— 5
Süd⸗ und Mittelamerika.
Allgemeine Länderkunde
herausgegeben von
Prof. Dr. Wilhelm Sievers.
Hordamerika.
Don Prof. Dr. Emil Deckert. Dritte, neubearbeitete Auflage. Mit 86 Abbildungen, Kärtchen,
Profilen und Diagrammen im Text, 13 Kartenbeilagen, 27 Doppeltafeln in Atzung und
Holzſchnitt und 10 Tafeln in Farbendruck.
Süd= und Mittelamerika.
Don Prof. Dr. Wilhelm Sievers. Dritte, neubearbeitete Auflage. Mit 54 Abbildungen, Kärt=
chen, Profilen und Diagrammen im Text, 9 Kartenbeilagen, 20 Doppeltafeln in ftzung und
Holzfcynitt und 6 Tafeln in Farbendruck.
Afrika.
Don Prof. Dr. Friedrich Hahn. Zweite Auflage. Mit 173 Abbildungen im Text, 11 Karten
und 21 Tafeln in Farbendruck, Ätung und Holzſchnitt.
Curopa.
Don Prof. Dr. Alfred Philippfon. Zweite Auflage. Mit 144 Abbildungen und Karten im
Text, 14 Karten und 22 Tafeln in Farbendruck, Atung und Holzſchnitt.
Nfien.
Don Prof. Dr. Wilhelm Sievers. Zweite Auflage. Mit 167 Abbildungen im Text, 16 Karten=
beilagen und 20 Tafeln in Farbendruck, Htzung und Holzfchnitt.
Auftralien, Ozeanien und Polarländer.
Don Prof. Dr. Wilhelm Sievers und Prof. Dr. Willy Kükenthal. Zweite Auflage. Mit 198 Ab=
bildungen im Text, 14 Karten und 24 Tafeln in Farbendruck, Htzung und holzſchnitt.
feipzig und Wien
Biblidgraphiſches Inftitut.
Süd- und Mittelamerika.
Dritte, neubearbeitete Auflage,
von Prof. Dr. Wilhelm Sievers.
Mit 54 Abbildungen, Kärtchen, Profilen und Diagrammen im Text,
9 Kartenbeilagen, 20 Doppeltafeln in Hung und Holzſchnitt und 6 Tafeln
in Farbendruck.
Ceipzig und Wien
Bibliographiſches Inſtitut
1914.
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Alle Rechte vom Verleger vorbehalten.
Copyright 1914 by Bibliographisches Institut Meyer, Leipzig.
DIE
I
LCD
Dorwort zur zweiten Auflage.
In der fünfbändigen erſten Auflage der „Allgemeinen Länderkunde“ mußte „Amerika“
aus buchhändleriſchen Gründen in einem Bande behandelt werden, deſſen Umfang an—
nähernd derſelbe war wie der aller anderen Bände. Infolgedeſſen konnte die Darſtellung
nicht ſo erſchöpfend ſein wie bei den übrigen, namentlich den kleineren Erdteilen gewid—
meten Bänden, vor allem bei Kuſtralien.
Da jedoch Amerika aus zum mindeſten zwei ſelbſtändigen Teilen beſteht, die zwar in
manchem miteinander übereinſtimmen, in wichtigen Beziehungen aber ſtark voneinander
abweichen, und zwar wegen der verſchiedenartigen Entwickelung ihrer Kultur von Jahr:
zehnt zu Jahrzehnt in erheblicherem Maße, da ferner die geographiſche Unterſuchung Nord—
amerikas und einzelner Teile Südamerikas raſche und mächtige Fortſchritte gemacht hat, ſo
wurde bei der Vorbereitung der zweiten Auflage der Länderkunde die Teilung des Bandes
Amerika in zwei Bände von gleichem Umfang mit den übrigen beſchloſſen.
Die Bearbeitung derſelben liegt in den Händen der Derfaffer der erſten Auflage, näm—
lich von Dr. Emil Deckert in Steglitz für Nordamerika und Prof. Dr. Wilhelm Sievers
in Gießen für Süd- und Mittelamerika. Die Trennung der zu behandelnden Cänder—
räume iſt in derſelben Weiſe erfolgt wie in der erſten Auflage. Es foll nicht verkannt
werden, daß auch für eine anderweitige Scheidung Gründe vorliegen, doch erſchienen dem
Herausgeber diejenigen, welche für die in der erſten Auflage beobachtete Teilung vorzu—
bringen waren, ſtichhaltiger, worüber man ſich auf Seite 449 — 451 dieſes Werkes ausführ—
licher unterrichten möge. Außerdem führten praktiſche Erwägungen zu demſelben Ergebnis.
Schon der Umſtand, daß die Darftellung Süd- und Mittelamerikas von 22½ Bogen
in der erſten auf 58 in der zweiten Auflage und die Nordamerikas von 15 auf 5% Bogen
erweitert worden iſt, läßt erkennen, daß das Werk völlig umgearbeitet werden mußte.
Dazu kommt aber, daß dem neuen Plane gemäß an die Stelle der Gliederung nach Be—
griffskategorien diejenige in geographiſche Einzellandſchaften getreten iſt, wie auch in den
bisher erſchienenen Bänden „Afrika“ und „Auftralien, Ozeanien und Polarländer“ der
zweiten Auflage der „Allgemeinen Länderkunde“. „Amerika“ erſcheint daher nicht nur
in neuer und völlig veränderter Geſtalt, ſondern es werden zwei ganz neue Werke der
Öffentlichkeit dargeboten, und der hier vorliegende Band „Süd- und Mittelamerika“ ent—
hält nur noch wenige Seilen des Textes der erſten Auflage.
Beſondere Schwierigkeiten machte der den geographifchen Fachleuten zur Genüge be
kannte Mangel an Übereinſtimmung zwiſchen den großen phyſiſchen Abteilungen des Erd—
teils Südamerika und den Staatengebilden. Das tritt beſonders hervor bei Braſilien,
Argentina, Bolivia, Peru, Ecuador und Colombia, die je zwei, namentlich aber bei
VI Vorwort zur zweiten und dritten Auflage.
Venezuela, das drei phyſiſchen Abteilungen Südamerikas angehört, in geringerem Maße
auch bei Paraguay und Chile. In dem vorliegenden Bande iſt in erſter Linie auf die
großen phyſiſch gleichartigen Länderräume Rückſicht genommen, auf die politiſche Ein-
teilung erſt in zweiter Cinie. Weſtindien bedurfte als Inſelland wiederum einer anderen
Darſtellungsweiſe. Inwieweit in allen dieſen Punkten das Richtige getroffen worden iſt,
überlaſſe ich dem Urteil der Fachleute.
Auch in dieſem Bande waren literariſche Nachweiſungen innerhalb des Textes aus—
geſchloſſen. Dafür findet ſich am Schluß des Bandes ein umfangreiches Verzeichnis der
für Süd- und Mittelamerika in Betracht kommenden Literatur.
Gießen, Pfingſten 1905.
W. Sievers.
Vorwort zur dritten Auflage.
Die in der zweiten Auflage dieſes Bandes, 1905, getroffene Anordnung des Stoffes
konnte auch bei der dritten im großen und ganzen beibehalten werden. Im einzelnen freilich
hat das Buch auch in der dritten Auflage wieder eine ftarfe innere Umgeftaltung erfahren.
Namentlich die Abfchnitte über die Kordillerenländer mußten faſt ganz neu geſchrieben
werden, teils weil gerade über ihre Natur durch eine Reihe von bedeutenden Arbeiten
helleres Cicht verbreitet worden iſt, teils weil der Verfaſſer ſelbſt auf Grund eigener neuer
Reifen feine Anſchauungen über fie zu erweitern und zu vertiefen in der Cage war.
Ferner bedurfte das geſamte Sahlenmaterial der klimatiſchen, politiſchen und wirt:
ſchaftsgeographiſchen Kapitel einer gründlichen Erneuerung, und endlich mußte eine um—
fafjende Veränderung in der Illuſtrierung des Bandes mit Abbildungen, Karten, Plänen
und Profilen vorgenommen werden. Dieſe erfolgte in der Hauptſache durch die Redaktion
und die Fartographifche Anftalt des Bibliographiſchen Inſtituts, die Neugeſtaltung der
Dölferfarte übernahm Herr Prof. Dr. Theodor Koch-Grünberg.
Ihnen allen, namentlich dem Bibliographiſchen Inſtitut, ſpreche ich für ihre Mühe—
waltung und die vortreffliche Ausſtattung dieſes Bandes wie des Geſamtwerkes meinen
wärmſten Dank aus.
Im übrigen verweiſe ich auf das Vorwort zur zweiten Auflage und erhoffe erneute
freundliche Aufnahme des Werkes feitens der Fachleute und aller geographiſch inter—
eſſierten Ureiſe.
Gießen, April 1914. w. Si
° te vers.
Ssuhalt3- Verzeichnis.
A. Die Erforſchungsgeſchichte (S. 3).
I. Die Vorgeſchichte der Entdeckung
IT.
III.
1
Amerikas. e
Die Geſchichte der Entdeckung
Mittel- und Südamerikas l
1. Die Reiſen des Kolumbus
2. Die Entdeckung der atlantiſchen Küsten
Süd- und Mittelamerikas und der ſüd—
lichen Durchfahrt
3. Die Erſchließung der Weſtküſte Süd⸗
amerikas und die Eroberung ihrer 17%
durch die Conquiſtadoren.
4. Die erſte Erforſchung des Inneren
Die Zeit der Kolonialherrſchaft .
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen
Reiſen „
1. Allgemeines
2. Das braſiliſche Bayland
3. Guayana
4. Amazonien.
5. Die La Plata⸗ Länder
6. Patagonien.
7. Die Kordillere bis 405 ſüdl. Breite
8. Die mittelchileniſch-argentiniſche Kor—
dillere .
9. Die bolivianiſch⸗ bananen Kor⸗
dilleren .
10. Die Kordilleren von aan Golan
bia und Venezuela
1. Zentralamerika
2. Die Antillen
B. Allgemeine Überſicht.
I. Allgemeines über Amerika.
II. Südamerikas Lage, Grenzen und
Inſeln
III. Entſtehung, Bau uns n
formen
Seite
4
10
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46
47
Seite
D. Das alimnmg 8
V. Die Pflanend ere 5
VI. Die Tiere!!
VII. Die Bevölkerunnng 77
VIII. Politiſche Überſicht . .. 85
IX. Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe 89
X. Das Verkehrsweſeen 83
C. Das ungefaltete Land des Oſtens (S. 99).
1:Oioyanm’, ds. ein
& Das taten legen! 2 108
2. Klima, Pflanzen- und Tierwelt e
3. Bevölkerung und Beſiedelung. .. 113
Die dns
III. Aar En AL lag
% NN Las
2. Die Flüſſe „129
3. Klima, Pflanzendecke 115 Se 137
4 Die Bevölernng Re rdh
5. Die Befiedelung. . . 11350
IV. Das braſiliſche Berge Gee
1. Zeiitralbr aßen 188
a) Das Land : 39
b) Klima, Pflanzen- 105 Tierwelt 8
c) Bevölkerung und Beſiedelung .. 166
2, Nprdoſtbraſee rk: 170
hene 179
ar BUS Bande ur l
b) Klima, Pflanzendecke, Tierwelt l
c) Bevölkerung. n
d) Staaten und Eebelüngen. l
Sdbralen 138
o 190
b) Klima, Pflanzen- und 2 Tierwelt =, 200
c) Die Bevölkerung.. „„
d) Staaten und e e
Brafilien als Geſamtſtaat . . . 209
VIII
Inhalts-Verzeichnis.
V. Die La Plata-Länder
115
2.
Allgemeines . 5
Die Landſchaften öſtlich des Stromes
a) Paraguay und Miſiones .
b) Uruguay .
c) Corrientes und Entre Rios
„Die Landſchaften weſtlich des Stromes
a) Der Chaco
b) Die Pampa
VI. Patagonien und 5 :
115
2.
3.
Das Land 0
Klima, Pflanzendecke 111 N
Bevölkerung, wirtſchaftliche Verhältniſſe
und Beſiedelung
Die N werublt als
Staat
Seite
1 DD
2
A2
D. Das gefaltete Land des Weſtens (S. 280).
I. Die ſüdlichen Kordilleren.
IE
I
10
. Der nördliche Abſchnitt:
Der ſüdliche Abjchnitt .
a) Das Land .
b) Klima, Pflanzendecke, Tierwelt
c) Die Bevölkerung und Beſiedelung
die mittel-
chileniſch-argentiniſche Kordillere
a) Das Land.
b) Klima, Pflanzendecke, Tierwelt
c) Die Bevölkerung und Beſiedelung .
d) Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe.
Die mittleren Kordilleren
18
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III.
Das Land
a) Der ſüdliche Abſchnitt.
b) Der nördliche Abſchnitt
Klima, Pflanzendecke und Tierwelt
Die Bevölkerung
„Beſiedelung und wirtſchaftliche Bas
niſſe
Die nördlichen ard
15
Die peruaniſche Kordillere
a) Das Land
b) Klima, Pflanzendecke 809 1
c) Die Bevölkerung
d) Die Beſiedelung.
e) Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe.
e D e
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— O WW 10
IV. Die gebirgigen Teile Venezuelas
2. Die ecuatorianiſchen Kordilleren
a) Das Land
b) Klima, Pflanzendecke 5 Tierwelt
c) Bevölkerung, wirtſchaftliche Verhält—
niſſe und Beſiedelung .
3. Die colombianiſchen Kordilleren
a) Das Land
b) Klima, Pflanzendecke Kid Tierwelt
c) Bevölkerung und Beſiedelung
d) Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe.
und die vorgelagerten Inſeln
a) Das Feſtland
b) Klima, Pflanzendecke und Tierwelt
c) Bevölkerung und Beſiedelung
d) Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe.
e) Die vorgelagerten Inſeln.
E. Mittelamerika (S. 449).
I. Weſtindien oder die Antillen .
II
1.
10
Allgemeines
a) Lage, Größe, Aufemnan ee 15
Bau.
b) Klima, Pflanzendetke 8 Tierwelt ;
c) Bevölkerung, wirtjchaftliche und 55
tiſche Verhältniffe .
Die Kleinen Antillen
a) Die größeren ſüdlichen Juen
b) Die kleineren nördlichen Inſeln
. Die Großen Antillen
a) Puerto Rico
b) Haiti.
c) Kuba.
d) Jamaika
e) Die Bahamas .
Zentralamerika.
l.
10
= 85
Verzeichnis der wichtigſten Literatur .
Regiſter
Bodengeſtalt und Gewäſſer
a) Allgemeines
b) Das ſüdöſtliche Ser tenlante
c) Das mittlere Zentralamerika.
d) Das nordweſtliche Zentralamerika
. Klima, Pflanzendecke und Tierwelt .
. Die Bevölkerung. ß
. Staaten und Siedelungen .
„Die wirtſchaftlichen
Berhältnifie .
AM
.
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Seite
385
385
393
400
406
406
414
420
428
431
431
436
438
442
Verzeichnis der Abbildungen.
Kartenbeilagen.
Karte der Forſchungsreiſen in Süd- und Mittel-
amerika. 3
Entwidelung des Kartenbildes von ib I
Entwickelung des Kartenbildes von Amerika II
Geologiſche Karte von Süd- und Mittelamerika
Karte der Iſothermen und Iſobaren von Ame—
rita 2
Vegetationskarte von Süd⸗ und Mittelamerika
Die heutige Verbreitung der ſüd- und mittel-
amerikaniſchen Indianer N
Verkehrskarte von Süd- und Mittelamerika
Fluß⸗ und N von Süd⸗ und Mittel-
amerika. I DR
Farbige Tafeln.
Urwald am unteren Amazonas .
Die Bucht von Rio de Janeiro
Bei Kap Pilar
Das Totenfeld von r
Der Cotopaxi in Ecuador .
St. Thomas
Schwarze Tafeln.
Tafel 1
1. Landung des Kolumbus ir Eſpanola.
2. Alexander von een
Tafel 2 \
1. Die Anſiedlung San Juan Bautista auf
Mas a tierra in der Juan Fernandez—
Gruppe.
2. Rieſenſchildkröten auf den Galäpagos—
inſeln.
3. Heide und „Steinſtrom“ auf den Falk
landinſeln.
4. Llamaherde in Peru.
371
142
182
288
390
474
49
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl.
Tafel 3. a e
1. Der Roroima er = ae von
Guayana mit einer Siedelung der Tauli-
pang.
2. Boca del Guaviare, Zuſammenfluß des
Guaviare und des Paragua zum Orinoco.
3. Steppenbuſchwald (Chaparral) im El
Caura-Diſtrikt am Orinoco während der
Trockenzeit.
4. Anzapfen eines Balatäbaumes (Mimu-
sops balata) zur Kautſchukgewinnung.
Tafel 4
1. Goldwäſche am Nuruariſluß, Senke
niſch⸗Guayana.
2. Waika- oder Guaica-Indianer vom Cu⸗
hunifluß, Venezolaniſch-Guayana.
3. Die Nurupary-Stromſchnelle am Rio
Caiaryh⸗Uauẽpes.
4. Der Lago Grande bei Monte Alegre am
Amazonas mit Victoria regia.
Tafel 5 EL,
1. Die Anſiedelung Sao
Negro.
. Ein Sippenhaus der Kaua-Indianer am
Rio Caiary-Uaupes in Nordweſtbraſilien.
3. Blick auf die Amazonas⸗Ebene bei Monte
Alegre.
4. Campinaslandſchaft am oberen Rio Cu-
duiary.
Felippe am Rio
1
a u
1. Urwald am Ronuro in Matto Groſſo.
2. Der Hafen und das Riff von Pernambuco.
3. Unter- und Oberſtadt von Bahia.
4. Sabara am oberen Rio das Velhas in
Minas Geraes, dahinter die Serra do
Eſpinhaco.
Tafel 7
1. Petropolis im Staate Rio de Janeiro.
1*
Seite
106
134
154
194
2. Ein Viadukt der Bahn Santos - Sao
Paulo, Südbrafilien.
3. Kaffee-Fazenda in Oſtbraſilien.
4. Eine Anſiedlung im Araukarienwald des
Staates Barana.
Tafel 8 a
1. Der Salto Guaira des Rio W
2. Das Kolonieſtädtchen Eſtrella in dem An—
ſiedlungsgebiet der deutſchen Bauern im
Staat Rio Grande do Sul.
3. Porto Alegre in Rio Grande do Sul und
die Lagune dos Patos.
Tafel 9 *
1. Das Ufer des Bi in en
2. Eine Häuteſpanneret im La-Blata-Gebiet.
3. Montevideo.
Tafel 10.
1. Grasſteppe mit Halten d im e
Chaco bei Villa Guillermina.
2. Lengua in Paraguay.
3. Die Quebrachoſiedelung Villa Guillermina
im argentiniſchen Chaco.
4. Viehherde in der argentiniſchen nn
Tafel 11. & 3
1. Flußlandſchaft in Der Ni
2. Ein Trockental in der Sierra dela Ventana.
3. Die Stadt La Plata.
4. Das Tal des Rio Chico in Patagonien,
in eine Baſaltdecke eingeſchnitten.
Tafel 12. g
1. Lago Frio in der 1 1
cion Chubut mit einmündendem Gletſcher.
Der Austritt des Fluſſes Futaleufu aus
dem See Veldo.
3. Der Vulkan Villarica im ſüdlichen Chile.
4. Büßerſchnee.
Tafel 13. 5
1. Der vordere Soreonea-@leiiger am t Cerro
de los Almacenes (Aconcagua-Gruppe).
2. Die Küſte von Nordchile bei Tocopilla.
3. Santiago de Chile, vom Cerro Santa Lucia
geſehen. Dahinter die Kordillere.
Tafel 14. 5
1. Verwitterungsdecke, eier a Sandfelder
in der Puna de Atacama.
2. Abbau eines Salpeterfeldes in der Toco—
e Nordchile.
3. Das Tal von La Paz in Bolivia, vom ſüd—
1 5 Alto aus geſehen, dahinter die Oſt—
kordillere.
4. Wachspalmen (Copernicia cerifera) und
Buſchwald in der Sierra de Cördoba.
1
Seite
208
244
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10
308
326
Verzeichnis der Abbildungen.
Seite
Tafel 15 8 7 358
1. Sandwüſte mit Dünen; im Küftenlond von
tordperu bei Piura.
2. Die Stadt Huaraz, darüber das Mittel-
gebirge und die Cordillera Blanca.
3. Die Erzſchmelze El Veſuvio am Oſthang
der Cordillera Blanca. Dahinter ein
Schneeberg (Nevado).
4. Blühende Lupinen im Tal von El Veſuvio
am Oſthang der Cordillera Blanca in
4540 m Höhe.
Tafel 16 402
1. Der Chimborazo, 3 3440 m Höhe von
Oſten geſehen; davor das Tuffplateau
von Riobamba.
2. Der Coltaſee und das Indianerdorf
Colta ſüdweſtlich von Riobamba.
3. Rancho im tropiſchen Küſtengebiet, da—
hinter Bananenpflanzung.
Markt und Francisco-Kloſter in Quito.
82111 I. 5 42
1. Dampferſtation für eee am
Mittellauf des Magdalenenſtromes.
2. Caceres am Cauca.
3. Tunja in der Oſtkordillere von Colombia.
4. Die Gipfel Humboldt und Bonpland in
der Sierra Nevada von Merida.
Tafel 18 444
1. La Guaira und das Karaibiſche Geb
2. Der Queenspark in Port of Spain auf
Trinidad.
3. Die Montagne Belde auf Martinique und
die Stätte der einſtigen Stadt St. Pierre.
4. Wochenmarkt in Fort Liberté auf Haiti.
Tafel 19 i . 484
1. Tabaksfeld unter Königspalmen 10
doxa regia) auf Kuba.
2. Eine Straße in Spaniſhtown auf Ja—
maika.
3. La Habana.
Tafel 20 502
1. Der Nicaragua-See, links die Vulkan—
inſel Ometepe.
. Der Vulkan Santa Maria in Guatemala.
3. Urwald bei San Andres de Oſuna in
Guatemala.
4. Die Bai von Panama.
10
e im Sr
Criſtoforo Colombo .. he 5
Amerigo Vespucci
| Fernäo de Magalhäes .
Verzeichnis der Abbildungen.
Karl von den Steinen .
Richard Schomburgk
Jules Crevaux
Hermann Burmeiſter
Rudolf Amandus Philippi
Alphons Stübel .
Wilhelm Reiß.
Karl Sapper
Die Atacama-Tiefe .
Die Falklandinſeln .
Querprofil über Südamerika a. 4 En 50
nördl. Breite
Der Bau Südamerikas :
Querprofil von Südamerika unter 330 ſüdl.
Breite
Die Magalhäesſtraße
Regenkarte von Südamerika. -
Die Firn- und Gletſchergrenzen in Südamerika
Südamerika. . und frühere Vergletſche⸗
rung.
Kaffee⸗Ernte in einer 1 a
Bananen
Simon Bolivar.
Joſé de San Martin e
rs von Südamerika.
Die Llanos des Apure, Venezuela, mit Mau
ritia- Palmen . .
Tukäno⸗Indianer mit Zigarre En Rauchgabel
Schipivo⸗(Chipibo⸗) Mann vom Pachitea .
Piro-Indianerinnen vom Ucayali .
Hochebene (Chapada) von Matto Groſſo
Seite
24
26
Caatingawald in Nordoſtbraſilien
Lageplan von Rio de Janeiro
Lageplan von Santos 5
Querprofil über Südbraſilien a 260 ſüdl.
Breite 5 x
Die Mündung des La Blata- Stromes
Beſtände der Palme Caranday (Copernicia
cerifera) im Chaco von Paraguay
Ein Tobahäuptling . £
Der Häuptling Shaihuequen der Museo
Querprofil über die Kordillere und das Hoch—
becken von Bolivia g
Der Titicacaſee mit der Inſel .
Monolithiſche Pforte von Tiahuanaco, Bolivia
Eine Chola im Feſtputz
Antonio Raimondi . 5
Indianer von Cotacachi im A1 Er
Die Kordilleren von Colombia und Venezuela
Profil durch das Magdalenatal und u Rand⸗
gebiete bei Honda. 5
Waldlandſchaft mit Wachspalmen am“
paß, Colombia
Indierin von Trinidad. l
Das Karaibiſche Meer und ſeine 1
Santo Domingo: Blick vom Ozamafluß auf die
Stadt, das Fort und die Academia nautica
Tektoniſche Karte von Zentralamerika.
Die Landenge von Nicaragua 3 F
Antigua Guatemala mit dem Vulkan Agua 5
Indianiſche Dorfalkalden in Guatemala
Der Panamd-Kanal
Quindiu⸗
Slüd⸗ und Mittelamerika.
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 1
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A. Die Erforſchungsgeſchichte.
Für die Geſchichte des Menſchengeſchlechtes iſt kaum ein Ereignis von jo umwälzender
Bedeutung geweſen wie die Entdeckung Amerikas. Vor dieſer ſpielten ſich alle Begeben—
heiten auf dem engen Raume der näheren und ſpäter der weiteren Umgebung des Mittel-
meeres ab, nach ihr wurde der Geſichtskreis der europäiſchen Kulturvölker plötzlich um das
Doppelte erweitert. Vor ihr umſpannte der geographiſche Horizont nur einen Teil der
öſtlichen Erdhälfte, nach ihr auch faſt die ganze weſtliche Hemiſphäre und dazu zwei bis dahin
unbekannte Ozeane. Allerdings war der Atlantiſche Ozean nicht völlig unbekannt, aber die
Kenntnis ſeiner Gewäſſer ging nicht über die Küſten Europas und Afrikas hinaus.
So hob in der Tat eine neue Zeit für die Bewohner der Erde an, und nicht mit
Unrecht laſſen wir die Neuzeit mit der Entdeckung Amerikas beginnen. Denn wenn auch im
15. Jahrhundert der allgemeine geiſtige Aufſchwung, die Wiedererweckung der Literatur des
Altertums, die Erfindung der Buchdruckerkunſt, die große religiſe Bewegung, die Ausbildung
der Schiffahrt und die dadurch herbeigeführte Ausdehnung des Handels, die Abſchließung des
Orients durch die Türken genügt hätten, eine neue Zeit einzuleiten, ſo war doch die Ver—
doppelung des Geſichtskreiſes der damaligen Welt ohne Zweifel das beherrſchende Ereignis,
das der Zeit ſeinen Stempel aufdrückte. Dieſe Erweiterung der Kenntnis von der Erdober—
fläche wird heute, da wir vermittelſt des Dampfes die Entfernungen auf der Erde ihrer tren—
nenden Eigenſchaften mehr und mehr zu entkleiden verſtehen, in ihrer Wichtigkeit meiſt unter-
ſchätzt; man lernt ſie erſt richtig würdigen, wenn man ſich die enge räumliche Begrenzung
der mittelalterlichen Kultur, die gerade am Ende des Mittelalters eine Einengung durch das
Vordringen der Türken erfuhr, vergegenwärtigt und damit die ungeheuren Räume der da—
mals neu erſchloſſenen Meere und der Neuen Welt vergleicht. Kurz, es erfolgte eine völlige
Veränderung des Weltbildes in dem kurzen Zeitraume von etwa dreißig Jahren gegenüber
einem äußerſt langſamen Fortſchritte während der vergangenen zwei Jahrtauſende. Freilich
bemerkten die damals Lebenden die erſtaunliche Veränderung des Weltbildes nicht ſogleich,
da ſie ſich zunächſt noch nicht aus dem engen Geſichtskreiſe des Mittelalters losmachen konn—
ten: die Erkenntnis von der Entdeckung eines neuen großen Feſtlandes drang bekanntlich
erſt nach dem Tode des Kolumbus durch und brauchte auch noch lange, um Allgemeingut
zu werden. Bald aber wurde von Jahrzehnt zu Jahrzehnt der Ausblick erweitert. Zwanzig
Jahre nach der Entdeckung ſah Balboa zuerſt den Großen Ozean, zehn Jahre danach war
dieſer ſchon ſeiner ganzen Länge nach durchmeſſen und die Küſte Aſiens, die Kolumbus er—
ſtrebte, durch Magalhäes wirklich von Oſten her erreicht.
1 *
4 Die Erforſchungsgeſchichte.
J. Die Vorgeſchichte der Entdeckung Amerikas.
Die den Alten bekannte Welt war in ſehr enge Grenzen eingeſchloſſen, die etwa durch
Britannien, Dänemark, Südrußland, den Jaxartes oder Syr Darja, Indien, Kap Corrientes
in Oſtafrika, ferner die Schilfſümpfe des Nils, die Sahara und das Gambiagebiet bezeichnet
werden. Mehr oder weniger unklare Berichte lagen über Skandinavien, Mittel- und Oſt—
aſien und einen großen Teil von Mittel-, Oſt- und Südafrika vor. Dieſe an ſich ſchon engen
Grenzen wurden in der erſten Hälfte des Mittelalters in Aſien und Afrika infolge der Er—
oberungen der Araber noch beträchtlich eingeſchränkt, während der Geſichtskreis der Europäer
in Nord⸗ und Oſteuropa ſich erweiterte. So gelang es den Normannen, am Ende des
9. Jahrhunderts Island, im 10. Jahrhundert Grönland in Beſitz zu nehmen und um das
Jahr 1000 unter Leif dem Glücklichen die Küſten von Labrador, Neufundland und Neu—
ſchottland zu erreichen.
Die durch dieſe erſte Entdeckung zwiſchen der Alten und der Neuen Welt geknüpften
Fäden ſind freilich bald wieder geriſſen, und die endgültige Auffindung Amerikas bedurfte
der ganzen zweiten Hälfte des Mittelalters zur Vorbereitung; denn wie die meiſten Fort—
ſchritte in der Entwickelung der Menſchheit nicht plötzlich erfolgen, ſondern das Endglied
einer langen Kette von vorbereitenden Ereigniſſen ſind, ſo mußten zahlreiche Umſtände
zuſammenwirken, um die Tat des Kolumbus überhaupt möglich zu machen.
Zunächſt wurde die Aufmerkſamkeit der Europäer auf die reichen Schätze Aſiens ge—
lenkt. Die Kreuzzüge lockten ſeit dem Ende des 11. bis zum Ende des 13. Jahrhunderts
zahlreiche Weſteuropäer nach Paläſtina, Syrien, Kleinaſien und Nordafrika und führten zum
vorübergehenden Beſitz eines großen Teiles dieſer Länder, dann entwickelte ſich ſeit dem
13. Jahrhundert, nachdem der Siegeszug der zentralaſiatiſchen Mongolen an den Oſt—
grenzen Deutſchlands zum Stehen gebracht worden war, ſehr bald zwiſchen Karakorum und
China einerſeits und dem Abendlande anderſeits ein ſehr reger Handels-, Geſandtſchafts—
und Miſſionsverkehr, und vor allem reizten die Berichte Marco Polos über die Reichtümer
Chinas und Indiens im Abendlande die Begier, ſich der genannten Länder und ihrer Schätze
zu bemächtigen. Marco Polo, der Sohn Niccolo Polos aus Venedig, erreichte während der
Jahre 1271—75 auf dem Landweg über Zentralaſien China, blieb daſelbſt bis 1292 in an⸗
geſehenen Stellungen, lernte faſt ganz China, Birma und die Mongolei kennen, hörte von
Japan (Zipangu) und kehrte 1292—95 über Südaſien und Vorderaſien nach Italien zurück.
Er erwarb ſich unter allen Abendländern der damaligen Zeit die ausgedehnteſte Anſchauung
von Aſien, verſetzte durch ſeine glänzenden Schilderungen ganz Süd- und Weſteuropa in
Erregung und erweiterte den Geſichtskreis der europäiſchen Völker um ein Bedeutendes.
Um dieſelbe Zeit bereitete ſich eine andere ſehr wichtige Errungenſchaft vor, die Hebung
des Schiffbaues und der Schiffahrt, ohne deren Aufblühen die Tat des Kolumbus eben—
falls unausführbar geweſen wäre. Gleich nach 1300 treten Seekarten auf, in denen die
Küſtenumriſſe des Mittelmeeres ſehr genau wiedergegeben ſind, was auf eine große Sicher—
heit in der Beſtimmung der Schiffskurſe, wenigſtens im Mittelmeer, ſchließen läßt. 1318
gelangten dann venezianiſche Schiffe nach Antwerpen. Damit ging die Schiffahrt auf
die atlantiſchen Küſten Europas über und erzeugte auch bei den iberiſchen Völkern
bald Seetüchtigkeit und Seemacht. Bereits zu Ende des 13. Jahrhunderts entdeckten
Die Vorgeſchichte der Entdeckung Amerikas. 5
Genueſen die Kanariſchen Inſeln und Madeira, 1351 erſchienen die Azoren zuerſt auf den
Karten, und um dieſelbe Zeit erfand die rege Phantaſie der Seefahrer fabelhafte Inſeln, die
St. Brandansinſel, Braſil und ſeit 1367 auch Antiglia oder Antilia. Letztere wurde für die
Reiſe des Kolumbus von großer Wichtigkeit, da ſie nach der Meinung der beſten damaligen
Gelehrten in der Mitte zwiſchen Weſteuropa und Oſtaſien gelegen ſein ſollte und daher einen
wertvollen Stützpunkt für die Überfahrt abzugeben verſprach (vgl. die Karte von Martin
Behaim auf der Tafel „Entwickelung des Kartenbildes von Amerika I” bei S. 14).
Es bedurfte aber noch anderer Einwirkungen auf die Seevölker Südeuropas, um ſie
zur Fahrt über den Atlantiſchen Ozean
zu bewegen. Eine der wichtigſten war
die Eroberung der öſtlichen Mit—
telmeerländer durch die Türken
und die dadurch hervorgebrachte Zer—
ſtörung des Handels der italieniſchen
Seeſtädte mit der Levante, dem Orient
und Indien, eines Handels, der in der
zweiten Hälfte des Mittelalters Wohl-
ſtand nicht allein über Südeuropa, ſon—
dern auch über Deutſchland und bis
nach Flandern verbreitet hatte. Dieſe
Sperrung eines weiten Handelsgebie—
tes erzeugte bei den Handelsvölkern
Europas den lebhaften Wunſch, Aſien
nunmehr auf dem Seewege nach Weſten
zu erreichen. Endlich wurden im 15.
Jahrhundert die Schriften des Alter—
tums, darunter auch die des Geogra—
phen Claudius Ptolemäus, eine
neue Quelle der Kenntnis ausgedehnter
Länderräume. Aber auch die Fehler 15 N
des Ptolemäus und ſeines Vorgängers Criſtoforo 5 1 ee der National
Marinus von Tyrus haben einen gün-
ſtigen Einfluß auf die Entdeckung Amerikas gehabt, indem jie die Veranlaſſung waren,
daß man ſich den Abſtand zwiſchen Europa und Oſtaſien viel zu klein vorſtellte.
So kam einer der Hauptförderer des Planes, der Florentiner Aſtronom Paolo del
Pozzo Toscanelli (13971483), dazu, die Entfernung von Liſſabon nach Zipangu (Ja—
pan) auf 100°, diejenige von Liſſabon nach Cathai (China) auf 130% anzugeben, d. h. er ſuchte
Japan im Meridian der Südſpitze von Niederkalifornien, China in der Länge der Marqueſas—
inſeln. Da man überdies zu kleine Meilen annahm und halbwegs nach Zipangu auf die
Inſel Antiglia zu ſtoßen gedachte, ſo erſchien die Fahrt nach Oſtaſien nicht mehr allzu gewagt.
Toscanelli fand Verſtändnis für ſeine Gedanken weniger in Italien als in Portugal, be—
ſonders bei dem Domherrn des Königs Affonſo V., Hernan Martinez. Er ſandte am 25. Juni
1474 eine Karte nach Liſſabon, die den Seeweg nach Indien in weſtlicher Richtung erläutern
ſollte, und fügte ihr ein Schreiben an Martinez bei. Von ihr erfuhr in Liſſabon Chriſtop 0
6 Die Erforſchungsgeſchichte.
Kolumbus, der anſcheinend ſchon ſelbſtändig einen Plan zur Aufſuchung Indiens auf dem
Seewege nach Weſten ausgearbeitet hatte. Er erhielt von Toscanelli eine Abſchrift der Karte
und betrieb von da an mit größerer Zuverſicht ſeine Bemühungen am Hofe Liſſabons.
Criſtoforo Colombo (j. die Abbildung S. 5) oder, wie er ſich ſelbſt während ſeiner
ſpaniſchen Dienſte nannte, Criſtöbal Eolön, gewöhnlich latiniſiert Kolumbus, wurde
in Genua zwiſchen dem 26. Auguſt und dem 31. Oktober 1451 geboren. Nachdem er um 1470
in Pavia Mathematik ſtudiert hatte, widmete er ſich der Schiffahrt, befuhr Mitte der ſiebziger
Jahre das Mittelmeer, beſuchte 1477 Briſtol und gelangte bis nach Island. 1478 heiratete
er in Liſſabon, lebte dann auf der Inſel Porto Santo bei Madeira und auf den Azoren und
hörte hier von fremdartigen rohen Hölzern und bearbeiteten Rohren, welche die Meeresſtrö—
mungen herangeführt hatten. Kurz vor 1484 beſuchte er ferner das Fort La Mina in Guinea.
Im Jahre 1484 legte er dem Könige Joäo II. ſein Geſuch vor, ein Geſchwader nach
Cathai auszurüſten, aber die zur Prüfung des Geſuches eingeſetzte wiſſenſchaftliche Kom—
miſſion verwarf, obwohl ſelbſt geteilter Meinung, den Vorſchlag, worauf Kolumbus flucht—
artig aus Portugal verſchwand. Von 1484 bis 1492 iſt er dann unabläſſig tätig geweſen, ſeinen
Plan zu verwirklichen. Zuerſt wollte er ihn dem franzöſiſchen Hofe vorlegen, fand aber bereits
bei der Durchreiſe durch Andaluſien Verſtändnis bei dem Herzog von Medinaceli, der ihn
zwei Jahre beherbergte und drei Schiffe ausrüſten ließ, aber die Hilfe der Krone für un—
erläßlich hielt und die Aufnahme des Kolumbus in die Dienſte der Krone Kaſtiliens
veranlaßte. Dieſe legte das Projekt der Univerſität Salamanca vor, fand aber bei deren Ver—
tretern keine tatkräftige Förderung. Nach jahrelangem Warten beſchloß Kolumbus daher
(1491), ſein Glück in Frankreich zu verſuchen. Auf der Reiſe nach Huelva gelangte er nach
Palos, pochte mit ſeinem Sohn an die Pforte des Kloſters de la Räbida, erregte hier als
Fremder Aufſehen und ſchilderte ſeine Pläne und deren Mißlingen. Der Beichtvater der
Königin Iſabel, Juan Perez, und der in der Geographie erfahrene Arzt Garcia Hernandez
nahmen ſich ſeiner an, und erſterer empfahl ihn der Königin.
Daraufhin zog Iſabel ihn an den Hof, und da gerade Granada gefallen war und die
Umſegelung des Kaps der Guten Hoffnung durch die Portugieſen neuen Mut zu Entdeckungs—
reiſen eingeflößt hatte, ſo zeigte ſie ſich geneigter. Neue Schwierigkeiten entſtanden jedoch
aus den maßloſen Forderungen des Kolumbus, und er machte ſich daher zum drittenmal auf
den Weg nach Frankreich. Unterdeſſen aber war ſein Anhang gewachſen, einflußreiche
Würdenträger traten für ſeinen Plan ein, Geld wurde von privater Seite zuſammengebracht,
da der Kronſchatz leer war, und nunmehr gab die Königin nach. Am 30. April holte ein Eil⸗
bote Kolumbus in Santa FE ein und überreichte ihm die Verbriefung aller ſeiner Anſprüche.
Am 23. Mai 1492 langte er in Palos an, woſelbſt drei Schiffe ausgerüſtet wurden. Die reiche
Kaufmannsfamilie Pinzon, die ſich ebenfalls ſchon ſeit einem Jahre mit der Frage des See—
weges nach Indien beſchäftigt hatte, lieh ihm ihre Unterſtützung; Martin Alonſo und Vicente
Yanez Pinzon ſtellten ſich ſogar perſönlich in den Dienſt der Unternehmung. Erſterer über-
nahm den Befehl über das Schiff „La Pinta“, letzterer über die kleinere „Nita“, während
Kolumbus ſelbſt das Admiralsſchiff „Santa Maria“ und gleichzeitig die ganze Fahrt leitete.
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KARTE DER
FORSCHUNGSREISEN
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bis zur Gegenwart.
Maßstab 1:50000000 2 ze 1090 5% Kilometer.
Die farbigen Linien bezeichnen. die hauptsächliehsten. Reiserouten.
mit Angabe der Namen. der Reisenden und der Zeit.Die verschiedenen
Farben. ermöglichen es die einzelnen Reisen. zu verfolgen.
Die den. Orten beigefügten. Zahlen bezeichnen. das Gründungsjahr.
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Bibliogr. Institut in Leipzig:
Die Geſchichte der Entdeckung Mittel- und Südamerikas.
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II. Die Geſchichte der Entdeckung Mittel- und Südamerikas.
(Siehe die beigeheftete Karte „Forſchungsreiſen in Süd- und Mittelamerika“)
1. Die Reiſen des Kolumbus.
Von Palos ſegelte das kleine Geſchwader des Kolumbus am 3. Auguſt 1492 zuerſt
nach Gomera. Am 6. September wurde dieſer Hafen verlaſſen, am 9. kam das Land außer
Sicht. Nun wurde die Richtung gegen Weſtſüdweſten genommen. Die Überfahrt verlief
im ganzen günſtig; man gelangte bald in den Bereich des Nordoſtpaſſats und kam verhältnis—
mäßig raſch vorwärts. Mehrmals, ſchon am 18., dann wieder am 25. September und am
6. Oktober, glaubte man Land zu ſehen, aber erſt am 11. Oktober traf man auf untrügeriſche
Zeichen nahen Landes: friſche Pflanzen und indianiſche Gerätſchaften, ein Brett, ein ge—
ſchnitzter Stab, ein Rohr und ein Pfahl wurden aus dem Waſſer gezogen, und abends glaubte
Kolumbus im Weſten Licht zu ſehen, täuſchte ſich aber wohl, denn das Land war noch zu weit
entfernt. Von der vorauseilenden „Pinta“ aber erblickte ein Matroſe, Rodrigo de Triana
oder Juan Rodriguez Bermejo, wirklich Land, und zwar um 2 Uhr in der Nacht vom 11. zum
12. Oktober, einem Freitag. Als es tagte, ſahen die Seefahrer eine niedrige Inſel vor ſich
liegen. Sie wurde unter großer Feierlichkeit von Kolumbus und Pinzon für die Krone Spa—
nien in Beſitz genommen.
Die zur Gruppe der Bahama-Inſeln gehörige, von den Eingeborenen Guanahani,
von den Spaniern San Salvador genannte Inſel, die ſpäter auch den Namen Watlingsinſel
erhielt, bedeutete für die Entdecker eine Enttäuſchung. Nach ſeiner Rechnung hatte Kolumbus
von Gomera bis San Salvador 1122 Leguas zurückgelegt, was nach Toscanellis Karte
ziemlich genau mit der Entfernung von den Kanaren bis Japan übereinſtimmte; er war
daher überzeugt, daß er dieſes Land vor ſich habe. Anſtatt der hohen Kultur des Landes
und Volkes in Oſtaſien aber fand man hier eine unſcheinbare Sandinſel und nackte Einge—
borene, die nicht einmal das Eiſen kannten. Dagegen beſaßen ſie goldene Schmuckſachen,
die ihnen bald gegen wertloſe Kleinigkeiten abgenommen wurden. Nach weiteren Gold—
ländern befragt, zeigten ſie ſüdwärts, und im Verlaufe dieſer Richtung fand Kolumbus
darauf die heute Rum Cay, Long Island und Crooked Island genannten Inſeln ſowie am
27. Oktober Kuba, und zwar die Nipebucht.
In Kuba glaubte er nun ganz ſicher das geſuchte Zipangu gefunden zu haben, allein
dieſe Hoffnung ſchwand auch bald, als man ſelbſt im Inneren nur eine ſehr ſpärliche indianiſche
Bevölkerung in elenden Hütten, aber keine Spur von großen Städten, Königspaläſten, leb—
haftem Handel uſw. antraf. Durch die Eingeborenen erfuhr Kolumbus jedoch von einem
reichen Land im Oſten, das in der Tat in Haiti (Eſpafola; Tafel 1, Abbildung 1) entdeckt
wurde. Bei der Inſel Tortuga trennte ſich Martin Alonſo Pinzon heimlich von ihm und
befuhr die Nordküſte Haitis gegen Oſten. Kolumbus erkannte bald, daß die Bevölkerung
Haitis eine höhere Stufe der Kultur erreicht hatte, Häuſer, Ortſchaften und viel Gold
beſaß. Als er nun aber hörte, daß das Gold aus dem Cibaogebirge bezogen würde, war er
wieder vollſtändig überzeugt, nunmehr in Zipangu zu fein. In der Weihnachtsnacht ſtran—
dete jedoch die „Santa Maria“ und ging verloren; nun war an Entdeckungsxreiſen nicht mehr
zu denken, denn Pinzon war verſchwunden, und das Kolumbus gebliebene Schiff „Nifla“
war das kleinſte der drei Fahrzeuge. Aus den Trümmern des verunglückten Schiffes wurde
8 Die Erforſchungsgeſchichte.
die erſte Niederlaſſung der Spanier in Amerika in Geſtalt des Forts Navidad an der Nord—
küſte von Haiti gebaut. Am 4. Januar verließ Kolumbus dieſen Platz, traf am 6. Januar
die „Pinta“ des Alonſo Pinzon und landete nochmals im Oſten Haitis. Hier hörte er von
einer ſüdlich liegenden großen goldreichen Inſel (Jamaica) ſowie von einem Feſtlande, wo
die Völker Kleidung trügen (Yufatan), und traf zum erſtenmal auf die in Oſthaiti an der
Bucht von Samans ſeßhaften weſtlichſten Karaibenſtämme, die ihm deutlich die Inſelreihe
der Kleinen Antillen erklärten. Trotz aller dieſer Hinweiſe verließ Kolumbus mit Pinzon am
16. Januar 1493 Haiti und kam nach ſtürmiſcher Fahrt am 4. März im Tejo, am 31. März
in Sevilla an. Martin Alonſo Pinzon traf ſchon am 15. März in Palos ein, erhielt aber die
erbetene Audienz bei den Monarchen nicht allein, ſondern nur im Gefolge des Kolumbus
bewilligt und ſtarb aus Gram über dieſe Kränkung bereits Anfang April 1493. Neben Ko—
lumbus gebührte ihm zweifellos der größte Ruhm bei der Entdeckung Amerikas.
Kolumbus wurde mit hohen Ehren empfangen und in allen ſeinen Würden beſtätigt.
Am 23. September 1493 ſegelte er mit einer Flotte von 17 Schiffen und 1500 Mann Be-
ſatzung wieder ab. Auf dieſer zweiten Reiſe verließ das Geſchwader am 13. Oktober Ferro,
nahm einen ſüdlicheren Kurs und traf infolgedeſſen, vom Paſſat begünſtigt, ſchon am 3. No-
vember in Dominica ein. Von hier aus wandte ſich Kolumbus nördlich, entdeckte Guade—
loupe, Montſerrat, Marie Galante, Redonda, San Martin, Santa Cruz und Puerto Rico
und erreichte Navidad auf Haiti am 27. November, wo er jedoch das Fort zerſtört und die
Beſatzung getötet fand. Seit Ende April 1494 verfolgte er dann die Südküſte Kubas gegen
Weſten, entdeckte am 5. Mai Jamaica, hörte abermals von bekleideten Völkern auf dem
Feſtlande, ſuchte ſie aber nicht auf, ſondern kehrte von der Weſtküſte Kubas, ohne deſſen
Inſelnatur zu erkennen, wieder nach Haiti zurück. Am 10. März 1496 verließ er die Inſel,
beſuchte zunächſt die Kleinen Antillen und erreichte am 11. Juni die Küſte Spaniens.
Hier waren indes die Zeiten wenig günſtig für neue Entdeckungen, denn in Europa
wütete Krieg, und die Kolonien machten ſich nicht bezahlt. So gelang es Kolumbus erſt 1498
wieder, zu einer dritten Reiſe aufzubrechen, die er am 30. Mai in San Lucar antrat. Auf
dieſer wollte er den Aquator überſchreiten, kam aber nur bis zum 7. Grad nördl. Breite und
wendete hier den Kurs gegen Weſten und Norden. So ſtieß er am 1. Auguſt auf Trinidad,
am 2. Auguſt auf das Feſtland von Südamerika, das Orinoco-Delta, durchfuhr die Meer—
enge zwiſchen Trinidad und Venezuela, fand die Inſeln Cubagua und Margarita und ſprach
die Anſicht aus, dieſe Küſten möchten ein wirkliches Feſtland ſein. Zu ſeinem Unglück wandte
er ſich aber von Cubagua ſogleich nach Ejpafiola (Haiti) und wurde hier in Streitigkeiten ver—
wickelt. Die Königin hatte ihre Huld von ihm abgewandt, ſo daß er Ende Auguſt 1500 von
ihren Abgeſandten, welche die Zuſtände auf Ejpafiola ordnen ſollten, verhaftet und in Ketten
nach Spanien geſchickt wurde.
Dennoch gelang es ihm 1502, die Erlaubnis zu einer vierten Reiſe zu erhalten. Am
15. Juni 1502 war er in Martinique, beſuchte dann Eſpafola, hierauf Jamaica und Südkuba
und fand am 30. Juli die Islas de los Pinos im Golf von Honduras und ein indianiſches
Marktſchiff mit bekleideten, gut bewaffneten Indianern, yukatekiſchen Kauffahrern vom
Mayaſtamme, die ihm eine Goldküſte im Süden verhießen. Dies führte zur Entdeckung der
Küſte von Honduras, der Laguna de Chiriqui und der Landſchaft Veraguaz hier hörte
er auch von einem neun Tagereiſen ſüdlich der Chiriqui-Lagune liegenden Meere. Das war
die erſte Kunde vom Großen Ozean. Dieſen hat Kolumbus aber nicht aufgeſucht,
Die Geſchichte der Entdeckung Mittel- und Südamerikas. 9
ſondern er kehrte an der engſten Stelle des Iſthmus um, erreichte mit Mühe über Jamaica
Eipafiola und traf im November 1504 wieder in Spanien ein. Hier ſtarb er am 21. Mai
1506 zu Valladolid in Dürftigkeit und Vergeſſenheit, denn die Ergebniſſe ſeiner letzten Reiſen
ſtanden mit den gehegten Erwartungen nicht im Einklang, und die größeren Erfolge der
Portugieſen im reichen wirklichen Indien ließen die ſeinigen verblaſſen.
Schon zu ſeinen Lebzeiten und in den nächſten Jahrzehnten nach ſeinem Tode hat es
nicht an Verſuchen gefehlt, den Ruhm des Kolumbus zu verdunkeln, und bis auf den heutigen
Tag gibt es Gelehrte, die ihm das Recht auf den Namen als erſter Entdecker Amerikas ab—
ſprechen. Dagegen iſt entſchiedener Einſpruch zu erheben. Alle Anſprüche ſeefahrender
Völker, der Basken, Nordfranzoſen und Portugieſen, vor dem Jahre 1492 amerikaniſches
Gebiet betreten zu haben, jet es in Braſilien oder am Sankt-Lorenz-Golf, ſowie auch die an—
gebliche Entdeckung Mexikos durch die Chineſen im 5. Jahrhundert ſind in das Reich der Fabel
zu verweiſen. Nur die Entdeckung Nordamerikas durch die Normannen (vgl. S. 4) kann als
geſichert angeſehen werden. Sie iſt aber erſt um 1700 bekannt geworden, war eine rein zu—
fällige, und die Normannen ſelbſt haben von ihrer Bedeutung für die Geographie durchaus
keine Kenntnis gehabt. Kolumbus hat daher als der Entdecker Amerikas zu gelten, ſelbſt
wenn andere ſchon vor ihm oder gleichzeitig mit ihm den Plan einer Weſtfahrt erdacht haben,
wie Toscanelli, der wohl den Anſtoß zu der Fahrt des Kolumbus gegeben hat, und auch
dann noch, wenn man ſich vergegenwärtigt, daß Kolumbus ſich nicht bewußt geweſen iſt,
einen neuen Kontinent gefunden zu haben, ſondern in dem Glauben geſtorben iſt, er habe Djt-
aſien erreicht. Denn die Tat der Entdeckung, die Durchführung der Fahrt wird ihm nicht zu
rauben ſein, und es iſt ganz unzweifelhaft, daß er auch an der geiſtigen Urheberſchaft einen
großen Teil hatte. Daß ſich die Erkenntnis von der Entdeckung eines neuen Erdteils erſt nach
dem Tode des Kolumbus Bahn brach, ergibt ſich allein ſchon aus dem Umſtande, daß die
entdeckten Inſeln und Küſten ganz allgemein Indien oder Weſtindien genannt wurden.
Anderſeits muß man zugeben, daß Kolumbus ſeine Zeitgenoſſen geiſtig durchaus nicht
etwa überragte. An einen neuen Kontinent glaubte er nicht, wenngleich ihm bei der Ent—
deckung der Orinoco-Mündungen Zweifel an der Inſelnatur des Landes und bei der Arm—
ſeligkeit der Indianer überhaupt Bedenken über die Zugehörigkeit dieſer Länder zu Aſien
kamen. Die wiſſenſchaftliche Bildung des Kolumbus war nicht höher, ſondern wahrſcheinlich
eher niedriger als die vieler anderer Entdecker der damaligen Zeit, z. B. des Amerigo Ves—
pucci. Sie ging jedenfalls nicht über den Durchſchnitt der damaligen Zeit hinaus und krankte,
wie damals die Bildung allgemein, an der Unfähigkeit, ſich von altgewohnten Autoritäten,
den Kirchenvätern und Kosmographen, und vor allem von den Anſchauungen des Ptolemäus
loszulöſen. Dazu war er ganz im Banne religiöſer Anſchauungen befangen, hielt ſich für
ein Rüſtzeug Gottes, war aber anderſeits, wie faſt alle Entdecker und Eroberer der damaligen
Zeit, nicht frei von Golddurſt und Gier nach Reichtum; kurz, er war ein Menſch ſeiner Zeit,
nicht ſeiner Zeit voraus, und darum eben auch befähigt, die Bedürfniſſe ſeiner Zeit zu er-
füllen. Sein Name iſt leider nicht auf den neuen Erdteil übergegangen. Zum Teil lag das
daran, daß er ſchon von 1504 ab raſch vergeſſen wurde, dann aber an dem Umſtande, daß er
nichts oder nur ſehr wenig über ſeine Entdeckungen veröffentlichte, während die vielgeleſenen
Briefe des Amerigo Vespucci dieſem den Ruhm eingebracht haben, daß der Novus mundus
nach ihm Amerika genannt wurde.
Die erſte praktiſche Folge der Entdeckung Amerikas war die Feſtſetzung der ſogenannten
10 Die Erforſchungsgeſchichte.
Demarkationslinie zwiſchen den ſpaniſchen und portugieſiſchen Beſitzungen durch den
Papſt Alexander VI. 1493. Sie ſollte 100 Leguas weſtlich von irgendeiner Inſel der Kap—
verden verlaufen, ſo daß das weſtlich von ihr gelegene Land zu Spanien, das öſtlich von ihr
liegende zu Portugal gehören ſollte. Schon aus dieſer geographiſch unhaltbaren Anordnung
geht hervor, daß der Papſt und ſeine Berater ſich über die Tragweite ihrer Beſtimmung
nicht klar waren; und in der Tat wurde ſie ſchon im folgenden Jahre, 1494, wieder um—
geſtoßen. Spanien und Portugal ſetzten auf Wunſch Portugals in dem Vertrage von
Tordeſillas feſt, daß die Grenze nicht 100, ſondern 370 Leguas weſtlich der Kapverden ver—
laufen ſollte. Das entſpricht ungefähr dem 46. Meridian, der Braſilien öſtlich der Amazonas—
mündungen ſchneidet. Spanien glaubte durch dieſen Vertrag die neuentdeckten Inſeln ſowie
auch die wichtigen Gewürzländer Indiens für ſich behalten, den Portugieſen aber Afrika über—
laſſen zu haben. Allein hierbei verrechnete es ſich erheblich. Im Jahre 1500 fand Cabral
öſtlich vom 46. Meridian Land, das ſomit zu Portugal gehörte und bald Braſilien genannt
wurde. Dadurch wurde der neue Kontinent Südamerika in einen ſpaniſchen und
einen portugieſiſchen Teil zerlegt: ein für Spanien ganz unerwartetes Ergebnis.
2. Die Entdeckung der atlantiſchen Küſten Süd- und Mittelamerikas und
der ſüdlichen Durchfahrt.
Die Ergebniſſe der über ſieben Jahre ſich erſtreckenden Reiſen des Kolumbus ſind,
ſoweit ſie tatſächliche Entdeckungen betreffen, verhältnismäßig gering, da ſie nur zur Auf—
findung der Antillen, der Nordküſte von Südamerika und eines Teiles der Küſte von Mittel-
amerika geführt haben, aber weder Mexiko noch Florida noch den Magdalenenſtrom umfaſſen.
Das lag teils daran, daß es Kolumbus weniger auf die Entdeckung neuer Länder als auf die
Erwerbung reicher Schätze ankam, aber auch an dem ungenügenden Zuſtand ſeiner Schiffe,
der Ausrüſtung und der Verpflegung.
Nordküſte. Ein Umſchwung trat erſt 1499 ein. Weil Kolumbus ſeit der dritten Reiſe
in Ungnade gefallen war, anderſeits aber die Erfolge der Portugieſen in dem wirklichen
Indien zu neuen Bemühungen anſtachelten, trat ſeitdem eine Reihe von neuen Entdeckern
auf, die meiſt dem niederen Adel, den Hidalgos, angehörten, ſich durch Kühnheit und Wage—
halſigkeit auszeichneten und die Entſchleierung der Uferländer des Karaibiſchen Meeres voll—
endeten. Man nennt ſie die kleinen Entdecker. Mit ihnen zogen aber auch einige wijjen-
ſchaftlich höher gebildete Leute aus, die nun durch ihre Berichte und Karten einen größeren
Einfluß auf die Mitwelt geübt haben als Kolumbus ſelbſt.
An der erſten dieſer Unternehmungen nahmen Alonſo de Hojeda, ein tollkühner
Hidalgo, Juan de la Coſa, der beſte Pilot ſeiner Zeit und Verfertiger der erſten Karte des
neuen Landes (ſ. die Karte „Entwickelung des Kartenbildes von Amerika I" bei ©. 14),
ſowie Amerigo Vespucci, ein italieniſcher Kaufmann, teil. Naturgemäß knüpften ſie an
eine der Reiſen des Kolumbus an, und zwar an die dritte; ſie verfolgten zunächſt die Küſte
von Guayana nordwärts vom 6. Grad nördl. Breite und entdeckten den Eſſequibo, wendeten
ſich dann aber nach der Nordküſte von Südamerika und entrollten deren Verlauf von
Margarita, wo Kolumbus ſie verlaſſen hatte, bis zum Kap La Vela auf der Halbinſel Guajira.
Nach 13monatiger Abweſenheit liefen ſie Mitte 1500 wieder in Cadiz ein. In demſelben Jahre
fand Vicente Yafiez Pinzon die Mündung des Amazonas und entdeckte auf der Rückfahrt
Die Geſchichte der Entdeckung Mittel- und Südamerikas. 11
Tobago, während die Reiſe des Per Alonſo Nino 1499 —1500 ohne neue Ergebniſſe für die
Entdeckungsgeſchichte verlief. Das Jahr 1500 ſah auch noch den Abgang einer zweiten Unter—
nehmung, an der ſich neben dem Führer Rodrigo de las Baſtidas wieder der berühmte
Pilot Juan de la Coſa beteiligte. Sie führte bereits in den Golf von Darien, entſchleierte
die Küſte der Guajira und Dariens und brachte die Kunde von der Entdeckung des Magda—
lenenſtroms und von Schneebergen in den Tropen heim, die bald nach der von Baſtidas ge—
gründeten Stadt die Sierra Nevada de Santa Marta genannt wurden. Damit war die Nord-
küſte Südamerikas vollkommen bekannt geworden; alle im folgenden Jahrzehnt dorthin gerich—
teten Unternehmungen des Hojeda 1502, 1505 und 1509, Guerra und Juan de la Coſa
1504, Nicueſa 1509 und Enciſo 1510 waren nur noch Raubzüge, nicht Entdeckungsfahrten.
Mittelamerika. Auch die Küſte von Zentralamerika war damals ſchon leidlich
bekannt, da Rodrigo de las Baſtidas 1501 bis zum Golfe von San Blas nach Nordweſten,
Kolumbus im April 1503 in ſüdöſtlicher Richtung bis über Puerto Bello in den Golf von
Darien hinein gelangt waren, ihre Entdeckungen ſomit zuſammengeſchloſſen hatten. Schon
damals ſuchte man eine Durchfahrt nach dem gegenüberliegenden Meere, von dem Ko—
lumbus dunkle Kunde erhalten hatte, und das für den Golf von Bengalen gehalten wurde.
Dieſe Durchfahrt wurde nun freilich nicht gefunden, wohl aber gelang es einem der Teil—
nehmer an Enciſos Zug, das Meer auf der anderen Seite der Landenge aufzufinden und
damit einen wichtigen Beitrag zur Erkenntnis des Novus mundus als eines wirklich ſelbſtän—
digen Feſtlandes zu liefern.
Vasco Nufezde Balboa war ſchon 1501, damals 29 Jahre alt, mit Rodrigo de las
Baſtidas in Südamerika geweſen und hatte ſich 1510 heimlich wieder nach den neu entdeckten
Geſtaden begeben. 1511 erhielt er die Führung der Kolonie Santa Maria del Antigua an
Stelle Nicueſas. Bei einem Raubzug in das Innere hörte er zuerſt, daß ſechs Tagereiſen
weiter im Weſten von den Berghöhen im Gebiete des Kaziken von Tubanama ein zweites
Meer zu ſehen ſei, auf dem gutbekleidete Völker Ruder- und Segelſchiffahrt betrieben. Am
1. September 1513 brach er mit 190 Spaniern und 600 Eingeborenen nach dem fremden
Meere auf, gelangte nach 24 Tagen zum Golfe von San Miguel, nahm ihn am 25. Sep⸗
tember feierlich für Spanien in Beſitz und nannte das ſich ſüdwärts ausdehnende Meer die
Südſee. Trotz dieſes großen Erfolges wurde nicht Balboa, ſondern der alte Pedrarias
de Avila als Statthalter eingeſetzt; von dieſem wurde Balboa 1517 enthauptet.
Das übrige Mittelamerika trat erſt ſpät aus dem Dunkel hervor. Erſt 1508 um—
fuhren Diaz de Solis und Vicente Yaſtez Pinzon Kuba, ſtellten die vielbezweifelte
Inſelnatur dieſes Landes feſt und drangen in den Mexikaniſchen Golf ein. Nach anderen
ſoll Sebaſtian de Ocampo dieſes Ruhmes würdig ſein. Erſt 1511, alſo volle 19 Jahre
nach der Entdeckung, nahm Diego Velasquez Kuba für Spanien in wirklichen Beſitz und
gründete eine raſch aufblühende Kolonie, die bald der Ausgangspunkt ſehr wichtiger Unter—
nehmungen wurde. Florida zwar iſt 1513 von dem Statthalter von Puerto Rico, Ponce
de Leon, entdeckt worden, aber Yukatan und Mexiko hat man von Kuba aus zuerſt beſucht.
Im Februar 1517 gelangten Hernandez de Cördoba und Antonio de Alaminos an die
Küſte von Yukatan bei Kap Catoche, verfolgten fie aber nur eine kurze Strecke; im Mai 1515
dagegen vermochten Alaminos und Juan de Grijalva bis Tampico vorzudringen, während
Hernan Cortez nur wenig nördlicher vorſtoßen konnte, bis zum Rio Panuco. Die Verbin—
dung dieſes Punktes mit dem weſtlichſten in Florida zu erreichen, gelang gleich darauf, 1519,
12 Die Erforſchungsgeſchichte.
—
im Auftrage des Statthalters von Jamaica, des Francisco de Garay, einem wenig ge—
nannten Entdecker, dem Alonſo Alvarez Pineda, der von Florida aus den Mexikaniſchen
Golf umfuhr und deſſen geſamte Nordküſte feſtlegte. Dieſe Fahrt hatte die wichtige Erfah—
rung gebracht, daß auch von dem Mexikaniſchen Golf aus keine Straße nach Weſten hin—
durchführe; dennoch ließ Cortez noch im folgenden Jahrzehnt, z. B. 1524 durch Hurtado
de Mendoza, bis zum Golf von Darien ſüdwärts nach einer Meeresſtraße ſuchen.
Oſtküſte. Inzwiſchen aber war dieſe weit im Süden des Kontinents durch Magalhäes
aufgefunden worden, nicht zufällig und unerwartet, ſondern nach langwierigem, ebenſo
eifrigem Suchen wie in Mittelamerika.
Um dieſe Entdeckung zu verſtehen,
muß man an die Reiſe Hojedas, de la
Coſas und Vespuccis anknüpfen. Dieſe
hatten, wie oben erwähnt wurde, die
Küſte von Guayana vom 6. Grad
nördl. Breite an befahren. Raſcher
nun als die Entdeckung der Küſten des
amerikaniſchen Mittelmeeres erfolgte
die Aufklärung über den Verlauf
der Oſtküſte Südamerikas. Vicente
Dafez Pinzon war es beſchieden,
am 26. Januar 1500 die Küſte Braſi⸗
liens am Kap Roſtro Hermoſo, ſpäter
Säo Agoſtinho, in 8° 20“ ſüdl. Breite
zu entdecken. Doch machte er noch
nicht den Verſuch, dieſe Küſte nach
Süden zu verfolgen, ſondern fuhr
an ihr in weſtnordweſtlicher Richtung
entlang und fand den Amazonenſtrom
(vgl. S. 10).
Als Pinzon im September 1500
wieder in Palos eintraf, war bereits
eine zweite Entdeckung der braſiliſchen Küſte bekannt geworden, die kurz auf die Pinzons
folgte, aber ſchon im Juli nach Liſſabon berichtet ward. Das war die Entdeckung Braſi—
liens durch Pedrälvarez Cabral, der gewöhnlich, wenn auch mit Unrecht, als Entdecker
Braſiliens gilt. Cabral befand ſich mit einem portugieſiſchen Geſchwader auf der Reiſe von
Portugal nach dem eben durch Vasco da Gama aufgefundenen wirklichen Indien, ſcheint
aber den Befehl gehabt zu haben, einen weſtlicheren Kurs zu nehmen. So ſtieß er am
22. April auf Land, das er Ilha da Vera Cruz nannte. Er befand ſich damals unter etwa
17-60 ſüdl. Breite zunächſt vor dem Monte Pascual, dann im Porto Seguro, im jetzigen
Staate Bahia, und nahm das Land für die Krone Portugal in Beſitz, da er erkannte, daß
dieſe Ilha da Vera Cruz öſtlich der Demarkationslinie von 1494 liege.
Noch eine dritte Unternehmung fand in demſelben Jahre (1500) unter dem Befehl des
Die go de Lepe an der Küſte von Braſilien ſtatt. Dieſer fand wie Pinzon das Kap Agoſtinho,
verfolgte die Küſte aber weiter nach Süden als Cabral und bemerkte bereits ihr ſüdweſtliches
Amerigo Vespucci. Nach einem Stich von Rémont.) Zu S. 13.
Die Geſchichte der Entdeckung Mittel- und Südamerikas. 13
Einſchwenken, eine Beobachtung, die der Hoffnung Nahrung gab, das neue Land im Süden
umfahren zu können. Ob Amerigo Vespucci an dieſer Fahrt teilgenommen hat, ift leider
nicht zu erweiſen.
Amerigo Vespucci (j. die Abbildung S. 12) war 1451 in Florenz als Sohn eines
Notars geboren und hatte, wie viele Italiener, während der großen Zeit der erſten Ent⸗
deckungen ſeinen Wohnſitz in Spanien, und zwar als Angeſtellter des Bankhauſes Berardi
in Sevilla, das Ausrüſtung und Herrichtung der auslaufenden Entdeckungsſchiffe beſorgte.
Somit war er in der Lage, neue Nachrichten aus erſter Quelle zu erhalten und die Ent—
decker der damaligen Zeit per-
ſönlich kennen zu lernen. So⸗
bald 1498 das dem Kolumbus
verliehene Entdeckungsvor—
recht gefallen war, trat er mit
Hojeda und Juan de la Coſa
ſeine erſte Reiſe an (val.
S. 10). Falls er ſich von die—
ſen im September 1499 ge⸗
trennt hat, könnte er ſowohl
mit Vicente Nariez Pinzon im
November oder mit Diego de
Lepe im Dezember 1499 ſeine
zweite Fahrt angetreten
haben. Sophus Ruge ent⸗
ſcheidet ſich für die letztere
Möglichkeit, da ein Brief Ves—
puccis vom 18. Juli vorliegt,
Pinzon aber erſt im Septem-
ber nach Palos zurückgekom⸗
men iſt. Eine dieſer beiden
Reiſen muß er mitgemacht ha-
ben, da er ſich ausführlich über
die Küſte Braſiliens und den
Amazonenſtrom ausläßt. Da nun Vespuccis Ruf als Pilot ſich verbreitete, ſo lag es nahe,
daß König Manuel ihn auffordern ließ, der portugieſiſchen Krone ſeine Kenntnis der Küſten
und der Nautik für eine Forſchungsreiſe an der Ilha da Vera Cruz zur Verfügung zu ſtellen.
Dieſe dritte Reiſe Vespuccis dauerte vom Mai 1501 bis zum 7. September 1502.
Sie hat die Küſte Braſiliens zum erſtenmal genauer bekannt gemacht. Wer den Zug leitete,
ſteht nicht feſt, da Vespucci die üble Gewohnheit hatte, die Kapitäne nicht zu nennen, und
außer ſeinen Berichten keine Quelle vorhanden iſt. Am 16. Auguſt 1501 traf das Schiff auf
das Kap Säo Roque und lief nun bis zum Januar 1502 zahlreiche Punkte der Küſte, zuletzt
Cananea unter 25° füdl. Breite an. Von hier behauptet Vespucci ſcharf ſüdlich gehalten,
unter 52° jüdl. Breite wieder Land gefunden zu haben und dann über Sierra Leone zurück—
gekehrt zu ſein; doch läßt ſich die Wahrheit dieſer Behauptung nicht erweiſen, höchſtens ſpricht
dafür der lange Zeitraum vom Januar bis September 1502. Der über dieſe Reiſe von
Fernäo de Magalhäes. (Nach einem Kupferſtich von F. Selma.) Zu S. 15.
14 Die Erforſchungsgeſchichte.
Vespucci verfaßte, 1503 lateiniſch und deutſch veröffentlichte Bericht hat wohl am meiſten zur
Bekanntmachung der neuen Entdeckungen, zur Hebung des Anſehens Vespuccis und zur
Verdunkelung des Ruhmes des Kolumbus beigetragen. Bald darauf aber war es mit Ves—
puccis Macht am portugieſiſchen Hofe zu Ende, denn ſeine mit großem Pomp angekündigte
vierte Reiſe (1503 —04), die in ſüdweſtlicher Richtung nach Indien führen ſollte, hatte
kein geographiſches Ergebnis. Vespucci verließ den portugieſiſchen Dienſt, fand 1505 eine
Anſtellung in Spanien, wurde 1508 Pilot der kaſtiliſchen Krone und ſtarb 1512 in Sevilla.
Die Eitelkeit und die Sucht, ſich in den Vordergrund zu drängen, haben Vespucci den
Ruhm eingetragen, daß ſein Name auf den neuen Erdteil übergegangen iſt. Bei dem Mangel
an Nachrichten über die „neuentdeckten Inſeln“ bildeten Vespuccis Reiſebriefe bald einen
Gegenſtand allgemeiner Aufmerkſamkeit, ſie wurden in verſchiedene Sprachen überſetzt und
viel geleſen, 1507 ſogar unter dem Namen der „Quatuor navigationes“ von dem Profeſſor am
Gymnaſium zu St.-Die in Lothringen, Martin Waldſeemüller (Waltzemüller oder Ila—
comilus), zuſammen herausgegeben. Seit dem Jahre 1507 finden ſich denn auch zahlreiche
Schriften, die Amerigo Vespucci als Entdecker des Novus mundus betrachten, und in dem—
ſelben Jahre machte Waldſeemüller in feiner „Cosmographiae Introductio“ den Vorſchlag,
den vierten Erdteil Amerigos Land, Amerige oder America zu nennen. Überraſchend
ſchnell fand dieſer Name Anklang; ſeitdem er 1507 von Waldſeemüller auf ſeine 1901 wieder⸗
entdeckte Weltkarte eingetragen worden war (vgl. den Ausſchnitt aus Waldſeemüllers Welt-
karte auf der beigehefteten Karte „Entwickelung des Kartenbildes von Amerika 1“), ging er
auch auf Karten und Globen über, ohne jedoch andere Namen, wie Terra Sanctae Crucis,
Tierra firme, Mundus novus, Novis orbis, Peruana, Brasilia, verdrängen zu können, bis
endlich das 17. Jahrhundert ihm volle Gültigkeit verſchaffte. Alle übrigen Ableitungen des
Namens aus ähnlich klingenden Bezeichnungen von Bergketten und Völkerſchaften in Amerika
ſind entſchieden abzuweiſen.
Vespuccis Anſtellung in Spanien und namentlich ſein Amt als Pilot der kaſtiliſchen
Krone erlaubten ihm die weitere Verfolgung ſeines Planes, um die neu entdeckten Länder
herum in der von der Küſte ſelbſt gewieſenen ſüdweſtlichen Richtung nach den Gewürzinſeln
zu fahren. Seinen Bemühungen waren im weſentlichen die beiden Unternehmungen des
Juan Diaz de Solis zu verdanken, die nach dem Süden des Novus orbis gerichtet waren.
Die erſte fand 1508 —09 ſtatt, gelangte etwa bis zum 40.“ ſüdl. Breite, hatte aber keine
Ergebniſſe; an ihr nahm Vicente Yaſez Pinzon teil. Die zweite erlebte Vespucci
nicht mehr, allein ſie geht doch noch auf ſeine Anregung zurück. Ihr Führer war derſelbe
Juan Diaz de Solis, der nach Vespuccis Tode deſſen Nachfolger als Pilot der kaſtiliſchen
Krone geworden war. Er lief, um Balboas Südſee (vgl. S. 11) zu erreichen, Ende 1515 von
Spanien aus, befuhr die Oſtküſte Südamerikas vom Kap Säo Roque bis zum La Plata,
entdeckte dieſen Strom, wurde aber auf einem Streifzuge aufs Land von den Indianern ge—
tötet. Wenn nun auch die Entdeckung der ſüdlichen Durchfahrt de Solis nicht gelungen iſt,
ſo zeichnet ſich ſeine Reiſe doch durch ſorgfältige Aufnahme der Küſte und die Auffindung
des dritten großen ſüdamerikaniſchen Stromes aus.
Inzwiſchen handelte es ſich aber ſchon nicht mehr um den Zuſammenſchluß der Ent—
deckungen der Spanier im Südoſten von Südamerika und in Mittelamerika, ſondern um die
Erreichung der Molukken, die nach den Berichten der Portugieſen ſehr weit nach Oſten hinaus
verlegt wurden, ſo daß man in Spanien hoffte, ſie könnten doch in der ſpaniſchen Erdhälfte
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1
Die Geſchichte der Entdeckung Mittel- und Südamerikas. 15
liegen. Außerdem erſchien die Durchfahrt jetzt auf den Karten; Martin Behaim zeichnete
ſie auf einer uns verloren gegangenen Karte und Joh. Schöner auf ſeinem Globus von 1515
ein, beide ohne von Diaz de Solis' Entdeckung der meerengengleichen Mündung des La Plata
Kunde zu haben. Dieſe Karten benutzte aber der erſte Umſegler der Erde, Fernäo de
Magalhäes (f. die Abbildung S. 13), meiſt Ferdinand Magellan, in Spanien Fernando
de Magallanes genannt. Ahnlich wie Kolumbus aus Portugal nach Spanien übergegangen
und wie jener ſchon vorgebildet zu großen Entdeckungsfahrten durch den Aufenthalt in
Portugieſiſch-Indien, fand er raſcher als ſein großer Vorgänger ſchon wenige Monate nach
ſeiner Ankunft in Spanien williges Gehör und ſtach bereits am 20. September 1519 in See.
Nachdem er die braſiliſche Küſte von Kap Agoſtinho bis Rio de Janeiro verfolgt und im Januar
1520 den La Plata erreicht hatte, ſuchte er zunächſt in dieſem vergeblich eine Durchfahrt und
überwinterte dann nach mehrmaligem Anlaufen der patagoniſchen Küſte am Puerto San
Julian in 49 30“ ſüdl. Breite. Von hier aus brauchte er noch über acht Wochen, um bis zur
Durchfahrt vorzudringen. Vom 21. Oktober bis zum 28. November 1520 durchfuhr er die
nach ihm benannte Straße und ſtellte damit die Möglichkeit einer Durchfahrt vom Atlantiſchen
zum Großen Ozean feſt. Außerdem aber wurde durch dieſe Fahrt die Geſtalt Südamerikas
im ganzen feſtgelegt, da Magalhäes auch an der Weſtküſte noch bis 459 füdl. Breite nord—
wärts fuhr und ihren meridionalen Verlauf erkannte. Vor allem aber führte die Reiſe des
Magalhäes dazu, daß Südamerika von nun an als ein beſonderer Erdteil betrachtet
wurde, deſſen Formen auf den Karten des dritten Jahrzehnts des 16. Jahrhunderts auch ſchon
recht wohl hervortraten (vgl. die Karte des Diogo Ribeiro auf der Tafel „Entwickelung des
Kartenbildes von Amerika I” bei S. 14). Das größte Verdienſt des Magalhäes aber beſteht
darin, dieſe Entdeckung planmäßig vorbereitet und energiſch verfolgt zu haben, trotz der größten
Schwierigkeiten, die ihm ſeine eigene Beſatzung ſowie das unwirtliche Land und Klima ſelbſt
entgegenſtellten. Leider vermochte er ſich ſeiner Erfolge nicht lange zu erfreuen, denn er
wurde ſchon am 27. April 1521 auf der Philippineninſel Mactan von Eingeborenen getötet.
3. Die Erſchließung der Weſtküſte Südamerikas und die Eroberung ihrer
Reiche durch die Conquiſtadoren.
Die Entdeckung der Europa abgewandten Weſtküſte Amerikas hat naturgemäß erſt
viel ſpäter ſtattgefunden als die der atlantiſchen Seite, aber es iſt doch auffallend, daß nach
Auffindung des Großen Ozeans durch Balboa, 1513, lange keine ernſtlichen Anſtrengungen
gemacht worden ſind, ſeine Küſten zu erkunden. Ihre Erforſchung iſt eng verknüpft mit der
Eroberungstätigkeit der ſpaniſchen Heerführer und Abenteurer, der Con quiſtadoren. Wäh—
rend im Norden und Oſten Südamerikas nur ſchweifende, ſelten ſeßhafte Indianerſtämme
angetroffen wurden, deren Unterwerfung nicht allzu ſchwer fiel, traten den Spaniern an
der Weſtküſte des Kontinents wohlorganiſierte Reiche mit einer eigenen Kultur entgegen,
die erſt überwunden werden mußten, zum Teil in überaus blutigen Kämpfen. So gehen
hier Entdeckung und Eroberung ineinander über, und es entſteht der eigenartige Typus der
Conquiſtadoren, der erobernden Entdecker oder beſſer entdeckenden Eroberer, denn die
Eroberung und die Sucht nach reicher Beute waren ſtets der Hauptzweck dieſer kraftvollen
Geſtalten. Als ihre bedeutendſten Vertreter gelten meiſt zwei, allerdings voneinander recht
verſchiedene Männer, Fernando Cortez und Francisco Pizarro, jener ein gebildeter
16 Die Erforſchungsgeſchichte.
Offizier, dieſer ein roher Abenteurer. Sie beherrſchen den Gang der Entdeckungen bis zur
Mitte des Jahrhunderts, jener im Norden, dieſer im Süden von Panama; fie bezeichnen
den Höhepunkt der ſpaniſchen Macht, die ſie über faſt ganz Südamerika ausdehnen und weit
nach Nordamerika hinein vorſchieben, und ſie geben durch die Eroberung der großen Gold—
und Silberländer Mexiko und Peru zahlloſen Beutegierigen die Möglichkeit leichter Befriedi—
gung ihrer Gelüſte und verhelfen der Krone Spanien zu unerhörtem Gewinn an edlen
Metallen und Steinen; ſie leiten aber auch bereits den Niedergang der ſpaniſchen Macht ein,
indem ſie den Grund legen zu der Ausbeutung der Kolonien durch das Mutterland, deren
vernichtende Folgen bis in die neueſte Zeit für Spanien fühlbar geweſen ſind. Die Ent-
deckungstätigkeit wird zur Nebenſache, das ſchöne Beiſpiel des Magalhäes findet höchſtens
noch in Cortez einen Nachahmer; bei alledem aber wird binnen 20 Jahren die Weſtküſte
Amerikas in ihrem Verlauf von Chile bis Kalifornien entſchleiert und ſelbſt dort, wo große
indianiſche Städte bereits beſtanden, zur Gründung von Anſiedelungen geſchritten.
Cortez. Es iſt natürlich, daß die Entdeckung der Weſtküſte ihren Ausgangspunkt von
dem Iſthmus von Darien und Panamä nahm, dem Gebiete der erſten Koloniſationsverſuche
der Spanier. Solange jedoch Pedrarias (vgl. S. 11) hier ſchaltete, kam es nur zur Eroberung
von Nicaragua durch Gil Gonzalez d' Avila und zu dem Zuge des Andres Nifio nach der
Fonſecabucht und der Küſte des ſüdlichen Guatemala (1522/23).
Bei weitem größere Förderung erfuhr die Erforſchung Zentralamerikas durch Fer—
nando Cortez und ſeine Unterfeldherren. Dieſer bedeutendſte aller ſpaniſchen Conquiſta—
doren, gebürtig aus Medellin, war ein Offizier von akademiſcher Bildung; er ſtand, als er
1519 nach Mexiko kam, im 35. Lebensjahre. Zu wirklichen Entdeckungszügen konnte er aber
erſt ſchreiten, nachdem er den Kern des Aztekenreiches, das Tal von Mexiko und ſeine Um—
gebung, Spanien endgültig geſichert hatte. Er beſetzte zuerſt die Küſte von Michoacan,
Oaxaca, Colima und Tabasco durch Sandoval und Pedro de Alvarado, dehnte 1523—
1524 ſeinen Einfluß bereits auf Guatemala aus, ſuchte aber vor allem nach einer Durch—
fahrt vom Atlantiſchen nach dem Großen Ozean und verwendete, etwa vom Jahre 1523
an, viel Zeit und Mühe auf die Löſung dieſes Problems. Zunächſt erforſchte er den Iſthmus
von Tehuantepec, dann ſandte er Criſtobal d'Olid um PYukatan herum nach dem Golfe
von Honduras, von deſſen Innerem aus eine Straße nach dem Großen Ozean vermutet
wurde. Im Jahre 1524 traf hier in Puerto Caballos, jetzt Puerto Cortez genannt, d'Olid
mit dem von Pedrarias ausgeſandten Gil Gonzalez d' Avila zuſammen, jo daß ſich die Er—
oberer von Norden und Süden her bereits die Hand reichten. Unterdeſſen befuhr Hurtado
de Mendoza die atlantiſchen Küſten Zentralamerikas bis zum Golf von Darien. Cortez
unterſtützte aber auch ſelbſt dieſe Unterſuchungen durch einen großen Landfeldzug durch
Guatemala nach Honduras, der unter anderem auch den Zweck hatte, feſtzuſtellen, ob den
Küſtenfahrern nicht doch vielleicht der Eingang zu einer Meeresſtraße entgangen ſei. Zunächſt
ſchickte er Anfang 1524 von Mexiko aus Alvarado nach Soconusco, von wo aus dieſer im
Laufe des Jahres die ſüdlichen Teile von Guatemala unterwarf und bis El Salvador vor—
drang. Dann aber brach er ſelbſt im Oktober 1524 nach Honduras auf, durchzog unter großen
Mühen Tabasco, drang in den nördlichen Teil von Guatemala ein, erreichte den See von
Petén und den Golfo Dulce oder See von Izabal und gelangte wirklich 1525 bis an die
Niederlaſſung des Olid in Honduras.
Durch dieſe Züge des Cortez und ſeiner Unterfeldherren iſt das nördliche Zentralamerika
Die Geſchichte der Entdeckung Mittel- und Südamerikas. 17
erforſcht, erobert und der ſpaniſchen Krone einverleibt worden; doch bekümmerte ſich Cortez
ſpäter wenig mehr um dieſe Landſchaften, ſondern wendete ſein Augenmerk dem Norden zu,
immer noch beſtrebt, eine Durchfahrt nach dem Großen Ozean zu finden. Über dieſe Unter⸗
nehmungen ſiehe den Band „Nordamerika“.
Pizarro. Solange Pedrarias auf den Landengen ſein hartes Regiment ausübte, kam
es auch ſüdlich von Panama nur zu geringen Fortſchritten, obwohl in ſeinem Gefolge ſchon
damals der berühmteſten Conquiſtadoren eine ganze Schar beiſammen war, wie Pizarro,
Almagro, Benalcazar, de Soto, Coronado, Pascual de Andagoya. Vermutlich aber ſchreckte
das Schicksal Balboas ſie ab; jedenfalls geſchah ſeit der Unterſuchung der Küſte bei Panama
durch Balboa faſt ein volles Jahrzehnt hindurch nichts von Bedeutung. Erſt 1522 kam Pas⸗
cual de Andagoya ein wenig über den Puerto de Pinas hinaus, dann aber begann Pizarro
ſich der Entdeckung der Weſtküſte anzunehmen.
Francisco Pizarro ſtammte aus Trujillo in Eſtremadura, war alſo ein Landsmann
des Cortez, aber ſchon 1478 geboren und ſomit bereits ein Vierziger. Von unſicherer Herkunft
und ohne Bildung, vertritt er den Typus derjenigen Conquiſtadoren, die für die von ihnen
eroberten Länder meiſt verhängnisvoll geworden ſind, den eines rohen Soldaten. Ihm
geſellte ſich Diego de Almagro zu, ebenfalls ein tapferer Soldat, den keine Familienbande
an die Heimat knüpften, und der Prieſter Fernando de Luque. 1527 gelang es Pizarro,
den nördlichen Teil der Küſte von Peru bis zum Rio Santa unter 9° ſüdl. Breite zu be⸗
fahren. Dieſe Fahrt genügte, um die Bedeutung des Inkareiches zu erkennen, zeigte aber
gleichzeitig die Schwierigkeiten, die der Eroberung entgegenſtanden. Pizarro mußte ſich erſt
um Geld nach Spanien wenden, fand hier bei Karl V. Gehör und zog nun 1531 mit einer
kleinen Truppe von 180 Mann abermals nach Peru aus. Er erhielt jedoch bald Zuzug von
anderen Conquiſtadoren, wie Benalcazar und de Soto, verweilte längere Zeit an der Küſte
bei Tumbez und erreichte Mitte 1532 das Innere des Landes, das er nun in raſchem Sieges—
laufe bis Ende 1533 unterwarf.
Allmählich aber hatte ſich zwiſchen Pizarro und ſeinem Waffengefährten Almagro
ein Gegenſatz herausgebildet, der nach der Eroberung Perus zunächſt zu einem Verſuch
Almagros führte, weiter im Süden ein neues Feld ſeiner Tätigkeit zu finden. Daraus ent-
ſprang der berühmte Zug Almagros durch die Kordilleren von Bolivia, Jujuy und Nord—
chile nach Copiapd und von dort der Küſte entlang bis Coquimbo (1535—37). Abgeſandte
erreichten jogar den Rio Maule unter 35“ ſüdl. Breite.
Für die Erforſchung der Küſte des Erdteils hatten alle dieſe Eroberungszüge wenig
Bedeutung, ebenſowenig die Fahrt des Guevara, deſſen Schiff 1526 von dem Geſchwader
des Fray Garcia Jofre de Loayſa vor der Magalhäesſtraße getrennt wurde und nach zwei—
monatiger Fahrt, ohne die Küſte Südamerikas zu ſehen, den Hafen von Tehuantepec er—
reichte, alſo zum erſtenmal Südamerika umfuhr. Aber gerade durch dieſe Fahrt und durch
Pizarros Eroberung von Peru wurde man in Spanien dazu gebracht, die Südweſtküſte Süd⸗
amerikas unterſuchen zu laſſen. Nach einem wenig erfolgreichen Verſuche Simon de Alca—
lavas, deſſen Kapitän Rodrigo de Isla zum erſtenmal in Patagoniens Kordillere ein—
drang, führte Alonſo de Camargo 1540 die erſte Aufnahme der Küſte durch. Um dieſelbe
Zeit wurde auch das Innere von Chile bekannter, da Pedro de Valdivia 1540 Santiago
gründete. Weitere Aufnahmen der Küſte verdanken wir dem Genueſen Juan Baptiſta
Paſtene und dem Statthalter von Chile, Mendoza, der 1557 den Chiloé-Archipel auffand.
2
Länderkunde, Süd⸗ und Mittelamerika, 3. Aufl.
18 Die Erforſchungsgeſchichte.
Damit ſtanden die Umriſſe Südamerikas feſt, bis auf den äußerſten Süden, das Feuer—
land, über deſſen Erſtreckung nichts Näheres bekannt war. Dieſes ſowie die Falklandinſeln,
die Staateninſel und Kap Hoorn entſchleierten nach und nach Francis Drake 1578, John
Davis 1592 und Le Maire und Schouten 1616, jo daß hier bereits Engländer und Hol—
länder die Spanier in der Entdeckungstätigkeit ablöſten. Dieſe beſchäftigten ſich inzwiſchen
mit der Ausbeutung der Andenländer, in denen edle Metalle leichten Gewinn darboten.
4. Die erſte Erforſchung des Inneren.
Die Dorado-Fahrer. Während Pizarro Peru und Almagro Chile eroberten, durch—
zog ein anderer der Conquiſtadoren, Sebaſtian Benalcazar oder Belalcazar, das jetzige
Ecuador und Colombia und traf 1539 mit Gonzalo de Queſada, der den Magdalenen—
ſtrom hinaufgefahren war, und dem Deutſchen Nikolaus Federmann, der von Coro kam,
auf der Hochebene von Bogotä zuſammen. Hier berührten ſich alſo bereits die Eroberungs—
züge von Norden und von Süden. Im Norden waren es die Feldhauptleute und Statthalter
der Welſer, denen Karl V. 1528 das Recht der Beſiedelung von Coro gegeben hatte. Sie
durchzogen das jetzige Venezuela und zum Teil auch Colombia bis über den Orinoco hinaus
und drangen bereits bis zum Gebiete des Amazonas vor. So gelangte 1528 Ambroſius
Dalfinger von Coro aus nach der Sierra Nevada de Santa Marta und in die Kordillere
von Perijä und kehrte 1530 nach Coro zurück. Auf einem zweiten Zug ins Gebiet des Magda—
lena und Cauca ſtarb er in Chinäcota 1532. Von 1536 an richten ſich die Unternehmungen
der deutſchen Conquiſtadoren in Coro mehr nach dem Oſtabhang der Kordillere von Bogota
und den weſtlichen Zuflüſſen des Orinoco. 1536—37 finden wir Georg Hohermuth aus
Speier und Philipp von Hutten am Arauca und Meta und erfahren mit Erſtaunen, daß
es dieſen kühnen Männern gelang, trotz aller von den großen Flüſſen bereiteten Schwierig—
keiten über den Uaupés zum Caquetä oder Japura vorzudringen und 1538 den Rückweg nach
Coro zu finden. Um Hohermuth Hilfe zu bringen, war 1537 Nikolaus Federmann auf—
gebrochen; vom Rio Caſanare her erſtieg er die Kordillere von Bogota und zog dann mit
Gonzalo Queſada und Benalcazar den Magdalena hinab nach Santa Marta. In umgekehrter
Richtung erreichte um dieſelbe Zeit Hernan de Queſada, ein Bruder des Gonzalo, von
der Kordillere aus die Llanos, gelangte ebenfalls an den Japurä nach Mocoa und ein zweites
Mal einige Jahre ſpäter in die großen Ebenen. Um dieſe Zeit ſchließt auch die Entdeckungs—
tätigkeit der Deutſchen in Coro ab. Die letzte, völlig verunglückte Unternehmung ſetzte
Rodrigo de las Baſtidas, 1541 Statthalter von Venezuela, ins Werk. Ihre Führer, Philipp
von Hutten (Felipe de Urre) und Bartel Welſer, leiteten zwar den Zug ſo geſchickt, daß
ſie bis in die Gegend zwiſchen dem Uaupés und dem Japurä vorzudringen vermochten, allein
das erſehnte Dorado fanden ſie nicht und erlitten bei ihrer Rückkehr nach Tocuyo 1546 den
Tod durch Henkershand.
Die Hydrographie. Während aber dieſe Beutezüge die Hydrographie des Inneren
von Südamerika nur wenig förderten, brachte eine einzige kühne Reiſe eines Spaniers Klar⸗
heit über die Waſſerverteilung des Kontinents. Obwohl bereits im Jahre 1500 Vicente
Yafiez Pinzon die Mündung des Amazonas gefunden hatte, war der Verlauf des rieſigen
Stromes bisher nicht bekannt geworden. Man hätte nun erwarten ſollen, daß der Amazonas
durch Schiffe, die in ſeine Mündung eindrängen, entſchleiert worden wäre, allein er iſt durch
Francisco de Orellana von den Anden aus bekannt gemacht worden. Orellana war 1539
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Die Zeit der Kolonialherrſchaft. 19
mit Gonzalo Pizarro von Quito aus über die Kordillere nach dem Rio Napo gezogen; als
nun der Hunger drängte, erhielt Drellana den Befehl, mit einem Schiffe ſtromabwärts auf
die Suche von Lebensmitteln zu fahren. Er geriet jedoch ſelbſt in Hungersnot, fand erſt in
der Nähe des Amazonenſtromes ein Dorf und vermochte nun nicht mehr zurückzukehren. So
entſchloß er ſich, den Strom bis zum Meer abwärts zu befahren, und führte dieſen Entſchluß in
der Zeit vom 11. Februar bis zum 2. Auguſt 1540 aus, worauf er ſich vom 26. Auguſt bis zum
11. September von der Meeresſtrömung nach der Inſel Cubagua bei Margarita treiben ließ.
Dieſe kühne Fahrt enthüllte ſomit die Hydrographie des ganzen äquatorialen Südamerika.
Teilweiſe wiederholt und ergänzt wurde ſie durch den Doradozug des Pedro de
Urſua, der ſich im September 1560 auf dem Huallaga einſchiffte, den Amazonas erreichte,
aber an deſſen Ufern ermordet wurde, worauf Lope de Aguirre 1561 die Überlebenden
anſcheinend durch den Rio Negro und Orinoco nach der Küſte von Venezuela führte. Ver—
mutlich iſt auf dieſer Fahrt zum erſtenmal die Waſſerverbindung zwiſchen dem Amazonas
und dem Orinoco durch den Caſiquiare benutzt worden, doch genügen die vorhandenen
Nachrichten nicht zur Klarſtellung des Reiſeverlaufes. Die Doradofahrten der Spanier
dauerten noch während des 16. Jahrhunderts fort, ohne der Geographie Nutzen zu bringen,
und begegneten ſchließlich an der Orinocomündung denſelben Bemühungen der Eng—
länder, namentlich Sir Walter Raleighs. Guayana aber blieb bis auf den heutigen
Tag der unbekannteſte Teil des Kontinents.
Das dritte Stromſyſtem des Inneren, das des La Plata, iſt nach und nach vom Meere
aus erforſcht worden, doch verging auch hier das halbe 16. Jahrhundert, bis über ſeine Grund—
züge Klarheit geſchaffen war. Dreimal erreichten im 16. Jahrhundert ſpaniſche Eroberer
Peru vom Atlantiſchen Meere her, nämlich 1536—37 Ayolas, 1548 Irala und endlich 1565
Francisco Ortiz de Vergara.
So war im allgemeinen um 1550, nach Orellanas und Iralas Fahrten, das Stromnetz
Südamerikas bekannt. Um dieſelbe Zeit drang die Anſicht von der Selbſtändigkeit des Novus
orbis mehr und mehr durch, der Name Amerika befeſtigte ſich, und um 1600 unterſchied
Jodocus Hondius bereits Nord- und Südamerika.
III. Die Zeit der Kolonialherrſchaft.
(Siehe die beigeheftete Karte „Entwickelung des Kartenbildes von Amerika II“.)
Nach der Entdeckung der Küſten und nach der oberflächlichen Unterſuchung des Inneren
erlahmte der Entdeckungseifer der Spanier und Portugieſen raſch. Volle 250 Jahre lang,
von 1550 bis 1800, ſind daher nur beſcheidene Fortſchritte in der Erkenntnis des von ihnen
beſiedelten Erdteils gemacht worden. Beide Völker beſchäftigten ſich ausſchließlich mit der
wirtſchaftlichen Ausbeutung Südamerikas, beſchränkten aber auch dieſe großenteils auf den
Bergbau, ſo daß der Schwerpunkt der ſpaniſchen Kolonien faſt drei Jahrhunderte hindurch
in Peru und Mexiko lag. Alle übrigen Länder wurden vernachläſſigt, ja ihre Kultur ver—
minderte ſich teilweiſe ſogar infolge der Ausrottung der urſprünglichen Halbkultur. Die
Stromſyſteme des Amazonas, Orinoco und La Plata wurden nur ſchwach beſiedelt, der
Handel mit auswärtigen Völkern wurde verboten, derjenige mit dem Mutterlande ſehr er—
ſchwert und monopoliſiert, Fremden der Eintritt ins Land lange Zeit nicht geſtattet, kurz
eine höchſt engherzige Kolonialpolitik betrieben.
2 *
—
20 Die Erforſchungsgeſchichte.
Den einzigen Lichtblick in dieſem recht tiefen Dunkel gewährt die ausgedehnte Miſ⸗
ſionstätigkeit, die beſonders durch die Ordensgeiſtlichen ausgeübt wurde. Die Franzis⸗
kaner, Dominikaner und Kapuziner haben ſich im allgemeinen in den beſiedelteren Teilen
Südamerikas niedergelaſſen, zum Teil aber auch, wie in Guayana, die Wildniſſe des Inneren
aufgeſucht. Die Jeſuiten haben vom Beginn des 17. bis zum Ablauf des zweiten Drittels
des 18. Jahrhunderts in weiten Gebieten des Inneren Südamerikas eine blühende Kultur
geſchaffen, deren Zerſtörung von ſchwerem Nachteil für die davon betroffenen Völker war;
ſie fallen durch beſonders weites Vordringen ins Innere und ausgeſprochenen Wagemut auf.
Seit dem Jahre 1616 waren auch Deutſche unter ihnen tätig, wie der Pater Samuel Fritz
aus Trautenau (1656-1728), der nicht nur über 40 Jahre am oberen Marafion gelebt und
einen großen Teil der ſpaniſchen Miſſionen im Amazonastal begründet, ſondern auch den
Amazonas bis Parä befahren und im Jahre 1707 die erſte Karte des Stromlaufes ſowie vom
heutigen Ecuador entworfen hat. Auch Karl Brentano aus Komorn bereiſte 1730 —50
das Amazonasgebiet und hinterließ eine 1751 in Rom gedruckte Karte ſowie eine Geſchichte
der Marafjon-Miſſionen; die Karte von Maynas von Magnin (1740) wie auch die des Napo
von Maroni aus Friaul benutzte La Condamine 1744. Beſonders bekannt geworden aber
ſind Dobrizhoffers (1718-91) Beſchreibung der Abiponen im Chaco und Bettendorfs
(1625—88) Grammatik der Tupi-Sprache. Geringere Gelegenheit hatten die Miſſionare zu
wirklicher Erweiterung der topographiſchen Kenntniſſe. Ob Manuel Ramon der erſte war,
der die Waſſerteilung des Orinoco bekannt machte, als er 1744 vom Rio Negro durch den
Caſiquiare den Orinoco erreichte, ſteht noch dahin.
Wie mächtig die Miſſion der Jeſuiten in Südamerika war, ergab ſich weniger aus der
Zahl von 2171 in allen ſpaniſchen und 445 in den braſiliſchen Miſſionen um 1760 tätigen
Mitgliedern dieſes Ordens, als aus der Blüte, welche die hauptſächlichen Miſſionsgebiete
der Jeſuiten im Inneren, die Llanos von Mojos, die Miſiones am Uruguay und Parana
und die Anſiedelungen in Paraguay, erlangten. Im Amazonastal wurden die bis nach
Manaos abwärts reichenden ſpaniſchen Jeſuitenmiſſionen um 1700 durch die Portugieſen
bis Tabatinga zurückgedrängt, in Miſiones und Braſilien wurden ihre Fortſchritte durch die
Pauliſtaner gehindert. Als dann aber im Jahre 1767 die Aufhebung der Jeſuitennieder⸗
laſſungen erfolgte, verſanken die genannten Gebiete bald in den Zuſtand der Verwilderung
und des Verfalls.
Die wenigen wiſſenſchaftlichen Unternehmungen, die überhaupt in den ſpa—
niſchen Kolonien gemacht worden ſind, wurden infolge der Untätigkeit der Spanier meiſt von
Fremden ausgeführt; die Portugieſen gingen noch einen Schritt weiter, indem ſie über—
haupt keine Fremden ihr Gebiet betreten ließen. Im ſpaniſchen Amerika haben namentlich
Franzoſen eine wiſſenſchaftliche Tätigkeit entfaltet. In Cayenne ſtellte 1672 Jean Richer
die Geſtalt der Erde feſt. In den Jahren 170712 nahm der Franziskanerpater Louis
Feuillee die Weſtküſte des Erdteils auf, deren geographiſche Koordinaten damals noch ſehr
unſicher waren. Um dieſelbe Zeit bereiſte der Ingenieur Frezier Peru und Chile. Am
bekannteſten aber wurde die große franzöſiſche Gradmeſſungsexpedition nach Ecuador, die
unter Pierre Bouguer, Charles Marie de la Condamine und Godin 1736 —42
einen Bogen von mehr als drei Grad auf dem Hochlande von Quito maß. Nach Beendigung
dieſer Arbeiten reiſte Bouguer 1743 den Magdalena, La Condamine 1744 den Amazonas
hinab, von dem er die erſte zuverläſſige Karte aufnahm.
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Tafel 1. Entdeckungsgeichichte.
2. Alexander von Humboldt.
Nach dem Gemälde von Weitich in der Berliner Nationalgalerie. (Zu S. 21.)
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reiſen. 21
Immerhin ſind auch einige wiſſenſchaftliche Leiſtungen der Spanier zu verzeichnen.
An den Gradmeſſungen in Ecuador beteiligten ſich die ſpaniſchen Offiziere Antonio de
Ulloa und Jorge Juan; in den Waldländern des öſtlichen Peru und Bolivia ſowie in Chile
machten Ruiz und Pavon 1781—88 mit Dombey umfaſſende botaniſche Studien, zugleich
mit dem Oſterreicher Thaddäus Hänke, während Mutis das jetzige Colombia in bota—
niſcher, F. J. Caldas es in naturwiſſenſchaftlicher Beziehung unterſuchte, was Juſſieu
bereits in Begleitung der franzöſiſchen Gradmeſſungskommiſſion für Ecuador begonnen hatte.
Um 1775 drang der deutſche Pater Falkner vom Rio Negro in Patagonien nach dem Nahuel
Huapi vor, 1782 zog Francisco Viedma den Rio Santa Cruz hinauf bis zur Kordillere,
wohin von Weſten aus bereits im 17. Jahrhundert die Jeſuitenmiſſionare über den Buri-
lochepaß gelangt waren. 1786—88 beſuchte J. de Moraleday Montero die Inſel Chilos,
1792-96 auch den Chonosarchipel und die Fjorde der Weſtküſte zwiſchen 41 und 46° ſüdl.
Breite. Ganz an der Wende des Jahrhunderts ſteht bereits derjenige Spanier, deſſen Ar—
beiten über die aller ſeiner Landsleute hervorragen, Don Felix de Azara. Er bereiſte
als Truppenoffizier von 1781 bis 1802 die La-Plata⸗Länder und brachte auf ſeinen aus⸗
gedehnten Reiſen ein reiches Material über Boden, Klima, Flora und Fauna dieſes damals
ganz jungfräulichen Gebietes zuſammen.
Als er 1802 nach Spanien zurückkehrte, befand ſich Alexander v. Humboldt
(Tafel 1, Abbildung 2) bereits auf dem Boden Südamerikas. Auch er kann noch den vorigen
zugerechnet werden, da er als Fremder nur mit beſonderer Erlaubnis der ſpaniſchen Regie—
rung die Kontinentalländer betreten durfte, und weil er die Reihe der Reiſenden aus der
ſpaniſchen Kolonialzeit beſchließt. Anderſeits eröffnet er die Reihe der großen Forſchungs—
reiſenden in Südamerika. Er ſchiffte ſich am 5. Juni 1799 mit dem Botaniker Aimé
Bonpland in Coruſa ein, landete in Cumanä in Venezuela, blieb zunächſt in Venezuela,
verweilte in Caracas und zog durch die Llanos nach dem Orinoco, den er bis zur Abzweigung
des Caſiquiare befuhr; dann wandte er ſich zum Rio Negro und kehrte 1800 über Angoſtura
nach Cumand zurück. Im November desſelben Jahres ſchiffte er ſich nach Kuba ein, ſtudierte
dieſe Inſel mehrere Monate lang und traf im April 1801 in Cartagena in Colombia ein.
Den Magdalena aufwärts fahrend, erreichte er Bogotä und, dem Tale des Rio Cauca folgend,
Popayan und widmete ſich dann lange Zeit dem Studium der Vulkane der jetzigen Republik
Ecuador. Im Juli 1802 zog er von Quito nach Peru und 1803 nach Mexiko, wo er am
23. März in Acapulco landete. Hier ſetzte er ſeine Unterſuchungen fort und kehrte von
Veracruz über Habana und Philadelphia am 3. Auguſt 1804 nach Bordeaux zurück.
IV. Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reiſen.
1. Allgemeines.
Durch Humboldt wurde die allgemeine Aufmerkſamkeit auf Südamerika etwa in dem
Grade gerichtet wie heute auf Afrika. Eine ganze Reihe ſehr angeſehener Reiſen entſpringt
ſeiner Anregung und wird zum Teil auf ſeine Empfehlung hin ausgerüſtet; Staaten, Adel
und Gelehrte wetteifern in dem nächſten halben Jahrhundert in der Aufſchließung Süd—
amerikas, und die meiſten Völker Europas, außer den Spaniern und Portugieſen, beteiligen
22 Die Erforſchungsgeſchichte.
ſich an ſeiner Unterſuchung. Auch bis in die neueſte Zeit hinein wenden ſich wiſſenſchaftliche
Reiſende, namentlich Deutſche, Südamerika gern zu.
Allein die Erforſchung des Erdteils hat nicht gleichen Schritt gehalten mit der der
übrigen Kontinente. Der Grund dafür liegt darin, daß die meiſten ſüdamerikaniſchen Staaten
ſich ſeit ihrer Losreißung von Spanien in Revolutionen und Pronunziamentos erſchöpften.
Daher blieben ihnen keine Mittel zur wiſſenſchaftlichen Erforſchung ihrer Ländergebiete übrig.
Erſt in den letzten zwanzig Jahren haben ſich wenigſtens einige von ihnen dieſer Verpflichtung
eines Kulturſtaates erinnert und ſich ernſtlich beſtrebt, wenigſtens Teile ihrer Territorien
kartographiſch, zum Teil auch geologiſch aufzunehmen. Zu dieſen Staaten gehören Braſilien,
die Argentiniſche Republik, Chile, neueſtens auch Peru, Venezuela und Uruguay, während
für Colombia, Ecuador, Bolivia und Paraguay noch faſt nichts geſchehen iſt. Auch die mittel—
amerikaniſchen Republiken mit Ausnahme von Coſta Rica entbehren eigener wiſſenſchaft—
licher Tätigkeit noch ganz; ebenſo ſind die Antillen nicht ſo bekannt, wie man infolge ihrer
günſtigen Lage und ihrer Zugehörigkeit zu europäiſchen Staaten (außer Kuba und Haiti)
erwarten ſollte. Nicht einmal die Grenzen aller ſüdamerikaniſchen Staaten gegeneinander
ſind bisher genau beſtimmt. So klaffen noch weite Lücken unſerer Kenntnis im Inneren Süd—
amerikas, größere als in Afrika und Zentralaſien; die wiſſenſchaftliche Unterſuchung der
Länder dieſes Erdteils geht nur ſehr langſam vorwärts, und in manchen Gebieten gilt es
ſogar noch, die erſte Pionierarbeit zu verrichten.
2. Das braſiliſche Bergland.
Nach A. v. Humboldts Rückkehr begann alsbald eine Bevorzugung Braſiliens, die
darin beſtand, daß ſich im 19. Jahrhundert die bedeutenden Reiſenden des zweiten Jahr—
zehnts ſämtlich nach dieſem Lande oder doch zunächſt dorthin begaben. Die Urſache lag in
dem Ausbruch der Unabhängigkeitskriege gegen Spanien, die das ganze ſpaniſche Südamerika
in den Jahren 1810—25 wiſſenſchaftlichen Reiſenden verſchloſſen, während Braſilien ohne
große Erſchütterungen die portugieſiſche Herrſchaft in ein eigenes Kaiſertum verwandelte.
So vermochten zahlreiche Reiſende zwiſchen 1811 und 1826 Braſilien in Ruhe zu be—
reifen. L. W. v. Eſchwege lernte 1811—14 als Berghauptmann in portugieſiſchen Dien-
ſten beſonders Säo Paulo und Minas Geraés kennen, Prinz Maximilian zu Wied-Neu—
wied machte 1815 —17 die Küſte zwiſchen Bahia und Rio, ihr Hinterland und den Stamm
der Botokuden bekannt. Geoffroy Saint-Hilaire widmete ſich 1816—22, Pohl und
Natterer 1817—20 vornehmlich zoologiſchen Studien; Natterer und Pohl zogen durch das
Innere von Minas und Goyaz, Pohl befuhr den Tocantins bis unterhalb Carolina, und
Natterer querte bereits Matto Groſſo von Oſten nach Weſten, um dann den Madeira und
Amazonas hinabzufahren.
Größere geographiſche Bedeutung haben nur J. B. Spix und Ph. Martius, Ab—
geſandte der bayriſchen und öſterreichiſchen Regierung, erlangt. Sie reiſten zunächſt von Rio
nach Sao Paulo, dann über Säo Jodo del Rei nach Villa Rica de Ouro Preto, wo ſie die
Goldwäſchen unterſuchten, und machten einen Abſtecher zu den Corbados-Indianern. Darauf
begaben fie ſich über Sabarä k nach Diamantina oder Tejuco zum Studium der Diamanten-
felder, erreichten, durch den Sertäo von Minas Geraés reiſend, den Rio Säo Francisco, be—
juchten die Serra do Paranan an der Grenze von Goyaz und durchquerten dann die Provinz
Bahia bis zu der gleichnamigen Stadt. Von hier aus drangen ſie abermals bis zum Rio Sao
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reifen. 23
Francisco bei Joazeiro vor, überſchritten dieſen und durchzogen Piauhy und Maranhäo bis
zum Hafen Sao Luiz. Durch dieſe Reiſe wurde zum erſtenmal ein größerer Teil des Inneren
wiſſenſchaftlich unterſucht, nämlich außer der ſchon von Eſchwege geſchilderten Provinz Minas
Geraés auch Bahia, Pernambuco, Piauhy und Maranhäo, überhaupt das Stromgebiet des
Rio Säo Francisco, und hierdurch ſowie durch die ſich daran anſchließende Befahrung des
Amazonas erhält die Reiſe von Spix und Martius ihre bleibende Bedeutung.
A. D. d'Orbigny lief zwar 1826 Rio de Janeiro an, wandte ſich aber bald nach den
La-Plata-Ländern, dagegen durchquerte Graf F. de Caſtelnau 1844—45 Zentralbraſilien
auf dem Wege Goyaz⸗Cu yabã und erſtieg von hier aus die Kordillere von Bolivia. Er folgte
dabei den Spuren Natterers, brachte jedoch einen ungleich größeren Schatz geographiſcher
Beobachtungen heim. Im übrigen wurde die Kenntnis von Braſilien ſeit 1826 wenig ge—
fördert, weil ſich das Intereſſe der Reiſenden wieder dem ſpaniſchen Südamerika zuwandte.
In den Jahren 1852 —54 nahm Halfeld den Rio Sao Francisco auf, 1858 und 1859 be—
reiſte der ſeit 1837 in Rio anſäſſige Arzt R. Avé-Lallemant Süd- und Nordbraſilien, und
zwiſchen 1857 und 1861 hat der ſchweizeriſche Geſandte J. J. v. Tſchudi die mittleren
Provinzen Braſiliens kennen gelernt, nämlich Rio, Minas, Eſpirito Santo, Bahia, aber auch
Sao Paulo und Santa Catharina, alſo bereits die ſüdlicheren Teile des Landes, die bisher
ganz übergangen worden waren. Auch H. Burmeiſter war 1850 —52 in Braſilien tätig.
Auffallend vernachläſſigt wurden in dieſer Zeit die Nordoſtſtaaten zwiſchen Bahia und Para,
und ſelbſt in den ſiebziger und achtziger Jahren iſt nur die Unternehmung des engliſchen
Ingenieurs J. W. Wells, 1873 —75, im Gebiete der Waſſerſcheide zwiſchen dem Rio Sao
Francisco und dem Tocantins erwähnenswert. Er befuhr den Sao Francisco bis zum Rio
Grande, dann wieder den Rio Somno bis zum Tocantins, dieſen bis Carolina, und erreichte
auf dem Rio Guajahu Sao Luiz de Maranhäo. Seit 1890 hat namentlich J. C. Branner
die Geologie der Nordoſtſtaaten gefördert, F. Katzer diejenige von Cearä, E. William—
ſon die von Pernambuco, Orville A. Derby die von Minas und Bahia; F. Williams
und R. Crandell erforſchten die Geologie und Klimatologie von Cearä. 1885 beſuchte
P. Ehrenreich die Botokuden am Rio Doce, 1912 W. Knoche.
In Südbraſilien haben die Einzelſtaaten die geographiſchen Arbeiten wieder meiſt
den Fremden und wegen der großen Zahl der dort lebenden Deutſchen naturgemäß vor—
wiegend Deutſchen überlaſſen. Am beſten bekannt iſt jetzt der Staat Rio Grande do
Sul, über den zwei Monographien von M. Beſchoren und A. Hettner vorliegen; ferner
haben Soyaux, H. v. Ihering, P. Langhans und der ausgezeichnete Kenner Süd—
braſiliens, Henry Lange, wichtige Beiträge zur Kenntnis desſelben gegeben. Den Staat
Santa Catharina haben außer dem Letztgenannten beſonders G. Stutzer, H. Odebrecht und
G. A. Holtermann bekannt gemacht, und Paranä hat bereits durch H. Lange, Sebaſtido
Paranä und andere eine erträgliche Darſtellung erfahren. Geologiſch arbeiteten in allen
drei Staaten J. v. Siemiradzki und J. C. White, in Rio Grande Karl Walther, in
Paranä H. Broß, am Iguazu M. R. Wright. Eine ethnographiſche Karte von Süd—
braſilien gab H. v. Ihering heraus, in wirtſchaftsgeographiſcher Hinſicht iſt R. Jannaſch
als der beſte Kenner des Landes anzuführen.
In der Mitte der achtziger Jahre wurde auch die lange vernachläſſigte Erforſchung
von Zentralbraſilien wieder ernſtlich gefördert. Hier war der Xinguü 1842 von der
Mündung aus durch den Prinzen Adalbert von Preußen bis zu den Stromſchnellen
24 Die Erforſchungsgeſchichte.
unter 4 ſüdl. Breite befahren worden; der ganze übrige Lauf war bis 1884 unbekannt, doch
vermutete man die Quellen etwa unter 14° füdl. Breite auf dem Hochlande von Matto Groſſo.
Darauf fußend, brach Karl von den Steinen (j. die untenſtehende Abbildung) mit Wil-
helm von den Steinen und O. Clauß 1884 von Cuyabä nach den Quellen des Batovy auf,
ſchiffte ſich auf dieſem Strome ein und gelangte wirklich unter 12“ ſüdl. Breite an die Ver⸗
einigung der Quellflüſſe des Xingu, fuhr dieſen vollſtändig hinab und beendete die Reife in
Parä. Durch dieſe Unternehmung wurde die größte Lücke in der Kenntnis Zentralbraſiliens
ausgefüllt. Auf einer zweiten Reiſe erforſchte Karl von den Steinen 1887 von Cuyaba aus
mit Paul Vogel und Paul Ehrenreich das Quellgebiet des Batovy und Kuliſehu. An
dieſe Reiſe ſchloß ſich 1888 eine Unternehmung Vogels nach Santa Anna de Paranahyba
am oberen Paranä und die Befahrung des Ara—
guaya durch Ehrenreich. Da indeſſen weder alle
Quellflüſſe des Xingü bereits bekannt geworden
waren noch auch abgeſchloſſene Unterſuchungen über
die Indianer des Gebietes vorlagen, ſo begab ſich
1895/96 Herrmann Me yer mit Ranke nach dem
Quellengebiet des Xingu und erkannte als deſſen
Hauptquellfluß den Ronuro, deſſen Lauf auf einer
zweiten Reiſe (1898/99) mit Pilger, Koch und
Mansfeld feſtgelegt wurde. Überhaupt ſind es
beſonders ethnologiſche Unterſuchungen geweſen,
die der Geographie Zentralbraſiliens genützt haben.
1901 fuhr Max Schmidt noch einmal den Kuli-
ſehu abwärts. 1908 zog F. Krauſe von der Oſt—
küſte zum Araguaya, Kiſſenbarth unterſuchte die
dortigen Indianer, Max Schmidt das Gebiet am
Sao Lourengo. In den Jahren 1895-97 wen⸗
dete Henri Coudreau ſeine Aufmerkſamkeit den
zentralbraſiliſchen Strömen zu. 1895/96 befuhr er von Norden her den Tapajos, 1896 den
Kingu, 1896/97 den Araguaya-Tocantins. Am Tapajds kam er bis 850“ zum Salto Auguſto,
am Xingu bis 80 38“ und entdeckte deſſen Nebenfluß Rio Fresco von neuem. Die Wild-
nis zwiſchen dem Tapajös und dem Kingu durchmaß zum erſtenmal Frl. Snethlage vom
Muſeu Goeldi in Para 1909, die zwiſchen Cuyabä und dem Madeira C. M. Rondon, und
P. H. Faweett durchzog als Grenzkommiſſar das Gebiet am Rio Guaporé und am Rio
Verde auf zum Teil noch ganz unbekannten Pfaden.
Immerhin ſind auch einige braſiliſche Unternehmungen der Geographie des
Landes zugute gekommen. Der Plan, auf dem Hochlande des Inneren eine Bundeshaupt⸗
ſtadt zu gründen, führte 1892/93 zur Unterſuchung des Landes zwiſchen 47 und 48° weſtl.
Länge und um 15° jüdl. Breite in Goyaz, zur Erforſchung der Serra dos Pyreneos und zum
Beſuch des Chapadao dos Veadeiros. Dieſe von Cruls, Pimentel, Huſſak, E. Ule und
Cavalcanti geleitete Unternehmung hat viel Licht über das Innere von Goyaz in geo—
graphiſcher, geologiſcher, meteorologiſcher und biologiſcher Beziehung gebracht. Außerdem
hat in zwei Staaten eine Landesaufnahme begonnen, nämlich in Minas Geraés, wo ein
großer Atlas des Staates in 1:100000 im Erſcheinen begriffen iſt, und in Säo Paulo, wo die
Karl von den Steinen (um 1890). (Nach Pho⸗
tographie.)
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reiſen. 25
Flußaufnahmen der Commissäo geogräfica e geolögica wertvolles geographiſches Material
bieten und ſeit dem Jahre 1886 eine geologiſch-geographiſche Landesunterſuchung unter
der Leitung von Orville A. Derby betrieben wird. Dieſer beſuchte während ſeines langen
Aufenthaltes in Braſilien einen großen Teil des Inneren der Provinzen Sao Paulo, Goyaz,
Minas Geraés und gab eine Skizze der phyſiſchen Geographie und Geologie Braſiliens
heraus, als Nachfolger des Amerikaners C. F. Hartt, der ſchon 1870 eine Geologie und
phyſiſche Geographie von Braſilien veröffentlicht hatte.
3. Guayana.
Sehr viel ſpäter wurde das Innere der anderen großen Scholle des öſtlichen Süd—
amerikas bekannt, nämlich Guayanas. Hier fand im vorigen Jahrhundert bis zur Mitte
der dreißiger Jahre überhaupt kein Verſuch zum Eindringen ſtatt, und nicht einmal die Küſten⸗
gebiete waren genauer bekannt. Die Kenntnis Guayanas war daher faſt noch geringer als
die vom Inneren Braſiliens, da auch A. v. Humboldt nur die Weſtgrenze des großen Hoch—
landes beſucht hatte.
Das Verdienſt, hier Wandel geſchaffen zu haben, gebührt wiederum Deutſchen, die aber
ihre Reiſen auf britiſche Koſten machten, den Brüdern Robert und Richard Schomburgk
(ſ. die Abbildung S. 26). Auf Koſten der Royal Geographical Society in London haben
beide Brüder 1835—38 und 1840—44 zahlreiche Reifen ausgeführt, die Flußſyſteme und
den Bau Guayanas ſtudiert, die Indianerſtämme bekannt gemacht und die Flora und
Fauna erkundet. Da ſie tief in das Innere eindrangen und ſowohl nach dem Süden bis zum
Rio Branco und Uraricuera als auch nach dem Weſten, nach Esmeralda am Orinoco, durch—
ſtießen, ſo bedeuten ihre Züge eine Entſchleierung großer Teile Guayanas. Dagegen haben
ſie den Nordweſten des Landes nicht betreten, den Orinoco nur bis etwas unterhalb
Esmeraldas befahren.
Guayana lag auch in der Folgezeit wieder geographiſch faſt ganz brach. 1849—68
hat zwar der Maler F. Appun die öſtlichen Teile des Landes kennen gelernt, für die Geo—
graphie desſelben aber doch nur weniges beigebracht. Die Kommiſſion zur Beſtimmung
der Grenze zwiſchen Venezuela und Braſilien erforſchte 1880 —82 die Grenzgebiete,
namentlich die Flüſſe Uraricuera, Padauiry und Marary, Mahn und Cotingo. Im Weſten
Guayanas befuhr der Franzoſe Chaffanjon 1886/87 den Orinoco bis in den Oberlauf;
1890 bereiſte A. Jahn den Orinoco. Die Nebenflüſſe des Orinoco in Guayana ſind aber
auch jetzt noch ſo gut wie unbekannt; am unteren Caura reiſten 1901 E. André und 1902
S. Paſſarge. Auch haben P. Montolieu 1872 den Inirida und Atabapo, J. Crevaux
1880/81 den Guaviare aufgenommen. Alle dieſe, wie auch G. Hübner, der 1895 von Es-
meralda aus auf dem Padamo aufwärts zur Sierra Maraguaca vordrang, und Graf Stra—
delli, der 1888 den Vichada befuhr, haben die Geographie von Guayana nur wenig fördern
können. Dagegen brachte die Reife Th. Koch-Grünbergs 1911—13 Licht über das weſt—
liche Guayana, da es ihm gelang, vom Uraricuera zum Ventuari durchzuſtoßen und dieſen
bis zur Mündung zu verfolgen.
Reges Leben herrſchte ſeit den achtziger Jahren im Oſten von Guayana, beſonders in
der Umgebung des Roroima. C. B. Brown gab zwar ſchon vor 1875 anſchauliche Schilde—
rungen des Lebens in Guayana, häufigeren Beſuch durch Europäer aber empfingen die
Gegenden am oberen Rupununi, Mazaruni, Cuyuni und Cotingo erſt mit dem Vordringen
26 Die Erforſchungsgeſchichte.
der Engländer zum Dorado am Yuruari. 1883 gelang es Whitely, den Roroima faſt bis
zum Gipfel, 1884 E. Im Thurm, ihn ganz zu erſteigen und auf 2600 m Höhe zu beſtimmen,
und 1911/12 beſuchte auch Koch-Grünberg das Roroima-Gebiet.
Im niederländiſchen Guayana ſind hauptſächlich Flußaufnahmen und geologiſche
Unterſuchungen ausgeführt worden, vor 1900 durch Zimmermann und Loth, K. Martin
und Bakhuis, auch ethnologiſche durch Ten Kate, ſeitdem durch eine Reihe ſyſtematiſch
angelegter Expeditionen, deren vorläufigen Abſchluß die Reiſen von Eilerts de Haan
und Kayſer 1908 —10 brachten. Von Franzöſiſch-Guayana aus haben ſchon früh zwei
angeſehene Reiſende Durchzüge nach dem Amazonas ausgeführt. Zunächſt legte Jules
Crevaux (j. die Abbildung S. 27) 1877
bis 1878 die Grenzflüſſe Oyapoe und Ma—
roni feſt und brachte wertvolles geologi—
ſches Material bei, dann gelang es ihm
zweimal hintereinander, über die ganz
unbekannten Tumuc-Humac-Berge nach
dem Amazonas zu kommen, einmal 1877
vom Maroni zum Hari, dann 1878 — 79
vom Oyapoc zum Parü. Sein Werk
nahm 1887-89 H. A. Coudreau wieder
auf, der ſchon 188385 vom Rio Branco
zu den Quellen des Eſſequibo und von
dieſen zurück zum Rio Trombetas reiſte;
er verſuchte durch einjährigen Aufenthalt
in den Tumuc-Humac-Bergen wertvolle
Bauſteine zur Geographie von Franzö—
ſiſch-Guayana beizubringen und führte
1889 — 91 noch eine zweite Reiſe in die
FFF Grenzgebirge am oberen Oyapoc aus.
Zu S 5. Pach längerem Aufenthalt in Amazonien
wendete er ſich 1899 abermals dem Trom-
betas zu, ſtarb aber an ſeinen Ufern. Im Jahre 1900 ſetzte ſeine Frau, O. Coudreau,
die Flußaufnahmen durch die Unterſuchung des Cumina fort.
Der franzöſiſch-braſiliſche Grenzſtreit hat Licht über die Goldgebiete am oberen Carſe—
venne gebracht, die Levat 1897—1901 bereiſt hat, und Braſilien hat durch F. A. Braga
Cavalcante den Araguary aufnehmen laſſen. Dagegen iſt für die Geographie der Grenz—
gebiete von Britiſch-Guayana und Venezuela nicht viel herausgekommen, obwohl der Grenz—
ſtreit zwiſchen beiden Staaten auch hier eine Erforſchung der unbekannteren Teile Guayanas
begünſtigt hätte. Eigene Forſchungen machten in Guayana zwiſchen dem Araguary und dem
Rio Para die Botaniker und Zoologen des Muſeums in Para, J. Huber und E. Goeldi.
4. Amazonien.
Amazonien wurde bis in die ſechziger Jahre des 19. Jahrhunderts faſt völlig ver—
nachläſſigt, da es wegen mangelnder Dampfſchiffahrt ſchwer erreichbar war. Spix und
Martius (vgl. S. 22) verließen Para im Auguſt 1819 und befuhren von da aus zunächſt
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reifen. Di
den Amazonas über Fortaleza da Barra do Rio Negro, das heutige Mangos, bis Ega; hier
trennten ſie ſich: Spix verfolgte den Solimdes aufwärts bis Tabatinga, Martius zog den Ja-
purä hinauf bis zum Fall von Araraquara. Auf dem Rückwege unterſuchten beide zuſammen
den Rio Negro bis Barcellos und den unteren Madeira. In den nächſten vierzig Jahren
folgten nur drei größere Bereiſungen des Amazonas, durch E. Pöppig 183132, Smyth
und Lowe 1835-36 und den Grafen de Caſtelnau 1847. Sie alle fuhren von Peru aus
den Strom hinab. Seit 1848 hielten ſich zwei angeſehene engliſche Naturforſcher in Amazonien
auf, A. R. Wallace bis 1852, unter anderen auch am Uaupés, und H. W. Bates bis 1859.
Eine ſyſtematiſche Aufnahme der Flußläufe Amazoniens ſetzte erſt ſeit 1862
ein. Von 1862 bis 1864 nahmen die Braſilier Acevedo und Pinto den Amazonas ſelbſt auf.
Dann begann W. Chandleß ſeine erfolgreichen
Fahrten auf dem Amazonas 1862, Purus 1864—65,
Acre 1866, Juruä 1867 und auf den Flüſſen zwi—
ſchen dem Madeira und dem Tapajös 1868; endlich
nahm er 1869 den unterſten Beni auf. Bald darauf
unterſuchte der Amerikaner James Orton die
peruaniſchen und ecuatorianiſchen Nebenflüſſe des
Amazonas, insbeſondere 1873 den Napo, und Ad—
miral Tucker bemühte ſich 1868 —74, das Syſtem
des Ucayali aufzuklären, wobei er den Ucayali ſelbſt
und ferner 1873 den Pachitea und Pichis aufnahm.
Unterſtützt wurde Tucker durch den deutſchen In—
genieur Wertheman, der den Tambo, und den
Peruaner Samanez, der den Ene unterſuchte.
Erſterer verbreitete 1878 —79 auch Licht über die
Zuflüſſe des Huallaga in der Gegend von Moyo—
bamba, namentlich über den Paranapura und Mayo Jules Crevaur (1880). Mach Photographie.
ſowie den in den Amazonas fallenden Cahuapanas. n
Den Mayo abwärts zogen 1875 W. Reiß und A. Stübel; fie ſchifften ſich auf dem Huallaga
ein, fuhren ihn und den Amazonas hinab und haben durch wertvolle Meſſungen die Angaben
über die Höhe des Amazonastales weiter berichtigt.
Überhaupt war dieſe Zeit für die Erforſchung des Amazonasgebietes wichtig. In den
Jahren 1875—76 hatte Oberſt G. E. Church nochmals den Madeira und Purus auf—
genommen, teilweiſe begleitet von dem Landſchaftsmaler Keller-Leuzinger. Desgleichen
befuhr im Auftrage der britiſchen Regierung der Geolog C. B. Brown den Amazonas und
ſeine ſüdlichen Nebenflüſſe, und 1878 machte T. O. Selfridge eine genaue Aufnahme des
Madeira bis zum Theotoniofalle. Auch über den oberen Madeira beginnt in dieſer Zeit
größere Klarheit zu entſtehen: der von Orton nur auf wenige Meilen unterſuchte Rio Beni,
einer der bedeutendſten Quellflüſſe des Madeira, wird 1880 von E. Heath von Reyes unter
14° füdl. Breite bis zur Mündung befahren. Ebenſo wendet ſich die Aufmerkſamkeit den
nördlichen Zuflüſſen des Amazonas zu, die zum Teil noch nicht bekannt waren; 1875 ſcheint
der Sea oder Putumayo zum erſtenmal von einem Colombianer, Reyes, im Boote befahren
worden zu fein, was 1876 zur Unterſuchung des Fluſſes mit Dampfer durch A. Simſon
führte; allein erſt J. Crevaux gelang es, ihn genau aufzunehmen.
28 Die Erforſchungsgeſchichte.
Der franzöſiſche Marineleutnant Jules Crevaux (ſ. die Abbildung S. 27) ent-
faltete um das Jahr 1879 eine unermüdliche Tätigkeit im Amazonasgebiet. Von 1876
an erforſchte er die Flußgebiete von Franzöſiſch-Guayana und dehnte von 1879 an feine
Arbeiten auf das geſamte Syſtem des Amazonas aus. Er verfolgte erſt den Sea faſt bis an
die Quelle in der Kordillere Colombias und fuhr dann den Japurä wieder hinab; auf dieſe
Weiſe verbreitete er ganz neues Licht über zwei Zuflüſſe des Amazonas. 1880 —81 wandte
er ſich nach dem Nordweſten, fuhr den Magdalena aufwärts, überſchritt die Kordillere und
gelangte den Guaviare hinab in den Orinoco. Daß 1880 —82 eine venezolaniſch-braſiliſche
Kommiſſion den Rio Negro und Rio Branco unterſuchte, iſt ſchon S. 25 erwähnt worden.
Aber auch die unteren linken Nebenflüſſe des Amazonas, die bisher nicht bekannt waren,
wurden in dieſer Zeit erforſcht. Den Paru und Yary entjchleierte, wie erwähnt, J. Crevaur,
den Urubü, Yamunda, Uatumä und Trombetas wenigſtens teilweiſe der Botaniker Barboza
Rodriguez 1874—75. Im Jahre 1899 ſetzte H. A. Coudreau die Unterſuchung des Ya-
munda bis 0° 33° ſüdl. Breite und des Trombetas fort.
Nach dieſen Reiſen war das Flußſyſtem des Amazonas im allgemeinen feſt—
gelegt, und die folgenden Reiſenden haben daher nur noch eine Nachleſe halten können.
Zu ihnen gehört Richard Payer, der ſeit 1882 Aufenthalt am Amazonas nahm; von
jeinen Flußfahrten ſind am bekannteſten die auf dem Napo 1890 und die auf dem Jaua—
pery 1901. 1881 befuhr Ch. Wiener den Morona und Paſtaza, 1886 M. Monnier den
Paſtaza, bis 3“ ſüdl. Breite dann den Huallaga, 1889 P. Ehrenreich nach Beendigung
ſeiner Unterſuchung des Araguaya den Purus. Die Trombetas-Mündung beſchrieb F. Katzer.
Nachdem ſeit der Mitte der achtziger Jahre von Süden her die großen ſüdlichen Neben—
flüſſe des Amazonas erforſcht waren, machte ſich Henri Coudreau ſeit 1895 an ihre
Unterſuchung von Norden her. 1895 befuhr er den Tapajös bis zum Salto Auguſto, 1896
den Kingu bis 80 35°, 1896—97 den Araguaya, 1898 die Flüſſe zwiſchen dem Tocantins und
dem KXingü. Den unteren Tapajös unterjuchte auch F. Katzer, das Land zwiſchen dem
Guamä und dem Ozean J. Huber und v. Kraatz-Koſchlau, die Inſel Marajo E. Goeldi.
19031905 bereiſte Th. Koch-Grünberg das Gebiet am oberen Uaupés und Papurä be—
ſonders zu ethnologiſchen Zwecken, 1908 und wieder 1912 Hamilton Rice das zwiſchen
dem Guaviare und dem Apaporis. Sehr wertvoll ſind auch die von Pedro Portillo
herausgegebenen Aufnahmen des Amazonas zwiſchen Iquitos und Manaos, des Tigne,
Paſtaza und Morona.
Beſondere Förderung erhielt im letzten Jahrzehnt des verfloſſenen Jahrhunderts ferner
die Hydrographie der Ströme Beni und Madre de Dios. 1897 war Pereira Labre
vom Madre de Dios zum Acre durchgebrochen, 1892—93 begann J. M. Pando, der Prä—
ſident von Bolivia, ſeine verdienſtvolle Erforſchung jenes Stromgebietes. Er nahm zunächſt
Teile des Madre de Dios ſelbſt auf und wendete ſich 1893 — 94 zum Purus-Acre, 1894 zum
Jurud und Javary, immer mit dem Zweck, eine Waſſerſtraße zu finden, die Bolivia einen
bequemen Ausgang nach dem Atlantiſchen Ozean gewähre. Aus dieſen Unterſuchungen
erwuchs die Inambarifrage. Pando hatte 1893 den Madre de Dios und den Inambari
befahren und ſetzte des letzteren Mündung in den Madre de Dios in 67% 43“ 45” weſtl. Länge,
Munoz aber in 719“ 45“. 1897 unterſuchte daher Pando nochmals den Inambari und
fand, daß er weſtlicher fließe, als er angenommen hatte. Um dieſe Zeit gelang es auch, vom
Ucayali nach dem Beni zu Waſſer zu gelangen, indem C. F. Fiscarrald 1894 den Camiſea
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reifen. 29
aufwärts und den Terjali-Manu abwärts befuhr, 1898 Viellerobe den Michagua hinauf⸗
und den Caspajali⸗Manu hinabreiſte. O. H. Fawcett nahm 1906 den Orton, den oberen
Acre und den unteren Abuna auf. Beſonders tätig waren die Peruaner, auch die Geogra⸗
phiſche Geſellſchaft in Lima. Unter den von ihnen ausgeführten Reiſen ragen die von
J. M. van Haſſel und J. S. Villalta hervor.
5. Die La Plata⸗-⸗Länder.
Obgleich die La Plata-Länder früher koloniſiert wurden als Amazonien, ſind ſie
doch ebenſolange ohne genaue Flußaufnahmen und wiſſenſchaftliche Unterſuchungen ge—
blieben. Nach der Gründung der Städte
Buenos Aires, Corrientes und Aſuncion er—
folgte ſchon vor 1550 die Eroberung des La
Plata-Gebietes und die Befahrung ſeiner
großen Ströme. Bekannter wurden dieſe
Landſchaften aber erſt durch die Jeſuiten, die
ſeit 1610 Miſſionen am Parand und PBara-
guay gründeten. Ihre Macht wurde 1767 ge=
brochen, und damit war auch die Kultur zwi—
ſchen dem Paraguay und dem Parana auf
lange Zeit zerſtört, die Niederlaſſungen ver—
fielen, und die blühende, ſeit 1620 beſtehende
Provinz Paraguay ſank in das Dunkel der
Barbarei und der Vergeſſenheit zurück. Auch
die Zeit der Unabhängigkeitskämpfe der La
Plata⸗-Provinzen gegen Spanien war nicht ge—
eignet, geographiſchen Aufnahmen Vorſchub
zu leiſten, ebenſowenig wie die dann folgende
Zeit der Bürgerkriege und der Gegenſätze zwi—
ſchen den Vereinigten Staaten von La Plata, Hermann Burmeiſter (um 1870). (Nach Photographie.)
der Banda Oriental oder Uruguay und Para-
guay. So ging denn unſere Kenntnis der La Plata-Länder noch bis gegen 1850 nur un-
weſentlich über das hinaus, was Felix de Azara 17811802 erzielt hatte, zumal da auch
die bedeutenden Reiſenden aus der erſten Hälfte des 19. Jahrhunderts, mit Ausnahme von
d'Orbigny 1828 — 29, die La Plata-Länder auffällig mieden.
Erſt am Anfang des ſechſten Jahrzehnts, 1853 — 56, nahm der Nordamerikaner
Th. Page den La Plata, den Parana und den Paraguay auf, ſtellte die Schiffbarkeit des
bei Santa FE mündenden rechten Nebenfluſſes Salado feſt und erklärte auch den Rio Cuyaba,
den eigentlichen Quellfluß des Paraguay, für ſchiffbar. In den Jahren 1854—59 und 1863
bereiſte ein franzöſiſcher Arzt, de Mouſſy, Argentina und Paraguay. Eine größere Be—
deutung aber haben ſein Atlas und ſein dreibändiges Reiſewerk nicht erlangen können,
vielmehr iſt die wiſſenſchaftliche Erforſchung wieder eng mit einem deutſchen Namen ver—
knüpft, wie ſo oft in Südamerika.
Hermann Burmeiſter (f. die obenſtehende Abbildung), geboren 1807 zu Stralſund,
verließ 1850 fein Lehramt der Zoologie zu Halle und bereiſte zunächſt 1850 —52 Braſilien.
30 Die Erforſchungsgeſchichte.
Dann wendete er ſich 1856 den La Plata-Staaten zu, durchzog deren Kern, die Ebenen
zwiſchen den Flüſſen, und überſchritt 1859 die Kordillere in der Richtung auf Copiapö. Im
Jahre 1861 ſiedelte er ganz nach Buenos Aires über, richtete ſeit 1870 die naturwiſſenſchaft—
liche Fakultät in Cördoba ein und lebte ſeitdem wieder in Buenos Aires, wo er 1892 ſtarb.
Mehr als ein Jahrzehnt hindurch hat er die Naturwiſſenſchaften und die Geographie in
Argentina faſt allein vertreten und ſeinen Namen für immer mit der wiſſenſchaftlichen
Unterſuchung der La Plata-Staaten aufs engſte verbunden.
Als ſeine Nachfolger können die deutſchen Profeſſoren von Cördoba gelten.
Gleich der erſte unter ihnen, Alfred Stelzner, hat 1872 und 1873 zwei umfangreiche
Rundreiſen in die Kordillere und die Pampa nördlich und ſüdlich von Cördoba gemacht
und ein grundlegendes Werk über die Geologie der Argentina und von Südamerika über-
haupt hinterlaſſen. Sein Nachfolger L. Brackebuſch dehnte in den Jahren 1875—88 feine
Unterſuchungen über das ganze Gebiet zwiſchen Chile und dem La Plata und zwiſchen Jujuy
und dem Rio Atuel aus und hat die Geographie und Geologie der andinen und der pampinen
Staaten in weitem Maße bereichert. Sodann hat W. Bodenbenderr jeit 1887 dieſe Studien
fortgeſetzt, insbeſondere in den Ebenen ſüdlich von Mendoza und öſtlich von Cördoba. Auch
der Phyſiker Döring, die Botaniker Lorentz und Kurtz reihen ſich den vorigen würdig
an: Lorentz bereiſte den Chaco, Kurtz 1887—88 mit Bodenbender das Land zwiſchen
Mendoza und San Rafael, 1891—93 die Ebenen am Rio Atuel und Diamante. Ferner
veröffentlichte der Bergingenieur G. Avé-Lallemant zahlreiche Arbeiten über die Kor—
dillere und ein größeres Werk über die Provinz San Luis, Bodenbender 1905 ein
ſolches über die Sierra de Cördoba.
Auch die argentiniſche Regierung ſelbſt förderte die Erforſchung des Landes durch
die ſeit 1875 eingeleitete Zurückwerfung der Indianer aus der Pampa. Nachdem ſchon
1877 die alte Indianergrenze San Luis — Mercedes — Lavalle — Bahia Blanca nach Weſten
verſchoben war, drängte General Roca 1879 die Indianer bis über den Rio Negro nach
Süden zurück; ein Stab von deutſchen Gelehrten aus Cördoba, Lorentz, Döring und Nieder—
lein, folgte dem Heere und erkundete die jetzige Gobernacion de la Pampa; dann wurden die
Fortſchritte langſamer. 1890 nahm v. Grumbkow das Mar Chiquita auf, 1894 beſtieg
H. Valentin die Sierras Olavarria und Azul, 1895 Alboff die Sierra Ventana; an der
Unterſuchung der Pampa und ihrer Gebirgszüge nahmen ferner R. Hauthal, S. Roth
und F. Ameghino teil.
Im Norden der großen Ebenen, im alten Jagdgebiet der Indianer, dem Gran
Chaco, verlief der Gang der Erforſchung ähnlich. Bald nach der Expedition des Generals
Roca vertrieb eine ähnliche Unternehmung unter dem General Victorica 1884—85 die
Indianer vollſtändig aus dem Chaco auſtral, zum Teil auch aus dem Chaco central, alſo
über den Bermejo und Pilcomayo. Bis dahin war der Chaco faſt ganz unbekannt, nur
Fontana hatte ihn 1875—80 durchſtreift und dabei den Doppellauf des Rio Bermejo-Teuco
feſtgeſtellt; nun wurde der Chaco auſtral mit Ackerbaukolonien bedeckt und lieferte damit
eine gute Grundlage für weitere Erforſchungen. Schon hat der Botaniker P. G. Lorentz
die Vegetationsformationen des Chaco unterſucht, und zwei allgemeine Werke über den
Chaco von L. J. Fontana und J. A. Baldrich liegen aus den Jahren 1881 und 1890 vor.
Beſonderen Widerſtand leiſtete hier im Chaco außer den Indianern namentlich ein
Fluß, der eine Reihe von Forſchungsreiſen veranlaßte und lange Zeit ein Problem darbot,
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reiſen. 31
der Pilcomayo. Dieſer trat 1881 infolge der Abſchneidung Bolivias vom Meere und des
Wunſches dieſes Staates, einen neuen Handelsweg nach dem Atlantiſchen Ozean zu gewinnen,
in den Vordergrund des Intereſſes, ſowohl für Bolivia wie auch für Paraguay und Argen—
tina. Schon 1881 hatte Fontana den Fluß eine Strecke weit vom Unterlaufe aus befahren;
1882 war Jules Crevaux bei dem Verſuche, den Pilcomayo hinabzureiſen, von den Toba
erſchlagen worden, was mit zur Ausſendung der militäriſchen Expedition Victoricas beitrug.
