.      Murnero  nondum    possum:    et    qui    Omnibus    possem?" 

GnberäHI,  87. 

60.  (©.  42.)  „2(uf  bas  übercfirtftfic^e,  übergeiftlicbe  unb  überfünftticbe 
23ua)  23orfs  Gmfers  31t  Seidig  2tntivort".    Irrt.  2Iu§g.  27,  221  fg. 

61.  (©.  42.)  ^aju  bemerftüDf.  3ticf ef  „loiber  boetor  äWuroarS  falut 
erbiuiu  8beb"  231.  Süj:  „2)er  Sut&et  bat  bid)  nod)  nit  getennt,  bo  et 
fdjrib,  bu  tugeft  nit  al3  bil  al§  b'cmfer". 

62.  (©.  43.)  (Sbriftliebe  unb   brübcrltcbe  Grmafmung  231.  £>:   „Su   be-- 
febreibeft  bir  eben  ein  mefj  bnb   ein  firmen,  toie   im  $Iato  felbft  ein  ftat 
befebrieb  t>nb  ein  eben  bilb  formiert  nüe  ein  iebe  ftat  fein  feit". 

63.  (©.  44.)  ©rl.  2lu3g.  27,  108.  Sgl.  aud)  „Sin  Un  cbriftüajen  2lbel" 
bei  23enratb  6.  13. 

64.  (©.  44.)  (Sri.  2lu§g.  27,  2^s  fg. 

65.  (£.  46.)  Defensio  Christianorum  ||  de  Cruce.  id  est,  ||  Lutherano 
nun  [|  Cum  piu  admonitione  F.  Thomae  Murnar,  lutheromastigis,  ||  ordinis 

Minorum,  quo  situ  temperet  a  conuieijs  et  stulris  ||  impugnationibus 
Martini  Lutheri.  ||  Matthaei  Gnidij  Augustes.  ||  Epistolae  item  aliquot. 
Ad  eruditos.  ||  Ad  Martinum  Lutherum.  j|  Ad  strenuissimom  equitem 
Germ.  Vlrichum  Huttenü.  ||  Ad  populum  Germaniae.  -  2lm  ©cbluf; : 
Augustae  Idibus  Decembris  Anno  a  Christi  natalitio  M  I>  XX.  3  2311.  bie 
betben  le|ten  ©eiten  leer.  1°  [SKündjen,  H.  ref.  800,  26]  8gl.  aud)  SRöbrid), 
a.  a.  D.  ©.  597. 

66.  (©.  4(1.)  2ßurnaru8  i.'euiatban  ||  S3uIgo  bictuö  ©eltnar,  cber  ||  ©enfj- 
Sßrebiger.  ||  Murnarus,  <j ui  &  Schönhenselin,  ||  ober  Scbmunfolb,  be  ||  fe 
ir-fo.  Jj  si  augae  &  fastus,  faciunt  quem  relligiosum,  ||  Sum  bonus,  vV 
magnus.  rrlliginsus  r»-<>.  ||  Kuplmelis  Musaei  in  gratiain  Marti  ||  ni 
Lutheri,  ||  &  Hutteni,  pro- 1|  pugnatorum  Chri  ||  stianae  &  Germa  ||  nicae 
libertatis  ||  ad  Osores  Epistolae.  4  33H.  in  4°,  lefcte  ©eite  leer.  Auf  ber 
9lütf  feite  be*  Titelblattes  ein  §oljfd}nitt,  ber  äJtutnet  In  £>tad}engeftalt 
mit  bei  .Hütte  barftclit;  baSfelbe  23ilb  nodbmatS  81.  ?nu,  barübet  Butler 
mit  ber  23ibel.  Shrfjetbem  btei  Heinere  .'öoUfdjmtte.  [SRündben,  L.  eleg.  m. 
252  (19)]  8gl.  aud)  i.'abbenberg,  äJtumerS  Ulenfbiegel.  Seibjig  1854. 
6.  412  fg. 

•17.  (©.  18.)  D.  Sd&abe,  Satiren  [11,221. 

68.  (@.  18.)  „friftoru  bon  ben  fiet  tei.n-en  $rebigerorben?"  bei  Söcfing, 
opp.  Hutteni,  SuppL  II.  313. 

69.  (2.   18.)  Argument  bifeS  biedjleinS,  ||  Sbmon  $effu8  jeigt  an  ©octorj 
äRartino  8u  |  H)er  brfad),  toatumb  bie  &ut$erifd)e  biedjer  bö  ben  Solo 
nienfem  bn  Souanienfern  berbrent  ioorben  fein,  bau  ||  äRartinuS  bat  bac 

begehrt   in   einem   biecblein,   bar  ||  in   er  brfad)   fagt   mit    rrr.     articflen  im 
geift:  |i  lidje  :>(edu  begriffen,  toavumb  et  bem  ||  23abft  feine  :Hcdu  \u  SBittem 
berg  berbrennt  batt.     Sud)  cimi  netoet  jufa»J  inu  ||  et(id)en  articflen  be« 


104 

griffen.  ||  grag  bnb  anttvort  ©bmonig  §effi,  ||  bnb  9)Jartint  Sutfjeri,  nctiUicr) 
mit=  ||  etnanber  ju  SGBormg  gefyal=  ||  ten,  ntt  bnliebtid)  ||  julefeu.  ||  Dtme  93orb. 
Sitelrüdfeite  leer.  30  S8L  4°  le^te  Seite  teer.  Sriefenbe  231.  ^»:  Saturn  ju 
geringen  im  Srbjgaro,  am  bj  tag  be§  Sanuarij  im  XXj.  ||  Sie  „^rag  imb 
2lnttr>ort"  ift  abgebrudt  bei  So  ding  IV,  601—014. 

70.  (©.  48.)  Sgl.  ©.  Ub^orn,  Urbanug  2ir/egiug.  (Slberfelb  1816. 
©.  30  fg.  (Snberg,  £utr,erg  Sriefroed>fel  III,  08  fg.  beftreitet  bie  Serfafferfdmft 
beg  S^egiug,  bod)  fd)einen  mir  bie  bon  Ur/lfyorn  enttmtfelten  inneren  unb 
äußeren  ©rünbe  für  jene  2lnnafyme  übcrjeugenb  311  fein.  Sgl.  au  dt  ©tubien 
unb  Äritifen  1890,©.  391  fg. 

71.  (©.  49.)  Siefer  33erid)t  ift  auä)  abgebrudt  im  3Beimarifd)en 
Safyrbucf/  VI,  (1857)  ©.216  fg.  Sgl.  meine  ©dtrift  %$.  SWurner  unb  bie 
Äird)e  beg  aRtttelalterS.   £al(e  1890.  ©.  20  fg. 

72.  (©.  49.)  2lbgebrudt  bei  Söcfing,  opp.  Hutteni  IV,  615— 647. 
Gin  naddäffiger  2Ibbrud  in  ©djeibteg  Softer  X,  219  — 240.  SßgC.  aud) 
31.  Säur,  Seutjdtlanb  in  ben  Sauren  1517—1525.  Ulm  1872.  ©.  73  fg. 
lieber  Äarftfyang  bgl.  ©rimmg  SBörterbud)  5,  ©b.  232.  Waty  biefer  Duelle 
ift  bie  Sejeidmung  nodt  bleute  ein  ©bi^name  ber  elfäffifdjen  Sauern. 

73.  (©.  49.)  21eltnlidt  Sajarug  ©bengier  in  feiner  ©dirift:  „Sie 
öaubtartifef,  burcf/  tbeldjie  gemeine  Gftriftenfyeit  bisher  berfüttrt  morben  ift" 
(1522):  „Senn  roer  iueifj  bag  nict)t,  bafj  ein  üDiünd)  mag  ein  ßabben  unb 
platten  tragen  unb  baneben  ein  Sub  in  ber  gtaut  fein?"  Sgl.  Sßreffel, 
S.  ©bengter.  ©Iberfelb  1862,  ©.  49.  2(ud)  £tan§  ©adtg  gebraucht  in  feinem 
toeiten  Sialog  bie  gleiche  SBenbung. 

74.  (©.  50.)  ©ifeunggberidtte  ber  2Uab.  b.  2B.  311  ÜMündjen,  bfyilef. 
bltilol.  b,ift.  ffl.  1871.  ©.  277  fg.  «gl.  audt  IS.  ©dnnibt,  Histoire  II,  241 

75.  (©.  50.)  „^ßrotcftation.  D.  £I;ome  ÜDhimer,  bag  er  miber  See. 
SUar.  Sutb,  er  nidjk  bnredjtg  gettanblet  fyab".  2lm  ©cttlufj  :  „©eben  31t  ©trafjburg 
bff  ben  aef/ten  tag  beg  merken,  in  bem  iar  Gr/rifti  3^efu  bnferg  Iterreit. 
M.  D.  XXI."  21bgebr.  in  ber  „Seitfdtrift  für  bie  fyiftorifdie  St)ecIogie  1S48. 
©.  598—602. 

76.  (@.  51.)  Sgl.  21.  Sung.  a.  a.  D.  I,  69. 

77.  (©.  53.)  Gbenfo  fyeifjt  eg  im  erften  ftabitel  beg  „©rofeen  futfyerifdten 
Darren":  „2Ban  foldjeg  alfo  getr-onfyeit  mer  |  2Bcre  niemang  fidier  feiner  eer". 

78.  (©.  53.)  „2lin  fd)öner  Sialogug  bnnb  gefbred;  jtoifc^en  eine  Sfarrer 
bnb  eim  ©diulttjct;^,  betreffenb  allen  übel  ©taub  ber  geiftlidten  Snnb  böfe 
ttanblung    ber    meltlicfyen.  ||  2II(eg   mit    gebtugteit    betaben",    bei  D.  Scbabe 

©atiren,  II,  152  fg. 

79.  (©.  53.)  „2Iin  Äurfci  anreb  3U  alten  mb/fgünftigen  Soctor  Sutber* 
bn  ber  Gfyriftentidjen  frettfyett",  bei  D.  ©d)abe,  ©atiren  II,  190  fg.  Sgl. 
©.Äamerau,  Sofyann  2lgricoIa.  Serlin  1881.  ©.  23  fg.  unb  21.  Sauv, 
Seutfri^lanb  ©.  66  fg.  (Sine  2(uggabe  ber  ©dtrift  beforgte  ber  Ulmer  öumanift 
Sßolfgang  9ir/d;arbug.  Siefer  fcfyreibt  im  Sejember  1522  an  ÜUiedjobaduig 
(Schelliorn,  Amoenitates  literariae  I,  297):  „Venit  ad  nus  Eckins,  Murnarus 


1 1  »5 

et   reliqui   Luthero  zoili   in  bestias  picti,  fjnos  egu  mihi  denuo  depingi 

cum  vi". 

80.  (©.  54.)  „3tn  ben  ftier  gu  SSuiei  ||  tenberg.  ||  IEKONYMVS  EMSEE 
[2£abben]  1  33ogen  o.  D.  u.  $.  X'utber  —  fo  treibt  (Smfer  fjter  —  ent= 
biete  tfym  im  Gingange  feinet  Senbfdireibens  feinen  ©rufe,  aber  jmifdien 
btefetn  unb  bem  gubaSlufJe  fei  wenig  Unterfcbieb.  „Sa§  Gbangelium  tyridit: 
toct  311  feinem  SBrubcr  fagt :  SDu  9?arr,  ber  ift  be§  böttifd)en  geuerS  fcbulbig. 
2)u  abc\-  beifeeft  midi  niebt  allein  einen  ".Karren,  fonbern  aueb  einen  @fet, 
miemotyf  icb  nidit  Dfiren  banad)  fyabe,  baf;  icb  einem  (Sfel  gleidi  fefye".  Cr 
febreibe  miber  ifyn,  nidit  um  feines  ©<$elten§  unb  2äfiern§  Hüllen,  fonbern 
meil  ibn  bas  fromme  d)riftltcbe  SBoIf  erbarme,  bas  bureb  Sut^er  fo  jämmerlicb 
oerfübrt  unb  entjtoeii  toerbe.  Sut^erS  „b,od;trabenber  ©eift"  tootte  freilieb 
niemanben  tibren,  als  ftcf>  felber,  rcesbalb  es  aud)  nirf>t  ber  ©eift  bes  <perrn 
fein  fonne,  ha  naeb  bem  SBorte  be§  ^robfyeteu  ber  ©eift  bes  .vierrn  über 
niemanbem  fdüuebe,  benn  über  ton  demütigen  unb  griebfertigen.  Xav,  er 
(Smfcr)  gegen  i.'utbers  Sßetfon  feinen  9icib  ober  Safe  bege,  oerfirbere  er  an 
Gibes  Statt  unb  ftelle  bas  unter  ba3  ftrenge  ©eriebt  ©ottes".  sJcur  luiber 
fein  bermeffnes"  SSornebmcn  gegen  bic  ^eilige  cbriftlicbe  .stirere  fei  er  auf= 
getreten  unb  fmbe  ibn  nun  febon  311  breien  lUalen  brüberlid)  gemarnt  unb 
um  ©ottes1  mitten  gebeten,  ba§  arme  Solf  mit  feiner  falfcben  i.'et;re  3U  r>er= 
febonen.  SDeroj  i.'utl;er  gcfie  ben  ftolsroeg  unb  motte  un§  Jeutfcben  bie  längft 
oerbammte  ftetjerei  bts  fous'  mieber  beibringen  unb  ein  erlofdienes'  Reiter 
aus  ber  2tfd)e  mieber  aufglühen  machen.  „3)orumB  fjo  rabt  tef?  bin-  auf; 
t5briftenlid)cr  lieb  bn  tram,  bu  ftefieft  bon  bif;er  tfyorfieit  ab,  bnc  b,aft  bu 
bif?  b,er  bmb  Dlb,ome§,  nenbes  ober  anber  brfad)  balbenn  .  .  .  mit  bem 
glauben  genarret,  baffelbig  miberruffeft,  fo  motten  nur  tjtoen  norb  gute 
fetter  merben.  .  ." 

81.  (3.  54.)  dnberä  III,  164. 

82.  (2.  •">•">.)  lieber  ib^t  bgl.  ©.ftamerau  in  §er3og§  Weal.  Gncbcl.  XIV, 
7n2  fg.  unb  2b.  Molbe,  bie  beutfd?c  Sluguftiner Kongregation  unb  3.  0. 
©taubifc.    ©otba  1879.©.  380  fg. 

83.  (2.  55.)  trüber  i'iidmel  ||  ©tbfcl  "Jlttguftiner  \>on  ||  ©ffjßngen  [|  SBon 
ber  ©^riftfermigen,  redige=  ||  grünbten  leer  SDoctoriS  SDlartini  vutlicr^,  am 
überauf;  feböu  funftltdi  i;ieb,  fampt  ||  [ebnet  neben  aufüeguug.  ||  $n  bruber 
Sebten  ||  2"lmn.  ||  $oI)f$mtt]  vif;  midi  mit  fieof;,  ||  2^ er  ioott  nbmm  ad>t. 
©Otiä  gnab  irii  prcvf>,  II  25er  mcrel  nitt  adit.  ||  Gntidileuf;  furl.aicb,  ||  tStjriftlid'en 
ftanbt.  ||  £>bc  ligt  bic  fugcl  ||  an  ber  manbt.  ||  6  Soll,  in  I"  |Hiündien,  Abo. 
1 07:1  =•■  j  2)a8  Sieb  aud)  bei  äi'acternagel,  Miidu'ulieb  [11,74—79. 

84.  '2.  55.)  JCacbnult  in  llblanbs  BoßSKebwt  II,  906  917.  Sgl. 
aueb  v\anffcn,   ©efdudite  bes  teutfeben  Golfes  II.  126  fg. 

85.  (@.  57.)  Vlbgebrudt  in  Sdieiblcs  Miofter  \'III,  671     674. 

86.  (©.  58.)  „toibet  Doctot  3Kumat8 1|  falf^  erbb^l  8beb:  oon  ||  beut 
tuitergang  (Sl;riftlid,is  |[  glaubens.  ||  Otuobet  i>iidniei  SttyfeW  ||  bon  (Bffjlingen 
üfelcg  onub     (ibriftlicbc   glof;  |  bariiber.  |:  v'ldi  bu  armer  SRurnac  mag   bann 


106 

getfyon,  ||  Sa§  bu  alfo  blinb  in  bcr  fjetjlgen  [grifft  bift  gon?  ||  Seft  nmft 
bu  in  ber  futten  loben  bein  ||  2IIler  gierten  MUßK,NARR  muft  bu  fein.  ||  Dfje 
r)o  lieber  ÜDlurnar.  ||  7  Sil.  in  4°,  le|te  «Seite  Teer.    [DJtttndjen,  Polera.  3341] 

87.  (©.  60.)  Slnitoutt  bnb  !Iog  mit  entfdjulbigung  mtber  bruber 
99cidj.  ©tbfet.  o.  D.  u.  3.  (1522)  in  4°  [Srit.  SKufcum.] 

88.  (©.  6ü.)  2lntmort  3)lidjel  ©Üjfelg  ||  fc»ff  boctor  Vornan  2Kurnar£ 
murnarrifdje  ||  bftantafet;,  ||  fo  er  mtber  bn  erbietet  fyat.  [|  2JMi  einer  furzen 
befdjrei--  ]|  bung  be§  inaren  bnb  einigen  ||  glaubend  Gfjrifti.  ||  Sarju  bon 
$ebferlidjer  ||  oberfeit  roelctjer  alle  ©giften,  geiftltdj  ||  ober  weltlich  genent 
jugetjorfa  ||  men  bfltdjtig  fetjen.  ||  2lm  ©tfjlufj:  „©eben  gu  SBittenburg  ||  Anno 
90*.  S.  Erjij."  3  Sit.  in  4°,  le^te  Seite  leer.    [2Mner)en  Polem.  2873]. 

89.  (6.  61.)  33gl.  £b.  ßolbe,  2R.  Sutfjer  II,  60  fg. 

90.  (©.  62.)  gjßl.  ©oebefe,  ©runbrife  II2  218. 

91.  (©.  62.)  Db  ber  lünig  ||  bjj  engellanb  ||  ein  lügner  feb  ober  ||  ber 
Sutfjer.  [Sarunter  ba3  englifdje  SBabbeu.]  2lm  ©djlufj:  .  .  .  bollenbet 
bff  fant  2)cartin§  2lbent,  in  bem  ||  iar  naä)  b'geburt  (ifyvtfti  bnfer§  tie  ||  ben 
tjerren  £aufenb  fünffjunb't  giüet  bnb  jmenfcig.  ||  l£>amburgifdje  ©tabt= 
bibliotfjef.]    (Sin  mangelhafter  2lbbrud  bei  ©djeible  IV,  893—982. 

92.  (©.  64.)  „2tntroort  bem  9JJurnar  bff  feine  frag,  Db  ber  tunig  bon 
Gngelfant  ein  lügner  fet?,  ober  ber  götlidj  boctor  9J?artinu§  Suter".  2lm 
©dilufjj:  Datum  Ex  Mithilena  insula  Anno  XXiij  bei  Sdjetble  X,  241—300. 

93.  (©.  64.)  21.  Sung,  a.  a.  D.  I,  260  ermätmt  aug  ben  3iat3brotofolten 
eine  SBerfjanblung  bom  19.  Januar  1523  trüber  Turner,  ©tebfjan  Sieler  unb 
einige  anbere  Sßriefter,  bie  befdjulbigt  maren,  aufrüljrerifdje  hieben  31t  führen. 
GS  tuurbe  ifjnen  befohlen,  ftdt)  ju  mäßigen,  ba  fonft  bie  Dbrigfeit  ernftlidje 
SOJafjregeln  gegen  fie  ergreifen  muffte. 

94.  (©.  65.)  Satiert  Esthamstede  (Easthampstead,  ein  fbniglidje§ 
Sagbfdjlof;  im  meftlidjen  £eil  bon  Windsor  forest)  26.  Stuguft  1523.  Sa3 
©djreiben  ift  abgebrudt  bei£abbenberg,  Wenf bieget,  ©.  424  fg. 

95.  (©.  65.)  Siefer  mar  im  ©ommer  1525  in  Gnglanb.  2?gl.  2Biebe  = 
mann,  Gd,  ©.  41. 

96.  (©.  65.)  Satiert  aus  ber  fgl.  Stefibenä  Dfbng,  1 1.  September  1523. 
©ebrudt  bei  3al.  Sßenf  er,  Coli.  arch.  1715.  ©.  144  unb  bii  2Balb  au, 
a.  a.  D.  ©.  22. 

97.  (©.  67.)  §erau<§gegeben  bon  ö.  $urj.  3üridj  1848;  audj  bei 
©djeible  X,  1—200. 

98.  (©.  70.)  Sögt.  33.  üftiggenbadj,  gewann  Gberttn  bon  ©ünjburg 
unb  fein  9ieformbrogramm.  Tübingen  1874.  une  9Jt.  'Jtablfofer,  %ol). 
Gbertin  bon  ©ünjburg.    9iörblingen  1887. 

99.  (©.  71.)  Sa<§  ©bridjmort  gebraust  aud)  Sutljer  im  2A>ibmung€= 
f djreiben  feiner  Sdjrift  an  ben  2lbel:  ,,%d)  mufe  ba§  f  bridjmort  erfullenn, 
Üte§  bie  melt  jufdjaffenn  fyat,  ba  mufj  ein  mundj  bei;  fein,  bnb  folt  man 
tjfjn  ba  tut  malen".  2lefjnlidj  2>oacr;im  ©reff  in  ber  „2lnbria":  „9Jcan 
fbridjt,  G<§  ift  fein  fbiel  fo  ftein  |  GS  mu3  ein  9Jiündj  aber  narr  brin  fein". 


107 

Unb  im  Prolog  311111  „3Runbu3" :  „2Bir  bringen  au*  ein  Dibnuid)  mit  i  3« 
h)0  ift  ber  im  fbiel  nidU  ?  |  "sr  traft  es  ift  fein  fbiel  fo  Hein  |  Q§  roil  ein 
alt  loeib  ober  äMnnidj  brin  fein".    2jgt.  S euerer,  3)eutfcr}e  Stubien  :$,  199. 

100.  (©.  73.)  Sgl.  bie  iuörtlid)  au$  bem  „Pfaffen  bon  Äalenberg" 
entlehnte  Stelle  in  ber  „Diarrenbefdjroörung"  5,  191  fg. 

101.  (3.  79)  Sgl.  £§.  ftolbe,  2utf;er  II,  196  fg. 

102.  (3.  80.)  Sögt.  (5.  Scfuuibt,  3ur  ©efdjidjte  ber  älteften  23ibliotf;efeix 
3.  115  unb  beäfelben  Histoire  litteraire  II.  245. 

103.  (©.  81.)  2lbgebrudt  bd  £.  ©oebefe,  SambfuluS  ©engenbact). 
§annober  1856.  ©.  262—291. 

104.  (S.  81.)  „Triumphus  veritatis.  3icf  ber  2ßart)ebt.  3)iit  bem 
fdiir-ert  be§  gebfts  buret)  bie  2Bittenbergüfd)e  9tacfc)tgafl  erobert",  bei  0.  S  et)  a  b  e , 
Satiren  II,  196 — 251.     ^Ter  Serfaffer  nennt  fid)  »anS  .v)einrid>  [Jreiermut. 

105.  (@.  81.)  <£&baf.  III,  112—135. 

106.  (©.  82.)  8ln  einer  anbern  Stelle  I; e i fs  1  e§:  „3Ran  toeifj  mol  mer 
ber  2)hirnar  ift:  |  So  balb  feim  fedel  geltS  gebrift,  |  ®ar  fdmel  er  ftdt)  be= 
funnen  l;et,  |  Verriet  bid),  t)crr,  roie  ^ubaä  tt)ct".  —  Sm  %afyx*  1526 
antwortete  SRurner  in  einem  Schreiben  an  ben  Strafeburger  3tat  auf  bie 
2(nfd>ulbigung,  bab  er  ©elb  genommen  t)abe,  „ba3  ^eilige  ©bangelium  311 
miberfedden" :  „2(udj  nit  mar.  ©§  l)abent  mid)  mol  funig,  fürften  unb 
Ferren  funigflid)  unb  retdilid)  begäbet  unb  mit  nammen  ber  grofemed)tig 
funig  ufe  Crugelanbt  Qnntxd)  ber  acbtfte.  .  ."  Strobel,  33eiträgc  S.  ^5. 

Hit.  (©.  84.)  Sgl.  81.  Saum,  äKagtjrrat  unb  Deformation  ©.  96  unb 
Zi).  Äolbe,  3K.  Sutfcer  II,  160.  lieber  bie  Stellung  ber  ©trafjburger  jur 
ttinbertaufe  unb  2aufliturgie  bgl.  @.  Harn  er  au  in  ber  geitfdmft  für  firdüiebe 
JBiffenfdjafl  1889  3.  Mo  fg. 

los.  (3.  85.)  Sgl.  über  biefe  Vorgänge:  21.  Saum,  a.  a.  D.  S.  102  fg- 
nnb  21.  3ung,  a.  a.  0.  3.  263  fg. 

109.  (3.  86.)  Sgl.  9tö$ridj,  a.a.O.®.  606. 

MO.  (©.  86.)  Sgl.  SC.  Saum,  o.a.  D.S.  104. 

111.  (S.  8fi.)  „Uff  funtag  Setare  Imben  bie  barfüffermünd)  31t  Strafe; 
bürg  ire  futten  ungetan  unb  langen  bfaffenröd  angetfmn  unb  ir  t)ar  [äffen 
fragen  unb  barett  uff  getragen  mie  mcltlidie  briefter,  audi  groffe  faxten  über 
bie  arel  mie  bie  magifter  tragen  unb  im  (Sor  ganng  weife  über  ben  icbmarijeu 
rod  unb  bie  fabren  über  bie  aiel  angetragen  unb  haben  baf;  alein  getbon, 
bie  conbent  finber  fein  geweffeu  311  Strafeburgi.  II ff  jinftag  mitmud)  nad> 
pubica  babeu  meine  Serien  einer  ftatt  Strafeburg  alle*  iiweutiren,  baf;  in 
bem  elofter  }U  barfüffern  ift  getoeffen,  jhtS,  gelt,  fleiuotten,  mit!)  u\\<\^-. 
niniunen,  bin  uff  toeiber  befdmuubt".  Jn  ber  ^miiufrbeu  Jamilieno^ronit  in 
Stöbert  2üfatia   1873     L 874  6.  397. 

112.  (3.  86.)  8t.  Daum,  a.  a.  D.  S.  205. 

113.  (S.   ^ii.)   .Miiriuirus    habitum    «•um    suis    niut;ivit    greSSUS    •- 1 1 11 1 

omnibna  monasterium,  (actus  ut  aliqui  dieunt,  Canonious  regularis  vel 
Btudentiam  ordinis  in   Collegio,  Bed  manel   tarnen   Murnarr,  ut  hiit". 


108 

SutfyerS  «riefe  ed  be  Sßette  II,  528.  Ste^nlic^  fd)rieb  fpäter  SWatt^iag  3ef  f 
an  ^eter  Su£  (2.  Suni  1530):  „e§  fint  ftne  allen  ftüd,  bo  er  fang  in 
ufermacr/fen  ift,  unb  fo  man§  lang  mit  int  macbt,  fo  blibt  er  bod)  ein 
ÜMrnar".  5ßor.  Äorrefp.  b.  ©tabt  ©trajjburg  1, Do.  729.  Heber  Srie3manu 
tfgl.  Öerjogg  SReoL  @nc$cl.  II,  628fg. 

114.  (@.  86.)  „dat.  fritag  in  ber  oftertood;en  ben  erften  aprtH§  a.  24." 
^olitifdpe  fiorrefponbeng  ber  ©tabt  «Strasburg  I,  9?r.  1 G7 :  „nod)bem  aber 
boctor  Stomas  SOJurnar  abgeritten  uf  ben  ofterginftag  jungft  oerfcr/inen 
[29.  3Wärg]  unb  fidji  Dementen  loffen,  etina§  bi  bem  babftlidjen  tegaten, 
bem  carbinat  je£o  gu  Durmberg,  gu  tyanbel'n  unb  öon  fin  unb  ber  beben 
clofter  roegen  u§gupringen;  unb  bo  nur  nit  gruntlid)  wiffeu,  roa§  ba<§  fig, 
funber  forg  tragen,  ba§  er  öitfict)t  fin  unb  finer  mitbruber  nuioerungen 
fyaib  ettt>a3  urfacfyen  furtnenben  ir-urt,  alfo  ba§  fie  burd)  unfere  burger  ober 
intooner  mit  gefpet,  anreigungen  ober  anberm  Bewegungen  bargu  pxaa)t 
maren,  baru§  ban  ein  unglimpf  uf  un£  unb  gemeine  ftat  (unbefdjulbt)  er= 
tr>aa)fen  modjt,  bemfelbigen  borgufein,  fo  ift  an  ud)  unfer  fruntlid)  anfinnen, 
ir  wollt,  fo  btt  moglid),  ud)  ein<§  folgen  erfaren  unb  wo  etmaZ  an  ber  fad>, 
un§  bi  bem  carbinal  ober  bem  bifdwf  gu  33rir;en  ober  bem  Serulano  gum 
beften  öerfprecfyen  unb  »erantworten,  bamit  mir  nit  alfo  gu  rud  unb  unöer« 
bient  ingetragen  Serben". 

115.  (©.  87.)  I.  Sleidani  de  statu  religionis  etc.  Comuientarii  ed. 
am  Ende  Frankfurt  1785  I,  238  fg.  unb  ©oben,  Beiträge  jur  ©efcfyidde 
ber  Deformation.     Nürnberg  1855  ©.  176. 

116.  (©.  87.)  Sgl.  gr.  Dotb,,  bie  (Einführung  ber  Deformation  in 
Nürnberg.     SBürgburg  1885,  ©.  142  fg. 

117.  (©.  87.)  SgL  %f).  ßolbe,  9JJ.  Sut^er  11,97  unb  &  Dtto,  %o§. 
©od)Iäug,  ©.  138. 

118.  (©.  87.)  görftemann,  Deueg  Urfunbenbud;  I,  Hamburg  1842, 
©.  184. 

119.  (©.  88.)  Dö^ricr,,a.  a.D.  ©.  606. 

120.  (©.  88.)  ©trobel,  Seiträge,  ©.  87. 

121.  (©.  88.)  SerWarnung,  ©er  biener  ||  be§  Wort§,  bnb  ber  Srüber 
gu  ||  Strasburg ,  2In  bie  Srüber  ||  bon  £anben  onb  ©tet*  ||  ten,  gemahnet 
Gbb  ||  gnofdmfft.  ||  2Biber  bie  ©otSlefterigc  ||  SDisbutation  bruber  ©on=  ||  rabtg 
21uguftiner  Dv-  ||  ben§  Sroutnciat.  ||  3JJ.  2).  EEÜij.  ||  21m  ©ctylufc  ber  Sorrebe: 
„&tbin  Strasburg  gum  ©tainburd,  am  erften  tag  StyiKig  (sie)  Anno  2)omini 
Tl.  3).  EEiiij". 

122.  (©.  89.)  31.  Saum,  a.  a.  D.  ©.  148. 

123.  (©.  89.)  Gerbelius  Schwebellio  Cent.  Epp.  ©.  66.  Sgl.  über 
biefe  Vorgänge:  3.  2B.  Saum,  ßabito  unb  Su}jer,  ©.  264  fg. 

124.  (©.  89.)  De  Coena  Dominica  ad  objeeta,  quae  contra  veritatem 
Evangelicam  Murnerus  partim  ipse  finxit,  partim  ex  Roffensi  et  aliis 
pietatis  hostibus  sublegit.    Responsio  Martini  Buceri.     1524. 


109 

125.  (©.  90.)  „Saturn  ju  Dbercl)cnbeim  uff  fant  9Jiid)abeli§  obent  1524". 
Sgl.  junt  golgenben:  ©trobel,  Seiträge.  ©.  07  fg. 

126.  (©.92.)  ßtofterberren^rotofoll :  „uff  Freitag  nad?  vincula  Petri 
1524",  bei  SRö&ricfc,  o.  o.  D.  ©.  609. 

127.  (©.  92.)  Ex  Dberebenbetm  f.  6.  post  conversionis  pauli  1525. 

128.  (©.  92.)  „altera  conversionis  Pauli  1525". 

129.  (©.  92.)  Sgl.  bie  ©djilberung  in  ber  ^mlinfcrjen  G^rond  in 
©tob  er  §  SHfatia  1873—1674.  ©.  403 

130.  (©.  92.)  ®t}%  Histoire  de.  la  ville  d'Obernay.  Strasburg 
1866  I,  471. 

131.  (©.  92.)  Sgl.  ©djiffmannimScfcbicbtSfreimb.Ginfiebern  XXVII, 
231  unb  £tbfer  im  2lrd)ib  für  ©d)toeij.  ©efd)id;te  X,  272  fg. 

132.  (©.  93.)  „Saturn  uff  SRontag  nad)  Sdcofö  unb  S§.  anno  1526". 

133.  (©.  93.)  „geben  511  Sufcetn  uff  jiftag  bor  So^anniS  Sabtifte. 
Anno  1526". 

134.  (©.  94.)  „Saturn   uff   oben  ber  bbmmelfart  SJJarie  anno  1526" 

135.  (©.  94.)  SrotoloU  ber  ftlofterberren,  Montag  nad)  Saurentii  1526, 
bei  ftöbrid),  a.  a.  D.  010. 

136.  (©.  95.)  herausgegeben  bon  @.  ©öfcinger,  ©d)aff Raufen  1S65; 
aud)  abgebrudt  bei  ©d)etbte  X,  201—215.  Sgl.  basu  ©.  Sögelin  im 
Sabrbua)  für  (Sdjtoeia-  ©efdndde  VII,  200  fg.: 

137.  (©.  96.)  Sgl.  ben  ©tofjfeufjer  SanffenS,  ®efd)id)te  beS  beutfdjen 
SolfeS  II,  130.  %n  ben  trüber  Suttyer  gerichteten  ©atiren  fbielt  Turner 
bei  tneitem  nidjt  bie  I)erborragenbc  SRotle,  ibie  in  ben  aug  bem  ebangelifcben 
Sager  ftammenben  g-tugfcbriften.  ©rtoä^nt  fei  menigftenS  ba§  „Sodfbiel 
9)t  artint  Sut^ers:  Sarinnen  faft  alle  ©tänbe  ber  9Kenfd)en  begriffen,  Snb 
mie  fid)  ein  beber  bettaget  ber  be^t  (euffigen  fdimeren  3ci.1t.  ©annfc  furfc= 
tocilig  bnb  luftig  ju  tefen.  .  .  21m  x;rb.  tag  ^unb  be§  93J.  S.  5Eii  %av% 
2lufegangen  ju  2Ren$  (Sflaittj)  beb  Bieter  Sorban".  (Sin  2Ui§3ug  baiauo 
bei  lieberer,  Stadjrtdjten  jur  Milden--,  ©e(ef)rten=  uub  Süd>er--@efdnd}te  II. 
2(ttborf  1765,226-230.  $u  biefem  ©biete  flagt  SKuroer,  bafj,  obfcbon  er 
längft  bie  Marien  befd;rooren  l)abt,  bod)  alte  Wüfye  an  it)nen  betloren  ge- 
mefen  fei.  ÜÜian  imbe  um  gefdioltcn  unb  ibjit  einen  Mammfobf  aufgefeilt, 
tvöbjenb  bae»  Serberben  feinen  ©ang  genommen  tiabe: 

©in  teutfdic  siNef5  man  tmben  null, 
Sie  nemen  liebleiu  fingt  mau  aud}, 
21>an  fold)es  alle  fombt  in  Draud), 
©0  bat  man*  bau  mol  auf;gevicbt . 
Ser  fromfebt  ad;t  man  baruad»   nit 
Snb  ber  mit  folcber  bmb  teil  gähn, 
Seu  balteno  für  ein  güdelman. 


■  von  <'&r!)CitM  Jtatta«,  iiatlc 


'glt.  33.  Vtet«:  SM.  1,20. 

@d)riften 

Bereit  für  5teformation^efd)id)tc. 

.Adjttr^rtljrgang.     IHrrtta  Ȋtiitk. 


et)an^elifd)cr  2M(d)of  uon  $omefamen 
ir  SDiariemwrber. 


^awC  Wdjacfcert, 

Softe  ber  Geologie  unb  bei-  3tyUofop$ie, 

orbentlicftem  ßrofeffor  ber  .RirduMigefrlmtite  in  ©öttingen. 


flallr  1891. 

3t1  (ommtfftoittnjerlog  oon  3ttnr  Wfemetiet. 

fl  •''-  Qualen  fcrüd, 

3ul.  (tat  bemann,  (gbra.  <?cfbarM, 

Pfleg«  für  S«le*h>lg*$»Iftein.      pfleget  fflc  §anno»et  u.  Dlben&urg. 

Stuttgart, 

9.  s>rci]t»er, 

Pfleger  für  SBürttemberg. 


%n  ltufere  ^ItMieber! 

2Bir  erlauben  un3  fotgenbe3  in  (Hnnerung  31t  bringen: 

S)ie  ^Beiträge  ftttb  im  Styrit  jeq§  SaljreS  nrünumeraubo 
p  entrichten  unb  muffen  biefetben  frttco  an  bie  betreffeuben 
|jerren  Pfleger  unb  nur,  roenn  ein  foldfc  nidjt  ba  ift,  an  unfern 
©djaftmeifter,  £)errn  SSertag§bud)^änb(r  ÜJJcar,  Ziemet) er  in 
IgaUe  a.  ©.  abgeführt  werben. 

SßnljmtttjjSöeränbenmgen  finb  ftefe  fofort  uuferm  ©Chat}- 
meifter  anzeigen.  93ei  Zahlungen  Hol  bem  neuen  933ot)nort 
au§  ift  "ber  frühere  anzugeben,  Qfür  Uur^etmäfjigfeiten,  bie  bnxdr) 
Uutertaffung  biefer  Angabe  entfielen,  ift  (itfer  ©d)at3meifter  nidjt 
oerantmortticfj. 

•sBefteßttttgeJt  auf  (Schriften  ift  ftei  ber  betrag  be§  @e= 
uninfcf)ten  beizufügen.  £>ie  einzelne  ©d)r  t  roirb  bem  $erein§=- 
mitglieb,  aber  nur  biefem,  mit  2Kf.  1,20  fraio  geliefert  —  4  ©tuet 
nadi  2Babl  für  3  «Dtf.  —  ®a§  ©tücf  ber  Sßokfdjriften  foftet  fraueo 
15  s$f.,  werben  10  ©tücf  ober  mehr  nad)  ^al)(  entnommen,  fo 
wirb  ba§  ©tücf  mit  10  $ßf.  berechnet. 

£aüe  a.  ©.  1891. 

$ev  $ovftatt&* 

Durch  Uebernahnie  der  Restauflage  lind  wir  in  Stand 
gesetzt,  das  bekannte  Werk 

Bernardino  Ochino  voii  Siena. 

Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  Reformajon  in  Italien 

von 

Karl  Benrath 

soweit  der  nur  noch  geringe  Vorrat  reicht,  zujlem  bedeutend 
ermässigten  Preise  von  drei  Mark  franco  z  liefern.  Den 
Besitzern  der  „ Geschichte  der  Reformation  inVenedig"  von 
demselben  Verfasser  wird  diese  das  ganze  Gebkt  umfassende 
Darstellung  (XII,  382  S.,  dazu  Porträt  und  Schriftprobe)  von 
besonderem  Interesse  sein. 

Die  Buchhandlung  des  Evang.  Bundes  zu  Leipzig  (Carl  Braun). 


Jtoul  Spttaim  tioit  Hötlen, 


etoangeltfcfyer  33tfd)of  »ort  $omefamen 
in  SRarientoerber, 


«Oll 


gfaul  gfdjadiert, 

Softot  bor  iJtyeoIößte  tinb  bor  Sß$ttofoß$ie, 
orbentlid^em  Sßrofeffor  bor  Ätrdjengefd&idjte  in  ©öttingen. 


flalic  1891. 
SBerein  für  ^eformatiortSgefdjictjte. 


3uljalt$angab<\ 


Seite 
Einleitung:    ©peratuS'  firdiengefd)idittid;e  33ebeutuug     .    .    .         i—  2 

@petatu8'   Sugenb«   ßel)r=  unb  tflü^tUng§iaf)tc  (1484 

&t8   1524) 3—29 

SperatuS  9?ame,  öerfunft  imb  Söilbitngö^ang  ©.  3;  feine 
SBirffamfett  in  3)tnfel§büt)t  ©.4;  in  SBürjfiurg  ©.  4; 
in  ©otjburg  ©.  6;  f.  Sufdjrift  an  bie  Sßürjburger  unb 
an  bie  ©aljburger  ©emeinbe:  „Sßon  bemMernöttgften  :c." 
©.  7;  ©peratuS  in  SBien  im  3at)re  1522 ;  ^rebigt  bafelbft 
im  ©tep£)an<8bome  ©.8;  f.  Vertreibung  bon  ba  ©.9; 
f.  ©treitfef/rift  gegen  bie  Jßiener  tfyeotogifdje  ^-atultät 
©.  9;  f.  Söirtfamfeit  in  Sgtau  (1522—1523)  ©.  10 ff; 
f.  erbauliches  ©enbfdjreiben  an  bie  Sgtauer  „2Bie  man 
trofcen  foll  auf's  fireuj  u.  f.  ro."  ©.11;  ©peratuS  im 
©efängniS  ju  Dltnttij  ©.13;  (Sntftefnmg  be§  Siebet  „@§ 
ift  ba3  .'peil  un§  fonrmen  fyer"  ©.13;  ©peratuS  lateinifde 
©ebtd^te  „Responsio"  unb  „Sotadica"  ©.  15;  SperatuS 
in  Wittenberg,  f.  erfte  Begegnung  mit  Sutljer  (1523) 
©.  16;  öperatuS'  JBibmung  an  bie  ^S^uer  t>or  feiner 
Ueberfehung  „Eine SEßeife,  d>rift(irf>  äRejfe  }U  bauen u.  f.  m." 
©.  is;  SperatuS'  ^Begegnung  mit  bem  »odmieifter  beS 
beulten  DrbenS,  SRarfgrafenSHbtec^i  bonfflranbenburg; 
Dotation  beSfelben  nad)  fßreufjen  6.  19.  llebcrblid  über 
SperatuiV  ffifttenberger  Jbätigfeit  6, 20ff.j  f.  HeBerfefcung 
„Offenbarung  beS  Enbe$vrftö  u.  f.  m."  S.  21 ;  ©peratuS 
a(3  Tidjtcr  2.  28 ff.;  f.  fateinifdjen  Siduungeit  ©.23; 
f.  beutfdjen  Dichtungen  6.  24 ff.;  f.  lieber  in  ßutyerä 
cvftcm  ettangelifd&en  ©efnngbuc^ie  ©.  24,  25;  ©peratuä' 
,,\.\.\Yll.  ßfalm"unb  „Sanlfagung  na$  ber  Sßvebtgt" 
i.  26;  f.  „Sieb  mit  flagenbem  §erjen"  auf  ben  Kui 
bürget  SReid^Stag  geblattet  S.  26;  f.  ©ebiä)i  „bom  Eon« 
cilio"  S.  27;  fein  mutmafjlic$et  Anteil  am  erfteu  ebatu 
gelifdjen  Oefangbud)«  SßreufcenS  3.  27ff. 


IV 

@pcratu$'  geBenStoerl  in  $teu$en  (1024-1551)   .    .    .     30—88 
2)ie  fircblidje  Sage,  lvcldjc  ©peratuS  im  DrbenSIanbe 

"Jkeitfjcn  1524  tuu-fanb  6.30. 

1.  Kapitel:   ©^eratu3  als  §of^rebigcr  in  Königs* 

Berg  (1524—1530) 33—43 

Sritc!  ber  äßtenet  Sßrebigt  „Sern  b>I;en  ©etübbe  ber 
laufe"  ( 1 524)  ©.  33 ;  ^lugfcbrtft  „2(bfage  unb  gebbefd&rift 
beS  ^öUifd;eu  gurjlenSuciferS,  SRattino  Sutber  juaefanbt" 
(1524)  ©.33;  ^rebigt  unb  ©eelforge  im  hinter  1524 
3U  1525  ©.  34;  ©^eratus'  2tutcU  an  ber  erften 
Vmifnfd)cn  Äitdjenorbnung  (1525)  ©.  35;  ©peratuS  als 
Jfommiffar  auf  ber  erften  preufjifdjen  JlirdjenUifitation 
(1526)  ©.  37  unb  auf  ber  äSifitation  be§  9tatangifdjen 
Äreifeä  (1528)  ©.37;  bie  gcfd)id)tlidje  23ebeutung  bc§ 
elften  preufjifdjen  ©efangbttd)e§,  reft).  ber  Mitarbeit  beö 
©peratuS  an  ifym  (1527)  ©.  3S;  eine  ftom^ofition  beS 
©peratuS  ©.  39;  f.  Sammlung  oon  „Seligen  E^tifti  hübet 
ben  2(ntid;rtft  (1527,  1528)  ©.  40;  ©peratuS'  2Rifr 
ftimmung  (1528)  ©.41;  f.  (Srfranfttug  am  „englifdjen 
©djlucif?"  (1529);  f.  Ernennung  jum  Söifdjofe  bon  Sßomes 
fanien  ©.  42  ff. 

2.  Äatottel:   ©peratu§  al§  23ifd;of  üon  ^omefanien 

(1530  —  1551) 43—88 

Sie  Skrbältniffc  ber  öomefamfd)en  SMöjefe  im  2(ufang 
beS  3a$veS  1530  ©.  44;  ©toeratuä'  öfonomifdje  Sage 
©.44 ff.;  ©toeratuö'  bif djöfUd&e  S^äitgfett,  junädjft  bie 
bogmatt fdjc  ©.47 ff.;  ©tocratuS  SSerfaffcr  ber  „ettan« 
gclifdjen  ©tynobaI*ßonftitutionen"  (1530)  S.  48  ff.; 
©beratuS'  Samtof  gegen  bie  fcbiüenffelbifdi  gefilmten 
©eiftlidjen  in  ^reuf;en  (1531  —  1535)  ©.  50ff.;  feine 
©drift  „Segen  genfer"  über  „33on  bem©aframentu.f.m." 
(1531)  ©.53;  SteligionSgeftorädj  311  ftaftenburg  (1531) 
©.55 ff.;  @enbfd)reiben  an  ©corg  Sanbmeffet  (1533) 
©.58;  Sßrogefj  gegen  ben  ^rrlefyrer  Änotfo  Pfarrer  311 
SReibenburg  ©.  58 ff.;  ©beratuS'  „2(nttvürt  unb  gewaltige 
Verlegung  auf  ba§  unctyriftlid)  Seienntniä  £aeob 
Rnot^e'3  it.  f.  n>."  (1534)  ©.00;  ©uSbenfton  Rnotye'g 
©.02;  ©beratuS'  bogmatifd)c  3lu8emanbetfe|ung  gegen» 
über  ben  §oDänbern  3.  62ff.;  f.  „Epißtolaad  Batavos 
vagantes"  (1534)  ©.64;  baS  I;erjoglid)e  Dianbat  Dom 
l.  2luguft  1535,  in  ©ad)en  ber  8eb,re  Eintradjt  im 
^erjogtume  5ßreujjen  aufredet  311  erhalten  ©.  66; 
Stnoi$e'8  SEBiberruf,  Senfer'S  unb  geibeefä  2fob  ©.  67; 


Seite 


SperatuS'  ftatfc$Iag  in  betreff  ber  ßolitiföen  (Segen« 
ivebr  bct  eoangelifc$en  dürften  unb  Stäube  gegen  Sßapfl 
unb  Äaifer  (1537)  ©.  i>T;  ©peratuä'  Schreiben  an 
InHM't  |Saul  III.  (1587)  3.  (is;  Speratuä  al-J  McMev 
im  Streite  Sautertoalbä  unb  gfundS  (im  anfange  beö 
oftanbrifhfd&en  Streites,  154!))  S.  69  ff.;  —  Speratuä' 
yaft orale  bifdunlicfie  SBirifamfett  6.  72  ff.,  b>upk 
fäduiefi  feine  Sijitarionen  ©.  73 ff.;  bie  ©emeinbe  311 
£romnau  S.  76;  StaniSfauS  „relegatus"  3.  TT;  D. 
SlnbreaS  Samuel  3.  7^;  Sodann  Dialerfi  (ÜDlaletiug) 
unb  fein  Schi  IpierontymuS;  Sßaftorierung  bor  s}>olen 
3.  79 ff.;  Aiitforae  für  bie  Sittauer  S.  80;  2lufnal;iitc 
bei  lohnen  in  Sßreufjen  3.  81  ff.;  Speratuä'  ipanbs 
Haftung  bei-  (Styegmd&täbarfeit  3.^1  ff. 

SperatuS'  Zob  (1551)  3.  Mi;  feinSJUb  3.  86;  fein 

S^arafter  3.  86 ff. 
iHnmeit  unaeit 89—101 


vS»  mar  im  Sommer  bei  3aljre§  1524,  bo  30g  au£  35Htten= 
berg,  ou§  SuttjerS  ^reunbeSfreife,  ein  fübbeutfd)er  Sßriefter,  um 
einem  Rufe  als  ©c^lofjprebiger  uadj  Königsberg  in  Sßreujjen  folge 
p  (eiften;  fjinter  üjm  (ag  ein  bewegte*  Seben  bott  fernerer  Xrüo* 
fale,  bie  er  um  be§  SbangeftumS  mitten  erlitten,  vor  irjm  eine 
ungetoiffe  ;}ufuuft  in  einem  fernen,  feinem  fdnuäbifdjen  Raturefl 
fremben  Sanbe  —  eS  mar  Sßaul  ©peratuS  aus  fftötlen  bei  @fl 
mangen  in  SBürtemberg,  unb  mit  iljm  §og  fein  erjeftdjeS  £i>eib. 
©teidjalterig  mit  £utr)er,  ftanb  er  jel.rt  in  feinem  biergigften 
8ebenSjaf>re,  inuerlid)  ausgereift,  ein  ctjarafterbotter  ©efinnungS= 
genoffe  beS  SBittenberger  Reformators,  ©tng  bad)  eben  bantals 
in  bemfelben  3at}re  1524  ©peratuS'  Warne  mit  beut  ßutrjerS 
oereini  hinaus,  at§  ber  Reformator  unferm  SBoöe  fein  erfteS 
ebangelifdjeS  ©efangbudj  fdjenfte,  in  beffeu  adjt  ßtebern  neben 
uier  tum  i()in  fetbft  gebicrjteten  fid)  brei  öon  ©peratuS  befanben. 
Seitbem  barauS  bie  beutfdje  ebangetifdje  (Sl)riftenl)eit  ba%  glaubend 
öotte  Sieb  fingt:  „63  ifi  baS  A>eil  uns  fommen  Ijer  —  SBon 
©nab'  unb  lauter  ©üte"  feitbem  nürb  ©peratuS'  Rame  unter 
beu  ©ungern  ber  fatrjertfdjen  Reformation  unmittelbar  uad) 
ßuttjer  genannt.  Vlber  baS  bid)terifd)e  ©Raffen  bilbet  nur  einen 
SSrudjteil  be3  ßebenSmerfeS  öon  ©peratuS;  fein  ©eruf  mar  ber 
beS  ftirdjenmanneS;  aß  Sßrebiger,  atö  Drganifator  unb  als  öifdjof 
bat  l)auptfad)lid)  er  eS  bewirft,  bau  in  Dem  Damaligen  DrbenS 
laube  sßreufien  bie  öffentliche  Meinung  ebangelifdj  umgebitbei 
unb  in  bem  uuuuiebr  eutftanbeueu  $er$ogtume  bie  preufjifdje 
ßanbeSfirdje  trjeotogifdj  im  ©eifte  ßutyerS  geleitet  mürbe,  ja  baf; 
fogar  in  ihrer  ßerfaffuug  ber  lutberifdje  (SpiSfopai  fid)  als 
burcfjauS   [eiftung3fär)ig  ermieS.     Tiefe*    in   metnfadjer  .vnufidjt 


mtb  bis  in  bie  ©egentuart  herein  midjtige  ÜSHrfen  bcS  31t  feicrnbeu 
9HanucS  ootl^og  fid)  üon  ben  bcibeu  Äatt)ebral[täbtcu  be§  DrbenS* 
fonbe§  aus,  üon  ®önig§fcetg,  too  ©peratuS  in  ben  Salven  1524 
bis  Anfang  1530  als  -£>ofprebiger  malte,  unb  üon  SWaricntoerbcr 
auS,  mo  er  üon  ba  an  bis  51t  feinem  lobe  1551  al§  23ifd)of 
ber  SDiöjefe  Sßontefaniett  mattete.  Unter  bem  ©djutje  beS  ebten 
^erjogS  9ltbred)t  üon  Preußen  unb  im  Vereine  mit  ben  beiben 
trjatfräftigcn  23ifd)öfen  $ßolen£  unb  Queiß  unb  mit  rcformatorifdjeu 
Sßrebtgern  mie  33rieJ3tnann,  ^otianber  unb  teurer,  r)at  ©peratuS 
f)ier  ber  attpreufnfdjen  £anbeSfirdje  bie  ©runolage  fdjaffeu  Reifen, 
auf  meldjer  fie  mefent(id)  uod)  rjcute  ftefjt  2öaS  in  ©peratuS' 
Sebett  üor  bem  3ab,re  1524  liegt,  bie  erften  üierjig  %a$xt  fernes 
SebenS,  finb  ßefyr-  unb  2öanber=  ober  beffer  glüd)tling§jal)rc, 
in  betten  er  im  3n=  unb  HuStanbe  ütetfeitige  53itbung  fid)  üer= 
fdjaffte,  als  fatfjoltfdjer  ^rieftet  bis  31t  ber  angesehenen  ©teile 
eine§  SDomprebigerS  31t  S©ih$mrg  aufrüdte,  fobann  aber,  üom 
frifdjen  ^paudje  ber  lutljerifdjeit  @eifteSbemegung  erfaßt,  um  feines 
eüangeüfd)en  (Glaubens  unb  SSefetmenS  mitten  fliegen  mußte  üon 
Ort  §u  Drt,  üon  Söürjburg  nad)  (Salzburg,  nad)  SBiett,  nad) 
3gtau  unb  aus  bem  DIntü|er  ©efangnis  nad)  SSMttenberg,  roo 
er  int  §erbfte  1523  eintraf  unb  halb  feine  SSocatton  nad)  Königs- 
berg in  Preußen  erhielt.  (Srft  \t%t,  1524,  eröffnete  fid)  tfmt 
eine  rurjige  ©tätte  (ut  ungehemmter  Arbeit,  $ür  bie  Sarftettung 
feines  ßebenS  unb  2öir!en§  ergiebt  fid)  fo  ungefud)t  bie  ©inteilmtg, 
bafj  mir  in  gmei  ?(bfd)nitteu 

I.  ©peratuS'  Sugenb,  8ef>r=  unb  g(itd)tüngS=3af)t*e 

(1484  bis  1524), 
fobauu 

II.  fein  SebenSroerf  in  ^reußeu  (1524  bis  1551) 
betradjteu. 


(Erftcr  Abfdmitt. 