1883 verſuchte A. Thouar von Bolivia aus auf dem Pilcomayo nach Paraguay zu gelangen,
verließ ihn aber aus Mangel an Lebensmitteln und brach mühſam nach Aſuncion durch,
womit er die erſte bekannt gewordene Durchkreuzung des Chaco leiſtete. In dem—
ſelben Jahre (1883) befuhren J. A. Baldrich und Ybazeta den Pilcomayo von 24 bis 220
ſüdl. Breite bis zur Colonia Crevaux und ſtellten ſchon damals ſeine ſchwankende Tiefe bei
ſteilen Ufern und unregelmäßigem Laufe feſt. 1884 gelangte dann Feilberg mit flachgebauten
Dampfern den Pilcomayo 400 km hinauf bis zu den Stromſchnellen von La Espera, und
1885 machte wiederum Thouar den Verſuch, den Strom zu befahren. 1890 endlich nahmen
John Page, ein Amerikaner, der ſchon 1885 den Rio Bermejo aufgenommen hatte, und
Storm unabhängig voneinander neue Unterſuchungen des Stromlaufes vor, wobei der
Pilcomayo als unbrauchbar für die Schiffahrt erkannt wurde. Dennoch zieht er noch immer
die Forſcher an ſich und hat noch im Jahre 1898 dem Spanier Ibarreta, der ihn abwärts
befahren wollte, den Tod durch Toba-Indianer gebracht, nachdem kurz vorher Ramon Liſta
auf dem Wege zu ihm durch Mörderhand gefallen war. Seit 1900 haben beſonders G. Lange
und W. Herrmann, Adalbert und Arnold Schmied ſowie eine Kommiſſion unter
D. Krauſſe für Argentinien und E. Ayala für Paraguay den Fluß unterſucht.
Im Jahre 1899 befuhren die Engländer Leach, Bolland und andere den Teuco—
Bermejo aus der Gegend von Oran bis Corrientes, und 1889 iſt auch der nördliche Chaco
überſchritten worden, nämlich von M. S. Arana und 3. Calvimonte, jedoch im äußerſten
Norden und jo, daß ſich beide in der Mitte, in San Joſé de Chiquitos, trafen. Den nörd-
lichſten Chaco bereiſte ſeit 1891 Cerceau; er nahm den Paraguau auf, Bolland die
Laguna Gaiba. Auch E. Nordenſkiöld mit ſeinen ethnologiſchen Reiſen 1908 und
Th. Herzog bei feiner Überlandreiſe von Paraguay nach Santa Cruz 1911 —12 ſowie
R. Carnier 1907—10 haben weſentlich zur Erforſchung des Chaco beigetragen. Letzterer
gab auch die erſte moderne phyſikaliſch-geographiſche Darſtellung von Paraguay, während
für diejenige von Uruguay Walther und Guillemain ſeit 1909 das Wichtigſte getan
haben. Außerdem erfolgte ſeit 1908 eine ſtaatliche Landesaufnahme von Uruguay.
Noch ein wenig beſuchtes, in ſeiner Hydrographie nicht völlig geklärtes Stück des La
Plata⸗Syſtems auf argentiniſchem Boden bedarf der Erwähnung, das Territorio de las
Miſiones am mittleren Parana, das Gebiet der alten Jeſuitenniederlaſſungen. Zur Auf—
hellung dieſes verſteckten Winkels haben beſonders Viraroſo 1881, Ramon Liſta 1853,
G. Niederlein 1884 und J. B. Ambroſetti 1894 beigetragen, während G. Bove 1883
bis 1884 den Alto Parana bis zum Salto Guairä, Kapitän Jerrmann 1896 die Zuflüſſe
des Parand, Igatimi und Munday aufnahmen. In Paraguay war in den Jahren 1883
bis 1884 Hugo Toeppen tätig.
Da 1879 die Indianergrenzen über den Rio Negro hinausgeſchoben waren und auch
im übrigen eine rege Tätigkeit in Argentinien herrſchte, erteilte die Regierung dem Deutſchen
A. Seelſtrang 1882 den Auftrag zur Ausgabe eines großen offiziellen Atlas der Republik,
32 Die Erforſchungsgeſchichte.
deſſen größter Teil, 20 Blatt, bis 1890 erſchien. Ergänzt wurde dieſer Atlas 1891 durch
L. Brackebuſchs große Karte der argentiniſchen Republik in 111000000. Im Jahre 1884
hat dann das Militärgeographiſche Inſtitut eine Landesaufnahme in 1:25000 in An⸗
griff genommen, von der 75 Blätter erſchienen ſind. 1906 begann die allgemeine Triangu-
lation des Landes, die zu einer Karte in 1100000 und einer in 1:1000 000 führen wird.
Auch eine geologiſche Landesanſtalt und eine meteorologiſche Zentralſtelle haben ſchon gute
Ergebniſſe geliefert, erſtere viele kleine Arbeiten von Keidel, Stappenbeck, Reichert,
letztere ein großes klimatiſches Werk von W. G. Davis.
6. Patagonien.
Das Erſtarken Argentiniens und die geſteigerte Neigung zur Koloniſation lenkten die
Blicke der Argentinier alsbald auf Patagonien. Bis 1869 hatten dieſes nur wenige Reiſende
betreten, nur ſpärliche Hütten erhoben ſich an den Mündungen der Flüſſe auf der unmirt-
lichen, von den Schiffern gemiedenen Küſte; niemand hatte ein Eigentumsrecht auf das
Innere geltend zu machen für nötig befunden. Doch galt es als Überlieferung, daß die
Oſtküſte Patagoniens, an der unter dem Vizekönig Juan Joſé de Vertiz um 1780 die Hafen-
plätze San Julian, Santa Elena, San Gregorio, Puerto Deſeado und Carmen angelegt
worden waren, zur Argentiniſchen Republik gehöre, die Weſtküſte zu Chile; über die Süd⸗
küſte war keine Beſtimmung getroffen worden, und ſo gründeten hier 1849 die Chilenen Punta
Arenas als Stützpunkt für die beginnende Dampfſchiffahrt durch die Magalhäes-Straße nach
Chile. Ins Innere waren weder von der atlantiſchen noch von der pazifiſchen Seite her
größere Vorſtöße gemacht worden. Zwar waren die Jeſuiten von Chiloé zwiſchen 1600 und
1717 zum Nahuel Huapi und zur patagoniſchen Hochebene gelangt, aber ihre Reiſen wurden
in dem letztgenannten Jahre durch die Zerſtörung der Miſſion am Nahuel Huapi gewaltſam
beendet und fanden nur am Ende des 18. Jahrhunderts eine Fortſetzung durch den Pater
Menendez. Von der Oſtſeite her hatte ſchon vor dieſer Zeit der Pater Falkner am Rio
Negro entlang den Nahuel Huapi erreicht, und Francisco Viedma drang ebenfalls bis an
den Rand der Kordillere vor, indem er den Rio Santa Cruz hinaufging. Es war alſo nur der
Lauf der beiden Flüſſe Rio Negro und Santa Cruz bekannt, und das blieb ſo bis 1869. Auch
Charles Darwins berühmte Reiſe, die er mit dem Kapitän Fitzroy von der „Beagle“
1833 den Rio Santa Cruz aufwärts machte, und N. Descalzis Beſuch des Rio Negro in
demſelben Jahre haben zwar die naturwiſſenſchaftliche Kenntnis von Patagonien gefördert,
aber keine räumliche Ausdehnung unſeres Wiſſens hinterlaſſen.
Da brach plötzlich im Jahre 1869 der Engländer G. Ch. Muſters den Bann, indem er
von Punta Arenas aus ganz Patagonien bis zum Rio Limay durchzog. Er folgte zunächſt
der Oſtküſte bis zum Rio Santa Cruz, darauf dem Rio Chico bis zur Mündung des Rio Bel—
grano und näherte ſich dann, mit den Tehuelchen nordwärts ziehend, immer mehr dem Oſt⸗
rande der Kordillere. Oſtlich des Nahuel⸗Huapi-Sees bog er nach Oſten um und durch-
querte das nördliche Patagonien bis zum unteren Rio Negro, wo er 1870 ankam. Durch
dieſe Reiſe wurde zum erſten Male Licht über das Innere Patagoniens verbreitet. Seitdem
begann die Erforſchung kräftiger einzuſetzen.
In Südpatagonien entdeckte Feilberg 1873 den Lago Argentino, einen der Duell-
ſeen des Santa Cruz, doch wurde dieſe Entdeckung erſt ſpäter bekannt. 1875 begab ſich
Francisco Moreno nach dem Rio Santa Cruz und dem Rio Negro, 1876 abermals nach
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reifen. 33
dem erſteren Fluſſe, dieſes Mal begleitet von Carlos M. Moyano. Sie erreichten den
Lago Argentino und entdeckten außerdem die Seen Viedma und San Martin. Um dieſelbe
Zeit (1877) hatten auch Rogers und Ibar ſowie Evelyn Ellis von Punta Arenas aus den
Lago Argentino beſucht. Schon im folgenden Jahre (1878) brach Moyano, jetzt zuſammen
mit Ramon Liſta, nach dem Rio Chico auf, gelangte dorthin aber, wie Muſters, auf dem
Landwege von Punta Arenas her und verfolgte den Fluß bis an die Quelle. 1879 zog er
wiederum den Santa Cruz hinauf und entdeckte außer dem Lago San Martin noch einen
vierten Quellſee. Die Verſuche aber, bequeme Päſſe nach dem Großen Ozean oder wo—
möglich eine Waſſerverbindung dahin aufzufinden, hatten keinen Erfolg. Dagegen fand
Moyano die Quellen der Flüſſe Coilé und Gallegos und gab dadurch 1886 A. de Caſtillo
Veranlaſſung, den Rio Gallegos bis zu ſeinen Quellen aufzunehmen. 1892 —93 folgte
A. Mercerat auch dem Rio Coilé bis an ſeine Quellen. Zu den wichtigeren wiſſenſchaft—
lichen Unternehmungen am Ende des 19. Jahrhunderts ſind die von Otto Nordenſkiöld
1895—97, M. J. B. Hatcher 1897-99, R. Hauthal 1899-1901, K. Reiche und R. Pöhl—
mann (1900) zu rechnen, deren Ergebniſſe zum Teil von O. Wilckens bearbeitet worden
ſind. Speziell geologiſch arbeiteten ferner der Schwede Quenſel, Th. G. Halle, M. Wilcox
und C. Skottsberg.
Nachdem 1881 die chileniſch-argentiniſche Grenze in Südpatagonien und Feuerland
feſtgelegt worden war, bedurfte auch letzteres Land einer Unterſuchung. An dieſer beteiligten
ſich 1881 Boſſi, 1882 G. Bove ſowie die franzöſiſche Korvette „La Romanche“ durch Be—
fahrung der Küſten; 1884 begannen dann Bove und Noguera von Uſchuaia aus die Erfor—
ſchung des Inneren, 1886 zog Ramon Liſta von Norden her ins Innere, und nun ſchritt
die Erkundung Feuerlands auch von chileniſcher Seite durch J. Popper 1886 und J. Scheltze
1887 raſcher fort. Eine ausgedehnte und wertvolle wiſſenſchaftliche Unterſuchung nahmen
1895—97 O. Nordenſkiöld, P. Duſén und A. Olin in Feuerland und Südpatagonien vor.
Mittelpatagonien iſt noch der am wenigſten bekannte Teil des Landes. Auch hier
war ein Engländer, Durnford, der erſte Pionier, indem er 1878, faſt ein Jahrzehnt nach
Muſters, den unteren Rio Senger und die Seen Colhué und Muſters auffand. Hierher
gelangte dann 1880 Moyano auf ſeiner großen Reiſe durch das mittlere Patagonien. Er
war Ende 1880 von Santa Cruz aufgebrochen, zog den Rio Chico bis gegen die Mündung
des Rio Belgrano aufwärts und folgte dem Wege Muſters'; nahe dem Quellgebiete des
Deſeado entdeckte er den See Buenos Aires und reiſte dann den Senger abwärts bis zu
ſeiner Mündung in den Chubut. Auch Lino de Roa unterſuchte 1884 das Chubutgebiet
zwiſchen 40 und 45° jüdl. Breite und gab zum erſten Male eine brauchbare Beſchreibung
davon. 1886 zog Fontana den Chubut aufwärts bis 71 45° weſtl. Länge, fand die Quellen
des Senger in dem Lago Fontana und unterſuchte die Seen Colhué und Muſters genauer.
Neuerdings hat auch in Mittelpatagonien eine tiefgehendere Art der Erforſchung eingeſetzt;
eine Frucht derſelben iſt R. Stappenbecks Abhandlung über den Lago Muſters.
In Nordpatagonien hatten, ſolange nicht die Indianer über den Rio Negro gedrängt
waren, nur Aufnahmen des Limay und Negro durch Moreno 1875—76 und Guerrico
1877 ſtattfinden können, ſo daß Muſters' Durchquerung zunächſt vereinzelt blieb. Im Jahre
1879 aber führte Moreno eine große Reiſe von Carmen de Patagones quer durch Nord—
patagonien zum Quellgebiete des nördlichen Chubut aus, durchzog das Land alſo in um—
gekehrter Richtung wie Muſters und kehrte über den Limay und Rio 0 zurück. In
Länderkunde, Süd⸗ und Mittelamerika, 3. Aufl.
34 Die Erforſchungsgeſchichte.
denſelben Jahren drangen mit General Roca die deutſchen Gelehrten Lorentz, Döring und
Niederlein bis zum Rio Limay vor, und auch dem zweiten Feldzuge gegen die Indianer
unter General Villegas 1881, der bis nach den Anden zwiſchen Limay und Neuquen führte,
waren Topographen und Naturforſcher beigegeben. 1881 befuhr dann Obligado den
Limay faſt bis zum Nahuel Huapi, 1883 —84 wiederholte O'Connor dieſe Fahrt; ein zu—
ſammenfaſſendes Werk über den Rio Negro, den Rio Limay und den Nahuel Huapi gab
1888 Albarrazin heraus. Den Rio Colorado und den Agrio ſowie auch den Neuqusn ſelbſt
unterſuchten 1881 Olascoaga, 1891 J. v. Siemiradzki zu geologischen Zwecken, während
neuere, mehr geographiſche Arbeiten F. Kühn, geologiſche Unterſuchungen R. Stappen—
beck zu verdanken ſind.
7. Die Kordillere bis 40“ ſüdl. Breite.
Die Kordillere ſüdlich von 40% ſüdl. Breite iſt in neuerer Zeit durch eine Reihe
von Expeditionen ſo gut erforſcht worden, daß ſie, falls dieſe Unternehmungen fortgeſetzt
werden ſollten, bald zu den bekannteren Teilen des großen ſüdamerikaniſchen Meridional—
gebirges zählen dürfte, während vor dem Jahre 1869 ſo gut wie überhaupt nichts, vor dem
Jahre 1893 faſt nichts über den ſüdlichſten Teil desſelben bekannt geworden war. Außer den
Reiſen der Jeſuiten, der Moraleda y Montero (vgl. S. 21) und Menendez (vgl. ©. 32),
iſt nur ein Verſuch von Cox, 1835 nach dem Nahuel Huapi vorzudringen, zu erwähnen.
Erſt in den Jahren 1877—84 wurde die Weſtküſte durch Schiffe verſchiedener Marinen,
darunter den deutſchen „Albatros“ unter Kapitän Plüddemann 1883 —84, aufgenommen.
Der „Albatros“ zerlegte die Wellingtoninſel in eine Reihe von Stücken, und die chileniſche
Marine arbeitet alljährlich in dieſem ſchwer zugänglichen Inſelgewirr. Der weiter nördlich
gelegene Chonosarchipel war ſchon 1870—72 von Simpſon aufgenommen worden.
In der Kordillere hatten die Offiziere der argentiniſchen Unternehmungen
gegen die Indianer 1879 und 1881 zuerſt Vorſtöße von Oſten aus gemacht, um den von den
Jeſuiten im 17. und 18. Jahrhundert vielbegangenen bequemen Paß von Buriloche oder
Bariloche zwiſchen dem Nahuel Huapi und dem Seno de Reloncavi aufzufinden, was jedoch
erſt 1889 dem Chilenen Barrios von Weſten her gelang. 1882 —83 erkundete dann Brönd—
ſted den Oſtabhang der Kordillere, ihre Seen und die über ſie führenden Päſſe zwiſchen
38 und 42°, 1887/88 machte Fontana von argentiniſcher Seite her die Flüſſe Futaleufu und
Carrileufu bekannt.
Damit enden zunächſt die größeren argentiniſchen Reiſen in dieſem Teile der Kordillere,
und an ihre Stelle treten die chileniſchen Unternehmungen. 1884 nahm Serrano
den Rio Vuta Palena im Unterlauf auf; 1885 ſuchte Valverde den Burilochepaß von Weſten
her auf, indem er den Rio Puelo hinaufzog. Die großen Reiſen aber ſind an den Namen
des Deutſchen Hans Steffen geknüpft. Dieſer hatte 1891 von Llanquihue aus die Kor—
dillere öſtlich des Sees gleichen Namens und öſtlich des Seno de Reloncavi unterſucht. 1893
wurde er dann von der Regierung in die Kordillere geſchickt und erreichte, den Rio Petröhue
aufwärts ziehend über den Lago de Todos los Santos und den Boquete de Perez Roſales,
den Nahuel Huapi, wo gleichzeitig P. Stange anlangte, der von Oſorno über den Puyéhue—
paß gereiſt war. In dieſes Jahr (1893) fiel der neue Vertrag zwiſchen Chile und der Argentina,
wonach die öſtlich der Gipfellinie der Kordillere liegenden Landſchaften und Flußteile letz—
terer gehören ſollen. Da aber eine Gipfellinie nicht überall klar erkennbar iſt, ſo entſtanden
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reifen. 35
Zweifel über die wirkliche Grenze, und es wurden Sachverſtändige von beiden Seiten ins
Gebirge geſchickt. Von argentiniſcher Seite waren das Ramon Liſta 1894, der den Lago
Nuevo unter 42“ ſüdl. Breite und 72“ weſtl. Länge entdeckte, und Francisco Moreno
1896, deſſen großes Werk über die Kordillere 1897 erſchien; von chileniſcher Seite hat
H. Steffen die Hauptarbeit getan.
Zunächſt ſandte die Regierung 1893—94 eine große Doppelexpedition aus, Steffen
nach dem Rio Palena, Stange nach dem Nahuel Huapi, mit der Beſtimmung des Zuſammen—
treffens am Oberlaufe des Rio Palena. Stange vermochte mit P. Krüger und v. Fiſcher
den Nahuel Huapi vollſtändig aufzunehmen, Steffen fuhr mit großer Mühe den Palena
hinauf und ſtellte als deſſen Quellflüſſe den Carrileufu und Rio Frio feſt, von denen der
erſtere das Gebirge vollſtändig durchbricht. Im Sommer 1894/95 folgte ſodann die Unter-
ſuchung des Rio Puelo durch Steffen und Krüger, wobei es gelang, die Quelle des
Puelo und eine in einem Längstal mit Pampacharakter gelegene argentiniſche Kolonie,
Valle Nuevo am Rio Maiten, zu entdecken. 1895-96 unterſuchten Steffen und K. Reiche
den Rio Manſo, einen Nebenfluß des Puelo, 1896—97 Steffen, v. Fischer und Duſén den
Aiſen, einen der öſtlich der Kordillere entſtehenden Flüſſe. Unterdeſſen verſuchten Krüger,
Selle und Stange den Unterlauf des Futaleufu und ſeine Mündung zu beſtimmen, mußten
aber ihrer Inſtruktion halber davon abſtehen. Vom oberen Futaleufu-Tale begaben ſich die
Reiſenden nach dem Chubut hinüber und ſtellten durch dieſe Reiſe eine Verbindung mit den
Aufnahmen am Puelo und am Palena her. Im Sommer 1897/98 verfolgte H. Steffen
mit Krautmacher den Rio Cisnes, der ſich als ein bedeutender Fluß erwies; den Lago La
Plata fand er jedoch nicht und begab ſich dann vom Rio Senger nördlich nach dem Nahuel
Huapi. Unterdeſſen unterſuchten Krüger und Rethwiſch den Rio Corcovado bis zur
Quelle. Im Sommer 1898/99 ſetzte Krüger die Erforſchung der Kordillere unter 43° füdl.
Breite fort, befuhr den erſt 1898 in ſeiner Bedeutung erkannten Rio Helcho und ſtellte feſt,
daß dieſer ſchiffbare, durch den Lago Nelcho fließende Fluß der Unterlauf des Futaleufu iſt.
In derſelben Zeit wendete ſich Steffen viel weiter nach Süden und ſtieß zum erſten Male
eine Breſche in den bisher ganz unzugänglichen Teil der Kordillere zwiſchen 46 und 499 ſüdl.
Breite, unterſuchte die in den Golf de Peſias mündenden Fjorde, denen im Oſten hohe
Eismauern vorliegen, und fand endlich im Bakerkanal drei weit aus der Kordillere kommende
Flüſſe, die Rios Baker, Bravo und de la Pascua in der Gegend des hohen Schneebergs
Monte Cochrane. Seitdem ſind namentlich chileniſche, zum Teil auch fremde Kriegsſchiffe
an der Aufnahme der weſtpatagoniſchen Inſeln tätig geweſen.
8. Die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere.
Während im ſüdlichen Chile die Erforſchung der Kordillere zuerſt von argentiniſcher
Seite ausging, iſt in Mittel- und Nordchile das Gegenteil zu verzeichnen. Hier haben chile—
niſche Gelehrte ſich bereits zu einer Zeit dem Studium der Kordillere gewidmet, als man in
Argentinien noch nicht einmal die großen Ströme aufgenommen hatte. Über die früheſten
Reiſenden im Mittelchile iſt wenig zu ſagen: E. Pöppig landete 1829 in Talcahuano und
erſtieg bereits den Vulkan von Antuco, Ch. Darwin lernte 1833 Chiloé und die ganze
chileniſche Küſte, von der Kordillere die Umgebung des Uspallatapaſſes kennen, J. J.
v. Tſchudi zog 1858 von Catamarca über die Kordillere bis Cobija. H. Burmeiſter über—
ſchritt fie 1859 zwiſchen Catamarca und Copiapo.
3 *
36 Die Erforſchungsgeſchichte.
Ihnen gegenüber läßt ſich eine Reihe von fremden Gelehrten anführen, die ſich die Er—
forſchung Chiles als Lebensaufgabe geſtellt hatten. Der älteſte unter ihnen iſt A. Piſſis,
ein franzöſiſcher Geolog; er lebte ſeit 1848 im Lande und hat im Laufe der folgenden 30 Jahre
eine geologiſche Karte der chileniſchen Mittelprovinzen aufgenommen, die im ganzen nicht
als genau gilt; 1870 und 1877 bereiſte er auch die Atacama. Größere Wertſchätzung hat
Rudolf Amandus Philippi (j. die untenſtehende Abbildung) erlangt. Er bereiſte zu—
nächſt 1853 — 54 die Atacama, dann 1858 —62 den Süden Chiles und die Inſeln, 1878
und 1883 Arauco und entfaltete als Profeſſor der Naturwiſſenſchaften in Santiago eine
lebhafte wiſſenſchaftliche Tätigkeit, die ihm mit der Zeit eine Stellung bereitet hat, wie
ſie Burmeiſter für Argentina zukommt, näm—
lich die des Vaters der naturwiſſenſchaftlichen
und geographiſchen Forſchung in Chile. Ihm
zur Seite ſtand von 1858 bis 1886 der aus—
gezeichnete Mineralog J. Domeyko, ein Pole.
Auch den deutſchen Arzt C. Martin kann man
hier anſchließen, da er von ſeinem Wohnſitze
in Puerto Montt aus eine fruchtbare geogra—
phiſche Tätigkeit in Südchile entfaltet und eine
wertvolle Landeskunde von Chile (1909) hin⸗
terlaſſen hat.
Während alle dieſe Unternehmungen von
Chile ausgingen, waren um 1880 auch Ge—
lehrte und deutſche Offiziere in argen—
tiniſchen Dienſten tätig, um die Oſtſeite
der Kordillere zu erforſchen. Im Jahre 1877
lernte Oberſt J. Hoſt das Gebirge zwiſchen dem
oberen Rio Grande und dem oberen Neuquen
kennen, 1880/81 erforſchte er mit Ritters-
bacher die Kordillere zwiſchen 36 und 390.
Rudolf Amandus Philippi (1896). (Nach Photographie.) Seine Aufnahmen erfahren eine willkom⸗
mene Ergänzung durch Avé-Lallemants
eingehende geologiſch-geographiſche Studien über die Kordillere zwiſchen dem Pichachen—
paſſe und dem Rio Atuel (38350), die beſonders wegen zahlreicher Höhenmeſſungen wert—
voll ſind. Auch H. Kurtz und W. Bodenbender (vgl. S. 30) beſtiegen zunächſt den im
Knie des Rio Atuel liegenden Stock des Cerro Nevado und bereiſten 1887/88 die Kordillere
zwiſchen dem Atuel und dem Limay. 189193 begab ſich Kurtz allein in das Quellgebiet
des Atuel und Salado. Den hier gelegenen Vulkan Peteroa erſtieg 1896 bis nahe dem
Gipfel P. Stange. Auch R. Hauthal, Wolff und Lange bereiſten 1894 die Kordillere
zwiſchen 34 und 36% Burckhardt und Wehrli ebenda und zwiſchen 38 und 39“. Ihnen
ſchließen ſich mit neueren Arbeiten L. Riſo Patron über die Grenze zwiſchen Chile und
der Argentina (46—350), H. Keidel über den Bau der Argentiniſchen Anden, Keidel und
R. Stappenbeck über die Präkordillere zwiſchen Mendoza und San Juan, W. Schiller
und F. Reichert über das Juncal Maſſir an.
Auch Alfred Stelzner hatte ſchon 1872/73 ausgezeichnete geologiſche Beobachtungen,
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reiſen. 37
beſonders auf der Seite von Mendoza, angeſtellt, wo auch G. Avé-Lallemant umfaſſende
Meſſungen und Unterſuchungen vorgenommen hat, namentlich zwiſchen 31% 42° und 320
45“ ſüdl. Breite. Das iſt die Umgebung des höchſten Berges Südamerikas, des Aconcagua,
den P. Güßfeldt 1884 bis 6400 m erſtieg, ohne über ſeine Natur als Vulkan ins klare zu
kommen. Erſt am 14. Januar 1897 gelang die Erſterſteigung Fitzgeralds Führer Zur—
briggen, einige Tage ſpäter dem Geologen Vines, der feſtſtellte, daß der Aconcagua—
gipfel aus Hornblendeandeſit beſteht.
Nördlich des Uspallata-Paſſes hat die Hauptarbeit der neueren Zeit L. Brackebuſch
verrichtet, deſſen Arbeitsgebiet in die Zone zwiſchen 34 und 22“ ſüdl. Breite und 61 und
71° weſtl. Länge fällt. Brackebuſch bereiſte von Cördoba aus zunächſt 1881 die Provinzen
Catamarca und La Rioja und die Sierra Famatina, die Hauthal 1895 auf 6150 m Höhe
beſtimmte, ſowie die Sierras de Velasco und Ancaſte. In demſelben Jahre erſtieg er von
Jujuy aus das Despoblado, die Puna de Jujuy, und kehrte über die Sierra de Zenta nach
Salta zurück. Im Auguſt 1883 begab er ſich von Tucuman in die Gebirge zwiſchen der Sierra
de Aconquija und Salta, erſtieg abermals die Puna und nahm den Rückweg über Fiambala,
Jaguel und San Juan nach Cördoba. Nach längerem Aufenthalt in Europa 1884 machte er
1886—87 eine vierte Reiſe in die Puna nördlich des Paſſes von San Francisco. Endlich
führte ihn eine fünfte Reiſe in die Kordilleren von San Juan und La Rioja, in denen er
das ganze Gebiet zwiſchen San Juan und Catamarca gut erforſchte. Dieſen großen Reiſen
entſprangen geologiſche, geodätiſche, phyſiographiſche und hypſometriſche Karten, eine große
Karte der Argentiniſchen Republik, eine Karte des Inneren derſelben, auch mit geologiſchem
Kolorit, und eine Reihe erläuternder Aufſätze.
Dieſer ſyſtematiſchen Bereiſung der argentiniſchen Kordillere zwiſchen Mendoza, San
Juan und Jujuy haben die Chilenen wenig Gleichwertiges entgegenzuſetzen. Abgeſehen
von R. A. Philippis Reiſen in der Atacama ſind es meiſt kleinere Unternehmungen, die
zum Teil an Brackebuſchs Routen anſchließen. Dahin gehören vor allem die Forſchungen
Alex. Bertrands, der bereits 1879 eine Karte der Salpetergebiete der Küſte heraus-
gegeben hatte. Er erſtieg 1884 von San Pedro de Atacama aus die öſtliche Kordillere, durch—
zog das Despoblado bis Antofagaſta de la Sierra und kehrte über Molinos nach Atacama
zurück; außerdem ſtieß er nordwärts bis Ascotan vor. Das Ergebnis war eine Karte
des Gebirges von 21 bis 27 und von 66½ bis 6914°. Eine zweite große Karte dieſer
Gegenden gab 1890 S. Roman heraus. Bedeutender noch ſind die Ergebniſſe der Reiſen
L. Darapfſkys, eines deutſchen Ingenieurs. Dieſer hat in den neunziger Jahren die
Atacama zwiſchen 67° und der Küſte ſowie namentlich zwiſchen 261, und 24½“ genau
aufgenommen und ſehr wertvolle Karten über ſie und das Departamento Taltal veröffent—
licht. Auch R. A. Philippis Sohn, Friedrich Philippi, bereiſte 1885 die Atacama
zwiſchen Copiapo, Antofagaſta de la Sierra und Tarapacä. Bei Gelegenheit der Erbauung
der Bahn Antofagaſta — Ascotan —Huanchaca erſtieg H. Berger den Vulkan Oyagua, den
Licancaur 1886 Joſé Santelices. Das Grenzgebiet gegen Peru bereiſten gegen 1900
R. Pöhlmann, K. Reiche und F. v. Wolff, während F. Kühn 1909 von der argenti—
niſchen Seite die Atacama zwiſchen 27 und 250 unterſuchte.
Eine große Abhandlung über die Pflanzendecke Chiles bot K. Reiche. Endlich macht
die Landesaufnahme Chiles erhebliche Fortſchritte, da mehrere Kartenwerke in 1:25 000,
1:50000, 1:100000 in Arbeit ſind, zum Teil mit geologiſchem Kolorit.
38 Die Erforſchungsgeſchichte.
9. Die bolivianiſch-peruaniſchen Kordilleren.
Wiederum anders als in der chileniſch-argentiniſchen Kordillere verlief die Erforſchungs—
tätigkeit in Bolivia und Peru. Dieſe großen Gebirgsländer haben nämlich zwar wegen
der Reſte der alten peruaniſchen Kultur bereits früh und immer wieder bis auf die neueſte
Zeit Reiſende angezogen, und gerade die großen wiſſenſchaftlichen Reiſenden aus der erſten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts haben faſt alle Peru und Bolivia aufgeſucht, aber die
Erforſchung der Geographie jener Länder mußte meiſt vor der Beſchäftigung mit ihrer
Archäologie und Ethnologie zurücktreten.
Die erſte Periode der Erforſchung Bolivias und Perus dauert von 1825 bis 1847.
Sie iſt die Zeit der großen Reiſenden in mehreren Teilen des Kontinents und wird ein—
geleitet durch den franzöſiſchen Bergmann und Meteorologen J. B. Bouſſingault, der
1825-31 das nördliche Südamerika durchzog und dabei auch Nordperu kennen lernte. Ihm
folgte der Irländer J. B. Pentland; er durchforſchte 1826—28 Bolivia, Peru und Nord—
chile zu botaniſchen und geologischen Zwecken und lebte ferner 1836-39 als britiſcher Konſul
im Lande. Wichtiger für die Geographie und Geologie von Bolivia war der Aufenthalt
A. D. d'Orbignys, der 1830—33 die Weſtküſte und die Sierra bereiſte und als Begründer
der phyſiſchen Geographie Bolivias gelten darf. Um dieſelbe Zeit, 1830 —31, kreuzte
Ed. Pöppig die Kordillere von Peru zwiſchen Lima, dem Cerro de Pasco und dem Huallaga,
und ihm folgten 1835—36 die Engländer Smyth und Lowe in Südperu. Endlich erſtieg
der Graf de Caſtelnau 1845 von den Llanos de Santa Cruz her die Kordillere von Bolivia
und begab ſich weiter über Lima, Cerro de Pasco, Ayacucho, Euzco in das Ucayali-Tal. Um
dieſe Zeit hatte auch J. J. v. Tſchudi angefangen, Peru zu bereiſen; vier Jahre lang,
183842, hielt er ſich dort auf und kehrte 1858 nochmals dahin zurück.
Kurz darauf, 1850, betrat den Boden Perus der Mann, deſſen Name mit der Er—
forſchung dieſes Landes ebenſo eng verknüpft iſt wie der Philippis mit Chile und der Bur—
meiſters mit Argentinien, der Italiener Antonio Raimondi (geit. 1890; vgl. die Ab—
bildung auf ©. 354). Er hat Peru in vier Jahrzehnten nach allen Richtungen durchzogen
und ſein Geſamtwiſſen über Peru in einem auf ſieben Bände berechneten Werke und in
einem großen Atlas niedergelegt, die leider beide unvollendet geblieben ſind. Auch Mariano
Felipe Paz Soldan, geſtorben 1887, veröffentlichte wertvolle Arbeiten über Nordperu.
Im übrigen trat ſeit 1846 ein Stillſtand ein, der etwa bis 1875 dauerte. In dieſer Zeit
teilen ſich Botaniker und Archäologen in die Unterſuchung der Länder. Unter erſteren
ragen Sir Clements Markham (1852—54 und 1860—62) ſowie J. K. Haßkarl (1853
bis 1854) hervor; fie verpflanzten die Chinarindenbäume der Montana nach Indien und
Java und erforſchten den Oſtabhang der Kordilleren, wo auch um 1865 und 1872 G. Wallis
tätig war. Von Archäologen nimmt nach Tſchudi der Amerikaner E. G. Squier den erſten
Platz ein, der als Geſandter der Vereinigten Staaten 1863/64 Peru gut kennen lernte.
Endlich haben namentlich Berg- und Zivilingenieure, wie Hugo Reck 1863 und 1865,
J. B. Minchin 1877 und 1882 und Muſters 1887 gute Karten von Teilen des boliviani-
ſchen Hochlandes veröffentlicht und damit unſere Kenntnis des Landes entſchieden be—
reichert. Auch E. Churchs Karte des Madeiragebietes 1877, E. Heaths Karte des Beni
zwiſchen La Paz und Reyes 1882 und Pandos Karte des Landes zwiſchen Cuzco und
dem Beni 1901 haben als wertvolle Beiträge zur Geographie Bolivias zu gelten.
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reifen. 39
Mit dem Jahre 1875 beginnt außerdem eine neue Periode größerer Reiſen und
geſteigerter Tätigkeit in Bolivia und Peru. Im Norden hat Eduard André 1875, von
Colombia und Ecuador ausgehend, unſere Kenntnis der Geographie Perus vermehrt, und
Charles Wiener durchzog das Land 1875/76 ebenfalls zu allgemein geographiſchen
Zwecken. Im Jahre 1875 betraten auch W. Reiß und A. Stübel peruaniſchen Boden.
Sie erforſchten gemeinſam das große Totenfeld bei Ancon, nördlich von Lima, und reiſten
dann zuſammen von Pacasmayo über Cajamarca nach dem Huallaga und dieſen hinab zum
Amazonas. Überdies beſuchte A. Stübel noch Bolivia. Von Tacna aus erſtieg er am Tacora
vorbei das Hochland, umging den Illimani vollſtändig und kehrte über Puno zur Küſte
zurück. Auch Adolf Baſtian durchzog 1876 zu ethnologiſchen Zwecken Peru und Bolivia,
und im ſelben Jahre lernte Freiherr Max v. Thielmann Peru kennen. Kurz darauf,
1876— 79, unterſuchte der Ingenieur A. Wertheman den Norden Perus genauer; ſeine
Karte umfaßt die Gegend von Chachopoyas zwiſchen 77 und 78½ weſtl. Länge und 5° 207
bis 7° ſüdl. Breite.
Eine Reihe von Verſuchen wurde ſeit 1877 gemacht, kurze und möglichſt bequeme
Wege von Lima nach dem Amazonastieflande zu entdecken, ohne daß jedoch irgendeiner der
aufgefundenen Pfade größere Bedeutung gewonnen hätte. An dieſen Beſtrebungen be—
teiligten ſich 1885 O. Ordinaire, 1886 G. P. James und 1891 R. Payer. Während 1877
die Väter Seneze und Nötzli von Loja zum Maranon hinabgeſtiegen waren und das Tal
des in den Huallaga fallenden Huamba erforſcht hatten, machten 1894 umgekehrt die Ge—
brüder Rimbach die Reiſe von Quito den Paſtaza hinab und nun vom Paranapura über
Balſapuerto nach Moyobamba und Chachapoyas. In den Jahren 1888-90 bereiſte ferner
A. Hettner die Kordilleren von Südperu und Bolivia zwiſchen Lima, Cuzeo, La Paz und
Arica. 1898 maß Sir Martin Conway eine Reihe der Hochgipfel der Cordillera Real de
Bolivia und erſtieg mehrere, darunter den Illampu und den Ilimani.
Im Jahre 1893 veröffentlichte der deutſche Arzt E. W. Middendorf auf Grund
langjährigen Aufenthaltes (1855—62, 1865—71, 1876—88) und umfangreicher Reiſen ein
beſonders die Altertümer berückſichtigendes Werk über Peru.
Neuere Unterſuchungen über Geologie, Geographie und Vergletſcherung Perus
führten 1907/8 R. Hauthal und 1909 W. Sievers aus, während auf ausgedehnten Reiſen
A. Weberbauer die Pflanzendecke erforſchte und G. Steinmann und O. Schlagintweit
mehrere geologiſche Profile über Peru legten. In Südperu entfalteten zwei nordameri—
kaniſche Unternehmungen unter Hiram Bingham 1911 und 1912 eine ſehr ausgedehnte
Tätigkeit. Einer großen franzöſiſchen Expedition unter Sénéchal de la Grange und dem
Grafen G. de Créqui-Montfort, die 1903 Bolivia bereiſten, ſind wertvolle geologiſche
und kartographiſche Ergebniſſe über das Gebiet des Titicaca zu verdanken. Endlich haben
der Cuerpo de Ingenieros de Minas und die Geographiſche Geſellſchaft in Lima in ihren
„Boletines“ eine ganze Reihe wertvoller Einzelbeiträge zur Geographie Perus geliefert;
die Karte A. Raimondis von Peru liegt jetzt vollſtändig vor.
10. Die Kordilleren von Ecuador, Colombia und Venezuela.
Außer Bouſſingault (S. 38) ſind für die nördlichen Kordilleren Südamerikas aus
älterer Zeit nur die Botaniker H. Karſten und Bertold Seemann ſowie der Zoolog
Moritz Wagner als Erforſcher erwähnenswert. Karſten durchzog etwa von 1849 bis 1856
40 Die Erforſchungsgeſchichte.
die drei Staaten Venezuela, Colombia und Ecuador und betrieb auch geologiſche Studien,
Seemann war um 1850 in Colombia und Ecuador tätig, und Moritz Wagner machte 1857—59
eine verdienſtvolle Reiſe in die Grenzgebiete zwiſchen beiden Staaten.
Sie alle müſſen zurücktreten vor den beiden Geologen Wilhelm Reiß und Alphons
Stübel (j. die untenſtehende Abbildung und die auf S. 41), deren Reiſeziel zunächſt Colombia
war. Hier landeten ſie 1868 bei Santa Marta, befuhren den Magdalena bis Honda und be—
gannen von Bogota aus die Unterſuchung des Landes. Nachdem ſie gemeinſam die Oſt—
kordillere erforſcht hatten, überſtieg Reiß die Zentralkordillere in Antibquia und verfolgte
den Rio Cauca bis Popayan, während Stübel das Gebirge öſtlich von dieſer Stadt kennen
lernte. Anfang 1870 überſchritten beide von Paſto aus die Grenze von Ecuador und haben
dann fünf Jahre lang dieſen Teil der Kordilleren
nach allen Richtungen hin durchzogen, wobei als
Hauptquartier Quito diente. Während anfangs
noch einige Reiſen, beſonders um Quito und in
Imbabura, gemeinſam gemacht wurden, trenn—
ten die Reiſenden ihre Wege und ihre Tätigkeit
bald in der Art, daß Reiß die trigonometriſchen,
Stübel die rein geologiſchen Arbeiten zufielen.
Im Jahre 1872 hielt ſich Stübel vorwiegend in
der Provinz Riobamba auf, während Reiß als
erſter den Cotopaxi erſtieg, den auch Stübel im
folgenden Jahre bezwang. Erſt im Oktober 1874
verließen ſie Ecuador. Sie haben ſomit ſieben
Jahre in Colombia und Ecuador zugebracht und
von dieſen Reiſen eine ungeheure Fülle von wert—
vollem Stoff mitgebracht, der allerdings leider
nur zum Teil verarbeitet worden iſt; aber die
Karte von Ecuador wurde durch ſie überhaupt erſt
geſchaffen und die Kenntnis von der Geologie und phyſiſchen Geographie Ecuadors und
zum Teil auch Colombias auf eine vollkommen neue Grundlage geſtellt.
Auf Ecuador allein beſchränken ſich die verdienſtlichen Arbeiten Theodor Wolfs,
der als Lehrer an der Polytechniſchen Schule in Quito von der Regierung beauftragt wurde,
Ecuador zu bereiſen; dies führte er in umfangreichſtem Maße aus, jo daß ſein 1892 er-
ſchienenes Werk über Ecuador großenteils auf eigener Anſchauung beruht. Beſonders wert—
voll iſt ſeine Karte von Ecuador, zu der er ebenfalls vielfach, jo z. B. im weſtlichen Küften-
gebiet, erſt die Grundlage ſchaffen mußte.
Ergänzt werden Reiß', Stübels und Wolfs Arbeiten durch die einer Reihe anderer
Reiſender, die von 1875 an Ecuador und Colombia beſuchten. Zunächſt bereiſte 1875—76
Eduard Andrs beide Republiken, mit der beſonderen Abſicht, einen bequemen Weg von
den Hochbecken Ecuadors nach dem Amazonas zu finden. Ihm folgten 1876 Adolf Baſtian
zu ethnologiſchen Zwecken und 1877 der Freiherr Max v. Thielmann, erſterer von Peru
aus, letzterer über den Magdalenenſtrom; M. v. Thielmann gelang die dritte Beſteigung
des Cotopaxi, kurz darauf, 1880, die vierte dem Engländer Edward Whymper, der auch
als erſter Europäer zweimal den Chimborazo erſtieg und mehrere der großen Vulkanberge
Alphons Stübel (um 1885). (Nach Photographie.)
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reiſen. 41
Ecuadors bezwang, wobei die Geographie durch Höhenmeſſungen, Erweiterung der topo—
graphiſchen Kenntniſſe und klimatiſche Beobachtungen bereichert wurde. 1899 führten die
franzöſiſchen Hauptleute Maurain und Lacombe Vorarbeiten zu einer neuen Grad—
meſſung im Hochlande von Ecuador aus, die 1903 —07 von Tulcan bis Payta erfolgte.
In den Jahren 1901/02 unterſuchte Paul Groſſer die Vulkanberge des Landes. 1903 be-
ſtieg Hans Meyer die hohen Vulkane ſpeziell zu glazialen Studien, die er zu einem wert—
vollen Werke verarbeitete, und für Süd-Ecuador füllte die in dieſer Hinſicht noch vor-
handene Lücke 1909 W. Sievers aus.
Wolf gibt auch eine genaue Darſtellung der Galäpagosinſeln, die übrigens nicht
ſelten beſucht wurden, 1835 ſchon von Ch. Darwin, 1879 von Th. Wolf, 1884 von der
italieniſchen Korvette „Vettor Piſani“ unter Graf
Pandolfini, 1888 von dem Chilenen Vidal
Gormaz und 1891 von dem deutſchen Zoologen
G. Baur.
Colombia iſt bisher keiner ſo eingehenden
Erforſchung unterzogen worden wie Ecuador.
Auch das große Kartenwerk des italieniſchen
Oberſten Agoſtino Codazzi, der als Begleiter
Bolivars während und nach den Befreiungs—
kriegen Südamerikas Venezuela und Colombia
aufnahm, iſt für das letztere Land nicht vollſtändig
durchgeführt worden. Reiß und Stübel haben
hauptſächlich den Süden kennen gelernt, und
Bouſſingault, Karſten, André, Baſtian,
v. Thielmann haben das Land nur durchzogen.
So iſt denn die Weſtkordillere mit dem ihr vor⸗
liegenden Tiefland am Großen Ozean faſt ganz
unbekannt geblieben, und von der Zentralkordil—
lere hat faſt nur die Landſchaft Antiöquia öfters Reiſende geſehen, wie E. Steinheil
1871—72, R. B. White 1862 —78, Friedrich v. Schenk 1878 —81, Friedrich Regel
1896— 97. Alle dieſe Reiſenden bejuchten vorwiegend die Gegend von Medellin und Mani—
zales. Ferner durchzog Jules Crevaux 1889 die Oſtkordillere an den Quellen des ea
oder Putumayo und Japurä und abermals 1881 zwiſchen Neiva und dem Guaviare. 1883
bis 1884 bereiſte A. Hettner das Gebirge zwiſchen Bogotä und Cucuta, 1905 H. Stille
das Magdalena-Tal und die umliegende Kordillere. Ein beſonderes Arbeitsfeld in Colombia
bietet die im äußerſten Norden des Landes ſich erhebende Sierra Nevada de Santa
Marta, wo ſchon 1855 —57 Eliſée Reclus eine Reiſe gemacht hatte. In das Gebirge
ſelbſt drang aber erſt 1878 —80 der englische Ingenieur F. A. A. Simons ein und ent—
warf die erſte brauchbare Karte desſelben. Endlich gelang es 1886 Wilhelm Sievers, die
Nevada von Süden und Norden her bis 4700 m zu erſteigen, eine genauere Kenntnis davon
zu gewinnen und eine ausführlichere Karte herzuſtellen. Ferner gab Sievers die erſte Be—
ſchreibung von der bisher nicht beſuchten Sierra de Perijä an der Grenze zwiſchen Colombia
und Venezuela. F. Simons bereiſte Anfang der achtziger Jahre die bis dahin im Inneren
völlig unbekannte Halbinſel Guajira.
Wilhelm Reiß (um 1885). (Nach Photographie.) Zu S. 40.
42 Die Erforſchungsgeſchichte.
Venezuela nördlich des Orinoco iſt jelten von wiſſenſchaftlichen Reiſenden bejucht
worden, nach Humboldt nur von Bouſſingault Anfang der zwanziger und H. Karſten
am Beginn der fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts; dafür aber erfreute es ſich einer
kartographiſchen Aufnahme durch den Italiener A. Cod azzi, der bis zum Jahre 1840 einen
noch jetzt im ganzen brauchbaren Atlas und eine Geographie des Landes veröffentlichte.
Seine vierblätterige Karte von Venezuela bearbeitete 1876 M. Tejera, ohne ſie im weſent—
lichen zu verbeſſern. In demſelben Jahre reiſte C. Sachs von Caräcas durch die Llanos
nach dem Orinoco, und der Maler A. Goering beſuchte zu Anfang der ſiebziger Jahre die
nördlichen Gebirge. Dieſe genauer zu unterſuchen, war der Zweck zweier Reiſen von
W. Sievers. Auf der erſten, 1884—85, beſchränkte er ſich beinahe ganz auf die faſt gar
nicht bekannte Kordillere von Merida, auf der zweiten, 1892 —93, bereiſte er Coro, Bar⸗
quiſimeto, Zentralvenezuela und auch den ſeit Humboldt nicht wieder beſuchten Oſten, von
wo er die Llanos bis zum Orinoco durchzog. Dieſe Tätigkeit hat in den Jahren 1911/12
A. Jahn für die Kordillere von Merida fortgeſetzt, deren Höhen er genau vermeſſen hat.
Endlich hat die Regierung ſelbſt 1904 die Landesaufnahme begonnen, deren Früchte ein
„Plano Militar“ in 111000000, 60 Karten in 1:250000 und etwa 300 in 1:50000 ſein ſollen.
11. Zentralamerika.
Zentralamerika hat erſt ſeit etwa 1850 eine eingehendere geographiſche Erforſchung
erfahren. Auch hier hat die Wege der Reiſenden im weſentlichen zweierlei beſtimmt: einmal
die alte Kultur im nördlichen Teile Zentralamerikas, dann aber die Vulkane der Weſtſeite.
Daher ſind im allgemeinen die atlantiſchen Teile des Landes erſt ſehr ſpät oder auch bis
heute noch nicht bekannt geworden.
Nachdem bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts faſt nur Karten von verſchiedenem Wert
und zur Befriedigung des praktiſchen Bedürfniſſes der Reiſenden veröffentlicht worden
waren, wie die John Bailys 1850, begannen J. J. Stephens Reiſewerk 1841 über die
Ruinenſtätten des nördlichen Zentralamerikas und die Erbauung der Eiſenbahn über die
Landenge von Panamä 1850—53 die Augen der fremden Gelehrten auf die Iſthmusgebiete
zu lenken. Dazu kam, daß ſich England der Mosquitoküſte und einiger Häfen des atlan—
tiſchen Teiles von Zentralamerika bemächtigte, wenn auch ohne dauernden Erfolg. Von
1848 bis 1851 beſchäftigte ſich der nordamerikaniſche Geſandte in Nicaragua, E. G. Squier,
beſonders mit den archäologiſchen Reſten einerſeits und den Vulkanen des Landes ander—
ſeits. Die beiden Erforſcher Coſta Ricas, Moritz Wagner und Karl Scherzer, bevor—
zugten für ihre biologiſchen und wirtſchaftlichen Studien 1853—54 den pazifiſchen Weſten,
während Karl v. Seebach ſich 1863 —65 ausſchließlich dem Studium der zentralamerifa-
niſchen Vulkane widmete, deren er 27 unterſucht hat. Auch die große franzöſiſche Expedition
von A. Dollfus und Montſerrat betrieb 1866—67 in Salvador und Guatemala vor—
nehmlich die Unterſuchung der Vulkane. Daneben arbeitete 1854 Agoſtino Codazzi am
Iſthmus von Chiriqui und veröffentlichte 1858 eine Karte der Landengen von Darien und
Panamä; 1859 gab M. v. Sonnenſtern ſeine Karte von Guatemala, 1863 diejenigen von
Nicaragua und Salvador heraus.
1861 erſchien ſodann die erſte brauchbare Karte von Coſta Rica von dem deutſchen
Arzt und Botaniker A. v. Frantzius. Derſelbe Verfaſſer unterſuchte zugleich die Flora von
Coſta Rica, worin ihm 1877 H. Polakowſky folgte, während der Amerikaner W. Gabb
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reifen. 43
1873 eine dreijährige geologiſche Aufnahme Coſta Ricas begann, die namentlich den Süden
des Landes auf beſſere kartographiſche Grundlagen ſtellte. Anzuſchließen ſind hieran die
Unterſuchungen der Iſthmusgebiete von Coſta Rica und Panama durch den Biſchof
A. Thiel von Coſta Rica, insbeſondere im Lande der Guatuſos- und Chirripö-Indianer
1881—84, ſowie A. Pinarts Züge auf der Landenge von Chiriqui und zu den Guaymi—
Indianern 188384. Eine größere Abhandlung über ſeine Reifen gab der Begleiter Thiels,
der ſchwediſche Zoolog C. Bovallius, 1887 heraus. Eine beſonders eifrige Tätigkeit zur
Unterſuchung Coſta Ricas hat endlich H. Pittier, der Nachfolger Polakowſkys in San Joſe,
entfaltet. Nachdem er 1888 den Vulkan Irazu beſtiegen und zu 3417 m Höhe beſtimmt
hatte, begab er ſich 1889 an den Rio San Juan und zog vom Iſthmus von Salinas über
Guanacaſte und Liberia nach San Joſé; 1890 beſtieg er den Vulkan Poas, unterſuchte 1892
die Gegend von Boruca und Terraba und erforſchte 1894 das Gebiet der Bribri-Indianer.
Dieſen großen Reiſen entſprang eine moderne phyſiſche Geographie des Landes.
In Nicaragua haben außer der Reiſe Bovallius' zunächſt die Unterſuchungen des
Rio San Juan und des Nicaraguaſees und die Vorſtudien des Ingenieurs Menocal ſeit
1885 wertvolle Bereicherung unſerer geographiſchen Kenntniſſe gebracht. Im atlantiſchen
Teil hat der Bergingenieur B. Mieriſch 1892 und 1893 zwei Reiſen ausgeführt, die eine
nach den Minendiſtrikten Pispis und La Concepcion, die andere 1893 von Managua bis
zum Kap Gracias ä Dios, indem er die Flüſſe Rio Grande, Tuma, Prinzapolca, Cuculaia
und Coco befuhr. Neuerdings haben die Forſchungen von W. E. Simmons, A. Heilprin
und anderen Licht über den Nicaraguaſee und die Waſſerſcheide daſelbſt verbreitet.
Honduras iſt bisher nur von wenigen Reiſenden beſucht worden, ſo von C. Charles,
der es von Amapala über Tegucigalpa nach Puerto Cortez durchquerte, und von Karl
Sapper, aber auch das faſt unbekannte Innere von Britiſch-Honduras iſt ſeit 1878
etwas mehr erforſcht worden. Nachdem 1878 —79 H. Fowler das Innere durchzogen hatte,
gelang es 1888 W. Miller, nach Santa Cruz vorzudringen, und W. Goldsworthy, das
bisher nur von Fowler beſuchte, ganz unbekannte Cockscombgebirge zu erſteigen.
Salvador und Guatemala waren 1878—82 das Arbeitsfeld von E. Rockſtroh;
geographiſch wichtig ſind ſeine Erſteigungen und Meſſungen der Vulkane Acatenango und
Fuego 1882 ſowie ſeine mit Ortega 1880 ausgeführte Unterſuchung des Vulkans im Jlo—
pangoſee. Auch Otto Stoll hat während ſeines Aufenthaltes in Guatemala 1878—83 im
weſentlichen der ethnographiſchen Erforſchung des Landes gedient, weniger der geographi—
ſchen. Im Norden Guatemalas pflegten bis vor kurzem die Ruinenſtätten der Mayakultur die
Reiſenden faſt allein anzulocken; ihnen widmeten Dejire Charnay und A. P. Maudſlay
1880 —82 ihre Zeit faſt vollkommen und dehnten ihre Unterſuchungen auch auf Südmexiko
und Yukatan aus. Eine botaniſche Reiſe durch Nordguatemala und Südmexiko führten 1877
Bernouilli und Cario aus, indem ſie von Atitlan über Quiche und Chacula in Mexiko
zogen; Bernouilli ſetzte dann die Reiſe von Chiapas aus über Palenque und Beten nach
Coban fort und betrat ſomit abermals Nordguatemala. Seit 1897 bereiſten Eduard und
Cäcilie Seler Guatemala von Zeit zu Zeit.
Weit ausgedehnter als alle vorigen Reiſen waren diejenigen Karl Sappers (j. die
Abbildung S. 44), da ſie ganz Zentralamerika umfaſſen. Von ſeinem Wohnort Coban in Nord—
guatemala aus begann Sapper 18888 vorerſt die ihm naheliegenden Teile Guatemalas, dann
die Vulkanlandſchaften des Weſtens zu bereiſen. Im Jahre 1889 durchwanderte er zunächſt
44 Die Erforſchungsgeſchichte.
Mittelguatemala und Chiapas, 1891 die atlantiſche Seite Guatemalas, das Peten, die Cocks⸗
combberge in Britiſch-Honduras, das Land am Golf von Amatique, 1892 den Süden Guate⸗
malas, alſo die pazifiſche Küſte, ihre Vulkane und auch Honduras. 1893 wandte er ſich nach
Tabasco und Chiapas, 1894 nach Yukatan, und 1895 erforſchte er Salvador und Weſt—
honduras. Nach einem Aufenthalt in Europa 1895 begab er ſich 1896 abermals in das Gebirgs⸗
land von Britiſch-Honduras, bereiſte 1897 und 1898 Südguatemala, Salvador, Honduras und
Nicaragua, 1899 dieſes und Coſta Rica ſowie Chiriqui und Anfang 1900 nochmals Honduras
und die atlantiſchen Teile von Nicaragua. So hat er in zwölf Jahren ganz Zentralamerika
mit Ausnahme des äußerſten Südens nach modernen geographiſchen Prinzipien erforſcht
und die Ergebniſſe ſeiner Unterſuchungen
in zahlreichen wertvollen Schriften ver—
öffentlicht.
Eine wichtige und grundlegende Ar-
beit iſt ferner die Triangulierung des pazi—
fiſchen Zentralamerikas vom Tacanä bis
zum Momotombo durch die nordameri—
kaniſche interkontinentale Eiſen—
bahnkommiſſion. Auch beginnt das
Iſthmusland durch die Unterſuchungen
der Nordamerikaner über die Umgebung
des Panamäkanals und den geplanten
Waſſerweg durch Nicaragua in geologi—
ſcher Hinſicht beſſer bekannt zu werden.
12. Die Antillen.
Die Antillen ſind ihrer geringen
Größe halber, mit Ausnahme von Haiti,
in ihrer Topographie genügend bekannt,
Karl Sapper (1901). Mach Photographie.) Zu S. 43. ſo daß von wirklichen Entdeckungsreiſen
auf ihnen nicht mehr die Rede ſein kann.
Hier wird daher nur von der wiſſenſchaftlichen Erforſchung dieſer Inſeln berichtet
werden. In dieſer Beziehung verhalten ſie ſich äußerſt ungleich, indem einige, beſonders
einige britiſche und die niederländiſchen Kolonien, bereits einer vollkommenen kartogra—
phiſchen und geologiſchen Aufnahme unterworfen worden ſind, während andere, beſonders
die bisher ſpaniſchen Kolonien und Haiti, einer ſolchen noch faſt ganz entbehren. Die
meiſten Kleinen Antillen, von St. Thomas bis Grenada, ſind wiſſenſchaftlich noch ſehr
wenig durchforſcht und ermangeln genauerer Aufnahmen, obwohl ihre Kleinheit ſolche
erleichtern würde.
Von den Inſeln vor der Nordküſte Südamerikas haben Aruba, Curacao und Bo—
naire, die niederländiſchen Inſeln, eine geologiſche, wenn auch nicht ins einzelne gehende
Aufnahme durch Karl Martin 1884—8ß erfahren, während über die venezolaniſchen Aves,
Roques, Orchila, Blanquilla, Tortuga, Margarita, Hermanos und Teſtigos nur
ſpärliche Angaben, namentlich von A. Codazzi (1840) und R. Ludwig (1883-85), vor-
liegen. Dagegen iſt die engliſche Inſel Trinidad durch eine umfangreiche Bereiſung und
Die Zeit der wiſſenſchaftlichen Reifen. 45
Aufnahme ſeitens der Geologen G. P. Wall und J. G. Sawkins bis 1860 und durch zahl—
reiche Einzelſchriften aus den folgenden Jahrzehnten bekannter geworden.
Einer gleichen Durchforſchung darf ſich nur eine andere britiſche Kolonie rühmen,
Jamaica, über deſſen phyſiſche Geographie wir ſeit 1869 durch J. G. Sawkins und
C. B. Brown, ſeit 1900 durch R. T. Hill genügend unterrichtet ſind. Um ſo trauriger ſteht
es bis jetzt mit den übrigen Großen Antillen. Über die phyſikaliſche Geographie von
Puerto Rico beſitzen wir nur ſpärliche Nachrichten von P. T. Cleve, W. Sievers, R. T. Hill
und über Cuba ſolche von Policarpo Cia, Salterain, de Caſtro und neuerdings von
Hill, Spencer, Frazer und Emil Deckert. Doch haben die Vereinigten Staaten die
Unterſuchung dieſer Inſeln begonnen; daran nahmen bisher teil C. Willard Hayes, T. Way—
land Vaughan und A. Spencer.
Haiti iſt trotz der Unterſuchung von Charles Gabb (1869 —71) im Inneren vielfach
noch ſo unbekannt, daß man über den Verlauf der Bergketten und ihre Höhe noch immer
nicht genau unterrichtet iſt; da obendrein Gabbs Aufnahme ſich nur über den öſtlichen, zu
Santo Domingo gehörenden Teil erſtreckte, ſo iſt jeder Beitrag zur Kenntnis der Inſel will—
kommen. Solche gaben in neuerer Zeit beſonders R. Stuart und G. Tippenhauer durch
umfaſſende Zuſammenſtellungen, erſterer 1878, letzterer 1892 —93 für den weſtlichen Teil von
Haiti und Baron H. Eggers 1887, der auch Tobago 1892 beſuchte, ſowie R. Ludwig 1889
durch Einzelreiſen für Santo Domingo. Seit 1899 hat aber Gentil Tippenhauer eine
Reihe von Unterſuchungen über die phyſiſche Geographie Weſthaitis veröffentlicht, die uns
ein richtigeres Urteil über die Inſel ermöglicht haben.
Von den Kleinen Antillen haben ihre Beſitzer dagegen bisher keine den heutigen
Anforderungen entſprechenden Aufnahmen gemacht, ſo daß man bei ihrer Behandlung meiſt
auf ältere Arbeiten zurückgehen muß. Von keiner von allen dieſen Inſeln, außer Martinique,
liegt eine Darſtellung vor, die der von Martin, Brown, Wall, Sawkins und Hill an die Seite
treten könnte, und trotz ſehr zahlreicher Arbeiten über die Natur der Inſeln, namentlich über
Flora und Fauna, beſitzen wir keine genügenden geographiſchen Monographien über ſie;
einen Anfang dazu machten K. Sappers Vulkanſtudien 1903. Die Geographie und Geo—
logie ſind aber gegenüber der Botanik und Zoologie ſehr vernachläſſigt worden. Das gilt
beſonders von Tobago, Grenada, den Grenadinen, St. Vincent, St. Lucia, Dominica, Mont-
ſerrat, St. Chriſtoph, Antigua, Barbuda, Nevis. Etwas beſſer bekannt geworden ſind Bar—
bados und Anguilla, letzteres durch Sawkins und Maclure, das franzöſiſche St.- Barthé—
lemy und St. Martin durch R. Ludwig, während das niederländiſche St. Euſtache und die
niederländiſche Hälfte von St. Martin von K. Martin leider nicht mit unterſucht worden
ſind. Über Martinique liegen dagegen ausführliche, durch den Ausbruch des Pelde ver—
urſachte Abhandlungen, beſonders von A. Lacroix und A. Heilprin, vor; Guadeloupe
behandelte eingehend J. Ballet. Über die phyſikaliſche Geographie der britiſchen und
däniſchen Virginiſchen Inſeln hatte nur P. T. Cleve berichtet, doch beginnen neuerdings
die Dänen ſelbſt ihre lange vernachläſſigten Beſitzungen auch wiſſenſchaftlich zu unterſuchen.
Für Anegada wie auch für Barbados darf R. Schomburgk nicht unerwähnt bleiben, und
auch J. W. Spencer hat auf den Kleinen Antillen eine Reihe von wertvollen geographiſch—
geologiſchen Arbeiten ausgeführt.
B. Allgemeine Überſicht.
J. Allgemeines über Amerika.
Unter Amerika verſteht man ſeit dem 17. Jahrhundert diejenigen Länder, welche ſich
von der Beringſtraße bis zum Kap Hoorn erſtrecken. Meiſtens rechnet man ihnen jetzt auch
noch die Arktiſchen Inſeln vor Nordamerika und endlich Grönland zu. In dieſem Falle
nimmt Amerika den Raum von 83° nördl. Breite bis 56° ſüdl. Breite und (im Norden)
zwiſchen 20 und 167° weſtl. Länge ein und bildet daher eine gewaltige Mauer zwiſchen dem
Atlantiſchen und dem Großen Ozean. Durch die europäiſchen Kulturvölker von Oſten her
entdeckt, erſchien es dieſen als Weſthälfte der Landmaſſen gegenüber der von ihnen be—
wohnten Oſthälfte. Da aber der Große Ozean das Hauptmeer der Erde iſt, ſo ſollte Amerika
als das öſtlich von ihm liegende Land beſſer die Oſtfeſte genannt werden, wie Friedrich
Ratzel ſchon vor zwei Jahrzehnten ausgeführt hat.
Amerika hat eine ſo große meridionale Erſtreckung wie keine andere Landmaſſe der
Erde. Dennoch fügt es ſich in deren Anordnung harmoniſch ein. Sein Weſten hat nämlich
ſehr nahe Beziehungen zu den übrigen Geſtadeländern des Großen Ozeans. Daß der Nord—
weſten nur durch eine ziemlich ſchmale Straße von dem gleichartig gebauten nordöſtlichen
Aſien getrennt iſt, daß alſo nahe Beziehungen zwiſchen den beiden großen Erdräumen vor⸗
liegen, war ſchon länger bekannt. Die neueren Entdeckungen im Südpolargebiet laſſen aber
keinen Zweifel mehr, daß auch der Süden ſich in dem antarktiſchen Graham-Land fortſetzt.
Da dieſes aber nach Victorialand hinüberführt, das ſeinerſeits wieder nach Neuſeeland deutet,
ſo wird der Landring um den Großen Ozean, wenn er auch an mehreren Stellen unterbrochen
iſt, leicht erkennbar. Allerdings ſetzt ſich Südamerika nach der Antarktis nicht geradlinig fort,
ſondern in einem ſcharfen, gegen Weſten geöffneten Bogen über Südgeorgien und die Sand—
wich-Inſeln (ſ. die Karte auf S. 53), ſo daß die pazifiſche Umrandung gewiſſermaßen nach
dem Atlantiſchen Ozean hinüberſchlägt. Dieſe eigentümliche Erſcheinung findet ſich aber
noch ein zweites Mal, nämlich in dem Inſelbogen der Antillen (ſ. die Karte auf S. 53).
Freilich liegt vor dieſem Bogen im Weſten die geſchloſſene Landmaſſe Zentralamerikas,
aber dieſer Abſchluß iſt erſt verhältnismäßig neu, da die Landenge von Panama offenbar
noch bis in ſehr ſpäte Zeit offen war.
Dieſes Übergreifen des pazifiſchen Typus nach den Antillen läßt ſich nun zur Ein—
teilung Amerikas in große Unterabteilungen mit Vorteil und innerer Berechtigung ver—
werten. Denn es werden dadurch zwei große Landmaſſen voneinander geſondert, eine im
Süden und eine im Norden. Man unterſcheidet ſie nach ihrer topographiſchen Lage und
ihrer Eigenart ſchon ſeit dem 17. Jahrhundert als Südamerika und Nordamerika.
Allgemeines über Amerika. Südamerikas Lage, Grenzen und Inſeln. 47
Wenn beide auch in der Geſtalt, dem Bau und der Hydrographie manche Ahnlichkeit mit-
einander haben, ſo gibt es doch tiefgreifende Unterſchiede und Gegenſätze in bezug auf Klima,
Flora, Fauna, Bevölkerung, wirtſchaftliche und politiſche Verhältniſſe zwiſchen ihnen, die
jeder der beiden Hälften den Stempel eines eigenartig entwickelten Teiles der Erde ver—
leihen. In der Tat ſind Nord- und Südamerika auch räumlich durch das amerikaniſche Mittel—
meer voneinander getrennt und nur durch die ſchmale Landenge von Panamä miteinander
verbunden. Dieſe Brücke iſt aber, wie oben erwähnt, erſt neuerer Entſtehung, ſo daß zweifel—
los lange Zeiträume hindurch Nord- und Südamerika als ſelbſtändige Maſſen beſtanden
haben. Auch heute iſt der Austauſch der Flora und Fauna beider Hälften noch nicht weit
gediehen, geſchweige denn beendet, ſondern er vollzieht ſich vor unſeren Augen. Daher iſt
es ſchwierig, das zwiſchen Nord- und Südamerika liegende Land einem der beiden Erdteile
zuzuweiſen. Heute pflegt man die Grenze Nordamerikas auf die Landenge von Tehuantepec,
diejenige von Südamerika auf die von Darien zu legen; das zwiſchen beiden liegende ſchmale
zerſtückelte Land nennt man Zentralamerika und das ganze Mittelglied, einſchließlich der
mehr ſüdamerikaniſchen Typus tragenden Antillen, Mittelamerika.
Die Größe dieſer drei Unterabteilungen wird verſchieden angegeben. In den eben
erörterten Grenzen hat Zentralamerika eine Fläche von 770000, Weſtindien von 245000,
Mittelamerika alſo von 1015000 qkm. Nordamerika ohne den Arktiſchen Archipel hat 19,6,
mit dieſem gegen 21, mit Grönland 24 Millionen qkm Fläche, Südamerika 17,6, Amerika
im ganzen 38,2, mit dem Arktiſchen Archipel und Grönland 43 Millionen etwas weniger als
Aſien (44), jeder einzelne Teil aber erheblich weniger als Afrika (29).
II. Südamerikas Lage, Grenzen und Inſeln.
Lage. Als einer der drei Südkontinente gehört Südamerika zum größten Teil der
ſüdlichen Halbkugel an. Seine Südſpitze iſt das Kap Hoorn unter 55° 5% ſüdl. Breite, ſeine
Nordſpitze das Kap Gallinas auf der Halbinſel Guajira in 11“ 33’ nördl. Breite; demnach
erſtreckt es ſich über 671, Breitengrade oder rund 7500 km. Dagegen iſt ſeine größte Breite
zwiſchen der Punta Pariña in Peru unter 81“ weſtl. Länge und dem Kap Branco bei
Parahyba in 34 50° weſtl. Länge nur 5150 km. Im Süden reicht es von allen Erdteilen
am weiteſten gegen den Südpol, im Norden wird es durch das 6200 m tiefe Karaibiſche
Meer von den Antillen getrennt, im Weſten fällt es zum Großen Ozean ab, im Oſten ſenkt
es ſich langſam zum Atlantiſchen. Seine Weltſtellung wird aber nicht nur durch ſeine geo—
graphiſche Lage, ſondern auch durch ſeine Geſtalt bedingt. Dieſe gleicht einem Dreieck,
deſſen Spitze im Süden liegt, und deſſen Baſis gegen den mittleren Atlantiſchen Ozean ge—
richtet iſt. Indem nun die eine Seite des Dreiecks von Nordoſten nach Südweſten verläuft,
kommt die bezeichnende Zuſpitzung der Form Südamerikas nach Süden zuſtande, eine Tat—
ſache von größter Wichtigkeit für das Klima des Südens. Wegen dieſer Geſtalt und Lage
Südamerikas iſt Afrika mit 3000 km Entfernung deſſen nächſter Nachbar, aber nur mit ſeiner
Guineaküſte; die Südſpitzen beider Erdteile liegen dagegen 87“ oder etwa 6800 km aus-
einander, und zwiſchen Südamerika und Neuſeeland dehnen ſich ſogar 127 Längengrade,
rund 9000 km, während die Entfernung von den Orinocomündungen nach New York nur
4000, nach Lizard 7600 km beträgt.
48 Allgemeine Überſicht.
Grenzen. Die Grenzen Südamerikas ſind ziemlich leicht zu ziehen. Die ganze Weſt—
ſeite wird von dem Großen Ozean begrenzt, der unmittelbar am Rande des Erdteils in dem
Atacama-Graben mehr als 7000 m Tiefe erreicht; die tiefſte Stelle, 7635 m (ſ. die unten⸗
ſtehende Textkarte), wurde gegenüber Taltal zwiſchen 25 und 26“ ſüdl. Breite gelotet, und
auch an der Umbiegungsſtelle der Kordilleren, bei Arica, fanden ſich Tiefen von 6000— 7000 m.
Nur drei Inſelgruppen liegen außerhalb Südamerikas im Großen Ozean, werden
dem Erdteil aber zugerechnet. Die nördlichſte iſt die zu beiden Seiten des Aquators zwiſchen
89 und 92° weſtl. Länge 900—1200 km von der Küſte entfernte Galäpagosgruppe. Ihre
Größe beträgt nach Th. Wolf 7430 qkm, etwa ſoviel wie
das Großherzogtum Heſſen. Sie zerfällt in zehn größere
und zahlreiche kleinere Inſeln; Albemarle oder Iſabela
hat 4278 qkm, Indefatigable oder Chaves (Santa Cruz)
1023, Narborough oder Fernandina 651, James, San—
tiago oder San Salvador 574, Chatham oder San
Criſtöbal 434, Floreana, Charles oder Santa Maria
140 qkm Fläche.
Die Galäpagos verdanken ihre Entſtehung allein
vulkaniſcher Aufſchüttung und haben keine Spur eines
Grundgebirges. Dagegen beſitzen ſie nicht weniger als
2000 Krater, aber faſt alle ſind erloſchen; nur im Weſten
der Inſelgruppe, auf Albemarle und Narborough, kom—
men zuweilen noch Ausbrüche vor. Auf Albemarle er—
reicht ein Kegel 1430 m, zwei andere 1130 und 1150 m,
und ebenſo hoch erhebt ſich Narborough, während die
f übrigen Inſeln niedriger ſind, Chatham 750, James oder
Fact Si Santiago 530 m. Maſſen von paraſitiſchen Kratern, mit
1 häufig nur 30 —50 m Höhe, liegen an den Gehängen
a raonsoom| der Hauptkegel, ſchwarze Lavablöcke und Lavaſtröme be-
S 00000 » 2000000 - über 6000 decken den Boden, und die Eroſion hat eine Reihe der
Die Ace na be fe Krater in Ruinen verwandelt. Alle Galäpagosinſeln be—
ſtehen, im Gegenſatz zu der Kordillere des Feſtlandes,
aus Baſaltlaven und haben daher meiſt dunkle Farben, doch ragen auch graue lockere Tuff—
kegel aus den Lavafeldern hervor. Die glaſige Beſchaffenheit der Lava erzeugt zahlloſe
Hörner, Spitzen, Nadeln und Zacken, während in den oberen, regenreicheren Gebieten
der Galäpagos die Formen ſich abrunden, die Krater ſich ausfüllen und die Lava in eine
fruchtbare rote Erde zerfällt.
Im allgemeinen iſt das Klima der Galäpagos ungewöhnlich trocken und kühl, teils
wegen der ozeaniſchen Lage, teils wegen des kühlen Oberflächenwaſſers in der Umgebung
der Inſeln. Die Temperatur erreicht nur 22— 230, in 277 m Höhe nur 1819 im Mittel,
auf dem Cerro de San Joaquin, dem höchſten Gipfel von Chatham, in 712 m Höhe, fällt
ſie nach Wolf bei Nebel bis 14%. Demgemäß ſind auch die Inſeln arm an Niederſchlägen,
wenigſtens in der unteren Zone, doch unterſcheidet man zwei Jahreszeiten, die Trockenzeit
von Juli bis Januar und die Regenzeit von Februar bis Juni. Die Regen kommen faſt ſtets
von Südoſten. Die Vegetation iſt je nach der Höhe ſehr verſchieden. Im Unterland ſieht
0
Juan Fernandez. — Galäpagosinieln. Tafel 2,
Nach Photographie. (Zu S. 50.)
ES
2. Rielenichildkröten auf den Galäpagosinieln.
Nach Photographie. (Zu S. 49.)
Tafel 2. Salklandinieln. — Tierwelt.
3. Heide und „Steinſtrom“ auf den Falklandinſeln.
Nach Photographie von J. 6. Anderifon. (Nach Kariten u. Schencks Vegetationsbildern, 4. Reihe, Heft 3.) (Zu S. 51.)
4. Clamaherde in Peru.
Nach Photographie von W. Haufer in La Paz. (Zu S. 74.)
Südamerikas Lage, Grenzen und Inſeln. 49
man überall zwiſchen den ſchwindſüchtigen Gebüſchen die ſchwarzen, braunen und roten
Laven hervorſchimmern. Bäume fehlen faſt ganz und werden durch gewaltige Kandelaber—
Kakteen erſetzt, während dünnbelaubte Büſche mit kleinen aſchenfarbenen Blättern und un—
ſcheinbaren Blüten vorherrſchen, meiſt Lantana, Krotonarten und Euphorbien. Zu größerer
Höhe, 6—8 m, bringen es meiſt nur die Algarroben, Mimoſen, die in den höheren Teilen
der Galäpagos mit Grasland und der Bromeliazee Usnea herrſchend werden, doch treten hier
auch andere Bäume, der Guayavo, der Lechoſo mit Balſamrinde und ein Polylepis ähnlicher
auf. Die wichtigſte Nutzpflanze iſt die Orſeille, Orchila (Roccella sp.), auch baute man in
der Höhe der ſogar Palmen enthaltenden Inſel Floreana Zuckerrohr, Vuca, Baumwolle,
Indigo, Bananen, Orangen, Feigen, Gemüſe, Kartoffeln, auf Chatham Zucker.
Die Tierwelt der Galäpagos fällt am meiſten durch ihre Eigenart auf. Am bekann—
teſten iſt die Galäpagosſchildkröte (Testudo elephantopus; Tafel 2, Abbildung 2), die den
Inſeln ihren Namen verſchafft hat. Sie lebt auf den kleineren Inſeln von Kaktus und
Dornen, auf den höheren dagegen in der feuchten Zone beſonders vom Graſe der Sa—
vannen. Neben ihr ſind die Iguanas am bekannteſten, die aber nicht mit den Iguanas
des Feſtlandes zu verwechſeln ſind, ſondern eine beſondere Gattung, Amblyrhynchus,
bilden und die letzten Vertreter der Meeresſaurier auf Erden ſind. Von Säugetieren iſt
nur der kleine Nager Oryzomys galapagoënsis bekannt, außerdem gibt es natürlich Ratten
und ferner eingeführte Nutztiere, Rinder, Schweine, Ziegen, Eſel, Hunde, Katzen. Die
Vögel zeichnen ſich durch Mangel an Farbenpracht und große Zahmheit aus, ſind vielfach
endemiſch und nach Höhenzonen verteilt. Eingeführt iſt das Haushuhn. Die Zahl der füften-
bewohnenden Seevögel iſt ungeheuer, namentlich der Albatros (Diomedea chlororhynchus)
und der Pinguin (Aptenodytes sp.) bedecken zu Zehntauſenden den Boden. Inſekten ſind
zahlreich, Landſchnecken ſehr charakteriſtiſch.
Die Galäpagos wurden erſt 1832 von Leuten aus Louiſiana beſiedelt, doch verödete die
auf Charles gegründete Anſiedelung bald wieder, und Walfänger allein liefen die Inſeln
an. In den ſechziger Jahren aber fand eine neue Einwanderung ſtatt, diesmal nach Chatham,
wo die Kopfzahl der Anſiedler jetzt 200 betragen ſoll. Sie treiben Viehzucht und etwas
Ackerbau, beſonders auf Zucker, ſowie Gartenbau und ſammeln Orſeille und die Schildkröten—
eier ihres Oles wegen. Eine größere Bedeutung werden die Galäpagos aber erſt nach der
Eröffnung des Panamäkanals erhalten; einſtweilen haben die Bemühungen der Vereinigten
Staaten, ſie von Ecuador zu erwerben, keinen Erfolg gehabt.
Unter 80 weſtl. Länge und 26° ſüdl. Breite erhebt ſich 900 km vor der chileniſchen Küſte
die vulkaniſche Klippengruppe San Felix, San Ambroſio, Gonzalez und Cathedral
of Peterborough. Die ruinenhaften Reſte der letztgenannten Inſel haben wegen ihrer
Ahnlichkeit mit der Kathedrale der Stadt Peterborough ihren Namen erhalten. San Am⸗
broſio iſt 254, San Felix oder Morro Amarillo 183 m hoch.
Unter 80° weſtl. Länge und 33° 45° ſüdl. Breite liegt die Gruppe Juan Fernandez,
die den Namen ihres Entdeckers ſeit 1574 trägt, zwei Inſeln, Mas ä tierra, 560 km, und
Mas ä fuera, 720 km von der Küſte. Die öſtliche (95 qkm), die eigentliche Trägerin des
Namens Juan Fernandez und auch der geringen Beſiedelung, beſteht aus einem niedrigen
und einem bis 983 m hohen Teile, während Mas a fuera (85 qkm) bis 1850 m aufragt.
Beide ſind rein vulkaniſch, haben aber keine tätigen Krater mehr und erfreuen ſich eines ſehr
milden, ozeaniſchen Klimas, mit einer ausgeſprochenen Regenzeit vom April bis September
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika. 3. Aufl. 4
50 Allgemeine Überſicht.
und vorherrſchenden öſtlichen Winden. Mas ätierra iſt in ſeinem bergigen Teile ſtark bewaldet,
im Unterland mit Savannen bedeckt und beſitzt noch Palmen, beſonders die Chontapalme,
ſowie Baumfarne. Ein Drittel der Pflanzen iſt endemiſch, wie auch die Fauna inſularen
Endemismus zeigt, namentlich unter den Käfern und Vögeln; im übrigen iſt fie füdamerifa-
niſch. Die Inſel wurde im 16. und 17. Jahrhundert oft von den Flibuſtiern angelaufen,
aber erſt 1704—09 von Alexander Selkirk, dem Vorbild Robinſons, bewohnt. Neuerdings
hat die chileniſche Regierung die Inſeln Chile einverleibt und auf Mas ä tierra eine An—
ſiedelung errichtet (Tafel 2, Abbildung 1). Eine dritte Inſel iſt Santa Clara.
Maßstab 1: 2000000
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Westl. Länge vCGreemih 59
Die Falklandinſeln.
Die ſüdchileniſchen Küſteninſeln ſind Beſtandteile des Erdteils, ebenſo Feuerland, das
durch die Magalhäesſtraße von ihm abgelöſt iſt. Die Südorkney-, die Südſhetland⸗, die
Sandwich-Gruppe und Südgeorgien ſind ihres polaren Gepräges halber ſowie auch wegen
ihrer Lage zu der Antarktis zu rechnen. Dagegen geben die Inſeln im Atlantiſchen
Ozean wieder Anlaß zu Zweifeln, ob ſie Südamerika zugerechnet werden dürfen oder nicht.
Die größte Gruppe im Atlantiſchen Ozean ſind die Falklandinſeln (16700 qkm;
ſ. die obenſtehende Karte). Da fie unter 51—53“ ſüdl. Breite und 58 —62“ weſtl. Länge
etwa 350 km von der Staateninſel entfernt liegen und in ihrem Bau von dem nächſt⸗
benachbarten patagoniſchen Hochland ſowie von den Anden abweichen, galten ſie lange als
ein dem Erdteil vollkommen fremdes Stück Landes. Bei genauerer Unterſuchung ſtellte ſich
aber heraus, daß ſie Beziehungen zu den alten Maſſen von Braſilien und Südafrika haben;
ihre devoniſchen, ſteilgefalteten Tonſchiefer und Sandſteine mit ſehr verſchiedenem Streichen
ſtimmen mit denen von Matto Groſſo und Bolivia überein, und es wurde nicht nur die für
Südamerikas Lage, Grenzen und Inſeln. 51
Südafrika und Braſilien höchſt bezeichnende Gloſſopterisflora, die eine Kälteperiode zu Ende
der Karbonzeit andeutet, gefunden, ſondern auch glaziales Konglomerat wie in Südafrika.
Was von dieſem alten Landſtück heute noch übrig iſt, das ſind zwei nach Nordoſten
gerichtete Hauptinſeln, die durch den Falklandſund getrennt werden, und zahlreiche Neben—
inſeln. Die Küſten ſind zerlappt und bieten gute Häfen, von denen einer die öſtliche Inſel
faſt zerſchneidet. Die Oberfläche iſt bergig und bei beiden Hälften etwa gleich hoch. Weſt—
falkland erhebt ſich im Mount Adam zu 700 m, Oſtfalkland in den Wickham Heights zu 685 m
Höhe, doch kommen auch im Süden Erhebungen von 500—600 m vor. Oſtfalkland iſt eigent⸗
lich nur eine Reihe von ſchmalen Halbinſeln, Weſtfalkland iſt nicht ſo ſtark gegliedert, hat aber
einen Archipel von etwa 100 Inſeln vor ſeiner Weſtküſte. Der Falklandſund iſt wahr—
ſcheinlich ein Einbruch in dem Schiefergebirge, da die Ufer nahezu aneinander paſſen, doch
hat auch die Eiszeit wohl Anteil an der Ausgeſtaltung der Oberflächenformen gehabt; die
Buchten, ja der Sund ſelbſt, erinnern an die Fjorde der ſüdchileniſchen Küſte und beſitzen
gute Häfen. Bezeichnend ſind die gewaltigen Steinſtröme, Haufwerke von quarzitiſchen
Steinblöcken (Tafel 2, Abbildung 3).
Das Klima iſt ozeaniſch, rauh und kühl, regneriſch und unwirtlich, aber geſund. Die
mittlere Jahrestemperatur beträgt nur 5,9“, der Februar ſteigt nur auf 9,6“, aber der Juli iſt
immer noch 2,3» warm. Gewaltige Stürme, meiſt aus dem weſtlichen Quadranten, über-
wehen die Inſeln und verhindern den Baumwuchs, der Niederſchlag beträgt 633 mm; im
Winter lagern große Schneemaſſen auf den Bergen, bleiben aber an der Küſte ſelten 1
Der Vege tationscharakter iſt ſchon antarktiſch; niedrige Sträucher, Weiden und Birken—
geſträuch, bilden eine Buſchvegetation, und üppiges Gras bietet gute Weideplätze. Die
Umbellifere Azorella glebaria ſchickt eine Menge Zweige nach allen Seiten aus, erzeugt eine
torfige Maſſe und ſcheidet ſehr große Mengen von Harz aus. Im übrigen beherrſcht das
Tuſſockgras (Dactylis caespitosa) mit ſeinen übermannshohen Haarbüſcheln den Land—
ſchaftscharakter. Getreidebau iſt ſchwierig, Weizen reift nicht mehr, Gerſte, Hafer, Kar—
toffeln und Rüben gedeihen jedoch. Die Tierwelt iſt arm, die Säugetiere beſchränken ſich
auf den patagoniſchen Fuchs (Pseudalopex antareticus Shaw), eine Maus und Seelöwen
an den Küſten. Waſſervögel ſind häufig, ſieben Raubvogelarten kommen im Inneren
vor. Reptilien und Amphibien fehlen ganz. Unter den Inſekten ſind einige Käfer nur
auf den Falklandinſeln zu finden. Pferde, Rinder, Schweine, Kaninchen ſind verwildert,
das wichtigſte Nutztier iſt das Schaf.
Obwohl die Falklandinſeln ſchon 1592 von Davis entdeckt worden waren, erhielten ſie
exit 1689 ihren jetzigen Namen, jedoch haben die Franzoſen ſie ſeit 1708 ſtets als Iles Ma-
louines, Malvinen, bezeichnet; denn die erſte Niederlaſſung der franzöſiſchen Fiſcher aus
St. Malo war Port Louis auf Oſtfalkland 1763; die der Engländer, Port Egmont vor Weſt—
falkland, wurde 1766 gegründet. Nach vorübergehender Eroberung durch Spanien 1767—70
gelang es 1771 England, ſich die Inſeln endgültig zu ſichern, doch wurde erſt 1820 die dauernde
Beſiedelung, und zwar durch einen Deutſchen von Buenos Aires her, begonnen, worauf end—
lich 1833 England neues Intereſſe gewann und 1840 die Koloniſation begann. Im Jahre
1911 lebten auf den Falklandinſeln 2272, mit Einſchluß von Südgeorgien 3275 Menſchen,
deren Beſchäftigung Schafzucht und Fiſchfang iſt. Erſtere ergab für 3 Millionen Mark Wolle
und 177600 Mark Talg ſowie für 350000 Mark Häute, zuſammen für 3527000 Mark Vieh-
zuchtprodukte zur Ausfuhr. Die Fiſcherei war noch ergiebiger, da ſie für 5415000 Mark
4 *
52 Allgemeine Überſicht.
Walfiſchöl und für 330000 Mark Fiſchbein lieferte. Im ganzen hatte die Ausfuhr 1911 einen
Wert von 9423120, 1912 von 12460000 Mark, die Einfuhr einen ſolchen von 1878260,
1912: 1860000, der Geſamthandel alſo den von 11301380, 1912: 14320000 Mark, ein ſehr
großer Betrag für eine jo menſchenarme Kolonie. Allerdings gab es 1911: 706 170 Schafe,
und die Tonnenzahl der Schiffe betrug 1912: 198000, da die Pacific Steam Navigation Co.
den Hauptort Port Stanley anläuft. Die iſolierte Lage der Inſeln iſt durch die Errich-
tung einer Station für drahtloſe Telegraphie gemildert worden.
Unter 20½ ſüdl. Breite liegt etwa 1125 km vom Lande entfernt die kleine braſiliſche
Inſel Trindade, mit guten Landungsplätzen, von felſiger Natur und durch eine kleine
Beſatzung geſchützt. Oſtlich von ihr erhebt ſich der Felſen Martin Vaz, der, wie Trindade
ſelbſt, von vulkaniſchen Geſteinen gebildet iſt. Endlich ragt unter 3° 50“ ſüdl. Breite und
320 25/ weſtl. Länge Fernando de Noronha aus dem Meere hervor, eine 11 km lange,
2,5 km breite, 332 m hohe Inſel aus Trachyt, Phonolith, Baſalt und deren Tuffen ſowie
rezentem, kalkigem Sandſtein mit ſcharfen Kuppen an den Küſten. Die Flora entſpricht der
von Nordoſt—
A n 11 155 n Hochland von Guayana
a 5525 braſilien, iſt
5 7
Tal g Gau :Tald.Magdalena ca 350 Vrmowo Serra Pacaraima Tal d Ass aber wegen
e Ostkordillere 3500 $erra Maraßuaca 2500: Rorojma 2665 Bakhuis Geb1160 7
15755 — Hochebene rBogotä ca 2650 Serra dewapichı2250, ! at: ATLANT. OZEAN größerer Trok⸗
Wi: msn — — — — 7 ! 0 5 4
4 a 5 kenheit noch
za weniger üp⸗
2000 2 * „
Querprofil über Südamerika unter 4 und 50 nördl. Breite. pig. Wieſen
und Weiden
nehmen einen Teil des Inneren ein und verdrängen die Wälder, wobei die alte Flora
durch neue Formen erſetzt wird. Die Fauna beſteht aus Seevögeln, Ratten, Schlangen,
Eidechſen und Inſekten. 1503 entdeckt, dient Fernando de Noronha der braſiliſchen Regie—
rung jetzt als Verbrecherkolonie; von 2000 Bewohnern ſind 1400 Sträflinge und 160 Soldaten.
III. Entſtehung, Bau und Oberflächenformen.
(Siehe die beigeheftete geologiſche Karte.)
Wenige Erdteile haben einen wenigſtens äußerlich ſo klaren Aufbau wie Südamerika.
Schon bei flüchtigem Blick auf die Karte und das obenſtehende Querprofil unterſcheidet
man drei Hauptteile: ein hohes Gebirge im Weſten, ein mäßig hohes Bergland im Oſten
und ein niedriges Tiefland zwiſchen beiden (ſ. auch das Profil auf S. 54). Dieſe drei
Hauptteile ſind in tektoniſchen Gegenſätzen allererſter Ordnung begründet; der mäßig hohe
Oſten gehört dem nach atlantiſchem Typus gebauten Lande an, der ſehr hohe Weſten folgt
dem andinen oder pazifiſchen Typus (ſ. die Textkarte auf S. 53), und das zwiſchen beiden
liegende Tiefland hat beide zuſammengefügt.
Der älteſte Teil iſt der Oſten, das große Bergland von Braſilien und Guayana,
eine ſchon in ſehr früher Zeit angelegte Scholle. Sie beſteht aus gefaltetem Gneis, Glimmer⸗
ſchiefer und Phyllit und gehört in ihren unteren Teilen der archäiſchen Formation an. Ihre
Faltung muß ſchon in vorſiluriſcher Zeit erfolgt ſein, denn über ihr lagern horizontal marine
Sandſteine und Kalkſteine der paläozoiſchen Epoche, des Silur, Devon und Karbon. Dann
muß eine lange Feſtlandsperiode gefolgt ſein, denn erſt die Kreide lieferte wieder marine
* Steinkohle
U] Alluvium u.Diluvium
| EZ] Tertiär-Formation
Kreide |
Mesozoische
Formation
Jura
I Trias
EEE] Paläozoische Formation
EZ] Archäische Formation
FE Ältere Eruptivgesteine
a Jüngere ” ”
Bibliographisches Institut in Leipzig.
GEOLOGISCHE KARTE
VON
SÜD-v. MITTEL- AMERIKA.
Nach Steimann,‚Brackebusch, Stübel,Sapper u.
Nuhstab
m fonte
‚Alluvium u. Diluvium
EZ Tertiär-Formntion
Argentinische Kordillere.
| MnAstab 1: 12.000000
e
| 3 Goldgruben regnen
be, 1 Sulz
x Kupfer = © Asphalt,Petroteum
r Sen- » Mfineralwüsser
\ude = Steinkohle
|
| EZ Auysium u Dituvium
| EEE Tertiär-Formation
| EEE Kreide
— Sura stenozuische
==
Formation
Trias
Paläozoische Formation
, EZ Archfüssche Formation
| EEE Äutere Eruptivgesteine |
000 000.
ZZ] Paläozoische Formation
EEE Archüische F.u.ült. Eruptivgest.
I
Jamuire
Bibliographisches Institut in Leiprig.
Entſtehung, Bau und Oberflächenformen. 53
Sedimente, und es fehlen auch größere Ablagerungen aus der Tertiärzeit. Infolge dieſer
langen Feſtlandsperiode iſt die Abtragung ſehr bedeutend geweſen. Jedenfalls ſind die
Ablagerungen der Kreide in einem großen Teile von Braſilien und Guayana ſchon zerſtört
und abgewaſchen worden, ſo daß das Urgebirge entblößt iſt. Die Höhen erreichen denn auch
im ganzen Oſten nur 2600 2 700 m, und das nur in einigen wenigen Gipfeln des öſtlichen
Braſilien und des mittleren und weſtlichen Guayana. Der größte Teil der großen Scholle
des Oſtens hat kaum 300800 m Höhe und iſt ebenes bis hügeliges Land, durch das die
Flüſſe ſich mühſam einen Weg bahnen,
da ſie bereits in das Grundgebirge ein—
geſchnitten ſind.
Im Weſten dagegen zieht ein ge⸗
ſchloſſenes, erſt in der Tertiärzeit voll-
endetes junges Faltengebirge, die Anden
oder Kordilleren, mit gewaltigen
Gipfeln der ganzen Küſte entlang vom
Kap Hoorn bis Kap Gallinas; es be—
ſtimmt den Verlauf der Küſte, bildet die
große kontinentale Waſſerſcheide und er⸗
zeugt bedeutende Unterſchiede in Klima,
Vegetation, Bewäſſerung, Beſiedelung
und Verkehr. Nach den neueren An—
ſchauungen ſind die Anden aus zwei Be-
ſtandteilen zuſammengewachſen, einem
pazifiſchen im Weſten und einem atlan—
tiſchen im Oſten. Die vom Großen Ozean
ausgegangene Faltung ergriff nämlich
nicht nur die dieſem zunächſtbefindliche
Erdrinde, ſondern auch Teile der weiter
im Oſten gelegenen braſiliſchen Scholle.
2 8 75 e 2 I .
So wurden namentlich in Südperu, Bo- EFT, / ZA Deindine Bau.
AH R Fulkanische Inselt
e, von Allant. us. |
livia und Argentina dieſer letzteren an—
gehörende Schichten gefaltet und mit
dem pazifiſchen Teil der Kordilleren zu—
ſammengeſchweißt. Wo dieſer Vorgang am kraftvollſten war, da wurde das Gebirge am
breiteſten, wo er ſchwächer wirkte, da blieb die Kordillere auf den pazifiſchen Beſtandteil
beſchränkt. Daraus erklären ſich die Gegenſätze zwiſchen einzelnen Abſchnitten der Kor—
dilleren, z. B. zwiſchen den ſüdchileniſchen mit nur einem (pazifiſchen) Hauptzug und den
bolivianifchen mit zwei hohen Randketten und einem dazwiſchen gelegenen hohen Rücken.
Im ganzen laſſen ſich von 35° ſüdl. Breite bis 6° nördl. Breite eine ältere paläozoiſche Oſt⸗
kette und eine jüngere meſozoiſche Weſtkette unterſcheiden, an die ſich in Colombia eine dritte
im Oſten angliedert, während ſüdlich von 35° die Oſtkette fehlt. Die Richtung des Geſamt—
gebirges iſt ſüdlich von 180 (Arica) rein meridional, nördlich davon nordweſtlich, dann nord⸗
nordweſtlich und von der Punta Pariſia an nordnordöſtlich. Einen wichtigen Beſtandteil
der Kordilleren bilden die Eruptivgeſteine, teils ältere, teils meſozoiſche, beſonders
Der Bau Südamerikas. (Nach Eduard Sueß.) Zu S. 46 u. 52.
54 Allgemeine Überſicht.
Porphyrite, auch tertiäre Andeſite, junge Granodiorite, die Lakkolithe und Batholithe ſchufen,
und endlich die andeſitiſchen Laven noch tätiger Vulkane.
Die Vulkane ſtehen in drei großen Gruppen, einmal in Südchile bis gegen Santiago,
dann in Nordchile, Bolivia und Südperu zwiſchen 25 und 16° ſüdl. Breite und endlich in
Ecuador und Südcolombia zwiſchen 2° ſüdl. und 5° nördl. Breite. Nördlich von 5“ nördl.
Breite fehlen ſie gänzlich. Da ſie dem Grundgebirge vielfach aufgeſetzt ſind, ſo bilden ſie
oft die höchſten Gipfel, wie der Cotopaxi (6000 m), der Sajama (6400 m) und der Llullaiyaco
(6600 m), aber auch die paläozoiſchen Berge der Oſtkordillere von Bolivia erreichen im
Illampu 6600 und die granodioritiſchen Lakkolithe im Ilimani 6400 und im Huaskaran
6763 m. Noch höher ſind die meiſt aus jüngerem Eruptivgeſtein beſtehenden Berge um den
35. Grad, der Aconcagua mit 7000 und der Mercedario mit 6800 m Höhe. Daß dieſe hohen
Gipfel mit Firn und Gletſchern bedeckt ſind, bedarf keiner beſonderen Hervorhebung.
Zwiſchen den Oſt- und Weſtketten erſtrecken ſich, durch Riegel getrennt, von Nordchile
bis Südcolombia Hochbecken. Sie ſind für die Kordilleren bezeichnend und haben wegen
ihres friſchen Klimas die Sitze der altindianiſchen Kultur gebildet, namentlich das Hoch—
N e N becken des Titicaca in Bolivia
e ee . S de Cördobazaso parans eee und Südperu, aber auch noch
W. Mar f i o. diejenigen von Colombia.
Der dritte große Beſtand⸗
i teil Südamerikas ſind die Flach—
Querprofit über Südamerika unter 330 fühl. Breite, sofache über⸗ länder. Sie liegen meiſtens
n tief und können daher als Tief-
länder bezeichnet werden. Am Austritt aus den Anden hat der Amazonas eine See—
höhe von nur 180 m, und den einen Quellfluß des Paraguay, den Rio Cuyaba, kann
man bis Cuyabä befahren, ohne 200 m Seehöhe zu überſchreiten. Wo der Orinoco den
Caſiquiare zum Rio Negro entſendet, liegt das Land 280 m hoch, und Santa Cruz de la
Sierra am Austritt des Guaporé-Madeira aus den Anden hat nur 440 m Höhe. Weitere
Tiefebenen finden wir in Colombia und Venezuela an der Mündung des Magdalena—
Cauca und um den See von Maracaibo. Südamerika iſt daher der Erdteil des Tieflandes,
das auf etwa 40 Prozent ſeiner Geſamtfläche geſchätzt wird. Gewöhnlich wird dabei be—
reits das ſüdlich des Rio Colorado beginnende Tafelland von Patagonien eingerechnet,
das aber 300 — 600 m hoch iſt.
Je nach der geographiſchen Lage und dem Klima ſind dieſe Ebenen recht verſchieden.
Die Selvas Amazoniens ſind ein Waldland, die Llanos und die Pampas Grasländer, die
Campos Braſiliens nicht mehr reine Grasländer und die patagoniſche Tafel eine Geröllwüſte
mit Geſtrüpp. Dieſe Verſchiedenheiten ſind zum Teil auch eine Folge der Entſtehung dieſer
Ebenen. Teilweiſe ſind ſie die Böden alter Meere, vielfach auch von Süßwaſſerſeen, oder
ſie ſind aus Flußanſchwemmungen aufgebaut, beſonders die tropiſchen. Im Süden haben
auch Eis und Wind großen Einfluß geübt, indem Eis von den Kordilleren herabfloß und die
patagoniſche Tafel mit bilden half, ſeine Moränen aber vom Waſſer und Wind zerkleinert
und als Löß von dieſem in der Pampa wieder abgelagert wurden.
Die gewaltigen Tiefländer Südamerikas gewähren reichlichen Raum für die großen
Flußſyſteme. Da nun das hohe Andengebirge den Weſten einnimmt, ſo entſpringen viele
große Flüſſe auf ihm nahe dem Großen Ozean. In Ecuador liegt die kontinentale
Dr - *
EI —— EEE 2 85 2 —
Entſtehung, Bau und Oberflächenformen. 55
Waſſerſcheide an den Quellflüſſen des Paute auf dem Paſſe von Cajas nur 40 km vom
Großen Ozean. Die meiſten Ströme fließen daher nach Oſten, Nordoſten und Südoſten.
Der bei weitem mächtigſte unter ihnen iſt der Amazonas. An Länge zwar iſt er, ſelbſt wenn
man den Ucayali anſchließt, mit 5500 km Lauflänge dem Miſſiſſippi und Nil nachzuſtellen,
allein ſein Stromgebiet übertrifft mit 7 Millionen qkm, alſo der dreizehnfachen Größe
Deutſchlands, an Ausdehnung alle übrigen Flußgebiete der Erde bei weitem, da jedes der
drei Stromſyſteme des Kongo, des Miſſiſſippi und des La Plata nur wenig über 3 Millionen
qkm umfaßt, während die des Ob und Nil noch kleiner ſind. Der La Plata hat mit feinen
Verzweigungen, dem Parana, Paraguay, Uruguay und Pilcomayo, ein dem des Miſſiſſippi—
Miſſouri faſt gleich großes Stromgebiet von 3,1 Millionen qkm, obwohl ſeine Lauflänge
nur 3880 (2) km beträgt; ſelbſt der der Donau vergleichbare 3000 km lange Orinoco hat
ein Stromgebiet von faſt 1 Million qkm. Da ſich die braſiliſche Maſſe bis 350 ſüdl. Breite
ausdehnt, jo erhält der Paraguay-Paranä im Gegenſatze zu den beiden anderen Strömen
ſüdliche Richtung; er iſt im Verhältnis zu den Kordilleren gleich dem nordamerikaniſchen
Miſſiſſippi ein Längsfluß. Die wichtigſten Ströme des Erdteils ſind die folgenden:
Lauflänge Stromgebiet
a“ (Kilometer) (OKilometer)
Amazonas⸗Ucay alu 5500 7.050 000
La Plata-Syitem . » . 2. 2... 3880 3100 000
a EEE 3000 944 000
Si eis??? 2900 652 000
Rio Cplocaods . 750 000
Nr 1200 450 000
eee a 1380 346 000
Pad 1350 266 000
Zuſammen: 13 558 000
Alle dieſe Ströme und viele zwiſchen ihnen verlaufende kleinere ergießen ſich in den Atlan—
tiſchen Ozean, deſſen Einzugsgebiet das des Großen Ozeans gewaltig übertrifft, nach
A. Bludau in folgender Weiſe:
Einzugsgebiet
Okilometer Prozent
Atlantiſcher Ozean 16275 000 92,5
Großer Den 1.056 000 6,0
Abflußloſe Hochbeden . . . . . 274000 1,5
Erdteil: 17605 000 100,0
Die drei größten Stromgebiete nehmen daher mit 11,1 Millionen qkm faſt zwei Drittel des
Erdteils ein, mehr als die Größe Europas beträgt.
Infolge der Ausbildung großer Ströme und wegen ihres Laufes im Tieflande ſind
die Waſſerwege Südamerikas bis tief in das Innere des Kontinents für Dampfer befahr-
bar, beſonders der Amazonas mit ſeinen Nebenflüſſen Madeira, Rio Negro, Yapurd, Sea,
Ucayali, Hualläga, Purüs und anderen. Nur die Flüſſe des braſiliſchen Hochlandes, der
Tapajbs, der Xingü, der Araguaya⸗Tocantins, wie auch der Rio Säo Francisco, der Para—
hyba, der Parana und der Uruguay find im Unterlauf durch Schnellen geſperrt. Aber auch
ſie erlauben oberhalb der Schnellen größeren Schiffen die Fahrt. Ferner bietet der Hauptarm
des La Plata, der aus dem Berglande von Matto Groſſo in ſüdlicher Richtung herabſtrömende
Paraguay, mit dem Cuyabä und Säo Lourenso eine treffliche Waſſerſtraße bis in das Herz
56 Allgemeine Überſicht.
des Kontinents. Selbſt die Flüſſe an der Grenze Patagoniens, der Rio Colorado und der
Rio Negro, ſind noch weithin ſchiffbar, der Orinoco trägt Dampfer bis zu den Stromſchnellen
von Atures, der Magdalena bis Honda. Südamerika iſt daher wie kein anderer Kontinent
durch ſchiffbare Ströme begünſtigt und wird vorausſichtlich dereinſt einen gewaltigen Ver⸗
kehr auf ſeinen Waſſerſtraßen ſehen.
Eine Eigentümlichkeit Südamerikas iſt die Armut an Seen. Außer den großen Seen
des Hochbeckens von Bolivia, dem Titicaca und dem Lago de Poopo, iſt in den Tropen
nur der See von Valencia in Venezuela erwähnenswert. Wo dagegen glaziale Einflüſſe
a G a las Dirgenes
Ma alhäes-
—
eder
e N SPiritu Santo
stian B.
Us. Sebastian
OZEAN
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5 Mission.
[TIER 4
N
GROS gt N
Maßstab 1: 5125000
0 50 100 150
Do =
At. Tometer: 5
Die Magalhäesſtraße.
ſich geltend gemacht haben, namentlich in der ſüdlichen Kordillere von 35° an ſüdwärts, da
häufen ſich Gebirgsſeen, wie der Nahuel Huapi und die Quellſeen des Rio Santa Cruz
(j. die Karte der Vergletſcherung auf S. 64).
Die Küſten Südamerikas ſind auffallend geradlinig, beſonders an der Weſtſeite des
Erdteils, weniger im Oſten und Norden. Im Süden trennt die Magalhäesſtraße (. die
obenſtehende Karte) das Feuerland und die ſüdlichen Inſeln Navarin, Wollaſton, Hoſte,
Hoorn, Clarence, Dawſon, Ines, Deſolation von dem Feſtlande ab. Sie beſteht aus zwei
ſenkrecht aufeinandergerichteten Teilen, die in nordöſtlicher und ſüdöſtlicher Richtung ver⸗
laufen, und iſt nichts anderes als der letzte Reſt früherer ausgedehnterer Meeresverbin⸗
dungen zwiſchen den beiden Ozeanen. Ihr Oſten hat patagoniſchen, d. h. atlantiſchen,
ihr Weſten andinen, alſo pazifiſchen Typus.
Die Weſtküſte ſetzt dieſen pazifiſchen Typus in Form einer longitudinalen, konkor⸗
danten, in ihrer Streichrichtung dem Streichen des Gebirges und der Schichten entſprechenden
Kite fort. Sie iſt anfangs, in Südchile, eine wildzerriſſene Steilküſte, die mit ihren Fjorden,
Entſtehung, Bau und Oberflächenformen. 57
Gletſchern und vor der Küſte gelagerten Inſelgruppen der norwegiſchen Weſtküſte nicht un—
ähnlich it. Tief ein⸗ und ſogar durchgreifende Fjorde gliedern hier die Küſte in hervorragen-
der Weiſe; das Gewirr der Inſeln iſt aber teilweiſe erſt in neueſter Zeit bekannter geworden.
So haben ſich die früher als größere Körper gezeichneten Inſeln Hannover und Wellington
bei genauerer Aufnahme in Archipele aufgelöſt. Bekannter ſind auch die Inſeln Madre de
Dios, Adelaide und King William. Nach Norden folgen jenſeit des Golfes von Penas die
mit dem Feſtlande ebenſo ſchwach zuſammenhängende Halbinſel Taytao und der durch den
Moraleda-Kanal abgetrennte Chonos- und der Guaytecas-Archipel. Von 43 — 420 erſtreckt
ſich die große Inſel Chiloe. Hier endet die fjordreiche Südweſtküſte, und an die Stelle der
Zerriſſenheit treten einfachere Formen. In Mittelchile verläuft die Küſte geradlinig mit nur
wenigen Vorſprüngen. Zugleich wird ſie öder, auf der Halbinjel von Talcahuano ſtehen noch
dichte, hochſtämmige Wälder, aber ſchon bei Valparaiſo ſind die gelblichgrauen Uferfelſen
kahl, kieſig, einförmig, und in Nordchile tritt vollkommene Wüſte an die Küſte heran. Zu⸗
gleich ändert die Weſtküſte bei Arica ihre Richtung. Sie zieht bis Pisco nordweſtlich, dann
nordnordweſtlich, meiſt mit ſteilem Abfall und nur geringem Sandſtrande bis zur Punta
PBaritta. Nur kleine, aber durch ihren Reichtum an Guano bekannte Klippen und Inſeln, wie
San Lorenzo vor Callao, begleiten ſie, und nur wenige Buchten, wie die von Casma, Sa⸗
manco und Chimbote, ſind in ſie eingeſchnitten. Gute Häfen ſind daher ſelten, ſchlechte
Reeden die Regel. An der Punta Pariña dreht die Küſte dann nach Nordnordoſten. Hier
greift der Golf von Guayaquil mit der Inſel Bund ein, und an die Stelle öden Strandes
tritt ein üppigfeuchtes Waldgebiet, die Küſte aber bleibt einförmig bis nach Panama.
Die Nordküſte iſt lebendiger gegliedert, weil hier ein Landgebiet mit einer offenbar
wechſelvolleren Geſchichte liegt. Aus der Tiefe des Golfs von Uraba, in den der Atrato ſein
Delta ſchiebt, zieht die Küſte zunächſt einförmig und nur durch die Mündung des Sinü unter-
brochen nordoſtwärts; dann aber folgt das Mündungsland des Rio Magdalena mit Haff—
bildung, Lagunen, ſtarker Verſandung und teilweiſe hohen Ufern. Gleich darauf ſchieben
ſich die Schneegipfel der Sierra Nevada de Santa Marta nahe an die Küſte heran, ſodann
erſcheint die größte ſüdamerikaniſche Halbinſel, Guajira, mit öder Steilküſte, und nun eröffnet
ſich das weite Becken des Golfs von Maracaibo und der dahinterliegenden Lagune von Mara-
caibo. Wie die Guajira einen Gebirgskern beſitzt, jo auch die im Oſten den Golf von Mara⸗
caibo abſchließende Halbinſel Paraguana, die durch einen Sandſtreifen mit der monotonen,
auch an den Küſten teils ſterilen und verſandeten, teils verſumpften Landſchaft Coro ver—
bunden iſt. Oſtlich der Mündung des Yaracui beginnt wieder Steilküſte, die, nur durch
den Golf von Barcelona unterbrochen, bis zum Oſtende des Feſtlandes hinzieht. Vor dieſem
liegt ein abgeriſſenes Stück des Erdteils, die Inſel Trinidad. Nur ſchmale Straßen, die Boca
de Dragos und die Serpents Mouth, führen die Gewäſſer des Golfs von Paria und des
Orinoco nach Norden und Oſten ab.
Vom Orinoco an beginnt an der Oſtküſte der atlantiſche Küſtentypus, erzeugt
durch den Abbruch des Landes in der Querrichtung und in Guayana gekennzeichnet durch
flache ſandige Geſtade mit Mangrovewäldern. In dieſer Form ſetzt ſich die Küſte, an der die
gegen Nordweſten laufende Strömung die Flußmündungen ablenkt und verſchleppt, bis über
die Mündung des gewaltigen Amazonas fort, deſſen unterſter Lauf einen rieſigen Trichter
bildet, in dem eine große Inſel, Marajd, und zwei kleinere, Mixiana und Caviana, liegen.
In der Gegend der Mündung der Flüſſe von Säo Luiz de Maranhäo beginnt die
58 Allgemeine Überſicht.
einförmige Küſte Nordoſtbraſiliens, in der bald das Gebirgsgerüſt dieſes Landes an das
Meer herantritt, bald Dünen mit Kokoshainen den Uferſaum bilden. Nahe dem Kap Säo
Roque erſcheint vor der Küſte das große Sandſteinriff (Tafel 6, Abbildung 2), das, ein Wahr⸗
zeichen früherer öſtlicherer Erſtreckung der Küſte, bis nach Eſpirito Santo hin den Saum Süd⸗
amerikas begleitet. Die einzige größere Bucht hinter ihm iſt die Allerheiligen-Bai, Bahia
de todos os Santos. In Eſpirito Santo, nördlich des Rio Doce, tritt die Lagunenküſte
auf, die ſich mit einer größeren Unterbrechung bis nach Uruguay fortſetzt. Sie ähnelt nach
Bau und Ausſehen der Haffküſte der Oſtſee und erhält ihre klarſte Ausbildung in den Lagunen
dos Patos, Mirim und la Mangueira in Rio Grande do Sul. Nur zwiſchen Rio und Santos
iſt die Haffküſte unterbrochen, weil auf dieſer Strecke die Ausläufer der Serra do Mar vom
Meere abgeſchnitten werden. Dadurch entſtehen Steilküſten mit überaus maleriſchen Buchten,
wie die prachtvolle Bai von Rio (ſ. die Tafel bei S. 182).
Der gewaltige Mündungstrichter des Rio de la Plata trägt bereits patagoniſchen
Küſtentypus. Dieſer iſt durch weite, bogenförmig einſpringende Buchten und zerlappte For⸗
men charakteriſiert. Die Küſte iſt dabei zwar eine Steilküſte, bildet aber als Tafellandsrand
einen ſcharfen Gegenſatz zu der ſteilen Fjordküſte der Kordillere in Südchile. Die bekannteſten
Buchten ſind die Bahia Blanca, die Bahia Falſa, der Golf von San Matias, die Bahia Nueva,
der Golf von San Jorge und die Bahia Grande an der Mündung des Rio Santa Cruz.
Setzt man die Küſtenlänge eines Landes gleich dem Umfange einer Figur, die bei
gleichem Flächeninhalt den kleinſten Umfang hat, alſo in der Ebene dem Kreisumfang, ſo
findet man bei der Annahme von 17,6 Millionen qkm Fläche für Südamerika eine Küſten—
entwickelung von 1:2, womit es faſt allen Nordkontinenten um das 1½ 2 fache nach⸗
ſteht und nur Afrika noch um ein Geringes übertrifft.
IV. Das Klima.
(Siehe die beigeheftete Iſothermen- und Iſobarenkarte und die Regenkarte auf ©. 61.)
Temperatur. Da Südamerika ſich von 12° nördl. bis 56° ſüdl. Breite, alſo über
68 Breitengrade ausdehnt, ſo enthält es alle Klimate mit Ausnahme des polaren; im Süden iſt
das Klima gemäßigt und ſubtropiſch, im Norden tropiſch. Wenn es daher auch weniger leicht iſt
als bei Afrika oder Auſtralien, das Klima Südamerikas als Ganzes zu charakteriſieren, ſo kann
es doch als gemäßigt, mild, ozeaniſch, frei von ſchroffen Extremen bezeichnet werden. Dennoch
weicht es namentlich im tropiſchen Weſten ſo ſehr von den normalen Werten ab, daß ein ſtarker
Gegenſatz zwiſchen dem Weſten und dem Oſten, etwa in den Breiten von 0—250, beſteht:
Jahr Februar Juli Schwankung
Lim 12% AT RER 197 23,0 15,9 771
Bahia (120 37) 24,8 26,8 22,5 4,3
Antofagaſta (23° 39) . . 18,5 21,6 16,4 5,2
(Januar)
Rio de Janeiro (220 54). . . 223,5 25,6 19,7 5,9
Die Oſtſeite des Erdteils ift alſo in dieſen Breiten im Jahresmittel um 4—5° wärmer,
aber normal, während auf der Weſtſeite eine ganz abnorme Abkühlung herrſcht. Dieſe iſt
auf den Perüſtrom zurückzuführen, der an der Küſte von Peru nordwärts bis zu den Galä⸗
pagos verläuft und nur etwa 21—22° anſtatt 26 —27 Wärme hat. Er iſt jo kühl, daß die
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Das Klima. 59
Bewohner der Küſte im Mai das Baden einſtellen müſſen, und ſein Einfluß auf Niederſchlag,
Vegetation und Kultur iſt jo groß, daß man an der Küſte von Peru oftmals nicht glaubt,
in rein tropiſchen Breiten zu ſein. Infolgedeſſen gleichen die Jahresmittel der tropiſchen
Küſtenſtationen von Peru erſt wieder den viele Grade weiter ſüdlich gelegenen Stationen
von Südbraſilien:
Jahr Februar Juli Schwankung
o 19,7 23,0 15,9 7
Porto Alegre (300 2°) 19,4 25,0 13,5 11,5
Antofagaſta (23039). . . 185 21,6 16,4 5,2
ee, ee 23,0 12,6 10,4
Die Iſothermen verlaufen daher nicht den Parallelkreiſen entlang, ſondern ſind an
der Weſtküſte ſtark gegen den Aquator verbogen (ſ. die Karte der Iſothermen). Im Mittel des
Jahres verläuft die Grenzlinie des tropiſchen und ſubtropiſchen Klimas, die 20=Iſotherme,
von Südoſten nach Nordweſten über den Erdteil. Im Südſommer verſchiebt ſie ſich ſüdwärts
bis zu einer ähnlich wie im Jahresmittel verlaufenden Linie, die von den Mündungen des
Chubut nach dem Inneren und dann nordwärts nach Valparaiſo zieht. Das Klima des
äußerſten Südens iſt dann ſehr kühl (8%), aber das ganze Innere des Erdteils ſowie der
Norden haben zu dieſer Zeit mehr als 25° Mitteltemperatur, die inneren Hochebenen Argen—
tinas jogar über 30%. Im Südwinter zieht ſich die 20 Iſotherme in die tropiſchen Gebiete
zurück; ſie verläuft dann von Rio nach Santa Cruz de la Sierra und von hier nordweſtlich
etwa bis Lima. Die höchſte Temperatur liegt im Südwinter natürlich auf der nordäquato—
rialen Seite Südamerikas, wo ſich in Guayana und vielleicht auch in Venezuela ein Gebiet
mit über 27 Mitteltemperatur entwickelt, alſo mit geringerer als im Südſommer im Inneren
Argentinas. Von der 20%Fjotherme an nehmen die übrigen Iſothermen nach Süden ſehr
gleichmäßig ab, aber die 0 Iſotherme erreicht im Süden nur noch Feuerland, die Winter
des äußerſten Südens ſind alſo mild. Im ganzen ähneln daher die Jahresiſothermen in
ihrem Verlauf mehr den Sommer- als den Winteriſothermen.
Die Wärmeſchwankung muß, wie ſich aus dem Geſagten ergibt, am ſtärkſten in
Inner⸗Argentina ſein, wo ſie in der Tat 15°, im Chaco ſogar 200 überſteigt, doch iſt das
Gebiet dieſer ſtärkſten Schwankung kleiner als in Südafrika und viel kleiner als in Auſtralien.
Im übrigen La⸗-Plata⸗Gebiet und in Patagonien beträgt die Schwankung über 10°, dann
bis zu einer Linie Lima-Rio 5° und nordwärts davon unter 50, auch die ganze Weſtküſte
und die Südſpitze haben weniger als 10e Jahresſchwankung. Im Mittel des Jahres iſt der
Oſten, Amazonien, Braſilien, das La-Plata-Gebiet und Patagonien zu warm, aber nur bis
zu 3%. Im Januar zeigt ſich etwa dasſelbe Bild, jedoch mit Ausnahme von Amazonien; dann
iſt namentlich Nordpatagonien um 6 zu warm. Im Juli find nur noch Braſilien und Ama—
zonien einerſeits, Mittel- und Südpatagonien anderſeits um 1—4“ zu warm.
Die höchſten Temperaturen werden auch in Südamerika nicht in den Tropen er—
reicht, ſondern in den Subtropen, wo die Maximumiſotherme von 42°, die übrigens noch
bis nach Chubut in Patagonien hineinreicht, noch mehrfach überſchritten wird: San Juan
hat ein mittleres Maximum von 45,50, Rio Cuarto von 44,3“, Cördoba von 43,7“ und
Mendoza von 43,00. Demgegenüber kommen hier bereits mittlere Minima von —5 bis
—90 vor, jo daß die Schwankung zwiſchen den Extremen bei Cordoba 52,6“, bei Mendoza
52,20, in San Juan 51,00 und ſelbſt in Roſario am La Plata noch 51,8“ beträgt. Erheblich
60 Allgemeine Überſicht.
größere Kältegrade treten aber in Patagonien ein, in Gallegos — 19e, in Santa Cruz —17°,
in Rawſon — 12,5%, jo daß hier bei Höchſttemperaturen von 31,2“, 33% und 42,20 Schwan—
kungen von 50,2“, 50,0% und 54,7“ vorliegen, in der Kolonie des 16. Oktober in 571 m Höhe
bei abſoluten Extremen von 36,7 und —20,0° ſogar eine ſolche von 56,7“. Auch ſind in der
Kolonie Sarmiento — 330, anderswo — 29“ und —28° beobachtet worden, während die
höchſte überhaupt vermerkte Temperatur, 46,8“, zu Chilea in Santiago del Eſtero eintrat.
Ergibt ſich alſo zwiſchen den äußerſten Extremen eine Differenz von faſt 80e, jo ſind dieſe
extremen Temperaturen im Verhältnis zu anderen Erdteilen doch noch mäßig zu nennen.
Luftdruckund Winde (j. die Karte der Iſobaren). Die tropiſchen Teile Südamerikas
werden weſentlich durch die Paſſate beherrſcht, die ſubtropiſchen von den beiden Hochdruck—
gebieten im Atlantiſchen und Pazifiſchen Ozean, die gemäßigten Gebiete ſtehen unter dem
Einfluß vorwiegender Weſtwinde. Im Südſommer iſt der Luftdruck über den Kontinent ſo
gleichmäßig verteilt, daß nur die Nordküſte und die mittelchileniſche Küſte höheren Druck als
760 mm haben, während der ganze Reſt Südamerikas weniger als 760 mm aufweiſt. Im
Südwinter dagegen haben nur der Süden von 40° an und der Norden nördlich einer Linie
von Lima nach Parä geringeren Druck als 760 mm, der ganze mittlere Teil dagegen mehr
als 760 mm. Zu dieſer Jahreszeit erinnert die Verteilung des Luftdrucks am meiſten an die
im Jahresmittel, welche zwiſchen 20 und 43°, alſo in den Subtropen, hohen Druck zeigt. Die
Winde ſind im Südſommer meiſt von dem Meere auf das ſich erwärmende Land gerichtet.
Im Norden herrſcht dann der Nordoſtpaſſat, ſüdlich des Amazonas auch meiſt öſtlicher Wind,
an der Oſtküſte der Südoſtpaſſat. Im Oſten der Kordillere kreiſen in Inner-Argentina die
Winde um ein Minimum, und dazu treten ſchwere Pamperos aus Süden auf. Im Weſten
der Kordillere herrſchen von 45° an gegen Süden kräftige Südweſt- und Weſtwinde. Wäh—
rend des Südwinters dringt der Südoſtpaſſat in die nördliche Halbkugel ein und überweht
das Amazonastal und Guayana.
Niederſchläge. Die Niederſchläge (ſ. die Karte auf S. 61) ſind in Südamerika im
Mittel ziemlich reichlich, wenigſtens im Verhältnis zu Afrika und Auſtralien. Zunächſt beſteht
ein Gegenſatz zwiſchen dem Süden Südamerikas ſüdlich von 350 und dem Reſt des Erdteils.
Im Süden, dem Gebiet vorwaltender Weſtwinde, ſteigen die Luftſtrömungen an der Kor—
dillere empor und erzeugen hier an der Weſtſeite des Kontinents einen ungemein reichen
Regenfall. Südweſtchile ift daher eines der niederſchlagsreichſten Länder mit 2000-3000 mm
Niederſchlag, aber raſcher Abnahme nach dem Inneren zu. Am Oſtabhange der Kordilleren
beträgt die Regenmenge allgemein unter 600 mm, und die patagoniſche Oſtküſte erhält viel-
fach unter 200 (Santa Cruz 153 mm), meiſt jedoch 200—600 mm. Ein ſehr ſcharfer Gegenſatz
beſteht darum hier zwiſchen dem feuchten Weſten und dem trockenen Oſten, überdies fällt
der Regen auch zu verſchiedenen Jahreszeiten, im Weſten im Winter, im Oſten im Sommer.
Gerade umgekehrt liegen die Dinge in den ſubtropiſchen Teilen Südamerikas.
Schon unter 370 ſüdl. Breite wird an der Weſtküſte der Niederſchlag geringer; Valparaiſo
iſt mit 600 mm Regen ſchon ziemlich trocken, Coquimbo (30°) hat nur noch 207, und in Iquique
(20°) ſinkt die Regenmenge gar auf 5 mm. Von Arica an nimmt ſie wieder um ein Geringes
zu, aber die ganze Weſtküſte bis zum Golf von Guayaquil, wo das kühle Küſtenwaſſer endigt,
iſt äußerſt trocken. Hier tritt alſo der eigentümliche Fall ein, daß auch unter den Tropen bis
nahe an den Aquator faſt völlige Regenloſigkeit herrſcht. Dagegen fällt von da an nord—
wärts Regen wieder ſehr reichlich.
Das Klima. 61
Demgegenüber nimmt der Niederſchlag an der Oſtküſte von Bahia Blanca an zu
(Buenos Aires 930 mm) und erreicht gerade unter der Breite der Atacama am Gebirge
zwiſchen Santos und São Paulo ſogar bis zu 3700 mm. Die Küſte bleibt weiter regenreich
bis nach dem Kap Säo Roque, worauf eine Unterbrechung im trockenen Nordoſtbraſilien
Quixeramobim in 5%; 600 mm) eintritt; aber Guayana erhält an der Küſte wieder
zwiſchen 2000 und
3000 mm Regen.
Das Innere iſt
im ganzen regen⸗
reich, doch treten
auch hier ſtarke Un⸗
terſchiede hervor.
Während die Oſt⸗
abhänge der Kor⸗
dilleren ein unge⸗
mein niederſchlags⸗
reiches Gebiet ſind,
empfangen ander⸗
ſeits die Campos
Braſiliens, die
Pampa ſowie der
Chaco weit weniger
Regen, am wenig⸗
ſten wohl die inne⸗
ren Hochebenen Ar⸗
gentinas, wodie Nie⸗
derſchlagsmenge in
San Juan auf 50
mm ſinkt.
Überall in den
ſubtropiſchen und
en » so
Zee
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| Maßstab 1:75000000 |
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tropiſchen Teilen E600 1300 ·
Südamerikas über⸗ be 200
119 190 so 2 S - 50 6
wiegen in bezug
auf die Vertei⸗
lung des Regens
über das Jahr die Sommerregen. Nur an der Weſtküſte, in der Atacama und Mittelchile,
und merkwürdigerweiſe auch im Inneren Guayanas ſowie an der Küſte Nordbraſiliens
bei Pernambuco treten Winterregen auf. In bezug auf die Sommerregen kann man
ferner Gegenden mit einmaliger Sommerregenzeit nahe dem ſüdlichen Wendekreis, alſo den
Chaco, Paraguay und Südbraſilien, auch das ſüdliche Zentralbraſilien, unterſcheiden, ferner
ſolche mit doppelter Regenzeit und doppelter Trockenzeit etwa zwiſchen 15 und 5° ſüdl. Breite
und endlich Gebiete mit Regen in allen Monaten um den Amazonenſtrom und am Rande
der Kordillere. Dieſe Zonen ſind aber nicht ſo deutlich ausgeprägt, wie ſie die Theorie
Regenkarte von Südamerika. (Nach Berghaus’ phyſikaliſchem Atlas und anderen Quellen,
mit Ergänzungen von W. Sievers.)
62 Allgemeine Überſicht.
erfordert, ſondern die doppelte Regenzeit ift deutlich nur in Colombia und Venezuela,
weniger ſcharf auf der ſüdlichen Erdhälfte ausgebildet.
Höhenklima. In den Kordilleren entwickelt ſich das eigentümliche, beſonders unter
den Tropen auffallende Höhenklima, deſſen hauptſächliche Merkmale Abnahme der Tem—
peratur und des Luftdrucks und allmähliche Anderung der Art und Form des Niederſchlags
ſind. In Venezuela und Colombia unterſcheidet man drei Höhenregionen, die tierra
caliente, das heiße Land, die tierra templada, das gemäßigte Land, und die tierra fria, das
kalte Land. Dieſe drei Regionen nach beſtimmten Höhenlinien (0 —1000 m, 1000 - 2000 m
und über 2000 m) abzugrenzen, ift ſchwierig, da ſich die Höhengrenzen nach der geographiſchen
Breite verſchieben. Am beſten zieht man die Grenze zwiſchen der tierra caliente und der
tierra templada dort, wo die Kultur der tropiſchen Tieflandsgewächſe, des Kakaos, der
Kokospalme, aufhört und die der gemäßigten, namentlich des Weizens, beginnt, und verfährt
ähnlich mit der Begrenzung der tierra templada gegen die tierra fria, indem man dieſe
mit der oberen Grenze der gemäßigt tropiſchen Produkte, Kaffee, Banane, Yuca, zuſammen—
fallen läßt. Je weiter man aufwärts gelangt, deſto mehr ſchwindet der Charakter der Tropen;
das einzige, was von ihm in die tierra fria übergeht, iſt die Gleichmäßigkeit der Temperatur.
Höhe f e | Wärmfter Kühlſter a
155 | Breite Jahr | Monat Monat Extreme Schwankung
Bogonſe .. 2660 40 35 N. | 14,4° 14,8 13,90 23,5% 6,19 0,9°
its 2850 98,1260 12,80 12,4% 28/%6% 289 0,
Arequipa 2450 16 22“ 8. 13,50 14,0% 13,2% 22,80% 1589 0,8
Cu o. . | 3380 130 27 S. 10,00 13° | 7½ 23,3, —1,7 3,60
Die Wärme fällt alſo in Höhen von 2000-3000 m nicht mehr läſtig, die Kälte noch nicht.
Oberhalb 3000 m aber beginnt die letztere unangenehm fühlbar zu werden, zumal da die
Ausſtrahlung ſehr groß iſt; am Tage brennt zwar die Sonne herab, aber im Schatten friert
man. Auf den Päramos des äquatornäheren Nordens fallen Niederſchläge, Regen oder
Schnee, faſt in jedem Monat, das Wetter gleicht einem ewigen April, oder aber Nebel um—
hüllen die Berge. In der Puna von Mittel- und Südperü ſowie Bolivia iſt eine trockene
ſonnige Zeit ſtreng von einer naſſen trüben geſchieden, während deren oberhalb 3800 m
Schneeſtürme häufig ſind; der Schnee bleibt aber nur in den äußerſten Höhen liegen. Die
Schneegrenze liegt in den Kordilleren in ſehr verſchiedener Höhe (ſ. die Abbildung S. 63).
Zwiſchen 100 nördl. und 120 ſüdl. Breite ſchwankt ſie nur zwiſchen 4700 und 4900 m Höhe,
dann ſteigt ſie bei der Annäherung an die Subtropen raſch an, aber je nach der Expoſition
verſchieden hoch. Auf der Oſtſeite der Kordilleren überſchreitet ſie unter 15° 5000, unter
250 5500 m, an der Weſtſeite aber erreicht ſie bei 25° ſogar den ſehr hohen Wert von 6000 m
und darüber. Dann ſinkt fie raſch bis 40°, und zwar fällt ſie im Weſten ſtärker als im Oſten,
dort bis auf 1600, hier bis 2100 m. Vom 40. Grad an ſenkt ſie ſich auf beiden Seiten gleich-
mäßig gegen 56° zu und erreicht hier etwa 900 m.
Schneeberge, Nevados, ſind daher in Südamerika keineswegs ſelten, auch in den
Tropen nicht. Im äußerſten Norden ragen freilich nur vereinzelte Gebirgsteile über die
Schneegrenze hinaus, ſo die Sierra Nevada de Santa Marta mit 5300 m, die Sierra Nevada
de Merida mit 5100 m und die Sierra Nevada de Cocui mit 5000 m Höhe. Dann folgen
in der colombianiſchen Zentralkordillere und in Ecuador die hohen Vulkane vom Ruiz bis
Das Klima. 63
zum Sangay (214° ſüdl. Breite). Zwiſchen dieſem und dem Nevado de Cajamarquilla (79
ſüdl. Breite) in Peru klafft aber eine Lücke, und erſt von 80, der Kordillere von Conchucos
an, beginnt eine faſt ununterbrochene Reihe hoher Schneeberge, zunächſt die Cordillera
Blanca, dann die Weft- und die Oſtkordillere. Von der Gegend von Potoſi und Cochabamba
(18°) an bis zum Vulkan von Copiapd (27°) ſetzen die Schneeberge wieder aus, erreichen
aber dann ihre größte Geſchloſſenheit auf der ganzen Strecke bis an die Magalhäesſtraße.
Gletſcher ſind in Südamerika neuerdings in weit größerer Zahl nachgewieſen worden.
Daß ſie im feuchten Südweſten in großer Menge auftreten, nimmt wegen des feuchten
45° 4730 50° 5230 35
7000102 220 8 0. 0 220 5° 2380 10° 0 15° o 20° 2230 25° 2730 30° 3230 35% 3780 40 0
ä
6000
5000
4000
3000
2000
1000
0
Meter
10029730%259225020222507°507730219° 0 15° 1730 20° 2230 25° 27,30 30° 3230 35° 3730 40° 4230 45% 4730 50° 5230 55°
7000
Evernätung 1:300
— e der Fin Gletscher EN nn
sten der Kordillere vom EES. ar. —
kühlen Seeklimas nicht wunder, aber daß unter 46½“, alſo in der Breite von Bern, ein
Gletſcher in der Laguna de San Rafael den Meeresſpiegel erreicht, iſt doch eine ganz
außergewöhnliche Erſcheinung, ja es gibt hier ſogar zwiſchen 46 und 51“ ausgeſprochenes
Inlandeis (vgl. die Karte der Vergletſcherung Südamerikas auf S. 64). Nach Norden zu
nehmen die Gletſcher raſch ab, finden ſich aber auch in Aquatornähe, am Chimborazo allein
deren 14, und auch noch in den kleineren Schneegebirgen Colombias und Venezuelas.
Sehr viel bedeutender war ihre Ausdehnung während der quartären Eiszeit (j. die
Karte auf S. 64). In den äquatorialen Gegenden behielten ſie allerdings meiſt auch zu
jener Zeit den Typus der Hängegletſcher, den ſie noch heute haben, aber im Süden ſchoben
fie ſich als lange Zungen die Täler hinab; außerdem legten ſich Plateaugletſcher oder Eis—
felder auf die oberen Teile der Puna von Peru und Bolivia, und auf dem patagoniſchen
Hochlande wuchſen die aus den Kordilleren herausfließenden Gletſcher zu einem Inlandeis
zuſammen. Wahrſcheinlich haben die Gletſcher in den Tropen damals 500—600 m tiefer ihr
Ende erreicht als heute. Außer dieſer Eiszeit iſt mit Sicherheit eine zweite, frühere und
stärkere, feſtſtellbar, R. Hauthal nimmt ſogar eine dritte an.
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ierra de Aconquija
ele FÜ
Vea piata,
SUDAMERIKA.
Jetzige und frühere Vergletscherung.
(Nach W. Sievers) 10
Maßstab 1: 37500000 -
>20 1090 Kilometer.
! Vergletscherung, Schneeberge.
Alsreilliche Vergletscherung.
Gefüllte oder bereits ausgetrocknete Wasser,
becken im Gebiete des ariden. Klimas.
2 een im Gebiete des riralen Klimas.
Henze der Patagonischen Gerölformation
‚gegen das Lößgebiet.
L.-Zago oder Laguna, V,-Volcano.
70 westl.von 60 Greenwich 50 4 30
Die Pflanzendecke. 65
Geſundheitsverhältniſſe. Das tropiſche Klima Südamerikas ift im ganzen nicht
ungeſund, doch iſt die Malaria an den feuchten Küſten des Oſtens, Nordens und Nordweſtens
endemiſch und dringt auch in die Täler der Gebirge, in Peru bis über 2500 m Höhe, vor.
Gefährlicher iſt das Gelbfieber, das in denſelben Gegenden auftritt und namentlich an
der braſiliſchen Küſte bis nach Santos in früheren Jahren ſchwere Opfer gefordert hat; heute
iſt aber durch ſanitäre Maßregeln gerade in Oſtbraſilien die Gefahr der Erkrankung an Gelb—
fieber ſehr herabgemindert, und die meiſten Häfen, ſelbſt das früher als Kirchhof der Europäer
berüchtigte Santos, ſind vollkommen frei davon. Auch die ſehr zu fürchtende Dysenterie
(Ruhr) ſteigt im tropiſchen Gebirge bis etwa 2000 m. An der Weſtküſte iſt ſeit einigen Jahren
die Peſt eingeſchleppt worden; ſie tritt zwar nicht ſehr verheerend auf, aber ihre Exiſtenz
hat doch den Schiffsverkehr, z. B. in Guayaquil und Payta, erheblich geſtört. Auch das Gelb—
fieber iſt in den Salpeterhäfen der Weſtküſte neuerdings erſchienen. In Guayana haben
Framboiſie und Yaws eine bedeutende Verbreitung gewonnen, find aber durch Salvarſan
in überraſchender Weiſe zurückgedrängt worden, während gegen die aus Niederländiſch—
Indien übertragene Beriberi ausreichende Heilmittel noch nicht bekannt ſind. In den
Tälern Perüs iſt die Warzenkrankheit, Verruga, verbreitet, aber nur in Höhen von 1500
bis gegen 3000 m, dazu auch eine Uta genannte lupusartige Hautkrankheit, die mit der
oberen Grenze der Zuckerfelder aufhören ſoll und bereits auf den altperuaniſchen Vaſen ab—
gebildet iſt. Das Gebirgsklima iſt im allgemeinen geſund und kräftig, in der Höhe von 3000 m
pflegen die Lungenkranken der Küſte Heilung zu ſuchen und oft zu finden. Dagegen ſind
auch dieſe Höhen nicht frei von Typhus, der überall in Südamerika häufig iſt. Für Perſonen,
die dazu neigen, iſt die Bergkrankheit, Soroche, ſehr läſtig und hinderlich. Sie beſteht in
Atemnot, Kopfſchmerz, Naſenbluten, Appetitloſigkeit, Herzklopfen, Übelkeit, geiſtiger Ab⸗
ſtumpfung und Kleinmut. Merkwürdigerweiſe tritt ſie nicht überall gleichmäßig auf, ſondern
man kann in Bolivia und Peru oft hohe Bergrücken ohne einen Anfall überſchreiten, während
in etwas tiefer gelegenen Gegenden ein ſolcher erfolgt. Daher kann die Urſache des Soroche
nicht allein in der Verminderung des Luftdruckes liegen, ſondern es müſſen noch andere,
bisher unaufgeklärte Bedingungen hinzukommen.
V. Die Pflanzendecke.
(Vgl. die Vegetationskarte bei S. 67.)
Allgemeines. Der geographiſchen Lage Südamerikas entſprechend iſt das Pflanzen—
kleid des Erdteils in zwei große Unterabteilungen zu zerlegen, nämlich das der Tropen
und das der ſubtropiſchen und gemäßigten Gebiete. Von dieſen beiden Abteilungen
überwiegt die erſtere, weil Südamerika mit ſeinem größeren Teile in die Tropenzone fällt.
Daher iſt Südamerika der Kontinent der Tropenpflanzen in höherem Grade als
Aſien, weil dieſes gerade unter den Tropen in Halbinſeln und Inſeln aufgelöſt iſt, und auch
in größerem Maße als Afrika, da Südamerika feuchter iſt als dieſes. Erſtreckt ſich doch der
tropiſche Wald an der Oſtſeite bis 35“ und iſt doch der Erdteil gerade unter den Tropen am
breiteſten. Nur die Weſtſeite macht eine Ausnahme davon, teils weil die an der Küſte
dahinziehende kühle Meeresſtrömung wegen der durch ſie hervorgerufenen Trockenheit die
tropiſchen Pflanzen in hohem Grade beſchränkt, dann aber auch, weil an der Weſtſeite die
hohen Kordilleren liegen, welche die tropiſche Tieflandsvegetation außerordentlich einengen.
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 5
66 Allgemeine Überſicht.
Immerhin ſteigt dieſe an den Kordilleren namentlich dort, wo genügende Feuchtigkeit vor-
handen iſt, bis zu beträchtlicher Höhe empor.
Auch in dem gemäßigten Gebiet Südamerikas macht ſich ein Unterſchied zwiſchen
der Weſt⸗ und der Oſtſeite bemerkbar, aber in gerade entgegengeſetztem Sinne wie unter
den Tropen, denn dort iſt von 400 an die pazifiſche Seite die waldreiche, die atlantiſche die
pflanzenarme, weil die vorherrſchenden weſtlichen Winde auf der erſteren ihre Feuchtigkeit
abſetzen. In den Subtropen endlich iſt die Vegetation über die ganze Breite des Kon—
tinents ſpärlich, wieder infolge der in ihnen herrſchenden Trockenheit. Das Pflanzenkleid
Südamerikas iſt daher in deutlichſter Weiſe ein Abbild des Klimas, was auch aus einem Ver⸗
gleich der Regenkarte auf Seite 61 mit der beigegebenen Karte der Vegetationsformationen
klar hervorgeht. Eine beſondere Abteilung der Pflanzendecke bildet endlich die Vegetation
der hohen Kordilleren, die wiederum in ihrer Mannigfaltigkeit der Ausdruck des mit
der Höhe wechſelnden Klimas iſt.
Bei der Größe Südamerikas ergab ſich bald der Wunſch nach einer Einteilung.
Schon A. v. Humboldt und Martius haben eine Gliederung verſucht. Erſterer ſonderte
das Amazonasgebiet als Hyläa aus, letzterer fügte dieſem, die „Najaden“ enthaltenden Ge—
biete die Regionen der „Oreaden“ in Oſtbraſilien, der „Dryaden“ in den tropiſchen Berg-
wäldern Braſiliens, der „Hamadryaden“ in Nordoſtbraſilien und der „Napäen“ im ſub—
tropiſchen Braſilien hinzu. Dieſe Unterabteilungen haben ſich aber nicht eingebürgert, jon-
dern man unterſcheidet jetzt mit größerem Recht die natürlichen Vegetationsformationen
nach einheimiſchen Namen: man ſpricht von Llanos, Selvas, Campos, Caatingas, Pampas,
was im Grunde wieder auf den Wechſel von Wald und Grasland hinauskommt.
Die tropiſchen Gebiete. Der Wald. Der tropiſche Regenwald erreicht ſeine
größte Uppigfeit und Ausdehnung in Amazonien (ſ. die Farbentafel bei S. 142). Hier über⸗
zieht er nahezu lückenlos das ganze Tiefland zwiſchen den Kordilleren und dem Atlantiſchen
Ozean, zwiſchen dem oberen Orinoco und dem oberen Madeira. Nur nahe der Mündung des
Amazonas treten Savannen an den Strom heran (Tafel 5, Abbildung 3). Hohe Stämme,
Mannigfaltigkeit in der Zuſammenſetzung, lebhaftes Grün, weißliche und grünliche Blüten,
überhaupt nur wenige Blumen ſind für den Wald charakteriſtiſch. Ausläufer der Selvas ſind
die Wälder Colombias, Venezuelas ſowie des Tieflandes von Ecuador und der oſtbraſiliſche
Küſtenwald zwiſchen dem Rio Säo Francisco und Santos (Tafel 7, Abbildung 1). Un⸗
gefähr von 1000 bis 1300 m an geht der tropiſche Wald des Tieflandes in den tropiſchen
Bergwald über. Dieſer enthält noch Palmen, wie die bis 3000 m Höhe ſteigende Wachs-
palme Ceroxylon andicola (ſ. die Abbildung S. 418), im übrigen als bezeichnende Pflanzen
Baumfarne in großer Menge, zahlloſe Epiphyten, namentlich Orchideen der verſchiedenſten
und fremdartigſten Formen, und die feingebauten Cinchonen oder Fieberrindenbäume.
Die obere Grenze dieſer Wälder liegt in 2500 —3200 m Höhe, je nach der Expoſition gegen
den Wind. Alle Oſtgehänge der Kordilleren von Venezuela bis Bolivia ſind mit dichtem
Walde dieſer Art überzogen. Ihr oberer Rand heißt in Peru La Ceja de la Montarta, die
Braue des Waldes. Er zeichnet ſich durch die Undurchdringlichkeit der Pflanzenmaſſen aus,
deren dicke, knotige Stämme in gedrehte Aſte oder in Mengen von Luftwurzeln auslaufen,
und beruht auf der Nebelbildung in der Höhe. Wo die Niederſchlagsmenge geringer wird, da
werfen die Wälder in der Trockenzeit ihr Laub ab und werden dann Trockenwälder. Schon
in Coro und namentlich an den Südgehängen der Gebirge Venezuelas kann man ihrer ganze
70WestlLv.Greenw. 60
VEGETATIONSKARTE
VON
SÜD-v.MITTEL- AMERIKA.
nach O. Drude, KReiche, K. Sapper W. Sievers,
AWeberbauer und anderen Quellen.