Sjjevatns'  3wnö,  ßcljrs  uttö  tylüdjttingSjttljrc 

(1484—1524). 

s$au(  Speratus  nennt  fidj  fetbft  „ton  Völlen"1)  ((ateinijcf» 
..a  Rutilis")2)  nnb  „Elephangins,  presbyter  Augustanae  dioe- 
cesis'"  b.  b,.  „oon  Gümangen,  Sßriefter  ber  SDiö§efe  Stugäöurg"3); 
es  fann  bemnacf)  feinem  3meifet  merJr  unterliegen,  bafs  er  an* 
9ibtten  bei  ©fftoangen  ftammte,  toeldjeS  bamalä  ju  ber  bifcfjöflidjen 
2)iö$efe  3tug§Burg  gehörte.  |)ier  mürbe  er  am  13.  ^De^cmber  1484 
geboren.4)  (Sr  mar  alfo  oon  (Geburt  ein  ©djmabe,  mie  er  beim 
and)  nod)  in  fpätett  ÜKanueSjaljren,  äiä  er  fern  oon  feiner  «öeimat 
rairfte,  freuublidje  Regierungen  &u  ibr  unterhalten  dat.5)  SBie 
fein  (atinifierter  Patentante  „©peratus"  ltrfprüngücr)  gelautet 
fjabe,  fagt  er  fetbft  nirgend;  aber  ,$mei  oon  einanber  unabhängige 
.Soanbfdjriften  be3  fedjSjeljnten  Sajjrinmbertg  berichten,  bafj  er 
„8pret"  ffief.6)  £ie  bisher  oevbreitetfte  Sfafidjt,  baf?  er  „s}>aul 
oon  3prettett"  geljeifjen  nnb  fo  abeligen  ©efdjtedjteS  gemefeu  [ei, 
berurjt  bafjer  auf  einem  Srrtunte;  er  ftammte  oielmebr,  mie  mir 
annehmen  bürfen,  an*  einer  bürgerlidjeu  Familie;  aber  fie  muH 
fid)  bfonomifd)  in  guten  SBerljättniffen  befunbeu  haben,  meil  ber 
junge  SperatuS  fonft  mo()l  nid)t  bätte  einen  fo  foftfpieligeu 
SBitbungSgang  einklagen  tonnen,  mie  eS  ibm  öergötmt  mar.7) 
SRadjbeni  er  uänitid)  in  feiner  NVimat  feine  SBoruilbung  empfangen, 
begann  er  im  Jünglingsalter  feine  afabemijd)eu  ©tubien  auf  einer 
rbeinikheu  Unioenität  [in  (Jreiburg?],  fettfe  fie  lange  in  SßariS 
fort  nnb  beeubete  fie  in  „s-li>elfd)lanb",  in  Italien.  SBon  einein 
6ett)unberung8tt)ürbigen  SBiffenäbrange  befeelt,  ftubierte  er  in  brei 
"yatnltäteu,   in  ber  philoüumiulien,   ber  jnriftiulien  nnb  ber  theo- 

a  rf  e  r  t ,  1 


logifd)en,  unb  ermarb  ficf)  aud)  in  allen  breieu  bei:  S)oftort)Ut8); 
nacf)  einer  nicfjt  unglaubmürbigen  Angabe  feinet  23iograpr)en 
28iganb  (f  1587)  promooicrte  er  als  tf)eotogifd)er  £oftor  in 
2Sien<J);  §um  93er uf  aber  mät)lte  er  ficf»  ben  geifttidjen  ©tattb, 
unb  etoa  um  ba§  Saljr  1506  empfing  er  bie  ^rieftermeirje ly) ; 
ba  er  fid)  fetbft  „^riefter  ber  SDiöjefe  Slugöburg"  nannte,  fo 
roirb  er  in  biefem  feinem  heimatlichen  23istume  in  ben  ^$riefter= 
ftanb  eingetreten  fein.11)  lieber  fein  äußeres  unb  inneres  Seben 
ift  aus  ben  nädjften  elf  Sauren  nidjts  befaunt;  ficfjer  ift  nur, 
hak  er  nod)  im  Saljre  1517  gut  fatrjotifdj  mar  unb  einen  Sodann 
@cf  in  einem  lateinifcfjen  ®ebid)te  feierte.12)  ©d)on  bas  nafje 
^erfjältnis  $ü  biefem  STfjeotogen  täfet  vermuten,  hak  ©peratus 
mit  ben  füfyrenben  s$erföntid)feiten  ber  beutfcfjen  ®irdje  $üf)tung 
t)ie(t.  2ll§  bafjer  mit  SutfjerS  £tjefen=2tnfd)Iag  bie  reformatorifdje 
(Skiftesbetoegung  aubrad),  tonnte  ©peratus  öon  ifjr  nicfjt  unbe= 
rürjrt  bleiben.  @r  mirfte  bamate  in  ber  freien  Deidjsftabt 
©infefebüfjl  in  ÜDcittelfranfen ,  ba%  rjeute  §u  SBatera  gehört. l3) 
ÜÜcögfid),  baft  er  fdjon  fjier  mit  £utf)ers  ©djriften  befaunt  unb 
burd)  fie  ju  ber  richtigen  31uffaffung  be§  ©üangeßuntS  ermedt 
mürbe,  mie  fpätere  Söiograpljen  öon  ttjnt  ju  beridjten  miffen. u) 
3nbe§  fann  fein  amttidjes  Sßirfen  bamals  in  fferifafen  Greifen 
nod)  feinen  Slnftof?  erregt  fjaben;  benn  gegen  (Snbe  bes  3af)res 
1518  erhielt  er  einen  efjrenoolten  9\uf  al§  SDomprebiger  nad) 
SBürjburg. 16)  üücit  bem  für  bie  bamaligen  Sßerfjältniffe  einträgt 
liefen  SarjreSgetjatte  oou  200  ©nlben  unb  ber  9(usfid)t  auf  eine 
(£f)orf)erreupfrünbe  im  SBürjburger  Stifte  sJceumünfter  (bie  er 
aud)  luirf(id)  erhielt)  trat  er  im  gfebniar  1519  fein  neues  Slmt 
an.1(i)  ®ie  geiftige  21tmofpt)äre,  meld)e  er  f)ier  öorfanb,  modjte 
feiner  ©etfteäridjtung  nidjt  fremb  fein;  benn  ber  23ifd)of  Sorenj 
tarn  SBibra ,  unter  beffen  Regierung  feine  Berufung  nod)  erfolgt 
mar,  fjatte  üutljerS  auftreten  nidjt  unfreunblid)  beurteilt,  unb 
unter  ber  tjötjeren  ©eifttidjfeit  SBiirjburgS  beftanb  eine  offene 
Hinneigung  jnr  SBittenberger  Deformation :  ber  bortige  Stomfjerr 
3acob  gudj*  mar  ein  erflärter  ©efinnnngägenoffe  Sutljerg,  unb 
im  (Stjorrjerrenftift  SReumünftcr,  jn  bem  ©peratus  gehörte,  oer= 
traten"  ^roei  juriftifdje  9töte  be8  SBifdjofs,  Dr.  jur.  Sofjaim  Slpel 
unb  Dr.  jur.  griebrid)  ^ifcrjei-,  biefelbe  Didjtung.     35iefe  üier, 


Saeob  gud)§,  ©peratuS,  Äpel  unb  fti)<f)er  werben  wir  mtS,  wie 
balb  erhellen  wirb,  ab?  gleid)  gefinnte  greunbe  fird)tic^er  Reformen 
dorguftellen  (jaben.17)  (Stje  wir  biefen  Sßerfjäftniffen  näijer  natf)* 
geben,  wollen  wir  eine  5iw:^eid)nung  nidjt  unerwähnt  (äffen, 
welche  ©peratuS  warjrfd)einlid)  fcfjon  tiorrjer  gittert  geworben  war. 
(5*  beftanb  nümlid)  bamals  unb  nod)  fpäter  ber  SBraud),  ba$ 
ein  bemorragenber  ©elerjrter,  felbft  einer  bürgerlichen  ©tanbe*, 
oom  Äaifer  ober  oom  Zapfte  ober  woljt  and]  oon  beiben  ge= 
legentlicfj  jut  SBürbe  eine*  „^fa^grafen"  erhoben  Würbe.18)  @s 
bebeutete  bie§  bie  (Srrjebung  ber  betreffenben  Sßerfon  in  ben 
SbelSftanb  mit  bem  SRedjte,  unter  faiferlidjer  ober  päpftlidjer 
SBoümacfjt  Stnbere  $u  nobilitieren.  3  m  3af)re  1522  fjat  nun 
Speratu*  SBappenbriefe  auSgefteKt  unb  fid)  babei  feier(id)  at§ 
„Apostolica  et  Imperial]  autoritatibns  eonies  }>alatii  Laterani 
Bubdelegatns"  be^eicfjnet ly) ;  er  war  atfo  päpftlidjer  „Sßfatggraf." 
2Bat)rfd)eintid)  ift,  bafj  er  als  £oftor  be§  geifttitfjen  ^Recf)te§ 
(rooS  bamafs  eine  SBürbe  mit  l)ob,eu  ^rioilegien  war)  fdjou  in 
Statten  biefe  perfoulidje  SutSgeidjnwtg  ermatten  fjat.  SfebenfaKS 
bi'trfte  baS  nad)  bem  oarjre  1519  nid)t  metjr  gefdjefjen  (ein; 
beim  einerfeitS  erfolgte  gegen  (Snbe  biefeS  QfaljreS  in  SBürjBurg 
ein  Umfdjwung  gu  Ungnnften  be§  (Speratns  unb  ber  9ieform= 
Partei  überhaupt-");  anbererfeitS  cjatte  ©peratuS  gleid)  anfangs 
atö  SBürgmirger  £omprebiger  auS  feiner  reformatorifdjen  ©e= 
finnung  fein  .S>hl  gemadü  unb  oon  ber  Mangel  fjerab  feinen 
3ut)öreru  bie  oon  il)m  erfannte  3Bal)rf)eit  niri)t  uoreuttjalten. 
3fa  einem  geiftlidjen  Staate,  wie  baS  SiStum  2Büt#6urg  eS  war, 
wo  bie  ^rieftet  jugleic^  bie  ftaatlidie  Dbrigleit  bilbeten,  mufne 
biefe*  SBorgeljen  boppelt  gefübrlid)  wirfeu.  -M  2)aju  tarn  ein  für 
bie  bamaügeu  öerljättniffe  unerhörtes  tlnteruebmep  oon  feiten 
bes  ©peratuS:  er  trat  in  bie  tSbe  mit  einer  Jungfrau  Stnna 
5udj3,  oermutlid)  einer  ^dnoefter  ober  SBertoanbten  beS  SBürj 
burger  Tomherrn  3acob  [Juc^S,  bie  oon  ba  au  bie  treue  ©et)titftn 
[eines  SebenS  blieb,  unzertrennlich  mit  ihm  oerbunbeu  in  ,"yreub 
unb  Seib,  baS  ihnen  reidjlid)  benorftanb.*)    2>a  man  baS  (EötibatS 

•)  Sie  überlebt«  ibren  SJetnabJ  um  biete  ,\ahie.    1558  toar  fte  no$ 

amfieben;  Don  ifyren  Minbern  lebten  im  ,VHirc  1580  nod)  Drei,  jt»ei  Jöducr 

1* 


gefübbe  in  eoangelifd)  gefilmten  Greifen  al3  einen  mibergötttidjen 
ßtixmg  empfanb,  nnb  ba  ©peratus'  Äoüegen  in  biefer  |)infid)t 
bauten  mie  er  —  menigften§  fjaben  5lpel,  fjifc^er  nnb  guci)» 
nirfjt  lange  barauf  audj  alte  geheiratet,  S(pet  unb  gifdjer  rwd) 
a(§  Söürgburger  3)omi)erren  in  2(mt  unb  Sßürben,  natürtict) 
gefjeim  —  fo  wirb  ©peratus'  Zfyat  $max  in  biefen  Greifen 
feinen  Slnftofi  gegeben  rjaben;  anbers  aber  backte  ber  tn§tTjijct)en 
(am  2.  Oftober  1519)  gur  Regierung  gefommene  23ifd)of,  Sonrab 
oon  STfnmgen,  ber,  nacfjbem  ftrenge  SSertjanMungen  mit  ©peratus 
ftattgefunben  rjatten,  biefen  feine*  Stattet  entfette.  S3eibe§,  83er= 
tjetratung  unb  Vertreibung  bes  ©peratus,  bürfte  im  Safjre  1520 
ftattgefunben  Jjaben.22)  2öot)in  nun  fid)  menben?  SDamafö  ftanb 
noct)  im  Stufe  reformfreunbtid)er  ©efinnung  ber  fcfjtaue  (£r§btfcf|of 
öon  ©algburg,  Äarbinat  9JZattt)iaö  ßang.  §atte  eben  erft  ein 
3ot)ann  üon  ©taupi|  §u  biefem  feine  ©djritte  getenft,  fo  modjte 
and)  ©peratuS  bort  auf  erfolgreiche  SSirffamfeit  rechnen.  ©o 
erffärt  fid),  bafj  er  fjier  (im  3at)re  1520),  mieberum  als  2)om= 
prebiger,  ein  gelb  ber  2^ätig!eit  fanb.  21ber  roät)renb  ©taupiö 
in  ftitter  3urücfgegogent)eit  an  ber  tutrjerifdjen  Äirdjenreformarion 
feinen  tätigen  Anteil  mefjr  naijm,  errjob  ©peratus  aud)  in 
©at^burg  mieber  mädjtig  für  fie  feine  ©timme;  fetbft  ben  (Sr^ 
bifdjof  traf  er  fdjonuugsfos:  er  „fcfjrie  ifjm  taut  in  bie  Dljren 
roiber  feinen  unrcdjten  SDtommon,  ber  fein  einziger  ©ort  unb 
9(otf)elfer  mar."  SDa  geigte  Sang  feine  roaf)re  9catur,  unb  als 
„ber  graufame  SBerjemott)  unb  meitäugige  2eüiatt)an  bifj  er  it)n 
öon  fid)",  mie  ©peratus  fetbft  ergätitt. 2:i)  ©o  muftte  er  mieber 
SEbfdjteb  netjmen;  aber  bie  brübertidje  ©orge  für  bie  beiben  öon 
irjm  gepflegten  SDomgemeinben  gab  er  nid)t  auf.  3m  Safyre  1524 
fanbte  er  „Wtxi  frommen  (griffen  §u  ©al^burg  unb  SBür^burg, 
feinen  lieben  SSrübertt  in  (Sfrrifto"  eine  gebrucfte  5(umeifung,  „mie 
man  fid)  mit  Sßerfünbigcnt  be§  götttid)en  Portes  oerfetjen  folte, 
ober  aber,  roemt  man  fofdje  meber  l)aben  forme  noct)  bürfe,  mie 


£etena  unb  Gftfyer,  unb  ein  Heiner  ©ofyn  SBamcnS  Sübert;  bie  Söcbter  öer= 
heirateten  fid)  fpätcr  (in  Warieninerber);  ber  2obn  ftubierte  in  SBittenberg 
unb  ftöntgsberg,  machte  aber  feinem  iiuirbigen  SSater  feine  ©tyre;  1507 
tinrb  er  al§  üerftorben  angefübrt.  (2f  ebaefert,  5p.,  tlrfunbenbucb,  jur 
^efornrntionägefcbidite  be$  fcerjogtyumS  Sßreujjen,  1890,  I.,  S.  367.  368.) 


man  fid)  in  ber  $abt)lonifd)en  ©efängniS  ber  8ee(en  raot)l  unb 
djriftlid)  oerfjatten  möge";  e§  mar  eine  oon  ifjm  tjergeftetlte 
Ueberfefcung  ber  ©djtift  Suttjerg  „De  instituendis 
ministris  ecclesiae  (1523)"  ober,  wie  ©peratuS  überfefet 
bat,  ber  Schrift  „SBon  beut  Slttemötigften:  9Bie  man 
Wiener  ber,Siird)e  märjleu  unb  etnfefcen  folt."  35er  pofitto 
eoangelifdje  unb  jugfeid)  energifd)  antif)ierarct)tfcr)e  Xon  ber  2Bib- 
mung  föfjt  [djliefien,  in  meldjem  Seifte  er  ^u  SBürjburg  unb 
(Salzburg  geprebigt  fyaben  mag.  㩤  ntuf}  je  bat)in  fommen", 
fdjreibt  er  ba,  „bau  man  entWeber  balbigft  öffentlich  unb  getroft 
bie  <Bad^  atfo  augreife  (tüte  Sutfjer  geraten),  ober  aber  bau 
ein  jebet  in  feinem  §aufe  bal)eim  oerfud)e,  für  fid)  fetbft  ober 
etlichen  Wadjbarn,  in  bemütigem  Reifte  unb  in  ©otteSfurdijt,  ba» 
SBort  @otte§  gu  prebigen,  fo  oiel  er  fann,  ot)ne  3roeife^  ber 
(Steift  ©ottes  roerb'  fein  Seiter  in  alle  SBotjrfjeit  fein.  ©onft  ift 
e§  gar  oerloren",  malmt  er  feine  greunbe,  benen  „be§  SBiberctjriftS 
©djfrnbfcfjergen  unb  ©toefmeifter,  oor  benen  fid)  niemanb  regen 
barf,  ob  bem  §affe  fitzen."  „Söffet  un§  ade  ein  2)ing  in  Sljrifto 
fein,  wie  mir  benu  in  einem  ©eifte  ju  einem  Seibe  getauft  finb, 
mir  feien  Seutfdje,  Sööljmen,  S33ä(fcfje  ober  ©rieben.  2)er  ©taube 
weife,  baB  e§  eine  d)riftlid)e  ftirdje  giebt,  bie  ben  ©eift  S^rifti 
tjat;  mer  aber  unb  mo  berfelben  ©lieber  finb,  ba*  ift  unb  bleibt 
allem  gfeifdje  bis  an'S  ©übe  ber  SBelt  oerborgen.  ©emife  aber 
ift,  baft  an  bem  Orte  (Sl)rifteu  botfjanben  fein  muffen,  mo  ba3 
SBort  ©otteS  im  ©djwange  gefjt,  unb  bie  Xaufe  gebalten  wirb," 
meldje  beibe  be8  d)riftlid)en  SBefenS  allergemiffefte  ^eid)eu  feien. 
&abei  forbert  ©perotuS  energifd)  bie  geier  beä  $tbenbmafjl3 
unter  ber  ©eftalt  be$  SBroteS  unb  be8  SBeineS  für  alle  reifen  ©e= 
meinbeglieber.  „(Sl)riftn*  tjat  Sßein  unb  Orot  allen  unb  jebem 
aufgefegt.  £arau  bat  ber  römifdje  3tul)l  undiriftltdi  gefreöeft, 
ba  er  beut  Saien  bie  anbere  ©eftalt  oerboten  bat."  .ftabeu  wir 
nun,  (el)rt  ©peratuS  \\un  3d)liiü,  ben  ©eift  libnfti,  ber  allein 
burd)  ba3  SBort  in  uns  fommen  mag,  fo  finb  mir  alle  ein  Tina, 
in  (Sbjrifto.  $iefe  (Stuigfeit  will  er  allein  haben.  2fa  ber 
auewenbigen  leiblidjeu  ©efcütbe  (©eftalt)  ift  i hin  nichts  gelegen. 
£ariu  mag  mol)l  ein  lluterfd)ieb,  eine  Diauuigfaltigfeit,  enunben 
unb  gelitten  werben.     "\a,   es   fann   and)   unb   braud)t  uid)t  auf 


8 

eine  SSetfe  gu  gefyen  nad)  bem  tollen  nnb  rafenben  |)irn  be§ 
römifcrjen  STtirannen,  ber  alle  SSett  nad)  feinem  ÜDMmitlen  auf 
feine  Zeremonien  fingen  tritt,  treten  mir  nur  in  ben  rechten 
-Ipauptftüden,  ba*  ift  in  bem  ©tauben  famt  feinen  grüßten  unb 
,3eidjen  ^ufammen;  banadj  laffen  mir  e§  oon  aufien  geljen,  mie 
e§  einer  jeben  ®ird)e  gefallen  mirb.  @§  gitt  alles  gteidj,  Jo  e§ 
nur  nid)t  miber  ben  ©tauben  unb  bie  ©runbftüde  ift."24) 

23on  ©algburg  au§  teufte  Speratu§  feine  ©dritte  oftmärt*. 
3)uvcr)  SBermittetungen,  meldje  mir  ntdjt  fennen,  ertjielt  er  einen 
fHuf  ate  ^ßrebiger  nad)  Ofen;  aber  al§  er  im  begriff  ftanb,  fid) 
baljut  §u  begeben,  fingen,  mie  er  fetbft  berichtet,  „bie  totten 
Geologen  ju  Söien  ein  Spiel  mit  iljm  an",  baburdj  fein  „ßug 
gen  Ofen  tjinterging":  fie  branbmarftcn  itjn  als  föetjer;  bamit 
mar  ifym  ber  sJßeg  in  ba%  gut  iatf)otifd)e  Ofen  oertegt.25)  Wxt 
biefem  SBiener  „Spiet"  rjatte  e§  nun  fotgenbe  33eroanbtnte.  ®a 
(SperatuS  in  SBien  fein  grember  mar,  fonbern  feit  feiner  trjeo* 
logifdjen  ©ottor^romotion  in  ben  Greifen  ber  bortigen  ©eiftlid)* 
feit  befannt  fein  mod)te,  bot  fid)  itjm  ©etegentjeit,  am  (Sonntage 
nad)  bem  Spipljamcnfefte  be§  SaljreS  1522  (ben  12.  Januar) 
bie  Äanjet  be§  ©tepljansbomeS  gu  betreten.  3)ie  ^ßrebigt,  meiere 
er  fjielt,  mar  für  bie  öftreid)tfd)e  ^auptftabt  eine  reformatorifdje 
£f)at;  mit  nmdjtigen  Sd)tagen  befämpfte  er  f)ier  bie  9ftönd)3= 
getübbe,  befonberS  bas  be§  (£ölibat§.  „SSott  bem  fjotjen  ©elübbe 
ber  £aufe"  t)anbette  ber  „(Sermon";  im  Stnfdjtufe  an  ba§  gmüffte 
Kapitel  beö  s^ömerbriefe5  (SSer§  1  ff,  bafs  mir  „unfere  ßeiber 
jum  Opfer  begeben"  Jollen)  mieS  ber  ^ebuer  fdjtageub  nad),  ba$ 
eS  für  jeben  (Steiften  nur  ein  einziges  ©elübbe  gebe,  tnetdt)e§  er 
unüerbrüdjtid)  Ijalten  muffe,  basjenige  uämtid),  in  meldjem  jeber 
(£t)rift  fid)  fetbft  für  immer  feinem  ©otte  getobt,  ba§>  Saufgetübbe 
ober  ba§  ©elübbe  be*  ©lauoenS.  3n  biefem  einen  ©elübbe 
„oertiereu  fid)  ©ebote  unb  State  (praeeepta  unb  eousilia  evan- 
gelica)."  äßem  atfo  ©ott  bie  &aU  ber  ©nttjaltfamfeit  oon  bel- 
öge oerfagt  t)abe,  bem  muffe  ertaubt  fein  ju  heiraten.  „2)ie 
9ttünd)e,  mie  fie  je|t  finb,  f)at  ber  teufet  gemadjt."  „laufend 
mal  beffer  ift  e§,  frifd)  unb  unoer-jagt  (au§  bem  Älofter)  au§ge= 
fprungen  unb  met)r  ©ott  fürd)ten  beim  ber  9tteufd)en  ©ebot, 
unb  atebann  götttid)  nad)  ber  (Sfje  greifen,  benn  teuflifd)  füubigen 


im  Softer."  3n  parfenber,  fjerzanbriugenber  $orm  üon  ber- 
eiten Stanjet  Ceftreicfj*  gefprodjen  Don  einem  tarnte,  bev  für 
bie  ^riefteve(ie  fetbft  fdjon  ^tueifaef)  in  bie  Verbannung  rjatte 
gerjen  muffen,  rief  biefe  Diebe  im  SBiener  Klerus  eine  ftftrmtfdje 
Aufregung  benmr,  ba  bod)  ba3  ganje  römifcfj  =  fird)üd)e  9SotI= 
fommenrjeitsibeal  butdj  fie  gefäbubet  mar.26)  (Scfjon  jmei  Sage 
barauf,  am  14.  Januar,  trat  bafjer  bie  tf)eo(ogifd)e  garuttät  im 
$ominifanerffofter  ju  einer  Situtug  jufamnien  unb  befd)toB 
Sofortige  Uuterfudjung  gegen  ©peratuS  einzuleiten,  ^meimat 
(gum  15.  unb  18.  Sanitär)  erfolglos  Stiert,  mürbe  berfetbe  für 
erfommuni^iert  erflärt,  unb  ein  £orument  barüber  am  20.  Sanitär 
öffentlich  angefdjlagcn.  ©o  mar  mit  beut  erften  reformatorifd)en 
s^rebiger  SBtenl  furjer  Sßrojefc  gemadjt.  Unter  fotdjen  Umftänben 
mar  an  eine  Stnftettung  beSfelben  in  Dfcn  nierjt  metjr  $u  benfen; 
©peratuS  muftte  öielntefjr  für  fid)  unb  feine  (Gattin,  bie  er  bei 
fid)  rjatte,  auf  ©idjerung  öon  £eib  unb  Seben  bebadjt  fein.27) 
2üs  er  aber  fpäter  neun  @ät$e  ($u  lefen  befam,  metdje  üon  ben 
SBiener  Ideologen  au§  feiner  s$rebigt  ausgesogen  unb  fo  &nr 
$egrünbung  be§  23annfprud)e3  üerraanbt  morben  maren,  üerfafite 
er  bagegen  eine  get)arnifd)te  eöangeüfdje  ©treitfdjrift,  bie  §ugleid) 
mit  einer  ©treitfdjrift  £utf)er§  gegen  bie  Sngolftäbter  tt)eo(ogifd)e 
Tvafuttät  (beibe  in  einem  $aube)  1524  (ben  26.  Stpril)  gebrudt 
eiidjieu.  <3peratu§'  ©cfjrift  bjat  ben  litet:  „2)  er  SBiener 
Vlrtifel  miber  ^aulum  ©peratum  famt  feiner  5(ntmort."28) 
^ie  angegriffene  gafultät  antwortete  umgebenb  öffentlich  in  einer 
Tvudfdjrift  unter  bent  SEttel  „Retaliatio"  (2Bieberüergcttung), 
einer  ©djnuididirift  ul)nc  ©rnft  unb  SSürbe.29)  06  ©peratu-^ 
fie  ju  ©efid)t  befommen,  ift  uugemifs.  Um  bie  SBiener  Geologen 
bat  ei-  fict)  üon  ba  an  überhaupt  nie  mietet  geflimmert  ©ein 
2Beg  hatte  il)it  ingnrifdfjen  uorbmärte  geführt;  er  mar  nullen* 
gemefen,  fid)  über  s4>rag  mit  feiner  (Gattin  „in*  .vuidjbeiitfdie" 
ju  begeben,  unb  mal)rjd)einlid)  mar  Wittenberg,  mo  mir  il)m 
fpäter  begegnen,  fdjon  jefct  baS  uorläufige  giel  feiner  Säuberung. 
'Hnf  ber  Weife  bal)in  aber  tarn  er,  begleitet  üon  feiner  treuen 
8eoen3gefä$rtin,  nad)  oglan,  meldjeS  bamafö  ber  SWittetpunft 
bes  mälnifcbeu  SBergBaueS  nnb  (^emerbfleine*  mar.1")  SBereitö 
im  9Jttr^  1522   finbeu   mir   ilm   l)ier   in   nabelt  Verbilligen  jU 


10 

^atrtätern  ber  ©tabt,  fr.  33.  §u  SucaS  Seupotb,  beffen  gamilte 
oon  ba  on  bis  gum  breifeigjäfjrigen  Kriege  in  Sgtau  eine  £aupt= 
ftütje  ber  bortigen  eüangelifd)en  Partei  mar.  Unermartet  gematteten 
fitf)  I)ier  für  ©peratuS  bie  SBerpttniffe  fo  angenefjm,  bafe  er 
bamalS  nnb  nod)  üiete  3af)re  fpäter  ber  Meinung  mar,  gerabe 
3g(au  fei  bie  itmt  oon  ©ott  gemiefene  Stätte  feiner  SebenSarbeit. 
guerft  tjatte  ifjn  nad)  feiner  Slnfunft  bafelbft  ber  2(bt  beS 
bortigen  SDominifanerftofterS  als  ^rebiger  begehrt;  mit  biefem 
nnb  ben  93ette(möndjen  aber  oerbarb  eS  ©peratuS  balb,  meif  er 
ifjnen  nidjt,  roie  fie  gehofft  Ratten,  „in  bie  ^itcfje  biente",  fonbern 
baS  (Soangelium  prebigte.  Söäfjrenb  nun  bie  Sftöncfje  tf)it  ju 
oertreiben  trachteten,  roollten  bie  Bürger  oon  Sgtau  ifjn  nidjt 
gießen  (äffen.  £)a  gerabe  it)r  Pfarrer  geftorben  mar,  trat  er 
nacfj  Berufung  ber  3glauer  ©emeinbe  als  ifjr  ©eelforger  in  ©ienft. 
Scanner  mie  £ucaS  ßenpolb,  bem  famt  einem  anbern  ^atri^ier 
Dr.  ©peratuS  in  feiner  (Sigenfdjaft  als  päpft(id)er  unb  faiferlidjer 
„^falggraf"  fcf)on  im  Wäx%  biefeS  3a()reS  SSappenbriefe  auSge= 
fteltt  tjatte,  unb  mit  meinem  er  fpäter  bis  an  beffen  £ob  (1531) 
oertrauüd)en  93riefoer!et)r  unterhielt,  merben  babei  bet)ülftid)  ge= 
mefen  fein.  ?(m  5.  Suni  1522  folt  fo  ©peratuS  feine  erfte 
©tabtprebigt  in  Sglau  gehalten  rjaben.  51IS  burdjauS  t'onferoa= 
tioer  9ftann,  als  melden  mir  ifyn  menigftenS  oon  1524  an  fid)er 
merben  beobachten  fönnen,  mufjte  ifjm  in  ber  ^g  lauer  ©emeinbe 
baran  gelegen  fein,  alles  §u  oermeibeu,  maS  Unrufje  unb  3lufrut)r 
erregen  fonnte;  er  motlte  feinen  93rud)  mit  ber  ßirdje  t)erbei= 
führen,  fonbern  auf  bem  SSege  pofitioer  23elet)rung  ben  Sntjalt 
beS  (SoangetiumS  mirffam  merben  (äffen.  2ln  Slbfcfjaffung 
beS  ^apfttumS  bactjte  er  j.  93.  bamalS  nod)  nid)t.  „  2B  e  n  n  ber 
$apft  baS  SSort  ©otteS  fpridjt,  motten  mir  irmt  glauben", 
äußerte  er;  nur  orbnete  er  i()n  unb  bie  Äonjilien  bem  Sßorte 
©otteS  unter;  bem  ^apfte  allein  glaubte  er,  maS  baS  eigene 
©emiffen  angebe,  „nidjt  baS  minbefte";  unb  „ein  Konsilium  mufj 
nidjt  über,  fonbern  unter  bem  SBorte  ©otteS  bleiben" ;  „baS  2Bort 
©otteS  aber  erleuchtet  (b.  i.  erflärt)  fid)  felbft  genugfam."  2öir 
befitjen  aus  ©peratuS'  Sglauer  $eit  ätüar  föne  ^rebigt;  ooer 
aus  einem  erbaulidjen  ©enbfdjreiben,  metdjeS  er  balb  nad)  feinem 
Abgänge  oon  bort  feiner  ©emeinbe  am  1.  Januar  1524  gufanbte, 


11 

bemjelben,  roeldjem  and)  bie  eben  gitterten  ©ä$e  entnommen  fittb, 
erfennen  mir  ben  @5eift  feiner  bafelbft  gegoltenen  s$rebigten.  @s 
füfjrt  ben  litel:  „2Sie  man  trofeen  fotl  aufs  ßreuj,  roiber 
alle  2Bett  ^u  ftefjen  bei  bem  ©oangelio." 

„Söffet  niic-  tticfjt  oom  &reug  falten",  malmt  er  feine  "sglauer 
ha,  „niefft  tum  ber  Siebe  ©ottes,  bie  bas  bem  ^yleifclje  bittere 
Rrettg  bem  ©eifte  füfj  nnb  angenehm  macr)t;  baranf  mir  trogen 
mögen;  aber  allein  auf  Sfjriftum  nnb  in  Gtvrifto  troffen!"  „Um 
bes  (goangetiumS  mitten,  $u  bem  mir  unS  mit  ©etübbe  in  ber 
laufe  oerbunben  l)abeu,  laßt  uns  511m  Ärenj  herantreten,  roetdjeS 
ber  einzige  2öeg  jum  §immet  ift,  babnref)  ber  Kante  ©ottes 
allein  in  uns  null  nnb  mufj  geheiligt  »erben,  mie  mir  alle  läge 
bitten."  „(3:3  nutfe  lauter  auf  ba§  ®reuj  roiber  alle  SBett  ge= 
trottet  fein"  [audj  gegen  bie  römifdje  Älircrje].  „SBir  glauben 
eine  djriftlidie  Ätrdje ;  bas  ift  roafyr ;  es  ift  aber  d)riftlid)e  ftirdje 
allein  bie,  roeldje  ©orte*  Söort  bat;  id)  glaub's  and);  fie  fotl 
mir  aber  mein  ©etoiffen  uidjt  regieren;  fonbern  baS  SBort  ©otteS 
foü  mid)  unb  fie  regiereu."31) 

So  teufte  er  feine  ©emeinbe  auf  ba%  innere  am  (£b,rifteiu- 
tum;  nad)  aukn  aber  fotl  er,  mie  au£  Sglatt  berid)tet  mirb,  fo 
uorfidjtig  aufgetreten  fein,  bat  er  nidjt  nur,  um  SfergemiS  $u 
oermeibeu,  feine  ©attin  als  feine  „Scfjroefter"  ausgab,  fonbern 
and)  anfangs  in  ber  Sßro^effion  mitging  unb  anbere  piipftlidje 
(Zeremonien  nod)  beobachtete;  aber  enbtid)  t)abe  er  aus  ©otteS 
SCBort  feine  fleifugeu  ^uljürer  treulid)  uutermiefen,  fo  ban  fid) 
bas  5}otf  mebreventeils  nad)  feinen  Sßrebigten  richtete.8*)  ©erabe 
biefer  (Erfolg  fällte  il)u  aber,  barauf  batteu  es  feine  ^eittbe  aB- 
gefct)en,  311  ,~yalle  bringen,  Sgfau  ftanb  uämlid)  als  fouiglid) 
mal)rifd)e  Stabt  unter  ber  ©ormäfjtgfeit  beä  jungen,  fatliolifd) 
frommen  Mönigs  Vubroig  oon  Ungarn,  besfelbeu,  ber  roenige 
?sal)ie  ipätev  (1526)  für  fein  ftetdj  unb  bie  fatl)olifd)e  .stirdie 
int  .Stampfe  gegen  bie  luvten  [ein  Beben  lieü;  unb  firdilid)  mar 
bie  ©tobt  bem  öifdjofe  oon  Clmiin  unterftettt  SBon  beiben 
gingen  jel'.t  Schritte  aus,  Speratus'  SBirffamfeil  jU  uuterbiubeu 
unb  ilm  nad)  ben  ©eftitnmungen  bes  papftlidjeu  9tect)te8  tu  Strafe 
Ätt  nehmen.  Ter  .SUmig  märe  oon  fid)  aus  motil  uirijt  ju  einem 
fold)eu    Vorgeben    getoimueu;    roenigfteu*    preift    il)ii    Speratu* 


12 

fetbft  nod)  1524  als  „bas  atlerebetfte  23lut"  unb  als  ben  „frommen 
Äonig",  ber  nur  nod)  fcfjwer  „gefangen"  liege;  @ott  fjetfe  iljm 
einmal  heraus!  Snbefi  burdj  bie  *ßriefterfdjaft  mürbe  ber  Äönig 
tieranlaftt  unb  gebrängt,  gegen  ben  ^Srebiger  tion  3glau  oorju^ 
gerjen;  unb  öon  iljm  gefd)üt3t  tfjat  ber  23ifd)of  ©tanistaus  Xur^o 
tion  Dlmü|  alles,  was  in  feiner  9ftad)t  ftanb,  bes  Äetjers  tjabfjaft 
gu  werben.  Sieffript  auf  SReffript  lief  in  Sglau  ein,  fönig  lidje 
ÜKanbate  unb  bifd)öflid)e  ©djreiben,  weldje  bie  Auslieferung  bes 
bei  bem  Klerus  üertjafjten  Spannes  tierlangten.  $)er  9tat  fträubte 
fid),  5°^9e  Su  leiften;  er  fudjte  burcf)  ©efanbte  ben  Äönig  milb 
§u  ftimmen  unb  Wufite  unter  ben  mäljrifdjen  ßanbtagSmitg  liebem 
für  ©peratus  giirfpredjer  gu  geminneu.  @r  felbft  fjabe,  fagt 
©peratus  in  feiner  ©djrift  „2öie  man  tro|en  foll  auf's  Äreuj", 
„mit  ben  ©liebern  bes  (Satans  allen  ©limpf  gefudjt":  „Söir 
finb  erfdjienen,  mo  unb  mie  oft  fie  wollten;  finb  in  bem  Sanbe 
t)in  unb  t)er  bis  in  bas  elfte  äftal  gereift  unb,  wenn  man  es 
recfjnen  wollte,  etwas  über  tjunbert  teilen;  zuweilen  unferer 
tiier^efjn;  etliche  ©eiftlidje,  etlidje  SBeltlidje;  etlidje  aus  bem  SRat, 
etücfje  aus  ber  ©emeinbe ;  wir  tjaben  fupplijiert  tateinifd),  beutfdj, 
bütjmifd),  tior  bem  ftönige,  oor  ben  33ifd)öfen,  oor  allen  SRäten; 
nicr)t  wir  allein,  mit  uns  bie  gan^e  SJanbfdjaft  oon  -Mfjren.1' 
(Ss  würbe  51t  weit  führen,  alle  einzelnen  Afte  biefes  £rauerfpiels 
^ug  um  3U3  5U  tierfolgen;  feit  bem  25.  3uli  1522,  wo  ber 
Äöntg  öon  ^3rag  b,er  bem  State  tion  3glau  unter  Anbroljung 
oon  ©träfe  befaljl,  ©peratus  auszutreiben,  unb  feit  bem  barauf 
folgenben  1.  Auguft,  wo  ber  iöifdjof  tion  Clmüt^  bie  Auslieferung 
besfelben  tierlangte,  folgte  rafdj  ©d)(ag  auf  ©d)tag,  bis  ber 
Äönig  am  9.  April  1523  auf  feinem  $uge  twn  'präg  nadj  Ofen 
in  Dlmü{3  eintraf  unb  auf  eine  Auflage  bes  bortigeu  33ifd)ofs 
f)in  ©peratus  gefangen  nehmen  lief?.  ®iefer  war  oorrjer  aus 
Sglau  gewidjen,  weil  ber  Äönig  bem  State  ber  Stabt  am 
19.  ^ebruar  1523  ben  Sßertuft  Seibes,  Gebens  unb  aller  ©üter 
augebrot)t  t)atte,  falls  fie  bie  ^rebigt  besfelben  nidjt  tiert)inberteu ; 
barauf  bjatte  er  bei  bem  Pfarrer  Dptatus  tion  ÜUieferitfd)  ßufludjt 
gefunben  unb  bann  nod)  in  benachbarten  Orten  Untcrfommen 
gejnd)t;  nunmel)r  würbe  er  feftgenommen.  ©eine  ©efangennalwte 
unb    bie   Art    feines    ©efängniffeä    befd)reibt    er    in    ber    oben 


13 

genannten  Sdjrift  fetbft:  bot  ben  ftönig  entboten,  Ijabe  er 
adjt^elm  2age  ba  gelegen,  ofjne  oerfyört  ju  werben,  unb  al§  ber 
föönig  wegzog,  „ba  fing  man  ben  Äefcer"  unb  legte  if)n  in  ben 
£urm  bei  SBaffer  unb  SBrot  SUian  fjatte  e§  aber  uid)t  btofs  auf 
feine  öefangennafjme,  Jonbern  fogar  auf  feine  SSernidjtung  abge= 
fetjen;  nfö  ein  ber  Äe^erei  überführtet  mürbe  er  311m  gfeuertobe 
öerurteitt,  unb  märe  nidjt  Die  [Jürbitte  angelesener  Magnaten 
9Jcät)ren5,  me(d)e  im  ^er-jen  Dem  gefäbrbeten  Spanne  pgetfyan 
maren,  jei}t  mirfiam  ba^mifd)en  getreten,  fo  märe  es  §meifelIo3 
um  ifjn  gefdjefjen  gemefen.  ©0  aber  begnügte  man  fid),  ifyn  mit 
fjartem  (Gefängnis  auf  bem  fRattjaufe  §u  Dlmütj  ju  beftrafen, 
unb  ftatt  an  feinem  ßeibe  tjiett  man  ©ertdjt  über  Üutf)er'3 
Schriften,  bie  man  am  'Sage  nad)  ©beratttS'  (Sinfert'erung  in 
Clinün  öffenüidj  berbrannte.33)  2lu8  bem  ©efangniS  $u  Dfatüfc 
marb  eS  BpttataS  aber  müglid),  mit  feiner  3glauer  ©emeinbe 
in  ^üfjtung  ju  bleiben ;  er  fdjrieb  ifjr,  mie  ber  Gfjronift  beridjtet, 
„allerlei  [dfjöne  (Spifteln" ;  als  ba*  [djönfte  ©efdjenf  aber  für 
fie  unb  balb  für  bie  gange  (ibriftenlieit  faubte  er  it>r  fein  im 
©efftngniS  gebid)tetes  ebang'eßfdjes  ©laubenslieb:  „(5s  ift  ba% 
.Öeil  uns  fommen  ()er  —  SBon  ©nab'  unb  lauter  Wüten."34) 
galten  mir  l)ier  einen  Wugenblid  ftilt;  Denn  biefeS  iiieb  ift  baz 
©(aubengbefenntniä  unfers  Eßärtljrers.  2öenn  tjeute  ber  tieffte 
Unteridüeb  jtoifdjen  ßatljoligismug  unb  Sßroteftantisniua  barin 
erfannt  mirb,  hak  in  ber  römifdjen  Äirdfe  ber  CSbrift  unter 
Bba3  ©efe$"  ©otteä  unb  unter  baz  ber  Sßriefter  gezeugt  unb  fo 
unmüubig  ermatten  mirb,  wübrenb  ber  ebangeüfdje  (ifn*ift  in 
feinem  (Glauben  an  (ibriftus  frei  unb  feines  Meile*  unmittelbar 
getbifj  ift,  fo  tanu  man  febon  in  biefem  Siebe  biefen  gruubftiülidjeu 
Okgenfali  mit  allen  feinen  mid)iigftcn  CorauSfefcungen  unb 
Folgerungen  auSgejbrodjen  finbeu.  „(Sin  Sieb  Dom  ©efejj  unb 
(Glauben"  f)at  SperatuS  eä  iiberfdjriebeu  unb  fingt  nun  borin 
bon  ber  Serfünbigung  ber  SBelt,  bon  ber  ©enugttmung  beä 
©Ottmenfdfjen  für  uns,  nou  ber  @Iauben8gererf)tigleit  unb  bot! 
bereu  ^emührung  in  guten  SCBerfen  gegenüber  bem  Wticbften ; 
für  ba*  8oH,  meldies  eoaugeliid)  glauben  unb  beuten  lernen 
follte,  ein  „freubiges  unb  uotles  ©efenntniS  JU  ber  freien  ©nabe 
©otteä",   olme  auegefprodiene  Sßotemif,  aber  beuuod)  ber  SBerl 


14 

geredjtigfeit  bev  rümifdjen  ®ircf)e  fdjarf  unb  füljti  entgegengehest, 
babei  fo  mafmoll  unb  innig,  bafe  e§  ben  ©treitern  gegen  ba§ 
^apfttum  ein  Äampfe§Iieb  unb  ber  betenben  ©emeinbe  ein  21n= 
bad)t§lieb  nntrbe,  nadjbem  e§  burd)  Sutf)er§  Sßermittetung,  mie 
mir  unten  nocf)  weiter  tjören  werben,  im  Qafjre  1524  ben  2Beg 
in  bie  Oeffent(icf)feit  gefunben  rjatte.  „5tn  metjr  als  einem  Orte, 
mie  in  -Jpeibelberg,  ^Saiblingen  unb  ÜJflagbeburg,  mürbe  ber 
Sörutf)  mit  ber  alten  &ird)e  gerabegu  burd)  Slnftimmung  biefes 
Siebe§  ootlgogeu."  3a,  über  ben  ÄretS  ber  tutf)erifd)en  fftefor* 
mation  rjinauS  t)at  e§  feinen  ©tnftufj  auggeübt;  in  ©efangbüdjer 
ber  reformierten  &ird)e  ift  e§  übergegangen ;  aucfj  in  ber  §erren= 
tjut'cr  23rübergemeinbe  mirb  e§  gefungen.  2llterbing£  fjat  e§  einen 
bogmatifd)4e{)rf)aften  Sljarafter;  aber  ber  ^ntjatt  ift  fo  ftnbtidj 
fjerjtid)  au§gefprocf)en,  bafs  ber  forgfame  le^te  Bearbeiter  ber 
©peratus= Sieber,  metdjem  mir  aud)  bie  eben  ermähnten  gefd)id)t= 
liefen  üftadjridjten  üerbanfen,  „bem  Siebe  auf  immerbar  eine 
(Stelle  in  unferen  fircfjtidjen  ©efangbüdjern"  ^ufpridjt.35)  SBir, 
bie  mir  feinen  Seben^gang  fennen  unb  it)in  üon  ber  römifd)= 
fatt)o(ifd)eu  ©umfanget  in  fein  eoangetifd)e§  Sttärttirium  gefolgt 
finb,  mir  merben  fein  eigenes  ©rieben  au^gefprodjen  finben, 
menu  er  fingt: 

„(§§  ift  ba§  <peil  unä  fommen  f?er 

„SBon  ©nab'  unb  lauter  @üten; 

„£ue  Sßerfe  Reifen  nimmer  mefyr; 

„<Sie  mögen  nicfyt  behüten. 

„2)er  ©laub  ftefyt  Sefum  ©fyriftum  au, 
„25er  b,at  g'nug  für  ung  alle  getfyan; 
„®r  ift  ber  9JJittfer  tr-or&en." 

3)er  „fromme  ßfyrift"  lernt  nun  „be§  @tauben§  rechte  ©eftalt" 
unb  fprid)t  jum  ^»eilaub 

„9lid)t  me^r  benn:   Sieber  <perre  mein, 
„©ein  £ob  wirb  mir  ba§  Seben  fein; 
„2)u  Ejaft  für  mieb,  bejahet. 

„25aran  xd)  feinen  ^tr-eifel  tra9'» 

„Sein  SBort  lann  nief/t  betrügen. 

„SRun  fagft  2)u,  bajj  fein  Genfer;  »erjag ; 

„£>a<§  mirft  2)u  nimmer  lügen: 


15 

„3Ber  glaubt  in  mid)  unb  nurb  getauft, 

„2)em  felben  ift  ber  Jjjimmel  erfauft, 

„Safe  er  nid)t  nürb  verloren. 
„Sr  ift  gerecht  öor  ©ott  allein, 
„35er  bicfert  ©tauben  faffet . . . 

£at)er  bie  Aufmunterung  be3  ©öongclimnS  an  ben  ©ünber, 
wenn  es  iljn  anruft: 

„Unb  fprid)t:    nur  treud)  jum  Äreuj  b^erju! 
„3m  ©efefc  ift  toeber  9t  oft  nod)  9*ur, 
„9)tit  allen  feinen  SBerfen. 

£ie  Sßerfe  werben  nicfjt  etwa  abgetrjan,  Jonbern  erft  aus  üjrer 
rechten  dielle  abgeleitet,  aus  bent  ©tauben,  ber  §war  „allein 
geredjt  mad)t",  aber  „gemerft"  wirb  an  SBerfen  int  S)ienfte  bes 
üJcädjften,  ÜRü  einer  Iteblidjeu  Umfcrjveibung  bes  SBaterunferS 
fd)lie£st  ber  Oiefang.  9)tit  beul  Siebe  fclbft  würbe  audj  feine 
$orm  beliebt,  „wie  faum  eine  §weite":  ber  3)id)ter  t)atte  bie 
fieben^eilige  ©tropfe  mit  einer  an^ietjenben  SReimöerfdjIingung 
(a  b  a  b  c  c  x)  gewählt36)  Sn  tateinifd)er  ©pradje  rjatte  er 
längft  oorrjer  ficf)  uerfucfjt ; :{7)  in  ber  SDcutterfpradje  rjat  erft  bie 
Deformation  ifmt  bie  ßunge  getöft. 

SJitt  bem  ^rieftertum  unb  bein  SDcöncfjtitm  war  er  bamals 
oollftanbig  fertig:  ber  ^pierardjie,  bie  iljn  bem  ©djeitcrljaufen 
nafje  gebrad)t,  wollte  er  and)  nidjt  einen  gufj  breit  Weidjen; 
unb  für  bas  9Jcönd)tum  fjegte  er  nur  nod)  ÜBeracfytung.  $mei 
fatetntfdje  (vicbidjte  feiner  gebet  („Responeio"  unb  „Sotadica") 
geben  uns  barüber  Vluffdjluf?.  (Sr  will,  fo  werben  wir  bes  ge= 
fangenen  £id)ters  SBorte  beuten  Dürfen,  auf  feinem  ©taubpuuft 
uerliarren,  wenn  man  tl)m  and)  mit  taufeub  ©efaljren  für  fein 
ßebeu  brot)e  unb  feine  ©liebet  bem  [Jeuer  opfere.  „Wöge  bie 
^obesftätte  im  Theater,  möge  .Steifer  ober  flamme  mir  minien, 
lieber  will  id)  ber  Morgenröte  (eines  anbern  ßebenä),  als  beuten 
©at.uingen  folgen.  San  ab,  mir  ju  fd)iiieidieln ;  bore  auf,  mir 
,ut  broben,  Schlange  DU,  l)ier  rid)teft  bu  nid)ts  ans;  erlal)me, 
uerjetjrcnbe  ©c^eelfudjt,"  3fo  bem  äRöndjtum  aber  fiel)t  er  ba* 
©egenteil  be3  „©efefceS  librifti":  „Virmut  leint  bas  fromme 
©efe$  bes  Gerrit",  btrijtct  er  ipottenb;  „aber  bes  Sßapfteö  fd)ledite 
Bähung  lel)it  föeidjtümer  anhäufen.    Unb  boef)  giebi  jeber,  ber 


16 

feine  Jpeerbe  lieb  fyat,  ba%  ©eine  umfonft.  £er  Äappenträger 
aber  prebigt  nur  anbern,  nid)t  fid),  baft  ßfjriftuS  ben  Beutel 
nkrjt  liebe."35') 

80  6peratu§  au§  feinem  Dlmüßer  ©efängniffe.  2)ie  2)auer 
feiner  ^aft  giebt  er  fetbft  auf  jmölf  Wodjen  an.  Wad)  Ablauf 
biefer  $eit  „ttjat  ber  Äönig  bie  Singen  red)t  auf,  erfannte,  mas 
bie  ©arfje  mar,  unb  tieft  tr)tt  auf§  atlergnäbigfte  to§",  boct)  mit 
ber  53ebingung,  ba$  er  3gtau  unb  9ftat)ren  oertaffe.39)  9ttd)t 
btos  @peratu§,  fonbern  aud)  ber  fRat  oon  Sgtau  mufete  fid)  in 
biefe  33ebingung  fügen ;  aber  beibe  £eile  rjofften,  hak  bie  Trennung 
nur  eine  t>orübergef)enbe  fein  roerbe.  $>er  ©eteitöbrief,  in  meinem 
Söürgermeifter  unb  SRat  bem  Slbgietjenbeu  am  7.  (September  1523 
ein  ef)renootte§  ßeugnig  u^er  feinen  SebenSroanbel  unb  feine 
treue  SSerfünbigung  be§  2Borte§  ©ottes  aufteilten,  fagt  nur, 
bafe  „it)r  'jßrebiger,  ©oftor  $ßaulu§  ©peratu§",  fid)  auf  „eine 
$eit  taug"  öon  itjneu  in  anbere  Sanbe  begebe,  roeit  ifmt  burd) 
eine  geuerSbrunft  att  fein  feab  unb  ©ut,  befonber§  feine  „guten 
cfjriftticfjen  53üd)er,  mehr  al§  t)itnbert  Öhtlbeu  an  Wert,  öerbrannt 
feien,  unb  er  nun  ,tracrjte,  Dergleichen  ct)riftlid)e  Südjer  mieberum 
Sitroege  ju  bringen';  fie  fjofften,  er  tuerbe  fid)  nadjmals,  fo  ©Ott 
motte,  in  titrier  ßcit  511  ihnen  tierfügen  unb  it)neu  ba§  Wort 
®otte§  mieberoerfünben." 40)  ©r  fefber  aber  faf)  fid)  and)  nad) 
feiner  unfreimiüigen  Trennung  öon  feiner  ©emeinbe  nod)  mciter 
al§  bereu  recfjtmäfng  berufenen  (Seetenhjrten  an  unb  erflärte  fid) 
fd)ou  nad)  menig  Monaten  bereit,  fein  Slmt  crafi  neue  §u  oer= 
feiljen,  fetbft  gegen  ba%  ©cbot  be§  &önig§,  fal(§  nur  bie  Sgfouer 
it)n  mieber  auf  nehmen  mollten.41) 

Datte  ©peratn§  fdjon  früher  bie  5(bfid)t  gehabt,  „in'S  §od)= 
beutfd)e"  311  stehen,  fo  führte  er  fie  jcjjt  au$,  inbem  er  mit 
feiner  ©attin  anZ  Sftäljreu  nad)  ©adjfcn  $og.  5(m  29.  September 
mar  er  in  Sßrag  unb  t>or  SKartini  (oor  bem  10.  9iimember)  1523 
traf  er  in  Wittenberg  ein.  Wenn  irgenbmo,  fo  mimte  er  bort 
<Sd)itt3  ftnbeu,  wo  ein  9Jtlartin  ßut^er  ©djufc  gcnon;  unb  %u 
Sutfyer  nutzte  e§  it)n  naturgemäß  (jin^ieljen;  beim  Sutljer  mar 
e§,  bcffcn  ©djriften  feit  L518  unb  1510  au§  6peratu§  einen 
etiangelifdjen  ^Srebiger  gemad)t  Ratten,  unb  für  ßutljer'S  ßeljre 
()atte    ©peratus    üDiartörien    erbnlbet,    bie    bem    Wittenberger 


17 

Reformator  felbft  etfpart  geblieben  traten.   9Hdjt  als  ob  SöeratuS 
ein  9tod)beter  SuttjeiS  getoefen  roäve;  an  SebenSalter  ilim  gleict), 

an  ©rfatjrung  unb  allgemeiner  Silbung  tfmt  roobl  überlegen, 
hat  fid)  ber  fdimäbifdje  Ideologe  burct)auc-  felbftänbig  entmidett. 
©in  föredjenbet  ©etoetö  bafür  ift  ba§  3nfammenftimmen  feiner 
Wiener  *ßrebigt  „oon  bem  fjofjen  (Mübbe  ber  Saufe"  (t>om 
12.  Januar  1522)  mit  bem  Wittenberger  Traftat  SuttjerS  „oon 
ben  üftönebsgelübben  (de  votis  monasticis)"  yom  Satire  1521. 
„2)iefe  meine  Sßrebigt",  fdireibt  ©yeratuS,  „lautet  gleid)  D.  Martini 
ßuttjerä  2ef)te,  bic  er  oon  btefer  Materie  im  93ücfifein  oon  ben 
©etübben  ber  ©etftüdjeu  gefdjrieben  t}at.  Unb  bod)  tft  fotcr)e 
^rebigt  oon  mit  gefdjefjen,  el)e  itf),  roas  SKarthtuS  baoon  fcfirieb, 
gefeljen  ober  gelefeu  hatte."42)  SDie  erfte  fdjrtftltdje  Stnnätyerung 
an  Sutfjet  mar  im  ^yrühjabr  1522  tum  Sgtau  auS  erfolgt. 
SperatuS  t)attc  bier  bot)mifd)e  33rüber  (^ßicfavben,  SBalbenfer) 
oorgefnnben  nnb  gleid)  im  anfange  feineS  bärtigen  Aufenthaltes 
mit  ifjnen  über  totdjtige  fünfte  ber  Üclvre,  befonberS  über  ba§> 
9(benbmaf)t,  einbringlidje  SBerf)anbtungen  gepflogen,  olme  fie  für 
feine  (lutrjerifd)ei  Sluffaffung  geminnen  ,^n  tonnen.  ©üeratuS 
felbft  (jtelt  fd)on  Damals  nnb  fortan  nnmanbelbar  fo  ftreng  an 
ber  Cbjcftiottät  beS  &benbma$S=©aframenteS  feft,  bak  er  nod) 
1544,  lnt()evifd)er  als  Suttjet  felbft,  um  beS  ©otfeS  nullen  ben 
IRituS  ber  „CSteoatiou"  ber  Aioftie  beibehalten  toollte,  ber  bod), 
menn  fein  Opfer  an  ©Ott  ftattfinbet,  feinen  Sinn  mefjr  r)at. 
Um  aber  1522  mit  ben  Sörjmen  in  ^rieben  an^nfommen,  mies 
er  fie  an  l'ntber,  ber  eben  oon  ber  Wartburg  ;nrüd'gefebrt  mar. 
(Sine  Xeontatton  begab  fiel)  nad)  Wittenberg.  Mattier,  ber  nod) 
nid)t  bnrd)  ben  STbenbmarjtSftreit  gegen  „©afrautentierer"  arg 
möbnifd)  gemorben  mar,  bebanbelte  Die  Bobinen  mit  groner 
sJiac()fid)t,  nnb  fo  mirb  and)  SpetatuS,  tote  mir  nid)t  jtoetfetn, 
fortan  mit  il)nen  gut  auSgetommen  fein.48)  ©et  biefer  (5Jeterjenr)ei1 
bat  er  ein  banbidiriftlidie*  (Sremptai  feiner  Wiener  ^vebigt  bem 
Wittenberger  Reformator  eingefd)irft;  bieier  lobte  fie  inner  bem 
16.  SDfori  L522  nnb  münfdjte  fie  gebrndt  JU  fel)en.">  ©on  Da 
an  maren  fie  einanber,  menigfteiiv  brieflid),  nid)t  mebr  hemb; 
nnb  am  13.  Sinti  DiefeS  3a$re3  [anbte  Cutter  „bem  .sdiedite 
(Sh,riftt",    $atll    ©peratuS,    in    ber    Walbenferiacbe    noefi    einen 


18 

meiteren,  freunbtid)  »tat  fpenbenben  23rief.,ä)  %lad)  all'  tiefen 
Vorgängen  ftanben  fid)  nunmehr,  im  |)erbfte  1523,  bie  beiben 
gteidjgefinnten  Banner  Stuge  in  ?luge  gegenüber.  SSir  merben 
«Speratus'  Siufertttjalt  in  äBittenberg,  mie  batb  erhellen  fott,  oom 
£>erbfte  1523  bis  in  ben  Qnli  1524  anjnne^men  rjaben.  9^acf) 
feiner  eigenen  ?lnfid)t  fottte  es  btos  ein  proüiforifcrjer  fein. 
SDenn  nod)  fat)  er  fid)  als  ben  rechtmäßigen  8eetenf)irten  ber 
3glauer  ©emeinbe  an  nnb  fjoffte  in  nid)t  ferner  $eit  if)r  roieber 
mit  ber  ^rebigt  bes  (Soangeliums  bienen  §u  fönnen.  „2aftt  mid) 
nnb  anbere  in  ber  (3ad)e  rjanbelii ;  mir  motten  nid)t  feiern",  t)atte 
er  beim  9tbfd)iebe  üon  Sglau  feinen  ?lnt)ängera  gefagt,  nnb  am 
9?eujat)rsfefte  1524  erltärte  er  fid)  bereit,  gu  it)nen  ju  fommen, 
fetbft  bem  tönigtidjen  Verbot  jum  £rot$:  „<Bo  ifjr  mid)  nun 
rjören  mollt  nnb  mein  begehrt,  fo  tann  unb  mag  id)  bas  Verbot 
ntctjt  tiatten,  es  gelje,  mie  es  motte."  £)afür  mottte  aber  ©peratus 
junädjft  öergemiffert  merben,  ob  feine  3glauer  Dotation  nod) 
gütig  fei:  „<3d)idt  ifjr  nad)  mir,  milt  id)  mid)  altes  ©uten  oer= 
ferjen;  fdjicft  ibjr  nidjt,  fo  mit!  id)  bas  atfo  oerftetjen,  baß  idj 
nicfjt  mef)r  als  euer  Söifdjof  (b.  i.  ©eetforger)  foll  gehalten  fein." 46) 
2tm  25.  Januar  1524  erneuerte  er  in  einem  meitläufigen  Sdjreiben 
üon  SSittenberg  aus  fein  Verlangen,  nad)  3gtau  ^urüdjufefjren : 
menn  fie  itjn  begehrten,  mürbe  er  famt  feiner  ©atttn  jebe  Stunbe 
bereit  fein,  ju  irjnen  gu  fommen.  „0  mie  füfc  fotlte  es  uns  fein, 
menn  mir  eud)  mit  unferm  leiblidjeu  ©djaben  öor  geifttid)em 
Unfall  bepten  mödjten."47)  Um  ifmen  „als  ben  atterliebften" 
ingmifdjen  and)  in  3lbmefenf)eit  als  it)r  23ifdjof  ju  bienen,  mib= 
mete  er  um  biefe  geit  ben  ^glauern  feine  beutfdje  Ueberfetutng 
ber  tateinifdjeu  3d)rift  Suttjers:  „Formula  missae  et 
commuuionis  pro  ecclesia  Vitebergensi  1523",  metd)e  ben 
Sitet  ert)ielt:  „eine  SSeife,  djriftlid)  Sftefje  ^u  tiatten  unb 
3 um  £ifd)  ©ottes  ju  gelten."  ,,3d)  unb  if)r",  fdjreibt  ©pe= 
ratus  bort  in  ber  SBibmung,  „(mir  muffen)  ber  5d)mad)en  megeu 
jcljt  eine  ßeit  taug,  barin  mir  Icibtid)  gefd)ieben  finb,  ©cbutb 
fyabcn,  bis  ©ort,  ber  bie  .^er^eu  manbelt,  ein  anbercs  fd)idt; 
jebod),  nnll's  ©Ott,  fo  foll  es  nidjt  lauge  mal)ren." 4S)  ®a  bas 
$rüt)jaf)r  rjeranfam,  ol)ne  baf?  ©peratus  mußte,  moran  er  mar, 
fo  niadjte  er  fid)  auf  ben  28eg  unb   reifte  felbft  nad)  Sgtau; 


1«.' 

mit  26.  SCprü  1524  fhtben  mir  ifjn  f)ier.49)  Seiber  trat  für  ifm 
ntrfjt  bei  gemüufdjte  (Srfolg  ein;  benu  unter  bem  23,  Sföai 
(barauf)  fpradjen  tfjn  SBürgerateifter,  Rid)ter  unb  fHat  ber  Statt 
Sglau  feines  ©elübbeS  frei,  ba  es  für  it)tt  fetbft  wie  für  bie 
Stabt  jefet  gefiihrlidi  toäre,  Hin  mieber  (jier  prebigen  (^u  laffen.50) 
£amit  mar  ifjnt  bie  9tücffef)r  in  bie  it)m  teuer  geworbene  Stellung 
abgefdmitten ;  bennod)  blieben  „§erj,  ©inu  unb  ©etanfen"  ber= 
artig  nad)  Sglau  gerietet,  bafi  er  nodj  am  8.  Stuguft  153«  >, 
al§  er  fd)on  bie  bifd)öftid)e  SBürbe  bef leitete,  fid)  bereit  erflärte, 
„fein  23i§tum  §u  oerlaffen  unb  in  3glau  ^rebiger  $u  merben, 
menn  eS  anberö  ©otteS  Wille  märe." 51)  5)a3  follte  e§  nun  nid)t 
fein,  unb  baniit  fef)ren  mir  nad)  Wittenberg  in  ba&  Saljr  1524 
jurücf,  oon  mo  au§>  er  beu  Weg  nid)t  nad)  Süben,  fonbern  nad) 
Sorben  einjttfdjtageu  unermartet  fid)  üerantaftt  fal). 