Maßstab 1:50 000 000
500 1000
Kilometer.
Die Heimat einiger wichtiger Nutzpflanzen
ist durch Eintragung ihrer Namen an den
beire/Yenden Stellen kenntlich gemacht.
0 2000
eongeloun
Fe
Tropische Gebiete:
222 ]Tropischer Regenwald, mizPalmen
(vorherrschend).Bertholleta excelsa,Hevea bra-
siiensis, Kukaobaınn (Theobroma cacao).
7777 Mittelamerikan. Regenwälder.
Charakteristisch: Corozopalme cohune),
Kaudschukbaum (Gstilloa elastica) Mahagoni -
baum (Swietenia mahagoni)Campecheholzbaum
GHaematoxylon campechianum).
I
] Antillenregion ‚Regenwald auf |
I
|
|
Ostgrenze dKoka-- h
.
—Mordgaw Mate:
Antofagastag;
22
Gr.Antillen und den nördi.Kl-Antillen
mit Kakteen ‚Baumfarnen Bambusdickichten,
‚Palmen (Charakterbaum Oreodoza regia).
Auf Haiti,Gıba u.Jamaica Bergwälder mit
Pinus occidentalis.
EZ] Mittelamerikan’Trockenwälder.
EIS 05 7 „ Eichen- und
Kiefernwälder.
EZ] Bahamaregion.
ropischer Ber&wald (La Ceja
en
(alderapß/#
Nopdgr.d.Baumveg. u
Tau tn 18
de la Montana u. Gehölze der Nebelregion)
mit Wachspalme (Cerozylon andicola}Baumfar-
nen,Epiphyten,Orchideen u.Fieberrindenbäumert
Gemäßigte Gebiete:
2] Interandine höhere Stufe,
meist Kulturen.
ZE#] Pampare6ion ‚besonders mit Bi-
alten. pflanzen.
Steppe (Monte) nu, Chanar-
(Gourliaea decortü J.
Caatin$aregion, mit Palmen, Cäsal-
Pünien ‚Barrigu erngesträuche und
Euphorbiazeen.
Le Mangrovebestände.
Monte, Cestrüippvegetafion, inter-
andine tiefere Stufe, mi Kakteen, Opuntien,
Agaven und dornigen Mimosen.
— Savannen, mit Chaparro (Gratella
americana).
— Baumsavanne,
Palmen (Copernicia tectorum
fFlezuosa.).
— os-(Grassteppen-) Region. Hohe
Gräser, es un 2
Subtropische Gebiete:
Fer] SüdbrasilischeAraukarienregion,
mit Pur. -Teebaum (lex para Is) u.
Ber dm 5 ee, F
O7] Argentinischer Bergwald, Fexert-
wälder mit Schlingpflanzen, Epiphyten,Farnen
und Nutzhölzern.
chhacoregion mit Wachspalme (Coper-
nicia. cerifera).
— Sudl. M
| Weingrenze
——
PuertoMont
>-Südgg v.Mais u.Obst /
/ / | ZA Region der a) Gebiet mit Nothofagus betuloides,
-| südchilen. Zibocedrus tetragona.Zunehmen.
Wälder. antarktischer Iypen. b) Gebiet mit
Notho "Dombeyi, Weinmannia, stärk.Hervortreten der
Nadelhölzer (Araucariaimbhrieata u.excelsa),älercefichte
(Fitzroya patagonica) Erscheinen antarktischer Apen, obe-
Diet mit Nothofagus oe
Hochgebirgsvegetation:
EEE Punaresion mit Kompositen.d.Gattung Espeletia,
Gucitium-Stauden,Werneria-Arten, Polpiepis und. Hak-
teen. In Nordperu geht die Punavegetation in die Paramo-
Vegetation ü
BEE Antarktische Ho
siert durch Adesmia,
andere.
legend mit
Mauritia
/
Bolax Slebaria
Sebirgsflora, charakteri:
'olazx.glebaria,Erikazeen!
Bibliograph. Institut, Leipzig.
Die Pflanzendecke. 67
Reihen jehen, größere Ausdehnung erreichen ſie jedoch erſt im Nordoſten und im Inneren
Braſiliens. Hier heißen ſie Caatinga, der weiße, d. h. weißſtämmige Wald, und treten
zwiſchen Cearä und Alagoas ſogar an die Küſte heran. An dieſer herrſcht ſonſt in den feuchten
Gebieten der Mangrove wald.
Die Grasfluren. Der tropiſche Wald wird ſchon in den äquatorialen Gebieten ge—
legentlich von Grasfluren unterbrochen, die vielfach mit xerophilen Gewächſen reich durchſetzt
ſind und dann eine Geſträuchformation (Matorral) bilden. Sind ſie reines Grasland,
ſo heißen ſie Savannen, ſo z. B. in den Llanos zwiſchen den Kordilleren Venezuelas und
Colombias und den Selvas. Sie ſind aber zuweilen auch mit Baumgruppen, namentlich
Palmen (Copernicia tectorum und Mauritia flexuosa), beſtanden (ſ. die Abbildung S. 124).
Anderſeits gehen fie nördlich vom unteren Orinoco in faſt wüſtenhaftes Land über. Über—
haupt zieht etwa 200 —500 km von der Nordoſtküſte entfernt ein Streifen trockenen, wald—
armen Landes hin. Auf ihm liegen auch die Savannen von Guayana (Tafel 3, Ab—
bildung 3), die ſich durch anmutige Belaubung und farbenreichen Blütenſchmuck ihrer
Kräuter- und Stauden- ſowie Strauchflora auszeichnen. In ihrer Fortſetzung nach Süd—
often treten zwiſchen dem unteren Tapajobs und dem Ringu die Campos Braſiliens an den
Amazonas heran. Sie beſtehen in ihrer reinſten Ausbildung, in Südbraſilien, aus Im hohen
Gräſern, nähern ſich aber dann bereits dem Typus der ſubtropiſchen Pampa. Im übrigen
ſind ſie mit Kakteen, Myrtazeen und Mimoſeen beſtanden, verdorren zur Trockenzeit, bedecken
ſich aber zur Regenzeit mit friſchem Grün und reichem Blumenflor.
Da nun namentlich in Braſilien die Feuchtigkeit ſehr an die Waſſerläufe gebunden
iſt, ſo durchdringen ſich hier je nach der Niederſchlagsmenge und dem Waſſerreichtum
Grasflur, Trockenwald und feuchter Regenwald (j. die beigeheftete Karte). So
iſt der feuchte Regenwald auf die Ufer des Tapajös, Xinguü, Araguaya, Tocantins, Säo
Francisco, Paraguay und Parana beſchränkt. Mit zunehmender Trockenheit treten die
Wälder nur noch als Galeriewälder auf, oder ſie ſchrumpfen auf Waldinſeln, Capdes,
zuſammen, die, meiſt vereinzelt auf den Grasfluren ſtehend, hügelartige Anhäufungen von
geſelliglebenden Pflanzen verſchiedener Größe ſind, meiſt mit Mauritia-Palmen als Kern.
Dieſen Capdes ähnlich ſind die Capoeiras, ein Niederwald, Trockenwald, Buſchwald, wäh—
rend anderſeits ſich der Cerrado, ein höherer geſchloſſener Buſchwald, entwickelt oder auch
der Carrasco, ein nicht über 3,5 m hoher Zwergwald mit dichtgedrängten Sträuchern,
ſaftigem Laub und Geſtrüpp. Queimados ſind Brandflächen, auf denen ſich eine dürftige
Vegetation anſiedelt, unter Sertäo verſteht man die trockenſten Teile Braſiliens, ſeien ſie
nun mit lichtem, mannshohem Geſträuch bedeckt, deſſen Acacia dumetosa ſtark an den Aka⸗
zienferub Innerauſtraliens erinnert, oder ſeien ſie ganz kahl und wüſtenhaft.
Die ſubtropiſchen Übergangsgebiete. Etwa von 200 an ſchieben ſich zwiſchen
die tropiſchen und die ſüdlichen Teile Südamerikas Übergangsgebiete ein. Von dieſen
hat am meiſten tropiſchen, den vorhergehenden Vegetationsformationen ähnlichen Charakter
die ſüdbraſiliſche Vegetationsformation des Ilex paraguayensis, des Paraguay-Teebaums,
und der Araucaria brasiliensis (Tafel 7, Abbildung 4), die in Verbindung mit Palmen—
beſtänden, Campos und Carrascos Südbraſilien kennzeichnet. Im Weſten bildet der argen—
tiniſche Bergwald einen Ausläufer des tropiſchen Bergwaldes der öſtlichen Kordilleren.
Er erfüllt zwiſchen 19 und 270 ſüdl. Breite alle Vorberge bis zu 2400 m Höhe und zerfällt
in eine obere Abteilung von 2400 bis 1100 und eine untere von 1100 bis 300 m Höhe. Der
5 *
68 Allgemeine Überſicht.
Chaco endlich vom Rio Mamore im Norden bis zum Saladillo im Süden tft weites Park—
land mit wechſelnden Gehölzen und Wieſenflächen, Schilfdickichten und gelegentlichen Hainen
der Wachspalme Copernicia cerifera (ſ. die Abbildung S. 241). Nach Süden zu gehen alle
drei Formationen in die Pampa und die Chatarjteppe über.
Die Vegetationsregionen des gemäßigten Südamerikas. Im ſüdlichen, küh—
leren Südamerika treten die tropiſchen Pflanzen zurück, verſchwinden jedoch keineswegs.
Nach Griſebach enthält die argentiniſche Flora vielmehr noch 17 Prozent der tropiſchen
Flora, 24 der in Braſilien und Paraguay vorkommenden Pflanzen, nach Engler im ganzen
31 Prozent aus beiden Gebieten ſowie 6 ſolcher Pflanzen, die überall in den Tropen heimiſch
ſind. Wohl aber ſind von je 100 Pflanzengattungen bereits 23 endemiſch und 34 andin,
2 Prozent chileniſche und 4 angeſiedelte fremde. Beiſpielsweiſe trifft man bei Cördoba
einerſeits die braſiliſche Palme Trithrinax brasiliensis, anderſeits den andinen Baum Poly-
lepis racemosa. Die Palmengrenze zieht über die La-Plata-Mündung nach dem Südende
der argentiniſchen Bergwälder unter 28° ſüdl. Breite und erreicht die chileniſche Küſte unter
31°. Bis 399 kann Wein, bis 44“ Mais und Obſt gebaut werden, die Kakteen aber über—
ſchreiten noch den 50. Breitenkreis.
Im ſüdlichen Südamerika ſind die wichtigſten Vegetationsregionen die Pampa, die
wüſtenhaften Dornſtrauchregionen des inneren Argentinas und Patagoniens und die Wälder
der feuchten Küſten und der Kordilleren.
Die Pampa (Tafel 10, Abbildung 4) iſt reines Grasland, da der Baumwuchs aus—
ſchließlich an die Waſſerläufe gebunden iſt (Tafel 11, Abbildung 1), aber es miſchen ſich mit
ihm an vielen Stellen Stauden und Kräuter, gelegentlich auch Sträucher. Am Parana und
in Corrientes erinnern Bambuſen, Agaven, Bromelien, in den Uferwäldern der Flüſſe
Lianen und Scitamineen und einzelne Orchideen an tropiſche Formen, während im Süd—
oſten drei oder vier eingeſchleppte Diſtelarten in großen, dichten Beſtänden wuchern. Im
Meridian von Bahia Blanca geht die Pampa in die trockenen, ſterilen, teilweiſe wüſten—
haften Steppen des Inneren Argentinas über, die ſich bis an den Fuß der Anden,
bis zum Saladillo und in Patagonien bis zum 42. Grad erſtrecken. Sie haben einen ge—
meinſamen, durch Dornſträucher, Mimoſeen, in ſtruppig-dornigen Waldungen und durch
Halophytenbeſtände gekennzeichneten Vegetationscharakter und werden von Griſebach als
Chan arſteppe, von Hieronymus als argentiniſche Eſpinale-Region, von Drude als
Monte unterſchieden. Die Charakterpflanze dieſer Dornbuſchgebiete iſt der Chanarſtrauch
(Gourliaea decorticans). Noch troſtloſer wird der Vegetationscharakter in Patagonien
und Feuerland, wo es nicht einmal zu größeren Beſtänden von Geſträuchen kommt, wenn
auch in den Flußtälern Grasland erſcheint (Tafel 11, Abbildung 4).
Der öde Charakter der Vegetation ſetzt ſich auf die Weſtküſte fort, jedoch hier unter
dem Einfluſſe des durch das kühle Küſtenwaſſer erzeugten trockenen Klimas in niederen
geographiſchen Breiten, nämlich etwa von 30° an nordwärts bis zum Golf von Guayaquil.
Im Süden, zwiſchen 27 und 18°, nimmt die Vegetation überhaupt jo ſehr ab, daß man in
der Atacama bei Tocopilla und Cobija unter dem Wendekreiſe Pflanzen auf den Felſen
mit der Lupe ſuchen muß (Tafel 14, Abbildung 1). Allerdings nehmen die Beſtandteile
der Flora, je weiter man nach Norden kommt, einen deſto tropiſcheren Typus an, aber die
Einförmigkeit bleibt und mit ihr der in der Atacama am reinſten ausgeprägte Wüſten⸗
charakter, auch an der Küſte von Peru. Von Arica bis zum Golf von Guayaquil find
Die Pflanzendecke. 69
Bäume überhaupt ſelten, reichlich dagegen die Kakteen, vor allem Cereus peruvianus, und
Agaven; Palmen fehlen faſt ganz.
Nur im äußerſten Süden Patagoniens und des Feuerlandes ſowie an der Weſtküſte
bis zu 35° finden ſich Wälder aus Buchen und Nadelhölzern, am kräftigſten zwiſchen 50
und 38 ſüdl. Breite. Drude will im äußerſten Süden den Magalhäesſchen Buſchwald, von
Chiloé an nordwärts den valdiviſchen Koniferenwald, die chileniſche Araukarienregion, aus-
ſondern, doch gehen dieſe wohl vielfach ineinander über oder nebeneinander her. Jeden—
falls wiegen im Süden Fagus betuloides, Fagus antarctica und Fagus obliqua vor, in Mittel-
chile die Koniferen Araucaria imbricata und Libocedrus tetragona. Mit dem 34. Grade
nimmt aber die reiche Waldvegetation Süd- und Mittelchiles ab, unter 320 endet ſie ganz,
unter 30° der Baumwuchs überhaupt.
Die Hochgebirgsvegetation. Über alle genannten Regionen erſtreckt ſich auf den
größten Höhen der Kordilleren die Hochgebirgsvegetation. Sie erreicht infolge der Breite
der hohen Anden in Bolivia und der Hochatacama ihre breiteſte Ausdehnung und ver—
ſchmälert ſich nach Feuerland und Venezuela zu. Auch ihre Beſtandteile ſind je nach der
geographiſchen Breite verſchieden, im äußerſten Süden antarktiſch, im äußerſten Norden zum
Teil mit tropiſchen Pflanzen des tieferen Landes nahe verwandt. Daher ſind auch die Land—
ſchaftsbilder der höchſten Teile der Kordilleren je nach der Lage zum Aquator verſchieden.
Im äußerſten Süden herrſcht die antarktiſche Hochgebirgsflora, im Feuerlande
zwiſchen 550 und 1000 m, in Valdivia bis 2000 m, am Aconcagua bis 3000 und 4000 m, in
Bolivia noch höher hinauf, ſtets charakteriſiert durch eine Adesmia mit kurzem Dorngezweig,
durch boreale Ranunkulazeen, Alſineen und antarktiſche, endemiſche Arten, wie Azorella
(Bolax) glebaria, Acaena, Erikazeen und Gräſer. Auf ſie folgt in Nordchile vom Aconcagua—
gebiet an, beſonders aber in Bolivia und Südperu, die Vegetation der Puna. Die wich—
tigſten ſie charakteriſierenden Pflanzen ſind meiſt harte Gräſer, weißwollige Kompoſiten
der Gattung Espeletia, Geſträuche, wie Fuchſien, die Tola, Culeitium-Stauden, Werneria-
Arten, Krummholz der Chuquiraga und Polylepis und Budleya, dazu zahlreiche Kakteen,
im Oſten auch Erikazeen. In Nordperu geht die Punavegetation in die Päramo-Vege—
tation (Tafel 16, Abbildung 1) über. Ihre Charakterpflanzen ſind die Eſpeletien, Kom—
poſiten von höchſt eigentümlicher Geſtalt, die in etwa elf Arten auch aus Colombia und
Venezuela bekannt und in wechſelnden Höhen von 2750 —4450 m verbreitet ſind. In den
Tälern dringen freilich die tropiſchen Pflanzen der Tierra caliente aufwärts, ſo daß man
zwei Höhenregionen in ihnen unterſcheiden kann, eine untere, mehr tropiſche, bis etwa
2700-2900 m, und eine obere, gemäßigte, bis zur Grenze der Kulturen, 3500 — 3800 m.
Namentlich die letztere iſt es, welche die Hochbecken der Anden von Bolivia bis Colombia
erfüllt; ſie iſt von Wolf für Ecuador als interandine Region ausgeſchieden worden. Die
höchſten Pflanzen findet man in Mittelperu bis etwa 4800, in Südperu und Bolivia
noch über 5000 m.
Nach der Zuſammenſetzung der Flora unterſcheidet Oskar Drude in Südamerika
drei Florenreiche: das tropiſche, das andine und das antarktiſche. Erſteres nimmt den ganzen
Norden und Oſten, den nördlichen Teil des Chaco und alle Landſchaften öſtlich des Rio Para—
guay ein, das andine ift auf die Kordilleren, die Pampa, Patagonien und den ſüdlichen Chaco,
das antarktiſche auf Feuerland und die Kordillere von Südchile bis etwa 399 ſüdl. Breite
beſchränkt. Nach A. Engler ſetzt ſich die Flora des Erdteils aus fünf Elementen zuſammen,
70 Allgemeine Überſicht.
dem tropiſch-amerikaniſchen mit vorwiegend hygrophilen Formen, dem andinen mit xero—
philen Formen, dem antarktiſchen, aber ferner auch noch dem arktiſch-alpinen und endlich
dem borealen nordamerikaniſchen. Doch iſt es ſchwer, die einzelnen Florengebiete voneinander
abzugrenzen. Zahlreiche Pflanzen ſind über den größten Teil des Erdteils verbreitet und
außerdem noch über Weſtindien und Zentralamerika bis nach Mexiko, z. B. die Kakteen,
die Arazeen, manche Gesnerazeen, Verbenazeen, Laurazeen und Euphorbiazeen.
Seit der Kreidezeit ſcheinen ſehr günſtige Bedingungen für den Austauſch der Pflanzen
längs des ganzen Oſtens Südamerikas beſtanden zu haben. Erſt nachdem die Kordilleren
ihre jetzige Höhe erreicht hatten, wurden auf ihnen die rein tropiſchen Pflanzen in ihrer
Entwickelung und Verbreitung beſchränkt, und gleichzeitig wanderten nordamerikaniſche,
boreale, ein; aber die tropiſche Grundlage erhielt ſich auch in den nördlichen Kordilleren,
und dieſe ſind jetzt ſogar beſonders reich an eigentümlichen tropiſchen Gattungen. Überhaupt
haben die Kordillerenpflanzen ſo enge Verbindungen mit denen des übrigen Südamerika,
daß Engler ſogar nur ein großes ſüdamerikaniſches Florenreich mit zwei Unterabteilungen,
einer tropiſchen und einer andinen, annimmt. Auffallend ſind auch die Beziehungen des
ſüdlichen Südamerika zu Neuſeeland, Polyneſien und Auſtralien, die ſo weit gehen, daß
Engler dieſe Flora zuſammengefaßt und altozeaniſch genannt hat, zumal da ſie auch noch
im Kaplande vertreten iſt.
Nutzpflanzen. Wie Amerika überhaupt iſt auch Südamerika im Verhältnis zu der
Oſtfeſte arm an Nutzpflanzen. Es kann auch in dieſer Beziehung in einen ſüdlichen gemäßigten
und einen nördlichen tropiſchen Teil gegliedert werden, von denen der letztere reicher an
Nutzpflanzen iſt als der erſtere.
Einheimiſche Nutzpflanzen. Im ſüdlichen Südamerika hat Patagonien keine
einzige Nutzpflanze von Bedeutung, in Chile dagegen begegnet man der für uns wichtigſten
aller amerikaniſchen Pflanzen, der Kartoffel (Solanum tuberosum). Darwin fand ſie
wildwachſend im Chonosarchipel auf ſandigen Geſtaden bis über 1 m hoch, aber ſie wächſt
auch auf der Kordillere von Cauquenes und überhaupt in den Anden. Eine zweite chileniſche
Nutzpflanze, die ftattliche Araucaria imbricata, bietet, wie auch die Araucaria brasiliensis,
in ihren Samen ein gutes Nahrungsmittel. Braſilien ſcheint die Heimat des Paraguay—
Teebaums (Ilex paraguayensis) zu ſein, deſſen zerkleinerte Blätter und zartere Zweige,
mit kochendem Waſſer ausgezogen, ein Getränk (Mate) liefern, das bei allen Bewohnern
des ſubtropiſchen Südamerika dieſelbe Rolle ſpielt wie in China der Tee und in Europa der
Kaffee. Der Maniok (Manihot utilissima), im ſpaniſchen Südamerika ſtets Huca genannt,
ein bis 2 m hoher, der Familie der Euphorbiazeen angehörender, wohl auch aus Braſilien
ſtammender Strauch, enthält in ſeinen Wurzelknollen viel Nahrungsſtoff, der, zu Mandioka
verarbeitet, die Grundlage der Ernährung der tropiſchen Indianerſtämme bildet. In den
Caatingawäldern wird die Wachs- oder Carnaubapalme (Copernicia cerifera) als Nahrungs⸗
pflanze benutzt, und in Amazonien ſtellen ſich wieder nutzbare Palmen Mauritia, Guilielma,
Euterpe ein, ferner die Erdnuß (Arachis hypogaea), die Bertholletia excelsa, welche die
Paränuß liefert, der ſpaniſche Pfeffer (Capsicum annuum), der Guayabobaum (Psidium
guayaba), die Yamswurzel (Dioscorea triloba), die ebenfalls im nördlichen Südamerika
heimiſche Batate (Batatas edulis), die Arracacha esculenta, eine im Norden ſehr verbreitete
Knollenfrucht, und die Pfeilwurz (Maranta arundinacea). Die wichtigſten Nutzpflanzen
Amazoniens ſind jedoch heute die Kautſchuk liefernden Bäume, deren es eine ganze Reihe 5
Die Pflanzendecke. 71
gibt. Am bekannteſten iſt Hevea brasiliensis, eine bis 19 m hohe Euphorbiazee mit fleiſchigem
Stamm und grauer, dünner Rinde, aus welcher der weißliche, in der Regel von Mai bis
Auguſt gewonnene Milchſaft quillt; der Baum leidet nur wenig durch die Anzapfung, die
alle drei Jahre wiederholt werden kann, doch wird er oftmals zur Gewinnung ſeines Saftes
gefällt. In Oſtbraſilien gewinnt man Kautſchuk auch aus der Euphorbiazee Manihot Gla-
ziovii und in Guayana und Venezuela den Balatä genannten Gummiſtoff aus der Mimusops
balata (Tafel 3, Abbildung 4).
Der in Guayana und im nordweſtlichen Colombia wildwachſende Kakao (Theo—
broma cacao) wird bis zu 13, gewöhnlich aber 5—6 m hoch und bildet eine ausgebreitete
Krone, deren eigentümlich dunkle Belaubung eine Kakaopflanzung ſchon von weitem verrät.
Die gelbe bis rötliche, 10—16 em lange Frucht enthält zahlreiche, in fünf Längsreihen an-
geordnete Samen, die Kakaobohnen. Die Kultur des Baumes iſt leicht, aber nur in Gegen—
den mit 24— 28 Mitteltemperatur, alſo nur im Tieflande und in Gebirgen zu bis 1600 m
Höhe, und hier auch nur an feuchten Stellen, zu ermöglichen. Der Wald liefert ferner zahl—
reiche Nutzhölzer, wie das Mahagoniholz, und aromatiſche und offizinelle Wurzeln, Rinden
und Pflanzen, wie Sarſaparille, Ipekakuanha und Vanille.
In den Bergwäldern am Oſtabhange der Anden wächſt der charakteriſtiſche
Fieber- oder Chinarindenbaum (Cinchona officinalis), deſſen Rinde das berühmte Heil-
mittel gegen Malaria, das Chinin, liefert. Ein immergrüner Baum von 3—20 m Höhe mit
aufrechten Aſten, hat er dunkelgrüne, rotgeäderte Blätter, riſpenförmige Blüten von blaß⸗
roter Farbe und iſt einer der hübſcheſten und am leichteſten kenntlichen Bäume der Anden
in der Region von 1400 bis 2400 m. Schonungsloſe Ausnutzung hat die Beſtände der Fieber-
rindenbäume in ganz Südamerika zwiſchen 199 jüdl. und 10“ nördl. Breite aber jo ſehr ge—
ſchädigt, daß die wertvollſten Anpflanzungen jetzt in Indien und Java zu ſuchen ſind, wo der
Baum eingeführt worden iſt. Auch die das Heilmittel Kokain liefernde Koka (Erythroxylon
coca) iſt in den Bergwäldern der öſtlichen Anden heimiſch. Der mannshohe Strauch mit
hellgrünen, zarten Blättern liebt hauptſächlich einen Höhengürtel von 1000 bis 2500 m.
Die großen Hochländer von Bolivia und Peru ſind die Heimat der Quinua (Cheno-
podium Quinua), der Oka (Oxalis tuberosa) und der Bohnen. In den tieferen Landſchaften
ſind die Ananas, die ſonderbare „Butterfrucht“ Aguacate oder Palta (Persea gratissima)
und eine der köſtlichſten Tropenfrüchte, die Cherimoya (Anona cerihmolia), heimiſch.
Beſonders reich an Fruchtbäumen aller Art, namentlich an Anonenarten, ſowie an
Knollenfrüchten ſind die Nordküſten Südamerikas; der Sapotebaum (Sapote Achras), der
Melonenbaum (Carica Papaya), der Zuckerapfel (Anona squamosa und A. muricata), mehrere
Dioscorea-Arten, die Batate, Melonen und Kürbiſſe gehören dahin. Die Kokospalme
ſcheint ihre Heimat in Zentralamerika zu haben, von wo aus ſie die Küſten Südamerikas
eroberte. Ob auch die Banane (ſ. die Abbildung S. 72) aus Amerika ſtammt, iſt zweifelhaft.
Sie iſt in etwa 50 Arten bekannt, war wahrſcheinlich ſchon vor der Entdeckung Amerikas in
dieſem Erdteil heimiſch und iſt als Nahrungspflanze für die breiten Schichten der Bevölkerung
faſt wichtiger als der Mais, wird aber erſt ſeit kurzem in Colombia zum Zwecke des Exports
regelrecht angepflanzt. Indigo wurde im 18. Jahrhundert ſehr ſtark angebaut und ſoll ſogar
ſchon zur Zeit der Entdeckung in Mexiko heimiſch geweſen ſein, ſeine Kultur verlor aber ſeit
dem Emporkommen der Anilinfarben jede Bedeutung.
Die Heimat mehrerer, auch für Südamerika ſehr wichtiger Kulturpflanzen wird meiſt
72 Allgemeine Überſicht.
nach Mittelamerika oder Mexiko geſetzt. Eine von ihnen, der Mais (Zea Mais), verdient
ſogar von allen Kulturpflanzen Amerikas die erſte Stelle, da er im ganzen nördlichen Süd—
amerika die Grundlage des Ackerbaues bildet. Die Agave (Agave americana und Foureroya),
gewöhnlich Maguey genannt, treibt aus ihrer ſtarren Laubroſette einen bis 14 m hohen und
manchmal an 4000 Blüten tragenden Blütenſchaft. Aus den zähen Faſern der Blätter werden
Seilerwaren, Kaffeeſäcke, Stricke, Packtuch, ja ſogar Schiffstaue gemacht, während der Saft
Kaffee-Ernte in einer Kaffeepflanzung unter Bananen. (Nach Photographie von Moritz Schanz.) Zu S. 71 u. 73.
eine molkenartig trübe, zuckerhaltige Flüſſigkeit gibt, die im gegorenen Zuſtand als „Pulque“
das Nationalgetränk der Mexikaner iſt. Die Agave hat ſich von Mexiko aus über die meiſten
dürren Gebiete Südamerikas verbreitet. Als dritte möglicherweiſe in Mexiko heimiſche
Kulturpflanze gilt der Tabak. Die Bewohner der Antillen rauchten bereits 1492 den Tabak
in gerollten Blättern oder aus verzierten Schilfrohren (Tabacos) als Arznei und als Mittel
gegen die Moskitos, und auch in den älteren Gräbern Nordamerikas fanden ſich Tonpfeifen.
In Südamerika hat er ſich beſonders über Colombia, Venezuela und Braſilien verbreitet,
wird aber auch noch in Paraguay und Argentina gebaut. Die aus Weſtindien ſtammende
Baumwolle, Gossypium barbadense, lieferte den Indianern ſchon vor der Entdeckung
ihren Kleiderſtoff. Heute iſt ſie beſonders in Nordoſtbraſilien und in Peru häufig.
Die Tierwelt. 73
Eingeführte Nutzpflanzen. Von fremden tropiſchen Nutzpflanzen find zwei
für Süd⸗ und Mittelamerika von größter Bedeutung geworden, nämlich Zuckerrohr und
Kaffee. Das Zuckerrohr, 1506 von den Kanariſchen Inſeln zunächſt nach Santo Domingo
gebracht, bürgerte ſich überraſchend ſchnell auf ſämtlichen Antillen und im tropiſchen Süd—
amerika ein und wurde bald das wichtigſte Produkt und die Grundlage des Wohlſtandes
dieſer Inſeln, zugleich aber der Anlaß zur Einführung der Negerſklaverei, mit deren Wieder-
abſchaffung die Zuckerrohrpflanzungen verfielen und der Wohlſtand vieler Kolonien ebenſo
raſch wieder ſank. Immerhin bildet die Zuckerrohrkultur noch heute einen ſehr wichtigen
Beſtandteil des Landbaues Mittel- und Südamerikas. Sie ſteigt in den tropiſchen Anden
bis 2700 m Höhe an. Die ehedem große Bedeutung des Zuckerrohrs iſt jetzt auf den Kaffee
(ſ. die Abbildung S. 72) übergegangen, der erſt 1717 vom Kapitän Declieux nach Martinique
übertragen wurde und ſich von dort aus derart über die Inſeln und das tropiſche Südamerika
verbreitet hat, daß er jetzt das wichtigſte Produkt dieſer Länder iſt, und daß Südamerika drei
Viertel der Kaffeeernte der Erde liefert, beſonders Braſilien und Venezuela.
Von fremden ſubtropiſchen und gemäßigten Nutzpflanzen hat namentlich der
Süden Südamerikas den größten Nutzen gezogen. Die meiſten ſubtropiſchen Früchte, Agru—
men, Mandeln, Aprikoſen, Pfirſiche, Pflaumen, Quitten, Miſpeln, Feigen, der weiße Maul—
beerbaum ſind in Chile, Peru, Argentina, Uruguay, Paraguay und Südbraſilien mit Erfolg
eingeführt worden, ebenſo Apfel, Birnen, europäiſche Futterkräuter, beſonders Luzerne,
Gemüſe, Küchenkräuter, Faſer- und Olpflanzen, ſelbſt der Olbaum und die Rizinuspflanze.
Weizen hat in Argentina jetzt (1912) einen Ausfuhrwert von faſt 400 Millionen Mark im Jahre
erreicht, und dort ſowohl wie in Chile iſt die Phyſiognomie des Landes durch europäiſche Nutz—
pflanzen völlig verändert worden.
VI. Die Tierwelt.
Allgemeines. Ganz Südamerika und auch noch die Antillen, Zentralamerika ſowie
die Tierra caliente von Mexiko werden von einer eigenartigen Fauna bewohnt. Sie
fällt durch ihre Einheitlichkeit und Geſchloſſenheit, ihren Reichtum und ihre Eigenart auf und
iſt daher von A. R. Wallace und A. Jacobi als die neotropiſche Region, von R. Lydekker
ſogar als ein neogäiſches Reich zuſammengefaßt worden. In Zentralamerika finden ſich
Übergangsformen zu der Fauna Nordamerikas, die ſich erſt ſeit der Tertiärzeit mit der ſüd—
amerikaniſchen miſcht, ſo daß die Unterſchiede zwiſchen der Fauna Nord- und Südamerikas
noch jetzt groß ſind. In der Tertiärzeit müſſen ſie allerdings noch viel ſchärfer geweſen ſein,
denn die ſüdamerikaniſche Tierwelt bildete offenbar ein beſonderes Gebiet für ſich, und
Südamerika wird von Lydekker und A. Jacobi geradezu als eine der drei zoologiſchen
Hauptregionen der Erde angeſehen. Namentlich die ungemein reichen Funde tertiärer
Säugetiere in den Santa-Cruz⸗Schichten Patagoniens haben uns eine höchſt eigentümliche,
von den Formen anderer Erdteile erheblich abweichende Fauna vor Augen geführt.
C. H. Eigenmann kam auf Grund einer Unterſuchung der Süßwaſſerfiſche Süd—
amerikas zu dem Urteil, daß im früheſten Tertiär zwei Landſtücke im tropiſchen Süd—
amerika beſtanden, die er Archiguayana und Archamazonas nennt. Sie waren durch
das Meer des jetzigen unteren Amazonastals getrennt, ſtanden aber, zum wenigſten Archi—
guayana, mit Afrika in Landverbindung. Nach der Zerſtörung dieſer Landbrücke zu Anfang
74 Allgemeine Überſicht.
der Tertiärzeit wurden die tiergeographiſchen Beziehungen zwiſchen Afrika und Süd—
amerika nicht wieder angeknüpft. Nach dieſer, bereits von R. v. Ihering und A. E. Ort—
mann vorbereiteten Theorie beſtand ferner als ſelbſtändiges drittes Stück Südamerikas
das Kordillerenland. Dieſes wuchs nach und nach mit den beiden anderen Stücken des
Erdteils zuſammen, indem das Meer zwiſchen ihnen austrocknete und zuerſt in Brackwaſſer⸗
ſeen, dann in Süßwaſſerſeen und ſchließlich in Land verwandelt wurde. In das neue Land
wanderten dann von allen Seiten die Tiere ein, während die pazifiſchen Küſtenländer
über den Iſthmus von Panamä und durch das Atrato-Tal bevölkert wurden. Die marinen
Typen veränderten ſich allmählich in ſolche des Süßwaſſers, erhielten ſich aber im Titicaca-
See und an einigen anderen Stellen. Noch ein viertes Landſtück, das zur Bildung der
Fauna des Kontinents beitrug, liegt in Patagonien vor, das im ganzen eine eigenartige
Tierwelt beſeſſen hat und zum Teil noch beſitzt. Vielleicht hat Patagonien mit Auſtra⸗
lien und Neuſeeland Beziehungen gehabt, worauf auch die Flora hinweiſt (S. 70); auch
W. J. Sinclair glaubt gewiſſe foſſile Beuteltiere Patagoniens mit Tasmanien in Ver-
bindung bringen zu können.
Auf dieſen Grundlagen beruht auch die heutige Fauna Südamerikas, wenngleich
namentlich im Norden noch Veränderungen vor ſich gegangen ſind. Aber die für Süd—
amerika charakteriſtiſchen Säugetiere, wie Llamas, Alpacas, Vicufas, Guanacos, die Faul—
tiere, Gürteltiere, Ameiſenfreſſer, finden ſich in den anderen Erdteilen nicht. Mit Auſtralien
hat Südamerika die Beuteltiere gemein, von denen nur die Familie Didelphys auf Süd—
amerika beſchränkt iſt. Eigentümlich ſind ihm ferner die in der Alten Welt gänzlich fehlenden
geſchwänzten Affen, huftragende Nagetiere und der außerdem nur in Südaſien lebende Tapir.
Nicht weniger als acht Säugetierfamilien ſind auf den Erdteil beſchränkt, mit im ganzen über
100 Gattungen. Kaum minder bemerkenswert iſt das Fehlen vieler ſonſt weitverbreiteter
Gruppen, denn mit Ausnahme einer Gattung auf den weſtindiſchen Inſeln und einer Sorex,
die Guatemala und Coſta Rica bewohnt, fehlen die Insectivora, ferner die Viverridae, die
Rinder und Schafe, wie überhaupt Wiederkäuer, ausgenommen Hirſche und Llamas, und
endlich die nicht wiederkauenden Huftiere bis auf die Tapire und Pekaris.
Wie die Regenverteilung und die Verbreitung der Pflanzen vor allem den Unter—
ſchied zwiſchen dem ſüdweſtlichen andinen und dem nordöſtlichen tropiſchen
Südamerika erkennen laſſen, jo ſteht auch eine andine Fauna des gemäßigten Kordilleren—
gebietes und Patagoniens einer tropiſchen im ganzen Norden und Oſten des Erdteils gegen—
über. Außerdem aber umfaßt ein Übergangsgebiet zwiſchen beiden die La-Plata⸗Länder.
Die gemäßigte Region Südamerikas wird durch die Gattung Auchenia charak—
teriſiert. Dieſe umſchließt die den Kamelen naheſtehenden wertvollen Haus- und Jagdtiere
der hohen Kordilleren und Patagoniens. Das Llama (Auchenia lama; Tafel 2, Abbil⸗
dung 4) iſt das bekannteſte und wichtigſte der Gruppe, das Wappentier Südamerikas.
Es iſt auf Bolivia, Peru und Ecuador beſchränkt, kommt jedoch in letzterem Staate bereits
ſeltener vor und wird zum Transport der Erze in den höchſten Teilen der Anden verwendet.
Das ihm ſehr ähnliche Alpaca (Auchenia alpaca) wird ſeiner feinen Wolle wegen geſchätzt,
auch ſeines Fleiſches halber gehalten, zum Laſttragen aber nicht benutzt. Das nordwärts
bis Mittelperü vorkommende Vicuna (Auchenia vicugna) iſt ein zierliches, leicht beweg—
liches, roſtgelbes Tier mit ſehr feiner Wolle, welche zu den teuerſten Ponchos (vgl. S. 80)
verarbeitet wird. Das überaus flüchtige und genügſame Guanaco (Auchenia huanaco)
Die Tierwelt. 75
iſt über einen großen Teil der ſüdlichen Kordilleren, namentlich aber die Steppen und
Wüſten Patagoniens verbreitet.
Sonſtige andine und Pampastiere ſind die Haſenmäuſe (Lagostomidae), die
Chinchilla (Eriomys chinchilla oder E. lanigera) in den Kordilleren von Chile und Bolivia,
in Höhen zwiſchen 2000 und 3500 m, die echte Haſenmaus (Lagidium Cuvieri) in Höhen von
3000 5000 m, die Vizcacha (Lagostomus trichodactylus) in den Pampas zwiſchen dem Rio
Negro und dem Uruguay, mehrere Arten von Wühlmäuſen (Ctenomys) in Patagonien und
Feuerland, der Pampashaſe (Dolichotis patagonicus), der Huemul (Cervus chilensis), der
Pampashirſch (Cervus campestris), der chileniſche Bär (Ursus ornatus), der Brillenbär, das
Stinktier (Mephitis chilensis) und der Fuchs, Zorro (Canis Azarae).
Im allgemeinen beſchränken ſich die genannten Tiere auf die kühleren Teile des Kon—
tinents, den Süden und die Kordilleren; einige aber nehmen auch den ganzen Erdteil ein.
Dazu gehören der Puma oder Silberlöwe (Felis concolor), Hirſche und Rehe (Venados),
wie das Camposreh (Coassus simplicicornis), der Savannenhirſch (Cervus savannarum) in
Guayana und dem ganzen Norden, der Cervus virginianus und C. rufus, die Gürteltiere
(Dasypus) Tatu, Armadill, im nördlichen Südamerika Cachicamo genannt. Ihnen nahe
ſteht die argentiniſche Gürtelmaus (Chlamydophorus truncatus).
Im tropiſchen Südamerika unterſcheidet man am beſten Waldtiere, Savannen—
tiere und Waſſertiere. Unter den Waldtieren ſind die Affen die eigentümlichſten. Anthro—
pomorphe Affen fehlen freilich gänzlich, und die übrigen bleiben an Größe gegen die Affen
der Oſtfeſte ſtark zurück. Charakteriſtiſch ſind für Südamerika die langſchwänzigen Affen,
ſo die Klammeraffen (Cebidae), die Pithecidae, Schweif- und Springaffen, und die Hapa—
lidae, die Seidenäffchen und Löwenäffchen. Ausgezeichnet ſind die ſüdamerikaniſchen Affen
ferner durch das Fehlen der Backentaſchen und der Geſäßſchwielen. Die bekannteſten dieſer
Affen ſind der Satansaffe Braſiliens (Pithecia satanas), der Kapuzineraffe (Cebus albi-
frons), der Uiſtiti (Hapale ursula), das Totenkopfäffchen (Chrysothrix sciurea) und nament-
lich der Brüllaffe (Mycetes niger). Die Südgrenze der Affen verläuft von Bahia Blanca
nach Nordnordweſten gegen die Kordillere von Bolivia.
Zu den Waldtieren gehören ferner die Faultiere (Brachypodidae). Auch ſie beſaßen
zu Anfang der Quartärzeit Rieſenformen, deren Vertreter das in den Pampas nicht ſeltene
Megatherium, das Mylodon und das von Hauthal in einer Höhle bei Ultima Eſperanza
in Südweſtpatagonien aufgefundene Grypotherium waren. Von den waldbewohnenden
Katzen lebt der Jaguar (Felis onca) in den tropiſchen Tiefländern und Flußniederungen.
Ferner gehören hierher der Cunaguaro (Felis macrura), die Katzen Felis yaguarundi und
Felis eyra ſowie die häufige Pardelkatze (Felis pardalis). Das größte ſüdamerikaniſche
Säugetier, der 2 m lange Tapir, bewohnt alle tropiſchen Teile des Kontinents, jedoch nur
das heiße Land, beſonders den Wald und die Flußufer, und iſt ein Pflanzenfreſſer. Das
Pekari, Catuche, ein Nabel- oder Biſamſchwein, kommt in zwei Arten vor.
An den Grenzen von Wald und Savanne leben die Ameiſenfreſſer, neben
den Faultieren und Gürteltieren die dritte Familie der in Südamerika hauptſächlich ver—
tretenen Zahnarmen. Man unterſcheidet den großen Ameiſenbären oder Yurumi (Myr-
mecophaga jubata), den Tamandua (M. tetradactyla) und den wenig über 20 cm
meſſenden kleinen (M. didactyla); die beiden letzteren ſind Baumtiere. Weiter ſind hier auf—
zuführen das Eichhörnchen (Sciurus aestuans), der Wickelbär (Cercoleptes caudivolvulus),
76 Allgemeine Überſicht.
der Marder, von Beuteltieren das Opoſſum (Didelphys opossum) und der Krabbenbeutler
(Didelphys cancrivora).
Zu den Savannentieren gehören die oben erwähnten Hirſche und Rehe, manche
Gürteltiere und Ameiſenfreſſer, der Naſenbär oder Coati (Nasua socialis und N. rufa), der
Waſchbär (Procyon cancrivorus), der Fuchs (Canis brasiliensis), der Schakalfuchs (Lyca-
lopex vetulus und L. fulvicaudus), der Mähnenwolf (Chrysocyon jubatus), von Nagern das
Aguti (Dasyprocta aguti und D. croconata), die Paca (Coelogenys paca), das Stachel—
ſchwein oder Puercoeſpin (Cercolabes prehensilis), das Felſenmeerſchwein (Cavia rupestris)
und das Kaninchen (Lepus brasiliensis).
Waſſerbe wohner ſind das Waſſerſchwein, Chiguire oder Capivara (Hydrochoerus
capybara), der Porco de agua (Waſſerſchwein) oder Schweifbiber (Myopotamus coypus),
der Fiſchotter, Nutria (Lutra brasiliensis), der Delphin (Delphinus amazonicus) und der
eigentümliche Lamantin (Manatus americanus) vor allem im Amazonas.
Der Kaiman lebt im ganzen tropiſchen Südamerika bis zum La Plata einſchließlich
und ſperrt nicht ſelten durch ſeine bloße Anweſenheit für einige Zeit Flußübergänge. Man
unterſcheidet den grünlichbraunen kleineren Brillenkaiman, Jacaré-tinga (Caiman sclerops),
und den ſchwarzen, gelbgefleckten, größeren und gefährlicheren Anwohner des Amazonas,
Jacaré acu oder großen Kaiman (Caiman niger Spi). Gewaltige Flußſchildkröten
(beſonders Podocnemis expansa) beleben in ungeheurer Zahl die Sandbänke der Ströme
und werden dort wegen ihres Fleiſches und des in ihren Eiern enthaltenen Ols maſſenhaft
getötet. Leguane (Iguana tuberculata und I. delicatissima) bewohnen die Bäume, in
dürren Gegenden huſchen die Eidechſen zahlreich über den trockenen Boden, und in den
Sümpfen der Savanne und des Waldes vollführen Fröſche verſchiedener Art ihr Konzert.
Schlangen find überaus zahlreich. Unter den giftigen iſt wohl am bekannteſten die Klapper—
ſchlange, Cascabel (Crotalus horridus), die ihr naheſtehende Bothrops atrox von Braſilien,
die Mapanare (Lachesis) und die ſchwarzrot gebänderte Korallenſchlange (Elaps corallinus);
unter den nichtgiftigen die Tragavenado, Rehverſchlingerin (Boa constrictor), unter den
Waſſerſchlangen die Anakonda (Eunectes murinus), die beiden letzteren Rieſenſchlangen.
Im Süden des Erdteils werden Schlangen ſeltener, kommen aber auch noch am La Plata
und im mittleren Chile vor.
Weit reicher als die Säugetierfauna iſt die Vogelwelt, die auch an eigentümlichen
Formen alle anderen Regionen überragt. Von 680 Gattungen kommen allein 500 im tro-
piſchen Südamerika vor. Die neotropiſche Region „beſitzt (nach Wallace) 23 Familien,
welche vollſtändig auf ihre Grenzen beſchränkt ſind, und 7 andere, die ſich nur noch in die
nearktiſche Region verbreiten“. Beſonders verſchieden ſcheinen die Vögel Hochbraſiliens
von denen des Amazonasgebietes zu fein, denen ſich als dritte Subregion die colombia-
nische anſchließt. Südamerika nördlich des Orinoco dagegen hat viele Formen mit Zentral-
und Nordamerika gemein. Am reichſten iſt die Vogelwelt am Oſtabhang der Anden ver—
treten, wo namentlich die Tanagridae meiſt in den Wäldern vorkommen, während die
Fringillidae in den höheren Ebenen, die Ameiſendroſſeln (Formicariidae) in den Tieflands⸗
wäldern des Amazonasgebietes vorherrſchen.
Der König der ſüdamerikaniſchen Vögel überhaupt iſt der Kondor, der heilige Vogel
der Peruaner, der bis über 7000 m Höhe aufſteigt; nordwärts iſt er bis zur Sierra Nevada
de Merida verbreitet, kommt aber im Süden auch um Mendoza in Argentina und an der
Die Bevölkerung. Zu
Sierra de Cordoba vor. Der Aasgeier (Cathartis) beſorgt in mehreren Arten die Straßen—
polizei. Der Nandu oder ſüdamerikaniſche Strauß findet ſich in zwei Arten. Die größere
(Rhea americana) bewohnt die Campos, die Pampas und das nördliche Patagonien, die
kleinere (Rhea Darwini) in großen Herden das ſüdliche Patagonien, wo ſie von den Ein—
geborenen vorzugsweiſe mit Bolas (Schleuderkugeln) gejagt wird. Beſonders bezeichnend
ſind die Papageien, ſowohl die großen Araras wie die kleineren grünen Loros und die
kleinen Pericos, dann die bis in den Süden des Erdteils ſtreifenden Kolibris, ferner die
Tukane, die Hokkohühner, der Regenſchirmvogel, der Trompetenvogel, die beutelför—
mige Neſter bauenden Icterinae. Ungeheuer zahlreich ſind die Waſſervögel, auch noch an
den Lagunen der Pampa, und die Seevögel an den Küſten.
Unter den formen- und farbenprächtigen Fiſchen, deren allein der Amazonas an 2000
Arten beherbergt, ſind wohl am bekannteſten die elektriſchen geworden, die in einem großen
Teile des nördlichen Südamerika lebenden Zitteraale, Tembladores (Gymnotus electricus);
ferner verdienen Erwähnung der durch ſeine Gefräßigkeit hervorragende Caribe (Serrasalmo
Nattereri), der in kürzeſter Zeit das Fleiſch von den Knochen eines in den Fluß geratenen
Tieres löſt, ihres eßbaren Fleiſches wegen der Bagre (Platystoma planiceps), die Sardine
(Poecilia vivipara), der Pirarucu (Sudis gigas) des zentralen Südamerika und endlich der
merkwürdige Lurchfiſch (Lepidosiren paradoxa).
An Inſekten übertrifft die neotropiſche Region alle übrigen. Sie iſt, nach Wallace,
„ſo außerordentlich reich an Inſekten, ſie iſt ſo voll eigentümlicher Gruppen und Formen
von außerordentlicher Schönheit, in einer endloſen Fülle von Arten, daß keine genügende
Vorſtellung dieſes Zweiges ihrer Fauna durch einfache Aufzählung der eigentümlichen und
charakteriſtiſchen Gruppen gegeben werden kann“. Namentlich gilt das von den Schmetter-
lingen und Käfern. Erſtere ſind mit 13 Familien von überhaupt 16 in Südamerika vor—
handen, und drei davon ſind auf dieſes beſchränkt, von den Gattungen Longicornia und Ce—
rambysidae der Käfer faſt alle. Auch der Reichtum an Landſchnecken iſt erſtaunlich, ſo
daß Wallace die neotropiſche Region für die an Landſchnecken reichſte der Erde erklärt.
Das wichtigſte Nutztier iſt das Llama, für die patagoniſchen Indianer ſind es das
Huanaco und der Strauß; im übrigen haben eingeführte Nutztiere, Rinder, Pferde, Schafe,
Eſel und Maultiere eine viel größere Bedeutung gewonnen als die einheimiſchen. Die
Indianer halten als Haustiere Affen, Papageien, Hokkohühner, Tukane und kleinere Vögel
und Säugetiere, ja auch junge Jaguare. |
VII. Die Bevölkerung.
(Siehe die Karte der „Sitze der Urbevölkerung von Süd- und Mittelamerika“ bei S. 81.)
Allgemeines. Als die Spanier und Portugieſen Südamerika zuerſt betraten, fanden
ſie überall Stämme, die trotz mancherlei Unterſchieden im einzelnen doch derſelben Raſſe
angehörten. Man nannte ſie Indios, Indier oder Indianer. Blumenbach faßte ſie und
ihre nordamerikaniſchen Verwandten als die „amerikaniſche Raſſe“ zuſammen.
Die ſüdamerikaniſchen Stämme ſind von Norden her eingewandert, nachdem die
Brücke der Landengen Mittelamerikas entſtanden war. Zur Zeit der Entdeckung aber be—
fanden ſie ſich auf einer Rückwanderung nach Norden, wie das Eindringen der Karaiben
bis nach Puerto Rico und das anderer Völkerſchaften bis Nicaragua beweiſt. Da aber bereits
78 Allgemeine Überſicht.
aus den älteren Schichten der Pampasformation menſchliche Schädel bekannt geworden
ſind, ſo iſt das Alter des Menſchengeſchlechtes auch in Südamerika ein recht hohes. Ferner
ſind an der atlantiſchen Küſte von Guayana bis zum Feuerland ſowie in Chile ausgedehnte
Muſchelhaufen, in Braſilien Sambaquis genannt, aufgefunden worden, die uns in paläo—
lithiſche Zeit zurückverſetzen.
Die Fiſcher- und Jägerſtämme, welche dieſe Reſte hinterlaſſen haben, ſind als die Bor-
fahren der heutigen ſüdamerikaniſchen Indianer anzuſehen. Über die Art ihres Lebens geben
uns heute noch die in Feuerland und Weſtpatagonien lebenden Ona und Feuerländer einen
Anhaltspunkt, während im übrigen die auf dem primitiven Kulturſtande ſtehengebliebenen
Küſtenvölker meiſt ausgerottet worden ſind. Nur im Oſten Braſiliens finden wir noch die
Botokuden am Rio Doce und die Bugres und Kam oder Kaingang in Parana und Santa
Catharina als Repräſentanten dieſes urſprünglichen Zuſtandes.
Im übrigen haben auch die ſüdamerikaniſchen Urvölker eine Entwickelung durch—
gemacht, die je nach den Verhältniſſen der von ihnen bewohnten Landſchaften groß oder
gering war. Karl von den Steinen und Paul Ehrenreich nehmen an, daß von den höheren
Teilen Südamerikas, von Guayana, dem braſiliſchen Hochland, den Kordilleren und auch
dem kühleren Süden, eine allmählich aufſteigende Kultur ausging. Aus dieſen friſcheren
und zu größerer Kultur auffordernden Gebieten bewegten ſich von allen Seiten Stämme
in das gewaltige tropiſche Waldland zwiſchen den Kordilleren, dem Orinoco, dem öſtlichen
Braſilien und dem Chaco, alſo in das eigentliche Amazonien, vermiſchten ſich hier und
erzeugten eine den phyſikaliſchen Bedingungen des Landes entſprechende Kultur, die der
tropiſchen Tieflandsſtämme. Dieſe beruhte einerſeits auf der durch die großen Flüſſe
bedingten Fiſcherei und Schiffahrt, dann auf der in den Waldwildniſſen und wieder auf
und an den Strömen ſich bietenden Jagd, aber ſie gelangte doch auch zu einem primitiven
Ackerbau, beſſer Hackbau, auf gerodeten Stellen des Waldes, und dieſe Seßhaftigkeit oder doch
wenigſtens halbe Anſiedelung rief dann eine nicht ganz geringe weitere Ausbildung in bezug
auf Hausbau, Flechterei, Weberei, Keramik, Waffentechnik und Schmuckformen hervor.
Diejenigen Stämme nun, welche in den urſprünglich gewählten Sitzen verweilten,
hatten keine Gelegenheit zu höherer Entwickelung, ſondern ſie blieben auf der Stufe primi-
tiver Jäger und Fiſcher ſtehen. Das iſt namentlich bei den nach einem Suffix vieler ihrer
Stammesnamen genannten Gésvölkern im öſtlichen und mittleren Braſilien der Fall
geweſen; ſie entbehren der Errungenſchaften der tropiſchen Tieflandſtämme, haben weder
Häuſer noch vielfach Ackerbau, weder das Kanu, noch Töpferei oder Weberei und führen
nur Pfeil und Bogen als Waffen.
Umgekehrt erreichten die auf den kühlen Hochbecken und in den höher gelegenen Tälern
der Kordillere wohnenden Völker eine noch weit höhere Kulturſtufe als die tropiſchen
Tieflandsſtämme. Ihre Kultur gründete ſich auf den Ackerbau in den Höhen zwiſchen 1500
und 3500 m, und ſie ſchufen nicht nur geordnete geſchloſſene Siedelungen, ſondern auch
wohlorganiſierte Staaten, kräftige Heere, gute Straßen, raſchen Verkehr und ſogar eine
Schrift. Sie verſtanden die Metallſchätze ihrer Gebiete auszunutzen, entwickelten die Töpferei
zu hoher Stufe, verfertigten haltbare und vielfach reiche Gewänder und glänzende Schmuck—
ſachen, hielten Haustiere, beſtellten auf eigenartigen terraſſierten Anlagen ihre Felder mit
Mais, Quinua, Olluco, Oca und Kartoffeln und erbauten ſogar Tempel und Paläſte (ſ. die
Abbildung S. 341). Ihre hauptſächlichen Vertreter waren die Ketſhua und die Nimard
Die Bevölkerung. 79
in Peru, Bolivia und Ecuador, doch können ihnen auch die Stämme der Hochbecken von
Colombia, beſonders die Chibcha, zugerechnet werden.
Ahnliche kulturelle Erfolge erzielten die Stämme der Küſte von Peru, denn auch
ſie waren gezwungen, die hier weniger günſtigen Naturbedingungen durch Arbeit zu über⸗
winden. Das in der Küſtenwüſte ſpärliche Waſſer der Flüſſe verwerteten ſie zur Berieſelung
und legten an ihnen Pflanzungen, namentlich von Mais und Baumwolle, an; allmählich
erhoben ſich an den Waſſerläufen Städte, Feſtungen, Tempelpyramiden, Heiligtümer und
Paläſte. Ihre Toten begruben ſie im Sande der Wüſte in hockender Stellung, umwickelten
deren Körper mit Geweben und ſetzten dieſen Bündeln künſtliche Köpfe aus Holz oder Baum—
wollenzeug auf. Zu vielen Tauſenden findet man heute dieſe Mumien, zugleich mit kunſtvoll
gefertigten Gefäßen aus Ton, aber auch aus Silber und Gold, in niſchenartigen Gräbern im
Wüſtenſande (ſ. die farbige Tafel bei S. 371).
Noch einen anderen Gang nahm die Entwickelung der ſüdlich des großen Waldgebietes
Amazoniens ſitzenden Stämme. In der Übergangslandſchaft zwiſchen Wald und Steppe,
im Gran Chaco, leben die vermutlich aus der Kordillere ſtammenden Chaco-Stämme,
teils an den Lagunen und Flußläufen als Fiſcher, Jäger und Ackerbauer, teils aber in den
zwiſchen den Strömen gelegenen Ebenen als wilde Reitervölker und Krieger. Daher haben
ſie nur geringe Kleidung, wenig Schmuck, ſehr primitive Wohnungen und ſpärlichen Haus⸗
rat. Als Vertreter der erſtgenannten Abteilung kann man die Guatb am Paraguay, als
ſolche der letzterwähnten die Toba am Pilcomayo (ſ. die Abbildung S. 244) bezeichnen. Sie
führen über zu den Pampasſtämmen oder Puelche, die jetzt ganz verdrängt ſind, und
zu den Patagoniern und Araukanern. Die erſteren beiden waren urſprünglich, wie
noch heute die den Patagoniern nahe verwandten Ona, reine Jägervölker, deren Haupt-
jagdtiere das Guanaco und der Strauß waren, während die Araukaner in Chile gewiſſer—
maßen eine Verkümmerung der Kultur der Kordillerenvölker von Bolivia, eine Halbkultur
mit Ackerbau, Töpferei, Weberei, Metallbearbeitung zeigten. Seit der Einführung des
Pferdes haben ſie alle ſich in Reitervölker verwandelt.
Wenn nun auch die ſüdamerikaniſchen Indianer im einzelnen vielfach voneinander
abweichen, jo laſſen ſich doch gewiſſe gemeinſame Eigentümlichkeiten aufſtellen. Der
Körperbau iſt gedrungen: breite, gewölbte Bruſt, breite Schultern, entwickelte Oberarme,
kurze Unterarme, zierliche Hände und Füße, breite Geſichter mit vorſpringenden Backenknochen
und niedrigen, ſchmalen Stirnen (ſ. die Abbildungen S. 145—148) ſind die Regel. Oft erinnern
die kleinen, ſcheinbar ſchiefgeſtellten Augen an die mongoliſche Raſſe, während andere Stämme
Adlernaſen beſitzen und größere Ahnlichkeit mit den Polyneſiern aufweiſen. Manche Indi—
viduen zeigen faſt europäiſchen Typus. Die Körperhöhe ſchwankt zwiſchen 150 und 191 cm und
iſt im Süden Südamerikas bedeutender als im Norden, doch gehören zu den größten Indianern
Südamerikas auch die Borord Zentralbraſiliens mit einer mittleren Körperhöhe von 173,6 cm.
Die Hautfarbe iſt hellgelb bis lohfarben, ſelten kupferrot, das Haar iſt meiſt ſchwarz, blauſchwarz,
glänzend, zuweilen auch dunkelbraun und faſt ſtets ſtraff, ſchlicht, dick, der Bart ſpärlich.
Die Kleidung richtet ſich nach dem Klima, iſt aber im ganzen gering. Die in tropiſchen
Gebieten lebenden Indianer tragen häufig nur den Lendenſchurz, doch gehen manche Stämme
am Oſtabhange der Anden von Ecuador, in Zentralbraſilien und im Chaco zeitweilig, z. B.
zur Jagd, zum Kampfe, oder überhaupt ſtets ganz nackt. Selbſtgewobene Baumwollen- und
Rindenzeuge werden in der Weiſe einer Tunika beſonders von Frauen getragen, vielfach,
80 Allgemeine Überſicht.
beſonders im Chaco und im ſüdlichen Südamerika auch Fellmäntel und grell, meiſt blau und
rot, gefärbte Ponchos, deckenähnliche Überwürfe, die in der Mitte einen Schlitz zum Durch-
ſtecken des Kopfes haben; wo Papageien häufig ſind, kommen auch kurze Mäntel aus Federn
vor. Eine Kopfbedeckung wurde urſprünglich wohl kaum getragen; in den Tropen dienen
Blütenſcheiden von Palmen und auch Strohhüte als Kopfbedeckung, in Chile herrſchte ein
ſpitzer Hut aus gekräuſelter Wolle. Das Tätowieren iſt oder war faſt überall im Schwange,
doch trat an ſeine Stelle allmählich das Bemalen, das jetzt noch ganz allgemein geübt wird.
An Schmuckſachen werden Halsbänder von Zähnen, Glasperlen und Knochen ſowie Kopf—
putz aus Papageienfedern am häufigſten getragen. Ohrplatten ſind namentlich bei den
Botokuden und Chaco-Stämmen, Lippenpflöcke bei den Botokuden, Kayapd, Chiriguano,
Kainguä und bei Anwohnern des Kingu im Gebrauch.
Die Waffen und Geräte beſtanden vor Ankunft der Europäer aus Stein, Knochen
und Holz; Pfeile und Bogen waren faſt allgemein verbreitet, die Ketſhua hatten Schleudern
und Wurfbretter. Letztere ſind auch heute noch am Xingu, Araguaya und oberen Ama⸗
zonas üblich. Pfeilgifte ſind noch häufig im Gebrauch, vor allem das gefürchtete Curare,
ein Auszug der Wurzeln der Liane Urari (Strychnos Crevauxi) in Guayana, ein Abſud der
Rinde der Strychnos Castelnaua am oberen Amazonas, ferner das Gift der grünen Baum⸗
ſchlange bei den Guajiro. Das Blasrohr wird namentlich von den Stämmen Oſtecuadors,
Oſtvenezuelas, Nordweſtbraſiliens und Guayanas geführt, die Wurfkugel, Bola, von denen
des Chaco und Patagoniens. Auffallend iſt das völlige Fehlen eiſerner Waffen und Geräte
zur Zeit der Entdeckung, während Gold, Kupfer, Bronze und Silber in beſchränktem Maße,
hier und da auch Zinn und Quedjilber verbreitet waren. Ungemein entwickelt war die
Töpferei, vielfach auch die Weberei, Gerberei und Flechterei. Der Hausbau iſt dagegen
weniger hervorragend, ja manche Stämme ſind geradezu als hüttenlos zu bezeichnen, aber
Pfahlbauten ſind am Meeresufer der Tropen nicht ſelten. Im Gegenſatz dazu ſtehen die
großartigen Steinbauten der Ketſhua und Aimarä in Peru und Bolivia, und auch am Kingü
und Tapajbs ſowie in Guayana gibt es große, ſorgfältig ausgeführte Familienwohnungen
für bis zu 100 Perſonen (Tafel 3, Abbildung 1, und Tafel 5, Abbildung 2).
Der Charakter der Südamerikaner iſt ſehr verſchieden beurteilt worden. Stolz,
Zurückhaltung, Würde, Strenge des Ausdrucks werden gewöhnlich zuerſt bemerkt und im
Sinne der natürlichen Schweigſamkeit, des Mißtrauens und Phlegmas gedeutet; gewiß ſind
die meiſten dieſer Eigenſchaften bei manchen Stämmen vorhanden, gewöhnlich aber nur bei
ſolchen, die jahrhundertelang geknechtet wurden, während die noch unabhängigen Stämme
Heiterkeit, Neigung zu Feſten, Spielen und Tänzen zeigen. Sie ſind cachjüchtig und grau=
ſam, vermögen aber auch Schmerzen aller Art zu ertragen und legen ſich ſelbſt Peinigungen
auf. Die Erziehungsfähigkeit der Indianer iſt zweifellos erwieſen, und ihre hohe Kultur
in den Kordilleren ſpricht ſehr für die Intelligenz der amerikaniſchen Raſſe, doch liegen ihre
Fähigkeiten und Charaktereigenſchaften wohl mehr auf der Seite des Duldens oder des
paſſiven Widerſtandes als auf der des tätigen Eingreifens. Wirtſchaftlich ſind ſie Jäger,
Fiſcher oder Ackerbauer, ſelten Viehzüchter.
Einteilung. Wie in der Pflanzenwelt und dem Klima Südamerikas drei hauptſäch⸗
liche Abteilungen zu unterſcheiden waren, ſo läßt ſich auch die Bevölkerung in drei große Ab⸗
ſchnitte teilen, nämlich die tropiſchen Stämme, die ſüdlichen Stämme und die Kultur-
völker der Kordilleren. Ihre Grenzen gehen aus der beigehefteten Karte hervor.
£ . 4
n
1
Westl L.v. Greenw. 60 50
—— — — „ —— — 7 —
DIE HEUTIGE VERBREITUNG
DER
SD- ND MITTELAMERIKANISCHEN
INDIANER.
Auf Grund der Einteilung
nach Sprachgruppen.
Entworfen und gezeichnet von
Th. Koch- Grünberg.
S PRACH GRUPPEN
Mittelamerikas:
au
ES Toto, Talamanca u.s
— a, u.s.w.
ER Rama, Guatuso
Nice, Lenca us ur
ZZ Ava
8 ER Cuna
| IN inselkaraibisch (Bar)
I Chorotega
Südamerikas:
i Zaraiden
IL] Aruak
III Tagan
FE Ataralur L.. scnneger
90
Sprachlich
Isolierte Stämme
(auf der Karte weiß $Selassen;
von Norden nach Süden.)
Timote Mir-Miranpu
Otomaken 2
JFaruro
SA
Guahibo
40
Zor:-Lorenzos
Stämme und Völker, die heute erloschen,
wie: (Chimu), (Quito), (Chibeha) oder nur
noch in ganz geringen Resten vorhanden
sind, wie: (Timote), (‘ Sr
Bibliograph. Institut ‚Leipzig.
Die Bevölkerung. 81
Die tropiſchen Stämme. In der Kolonialzeit ſind von Portugieſen und Spaniern
leider gar keine Verſuche zur Einteilung der tropiſchen Indianer in große Gruppen gemacht
worden, was um ſo bedauerlicher iſt, als ſeit jener Zeit zahlloſe Stämme ſpurlos verſchwun—
den ſind. Erſt A. v. Humboldt begann Unterabteilungen auszuſondern, doch wurden die
Tupi derart in den Vordergrund gerückt, daß ſchließlich faſt alle Stämme mit ihnen in Be-
ziehung gebracht wurden. Martius ſtellte zwar einerſeits die Gesgruppe, anderſeits aber
die Guckgruppe und die colluvies gentium, eine Vereinigung von Stämmen zu neuen
Horden, auf und vereinigte ſogar die Karaiben mit den Tupi, worin ihm d'Orbigny ſchon
vorangegangen war. Im übrigen nannte man alle Nicht-Tupi auch Tapuya. So wurde
eher neue Verwirrung als Klarheit geſchaffen. Erſt nachdem Lucien Adam um 1890 auf
Grund der Ergebniſſe Jules Crevaux' die Karaiben und Maipureſtämme Guayanas von—
einander geſchieden hatte, war Raum für die jetzt gültige Einteilung gewonnen. Auf Grund
linguiſtiſchen Materials unterſchied 1885 Karl von den Steinen, veranlaßt durch die Auf—
findung völlig primitiver Stämme an den Kingu-Quellflüffen, außer den Karaiben, G83 und
Tupi die Nu⸗Aruak, Lucien Adams Maipure. Dieſen fügte Paul Ehrenreich für den tro—
piſchen Teil Südamerikas die Goytaca, die Pano, Miranya, Karayä und Guaikuru hinzu.
Neuerdings hat dann Theodor Koch-Grünberg dieſe Einteilung auf Grund neuer
Studienreiſen noch etwas verändert; dazu kommen die linguiſtiſchen Forſchungen des Fran—
zoſen P. Rivet, ſo daß man jetzt folgende, auch auf der beigegebenen Karte niedergelegte
Unterabteilungen unterſcheidet, deren urſprüngliche Heimat freilich keineswegs mit ihren
gegenwärtigen Sitzen übereinzuſtimmen ſcheint.
Die Tupi zerfallen in zwei Gruppen, die reinen, mit der alten, faſt rein bewahrten
Tupiſprache, und die unreinen Tupi. Die Küſtentupi, die Bewohner des öſtlichſten Braſi—
liens, waren reine Tupi und führten als Tupinambas, Tupinaè, Tupinikin den Namen
Tupi in ihren beſonderen Stammesbezeichnungen, ſind aber bis auf geringe Reſte vernichtet
worden. Als Guarant ſitzen noch heute die reinen Tupi in Paraguay, als Parentintin am
Madeira, als Apiakä am oberen Tapajds, als Kamayurä im Xingü-Quellgebiet, während die
Guarayo am Oſtfuße der Kordilleren, die Kokama und Omagua am oberen Solimdes als
Weſttupi gelten. Zu den unreinen Tupi rechnet man die Mundurukü am Tapajos, die
Yuruna am Kingu, die Curuahé und Chipaya zwiſchen Kingu und Tapajoz, die Manitſauä
und Auetö nahe den Kinguüquellen. Alle Tupi find gute Schiffer und leben von Jagd, Fiſch—
fang und den Erzeugniſſen ſpärlichen Ackerbaues.
Die Geésvölker des Oſtens gelten als Urbewohner ihres Gebietes und ſind charak—
teriſiert durch mongoliſchen Typus, Mangel der Hängematte, ſchwache Ausbildung der Schiff—
fahrt, Benutzung von Flößen, ferner durch die berühmten Lippenpflöcke, botoques, aus Holz
und Ohrenpflöcke aus Palmblattrollen und durch andere ethnographiſche und anthro—
pologiſche Merkmale. Am tiefſten ſtehen die Bugres des Südens und die Botofuden der
Küſtengebirge am Rio Doce, Jägernomaden ohne Ackerbau, Viehzucht, Induſtrie und
Töpferei. Ihre Nachbarn in den Paranäprovinzen, die Kaingang, haben ſchon Ackerbau,
Weberei, Töpferei; die Kayapö und Akuä auf der Waſſerſcheide gegen den Tocantins ſtehen
noch etwas höher, am höchſten die Suyä am Kingu.
e Die Karaiben ſind durch die Entdeckung der primitiven, aber an Zahl nicht unbedeu—
tenden Bakairi am oberen Kingu beſonders bekannt geworden, die nach Karl von den
Steinen ein der karaibiſchen Grundſprache ſehr nahe kommendes Idiom ſprechen. Die
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 6
82 Allgemeine Überſicht.
hauptſächlichſten Karaibenſtämme, die Oyana (Rucuyenne), Makuſcht, Taulipäng, Arekunc,
ſitzen in Guayana, abgeſprengte Teile als Motilon weſtlich des Sees von Maracaibo, als Pal—
mella am Guaporé, als Umäua und Carijona am Japura, endlich als Bakairi und Nahuquä
am oberen Kingü. In Oſtvenezuela bildeten die jetzt faſt ausgeſtorbenen Cumanagoto und
Chaima den Übergang zu den Karaiben der Antillen. Hier waren die Karaiben im 15. Jahr⸗
hundert erſchienen, hatten die Aruakmänner getötet, die Weiber behalten. Als Caniba, Kanni-
balen, wurden ſie jahrhundertelang den Europäern der Antillen gefährlich. Alle ſind gute
Schiffer, Jäger, Fiſcher, aber auch Ackerbauer; ſie bedienen ſich der baumwollenen Hängematte.
Ihnen gegenüber hält die Gruppe der Aruak (ſ. die Abbildung auf S. 148) an der aus
Baſt geflochtenen Hängematte feſt und zeichnet ſich beſonders durch hohe Entwickelung der
Töpferei und Flechterei aus. Die Aruak wohnen jetzt in geſchloſſener Maſſe zwiſchen dem
oberen Orinoco und dem oberen Madeira, doch iſt es ungewiß, wohin ihre urſprünglichen
Wohnſitze zu verlegen ſind. Auch haben ſich keine mächtigen Stämme unter ihnen aus—
gebildet. Abgeſondert wohnen die Guajiro auf der Halbinſel Guajira, die eigentlichen Aruak
oder Arowaken an der Küſte von Guayana, die Mehinaku und Jaulapiti am oberen Kingu,
die Kinikinau, Guan und Tereno am oberen Paraguay.
Unter den kleineren Gruppen find beſonders zu erwähnen die Betoya oder Tukano
(j. die Abbildung auf S. 145), deren Vertreter vom Uaupes weſtlich bis zum Napo ſitzen;
die Uitoto zwiſchen Japura und Sea; die Zaparo und die in zahlreiche Unterabteilungen
zerſplitterten Jivaro weſtlich vom Napo am Oſtabfall der Kordilleren; die Cahuapana
ſüdlich von dieſen; die Pano (ſ. die Abbildung auf S. 147) am Ucayali und Javary, aber
auch am oberen Yurud, dem mittleren Madeira ſowie am Beni und Madre de Dios; die
Tacana zwiſchen Beni, Madeira und Rio Acre; endlich die Karaja am Araguaya und auf
dem rechten Ufer des mittleren und unteren Xingu.
Stämme mit iſolierten Sprachen find die Otomaken, Yaruro, Piaroa, Guahibo,
Saliva, Puina ve und Warau im Flußgebiete des Orinoco; die Schiriand am Uraricuéra
und im Quellgebiete des Orinoco; die Maku zwiſchen Rio Negro und Japurä; die Miranda
und Juri zwiſchen Japurä und Sea; die Tekuna oder Tikuna ſüdlich von ihnen auf dem
linken Ufer des Amazonas; die Mura im Mündungsgebiet des Madeira und Purus; die
Bororb und Guatöb am oberen Paraguay; die Trumai im Quellgebiet des Xingu.
Erloſchen ſind die Kiriri-Sabuya am unteren Sao Francisco, ebenſo die Puri, Ko—
ropb und andere Stämme in Oſtbraſilien, deren Sprachen die Goytaca-Gruppe bilden.
Die Guaikuru-Gruppe umfaßt die Völker am oberen Paraguay und die wilden
Reiterſtämme des nördlichen Chaco. Es gehören dahin die Kadiuéo bei Miranda, die Toba
(ſ. die Abbildung auf S. 244), Pilagä, Mokovi und die jetzt ausgeſtorbenen Abipon im Chaco
ſowie die Payaguä von Aſuncion. Unter dem Namen Matako-Gruppe werden Stämme des
mittleren und nördlichen Chaco zuſammengefaßt, wie die eigentlichen Matako, die Choroti
und die Aſhluſhlay, und unter der Bezeichnung Maskoi-Gruppe hat Koch-Grünberg die
Lengua (Tafel 10, Abbildung 2), Guanä des Chaco, Sanapand und einige kleinere Stämme
des nördlichen Chaco vereinigt. Der Samuku-Gruppe endlich gehören die Chamacoco
und einige Stämme im unbekannten Inneren des nördlichen Chaco an.
Die Völker des Südens. Die ſüdlichen Stämme zeichnen ſich vor den tropiſchen
dadurch aus, daß ſie ſich ſeit der Einführung des Pferdes durch die Europäer aus Stämmen
mit geringer Viehzucht und etwas Ackerbau in wilde Reiter- und Jägervölker verwandelt
Die Bevölkerung. 83
haben. Sie ſind daher in ihrer Kultur von den tropiſchen Stämmen recht verſchieden und
haben auch im Körperbau und Charakter eine etwas andere Entwickelung genommen. Sie
ſind im ganzen erheblich größer als die tropiſchen Stämme, kraftvoller und kriegeriſcher.
Die Pampasindianer, Pueltſchen oder Taluhet, ſaßen in der Pampa zwiſchen dem
Rio Salado und dem Rio Negro und hatten in den Ureinwohnern Uruguays, den Charrua,
Verwandte. Sie wurden jedoch ſeit 1879 über den Rio Negro nach Süden verdrängt, wo
ſie noch in geringen Reſten leben. Die Araukaner hielten Mittel- und Südchile beſetzt,
wurden aber aus Mittelchile ſeit dem 16., aus Südchile ſeit der Mitte des 19. Jahrhunderts
mehr und mehr verdrängt und auf die Oſtſeite der Kordilleren hinübergeſchoben. Neuer—
dings ſind ſie jedoch meiſt nach Chile zurückgekehrt.
Die eigentlichen Patagonier zerfallen in die nördlichen Tehueltſchen vom Rio
Negro bis zum Chubut und die ſüdlichen Tehueltſchen von dieſem bis zum Feuerland;
auf dieſem wohnen als dritter Stamm der Patagonier die Ona. Endlich bewohnen die
tiefſtehenden Feuerländer das Feſtland und die Inſeln im Gebiete der Fjorde vom Süd—
feuerland bis zu den Chonosinſeln in geringer Zahl.
Die andinen Kulturvölker. Über den größten Teil der Kordilleren, von Nord—
chile bis Colombia, breiteten ſich zur Zeit der Eroberung Völker aus, die aus ſich ſelbſt heraus
eine eigenartige, für die amerikaniſche Raſſe bezeichnende Kultur entwickelt hatten. Im
Süden, in Bolivia und Südperu, ſaßen die Aimarä, die Erbauer der großartigen, aller-
dings unvollendeten Bauwerke von Tiahuanaco am Titicacaſee. Sie ſcheinen von Nord—
weſten eingewandert zu ſein und ſind die einzigen, denen ihre Sprache nicht von den herr—
ſchenden Ketſchua genommen wurde. Dieſe, das kräftigſte Volk Südamerikas, hatten kurz
vor dem Eindringen der Spanier alles Kordillerenland von 30° ſüdl. Breite bis zum Aquator
ſich zu unterwerfen verſtanden; es ſind aber Anzeichen vorhanden, daß bereits vor der An—
kunft der Spanier ihre Kultur in Verfall geraten war. Eine große Reihe von anderen
Kulturvölkern muß namentlich am Weſtgehänge der Kordilleren gegen das Meer gewohnt
haben. Sie find, wie das Reich von Chimu bei Trujillo, bereits von den Ketſchua ſelbſt
unterworfen worden, ſo daß die Spanier die Trümmerſtätten ſchon vorfanden. Auch die
Stämme der Hochbecken von Ecuador, die Quito und andere, waren dem Inka Huaina
Ccapac erlegen, dagegen hatten die Ketſchua die Hochbecken von Colombia noch nicht erreicht.
Hier beſtanden zur Zeit der Entdeckung die ſelbſtändigen Reiche der Chibcha um Tunja
und Sogamoſo, doch war ihre Kultur geringer als die der Ketſchua.
Als die Spanier und Portugieſen ſich Südamerikas bemächtigten, wurden die Indianer
an den Küſten ihrer Wohnſitze raſch beraubt. Ein Teil wurde vernichtet, ein anderer zu
Sklaven gemacht, der Reſt ins Innere verdrängt. Auch auf den Kordilleren, im Gebiete der
Kulturvölker, wurde unter den Indianern gewaltig aufgeräumt, doch ſaßen ſie hier in zu
großer Zahl, um ganz vertrieben zu werden, vielmehr haben ſie ſich gerade hier bis heute am
reinſten und zahlreichſten erhalten. Im übrigen Südamerika wurden im Laufe der Zeit ganze
Stämme vernichtet, deren Namen nur noch in Ortsnamen auf uns gekommen ſind. Den
Verſuch, die Indianer der Kultur zuzuführen, haben nur die Mönchsorden, Franziskaner,
Dominikaner, Kapuziner, ſowie die Jeſuiten gemacht. Am unteren Amazonas ſiedelten ſie
in Dorfſchaften Indianer aus verſchiedenen Stämmen an, die ſich vermiſchten und ſo eine
colluvies gentium bildeten, die man Tapuya nannte. Sie wurde durch die aus dem Tupi
6 *
84 Allgemeine Überſicht.
abgeleitete Miſſionsſprache, die lingua geral, zuſammengehalten, während ſich für die Kor—
dillerenländer das Ketſchua als Umgangsſprache einbürgerte. Im übrigen ſpaniſchen Amerika
aber beſtand keine allgemeine Sprache.
Als zweites Bevölkerungselement ſind die Neger (Taſel 18, Abbildung 4) anzuſehen.
Sie gelangten zum Erſatz der Indianer als Arbeiter nach Amerika, haben vorwiegend die
tierra caliente beſiedelt, ſich bedeutend vermehrt und über dieſe ausgebreitet. Ein Teil
machte ſich ſogar unabhängig, ſeit 1663 in Surinam, wo ſich am oberen Maroni bis heute,
noch verſtärkt durch friſchen Zuzug, wie 1865 ſeitens der Paramaca, die ſogenannten
Buſchneger gehalten haben.
Die dritte Raſſe iſt die jetzt herrſchende weiße Raſſe. Sie beſtand bis zum Anfang
des 19. Jahrhunderts faſt ausſchließlich aus Spaniern und Portugieſen, deren in Südamerika
geborene Nachkommen Criollos, Kreolen, genannt wurden. Später ſind aber noch andere
Europäer, namentlich Italiener, in großer Zahl eingewandert, letztere vorzugsweiſe nach
Argentina, Uruguay, Südbraſilien und Säo Paulo. Dieſe Gegenden und Chile wurden
auch von Deutſchen bevorzugt, doch wohnen Deutſche bei weitem nicht in ſo großer Zahl in
Südamerika wie in Nordamerika. Ferner leben Aſiaten in Südamerika, Chineſen nament-
lich in Peru, Indier und Malaien in Guayana und auf den britiſchen Antillen, alle jedoch
erſt ſeit etwa 70 Jahren und in geringer Zahl. Daher haben ſie ſich auch bisher nur wenig
mit den drei hauptſächlichen Raſſen Südamerikas vermiſcht.
Wohl aber hat im Laufe der Zeit eine ſehr umfangreiche Vermiſchung zwiſchen der
weißen Raſſe, den Indianern und Negern ſtattgefunden, und es hat ſich daraus eine Miſch—
lingsbevölkerung gebildet, die in manchen Staaten, wie in Venezuela, bereits vorherrſcht,
ſo daß die drei Hauptraſſen hier und anderswo nur noch mit wenigen Prozenten an der Be—
völkerung teilnehmen. Die Weißen miſchen ſich mit den Negern zu Mulatten, mit den In—
dianern zu Meſtizen, die Neger mit den Indianern zu Zambos oder Chinos. Die Abkömm—
linge von Meſtizen und Indianerinnen heißen, wenigſtens in Peru, Cholos (j. die Abbildung
auf S. 342), die von Weißen und Mulattinnen Cuarterones, endlich die von Weißen und
Cuarteroninnen Quinteronen, und die Verbindung dieſer mit Weißen erzeugt zuletzt wieder
Weiße. So entwickelt ſich ſchließlich wieder die reine Raſſe, beſonders häufig bei den India—
nern, da die weiblichen Meſtizen ſich hauptſächlich indianiſchen Männern zuneigen. Daher
gewinnt die eingeborene Raſſe vielfach wieder an Boden, beſonders in Bolivia und Peru.
Im ganzen herrſcht das indianiſche Element der Zahl nach vor in Paraguay und in
den Kordilleren von Nordchile bis Colombia ſowie in Amazonien. Demgegenüber iſt die
weiße Raſſe in Chile, Argentina und Uruguay ſowie in Südbraſilien und Säo Paulo in der
Mehrzahl und bildet auch an der geſamten übrigen Oſtküſte einen anſehnlichen Teil der
Bevölkerung. Die Neger ſitzen dicht an dieſer Oſtküſte, am dichteſten in Rio, Bahia, Teilen
von Nordoſtbraſilien und in Venezuela; die Miſchung zwiſchen Weißen und Negern iſt durch
die Aufhebung der Sklaverei ſeit der Unabhängigkeit befördert worden, und ſo ſchreitet die
Kreuzung der drei Raſſen immer weiter fort. Über das Verhältnis der Raſſen zueinander
fehlen aber genaue Angaben. Die Zahl der unabhängigen und unziviliſierten Indianer ſoll
in Braſilien 300000, in Peru 100000, in Bolivia 100000, in Ecuador 50000, in Argentina etwa
30000, in Paraguay 50000 Köpfe betragen. Rechnet man noch je 50000 für Venezuela, für
Colombia und für Guayana hinzu, ſo erhält man im ganzen etwa 700000 freie Indianer.
Werden ferner die ziviliſierten Indianer der Kordillerenſtaaten auf etwa 5¼ Millionen
Politiſche Überſicht. 85
veranſchlagt, jo ergeben ſich gegen 6 Millionen Indianer. Neger rechnet man für Braſilien 2%,
für ganz Südamerika 4 Millionen. Ferner mögen im ganzen etwa 10 —410½% Millionen Weiße
in Südamerika leben, vornehmlich in den Südſtaaten und Braſilien. Der ganze Reſt, etwa 20
Millionen, alſo die Hälfte der Geſamtbevölkerung des Erdteils, iſt auf die Mif chlinge zu rechnen.
VIII. Politiſche Überſicht.
(Vgl. die politiſchen Grenzen auf der Verkehrskarte bei S. 93.)
Politiſche Verhältniſſe. In bezug auf die politiſchen Verhältniſſe iſt Südamerika
auffallend einheitlich. Auf ſeinem Boden liegen nur drei kleinere europäiſche Kolonien,
der ganze Reſt trägt ſelbſtändige Freiſtaaten. Südamerika hat daher unter allen Erdteilen
am wenigſten europäiſche Kolonien. Das iſt um ſo bemerkenswerter, als bis zum Jahre
1822 umgekehrt faſt der ganze Kontinent aus ſolchen beſtand, nämlich aus portugieſiſchen und
ſpaniſchen Beſitzungen. Im 16. Jahrhundert hatten die Spanier die Nord- und die ganze
Weſtküſte, von der Oſtküſte außerdem die La Plata- und die Orinoco-Mündungen beſetzt,
die Portugieſen dagegen das Land zwiſchen dem Amazonas-Trichter und der Haffküſte
von Rio Grande do Sul. Freilich hatten die Spanier ſich der Angriffe der Engländer, die
Portugieſen der Nebenbuhlerſchaft der Franzoſen und Holländer zu erwehren in Kämpfen,
die, namentlich im Oſten, mehr als ein Jahrhundert dauerten. Hier gelang es den ſeit 1540
in Braſilien heimiſch gewordenen Portugieſen, zuerſt 1611 die Franzoſen, dann 1654 die
Holländer zu vertreiben, doch blieben dieſe Völker an der Küſte von Guayana anſäſſig. Auch
die Spanier hatten ihre Beſitzungen gelegentlich gegen die Fremden, namentlich Guayana
und die Nordküſte gegen engliſche Flotten zu verteidigen, aber ſeit 1660 blieben ſie doch
dauernd Herren ihrer Kolonien und Südamerika, mit Ausnahme von Franzöſiſch- und
Niederländiſch-Guayana, zwiſchen Spanien und Portugal geteilt.
Es bedurfte nur noch der Auseinanderſetzung dieſer beiden Nationen über das Innere
des Erdteils und über die Grenze in Südbraſilien. In beiden Fällen hatten die Portu—
gieſen nach längeren Kämpfen den größeren Erfolg. Sie ſchoben ihre Herrſchaft um 1700
bis nach Tabatinga am Amazonas vor und drangen 172030, gelockt durch Funde von Gold
und Diamanten, von Säo Paulo her nach Matto Groſſo vor; um dieſelbe Zeit, 1731, grün-
deten ſie auch Rio Grande do Sul. Die politiſche Einteilung der ſpaniſchen Kolonien berück—
ſichtigte lange nur den Norden und Weſten. Man unterſchied bis 1776 nur drei Statthalter-
ſchaften, das Generalkapitanat Caräcas (Venezuela), das Vizekönigreich Neugranada (Colom—
bia) und das Vizekönigreich Peru (Ecuador, Peru, Bolivia, Chile, die La Plata-Länder). Zu
dieſen kamen erſt gegen Ende der ſpaniſchen Herrſchaft 1775 das Vizekönigreich La Plata
(Uruguay, Argentina, Paraguay, Chile, Bolivia) und 1797 das Generalkapitanat Chile.
Während ſomit im 18. Jahrhundert äußere Feinde die ſpaniſchen und portugieſiſchen
Kolonien kaum beläſtigten, verfielen ſie im Inneren infolge der Mißwirtſchaft der Spanier
und Portugieſen raſch. Ein gewaltiger, immer unerträglicher werdender Druck laſtete auf
ihnen. Der Handel mit anderen Ländern als den Mutterländern wurde verboten, Fremden der
Zutritt ins Land verwehrt, der Anbau wichtiger Erzeugniſſe, wie Wein und Olfrüchte, ſowie
die Gewinnung von Salz in Braſilien aus Rückſicht auf das Monopol in Portugal unterjagt.
Ackerbau und Viehzucht, die ſich im 17. Jahrhundert in ungeahnter Weiſe entwickelten, ber
fielen im 18., die Preiſe ſtiegen ins Ungeheure, der Schmuggel blühte. Hierzu kam parteiiſche
86 Allgemeine Überſicht.
Rechtspflege, Willkürherrſchaft der Statthalter und vor allem die völlige Zurückſetzung der
Südamerikaner, der Kreolen, gegen die aus dem Mutterlande gekommenen Beamten.
Daher brach ſchon 1749 infolge der Monopoliſierung des geſamten Handels durch die
Compania Guipuzcoana in der Umgebung von Caräcas ein Aufſtand aus. Dieſer wurde
zwar bereits 1751 wieder unterdrückt, aber der Freiheitskampf der Vereinigten Staaten
Nordamerikas gegen England und die franzöſiſche Revolution belehrte die Kreolen, daß und
wie es möglich ſei, den Druck einer privilegierten Klaſſenherrſchaft von ſich abzuſchütteln.
So kam es 1782 in Peru und Cundinamarca, 1797 in Colombia, 1806 in Venezuela und
1809 in Quito zu aufrühreriſchen Bewegungen. 1810 erhob endlich Francisco de Miranda
in Caracas die Fahne offenen Aufſtan⸗
des, wurde aber 1812 durch den ſpani—
ſchen General Murillo gefangen und
ſpäter in Cadiz hingerichtet. An ſeine
Stelle trat der Befreier des nördlichen
Südamerika, Simon Bolivar (ſ. die
nebenſtehende Abbildung), aus altem
Geſchlechte, 1783 in Caräcas geboren,
alſo abermals ein Venezolaner, und
ihm gelang es 1813, von Cartagena aus
bis nach Caräcas ſiegreich vorzudringen
und am 4. Auguſt in ſeine Vaterſtadt
einzuziehen. Wiederum aber ging
ſchon im folgenden Jahre (1814) der
gewonnene Vorteil verloren; Vene—
zuela mußte preisgegeben werden und
blieb in den Händen der Spanier, bis
endlich Bolivar 1819 Venezuela und
Neugranada ſamt Ecuador zu der alten
FETT Republik Colombia zu vereinigen und
e en eee 1821 bei Carabobo die Unterdrücker
vollſtändig zu beſiegen vermochte.
Um dieſelbe Zeit wie in Venezuela brach auch in Chile und in den La Plata-Staaten
der Aufruhr aus und führte in wenigen Jahren zur Befreiung vom ſpaniſchen Joch. Seit
1811 entſtanden unter Joſé Gaſpar Tomas Rodriguez da Francia, der 1814 Diktator
wurde, die Republiken Paraguay und Uruguay. Im Jahre 1819 ſchlug dann General Joſé
de San Martin (j. die Abbildung auf ©. 87) die Spanier in Chile und Argentina und ver-
richtete ſomit für den Süden des Erdteils dieſelbe Arbeit der Befreiung wie Bolivar im
Norden. Endlich führte der von Sucre 1824 erfochtene Sieg von Ayacucho zur völligen
Räumung des Erdteils durch die Spanier 1825 und zur Errichtung der Bolivar-Republik
Bolivia neben den ſeit 1822 bereits gegründeten Republiken Paraguay, Uruguay, La Plata
(Argentina), Chile, Peru und Colombia.
Bald jedoch zeigten ſich die ſchweren Mängel der ſpaniſchen Abkömmlinge. Zwiſchen
den ſiegreichen Führern begannen ſogleich Streitigkeiten, die fortan faſt das geſamte Staats⸗
leben Südamerikas beherrſchten. Zuerſt zerfiel die Republik Colombia 1830 wieder in ihre
Politiſche Überſicht. 87
drei Teile: Venezuela, Neugranada (ſpäter Colombia) und Ecuador; Colombia, Venezuela,
Peru, Ecuador, Bolivia, Paraguay, Uruguay und Argentina krankten fortgeſetzt an Revo—
lutionen und Bürgerkriegen, und nur in Chile herrſchte ſeit 1839 Ruhe, bis 1891 ſelbſt
hier ein Bürgerkrieg entbrannte. Auch unter ſich und gegen andere Staaten führten die
Republiken Krieg. Schon 1828 erklärte Peru den Krieg an die alte Republik Colombia; 1839
ſiegte Chile über Bolivia und Peru; 1845 geriet Argentina in Konflikt mit England und
Frankreich, 1852 ſtand es gegen Braſilien, Paraguay und Uruguay; 1865 kamen Colombia
und Ecuador aneinander; 1864 — 69 kämpften Chile, Peru, Bolivia und Ecuador gegen
Spanien und von 1864 bis 1872 Braſilien, Uruguay und Argentina gegen Paraguay;
1879-81 beſiegte Chile Peru und Bo⸗
livia. Die Entwickelung der Republiken
war daher keine ſtetige, Parteikämpfe
haben ſie alle zerriſſen und ſind bis auf
den heutigen Tag die Haupthinderniſſe
ihres Fortſchrittes. Bald kämpften Kleri⸗
kale und Liberale, beſonders in Colom—
bia, erbittert um die Herrſchaft, bald
rangen föderaliſtiſche und zentraliſtiſche
Beſtrebungen miteinander, wie in Ve—
nezuela.
In Braſilien verliefen umge—
kehrt gerade die Jahre der ſchweren
Kämpfe der ſpaniſchen Kreolen gegen
das Mutterland, 1807—21, ruhig, weil
die portugieſiſche Königsfamilie damals
in Braſilien lebte. Als aber dann nach
deren Rückkehr nach Portugal das Mut-
terland die alte Abhängigkeit der Kolonie
von ſich wieder einführen wollte, da er- 2 a .
e en
keit, wählte jedoch den älteſten könig—
lichen Prinzen, Dom Pedro, zum Kaiſer. Dieſer gab 1824 eine Verfaſſung und regierte
bis 1832. Dann folgte Dom Pedro II. 1832—89, jo daß das Land 67 Jahre lang Kaiſertum
war. Am 15. November 1889 wurde aber das Kaiſertum von der Militärpartei und den
durch die Sklavenbefreiung geſchädigten Großgrundbeſitzern in einem faſt unblutigen Auf—
ſtande geſtürzt; ſeitdem iſt auch Braſilien Republik.
Demnach beſteht Südamerika zurzeit aus zehn Republiken und drei europäiſchen Kolo—
nien, da ein Teil von Niederländiſch-Guayana 1815 an England überging. Die Größe und
Einwohnerzahl der einzelnen Republiken iſt noch ſehr unſicher. Wollte man alle von
ihnen ſelbſt angegebenen Flächenzahlen annehmen, ſo würde der Erdteil um mehrere
Millionen Quadratkilometer wachſen. Grenzſtreitigkeiten beſtanden zwiſchen den
meiſten Staaten, namentlich den nördlichen, oft über Hunderttauſende von Quadratkilo—
metern, jo daß z. B. für die Fläche Perüs die offiziellen und die gebräuchlichen Zahlen um
nicht weniger als 633000 qkm voneinander abwichen. Immerhin find nach und nach durch
88 Allgemeine Überſicht.
Schiedsſprüche die Grenzen der meiſten Staaten feſtgelegt worden, ſo für Colombia und
Venezuela 1893, Venezuela und Britiſch-Guayana 1897, Braſilien und Argentinien 1891,
Franzöſiſch-Guayana und Braſilien 1900, Chile und Argentinien 1902, Braſilien und Bolivia
1903, Britiſch-Guayana und Braſilien 1904, Bolivia und Peru 1909, Peru und Ecuador
1913. Unſicher find noch die Grenzen zwiſchen Peru und Colombia ſowie Ecuador und
Colombia, und der ſeit der Abtretung von Taena und Tarapaca von Peru an Chile 1880
hervorgerufene erbitterte Haß der Peruaner gegen Chile erzeugt dauernd Kriegsgefahr.
Eine ſchwere Wunde erlitt auch Colombia durch die Losreißung des Staates Panamä 1903.
Die für 1912 gültigen Zahlen für Fläche, Einwohner und Volksdichte der ſüdameri—
kaniſchen Staaten ſind folgende:
Staaten: O Kilometer Einwohner Volksdichte
Agentin —8 2789 462 8 700000 3,1
Higgs 8 178 700 1226 000 7,0
Paragnao ggg ih. 253 100 800 000 3,2
Brnjilten) n 8 8 497 540 24 600 000 2,9
Franzöfiich-Guayana . . . .» . 78 900 49000 419) 708
Niederländifch-Guayana . . . . 129100 93000 (1911) 0,
Britiſch- Guayana ... . 233810 441810 296000 438 000 (1911) 1,3
Benennen 8 942 300 2755000 (1909) 2,8
Atlantiſche Staaten: 13102912 rund: 38 500000 3,0
Kolonibia® = Son ER. 1206 200 5073000 4,2
Ecuador (und Galapagod) . » 2.2.2... 307 243 1500 000 5,0
SPotea Dana Enge NSS, ee ee 1167000 5 580 000 4,8
ee, ER len 1 440 000 2 266 000 1,6
r S er 757 366 3415 000 4,5
Pazifiſche Staaten: 4877809 17834000 3,6
Geſamtſumme: 17980721 rund: 56 300 000 3,1
Rechnet man Venezuela als Kordillerenſtaat zu der zweiten Staatengruppe, ſo erhält
man für die Kordillerenſtaaten 5820 109 qkm und 20600000 Einwohner, und die Zahlen
für die öſtlichen Staaten ſinken auf 12260612 qkm und 35745000 Einwohner. Die Oft-
ſeite hat alſo zwar mehr Einwohner als die Weſtſeite, aber auch mehr Fläche, und die
Volksdichte (j. die Karte S. 89) iſt auf ihr ſogar geringer als auf der Weſtſeite. Bei weitem
der größte Staat iſt Braſilien, er nimmt nicht viel weniger als die Hälfte Südamerikas ein;
dann folgt Argentina und nun vier faſt gleich große Staaten, Bolivia, Colombia, Peru,
Venezuela, weiter Chile und endlich die Kleinſtaaten Südamerikas: Ecuador, Paraguay,
Uruguay. In der Einwohnerzahl ſteht an dritter Stelle Peru, dann folgen Colombia,
Chile, Venezuela, Bolivia, Ecuador, Uruguay, Paraguay. Die größte Volksdichte haben
Uruguay, Ecuador, Peru, Chile, Colombia, die geringſte Bolivia, Venezuela, Braſilien.
Wie ſich innerhalb der einzelnen Staaten die Volksdichte verteilt, zeigt am beſten die
Textkarte auf S. 89. Man bemerkt ſehr menſchenarme Gebiete im ganzen Inneren, in der
Atacama und in Patagonien und dichte Beſiedelung in der Umgebung der Hauptſtädte
ſowie am Oſtrande. Große Anſammlungen der Bevölkerung aber fehlen ebenſowohl wie
ganz unbewohnte Gebiete größeren Umfanges.
Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. 89
IX. Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe.
Bergbau. In der Kolonialzeit erzeugte Südamerika vornehmlich Produkte des
Bergbaues, namentlich Silber. Das wichtigſte Land für den Bergbau und das wirtſchaft—
lich kräftigſte war damals Peru, das zu jener Zeit auch das heutige Bolivia mit einſchloß.
Maßstab 1:75 000 000
0 500 1000 1500 2000
Kilometer.
Bewohner auf 10 Kilometer: |
0-01
01-1
NN 1-9
10- 25
2 25-50
Eier 50
Orte über 500.000 Einwohner
» 100000 „
" 50000 »
unter 50000 » 5
88 fast
Sen 8 8
[Bevöikerungs ichtigkeit der kleinen Antillen
Im dreifachen Maßstabe der
Die ZELLE entsprechen der Anzahl der
ewohreer auf den. U Kilometer.
Volksdichtigkeit von Südamerika. Zu S. 88.
Peru ſoll nach A. v. Humboldt bis zum Jahre 1802: 873 Millionen Peſos, alſo faſt 3500
Millionen Mark Silber ergeben haben. Außerdem war namentlich Colombia wegen ſeines
Goldes bekannt, doch lieferte auch Perü dieſes Metall. Ebenſo wird die Ausbeute an Gold
aus Braſilien bis 1800 auf 3900 Millionen Mark geſchätzt. Dazu kam ferner ſeit 1730 die
Diamantenausfuhr aus Braſilien. In neuerer Zeit ſind dieſe Edelmetalle aber weit ſpär—
licher geworden. Das wichtigſte Bergbauland Südamerikas iſt jetzt Chile mit 512 Millionen
Ausfuhrwert an Bergbauprodukten, darunter allein 447 für Salpeter, 46 für Kupfer, der
Reſt für Borkalk und Jod. Dann folgt Bolivia mit rund 100 Millionen Mark, davon 87 für
90 Allgemeine Überſicht.
Zinn. Peru liefert nur noch für 44 Millionen Mark Erze zur Ausfuhr, meiſt ſilberhaltige
Bleierze und Kupfer. Unter den Goldländern erzeugt Colombia 15, das Doradogebiet
Guayana etwa 20 Millionen Mark Erze, meiſt Gold, davon Venezuela 5, früher bis zu
20 Millionen. Gering iſt die Ausfuhr von Bergbauerzeugniſſen aus Braſilien, aber am
ſchwächſten iſt der Bergbau in den La Plata-Staaten.
Ackerbau. Der Ackerbau iſt im ganzen im Aufſchwung, hat aber in Guayana und
anderen Ländern durch die unüberlegt plötzliche Abſchaffung der Sklaverei zeitweiſe ſehr
gelitten. Um 1760 erzeugte Cayenne zwölfmal mehr Baumwolle, dreimal mehr Kakao und
doppelt ſoviel Zucker als heute. Ahnlich, wenn auch nicht ganz ſo ſchlimm, iſt es in Surinam.
Dagegen hat Britiſch-Guayana heute noch eine günſtige wirtſchaftliche Stellung, weil es
hier gelungen iſt, für die Neger indiſche Kulis als Erſatz heranzuziehen. Andere Länder, wie
Venezuela und Colombia, haben weniger ſcharfe Kriſen durchzumachen gehabt, während
Braſilien ſich dadurch geholfen hat, daß es die Sklaverei nur ganz allmählich abſchaffte.
Santos, Buenos Aires, Montevideo, Rio, Victoria, Bahia, Pernambuco, La Guaira,
Maracaibo und Guayaquil ſind die wichtigſten Häfen für Ackerbauprodukte.
Unter dieſen iſt für Süd- und Mittelamerika bei weitem das wichtigſte der Kaffee
(ſ. die Abbildung auf S. 72). Südamerika iſt der Kaffeekontinent, Braſilien das hauptſäch⸗
liche Kaffeeland der Erde. 1906/07 erzeugte Braſilien 20192000 Sack Kaffee, 1912 hatte
ſeine Kaffeeausfuhr den Wert von 902 Millionen Mark. Vom Juli 1900 bis Juni 1901 lie⸗
ferte es von 15,4 Millionen Sack 11,5 Millionen = 75 Prozent, im Jahre 1910/11: 15,8 Mil⸗
lionen Sack allein aus dem Hafen Santos. Das zweitwichtigſte Kaffeeland iſt Venezuela
mit 1912: 63 Millionen Mark, dann folgt Colombia mit 38, doch kommen geringere Mengen
auch aus Peru und Bolivia. Das zweite Ackerbauprodukt des tropiſchen Südamerika für die
Ausfuhr iſt der Kakao, der im Werte von 42 Millionen Mark von Ecuador, von 10 Millionen
Mark von Venezuela geliefert wird. Für die Bewohner aller tropiſchen Länder des Erdteils
iſt Zucker noch wichtiger, die Zuckerausfuhr iſt aber auf Braſilien, wo ſie 1910: 14, und
Peru, wo ſie 1912: 28 Millionen Mark betrug, beſchränkt.
Baumwolle kommt von Nordbraſilien (1912: 21) und Peru (1912: 22 Millionen
Mark), Tabak von Braſilien (1912: 29 Millionen Mark), während er ſonſt überall zwar viel
angebaut wird, aber im Lande bleibt. Auch Mais, ein überall allgemeines Getreide, wird nur
aus Argentina (1912 allerdings für 436 Millionen Mark) ausgeführt. Eine größere Bedeutung
hat neuerdings die Ausfuhr von Bananen aus Colombia (1911: 9 Millionen Mark) erlangt.
Kopra, Kokosöl, Vanille, ſpaniſcher Pfeffer werden an den Küſten, dieſer beſonders in Peru,
in geringen Mengen gewonnen, Reis wird nur wenig angebaut und faſt nicht aus-, aber in
großen Mengen eingeführt. Die Ausfuhr von Indigo hat infolge Erfindung der Anilin⸗
farben ein Ende genommen, dagegen kommen Orangen in großen Mengen von Paraguay,
während die Koka aus Peru und Bolivia nur einen geringen Beitrag zur Ausfuhr ergibt.
Von Waldprodukten hat die Chinarinde früher einen wichtigen Ausfuhrgegenſtand
gebildet, heute nicht mehr. Dafür iſt der Kautſchuk zu größter Bedeutung gelangt. 1910
lieferte Braſilien allein 33000 Tonnen im Werte von 494 Millionen Mark, 1912 für 320,
dazu Bolivia für 25, Peru für 25, Ecuador für 4, Colombia für 3,6 und Venezuela für
10,1, alle zuſammen für 387,7 Millionen Mark. Sehr wichtig iſt ferner der Mate, von dem
Braſilien 1912 für 42 Millionen Mark exportierte, und das Quebracho, aus Argentinien
1912 für 34 Millionen Mark ausgeführt. In geringeren Mengen kommen Sarſaparille,
Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe.
Ipekakuanha und andere Medizinal—
pflanzen zur Ausfuhr, Holz dagegen
faſt gar nicht.
Ein ganz anderes, aber ſehr aus⸗
geprägtes Bild geben die ſubtropi—
ſchen Staaten: Chile, Argentina,
Uruguay und Rio Grande do Sul.
Namentlich Argentina iſt eines der
wichtigſten Ackerbauländer geworden,
da es 1912 für 1093 Millionen Mark
Ackerbauerzeugniſſe ausführte, dar—
unter Weizen für 392, Leinſamen für
137 und Mais für 436 Millionen Mark.
Auch Uruguay lieferte 1910 für 8 Mil
lionen Mark Ackerbauprodukte, Chile
für 12,6, beſonders Hafer (3,5), Weizen
(3,2), Bohnen (2,4) und Gerſte (1,5).
Viehzucht. Ebenſo bedeutend
iſt die Viehzucht für die Ausfuhr der
La Plata-Staaten geworden. Schaf—
wolle kam aus Argentina 1912 für 232
Millionen Mark, aus Chile für 12,
aus Uruguay eine unbekannte Menge.
Dazu lieferten die La Plata-Staaten
Talg, Hörner, Klauen, ſehr viel Häute,
Vieh und Fleiſch. An Häuten führte
Argentina 1912 für 209, an Vieh für
44, an Fleiſch für 170, an Talg für 47
Millionen Mark aus, an Viehzuchtpro—
dukten in dieſem Jahre volle 725 Mil-
lionen Mark, Uruguay 194. Die Zahl
der Rinder betrug in Argentina allein
1908: 29 Millionen, die der Schafe 67,
der Schweine 1½, der Pferde 71, Mil⸗
lionen; in Uruguay gab es 1911: 18 Mil-
lionen Schafe und 7 Millionen Rinder.
Auch die Induſtrie zieht von
dieſer Entwickelung neuerdings Nutzen,
teils die auf der Viehzucht beruhende
Gefrierfleiſchfabrikation, die Gerberei
und andere, teils die auf den Acker⸗
bau gegründete Mühleninduſtrie, aber
die Ausfuhr von Induſtrieprodukten iſt
noch gering.
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Bergbau
(688)
(Mit Uruguay) Viehzucht
(1002)
(1204) — Zuſammen: 2273 — (1069)
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Ackerbauerzeugniſſe: tropiſche ſubtropiſche u. gemäßigte
92 Allgemeine Überſicht.
Handel. Der Handel hat ſich in den letzten Jahrzehnten mächtig gehoben, beſonders in
Argentinien und Braſilien. Die wichtigſten Ausfuhrgegenſtände Südamerikas find unter
Weglaſſung von Guayana in umſtehender Tabelle in Millionen Mark Wert zuſammengeſtellt.
Sie ergibt, daß Südamerika faſt ausſchließlich Rohſtoffe liefert. Der Ackerbau überwiegt mit
2273 Millionen Mark die Viehzucht mit 1002 um 1271, aber auch die Waldprodukte haben mit
479 Millionen Mark großen Wert, ſind aber wegen Rückgang des Kautſchukpreiſes 1912 vom
Bergbau mit 688 wieder überflügelt worden. Die Induſtrie ergibt Gefrierfleiſch allein für
175 Millionen Mark, dazu Leder aus Chile (8) ſowie Mehl aus Chile (1,2) und Argentinien
(30 Millionen Mark). Die Reihenfolge der Erzeugniſſe iſt ſchwer feſtzuſtellen, weil Uruguay die
Viehzuchtprodukte, Peru die Erze nicht beſonders unterſcheidet. Ohne dieſe iſt ſie (in Millionen
Mark): Kaffee 1006, Salpeter 447, Mais 440, Weizen 400, Häute 289, Wolle 252, Fleiſch 175,
Leinſamen 147, Zinn 96, Hafer 91, Kakao 82, Kupfer 54, Talg 47, Baumwolle und Mate
je 43, Zucker 42, Quebracho 36,4, Tabak 31, Gold 23, Jod und Borkalk 17, Steinnüſſe 12.
Der Handel des Erdteils hat jetzt einen Geſamtwert von 8864 Millionen Mark.
Iſt das für einen ſo großen Kontinent auch noch nicht viel, ſo hat ſich doch in den letzten Jahr—
zehnten, wenigſtens im Süden, in Chile, Uruguay und Argentinien ſowie in Braſilien ein
bedeutender Aufſchwung gezeigt. Die größten Handelswerte haben, wie die folgende
Tabelle (1912) in Millionen Mark angibt, Argentinien und Braſilien, dann folgen je in
weitem Abſtande Chile und trotz ſeiner Kleinheit Uruguay. Alle übrigen Länder haben einen
Handelswert von weniger als 300 Millionen Mark und ſind daher noch wenig entwickelt,
am meiſten noch Britiſch-Guayana, am wenigſten die Kordillerenſtaaten (außer Chile),
Paraguay ſowie Franzöſiſch- und Niederländiſch-Guayana. Überhaupt tritt der Weſten, das
Kordillerengebiet mit 1840, unter Zurechnung Venezuelas 2030 Millionen Mark ſehr zurück
gegen den atlantiſchen Oſten mit 7020, ohne Venezuela 6830 Millionen; das Verhältnis
iſt alſo wie 2:7. Vielleicht wird die Eröffnung des Panamäkanals hierin Wandel ſchaffen.
8 Geſamthandel
S 2
Staat Einfuhr Ausfuhr Handel des Erdteils
VCC 502 566 1068 12,05 Proz.
C 5 79 144 223 2
FFC „ 189 292 3.5 mr
FFC A 46,5 52 98,5 1,1: woe
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Pgifiſche Staaten 802,5 1040 1842, 20,8 Proz.
nene 85 105 190 3 -
Pazifiſche Staaten einſchl. Venezuela 887,5 1145 2032,5 22,92 Proz.
Britiſch⸗Guayana (191/12) . 77 . “ii 36 | 41,7 78 0,88 Proz.
Niederländiſch-Guayana (19117 7,3 3, 11 0,12: =
Franzöſiſch-Guayana (191) . » -» . - 9 95 18,5 0,2 -
IC ͤ EN N! 1284 1512 2796 31,54
CC7777CCCC(0C ( ˙ De | 21,5 1771 39 0,4 -
CTC 196 (191) 213 (1912) 409 4,61 =
ECV 1558 13922 3480 39,26
Atlantiſche Staaten ohne Venezuela 3112 3719 6831, 5 | 77,08 Proz.
Zuſammen: 4000 4864 8864 100,0 Proz.
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Das Verkehrsweſen. 93
X. Das Verkehrsweſen.
(Siehe die beigeheftete „Verkehrskarte von Süd⸗ und Mittelamerika“)
Infolge der ſpaniſch-portugieſiſchen Mißwirtſchaft entbehrten die Kolonialländer grö—
ßeren Verkehrs nach außen und im Inneren. Erſt nach Abſchüttelung der alten Feſſeln
nahm der Verkehr Südamerikas mit dem Auslande raſch zu, doch erreichte er bedeutendere
Ausdehnung erſt nach der Einführung der Dampfſchiffahrt, ungefähr ſeit dem Jahre 1850,
und infolge der Einwanderung von europäiſchen Kaufleuten, Bergingenieuren und ſon—
ſtigen intelligenten Elementen.
Seeſchiffahrt. Der Lage Südamerikas entſprechend, hat zuerſt die Europa am
nächſten gelegene Nordküſte einen größeren Dampfſchiffsverkehr veranlaßt. Er wurde
allerdings in der erſten Zeit im weſentlichen nur durch Zweiglinien aufrecht erhalten, die
von der jahrzehntelang als Mittelpunkt aller Schiffahrt in Weſtindien dienenden Inſel
St. Thomas ausgingen. Später begann dann die direkte Dampfſchiffahrt nach den Häfen
Venezuelas und Colombias. Die ſchnellſte, beſtausgeſtattete und teuerſte, die franzöſiſche
Linie, läuft in 15 Tagen von St.⸗Nazaire über Guadeloupe und Martinique nach La Guaira,
während die Schiffe der Hamburg-Amerika-Linie nur Paſſagiere 3. Klaſſe nehmen und von
Hamburg nach La Guaira volle 23 Tage brauchen. Seit 1901 aber verbindet die Hamburg-
Amerika⸗Linie als Nachfolgerin der Atlas-Linie New York über Jamaica mit Colön und
Hamburg über Havana mit Mexiko. Die britiſche Royal Mail erreicht von Southampton
zwar in 12 Tagen Barbados, ſetzt aber dort Paſſagiere und Poſt auf kleine, nur alle 4 Wochen
verkehrende Dampfer über, während die Hauptlinie über Trinidad nach Jamaica und Colon
führt. Die franzöſiſchen, deutſchen und britiſchen Dampfer haben als Stützpunkte Mar-
tinique, St. Thomas und Barbados. Eine ſehr lange Fahrt haben auch die im übrigen ſehr
guten holländiſchen Dampfer, die auf der Reife von Amſterdam nach Curacao zuerſt Para—
märibo, Demerara und Trinidad, dann Caruüpano, Cumand, Guanta, La Guaira und Puerto
Cabello anlaufen und darauf über Haiti nach New Pork weitergehen. Ferner verbindet
die Red D Line New York mit Puerto Rico, Curacao, La Guaira, Puerto Cabello und Mara—
caibo, die New York and Cuba Mail New York mit Cuba, den Bahamas und Mexiko, die
United Fruit Line Nordamerika mit dem atlantiſchen Mittelamerika und eine Linie der
Panamä⸗-Kanal⸗-Geſellſchaft New York mit Colon.
Die drei europäiſchen Kolonien in Guayana werden von ihren nationalen Linien
angelaufen, aber nur Surinam und Demerara durch die holländiſche Linie direkt von Europa
aus, während Cayenne durch die Royal Mail und die Compagnie Générale Transatlan—
tique mit Barbados beziehungsweiſe Martinique — Trinidad mittels Zweiglinien verbunden
iſt. Zwiſchen Guayana und Braſilien beſteht keine direkte Verbindung, außer mit Küſten—
dampfern; auch das Amazonastal war bisher in bezug auf Dampfſchiffahrt ungünſtig
geſtellt. Para und Mangos waren bis 1901 nur durch die engliſche Booth-Linie von Liver—
pool in 16 beziehungsweiſe 25 Tagen zu erreichen, ſeitdem ſendet aber auch die Hamburg—
Amerika⸗Linie monatlich zweimal Paſſagierdampfer dahin.
Der Verkehr mit der Oſtküſte, Braſilien und der La Plata-Mündung hat ſich
neuerdings ſehr ſtark geſteigert. Nordoſtbraſilien ſteht durch die Hamburg-Südameri—
kaniſche Dampfſchiffahrts-Geſellſchaft, die ſeit 1900 mit der Hamburg-Amerika—
Linie eine Übereinkunft getroffen hat, mit Deutſchland in Verbindung, und von Pernambuco
94 Allgemeine Überſicht.
an werden die braſiliſchen Häfen Pernambuco, Bahia, Rio und Santos auch von dem Nord—
deutſchen Lloyd mit kleineren Schiffen, von den engliſchen Linien von Southampton
und Liverpool und der franzöſiſchen Linie Bordeaux-Buenos Aires ſowie von Havre und
Marſeille aus berührt. Dazu kommen für Rio und Bahia eine Linie nach New Pork, für
Südbraſilien die Hamburg-Amerika-Linie in Verbindung mit der Hamburg-Südamerika⸗
niſchen, ferner öſterreichiſche, ſpaniſche, engliſche, italieniſche und franzöſiſche Geſellſchaften.
Eine Schnellverbindung Dakar-Pernambuco iſt geplant. Endlich läuft der Lloyd Brazileiro
Bars, Maranhäo, Piauhy (Amarragäo), Cearä, Natal, Parahyba, Pernambuco, Maceio,
Bahia, Victoria, Rio, Santos, Iguapé, Cananea, Paranaguä, Antonina, Sao Francisco,
Desterro, Rio Grande, Montevideo und Buenos Aires an. Manche europäiſche Geſell—
ſchaften landen in braſiliſchen Häfen auch auf der Fahrt nach Montevideo und Buenos Aires,
und einzelne laufen von hier aus den Parana hinauf bis Roſario; Buenos Aires wird aber
auch direkt von Hamburg, Bremen und von engliſchen, franzöſiſchen, italieniſchen Häfen
erreicht, mit den beſten Schiffen (Cap-Dampfern“) von Hamburg jetzt in 22, von Genua
jogar in 16 Tagen. Dazu kommt die Hamburger Kosmos-Linie, die auf der Fahrt nach der
Weſtküſte Südamerikas Montevideo berührt, die ebenfalls nach der Weſtküſte fahrende
Pacific Steam Navigation Company zweimal im Monat und eine Linie New York-Rio—
Montevideo-Buenos Aires. Patagonien wurde bis 1900 mit Ausnahme des wichtigeren
Hafens Bahia Blanca nur von argentiniſchen Regierungsſchiffen beſucht, aber ſeitdem hat
die Hamburg-Amerika-Linie in Verbindung mit der Hamburg-Südamerikaniſchen auch die
patagoniſchen Häfen in das weite Netz ihrer Verbindungen einbezogen; überdies läuft die
argentiniſche Linea Nacional del Sud die patagoniſchen Küſtenplätze an.
Die Weſtküſte Südamerikas hat wegen ihrer größeren Entfernung von Europa bei
weitem weniger Verbindungen mit dieſem Erdteil als die Oſtküſte. Die älteſte die Weſtküſte
befahrende Geſellſchaft iſt die engliſche Pacifie Steam Navigation Company, deren
Dampfer von Liverpool über Liſſabon, Pernambuco, Bahia, Rio, Montevideo die Falk—
landinſeln und Valparaiſo Callao in 49, mit Schnellfahrten in 42 Tagen erreichen. Dann
folgt die Hamburger Geſellſchaft Kosmos. Berührt werden meiſt die Häfen Punta
Arenas, Corral, Coronel, Talcahuano, Valparaiſo, Coquimbo, Huasco, Caldera, Antofa—
gaſta, Cobija, Iquique, Piſagua, Arica, Mollendo, Pisco, Callao, Salaverry, Pacasmayo,
Eten, Pimentel, Payta, Guayaquil, Manta, Esmeralda, Tumaco, Buenaventura. Seit dem
Jahre 1900 hat aber die Kosmos-Linie ihre Fahrten bis Mexiko, ja bis Seattle in Nordamerika
ausgedehnt. Sie braucht von Hamburg bis Valparaiſo 48, bis Callao 65 Tage. Auch Chile
ſelbſt beſitzt in der Compania Sudamericana de Vapores eine gut gedeihende Ge—
ſellſchaft, deren Schiffe bis Panamä laufen. Die großen Segelſchiffe des Hauſes Laeisz
in Hamburg, wie der Fünfmaſter Potoſi, haben aber die Reiſe von Hamburg nach den
Salpeterhäfen auch in kaum 70 Tagen bereits mehrfach zurückgelegt. Alle Dampferlinien
fahren durch die nicht ungefährliche Magalhäesſtraße und laufen hier Punta Arenas an, die
Segelſchiffe nehmen ihren Weg um Kap Hoorn. Bequemer iſt die Reiſe nach Valparaiſo
jetzt über Buenos Aires-Mendoza und den Uspallata-Paß in 25 Tagen. Man kann aber in
derſelben Zeit Valparaiſo auch über New York-Panams erreichen, wobei man jedoch beim
Paſſieren der Landenge zweimal umſteigen muß.
Die Reiſe von Europa nach den Häfen der Weſtküſte, namentlich nach Zentralamerika,
Ecuador, Peru, Mexiko und Kalifornien, wird nach Eröffnung des Panamäkanals ſehr
Das Verkehrsweſen. 95
erleichtert werden. Die 1855 angelegte Eiſenbahn Colon -Panamä brachte eine vorläufige Ab-
hilfe der Schwierigkeiten des Reiſens zwiſchen Europa und der Weſtküſte Amerikas, der 1881
von F. v. Leſſeps begonnene Panamäkanal dagegen mußte 1888 aufgegeben werden.
Im letzten Jahrzehnt haben aber die Vereinigten Staaten den Kanal nahezu vollendet.
Binnenſchiffahrt. Die Flußdampfſchiffahrt in Südamerika iſt noch nicht ſo aus—
gebildet, wie es die zahlreichen großen ſchiffbaren Ströme ermöglichen könnten. An den
von La Guaira über Curacao nach Maracaibo fahrenden Red D-Dampfer ſchließt ein vene-
zolaniſcher an, der den See von Maracaibo bis zum Südufer befährt, um dann Waren
und Paſſagiere auf kleine Flußdampfer abzugeben, die den Rio Escalante und den Rio
Catatumbo⸗Zulia, erſteren bis Santa Barbara, letzteren bis Eucontrados, aufwärts gehen.
Das Orinocoſyſtem wird von einer engliſch-venezolaniſchen Geſellſchaft bis Ciudad Boli—
var befahren, weiter aufwärts nur während der Regenzeit bis Atures am Orinoco, Orocus
am Meta, Nutrias am Apure und die Portugueſa hinauf. Auf dem Magdalena (Tafel
17, Abbildung 1) wird ſeit 1845 die Schiffahrt mittels Dampfern betrieben, die in etwa
ſieben Tagen bis Honda laufen, aber wegen der ſtarken Strömung und der großen Treib—
holzmaſſen nicht unbedeutende Schwierigkeiten zu überwinden haben. Der Cauca wird bis
Cäceres (Tafel 17, Abbildung 2) befahren, größere Schiffe vermögen auch auf dem Mittel—
lauf zwiſchen Cali und Cartago zu verkehren, nicht aber zwiſchen Cartago und Cäceres.
Eine ſchönere, beſſere und breitere Waſſerſtraße bietet der Amazonas dar, der den
größten Schiffen die Fahrt bis in das peruaniſche Gebiet geſtattet; der Paſſatwind ermöglicht
ſelbſt Segelſchiffen, weit ſtromaufwärts vorzudringen. Seit 1852 ſind Dampfſchiffe auf dem
braſiliſchen, ſeit 1865 auf dem peruaniſchen Teile des Stromes in Tätigkeit, unter denen
diejenigen der Amazon Steam Navigation Company, einer 1867 in Para gegründeten Ge—
ſellſchaft, etwa 30 an der Zahl, ſich auszeichnen; außer dieſen verkehren auch etwa 20 braji-
liſche Dampfer auf dem Strome, denen ſich in Tabatinga die peruaniſchen anſchließen. Seit
1901 fährt auch die Hamburg-Amerika-Linie bis Manaos.
Zu dem Verkehr im Amazonasbecken tragen aber auch die Nebenflüſſe bei, unter denen
der Rio Negro auf 750 km, der Ucayali, Huallaga und Purus ſowie der untere Madeira
auf 290 km regelmäßig befahren werden. Auf dem Huallaga gehen Dampfer bis Yurima-
guas, auf dem Ucayali bis Sarayacu; der Ia und der Japurä ſind zwar ſchiffbar, der Iga
ſogar bis zu den Kordilleren, aber heute werden ſie noch nicht benutzt. Kleinere Nebenflüſſe
erlauben flachgehenden Dampfern die Fahrt noch nahe den Quellen; 1896 vermochte ſogar
ein ſolcher die Waſſerſcheide zwiſchen dem Ucayali und dem Madre de Dios zu überwinden,
der ſelbſt wie der Beni und Inambari für Dampfer ſchiffbar iſt. Leider aber verſperren
Stromſchnellen den mittleren Madeira und unteren Beni völlig, ſo daß keine Waſſerſtraße
von Bolivia nach Braſilien führt, und die Flüſſe Tapajos, Kingu und Tocantins ſind nur auf
kurze Strecken im Unterlauf brauchbar. Im ganzen werden im Amazonasbecken etwa
10000 km Waſſerſtraßen mit Dampfern befahren.
Dagegen ſind die übrigen an der Oſtküſte Braſiliens mündenden Ströme deſto weniger
für die Schiffahrt geeignet, da Stromſchnellen ſie in kürzeren und längeren Entfernungen
von der Küſte unterbrechen. Dennoch werden ſtreckenweiſe befahren der Guajahu, Mearim,
Itapicuru, Parahyba, Jaguaribe, Caxoeira, Jequitinhonha, Mucury, Doce, Ribeira de
Iguapé, Jacuhy und Itajahy; auch der Sao Francisco iſt, abgeſehen von dem Unterlauf, der
auf 264 km allerdings Schiffe von nur 3 / m Tiefgang zu tragen vermag, auf 1500 km für
96 Allgemeine Überſicht.
Dampfer von 5 m Tiefgang ſchiffbar. Im Inneren bietet der Tocantins-Araguaya auf
1200 km Entfernung eine gute Waſſerſtraße.
Auf dem La Plata-Syſtem teilen ſich braſiliſche, paraguayiſche und argentiniſche
Dampfer in die Schiffahrt: Dampfer des Lloyd Brazileiro befahren monatlich den Para-
guay bis nach Cuyaba, ein paraguayiſcher läuft ebenfalls monatlich hin und her von Co—
rumbä bis Montevideo, zweimal wöchentlich verkehren Dampfer zwiſchen Concepeion und
Aſuncion, und alle vier Tage geht ein Dampfer der argentiniſchen Linie Nicoläs Mihanovich
von Buenos Aires nach Aſuncion. Für Segelſchiffe iſt die Fahrt flußaufwärts langſam und
beſchwerlich, bei Hochwaſſer vermögen aber Fahrzeuge von 5 m Tiefgang bis Aſuncion,
bis nach Roſario Schiffe jeder Größe zu gelangen. Weniger günſtig ſind die beiden anderen
zu dem La Plata⸗Syſtem gehörigen Flüſſe, der Paranä und der Uruguay. Erſterer, gewöhn⸗
lich Alto Parana genannt, wird durch den großen Fall von Sete Quedas oder Guaira
unter 20° ſüdl. Breite gänzlich unſchiffbar gemacht und hat auch in dem unterhalb davon
liegenden Stromteil hier und da Schnellen, der Uruguay ſogar noch im Territorium von
Uruguay ſelbſt, bei Salto, ſo daß ſeine Schiffbarkeit noch mehr beeinträchtigt wird; doch
verkehren auch oberhalb der Schnellen argentiniſche und braſiliſche Dampfer. Die Linie
Mihanovich läßt alle vier Tage Dampfer bis Concordia ab. Unter den großen Nebenflüſſen
des Paraguay kann der Rio Bermejo mit Dampfern von normalem Tiefgang ſechs Mo⸗
nate, mit flachgehenden das ganze Jahr hindurch bis Preſidencia Roca befahren werden,
während der Pilcomayo mit Sicherheit nur 400 km aufwärts während neun Monaten des
Jahres ſchiffbar iſt. Von den patagoniſchen Flüſſen iſt der Rio Negro, mit Ausnahme
der Zeit von März bis Mai, ſchiffbar, und der Rio Neuquen geſtattet Schiffen die Fahrt bis
zum Fort der vierten Diviſion, alſo faſt bis 1000 km von der Mündung. Von Seen tragen
der Titicaca, der Llanquihue- und der Valencia-See kleine Dampfer. Größere Flußboote
befahren den Magdalena und den Araguaya.
Der Landverkehr. Das Eiſenbahnweſen in Südamerika hat erſt ſeit den ſieb—
ziger Jahren des 19. Jahrhunderts durch das energiſche Eintreten Argentinas und Chiles
ſowie durch großartige Bauten in Peru und Venezuela und durch die Verlängerung der
Küſtenbahnen Braſiliens ins Innere eine raſchere Entwickelung genommen, ſo daß jetzt
(1912) etwa 71000 km Eiſenbahnen im Kontinent vorhanden ſind, wovon 46 Prozent
auf die Argentina, 30 Prozent auf Braſilien kommen. Vor 1860 gab es in Südamerika
überhaupt nur ganz wenige Bahnen, wie die Bergwerksbahn Caldera -Copiapo in Chile,
jeit 1852, die Mauäbahn, von Porto de Maus am Nordufer der Bai von Rio de Janeiro
nach der Sierra da Eſtrella, ſeit 1854, und die Argentiniſche Weſtbahn, ſeit 1857, deren
damaliger Endpunkt jedoch unmittelbar vor dem Weichbilde der Stadt Buenos Aires lag.
Immerhin hatte Braſilien am 1. Januar 1868 ſchon 651,4 km Eiſenbahnen, und gleich-
zeitig begann ſeit der Verbindung von Valparaiſo mit Santiago 1863 auch in Chile der
Eiſenbahnbau reger vorzuſchreiten.
Mit der zunehmenden Beruhigung in den politiſchen Verhältniſſen der Staaten wuchſen
auch die Eiſenbahnſtrecken beſonders in Argentinien, Braſilien und Chile, ſo daß 1890 in
dieſen drei Ländern zuſammen 21757 km im Betrieb waren, nämlich in Braſilien 7648, in
Argentinien 11400 und in Chile 2709; von den übrigen Ländern kam nur noch Peru mit
1347 km in Betracht. Auch war um dieſe Zeit die erſte Transkontinentalbahn Buenos Aires
Valparaiſo ſchon ſo weit gefördert, daß nur noch die Kordillere ſelbſt zu überſchreiten war;
Das Verkehrsweſen. 97
infolge der in beiden Ländern um 1890 eingetretenen Revolutionen und Kriſen ſtockte aber
der Bau dieſer wichtigen Bahn lange und konnte erſt 1910 vollendet werden. Sie durch⸗
quert die Kordillere zwiſchen den Stationen Las Cuevas und Caracoles in einem 3600 m
hohen Tunnel und iſt bis heute die einzige Erdteil-Querbahn geblieben. Um dieſe Zeit,
1894, wurde auch die deutſche Eiſenbahn zwiſchen Valencia und Caracas in Venezuela
vollendet, während die chileniſche Längsbahn erſt 1899 Temuco in der Richtung nach Süden
überſchritt und 1901 Oſorno erreichte. Im Jahre 1900 hatten Chile 4643, Argentinien 16000
und Braſilien 14000, dieſe drei Länder zuſammen alſo gegen 35000 km Eiſenbahnen.
Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts hat nun der Eiſenbahnbau in
Südamerika ſehr große Fortſchritte gemacht. 1908 wurde die Hauptſtadt von Ecua-
dor, Quito, erreicht, 1910 der Tunnel zwiſchen Chile und Argentinien durchgeſchlagen, 1912
konnte die Bahn von Arica nach La Paz und die ſchon vor Jahrzehnten begonnene Bahn
zur Umgehung der Stromſchnellen des Madeira-Mamors eröffnet werden. 1913 gelang es,
die chileniſche Längsbahn bis nach Iquique fortzuſetzen und die Verbindung des bolivianiſchen
mit dem argentiniſchen Netz anzubahnen. Die großartigſte Unternehmung aber iſt wohl
die im Bau begriffene Bahn von Sao Paulo nach Corumbä am Paraguay, die ſpäter bis
Santa Cruz de la Sierra in Bolivia fortgeſetzt werden ſoll. Auch in Peru iſt man daran, die
ſchon 1870 von Henry Meiggs begonnene berühmte Oroya-Bahn, welche die Kordillere
in 4775 m Höhe überſchreitet, nach dem Tieflande hinüber weiterzuführen, dagegen bleiben
Colombia und Venezuela im Eiſenbahnbau neuerdings zurück. Die Oroya-Bahn iſt trotz der
ungeheuren Höhe des Galera-Tunnels aber nicht mehr die höchſte, ſondern fie iſt von zwei
bolivianiſchen Bahnen überflügelt worden. Jedenfalls iſt aber Südamerika der Erdteil
der höchſten Bahnen, wie folgende Tabelle der Höhenlage der Scheitelpunkte zeigt:
Potoſi — Rio Mul ati etwa 4880 m Crucero Alto a. d. Bahn Arequipa Puno 4471 m
Ascotan —Collahuaſ i... etwa 4820 - MEER a kr we Dee 4270 -
Oroya-Bahn, Galera-Tunnel. . . . 4775 - Uymi—Huandaa . . . 2... 4152 -
Die höchſte Stadt der Erde, El Cerro de Vasco, mit 4350 m, iſt auch ſchon an das Eijen-
bahnnetz angeſchloſſen, und in der Sierra Famatina erreicht eine Drahtſeilbergbahn nach
der Mine La Mejicana 4618 m.
Durch den Ausbau der chileniſchen Längsbahn nach Norden ſowie durch die Ver—
größerung des bolivianiſchen und des peruaniſchen Eiſenbahnnetzes iſt das Projekt einer ſüd⸗
amerikaniſchen Längsbahn wenigſtens in ſeiner ſüdlichen Abteilung, etwa bis 120 ſüdl.
Breite, ſeiner Ausführung nähergekommen, aber die Vollendung dieſer Bahn wird wohl
noch lange auf ſich warten laſſen. Im Jahre 1911 hatte das Eiſenbahnnetz Südamerikas
folgende Größe:
1911 1900 1911 1900
Argentinien (1913) . . 32 624 km 16 000 km Bolivia (1912). . . 1284 km 1000 km
Braſilien (1913). . . 23073 - 14000 ⸗ Sertezuelg .ı . 2.2 00% 92 - 850 -
CFT 6000 = 4640 - r 900 = 660 -
ea (1912) 25 s 1700 = Ecuador (1910) . 563 =» 100 =
Uruguay (1912). . . 2500 - 1900 - Bataguch - »...20.2 373 250
Von etwa 41000 km iſt die Länge der ſüdamerikaniſchen Eiſenbahnſtrecken in zehn Jahren
alſo auf rund 71000 geſtiegen. Ein raſcher Fortſchritt iſt weiter zu erwarten, zwei
Erdteil⸗Querbahnen ſtehen in Ausſicht, die eine Sao Paulo -Corumbä — Santa Cruz-Cocha—
bamba, die andere Buenos Aires —Neuquén Chile.
Länderkunde, Süd⸗ und Mittelamerika, 3. Aufl. 7
98 Allgemeine Überſicht.
Erſt wo die Eiſenbahnen ihr Ende erreichen oder zu Seiten derſelben erhält der Ver—
kehr in Südamerika einen ſpeziell ſüdamerikaniſchen Charakter. Hier zeigt ſich nun
recht der Gegenſatz der Oberflächengeſtaltung zwiſchen dem Oſten und dem Weſten, indem
auf den offenen Campos Braſiliens und auf den Pampas Argentinas Fahrſtraßen viel
leichter anzulegen ſind als in den hohen, unzugänglichen Anden; im Oſten ſind Karren
und Wagen, in den Anden Maultiere die wichtigſten Transportmittel. In Braſilien und
Argentina fährt man abſeits der Eiſenbahnen mit Poſtwagen, die in Argentina Galeras
heißen, oder in ſchwerfälligen Ochſenkarren; in Venezuela wird zurzeit ein Netz von
Fahrſtraßen angelegt. Wo auch dieſe zu Ende ſind, und das iſt meiſtens bereits in ſehr
geringer Entfernung von der Küſte der Fall, da beginnt überall das Reiſen zu Pferde
und, namentlich in allen gebirgigen Gegenden, vor allem in den Anden, zu Maultier.
Die Telegraphenlinien. Wenn nun auch die Wege vielfach noch ſehr vernach—
läſſigt werden, jo iſt auf den Ausbau des Telegraphennetzes großer Wert gelegt worden,
wie folgende Tabelle zeigt.
1912 1900 1912 1900
Argentina (1910) . . 61000 km 45000 km Uruguay 8600 km 5700 km
Braſilien (1911). 58000 = 24000 - Venezuela (1911) . . . 7900 - 5700 =
Chile (1910). . . . 36000 - 24000 - r 6100 - 4500 =
Colombia (1911) . . 18000 - 14000 -» Fündnese 5340 - 1800 -
joy en 15000 * 4200 ee 4000 - 800 =
Demnach iſt das Telegraphennetz in zehn Jahren von etwa 130000 auf 220000 km ver-
längert worden. Außerdem iſt die drahtloſe Telegraphie hinzugekommen, die gerade
in den Wildniſſen der Tiefländer der großen Ströme ſehr wertvolle Dienſte leiſtet; ſehr gute
Belege dafür ſind die drahtloſe Verbindung zwiſchen den öſtlichſten peruaniſchen Kordilleren—
ſtationen und Iquitos am Maraiton ſowie die Errichtung vieler drahtloſer Stationen an den
Küſten (vgl. die Verkehrskarte bei S. 93), darunter einer auf den Falkland-Inſeln und auch
ſchon mehrerer auf der pazifiſchen Seite des Erdteils; Braſilien hatte 1913: 32, Argentinien
105, Uruguay 24, Chile 8, Peru 9, Colombia 4. Eine wertvolle Vermehrung haben im
letzten Jahrzehnt auch die Kabel erfahren. Im Jahre 1900 gab es an der Oſtküſte nur
drei, an der Weſtküſte eines, zwiſchen Valparaiſo und Panamä. Jetzt führt auch ein
deutſches Kabel von Monrovia in Afrika nach Pernambuco, das überdies mit Dakar ſowie
durch zwei Kabel mit den Capverden verbunden iſt. Außerdem iſt die Mündung des La
Plata direkt mit Aſuncion und dieſes mit Freetown verbunden, und zur Verbindung der
Haupthafenſtädte liegen Kabel der Küſte entlang zwiſchen Buenos Aires und La Guaira.
An der Weſtküſte iſt das Kabel von Valparaiſo ſüdwärts bis Ancud fortgeſetzt worden, ſo
daß nur noch im Süden zwiſchen Ancud und Buenos Aires, im Norden zwiſchen La Guaira
(beziehungsweiſe Curagao) und dem Atrato Lücken beſtehen.
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C. Das ungefaltete Land des Oſtens.
(Siehe die beigeheftete Karte der „Fluß- und Gebirgsſyſteme“.)
Allgemeines über die geographiſchen Einzellandſchaften Südamerikas.
Eine Einteilung Südamerikas in große geographiſche Einzellandſchaften erſcheint
auf den erſten Blick einfach, weil, wie Seite 52 ausgeführt worden iſt, drei Hauptteile den
Erdteil zuſammenſetzen: das alte ungefaltete Schollenland des Oſtens, die jungen Flachböden
der inneren Ebenen und die gefaltete Kordillere des Weſtens. Daraus ergeben ſich drei natür-
liche Abſchnitte (vgl. die Profile auf S. 52 und 54). Wenn aber die Karte zu Rate gezogen
wird, ſo zeigt ſich, daß die Schwemmlandebene des Amazonas zwiſchen die beiden von—
einander getrennten Abteilungen des ungefalteten Schollenlandes des Oſtens eingreift.
Letzteres kann daher nicht geſchloſſen behandelt, ſondern muß in zwei Teile getrennt werden,
Guayana und Braſilien. Dadurch wird die Einheitlichkeit der Darſtellung unterbrochen.
Ich habe mich deshalb entſchloſſen, alle ungefalteten Landſchaften des Oſtens, ſeien ſie
nun alt oder jung, zuſammenzufaſſen, und ſtelle als erſten großen Abſchnitt das ungefaltete
Land des Oſtens auf, mit den Unterabteilungen Llanos, Guayana, Amazonien,
Braſilien, La Plata-Länder, Patagonien. Eine Schwierigkeit bereitet hier die Zu—
teilung der beiden äußerſten Landſchaften, der Llanos im Norden und Patagoniens im
Süden. Beide liegen vor dem Gebirge und verdanken dieſem zum Teil ihre Entſtehung, die
Llanos infolge der Tätigkeit der Flüſſe, Patagonien wegen der großen Gletſcher, die ſich von
der Kordillere auf die Hochebene hinaus erſtreckt haben. Sie haben infolgedeſſen einen an—
deren Landſchaftscharakter und eine ſelbſtändige Stellung gegenüber ihren Nachbarland—
ſchaften Guayana, Amazonien und der Pampa. Man wird daher zwar guttun, ſie als ſelb—
ſtändige Landſchaften auszuſondern, doch muß bei der Darſtellung Rückſicht auf die noch nicht
beſprochenen Faltengebirge genommen werden.
Der zweite große Abſchnitt Südamerikas ſind die Kordillerenländer, die Falten—
gebirgslandſchaften. Sie nehmen den ganzen Weſten des Erdteils ein und müſſen in Unter-
abteilungen zerlegt werden. Dieſe Unterabteilungen aufzuſtellen, iſt nicht einfach, weil
durchaus zwingende Gründe für die eine oder die andere Einteilung nicht vorliegen. Über—
dies macht die Begrenzung gegen das ungefaltete Gebiet des Oſtens Schwierigkeiten. Zwar
iſt im Norden die Grenzlinie zwiſchen beiden leicht erkennbar, nicht aber im Süden. Gebirgs—
züge, die vielleicht noch dem Andenſyſtem angehören, treten hier weit im Inneren Argen—
tiniens, mitten in dem ungefalteten Lande auf und bilden die Grenzen zwiſchen der niedri—
gen Pampa und den inneren Hochebenen dieſes Staates. Sie zwingen dazu, entweder dieſe
Hochebenen bei dem Kordillerenſyſtem zu behandeln und dadurch die Beſprechung der
politiſchen Geographie Argentinas zu zerreißen, oder aber Argentina im Zuſammenhang zu
behandeln und dafür die Kordilleren an zwei getrennten Stellen zu erörtern. Ebenſo greift
0
100 Das ungefaltete Land des Oſtens.
umgekehrt Chile, das Kordillerenland reinſter Ausbildung, politiſch auf das patagoniſche
Hochland über; Bolivia, Peru, Ecuador, Colombia haben ihren Schwerpunkt in den Kor—
dilleren, beſitzen aber bedeutende Teile Amazoniens, alſo jungen Tieflandes, und der Staat
Venezuela iſt ſogar phyſiſch dreiteilig, da er ſowohl Faltengebirgsland wie junge Ebenen,
aber auch noch Teile des alten Schollenlandes, Guayanas, enthält.
Hier wird weniger Rückſicht auf die politiſchen als auf die phyſiſchen Verhältniſſe ge—
nommen werden. Daher ergeben ſich für Südamerika folgende Abſchnitte und Abteilungen:
A (C). Das ungefaltete Land des Oſtens. I. Guayana. II. Die Llanos. III. Amazo⸗
nien. IV. Das braſiliſche Bergland. V. Die La Plata-Länder. VI. Patagonien und Feuerland.
B (D). Das gefaltete Land des Weſtens. I. Die ſüdlichen Kordilleren (Patagonien
und Südchile). II. Die mittleren Kordilleren von Santiago bis Arequipa. III. Die nörd-
lichen Kordilleren (1. Die peruaniſchen, 2. die ecuatorianiſchen, 3. die colombianiſch-vene⸗
zolaniſchen Kordilleren). IV. Das übrige Venezuela und die Inſeln der Nordküſte.
C(E). Mittelamerika. I. Weſtindien. II. Zentralamerika.
Das ungefaltete Land des Oſtens beſteht aus altem Schollenland und jungem
Flachboden. Das Schollenland des Oſtens iſt durchaus einheitlich gebaut. Ungefaltet
ſind zwar nur die vornehmlich zutage tretenden oberen Ablagerungen der meſozoiſchen
Periode, während das alte archäiſche Grundgebirge gefaltet iſt; da aber dieſes meiſt nur an
den Rändern, namentlich an der Küſte, auftritt, die ungefalteten Ablagerungen dagegen den
Oberflächenformen des ganzen Oſtens Südamerikas ihre charakteriſtiſche Eigenart geben, ſo
glaube ich mich des Ausdrucks „ungefaltetes Schollenland“ mit Recht bedienen zu dürfen.
In der Tat hat ſeit der Faltung des alten archäiſchen Grundgerüſtes keine Störung in der
Lagerung mehr ſtattgefunden, und ſelbſt die marinen devoniſchen und karboniſchen Ab—
lagerungen, alſo Schichten ſehr hohen Alters, liegen ungeſtört über dem Grundgebirge. Mit
dem Karbon erlöſchen nun für ſehr lange Zeit alle Meeresbildungen, das Land lag alſo
trocken und wurde ohne Zweifel ſtarker Abtragung unterworfen. Erſt in der oberen Kreide—
zeit erfolgte eine Meeresüberflutung, deren Ergebnis in Nordbraſilien und Guayana eine
Sandſteinbedeckung geweſen iſt. Dagegen fehlen tertiäre Meeresablagerungen in Braſilien
wieder ganz, und in Südbraſilien ſind Meeresſedimente überhaupt ſehr ſelten, außer in den
zum La Plata-Gebiet gehörenden Teilen. Wohl aber bildeten ſich im heutigen Amazonien
Landſeen, denen ein Teil des jetzigen Hügellandes am unteren Amazonas entſtammt. Der
Tertiärzeit gehört ferner ein Teil des patagoniſchen Tafel- und Stufenlandes an, und Tertiär
lagert wohl auch unter dem jetzigen La Plata-Gebiet, von dem aus eine große tertiäre
Meerestransgreſſion gegen Braſilien vordrang. Endlich haben ſich während der Quartärzeit
die großen Tiefländer zwiſchen den einzelnen Abteilungen des öſtlichen Schollenlandes und
den Kordilleren ausgebildet, teils in Form von lakuſtrinen (See-) und fluviatilen (Fluß-)
Ablagerungen, wie in Amazonien, teils mit Hilfe des Windes, wie in der Pampa, oder
auch unter Mitwirkung des Eiſes, wie in Patagonien.
Im ganzen iſt aber das Schollenland des Oſtens von hervorragender Gleichartigkeit,
und wie der geologiſche Bau auf weite Strecken hin einheitlich iſt, ſo ſind es auch die Höhen.
Der größte Teil von Braſilien und Guayana ift eine wellige Ebene von 300 —800 m Höhe,
über die ſich nur einige langgeſtreckte Rücken erheben; im Süden, in Braſilien, bildet unmittel-
bar hinter der Küſte ein geſchloſſener Gebirgswall von 1000 —1500 m Höhe die Landſchaften
Guayana: Das Land. 101
von Porto Alegre bis Ouro Preto, und hier kommen auch vereinzelt noch höhere Gipfel vor, be-
ſonders in der Serra da Mantiqueira, wo der Ititiaya mit 2712 mals höchſter Berg des ganzen
Oſtens aufragt. In Guayana nimmt das über 1000 m hohe Land einen feſter geſchloſſenen
Raum zwiſchen dem oberen Orinoco und dem Eſſequibo ein, während öftlich dieſes Fluſſes
kein Gipfel 1500 m Höhe überſteigt. In dem höheren venezolaniſchen Teile kommen dagegen
wieder Berge mit mehr als 2000 m Höhe vor, wie der Duida, und an der Grenze Venezuelas,
Braſiliens und Britiſch-Guayanas erhebt ſich der höchſte Gipfel Guayanas, der Roroima, zu
2600 m Höhe. Die ſüdliche, braſiliſche Abteilung der öſtlichen ungefalteten Scholle iſt ſomit
größer, aber niedriger und ärmer an 2000 müberſteigenden Gipfeln als die nördliche, Guayana.
Von ähnlicher Gleichartigkeit ſind die Tiefländer am Orinoco, Amazonas und La
Plata. An zwei Stellen verſchmälern ſie ſich erheblich, einmal zwiſchen Guayana und dem
Karaibiſchen Gebirge, das andere Mal zwiſchen den Anden und den weſtlichen Vorſprüngen
des braſiliſchen Tafellandes. An erſterer Stelle hat das Tiefland nicht ganz 200, an letzterer
etwa 200-300, unter 16° jüdl. Breite kaum 150 km Ausdehnung. Im Gebiete des Ama—
zonas erſtreckt es ſich zwiſchen 1“ nördl. Breite und 49 ſüdl. Breite beinahe über den ganzen
Erdteil, vom Oſtfuße der Anden bis zum Atlantiſchen Ozean, bei einer Breite von faſt 900 km
unter 60° weſtl. Länge. Von Cuyabä bis Bahia Blanca erreicht es eine Längenausdehnung
von 2330 km bei einer überall annähernd gleichen Breite von 700 km. Die Höhe dieſes
Tieflandes iſt am geringſten im Amazonasbecken. Mit der Seehöhe von 180 m im Pongo
de Manſeriche am Austritt des Marafion aus den Anden ſtimmen die Höhen von Coca an
der Mündung des Rio Coca in den Napo mit 260 m, Santa Maria am oberen Yapura mit
187 m, Cabuyaro am oberen Meta mit 148 m leidlich überein. Der nördliche Rand der Llanos
hat rund 300 m Höhe, die Quellen der Flüſſe Purus und Aere am äußerſten Oſtabhange der
Anden liegen über 300 m hoch, und auch die enge Gaſſe am Mamoré hat noch etwa 250 —
300 m Seehöhe. Dann aber folgt im Paraguay-Syſtem wieder ganz tiefes Land: Cuyaba
unter 16° ſüdl. Breite, unmittelbar am Abfall des braſiliſchen Tafellandes, liegt in kaum
200 m Höhe, und der geſamte Lauf des Paraguay, des unteren Paranä und auch des unteren
Uruguay liegt noch darunter. Südlich der Sierras de Cördoba und de San Luis geht das
niedrige Land allmählich in die patagoniſche Hochebene über, die nur an der Küſte weniger
als 200 m Höhe hat, im übrigen aber bis zu 1000 m aufiteigt, weſtlich der genannten Sierras
in die inneren andinen Hochebenen Argentinas.
Verſchieden iſt infolge der klimatiſchen Unterſchiede der Landſchaftscharakter der
drei großen Abteilungen der Tiefebenen, aber auch er läßt ſich nach der Ausdehnung der
großen Stromgebiete abgrenzen. Die nördlichen und ſüdlichen Teile der großen Ebenen
tragen Savannen und Steppen mit dürftiger Baumvegetation, während das Amazonas—
tiefland mit faſt unendlichen Urwäldern erfüllt iſt.
I. Guayana.
1. Das Land.
Unter Guayana wird das Land zwiſchen dem Orinoco und dem Amazonas
verſtanden. Der Name ſtammt vielleicht von den noch jetzt zu beiden Seiten der Tumuc—
Humac-Berge unter dem Namen Rucuyenne lebenden Guayana- oder Wayana-Indianern,
102 Das ungefaltete Land des Oſtens.
einem zur Zeit der Entdeckungen nahe der Küſte wohnenden Karaibenſtamm. Es iſt daher
Guayana zu ſchreiben, nicht Guyana oder Guyane, welche verderbten Formen Engländer
und Franzoſen unter Weglaſſung des a in der für die Indianerſprachen Südamerikas be-
zeichnenden Silbe gua eingeführt haben.
Guayana hat nur im Nordoſten und Norden feſte Grenzen, nämlich den Atlantiſchen
Ozean und den Orinoco; im Weſten werden gewöhnlich der obere Orinoco, der Atabapo und
der Guainia als Begrenzung angenommen, doch verlaufen noch weſtlich von ihnen Höhen—
züge und erzeugen die Stromſchnellen im oberen Uaupés und im mittleren Japurä. Die Süd⸗
grenze von Guayana iſt ganz unbeſtimmt; die Gebirge enden im Oſten und Weſten unter
1°, in der Mitte unter 49 nördl. Breite. Erſterer Breitenkreis würde eine bequeme Grenze
Guayanas bilden, wenn nicht das Syſtem des Rio Branco vom Amazonas her weit nord—
wärts eingriffe. Dennoch wird es ſich empfehlen, den genannten Breitenkreis als Grenze
aufzuſtellen, da auf ihm die Quellen zahlreicher Nebenflüſſe des Rio Negro und des Ama—
zonas liegen und auch die Vegetation hier einen gewiſſen Wechſel erfährt. Die Größe
Guayanas beträgt in dieſen Grenzen ungefähr 1200000 qkm.
Den größten Teil Guayanas nimmt ein altes kriſtalliniſches Grundgebirge ein, das
ſowohl im öſtlichen Guayana wie auch am Orinoco in weſtöſtliche ſteile Falten gelegt iſt und
aus Gneis, Granulit, Pyroxengeſteinen und Granit beſteht. Am Cuyuni und Yuruari
wird es von Diabas durchſetzt, in deſſen unmittelbarer Nähe Gold vorkommt. Ein großer
Teil der höheren Gebirge im venezolaniſchen Guayana iſt granitiſch, wie auch in der Gegend
von Ciudad Bolivar die rundlichen, gebudelten, nicht allzu hervorragenden Kuppen; das
flache Land dagegen bilden kriſtalliniſche Schiefer. Das Grundgebirge iſt wahrſcheinlich in
der Kreidezeit überflutet und abgeſchliffen und mit einer gewaltigen Sandſteindecke über—
lagert worden. Dieſe iſt aber ſpäter auf weite Strecken hin wieder abgetragen worden.
Schomburgk unterſcheidet in Guayana drei Sandſteinarten, den feinkörnigen rötlichen,
den bunten und den kieſeligen dichten, und nimmt als Grenzen der Sandſteinformation
den 60. und 62. Grad weſtl. Länge ſowie 6° 2° und 4° 307 nördl. Breite an; doch hat man
auch im weſtlichen venezolaniſchen Guayana Sandſtein gefunden, z. B. am oberen Urari⸗
cuera und in den von Koch-Grünberg beſuchten Marutani-Bergen. Oſtlich vom 60. Grad
weſtl. Länge ſcheint der Sandſtein ganz zu fehlen, und gerade hier reicht Guayana weiter
nach Süden. Die Küſte fällt raſch gegen Südoſten ab, und die ſüdlichen Grenzgebirge treten
plötzlich wieder gegen 1° füdl. Breite vor. Wahrſcheinlich haben große Querbrüche die Er⸗
niedrigung des Gebirges und ſeine Verſchiebung gegen Süden öſtlich von 60° weſtl. Länge
verurſacht und begrenzen auch im Süden am Uraricuera-Tal Guayana.
Das Land beſteht in ſeinen Oberflächenformen aus einem Wechſel von weiten
welligen Ebenen und darüber aufragenden Höhenzügen, den Reſten der zerſtörten Sandſtein⸗
decke oder den härteren Geſteinspartien des Grundgebirges (vgl. die Abbildung 1 auf Tafel 3
und das Profil auf S. 52). Im ganzen fällt eine Zweiteilung Guayanas auf, die ſich
auch in ſeiner politiſchen Aufteilung widerſpiegelt. Dem höheren venezolaniſchen Weſten
ſteht der niedrigere, europäiſchen Nationen gehörende Oſten gegenüber; von dem Ganzen
beſitzt Braſilien den Südabfall. Als Trennungslinie zwiſchen dem Weſten und Oſten kann
der 60. Meridian gelten, der auch ungefähr das europäiſche von dem venezolaniſchen
Guayana abgrenzt und überdies, wie oben bemerkt, geologiſch verſchiedene Landſchaften
voneinander ſcheidet. Ferner beſteht ein Gegenſatz in den Flußrichtungen des Oſtens
Guayana: Das Land. 103
und Weſtens. Im europäiſchen Guayana fließen die Ströme meiſt rein nördlich, im vene⸗
zolaniſchen Guayana nach Nordnordweſten, manche Nebenflüſſe nach Oſtnordoſten oder Weft-
ſüdweſten. Im äußerſten Norden Guayanas endlich ſtrömt der Orinoco ſelbſt von der Mün—
dung des Apure bis zum Meer ohne Unterbrechung von Weſtſüdweſten nach Oſtnordoſten,
und zwar am Nordrande des Berglandes von Guayana entlang. Eine ſolche Regelmäßigkeit
der Richtungen iſt nicht zufällig, ſondern muß in der Tektonik des Landes begründet ſein.
Über dieſe wiſſen wir zwar ſehr wenig, erkennen aber, daß auch die dem Tafellande auf—
geſetzten Höhenzüge entſprechend angeordnet ſind, was freilich im Oſten Guayanas, öſtlich
des Eſſequibo, weniger deutlich iſt. Hier ſcheinen die Höhenzüge von Weſten nach Oſten
zu ziehen, ſo daß die Flüſſe als Querflüſſe herabkommen und die vorliegenden Parallel—
ketten in den zahlloſen Waſſerfällen durchbrechen, die für Guayana überhaupt bezeichnend
ſind. Dieſes weſtöſtliche Streichen der Gebirge zeigt die Karte, aber auch die Schichten
fanden Martin am Surinam und Crevaux im Inneren Franzöſiſch-Guayanas in gleicher
Richtung ſtreichend. Im venezolaniſchen Guayana dagegen haben die Gebirgszüge eine
auffallende Neigung zur Richtung nach Nordnordweſten, während die Streichrichtung der
Schichten nordnordöſtlich iſt.
Eine weitere Eigentümlichkeit Guayanas iſt die Lage der Hauptwaſſerſcheide am
Südrande der Scholle und das Auftreten der geſchloſſenſten Höhenzüge daſelbſt. Von dem
ſüdlichen Steilrande des weſtlichen Guayana fließen die Ströme in langem Laufe nach
Norden zum Orinoco ab und durchziehen dort auf 400 —450 km Länge das Bergland, im
Süden dagegen treten ſie faſt ſofort, nach kaum 50 km langem Laufe, in das Tiefland ein.
Dieſelbe Erſcheinung wiederholt ſich im öſtlichen Teile Guayanas, nur iſt hier das Ganze
um drei Grade gegen Süden verſchoben. Die Gewäſſer bilden außerordentlich zahlreiche
Schnellen und Fälle, und zwar im venezolaniſchen Teile Guayanas, indem ſie zunächſt
die ſtufenförmig abfallende Sandſteindecke hinabeilen, öſtlich vom Eſſequibo dagegen, indem
ſie über die harten, weſtöſtlich ſtreichenden archäiſchen Schiefer von einer Parallelkette zur
anderen hinabſpringen. Durch Humboldt berühmt geworden ſind die Stromſchnellen des
Orinoco bei Atures und Maipures. Der Eſſequibo ſtürzt unter 31 14° nördl. Breite mit
nur 45 m Breite über einen jähen Abhang hinab, bekannter iſt aber in neuerer Zeit der
große Waſſerfall des Potaro, eines Nebenfluſſes des Eſſequibo, geworden. Dieſer Kaiateur
genannte Fall hat eine Höhe von 226 m, iſt alſo viermal ſo hoch wie der Niagara und führt
in der Regenzeit eine Waſſermenge von 500 ebm in der Sekunde; er ſoll früher 300 m hoch
geweſen und bereits 25 km zurückgeſchritten ſein. Im oberen Orinocogebiet vereinigen
ſich ſogar der Padamo und der Kundanamo mit Katarakten. Großartig ſind ferner die von
den hohen Sandſteinfelſen des Roroima und Kukenam herabſtürzenden Staubbäche. Zahl-
reiche durch Guayana nach Norden abfließende Nebenflüſſe des Orinoco, namentlich der
Caront, fallen über ganze Reihen von Stromſchnellen, und auch der Cuyuni und der Ma—
zaruni beſtehen faſt nur aus ſich wiederholenden Stromſchnellen und werden gleich ober—
halb ihrer Mündungen durch Katarakte geſperrt, ſo daß nur der große Trichter des Eſſequibo
in dieſem Gebiet ungehindert ſchiffbar iſt. Nach Oſten hin werden die Flüſſe aber im ganzen
beſſer befahrbar, wie der Corentijne, deſſen ſchiffbare Strecke 275 km beträgt.
Endlich ſei der für Südweſtguayana eigentümlichen Flußteilungen gedacht, unter
denen die Gabelteilung des Orinoco am bekannteſten geworden iſt. Dieſer Strom entſendet
nämlich bei Buenaguardia den Caſiquiare zum Rio Negro (vgl. S. 107), außerdem aber
104 Das ungefaltete Land des Oſtens.
ergießt ſich am Weſtabhange der Sierra Imeri ein Arm des Fluſſes Baria in den Cauabury;
der Hauptſtrom fällt in den Caſiquiare, der Nebenarm durch den Cauabury in den Rio Negro.
Während hier wirkliche Flußteilungen vorliegen, kommen an anderen Stellen Guayanas
Annäherungen verſchiedener Flußſyſteme vor, die zur Regenzeit eine Verbindung
der Gewäſſer und einen Übergang zu Waſſer von einem Strom zum anderen ermöglichen.
So vermittelt eine „Tragſtelle“, Portage, zwiſchen dem Atabapo und Guainia; zur Regen-
zeit tritt ſie großenteils unter Waſſer und ermöglicht dann die Überfahrt. Auch die Savannen
um den Amucu-See bei Pirara erlauben zur Hochwaſſerzeit einen Waſſerweg zwiſchen dem
Rupununi und dem Tacutu, alſo zwiſchen dem Eſſequibo und dem Rio Branco-Amazonas;
hier ſoll das Land nur 100 m hoch liegen. Der Eſſequibo ſoll außerdem mit dem Rio Trom-
betas durch den Apini in Verbindung ſtehen, und im öſtlichen Guayana vermengen ſich zur
Regenzeit die Lachen und Tümpel an den Oberläufen der atlantiſchen Küſtenflüſſe Oyapoe,
Cachipur und Araguarh mit den Waſſern der Zuflüſſe des zum Amazonas fließenden Pari.
Sehr eigentümlich iſt die Küſte geſtaltet. Ihr blauer, tiefer, toniger Boden iſt das
Produkt der gemeinſamen Arbeit der Flüſſe und der Meeresſtrömung, die vom Amazonas
her gegen den Orinoco ſtrebt. Die mitgeführten Sinkſtoffe werden am Mündungsgebiet der
Flüſſe niedergelegt, aber durch die Küſtenſtrömung nach Weſten verſchleppt. Dadurch werden
die Flußmündungen verſperrt, die Flüſſe ſelbſt in ihren unterſten Teilen nach Weſten ab-
gelenkt, ſo daß ſie der Küſte parallel laufen, ſo der Uaſſa und der Cachipur, der Cottica, Suri—
nam, Saramacca, beſonders aber der Nickerie und alle weſtlich vom Eſſequibo mündenden
Flüſſe. Küſtenſeen, Haffe und Kanäle, Pripris, ſind daher häufig, beſonders zwiſchen der
Inſel Maragaͤ und dem Amazonas und zwiſchen dem Eſſequibo und dem Orinoco.
Das öſtliche Guayana. Das öſtliche Guayana iſt weniger mannigfaltig geſtaltet als
das weſtliche. Die inneren Teile von Franzöſiſch-Guayana liegen etwa 200-400 m hoch;
ihre Gipfel überſteigen 800 m, die der Küſte näheren Landſchaften 400 m nicht. Der be-
deutendſte Bergzug des Inneren ſind die Tumuc-Humac-Berge (ſprich: Tümüc⸗Hümac⸗h.
Sie beſtehen aus unregelmäßig angeordneten, kuliſſenartig voreinander geſchobenen grani—
tiſchen Höhenzügen und ſind mit dichtem Walde bedeckt, aus denen nur vereinzelt ſchroffe
Granitkuppen, wie der 580 m hohe Mitaraca, emporragen; der höchſte Gipfel iſt der Timo⸗
takem mit 800 m. Im niederländiſchen Teil von Guayana liegen die Dinge im
Süden ähnlich, inſofern bei 2“ nördl. Breite die Hauptwaſſerſcheide gegen den Amazonas
verläuft, von der der Tapanahoni und der Corentyne abfließen. Dagegen zieht hier öſtlich
vom Mittellauf des Corentyne unter 4“ nördl. Breite eine höhere Kette, das Wilhelmina⸗
Gebirge, mit 1160 m Gipfelhöhe. Dieſes gibt den kleineren Küſtenflüſſen, dem Coppename
und dem Nickerie, das Leben. In Britiſch-Guayana entſpricht ihm die ebenfalls unter
4° nördl. Breite verlaufende Makarapou-Kette, aber daneben treten noch mehrere andere
äquatorial gerichtete Bergzüge auf, wie die Cuano- und Coratamung⸗Ketten unter 30 207,
und endlich iſt auch die waſſerſcheidende Kette im Süden unter 1—2° höher als im nieder⸗
ländiſchen Gebiet. Sie führt hier den Namen Mondberge, erreicht nahe 2“ als Cairrid-Kette
1500 m Höhe und trägt die Quellen des Eſſequibo, Rupununi und Tacutu ſowie des Trom⸗
betas. An die Küſte tritt das Gebirgsland nur in Franzöſiſch-Guayana, in Geſtalt felſiger
Kuppen, denen auch die Fles du Salut bei Cayenne zugehören.
Von Flüſſen ſind im Süden nur die zum Amazonas verlaufenden Hari, Paru und
Trombetas genauer bekannt geworden, während die Quellen des Yamunda, Uatumä und
Guayana: Das Land. 105
Yanapery noch nicht beſucht worden ſind. Dagegen ſind die in Europäiſch-Guayana fließen⸗
den Ströme jetzt ſämtlich aufgenommen. Der Oyapoc, der öſtliche, und der Maroni, der
weſtliche Grenzfluß des franzöſiſchen Guayana, entſtehen auf den Tumuc-Humac-Bergen,
der letztere aus einer ganzen Reihe von Quellflüſſen zwiſchen 53° 30° und 55 30“; der weſt⸗
lichſte iſt der Tapanahoni. Sie bilden zuſammen einen bei Cottica 500 —600 m breiten,
5—20 m tiefen, waſſerreichen Strom, der mit einem 7 km breiten Trichter mündet. Dagegen
entſtehen die folgenden Flüſſe Suriname, Saramacca, Coppename und Nickerie, wie be—
merkt, auf einer nahe 4½¼ liegenden Schwelle, und erſt der längere Corentyne entſpricht
an Größe wieder dem Maroni. In Britiſch⸗Guayana gehören der Berbice und der Demerara
wieder zu den kleinen Küſtenflüſſen, dann aber greift der mächtige Eſſequibo weit nach
Süden und zugleich nach Weſten aus. Der Eſſequibo entſteht in der Serra Acarai unter
1° nördl. Breite aus zwei Quellflüſſen, dem Chipwa oder Eſſequibo und dem Jaore. Der
Oberlauf verläuft in einem engen Tal und iſt reich an Stromſchnellen, unter denen der
Wilhelm IV.- Katarakt beſonders großartig iſt. Unter 4° nördl. Breite nimmt der ſchwärz—
liche Fluß den gelben, 200 m breiten Rupununi von Weſten her auf, der mit dem Rewa
die Grenzlandſchaften gegen den Rio Branco entwäſſert, und fließt nun in tiefem Walde,
faſt bis zur Mündung noch ſtarke Stromſchnellen bildend, nach Norden ins Meer. Die 24km
breite Mündung ſelbſt, ein rieſiger Trichter, wird durch drei flache Inſeln in vier Kanäle ge—
teilt; der Fluß gleicht hier einem mit zahlreichen waldigen Inſeln erfüllten See. Kurz vor⸗
her nimmt er die aus dem Sandſteingebirge kommenden, ſehr waſſer- und ſtromſchnellen—
reichen Ströme Mazaruni und Cuyuni auf. Unter den Nebenflüſſen des Cuyuni iſt der
Nuruari durch die reichen Goldlager an ſeinen Ufern bekannt geworden.
Das weſtliche Guayana. Die eben genannten Flüſſe führen in das weſtliche Gua—
hana ein. Der Landſchaftscharakter dieſes Teiles iſt ziemlich gleichartig. Am meiſten fällt
im Inneren der Wechſel weiter graſiger Täler und in Tafelberge aufgelöſter Höhenzüge
auf, wie ihn die Abbildung 1 auf Tafel 3 zeigt. Die Täler werden von wellenförmigen Er⸗
hebungen, Hügelgruppen und gewaltigen iſolierten, bis zu 200 m hohen Granit- und Gneis⸗
felſen durchzogen. Ihr Boden beſteht aus mächtigen Konglomeraten von gerollten Sand—
ſtein⸗ und Brauneiſenſteinfragmenten, rotbraun gefärbten Quarzſtücken und Tonmaſſen. Die
höheren Teile ragen auch zur Zeit der Überſchwemmungen ſtets aus dem Waſſer heraus; ſie
ſind mit Brauneiſenſteinkörnern und Quarzbrocken bedeckt, die tieferen Teile dagegen haben
meiſt Sand- und Tonboden. Hohe Termitenbauten, Gras und Gebüſch bedecken die Ober—
fläche. Vielleicht bezeichnen die Täler des Eſſequibo und Uraricuera zwei große Bruchlinien,
an denen das Land gegen Süden und Oſten verſchoben worden iſt, vielleicht aber handelt es
ſich auch um epigenetiſche Talbildung, inſofern die Täler vom Ende der Kreidezeit an in
Sandſtein angelegt wurden und nach dem allmählichen Verſchwinden des Sandſteines in die
darunter liegenden archäiſchen Geſteine einſchnitten. Dabei ſcheinen kräftigere Ströme
ſchwächere angezapft zu haben, wie der Caroni den Paragua, deſſen Ober- und Mittellauf
zum Syſtem des Aro gehören dürften.
Über den Tälern erheben ſich die Bergzüge. Sie ſind wohl die Reſte einer früher be—
deutend höheren Platte, insbeſondere im Sandſteingebiete die Überbleibſel einer umfang⸗
reicheren Decke; im Granitgebiet herrſcht größere Zerſplitterung. Ihre Höhe iſt verſchieden,
im Nordoſten am Caroni und Caura am geringſten, im Südoſten und Südweſten am größten.
Hier erreicht das Maraguaca⸗Gebirge 2500 m. Es ſcheint aus Granit zu beſtehen, obwohl
106 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Schomburgk es wegen ſeiner Roroima⸗ähnlichen Geſtalt für ein Sandſteingebirge hielt; eben-
falls granitiſch iſt die weſtlich davon liegende Sierra Parima. Dagegen werden die Sierras
Uſupamo und Carapo zwiſchen dem Caroni und Cuyuni ſowie die höheren Teile der waſſer—
ſcheidenden Ketten des Südens und die Sierra Onory aus Sandſtein gebildet. Aus ihm be—
ſtehen auch die öſtlichen Teile der Sierra de Rincote und der ſogenannten Sierra Paca—
raima, von denen letztere ſich als waſſerſcheidender, wenig hervorragender, in Einzelberge
aufgelöſter Rücken bis 65%cweſtl. Länge hinzieht, worauf dann die Sierras Parima, Curupira,
Tapiirapecb und Imeri weiterhin als Waſſerſcheiden dienen, ſämtlich ohne eigentlich das
Gepräge von Gebirgen zu haben.
Vor den einzelnen Höhenzügen liegen iſolierte Gipfel, wie der Cerro Cunavano
(1884 m) am Sipapo, der Yamart (2258 m) am Ventuari, der Yapacana (2187 m) am
Orinoco. Zwei andere aber haben die wiſſenſchaftliche Welt am meiſten gefeſſelt, nämlich
der Duida (2478 m) bei Esmeralda am Orinoco und der Roroima an den Quellen des
Mazaruni und Cotingo. Erſterer, ein nackter felſiger, imponierender Gipfel, wurde von
Humboldt für einen Granitberg gehalten, ſoll aber nach R. Schomburgk eine 1200 bis
1500 m mächtige Sandſteindecke tragen. Der zweite, weit großartigere Berg, der Roroima,
bisher Roraima genannt, „der rote Felſen, gehüllt in Wolken, die ewig fruchtbare Mutter
der Ströme“, wie die Indianer ſagen, iſt ein gewaltiger Sandſteinklotz mit faſt ſenkrechten
Wänden (Tafel 3, Abbildung 1). Er führt die genannten Bezeichnungen der Indianer mit
Recht, denn er beſteht aus rotem, verſteinerungsloſem Sandſtein, iſt faſt ſtets in Dünſte
und Wolken gehüllt, und von ihm laufen die Waſſer zum Amazonas, zum Orinoco und
zum Eſſequibo. Sein 2600 m hoher Gipfel iſt in wunderliche Felsformen verwittert. Neben
dem Roroima iſt der Kukenam der bekannteſte Sandſteinklotz dieſes Gebietes geworden,
ein dem Roroima an Höhe wenig nachgebender Berg; doch gibt es noch Dutzende anderer
hoher Sandſteintafelberge.
Dem Südrande der ſogenannten Sierra Pacaraima entlang ſtrömt der Hauptquellfluß
des Rio Branco, der Uraricuera, der bei älteren Reiſenden, wie Schomburgk, unter dem
Namen Parima vorkommt. In ſeinem Unterlaufe zieht dieſer langſam durch ausgedehnte
Savannen und nimmt bei Sao Bento den Tacutü-Mahu-Cotingo auf; von hier an heißt der
Strom Rio Branco, führt weißes Waſſer, durchbricht noch einmal einen Höhenzug, das Mu⸗
cajahh-⸗Gebirge, und tritt endlich in das Tiefland des Amazonasgebietes ein. Nach Süden
ſtrömt auch der Seite 134 näher zu beſprechende Rio Guainia, der Oberlauf des Rio Negro,
in großem Bogenlauf. In ihn mündet der Caſiquiare.
Das Orinoco-Syſtem. Der Orinoco iſt mit 2400 km Lauflänge durchaus kein
beſonders langer Fluß. Auch ſein Stromgebiet iſt nicht ungewöhnlich groß, denn mit faſt
1000000 qkm übertrifft es das der Donau nur um ein Viertel. Dagegen iſt er ausgezeich⸗
net durch Breite, Tiefe und Waſſerreichtum. Die Breite erreicht ſchon oberhalb der Kata⸗
rakte von Maipures 1500 m, zwiſchen Meta und Arauca bis zu 6 km, an der Mündung des
Apure über 10 km, oberhalb Ciudad Bolivar 3 km. Die Tiefe wird im Oberlauf an der
Gabelung auf 12 m, unterhalb der Mündung des Apure auf 16 m, bei Ciudad Bolivar auf
50, oberhalb des Deltas auf 120 m geſchätzt, die Waſſermenge ſoll vor der genannten Stadt
bei Niederwaſſer 7000, bei Hochwaſſer 25000, im Durchſchnitt 14000 ebm in der Sekunde
betragen. Die Flut wird noch bei Ciudad Bolivar, 400 km vom Meere, geſpürt. Das Waſſer
iſt gelbweiß, an der Mündung der ſchwarzen Flüſſe oft auf viele Kilometer getrübt, die
Guayana. Tafel 3.
a —
1. Der Roroima und die Savanne von Guayana mit einer Siedelung der Taulipang.
Nach Photographie von Th. Koch-Grünberg in Freiburg i. Br. (Zu S. 106 u. 114.)
2. Boca del Guaviare, Zuſammenfluß des Guaviare und des Paragua zum Orinoco.
Nach Photographie von f. Jahn in Caräcas. (Zu S. 107.)
Tafel 3. Guayana und Llanos.
—
r . 2 . 2
teppenbuichwald (Chaparral) im El Caura-Diitrikt am Orinoco während der Trockenzeit.
Nach Photographie von S.Paifarge in Hamburg. (Zu S. 67, III u. 125.)
u
an
4. Anzapfen ei
Nach Photographie. (Zu S. 71, 112 u. 121.)
Guayana: Das Land. 107
Wärme beträgt 24—28°, die Ufer ſind im Oberlaufe dicht bewaldet, im Mittel- und Unter⸗
lauf meiſt ſandig, mit ſchwarzen Felsblöcken bedeckt und auffallend arm an lebenden Weſen;
eine Ausnahme macht nur die Gegend der Mündungen des Apure.
So rieſig nun die Waſſermaſſe des Stromes zur Hochwaſſerzeit iſt, ſo ſehr vermindert
ſich zuzeiten das Waſſer in dem oberen und mittleren Orinoco. Dieſe Hochwaſſer und
Niederwaſſer ſind Folgen der Regenzeit und der Trockenzeit, alſo des Klimas. Gewöhnlich
ſteigt der Orinoco von Ende März an langſam, fällt zuweilen im April wieder, ſteigt dann
aber raſcher bis zum Juli und behält Hochwaſſer etwa bis zum 25. Auguſt; dann folgt ein
langſames Fallen bis zum Januar und Februar, unterbrochen durch einen geringen Anſtieg
ungefähr um Anfang November. Der Unterſchied zwiſchen Hoch- und Niederwaſſer beträgt in
Ciudad Bolivar 12—15, am unteren Orinoco 25 m. Ahnlich ſoll nach Codazzi die mittlere
Schwellhöhe beim Meta 14, Guaviare 12, Apure 12, Atabapo 11, Vichada und Caroni 9,
Ventuari 8 m betragen. Das ganze Jahr hindurch wird der Orinoco nur bis Ciudad
Bolivar, in den Regenmonaten dagegen bis Atures, 1400 km, wenn auch nicht regelmäßig,
befahren. Da er aber großenteils in einer menſchenarmen Wildnis fließt, ſo iſt ſeine Be—
deutung für den Verkehr gering.
Der Orinoco entſteht, ähnlich wie der Madeira, aus zwei Quellflüſſen, von denen
der eine in Guayana, der andere in der Kordillere entſpringt. Gewöhnlich wird angegeben,
ſeine Quellen lägen in Guayana, wo Chaffanjon 1887 den öſtlichen Quellfluß, Paragua,
bis nahe an einen 1300 m hohen Berg des Parima genannten Höhenzuges verfolgte. Dieſen
Berg nannte er Pic F. de Leſſeps und bezeichnete ihn als den Träger der Quelle des Orinoco.
Tatſächlich aber iſt die Quelle des Orinoco noch von keinem Weißen gejehen worden. Rich—
tiger iſt es jedoch, den zweiten Strom, der das Orinocoſyſtem bilden hilft, als Hauptquell-
fluß anzuſehen, nämlich den Guaviare. Dieſer entſteht auf der Oſtkordillere von Colombia
zwiſchen 3 und 4 nördl. Breite, teils am Cerro Neiva (2700 m) öſtlich von Neiva, teils am
Cerro Oſeros (3800 m) nahe 4°, und zieht, öfters von Stromſchnellen unterbrochen, durch
die Llanos. In dieſen wird er durch den von Süden ihm zugehenden, aber nicht auf der
Kordillere, ſondern in den Llanos auf einer Cerros Yimbi genannten Bodenſchwelle ent—
ſpringenden Inirida verſtärkt und vereinigt ſich alsdann bei San Fernando de Atabapo
mit dem öſtlichen Quellfluß des Orinoco, Paragua (Tafel 3, Abbildung 2). Dieſer emp⸗
fängt von beiden Seiten Nebenflüſſe, darunter von Norden her den Padamo mit dem
Matacuni, ſtrömt in weitem Tale bei Esmeralda vorbei und entſendet bei Buenaguardia
den Caſiquiare zum Rio Negro.
Dieſe berühmte Waſſerteilung entzieht ihm den dritten Teil ſeines Waſſers. Der Fluß
ſtrömt hier mit Heftigkeit in einer nur 80 m breiten Schlucht und drängt mit gewaltigem
Stoß gegen die Tonſchichten des linken Ufers. Vielleicht hat dieſer Anprall allmählich eine
Bucht gebildet, die ſchließlich durchbrach und dem Strom ein neues Bett öffnete. Alljährlich
wandert die Gabelungsſtelle einige Meter abwärts und erweitert ſich dabei zuſehends. Der
Caſiquiare hat, wie der Orinoco, weißes Waſſer und, wie alle weißen Flüſſe, große Moskito⸗
plage, ſo daß man ihn beim Übergange vom Orinoco zum Rio Negro möglichſt meidet und
den unbequemen Tragplatz Pavita — Pimichin zwiſchen dem Atabapo und dem Rio Negro
vorzieht. Am Eingang nur 40 m breit, verbreitert ſich der Caſiquiare ſogleich zu 300, ſpäter
bis 1000 m und erreicht eine Lauflänge von 200 km; auf dem Wege zum Rio Negro nimmt
er den Pacimoni und den Siapa⸗Baria von Oſten her auf. Zur Regenzeit iſt das Bett des
108 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Fluſſes zum Überfließen voll, und Überſchwemmungen der Ufer find häufig. Der Strom
hat, nach Humboldt, viele Ahnlichkeit mit dem Rio Negro.
Der Orinoco ſtrömt von der Gabelteilung an in gewundenem Laufe nach Weſtnord—
weſt weiter. Seine Ufer ſind öde, ſein Anblick iſt traurig. So erreicht er die Mündung des
mächtigen, deltabildenden, von der Sierra Maigualida kommenden Ventuari, wo er ſich
ſcharf gegen Weſten wendet, um dieſe Richtung bis San Fernando beizubehalten. Hier geht
dem Orinocoſyſtem noch ein dritter, kleinerer Fluß von Süden zu, der Atabapo, und deſſen
Richtung folgt nun der Hauptſtrom: San Fernando bezeichnet alſo einen hydrographiſch
wichtigen Punkt. Der Atabapo entſpringt unter 3% nördl. Breite. Er wie ſeine Nebenflüſſe
und der Rio Negro haben ſämtlich ſchwarzes Waſſer, aguas negras, eine Erſcheinung, die ſich
zwiſchen 2“ ſüdl. und 5° nördl. Breite ſehr häufig findet, während der Orinoco und der Caſi—
quiare weißes Waſſer haben. Nördlich des Zama kommt die ſchwarze Färbung nicht mehr
vor. Viele der ſo gefärbten Gewäſſer entquellen den offenen Savannen, nicht dem Urwald,
wahrſcheinlich moorigem, eiſenhaltigem Boden, ſo daß die Analogie mit den äquatorialen
ſchwarzen Zuflüſſen des Kongo unleugbar iſt. Die Landſchaft am Atabapo iſt ganz anders
als die am Orinoco. „Es verändert ſich alles“, ſagt Humboldt, „die Farbe des Waſſers,
die Beſchaffenheit der Atmoſphäre und die Geſtalt der am Ufer wachſenden Bäume; den
Tag über wird man nicht von den Moskitos geplagt, die langbeinigen Zancudos werden zur
Nachtzeit ſehr ſelten. Die Gewäſſer des Orinoco ſind trübe, mit erdigen Stoffen beladen,
diejenigen des Atabapo dagegen rein und von angenehmem Geſchmack.“
Die Ufer des Orinoco ſind zwiſchen San Fernando und der Mündung des Zama mit
dichtem Walde bedeckt, dann aber wird die Waldung lichter. An der Mündung des dem Gua—
viare parallel laufenden Vichada liegen zahlloſe granitiſche Felſen in der Ebene zerſtreut.
Dann folgen die Mündung des Sipapo und die Katarakte. Die Katarakte von Maipures
und Atures liegen ſüdlich und nördlich eines Riegels, den der Orinoco zu durchbrechen hat.
Weſtlich des Fluſſes erhebt ſich der Uniana hier noch zu 582 m Höhe. Dieſe von einem Ufer
zum anderen ſich erſtreckenden Sperrungen haben, nach Humboldt, ein ziemlich gleichförmi—
ges Ausſehen, „ſie beſtehen aus unzähligen Eilanden, Steindämmen, aufgehäuften und mit
Palmbäumen bewachſenen Granitblöcken.“ Sie ſind jedoch nicht hoch, ſondern die etwa 10 m
betragende Höhe des Waſſerſturzes verteilt ſich auf eine lange Strecke. Dieſe beiden Kata⸗
rakte ſperren den Orinoco für die Schiffahrt ab und bilden eine ſcharfe Grenze im Strom⸗
lauf. Bis hierher rechnet man daher den Oberlauf.
Im Mittellauf erweitert ſich der Orinoco bedeutend, bildet zunächſt die Inſel Pau-
moa, verengt ſich wieder und iſt von Granitriffen und Stromſchnellen durchſetzt. Etwas nörd-
lich des 6. Grades nimmt er dann von links den Rio Meta auf. Der Meta itt der dritte
große Strom, der dem Orinoco von Weſten aus zugeht. Er entſpringt mit zwei Quellarmen
unmittelbar öſtlich von Bogotä am Oſtabhange der Cordillera oriental von Colombia, mit
einem dritten, Upia, öſtlich von Tunja. Unterhalb von Cabuyaro, dem Punkte der Vereini⸗
gung der Quellflüſſe, liegt das Flußbett nur 140 m hoch, fo daß der Lauf des Stromes durch
die Ebene ziemlich frei von Stromſchnellen iſt. Seine Waſſermenge erinnert an die der
Donau, ſeine Tiefe beträgt 10—24 m; Dampfer befahren ihn bis Orocu'. An der Mündung
iſt er ein mächtiger Strom.
Der Orinoco empfängt dann den Capanaparo und den Arauca, echte Llanosſtröme,
von links, den Suapure von rechts, bildet bei Caicara ein ſcharfes Knie und nimmt nun an
Guayana: Das Land. 109
der Mündung des Apure öſtliche Laufrichtung an. Der Apure entſpringt in der Kordillere
von Merida unter dem Namen Uribante, fließt zunächſt gegen Weſtſüdweſten zwiſchen den
Längsketten der Kordilleren und bricht dann nach den Llanos durch; einen ganz ähnlichen
Verlauf hat ſein linker Nebenfluß Caparro, der ihm faſt parallel fließt, während im Süden
der Caucagua und der Uricuna neben ihm herziehen, bis ſie ſich nahe bei Apurito mit ihm
vereinigen. In zahlloſen Armen verbinden ſie ſich aber ſchon vorher mit dem Apure, und zur
Regenzeit iſt das ganze Ufergebiet des Stromes ein weiter, gelbbraun ſchimmernder See,
aus dem die grünen Uferwälder hervorragen. Südlich von San Fernando de Apure wird
das Gewirr der Verbindungsarme nach dem Arauca am größten, und gleichzeitig mündet
von links der Rio Portugueſa, der, durch den Rio Acarigua, den Guanare, Guanarito,
Guanaparo von rechts, den San Carlos, Pao, Tisnados von links verſtärkt, in ſüdöſtlichem
Laufe zum Apure eilt. Der Apure mündet unter Abzweigung zahlloſer Arme in den Orinoco,
zur Trockenzeit ſchmal und faſt verſandet, zur Regenzeit weithin die Ebene überflutend; an
der Mündung iſt der Geſamtfluß nicht weniger als 3700 m, zur Regenzeit ſogar über 10 km
breit und gleicht dann mehr einem See als einem Fluſſe. Im Mündungsgebiet vereinigt ſich
mit ihm der Apurito-Guärico.
Von Caicara zieht der Orinoco nahe dem Nordabfall des Tafellandes von Guayana
entlang und bleibt ein breiter, ruhig fließender, bei Wind jedoch wilder Strom. Noch mehr-
mals aber hat er gegen die Ausläufer des Berglandes von Guayana zu kämpfen, namentlich
bei Ciudad Bolivar oder Angoſtura (Enge), wie dieſe Stadt früher in bezeichnender Weiſe
genannt wurde. Oberhalb und unterhalb von Angoſtura hat der Strom 2000—2600 m
Breite, vor der Stadt ſelbſt aber wird er durch ein Granitriff auf 850 m bei 50 m Tiefe ein-
geengt; in der Mitte des Stromes, zwiſchen Ciudad Bolivar und der am nördlichen Ufer
befindlichen Vorſtadt Soledad, liegt ein rieſiger Granitfelſen.
Bei Ciudad Bolivar beginnt der Unterlauf. Der Orinoco zieht hier durch ein
ziemlich ödes Land zwiſchen ſandigen, kahlen Ufern und gelegentlich hervorſpringenden
Granithügeln. In ſeinem Bett liegen zahlreich mächtige, mit dunkelſchwarzer, firnisartiger
Tropenkruſte bedeckte Felsblöcke. Unterhalb von Guayana vieja, der alten, 1591 gegrün⸗
deten Hauptſtadt von Guayana, jetzt einem elenden Dorfe, beginnt das Delta in der Größe
von 25300 qkm, alſo eines Drittels von Bayern. Der Hauptſtrom behält ſeine öſtliche
Richtung bei, ſendet jedoch nach Norden und Nordoſten eine Anzahl von Armen ab, von
denen der Macareo dem Dampferverkehr dient. Bei Sacupana teilt er ſich in zwei Arme,
die ſich aber dicht vor der Mündung wieder vereinigen, und wälzt dann unter Bildung
mehrerer Inſeln ſeine Waſſer ins Meer, wo ſie von der Küſtenſtrömung aufgefangen und
nach Norden getrieben werden, um durch den „Drachenſchlund“ (Boca de Dragos) das Karai-
biſche Meer zu erreichen.
Zwiſchen Caicara und Ciudad Bolivar zieht der Orinoco eine Reihe großer Neben—
flüſſe an ſich. Vom Llano her gehen ihm allerdings nur unbedeutendere zu, wie der Mana—
pire; von Guayana aber empfängt er den Cuchivero, den Caura und den Aro ſowie
unterhalb Ciudad Bolivar den Caroni mit dem Paragua. Alle dieſe Flüſſe fließen durch
menſchenarme Wildnis. Ihre Waſſertemperatur liegt zwiſchen 24 und 28°, ihre Farbe it
dunkel, faſt ſchwarz, das Waſſer aber doch klar, und noch weithin ſieht man, wie an der Mün—
dung des Caroni, das ſchokoladenfarbene Waſſer im gelben Orinoco. Häufig bilden die Flüſſe
noch vor der Mündung Fälle, wie der Caroni, der 20 m tief herabſtürzt. Die Mündungen
110 Das ungefaltete Land des Oſtens.
des Caura und Caroni find 600 m breit, ihre Quellen ſowie die des zwiſchen beiden fließen—
den Paragua liegen auf der Sierra Pacaraima; der Caura kommt als Merevari von den
1000 m hohen Marutani-Bergen. Auf eine größere Strecke ſchiffbar iſt nur der Caura.
2. Klima, Pflanzen- und Tierwelt.
Das Klima Guayanas iſt rein tropiſch. Genaue Temperaturbeobachtungen
liefern nur die Küſtenplätze Georgetown, Paramäribo und Cayenne, während aus dem
Inneren keine fortlaufenden Aufzeichnungen vorliegen.
Wärmſter Kühlſter Ä
N 1
Jahr Monat Monat Schwankung Niederſchlag
Georgetown 26,40 27,30 25,80 1,50 2200
Paramaribo 26,20 27,30 25,20 2,10 2270
Cayenne 26,40 27,30 25,80 1,0 3010
An der Küſte iſt das Jahresmittel alſo allgemein ziemlich gleich, und die Monatsmittel ſind es
ebenfalls; die wärmſten Monate ſind Oktober und September, die kühlſten Januar und
Februar; die Schwankung iſt überall ſehr gering, das Klima alſo durchaus äquatorial. Die
Extreme bewegen ſich im Mittel nur zwiſchen 35,1“ in Cayenne und 19,2“ in Paramäribo.
Die Niederſchlagsmenge iſt bedeutend und nimmt von Weſten nach Oſten zu. Merk—
würdig iſt, daß ein großer Teil des Niederſchlags in den Monaten Dezember bis Februar
fällt, die ſonſt in den nordäquatorialen Tropen trockener zu ſein pflegen. Cayenne empfängt
nämlich von 3010 mm in den Monaten Dezember bis Februar 934, alſo 31 Prozent, Para⸗
märibo 27 Prozent. Das Hauptmaximum fällt in beiden Plätzen allerdings in den Mai
mit 509 mm in Cayenne und 298 mm in Paramäribo. Am trockenſten ſind die Monate
September und Oktober, auch in Georgetown, wo zwei Maxima des Regenfalls im Juni
und Dezember mit je ungefähr 300 mm erkennbar find. Die Erklärung für dieſe abnorme
Verteilung der Jahreszeiten ſucht man in Temperaturunterſchieden zwiſchen Meer und Land.
Demnach gibt es an der Küſte keine ſcharf ausgeprägten Jahreszeiten, man unter-
ſcheidet aber doch zwei Regen- und zwei Trockenzeiten, erſtere mit mehr ſüdlicher, letztere
mit mehr nördlicher Windrichtung und höherer Temperatur. In Holländiſch-Guayana be—
ginnt die kleine Regenzeit im November mit ſtarken Regengüſſen, heftigen Winden und
bewegter See, dauert bis Februar und macht der angenehmſten Zeit des Jahres, der kleinen
Trockenzeit vom Februar bis April, Platz. Dann folgt die große Regenzeit vom April bis
Auguſt, die „Zeit der Wolken“ der Indianer. Sie bringt allgemeine Überſchwemmungen
mit Waſſerſtandsunterſchieden bis zu 13 m, Überrieſelung der Savannen und des Wald-
bodens ſowie gewaltige elektriſche Entladungen und iſt im Inneren mit weſtlichen und nord-
weſtlichen Winden verbunden. Mit ſchweren Gewittern endet ſie auch, und Morgennebel
leiten die große Trockenzeit ein, die ungeſundeſte Jahreszeit, in der Malaria und Dysenterie,
gelegentliche Einbrüche des gelben Fiebers ſowie die javaniſche Beri-Beri ihre Opfer fordern.
Im ganzen iſt das Klima aber wohl beſſer als ſein Ruf, beſonders das des Inneren, über
das wir noch ſehr wenig wiſſen. Jedenfalls nehmen die Temperaturen wegen der größeren
Höhenlage im Inneren ab, und auch die Regenmenge ſcheint geringer zu ſein, wie aus der
weiten Verbreitung der Savannen zwiſchen 3 und 49 zu ſchließen iſt. Im Sandſteingebiet
um den Roroima fallen die Regen von April bis Auguſt und wieder im November und
Guayana: Klima, Pflanzen- und Tierwelt. 111
Dezember; der Südabfall hat wahrſcheinlich ſeine Haupttrockenzeit von Juli bis September,
alſo ſchon ſüdhemiſphäriſchen Typus, wie Mangos. Jedenfalls nimmt im Rio Branco die
Waſſermenge in dieſen Monaten fo ſtark ab, daß der Verkehr mit Mangos unterbrochen wird.
Die Vegetation. Über die Vegetation des Inneren ſind wir wenig unterrichtet.
R. Schomburgks Flora von Guayana, A. von Humboldts Beobachtungen am Orinoco und
Rio Negro, J. Hubers Unterſuchungen an der Küſte, die Schilderungen Appuns und Im
Thurms Bemerkungen über Britiſch-Guayana ſind das wichtigſte Material.
Auf der flachen Küſtenniederung erſtreckt ſich die Küſtenvegetation ſo weit land—
einwärts, als das Salzwaſſer durch die Flut aufwärts bewegt wird, bei einigen Flüſſen bis
über 20 km. Große, beſonders aus Rhizophora Mangle und Avicennien beſtehende Wal-
dungen dehnen ſich an den Flüſſen aus, zwiſchen dieſen und in einiger Entfernung von der
Küſte ſolche aus Leguminoſen, Laurineen, Melaſtomazeen und Palmen. Zwiſchen Oyapoc
und Amazonas heißt die aus Avicennia nitida und Bambus gebildete Küſtenvegetation nach
J. Huber Ciriubal. Sie geht einerſeits in den Igapö-Wald, anderſeits in den Trockenwald,
Matto ſecco, dieſer wieder durch den Cerrado, eine Gebüſchregion, in die Savanne über.
Auf die Küſtenvegetation folgt der Urwald. Dieſer nimmt Guayana öſtlich vom Eſſe—
quibo faſt ganz ein und wird nur zwiſchen dem Corentijne und dem Demerara durch Sa—
vannen unterbrochen, doch tritt eine Veränderung in der Waldflora auf, ſobald die zwiſchen
4 und 5° nördl. Breite ſich hinziehende Gebirgskette erreicht wird. Der Wald hat faſt kein
Unterholz, nur an lichten Stellen und am Flußufer Scitamineen, Aroideen und Farne; die
Üppigkeit der Vegetation iſt ungeheuer. Wald dehnt ſich auch über den oberen Orinoco
und Rio Negro aus, doch werden zwiſchen 5 und 2° ſüdl. Breite lederartige, glänzende und
ungezahnte Blätter allgemein, und der Wald erhält einen ins Bläuliche ſpielenden Ton,
während weiter im Norden ſattgrüne Farben herrſchen. Gegen den unteren Orinoco hin
wird der Wald ſpärlich und die Vegetation geradezu dürftig. Zwiſchen den Felsblöcken er-
ſcheinen graue, kandelaberförmige Cereen, alle friſcheren Formen treten zurück, Farne,
Orchideen, Aroideen, Lianen verſchwinden, und die Palmen beſchränken ſich auf zwei Arten,
die Mauritia flexuosa und die Copernicia tectorum.
Das Innere von Guayana bedecken Savannen (Tafel 3, Abbildung 1), beſonders
zwiſchen / und 2° nördl. Breite, 60 und 63° weſtl. Länge. Sie ſcheinen ſich aber nach
Weſten weiter zu erſtrecken, denn auch Esmeralda am Orinoco liegt im Savannengebiet.
Ferner treten ſie wieder im Oſten am Oyapoc auf. Die ſie zuſammenſetzenden rauhhaarigen
Gräſer mit gelben Halmen ſind meiſt Zyperazeen und werden nach Schomburgk von einer
Menge ſtacheliger, holziger und krautartiger Pflanzen durchſetzt. Der Wuchs der hier und
da, beſonders auf Erhebungen, auftretenden, iſoliert ſtehenden Bäume, z. B. Curatella und
Psidium, iſt krüppelhaft. Die ſumpfigen Niederungen der Savanne werden größtenteils von
der Mauritia flexuosa, teils vereinzelt, teils in förmlichen Wäldern, eingenommen. Schon
hier in Guayana erſcheinen die Capdes, Waldinſeln, auf der Savanne. Sie ſind meiſt Freis-
bogenförmigen Umfangs, beſtehen aus Waldbäumen des Urwaldes, haben aber nicht deren
volle Höhe. Ihr reicher Boden, ſchwerer Lehm mit Sand und verwitterten vegetabiliſchen
Beſtandteilen oder Dammerde, läßt, ſobald Waſſer vorhanden iſt, Scitamineen, Farne und
Palmen gedeihen. Ein 30—60 m breiter Galeriewald begleitet die Flußufer.
In der Trockenzeit iſt die Savanne eine fahle, gelbe, ſtaubige und heiße Landſchaft,
aus der die ſpärlichen Bäume trübſelig hervorragen (Tafel 3, Abbildung 3); ein Teil der
112 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Waldbäume verliert das Laub, die Sümpfe verſiegen, und die Savanne gleicht einem dünn⸗
geſäten, reifen Getreidefelde. Zu Beginn der Regenzeit füllen ſich die Sümpfe und Flüſſe
mit Waſſer; die prächtigen Blüten der Victoria regia öffnen ſich, und an ihren Rändern wie
auf den Savannen ſelbſt entſteht ein reicher Blumenflor.
Über der Savanne erhebt ſich als letzte Region die Sandſteinregion, mit graſigen
Tälern und quellenreichen, bewaldeten Bergen von 1200 — 2600 m Höhe. In ihr ver⸗
ſchwinden zahlreiche Formen der tieferen Regionen. Dafür erſcheinen Proteazeen, Cin—
chonen, Erikazeen, Velloſien, rieſige Erdorchideen und Baumfarren. Die Waldbäume zeigen
den Typus des Bergwaldes, geringere Höhe, lederartige, glänzende Belaubung. Die Gräſer
ſind friſcher, zarter und weicher als die der Niederung und nehmen zwiſchen ſich ſchönblühende
Sträucher auf. Bis 1200 m Höhe ſteigt die Mauritia flexuosa. Auf der Gipfelfläche des
Roroima fanden Whitely, Im Thurm und Perkins nur einige Gräſer und eine Yuccaa ähnliche
Vellosia, aber keinen Baum, ſondern nur locker zerſtreute, kleine Büſche.
An Nutzpflanzen hat Guayana vor allem den Kakao hervorgebracht, vielleicht auch
Dioscorea-Arten, den ſpaniſchen Pfeffer und den Guayabo-Baum (Psidium pomiferum).
Die Mauritia flexuosa iſt eine höchſt wertvolle Nutzpalme, die Bixa Orellana liefert den Farb⸗
ſtoff Ruku, die Dipteryx odorata, der Sarräpia-Baum, die aromatischen Tonkabohnen. Nutz⸗
holz findet ſich reichlich in den Wäldern, und neuerdings kommen dazu die Kautſchuk, Balata,
gebenden Waldbäume, beſonders wohl Hevea guyanensis und Mimusops balata (Tafel 3,
Abbildung 4). Aus verſchiedenen Strychnos-Arten gewinnt man das Curaregift. Von
eingeführten Nutzpflanzen kommen nur Kaffee und Zuckerrohr an der Küſte in Betracht.
Die Tierwelt Guayanas iſt noch ſehr wenig bekannt, da nur Schomburgk und Appun
ſich mit ihr befaßt haben. Unter den Säugetieren ſind die Fleiſchfreſſer am ſtärkſten
vertreten, die Pflanzenfreſſer ſpärlich, da ſie der Wald nicht begünſtiat; die Raubtiere ſind
über das ganze Gebiet, auch in bezug auf die Höhenſtufen, gleichmäßig verbreitet, es ſind
Jaguar, Puma und verſchiedene andere Katzen, Felis nigra, die black cat der Koloniſten,
Felis jaguarundi, Felis pardalis, ferner Marderarten. Von Affen ſind die langſchwänzigen
Klammeraffen, Ateles, und die Hapalidae, kleine Löwen- und Seidenäffchen mit langen,
aber nicht greifenden Schwänzen, ſowie die Brüllaffen am häufigſten. Die Affen ſind
aber im Gegenſatz zu den Raubtieren meiſt auf beſtimmte Diſtrikte beſchränkt, was übrigens
auch von einzelnen Wiederkäuern gilt. So lebt eine Anzahl von Hirſchen, beſonders Cervus
rufus, nur im Walde, Cervus savannarum aber auf der Savanne. Die Ufer der Savannen-
flüſſe bewohnt das Waſſerſchwein, die der Urwaldflüſſe zieht das Aguti vor. Die Küſten⸗
waldung bevorzugen Procyon cancrivorus und das Beuteltier Didelphys, die Savanne
Canis cancrivorus und mehrere Ameiſenfreſſer, Myrmecophaga jubata, M. didactyla und
M. tetradactyla. Von Gürteltieren leben auf der Savanne ſechs, von Faultieren im
Walde drei Arten. Der Tapir und das Pekari ſind über ganz Guayana verbreitet, erſterer
aber nur bis 1200, das Pekari bis zu 900 m Höhe. Der Manatus americanus, die Seekuh,
dringt zur Hochwaſſerzeit bis in den Rio Branco bei Sao Joaquim vor und der Delphinus
amazonicus bis in den Tacutu.
Die Vögel Guayanas zeichnen ſich durch ihr überraſchend lebhaftes und prachtvolles
Gefieder aus, beſonders die Papageien, Tukane, Kuckucke und Kolibris. Zugvögel fehlen,
Strichvögel dagegen find häufig, namentlich Waſſer- und Watvögel; fie ziehen in der Trocken⸗
zeit aus den verſiegenden Sümpfen und Waſſerflächen der Savannen hinweg oder erſcheinen,
Guayana: Klima, Pflanzen- und Tierwelt. Bevölkerung und Beſiedelung. 113
wie einige Ampelis-Arten und die roten und blauen Aräras, zur Fruchternte. Ornitho—
logiſche Regionen ſind, ſoweit man bisher weiß, die Küſtenregion, die Savanne und das
Roroimagebirge, das im ganzen tierarm iſt, aber von eigentümlichen Vögeln bewohnt
wird und anſcheinend die natürliche Grenze für eine Reihe von Gattungen und Arten
bildet, die nur bis 1200 und 1800 m Höhe herab vorkommen. Von Reptilien und Am—
phibien ſteigt die auf der Savanne heimiſche Klapperſchlange bis 1900 m Höhe, während
Lachesis rhombeata und Trigonocephalus atrox den feuchten Wald faſt nie verlaſſen. Die
Boa constrictor liebt den trockenen Wald, erreicht eine Länge von 6—9 m, geht aber nie ins
Waſſer, während Boa murina oder Eunectes murinus, die angeblich bis zu 12 m lang wird,
meist im Waſſer lebt, doch auch am Ufer oder im Sande auf Baumſtämmen ſich zuſammen—
rollt. Unter den Schildkröten iſt am Orinoco Podocnemis Dumerilianus die gemeinſte;
ſie erſcheint an beſtimmten Orten in ungeheuren Maſſen, legt Mitte März ihre Eier am
Strande ab und gibt dadurch Veranlaſſung zu lebhaftem Treiben, da das Fleiſch der Schild—
kröten in Guayana allgemein gegeſſen wird, die Eier aber wegen ihres Olgehaltes einen
wertvollen Handelsartikel bilden. Auch Seeſchildkröten kommen an der Küſte ziemlich zahl—
reich vor. Der Kaiman lebt in mehreren Arten in den Buchten und auf den Sandbänken
der Flüſſe. Unter den Batrachiern iſt die häßliche Pipa americana häufig in der Nähe der
Küſte, in Sümpfen und Pflanzungen zu finden. Fiſche ſind in ganz ungeheuren Mengen
in den Flüſſen vorhanden, und die Indianer ſind denn auch großenteils Fiſcheſſer. Die
Sümpfe der Savanne nennt Schomburgk natürliche Fiſchbehälter. Am bekannteſten iſt der
große Wels, Laulau. Unter den ſehr zahlreichen Inſekten ſind farbenprächtige, auffallend
große und ſonderbare Formen häufig. Der Roroima und das Sandſteingebirge überhaupt
ſind durch eine beſondere Inſektenfauna ausgezeichnet.
3. Bevölkerung und Beſiedelung.
Bevölkerung. Die Indianer Guayanas gehören jetzt großenteils den beiden großen
Gruppen der Karaiben, zum Teil auch der Aruak an, welche die urſprünglichen Bewohner
vertrieben haben. Von dieſen ſind nur noch geringe Reſte vorhanden, darunter die Oto—
maken vom mittleren Orinoco, die Humboldt durch ſeine Schilderung ihrer Gewohnheit,
Erde zu eſſen, bekanntgemacht hat, und deren ſpärliche Reſte jetzt weſtlich des Orinoco im
Llano zwiſchen Apure und Meta leben ſollen. Bekannt iſt auch die ſchon vor Humboldts
Reiſe erfolgte Vernichtung der Atures, die ihre Toten in Körben und Urnen in der Höhle
von Ataruipe am Oſtufer des Orinoco bei Atures beigeſetzt haben. Die Gruppenſtellung der
Otomaken und Atures iſt ebenſowenig beſtimmt wie die der Warrau oder Guarauno im
Orinocodelta und im Küſtengebiet gegen den Eſſequibo, ſowie der Guaharibo oder Schiriand
am oberen Uraricuera. Andere Stämme mit iſolierter Sprache find die Mäku am Auary,
nördlich des Uraricuera, die Auaké und Kaliäna im Quellgebiet des Parana oder Caront,
die Piaroa am unteren Ventuari und auf dem rechten Ufer des Orinoco; ferner der große
Stamm der Guahivo zwiſchen dem Vichada und dem Meta ſowie die Puinare am Inirida.
Auch die Tupi ſind ſchon ſtark zurückgedrängt und zum Teil ſeit langer Zeit verſchwun—
den. Heute rechnet man ihnen noch zu die Oyampi am Cunani und in den Tumuc⸗Humac⸗
Bergen, die Emerillon im Inneren des franzöſiſchen Guayana und die Palikur. Sie
bauen Maniok, trieben bis vor einem Jahrhundert Menſchenfreſſerei und find die am weite—
ſten nordwärts vorgeſchobenen Tupi.
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 8
114 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Wahrſcheinlich waren auch die Aruakſtämme urſprünglich Bewohner Guayanas, oder
ſie haben die anfangs erwähnten Ureinwohner bereits vertrieben, um dann ihrerſeits in
manchen Gegenden wieder den Karaiben zu weichen, die ſich keilförmig in ſie einſchoben und
ſie an die Ränder ihres früheren Gebietes drängten. Man rechnet zu ihnen die heute aus—
geſtorbenen Maipure, ferner die Baniwa, Baré, Piapöko und andere Stämme am oberen
Orinoco, unteren Guaviare, Atabapo und Guainia, die ſehr angeſehenen Wapiſchiana und
die Atorai zwiſchen dem Rio Branco und Eſſequibo, endlich die eigentlichen Aruak oder
Arowaken an der Küſte von Demerara und Surinam. Die Küſtenſtämme ſtehen ſeit langer
Zeit in nahen Beziehungen zu den Europäern. Schon Schomburgk berichtet, daß er bei
ihnen Hemden, Tiſche, Stühle und allerlei europäiſches Hausgerät gefunden habe, und ſeit—
dem haben ſie ſich vollkommen mit den übrigen Einwohnern Britiſch-Guayanas vermiſcht.
Auch die Stämme am Orinoco haben ſchon Veränderungen durch die Venezolaner erlitten,
und die Wapiſchiana und Atorai find mit Braſiliern und Engländern in Berührung ge—
kommen. Dadurch haben ſie zwar an ihrer Urſprünglichkeit eingebüßt, aber in ihrem Typus
noch keinen Wechſel erlitten, ſondern ſind noch reine Stämme. Sie haben vielfach ähnliche
Sitten und Gebräuche wie die Karaiben, ſo das Durchſtechen der Unterlippe, das Tragen von
Geldſtücken als Schmuck, den vollen Haarſchmuck, den Frauenraub und das Männerkindbett.
Die Karaiben haben in Guayana jetzt ihre hauptſächlichſten, vielleicht ihre Urſitze.
Ihnen gehören die bekannteſten Stämme Guayanas an, die Rucuyenne oder Wayana
der Tumuc-Humac-Berge, die Makuſchi und Taulipäng vom Eſſequibo und Roroima
(Tafel 3, Abbildung 1), ferner die Pianagoto zwiſchen den Oberläufen des Corentijne
und Paru, die Arefund vom Caront und Yuruan und, wie auch ihr Name beſagt, die
Galibi an der Küſte von Cayenne; und weiter rechnet man zu ihnen die Apalai am
Paru, die Trio am oberen Corentijne, die Kariguano an den Quellen des Rio Trom—
betas, die jetzt ausgeſtorbenen Paravilhana im Knie des Rio Branco-Uraricuera, die
Kriſchana am Qauaperi, die Maionggong an den Quellen des Caura, die den letzte—
ren ſehr nahe verwandten Makiritare zwiſchen Ventuari und Orinoco, die Waika oder
Guaica am Cuyuni (Tafel 4, Abbildung 2), endlich die heute wohl erloſchenen Tamanako
am unteren Orinoco.
Im allgemeinen ſind ſie ſchöne, kräftige Leute mit ziemlich lichter Farbe, milden
Zügen, ſtarker Naſe, ſchlanker, wohlgebauter Geſtalt. Die Männer tragen das Haar kurz,
die Frauen herabhängend oder in langen Flechten auf dem Scheitel zuſammengebunden.
Schomburgk rühmt von den Makuſchi Ordnungsliebe, Reinlichkeit, Betriebſamkeit und Gaſt⸗
freundlichkeit. Sie bemalen das Geſicht mit Farbe der Bignonia chica und Genipa americana,
die Weiber ſalben das Haar mit Krappöl. Durch die Ohrlappen und die Naſenſcheidewand
werden Holzſcheiben oder Rohrſtäbe gezogen, durch die Unterlippe Nadeln. Perlenhalsketten
mit Geldſtücken und perlgeſtickte Schamſchürzen vervollſtändigen den Schmuck. Die Hütten
ſind meiſt viereckig, ſeltener rund, und werden mit Wedeln der Maximiliana regia bedacht.
Den Hausrat bilden Hängematten, hölzerne Schemel, ausgehöhlte Kürbiſſe und Kochgeſchirre
aus Ton. An dem Hauptbalken der Hütte hängen Jagdtrophäen und Waffen, Kriegskeulen,
Bogen, Pfeile, Federmützen und das merkwürdige Blasrohr, das ſie von den Arekuna und
Maionggong gegen ihr furchtbares vegetabiliſches Gift, Urari oder Curare, eintauſchen.
Neger und Mulatten bilden den Grundſtock der jetzigen Bevölkerung im öſtlichen
und einen großen Teil derſelben im weſtlichen Guayana. Manche von ihnen haben eigene freie
Guayana: Bevölkerung und Beſiedelung. 115
Gemeinweſen geſchaffen und damit eine Art Staat im Staate gebildet, ſind aber zugleich auch
in afrikaniſche Lebensweiſe zurückgefallen. Im Jahre 1663 ſandten die portugieſiſchen Juden
ihre Sklaven zur Vermeidung der Kopfſteuer in den Buſch. Hier gründeten dieſe aber
Anſiedelungen und erſtarkten jo ſehr, daß ſie 1772 Paramäribo angreifen konnten. Die be-
kannteſten ſind die Boni mit dem Hauptort Cottica am Awa und drei weiteren Dörfern,
die einflußreichſten die Duca unter dem Grand Man in Dri Tabaki, der auch die Poligudu
zwiſchen dem Awa und Tapanahoni beherrſcht. Die Paramacca ſind erſt 1865 aus Suri—
nam ausgewandert und ſitzen jetzt am unteren Maroni bis zu der Strafkolonie St.-Laurent;
der fünfte Stamm, die Saramacca, wohnt am mittleren Surinam. Fiſchfang, Schiffahrt,
Jagd find ihre Hauptbeſchäftigungen, doch wird auch etwas Ackerbau auf Mais, Yuca, Ba—
nanen, Bataten getrieben.
Das zweitſtärkſte Volkselement der Kolonien, die Aſiaten, iſt zum Erſatz der frei—
gelaſſenen Sklaven ſeit 1845 herangezogen worden. Zunächſt wurden indiſche Kulis ein—
geführt, in einem halben Jahrhundert etwa 170000, namentlich aus den Ländern ſüdlich des
Ganges, dann durch die Holländer Javanen und Malaien und ferner einige tauſend Chi—
neſen. Die Aſiaten in Surinam find daher großenteils Malaien, die in Britiſch-Guayana
meiſt Hindu. In Cayenne gibt es überdies noch Chineſen, Annamiten, Japaner, Araber
und Kabylen, jo daß ein rechtes Völkergemiſch und ein wahres Chaos von Sprachen, Sitten
und Trachten entſtanden iſt.
Die in Guayana herrſchenden Europäer und von Europäern abſtammenden
Süd amerikaner ſind ſehr gering an Zahl; namentlich tritt dieſes Mißverhältnis im öſtlichen
Guayana hervor, wo in Cayenne und Surinam, abgeſehen von Sträflingen, nicht mehr
als je 1000 leben, während in Britiſch-Guayana ihre Zahl allerdings 6000 erreicht. Ihnen
zugerechnet werden als Weiße häufig die in der niederländiſchen Kolonie herrſchenden Juden
portugieſiſcher Abſtammung, doch wanderten dieſe nicht direkt aus Portugal, ſondern 1663
aus Braſilien ein. Dagegen ſtammen die ſogenannten Portugieſen aus Madeira und den
Azoren und bilden jetzt mit den Braſiliern eine beſondere Klaſſe.
Dieſe verſchiedenen Volkselemente haben nun eine Miſchbevölkerung hervorgerufen,
in der manche Indianerſtämme, namentlich Teile der küſtenbewohnenden Aruak, faſt ganz
aufgegangen ſind. Im allgemeinen aber läßt ſich die räumliche Verteilung der einzelnen
Raſſen derart feſtlegen, daß die Aſiaten nur an der Küſte, beſonders in Britiſch-Guayana,
die unabhängigen Indianer im Inneren leben, während Europäer, Neger und Mulatten im
Orinocogebiet an den Flüſſen, im öſtlichen Guayana an der Küſte angeſiedelt ſind.
Die Beſiedelung. Für 1893 nahm H. Coudreau in den drei Kolonien 410300 Ein⸗
wohner an, 1911 waren es 438000; dazu kommen für das braſiliſche Guayana etwa 50000,
für das venezolaniſche 150000, ſo daß im ganzen gegen 640000 Menſchen in Guayana leben.
Davon ſind auf die Aſiaten in den drei Kolonien etwa 150000 zu rechnen, auf die Weißen
40000, auf die Indianer 50000, auf die Neger und Mulatten 400000, doch ſind dieſe Zahlen
ganz unſicher, da für die nicht von Europäern beherrſchten Teile Guayanas jede Angabe der
Verteilung der Raſſen fehlt.
Politiſch zerfällt Guayana jetzt in fünf Abteilungen. Die erſte Anſiedelung grün—
deten erſt im Jahre 1576 die Jeſuiten gegenüber der Inſel Fajardo an der Stelle des heutigen
Puerto Tablas; fie wurde aber bereits 1579 von den Holländern zerſtört. Dieſe ſetzten ji
ſeit 1580 an der Küſte von Guayana feſt und errichteten bis 1630 blühende Kolonien an den
8 *
116 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Flüſſen Eſſequibo, Berbice und Corentijne. Inzwiſchen hatten ſeit 1595 auch die Eng—
länder, beſonders unter Sir Walter Raleigh, die Orinocomündungen beſetzt, 1618 die
von Diego de Berrio 1591 neugegründete ſpaniſche Orinoconiederlaſſung zerſtört und die
jetzige Kolonie Surinam beſiedelt. Im Jahre 1613 erreichten ferner die Portugieſen von
Maranhäo aus die Mündungen des Amazonas, gründeten 1616 Para und verbreiteten alsbald
ihren Einfluß über das untere Amazonastal und die Küſte bis Cayenne. Endlich beſiedelten
ſeit 1626 die Franzoſen Guayana weſtlich vom Oyapoc. Dieſer Wettbewerb der Nationen
dauerte das 17. und einen Teil des 18. Jahrhunderts über an. 1629 —32 wurden die Eng⸗
länder und Holländer von den Portugieſen aus Guayana öſtlich vom Oyapoc vertrieben,
und auch die Orinocomündungen vermochten ſie nicht zu halten: 1667 traten ſie ſogar die
Kolonie Surinam an die Niederlande ab. Seit 1674 aber wurden die franzöſiſchen Be—
ſitzungen der Herrſchaft der franzöſiſchen Krone unterſtellt, und ſeitdem beſtanden andauernd
Grenzſtreitigkeiten zwiſchen Frankreich und den Niederlanden einerſeits und Portugal ſowie
deſſen Nachfolger, Braſilien, anderſeits. Dieſe ſind erſt 1891 und 1900 durch Schiedsſpruch
des Zaren und der Schweiz beſeitigt worden. In den Napoleoniſchen Kriegen eroberte dann
England die niederländiſchen Kolonien und behielt 1815 die weſtlichen derſelben, während
die Herrſchaft über die Orinocomündungen 1822 auf Spaniens Nachfolgerin, die Republik
Venezuela, überging. Auch zwiſchen England und Venezuela entſtanden, namentlich ſeit den
Goldfunden am Cuyuni, Grenzſtreitigkeiten, die 1897 durch den Schiedsſpruch einer britijch-
venezolaniſch-nordamerikaniſchen Kommiſſion beigelegt worden ſind. Für 1911 liegen fol-
gende Zahlen vor:
OKilometer Einwohner Dichte
Brafiliſcher Anteil. eig 300909 50000 0,17
Venezolaniſcher Anteil. Hetwa 450000 150 000 0,3
Selbſtändige Gebiete: 750000 200000 0,27
Cayenne (Franzöſiſch-Guayana) (1911) . . . 78900 49 000 0,6
Surinam (Niederländiih-Guayana) . . . . 129100 93000 0,7
Demerara (Britiſch- Guayana .. 233810 296000 1,3
Die drei Kolonien: 441810 438 000 1,0
Guayana: 1192000 638 000 0,55
In dem braſiliſchen Anteil liegt am oberen Rio Branco das frühere Fort Sao
Joaquim, heute ein halbes Dutzend von Soldaten bewohnter Palmſtrohhütten, etwas unter⸗
halb davon Boa Viſta, ein geſchloſſener Wohnplatz mit Viehhandel, da friſche Savannen die
Umgebung bilden. Am oberen Rio Negro liegt der Grenzplatz Cucuhy, im übrigen nur
unbedeutende Hütten; am mittleren Trombetas und Cuminä haben ſich flüchtige Neger-
ſklaven aus Obidos, die Mucambeiros, angeſiedelt. In dem bis 1900 ſtrittigen, jetzt braſili⸗
ſchen Küſtenland, das fälſchlich oft Amapä genannt wurde, liegen Goldfelder an den Quellen
der Flüſſe Cachipur (Caſſiporé), Cunani, Calgoene und Amapa im Granitgneis und Diabas.
Sie lieferten Ende des 19. Jahrhunderts jährlich etwa 220000 kg Gold, mehr als die Gold-
minen in Cayenne. Die Bevölkerung treibt Ackerbau auf Yuca, Tabak, Mais, Baumwolle,
Kakao, Ruku (vgl. S. 112), ferner Fiſchfang, Schiffahrt und Handel mit Cayenne, Para und
Vigia, wohin kleine Goletten zu fahren pflegen. Ende der achtziger Jahre lebten 18 000
Rinder auf den Savannen, und auch die Inſel Maracä iſt der Viehzucht zugänglich gemacht
worden. Die Anſiedelungen an der Küſte, Mapa, Cunani, Cachipur, ſind ganz unbedeutend.
Guayana: Bevölkerung und Beſiedelung. 117
Cayenne (Franzöſiſch-Guayana)h iſt zurzeit der am wenigſten wertvolle euro—
päiſche Beſitz in Guayana, hat aber im 18. Jahrhundert eine reiche Blüte gehabt. Nach der
Einführung des Kaffees 1716, des Kakaos 1730 erzeugte die Kolonie 1760 viermal mehr
Ruku, dreimal mehr Kakao, zwölfmal mehr Baumwolle, doppelt ſoviel Zucker als heutzutage.
Auch hier waren die Jeſuiten die wichtigſten Förderer des Ackerbaues, der mit ihrer Ver⸗
treibung ſank, bis die Kolonie nach Aufhebung der Sklaverei 1794 ſo völlig herunterkam, daß
dieſe ſchon 1802 aufs neue eingeführt werden mußte. Man ſuchte nun durch Malaien, Chi-
neſen und Weiße die Kolonie wieder zu heben, doch wurden alle Fortſchritte durch die zweite
Aufhebung der Sklaverei 1848 abermals völlig vernichtet. Von 1852 an wurden Sträflinge
nach Cayenne verſchickt, Malaien und Chineſen wanderten in größerer Zahl ein, aber erſt die
Entdeckung von Gold (1886) brachte zeitweilig neues Leben. Die Goldfelder gereichten
der Kolonie aber nicht zum Segen, da ſie die Arbeiter aus den Pflanzungen lockten und Ader-
bau und Viehzucht lahmlegten. Eine Reihe von Erzeugniſſen der Pflanzungen fiel ganz
aus, wie Baumwolle, Pfeffer, Bananen, Ruku, Maniok, Kannel, Muskatnüſſe, Gewürznelken;
andere, wie Zucker, gingen gewaltig herab. 1840 führte man noch 1700000 kg Zucker aus,
1885 nur 52000. Auch das Areal des mit Parägras beſtandenen Landes ging zurück. Heute
werden Zucker, Pfeffer, Melaſſe, Tabak, Kaffee, Vanille, ja ſogar Holz und Vieh eingeführt.
Und doch liefert der Wald zahlreiche Medizinal- und Textilpflanzen, Ol, Harz und Gummi
enthaltende, auch aromatiſche Pflanzen und Farbhölzer, und die Savannen könnten viel Vieh
ernähren. Ausgeführt werden Gold, Kakao, Kaffee, Ruku, Kautſchuk, Roſenholz, Roſenholz⸗
eſſenz, Phosphat, Vogelfedern, Häute, Hörner und Fiſchblaſen. Gold wurde bis 1901 im
Werte von 165 Millionen Mark gefördert, 1901 aber wurden neue Goldfelder am Inini ge⸗
funden. 1911 hatte die Geſamtausfuhr den Wert von 9253600 Mark, die Einfuhr einen
ſolchen von 9786400, der Handel von 19040000 Mark. Die Tonnenzahl der Schiffe in
Cayenne war 1910 nur 50000, meiſt Interkolonialdampfer von Martinique, die Zahl der
Eiſenbahnkilometer 16.
Die Einwohnerzahl ſtieg von 1895 bis 1901 von 30300 auf 32900 und bis 1911 auf
49000. Die Hälfte der Bevölkerung ſind Neger, ein Teil, 1901: 6920, weiße Sträflinge. Von
1852 bis 1867 ſollen nach E. Reclus etwa 18000, von 1852 bis 1890 nach Brunetti deren 20000
nach Cayenne geſchafft worden ſein, von denen ein großer Teil geſtorben, ein anderer aus⸗
gebrochen und in den Wäldern verkommen iſt; die aufgewendeten Koſten betrugen 100 Mil⸗
lionen Frank. Die Sträflinge wohnen in den vier Strafanſtalten zu Cayenne, Kuru, auf den
Iles⸗du⸗Salut und am unteren Maroni; die Sträflingskolonien an dieſem Fluſſe ſind im
Rückgange, St.⸗Laurent, St.⸗Maurice, St.⸗Louis im Verfall, St.⸗Jean und St.⸗Pierre ganz
aufgegeben. Die einzige Stadt, Cayenne, mit 12000 Einwohnern, vereinigt ein Viertel
der Zivilbevölkerung, meiſt Farbige; bereits 1604 gegründet, aber erſt ſeit 1877 Hauptort
der Kolonie, iſt ſie ein gut gebauter, aber ſchmutziger Platz.
Surinam (Niederländiſch-Guayana befindet ſich in ähnlicher Lage wie Cayenne.
Auch Surinam hatte im 18. Jahrhundert ſeine Blütezeit, ging aber ſeit dem Anfang des 19.
infolge des Wettbewerbes der Zuckerrüben ebenfalls zurück. Zwar hielt es ſich noch durch die
Kaffee⸗ und Baumwollkultur aufrecht, aber 1863 und 1873 wurde es durch die Aufhebung der
Sklaverei und die Abſchaffung der ſtaatlichen Aufſicht über die befreiten Neger auf das ernſt—
lichſte geſchädigt. Der Mangel an Arbeitern zwang zur Aufgabe der Pflanzungen, deren
Eigentümer nach Europa überſiedelten. Einzig die Juden, die ſchon ſeit dem 18. Jahrhundert
118 Das ungefaltete Land des Oſtens.
zahlreich im Lande ſaßen, hielten auch nach der Abſchaffung der Sklaverei aus, kauften die
Pflanzungen, verpachteten ſie an Neger und haben jetzt die Kolonie in Händen. Dazu kamen
1900: 3600 Javanen und Malaien. Im übrigen beſteht die Bevölkerung aus Negern und
Mulatten, 1900: 71000, im Inneren aus etwa 12000 Indianern und Buſchnegern.
Im ganzen zählte man im Jahre 1911: 93000 Bewohner auf 129100 qkm Fläche.
Von dieſer Zahl entfallen 35400 auf die Hauptſtadt Paramäribo; andere Ortſchaften von
Bedeutung fehlen. Die Küſte verſandet teilweiſe ſehr raſch, oder ſie wird auch wieder ſtrich—
weiſe vom Meere zurückerobert, ſo daß Ortſchaften landeinwärts verlegt werden müſſen,
z. B. Nickerie am Nickerie, das 1860 und abermals 1879 dem Andrängen des Meeres zu
weichen hatte. So nachteilig derartige Ereigniſſe auch ſind, ſo könnte die Kolonie doch immer—
hin wenigſtens den eigenen Bedarf an Nahrungsmitteln erzeugen. In den Pflanzungen,
die alle am Meere liegen und nach holländiſcher Art durch Dämme geſchützt, durch Kanäle be—
wäſſert werden, wird jetzt vorwiegend Kakao und Zucker gebaut. Im Jahre 1910 hatte die Aus⸗
fuhr einen Wert von 14,2, die Einfuhr einen ſolchen von 12,6, 1911 aber nur von 3,3 und 7,3
Millionen Mark. Außer Kakao und Zucker wird Gold, Balatä (Kautſchuk)b und Rum aus-
geführt. Gold ergab ſchon 1884: 2,5, 1890-1901: 26 Millionen Mark Ausfuhrwert. Bieh-
zucht und Induſtrie fehlen; der Wald liefert Braunhartsholz (Andira racemosa), andere
Nutzhölzer und Balatä. Der Schiffsverkehr betrug 1911: 215000 Tonnen, eine Eiſenbahn
führte 188 km weit bis Dam im Goldgebiet.
Demerara (Britiſch-Guayana) hat nicht dieſelbe Entwickelung durchgemacht wie
Surinam und Cayenne, ſondern nach vorübergehendem Rückgang in den letzten Jahrzehnten
einen fo großen Aufſchwung genommen, daß es jetzt eine wertvolle Kolonie, das einzige vor—
geſchrittene Land Guayanas iſt. Britiſch-Guayana iſt aus den beiden holländiſchen Kolonien
Eſſequibo und Berbice erwachſen, deren Anfänge in die Jahre 1580 und 1627 fallen. Als ſie
im Jahre 1814 an England kamen, waren ſie in ziemlich blühendem Zuſtand und wurden
1831 als Britiſch-Guayana vereinigt. Zucker war ſchon 1670 von Eſſequibo nach Holland
ausgeführt worden, nachdem braſiliſche Juden das Zuckerrohr zuerſt angepflanzt hatten;
1720 wurde in Berbice Indigo gebaut, 1743 aber in Eſſequibo wieder aufgegeben; dafür
entſtand 1746 die erſte Baumwollpflanzung, und ſchon 1791 erteilte Berbice 46 Konzeſſio⸗
nen dafür. Auch Kakao wurde bereits 1720 kultiviert, und Kaffee gab gute Ernten; 1811
führten Demerara und Eſſequibo 11 Millionen Pfund Baumwolle, 12 Millionen Pfund
Kaffee und 23400000 Pfund Zucker aus; dazu kam ſeit 1804 Farbholz. 1781 entſtand die
Stadt Stabroek, ſeit 1812 Georgetown genannt, 1790 Neu-Amſterdam.
Alle dieſe Erfolge wurden, wie in den beiden anderen Guayana, durch die Abſchaffung
der Sklaverei (1838) in Frage geſtellt. Allein während die beiden anderen Kolonien ſeitdem
fortwährend ſanken, hat das britiſche Guayana die Zeit der Not überwunden, indem es ſeit
1845 indiſche Kulis einführte; dieſe haben die zurückgegangene wichtige Zuckerkultur gehalten,
während die Kaffee- und Baumwollpflanzungen ſeit 1838 eingingen. Freilich hat zu dieſer
wirtſchaftlichen Beſſerſtellung auch die engliſche Tatkraft und die geſchickte Anlage der Pflan-
zungen beigetragen. So hatte denn der Handel 1911/12 den hohen Wert von 78000000 Mark
gegen 30 Millionen Mark in den beiden anderen Kolonien zuſammen. Davon kamen 36 Mil⸗
lionen auf die Einfuhr, die beſonders aus Lebensmitteln, Manufakturwaren, Rohſtoffen be-
ſteht und zu 47,6 Prozent aus Großbritannien, zu 24,4 Prozent aus den Vereinigten Staaten
und zu 8,2 Prozent von Kanada kommt. Die Ausfuhr hatte den Wert von 41700000 Mark
Guayana: Bevölkerung und Beſiedelung. 119
und ging zu 40 Prozent nach dem Mutterlande, zu 31,6 Prozent nach Kanada und zu 14,2 Pro⸗
zent nach den Vereinigten Staaten. Das wichtigſte Erzeugnis des Bodens iſt Zucker, der
1910/11: 69 736 Acres einnahm und 57,2 Prozent der Ausfuhr im Werte von 20809300 Mark
ergab, mit ſeinen Produkten, Rum und Melaſſe, ſogar 64 Prozent im Werte von 23296000
Mark. Reis wurde auf 31680, Kakao auf 2200, Kaffee auf 2546, Kokospalmen auf 9760 Acres
angebaut, und 1023631 Kokosnüſſe wurden ausgeführt, ferner für 158560 Mark Zitronen-
ſaft und für 47040 Mark Reismehl. Der Viehſtand umfaßte 71500 Rinder, 2160 Pferde,
17500 Schafe, 10300 Ziegen, 16600 Schweine, 5400 Eſel und lieferte zur Ausfuhr Vieh
für 133 260, Häute für 45840 und Leder für 14400 Mark. Alle dieſe Erzeugniſſe, außer
Zucker, treten aber zurück gegen Gold und Kautſchuk oder Balataͤ. Gold iſt von Jahr zu Jahr
in der Ausfuhr wichtiger geworden. Nachdem ſchon 1847 und 1856 am Yuruari in Venezo—
laniſch⸗Guayana Gold gefunden war, gelang es engliſchen Proſpektoren in den achtziger
Jahren, auch am Cuyuni ſolches zu entdecken. Im Jahre 1884 wurde ſchon Gold für
20000, 1892 für 9200000 Mark ausgeführt; 1885 — 1901 wurden im ganzen für rund
100 Millionen Mark Gold gewonnen, 1910/11: 54989 Unzen, deren Ausfuhrwert nicht an—
gegeben iſt, aber auf etwa 9 Millionen Mark oder 25 Prozent der Ausfuhr veranſchlagt
werden kann. Die wichtigſten Gruben und Wäſchen liegen am Cuyuni. Seit 1900 werden
auch Diamanten am oberen Barima, Mazaruni und Potaro in ähnlichen Schichten wie in
Braſilien gefunden, 1910/11: 3035 Karat. Der Schiffsverkehr betrug 1911/12: 989000 Ton⸗
nen, davon 1910/11: 67,3 Prozent unter britiſcher, 17,4 unter holländiſcher Flagge. Eine
152 km lange Eiſenbahn verbindet Georgetown mit New Amſterdam. Die Zahl der Tele-
graphenkilometer war 2586, die der Telephonkilometer 505; zwei Kabel führen nach Trinidad.
Die Bevölkerung Britiſch-Guayanas, 1911: 295700, itzt, wie in allen drei Kolonien,
vorwiegend an der Küſte im Mündungsland und an den Unterläufen der Flüſſe, während
das Innere menſchenarm iſt; wieviel wilde Indianer im Inneren leben, iſt ſchwer zu ſagen.
Die Hindu (1900: 135000) und Mulatten ſowie die meiſten Neger (130000) wohnen an
der Küſte und in den Städten. Die 6000 Europäer ſind denen in Cayenne und Surinam
an Arbeitsleiſtung weit überlegen, da keine weißen Sträflinge und nur wenige Truppen
im Lande liegen.
Politiſch zerfällt die Kolonie jetzt in vier Counties. Das öſtlichſte, Berbice, hat
als Hauptort New Amſterdam oder Berbice. Dann folgt Demerara mit 120000 Ein-
wohnern, von denen die Hälfte, etwa 60000, auf die Hauptſtadt Georgetown am rechten
Ufer der Demeraramündung fällt, eine lebhafte Handelsſtadt mit buntem Volksleben. Sie
iſt bereits durchaus europäiſch eingerichtet, hat Gasbeleuchtung, Waſſerleitung, Straßen⸗
bahnen, einen großen Botaniſchen Garten, ein ausgezeichnetes Muſeum für Naturkunde
und Ethnographie, große Spielplätze, Rennbahnen, Docks, ein Telephonnetz und bedeutende
öffentliche Gebäude (vgl. den Plan von Georgetown auf der Verkehrskarte von Südamerika
bei S. 93). Der Weiten Britiſch-Guayanas iſt weniger beſiedelt. Im County Eſſequibo
liegt am Zuſammenfluß des Eſſequibo mit dem Mazaruni und Cuyuni Bartica Grove,
das Eingangstor zu den Goldminen am Cuyuni. Der Nord weſtdiſtrikt zwiſchen dem
Cuyuni und der Küſte hatte bis 1870 als Bewohner nur Warrau- und Waika-Indianer;
dann ſiedelten ſich Portugieſen an, bald kamen die Goldfunde hinzu, und jetzt haben ſich
ſowohl am Cuyuni Anſiedelungen der Goldſucher gebildet wie auch nahe der Küſte ſolche
von Händlern, beſonders in den verſchlungenen Flußgebieten des Waini, Barima und
120 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Amacuro. Der Hauptort iſt Morawhanna am Rio Barima, aber die wichtigſte, wenn auch
kleine Anſiedelung Barima Sand, welche die Orinocomündungen beherrſcht, iſt durch
Schiedsſpruch an Venezuela gefallen.
Venezolaniſch-Guayana iſt erſt durch die Schiedsſprüche der Königin Chriſtine von
Spanien (1891) über die Grenze zwiſchen Colombia und Venezuela und der Grenzkommiſſion
über das Cuyunigebiet in feſte Grenzen eingeſchloſſen worden, doch erkennt die venezo—
laniſche Regierung die weſtliche Grenze nicht an. Alle offiziellen Angaben über die Größe
des Landes ſind daher ungenau.
Während des 16., 17. und des größten Teiles des 18. Jahrhunderts war Venezolaniſch—
Guayana ein Land ohne Bevölkerung und ohne Bedeutung. Erſt ſeitdem 1764 die Stadt
Angoſtura, das jetzige Ciudad Bolivar, gegründet war und die Kapuziner, Franziskaner und
Jeſuiten das Caront- und Cuyunigebiet zu beſiedeln angefangen hatten, kam etwas Leben
in die Wildnis. Im Jahre 1762 und endgültig 1768 wurde Guayana als ſelbſtändige Provinz
von Neu-Andaluſien losgelöſt, aber die Entwickelung blieb doch ſchwach. In den Befreiungs—
kriegen gegen Spanien war es von 1816 bis 1818 die Operationsbaſis der Aufſtändiſchen;
die blühenden Miſſionen der Orden wurden damals vernichtet.
Die Einwohnerzahl iſt ganz ungenau bekannt. Für 1909 geben die offiziellen
Quellen folgende Zahlen:
Oilometer Einwohner Dichte
Siet deer 9000 56000 0,2
Territorio Amazonas 321 700 45000 0,2
Zuſammen: 519700 101 000 0,2
Hierzu kommen aber noch an 50000 Indianer, ſo daß die Einwohnerzahl etwa 150000 be—
tragen wird. Da die offiziellen Angaben etwa 80000 qkm Fläche zu viel annehmen, ſo
beträgt die wirkliche Volksdichte bei 440000 qkm und 150000 Einwohnern 0,34. Am beſten
bevölkert ſind das Goldgebiet am Puruari und die Ufer des Orinoco und des unteren Caura;
dagegen iſt alles Land zwiſchen dem Caroni und dem oberen Orinoco faſt vollſtändige Wild-
nis. Am Orinoco hat es nur eine Stadt zu einer gewiſſen Blüte gebracht, Ciudad Bolivar
oder Angoſtura, aber auch erſt ſeit der Einführung der Dampfſchiffahrt; bezeichnend iſt, daß
kein anderer Ort am Orinoco auch nur eine Einwohnerzahl von 1000 erreicht hat. Die
Bolivarſtadt allein nimmt mit 15000 Einwohnern die vierte Stelle unter den Städten der
Republik ein; ſie erhielt ihren Namen 1846 zur Erinnerung an ihre wichtige Rolle als
Ausgangspunkt des Siegeszuges Bolivars und Sitz des zweiten Kongreſſes, von dem
die Unabhängigkeitserklärung Venezuelas 1818 und die Errichtung der großen Republik
Colombia 1819 ausgingen. Von den übrigen venezolaniſchen Städten unterſcheidet ſie ſich
aber weder in ihrem Straßenbild noch in ihrer Bevölkerung erheblich, ſelbſt das indianiſche
Element tritt wenig hervor.
Unterhalb von Ciudad Bolivar liegen Barrancas und Puerto Tablas, oberhalb Moitaco
und Caicara, aber von hier bis Atures finden ſich nur Einzelhütten oder Häuſergruppen.
Alle genannten Ortſchaften enthalten nur wenige hundert Einwohner, oft nicht einmal hun—
dert. Auch San Fernando de Atabapo, der Handelsmittelpunkt am oberen Orinoco, hat
noch nicht 300 Bewohner, darunter Weiße und Neger. Oberhalb von San Fernando be—
ſtehen die Anſiedelungen meiſt nur aus Indianerhütten oder aus zeitweiligen Behauſungen
der Kautſchukſammler; von den älteren bekannten Anſiedelungen ſind manche verlaſſen, wie
Guayana: Bevölkerung und Bejiedelung. — Die Llanos. 121
Esmeralda, das Chaffanjon 1886 völlig aufgegeben fand. Ein wenig volkreicher ſind die Ufer
des Guainia. Schon Davita am oberen Atabapo hat mehr Einwohner als San Fernando,
und am Guainia liegt eine ganze Reihe von Anſiedelungen mit zum Teil mehr als 100 Ein—
wohnern, wie Maroa, Tiriquin und der Hauptort San Carlos. Größer ſind die Ortſchaften
im Gebiet der Goldminen. Sie haben ſich teilweiſe aus den alten Miſſionsdörfern ent⸗
wickelt, wie Guacipati und Upata, und ſtammen dann von 1757 und 1762, oder ſie ſind
neueſten Urſprungs, reine Kinder des Goldes, wie der größte Ort des Yuruari, El Callao,
mit 3000 Bewohnern, eine echte Goldgräberſtadt. Die oftmals geplante Eiſenbahn von dem
700 Bewohner zählenden ſchmutzigen Puerto Tablas am Orinoco nach El Callao iſt immer
noch nicht zuſtande gekommen.
Wirtſchaftlich wurde zuerſt die Auffindung des Goldes wichtig, das den Dorado—
fahrern ſtets entgangen war und erſt 1842 von einem Braſilier, 1856 von einem Deutſchen
entdeckt wurde. Die Fundſtätten find teils Goldwäſchen, wie im Puruari (Tafel 4, Ab⸗
bildung 1), teils Quarzriffe im archäiſchen Schiefergebirge, an Stellen von Durchbrüchen
alteruptiver Geſteine. Alle Quarzgänge in dieſen Schichten enthalten Gold; zur Ausbeutung
eignen ſich aber nur die reichſten, da es an Verkehrswegen fehlt. El Callao erzielte 1884 für
13 Millionen Mark Gold, 1910/11 betrug die Ausfuhr 4,2 Millionen Mark. Im übrigen
erzeugt Guayana Balatä (Kautſchuk), 1912/13 für 5 Millionen Mark, und Reiherfedern,
1912 für 1,6 Million Mark, während die Ausfuhr der aromatiſchen Tonkabohnen (Sarrä⸗
pia), der Frucht von Dipteryx odorata, ſehr zurückgegangen iſt. Vieh wird nach Trinidad
und Cayenne geſchickt, und auch ein Teil der 1912: 9 Millionen Mark betragenden Aus—
fuhr Venezuelas an Häuten kommt aus Guayana. Außerdem hat Ciudad Bolivar als
Haupthandelsplatz Guayanas die Ausfuhr aus den Zufahrtsſtraßen zum Orinoco, alſo dem
Apure und Meta ſowie Teilen der Llanos, zu vermitteln und führt daher auch etwas Kaffee,
Tabak und Vogelbälge aus. Die Geſamtausfuhr aus Bolivar betrug 1912 wohl etwa 12
Millionen Mark. Der Handel iſt ganz auf die Regenmonate Mai bis November beſchränkt;
Atures, Orocue, Nutrias und El Baul ſind die Endſtationen für die Schiffahrt.
II. Die Llanos.
Unter dem Namen Llanos verſteht man den nördlichſten Abſchnitt des großen Tief—
landes von Südamerika, der ſich zwiſchen den Kordilleren und Guayana von dem Orinoco—
delta bis nahe an den erſten nördlichen Parallelkreis erſtreckt und das Grasland der Llanos
von dem Waldgebiet Amazoniens trennt. Wenn auch das Wort Llanos nichts anderes be—
deutet als Ebenen, ſo iſt dieſe Bezeichnung doch zu einem geographiſchen Namen geworden,
der nur für das tropiſche Savannenland in dem genannten Gebiete gilt und im weſentlichen
auf dieſe Vegetationsformation gegründet iſt.
Bodengeſtalt und Gewäſſer. Die Llanos erſtrecken ſich, wie das Profil auf S. 52
zeigt, in der Höhe von 400100 m abwärts zum Orinoco. Der Boden beſteht teils aus
einem roten, durch Raſeneiſenſtein verkitteten Sandſtein, teils aus grobem, an Brauneiſen
reichem Konglomerat, das den ganzen Süden der Llanos bis zum Orinoco zuſammenſetzt
und gelegentlich auch an deſſen Ufern anſteht; in den weſtlichen Llanos wiegen dagegen
Tongeſteine, kalkiger Boden und Lehm vor. Dieſe Geſteine ſtammen, ſoviel wir heute wiſſen,
122 Das ungefaltete Land des Oſtens.
aus der Quartärzeit, in der das in der Tertiärzeit an Stelle der heutigen Llanos befindliche
Meer allmählich mit Sedimenten der Flüſſe zugeſchüttet wurde.
Da die Gebirge im Norden und Weſten der Llanos im ganzen höher ſind als die von
Guayana, ſo liegt auch das Land an ihrem Fuße höher als am Rande von Guayana. In
Venezuela werden die Ufer des tertiären Meeres zum Teil durch Höhenzüge bezeichnet,
welche Galeras heißen, wie die von Ortiz, von Pao und von El Ball; noch heute machen
ihre mauerförmigen Wälle den Eindruck ſteiler, felſiger Küſten. Im übrigen werden die
Höhenunterſchiede hauptſächlich durch die Flüſſe hervorgerufen, die ſich in den trockenen
Boden eingeſchnitten haben. Dadurch ſind große und kleine Tafeln, Meſas, entſtanden.
Sie fallen weniger im weſtlichen feuchteren als im öſtlichen trockeneren Llano auf, da die
Oberflächengegenſätze, Höhen und Tiefen, in erſterem weniger ausgeprägt ſind als in letz—
terem. Große, öſtlich von 67 mit beſonderen Namen bezeichnete Meſas ziehen meiſt nach
Südſüdweſten und bilden die Waſſerſcheiden zwiſchen dem Orinoco und dem Unare ſowie
deren Nebenflüſſen, die Cafios in das lockere Material der Llanos eingegraben haben. Die
Höhe der Meſas beträgt bis zu 400 m, im allgemeinen wird aber 250 m Seehöhe im Llano
nicht überſchritten. Infolge dieſer Höhenunterſchiede ſpricht die Bevölkerung von Llanos
Altos und Llanos Bajos, hohen und tiefen Llanos. Erſtere ſind trockener, letztere feuchter
und behalten auch zur Trockenzeit eine gewiſſe Friſche, ſo daß die Herden dann von den
Llanos Altos, wohin ſie ſich während der Regenzeit zurückziehen, in die auch Eſteros ge—
nannten ſaftigeren Weidegründe der tieferen Gegenden hinabgetrieben werden.
Eine Ausnahme in der allgemeinen orographiſchen Anordnung der Llanos macht nur
der Oſten, vom Golf von Barcelona an. Hier liegt die Waſſerſcheide nämlich weiter im
Süden, näher am Orinoco, und die Flüſſe brechen, wie der Unare und der Aragua, nach
Norden durch, oder ſie fließen nach Oſten zum Orinocodelta oder zum Golf von Päria ab.
In dem übrigen Llano iſt die Hydrographie einfacher, am einfachſten im colombia⸗
niſchen weſtlichen Llano. Dort fließen die Flüſſe von der Oſtkordillere in rechtem Winkel
ab und bilden die Syſteme des Guaviare und des Meta, zu denen als kleinere die des Vichada,
des Capanaparo und des Arauca kommen. Im weſtlichen venezolaniſchen Llano fließt auch
der Apure noch gegen Oſten, vor der Kordillere von Mérida, aber von dem Karaibiſchen
Gebirge ziehen die Flüſſe ſüdwärts hinab und vereinigen ſich mit dem Apure. Die bedeutend-
ſten Flüſſe dieſes Teiles des Llano ſind der Portugueſa-Cojedes, der Pao, der Tisnados und
der Guärico. Die Flüſſe der Llanos gewähren je nach den Jahreszeiten einen ſehr verjchie-
denen Anblick. Zur Regenzeit ſind auch kleine Waſſerläufe häufig tagelang unüberſchreitbar,
zur Trockenzeit verſiegen ſelbſt große Flüſſe, ſofern ſie nicht aus der ſchneetragenden Kordillere
kommen, ſo weit, daß alle Schiffahrt aufhört und bequeme Furten entſtehen. Obwohl die
Ebenen nur ein geringes Gefälle haben, treten die Flüſſe doch mit ſtarker Strömung in ſie
ein und ſind auch aus dieſem Grunde oft ſchwer zu überſchreiten.
Dem Klima der Llanos fehlt eine wiſſenſchaftliche Unterſuchung und Beobachtung
noch durchaus. Im ganzen wird es mit dem Klima von Guayana die Temperaturverhält-
niſſe gemeinſam haben, in der Feuchtigkeit und der Verteilung der Jahreszeiten aber weicht
es von ihm ab. Die Temperatur beträgt im Mittel etwa 26 — 27“ und ſchwankt während
des Jahres offenbar wenig. Wohl aber werden hohe Extreme erreicht, namentlich in den
trockeneren Teilen der Llanos, wie im Gebiete der Flugſandhügel des Oſtens. In Acarigua
am nördlichen Rande der Llanos beobachtete ich im Oktober 1885: 52 im Sande. Die
Die Llanos. 123
Winde wechſeln mit den Jahreszeiten. Im Nordſommer tritt der Südoſtpaſſat über den
Orinoco hinüber, oder es herrſchen weſtliche unbeſtimmte Winde, im Nordwinter bläſt der
Nordoſtpaſſat über die Ebenen. Dann herrſcht die Trockenzeit. Sie dauert von Mitte No⸗
vember bis Mitte April und bringt außerordentlich klare Luft; nur ſelten ſieht man Gewölk
aufſteigen, das dann gewöhnlich des Abends wieder aufgelöſt wird. Von Februar an nimmt
aber die Trübung des Himmels ſchon wieder zu, und die Stärke des in der Trockenzeit be⸗
ſtändig wehenden Nordoſtpaſſates und Oſtwindes wird geringer, womit zugleich eine Drehung
des Windes nach dem ſüdlichen Quadranten und das Aufſteigen von Wolken, meiſt im Süd⸗
oſten, verbunden ſind. Um dieſe Zeit beobachtet man über den Llanos die ſogenannten Blitze
der Trockenzeit (Relämpagos veraneros), Flächenblitze, welche die Regenzeit ankündigen.
Dieſe dauert von April bis Oktober, wird jedoch um Mitte Juni bis Mitte Juli durch eine
kurze, wenn auch nicht gänzlich regenloſe Trockenzeit unterbrochen, ſo daß man eher von einer
ſtarken Abſchwächung der Regenzeit ſprechen kann. Dann ſetzen mit rückkehrender Sonne
die Regen wieder ein, und es beginnt nun die große Regenzeit, die bis Mitte November, in
trockenen Jahren jedoch nur bis Ende Oktober anhält. Am Nordrande der Llanos erlebte ich
aber noch gegen Mitte November 1885 ſchwere Regen, und die Ebenen glichen einer weiten
Seefläche. Beſonders auffallend iſt die große Trockenheit des Oſtens.
Die Pflanzendecke iſt es, welche, wie den meiſten Ländern, ſo auch den Llanos ihre
charakteriſtiſche Eigenart aufprägt. Gewöhnlich ſtellt man ſich unter den Llanos eine weite
Ebene vor, mit erſtaunlicher Fülle und gewaltiger Höhe des Graſes, mit reichlicher Bewäſſe⸗
rung in der Regenzeit, mit üppigem Wuchs der Palmen an den Waſſerſtellen, doch auch mit
rieſigem Sonnenbrand in der wolkenloſen Jahreszeit, dazu mit Herden wilder, über die Sa⸗
vanne dahingaloppierender Pferde, aber mit nur wenigen Häuſern und wenigen Men⸗
ſchen. Dieſe Vorſtellung geht auf die glänzenden Schilderungen A. v. Humboldts zurück
und trifft für einzelne Teile der Llanos, z. B. die tiſchgleichen Ebenen ohne Baumwuchs bei
Calabozo, denen Humboldts Schilderung entſtammt, noch zu. Sie gilt auch noch für die
Ebenen zwiſchen Calabozo und dem Unare, wohl auch für diejenigen am Meta in Colombia.
Hier iſt die Ebene ganz flach, entbehrt ſelbſt des kleinſten Hügels, enthält an den Flußufern
Waldſtreifen und läßt auf dem von Rinderherden beweideten Graslande keine menſchliche
Wohnung erkennen, da dieſe alle im Gebüſch verſteckt ſind. Dichter Dunſt füllt die Atmo⸗
ſphäre, und Rauchwolken zeigen von den Menſchen entzündete Grasbrände an.
Aber ſeitdem man verſchiedene voneinander abweichende Teile der Llanos zu unter-
ſcheiden gelernt hat, darf man nicht mehr von einer reinen Graslandſchaft ſprechen, ſon—
dern von einer ſolchen mit Baumgruppen. Wahrſcheinlich hat Alexander v. Humboldt
den von ihm am häufigſten geſehenen Landſchaftstypus fälſchlich auf das ganze weite Gebiet
der Llanos ausgedehnt und verallgemeinert, wo es nicht am Platze war. Ferner aber hat
die Verminderung der gewaltigen Rinderherden der ſpaniſchen Zeit, welche in den zahl—
reichen Kriegen bis zum Jahre 1870 vernichtet wurden, zum Wiederaufkommen des Baum—
wuchſes auch abſeits der Flüſſe geführt.
Jedenfalls wechſelt der Vegetationscharakter je nach der Bewäſſerung und der Nieder—
ſchlagsmenge. Im Weſten am Gebirgsfuße und zwiſchen dicht zuſammentretenden Wajjer-
läufen ſowie in Gegenden, wo reichlich Grundwaſſer dicht an die Oberfläche tritt, da iſt der
feuchte Typus verbreitet: Baumgruppen erſcheinen inſelartig auf der Savanne, die
Galeriewälder an den Flußufern entſenden zungenförmige Ausläufer gegeneinander
124 Das ungefaltete Land des Oſtens.
und vereinigen ſich hier und da, wie im Mündungsgebiete des Apure und Arauca, zu einem
feuchten Regenwald. Von der Kordillere von Merida her ſteigt ein Waldgebiet, die Selva
de Ticoporo, an die Zuflüſſe des Rio Suripä nur deshalb herab, weil dieſe ſehr dicht neben-
einander liegen. Eine zweite Erſcheinung dieſer Art iſt die Selva de Camilo an den Quell—
flüſſen des Apure, zwiſchen dem Uribante und Sarare, eine dritte die Selva de Turen
zwiſchen der Portugueſa und dem Cojedes. Wo die Bewäſſerung geringer wird, be—
gleiten die im Lande Palma Moriche genannten Mauritia-Palmen in langen Reihen die
Quellgebiete und die Oberläufe der Bäche und dringen auch zwiſchen die zerſchnittenen
Die Llanos des Apure, Venezuela, mit Mauritia⸗Palmen. (Nach J. Chaffanjon.)
Tafelſtücke der hohen Meſas in Sumpfſtrecken und an ſtehenden Gewäſſern ein. Solche
Ortlichkeiten heißen Morichales (ſ. die obenſtehende Abbildung).
Im Oſten find dieſe Morichales beſonders häufig und oft die einzige Zierde der Land—
ſchaft. Infolge der größeren Trockenheit find hier nur die nahe dem Gebirge und dem Dri-
nocodelta liegenden Landesteile friſcher, aber ſelbſt die vielgerühmte tropiſche Vegetation des
Orinocodeltas läßt ſich an Fülle und Üppigkeit nicht entfernt den feuchttropiſchen Regen⸗
wäldern am Maracaiboſee vergleichen und verdankt überhaupt nur den zahlreichen Armen
des Orinoco, die hier dicht aneinandertreten, ihre Entſtehung. Am ſüdlichen Ufer des Dri-
noco, wo Zuflüſſe ſpärlich ſind, tritt ſogleich wieder die trockene Llanosflora auf, und graue,
kandelaberartige Cereus beleben anſtatt der Palmen die ungeheuren Felsblöcke. Schon am
Gebirge zwiſchen Orituco und Piritu erſtreckt ſich ein halbhoher Trockenwald als Übergang
Die Llanos. 125
zu dem dürren Typus der Llanos. Dieſer herrſcht im Oſten zwiſchen dem Rio Gua-
nipa und dem Orinoco und reicht weſtwärts bis in die Gegend von Chaguaramas, im Oſten
bis gegen das Orinocodelta. Er zeigt ſich auf den höheren Teilen der Llanos, beginnt mit
Gebüſchen xerophiler Pflanzen, Kakteen, Dornſträuchern und dem Chaparro (Curatella ame-
ricana; Tafel 3, Abbildung 3), geht aber ſtellenweiſe in eine faſt vollkommene Sandwüſte
über, in der Flugſandhügel und Chaparrales auf weite Strecken die einzige Abwechſelung
bilden. Auch zwiſchen Maturin und Santa Barbara treten auf dem Grasteppich noch immer
die Chaparros auf, vereinzelt auch Corozo-(Attalea Cohune) und Kokospalmen ſowie Stauden
und Kkäuter, dazu rote und weiße Termitenbauten, in der Ferne meiſt die grünen Galerie⸗
wälder an den Flüſſen. In den heißen Stunden des Tages ſind Sandwirbel, Sandhoſen, zu
Beginn der Regenzeit Grasbrände häufig. Unter den Bäumen der Llanos ſind die Palmen
die auffallendſten, außer der Mauritia beſonders die 78 m hohe Copernicia tectorum.
Die Tierwelt im Llano hat viel Gemeinſames mit der von Guayana und wird noch
mehr als jene durch die ausgeprägte Trockenzeit beeinflußt. In dieſer vergraben ſich der
Kaiman und die Waſſerſchlange am Ufer, die Fiſche verlaſſen die kleineren, zu Tümpeln aus⸗
trocknenden Waſſerläufe und ſteigen in die größeren Flüſſe hinab, Pferde und Rinder ſuchen
die Flußufer auf. In der Regenzeit dagegen lauert der Kaiman auf den Sandbänken der
Flüſſe auf Beute, die Waſſerſchlange verläßt ihre Erdhöhle, die Pferde und Rinder flüchten
ſich auf die höheren Teile des Landes, die Fiſche bieten ihren zahlloſen Feinden auch in den
trockeneren Teilen des Landes eine Beute, und mit ihnen bevölkern die in ungeheuren Scharen
fiſchenden Waſſervögel die ſich wieder mit Waſſer füllenden Tümpel. Zu den beſonders eigen—
tümlichen Tieren der Llanos gehört der Zitteraal (Gymnotus), der kräftige elektriſche
Schläge auszuteilen vermag; er lebt ſowohl in den Lagunen und Tümpeln der Llanos wie
in den zum Orinoco ziehenden Flüſſen.
Die urſprüngliche Bevölkerung der Llanos iſt jetzt faſt ganz verſchwunden. Vor
der Eroberung durch die Spanier ſaßen im Oſten ziemlich zahlreich Karaibenſtämme, die
Cumanagoto, Uriapari, Quaqua, Chaima, Topocuare, Guayquire und Guayparo; von ihnen
ſieht man in den öſtlichen Llanos nur noch ſpärliche Reſte in feſten Anſiedelungen zwiſchen
Maturin und Ciudad Bolivar, beſonders am Rio Tigre. Auch weiter weſtlich zwiſchen dem
Orinoco und der Kordillere von Merida iſt von den kleinen zerſplitterten Stämmen der
Yaruro, Guamo, Achagua, Tacarigua, Guire, Curagua nicht viel anderes übriggeblieben als
die jetzt auf beſtimmte Ortlichkeiten, z. B. Achaguas ſüdlich des Apure, übergegangenen
Namen. Dagegen haben ſich Indianer ſüdlich des Meta, in dem colombianiſchen Teil der
Llanos, noch in etwas größerer Zahl erhalten; ſie ſind die Nachkommen der Guahibo, Enagua,
Amarizano und Saliva und erfreuen ſich noch einer engen Verbindung mit ihren Raſſe—
genoſſen in Guayana und ſüdlich des Guaviare; man nennt ſie jetzt Mitua und Guacamayo.
Die Vichada am Vichada und die Mocoa in den Waldblößen zwiſchen Guaviare und Caquetä,
anſcheinend frühere Kordillerenbewohner, gehören eher ſchon zu Amazonien.
An die Stelle der Indianer ſind im Llano Venezuelas Miſchlinge, Neger und Weiße
getreten, beſonders Mulatten, weniger Meſtizen und Zambos. Sie haben den Llanos das
ihnen jetzt eigene Gepräge gegeben. Hirten und Viehzüchter, ausgezeichnete Reiter und er—
fahren in der auf die Viehzucht gegründeten Käſebereitung, leben ſie meiſt auf Einzelhöfen,
Viehhöfen, Hatos, ſeltener in Dörfern und Gemeinden, pflegen jedoch auch Ackerbau, ſo daß
ihre Anſiedelungen meiſt von Bananenhainen, Yucapflanzungen und Maisfeldern begleitet
126 Das ungefaltete Land des Oſtens.
ſind. So ſtark unterſcheiden ſie ſich in der Lebensweiſe und auch in den Anſchauungen von den
Gebirgsbewohnern, daß ein Gegenſatz zwiſchen dieſen beiden Bevölkerungsgruppen Vene⸗
zuelas entſtanden iſt, der zur Ausbildung des beſonderen Typus der Llaneros und nicht
ſelten zu politiſchen Kämpfen geführt hat. Eine alte Erfahrung lehrt, daß Aufſtände, die von
den Llaneros ausgehen, teils wegen der Zähigkeit dieſes Volkes, teils wegen des unermeß—
lichen Raumes der Llanos ſchwer zu dämpfen ſind, und von den Befreiungskriegen gegen
die Spanier bis zu der Revolution von 1902 haben ſtets die Llanos den Aufſtändiſchen Rück
halt und Zuflucht gewährt. 1
Die Beſiedelung. Da ſich die Llanos von der Küſte bis in das am wenigſten zugäng⸗
liche Innere des Erdteils erſtrecken, ſo iſt ihre Beſiedelung ſehr ungleich, im ganzen aber
gering. Von den Orinocomündungen und vom nördlichen Venezuela aus wurden ſchon früh
Siedelungen angelegt und dieſe ſo weit vorgeſchoben, wie es die Schiffahrt auf den Flüſſen
geſtattete. Daher ſind anſehnliche Orte wie Barinas auch noch tief im Weſten von Venezuela
entſtanden, aber die oberhalb der Stromſchnellen des Orinoco liegenden Teile der Llanos,
alſo die colombianiſchen Gebiete, ſind ganz unkultiviert geblieben.
Im colombianiſchen Teil der Llanos finden ſich Siedelungen nur entlang dem
Grenzfluſſe Arauca, wo Arauca lebhaften Handel mit Vieh treibt, und entlang dem Meta,
wo Orocué der Endpunkt der Dampfſchiffahrt iſt, ſowie längs des Fußes der Kordillere;
hier liegen El Pilar, Caſanare, Chira, Moreno im Norden, Cabuyaro und Villavicencio im
Süden, dieſes ſchon in 450 m Höhe. Alle dieſe Orte aber ſind nur klein. Sie treiben vor
allem Handel mit Vieh, weshalb große Viehweiden im Walde gerodet worden ſind, auf
denen das Vieh vor dem Aufſtieg auf die Kordillere gemäſtet wird. Die Produkte des Acker—
baues, Bananen, Mais, Zucker, Kakao, werden meiſt im Lande verzehrt; nur etwas Kaffee
ging eine Zeitlang den Rio Meta abwärts. Die eigentlichen Graslandſchaften ſind faſt ganz
menſchenleer. Politiſch unterſchied man bisher die Territorien Caſanare im Norden, San
Martin in der Mitte und Caquetä im Süden, heute die Intendencia Meta und das Kom—
miſſariat Caquetä. Für Meta gibt die Zählung von 1911 auf 221000 qkm nur 29299 Ein⸗
wohner an, die Volksdichte iſt alſo 0,1. Auch Briſſon rechnete für Caſanare im Jahre 1890
nur 1500 Indianer; am Vichada und am Guaviare erheben ſich nur einzelne Hütten.
Die venezolaniſchen Llanos ſind weit beſſer bewohnt. Im Weiten, zwiſchen
dem Meta, dem Orinoco und dem Apure, iſt die Bevölkerung allerdings ſpärlich, die Siede—
lungen beſchränken ſich auf Guasdualito, Achaguas und kleinere; der Staat Apure hatte 1909
auf 76500 qkm nur 23000 Einwohner, alſo eine Volksdichte von 0,3. Am Apure liegen
Nutrias, 1712 gegründet, jetzt Endpunkt der Dampfſchiffahrt auf dem Apure, und San Fer-
nando de Apure, ein Ort aus dem Ende des 18. Jahrhunderts, heute mit 3500 Bewohnern
und lebhaftem Handel nach Ciudad Bolivar auf dem Waſſerwege und nach Caräcas auf dem
Landwege. Das Land nördlich des Apure nimmt der Staat Zamora mit 1909: 63000 Ein⸗
wohnern auf 35200 qkm ein; die Volksdichte liegt hier alſo auch noch unter 2, aber unter
den Städten ſind Guanare und Barinas bemerkenswert. Barinas, ſchon 1576 gegründet,
nahm in ſpaniſcher Zeit durch die Entwickelung der Viehzucht und beſonders durch ſeinen
Tabakbau einen ſolchen Aufſchwung, daß es eine der angeſehenſten Städte der tierra firme
wurde. Im Unabhängigkeitskriege vermochte es eine ganze Schwadron mit weißen Pferden
beritten zu machen, und noch um 1840 hieß eine Provinz nach der Stadt. In den Kriegen
von 1866 — 70 iſt Barinas aber völlig heruntergekommen und hat heute keine herrſchende
Die Llanos. 127
Stellung mehr; ſeine 2200 Einwohner leben vom Handel mit dem Orinoco und der Kordillere,
bauen aber faſt keinen Tabak mehr. Im Staate Portugueſa (15200 qkm und 96000 Ein-
wohner) liegt Guanare, eine tote Landſtadt, aber doch nicht ohne Handel, da der Fluß
Guanare bis nahe an die Stadt Dampfer trägt, allerdings nur zur Regenzeit. Nach Oſten
hin folgt der Staat Cojedes. Auf 14800 qkm ernährt er 88000 Einwohner, hat alſo eine
Volksdichte von 6 und iſt ſchon weit beſſer bevölkert, weil er ſchon früh bejiedelt wurde. In
ihm liegt das alte San Carlos, eine Gründung von 1678, in der ſpaniſchen Zeit eine reiche
Stadt von 10000 Einwohnern, heute aber verfallen und infolge der in den Unabhängig—
keitskriegen erlittenen Drangſal auf 3000 Bewohner herabgeſunken. Dagegen kommt die
Doppelſtadt Acarigua⸗Araure mit 5000 Einwohnern empor. Altere Orte aus der Zeit um
1700 ſind auch Pao und Tinaco (2500 Einwohner).
Der mittlere venezolaniſche Llano enthält den Staat Guärico mit 66400 qkm und
184000 Einwohnern. In dieſen Gebieten erlauben die Flüſſe keine Dampfſchiffahrt mehr,
der Verkehr geht daher ganz zu Lande vor ſich und iſt, da keine Orinocohäfen von Bedeutung
vorhanden ſind, in dem ſüdlichen Teile ſehr ſchwach. Dieſer iſt daher faſt unbewohnt,
während der Norden ſtärker beſiedelt it. El Valle de la Pascua und Chaguaramas ſind kleine
Städte des Inneren mit etwa 2000 Bewohnern; dagegen iſt Altagracia eine Randſtadt
mit lebhaftem Handel nach Caräcas, die zwar nur 2300 Einwohner hat, aber allmählich an
die Stelle von Orituco getreten iſt. Weitere Randſtädte ſind San Caſimiro und San
Sebaſtian de los Reyes, eine alte ſpaniſche Stadt, beide in Aragua, ferner Ortiz. Die
Hauptſtadt des ganzen mittleren Llano iſt Calabozo, mit 3736 Bewohnern, ebenfalls eine
Gründung von 1722, ein lebhafter Handelsplatz auf dem Wege von Caräcas nach San Fer—
nando de Apure und Biſchofsſitz.
Den öſtlichen Llano nehmen hauptſächlich die Staaten Anzoätegui und Monagas mit
zuſammen 72 200 qkm und 208000 Einwohnern ſowie das Territorio Delta mit 40200 qkm
und 7200 Bewohnern ein; die Volksdichte iſt alſo 2. Den Handel beherrſchen im Weſten
Aragua und Zaraza, im Oſten Maturin; dieſes ſteht ſowohl mit Cumanä wie mit Ciudad
Bolivar und vornehmlich mit Trinidad in Verkehr, wohin aus den Cafios an der Mündung
des Colorado und San Juan viel Vieh ausgeführt wird. Maturin iſt zwar mit 4400 Bewoh-
nern der größte Ort der geſamten Llanos, aber eine echte Llanosſtadt, nämlich ein großes
Dorf mit breiten Straßen auf weiter Savanne. Alle übrigen Ortſchaften des öſtlichen Llano
ſind ganz unbedeutend und der Erwähnung nicht wert. Der Grund für dieſen Mangel an
volkreichen Ortſchaften iſt wohl in der geringeren Kultur des nördlich davorliegenden Ge—
birges von Cumanä im Verhältnis zu dem von Caräcas zu ſuchen, dann aber auch in der un—
günſtigen Beſchaffenheit des Landes ſüdlich vom Rio Amana. So kommt es, daß die Llanos
nördlich des Rio Amana etwa 50000, die Landſchaften ſüdlich davon nur wenige Tauſende
Einwohner haben; auch die Orinocohäfen Soledad, gegenüber von Ciudad Bolivar, und
Barrancas ſind unanſehnliche Dörfer. Im Delta des Orinoco haben ſich außer Pedernales
keine Wohnplätze gebildet, und die Guarauno-Indianer hauſen noch in den Wäldern,
die ſie ſelten verlaſſen, um etwa in den Anſiedelungen der Weißen oder von den Orinoco—
dampfern Abfälle der europäiſchen Kultur zu erhandeln.
128 Das ungefaltete Land des Oſtens.
III. Amazonien.
1. Das Land.
Allgemeines. Aus den Llanos des Guaviare und Inirida führt eine kaum bemerk—
bare Bodenſchwelle zum Rio Uaupés oder Waupes und damit in das große Tiefland Ama—
zonien hinüber. Amazonien iſt das größte tropiſche Tiefland der Erde, das ſich zwiſchen
Guayana, den Kordilleren und Braſilien ausdehnt, ein ungeheures, gleichartiges, in ſich ge—
ſchloſſenes Ländergebiet, mit der Hauptader des großen Amazonenſtromes, zahlreichen
Nebenadern gewaltiger Zuflüſſe des Amazonas und nur einer einzigen Offnung zum Atlan⸗
tiſchen Ozean. Nach Norden hin ſteht es durch den Caſiquiare in unmittelbarer Verbindung
mit dem Orinoco; nach Süden vereinigen in der Regenzeit die Quellflüſſe des Guaporé und
Paraguay ihr Waſſer auf den ſumpfigen Ebenen von Villa Bella. So bildet Amazonien eine
Vermittelung zwiſchen dem Orinoco und dem La Plata und nimmt auch infolge ſeiner äqua⸗
torialen Lage und der Gleichartigkeit der Anordnung der Flüſſe eine zentrale Stellung ein.
Die Größe Amazoniens wird gewöhnlich übereinſtimmend mit dem Flußgebiet auf
7 Millionen qkm angegeben, was dem dreizehnfachen Areal des Deutſchen Reiches gleich-
kommt. In dieſer Zahl find aber auch die den Kordilleren angehörigen Einzugsgebiete der Ober-
läufe des Amazonas ſelbſt und einiger großer Zuflüſſe, des Ucayali und Madeira, namentlich
aber faſt die geſamten Stromſyſteme der in Zentralbraſilien entſpringenden und erſt unmittel-
bar ſüdlich des Amazonas die Tiefebene erreichenden Flüſſe Tapajds, Kingu und Tocantins⸗
Araguaya eingerechnet; ebenſo wird man den Rio Guainia und den oberen Rio Branco
ſowie die Oberläufe der abwärts von Manaos mündenden nördlichen Zuflüſſe des Ama—
zonas Guayana zuweiſen müſſen. Für das Flachland Amazonien bleiben daher nur etwa
4500000 qkm übrig, immerhin noch faſt die Hälfte der Fläche Europas.
Nimmt man den 1. Grad nördl. Breite als nördliche, eine Linie von den Quellen des
Guaporé nach denen des Pilcomayo als ſüdliche, die Kordillere als weſtliche Grenze an, jo
hat Amazonien die Geſtalt eines großen Trichters, deſſen Achſe ſich von dem Kordillerenrande
unter 5° ſüdl. Breite oſtnordöſtlich nach der unter dem Aquator gelegenen Mündung erſtreckt.
Von allen Seiten laufen die Ströme auf die Hauptader zu, nämlich nach einer etwa durch
Manaos bezeichneten Stelle unter 60° weſtl. Länge und 3° ſüdl. Breite. Der nördliche Teil
des großen Trichters iſt etwas ſchmäler als der ſüdliche, da hier der Madeira mit ſeinen Quell⸗
flüſſen weit nach Süden ausgreift; die Waſſermenge der nördlichen Zuflüſſe iſt aber kaum
geringer als die der ſüdlichen, weil ſie der äquatorialen Zone mit Regen zu allen Jahreszeiten
angehören. Unterhalb Manaos tritt eine raſche Einengung des großen Flußtales ein, da zu
beiden Seiten die Ausläufer der alten Schollen Guayanas und Braſiliens erſcheinen; hier
kommen auch die Nebenflüſſe erſt kurz vor ihrer Mündung zu einem ruhigeren Laufe. Durch
dieſe, namentlich von Braſilien her, verſtärkt, wälzt ſich die ungeheure Waſſermaſſe in den
Atlantiſchen Ozean, dem ſie bis auf 500 km Entfernung noch ſüßes Waſſer zuführt.
Über die Geſchichte der Entſtehung des großen Tieflandes wiſſen wir nur
wenig, da es an genauen Beobachtungen noch immer ſehr mangelt. Nach den früheren An⸗
ſchauungen ſollte Amazonien als eine große Deltabildung des Marafion und ſeiner Neben-
flüſſe, alſo von Weſten nach Oſten fortſchreitend, entſtanden ſein. Friedrich Katzer hat dem⸗
gegenüber die Anſicht ausgeſprochen, daß das jetzige Tiefland umgekehrt vom Atlantiſchen
Amazonien: Das Land. Die Flüſſe. 129
gegen das Pazifiſche Meer allmählich vorgeſchritten ſei. Jedenfalls ſind der Oſten und Norden
der älteſte Teil des Landes, inſofern die archäiſchen Ablagerungen Guayanas und Braſiliens
im Gebiete des unteren Amazonas ſo nahe aneinandertreten, daß nur eine ſchmale Lücke
für das Tiefland offen bleibt. Das alte archäiſche Grundgebirge iſt in Falten gelegt, die im
Norden des Amazonas nach Oſten, im Süden nach Südoſten verlaufen. Auf dieſer Grund—
lage ſetzten ſeichte Meere der Silur-, Devon- und Karbonzeit, vielleicht auch noch die des
Perm, Sedimente ab in Form einer gegen Weſten offenen Halbmulde, ſo daß die älteren
Glieder im Oſten, die jüngeren im Weſten, etwa bis gegen die Mündung des Madeira,
lagerten. Eine wirkliche Synklinale ſcheint allerdings trotz dieſer ſchüſſelförmigen Lagerung
nicht vorzuliegen, ſondern im Oſten ſind ſtarke Störungen zu verzeichnen.
Während der meſozoiſchen Zeit blieb der Oſten Amazoniens frei von Meeresbedeckung,
alſo Feſtland. Erſt in der jüngſten Kreide ſchob ſich ein Meer langſam von Süden nach Norden
über das untere Amazonien hinweg, und auch von den Kordilleren her erreichte das Meer
der oberſten Kreide den Purüs. Auch in der Tertiärzeit blieb das untere Amazonien Feſt—
land. In der älteren Tertiärzeit ſcheint es ein mit Dünen und Waſſerflächen bedecktes Tief—
land geweſen zu ſein. Auf dieſem entwickelte ſich nun ein großer Strom, der Vorläufer
des Amazonas, der aber umgekehrt wie dieſer, nämlich von Oſten nach Weſten, gerichtet war.
Von dem guayaniſch⸗braſiliſchen Feſtland lief das Waſſer nach Weiten ab, zerfurchte in der
jüngeren Tertiärzeit die Ablagerungen der älteren und trug ſie faſt völlig ab. Dann aber
erlahmte die Eroſionskraft der Ströme, weil ſich in der jüngeren Tertiärzeit die Kordillere im
Weſten zu erheben begann. Der vielleicht im Oſten des Golfes von Guayaquil mündende
Fluß wurde allmählich geſtaut, und es entwickelten ſich Brackwaſſerlagunen. Dieſe wurden
langſam ausgeſüßt, und während ſich die weſtliche Schranke mehr und mehr, wahrſcheinlich
im mittleren Miozän, erhob, wurde das Amazonastiefland in einen rieſigen Binnenſee ver—
wandelt, deſſen Oſtende bei Serpa lag. Darauf erzwangen die Gewäſſer dieſes Sees einen
Ausgang nach Oſten, und der alte Fluß wurde rückläufig. In der Quartärzeit bildete ſich
allmählich der jetzige Zuſtand des nach Oſten gerichteten Fluſſes heraus, und eine großartige
Abtragung der jungtertiären Ablagerungen fand ſtatt, deren Reſte als Serra Paranaquära,
Serra von Almeirim uſw. heute 300 m über der gegenwärtigen Oberfläche liegen. Zu—
gleich ſank der Meeresſpiegel an der atlantiſchen Küſte, ſo daß der Strom zu ſtärkerer Eroſion
angeregt wurde. Heute dringt das Atlantiſche Meer gegen die Küſte vor, ſo daß die Mün—
dung des Amazonas nicht als Delta, ſondern als Trichter ausgebildet iſt.
Die Höhe Amazoniens iſt ſehr gering. Am Austritt des Amazonas aus der Kordillere
hat der Fluß nur noch 180 m, bei Pebas 105, nach anderen Meſſungen bei Nauta 95, bei
Tabatinga 80 oder 56, bei Manaos nur noch 26 m Höhe über dem Meere. Der Flachboden
ſenkt ſich alſo auf einer Strecke von 3200 km um nur 180 m und hat demnach ein Gefälle
von nur 1:17700. Das Gefälle des Stromes ſelbſt iſt noch geringer, da ſeine Lauflänge
unterhalb Borja ſogar 4700 km beträgt.
2. Die Flüſſe.
Der Amazonas. Der von Francisco de Orellana 1540 vom Napo abwärts befahrene
Amazonas hat ſeinen Namen wahrſcheinlich von der an ſeinem Unterlauf häufigen Poro—
roca, einer Flutwelle, erhalten, die im Tupi-Guarani Amaeunu (Waſſerwolkenlärm) genannt
wird. Die Spanier deuteten dieſe Bezeichnung auf Amazonen und glaubten auch, an der
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 9
130 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Mündung des Trombetas mit Amazonen zuſammengetroffen zu ſein. Der Amazonas ent—
ſpringt als Marafion auf dem Cerro San Lorenzo in der Kordillere von Huayhuaſh in Mittel-
peru bei 10¼ ſüdl. Breite und etwa 6000 m Höhe. Nach 700 km langem Gebirgslauf tritt
er im Pongo de Manſeriche (180,m) in die weite, ſteinloſe Waldebene. Er iſt zwar nicht der
längſte, wohl aber der waſſerreichſte und mit dem größten Flußgebiet ausgeſtattete Strom
der Erde. Er iſt mehr als 5500 km lang, entwäſſert ein Gebiet von 7 Millionen qkm und
wird von 18 großen Strömen mit 1500-3500 km Länge und von etwa 200 größeren Neben-
flüſſen geſpeiſt. Der Amazonas zeigt in dem gewaltigen Laufe von Borja bis Para alle
typiſchen Erſcheinungen eines Tieflandſtromes erſten Ranges. Zwar wird ſeine Länge durch
die zahlreichen Windungen nur ungefähr um die Hälfte vergrößert, indem anſtatt der direkten
Entfernung zwiſchen dem Hualläga und Para, die 3000 km beträgt, tatſächlich 4450 km zurück—
gelegt werden, allein namentlich auf der Strecke von Tabatinga bis Manaos iſt der Ama—
zonas äußerſt gewunden, während er unterhalb Manaos ſtatt 1300 km nur 1600 durchläuft.
Die Ufer des Amazonas ſind im allgemeinen niedrig, am flachſten natürlich zur Hoch—
waſſerzeit; im ganzen aber werden z. B. die hohen Ufer des Rio Negro gegenüber den
niedrigen des Amazonas gerühmt. Doch erreichen die letzteren bei Obidos und an der
Serra de Eréré Höhen bis zu 30 m. Meiſtens iſt im Unterlauf das nördliche Ufer höher als
das ſüdliche, auf der Mittelſtrecke aber das ſüdliche. Da zur Zeit des Ablaufens der Ge—
wäſſer die unterſpülten Ufer oftmals einſtürzen, begrenzt den Strom häufig ein Steilrand,
der das Landen erſchwert.
Die von der Seiteneroſion herſtammenden groben Sinkſtoffe werden an Ufervor—
ſprüngen oder auf Erhebungen des Flußbodens wieder abgeſetzt, und ſo iſt die Auf—
ſchüttung ſehr bedeutend. Dadurch bilden ſich Untiefen, die durch mitgeführte Baum—
ſtämme und Grasflächen weiter erhöht und von Waſſerpflanzen noch mehr erweitert werden.
So entſtehen Inſeln oder Neulandbildungen am Ufer, die aber bei Hochwaſſer wieder ab—
geriſſen und ſtromabwärts getrieben werden können.
Der Anblick des Stromes wechſelt daher je nach der Jahreszeit ſehr. Der Ama—
zonas ſteigt im oberen Teil des Tieflandes ſchon im Oktober, und es beginnt dann die
Enchente; ſie dauert bis zum Juni, worauf bis zum September das Waſſer fällt, Va—
ſante. Somit iſt im September und Oktober Niedrigwaſſer, im Juni und Juli Hochwaſſer.
Bei den Nebenflüſſen des Amazonas tritt das Hoch- und Niedrigwaſſer zu ganz ver—
ſchiedenen Jahreszeiten ein, je nachdem ſie von Norden oder Süden kommen. Die ſüd—
lichen Nebenflüſſe ſteigen zur Südſommerzeit, Kingu und Tapajös vom Oktober bis März,
der Ucayali annähernd zu derſelben Zeit, der Madeira bis zum Mai; bei dieſem gewaltigen
Fluſſe braucht das Hochwaſſer zwei Monate, um von der Kordillere bis zur Mündung zu
gelangen, denn San Antonio paſſiert es im April, die Mündung im Mai. Der Juruä,
Jutahy und Javary ſteigen etwas ſpäter als die großen, weit aus Süden kommenden Flüſſe,
erſt im Januar, und ſtoßen ihre Hochwaſſer bis zum Juni ab. Die nördlichen Nebenflüſſe
haben ihr Hochwaſſer in der entgegengeſetzten Jahreszeit, der Japurä vom März bis Juli,
der Rio Negro vom März bis Ende Auguſt. Daher erhält der Amazonas bald von den
nördlichen, bald von den ſüdlichen Nebenflüſſen Waſſer, doch zeigt ſich bei ihm eine An⸗
lehnung an die Schwellzeiten des Südens, der ihm die größere Waſſermaſſe bringt. Am
oberen Amazonas iſt das Hochwaſſer ſtärker ausgeprägt als am mittleren und am unteren.
Steigt der Strom, fo erhöht er ſeinen Waſſerſpiegel um 10 —15 m und überjchreitet durch
Amazonien: Die Flüſſe. 131
ſeine Überſchwemmung mit ſeinen Nebenflüſſen weithin die Ufer. Zu dieſer Zeit iſt das
Amazonasbecken eine gewaltige Waſſerwüſte; die an und für ſich ſchon einander ſehr ge—
näherten großen Nebenflüſſe verbinden ſich dann vollends durch Kanäle untereinander und
mit dem Hauptſtrom, die zur Trockenzeit oft trocken liegenden Lagunen zur Seite der Ströme
füllen ſich, der Uferwald ſteht meilenweit unter Waſſer.
Man unterſcheidet an den Stromufern drei Landſtufen, je nachdem ſie von der
Überſchwemmung noch erreicht werden oder nicht. Die höchſte iſt die Terra firme, meiſt rote
Tone, über dem Niveau der Überſchwemmungen; fie allein iſt für Anſiedelungen geeignet,
und auf ſie ziehen ſich auch die Indianer und Kautſchukſammler in der Zeit des Hochwaſſers
zurück. Dann folgt abwärts die Varzea, auch Varzem und Vargem (Ebene) genannt, das
zeitweilige Überſchwemmungsgebiet, und endlich deſſen unterſte Teile, der fat ſtets über⸗
ſchwemmte Jgapd (Sumpf). In der Regel verlaufen ſich die Gewäſſer im Mai. Der
von einer Schlammſchicht überzogene Boden des Uferwaldes wird dann wieder ſichtbar, die
Lagunen entleeren ſich, die nördlichen Nebenflüſſe geben ihr Waſſer an den Hauptſtrom ab,
und die Verbindungen zwiſchen den Strömen löſen ſich.
Die Uferſeen, Kanäle und Inſeln ſind am Amazonas beſonders eigentümlich. Die
Uferſeen werden zunächſt zur Hochwaſſerzeit durch das überſchüſſige Waſſer gebildet und ver—
mehren ſich beim Ablaufen des Waſſers natürlich bedeutend; wahrſcheinlich werden ſie aber
auch durch Quellen geſpeiſt, und überdies ſtehen ſie meiſt mit dem Hauptfluß durch Kanäle in
Verbindung. Man unterſcheidet weiße und braune Uferſeen, d'agua branca und d'agua
preta; erſtere ſind kühler, tiefer und in ihrem Waſſergehalte beſtändiger, letztere treten häu—
figer aus und werden vom Strome öfter gefüllt. Laufen die Seen ab, ſo bleiben die Kanäle
übrig; find dieſe klein, fo heißen fie Furo (Loch, Offnung) oder mit einem Tupi-Worte
Igarapé (Bootweg), ſind ſie aber groß, jo nennt man ſie Parana (Waſſer). Dieſe Kanäle
nehmen in einzelnen Teilen Amazoniens eine derartige Ausdehnung an, daß ſie ganze Fluß—
ſyſteme netzartig miteinander verbinden, z. B. den Japurä mit dem Amazonas und dem Rio
Negro, den Purus mit dem Madeira und dieſen mit dem Amazonas; oft erweitern ſie ſich
auch zu Seen (Lagos). Die Teilung der Ströme im tiefen Lande befördert die Bildung von
Inſeln im Strombett, teils Hauptinſeln im Strome ſelbſt und von dieſem erzeugt, teils
Inſeln zwiſchen den Nebenäſten des Amazonas oder zwiſchen dieſem und den Nebenflüſſen.
Es ſind Sandinſeln, Prayas, Coroas, in der Tupi-Sprache Ybicui, „zerriebenes Land“, oder
höher liegende mit feſtem Ufer, und dann bewachſen, Caapoam oder Camapuam, d. h. runder,
konvexer Wald. Die Nebeninſeln am Ufer heißen meiſt Jgapo, wie auch das benachbarte
niedrige, überſchwemmte Land. Die Hauptinſeln ſind ſtets niedrig, eben, ohne Felſen und
Riffe, ſelten ſumpfig, an der Spitze von Sandbänken begleitet und oft mit Ambaübas (Ce-
cropia adenopus) beſtanden. Dichter Urwald dagegen bedeckt die Nebeninſeln am Ufer. Die
größte Inſel Amazoniens, Marajd, an der Mündung, iſt größer als die Schweiz, die Inſel
dos Tupinambaras zwiſchen Madeira und Amazonas halb ſo groß wie dieſe.