^ier  gefd)al)  eS  namlid),  bau  ber  £)od)tneifter  bes  beutfdjen 
SfätterorbenS,  ÜJtorfgraf  Sftbredjt  oon  SBranbertburg,  bainals  ein 
SRann  oon  33  fahren,  itin  perfünlid)  SutfjerS  Sefanntfdjaft  $u 
mad)en,  am  I.  Slboentfomttage  1523,  ben  29.  üftooember,  auf 
einer  Reife  oon  Söertin  nad)  Nürnberg,  in  Wittenberg  raftete 
unb  ben  Reformator  befud)te.  ®er  £)od)tneifter,  meld)er  fid)  in 
politifdjer  Verlegen f)eit  befanb  unb  in  $>eutfd)tanb  ^pülfe  gegen 
ba*  il)m  feinblid)c  iUiuigreid)  Sßolen  fudjte,  ()atte  bereits  oor 
einigen  SUconaten  burd)  einen  Wbgefanbten  ganj  im  gef)eimen 
Butler  um  feinen  Rat  in  ©adjen  beS  reformbebürftigeu  beutfd)en 
DrbenS  erfudjen  laffen;  jetjt  mollte  er  bie  (Gelegenheit  nid)t  oer= 
faitiueit,  fid)  inüubltd)  weiter  oon  il)in  beraten  §u  laffen.  S)a 
tani  eS  JU  jener  beufmürbigeu  Uiiterrebititg,  in  meld)ev  Sutfjer 
bem  .vmdmieifter  riet,  bie  tolle  unb  üerfeljrte  DrbenSregel  fabreit 
§u  laffen,  ein  Weib  ju  neunten  unb  baS  DrbenSlanb  Sßreufien 
in  eine  loelttidje  .<perrfd)aft  umjumaiibelii.  Ter  \>od)ineifter  mar 
mit  jene  Qtii  imierlid)  bereits  bem  (ioangeliuiu  jugetljan,  für 
meldjes  it)iu  bie  Sßrebigten  DfianberS  in  Nürnberg  ben  Sinn 
erfdjlofien  hatten ,  unb  bemühte  fid)  fdion  bamal*,  „tapfere  unb 
oerftanbige  ßeute",  ttrie  er  felbft  jdnieb,  „als  Sßrebiger  teS 
heiligen  Worten  ©otteS"  nad)  ^rennen  ju  fd)ideu.  SBereitS 
mareu  bie  erften  2eubboteit  ßutljerS,  jwei  frühere  9Jcöndje, 
oohamiev  SBriejjmann  unb  oohamte*  ftmanbuS,  in  baS  DrbenStanb 

l  fdj  ad  ort.  $.  Speratu  I.  •_> 


20 

gebogen,  oon  beneu  jener  im  September  1523  im  £>om  31t 
Königsberg,  tiefer  im  9toüember  beSfetben  Saures  in  ber  att= 
ftäbtifdjen  ^farrfird)e  bafetbft  feine  erfte  eoangetifdje  s^rebigt 
t)iett:  ta  traf,  orme  $meifet  our(*)  SutljerS  SBermittehmg,  ber 
.Ipodjmeifter  jetjt  gu  Wittenberg  mit  ©peratuS  jufammen  unb 
erfannte  in  ifmt  ben  redeten  äftann,  melden  er  gerabe  bamafö 
für  baS  'preufjentanb  nötig  fyabt. 52)  ©peratuS  ttmfjte  fid)  freilief) 
gunädjft  nod)  an  3gtau  gebunben;  aber  ber  ^jodjmetfter  oereinbarte 
mit  itjm,  bafj,  falls  er  nid)t  mieber  natf)  Sglau  ginge,  er  fetbft 
auf  feinem  ^eim^uge  ilm  mit  fid)  nad)  ^reufien  neunte.53)  SSir 
miffen  bereits,  tuie  oon  3g(au  aus  bie  ©ntfcrjeibung  fiel  ©pe= 
ratuS  mürbe  feiner  bortigen  SBerpflicrjtungen  tebig,  unb  am 
15.  StRai  metbete  nunmefjr  ber  Jpodjmeifter  bem  ttjn  öertrefenben 
Regenten  be§  OrbenStanbeS,  bem  23ifcr)ofe  ^ßotenft:  eS  merbe 
näcfjftenS  ®oftor  $aut  ©peratuS  ankommen,  roetcfjen  er  5U  einem 
^rebiger  unb  SBerfimbiger  beS  2Borte§  ©otteS  für  ©cfjtofs  ÄönigS= 
berg  angenommen  tjabe;  ^ßotett^  motte  if)m  bort  Unterhalt  ge- 
mäf)ren,  bafs  er  bleiben  möge.54)  2)ie  befinitioe  Abfertigung  be§ 
^oftorS  erfolgte  bod)  allerbingS  erft  unter  bem  13.  Sunt  potent} 
aber  mürbe  noef)  auSbrüdtid)  angemiefen,  ben  ©djtofjprebiger 
©peratuS  unb  feine  erjeticfje  Hausfrau  mit  freier  Wohnung  in 
ber  S^cäfje  beS  ©crjtoffeS  511  oerfefjen  unb  fid)  „in  alle  Wege" 
gegen  ifm  „mit  ©naben  unb  ©unften  §u  bemeifen";  benn  berfelbe 
merbe  mit  -fmtfe  unfereS  ©etigmadjerS  itmen  alten  nüfttid)  fein.55) 
5(m  4.  3uti  1524  metbete  fintier  oon  Wittenberg  aus  feinem 
$reunbe  23rief$mann  in  Königsberg  bie  Stbreife  beS  ©peratuS.56) 
£mt  er  §u  feiner  Deife  bat)in  etma  brei  SSodjen  gebraudjt,  fo  ift 
er  mot)t  gegen  ©übe  Csuti  1524  in  Königsberg  eingetroffen; 
jebenfaüS  jeugen  Briefe  oon  feiner  |janb  aus  ben  ltädiften 
Neonaten  fdjon  oon  feiner  bortigen  tfyeologifdjen  Wirffamfeit 
oor  £>erbft  biefeS  Safjrcs.57)  Werfen  mir,  efje  mir  itun  nadj 
^reufjeu  folgen,  nod)  einen  $Uid  auf  feine  Witteuberger  1t)ätig= 
feit.  £enu  gerabe  fie  ift  eS,  moburd)  ©peratuS'  9tame  atSbatb 
int  23ereicfj  ber  gefamten  lutt)erifd)en  Deformation  befannt  mürbe. 
3mar  bie  Vorfragen,  mie  unb  mo  er  in  Wittenberg  Unter= 
tottraten  gefunbeu,  muffen  mir  unbeantmortet  taffen,  ba  feine 
Duelle  uns  baoon   beruhtet;   er  mirb  famt  feiner  ©attin,   mie 


21 

biete  narf)  ü)m,  burdj  ßutf>er§  SBermittetung  Cbbadi  unb  Unter» 
t>alt  gefunben  Ijaben.  sJlud)  ift  e§  ßutljerS  Anregung  jugufdjreiben, 
bafj  SperatuS  im  Söinter  1523  ^u  1524  oon  brei  lateinifcfjen 
©djriften  be3  Reformators  beutfdje  Ueberfe&uugeu  anfertigte,  bie 
aföbatb  im  33urf)hanbel  gebruct't  erfdjienen  unb  fpäter  in  beutfdje 
Sammlungen  ber  SBerfe  ßutfjerS  übergingen.  $mä  berfetben 
(..De  inKtituendis  ministris  ecclesiae"  [152HJ  unb  „Formala 
nrissae  etc."  [1523])  rjaben  mir  bereit«  oben  (®.  7  unb  18) 
§u  ermahnen  Slnlafj  geliabt;  bie  britte  folgte  unmittelbar  barauf 
unter  bem  Xitel:  „Offenbarung  be§  (SnbedjriftS  (b.  i.  ?inti= 
djriftS),  aue  bem  Sßroöfjeten  Daniel  miber  (Satfjartnum." 
Tiefer  (Segner,  ein  italieuifdjer  Tominifauer,  geborte  31t  ben 
gfeittben  ßutljeTS;  fdion  1521  Ijatte  biefer  gegen  ben  Italiener 
eine  lateinifd)e  „5(utmort"  neröff entließt;  fie  ift  e§,  meldje  ©pe= 
ratuS  jeftt  überfe$te  unb  mit  einem  orienticreubeu  Vorworte 
begleitete.  Ter  Umftanb,  bafs  Mittler  in  biefer  feiner  ©dfjrift 
bie  Sßifion  ©anietö  „oom  Stntidjrift'1  (ftap.  8)  erflärt,  gab  bem 
Ueberfeüer  SCnlaft,  fid)  felbft  über  ben  s+3apft  au^ufprec^en. 
©einrieben  fei  bieg  s£ud),  fo  ändert  fid)  ©öeratuS  felbft  in  ber 
beutfdjen  SBorrebe,  ju  beut  3lüecfe^  ba$  benjeuigeu  ßefern,  meldje 
in  ber  ^eiligen  ©djrift  nod)  unerfahren  feien,  baS  Sßefen  beS 
?(ntid)rifts  flar  roerbe.  .vvttte  ©öeratuS  fd)on  in  einer  ber  beibeti 
üorangel)enben  Ueberfetjungeu  ben  s|3apft  als  „ben  römifdieu 
Infamien"  be^eidjnet,  „meldjer  alle  s&>elt  nad)  feinem  Wutmillen 
auf  feine  (ierenumieu  jnringen  milt",  fo  mibmete  er  ibm  jeUt 
[potttoeife  fogar  biefe  feine  ueuefte  Ueber)e|ung.  „SBent  molleu 
mir",  fd)veibt  er,  „biefe  meine  SBerboßmetfdjung  idieufeu  ober 
jufdjreiben?  Üben  bem  allerbeiligfteu  3tul)l,  barauf  biefer 
Ünbedjrift  fi|t.  üftidjt,  als  ob  er  fid)  baburd)  erlernten  ober 
belfern  werbe;  —  er  ift  nnb  foll  bleiben,  ber  er  ift;  —  foubent 
am  erften  barnm,  bafj  er  fid)  barübet  erzürnen  fofl  unb  erft 
red)t  anfangen  ;u  rafetl  unb  \u  toben  miber  Efjriftum,  in  beffen 
©tiebem,  bamit  er  bem  ;>orue  ©otteS  über  fiel)  ber.mbelfe  unb 
atebami  befto  e§er  oon  feiner  $offart  geftürgt  merbe."  Ta 
biefer  ©ang  ber  ©reigniffe  für  bie  „©lieber"  lihrifti  jugleicfj 
ein  ftreujnjeg  fein  muffe,  fo  folle  ber  mal)re  Ci  In  ift  aus  biefer 
Sdjrift  jugleid)  lernen  fein  ftreuj  neluueu  unb  (il)rifto  uad)folgeu. 


22 

2)enn  „mo  nid)t  &uu%  ift,  bafelbft  mögen  audj  nic^t  (Sfyriften 
fein."08)  gür  bie  Verbreitung  ber  ©ebanfen  SutfjerS  in  ben 
Greifen  ber  ©ebilbeten  2)eutfdjlanb§  merben  biefe  Ueberfetmngen 
getütfe  ba§  Sfyrige  beigetragen  tjaben;  £)atte  ber  Reformator 
©rünbe  gehabt,  biefe  feine  ermahnten  Schriften  in  lateinifct)er 
©pradje  ausgeben  §n  laffen,  fo  tag  ifjm  bod)  fetbft  baran,  bie 
in  itmen  betjanbelten,  prinzipiell  micfjtigen  ©ebanfen,  zumal  bie 
über  ©otte§bienft  unb  ^ßrebigtamt,  ben  ©eutfdjen  in  ber  9Jcutter= 
fpradje  belannt  §u  geben,  mie  er  e§  ja  überhaupt  nad)  bem 
SBormfer  Reichstage  al§  feine  Aufgabe  anfaf),  bie  Erbauung  ber 
beutfdjen  ©t)riftenf)eit  au§  @otte§  SBort  in.  beutfdjer  @prad)e  $u 
ermöglichen,  mooon  feine  beutfcfje  lleberfetmng  be§  Reuen  Xefta= 
ment§  unb  ber  Slnfang  feiner  erften  beutfdjen  ^rebigtfammtung, 
ber  ®ird)enpoftitle,  ein  berebtes  3eu9in§  ablegten. 

Snbe§  einen  meit  größeren  2)ienft  aU  burd)  bie  brei  er* 
tnäfjnten  Ueberfetmngen  teiftete  @peratu§  bem  SBerte  Sut^er§ 
bamat§  burd)  feine  beutfdjen  eüangelifdjen  Äirdjentieber.  ©erabe 
in  jener  ßeit,  at§  @peratu§  in  SSittenberg  al§  $lüd)tling  eintraf, 
ging  ßuttjer  mit  bem  ^ßtane  um,  für  ba§>  beutfdje  SBoff  ein 
eüangetifd)e§  £trd)engefangbud)  51t  fdjaffen;  fo  tarn  if)tn  benn 
ber  fdjmäbifdje  SDic^ter  mie  gerufen,  lieber  bie  ßeitgemäfefjeit 
unb  Söidjtigfeit  be§  Unternehmen*  ßutl)er£  braudjt  f)eute  fein 
Söort  oerloren  §u  merben,  uadjbcm  fid)  ba§>  beutfctje  eoangetifd^e 
&ircf)en=@efangbud)  neben  ber  53ibetüberfeimng  £utf)er§  af§  ba% 
gefegnetfte  bittet  ber  (Srbauung  an  Sung  unb  5llt  in  unfern 
(Skmeinben  burd)  feine  mefyr  al§  üiertef)atbl)unbertjät)rige  ©efdjicfyte 
bemäfyrt  l)at.  £>afj  jebod)  ein  fo!d)e§  ©efan'gbud)  nidjt  ba§  Sßerf 
eine§  einzigen  9#enfd)en  fein  tonne,  nntf?te  niemanb  beffer  al§ 
£utf)er  felbft.  Stber  mot)er  bie  Männer  nehmen,  bie  it)tn  £mlfe 
leifteten?  Rod)  im  $at)re  1523  mufste  er  in  feiner  „Formula 
missae"  „at§  einftroeilige3  ,£>inberni§  einer  oottftönbig  beutfdjen 
freier  ber  Sfteffe"  ben  ©runb  angeben,  bafj  „un§  SDidjter  festen, 
mefdje  geifttidje  ©efänge  bid)teu,  bie  fid)  jutn  ftrdjfidjen  (Stebraudje 
eignen.  SCftan  ttrirb  nidjt  niete  finben,  bie  einigermaßen  ernften 
©eift  atmen.  £)a§  fage  id),  bamit,  menu  e§  beutfd)e  2)idjter 
giebt,  fie  baburd)  angeregt  merben  mödjtcn,  un§  fromme  @5ebid)te 
^u  machen."69)    @§  tonnte  nidjt  fehlen,  baf?  ber  llcberfe^er  biefer 


23 

Sdjrift,  eben  Speratu»  felbft,  bcr  feine  bidjterifdje  Begabung 
in  Iateinifd)er  unb  in  beutfdjer  Sprache  bereite  gezeigt  tjatte, 
biefen  Slppell  8uttjer§  auf  ficf)  toirfen  liefe:  ha*  erfte  eoan  = 
geüfcfje  ©efangbud),  meldjes  im  Seilte  1524  erfdjiett, 
enthielt  unter  feinen  acfjt  Siebern,  neben  öter  oon  Sutljer,  bereu 
brei  öon  Speratu§.*) 

<Sd)on  burd)  biefe  Sfjatjatfje  ftetjt  Speratu»  im  23ereid)e  ber 
lut[)erijcf)en  &trd)enreformation  tu  ber  9to£)e  ber  geifttidjen 
©äuger  roentgften*  ber  Zeitfolge  nad)  unmittelbar  rjinter  Sutfyer 
felbft.  @§  möge  barjer  geftattet  fein,  roas  ficf)  über  Speratu§ 
al§  £id)ter  unb  über  bie  Schöpfungen  feiner  üöhtfe  fagen  läfet, 
rjier  im  ^ufammeurjange  üorgutragen. 

5tm  frürjeften  fjat  er  ftd)  afö  lateinifdjer  ©icrjtcr  bemerkbar 
gemad)t.  -Die  wenigen  un*  erhaltenen  ©ebidjte  in  biefer  Sprache 
geigen  ein  gute§  gormtalent;  aber  über  baZ  äftaB  be§  gematteten 
SBerfemadjen*,  mie  e3  in  banmligen  .<pumaniften!reifen  geübt 
mürbe,  ragen  fie  nidjt  gerabe  auffallenb  beroor;  fefljft  ha* 
intereffante  ©ebidjt  mit  ber  Ueberfdjrift  „Sotadica",  beffen  ?su= 
fjalt  mir  oben  ermähnten  (©.  15),  tft  bod)  meljr  ein  profobiferjeä 
ftunftftücf  at§  ein  roirflüfje*  Äunftoerf.  Stber  er  t)at  bie  Äraft 
unb  bie  ßuft,  lateinifrfje  $erfe  §u  madjen,  bod)  bi3  in  fein  rjorje3 
Stlter  unb  unter  ber  brürfenben  Saft  einer  forgeuoollen  Sage 
behalten,  fo  ~üav>  et  nod)  im  Saljre  1548  oon  bem  ÄönigSBerger 
95eruf8poeten  Sabinus  „ate  ©euoffe  gegrüfu"  toerben  fonnte60); 
\a  gerabe  ba3  te|te  lateinifcbe  ©ebidjt,  toeldjeS  fid)  oon  feiner 
.<panb  unter  feinen  nadjgetaffenen  papieren  oorfanb,  bürftc  buref) 
traulichen    Csnfoalt    unb    gefällige    [Joni!    allgemein    anmuten.**) 

I  lrin3  rührte  oon  einem  unbefaunten  2)id)tet  fyer. 
**)  fßon  mir  oeröffentlidjt  in  tt.*ö.  II,  Kr.  1210,  ©3  befinbet  fia) 
in  einem  Briefe  üom  80.  September  1539  (ft.immt  felbft  aber  nod)  au 8 
üorangefyenber  .^eit).  Speratuä  befanb  fid;,  al*  er  ti  biditete,  in  iiebnidter 
öfonümifdKr  üaeje,  fal;  fid)  allcrfcitö  Gekrängt,  rid)tete  aber  fein  Vertrauen 
finblid;  ergeben  auf  ©ott.    2>ie  Berfe  lauten: 

„Nescio  «juis  Deus  hunc  Sperato  temperal  axem; 

„Saepe  meoa  carpit  sgtb  male  fida  dies. 
-Sinn  Tiihil  in  mundo,  uisi  nemo,  persequitur  quem 

„Oiunis,  et  in  eulpam  raptal  ubique  reum. 
..Sni  acio,  <le  nihilo  (|iü  euneta  creavit,  ut  essent, 
..K.\  Paulo  magnum,  me  yelil  esse  aliquid.' 


24 

Sßon  SBerSmafjett  fdjeiuen  t$m  feameter  unb  Pentameter  bie 
getäufigften,  aber  audj  anberc  SDcetra  nicf)t  fremb  gemefen 
311  fein.61) 

Ungteid)  tuidjtiger  afö  feine  lateinifcfjen  ©tropfen  ttntrbe 
©peratus'  bentfdje  2)id)tung.  Tonnen  mir  es  aud)  ntcrjt  betueifen, 
fo  bürfen  mir  es  bod)  aus  feinen  „funftüollen  unb  eigentümlichen 
üöcetren"  mit  2Saf)rfd)einttd)teit  annehmen,  baf?  „er  burd)  bie 
©djufe  bes  Sfteiftergefanges  f)inburd)gegangen  ift,  mo^u  if)m  fein 
2(uf  enthalt  in  ©übbeutfdjtanb  öiel  ©efegenl)eit  bot."62)  Um  fo 
mertootter  mußten  für  Sutfyer's  gmed  gerabe  feine  £>id)tungen 
merben.  $u  nnferer  Kenntnis  gelangen  fie  burd)  Sutljer's  aller = 
erftes  ©efangbüdjtein  fetbft,  bas  unter  bem  ^£itel  „(Stltdj  djrifttid) 
Sieber  Sobgefang,  SBittenberg  1524"  bas  Sid)t  ber  2Bett  erbtiefte. 
9cact)bem  in  biefem  Sßüdjlein  Sutfjers  Sieb  „'ftun  freut  eud) 
lieben  Ütjriftengmeiu"  ben  Anfang  gemacht,  erfdjeint  f)ier  an 
gmeiter  ©teile  jenes  un§  oon  Dtmüij  f)er  bereit?  befounte  Sieb 
„(£s  ift  bas  §eil  uns  fommeu  l)er  u.  f.  tu."  mit  ber  Stuffdjttft 
„©in  Sieb  oom  @efe£  unb  (glauben,  gemattig  mit  göttfidjer 
©fdjrift  oerlegt.  I).  ^ßauli  ©perati."  9Jtog  bas  Sieb  fdjon  1523 
oon  £)tmü|  aus,  mo  es  gebid)tet  ift,  feinen  SSeg  nad)  SSittenberg 
gefunben  t)aben  ober  burd)  ©peratus  felbft  erft  bal)in  mitgebradit 
morben  fein:  ba  mir  feine  .öanbfdjrift  besfetben  befugen,  fo  ift 
biefer  %ext  für  uns  ber  urfprünglid)fte.  3)ie  ^ebeutung  bes 
Siebes  ift  bereits  oben  oon  un§  gemürbigt  (©.  13).  —  Ebenfalls 
einem  bogmatifd)=praftifd)en  23ebürfnis  bient  fein  in  bem  ©efang= 
büdjfein  barauf  folgeubeS  Sieb  „(Sin  ©efang,  ju  befennen  ben 
©tauben"  mit  beut  Anfang  „3n  ©Ott  —  ©efaub'  id),  ba$  er 
f)at  —  ?(us  nidjts  —  ©efd)affen  .fumm'!  unb  (Srbe  u.  f.  m." 
(Sutljielt  bas  oorige  Sieb  bie  luttjerifdje  9ted)tfertigungs(el)rc,  fo 
biefes  bas  apoftolifd)e  ©taubensbefenntuiS,  aber  jugleidj  mit  ben 
ÜJhtt^anmenbungen,  bie  man  auf  bem  ©tanbpuuftc  euangetifdjer 
©laubensgemiftyett  baraus  jtcfjeu  bürftc ;  3.  23.  l)inter  ber  ©teile 
bes  ©mnbots  „((Sfjriftus)  fifcet  ftitr  «Rekten  ©ottes"  fingt  ©peratus 
oon  ßtjriftus  „@r  ftetjt  für  mid)  —  basfelb  glaub  id)  -  -  ©oll 
niemanb  anbers  fudjen  —  bafj  mid)  nit  treff  ber  $(ud)eu.  —  28er 
fudjet  Wat  —  Sit  feiner  9?ot,  —  [  anbers  |  ®anu  nur  allein  — 
SBoti  ©ott,  imtfe  fein  —  ömiglid)  in  feinem  ^ovw.  —  0  £erre 


25 

©ott!  —  SBcmt  bcr  nit  ijttft,  tft  oerloren."  —  £a3  Sieb  umfafet 
neun  Strophen,  bott  bcneii  Die  erfte  bem  erften  (SJlaubenäorttfel, 

bie  jroeite  Bis  jtebente  bem  jtoeiten  unb  bie  ad)te  unb  neunte 
bem  britten  \Hrtiiel  gemibmet  finb.  „3>ie  metrifdje  ©truetur  ift 
ielir  eigentümlich,  füuftlid),  meifterfingerifd)",  unb  bie  ©prad)e 
„reid)  an  altertümlichen  unb  fd)mäbiid)cn  formen."  2>iefcr 
Umftanb  unb  bie  fdjtoer  burdjftdjttge  Weimoerfd)tingung  tft  mol)( 
ber  ©runb,  oan  biefeS  Sieb  feine  meite  Verbreitung  gefuuben 
bat  unb  au&  unfern  mobernen  ©efangbüd^cm  berfdjttmnben  ift.*) 
—  Sin  oierter  Stelle  in  SutljerS  ©cfangbttdje  ftef)t  Spcratus' 
britteS  Sieb  „$tff  ®ott  —  2Bie  ift  ber  sDcenfd)en  8h)t  —  So 
grof?!"  ($3  trägt  bie  Ueberfdjrtft  „(Sin  Öefaug,  $u  bitten  um 
,~yolgung  ber  Söeffcrung"  unb  „ift  ein  iubrünftiges  ©ebet  um  bie 
Heiligung  be8  SebenS,  überall  burd^ogeu  Don  bem  SefemttmS 
ber  men)d)lid)en  (öünbe  uub  Don  ber  briugenben  äRaljnMtg,  ba§ 
bargebotene  §eil  ernft  unb  otjue  ©äumen  ^u  ergreifen."  ^u 
gonti  unb  Spradje  gleidjt  eS  bem  oortgeu  Siebe,  r)at  bemnad) 
aud),  obgteidj  e§  Irjrtfcfjer  al£  jenes  gebalten  tft,  mit  ir)nt  bas 
gleiche  Sdjitffal  ber  ÜBergeffenbeit  erfahren,  mäbrenb  bie  in  bem 
($efangbud)e  barauf  folgenben  Sieber  Sutrjer*  „9(dj  ©ott  00m 
f>itttmel  fiel)  barein",  „(£3  fpridjt  ber  Unroeifen  SUhtnb  roor)l" 
unb  „9tu3  tiefer  9cot  fdjrei  id)  ju  Sir"  ber  fingenbeu  Wemcinbe 
betanut  geblieben  finb.**) 

SSir  fügen   t)ier  fjutflii,   roa§  au3  ber  fpäteren  bidjtertfdjeu 
£f)ätigfeit  beä  Sberatu8  betaunt  ift.    2113  fidjer  ed)t  bürfen  mir 

*)  2)ie  etnjelne  ©troübe  biefeS  £tebe§  gäl)lt  19  SBetfe  bon  ungleic^et 
Sänge«  jtoeU  bis  a$tfilbige.  £ie  !Reimbetf$Iingung  iirfdjiefyt  naefc  folgenbetn 
Schema:  aabc,  aabc;  dd,  ee,  ff,  gg,  hxh.  3>"  Slufgejang  (^cilc 
1  tii  8)  reimen  fid>  bie  erften  biet  mit  ben  jioeiten  biet  .-Seilen;  im  SCbge 
fang  (Seile  ü  bi>?  19)  finb  je  jtoei  auf  einanbet  folgenbe  feilen  butd)  ben 
Steint  betbunben;  mir  ift  bai  bettelte  Sßaat  bind»  baS  fteto  toiebetfebtenbe 

„D  £erre  ©Ott"  (ÖW  im  8*emn  x  ftebt)  gettennt.  (Sofa  dt,  SbettttuS 
1  1861  1  251  ff. 

")  Ciofad  a.  a.  D.  258  ff.  —  Die  lerle  ber  brei  Siebet  finb  bei 
(Sofatf  a.a.O.  5.240  242,  255  256  nnb  'iös— -itil  unb  bei  SBarfet« 
naget,  baa  beutfefoe  .Uirdicnlieb  III,  2.  81  unb  33  abaebrueft.  —  lieber 
üutfyerS  ©efangbud)  bon  i  &2  i  felbfl  bgl.  SS a  rf e r n a gel,  „8  ibliog r a p  b i e 
)Ut  (Sefdm-Me  bei  beutidum  Mirdumliebe«?"  an  bcr  bezüglichen  2 teile. 


26 

au§  bem  Safjre  1527  eine  Umbid)tung  be§  „XXXVII  «ßfalmS" 
unb  eine  poetifd)e  „£>anffagung  nadj  ber  ^rebigt"  anführen. 
2Ba£  ben  genannten  ^fatrn  betrifft,  fo  finb  wir  mobernen 
(Süangettfdjen  fo  fef)r  an  ^ßaut  ©erf)arb§  Umbid)tung  „SSefieljt 
bu  beine  SBege"  gemötmt,  bafj  mir  un§  tjeute  fdjmer  in  ©peratu§' 
Sieb  „©r^üm  btd)  nidjt  u.  f.  m."  t)ineinfinben  fönnen ;  aber  ooll 
SRarf  unb  traft  ift  eS,  „^u  Xroft  alten,  bie  ©ematt  unb  Unrecht 
leiben."  2)ie  $orm  ift  aud)  t)ier  bie  meifterfingerifdje.  3n 
fird)tid)en  ©ebraudj  ift  ba§  Sieb  mof)I  nid)t  gelommen.  5Xnber§ 
bie  „®an!fagung  nad)  ber  ^rebigt":  „©etobt  fei  ©Ott,  unfer 
(Sott  —  2)afc  er  un§  gefpeifet  fjat  —  9Jttt  feinem  Sßort,  ber 
©eeten  S3rot.  —  2öer  glaubt  baran,  fiet)t  ntdjt  ben  Xob." 
©iefetbe,  „ein  f (eines  Sieb  oon  möglidjft  einfacher  metrifdjer 
©tructur"  (au§  brei  jambifdjen  ©tropfen  befter)enb)  ift  in  bie 
^Rigaifdje  ©otteSbienftorbnung  (oon  1537)  übergegangen.63) 

5tt§  fidjer  ©peratianifd)  leimen  mir  fobann  au§  bem  Satjre 
1530  nod)  ein  beutfd)e§  Sieb  über  ben  2(ug3burger  sJieid)§tag, 
„ein  Sieb  mit  ftagenbem  ^ergen",  mie  ©peratu§  felbft  e§  über* 
fdjrieb,  „§u  einer  treuen  SSarnung  gefungen  bem  taifer  unb  ben 
dürften,  ba$  fie  fid)  burcb,  bie  $ifd)öfe  nictjt  oerfü^ren  laffen 
unb  bamit  fid)  fetber  unb  gan§  SDeutfd)tanb  in  eitel  ©tut  baben 
unb  gar  barin  erfaufen."  2)er  unglüdlicfje  2lu§gang  be§  91ug3= 
burger  9faid)§tage3  tjatte  if)in  ben  ©ebanfen  eingegeben,  fid)  in 
einer  Sichtung,  bie  a(3  glugfdjrift  in  Quartformat  burd)  ben 
®rud  pubügiert  mürbe,  an  ben  föaifer  unb  bie  dürften  ju 
menben.  3n  ber  SBorrebe  marnt  ber  $erfaffer  oor  bem  unerhörten 
Stutoergiefcen,  metd)e§  entftefyen  müf?te,  menn  man  in  ben  reti= 
gibfen  Streit  mit  bem  ©djmerte  eingriffe.  „SBir  miffen",  fprid)t 
©peratuS,  „bafe  toir  ©otte§  Söort  für  un§  l)aben" ;  bie  Verfolger 
beSfetben  aber  muffen  oon  ©ott  geftraft  merben.  3n  ber  2)id)tung 
fetbft  traut  ©peratuä  bem  Äaifer  at§  bem  „eblen  Stute"  nod) 
@ute§  §u,  fürchtet  aber,  ba$  beffen  gotttofe  Berater,  pmat  bie 
uneoangelifdjen  23ifd)öfe,  itjn  irre  führen;  barum  ermahnt  er 
Äari  V.,  in  ber  <Safy  be3  SSorteä  ©otte§  nid)t  ba§  ©djluert 
$u  sieben,  fonbern  bie  ©etetjrten  gur  Beratung  §ufammen= 
fommen  §u  laffen;  aud)  möge  er  an  feinen  @ib  benfen,  ifjn 
bem    SReidje    galten    unb    bamit    ber    brofjenben    ©efaf)r    ber 


27 

9ied)tlofigfeit  in  feinem  Sßerfjältnifje  311  \wmn  Untertanen 
oorbeugen : 

„Sebenf  gar  eben,  lrie  2)ein  Cnb  geftaUt 
„Sem  fleid);  fyatt  ibn,  batf  er  nic^t  gar  erfalt'!" 

£en  eoange(ifd)en  dürften  aber  fd)ärfte  ber  £idner  ihre  ^3flicf»t 
gegenüber  ifjren  Untertanen  ein.  ßmar  fjabe  oa*  2Bort  ©otte§ 
nitfjt  nötig,  baf$  dürften  e§  fdnitien;  bod)  fei  e3  rerf)t  unb  billig, 
bau  fie  ir)re  Untertrjanen ,  falls  biefe  an  £eib,  ©ut  unb  (Srjre 
t>on  püpftlid)er  Seite  angegriffen  mürben,  burdj  ©egenmerrr 
retteten.64) 

Tie  £id)tung  beftebjt  au§  17  jambifd)en  Strophen  oon  je 
14  ßeüen ;  fed)§  geilen  Silben  ben  Slufgefang,  acf)t  ben  ^(bgefang ; 
bie  ^Reimuerfdjlingung  ift  iit)n(id)  funftuoll,  mie  mir  fie  bereite 
als  „meifterfingerifcrje"  an  Speratus  rennen.65) 

(Snb(id)  empfangen  mir  aus  bem  ^rübjabre  15:>7  nocfj  bie 
9?ad)rid)t,  bafj  Speratus  ein  @tebid)t  „3}om  ßonjttio''  oerfaBt 
rjat.  SSie  bie  3arA'e§3al)(  oermuten  läßt,  mirb  er  barin  ba§, 
ßon§il,  me(d)e§  fid)  gu  SOtontua  nerfammelu  ioüte,  befjanbelt 
haben,  mie  er  1530  ben  9teid)3tag  ju  StugSburg  311m  ©egenftanb 
einer  2)id)tung  gemad)t  hatte.  3}on  bem  tjergoglidieu  ^offopett* 
meifter  .»pans  ftugelmanu  jn  Königsberg,  bem  mir  mehrere 
mistige  ÜKelobien  tum  fttrdjentiebern  Derbanfen ,  mar  e8  in  9ftufif 
gefegt  roorben.  üöeibes,  £id)tuug  unb  .Hompofition,  id)irfte  ber 
^per^og  Wlbrecfjt  am  81.  9J?ärs  1537  au8  Königsberg  an  Suther 
nad)  Wittenberg,  um  beffeu  Urteil  barüber  §u  Hernehmen.  Seitbem 
verlautet  aber  t>on  beiben  feine  ftunbe  merrr.66) 

6r l)a Iten  fiub  uns  alfo  an  beutfd)en  Tid)tuugen  Don 
Speratu*  nur  menige;  aber  mie  jdjim  ba$  @cf>idfa!  feines  ßiebeS 
„Sßom  .Skm,ylio"  annehmen  laut,  mirb  er  erheblufi  mehr  gebirhtet 
haben,  als  mir  (jeute  Don  ifjut  fennen.  (Sinen  Wetteren  gangen 
<5d)at3  Speratianiidier  Tiditnugeu  Dürfen  mir  j.  8.  mit  voller 
oimerfutjt  uod)  in  bem  erfteu  preufiifdjen  ©efangbudje 
Dorfjanben  glauben ;  nur  ift  uns  ,yir  3eit  unb  oielleidu  für  immer 
uumöglid)  feft^uftellen,  meldie  Sieber  btefer  bodnuterefianteu  Samm 
hing  auf  iSperatuS,  unb  meldjc  etma  auf  ^otianber  ober  anbere 
SSerfaffer  §uriitf$ufül)ren  fein  mögen.  Dbgteidj  mir  mimlid)  über 
bie  (Sntfte()iing  berfelben  nichts  urfunbticf)  uadnueiieu  föuuen,  fo 


28 

barf  bod)  §lüeifetto§  behauptet  toerben,  ba%  ©peratuS  an  ib,r  ben 
^auptanteil  gehabt  f)at.  2öir  toerben  baS  aber  nur  aus  ben 
Serfjältmffen,  in  benen  ficf)  ©peratuS  fetbft  im  3at)re  1527  be= 
fanb,  beurteilen  fönnen.  2)ieS  füfyrt  un§  in  bie  altpreufnfdje 
Deformation  felbft  t)inein,  mit  ber  ©peratuS  bereits  bamalS  unb 
fpäter  bis  an  feinen  Xob  fo  innig  oerftodjten  erfdjeint,  bafc  mit 
feinem  SEobe  baS  ÜteformationSgeitatter  beS  DrbenStanbeS  unb 
^ergogtumS  ^reufjen  gerabegu  fein  ©nbe  erreicht.  $on  1524 
bis  1551,  mo  er  ftarb,  gehörte  ja  ©peratuS  jenem  (mit  5tlbrecrjt 
gu  fpredien)  „farmatifdjen  Sanbe"  an,  mo  er,  ber  ©djmabe  oon 
$rt  unb  ber  ©etefjrte  oon  Neigung,  nad)  ©pradje  unb  £ebenS= 
gemol)nt)eiten  ficf»  zeitlebens  unbefyagticb,  gefüllt  unb  bod)  als 
£t)eo(oge  unb  mhlüdjer  23ifd)of  mefyr  geteiftet  t)at,  als  bie  anbern 
Reformatoren  ^ßreufsenS.*)  2öir  motten  ben  eoangetifd)en  23ifd)öfen 
@eorg  oon  ^oten|  unb  (Srfyarb  oon  Oueife  als  ben  autoritatioen 
,,©pi£en"  beS  preufjifdjen  föirdjenmefenS  ifjr  Sßerbienft  nicr)t 
fd)mätern,  motten  and)  bie  Mitarbeit  ber  ^rebiger  3of)anneS 
Sriefmiann,  Stotjann  ^ßotianber,  SDcidjaet  teurer  unb  anberer 
nid)t  gering  anfragen;  aber  bafc  bie  preufnfdje  föirtfje  eine 
©otteSbienftorbnung  im  ©inne  ber  SBittenberger  Deformation 
unb  ifjr  entfpredjenb  ein  eoangetifdjeS  ©efangbud)  empfing,  bafe 
in  bem  burd)  einen  fdjtimmen  ®rieg  üeröbeten  ßanbe  bie  fird)= 
(id)en  ^arodjien  neu  umgrenzt,  ib,ren  @in!ünften  nad)  funbiert 
unb  fo  redjttid)  lebensfähig  gemalt  mürben,  bafc  bie  unter 
römifd)=fatt)oüfd)em  ®ird)enregiment  orbinierte  ^farrgeiftlid)feit 
beS  SanbeS  burd)  ^Srebigtanteitung  unb  tf)eo!ogifd)en  Unterricht 
eoangetifd)  umgebilbet,  enblid)  baft  gegen  freigeiftig  =  religiöfe 
©djmärmer  ber  tutl)erifd)=eüangelifd)e  (Eljarafter  ber  preuftifdjen 
SanbeSfirdje  gemafyrt  blieb  —  baS  altes  mar  §ut)öd)ft  baS  SBerbienft 
beS  üDcanneS,  ber  im  Safjre  1524  nad)  einem  vierjährigen  gefar)r= 
oollen  llmt)erirren    in  ^ßreuften  eine  gefidjerte  «Stätte  fanb,   beS 


*)  3m  Safyre  1528  fcfyrieb  ©peratuS  bon  Äömgiberg  au§  an  23riefj= 
mann,  ber  fid^  bamaiS  in  SHiga  befanb :  „Displicet  .  .  .  hodie  Borussia"  etc. 
(Gebser,  ep.  p.  16.)  —  unb  im  $afyre  1539  entwerte  er  fid)  gegenüber 
s^oIianber  brieflich  nod)  fdfärfer  über  ^reufjen  al§  baS  SSaterlanb, 
ba3  er  am  liebfteu  nie  gefefyen  blatte:  „Prussia,  quam  patriam  utiuam 
nunquam  vidissem."     Sfcbatfert,  llrfunbenbud),  II,  9ir.  1206. 


29 

Dr.  ^paul  ©peratu§,  ber  fjier  mm  feinem  40.  6t§  in  ba$ 
67.  2eben*jaf)r,  alfo  in  ben  Sauren  feiner  üollen  männtidien 
®raft  nnb  fHeife,  ofjne  Unterbredjnna,  mirfte,  bi*  ber  Xob  üjn 
in  sD£arienmerber  1551  abrief.  Ueberbücfen  toit  bie  gange  SKe= 
formationcH]efd)icrjte  Cft=Guropa*,  non  ber  ©(be  oftröärrS  6i§  nad) 
^Higa,  fo  roirb  fidj  fein  §roeiter  finben,  ber  ärjntidjc*  geleivtet 
fjätte,  atz  er.  £ie  Stätten  feiner  SBirffamfeit  aber  finb  üon 
1524  bis  1529  &önia*bera,,  öon  1530  bi*  1551  SRarienroerber. 
©efjen  mir  biefem  feinem  Öebensmerfc  ntifjer  nad). 


Sptvatnä'  tfeüettdmerf  in  $reitftctt 

(1524  —  1551). 

Stt§  SperatuS  etroa  ©nbe  Suli  1524  (tote  toir  oben  ©.  20  er* 
fuhren)  in  Königsberg  eintraf,  fanb  er  bie  |jauptftabt  bes 
OrbenStanbeS  ^reufjen  bereits  in  ooüer  reformatorifdjer  ©äfjrung. 
«Seitbem  nämlicf)  Dom  27.  (September  1523  an  ber  erbaulid)  mirfenbe 
Sriefjmann  oon  ber  Stande!  beS  2)ome§  baS  (Soangelium  in 
neuen  jungen  öerfünbete,  unb  ber  populär  prebigenbe  51manbus 
bie  Waffen  be§  nieberen  $olfe§  in  bie  altftäbtifdje  ^farrfircrje 
jog,  tjatte  bie  Deformation  itjren  trjatfräftigen  Anfang  genommen, 
©ntfdjieben  mürbe  ifjr  (Sd)icffal  gunadjft  burct)  bie  Stellungnahme 
be§  23ifd)of3  ©eorg  oon  $otenfc,  ber,  burd)  Sriefemann  in  bie 
©ebanfen  SutfjerS  eingeführt,  im  Witt  oon  45  Sauren,  am 
2Betljnad)täfefte  1523  felbft  bie  tanket  feiner  ^atfjebrale  beftieg 
unb  in  einer  geift=  unb  glaubenSoolIen  s$rebigt  bie  frotje  83ot= 
fd)aft  oon  ber  ©nabe  ©ottes  ganj  im  (Sinne  be§  Söittenberger 
Reformators  üor  aller  SBett  oerfunbigte.  35a  ber  23ifd)of  s$otenl3, 
ber  gugteid)  für  ben  abmefenben  §od)ineifter  afö  „Regent"  fun= 
gierte,  bamalS  bie  rjödjfte  firdjttdje  unb  ftaatüdfje  Dbrigfeit  beS 
DrbenStanbeS  repräfentierte,  fo  tonnte  bie  öffentliche  Meinung 
über  bie  Xenbeng,  roetdje  fortan  im  Sanbe  f)errfd)en  follte,  nidjt 
^meife(l)aft  fein.  3m  Sanitär  1524  folgte  barauf  ein  auSge= 
fprodjeneS  $ReformationS=sJRanbat  beS  23ifdjofS,  roeldjeS  ben  SBoü^ug 
ber  Xaufe  in  ber  SJhttterfpradje  anorbnete  unb  ben  ©etftlidjen 
bie  Seftüre  oon  (Schriften  Sutljerä  anempfat)!.  21m  Dfterfefte 
unb  am  ^ßfingftfefte  biefeS  SarjreS  prebigte  Sßoleufc  mieber:   ju 


31 

Cftern,  um  nun  Smpfang  bes  ^Ibenbmahls  unter  bciberfci  ©eftatt 

aufjuf orbern,  gu  ^ftnqften ,   um  ben  Unterfd)ieb  t>on  ©efefc  unb 

(Soangelium  ju  betonen  unb  ben  Troft,  ber  im  (St»angelium  liege, 

ben  ©laubigen  narje  ju  bringen.    23on  Königsberg  au8  fudjte  er 

Jobann   bie   Deformation   in   biefem  rein  innerfirdjtiäjen  Sinne 

auf   bem  platten  üianbe  ju  nerbreiten;   ©täbte  mie  Sartenftein, 

Weibenburg  unb  anbere  erhielten  fdjon  bamalS  eüangetifd)e  ^rebiger 

^ngcfanbt.    Tie  DecfjtSorbnung  ber  Äircfje  nmrbe  babei  feiueSmegS 

öerle|t;  benn  bie  „alten  Pfarrer"  mürben  md)t  abgefegt,  fonbern 

nur   augeroiefen,   bie   neu   anfommenben  „s$rebiger",   für   bereu 

Unterhalt  geforgt  mürbe,  neben  ftcf)  511  bulben.    3n§mifd)en  rjatte 

^riefemann  begonnen,  bem  &leru§  be§  CrbenSlanbeS  bie  ©runb= 

(inien  ber  SSittenberger  Geologie  borjufiüjren.    3n  einer  latei= 

nifdjen   „33lumen(efe  00m  inneren  unb  äufcren  9)cenfd)cn,   00m 

©tauben  unb  ben  Werfen"   entmarf  er  halb  nad)  feiner  Slnfunft 

im   .'perbfte    1523    bie   ganje   eoangelifd)e  Ded)tfertiguug§=   unb 

Viebeslefjre,  fo  mie  Ssiutfjer  fic  in  feinem  Xraftate  r>ou  ber  „%m= 

tieit  eine«  (£f)riftenmenfd)en"  1520  gejeicfjnet  fyatte.    S)iefe  33tumen= 

leie   ^riemnann*,    üon    it)m    „Flosculi"    genannt,    bitbet    ba% 

tbeologifcfje  Programm  ber  prcufüfdjen  Deformation,    ^m  3at)re 

1524  f)ielt  er  fobann  ju  .SUmigsberg  im  Defeftorium  ber  2)om= 

berrn,   einem   Einbau   am  Tome,   tfyeologifdje  Sßorlefungen  über 

ben  Dömerbrief  unb  biente  bem   93ifd)ofe  tljeologifd)  als  beffen 

„red)te  £>anb",  mie  et  and)  üon  biefem  prtnotim  befolbet  mürbe. 

Tiefe  burd)  bie  ^ßrebiger  unb  ben  ©ifdjof  geleitete  Meformbemegung 

fanb   SperatuS  alfo  bereits  in  uollent  ©ange  vor;   als   er   in 

Königsberg  eintraf;  er  tarn  aber  gerabe  jut  rechten  ßeit,  um 

and)  [einerfeitS  \\\  helfen,  bah  bie  neue  ©eiftegbemegung  öor  ge= 

ialirlid)er  Serirrung   beumlirt   blieb.     Unter  ben  beiben  reforma= 

torifdjen  $rebigern   offenbarte   fid)   niintlid)  SmanbuS   je  länger 

je  niebr  nid)t  jomohl  als  Sßrebiger  beS  tS'oangeliums,  benn  uiel= 

mein"  oÖ  bemagogifdjet  Agitator,  ber  beim  Sßanlenbtoerben  bei 

bisherigen  Wechtsirbnimo,  1111  Crbenslanbe  überhaupt  feine  Curig= 

fett   mel)r   in   .Surrf)e   nnb    Staat    über   fid)  anerfennen,    fonbern 

fetbft  Auffeget  ober  „Sifdjof"    fpieleu  mollte.     Tnrch  anfrei.j.enbe 

^rebigten  hatte  er  am  Dfterfefte  L524  bereits  ben  ftönigäberget 

Sßöbel  \n  einem  Sturm   auf   bas  Ml  öfter  ber  ©arfüfjermöndje  in 


32 

bem  ©tabtteit  Söbenidjt  am  s$rege(  angeftadjelt ;  —  baS  fttofter 
nntrbe  gerftört;  bie  ÜDcöndje  mufjten  fliegen.  3e|t,  etwa  im 
5luguft  1524,  mafete  er  fid)  an,  ©traf gemalt  im  allgemeinen  gu 
üben  unb  bamit  nicr)t  btoS  in  bie  9ted)te  beS  23ifd)ofS,  fonbern 
aucfj  in  bie  be§  !Hate§  ber  ©tabt  einzugreifen.  2)a  mar  eS 
©peratuS,  ber  ilm  ernft  unb  bod)  mitb  oon  feinem  oerferjrten 
SSege  abzubringen  fucfjte.  £)aS  Sftedjt,  burdj  (Sirfommunifation 
(um  fie  rjanbelte  es  ficf))  ©djulbige  gu  beftrafen,  fomme,  fo  urteilte 
©peratuS,  ber  Sirene  unb  in  bereu  Tanten  bem  23ifd)ofe  gu; 
2(manbuS  fei  gu  prebigen  berufen,  ntcr)t  aber,  um  über  ^erfonen, 
nod)  bagu  in  ^ßrebigten,  ben  fHicfjter  gu  fpieten;  aud)  fei  Söifcfjof 
nur  ber,  melden  bie  Äircrje  bagu  befigniert  fjabe;  baS  fei  für 
fie  ber  23ifcfjof  oon  ©amtanb;  „fern  fei  eS,  bafe  mir  ifjm  feine 
(Sfjre  rauben."  „©taube  mir",  fdjtiefjt  ©peratuS  feinen  gured)t= 
meifenben  33rief  an  ^ImanbuS,  „2)u  mürbeft  überlegter  fjanbeln, 
menn  35u,  ftatt  35tr  Xitel  unb  ?lmt  eines  23ifd)ofS  anzumaßen, 
bie  Partei  beS  93tf(f)of§  s$o(en£  förbern  mollteft."  SImanbuS 
t)örte  aber  nidjt  auf  biefen  Sftat;  er  t)atte  eS  ficf»  alfo  felbft  511= 
auftreiben,  hak  er  notf)  im  .<perbfte  1524  bind)  'poten^  auS 
$ßreuf3en  aufgetrieben  mürbe.  2öir  brauchen  unS  t)ier  nidjt  meiter 
mit  ifmt  gu  befcfjäftigen,  fonbern  ermähnen  nur,  bafc  nad)  feinem 
Abgänge  auSplfSmeife  ©peratuS  in  ber  altftabtifdjen  Äirdje 
prebigte,  bis  im  ^erbfte  1525  ^olianber  bafelbft  als  Pfarrer 
eintrat. 67) 

£ie  Äorrefponbeng  mit  SlmanbuS  geigt  unS  in  ©peratuS 
einen  befonnenen,  allem  Tumult  abtjotben  SWann,  ber  gu  33riefc 
mann'S  linbem  ©eifte  oorgüg(id)  paftte.  Unter  21ufred)terf)altung 
ber  bisherigen  firdjlicfjen  Sßerfaffung  fudjten  beibe  baS  innere 
Seben  Königsbergs  eoangelifd)  umgugeftatten.  ßmar  oon  ben 
s^rebigten,  metdje  ©peratuS  in  ^reuften  oon  1524  bis  an  feinen 
Xob  1551  gehalten  l)at,  ift  nid)t  eine  einzige  auf  unS  gefommen; 
mof)l  aber  befi^eu  mir  oon  ilun  einige  gebrurfte  Straftate,  fobanu 
mehrere  für  ben  Xrucf  oorbereitete  Sftanuffripte,  enblid)  eine 
$ülle  prioater  .^paubfcrjriften,  barunter  jetjt  aud)  feine  gange 
briefliche  hinter (affenfdjaft,  Briefe  an  il)tt  abreffiert  unb  Kongepte 
feiner  Slntmorten  in  fo  reifer  2tngaf)l  unb  in  fo  guter  Orbnung, 
baft  mir  uns  oon  feinem  ÖebenSmerte  ein  oollftänbig  befriebigenbeS 


33 

SBtlb  entwerfen  fönneiu68)    2öaS  er  in  ^reufjen  gewirft,  jertegt 

fid)  für  bie  betrad)tcnbe  Storftettung  oon  felbft  in  groei  Kapitel: 
oon  1524  6iS  1  ">29  ftanb  er  51t  Königsberg  als  öofprebiger  im 
©ieitfte  be8  ^er^ogS  ^(tbrerfjt ;  oon  1530  bis  1551  roirfte  er  als 
Sßadjfotger  @rf)arbg  oon  Queifj  als  jtoeiter  eoangelifdjer  Sifdjof 
oon  5ßomefamen  511  SDtorienroerber.  $cit=  nnb  Sadjorbnung 
forbern,  bafs  mir  ünn  an  beibe  Stätten  feiner  SBirffamfeit  folgen. 