Das Waſſer des Amazonas und auch der meiſten ſeiner Nebenflüſſe iſt ungewöhnlich
rein und klar. Man unterſcheidet „weiße“ und „ſchwarze“ Flüſſe. Die erſteren haben ſchmutzig
gelbrotes, durch lehmige Beſtandteile gefärbtes Waſſer, die letzteren dunkel olivgrünes. Die
Waſſermenge beträgt bei Obidos 100000, bei Almeirim 120000 ebm in der Sekunde, bei
Hochwaſſer ſehr viel mehr. Die Waſſertemperatur iſt 26%. Die Tiefe des Stromes iſt im
ganzen noch wenig bekannt; in der Enge von Obidos erreicht fie 83m. Die Geſchwindigkeit
9 *
132 Das ungefaltete Land des Oſtens.
beträgt etwa %, m in der Sekunde, ein im Verhältnis zu dem ſehr geringen Gefälle bedeu—
tender Wert; wahrſcheinlich wird dieſe große Geſchwindigkeit durch das Vorwärtstreiben
der gewaltigen Waſſermaſſe erzeugt, deren Kraft ſo groß iſt, daß Boote, die aufwärts
fahren wollen, die Nebenarme, Furos, vorziehen und ſelbſt Dampfer an manchen Halte—
plätzen nur durch beſtändiges Arbeiten der Maſchine vor dem Abwärtstreiben zu ſchützen ſind.
Die Breite des Amazonas iſt bei Nauta 1320, bei Iquitos ſchon 1800 m, ſteigt nach und nach
auf mehrere Kilometer und it unterhalb Manaos nie geringer als 5 km; bei Auftreten von
Inſeln erweitert ſich das Bett ſehr, doch wird die außerordentliche Breite des Rio Negro mit
50 km nicht erreicht. Wohl aber wirkt der durch Inſeln nicht unterbrochene Waſſerſpiegel
des unteren Amazonas an mehreren Stellen ſeeartig, ſo daß die Reiſenden häufig den Ver—
gleich mit großen Landſeen, z. B. dem Bodenſee, ziehen. Im Unterlauf nennt das Volk den
Strom Rio Mar, „Meerfluß“, oder den Strom der Tauſend Inſeln, und bis nach Obidos
hinauf kann man ihn in ſeiner vollen Breite überhaupt nicht überſehen. Bis hierher iſt auch
die Wirkung der Gezeiten zu ſpüren; in Almeirim beträgt die Höhe der Springflut Im,
bei Para 3 m. Zur Zeit der Springflut tritt im Amazonas die eigentümliche Pororoca auf.
Sie iſt, gleich der Mascaret der Seine, eine rieſige Waſſerwelle, die mit großer Gewalt
ſtromauf läuft und alles, was ſich ihr entgegenſtellt, zerſtört. Kleine Schiffe, die von der
Pororoca ereilt werden, ſind meiſt verloren; ſie flüchten daher möglichſt in kleine Küſten—
kanäle. Außer dem Fluß von Parä überfällt die Pororoca auch alle anderen Trichter der
Mündung und wütet namentlich am Nordufer der eigentlichen Amazonasmündung bei Ma—
capa und noch an der Küſte von Guayana bis zur Inſel Maraca. Jedenfalls hängt ſie mit
der Flut zuſammen.
Unterhalb der Xinguͤmündung erweitert ſich der Fluß zu einem gewaltigen Mün—
dungstrichter von 100 km Breite, in dem die Inſeln Tucuyüs, Gurupa und Porcos
ſowie zahlreiche andere langgeſtreckte Eilande liegen. Die Mündung des Trichters in das
offene Meer ſperren die Inſeln Caviana und Mixiana ab und zwingen ſo den Strom, mit
reißender Strömung zwiſchen ihnen, dem Feſtlande von Macapä und der Inſel Marajd
hindurch ſeine Wogen ins Meer zu wälzen. Das iſt die Hauptmündung des Amazonas. Neben
dieſer aber entſendet der Strom eine Reihe von Armen nach Südoſten und verbindet
ſeine Waſſer mit der Mündung des Tocantins-Araguaya. Der bekannteſte von den zahl—
reichen Kanälen iſt der Tajipuru, durch deſſen nicht ſehr breite, von grünen Wänden
üppigſter Vegetation eingeſchloſſene Waſſerſtraße die Dampfer von Para zum Amazonas
eilen. Ein breiter Waſſerarm zweigt hier über Portel zum KXingu ab, erreicht dieſen aber
nicht, ſondern nimmt nur den Rio Anapu auf. Zwiſchen dem Amazonas und dem Tocan—
tins liegt die 19000 qkm große Inſel Marajo, ein im Weiten mit Wald, im Oſten mit
Savannen bedeckter abgegliederter Teil des Feſtlandes.
Die Mündung des Tocantins-Araguaya läuft in den Trichter des Rio Para aus,
der nun wegen günſtigerer Bedingungen für die Schiffahrt an Stelle der durch Inſeln ge—
ſperrten, durch Gezeitenſtröme verſchlammten Hauptmündung das Eingangstor zum Ama—
zonas geworden iſt. Die Streitfrage, ob dieſer Rio Para überhaupt eine Amazonasmün—
dung ſei, läßt ſich dahin beantworten, daß in der Tat durch Kanäle eine bedeutende Menge
Waſſer vom Amazonas zum Para fließt und durch dieſen mündet. Es iſt auch wahrſchein—
lich, daß der Tocantins-Araguaya früher in den Amazonas gemündet hat, als noch das Land
ſich weiter hinaus ins Meer erſtreckte, und daß erſt durch das Sinken der Mündungsgebiete
Amazonien: Die Flüſſe. 133
der Tocantins vom Amazonas abgetrennt und ſelbſtändig geworden iſt. Dennoch läßt ſich
nicht leugnen, daß der Tocantins jetzt eine ſelbſtändige Mündung, eben den Rio Parc, hat,
die allerdings auch der Amazonas mit benutzt. Der Rio Para iſt bedeutend ſchmäler als die
Hauptmündung des Amazonas, aber immerhin noch 30—60 km breit, hat zahlreiche Inſeln
mit üppiger Vegetation und ſchmutziggelbe Fluten, während der Tocantins klares, dunkles
Waſſer führt; auch dies ſpricht für Beimiſchung großer Mengen von Amazonaswaſſer.
Die Geſamtbreite der Mündung von der Ponta do Norte bis zum Kap Magoari
auf Marajd mißt 250 km; rechnet man aber den Rio Parä hinzu, jo ſteigt die Geſamt—
ausdehnung der großen äquatorialen Flußmündungen Südamerikas auf 320 km, gleich der
Entfernung von Berlin bis zur Elbmündung.
Die Nebenflüſſe. Betrachtet man eine Karte des Amazonasſyſtems, ſo bemerkt man,
daß der Amazonas ſelbſt nicht in der Mitte desſelben zieht, ſondern nahe dem nördlichen
Rande, etwa ſo, daß ein Viertel des Einzugsgebietes nördlich von ihm, drei Viertel ſüdlich
von ihm liegen. Man erhält den Eindruck, als ob die großen ſüdlichen Nebenflüſſe, Madeira,
Tapajds, Kingu und Araguaya-Tocantins, ihn nach Norden gedrängt hätten; auch tritt als
eigentliche Achſe des Geſamtſyſtems der Madeira hervor, der mit ſeinem großen Quellfluß
Beni quer von den in Bolivia und Peru nach Nordweſten ſtreichenden Kordilleren abläuft
und ſeinen nordöſtlichen Lauf im ganzen einhält. Dieſe Vorſtellungen laſſen ſich aber nicht
mehr aufrecht erhalten, ſobald man den Amazonas in ſeinem Laufe von den Kordilleren
nach dem Meere in zwei Abſchnitte teilt, die den geologiſchen und orographiſchen Gegen—
ſätzen in Amazonien entſprechen. Bis in die Gegend der Madeiramündung fließt der Strom
in dem großen Tiefland und erhält die hauptſächlichen Nebenflüſſe aus der Kordillere; unter—
halb der Mündung des Madeira tritt er in die große öſtliche Maſſe ein und empfängt nur
noch von dieſer ſeine Zuflüſſe. Demgemäß iſt das Amazonasſyſtem in ſeinem oberen Ab—
ſchnitt ziemlich harmoniſch gebaut, in ſeinem unteren wird es beſonders von Süden, aus der
braſiliſchen Maſſe her, geſpeiſt, in viel geringerem Maße von Guayana her. Daß die ſüd—
lichen Nebenflüſſe im ganzen ſtärker ſind, hängt damit zuſammen, daß der Erdteil nach Süden
zu viel geräumiger iſt als im Norden des Stromes.
Die nördlichen Nebenflüſſe. Bald nachdem der Marafion das letzte Felſentor der
Kordilleren paſſiert hat, geht ihm der Morona zu, ein noch wenig bekannter Fluß, deſſen
Quellen öſtlich von Alauft in Ecuador liegen; er iſt zwar angeblich auf 250 km ſchiffbar, ſogar
für Dampfer von über 1m Tiefgang, entbehrt aber des Verkehrs bisher völlig, da ſeinem
Tale die Kautſchukbäume fehlen. Dieſe finden ſich dagegen in großer Zahl am Ufer des
Paſtaza, eines größeren, zwiſchen den beiden Kordilleren Ecuadors bei Latacunga und
Riobamba entſpringenden Stromes; allein dieſer ſelbſt iſt reißend und für den Verkehr
wenig geeignet, da er ſein Bett oft wechſelt, das Ufer ſtark unterwühlt, viele Baumſtämme
führt und ſehr ungleichmäßige Tiefe hat. Etwa 50 km vor feiner Mündung liegt die Lagune
Rimachuma, die ihm als Hochflutbecken dient. Bis Andoas iſt er ſchiffbar. Der dann
folgende Rio Tigre iſt faſt unbekannt, der Napo dagegen bildet die am häufigſten be—
fahrene Waſſerſtraße zwiſchen Quito und dem Marafion. Schon von Orellana 1541 benutzt,
hat er oftmals als Verbindung zwiſchen den beiden fo verſchiedenen Gebieten dienen müſſen.
Er entſteht bei Coca aus dem eigentlichen Napo und dem Coca, die beide auf der Oſt—
kordillere Ecuadors entſpringen, beginnt bei Coca in 260 m Höhe ſeinen Tieflandslauf und
nimmt auf dieſem den goldführenden Aguarico und den Curaray auf, einen waſſerreichen,
134 Das ungefaltete Land des Oſtens.
9—11 m tiefen, durch Kautſchukwaldungen fließenden Kordillerenfluß. Unregelmäßigkeit
des Strombettes, ſchneller Wechſel des Waſſerſtandes und der Tiefe beeinträchtigen die
Schiffbarkeit des Napo erheblich, daher wird meiſt der Curaray vorgezogen, der Dampfern
von 5—7 m Tiefgang die Fahrt erlaubt.
Der Ia oder Putumayo entſteht öſtlich von Paſto in der Lagune Cocha, fällt ſehr
raſch in niedriges Land und erhält auf ſeinem langen Laufe faſt gar keine Nebenflüſſe; am
bekannteſten iſt der Carapana. Nur an einer Enge, den Thermopylen, ſtrömt der ga raſcher;
ſeine Ufer ſind aber im allgemeinen ſehr niedrig. Nahe der Mündung hat er nur 260 — 7/00 m
Breite, aber er wird mit der Zeit wohl eine für ſeine Größe ungewöhnliche Bedeutung er—
halten, da er von Cuamby (in 300 m Höhe) an für Dampfer von 2 m Tiefgang befahrbar iſt.
Breiter und waſſerreicher, aber weniger wichtig für den Verkehr iſt der Japurä (Va-
purä, Yupurä). Er entſteht als Caquetä nahe den Quellen des Ika an der colombianiſchen
Oſtkordillere bei Limon und fließt dem Putumayo zunächſt parallel; ſpäter weicht er nach
Oſten ab und begleitet den Maranhäo auf eine breite Strecke, jo daß die Vereinigung erſt bei
Teffé erfolgt. Den nur 200 m betragenden Höhenunterſchied zwiſchen dem Fuße der Kor—
dillere und Teffe überwindet der Japurä in vier Stromſchnellen, deren bedeutendſte der Fall
von Araracuara iſt. Dieſer 20 m hohe Fall ſperrt die Schiffahrt vollkommen, während die
abwärts folgenden Schnellen von Jaryhana und Sihare keine unüberwindlichen Hinderniſſe
bilden. Granit und Sandſtein, gigantiſche, abgerundete, glänzend dunkelſchwarze Felſen—
trümmer erheben ſich an beiden Ufern zu ſenkrechten Felswänden. Im übrigen beſtehen
die Ufer aus Ton und violettem bis braunem Sandeiſenſtein, die Inſeln aus Breccien von
gelbem und rotem Jaſpis und Quarz. Die Hauptmündung hat bei ungefähr 17 m Tiefe
etwa 2 km Breite, doch iſt die Verzweigung des Fluſſes oberhalb und unterhalb der
Mündung ſo ſtark, daß eine Fläche von etwa 100000 qkm von dem Gewirr der Neben—
arme eingenommen wird.
Durch den Apaporis ſteht der Japurä mittels kurzer Landwege mit dem Uaupés oder
Waupses in Verbindung. Dieſer entſpringt nicht auf der Kordillere, ſondern wie der Guainia
in den weſtlichen Llanos und bildet den Oberlauf des großen Rio Negro, deſſen zweiter
Quellfluß der Guainia iſt. Von den Juruparyfällen (Tafel 4, Abbildung 3) bis zur Mün⸗
dung des Papuri bei Jauareté hat der Uaupeés viele Stromſchnellen, im Unterlauf aber
fließt er ruhig und mächtig dahin. Auch der Guainia entſteht im weſtlichen Llano, macht
aber einen mächtigen Bogen nach Norden und empfängt von Oſten den Caſiquiare vom
Orinoco her (vgl. S. 107). Man erhält den Eindruck, als ob der Guainia urſprünglich als
Oberlauf des Atabapo dem Orinocoſyſtem angehört habe.
Der Rio Negro, indianiſch Parana Pixuna (Schwarzwaſſer), wird durch den Zu—
ſammenfluß des Uaupés mit dem Guainia unterhalb von Säo Felippe gebildet. Er fällt zu⸗
nächſt in vielen, aber überwindbaren Schnellen über die Ausläufer der Serra Imeri hinab
und iſt von Trindade an ohne Hindernis ſchiffbar. Seine Verzweigung in zahlloſe Flußarme
und ſeine Inſelbildung geht noch über die des Amazonas hinaus; ſeine Breite erreicht daher
ſtellenweiſe 50 km, beſonders abwärts der Mündung des Padauiry, der wie der Cauabury
und Marauiä den Südrand Guayanas entwäſſert, ſowie auch unterhalb der Mündung des
Rio Branco. Der ſchwach ſtrömende, bis zu 35 m tiefe Strom hat flache, ſandige, erſt
bei Mangos hohe Ufer und führt ungeheure Waſſermaſſen; dennoch verſchwindet ſein
dunkles Waſſer ſehr raſch in den gelblichweißen Fluten des Amazonas, ein Beweis für
Guayana.
J. Goldwäſche im Yuruarifluß, Venezolaniich-Guayana. Nach Photographie. (Zu S.
N
un
4 = = >‘ X
2. Waika- oder Guaica-JIndianer vom Cuyunifluß, Venezolaniich- Guayana.
Nach Photographie. (Zu S. 114.)
RE REN ER VAN FERNE
Tafel 4.
Tafel 4. Amazonien.
-
3. Die Yurupary-Stromichnelle im Rio Caiary-Uaupes.
Nach Photographie von Th.Koch-Grünberg in Freiburg i. Br. (Zu S. 134.)
4. Der Lago Grande bei Monte Alegre am Amazonas mit Victoria regia.
Nach J. Huber, Arboretum amazonicum, Pard 1900. (Zu S. 142.)
Amazonien: Die Flüſſe. 135
die überragende Mächtigkeit dieſes waſſerreichſten aller Ströme, der zuweilen ſogar in das
Bett des Rio Negro eindringt.
Weitaus der gewaltigſte Nebenfluß des Rio Negro iſt der Rio Branco, früher
Parima genannt. Sein bedeutendſter Quellfluß iſt der Uraricuera von der Serra Mas—
chiaty, der längs dem Südrande Guayanas von Weſten nach Oſten fließt und den Uraricaparä
aufnimmt; feinen Lauf wiederholen im Süden der wenig bekannte Mucajahy und der Caratiri-
mani, über den man ſo gut wie nichts weiß. Die Richtung erhält der Rio Branco aber durch
den vom Roroima kommenden Cotingo, dem von Oſten der Tacutu und der Mahn zu—
gehen. Zwiſchen 2 und 3° nördl. Breite durchbricht der Rio Branco mehrere ihm vorliegende
Höhenzüge und fließt dann mit milchfarbenem Waſſer ſüdwärts zum Rio Negro, deſſen tinten—
ſchwarzes Waſſer mächtig von ihm abſticht. Der Rio Branco hat im Gegenſatz zum Rio Negro
faſt gar keine Inſelbildung und einen faſt geradlinigen Verlauf, wird aber von einer Reihe von
Flußſeen eingeſäumt, wahrſcheinlich Reſten früherer Laufſtrecken. Als eine ſolche faßt man
auch den Jauapery auf, der den Unterlauf des Rio Branco im Oſten begleitet.
Unterhalb von Manaos empfängt der Amazonas von links nur noch kleinere Neben—
flüſſe. Zunächſt den Urubu, deſſen Quellen nahe denen des Eſſequibo vermutet werden;
möglicherweiſe liegen ſie aber auch im Tiefland. Alle folgenden Flüſſe kommen von den
Tumuc-Humac Bergen und der Serra Acarahh, ſtrömen über Schwellen in Stromſchnellen
herab, erweitern ſich nahe den Mündungen ſeeartig und fließen, bevor ſie münden, durch die
Sinkſtoffe des Amazonas verſchleppt, dieſem parallel. Es ſind der Uatumä, der Nhamunda,
der Trombetas mit dem Cuminä, Cachorro, Mapuera, der Paru und der Jary. Zugleich
drängt der Amazonas, von den großen ſüdlichen Nebenflüſſen nordwärts geſchoben, an den
Rand der Maſſe von Guayana und durchſchneidet die älteren und jüngeren tertiären Ab—
lagerungen, deren Reſte als Serra de Eréré und de Almeirim über ihm aufragen.
Die ſüdlichen Nebenflüſſe. Nach ſeinem Austritt aus dem Gebirge empfängt
der Marafion zuerſt von Süden den Hualläga. Dieſer entſpringt in der Gegend von
Cerro de Pasco, gelangt bald in tieferes Land, ſo daß er bei Tingo Maria (600 m) für Boote
ſchiffbar wird, fließt in weitem, dichtbewaldetem Tal, durchbricht ſodann in einem Pongo die
1200 m hohen Cerros de Otanähui und tritt darauf in die Ebene hinaus. Dampfer befahren
ihn daher meiſt nur bis Hurimaguas an der Mündung des Paranapura. Hier iſt er in 170 m
Seehöhe 8 m tief und ſo breit wie der Rhein bei Kehl. Seine Waſſermaſſe ſoll im Pongo
de Aguirre 1400 ebm in der Sekunde erreichen, aber oftmals vermögen Dampfer des
niedrigen Waſſerſtandes halber nur bis Laguna heraufzukommen, nur wenige Kilometer von
der Mündung. Von links empfängt er den Mayo, von rechts faſt gar keine Zuflüſſe. Der
Ucayali entſteht weit im Süden der peruaniſchen Kordillere und betritt nach der Vereini—
gung des Urubamba und Tambo als Ucayali in 260 m Höhe die Ebene. Er entbehrt hier der
Schnellen ganz und ſtellt eine bis weit ins Innere befahrbare Waſſerſtraße dar, die aber
unter ſehr ungleichem Waſſerſtand und daher ſtarkem Wechſel der Strömung leidet. Auch
ſeine Nebenflüſſe Pachitea, Palcazu und Pichis ſind weithin befahrbar, letzterer bis zum
Puerto Victoria in 100 20° ſüdl. Breite und 210 m Höhe. 1896 gelang es C. F. Fiscarrald
ſogar, mit einem kleinen Dampfer den Camiſea, einen oberen Nebenfluß des Ucayali, auf—
wärts und den Terjali⸗Manu abwärts fahrend, unter Überſchreitung einer 20m hohen Waſſer—
ſcheide, Riberalta am Beni zu erreichen. Die Amazonasdampfer beenden ihre Fahrten auf
dem Ucayali allerdings meiſt ſchon bei Sarayacu.
136 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Die zwiſchen dem Ucayali und dem Madeira fließenden Ströme ſind typiſche Niede—
rungsflüſſe mit langſamer Strömung, ſchwarzem Waſſer und ausgedehnter Schiffbarkeit faſt
bis an die Quellen, die bei ihnen allen in den Vorhöhen der Kordilleren, den ſogenannten
Andes Conomanas, in 350 m Höhe liegen. Man rechnet zu ihnen den Javary oder Jaca—
randa, den Jutahy, den Jurud und den Purüs. Während aber der bei Tabatinga mün—
dende Grenzfluß Javary und der Jutahh einfache Bogen beſchreiben und faſt keine Neben—
flüſſe aufnehmen, beſtehen Jurud und Purus aus gleichmäßig zuſammengeſetzten Fluß—
ſyſtemen, indem jeder von beiden einen bedeutenden rechten Nebenfluß hat, der Juruä den
Tarauacä, der Purus den Acre. Beide ſind für Dampfer ſchiffbar bis dicht an die Quellen,
da ſie genügend Waſſer führen und dieſes meiſt, im Gegenſatz zu anderen Amazonaszuflüſſen,
in einen Kanal zuſammendrängen. Freilich haben die Flußläufe ſehr viele Windungen,
jo daß die Lauflänge des Purus von 1500 km Luftlinie auf 3000 km erhöht wird; feine
Tiefe beträgt unterhalb der Mündung des Acre 16 m, die Breite 300 m, die Schwellhöhe
bis zu 18 m. Vor der Mündung des Paranapixuna oder Capauä bildet der Purus eine große
Inſel und fällt dann mit einem Delta in den Amazonas. Die Landſchaft am Purus iſt nach
P. Ehrenreich von erdrückender Einförmigkeit, nichts als Waſſer und Wald.
Der größte ſüdliche Nebenfluß des Amazonas iſt der Madeira, der Holzfluß, ſo ge—
nannt wegen der ungeheuren Mengen treibender Baumſtämme, die er bei ſeiner Entdeckung
mitführte. Die Indianer nannten ihn Cayari, den Weißen Fluß. Ein Teil ſeines Waſſers
kommt aus den Kordilleren von Bolivia und Peru, ein anderer wird von dem braſiliſchen
Hochland entſendet, und ſo greift der Madeira weiter nach Süden aus als die übrigen ſüd—
lichen Zuflüſſe des Amazonas. Sein ſüdlichſter Quellfluß, der Mamoré oder Guapay,
entſpringt als Rio Grande in der Kordillere von Cochabamba, betritt bei Santa Cruz de la
Sierra die Ebene und fließt nun nordweſtlich, unter Aufnahme zahlreicher Nebenflüſſe aus
der Kordillere. Unter ihnen iſt der bis 282 m Höhe ſchiffbare Chimoré am bekannteſten.
Von rechts erhält er dagegen faſt gar keine Zuflüſſe, da ihm der San Miguel, der Nebenfluß
des Guaporx, parallel fließt. Als die weſtlichen Quellflüſſe müſſen wohl der Madre de Dios
und der Beni angeſehen werden; erſterer entſpringt als Inambari auf dem Gehänge der
Oſtkordillere, nimmt dann den Namen Amaru-Mayu oder Schlangenfluß an und fließt bei
Riberalta mit dem Beni zuſammen. Obwohl der Madre de Dios hier die doppelte Wajjer-
menge des Beni führt, wird doch meiſt letzterer als der Hauptquellfluß angeſehen. Er ent⸗
ſteht bei La Paz aus mehreren Quellflüſſen, Rio de la Paz, Rio Mapiri, Rio Caca, und fließt
unter Aufnahme verſchiedener Nebenflüſſe von links nordwärts nach Riberalta. Unterhalb
dieſes Platzes geht dem vereinigten Beni und Madre de Dios noch der Tahuamanuͤ oder
Orton zu. Nach der Vereinigung aller Quellflüſſe fällt der Madeira mit Hilfe von 17 Strom⸗
ſchnellen, die ſich auf eine mehrere hundert Kilometer lange Laufſtrecke verteilen, bis auf
kaum 40 m Höhe. Dieſe Stromſchnellen werden durch Granit und archäiſche Schiefer ge—
bildet, können zwar bei Hochwaſſer, mit Ausnahme des Theotoniofalles, überwunden werden,
ſtören aber die Schiffahrt vollkommen, da ihre Überwindung die Bergreiſe bis zu 3 oder
4 Monaten verlängert. Daher ſind ſie 1912 durch eine Eiſenbahn umgangen worden (S. 97).
Unterhalb von San Antonio beginnt der für die Schiffahrt ganz freie Unterlauf. Während
im Mittellauf die gelben Fluten des Stromes tobend und ſchäumend über die ſchwarzen
Stromriffe ſtürzen, hat der Unterlauf des Madeira den Charakter der Tieflandſtröme Ama⸗
zoniens. Laſtende Einförmigkeit, zur Regenzeit tiefe Melancholie, lockere Ufer, zahlreiche Inſeln
Amazonien: Die Flüſſe. Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 137
ſind nach Martius für ihn bezeichnend. An der Mündung, die bei mittlerem Waſſerſtande
24 m über dem Meere liegt, it der Madeira 2500 m breit, ſendet aber vorher einen Arm
nach rechts ab und bildet mit dem Amazonas die 14 300 qkm große Inſel dos Tupinambaras.
Er ſoll im Unterlaufe nach Keller-Leuzinger eine Waſſermenge von 14—15000 cbm in der
Sekunde wälzen, die bei Niedrigwaſſer, Vaſante, auf 4200 fällt, bei Hochwaſſer, Enchente,
auf 39000 ebm ſteigt. Wenn dieſe Meſſungen auch nicht ganz zuverläſſig ſind, jo ſteht doch
feſt, daß der Madeira dem Amazonas nicht viel nachgibt.
Die letzten ſüdlichen Nebenflüſſe des Amazonas ſind der Tapajds und der Kingi,
zwei rieſige Ströme von 2000 km Länge mit gewaltigen Waſſermaſſen. Wer ihre meerbuſen—
artigen Mündungen ſieht, die beim Tapajds 13, beim Xingu 15 km Breite haben, erwartet,
Tauſende von Kilometern auf ihnen ungehindert ins Land fahren zu können, allein die
Stromſchnellen von Apuhh am Tapajds und von Juruä am Kingu machen dem bald ein
Ende. Der Tapajds iſt bei Itaituba, bis wohin ihn Dampfer befahren, 318, bei Pinhel
11100, bei Alter do Chao 14800 m breit, an den Fällen bei Boa Viſta nur 200. Seine Tiefe
beträgt nach Fr. Katzer bei Bom Jardim 23 m, ſeine Geſchwindigkeit in der Sekunde bei
Itaituba 0,23, bei Santarem 0,35 m; die Waſſermenge dort 2759, hier, wohl wegen ein-
dringenden Amazonaswaſſers, 12436 cbm in der Sekunde. Der Strom iſt arm an Inſeln,
aber waldreich an den Ufern. Demgegenüber erheben ſich aus der auffallend klaren, grünen,
von der des ſedimentbeladenen Amazonas ganz abweichenden Flut des Kingu reichlich Inſeln
mit Sandufern und Buſchwerk. Abwärts von Porto de Moz beſteht die Kingumündung aus
einem Gewirr von kleinen Waldinſeln und bildet daher eine maleriſche Waſſerſtraße, aus der
hier und da ein Igarapé abzweigt. Wo endlich der Kingu ſeine dunkleren Fluten mit den
hellen des Amazonas miſcht, da vermag man von dem einen Ufer dieſes Rieſenſtromes das
andere nicht mehr zu ſchauen. Über die Oberläufe des Xingü, des Tapajös und des Tocan—
tins-Araguaya wird auf Seite 162 berichtet werden. Die hierher gehörende Mündung
des letzteren Stromes beginnt ſchon bei den Itaboca-Fällen, nahe 4°, bis wohin der Tocan-
tins befahrbar iſt. Hier erweitert ſich der Strom ſeeartig, teilt ſich bei Patos in Kanäle,
erreicht unterhalb Cametä ſchon 20 km Breite und drängt gegen die höheren öſtlichen Ufer.
Nahe der Mündung nimmt der Rio Para von Süden noch die Flüſſe Acarä und Capim
auf, die vereint bei Belem oder Para münden.
3. Klima, Pflanzendecke und Tierwelt.
Das Klima Amazoniens gehört zu den regelmäßigſten und gleichartigſten der Erde.
Es iſt durchaus tropiſch-äquatorial, da Amazonien zu beiden Seiten des Aquators, wenn
auch vorwiegend auf der Südſeite desſelben, liegt und weder ſtarke Unterſchiede in der Höhe,
noch auch ſchroffe Wechſel in den Jahreszeiten aufzuweiſen hat. Vor allem iſt die Wärme
außerordentlich gleichmäßig verteilt und keineswegs übermäßig hoch; dagegen beſtehen
in der Feuchtigkeit in dem weiten Tieflande Gegenſätze.
Leider haben wir nur von vier Punkten ausreichend genaue meteorologiſche Beobach—
tungen, und dieſe Stationen liegen alle am Amazonas ſelbſt, ſo daß für die Gebiete an den
Nebenflüſſen jegliche ſicheren Werte fehlen. Immerhin laſſen die vorhandenen Beobach—
tungen wenigſtens für die Temperatur den Schluß zu, daß auch die abſeits des Haupt—
fluſſes gelegenen Landſchaften nur geringe Abweichungen von den gefundenen Ergebniſſen
zeigen werden, denn ſie ſind ausnehmend gleichwertig.
138 Das ungefaltete Land des Oſtens.
| | Rärmiter Kühliter | 1
S
| Jahr | Monat Monat Schwankung Niederſchlag
Dare „ 25,7 | 236,5 25,0 1,5 2204
Dbidos . 26,2 | 28,0 25,1 2,9 —
Manaos. a 26,1 27,0 25,5 1,5 2127
Janis, 26,0 26,9 25,2 1,7 2623
Hierzu kann man Ei San Antonio am oberen Madeira unter 90 6 ſüdl. Breite ſtellen,
das ein Jahresmittel von 25,7, Monatsgegenſätze von 29,4 und 22,6 und eine Niederjchlags-
menge von 2318 mm hat. Man ſieht, daß bei den vier erſtgenannten Orten die Jahresmittel
überall faſt gleich ſind, daß auch die Mittel des kühlſten Monats nur um 0,4“ voneinander
abweichen, und daß, wenn man von Obidos abſieht, dasſelbe auch bei den Mitteln des wärm—
ſten Monats der Fall iſt. Daher iſt auch die Schwankung nahezu dieſelbe. Eine Ausnahme
macht nur Obidos, wo der wärmſte ſowohl wie der kühlſte Monat etwas extremere Werte
haben, jo daß die Schwankung auf faſt 3° ſteigt. Man kann nicht jagen, daß das wegen
größerer Entfernung vom Meere jo ſei, denn Manaos und Iquitos mit geringerer Schwan—
kung liegen noch weiter von der See entfernt.
Die Niederſchlagsmenge iſt überall im Oſten etwa 20002500 mm, nimmt aber
gegen die Kordillere hin offenbar zu. Die Feuchtigkeit iſt im Weſten Amazoniens ſo groß,
daß man Arzneimittel, Salben und Salz nicht in feſtem Zuſtande erhalten kann, das Pulver
nicht trocken wird, Uhren ſtehen bleiben und die Näſſe auch durch die Ochſenhäute dringt,
ſo daß die unter ihnen zu bewahrenden Dinge verſchimmeln; eine jede Vertiefung iſt mit
Waſſer gefüllt, und Nebel liegen in den Wäldern. Das gilt für die Abhänge der Kordillere und
deren Fuß vom Napo bis zum oberen Huallaga. Der Regenfall iſt in keinem der drei Plätze
in irgendeinem Monat ganz unterbrochen, zeigt jedoch eine deutliche Abnahme in den Mo⸗
naten Juli bis November in Parä, Juni bis September in Manaos, ſo daß, wenn über⸗
haupt von einer Trockenzeit geredet werden kann, dieſe in unſerem Sommer eintritt. Am
meiſten Regen fällt in Para und Manaos im April und März, dann im Februar und Januar,
und auch im Dezember und November iſt die Regenmenge in Manaos, im Mai in Manaos
und Parä noch erheblich. Im April fällt in Mangos etwa achtmal mehr Regen als im Sep⸗
tember, aber ſelbſt die regenärmſten Monate haben in beiden Städten noch ein ausreichendes
Maß von 44—50 mm. In Iquitos herrſcht der ſtärkſte Regenfall im März und Dezember
ſowie im Januar und Februar, dann nimmt im April die Regenmenge ab, ſteigt im Mai und
im September wieder an, erreicht aber ſelbſt im trockenſten Monat Auguſt noch 117 mm.
Wärme und Niederſchlagsmenge ſind daher in Amazonien nicht übermäßig hoch, das
feuchtwarme Klima wirkt aber doch da erſchlaffend, wo es nicht durch eine Periode kühleren,
trockeneren Wetters unterbrochen wird. Der Eintritt einer ſolchen hängt von den Winden
ab. Dieſe ſind über Amazonien nicht gleichmäßig und regelmäßig verteilt, wie etwa im ſüd—
lichen und nördlichen Paſſatgebiet, ſondern ſie wechſeln wie in der Kalmenregion und ſind
nur in den vom Aquator ferneren Gebieten ſchärfer ausgebildet. Wie es den tropiſchen Ver⸗
hältniſſen entſpricht, flauen die Winde zur Regenzeit ab und kommen dann meiſt aus ver-
ſchiedenen Richtungen; erſt zur Zeit des Nordſommers entwickelt ji) am unteren und mitt-
leren Amazonas ein kräftigerer Wind, der Südoſtpaſſat, der die Trockenzeit herbeiführt.
Wenn die Sonne ihre Wärme der nördlichen Halbkugel zuwendet, ſo wird das ganze
Windregime nordwärts verſchoben, die Kalmenzone paſſiert Guayana, und der Südoſtpaſſat
Amazonien: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 139
rückt nordwärts über Amazonien nach. Das geſchieht in den Monaten Juni bis September,
und daher regnet es in dieſen am unteren Amazonas weniger als in den übrigen Monaten.
Namentlich in der Gegend von Santarem tritt der Paſſat als heftiger Oſtwind mit großer
Stärke auf, erzeugt hier eine vollkommene Trockenheit von halbjähriger Dauer und ſteigt am
Amazonas aufwärts, freilich mit abnehmender Kraft; immerhin werden in Nauta und
Iquitos noch vielfach Oſtwinde beobachtet. Vermutlich wird der Paſſat aber nur in den
Flußtälern ſtärker ſpürbar und paßt ſich ihrer Richtung an; ſo erſcheint er am Madeira und
Tapajos ſowie am oberen Hualläga als Nordoſtwind und wird daher von den Fahrzeugen,
die flußaufwärts fahren, in allen Teilen Amazoniens ſehr geſchätzt. Im äußerſten Süden,
im Tieflande Bolivias, weht der Südoſtpaſſat, der ſüdlichen Lage 10 —17° ſüdl. Breite ent-
ſprechend, einen Teil des Jahres hindurch, vom Juni bis September, in der Trockenzeit.
Dieſen öſtlichen Winden ſteht eine weſtliche Luftſtrömung von den Anden her gegen
das Atlantiſche Meer entgegen. Sie iſt im Amazonastal als vento de eima („Wind von
oben“) bekannt und ſcheint kühl zu ſein, da ſie bei der Begegnung mit dem Paſſat Nieder-
ſchlag erzeugt; jedenfalls folgt auf ihr Wehen im Amazonastal ſtets Niederſchlag. Je nach-
dem nun die beiden Luftſtrömungen einander vertreiben, herrſcht bald Weſt⸗, bald Oſtwind, im
allgemeinen aber wiegt der Weſtwind mit größerer Feuchtigkeit am oberen, der Oſtwind mit
größerer Trockenheit am unteren Amazonas vor. Ahnliche weſtliche Winde ſind bekannt von
dem bolivianiſchen Tiefland am Mamoré, wo Nordweſt- und Südoſtwinde faſt rhythmiſch
während der Trockenzeit wechſeln, vom Beni, vom oberen Purus und Acre, wo warme
Nordweſtwinde helles Wetter, kühle Südoſtwinde Regen bringen. Hier handelt es ſich alſo
um den Gegenſatz zwiſchen dem kühlen, aus ſüdlichen Breiten wehenden Südoſtpaſſat und
wärmeren äquatorialen Luftſtrömungen.
Die genannten Faktoren bedingen die Ausbildung verſchiedener Jahreszeiten. Theo—
retiſch liegt der größte Teil von Amazonien in der Kalmenregion und in der Zone mit doppelter
tropiſcher Regenzeit; nur der äußerſte Süden, das Tiefland am Mamoré und Guapore, reicht
noch in das Gebiet mit einmaliger Regenzeit hinein. So ſcheint ſich denn auch in der Tat
in den Llanos von Chiquitos und am Mamors der jahreszeitliche Wechſel zu geſtalten, indem
eine große Trockenzeit vom Mai bis Oktober einer regenreicheren Periode in der anderen
Hälfte des Jahres gegenüberſteht. Weiter nördlich ſollte nun eigentlich eine doppelte Regen—
zeit zu erwarten ſein, mit zwei dazwiſchen liegenden Trockenzeiten. Davon aber ſcheint weder
am Madeira noch am Purus die Rede zu ſein, man kann höchſtens von einer Abſchwächung der
Trockenzeit im September ſprechen, im übrigen ſteht eine Trockenzeit vom Juni bis Oktober
einer Regenzeit mit (in San Antonio) 87 Prozent der Geſamtregenmenge gegenüber.
In den trockenen, vom kühlen Südoſtpaſſat beherrſchten Monaten kommen auch in den
äquatorialen Gegenden ſtarke Temperaturerniedrigungen durch kühle ſüdliche
Winde vor. Wenn am Beni 1881 die Temperatur durch den Südoſtpaſſat um 18°, von
340 auf 16°, herabgeſetzt wurde und in den Llanos de Chiquitos binnen einer Viertelſtunde
Temperaturſtürze von 14—150 vorkommen, jo mögen wohl dieſelben Urſachen auch unter 5°
ſüdl. Breite am Madeira 1867 und 1874 durch Südweſtwind einen Temperaturſturz von 42°
auf 200 veranlaßt haben und in den ſogenannten Friagem in Ega (Teffé) im Mai, in
Iquitos im Juli und am Purus vom Mai bis Auguſt die Temperatur während mehrerer
Tage bis auf 190 und 15° ſinken laſſen. Dieſe Kälteperioden erwähnen bereits die Miſſionare
des 17. Jahrhunderts von den Miſſionen am Napo und Marafion.
140 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Je mehr man ſich nun dem Amazonas nähert, deſto ſpäter tritt die Regenzeit ein, ſo
daß ſich eine allgemeine Verſpätung aller meteorologijchen und vegetativen Er—
ſcheinungen von Süden nach Norden feſtſtellen läßt. Die Flüſſe ſteigen im Süden
früher als im Norden, der Purüs, Jurud und Javary früher als der Amazonas, die Aſſahy—
palme (Euterpe oleracea) reift an letzterem einen Monat ſpäter als am Purus, und im No⸗
vember werden am Puruüs ſchon junge Schildkröten gefangen, während man zu dieſer Zeit
am Amazonas erſt die Eier ſammelt.
Während nun unter dem 10. Grad ſüdl. Breite die zweite Regenzeit kaum an⸗
gedeutet iſt, tritt fie in Teffe oder Ega am Amazonas deutlich hervor. Man unterſcheidet
dort eine große Regenzeit von Ende Februar bis Juni, eine große Trockenzeit bis Mitte
Oktober, eine kleine Regenzeit bis Mitte Januar und eine kleine Trockenzeit bis Ende Februar.
Während der großen Regenzeit iſt der Himmel bedeckt und düſter, ſchwere Regen fallen, doch
kommen auch ſonnige Tage vor; im Juni erreichen die Überſchwemmungen den Höhepunkt.
In Iquitos dagegen fällt die Trockenzeit überhaupt weg, die kleine und große Regenzeit ver-
einigen ſich, und wenn auch nach Wolf am Napo noch zwei Regen- und Trockenzeiten zu
unterſcheiden find und Sala im Dezember 1896 am Ucayali unter 8 / ſüdl. Breite eine
Trockenperiode fand, jo hat doch hier jchon jeder Monat Regen. Nahe der Kordillere von
Ecuador ſoll nur eine Regenzeit von Mai bis Oktober einer Trockenzeit von November bis
April gegenüberſtehen, doch gibt Villavicencio zu, daß es auch hier jeden Monat regnet.
Man wird daher wohl guttun, zu ſagen, daß nahe und an den Gehängen der Kordillere kein
Monat regenlos iſt, wohl aber eine Verminderung des Niederſchlags in den Monaten No—
vember bis April ſtattfindet. Ahnlich ſcheint es auch am Rio Uaupeés zu ſtehen, wo nach
Wallace die Amazonastrockenzeit auch durch Regen ausgefüllt wird, alſo Regen in allen
Monaten fällt. Dies ſtimmt mit A. v. Humboldts Beobachtungen am Rio Negro überein,
wo ſich ſogar in der trockenen Jahreszeit der blaue Himmel kaum 2—3 Tage hält und nur
im Dezember und Januar kein Regen fällt.
Je weiter man nun den Amazonas hinabgelangt, deſto trockener wird das Klima, ſo
daß nicht nur ein Gegenſatz zwiſchen Nord und Süd, ſondern auch zwiſchen Weſt und Oſt
beſteht. In Manaos beginnt die kleine Regenzeit ſchon zuſammenzuſchrumpfen, in Villabella
oder Parintins wird ſie ſehr kurz, und in Parä gibt es nur eine Regenzeit, und zwar vom
Januar bis Mai, alſo zur Zeit der ſüdlichen Deklination der Sonne. Es kommen jedoch auch
in der Trockenzeit in Parä Regenſchauer vor, ſo daß ſich beide Jahreszeiten hier faſt nur durch
die Menge des Niederſchlages unterſcheiden, zumal da auch die Regenzeit trockene Tage
genug enthält. Am ausgeprägteſten iſt die Trockenzeit in der Gegend von Santarem, zwiſchen
dem Tapajds und dem King, alſo in der Mitte zwiſchen den trockeneren Teilen Guayanas
und Nordoſtbraſilien. Hier weht vom Juni bis Oktober der kühle, trockene Oſtpaſſat, vento
geral, wenigſtens in den frühen Tagesſtunden, regelmäßig talaufwärts, leider aber fehlen
für Obidos Angaben über die Niederſchlagsmenge. — Eine Karte der Verteilung der Jahres-
zeiten in Amazonien hat Otto Emmel veröffentlicht.
Die Vegetation Amazoniens iſt dem Klima gemäß durchaus tropiſch; während
aber das Klima noch geographiſche Provinzen erkennen läßt, iſt die Vegetation vom Fuße
der Kordilleren bis zur Mündung des Amazonas nahezu überall dieſelbe. Ein ungeheurer
Wald erſtreckt ſich im Süden bis nahe an die Quellen des Madeira, verſchmilzt im Weſten
an den Kordilleren mit den dortigen Bergwäldern, begleitet im Nordoſten die Küſte vom
Amazonien: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 141
Orinoco bis Maranhäo und bildet in dieſer Ausdehnung die größte geſchloſſene Vegetations⸗
region Südamerikas. Als Grenzen dieſer großen Selvas find 30 nördl. Breite gegen
Guayana und der Kordillerenfuß gegen die Gebirgswälder anzunehmen. Zwiſchen dieſe
Wälder aber drängen ſich am unteren Amazonas bei Obidos und Santarem, auf der Inſel
Marajd und öſtlich vom mittleren Rio Branco Savannen als Verbindungsglieder zwiſchen
dem Grasland Guayanas und Hochbraſiliens, und auch ſelbſt am Fuß der Kordilleren, z. B.
in Bert, treten regengrüne Savannen aus Zyperazeen und Gramineen auf, die zwar niemals
ganz verdorren, aber doch während der Trockenzeit fahl werden. Auch wird der Wald hier
einerſeits zu einem Buſchwald von dm Höhe herabgedrückt, anderſeits löſt er ſich in Savannen—
gehölze auf oder geht in die Form des Matorral über, einer halb offenen Vegetationsforma—
tion an den Flußufern. Endlich kommen zwiſchen dem Uaupes und dem Guaviare lichte
Buſchſteppen (Tafel 5, Abbildung 4) mit Chaparros (vgl. S. 125), ähnlich den Campos von
Matto Groſſo, vor. So ganz alleinherrſchend ſind die großen Wälder alſo doch nicht.
Als Charakterpflanzen Amazoniens ſind namentlich die Palmen anzuſehen.
Sie treten hier in ſo großer Fülle auf wie ſonſt nirgendwo in Südamerika und bilden ohne
Zweifel den ſchönſten Schmuck des Waldes, vielfach, wie im Igapöwald, dem Überſchwem—
mungsland der Ströme, faſt den einzigen; hier ragen die Palmen weithin über den Wald
empor, während ſie im eigentlichen Hochwalde der terra firme, im Eté- oder Guazuwalde,
doch unter den dunkelgrünen Laubmaſſen der hochſtämmigen Lorbeer- und Ficus-Arten ver-
ſchwinden. Die einzelnen Palmenarten haben ihre beſonderen Gebiete: in der Umgebung
von Para waltet die Aſſahypalme (Euterpe oleracea) vor, am Japurä und Sea iſt die Paxiuba
(Iriartea exhoryza) am häufigſten, am oberen Amazonas herrſcht die Iriartea ventricosa,
am Rio Negro die Piaſſabapalme, und am Purus und Jurud ſowie am unteren Amazonas
liefert die Tucumäpalme (Astrocaryum tucuma) feine Faſern. Die Bactris erreicht nur eine
Höhe von 4—5 m, und die Orumbambapalme (Desmoncus) erklimmt als Kletterpalme be-
nachbarte Stämme. Die in Guayana häufigen Mauritia flexuosa und M. vinifera kommen
im Waldgebiet des Amazonas ſeltener vor, bilden jedoch am Japurä Wälder und bewohnen
die freien Savannen des öſtlichen Teiles der Inſel Marajb. Außer Astrocaryum tucuma
mit S—10 m Höhe iſt nach J. Huber auch die kaum 5m hohe Mumbacapalme (Astrocaryum
mumbaca) für das untere Amazonasgebiet ſehr bezeichnend. Ferner kommt die Steinnuf-
palme (Phytelephas microcarpa), Jarina, namentlich in der Nähe der Kordillere, am Ucayali,
aber auch am Jurud und Purus ſowie entlang dem Amazonas bis Fonteboa vor. Sehr be—
zeichnend für das Gebiet am Unterlauf iſt ferner die Ubuſſu- oder Buſſupalme (Manicaria
saccifera), während die Javarypalme (Astrocaryum jauari) in ganz Amazonien verbreitet
iſt und z. B. am Rio Capim in Parä zu ſo dichten Beſtänden zuſammentritt, daß man von
Javarizaes redet. Weitere häufige Gattungen ſind Attalea, Leopoldina, Orbignya, Geonoma.
Charakteriſtiſche andere Bäume ſind die mächtige, bis 60 m hohe Myrtazee Berthol-
letia excelsa, deren kopfgroße Früchte die Paränüſſe enthalten, die unten zu erwähnende
Kautſchuk liefernde Euphorbiazee Hevea brasiliensis und andere Hevea-Arten, 20 m hohe,
langäſtige, mit grauer Rinde bekleidete Bäume, ferner der Kakaobaum (Theobroma cacao),
die Humiriazee Saccoglottis uchi, der Uchy des unteren Amazonas, die Leguminoſe Andira
retusa, der Uchyrana, ſowie ihre Verwandte, Andira inermis, die Morcegueira der Inſel Ma—
rajb. Beide werden auch in den Straßen als gute Schattenbäume angepflanzt. Mimoſen,
Lorbeer⸗ und Ficus⸗Arten ſpielen bei der Zuſammenſetzung des Waldes eine große Rolle,
142 Das ungefaltete Land des Oſtens.
und zwiſchen ihnen ſtehen Bambuſen, Muſazeen und Palmen, deren Laubkronen durch die
Blüten der Lianen, Malpighiazeen und Bignoniazeen geſchmückt, deren Stämme von zahl-
reichen Epiphyten bedeckt ſind.
Floriſtiſche Unterabteilungen zu bilden, iſt bisher nicht gelungen. Solche laſſen
ſich nur gewinnen, wenn man die Wälder der terra firme mit denen des Überſchwemmungs—
gebietes vergleicht, oder indem man die Vegetation der Weißwaſſerflüſſe in Gegenſatz bringt
zu der der Schwarzwaſſerflüſſe. Der bedeutendſte Gegenſatz im Waldgebiet Amazoniens
beſteht zwiſchen dem überſchwemmten Uferwalde, Caa-Igapô, gewöhnlich Igapo ge-
nannt, und dem höheren, außerhalb des Bereiches der Gewäſſer liegenden Caa-Eté oder
Guazüwalde. Aus dem Überſchwemmungsgebiet bleibt eine ganze Reihe von Pflanzen,
beſonders die Lianen, ausgeſchloſſen, die auf dem höheren Ufer fortkommen und dem dortigen
Wald ein anderes Ausſehen geben. Außerdem iſt der Etéwald viel hochwüchſiger, jo daß er
den Eindruck hoher Hallen macht, unter denen die Palmen verſchwinden, während im Igapö—
wald umgekehrt zahlreiche Palmenkronen über dem niedrigeren Laubwalde aufragen (ſ. die
beigeheftete farbige Tafel „Urwald am unteren Amazonas“). Bezeichnend für den Igapo—
wald iſt ferner das lebhaft wechſelnde Grün, während im Etéwald das düſtere Grün der
Lorbeergewächſe herrſcht. Scitamineen und Muſazeen mit dichten, breiten Blättern, die
Javarypalme und 4 m hohe Aroideen begleiten und ſperren wie ein dichtes Gehege die
Waldſäume. Die Prinzeſſin Thereſe von Bayern bemerkte auch einen Unterſchied zwiſchen
der Vegetation an den Weißwaſſerflüſſen und der an den Schwarzwaſſerflüſſen.
Die Wälder am Rio Negro erſchienen ihr arm gegenüber denen des Amazonas. Die mäch—
tigen Waldrieſen, wie Ceiba samauma und Bombax munguba, treten ebenfalls zurück, „nur
Holzgewächſe mittleren und niederen Wuchſes bilden die Beſtände, und im Fluſſe ſelbſt
treiben keine entwurzelten Bäume“.
Eine Lichtung des Waldes und der Übergang zu den Savannen vollziehen ſich nur an
den Grenzen des großen Waldgebietes, am auffallendſten am waſſerreichen Amazonas ſelbſt
zwiſchen den Mündungen des Tapajds und Kingu, z. B. bei Santarem. Hier treten die
Campos unvermittelt an den Fluß heran, mit ihren niedrigen, gewundenen, kandelaber—
artigen Stämmchen mit „weicher, dicker, riſſiger Rinde, ſteifen, rauhen Blättern, dichten
Hecken ſtacheliger Bromelien, kleinen, kugeligen Kakteen, Zwergpalmen und dürren
Gräſern“. (Ehrenreich.) Ihr kurzes Gras verdorrt bei dem Vorrücken der trockenen Zeit,
im Auguſt und September, aber die aus halbhohen Waldbäumen und Palmen beſtehen—
den Waldinſeln, Capdes oder Capoeiras, behalten ihr Laub. Dadurch unterſcheiden ſie
ſich von den Caatingawäldern Braſiliens und nähern ſich den Savannenwäldern Guayanas,
zu denen ſie auch die nächſten räumlichen Beziehungen haben. J. Huber, der die Savan—
nen Amazoniens genau unterſucht hat, bemerkte auf ihnen Niederungen, in denen ſich
während der Überſchwemmungszeit das Waſſer hält, wie im Lago Grande de Monte Alegre
(Tafel 4, Abbildung 4) und im Lago d' Arary der Inſel Marajöb. Aus dem Umſtande, daß
die fluvio-litorale Flora der Campos mit der Ufervegetation am Amazonas übereinſtimmt,
ſchloß J. Huber, daß die Savannen verlaſſene Flußſtrecken, die Capdes auf ihnen frühere
Flußinſeln darſtellen.
Bei weitem das wichtigſte Produkt des Waldes iſt der Kautſchuk. Der eigentliche
Kautſchukbaum, Seringa, Amazoniens iſt die Euphorbiazee Hevea brasiliensis oder Siphonia
elastica. Außerdem geben der Balatäbaum (Mimusops balata), die Castilloa elastica, die
Urwald am unteren Amazonas.
Nach der Natur, von A. Goering.
Amazonien: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 143
Hancornia speciosa und Sapium⸗Arten Gummi. Der Kautſchukbaum gehört zu den hoch—
ſtämmigen Mitgliedern des Caa-Eté, hat hellgrünes, leicht aufgebautes Laub und entläßt bei
Verletzungen der Rinde aus ſeinem ſchlanken, hellen Stamm einen milchweißen Saft, der
zu Kautſchuk gerinnt. Dieſer Name ſtammt nach Coudreau von den Cambebesindianern,
die den Saft Cauuchü nannten, während die Braſilier ihn und den Baum Seringa, die mit
der Saftſammlung beſchäftigten Leute Seringueiros nennen. Dieſe, jetzt meiſt Cearenſer,
doch auch Indianer, erbauen zwiſchen bedeutenden Seringabeſtänden teils gewöhnliche
Hütten, teils aber ein großes Geſchäftshaus, den ſogenannten Barracäo; ſolche für die Be—
ſiedelung wichtig gewordene Anſiedelungen heißen Seringal. Von ihnen aus gehen die
Kautſchukſammler in den benachbarten Wald, ſchneiden in die Rinde der Hevea Rinnen
und hängen Tongefäße unter dieſe. Den ſo gewonnenen Milchſaft ſchüttet der Seringueiro
in ein über dem Feuer ſtehendes Metallgefäß und dreht nach dem Erwärmen eine mit
dem erkalteten Kautſchuk des vorigen Tages überklebte Holzſchaufel darin um. Getrocknete
Früchte der Inaja oder der Urucurypalme (Attalea excelsa) dienen zur Heizung eines
flaſchen⸗ oder bienenkorbähnlichen Gerätes. In den dieſem entſtrömenden Rauch wird die
mit friſchem Milchſaft überlaufene Schaufel gehalten und in ihm gewendet bis zur Ver-
dickung der Flüſſigkeit; ſpäter ſchneidet man die 2 bis 5 kg ſchwere, dunkel gewordene
Kautſchukmaſſe vom Holz herab.
Nach dem Kautſchuk iſt der Kakao das wichtigſte Produkt. Seine Kultur beſchränkt ſich
aber auf die Strominſeln und die Ufer des Amazonas und erfordert vor allem Wärme und
Feuchtigkeit. Der Kakaobau gibt in Amazonien zwei Ernten, eine im Januar und Februar,
die andere im Juni und Juli; ſeine Kultur iſt daher einträglich. Von weiteren Nutzpflanzen
ſind zu erwähnen die Ipekakuanha (Cephaslis ipecacuanha), die Vanille (Vanilla aromatica),
deren Wert jedoch dem der mexikaniſchen nachſteht, die den Kopaivabalſam gebende Copaifera
guayanensis und die Cumaru genannte Tonkabohne des Sarräpiabaumes (Dipteryx odo-
rata), ferner die den roten Farbſtoff Ruku liefernde Bixa orellana, ein mächtiger Buſch,
der über und über mit weißen Blüten bedeckt iſt, und die Sarſaparille (Smilax papyra-
cea), ein Strauch. Die Koka (Erythroxylon coca) kommt von Teffé an aufwärts unter
dem Namen Mpodu vor, und der Caſtanheiro (Bertholletia excelsa) läßt aus der Höhe von
mehr als 30 m feine mächtigen Früchte zu Boden fallen, deren Samen als Paränüſſe in den
Handel kommen. Die Indianer bauen, je nach ihrer Kulturſtufe, Maniok, Mais, Reis,
Bananen, Papaya, Baumwolle, Tabak, Bataten, Seſam, Ignamen (Yams), Ananas und
Zuckerrohr in Pflanzungen an, die, wenn ſie verlaſſen ſind, als Taperas im Landſchaftsbilde
durch ihre beſondere Vegetation auffallen. Die Zahl der wertvollen Holzarten iſt ſehr
groß. Sie zeichnen ſich, beſonders das Jakarandaholz der Bignoniazee Machaerium firmum,
durch Dichte, Schwere und Feſtigkeit aus, werden aber kaum ausgeführt.
Die Tierwelt Amazoniens hat nähere Beziehungen zu Guayana als zu dem übrigen
Braſilien, teils wegen der Übereinſtimmung der beiden erſteren in Klima und Waldbedeckung,
teils wegen der größeren Trockenheit und Waldarmut Zentralbraſiliens. Wie Amazonien
den Kern des tropiſchen Südamerika überhaupt bildet und das große Waldgebiet des Kon—
tinents ausmacht, ſo iſt es auch der Tummelplatz der echt tropiſchen Fauna, die gerade hier
einen ungeheueren Artenreichtum entfaltet, gegen den die Zahl der Individuen gering zu
nennen iſt. Wenn man allein in der Umgebung Paräs 700 Arten von Schmetterlingen ſam—
meln kann und im Stromgebiet des Amazonas 1800 — 2000 Arten von Fiſchen und über
144 Das ungefaltete Land des Oſtens.
600 Arten Vögel kennt, ſo ſind das Zahlen, die den Artenreichtum Amazoniens gut ver—
anſchaulichen und diejenigen anderer Länder weit überragen. Namentlich Vögel und Inſekten
ſind in Amazonien überreich vertreten. In elf Jahren ſammelte Bates allein 14712 Arten
Käfer, von denen nicht weniger als 8000 neu waren. Dennoch wird von den Reiſenden ziem-
lich allgemein hervorgehoben, der Wald Amazoniens ſei tot; für gewiſſe Gegenden und für
eine gewiſſe Jahreszeit mag das auch gelten, im allgemeinen ſpielt ſich aber wohl das Tier—
leben nur vielfach in den Tiefen des großen Waldgebietes ab und liegt nicht ſo offen da wie
in lichteren Ländern. Beſonders während der großen Überſchwemmungen zieht ſich die Tier-
welt in die inneren Teile der Urwälder zurück. Die großen Säugetiere wandern, ſelbſt wenn
ſie des Schwimmens kundig ſind, aus Mangel an Nahrung, aber auch die Fiſche und Schild—
kröten vertauſchen die Sümpfe mit den Binnengewäſſern und Lachen, und ſelbſt die Sumpf—
vögel weichen in die Gegenden mit trockenerem Boden zurück. So bleiben um dieſe Zeit
nur die Waldvögel als Bewohner der Stromufer übrig. Daher find die Flüſſe zur Ein-
teilung der amazoniſchen Tierwelt geeignet; der Amazonas ſelbſt bildet eine tiergeographiſche
Grenzlinie und in kleinerem Maße auch der Madeira und der Rio Negro, ſo daß vier Unter—
abteilungen, der Nordweſten, der Nordoſten, der Südoſten und der Südweſten, entſtehen.
Naturgemäß ſind die Tiere Amazoniens meiſt Waldtiere oder Waſſertiere. Zu den
Waldtieren gehören vor allem die mit Greifſchwanz verſehenen Kletteraffen. Von der Gat-
tung Cebus ziehen zahlreiche, zu etwa fünf Arten gehörende Exemplare durch das Dickicht
der Wälder; ſie werden ſelten gezähmt, ſondern dienen den Indianern nur als Nahrung.
Dagegen ſind die Spinnen- oder Klammeraffen, wie der Goldſtirnaffe (Ateles Bartlettii)
vom Ucayali ſowie auch die Wollaffengattung Lagothrix häufige Hausgenoſſen der Menſchen,
namentlich ihres heiteren Weſens wegen, das den Satansaffen (Pithecia satanas) dagegen
abgeht. Die Nachtaffen, Carat oder Cucienei (Nyctopithecus felinus und N. vociferans),
halten ſich den Tag über ruhig und gehen nachts auf Raub aus. Am unteren Amazonas, auch
bei Bard, ſind die Totenkopfäffchen (Chrysothrix sciurea) und die Löwenäffchen (Hapale
ursula) ſehr häufig. Weitere Baumtiere ſind der Wickelbär (Cercoleptes caudivolvulus), das
Faultier, das Eichhörnchen; daneben kommt der Waſchbär (Procyon canerivorus) am unteren
Amazonas vor. Von Raubtieren iſt der Jaguar (Felis onga) häufig, die kleineren Katzen
Felis macrura, Felis pardalis, Felis yaguarundi, Felis Eyra, Luchſe, Marder, der Puma
(Felis concolor) ſind ſeltener. Ferner ſind die Beutelratte Didelphys cancrivora, der Tapir
und das Pecari Waldtiere.
Unter den Waſſertieren iſt am bekannteſten das Waſſerſchwein, Capybara (Hydro—
choerus Capybara), eine beſonders beliebte Beute des Jaguars. Im übrigen leben von
Säugetieren in den Waſſern Delphine und Lamantine und dringen bis an den Fuß der
Kordillere vor. Der Delphin oder Boto (Inia Geoffroyi oder Delphinus amazonicus) hat
ſich offenbar langſam an das Süßwaſſer gewöhnt; der Lamantin (Manatus americanus
und M. inunguis), ein Tier von 4—6 m Länge, wegen ſeines dem der Rinder angeblich ähn—
lichen Geſichtes Ochſenfiſch oder Seekuh genannt, lebt vom Graſe der Ufer und ſteigt zur
Hochwaſſerzeit flußaufwärts. Beſonders häufig iſt der Kaiman, aber nur in ruhigem
Waſſer; er wird 5m lang. Die Schildkröte Podocnemis expansa kommt in ungeheueren
Mengen vor, iſt aber auch bereits ſeltener geworden, da ihre Eier zur Olgewinnung in
ſolcher Menge geſammelt werden, daß die Regierung Braſiliens ein Verbot der Herſtellung
des Schildkrötenöles erlaſſen mußte. Wie groß die Zahl der Schildkröten geweſen ſein muß,
Amazonien: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. Die Bevölkerung. 145
geht daraus hervor, daß man die Zahl der jährlich geſammelten Eier auf 250 Millionen
ſchätzte. Der Pirarueu (Arapaima oder Sudis gigas), der gewöhnlichſte Fiſch Amazoniens,
urſprünglich wohl ein Bewohner des Meeres, iſt die eigentliche Nahrung der Indianer, wird
zu vielen Tauſenden harpuniert oder mit Pfeilſchüſſen gefangen, namentlich während der
Vaſante (vgl. S. 130), und dann getrocknet. Der größte Fiſch iſt der Piraiba (Piratinga
pirä-aiba), der bis zu 2 m lang wird. Sehr häufig iſt auch der in Guayana Caribe, in Bra⸗
ſilien Piranha genannte, überaus gefräßige, bereits Seite 77 erwähnte Fiſch. Auch der merk—
würdige Lurchfiſch Lepidosiren paradoxa kommt vor.
Unter den Schlangen iſt am bekannteſten die Rieſenſchlange (Boa constrictor). Sel-
tener und von geringerer Gefährlichkeit für den
Menſchen, als meiſt angenommen wird, iſt die Ana⸗
konda, Sucuriju oder Yacumama, die Schlangen-
mutter (Eunectes murinus), eine Waſſerſchlange
von 7 m Länge. Dagegen ſind mehrere Lachesis-
Arten, darunter der 2 m lange Flamon, giftig, be—
ſonders aber eine nur / m lange graue Viper, die
glücklicherweiſe ſelten iſt.
Auch die reiche Vogelwelt Amazoniens
macht ſich nicht überall ſehr bemerkbar, ſondern nur
an den Waſſerläufen und in der Nähe fruchttragen—
der Bäume. Die Kolibris find ziemlich ſchwach ver-
treten, um ſo ſtärker die Papageien und Tauben.
Die Indianer zähmen Agamis (Psophia crepitans
und P. leucoptera) und Ibiſſe; als Unglücksvogel
gilt der Habicht, Caracaraà (Polyborus vulgaris),
während der Geier, Cava (Astur cachinnans), die
Giftſchlangen verſcheuchen ſoll. Sehr zahlreich ſind
die Waſſervögel, Reiher, Ibiſſe, Kraniche, Schnep— . SEES 21 AR
fen, Störche, auch Gänſe, Enten und Möwen, wäh— Lesser u 90 5 0 ne ne
rend Papageien, Finken, Kuckucke, Fliegenfänger und
Neuntöter, Spechte und Tufane den Wald bewohnen. In ſeinen Werken „Aves do Brazil“
und „Album de Aves Amazonicas“ hat der verdiente frühere Leiter des Muſeu Goeldi
in Parä, E. A. Goeldi, eine ausgezeichnete Darſtellung der Vögel Amazoniens gegeben.
4. Die Bevölkerung.
Die Indianer. Amazoniens urſprüngliche Einwohner waren Indianer, und auch
heute iſt es noch der Hauptſitz der tropiſchen ſüdamerikaniſchen Indianer. Allerdings ſcheinen
die hauptſächlichen Indianerſtämme des heutigen Amazonien nicht deſſen Ureinwohner
geweſen zu ſein, ſondern dieſe ſind von den drei großen Gruppen der Tupi, der Aruak und
der Karaiben, die nacheinander von Hochbraſilien in das Amazonastiefland hinabſtiegen,
verdrängt worden und gegenwärtig nur noch in Reſten vorhanden. Es ſind ſprachlich iſo—
lierte Stämme auf ſehr niedriger Kulturſtufe, meiſt rohe Horden ohne Kenntnis des Acker—
baues, beſſeren Hausbaues, jeder Kunſtfertigkeit, oft auch ohne den Beſitz des Kanus und
der Hängematte. Koch-Grünberg rechnet zu ihnen die Makü am Unter- und Mittellauf
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 10
146 Das ungefaltete Land des Oſtens.
des Rio Negro; auch ſcheinen die Mura am unteren Madeira und Purus dieſer urſprüng—
lichen Bevölkerungsſchicht anzugehören.
Höher ſteht eine Reihe von Stämmen, die ſich zwar nicht unter die Tupi, Aruak und
Karaiben einreihen laſſen, aber doch bereits eine gewiſſe Kultur aufweiſen. Man faßt ſie in
beſtimmte Gruppen zuſammen, deren Grenzen und Unterabteilungen aber zum Teil noch
nicht feſtſtehen. Zu ihnen gehört die Betoyagruppe. Nach den Forſchungen von Koch—
Grünberg und Rivet erſtreckt ſich dieſe Gruppe vom oberen Meta und Apure ſüdweſtlich
über den Uaupés, Japurä und Sea bis zum Napo. Die eigentlichen Betoya und die Tama
am oberen Meta ſind ausgeſtorben. Heute ſitzen die Betoyaſtämme hauptſächlich am Uaupes,
wo ihnen beſonders die Tukäno (ſ. die Abbildung auf S. 145), Deſana, Uanäna und Kobeua
angehören; die letzteren zeichnen ſich durch Maskentänze aus. Überhaupt haben die Stämme
am Uaupeés, wohl unter dem Einfluſſe der Aruak, vielleicht ſogar der alten peruaniſchen
Sierravölker, einen gewiſſen Kulturbeſitz in Geſtalt von großen hölzernen Signaltrommeln,
Flecht- und Federarbeiten und keramiſchen Erzeugniſſen; auch weben ſie Faſerhängematten,
verwenden das Pfeilgift Curare und kauen, wie die Kulturvölker der Sierra, Coca. Zwiſchen
dem Uaupés und dem Japurä ſitzen außer kleinen Betoyahorden die Yupua, Yahuna und
Kueretü, am oberen Japurä, Igä und Napo die Tama, Koreguaje und die bereits halbzivili—
ſierten chriſtlichen Makaguaje und Pioje. Zwiſchen Japurä und Ira wohnt die ehemals volk—
reiche, in den letzten Jahren durch die Kautſchukſammler arg verringerte Uitotogruppe.
Eine iſolierte Stellung nehmen die Miranya am Cauiuarhy ein. Sie gelten für ein
kriegeriſches Volk, ſind nur Jäger, keine Fiſcher und haben wenig Ackerbau. Sie haben den
Portugieſen zahlreiche Sklaven geliefert, ſich aber noch ziemlich rein erhalten. Zu Martius!
Zeit hatte der Stamm noch 6000 Seelen, war kräftig, wohlgebaut, dunkelgefärbt, der mäch—
tigſte Stamm am Japurä. Ihre Weiber gingen ganz nackt, ihre Hütten waren für mehrere
Familien eingerichtet, viereckig, mit Giebeldach verſehen. Sie pflanzten Yuca zur Mehl—
und Kuchenbereitung, Baumwolle zur Gewinnung von Stoffen, betrieben Flechtarbeit und
färbten die ſelbſtgeſponnenen Gewebe mit Pflanzenſäften. Damals waren die Miranya
Anthropophagen und ſollen es gelegentlich auch jetzt noch ſein.
Die Panogruppe hat ihren Hauptſitz am Ucayali. Sie umfaßt die bis auf geringe
Reſte untergegangenen Pano im Süden der Napomündung, die Mayoruna am Javary, die
Konibo, Kaſchibo und die Schipibo (ſ. die Abbildung auf S. 147) am Ucayali, die Kaſchinana
am oberen Juruä, die Karipuna am mittleren Madeira und kleinere Stämme. Am längſten
bekannt ſind die Mayoruna. Sie ſind groß, ſtark, hellfarbig, haben keine Kleidung, ſondern
bemalen nur den Körper und das Geſicht, tragen Holzſtücke in der Lippe und ſehr langes
Haar. Sie find Jäger und Fiſcher, ſchweifen in den Wäldern zwiſchen dem Javary und
dem Ucayali und haben keine feſten Anſiedelungen; doch gibt es ein Dorf halb angeſiedelter
Mayoruna, Cochaquinas. Weiter rechnet man die Setibo ſowie die ſich auffallenderweiſe
nicht bemalenden, ſondern tätowierenden Remo zu den Panoſtämmen. Es ſcheint, daß
dieſe Gruppe von Völkerſchaften in den erſten Jahrhunderten nach der Entdeckung auf einer
höheren Kulturſtufe ſtand als jetzt, namentlich die Pano ſelbſt.
Weitere Gruppen bilden die Tikuna, die ſchöngebauten Yagua oder Yahua am
Javary und Solimdes und die Péhua am Marafion. Alle dieſe Stämme gehen faſt nackt,
bemalen Geſicht und Körper, tragen Federſchmuck und führen als Waffen Bogen und Pfeile,
die häufig mit Curare vergiftet werden, ſowie das Blasrohr.
Amazonien: Die Bevölkerung. 147
Zwiſchen dem Napo und der Kordillere leben die Gruppen der Jivaro und Zaparo.
Die beſonders durch die Forſchungen von Rivet bekannt gewordenen Jivaro, einer der
intereſſanteſten Stämme, ſind ſtattlich, kräftig, arbeitſam, freiheitsliebend und ſehr kriegeriſch
und leben teils von Jagd und Fiſchfang, teils aber auch von Schweinezucht und Ackerbau.
Sie bewohnen große Hütten, leben in Polygamie, kennen die Trommelſprache, üben das
Männerkindbett und haben beſtändige Fehden untereinander. Beſonders bekannt geworden
iſt ihre Sitte, die Köpfe erſchlagener Feinde zuſammenſchrumpfen zu laſſen und ſo zu kon—
ſervieren, ohne deren Geſichtszüge viel zu verändern. Sie zerfallen in eine große Anzahl
von Unterabteilungen. Man darf ſie auf 20000 Seelen ſchätzen, ſie bilden alſo einen der
größten Stämme. Im äußerſten Sü⸗
den ſitzen die Gruppen der Takäna
am Beni und Madre de Dios, der
Yurafare und der Chiquitos zwi—
ſchen dem Mamoré und dem oberen
Paraguay.
Die Aruakſtämme. Die dem
großen Volke der Aruak angehören-
den amazoniſchen Stämme ſind ſehr
zahlreich, aber noch wenig bekannt.
Am mittleren Haupe3 trifft man die
Tariäna. Die Manau und die Kara⸗
hyaby zwiſchen dem Rio Negro und
dem Rio Branco ſowie die Aruan auf
der Inſel Marajd im Amazonastrich-
ter ſind jetzt ausgeſtorben. Dagegen
leben noch zahlreiche Stämme am
mittleren Amazonas, wie die Maraua,
die Jumana und die Kauiſchana, am
Putumayo die Uainuma und Pajje,
am Surud die Katauiſchi und Katu⸗ a 90. e i im
kina. Den Purus beſiedeln von der
Mündung an aufwärts die Paumari, Yuberi, Pamana, Yamamadi, zwiſchen dem Purus
und dem Aere trifft man eine Reihe von Stämmen, die als Ipurina zuſammengefaßt werden,
zwiſchen Purus und Ucayali und an dieſem die Piro (j. die Abbildung auf S. 148).
Nur von wenigen dieſer letzteren Stämme iſt die Lebensweiſe genauer bekannt,
denn ſie ſind ſelten beſucht worden. Kleidung und Schmuck ſind ſehr ſpärlich, ſo daß der
ſchöne Körperbau zu voller Geltung kommt. Der Ackerbau tritt ganz zurück gegenüber der
Jagd und der Fiſcherei; die Amazonasindianer durchſtreifen die unendlichen Wälder nach
Beute und befahren das ungeheure Flußnetz mit ihren Einbäumen und Rindenkanus. Die
Wohnungen beſchränken ſich daher auf primitive, oft tief im Wald verſteckte Hütten. Meiſt
werden die im ſüdlichen Amazonien Malocas genannten Siedelungen (Tafel 5, Abbildung 2)
wegen der Überſchwemmungen in einiger Entfernung von den Flüſſen angelegt, hier und
da aber liegen ſie auch als Pfahlbauten in Lagunen. Viele Stämme gehen durch Auf⸗
ſaugung und Ausſterben raſch zugrunde, namentlich wo ſie mit der Kultur und beſonders
10*
148 Das ungefaltete Land des Oſtens.
dem Kautſchukhandel in Berührung kommen, andere ſind noch widerſtandsfähig, wie die
kriegeriſchen Ipurina am Purus.
Hier können auch die Mojo und Baure zwiſchen Mamoré und Guapors angeſchloſſen
werden, obwohl ſie von den Hauptſitzen der Aruakſtämme abgeſondert ſind. Die Mojo
bilden den wichtigſten Beſtandteil der Urbewohner in den Llanos des Mamoré und Guapore,
ſtehen ſchon ſeit langer Zeit unter dem Einfluß der Miſſion und haben ſich allmählich zu nüß-
lichen Gliedern der primitiven Geſellſchaft jener weltabgeſchloſſenen Gegenden entwickelt;
ſie dienen nämlich als Schiffer
auf dem Madeira und kamen
früher in dieſer Eigenſchaft bis
nach Manaos hinab. Sie haben
auch einigen Ackerbau und Indu⸗
ſtrie, beſonders Weberei, Flech—
terei und Holzſchnitzerei. Zur
Zeit der Entdeckung müſſen ſie
nach Nordenſkjölds Forſchungen
eine weit höhere Kultur gehabt
haben. Heute ſind ſie an Zahl
ſehr zurückgegangen und zum
Teil durch den Einfluß der Kaut⸗
ſchukſammler verkommen.
Die Karaiben und Tupi.
Zu den Karaiben gehören die
Umäua oder Karijona am oberen
Japurä, die Yuma am mittleren
Amazonas und unteren Madeira,
die Woyawai am oberen Trom⸗
betas, die heute erloſchenen Bo-
nari am Yamunda, die Apalai
und Apoto am Paru. Die erſt⸗
N ZU z genannten ſind ihrer Sprache
e ann 5 DI im Bejige von nach ſo nahe mit den Karaiben
Guayanas verwandt, daß man
ſie für einen abgedrängten Beſtandteil der letzteren halten darf. Die Woyawai ſind ein
kräftiger, betriebſamer Stamm von auffallend heller Hautfarbe. Die Arära, deren Züge
zwiſchen dem unteren Xingu und dem Madeira verlaufen, ſind mit den Apiakä des unteren
Araguaya identiſch, vielleicht auch mit den Yuma.
Als Tupi werden jetzt die Kokama und Omagua am oberen Amazonas angeſprochen,
die aber nicht mehr rein erhalten ſind. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts zwangen ſie die
Feldhauptleute der Welſer, die, wie 1545 Philipp von Hutten, durch ihren Reichtum be-
ſonders angezogen wurden, durch ihre Tapferkeit zum Rückzug. Sie bewohnten damals den
Napo, Ica und Japurä und werden auch von Orellana als kriegeriſch und gelehrig geſchildert.
Heute ſind ſie katholiſch, tragen Strohhut, Hemd und Hoſe und lieben den Alkohol, ſo daß
kaum noch einige hundert Familien vorhanden ſind. Ferner gehören zu der Tupigruppe
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Amazonien: Die Bevölkerung. 149
die Mauhé am unteren Tapajd3 und die nomadiſchen und anthropophagen Parentintin,
öſtlich des mittleren Madeira. Sie fallen beſonders durch die in Lippen und Ohren ein-
geklemmten Holzſtücke auf, welche die Ohrlappen tief herabziehen, und leben in beſtändiger
Fehde mit den Munduruku des Tapajös. In den Wäldern am Chimoré und Chapare in
Bolivia ſitzen die ſehr zuſammengeſchmolzenen, wenig bekannten, rohen Siriono. Endlich
gehören zu den Tupi die im Waldgebirge des oberen Madre de Dios und Beni, aber auch
zwiſchen dem Guaporé und Itonamas lebenden Guarayo. Sie haben ungemein helle
Farbe, ſcheinen ſeit der Entdeckung ihre Wohnſitze nicht gewechſelt zu haben und wollen aus
Südoſten eingewandert ſein. Groß, kräftig und ſchlank, mit ſtarken Bärten, machen ſie einen
ſehr männlichen Eindruck, und es werden ihnen mancherlei gute Eigenſchaften nachgerühmt.
Sie bauen achteckige Hütten und bis 10 m lange Kähne, haben jedoch gar keine Kleidung,
ſondern bemalen den Körper ſchwarz und rot.
Im bolivianiſchen und peruaniſchen Amazonien läßt ſich die Bevölkerung in drei
Schichten trennen, die wilden Indianer, Indios bravos, in den Wäldern, die vielfach ſeßhaften
chriſtlichen Indianer, Indios mansos, und die Miſchlinge aus Spaniern, Indianern und
fremden Völkerſchaften. Die im Walde ſchweifenden Nomaden treiben Tauſchhandel, die
ſeßhaften vermitteln den Handel zwiſchen ihnen und der herrſchenden Klaſſe, den Miſch—
lingen; die beiden erſteren werden aber von den letzten kunſtgerecht ausgebeutet und ge—
plündert, gerade wie in früheren Zeiten die Corregidores der Indianer deren hauptſächliche
Auspreſſer waren. Meiſt leben alle dieſe verſchiedenartigen Elemente in Einzelhütten oder
in Gruppen von Hütten, geſchloſſene Ortſchaften kommen nur am Marafion jelbft vor. Ahn⸗
lich liegen die Dinge bis nach Mangos hinab, und noch ſchlechter iſt das weiße Element im
ecuatorianiſchen und colombianiſchen Teile Amazoniens vertreten. Nur in Bolivia finden
ſich im Inneren der Llanos de Mojos noch größere Anſiedelungen mit einiger weißer Be—
völkerung, die aus den Jeſuitenmiſſionen hervorgegangenen Dorfſchaften.
Homogene Indianerbevölkerung. Der allgemeine Vorgang der Ausgleichung
der Stammesunterſchiede hat eine homogene Indianerbevölkerung ausgebildet, vornehmlich
am Amazonas abwärts von der Madeiramündung. Sie iſt unter dem Namen Tapuyo
oder Tapuya bekannt und wird durch die lingua geral, die in den Miſſionen gelehrte alte
Tupiſprache mit portugieſiſcher Beimiſchung und Anpaſſung an die Bedürfniſſe der Kirche,
zuſammengehalten. Indem ſich nun die Tapuyo mehr und mehr mit den übrigen Raſſen,
Schwarzen und Weißen vermiſchen, bereitet ſich die Entſtehung einer einheitlichen Miſch—
bevölkerung für das Amazonastal abwärts von Manaos vor, und die Tapuyaſprache beginnt
der portugieſiſchen zu weichen. Dieſe Miſchbevölkerung wird Caboclos genannt, was eigent—
lich nur für die Miſchlinge von Indianern und Negern gilt, während die zwiſchen Indianern
und Weißen Mamelucos heißen. Langſam verſchwinden auch die urſprünglichen Beſchäfti—
gungen der Indianer, Fiſcherei und Schiffahrt, und machen dem jetzt ganz Amazonien über—
ſchwemmenden Kautſchukhandel ſowie in geringerem Maße dem Ackerbau und der Viehzucht
Platz. Ihren zurückhaltenden, ſchweigſamen Charakter haben die Tapuyo dabei jedoch be—
halten, und ſo fühlen ſie ſich wohler auf dem Lande, in Pflanzungen, Fazendas oder Einzel—
hütten an den Strömen, als in dem geräuſchvollen Leben der Städte.
Zahl. Die indianiſche Bevölkerung Amazoniens hat ohne Zweifel an Zahl bedeutend
abgenommen. Wenn auch die Berichte über viele Tauſende von Kriegern einzelner Völker—
ſchaften meiſt ſtark übertrieben geweſen ſein werden, ſo ließ ſich doch auch im 19. Jahrhundert
150 Das ungefaltete Land des Oſtens.
der Verfall und das Verſchwinden ganzer Stämme nachweiſen. Die Urſachen dieſer Zer-
ſtörung ſind dieſelben, denen auch anderswo die Naturvölker unterliegen; ein dichtbevölkertes
Gebiet, wie etwa Peru, iſt Amazonien aber wohl niemals geweſen. Genaue Zahlen für die
gegenwärtige indianiſche Bevölkerung Amazoniens liegen nicht vor. Neuere Schätzungen
ergeben für Bolivia überhaupt 100000, demnach für Bolivianiſch-Amazonien vielleicht 80000,
für Braſilien 200000, alſo für Braſiliſch-Amazonien etwa 100000. Ferner gehören die
100000 unabhängigen peruaniſchen und 50000 ecuatorianiſchen Indianer dem Tiefland
an. Rechnet man noch 50000 für Colombia hinzu, ſo erhält man als wahrſcheinliche Ge—
ſamtſumme für die unabhängige Indianerbevölkerung Amazoniens höchſtens 400000. Wie
hoch die urſprüngliche Bevölkerung geweſen ſei, läßt ſich daraus nicht ſchließen. Nimmt man
das Sechs- bis Siebenfache der jetzigen Bevölkerung für die Zeit um 1500 an, jo ergäbe ſich
für damals eine Bevölkerung von 2,5 bis 3 Millionen Indianern und eine Volksdichte von
kaum 0,4 auf das Quadratkilometer. Doch ſind alle dieſe Schätzungen recht unſicher.
In allen Teilen Amazoniens überragen die Indianer die Nichtindianer an Zahl
noch erheblich; letztere ſind zwar neuerdings durch die Kautſchukſammler aus Cearä und den
benachbarten Staaten erheblich verſtärkt worden, allein dieſe Einwanderer werden das Land
nach Ausbeutung des Kautſchukreichtums größtenteils wieder verlaſſen.
Dunkelfarbige ſitzen in Amazonien in feſten, unabhängigen Anſiedelungen nur am
oberen Trombetas und Cuminä. Das ſind die Mucambeiros in den freien Gemeinweſen,
Mucambos, entlaufene Negerſklaven und deſertierte Soldaten in buntem Gemiſch mit
Indianern, alſo ähnlich wie im Inneren von Europäiſch-Guayana die Boni und andere freie
Negerſtämme. Die Weißen ſind entweder Braſilier oder Europäer, nur verhältnismäßig
wenige Nordamerikaner. Unter den Europäern ſind ganz beſonders viele Franzoſen, ſelbſt
mehr als Portugieſen, wenigſtens im Inneren; in Parä überwiegt das portugieſiſche Element
alle übrigen. Die Weißen leben vornehmlich in den Städten Parä, Manaos und den kleineren
am Ufer des Amazonas, aber in ſehr geringer Zahl am oberen Amazonas; dagegen finden ſich
unter den Beſitzern der Fazendas am unteren Amazonas ſowie auch unter den Kapitänen der
Amazonasdampfer viele Weiße.
5. Die Beſiedelung.
Amazonien iſt politiſch unter fünf Staaten geteilt, nämlich Braſilien, Bolivia, Peru,
Ecuador und Colombia. Da die Grenzen noch ungeregelt find, geben die Karten die Aus-
dehnung der einzelnen Staaten verſchieden an. Nach Größe und Einwohnerzahl ergibt
die politiſche Gliederung etwa das Bild, das die Tabelle auf der folgenden Seite zeigt.
Der colombianiſche Teil Amazoniens iſt wohl der am weiteſten zurückgebliebene.
Lange Zeit vollkommen ohne Bedeutung, hat er Wichtigkeit erſt durch die Kautſchuk—
gewinnung erhalten. Die 3,5 Millionen Mark, welche der Ausfuhrwert für Kautſchuk aus
Colombia 1911 erreichte, ſind wohl aus dem colombianiſchen Anteil an Amazonien ge⸗
wonnen worden. Seit Jahren finden am Sea oder Putumayo Kämpfe zwiſchen den
Colombianern und den Peruanern ſtatt, und die Indianer werden von beiden in der ſchmäh—⸗
lichſten Weiſe ausgebeutet und zu Tauſenden hingemordet. Auch aus dem ecuatoria-
niſchen Teil Amazoniens kommt faſt nur Kautſchuk, 1911 für etwa 4 Millionen Mark.
Auch hier entvölkert der Kautſchukhandel die beſtehenden Ortſchaften und wirkt vernichtend
auf die Indianer. Daher ſind in beiden Gebieten Siedelungen von Bedeutung nicht
Amazonien: Die Bevölkerung. Die Beſiedelung. 151
vorhanden, die alten Miſſionsſtationen ſind eingegangen, und die Malocas der Indianer
nehmen an Zahl und Einwohnerzahl eher ab als zu. Die Hoffnungen, welche man auf gute
Waſſerſtraßen ſetzte, haben ſich nicht erfüllt, die meiſten Flüſſe ſind ungeeignet für größere
Schiffe, und die Goldgewinnung aus den Flüſſen Napo und Aguarico iſt ſehr gering.
Größe und Einwohnerzahl Amazoniens.
Oilometer Einwohner Dichte
Staat Para, etwas über zwei Fünftel. 500000 700 000 1,4
Braſilien Staat Amazonas, mit Ausnahme des Landes zwi— |
ſchen Madeira und Tapajös und des Guayana⸗
lich von d . . . .. 1600 000 450000 0,28
Bebartantento EI Benn 265 000 36 000 0,1
Bolivia Territorio de Colönid. . s. 270000 11.000 0,02
Departamento Santa Cruz zur Hälfte 180 000 200000 1,1
Peru ene =. 3 ans anasern: 300 000 45000 0,5
Teile von Cuzeo und BPunv. . ». ». .. 2... 70000 25000 0,3
( Srielie - - - u un. er 100000 80 000 0,3
Colombia, Kommiſſariate Caquetä, Putumayo und Uaupe . 200 000 60000 0,
3 485 000 1607000 0,6
Dazu unabhängige Indianer:
e ae e 100000
LETTER, 80000
P 100000 |
=. 212.10 et le ee 50000
330 000 330000
Zuſammen rund: 3485 000 2000000 | 0,6
Im peruaniſchen Anteil ſteht es injofern erheblich beſſer, als der Marafion und
ſeine großen Nebenflüſſe Ucayali und Huallaga wichtige Waſſerſtraßen bis an den Fuß der
Kordillere abgeben, ſo daß der Handel einen wertvollen Verkehrsweg nach dem Meere zur
Verfügung hat. Aber die Kautſchukgewinnung hat auch hier zur Entvölkerung geführt, da die
Indianer in ſchändlicher Weiſe ausgebeutet und geradezu ausgerottet werden. Daher
erſchallen in Peru ſelbſt bewegliche Klagen über den Rückgang der Bevölkerung im Departa—
mento Loreto, die wohl ohne die Indianer 1814: 25600, 1853: 38800, 1876: 61000 be—
trug, während ſie heute auf 45000 herabgegangen iſt. Überdies ſoll die Indianerbevöl—
kerung von 40000 bis 200000, wie frühere Schätzungen lauteten, auf höchſtens den zehnten
Teil zuſammengeſchmolzen ſein, weil die Gouverneure nicht bezahlt werden und daher
die Indianer auspreſſen.
Dennoch liegt in Loreto eine der größeren Städte Perus, nämlich Iquitos, das
von den 45000 Einwohnern des Departamento allein 25000 enthält, den Kautſchukhandel
in ſich vereinigt und den Rang des Handelszentrums für das geſamte obere Amazonien
erlangt hat. Im Jahre 1911 hatte die Ausfuhr von Kautſchuk aus Iquitos den Wert von
etwa 10 Mill. Mark. Während Iquitos gewachſen iſt, haben alle anderen Orte in Loreto an
Einwohnern verloren. Nauta, 1830 an Stelle einer alten Miſſion gegründet, iſt ſeit 1862
wegen Veränderungen im Flußbett raſch geſunken, Loreto, Pebas, Barrancas, San Ans
tonio ſind ganz unbedeutend; für die Zukunft hat Puerto Melendez, nahe dem Pongo de
152 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Manſeriche, gute Ausſichten. Die Verbindung des Marafiontales mit Lima war ſtets ſo ſchlecht,
daß die Beamten zur See nach Para und dann den Amazonas hinauf fahren mußten, und
auch heute erſetzt die drahtloſe Telegraphie zwiſchen Iquitos und Lima nicht den fehlenden
guten Verkehrsweg. Die geplante Marafionbahn von Payta nach dem Austritt des Stromes
aus der Kordillere ſteht noch auf dem Papier. Die geſamte Einfuhr kommt daher heute von
Parä, und die Ausfuhr geht ausſchließlich dorthin. Dieſe beſteht, abgeſehen von Kautſchuk,
aus geringen Mengen Tabak, Wachs, Hüten, Schildkrötenöl, Fiſchen, Sarſaparille und Gold.
1909 hat Peru ferner von Bolivia das Gebiet um Puerto Maldonado am Amaru Mayo
oder Madre de Dios durch Schiedsſpruch erhalten und damit ein wertvolles Kautſchukgebiet,
in dem der erwähnte Hafen und die Siedelung El Aſtillero (Schiffswerft) die Kerne für
künftige Ortſchaften bilden. Seit 1912 hat aber der gewaltige Sturz der Kautſchukpreiſe
lähmend auf den Handel gewirkt.
Dies gilt auch von dem bolivianiſchen Anteil an Amazonien. Dieſer iſt wegen
ſeiner Abgeſchloſſenheit durch die hohe Kordillere im Süden und den Mangel an ſchiffbaren
Auswegen zur Küſte lange Zeit eine weltferne, ſtille, dem Verkehr entrückte Landſchaft ge-
weſen. Später machten ſich aber auch hier bedeutende Veränderungen bemerkbar, da der
Kautſchukhandel eine große Bedeutung gewann und die Erbauung von Eiſenbahnen nach
ſich gezogen hat. Vielleicht wird ſich daher auch die heute noch ſehr geringe Einwohnerzahl
heben, zumal da ſchon einmal blühende Siedelungen in den Llanos de Mojos beſtanden
haben; denn der bolivianiſche Anteil an Amazonien enthält außer den mit tiefem Wald
bedeckten Landſchaften am Madre de Dios und Beni auch offenes Grasland zwiſchen dem
Mamoré und der braſiliſchen Grenze. Dieſe Gegenden gehören aber bereits zu der braſi—
liſchen Maſſe. Das Land zwiſchen der neuen Grenze gegen Peru und dem Mamore hatte
bis in die 1870 er Jahre faſt gar keine Einwohner; ſeitdem aber drangen zahlreiche Kaut-
ſchukſammler ein und ſchafften von Cavinas das Gummi den Beni aufwärts nach Reyes
und von da zum Yacuma und Mamoré. Später wurde der Beni dann von der Mündung
bei Villa Bella aus befahren, und es entſtanden zahlreiche Niederlaſſungen von Kautſchuk—
ſammlern, die in den Karten als Ortſchaften verzeichnet, aber meiſt bald wieder aufgegeben
wurden. Beſonders wichtig wurden gegen Ende des 19. Jahrhunderts die nördlich der alten
Landſchaft Caupolican gelegenen Gebiete am Rio Acre wegen ihres Reichtums an Kaut⸗
ſchuk. Das führte zur Gründung der Acre-Republik und zu dem Vertrage mit Braſilien
von 1903, in dem das Acregebiet gegen Zahlung einer Entſchädigung und das Verſprechen
der Erbauung der Madeirabahn an Braſilien faſt ganz abgetreten wurde. Durch dieſen
Vertrag verlor Bolivia die wichtigſten Kautſchukgebiete, die 1899 zur Ausfuhr Kautſchuk
im Werte von 20 Millionen Mark beigeſteuert hatten, ſo daß der Ausfuhrwert 1908 auf
9 Millionen Mark ſank. 1911 iſt er aber wieder auf 31,3 Millionen geſtiegen, und er kann auf
noch größeren Aufſchwung rechnen, da die Bahn zur Umgehung der Stromſchnellen des
Madeira 1912 wirklich eröffnet worden iſt. Sie führt von San Antonio am Madeira nach
Guajara mirim am Mamore, immer auf dem braſiliſchen Ufer; der gegenüber Guajara
mirim gelegene bolivianiſche Hafenplatz iſt Puerto Suere genannt worden. Dadurch hat
das bolivianiſche Amazonien einen ſehr wertvollen Verkehrsweg nach Para erhalten. Der
wichtigſte Handelsplatz am Beni iſt Riberalta, am Zuſammenfluß mit dem Madre de Dios;
am Oberlauf des Beni liegt Reyes.
Der braſiliſche Anteil an Amazonien zerfällt in die beiden Staaten Amazonas
Amazonien: Die Beſiedelung. 153
und Parä. Erſterer gehört Amazonien faſt ganz an, letzterer zu einem Drittel, da der Süden
zum braſiliſchen Bergland, der Norden zu Guayana zu rechnen iſt. Setzt man für Amazonas,
unter Abzug des Gebietes zwiſchen Madeira und Tapajos und der Landſchaften in Guayana
nördlich von 1“ nördl. Breite, 1600000, für den mittleren Teil von Para 500000 qkm
an, ſo ergibt ſich ein Areal von 2100000 qkm. Wichtiger als die ungeheure Größe iſt der
Umſtand, daß Braſilien die Hauptader des großen Amazonasſyſtems, den Amazonas
ſelbſt, beſitzt und ſomit alle Nebenflüſſe wirtſchaftlich beherrſcht. Daher ſind die
am Kordillerenrande gelegenen nichtbraſiliſchen Teile Amazoniens abhängig von Braſilien.
Sie alle empfangen ihre Waren zu einem großen Teile von Braſilien und ſenden faſt ihre
ganze Ausfuhr dahin, da die Waſſerwege zum Amazonas eine billigere Beförderung gewähr—
leiſten als die ſchwierigen Kordillerenpfade.
Bisher iſt der ungeheure Beſitz freilich nur ſehr ſchwach bevölkert; für Amazonas
wurden 1890 nur 148000, für Para 328000 Bewohner angegeben. Nimmt man für heute
550000 und 760000 (vgl. S. 151) ſowie zugleich an, daß der größte Teil von ihnen im eigent-
lichen Amazonien lebt, ſo erhält man eine Volksdichte für das Geſamtgebiet von 0,6, für
Amazonas von 0,28, für Para von 1,4 gegenüber Werten von 0,2 und 0,6 für die Geſamt⸗
ſtaaten. Erſt 1700 erſchienen Portugieſen überhaupt, erſt 1853 der erſte Flußdampfer in
Loreto, und erſt 1866 wurde die Dampfſchiffahrt auf dem Amazonas allen Nationen frei—
gegeben. Seitdem hat Amazonien ſich zu entwickeln begonnen, beſonders ſeit dem Anfang
der 1880er Jahre, doch ſitzt auch jetzt noch die geſamte Bevölkerung an den Stromufern und
auch an dieſen nur an ganz beſtimmten Stellen, ſo daß weite Strecken der Ufer des Ama—
zonas ſelbſt noch einen überaus öden Eindruck machen, und die Anſiedelungen in der großen
Wald- und Waſſerwüſte verſchwinden (Tafel 5, Abbildung 3).
Die Beſiedelung Amazoniens iſt von zwei Seiten aus begonnen worden, von der
Kordillere her durch die Spanier und von der Mündung aus durch die Portugieſen.
Schon 1602 zog der ſpaniſche Jeſuit Rafael Ferrer von Quito aus den Napo hinab, grün-
dete 1603 die erſte Miſſion im Napo⸗Tal, San Pedro de los Cofanes, ſowie zwei weitere mit
im ganzen 6500 Einwohnern, und drang dann 1605 zum Marafion vor. Hier kamen die
Miſſionen bald in Blüte, beſonders durch die Bemühungen eines Deutſchen, des Paters
Samuel Fritz. Dieſer gründete zwiſchen der Mündung des Napo und der des Rio Negro
40 Miſſionen mit 40000 Einwohnern, darunter ſechs Städte. Am Ende des 17. Jahr-
hunderts ſaßen in 74 Niederlaſſungen 160000 Anſiedler. Auch die Portugieſen hatten
erſt mit der Gründung von Para 1615 feſten Fuß in Amazonien gefaßt und beſiedelten in
langſamem Vorgehen den Unterlauf; doch befuhren ſie auch den mittleren Stromlauf, den
Solimdes, ſchon damals zu dem Zweck, Sklaven für ihre Pflanzungen zu rauben. So konnte
es nicht ausbleiben, daß es zu Zuſammenſtößen zwiſchen beiden Völkern kam, in denen die
Portugieſen Sieger blieben. Im Jahre 1710 nahm eine portugieſiſche Truppenabteilung
alle ſpaniſchen Miſſionen ein, führte 20000 Indianer als Sklaven weg und vertrieb den Reſt
in die Wälder. Da nun die Portugieſen ihre Anſiedelungen von der Mündung her, die
Spanier von der Kordillere aus am Amazonas entlang vorſchoben, ſo iſt es verſtändlich,
daß einerſeits der Unterlauf, der Amazonas ſelbſt, etwa bis Mangos, anderſeits der obere
Lauf, der Marafion, bis Loreto am beiten beſiedelt find, und daß eine weite Lücke mit ſehr
ſpärlicher Beſiedelung zwiſchen Loreto und Manass klafft.
Von der 1781 feſtgeſetzten Grenze zwiſchen Loreto und Tabatinga gelangt man zuerſt
154 Das ungefaltete Land des Oſtens.
nach dem letztgenannten portugieſiſchen Grenzorte, der es ſeit ſeiner Gründung 1766 nicht
weiter als zu einigen Hütten unter dem Schutz einer kleinen Feſtung gebracht hat, aber als
Zollſtation wichtig iſt. Die übrigen Anſiedelungen ſind ſehr unbedeutend; außer den genann⸗
ten ſind nur noch Säo Paulo de Dlivenga, Tonantins und Fonteboa erwähnenswert, und
ſowohl die Ufer des Hauptſtromes wie die ſeiner Nebenflüſſe Javary, Jutahy und Juruä von
Süden, Ira und Japurä von Norden ſind menſchenleer. Teffé oder Ega, eine Gründung
des Paters Fritz aus dem Jahre 1668, der wichtigſte Ort zwiſchen Manaos und Jquitos, hat
noch nicht 1000 Bewohner, die Kautſchuk, Medizinalpflanzen, Schildkröteneier ſammeln und
Viehzucht treiben. An der Mündung des Coary liegt Coary.
Der Purüs war zu Anfang der 1860er Jahre noch von vollkommener Wildnis um—
geben; nachdem aber der ungeheure Kautſchukreichtum ſeiner Uferwälder feſtgeſtellt war,
belebten ſich ſeine Ufer. Im Jahre 1871 gab es ſchon 2000 Anwohner, 1889 ſchätzte Ehren⸗
reich ihre Zahl auf 50000. Als feſte Anſiedelung hat ſich das 1871 von Oberſt Pereira Labre,
einem Bolivianer, gegründete Labrea, an der Mündung des Ituxy, erhalten; am Acre iſt
die Station Nova York Endpunkt der Dampfſchiffahrt. Weiter aufwärts findet man nur noch
Malocas der Indianer und Kautſchukniederlaſſungen, meiſt große Geſchäftshäuſer, Barracaos,
um die ſich die einfachen Hütten der cearenſer Arbeiter gruppieren. Auch Zuckerpflanzungen
befinden ſich am Strome, deren Produkt jedoch Branntwein, nicht Zucker iſt.
Der Madeira hatte ſeine große Zeit in den ſechziger und ſiebziger Jahren. Damals
wanderten Kautſchukſammler in ſeine Uferlandſchaften ein, und 1877 begann man die Er-
bauung einer Eiſenbahn zur Umgehung der Stromſchnellen; 1878 wurden jedoch dieſe Ar—
beiten infolge der Koſten und politiſcher Schwierigkeiten eingeſtellt, und dann wurde es ſtill
am Madeira. Der ſpäter eingetretene große Aufſchwung der Kautſchukgewinnung belebte
jedoch ſeine Ufer wieder, und ſeitdem die erwähnte Eiſenbahn 1912 wirklich fertig geworden
iſt, hat der Strom größeren Verkehr zu erwarten. Säo Antonio am nördlichen Endpunkt
der Bahn wird eine wichtige Siedelung werden. Auch heute gibt es Ortſchaften genug an
den Ufern des Madeira, aber beſondere Bedeutung hat keine, auch nicht Borba.
Ebenſo entbehrt der Rio Negro bisher größerer wirtſchaftlicher Bedeutung; ſeitdem
im Jahre 1809 die Verwaltung von dem Orte Barcellos nach Manaos verlegt worden it,
iſt Barcellos von 4000 auf wenige hundert Einwohner geſunken. Auch alle übrigen Siede⸗
lungen am Rio Negro ſind nicht größer, weder Moura an der Mündung des Rio Branco,
noch Carvoeiro, Moreira oder Thomar und Säo Felippe (Tafel 5, Abbildung 1).
Im ganzen ſind die Ufer der großen Nebenflüſſe des Amazonas ſehr ſchwach bevölkert.
Bevölkerung und Handel vereinigen ſich vielmehr in einem Brennpunkte, der Hauptſtadt
des Staates Amazonas, Manaos, das mehr und mehr Handel, Menſchen und Verkehr an
ſich zieht und die Zahl von 65000 Einwohnern bereits überſchritten hat. Die Verlegung
der Verwaltung und Garniſon von Barcellos nach der Feſtung Fortaleza da Barra do
Rio Negro gab dieſer ſeit 1809 erhöhte Bedeutung, doch hatte die Einwohnerzahl ſich
bis 1820 noch nicht über 3000 gehoben, und auch 1853 hatte Manaos noch kaum 4000 Ein⸗
wohner. Der Grund für ſeine raſche Entwickelung in den letzten Jahrzehnten liegt in
der Eröffnung der Dampfſchiffahrt und in ſeiner günſtigen Lage, ungefähr da, wo die
größten Nebenflüſſe des Amazonas, Purüs, Madeira und Rio Negro, ſich vereinigen,
ſowie in dem Umſtande, daß die hohen Ufer des Rio Negro klimatiſch und wirtſchaftlich
beſſere Bedingungen darbieten als die der Überſchwemmung ausgeſetzten des Amazonas.
Amazonien. Tafel 5.
MR e
NI 8
0 *
Il. Die Anliedelung Sao Felippe am Rio Negro.
Nach Photographie von Th. Koch-Grünberg in Freiburg i. Br. (Zu S. 154.)
2. Ein Sippenhaus der Kaua-Indianer am Rio Caiary-Uaupes in Nordweitbralilien.
Nach Photographie von Th.Koch-Grünberg in Freiburg j. Br. (Zu S. so u. 147.)
Tafel 5. Amazonien.
3. Blick auf die Amazonas-€bene bei Monte Alegre.
Nach Photographie von J. Huber. (Zu S. 66 u. 155.
4. Campinaslandichaft am oberen Rio Cuduiary.
Nach Photographie von Th. Koch-Grünberg in Freiburg i. Br. (Zu S. 141.)
Amazonien: Die Beſiedelung. 155
So hat denn Manaos, obwohl 16 km oberhalb der Mündung des Rio Negro gelegen,
doch allmählich den Vorrang vor allen übrigen Siedelungen Amazoniens, mit Ausnahme
des Eingangstores Parä, erlangt.
Unterhalb Manaos beginnt die am ſtärkſten beſiedelte Stromſtrecke, das Gebiet des
Ackerbaues und der Viehzucht. Die Ortſchaften ſind aber freilich nur klein, da Parä und
Manaos die Bevölkerung an ſich ziehen; von Obidos abwärts hat keine Ortſchaft am Amazo—
nas meh? als 3000 Einwohner. — Serpa, jetzt Itacoatiara, hatte ſeine gute Zeit während der
1860er bis 1870er Jahre; gegenüber der Mündung des Madeira gelegen, diente es als
Niederlage für die vom Strome kommenden Kautſchukmengen. Bei Villa Bella oder Villa
Nova da Rainha oder de la Imperatriz, jetzt Parintins genannt, beginnt die Zone der Kakao⸗
pflanzungen, die ſich bis über Santarem nach Monte Alegre ausdehnen. Auf dieſer Strecke
iſt der Hauptort Obidos. Er beherrſcht auf dem hohen nördlichen Ufer die Stromenge
zwiſchen Pflanzungen, Hochwald und den hier ſchon wieder auftretenden Campos und hat
1200 Einwohner.
Je weiter nach Oſten, deſto wichtiger werden die zuerſt bei Serpa erſcheinenden Sa—
vannen; Alemquer am Paracary treibt bereits Viehzucht auf den nördlichen Savannen wie
auch Ackerbau im gerodeten Urwald, aber bei Santarem an der Mündung des Tapajds be—
ginnt die Zone der Campos dicht an den Amazonas heranzutreten (Tafel 5, Abbildung 3).
In der Savannenzone iſt die Beſiedelung der Stromufer beſonders groß, Häuſer und Vieh—
ſtationen wechſeln ab und geben den vorbeikommenden Dampfern Gelegenheit, die Produkte
der Viehzucht aus dem Lande zu ſchaffen; kleine Dörfer und Städte ſind häufig, letztere
meiſt auf dem nördlichen, hohen Ufer. Unter ihnen ſind am bekannteſten Monte Alegre mit
Viehzucht, Kakaobau und Töpferei, Prainha, ein verfallener Platz, Almeirim mit Indianer⸗
bevölkerung vom Aracajuſtamme und das 1758 gegründete Santarem. Dieſes iſt jetzt
mit 2500 Einwohnern die wichtigſte Stadt zwiſchen Manaos und Parä und Ausgangspunkt
der Tapajosſchiffahrt.
Vom Tapajds kommen Kautſchuk, Vanille, Kopaivabalſam, Paränüſſe und Tonka⸗
bohnen. Die Anſiedelungen am Strome ſind alle unbedeutend. Die auf den Karten ſtehen⸗
den, Uxituba, Sipotuba, Bacabal, ſind nach F. Katzer ganz, Santa Cruz und Cury nahezu
eingegangen, im Rückgange ſind auch Alter do Chao, Boim und Aveiro; dagegen blüht
Itaituba auf, weil in ſeiner Umgebung Kautſchukpflanzungen angelegt ſind. Neue An—
ſiedelungen ſind Braſilio Legal, Monte Chriſto, Livramento, Barreiras, Caſtanho, Santarem-
zinho, Piranga und Diſteiro. Endpunkt der Schiffahrt iſt Lauritama auf der Inſel Ananaz.
Der Kin gu iſt, wie der Tapajös, nur auf eine kurze Strecke, bis Souzel, ſchiffbar und wirt—
ſchaftlich von ſehr geringer Bedeutung. An ſeiner Mündung liegt das häßliche Porto de Möz.
Im Mündungsland des Amazonas wird die Beſiedelung wieder ſchwächer, der Wald
nimmt zu, und die Schiffahrt iſt ſchwierig. Mitten im Inſelgewirr liegt Gurupä (1100 Ein-
wohner), wichtig durch den hier abzweigenden Kanal von Tajipuru, der den geraden Weg nach
Parä bildet. Am nördlichen Mündungsarm des Amazonas liegt Macapä (1200 Einwohner),
faſt unter dem Aquator, eine Gründung der Portugieſen von 1744, jetzt eine Feſtung und
Verbannungsort für politiſche Verbrecher, faſt ohne allen Handel und daher tot. Landein—
wärts erhebt ſich Mazagao, wohin 1770 die aus dem marokkaniſchen Mazagan ausge wan—
derten portugieſiſchen Familien überſiedelten. Auf der großen Inſel Marajö liegen weite
Savannen mit viel Vieh und reiche Fazendas am Araryſee, aber es fehlen größere Ortſchaften;
156 Das ungefaltete Land des Oſtens.
die bekannteſten ſind Chaves an der Nordküſte, mit Viehhandel, und Breves am Waſſerwege
von Gurupä nach Para, mit Ackerbau und Töpferei.
Der ſüdliche Arm iſt die Mündung des Rio Para oder Tocantins-Araguaya.
Dieſer iſt nur bis Itaboca ſchiffbar, aber wirtſchaftlich wichtiger als der Kingu und Tapajos.
An ihm liegt Cametä mit 1700 Einwohnern. Am Südufer des großen Mündungstrichters
erhebt ſich Vigia (3000 Einwohner), die Signalſtation für Parä, am Atlantiſchen Ozean der
Lotſenhafen Salinas und das Seebad Braganga (2600 Einwohner), zu dem von Para eine
Eiſenbahn führt. Sie alle aber werden in den Schatten geſtellt durch den großen Hafenplatz
des Amazonastales, die wichtigſte Stadt Nordbraſiliens, Belem oder Parä. Im Jahre
1615 gegründet, hat Santa Maria de Belem do Gräo Paras eine günſtige Lage zur Seite
des großen Aſtuars, an der Mündung der Flüſſe Capim und Acarä in den Guayaru ge—
nannten, zum Rio Parä führenden breiten Seitentrichter des letzteren. Im Jahre 1820
hatte es 25000 Einwohner, ging aber 1835 auf 10000 zurück, als der große Aufſtand, Caba⸗
nagem, der Indianer und Neger die Stadt vorübergehend in die Hand derſelben gebracht
hatte. 1848 erreichte es wieder 15000, 1850 aber wurde die Bevölkerung durch das gelbe
Fieber nahezu ausgerottet. Erſt die Einführung der Dampfſchiffahrt 1853 brachte einen Auf—
ſchwung. 1886 berechnete Coudreau die Einwohnerzahl auf 60000, 1895 wurden 100000, jetzt
werden 170000 angegeben. Parä hat alſo einen ſehr großen Aufſchwung genommen und
verſpricht als Hafen des größten Stromgebietes der Erde auch eine der größten Städte der
Erde zu werden. Die Bevölkerung iſt außerordentlich gemiſcht: Braſilier portugieſiſcher Her—
kunft, Mulatten, Neger, Araber, Indier von Cayenne und Demerara, Meſtizen, Indianer,
Europäer. Unter dieſen ſind die Portugieſen am zahlreichſten. Sie haben auch den Handel
zum Teil in Händen, aber wenig Kapital; dieſes geben meiſt die Fremden. Deutſcher Handel
verdrängt den übrigen, ſeitdem die Hamburg-Amerika-Linie den Amazonas befährt, raſch.
1902 betrug die Ausfuhr aus Parä 62, 1909: 74½ Millionen Mark; fie beſtand großenteils
aus Kautſchuk, der Parä zum zweiten Ausfuhrhafen Braſiliens gemacht hat, daneben aus
Kakao, Häuten, Maniokmehl, Paränüſſen, Kopaivabalſam und Tonkabohnen. Ebenſo hob
ſich die Einfuhr nach Para auf 27 Millionen Mark im Jahre 1909, jo daß in dieſem Jahre
der Geſamthandel Paräs 101 Millionen Mark betrug.
IV. Das braſiliſche Bergland.
Die Grenze des braſiliſchen Berglandes gegen Norden bildet eine die unterſten Wajjer-
fälle des Madeira, Tapajös, Kingu und Tocantins verbindende Linie. Im Oſten iſt das Meer
eine ausreichende Grenze, im Süden und Weſten dagegen iſt die Begrenzung nicht ganz
einfach. Eine Tieflandsbucht ſcheidet am Rio Parana den ſüdlichſten Ausläufer des braſiliſchen
Berglandes in Südbraſilien und Uruguay von dem ſüdweſtlichen, der in Geſtalt der Berge
von Südweſt⸗Paraguay bis nahe an den Paraguay herantritt. Endlich zieht ein dritter
Sporn von Cuyaba aus weſtnordweſtlich am Nordufer des Guaporé entlang bis zum Madeira
und entſendet einen Ausläufer von Corumbä am Paraguay gegen den Mamore.
Trotz der ungeheuren Ausdehnung dieſes Gebietes iſt deſſen Zuſammenſetzung und
Bau überall ähnlich, ja der gleiche. Die älteſten Geſteine ſind Gneiſe und Granite, die
man der archäiſchen Formation zurechnet. Sie finden ſich ſowohl an der Küſte des Atlan-
tiſchen Ozeans wie auch im tiefgelegenen Inneren am oberen Mamoré und San Miguel
Das braſiliſche Bergland. 157
und ſind vielleicht ſchon vor dem Silur, vielleicht während desſelben gefaltet worden. Neben
dem Gneis und Granit treten Glimmerſchiefer und kriſtalliner Kalk auf, darüber Schiefer
verſchiedener Art, Chlorit-, Talk-, Glimmerſchiefer, Quarzite, der Itacolumit und der
Itabirit, in denen jener Reichtum an Gold, Eiſen und wertvollen Steinen vorhanden iſt,
der Braſilien berühmt gemacht hat. Auch die ſogenannte Tapanhoacanga, mit Limonit
verkittete Eiſenerzblöcke, und endlich die im Alluvium in Wäſchen erſcheinenden Diamanten
gehören dieſer Formation an, die mit dem laurentiſchen und huroniſchen Syſtem Nord-
amerikas verglichen wird.
Demgegenüber beſtehen die paläozoiſchen Ablagerungen, die auf dem gefalteten
kriſtallinen Grundgebirge abgeſetzt wurden, aus roten und weißen Sandſteinen, Quarziten
und Kalkſteinen und ſind nicht mehr gefaltet, ſondern meiſt horizontal oder leicht geneigt
gelagert; durchſetzt werden ſie von gewaltigen Mengen dioritiſcher Eruptivgeſteine. Die
marinen Ablagerungen gehören den Perioden des Silur, Devon und Karbon an; in der
letzteren entwickelte ſich eine reiche Flora, die in den Steinkohlenlagern von Tubaräo und
an anderen Orten Südbraſiliens erhalten iſt. Während dieſer Zeit trat eine durch die Gloſ—
ſopteris⸗Flora bezeichnete Erniedrigung der Temperatur ein, und nun nahmen die Meeres-
transgreſſionen ein Ende. Meſozoiſche und kretazeiſche Meeresablagerungen kennen wir
mit Sicherheit aus dem Inneren des braſiliſchen Berglandes. Überhaupt wiſſen wir von
Ablagerungen der Trias und des Jura wenig, und nur die Kreide iſt ſicher an der Küſte
nordwärts von Bahia vertreten. Ein Teil ihrer Ablagerungen wird aber auch für tertiär
gehalten, während ſonſt Tertiär marinen Urſprungs faſt nicht vertreten iſt. Während der
Tertiärzeit, vielleicht ſchon während der Kreidezeit, beſtanden bereits die Korallenriffe der
Oſtküſte, das Sandſteinriff möglicherweiſe auch ſchon zu Anfang des Pliozän. Seitdem
haben an der Oſtküſte bald poſitive, bald negative Bewegungen ſtattgefunden; heute über-
wiegt die Hebung. Inwiefern die gewaltige Erhebung der Andenketten im Tertiär die
braſiliſche Scholle beeinflußt hat, läßt ſich noch nicht genügend überblicken; jedenfalls wurde
ein Teil derſelben mit gefaltet (vgl. S. 53). Die von L. Agaſſiz behauptete Vereiſung der
höheren Teile Braſiliens in der quartären Eiszeit iſt mit Sicherheit abzulehnen, wohl aber
müſſen in der permokarbonen Eiszeit Teile Südbraſiliens vergletſchert geweſen ſein. Vul⸗
kane fehlen in der braſiliſchen Scholle ganz.
Für eine Einteilung Hochbraſiliens in Unterabteilungen ſind weniger die Geologie
und die Orographie als vielmehr die Hydrographie geeignet. Bei der Betrachtung einer
Karte Braſiliens ſcheinen zahlreiche Gebirgsketten mit Ebenen zu wechſeln; es hat ſich jedoch
ergeben, daß dieſe vermeintlichen Gebirgsketten wenig anderes ſind als die ſtehengebliebenen
Reſte eines weit ausgedehnten Tafellandes, in dem die Flüſſe ſich Becken und Eroſionsrinnen
geſchaffen haben, und wo Hochebenen mit Tafelbergzügen abwechſeln. Größere Gebirgs—
landſchaften befinden ſich nur im Gebiete der archäiſchen Geſteine zwiſchen Parana und
Eſpirito Santo. Die Tafelberge werden Serras, die Hochflächen ſelbſt Chapadas und, wenn
ſie von Buſchwerk beſtanden ſind, Sertäos genannt. Sie werden durch die Serras und
die zwiſchen ihnen verlaufenden Flußtäler in teilweiſe ſehr weite Becken gegliedert. Die
Hauptflüſſe, mit Ausnahme des Sao Francisco, vermögen aber den Rand des Plateaus
nicht zu durchbrechen, ſondern fließen meiſt nahe der Küſte entlang, wenden ſich gegen das
Innere und ſuchen nun nach Südweſten, Norden und Nordoſten das Meer zu erreichen.
Auf dieſe Weiſe wird Hochbraſilien in eine Reihe von Landſchaftsgruppen zerteilt,
158 Das ungefaltete Land des Oſtens.
die in phyſikaliſcher, wirtſchaftlicher und politiſcher Beziehung voneinander abweichen. Das
ganze Innere entwäſſert ſich zum Amazonas in fünf großen Strömen und iſt durch gewal—
tige Entfernungen von der Oſtküſte abgeſchloſſen, hat dagegen einen ſchiffbaren Ausgang
nach Süden im Paraguay; dieſe zentrale, gleichartig gebaute Landſchaft, Zentralbraſilien,
pflegt man im Oſten bis zur großen Waſſerſcheide zwiſchen Amazonas und Oſtküſte zu
rechnen. Alles öſtlich von dieſer Waſſerſcheide gelegene Land wird beherrſcht durch den
ſtufenweiſen Abfall vom Inneren nach der Küſte und durch den Gegenſatz zwiſchen dem Hoch—
land des Inneren und den ſteilen Randgebirgen nahe der Küſte. Zwei gewaltige Ströme
bilden ſich auf dieſen grasreichen Hochländern: der Parana und der Sao Francisco.
Erſterer fließt ſüdweſtlich, letzterer nordöſtlich aus der Gegend des 20. Breitenkreiſes ab,
aber der Parana verläuft in den großen Flußkanal des Paraguay, der Säo Francisco bricht
zum Meere durch. Die von ihnen durchzogenen Gebiete kann man als Paranä-Staaten
und Sao Francisco-Staaten ausſcheiden, was ſich ungefähr mit dem Begriff Süd- und
Oſtſtaaten deckt, für deren Trennung auch klimatiſche, wirtſchaftliche und Gründe der Raſſen—
verteilung angeführt werden können. Endlich kann man noch den trockeneren Nordoſten
ausſondern; ihm fehlt eine ausgebildete Sammelrinne, und über ſeine Südgrenze ſowie über
die Grenzen der übrigen großen Gruppen läßt ſich ſtreiten. Im ganzen unterſcheiden wir
alſo folgende Unterabteilungen: Zentralbraſilien mit Matto Groſſo und Goyaͤz als
Kern; Nordoſtbraſilien mit Maranhäo, Piauhy, Cearä, Rio Grande do Norte, Para—
hyba, Pernambuco, Alagoas; Oſtbraſilien mit Sergipe, Bahia, Minas Geraes, Rio de
Janeiro, Sao Paulo und dem Diſtricto Federal; Südbraſilien mit Paranä, Santa
Catharina, Rio Grande do Sul.
Auch von den benachbarten Staaten Bolivia, Paraguay und Uruguay gehören Teile
noch dem braſiliſchen Schollenlande an, nämlich von Bolivia die Landſchaften zwiſchen dem
San Miguel und dem Guaporé und zwiſchen dem Otuquis und dem Paraguay; von
Paraguay der geſamte bergige Teil und von Uruguay alles Hügelland. Hier werden dieſe
Teile der braſiliſchen Maſſe jedoch bei Bolivia, Paraguay (vgl. S. 222) und Uruguay (vgl.
S. 230) beſprochen werden.
1. Zentralbraſilien.
Die Grenzen Zentralbraſiliens ſtimmen im Norden und Weſten mit denen der bra—
ſiliſchen Scholle überein. Im Oſten iſt die Waſſerſcheide zwiſchen dem Tocantins und den
zum Atlantiſchen Ozean ſtrömenden Flüſſen eine gute Grenze: die Serras da Cinta, do Negro,
das Coroadas, das Mangabeiras, Vermelha, do Duro, da Tabatinga, do Paranan; im Süden
kann der Lauf des Paranahyba und Paranä bis zur Serra dos Dourados als Grenzlinie an—
geſehen werden. Im Weſten gehören ferner etwa 250000 qkm bolivianiſches Gebiet dazu,
und im Süden dehnt ſich der Staat Matto Groſſo auch über die nördlichſten Landſchaften des
La Plata⸗Tieflandes aus, während der äußerſte Norden mit 375000 qkm den Staaten Para
und Amazonas angehört. Die Größe des Gebietes beträgt demnach etwa 2,s Millionen qkm;
eee Dfilometer Einwohner Volksdichte
rf ee 2 ee 1378783 300000 0,2
FV ² AAA Nr. 2 BEER 747311 300.000 0,4
Teile von Para und Amazonas 950000 40000 0,04
Bolivianiſcher Anteil der Provinzen Beni und Santa Cruz 250000 50000 0,
Zuſammen: 3325000 700000 0,21
Zentralbraſilien: Das Land. 159
a) Das Land.
Der Boden. Zentralbraſilien gehört ſeiner Zuſammenſetzung nach zu den älteſten
Teilen Südamerikas. Den Untergrund bildet ein kriſtalliniſches Schiefergebirge aus Gneis
und archäiſchen Schiefern. Dieſes iſt wahrſcheinlich mit darauf lagernden ſiluriſchen Ablage—
rungen in fächerförmige Falten gelegt worden. Über die abradierte Oberfläche des alten
Gebirges haben ſich abermals Sedimente gebreitet, die vom Devon an horizontal oder doch
nur leicht geneigt liegen, bei Cuyabä rötliche und weiße Sandſteine, Konglomerate und die
„Canga“ genannten Breccien mit Braun- oder Roteiſenerz. Im übrigen treten im Süd⸗
oſten und Oſten rote Sandſteine und Decken von Eruptivgeſteinen auf, jedoch nur öſtlich vom
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Hochebene (Chapada) von Matto Groſſo, im Hintergrund eine Serra. (Nach K. v. d. Steinen.)
mittleren Araguaya. Man rechnet ſie meiſt der Trias zu. Grobkörniger Granit, Pegmatit
und Itakolumit bilden kleine Bergzüge und Kuppen im Oſten, Kalkſtein unterbricht hier
und da die weicheren Formen der Schiefer. Über den Norden und Weſten weiß man wenig.
An den Stromſchnellen des Araguaya liegen Diorit und kriſtalliniſche Schiefer im Fluß—
bett, Tonſchiefer und Canga am Ufer.
Die Oberfläche iſt meiſt eine weite Ebene, die nur hier und da von kleinen Tafel—
bergen, im Oſten meiſt von iſolierten Kuppen gekrönt wird. Nach Karl v. d. Steinen ſind
überhaupt alle hier auf den Karten angegebenen Serras gar nicht vorhanden. Man erhält
aber den Eindruck von Serras leicht, weil das Plateau durch flache Täler von verſchiedener
Breite gegliedert iſt: von unten geſehen imponiert der Rand des Plateauabfalles als Serra,
und von oben erſcheinen die Ränder der Becken als beſondere Hügelzüge (ſ. die obenſtehende
Abbildung). Ob bei deren Bildung tektoniſche Bewegungen wirkſam geweſen ſind, entzieht
ſich noch der Kenntnis. Nach Ehrenreich haben die denudierenden Kräfte die urſprüngliche
160 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Hochebene in ein Syſtem von Stufen verwandelt, die als Serras bald in ſteilen zerklüfteten
Wänden, bald in ſanften Gehängen abfallen. Beſonders auffällig zeigt ſich die Denudations⸗
wirkung in der Abtrennung zahlreicher kleiner Plateaus von der Hauptmaſſe. Solche iſo⸗
lierten Erhebungen erſcheinen teils als langgeſtreckte, baſtionartige Wälle, teils als mächtig
aufragende, mitteralterlichen Burgen ähnelnde Tafelberge. Sie umgeben entweder die
Terraſſenränder, namentlich den weſtlichen Hauptabfall zum Tal des Cuyaba, wie die vor-
geſchobenen Forts einer Feſtung, oder ſie erheben ſich völlig zuſammenhanglos mitten auf
der Hochebene ſelbſt. Die tropiſchen Niederſchläge haben die Oberfläche des Plateaus
mannigfaltig verändert. Entweder ſind flache Talmulden entſtanden, in deren Wieſen⸗
gründen das von den Höhen abſtrömende Waſſer ſich ſammelt, oder es haben ſich bei ſtärkerer
Eroſion tiefe, von ſteilen Wänden umſchloſſene Einſchnitte gebildet, in denen oft das Urgeſtein
zutage tritt. Die flachen Hügel zwiſchen den Talmulden bezeichnet man als Chapaddes,
höher anſteigende Terraſſen als Chapadas. Das harte Erdreich ihrer Oberfläche iſt mit
grobem Sand oder bröckeligen eiſenhaltigen, oft ſchlackenähnlichen Konglomeraten, der jo-
genannten Canga, bedeckt. Das Waſſer dringt hier nur ſehr wenig in den Boden ein, ſondern
fließt ſchnell in die Täler ab, und nur an günſtigen Stellen kommt es zur Bildung von Humus
und rotem Lehm. Hier iſt auch die Vegetation reichlicher, die im übrigen nur an den Waſſer⸗
läufen ſelbſt genügende Entwickelungsbedingungen findet. Nach Norden, Weſten und Süden
fällt die Hochebene zum tieferen Lande terraſſenförmig ab. So ſind die Cordillera Geral
zwiſchen dem Guaporé und dem Jamary, die Serra dos Parecis an den Quellen des Guaporé,
die Chapada Alta bei Villa Maria und das Chapadaplateau oder Plateau von Matto Groſſo
Teile des großen Hochlandes von Zentralbraſilien. Die große Chapada von Matto Groſſo
dehnt ſich oſtwärts bis zum Araguaya aus, ihr Steilrand fällt gegen den Säo Lourengo ab
und ſetzt ſich ſüdwärts zum Taquary fort, im Südweſten davon in den Serras Sangue, de
Maracaju und dem Amambayaplateau. Zwiſchen dem Araguaya und dem Paranä-Parana⸗
hyba werden die Serra Cayapo und die Serra Divijdes de Rio Claro als große Gebirgs—
ketten angegeben, doch ſind ſie auch nur Tafellandſtufen und von geringerer Höhe, als
erwartet wird. Schon hat ihre Fortſetzung nach Nordoſten, die Serra dos Pyreneos,
öſtlich von Meia Ponte oder Pyrenopolis ſich eine Herabſetzung von 2000—3000 auf 1385 m
gefallen laſſen müſſen. Immerhin zieht ſich eine 1000-1200 m hohe Schwelle von Pyreno—
polis nach Formoſa an den Quellen des Rio San Marcos hin. Sie iſt mit Waſſertümpeln, wie
der Lagoa Feia, der Lagoa Meſtre und der Lagoa Formoſa, bedeckt.
Die genannten Höhen ſind ſchon ungewöhnlich groß, denn im allgemeinen liegt Zen—
tralbraſilien nur 400 —700 m hoch. Cuyabä liegt nur 220, Goyaz 550, Diamantino 415 und
Pyrenopolis 740 m hoch. Die große Chapada von Matto Groſſo hat etwa 700 m Höhe, 500 m
über dem Rio Cuyabä. Auf dem Wege vom Cuyabä nach dem Araguaya überſchritt Chren-
reich kaum 700 m Höhe, und erſt zwiſchen dem Araguaya und Goyaz betrugen die größten
Höhen 900 m und darüber. Auch nördlich von Goyaͤz ſind es nur die an die Waſſerſcheide ſich
anſchließenden öſtlichen Teile Zentralbraſiliens, die Höhen über 1000 m erreichen.
Die Flüſſe. Die Bewäſſerung Zentralbraſiliens iſt recht ausgiebig, was ſich ſchon
aus dem Vorhandenſein von fünf ſehr waſſereichen Strömen ergibt. Das ſetzt in Anbetracht
der geringen Höhe des Quellgebietes in Erſtaunen: „Aber“, ſagt v. d. Steinen, „wir ſind in
den Tropen. Der reiche Waſſergehalt der Luft erzeugt überall Niederſchläge, überall quillt
und rauſcht es, kleine, unſcheinbare Quellbäche fließen zuſammen und erzeugen ſchließlich
Zentralbraſilien: Das Land. 161
die waſſerreichen Rieſenſtröme, die dem Amazonas zueilen.“ Von einem erhöhten Stand-
punkt aus läßt ſich die Verteilung der Waſſerläufe ſofort an den ſie begleitenden Baum⸗
ſtreifen erkennen, am ausgeprägteſten auf dem Plateau von Matto Groſſo und im Sertäo
von Camapuan.
Zum Paraguay entwäſſert ji) der Weſt- und Südabhang der großen Chapada
zwiſchen den Quellen des Kingü und Araguaya. Die Quellflüſſe des Paraguay verlaufen
meiſt nach Weſten und Südweſten, ſchneiden in den Rand des Plateaus ein, bilden die ſo—
genannte Serra de San Jeronymo und vereinigen ſich im Tieflande. Zu ihnen gehören der
Rio Paraguay ſelbſt, der in der Gegend von Diamantino entſpringt, der Rio Cuyaba,
der Säo Xourengo mit dem Itiquira, Corrente und Piquiry, der Taquary mit dem
Coxim und dem Taquary-mirim (d. h. Kleiner Taquary), endlich auch noch der Aquidauana
und der Mondego oder Miranda. Sie beginnen alle mit ſchmalen Tälern, die von Buriti—
Palmen (Mauritia vinifera) beſtanden ſind, oft verſumpfte Böden haben und daher ſchwer
zu überſchreiten ſind. Später tritt dann ſtärkere Eroſion ein, die Bäche ſchneiden in die
paläozoiſchen Schiefer des Untergrundes ein, bilden, ſobald ſie in die Ebene treten, Sümpfe
und überſchwemmen das flache Land.
Ahnlich find auch die Anfänge desjenigen Aſtes des Madeiraſyſtems, der auf dem Hoch-
lande von Zentralbraſilien entſpringt, des Rio Guaporé. Dieſer entſteht an der Serra
dos Parecis und läuft zunächſt ſüdſüdöſtlich, als ob er dem zum Paraguay ziehenden Jauru
zufließen wollte, dann aber wendet er ſich im Bogen nach Weſten, von Villa Bella an nach
Nordnordweſten und fließt hier in einem breiten, aber ſeichten, oft von Baumſtämmen ge-
ſperrten, zur Trockenzeit kaum befahrbaren Bett. Ein Zufluß, der Rio Alegre, kommt dem
Nebenfluſſe des Jauru, Aguapehy, jo nahe, daß in der Regenzeit eine Verbindung ihrer
Gewäſſer eintritt. Das iſt die berühmte Vereinigung der Stromgebiete des Amazonas⸗
Madeira und La Plata-Paraguay. In ſeinem weiteren Laufe umzieht der klare, grün-
liche, waſſerreiche Guaporé den Rand des braſiliſchen Berglandes und bildet die Grenze
zwiſchen Braſilien und Bolivia. Unterhalb Beira vereinigt er ſich mit dem gelblichen, noch
waſſerreicheren Mamoré zum Madeira. Dieſer hat oberhalb der Stromſchnellen von
Guajara eine Breite von 500 —1200 m und fließt in 155 m Höhe ruhig dahin, ſtürzt aber
dann über die Riffe von Guajara Mirim hinab. An Nebenflüſſen erhält der Guaporé von
Norden keine irgendwie bedeutenden, von Süden den Paraguau und den Baures mit dem
Blanco oder Branco, ferner den Itonamas oder San Miguel, einen großen Fluß, alle aus
den ſüdweſtlichen Vorhöhen des braſiliſchen Berglandes.
Das zwiſchen dem Madeira und dem Araguaya liegende Hochland iſt faſt völlig un—
bekannt; auf einer Fläche von mehr als 1 Million qkm, der doppelten Fläche des Deutſchen
Reiches, ſind außer einer Route nur die Flußläufe oberflächlich erforſcht worden. Dieſe
Haupftflüſſe Zentralbraſiliens, der Tapajos, der Kingu und der Doppelſtrom Araguaya—
Tocantins, ſind im Unterlauf durch Stromſchnellen geſperrt und daher für die Erſchließung
des Inneren wenig oder gar nicht geeignet. Ihre Quellen liegen teils auf der Chapada von
Matto Groſſo, teils auf der Serra Cayapd und ihren nordöſtlichen Fortſetzungen, alſo im
Herzen des Erdteils. Der Unterſchied zwiſchen Hoch- und Niederwaſſer beträgt beim Ara—
guaya 7—9, beim Xingu oberhalb der Volta 3 —4, beim oberen Guaporé 4,5 —6,5 m.
Das Niedrigwaſſer tritt bei den genannten Strömen im Juni und Juli, alſo im Südwinter,
ein, das Hochwaſſer im Oktober bis März.
Länderkunde, Süb- und Mittelamerika, 3. Aufl. 11
162 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Der Tapajbs entſpringt mit vielen Quellflüſſen auf dem Hochlande zwiſchen 60 und
55° weſtl. Länge. Unter dieſen Quellflüſſen kommt der 275 m breite Juruana im Weſten
von der Serra dos Parecis, der 460 m breite Arinos im Oſten aus der Serra Mazagäo.
Nahe 10° ſüdl. Breite vereinigen ſie ſich zum Tapajds, der nun viele Stromſchnellen und
den 9 m hohen Salto Auguſto bildet. Dann folgt eine ruhigere Strecke bis zur Mündung
des von Oſten kommenden, bis 9° ſüdl. Breite bekannten, im Unterlaufe 500 m breiten Rio
Sao Manoel oder das tres Barras, der wahrſcheinlich als Paranatinga (Weißwaſſer) nahe
dem Kingu entſpringt. Eine zweite Reihe von Katarakten mit der Cachoeira de Apus ſperrt
den Tapajds unter 414° ſüdl. Breite.
Der Xingu fließt ebenfalls aus mehreren großen Quelladern zuſammen, einer weſt—
lichen, dem 300 m breiten Ronuro (Tafel 6, Abbildung 1), einer öſtlichen, dem 400 m breiten
Kuliſehu, und dem kleineren Batovy in der Mitte. Unter 12“ ſüdl. Breite vereinigen ſich
dieſe drei Quellflüſſe zum Xingu, der hier 500 m breit iſt, aber bis zu 1000 m breit wird und
unter dem 10. Breitengrade den erſten großen, 2—3 m hohen Martius-Katarakt bildet, dem
eine Reihe weiterer Fälle und nach einer ruhigeren Strecke unter 8° ſüdl. Breite wieder eine
Menge von Stromſchnellen folgen. Auf 400 —500 m verſchmälert und zwiſchen Felſenufern
eingeengt, gewinnt der Kingu hier den Charakter eines Bergſtromes. Die Gegend erinnerte
K. v. d. Steinen etwas an den Trollhätta, „ſtille, tote Natur, nebelumflorte, ſanft ge—
bogene Bergrücken, ſteinwallumgürtete Inſelchen und der Uferzug des Waldes“; die be—
nachbarten Höhen betragen dort teilweiſe 200 m über dem Fluſſe. „Zuweilen Bilder wie
an einem Schweizer See mit ſteilem Waldufer, das Waſſer flaſchengrün, auch totes, ſteiniges
Cachoeira-Terrain mit den dürren Bäumen im Walde.“ Zwiſchen dem 7. und 4. Grad ſüdl.
Breite liegt wieder eine ruhigere Strecke; der Fluß iſt majeſtätiſch breit, von vielen Riffen
durchzogen, oft nur 1 m tief, der Boden Sand und Fels. Bei Piranhaquara beginnt aber
der Abſturz von den äußerſten Stufen des Tafellandes, und der größte Katarakt des
Stromes liegt nahe 4° ſüdl. Breite. Erſt unter 3“ hören die Stromſchnellen auf, und der
faſt 8 km breite inſelreiche Xing vereinigt ſich mit dem Amazonas bei Porto de Möz.
Das öſtlichſte große Stromſyſtem zeigt uns einen Doppelfluß, den Araguaya—
Tocantins. Der Araguaya, der zweitgrößte ſüdliche Nebenfluß des Amazonas, iſt größer,
waſſerreicher und beſſer ſchiffbar als der Tocantins, deſſen Name aber doch auf das ganze
Stromſyſtem übergegangen iſt. Seine Quellen ſind noch nicht beſucht worden. Als Rio
Grande entſpringt er auf der Serra Cayapoö, fließt wie der Tocantins im allgemeinen in
nördlicher Richtung und nimmt unter 12“ ſüdl. Breite den noch recht wenig bekannten, an-
geblich auf 500 km ſchiffbaren Rio das Mortes auf, der unter 16“bſüdl. Breite im Gebiete
der gefürchteten Cayapö-Indianer zu entſpringen ſcheint. Bereits vor der Aufnahme dieſes
Fluſſes teilt er ſich aber in zwei Arme, welche die große Inſel Bananal umſchließen, und
behält dieſe Teilung auf die Strecke von 400 km bei. Von dieſen Armen, Furos, iſt der
linke der größere, der rechte verſiegt zuweilen in der Trockenzeit. Nach Vereinigung der
beiden Arme bildet der Strom bei der erſten Anſiedelung, Prezidio de Santa Maria, den
erſten Katarakt, dem nun eine ganze Reihe weiterer folgen, und bei Sao Joao de Araguaya
vereinigt er ſich, 1750 m breit, mit dem Tocantins. Bei Leopoldina, von wo aus der Ara-
guaya auf 1000 km mit Dampfern befahren werden kann, beträgt die Breite des Stromes
500—1700 m, die Tiefe 4,7 m. Zur Regenzeit überſchwemmt er weithin die tonigen und
mergeligen Ufer. Nebenflüſſe erhält er nur von links, nämlich den Criſtallino, das Mortes,
Zentralbraſilien: Klima, Pflanzen- und Tierwelt. 163
Tapirapé und Tocaiuna⸗Paraupeba, da der nahe Lauf des Tocantins auf der rechten Seite
die Ausbildung von Nebenflüſſen erſchwert.
Der Tocantins entſpringt mit zwei Quellarmen auf der Serra dos Pyreneos im
höheren archäiſchen Gebirge und fließt in nördlicher Richtung; zuletzt macht er eine Schwen—
kung nach Weſten, die ihn raſch dem Araguaya zuführt, und erreicht dieſen bei So Francisco
mit einem dreiarmigen Delta. Bis Porto Nacional unter 11° jüdl. Breite wird der Tocantins
mit Booten befahren, ſeine Breite beträgt aber nur 400 m. Im Unterlauf hat auch er auf
einer Strecke von 300 km Katarakte, im Mittellauf wird er unter 12° ſüdl. Breite vollkommen
unfahrbar. Auch unterhalb der Vereinigung der Zwillingsſtröme ſtürzt die vereinigte Waſſer—
maſſe noch über zahlreiche Stromſchnellen und wird erſt nach Überwindung der Itaboca—
Katarakte (27 m Fall auf 10 km) für die Dampfſchiffahrt geeignet.
p) Klima, Pflanzen- und Tierwelt.
Über das Klima Zentralbraſiliens liegen Beobachtungsreihen nur von drei Stationen
vor und aus dieſen auch nur von wenigen Jahren, ſo daß unſere Kenntnis desſelben auf ſehr
ſchwachen Füßen ſteht.
Wärmſter Kühlſter Regen
. 2
| Jahr | Monat Monat Sn u
Cuyaba (15° 36“, 225 m) 26,0° 26,80 23,30 3,50 1425
Araguaya (15° 3“, 490 m). 24,70 26,2° 23,40 3,20 .
San Antonio (90 67, 50 m) 25,70 29,40 22,60 6,89 2318
Sieht man von San Antonio an den Stromſchnellen des Madeira ab, jo iſt die Jahres⸗
ſchwankung mit 3—4“ noch gering, aber größer als in gleicher Breite an der Küſte. Das Jahr
hat im Mittel 26— 24,5, der wärmſte Monat 26—27°, der kühlſte 22— 23,50 Mittelwärme.
Die normalen Werte wird wohl Araguaya bieten, weil Cuyabä mit 225 m Seehöhe um
mehrere hundert Meter tiefer liegt als das braſiliſche Hochland. Die wärmſten Monate ſind in
Araguaya der September und der März, in Cuyabä der Februar, die kühlſten in Araguaya
der Juli, in Cuyabä der Juni. Jedenfalls iſt das Klima Zentralbraſiliens infolge der Höhen
kühler, und es treten auch die Friagem de Sao Jodo zu Johannis, für gewöhnlich allerdings
erſt im Juli und Auguſt ein. Die Temperaturſchwankungen ſind ſelbſt in dem tief gelegenen
Cuyabäã groß, ein Maximum von 40° ſteht einem Minimum von 8° gegenüber, die Differenz
beträgt ſomit 320. Es gibt alſo heiße Regenzeiten und kühle Trockenzeiten, und ſelbſt die mitt-
lere tägliche Schwankung erreicht faſt 12%. Man hat auf den Chapadas bei Cuyabä die Tem-
peratur bis 6° herabgehen ſehen, und in größeren Höhen ſollen Temperaturen unter Null
erreicht werden. In Pyrenopolis oder Meia Ponte, alſo in der Breite von Cuyaba, aber
m Quellgebiete des Tocantins, ſoll die mittlere Jahrestemperatur 18—20° betragen, aber
auch hier kommen ſehr tiefe Temperaturen vor, jo nach Cruls am 12./13. Juli 1892 bei
Cataläo in der Fazenda de Marianno dos Caſados —,5°; es iſt daher nicht verwunderlich,
wenn zuweilen berichtet wird, daß Reif und Eisbildung die Vegetation geſchädigt hätten.
Dieſe ſtarken Abkühlungen werden durch Winde aus dem ſüdlichen Quadranten
hervorgebracht, beſonders durch kalte Südweſt- und Südoſtwinde; wahrſcheinlich ſind dieſe
nichts anderes als der zur Trockenzeit über den Süden Braſiliens wehende Südoſtpaſſat,
der lokal oder durch den Einfluß der Kordilleren Bolivias nach Südweſt abgelenkt wird, oder
11*
164 Das ungefaltete Land des Oſtens.
aber ſie entſtehen durch Aſpiration ſeitens der wärmeren äquatorialen Teile Zentralbra⸗
ſiliens. In der Regenzeit treten umgekehrt Nordweſtwinde beſonders häufig ein, entſprechend
dem Sonnenſtand über der Südhalbkugel.
Das Jahr zerfällt in eine Trockenzeit und eine Regenzeit, nämlich ein Halbjahr
mit Regenmangel und Blattfall, Dürre und Sonne von Mai bis September und eins mit
tropiſchen Sommerregen von Oktober bis April, in dem beinahe neun Zehntel der Nieder-
ſchläge fallen. Im zentralen Matto Groſſo iſt die Dürre während der Trockenzeit ſehr groß.
„Der Himmel“, ſagt K. v. d. Steinen, „gleicht einer bläulichen Milchglasglocke. Von den
Blättern blinkt der Tau, dem dieſe ſkrofulöſe Natur ihr Daſein ſchuldet; die verkrüppelten
Bäume werfen lange, ſchmale Schatten über das braunrötlich verfärbte Gras. Die Luft
iſt unbewegt, keine Halmſpitze zittert, man fühlt, wie ſie ſich langſam erwärmt.“ Nach
Ehrenreich tritt die Trockenzeit in Matto Groſſo bereits im Mai ein und dauert bis Ende
September; in der zweiten Hälfte des Oktober ſetzen die Regen ſtärker ein und halten mit
kurzen Unterbrechungen vom Dezember oder Januar bis in den April hinein an. Weiter
nach Oſten gegen Goyaz verſchieben ſich dieſe Perioden, die Trockenzeit dauert vom Juni
bis zum Oktober.
Am unteren Kingu verſchiebt ſich die Regenzeit nach Clauß noch um einen weiteren
Monat, Januar bis Juni, ſo daß alſo hier regelmäßige Herbſtregen fallen, denen wahrſchein—
lich eine Frühjahrsregenzeit zuzugeſellen iſt. Danach wären wir hier bereits in das Gebiet
mit doppelter Regenzeit gelangt. Zugleich hören die Kälterückfälle auf oder nehmen doch
wenigſtens ab, und das Klima wird nach und nach heißtropiſch. Es muß daher anſcheinend
das Klima des nördlichen Zentralbraſilien von dem des ſüdlichen unterſchieden werden;
letzteres hat ſcharf geſchiedene einmalige Regenzeit und Trockenzeit mit ſtarken Temperatur-
gegenſätzen, erſteres wahrſcheinlich zwei Regenzeiten und gleichmäßigere Wärme während
des ganzen Jahres; die Grenze liegt etwa unter 12° ſüdl. Breite. Die Regenmenge des
Jahres beträgt zu Cuyaba nur 1425 mm, der regenreichſte Monat iſt der Januar mit 270,
der trockenſte der Juli mit 4 mm.
Die Vegetation ſetzt ſich aus drei Beſtandteilen zuſammen, die ineinander eingreifen,
den Campos, dem Caatingawald und dem tropiſchen Urwald. Ein jeder Waſſerlauf
pflegt von Urwaldſtreifen begleitet zu werden, eine jede Chapada aber trägt die Campos⸗
vegetation. Überdies entwickeln ſich alle die verſchiedenen Übergangsformen zwiſchen
Grasflur und Wald, die wir als Sertäo, Capdes, Cerrados, Capoeiras kennen; ferner bleibt
der Charakter der Campos nicht überall derſelbe, indem fie bald Sträucher, bald Bäume auf-
nehmen, bald reine Grasfluren ſind, und ſchließlich macht ſich in der Vegetation auch die
Ausdehnung Zentralbraſiliens über 12 Breitengrade geltend.
Größere, von Waſſerläufen unabhängige Urwaldkomplexe beſtehen an den weſt⸗
lichen Hauptabhängen des großen Plateaus, in Matto Groſſo an den Quellen des Sao
Lourengo, in Goyaz am Anſtieg zur Serra dos Marecos, beſonders aber in dem ausgedehnten,
von Meia Ponte bis gegen Rio Claro, ſüdlich von der Serra Dourada, ſich hinziehenden
„Dichten Walde“, Matto Groſſo, von Goyaz, der freilich jetzt an den Straßen ſchon ſehr ge—
lichtet iſt. Hier erheben ſich mächtige, ſäulenartige Stämme, darunter der Jatoba (Hymenaea
courbaril), die Mimoſee Cordia cuyabensis und die Inga edulis, umſtrickt von Lianen und
Kletterpalmen. Bambusdickichte und ſtachelige Mimoſen bilden das Unterholz. Charakte⸗
riſtiſch für alle Wälder des Inneren iſt wegen der Trockenheit ihre Armut an Epiphyten.
Zentralbraſilien: Klima, Pflanzen- und Tierwelt. 165
In großer Menge und Üppigkeit tritt dagegen eine der ſchönſten Palmen Braſiliens, die
Oaguazu (Attalea spectabilis), in dieſen Bergwäldern auf.
Der Uferwald der Flüſſe erſtreckt ſich am Araguaya-Tocantins flußaufwärts bis 170
ſüdl. Breite, am Tapajös bis etwa 13° ſüdl. Breite und unterſcheidet ſich nur wenig vom
Urwald Amazoniens, in den er an den Unterläufen der Ströme unbemerkt übergeht. Die
Bertholletia excelsa bildet nach Ehrenreich am Araguaya ſüdwärts bis Sao Joao größere
Beſtände, die Kautſchukbäume gedeihen nur bis Alcobaga. Die Aſſahypalme (Euterpe
oleracea) trifft man bis Säo Vincente, während die ebenfalls amazoniſche Javarypalme
(Astrocaryum Jauary) den 9. Grad erreicht. Noch weiter ſüdlich ſieht man am häufigſten die
Oaguazupalme, während die Buritipalme (Mauritia vinifera) und die Akuripalme (Attalea
princeps) ſeltener am Araguaya ſelbſt als vielmehr auf dem Hochlande Haine bilden, am
unteren Flußlaufe freilich in ungeheueren Beſtänden gedeihen. Auch die Inajäpalme (Maxi-
miliana regia) und die Maraja genannte Bactris setosa begleiten den Lauf des Araguaya
noch eine Strecke weit ſüdwärts.
Der Wald verzweigt ſich mit dem Netz der Waſſerläufe, indem er an ihren Ufern
emporſteigt, ſchrumpft aber dabei zu einem Galerie wald zuſammen. Je ſchmäler der
Bach wird, deſto mehr überwiegen die Buritizaes, aber gegen die Quellen der Bäche löſen
ſich auch dieſe Haine auf, die Palmen ſtehen nur vereinzelt, und jo erreichen wir die Cam—
pos. Einen anderen Übergang zu den Campos bilden die Caatingawälder, nämlich
da, wo der Boden nicht mehr das ganze Jahr hindurch genügend durchfeuchtet iſt; ſie
haben ein Unterholz in Geſtalt von Hecken ſtacheliger Mimoſen und Bromelien und ſchlanker,
zäher, dünner Schlingpflanzen.
Auf dem Übergangsgebiete zwiſchen Caatingas und Campos ſind Bäume und Sträu—
cher durch große, harte, während der Dürre abfallende Blätter ausgezeichnet; allmählich aber
ändert ſich die Baumvegetation, und die Grasflur herrſcht vor; über dem rötlichen Lehm—
grunde und weißen Sande breitet ſich ein Teppich graugrüner, haariger Grasbüſchel aus,
beſonders Paspalum-Arten, aber die Gräſer erreichen meiſt kaum Im Höhe. An manchen
Stellen bedecken Ananasbeſtände weithin den Boden, an anderen Mimoſeen, vorwiegend
Acacia dumetorum, Myrtazeen uſw., eine Buſchvegetation (Carrascos) bildend; auf
Sumpfboden gedeiht eine immergrüne Vegetation (Pantanales), meiſt im Überſchwem—
mungsgebiet der Flüſſe und dann vielfach aus Palmen beſtehend, ſonſt weſentlich aus Myr—
tazeen zuſammengeſetzt. Die Palmen treten in den Campos überhaupt zurück, und manche
hervorragende Art, wie die Copernicia (Corypha) cerifera, überſpringt geradezu die trockenen
hohen Campos und tritt erſt im Gran Chaco wieder auf.
Bilden die Campos ein Gemiſch von Grasfluren mit verkrüppelten Bäumen oder
auch von Geſträuchklumpen und Buſchwäldchen, jo werden ſie Sertäo genannt. „Meilen—
weit ſieht man“, wie Paul Ehrenreich berichtet, „nichts als verkrüppelte Bäumchen mit auf—
fallend gewundenen Stämmen, dicker, borkiger Rinde und rauhen, graugrünen Blättern,
dazwiſchen kleine Palmen, wie Cocos campestris, die Patipalme Syagrus botryofera und
andere, ferner kugelige Kakteen und dürre Gräſer. Beſonders ſeltſam erſcheinen bis 1,5 m
hohe, morgenſternartige Stauden der Gattung Paepalanthus ſowie die kronleuchterartigen,
im Frühjahr mit prächtigen weißen und violetten Blüten gezierten Baumlilien.“ Bietet
der Camp ſchon in der Regenzeit einen wenig üppigen Anblick dar, ſo iſt er zur Trockenzeit
meiſt von erſtaunlicher Ode und Einförmigkeit. „Zahlreich“, ſchreibt Karl v. d. Steinen,
166 Das ungefaltete Land des Oſtens.
„liegen welke Blätter auf dem Boden. Nicht wenige Bäume ſind nackt und kahl, von
anderen ſtehen nur noch die dünnen Stümpfe.“ Noch elender iſt die Vegetation in den
Queimados, Brandflächen, die durch ſpontane, aber häufiger durch abſichtliche Brände
entſtehen. Die Höhen über 1300 m werden durch die geſellig wachſenden Liliazeenbäume
Vellosia und Barbacena bezeichnet.
Von Nutzpflanzen werden in den tiefgelegenen Flußtälern Zentralbraſiliens alle
feuchttropiſchen angebaut, jedoch in ſehr geringer Menge. Auf den Hochflächen gedeiht
bereits der Weizen, neben Tabak und Zucker auch Kaffee. Eine Ilex Art, Ilex affinis, gibt
einen trinkbaren Tee, eine kleine knotige Melaſtomazee, der Pao de papel (Tibouchinia
papyrifera), Papier, zahlreiche Medizinalpflanzen, Koka, Saſſafras, Ipekakuanha, Icicariba,
ein Balſambaum, Arzneien, die Bäume Jacaranda, Jatoba und viele bisher unbenutztes Holz.
Die Tierwelt Zentralbraſiliens iſt noch wenig bekannt. Savannen- und Waſſer⸗
tiere (vgl. S. 175 und 144) herrſchen vor.
() Bevölkerung und Beſiedelung.
Zentralbraſilien beherbergt noch eine Anzahl von Stämmen, die auf ſehr primitiver
Kulturſtufe ſtehen. Von Karaiben hat ſich der 1884 von Karl v. d. Steinen gefundene
Stamm der Bakairi (vgl. S. 81) rein erhalten. Heute zerfallen die Bakairi in wilde und
zahme. Der materielle Kulturbeſitz der erſteren iſt ſehr gering, die letzteren, an den Quellen
des Paranatinga und Arinos, tragen europäiſche Kleidung und pflanzen Mais, Maniok,
Bohnen, Reis, auch Tabak und Zucker, durchbohren aber noch Ohrläppchen und Najen-
ſcheidewand. Am Kuluene ſitzen die Nahuquä, am Zuſammenfluß des Guaporé mit dem
Baures die Palmella, 400 an der Zahl, mit einer dem Makuſchi Guayanas ähnlichen
Sprache. Endlich gehören zu den Karaiben die Yaruma am Paranayuba, die vielleicht mit
den Yuma identiſchen Arära zwiſchen dem unteren Kingu und dem Madeira ſowie die
Apiakä am unteren Tocantins. Nach der Anſicht K. v. d. Steinens ſollen in dieſen Gegenden
die Urſitze der Karaiben liegen.
Zu den Aruak find die Parecis und Kabiſchis an den Quellen des Tapajös zu
rechnen. Die Parecis ſind infolge des Einfluſſes der braſiliſchen Bergleute von Diamantino
bereits halb ziviliſiert, ſammeln jetzt Ipekakuanha in den Wäldern und verkaufen Hänge-
matten und Körbe an die weißen Anſiedler. Am Guaporé und Baures ſitzen die Baure, am
Kingü die Waurä und Mehinaku ſowie die Kuſtenau. Dieſe ſind mittelgroße Leute von
kräftigem Körperbau; die Männer ſind auf dem Rücken, die Frauen an den Oberarmen täto⸗
wiert, den Vorderkörper und die Mitte des Geſichts ſchwärzen ſie bisweilen mit öligem Ruß.
Tupi ſitzen von den Xingüquellen nach Nordoſten, nämlich die Kamayurä, Tapi-
rapé und Guajajara, letztere ſchon an der Grenze gegen Maranhäo. Sie haben gleich-
artige Sprachen und bilden den Übergang zu den Küſtentupi. Am unteren Tocantins
hauſen in den Urwäldern die noch faſt ganz unbekannten Stämme der Pacaya und Ja—
cundä ſowie die Anta oder Tapiranya. Alle dieſe gehören, wie auch die Apiakä des
mittleren Tapajbs, zu den reinen Tupi. Demgegenüber ſind die unreinen Tupi zwar
weniger zahlreich an Stämmen, wohl aber bedeutender an Volkszahl und Macht. Man
rechnet jetzt dahin die Auetö und Manitſaua am oberen, die Yuruna am mittleren king
und die Mundurukü am Tapajds, früher am Madeira. Die Puruna ſcheinen ſeit der Mitte
des 19. Jahrhunderts vom 3. bis 8. Grad ſüdl. Breite flußaufwärts gezogen zu ſein. Ihre
Zentralbraſilien: Bevölkerung und Bejiedelung. 167
Dörfer beſtehen aus kunſtloſen Strohhütten, die von allerlei gezähmtem Getier belebt ſind.
Ihre Körpergröße iſt gering, die Naſe gebogen, Augenbrauen und Schläfenhaare ſind raſiert,
die Wimpern ausgeriſſen. Sie tragen ſchöne, meiſt grüne Federhauben und als Waffen vier—
kantige Bogen von 2 m Länge mit leichten Pfeilen; ihre Kanus können bequem bis zu zehn
Perſonen aufnehmen. Die Nahrung der Yuruna bejteht weniger in Fiſchen als in Vege—
tabilien, Bananen, Mais, Maniok, Bataten, Mamon, Nüſſen uſw.
Die weſtlichen Ges ſind die von Karl v. d. Steinen 1884 gefundenen Suyä am
mittleren Xingu. Sie ſind ſchlank, kräftig, von gelblicher Farbe, haben eine hohe Stirn,
ſchmale gerade Naſen, ſpärlichen Bartwuchs und tragen Lippenpflöcke und Ohrrollen. Die
Kleidung der Männer beſteht faſt nur aus Kopfbinde und Federſchmuck, die Waffen ſind
ſchwere platte, 140 em lange Keulen, Lanzen, Bogen und Pfeile. Ihre Hütten find bienen-
korbähnlich, ihre Geräte anſehnlich. Die Suyä werden auch als weſtliche Cayaps be-
zeichnet, gegenüber den nördlichen und ſüdlichen Cayapö, von denen die erſteren am unteren
Araguaya, am Tocantins und bis weit nach Maranhäo hinein, die letzteren zwiſchen dem
Parana und dem oberen Araguaya im Sertäo von Camapuan wohnen. Die nördlichen
Cayapo ſind auf dem rechten Ufer des Tocantins bereits angeſiedelt, während die freien
Cayapö nur ſelten in die Dörfer kommen. Sie wurden im Weſten des mittleren Araguaya
1908 von F. Krauſe genauer erforſcht.
Unter dem Namen Chavantes und Cherentes ſind die Akuä bekannt. Nach
Ehrenreich wurden ſie an den Ufern des Tocantins, wo ihre Sitze zur Zeit der Entdeckung
waren, allmählich gezähmt und angeſiedelt. Weſtlich des Araguaya aber leben noch heute
die wilden Akuä am Rio das Mortes, ein bisher noch ganz urſprünglicher Stamm, der von
jeher im Ruf der Streitluſt und Gewalttätigkeit ſtand. Sie ſind ſchön von Geſtalt, von
ſehr heller Hautfarbe und hoch gewachſen.
Auch die Borord zwiſchen dem Rio Cuyabä und dem Paranahyba können den Ges—
Völkern noch zugerechnet werden. Sie ſind ausgezeichnet durch ihre Körpergröße und treiben
vorwiegend Jagd und Fiſcherei, aber weder Schiffahrt noch Ackerbau. Auch kennen ſie die
Hängematte nicht, wohl aber verſtehen ſie kunſtreiche Schmuckſachen und Waffen anzufertigen.
Unſicherer Zugehörigkeit und iſoliert in ihrer Sprache ſind die Karayä und ihre
Unterabteilungen, die Shambiſa und Savajé, d. h. Wilden, beide an der Inſel Bananal
des Araguaya. Sie erinnern in ihrer durch prachtvolle Feder- und Flechtarbeiten aus⸗
gezeichneten verhältnismäßig hohen Kultur an die Stämme Guayanas, mit ihren Masken—
tänzen an die durch den Duk-Duk bekannten Bismarck-Inſulaner. Ihre Zahl iſt ziemlich
bedeutend, 3—4000, ſie wohnen in etwa 20 Dörfern. Schiffahrt und Fiſcherei ſind die
Hauptbeſchäftigungen, der Ackerbau iſt gering. Endlich mögen noch die Trum ai am oberen
Kingu erwähnt ſein, deren Männer klein, häßlich und krummbeinig ſind, während die Weiber
in der Jugend oft hübſch und daher Gegenſtand der Beutezüge der Suya jind.
Die Beſiedelung. Die nichtindianiſche Bevölkerung beſteht zum Teil aus
Farbigen, beſonders in Matto Groſſo, zum Teil aus Miſchlingen zwiſchen Indianern, Ne—
gern und Weißen, ferner aber aus Weißen, den Nachkommen der ſeit 1680 eingewanderten
Pauliſtaner (vgl. S. 20). Von den erſten Anſiedelungen haben ſich Diamantino und Villa
Bella oder Matto Groſſo ſowie Goyäaz zeitweiſe zu volkreichen Städten entwickelt; die Stadt
Matto Groſſo ſoll 20000 Einwohner gehabt haben. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts
aber gaben die Minen nicht mehr den gewünſchten Ertrag; ganz Zentralbraſilien geriet
168 Das ungefaltete Land des Oſtens.
in argen Verfall, die Anſiedelungen verſchwanden, der Handel ging völlig zurück, die wenn
auch beſchwerlichen Verkehrswege auf den Flüſſen, z. B. dem Guaporé-Madeira und dem
Tapajbs, ſowie die Landwege verfielen, und der Rio Paraguay wurde durch Paraguays
abſchließende Politik geſperrt. Erſt nach der Niederwerfung Paraguays im Kriege von 1865
bis 1870 iſt ein Aufſchwung aus dieſen traurigen Verhältniſſen eingetreten, aber faſt nur im
Gebiet von Cuyabaͤ. Denn man darf nicht vergeſſen, daß hier die einzige Ausgangspforte
aus dem Inneren beſteht, die ohne große Schwierigkeiten zu paſſieren iſt; alle von Cuyabaͤ
entfernter gelegenen Gebiete ſind nach wie vor tot. Eine Beſſerung iſt erſt zu erwarten,
wenn die beiden großen Eiſenbahnbauten vollendet fein werden, die Corumbaͤam Paraguay
mit dem Parana und Sao Paulo und ferner einen Punkt am Araguaya, wahrſcheinlich
Leopoldina, mit Goyaz und Cataläo verbinden ſollen. Sie werden den Süden und Oſten
Zentralbraſiliens auſſchließen, während für den Norden eine Bahn von Alcobaga am To—
cantins nach dem nördlichen Endpunkt der Schiffbarkeit des Araguaya geplant iſt. An der
erſtgenannten Bahn wird bereits eifrig gearbeitet, ſo daß der Zuſammenſchluß der vom
Paraguay und vom Parana ausgehenden Strecken in wenigen Jahren zu erwarten it.
Einſtweilen iſt die Beſiedelung von Matto Groſſo und Goyaz noch äußerſt gering, und
die natürlichen Hilfsquellen in beiden Staaten find erſt noch zu entwickeln. In Matto
Groſſo hat die Vernichtung des Bergbaues die Arbeitskräfte aus dem Lande getrieben.
Gold, Kupfer, Eiſen ſind ohne Zweifel reichlich vorhanden, werden aber zurzeit nicht ab-
gebaut. Auch Diamantengruben würden bei beſſeren Verkehrswegen wohl wieder geöffnet
werden können. Kakao, Vanille, Kautſchuk und Ipekakuanha ſind die Produkte des Waldes,
nahe Cuyabaͤ gedeiht etwas Kaſſee, und am Miranda und Coxipo bieten große Wälder von
Mate (Ilex paraguayensis) gute Ausſichten für die Zukunft. Auch das Zuckerrohr gibt vor—
zlgliche Ernten, doch fehlt es an Händen und Geld zu umfangreicherem Betriebe. In den
Militärkolonien werden Mais, Reis, Zucker, Maniok und Bohnen gepflanzt. Größere Aus—
ſichten auf Blüte dürfte die Viehzucht haben, da die ungeheueren Campos Platz für rieſige
Herden bieten und das Gewerbe weniger Arbeitskräfte erfordert als der Ackerbau. Nach
N. b. Ihering werden die Eſtancias in Matto Groſſo nach sesmarias = 13330 ha gerechnet,
und viele haben eine Fläche von 3—20, die der Familie Malteiros am Paraguay ſogar
60 70 sesmarias, alſo bis zu 900000 ha, auf denen 80000 Stück Vieh leben. Vieh iſt daher
auch der wichtigſte Ausfuhrgegenſtand von Matto Groſſo, und dazu kommen Herva Mate,
Häute, Drogen, Diamanten, etwas Gold, am Amazonas das Guarana, eine ein gutes Getränk
gebende, aus dem gepulverten Samen der Paullinia sorbilis gewonnene Paſte. Die Aus—
fuhr aus Matto Groſſo, hauptſächlich alſo von Cuyabä, hatte 1910 immerhin den Wert von
6167000, die Einfuhr dahin von 5633000, der Handel von 11800000 Mark, jo daß Matto
Groſſo die neunte Stelle in der Handelsliſte der braſiliſchen Staaten einnahm.
Der ganze Norden enthält nur winzige Anſiedelungen von Indianern und einigen
Weißen an den Ufern der Flüſſe, ein paar Hurung-Dörfer am Kingu, ſpärliche Siedelungen
am Madeira, darunter San Antonio, den Ausgangspunkt der Eiſenbahn zur Umgehung der
Stromſchnellen, und Guajara-mirim, deren Endpunkt. Am Tapajbös beſtehen meiſt nur ver—
ſtreute Einzelhäuſer, die volkreichſte Siedelung iſt die des Auguſto da Coſta mit 40 Be—
wohnern. Am Alto Tapajds lebten 1895 nach Coudreau nur 74, am Rio Sao Manoel 152
ziviliſierte, im ganzen am Tapajös oberhalb Itaituba nur 1680 ziviliſierte Bewohner, außer—
dem 1460 Mundurukü und 100 Apiakä. Nur zwei Sammelplätze hat die Bevölkerung in
Zentralbraſilien: Bevölkerung und Beſiedelung. 169
Matto Groſſo, am oberen Guaporé und am oberen Cuyaba. Am oberen Guaporé war Villa
Bella oder Matto Groſſo ſeit 1737 eine rege Bergſtadt, jetzt iſt es ein elendes Dorf von
kaum 1000 Einwohnern; berüchtigt wegen ſeiner Fieber, würde es ſich ohne den hineingeleg—
ten Militärpoſten wohl ganz auflöſen. Am oberen Paraguay treibt Säo Luiz de Cäceres,
früher Villa Maria, lebhafte Viehzucht und beſitzt auch Eiſenerzlager. Am Säo Lourengo
hat die Regierung ſeit 1875 ſechs Militärkolonien zur Förderung des Ackerbaues angelegt,
darunter Sao Lourengo. Die alte Bergſtadt Diamantino iſt jetzt verfallen. Am Rio
Cuyabä liegen Roſario und Cuyabä. Cuyaba entſtand am Anfange des 18. Jahrhunderts
aus einer Goldwäſche im Gebiete der gleichnamigen Indianer und gedieh leidlich; 1820
wurde es an Stelle von Villa Bella Hauptort der Provinz, entwickelte ſich aber erſt ſeit der
Begründung der Dampfſchiffahrt auf dem Paraguay und iſt ſeit 1833 auch Biſchofsſitz. 1817
hatte es nur 2000, heute angeblich 34000 Bewohner, meiſt Farbige. Die Häuſer ſind aus
Lehmziegeln aufgeführt und mit Ziegeln gedeckt, ſehen aber trotz ihrer Armlichkeit ſauber und
gut aus, die Straßen ſind hügelig, das Pflaſter halsbrechend. Am Rio Miranda liegt inmitten
von Matéwäldern Miranda. Corumbä wird nach Eröffnung der Bahn wichtig werden.
Im Staate Goyaz iſt bisher vorzugsweiſe Viehzucht betrieben worden, die auf dem
ſtellenweiſe ſalzigen Lehmboden recht ausſichtsvoll iſt, aber ſehr primitiv ausgeübt wird;
immerhin werden, im Gegenſatze zu Matto Groſſo, Pferde und Maultiere gezüchtet und für
40—80 Mark nach Matto Groſſo verkauft. Ausgeführt werden Häute ausſchließlich nach
Parä. Der Ackerbau genügt nach Paul Ehrenreich „kaum für den eignen Bedarf; ex—
portiert wird nur Tabak, der hochgeſchätzt iſt. Kaffee gedeiht vortrefflich, und ſeine Kultur
iſt in den ausgedehnten Walddiſtrikten der ſüdlichen Hochebenen noch bedeutender Entwicke—
lung fähig“; Zucker wird ebenfalls angebaut und verarbeitet. Die Induſtrie beſchränkt ſich
auf Herſtellung von Zigaretten, Butter, Käſe, Zucker, Getränken. Der Bergbau kann erſt
nach Eröffnung beſſerer Verkehrsmittel lohnen, wenn auch heute bereits Mineralien aus—
geführt werden, z. B. Aſbeſt und Pyroluſit.
Die reichſten Goldminen liegen teils in der Nähe der Hauptſtadt bei Anicuns, Rio
Claro, Ouro fino und Santa Rita, teils auch im Norden und Weſten bei Pilar, Boa Viſta,
Bomfim und endlich am oberen und mittleren Tocantins, wozu neuerdings noch der Rio
Bonito, der obere Araguaya und der Cayapofinho getreten find. Überdies kommt Gold
im Canga, im Flußſand und im Schutt der Berggehänge vor, meiſt aber in Quarzgängen
im Glimmerſchiefer, Diamanten bei Agua Suja in Minas, doch findet keine rationelle Aus—
beute ſtatt. Sehr reines Eiſenerz erſcheint in einer Mächtigkeit bis zu 30 m im Tonſchiefer
und Sandſtein, Kaolin bei Cataläo, ferner Serpentin und Marmor.
Leider entbehrt Goyäz noch völlig einer günftigen Verbindung nach der Küſte. Um
1900 brauchte der Poſtreiter vierzehn Tage bis zur nächſten Eiſenbahnſtation Überaba;
heute iſt Cataläo von der Eiſenbahn erreicht, und deren Fortſetzung über Goyaͤz nach Leopol—
dina ſteht in Ausſicht. Die beiden Ströme ſind durch Stromſchnellen geſperrt. Für den
Araguaya hat man 1868 einen Dampfer vom Piquiry über Land nach Itacaiu gebracht,
worauf dann zwei andere von Para aus folgten. Zurzeit beſteht noch das merkwürdige
Verhältnis, daß die Anwohner des Araguaya ihre Waren von Süden, die des oberen Tocan—
tins fie durch die Tocantins⸗-Dampfer von Norden beziehen. Der wichtigſte Einfuhrartikel
aus Parä iſt Salz, während nach Para Ochſenhäute, Vieh, Hühner und Paränüſſe geſchafft
werden. Die Ausfuhr von Goyäͤz beſteht aus Erzen, Vieh, Häuten, Tabak und Paränüſſen.
170 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Die Siedelungen ſind meiſt klein. Am Araguaya iſt Leopoldina als Endpunkt der
Dampfſchiffahrt der wichtigſte Ort, befindet ſich aber im Verfall; nahe der Nordgrenze liegt
Prezidio de Santa Maria. Viel beſſer beſiedelt ſind die Ufer des Tocantins von Säo Jodo
und Sao Francisco an der Nordgrenze über Imperatriz, Porto Franco, Boa Viſta, Caro-
lina, Pedro Affonſo, Thereſa Chriſtina nach Porto Nacional. Mehrere dieſer Orte gehören
jedoch zu Maranhäo, beſonders Carolina. Viehreichtum zeichnet dieſe Gegenden aus. Auf
dem Hochland liegen Flores, Fortas und Formoza ſowie Meia Ponte oder Pyrenopolis. Die
einzige Stadt von Bedeutung in dieſem Staat iſt die Hauptſtadt Villa boa de Goyäz mit
13500 Einwohnern. „Maleriſch im tiefen Talkeſſel am ſchmalen, aber reißenden Rio Ver—
melho gelegen, trägt ſie“, nach Ehrenreich, „denſelben Charakter wie alle kleinen braſiliſchen
Binnenſtädte. Die Häuſer, zum guten Teil mit Marienglasfenſtern, ſind ein-, höchſtens
zweiſtöckig und blendendweiß getüncht, in ihrer dürftigen inneren Ausſtattung die große
Entfernung des Ortes von der Welt der Dampfſchiffe und Eiſenbahnen bekundend.“ Im
äußerſten Süden liegt, ſchon auf dem Gebiet von Matto Groſſo, Santa Anna de Paranahyba,
ein weltferner Grenzplatz nahe der Mündung des Mogy Guazuͤ.
Der bolivianiſche Anteil. Zu Zentralbraſilien iſt ſeiner Entſtehungsgeſchichte nach
auch noch das zu Bolivia gehörige Land zwiſchen dem Paraguay und Mamore einerſeits, dem
San Miguel anderſeits zu rechnen; denn geologiſch und orographiſch iſt es eine Fortſetzung
der braſiliſchen Maſſe, hydrographiſch gehört es zum Syſtem des Madeira, der äußerſte
Süden mit dem Rio Otuquis zum Paraguay. Die Höhenzüge überſchreiten meiſt 600 m
nicht, nur ausnahmsweiſe ſteigt ein Gipfel bis 900, der Cerro Chochii bei San Joſé zu 1100 m
an. Das Klima zeigt dieſelben Grundzüge wie das Zentralbraſiliens; nach Herzog fällt die
Temperatur bei Santiago zuweilen auf 0°, und es bildet ſich Reif. Die Vegetation iſt ein
Gemiſch von Grasfluren und verkrüppelten Bäumen, wie auf den Campos. Die Einwohner
ſind Nachkommen der von den Jeſuiten im 18. Jahrhundert angeſiedelten Chiquitos, Gua—
rayos und Mojos. Leider ſind die Siedelungen ſeit der Austreibung der Jeſuiten um 177
verfallen, und die Bevölkerung hat ſich zerſtreut. Heute leben auf dieſem zu den Departa-
mentos Santa Cruz und Beni gehörigen Hügellande kaum 20000 Menſchen, die wegen un—
genügender Beſtellung der Felder oftmals Hunger leiden. Die Ortſchaften ſind daher klein,
Santiago hat nur 600 Einwohner. Eine Ausnahme machen die Kaffee, Kakao, Zucker, Baum⸗
wolle pflanzenden Dörfer San Pablo, Yaguarä, Urubicha und Yotau ſowie der Hauptort
Aſuncion (1200 Einwohner), alle am mittleren Rio San Miguel.
2. Nordoſtbraſilien.
Nordoſtbraſilien iſt von allen ſüdamerikaniſchen Landſchaften Afrika am nächſten
gelegen und beſitzt auch eine Anzahl von Eigenſchaften, die es den afrikaniſchen Gebieten in
vieler Beziehung nähern. Die Zerſplitterung in kleine Landſchaftsgebiete, deren jedes eine
beſondere politiſche Einheit bildet, das trockene Klima, der Mangel eines großen Strom—
gebietes, das Vorkommen von Varietäten der afrikaniſchen Weinpalme (Raphia vinifera)
und der hohe Prozentſatz an Negern in einzelnen ſeiner Staaten erinnern ſtark an Afrika.
Über die Begrenzung Nordoſtbraſiliens ſind verſchiedene Anſichten möglich. Gegen Zen—
tralbraſilien bilden die Serras das Coroadas, Mangabeira, Vermelha und Gurgueia, die
Waſſerſcheide gegen den Tocantins und den Sao Francisco, eine geeignete Grenze; im Nor-
den iſt der Grenzfluß gegen Parä, der Rio Gurupy, dazu paſſend, aber im Süden beſtehen
Nordoſtbraſilien. 171
Zweifel. Die Waſſerſcheide gegen den Rio Sao Francisco zieht in Form der Serras do
Piauhy und dois Irmäos zwiſchen Piauhy und Bahia-Pernambuco, aber das trockene Klima
und die Vegetation bleiben auch in Pernambuco ähnlich, da hier die Campos des Inneren
die Küſte erreichen und erſt ſüdlich vom Rio Säo Francisco wieder Küſtenwälder erſcheinen.
Da außerdem die Waſſerſcheide nördlich des letzteren nur ſchwach ausgeprägt iſt und auch
Pernambuco und Alagoas wirtſchaftlich den Landſchaften Nordbraſiliens gleichen, die
Zucker, Baumwolle, Reis, Tabak bauen, im Inneren Viehzucht, aber wenig Bergbau treiben,
während der Kaffeebau hier noch keine Rolle ſpielt, ſo ſchließe ich Pernambuco und Alagoas
mit ein. Da die Oberflächengeſtalt es nicht zur Ausbildung eines einheitlichen Strom—
gebietes kommen läßt, ſo iſt Nordoſtbraſilien auch politiſch zerſplittert. Es nehmen an Nord—
oſtbraſilien teil:
Staaten OKilometer Einwohner Dichte
CCCCCCPCC er as 459 884 600000 1,3
e a ee ann 301797 450000 1,5
FFF 104250 1000000 9
Nie Grande do Norte 57485 480.000 8
BORUBHDaEEN ET re 9. 74731 650000 8
Penn rk: 128 395 1650000 12
ee a ED ER 58491 800 000 14
Nordoſtbraſilien 1913: 1185033 5630000 5
Nordoſtbraſilien hat alſo die Größe von Colombia, iſt aber etwas ſtärker bevölkert.
Vom Amazonas gegen den Sao Francisco nimmt die Beſiedelung deutlich zu, aber die
mittlere Volksdichte überſteigt doch noch nicht 5. Ohne Pernambuco und Alagoas hätte
Nordoſtbraſilien auf 1000000 qkm 3180000 Einwohner, alſo eine Volksdichte von nur 3.
Das Land. Die phyſiſche Geographie von Nordoſtbraſilien iſt noch wenig bekannt.
Ein Grundgebirge von Granit, Syenit, Gneis und kriſtalliniſchen Schiefern iſt im Inneren
mit Sedimentgeſteinen bedeckt, beſonders im Parnahyba-Becken, das eine großartige Sand—
ſteinbildung der Kreidezeit it. Auch in Ceara tritt Jura und Kreide auf, und zwiſchen
Pernambuco und Parahyba erreicht die Sandſteinformation die Küſte; endlich zeigt ſie ſich
in den Provinzen Pernambuco und Alagoas am Rio Sao Francisco. Tertiäre und quartäre
Bildungen umſäumen die Küſte vom Amazonas bis gegen Natal und wieder zwiſchen Per—
nambuco und der Mündung des Rio Sao Francisco. Die Verwitterung greift 10 —20 m tief,
und der Boden iſt im Sertäo von Ceara weithin mit Quarz bedeckt. Die der Kreide zuge—
hörigen Gebiete laſſen auf ihrer Oberfläche oftmals Salzausſcheidungen erkennen, die für
die Entwickelung der Viehzucht in Maranhäo, Piauhy und Ceara ſehr wichtig geworden
ſind. Daneben kommen Gips, Alaun, Ocker, Salpeter vor. Im übrigen ſind die Nordoſt—
ſtaaten nicht reich an nutzbaren Erzeugniſſen des Bergbaues. Das Kupfer von Maranhäo
wird noch nicht ausgebeutet, in Cearä finden ſich Eiſenlager am Rio Cangatt, Gold und
Amethyſte im Glimmerſchiefer.
Die Orographie des nordöſtlichen Braſilien iſt noch wenig aufgeklärt. Im ganzen
liegt wohl ein welliges Hügelland vor, aus dem einzelne Ebenen und ausgeprägte Höhen—
züge hervortreten. Die Ebenen erſtrecken ſich beſonders im Becken des Parnahyba und
fallen hier anſcheinend mit der Ausdehnung der Kreideformation zuſammen; ſomit erfüllen
ſie auch den Weſten von Cearä und den Süden von Maranhäo, namentlich aber Piauhy. Es
ſcheint jedoch, als ob dieſe Ebenen in Form von Tafeln gegen die Waſſerſcheiden aufſtiegen
172 Das ungefaltete Land des Oſtens.
und hier und da dieſe ſelbſt bildeten. Wahrſcheinlich nimmt die Ebene den größten Teil der
ſogenannten Serras auf der Waſſerſcheide ein, die Serras da Cinta, das Coroadas, do
Negro, das Mangabeiras und Gurgueia, Höhen von 800-1000 m, die nur wenig über das
benachbarte Land emporragen. Was von dieſen Serras zu halten iſt, zeigt deutlich Martius'
Übergang über die Serra dois Irmäos. Faſt unmerklich überſchritt der Reiſende ein niedriges
Joch, Boqueiräo, zwiſchen flachen, mit Kakteen beſtandenen Hügeln, in 400 m Höhe. Er nennt
die Waſſerſcheide ſelbſt ein breites, ſanft anſteigendes Tafelland. Anſcheinend teilt ſich die
Serra dois Irmäos bei Ouricury in zwei Aſte, deren nördlicher als Serra Arari, Serra da
Miſſäo, Serrania und Serra Grande das Meer an der Mündung des Parnahyba erreicht;
er trennt deſſen Stromgebiet und damit Piauhy von dem Syſtem des Jaguaribe in Cearä.
Der ſüdliche Aſt hat größere Höhen als der ganze übrige Nordoſten; bei Triumpho ſind die
Berge über 1000 m und bei Brejo ſogar 1200 m hoch; hier ragt das archäiſche Grundgebirge
aus den Kreideſedimenten hervor.
Überhaupt wird die Landſchaft bei der Annäherung an die Küſte friſcher und ab—
wechſelungsreicher. Von Parahyba nach Rio Grande do Norte zieht eine Stufe des ar—
chäiſchen Gebirges unter dem Namen Serra Borborema, und durch Cearä verlaufen
weitere Terraſſenränder als Serra do Machado und Serra Boticario. Nach F. Katzer haben
die 700—900 m hohen Granit- und Gneisgebirge im Inneren von Cearä ſanft gewölbte
Kuppen auf breiten Sockeln, aber keinen deutlichen Kamm. Der größere Teil des Landes
it flachwelliger Sertäo von 150 m Höhe, über den 100 —200 m hohe Berge aus Syenit,
Granit und Gneisgranit hervorragen. Obwohl ihre Höhe über der welligen Hochfläche nicht
bedeutend iſt, wirken ſie doch wegen ihrer Glockenform und ihrer Schroffheit maleriſch und
großartig. Ihre Formen ſind Grate, Türme, Zinnen, Mauern, und die Eroſion hat ihnen
Karren, Pfannen, Becken, Wannen und Keſſel eingeprägt, die ihnen ein ungemein charakte—
riſtiſches Anſehen verleihen. Das leicht gewellte Innere enthält ziemlich viel Waſſer, ver—
wandelt ſich aber in der Trockenzeit in eine Stein- und Sandwüſte, und Steinfelder ſind häufig.
Nahe der Küſte liegen 10—30 km breite feuchte Ebenen auf der Landſeite großer
Dünenwälle. Sie werden zur Regenzeit unter Waſſer geſetzt, zeigen aber zur Trockenzeit nur
noch Tümpel und Sümpfe. Die Dünen erreichen 60 m Höhe und ſind meiſt vegetationslos,
nur hier und da mit Kakteen, Gras und Geſtrüpp bedeckt. Vor der Küſte liegen Riffe, teils
Korallenriffe, aber auch ein großes Sandſteinriff in Geſtalt einer ſchmalen, mauerförmigen
Felsbank, die zur Ebbezeit ziemlich freiliegt, aber zur Flutzeit vom Meer überſpült wird.
Hinter ihr ankern die Schiffe in ſicheren Häfen; die Durchfahrt aber durch die engen natür—
lichen Pforten des Riffes hat ſchon manchem Schiffe das Daſein gekoſtet. Hier und da iſt
das Riff zu Hafenmauern künſtlich ergänzt und trägt dann Leuchttürme und Befeſtigungen,
wie bei Pernambuco (Tafel 6, Abbildung 2); im ganzen aber iſt es ein ſchweres Hindernis
für die Schiffahrt und den Handel.
Wie das Riff die Küſte, ſo ſperren Barren die Flußmündungen. Der bedeutendſte
Fluß iſt der Parnahyba, deſſen Unterlauf auch in der Richtung des Oberlaufes des Säo
Francisco liegt. Er entſteht aus zwei Quellflüſſen, dem eigentlichen Parnahyba und dem
Gurgueio, die an der Serra Gurgueia entſpringen und ſich unter 449 weſtl. Länge vereinigen.
Von rechts erhält er zwei bedeutende Zuflüſſe, den Piauhy-Canindé und den Poty aus der
Serra dois Irmäos und der Serrania Grande; im Unterlaufe fließt ihm der Rio Longa zu,
worauf bei Parnahyba das ſechsarmige Delta des ſtattlichen Fluſſes beginnt. Bei Säo Luiz
Braſiliſches Bergland. Tafel 6.
Nach
J. Urwald am Ronuro in Matto Groſſo.
Nach Photographie von Herrmann Meyer in Leipzig. (Zu S. 162.)
2. Der Hafen und das Riff von Pernambuco.
Therefe, Prinzeiiin von Bayern, Meine Reife in die braiilianiichen Tropen, Berlin 1897. (Zu 8. 88, 172 u. 178.)
Tafel 6. Braliliiches Bergland.
2
3. Unter- und Oberitadt von Bahia. Nach photographie. (Zu S. 191.)
4. Sabard am oberen Rio das Velhas in Minas Geraes, dahinter die Serra do Eipinhaco.
, 5
Nach Photographie. (Zu S. 195.)
Nordoſtbraſilien. 173
münden ferner die Flüſſe Itapicuru und Guajahü mit dem Pindaré und Mearim. Der
Guajahu iſt der Hauptfluß dieſes Flußſyſtems; er entſteht ſehr nahe dem Tocantins bei
Carolina, fließt durch niedriges Land zum Meer und nimmt von rechts den Mearim auf,
von links an der Mündung den Pindaré aus der Serra da Desordem. Der Guajahuü leidet
an der Mündung noch unter der Pororoca des Amazonas (S. 132). Der Itapicuru ent-
ſpringt nicht weit vom Parnahyba, an der gleichnamigen Serra, ſtrömt öſtlich und wendet
ſich bei Caxias nördlich. Von hier an kann er trotz ſeiner Breite von 200 m nur 20—25 m
große, beladene Fahrzeuge tragen, denn er enthält zahlloſe Sandbänke und einzelne Strom-
ſchnellen und macht viele Krümmungen. Der Fluß von Cearä tft der Jaguaribe, dann
aber decken ſich die Flußgebiete nicht mehr mit den politiſchen Bezirken, ſondern der Rio
das Piranhas durchzieht die Staaten Parahyba und Rio Grande do Norte in der Quer—
richtung. Unter den übrigen Küſtenflüſſen ſind der inſelreiche Parahyba und der Fluß von
Pernambuco, Capibaribe, die bekannteſten. Oſtlich vom Parnahyba verſiegen die Flüſſe
in der Trockenzeit, weshalb Talſperren für Bewäſſerungszwecke geplant worden ſind.
Die Grundzüge des Klimas von Nordoſtbraſilien gehen aus folgender Tabelle hervor:
zum | nr at Hees | “o
Quixeramobim (5° 16“, 207 m) 27,30 | 28,60 26,20 2,40 591
Parahyba (7 6) 26,30 27,40 25,20 2,20 142²
Pernambuco (A)... . 26,10 27,50 24,0 3,50 2356
Victoria (80 9“, 161 m) 25,00 26,20 23,20 3,00 1051
Iſabel (80 45°, 229 m) . . . 293,80 25,00 | 21,70 3,30 1038
Die Temperatur iſt danach hoch, beſonders in Quixeramobim; die wärmſten Monate
ſind Dezember, Januar und Februar, die kühlſten Juni, Juli und Auguſt. Das Innere iſt
wärmer als die Küſten, wie Quixeramobim gegenüber Parahyba und Pernambuco zeigt,
aber anderſeits nimmt ſchon in geringer Höhe die Temperatur auffallend ab. Als mittlere
Extreme gelten für Quixeramobim 36,2 und 19,20, für Pernambuco 33,7“ und 18, 7e, in
Victoria in nur 161 m Höhe 155 0 6 beobachtet worden ſein. Anderſeits maß F. Katzer
1897 im Sande bei Cangati 62,
Die Niederſchläge ſind it Se Hinſicht außergewöhnlich. Erſtens ſind ſie
im ganzen ſehr gering, und zweitens treten ſie an der Küſte zwiſchen dem Cap Sao Roque
und Bahia zu abnormen Zeiten ein. In Quixeramobim fallen im ganzen Jahre noch nicht
600 mm, und das ganze Innere, mit Ausnahme von Maranhäo, iſt ſehr arm an Regen. Da
außerdem die Regen manches Jahr ganz ausbleiben, ſo ſind Dürren für das Innere, na—
mentlich von Ceard, Piauhy und Pernambuco, eine ſchwere Plage: die Vegetation verdorrt,
die Herden und die Tiere des Waldes gehen zugrunde, und die Bewohner flüchten in die
Küſtenſtädte. Wenn ſich dieſe Dürren das zweite Jahr wiederholen, jo werden ſie zu einem
großen Unglück für das Land; in der großen Dürre von 1878 ſind in der Stadt Fortaleza
25230 Flüchtlinge geſtorben. Die Dürren ſollen ſich nach der Anſicht der Bewohner des
Inneren alle zehn Jahre wiederholen; die bekannteſten traten ein 1792—96, 1808 3/09,
1816/17, 1824/25, 1844/45, 1877— 79, 1888/89 und 1898. Auch zwiſchen den Dürreperioden
haben die Bewohner der genannten Staaten unter ungleichmäßigen Niederſchlägen zu
leiden; fo fielen in Fortaleza 1849 —76 im niedrigſten Falle 850, im höchſten 2450 mm.
174 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Dagegen traten 1826, 1842, 1866, 1872 in Cear& Überſchwemmungen auf. An der Küſte
iſt der Regenfall vielfach reichlicher, in Sao Luiz 1636, in Fortaleza im Mittel 1500 und in
Pernambuco 2356 mm. Während aber in Säo Luiz die Niederſchläge noch in den Monaten
März bis Mai, alſo im Südherbſt, am reichlichſten ſind und die Regenzeit in die Monate
Januar bis Juni fällt, am mittleren Parnahyba in die Zeit vom Januar bis März, regnet
es zwiſchen 5 und 12“ an der Küſte zur Zeit des fernſten Sonnenſtandes, alſo im „Winter“.
Quixeramobim empfängt von 591 mm in den Monaten Februar bis April 370, alſo 63 Pro-
zent, und September bis November ſind regenlos; dagegen hat Pernambuco zwar auch die
Zeit geringſten Regenfalles mit 255 mm = 10 Prozent in den letztgenannten Monaten, aber
Caatingawald in Nordoſtbraſilien mit Bombazeen, Palmen und Kakteen. Nach Martius.)
das Maximum fällt mit 305 mm auf den Juni, und die Monate März bis Auguſt bringen
mit 1288 mm 54 Prozent der Jahresſumme. Eine ſtichhaltige Erklärung für dieſe Ab—
weichung von den normalen Verhältniſſen iſt bisher nicht gegeben worden, zumal da das
Innere des Landes die geſetzmäßigen Sommerregen hat.
Die Vegetation iſt im ganzen ſpärlich. Bis zum Parnahyba begleitet Mangroven—
wald die Küſte, dann folgt bis Parahyba öder Strand, hier und da mit Kokoshainen und
Salzgärten. Erſt dort, wo die Regen wieder häufiger werden, nimmt der Wald wieder zu,
jo daß er die Küſte zwiſchen Parahyba und dem Rio Sao Francisco erfüllt; aber dieſer
Waldſtreifen iſt nur ſchmal. Im Inneren tritt der Wald nur als Caatinga auf (ſ. die oben-
ſtehende Abbildung). Er iſt lichter und niedriger als der feuchttropiſche Urwald, da die
Stämme weitläufiger ſtehen und nur bis 12 m hoch werden, und wechſelt mannigfaltig ab
mit Grasfluren und lockeren Palmenbeſtänden. In der Regenzeit iſt die Landſchaft friſch,
der Wald grün und ſchön, während der Trockenzeit dagegen werfen die Waldbäume ihr
Nordoſtbraſilien. 175
Laub ab, die Färbung wird ein düſteres Grau, und beſonders auf Kalkſtein erhält der Caa⸗
tingawald dann ſein charakteriſtiſches ödes Gepräge.
Der volltropiſche Charakter der Caatingas geht aus dem Vorkommen zahlreicher
Palmen hervor, wie der Kokospalme, der Carnaubapalme (Corypha cerifera), namentlich
in Cearä, und der Haine bildenden Buritipalme (Mauritia vinifera und M. armata). Die
Kokospalme iſt vielfach ein weſentlicher Beſtandteil der Caatingas und mit Kaktus⸗
pflanzen (Cereus) vergeſellſchaftet (vgl. die Abbildung auf S. 174). Charakteriſtiſch für den
Nordoſten, beſonders für Cearä, ſind die niedrigen Carnauba- oder Carnahubap almen,
die braſiliſchen Wachspalmen mit fächerförmigen Blättern und zahlloſen Stacheln auf den
Stämmen. Ihr Nutzen iſt mannigfach, da ihre Wurzeln abgekocht ein Arzneimittel, ihre
Stämme Bauholz geben, während ihre Blätter als Material zum Dachdecken und für jähr⸗
lich etwa 1—2 Millionen Strohhüte ſowie Matten, ihre Blattfaſern zu Beſen, das Mark,
die Blattknoſpen und die Früchte zur Nahrung verwendet werden. Vor allem aber zieht
man aus den Blättern ein Wachs, das zu Kerzen verarbeitet und vielfach ausgeführt wird.
An ſonſtigen Nutzpflanzen ſind für den Nordoſten bezeichnend Baumwolle, Tabak, Zucker,
Mais und Reis; dieſe Zuſammenſtellung zeigt ſofort, daß das Land ein verhältnismäßig
trockenes tropiſches Klima hat, doch werden auch Kakao und Kaffee angebaut. Maniok iſt
ganz allgemein, und der Wald liefert Gummi und Harze.
Der feuchte Regenwald tritt ſehr zurück, er begleitet im Inneren nur die Flüſſe,
iſt aber weder ſo üppig noch ſo ausgedehnt wie in der Amazonasniederung und wird von
großen Wieſenflächen unterbrochen, die öſtlich von Sao Luiz de Maranhäo immer mehr
in ſterile Strecken übergehen. Dagegen treten die Cam pos oder der Sertäo hier an die Küſte
Südamerikas heran, was ſonſt nirgends wieder vorkommt.
Die Tierwelt von Nordoſtbraſilien iſt durchaus verſchieden von der Amazoniens;
ſie hat vielmehr ähnliche Formen wie die der Camposſtaaten des Inneren. Die Baumtiere,
Klettertiere, Waſſertiere treten zurück und machen den Steppentieren Platz. Anſtatt der
ſpärlicher werdenden Affen erſcheinen die Säugetiere der Savanne, der Mähnenwolf
(Chrysoeyon jubatus), verſchiedene Schakalfüchſe (Lycalopex vetulus und L. fulvicaudus),
das Stinktier (Mephitis chilensis), das Felſenmeerſchwein (Cavia rupestris), der große
Ameiſenbär (Myrmecophaga jubata), der Camposhirſch (Blastocerus campestris) und das
Camposreh (Coassus simplicicornis). Unter den Vögeln werden die Schwimmvögel ſeltener,
die auf trockenem Lande lebenden häufig, jo die Erdeule (Spectyto cunicularia), die ſchön
ſingenden Camposſpottdroſſeln (Mimus saturninus), ein Trupial (Leterus jamacaii), ein
Königswürger (Milvulus tyrannus), mehrere Arten Töpfervögel (Furnarius), rotbraune
Baumhacker (Picolaptes bivittatus), Camposſpechte (Colaptes campestris), die Seriema,
ein Schlangenſtorch (Dicholophus cristatus), das Steißhuhn (Rhynchotus rufescens und
Nothura media) ſowie endlich zwei Strauße (Rhea americana und Rhea macrorhyncha).
Dieſer Aufzählung fügt Prinzeſſin Thereſe von Bayern noch an Reptilien die für die Cam—
pos charakteriſtiſche Klapperſchlange (Crotalus terrificus) hinzu. Die Inſekten ſind zahl—
reicher, als die anſcheinend öden Savannen erwarten laſſen.
Die Bevölkerung Nordoſtbraſiliens beſteht aus Indianern, Negern, Weißen und be—
ſonders vielen Miſchlingen. Die Indianer treten aber ſehr zurück. Zu Martius' Zeit (1820)
waren ſie noch häufiger und kamen in großer Zahl in die Ortſchaften am Itapicuru und
Canindé, nach Caxias und Oeiras; damals gab es etwa 80000 wilde und 9000 ziviliſierte
176 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Indianer in Piauhy und Maranhäo. Die Goldſucher und die Blattern ſind die hauptſäch—
lichen Urſachen ihres Rückganges; am häufigſten ſind ſie noch in den beiden letztgenannten
Staaten. Von den wilden Indianern ſind die Guajajara, Manajo und Cupinhara Tupi,
während zu den Ges die Cayapöſtämme gerechnet werden, deren Gebiet vom Tocantins nach
dem Guajahü hinüberreicht. Ihre Zahl iſt unbekannt, ihre Berührung mit den Weißen gering.
Die ziviliſierten Indianer ſind in Cearä und Rio Grande do Norte Nachkommen der Kayriri,
in Parahyba zweier derſelben Völkergruppe angehörender Horden, der Caheté und der Poti—
guard. Auch in Pernambuco ſtammen ſie von den Kayriri, aber auch von verſchiedenen Ges—
ſtämmen und von den zu den Karaiben zu rechnenden Pimenteira, die auch in Piauhy ſaßen.
Neger, Weiße und Miſchlinge. Die an Stelle der Indianer eingeführten Neger
nehmen in Maranhäo 23, in Pernambuco 14, in Rio Grande do Norte 12, in Alagoas 12,
in Parahyba 9 und in Cearä 6 Prozent der Bevölkerung ein. Sie waren früher mächtig
genug, im Anfang des 17. Jahrhunderts einen Aufſtand wagen und beſondere Anſiedelungen,
Kilombos, am Rio Una in Pernambuco gründen zu können. Jetzt haben die Weißen das
Übergewicht, doch werden wohl viele zu den Weißen gezählt, die beſſer noch als Farbige
einzureihen wären. Am ſtärkſten ſind die Weißen in Rio Grande do Norte, Cearä und Para—
hyba vertreten, alſo in den trockeneren Ländern, wo ſie 43, 38 und 38 Prozent ausmachen,
ſchwächer in Pernambuco, Maranhäo und Alagoas, wo ihnen 34, 28 und 25 Prozent der Be—
völkerung zukommen. In dieſen Staaten überwiegen dafür die Miſchlinge mit 60 Prozent
in Alagoas, 49 Prozent in Pernambuco und 46 Prozent in Maranhäo; doch machen dieſe
auch in Parahyba und Cearä faſt die Hälfte der Bevölkerung aus, die Nordoſtſtaaten ſind
alſo Miſchlingsſtaaten. Immerhin gilt die Bevölkerung derſelben als intelligent, tätig
und energiſch, und unter dem Namen der Cearenſer hat ſie Ruf und Anſehen im übrigen
Braſilien, namentlich in Amazonien. |
In bezug auf die Beſiedelung kann man Nordoſtbraſilien, mit Ausnahme des weſt—
lichen Maranhäo, das ganz den Typus Amazoniens hat, in drei Zonen einteilen. An der
Küſte oder Beiramar wiegt das Ackerland vor und liegen die hauptſächlichen Städte. Dann
folgt die Montuoſo-Zone, das gebirgigere, am meiſten bewaldete Land, ebenfalls mit Ackerbau
und meiſt kleineren Siedelungen, und das Innere nimmt der Sertäo ein, die infolge der
Dürren ſehr ſchwach bewohnte, faſt ganz auf Viehzucht beſchränkte Zone. Hier herrſcht der
genügſame Viehhirt, Vaqueiro, ein roher, verwilderter, finſterer, melancholiſcher, aber ver-
wegener und im Kampfe mit den Unbilden des Klimas geſtählter Menſchenſchlag.
Wirtſchaftlich ähnelt Nordoſtbraſilien nur im Nordweſten, in Maranhäo, noch Ama—
zonien. Dagegen werden infolge des trockeneren Klimas im übrigen beſonders Ackerbau—
erzeugniſſe der trockeneren tropiſchen Gebiete erzielt, Baumwolle, Zucker, Tabak, Mais,
Reis, auch etwas Kaffee, und in den feuchten Flußniederungen von Maranhäo und Piauhy
Kakao. Die Baumwolle wird in Maranhäo im Oktober und November, in Pernambuco im
Juli und Auguſt geerntet; Reis wird beſonders aus Maranhäo ausgeführt und bildet dort
mit Maniokmehl und Bohnen die Grundlage der Ernährung. Das Zuckerrohr war ſchon
1637, als die Holländer nach Braſilien kamen, dort eingeführt und hat mit der Zeit eine
wichtige Rolle im Wirtſchaftsleben des Landes erlangt, teils durch Ausfuhr des Zuckers
ſelbſt, teils wegen der Anfertigung von Melaſſe und Branntwein. Tabak wird jeit dem An-
fang des 19. Jahrhunderts namentlich in den Staaten nördlich des Säo Francisco gebaut
und gedeiht gut, während Indigobau und Seidenzucht wieder eingegangen ſind. Nutzholz
Nordoſtbraſilien. 177
wurde bis 1797 maſſenhaft an der Küſte geſchlagen, dann aber geſchont, indem es zum Eigen—
tum der Krone erklärt wurde; ausgeführt werden Blauholz und Gelbholz, daneben andere
Produkte des Waldes, wie Kopaivabalſam, Ipekakuanha und Kokosnüſſe. An Carnauba-
wachs wurden 1900 von Aracaty und anderen Häfen 1000 Tonnen ausgeführt. Ein weiterer
Ausfuhrartikel, Häute, entſpringt der Viehzucht, die im Inneren blüht, wenigſtens dort,
wo Salz vorkommt. Die Rindvieh- und Pferdezucht war ſchon im 18. Jahrhundert in
Pernambuco, Ceara und Piauhy zum Aufſchwung gekommen, leidet aber unter den Dürren;
immerhin iſt das Innere der genannten Staaten mit Viehhöfen bedeckt.
Politiſch iſt Nordoſtbraſilien in die ſieben auf S. 171 angegebenen Staaten geteilt.
In dem nördlichſten, Maranhäo, liegen die Ortſchaften noch, wie in Amazonien, nur an
der Küſte, an den Flüſſen oder an den zu den Viehweiden des Inneren führenden Straßen.
Die Hauptſtadt Sao Luiz, genannt nach Ludwig XIII., zu deſſen Ehren ſie 1610 von La
Rivardiere gegründet wurde, hat etwa 50000 Einwohner und einen Handelsumſatz von
71, Millionen Mark im Jahre. Ihr gegenüber liegt Alcantara, mit Salzhandel, an der
Küſte Tury⸗aſſü mit Goldminen. Inmitten von Zucker-, Baumwolle- und Reispflanzungen
erhebt ſich Vianna am Pinduré; am Itapicuru liegt Caxias mit 24000 Bewohnern, die
beſonders Baumwollbau und Viehzucht treiben.
Das 1762 zur Provinz erhobene Piauhy iſt ein noch wenig entwickelter Staat, obwohl
er das große Becken des Parnahyba enthält, und beſitzt keine Ortſchaften von Bedeutung.
Therezina, der Hauptort des Inneren und die politiſche Hauptſtadt des Staates, ſoll
allerdings 30000 Einwohner haben. Der Hafen Parnahyba am Iguarazu, einem
rechten Arm des Parnahyba-Deltas, gilt für ungeſund; der Vorhafen an der Küſte iſt
Amarragäo (Ankerplatz). Die frühere Hauptſtadt Oeiras am Caninde iſt zurückgegangen,
ſeidem 1852 Therezina am Hauptfluſſe ſelbſt gegründet wurde. Der Süden und Weſten
ſind faſt menſchenleer, abgeſehen von Anſiedelungen an den Flüſſen. Der Handel betrug
1910 faſt 5, die Ausfuhr, die beſonders Baumwolle, Häute, Kautſchuk und Vieh umfaßt,
3 Millionen Mark.
Als Kern der Nordoſtſtaaten gilt Ceara wegen ſeiner zentralen Lage und ſeiner hohen
Volksdichte. Seine Hauptſtadt Fortaleza oder Cearä entbehrt zwar eines Fluſſes, iſt aber
beſſer gebaut als alle bisher genannten Orte und zeichnet ſich durch Gartenanlagen, archi—
tektoniſchen Schmuck und Sauberkeit, namentlich aber durch die große Zahl der weißen Be—
wohner vorteilhaft aus; ſie hat jetzt 65000 Einwohner, leidet aber unter der ungünſtigen
Beſchaffenheit der Reede. Ausgeführt werden Baumwolle, Palmwachs und Häute. Unter
den übrigen Küſtenplätzen iſt Aracaty mit 16000 Einwohnern der bedeutendſte, beſonders
für die Ausfuhr von Carnaubawachs, während Aracagu und Camoeim kleine Häfen mit
weniger als 10000 Einwohnern ſind. Der größte Platz des Inneren, Sobral, iſt durch
Eiſenbahn mit Camocim verbunden, Cearä mit Quixada und Maranguape, das 12000
Einwohner und reiche Orangenkultur hat. Im Tale des Jaguaribe führen Uniao, Icb und
Telha Lavres Häute, Ackerbauprodukte und Wachs über Aracaty aus. Der Handel Cearäs
betrug 1910: 1115, die Ausfuhr 7¼ Millionen Mark.
Rio Grande do Norte iſt ein kleiner Staat von 480000 Einwohnern und enthält
auch nur kleine Städte. Der Hauptort Natal hat nur 20000 Einwohner und geringen & 5
mit Zucker, Baumwolle, Häuten und Salz, den wichtigſten Erzeugniſſen des Staates;
leidet unter der beſonders ſchlechten Reede, die das Landen ſehr erſchwert. x Gene
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl.
178 Das ungefaltete Land des Oſtens.
die beſonders dem Zuckertransport dient, verbindet ihn mit dem Inneren. Die Einfuhr
betrug 1910: 1,1, die Ausfuhr 0,8 Million Mark.
Parahybas Volksdichte iſt nicht viel größer als die des vorigen Staates, allein ſeine
Volksziffer ſtieg auf 650000, und ſein gleichnamiger, ſchon 1579 gegründeter Hauptort iſt
eine Stadt von 35000 Einwohnern. Sie liegt zwei Stunden oberhalb der Mündung des
Parahyba; der Hafenplatz iſt Cabedello. Eine Eiſenbahn führt auf der Strecke Natal Per⸗
nambuco durch den Staat Parahyba. Der Handel desſelben betrug 1910: 4½ Millionen
Mark, wovon 3 Millionen auf die Ausfuhr, namentlich Zucker und Baumwolle, kamen.
Pernambuco it einer der am früheſten beſiedelten Staaten Braſiliens; 1535 gründete
Duarte Coelho Pereira an der Mündung des Iguarazuͤ eine Anſiedelung und erbaute bald
darauf die alte Hauptſtadt Olinda. 1630 wurde Pernambuco ſamt Parahyba, Rio Grande
do Norte und Cearä von den Holländern in Beſitz genommen und erſt 1661 an Portugal
zurückgegeben; ſeit jener Zeit datiert der holländiſche Charakter der Hauptſtadt. Nach ſpär⸗
lichen Anfängen hat ſich die Volkszahl auf 1650000, die Volksdichte auf 12 gehoben, aber
die Verteilung der Bevölkerung iſt ſehr ungleich. Auf die ziemlich öde, wenn auch mit
Palmen beſtandene Strandzone, Praia, folgt in der 60 km breiten tertiären Waldregion,
Matta, das Gebiet der Zuckerpflanzungen, während das gebirgigere Binnenland, Agreſte,
aus kriſtallinen Schiefern aufgebaut, dem Baumwollbau günſtig iſt. Das innere Hochland
it von Caatingas umſäumt, mit Quarzgeröll bedeckt und eine faſt vollkommene Wüſte, auf
deren einförmigen Campos kaum noch Viehzucht getrieben werden kann. Die Induſtrie iſt
ziemlich kräftig, hauptſächlich in der Hauptſtadt Recife und in Form von Zuckerraffinerien
auf dem Lande. Der Handel betrug 1910 faſt 34 Millionen Mark, wovon 10½ auf die Aus-
fuhr, namentlich Zucker, Baumwolle, Tabak, Häute, kamen. Der Verkehr mit dem Auslande
wird durch die großen fremden Dampfſchiffsgeſellſchaften und den Lloyd Brazileiro auf-
rechterhalten, der nach dem Inneren durch drei Bahnen, nach Natal, nach Maceib und nach
dem Rio Sao Francisco. In Zukunft wird Pernambuco vielleicht für den Großverkehr
mit Europa in Betracht kommen. Schon jetzt vereinigt ſich der Verkehr vollſtändig in der
viertgrößten Stadt Braſiliens, Recife de Pernambuco (Tafel 6, Abbildung 2) mit
250000 Einwohnern. Ihren Namen führt ſie nach dem Riff, das ihren Hafen beengt, ihre
Bedeutung hat ſie durch ihre Lage nahe am öſtlichſten Kap Südamerikas erhalten. Drei
Stadtteile ſetzen Pernambuco zuſammen: Recife am Eingange des Hafens, Antonio Vaz
ſüdweſtlich davon und Boa Viſta jenſeit der Lagune; doch gehört auch das alte Olinda,
wenige Kilometer nördlich von Pernambuco, mit dazu. Auffallend ſind die nach hollän—
diſcher Art die Stadt durchziehenden Grachten mit ihren Baumgängen und die ſchmalen
hohen holländiſchen Häuſer mit ihren ſteilen Ziegeldächern, ein Stück Holland unter Palmen
und Kakteen. Der enge Hafeneingang iſt zur Zeit des Südoſtpaſſats nur mit Gefahr zu
paſſieren. Im Inneren des Staates ſoll Nazareth 15000 Einwohner haben.
Alagoas bildet die ſüdliche Fortſetzung von Pernambuco, bis an den Säo Francisco.
Es entbehrt der öden Sertäoflächen des Inneren und iſt auf die fruchtbareren Küſtengebiete
beſchränkt. Daher iſt ſeine Volksdichte auch 14. Sein Handel erreicht 61, Millionen Mark,
wovon 2,8 Millionen auf die Ausfuhr, beſonders Zucker, kommen. Alagoas iſt der Staat
der Miſchlinge. An der Küſte zum Teil ſchon mit Urwald bedeckt, weiter im Inneren ein
reiches Ackerbaugebiet mit Anbau von Zucker, Baumwolle, Tabak, Mais, Maniok, dann ein
Campland, wird es auf der Südweſtſeite durch den hier ſchiffbaren Rio Säo Francisco
Oſtbraſilien: Das Land. 179
begleitet. Hier iſt neben Piranhas, dem Endpunkt der Schiffahrt, beſonders Penedo auf⸗
geblüht. Die Hauptſtadt Maceid, durch Eiſenbahn mit Imperatriz verbunden, hat 40000
Einwohner, die alte Hauptſtadt bis 1839, Alagoas, führt namentlich Tabak aus.
3. Oſtbraſilien.
Oſtbraſiliens Begrenzung iſt im Weſten und Norden bereits bei Zentralbraſilien
(S. 158) und Nordoſtbraſilien (S. 171) erörtert worden; im Oſten iſt das Meer die Grenze.
Will man im Süden die Waſſerſcheide als Grenze betrachten, ſo würde die Abgrenzung durch
die Serra do Andrequecé, den ſüdlichen Teil der Serra da Matta da Corde, die Serra dos
Vertentes und die Serra da Mantiqueira erfolgen, und die oberen Teile des Paranäbeckens
würden ganz aus Oſtbraſilien ausgeſchieden werden. Da jedoch die Grenzen des Staates
Minas Geraes nur um ein Geringes über dieſe Waſſerſcheide nach Weſten übergreifen, ſo
erſcheint es ratſam, die politiſche Grenze von Minas und Rio de Janeiro als Südweſt—
grenze anzunehmen. Es fragt ſich aber ferner, ob nicht auch der Staat Säo Paulo noch
zu Oſtbraſilien zu rechnen ſei. Dafür ſpricht ſeine enge Verknüpfung mit dem Staate Rio
de Janeiro, die Fortſetzung der Serra da Mantiqueira von dem einen in den anderen
ſowie der Umſtand, daß auch Sao Paulo einer der großen Kaffeeſtaaten Braſiliens iſt,
ſich ſomit wirtſchaftlich an Rio, Minas, Eſpirito Santo und Bahia anſchließt. Dagegen
läßt ſich geltend machen, daß Sao Paulo durchaus dem ſich nach Weiten und Süden ent—
wäſſernden Paranäbecken angehört, und daß Klima und Vegetation ſubtropiſch werden.
Hier wird Säo Paulo zu Oſtbraſilien gerechnet werden. In dieſer Ausdehnung hat Dit-
braſilien eine Fläche von 1419185 qkm und bildet mit 13790000 Einwohnern den Kern
des Landes. Es verteilt ſich auf folgende Staaten:
Okilometer Einwohner Volksdichte
Seien! Seat. 39090 500000 13
Bi ehe ee 426427 2560000 6
Epi sen 8 44839 430000 10
Mas. Gerdes nen 547 855 4850000 9
Rid de Jaen „Ars. ar 68 982 1250000 18
Bundesdiſt ri 1116 1000000 —
Sac Pans, Sell 290 876 3200000 11
Oſtbraſilien: 1419185 13790000 10
a) Das Land.
Zuſammenſetzung. Den größten Raum nimmt in Oſthbraſilien die archäiſche
Formation ein; in ihren unteren Teilen iſt ſie beſonders in den küſtennahen Ketten,
der Serra do Mar und Serra da Mantiqueira, entwickelt. Sie beſteht hier aus granitähn—
lichem granatführenden Gneis, der die Nadeln, Zacken und Klippen des Küſtengebirges
bildet, und aus ſchieferigen Gneiſen und Glimmerſchiefern ſowie Granit und Syenit, die in
den oberen Teilen der Serra da Mantiqueira vorherrſchen. An Bodenſchätzen enthält dieſes
Syſtem Marmor, Eiſenerze und etwas Gold, in Oſtminas Berylle, Turmaline ſowie Graphit.
Die obere Abteilung der archäiſchen Formation tritt mehr im Inneren auf, in der Serra
do Eſpinhago, der Serra da Matta da Corde und der Waſſerſcheide gegen den Tocantins,
erfüllt aber auch den Süden der Serra da Mantiqueira und das ſüdliche, hochgelegene Minas
überhaupt. Glimmerſchiefer, Chloritſchiefer, der eigentümliche Gelenkquarzit Itakolumit
12*
180 Das ungefaltete Land des Oſtens.
und der Eiſenglimmer enthaltende Itabirit, Roteiſenſtein und Magneteiſenerz ſind die wich—
tigſten Beſtandteile dieſes Syſtems. Werden die Verwitterungsreſte dieſer eiſenſteinreichen
Schichten durch Brauneiſenſtein wieder verkittet, ſo entſteht ein Konglomerat, das als
Tapanhoacanga (Negerkopffels) bekannt iſt. Abgeſehen von ſehr reichen Eiſenerzen und
Marmor enthält das huroniſche Syſtem Braſiliens faſt alles Gold von Minas und Bahia,
ferner Kupfer, Wismut, Blei und Antimon, die berühmten Topaſe von Minas Novas und
Ouro Preto und wahrſcheinlich auch die im Alluvium häufigen Diamanten. Das geſamte
archäiſche Schiefergebirge iſt ſcharf gefaltet und ſtark abgetragen.
In Nordminas und Südbahia, vielleicht auch an der Tocantins-Waſſerſcheide, erſcheinen
als älteſte, vielleicht ſiluriſche, aber dem Alter nach nicht ſicher beſtimmbare paläozoiſche
Ablagerung horizontal über den Schichtenköpfen des Hurons Sandſteine von quarzitiſchem
Habitus. Bläuliche Sandſteine, Mergelſchiefer und Kalkſteine devoniſchen oder karboniſchen
Alters begleiten in einfachen Falten das Tal des Sao Francisco zu beiden Seiten, und hori—
zontale Schichten von Sandſtein und Mergelſchiefer bilden die Ebenen des weſtlichen Minas
und Bahias, ihr Alter iſt jedoch nicht mit Sicherheit feſtzuſtellen. Gewaltige Diorit-Eruptionen
durchſetzen das Paläozoicum und geben mit ihren Zerſetzungsprodukten, der terra roxa
(violette Erde), den beſten Boden für die Kaffeekultur. Ferner kommen in Bahia und Sergipe
an der Küſte Ablagerungen der Kreidezeit vor, meiſt Sandſteine und Süßwaſſermergel in ge—
ringer Höhe. Andere kleine lignitführende Süßwaſſerablagerungen in den Bergen von Minas
Geraes weiſt man dem Tertiär zu, während das Quartär durch Fluß- und Seeablagerungen
ſowie eine Verwitterungsdecke vertreten iſt, die einen großen Teil des Hochlandes bedeckt.
Orographie. Oſtbraſilien beſteht im Inneren aus großen Hochebenen, die, von der
Waſſerſcheide gegen den Tocantins ausgehend, ſich oſtwärts über das Innere zu beiden
Seiten des Tales des Säo Francisco verbreiten. Ihre Höhe beträgt im Mittel 500 — 800 m,
die Höhenunterſchiede werden nur hervorgerufen durch einige ſtehengebliebene Höhenzüge,
die der Denudation ſtandgehalten haben, ſowie durch die Flußtäler, die nun das Land in
eine Menge Chapadas zerſägen und auch einzelne als Berge bezeichnete Felsklötze heraus—
meißeln. Nach Oſten zu ſinkt das Land in drei Stufen ab, die zwei breite Terraſſen
zwiſchen ſich einſchließen. Dieſe Stufen ſind im Lande als Serras bekannt. Sie nähern
ſich einander nach Süden zu, entſprechend dem Abfall der Küſte nach Südweſten, und ver—
einigen ſich ſchließlich in dem mächtigen Gebirgsland des Staates Rio de Janeiro.
Die weſtlichſte, innere Stufe wird durch die waſſerſcheidenden Serras do Duro,
da Tabatinga, do Paranan gebildet und iſt ſehr wenig bekannt. Vielleicht kann man als ihre
ſüdlichen Ausläufer die Serra da Matta da Corde und die Serra dos Vertentes anſehen.
Dann folgt die große Hochebene des Beckens des Sao Francisco. Sie führt über zu der
zweiten, mittleren Stufe. Dieſe beginnt im Norden ſüdlich des Säo Francisco als Serra
da Tiuba, führt weiter die Namen Serra da Aſſuruä, Serra da Chapada und Serra das
Almas und zeichnet ſich durch Reichtum an Gold und Diamanten aus. Vom Morro Crun—
diuba an wird die Stufe höher und breiter und erhält nun den Namen Serra do Eſpinhago,
Rückgratgebirge. In ihr liegen der Itambé (1823 m) bei Diamantina, der Itacolumi (1752 m)
bei Ouro Preto, der Pico de Piedade (1783 m) bei Sabara und der Caraga (1955 m). An die
Stelle der Tafelberge der nördlicheren Serras treten in der Serra do Eſpinhago langgeſtreckte
Gebirgszüge mit pyramidalen und kegelförmigen Gipfeln. Der Itambeẽ iſt noch ein rund—
licher, zerklüfteter Quarzſchiefergipfel mit alpiner Vegetation, aber in ſeiner Nachbarſchaft
Oſtbraſilien: Das Land. 181
hat die Serra do Gavico ſchon ſpitzige Formen, und gleich gigantiſchen Wellen ziehen die
Gebirge im Quellgebiet des Jequitinhonha einher. Der Itacolumi iſt ein ſonderbarer Fels-
berg mit zwei Hörnern, Ita (der Stein) und Curumim (der Junge); ſein Name bedeutet
daher im Tupi „der Stein mit dem Sohne“. Er erinnert ſchon an die wilden Felſenbildungen
der Küſtengebirge. Einem verſteinerten Meere gleich erſcheinen von ſeinem mit Gras be-
wachſenen Gipfel aus die umliegenden wellenförmigen Kämme des Gebirges und ihre
zackigen Gipfel, rotbraun und grün gefärbt in großartiger Einförmigkeit.
Oſtlich der Serra do Eſpinhago liegt eine wenig bekannte zweite Hochebene an den
Quellen des Paraguazu und um die Mittelläufe des Contas, Jequitinhonha, Mucury und
Doce. Einzelne Höhenzüge, wie die an Diamanten reiche Serra da Sincorä und die Serra
do Chifre, erheben ſich über ihr und führen über zu der dritten Stufe, den küſtennahen
Serras. Dieſe werden von den eben genannten Flüſſen durchbrochen und ſind, je weiter
man nach Süden kommt, deſto ausgeprägter und mit deſto üppigerem Walde beſtanden, aber
auch um jo unzugänglicher. Zwiſchen 14 und 16° ſüdl. Breite heißen ſie Serra da Itaraca,
dann Serra dos Aymores oder Caymores. Sie enden etwa unter 21° jüdl. Breite. Das
Küſtengebirge von Rio de Janeiro und Sao Paulo führt keinen einheitlichen Namen,
iſt aber vielfach als Serra do Mar bekannt. Es beſteht aus den älteſten Geſteinen, nament—
lich aus Gneis und Granit, und hat wilde, unregelmäßige Formen, obwohl es zum größten
Teil bewaldet iſt. In der Gegend von Petropolis erhebt ſich das Orgelgebirge, die Serra
dos Drgäos, zu 2232 m Höhe. Es führt ſeinen Namen von den orgelpfeifenartigen Felſen—
gebilden auf ſeinem Kamme. Ihre zahnartige Geſtalt iſt die Folge der ſtarken Faltung und
der Zerſtörung der weicheren Schichten, zwiſchen denen die härteren herausragen. Gewaltige
Zinken und Hörner, wie der „Gottesfinger“, Dedo de Deos, und die „große Flaſche“, Garra-
fäo, ſtarren in die Lüfte, von Waldbergen maleriſch eingerahmt.
Hinter der Serra do Mar ſteigt die Serra da Mantiqueira empor, ein bereits aus
Schiefer, Quarziten, Hornblende- und Talkgeſteinen, körnigem Kalk und Itakolumit beſtehen⸗
des Gebirge von ſehr unregelmäßigen Formen, ein wildes Haufwerk von Bergen. Es wird
durch das Parahybatal von der Serra do Mar getrennt, iſt ein langer, ununterbrochener
maleriſcher Gebirgszug, bald bewaldet, bald mit Grasland, Stauden oder Rosas (Pflan-
zungen) bedeckt. Die Serra da Mantiqueira gipfelt in dem höchſten Berge des öſtlichen Süd—
amerika, dem Itatiaya, mit 2712 m Höhe an der Grenze von Minas, Rio und Säo Paulo;
er beſteht aus Nephelinſyenit und Granit und läuft in die „ſchwarzen Nadeln“, Agulhas
Negras, aus, Felsſpitzen, die 500 m über ein Plateau hinausragen. In Säo Paulo wird
der Bau des Gebirges wieder einfacher. Die Serra do Mar ſetzt ſich als Serra Paranapiacaba
über 240 ſüdl. Breite fort und beſteht zwar ebenfalls noch aus Granit und Syenit, aber ihre
Höhe beträgt nur noch 1200 m. Der Rio Ribeira ſcheidet die Serra Paranapiacaba von einer
zweiten Küſtenkette, der Serra Cadias. Dann folgt nach dem Inneren zu das 600 m hohe
flache Campgebiet von Säo Paulo, die Waſſerſcheide zwiſchen den Küſtenflüſſen und dem
Paranägebiet, eine aus karboniſchen Schichten gebildete, von Dioritkuppen gekrönte Ebene,
und endlich die große Diabas- und Melaphyrdecke des Inneren bei Ribeiräo Preto, Sao
Carlos do Pinhal und Batataes.
Die Küſte Oſtbraſiliens iſt im Norden meiſt eine Flachküſte mit Dünenbildung, ſeltener
erſcheint ein felſiger Vorſprung. Muſcheln und Quarzgeſchiebe bedecken den Strand, über
dem Wolken von Moskitos ſchweben. Am Rio Doee iſt die Küſte eine troſtloſe Sandwüſte
182 Das ungefaltete Land des Oſtens.
mit niederem Gebüſch und etlichen Kokospalmen. Auch die Annäherung an die Küſte wird
vielfach erſchwert; zwar tritt das große Sandſteinriff der Nordoſtküſte ſüdlich vom Rio Sao
Francisco nicht mehr auf, aber Korallenriffe lagern hier und da vor der Küſte und nehmen
vor Caravellas ſogar die Form von Inſeln an, die, ſechs an der Zahl, als Abrolhos bekannt
ſind und einen granitiſchen Kern haben. Bis über Cabo Frio hinaus erſtreckt ſich die Flach—
küſte, und noch öſtlich Nictheroy treten Strandſeen auf. Dann aber beginnen die Ausläufer
der Serra dos Orgäos an das Meer heranzutreten. Sie bilden die berühmte Bucht
von Rio de Janeiro eine der ſchönſten Landſchaften der Erde (ſ. die beigeheftete farbige
Tafel „Die Bucht von Rio de Janeiro“). Zwei Landſpitzen dringen von Weſten nach Oſten
gegeneinander vor und laſſen nur einen ſchmalen, überdies durch Inſeln beengten Eingang
in die ſich dahinter weit öffnende Bucht frei; auf der öſtlichen Landzunge liegt Nictheroy,
auf der weſtlichen Rio und vor ihr der Zuckerhut, Päo de Azucar, ein 387 m hoher iſolierter
Granitkegel, das Wahrzeichen von Rio. Die Bucht von Rio hat eine Länge von 30—36,
eine Breite von 18—24 km, eine Fläche von 429 qkm und eine Tiefe von 31 m; ſie ent-
hält etwa 80 Inſeln und eine Unzahl kleinerer Buchten und felſiger Landzungen. Die Küſte
bleibt weſtlich von Rio zunächſt Steilküſte mit mehreren Küſteninſeln, wie Isla Grande
und Sao Sebaſtiäo, dann aber wird ſie wieder Flachküſte mit Barren und eigenartigen
Flußmündungen, wie der des Ribeira.
Die Gewäſſer. Die Hydrographie Oſtbraſiliens wird durch den ſtufenförmigen Abfall
des Landes zur Küſte beherrſcht, iſt aber nicht überall gleichartig ausgebildet. Im Süden tritt
die Waſſerſcheide wegen der großen Höhen der Serra do Mar dicht an das Meer heran; im
Norden geht ſie weiter gegen das Innere zurück. Daher ſind die im Süden zum Atlantiſchen
Ozean fließenden Küſtenflüſſe im ganzen kürzer als die nördlicheren. In Sao Paulo iſt
nur die eigenartig verlaufende Ribeira bemerkenswert. Sie iſt durch ein Kanalnetz mit Una
einerſeits und Cananea anderſeits verbunden, ſo daß eine Waſſerſtraße der Küſte entlang
beſteht. Auch der Parahyba in Sao Paulo und Rio iſt durch einen ſehr eigentümlichen
Lauf ausgezeichnet. Er entſpringt in einer Höhe von 1500 m am Nordhang der Serra do Mar
im Staate Sao Paulo, fließt zunächſt nach Südweſten, wendet ſich aber dann plötzlich nach
Nordoſten zurück und zieht nun in einem langen fruchtbaren Tale zwiſchen der Serra do Mar
und der Serra da Mantiqueira hindurch. Von Norden her nimmt er bei Entre Rios den
Parahybuna und den Rio Preto auf und wird unterhalb der Schlucht von Sao Fidelis ſchiff—
bar; ſeine Barre iſt aber nur Küſtenfahrern zugänglich, ſein Lauf beträgt über 1000 km.
Die nun folgenden nördlicheren Küſtenflüſſe haben alle das gemein, daß ſie über
die dritte Randſtufe in Katarakten nach Oſten abfallen. Ihre Schiffbarkeit iſt daher gering.
Ihre Quellen liegen auf der zweiten Stufe, der Serra do Eſpinhago und ihren nördlichen
Fortſetzungen. So kommt der nördliche Quellfluß des Rio Do ee vom Itambe, der Hauptfluß
aus der Gegend von Ouro Preto. In ſeinem Oberlaufe iſt der Doce wegen Stromſchnellen
und Waſſerfällen faſt ohne Verkehr, der Unterlauf aber wird auf 220 km mit Kanus befahren.
Der Dampfſchiffsverkehr iſt eingegangen, da die Mündung durch eine gefährliche Barre oft
auf Monate geſperrt wird. Der 750 km lange Fluß hat ein Stromgebiet von 97500 qkm,
im Unterlaufe eine Breite von 300 —500, vor der Mündung von 2000 m; er ſteigt vom
Oktober an etwa 6 m, überſchwemmt im Dezember und Januar die Ufer weithin, it aber
zur Trockenzeit waſſerarm. Auf den Doce folgt der Mueury, deſſen Quellen an der Serra
do Chifre liegen, und der Jequitinhonha oder Rio de Belmonte, der auf dem Itambé
Die Bucht von Rio de Janeiro.
(Nach der Natur, von K. Oenike.)
if
Oſtbraſilien: Das Land. 183
entſpringt, dann aber, von dem Araſſuahy begleitet, im Bogen in einem wilden Waldtale
nach Nordoſten abfließt, ferner der Rio de Contas, deſſen Hauptarm von der Serra
Geral öſtlich von Carinhanha kommt, deſſen Nebenflüſſe aber auch die Serra da Sincora
entwäſſern, und der bekanntere Paraguaſſü (Paraguazu), deſſen Mündung in der Aller—
heiligenbucht liegt. Dieſer Strom entſpringt mit zwei Armen an der Serra Chapada Dia-
mantina und der Serra da Sincorä und fließt in doppeltem Bogen über Cachoeira, wo er
vom Stufenrande herabfällt, zum Meere.
Der Rio Säo Francisco tft der größte Strom Oſtbraſiliens. Er hat eine Länge von
3000 km, etwa wie die Wolga, ein Stromgebiet von 652000 qkm, etwa wie Oſterreich—
Ungarn, und eine Waſſermenge von 2800 ebm in der Sekunde. Die Schwellzeit des Fluſſes
dauert vom November bis Februar. Während dieſer Zeit erlangt er zwiſchen den niedrigen
Uferhöhen oft eine ungeheure Breite und überſchwemmt auf 20—30 km Entfernung alles,
oder er durchzieht zwiſchen den Kalkhügeln das Land und teilt es in zahlloſe Inſeln; dann iſt
ſogar die eigentliche Stromrinne zwiſchen den hohen Ufern 6—12 km breit. Der Sao Fran—
cisco fließt, wie der Parana, in der Längsrichtung Braſiliens, bricht aber unter 89 ſüdl. Breite
oſtwärts zum Meere durch und durchſchneidet die öſtlichen Randſtufen in Katarakten. Seine
Quellen liegen in der Serra da Canaſtra in etwa 1200 m Höhe. Dann vereinigt er ſich mit
dem Rio das Velhas, deſſen 350 km langer Lauf trotz mehr als 200 Stromſchnellen als
Verkehrsſtraße dient. Dagegen wird der Rio Sao Francisco durch den 15 m hohen Fall von
Piraporä für die Schiffahrt im Oberlaufe geſperrt. Der Strom fließt hier in einer Höhe
von 533 m und fällt nun bis Joazeiro, wo er ſich nach Oſten wendet, 165 m; bei Säo Nomäo
liegt er 499, bei Januaria 486, bei Carinhanha 379 m hoch und kann auf dieſer Strecke mit
Barken befahren werden. An der Grenze von Bahia und Pernambuco aber wird er öder,
die von Urubü an den Fluß begleitenden Salzablagerungen verſchwinden ebenfalls, die Vieh-
zucht tritt daher zurück, und nur wenige Meierhöfe beleben die Landſchaft. Der Endpunkt
der Schiffahrt im Mittellauf iſt jetzt Jatobä; hier beginnt der Strom einen Kalkſteinzug zu
durchſchneiden und iſt auf dieſer Strecke meiſt reißend und tief, aber ſchmal. An anderen
Stellen bildet er Inſeln und ſtürzt ſchließlich in dem 80 m hohen großartigen Katarakt von
Paulo Affonſo in die Küſtenebene hinab.
Unterhalb des Falles von Paulo Affonſo beginnt der Unterlauf; die Uferberge wer—
den niedriger, der Strom breitet ſich aus, zahlreiche bewaldete Inſeln erſcheinen, und Ebbe
und Flut ſind zwölf Leguas aufwärts ſpürbar. Die Mündung erfolgt in zwei Armen. Der
Hauptarm iſt durch eine Barre verſperrt, ſo daß die Schiffahrt den kleineren, weſtlicheren Arm,
den Rio Guaratuba, vorzieht. Die Waſſerfarbe des Sao Francisco iſt weithin im Meere
bemerkbar, und ihm entgegen ſtürmen rieſige Brecher aus dem hellgrün bis bräunlichgrün
gefärbten Meere auf die Küſte zu. f
An Nebenflüſſen erhält der Säo Francisco nur ganz unbedeutende von der im
Regenſchatten liegenden Oſtſeite, dagegen eine Reihe von links, aus der Waſſerſcheide gegen
den Tocantins, nämlich den Paracatu, den Pardo und Urucupa, den Japore, den die Grenze
zwiſchen Minas und Bahia bildenden Carinhanha und endlich den Rio Grande de Bahia,
deſſen ſüdlicher Aſt, Rio Grande, aus der Serra da Tabatinga geſpeiſt wird, während der
nördliche, der Rio Preto, durch den Sapäo zum Tocantinstal führt.
Endlich greift auch das Paranaſyſtem nach Oſtbraſilien ein, indem die großen ſüd—
öſtlichen Quellflüſſe des Stromes in der Serra da Mantiqueira und der Serra do Mar
184 Das ungefaltete Land des Oſtens.
entſpringen. Der waſſerreichſte, der Rio Grande de Minas, entſpringt nördlich von Tau—
baté mit dem einen Quellarm, Sapucahy, am Itatiaya, mit dem anderen, Rio Verde, und
mit der Hauptquelle nördlich des Itatiaya und zieht durch die Campos des ſüdlichen Minas
nordweſtwärts. Dort, wo ihn die Eiſenbahn bei Porto da Rifano überſchreitet, liegt er 590 m
hoch und iſt auf große Strecken ſchiffbar, wird jedoch weiter abwärts durch Stromſchnellen
geſperrt. Nahe ſeiner Mündung nimmt er den Rio Mogy Guazuüauf, der, durch den Pardo
verſtärkt, aus der Gegend von Caldas und der Südſpitze von Minas kommt. Ein weiterer
großer Quellfluß des Parana, der Tieté, entſteht nahe dem Meer an der Serra do Mar,
hat die Größe der Elbe, iſt dunkelbraun, durchſtrömt die Kaffeegebiete von Sao Paulo und
die Campos und trägt ſtreckenweiſe kleine Dampfer; anderſeits aber ſtürzt er in 56 Waſſer—
fällen und Stromſchnellen über die Riffe der Eruptivgeſteinsdecke des Inneren hinab und
it im Unterlauf für die Schiffahrt ungünſtig. Der Grenzfluß gegen Parana iſt der Rio
Paranäpanema, ein wenig bekannter Fluß, deſſen Quellen in der Serra Paranapiacaba
liegen; ſein Lauf iſt öde und aller Anſiedelungen bar, aber für den Verkehr anſcheinend ge—
eigneter, als erwartet worden war. Im Salto Grande fällt er 12 m tief hinab.
p) Klima, Pflanzendecke, Tierwelt.
Das Klima Oſthbraſiliens iſt, wie folgende Tabelle zeigt, noch durchaus tropiſch.
Jahr SE eh Schwankung M
e 24,80 26,80 22,50 4,30 1944
FF 1 WER 22,50 25,60 19,70 5,90 1109
r 21,9% 25,30 18,50 6,5° 2331
Uberaba (190 45’, 760 m) . . 21,70 23,50 18,40 5,10 1767
Juiz da Fora (210 46“, 675 m) 19,4 22,70 16,1% 6,6 1579
Barbacena (21 13’, 1143 m) 17,30 13,8) 13,80 6,0° 1306
Aus dieſer Tabelle ergibt ſich eine regelmäßige Abnahme der Wärme nach Süden und mit
der Höhe, zugleich eine Zunahme der Schwankung. Selbſt in Santos (24° ſüdl. Breite) er-
reicht der wärmſte Monat noch 25,3, der kühlſte 18,5“; die Küſte iſt alſo bis über den Wende-
kreis hinaus ſehr warm. Der wärmſte Monat iſt meiſt der Februar, auch der Januar, in
Barbacena der März, der kühlſte überall der Juli. Die Extreme betragen in Rio 36,5“ und
13,5, in Uberaba 33° und 1°, in Barbacena 29,6“ und 2,6“, in der 800 m hoch im Orgel-
gebirge gelegenen Colonia Alpina fällt das Thermometer ſogar auf —0, 1“. Es werden alſo
in den Gebirgen ſchon bei geringen Höhen, namentlich aber auf den inneren Hochebenen
ſehr niedrige Temperaturen beobachtet. Bei Säo Paulo (740 m) kann man ſchon von an⸗
genehmem Frühlingsklima mit erträglicher Sommerhitze und nicht zu empfindlicher Winter-
kälte ſprechen. Eisbildung iſt ſelten, aber Reif erſcheint, wie 1902, häufig als läſtiger und
gefährlicher Feind der Kaffeekultur, und zwar weniger an den hochgelegenen Gebirgs—
hängen als vielmehr über den tieferen Hochebenen. In der Stadt Säo Paulo ſind Froſt—
tage ſehr ſelten, doch iſt ſchon —1“ beobachtet worden, in Tatuhy — 1,8“, in Cunha —5°,
zwiſchen Barbacena und Ouro Preto im Juni 1870 —6°, jo daß die Zuckerrohrernte
geſchädigt wurde. Am 19. Juni 1843 ſchneite es in Ouro Preto in 1100 m Höhe, am
12./13. Juli 1892 fand Cruls an der Grenze von Goyäz — 2,5“. Auch weht im Winter häufig
mehrere Tage hindurch ein kalter Südoſtwind, Minuano.
Oſtbraſilien: Klima, Pflanzendecke, Tierwelt. 185
Beſteht ſomit ein Gegenſatz zwiſchen der warmen Küſte und dem oft kühlen Inneren,
jo läßt ſich ein ſolcher auch in bezug auf die Niederſchlagsmenge feſtſtellen; die Küſten—
ſtationen erhalten im allgemeinen bedeutend mehr Regen als das Innere. Schon Bahia hat
1944, Ubatuba (23½ % 2455, Santos 2331 und der Alto da Serra am Oſthange der Serra
do Mar in 800 m Höhe gar 3697 mm Regen. Eine Ausnahme macht allein die Umgebung
von Rio mit nur 1091 mm, vermutlich weil der Südoſtpaſſat hier nicht ſenkrecht gegen die
Küſte wehen kann. Nach dem Inneren zu nimmt die Regenmenge raſch ab: Sao Paulo hat
1375, Queluz im Parahybatal und das Orgelgebirge haben nur wenig über 1340, Sabara in
Minas 1640 und Uberaba 1767 mm. Erſt bei Gongo Soco (20° ſüdl. Breite, 43“ weſtl. Länge)
findet ſich wieder der auffallend hohe Wert von 2940 mm.
Da nun an der Küſte der Südoſtpaſſat meiſt Steigungsregen bringt, ſo werden die
Jahreszeiten hier ebenfalls andere als im Inneren, denn es regnet an der Küſte, wenig—
ſtens von 25 bis 15°, in allen Monaten, auch in Rio, und zwiſchen 15 und 10° iſt das Jahr in
zwei Regen- und zwei Trockenzeiten geteilt. In Bahia fällt die große Regenzeit in die Monate
April bis Juli, alſo Südherbſt und Südwinter, die kleinere in den Oktober und November,
alſo Südfrühling, während Ubatuba unter dem Wendekreis nur im Juli eine geringe Regen—
menge, 1,5 Prozent, empfängt und das Maximum im Januar fällt, wenn auch hier noch
der April und Mai ein zweites Anſteigen der Regenmenge zeigen. Nordbahia bildet alſo
den Übergang von den Winterregen Pernambucos zu den Sommerregen Rios, und dort
ſind auch noch gefährliche Dürren nicht ganz ſelten, die ſogar zuweilen an der Küſte auftreten.
In dem Sertäo von Nordbahia iſt daher Hitze und Dürre in der Trockenzeit das Normale,
und die Regenzeit ſchrumpft auf drei Monate zuſammen.
Im übrigen hat das Innere von Minas und São Paulo ausgeſprochene Sommerregen
und eine einmalige Trockenzeit von Oktober bis März mit dem Maximum im November
(Überaba), Dezember (Sabarä) oder Januar (Sao Paulo). An die Stelle des Regens treten
in der trockeneren Zeit oft Nebel, welche den Pflanzen die entbehrte Feuchtigkeit gewähren,
beſonders in den Flußtälern. In der Trockenzeit herrſcht der Südoſtpaſſat, während in der
Regenzeit die Winde aus Weſten und Norden kommen.
Das Klima der Küſte war früher im allgemeinen nicht ungeſund, iſt aber durch das
gelbe Fieber berüchtigt geworden. Dieſes iſt im Jahre 1850 zuerſt nach Rio gekommen
und hat ſeitdem die Oſtküſte in der ſchlimmſten Weiſe heimgeſucht, ganz beſonders Rio und
Santos; in den erſten Jahren ſeines Auftretens ſoll es 120000 Perſonen befallen haben,
und in Rio wurde noch gegen 1900 auf 350 Einwohner ein Todesfall am gelben Fieber ge—
rechnet. Im letzten Jahrzehnt iſt es aber durch ſanitäre Maßregeln gelungen, dieſe gefähr—
liche Plage ſo weit zurückzudrängen, daß Rio ſowohl wie Santos jetzt geſunde Häfen ſind.
Die Pflanzendecke Oſtbraſiliens ſpiegelt die ſchon erörterte Verteilung des Regens
wider. An der Küſte, zwiſchen dem Rio Sao Francisco und Santos, herrſchen Wälder, vor
ihnen Mangrovebeſtände, ähnlich wie in Amazonien; das trockene Innere dagegen nehmen
Campos ein, zwiſchen denen ſich Wald an den Flüſſen entlangzieht, und den Übergang zwi—
ſchen dieſen Formationen machen die Caatingas, beſonders in Bahia. Endlich reichen von
Süden her Araukarienhaine in die tropiſchen Formationen hinein.
Vor der Küſte bildet Rhizophora Mangle die meiſten Beſtände. Auf den Küſtendünen
am Contas wachſen Balſambäume (Humirium floribundum) und die Strandpalme Buri
(Diplothemium maritimum), mit wohlſchmeckenden Früchten; am Doce erſcheinen in der
186 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Sandwüſte gelbblühende Sträucher (Turnera odorata), der mexikaniſche Stachelmohn (Arge-
mone mexicana), die mexikanische Kompoſite Zinnia multiflora und die hübſche Vinca rosea.
Für die Sumpfvegetation in Meeresnähe ſind Montrichardia linifera, für die Reſtinga zwi⸗
ſchen Sandſtrand und Urwald Kakteen, Opuntien und Bromelien bezeichnend.
Die unteren Teile der Küſtenwälder heißen Matto virgem (jungfräulicher Wald),
die oberen Matto geral (gewöhnlicher Wald). Im Tiefland überwiegen Palmen, Lorbeer⸗
formen, Myrtazeen und Tamarinden, an den Abhängen des Küſtengebirges kommen noch
Farnbäume, Bambuſſe, Epiphyten und Lianen hinzu. Einförmig und ruhelos iſt der Urwald
in den tieferen Teilen; eine ungeheure Menge von Paraſitenpflanzen bedeckt die Baumäſte,
und die Stämme werden oft bis zu 30 m hoch. Im Matto geral dagegen werden die rieſigen
Laubbäume ſeltener. Mächtige Büſche der Taquararohre (Bambus) und herzförmige Blätter
der Aroideen bilden mit Palmen und Baumfarnen zuſammen Dickichte.
In den trockeneren Teilen Oſtbraſiliens ſpielen auch die Caatingawälder noch eine
wichtige Rolle, indem ſie ſich von Norden her in die Campos einſchieben. Sie erreichen nach
Martius zuweilen die Höhe junger Eichenwälder oder gleichen Wäldern von zwanzigjährigem
Schlagholz und werden von niedrigem Geſträuch und Buſchwerk abgelöſt, das meiſt ſehr dicht
verwachſen iſt. Sie bevorzugen harten, granitiſchen Boden oder Kalkſtein und beſtehen in
Südbahia aus niedrigen, ſtarkveräſtelten Bäumen, zwiſchen denen dichtes Dorngebüſch
aufrankt oder Reihen von Kaktus wachſen. Neben den ſtacheligen Cereus-Stämmen und
Opuntien treten ſtrauchartige, blattloſe Euphorbien und Geſträuche von Jatropha auf.
Die Caatingawälder gehen in einigen Teilen Oſtbraſiliens in den Sertäo über, der in
Nordbahia eine faſt vollkommene Wüſte iſt. In den tieferen Stellen findet man zunächſt noch
feuchtere Waldinſeln, Capdes, auf den Höhen aber hört die Vegetation bald ganz auf oder
wird allein noch durch Kräuter, dichtes Geſtrüpp, niedrige Bäume und Kakteen vertreten,
die hier und da geſchloſſene Hecken bilden und mit weißen Borſten bedeckt ſind. Die Bäume
werfen die Blätter zur Trockenzeit ab, behalten jedoch genügend Saft im Holz, um raſch
wieder Blätter zu treiben, ſobald ein Regen niedergeht. Deshalb kann man im verbrannten
Sertäo, deſſen Pflanzen völlig blattlos ſind, zuweilen Streifen friſchgrüner Caatingawälder
treffen. Auch ſpeichern die Bäume Waſſer in den Wurzeln auf, z. B. der Imbu (Spondias
tuberosa). Dieſe Wälder nehmen in dem Sertäo häufig die höheren Teile, namentlich die
Gehänge der Serras, ein, während Grasland und Geſtrüpp ſich in den tiefer gelegenen Ge-
bieten halten. Hier überzieht die Ananas in Haufen weite Strecken; Kaperngeſträuch, Aka⸗
zien, Winden treten auf, von Palmen die Aricuri-Palme (Cocos coronata).
Auch am Rio Säo Francisco und ſeinen Nebenflüſſen erſcheinen häufig zerſtreute
Gruppen von Palmen, beſonders die Mauritia armata, die Weinpalme (Mauritia vinifera)
und dichte Beſtände der Indayapalme (Attalea Indaya und A. humilıs).
Im Süden, namentlich in Minas und Säo Paulo, entwickeln ſich die Campos in
vollem Maße. Über grüne Grasfluren ragen bläuliche Höhenzüge wie Inſeln hervor, Ter⸗
mitenbauten erreichen in Form koniſcher Hügel die Höhe von 3 m, einzelne Cereen bringen
eine Abwechſelung in der Grasflur hervor. An anderen Stellen zeigen ſich waldloſe Abhänge
und Geſtrüpp, der Jatoba oder Heuſchreckenbaum (Hymenaea Courbaril L.), hier und da
Niederwald, Buſchwald und Cerrados, vereinzelt Palmen und Faultierbäume, Cecropien,
dann wieder baumloſe Cochilhas, leichte Hügel, in der Ebene; den größten Teil des Gebietes
nimmt aber in Sao Paulo der Campo vero, die wie eine Tiſchplatte ebene Grasflur, ein.
Oſtbraſilien: Klima, Pflanzendecke, Tierwelt. 187
In den Capdes erſcheinen im Süden die Araukarien, meiſt in ſonderbarer Weiſe zu—
ſammen mit Palmen, und Araukarien bilden auch einen Beſtandteil der Höhenflora. Am
Innenrande der Serra do Mar ſchieben ſie ſich als nördlichſte Nadelhölzer Südamerikas
nach Norden vor und treten hier zu Wäldern zuſammen. Nach oben hin aber werden auch
ſie von einer Hochvegetation abgelöſt, die wir ſchon kennen gelernt haben (vgl. S. 166).
Unter den Nutzpflanzen ſpielt in Oſtbraſilien, namentlich in Sao Paulo, Rio, Oft-
minas und Eſpirito Santo, der Kaffeebaum bei weitem die erſte Rolle, neben ihm im Norden
beſonders Tabak und Baumwolle. Zuckerrohr iſt überall in gut bewäſſerten Gebieten durch
die friſche Farbe ſeiner Anpflanzungen erkennbar, Maniok, Reis, Bohnen und Bananen
bilden die Grundlage der Nahrung der Bevölkerung. Bäume mit bitterer Rinde, die zwar
wie die der Cinchonen der Kordilleren Quina genannt wird, aber an Heilkraft gegen dieſe
zurückſteht, Ipekakuanha, Saſſafras, Sarſaparille, der Balſambaum Icicariba ſind Produkte
auch des oſtbraſiliſchen Waldes. Wertvolle Holzarten, beſonders das koſtbare rote des Jaca—
randd (Machaerium firmum), ſind geſchätzt; Palmen liefern Wachs, Baſt und Holz, das
Taquararohr Material zum Hausbau, die Myristica officinalis aromatiſche Nüſſe. Auch die
Koka und der Teebaum von Paraguay (Ilex) kommen bereits vor. Die Zahl der Frucht—
bäume iſt ſehr groß, die Rebe wird im Süden gepflegt.
Die Fauna Oſtbraſiliens unterſcheidet ſich nach den Höhenſtufen und klimatiſchen Ge—
genſätzen, namentlich aber nach den Vegetationsformationen. Der Matto virgem hat eine
beſondere Tierwelt mit eigentümlichen Arten. Unter den Säugetieren treten die Baum—
tiere, z. B. Affen, hier wieder häufiger auf. Der Brüllaffe (Mycetes) läßt ſeine gewaltige
Stimme hören, die Cebiden, Springaffen (Callithrix) und der Eriodes hypoxanthus ziehen
ſcharenweiſe durch den Wald. Dagegen fehlen die in Amazonien häufigen Woll- und Klam—
meraffen, die Schweif- und Kurzſchwanzaffen ſowie die Chryſothrix-Arten und alle Nacht—
affen. Unter den übrigen Säugetieren begegnet man dem Jaguar und dem Puma, dem
Rüſſelbären und den Schakalfüchſen, wie auf den Campos; von Nagetieren ſind Eichhörnchen
und Greifſtachler (Cercolabes) auf den Bäumen, das Aguti und die Paca im Unterholz und
die Stachelratte (Loncheres) auf dem Boden anzutreffen; beſonders häufig ſind aber die
Beutelratten (Didelphys). Auf den Campos ſind die Baumtiere auf die Galeriewälder der
Flüſſe beſchränkt, Herden kleiner Affen, Jacobus penicillatus, verbergen ſich bei der Annähe—
rung der Reiſenden in dem Dickicht, die Cavia rupestris, das Felſenmeerſchwein, verkriecht
ſich im Geſtein, das Gürteltier ſucht nach einem Schlupfwinkel, der Ameiſenfreſſer galoppiert
ſchwerfällig über die Ebene. Am Waldſaum weiden der ſchwarze Tapir, das Reh (Cervus
campestris), das Pekari (Dicotyles labiatus) und Hirſche. Während der Nacht ziehen Wolf
(Lupus americanus), Fuchs (Vulpes campestris) und Jaguar (Felis onga) beuteſuchend umher.
Von Vögeln laſſen ſich im Waldlande Adler und Königsgeier (Cathartes Papa L.)
ſowie Falken und Eulen ziemlich häufig beobachten. Kolibris beleben mit ihren glänzenden
Farben das eintönige Grün des Waldes, die Tukane (Rhamphastidae) ziehen in größeren
Geſellſchaften nach Nahrung aus, Hokkohühner (Crax und Penelope), Baumkuckucke (Buco—
nidae) und Waldhähne (Baryphthengus ruficapillus Fieill.) halten ſich einſam im Gezweige
auf, und Waſſervögel der verſchiedenſten Art, Enten, Reiher, Rallen und Taucherhühner,
bevölkern die Sümpfe und Gewäſſer des Waldes. Auf den Campos hat die Vogelwelt
wieder ein anderes Gepräge. Hier treiben ſich die Scharen der grünen Papageien und der
Periquitos herum. Sie fallen herdenweiſe über die Baumwoll- und Maispflanzungen her
188 Das ungefaltete Land des Oſtens.
und laſſen ſich mit ungeheurem Geſchrei auf die einzelnen Bäume der Grasflur nieder. Der
Pirol (Oriolus minor), die beweglichen, Hauben tragenden Anus, ſperlingsartige Tauben
vervollſtändigen das farbenprächtige Bild; dazwiſchen galoppieren die familienweiſe zu—
ſammen weidenden Strauße gleich Pferden über Höhen und Niederungen, und über alles
das erhaben thront der geſetzlich geſchützte rotköpfige Aasgeier, Urubu (Cathartes ruficollis).
Nachts hört man beſonders den Ziegenmelker (Caprimulgus albicollis).
c) Bevölkerung.
Die Indianerbevölkerung Oſtbraſiliens iſt im allgemeinen nur noch in geringen
Reſten vorhanden. Sie beſtand an der Küſte urſprünglich aus Tupi. Dieſe ſind jedoch in der
eingewanderten Bevölkerung völlig aufgegangen, und ſo haben ſich nur noch einige Trüm—
mer der Ges-Gruppe an der Grenze von Minas und Eſpirito Santo ſowie in dieſem
Staate in den Wäldern erhalten. Zu ihr waren auch wohl die noch von Martius geſehenen
Maſſakara, Ponta und Arakuja um den Rio Sao Francisco zu rechnen; heute aber ſitzen im
Gebiete des genannten Stromes keine unabhängigen Indianer mehr. Auch zwei andere
Untergruppen, die Kamakan am Rio Pardo und die Patacho am Rio Jequitinhonha, ſind
wahrſcheinlich ſchon ganz in der angeſiedelten Bevölkerung aufgegangen oder ausgeſtorben.
Dagegen haben ſich die Burung oder Botokuden, Botocudos, die Aymoré der
erſten Anſiedler, noch in Südbahia, Eſpirito Santo und Minas in den Flußgebieten des
Mucury und Doee erhalten. Körperlich unterſcheiden ſie ſich nicht allzuſehr von den übrigen
Indianern Südamerikas, doch fallen ſie durch ihre ungewöhnlich helle Farbe und die Lippen—
pflöcke, botoques, auf, die ihnen den Namen gegeben haben. Allerdings verlaſſen die Männer
dieſe Sitte bereits, fie tragen nur noch 9em breite Scheiben in den Ohrlappen; die Be—
malung mit Blau, Rot und Schwarz erſetzt in gewiſſem Grade den ſpärlichen Schmuck. Klei—
dung tragen die Botokuden auch jetzt meiſt noch nicht, höchſtens wenn ſie in den Fazendas
arbeiten. Sie haben auch weder Hütten, noch Kähne, noch Hängematten und kennen weder
Töpferei noch Haustiere, alſo auch keine Viehzucht, ja ſie können nicht einmal ſchwimmen.
Ihre Geräte beſtehen aus Bambusmeſſern und Steinbeilen, ferner aus ſehr primitiven Koch—
töpfen und Fruchtſchalen des Kalebaſſenbaumes (Crescentia cujete), hier und da auch aus Kör—
ben, Holzgefäßen und Bambusflöten, ihre Waffen aus Pfeilen, Bogen und zuweilen Keulen.
Die Botokuden ſind ausſchließlich Jägernomaden und nähren ſich von der Jagdbeute.
Südlich vom Ouro Preto leben die Puri oder Coroados, ein Reſt der Goyatakä-Gruppe,
und die Koropd. Früher waren fie wie die Goyatakä oder Goytaakes ſelbſt und die Arary,
Pitta und Yumetto am Parahyba bedeutende Völker, und noch am Anfang des vorigen Jahr—
hunderts zählte man ihrer eine große Zahl, jetzt aber gehen ſie baldigem Ausſterben entgegen.
Daher treten die Indianer überall zurück. In der Provinz Rio de Janeiro bilden ſie 2, in
Bahia 4, in Eſpirito Santo und Säo Paulo kaum 2 Prozent der Bevölkerung.
Die Beſiedelung Oſtbraſiliens durch Weiße hielt ſich anfangs in engen Grenzen und
nahm exit größere Maße an, nachdem die Franzoſen und Niederländer im 17. Jahrhun⸗
dert aus Braſilien vertrieben worden waren. Die hauptſächliche Arbeit verrichteten bei der
Koloniſierung Oſtbraſiliens die Pauliſtaner. Sie unterwarfen die Indianer und gründeten
die Städte, hatten jedoch heftige Kämpfe mit den aus anderen Provinzen gekommenen Frem⸗
den, Foraſteiros, zu beſtehen. Im allgemeinen hat ſich aber in Minas und Sao Paulo eine
ziemlich weiße Bevölkerung erhalten. Portugieſen bilden ihren Grundſtock; ſie waren die
Oſtbraſilien: Bevölkerung. Staaten und Siedelungen. 189
Gründer der Kolonien, ihre Sprache herrſcht im Lande. Im übrigen ſind Italiener be—
ſonders zahlreich, dann folgen, freilich in weitem Abſtande, die Spanier, Deutſchen, Fran⸗
zoſen, Engländer und Nordamerikaner. Die letzten drei ſind ziemlich ſpärlich vertreten,
Deutſche findet man beſonders in Säo Paulo, Santos, Rio und Bahia.
Neger ſind ſeit dem 16. Jahrhundert in ſo großen Mengen nach Braſilien gebracht
worden, daß 1818 die Hälfte der Bevölkerung aus Negerſklaven beſtand. Infolgedeſſen wurde
1831 die weitere Einfuhr von Negerſklaven verboten, heimlich aber bis 1856 fortgeſetzt. Im
Jahre 1871 wurden alle von nun an von Sklavinnen geborenen Kinder für frei erklärt, 1884
in Cearä und Amazonas überhaupt alle Sklaven, und 1885 wurde allen über 60 Jahre alten
Negern auch in den übrigen Provinzen die Freiheit geſchenkt. Freilich ging das nicht ohne
heftigen Widerſtand der Großgrundbeſitzer, insbeſondere in Minas Geraes und Rio de
Janeiro, ab, aber im Jahre 1888 wurde endlich die Abſchaffung der Sklaverei über—
haupt erklärt. Man rechnet, daß damals immerhin noch 600— 700000 Sklaven, etwa ein
Drittel der im Jahre 1871 vorhandenen Zahl, durch dieſe Maßregel die Freiheit erlangten.
Reine Neger ſind am zahlreichſten im Staate Rio mit 34 Prozent, am ſeltenſten in Sao
Paulo mit 10 Prozent.
Bei weitem die erſte Stelle nimmt in den Oſtſtaaten die Miſchlingsbevölkerung
ein. Die Sprößlinge von Weißen und Negern, die Mulatten, ſind wohl am häufigſten,
weniger zahlreich ſind die hier im Lande Caboelos oder Mamelucos genannten Meſtizen,
und die Miſchlinge zwiſchen Indianern und Negern, Cabores oder Cafuzos. Aus der Kreu—
zung aller dieſer untereinander entſteht nun die allgemeine Miſchung, deren Zunahme raſcher
vorſchreitet als die der reinen Raſſen, ſo daß Braſiliens Zukunft einer Miſchraſſe gehören
dürfte. Gegenwärtig nehmen in Bahia, wo von jeher ein großer Sklavenmarkt war, die Mijch-
linge 46 Prozent ein, in Säo Paulo nur 13,5 Prozent. In Bahia bilden Neger und Miſch—
linge zuſammen faſt 75, in den Staaten Rio und Eſpirito Santo 60 Prozent der Bevölkerung.
Infolge des verſchiedenen Klimas der Küſte und des Inneren haben ſich beſondere
Volksteile ausgebildet, die Küſtenbewohner und die des Hochlandes. Beierſteren über—
wiegt das dunkle, bei letzteren das weiße und indianiſche Element. Eine beſondere Stellung
nehmen die Bewohner des öden Sertäo, die Sertanejos, ein, die man in vieler Beziehung
mit den Llaneros Venezuelas vergleichen kann. Sie leben auf einſamen Höfen von den Er-
trägniſſen eines geringen Ackerbaues und der Viehzucht, von Früchten, Rindfleiſch, Milch,
Käſe, gehen fleißig auf die Jagd und verſchmähen bei eintretenden Dürren und Hungersnot
auch nicht das nahrungsarme Brot der Aricuripalme (Cocos coronata).
d) Staaten und Siedelungen.
Von den ſechs Staaten, in welche Oſtbraſilien zerfällt, nehmen fünf die Küſte ein,
nämlich Sergipe, Bahia, Eſpirito Santo, Rio de Janeiro und Sao Paulo. Von dieſen
ſind Sergipe, Eſpirito Santo und Rio nur Küſtenſtaaten, Bahia und Sao Paulo greifen
dagegen weit ins Innere ein; Minas Geraes endlich hat gar keine Küſtenſtrecke. Außer-
dem gehört zu Oſtbraſilien der Bundesdiſtrikt, die Umgebung der Hauptſtadt Rio de Ja—
neiro, und dieſe ſelbſt. Die Größen- und Bevölkerungszahlen für die einzelnen Staaten
ſind auf S. 179 zuſammengeſtellt.
Oſtbraſilien iſt der Kern des braſiliſchen Staates, da es mehr als die Hälfte der Geſamt—
bevölkerung enthält. Von ſeinen faſt 14 Millionen Einwohnern kommen aber wieder 10,
190 Das ungefaltete Land des Oſtens.
auf Rio mit dem Bundesdiſtrikt, Säo Paulo und Minas Geraes, in denen zuſammen die
Volksdichte über 11 beträgt. Sie iſt an der Küſte im ganzen höher als im Inneren, aber in
Sao Paulo und Minas wächſt fie auch im Inneren, während das Innere von Bahia noch
verhältnismäßig recht ſchwach bevölkert iſt.
Sergipe, der kleinſte Staat Braſiliens, ermangelt auch größerer Städte, da ſelbſt
ſeine Hauptſtadt, Aracaju, nur 32000 Einwohner hat; ſie iſt aber durch eine Bahn mit
Propria am Rio Säo Francisco verbunden, von wo Zucker und Mangabeira-Gummi aus⸗
geführt werden. Auch Eſtancia (12000 Einwohner), der Mittelpunkt der Landwirtſchaft,
iſt mit Aracaju durch eine Eiſenbahn verknüpft.
In Bahia bietet das Innere gute Gelegenheit zur Viehzucht und enthält Gold und
Diamanten, während an der Küſte Tabak, Kakao, Baumwolle, Kaffee und Zuckerrohr gebaut
werden. Dieſe Erzeugniſſe ſowie Gummi und Häute werden ausgeführt. Die Induſtrie beſteht
in Zigarren- und Zigarettenfabrikation, Herſtellung von Maniokmehl, beſonders in Nazareth,
Spinnerei und Weberei; auch werden große Viehmärkte, z. B. in Feira de Sant' Anna
(25000 Einwohner), abgehalten. Zwei Eiſenbahnlinien führen von der Hauptſtadt ins
Innere. Die eine geht von Bahia nach Joazeiro am Rio Säo Francisco, einem lebhaften
Städtchen mit regem Handel in Salz, Erzen, Kautſchuk und Erzeugniſſen der Viehzucht. Das
Innere entbehrt aber größerer Ortſchaften; in den trockenen Gebieten ſüdlich des Paraguazu
ſind Sincora und Caeteté die bekannteſten, am Rio Säo Francisco hat Barra do Rio Grande
die größte Seelenzahl. Dieſe kleinen Städte leben von Ackerbau im Flußtale des Sao Fran⸗
cisco und von Viehzucht auf den umliegenden Campos, von Bergbau auf Gold in der Serra
do Aſſuruä und von Handel mit Salz, der auch in Piläo Arcado vor der Serra do Piauhy
nahe der Grenze von Pernambuco blüht. Der Weſten von Bahia zwiſchen dem Fluſſe und
der Waſſerſcheide gegen das Tocantinsbecken iſt ſehr menſchenarm. Die zweite Bahn geht
von Säo Felix am Rio Paraguazu, gegenüber dem bekannteren Orte Cachbeira (Strom-
ſchnelle), der mit Säo Felix eine Anſiedelung von 30000 Einwohnern bildet, nach Santa
Iſabel an der Serra do Sincorä. Cachoeira iſt der Endpunkt der Schiffahrt auf dem in die
Bahia de Todos os Santos fallenden Rio Paraguazu, Maragogipe der äußere Hafen an der
Mündung. Santo Amaro an der Bucht von Bahia hat 10000 Einwohner.
Die Anſiedelungen an der Küſte ſind wenig volkreich, da ſich das Leben haupt—
ſächlich in der Stadt Sao Salvador de Bahia zuſammendrängt. Dieſe Stadt ſoll 1510
durch einen Händler Alvares als bleibende Anſiedelung gegründet worden ſein, aber erſt um
1550 ſtädtiſchen Charakter erhalten haben. Immerhin iſt Bahia eine der älteſten Städte Bra⸗
ſiliens und hat ſogar lange Zeit eine führende Rolle im Lande geſpielt, indem es bis 1763
die Hauptſtadt und zugleich während zweier Jahrhunderte der Haupthandelsplatz blieb. Es
war auch die volkreichſte Stadt, beſaß faſt die Hälfte aller Weißen Braſiliens als Einwohner
und hatte beſonders wegen des großen Sklavenmarktes eine Bedeutung als Mittelpunkt des
Verkehrs. Erſt ganz neuerdings iſt Bahia mit 300000 Einwohnern von Säo Paulo (400000)
an Einwohnerzahl überflügelt worden, als Handelsſtadt auch von Santos, Rio und Parä.
Die Stadt zerfällt in zwei Teile, einen unteren langgeſtreckten am Ufer und einen oberen
größeren auf dem ſteilen Küſtengebirge; als dritter entwickelt ſich die Vorſtadt Victoria. Die
untere Stadt, Cidade baixa oder Praia (Strand), die Hafenſtadt, beſteht im weſentlichen nur
aus einer langen Straße mit allen Gebäuden einer großen Seehandelsſtadt. Demgemäß iſt
ſie auch eng, ſchmutzig: ein reines Geſchäftsviertel mit vorwiegend farbiger Bevölkerung und
Oſtbraſilien: Staaten und Siedelungen. 191
ſehr hohen Häuſern. Aufzüge führen von der unteren Stadt den grünen Abhang hinauf nach
der oberen, ſehr unruhig gebauten, bunten, von Palmen überſchatteten Oberſtadt, Cidade
alta, mit den Gebäuden der Staatsregierung, zahlreichen Kirchen und anderen öffentlichen
Gebäuden (Tafel 6, Abbildung 3).
Die übrigen Küſtenplätze ſüdlich von Cachoeira ſind von geringer Bedeutung;
Itaparica auf der gleichnamigen Inſel hat etwa 6000 Einwohner. Noch weit kleiner ſind
diejenigen ſüdlich des 14. Grades, Barra do Rio de Contas, das ſchon 1540 gegründete, früher
goldreiche Ilheos, Cannavieiras und Belmonte. Dieſe Anſiedelungen ſind aber wichtig wegen
ihres Kaffeebaues, der dem ſüdlichen Bahia bereits den Charakter eines Kaffeeſtaates aufprägt.
Porto Seguro oder Cabralia, der Ankerplatz Cabrals, hat nur 1000 Bewohner. Von Cara-
vellas, einem Küſtenſtädtchen von 3000 Einwohnern, führt eine Eiſenbahn über die Kolonie
Leopoldina und die Serra dos Aimores in das Gebiet der Mucurykolonien von Minas Geraes,
in denen Deutſche, Schweizer, Holländer und andere Europäer angeſiedelt wurden. Die be—
deutendſte Anſiedelung iſt hier Philadelphia oder Theophilo Ottone. Die Abrolhos (S. 182)
werden nur von wenigen Fiſchern und der Bedienungsmannſchaft des Leuchtturms bewohnt.
Eſpirito Santo hat im weſentlichen Ackerbauanſiedelungen und baut vorwiegend
Kaffee. Den Ortſchaften ſind häufig Vorhäfen vorgelagert, die den Handel vermitteln; ſo
liegt Villa da Barra vor St. Matheus, Barra do Rio Doce oder Regencia vor Linhares.
Auch Santa Cruz und Guarapary mit gutem Hafen führen Kaffee aus, daneben Fiſche,
Baumwolle und Bauholz, während auf dem Rio Doce Speck, Salz und Tabak ſowie die
Erzeugniſſe der Pflanzungen und Viehhöfe nach aufwärts verfrachtet werden. Der bedeu—
tendſte Hafen des Staates iſt Victoria (30000 Einwohner) an dem ſüdweſtlichen Ende der
Gneisinſel do Eſpirito Santo, die Nachfolgerin der alten Hauptſtadt dieſer Küſte, Villa Velha
oder Eſpirito Santo, einer ſchon 1535 gegründeten, jetzt nur noch von Fiſchern bewohnten
Anſiedelung. Der hier mündende Rio de Santa Maria iſt 54 km weit für Kähne und kleine
Dampfer ſchiffbar. Der an ihm gelegene Flußhafen Porto da Cachoeira iſt der Ausgangs—
punkt für die Anlegung der Kolonie Santa Leopoldina geweſen, die von etwa 11000
Deutſchen, Schweizern, Tirolern, Holländern, Belgiern, Franzoſen, Italienern, Polen und
Luſobraſiliern bewohnt wurde, jetzt aber als Kolonie aufgehört hat zu beſtehen. Ein bedeu—
tender Teil der reichen Kaffeeausfuhr von Victoria kommt aus dem Gelände von Santa
Leopoldina, und ebenſo exportiert eine andere deutſche Kolonie, Rio Novo, auf dem Rio
Itapé Mirim nach dem gleichnamigen Orte und deſſen Vorhafen, dem winzigen Platze
Barra mit wenigen Häuſern, aber deutſcher Bibliothek. Viel bedeutender dagegen als
das unter der gefährlichen Barre leidende Itapé Mirim iſt Anchieta, eine 8000 Ein-
wohner zählende Stadt, die frühere Villa Benevente.
Rio de Janeiro und der Diſtricto federal. Im flachen Mündungsgebiet des
Parahyba liegt Campos (30000 Einwohner), der Mittelpunkt der Zuckerkultur, eine indu—
ſtrielle Stadt in überaus fruchtbarer Umgebung, durch die Küſteneiſenbahn mit Nictheroy,
durch die Parahybabahn mit dem Inneren verbunden; doch iſt auch ihr Vorhafen Sao
Jodo da Barra an der Mündung des Rio Parahyba durch eine Barre geſperrt. Ebenſo—
wenig brauchbar für die Schiffahrt iſt der andere Hafen Imbetiba, deſſen Nachbarſtadt
Macahe gleichfalls Zucker ausführt. Das 1775 gegründete Cabo Frio handelt mit Butter,
Rizinusöl, Fiſchkonſerven und Meeresprodukten.
Am Parahyba führen Säo Fidelis, Areas, Entre Rios, Parahyba, Barra do Pirahy,
192 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Vaſſouras, Barra Manſa und Rezende, alle mit 10—13000 Einwohnern und mit grünen
Zuckerrohrfeldern, Bananen-, Orangen- und Kaffeepflanzungen, vornehmlich Kaffee aus.
Am Nordhange des Parahyba Tales liegt Valenga, am Grenzfluſſe gegen Minas, dem Rio
Preto, der gleichnamige Ort und Iſabel, im Gebirge zwiſchen dem Parahyba und der Küſte
Pirahy, Macacu, Nova Friburgo und Petropolis ſowie Cantagallo mit Goldwäſchen. Neu—
Freiburg (Nova Friburgo) war urſprünglich (1819) eine Schweizer Kolonie, hat aber jetzt faſt
keine Schweizer mehr als Einwohner, ſondern Braſilier und Deutſche; auch Petropolis
(30000 Einwohner) war anfangs (1845) eine deutſche Kolonie und beherbergt noch heute
viele Deutſche, hat aber durch die Erbauung des großen Sommerpalaſtes des Kaiſers Dom
Pedro einen anderen Anſtrich erhalten als die übrigen deutſchen Ackerbaukolonien (Tafel 7,
Abbildung 1). Sommerfriſche für die Fluminenſer (die Bewohner von Rio) iſt auch There-
zopolis am Nordhange der Küſtenkette, ein ebenfalls von vielen Deutſchen bewohnter Ort.
Die Hauptſtadt des Staates ſeit 1902, Nictheroy, früher ein Indianerdorf, wurde 1834
nach Ausſcheidung des Municipio neutro zur Stadt erhoben, entwickelte ſich raſch und hat mit
den Vorſtädten Sao Lourengo, Icarahy und Säo Domingo jetzt 60000 Einwohner.
Die engſten Beziehungen verknüpfen dieſe Stadt mit Rio de Janeiro, der Hauptſtadt
des Landes und dem Kern des Municipio neutro oder Municipio da Corte, des jetzigen
Diſtricto Federal. Die Stadt erhebt ſich am weſtlichen Eingange der vielgerühmten Bucht
von Rio (ſ. die Tafel bei S. 182) und gilt wegen der großartigen Umgebung als die ſchönſt—
gelegene der Erde (ſ. den Lageplan auf S. 193). Hatte man früher beim Betreten Rios eine
gewiſſe Enttäuſchung, inſofern die Straßen der Altſtadt ſchmal, ohne anſehnliche Häuſer oder
Kirchen waren, ſo hat ſich das Bild neuerdings ſehr geändert, denn es iſt Licht und Luft
auch in die Altſtadt gedrungen, und zugleich ſind die Geſundheitsverhältniſſe ſo ſehr gebeſſert
worden, daß Fälle gelben Fiebers faſt nicht mehr vorkommen; auch hat man am Ufer der
Bucht prachtvolle Anlagen und Palmengänge geſchaffen. Die Hauptſtraße Avenida Rio
Branco enthält die meiſten Geſchäftshäuſer, die Rua do Ouvidor die meiſten Läden. Beide
ſind die belebteſten und bekannteſten Straßen Rios; von den öffentlichen Plätzen iſt die Praga
do Tiradentes, früher Konſtitutionsplatz, der bedeutendſte. Die Neuſtadt beginnt hinter der
zu einem Park umgeſchaffenen Praga da Republica, früher d'Acclamagäo, mit dem Stand-
bilde Pedros J. Sie hat mehr den Charakter einer modernen Stadt mit breiten, aber weniger
belebten Straßen und geht allmählich in die mit Villen der Kaufleute und mit üppigen Gärten
geſchmückten Vororte über, unter denen Botafogo am Fuße des durch eine Drahtſeilbahn
erreichbaren Alto do Corcovado am bekannteſten iſt. Hier liegt auch der berühmte Botaniſche
Garten mit ſeiner großartigen Allee von Königspalmen (Oreodoxa regia); der Stadt näher, .
am Quai da Gloria, befindet ſich der Jardim Publico. Drahtſeilbahnen erklimmen die Fels⸗
gipfel der Umgebung, Straßenbahnen durchziehen die Stadt. Als Sitz der Bundesregierung
hat Rio die herrſchende Stellung im Staate; überdies iſt es Sitz eines Erzbiſchofs, des
Obergerichtes, zahlreicher Wohltätigkeitsanſtalten und Banken. Wiſſenſchaft und Kunſt
könnten noch beſſer gepflegt werden, doch beſtehen Bibliotheken, Muſeen und wiſſenſchaft—
liche Geſellſchaften. Die Einwohnerzahl wird jetzt auf 1000000 angegeben.
Minas Geraes. Von Rio aus erſteigt eine Eiſenbahnlinie in mächtigen Bauten die
Serra do Mar, teilt ſich im Parahyba Tal und gelangt in zwei Strängen nach Minas Geraes.
Im ſüdlichen Teile von Minas drängt ſich die Bevölkerung enger zuſammen. Säo
Jodo del Rey und Sao Joje oder Tiradentes, alte Bergſtädte aus der zweiten Hälfte des
Oſtbraſilien: Staaten und Siedelungen. 193
17. Jahrhunderts, haben wegen minder günſtiger Lage bisher nur wenig Einwohner; Juiz
de Fora entwickelt ſich mit blühendem Ackerbau und einiger Induſtrie allmählich zu einem
Hauptorte des Inneren; in Lafayette pflegt man auf der Reiſe von Rio nach Ouro Preto
zu übernachten. In Barbacena herrſcht Induſtrie vor. Im ſüdweſtlichen Winkel von
Minas zeichnet ſich Campanha durch Weinbau und heiße Quellen aus, um Caldas blühen
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1 Arsenal Kathedrale
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3 Praga da Republica 8 National Museum.
4 Palast I Observatoruun
5 Theater 1 Rathaus
Maßstab 1 126 900
Hilometer
Lageplan von Rio de Janeiro. Zu ©. 192.
Ackerbau und Viehzucht, im ſüdöſtlichen Winkel liegen die Kaffee bauenden Städtchen Mar
de Heſpanha, Uba und Carangola.
Die bisherige Hauptſtadt Ouro Preto hatte den Höhepunkt ihrer Entwickelung bereits
überſchritten, bevor die neue gegründet wurde. Zu Martius' Zeit hatte die damals Villa
Rica genannte Stadt zwar nur 8500 Einwohner, hob ſich aber ſpäter auf mehr als 35000, iſt
indeſſen ſeitdem wieder auf 10000 zurückgegangen. Gegründet infolge der Auffindung von
Goldlagern 1698, iſt Ouro Preto immer eine reine Bergbauſtadt geweſen. Auch Sabarä
(Tafel 6, Abbildung 4) mit 5000 Einwohnern iſt urſprünglich eine Minenſtadt, aber heute
liegt ihre Bedeutung beſonders in dem Goldſchmiedegewerbe und in dem Weizen- und
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 13
194 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Zuckerbau der Umgebung. Eine künſtliche Schöpfung iſt die allerdings ſchon ſeit 1780 exi⸗
ſtierende, aber erſt ſeit 1897 emporgekommene, weil damals zur Hauptſtadt gemachte Stadt
Bello Horizonte mit (offiziell) 40000 Einwohnern.
Im Oſten von Minas liegt Diamantina mit bedeutender Ausfuhr der hier gefun-
denen, meiſt auch ſchon an Ort und Stelle geſchliffenen Diamanten ſowie von Gold. Zurück—
gegangen iſt das durch ſeine Topaſe früher berühmt geweſene Minas Novas, und klein ſind
auch Serro Itabira und Conceicäo, ebenfalls Bergbauorte.
Am Rio Sao Francisco ſitzt oberhalb von Carinhanha auch in Minas keine ſehr zahl-
reiche Bevölkerung, weil das Klima des Flußtales nicht gut iſt. Immerhin hat ſich Januaria
oder Salgado zu einer Stadt von 10000 Bewohnern entwickeln können, während Sao Fran-
cisco und Sao Romão klein geblieben ſind; letzteres iſt einer der wichtigeren Plätze für den
Salzhandel. An dem Zuſammenfluß des Rio Säo Francisco mit dem Rio das Velhas liegt
Guaicuhy, am Hauptfluſſe aufwärts Pirapora, der Endpunkt der Eiſenbahn im nördlichen
Minas, mit dem Hafen Porto Fluvial.
Der äußerſte Weiten von Minas beſteht großenteils aus Chapadas und Sertäo mit
Viehzucht. Hier führen Handelswege von Januaria am Sao Francisco über die Chapadas
da Santa Maria und den Bio do Paranan nach Cavalcanti in Goyaz und von Sao Romão
über das Tal des Paracatu nach der gleichnamigen Stadt, die beſonders von dem Handel
mit Vieh und Zucker lebt. Erzeugniſſe der Viehzucht und des Bergbaues ſowie etwas Salz
ſind die Quellen des Wohlſtandes des ſüdweſtlichen Minas, wo Uberaba lange Zeit der
Endpunkt der jetzt nach Cataläo in Goyaz durchgeführten Eiſenbahn war.
Sado Paulo itt der geiſtige Kern Braſiliens, obwohl es weder die Hauptſtadt noch die
größte Einwohnerzahl enthält; aber die Bevölkerung iſt von jeher tatkräftig und geiſtig
bedeutend geweſen. Die Pauliſtaner haben die Indianer zurückgedrängt, den größten Teil
der Städte gegründet, die Goldminen bearbeitet und eine Reihe hervorragender Staats—
männer, darunter drei der letzten Präſidenten der Republik, geſtellt. Sie erzeugen den
größten Teil der Kaffeeausfuhr Braſiliens; ſie haben das Eiſenbahnnetz (6000 km) am
weiteſten ins Innere vorgeſchoben und bis vor kurzem allein etwas für die wiſſenſchaftliche
Unterſuchung und das Bildungsweſen ihres Staates getan. Auch um die Literatur iſt das
Volk von Sao Paulo verdient. Das wird begreiflich, wenn man die Verteilung der Raſſen
in Sao Paulo betrachtet. Dieſer Staat enthielt nämlich ſchon um 1890: 68 Prozent Weiße,
alſo mehr als zwei Drittel, und nur 10 Prozent Neger und 13,5 Prozent Miſchlinge, von
denen auch wohl viele auf die Meſtizen fallen. Die ziviliſierten Indianer beginnen hier
wieder einen größeren Prozentſatz einzunehmen, nämlich 8,4 Prozent. Für 1910 berechnet
v. Ihering ihre Zahl aber auf nur noch 10000, während die Bevölkerung des Staates auf
3400000 geſtiegen war, jo daß ihr Anteil wie der der Neger nur noch 0,3 Prozent betragen
würde. Natürlich hat die gerade in Säo Paulo ſehr ſtarke Einwanderung zugleich mit dem
Ausbau der Verkehrswege im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte große Veränderungen
hervorgerufen, doch kann man jagen, daß der Nordweſten noch faſt unbekannter Sertäo it;
ihn durchziehen nur der Tiété als wenig geeigneter Waſſerweg ſowie die neue, bis faſt an
den Parana durchgeführte Sorocabana-Bahn. Am Unterlaufe des Tiété hat die Viehzucht
bereits zur Entſtehung größerer Siedelungen Veranlaſſung gegeben wie Säo Manoel
(30000), im Südweſten liegen die Regionen des Bergbaues, im Oſten die Kaffeediſtrikte.
Flachgehende Dampfer befahren den Tiete, und die Waſſerkräfte der Flüſſe werden der
Braſiliſches Bergland.
l. Petropolis im Staate Rio de Janeiro.
Nach Photographie. (Zu S. 66 u. 192.)
U
MNT
2 10 1 4 1
Nach Photographie. (Zu S. 195.)
Tafel 7.
Tafel 7. Braſiliſches Bergland.
3. Kaffee-Sazenda in Oſtbraſilien.
Nach Thereie, Prinzeiiin von Bayern, Meine Reiſe in die braſiljaniſchen Tropen, Berlin 1897. (Zu S. 195 u. 210.)
4. Eine Anliedlung im Araukarienwald des Staates Parand.
Nach Photographie von H. Nickol in Tibagy (Parand). (Zu S. 67 u. 203.)
Oſtbraſilien: Staaten und Siedelungen. 195
ſtark aufſtrebenden Induſtrie dienſtbar gemacht, jo in Itu, Piracicaba (40000) und Sorocaba.
Auch ſind mehrere Eiſenbahnen an den oberen Rio Grande vorgeſchoben; hier liegt Franca
(50000). Die Bedeutung der Siedelungen hat oftmals gewechſelt: Orte wie Sorocaba
und Itapera de Fachina haben ſo lange geblüht, als ſie Endſtationen der Eiſenbahnen
waren. Bekannt ſind Botucatu (32000) als Eiſenbahnknotenpunkt und Mittelpunkt vieh-
reicher Campos, Tatuhy (30000) und Itapetininga (30000).
Oſtlich davon drängen ſich in der Mitte der bewohnten Teile von Sao Paulo die Kaffee—
pflanzungen (Tafel 7, Abbildung 3) zuſammen, meiſt zwiſchen Jundiahy (32000 Einwohner)
und dem Rio Grande, beſonders um Ribeiräo Preto (75000), Sao Carlos do Pinhal (67000),
Araraquara (45000), Limeira (28000). Hier liegen auch Amparo (50000), Braganga (42000),
Rio Claro (38000) und Campinas, das ſeine Entwickelung zu einer Stadt von 90000 Ein—
wohnern gleichfalls dem
Kaffeebau verdankt. Im SSS DI u FE] Maßstab 1:209000 ,
äußerſten Oſten endlich I mans r
liegen im Tale des Para-
hyba und an der Eiſen—
bahn nach Rio freundliche [PAN SL / IE en
Städte wie Lorena, Gun- | iger Se
ratinguetä (46000), Tau- |: Rare 4
baté (50000), Nogy das
Cruzes (30000).
Von Weſten, Norden
und Oſten her vereinigen
ſich alle Eiſenbahnen und
Verkehrswege in Sao
Paulo, der Hauptſtadt
des Staates. Dieſe wurde
nach Aufgabe des benach—
barten Piratininga im Lageplan von Santos.
Jahre 1560 gegründet,
aber erſt 1711 zur Stadt erhoben. Ihre Entwickelung fällt überhaupt erſt in die letzten Jahr—
zehnte, namentlich ſeitdem Fremde in großer Menge eingewandert ſind. Ihre Einwohnerzahl
iſt in dieſer Zeit gewaltig angewachſen, nach neueren Quellen bis zu 400000. Damit iſt
Sao Paulo jetzt die zweitgrößte Stadt Braſiliens, die drittgrößte Südamerikas geworden.
Die Bewohner ſind meiſt Weiße, darunter ſehr viele Italiener in einem beſonderen Stadt—
viertel, dagegen nur wenige Farbige und Indianer. Deutſche gibt es 10—12000; ſie beſitzen
bedeutende Handelshäuſer, Apotheken, Druckereien und Konditoreien. Die 740 m hoch
gelegene Stadt macht einen geordneten, reinlichen, in vielen Beziehungen ſogar eleganten
Eindruck und hat auch große öffentliche Gebäude, z. B. den Mpiranga-Palaſt, Theater, Uni—
verſität, Techniſche und Handelshochſchule, da gerade hier neben den nen Inter⸗
eſſen auch die wiſſenſchaftlichen einen guten Boden gefunden haben.
Von São Paulo aus führt in zwei Stunden eine bei der Überwindung der Serra do Mar
Drahtſeilbetrieb anwendende Eiſenbahn (Tafel 7, Abbildung 2) nach dem wichtigſten Hafen
des Staates und Braſiliens überhaupt, Santos. Santos (f. den obenſtehenden Lageplan)
13 *
196 Das ungefaltete Land des Oſtens.
liegt auf einer ſumpfigen Inſel an der Küſte und war daher lange Zeit hindurch der Sitz
des gelben Fiebers, deſſen Verheerungen ihm den Namen „der Kirchhof der Europäer“
eintrugen. Heute iſt Santos Seebad und ſo geſund, daß Schiffe, die aus dieſem Hafen
kommen, nicht mehr in Quarantäne gelegt werden. Großartige Hafenanlagen ſind aus—
geführt worden, um den immer mehr anſchwellenden Handel zu bewältigen: lagern doch
bisweilen viele hunderttauſend Sack Kaffee in Santos, und hat doch der Handel der Stadt
einen Wert von 600 Millionen Mark. So hat denn Santos jett auch faſt 90000 Einwohner.
Die älteſte Anſiedelung an der Küſte iſt der nahe Santos gelegene Flecken Säo Vicente,
ein 1531 gegründeter Hafenplatz, jetzt eine Villenkolonie der Kaufleute von Santos. Die
übrigen Hafenſtädte, Ubatuba, Sao Sebaſtiäo, gegenüber der Inſel gleichen Namens, Villa
Iguapé mit dem Hafen Porto de Iguapé und Cananea, werden heute nur noch von Küſten—
fahrern angelaufen, da ſie keine Verbindung mit dem Inneren haben, doch ſoll das an einem
ausgezeichneten Kanalhafen liegende Sao Sebaſtiäo (10000 Einwohner) an die Bahn Sao
Paulo Rio angeſchloſſen werden. Das Hinterland von Cananea, die Täler des Ribeira und
Sao Lourengo, ſind menſchenarm. Bei Kiririca wird Marmor, bei Apiahy Gold gewonnen.
4. Südbraſilien.
Südbraſilien umfaßt die Staaten Parana, Santa Catharina und Rio Grande do
Sul oder die Paranäſtaaten, da der Parana ſie mit Ausnahme der Küſtenflüſſe hydro—
graphiſch völlig beherrſcht. Wie in hydrographiſcher Beziehung, ſind ſie auch in orographiſcher
einheitlich, aber auch wirtſchaftlich ſind ſie gleichartig, da die Grasfluren des Inneren der
Viehzucht, die Waldgebirge des Oſtens dem Ackerbau und der Waldwirtſchaft dienen und die
großen Fazendas Oſtbraſiliens durch kleine, von den Bewohnern ſelbſt bearbeitete Grund—
ſtücke abgelöſt werden. Klima und Vegetation werden mit Ausnahme der Küſte ſüdwärts
immer ſubtropiſcher, an die Stelle des Kaffees tritt als Hauptprodukt der Mate, daneben
erſcheinen Weizen, Flachs, Hopfen, Wein, Maulbeerbäume für Seidenraupenzucht und Arau—
karien. Eine mächtige europäiſche Einwanderung gibt Südbraſilien überdies ein beſonderes
Gepräge; infolge ihrer Einwirkung hat die auf Viehzucht gegründete Induſtrie hier eine be—
ſondere Ausdehnung erfahren, zumal da im äußerſten Süden, in der ſüdlichen Hälfte von Rio
Grande do Sul, der Charakter des Landes bereits ganz der der Pampa iſt. Die Größe Süd—
braſiliens beträgt 532000 qkm, etwa ſoviel wie die des Deutſchen Reiches, die Einwohner—
zahl 2,8 Millionen, wie folgende Tabelle zeigt:
Okilometer Einwohner Volksdichte
SE TE 251904 570000 2„3
Santa Catharina . . 43535 (?) 510000 12,0
Rio Grande do Sul. . . 236553 1750000 7,4
Südbraſilien: 531992 2830 000 5,3
a) Das Land.