(sufteö  SapitcL 

Spttalm  als  JjofpreMger  in  ßönigsbera,  (1524—1530). 

Unter  bem  Xitel  eines  ©djlofc  ober  $oförebiger§  mar 
Speratus  1524  nad)  Königsberg  gelommen.  £a  es  aber  anf 
bem  Sd)loffe  tu  jenem  Soljre,  mo  ber  |)od)meifter  nod)  in 
Teutfdjlanb  meilte,  für  ©peratus  menig  ober  nidjts  51t  tbmn  gab, 
fo  fjatte  er  junädjft  geil,  in  freier  Sßeife  fd)riftfte((crifd)  tfjätig 
ju  fein.  Xa  nun  in  Königsberg  bereit»  Damals  eine  rect)t  rührige 
iöudjbrurferei,  bie  Offizin  oon  Soljann  SSeinreirf),  ben  sJteforma* 
toreu  ju  Xienft  ftanb,  fo  6enu|te  and)  Speratus  biefe  günfttge 
(Gelegenheit,  mittetft  bes  gebrückten  Söortes  bie  öffentliche  Meinung 
gu  beeinfluffen.  ^unärfjft  erfd)ien  jefct  feine  Sßiener  Sßrebigt  Dom 
12.  Januar  1522  unter  bem  Xitel  „Sßom  fjofjen  ©elübbe 
ber  -Taufe"  mit  einer  SBibmung  au  ben  .fmdnneifter  nom 
IG.  September  lö24  im  55rucE.  Speratus  beabfid)tigte  bannt 
für  Stbfdjaffung  beS  Sötibates  in  Sßreufien  Stinunuug  ju  machen, 
nnb  in  bem  Sanbe  bes  beutfd)eu  3tttterorben3,  mo  ber  ISölibat 
offiziell  nod)  berrfdjte,  tottb  biefe  ©eröffentlidjung  il)re  SBirfung 
nid)t  derfe^tt  t)aben.r''')  £öd)ftmat)rfd)eiulid)  ftammt  and)  aus 
feiner  gebet  eine  nod)  in  beinfelbeu  Kantate  (ben  30.  September 
L524)  erfd)ienene  anoiniuie  glugfdjrift  „tCBfage  nnb  3?ef)be 
jdjrift  bes  l)ö(liid)en  gffirften  Sucifers,  SWortino  Butler 
;ngeiaubt."  (Es  ift  Dies  eine  oier  Quartfeiten  lange  ( ebenfalls 
bei  SBeinreicfj  gebruette)  Söottfctyrift,  in  meldier  ßueifer,  Der 
§err  nnb  S5efi$er  ber  ewigen  Jinfternis,  bem  Dr.  SWartin  ßutfjet 
feinen  ßorn  nnb  feine  llugnabe  entbietet,   toeil  berjelbe  nnuinebr 


34 

fdjon  fieben  Zsafyxe  lang  ifnn,  bem  Teufel,  unb  feinem  Zapfte 
oiefe  (Seelen  entzogen  f)abe;  er  funbige  irmt  bafjer  f)iermit  „Un= 
f riebe,  geinbfdjaft,  gefybe  unb  2Ibfage"  an.  2)ie  5orm  De§ 
Flugblattes  war  oom  Stutor  ntdjt  erfunben ;  benn  e§  gab  faturifdje 
„Xeufetebriefe"  fdjon  im  14.  unb  15.  ^arjrfjunberte,  in  melden 
ber  (Satan  feine  ßufriebenrjeit  etma  mit  s$apft  unb  Äarbinälen 
auofprad);  aber  in  ber  <Streitfd)riften=2iteratur  ber  Sturm=  unb 
SDrangperiobe  ber  beutfdjen  Deformation  §trjifcr)eri  1517  unb  1525 
mirb  biefer  Spottbrief  fdjon  megen  feiner  l)iftorifd)en  SInfpiefungen, 
l.  23.  auf  ben  Äarbinal  Sang,  fortan  nicrjt  metjr  unbeachtet  bleiben 
bürfen.  Qu  §inftdjt  auf  ^ßreufjen  aber  läfjt  er  beutttdj  ernennen, 
xoaZ  man  fdjon  bamatS  (1524)  in  ber  £auptftabt  be§  örben§= 
lanbe§  ungeftraft  fpredjen  unb  fdjreiben  burfte.70) 

£>en  Sßinter  barauf  roirb  ©pcratuS  mit  ^rebigt  unb  Seet= 
forge  in  ber  altftäbtifdjen  ©emeinbe  ooll  befdjäfttgt  geroefen  fein. 
(Seine  Stellung  mar  bort  geroife  feine  leiste;  benn  51manbu§ 
tjatte  einen  §ät)  an  irjm  fjängenben  (Stamm  oon  „djrtfttidjen 
Sörübern"  in  ber  Slttftabt  fjinterf  äffen,  unb  au§  einem,  üon  einem 
guljörer  be§  <Speratu§  am  8.  gebruar  1525  an  tiefen  gerichteten 
Briefe  fürjtt  man  beuttid)  l)erau£,  mie  ijeftig  bie  burdj  3tmanbu§ 
l)eroorgerufene  SBetoegwtg  aud)  nad)  feiner  (Entfernung  nod)  nad)= 
gitterte.  35er  23rieffd)reiber,  9tutgeru3  lector,  ttjafyrfdjeinücf)  ein 
preufnfdjer  ©eiftticfjer,  ber  felbft  in  Sßittenberg  Sutfjer  gehört 
l)atte,  fritifierte  barin  fdjarf  eine  oon  (Speratus  am  6.  Februar 
über  Äirdjeujudjt  gehaltene  Sßrebigt  unb  oerrjefjlte  bei  biefer 
©etegenfjeit  feine  ßwteiguitg  für  2lmanbu§  nid)t.71)  @§  mar 
barum  aud)  für  bie  fird)iid)en  £Berf)äfttttffe  Königsbergs  unb 
^reufeen§  überhaupt  ein  günftiger  Umftanb,  baf?  nad)  9(bfd)lufj 
ber  Säcutarifationsuerrjanbtungen  enblidj  nad)  meb,r  als  oier= 
jätjriger  31bmefenl)cit  9Jtvarfgraf  5tlbred)t  oon  23ranbenburg,  ber 
frühere  £)od)meifrer,  am  9.  ÜJftai  1525  mmmetjr  als  ^er^og  unb 
£anbe3l)err  in  feine  .»pauptftabt  einbog,  um  als  (Srbfjerr  bem  Sanbe 
ben  nötigen  inneren  ^rieben  ju  geben  unb  als  eüangelifdjer  £anbe§= 
oater  feinen  Unterbauen  eine  eoangetifdje  ßanbeSfirdje  31t  fdjaffen.*) 

*)  Sei  bem  ©injuge  2übrecf)t§  bat  SperatuG  int  -Kamen  ber  ^num' 
unb  ^ungfraixett  ber  ^(Itftabt  .Königsberg,  bie  ben  Jper^og  erwarteten,  eine 
längere  Segrüfsungsrebe  ber  ifym  gehalten.  SJgl.  mein  Urfunbenbucb  I,  S.  1 10. 


35 

9üiec\  toa§  oorfyer  gefdjeljen  war,  war  nur  Vorbereitung 
bei*  Deformation;  ihre  Ginführung  auf  bie  Tauer  erfolgte  evft 
jefct,  unb  ein  £-muptweif-,eug  babei  würbe  —  ©peratus. 

®d)on  Bei  ber  erften  §auptattion   ber  Sanbe§firdje  werben 

wir   ifjn   afö   einen   wefenttidjen  ÜKHarBeiter   ju   beuten   rjaben. 

sJcad)bem  namlidj  auf  einem  am  6.  ©ejemoer  1525  ju  Königsberg 

uiiammengetreteuen  ßanbtage  eine  ftaatlidje  „Sanbec-orbnung" 

bett  äußeren  SBeftanb  unb  bie  ^ortbauer  ber  djriftticrjen  Äircfje 

innerrjatb  ber  iiianbeggrenjeu  fidjer  geftellt  fjatte,  legten  bie  beibcn 

Vifcrjöfe  potent-,  unb  Queifj  bcmfetben  Sanbtage  eine  „Kircrjen* 

orbnung"   cor,   bie   am   10.  Tcjember  be*  genannten  3faljre§ 

einftimmig  genehmigt  würbe.    Sie  regelte  ben  firdjticrjen  ©otteä* 

bienft  einheitlich  unb  fdjitf  für  bie  gange  2anbe*fird)e  eine  gemein* 

fame    cfjriftltcfje    2eben*fitte.      Unter    beut    Xitel     „Prüfet    ber 

(ieremonien  unb  anberer  &irdjenorbnung"   würbe  fic  im  s3#är§ 

1526  burd)   ben  Trucf  publiziert.72)    3n  ber  Vorrebe  berfelbeu 

fagen  bie  Vifdjöfe  felbft,   baß  fie  biefe  Crbnung   „mit  sDtat  ifjrer 

ÜDtttbrüber,    ber   Sßrebiget  311   ilönig*berg,"   31t   Staube  gebradjt 

haben.    2)0*0  unter  biefen  neben  Vriefsmann  unb  beut  üor  turpem 

in  SönigSoerg  eingetroffenen  s^olianber  nod)  (Speratus  311  roer= 

fterjen  ift,   fann  faum  einem  ßweifet  unterliegen;    war  er,  bei 

lleberfet.wr    0011    Sutfjer'S    „Formula  missae",    bod)    gerabe    in 

biefem  [yacfje  SKeifter.    W\t  bent  3nf)aite  ber  erften  preumfdjen 

©otteäbienft*  unb  ßitdjenorbnung  war  alfo  Speratu*,  baä  bütfen 

wir   ol)ne  weitere*   behaupten,  burdjauS   einuerftanbeu.    (£l)arat'= 

teriftifdj   ift  ihr  nun  ein  er>augetifd)=biblifd)er  unb  ein  nationaler 

gug.    Sie  »erlangt  unter  anbevem  einerfeit*  bie  jufanunenfjängenbe 

ßefurtg    ber    ^eiligen    Sdjrift    int    ©otteSbienfi,    bie    ,"yeier    beä 

Vlbenbmahl*  unter  beiberlei  ©eftaft  unb  bie  StnSÜDung  ber  .Siivcfiou 

3itd)t  burd)  bie  ©enteinbe  in  ©eraeinfdjaft  mit  beut  ©eiftftdjen, 

aubererfeitv  ben  (tfebraud)  ber  beutfdieu  rpratfie  im  ©otteäbienft. 

3ft    biefe    Crbnung    ibrem    oul)alte    nad)    jttJOt    von    SutljerS 

„Formula    missae"    abhängig,    fo   jeigt   fid)    bodi    in    ibr   ein 

felbftänbiger  "vortfcbritt  über  biefe  ibre  Vorlage  hinan-:-,  tote  j.  V. 

l'utber-:  „Formula"   bie  pfamntenfjängenbe  ßefung  ber  heiligen 

3d)rift  nod)  nidit  bat.     Ter  bogmatifdie  libaratter  ber  Crbnung 

ift  ber  lutberiidie,    obgleidi  e3  in  ibr  feineStoegS  auf  $erftettung 

"rid'.i  rferl ,   ■!'-.  SperatuS.  :; 


36 

einer  neuen  ®ird)entef)re  abgefefjen  mar73)    £er  Slnteif,  meldjen 
<Speratu§  an  ber  Slbfaffung  biefer  grunbtegenben  &ird)enorbnung 
gehabt  tjat,  täfist  fid)  im  einzelnen  nid)t  mef)r  feftftellen.    ^Dagegen 
finb  mir  genau  unterrichtet  über  bie  nädjfte  grofee  Arbeit,  roeldje 
er  im  2>ienfte  ber  preujjifdjen  Deformation  üoltzog.    SDurd)  bie 
SanbeSorbnung  üom  $af)re  1525  mar  jmar  ber  red)ttid)e  SBeftanb 
ber   preufjifd^en  Sanbegfirdje  urfunbtid)  gefidjert,  unb  burd)  bie 
barauf  folgenbe  Äirdjenorbnung  it)r  ©otteSbicnft  in   ber  Xfjeorie 
eoangelifd)  umgeftattet:    mie   füllten   aber   bie  bort  aufgehellten 
©runbfätje  in  bie  Sßirflicrjfeit  übergeführt  werben?    S)a§u  mar 
üor  allen  Singen  eine  neue  redjtgfräftige  Umgrenzung  (Gircum* 
ffription)  unb  finanzielle  Unterfjaltung  (Dotation)  ber  ^farrfttfteme 
im  ganzen  ßanbe  nötfjig ;  beim  of)ne  ba%  feft  georbnete  Pfarramt 
fjätte   bie  £anbe§!ircr)e  zerfallen  unb  in  (Selten  fid)  oerflüdjtigen 
muffen.    9xun  mar  ba%  of)net)in  bünn  beoölferte  Sanb  burd)  ben 
testen    polnifcr)en    ®rieg    (1520    unb    1521)    graufam    oerfjeert 
morben,  unb  mandjes  £orf  tag   gang  ober  §um  teil  müfte;   bie 
Saften,  toeldje  früt)er  oon  oieten  Ginwofjnern  getragen  mürben, 
ruhten   jetjt   auf   ben  (Sdjuttern   ber   menigen  llebergebtiebenen, 
bie  fie  bod)  nidjt  tragen  fonnten;   bie  (Sinfünfte  üieter  Pfarreien 
maren  in  $rage  geftellt.     2)ie  9?euorbnung   biefer  35ert)ältntffe 
mar  unoermeiblicfj  unb  mufjte  fcrjleunigft  oorgenommen  merben. 
hierbei  aber  !onnten  nur  ÜDMnner  tjelfen,  meldje  mit  firdjlidjem 
(Sinn  juriftifdje  33itbung  oereinigten.    2)afür  mar  nun  Speratu§ 
„ber  gegebene  SDcann."     ÜEßäljrenb  Sriefmwnn'S  (Stärfe  in  ber 
erbaulichen  ^rebigt  beftanb,  unb  s^otiauber  aud)  a(§  frudjtbarer 
^rebiger  nie  ben  ljumaniftifdjen   @d)u(meifter  oerleugnete,  mar 
(Speratnl   burd)    unb    burd)   tfirdjenmann.     ©ein    tf)eotogifcr)c§ 
Renten,  fein  bidjterifdje*  ©mpfinben,  baz  Sßort  feiner  Debe,  fein 
gaujeS  Xtjun  unb  treiben  ftanb  im  ©ieufte  ber  Äirdje ;  e§  tonnte 
barum  nidjt  fefjlen,   bafc  er  and)    für   itjre  red)tltcf)cn  gönnen 
(Sinn  t)atte  unb  biefetben  aufredjt  zu  erhalten  fudjte.    9113  baljer 
oon  «Seiten  be§  £)erzog§  unb  ber  beiben  33ifd)öfe  eine  Äommiffion 
Zur  ßöfung  ber  in  SRebe  ftefjenben  Stufgabe  ernannt  mürbe,  fiel 
it)re  2öat)t  auf  Spcratu3,   ber  famt  einem   mettttdjen  9iate  bei 
Herzogs,  9camen§  Slbrian  oon  äßatBltttgeit,  am  31.  ÜJcärz  1526 
al»  ftommiffar  Sßoltmadjt 74)  unb  Onftruftion 75)  empfing.    5lu§ 


37 

ber  3nftruftton  erfebjen  wir  ben  Umfrei§  ber  2luf  gaben,  weldje 
er  im  herein  mit  ^Saiblingen  (Öfen  faßte, 

Wad)  öffentlicher  SBertefung  ber  £anbe§orbnung  oom  6.  2)e* 
§ember  1525  follen  banad)  bie  Äommiffarc  in  ben  ^farrgemeinben 
ben  Unterhalt  ber  Pfarrer  feftfe|en  unb  „ber  Sirmut  sunt  SBeften" 
wie    „$ur   (Spaltung   ber   «ircrjen   Dcotburft"    einen    „gemeinen 
Äaften"  anorbnen,   in  melden  bie  bisherigen  milben  (Stiftungen, 
fobann  bie  f)in$ufommenben  freiwilligen  ©aben,  enbtid)  and)  ba* 
23aaroermögen  ber  Ätrdjen  gelegt  wirb.    2öo  Atrien  aiZ  ^farr= 
fircrjeu  eingeben,  faß  bocf)  für  ben  Unterhalt  bes  SßfarrerS  geforgt 
werben.     Deeben    biefen    unb    anbern    äußerlichen    SBerpttniffen 
orbnete  ber  fiebente  ^aragrapl)   ber  Snftruftion  ben  wicrjtigften 
"JJSunft  ber  2lmt*trjätigfeit  ber  ©eiftfidjen:   bie  Sßifitatoren  follen 
bie  Pfarrer  fleißig  prüfen,   „wie   fie  ba§  SSort  @otte§  prebigen 
unb  Ijanbeln";  faß!  fie  babei  unoerftänbige  finben,  follen  fie  e§ 
mit  freunblicfjer  d)riftlid)er  i8e(ef)rung  an  itmen  oerfudjen ;  finben 
fie  aber  Pfarrer,   bie  bem  toiberftreben,  fo  mögen  fie  auf  (Srfafc 
für  fokrje  bebadjt  fein,  bamit  bie  Untertanen  be*  §ergog§  nid)t 
oerfütjrt   werben,     £ienftag    nad)   Cftern   1526,    ben  3.  Stpril, 
begannen  bie  Äommiffare  i()ren    „Umpg  in  alle  Stemter",  wie 
ilir  Auftrag  lautete;  e*  mar  bie  erfte  unb  midjtigfte  &ird)en  = 
bifitation   im  §  erlogt  um  Preußen.    SBtetueit  fie  gefommen 
fein   mögen,   tröffen  mir  nidjt;  ba$  aber  üon  ber  fo  gewaltigen 
Arbeit  aud)  nad)  bem  3af)re   1526   nod)  oiel   ,m  tfjun   übrig 
blieb,  wer  möcfite  fid)   barüber  tounbern?76)     ^ebenfalls   muß 
fid)  aber  (SperatuS  auSgejeidjnet   bewährt   (jafcen;   beim   als  im 
3a£)re  1528  ber  füblid)  oom  Sßregel  gelegene  „ÜHatangijdjc  Äreiä", 
weld)er  6i8  bat)in  unter  ber  3uri3biftian  beä  erntlanbifdjen  $ifd)of3 
geftanben   l)atte,    jum   SiStum   Samlanb   gefd)lagen   würbe   unb 
be*()alb    neu    oifitiert    werben    mußte,    würbe    bem    tufitierenbeu 
SMfdjofe  Sßotenj}  al3  fjergogüdjer  ftomnriffat  (ber  iuuuiidien,   am 
25.  3ufi  1526,  jum  Herzoglichen  ))iai  ernannte)  Sßaul  SperatuS 
beigegeben.     Seiltet    geidiäftvfnnbigen   geber    oerbant'en   wir   ein 
forgfameS  tHfteurjeft  über  bieje  oifitation,  weld)e  am  9.  üßai  L528 
begann  unb  b,auptfad)ltd)  bie  Stäbte  grieblanb,  ©arten,  ©arten 
fteiu,  öranbenburg  unb  2ftüf)tf)aufen  umfaßte.    J)ie  Einteilung 
be*   SanbeS   üftatangen   in   Sßarodjien    wnrbe    baburd)    Donogen. 


38 

UeberatI  [teilten  bie  58tfitatoren  bas  Kirdjenoermögen  feft,  oer= 
jeidjneten  baz  Snöentar,  buchten  bte  ©dnttben,  weldje  an  bte 
Kirdjen  ju  entrichten  waren,  nnb  bezeichneten  bie  Äirdjen,  wo 
fortan  ber  Pfarrer  woljnen,  aud)  bie,  wo  ein  ©rjpriefter,  fpäter 
©uperintenbent  genannt,  feinen  ©i£  fjaben  fotite.77)  ©tetdtjgeittg 
tierteilte  (SoeratuS  unter  bie  Pfarrer  £utt)erö  Kirdjenpoftitle,  bantit 
fte  ÜDhtfter  nnb  SBegweifer  für  eöangetifdje  ^rebigt  tjötten. 78) 

Snjttrifdjen  tjatte  fidt)  at§  notwenbig  fjerausgeftellt,  ben 
©emeinben  in  *ßreuf$eri,  wenn  fie  eoaugetifd)  beten  unb  fingen 
lernen  füllten,  ein  ebangetifd)e3  Kircrjengefangbuct)  in  bie 
§anb  gu  geben,  ©elang  bie§,  fo  muffte  baS  innere  ßeben  ber 
preufeifdjen  £anbe§firdje  baburd)  ertjeblidt)  geförbert  werben.  5(ud) 
in  biefer  93e§ie^nng  tjaben  wir,  obgteicfj  bie  Quellen  bafür  nidjt 
ausbrüdtid)  3eu9lu§  ablegen,  mit  gutem  ©ewiffen  ©peratuS' 
SBerbicnfte  tjodt)  ju  fdjätjen.  @ct)on  1527  erfd)ien  in  gwei  9lb= 
fdjnitten  ba§>  erfte  eoangetifdje  Äirdjengefangbudt)  s$reufcen3,  eine 
in  Sutt)er§  ©eifte  gehaltene  (Sammlung  öon  biblifdt)=reßgiöfcn 
©efängen  jur  (Srbauttng  ber  ©emeinbe. 

ßwar  wiffen  wir  ntdjt,  wer  fein  SBerfaffer  ift;  wiffen  nidjt 
einmal,  ob  ein  ober  mehrere  SBcrfaffcr  baran  gearbeitet  f)aben; 
aber  ba  bie  fange§tüdt)tigen  Scanner  eoangelifcfjer  ©tauben§= 
ridjtung  bamatS  in  ^reufeen  unb  föe^ietl  in  Königsberg  gu  jäljten 
waren,  fo  bleibt,  etwa  neben  einem  Sßoftanber,  nur  ©peratuS 
übrig,  ben  wir  al§  t)aitptfäd)licr)en  Urheber  biefe§  SßerfeS  namhaft 
machen  tonnten.  2)a§  ©an^e  erfdjien  anontjm,  oon  Söeinreid)  in 
Königsberg  gebrudt,  in  jttei  fetbftänbigen  Abteilungen,  oon 
benen  aber  bie  gweite  auf  bie  erfte  auSbrücffidj  53e$ug  nimmt 
unb  fid)  als  Sßeiterfütjrung  ber  erften  bejeidtjnet;  jebe  ein  Oftat>= 
bänbdjen,  ba§>  eine  oon  18,  ba§  anbere  oon  22  Stottern;  bort 
fieben,  rjier  fed)^ef)n  Sieber;  in  beiben  finb  bie  9coten  (ba  e£  in 
Königsberg  nodt)  feinen  SKotenbnuf  gab)  eingetrieben.  (Sdjon 
ber  Xitel  tünbigt  djarafteriftifd)  ben  ßweef  ber  (Sammlung  an. 
@r  lautet:  „(Stlid)  ©efang,  baburd)  ©ott  in  ber  gebene« 
beiten  ÜHutter  (St)rifti. . .,  allen  ^eiligen  unb  Sngeln 
gelobt  wirb.  ?(Ue8  ans  ©rnub  göttlicher  (Sdjrift"; 
unb  bie  $ortfetmng  ift  übcrfdjriebcn :  „  (Sttidje  neue,  der* 
bentfdjte  unb  gemachte,  in  göttlidjer  ©djrift  gegrünbete 


39 

djriftlidje  §ämnu§  unb  ©efänge."  ©3  füllten  alfo  unter 
Anlehnung  an  bic  Sitel  ber  mittelalterlichen  ©efänge  bie  Seilte 
enangelifd)  fingen  lernen.  Ocidjt  SL^aria,  nttfjt  bie  ^eiligen  nnb 
(£ngel  füllten  fortan  angerufen  »erben,  fonbem  nur  ©Ott  felbft, 
ber  fid)  an  itnten  gnäbig  erroiefeu  fjabe,  nnb  jum  Söctocife  für 
biefe  Sdtffaffimg  waren  an  ben  9knb  $al)lreid)e  Öibelftellen  ge= 
brncft.  Sefjrreid)  ift  in  biefer  £>infid)t  j.  33.  ba§  Sieb  auf  alle 
^eiligen,  überfdjricben  „©efang  oon  ben  ^eiligen  hfS  gemein" ; 
tä  lehrt  gerabe^u  bie  SJerbienftfofigfeit  all'  itjres  23jun8.  „On 
aller  jpeifgen  Sdjaare,  —  -öerr  ©Ott,  £idj  lüben  mir",  beginnt 
ber  SHdjter  nnb  preifi  if)r  feligeS  Sehen,  iljre  ,,9tut)  nnb  Ütaft", 
%u  ber  fie  burd)  föreug  nnb  burd)  Xrübfal  gefommen.  2H§  fofdjer 
fittlidjer  Wufterbitber  gebeult  ber  dichter  tfjrer;  nicfjt  oiS  mären 
fie  auf  ©runb  oon  SBerbienften  in  eine  ^Jtittlerftellung  jnrifdjen 
un?  unb  ©Ott  gerürft;  „uunüUe  .Stnecfjte"  nenne  „bie  Sdjrift  alle 
sJJienid)en",  alfo  aud)  fie.  „(Streifte",  fo  fdjlient  baZ  Sieb,  „ber 
einig  SSege  —  ^ürfptedj  unD  SDKttler  bift.  —  &eiu  anber  Strafe' 
nod)  Stege  —  3n'§  emige  Sehen  ift.  —  ©an$  [oejbürftig  bitten 
mir  —  Um  Sieb,  bie  mirft  burd)  (Glauben,  —  Hub  fudjeu  folcfjy 
bei  3Mr,  —  2)er  35u  bift  aller  £)eil'gen  Stroft  unb  $ier."  — 

ßuui  ßmerf  ber  (eid)tereu  Siubürgerung  biefer  Sieber  fiub 
il)re  äftetra  Durchgängig  einfad)  gehalten,  am  einfadjften  bie  ber 
jttJeiten  Vlbteituug,  bereu  Sieber  junt  gröjjten  Seil  uad)  gegebenen 
il'ielobieu  gebietet  finb.79) 

SBären  mir  über  bie  (Sntftel)itug  biefeS  erften  preufjifdjen 
©efangbndjev  beffet  unterrichtet,  fo  mürben  mir  mobl  and)  über 
ben  über  bie  .Stontünniften  ber  eingefdjriebenen  Welobien  ein 
fidjereä  Urteil  fällen  tonnen.  SBir  merben  inbett  fd)merlid)  irren, 
»neun  mir  ben  l)anpt)ad)ltd)ften  SBerfaffer  ber  Sieber  and)  für  ben 
entfpredjenb  beteiligten  ftomponiften  ber  SKetobien  baiten.  Bpt 
ratuS  hat  tomponiert;  in  ber  preuftifdjen  ftirdjenorbnung 
üom  oahre  1">  1 1  mirb  aiivbrürflid)  eine  Oon  ihm  tamponierte 
2Relobie  beä  SaterunferS  für  ben  firdjiidjen  ©ebraud)  oot 
geidiriebeu.  Sä  ift  baffer  mahndiein(icl),  bau  er  and)  bei 
ber  .vterftellnng  ber  SDtoobien  beS  ©efangbudjeä  oon  L527 
beteiligt  mar;  mie  Weit,  man  freilid)  bahin  geftellt  bleiben. 
Sebauem    aber    muffen    mir    fpe&iett,    bar.    fetbft    jene    einzige 


40 

als  ecfjt  bezeugte  föompofition  oon  itym  nid)t  auf  uns  ge= 
fommen  ift80) 

2Bäf)renb  ©peratus  fo  eine  edjt  oolfstümlidje  erbauliche 
Arbeit  uim  23eften  ber  preufnfdjen  Sanbesfirdje,  tote  trir  annehmen 
bürfen,  in  ber  ©title  fdjaffen  Ijatf,  liefe  er  ben  großen  @eiftes= 
fampf  ^roifctjen  Dom  unb  SBittenberg  nicfjt  au»  ben  9(ugen. 
3rmt  roie  ßutfjer  mar  es  bamats  gemife,  bafs  ber  ^ßapft  als 
(Segner  bes  (Süangeliums  bie  s£erfonififation  bes  9lntidjrifts  fei. 
2ööre  bie§  eine  oon  ilmen  §um  erften  SOcale  aufgehellte  Söefjauptung 
gemefen,  fo  r)ätten  fie  muffen  in  ben  Singen  „fd)road)er"  3eit= 
genoffen  in  ben  SBerbadjt  rebellifdjen  SSefens  fommen.  Um  fo 
metjr  lag  itjnen  baran,  ben  53emeis  511  liefern,  bafe  fd)on  anbere 
oor  itjnen  ben  päpftlidjen  3tuf)l  ebenfo  beurteilt  Ratten.  Obgleich 
„ber  Setrug  ber  römifctjen  S3eftie"  nunmefjr  genugfam  offenbar 
fei,  fdjrieb  ©peratus  am  4.  Januar  1528,  fo  fdjabe  es  boct) 
nictjts,  baf?  man  —  „biemeit  mir  §u  unfern  ßeiten  bafür  gehalten 
merben,  als  mollten  mir  allein  flug  fein,"  —  audj  etlicl)er  Sllten 
ßeugnis  oon  biefer  @acb,e  fjeroor  ans  Sict)t  bringe,  „auf  baf} 
burd)  ttjre  üort)erget)enbe  Meinung  unfere,  bie  fjernact)  gefolgt  ift, 
bei  ben  ©ctjmad)en  gleicf)fam  beftätigt  merbe." 81)  2Bie  fdjon  biefer 
S3rief  anbeutet,  ging  ©peratus  etma  1527  mit  bem  ©ebanfen 
um,  eine  Sammlung  oon  $eugen  Gfirifti  miber  ben  9Intid)rift 
Mtfammen^uftellen ;  Sutfjer  roufete  barum  unb  ftanb  bem  Unter* 
nefjmeu  nietjt  nur  frjmpatrjifdj  gegenüber,  foubern  !onnte,  2)anf 
biefen  53emüf)uugen  bes  ©peratus  unb  auberer  ftonigsberger 
^•reunbe,  felbft  eine  ber  oon  il)nen  beforgten  mielifitifdjen  §anb= 
fdjriften,  C>Puroer/s)  Kommentar  §ut  Offenbarung  3ol)annis, 
1528  in  SBittenberg  in  ben  £rucf  bringen  unb  mit  einer  Sßorrebe 
oeröffeutlid)eu.  SBon  ber  Sammlung  bes  ©peratus  felbft  aber 
oerlautet  feitbem  nicfjts  met)r.82)  6s  fdjeint,  baft  bie  innere 
Gntmirfelung  ber  Deformation  felbft  ifmt  meit  näfjer  liegenbe 
Aufgaben  ftellte. 

SBir  befifcen  nämlid)  oom  8.  ^ebruar  1528  einen  93rief  oon 
itnn  an  Sriefjmann,  feinen  liebften  5reun0>  oer  feit  fur^em  als 
^Reformator  in  Sftiga  meilte.  3f)tn  offenbart  er  fein  innerftes 
^ürjten  im  föiublid  auf  bie  Deformation  im  allgemeinen  unb 
bie   preufnfd)en   33ert)ältniffe   im   befonberen.     S)aS   Sluffommen 


41 

ber  üielerlei  Seftierer  fdjmerjt  ifjn  tief.  „5E)ie  ©inen  fpiefen  mit 
ben  ?(nabaptiften  jufammen,  Slnbere  treten  auf  bie  (Seite  ber 
Sarramentierer;  mieber  Stttbere  ereifern  fid),  ftet£  Weites  auf  ben 
tylan  311  bringen,  baS  Reifet :  atfS  GfjriftuS  ein  Sßefen  mit  nie! 
köpfen  madjen."  Unb  im  ^jtnbticf  auf  feine  eigene  Sage  äußert 
er  ntdjtS  mettiger  afö  2Bof)tgefaüeu.  „Sßreujieit  mißfällt  mir, 
unb  id)  fjegc  feine  ^offnnng,  hak  eS  mir  je  beffer  gefallen  roirb ; 
unb  mein  ©emiffen  nürb  mir  faum  geftatten,  (weiter)  bei  -öofe 
31t  leben,  od)  foll  überall  §u  £mufe  fein!"  Sie  9tigaer  greunbe' 
ber  Sßrebiger  Sriefwmnn,  ber  ©mtbifuS  ßoljmütter  unb  anbere 
mußten  barum  unb  rjatten  in  SfaSjtdjt  genommen,  ifm  für  Sio= 
lanb  $u  geminnen.  $)a§  lehnte  aber  OperatuS  wegen  feinet 
fdjwäbifdjen  S)iatefte§  ab;  er  glaube  faum,  bafi  fid)  feine  3un3e 
je  ber  baltifdjen  §Rebe  anbequemen  mürbe.88)  ©r  füllte  e§  aud) 
nid)t  nötig  l)aben;  benn  am  2.  Wdx%  1529  fonnte  er  bem  fyreuube 
als  „unausweidjbaren  SBillcn  @otte8"  melben,  bafj  er  in  ^ßreufjen 
bleibe.  ,,3d)  werbe  gezwungen,  in  biefem  meinem  Slegrwten  ju 
öer^arren.  2£a§  füll  idj  anbers  tlmn,  afö  bafj  icf>  fhtg  mid)  mit 
mir  felbft  üerfütjne  unb  5(egt)pten  für  baS  SßarabieS  neunte,  tuet! 
e3  fo  ©ottes  SBitte  ift."84)  Stuf  welche  Wbmadmttgett  ©peratus 
liier  anfpielt,  miffen  mir  nidjt;  bie  Greigniffe  ber  allernäd)ften 
.ßeit  brachten  es  aber  ungefud)t  mit  fid),  bafj  bie  bauerube 
Stellung,  meldje  er  in  Preußen  befleiben  füllte,  ber  pomefauifd)e 
S8ifd)ofSftu§l  würbe.  (Srft  muffte  er  freiüd)  nod)  eine  Irübfalc^ 
fd)ute  burd)iuad)en,  bie  il)u  unb  feine  ©attiit  bis  an  ben  SRanb 
be3  ©rabes  brad)te. 

3m  3afjre  L529  mürbe  ba8  Sanb  bon  einer  furchtbaren 
(ipibemie  t)eimgefud)t,  meldje  tum  (Snglanb  und)  bem  Moutineut 
uevid)(eppt  mürben  mar  unb  beSfjafl)  „ber  euglijd)e  ©dnueiß" 
genannt  mürbe.  Sic  mar  in  (Sttglanb  im  3af)re  L485  ,mm 
erfteu  ÜRale  ausgebrochen,  feinte  L506,  1517  unb  jejjt  L529 
toiebet  unb  üerfdjmattb  baruad)  feit  SDcittc  bes  fed)^el)uteu  vutf)r= 
IjunbertS.  (Sine  parallele  ,ui  il)r  bietet  bie  moberne  afiatiidie 
(il)ülera,  nur  bafj  fid)  bei  bem  „englifd)eu  Sdjmeiüe"  in  ber 
Älrifis  nod)  ein  übetried)enber  Sdjmeifj  über  ben  Monier  ergon. 
Ta  bie  Mraufrjeit  fnrditbareu  fträftetietfuft  üerurfacfjte,  (0  erlagen 
bie  jd)iuad)en  Naturen   regelmäßig;   nur  ftorfe   überftanben   bie 


42 

ÄrifiS.  3U  bitfm  @tüdtid)en  a&ljften  and)  ©peratuS  unb  [eine 
©attin.  ©r  Ijatte  eben  nod)  am  (Snbe  be*  ÜJconatS  Süiguft  biefeS 
3at)reS  (1529)  im  (befolge  beS  ^jerjogä  Sübredjt  unb  feiner 
©emarjlin  2)orotrjea  auf  bem  (früher  bifdjöfßdjen,  bantafö  t}er§og= 
liefen)  ©d)toffe  $ifd)t)aufen  [eincS  StmtcS  als  |jofprebiger  ge= 
märtet,  al§  ifjn  bie  rjeimtüctifcfje  Ä'ranfljeit  im  September  erfaßte, 
unb  feine  ©attin  mafjrfd)ein(id)  §u  gleicher  ßeit  ergriffen  mürbe. 
©egen  ©nbe  beS  «Septembers  aber  befanb  fid)  ©peratuS  bereits 
§ur  (5r()olung  auf  bem  ßanbe,  „int  ©ubauer  Sßinfet",  b.  I).  in 
ber  9iäf)e  nou  Vrüfterort,  auf  ber  uorbmeftücfjen  ©pi|e  beS 
©amtanbeS,  mo  er  gugletd)  ftärfenbe  Seeluft  genoß;  am  18.  C!= 
tober  gebadjtc  er  famt  feiner  ©attiu  mieber  in  Königsberg  ein* 
gutreffen. b5) 

ÜE3ie  diele  Opfer  Ijatte  biefe  ftranf^eit  in  ^reufjen  hingerafft, 
unb  an  roie  üiet  Sttjüren  rjatte  ber  SBürgengel  raentgftenS  brotjenb 
geftopft !  Wit  bem  Seben  tarnen  baoon  ber  ^ergog  s2((bred)t  unb 
feine  ©emarjlin,  unb  bon  ben  midjtigereu  reformatorifcfjen  'per» 
föntidjfeiten  neben  ©peratuS  and)  Sßotianberj  hingerafft  bagegen 
mürben  ber  Rangier  ^riebrid)  ^ifdjer,  einft  §ntten§  ©tuben= 
genoffe  in  Bologna  unb  feitbem  beffen  Vertrauter  unb  mit 
©peratnä  gufammen  ÄanonifuS  51t  äBür^burg,  bis  berfelbe  Vifdjof, 
me(d)er  ©peratuS  oertrieb,  aud)  biefen  bemeibten  Älerifer  in  baS 
©efängntS  roarf  unb  tt)n  barauf  auS  bem  ßanbe  jagte,  ^ifdjer 
trat  1524  in  bie  2>ienfte  beS  |mdnneifterS  Sübredjt  unb  befteibete 
feit  152G  bie  t)ot)e  ©teile  eines  Kanzlers  am  £ofe  311  Königsberg, 
©ein  9tad)folger  mürbe  berfelbe  Stpel,  roeidjer  1523  neben  if)in 
ftanonifitS  in  SBürjburg  mar  unb  ebenfalls  wegen  fjeimlidKr 
Verheiratung  erft  mit  ©efängntS,  fobann  mit  Verbannung  beftraft 
mürbe,  barauf  aber  burd)  ihtttjerS  Vermittelung  in  SBtttenberg 
eine  ^rofeffur  ber  Stedjte  erhielt  unb  1525  als  beffen  Xraujeuge 
fungierte.  2)aS  roeitauS  midjtigfte  Opfer  ber  (Spibemie  aber  mürbe 
ber  erfte  eöangelifdje  Sötfdtjof  ^omefanienS,  Dr.  jur.  (Srrjarb  nou 
üueti  ©profj  eines  abeligen  ©efd)led)tcS  auS  ©torfom  in  ber 
heutigen  fBlaxt  Vraubenburg  rjattc  er  in  granffurt  an  ber  Ober 
unb  in  Votogna  bie  9fted)te  ftubiert,  mar  bann  als  Äanjler  in 
bie  Srtenfte  beS  -^erjogS  ^riebrtet)  öon  ßiegnifc  getreten  unb  tjatte 
feit   1523,   mo   er   00m  Stomfapitet  51t  ÜJtoricnroerbcr  für  baS 


43 

SBiStunt  $omefanien  „poituliert"  mürbe,  in  biefer  Stellung  um 
bie  ißerfon  beS  .\>od)meifter*  foir>of)(  als  aud)  um  baä  Sanb 
$reufsen  in  Sadieu  ber  Safutarifation  be*  Crbcnstanbes  fid) 
große  SBerbienfte  enoorben.    Ter  Deformation  trat  er  mit  biöttfdjer 

Einfalt  unb  juriftifdjem  ©djarffinn  entfcfjieben  bei ;  fein  9fafor= 
mationsprogramm,  bie  „Themata  beS  Sftiefenourgex  Söifdjofä", 
fiebern  itun  in  unferer  Üteformationsgeidiidjte  neben  einem  @eorg 
oon  s$o(ent3  eine  efyrenoolle  Stelle  auf  immer.  £a  er  53ifd)of 
mit  allen  ^rioilegien,  rote  fie  feinem  Staube  jufamen,  aud)  tro£ 
feines  SefeimthiStoedjfefö  geblieben  mar,  fo  erflärt  fid],  baß  er 
bei  feinem  fürftlidjeu  SRange  aud]  einer  [Jürftin  bie  jpanb  511m 
ehelichen  SBunbe  reichen  burfte:  er  oermäf)lte  fid)  imat)rfd)einlid) 
1528)  mit  Slpollonia,  ^er^ogin  oon  SJhtnfterberg,  ber  ©djtoefter 
jener  Urfula  oon  9Jixünftcrberg,  bie  bamals  gleichzeitig  aus  bem 
fäd)fifdien  Mlofter  J^reiberg  entflot)  unb  bei  £utf)cr  in  Wittenberg 
ßufludjt  fanb,  bis  it)re  Sdjroefter  fie  gegen  2öeit)nad)t  1528  \n 
fid)  nad)  SWaricnmerber  fommen  ließ.  Tic  junge  @Ije  aber  mürbe 
ein  furchtbares  Xrauerbrama :  Wpollonia  ftarb  im  <yrül)jat)r  1529 
im  erften  2Öod)enbett,  ber  23ifd)of  im  September  beefclben  Jahres 
am  „englifcrjen  Sdnoeiß";  er  ftarb  mie  ein  armer  Sünber,  ber 
bittenb  fid)  ber  Vergebung  ber  Süuben  trbfteu  barf,  ootl  be= 
mutigen  (St)riftenfinne§;  bas  oermaifte  Ätnb  beiber,  ein  2öd)terd)en, 
blieb  ber  ©nabe  bes  ^ergog*  §ur  (Srjieljung  überlaffeu.  £ie 
SReubefe$ung  bes  bifdiöflidjen  ©tuljleä  aber  30g  fid)  megen  ber 
gleichzeitigen  Srfranhtng  be8  ÖanbeSrjerrn  ielbft  ettoaä  in  bie 
ßänge;  am  7.  Sanitär  1530  aber  mirb  ymi  erften  ÜRale  Sßaul 
3peratuS  als  SBifdjof  oon  Sßomefanien  aufgeführt.86) 


;{iucttc$  MopitcL 

^uenttus  als  Uifriiof  nun  pontflniiirn  (1530—1551). 

2)aS  SiStum  ?ßomefanien,  mie  es  Queifj  oermaltet  hatte, 
umfaßte  oon  bem  früheren  tatliolifdien  0i8tum  nodj  ben  tteitauS 
größten  leil,  fomeit  baSfelbe  niimlid)  uod)  jum  ^ergogtum 
Preußen  geborte,  olfo  bif  Steintet  A'iarieinoerber  unb  Sftiefenburg 


44 

refp.  (Sdjönberg,  ba§u  aber  nun  bas  langgeftredte  ©ebiet,  vuetcr)e§ 
ben  ©übmeften  unb  ben  ganzen  ©üben  be£  ^er^ogtums  au§= 
madjte,  nämlid)  bie  SIemter  unb  Äirdjfpiele  Sßreufnfdjmarf, 
^ßreufnfd^öoüanb,  äftoljrungen,  Dfterobe,  $>eutfd)=(Stitau,  2iebe= 
müljl,  £)otjenftein,  üfteibenburg,  ©itgenburg,  ©otbau,  Drteteburg, 
Storbenburg,  Sofjannisburg,  ©trabauen,  5(ngerburg,  'jHfjein, 
Ütaftenburg,  ©elften,  £ö|en  unb  £t)d.87)  23ei  bem  bamaügen 
SDtangel  an  SBerfefyräftrafkn  mufcte  bie  ^ßaftorierung  biefer  aus= 
gebefjnten  SJiöjefe  ntct)t  geringe  ©cfjroierigfeiten  bereiten.  Qa^u 
tarn  bie  SSerfcfjtebenfjeit  ber  ©prad)en:  nur  ber  fleinere  %t\{ 
ifyrer  23emofm.er  jpract)  beutfdj;  SJcafuren  bagegen  mar  ein  poU 
nifd)er  Sanbftrict) ;  ©peratus  aber  üerftanb  fein  Söort  potnifcf). 

$ür  bie  Ueberleitung  ber  6i§  1525  römifd)=fatf)olifd)en 
SHögefe  in  eoangelifcfje  9Sert)ättntfje  mar  bei  Cueife'  Seb^eiten 
au§  letcfjt  erflärltdjen  ©rünben  menig  ober  nidjt§  gefd)ef)en: 
Oueift  mar  ^urift,  oon  bem  man  affo  bie  tfjeotogifdjc  llmbilbung 
feinet  0eru§  nidjt  ermarten  burfte;  §tüifcf)en  1524  unb  1526 
mar  er  oft  oom  ^oc^meifter  unb  ^er^oge  2(tbred)t  in  f)od)= 
potitifdjen  3lngelegent)eiten  befdjäftigt  gemefeu,  unb  erft  1527 
fyatte  oon  (Seiten  be§  23ifd)of§  bie  Abtretung  feiner  meltlidjen 
§errfcf)aft  ftattgefunben.  (Srft  oon  ba  an  erfcfjeinen  bie  95crr)ä(t= 
uiffe  be§  S8i§tum§  al§  relatio  gefiederte.  Mb  barauf  aber 
macfjte  ber  ptötjlidje  %ob  bem  SSirfen  be§  93ifdjof3  ein  (Snbe. 
3m  23i*tum  fctbft  mar  atfo  für  bie  (Soangctifation  faft  nod) 
aüe§  ju  tfjun. 

SDie  SBermogensoerljältniffe  ber  2)iö^efe  unb  fpe^iell  bie  be§ 
Sifdjofö  mareu  aud)  feine  gtäu^enben  gemefeu.  dueifs  fjatte 
^mar  §mei  „Remter",  Stftarienmerber  unb  ©djönberg,  inne  gefjabt, 
fyatte  beren  gmei  <3d)lüffer  bemofjut  unb  au§  beiben  (Gebieten 
(Sinfünfte  belogen.  Stber  ba  ba§  gau^e  23istum  burd)  ben  poI= 
nifdjen  ftrieg  arg  oermüftet  mar,  fo  gematteten  fid)  bie  (Sinnafymen 
be§  23ifd)of§  bod)  fo  ärmltd),  bafj  er  in  ©djulben  geriet;  al3 
er  ftarb,  mareu  fein  bifdjüftidjeio  ©emaub  unb  felbft  feine  sJftitra 
—  oerpfänbet.88) 

Sn  biefe  S8erf)ältniffe  trat  ©peratus  ein.  lieber  bie  $or= 
gäuge,  unter  meldjeu  er  bie  bifdjüflidje  Sßürbc  erhielt,  miffen 
mir  freilief)   nidjtS;   bod)  ift  anjunefunen,  baf?  it)n  ber  .fter^og 


45 

felbft  auf  bieje  ©teile  beförbcrtc.  *)  £iefe  2öaf)(  mirb  inbe» 
niemanb  überrafdjt  l)aben;  beim  menigftcns  unter  beujenigen 
^erfönlic^fetten,  meld)e  in  s}?renfeen  für  ben  pomejanijdjen  ©tufjt 
in  $rage  kommen  fonnten,  ftanb  Speratu§  olme  aßen  ^njcifcf 
obenan,  mie  man  benn  aud)  in  ^reufeen  fc^on  unmittelbar  nad) 
Duett'  2obe  feine  (Ernennung  junt  33ifd)ofe  at§  gemif?  erroartete.89) 
S3etrad)ten  mir  juerft  bie  äufsere  (Seite  ber  Stellung,  in  metdjer 
mir  ifjn  oon  ba  an  in  SBirfjamfeit  finben. 

2(t§  öfonomifcfje  ©runblagc  feiner  Gjiften-j  mürben  ilnn  für 
bie  £auer  feiner  2lmt*oermattung  bie  (Stnfünfte  be§  2lmte» 
SJcarienmerber  angemiefen,  mädrenb  oon  ben  beiben  Cueiß'fdjen 
Setjen  baz  anbere,  Sdjönberg,  an  ben  .fjer^og  jurüdfiel,  ber 
biefe§  1532  bem  fam(änbifd)en  Sifdjofe  ^oIen|  oerfdjrieb.  3ur 
Sßofjnung  erbjelt  SperatuS  in  Sftarienroerber  ba§  „bifdjbflicfje 
§aus",  m>etd)e3  Queifc  inne  gehabt,  bie  bagu  gehörigen  2öirt= 
fcfjaftsgebäube  unb  bas  notmenbige  ^noentar;  aufterbem  baZ 
Sßormerf  öarnfee.  3n  ©egenroart  oon  Notaren  unb  ßeugen 
mürbe  er,  mie  er  felbft  beridjtet,  in  ber  ©omfirdjc  511  9ftarien= 
merber  oor  ber  ganzen  ©emeinbe  in  ba$  5lmt  öff entlief)  „einge= 
meifet."90)  2)aS  Saturn  biefe§  23organge§  mirb  nirgenbs  beridjtet; 
ba  mir  Speratu*  aber  bereite  am  3.  ^ebruar  1530  im  „bifd)öf= 
lidien  -öaufe",  mas  bod)  nur  ba*  ju  9Jcarieumerber  fein  fann, 
begegnen;  ba  er  ferner  am  7.  Januar  1530  jum  erften  Wale 
als  ©ifdjof  oon  ^omefanien  ermähnt  mirb;  ba  enblid)  Sifdjof 
^olenl5  am  oorauget)enben  4.  Januar  oon  ber  SBefefcung  bes 
pomefanifd)en  2tul)le*  nod)  feine  Äunbe  rjatte:  fo  fann  e8  feinem 
3mcifel  unterliegen,  bah  Spcratitö'  Sfontöaittritt  im  Anfang  be8 
3atjre3  L530  ftattgefuubeu  t)at.'n)  3n  bem  Beben  beS  [eij8uttb= 
oier,ygjärjrigen  üJtaunes  mar  nun  mit  einem  Sdjlage  ein  totaler 
Umfdimuug  eingetreten.  @r,  ber  bistjer  mit  Vorliebe  bem  grofcen 
©eifteSfampfe  feiner  $eit  fein  tbatfräftige«  ^nteteffe  gefdjenft, 
ber  ber  Ideologie,  ber  s|>rebig,t  ober  ben  prinjipieUften  vertitlidien 


*)  99tfd>of  Cueif?  Ijatte  auf  bem  Totenbette  ben  fcerjog  bitten  Lanen, 
baf;  ev  feinen  bifrböf lidien  Jiact/folacr  ja  niebt  nad)  eigener  ®unft,  fonbem 
„na*  geraeinfamet  Sleftion,  (SintoiQigung  unb  SKithuffen  bet  ßfortet"  ein- 
fefee.  (£f  d?  ädert ,  Urfunbenbmb  II.  SRr.  685.)  S3h  erfahren  aber  botl 
einer  ©etoäBrung  biefer  23itte  imttv. 


46 

Stufgäben  ber  ßirdje  mit  oolter  ftraft  fid)  gennbmet,  mar  jefct 
nicEjt  btoS  auf  bie  eoangelifdje  s^aftorteruug  eines  großen  bifd)öf= 
tidjen  SprengetS,  fonberu  §ug(etdf)  um  feines  täglichen  VroteS 
miüen  auf  Sanbmirtfdjaft  im  großen  (Stile  angemiefen,  er,  ber 
trjeotogifdtje  Sdjmabe  im  tjatb  potnifdjen  2öeicf)fettt)ate !  $ur 
Vemirtfd)aftung  feines  ©ebieteS  fehlte  iljm  aber  iegtidjeS  Betriebs* 
fapital.  SßaS  SBunber,  ba£  er  in  fürgefter  $eit  in  bie  gröfete 
Verlegenheit  geriet!  Sd)on  1530  münfcf)te  er,  lieber  roieber  in 
Sglau  ^rebiger  als  in  üöcarienroerber  Vifcfjof  ju  fein;  1531 
nannte  er  fid)  in  trauriger  (Stimmung  beS  öfteren  nur  nodj 
einen  öerfteinerten  Vifd)of,  einen  „Episcopulus";  ja,  er  fjoffte 
feines  5tmteS  enttebigt  gu  merben.  SDer  f^og,  ^em  fejne  £age 
be!annt  gemacht  morben  mar,  oerfd)rieb  it)m  ^mar  im  Satrre  1532 
brei  ^Dörfer;  allein  biefelben  maren  „müft  unb  unbefeftt",  fobafj 
SperatuS  aus  ifjnen  feine  5tufbefferung  feiner  Sage  erhielt,  3m 
Stnfang  beS  SatrreS  1533  flieg  feine  9iot  fo  rjod),  bafs  er  nidjt 
bloS  ben  Vifdjof  ^olentj,  fonbern  fogar  einen  il)m  felbft  bog= 
matifd)  entgegen  ftefjenben  ©betmann,,  §errn  griebrid)  oon  |)eibecf, 
ber  bei  bem  §er^oge  in  fjofjem  Stnfefjen  ftanb,  um  gürfpradje 
bei  bem  dürften  bat.  „Srei  Jage  lebe  id)  nodj",  fdjrieb  er 
t)art  bebrängt  an  ^eibecf;  „maS  ift  an  mir  gelegen!  ©otteS  Sßilte 
gefd)ef)e!"  SSie  fiel)  ber  Stbreffat  banaef)  üerfyatten  t)at,  miffen 
mir  nidjt;  aber  Sßolenfc  eutfprad)  ber  Sitte  be§  Vebrängten  unb 
bat  unter  bem  23.  Januar  1533  ben  -Jper^og,  SperatuS  ju  treffen, 
bamit  berfelbe  nidjt  „bem  (Soangetio  ju  merftidjer  Verfeinerung" 
au§  bem  Sanbe  gieljen  muffe.  Sie  klagen  über  feine  ärmliche 
Sage  I)ören  inbeS  bei  SperatuS  nidjt  auf.  2tm  13.  September 
1539  fdjilberte  er  feinem  altbemätjrten  ÄönigSberger  fjreimbe 
Sodann  Sßotianber  feine  9^ot  mit  tiefem  Sdjmer^e.  „Sftidjt  länger 
mill  id)  in  fotdjer  ©efatjr  in  fo  t)of)er  Slrmut  Vifcfjof  fpieleu; 
ein  anberer  2öeg  mufe  gefunben  merben,  ober  id)  merbe  ganj  in 
bie  Verbannung  getjen,  alt  mie  id)  bin,  mit  meinem  Sßeibe  in 
if)reu  oorgerüdten  SebenSjaljren,  mit  ben  ftinbern,  benen  ein 
Erbteil  oom  Vater  l)er  fef)lt,  unb  bie  fdjou  bei  meinen  Sebgeiten 
äßaifen  finb.  2)aS  mirb  nun  mein  Sofut  fein,  . . .  für  melden 
id)  fooiel  Saljre  in  ^reufsen  gebieut  fjabe.  SiefeS  Vaterlaub, 
l)ätte   id)  eS  nie  gefeljen!"    Sie  Slntmort  ^olianberS  jeugt  oon 


47 

ber  rürjreubften  ^yreunbestreue,  bie  fie  einanber  beroiefen;  er  er= 
innert  tfjn  an  bie  -öulb  be§  Serags,  bie  er  früher  botf)  oft 
erfahren  rjabe,  nnb  ermahnt  it)n,  in  ^ßreufeen  au^utjalten.  liefern 
9ftat  folgte  ©peratu*  fdjficBticf)  bocr),  obgleich  er  noct)  im  $rüt)= 
jafir  1540  ba»  „-öinau^iefjen  nacr)  SDeutfdjlanb"  ganj  ernftticf) 
erwogen  batte.  1543  erging  eS  il)m  allerbings  in  ber  ,*pau§= 
fjüttung,  im  getbbau  unb  in  ber  Sßierjgucfjt  fo  fdjlimm,  bafe  er 
in  feiner  äufeerften  ®efboertegent)eit  felbft  ©eiber,  bie  er  in  biefem 
oa()re  in  feinem  21mte  jum  Kriege  gegen  ben  dürfen  tjatte 
fammetn  muffen,  ntcrjt  an  bie  „£anbfd)aft"  nad)  Königsberg  etn= 
fd)icfte,  fonbern  fie  fiel)  oon  biefer  ftunben  liefe.  S3e§al)len  fonnte 
er  fie  inbes  auet)  fpäter  nicfjt,  nnb  §er§og  mie  Sanbfdjaft  üer= 
ftanben  fief)  1550  ba^u,  if)nt,  beffen  Üauterfeit  be£  2Banbel3 
niemanb  in  $rage  50g,  ba§  gange  ©elb  —  596  ÜUcart5  nnb 
25  ©djitlinge  —  §u  fdfenfen.  sJcod)  oon  anberen  ©elbnöten 
erfahren  mir,  baB  er  1549  feine  ©üter  oerpfäuben  mufjte,  um 
300  Warf  barauf  geliehen  ju  ermatten.92) 

Siefes  söilb  feiner  öfonomifdjen  9cot  muffen  mir  rennen, 
um  itjm  um  fo  mefjr  uufere  33emuuberung  51t  gölten,  ba  er  bie 
moralifdje  Äraft  unb  ben  ibealen  ©inn  befafe,  trotj  feiner 
brürfenben  ^age  eine  marjrbaft  ftaunensroerte  eoangelifdj=bifd)öftid)e 
£t)ütigfeit  51t  entfalten.  Xiefelbe  erftreefte  fid)  auf  gmei  au*ge= 
bel)nte  ©ebiete,  auf  bas  bogntatifdje  unb  auf  ba$  paft  orale; 
beibe  ßtoetge  biefer  feiner  I()ätigfeit  gingen  oon  1530  bi§  1550 
neben  einanber  l)er;  aber  ber  bogntatifclje  trat  perft  in  ben 
s-8orbergrunb,  unb  für  bie  gange  Ökfd)id)te  ber  Damaligen  ÖotibeS 
firdje  mar  er  pnäcbjt  otme  ;{meifel  ber  bebeutcnbfte.  £enn  in 
ber  ^erfou  beä  SperatuS  beftieg  im  „^erjogtum"  Sßreufiett  junt 
erneu  Wale  ein  Xljeofoge  einen  8ifdjof3ftiu%  unb  biefeS  (SreigniS 
begeidjnei  bort  auf  bogmatifdjem  (SJe&iete  gcrabeju  einen  SBeube 
puntt.  Tenn  burd)  ©peratne-  befam  bie  ßanbeSfirdje  il)v  8e 
tenntmS,  unb  bie  prenfuidje  ©etftlidjfeit  ihr  ttyeologifdjeä  ©epräge 
©efjetl  ttril  biefem  QtDttQt  feiner  Ihätigfeit  Dütjet  and)  rjier 
gunädjft  naher  nad). 

83i8  jum  Osabre  1530  beiall  ber  beutfdje  SßtoteftantiSmuä 
mobl  reformatorifdje  ©abritten  unb  Sßrebigten,  aber  fein  öefemttntS; 
nnb  bud)  madite  fid)  ba3  SebürfttiS  nadi  einer  öffentlid)  geltenben 


48 

Orbnung  nidjt  bto§  für  bie  2}ert)ältniffe  be§  öffentlidjen  unb 
priüQten  £eben§,  fonbern  aud)  in  ©adjen  ber  Sefjre  geltenb. 
£ie§  unb  anbere  „fdjmermidjtige  ^mnbet",  bie  für  bie  Pfarrer 
fdjmierig  unb  gefät)rtid)  erfct)ienen,  machten  eine  allgemeine  S5er= 
ftänbigung  barüber  nötig.  3)a  nun  in  ber  Äirdjenüerfaffung  in 
^reufjen  fein  33rud)  eingetreten  mar,  fonbern  bie  23ifd)öfe  mit 
ifyren  oollen  9fad)ten  meiter  fungierten,  fo  liefe  fid)  tjier  burd) 
ifjre  Autorität  —  natürlict)  im  (£inüerftänbni§  mit  bem  Sanbe§= 
fjerrn  —  ein  2öeg  befcfjreiten,  auf  @runb  beffen  in  ©acljen  ber 
Äircfjenorbnung  bie  preufjifdje  Sanbegfirdje  fetbft  bie  bamatige 
d)urfäcf)fifd)e  überragt.  £er  ^erjog  unb  bie  SBifcfjöfe  einigten 
fiel)  nämlicf)  batjin,  bafe  in  ben  ÜDconaten  $ebruar  bi§  äftai  1530 
bie  Pfarrer  fief)  auf  oier  ©ijnoben  oerfammeln  füllten,  bamit 
bort  alle  „geiftlicf)en  ©ebredjen  gehört  unb  gebeffert,  aud) 
d)rifttid)e  ©unobalftatuten  (Statuta  synodalia)  publiziert"  mürben, 
©o  lautet  ein  SluSfdjreiben  be§  §erjog§  oom  11.  Januar  1530; 
©tjnoben  aber  follten  tagen:  für  bie  S)iö§efe  ©amtanb  eine  am 
2.  gebruar  gu  Königsberg,  für  bie  ®iö§efe  ^omefanien  eine  ber 
mafurifdjeu  ®eiftlid)feit  am  16.  gebruar  gu  Ü^aftenburg  unb 
eine  ber  pomefanifdjen  ©eiftlidjfeit  am  7.  dMx%  §u  üökrienmerber ; 
auf  biefe  brei  foltte  fobann  am  12.  ÜDtoi  eine  allgemeine  ©tjnobe 
ber  ganzen  £anbe§fird)e  folgen.  Dbgteid)  bi§  je£t  feine  Elften 
biefer  ©tinoben  aufgefunben  merben  fonnten,  fo  ift  bod)  fein 
ßroeifet,  bafj  fie  juftanbe  gefommen  unb  gehalten  morben  finb, 
unb  oon  ber  Vorlage,  bie  ifmen  gemadjt  morben  ift,  öefi|en  mir, 
mie  man  mit  polier  Sßaf)rfd)eintid)feit  annehmen  barf,  menigften§ 
ein  red)t  anfet)nlid)e§  S3rud)ftüd,  bie  „©oangetifdjen  @l)nobal= 
ftonftitutionen"  ber  $ifd)öfe  @peratu3  unb  s^oIen| 
(„Episcoporum  Prussiae  Pomezaniensis  atque  Sam- 
biensis  constitutiones  synodales  evangelicae"). 

£iefeä  33ud)  ift  ein  ßeitfaben  ber  eoangelifdjen  Xtjeologie, 
oerfafjt,  mie  unbebenfüd)  angenommen  merben  barf,  oon  ©peratu§ 
(bem  ber  tebiglid)  juriftifd)  gebilbete  $ßoten|  nur  jugeftimmt 
liaben  mirb),  511t  Uutermeifung  ber  meift  früher  fatl)olifd)en 
©eift(id)feit  isreufseu*,  in  einer  ßeit,  at§  bie  21ug*burgifd)e  &on= 
feffion  nod)  nidjt  ejiftierte.  ©omeit  ba§  oorl)anbene  l)anbfrf)rift 
lid)e  Srudjftüd  un§  ein  Urteil  geftattet,  boten  biefe  „Äonftttutionen" 


49 

fein  eigentlidjeS  Softem  ber  2$eotogie,  fonbern  bcfjanbetten  in 
tofe  an  einanber  gereiften  2tbfd)nitten  bie  f)auptfäd)tid)ften  Unter» 
)cf)eibungÄ(ef)ren  ber  bamatS  nnb  jeitbem  bis  Ijeute  mit  einanber 
ftreitenben  Heerlager;  ber  2on  ift  ber  letjrljafte,  oerroanbt  mit 
bem  ber  Apologie  ber  SCngäüurger  föonfeffion,  Don  ber  bie 
„ftonftitutionen"  natürlich  unabhängig  finb,  ba  fie  ja  ebenfalls 
nod)  nictjt  erjftierte.  „sHcit  ©rünbtidjfeit  unb  eüange(ifd)er  &tar= 
beit"  fyanbetn  bie  „ftonfthutionen"  com  SBorte  (SotteS,  nom 
©tauben,  Dom  ©efefce  unb  beffen  SBerljältniffe  §um  ©r-angetium 
fo,  bafj  biefe»  23ud)  bei  Den  (Seiftlidjen  fortan  ttjeologifcfje  Sefjrer* 
bienfte  oerridjten  fonnte.  Stuf  bie  SSorrebe,  bie  ber  ^erjog  fetbft 
am  6.  Januar  1530  §u  bem  (Sntnuirf  geschrieben  t>at,  brauchen 
mir  rjier  nidjt  einpgeljen,  roofjl  aber  auf  biejenige  ber  23ifd)öfe, 
roeldje  Dom  7.  Januar  1530  batiert  unb  orjne  groeifet  aud) 
roieber  Don  ©peratu»  oerfafet  ift.  ©ie  giebt  iraä  Sluffdjtufe  über 
ßroccf  unb  ©ntftetjung  biefeS  SßerfeS.  £ie  Söifdjöfe  betonen  bort 
ha*  Sebürfnis  einer  öefferung  ber  ftirdje,  §umat  in  ^reutfen, 
roo  oerfd)iebene  Sßölferftämme  bei  einanber  roofmen,  unb  roo  ber 
eine  Don  Unten,  bie  famlänbifdjen  Snbaner,  fogar  nod)  im  alt* 
Dätertidjen  ^eibentum  befangen  fei.  £er  SöitbungSftanb  ber 
©eiftlitfjen  ferner  fei  fein  fjorjer.  Qmax  gebe  e3  [im  SJfcoteftantfe» 
mu»  überhaupt]  borjüglidje  Sdjriften,  tateinifdje  unb  beutfcfje  in 
grofeer  3a^i  aDer  nictjt  alte  ^aftoren  öerftefjen  t)ier  beutfcr), 
unb  nieten,  bie  tatein  oerftebjen,  mangele  baZ  Urteit;  gute 
93üd)er  gebe  es  and)  nur  in  Königsberg  ju  faufen,  märjrenb 
mandjer  fed)5unb^uan(yg  beeilen  baöon  entfernt  mofme.  ÜJlit 
SRütffidjt  barauf  fei  in  bie  „ftonftituttoneu"  au£  ber  guten 
fiitteratur  beS  SßroteftanttentuS  (oon  1517  bis  1529)  „oieteS 
Sßort  für  SBort  aufgenommen"  morben.93) 

Sn  ber  ftanbfdjrift  ber  „Äonftitutionen"  folgt  atS  Anfang 
eine  (ateinifdje  Ueberarbeitung  bev  ttirdjenorbnung  dou  1525. 
Unter  Senufeitug  beä  ingttriföeu  (1529)  erfdjteueuen  8atedji8ntu3 
Stttljerä  erfdieineu  per  jene  „SCrtäel  ber  CSereinouien"  „einiger 
mafen  bereidjert  (nounibil  locupletati)."  Sin  foldie*  SSorgeljen 
miberfprad)  jener  Drbnung  nidjt,  [onbem  toat  oielmelir  in  ihr 
fetbft  (am  Sdjtuffe)  borgefefjen  morben ;  fo  ift  beim  einiges  au* 
ber  Drbnung  oon   L525   tueggetaffen,   anbereä   wie  \.  VJ\  über 


50 

^vebtgt,  Saufe  unb  @f>c  hinzugefügt.  SBtr  ermähnen  bies  nur, 
med  ber  SBcrfaffer  ber  „Äonftttuttonen"  maf)rfd)einticrj  aud)  ber 
fRebaftor  unb  Ueberfe|er  biefe*  5tnt)anges  ift.94) 

Wlan  t)at  bie  „S'onftitutionen"  mof)(  ba§>  erfte  ft)mbo(ifd)e 
23udj  ber  preufjtfdjen  Strdje  genannt  unb  fatnt  üjrem  Slnfjange 
aud)  al§  bie  2.  preufnfdje  Äirdjenorbnung  aufgeführt.  £)aft  fie 
aber  feinen  „ftjmbotifc^en"  Gf)arafter  fjaben,  fonbern  nur  als 
tfjeotogifdjer  Seitfaben  oon  ben  ©eiftltdjen  gebraust  merben  follte, 
leuchtet  nad)  unferer  2>arftellung  ein;  aud)  tjat  bie  balbige  2tn= 
nannte  ber  tlugSburgifdjen  ftonfeffion  in  Sßreufcen  bie  ^ubliration 
mie  biefer  „Äonftitutionen",  fo  jebe*  anberen  Selenntniffes  un* 
nötig  gemalt.  (Sbenforoenig  ift  bie  lateinifdje  Bearbeitung  ber 
„^rittet  ber  Zeremonien"  in  öffentlidjen  ©ebraud)  gefommen; 
benn  at§  im  3af)re  1544  mirflid)  eine  neue  ^irdjenorbnung  in 
^reuften  eingeführt  mürbe,  fennt  man  nur  eine  öorangeljenbe, 
nämtid)  bie  oon  1525.  Söeibe  arbeiten  beS  (SperatuS  mögen 
alfo  auf  ben  <St)noben  oon  1530  ben  ©egenftanb  ber  Sßertjanb* 
tungen  gebilbet  unb  auf  bie  tf)eologifd)e  unb  titurgifdje  ©rfenntniS 
ber  ©eiftlidjen  einen  förberlidjen  (Sinfluft  gehabt  f)aben;  aber 
offizielle  ©ettung  f)aben  fie  nidjt  erlangt.  SfädjtS  befto  meniger 
roerben  mir  bie  23ebeutung  ber  „ftonftitutioncn"  fjoct)  anfd)Iagen 
muffen;  benn  für  bie  oielen  nod)  im  Stmte  befinbtidjen  Pfarrer 
au§  ber  fatl)olifd)en  $eit  erörterte  nunmehr  ein  miffenfdjaftfidjeS 
tt)eotogifd)eS  Äompenbium,  nad)  roetdjem  fie  al§  Xfjeologen  „um= 
lernen"  tonnten.  2)iefe§  SSerf  tjat  @peratu§  ooHbradjt;  er  f)at 
im  Zscdjve  1530  ben  Iutl)erifd)=tb,eofogifd)en  ©tanbpunft  für  bie 
©eiftlidjen  SßteufjenS  als  ben  maftgebenbeu  oerfünbigt  unb  oon 
1530  an  in  feinem  bifd)üflid)cn  SBaltcn  bafür  geforgt,  bafs  bk 
it)m  unterteilte  ©eifttidjfeit  in  prinzipiellen  3ra!:len  oer  reltgtüfen 
©rlenntniS  unb  be§  fird)tid)eu  (SotteSbienfteS  biefen  ©tanbpunft 
feftljielt.  2)aS  geigt  am  beutlid)ften  ©peratuS'  Äampf  gegen 
bie  fdjmenffctbifd)  gefinnten  ©eiftlidjcn  in  ^reufjcn. 

©djmenffetb  erftrebte  eine  freigeiftige  d)riftlid)e  SReligiofität; 
nid)t  mefjr  an  ba§>  gejdjriebene  SBibeßmdj  foltte  bie  Gl)riftent)eit 
gebunbcn  fein,  fonbern  an  ba$  freie  SBirfen  beS  göttlidjen  ©eifteS 
in  ben  (griffen  felbft;  ba§  ^ud)  aber  fotlte  nad)  biefem  ©eifte 
ausgelegt   merben.     3n   biefem   oon   gefd)id)ttid)er   (Sntnricfelung 


51 

unb  gefdndjtfid&er  SBermittetung  ftdj  loslöfenben  Spiritualismus 
liegt  ber  $auptunteTfdjieb  ©djttienffelbS  oon  ßut^er.  Ter  ©djtiJenf* 
fetbianiSmuS  blieb  aber  nidjt  bfos  auf  ©djfefien,  ba*  Sanb  feiner 
(Sntftefjung,  befdjränft,  fonbern  faub  fri^gettig  ©ingang  in  bie 
lutljerifdje  SanbeSfirdje  Sßreuf$en§.  ©cfjroenffctb,  ber  üont  2ieg= 
ni|er  ©ofe  avS  SBejiefnmgen  jn  bem,  biefetn  üertoanbten,  &önig§= 
berger  ©ofe  unterhielt,  bemühte  fid),  barjin  felbft  Gtuflufj  auSju 
üben;  feit  1525  ftanb  er  mit  ©peratuS  unb  ntcfjt  tauge  barauf 
aud)  mit  bem  ©erlöge  Sllbredjt  in  öriefroedjfel.95)  fragen 
priu^ipiellfter  SRatur  mürben  in  biefen  Senbfdjreiben  oerrjanbelt. 
£a*  ausfürjrlidifte  ift  batiert  nom  13.  ÜJtoöentber  1526,  ein 
©utadjten  non  ©peratuS'  $anb  jugleitf)  im  kennen  feiner  beiben 
ßönigSberget  5reunoe  ötiefjmann  unb  Sßofianber  abgefaßt.  Sie 
roaren  gut  Sleufjerung  nom  ©erlöge  felbft  anfgeforbert  morben, 
nad)bem  fid)  ©djmenffelb  famt  bem  ifjm  gleid)gefinnten  ßiegni|er 
tßrebigex  Valentin  ftrautroalb  in  einer  ©djrift  an  il)n  gemanbt 
rjatte.  ©djon  bamatS  urteilte  ©peratuS,  baft  fid)  bie  ßiegnijjet 
im  Irrtum  befänben.  SBäljrenb  jene  Perlangten,  baf?  mau  bie 
SSeTtoaltung  bes  9lbenbmat)lsfaframeuts  auffdjiebe,  bis  fid)  bie 
d)riftlid)e  ©enteinbe  in  il)rem  ©eifte  fonftituiert  (jätte,  fal) 
©petatuS  barin  gerabe  ein  aufgeben  befien,  rooburdj  ba§  Sßor= 
fjanbenfein  ber  djrifttidjen  ©emeinbe  (fomeit  müglid))  erfannt 
merben  fönne.  (£r  nal)in  alfo  ftfjon  bantafö  ettoa  benfelben 
(Stanbpnnft  ein,  ben  fpäter  ilWelandjtbon  in  ber  Apologie  gut 
(Srflärnng  be3  fiebenten  Strtifefö  ber  StugSburgifdjen  Stonfeffion 
Pertrat,  inbem  er  bie  gefdjidjttidj  gegebenen  üDttttel  be3  StufbaueS 
unb  ber  (Srijaltung  ber  Mirdie,  SBort  ©otteS  famt  Saufe  unb 
Vtbenbmalil,  für  „©rfennungSäeidjen"  ber  mähren  .stircfic  hielt.'"1) 
8(uä  bem  Stafmteu  ber  tfjeoretifdjeu  SKebitation  trat  biefe  Singe* 
legenbeit  aber,  als  ein  hoch  angefetjeneä  ÜKitgtteb  ber  preufjifdjen 
Striftofratie,  Aiiebrid)  öon  .vvibed,  .v>err  auf  3of)anni3burg  unb 
ßö|en,  gelegentlid)  eines  etUJQ  einjährigen  s„Hiifenthaltes  am  £ofe 
$u  8iegni$  (1529  unb  1530)  öon  ben  bort  fungierenben  ©eifl 
lidien  SBalentin  ftrautoalb,  [Jabian  6(fel  unb  anberen,  für  ben 
Scbmenffelbianismns  gemonnen  mnrbe  unb  benfelben  oon  ba  an 
auf  feine  ©efifcungen  nadi  SJlafuren  öerpftangte.  Xa  Reibet! 
anneroeni  als  potitifdje  SBertrauenSperfon   beS  $er§og$  Vllbredu 

? 'Mindert,  X-.  Speratu«.  \ 


52 

nod)  aus  ber  CrbenSgeit,  mo  er  fid)  um  ben  £)od)meifter  bie 
größten  SBerbienfte  ermorben,  am  ÄönigSberger  §ofe  in  aller 
(Stille,  oime  ein  £>ofamt  gu  bef leiben,  einen  grofjen  unb  unfon= 
trottierbaren  ©inftufj  ausübte,  fo  fdjmebte  5llbred)t  fetbft  in  ©efafyr, 
am  ßutfjertum  irre  §u  raerben  unb  in  baS  Sager  ber  @d)menf= 
felbianer  überzugeben.  SDafj  baS  Sutfjertum  in  ^reu^en  ben 
Äampf  mit  bem  ©djmenffetbianiSmuS  aufnahm  unb  zu  einem  fo 
glänjenben  ©iege  füljrte,  bafj  felbft  ber  Herzog  5Itbred)t  feit 
1535,  ofjne  je  mieber  zu  fdjmanfen,  feft  zu  Cutter  fjiett,  unb 
nunmefyr  aud)  bie  gange  preufnfdje  SanbeSfirdje  it)re  meitere 
(Sntmidetung  in  bemfelben  ©eifte  erlebte :  baS  alles  ift  fjauptfädjtid) 
auf  ©peratuS'  S3emüf)ung  in  ben  Qafjren  1531  bis  1535  §urücf= 
Zuführen.97) 

5)er  9tntafs,  ben  geiftigen  ®ampf  mit  bem  ©d)menffetbianiS= 
muS  in  s^reufeen  aufzunehmen,  mürbe  ©peratuS  in  feiner  amt= 
lidjen  ©igenfdjaft  als  Söifcr)of  ber  ^Dtögefe  ^omefanien  aufgenötigt, 
ju  melier  bie  23efitmngen  DeibedS  gehörten.  5(uf  ben  tum  Reibet! 
§u  SotjanniSburg  angeftellten  Pfarrer  ^Seter  genfer  unb  auf  ben 
gleichzeitig  öfttid)  baoon  in  Stic!  fungierenben  Pfarrer  9Jlelcr)ior 
ftranid)  richtete  ber  33ifd)of  batjer  zunädjft  feine  Slufmerffamfeit 
unb  forberte  öon  if)nen  am  13.  SLRai  1531  ein  23efenntniS  über 
bie  befannten  fpiritualiftifdjen  |jauptpunfte,  über  baS  gefdjriebene 
28ort  ©otteS,  über  baS  9(benbmat)t,  bie  (Srbfünbe  unb  bie  Saufe. 
§atte  ©peratuS  bamit  amttid)  in  bie  fdjmenffelbifdje  53emegung 
eingegriffen,  fo  mar  er  eS  nunmehr  feinem  Slmte  unb  feiner 
Ueber^eugung  fdjutbig,  bie  ©actje  §ur  ©ntfdjeibung  gu  bringen, 
Zumal  nod)  eine  Sfteifye  anberer  mafurifrfjer  Pfarrer,  mie  ©eorg 
Sanbmeffer  zu  Sialla,  SJtortin,  Pfarrer  zu  ^affentjeim,  ©ebaftian 
©djubart  ebenbafelb'ft,  fpäter  aud)  $afob  ®notf)e,  Pfarrer  §u 
Sfaibenburg  ber  fpiritualiftifdjen  Dppofition  beitraten.98)  ©ein 
nädjfter  ©djritt  mar  bie  Berufung  einer  ©imobe  ber  mafurifd)en 
©eiftlidjfeit  auf  ben  8.  unb  9.  Suni  1531  nad)  ^aftenburg, 
mo  ber  bifd)öflid)e  „5lrd)ibiafonuS"  (bamalS  nod)  ÜJftidjaet  teurer 
aus  £>einid)en)  feinen  ©i£  fjatte.  £>ier  follte  genfer  fein  S3e= 
fenntnis  einreid)en.  ®aS  tfjat  biefer  mirftid),  §mar  „mürbig  unb 
gemäßigt",  aber,  mie  511  ermarten  mar,  im  fpiritualiftifdjen  ©inne; 
bie  tutljerifdje  Stbenbmal)lSlel)re  mürbe  üon  'ifym  runbmeg  oermorfen. 


58 

Unter  bem  3*orfir3  Dort  SderotuS  unb  unter  Äffifteng  Don  SKeürct 
befdjlofe  babjer  bie  Stmobe  bie  Suspenfion  3enrer§  dou  feinem 
2Imte  auf  jrrjet  ÜDJonate.  Statt  nun  aber  in  biefer  3^t  fitf)  mit 
feinem  23ifd)ofe  ju  oerftänbigen,  roaubte  fidj  genfer  an  bas  grofse 
^ublifum,  inbem  er  am  12.  Suli  ein  beutftfje»  fiibetl  für  „alle 
IHebbaber  ber  Sßkrjrrjeit"  oerüffenttidjte,  offenbar  um  gegen  Spe= 
rata*  unb  bie  Intficrtfcfje  2anbe*fird)e  SßreujjenS  Stimmung  gu 
machen. ")  £em  Sifdjofe,  melier  fid)  tro&  feiner  Dielen  praftifcrjen 
arbeiten  litterarifd)  auf  bem  Saufenben  erhalten  rjatte,  blieb  nid)t 
Derborgen,  roobjer  ber  roenig  gcbilbete,  ju  Disputationen  unfähige 
S&iberfadjer  feine  ©ebanfen  gefdjöpft  rjatte;  erregt  roie§  er  iljm 
at§  Cuelle  bie  Sdjrift  eines  2(ug$burger  !ffitebertaufer§,  9tomen* 
SOZicfjaef  fteller,  nadj,  über  roeldje  er  felbft  und)  als  ^ofprebiger 
fdjon  im  ^aljre  1529  bem  -Jper^oge  ein  ©utadjten  Ijabe  eritatten 
muffen.  (5r  rjatte  bamabl  im  Sinne  Sutrjers  in  einer  umfang= 
reicfjen  ."panbfcrjrift  ben  Sßorttaut  ber  ©infetjungsroorte  be§  9(benb= 
maljls  gegen  fpiritualiftifcfje  Umbeutung  berfelben  derteibigt  10°) 
Sn  bemfetben  Sinne  üollenbete  er  |e|t  (1531,  ben  16.  Sfoguft) 
eine  bogmatifcfje  ©egenfdjrift  „öegen  3en^er"  m  fieBen  Slttifetn, 
um  ben  eigentlichen  Sinn  ber  CS'infet.uuigvioorte  aufredjt  ju  erhalten; 
ben  ©egner  tabelte  er  barin  rjeftig  loegen  beffen  „derffadjtet 
fleifdjlidjer  Vernunft",  bie  an  ber  fatfjerifdjen  Vlbenbmablsldjre 
Slnftofj  neljme,  dertangte  don  ilnn  6ebingung8tofen  ©tauben  an 
bie  2öorte  Sljrifri  unb  riet  iljm,  bei  Reiten  nm.yifeliren ;  too  nidit, 
fo  fönne  er  irjn  nidjt  länger  im  Pfarramt  bulben,  bamit  er  nidjt 
nrie  ein  SBolf  bie  armen  Sdjäflein  morbe.  SBcibc  "Jlbbanblnngeu 
Don  Speratiis  bilbeu  in  ber  fünfzig  Sogen feiten  langen 
£anbfd)rift  ein  ©anjeS,  bem  ber  Jitel  doranftety  „35on 
bem  Saframent.  Sine  Stntroort  auf  3Rid)ael  Meiler* 
SBüdjiciu  don  lauter  ©rot  unb  SBein.  SSibet  ^ßeter 
genfer,  ber  basielbe  SBüdjtein  [ein  SBefenntniS  nennt. 
Turdj  s}>aulnm  Speratnin,  öifdjof  ju  $omefanien  in 
^rennen."  Tic  (Sigenfdjaften  ber  Manbidnirt,  9^einfcr)rift  ww 
Mopiftenljanb,  bajttrifdjen  [orgfam  angebrachte  Morreftnren  don 
SperatuS' £>anb,  [äffen  dermuten,  bar,  ifjr  Söerf  affer  biefeS  (Srempfat 
für  ben  Trnrf  ()at  tjerftellen  [äffen;  jum  Irud  aber  ifi  es  nid)t 
gefonunen.  umbridjctnlidi,   örie  Idir  ;icinlidi  fidier  dermuten,   loeil 

r 


54 


ber  f)ergog  Sübredjt  felbft  bie  Srutflegung  fomofjt  oon  biefem 
a\§>  audj  oon  einem  gleich  311  ertoäfjnenbett,  nod)  meit  widrigeren 
SBerfe  be3  nädjften  ^afjres  felbft  öerffinbert  bjaben  mag.101) 
©toeratuS  fjotte  es  gwar  nidjt  baran  festen  taffen,  ben  dürften 
auf  bie  fdjtoere  ©cfafjr  aufmerffam  51t  machen,  bie  ber  öreufjifdjen 
SanbeSftrctje  burd)  ben  ©üirituaft§mu§  erwacfjfen  muffe;  felbft 
bie  üon  Seiten  SartS  V.  bem  dürften  unb  feinem  Sanbe  bamafö 
broljenbc  öotitifdje  ©efatjr  ad)tete  er  für  geringer.  ©egenüber 
bem  ftaifer,  ber  mit  bem  Sßlane  umging,  ben  -Sergog  in  bie 
$eid)Sad)t  p.  erftären,  „wirb  ©ott  un§",  fdjrieb  ©peratus  an 
biefen  unter  bem  30.  üttooember  1531,  „nidjt  oertaffen,  fo  mir 
auf  it)n  trauen;  ba§>  weift  id).  3d)  fürdjte  mid)  öiel  mct)r  öor 
ben  ©djwärmern.  95ef)üte  unl  ©ott  öor  biefen,  baß  fie  nidjt 
in  Raufen  fjerein  wollten.  Sanger  als  fünf  ober  fedtjs  gafyre 
t)aben  fie  uns  mit  öiel  ©enbbriefen  unb  anberen  ©djriften  ange= 
gaöft  unb  üerfudjt,  ob  fie  uu§  erobern  mödjten.  $d)  beforge, 
(Sure  $ürftlid)e  (Knaben  räumen  itjuen  gu  oiet  ein. 
Prineipiis  obsta,  föridjt  ber  $oet.  £)em  mödjte  man  nachfolgen, 
wollte  man  nid)t  äu(e|t  bie  fReue  baöou  bringen.  SDHr  liegt 
gtoar  nidjts  baran,  ob  bas  Sanb  ooll  ©djtoärnter  wirb ;  id)  fjoffe, 
©ott  foll  mid)  bennoctj  erhalten;  id)  will  il)uen  üDiannä  genug 
fein.  (5*3  ift  um  unferc  ©d)äflein  31t  tbjun." 102)  ©0  ©peratus, 
ben  biefe  gange  (Bad)?,  wie  er  an  ?lpet  in  Königsberg  unb  an 
£>ef$  in  Breslau  fd)rieb,  auf  §  t)öd)fte  erregte  unb  quälte. l03)  2)ies 
ift  um  fo  begreiflicher,  weil  hinter  ßeufer  beffen  Sßatron  fyrtebrief) 
oon  §eibecf  ftanb,  unb  weil  biefer  wieber  einen  fetjr  großen 
(Sinfhtfe  auf  ben  ^erjog  felbft  ausübte.  3n  ben  Greifen  ber 
$reunbe  ßutfjerS  fycgte  man  ernftlidje  58eforgni§,  baft  ^eibed  ben 
§er$og  „mit  feinem  tötftdjen  ©ift  infiziere." I04)  £af$  i()m  bics 
aber  bis  ju  einem  gewiffen  ©rabe  gelungen  ift,  fann  nad)  einem 
füäteren  33erid)te  be§  ©öeratuä  felbft  nidjt  jüpetfelljaft  fein:  2)er 
."pergog  ift  in  ©adjen  ber  Wbeubmabtstetjre  in  ber  ßeit,  um  welche 
es  fid)  in  unferer  SDarftelhtng  banbelt,  „überaus  fein*  unb  t)eftig 
angefod)ten  worben,  bat  oiet  ber  fdjtoärmerifdjen  Söücfjer  mit 
Jyleif}  gelefen,  and)  ju  Reiten  ber  ©djtoärnter  Sßrebigten  felber 
gebort",  unb  felbft  nod)  jur  ßeit  ber  ^Ibfaffung  biefeS  öriefeS 
(1542  ober  fpäter)  l)telt  e§  SöeratuS  für  möglid),  baf?  in  Sttbredjf 


55 

„itodj  etwas  von  berSlrt  übergeblieben  fei."105)  £em  Ginfluffe 
|jeibecf§  mar  eS  nun  juäufdJTeiben,  bah  ber  £er$og  bic  SCbrjaftung 
eines  SretigionSgefprädjeS  auorbnete,  toeldjeS  int  Sßfarrrjaufe 
ju  SRaftenburg  am  29.  unb  30.  Te^ember  1531  ftattftttben 
füllte.  Äeine  öffentliche  Tisputation,  fonbern  eine  cfjriftticrje 
Unterrebung  rjor  gelabenen  Teilnehmern  füllte  el  fein;  fo  taut  fie 
and)  wirf(id)  jnftanbe. 

Ter  ^erjog  felbft  war,  wie  er  eS  fidj  üorgeitbnrmen  ()atte, 
in  Sßerfon  erfd)ienen;  in  feiner  ^Begleitung  befanben  fid)  fein 
ftau.Uer  Dr.  jur.  Sodann  STpel  unb  fein  8eÜJargt  Dr.  med.  ßau= 
reutiuS  s-&ilb;  bic  ßanbeifirdje  mar  öertreten  burd)  bie  beibett 
Söifdjöfe  Volenti  unb  SperatuS  unb  burd)  bie  brei  fjeröorragenbften 
Pfarrer  be§  gangen  SanbeS,  bie  Sßrebiger  ber  „®rei  ©täbte 
ÄönigSberg",  Dr.  theoL  SotjanneS  SBriefjmann,  ber,  aus  SRiga 
jurütfgeferjrt,  jet3t  als  Pfarrer  am  2)ome  (im  ,,®netpr)ofeM)  tmrfte, 
Sodann  Sßolianber,  Pfarrer  ber  Stltftabt,  unb  9Jeicr)ael  2Keurer, 
ber  in  bemfelbeu  oarjre  öor  htrjem  auS  Sftaftenburg  in  bie  Sßfarr* 
ftelle  ju  3t.  Barbara  „auf  bem  Serge"  im  ©tabtteil  „Söbenidjt1' 
bafelbft  erngerütft  war.  S)ie  (utrjerifdje  Sftidjtung  war  alfo  glänjenb 
üertreten;  wirb  bie  Sd)wenffelbfd)e  iljr  bie  ©pi|e  bieten  fönnen? 
3$r  Aiilirer  .\>eiberf,  ber  ()ier  uid)t  fe()lte,  mar  bnd)  nur  ein 
tfyeologifcrj  intereffierter  Saie,  unb  fein  Pfarrer  ^nkv,  weldjer 
ebenfalls  teil  nal)m,  fem  bei  feiner  UnBebeutenbfjeit  faunt  in 
SBetradjt.  £a  batte  fid)  beim  Meiberf  einen  ber  bebeutenberen 
o>eiftlid)eu,  Tanten*  Jyabian  (Srfel,  aus  8iegni|  uerfcl)  rieben; 
mäbreub  er  felbft  unb  ftzntn  auf  bem  SReligtonSgefprädj  nur 
affiftierten,  übernahm  biefer  allein*)  bie  SBerteibigung  tt)red  2|tanb 
punfteS.  sJJad)bem  ber  ^erjog  am  29.  SJegember  1531  bie  SBer 
fammtung  im  üerföf)nlid}ften  Sinne  eingeleitet  batte,  übergab  er 
bie  ßeitung  ber  &err)anbtungen  beut  SDfonne,  toeldjer  öon  allen 
Stnroefenbeu  ba^u  ber  geeignetfte  mar,  bem  8ifcf|ofe  SperatuS. 
Ta  e8  fid)  nun  liier  um  prinzipielle  fragen  tfjeologifdjer  SRatur 
bjauoelte,  ber  Sifdjof  alfo  A>erru  tum  XSeibecf  fid)  uid)t  ;um 
SBiberpart  wählen  tonnte,  wälirenb  tynttx  für  ihn  überhaupt 
nidu  als  ebenbürtiger  ©egner  auf  ben  ftampfpfafc  treten  bunte, 

i  ,Homo  aon  In&caodus"  nennt  ihn  Slpel.    Kein  tt.43.  II.  Str. 881. 


56 

fo  nafjm  er  ftdf)  ben  ^rebiger  ©rfet  gum  Opponenten  itttb  begann 
bie  SBefprcc^ung   mit  ber  5lufftellung  ber  beiben  Xfyemata,   um 
mefcfje  fiel)  ber  (Streit  tjauptfädjtid)  breite:  ba§  äufeerlidtje  geprebigte 
SBort   (55otte§   unb   ba§   9lbenbmab,t.     2)a  man  fid)   im  testen 
©tücfe  nodj  am  meiften  fern  ftefje,  fo  begann  Speratu§  bie  Unter= 
Gattung   gerabe  mit  biefem  fünfte.    9118  ben  ©tanbpunft,  öon 
wetdjem  man  betjufs  (Gewinnung  ber  Sefjre  t>om  Slbenbmatjl  au§= 
gugefjen  fyabt,  bezeichnete  er  (ntrfjt  ba§  fedjfte  Kapitel  be§  @oan= 
gelium§  Soljannis,  wie  e§  ben  ©d)Wenffelbianern  beliebte,  fonbern) 
ben  Xejt  ber  ©infefcungsworte  be§fefben.    £>er  ©eutlidjfeit  wegen 
mürben  biefe  guerft  au3  ben  brei  erften  ©oangelien  unb  au§  bem 
crften  ®orintf)erbriefe  be§  SlpoftelS  $aulu§  gur  Sßertefung  gebraut, 
unb  gwar  la£  fie  ber  Seibarst  Dr.  SBitb  grtedf)ifc£),  Sifdtjof  *ßolen| 
tateinifd)  unb  Söifdjof  <Speratu§  beutfd).    &ie  gange  2)i3putation 
be§  Vormittage?  beftanb  barauf  barin,  baft  ©(fei  feine  Sd)Wenf= 
felbfdje,   ©peratuS   bie   lutfjerifdje  Deutung   ber  ©infetmng  be§ 
Zeitigen  gftatjtes  au§emanberfe|te.     8n   äljnlidjer  SBeife   »erlief 
and)  bie  Unterhaltung  be§  Nachmittags,  an  meinem  auf  SBunfd) 
be§  SBorfifcenben  Sodann  Sßolianber  gang   in  beffen  Sinne  ba§ 
wörtliche  SBerftänbniS  ber  @infetmng§worte  gegen  ben  Opponenten 
(Scfel  öerteibigte.    &er  gweite  £ag,   ber  30.  ©egember,   gehörte 
bem  gmeiten  £l)ema,    ob  nämlidt)  ba*  äufjerlidje  SBBort,   mie  e§ 
uou  ben  ©eifttidjen  ber  föirdje  öerfünbet  merbe,  SBort  ©otte§  fei. 
(Scfel  beftritt  bie§  runbmeg:  ©Ott  fjabe  mit  bem  9#enfd)en  allein 
innerlich  gu  tl)un;   ba£   äufjere  SBort  be§  SJkebigerS  fei  nichts 
meiter  als  ein  23itbnis  be§  inneren,  ba§  oont  ©eifte  ©ottes  in 
ben  bergen  ber  9tteufdjen  felbft  geprebigt  merbe;  mit  bem  ftrct)- 
lidjen  ^rebigtamte  fei  biefe§  SBerf  ©otteS  überhaupt  nid)t  üer* 
bunben;   ba§  ermähnte  2tmt  fei  nur  um  ber  ©djmadjen  willen 
ba.    ©peratuS  öerteibigte  im  ©egenfa$  bagu  ba§>  geoffenbarte  unb 
baburd)  audj  baS  geprebigte  SBort  als  ©otte§  SBort.    2lm  9todj* 
mittage    ftanb    bem    Sd)Wentfelbiaucr    (Scfel    wieber    ^olianber 
gegenüber,  toeldjer  bem  SBiberfadjer  beffen  Uebereinftimmung  mit 
il)oma§  Jünger   unb   allen  SBiebertäufern   oorfjielt   unb   gang 
Wie  Sutfjer  gegenüber  ben  ßmttfauer  ©djwarmgeiftern  1522  gu 
SBtttenberg  au  bem  ©runbfa^e  feftl)ielt,  hak  ©Ott  „btö  innerttdje 
SBort  nur  burd)  ba§  aufjerltd)e  geben  unb  ausrichten  will."    ÜJcit 


57 

einem  (SdjhiBroorte  foroorjl  oon  (Seiten  bes  SBijdjofs  (Speratus 
als  aud)  bes  -Iperäog*  5übrecf)t  nnirbe  bie  SSerfammlung  enttaffen. 
Sa  ein  greifbares  Üiefultat  nidjt  fjerausgefommen  mar,  nmnjdjte 
ber  ^ergog,  bafe  beibe  Seile  ihre  in  föaftenburg  gehaltenen  Dieben 
auftreiben  unb  über  bie  (Streitfragen  fcf>riftticf)  weiter  oerfjanbeln 
füllten.    53eibe*  ift  gefdjefjen. 

$u  jenem  fafjen  fidj  bie  Shttljerancr  im  ysafyxz  1532  gerabeut 
genötigt,  als  bie  Sdjroenffelbianer,  beren  2Sortfüt)rer  nad)  s,Hpels 
Urteil  „nidjt  mit  Üuirjm"  gefämpft  fjatte,  fid)  ben  (Sieg  auftrieben. 
Sa  ftetlte  (Speratus  trot3  fdjmerer  ßranfljeit  bie  ^rotofolle  über 
bas  DWigionsgefpräd)  für  ben  Srud  gufammen,  ein  umfaffenbes 
9Jcanuffript,  bas  ben  Site!  fürjrt  „©an^er  föanbet  ber  Unter* 
rebung  oom  2lbenbmat)t  bes  .^errn  Seibs  unb  Glitte 
unb  äußerlichem  geprebigten  SBort  ©ottes,  jtmfdjen  ben 
53ifdjöfen  unb  oornefunften  s^rebigern  unb  §errn  gabiauo  ©dein 
Don  Siegnifc,  auf  9lnt)atten  bes  burd)taud)tigen  :c.  .\>errn  9llbrect)t, 
SDcarfgraf  §u  Q3ranbenburg,  in  s$reuf?en  ^erjog  2c.,  an  einem, 
aud)  bes  eblen  griebricfjS  Gerrit  ju  öeibed  unb  Soljannisburg 
bem  anbern  Seil  ju  SRaftenburg  gehalten."  Sen  ^erjog  aber 
baten  jugleid)  mit  Speratus  Sifdjof  *ßofen|  unb  bie  brei  Pfarrer 
33riefhnaun,  *ßoltanber  unb  teurer  um  bie  förtaubnis,  in  feinem 
Tanten  biefeS  Sßerf  oeröffeutlidjen  ju  bürfen,  ba  bas  ffteIigioTi§= 
gefprad)  bocfj  auf  feine  Anregung  juftanbe  gefommeu  unb  in 
feiner  Mnroefenfjeit  gehalten  morben  fei.106)  Sine  Slnttuort  auf 
biefes  Schreiben  ift  aber  nidjt  erfolgt,  unb  bie  Veröffentlichung 
unterblieb,  olnie  ßtoeifel,  med  ber  §er£og  felbft  fie  nid)t  uuinfdite. 
Srofcbem  errjiett  biefe  gange  Angelegenheit,  um  ber  biev  in  ,~yrage 
fommenben  Sßrinjipien  nriHen,  eine  [o  grofje  SBidjtigfeit,  bau 
felbft  üttartin  Cutter  oon  Wittenberg  ans  nnb,  im  ©egenfafc 
ba^u,  and)  bie  ^üridier  (^eiülid)feit  auf  ben  A>ersog  Sttbredjt, 
jebe  Sßartei  in  il)rem  Sinne,  einynoirfen  ind)ten."'7>  Qu  ben 
ßidjtfeiten  jener  ^erbanblnngcu  gebort  es  inbes,  bau  bie  Reimer 
bes  Waftenburgcr  (VJefprüd)es  loirflidi  weiter  mit  einanbtr  briefttdj 
"Hnstanfd)  pflegten.  Vlm  l.  Dftober  L532  iibcrianbtc  Socratns 
bem  ^ßrebiger  (Stfel  als  „SiebeÄanbenfen  (amoris  amemosynon)" 
ein  oon  Ümi  felbft  öerfajitefl  @ebicr)i  unb  bezeugte  ü)in,  bau  er 
ilnn  feine  Siebe  and)  beute  nod)  nidit  entzogen  habe. lM)    (Stfel 


58 

aber  banfte  irjm  bafür  öererjurngSooll  unter  bem  3.  SUJärj  1533 
mit  ber  Sitte,  ber  Bifdjof  möge  nirfjt  untertaffen,  auf  bem  be= 
treteuen  2öege  ber  DJftlbe  fort^ufdfjrciten. l09)  ©etbft  smifdjen 
©peratuS  uub  ©djmenffetb  faub  in  fpäterer  $eit  nod)  ein  S3rief= 
med)fel  ftatt.  ©djmenffetb  mar  begreiflidjertoeife  ben  SBerfjanb* 
hingen  öon  1531  mit  Sntereffe  gefolgt  uub  tjatte  Darüber  fetbft 
ein  umfangreiches  ©enbfdjreiben  an  feine  ftfjtefifcfjen  @efinnungS= 
genoffen,  „bie  @utt)er^igen  in  ©cfjtefien",  gerietet,  morin  er  be= 
fonberS  bie  öon  s}Mianber  ju  Daftenburg  über  baS  2(benbmaf)t 
gehaltene  SRebe  gu  roiberlegen  ficf»  oemüI)te.110)  Unter  bem  4.  9Kat 
1537  antmortete  er  fobann  bem  Bifdjofe  ©peratuS  auf  einen 
üertoren  gegangenen  SBrief  beSfetben,  morin  biefer  feine  ftreng 
tutfjertfdje  Stbenbmafjtölefjre  öorgetragen  f)atte.  SDer  £on  beS 
ausführlichen  ©enbfdjreibenS  ©cfjmenffetbS  ift  ein  burcfjauS  frieb- 
fertiger  uub  madjt  einen  morjltfjuenben  ©inbrucf ;  einen  praftifcrjen 
Srfolg  aber  erhielte  eS  nid)t.m) 

©peratuS  fjatte  nämlid)  in^mifcfjen  nidjt  aufgehört,  burd) 
ÜBifitationen  unb  briefliche  Belehrungen  gegen  bie  ©djmärmer  ju 
mirfen;  1533,  öom  Dtoöemoer  bis  in  ben  äStnter  fjinein,  finben 
mir  ilm  auf  SSifitationen  in  ÜJcorbentmrg,  grieblanb,  Barten, 
Sartenftein,  51t  ^ßaariS,  £sud)a,  ©eel)ften  unb  an  anberen  Orten 
feines  ©prengelS;  ba  oerfafst  er  (gu  SßaariS)  forgfam  für  ben 
einen,  ©eorgSanbmeffer,  früheren  Pfarrer  in  Bialla,  ein  auS  = 
fürjrtid)eS  bogmatifdjeS  ©enbfdjreiben,  einen  anbern,  33ern= 
Ijarb,  früheren  Pfarrer  §u  SobjanniSburg,  matjnt  er  öon  Sudja 
aus  brieflid),  öon  feinen  Irrtümern  im  ©tauben  ab^ufterjen. m) 
216er  tuetetje  ÜRüfjen  tjaben  ifjm  biefe  Seute  bereitet!  2ßet)mütig 
f tagte  er  am  6.  $annar  1534  über  ben  frudjtlofen  Streit  mit 
ben  ftarrföpfigen  ©aframentierern.113)  $m  Sommer  biefeS  SafjreS 
mar  es  mieber  ein  öon  2iegni£  nad)  SotjairmSourg  gekommener 
^rebiger,  ©ebaftian  ©djubert,  mit  meinem  ©peratuS  fid)  brieflid) 
abmühte;114)  am  meiften  9lot  aber  madjte  irjm  ber  9^eibenburger 
Pfarrer  Satob  Änottje.  tiefer,  ber  einft  als  junger  Sßriefter  §u 
^an^ig  ein  33ürgermäbd)en  §u  etjrlidjcr  (Sl)e  genommen  unb  ba= 
burd)  2(ufferjen  erregt  l)atte,  mar  barum  im  3fcir)re  1526,  als  ber 
öolnifdje  Ätfnig  mit  bem  Stetiger  Wufruljr  aud)  bie  firdjticfje 
Deformation   blutig  erftiefte,  in  ben  fterfer  gemorfen  uub  nur 


59 

burd)  51lbred)tS  SBermittefang  befreit  morben;  bauad)  fjatte  er 
5lnfteliung  im  £ersogtum  Sßreufcen  gefunben,  in  Solbau  (1528) 
unb  in  aRorjrungen  (1531);  gittert  begegnen  mir  ir)m  in  9ceiben= 
bürg  afö  bortigem  Pfarrer.  8n  biefer  ©teflung  glaubte  er  im 
Csatjre  1533  bei  ©peratuS  als  Strieder  angegeben  gu  fein,  unb 
bie  Unterfucfjung,  metd)e  ber  Sifdjof  im  %afyce  1534  fetbft  mit 
Änottje  aufteilte,  bradjte  beffen  antihttfjerifcfjcn  ©piritualiSmuS 
offen  an  ben  £ag:  ein  23efenntniS,  baS  er  auf  (Srf  orbern  beS 
SifdjofS  mit  eigener  .s>anb,  fedjSgetjn  QuarfcSMätter  taug,  boraafö 
niebergefdjrieben  unb  auf  einer  Stmobe  gu  Dfterobe  eingereiht 
rjatte,  mar  nämticr)  ju  bem  fRefuttate  gefommen,  bafj  bie  ,<poftie 
uictjt  ber  SeiB  gtjrifti  fei.115)  ©peratu§  fjat  fid)  bort  bie  2Kür)e 
gegeben,  Änottje  münbtid)  in  einer  Siebe,  bie  bis  in  bie  9cad)t 
tjinein,  ungefähr  in  bie  britte  ober  m'erte  ©tunbe,  mährte,  ju 
mibertegen.  &nott)e  tjabe  fid)  bem  Söifdjofe  gegenüber,  berichtet 
biefer  felbft,  fo  geftellt,  al§  motte  er  fid)  gern  toeifen  (äffen  mie 
ein  ftinb.  £af)inter  t)er  aber  i^abe  er  fid)  gerühmt:  er  f)abe  bem 
öifcrjofe  ein  aß$u  fd)arf  Satein  aufgegeben ;  benn  auf  fein  fd)rift= 
ticfjes  SBefenntniS  fjabe  berfetbe  mit  ©djanben  ftilifdjmeigen  muffen. 
Um  feines  eigenen  2tnfe()enS  mitten  unb  mit  SRüdfittjt  auf  bie 
oon  ftnotrje  paftorierte  sJieibenburger  ©emetnbe  hielt  es  ©peratuS 
für  nötig,  Änottje'S  „undjriftlitfjeS  SefenutniS"  in  einer  umfaffenben 
miffenfd)aft(id)en  „Wutroort"  §u  miberlegen,  ben  gefä()rtid)eu 
Pfarrer  auf  einer  alSbatb  ooqunet)iuenben  ^irdjenoifitatiou  in 
Weibenburg  felbft  aufpfudjeu  unb  beffen  2}erl)ättuiS  jur  Reiben« 
burger  ©emeinbe  ju  orbnen.  2)ie  Arbeit  fcl)eint  für  3oeratuS 
felbft  eine  l)ol)e  SBicrjtigfeit  gehabt  ju  Ijaben:  fie  ift  in  nicfjt 
meniger  als  brei  £anbfdjriften  au2  feinem  Wadjlaf?  öortjanben, 
unb  eine  berfetben,  ein  ftarter  dtartbanb,  „umljl  baS  Sjemplar 
oon  (eltfer  .\>aub",  ift  offenbar  mieber  für  ben  Tnid  beftiniint; 
"Xitel  unb  SBorruort  bat  ber  Stator  mit  eigener  |janb  gefdjrieben; 
baz  ISremplar  fetbft  ift  SReiiijdjrift  oon  Sdjreiberrjanb;  mir  am 
©djluffc  finbet  fid)  mieber  eine  eigenl)änbige  sJuubrid)t  beS  ©er 
fafferS,  bie  .ytgleid)  eine  ©efdjidjte  beS  SBerfeS  felbft  bilbet.  Sr 
habe  eS,  fd)reibt  ©peratuS  bort,  „angefangen  ,;n  vnuiie  auf 
SRarienroerber,  geförbert  auf  ber  SReife  in  ber  ©ifitation,  DoHenbet 
ju  $einridj8borf  am  ©onnabenb,  26.  September;    bernad)   ben 


60 

mehreren  Xeil  bem  tnotfje  oorgetefen  unb  hierauf  brei  Xage  mit 

ifjm  gerjanbett ;  tei3ttid)  §u  Sfteibenburg,  (Sonntag,  4.  öftober,  bem 

efjrfamen  SRat  bafelbft   überreicht  1534."     ($ef)en  mir  juerft  auf 

ba§  SBerf  felbft  ein.    (£§  f)at  ben  Xitel    „Antwort  unb  ge= 

m altige   Verlegung    auf    ba§>   undjriftlicf)   23etenntni§   3afob 

®'notf)e§  oon  Sandig,  Pfarrers  gu  9ceibenburg,  burd)  ben  djrift* 

ficfjen  Sifdjof  ^u  ^omefanien,  §errn  ^ßaulum  ©peratum, 

bafj  ber  mafjre  unb  recfjte  ßeib  unb  ba§>  roafjre  unb  rectjte 

S31ut  Sefu  ßljrifti  unter  23rot  unb  Sßein  feien  im  2Ibenb= 

maf)I  feibticf)  oorfjanben ;  item,  bafj  bie  Sßäter,  fo  Änotfje 

rjeran^ierjt,  befonberS  SluguftinuS,  ntcf)t  miber,  fonbern 

für  un§  fielen ;  fe|tticf),  bafe  fonft  GfjriftuS  als  bie  einige 

unb  unterteilte  ^ßerfon  nirgenbs  allein  ©Ott  fein  mag,  ba 

er  nicfjt  jugleidt)  aud)  wafjrer  SJlenfd)  fei,  überalt  unb 

an  allen  orten  gegenwärtig." 116) 

3Sa§  ber  Xitel  anbeutet,   legt  ber  Snrjatt  auSeinanber,  nämlid), 

baf$  ©peratuS  alle  traft  einfette,  um  ßuttjerS  Sefjre,  mie  biefer 

fie  nad)  bem  2lbenbmaf)l§ftreite  (1526  bis  1528)  gebilbet  fjatte, 

als  bie  allein  richtige  unb  burd)  baS  fird)lid)e  Altertum  beftätigte 

§u  errceifen.    Unter  23e§ugnarjine  auf  baS  &notfjefd)e  SefenntniS, 

baS  orme  birefte  Slntefjnung  an  ©djtoenffelb  in  ©ebanfengängen 

etma  gtoingti'S  unb  öefotampab'S  gehalten  ift,  entfaltet  ©peratuS 

t)ier  nicfjt  nur  eine  fjeroorragenbe  traft  tljeologifdjer  @ebanfen= 

entmicfelung,  fonbern  überrafcfjt  aucl)  burd)  eine  nicfjt  gemöfjnlicfje 

bogmengefd)id)tlid)e  23ilbung,   wenn   man   biefeS  ^räbifat  fcf)on 

auf  jene  $eit  übertragen  barf.    £)enn  mag  er  aucf)  oiele  ber  oon 

itjm  gitterten  ©teilen  ber  tirdjenoäter  aus  bem  fanonifdjen  9?ed)te, 

in  meldjem  er  fjeimifd)  mar,  ober  aus  anberen  ©ammetroerfen 

übernommen  l)aben,  fo  oermenbet  er   fie  bodj  mit  einer  foldjen 

geiftigen  ©elbftänbigfeit,  bafj  man  baran  ben  ttjeologifdjen  9Jtafter 

unfdjmer  erfennt.    $n  ber  ?(uSeinanberfe|ung  roedjfelt  ber  ftreng 

miffenfdjaftlidje  ©ruft  mit  bem  ©djer^  beS  ^umoriften:  ftatt  auf 

(SraSmuS  (ber  bamafö  nod)  lebte),  fjätte  fid)  Shtotlje  aud)  ebenfo 

gut  auf  ben  türfifdjcn  iiaifer  berufen  föunen;  benn  eS  fei  9ae= 

manbem   oerborgen,  baf?  (SraSmuS  ^apift  fei  unb  bleiben  molle. 