Südbraſilien weicht in feiner Zuſammenſetzung von Oſtbraſilien darin ab, daß die
archäiſche Formation zurücktritt und auf die Randgebirge von Paranä und zum Teil auf
Santa Catharina beſchränkt wird; in Rio Grande bedeckt ſie freilich wieder mehr Raum.
Dafür werden die ſedimentären Gebiete umfangreicher, inſofern Devon und Karbon,
meiſt Sandſteine und Mergelſchiefer, den größten Teil der inneren Hochebenen einnehmen.
Die Karbonformation enthält am Tubardo und am Jacuhy Kohlen, die auch bereits
Südbraſilien: Das Land. 197
abgebaut werden. Eigentümlich berührt die Glossopteris-Flora des oberen Karbon von Rio
Grande, da ſie auf ein ſehr viel kühleres Klima und auf größere Kontinentalerſtreckung in der
Richtung nach Südafrika und Auſtralien zur Karbonzeit ſchließen läßt. Zu dieſen Forma-
tionen tritt die Trias, im Inneren und Weſten des Paranägebietes Bee rote Sandſteine,
Schiefer und weitverbreitete Konglomerate, ſowie endlich Eruptivgeſtein, teils Grün—
ſteine, teils Mandelſteintrapp, nach v. Siemiradzki dolerit- und anameſitähnliche Diabaſe und
Melaphyre, nach Beſchoren Baſalte. Sie bilden in den Staaten Rio Grande und Parana
lange Grate, in Santa Catharina den Oſtrand des Küſtengebirges und enthalten ausgezeich—
nete Chalzedone, Achate, Amethyſte, Jaſpiſſe und Bergkriſtalle, die jetzt vielfach in Ober—
ſtein und Idar an der Nahe verarbeitet werden. Die Sandſteine der Trias liefern gutes
Baumaterial, auch kommen Blei und Kupfer vor; zur Zeit der Jeſuiten wurden überdies
Silber und Gold gefördert.
Der Bau Südbraſiliens erſcheint einfach, wird aber verwickelt durch Bruchlinien,
die das Land in eine Reihe von Tafeln mit nach Oſten aufgebogenen Rändern zerlegen
(ſ. das Profil). In
d bie 5 Rio do Cobre = eh: n 0 * 1
chäiſche Forma⸗ dens | 15 eee us "roh 2 | Paranagus
tion auf, aber das 5 | —_ ee |
900m hohe Längs- e
tal zwiſchen den Maßstab 1:6750000 -—— 2— m zu mn
beiden Randgebir⸗ ae San delen E jRaters
gen, der Serra dos Querprofil über Südbraſilien unter 260 ſüdl. Breite. Mach J. v. Siemiradzki.)
Orgäos und den
Serras do Mar und Cadias, iſt nach v. Siemiradzki eine eingeſunkene Scholle. Serrinha liegt
noch 1254 m hoch, dann fällt die innere Tafelſcholle langſam bis Colonia Thereza auf 765 m;
ſie beſteht aus Devon und Karbon. Darauf erſcheint abermals ein oſtwärts aufgebogener
Rand einer dritten Tafelſcholle in Geſtalt der noch 1200 m hohen Serra da Eſperanga und
weiter die über Guarapuava auf 900 m abfallende Scholle ſelbſt, an deren Zuſammenſetzung
Karbon, Trias und Melaphyr beteiligt ſind. Endlich begegnet man in der Serra de Säo
Soäo mit 1064 m dem vierten Steilrande, den dann eine langſam abfallende Tafelſcholle
aus rotem Sandſtein der Trias und Melaphyr ablöſt, die bis 580 m abſteigt; in dieſe
innerſte Scholle iſt das Tal des Paranä bis zu 300 m Meereshöhe eingeſchnitten.
Die archäiſchen Gebiete wie die auf dem Randgebirge auflagernde Sandſtein- und
Eruptivgeſteinsdecke ſind reich an Oberflächenformen, die durch Verwitterung und Eroſion
entſtanden ſind. Im archäiſchen Gebirge krönen Granitblöcke in Haufwerken und in der Form
von Wollſäcken die Gipfel der Berge ſowie die Hügel des niederen Landes; im Sandſtein—
gebiet erſcheinen eigentümliche pilz- oder tiſchartige Gebilde, deren ſchwarze Verwitterungs—
kruſte von zahlloſen Mooſen und Flechten in glänzenden Farben überzogen iſt. Tiefe Regen—
ſchluchten mit Erdpyramiden durchſchneiden den Boden, und unter dem Einfluß des Waſſers
entwickeln ſich ſonderbare Formen, wie Säulen, Pfeiler, Tore, Türme, Kaſtelle und Kathe—
dralen. In dem Gebiete der Mandelſteindecke finden wir wieder andere Bildungen, wie die
Baſaltſäulen der Serra dos Orgäos. Im Süden endlich ſind ſargdeckelförmige Berge häufig.
Im Süden Paranas tritt die Waſſerſcheide ganz nahe an die Küſte heran; in Santa
198 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Catharina entfernt ſie ſich etwas mehr von ihr, und das von nun an meiſt Serra Geral
genannte Küſtengebirge läßt Raum für die Entwickelung eines größeren Küſtenfluſſes, des
Itajahy. Vom Morro do Trombudo an nimmt die Serra Geral wieder ſüdliche Richtung an
und zieht bis Porto Alegre faſt unmittelbar an der Küſte hin. Von hier an wendet ſich der
Steilabfall von neuem dem Inneren zu, ſo daß wiederum Platz für die Entwickelung eines
größeren Küſtenfluſſes, des Jacuhy, geſchaffen wird. Ob das hier nach Weſten umbiegende
Randgebirge nur als ein Erzeugnis der Denudation aufzufaſſen ſei, wie A. Hettner meint,
wofür Reſte der zerſtörten Decke weiter im Süden ſprechen, oder, mit v. Siemiradzki, als
Ergebnis eines großen Bruches, der von Weſten nach Oſten vom Rio Uruguay bis Porto
Alegre läuft, mag dahingeſtellt bleiben. Jedenfalls beſteht das Randgebirge aus einem
ſchmalen Streifen roten Sandſteins im unteren und einer mächtigen Decke von Eruptiv—
geſteinen im oberen Teile; beide liegen horizontal und bedingen einen Höhenunterſchied
von 400 m über dem Tieflande. Die Täler ſind reine Eroſionstäler mit Waſſerfällen und
klaren Gebirgsbächen, die Höhen ſind alle ungefähr gleich, in Rio Grande bis über 800 m;
vor dem Gebirge liegen im Süden Inſelberge, abgetrennte Plateauteile in Form ſarg—
förmiger Berge. Das landſchaftliche Gepräge des Randgebirges der Serra Geral erinnert
wegen der langgeſtreckten Rücken, der ſanften Formen der Gehänge und des dunkeln
Waldes an den Thüringer Wald.
Iſt man aber auf die Höhe gelangt, ſo verſchwindet der Gebirgscharakter völlig, und
man tritt wieder in ein weites ebenes Grasland ein, das Hochland des Inneren. Dieſes
gleicht auf den erſten Blick vollkommen der Campanha des Südens, beſitzt aber doch größere
Mannigfaltigkeit als dieſe, indem zahlreiche Baumgruppen, Capdes, oder Araukarienhaine
in ihm auftreten. Der Grund für die größere Abwechſelung liegt in der bedeutenderen Höhe
über dem Meere, welche die Flüſſe zu ſtärkerem Einſchneiden zwingt, ſo daß einzelne
geſchloſſene Tafeln und zahlreiche Tafelſtücke entſtanden ſind. Man kann daher das innere
Hochland als ein ſtark erodiertes Tafelland bezeichnen, mit einzelnen flachen, rundlichen
Kuppen, ſanften, breiten Mulden, Wäldern in den Senken und Gras auf den Höhen.
Mengen von Kugeln bedecken den Boden, achat- oder amethyſtreiche Reſte der großen
Mandelſteindecke des Inneren, aus der ſie durch Zerſtörung des umliegenden Geſteins aus—
gewittert ſind. Der Boden iſt an vielen Stellen rot.
Das graſige, hügelige bis ebene Land im Süden von Rio Grande dagegen beſteht
aus archäiſchen Geſteinen, Gneis, Glimmerſchiefer, Hornblende-, Chlorit- und Talkſchiefer
und iſt als Fortſetzung des oſtbraſiliſchen archäiſchen Schiefergebirges zu denken, jedoch unter
Verluſt des Gebirgscharakters. Über dieſem archäiſchen Grundgebirge, das den Boden der
Pampa bildet und ſich nach Uruguay fortſetzt, lagern einige ſchwach gefaltete devoniſche
Schollen und das Kohlengebirge ſüdlich des Jacuhy in Muldenform. Außerdem aber ragen
aus ihm einzelne Cochilhas hervor, die auch Serras genannt werden, aber wohl nur breite,
durch das Einſchneiden der Flüſſe ſtehengebliebene Rücken ſind, wie die Cochilha Grande
zwiſchen Cacequy und Bags, die Waſſerſcheide zwiſchen dem Uruguay und dem Atlantiſchen
Ozean, und die Serra dos Tapes ſüdlich des Camacuam ſowie die Serra do Herval nördlich
dieſes Fluſſes; es ſind aufgebogene Teile der archäiſchen Platte, die letzten ſchwachen Aus-
läufer der aufgebogenen archäiſchen Ränder der Serra do Mar und der Serra Geral.
Die Küſte beſteht von der Gegend von Desterro in Santa Catharina an nach Süden
hin bis über die Lagoa Mirim hinaus aus Jungtertiär und Quartär und iſt eine flache
Südbrajilien: Das Land. 199
Haffküſte mit langgedehnten Strandſeen und Nehrungen. Im nördlichen Parana beginnt
die Inſelbildung, die durch die großen Inſeln do Mel, Säo Francisco und Santa Catharina
bezeugt iſt. Durch Eingreifen des Meeres in das Land entſtehen die großen Buchten von
Paranagud, von Tijuca (Tijucas) oder Säo Sebaſtiäo und diejenige hinter der Inſel Sao
Francisco. Dann aber zeigen ſich von Imbituba an in Santa Catharina und Rio Grande
bradige Strandſeen. Sie erreichen nach dem Zurücktreten der Serra Geral mächtige Aus-
dehnung in der Lagoa dos Patos und der Lagoa Mirim. Das nach den Patos-Indianern
genannte Haff iſt 250 km lang, bis zu 70 km breit und wird durch die lange Nehrung Praia
de Pernambuco vom Meere getrennt, beſitzt aber einen Ausgang, die Barre von Rio
Grande do Sul, eine höchſt gefährliche, kaum 4 m tiefe Mündung, deren ſandige Um-
gebung häufig Schiffbrüche geſehen hat. Sie wird neuerdings mit großen Koſten aus—
getieft, aber auch die Lagoa dos Patos iſt ſchwer zu befahren, da ſie höchſtens 10 m tief,
an den meiſten Stellen aber viel ſeichter iſt. Das ſüdlichere Haff, die Lagoa Mirim, iſt
220 km lang und an der breiteſten Stelle 52 km breit. Dieſe Lagune hatte vielleicht einſt
an der Südoſtſeite einen Ausgang nach dem Meere, iſt aber jetzt durch die Nehrung, auf
der die Laguna da Mangueira liegt, von ihm abgeſchloſſen. Dagegen verbindet ſie der 80 km
lange Kanal Gongalvo oder Gongalo mit der Lagoa dos Patos.
Infolge der Lage des Gebirges in der Nähe vom Meere entwickeln ſich in Barana und
Santa Catharina nur wenige längere Küſtenflüſſe. Der Itajahy fließt zwiſchen Küſten—
gebirge und Serra Geral nordwärts und bricht dann bei Badenfurt und Blumenau zum
Meere durch. Während er im Ober- und Mittellauf eine Reihe von Fällen paſſiert, iſt der
Unterlauf bis Blumenau für kleine Dampfer ſchiffbar. Im Süden desſelben Staates hat der
Tubaräo durch die Kohlenlager an ſeinen Ufern Bedeutung gewonnen. In Rio Grande
entſpringt der Jacuhy nördlich von Cruz Alta auf dem Tafellande, durchbricht die Serra in
zahlreichen Stromſchnellen, vereinigt ſich mit dem Vacacahy von der Cochilha Grande und
läuft nun der Serra entlang in öſtlicher Richtung in die Lagoa dos Patos bei Porto Alegre.
Da er bei günſtigem Waſſerſtand bis oberhalb vom Rio Pardo mit Dampfſchiffen befahr—
bar iſt, ſo bildet er die wichtigſte Verkehrsader des Staates; auch ſein Nebenfluß Taquary
iſt bis Taquary ſchiffbar. Der Camacuam iſt ein Tieflandsfluß; ſeine Quellen liegen
in der Cochilha Grande, ſeine Mündung an der Lagoa dos Patos. Endlich iſt der Jagua—
räo als Grenzfluß gegen Uruguay bekannt; er führt bereits in die Lagoa Mirim.
Das Paranäſyſtem kann in ſeinen Quellflüſſen weit nordwärts bis in die Serra dos
Pyreneos verfolgt werden, wo der Corumbä und São Bartholomeo entſtehen; ſie vereinigen
ſich mit dem Paranahyba, der als San Marcos aus der großen Waſſerſcheide nordweſtlich von
Paracatu herabkommt und die nordnordöſtlich gerichtete Achſe des ganzen Syſtems am deut—
lichſten ausprägt. Er nimmt noch den Rio das Velhas von Südoſten auf, empfängt von rechts
aus den Serras Diviſdes de Rio Claro und Cayapd die Rios Meia Ponte, dos Bois, Turvo
und Verde, die durch den öden Sertäo von Camapuan rinnen, und vereinigt ſich unterhalb
von Santa Anna do Paranahyba mit dem waſſerreichſten Quellfluß des Parana, dem Rio
Grande. Von da an heißt der Geſamtſtrom Barand; er nimmt nun außer dem in den Rio
Grande fallenden Mogy Guazu den Tiété und Paranäpanema auf, dem waſſerreiche Zu—
flüſſe aus Paranä zugehen, der Itavaré, der Rio da Cinza und der große Tibagy. Der dann
folgende Rio Jvahy fällt ſchon nicht mehr in den Paranäpanema, ſondern in den Parana.
Dieſer empfängt ferner von rechts aus der Serra Cayapd und dem Sertäo de Camapuan
200 Das ungefaltete Land des Oſtens.
die Flüſſe Racuri, Verde, Pardo, Anhanduy, aus den Serras Sangue und de Maracaju den
Rio Ivinhema, der eine erträgliche Waſſerſtraße in das ſüdliche Matto Groſſo bietet und bereits
von den Pauliſtanern benutzt wurde. Bald nach der Aufnahme des Ivahy durchbricht der
Parana die Serra dos Dourados und bildet dann die große Inſel del Salto Guaira, die
nach dem nun folgenden großen Waſſerfall (Gran Salto) von Guairä oder den ſieben Fällen,
Sete Quedas, genannt iſt. Nach ſeeartiger Erweiterung an der großen Inſel ſtürzt der Parana
hier in mehreren, 15—18 m hohen Fällen in das Tiefland hinab (Tafel 8, Abbildung 1)
und erreicht die Grenze ſeines Oberlaufes. Sodann nimmt er von rechts den Acaray auf und
zieht nun durch den JGuazu („Großes Waſſer“) das Waſſer des nördlichen Santa Catha-
rina und des ſüdlichen Parana an ſich. Der J-Guazu entſteht bei Palmeiras, ſeine Haupt—
achſe verlängert ſich jedoch durch den Rio Negro bis nahe an die Küſte bei Joinville. So fließt
er in weſtlicher Richtung und mit beträchtlicher, kriſtallklarer, grüner Waſſermenge und 150 —
200 m Breite nach Weſten über das Hochland ab. Seiner zahlreichen Stromſchnellen halber
iſt er zwar ſchwer zu befahren, trägt jedoch bereits Dampfer; vor der Mündung bildet er
den gewaltigen Salto Victoria.
In der Fortſetzung der Rinne des Paranä liegt das Tal des Uruguay, der durch einen
Höhenzug von dem Paranä getrennt iſt und ihm erſt an der Mündung zugeht. Immerhin
iſt der Uruguay noch zum Becken des Paranä zu rechnen. Auch ſein Oberlauf iſt ein Tafel—
landsſtrom und nach Weſten gerichtet, ſeine Quellen liegen am Abhang des Küſtengebirges,
in der Serra Geral; denn er entſteht mit mehreren Quellflüſſen, den Rios Marombas, das
Canvas und das Pelotas an der Serra Geral genannten Randſtufe des Hochlandes, zieht
beſonders von Süden her das Waſſer aus dem nördlichen Rio Grande, deſſen Grenze er
bildet, und fließt durch dichten Urwald über die Hochfläche nach Weſten ab. Auf dieſem
Laufe wird auch er durch Stromſchnellen unterbrochen, namentlich durch den gegen 2—10 m
hohen Salto Grande, den jedoch beladene Boote zur Hochwaſſerzeit paſſieren können, und
den Salto de Mucundo oder Mucuanäo, kurz unterhalb der Mündung des Peperi Guazu.
Hier verengert ſich der 400 m breite Uruguay und ſtürzt in einer Reihe von wilden Fällen
vom Hochland in das tiefere Land hinab, bildet aber auch hier noch den Pirapö-Fall und
hat ſogar noch bei Concordia nördlich von Payſandu einen Fall, kann jedoch zwiſchen den
Fällen befahren werden. In Rio Grande empfängt er noch zwei Nebenflüſſe, den Ijuhy
Guazu aus den Campos bei Cruz Alta und den Ibicuy Guazu aus den weſtlichen Aus—
läufern der Serra Geral. Erſterer iſt bis Santo Angelo, letzterer bis Cacequy ſchiffbar.
Gemeinſame Eigenſchaften der Ströme des Hochlandes ſind, daß ſie ſehr
nahe der Küſte am Weſthange des Randgebirges entſpringen und in langem Laufe über das
nach Weſten ſich abdachende Hochland unter Bildung von Stromſchnellen abfließen, wie auch
der Uruguay ſelbſt. Sie laufen faſt geradeswegs weſtlich bis nordweſtlich zur Sammelrinne,
ſind im allgemeinen tief eingeſchnitten und haben für die Schiffahrt wenig Wert.
b) Klima, Pflanzen- und Tierwelt.
Das Klima Südbraſiliens iſt ein Übergangsklima zwiſchen den Tropen und den ge—
mäßigteren Teilen der Subtropen, da Säo Paulo und Santos nahe dem Wendekreiſe, Rio
Grande do Sul unter 32° liegen; außerdem wird es meiſtens durch die Höhe gemildert.
Im ganzen kann man Paranä noch dem tropiſchen Klima zurechnen, Santa Catharina aber
iſt ſchon durchaus ſubtropiſch, Rio Grande do Sul halb gemäßigt.
Südbraſilien: Klima, Pflanzen- und Tierwelt. 201
Station Jahr Sof 1 Schwankung W
Curityba (250 26“, 900 m) . . 16,40 20,40 12,00 8,40 1481
Joinville (260 19) ) 20,20 24,4 16,0 7,80 2245
Blumenau (28 55 20,80 25,30 15,80 9,50 1704
Porto Alegre (300 2“) 19,40 25,00 13,50 11,50 799
Pelotas (3047). . 2... 17,70 23,00 12,0 10,4 1255
Rio Grande d nd Far. 17,50 22,80 12,40 10,0 945
Naturgemäß nimmt die Temperatur mit der geographiſchen Breite von Norden nach
Süden ab; in Säo Paulo herrſchen Mitteltemperaturen von 18—22“ im Jahre, in Parana
ſinken ſie auf 16—20°, und in Rio Grande haben auch die Küſtenſtationen nur noch 17180
mittlere Jahrestemperatur. Überdies bildet ſich ein Gegenſatz zwiſchen der warmen Küſte
und dem kühleren Inneren aus. In Curityba ſteht ein Januar mit 20,4 einem Juni von
nur 12“ gegenüber, wodurch die Differenz auf 8,4“ ſteigt, während die noch nicht 100 m
über dem Meere gelegenen deutſchen Kolonien Joinville und Blumenau im benachbarten
Santa Catharina 24,4 und 25,3“ in den wärmſten, 16,6“ und 15,8“ in den kühlſten Monaten
und Jahresmittel von 20,2“ und 20,8“ haben; die Differenz beträgt ſomit für Blumenau
ſchon faſt 10“ſ und ſteigt in Porto Alegre auf 11,5“, da hier ein Januar von 25,0% einem Juli
von 13,50 gegenüberſteht. Der wärmſte Monat it allerdings vielenorts der Februar, be—
ſonders ſüdlich von 30°, der kühlſte meiſt der Juni. Die mittleren Maxima betragen in
Blumenau 37,4, in Porto Alegre 35,5“, in Pelotas 40,8“ und in Rio Grande 37,1, in
Curityba aber nur 34%. Die mittleren Minima halten ſich in Blumenau und Porto Alegre
zwiſchen 3 und 4°, in Pelotas und Rio Grande aber zwiſchen —3 und —4°, während Curityba
— 4,5% verzeichnet. Das Klima wird alſo nach Süden hin extremer, es tritt gelegentlich
wirkliche Winterkälte ein, und zwar meiſt in plötzlichem Wechſel. Aber auch an ſolchen kalten
Tagen pflegt die Sonne über Mittag eine ſtarke Kraft zu entfalten und die entſtandene Eis—
bildung zu beſeitigen. Da es ſich indeſſen hier um einen ausgeſprochenen ſubtropiſchen
Winter handelt, ſo erſcheinen nicht ſelten Reif, Schnee und Eis auf den hochgelegenen
Campos und den Waſſerläufen des Südens. In hellen Winternächten frieren die Waſſer—
lachen im ſüdlichen Teile des höheren Rio Grande regelmäßig zu; in Santa Catharina tötete
der Froſt vom 26. bis 31. Juli 1858 im Diſtricto Lages 30000 Stück Vieh, und eine Schnee—
decke hielt 14 Tage an. Ahnliches wiederholte ſich in den Jahren 1876 und 1879, und auch
von dem 26. und 27. Juli 1870 und vom Jahre 1830 weiß man, daß auf dem Hochland eine
mehrtägige Schneedecke vorhanden war, während der Schnee in den deutſchen Kolonien der
Serra Herval nur ausnahmsweiſe eine Nacht liegen geblieben iſt.
Demgegenüber zieht ſich an der Küſte das tropiſche Klima ſüdwärts bis in die Gegend
von Porto Alegre, alſo bis dorthin, wo das ſchützende Gebirge von der Küſte verſchwindet.
Übrigens kommen auch hier im Sommer plötzliche Abkühlungen vor, wenn der kalte und
feuchte, gewitterbringende Südwind, der Pampero, weht, während der Minuano, ein kalter,
trockener, heftiger Weſtwind, hauptſächlich im Winter auftritt.
Die Niederſchlagsmengen ſind ſehr verſchieden verteilt. Im allgemeinen iſt die
Küſte regenreich, das Binnenland trockener; dieſer Gegenſatz nimmt aber von Norden nach
Süden ab. So beſteht ein ſolcher zwiſchen Curityba und Blumenau, da erſteres 1480, letzteres
1700 mm im Jahre erhält. Die meiſten Regen fallen in Curityba im Januar, in Blumenau
202 Das ungefaltete Land des Oſtens.
im Februar; zur Ausbildung einer ausgeprägt trockenen Jahreszeit, wie in der Stadt Sao
Paulo, kommt es jedoch nicht, wenn auch die Monate Juli und Auguſt beſonders wenig
Regen empfangen. Joinville dagegen erhält mit 2245 mm wieder eine größere Regenmenge,
und hier hat nur der Juli weniger als 100 mm Niederſchlag. Im äußerſten Süden tritt aber
eine Abnahme der Niederſchläge ein; Pelotas im Graslande von Rio Grande empfängt im
Jahre nur noch 1255 mm Regen, und vier Monate weiſen bereits unter 100 mm Niederſchlag
auf. Eine ausgeſprochene Regen- und Trockenzeit beſteht aber auch hier nicht; die trockenſten
Monate ſind Januar, Mai, Oktober und November.
Die Jahreszeiten ſind an der Küſte und im Norden wenig ausgeprägt; in Curityba
ſowohl wie in Blumenau fällt Regen in allen Monaten, und auch in den Küſtenſtädten von
Rio Grande do Sul iſt kein Monat regenlos. Die Maxima des Regenfalles liegen aber in
Curityba und Blumenau im Hochſommer, Januar und Februar, in Rio Grande dagegen
im Auguſt. Pelotas erhält in den Monaten Juni bis September von 1255 mm 480, d. h.
39 Prozent, Blumenau dagegen 42 Prozent in den Monaten Dezember bis März. Im Norden
herrſchen alſo noch ausgeſprochene Sommerregen, im Süden dagegen Winterregen, beſonders
auf den Campos des Inneren: dann ragen die Cochilhas wie langgeſtreckte Inſeln aus dem
Waſſer hervor und dienen den Herden als Zufluchtsorte, während umgekehrt im Dezember
die Hitze das Gras verdorrt, die Bäche austrocknet und den Lehmboden aufklaffen läßt.
Die Vegetation Südbraſiliens entſpricht dem Klima inſofern, als auch ſie einen
Übergang bildet von der tropiſchen des Inneren und des Nordens zu der gemäßigten Argen—
tinas. Im übrigen bietet ſie, je nach der Lage und Höhe des Bodens, auf dem ſie ſteht, ganz
verſchiedene Bilder dar, zumal da die einzelnen Vegetationsformationen, Küſtenwald, Fluß—
wald, Grasflur, Teewald und Araukariengehölze, anſcheinend regellos ineinandergeſchoben
und miteinander verknüpft ſind, ſo daß das Ganze unruhig und mannigfaltig wird. Be—
ſonders bezeichnend ſind die Beſtände des Paraguay Teebaumes (Ilex paraguayensis) und
der Araucaria brasiliensis.
Der Küſtenwald begleitet die warme Küſte von Paranaguä bis Porto Alegre und
hat daher zunächſt noch durchaus tropiſchen Charakter, entbehrt aber der Üppigfeit der tro—
piſchen Regenwälder; namentlich fehlen die Schlingpflanzen, die dem tropiſchen Walde den
Eindruck des Undurchdringbaren, Üppigen und Zauberhaften verleihen. Palmen kommen
noch in größerer Zahl vor, im Norden die Indayapalme (Attalea indaya) und die Tucumä⸗
palme (Astrocaryum tucuma), im Süden die Jeriväpalme (Cocos coronata), die erſt in
Uruguay verſchwindet, während die Uricauapalme bei Säo Lourengo in Rio Grande ihre
Südgrenze erreicht. Im übrigen iſt der Küſtenwald und der des Randgebirges im ganzen
ein gemiſchter Laubwald mit dichtem Unterholz und wird im weſentlichen aus Myrtazeen
und Laurineen gebildet. Er endet bei Santa Maria im Inneren von Rio Grande, ſeine Aus—
läufer erſtrecken ſich aber noch über die öſtlichen Teile der Serras do Herval und dos Tapes,
dann folgen ſüdwärts nur kleine Waldinſeln, Capdes, in der Grasflur, und gegen den Uru—
guay hören auch dieſe auf.
Der Küſtenwald ſteigt jedoch in den Tälern aufwärts und verbindet ſich an ihren
Anfängen am Uruguay und deſſen Nebenflüſſen ſowie auch am Oberlaufe des Parana
mit dem großen Urwalde des Inneren. Der feuchte Regenwald am oberen Uruguay
nimmt nach Beſchoren 16000 qkm Fläche ein. Er wird aus Bäumen mit dichten Kronen,
Epiphyten und undurchdringlichem Unterholze gebildet und iſt am Uruguay kräftiger als der
Südbrafilien: Klima, Pflanzen- und Tierwelt. 203
Küſtenwald, deſſen Unterholz zum großen Teil aus Taquararohr beſteht, während der Uru—
guay-Uferwald über ein ſehr verſchlungenes Unterholz von Dornen der verſchiedenſten Arten
verfügt. Von beſonderen Pflanzen ſind zu erwähnen die Zwergpalme Guariganga, die an
manchen Stellen einen Wald im Walde bildet, der Painabaum, deſſen Früchte einen baum-
wollartigen Stoff enthalten, der Jaboticaba (Eugenia centiflora) mit ſchmackhafter Frucht,
die Cañafiſtola (Cassia brasiliensis), der Grundahy oder Pao ferro (Caesalpinia ferrea ?) und
die Buritipalme als einzige Fächerpalme.
Mit der Höhe verändert ſich der Wald im Inneren wie an der Küſte, dort ſchon in tieferen,
hier erſt in höheren Lagen. Auf dem Hochlande verſchwindet der gemiſchte Laubwald mehr
und mehr, und an ſeine Stelle tritt der im ganzen niedrige Teewald oder der Kiefernwald.
Der im weſentlichen aus Teebäumen, beſonders Ilex paraguayensis, zuſammengeſetzte Tee-
wald oder Herval bedeckt einen Teil der Serra Geral in Rio Grande und des Hochlandes
unter dem Namen Herval de Rima und Herval de Säo Joao weſtlich bis zur Länge von
Santa Maria da Bocca do Monte, wurde ſchon von den Jeſuiten ausgebeutet, dann aber
wieder aufgegeben, und wird erſt jetzt gerodet. Der Kiefernwald oder Pinhal beſteht
aus der Araucaria brasiliensis, die in Paranq mehr vereinzelt, in Rio Grande aber in lichten
Wäldern vorkommt (Tafel 7, Abbildung 4). Die in Entfernungen von 4—8 m voneinander
wachſenden Stämme werden ſehr hoch, 1½—2½ m dick und entſenden erſt in großer Höhe
die dicken, gebogenen Aſte, welche die tiefdunkle Krone bilden. Oftmals geht auch der Wald
der Küſte auf dem Randgebirge in etwa 1300 m Höhe in den ſogenannten Fachinal, dichtes,
wenig ſaftiges Geſträuch aus Malvazeen, Laurineen, Myrtazeen und Fuchſien, über. End—
lich folgen ganz oben die mit kurzem, ſaftigem Graſe bedeckten Hochwieſen.
Den Übergang vom Walde zu den Grasfluren bilden auch hier noch die Waldbrand—
ſtätten, Queimados, die Waldinſeln, Capdes, und die Galeriewälder an den Flüſſen. Auf
den Campos ſtehen Araukariengehölze oder Beſtände der Butiäzwergpalme, auch lichte Haine
von Timbé und Buritipalmen, und in den weſtlichen Campos überwiegt der Eiſenbaum
Grundahy. Man unterſcheidet auch hier den Campo vero, die reine Grasflur, und die
Carrascos, die Gebüſchbeſtände, die, je nachdem ſie zerſtreute Sträucher oder baumartige
Liliazeen enthalten, Campo jerrado, geſchloſſener, oder Campo aberto, offener Camp,
genannt werden. Dagegen iſt das ſüdliche Rio Grande zwiſchen dem Randgebirge der Serra
Geral und dem Uruguay eine echte Grasſteppe, die von den Campos durch den Mangel an
Stauden und das faſt völlige Fehlen von Holzgewächſen abweicht und an der Grenze von
Uruguay vollkommen pampinen Charakter annimmt.
An Nutzpflanzen erſcheinen neben den auch im Norden Braſiliens angebauten Erzeug—
niſſen der Tropen, wie Maniok, Zuckerrohr, Tabak, Baumwolle, Mais, im gemäßigten Süd—
braſilien der Teebaum und die Araukarie. Der Teebaum (S. 70), deſſen Ausbeutung be—
ſonders in Paraguay erfolgt, iſt auch für Südbraſilien von großer Wichtigkeit, da die ganze Be—
völkerung des Landes Mate trinkt und dieſer überdies aus einzelnen Staaten ausgeführt wird.
Die Araukarie liefert Bauholz, Bretter zur Ausfuhr, Harz, Aſche, Pottaſche und Holzkohlen.
Im übrigen gedeihen in Südbraſilien ſehr zahlreiche Erzeugniſſe der ſubtropiſchen und
gemäßigten Zone. Weizen, Gerſte und Roggen tragen hundertfältig, der Wein kommt gut
fort, der Maulbeerbaum ſichert der Seidenraupenzucht Erfolg, Erbſen, Linſen, Bohnen, Kar—
toffeln, Bataten, die Erdnuß und Mais geben reiche Ernten, Rizinus und Tabak werden in
größeren Mengen angepflanzt, neuerdings auch die Ramié; Hopfen, Lein, Flachs und
204 Das ungefaltete Land des Oſtens.
zahlreiche Gemüſe werden angebaut und Früchte in allen Höhenlagen der Gebirge in reichem
Maße gewonnen. Auch Maniok, Reis, Bananen, Arrowroot und Zuckerrohr gedeihen noch.
Die Tierwelt Südbraſiliens bildet ebenfalls einen Übergang von der des tropiſchen
Braſilien zu der des gemäßigten Argentina, jedoch noch mit Vorwiegen der tropiſchen Tiere.
Von Zentralbraſilien her dringen dieſe nach dem Süden vor und miſchen ſich hier, nament—
lich in Rio Grande und am Uruguay, mit den gemäßigten Formen der Pampa. Nach Süden
hin verſchwinden die meiſten tropiſchen Tiere, aber nicht auf einmal, ſondern ſtufenweiſe,
in den Wäldern der Serra Geral, denn als Waldtiere betreten ſie das Grasland nicht mehr.
Etwas weiter, bis zum Rio Camacuam, dringen die Brüllaffen vor. Der Tapir und die
Paca (Coelogenys paca) erreichen ihre ſüdliche Grenze an der Serra dos Tapes, die übrigen
aber, Jaguar, Puma, Waſſerſchwein, Ameiſenbären, Waſchbären (Procyon), Rüſſelbären
(Nasua socialis) und Stachelſchwein (Cercolabes villosus), am Uruguay. Die Tiere der ge—
mäßigten Pampa ſind jedoch in Rio Grande ſelten, die Vizcacha überſchreitet den Uruguay
nicht, aber der Strauß iſt auch auf den Campos von Südbraſilien vorhanden. Der Aasgeier,
Urubu (Cathartes urubu), iſt in Südbraſilien häufig, und ſehr zahlreich ſind auch hier die
Waſſervögel, Hühnervögel, Raubvögel; Kolibris kommen bis an den Uruguay vor. Von
Schlangen iſt die Klapperſchlange ſelten, die Korallenſchlange häufiger, noch gewöhnlicher
die giftige grauſchwarze Javaraca und die ſchwarzgelbe Sururucu.
c) Die Bevölkerung.
Südbraſilien enthält nur noch verhältnismäßig wenige Reſte der Urbevölkerung.
Sie gehören der Ges-Gruppe an, werden im Lande allgemein Coroados genannt, heißen
aber Kame oder Kaingang und ſind über das Innere der vier Staaten, beſonders aber
über Paranä verbreitet. Nach Ehrenreich ſind auch die am Paranäpanema wohnenden und
die in Säo Paulo Chavantes genannten Stämme zu ihnen zu zählen. In Rio Grande find
die Kaingang in der Gegend von Nonohay in einem Aldeamento mit elenden, aus Matten,
Taquararohr, Schilf, Baumzweigen und Gras gebauten Hütten angeſiedelt. Anſtatt mit
dem nationalen, aus den Faſern der Brenneſſel gefertigten Kuru bekleiden ſie ſich jetzt mit
eingeführten Stoffen und vertauſchen ihre alten Waffen, Pfeil und Bogen, gegen Gewehre.
Ihre Beſchäftigung beſteht im Einſammeln von Mate. Ob auch die Bugres oder Schoflang
zwiſchen dem oberen Uruguay und dem Tubaräo den Ges zuzurechnen ſind, iſt nicht ſicher,
aber höchſt wahrſcheinlich, da ihre Bezeichnung und ihre Waffen darauf ſchließen laſſen. Be—
ziehungen zu ihnen zu gewinnen, iſt den Koloniſten nicht gelungen, vielmehr herrſcht ein be—
ſtändiger Kampf zwiſchen beiden Teilen, der mit baldiger Ausrottung der Bugres enden
wird. Über die Zahl der gegenwärtig noch lebenden unabhängigen Indianer iſt nichts be-
kannt; die Kayud am Paranäpanema heißen in Paraguay Kaingus und ſollen 3000 Köpfe
zählen. Sie ſind Tupi und gute Schiffer, welche die Cachoeiras leicht zu überwinden ver—
ſtehen. Überdies findet man Reſte einer älteren Bevölkerung in den ſogenannten Samba—
quis, Trümmerhaufen aus Muſcheln, Knochenreſten und Topfſcherben, die als Kjökken⸗
möddinger betrachtet werden. Dieſe Sambaquis kommen beſonders an der Küſte von Süd—⸗
braſilien, aber auch im Norden vor.
Die indianiſche Raſſe iſt in Südbraſilien von den Weißen vollſtändig verdrängt wor—
den. Abgeſehen von dem angrenzenden Säo Paulo herrſcht in keinem Teile Braſiliens die
weiße Bevölkerung ſo vor wie in Südbraſilien. Das iſt um ſo bemerkenswerter, als die
Südbraſilien: Die Bevölkerung. 205
Beſiedelung im größeren Maßſtabe erſt im 18. Jahrhundert begonnen wurde. Zwei Elemente
haben bei der Beſiedelung das Beſte getan: im Norden die Pauliſtaner, im Süden die
Jeſuiten aus dem La Plata-Gebiete. Ihr Vorgehen war aber durchaus verſchieden, indem
die erſteren die Indianer ausrotteten, die letzteren ſie anſiedelten. So konnten denn auch
Zuſammenſtöße zwiſchen beiden Gruppen nicht ausbleiben, und die erſten Anſiedelungen der
Jeſuiten am mittleren Paranä mußten infolge der Angriffe der Pauliſtaner ſchon 1630 nach
dem unteren Parana ins Gebiet der jetzigen Miſiones und an den oberen Uruguay verlegt
werden. Erſt fünfzig Jahre ſpäter begann die Gründung von Ortſchaften an der Küſte durch
Kaufleute, Miſſionare und Anſiedler aus Sao Paulo, nämlich von Porto Alegre und Rio
Grande do Sul 1743 und 1747. Der Jaguaräo, der auch jetzt die Grenze gegen Uruguay
bildet, wurde ſchon damals als Grenze zwiſchen ſpaniſchem und portugieſiſchem Volkstum
beſtimmt. Die in Südbraſilien wohnenden Romanen waren alſo im weſentlichen portu—
gieſiſcher Abkunft, ſogenannte luſitaniſche oder Luſobraſilier.
Ihnen gegenüber ſtehen die im letzten halben Jahrhundert in Südbraſilien eingeſtröm—
ten nichtportugieſiſchen Europäer, die erſt nach Aufhebung der portugieſiſchen Herr—
ſchaft über das Land zugelaſſen wurden. Im Jahre 1824 wanderten die erſten Deutſchen
in Rio Grande ein und gründeten dort die Kolonie Sao Leopoldo auf dem Randgebirge;
dann ſtockte die Einwanderung ein Vierteljahrhundert und wurde erſt 1849 fortgeſetzt, be—
ſonders bis zum Jahre 1859. Das Verbot der Auswanderung nach Braſilien durch das
von der Heydtſche Reſkript für Preußen legte die Beſiedelung durch Deutſche jedoch für
längere Zeit lahm, und an ihrer Stelle erſchienen die Italiener, die nun von der braſiliſchen
Regierung ſeit 1874 in Staatskolonien angeſiedelt wurden, und zwar ebenfalls in den Wäl—
dern des Randgebirges, wo ſie an Zahl die Deutſchen bereits übertreffen. Ebenſo haben die
Polen, meiſt Leute aus Galizien und Ruſſiſch-Polen, im weſentlichen die Randgebirge in
Parand inne. Man kann auf Südbraſilien 100000 Polen, 400000 Deutſche (mit Nach-
kommen) und gegen 800000 Italiener rechnen. Nach Landſchaften teilt ſich die Bevölkerung
räumlich inſofern, als die Luſobraſilier die Grasfluren ſowohl im Tieflande von Rio Grande
wie auch auf dem Hochlande bevorzugen, während die fremden Koloniſten, Deutſche, Polen,
Italiener und andere, in den Waldgebieten der Serra Geral wohnen. Die Miſchlinge ziehen
das Hochland vor, die wenigen Neger das warme Küſtenland.
Eine ähnliche Scheidung zeigen auch die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. Die Kolo—
niſten der Serra treiben vorwiegend Ackerbau, die Luſobraſilier und Miſchlinge der Campos
Viehzucht. Von Norden nach Süden nimmt die Viehzucht zu, der Ackerbau ab. In Parana
beginnt der Wert der Ackerbauprodukte infolge Mangels an Kaffeepflanzungen bereits ſtark
zu ſinken, indeſſen werden Baumwolle, Zucker und Getreide ſowie die Ramiépflanze an—
gebaut; mehr hervor tritt die Viehzucht, da Maultiere gezüchtet werden und Rinderherden
allgemein ſind. Der wichtigſte Wirtſchaftszweig Paranäs iſt aber das Sammeln, Trocknen
und Ausführen des Herva-Mate, von dem 1905: 27,8 Millionen Kilogramm ausgeführt
wurden. In Santa Catharina führen die Koloniſten der Küſte Schmalz, Butter, Honig
als Erzeugniſſe der Viehzucht aus, und auch Herva-Mate kommt noch von dort. Der Acker—
bau richtet ſich auf Maniok, Bohnen, Mais, Reis, Zuckerrohr, Arrowroot und Früchte, auch
ſchon auf die Weinrebe; ausgeführt wird Maniokmehl. Im Inneren ernähren die Campos
beträchtliche Herden. In Rio Grande überwiegt bereits die Viehzucht den Ackerbau.
Im nördlichen gebirgigen Teil des Staates werden die für Santa Catharina genannten
206 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Ackerbauprodukte erzeugt, zum Teil auch ausgeführt; außerdem Lein, Hülſenfrüchte, Tabak,
Rizinus, Gemüſe und Kartoffeln. Der Wald liefert noch Herva-Mate. Beſonders großartig
aber iſt die Viehzucht im ſüdlichen ebenen Teil des Staates ausgebildet, wo auf einer Legoa
quadrata (43,5 qkm) 2500—3000 Stück Vieh leben. Ganz Rio Grande do Sul ſoll nach
Schüler 6 Millionen Rinder, ein Viertel bis ein Sechſtel ihrer Geſamtzahl in Braſilien, beſitzen.
Davon werden jährlich 500000800000 geſchlachtet, denn auf die Viehzucht hat ſich eine
ſehr bedeutende Induſtrie gegründet. Während früher die Tiere nur um ihrer Häute willen
geſchlachtet wurden, werden in Rio Grande jetzt Haare, Häute, Klauen, Knochen, Hörner,
das Fett verwertet und teils im Lande verbraucht, teils auch ausgeführt. Ferner beginnt die
Herſtellung von Butter und Käſe ſich zu verbreiten, und das Fett wird zu Seifen und Kerzen
verarbeitet, Ochſenzungen und künſtlicher Guano werden ausgeführt und das geſalzene und
gedörrte Fleiſch weithin geſandt. Großartige Schlachtanſtalten, Xarqueadas (von Karque,
gedörrtes Fleiſch) oder Einſalzereien (Saladeros) beſtehen namentlich in Pelotas, Jaguaräo,
Bagé, Quarahim und Säo Gabriel. Auch Wolle wird ausgeführt und verarbeitet, doch iſt
die Menge der Schafe im Gegenſatz zu dem trockeneren Argentina noch gering.
Auf die Viehzucht gehen auch die großen Gerbereien und Schuhfabriken in Rio Grande
zurück, doch führt Braſilien immer noch für 10 Millionen Mark Leder ein. Ferner beſtehen
in Santa Catharina Metallgießereien, in Paranä Tiſchlereien und Sägereien, in beiden An—
ſtalten zur Verwertung der Herva-Mate, in Rio Grande ebenfalls Metallgießereien, Möbel—
und Wagenfabriken, Wollwaren-, Baumwollwaren- und Konſervenfabriken, große Mühlen
und Hutfabriken.
Der Handel iſt lebhaft. Aus Paranä kommen faſt nur Mate und Holz, aus Santa
Catharina außerdem Maniokmehl, Butter, Zucker und Zuckerrohrbranntwein, Cachaga, auch
Holz und Holzwaren, Speck, Schmalz, Bohnen, Felle, Drahtſtifte, Bananen, Kaffee, Käſe,
Eier, Stärke, Tabak, Zigarren, Arrowroot und Getreide, aus Rio Grande namentlich Vieh—
zuchtprodukte, als Dörrfleiſch, Schmalz, Fett, Wolle, Talg, Seife, Haare, Häute, Speck,
Fleiſch, ferner Mate, Mais, Tabak, Wein und vor allem Maniokmehl. Die Ausfuhr betrug
1910 aus Parana 11, aus Santa Catharina 2,3, aus Rio Grande 12,8 Millionen, die Ein—
fuhr in die drei genannten Staaten 4,2, 3,4 und 27,9 Millionen Mark.
d) Staaten und Siedelungen.
Der Staat Parana wurde erſt 1853 von Sao Paulo abgetrennt. Der Viehzucht trei-
bende Weſten iſt wenig bewohnt und mit Trümmern alter Miſſionen bedeckt, die namentlich
am Ivahy und Tibagy zahlreich waren. Die Viehzucht hat zur Anſiedelung teils in zerſtreuten
Höfen, teils in Dorfſchaften Veranlaſſung gegeben, beſonders im Süden, Weſten und Norden
von Curityba, in den Orten Guarapuava, Caſtro und Ponta Groſſa. Hier liegen auch die
wichtigeren polniſchen Kolonien, wie Polonia, Antonio Olynth und Rio Claro. Italiener
leben beſonders in Nova Italia und Rio Negro, Deutſche ebenda und in Aſſunguy, nament-
lich aber in der Hauptſtadt Curityba. Dieſe liegt etwa 900 m hoch zwiſchen Araukarien⸗
wäldern auf einer weiten Ebene unter Baumreihen. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts ein
halbverlorenes Dorf, hat Curityba ein ſehr langſames Wachstum gehabt, bis ihm 1885 die
Eiſenbahn von Paranaguä aufhalf. Die kaum 6000 Einwohner zählende, erſt 1854 zur
Stadt erhobene Ortſchaft wuchs ſeitdem auf 60000 Einwohner an und beſitzt auch ſchon zahl—
reiche anſehnliche öffentliche Gebäude. Noch bis vor zwei Jahrzehnten war Paranaguä
Südbraſilien: Staaten und Siedelungen. 207
mit 5000 Einwohnern größer als der Hauptort Curityba. An der Mündung des Itibiri vor
der Bucht von Paranaguä gelegen, iſt es der natürliche Hafen für Paranc, leidet aber unter
Waſſermangel in der Flußmündung und hat daher einen Vorhafen. Noch geringere Waſſer—
tiefe findet man im Hafen von Antonina am inneren Ende der Bucht, von wo eine Zweig—
bahn die Hauptbahn bei Morretes erreicht.
Santa Catharina wurde ſeit dem Ende des 17. Jahrhunderts durch Pauliſtaner be—
ſiedelt, konnte jedoch wegen der Beunruhigung der Küſte durch Freibeuter und Schmuggler
nicht emporkommen; erſt 1821 wurde es eine eigene Provinz. Bald darauf begann die fremde
Einwanderung, die dem Lande ſeitdem den Stempel aufgedrückt und ihm überhaupt Be⸗
völkerung verſchafft hat, denn 1810 beſaß Santa Catharina nur wenig über 30000 Bewohner.
Zu dieſen traten ſeit dem Jahre 1847 Deutſche, zunächſt in der Kolonie Santa Iſabel im
Küſtenlande gegenüber Desterro, dann 1849 in Dona Francisca. Im folgenden Jahre wan—
derte der Gründer der bekannteſten Kolonie Südbraſiliens, Dr. Blumenau, mit 17 Perſonen
am Itajahy ein und brachte nach anfänglichem Mißerfolg ſeine Gründung mit ſtaatlicher Bei—
hilfe zur Blüte. Allmählich entwickelte ſich ſomit eine ganze Reihe von deutſchen Kolonien,
im Norden Joinville, Neudorf, Brüderthal und neuerdings Säo Bento, am Itajahy Blume-
nau, Badenfurt, Warnow, Brusque, Itajahy, am Tijuca Angelina, am Maruhy und Cubatäo
Säo Pedro d' Alcantara, Santa Iſabel, Thereſienſtadt oder Thereſopolis und 1897 Hanſa.
Der eigentliche Kern des Deutſchtums in Santa Catharina iſt das Itajahytal um
Blumenau. Hier ſitzen etwa 15000 Deutſche aus allen Teilen des Reiches, vorwiegend aber
Pommern, in geſchloſſenen Maſſen, außerdem Schweizer, Holländer, Italiener und Polen,
letztere meiſt in Luis Alvez und bei Ascurra. Die Deutſchen haben ſich hier in Sitte und
Sprache im allgemeinen rein erhalten; ſie erfreuen ſich evangeliſcher Kirchen, ſtaatlicher
Rechte und Schulen und ſeit kurzem einer Eiſenbahn bis zu der an den Ufern des Itajahy
zerſtreut gelegenen Anſiedelung Blumenau (25000 Einwohner). Im Norden iſt die Ko—
lonie Dona Francisca der Kern der deutſchen Anſiedelungen. Hier entwickelte ſich all—
mählich als Hauptort Joinville, eine Stadt mit breiten, regelmäßigen Straßen, zahlreichen
Gärten, zwei Kirchen, einer Schule und einem deutſchen Konſulat. Der Hafen von Join—
ville iſt Sao Francisco auf der gleichnamigen Inſel vor der Küſte; dahin geht auf dem
Waſſerwege die Ausfuhr der Kolonie, Mate, Tabak, Rizinus, Mais, Arrowroot, Butter. Mit
Säo Bento iſt Joinville durch eine gute Straße verbunden, und die Anſammlung deutſcher
Bevölkerung hier im Norden dürfte 20000 betragen. Im ſüdlichen Küſtenlande, im Quell-
gebiet des Itajahy, liegt Santa Thereſa, und jenſeits beginnt die Kolonie Gräo Paräſam Ober—
laufe des durch ſeine Steinkohlen wichtig gewordenen Rio Tubaräo. Die Lager ſind durch die
Dona Chriſtina-Bahn von dem Hafen Laguna nach Minas aufgeſchloſſen. Der größte Teil der
1881 errichteten Kolonie wird von Italienern bewohnt, der Reſt ſind Franzoſen und Braſilier.
Das Innere von Santa Catharina iſt im weſentlichen ein Gebiet der Viehzucht, und
alle Anſiedelungen daſelbſt leben von dieſer, im Norden Porto Uniao und im Süden Curiti—
banos. Die Campos des Weſtens durchzieht jetzt die Eiſenbahn von Parana nach Rio Grande.
Haupthafen und Hauptſtadt des Staates iſt das frühere Desterro, jetzige Florianopolis,
mit 25000 Einwohnern, auf der Inſel Santa Catharina.
Rio Grande do Sul war lange ein Zankapfel zwiſchen Spanien und Portugal,
dann zwiſchen Braſilien und Argentina. Zeitweiſe war es auch mit dem jetzigen Uruguay
verbunden, und zweimal, 1835 —1844 und 18921893, verſuchte es, ſich von Braſilien
208 Das ungefaltete Land des Oſtens.
loszureißen. Dieſer politiſche Gegenſatz gegen Braſilien liegt in dem Überwiegen der Pampa
und der Viehzucht begründet, alſo in wirtſchaftlichen Bedingungen, die das Land mehr nach
Argentina und Uruguay hinweiſen als nach Braſilien. Wie im Aufbau, ſo zerfällt auch in
bezug auf die Kultur der Staat Rio Grande in drei Abteilungen: das Serragebiet mit Acker—
bau, fremden Koloniſten, einem Viertel der Bevölkerung und einer Volksdichte von etwa 12
in der Mitte, den ſchwach bewohnten hochgelegenen Norden mit 1 und den dichter bevölkerten
Süden mit etwa 8 Bewohnern auf das Quadratkilometer.
Erſt 1824 begann auch für Rio Grande das Einſtrömen europäiſcher Einwanderer, zu—
nächſt mit der Gründung der Serrakolonie Säo Leopoldo, dann im größeren Maßſtabe
nach den Bürgerkriegen und der deutſchen Revolution, alſo ſeit 1849. Bis 1859 entſtanden
die Kolonien Santa Cruz, Santo Angelo, Nova Petropolis, Mundo Novo, Tres Forquilhas,
Torres, Sao Lourengo, Montalverne, 1860 Santa Emilia, Eſtrella (Tafel 8, Abbildung 2),
Forqueta und Mariante. Dann trat eine Pauſe in der Einwanderung ein; 1870 wurde Ger—
mania, 1875 die Privatkolonien Maratd, Bexigas, Salvador, in den achtziger Jahren Taquary,
Kröff, Rio Pardenſe, Jjuhy Grande am Uruguay, Säo Luis, Nova Santa Cruz und Joao
Enet oder Boruſſia gebildet. 1898 gründete ferner Herrmann Meyer die Kolonien Xingu und
Neuwürttemberg, und das Intereſſe für die deutſchen Kolonien in Südbraſilien belebt ſich
wieder. R. v. Ihering ſchätzt die Zahl der Bewohner deutſcher Abſtammung in Rio Grande
auf 200000, von denen zwei Drittel Proteſtanten ſind. Außerdem aber wanderten Italiener
ein, die namentlich in den ſiebziger Jahren die Kolonien Sao Feliciano, Conde d' Eu, Dona
Iſabel, Caxias und Silveira Martins beſetzten, und endlich ſind braſiliſche Militärkolonien
im Uruguaygebiet zu erwähnen, wie Nonohay (1850) und Caſeros und Alto Uruguay (1880).
Zu den Serrakolonien ſtehen die Ortſchaften des Jacuhytales in naher Beziehung.
Sie erhalten von jenen viele ihrer Lebensmittel und vermitteln den Handel des Gebirges
mit der Küſte. Da ſie ſchon im Tieflande liegen und Dampfſchiffs- und Eiſenbahnverbindung
nach der Küſte haben, ſo ſind ſie erheblich größer als die Ortſchaften der Serra. Auch in ihnen
ſind die Deutſchen zahlreich. Die bekannteſten ſind Santa Maria da Bocca do Monte,
Cachoeira, Rio Pardo, Santo Amaro, das kohlenreiche Sao Jeronimo und Triumpho. An
der Mündung des Jacuhy mußte ſich notwendigerweiſe eine größere Stadt entwickeln, Porto
Alegre (Tafel 8, Abbildung 3). Dieſe Stadt verdankt ihre Blüte den deutſchen Serra—
kolonien, daher iſt ſie auch von 40000 Deutſchredenden bewohnt, hat deutſche Schulen,
Volksbildungsanſtalten und Bibliotheken. Ihre Einwohnerzahl hat ſich auf faſt 150000
gehoben, ihre Ausfuhr beſteht hauptſächlich aus Herva-Mate, Mais, Maniokmehl, Hülſen⸗
früchten, Tabak, Cachaga und Erzeugniſſen der Viehzucht. Nachteilig iſt für ſie wie für die
übrigen Städte an der Lagoa dos Patos die Barre an deren ſüdlichem Ausgang, die aber jetzt
vertieft wird. Hier liegen Rio Grande (40000 Einwohner) und Pelotas (50000 Einwohner)
nahe beieinander, erſtere mehr Handelsſtadt, letztere der Mittelpunkt der Salzereien.
Von Pelotas führt eine Bahn über Bags und Alegrete mitten durch die Ebene nach
dem Uruguay; ſie trifft bei Cacequy auf die Meridionalbahn, die über Paſſo Fundo von
Santa Catharina kommt. Das Land iſt hier überall von der Art der Pampa, bedeckt mit
Eſtancias, arm an Dörfern. Am Uruguay beginnt erſt jetzt wieder das infolge der Austreibung
der Jeſuiten um 1770 unterbundene Leben, aber zu größeren Siedelungen iſt es auch hier
noch nicht gekommen. Grenzorte ſind hier Uruguayana und im Süden, an der Lagoa Mirim,
Jaguaräo mit etwa 10000 Einwohnern und großen Schlachtanſtalten.
Tafel 8.
Braſiliſches Bergland.
Tafel 8. Braſiliſches Bergland.
2. Das Kolonieitädtchen Eſtrella in dem Anſiedlungsgebiet der deutſchen Bauern
im Staat Rio Grande do Sul. Nach Photographie. (Zu S. 208.)
3. Porto Alegre in Rio Grande do Sul und die Lagune dos Patos,
Nach Photographie von Calegari in Porto Alegre. (Zu S. 208.)
Braſilien als Geſamtſtaat. 209
Braſilien als Geſamtſtaat.
Braſilien bedeckt eine Fläche von 850000 qkm, iſt alſo größer als Auſtralien, wenig
kleiner als Britiſch⸗Nordamerika und doppelt jo groß wie das eigentliche China. Von Süd⸗
amerika nimmt es beinahe 50 Prozent ein. Auf dieſer großen Fläche leben aber im höchſten
Falle 25 Millionen Menſchen, etwa 44 Prozent der Geſamtbevölkerung Südamerikas. Dieſe
Zahl iſt indeſſen unſicher und beruht nur auf einer Schätzung für das Jahr 1913. Im
einzelnen verteilen ſich Fläche und Bevölkerung, wie folgt:
| A,Rilometer | Einwohner | Dichte
000 3235236 | 1455000 0,16
2 FÜR Bsp EIN DRITT: 77, BR 500.000 0,2
FCC 1149512 | 760.000 0,6
Territorium Acre. 191000 1500 1)0
„ 1185 033 | 5630000 5,0
f re 459844 600.000 | 1,3
PPP 301 797 450.000 1,5
c · ERRUT 104250 1000000 10,0
Rio Grande do Norte 57485 480000 8,0
C 74731 650000 8,0
Pernambuoo 22220. 128395 1650000 112,0
. 58 491 800 000 14,0
Zentralbraſiliiien 2126094 603 000 0,3
oe Bean Vin. 747311 303.000 0,4
rr 1378783 300 000 0,2
len taten 1419185 13790 000 10,0
a 39090 500000 n
C 426.427 2560000 6,0
„„ IN, 547855 4850000 9,0
TTC NET I 44839 430000 9,0
Be age) Yan. Dee 68982 1250 000 | 180
P 1116 1000 000 —
P 290876 3200 000 11,0
„ . 2. 531992 2830000 5,3
Vcc 251904 570000 2,3
Peng 43535 510000 11,0
Rio Grande do Sunn 236553 1750 000 8,0
Zufammen: | 8497540 24308 000 hi 28
Dazu kommen nach R. v. Ihering nur noch 200000 frei lebende Indianer, meiſt in Ama—
zonas, Matto Groſſo und Goyaz. Naturgemäß iſt das Innere, Amazonas, Matto Groſſo,
Goyaz, am ſchwächſten bewohnt, aber auch die nordöſtliche Küſte, Parä, Maranhäo, Piauhy,
iſt gering bevölkert. Überſchritten wird die Volksdichte des Geſamtſtaates nur in den öſtlichen
Staaten von Cearä bis Rio Grande do Sul, mit alleiniger Ausnahme von Paranä. Den
Kern des Staates bildet Oſtbraſilien mit mehr als der Hälfte, faſt 60 Prozent, der Ein—
wohner, und in dieſem wieder die Staaten Säo Paulo und Minas (33 Prozent).
Die Zuſammenſetzung der Bevölkerung iſt ſehr bunt. Die Indianer ſind nicht
mehr die Grundlage derſelben, ſondern die Miſchlinge, beſonders die zwiſchen Negern
und Weißen. 1872 zählte man unter 10 Millionen Einwohnern faſt 2 Millionen Neger,
Länderkunde, Süd⸗ und Mittelamerika, 3. Aufl. 14
210 Das ungefaltete Land des Oſtens.
je 3,s Millionen Miſchlinge und Weiße, aber ſeitdem muß das Miſchlingselement zu—
genommen haben. Allerdings iſt auch die Einwanderung Weißer ſeitdem bedeutend
geweſen, während die von Negern nicht mehr ſtattfindet, nachdem 1888 die Sklaverei voll—
ſtändig beſeitigt worden iſt. 1912 wanderten 180000 Perſonen ein, davon 76000 Portu—
gieſen, 35000 Spanier und 32000 Italiener, alſo meiſt Romanen; von 1820 bis 1912 ſollen
1,3 Million Italiener, 860000 Portugieſen, 403000 Spanier, 115000 Deutſche, 92000
Ruſſen (meiſt Polen), 75000 Oſterreicher, 38000 Türken und Araber, 25000 Franzoſen,
20000 Engländer, zuſammen 3146000 Menſchen, eingewandert ſein. Die Zahl der Deutſchen
und ihrer Nachkommen ſchätzt H. Schüler 1912 auf 400000. Über die zweifellos ſtarke
Rückwanderung liegen ſichere Zahlen nicht vor.
Von den Städten haben ſich ſechs zu Großſtädten mit mehr als 100000 Einwohnern
entwickelt. Rio, das 1908: 858000 hatte, wird heute wohl gegen 1 Million Einwohner haben.
Dann folgen Säo Paulo mit 400000, Bahia oder Sao Salvador mit 300000, das alte
Recife oder Pernambuco mit 250000 und die neueren Parä und Porto Alegre mit 170000
und 147000. Eine Anwartſchaft, 100000 zu erreichen, haben Santos und Campinas mit
je 90000, Ribeiräo Preto mit 75000 und Sao Carlos mit 67000, alle in Säo Paulo,
ferner Nictheroy und Mandos mit je 60000 Bewohnern. Zweifelhaft ſind die Zahlen
für Curityba (60000), Fortaleza (65000), Therezina in Piauhy (30000), Maceid (40000)
und Cuyaba (30000).
Die Hilfsquellen Braſiliens ſind reich. Sie ergeben ſich vornehmlich aus Ackerbau
und Waldwirtſchaft ſowie aus Viehzucht und Bergbau. Ackerbau und Bergbau ſind in den
Oſtſtaaten am ſtärkſten ausgebildet, die Waldwirtſchaft in Amazonien; die Viehzucht hat ihre
Stätte in Nordoſtbraſilien und in Rio Grande do Sul. Die Ackerbauerzeugniſſe be—
ſtehen hauptſächlich aus Kaffee, Tabak, Kakao, Baumwolle und Zucker für die Ausfuhr,
aus Maniok, Erdnüſſen, Bohnen, Bananen, Orangen, Mais, Reis für die Ernährung der
Bevölkerung. Kaffee (Tafel 7, Abbildung 3) iſt bei weitem das wichtigſte Produkt Bra-
ſiliens, da 1910/11: 77 Prozent der Geſamtkaffeeernte der Erde auf Braſilien fielen. Im
einzelnen produziert Säo Paulo wieder mehr Kaffee als das ganze übrige Braſilien zu—
ſammen, jo daß der Hafen von Säo Paulo, Santos, bei weitem die größte Ausfuhr im
Lande hat. Sehr viel geringer iſt die Kaffeekultur in Minas, Rio und Bahia, ohne Belang
in Cearä und Pernambuco. Die Ernte findet April bis Auguſt, in der Trockenzeit, ſtatt, der
Ertrag wechſelt je nach dem Wetter; 1906/07 wurden 20192000, 1910/11 nur 10853000 Sack
zu je 60 kg erzeugt, in erſterem Jahre gingen allein über Santos 15680000 Sack = 941
Millionen kg. 1910 hatte die Kaffeeausfuhr einen Wert von 534, 1912 von faſt 943 Mil⸗
lionen Mark. Der Verbrauch des braſiliſchen Kaffees iſt am größten in den Vereinigten
Staaten, in Deutſchland und in Frankreich. Tabak wurde in Braſilien beſonders zur
Sklavenzeit gebaut, da für eine Rolle Tabak bisweilen ein Sklave zu haben war. Bahia
iſt ſtets der hauptſächliche Boden für die Tabakkultur geweſen und iſt es noch heute: 1910
lieferte es 448366 Ballen = 32000 Tonnen = 3200000 kg. Aber auch die meiſten übrigen
Staaten, ſoweit ſie nicht ſehr feucht ſind, erzeugen Tabak. 1910 hatte die Ausfuhr einen
Wert von 32,1 Millionen Mark, nur 2,6 Prozent des Geſamtausfuhrwertes, 1912 von
29 Millionen Mark. Bei weitem der größte Teil des ausgeführten Tabaks geht nach
Deutſchland, doch verbrauchen die ſeit etwa 40 Jahren beſtehenden Zigarren- und
Zigarettenfabriken in Säo Felix und Cachoeira bei Bahia auch etwa 600 — 700 Tonnen.
Braſilien als Geſamtſtaat. 211
An dritter Stelle der Ausfuhrliſte ſteht mit (1910) 2,1 Prozent oder 27 (1912: 31) Millio⸗
nen Mark der Kakao, der im Gegenſatz zu Tabak und Baumwolle in den feuchttropiſchen
Staaten Amazonas und Parä am beſten gedeiht, und zwar hier in urſprünglichem Zuſtand
und auf Pflanzungen, außerdem an der feuchten Oſtküſte, beſonders in Bahia, aber auch noch
bis nach Säo Paulo. 1910 führte Bahia 24230, Amazonien 5000 Tonnen aus, während
vor 1901 aus Bahia kaum die Hälfte des jetzigen Quantums kam. Der Kakao wird meiſt nach
Frankreich, Deutſchland und den Vereinigten Staaten verſchifft. Das vierte wichtige Acker⸗
bauprodukt für die Ausfuhr iſt Baumwolle, 1910 im Werte von 18 (1912: 21) Millionen
Mark. Daß dieſer Wert nicht größer iſt, darf wundernehmen, da die Nordoſt- und Zentral-
ſtaaten Braſiliens für den Anbau von Baumwolle ganz hervorragend geeignet ſind. Aber
der Kaffeebau hat die Baumwollproduktion zurückgedrängt, ſo daß heute nicht mehr wie
1874: 78000 Tonnen erzeugt werden; der größere Teil der Baumwolle wird jetzt im Lande
jelbjt verarbeitet, die ausgeführte geht meiſt nach England und Portugal. Wahrſcheinlich hat
die Baumwollkultur in Braſilien eine große Zukunft. Endlich wird Zucker ausgeführt, 1910
für 13,6 Millionen Mark = 1,1 Prozent des Wertes der Geſamtausfuhr. Zuckerrohr wird
faſt in allen Staaten Braſiliens gepflanzt, beſonders in Parahyba, Pernambuco, Alagoas
und Sergipe, aber die mit Zucker bepflanzte Fläche iſt nicht genau bekannt. Der größte
Ernteertrag wurde 1901/2 mit 350000 Tonnen erzielt; 1904/5 ſtand Pernambuco mit
120000 Tonnen von im ganzen 237600 weit voran, 1910/11 erzeugte es von 276000
Tonnen 129000. Im ganzen nimmt die Ausfuhr von Zucker ſtark ab, da 1883: 238000,
1910 nur 59000 Tonnen ausgeführt wurden, meiſt nach den Vereinigten Staaten und
Großbritannien. Der Anbau von Cinchona Calisaya in der Serra dos Orgäos und der
von Tee iſt gering.
Neben dem Kaffee hat eines der Waldprodukte, der Kautſchuk, in den letzten
30 Jahren eine außerordentlich große Bedeutung gewonnen. Man unterſcheidet drei Arten
rohen Gummis, das Seringa-, das Manigoba- und das Mangabeira-Gummi. Die erſtgenannte
Sorte ſtammt von der Hevea brasiliensis in Amazonien, die zweite von Manihot glaziovii,
die dritte von der Hancornia speciosa; auch iſt der Caucho, von dem der Name Kautſchuk
ſtammt, von der Castilloa elastica erwähnenswert. Während Seringa und Caucho aus
Amazonien kommen, iſt die Manigoba ein Erzeugnis von Bahia, Cearä, Maranhäo und
Piauhy, die Mangabeira aber wird hauptſächlich im Inneren von Bahia gefunden, ferner
in Maranhäo, Piauhy, Matto Groſſo und auch im Amazonasgebiet, wozu neuerdings Sao
Paulo, Minas und Goyaz getreten ſind. In den letzten Jahren hat man nämlich auch in
Gegenden, wo die Hancornia speciosa nicht wild wächſt, Pflanzungen von Gummi liefernden
Bäumen angelegt. Beſonders wichtig für die Steigerung der Ausfuhr von Kautſchuk war
die Erwerbung des Acregebietes von Bolivia 1903; das kommt auch in den Ausfuhrziffern
zum Ausdruck, da 1892 —97 durchſchnittlich jährlich 16000, 1902 —1907: 33000 Tonnen aus-
geführt wurden. 1910/11 hatte die Ausfuhr einen Wert von 494 Millionen Mark, ſeit kurzem
aber iſt der Gummipreis ſehr ſtark gefallen, daher auch die Ausfuhr 1912 auf 325 Mill. Mark,
Das zweite wichtige Waldprodukt iſt der Herva-Mate (vgl. S. 70), die Blätter des
Ilex paraguayensis. Dieſer Baum kommt im Süden Braſiliens an den Ufern der Flüſſe
Parana und Uruguay ſowie ihrer Nebenflüſſe vor, und zwar in großen Beſtänden in den
Staaten Rio Grande do Sul, Santa Catharina, Parana und Matto Groſſo, in kleinen auch
noch in Säo Paulo, Minas und Goyaz. Der größte Teil dieſes Produktes wird im Lande
14*
212 Das ungefaltete Land des Oſtens.
verbraucht, aber der Mate gibt auch zu einer Ausfuhr im Werte von (1910) 39,2 (1912: 426)
Millionen Mark Anlaß, jo daß er in der Ausfuhrliſte an dritter Stelle ſteht.
Von ſonſtigen Waldprodukten ſind die wertvollen Nutzhölzer, wie Jacaranda oder
Palliſander, Bao ferro oder Eiſenholz und im Süden das Holz der Araukarie, bisher nur in
geringen Mengen im Werte von jährlich 350 — 900000 Mark zur Ausfuhr gelangt, beſonders
aus Para und Manaos. Das Carnaubawachs der Palme Copernicia cerifera kommt haupt-
ſächlich aus Nordoſtbraſilien und Amazonien für jährlich 3—4 Millionen Mark, Paränüſſe
der Bertholletia excelsa namentlich von Parä und Piaſſavafaſern der Palme Attalea sp.
aus den Nordoſtſtaaten. Gering iſt die Ausfuhr von Ipekakuanha, Sarſaparille, Strychnos
und anderen Medizinalpflanzen. In Matto Groſſo ſpielt das Guarana, eine Paſte aus
den gepulverten Samen der Paullinia sorbilis von Amazonien, die ein erfriſchendes Ge—
tränk liefert, eine Rolle.
Die Viehzucht findet noch nicht die Beachtung, welche ihr angeſichts der ausgedehn—
ten Campos des Inneren zukommen ſollte, und iſt heute erſt in den Südſtaaten wirklich
wichtig geworden. Namentlich die Staaten Rio Grande do Sul, Parana, Matto Groſſo und
Sao Paulo, aber auch Minas, Rio, Cearä, Piauhy und das Savannenland von Parä bieten
weite Flächen zur Aufzucht von Rinderherden. Wenn dennoch Braſilien nur etwa 35 Mil—
lionen Rinder beſitzt, ſo iſt dieſe Zahl großer Steigerung fähig. In der Tat hebt ſich auch die
Ausfuhr von Häuten, ſo daß dieſe mit (1910) 34,8 Millionen Mark die fünfte Stelle in der
Ausfuhrliſte einnehmen; etwa die Hälfte dieſer Häute kommt aus Rio Grande do Sul, aber
eine ungeheure Menge von Rindern wird für die Herſtellung des gedörrten Fleiſches benötigt.
Pferde, Eſel, Maultiere werden ebenfalls beſonders in den Südſtaaten gezogen, Schweine
und Schafe noch mehr, und die letzteren liefern in Rio Grande do Sul das Material für die
Wollſtoffinduſtrie. Unter den Ausfuhrartikeln ſind auch die Felle, 1910 mit 14 Millionen
Mark, ihrer Herkunft nach beſonders von Cearä, zum Teil auf die Viehzucht zurückzuführen,
zum anderen aber auf die Jagd. 1912 hatte die Ausfuhr von Häuten und Fellen zuſammen
den Wert von 56 Millionen Mark.
Gegenüber der Viehzucht tritt der Bergbau in der Ausfuhr zurück, was angeſichts des
großen Reichtums Braſiliens an Edelmetallen und Edelſteinen auffällt. Gold, Manganerze,
Monazitſand, Diamanten, Edelſteine, Halbedelſteine und Steinkohlen gelangen zur Förde—
rung, zumeiſt auch zur Ausfuhr, aber der Bergbau nahm 1910 an der Geſamtausfuhr mit
nur weniger als 2 Prozent, etwa 22 Millionen Mark, teil. Außer den genannten Boden-
ſchätzen kennt man noch Kupfer, Queckſilber, Blei, Graphit, dieſe alle in Minas Geraes und
einigen anderen Staaten, Wolfram auch in Rio Grande do Sul. Das ſeit 1700 gefundene
Gold wird allein in Minas auf 658228 kg im Werte von 1500 Millionen Mark angegeben,
und wenn auch die Goldgewinnung zurückgegangen iſt, ſo ſind die Lager doch noch nicht er—
ſchöpft. Nachdem 1698 die erſten reichen Goldlager aufgefunden worden waren, teils in
den Alluvien der Flüſſe, teils aber auch in Quarzadern, entwickelte ſich, namentlich in Minas
Geraes, ein ſehr reger Bergbau auf Gold, der bis 1800 einen Geſamtwert von 1950 Millionen
Mark erreicht haben ſoll. Im Jahre 1901 wurden 4000 kg Gold im Werte von 14,5 Millionen
Mark ausgeführt, 1910 hatte die Ausfuhr einen Wert von 9 Millionen Mark. Die wichtigſte
Goldmine des Landes iſt Morro Velho bei Sabard. Manganerz findet ſich in großen Lagern
in Minas, Bahia, Sao Paulo, Matto Groſſo, Goyaz, Santa Catharina und Rio Grande, wird
aber nur in Minas, beſonders bei Queluz, und in Bahia gefördert; ſein Ausfuhrwert betrug
Braſilien als Geſamtſtaat. 213
1910: 7 Millionen Mark, wovon nur ein geringer Teil nach Deutſchland kommt. Dagegen
nimmt dieſes faſt die ganze Ausfuhr von Monazitſand, 1910 für 3 Millionen Mark, auf.
Dieſer Sand entſteht aus der Zerſtörung von Graniten und Gneiſen der Küſte von Bahia und
Eſpirito Santo und enthält das zur Herſtellung von Glühſtrümpfen verwendete Thorium.
Die Diamantengräberei bildet noch gegenwärtig einen wichtigen Teil des Berg—
baues, ergab aber 1909 nur 925000 Mark für die offizielle Ausfuhr. Kurz vor 1730 kamen
zuerſt kleine, weiße, glänzende Steinchen, die jahrelang in Braſilien als Spielmarken benutzt
wurden, nach Liſſabon und wurden hier von dem holländiſchen Konſul als Diamanten er—
kannt. Die portugieſiſche Regierung beeilte ſich, für jeden Diamanten ſuchenden Sklaven
eine Abgabe von 50, ſpäter von 250 Milreis zu erheben, nahm alle Diamanten von mehr
als 20 Karat für die Krone in Anſpruch und monopoliſierte ſchließlich 1776 die Gewinnung
der Edelſteine gänzlich. Die Diamanten finden ſich in dem Geſchiebe der Flüſſe in einer be-
ſtimmten Schicht, dem Cascalho velho, und außerdem im Trümmergeſtein, beſonders der
Serra da Sincorä und der Serra Aſſuruä in Bahia, ſowie bei Diamantina in Minas Geraes,
ferner bei Diamantino in Matto Groſſo und in geringerer Zahl und Güte in den Staaten
Goyaz, Sao Paulo und Paranä. Die Diamantenausfuhr, 1732 — 71 für 72 Millionen
Mark, iſt ſeit der Entdeckung der Kapdiamanten zurückgegangen, wohl aber haben die bra—
ſiliſchen Diamanten ihre außerordentliche Schönheit, die ſie vor denen der Alten Welt aus-
zeichnet, behalten; ihre Farben ſind ſehr verſchieden, oft kommen ganz farbloſe vor, ſonſt
ſind ſie weingelb, ockergelb, lauchgrün, hell-flajchengrün, hell-bläulichgrün, ſchwärzlichgrün,
ſchwarz (Carbonados), rötlich und karmeſinrot. Auch andere wertvolle Steine ſind in Minas
und Bahia häufig, beſonders Beryll, Smaragd, Topas, Spinell, Korund und Lazulith. 1909
wurden für dieſe Edelſteine und die Halbedelſteine, Amethyſt, Onyx, Opal uſw., der ſüdlichen
Staaten nur 225000 Mark Ausfuhrwert angegeben, aber in Wirklichkeit iſt der Ausfuhrwert
derſelben wie auch der Diamanten ſehr viel größer.
Steinkohle kommt in Santa Catharina und Rio Grande do Sul vor, Petroleum
in Säo Paulo, Lignit und Naphtha an einigen Stellen in Minas; aber zur Ausfuhr ge—
langen alle dieſe Bodenſchätze nicht, ebenſowenig das vielfach reichlich vorhandene Eiſen.
In der Umgebung des Rio Sao Francisco ſind Salinen bejonders häufig. Salzſtapel—
plätze find Joazeiro und Barra do Rio Grande für den Norden, Säͤo Romäo und Barra
do Rio das Velhas oder Guaicuhy für den Süden. Ein Sack Salz koſtet dort 60 —80 Pfennig.
Die Induſtrie hat lange unter der Eiferſucht des Mutterlandes gelitten und ſich erſt
ſeit dem Jahre 1840 in beſcheidenem Maße entwickeln können. Sie begann mit Weberei,
Metallbearbeitung, Herſtellung von Papier und Schokolade, ſchritt dann zur Fabrikation von
Blumen, Kerzen, Likören, Zigarren, Zigaretten fort und erreichte einen hohen Stand in der
Möbeltiſchlerei, der Anfertigung von Hüten und in der Weberei. Aber erſt ſeit der Errichtung
der Republik, 1889, macht ſich ein allgemeiner Aufſchwung, beſonders in Rio und Sao Paulo
ſowie in den Südſtaaten, bemerkbar, wenn auch die Induſtrie zur Ausfuhr bisher nur ver—
hältnismäßig wenig beiträgt. Auf den Ackerbau gründet ſich die Mühleninduſtrie, die Her—
ſtellung von Baumwollgeweben, Schokolade, Seidenwaren, Leinenwaren, von Zigarren,
Zigaretten, Bier; die Viehzucht erzeugt die mächtige Dörrfleiſchbereitung, die „Xarqueadas“
in den Südſtaaten, ferner die Wollinduſtrie, die Butter- und Käſebereitung; auf dem Bergbau
beruht die Hütteninduſtrie, auf der Waldwirtſchaft die Herſtellung von Möbeln, Hängematten,
Wagen, Hüten, Olen, Harzen, Parfümerien; auch werden Tauwerk und Bindfaden, Leder und
214
Das ungefaltete Land des Oſtens.
Papierwaren, chemiſche Produkte, Glas- und Tonwaren, Biskuits, Eiſenwaren, Schirme,
Schuhe, Nudeln, Werftgegenſtände, Blumen, Zündhölzer und Pulver im Lande erzeugt.
Der Handel belief ſich 1910 auf 2232 Millionen Mark, wovon 1268 auf die Ausfuhr,
964 auf die Einfuhr kamen; 1912 lauteten dieſe Ziffern 2796, 1284 und 1512 Millionen
Mark. Die Aus fuhr beruht auf neun beſonders wichtigen Produkten, deren Wert folgen-
der war (in Millionen Mark):
| | Prozent der Geſamt⸗ |
| 1907 1908 1909 | 1910 ausfuhr 1910 | 1912
Kaffee 572,0 460, 670, 534,0 42 81 942,7
Kautſchuk 274,0 236,0 380,0 494,0 39,0 | | 325,3
Herva-Mate . 32,0 330 | 380 390 | 3,0 | 26
Häute 34,5 26,3 36,4 34 2,75 56,0
Tabak 25,7 16,8 26,6 32,1 2,6 29,0
Kakao 40,2 40,0 | 320 27,0 2,1 1 14 31,0
Baumwolle 34,6 4,1 12, 18,0 14 21,0
elle en 0 a a 140 19,0 14,0 11 Ir —
VVV 27 FF * —
Unter den übrigen Ausfuhrgegenſtänden ſind (1910) Gold (9), Manganerz (7), Monazitſand
(3 Millionen Mark), ferner Diamanten, andere Edelſteine (1,3 Million Mark), Carnäuba⸗
wachs zu erwähnen, Wolle, Paränüſſe, Kleie, Baumwollſamen, Bananen, Piaſſava und
Maniokmehl. Aus der obenſtehenden Tabelle der wichtigſten Ausfuhrgegenſtände ergibt ſich,
daß Kaffee und Kautſchuk mit zuſammen 1028 Millionen Mark Ausfuhrwert im Jahre 1910
(1912: 1272) ungefähr vier Fünftel (1912: 84 Prozent) der Geſamtausfuhr beſtritten. Auf
den Ackerbau kamen 1910: 49,2, auf Waldprodukte 42, auf Produkte der Viehzucht 4 Prozent.
Die wichtigſten Häfen waren nach H. Schüler 1909 folgende:
Ausfuhr
Santos
Manaos
Para .
Rio
Bahia
Porto Alegre.
Paranagna .
Pernambuco
Ceara.
Cuyaba .
Victoria.
Maranhão . .
223) 1 ee N
Alagoas . le A
Senta Balberina 2,2127...
Rio Grande do Norte
240 663 000
85 576 000
74505 000
63 600 000
36 450 000
12 854 000
10 829 000
10 497 000
7 300 000
6 167 000
5 000 000
3 727 000
3 000 000
2 800 000
2 310 000
775 000
| Einfuhr Handel
(in Milreis Gold zu 2,29 Mark)
63 511000 304174000
17200 000 102 776 000
27 286 000 101 791 000
124.387 000 187 987 000
16 276 000 52 726 000
27 930 000 40 784.000
4223 000 15.052 000
23 434.000 33 931 000
4162 000 11 462 000
5633 000 11 800 000
1135 000 | 6135 000
3829 000 7556 000
1497 500 4497 500
3683 200 6 483 200
3360000 5 670 000
| 1111000 1886 000
Danach iſt Santos bei weitem der erſte Hafen Braſiliens, weil er die enorme Kaffeeausfuhr
vermittelt; in der Einfuhr ſteht er ſtark gegen Rio zurück. Für die Ausfuhr ſind ferner ſehr
wichtig Mangos, Para, dann erſt Rio und in weiten Abſtänden Bahia und Porto Alegre.
“ Braſilien als Geſamtſtaat. 215
Dagegen ſteht bei der Einfuhr Rio voran, dann folgen Santos, Porto Alegre, Parä, Per—
nambuco, Manaos, Bahia, Cuyabä. Daraus ergibt ſich für den Geſamthandel die Reihen—
folge Santos, Rio, Manaos und Para (dieje faſt gleich), Bahia, Porto Alegre, Pernambuco,
Paranägua, Cuyaba, Cearä, dieſe alle mit noch über 10 Millionen Milreis Gold.
An der Einfuhr beteiligten ſich 1912 Großbritannien mit 25 Prozent, Deutſchland
mit 17, die Vereinigten Staaten mit 15 und Frankreich mit 9, zuſammen 66 Prozent, alſo
mit zwei Dritteln; der Reſt entfiel auf Argentinien, Belgien, Portugal und Italien mit
zuſammen 21,5 Prozent und die übrigen 12,5 Prozent auf andere Länder. Die Ausfuhr
ging 1912 zu 40 Prozent nach den Vereinigten Staaten, zu 14 nach Deutſchland, zu 11 nach
England, zu 10 nach Frankreich, zuſammen zu 75 Prozent nach dieſen vier Ländern. Weiter
kommen für die Ausfuhr in Betracht die Niederlande, Oſterreich-Ungarn, Argentinien,
Belgien und Uruguay.
Der Schiffsverkehr betrug 1911: 22386 Schiffe mit 23 Millionen Tonnen, dar-
unter 5412 fremde mit 14,5 Millionen Tonnen. Die Großſchiffahrt wird durch fremde Linien
unterhalten, unter denen die Hamburg-Südamerikaniſche Dampfſchiffahrts-Geſellſchaft, ſeit
ſie mit ihren großen Schnelldampfern Rio anläuft, den erſten Platz einnimmt; außerdem
ſind Großbritannien, Frankreich, Italien, Oſterreich-Ungarn, Spanien, Holland, Belgien,
Schweden und die Vereinigten Staaten daran beteiligt. Die Küſtenſchiffahrt betreibt be-
ſonders der Lloyd Brazileiro.
Nach einem vergeblichen Verſuch Dom Pedros II. vom Jahre 1835, fremdes Kapital
zum Bau von Eiſenbahnen ins Land zu ziehen, wurde 1854 als erſte Strecke in Braſilien
die Bahn von Mauä im Norden der Bucht von Rio nach Inhomerim, 14,5 km, eröffnet.
Obwohl ſich die Kilometerzahl der braſiliſchen Bahnen inzwiſchen auf (1912) 23000 erhöht
hat, kann doch von einem Eiſenbahn netz noch nicht geſprochen werden. Allerdings kann man
ſeit kurzem von Rio bis nach Uruguay mit der Eiſenbahn fahren, da die Linien im ſüdlichen
Sao Paulo fertig geworden find, aber im Norden gehen die Eiſenbahnen nicht über den
Staat Minas hinaus. Auch ins Innere ſind ſie noch nicht weit vorgedrungen; der Staat
Goyaz wird erſt jetzt erreicht. Da ferner in Amazonien die Flüſſe gute Verkehrswege bie-
ten, fo iſt die Verteilung der Schienenwege über das Land ſehr ungleich. Die bedeutend-
ſten Eiſenbahnen des Landes find folgende: die Leopoldina-Bahn zwiſchen Rio, Südoſt⸗
Minas und Eſpirito Santo 2600 km; die belgiſche Compagnie Auxiliaire des Chemins de Fer
du Breſil (hat ſeit 1905 alle Bahnen in Rio Grande do Sul in Pacht) 2171 km; die Eſtrada
de Ferro Central do Brazil in Rio, Säo Paulo und Minas 1970 km; die Oeſte de Minas-
Bahn 1100 km; die Great Weſtern of Brazil Railway 1500 km; die Mogyana-Bahn in
Minas und Sao Paulo 1400 km ; die Sorocabana- und Ituana-Bahn in Sao Paulo 1300 km;
die Pauliſta⸗Bahn in Säo Paulo 1150 km; die Sao Paulo-Rio Grande-Bahn 900 km; die
Säo Francisco- und Bahia⸗Bahn 700 km; die Sapucahy-Bahn in Sao Paulo und Minas
550 km; die Bahia- und Minas⸗Bahn 150 km; die Eſtrada de Ferro Central de Bahia
350 km; die Baturité-Bahn in Cearä 450 km; die Sao Paulo-Bahn 150 km; die Parand-
Bahn im Staate Barand 450 km; zuſammen 17000 km.
Ganz ohne Bahnen waren bis 1912 noch die Staaten Amazonas, Piauhy, Sergipe
und Goyaz, ſehr arm an Bahnen die Staaten Parä, Maranhäo, Cearä, Alagoas, Pernam⸗
buco, Bahia, Eſpirito Santo, Santa Catharina und Matto Groſſo. Im Jahre 1912 hat
aber Matto Groſſo die Madeira-Mamoré-Bahn, etwa 360 km, erhalten. Unter den
216 Das ungefaltete Land des Oſtens. —
Bahnprojekten ſind zwei großartige bereits in der Ausführung begriffen, nämlich die Ver-
bindung zwiſchen Süd-Minas und Leopoldina am Araguaya über die Stadt Goyaz und
ferner die Fortſetzung der Sorocabana-Bahn in Säo Paulo, die Eſtrada de Ferro Noroeſte
von Baur über den Rio Paranä unterhalb des Sucuriu nach Corumbä, 1407 km, aljo
quer durch den Süden von Matto Groſſo. Die Ausdehnung der Eiſenbahnſtrecken in Bra-
ſilien geht aus der Verkehrskarte bei Seite 93 hervor, der Kapitalwert aller fertigen Bahnen
wurde nach E. Dettmann 1909 auf 2 Milliarden Mark geſchätzt.
Die Länge der Telegraphenlinien betrug 1911: 58257 km, die der Telephonlinien
1910: 60400 km; auch gab es 1913: 32 Stationen für drahtloſe Telegraphie.
V. Die La Plata-⸗Länder.
1. Allgemeines.
Unter dem Namen La Plata-Länder werden hier die ebenen Landſchaften zwiſchen
dem braſiliſchen Bergland und den Kordilleren, etwa bis 15°, zuſammengefaßt. Sie ge—
hören mit Ausnahme des äußerſten Südweſtens und Nordweſtens dem Stromgebiete des
La Plata an. Die Abgrenzung dieſes Gebietes iſt aber ſchwieriger, als es den Anſchein
hat. Stellt man als Einteilungsprinzip den Tieflandscharakter der Landſchaften auf,
ſo gehören im Oſten Entre Rios und Corrientes unzweifelhaft noch zu unſerem Gebiet.
Auch Paraguay und Uruguay liegen zum allergrößten Teil unter 200 m Höhe, der Oſten
Paraguays freilich höher, und auch Miſiones iſt ein höheres Land. Dagegen müßte der
Süden von Rio Grande do Sul noch dem La Plata-Gebiet zugefügt werden. Im Norden
müßte die Grenze an der größten Verengerung des Tieflandes bei Santa Cruz de la Sierra
gezogen werden, im Süden geht das Tiefland über den Rio Negro nach Patagonien über,
aber im Weſten würden die 300 —700 m hoch gelegenen inneren Hochebenen, die andinen
Provinzen der Argentina, auszuſcheiden ſein. Richtet man ſich nach der geologiſchen Zu—
ſammenſetzung der Oberfläche, ſo würde man zwar die Grenzen im Norden und Süden
weit ausdehnen können, aber im Oſten dürften ganz Uruguay, Miſiones und der Oſten von
Paraguay nicht berückſichtigt werden, da ſie geologiſch nichts weiter ſind als Fortſetzungen der
braſiliſchen Maſſe; ja es müßten ſogar die Gebirge der Provinz Buenos Aires als Ausläufer
derſelben abgeſondert und die inneren jugendlichen Ebenen als Ausfüllungen von Bruch—
feldern zwiſchen den Kordillerenketten dieſen zugeſchlagen werden. Der Hydrographie
nach hätte man Sao Paulo, ganz Südbraſilien, ja Teile von Minas und Matto Groſſo dem
La Plata-Gebiet anzugliedern, im Weſten ferner Oſtbolivia; dagegen fielen die ganze ſüd—
weſtliche Pampa wie auch der nördliche Chaco aus. In ethnographiſcher, klimatiſcher,
pflanzen- und tiergeographiſcher Beziehung findet ein allmählicher Übergang vom
Norden zum Süden ſtatt. Daher ſind die La Plata-Länder auch wirtſchaftlich nicht gleich—
artig. Der Norden hat tropiſche Ackerbau- und Waldprodukte, wenn auch ſchon Viehzucht, der
Süden iſt ein Viehzuchtgebiet allererſten Ranges und entwickelt ſich zugleich mehr und mehr
zu einem Ackerbauland mit Getreidearten der ſubtropiſchen Zone. Politiſch endlich zerfällt
unſer Gebiet in fünf Staaten, Bolivia, Braſilien, Paraguay, Uruguay, Argentina.
Man wird alſo keines der erwähnten Einteilungsprinzipien als allein maßgebend er-
achten können, ſondern zwiſchen ihnen allen eine Mittellinie zur Abgrenzung wählen müſſen.
Die La Plata-Länder: Allgemeines. 217
Nun ſchließt der Brauch das ſüdliche Rio Grande von den La Plata-Ländern aus und weiſt
es Südbraſilien zu, dem es auch politiſch angehört. Wollte man Rio Grande von Braſilien
abreißen oder den Staat in zwei Teilen behandeln, einen bei Braſilien, den anderen mit
Uruguay zuſammen, ſo würde dies Verfahren wenig Anerkennung finden. Ebenſo iſt Para⸗
guay trotz ſeines an Braſilien erinnernden Oſtens ein La Plata⸗Staat, da ſeine wirtſchaftliche
und politiſche Entwickelung an den Rio Paraguay gebunden iſt; und auch Uruguay iſt wirt—
ſchaftlich durchaus ein pampiner Staat, ja mit dem enormen Überwiegen ſeiner Viehzucht—
produkte faſt typiſch für die La Plata-Länder. Daß endlich die Pampa und der Chaco der
Kern der La Plata⸗Gebiete ſind, bedarf keiner Erörterung; ſie allein haben die Geſtalt reiner
Flachböden, auch noch der bolivianiſche Anteil. Schwierig iſt dagegen die Frage der Auf—
nahme der andinen Provinzen der Argentina. Dieſe inneren Hochebenen ſind kein Tief—
land und gehören auch hydrographiſch nicht mehr dem La Plata an, zu dem ſie ſich freilich
früher entwäſſert haben müſſen. Überdies ſind ſie Zwiſchenländer zwiſchen den zerſplitterten
öſtlichen Kordillerenketten und ſollen daher bei der Beſprechung der Kordilleren behandelt
werden. Die Grenze gegen Patagonien bildet wohl am beſten der Rio Colorado (j. den
Abſchnitt „Patagonien “).
Innerhalb dieſer Grenzen bietet nun der meridionale Lauf des Paraguay-Parand
gute Gelegenheit zur Teilung des Landes in einen öſtlichen, vielfach noch von den Aus—
läufern der braſiliſchen Maſſe durchzogenen Abſchnitt und in eine weſtliche Abteilung,
die reines Tiefland iſt. Südlich von Roſario iſt dieſe Grenzlinie freilich auch nicht mehr vor—
handen, da der große Strom nicht ſüdwärts nach der Bahia Blanca, ſondern ſüdoſtwärts nach
dem La Plata⸗Trichter verläuft. Aber der Gegenſatz zwiſchen dem braſiliſch gebauten Lande
und dem reinen Tieflande bleibt auch hier noch beſtehen, da das Land öſtlich von 61° mehr das
Gepräge von Uruguay hat, das weſtlich davon gelegene echte Pampa ohne Bergzüge iſt.
Demnach gehören zu dem hier zu behandelnden La Plata-Gebiet folgende Landſchaften:
Octilometer Einwohner Dichte
CCC ERR LADE I 178 700 1 226 000 7,0
Die argentinischen Provinzen Entre Rios, Corrientes, Miſiones 189000 850 000 4,0
Paraguay öſtlich des Paragun dss 150 000 750 000 5,0
Geringer. Aplell u. -e0a e 130 000 50000 0,
Landſchaften öſtlich des Fluſſes: 640 000 2 876000 4,4
Bolivianiſcher Chan -. - - » 2... 225000 30 000 0,13
Paraguayaniſcher Chaco Chaco 770000 105 000 50 000 0,
Argentiniſcher Chaw . eo 440 000 270 000 0,6
Die Pampa (Buenos Aires und Pampa ganz, Santa
Fé, Teile von Santiago und San Luis, von Cör⸗] Pampa 688 000 4550 000 6,6
T ˙· -- ee)
Landſchaften weſtlich des Fluſſe : 1458000 4900000 3,3
Zuſammen: 2098000 777600 | 3,9
Die dieſen Landſchaften gemeinſamen Eigentümlichkeiten ſtehen zu deren langer, meri-
dionaler Ausdehnung in Beziehung, die zwiſchen 17 und 40° volle 23 Grade, alſo mindeſtens
2500 km, beträgt, während die Breite 900 km kaum überſchreitet. Daher erinnert unſer
Gebiet an ein breites Tal, und in der Tat iſt die ganze Landſchaft eine tektoniſche Senke
zwiſchen dem älteren Südamerika im Oſten und dem jüngeren im Weſten. So konnte ſich
218 Das ungefaltete Land des Oſtens.
hier, im Gegenſatz zu Amazonien, ein meridional gerichtetes Stromſyſtem entwickeln, das
La Plata-Syſtem, die Lebensader der La Plata-Länder. Es erſtreckt ſich zwiſchen 14
und 35° ſüdl. Breite, bedeckt nach A. Bludau eine Fläche von 3100000 qkm, beſteht aus
drei Flüſſen, dem Paraguay, dem Parana und dem Uruguay, und zieht, im Gegenſatz zum
Amazonas, ſein Waſſer wenigſtens jetzt nicht mehr aus der Kordillere, ſondern vorwiegend
aus dem tropiſchen Inneren Braſiliens. Hier liegen die Quellen des Paraguay nahe bei 14,
die des Paranä unweit 16° ſüdl. Breite. Die Länge des La Plata-Parana iſt ungefähr
4000 km. Die drei den La Plata bildenden großen Ströme ſind von ſehr verſchiedenem
Charakter: der Paraguay iſt ein echter Tieflandſtrom, der Parana ein Hochlandſtrom, und
der Uruguay wiederholt in kleinerem Maßſtabe den Charakter des Paranä. Der Uruguay
fällt überhaupt erſt in den Mündungstrichter und nimmt daher eine ähnliche Stellung zu
dem La Plata-Syſtem ein wie der Rio Para, der Tocantins-Araguaya, zum Amazonas—
ſyſtem, vermutlich auch aus derſelben Urſache, dem langſamen Sinken der Küſte. Überhaupt
laſſen ſich Analogien zum unteren Amazonasſyſtem finden, inſofern der Paraguay dem
Madeira gleichzuſtellen iſt, der ja auch, am Rande der braſiliſchen Scholle fließend, größten—
teils ein Tieflandſtrom iſt, der Parana aber den ſtromſchnellenreichen Hochlandſtrömen
Tapajds und Kingu ähnelt.
Orville Derby hat mit Recht darauf aufmerkſam gemacht, daß „eine leichte Verände—
rung in den Niveauverhältniſſen am Anfange des Aſtuariums der Paranämündung eine
Scheidung von Paraguay, Paranä und Uruguay zu drei verſchiedenen Becken zur Folge
haben würde“. Sänke das Land um den La Plata Trichter um ein Geringes, jo würde zu—
nächſt das Becken des Uruguay abgetrennt; überſchritte dieſe Senkung des Tieflandes 70 m,
jo würde das Meer bis gegen Aſuncion am Paraguay vordringen und das Becken des Parana
von dem des Paraguay abſcheiden. In der Tat iſt der untere Teil der ſüdlichen Ebenen erſt
durch die Alluvionen der großen Ströme geſchaffen worden.
Der Paraguay. Die Quellen und Quellflüſſe des wahrſcheinlich nach einem Kaziken
genannten Paraguay haben wir ſchon Seite 161 kennen gelernt. Nahe der Vereinigung
des Sao Lourengo mit dem kaum 30 m breiten Paraguay unter 18° jüdl. Breite umgeben
kahle, ſpärlich bewachſene Berge den Fluß. An der Serra Dourada entlang, im Oſten immer
noch von meilenweiten Sümpfen begleitet, erreicht der Paraguay bei Corumbä 140 m
Seehöhe, hat alſo ein Gefälle von nur 60 m ſeit Cuyabä und liegt hier ſchon 200 m tiefer
als der Parand in gleicher Breite. Bei Albuquerque nimmt er von der braſiliſchen Seite
zahlreiche Flüſſe, darunter den Taquary, den Aquidauana und den Miranda oder Mondego,
auf. Am Puerto Pacheco, unter 20°, liegt der Fluß nur noch 100 m über dem Meere und
bildet von hier an die Grenze zwiſchen Bolivia und Braſilien; er fließt im allgemeinen in
einem gewundenen Bette zwiſchen niedrigen Ufern, deren Höhe nur bei Aſuncion auf 7 m
ſteigt, und deren Material ſandige Tone, kompakter harter Ton und Humuserde ſind. Durch
„üppige Laubwaldungen mit dichtem Untergeſtrüpp, hier und da ein Stückchen Wieſe vor—
gelagert, breitblätterige Waſſerpflanzen, von hellvioletten Blüten durchſetzt“, ſo geht es bis
zum Wendekreiſe, wo ſich wiederum die Landſchaft verändert, denn hier tritt der einförmige
Chaco an den mittlerweile gewachſenen Strom heran, deſſen Breite zuweilen 1000-1500 m,
gewöhnlich 600 —800 m bei einer Tiefe von 6—22 m und einer Geſchwindigkeit von 3 bis
4 km in der Stunde beträgt. Der Strom iſt bei Hochwaſſer bis Aſuncion für Seeſchiffe be—
fahrbar; zu dieſer Zeit überſchwemmt er die Ufer weithin, beſonders das rechte, und ſein
Die La Plata-Länder: Allgemeines. 219
Waſſer ſteigt dann mitunter bis in die Kronen der Bäume. Die Ortſchaften liegen daher
meiſt auf dem höheren linken Ufer. Bei Aſuncion mündet der Pilcomayo, bei Nuevo Timbo
der Teuco-Bermejo, worauf die Vereinigung des Paraguay mit dem ihm von Oſten zu—
gehenden waſſerkräftigeren Paranä folgt.
Der Paranä. Unterhalb des Salto Guairä (dal. S. 200) iſt der Parana bereits ein
mächtiger, waſſerreicher, ſchiffbarer Strom, deſſen Name „Waſſer“ in der Tat berechtigt iſt,
denn ungeſtüm wirbelt das gelbe Waſſer zwiſchen meiſt hohen Uferwänden mit grünem Wald-
ſaum auf und nieder. Die Strömung iſt ſo ſtark, daß die Dampfer zur Zeit des Hochwaſſers
oft von den herabtreibenden Baumſtämmen in Gefahr gebracht werden, die Tiefe beträgt
bis 70 m, das Bett iſt felſig. Das Hochwaſſer überſchwemmt alljährlich die Uferregion der
Taquarabeſtände (Bambus) und dringt bis an den Saum des Uferwaldes vor. Das linke
Ufer iſt meiſt ſteiler, das rechte flach, ſumpfig, durch Sandflächen gebildet oder weithin über—
ſchwemmt. Dampfer können über die Stromſchnellen von Apipé bequem bis zum Iguazu
gelangen, wenn auch ein Rapido bei Yaciretä die Schiffahrt hindert und beträchtlichen
Wogenſchwall erzeugt. Weiter abwärts ſind die corrientiniſchen roten Sandſteinufer hoch,
weil der Fluß hier den Abfall der braſiliſchen Maſſe anſchneidet. Dann aber nimmt er das
Gepräge eines Tieflandfluſſes an, der offene Camp wird allmählich durch einen Buſchſaum
oder Buſchwald verdrängt, das charakteriſtiſche hohe Taquararohr tritt mehr und mehr zurück,
kleine flache gelbe Sand- und Sandſteininſeln, auch Flugſandbildungen kommen vor.
Nach der Vereinigung mit dem Paraguay zwiſchen Humaita und Corrientes behält
der Strom den Namen Parana, folgt aber der Richtung des Paraguay und fließt ſüdlich
bis ſüdweſtlich. Das linke, der braſiliſchen Maſſe zugekehrte Ufer bleibt hoch, das rechte iſt
flach und wird von zahlreichen Nebenarmen begleitet, beſonders zwiſchen Bellaviſta und
Santa Fe; ſie ſind teils Abzweigungen vom Strome ſelbſt, teils Waſſerläufe, die mit dem
Salado in Verbindung treten. Das hohe Ufer beſteht zu oberſt aus Dammerde, dann aus
gelblichem Lehm und unten aus grauem Ton und iſt von Schluchten mit einigem Baum—
und Strauchwuchs unterbrochen (Tafel 9, Abbildung 1). Bei Santa Fs erreicht der untere
Parana ſeine größte Breite, ſpaltet ſich in zwei mächtige Arme und führt bei Parana
17570 ebm Waſſer in der Sekunde; dann wird er ſchmäler, bleibt aber auch bei Roſario ein
gewaltiger Strom, der bis hierher von den größten Seeſchiffen befahren werden kann. End—
lich tritt im ſüdlichen Entre Rios die Ebene auch an das linke Ufer heran, ſo daß das Land
bald mit Waſſer bedeckt, bald frei davon iſt. Der Strom wendet ſich nun bei Roſario gegen
Südoſten und bildet mit dem ihm in mehreren Armen zuſtrömenden Gualeguay die große
Inſel de las Lechiguanas und eine Menge kleinere Eilande. Dann löſt er ſich in drei Haupt—
arme auf, den Parana Guazu, den die Schiffahrt benutzt, den Parana de las Palmas, der für
Segelboote geeignet iſt, und den Parana Largo, der vielfach verſandet und waſſerarm iſt;
zahlreiche Nebenarme bilden ein weitverzweigtes Waſſernetz.
Der Uruguay und der La Plata. Der Uruguay, der „Fluß des bunten Vogels“,
tritt an der Mündung des Peperi Guazu in das Tiefland ein. Er iſt ein kleineres Abbild
des Parana, hat aber unter 28% noch den Fall von Pirapo, unter 31,5“ den Salto Oriental.
So iſt der dem Rhein an Breite und Waſſermenge gleichkommende Strom nur bis Con—
cepcion (180 km) für Schiffe von größerem Tiefgang, für große beladene Kähne allerdings
bis Concordia (324 km) befahrbar.
Nach der Vereinigung des Uruguay mit dem Paranä-Paraguay erhält die trichterförmige
220 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Geſamtmündung den Namen Rio de la Plata (Silberitrom), das Waſſer iſt hier je-
doch keineswegs ſilberfarben, ſondern ſchmutzigtrübe wie die Elbe bei Hamburg. Bis über
Buenos Aires hinaus im Mittel 250 km, ausnahmsweiſe bis Roſario (340 km), und auf dem
Uruguay bis Concordia (335 km) ſind Flut und Ebbe zu ſpüren. Der 300 km lange Trichter
erſtreckte ſich früher bis oberhalb der Stadt Parana. Die Ufer werden aus Seelöß, darunter
aus ſandigen miozänen Mergeln, oligozänen Sanden, ganz unten aus roten kretazeiſchen
Sanden und Sandjteinen gebildet; in 295 m Tiefe liegt unter Buenos Aires Granit. Die
heutige Mündung (f. die untenſtehende Textkarte) kann man in drei Teile teilen. Der erſte
reicht von der Mündung des Parana und Uruguay bis zu der Verengung des Buſens zwiſchen
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Die Mündung des La Plata-Stromes.
Enſenada und Colonia, deren Entfernung voneinander 52 km beträgt; er wird faſt ausſchließ⸗
lich von Flußwaſſer eingenommen. Der zweite erſtreckt ſich zwiſchen der genannten Enge
und einer zweiten Einſchnürung, die von Montevideo nach der Punta de las Piedras reicht
und 105 hm breit iſt. Hier beginnt bereits der Kampf des Flußwaſſers mit dem eindringenden
Meerwaſſer, und zugleich treten bedeutende, die Schiffahrt bedrohende Sandbänke auf. Dies
ſetzt ſich in noch höherem Maße in dem dritten, äußerſten Abſchnitt des La Plata fort, der ſich
bis zu 300 km erweitert und bereits großenteils von Meerwaſſer ausgefüllt wird. Vor der
Küſte von Uruguay liegen die Inſeln Flores und Lobos, auf der argentiniſchen Seite die Gerö⸗
nimo⸗Eilande. Selbſt an dem La Plata⸗Aſtuarium verleugnet ſich der Gegenſatz zwiſchen dem
Hügelland am Oſtufer und der argentiniſchen Ebene am Weſtufer nicht: auf der Seite von
Uruguay tritt das archäiſche Grundgebirge des öſtlichen Südamerika mit Hügeln von noch
150 m Höhe, dem Cerro de Montevideo, an die Küſte heran, im Weſten aber iſt das Ufer⸗
land äußerſt flach, nur ſelten ſieht man ſchmale Landſtreifen über das Waſſer hervorragen,
und die rieſige Waſſermaſſe macht nicht den Eindruck eines Fluſſes.
Gemeinſam iſt dem La Plata-Gebiet auch die geringe Meereshöhe, die an keiner
Die La Plata-Länder: Allgemeines. 221
Stelle 300 m überſteigt, außer wo die Ausläufer der Kordilleren oder der braſiliſchen Maſſe
hineinragen. Gleichartig iſt auch die Beſchaffenheit des Bodens; wenigſtens wird der ganze
Süden von 40 bis etwa 23° von Löß eingenommen, während der Norden zwiſchen 23 und
17° mehr Lehmböden hat. Das Ganze aber iſt die Ausfüllung eines alten Meeresbodens,
der nach vorhergegangener Wüſtenperiode in der Kreidezeit im mittleren Tertiär zwiſchen
der braſiliſchen Maſſe und den Kordilleren beſtand und erſt im Pliozän trockengelegt
wurde. Seitdem arbeiten der Wind als Lößbildner, die großen Tieflandsſtröme als
Schöpfer mächtiger Alluvionen und die Gebirgsflüſſe als Träger mächtiger Schuttmaſſen
an der Erhöhung und Ausgeſtaltung der rieſigen Ebene, deren Neigung im ganzen gegen
Südoſten gerichtet iſt.
Die meridionale Ausdehnung des La Plata-Gebietes erzeugt aber auch zahlreiche Ver—
ſchiedenheiten der einzelnen Teile desſelben, denn infolge der Erſtreckung von 17 bis 40°
ſüdl. Breite iſt das Klima des Nordens noch durchaus tropiſch, das der mittleren Teile ſub—
tropiſch und das des äußerſten Südens gemäßigt. Wenn auch wegen der Lage des Haupt—
teiles unter den Subtropen das La Plata-Gebiet im ganzen trocken iſt, ſo nimmt doch der
Regen gegen Norden, nicht aber auch gegen Süden, zu, weil die Kordillere von Südchile
den Niederſchlag auffängt. Daher iſt im Süden die Pampa eine trockene Steppe, im Norden
der Chaco ein weites Wald- und Weidegebiet mit Weihern, Tümpeln und höherer Feuchtig—
keit. Im Oſten des Stromes ſind die Gegenſätze der Vegetation und des Klimas weniger
ſcharf als im Weſten. Die ſüdlichſte Abteilung fällt hier ganz weg, da der La Plata ſchon unter
35° ſüdl. Breite mündet; die Pampa ſetzt ſich nach Uruguay hinüber fort, verliert aber durch
den hügeligen Charakter des Landes ihre Eigenart, die Meeresähnlichkeit. Überdies wandeln
zahlreiche Flüſſe und Waſſerläufe das nördliche Entre Rios und Corrientes in eine Marſch—
landſchaft mit Lagunen und Sümpfen um, und in Paraguay und Matto Groſſo erlaubt
häufigerer Regen, verbunden mit der welligen Oberfläche, das immer allgemeinere Auf—
treten von Wäldern auf den Höhenzügen und an den Flußufern. Auch die Tierwelt zeigt
einen Übergang von tropiſcheren Formen im Norden zu gemäßigten im Süden, und nicht
minder iſt dieſer Gegenſatz in der Beſiedelung erkennbar. Der tropiſche Norden iſt im
Chaco noch das unumſchränkte Jagdgebiet der Indianer, in Paraguay die Hochburg der halb—
ziviliſierten Urbevölkerung. In der Pampa aber und in Uruguay iſt die indianiſche Be—
völkerung, wenn auch erſt im Laufe des 19. Jahrhunderts, durch die Weißen völlig verdrängt
worden. Ein ganz oder halb urſprüngliches Indianergebiet im Norden ſteht daher jetzt
einem völlig ausgebildeten Kulturlande mit europäiſcher Ziviliſation im Süden gegenüber.
Kulturell, wirtſchaftlich und politiſch hat alſo der gemäßigte und ſubtropiſche Süden das
Übergewicht über den tropiſchen Norden.
Zur Aufſtellung der Unterabteilungen erſcheint daher der Gegenſatz zwiſchen Nor—
den und Süden auf den erſten Blick wohl geeignet, aber in bezug auf Bau, Zuſammen—
ſetzung und Oberflächengeſtalt des Bodens iſt kein irgendwie durchgreifender Unterſchied
vorhanden. Man wird daher am beſten den Gegenſatz zwiſchen dem Weſten und dem Oſten
zur Einteilung verwenden. Dann ergeben ſich folgende Unterabteilungen:
a) Oſtlich des Fluſſes:
1) Paraguay und Miſiones, Hügelland am Weſtrande der braſiliſchen Maſſe, über—
gehend in die Ebene, noch faſt tropiſch in Klima und Vegetation, früheres Kulturgebiet,
indianiſche Bevölkerung.
222 Das ungefaltete Land des Oſtens.
2) Corrientes, ſüdliche Fortſetzung von Paraguay, aber mehr eben, ein Zwiſchen—
ſtromland mit viel Waſſer, noch halbtropiſche Vegetation, Viehzucht und Ackerbau.
3) Entre Rios und Uruguay, hügelig-wellige Ebenen, Fortſetzung des braſiliſchen
Grundgebirges, ſubtropiſche Graslandſchaft, vorwiegend Viehzucht, aber auch Ackerbau.
b) Weſtlich des Fluſſes:
1) Gran Chaco, weites, ſteinloſes Flachland mit Wechſel von Wald und Weide, Teichen
und abflußloſen Waſſerläufen, ein Indianergebiet, Beſiedelung nur im Süden begonnen.
2) Pampa, ſubtropiſche bis gemäßigte Grasebene, vollkommenes Flachland mit
Trockenbetten, meiſt außerhalb der Palmengrenze, an den Rändern früh, im Inneren ſpät
beſiedelt, Kern der Viehzucht und des Ackerbaues der La Plata-Länder.
2. Die Landſchaften öſtlich des Stromes.
a) Paraguay und Miſiones.
Paraguay und Miſiones gehören, ſoweit ſie Berg- und Hügelland enthalten, ganz der
braſiliſchen Maſſe an und beſtehen daher auch aus denſelben Geſteinen. Dieſe große ein—
heitliche Maſſe wird aber unter 56° durch einen Steilrand begrenzt, und da Paraguay von
dieſem Meridian geſchnitten wird, ſo zerfällt es in eine höhere öſtliche und eine niedrigere
weſtliche Stufe. Die öſtliche iſt das Anambaya-Plateau, ein bis zu 600 m hohes Land,
durch das der Paranä fließt, die weſtliche das Berg- und Hügelland von Mittel-Paraguay,
zwiſchen 56° und dem Fluſſe. Außerdem aber beſteht ein Gegenſatz zwiſchen dem Norden
und dem Süden des Landes inſofern, als der Norden mehr archäiſches Gebiet, der Süden
vorwiegend Sandſteine und Eruptivgeſteine enthält. Überdies nimmt im ganzen die Höhe
des Landes von Norden nach Süden ab.
Das Anambaya-Tafelland iſt nach K. Carnier eine modellierte Hochfläche von 500 bis
400 m Höhe, die ſich gegen den Parana hin langſam um 200-300 m ſenkt und nahe Eſtrella
und Punta Bond (22°) ihre größte Erhebung, 600 m, hat. Es beſteht aus roten Sandſteinen,
im weſtlichen Randgebiet auch aus baſiſchen Eruptivgeſteinen, beſonders Melaphyren, die
auch wieder am Paranä auftreten und dort z. B. den Salto Guairä bedingen. Der Boden
des Anambaya-Plateaus iſt rotbrauner Lehm oder Sand. Der Bruchrand trägt die Waſſer—
ſcheide zwiſchen dem Parana, zu dem die Flüſſe Igatimi, Acaray und andere hinabeilen,
und dem Paraguay, wohin ſich der Apa, Aquidaban, Ipané, Jejuy und Tebicuari ergießen.
Im Süden ſchneidet die Bruchlinie den Paranä bei Encarnacion, ſo daß Miſiones ganz dem
öſtlichen Teil, dem Anambaya-Plateau, angeſchloſſen werden muß.
Die Landſchaft weſtlich der Bruchlinie hat offenbar durch eine Schollenbewegung
gegenüber dem Anambaya-Plateau eine tiefere Lage erhalten und ſeitdem eine ſelbſtändige
geologiſche Geſchichte gehabt. Sie wird heute, beſonders nördlich vom 23. Grad und ſüd—
lich vom 25. Grad, von vielen kleineren, meiſt auch niedrigen Bergzügen durchzogen. Unter
dieſen beſteht das 500-600 m hohe Bergland am Apa aus Granit, Syenit und Porphyr
in den tieferen, Glimmerſchiefer und Quarzit in den höheren Teilen. Oſtlich von dieſem
Bergzug wiegen dagegen Tafelberge aus Sandſtein vor, wie der Cerro Margarita, der ſchon
auf dem Gebiete von Matto Groſſo liegt. Im Süden iſt die ſogenannte Sierra de Villa
Rica die höchſte Erhebung. Sie beſteht aus Sandſtein mit einer Melaphyrdecke und macht
daher auch mehr den Eindruck einer Tafel als eines Gebirges. Ihr Alter iſt vermutlich
Die La Plata-Länder: Paraguay und Miſiones. 223
permokarboniſch, ihre Gipfel ſind häufig große Klötze und Kuppen, Dome und Spitzen, viel—
leicht Reſte der Eruptivdecke; der bekannteſte Berg iſt der Cerro Tatuy oder Guazu (680 m).
Weiter nach Süden hin ſcheint die Melaphyrdecke infolge ſtärkerer Eroſion der Flüſſe
zu fehlen oder doch aufgelöſt zu ſein, wie denn überhaupt der Süden mehr das Gepräge
einer welligen Ebene hat.
Für den Weſten ſind weite, flache Täler, ſumpfige Lagunen, waldige, ſtellenweiſe von
hochliegenden Weiden unterbrochene Höhenzüge bezeichnend. Die Seehöhe dieſes ſumpfigen
Tieflandes beträgt nur 80 —200 m. In der Nähe des Paraguay werden die Sümpfe und
Lagunen ausgedehnter, wie die Lagunen Ipoa und Ipagarai; niedrig gelegene ſumpfige
Marſchen, die Eſteros, erſtrecken ſich auch am Parana entlang und erſchweren den Verkehr.
Im Norden und Oſten tritt der Charakter der braſiliſchen Campos mehr hervor. Der Boden
beſteht oft aus rotem, eiſenhaltigem Ton und aus ſchwarzer, fruchtbarer Humuserde, zu—
weilen auch aus Sand; dann iſt er nur mit Gebüſch beſtanden, während ſonſt Grasland und
Wald die gewellte Ebene einnehmen. Eiſen iſt häufig und wird auch bei Ibicuy, San Miguel
und Caapucu ſüdweſtlich von Villa Rica ſeit langem bearbeitet.
Die Flüſſe verlaufen infolge der meridionalen Erſtreckung der Waſſerſcheide faſt alle
in äquatorialer Richtung. Im Norden des Landes und im äußerſten Süden ſind die nach
Weſten abfließenden die längeren, in der Mitte die zum Parana ſich ergießenden. Der Grenz—
fluß zwiſchen Braſilien und Paraguay, der Rio Apa, mündet bei Confluencia in den Para—
guay. Er iſt ein langer, wenig bekannter Fluß, wird aber an Länge freilich noch durch die
im Süden ſich anſchließenden Rios Aquidaban, Ipané und Jejuy übertroffen. Der
Aquidaban iſt während der Regenzeit ſchiffbar, der Ipans ſtets, und zwar auf 360 km für
Schiffe von 12—15 Tonnen; der Jejuy ſammelt das Waſſer aus einem beträchtlichen Teile
von Mitte- Paraguay und dient trotz ſeiner Sandbänke zur Verſchiffung des Mate aus den
Wäldern ſeines Urſprungsgebietes, wo Igatimi in nur 215 m Höhe liegt. Dann folgt eine
Reihe kurzer Flüſſe, da die Kordillere von Villa Rica nun nach Weſten vorſpringt, und im
Süden endlich der Tebicuarh, ein breiter und tiefer Fluß, der den größten Teil des Jahres
bis Villa Rica ſchiffbar iſt und die Lagune Ipoa als Stauſee benutzt.
Die öſtlichen Flüſſe Paraguays ſind im Gegenſatze zu den vorigen mehr Hochlands—
gewäſſer. Die meiſten ſind wenig bekannt, ihre Ufer nur ſchwach beſiedelt, ihre Bedeutung
gering. Gegenüber der Inſel Sete Quedas mündet der Igatimi, unterhalb des Salto Guaira
der Igurey und der Itaimbey. Größer ſind der Acaray und der Monday, der gegenüber dem
Iguazu den Parana erreicht, während die ſüdöſtlichen Flüſſe, darunter der bekanntere Pirapo,
nur kurzen Lauf haben; der Monday mündet mit 150 m Breite in den Parana und beſitzt
etwa 5 km aufwärts einen 40 m hohen und 50 m breiten, hufeiſenförmigen Waſſerfall von
großer Schönheit. Die häufigen Waſſerfälle und Stromſchnellen der öſtlichen Flüſſe ſind
namentlich im Hinblick auf die zahlreichen Yerbales ſehr nachteilig.
Die ſüdliche Fortſetzung von Paraguay iſt das von dieſem Lande nach Südbraſilien
hinüberführende argentiniſche Territorium Miſiones, ein hügeliges, gewelltes, im Inneren
wenig gegliedertes Land ohne auffallende Oberflächenformen, mit kaum 200—300 m Höhe.
Flüſſe von Bedeutung können ſich nicht entwickeln, weil der Höhenzug von Miſiones zwi—
ſchen dem Uruguay und Paranä entlangzieht.
Das Klima von Paraguay iſt ein gemäßigt tropiſches mit hoher Sommerwärme,
ausgeſprochenen und reichlichen Sommerregen, aber bereits niedrigen Wintermitteln.
224 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Wärmſter Kühlſter Niederſchlag
Jahr Schwankun
Jah Monat Monat ch 5 mm
Aſunciunn In 22,59 27,00 16,10 10,9% 1415
StacucHbt. nn mr ne, 22,20 26,50 16,9% 9,60 1451
Pofſadaasass se 21,6 26,80 16,6% 10,20 1565
Die Jahrestemperatur iſt etwa gleich der von Santos, der wärmſte Monat, in Aſuncion
der Dezember, in Itacurubi der Januar, übertrifft den von Santos um 1—114°, der kühlſte,
Juni, bleibt gegen Santos um 11,—2° zurück, das Klima iſt alſo extremer als das der Küſte
unter gleicher Breite. Immerhin iſt das Klima von Aſuncion recht warm, aber 1902 er-
froren im Norden des Landes die Bananen. Die Extreme betragen im Mittel 40,2“ und
2,4, die abſoluten erreichen 41,8“ und 0e. Die größten Temperaturunterſchiede bringen die
Winde, beſonders der kühle Südwind, Pampero, infolgedeſſen die Queckſilberſäule binnen
einer Viertelſtunde um 17° fallen kann; meiſt beträgt die Erniedrigung der Temperatur bei
Südwind 10—12°, aber im Auguſt 1879 fiel das Thermometer wegen der ungewöhnlichen
Dauer des Südwindes von 31,3 auf 5%. Der Wind wechſelt vorwiegend zwiſchen Nord und
Süd, öſtliche Winde pflegen nur den Übergang zwiſchen beiden zu bilden; Windſtillen ſind
häufig, Weſtwinde ſehr ſelten. Der Südwind iſt der Wind der Trockenzeit, der Nordwind
tritt häufiger in der Regenzeit auf, die Windſtärke iſt im allgemeinen gering, Stürme ſind
ſelten und meiſt nur Ausläufer der Pamperos des Südens. — In Miſiones hat Poſadas
ein Jahresmittel von 21,6“, eine mittlere Schwankung von 10,2“, Villa Concepeion und
Santa Maria am Uruguay haben 19,7“ als Jahresmittel und eine Schwankung von 12,3“.
Die Niederſchlagsmenge iſt ausreichend, da ſie zwiſchen 1300 und 1700 mm liegt
(Villa Rica 1670 mm) und zeitlich derart verteilt iſt, daß die Sommermonate etwa ein
Drittel mehr als die Wintermonate erhalten. In Aſuncion fallen von 1415 mm vom Oktober
bis zum März 886, = 63 Prozent, vom Oktober bis zum Mai 1146, - 81 Prozent, während
die Monate Juni bis September nur 269, = 19 Prozent, empfangen. In Itacurubt fällt der
meiſte Regen im Januar mit 224mm, = 15 Prozent, Oktober bis April erhalten 1114 mm,
— 77 Prozent, Mai bis September 837 mm, = 23 Prozent. Aber kein Monat iſt ganz regen⸗
los, ſelbſt der Auguſt weiſt in Aſuncion noch 46, in Itacurubi 31 mm auf, während er in
Cuyabä nur 4mm bringt. Im ganzen iſt das Klima feucht, und die allzu ſtarken Regenfälle
(am 25. Februar 1892 in Aſuncion 80,2 mm in einer Viertelſtunde und am 6./7. Januar 1902
195 mm in 24 Stunden) ſind mehr gefürchtet als Dürren, wenn auch ſolche gelegentlich ein—
treten. Im Februar 1878 fielen nach H. Mangels 610 mm, im Auguſt 1893: 0,5; jo war denn
auch 1878 das regenreichſte Jahr mit 2613, 1893 das regenärmſte mit 1020,5 mm. Schnee
kommt in Paraguay überhaupt nicht vor, Hagel und Nebel ſind ſelten, Tau dagegen reich—
lich, Gewitter häufig. Reif gab es in Aſuncion 1878 an 16, 1881 an 10 Tagen, dagegen
ſcheint Eisbildung kaum einzutreten.
Die Vegetation iſt bei der Lage Paraguays zwiſchen 22 und 27 noch vorwiegend
tropiſch. Palmen ſind häufig, tropiſche Waldbäume noch zahlreich, und rein tropiſche Nutz⸗
pflanzen gedeihen noch. Je weiter man aber nach Süden gelangt, deſto häufiger wird das
Grasland. Ebenſo läßt ſich beim Fortſchreiten von Oſten nach Weſten eine Anderung der
Vegetation beobachten, denn das Anambaya-Plateau iſt großenteils bewaldet, die niedri—
geren weſtlichen Teile Paraguays ſind Grasland. Wo ſich aber in dieſem Bergzüge
Die La Plata-Länder: Paraguay und Miſiones. 225
einſtellen, da nimmt auch der Wald wieder die Herrſchaft an ſich, überhaupt bedeckt die
Savanne den Boden nirgends ganz.
Im feuchten Regenwald ſind die wichtigſten Bäume zwei Arten Laurel (Nectandra
porphyria und eine andere), drei Arten Cedro (Cedrela brasiliensis und zwei andere),
der Angico (Acacia angico), der Inga (Inga uruguensis), der Ombu (Picurnia dioica) mit
ſchwammigem Holze, der Palo Santo (Guayacum sanctum), beſonders im Norden des Aqui-
daban, drei Arten Timbb (Enterolobium timbouva und zwei andere) und der Talabaum
(Celtis tala oder aculeata) mit dunkler Blattkrone; dazu kommen die Pindopalme (Cocos
australis), die Myrtazee Eugenia, die ſtärkemehlhaltige Sterculia rex, die Cañafiſtola (Cassia
brasiliensis). Die Bäume ſind oft 8—20 m hoch und 1 m dick, manche, wie der
Cedro, die Canafiſtola und der Timbo, noch bedeutend höher und dicker. Auch Araufarien-
beſtände ſind in Paraguay und Miſiones häufig. Der Wald iſt bald dicht, bald licht, bald
niedrig, bald hoch und enthält hier viel, dort wenig Unterholz von Bambus, Taquara oder
Tacuarembd (Chusquea-Arten), von Palmen, Lianen, holzigen Stauden, hohen und nied—
rigen Kräutern, Schlingpflanzen und Farnen, während Pilze, Flechten, Mooſe und Gräſer
den Boden mit einem weichen Teppich überziehen.
Außer den feuchten Wäldern kommen auch Trockenwälder vor, in denen die Bäume
des argentiniſchen Tieflandes und ſeiner Hochebenen eine Rolle ſpielen, beſonders Mimoſeen,
wie der Vinal (Acacia ferox), der Algarrobo (Prosopis dulcis) und die Algorabilla, ferner
der Quebracho aus der Familie der Apocyneen und die Weide, Sauce (Salix humboldtiana),
die namentlich den Paraguay ſüdlich von Aſuncion umſäumt. Überhaupt begegnen ſich in
Paraguay und Miſiones hygrophile und xerophile Formen: neben großen Wäldern mit
Bambus, Palmen und Schlingpflanzen, Waſſer- und Sumpfpflanzen aller Art ſtehen an
trockenen Stellen Dorngebüſche, Kakteen und Agaven, und die Ananas gedeiht wie im
trockenen Inneren Braſiliens.
Für die Volks wirtſchaft ſind beſonders die weſtlichen Grasländer wertvoll. Hier
entwickelt ſich die Viehzucht, die als wichtigſten Ausfuhrgegenſtand Häute liefert (1911
für 4,12 Millionen Mark), aber noch nicht die Bedeutung erlangt hat, die ſie haben könnte.
Vor dem fünfjährigen Kriege 1865— 70 hatte Paraguay 2 Millionen Stück Großvieh, nach
1870 nur noch 15000, und wenn auch für 1909: 6,5 Millionen Rinder angegeben wurden,
ſo hätten ſich ohne den Krieg doch viel gewaltigere Herden entwickeln können. Die Eſtancias
ſind aber zum Teil ſchon reich an Rindern, die Société fonciere du Paraguay hatte 1905:
120000 Stück, die Rural Belga Sudamericana an 30000, die Familie Quevedo 25000. So
ſtieg denn die Ausfuhr von Häuten von 33000 im Jahre 1881 auf 191000 im Jahre 1904,
ihr Wert von 200000 auf 4,1 Millionen Mark, und Häute nahmen 1911: 21 Prozent des
Ausfuhrwertes des Landes ein. Außerdem hat ſich ſeit etwa 1900 die Saladero-Induſtrie
entwickelt, die 1903 ſchon für 1 Million Mark Salzfleiſch ausführte.
Der Ackerbau wurde bereits von den Jeſuiten zur Blüte gebracht, und auch noch 1865
wurden in Paraguay 1300 Millionen kg vegetabiliſche Nahrungsſtoffe erzeugt, aber der
Krieg zerſtörte den Ackerbau ebenſo vollſtändig wie die Viehzucht, und die Anbaufläche hat
noch nicht wieder den früheren Stand erreicht. So waren 1863: 89 769 ha mit Mais be-
pflanzt, 1901 erſt wieder 47262. Die Baumwollkultur verſchwand ganz, Tabak, Maniok,
Bohnen wurden bis 1901 nicht wieder in den früheren Mengen geerntet, und nur Zuckerrohr,
Erdnüſſe und Bataten wieſen eine Zunahme auf; ſtatt 58 Millionen Baumwollſtauden gab
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 15
226 Das ungefaltete Land des Oſtens.
es 1901 erſt wieder 328000. Die wichtigſte Nutzpflanze iſt heute der Tabak, der auch für
die Ausfuhr 1911 mit einem Wert von 3,6 Millionen Mark 15 Prozent zum Geſamt—
ausfuhrwerte beiſteuerte. Im übrigen werden namentlich Apfelſinen, Bananen, Tomaten
und Ananas zu vielen Millionen ausgeführt, aber ihr Wert iſt gering. Alle übrigen Erzeug—
niſſe des Ackerbaues bleiben im Lande. Dazu gehören außer Mais, Maniok, Zucker, Bohnen,
Erdnüſſen, Bataten auch Kürbiſſe, Melonen, Luzerne (Alfalfa) und Wein. Die hauptſächliche
Ackerbauzone iſt das Land weſtlich von Villa Rica. Heute zieht man auf Plantagen Apfelſinen—
und Zitronenbäume, Bananen, Baumwolle, Reben, Faſerpflanzen, gewiſſe Palmen, auch
den Kaffeebaum und von Waldprodukten den Gummibaum und den Paraguay Teebaum.
Der Wald gibt drei der wichtigſten Erzeugniſſe Paraguays: Holz, Quebracho und
Verba. Das Holz wird beſonders von den Bäumen Curupay (Calliandra), Cedro (Cedrela),
Laurel (Nectandra), Lapacho (Tecoma) in großen Holzſchlägereien (Obrajes) gewonnen
und hatte 1911 einen Ausfuhrwert von 4,3 Millionen Mark, = 22 Prozent der Gejamt-
ausfuhrſumme. Dazu kommt das wichtige Quebrachoholz und deſſen Rinde, beſonders von
den Beſtänden des roten Quebrachobaumes im Gebiet des Rio Apa, mit einem Ausfuhr—
wert von 1911: 2,4 Millionen Mark, = 12 Prozent. Dagegen wurde Verba nur für 2,3 Millio—
nen Mark, = 12 Prozent, ausgeführt gegen 3,6 Millionen Mark im Jahre 1905.
Die Yerbales gehören der Regierung, die ihre Ausbeutung verpachtet; ſie liefern
jährlich etwa 7 Millionen kg Mate, der zum großen Teil ausgeführt wird. Überdies werden
von Paraguay aus auch braſiliſche Yerbales ausgebeutet und ihre Erzeugniſſe über Aſuncion
ausgeführt. Man gewinnt die Verba vom Januar bis Auguſt und wirbt im Dezember
Mannſchaften zum Pflücken der Blätter, ſo daß oft ganze Anſiedelungen ihrer männlichen
Bewohner beraubt ſind, doch pflegen auch die Indianer der Wälder ſich an der Ausbeutung
des Teebaums zu beteiligen; auf dieſe Weiſe entſtehen in den Waldwildniſſen Paraguays
vorübergehend Pfade und Siedelungen, poblaciones. Beſonders der Rio Jejuy trägt jährlich
5000-30000 kg Verba auf meiſt von ausländiſchen Romanen geführten Chatas (Schuten),
von denen manche direkt nach Buenos Aires gehen, um die Umladung in Aſuncion zu er—
ſparen. Im Oſten iſt das hauptſächliche Yerbagebiet nördlich des Acarahy um Tacurupucu.
Alle drei Waldprodukte zuſammen nahmen 1911 mit 9 Millionen Mark 46 Prozent des
Ausfuhrwertes Paraguays ein.
Der Bergbau beſchränkt ſich auf Eiſengewinnung am Ibicuy, die Induſtrie auf
die erwähnten Saladeros und Obrajes, auf die Herſtellung von Zucker, Zigaretten und
Zigarren, Paraguaytee, Ol, Streichhölzern, Kerzen, Seife, Eis, Mineralwäſſern, Mehl,
Nudeln, Bier, Likör und auf Hausinduſtrie, beſonders Anfertigung von Kleidern, Wäſche
und der berühmten Spitzen (Nanduty).
Der Handel iſt in Paraguay weniger als in allen ſüdamerikaniſchen Staaten ent—
wickelt, teils weil das Land noch öfters von inneren Unruhen heimgeſucht wird, teils weil es
durch den Krieg ſehr zurückgeworfen worden iſt, und endlich weil es als Binnenſtaat unter den
Zöllen ſeiner Nachbarn leidet. 1911 hatte der Handel nur 46,15 Millionen Mark Wert, die Ein-
fuhr 26,4, die Ausfuhr 19,75. Die Einfuhr beſteht aus Induſtrieartikeln und Lebensmitteln
und kam hauptſächlich aus Großbritannien (7,6 Millionen Mark), Deutſchland (7,5), Argen⸗
tina (3,2). Die Ausfuhr weiſt fünf Hauptartikel auf: Holz mit 4,3 oder 22 Prozent, Häute
mit 4,1 Millionen Mark oder 21 Prozent, Tabak mit 3,6 oder 15 Prozent, Quebracho mit
2,4 oder 12 Prozent und Paraguaytee mit 2,3 Millionen Mark oder 12 Prozent. Weitere
Die La Plata-Länder: Paraguay und Miſiones. 227
Gegenſtände der Ausfuhr ſind Früchte, Salzfleiſch, Kleie, Haare, Hörner, Knochen, Que—
bracho- und Orangeneſſenz, Schafwolle, Bretter und Salz. Sie richtete ſich beſonders nach
Argentinien (11,2 Millionen Mark), Deutſchland (4,2) und Uruguay (3). Am Gejamt-
handel waren Argentina mit 14,4, Deutschland mit 11,6 und Großbritannien mit 7,86 Mil⸗
lionen Mark beteiligt.
Der Verkehr wird auf dem Paraguay durch die Dampfer der Geſellſchaften „Nicolas
Mihanovich“ und „Transportes Fluviales“ aufrechterhalten, auf dem Parana bis Encar—
nacion. Außerdem fährt der Lloyd Brazileiro von Rio auf dem Paraguay bis Cuyabä.
Die wichtigſten Häfen ſind Aſuncion, Encarnacion und Concepcion. An Eiſenbahnen beſitzt
Paraguay nur die Hauptlinie Aſuncion Villa Rica-Encarnacion mit 373 km Länge. Sie
wurde zwar ſchon 1861 von Aſuncion aus begonnen, aber erſt 1908 vollendet, doch kann man
immerhin jetzt über Encarnacion und Corrientes unter Benutzung des Trajektes über den
La Plata direkt nach Buenos Aires gelangen. Die Telegraphenlinien hatten 1912 eine
Länge von 4000 km.
Die Beſiedelung. Die Ureinwohner von Paraguay gehörten der großen Gruppe
der Tupi an, und zwar dem Stamme der Guarani, der wieder in die Guarani, Kaingua,
Chiribö, Apeteré und Mbaticola zerfiel. Dieſe ſind im Laufe der Jahrhunderte halb ziviliſiert
und ganz chriſtianiſiert worden. Außerdem leben im öſtlichen Waldgebiet geringe Reſte der
Guayaqui, Jägernomaden auf der Stufe der Steinzeit, ſcheue Waldmenſchen, deren man
ſelten einen zu Geſicht bekommt.
Die Tupi von Paraguay wurden ſeit dem 17. Jahrhundert von den Jeſuiten in Miſſionen
zur Arbeit, zur Kultur, zum Chriſtentum und zu einer maßvollen Selbſtverwaltung erzogen.
Man rechnet, daß von 1610 bis 1768 in Paraguay und den Miſiones 700000 Indianer ge—
tauft und um das Jahr 1730 in ihren Anſiedelungen 133000 vereinigt wurden, jo daß Ort-
ſchaften von 5—6000 Einwohnern beſtanden. Seit der Vertreibung der Jeſuiten (1768)
iſt die Zahl und Größe der Ortſchaften ſtark zurückgegangen, ſo daß das Gebiet der Miſſionen
1801 nur noch 14000 Indianer zählte; der Reſt lebte zerſtreut auf dem Lande, hielt ſich jedoch
raſſenrein. Seitdem aber 1848 die Indianer das Bürgerrecht der Republik Paraguay er-
halten haben, hat die Miſchbevölkerung namentlich in den Städten zugenommen. Infolge
der erwähnten Koloniſation des Landes durch die Jeſuiten hat Paraguay ſchon zu einer Zeit,
als Uruguay noch kaum beſiedelt wurde und in Rio Grande die erſten Städte gegründet
wurden, eine beträchtliche politiſche Macht gehabt und ſtand noch bis zum Jahre 1870
ſeinen Nachbarn mindeſtens gleich. Das iſt um ſo bemerkenswerter, als Paraguay damals
der einzige Binnenſtaat Südamerikas war und neben Bolivia noch iſt; doch war gerade in
Paraguay die Beſiedelung ganz beſonders früh, anſcheinend vorwiegend von Basken, be—
gonnen worden, ja Paraguay war in dem erſten Jahrhundert der Eroberung ſogar der Kern
der La Plata-Beſitzungen Spaniens. Schon 1536 wurde auf dem linken hohen Ufer des
Paraguay von Juan de Ayolas die Stadt Aſuncion, von jeher Hauptort von Paraguay, an—
gelegt, die bis 1620 die Hauptſtadt aller ſpaniſchen La Plata-Länder war.
Alle dieſe Errungenſchaften gingen, wie erwähnt, etwa ſeit 1770 wieder verloren. Eine
Beſſerung trat erſt ein, nachdem infolge der Unabhängigkeitswirren 1811 die ſpaniſchen
Truppen das Land verlaſſen hatten und 1814 Paraguay zur Republik mit Dr. Francia als
Diktator gemacht worden war. Dieſer ſchloß zwar den Staat ganz nach außen ab, ſammelte
aber die Reſte der Kultur der Jeſuiten, regierte nach ihren Grundſätzen, hielt ein kleines,
15*
228 Das ungefaltete Land des Oſtens.
kräftiges Heer und bewahrte dem Lande faſt 30 Jahre Ruhe und Frieden. Im Jahre 1845
öffnete Carlos Lopez das Land den Fremden, regierte jedoch ebenſo unumſchränkt wie
Francia. Die ungeſchickte Politik ſeines Sohnes Solano Lopez aber verwickelte Paraguay
1865 in einen fünfjährigen Krieg mit Braſilien, Uruguay und Argentina, in dem es nach
furchtbaren Kämpfen unterlag. 1872 mußte Paraguay den Norden an Braſilien, den Chaco
ſüdlich vom Pilcomayo an Argentina abtreten. Dieſer Landverluſt war jedoch leichter zu
ertragen als die in dem barbariſchen Krieg eingetretene Verwüſtung und Verwahrloſung
der Pflanzungen, die Vernichtung des Viehſtandes, die Verbrennung der Felder und Wälder
und der gewaltige Menſchenverluſt. Das 1865 ſtark bevölkerte Land war 1870 zu einer Ein-
öde geworden, Aſuncion hatte faſt die ganze Bewohnerſchaft durch Cholera, Hunger und
Krieg verloren, und die Bevölkerung von Paraguay beſtand 1872 nur noch aus 231000
Perſonen, meiſt Kindern, Greiſen und Krüppeln. Da überdies Paraguay gezwungen wurde
die Koſten des Krieges zu bezahlen, befindet es ſich bis zum heutigen Tage in ſchlechten
finanziellen und wirtſchaftlichen Verhältniſſen.
Die Volkszählung von 1900 ergab auf 253 100 qkm 635000 Einwohner, darunter
noch etwa 100000 (16,2 Prozent) unabhängige und halbziviliſierte Indianer; für 1911 wurden
800000 Einwohner angenommen, 50000 unabhängige Indianer einbegriffen. Da dieſe
großenteils im Chaco leben, ſo bleiben für die Landſchaften öſtlich des Fluſſes etwa 750000
Menſchen übrig, ſo daß die Volksdichte hier 5, im ganzen Staat 3,2 beträgt. Überdies
drängt ſich die Bevölkerung an der Lebensader des Landes, dem Rio Paraguay, zuſammen,
ſitzt aber auch hier nur in der Umgebung von Aſuncion und ferner bei Villa Rica dicht,
während man im Süden zu viele Sümpfe, im Norden und Oſten weite Wildniſſe hat. In⸗
dianer und Miſchlinge, die das Guarani ſprechen, herrſchen vor, wogegen Weiße und Neger
in der Minderzahl ſind. Unter den Fremden, 1900: 18300 oder 2,9 Prozent der Geſamt—
bevölkerung, befanden ſich 9300 Argentinier, 2220 Italiener, 2000 Deutſche, 1300 Braſilier,
750 Spanier, 650 Franzoſen, 400 Engländer. Die Einwanderung, um welche ſich die Re—
gierung ſehr bemüht, belief ſich 1882 —1910 auf 18360, iſt alſo ſehr gering. Schon der
ältere Lopez ſuchte Fremdenkolonien anzulegen, aber ohne Erfolg. Erſt 1883 entſtand
durch Einwanderung von Deutſchen der Ort San Bernardino, der jetzt 1200 Einwohner
zählt. Dazu kam ſpäter Dr. Förſters Kolonie Neu-Germania, während die erſte franzöſiſche
Kolonie von 1853, Nueva Burdeos, am weſtlichen Ufer des Paraguay, als Villa Hayes mit
1400 Einwohnern, davon 240 franzöſiſche und italieniſche Koloniſten, wiedererſtanden iſt.
Ferner gibt es noch die Kolonien Eliſa mit 300, Cosme mit 50, Neu-Auſtralien mit 600,
Gaboto mit 232, 25de Noviembre mit 2500 und Nacional Yegros mit 1300 Einwohnern,
ferner Hohenau, Stanley, Riſſo, Caſado, Trinacria und Guillermo Tell. Städte ſind in
Paraguay ſehr ſelten. Zwar hat nach offiziellen Angaben Villa Rica 30000, Caazapa 9000,
Concepcion 25000, San Pedro 12000, Luque 8000, Carapegua 15000 und Pilar 14400
Einwohner, aber alle dieſe Zahlen beziehen ſich auf die Diſtrikte, nicht auf die Ortſchaften
ſelbſt. Aſuncion, die Hauptſtadt der Republik, am linken Ufer des Paraguay auf den Ab-
hängen der zum Fluſſe abfallenden Hügel erbaut, iſt die einzige größere Stadt mit (1912)
75000 Einwohnern. Nach dem Kriege des Jahres 1870 ein großer Trümmerhaufen meiſt
unanſehnlicher Häuſer, zwiſchen denen die Reſte Lopezſcher Prachtbauten emporragten,
gehört die Stadt jetzt zu den beſſeren Binnenſtädten des La Plata-Gebietes. Sie ent⸗
hält eine ſeit 1842 erbaute Kathedrale und mehrere andere Kirchen, Theater, Hoſpital,
Die La Plata-Länder: Paraguay und Miſiones. 229
Kaſernen und Bahnhof, auch den biſchöflichen Palaſt, beſitzt außerdem elektriſche Beleuch-
tung und Hafenbauten.