SBenn  tnotrje  mit  51uguftin=3itaten  um  fid)  merfe,  fo  bezweifelt 

©peratu*,  bafe  ber  Pfarrer  oon  9cetbenbnrg  SfaguftmS  ©djriften 


61 

jemals  and)  nur  oon  aufeen  qefel)en  fyabe;  berfetbe  nef)tne  feine 
gitate  au§>  „bem  gräulichen  Sßtauberment  ber  maulfränfifcfjen 
Grjronif  [b.  i.  ber  ßrjronifa  ober  bem  3eitoud)  be§  ©djtoärmerS 
Sebaftian  granf  oon  SDonautoörtl)  1531],  barin  roafjrlid}  nicfjtS 
benn  eitel  9Jcautmerf  fei;  benn  granf  rebe  gan^  unb  gar  finbifdj." 
Sßerrounberttct)  Hingen  nur  in  biefem  nad)  bieten  Seiten  Ijin 
I)öd)ft  intereffanten  SBerfe  Steuerungen  (jüperfonferoatiöer  2trt, 
bie  um  fo  bebenf lieber  erfdrjeinen,  afö  fie  ben  ©otte§bienft  ber 
eoangetifdjen  ©emeinbe  felbft  betreffen,  ©emäfj  bem  Xran§= 
fubftantiation§=$5ogma  mirb  in  ber  rbmifdjen  Äircfje  bei  ber  geier 
ber  SDceffe  ber  SRituS  ber  Slboration  unb  ber  (Steoation  ber  ^oftie 
beobachtet;  ba  man  bort  bie  |)oftie  in  Kfjrifti  Seib  oermanbett 
glaubt,  betet  man  fie  an,  unb  ber  ^rieftet  reicht  fie  ©ort  als 
Opfer  bar.  51n  biefe  äufeertid)  mat)rnet)mbaren  SKte  mar  i>a$ 
SSofl  gemölmt;  füllten  fie  it)m  je|t  genommen  merben,  mirb  e§ 
bann  überhaupt  noef)  bie  Cbjeftioität  ber  tjeitigen  fjanblung  (be§ 
9(benbmaf)ls')  glauben?  —  mochte  Speratu§  fiel)  fragen,  unb  er, 
ber  alle  .v>ebel  einfette,  um  in  ^reufjen  eine  Sutfjer'fdje  5}otf§= 
fircr)e  ju  bilben,  machte  je|t  bie  Beibehaltung  jeuer  SRiten  gerabeju 
§u  einem  83efenntni§  gegen  ben  Spiritualismus.  ÜRid)t  bto£  bie 
?(boration,  fonbern  felbft  bie  ©teoation  münfdjte  er  beizubehalten. 
Leibes  legte  er  fiel)  natürlid)  nad)  feinem  SBerftänbniS  $uredjt: 
Stboration  bebeute  nidjt  Anbetung,  fonbern  föniebeugung.  SBir 
fagen  babei  uid)t,  fdjreibt  er,  „o  bn  heiliger  ßeib,  fei  uns  gnäbig", 
fonbern  p  ©ort  unb  ßljriftuS  gemanbt  beten  mir:  „fei  bu  uns 
gnabig  burd)  beiu  für  un-ö  bergoffeneS  ^lut."  Vergötterung  ber 
Elemente,  mie  fie  oorgefommen,  folle  unä  öon  ber  richtigen 
Söürbigung  berfelbeu  uid)t  abgalten;  reift  man  bodj  and)  Sonne 
unb  9Jconb  nid)t  oom  .^immel,  mei(  fie  öon  einigen  alä  Winter 
angebetet  finb.  ®ie  ©tebation  aber,  bie  er  {eineStoegS  al8  not« 
menbig  ober  geboten  eradjtet,  erjdieint  ilnn  bodjj  als  fo  nnoer 
fäuglid),  bafi  er  meint,  oerbieteu  tonne  fie  nur,  Wer  bie  ©egenroart 
(Srjrifti  im  s,Hbenbnmf)(  leugne;  bie  ©tebatioti  fei  nidjtä  meiter, 
als  eine  Steufjerung  ber  S(nbacr)t  unb  Jyrenbe,  mie  baä  Wnfftehcn 
bei  bem  beriefen  bes  Sbangeliumg.  S)aS  aber  mar  nid)t  blon 
eine  zufällige  33etrad)tnng,  fonbern  feine  beftimmte  ftnftdjt,  an 
ber  er  uod)  1544  fefttjielt,  als  felbft  Butler  Die  (Steoation  in  ber 


62 

äBittenberger  Ätrrfje  längft  aufgegeben  rjatte.  (Srmägt  man,  baft 
ber  praftifdje  ÄirdEjenmann  $aul  SperatuS  ein  entlegenes  Sanb 
paftorierte,  in  mefdjem  eine  fo  fdjnelle  Söetüegimg  ber  ©eifter, 
mie  fie  in  9)citte(beutfd)tanb  üor  ficf)  ging,  unmöglich  mar,  fo 
mirb  man  fein  SBerfafjren  begreifen  uub  moljt  audj  entfcfmlbigen. 
2) od)  feljren  mir  §u  Änotlje  -jurücf. 

9lad)bem  Speratu§  am  26.  September  1534  feine  „9(ntmort" 
ooltenbet  rjatte,  begab  er  ficf),  mie  mir  au3  ber  oben  mitgeteilten 
9cad)rid)t  oon  ifnn  oernelnnen,  perfönlid)  nad)  Sfteibenburg,  fa§ 
ben  größeren  Seil  feinet  2öerfe§  bcm  Pfarrer  Ä'itotlje  üor,  oer= 
Rubelte  mit  üjm  brei  Sage  lang  unb  übergab  fobann  baz  SBerf 
bem  State  ber  ©tobt  SReibenburg,  bamit  biefer  miffe,  meldje  Serjre 
in  ber  ©emeinbe  bie  giltige  fei.  3)em  Pfarrer  aber  lieft  er  brei 
bi§  oier  SBodjen  SSebenf&ett,  matjrenb  bereit  er  bie  bifd)öf(id)e 
Sdjrift  fleißig  lefen,  aber  be§  ^rebigens  fid)  enthalten  folle. 
9cad)  Slblanf  biefer  fjrift  ermarte  ber  23ifdjof  oon  iljm  eine 
befinitioe  Slntmort,  oon  beren  Sntjatt  fein  Verbleiben  im  SImte 
abhänge;  oerljarre  er  bei  feinem  Srrtum,  fo  fei  feine  2lmt§ent= 
fefcung  unoermeiblid) ;  „benn  itf)  fann  eudj  nid)t  länger  ^ufeljen", 
fdjrieb  itjm  Speratu§,  „baft  iljr  meine,  ja  ©otte§  unb  Gtnifti 
Sd)äf(e  oerfüljret."  SDte  ?(ntmort  ftuotl)e'£  lautete  unter  bem 
2.  9coüember  1534,  hak  er  nod)  „oerbiffen  feine  2(nfid)t  feftfjalte." 
darauf  fuspenbierte  il)it  ber  93ifd)of  unb  mafjnte  bie  ©emeinbe, 
fid)  öde  i()tn  $x  l)üteu  „aUi  bor  bem  Xenfel  felber,  ber  in  ber 
2Bar}rt)eit  nie  geftanben  ift."117) 

Sßärjrcnb  fo  Speratu§  in  hartem  Streit  um  ßutfjer§  2et)re 
in  ÜDlafurett  fämpfte,  mar  m§tmftf|en  in  feine  9tä()e  ein  neuer 
©egner  gebogen,  gegen  ben  er  in  bemfelben  3a()re  ben  bogmatifd)eu 
Stampf  aufnahm.  Seit  bem  3af)re  1530  gab  e§  nämlid)  in 
^reuften  eine  nieberlänbifd)e  Emigranten  Kolonie.  Sljre  ©nt= 
ftel)itng  tjängt  mit  ben  großen  fivd)engefd)id)ttid)en  (Sreigniffen 
jener  $eit  jufamtnen.  ftaifer  Marl  V.  l)atte  jtoei  Kriege  fiegreid) 
§u  (Snbe  geführt  unb  glaubte  nun  jur  Uuterbrütfung  beS  s}>ro= 
teftcmttSmuS  freie  $anb  ju  l)aben.  Sein  SBer^aften  auf  bem 
Stugäburger  $Heid)*tage  ir>:i<j  lieft  fd)ou  im  Sommer  biefeS  oaljre» 
erraten,  ma§  für  ein  Sdjicffal  in  feinen  uieberlänbifd)en  (Srblanben 
ben  ^roteftanten  beoorftanb,  meuu  er  fie  in  ^erfon  befud)eu  mürbe. 


63 

Sd)on  bas  blofje  ©erüd)t  öon  feiner  beoorfterjenben  5(nfunft  trieb 
batjer  Sdjaaren  oon  eoangelifd)  gefinnten  9iiebertänbern  oon 
^auS  unb  £eerb,  oon  Sunt  unb  Orot,  unb  gange  Raufen  biefer 
Flüchtlinge,  über  4000  an  ber  gafjl,  fanben  auf  bem  ©eetoege 
^ufludjt  im  £anbe  bes  menfdjenfreunbtidjen,  eoangelifd)  frommen 
$er$og§  2tlbred)t  Don  s}keufeen.  „SBüfte",  feit  bem  potuifdjen 
Kriege  unbebaut  (iegenbe  Streden  gab  e§  hjer  nod)  genug ;  fotdje 
mies  ber  ^Crjog  itjnen  an  unb  gab  itjnen  bie  für  Anlegung 
itrrer  ©emeinmefen  nötigen  Crbnungen.  So  erfahren  mir  5.  93. 
oon  „^poliänbern  gu  Söarbetjn"  (im  2(mte  Sd)öuberg),  märjrenb, 
mie  mir  annehmen  Dürfen,  oiele  biefer  „grembftnge  Gfjrifti",  mie 
Söucer  fie  nennt,  in  Den  oon  ber  «See  gugäugtid)eu  ©tobten 
^reufiens,  in  Königsberg  unb  anbersmo,  Unterfommen  gefunben 
l)abeu  mögen.  $u  tiefen  Emigranten  gehörte  aud)  in  ßlbing 
(roeldjes  atterbingl  bamals  pofttifdtj  unter  ber  $errjdjaft  dolens 
ftanb,  aber  alä  „fonigiidje",  prioilegierte  Stabt  eigentümliche 
Freiheiten  genoß)  ber  berühmte  s^äbagoge  2ÖÜt)clm  ©naptjeuS 
aus  bem  .(paag,  meldjer  fjier  feit  1534  lebte,  unb  in  Königsberg 
finben  mir  feit  bemfelben  Safjre  eine  gange  SReirje  feiner  8anb&= 
leute  in  einfluftreidjen  Stellungen  bei  £ofe,  00m  ScblofHübliotbefar 
Felir.  König  („s}>olppl)emus")  aufmärrs  bis  in  ben  getjeimen  SRat 
beS  -ixrgogs  tjinein,  in  meldjem  fpäter  aud)  ©naptjeuä  [etbft  unb 
ber  9(rgt  Sßrrjfeug  fafsen,  bie  bort  mieber  in  ©eiftesgemeinfdjaft 
mit  bem  Spiritualiften  Srjriftian  (Sntfelber  mirt'ten  unb  ©e= 
finnungsgenoffen,  mie  einen  Sßefterburg  oon  Köln,  nadtj  Könige 
berg  gogeu.  ?(ud)  Sodann  oon  ßagfi  bemühten  fie  fid)  inä  8anb 
gu  bringen.  Tic  erften  Vertreter  biefer  Widjtuug  mochten  in 
foufeffioueller  SBejierjung  nod)  feine  öeftimnttljeil  haben,  mie  eS 
foldje  ja  bis  L530  innerl)alb  bes  SßroteftantiSmuä  überhaupt  nod) 
nirgenbS  gab;  il)re  bogmatifdt)e  Dh'djtung  roat  aber  met)r  oon 
8n)ingti  als  oon  2utt)er  beftiiiunt.  XaUer  erflärt  fiel),  um*  SBucet 
am  14.  Stuguft  l">:}i>  ans  ilugäburg  übet  fie  an  ©lauter  febrieb: 
„Eines  ängftigt  jene  heiligen:  fie  erfeniieii  faft  alle  mir  einen 
geiftigen  ©enufj  (Sbrifti  lim  ^Ibeubmabl)  an;  ber  gfficfj  aber 
ftebt  auf  ßuttjerg  Seite.  SBenn  fie  0011  ihm  Freiheit  für  ihre 
Setjte  erbalten  möcrjten,  fo  glaubt  man,  bau  fid)  ibre  ;>abi  öet 
boppeln  mürbe."  "si    Ta  ber  .VHTgoa,  Vllbrecbt  felbft  in  ben  uäcbfteu 


64 


3 

\3 


varjren  über  bie  9lbenbmaf)I§Ief)re  fcfjtranfte,  fo  i[t  nicrjt  angu* 
nehmen,  bafj  er  ben  ^ottänbern  in  biefem  fünfte  @$nnerigfeiten 
gemacht  rjat.    (Schrieb  er  botf)  fetbft  an  ßutfjer,  ber  ifm,  tüte  mir 
oben  fjörten,  üor  ben  ©crjmärmern  marnte,  unter  bem  12.  3uni 
1533 :  bem  Einbringen  ber  ©aframentierer  in  ba§>  Sanb  ^reufjen 
!önne  man  nicrjt  mehren,  unb  fie  $u  oertreiben,  mürbe  baZ  ßanb 
nur  „nocfj  roüfter"  machen;  aud)  molle  itjm  „nicrjt  geziemen,  mit 
©ematt  in  bte  Seute  ben  ©tauben  gu  bringen."119)    ©o  fud)te 
fid)  benn  ©peratu£,   in  beffen  bifdjöfticrjem  (Sprengel  garjireicrje 
„§oÜanber"    angefiebett   maren,   mit   ben  Sätteln,   bie  irjm  gu 
©ebote   [tauben,   auf  eigene  §anb   §u   Reifen.     @r  üerfafne  im 
Safjre  1534  ein  bogmatifcfjeg  „©enbfdjreiben  an  bie  Sataöer 
(Epistola  ad  Batavos  vagantes)."  120)    2)a§  SBorljanbenfeut 
biefer  ©djrift  mirb  in  einem  SBriefe  oom  17.  9iooember  1534 
urhtnbtid)  bezeugt;  bie  ©djrift  fetbft  aber  ift  üerloren  gegangen.121) 
2lud)  eine   „apotegetifcrje  SIntmort  ber  |jotlänber",  metdje  matrr= 
fdjeintid)  üon  bem  bama(§  in  (SIbing  tebenben  £mmaniften  ©na= 
pfjeuS  »erfaßt  mar,  ift  nicrjt  mefjr  aufeufinben.    Stber  ein  (Srcerpt 
au§  biefer  „Stntmort",  ba§  fid)  (nadj  ber  ^anbfdjrift  §u  fdjtiefjen) 
ein  S'ömaSberger  greunb   be§  ©pcratu§,  3ot)aune§  Sriefjmann, 
angefertigt   fjat,    orientiert    un<§    menigften*    einigermaßen    über 
Sntjatt  unb  Senbenj  be§  SSerle§  üon  ©peratn§.122)    £anadj  rjat 
ber  23ifd)of  in  feinem  oon  ben  £)otlänbera  angegriffenen  Kapitel 
ben  ©a|  aufgehellt:   £>er  ©taube  ift  nirgenbl  anber§morjer  oer= 
mitteti  a(§  aus  bem  §ören  be§  2Borte§  ©otte§  („fides  non  aliunde 
nisi   ex   auditu   per  verbum  Dei  est").     25ie  -fmttänber   ant= 
morteten,  ba$  fie  fid)  (nidjt  fomorjt  an  ba§,  gefcrjriebene  23ibctmort, 
als  üietmerjr)   an   baZ    „einige   unb   (ebenbige  2öort   ber  ®raft 
(Mottet,  ma§  ©Ott  fetber  fei"  fetten,  ba  fie  „in  biefem,  in  Eljrifto, 
oor  ©runbtegung  ber  SBett  ermätjtt  feien."    üftetjmen  mir  baju, 
baft  ©peratu§  bie  ^oltänber  „Fanatici"  (b.  i.  ©djloärmer)  genannt 
()at,  fo  ift  mit  ©idjertjeit  $u  fdjtiefscn,   bafj   eS   fid)  in  biefem 
©crjriftmedjfet  um  biefetbe  prinzipielle  $rage  fjanbette,  über  metdje 
©peratu*  feit  1531  mit  genfer,  ödet,  Änottje  unb  anbeten  gc= 
ftritten  t)atte:  eS  fjanbette  fid)  um  bie  ©runbaufdjauung  SDcartin 
SutljerS,   mit  mefdjer  ber  ^Reformator  einft   im  äftätj  1522  31t 
SBittenberg  unter  bie  ßroiefauer  ^voptjeten  getreten  mar,   nm  bie 


65 

feitbem  genuin  fiutrjer'fdje  ©runbtefjre,  bau  bte  im  ßfjriften  oor 
fid)  gefjenben  inneren  Vorgänge,  von  ber  SRegung  bes  ©taubens 
bis  jur  ©emifeljeit  ber  einigen  ©eügfeit,  (tetig  vermittelt  finb 
burd)  bie  oou  (Sott  felbft  ber  ©emeinbe  ber  ©täubigen  oerorb* 
neten  gefd)id)tüd)en  SDcittel,  burd)  SBort  ©ottes,  £aufe  unb  2(benb= 
mat)(;  fein  fubjeftioes  (Sijrifteutum  ofjne  objeftioe  ©nabenmittet ; 
„©Ott  giebt  bas  innere  nur  burd)  Seltneres."  tiefem  ©runb= 
fa^e  entftammt  ber  föirdjenbegriff  im  fiebenteu  SCrttfel  ber  9ütgs= 
burger  Äonfeffion  unb  bamit  bie  gange  ©ottesbienftorbnung 
ber  tutrjerifcfjen  fianbesfirdjen.  £a  mir  nun  aus  bem  oben  an= 
geführten  ©jeetpt  erfahren,  baf;  (SperatuS'  Senbjdjreiben  meuigftens 
45  ftapitet  enthalten  rjat,  atfo  eine  umfangreiche  (Sdjrift  geroefen 
ift,  fo  bürfen  mir  annehmen,  bafr  er  ficf)  mie  in  bemfetben  Sabjre 
mit  Änotrje,  fo  bjier  mit  ben  ^pottänbern  bogmatifd)  eingerjenb 
befdjäftigt  f»at :  mir  fjätten  bemnad)  in  ©peratus'  3cnbjcr)reiben 
—  aus  bem  Sarjre  1534  —  eine  umfaffenbe  bogmatifcfje  3(us= 
einanberfetjung  bes  Sutfjertums  mit  bem  öorcaftrinifeljen  t)oÜan= 
bifd)  =  reformierten  SeJjrtropuS  oor  uns  —  ein  Umftanb,  ber 
meit  über  Sßteufjen  rjinaus  bogmengefd)id)t(id)  bemerfeusmert  ift 
unb  ben  SBerfaft  biefes  SBerfes  um  fo  mtfyc  bettagen  läßt.*) 
2L*e(d)e  SBirfung  fein  SBerfaffer  bamals  erhielt  fyat,  täfjt  fid)  uid)t 
mefjt  feftftelkn.  Qmax  tjaben  bie  pteuftfdjen  ipotlänber  in  ber 
$otge  fid)  oor  bem  fpirituaüftifdjeu  (Sijtrem  ber  SiMcbertäuferei 
getjütet;'23)  aber  ©peratus  fjat  fid)  bod)  nid)t  bewegen  (äffen, 
bas  tiefe  ÜKtfjtrauen,  metdjes  er  gegen  fie  fjegte,  nniter  aufzugeben; 
in  einem  Sßriüatbriefe  an  feineu  jungen  $renub  Sütbreas  Sturi* 
faber  l)at  er  nod)  unter  bem  11.  Xe^ember  1542  bie  am  Mönigs 
berger  ,<pofc  angeftettteu  .vmüäuber,  ©naprjeus,  (Sntfelber,  s4>oli)pbem, 
auf's  fdjroär^efte  d)arafterifiert. '-'i 


*)  3"  Dffe  unb  aäicft^rcuftcn  fyabe  idj  na*  Speratu?  „Epistola 
(Litter ae?)  ad  Batavos  vagantes"  („ad  Belgaa  in  Prassia  errantes 

Sacramentarios"?)  üergeblid)  gefugt.  Vielleicht  bat  Wuapbeu*,  bor  aeiftiac 
^üfyrer  jener  fcoliänber,  fie  1547  au*  ipreufjen  nad>  Dßfrietfonb  miige 
nommen,  ioo  er  üon  ba  an  big  an  feinen  lob  (f  L568  in  Sorben)  gelebt 
b,at.  SÜäre  eS  nicht  möglid;,  bafj  fie  bort,  in  (Emben,  2lurid>,  Sorben  ober 
fonfttvo,  uod>  »erborgen  läge?  Vielleicht  nehmen  fidj  oftf'riei'iid'e  Jteunbe 
ber  3ieformation5gefcbid)te  biefer  2adie  an. 


66 

SBäfjrenb  fo  ©peratus  im  8<rfjte  1534  bie  ganje  ©duoere 

be3  bogmatifdjen  Ä'ampfeS  füllte,  fpiette  fidj  ju  SDtunfter  in  SBeft« 

faten  jenes  miebertäuferifdje  SDrama  ab,  beffen  tragifdjer  Verlauf 

audt)  auf  bie  ©cfjicffate  anberer  fpirituatiftifdjer  Streife  nicrjt  ofme 

ßinftufj  bleiben  fonnte;   mir  behalten  Ijier  nur  bie  preufnfdjen 

im  Stuge.    Unter  bem  30.  Wäx%  1585  fpradj  ficf)  ber  ihtrfürft 

Sodann  f^rtebrict)  oon  ©adjfen  gegen   ben  Ijeräogtid)  preufeifd&en 

©efanbten  (Sfjriftopf)  oon  Äretijjen   erregt  über  bie  9Jcünfter'ftf)e 

üteoolution  aul.125)    $n  ber  9>todjt  oor  Soljannig  biefe§  3af)re§ 

erfolgte    fobann   ber   gufammenbrud)    jene£   oerjerrten   9teid)e3. 

£>ie  ft'unbe  baoon  mirb  oor  @nbe  3uli  in  Königsberg  eingetroffen 

fein.    £)a  erliefe  am  1.  Stuguft  1535   ber  .Soer^og  5(tbred)t  üon 

Sßreufeen   ein   SKanbat   an   ben   23ifcfjof  ©peratu§,   morin   bem 

Spiritualismus  im  ^ergogtume  redjtfidj  ber  ©oben  entzogen,  bie 

Setrce  Sutfjerä  tnngegen   unb   bamit   jugteid)  bie  be§  ©peratuS 

gur  unbeftritten  gütigen  gemacht  mürbe;   benn  (Sintradjt  ber 

Serjre  aufrecht  ju  erhalten,  mar  ber  $med  biefe§  im  Sanbe 

epodrjemadjenben  9Jcanbate§.126)    ©er  Sifdjof  möge,  fo  lautet  ber 

rjergogüdje  83efef)I,  bie  StmtSöerroanbten  be§  ©ebieteS  ^omefanien 

auf  eilten  £ag  oor  fief)  befdjeiben   unb   itjnen  im  tarnen  be§ 

§er§og§  gebieten,  bafs  fid)  ein  jeber  oon  itjnen  an  fold)er  djrift* 

lidjen  ßetyre  genügen  (äffe,  metdje  oon  ben  orbinierten  ^rebigern 

unb  8et)rem  laut  ber  in  sßreufjen  giltigen  Stirdjenorbnung  oor= 

getragen  merbe.    $)enn  obmol)!  ber  ^erjog  gemeint  l)abe  (mie  er 

fid)  Sutljer  gegenüber  1533  brieflidj  geäußert  fjatte),  in  9ticmanbes 

©enriffen  ben  ©tauben  bringen  ju  fotteu,   fo  molle  e§  irjm  aud) 

fjintüieberutn  nidjt  gebühren,   jugutaffen,   bafj  etma§   miber  bie 

„bemilligte"  eüangetifdje  fietjre  unb  einträchtig  aufgerichtete  ßirdjen* 

orbnung  oeränbert  merbe,   „am  menigften  ol)tte  ber  Söifdjöfe  unb 

Sanbftänbe  einseitige  Semilligung."     2)iefe§  (Sbift  bebeutet  bie 

entfdjicbene  9türffel)r  SltbredjtS  ju  ber  £enfmeife  ber  tutljerifdjen 

«Reformatoren  feines  SaubeS,  ein  Xriumpt),  mie  it)u  fdjöner  ©peratu8 

nid)t  erleben  fonnte ;  bie  Stjatfadje,  bafj  bie  preuf3ifd)e  SanbeSftrdje 

bie  il)r  oon  aufcen  aufgenötigte  fpiritnatiftifdje  fätiftS  ol)iic  ©djaben 

überftauben  l)atte,  mar  mefentlid)  fein  Sßerbienft. 

@r  fjat,  mie  ju  ermarten  mar,  bem  Ijerjogltdjeu  ©bitte  feiner 
feitS  fljatfräftig  gotge  gegeben ;  loemgftenS  mirb  mau  eine  SBirfung 


67 

be§  Auftretens  bee  SBifdtjofS  bartn  ju  ferjen  fyaben,  baf*  Änot^e 
oon  Sßeibenburg  am  5.  ^ejember  1535  SSiberruf  Ceiftete  unb  im 
x"uil)re  1537  Sßreufcen  «erliefe.127)  Ta  nun  ßenler  1535128)  unb 
«peibeef  1536  ftarb129),  fo  mar  and)  öon  tfjrer  (Seite  feine  Störung 
ber  SBerljaltmffe  me^r  31t  befürchten. 

®em  rjorjen  Stnfe^en  aber,  WetdjeS  ©peratuS  genofe,  entfpradj 
e§,  hak  ber  ^er^og,  als  e§  fid)  alSbatb  mieber  um  eine  für  ftirdje 
unb  Staat  prinzipiell  wtdjtige  Srage  tjanbefte,  gerate  feinen  9tat 
einmotte.    (SS  mar  im  Stnfang   beS  SaljreS  1537,  als?  baS  öom 
Zapfte  nad)  äftantua  berufene  Äon^il  in  SfaSfidjt  ftaub,   unb  in 
£eutfd)lanb  bie  eüangelifdfc)   gefilmten  ©täube  mit  Söegug  barauf 
511  ©djmalfatben  jene  SBerfammtung  abhielten,  meldte  für  ^hitrjer 
ber  s}ln(afe  geworben  mar,  feine  „®d)inatfalbijd)cn  Strittet"  31t  fdjreiben. 
%\id)   in   Sßreufeen   mufete   man   §u   ber   fion^ilsfrage    Stellung 
nehmen  unb  gteidjjeitig  fid)  prinzipiell  barüber  tlar  Werben,  mie 
man  ftd)  Sßapft  unb  Ä'aifer  gegenüber  ju  öerljatten  tjabe;  ja  liier 
mar   bie  §fra9e   l1ür    a^en    anberen    9ftefonnationStänbern    eine 
brennenbe;  benn  ber  SanbeSfürft  befanb  fid)  feit  1532  —  in  ber 
sReitfjsadjt.     damals  Ratten  aufeerbent  ber  Kurfürfi  öon  Sadiieu 
unb  ber  Sanbgraf  uon  .Steffen  „Strtifet,  betaugenb  ben  ©tauben" 
eingejdjitft.    Unter  bem  6.  Februar  1537   lub  balier  ber  .vuTjog 
3ttbred)t  ben  öifdjof  ©peratuS  auf  ben  14.  Februar  nad)  fömigS* 
berg  ein,  um   „neben   anberen  feineu  (belehrten  unb  Sßrebigern" 
über  biefe  Strtifel   mit  SRücffidjt  auf  baS  in  xHnc-fidit  (telienbe 
SJcantuaner  föongil  \u  beraten,  ©peratuS  (eiftete  biefet  Äufforberung 
^olge  unb   brad)te   in  Königsberg  etma  am  20.  Februar  einen 
„SRatfdjlag"  ju  Staube,   beu  Sßotenfc,   Sriefemann,   Sßotianbet 
unb  SDleurer  eigenljanbig  unterzeichneten,  alfo  fidi  öottftänbig  \u 
eigen    machten.     £ie    uon    ©peratuS'    eigener   £anb    ge- 
triebenen Original  Äonjepte,  ein  „iftatfdjlag"  in  beutfdjet 
unb  ein  „Sonfilium"  in  tateinifdjer  ©prac^e,  finb  uns  erhalten. 
Tauad)  banbelte  eS  fid)  fpejiefl  um  bie  ,~vrage  »uuv>  JU  t^un  fei, 
Wo  ba§  Stonjitium  etwas,  baS  undtjrifttidfc)  unb  wibet  @otteS  SBott 
mürbe  [ein,  betenninieret,  unb  ber  Sßapfl  burdi  feinen  Vlnhaug 
foldieö  öoHftrecfen  wollte."     Tie  fünf  genannten  SRänner  hatten 
müubtid)  barüber  oerbaubelt;  jebev  hatte  feine  Meinung  bargetliau, 
„einer  ben   aubern   cmSgeljört,    neben  Cermetbung  ber  ©rünbe, 

■  nef  ort  ■  %  SperatttS, 


ÖS 

barcwf  ju  fufsen  fei" ;  le|tlid)  waren  fie  einträchtig  31t  folgenbem, 
oon  ©peratuS  formulierten  23efcf)luffe  gefommen:  „%n  bem  $atle, 
ben  ©Ott  oertjüte,  wo  wiber  bie  dt)rtftlicr)ert  dürften  unb  ©täube 
etwas  UndjriftticfjeS  unb  wiber  ©otteS  SSort  üorgenommen  würbe, 
mögen  fiel)  bie  dürften  unb  ©tänbe,  nadjbem  fie  fidj  ©otte 
als  bem  rechten  ©acfjWatter  oon  §er§en  befohlen  unb  alte  mög= 
lidjen  üötittet  unb  SSege  beS  griebenS  oergebenS  üerfudjt  fjaben, 
(atfo,  ba$  bie  lefcte  unb  t)öd)fte  9tot  oortjanben,)  in  ©otteS  Sxamen 
gur  ©egenwerjr  anfdjicfen  unb  ifjren  ungerechten  $er= 
folgern  SSiberftanb  tfjun,  mit  unbefcfjwertem  ©emiffen." 
SDieS  ber  «gmuptpunft  jenes  ©utacfjtenS,  beffen  Äongept  in  tatei= 
nifdjer  ©prad)e  nierjt  weniger  als  fed^efjn  ^otiofeiten  füllt.130) 

2)em   23ifcr)ofe  ©peratuS   war   um   biefe   $eit   oon   feinem 
ÜJJcetropotitan,    bem   ©rjbtfc^ofe   Stomas   ©erjöning    oon   9tiga, 
burd)     beffen    Soabjutor,     ben    9Jcarfgrafen    SSitljelm    (Vorüber 
beS  $ergog§),  bie  päpfttidje  ©inlabungSbutle  überfanbt,  unb  er 
fetbft  baburef)  formell  gum  Äongtl  oon  ÜDcantua  eingelaben  worben. 
©peratuS  oerfafste  barauf  an  ben  ^ßapft  $aut  III.  eine  Stntwort, 
bie  jttjar  itjren  s2öeg  tjöcrjft  wat)rfd)eintid)  ntcr)t  nad)  Sftom  fanb, 
aber  für  bie  prinzipielle  (Stellung    beS  ©peratuS,   bem  Zapfte 
gegenüber,   oon   Sntereffe   ift.     £)aS   ©djreiben,   in   lateinifdjer 
©pradje  abgefaßt,   t)at  baS  ©ahmt:   SJtorienwerber,  ben  25.  $e= 
bruar   1537.     #utd()altSloS    äußert   er   bem   Zapfte   f)ier   feine 
greube,   wie  fein   Ijödjfter  Sßunfd)  erfüllt  werben  folle,   bafs  ber 
&ird)e,  bie  elenb  barnieber  unb  eben  nur  noer)  ntcrjt  gerabe  im 
SobeSfampfe  liege,  mittelft  eines  ßonjiteS  burd)  lautere  2Bat)rc)cit 
aus  ^eiliger  ©ctjrift  §ütfe  gebracht  werben  folle.    2)abci  giebt  er 
bem  Zapfte  §u  üerftefjen,  er,  ©peratuS,  erwarte  nidjt  nur  ein  öht= 
menifdjeS,  foubern  audj  ein  freies  Äonjil,  auf  metdjem  jebem  frommen 
£eilnet)mer  fidjere  äfteinungSäufjerung  jttfomme,  falls  nämlicf)  bie 
tjetfige  ©cfjrift  bie  unüerte&itdje  Sfticfjtfdjnur  fei,  welcher  jebe,  aud) 
bie  Autorität  einer  nocl)  fo  jafjtretd)  befudjten  ©onobe,  bie  ^atrne 
reichen  muffe.  Unter  tiefer  SBorauSjefcung  fjoffe  er,  bem^ongile  beigu= 
wohnen,  falls  nidjt  f ein  SaubeSfürft  biefem  Söuufdje  entgegenftefje.131) 

©o  fd)rieb  1537  ein  lutl)erifdjer  33ifd)of,  wäl)renb  gleid^eitig 
£utr)er  felbft  ben  ^apft  in  ben  ©crmtalfalbifdjen  dritteln  für  ben 
2tntid)rift  erflärte. 


69 

SBon  ba  an  ift  SperatuS  prinzipiell  nidjt  meljr  in  ben 
SBorbergrunb  ber  preuBifcfjen  Deformation  getreten.  (Sine  tatei= 
nifcfje  ©fjeorbnung,  melcfje  1539  in  feinem,  mie  gleichzeitig  and) 
in  ^olenk'  tarnen  (als  „Episcopale  Mandatum",  biid)öftitf)e§ 
Üftanbat)  oeröffentlicbt  mürbe,  mar  nid)t  oon  ifjm,  fonbern  oon 
23rieBmann  unb  s^olianber  oerfaBt.132)  Sin  bem  SrlaB  ber 
preuBifcfjen  Äircf)enorbmtng  oom  rsafjre  1544  mar  Speratu*  nidjt 
pofitio  beteiligt,  meil  bie  bort  eingeführte  9tufrjebung  ber  „Sleoation" 
feinen  Söünfdjen  nidjt  entfprad). 133)  2ln  ber  ©rünbung  ber  llni= 
oerfität  in  StonigSberg  mar  er,  at§  ber  entfernt  motmenbe  33ifd)of 
aud)  unbeteiligt,  möt)renb  ^otenfc  als  ber  am  näcfjften  mol)nenbe 
^rälat  „Monferoator"  ber  .vmdjfdjute  mürbe.134)  91n  bem  bog= 
matifdjen  Streite  be§  Stapfrt)tu§  mit  ©napb,eu§  1546  unb  1547, 
in  folge  beffen  ber  letztgenannte  erfommunijiert  unb  aue-gemiefeu 
mürbe,  r>atte  @peratu§  faft  gar  feinen,  jebenfaltS  feinen  fdjulboollen 
Slnteil.135)  9htr  im  3nfn'e  1550  trat  er  auf  SBunfcr)  feinet 
£anbe*t)erru  nod)  einmal  a(§  Togmatifer  auf  ben  Sßlan,  als  eben 
bie  erften  SSogen  be$  ofianbriftifdjen  Streitet  ba§  ^reuBeulanb 
aufregten.  93ei  ber  ÜESidjtigfeit  biefeS  Streite»  bürfeu  mir  Spe= 
ratus'  Stellung  gu  Cfianber  nidjt  mit  Stillfdjmeigeu  übergeben. 

1549  im  Januar  mar  nämlid)  Dfianber  nad)  ÄötiigSoerg 
gefommen.  Ter  Wann,  toeldjer  1522  §u  Nürnberg  in  bem  bort 
meitenben  .vmdjmeifter  9(lbred)t  ba§  Sicf)t  eoangetifdjer  (SrfenntniS 
entjünbet  fjntte,  fo  baß  biefer  i()n  feinen  „Steter  im  ©eiftlidjen" 
nennen  tonnte,  ftral)lte  je|t  nod)  ba$u  in  bem  9tömbu3  bef  3R&> 
törerSj  benn  er  fjatte  L548  baZ  SlugSburger  „Interim",  bind) 
njrfdjeS  Marl  \r.  ben  SProteftantiäntuS  ,yi  fatbolifiereu  jnnngen 
mollte,  abgelehnt,  liatte  ">lmt  unb  ©rot  aufgegeben  unb  mar  in 
ein  frei  gemälzte*  (Sril  gegangen,  |jergog  SlflJretfjt,  bem  er  [eine 
Tienfte  augeboten,  lub  ilm  unter  bem  4.  Januar  L549  ein,  fobalb 
a(S  mbglid)  nad)  Sßreufen  ,yi  fonimen,  unb  oeridjaffte  iimi  in 
Königsberg  jtoei  mid)tige  Remter,  bie  sJ>fanftelle  in  ber  Vütftabt 
unb  bie  orbeutlidie  Sßrofeffur  ber  Ideologie  an  bei  Uniöerfitftt. 
STline  eine  afabemifdie  SBürbe  jU  beulen  univ  nad)  (Erfahrungen 
mit  anberen  ^erfbulidifeiteu  ju  fdjliefjen  in  Königsberg  feine 
(Empfehlung  mar,  ;umal  mehrere  promooierte  ©öfteren  ber  Ilieo 
logie  SBriefcmann,  Hegemon  unb  3finber  bort  in  (Efyren  mirfteu 


70 

l)ielt  ber  frembe  ÜKann  an  ber  Unioerfitat  am  5.  Slprit  1549 
feine  erfte  Disputation  („Antrittsoortefung"  mürben  mir  fjeute 
jagen)  „über  bas  @efe|  unb  bas  ©oangetium",  in  metd)er  §mar 
bie  öon  ber  UBittenbergifdjen  Sebjrart  abmeidjenbe  9?ed)tfertigungs= 
lefjre  DfianberS  nur  erft  fdjmacrj  burd)fd)immerte,  in  ber  er  aber 
bas  Bertjättnis  bes  ©taubenS  §ur  Sufse  anbers  beftimmte,  als 
man  es  bis  batjin  in  SBittenberg  unb  Königsberg  gelehrt  tjatte. 
(Sofort  fcfjlug  am  folgenben  £age  ein  §u  Söittenberg  promooierter 
unb  üon  ÜDMancfjtfjon  nadj  Königsberg  mann  empfohlener  SDZagifter 
9Jcattf)ia3  Sautermatb  aus  ©Ibing,  ein  matrjematifd)  gebitbeter 
Kopf  unb  tfjeologifcfj  intereffierter  Setjrer  ber  §od)fd)u(e,  §tnölf 
©egentfjefen,  „STrjemata"  genannt,  gegen  Dfianbers  Disputation 
an.  Der  Antipathie  gegen  ben  Einbringung,  ben  „pastoralis 
leetor-',  roie  iljn  ber  (Senat  oor  furgem  nid)t  gerabe  mofjlmollenb 
genannt  t)atte,  mar  fomit  ein  offenfunbiger  Ausbrud  gegeben. 
9tt§  ©egner  Sautertoatb's  trat  Sftagifter  $und,  .'pofprebiger  beS 
-Serags,  Dfianbers  Sanbsmann  unb  ©efinnungsgenoffe,  suerft 
auf;  man  fpradj  oon  einem  £autermalb=5nnd'fd)en  (Streite;  aber 
trjatfäcrjtid)  rjanbelte  es  fid)  fcrjon  je|t,  mie  batb  beuttid)  mürbe, 
um  Dfianber  unb  feine  £ef)re.  Die  Angelegenheit  mürbe  oor 
ben  -Öerjog  gebracht;  biefer  übertrug  bas  23erl)ör  ber  Streitenben 
unb  bie  Beurteilung  biefer  Angelegenheit  bem  in  Königsberg 
anroefenben  ätteften  Doftor  ber  Dljeologie  3of)annes  Söriefjmann 
(ber  bis  in  biefes  $af)t  als  ©tettoertreter  bes  23ifd)ofs  potent} 
unter  bem  Xitel  „^ßräfibent"  beS  33istum§  ©amtanb  feines  Amtes 
gemattet  t)atte)  nebft  anberen  Dtjeotogen.  93riefemann  aber  rjatte 
nod)  bis  SJätte  Sunt  1549  fein  Sßerfjör  angefteltt,  einerseits  meil 
ifm  Ktanfrjeit  baran  üerrjinberte,  anbererfeits  meil  er  fd)on  bamats 
ein  abgefagter  ©egner  Dfianbers  mar.  Dafjer  übertrug  ber 
§ergog  biefe  ©adje  am  15.  Sunt  1549  ben  beiben  Sifdjöfen 
s}$otent3  unb  ©peratnS,  meldje  ficf»  auf  ben  3.  Qfuli  nadj  Königs» 
berg  begeben  unb  in  ©etnetnfantleit  mit  ben  anberen  genannten 
Dfjeofogen  ben  ©treit  gmifdjen  Sauterroalb  unb  ^nnd  fd)lid)ten 
füllten.  5ur  ^olen|,  ben  Suriften,  ber  allem  bogmattfdjen  Streite 
abfyoib  feit  faft  25  Sauren  in  ber  ©title  ber  alten  Orbensburg 
33alga  am  frifdjen  ^affe  refibierte  unb  meber  3nf)att  nodj  Drag= 
meite  ber  umftrittenen  STtjeorien  oerfterjen  modjte,  mar  bie  fjer^ogtidje 


71 

3utmrtung  eine  fo  ftarfc,  bafj  er  51t  bem  feftgefefcten  Tage  — 
nicfjt  erfdjien.  SBerrounbert  fpratf)  ih,m  2übrecr)t  am  5.  3uli  1549 
fein  ÜJtifefatlen  aus,  bafj  er  fid)  nicfjt  eingefuuben  tjabe,  unb  er* 
mahnte  ilm,  feiner  amtlichen  s}3flid)t  and)  in  biefer  Sadjc  natf)= 
äiifommen.  aber  erft  am  adjten  3uli  entfd)nlbigte  fid)  *ßolenfc 
brieflich,  eo  btieb  beim  biefer  leibige  Streit  roefentlid)  bem 
pontefanifdjen  SBifdjofe  jur  Unterfudjung  überlaffen. 

Obgleid)  felbft  mit  fernerer  ftranffjeit  belaben,  roar  biefer 
bamalS  bereits  Don  Jpanfe  aufgebrochen,  fjatte  fid)  511  Sßofenjj 
nadj)  $3alga  oerfügt,  mit  ifrni  bort  ficf)  nnterrebet  nnb,  ba  biefer 
„mit  anberen  ©efdjäften  belaben"  roar,  eS  übernommen,  if)it  ju 
öertreteu.  8fa  bem  00m  .fterjoge  feftgefefcten  Tage,  bem  3.  guli, 
traf  er  in  Königsberg  ein.  SBriefjmann  lehnte  tjier  roegen  Kranf* 
beit  bie  Teilnabme  an  ben  SBerfjanblungen  ab;  aber  bie  übrigen 
,AHffefforen",  bie  ber  £er$og  beftimmt  tjatte,  fanben  fid)  ein,  nnb 
©peratuS  30g  feinerfeitS  nod)  Dfianber  felbft  bjnp.  3fai  Tage 
baranf,  am  4.  $uti  l-">49,  öcrtjörtc  fo  ber  öifdjof  in  ber  9ftatS= 
ftnbe  bes  ©djtoffeS  ^u  Königsberg  beibe  Parteien,  ßautemmlb 
nnb  guncf:  fie  ftritten  nni  Theorien  über  „baS  ßidjt,  ba  niemanb 
jufonrmen  tat",  in  meldjem  (Sott  mol)ne,  nnb  über  bie  Sßerfon 
C£l)rifti.  ©peratuS  l)at  barüber  für  ben  £er$og  einen  fedföig 
SSogenfeiten  langen  93erid)t  erftattet,  melier,  in  jtt)ei  3fotio*$eften 
oon  ©djreiberfjanben  gefcfjrieben,  nod)  beute  im  Königlichen 
©taatSardjtoe  au  Königsberg  anfbe»at)rt  mirb.  2>ie  tum  ©peratuS 
felbft  borauf  gefdjriebene  Semerfung  „StfeS  ift  baS  ridjtigfte 
ßranplar"  lüftt  oerimiten,  bah  ber  ©nrrourf  erft  natf)  Um- 
arbeitungen feine  je|ige  ©eftatt  erbalten  bat.  ©*  ift  baS  lerne 
ioiffenfd)aftlid)e  3Bert  beS  ©peratuS;  mag  er  in  feiner  ©efdjeiben 
bjeit  felbft  nid)t  bamit  jufrieben  getoefen  fein,  fo  iii  eS  ber 
erfreuliche  SeffleiS,  baf?  er  fid)  in  feinem  65.  SebenSjafpe,  nad)= 
bem  er  faft  20  ?sal)re  ol)ne  tl)eologifd)en  Umgang  allein  in 
Sftarientoerber  gefeffen,  bie  (Energie  tt)eotogifct)er  Teufarbeit  bemabrt 
batte.  Auf  ben  ofianbriftifdieii  Streit  felbft,  ber  uad)  DftanberS 
(groeiter)  2)iSputation  „über  bie  Rechtfertigung "  (am  24.  Oftober 
1550)  eine  gang  onbere  SBenbung  nabm,  tonnte  biefe  Sct)rift 
(bo  Dfionber  fefbft  barin  nodi  mefeutlidi  aus  bem  Spiele  gelaffen 
mar)   feinen   (Einfluß   ausüben.    SBBofjl   aber   bat   ©peratuS  im 


72 

Safjre  1550  nod)  Gelegenheit  gehabt,  auf  bas  <Sd)icffat  2auter= 
matbs  entfrfjetbenb  eingumirfen.  Unter  bem  16.  9lprit  tjatte  biefer 
bem  23ifd)ofe  ^ßoten}?  bie  Sefjrirrtümer  Dfianbers  angezeigt  unb 
um  SBermtttelung  be§  23ifd)ofs  gebeten,  bafj  tt>m  an  ber  Unioerfität 
fein  ©efjatt  ausgegast,  unb  bafs  er,  falls  man  ifm  nidjt  leiben 
rootle,  in  (Stjren  enttaffen  merbe.  ©djroerfranf  unb  bem  Sobe 
natje  fanbte  ^oten^  tiefen  53rief  unter  bem  21.  Stpril  1550  an 
©peratus  unb  bat  ifjn,  „bem  jinjorgufommen,  roas  ber  crjrifttidjen 
£et)re  guroiber"  fei,  „bieroeit  uns  als  ben  Prälaten",  f treibt 
$olent$,  „gebührt,  in  folgern  (Sinfeljen  gu  fjaben,  bamit  nidjt 
fRotterei  unter  bem  ßtjriftentum  einmurgetn  möge."  Söenig  Xage 
nad)  ber  Hbfenbung  biefes  ©Treibens  —  bes  testen,  bas  uns 
oon  ^ßofentj  erhalten  ift  —  fd)ieb  ber  famtänbifdje  23ifd)of  aus 
bem  Seben,  ©peratus  aber  berichtete  an  ben  |)ergog,  unb  barauf= 
tjin  ertjiett  Sauterroatb  am  15.  Qult  1550  feinen  21bfcfjieb.  Stuf 
ben  meiteren  Verlauf  bes  atsbatb  ben  gangen  beutfctjen  ^roteftan= 
tismus  aufregenben  ©treites  fjat  ©peratus  nicf)t  metjr  eingemirft ; 
benn  im  näd)ften  Saljre  ging  aud)  er  tjeim.  ©s  folgte  in  'preufien 
öon  1550  bi§  1566  eine  ©pifobe  bes  ©djtoanlens,  bis  man  fid) 
nad)  ber  blutigen  Unterbrütfung  bes  potitifierenben  Dfianbrismus 
1567  mieber  auf  ben  früheren  23efenntnisftanb  gurüdgog  unb 
fo  bie  2et)re  erneuerte,  roefdje  groifdjen  1523  unb  1549  in  ^teuften 
gefcfjaffen  morben  mar.  ©peratus'  bogmatifd)e  Arbeit  trug  erft 
je^t  itjre  oollen  grüßte,  unb  ber  ©eift  ber  preufnfcrjen  ®eifttid)en 
bemegte  fid)  bis  §u  ®ant's  3e^ten  *n  oen  83afmen,  auf  tuetdjen 
t)auptfäd)lid)  ©peratus  if)n  geleitet  f)atte.136) 

Obgleich  aber  ©peratus'  bogmatifdje  §interlaffenfd)aft  ben 
©inbrucf  ftarrer  ®eiftesarbeit  auf  uns  mad)t,  fo  mar  bod)  bas 
^auptftüd  feines  bifdjöflidjen  SBirfens  bie  paft orale  Seitung 
ber  ©ciftticrjen  unb  tfjrer  ©emeinben. 

5(us  ben  gaf)(reid)eu  lleberreften  oon  ^riefen  unb  Elften 
feiner  £{)ätigreit  groifcfjen  1530  unb  1551  geminut  man  ben 
©inbrud,  bafc  er  mit  peinlicher  @emiffenl)aftigfeit  unb  Orbnungs* 
liebe  fein  oberrjirtüdjes  2tmt  fid)  l)at  fauer  merben  (äffen  in 
Äirdjenötfttationen  unb  21bt}altung  oon  ©unoben,  in  Slnftelluug 
oon  ©etfttidjen  unb  Servern,  Stusübung  ber  3)isgipliuargemalt 
über   fie,    ©d)tid)tung    oon    (Sfjefadjeu    unb    taufenb   s^erfonal= 


73 

angelegenrjeiten,  guten  unb  fdjümmeu,  fo  hak  bie  9(r&eir»foft  if)n 
faft  erbrütfen  roottte.  „Stöj  ftetje  je$t  in  bem  aüerarbeit*reid)ften 
91mte",  fdjrieb  er  unmittelbar  unef)  feiner  (Srrjefomg  junt  53ifd)ofe 
aus  SRarienroerbet  an  SJriefmtann;  „in  Altern  Ejäft  mid)  bie  gür= 
forge  für  bie  mir  anvertrauten  ©emeinben,  ein  ©efd)äft,  bem  idf) 
in  meinen  norgerüdten  SebenSjaljren  faum  noer)  genüge;  märe 
e§  geftattet,  id)  mürbe  ein  s^rinatteben  oor^ie^en." 137)  tiefer 
9)tonn,  ben  feine  Neigung  am  liebften  in  bie  Stille  getrieben 
fjätte,  bemies  nun  eine  ^irtentreue,  mie  fie  fetten  irjres  öleidjen 
t)aben  bürfte;  ein  gemiffent)after  bifdjöftidjer  ©eetforger  ging  er 
ben  ©emeinbeu  unb  ifjren  @eifttid)eu  mit  unermüblidjer  «Sorgfalt 
nad);  mir  finben  i()n  auf  Srjuoben  unb  &ird)enmfitationeu  be= 
fdjäftigt  neu  1531  fö§  1549,  unb  ba§  in  einer  ft/äX,  afö  fein 
meiter  Sprengel  jmifdjen  üföarienroetber  nal)e  bor  äßeidjfel  unb 
Srjd  natje  ber  potuifd)=littauifd)eu  ©renje  juin  gtofjen  Teile  eine 
„Sötlbnte"  mar,  mie  fie  audi  nief?,  unb  ber  feften  Strafjen  faft 
gang  entbehrte,  $is  jum  ^al)re  1535  bejmetften  bie  don  it)in 
gehaltenen  (Smioben  (bie  $u  fftaftenburg  1531,  bie  ju  Ofterobe 
1534)  unb  Äirdjenmfitationen  (im  Satjre  1533  unb  1534)  t>or= 
miegenb  bie  sJaeberroerfuug  ber  ©cr)njen!fetbfcr)en  $reigeifterei. 
SBon  ba  an  betrieb  ber  33ifd)of  all  SBifitator  mefenttid)  ben  ftiüen 
Vlufbau  ber  breufjtfdjen  SanbeSfirdje.  Söir  erfahren  j.  53.  t»on 
baliin  gebenbeu  SBifitationen  bes  (Speratu*  im  Satire  1538  in 
Solbau,  1542  im  ^rül)jal)r  in  Sßontefanien  (Sdjmaudi,  Iromnain, 
im  Sßtnter  1542  unb  1543  non  feiner  £eilnal)tne  an  ber  großen 
rjerjogtierjen  SBifitation  („Urning"  genannt),  1544  bon  SBifitationen 
in  ^omefanien,  1545  in  Waftenbnrg,  1547  in  sJ>omefanieu  unb 
SKafuren;  nddj  int  SBintet  L548  19  bifttierte  er  Stjcf,  ben  ent 
(egenften  mafurifdjen  äBinfel  [einer  ©iöjefe.138)  2Ba3  auf  folgen 
SBifttatumen  oorgenontmen  toerben  follte,  mar  im  vvrbfte  1540 
auf  einem  breufjifcrjen  ßanbtage  (auf  roeldjem  in  ber  Weibe  ber 
„Stänbe"  bie  8ifcr)öfe  Sßotenjj  nnb  ©peratufi  bie  elften  Sßläfce 
einnahmen)  in  fünf  „Vlrtifeln  nun  (ivmäblnng  nnb  Unterhaltung 
ber  Pfarrer,  Vurdieumfitatton  nnb  roa$  bem  jugecjörig*  beidUofien 
roorben.  Danacfj  foßten  bie  ©tfcrjöfe  alljabriid),  ober  aber 
roenigftenä  alle  jtoei  3at)re  Sßifitation  halten,  bie  .stirdjengebäube, 
SBibbemen  unb  fonftiged  ftrcfjIidjeS  Eigentum  fleifng  beieben,  bie 


74 

2et)re  ber  Pfarrer  fontrollieren  unb  bie  ©emeinbeglieber  im 
©lauben,  ©ebet,  Saframenten,  Zeremonien  unb  ©efct)icflict)feit 
im  ßfjriftentum  erproben.  ©ebrectjen  follen,  fo  Reifet  eS  ba,  in 
©üte  oertjört,  ^änbet  gebüt)rttc£)  entfdjieben  werben.  SDie  23ifct)öfe 
fotlen  belehren,  aber  aucf)  [trafen,  roo  es  nötig  ift.  £)ie  Auf= 
bringung  ber  Unfoften  ber  SBifitation  mar  bereits  früher  burcf) 
eine  befonbere  tjeräoglidje  SBerorbnung  geregelt.*)  $e$t  erfolgte 
nur  über  baS  „Verbergen"  ber  23ifcf)öfe  (im  fünften  ber  „Artifel") 
bie  Eröffnung,  bafj  ber  §er§og  itjnen  feine  eigenen  SBolmgebäube 
§ur  Verfügung  ftelle,  falls  fie  in  ben  Käufern  ber  Pfarrer, 
@cf)ul|en  ober  Krüger  §u  Sßerfjör  unb  Abfertigung  be§  $olfe§ 
!eine  93equemlict)feit  finben  foltten.  $n  ben  Ätrdjftnefen  f)er$og= 
liefen  ^ßatronats  fotle  bem  Q3ifdjofe  ein  Ijergogtidjer  Amtmann 
ober  AmtSf Treiber  §ur  Söifitation  beigegeben  werben ;  auf  abeltgen 
^ßatronatsftellen  fotle  ber  Abel  für  einen  ©djreiber  forgen. 

Sm  Anfdjlufs  an  biefe  generelle  SBerorbnung,  bie  bem  93ifct)ofe 
©peratuS  erft  Anfangs  be§  3at)re§  1542  in  gebrueften  (Sranplaren 
ftugtng,  liefe  er  felbft  fur^e  $eit  barauf,  am  12.  SOrärg  1542,  ber 
gefamten  pomefanifetjen  ©eiftltdjfeit  in  einem  „Umfctjreiben"  eine 
fpe^iatifierenbe  önftruftion  über  alle  einzelnen  fünfte  §ugef)en, 


*)  35amit  Wir  un£  bie  bamaligen  23ifd)öfe  Sßolenfc  unb  ©beratu§  auf 
il)ren  23tfttation3reifen  richtig  borftellen,  gebe  idj  fyier  ben  3n^a^  bev  bz> 
treffenben  SSerorbnung  be£  §erjog§  2(l6recf)t  Wieber. 

Sanadj  folle  ber  33ifd)of  mit  aa)t  Seifigen  famt  Sßagen  (unb  nid;t 
mel)r  ^ferben)  auf  bie  SBtfitatton  jiefyen,  unb  bon  ben  £ird)fbiel3=@ingefeffenen 
in  jebem  .ftirdifbiel  al3  2)ebutat  empfangen  für  bie  5ßferbe  brei  ©dieffet 
§afer  famt  &eu  unt>  ©trofy,  baju  für  fid),  feine  £üener,  ^farrfyerrn,  Hira)en= 
bäter,  ©dntlmeifter  ober  anbere  ^erfonen,  fo  babei  fein  muffen,  eine  Sonne 
23ier,  einen  ©d)öb£  ober  ein  Äalb,  eine  ÜDJanbel  £>üfyner,  beggleidjen  %tfd)t 
(Wo  bie  ju  befommen),  93rot,  Sutter,  ©ier,  ©alg  unb  „gugenufs",  wo  ba§ 
borfyanben  —  alle§  nad)  Siotburft  auf  einen  Sag.  3)er  S8ifdt)of  folle  biefe§ 
©ebutat  ju  fid)  in  feine  SerWafyrung  nehmen,  bamit  e§  burd)  bie  ©einigen 
unb  nad)  feinem  33efel)[  auggefbeifet  unt>  gebraucht  Werbe.  2Ba§  übrig 
bleibe,  folle  ben  Äircfyenbätern  be§  Drteä  übergeben  unb  bura)  fie,  ber  ftird)e 
311m  Seften,  berredmet  Werben  (U.*93.  II,  3lv.  1281).  —  2Bie  wenig  ©be  = 
ratu§  für  feine  ^ßerfon  beburfte,  geigt  fein  ©d>retben  an  g-riebrid)  bon  ber 
Delfjniij  bom  11.  ^nni  1547,  Worin  er  bittet,  für  bie  Sifitation  in  @ilgen= 
bürg  „ein  trnlb  Sönndten  ober  ein  Viertel  2Seifebier"  anjuf  diaffen ;  benn 
„ftorf  ©etränf  ift  mir  suwiber"  (U.=23.  III,  9ir.  1B98). 


75 

roeldje  er  auf  feiner  alsbalb  ju  beginnenben  SBifttattDH  in'3  9(uge 
gu  faffen  gebaute.  SBir  befifcen  biefe§  mtereffante  8d)riftftüc£ 
nod)  in  bemfetben  Originale,  WetcrjeS,  Don  ©peratus  eigen()änbig 
untertrieben  unb  nnterfiegelt,  öom  12.  Wäx%  bis  junt  4.  2(pri( 
bei  famtfidjen  Pfarrern  SßomefanienS  girfutierte  unb  oon  ifmen 
allen  ebenfalls  eigenb,änbig  unterfdjrieben  Würbe.  Stm  Tage  ber 
3Mfitatiou  f  ollen,  fo  oerlaugt  ba  Speratus,  bie  Sßfantfmber, 
„9Jcanu  bei  2Rann  unb,  fooiet  immer  mögtid),  mit  SSeib,  ftinb 
unb  ©efinbe,  in  ber  Äircfje  ju  früher  !£aggeit  erfdjeiuen",  um 
angutjören,  tuaS  mau  itjnen  berfünbigen  werbe.  Sßer  aber  bann 
etraas  oor^ubriugen  rjabe  an  „irrigen  ober  befcr)werficf)en 
t&afyeu,  eS  feien  (Sfjefatfjen  ober  fonft  ©acrjen  ber  ©emiffeu", 
möge  fetbft  biefeiben  oorbereiten  unb,  Wo  es  not  tfjue,  $eugen 
fteüen,  bamit  fie  befto  efjer  ibjre  (Sntfdjetbung  erlangen.  5(lte 
öffentlichen  5(ergerniffe  unb  Safter  folle  mau  bem  53ifdjofe 
melben,  bamit  fie  gebi'mt  unb  abgeftellt  Werben.  (Sr  nennt  ba 
Totfdjläger  unb  foltfje  bie  Äiuber  (im  ©djlafe)  erbrürft  baben 
(ein  93erbred)en,  bas  bei  ber  Truuffudjt  ber  alten  Sßreufjen  unb 
tfjrer  5raueu  ni^  Hteu  borfam);  er  madjt  aufmerffam  auf 
S-Heräd)ier  unb  ßäfterer  beS  Sßortes  ©otteS,  auf  irrige  SSinfel 
prebiger,  aud)  auf  foldje,  bie  „etliche  biete"  Sonntage  nidjt  merjr 
gur  ftircrje  fommen,  unb  bie  in  biet  3fac)ren  nid)t  gum  ©arrameut 
gegangen  feien.  Sfltte  biefe  ©djulbigeu  füllen  girr  ßeii  ber  SSifi= 
tation  famt  bm  Slnbern  in  ber  Strrdje  erfctjeinen.  Tue  Pfarrer 
ferner  füllen  am  Sage  ber  SJifttation  in  ©egenwart  bed  Stfdfjofä 
einen  oollftöubigeu  ©otteSbienft  mit  Siturgie,  Sßrebigt  unb  ftom» 
munion  galten,  aud),  faö3  .Siiubertaufeu  borgunerjmen  finb,  fie 
bis  auf  biefen  Tag  auffdjiebeu,  bamit  fie  biefeiben  bor  Dem  ©ifdjofe 
boÜgierjen ;  ebenfo  folle  Womögticfj  bie  Erteilung  oon  Stbfotution 
an  fold)e,  bie  fid)  in  öffentlicher  ©ufje  befinben,  unb  auberes 
mel)r  auf  bie  Vlnfunft  beS  ©ifdjofS  aufgefd)oben  Werben.  Tenu 
ber  93ifd)of  Wolle  mit  eigenen  klugen  febeu,  „wie  e8  bie  Sßfarr* 
(jerrn  tu  ber  ftirdjen  Zeremonien,  gleid)  ober  ungleidi,  vedn  ober 
unredjt  balteu."  .ftebeaiitmeu  (bie  in  ^rennen  bie  Nottaufe 
boQgietjen  burften)  follteu  bereit  fein,  bem  ©ifdjofe  SReDe  gU  fteheu, 
„töie  fie  nottaufen,  ob  fie  red)t  ober  unrecht  Damit  umgeben." 
galls    es    nötig    fein    füllte,    erbot    fid)    ber    ©if(t)of    aud)    gu 


76 

Aenberungen  in  ber  bisherigen  Umgrenzung  ber  <$a  = 
rodjien;  bagegen  forberte  er  für  alle  s$arod)ien,  baft  bie  ftirdjen» 
red)  nun  gen  bor  feiner  Anfunft  abgefdyloffen  feien,  bamit  er  fic 
nur  „nt  befid)tigen"  tjabe  (benn  er  Ijabe  „mit  ber  Sird>enredjen= 
fcfjaft  eigentlich  nict)ts  ju  tl)un,  fonbern  allein  banad)  gu  fragen, 
ob  unb  wie  fie  gehalten  merben");  ebenfo  erfudjte  er  um  $or= 
legung  ber  fertigen  Sdegifter  bes  £>ecem3  (ber  §ur  Aufbringung 
3.  33.  oon  40  9ttarf  ©eljalt  für  jeben  Pfarrer  —  neben  oier 
£mfen  ^farr=ßanbe§  —  nötig  mar).  (&ad)t  ber  Pfarrer  merbe 
e§  fein,  alle  ©ebredjen,  bie  fie  miffen,  auf  auftreiben  unb  ba§ 
9Ser§eic£)ni§  berfetben  bem  33ifd)ofe  in  ber  Sßifitation  ^u  überreifen ; 
befonber§  follen  fie  babei  nictjt  oerfcfjmeigen,  mie  bie  &ird)en= 
unb  2Bibbem=@ebäube,  (Sdju-len  unb  (Spitäler  gehalten  morben 
feien.  Aud)  erachtete  e§  ©peratu§  f,nicf)t  für  unbillig",  batf, 
menn  fid)  jemanb  miber  bie  Pfarrer,  ifjre  iietrre,  Seben  unb 
SGSanbel  §u  befdjmeren  tjütte,  man  bies  „mit  grünbtid)er  2öat)rt)eit 
oerjeic^nete  unb  bem  23ifd)ofe  überreichte",  bamit  er  „tjierauf  aud) 
bie  Siüigteit  t>erfd)affe." 13i')  ©rmägt  man,  ba$  bie  in  biefem 
Umfdjreibcn  in'3  Auge  gefaxten  Angelegenheiten  ba§  gefamte 
Seben  ber  ©emeinben  unb  ifjrer  Pfarrer  berühren  modjten,  fo 
mirb  man  fid)  bie  ArbeitSlaft  be§  93ifd)of§  at§  eine  brücfenbe 
norftelten  muffen,  ©r  aber  hat  biefe  23ürbe  getragen,  obgleich  er 
§mifd)en  1532  unb  1551  öfter  öon  fcfjmercn  &ranf  leiten  geplagt 
mürbe  unb,  nad)  feinem  Silbe  31t  fdjtiefcen,  überhaupt  feinen 
!räftigen  ftörper  befaf?,  unb  er  tfjat  feinen  bifcrjöflidjen  £>ienft  nie 
mit  Untuft  unb  ftet§  mit  bem  bjorjen  ©inne,  mcldjer,  felbft  mo  e* 
|tcf)  um  fdjeinbar  geringe  unb  äufserlidje  £>inge  rjanbctte,  bod)  bie 
^sntereffeu  beä  ©an^en  ber  Äirdje  nie  au§  bem  Auge  öerfor. 
£)l)ne  jeben  Anflug  oon  53ureaufrati*mu§  mattete  er  babei  mit 
oätertidjer  9ttilbc  unb  l)a(f  beu  uotlcibcnbcn  ©etftftdjen  nicfjt  blofe 
mit  feinem  Sftate,  fonbern  aud)  oftmals,  mo  e*  nötig  mar,  mit 
Kleibern,  93üd)eru  unb  ©elb;  menn  aber  ©igenfinn  unb  £rofc 
ifjm  gegenübertrateu  unb  feine  miebertjolten  (Srmafmungeu  otme 
©rfolg  blieben,  fo  ftrafte  er  mit  bem  SSolIbcnntfctfein  ber  Herleiten 
Autorität  unb  in  AuSbrücfeu,  mie  fie  einem  äJtortm  Öutfjer  im 
ßortt  entfuhren.  2)a  mar  e*  5.  53.  eine  ©cmctnbe  im  SBeidjfet* 
t£)ale,  (ui  Xromnau  im  heutigen  SBeftpreuften,  bereu  93auern  bem 


77 

^aftor  nidjt  baz  notroenbigfte  täglidje  Sorot  reiften;  §u  einer 
feften  Crbnung  waren  fie  nirfjt  51t  bemegen;  altes  gtticben  t»on 
Speratus'  Seite  blieb  üergebens;  bie  tfotge  mar,  ba$  es  fein 
Sßaftor  bei  irrten  anspielt  unb  jeber  fortjtefjenbe  ben  93tfct)of  mit 
Äfagen  über  bie  tjarttjer^igen  83auern  belöftigte.  35a  rifs  betn 
23ifd)ofe  enbticf)  bie  ©ebutb;  in  einem  ©riefe  00m  27.  Januar  1531 
fd)alt  er  fie  „grobe  Äöpfe",  benen  ifjr  Pfarrer  „nidjt  fooiel  mert 
gemefen  fei  afö  ein  ®ufj=  ober  Scrjmeineljirt."  SBnrben  fie  je£t 
nidjt  bas  tfjim,  mas  er  fetbft  itmen  gebiete,  fo  füllten  fie  „um 
Pfarrer  unb  Sdjulmeifter  fommen";  mir  „mollen  and)",  fät)rt 
Speratus  "fort,  „verbieten  allen  umliegeubeu  Pfarrern,  eud)  s$farr= 
red)t  31t  tljtm,  bamit  ifjr  fi|et  mie  bie  «gmnbe,  ofme  (Mottet  SBort, 
otjne  Saframeut,  otjne  £roft  am  lotenbett,  unb  mir  fagen  nodj 
ba^u:  mo  üjt  eudj  ja  nidjt  molttet  beffern,  fo  nmllten  mir  münfdjen, 
baft  eine  große  $ßcftüen|  tarne,  unb  [e§J  märe  fein  Pfarrer  in 
^mau^ig  leiten,  ber  eud)  bieuen  föunte.  Soldje  Sdjelme  mären 
mofjl  mert,  meit  fie  als  bie  ^mnbe  leben,  baß  fie  aud)  mie  bie 
§unbe  ftürben,  ja,  bau  nid)t  einer  märe,  ber  fie  mit  Srbe  6e= 
fdjarrete."  £arnadj  fd)einen  fid)  bie  Stromnauer  einigermaßen 
gebeffert  ju  Ijaben;  aber  uod)  am  9.  Sunt  1543  fünbigte  Ujnen 
ber  Sötfdjof  fein  örfdjeinen  auf  näd)fteu  Sonntag  §u  früher  £ages= 
^eit  an,  um  in  eigener  ^erfon  bie  Ausetuanberfetutng  mit  einem 
abgetjenben  Pfarrer  ju  leiten  unb  über  bie  Aufteilung  eines  neuen 
mit  il)uen  $u  oerljanbeln.140)  5tuS  bem  ftreife  ber  Speratus 
unterftellten  ©eiftlidjen  finb  uns  nur  jttJei  Söcifpicle  begegnet 
üon  foldjeu,  meldje  bem  SBijdjofe  fortgefefct  3Küt)e  bereitet  t)aben: 
beibe  mareu  Sßolen;  ber  eine  ©taniSlauS  ßtacobienfte,  julejjt  in 
l'ucf,  ber  anbere  Stnbreag  Samuel,  S)oftor  ber  Jljeofogte,  Sßforret 
evft  ju  ©ügenburg,  bann  ,yi  Raffen  beim.  Tie  Äorreföonbenjen 
beS  Söifdjofs  mit  beiben  Scannern  finb  unä  erhalten  nub  geben 
ein  riiljinenbes  nub  riifjtenbeS  ^"Ö11^  wn  [einet  initerlidjeu 
ÜDätbe,  oon  feiner  enblofen  ©ebulb,  aber  fdjließlid)  aud)  don  [einet 
ftrafenben  ®eredjttgfeit  oeuev  StaniSfouS  toot  ein  imfauberer 
9)(enfd),  beffeu  Abgang  aus  ^rennen  l.',||  boti  uieiuaub  bebauert 
Ijaben  mirb;  bet  wn  SöeratuS  mit  ilim  gefüllte  SBrieftdedjfel 
umfafU  aitv  ben  Safjren  L530  bis  l">il  mehr  atä  pnangig  Stücfe, 
bie  ber  forgfame  stfifdjof  iclbft   in  ein  Eondolut  gebammelt   unb 


78 

mit  ber  9luffd)rift  „Stanislaus  relegatas"  öerfeljen  bat. ul) 
Ungleich)  intereffanter  ift  bie  Sßetfon  be§  D.  9lnbrea§  ©amuel, 
ber  al§  £ominifanermönd)  in  s^ofert  jur  @rfenntni§  be§  ©oan* 
gefhtmS  gelangt,  bort  (1541V)  junt  Stöbe  oemrteilt,  aber  1542 
nad)  Sßittenberg  entnommen  mar.  «gjier  fanb  er  ba§  Seben  ber 
Reformatoren  bem  (Soaugelinm  entfpredjenb.  9cad)bem  er  fid) 
1543  in  £eip§ig  (mit  einer  ©djmägerin  Stugtger'S)  »erheiratet 
nnb  al§  Softer  ber  Geologie  bafelbft  promoüiert  t)atte,  mar  er 
mit  @mpfef)lung  ÜJcefandjtfjonS  nod)  in  bemfelben  3af)re  nad) 
^reufeen  gebogen  unb  mirfte  feit  1544  als  Pfarrer  unb  ©qpriefter 
ju  ©ilgenburg,  1547  aber  bi§  1549,  mo  er  ftarb,  afö  Pfarrer 
in  ^affenbeim.  Sin  beibe  Orte  mar  er  megen  feiner  tantniS 
ber  polnifdjen  ©pradje  berufen  morben;  aber  an  feiner  ©teile 
red)tfertigte  er  ba§  Sertranen  bei  SanbeSfjerrn  nnb  be*  33ifd)of§ ; 
ein  unruhiger,  tjerrifcfjer,  ju  ©etoattfamfeit  neigenber  SDcenfd), 
erregte  er  in  beiben  ©emeinben  heftigen  Söiberroillen  gegen  fid) 
unb  oerbarb  e§  auefj  mit  ber  ©taatSregierung,  meil  er  fid)  in 
rein  bürgerliche  Angelegenheiten  mifcfjte.  ©peratus'  33riefroed)fel, 
überreid)  an  ßafjl  Der  ©türfe,  geigt  bie  ganje  Quat,  bie  er  mit 
biefem  unfeinen  ÜDienfcfjen  au^uftefjen  t)atte.  9?ad)bem  allmärjtid) 
£uüenbe  oon  Briefen  l)in  unb  hergegangen  maren,  dernrieS  ©pe= 
ratu§  am  5.  üßooember  1548  beu  ÜDfonn  ftrengftenS  jur  tRut)e 
unter  ©ejeugnng  feines  „l)üd)ften  Sßerbruffe»"  über  ben  fjäfilicfjen 
©treit,  ben  SlnbreaS  ©amue(  in  Sßaffentjeim  aufführe.  Sn  nidjt 
langer  3eit  Uieroe  cr  perfünlid)  bort  eintreffen  unb  richten.  ,,5d) 
befehle  eud),  meine  Slnfunft  objutoarten.  3rn$toifdjen  aber  trage 
id)  end)  ftrengftenS  auf,  eud)  rurjig  51t  dcrljalten,  unb  bafj  fein 
Steil  ben  auberen  irgenbmie  meiter  reijt,  meil  fd)on  meljr  al§ 
genug  biefer  Streit  entbrannt  ift  unter  eud),  unter  benen  bod) 
bie  f)öd)fte  Siebe  malten  follte."  „D  ©itten,  0  3«ten!"  ruft  er 
au§  unb  münfd)t,  hak  ©amuel,  ber  Toftor,  „fid)  al§  Sekret  er* 
fenne,  aber  babei  fid)  felbft  bor  allem  in  bie  2et)re  netjme."  S)a3 
gefdjafj  aber  nid)t,  unb  ©amuel  geriet  in  eine  unhaltbare  Sage, 
au*  ber  i()n  1549  uuermartet  ber  lob  befreite.  Unmittelbar 
oorlier  l)atte  er  fid)  .'pilfe  fudjenb  \\\  SdexatuS  begeben,  mie  e£ 
fd)eint,  mit  SSeib  unb  ftinbern,  unb  ber  öifdjof  mufjte  fid)  nod) 
obenbreiu  ber  SiebeSmülje  unterbieten,  für  ba3   derfaffene  2Beib 


70 

uub  üjre  .Sauber  tjctfenb  einzutreten. l4-)  Sßaren  beibeä  bunfte 
33itber  im  paftoralen  SBirfen  be*  33iftf)ofs,  fo  finben  mir  idn  in 
bem  erfreulichen  ^>erf)ältntffe  ju  einem  anberen  polnifcfjcn  ©eift* 
liefen  fehteS  Sprenget^,  ju  ^ofyann  9Katetiu3  iDJtatedi,  non  Sanbag 
SanbecenfiS),  ber,  mie  fo  »tele  feiner  Sanbäleute,  bem  nodj  tief 
romifdi=gefinuten  SBaterlanbe  Sßolen  ben  dürfen  gelehrt  nnb  burd) 
Speratu*'  Sßermittelung  1537  eine  Aufteilung  afö  Pfarrer  nnb 
(Slrjpriefter  in  ürjrf  gefunben  rjatte;  fjier  betrieb  er  jugteidj  eine 
poluifcfje  Trutferei,  um  enangeüfdje  ©cfjrifteu  in  fein  SBaterlanb 
i)inüber§nteiten.  ©r,  ber  tfjeologtjdje  ^udjbrurfer  nnb  ®d)rift= 
ftelter,  nnb  batb  baranf  and)  fein  ©oljn  §ieronti,utu§,  ber  s-öe- 
grünbet  ber  gelehrten  ©djule  511  ßijcf,  bie  nod)  fcjeute  an  bet 
aimerften  ©tenjmarl  2)eutfd}lanb8  eoangelifdje  Söübung  erfolgreich 
pflegt,  mnrben  midjtige  Präger  unferer  ftuttur  im  Dften.  Söeibe 
erfreuten  fid)  ber  ©unft  be§  isöifdjofS  ©peratu^;  befonberS  aber 
mar  Sofjann  SDcaletiuS,  ber  Sßater,  beä  SBifdjofS  redjte  .ftanb  in 
Sachen  ber  Söangelifation  ber  in  Sßreufjen  mofjnenbeu  ^ßolen. 
liefern  Umftanbe  öerbanfen  mir  einen  polnifdjen  erjaugeliidien 
Äatedt)i8nmS,  ben  im  Siuoerftäubniffe  mit  3peratus  ^obanu 
9Jcaletiu3  Sanbecenftö  L546  öerfafcte.  (53  ^eugt  non  bem  gefnnben 
paftoralen  Sinne  beä  ^ifcfjof*,  bafc  er,  ber  felbft  fein  SBort 
po(uifd)  oerftaub,  gerabe  für  biefeS  nridjtige  äBerf,  für  bie  Unter 
meifung  ber  Einfältigen  nnb  ber  Sfugenb  feiner  Sßoten,  ben  richtigen 
Sföann  $u  finben  ruufete.  UBir  befifteu  aus  ben  Labien  1545  nnb 
L546  einen  mefentlid)  ber  Äatedji8mu§frage  gemibmeteu  ©rief 
med)fel  beä  SperatuS  mit  I).  ©taniStauS  SftapagetanuS,  evfteni 
$rofeffor  ber  Geologie  ,yi  Königsberg,  unb  mit  bem  und  be- 
kannten i».  oobanues  Sriefcntann  ebenbafelbft.  Tort  legt  SperatuS 
grünen  äBert  auf  eine  flare,  aber  beftimmte  uub  ieftftebeube  (Jorni 
beä  öffentlichen  ftatedjiSmuSuntc^rridjteS,  bamit  baburdj  ber  ©efatjr 
vorgebeugt  werbe,  bar,  bie  Einfältigen  am  ^ubalte  beä  .Siateebismu* 
irre  merbeu,  wenn  fie  benfelben  l)ier  non  bem  einen  Sßaftor  m 
biefer  Ofonn,  oon  einem  anberen  bagegeu  am  uädiiteu  Sonntage 
in  ber  sJiad)bavfird)e  mit  anberen  ©orten  Oortragen  baren.  „SBii 
finb  Sd)nlbner",  idireibt  er,  „ber  oiebilbeteu  uub  ber  Ungebilbeteu 
(Ernditis  pariter  ac  rndibns  debitorea  Burnus)."  (5r  ielbu 
batte,  fo  beriditet  er  bier,  öor  einigen  onbreu  etwa  300  (Sremplare 


80 

eines  Katechismus  in  SBittenberg  brucfen  unb  unter  bie  Sßttftoren 
feiner  2)iö§efe  »erteilen  (äffen.  S5a  biefe  alle  aufgebraucht  fein 
mögen,  ift  feinet  auf  ün§  gefommen.  2tls  nun  aud)  ein  anberer 
polnifdjer  ©eifttidjer,  Samens  Sorjann  ©ectutian,  gu  Königsberg 
einen  anbereu  potnifd)en  Äatedjt§mtt§  fjatte  brucfen  laffen,  fo 
lief?  ©peratuS  biefeji  burd)  funbige  potnifdje  Pfarrer  beurteilen, 
trug  beren  21nmerfungen  unb  Korrefturen  eigenfjänbig  in  ein 
(Sjemptar  bes  ©ectutian'fdjen  Katedjismus  ein,  fanbte  bies  an 
SRapagetan,  ber  als  geborener  Sittauer  [au§  bem  Königreiche 
Sßoten]  nicf)t  blofe  littauifd),  fonbern  aud)  potnifd)  öerftanb,  unb 
bat  biefen  um  fein  Urteil.  2)er  früfje  %ob  SRapagelan's,  roetcfjer 
fd)on  im  9Jcai  1545  plö|j{id)  ftarb,  je|te  ber  roeiteren  $erfjanb= 
lung  ^mifdjen  ifjm  unb  ©peratuS  ein  $iet;  aber  nod)  1546 
befcfjäftigte  ben  33ifd)of  biefe  ©adje  fo  ernft,  bafj  er  in  einem 
Briefe  an  JBriejjmann  Dorn  81.  9ftai  biefes  SafjreS  in  3fusfid)t 
[teilte,  Katedjismen,  beren  fcüirfftdje  gefjterljaftigfeit  er  erfennen 
werbe,  fogar  ju  unterbrüden. 143) 

2öie  für  bie  Sßolen,  fo  fjätte  er  gern  aud)  für  bie  Sittauer 
geforgt,  bie  im  Dften  an  ben  äufjcrften  ©renken  feines  ©prengets 
motjnten.  ©ie  lebten  bamals  toofjl  nod)  oljne  georbuete  ©emein= 
triefen  unb  nod)  ofjne  fthdjbörfer,  ot)ue  Serfünbigung  bes  Sßortes 
(Gottes  unb  bod)  ooß  ©etjttfudjt  nad)  SBefrtebtgung  ifjrer  retigiöfen 
SBebürfntffc,  roie  benn  nod)  fjeute  tfjre  SRefte  im  äufcerften  Dft= 
preisen  gerabefo  geftimmt  finb  unb,  falls  fie  ofme  geregelte 
Sßaftorteruttg  bleiben,  ©eftierern  leidjt  gur  23eute  fallen.  2lls  er 
bat)er  im  ^cdjre  1545  einen  gelehrigen  unb  für  ben  Äirdjenbtenft 
braud)baren  jungen  Sittauer  fetmen  gelernt  l)atte,  fanbte  er  il)n 
mit  @mpfel)tungsbriefeu  auf  bie  Unioerfität  Königsberg.  SRürjrenb 
ift  bas  ©djreiben,  metdjes  ©peratus  bei  biefer  (Gelegenheit  an 
Dr.  ^(brafjam  (Sufoenfis,  erften  s}>rofeffor  ber  gried)ifd)en  ©pradje 
bafelbft,  einen  Sittauer  oon  ©eburt,  als  eine  gürbitte  für  beffen 
Saubsleute  unter  bem  1.  9)tot  1545  einfanbte.  „2)u  fül)rft  ben 
Hainen  ?lbral)am",  fdjrieb  er  il)in  in  (ateinifdjer  ©pradje;  „menn 
bu  genuin  ber  SBebeutung  biefes  Samens  in  geuüffer  SBetfe 
„„^sater  oieler  Softer""  fein  uullft,  fiel),  fo  geige  id)  bir,  mie 
bas  giet  cntfpredjenb  erreicht  toerben  fanu,  uümtid)  roenn  bu  mit 
oäterlidjer  Siebe  bid)  mit  mir  onftrengft,  ba\)  für  beine  Saubsleute 


81 

lietlfam  geforgt  merbe,  unb  fie  einen  Sedier  be§  SBorteä  nom 
,!peü  in  tljrer  3pracfje  erhalten.  . . .  ©ntjief)  bid)  nid)t  beinern 
gleifdje,  b.  i.  bebten  tittauifdjen  Örübern!" IU)  Cb  unb  mietueit 
Sperattts  53emüf)ungen  oon  (Srfolg  gefrönt  tuorben  finb,  kniffen 
mir  uid)t.  dagegen  mar  e§  ifym  nergönnt,  vertriebene  eoangeüfdje 
Söhnten  in  fein  Sistum  aufzunehmen  unb  bannt  gleicht  am  bie 
Sugenbliebe  3U  erneuern,  meiere  mir  amtfajen  ifjm  unb  feiner 
märjrifdjen  ©emeinbe  üon  3gtan  f)er  rennen. 

8H§  nämlid)  nad)  bent  für  ben  ^ßroteftanttSmuS  unglütflidjen 
2tu*gange  bec-  fdjmaltalbifcfjen  Krieges  in  23ör)mcn  unb  9ftäl)ren 
ba*  8d)idfa(  ber  bötjntif ctjen  unb  marjrifdien  „trüber" 
bebrobt  mar,  manberte  im  grüfjjafjre  1548  eine  gange  Sdjaar 
berfelben  —  etma  fünfbunbert  an  ber  ßafjt  —  aus  ber  Heimat 
5iinäd)ft  nad)  Sßofen,  mo  ber  bent  Sßroteftanttemug  nid)t  abfjolbe 
polnifdje  Statthalter  ©raf  StnbreaS  öon  ©orfa  fie  mofjlmoüenb 
aufnahm.  8C(8  t)ier  aber  bie  ©etftttrfjfett  if)re  3(u*meifung  bttrdi 
fefctc,  rid)teten  fie  iljre  23ltde  nad)  —  Sßreufjen.  SBar  bod)  ber 
9tome  beS  preuf;ifd)en  §erjogs  afö  be§  „SßatronS  aller  ©ban* 
gelifdjen",  tote  il)u  ßa$fi  genannt  batte,  meitfjiu  bet'annt,  unb  au 
bent  preufeifdjen  SBifctjofe  Speratu*,  beffen  ^erg  manu  für  bie 
üftäfreen  fd)lug,  burften  fie  fjoffett  einen  geift(id)eu  SBater  ju  fhtben. 
80  gcfdjab  e$  aud).  £urd)  §mei  ber  Irrigen,  Slbam  SBaccataurenS 
unb  Sodann  ©tirfe,  leiteten  fie  junädjft  SBerljanblungen  mit  beut 
^erjoge  X'llbredjt  ein,  unb  am  6.  Chili  1548  erfolgte  oon  feiten 
bes  dürften  ber  öefdjetb:  er  erienne  ficfi  als  dn*iftlid)e  Dürtgfeit 
fd)ti(big,  ber  armen  (iliriften,  [0  um  ber  SBdjrljeit  S^rifti  mitten 
verfolgt  mürben,  fid)  anjune^men;  er  gefiatte  ibuen  bemnadi,  fid) 
in  ^reu|en  nieberjutaffen,  aber  nur  unter  ber  öebingnng,  bau 
fie  fid)  ber  preufjifdjen  SanbeSfirdje  einorbneten.  ;\n  biefetn 
ßtoede  mürben  btÄönigSüerg  juSBeümadjt  L548  SJer^onblungen 
gepflogen;  eine  vom  ^erjoge  eingefel.Ue  Theologen  Viomiitmion 
raub  bie  bbl)inifd)eu  Vlbgefanbten  in  ber  l'elire  übereinitimmeub 
mit  ber  XHiigvbuvgijdieii  .Sionfeifion,  unb  ba  fid)  bie  Bobinen  aud) 
in  ben  Mirdiengcbräiidjeit,  befonberS  in  ber  ©otteäbienftorbnung, 
ben  pveuf.iidien  ©ebräudjen  anyiidüiefkm  oeripradieu,  malirenb 
innen  mandjeä  Nationale,  j.  SB.  für  il)te  iiönmifdien  Sßrebigtgotteä 
bienfte   Um   bol)mi'fdier   ©efang,   gelafien   mürbe:    fo   ftanb   ihrer 


82 

9tnfiebelung  in  ^reufeen  fein  £mberm§  im  äBege.  Qefct  mar  eS 
l)auptfäd)ticf)  Aufgabe  ber  23ifd)öfe  ^o(en|  unb  ©peratuS,  bie 
(Singtieberung  ber  böfjmifcfjen  Emigranten  in  bie  preuftifd)e  £anbeS= 
firdje  gu  üottgieijen,  unb  ba  biefer  Vorgang  ttjatfädjltdj  tuefenttid) 
im  (Sprengel  beS  s-öifdjofS  ©peratuS  fief)  tiott^iefjen  fällte,  fo  ift 
er  üon  nun  an  als  bie  eigentliche  STriebfeber  ber  ganzen  23emegung 
anjufe^en.  ßtoar  °*e  non  ben  beiben  iöifct)öfen  ausgegangene 
unb  öom  §er§oge  @nbe  Februar  1549  betätigte  „Orbnung  unb 
Strtüel . . .  üon  tuegen  ber  fremben,  etenbiglid)  öerjagten  Söhnten" 
(tateinifd)  „Eeclesiastica  deereta  de  advenis  Bohemis  exulibus"), 
ift  meber  ©peratus'  nodj  potent}'  Sßerf,  fonbern  enthält  nur  bie 
üon  ©tapt)t)tu§'  §anb  gefdjriebenen  S-Sefd)lüffe  ber  oortjin  ge= 
nannten  ftönigSberger  Geologen  »ftommiffion;  biefe  Drbnung 
fommt  t)ier  aud)  nur  um  bestritten  in  Söetradjt,  meit  mir  au§ 
it)rer  üeberfdjrift  erfetjen,  ba$  ©peratuS  fie  öottftänbig  gebilligt 
t)at.*)  3nbe§  bie  Hauptarbeit  mar  bod)  bie  Unterbringung  ber 
93ül)men  felbft ;  biefe  aber  leitete  ©peratu»  in  ^ßerfon  —  natürlid) 
©djritt  für  ©djritt  im  (SinüerftänbniS  mit  bem  Herzoge  unb 
feinen  Späten.  ßunädjft  natjm  er  fie  in  feinem  eigenen  91mte, 
in  SJcartenroerber  felbft,  entgegeufommenb  auf,  unb  erllärte  fie 
feier(tcr)  am  13.  Sanuar  1549  im  2)ome  bafelbft  für  Slngefjörige 
feines  58tstum§,  „inbem  er  babei  itjrem  ©tauben  unb  frommen 
SBanbel  ein  rül)mlid)eS  ßeugniS  auSftellte";  fie  erhielten  l)ier 
fogar  einen  Xeil  ber  Äatfyebrale  für  itjren  eigenen  ©ebraud)  ein= 
geräumt,  benjenigen  nämlid),  toetdjer  feitbem  bie  böfjmifdje  ftirdje 
Reifet,  ©peratus'  £)anblung§iueije  oerbient  um  fo  mel)r  Slncr» 
!ennung,  ba  er  babei  ben  luftigen  Söiberftanb  ber  SBürgerfdjaft 
9)carienmevberS  §u  überminben  tjatte,  meldte  bie  ^remblinge  nidjt 


*)  Siefe  „Crbnung"  geftattete  ben  Söhnen  ^Srebtgt,  £ated>i§mus= 
unterrid^t,  Saufe  unb  Sandte  gemäfj  ber  2Iugßburgifd)en  ßonfeffton  unb  bem 
lut(;erifd)en  ftatedüämuä  in  bcfymifcfoer  Spradie  in  ben  @otte§t)äuferu 
SßreufjenS,  aber  nur  in  ben  nicht  burdj  lanbeefird)lid)en  ©otteSbieuft  beaw- 
fprudjten  Stunben  unb  unter  2(uffid)t  ber  t>on  bem  33ifdt)ofc  berufenen 
Pfarrer.  2)a§  2(benbmal;l  folite  für  ©euifcfye,  ^poten  unb  Söhnten  einheitlich 
gefeiert  werben;  bod)  feilten  für  bie  9Md;t=2)eutfd)en  Sßräfationen  in  ibrer 
Üiutterfprarfic  »prangeren,  um  ilnicn  babtird)  baö  SBerftänbniS  ber  heiligen 
ftaublung  ju  erleichtern. 


83 

aufnehmen  luotlte  unb  ifjnen  btö  Bürgerrecht  oermeigerte.  Obq(etcr) 
förperlid)  traut  unb  elenb,  leitete  er  barauf  aud)  nod)  im  Sanuat 
1549  bie  Unterbringung  ber  ©öljmen  in  Solbau,  unb  mat)r= 
fcfjeinücf)  mirb  er  itjren  ÜJtteberiaffungen  in  ben  Kantern  .'po^en= 
ftetn,  Sfeibenourg  unb  ©itgenburg  biefetbe  Sorgfalt  ^ugemanbt 
tjaben.  dlod)  im  Saufe  be§  ©ommerS  finben  mir  H)n  eifrig 
bebadjt,  in  bem  oom  polnifdjen  Kriege  tjer  „müften"  ©täbtajen 
©arnjee,  mo  er  aß  Söifc^of  ein  Former!  befaß,  eine  ©ö§meu* 
Kolonie  einjuridjten.  äftefjtete  ©djreiben  fiub  un3  in  biefct 
Angelegenheit  erhalten;  am  meiften  ct)arafteriftifct)  ift  ba*<  oon 
SperatuS'  eigener  £anb  fonjipierte  oom  13.  Sfaguft  1549  an 
ben  preu&ifdjen  Ober-9Jcarfd)al{  g-riebridj  oon  ber  Detfmifc:  pnf* 
unb^manäig  Bürger,  f abreibt  ber  Bifdjof  baf  mürben  in  bem 
müften  Stäbtlein  motjnen  tonnen;  mefjr  mürben  nidjt  genug  Ader 
Ijaben,  barum  bleibe  man  beffer  bei  biefer  ftafyt]  fo  fönneu  bie 
Beute  fid)  um  fo  beffer  bereifen,  ba  an  bem  Orte  fonft  nicfjt  diel 
ju  Raubtieren  fein  merbe.  Aud)  ^u  fed)§  bis  ad)t  Buben  fei 
SRaum  gelaffeu,  ferner  31t  Üktljaus,  s£farrl)auS  unb  Sdjule.  Tic 
ßeute  mollteu  nod)  511m  SBinter  bauen;  es  fetjle  aber  an  flimmtr* 
teilten ;  bie  wenigen,  meldje  es  ht  äftarientoerbet  gäbe,  l)ätten  alle 
.\>üubc  ooll  51t  ttjun.  Stoljet  bäten  bie  ©arufeefdjen  öölmten  ben 
©erjog,  et  wolle  bie  ^auptfeute  (Borfterjeri  ber  benachbarten 
Äemter  i<reufüfd)  =  .vmllanb,  ä)col)rungeu,  ^reumfebmarf  u.  f.  m. 
antoeifen,  ^intiuerleute  für  fie  311  beforgen;  fie  mollteu  and)  nod) 
ber  ßanbeSorbnung  ©ejaljlung  ttjun.  „©0  bitt  id)  nun  Sure 
•V)L>l)eitr  aud)  unb  ju  ooran  gürftlittje  Turdjlaudjt,  ba|  ben  armen 
Seuteu  otfo  möc^f  geraten  werben;  e3  »tri  Urnen  fonft  $u  [djwet 
fallen  unb  möchten  fid)  toiebet  alnoeitben."  fflaä)  beut  2Bof)l 
molleu,  baS  ber  $et$og  ben  ©öljmen  mieberijolt  bewies,  ift  ntct)t 
ju  jWeifeln,  Dan  aud)  SperatuS  für  feine  Bitte  geneigtes  ©etjöt 
gefunben  tjaben  nnrb.  äöie  et  fo  tynen  aujjetüdj  baä  §au£ 
bauen  l)aif,  [orgte  et  aud)  füt  ilne  geiftig«  SBeiterbilbung.  Htö 
fid)  bet  Damalige  Senior  ber  ©rüber,  SRamenS  äJcad),  im  .vvrbi'tc 
1 519  und)  9Jcät)ren  begab,  übermittelte  SperatuS  ber  llnitat  sw 
Sßrerau  SJorfteßungen  gegen  bie  oon  iiuu  bei  ben  ©rübern 
beobachtete  geringe  Aditung  ber  wiffenfdjafttidjen  ©Übung.  „Tio* 
Ijatte  ben  Erfolg,  bau  bie  llnitat  jWei  junge  teilte,  ben  taleutoolleu 

nacf ert,  $.  Bperotu«, 


84 

unb  fpäter  afö  böfymifdjen  ®efd)idjt§fd)reiber  unb  ©pradjforfdjer 
fid)  au§§ei(^nenben  3of)ann  23taf)o§(am  unb  Sodann  SRofota,  mit 
einem  ©tipenbium  unb  oon  @peratu§  mit  ©mpfef)tung§briefen 
üerfef)en,  nad)  23afet,  unb  ebenfo  brei  anbete,  Sodann  t)on  Senate!, 
Sotjann  ßoren^  unb  SDcartin  9tbbon,  nad)  Königsberg  auf  bie 
Unioerfität  Riefte."  »45) 

£>ie  SDarftellung  ber  oielfeitigen  f)irtenamttid)en  SBirffamfeit 
be§  @peratu§  motten  mir  ntcfjt  befd)tie£en,  of)ne  eine§  $meige§ 
feiner  Xtjätigfeit,  ber  bt§t)er  nur  geftreift  ift,  nod)  befonber§  §u 
gebenfen.  $)amat§  gehörte,  mie  mir  miffen,  gu  ben  Aufgaben  be§ 
bifd)öftid)en  3tmte§  in  ^ßreufjen  nod)  bie  §anbf)abung  ber 
©f)egerid)t§barfeit.  |)at  er  nun  §mar,  mie  oben  ermähnt  ift, 
bie  ©fjeorbnung  oom  Satjre  1539  felbft  nid)t  entmorfen,  fonbern 
burd)  feine  gebruefte  ^ublifation  berfetben  („Mandatum  de  gra- 
dibus  prohibitis")  fie  nur  gebilligt:  fo  Jjat  er  bod)  tjiernad) 
(Megentjeit  gefunben,  feine  gätjigfeit  al§  promoüierter  ©oftor 
be§  geiftlidjen  9ted)te§  recf)t  grünbtid)  31t  bemeifen.  2Sar  er  oljnefyin 
fd)ou  ein  9ttann  oon  fo  peinlicher  Drbnung  unb  ftreng  fad)tid)er 
@efd)äft§füt)rung,  bafj  ein  geübter  ^Regiftraturbeamter  feine  Elften 
nidjt  beffer  mürbe  geführt  fjaben  —  er  pflegte  auf  jebem  ©riefe, 
ben  er  empfing,  ba§  Saturn  feiner  Sfafimft  unb  ba§>  ber  33eant= 
mortung  be§felben  an^umerfen  unb  in  midjtigen  füllen  ba§>  oon 
it)m  gefdjriebene  ober  biftierte  Konzept  feiner  9tntmort  bei  feinen 
Elften  gu  behalten,  bie  Ijeute  meift  nod)  unregiftriert  auf  bem 
Königlichen  <Staat§ard)iüe  51t  Königsberg  rut)en  —  fo  erfahren 
mir  au§  tiefen  Stften  nunmetjr  audj,  bafj  er  bie  @t)egerid)t§barfeit 
mit  juriftifdjer  (Schärfe  unb  (Sidjerfyeit  §u  fjanbtjaben  oerftanb. 
($3  finb  au§  biefer  feiner  ©efdjäft§füt)rung  gmei  eigenfjänbig  oon 
ifym  gefd)riebene  Urhmben  auf  un§  gefommen,  benen  in  ber 
ßtefd)id)tc  be§  eüaugelifdjen  Kird)enred)te§  eine  gan§  eigenartige 
S3ebeutung  mirb  ^ugefprodjeu  merben  muffen;  benn  e£  finb  Ur= 
funben  einer  (utt)erifd)4ifd)öfüd)cn  ©erid)t§barfeit,  atfo  nidjt  btof? 
Wegen  it)re§  SBerfafferS,  fonbern  melmeljr  nod)  um  itjre§  Snt)atte§ 
unb  itjrer  gorm  millen  bebeutungSboß,  bei  fid)  fotdje  innerhalb 
be£  gangen  beutfdjen  SßroteftantiSntuS  überhaupt  nidjt  mieber 
finben.  2)er  gaß,  melier  §u  ifyrer  9lbfaffung  Slntaf?  bot,  mar 
aßerbingS  ein  rcdjt  unbebeutenber  unb  niebriger.    $u  ©ügenau 


• 

in  bcr  SDiöjefe  ©itgenburg  in  SDfofuren  Ijatte  ein  Änedjt,  Der  mit 

einer  SDfagb  oertobt  mar,  biefe  oor  ^meiunbeinl)alb  fahren  der* 
[äffen  uub  mar  auf  unb  baoon  gegangen;  ber  Söifdjof  mar  ange= 
rufen  morbeu,  feine  (Sntfdjeibung  ju  geben,  ob  fidj  bie  ättagb 
jefet  anbenoeitig  öertoöen  bürfe.  3n  jener  ßeit,  mo  bie  Stauung 
oor  ber  ©emeinbe  nod)  nicfjt  51t  ben  firdfjlidj  notmenbigeu  s-öe= 
btngungen  ber  (SljefdjlteBuug  gehörte,  fonbern  bie  oor  ßeugen 
ftattgefunbene  Verlobung  bie  moralifei)  binbenbe  unb  redjtlidj 
gütige  ©runblage  ber  @f)e  mar,  nnb  baS  §od)^eitemat)l  (bie 
„.Siüftitng")  baz  einzige  öffentliche  (SrfennungSgeidjen  be§  ©b,ebnnbe§ 
bilbete,*)  bebeutete  ber  oorliegenbe  9tedjt§fall  fooiel,  afö  bau  ber 
SBifdjof  entfdjeiben  fottte,  ob  bie  ©fje  ber  SDtagb  unb  be§  iinedjtes 
nod)  afö  ju  9?ed)t  befteljeub  anerfannt  ober  aber  für  nidjtig 
erflärt  »erben  fottte,  in  meld)'  letzterem  $alle  ber  2Bieberoerelje=* 
lidjung  bes  bertaffenen  meiblidjcn  -leite»  fein  ^inberniS  entgegen 
ftelieu  mürbe.  3n  feiner  ©tgenfdjaft  al§  SBifdjof  fe|te  er  nun 
„Widjter"  in  feinem  Tanten  ben  Grjpriefter  (©nberintenbenten) 
oon  ©ügenburg  (jenen  uns  oben  bereits  befannt  geworbenen 
I).  StnbreaS  Samuel)  ein  uub  eutmarf  für  benfetben  1.  eine 
@t)e«s!ßrojei}=Crbnung  uub  2.  bie  gorm  eines  elic --geririit 
lid)eu  Urteils,  mie  eS  nad)  ftattgefunbenem  $ßro$effe  üerfünbigt 
»erben  fottte,  oeibeS  in  lateiuifdjer  ©bradje.  5)ie  Sßrojefj  Drbnung 
oerlangt  juerft  oon  ben  SBertoanbten  ber  DJJagb  bie  ßurücf^otung 
beS  ^lüdjtigeu,  Damit  berfelbe  mit  iljr  fein  eljefidjeä  Seben  führe 
ober  bie  ©rünbe  angebe,  mesbalb  er  ba$u  nidjt  oeroflidjtet  fei. 
vxsü  biefe  ^orberung  unburd)fübrbar,  fo  [djreibt  SöeratuS  in 
feiner  Drbnung  eine  genaue  ttnterfudjung  barüber  oor,  ob  bie 
üföagb  uub  ibre  SBermanbten  ba2  ßnimeidjen  be3  ÄnedjteS  oer* 
febulbet  babcu  ober  uid)t;  finb  fie  bis  ;,u  einem  gegriffen  ©rabe 
fdjnlbtg,  fo  füllen  fie  ihre  ©djulb  eiugeftebeu,  um  Vergebung 
bitten  uub,  jur  öejeugung  ihrer  eigenen  frehoittigen  ©innefl 
änberuug  nrie  jut  Slbfdjrecrung  anberer,  für  Den  .Siirdjbau  tyreS 
Drteä  eine  Summe  ©elb  jur  Strafe  .mhleu.  Ter  ©egrifj  ber 
genugtljuenben  Seiftung  („satisfactio")  nrirb  babei  auSbrücflidj 


*)  »Nuptiae,  professionis  matrimonil  unioa  tessara",  [agi  SperatuS 
fclb|t.    (SRein  U.«8.  III,  1965.) 


86 

abgeroiefen.  darauf  foll  in  richtiger  $orm  bie  oerlaffene  SBraut 
für  (ebig  erftärt  unb  irjr  auSbrüdlid)  baS  ©ingefjen  eines  anberen 
95erlöbniffe§  geftattet  merben,  inbem  man  ben  treulos  glüdjttgen, 
ber  fidfi  fetbft  ben  2Beg  jur  2Sieberoeret)etid)ung  abgefcfjnitten 
fjabc,  feinem  eigenen  ©eroiffen  überlaffe.  Unter  ber  SßorauSfetjung, 
bafj  bieS  ber  SluSgang  be§  'progeffeS  fein  werbe,  fjat  SperatuS 
bem  oon  it)m  „belegierten  Sfiid^ter"  baS  Urteil  fo  entworfen,  bafj 
biefer  nur  nocfj  bie  betreffenben  Tanten  in  bie  überfanbte  formet 
einzutragen  brauchte.  SSie  ber  s^Sro§ef3  barauf  trjatfäcrjtid}  »erlaufen 
ift,  wirb  nirgenbS  gemelbet;  barauf  fommt  eS  rjier  aber  aud) 
gar  nidjt  an ;  für  uns  bleibt  mertooll,  ba$  @üeratu§  aud)  in  ber 
fird)lid)en  ^Rechtspflege  mit  juriftifcfjem  (Sdjarffinn  ftreng  fadjlidje 
@efd)öftSfül)rung  ju  t)anbt)aben  oerftaub. 146) 

©o  roaltete  er  feines  oerantmortungSootleu  SlmteS  mit  nie 
ermübenber  Xfjatfraft,  bis  ber  Xob  tfjm  ben  §irtenftab  aus  ber 
£>anb  natnn;  am  12.  Sluguft  1551*)  ftarb  er  gu  Sötorienwerber, 
nadjbem  er  in  Sßreujüen  27  ^aljre  gewirft  unb  baoon  länger  als 
21  Satjre  bem  Bistum  Sßomefanien  oorgeftauben  tjatte.  Slm 
13.  Sluguft,  nachmittags  2  Utjr  mürbe  er  im  SDom  bafelbft  feierlid) 
beigefe|t.147) 

hinter  itjm  tag  ein  ungemein  arbeitsreiches  unb  gefegneteS 
Seben,  unb  bod)  war  er  oon  Üftatur  fdjwädjlidj  unb  in  ben  testen 
£ecennien  oielfad)  burcf)  Äraufl)eiten  gehemmt  gewefen.  Sein 
33itb  geigt  unS  ben  ernfteu  9J?aun,  mie  er  fid)  bereits  mübe  ge= 
arbeitet  t)at;  auf  bem  Raupte  trägt  er  eine  Sutljermüfte;  $reunbticf)= 
fett  fpridjt  aus  feinen  großen  Singen;  ber  ÖkfidjtSauSbrud  ift 
milb;  ber  untere  Xett  beS  Slntlit^eS  mirb  burd)  einen  Vollbart 
oerbedt;  bef leibet  ift  er  mit  Jalar  unb  ^el^fragen ;  in  ben  ge= 
falteten  Rauben  t)ält  er  ein  23ud)  als  (Symbol  ber  (Srbauung 
unb  ber  ÜDJebitation.14*)  £iefeS  ©iuubilb  trifft  ben  (Skunbgug 
feines  SBefenS;  benn  fo  t)ocl)  mir  eS  aud)  aufdjtagen,  baf3  er  fid) 
bie  miffenfd)aftlid)e  Salbung  breier  £yafu(täten  ermarb,  bafe  er 
auf  tjeroorrageubeu  Äanjcltt  bie  9ftad)t  ber  9?ebc  meiftcrl)aft  mirfen 
ließ,  bie  Gbabt  ber  SMdjtung  in  lateiuifd)er  unb  beutfdjer  Spraye 
pflegte  unb  als  &ird)eumann  alles,  wofür  ei  im  fircrjlichen  ßeben 


*)  9Jid)t  1554,  tüte  faft  überall  faljd)  angegeben  toitb. 


87 

„Orbnungen"  geben  mufj,  ©otteSbienftorbnungen,  ©efangbudj, 
£erjrorbuungen,  felbft  bie  nodj  (jeute  gültige  Umgrenzung  unb 
recr)tlid)e  gunbierung  ber  $farrbe$ir!e  ober  ^arodjteen,  tfjatftäftig 
fcrjaffen  t)atf :  betounbetungSttütbiger  atö  alle  biefe  feine  Seiftungen 
ift  feine  burtf)  fie  l)inburd)mirfenbe  Sßerfönfidjfeit  2Ba3  er  mar  Don 
^erfon,  ift  er  gang  gemefen  unb  otme  ©ctymanfen ;  in  ben  Sauren 
bes  begtnnenben  ©eifterfampfeS,  unmittelbar  nad)  ßutljerS  Sfjefen 
anfdjlag,  mo  e*  galt,  für  ober  roiber  it)n  Partei  §u  ergreifen, 
tjat  er,  ber  bodjgebilbete,  metterfat)rene  unb  tieffromme  ÜDtonn, 
oljne  Sutljer  oerfönlid)  ju  rennen,  feinen  Stanbpuutt  auf  beffen 
Seite  genommen  unb  nie  oerlaffen;  oon  feiner  2Bür$ourger  refor= 
matorifdjen  s$rebigttf)ätigfeit  bi*  ju  feinem  Heimgänge  in  3ttarien= 
roerber  entberft  mau  in  feiner  reftgiöfen  ©efinnung  unb  feiner 
miffenfdjaftlidjen  Uebergeugung  nirgenbS  Unfid)ert)eit  ober  8d)mau= 
fen;  er  mar  cü§  titjeologifdjet  Teufer  ein  gcfdjtoffener  Gtjarafter,  bem 
SßittenBetger  Reformator  au§  freier  Ueber^eugung  parallel  geftimmt, 
ein  ßutfjerfdjer  53ibeld)rift  au§  einem  ©ufje.*)  ©ein  ^riu^ip 
mar  bie  93ibel,  ba§>  gefdn'iebene  ©otteSmort,  meldjes  er  unter 
bem  Ö5eft(f|t§punft  ber  in  (Sfjrifto  un§  gu  teil  geworbenen  freien 
©nabe  ©otteä  fidj  auslegte  unb  folgerichtig  auf  alle  SBetfjättniffe 
ber  &ird)e  unb  ber  2Mt  anjutoenben  fudjte.  2Sie  er  innerlid) 
auf  biefen  ©tanbpunft  unb  oon  ba  au§  ju  feiner  eüangetifdjen 
©efammtanidjauuug  gefonunen  ift,  eitt§iet)t  fict)  aüerÖingS  unferer 
ÄenntniS;  mir  toiffen  nur,  baf?  er  bereite-  L519  in  2Büt$ourg 
unb  L520  tu  Salzburg,  ganj  fidler  aber  im  Januar  L522  in 
feinet  Sßiener  Sßrebigt  biefe  Stnfdtjauung  öofl  unb  gang  gehegt 
fjat ;  mie  mit  einem  Sdt)(age  ftebt  er  fertig  öot  un3  ba,  unb  toaS  er 

*)  Auffällig  möchte  manchem  erfebeineu,  baf?  mnfeben  ibm  unb  Vutber 
nur  eine  aanj  geringe  i'duabl  bon  ©riefen  get»e($fett  toorben  ift.  ^cb  erftäre 
mir  biefen  Umftanb  folgenbertoeife.  2(13  Sberatuä  unb  8ut$et  fielt  berfönßdty 
fennen  lernten  (.vierbft  1523),  toaten  fie  beibe  bem  1".  vebemjjabre  mibe,  alfb 
innerlieb  getoiffenna&en  abgcfebloifene  (ibaraitere ;  pe mm  lieben  Serless  babeu 
fie  nur  ben  SEBintet  1529  )u  1524  acpflcat  bann  bat  SberatuS  1524  h'uteu- 
bergauf  immer  u-erlaffen  unb  Luther  nie  triebet  aefebtu;  bei  bem  ;Huf  hören 
tum  perfönlic(;cn  Bedienungen  aber  erlahmt  etfa$rungSmtt|ig  ber  Brief» 
oertel;r,  jumol  bei  ber  weiten  (Entfernung  iWikben  cachfen  unb  brennen 
unb  bei  ber  ifolirten  Sage  SDlarientoerberS,  baä  nicht  am  Serle^rStc-ege  uriiehen 
ftönigä&erg  unb  $>anjtg  unb  bem  „SReid&e"  (2)eutf«$lanb)  tag. 

6** 


88 

ift,  ba§  bleibt  er  fein  Sebelang.  Gin  folcfjer  äftcmn  feft  bon  ©e= 
finnung,  ftar  in  ber  ©rfenntniS,  fieser  im  Urteil,  ftarfen  SSittenS 
—  mar  er  im  (Stanbe,  ber  pren^ii"cf)en  ©eiftlicfjteit  feine  tf)eo= 
togtfcfje  ©eifteSricfjtung  einzuprägen.  ©eorg'S  öon  s$olent$  fird)en=, 
ja  autf)  roettgefd)id)ttid)e  53ebeutung  fteljt  feft,  unb  bie  Sßerbienfte 
feines  reformatorifcfjen  Kollegen  (5t)rf)arbs  üon  Cueif?  bürfen  mir 
nicr)t  gering  anf ctjtagen ;  3ot)annc§  33riefnnann,  am  £)ome  gu  &önig§= 
berg  s$rebiger  üon  „großer  ßinbigfeit  unb  möglichem  ©rufte", 
SotjanneS  ^ßolianber,  ber  friebfertig  bauenbe,  tief  fromme,  fanget 
funbige  unb  babei  Ijocfjgclefjrte  Pfarrer  ber  Slttftabt  Königsberg, 
ÜDcidjaet  teurer,  ber  gelehrte,  mufif'üerftanbige,  erjrmürbige  Pfarrer 
üom  Söbenidjt  bafelbft  —  fie  unb  niete  onbere  t)od)begabte  unb 
achtbare  Scanner  l)aben  unter  beut  @dmi3e  unb  burd)  bie  |m(fe 
be§  eblen,  frommen  SanbeSrjerren,  beS  9J?artgrafen  511bred)t,  erften 
§er§og§  öon  ^reufjen,  ber  preufnfdjen  Äirdje  unfdjafebare  Sienfte 
geleiftet;  aber  ber  mefenttid)  ibjren  innerften  (£t)ararter  fd)itf,  mar 
^ßaut  ©peratus. 


ftstmcrfitugcst. 


3)ie  CLuellcn  für  ba§  Seben  be3  <3peratu§  finb  1.  feine  3£erfe 
(Sraftate,  (Sutadjien,  ^fttationSaften,  ©ebidte  u.  f.  Id.),  II.  33rief e  bon 
ib,m  imb  III.  33 r i e f e  an  ifyn.*)  @ämtlid)e  brei  Ütbteilungen  finben  fid) 
gebammelt  in  £fd)ad ert  (^?aul),  „Ur  lunbenb  ud)  3ur  3ieformation§= 
gefd;id)te  be3  £erjogtum§  ^reufjen  (^ublirationeu  au$  ben  ß. 
^reufufeben  Staat§ard>itoen,  33anb  43  big  45)."  ©rei  93änbe  (Seibjtg, 
6.  §irgel.  1890):  3>a3  ^erjeidmii  ber  33 riefe  t>ou  ©beratuS  an 
66  Slbreffaten  ftefyt  Urfunbenbucb,  III,  im  „2Hb§abetifd)en  ^nfyaftS« 
33  e  r 5  e i c^t n i s"  ©.  308  unb  309;  bie  Tanten  Don  55  Slbfenbem  berSBriefe 
an  6 ber a tu  3,  ebenfalls  at^Ijabetifcr)  georbnet,  ebenbafelbft  im  „iftegifter 
jur  2(u§nüt}ung  ber  Urfunben"  unter  bem  Kamen  „©beratuS 
($aul)";  bie  Xitel  ber  SßerFe  be§  ©beratuS  ebenbafelbft  im  „Stlto^a* 
betifdjen  ^nb.  a  1 1  §  =  93  e  r  3  e  ic^  n  i  ä"  ©.  309  unb  310. 

Xay,  eö  mir  betgönnt  mar,  in  biefem  UrfunbenmerFe  jablrcidie  unge* 
bruette  unb  bieder  gatu  unbenutzte  ©beratuäs^anbfdjrifien  befauut  $u  madien 
unb  fo  ba3  gefamte  auf  <Sberatu$  bejügKd&e  Dueffemnatertat  in  relativer 
93oltftänbigfeit  borjulegcn,  berbanfe  id)  I;aubtfäa)lid)  bem  giüdiiden  llmftaube, 
bafs  id;  auf  bem  Jtönigöberger  ,U.  ®taat3ard)ibc  b  e  n  u  0  $  u  n cegi  ft  r  i  e  r  t  e n 
banbfdmftlid>en  SRacbJajj  beS  ©beratuS  benufeen  burfte.  2$  babe  infolge 
beffen  olmgefäbr  nod>  einmal  fo  Diel  §anbfe§rtften  bertoerten  tonnen,  aß 
fie  Dor  bwifjtfl  Rainen  bem  toaeferen  Biographen  beä  ©toeratuS  S,  ,\.  Eofod 
ju  Webote  ftonben.  (Sgl.  beffen  Schrift  „SßauIuS  ©beraiu8  Befcen  unb 
Siebet."  (5in  Beitrag  jut  SReformarionSgefdbjdjte,  befonberS  jur  Sßreufjif$en, 
toie  jur  £bjunologie.  8taunfd)toeig  1861.)  ©oloeit  Eofad'S  Sd&rift  eine 
©arftcllung  beS  V  eben  3  beö  ©beratuS  bietet,  glaub«  ich  ti  bimb  meine 
©arftcllung  erfycblid)  ergänzt   unb,  too  t&  nötig  mar,  betbeffert  ui  babon. 

*)  2)aju  fommen  nodj  einige  ioenige  9ta$ri$ten  a\i$  ben  (ibvouifen 
8e(er*?ß(arner'S  unb  Jreibetg'8;  bie  Jladjrictyten  Simon  (Srunau'fl  flnb  in 
23ejug  auf  ©bcratuS  unbrauchbar.  Sitte  brei  Cibvoniüen  fiebe  in  meinem 
U.*«.  III  im  „JHegifter." 


90 

Sa  ba$  genannte  Sud)  aber  bon  ©beratug  eigentlich  redt)t  wenig,  rootyf  aber 
bon  anberen  £euten  unb  Saaten  rectjt  biet  erjagt,  baju  in  ber  gtuetten 
Abteilung  über  „Sautug  ©beratuS'  Sieber"  fbra$gcfd>icf/tlid)  mertbotte  2lu3s 
füfyrungen  bringt:  fo  toirb  e§  al§  ÜRad)fd)Iagebucb;  gemifj  aucfi  nod)  meiterbin 
Iet)rretd^  bleiben. 

Sa  td)  in  bem  I.  33anbe  meinet  Urutnbenbucr)e3  at§  (Sinleitung  ju 
ben  Urtunben  eine  Sarftettung  ber  „Sreufjifcfyen  3?eformation3gefcbicf;te" 
gefcfyrieben  l)abe,  in  meld()er  an  ben  entfbrecfyenben  (Stellen  bie  2Birffamfett 
be§  ©beratu3  bereite  fungiert  ift,  fo  barf  idj>  Jt>ot)t  um  @ntfdf)u[bigung  bitten, 
bafj  id)  mid)  b]ier  öfter  barauf  be^ietje.  ^ene  meine  Sarftettung  jitiere  ic§ 
mit  U.=93.  (UrfunbemSud))  I,  (Bette  .  .  . ;  bie  Duetten  felbft  bagegen  mit 
VL.-.fß.  II  unb  III,  3lt 

1.  (©.  3.)  1X.=S8.  9tr.  2352  unb  2361.  —  ©eigentlich;  nennt  audj  ^erjog 
SUbrecfyt  t§n  „S3i[cb>f  tyaul  ©beraiuS  bon  Motten"  (in  einer  llrhmbe  bom 
19.  Suti  1546,  U.=33.  3lr.  1800). 

2.  (©.  3.)  Sie  lateinifcfye  Benennung  „a  Rutilis"  gebraucht  ©beratu3 
felbft  3. 23.  in  einem  »riefe  an  23rtefsmann  d.  d.  1 546,  ÜTCat  3 1  (ll.=S.  III,  9Jr.  1873) 
bei  ^icolobiug,  bie  bifd)öflid;e  ffiürbe  u.  f.  ro.  ©..120;  aud)  ©beratuS' 
©ofm,  9Iamen§  SHbert,  beseidmet  ftd&,  „a  Rutilis"  in  U.=S.  3lx.  1385  u.  1386. 
—  ©d)on  koffert  fyat  erliefen,  bafs  „a  Rutilis"  nid)t  burcb  „bon  StottweU" 
überfe^t  werben  barf,  unb  b>t  al§  ©eburt-Bort  Sötten  bei  Gcttmangen  ber= 
mutet,  ma§  burd)au§  burd)  bie  bon  mir  fbäter  gefunbenen  §anbfcbriften 
(f.  2lnm.  1)  beftätigt  mirb.    (Sgl.  U.=93.  I,  ©.  49.) 

3.  (©.  3.)  %n  einem  (fdpn  bon  Soffert  a.  a.  D.)  benutzen  Iateinifd)en 
©ebid)te  auf  Qd  bom  ^atjre  1517  nennt  fid)  ©beratu§  „Elephaugius" ; 
baäu  gefügt  fmbe  id)  (11. =93.  I,  ©.  49,  2lnm.  6)  bie  glaubmürbigc  d)ronifatifcr)e 
yiadjvidjt,  bafj  er  fidt)  ju  Sglau  im  2>al)re  1522  auf  bort  bon  ittm  aufgeteilten 
SBabbenbriefen  al§  „Elephangius,  presbyter  Augustanae  dioecesis" 
bejeidmet. 

4.  (6.  3.)  ©0  berichtet  Sötgaub  in  f.  Vita  Sperati  (ll.=93.  9lr.  2419) 
Adam,  Vitae  theologoriuu  p.  200,  giebt  nod)  an:    „V28  Ufyr  33ormittag3." 

5.  (©.  3.)  ll.=23.  Vit.  1089:  Sanadt)  ftanb  ©beratmS  bon  ifliaricnmerber 
au$  [im  I^afyre  1537]  in  Sörieftt»ect)fel  mit  Jj?an3  g-riebrid)  Stummen  bon 
9ieuburg,  Dberbogt  ju  Äirdjfyeim  unter  %td.  ©beratug  fyat  bie  jnüfd&en 
il)m  unb  ber  ^amtlie  £f)ümmen  (£l)umm)  beftefyenbe  „Äunbfdmft  jju  erneuern 
gefud;t" ;  unb  S4)ümmen  Berichtet  eine  ^-amilienangelegcnbeit  au$  ©üloangen: 
„2Ubred)t  SEtyumm,  mein  Setter,  etroan  Somfyerr  in  ©Ilmangen,  ift  bieg  2>atyr 
geftorben.    ©ott  motte  it)m  eine  fro^tict)e  2tuferftelnmg  beriefen." 

6.  (S.  3.)  Sie  beiben  bon  mir  aufgefunbcncn  ^anbfcbriften  ftitben  fidb 
in  meinem  U.s83.  9Jr.  660  unb  2419  (Slnfyang).  lieber  23offert'§  Meinung, 
bafs  ©beratuö  beutfd;  „<poffer"  get)ei^en  b^abe,  bgL  ll.=3}.  I,  ©.  50,  2lnm.  2. 

7.  (©.  3.)  3Sgt.  ba§  9cäb>re  barüber  in  U.--93.  I,  ©.  51,  Sinnt.  1. 

8.  (©.  4.)  lieber  feinen  ©tubiengang  beriditen  äöiganb  (ll.=S3.  9?r.  241:», 
Vita  Sperati,   unb  ia§>  angehängte  ©ebicbt)   unb  6^)riacu§  ©bangenberg 


91 

(11=23.  5Kr.  2426).  —  3m  ^re  1522  bezeichnete  fid?  eperatus  felbft  al§ 
„artium  decretoramque  doctor"  auf  t>on  tbm  in  Jgtau  aufgeteilten 
2Ba££enbriefen  in  Leupold's  Historia  Pauli  Sperati.  (Sgl.  11. =23.  I,  ©.  49, 
2lnm.  H,  u.  II.  9cr.  52);  „ber  ^eiligen  Sdutft  2octor"  mirb  er  in  5ir>ei 
amtlichen  llrfunben  (SSoBmadjten)  bom  31.3Kärj  1526  genannt  (11=33.  Sflr.459); 
bie  Promotion  jum  D.  theol.  beriebtet  audi  SBtganb  (ll.=23.  9Jr.  2419). 

9.  (©.  4.)  Sßiganb  in  ber  Vita  Sporati  II. =33.  Dir.  241!'.  25afür  fpriebt 
ber  Umftanb,  bafj  ©peratue  mebrmalS  33ejiefnmgen  jur  Sßtener  llniöerfität 
hatte:  im  ^a^re  1517  verfertigte  er  auf  eine  SSBienet  Sisputatton  (iefe^  ein 
Gtebidit  (11. =23.  NJJr.  IIb);  1522  prebigte  ©p.  in  SBien  unb  erregte  bamit 
ben  §af5  ber  SBiener  tfyeologifdjen  gafultät  (11. =23.  9Jr.  25.'i);  1524  fanb  ein 
©treitfebriftenmedpfet  jmifeben  ibr  unb  ©peratuS  ftatt  (U.=93.  9Jr.  47 ;  210; 
211;  226). 

lü.  (©.  4.)  Gnbe  be£  SatyreS  1534  fd)rieb  ©peratuS  a(3  ebangelifcber 
33ifcbof  an  einen  ©eiftlidjen  Samens  ©duibart  in  ^banniSburg  in  ^reufjen: 
...lam  annis  plus  minus  XXVIII   verbi  ministrum  ago"   (11. =23.  9Jr.  949). 

11.  (©.  4.)  23ei  Seupolb,  Historia  Pauli  Sperati,  Vgl.  U.=23.  I. 
6.  4'.»,  SC.  6. 

12.  (©.  4.)    U.=23.  div.  IIb. 

13.  i3.   1.)   öanbfcbriftlicb  bejeugt  bei  Sdjarolb,  fiefye  unten  21.  ' 

14.  (©.  4.)  2Biganb  a.  a.  D.  (U.=23.  9?r.  2419)  unb  Stieget,  „bie 
alte  unb  neue  botmi.  33rüter=£>iftorte"  ©t.  24,  Sln^ang  ©.  57:;. 

15.  (©.  4.;  Tan  er  oorber  in  2Iugeburg  gemirft,  tvie  3iierft  bie 
2ßoIfenbütteIer  öanbfcbrift  ber  Vita  Sperati  öon  SBiganb  (U.=23.  9Jr.  2419) 
unb  banadi  S^traeuS,  2(bam  unb  Sieger  behaupten,  finbe  i*  bureb  nicbtS 
bestätigt. 

16.  (3.  1.1  Xk  auf  feine  Berufung  nacb  SBürgBurg  bezüglichen  9Jer= 
banblungen  fübrtcn  bie  £omberren  ^eter  toon  2(uffef;  unb  Jtarl  tum  Ibaun 
im  SRamen  beS  23ifdjofö  unb  beS  Domftiftei.  (innige  Duelle  bafüt  ift 
©djarolb  (ftarl  ©ottfrieb),  1  >r.  Martin  8uib>t8  Deformation  in  näcbfter 
23c3iebung  auf  ba*  bamatige  23i3tum  SBütjburg.  (SBttrjburg  1824)  3.  186 
unb  187  Ina*  .VHtnbfduiften  bcS  2)omftift3=2lrcb>3).  3»  >bre  1522  be= 
u'idmete  fid;  ©peretfuä  „Canonicus  N «« \  i  Monasterii  Wirtzeburgensis" 
in  Seupolb'«  Historia  Pauli  Sperati  f.  ll.=23.  I,  S.  49,  K.  6  unb  11.  8.  Wr.  52. 
—  Sein  viahr  (Schalt  mirb  aueb  in  ber  <Sb>cmi!  Seiet  ftlatntrfl  (Act« 
Borossica  II.  667)  ermähnt. 

17.  (3.  5.)  Heber  $u$8  bgl.  ISofarf,  Speratu«  (1861)  S.  7;  über 
Spei,  SDhityert  Äuffat  In  feiner  Bd/rifl  „Äu«  bem  Uniöetfttät«  unb 
©elebttenleben"  ic.  (1866),  bagu  mein  tt..«.  I.  3.  168 f(  unb  lll.  Regiftet 
sub  \.  Jlpcl;  Übet  A  i  f  du-  r  mein  &.«».  I.  B.  26  unb  157,  baut  III.  Re« 
giftev  sub  v.  Atjd'er. 

18.  (3.  ■"..)  Eo  mürbe  j.  8.  ©abinu«  (ber  neunmalige  erfte  Rettot 
ber  RbmgSbetget  UniOerfität)  im  >tue   1584  in  Italien  VMOHlicber  r,8fal|» 


92 

graf."    Söbtoen,  Sic  ©rünbung  ber  Uniberfität  in  Königsberg  k.  (1S44), 
@.  39  unb  mein  U.=33.  I,  ©.  256. 

19.  (©.  5.)  Sn  Seutootb'8  Historia  Pauli  Sperati  f.  tl.=93.  1,  ©.49, 
2t.  6  unb  U.s».  II,  3tr.  52. 

20.  (©.  5.)  Strs  id&  über  biefe  Verbältniffe  im  il.*33. 1,  ©.  52  banbette, 
fannte  td&  bie  ^anbfd^riftticr)en  9Jad)ricbten  bei  ©dbarotb  (f.  2lnm.  16)  nod) 
nicbt;  nunmehr  bin  idj  ber  Meinung,  bafj  ©toeratuS,  ba  er  in  SBtirgburg 
„gleid»  anfangt"  mißliebig  mürbe,  bort  nict)t  noa)  bie  2tu§3eid6nung  eine§ 
^äpftlicr)en  Sßfatjgrafen  erhalten  baben  mirb. 

21.  (©.  5.)  darüber  berietet  ber  römifct)=fatr;oIifcr)e  ©cbarotb  a.  a.  D. 
©.  137  (f.  oben  Sinnt.  16)  nad)  §anbfd;riften  be§  Somfttft§=2lrcbib<S  bon 
2Bür3burg,  abgebrudt  in  meinem  U.*23.  III,  9lad&irag  b. 

22.  (©.  6.)  Sie  „Sienftentlaffung"  bei  ©d>arotb  a.a.S.  ©.218; 
baju  ber  Sericbt  SutberS,  bafs  ©toeratuS  „Wirceburgensis  concionator 
expulsus"  fei  (De  Wette  II,  448).  ^erjog  ©eorg  bon  ©ad&fen  giebt 
ferner  al§  ©runb  ber  Vertreibung  beg  ©beratuS  auö  Sßürjburg  beffen  Ver= 
beiratung  an  (U.=33.  II,  3lv.  166).  Stuf  bie  Verheiratung  be3  ©beratuä  bejie^e 
ia)  nun  bie  bon  bem  antibroteftantifd)  gefinnten  ©dbarotb  a.  a.  D.  ©.  137 
nad?  Sßür^burger  fcanbfd&rifien  gegebene  GrgfifyuKg:  ©beratu§  „gab  burdj 
fein  fitttid)eg  Setragen  ein  böfe§  Veifbiel.  Man  eitte  baber,  ityn  burdj 
2tbnabme  eineä  (Sibe§  ju  einem  befferen  Verhalten  berbmblicb  311  machen, 
unterfagte  i$m  ftrenge,  fünfttg  met)r  Singe  ju  brebigen,  bie  «Reib  unb  2tuf- 
rut)r  erregten,  unb  ermahnte  il>n,  ein  ebrbareS,  rebttcr)eö  geben  31t  führen 
unb  hierin  feine  Vorfahren  fidt>  jum  SDlufter  bienen  31t  taffen."  —  «riefe 
bon  unb  an  ©beratus'  ©attin  2lnna  (bie  tb>  übertebte  unb  1558  nod)  am 
Seben  mar)  f.  im  Stegifter  ju  U.*S3.  III  unter  ©beratuS'  (SßauI'S) 
®b  efrau;  bgl.  meine  Sarftellung  in  U.=23.  I,  ©.367  ff.  —  Sa  ©beratuS 
feine  ©attin  im  Slnfange  be§  3abre<§  1522  in  Sßien  bei  ftdt)  batte  (U.=33.  II, 
3fo.  253,  golio  A  ]vo)#  bor  ber  aber  in  ©aljburg  (mobiu  er  aus  2ßürj= 
bürg  gebogen  mar)  at§  Sombrebiger  mirfte,  auZ  metdber  ©tellung  er  inbefc 
aua)  bereits  etma  im  ©bätfjerbfte  1520  bertrieben  morben  mar  (bie  Duellen 
barüber  f.  U.=33. 1,  ©.  53,  2tnm.  3):  fo  ift  bie  SBür^burger  Sienftenttaffung 
be§  ©beratuS  in  ba3  £abr  1520  ju  fe|en;  feine  Verbeiratung  aber  mirb 
furj  borber  ftattgefunben  baben. 

23.  (©.  6.)  ©beratu§  an  »iarfgraf  2tlbred;t  d.  d.  1524,  ©eptbr.  16. 
(U.=33.  3lv.  254).  (Sine  (Sbarafteriftif  Sang'g  in  (So fad,  ©beratuS 
(1861),  ©.9  ff. 

24.  (©.  8.)  Sttet  unb  Vefdjreibung  be§  (SjemblarS  in  U.=«.  II,  5Rr.  172. 
Sut^etS  tateinifa)e  ©cbrift  in  @rl.=2Iusg.,  Op.  lat.  var.  arg.  t.  VI,  p.  492  sqq. 

25.  (©.  8.)  ©beratuä  in  feiner  ©ä)rift  „2Bte  man  trogen  folt  auf's 
Äreu^  u.  f.  ro."  (U.=53.  9ir.  165)  Statt  B2. 

26.  (©.  9.)  Sie  §anbfd>rift  ber  s^rebigt  ift  ibm  entmunben  morben; 
im  ©efängniS  ju  Dfotüfc  fcbrieb  er  fie  im  $abre  1523  au§  bem  ©ebäditmS 


93 

mieber  auf;  banacfi  gab  er  fic  1524  im  (September  ju  «Königsberg  in  Sßreufjen 
im  Srud  b>rau3:  U.=33.  II,  9fr.  253.  —  Sie  im  Sejtc  aufgehobenen  Stellen 
fielje  J-olio  d8v0  unb  e4. 

27.  (©.  9.)  Sie  £afültätst»erf)anblungen  bei  Stint,  ©efcf).  b.  Unit). 
2Bien.  ob.  I,  Seil  2  (1854),  ©.  1 25— 130.  Bon  einer  ©efangcnnabme  be§ 
©peratus"  in  2Bien  unb  Dfen  ift  urhmblidi  niditS  berietet. 

28.  (©.  9.)  Srucfe  in  U.»S5.  9fr.  210.  —  «gl.  ba$u  3fr.  253  am  ©dilufj. 

29.  (©.  9.)    U.=33.  II,  9fr.  226. 

30.  (©.  9.)  Heber  ben  2ütfentf)alt  be§  @fceratu§  in  Sglau,  fein  Öe= 
fängniä  in  Dlmü§  unb  feine  Sieife  über  ^3rag  (nad)  Wittenberg)  fyaben  mir 
3  hm  Quellen:  1.  einen  93ericr)t  Don  ©toeratu§  felbft  in  feiner  ©cfirift  ,,2Bie 
man  trogen  foU  auf<8  Äreuj  u.  f.  ro."  (1524,  U.=B.  II,  3fr.  165)  unb  2. 
Seufeolb's-  „Historia  Pauli  Sperati",  (U.-B.II,  Kr.  52).  Severe  ift  ge= 
brudt  in  „Gfyronif  ber  königlichen  ©tabt  Sglau,  herausgegeben  bon  Gfyriftian 
b'Slroert  (Srünn  1861),  ©.  45— 59.  (©ofad  §at  in  feinem  ,,©fceratu§", 
1861,  biefe  Duelle  nod)  nid)t  benufcen  fönnen.) 

31.  (@.  11.)  Gr.embfore  biefer  ©djrtft  in  tt.*B.  3fr.  165.  —  SarauS 
nod)  ßinjelljeiten  über  ©beratuS'  Berufung  in  Sßlau  6ei  So  fad  a.  a.  D. 
©eite  17. 

32.  (©.  11.)  Seufcolb  bei  b'Glmert  a.  a.  D.  ©.  46. 

33.  (©.  13.)  Sie  9JJanbate  be§  ÄönigS,  bie  Briefe  be§  BifdjofS  bon 
Clmüli,  bie  meiteren  Verfyanblungen  bis"  3ur  Verurteilung  be§  SberatuS 
jum  ^eucrtobe  u.  f.  \v.  in  2eubolb§  Historia  Pauli  Sperati  bei  b'Glmert 
a.  a.  D.  2.  47— 53.  —  Sa3u  ©beratuS'  ©rja^Iung  in  „2Bie  man  trogen 
foll  auf'3  Äreu3  :c."  33latt  B;..  —  Sie  Verbrennung  ber  ©dn-iften  8ut$er8 
U.=33.  9fr.  104  a.  —  Safe  ©beratuS'  liinferferung  nod)  auf  ein  Diaubat  be§ 
.Könige  fnn  erfolgt  fei,  ift  mit  ßofacf  a.  a.D.  ©.  19  anjunefymen. 

31.  (S.  13.)  Sie  9Jadjrid)t  barüber  in  i'eubolb'ö  Historia  Pauli  Sperati 
bei  b'lSlmert  ©.  55:  ,,2lud)  fyat  er  in  mäfyrcnbcr  QJefängniö  ein  fdumeS 
beutfd;eS  £ieb  gonadit,  bcffen  2lufang  „(SS  ift  bas  §eil  un$  fommeu  f;:r", 
welcr/eS  nod)  bei  unferer  .Uirdie  alliier  gefungen  toirb." 

35.  (©.  14.)  ©ofad,  (5.  %,  BaufoS  ©beratuS'  Beben  unb  Siebet" 
(1861)  ©.  288—251. 

36.  (©.  15.)  21.  a.  D.  ©.  245. 

37.  (S.  15.)   U.*».  9fr.  IIb. 

38.  (3.  16.)   IX.*®.  9fr.  HU  b  unb  c. 

39.  (3.  16.)  ©BeratuS  in  r,3Qi«  mau  froren  foll  u.f.W."  Blatt  l>_.  unb 
im  Sebifationsfdireibcn  an  2llbre*t  U.»B.  Kr.  254. 

40.  (S.  16.)  gm  original  oorfyanben  „im  Matfyäuslidu'u  2Uduo"  )U 
9Jtarientoerber ;  abgebrudt  in  Sof  ad  o.  o.  D.  ©.22.  Tic  Jeuerßbrunfi 
f/atte  am  5.  Kai  toirttid)  ftattgefunben  unb  gglau  furchtbar  gef$&bigi  („big 
an  bie  neun  .Käufer"  fei  bie  ©tabt  niebergebrannt),  SteratuS  fommt 
felbft  auf  btefeS  llnglürf  )U  fprea)en  in  „2i'ic  man  tronen  foll  :c."  Bt  I»:v".  — 
Diäteres  barüber  in  SeutoIbiS  Historia  Pauli  Sperati  bei  b'Giiocvt  a.o.D.  B.60. 


94 

41.  (©.  16.)  ST.  a.  D.  Statt  D4vo  Unb  B2. 

42.  (©.  17.)  £n  bem  $ebitationijd)reiben  an  3H&red&t,  U.*».  5ttr.  254. 

43.  (©.  17.)  Dueltenmäfuge  ©arftelhmg  barüber  bereits  bei  GofacE 
a.  a.  D.  @.  17 ff.  Saju  fommt  Sutfyeri  33riefroed;fel  b.  ©nberi  III  (18S9), 
363;  fobann  Sutfieri  «rief  t>.  13.  £uni  1522  (IUS.  9fr.  68  unb  I,  ©.  59); 
aud)  U.=S.  9fr.  949  (©peratui  an  ©dwbart).  —  SSgl.  ©inbelt)  (2tnton), 
@efd).  ber  Bö$m.  «rüber  I  (1857)  188. 

44.  (@.  17.)  2utr,er3  «rieftoeef,fel  b.  ©nberi  III,  363;  £utr,er§ 
Briefe,  f,r§g.  b.  35e  2ßette  VI,  32  ff. 

45.  (©.  18.)  21.  a.  D.  Se  Sßette  II,  208;  ©nberi  III,  397  ff.  —  SgL 
U.*S.  9fr.  68. 

46.  (©.  18.)  3n  bem  ©enbf  abreiben  „Sßie  man  trogen  folt  auf's 
ßreuj  2C."  U.=«.  I,  ©.  60.  61. 

47.  (©.  18.)  U.*JB.  9fr.  173. 

48.  (©.  18.)  Sutfyeri  Formula  rnissae  in  (Sri.  2tuig.  op.  lat.  var. 
arg.  t.  VII,  p.  1  sqq.  —  «efd)reibung  bei  Driginalbrudei  unb  SXngabe  bon 
©Eemplaren  ber  Ueberfe^ung  be§  ©peratui  in  U.=«.  II,  9fr.  174. 

49.  (©.  19).  ©in  bon  bort  unter  biefem  SDatum  nad)  Sßien  gefanbteS 
©abreiben  bei  ©peratui  f.  bei  ©ofatf  a.  a.  D.  ©.  27. 

50.  (©.  19.)  2e£t  in  Seupolb'i  ß^ronif  bei  b'©Itt>ert  a.  a.  D.  5S. 

51.  (©.  19.)  U.=«.  I,  ©.  63.  Sort  aucb  bai  9föfyere  über  alle  fonftigen 
Sejiebungen  bei  ©^eratu§  31t  ^gtaxt. 

52.  (©.  20.)    U.=«.  I,  ©.  25.  26. 

53.  (©.  20.)  2t.  a.  D.  ©.  62. 

54.  (©.20.)   U.=«.  II,  9fr.  215. 

55.  (©.  20.)  U.=S.  II,  9fr.  230. 

56.  (©.  20.)  £utr,eri  «riefe,  r,rig.  b.  2)e  Sßette  II,  525  ff.  unb  U.=«. 
II,  9fr.  237. 

57.  (©.  20.)  U.-S3,  II,  9fr.  245  unb  247  (»gl.  246);  253;  254. 

58.  (©.  22.)  2utl)eri  ©a)rift  „Ad  librum  exiuiii  niagistri  nostri 
M.  Ambrosii  Catharini  etc."  in  ©rl.  2Iuig.,  op.  lat.  var.  arg.  t.  V,  286  sqq. 
—  ©jemplare  Don  ©peratui'  Ueberfetjung  in  U.=«.  II,  9fr.  178;  bgt.  I, 
©eite  64.  65. 

59.  (©.  22.)  ©rt.  2luig.,  op.  lat.  var.  arg.  t.  VII,  p.  17.  „Tota 
missa  vernacula  fieret.  Sed  poetae  nobis  desuut  etc.  „Quaeri- 
mus  undique  poetas",  ftt)reibt  2utl>er  ferner  im  2(nfange  bei  ^aljrei 
1524  an  ©palatin,  mit  ber  näheren  2lngabe:  „Cdnsilium  est,  exemplo 
prophetarum  et  priscoriun  patrum  ecclesiae  psalraos  vernaculos 
condere  pro  vulgo  i.  e.  spirituales  cantilenas,  quo  verbum  Dei  vel 
cantu  inter  populos  maneat.  (3)e  SBette,  II,  590.)  Sgl.  ©ofact  a.  a.  D. 
238  ff.  unb  tyejiell  239,  2lnm.  5. 

60.  (©.23.)  ©abinui  an  ©peratuS  in  einer  Sebifation:  „Haec  edenda 
tuo  sub  nomine  carmina  duxi  —  Pauca,  sed  a  studio  non  aliena 
tun."    («ei  Cofatf  a.  a.  D.  ©.  215.) 


95 

61.  (©.24.)  ©beratug'  fateinifcbe  ©ebtdbte  ftnb 

ein§  auf  Sodann  (rd  b.  Sahire  1517,  11. =33.  II,  9ir.  IIb; 
baifelbe  ettoaS  beränbert  in   einem  33riefe  an  ^olianber  Dom 

SaF>re  1539  in  ll.=23.  II,  3fr.  1210; 
ein3  in  bemfelben  33riefe   „Nescio  quis  Dens  hunc  etc."   (oben 

©.  23  abgebrudft) ; 
mabrfcbeinticb  bon  tl;m  berfafet  ein§  auf  2aurentiu§  2Bilb  U.=33. 
II,  9fr.  671.  — 
3?ad;  äuffinbung  bon  9fr.  1210  mufj  ©of  ad '3  Urteil  a.  a.  D.  ©.  240,  bafe 
un§  au3  ber  fbäteren  3eit   bon  ©beratug   „nid;t§   bon   feinen   boetifeben 
$robuftionen  erhalten  ift",  aufgegeben  werben. 

62.  (©.  24.)  Gof  ad  a.a.O.  ©.  239.  Sie  beutfd;en  St rittungen 
be§  ©beratuä  finb  bon  ßofad  in  ber  jroeiten  Abteilung  feinet  SBerleä 
ausführlich  unb  erfcböbfenb  bezaubert,  baj?  id)  mid)  bafür  barauf  bejieben 
fann.  2(bipeidien  mufj  idt>  allerbings  bon  Gofad's  Sarftetlung  ganj 
erheblich  in  Sejug  auf  bie  bon  ib,m  bolljogene  Slufsäfylung  ber  3peratus= 
lieber.  Cr  fyat  als  Siditungen  be«  ©beratus  49  aufgejagt;  nad;  meiner 
gorfd;ung  finb  big  jefct  als  edjt  aber  nur  5  geiftlidie  unb  1  meltlicbe  nad>  = 
jutoeifen.    Sarüber  fofort  me^r. 

63.  (©.  26.)   KM.  II,  Dir.  534. 

64.  (©.  27.)  (5s  eriftieren  bon  biefer  ©idjtung  (beren  @d)tbeit  unb 
SBejie^ung  auf  ben  2(ugsburger  9teid>stag  burd;  einen  Hon  mir  berbffentlid;ten 
Srief  bes  ©beratus  an  öefe  U.*S.  II,  9fr.  S12  feftftet>t)  noeb  jmei  gebrudtc 
Criginaleremblare  (in  SGolfenbüttel  unb  in  Harburg);  über  fie  fiebe  ll.=33. 
II,  9fr.  754.  —  (3n  meinem  U.=93. 1,  ©eite  180  foll  in  beut  (Srcerbt  baraus 
bie  biertlefcte  3ei'e  lauten:  „Sem  ^abft  als  Saien.") 

65.  (2.27.)  Gof  ad  a.  a.  O.  ©.  335.  Scr  :Hcim  bewegt  fid;  nad> 
bem  ©d;ema  abc  abc;  dd  ee  ff  gg.  —  Safe  bie  2lugsburgcr  Vorgänge  in 
^reufjen,  mo  ©beratus  bamals  roirfte,  burd;  33ricfboften  frimell  befannt 
mürben,  f.  jum  iüeifpiel  in  U.=33.  II,  Dir.  741  unb  742  (beibe  auS  2(bel'ö 
ftottefponbeng).  -  lieber  bie  mufif  alif  a)  c  ©eite  ber  Siebet  bon  SbetatuS 
fianbelt  (Sofarf  a.  a.  D.  (nad;  Angaben  Söriug's)  S.  329  6i3  334  unb 
348  biv  349. 

66.  (3.27.)  „2l;eol.  Stubien  unb  .Hvitifen"  (1889)  >> oft  2. 

ct.  (3.  32.)    iL- -H.  l.  3.  61  6i8  94;    bie   Btebigten  be8  öifc$ 
^olenfc,   bie   „Aiosculi"  unb  Btebigten  8tie|mann'8,   f.   im  3tu)alt8 
S3erjeid)ni§  bes 11.»©.  III.    Die  bon  mit  aufgefundene  ftottefponbenj  jtoifc^en 
Jlmanbus  unb  ©beratus  in  11.  B.  11,    Wt.  245  bis  247.     Sgl.  baju  meine 
.  Sarftellung    in    Bejug  auf  Slmanbus   in   ll.*33.   I,  ©.  95  M8  99,    mo   alle 
anbereu  it>n  betteffenben  Duellen  angegeben  [tnb. 

68.  (6.33.)  Briefe,  Serie  unb f onftige Utlunben  bon  Söetatu«  liebe 

&4B.   HL    „;Mibalto  =  ^er;eid;iü-.";    Briefe   an    SöetOtU«    unb    fonfüge 

Grmäbnungen  beSfelben  ebenbofelbfl   Im  „:Heg ifu-r"   jut  Su8nü|ung  ber 

Urfunben,  unter  ,,3oevatu»." 


90 

69.  (©.  33.)   U.--S.  I,  9fr.  253  imb  254.     8g(.  I,  (Seite  92.  93. 

70.  (©.  34.)   U.*33.  I,  9?r.  257.     Sgl.  I,  ©.  93. 

71.  (©.34.)   VL.m.  I,  3fr.  329. 

72.  (©.  35.)   U.*8.  I,  3fr.  418  unb  I,  ©.  128  ff. 

73.  (©.  36.)  2tb(eb,nung  ber  £ran3fubftantiation  mit  ifyren  Sorau3= 
fetmngen  unb  £yo[gerungen;  —  2(nnab,me,  „baf;  unter  bem  Srot  fei  ber  Seib 
ßfyrifti  unb  unter  bem  Sßein  fein  mafyrfyaftig  Slut"  (fo  in  einem  ©ebete  im 
liturgifd)en  2(nb,ange);  —  geier  unter  beiberlei  ©eftalt;  —  gmed  beS 
©aframentS:  „bafs  [ber  ©mpfänger]  fud)e  feinen  ©rauben  an  ba§  2Bort 
[©ottes]  ju  ftärfcn  unb  fein  ©ehüffen  ju  tröften." 

74.  (©.  36.)  U.=S.  II,  9fr.  459. 

75.  (©.  36.)  Xi.m.  II,  Dir.  460. 

76.  (©.  37.)  XLM.  II,  3fr.  533  unb  ^  tatner 'S  ©^romf  374  in  Acta 
Borussicall,  676.  Sgl.  U.--33.  II,  Sir.  601 ;  605a;  631;  632  u.a.m.;  aua)  I, 
©.  134.  135. 

77.  (©.  38.)  II.=S.  II,  9fr.  601  (beS  2lften£>eft).  Sgl.  3fr.  597.  —  Sie 
Ernennung  jum  diät  in  U.=S.  II,  9Jr.  507. 

78.  (©.  38.)  U.=S.  II,  9k.  601a. 

79.  (©.  39.)  U.=S.  II,  9fr.  573  unb  574.  —  Sgl.  aua)  1X.*S3. 1,  £.  152  ff. 
—  Heber  bie  9Jfetra  unb  bie  9teimüerfd;lingung  ögt.  ©of  ad  a.  a.  D. 
©.  268  unb  288. 

80.  (©.  40.)  lieber  bie  preufc.  Hirdienorbnung  tum  1544  fiefye  U.=S.  III, 
9fr.  1669.  25 ort  hnrb  für  bie  ganje  ©emeinbe  angeorbnet,  naa)  ber  Srebigt 
3U  fingen  „ein  d;rift[id)  Sieb  al3 

„Jiun  freut  eud),  lieben  Gfyriften  gemein;   [ober:] 

„9hm  lob  mein  ©eel  ben  sperren.    Dber 

„25a§  Sater  Unfer  bonSBort  juSBort,  ofnie  SluSlegung, 

nad)  ber  ÜDtelobie  be3  £errn  Sifdiofg  oon  Somejan, 

25oftoriS  ^auli  ©perati." 

81.  (©.  40.)  tt.*5B.  II,  9fr.  581  (©peratuä  an  Stomas  ©actyeim). 

82.  (©.40.)  Sut^er  unb  ©£eratu§  fjaben  (1527  unb  2(nfang  1528) 
barüber  forrefponbicrt,  unb  £utb,er  fcfjricb  über  eine  foIct)e  antipäpftlid)e 
©dirift  („2)a§  @efid>t  oon  »ruber  ÄlauS")  an  ©peratuS:  „2Bir  fanden 
(Sud)  ben  Sruber  (5 laufen  mieber,  bafj  ^b,r  ib,  n  ju  ben  anbern  fammlet, 
bie  aua)  mit  3euScn  ftnb  Gljriftt  rciber  ben  @nbed)rift."  25e  Sßette  III,  414 
unb  U.=S.  II,  9fr.  575.  —  S>n  bem  S-riefe  an  ÜfyomaS  ©adfyeim  »om  4.  Januar 
1528,  £ert  in  U.=S.  II,  9fr.  581,  maa)t  ©J>eratu8  aud>  9liitteilungen  über 
bie  ©eminnung  bei  toiclifittfdjcu  RommentarS  jur  2frofalt)pfc.  25ie  (Sbition 
beSfelben  burdi  Sutber  f.  im  U.=2J.  II,  3fr.  610.  -  Sgl.  U.=S.  I,  ©eite  11 
unb  Gofarf  a.a.O.  ©.  60 ff. 

83.  (©.  41.)  ©peratuä  an  Sricfmtann  (latcinifd))  in  ©ebfer,  Epistolae 
Joannis  Brismanni.    (.Hönigöbcrger  UniberfitätS^rogramm  1837),  p.  15.  16. 

64.  (©.41.)  ©beratuS  an  Sriefjmann  in  ©ebfer  a.  a.  D.  p.  17. 


97 

85.  (2.  42.)  ll.=23.  II,  5Rr.  655;  656;  660;  662;  667;  670. 

86.  (©.43.)  U.=93.  I,  Seite  156  big  161. 

87.  (3.  44.)  Sie  amtlicbe  Hmgren;ung  ber  beiben  breufjifcben  Bistümer 
f.  in  U.=23.  IU,  3lv.  1477  (bei  Wcolobiug  3.  142). 

88.  (3.44.)  Sßgl.  U. =53.  III,  9iegifter  unter  „^omefanien"  tmb  „Cueifj 
(lrrf;arb  bon)." 

89.  (3.45.)  lt.=23.  II,  5Rt.  661. 

90.  (3.  45.)  U.=53.  III,  9Jr.  1952.  —  Sag  ültagelfefte,  ©etreibe  unb 
Bie$  füllte  bei  bem  SKüdfall  beg  Slmteg  ÜDIarieniverber  bem  öerjoge  jurücf= 
geftellt  werben.  ll.=33.  II,  Dir.  11  SO.  Sie  „Ginnmfung"  gefdiat)  burd) 
A'cicbel  Don  Srafye,  Sanbbogt  auf  3amtanb,  Sebastian  bon  galfenfyain, 
Hauptmann  auf  9iiefenburg,  unb  Sietridi  bon  23ebenfmufen  ll.=23.  I,  3.  165. 

'.»1.  (3.  45.)  3u  gebr.  3.  (1530)  »gl.  ll.=23.  II,  9Jr.  710;  311  San.  7. 
vJir.  7(iO;   5U  $an.  4.  Sir.  697. 

92.  (3.  47.)  ll.=23.  I,  3.  3(15  ff.  —  Scr  jiticrte  33rief  bon  ^olentj  In 
11=33.  II,  SRt.  884.  —  3beratug  an  ^olianber,  1539,  Sebtb.  13, 
U.sB.  II,  Dir.  1206.  —  Ser  bon  mir  gegebenen  Sarfteltung  febeint  ber 
Umftanb  entgegen  ju  ftebert,  baß  ber  £>erjog  im  Diobember  1542  in  brei  ung 
erhaltenen  Urfunben,  ll.=33.  III,  Dir.  1475  big  1477,  für  beibe  breuftifetye 
2)ifd)öfe  Unterhalt  unb  Ginfommen  feftfefcte;  aber  \va$  in  biefen  brei  llr= 
funben  („Siegimentgnotel",  „örfter  9Jorfd)lag  :c."  unb  „93evforgung  ber 
söifctyöfe")  fteb,t,  ift  —  auf  bem  ^abier  geblieben. 

93.  (3.  49.)  ll.=23.  I,  3.  165  ff. 

94.  (3.  50.)  ll.=33.  I,  3.  170  big  172. 

95.  (3.  51.)  3ämmtfid)e  «riefe  f.  U.=23.  III  im  „^nljaltg^eividmiv" 
unter  Sdjloenffelb,  2Ubred)t  unb  3beratug. 

96.  (3.  51.)  U.=33.  II,  Dir.  522a  unb  Gofacf  a.  a.  D.  3.  s3  ff.  — 
23orb,er  (1525  unb  1520)  baite  fid)  ©betatuS  ju  .Höniggberg  mit  ber  llm= 
ftimmung  feines  SanbSmamieS  Martin  Meiler  (Cellarius)  ou8  3tuttgr.rt, 
eines  öenoffen  ber  groiefauer  Ikobfyeten,  erfolgreid)  DJiübe  gegeben.  U.«ö. 
I,  3.  IS4. 

07.  (3.  52  )  lieber  §eibecf's  Scbriften  unb  fonftige  SBitffamleü 
f.  U.*«.  1,  3.  186  ff. 

'.is.  (3.  52.)  Heber  bie  genannten  Pfarrer,  if.no  Beleimtniffe  unb  bie 
öegenmirfung  beg  ©betatus  f.  11. =53.  I,  3.  193  unb  11.  B.  Hl.  iRegiftet. 

'.10.  (3.  ■"•::.)  Sag  BefenntmS  xScuferg  bbm  3a$te  1531  in  U.  8.  H, 
SRr.  794;  fein  „vibell"  Jir.  800. 

100.  (3.  53.)  Sberatu*'  Mutanten  übet  i'J.idmcl  SteBetfl  ©t$tift 
II   B.  II,  Jft.  644  (bgl.  645). 

101.  (3.  54.)  ©betatu«  „93on  bem  ©aftament",  II.  B.  II,  Rt.  806.— 
Saju  fein  fitenget  Brief  boll  >ni  über  .;;oufev  bom  25.  fcugufl  1531  in 
11=43.  II.  Rt.  811:  ,S.  Fac,  iram  tibi,  Zenkere,  mitto  etc." 


98 

102.  (©.  54.)  ©toeratuS  über  (SrotuS  im  U.-93.  II,  9fr.  818. 

103.  (©.  54.)  3ln  Slpel  ben  18.  3luguft  (U.=33.  II,  9fr.  807).  —  Sin 
£efe  bcn  29.  2Iuguft  (U.*8.  II,  9fr.  812). 

104.  (©.  54.)  2ItoeI  an  §efe  unter  bem  14.  SRat  1532  (U.*&  II,  9fr.  850) 
über  §eibed. 

105.  (©.  55.)  U.=58.  III,  9fr.  1490. 

106.  (©.  57.)  Heber  ba§  9JJanuffritot  „@anjer  £anbel  u.  f.  m."  f.  in 
U.=S.  II,  9fr.  823 ;  ba<§  £oaeitit>=2lnfdjreiben  an  ben  ^erjog  9fr.  868. 

107.  (©.  57.)  Sgl.  U.=33.  I,  ©.  197,  198. 

108.  (©.  57.)  IU33.  II,  9fr.  873. 

109.  (©.  58.)  U.=93.  II,  9fr.  886. 

110.  (©.  58.)  U.=23.  II,  9fr.  827. 

111.  (©.  58.)  U.*93.  II,  9fr.  1087.  —  Safc  £of  ad,  ©üeratuS  (1861) 
©.  141,  bie  SBirfung  be§  9taftenburger  ©efbräd)§  irrtümlid)  bargefteltt  Ijat, 
jumal  er  bie  Hinneigung  SUbrea^tS  jum  ©toirituali§mu§  jroifdjen  1531  unb 
1535  nod)  nidrt  fannte,  fielje  in  U.=33.  I,  ©.  196,  2tnm.  3. 

112.  (©.  58.)  tt.=33.  II,  9fr.  903;  906;  911. 

113.  (©.  58.)  ©toeratuä  an  9Jfrurer,  U.=33.  II,  9fr.  908. 

114.  (©.  58.)  ©iefye  IW8.  III,  Siegifter  unter  ©ajubart,  ©Hubert. 

115.  (©.  59.)  SSgt.  U.=$.  I,  ©.  135.  143.  199 ff.  —  2)a§  „Sefennt* 
ni§"  ÄnottyeS  1X.=33.  II,  9fr.  936. 

116.  (©.  60.)  ©toeratuS'  „2lnttr>ort  unb  gewaltige  Verlegung  k." 
U.s58.  II,  9fr.  937  unb  ben  2tu§jug  barau§  in  ©ofad,  ©beratug  (1861) 
©.  142  bi$  149.  (3m  Vorwort  gut  „Slntroort"  bie  -Jtacfyricfyten  über  bie 
©tynobe  gu  Dfterobe  in  Sreufjen.) 

117.  (©.  62.)  3n  berfelben  Sorrebe,  mitgeteilt  tarn  (Sofad  a.  a.  D. 
©eite  143. 

118.  (©.  63.)  U.=23.  II,  9fr.  736. 

119.  (©.  64.)  £e£t  in  2$.  Äolbe,  Analecta  Lutherana  (1883)  ©.187. 

120.  (©.  64.)  U.*8.  II,  9fr.  945. 

121.  (©.  64.)  U.*8.  II,  9fr.  946. 

122.  (©.  64.)  U..93.  n,  9fr.  950. 

123.  (©.  65.)  U.=23.  II,  9fr.  1047;  1048. 

124.  (©.  65.)  Saft  0an?  gebrudt  in  Gofad  a.  a.  D.  ©.  191  unb  199  ff. 
@r  fommt  in  biefem  Briefe  aua)  auf  tfriebridj  t>on  £>eibed,  auf  beffen 
©cb>efter,  jhjeite  ©ernannt  be3  SBifdjofS  ©eorg  bon  9ßolen£,  unb  auf  biefen 
fetbft  ju  ftored&en ;  aucfi,  ifym  b,at  er  in  ber  2lbenbmabJ§letyre  nidjt  getraut. 

125.  (©.  6*6.)   U.*%.  II,  9fr.  959. 

126.  (©.  66.)  U.=23.  II,  9fr.  975. 

127.  (©.  67.)  „Revocatio  Jacobi  Knothi"  U.-33.  II,  9fr.  1007.  3m 
3a§re  1537  begab  fid;  ftnotbe  nad)  Sommern,  reo  er  etiva  1564  ftarb.  Sgl. 
über  i$n  11=23.  I,  ©.135  ff;   143;    I99f;   200  ff ;  203. 


99 

128.  (©.  67.)  teurer  an  Sberatu3  am  29.  Sejember  1535:  „Zenkerus 
obiit,  perstans  in  sua  opinione."     (U.=33.  II,  9cr.  1013). 

129.  (S.  67.)  lieber  foeibed'ä  £ob  unb  frag  ficb  bei  nnb  naa)  feinem 
33egräbni3  jugetragen  bgl.  11. s93.  I,  ©.  203. 

130.  (©.  OS.)  1U$B.  II,  9tr.  1067  unb  1068,  bgl.  1064,  1065;  1069 
big  1071;   1073;   1074. 

131.  (©.  68.)  ZevJ  in  CS o f a et  a.d.D.  ©.  105— 107;  »gl.  U.*8.  II, 
3Jr.  1070—1074. 

132.  (©.  69.)  Sgl.  U.*33.  I,  ©.211. 

133.  (©.  69.)  Sgl.  VL.m.  I,  ©.  214  ff. 

134.  (©.  69.)  «gl.  U.=93.  I,  ©.  284  ff. 

135.  (©.  69.)  Sgl.  U.=33.  I,  ©.  330.  Safs  bie  bei  Gelegenheit  be§ 
©nabl)eu3'fd;en  Streitet  toon  ©beratuS  aufgef d)riebenen  £fyefen 
„De  discrimine  evangelii  et  philosophiae"  (gebrudt  bei  Gofad 
a.  a.D.  ©.215  ff)  nid)t  bon  ibm,  fonbern  mal)rfd)einlid)  bon  ©tabl)i;lu3 
»erfaßt,  alfo  bon  ©beratuä  nur  fobiert  finb,  f.  U.=23.  III,  s)lv.  1913. 

136.  (©.  72.)  lieber  Cfianber'g  Berufung  natf)  Sreufcen  f.  U.=23.  1, 
©.300  ff.  —  ©eine  unb  i'auterrcalb'g  2)i<§butationen  U.=33.  III,  9ir.  22oi 
unb  2202;  bie  treueren  auf  ben  2autermalb--3;untf'fcl)en  ©treit  bejüglicben 
Duellen  ebenbafelbft  Str.  22ll  ff.;  ©beratug'  23erid)t  3lv.  2304;  Sauten 
tvalb  an  Solenfc  9er.  2341 ;  »olenfc  an  ©beratuS  9}r.  2343.  2)ie  SluSmeifuim 
2auterh>alb%  Gofacf  a.a.O.,  ©beratuS  (1861),  ©.216. 

137.  (©.  73.)  „Suni  ego  in  officio  nunc  omniam  laboriosissimo  . . .; 
praeligerem  privatus  vivere,  si  beeret."  (Xext  in  Epistolae  J.  Rrismanni 
ed.  Gebser,  ÄönigSb.  Unib.^rogr.  1837,  p.  18.) 

188.  (©.  73.)  Sgl.  U.^58.  III,  „SRegifter"  unter  ben  betreffenben  Hainen. 
2Ba§  6ofad  a.  a.  D.  ©.  190  (unten)  über  bie  ftird^enbifitation  beS  Sa^reS 
1542  fagt,  wirb  burdj  ©beratuS'  eigene  Söorte  U.=S.  III,  sJ(r.  1 103  tötberleat. 

139.  (3.  70.)  2)ie  „2(rtifel"  bon  1540  f.  U..SB.  II,  Kr.  1287;  ba«  „Um» 
fdjreiben"  beS  ©beratug  bom  12.  Wäti  1542  in  11.*».  III,  Wr.  1403. 

140.  (©.  77.)  Sie  Duetten  finb  zitiert  in  VLM.  I,  S.  863  ff.  — 
2)er  angejogene  »rief  be3  ©peratuS  an  bie  ©enteinbe  }U  Xromnau  in  ll.=». 
II,  9fr.  otio;  bie  übrigen  »riefe  beSfelben  an  fie  Jfr.  789,  987  u.  111,  3fr.  1540. 

in.  (©.78.)  »enttfct  bei  tSofad  a.  a.  D.  S.  170  179.  Sgl.  &.«». 
II,  9fr.  750  unb  III,   1652. 

112.  (©.79.)  2)ie  Duetten  übet  SttnbteoS  Samuel  fiebe  im  tt.«IB.  M 
unb  IM;  hier  im  Inhalt*  ^eru'idmi«  unb  im  Wegifter  unter  „Samuel"  unb 
unter  „©beratm?  fljaul)";  benufcl  finb  fie  im  U..JB.  I.  5  53"!  ff.  Der  an« 
gezogene  »rief  ftebt  im  lateinifdjen  llrtcrt  bei  Eofad  a.a.O.  i.  186.  — 
grau  unb  Jiinber  Samuels  f.  in  11.  B.  III,  Mr.  22*39,  2255  unb  225 

148.  (S.  80.)  lieber  ^oiuiiin  üRatetiuS  (eigentlich  Kaledi)  bat 
lt.:».  1,   S.  238  ff.  unb  339;   fein  Hat cdii8muS  in  U.  B.  III,  9fr.  1872, 


100 

—  ©beratug'  23riefit>ed)fel  mit  Kabagelan  unb  SBriefsmann  in  biefer  ©adie 
U.=93.  III,  Kr.  1732  (Kabagelan  an  ©peratu§,  1545,  ben  4.  Januar);  Kr. 
1758  (©beratug  an  Kabagelan,  1545,  ben  1 .  SDiat ;  t)ier  fagt  er  über  bte 
^oInifdt)e  ©brade:  „suni  enim  ejus  linguae  plane  ignarus");  Kr.  1873 
(©beratug  an  Sriejjmann,  1546,  ben  31.  Ktai).  —  Heber  <jMeronr/mu§ 
ÜKaletiug  (ober  9Jieletiug,  rote  er  fidt)  latinifterte)  unb  bie  (5ntfter)ung  ber 
gelehrten  ©dude  in  Sb/d  bgt.  U.*».  I,  ©.  235  ff. 

144.  (©.  81.)  U.=33.  III,  Kr.  1759,  »gl.  Kr.  1758.  fön  letztgenanntem 
©cfireibcn  be§  ©beratug  an  Kabagelanu§,  1545,  ben  1.  ÜDlai,  iuirb  als 
einziger  Iittauifd;er  ^rebiger  in  ^reufjen  ber  bon  ©ngelftein  [bei 
2lngerburg,  in  ber  Kät)e  be§  9)tauerfee§]  erwähnt.)  S.  £.  2IrnoIbt, 
Kad)rid)ten  u.  f.  tu.  (1777)  ©.  313  nennt  a!3  erften  Pfarrer  bafelbft  um  1545 
Sodann  Sortilott>i£  bon  93 a t o <f t. 

145.  (©.  84.)  SSgl.  ©inbelt;,  ©efd).  b.  böt)m.  Srüber  I.  (1857), 
©.345  ff;  ©ofad,  ©beratuS  (1861)  ©.  158  ff.  unb  mein  U.=33. 1,  ©.343  ff., 
h)0  aucr)  alle  benutzten  Urfunben  au§>  U  -23.  II  unb  III  giriert  finb.  Sie 
„Ecclesiastica  decreta  etc."  f.  U.=23.  III,  Kr.  2187.  (Sa§  bei  ©ofad 
a.  a.  D.  ©.  161  unb  162  ej-cerbierte  ©tatut  bc3  ©beratug  bom  10.  9)Järj 
1549  unterfd)eibet  fid)  meineg  ©ract)ten<§  brinsibiell  nict)t  bon  ben  „Eccle- 
siastica decreta.") 

146.  (©.  86.)  Sie  ^ro3eJ3=Drbnung  in  1D23.  III,  Kr.  1964;  ba§  Urteil 
Kr.  1965. 

147.  (©.  86.)  Sgl.  U.=33.  I,  ©.  368.  —  ©beratu«  t)at  ein  funftbolleg 
Sßabtoen  geführt,  Jveldjeg  un§  in  berfduebenen  Äöniggberger  3)rud)d)riften 
auf  bem  Titelblatt  begegnet.  2ßat)rfd)einlid)  t)at  er  fid;  felbft  bie  ent; 
fbred;enbe  gorm  fd)neiben  laffen  unb  fie  bem  ©rüder  jur  93enu£ung  gegeben. 
Sie  ©eftalt  be§  SBabbenS  auf  ber  ©beratu§'fd)en  Srudfdirift  „Sßon  bem 
t)ot)en  ©elübbe  ber  Saufe  2C."  [bom  $at)re  1524,  U.=23.  II,  Kr.  253]  ift 
bereits  Don  So  fad,  ©beratug  (1861)  ©.  62  befdnueben:  „bier  gelber,  red)t<§ 
oben  unb  linB  unten  ein  ©reif,  linlg  oben  unb  red;t§  unten  je  6  Äugeln 
(brei,  jmei,  eine),  biefe  beiben  gelber  bon  oben  nad;  unten  geteilt,  bie  redte 
£älfte  bunfel,  ik  linfe  t)ell.  Surd;  bie  beiben  anberen  gelber  get)en  brei 
Querbalfen.  Um  bie  gelber  ein  Äranj  mit  2Beintaub.  Kedjtg  nürb  ba£ 
SBabben  bon  einem  ©reifen  unb  linf§  bon  einem  nadten  3JJanne  mit  jmei 
gat)nen  in  ber  Kcditen  gehalten.  Unten  neben  bem  SBabben  Iinf§  ber  33ud)= 
ftabe  P.,  red;t§  S.  —  Sag  Sitelblatt  ift  umrahmt,  ftatt  bon  Kanbleiften, 
bon  einem  Kenaiffance=©äulenbau  balbad)inartig.  —  ©ans  ebenfo  ift  ber 
©aulenbau  unb  ba§  Söabben  auf  bem  Sitelblatte  beg  ©beratug'fd;en  Stebeg 
bom  %afyte  1530:  „©in  Sieb  mit  flagenbem  ^erjen  u.  f.  ir>."  (U.=33.  II, 
Kr.  754).  —  211g  33ifd;of  behielt  ©beratug  bag  SBabbenf  d)ilb  bei,  liefc 
aber  bie  Sudiftaben  P  unb  S  unb  bie  balbad)iuartige  Umrahmung,  ben 
©äulcnbau,  ioeg;  über  bem  einfachen  äüabbcnidnlbe  ergebt  fid;  jcfct  23tfd)ofg* 
mü^e  unb  Sifdiofgftab;  alg  Drnament  bient  red)tg  ein  ©reif,  linfg  ein 
Gngcl  mit  jioei  fliegenben  gat)nen  (U.=23.  II,  Dir.  701). 


101 

148.  (©.86.)  2)a§  einige  2Wb  beS  ©peratuä,  ivetd^cö  id)  nacr)  ja$tt« 
langem  Suchen  fyabe  aufftnben  ftfnncn,  ift  ein  HnV»fcvfticf»  (.'palbbilb  in  flcin 
Quart  anö  bcm  16.  $afyrfyunbcrt)  in  bcr  favtcgrapliifdicn  Abteilung  bcr 
Ägf.  SJibliot&eJ  ju  Berlin  mit  ber  Signatur  Oe  6447. 


3rillitfU'cmcrfuui\. 

Sic  anonyme  2)eftamatton  „Querela  Lazari"  (lf>:<9),  bind) 
3uftu3  ^onaS  „au8  Satin  $.  ©.  »erbeutet"  (1541),  ftammt  nidjt  t-on 
l]!au[  ©per  a  tu  3  Jj er,  fonbern  ift  eine  SBittenberger  ©dndrebe  (Corp. 
Ref.  XI,  455  sqq.;  bgl.  Äatoerau,  ber  Sriefwedifel  be§  3uftu3  Sonaö 
I,  416). 


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