Im übrigen liegen die Städte Paraguays zum Teil an der Eiſenbahn von Aſuncion
nach Villa Rica, wie Luque und Paraguarh, alle aber, wie auch die deutſche Kolonie San
Bernardino, inmitten dicht bewohnter Gebiete mit freundlichen Häuſern, Ackerbau, Vieh-
zucht und Handel. Auf die Pflanzungen von Orangen, Mais, Bananen, Tabak und Frucht—
bäumen folgen der Wald und die Yerbales; hier iſt Villa Rica als Ausgangsort der Straßen
ins Innere neuerdings wieder emporgekommen. Im Inneren ſind nur Ibicuh mit Eijen-
bergbau und Caazapä erwähnenswert. Auch Igatimi am oberen Jejuy enthält trotz des leb—
haften Handels mit Yerba nur wenige Hütten.
Nicht viel beſſer ſteht es mit den Ortſchaften am Rio Paraguay; hier liegen häufig
nur kleine Feſtungen oder Ruinen ſolcher, und nur wenige Wohnplätze haben neben Aſun—
cion eine Bedeutung behalten können. Zu ihnen gehören Concepcion nahe dem Wende—
kreis, ein früher ſehr bekannter Ort mit lebhaften Yerbahandel, und San Pedro, nahe der
Mündung des Jejuy, mit etwas Schiffahrt auf dieſem. Die Ortſchaften in der Nähe der
braſiliſchen Grenze ſind alle im Kriege zerſtört worden; ebenſo erging es den im Süden von
Aſuncion gelegenen, wie Villa del Pilar, Oliva und Humaitä, dem von Lopez ſtark befeſtigten
ſüdlichen Grenzplatze. Auf dem rechten Ufer des Paraguay liegt die Kolonie Villa Hayes.
Am Paranä beginnen erſt im Gebiete der alten Miſiones, wo der Fluß weſtwärts ſtrömt,
Ortſchaften, wie die alte Jeſuitenſtadt Encarnacion oder Itapua gegenüber Poſadas mit
Handel in Mate, Holz, Häuten und Tabak. Ferner liegen hier El Carmen und San Cosme,
während landeinwärts die großen Kirchen der Jeſuiten in Jeſuͤs, San Pedro, Santiago,
Santa Roſa und Santa Maria nur noch von wenigen Hütten umgeben ſind.
Miſiones. Phyſikaliſch, klimatiſch und daher auch wirtſchaftlich iſt das argentiniſche
Territorium Miſiones an Paraguay anzuſchließen. Auch in Miſiones haben die Jeſuiten
eine längere Blüte durch Anſiedelung der Indianer in Dörfern hervorgerufen und Ackerbau
auf Mais, Maniok, Baumwolle und Zuckerrohr getrieben. Nach ihrer Vertreibung verfielen
die Miſſionen hier aber noch mehr als in Paraguay, und erſt 1875 wurde von argentiniſchen
Einwanderern die jetzige Hauptſtadt Poſadas gegründet, 1895 die Oſtgrenze feſtgelegt. Um
dieſe Zeit betrug die Einwohnerzahl 33000, aber da man alle Guarani-Elemente unver-
nünftigerweiſe bekämpfte, jo fiel ſie 1901 auf 27300 und hat auch 1911 erſt 45800 erreicht,
ſo daß die Volksdichte in dem nur 29822 qkm umfaſſenden Territorium noch gering (1,75)
iſt. Unter den 33000 Einwohnern des Jahres 1895 waren faſt 11000, alſo ein Drittel,
Fremde, und von dieſen wieder drei Fünftel Braſilier, ein Fünftel Paraguayer. Angebaut
wurden 1900/01 nur 11644 ha (1895: 14460), davon 6581 mit Mais, 1552 mit Maniok,
1102 mit Bohnen, je 808 mit Zuckerrohr und Tabak, 364 mit Reis. Der Wald liefert Mate
und Holz, die Viehzucht iſt in den letzten Jahren geſtiegen, die Induſtrie beſteht vorwiegend
aus Holzfällereien (Obrajes) und Sägewerken. Der noch unbedeutende Handel leidet unter
der Unregelmäßigkeit der Schiffahrt, die während der trockenen Monate nur bis Apipé
führt. Die Anſiedelungen ſind naturgemäß noch klein, auch der Hauptort Poſadas. Zur
Zeit Francias vermittelte er den Tauſchverkehr mit Paraguay, jetzt iſt er als Endpunkt der
Dampfſchiffahrt auf dem Wege, der wichtigſte Landhandelsplatz zwiſchen Argentina und
Paraguay zu werden; die aus roten Ziegelbauten errichtete Stadt iſt aber noch unanſehnlich.
Auch mehrere alte Miſſionen der Jeſuiten erſtehen wieder zu neuem Leben, wie Concepcion,
230 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Candelaria, Santa Tecla, Santa Ana, Corpus, Yacirets und nahe dem Uruguay San
Javier, Apoſtolos und San Joſé. Im übrigen ſammeln ſich die Anſiedler loſe um die aus-
geplünderten Kirchenruinen.
p) Uruguay.
Uruguay kann wegen ſeiner wirtſchaftlichen Eigenart noch den La Plata-Staaten zu⸗
gerechnet werden, obwohl es ſeinem geologiſchen Aufbau nach zur braſiliſchen Maſſe gehört;
außerdem aber grenzt es an den La Plata und hat ſogar zeitweiſe zu der argentiniſchen
Republik gehört. Seine Selbſtändigkeit verdankt es im Grunde nur dem Gegenſatz zwiſchen
Braſilien und Argentina, ſonſt wäre es eine Provinz eines dieſer Staaten. Seine Fläche
beträgt nämlich nur 178 700 qkm, ſeine Einwohnerzahl 1226000.
Über die Zuſammenſetzung und den Bau des Landes haben wir erſt ganz neuer-
dings durch K. Walter und C. Guillemain einige Klarheit gewonnen. Danach tritt in Uru—
guay das Grundgebirge der braſiliſchen Maſſe noch hervor, beſonders im ganzen Süden
ſowie in einem Streifen ſüdlich von Rivera. Es beſteht hier aus Gneis, Glimmerſchiefer
und metamorphiſchen Schiefern mit Syenit, Granit und Diorit; dieſe Formationsreihe iſt
ſteil aufgerichtet und ſtreicht gegen Südſüdoſten. Darüber liegt eine zweite Gruppe mit
nordweſtlichem Streichen und nordöſtlichem Einfallen von nur 5—8°; dieſer Formationsreihe
gehören Sandſteine, ſandige Tone, Sandſteinſchiefer, Tonſchiefer und dolomitiſche Kalke an.
Über dem Ganzen liegt vielfach die Pampasformation und an der Küſte ſowie an den großen
Flußtälern junges Alluvium. Endlich ziehen im Nordweſten des Landes Porphyre und Mela—
phyre in der Richtung gegen Weſtnordweſten. Über das Alter der Sandſteine ſteht nichts
Sicheres feſt, aber wahrſcheinlich gehören ſie zum Teil dem Devon an, und es gibt auch permo—
karboniſche glaziale Konglomerate bei Fraile Muerto, ſo daß dieſe Formation der Gondwana—
land⸗Fazies Südafrikas äquivalent ſein dürfte. Foſſile Hölzer ſcheinen ferner auf die Exiſtenz
der meſozoiſchen Formation zu deuten. Meeresablagerungen ſollen ganz fehlen, die erwähnten
Sedimente ſind alle terreſtriſcher Entſtehung. Uruguay bildet daher geologiſch wohl nur eine
Fortſetzung von Rio Grande do Sul. Damit ſtimmt auch das Vorkommen von Achat, Chal-
zedon, Jaſpis, Opal, Amethyſt und anderen Halbedelſteinen überein. Ferner findet ſich Gold im
Norden, Eiſen an vielen Stellen, Kupfer und Bleiglanz im Süden, Kohle im Oſten des Landes.
Die Oberflächenformen ähneln ebenfalls denen Südbraſiliens. Aus dem Norden
Uruguays bildet K. Walther permotriadiſche Sandſteinberge von ähnlicher Geſtalt ab wie
dort, und die im Lande als Cuchillas bezeichneten Höhenzüge ſind wie in Südbraſilien die
letzten Eroſionsreſte einer früher ausgedehnteren Decke, oft nichts weiter als die jtehen-
gebliebenen Rücken zwiſchen zwei Flußgebieten, wie z. B. die Cuchilla de Haedo im Norden,
die Cuchilla Grande im Süden und der Grenzrücken gegen Rio Grande, die Cuchilla de
Santa Ana. Ihre Höhe beträgt nur 200 —300 m. An Braſilien erinnert auch die allgemeine
Neigung des Landes gegen Weſten. Daher entſendet die Cuchilla de Santa Ana die meiſten
Quellflüſſe des Rio Negro, des Hauptſtromes von Uruguay, der, unterſtützt im Süden durch
den Rio Yi (ſprich: It), im Norden durch den Tacuarembb, das ganze Land in der Mitte
durchzieht. Das breite Becken des Rio Negro wird im Norden durch die Cuchilla de Haedo,
im Süden durch die Cuchilla Grande begrenzt; daher entwickeln ſich im Norden und Süden
dieſer Rücken ſelbſtändige Flüſſe, dort der Arapay, hier zwei durch eine Hügelkette bei Minas
voneinander getrennte Flüſſe, der Rio Santa Lucia nach Weſten, der Cebollati nach Oſten.
Die La Plata-Länder: Uruguay. 231
Letzterer fällt in die Lagoa Mirim, das von Rio Grande her ſich erſtreckende Haff. Daher iſt
die Küſte hier eine flache, ſumpfige, ſchlecht zugängliche Haffküſte; dagegen tritt nahe Monte-
video das alte Grundgebirge an das Meer heran und bildet hier Abraſionsterraſſen. Der hier
liegende „Cerro“ von Montevideo hat noch 150 m Höhe. Im ganzen iſt Uruguay nach Bur
meiſters treffendem Ausdruck not beautiful, but useful.
Das Klima Uruguays iſt, da das Land zwiſchen 30 und 35° liegt, ſubtropiſch, wie
folgende Tabelle zeigt:
Wärmſter Kühlſter Niederſchlag
N
w
| Jahr | er at Schwankung En
San Jorge (122 m) 15,90 22,50 9:78 12,80 1101
Mercedes (39 m)) 17,10 24,10 10,0% 14,10 870
Montevideo (0 m) 16,30 22,10 10,40 11,70 980
Von diejen Orten liegt Montevideo an der Küſte, Mercedes nahe derſelben, San Jorge
mehr im Inneren. Die Jahrestemperaturen liegen gleichmäßig um 16—17°, der wärmſte
Monat, Januar, erreicht noch hohe Wärme, der kühlſte, Juni, kaum noch 10°, die Schwankung
ſteigt auf 12—14°, während Pelotas in Rio Grande nur etwas mehr als 10° hat. Die Ex—
treme betragen in San Jorge 39,4 und —6,1°, in Mercedes 38“ und —5,4°, in Montevideo
35,40 und 1,5%, der Einfluß des Meeres macht ſich alſo hier ſehr geltend. Immerhin iſt das
Klima ſchon ziemlich extrem, und beſonders der Winter iſt deutlich ausgeprägt. Die Feuchtig-
keit iſt für Länder in den Subtropen normal, die Regen ſind ziemlich gleichmäßig über das
Jahr verteilt. Mercedes erhält von 870 mm im Herbſt (März bis Mai) 236, = 27 Prozent,
im Frühjahr 221, = 25 Prozent, im Sommer 228, = 25 Prozent und im Winter 183, =
23 Prozent. In San Jorge fallen von 1101 mm im Herbſt 29 Prozent, im Frühjahr 23 Bro-
zent, im Sommer 22 Prozent und im Winter 26 Prozent. Der Herbſt hat daher einen
kleinen Überſchuß, der Sommer bleibt gegen das Mittel zurück. Die Maxima fallen in San
Jorge in den April und Auguſt, in Mercedes in den April und Oktober, in Montevideo in
den Mai (98) und den Oktober (94). Auch fällt auf, daß oft große Regenmengen in kurzer
Zeit niedergehen, in Montevideo ſowohl wie namentlich im Inneren. Schnee kommt an der
Küſte überhaupt nicht, im Inneren nur ſehr ſelten vor. Die Winde wechſeln im allgemeinen
zwiſchen einem feuchten Nord und einem kühlen Südweſt; ſie folgen oft ganz plötzlich auf—
einander und bringen dann bedeutende Schwankungen der Temperatur mit ſich, nament-
lich wenn der kühle, oft tagelang wehende Pampero, der Südweſtwind aus der Pampa,
mit Staubwolken und Gewittern daherziehend den warmen Nordwind ablöſt, was meiſt in
den Frühlingsmonaten Oktober bis Dezember geſchieht. Im mittleren Uruguay hat man
dabei Abkühlungen von 24° in 14 und von 17,3 in 6 Stunden erlebt. Auch aus Südoſten
blaſen, wenngleich ſeltener, ſo doch alljährlich heftige Winde in den Hafen von Montevideo;
ſie bringen gelegentlich Landregen.
Die Vegetation iſt ähnlich wie in Entre Rios und in der Pampa um Buenos Aires
(vgl. S. 250). Der Tierwelt fehlen bereits die Affen, der Jaguar und andere tropiſche
Tiere. Dagegen ſind ſubtropiſche bis gemäßigte Formen, namentlich Waſſer- und Steppen—
tiere, ſehr häufig. Zu ihnen gehören die große, als Fiſchotter bezeichnete Ratte Nutria
(Myopotamus coypus) und der wirkliche Fiſchotter, Lobo oder „Wolf“ (Lutra paranensis),
das Waſſerſchwein (Hydrochoerus capybara), die Pampaskatze (Felis pajeros), der Wolf
232 Das ungefaltete Land des Oſtens.
(Aguarä, Canis jubatus) und der Huron (Galictis vittata), der Fuchs (Aguarä Chay, Canis
azarae) und das Gürteltier. Am häufigſten aber ſieht man Hirſche, und zwar fuchsrote
(Cierbo, Cervus paludosus) in den buſchigen, ſumpfigen Niederungen des Inneren, und roſt—
gelbrot gefärbte kleinere (Venado oder Gama, Cervus campestris) im Felde. Echte Haſen
fehlen, dagegen kommt die Bizcacha ſchon vor. Von Reptilien fällt die Giftſchlange
Bothrops alternatus auf, von Eidechſen die große Iguana (Salvator merianae); in den
Lagunen lebt die Sumpfſchildkröte (Platemys hilarii), und allgemein iſt die ſchlangenförmige
Eidechſe Ophiodes striatus.
Von Vögeln ſind am bekannteſten die Erdeule (Lechuſa, Strix cunicularia), der Ca-
rancho (Polyborus brasiliensis) und der ſchwarze Geier (Catharistes atratus s. urubu),
alſo pampine Vögel, ferner der Kiebitz, Terotero (Vanellus cajennensis), die ſchöne Taube
Columba maculosa und zwei Arten Hühner, Rhynchotes rufescens und Nothura maculosa.
An den Strömen leben in Scharen der Chajo (Palamedea chavaria) ſowie Wat- und
Sumpfvögel; Seeſchwalben und Seemöwen bevölkern die Küſte und ziehen hinauf nach
den großen Schlächtereien, um ſich von deren Abfall zu nähren, gewöhnlich begleitet von
einem großen Ibis (Bandurria, Ibis chalcoptera). Der ſüdamerikaniſche Storch Tuyuyn
(Ciconia maguari) iſt dem unſrigen zum Verwechſeln ähnlich, aber größer, und mit ihm lebt
der Tantalus loculator; beide fliegen in Schwärmen. Daran ſchließen ſich Löffelreiher
(Eſpatula, Platalea ajaga), die ſehr gewöhnlichen weißen Reiher, Garza blanca, ſowie graue
Reiher (Ardea cocoi) und Kormorane (Carbo brasiliensis), die oft reihenweiſe auf den im
Paranä ſchwimmenden Baumſtämmen ſitzen; der Flamingo dagegen iſt ſelten.
Die Bevölkerung beſtand urſprünglich aus den Charrua, einem Zweige der Pampa—
Indianer. Sie wurden in einem letzten verzweifelten Kampfe 1831 vernichtet; ſeitdem wird
Uruguay nur noch von Nachkommen der europäiſchen Einwanderer bewohnt. Bis in die
Mitte des 19. Jahrhunderts war das Land ein Zankapfel zwiſchen den Südamerikanern
ſpaniſcher und denen portugieſiſcher Zunge. Bereits 1679 hatten die Portugieſen an der
Mündung des La Plata die Nova Colonia do Sacramento gegründet. Nachdem dann das
linke Ufer des La Plata allmählich an Spanien gekommen war, legte dieſes 1726 Monte-
video an und befeſtigte es 1777. In jener Zeit hieß das jetzige Uruguay La Banda Oriental,
das Oſtufer, eine Bezeichnung, die ſich im Volke auch heute noch erhalten hat; doch beſtand
auch der Name Uruguay ſchon als Gobierno de Uruguay, eine Unterabteilung des Vize—
königreichs La Plata. Nach der Unabhängigkeitserklärung 1811 folgten Wirren, 1817 die
Beſetzung durch Portugal, 1825 deſſen Vertreibung, darauf Krieg zwiſchen Braſilien und
Buenos Aires, 1828 wieder Unabhängigkeit der Banda Oriental und 1830 Erklärung der
Republica del Uruguay. 1851 —55 und 1864 beſetzte Braſilien Uruguay, das nun, 1865 —70,
am Kriege gegen Paraguay beteiligt war und von da an ſelbſtändig blieb.
Trotz aller Wirren und Kriege iſt die Bevölkerung Uruguays während des 19. Jahr-
hunderts ziemlich raſch geſtiegen; ſie beträgt nach der Berechnung für 1912: 1226000 Köpfe,
ſo daß bei 178 700 qkm Fläche die Volksdichte 7 überſchritten wird. Da aber die Stadt Monte⸗
video allein etwa 350000 Menſchen umfaßt, ſo ſinkt die Volksdichte im Lande auf etwas
unter 5. Außer Montevideo haben nur Payſandu und Salto je etwa 20000 Einwohner,
während im Inneren die Bevölkerung meiſt auf Eſtancias über das Land zerſtreut iſt. Dem-
entſprechend ſteigt die Volksdichte um beide Städte auf 15, fällt aber im Inland oft unter 2.
Die Fremden nehmen einen beträchtlichen Teil der Geſamtbevölkerung ein. 1908 gab es
Entrerios und Corrientes. Tafel 9.
— —
1. Das Ufer des Parand in Argentinien. Nach photographie. (Zu S. 219.)
2. Eine Häuteipannerei im La-Plata-Gebiet. Nach Photographie. (Zu S. 255 u. 257.)
Uruguay.
Tafel 9.
(Sec 'S nz)
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Die La Plata-Länder: Uruguay. 233
unter 180000 Fremden 62000 Italiener, 55000 Spanier, 27800 Braſilier, 18000 Argentiner,
8300 Franzoſen, 1444 Syrer, 1400 Schweizer, 1300 Briten, 1100 Deutſche und 1100 aus
Oſterreich⸗-Ungarn. Die Einwanderung betrug 1911: 141000, die Auswanderung 124000
Köpfe, jo daß jährlich ein Überſchuß von 15—20000 Perſonen dem Lande zugute kommt,
und da der Überſchuß der Geburten jährlich etwa ebenſoviel beträgt, ſo wächſt die Bevölkerung
in 5 Jahren um rund 100000. Politiſch zerfällt das Land in 19 Departamentos.
Die Hauptſtadt Montevideo, genannt nach dem mit Fort und Leuchtturm ge—
krönten Hügel El Cerro oder Montevideo, beſteht erſt ſeit 1726; ſie liegt auf einer felſigen
Halbinſel und zeichnet ſich durch die weißleuchtenden Farben ihrer amphitheatraliſch auf—
ſteigenden Häuſer aus (Tafel 9, Abbildung 3). 1860 hatte die Stadt erſt 38000 Einwohner,
Anfang der 1890er Jahre ſcheint ſie 200000 erreicht zu haben, jetzt hat ſie 353000, weshalb
ſie zu den ſüdamerikaniſchen Großſtädten gehört. Von den 353000 Einwohnern ſind aber
an 100000 Fremde, beſonders viele Spanier, Italiener, Franzoſen, Argentinier; ebenſo wohnt
der größte Teil der Deutſchen und Briten Uruguays in Montevideo. Der Hafen, dem Un—
ſicherheit des Fahrwaſſers und ſchlechter Ankergrund anhafteten, iſt einem Umbau unter-
zogen worden. Einen zweiten großen Hafen will man in Payſandü (19000 Einwohner) am
Uruguay anlegen, an dem überhaupt die für die Zukunft wichtigeren Siedelungen liegen.
Dieſe zweite Stadt des Landes, eine Gründung des Paters Sand von 1772, war 1864 ganz
zerſtört worden, hat ſich aber durch die Fleiſchinduſtrie wieder emporgearbeitet. Weiter auf—
wärts am Fluſſe hat El Salto (Der Fall) mit 18000 Einwohnern ſeine Bedeutung den
Stromſchnellen des Fluſſes zu danken, welche die Dampfer während des größten Teiles des
Jahres zum Umladen zwingen. Noch nördlicher liegen an ihm Conſtitucion, Belen und Santa
Roſa, am Mündungstrichter Fray Bentos (7000), Mercedes (14000 Einwohner) und La Co-
lonia del Sacramento (4000), die alte portugieſiſche Siedelung von 1679, an der Küſte nur
die kleine Stadt Maldonado mit 3000 Einwohnern. Ihr nahe liegen San Joſé (12000), Rocha
(12000) und Minas (7000), auch Canelones (4000) und La Florida (12 500; vgl. die Karte auf
S. 220); im Inneren San Fructuoſo (7500), San Pedro del Durazno (8000), Trinidad (9000)
und Treinta y Tres (7000), nahe der braſiliſchen Grenze Rivera (8000), Melo (8000) und Artigas.
Wirtſchaftliches. Uruguay iſt ausgeſprochenermaßen ein Land der Viehzucht, da von
ſeiner Ausfuhr 1912: 90 Prozent auf deren Erzeugniſſe kamen, während der Ackerbau mit nur
4,3 Prozent, der Bergbau mit 4,8 Prozent beteiligt waren. Rinder und Schafe, ſeltener Pferde,
beleben ſeine Landſchaft, urſprünglich in Eſtancias, jetzt auch in kleineren Höfen; 1912 gab es
18 Millionen Schafe, 7 Millionen Rinder, im ganzen 26 Millionen Tiere im Werte von
430 Millionen Mark. Bis in die Mitte der 1860er Jahre hielt man die Rinder nur der Häute
wegen (Tafel 9, Abbildung 2) und warf das Fleiſch, ſoweit es nicht im Lande verzehrt wurde,
weg. Nachdem aber 1862 in Fray Bentos die erſte große Fabrik für Fleiſchextrakt errichtet
worden war, ſind immer mehr Anſtalten für die Verwertung der maſſenweiſe angetriebenen
Rinder entſtanden, ſo daß Uruguay heute im Verhältnis zu ſeiner Einwohnerzahl mehr Sala—
deros und Gefrieranſtalten als die Nachbarſtaaten beſitzt. Das friſchgeſchlachtete Fleiſch ver-
ſendet man jetzt in Kühlſchiffen mit Eiskammern beſonders nach Braſilien und Kuba; neben
den Häuten verwendet man auch Knochen, Haare, Hörner, Talg, Fett, Zungen und Därme
und verarbeitet ſogar die Exkremente zu künſtlichem Dünger. 1900 wurden für 37500000 Mark
Wolle, für 36634000 Felle und Häute, für 2146000 Fleiſch, für 6630000 Talg, für 5291000
Fleiſchextrakt und für 2050000 lebendes Vieh ausgeführt; 1900/1 wurden 684600 (1899/1300:
234 Das ungefaltete Land des Oſtens.
747700) Stück Vieh geſchlachtet. 1912 betrug der Wert der ausgeführten Viehzuchtprodukte
193600000 Mark. Darin ſind aber die Erzeugniſſe der auf die Viehzucht gegründeten In—
duſtrie einbegriffen, deren Wert eine ganze Reihe von Millionen Mark betragen muß.
Außerdem verſendet die Induſtrie Mehl, Kleie und Fruchtkonſerven.
Der Ackerbau iſt aus geringen Anfängen langſam emporgeblüht und bringt jetzt auch
namentlich Weizen, dann etwas Mais, Leinſaat und Kanarienſamen zur Ausfuhr, 1912 für
9 Millionen Mark, während der bei Salto gebaute Wein ſowie der Tabak im Lande bleiben.
1906 waren 600000 ha bepflanzt, beſonders mit Weizen, Lein, Mais, Gerſte, Vogelfutter,
Mani, Hafer und Klee. Die Hauptſitze des Getreidebaues ſind Colonia, San Joſé, Soriano
und Canelones. Der Bergbau liefert Halbedelſteine, 1910 für 4,3 Millionen Mark.
Die Geſamtausfuhr erreichte 1910 den Wert von 176,7 Millionen Mark, 1912: 213,2;
die Einfuhr 1910: 176,8, 1912: 195,7, der Geſamthandel 1910: 353,5, 1912: 409 Millionen
Mark. Die Einfuhr beſtand vorwiegend aus europäiſchen Induſtrieartikeln, Mate, Ol,
Tabak, Zucker, Wein, Holz, Kohlen, Eiſen und kam 1910 zu 30 Prozent aus Großbritannien,
zu 17 aus Deutſchland, zu 10,5 aus den Vereinigten Staaten und zu 9 aus Frankreich, welche
vier Staaten ſomit zwei Drittel der Einfuhr beherrſchten; an dem Reſt nahmen Italien,
Belgien, Argentinien, Spanien, Braſilien und Kuba teil. Die Ausfuhr ging 1910 zu
22 Prozent nach Frankreich, zu 19 nach Belgien, zu 14,3 nach Argentinien, zu je 10 nach
Braſilien und Deutſchland, ſomit zu drei Vierteln in dieſe fünf Länder; das übrige Viertel
wurde von Großbritannien, den Vereinigten Staaten, Italien, Kuba und Spanien auf—
genommen. Faſt den ganzen Handel beherrſcht Montevideo, doch beſtehen noch bedeutende
Flußhäfen in Fray Bentos und Payſandu, die von Seeſchiffen erreicht werden können,
während Salto und Conſtitucion auf Flußſchiffe angewieſen ſind; der geſamte Schiffsverkehr
betrug 1912: 13 139 eingelaufene Schiffe mit 10424000 Tonnen Gehalt, woran freilich der
Lokalverkehr zwiſchen Montevideo und Buenos Aires einen beträchtlichen Anteil hat. Das
Eiſenbahnnetz hatte 1912 eine Länge von 2455 km, im Bau waren 959 km; die Hauptlinien
führen von Montevideo nach Santa Roſa am Uruguay, nach Rivera bei Santa Ana und
nach Pelotas. Die Telegraphenlinien waren 1911: 2389 km lang.
c) Corrientes und Entre Rios.
Oberflächengeſtalt. Wie ſchon die Namen, Corrientes, „Strömungen, Waſſerläufe“,
und Entre Rios, „zwiſchen Flüſſen“, ſagen, ſind die ſüdlich von Paraguay liegenden Land—
ſchaften ein Zwiſchenſtromland, das auch das argentiniſche Meſopotamien genannt wird, da
es zwiſchen dem Uruguay und dem Paraguay liegt. In der Länge von etwa 700 km er-
ſtrecken ſich dieſe Landſchaften über den Raum zwiſchen 271% und 34“; dagegen iſt ihre Breite
bedeutend geringer, im Norden 350, in der Mitte nur 160, im Süden 230 km. Sie bilden
einen langen Landſtreifen von 159000 qkm Fläche, nämlich:
OKilometer Einwohner Volksdichte
Gorrientes M;; ir. az, 84 402 395 000 4,7
Entre Rios ; Eee. 74571 416 000 5,6
158 973 81¹ 000 5,0
Über die Geologie des Landes iſt noch ſehr wenig bekannt. Jedenfalls ſetzen ſich die
Geſteine der braſiliſchen Maſſe von Rio Grande do Sul nach Corrientes und von Uruguay
nach Entre Rios fort, beſonders die große Platte ſedimentärer Gebilde des Inneren
Die La Plata-Länder: Corrientes und Entre Rios. 235
Uruguays mit ihren Decken von Porphyr und Melaphyr. Man findet in Entre Rios rötliche
Sandſteine und Kalkſteine, aber dieſe ſcheinen eher dem Tertiär anzugehören, wie dies un-
zweifelhaft bei den feinen rötlichen Lehmen und Tonen der Fall iſt, die Reſte von Maſto⸗
don, Toxodon und Pferden enthalten. Auch in Corrientes beſteht das Land in der Nähe
des Paranä aus rotem, eiſenhaltigem Sandſtein, darüber aus ſandigem, lettenartig grauem
Lehm und darüber wieder aus einer Lage humoſen feinkörnigen Sand- und Lehmbodens.
Ob der Lauf der beiden Flüſſe Uruguay und Paraguay, welche das Land begrenzen, auf
Bruchlinien in der braſiliſchen Maſſe zurückzuführen iſt, ſteht nicht feſt, iſt aber wahrſcheinlich.
Corrientes iſt eine vollkommen flache und mit Lagunen und Sümpfen auf weite
Strecken hin bedeckte Tiefebene. Wahrſcheinlich ſind hier ein oder mehrere frühere Fluß—
läufe des Paranä zu ſuchen, der zur Zeit des größeren Waſſerreichtums der andinen
Zuflüſſe weiter öſtlich gefloſſen ſein wird, und zwar vermutlich in der Lagunenreihe ſüdlich
von Apipé, von der Laguna Ibera an über die von Cora ſüdwärts bis gegen Mercedes oder
durch den Rio Corrientes. Noch jetzt verläuft aus der ſüdlichſten Lagune ſüdwärts zum
Uruguay der Rio Mirinay, während ein zweiter Fluß, der Aguapey, ſüdlich von der Laguna
Ibera zum Uruguay zieht und eine dritte große Lagunenreihe ſich von Itaqui am Parana
über die Laguna Malaya zum Fluſſe von Goya erſtreckt. Die Lagunen von Corrientes ſind
große, weit ausgedehnte, runde, waſſerreiche, aber doch im ganzen flache, für die Schiffahrt
ungeeignete Bildungen; ſie ſind durch eine beſondere Waſſer- und Ufervegetation aus—
gezeichnet und weichen in vieler Beziehung von den Lagunen des Chaco ab. Corrientes iſt
landſchaftlich ein Gemiſch von Camp- und Weide-, Buſch- und Waldland. Dagegen hat
Entre Rios mehr das Gepräge von Uruguay, als ein leicht gewelltes, höheres, fruchtbares,
von zahlreichen Waſſerläufen durchzogenes Land, deſſen Cuchillas des gratartigen Charakters
derer von Uruguay allerdings entbehren. Nach Burmeiſter iſt es ein terraſſiertes Tafelland
mit Buſchwald an den Grenzflüſſen und dünn bewachſenen Höhen in der Mitte. Am Parana
iſt das Land großenteils eine ſumpfige Niederung, die aber bereits der Pampa ähnelt. Am be-
kannteſten iſt unter den Flüſſen der ganz Entre Rios meridional durchfließende Rio Gualeguay.
Das Klima wird durch die meridionale Erſtreckung zwiſchen 27 und 34° als ein durch—
aus ſubtropiſches beſtimmt, mit tropiſchem Einſchlag im Norden und Annäherung an das
Pampaklima im Süden.
Wärmſter Kühlſter S Niederſchlag
J wanku
| Jaht | Monat | Monat Pat mm
Corrientes (270 30%). . . 10,72 1193
BI FT). urn: 20,00 25,70 12,00 979
Parana (31 45) . . . 18,70 25,00 13,0° 955
Die Temperatur nimmt alſo gegen Süden um etwa 3° ab, die Extreme werden in derjelben
Richtung bedeutender, da Corrientes mit 370 und 1“ noch mehr den Stationen in Paraguay
ähnelt, während Goya mit 40,2 und —0,s ſowie Paranä mit 39,2 und —1,2 ſchon tiefere
Wintertemperaturen zeigen. Die Niederſchläge nehmen ebenfalls nach Süden ab, Corrientes
erhält noch 1200, Goya noch nicht 1000, Concordia am Uruguay 1069 mm. In den beiden
letztgenannten Stationen fallen die Hauptregen im Dezember, Januar und März. Goya
empfängt in den Monaten Oktober bis März von 979 mm 663, alſo 67 Prozent, jo daß
Sommerregen noch vorherrſchen, aber im Februar tritt ſchon eine Abſchwächung ein. In
236 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Concordia ſüdlich von 31“ herrſchen aber ſchon deutliche Herbſtregen, indem die Monate
März und April mit je 130 mm ſogar den Dezember mit 124mm übertreffen, fo daß in jenen
beiden Monaten faſt 25 Prozent alles Niederſchlages fallen. Regenarm iſt aber in Corrientes
und Entre Rios kein Monat, der Juni empfängt in Goya noch 40, der Auguſt in Concordia
62 mm. Immerhin iſt überall die trockenere Zeit von Mai bis Oktober von der feuchten Zeit
Oktober bis April deutlich unterſchieden.
Die Vegetation und die Tierwelt bilden Übergänge von denjenigen Paraguays (S. 225)
zu denen Uruguays (S. 232).
Die Beſiedelung. Corrientes iſt ziemlich früh beſiedelt worden, ſeit 1825 auch von
Basken, die ſich als Händler und Schiffer auf den Strömen, als Gärtner und Viehzüchter
auf dem Lande nützlich machten; dazu kamen ſeit 1850 Spanier und Italiener. Die Provinz
hatte 1911 mit ihren 395000 Einwohnern eine Volksdichte von 4,7; ſie ähnelt in ihren
Produkten zum Teil Paraguay, zum Teil Uruguay, zwiſchen denen ſie auch räumlich die
Mitte hält. Der Buſchwald und die Uferwälder der Lagunen und Flüſſe liefern Balken,
Bretter, Planken, zahlreiche Nutzhölzer, aber nur wenig Mate, die Viehzucht gibt reichen
Ertrag an Häuten, Wolle, Fleiſch, Fett, Haaren, Hörnern und lebenden Tieren. Schon im
Jahre 1895 zählte man faſt 3 Millionen Rinder, 1405000 Schafe und 410000 Pferde, alſo
einen reichen Viehſtand, der die Grundlage des Wohlſtandes bildet; 1912 hatte er einen Wert
von 160 Millionen Mark. Angebaut waren 1912: 239000 ha, beſonders mit Weizen, Mais,
Leinſaat, Luzerne, Linſen, auch mit Erbſen, Bohnen, Maniok, Tabak, Erdnüſſen, Reben,
Orangen, Melonen und Kürbiſſen, Reis und Zuckerrohr. Die Induſtrie beruht in der Haupt-
ſache auf der Viehzucht und nur in geringem Maße auf dem Walde. Schlacht- und Einjalz-
anſtalten ſowie Fabriken zur Verwertung der tieriſchen Erzeugniſſe ziehen ſich die den Handel
vermittelnden Ströme entlang. Die Eiſenbahn durchquert jetzt Corrientes zwiſchen Monte
Caſeros am Uruguay und der Stadt Corrientes am Parana, eine zweite Bahn führt von
Concordia in Entre Rios den Uruguay entlang nach Santo Tomé, gegenüber San Borja.
Die Anſiedelungen liegen meiſt an den Strömen; ſo auch die ſchon 1588 gegründete
Hauptſtadt Corrientes unweit vom Zuſammenfluß des Paranä und Paraguay, eine
äußerlich unſcheinbare Stadt mit (1909) 20000 meiſt Guarani ſprechenden Einwohnern.
Nur wenige Flußſtädtchen ſind anmutig, wie Empedrado und Bella Viſta mit ihren weiß—
getünchten Häuſern, roten Ziegeldächern und grauen Ranchos, inmitten von Orangen—
waldungen; auch Goya macht einen ähnlichen Eindruck. Iſt ſchon die Hauptſtadt nicht groß,
ſo haben die im Inneren liegenden Ortſchaften eines Viehzucht treibenden Landes natürlich
ebenfalls nur wenige Einwohner, wie Mercedes, Saladas, San Roque, Sauce, und auch
die Wohnplätze am Uruguay, San Pablo, Reſtauracion oder Paſo de Libres gegenüber
Uruguayana, La Cruz und Santo Tomé, ſind nur von geringer Größe.
Entre Rios grenzt im Süden bereits an Uruguay, im Weſten an Santa Te und
Buenos Aires, alſo an Pampaprovinzen. Das graſige, waſſerreiche Land iſt denn auch von
jeher der Sitz der lohnendſten Viehzucht, beſonders der Rinderzucht geweſen und ernährt
noch jetzt zahlloſe Pferde, vor allem aber Rinder, die meiſt in die gewaltigen Saladeros
wandern. Schon im Jahre 1895 zählte man 2785000 Rinder, 515000 Pferde und 61/, Mil-
lionen Schafe. 1912 hatte der Viehſtand einen Wert von 211 Millionen Mark. Von dieſem
gewinnt man Wolle, Fleiſch, Talg, Fett, Häute, Hörner und Knochen, auch Haare, Klauen
und Borſten in den zahlreichen Saladeros, deren bekannteſte die von Gualeguay; ſind auch
Die La Plata-Länder: Der Chaco. 237
Fleiſchextraktfabriken gibt es, z. B. in Santa Elena am Parana und bei Gualeguaychü.
Ackerbau wird zwar in Entre Rios erſt in zweiter Linie getrieben, iſt aber keineswegs un-
bedeutend, denn in der Provinz waren 1912: 330000 ha mit Weizen, 403000 mit Lein, 60000
mit Mais und 49000 mit Hafer bebaut; dazu kommen aber noch ausgedehnte Luzernefelder
und Pflanzungen von Gerſte (11000), Roggen (600 ha), Erdnüſſen (Mani), Tabak, Maniok,
Bataten, Erbſen, Linſen, Rizinus und Weinreben, während Zuckerrohr nicht mehr gedeiht.
Die Induſtrie gründet ſich hauptſächlich auf die Viehzucht in Geſtalt der Gefrier-
fleiſchfabriken, der Einſalzereien und der Dörrfleiſchfabriken. Die größte Gefrierfleiſch—
anſtalt ift die von Kemmerich in Santa Elena am Parana, mit 340000 Rindern, 20000 Pfer⸗
den, 50000 Schafen. Ferner ſind Gerbereien (Tafel 9, Abbildung 2), Ziegeleien, Mühlen
und Bierbrauereien vorhanden. Seeſchiffe vermögen auf dem Parana Parana, auf dem
Uruguay Payſandu, auf dem Gualeguay Gualeguay zu erreichen. Überdies gibt es etwa
800 km Eiſenbahnen.
Die Bevölkerung betrug Ende 1911: 416000 Köpfe, was bei 74571 qkm eine Volks⸗
dichte von 5,6 ergibt; ſie ſitzt großenteils auf dem Lande in Eſtancias, Einzelhöfen und kleinen
Anſiedelungen. Zahlreiche Einwanderer aus Deutſchland und Tirol haben blühende Kolo—
nien gegründet, wie Mocoretä und Libertad im Norden; Deutſchruſſen ſitzen zwiſchen Paranä
und Diamante, und Italiener leben in großer Zahl im Lande verſtreut. Die Zahl der Frem⸗
den iſt alſo recht hoch. Die Anſiedelungen liegen meiſt an den Flüſſen: jo am Parana
Santa Elena, die lebhafte Stadt La Paz, die freundliche Kolonie Hernandarias und Parana.
Paranä oder La Bajada del Parana war 1854—59 Hauptſtadt der Republik und hat lange
unter dem Verluſt dieſer Eigenſchaft gelitten. Heute hat ſie etwa 30000 Einwohner und hebt
ſich anſcheinend raſcher. Sie iſt noch Hauptort der Provinz und erſcheint ſtattlich mit weißen
Häuſern und älteren Gebäuden in einigem Grün auf dem hohen Ufer des Paranä. Unter⸗
halb von Paranä liegen Diamante und Victoria (3000 Einwohner), dann aber fehlen Städte
am Strome, da Roſario und Buenos Aires keine Nebenbuhler aufkommen laſſen. Am Uru⸗
guay erſtrecken ſich Concordia mit 13000 Einwohnern und reichem Ackerbau, das kleine Co-
lon (3000 Einwohner), der Hafen für die Schweizer Ackerbaukolonie San Joſé, und Con-
cepcion del Uruguay mit 10000 Einwohnern, die frühere Hauptſtadt von Entre Rios.
Während hier nur Schiffe mit weniger als 6 m Tiefgang einlaufen können, hat Guale-
guaychü den größten Flußhafen der Provinz und infolgedeſſen 14000 Bewohner, lebhaften
Handel mit Vieh, Fleiſch, Fleiſchextrakt, Lebensmitteln und ſteigende Induſtrie. Binnen-
orte ſind Gualeguay (12000) und Nagoya.
3. Die Landſchaften weſtlich des Stromes.
a) Der Chaco.
Gewöhnlich wird der Chaco in den nördlichen, Chaco Boreal, bis zum Pilcomayo, den
mittleren, Chaco Central, bis zum Teuco-Bermejo, und den ſüdlichen, Chaco Auſtral, bis
zum Salado, eingeteilt. Da der Norden rein tropiſches, der Süden rein ſubtropiſches Klima
hat, ſo ergeben ſich Unterſchiede in der Vegetation, Tierwelt und den Erzeugniſſen. Dennoch
hat der Chaco gemeinſame Charakterzüge.
Der Name Chaco ſtammt aus dem Guarani und bedeutet angeblich Jagdgrund. Das
damit bezeichnete Gebiet erſtreckt ſich in ziemlich gleichmäßiger Breite von 500 —550 km
238 Das ungefaltete Land des Oſtens.
über den Raum von 17-300, alſo über etwa 1400-1450 km. Die Fläche beträgt daher
770000 qkm, die Bewohnerzahl etwa 350000. Daran nehmen teil:
OKilometer Einwohner Dichte
Win ae SE Peer EEE 225000 30 000 0,13
JJ 105000 50 000 0,5
ea nn de 440 000 270 000 0,6
Gobernacen Chaeyyuyyuy 2... 136 635 33 500 0,25
Gobernacion de Formofa. . . 2... . 107 258 16 200 0,15
Teile von Santiago del Eſtero und Santa F6 125000 200000 0,15
rr 70000 20000 0,3
Oberflächengeſtalt. Der Boden beſteht oben aus einem feinſandigen Humus,
unten aus einer 1—4 m mächtigen Schicht lehmigen Sandes auf eiſenführendem Lehm.
Der Untergrund enthält meiſt ſtark ſalziges Waſſer; das Grundwaſſer ſchwankt beträchtlich,
hält aber im ganzen das Niveau der Lagunen und Moräſte ein. Die Oberfläche iſt ganz eben,
im Inneren völlig ſteinlos und ſenkt ſich von 300 m im Nordweſten auf 100 m Höhe im Oſten.
Weder Hügel noch höhere Tafeln ſind erkennbar; gegen die Flüſſe fällt der gleichmäßig
einförmige Boden zwar ab, aber nur eine einzige Niederung zieht im mittleren Chaco zwiſchen
den Flüſſen hin: ſie nimmt die Waſſerläufe des Arroyo Julio Roca und Aguaray Mini auf.
Ebenſo enthält der Chaco Auſtral nur eine einzige Hohlform, in der mit zwei Quellflüſſen
der Rio Madrejon Grande verläuft. Von den Bodenſchätzen, die gering zu ſein ſcheinen,
werden Petroleum und Borax erwähnt. Die Flüſſe ſind meiſtens ſehr gewunden, vereinigen
ſich wegen der Ebenheit des Bodens nur ſchwer miteinander und bieten alle dieſelben Eigen—
tümlichkeiten dar. Die größeren entſpringen in den Kordilleren und fließen in ſüdöſtlicher
Richtung quer über die Ebene zum Paraguay; aber nur der Pilcomayo, der Teuco-Bermejo
und der Salado erreichen ihn, die übrigen verſiegen vorher in der Ebene. Alle ſind waſſerarm
und für die Schiffahrt ungeeignet. Die Lagunen ſind nach G. Niederlein nur „erweiterte
und tiefer gewundene Canadas“ (enge Täler), liegen alſo im Zuge der Flüſſe und haben
mehr den Charakter von Moräſten und Eſteros, die ſich periodenweiſe nach den Nieder-
ſchlägen zu Lagunen ausbilden, während andere auch während der Trockenzeit ihr Waſſer
nicht ganz verlieren. Der landſchaftliche Eindruck des Chaco iſt örtlich und je nach den
Jahreszeiten verſchieden, wird aber auch an ſich abweichend beurteilt. Während die argen—
tiniſchen Offiziere unter Victorica über ſeine Schönheiten entzückt ſind, nennt Karl von den
Steinen den Oſtrand verzweifelt reizlos. Im ganzen zeigt der Chaco einen Wechſel von
Wald- und Weideland, viel Grasland und Palmen (Tafel 10, Abbildung 1), bietet alſo einen
parkartigen Anblick.
Der Chaco Boreal enthält zwiſchen 19 und 20° einige Höhenzüge, deren Gipfel
900 m erreichen mögen und als Cerros Criſtian, San Miguel und Mediano bezeichnet werden.
Sie ſind wahrſcheinlich Ausläufer der braſiliſchen Maſſe. Zwiſchen ihnen dehnen ſich Ebenen
mit Lagunen, den „Paat“ der Indianer. Von einer dieſer Lagunen her läuft der Rio
Timahanas in ſüdöſtlicher Richtung zum Paraguay. Nordoſtwärts dagegen zieht aus der
Kordillere gegen die Laguna Concepcion der Rio Parapiti, erreicht ſie jedoch jetzt meiſt
nicht mehr. Demnach läuft die Waſſerſcheide zwiſchen dem Amazonas-Madeira und dem
Paraguay quer über den Chaco von Südweſten nach Nordoſten. Wie der Parapiti nur bei
Hochwaſſer zum Rio San Miguel vorzudringen vermag, ſo erreicht auch der Rio Otuquis
meiſt nicht den Paraguay.
Die La Plata-Länder: Der Chaco. 239
Am Salto de Guarapetendi betritt der nordweſtlich von Potoſi entſpringende Pilco—
mayo den Gran Chaco und durchfließt ihn in ſüdöſtlicher Richtung. Er hat auf große Strecken
hohe Ufer, eigentümliche Verengungen und Verbreiterungen, bildet an anderen Stellen
gewaltige Sandbänke, die von Waſſervögeln in dichten Scharen bedeckt ſind, und fließt
zwiſchen niedrigem Buſchwalde. Ein größerer Waſſerfall bei Caballu-Repoti ftört die Schiff—
fahrt. Weiter abwärts werden ſeine Ufer felſig, 15 —18 m hoch. Die Tiefe des Fluſſes beträgt
in der Trockenzeit nur 1—11, m, die Geſchwindigkeit iſt ziemlich bedeutend, die Breite
12001300 m. Von 22—25° fließt der Pilcomayo in zwei Armen, deren nördlicher Brazo
oriental, Oſtarm, heißt. Bei Aſuncion mündet der Fluß mit mehreren Armen in den Para—
guay. Alle Verſuche, ihn ſchiffbar zu machen, ſind bisher der hohen Koſten wegen unter—
blieben, eine Waſſerſtraße nach Bolivia bietet er alſo nicht.
Der Chaco Central beſteht aus Alluvialboden. Zu oberſt liegt eine Humusſchicht
von 50—80 em Mächtigkeit, dann folgt eine 40 cm ſtarke ſumpfige Lage, hierauf eine Lehm-
ſchicht von 25 em und nun abwechſelnd ſumpfige und lehmige Schichten. In dieſen frucht—
baren Gebieten wechſeln große ſchattige Wälder mit üppigen gras- und blumenreichen Wieſen,
und im Untergrunde läßt ſich trinkbares Waſſer durch Graben leicht erlangen. Zwiſchen dem
Pilcomayo und dem Teuco-Bermejo fließen der Aguaray Mini und der Arroyo Julio Roca
in derſelben Richtung in den Paraguay; dann folgt der Bermejo. Dieſer entſpringt als
Rio Grande auf dem Despoblado de Jujuy (S. 326) und teilt ſich ſüdlich vom Wendekreiſe
in zwei Arme. Der ſüdlichere war früher der Hauptſtrom, der nördlichere, oder Teuco, der
weniger bedeutende Arm. Allmählich aber hat ſich das Waſſer ganz dem nördlichen Arm
zugewendet, jo daß der ſüdliche jetzt faſt ausgetrocknet iſt. Außerdem bildet ſich an der Laguna
Grande der Arroyo Vanguardia, der bei Yacaré den Paraguay erreicht, während der Ber—
mejo bei Nuevo Timbo mündet. Der blaue Bermejo kann von flachgehenden Dampfern
das ganze Jahr, von tiefgehenden während der Regenzeit befahren werden.
Der Chaco Auſtral beſteht ebenfalls aus dichter Humuserde, unter der in einiger
Tiefe die Tosca (vgl. S. 247) der Pampa hervortritt; auch hier wechſeln reizvolle Urwälder
mit Grasfluren und finden ſich überall natürliche Gewäſſer, außer in der Gegend zwiſchen
27% und 29» und nahe 61—62°, wo Sand und Salz herrſchen und trinkbares Waſſer ſelbſt
in 80 m Tiefe fehlt; vielleicht liegt hier eine nordöſtliche Fortſetzung der Salinas Grandes
am Rio Saladillo vor. Der Boden iſt meiſt hoch, fruchtbar und zum Ackerbau geeignet; die
üppige Grasflur bietet der Viehzucht eine Zukunft, und dem Waſſermangel kann an vielen
Orten durch Graben von Brunnen abgeholfen werden, wie ſelbſt die Indianer zu tun pflegen.
Der öſtliche Teil des Chaco geht allmählich in eine fruchtbare Flußlandſchaft über.
Eine Reihe von Flüſſen zieht hier dem Parana entlang: der Saladillo dulce, der
Saladillo amargo, der Calchaqui und der Salado ſelbſt. Der Sala do entwäſſert die Kor—
dillere zwiſchen Salta und der ſüdlichen Sierra de Aconquija unter verſchiedenen Namen,
fließt dann als Rio Juramento oder Paſaje gegen Südſüdoſten durch Santiago del Eſtero,
bildet unter 28½ ſüdl. Breite eine große Lagune, wendet ſich gegen Südoſten und tritt dann
in die fruchtbareren Teile von Santa FE ein. Hier mündet er erſt ſüdlich vom 32. Grad ſüdl.
Breite in den Paranä. In dem gewaltigen Sumpfgebiet unterhalb Matarä macht er fo
viele Windungen, daß die Lauflänge ſehr vergrößert wird; im ganzen hat er faſt die dreifache
Länge der direkten Entfernung von ſeiner Quelle bis zu ſeiner Mündung; überdies weiſt er
unterhalb Matarä ſtarke Strömung und geringe Tiefe auf. Im Unterlauf nimmt er an
240 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Tiefe noch ab, ſo daß ſein Bett in der Trockenzeit für Wagen gangbar wird, während er bei
Hochwaſſer und nach Hinwegräumung der Hinderniſſe in ſeinem Mittellaufe mit kleinen
Dampfern befahren werden könnte. Über den Salado hinaus erſtreckt ſich der Chaco noch
bis zum Saladillo. Dieſer fließt von Tucuman in breitem Bette zwiſchen ſanft geneigten,
ziemlich hohen Ufern; bei Santiago iſt er zur Trockenzeit ſo flach, daß die Räder eines Wagens
nur zum Teil vom Waſſer benetzt werden. Das Waſſer iſt ganz klar, ohne Geröll, die Ufer
ſehr niedrig: eine ebene, loſe Flugſandmaſſe. Im Unterlauf endlich leidet der Saladillo an
den allgemeinen Übeln der Flüſſe des Chaco und der Pampa, einem breiten Bett mit wenig
Gefälle, vielen Krümmungen, geringer Tiefe und großer Veränderlichkeit ſeines Laufes. Er
endet ſchließlich in dem großen Sumpfgebiet der Laguna Saladas de los Porongos.
Das Klima des Chaco iſt noch wenig bekannt, da nur von zwei Stationen Beob—
achtungsreihen vorliegen.
Niederſchlag
mm
8 Wärmſter Kühlſter
Jahr | Monat | Monat ei:
Chaco Miffion (23° 23, 580 250) I ie 28,70 “| 19,10 | 9,60 1081
Villa Formoſa (26° 12, 580 6“ 21,40 26,40 16,50 9,90 1452
Außerdem kommen als Randſtationen in Betracht:
Santiago del Eſtero . | 21,70 | 28,50 | 14,40 | 14,10 | 497
Tucuman . 8 18,80 24,40 12,2 12,20 965
Die Temperatur ſinkt naturgemäß von Norden nach Süden, außerdem auch von Weſten
nach Oſten, da die Kordillere Schutz gibt. Das Klima iſt ſchon nicht mehr völlig tropiſch, und
zwar wegen der niedrigen Wintertemperaturen, die vornehmlich durch die Pamperos aus
Argentina hervorgerufen werden. Die mittleren Extreme betragen 38“ und 3,2“, doch
kommen offenbar in Formoſa weit ſtärkere Unterſchiede vor, die Chaco Miſſion weiſt 43,50
und —20 auf. Oberſt Ybazeta beobachtete im November 1884 zwiſchen 24 und 26° ſüdl.
Breite als Maximum 35 —40°; der Januar iſt in Tucuman und Santiago wärmer, der Juli
kühler als in Formoſa, das Klima dieſer Städte des Inneren iſt alſo extrem; Santiago hat als
mittlere Extreme + 42,5 und — 0,1“, Tucuman als abſolute 40,0 und —1,1°.
Die Niederſchläge nehmen nach Süden und Weſten hin ab, ſo daß die trockenſten
Gegenden um Santiago liegen, das nicht mehr 500 mm empfängt, während Formoſa am
Paraguay das Dreifache erhält. Die Regen haben aber inſofern noch tropiſchen Charakter,
als fie im Sommer niedergehen. Daß von den 1081 mm der Chaco Miſſion in der Sommer-
zeit vom November bis April 75 Prozent alles Niederſchlages fallen, ſetzt nicht in Erſtaunen,
aber auch Tucuman bekommt von feinen 965 mm in den vier Monaten Dezember bis März
575, faſt 60 Prozent, und auch in Formoſa fallen von 1452 in den Monaten Oktober bis April
1135, 78 Prozent. Nur in Santiago iſt das ſonſt in den Dezember (Formoſa) oder Januar
(Tucuman) fallende Maximum auf den März verſchoben, aber Dezember bis März bringen
zuſammen 323 mm, 65 Prozent. Auch iſt an keinem dieſer Orte ein Monat ganz regenlos.
Dennoch leiden viele Gegenden im Chaco, auch in deſſen nördlichem Teil, an Waſſermangel.
Die Vegetation. Landſchaftlich iſt der Chaco ein Übergangsgebiet zwiſchen Steppe
und Wald mit parkartigem Charakter. Der Wald iſt vorwiegend an die Flußufer gebunden,
findet ſich aber auch abſeits an Stellen, wo die Wurzeln das Grundwaſſer erreichen können.
Der landſchaftliche Eindruck iſt daher verſchieden, je nachdem man die trockenen oder die
Die La Plata-Länder: Der Chaco. 241
feuchteren Teile beſucht: während in der Umgebung der Flüſſe der Boden ſo waſſerreich iſt,
daß der feuchte Grund dem Weideland ſchadet, entbehren weite Strecken im Inneren ſowie
im Norden des Waſſers oft ganz. Daher entwickeln ſich mehrere Vegetationsformationen,
nach Lorentz neun, darunter die Uferwaldungen, die Ufergebüſche, die Mimoſenwaldungen,
die offenen Auen, die Sträucher, die Palmenbeſtände. Die Palme des Chaco, die Wachs⸗
palme, Caranday, Copernicia (oder Corypha) cerifera, überzieht weithin die Ebene, nament-
lich am Paraguay entlang, aber auch noch an der Weſtgrenze des Chaco, am Oberlaufe
des Bermejo und Teuco zwiſchen Oran und dem Fort Belgrano in weit ausgedehnten
Beſtände der Palme Caranday (Copernieia cerifera) im Chaco von Paraguay. Nach der Natur, von K. Oenike.)
Beſtänden, tritt jedoch nur ſelten zu geſchloſſenen Hainen zuſammen (ſ. die obenſtehende
Abbildung, Tafel 10, Abbildung 1 und Tafel 14, Abbildung 4).
Die Wälder des Chaco haben nicht mehr den Formenreichtum der braſiliſch-äquato—
rialen, ſondern beſtehen oft nur aus Algarroben und anderen hochſtämmigen, dichtſtehenden
Dornbäumen und doppelte Mannshöhe erreichenden Sträuchern, ſo daß hohe und niedere
Wälder wechſeln. Auch die großen Urwälder werden oft durch meilenlange, 2—4 km breite
Lichtungen, Claros, unterbrochen, die mit den nahrhafteſten Gräſern bedeckt ſind. Die ſub—
tropiſchen Feuchtwälder begleiten allein die Flüſſe und werden an ihnen nur hier und da
durch reine Palmenwälder abgelöſt. Die dieſe Wälder zuſammenſetzenden Bäume ſind an—
nähernd dieſelben wie in Paraguay, vor allem der Laurel, der noch 22m Höhe erreicht, der wert—
volles Holz liefernde Guayacan (Porlieria hygrometrica) und der Nogal (Juglans australis).
Länderkunde, Süd⸗ und Mittelamerika, 3. Aufl. 16
242 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Charakteriſtiſch für den Chaco ſind die Trockenwälder zwiſchen den Flüſſen, ſüdwärts
bis zum Salado. Lorentzteilt fie in mehrere Unterabteilungen, von denen die Chacoformation,
eine Übergangsformation zwiſchen den Trockenwäldern und den ſubtropiſchen Feucht—
wäldern, am wichtigſten iſt. Sie wird hauptſächlich aus den hohen Bäumen Bulnesia Sar-
mienti, dem 15—20 m hohen Palo Santo der Argentinier, ſowie der Leguminoſe Gleditschia
amorphoides von 16 m Höhe zuſammengeſetzt. Ganz allgemein ſind die Algarrobobäume,
der Algarrobo rojo (Prosopis pauta), der Algarrobo negro (Prosopis nigra) und der Algarrobo
blanco (Prosopis alba). Die 25 m hohe Leguminoſe Cebil blanco (Piptadenia cebil) mit gerb-
ſäurehaltiger Rinde und feſtem Holze und der Quebracho colorado werden von Lorentz zur
Abtrennung beſonderer Formationen benutzt. An der Weſtgrenze geht der Chaco in den
argentiniſchen Bergwald über, wo er ſchon die dieſem eigenen Erlen, Aliſo bravo (Tern-
stroemia clusifolia und Alnus ferruginea), enthält, im Süden in die nördliche Pampa, mit
der er den Chaftar (Gourliaea decorticans) gemein hat.
Die Tierwelt iſt im Norden des Chaco noch rein tropiſch, im Süden fehlen ſchon die
tropiſchen Tiere. So iſt der Jaguar am Bermejo bereits ſeltener, der große Ameiſenbär
(Myrmecophaga jubata) überſchreitet 220 nicht, und auch der Tapir iſt wohl auf den Norden
beſchränkt. Von Affen kommen Brüllaffen (Mycetes caraya), Kapuzineraffen (Cebus fa-
tuellus) und der Titi (Hapale penicillata) vor. Der Puma iſt in Paraguay und dem Chaco
nicht häufig, Felis jaguarundi, F. colocolo, F. pajeros und die rötliche F. eyra leben in
Paraguay, die Gato monteés (Felis mitis) im Chaco. Der Fuchs bewohnt mit ſieben Arten
beide Seiten des Paraguay, der Huron kommt in zwei Arten (Galictis vittata und G. bar-
bara) vor, ferner das Stinktier (Mephites suffocans), der Naſenbär, Coati (Nasua narica),
und die Nutria, letztere mit drei Arten, von denen Lutra brasiliensis am bekannteſten iſt;
auch der Waſchbär (Procyon lotor) lebt hier. Das einzige Beuteltier des Chaco iſt Didelphys
azarae, mit dunkelgrauem Pelz. Von Nagern ſind das Waſſerſchwein (Hydrochoerus capy-
bara), namentlich in den Flußlandſchaften, die Cavia leucophiga im Chaco, die Cavia aperea
in Paraguay häufig. Die Wühlmäuſe, wie Ctenomys brasiliensis, untergraben den Boden
des Chaco, der Pampashaſe (Dolichotis patagonica) und die Vizeacha erſcheinen im Süden
desſelben, und das Kaninchen (Lepus cuniculus) iſt beſonders an der Grenze von Salta all—
gemein. Erwähnenswert find ferner das Pekari (Dicotyles torquatus), verſchiedene Hirſche
und Rehe, Cervus paludosus an Lagunen und Cervus campestris auf den graſigen Ebenen.
Der gefährlichſte Waſſerbewohner iſt der Kaiman.
Die Bevölkerung des Chaco iſt noch vielfach durchaus urſprünglich und beſteht zum
größten Teil aus Indianern. Wie in Klima und Vegetation, ſo zeigt ſich im Chaco auch in
der Bevölkerung ein Übergang zwiſchen dem Norden und dem Süden, denn ſeine Bewohner
vereinigen die Merkmale der Waldindianer des Nordens mit denen der Steppenſtämme der
Pampa. Im ganzen find ſie nomadiſierende Sammler mit Jagd und Fiſchfang als Haupt—
beſchäftigung, aber nur geringem Ackerbau und Viehzucht. Nur im Weſten, bei den Chane und
Chiriguano, hat ſich eine größere Seßhaftigkeit entwickelt; in den Tälern der Ausläufer der
Kordillere wird Mais gebaut, und eine Reihe von Stämmen ſendet Arbeiter in die Zuder-
pflanzungen. Der bei weitem größte Teil aber iſt durch das Klima zu periodiſcher Wanderung
verurteilt: in der Regenzeit zwingen die Überſchwemmungen der Flüſſe zur Aufgabe der
proviſoriſchen Siedelungen an dieſen, in der Trockenzeit aber veranlaßt der Mangel an Waſſer
im Inneren zur Rückkehr an die Ufer der Ströme. Obwohl es alſo an feſten Siedelungen
Die La Plata-Länder: Der Chaco. 243
fehlt, iſt die Induſtrie eigenartig und hoch entwickelt. Namentlich die Schnurknüpferei hat
zur Herſtellung wertvoller Erzeugniſſe geführt, die Weberei iſt bei einigen Stämmen eben⸗
falls bekannt, und in Federarbeiten leiſten mehrere Hervorragendes. Dagegen hat die
Töpferei nur bei den Randſtämmen des Weſtens und des Oſtens, den Chané, Chiriguano
und Cadiuéo, feſten Fuß gefaßt. Der Mangel an Steinen im Chaco erklärt das Fehlen von
Steinwerkzeugen und die Verwendung harter Hölzer zu Geräten.
Die Europäer haben den Chaco-Indianern das Pferd gebracht und dadurch bei den
meiſten eine Umwälzung ihrer Lebensweiſe hervorgerufen. Namentlich die Guaikurü—
ſtämme ſind auf dieſe Weiſe zu Reitervölkern geworden, zum Teil ſogar zu gefürchteten
Räubern, und einige Chacovölker ſind durch die Einführung von Ziegen, Schafen und Rin-
dern in nicht geringem Grade beeinflußt worden. Dazu kam ferner die Miſſion, beſonders
die der Jeſuiten, die im nördlichen Chaco Erfolge errangen; aber auf die kräftigſten Stämme
des Chaco, z. B. die Toba, hat auch die Miſſion keinen Einfluß gewinnen können. Ihrer
Sprache nach kann man die Chaco-Indianer in Guarani (Tupi) und Nicht-Guarani einteilen.
Zu den Tupi find die Chiriguano zu rechnen. Ihre Wohnſitze erſtrecken ſich am Weſt—
rande des Chaco vom Rio Bermejo bis Santa Cruz de la Sierra. Erſt im 19. Jahrhundert
gelang es den Franziskanern, Miſſionen unter ihnen zu errichten, in denen ſie heute an—
geſiedelt ſind und Ackerbau ſowie etwas Viehzucht treiben. Ein Teil von ihnen aber führt
noch das wilde Nomadenleben im Inneren des Chaco Boreal, in den ſie von der bolivianiſchen
Regierung zurückgetrieben worden ſind.
Ein Nachbarſtamm von gleichartiger Kultur ſind die Chané. Ihrer Herkunft nach
zur Aruak-Gruppe gehörig, ſprechen ſie wie die Chiriguano heute das Guarani, leben
jetzt zum allergrößten Teil in Abhängigkeit und verlieren ihre eigenartige Kultur immer
mehr. Sie treiben Maisbau wie die Chiriguano, wohnen in feſten Dörfern und unter⸗
ſcheiden ſich in ihrer Kultur vollſtändig von den eigentlichen Chaco-Indianern.
Zur Matacogruppe gehören die Stämme der Mataco, Mataguayo, Nocten, Cho-
roti, Aſhluslay und einige andere, die in geſchloſſener Maſſe die Gebiete des mittleren und
zum Teil noch nördlichen Chaco bewohnen. Vielleicht ſind auch die Tapiete hinzuzurechnen,
die heute das Guarani ſprechen. In ihrer Kultur zeigen dieſe Stämme eine deutliche Be—
einfluſſung von ſeiten der beiden erſtgenannten, aber auch einen großen Unterſchied gegen
ſie, inſofern als bei ihnen die Seßhaftigkeit nicht ſo ausgebildet iſt. Ihre Wohnungen ſind
primitive Laubhütten, ihre Kleidung iſt noch die urſprüngliche, Ledergürtel und Mäntel aus
Schafwolle, bei den Frauen der Wollſchurz; der Ackerbau iſt ſchon leidlich entwickelt.
Als Guaikuru faßt man die Stämme der Toba, Abipön, Mokovi, Mbaya-Kadiuso
und Bayagua zuſammen, von denen heute nur noch die Toba als wildes Reitervolkam unteren
Pilcomayo wohnen, während die Reſte der Mbaya-Kadiuso ſich auf das linke Paraguay-Ufer
zurückgezogen haben und die Payagua als trauriges Überbleibſel eines früher gefürchteten
Waſſernomadenvolkes im Hafenviertel von Aſunciön ihr Daſein friſten.
Der noch heute auf etwa 4000 Seelen geſchätzte Tobaſtamm (ſ. die Abbildung auf
©. 244) zerfällt wieder in eine Anzahl von Unterſtämmen, von denen die Pilagã am be—
kannteſten ſind. Trotz jahrhundertelanger Bemühungen der umliegenden Staaten ſind die
Toba heute noch ein wildes, ganz urſprüngliches Reitervolk. Die Tracht der Männer be—
ſteht in einer auf primitivem Webſtuhl gewobenen Decke aus Schafwolle, die Weiber tragen
ſolche aus Tierfellen. Als Waffen dienen Lanzen, Bogen und Pfeile, die heute immer mehr
16*
244 Das ungefaltete Land des Oſtens.
durch die Feuerwaffe erſetzt werden. Trotz ihrer ausgeſprochen nomadiſchen Lebensweiſe
haben es die Toba doch im Weben zu einiger Kunſtfertigkeit gebracht, während die Keramik
noch in den Anfängen iſt. Letztere hat ſich dagegen bei den Kadiuéo zu einer Vollkommen—
heit entwickelt wie ſonſt nirgends im Chaco. Hier treffen wir auch auf ſolide Wohnungen in
Geſtalt feſter Hütten ohne Seitenwände;
ſie ſtehen in einer einzigen Reihe und bil-
den zuſammen ein Dach, unter dem der
ganze Stamm wohnt.
Zu der Maskoigruppe rechnet Th.
Koch die ſogenannten Lengua (s. Ta-
fel 10, Abbildung 2) weſtlich von Villa
Concepcion mit ihren ſüdweſtlich von ihnen
wohnenden Unterabteilungen der Tovsle
und Suhin, ferner die Angaité, Sanapand,
Sapuki und Guanä. Die Wohnſtitze dieſer
Stämme greifen zwiſchen 20 und 25° ſüdl.
Breite tief in den Chaco Boreal ein. Die
Lengua haben bezüglich ihrer Kultur viel
mit den Tobas gemein.
Nördlich der Maskoiſtämme wohnen
die Chamacoco, Tumanahaä und Moro,
die Boggiani zur Sprachgruppe der Sa—
muku vereinigt hat, und deren primitive
Kultur ſich noch am urſprünglichſten erhal-
ten hat. Ackerbau und Viehzucht fehlen
vollſtändig, die Jagd und das Sammeln
wilder Früchte liefern die Nahrung. Die
Wohnungen ſind ſehr primitiv und beſtehen
aus Matten, die, über Stangen und Aſte
gehängt, als Zeltdach dienen. Die Weberei
fehlt und wird durch eine gutentwickelte
Schnurknüpferei erſetzt; namentlich der
Federſchmuck hat eine erſtaunliche Aus⸗
bildung erfahren.
Am fernſten ſtehen den Chacovölkern
die Guato, die in dem großen Seengebiet
am oberen Paraguay als Waſſernomaden
ihre urſprüngliche ſpärliche Kultur noch ziemlich gut bewahren konnten. Der wildreiche
Wald und ihr Hauptelement, das Waſſer, ſpendet ihnen reichliche Nahrung. Dazu wird die
Banane angepflanzt.
Die Beſiedelung. An die Stelle der Indianer treten an den Rändern des Chaco
allmählich weiße Koloniſten, doch geht die Beſiedelung der Indianergebiete langſamer vor
ſich, als erwartet wurde, weil die Toba mit den Grenzern in beſtändiger Fehde liegen und
der Raſſenkrieg ohne Einſchränkung tobt; nur im Süden ſchieben ſich die Ackerbaukolonien,
Der Chaco.
Tafel 10.
J. Grasiteppe mit Palmen im argentiniichen Chaco bei Villa Guillermina.
Nach Photographie von R. Lütgens in Hamburg. (Zu S. 238 u. 241.)
Tafel 10.
Chaco und Pampa.
3. Die Quebracholiedelung Villa Guillermina im argentiniichen Chaco.
Nach Photographie von R. Lütgens in Hamburg. (Zu S. 245 u. 276.)
4. Viehherde in der argentiniichen Pampa.
Nach Photographie. (Zu S. 247, 250, 281 u. 255.)
Die La Plata-Länder: Der Chaco. 245
Holzſchlägereien und Quebrachoſiedelungen, unterſtützt durch Eiſenbahnbauten, allmählich,
doch ernſtlich in den Chaco ein (Tafel 10, Abbildung 3).
Der Chaco zerfällt, wie auf Seite 238 angegeben, politiſch in drei Abteilungen. Der
bolivianiſche Chaco enthält noch ſo gut wie keine Siedelung von irgendwelcher Bedeu—
tung. Man kann nur eine Anzahl von Zuckerpflanzungen am Fuß der Kordillere und
mehrere Anlegeplätze am Paraguay im Oſten anführen, unter denen der Puerto Pacheco
im Gebiete der Chamacoco am bekannteſten iſt. Das Innere iſt noch freies Jagdgebiet der
Toba, Chiriguano, Nachtene und Zamuco, und ſelbſt am Pilcomayo fehlt es noch ganz an
Siedelungen. Auch der paraguayaniſche Chaco hat weder Siedelungen noch Bedeu—
tung; nur nahe der Mündung des Pilcomayo liegt die Kolonie Villa Hayes.
Der argentiniſche Chaco iſt zwar auch noch ganz ſchwach beſiedelt, da dort in den
beiden Gobernaciones Formoſa und Chaco 1911 auf 244000 qkm nur 40000 Menſchen
lebten, was eine Volksdichte von 0,16 ergibt, aber im Weſten und Süden in den zu den Pro—
vinzen Salta, Tucuman, Santiago del Eſtero und Santa FE gehörigen Teilen des Chaco
beginnt doch das Leben ſich neuerdings ſtärker zu regen. Hier bietet der Bermejo einen Waſſer—
weg, an dem denn auch einige Anſiedelungen liegen, meiſt feſte Plätze wie die Forts Arias,
Wilde, Irigoyen, Madero, Ortiz und die Kolonien Victoria, Preſidente Roca und Reunion,
am Oberlauf Rivadävia und die Forts Gorriti, Victorica und Belgrano ſowie nahe Oran die
Forts Dragones, Lavalle und Las Cenizas. Den Weſtrand begleiten Zuckerpflanzungen, in
denen die Mataco-Indianer arbeiten, und es werden auch Mais, Baumwolle, Tabak, Erd—
nüſſe und Rizinus geerntet ſowie Viehzucht auf Rinder, Ziegen, Schafe und Pferde ge—
trieben; dazu kommt die Ausbeutung der Quebracho-Gehölze.
Den Südweſten nimmt die Provinz Santiago del Eſtero ein. Zwar reicht ihr ſüd—
weſtlicher Teil in die andinen Provinzen hinein, ihr ſüdöſtlicher grenzt an die Pampa, auch
liegen faſt alle Anſiedelungen ſüdlich des Fluſſes Salado; dennoch iſt ſie in der Hauptſache
eine Chacoprovinz. Auch ihre wirtſchaftlichen Verhältniſſe weiſen auf den Chaco hin.
Wohl hatte ſie 1911 auf 143484 qkm 222000 Einwohner, alſo eine höhere Volksdichte (1,6)
als die andinen Provinzen Argentinas, ſie ſteht aber in der Anbaufläche meiſt noch unter
dieſen. 1909 waren 179675 ha beſtellt, davon nur 23000 ha mit Mais, 7100 mit Weizen,
eine größere Fläche mit Luzerne, und außer den genannten Feldfrüchten erzeugt ſie Zucker,
Tabak, Reis, Baumwolle, Honig, Wachs, Koſchenille, Johannisbrot und Quebrachoholz, deſſen
Menge (zwiſchen 30 und 22° ſüdl. Breite und 58—65° weſtl. Länge) auf 168 Millionen
Tonnen berechnet worden iſt und zur Entſtehung von Siedelungen, wie Villa Guillermina
(Tafel 10, Abbildung 3), Anlaß gibt. Der Viehſtand hatte einen Wert von 43 Millionen Mark.
Am Juramento-Salado ſind befeſtigte Plätze, wie El Rincon, Figueroa, Matarä, in
Santa Féè die Forts Inca, Pizarro und Olmes angelegt worden. Schon zieht die Eiſenbahn
von Tucuman über Fort Inca gegen die Stadt Santa Fs, und es iſt ſogar eine Abzweigung
bis Milagros und Tintina mitten im weſtlichen Chaco Auſtral gebaut worden. Die älteren
Ortſchaften aber liegen alle ſüdlich der geſchützten Linie. Unter ihnen hat Santiago del
Eſtero, eine der älteſten Städte der Republik, die in nur 200 m Höhe inmitten von Lagunen
und Sümpfen liegt, eine Mittelſtellung zwiſchen dem Chaco, den inneren Hochebenen und
der Pampa. Im Jahre 1553 unter dem Namen Tucuman gegründet, verödete ſie 1633 in-
folge einer Hochflut des Rio Dulce gänzlich, blühte unter den Jeſuiten auf, ſank aber nach
deren Vertreibung wieder. Nachdem ſie jedoch durch eine Eiſenbahn mit Cördoba und
246 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Tucuman ſowie auch mit Santa FE verbunden worden iſt, hat ſie ſich erholt und zählt jetzt
mit La Banda 20000 Einwohner.
Im Oſten wurden ebenfalls Forts erbaut, wie Charrua und Aguilar, Ombu, Chipillas,
das Fort Ipota am Vanguardia und andere. Unter ihrem Schutze wurden Kolonien angelegt
und Eiſenbahnen in der Nähe des Paranäd bis San Toms und von hier weſtwärts in den
Chaco vorgeſchoben; auch führt von Formoſa ſchon eine kurze Bahn nach dem Inneren. Zu
den bekannteſten Kolonien gehören die Schweizer Kolonie Heredia, ferner Reconquiſta und
Florencia, von denen ſich Reconquiſta zu einer kleinen Stadt entwickelt hat. Namentlich
aber iſt die neben ihr gelegene Kolonie Avellaneda gewachſen und hatte 1910: 87000 Ein-
wohner, die freilich nicht in einem geſchloſſenen Gemeinweſen vereinigt ſind. Noch weiter
im Norden liegen Reſiſtencia und Formoſa, dieſes ſeit 1882 Hauptort der Gobernacion
gleichen Namens, Reſiſtencia oder San Toms ſolcher für die Gobernacion del Chaco. Ita—
liener, Slawen, Schweden und auch Deutſche ſind in dieſen vorgeſchobenen Kolonien an—
geſiedelt. Sie leben hauptſächlich vom Ackerbau auf Mais, Weizen, Olpflanzen, Raps, Anis,
Mani ſowie von Viehzucht. Auch gedeihen in den fruchtbaren Niederungen Fruchtbäume
der verſchiedenſten Art ſowie das Zuckerrohr, die Luzerne, Yuca, Indigo. Der Handel von
Formoſa und Chaco hatte ſchon 1900 einen Wert von 11 Millionen Mark.
b) Die Pampa.
Die echte Pampa beginnt am Rio Saladillo und wird gewöhnlich bis zum Rio Colo—
rado, beſſer bis zum Chadi Leufu und Urre Lafquen gerechnet. Im Oſten bildet der Parana
die Grenze, im Weſten geht die Pampa unmerklich in die inneren Hochebenen über. Eine
Höhengrenze zwiſchen beiden iſt nicht zu ziehen; dagegen läßt ſich allenfalls das Auftreten
des Chaſtarſtrauches (Gourliaea decorticans) und das Aufhören des Graslandes als Grenze
gegen die Pampa bezeichnen, aber auch dieſe Grenzlinie iſt nicht ausreichend, da der Chaftar—
ſtrauch ſchon weſtlich von 62“ häufiger wird. Daher empfiehlt es ſich, die Pampa im Weſten
durch die Linie Santiago del Eſtero Rio Seco --Cördoba Villa Mercedes -Rio Salado zu
begrenzen, die den Vorteil natürlicher Grenzen, der Sierra de Cördoba und des Rio Salado,
bietet. In dieſer Begrenzung nimmt ſie eine Fläche von etwa 688000 qkm ein, iſt alſo nahezu
jo groß wie der Chaco oder wie Ofterreich-Ungarn. Daran nehmen teil die Provinzen:
OKilometer Einwohner Dichte
Buenos Aires und Bundesdiſtrikt . . 305307 3 200 000 10,5
Sans , 27 7) SR Eee 131 906 842 000 6,7
Cördohg zwei Dette! 100 000 400 000 4,0
San Luis (ein kleiner Teil7 7 5000 15000 3,
Gobernacion de la Pampa. 146000 90000 0,6
Zuſammen: 688000 4 550 000 6,6
Man kann die Pampa in drei Teile zerlegen, einen nördlichen und einen ſüdlichen, und den
ſüdlichen wieder in einen weſtlichen und einen öſtlichen. Der nördliche iſt friſcher und niedriger,
der ſüdliche höher und trockener, der öſtliche Teil des letzteren aber enthält die pampinen
Sierren, alſo auch Bergland. Die Grenze zwiſchen dem nördlichen und dem ſüdlichen Teil
zieht von Villa Mercedes den Rio Quinto entlang, den Salado hinab zum Meere, die zwiſchen
dem weſtlichen und öſtlichen verläuft auf 62/0. Der nördliche umfaßt rund 295000 qkm,
der ſüdliche 395000, der weſtliche Teil des letzteren 195000, der öſtliche 200000 qkm.
Die La Plata-Länder: Die Pampa. 247
Die nördliche Pampa. Der Boden der nördlichen Pampa beſteht aus Löß und
Humus. Der Humus iſt nach Santiago Roth 0,3 —0,6 m mächtig, faſt waſſerdicht und bei-
nahe überall vorhanden; Stellen, an denen er fehlt, heißen Desplayados. Der Löß zerfällt
nach demſelben Gelehrten in drei Abteilungen, die von oben nach unten an Härte, Feſtigkeit
und Dunkel der Farbe zunehmen. Oben liegt ein lockerer, hellgelber homogener Löß, eine
Süßwaſſerſeebildung; darunter folgt kompakter gelblichbrauner, vermutlich äoliſcher Löß
und ganz unten die rotbraune feſte, untere, vielleicht fluviatile Pampasformation. Wahr-
ſcheinlich hat in der Pampa ſeit langer Zeit ein trockenes Klima beſtanden, das den Winden
ein Zuſammentreiben des Sandes geſtattete, wobei aber auch dem Regen und den von den
Anden ausgehenden Gewäſſern eine Rolle zufiel, indem ſie den Schutt und das Geröll ſowie
Sand und Lehm nach dem Meere hinführten. Abflußloſigkeit ſcheint aber doch am häufigſten
geweſen zu ſein, ſo daß der Löß aus dem Humus durch Aufnahme von Stoffen aus den Sicker⸗
wäſſern und durch Gebirgsſchutt gegen unten allmählich verfeſtigt worden zu ſein ſcheint.
Seine Entſtehung wird in die Tertiär- und Quartärzeit geſetzt. Er enthält zahlreiche Reſte von
Säugetieren, z. B. Glyptodon, Toxodon, Mylodon und Megatherium. Vielleicht wurde der
Löß zum Teil von den Winden durch Aufbereitung und Wiederablagerung des patagoniſchen
Moränenmaterials gebildet. Zur Pampasformation gehört auch die ſogenannte Tosca, eine
kalzinierte Tonſubſtanz mit Kieſelerde; ſie bildet große Knollen im Lehm, erſcheint da, wo ſie
an die Flußufer herantritt, wie unterhalb Buenos Aires und bei Roſario, in der Form von
felſenähnlichen Maſſen und iſt auch im übrigen weit über die Pampa verbreitet. Die Tosca
iſt wahrſcheinlich eine rein anorganiſche Bildung, vermutlich die Folge von Infiltrationen
der Gewäſſer, die den quartären Lehm abſetzten.
Die Pampa nimmt an Höhe von Oſten nach Weſten langſam zu: Roſario hat 38 m,
Villa Maria mit Villa Nueva 200 m Seehöhe. Dagegen liegen am Rande der Pampa
Cordoba 390 und Villa Mercedes 480 m hoch. Alle Reiſenden ſtimmen darin überein, daß
die Pampa eine meeresgleiche Ebene ſei (Tafel 10, Abbildung 4 und Tafel 11, Abbildung 1).
Selbſt in der Färbung erinnern die äußerſten Grenzen des Geſichtsfeldes an den Meeres-
horizont; nur ſelten ſieht man einen Waſſerriß, Barranca, oder eine ausgedehntere Senke,
Caftada, in der das Schilfrohr, Cana, wächſt; nur in den Betten der Waſſerläufe finden
ſich Gerölle, und mit der Annäherung an das Gebirge entwickeln ſich Bodenſchwellen.
Für die Pampa iſt ferner bezeichnend, daß ſie nur von wenigen Flüſſen durchſtrömt
wird (Tafel 11, Abbildung 1). Abgeſehen von den Gewäſſern, die aus den Sierras im Süden
der Provinz Buenos Aires unmittelbar zum Meere verlaufen, ſind in dem ganzen Gebiete
nur zwei Flüſſe vorhanden, die nicht im Sumpf und Sand verſiegen. Im Norden kommt
der aus dem Rio Tercero und dem Rio Cuarto gebildete, weiter abwärts Saladillo,
nach der Vereinigung Sarcaranal genannte Fluß aus dem ſüdlichen Teile der Sierra de
Cordoba heraus und erreicht, wenn auch mit Mühe, den Paranä oberhalb Roſario. Viel—
leicht iſt er der frühere Oberlauf des mitten in der Pampa entſpringenden und im Süden
von Buenos Aires in den Atlantiſchen Ozean mündenden Rio Salado. Der ganze Reſt
der Pampa gehört dem abflußloſen Gebiet an und nimmt eine Reihe von anfangs waſſer—
kräftigen Flüſſen aus den benachbarten Gebirgen auf. Dahin gehören die aus der Sierra
de Cördoba entſtrömenden Rios Primero und Segundo, die ſich in das weite Sumpf—
gebiet der Umgebung der großen Lagune Mar Chiquita verlieren. Das iſt eine 80 km lange
und bis zu 50 km breite, 6 Prozent Salz enthaltende, inſelreiche flache Lagune von höchſtens
248 Das ungefaltete Land des Oſtens.
34 m Tiefe und 23—24 Waſſertemperatur. Auch ſonſt iſt die Pampa namentlich in dem
Gebiete zwiſchen dem Colorado und der Sierra de Cordoba mit ungezählten Lagunen be—
deckt, gewöhnlich Salzſümpfen und Salinen, die vielfach Salzkruſten auf dem Boden und
an den Rändern ausſcheiden. Die Sümpfe, Ciönegas, erweitern ſich in der Regenzeit oft
zu großen Lagunen, ſo daß das Land dann mit Waſſer weithin bedeckt iſt, vor allem am Fuße
der Sierra de Cördoba. Reichere Bewäſſerung findet ſich ſonſt nur in der unmittelbaren
Nähe des Paranä und in dem Sumpfgebiet zwiſchen ihm und dem Mar Chiquita. Süd—
lich des Rio Salado erreichen der Arroyo Azul und andere das Meer nicht mehr, aber der
kleine Saladillo ſcheint ſich früher in der Kette der Lagunen Epecuen, Monte und Arbolito
weiter ins Innere ausgedehnt zu haben.
Die ſüdweſtliche Pampa. Südweſtlich der Linie Mar del Plata Villa Mercedes
erſtreckt ſich die ſüdweſtliche, trockenere, abflußloſe, 200—500 m hohe Pampa. Sie bildet
einen Übergang zu den patagoniſchen Hochflächen und enthält neben der Tosca bereits Sand—
ſtein. Die Bewäſſerung iſt gering; erwähnenswert iſt nur der Rio Quinto, der aus der Sierra
de San Luis als waſſerreicher Fluß heraustritt, aber bald auf der Pampa in der Laguna
Amarga verſiegt, einem von frischer Vegetation und hohen Dünen umgebenen ſalzigen Becken.
In derſelben Weiſe verliert ſich der Rio Desaguadero, ein von zahlreichen Zuflüſſen aus den
Anden geſpeiſter Strom, mit dem Tunuyan in Sümpfen vor der Laguna Bebedero. Weiter
verſchwinden der Diamante und der Atuel unter dem Namen Salado im Süden des 36. Grades
in einer Kette kleiner Salzſümpfe. Erſt in ihrer Verlängerung finden wir einen Fluß, der das
Meer erreicht, nämlich den in den Colorado laufenden Rio Chadi Leufu, der den Lago Urre
Lafquen durchſtrömt, nach anderen Angaben aber den Colorado auch nicht erreicht. Im all—
gemeinen iſt die Pampa in dieſen Gegenden eine öde, einförmige, faſt waſſerloſe und wüſten—
hafte Steppe ohne kräftigen Baumwuchs, deren tiefere Teile zahlreiche Lagunen, Salzſümpfe,
die Laguna Colorada Grande und Blanca Grande, die Salinas Chicas, einnehmen. Süd—
lich der Ortſchaft General Acha bei Hucal und Epupal beſteht die Pampa aus einem Wechſel
von 300 m hohen Tafeln und dazwiſchenliegenden 130250 m hohen graſigen Eroſionstälern.
Dieſe ſind nach J. v. Siemiradzki 2—7 km breit, bis 170 m tief in das hohe Plateau ein-
geſchnitten, von Sanddünen bis zur Hälfte erfüllt und abflußlos. Zwiſchen den Dünen haben
ſich kleine, meiſt ſalzige Seen gebildet, und auch einzelne Süßwaſſerquellen ſind vorhanden.
Die ſüdöſtliche Pampa trägt einen ähnlichen Charakter wie die ſüdweſtliche, aber
in gemilderter Form. Außerdem enthält fie eine Reihe von kleinen, nicht hohen Gebirgs—
zügen, die Pampinen Sierras; meiſt überſteigen ſie nicht 500 m Höhe, gelegentlich 800,
in der Sierra de la Ventana 1200. Sie ſind als äußerſte ſüdliche Ausläufer der braſiliſchen
Maſſe anzuſehen und beſtehen wie dieſe aus ſehr alten Ablagerungen, nämlich nach Döring,
Valentin und Hauthal aus einem Kern von Granit und Gneis, alſo einem kriſtalliniſchen
Sockel und einer Auflagerung von Sedimenten unbekannten, vielleicht frühpaläozoiſchen
Alters, Dolomiten, Quarziten, Sandſteinen und Konglomeraten ohne jegliche Foſſilien. Das
Ganze iſt ſcharf gefaltet und nach Weſten geneigt. Oben darauf liegt Löß und glaziales
Konglomerat. Man unterſcheidet drei von Nordweſten nach Süden gegen die Küſte ziehende
Rücken. Den nördlichſten bilden gegen Mar del Plata zu die Sierra de Azul, die Sierra
Olavarria, die 450 m hohe Sierra de Tandil und die 270 m hohe Sierra del Volcan.
Der nordweſtliche Teil dieſer Gebirge, die Sierras Baja und Chica bei Hinojo und Olavarria,
beſtehen aus devoniſchen Marmoren, darüberlagernden grauen Quarziten und ſchwarzen
Die La Plata-Länder: Die Pampa. 249
Kalkſteinen, zwiſchen denen rote Granite durchſetzen. Die zweite, von der vorigen durch eine
300 m hohe Pampa und an der Küſte durch das öde Huecuvu-Mapu, Land des Teufels, ge-
trennte Gebirgsmauer iſt die Sierra Ventana (1200 m) mit ihren Fortſetzungen, der Sierra
de Pillahuinco und der Sierra de Curumalän, wilde, felſige, faſt kahle Gebirge aus Gneis
und grauem Quarzit. Ein dritter Zug von Gebirgen verläuft nördlich des Rio Urre Lafquén
in Geſtalt der Sierra Lihuel Calel mit ihren Nebengliedern Caleu-Cö und Cochi-Cö ſo⸗
wie der Sierra Chica. Dieſe Gebirge ſind 600-700 m hohe Granitporphyrrücken, mit wilden
Spitzen und maleriſchen Gipfeln, waſſerreichen, graſigen Tälern und nackten Felſen. Über⸗
haupt ſind die Formen dieſer Gebirge ſchroff und eigenartig, wie der Name Sierra de la
Ventana, Fenſtergebirge, bereits vermuten läßt; ihre Vegetationsdecke iſt gering; die Sierra
Ventana iſt geradezu wüſt und öde, faſt völlig nackt und baumlos (Tafel 11, Abbildung 2).
Weſtlich des 65. Meridians und nördlich des 36. Breitenkreiſes geht die obere Pampa
allmählich in die inneren Hochebenen Argentinas über (vgl. S. 320). Ganz beſonders
jenſeits des Rio Salado verſchwinden die Lagunen, und ſchon vor dem Fluſſe dehnt ſich eine
der berüchtigten Traveſias, die Traveſia de Puntana, mit vollſtändigem Wüſtencharakter aus.
Dieſer iſt auch noch bis gegen Mendoza zu verfolgen, denn die Traveſia del Tunuyan und das
Land ſüdlich von San Luis ſind klaſſiſche Länder der Inlandsdünen und Flugſandhügel.
Klimatiſch iſt die Pampa das am beſten bekannte Gebiet der Republik, da jetzt mehr
als 100 meteorologiſche Stationen über ſie verteilt ſind. Gelegen zwiſchen 30 und 40° der
Breite, erfreut ſich die Pampa eines geſunden ſubtropiſchen Klimas, für das Trockenheit und
ſtarke Temperaturſchwankungen bezeichnend ſind. Dieſe nehmen von der Küſte gegen die
Kordillere und von Norden nach Süden zu, wie folgende Tabelle zeigt:
e ee ae, eee es
Cördoba (437 m) 10650 22,90 9,90 13,00 704
Rosario (29 W 5 li. 17,20 24,70 1 15,10 921
Rio Cuarto (436 m)) 16,4 23,00 9,00 14,0° 752
Buenos Aires (22 m) . . 16,60 23,10 10,10 13,00 930
Mar del Plata (17 m) 13,60 19,60 7,90 11,70 690
Tandil (175 m) 14,40 21,20 7,90 13,30 790
General Ada (221m). . 14 22,70 7,20 15,50 498
Bahia Blanca (15 m ) 14,60 22,50 7,50 15,00 530
Die Küſtenſtationen Buenos Aires, Mar del Plata und Bahia Blanca haben alſo geringere
Schwankungen als die in ähnlicher Breite gelegenen Orte Tandil, Rio Cuarto, Roſario, General
Acha. Ihre wärmſten Monate, meiſt Januar, ſind kühler, ihre kühlſten Monate, im Norden
Juni, im Süden Juli, in Mar del Plata Auguſt, ſind wärmer als die entſprechenden Monate
der Inlandſtationen. Die Extreme erreichen in Buenos Aires und Mar del Plata 39,5“ und
—5,00 (— 5,40), in Bahia Blanca 41,20 und —5, 20, dagegen im Inlande in Roſario 44,0“
und —7,8e, in Cördoba 43,70 und —8,9°, in Tandil 41,0 und —8, oe, in General Acha ſogar
43,50 und —9,2°. Im Inneren treten regelmäßig Wintertemperaturen auf, die an der Küſte
nicht erreicht werden. Immerhin ſind auch an dieſer Temperaturen unter Null nicht ſelten,
und anderſeits ſind die Sommermonate ſchon hier heiß, im Inneren oft ſehr heiß.
Die Niederſchläge ſind gering, an der Küſte aber höher als im Inneren, wie Buenos
Aires mit 930 gegen Rio Cuarto mit 752, Roſario mit 921 gegen Cördoba mit 704, Bahia
250 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Blanca mit 530 gegen General Acha mit 498 zeigen. Man erkennt aber auch eine Zunahme
der Trockenheit gegen Süden von Buenos Aires mit 930 über Mar del Plata mit 690 nach
Bahia Blanca mit 530 mm. Die Niederſchläge fallen in den nördlichen Teilen der Pampa
in den Monaten November bis Februar, alſo im Sommer, wie Cördoba zeigt, das von 768 mm
in dieſen Monaten 446, — 57 Prozent, erhält, während der Juni und Juli nur 13 mm empfan-
gen, alſo faſt regenlos ſind; der Typus der Jahreszeiten iſt alſo noch ganz tropiſch. Aber
ſchon in Roſario und Rio Cuarto iſt neben dem Dezember der März der regenreichſte Monat,
ſo daß eine Annäherung an Herbſt- und Frühjahrsregen ſtattfindet. November bis März
empfangen in dieſen Orten 58 und 70 Prozent allen Regens. Noch mehr tritt das in Buenos
Aires hervor, wo die regenreichſten Monate März mit 118, Dezember mit 99 und Oktober
mit 92 mm ſind, die Monate Oktober bis März 58 Prozent der Jahresſumme bringen und
auch die Wintermonate Juni bis Auguſt noch 184mm, = 20 Prozent, erhalten. Die Tendenz
der Verteilung des Regens über das ganze Jahr wird noch ſtärker in Tandil, Azul, General
Acha, Mar del Plata und Bahia Blanca, doch iſt überall der März noch der regenreichſte
Monat. In Bahia Blanca fallen im Herbſt 153, im Frühling 151, im Sommer 146 mm,
alſo faſt gleichviel, und nur der Winter iſt mit 80 mm, — 15 Prozent, regenärmer.
Unter den klimatiſchen Erſcheinungen der Ebenen iſt der Pampero die bekannteſte.
Dieſer kühle Südweſtwind weht, wenn Barometermaxima ſich über der Pampa bilden und
nordwärts wandern, und wechſelt ſchroff mit dem warmen, im Inneren erſtickend heißen
Nordwind Zonda; daher ſind im Inneren des Landes Temperaturſprünge häufig. Reif iſt
ſehr allgemein im Winter, Eis ſeltener, doch zerſtören Nachtfröſte zuweilen die Vegetation
auch in Buenos Aires, alſo an der Küſte. Hagel fällt nicht oft, Gewitter nehmen nach Süden
hin an Zahl raſch ab. Schnee fällt im ganzen Süden, in Buenos Aires ſehr ſelten.
Die Pampa iſt ein einförmiges Grasland (Tafel 10, Abbildung 4). Dennoch ſind die
dieſes bildenden Gräſer nicht überall dieſelben. Im Norden nehmen beſonders Arten von
Festuca, Poa, Agrostis, Stipa, Paspalum, Panicum, Andropogon daran teil, während Kom—
poſiten, Euphorbiazeen, Solanazeen, Verbenazeen und Malvazeen die Kräuter ſtellen.
Im Süden herrſchen Stipa-, Melica-, Paspalum- und Andropogon-Arten, gemiſcht mit
Kräutern und Stauden aus den Familien der Verbenazeen, Portulazeen, Malvazeen,
Euphorbiazeen und Kompoſiten; Blumenſchmuck aber iſt im ganzen ſelten, nur an höher
gelegenen, buckelförmig gewölbten Stellen trifft man dichte Teppiche mit bunten Blumen,
Verbenazeen oder von der Portulaca grandiflora, die ein kräftiges Karminrot zeigt. Zur
Trockenzeit iſt im allgemeinen die Steppe kahl, gelb und trocken, an den Lagunen und Flüſſen
aber hält ſie ſich auch in der Trockenzeit friſch. Die zahlreichen Lagunen der Pampa umkränzen
üppiges Sumpfgras, Gynerium, Binſen und vielfach auch Bäume, während die Salinen
von einer Halophyten-Vegetation umgeben ſind.
Ferner kommen in den Niederungen der gewellten Pampa Gebüſche vor, die ge—
legentlich in Buſchwald und im Norden in Trockenwälder übergehen. Sie werden nördlich
des Breitenkreiſes von Roſario häufiger und erſtrecken ſich auch noch von Soledad nahe dem
Salado bis nach Reduccion am Rio Cuarto, jo daß man auf dem Wege von Santa FE nach
Cordoba weit weniger Grasland zu überſchreiten hat als auf der Strecke von Roſario oder gar
von Buenos Aires nach Cordoba. Am Rio Tercero nimmt die Gegend von Fraile Muerto an
einen vom Grasland abweichenden Charakter an, holzige Gebüſche erſcheinen, werden nach
Norden hin allmählich höher und verſchwinden erſt wieder in der Nähe der Salinas Grandes.
Die La Plata-Länder: Die Pampa. 251
Wo die Gebirgswäſſer auf der ſonſt trockenen oberen Pampa bei Cördoba Leben ſpenden,
da tritt ſogleich der Algarrobo-Baum (Prosopis duleis) mit ſeiner durchbrochenen Belaubung
auf. Weiden, immergrüne Laurineen, verwilderte Orangen- und Pfirſichbäume, dazu der
Ombu (Picurnia dioica), der in der Grasſteppe ſeines raſchen Wachstums wegen geſchätzt
wird, ſind die bekannteſten Bäume (Tafel 10, Abbildung 4). Auch vier Palmen kommen in
den öſtlichen und nördlichen Pampas vor: die höchſtens 9 m hohe Pindopalme am La Plata,
die Vataypalme (Cocos yatay) in Entre Rios und zwei kleine Trithrinax- Arten von höchſtens
9m Höhe. Wo die Palmen zu Ende gehen, erſcheinen die von G. Niederlein als beſondere
Vegetationsformation angeſehenen Talawaldungen, deren wichtigſte Glieder der Talabaum
(Celtis Tala) von 8 m Höhe und der doppelt mannshohe Sambucus australis ſind. Dieſe
Waldungen treten in ſehr verſchiedener Ausdehnung auf und bringen einige Abwechſelung
in die ſo einförmige Landſchaft. Weiter im Süden, bei General Acha, umgeben Gynerium—
beſtände die Lagunen, und dichtes Geſtrüpp von Prosopis-, Berberis- und Juniperus- Arten
wird von 10 m hohen Algarrobo-Bäumen durchwachſen, aber nach J. v. Siemiradzki immer
nur auf dem Boden der Täler. Die benachbarten höheren Ebenen tragen nicht einmal mehr
Diſtelflecke und Kleefelder, ſondern nur violett blühende Gräſer, verkrüppelte Mimoſen und
Kräuter. Im übrigen durchdringen ſich Steppe und Wald in der Art, daß Lichtungen der
Pampa in die Wälder eingreifen und wiederum Waldinſeln auf der Grasebene erſcheinen.
Die Pampinen Sierren enthalten meiſt nur eine ſpärliche Vegetation. In den
feuchten Schluchten wächſt das Pampasgras Gynerium argenteum, an der Sierra Ventana
die in der Pampa häufige Berberis diversifolia, eine kriechende Clematis und als höher auf—
ragende Gewächſe der Dornſtrauch Colletia longispina ſowie Cereus-Arten. Überdies erhält
die Landſchaft ihr Gepräge durch Opuntien, Echinocactus, den Chattarjtrauch, Mimojen-
ſtauden und Oxalis-Arten ſowie durch die europäiſchen Kleeſorten Medicago lupulina und
M. denticulata. In den höchſten Teilen fand N. Alboff nur noch etwa zehn Pflanzenarten,
und auf der Sierra Lihuel Calel bemerkte J. v. Siemiradzki kaum etwas anderes als einen
weißblühenden ſtacheligen Cereus.
In der Gegend von San Luis und Villa Mercedes beginnt eine allmähliche Verände—
rung der Pflanzendecke: auf die Graspampa folgen am Rio Cuarto halbſterile Flächen und
Sandwüſte, und jenſeit des Desaguadero erſcheint in der Traveſia del Tunuyan eine völlig
gleichmäßige, ſanft gegen die Kordillere aufſteigende Salzſteppe mit vollkommenem Mangel
an Baumwuchs, fettigem, tonigem, faſt weißem Boden und kräftig auswitterndem Salz.
Nutzpflanzen. Durch die Einführung europäiſcher Nahrungspflanzen und Frucht-
bäume hat die Pampa einen anderen floriſtiſchen Charakter erhalten. Früher ein ödes Jagd-
gebiet für Indianer, iſt ſie durch die Einfuhr von Schafen, Rindern und Pferden ein blühendes
Viehzuchtgebiet mit anderem landſchaftlichen Charakter geworden. An die Stelle der ur-
ſprünglichen Vegetation ſind weite Strecken einer violett blühenden Kleeart und Gebüſche
übermannshoher buntblätteriger Diſteln getreten. Die Gegend iſt nach J. v. Siemiradzki
„überall ohne jegliche Unterbrechung von Drahtzäunen (alambrados) begrenzt, ein Beweis,
daß jeder Landfleck ſeinen Eigentümer beſitzt; Menſchen ſieht man jedoch außer in der un—
mittelbaren Nähe der Städte äußerſt ſelten; man begegnet nur unzähligen Herden von
Schafen, Pferden und Hornvieh, auch viele Strauße (Rhea americana) werden gezüchtet“.
Die wichtigſten Nutzpflanzen ſind in den Eſtancias (Tafel 10, Abbildung 4) Luzerne, Weizen
und Mais, dann Lein; auch werden Gemüſe und Fruchtbäume zahlreich gezogen, und
252 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Anpflanzungen von Eukalyptus, Weiden und Pappeln geben dem Lande einen fremden
Anblick. Anderſeits haben europäiſche Unkräuter, beſonders Diſteln, weite Strecken der
Pampa eingenommen und ihren urſprünglichen Vegetationscharakter ganz verändert.
Die Tierwelt. Das Charaktertier der Pampa iſt die Vizcacha, da ſie weſtwärts nicht
über den Rio Cuarto, ſüdwärts nicht über den Colorado hinauskommt, ein Nagetier von der
Geſtalt, aber bedeutenderer Größe als unſer Kaninchen, daneben die Erdeule Strix oder
Athene cunicularia, eine weiß und braun gefleckte Eule ohne Ohren, nicht viel größer als eine
Dohle. Häufig ſind auch der ſchwarze Aasgeier (Cathartes urubu) und ein Chimango genannter
Falke (Milvago chimango), der auf Feldern und Grasland ſo verbreitet iſt wie die Krähen
in Deutſchland. Der Strauß, Aveſtruz (Rhea americana), durchſtreift die Grasländer in
Trupps von 15 bis 20 Stück, wird aber von der Kultur immer mehr verdrängt.
Naturgemäß findet in meridionaler Richtung eine Veränderung in der Tierwelt der
Pampa ſtatt. In den nördlichen ſubtropiſchen Teilen der Steppe erſcheinen andere
Tiere als im Süden, und die Lagunen haben eine andere Tierwelt als das trockene Grasland.
Am Nordrand und in der Mitte der Pampa kommen noch Papageien, Spechte und Kolibris
vor, ferner eigenartige Sänger und Hühner-, ſeltener Sumpf- und Waſſervögel. An den
Wegen leben in Gebüſchen die Cachelotte (Anabates unirufus), ein Specht (Colaptes australis)
und der ſchöne gelbe Kardinal (Gubernatrix cristatella), und die Viehherden werden be—
gleitet von dem bei ihnen Nahrung ſuchenden Chopi-Vogel, dem Tordo, d. i. Droſſel, der
Gauchos, Molothrus sericeus. Im Südweſten beginnt die Bizcacha in den höheren Teilen
der Pampa ſüdlich vom Rio Cuarto zu fehlen, findet ſich aber noch in der unteren Pampa,
namentlich in den Eroſionstälern der Gegend um General Acha. Hier iſt das Hauptfeld des
Pampashaſen (Dolichotis patagonica), hier treffen die Vizcacha und ihre Begleiterin, die
Erdeule, mit dem patagoniſchen Nager Tucutuco (Ctenomys magellanicus) zuſammen, und
die Vögel und Inſekten ſind zahlreich. Von Raubtieren findet man den Fuchs Canis azarae
und die wilde Katze Felis pajeros ſowie den Puma. Auf der trockenen Steppe begegnet man
dem Steppenhirſch (Cervus campestris) und dem patagoniſchen Huanaco, dem Strauß,
kleinen Raubvögeln und dem Pampashuhn, Martineta (Eudromia elegans). Auch die Pam—
pinen Sierren haben noch ihre Fauna, die Sierra Lihuel Calel namentlich das hier ganz zum
Bergtier gewordene Huanaco, den Steppenhaſen, das Gürteltier Praopus hybridus und den
Nager Ctenomys magellanicus, nicht aber die Vizeacha; von Vögeln finden ſich Raubvögel,
auch die Eule Athene cunicularia. Im Inneren, namentlich gegen die Kordillere hin, erſcheint
auch das ſonderbare Mantelgürteltier oder der Schildwurf, Pichy ciego (Chlamydophorus
truncatus). In der Gegend von Mendoza beginnt die Zahl der Waſſervögel ſich zu lichten,
da die Trockenheit zunimmt, während die Gebirgsvögel, wie der Kondor, gelegentlich das
tiefere Land überfliegen. Aber auch die Säugetiere werden ſeltener, ſelbſt Hirſche und Rehe
fehlen auf den öden, braunen, oft ganz grasloſen Fluren.
Die Bevölkerung. Wie die Vegetation der Pampa, ſo iſt auch ihre urſprüngliche
Bevölkerung im Laufe des 19. Jahrhunderts verändert und verdrängt worden. Die Ur-
bevölkerung waren die Puelche oder Pampasindianer, die ein Übergangsglied zwiſchen den
Chacoſtämmen und den Patagoniern bildeten. Sie ſind um 1880 endgültig im Süden über
den Rio Negro, im Norden über den Salado getrieben worden. Noch im Jahre 1860 kamen
Einfälle der nördlichen Pampasindianer bis in die Mitte der Pampa vor, und 1878 gab
es auch im Süden noch Grenzkämpfe. Die raſch vorſchreitende Beſiedelung veranlaßte daher
Die La Plata-Länder: Die Pampa. 253
1879/80 den Kriegszug des Generals Roca gegen die patagoniſchen, 1881/82 den des Generals
Victorica gegen die Chacoſtämme. Seitdem nun im Norden wie im Süden das Land durch
eine Reihe von kleinen Forts geſchützt wurde, gibt es keine unabhängigen unziviliſierten In⸗
dianer mehr in der Pampa, und auch die Zahl der angeſiedelten iſt gering, da ſeit der früheſten
Beſiedelung eine Vermiſchung zwiſchen den Ureinwohnern und den Spaniern eingetreten iſt,
die zur Entſtehung der eigenartigen Miſchbevölkerung der Gauchos Veranlaſſung gegeben hat.
Die Gauchos waren Nachkommen von Spaniern und eingeborenen Weibern. Von
den ſpaniſchen Soldaten hatten ſie nach H. Burmeiſter „das wilde, ungebundene Treiben,
die Luſt und Neigung zur ſoldatiſchen Haltung, den Hang zur Beſchäftigung mit Pferden
und den Abſcheu vor der mühſamen Feldarbeit des Landbauers ererbt“. Ihre Brauchbar—
keit im Kriegsdienſt machte ſie zum Kern der Kavallerie Argentinas. Heute ſind ſie faſt ver—
ſchwunden und vor dem Ackerbau ins Innere zurückgewichen.
Die Städtebewohner gleichen dem allgemeinen Typus der Spaniſch-Amerikaner,
doch überwiegt in den Städten der Pampa das europäiſche Element mehr als in anderen
Teilen Südamerikas. Das iſt die Folge der ſtarken europäiſchen Einwanderung, die ſich faſt
ausſchließlich nach den geſünderen, gemäßigteren Teilen Argentinas richtet. Sie iſt ſo mächtig,
daß die Argentina faſt des Charakters ſüdamerikaniſcher Staaten beraubt worden iſt und mehr
einen europäiſchen Anſtrich erhält. Namentlich die Italiener haben eine ſo bedeutende Kopf—
zahl, daß die großen Hafenſtädte der Pampa, Buenos Aires und Roſario, bereits mit dem
italieniſchen Element rechnen müſſen; aber auch das flache Land, beſonders in Santa Fe, erhält
mit der Zeit zahlreiche italieniſche Ackerbaukolonien, und an der Südgrenze der Pampa ſitzen die
Italiener auch als Viehzüchter und überſchwemmen überdies die Landſtädte mit Kleinhänd—
lern. Die Geſamtzahl der Bewohner der Pampa darf man auf annähernd 4600000 anſetzen,
und zwar nehmen daran teil Buenos Aires mit 3200000, die Gobernacion Pampa mit etwa
90000, Santa Fe mit 840000 Bewohnern, endlich große Teile von Cördoba und kleine von
San Luis und Santiago del Eſtero mit annähernd 415000 Menſchen. Daher fallen von der
Geſamteinwohnerzahl der Argentina, 7 Millionen, etwa 4½ Millionen auf die Pampa.
Die Volksdichte iſt im allgemeinen noch gering, nämlich etwa 7; im Oſten, um Buenos
Aires, ſehr viel höher, etwa 20—50, im Süden, in der erſt ſeit 1880 beſiedelten Gobernacion
Pampa weit ſchwächer, noch nicht 1, in den älteren Provinzen Cördoba und Santa FE 10—3.
Sie erhöht ſich überall da beſonders ſtark, wo an die Stelle der Viehzucht der Ackerbau tritt.
Wenn auch die Volksmenge in der Pampa noch gering iſt, ſo ſind doch einige ihrer Städte
alt. Die Beſiedelung erfolgte einerſeits vom La Plata aus, anderſeits von Chile her. 1535
wurde durch Pedro de Mendoza die Stadt Nueſtra Serra de Buenos Aires gegründet,
1573 Santa Fé und Cördoba. Buenos Aires mußte zwar 1537 ſchon wieder aufgegeben
werden, blieb aber ſeit ſeiner zweiten Gründung (1580) durch Juan de Garay dauernd be—
ſtehen und entwickelte ſich allmählich zum bedeutendſten Hafen der La Plata-Staaten und
neuerdings zu einer modernen Millionenſtadt, zur größten Stadt Südamerikas. Um 1870
hatte die Stadt 120000, 1895: 650000, 1902: 850000, 1912 etwa 1400000 Einwohner; damit
iſt ſie die zweitgrößte der romaniſchen Raſſe. In der Tat beſteht ihre Bevölkerung großen—
teils aus Romanen, teils Argentinern ſpaniſcher Abkunft, teils Spaniern, und etwa 300000
Italienern. Nachdem ſie in den letzten Jahrzehnten raſch mit ihren Vororten Belgrano,
Barracas, Alſina zuſammengewachſen, iſt ſie in ihrem unteren, am Fluſſe gelegenen Teil eine
ältere Handelsſtadt mit ziemlich engen Geſchäftsſtraßen, in denen das Leben faſt ſo ſtark
254 Das ungefaltete Land des Oſtens.
flutet wie in London oder in New Pork. Die äußeren Teile dagegen ſind breit angelegt
und enthalten vielfach noch einſtöckige Häuſer. Glänzende öffentliche Gebäude, wie der
Parlamentspalaſt, zahlreiche zum Teil ſchöne Plätze, wie die Plaza 25 de Mayo und die
Plaza Victoria, Boulevards, wie die Avenida de Mayo, der Paſeo Colon, Standbilder
von Bolivar, San Martin, Garibaldi, der Obelisk mit der Statue der Freiheit ſchmücken
die Stadt. Sie beſitzt aber auch öffentliche Gärten, wie den prachtvollen Palermo—
Park, den Zoologiſchen und den Botaniſchen Garten. 1909 hatte ſie bereits über 100 Linien
der elektriſchen Straßenbahn, einige 20 Theater, wohlgepflegte Markthallen, großartige
Banken, wertvolle wiſſenſchaftliche Anſtalten, wie die Univerſität, Kliniken und andere
mehr. An Kirchen zählt die Stadt neben der von 1621 ſtammenden Kathedrale etwa 20
andere, und auf den Kirchhöfen finden ſich ganze Reihen impoſanter Denkmäler. Mangel⸗
haft ſind noch die Bahnhöfe, ungenügend auch die Hafenanlagen, die dem rieſig wachſenden
Verkehr nicht mehr entſprechen.
Eine durchaus künſtliche Schöpfung iſt dagegen La Plata, die Hauptſtadt der Provinz
Buenos Aires (Tafel 11, Abbildung 3). Sie wurde erſt 1882 im Südoſten von Buenos Aires
gegründet und iſt im weſentlichen eine Stadt der Beamten, der Gelehrten und der Verwaltung.
Große Muſeen mit vorzüglichen Sammlungen, breite, ſchöne Straßen und Plätze, viele aus-
gezeichnete öffentliche Gebäude vermögen aber nicht über die Tatſache zu täuſchen, daß La
Plata wenig Leben, Handel und Verkehr hat; immerhin wird die Einwohnerzahl auf 95000
angegeben. Im übrigen ſind die Städte der Provinz Buenos Aires klein, da die Hauptſtadt
ſie nicht aufkommen läßt. So ſind Mercedes an der Weſtbahn (15000 Einwohner), Chivilcoy
(15000 Einwohner) und Campana, dieſes am Parana, zu nahe an Buenos Aires gelegen,
um ſich raſcher entwickeln zu können, und ähnlich geht es wohl auch Pergamino und Junin im
Weſten, Azul, Tandil und Chascomus im Süden, während Mar del Plata als vornehmes
Seebad Ausſicht auf Wachstum hat. Aber erſt Bahia Blanca liegt weit genug von
Buenos Aires entfernt und zugleich ſo günſtig, daß es wegen der raſch zunehmenden Be—
ſiedelung der Pampa ein zweites großes Handelszentrum geworden iſt. Schon 1908 hatte
es eine Ausfuhr von 211 Millionen Mark in Wolle und Weizen, Mais, Häuten, Talg,
Haaren, Knochen, Kleie, Mehl und Straußenfedern. So hat es ſich denn auch von 13000 Ein-
wohnern um das Jahr 1895 auf 35000, als Gemeinde 60000, im Jahre 1910 gehoben. Als
Hauptort und Haupthafen der ſüdlichen Pampa hat Bahia Blanca eine große Zukunft. Die
wichtigſte Siedelung im Inneren der Gobernacion de la Pampa iſt General Acha.
Ahnlich wie Bahia Blanca hat auch Roſario gegenüber Buenos Aires Selbſtändigkeit
zu erlangen vermocht. Es iſt der Hafen der nördlichen Pampa und kann von Seeſchiffen noch
erreicht werden. Während die übrigen Häfen am Paranä, Campana, San Pedro und San
Nicolas (20000 Einwohner), nicht ernſtlich gewachſen ſind, hat das 1725 gegründete Roſario ſeit
Eröffnung der Dampfſchiffahrt einen großen Aufſchwung genommen, ſo daß es 1887: 50000,
1912 aber 209000 Einwohner zählte. Es iſt weſentlich Handels- und ſeit einigen Jahren auch
Induſtrieſtadt mit ſtarker Ausfuhr in Weizen, Mais, Lein, Häuten, Wolle, Quebracho und
Mehl; auch gibt es Eiſengießereien, Bierbrauereien, Gerbereien, ſehr große Mühlen, Korn-
elevatoren und Zuckerfabriken. Um 1910 kamen etwa 1200 Dampfer an die Stadt.
Fruchtbares Ackerland an der Grenze der Pampa und des Chaco ſowie reiche Bewäſſe—
rung durch Arme des Paranä und des Salado haben Santa FE neuerdings zu einer Stadt
von 50000 Einwohnern gemacht. Seit 1651 in die Sümpfe zwiſchen den genannten Flüſſen
Die La Plata-Länder: Die Pampa. 255
verlegt, wuchs Santa FE wegen der Indianergefahr nur langſam und hat erſt ſeit Zurück—
drängung der Chacoſtämme Leben gewonnen. Aderbau- und Induſtrieerzeugniſſe find die
Erwerbsquellen ſeiner Bewohner. Dagegen konnte die Pampa im Weſten und Norden von
Santa FE erſt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ernſtlich beſiedelt werden. Weſtlich
der Stadt entſtanden ſeit 1856 Ackerbaukolonien, darunter Eſperanza und Rafaela, während
von Cördoba aus die Täler des Primero und Segundo mit Siedelungen wie Santa Roſa,
San Francisco, Concepcion beſetzt wurden. Am Rio Tercero liegen Villa Nueva und Villa
Maria, weiter abwärts Belleville oder Fraile Muerto; am Rio Cuarto, im Mittelpunkt reichen
Ackerbaues, die gleichnamige Stadt mit 15000 Einwohnern.
Am wichtigſten iſt aber die ſchon 1573 gegründete Randſtadt Cördoba an der Grenze
der Pampa und des Gebirges geworden. Schon 1699 Biſchofsſitz, wurde Cordoba bald der
Mittelpunkt kirchlicher Beſtrebungen und iſt daher reich an Kirchen und Klöſtern. Auch durch
wiſſenſchaftliche Tätigkeit hat es ſich von jeher ausgezeichnet, und noch heute iſt es der Sitz
einer Nationalakademie und Univerſität, in der beſonders die ſeit 40 Jahren dort lebenden
deutſchen Profeſſoren der Naturwiſſenſchaften Glänzendes geleiſtet haben, jo daß die Uni-
verſiät von Buenos Aires bei weitem überſtrahlt wurde. Außerdem iſt Cördoba eine lebhafte
Handels- und Induſtrieſtadt geworden, da die Provinz eine der wichtigſten der Republik iſt.
So hat denn Cordoba um 1900: 60000, 1912 faſt 100000 Einwohner erreicht. — Auch Villa
Mercedes am Südende der Sierra de Cordoba iſt eine weſtliche Randſtadt der Pampa.
Wirtſchaftliche Verhältniſſe. Die Pampa iſt nicht nur geographiſch, ſondern auch
wirtſchaftlich der Kern der La Plata-Länder. Ihrer Lage unter den Subtropen entſprechend,
iſt ſie ein Grasland und demgemäß in erſter Linie für die Viehzucht geeignet. In der Tat
beruht die argentiniſche Wirtſchaft in erſter Linie auf der Viehzucht. Dieſe hat einen gewaltigen
Aufſchwung genommen, wie aus nachſtehender Tabelle hervorgeht:
Schafe (1895) Rinder (1895) Pferde Viehſtand in Mill. Mk. (1908)
Provinz Buenos Aires. . 53000000 7500 000 1675000 1324
Provinz CördobkKn nm 2 600 000 2000 000 583 000 234
Provinz Santa e. 2000 000 2 300 000 405.000 219
Gobernacion Pampa. 5300000 500 000 220 000 74
Zuſammen: 62900000 12 300 000 2 883 000 1851
Demgegenüber ergab die Viehzählung von 1908 im ganzen Lande 67200000 Schafe,
29117000 Rinder und 7531000 Pferde. Die Zahl der Schafe hat daher allerdings in den
13 Jahren von 1895 bis 1908 nicht viel zu-, ſondern eher abgenommen, da 1895 im ganzen
Lande 74400000 Schafe exiſtierten. Dagegen iſt die im weſentlichen auf die Pampa be—
ſchränkte Rinderzucht von 12,3 auf 29,1 Millionen Rinder gewachſen, und auch die Zahl der
Pferde hat ſich faſt verdoppelt, von 4445000 auf 7531000. Ebenſo ſtieg die der Schweine von
653000 auf 1403000. Außerdem iſt die Pampa jetzt reich an Straußenfarmen, die man
ſchon auf der Fahrt von Buenos Aires nach Mendoza von der Bahn aus gelegentlich zu
Geſicht bekommt. Naturgemäß wird die Viehzucht vorwiegend auf Einzelhöfen betrieben,
ausgedehnten, durch Stacheldrahtzäune eingefriedigten Eſtancias (Tafel 10, Abbildung J).
Allmählich hat ſich aber auch der Ackerbau entwickelt, ſo daß dieſer jetzt für die Aus—
fuhr die Viehzucht ſchon faſt überwiegt. Er muß an ſehr vielen Orten freilich mit künſtlicher
Bewäſſerung betrieben werden, erzielt aber geradezu glänzende Ergebniſſe und hat einen
rieſigen Aufſchwung genommen, wie folgende Tabelle zeigt:
D
or
O
Das ungefaltete Land des Oſtens.
Bepflanzung in Hektar.
1
Jahr | Roggen | Weizen Mais Lein Luzerne Hafer
Buenos Aires . . 1895 — 368000 | 609000 64 800 161 000 —
Cordsbn . 1895 — — 95000 36 000 198000 —
Santa e 1895 — 1030000 | 186000 | 266 600 134000 —
Gobernacion Pampa. 1895 — — 2 765 — — —
Buenos Aires 1908/09 54500 2152 900 | 1470000 | 442000 | 1650000 1 040 600
Gas 1908/09 13000 2050 000 | 250000 | 450000 1350 000 30 000
Seils F 1908/09 6500 1037240 820000 | 660000 760 000 35 000
o 1908/09 15000 902 800 59000 30 000 320 000 80 000
Die Anbaufläche von Mais ſtieg alſo von 1895 bis 1908/09 von 893000 auf 2599000 ha, alſo
faſt um 200 Prozent, die von Luzerne auf 4 Millionen, im ganzen Lande von 700000 auf
4,7 Millionen, alſo um faſt 700%. Die Geſamtſumme des bebauten Landes betrug in
Hektar 1908/09 in Buenos Aires 3525000, in Cordoba 1678000, in Santa TE 2014400
und in Pampa 370000. Da zu dieſer großen Ackerbauzone nur noch Entre Rios mit 565000 ha
gehört, ſo beſtreiten die Pampaprovinzen zum mindeſten drei Viertel allen Ackerbaues.
Cördoba iſt wegen ſeines künſtlichen Futterbaues die wichtigſte Erzeugerin von Luzerne,
Santa FE wegen des Waſſerreichtums die von Lein; Gerſtenfelder gibt es beſonders in
Buenos Aires, Erdnüſſe (Mani) kultiviert Santa Fe, Tabak Cordoba, Kartoffeln Buenos
Aires und Santa Fé. Das Zuckerrohr gedeiht in den Pampaprovinzen kaum noch außer in
Santa Fé, die Rebe dagegen in Buenos Aires, in Cördoba und in Santa Fe. Beträchtlich
iſt der Anbau von Bohnen, Erbſen, Linſen, Bataten, Maniok, endlich Gemüſen.
Auf dem gewaltigen Aufſchwung der Viehzucht und des Ackerbaues beruht auch der
ebenſo rieſige der Induſtrie, die wiederum hauptſächlich in den Pampaprovinzen ihren
Sitz hat. An erſter Stelle ſteht jetzt die Gefrierfleiſchinduſtrie, die auf den Ausfuhrmärkten
allmählich das geſalzene Fleiſch der Saladeros verdrängt. Von den 20 großen Frigorificos
Argentinas liegt nur die von Kemmerich in Entre Rios. Auf der Viehzucht beruhen ferner
die Milchinduſtrie, die Herſtellung von Butter und Käſe und die Verſorgung der großen
Städte, in erſter Linie der Hauptſtadt, mit Milch und ferner die Häuteinduſtrie und Gerberei.
Auf den Ackerbau ſind gegründet die Mehlfabrikation, die beſonders nach Braſilien liefert,
die Zuckerinduſtrie, z. B. in Roſario mit Zucker von Tucuman, und die Brauerei, namentlich
in Buenos Aires und Cördoba. Große Ausſichten für die Zukunft haben die Weberei, die
Quebrachoinduſtrie, vornehmlich in Santa Fe, und die erſt beginnende Großfiſcherei. Dazu
kommen die Papier-, Hut⸗, Zündholz- und Parfümfabrikation, die Anfänge einer Tertil-
induſtrie, eine bedeutende Likörfabrikation, Nudel- und Kakesfabrikation und die Her-
ſtellung von eingemachten Früchten.
Den Handel der drei Pampaprovinzen und der Gobernacion Pampa kann man faſt
mit dem Handel der Argentina überhaupt gleichſtellen, denn mit Ausnahme eines Teiles von
Entre Rios, das ſeine eigenen Häfen hat, geht nahezu der geſamte Handel des Inneren, des
Chaco und der andinen Provinzen über die Pampaprovinzen nach den in ihnen liegenden
Handelsemporien Buenos Aires und Roſario. So haben denn dieſe beiden Häfen und Bahia
Blanca zuſammen (1910) einen Verkehr von 12%, Millionen Regiſtertonnen (vgl. S. 278).
Patagonien und Feuerland: Das Land.
19
O
<I
VI. Patagonien und Feuerland.
1. Das Land.
Patagonien wird auf den Karten im Norden gewöhnlich durch den Rio Colorado be—
grenzt, doch werden wir auf S. 264 ſehen, daß ſeine Nordgrenze beſſer von Bahia Blanca
über den Lago Urre Lafquén nach dem Cerro Payén gezogen wird. Im Oſten bildet die
Grenze das Meer, im Süden die Magalhäesſtraße, obwohl auch die Inſel Feuerland großen-
teils zu Patagonien zu rechnen iſt, da ſie dieſelben Züge trägt wie dieſes. Schwieriger iſt die
Abgrenzung Patagoniens im Weſten. Hier liegt der ſüdlichſte Teil der Kordilleren, eine
wegen ihrer Faltung von dem übrigen Patagonien durchaus abweichende, überhaupt von
dieſem in jeder Beziehung vollkommen verſchiedene Landſchaft, die oft als Weſtpatagonien
bezeichnet wird, hier aber ausgeſchieden und mit den übrigen Kordilleren zuſammen be⸗
ſprochen werden ſoll. Unter Patagonien verſtehe ich im folgenden alſo nur das große Hoch—
land im Oſten der Kordillere und ſeine Fortſetzung bis hinüber nach Feuerland. Im Weſten
wird man die Randzone am Oſtfuße der Anden noch zu Patagonien, die dann folgenden
Vorberge derſelben beſſer ſchon zu der Kordillere rechnen, doch kann nicht immer vermieden
werden, auch auf dieſe Gebirgslandſchaften einzugehen.
In dieſem Umfange hat Patagonien eine Größe von 930000 qkm und 130000 Ein⸗
wohner, die ſich wie folgt verteilen:
Dilometer Einwohner Volksdichte
Gobernacion del Neuquen . . . . 105000 29000 0,8
- del Rio Negro... 206 750 34000 0,17
- del Ehdubut . . . . . 242 039 30 000 0,012
- de Santa Cruz . . . 282750 6500 0,023
- Tierra del Fuegg .. 21 490 2500 0,12
Argentiniſch: 858 029 102 000 0,12
Dazu kommt noch ein Teil chilenischen Beſitzes um Punta Arenas und im weſtlichen Feuer-
land mit etwa 70000 qkm und 30000 Einwohnern, jo daß die obengenannte Geſamtzahl er-
reicht wird. Patagonien iſt daher mehr als anderthalbmal ſo groß wie das Deutſche Reich
und nimmt von der Fläche der Argentiniſchen Republik 29 Prozent ein.
Bau und Zuſammenſetzung. Patagoniens Bau iſt noch nicht genügend bekannt.
Zwei der großen tektoniſchen Abteilungen Südamerikas können ſeinen Untergrund bilden,
nämlich die Ausläufer der braſiliſchen Maſſe und die Kordillerenketten, erſtere durch Fort-
ſetzung von der Pampa bei Bahia Blanca nach Süden, letztere durch Abzweigung von Aſten
in der Richtung nach Südoſten. Die bisherigen Funde haben aber weder für die eine noch
für die andere Anſicht eine ſichere Stütze ergeben. Angetroffen wurden Granit, Gneis,
Glimmerſchiefer, auch Porphyr und „Grünſtein“ am Senger, am Chubut und am Paſo
Alſina des Rio Colorado, ferner dunkle harte Schiefer und 800 m mächtige Sandſteine,
Sande, Tone und Konglomerate, die J. B. Hatcher dem Jura und der Kreide zurechnet.
Dieſe Sedimentgeſteine liegen aber alle noch im Bereich der Kordillere. Ebenda folgt die
San Martin⸗Reihe am Lago San Martin, am Oberlauf des Rio Chico und des Rio Shehuen
ſowie zwiſchen Puerto Deſeado und dem Gebirge, zum Teil limniſche, zum Teil äoliſche Bil—
dungen mit Reſten von Dinoſauriern.
Auf die Ablagerung dieſer Schichten folgte eine längere Landperiode mit ſtarker
Länderkunde, Süd⸗ und Mittelamerika, 3. Aufl. 17
258 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Abtragung, dann begann die Bildung jüngerer Schichten, zunächſt des Tertiärs, das
im Süden früher als im Norden die ausgefurchten Talrinnen ausfüllte. Über die Einteilung
dieſer tertiären Schichten herrſcht keine Übereinſtimmung; die argentiniſchen Geologen
nehmen eine patagoniſche, eine ſuprapatagoniſche und eine Santa Cruz-Stufe an, Hatcher
dagegen ſtellt die patagoniſchen Schichten oberoligozänen oder miozänen Alters den mittel-
bis obermiozänen Santa Cruz-Schichten gegenüber. Erſtere ſind in ihrem unteren Teile in
tiefem, in dem oberen in flacherem Waſſer gebildet, letztere find weiche, molaſſeartige Aſtuar⸗
bildungen. Über dem Ganzen liegen die Fairweather-Schichten des Pliozäns. Demnach
haben Land und Meer in Patagonien oftmals miteinander gewechſelt. Im Müttel-
tertiär bedeckte ein ſeichtes Meer ganz Patagonien, löſte ſich jedoch allmählich in eine Reihe
von Buſen und Seen auf. Während zur Zeit des frühen Pliozäns das Land wieder trocken
lag, erfolgte im ſpäten Pliozän eine erneute Überflutung: die Kordillere war ein langer
Archipel hoher Inſeln, und quer über Patagonien erſtreckten ſich Meeresſtraßen, deren einziger
Reſt heute noch die Magalhäesſtraße iſt. Alle übrigen Meeresſtraßen wurden trockengelegt
und ſind heute in Geſtalt der großen Quertäler noch erkennbar. Auch laſſen ſich lange Steil—
abfälle von etwa 100 m Höhe über das Innere verfolgen, vielleicht alte Küſtenlinien, die eine
Stufenfolge von Terraſſen abſchließen.
Wahrſcheinlich nehmen dieſe marinen und Süißwaſſerablagerungen den ganzen Raum
zwiſchen dem Atlantiſchen Ozean und der Kordillere ein, im Weſten aber werden ſie durch
zwei noch jüngere Bildungen verdeckt, die Baſaltdecken und die glaziale Geröllformation.
Die etwa 100 m mächtigen Baſaltdecken (ſ. die Karte bei S. 52 und die Abbildung 4 auf
Tafel 11) ſind große, aus ſchmalen Spalten gequollene Ergüſſe dünnflüſſiger, meiſt baſal—
tiſcher Lava, die zum Teil, aber jelten, im Zuſammenhang mit Kratern ſtehen. Ob ſie früher
eine große Decke gebildet haben, iſt nicht bekannt; heute erſtrecken ſie ſich von dem oberen
Colorado bis zur Magalhäesſtraße durch ganz Patagonien, ſind aber aufgelöſt und in ihren
Reſten zum Teil von bizarren Formen. Zwiſchen dem Senger und dem Deſeado ſowie
zwiſchen dem Senger und dem Chubut treten ſie ſogar bis nahe an die atlantiſche Küſte heran,
dann noch einmal am Rio Gallegos. Hier liegen aber auch Gruppen kleiner niedriger Vulkan⸗
berge, z. B. die vom Rio Gallegos zum Cabo de las Virgenes ſich ausdehnende und am oberen
Mittellauf des Gallegos 700 m erreichende Gruppe der Morros. Auch um den Zuſammen⸗
fluß des Rio Shehuen mit dem Rio Chico ſtehen Vulkane, im Süden der Man (1000 m), im
Norden der Volcan de la Ventana (800 m).
Die Lavadecke liegt wiederum vielfach verborgen unter einer großen glazialen Decke,
die ſich am Kordillerenrand aus gerundeten Hügeln, den Endmoränen der alten Gletſcher,
gebildet hat und von Otto Nordenſkiöld mit der Schweizer Nagelfluh verglichen wird. Die
genannten Hügel ziehen der Kordillere parallel und ſchließen Wieſenland und kleine Seen ein.
Man nimmt jetzt für die Kordilleren mindeſtens zwei Vergletſcherungen an, deren Spuren
ſich auch auf dem Hochlande nachweiſen laſſen; Hauthal glaubt ſogar eine dritte annehmen
zu können. Im ganzen Süden blieb nach Otto Nordenſkiöld nur das Land zu beiden Seiten
des Gallegos-Tales eisfrei, auf Feuerland nur ſchmale Gebiete zwiſchen der Bahia Inutil
und der Bahia San Sebaſtian. Große Eisſtröme bewegten ſich in den Quertälern oſtwärts,
namentlich im Tale des Gallegos und der Magalhäesſtraße, die zweite Vergletſcherung war
ſtärker als die erſte. Die Interglazialzeit bildete neue Täler, doch herrſcht über die poſtglaziale
Geſchichte des Landes Meinungsverſchiedenheit: Hatcher und Charles Darwin glauben
Die Pampa. Tafel 11.
Be Ey ee
Zr er — —— 2
I. Flußlandſchaft in der Pampa.
Nach Photographie von R. Hauthal in Hildesheim, (Zu S. 247.)
2. Ein Trockental in der Sierra de la Ventana.
Nach Photographie von R. Hauthal in Hildesheim. (Zu S. 249.)
Tafel 11.
Pampa. — Patagonien.
ä —
*
1
Stadt La
—
3. Die Plata. nach Photographie. (Zu S. 254.)
4. Das Tal des Rio Chico in Patagonien, in eine Balaltdecke eingeichnitten.
Nach Photographie von R. Hauthal in Hildesheim. (Zu S. 68, 258 u. 262.)
Patagonien und Feuerland: Das Land. 259
auf Grund der hochliegenden Muſchelreſte an eine Hebung der Küſte, wogegen Nordenſkiöld
annimmt, daß dieſe Reſte durch Menſchen und Wind an ihren Ort gelangt ſeien, weshalb er
auch die ſalzigen Lagunen Patagoniens nicht, wie Hatcher, für Reliktenſeen, ſondern für
abflußloſe Seen mit undurchdringlichem Boden hält.
Das geſamte von Baſaltdecken und Moränen freie Gebiet, alſo der Oſten und im Norden
auch der mittlere Längsſtreifen Patagoniens, wird von einer Gerölldecke eingenommen,
die am Rio Negro 10, ſonſt 1020 m, im Süden, am Rio Santa Cruz, aber bis zu 60 m mächtig
iſt und aus tonigen Sanden, Kies, Geröll ſowie lößartiger Erde beſteht. Ihre nach Süden
zunehmende Mächtigkeit läßt bereits darauf ſchließen, daß ſie mit der Eiszeit Zuſammenhang
hat. Wahrſcheinlich iſt ſie eine durch die Schmelzwaſſer der Eisſtröme hervorgerufene fluvio—
glaziale Bildung, die lößartige Erde kann aber auch durch die Winde erzeugt worden ſein,
welche die Sande aufbereiteten, fortführten und wieder ablagerten. Die Entſtehungsgeſchichte
Patagoniens iſt daher ziemlich mannigfaltig.
Oberflächengeſtalt. Trotz der verſchiedenartigen Zuſammenſetzung iſt die Oberfläche
Patagoniens im ganzen einförmig. Die Küſte hat 100 —150 m hohe Klippen aus Sandſtein
und Ton mit reichen Schätzen an foſſilen Säugetierreſten, iſt durch flach einſpringende Buchten
gelappt und wirtſchaftlich durch das Vorkommen von Petroleum ausgezeichnet. Das Innere
iſt ein Hochland, das der Neigung der Schichten gemäß langſam und unmerklich von der Kor—
dillere nach Oſten zum Meere abfällt. Seine Höhe mag im Mittel 400 —500 m betragen und
ſchwankt zwiſchen 1000 und 800 m am Kordillerenrande, wo die Lagos Nahuel Huapi in 775,
San Martin, Viedma und Argentino in 700 —500, der Lago Buenos Aires in 200 m liegen,
und 200—50 m an der Oſtküſte. Die ſchwarze poröſe Lava mit weißen Tuffen bildet die
oberſte Stufe der Hochebene am Gebirgsrande. Gegen das Meer fällt Patagonien in Form
von Stufen und Terraſſen ab, über welche die Flüſſe zum Teil in wenig beſchwerlichen
Stromſchnellen hinabgleiten; eine große Stufe dieſer Art zieht etwas weſtlich des 66. Meri—
dians vom Rio Negro bei Fort Lagunita nach Südſüdoſt unter dem Namen der Sierra
Valcheta und ſetzt ſich dann als Sierra Uttak und Sierra General Roca fort. Das Innere
iſt eine Reihenfolge von wellenförmigen Ebenen, die mit grobem Gras bedeckt ſind; nur
ſelten und nur an beſonders geſchützten Orten ſieht man einen Buſch von Mannshöhe, viel—
mehr iſt der kieſige und tonige Boden meiſt nackt und kahl. Haufen groben Gerölles und jchar-
fer, kantiger Felſen ſind über das Land zerſtreut, beſonders im Norden, und ſchneidender Wind
fegt das ganze Jahr darüber hin. Von Tieren beleben hauptſächlich Huanacos und Strauße
die Einöde. Zahlreich ſind in den Ebenen große Vertiefungen von mehreren Kilometern
Durchmeſſer und 30—300 m Tiefe, deren Sohlen meiſt kleine Salzſeen enthalten, vom Dezem—
ber bis April oft nur Salzlager mit Schichten reinen Salzes von Im Dicke und mehr. Die
Täler ſind 10—150 m tief eingeſchnitten (Tafel 11, Abbildung 4) und bewahren meiſtens
die Flüſſe, die an ihrer Austiefung gearbeitet haben, wenn auch an einigen Stellen, wie beim
Deſeado und Coy, ſich nur periodiſche Waſſerläufe finden; jo liegt das Tal von San Julian
ganz trocken, da es ſein Waſſer an den nördlichen Nebenfluß des Rio Santa Cruz abgegeben
hat. Überdies nimmt die Waſſermenge der patagoniſchen Flüſſe anſcheinend überhaupt ab,
da ihre Oberläufe mehr und mehr von den Kordillerenflüſſen angezapft werden und die
Trockenheit wahrſcheinlich in der Zunahme begriffen iſt.
Beſonders merkwürdig iſt die Waſſerſcheide, die nicht, wie man erwarten ſollte,
auf dem höchſten Kamme der Kordilleren, ja auch nicht einmal immer auf den öſtlichen
17*
260 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Vorketten verläuft, ſondern mehrfach geradezu auf der Ebene ſelbſt. Schon unter 400 ſüdl.
Breite fließt der Hauptquellfluß des Rio Calle Calle aus dem See Lacar quer durch die
Kordillere nach Weiten ab, wobei aber deutlich zu erkennen iſt, daß der Lago Lacar ſich
früher nach Oſten entwäſſert hat. Dann folgt die Waſſerſcheide längere Zeit den Kordilleren—
ketten, tritt aber namentlich zwiſchen 43 und 49e wiederholt auf die öſtlichen Vorberge und
auf die Pampa ſelbſt über, und beſonders ſüdlich von 45° jind Flüſſe der früher atlantiſchen
Abdachung mit der Zeit in das Syſtem des Großen Ozeans hineingezogen worden: ſo greifen
der Aiſen und der Baker mit mehreren Quellflüſſen ſtark nach Oſten über und berauben die
Rios Mayo, Fenix, Belgrano, Chico ihrer Quellgebiete. Zum Teil geht dieſe Veränderung
der Stromgebiete, die Verlegung der Waſſerſcheide nach Oſten ſehr raſch vor ſich; der
nach hiſtoriſchen Zeugniſſen vom Jahre 1535 noch große Deſeado liegt jetzt faſt trocken, und
der Lago San Martin iſt wahrſcheinlich erſt im 18. Jarhundert dem Syſtem des Rio Baker
angeſchloſſen worden, da er nach Viedmas Angaben früher offenbar dem Rio Chalia oder
Shehuen zuſtrömte. Ferner floß noch 1888 die Laguna Blanca in den Rio Mayo ab, 1896
aber hatte der Abfluß aufgehört, und jetzt entwäſſert ſich die Lagune nur zur Zeit der Schnee—
ſchmelze noch nach dieſer Seite, im übrigen Jahr zum Aiſen nach Weſten. Dieſer merkwürdige
Verlauf der Waſſerſcheide iſt wohl daraus zu erklären, daß wegen des Regenreichtums am
Weſtabhang der ſüdchileniſchen Anden, im Gegenſatz zur Trockenheit Patagoniens, die kürzeren,
den ſteileren Abfall hinablaufenden chileniſchen Flüſſe eine weit ſtärkere Eroſionskraft als die
öſtlichen, patagoniſchen, erhielten und allmählich die Andenkette rückwärts durchſchnitten haben.
Die Annahme einer urſprünglichen Anlage dieſer Flußtäler vor Faltung der Anden trifft da—
gegen wegen des geringen Alters des patagoniſchen Hochlandes kaum zu, ſie müßten denn
gerade alte Meeresſtraßen ſein, was aber wohl nur für die wenigſten zu beweiſen iſt.
Man kann Patagonien in hydrographiſcher Beziehung in drei Teile teilen, die
auch der adminiſtrativen Einteilung zugrunde liegen. Der nördliche Abſchnitt, die Gober—
nacion del Rio Negro, wird von dem Rio Colorado und dem Rio Negro entwäſſert. Abfluß—
loſes Gebiet ſcheidet den Rio Negro von dem zweiten Abſchnitt, den Stromgebieten des Chubut
und des Senger, die das ganze mittlere Patagonien, die Gobernacion del Chubut, zwiſchen
41 und 46“ durchſtrömen. Der dritte Abſchnitt, die Gobernacion de Santa Cruz, umfaßt
das ſüdliche Patagonien zwiſchen 46“ und der Magalhäesſtraße und iſt in hydrographiſcher
Beziehung weniger einheitlich als die vorigen; der Hauptſtrom iſt hier der Rio Santa Cruz.
In Nordpatagonien ziehen altkriſtalliniſche Hügelketten mit dem Namen Gebirge,
Mahuida, in ſüdöſtlicher Richtung durch das Land. Am bekannteſten ſind das 400 m hohe
Straußengebirge, Choique Mahuida, nördlich des Colorado das Huanaco-Gebirge, Luan
Mahuida, und das Kleine Gebirge, Pichi Mahuida, während das Stutengebirge, Auca
Mahuida, bereits zu den Vorketten der Kordilleren überführt. Choique Mahuida beſteht
aus Granitporphyr, der Boden der Hochebene aus Granit- und Porphyrgeröll, rotem und
weißem Sandſtein ſowie Dünenſand. Die Dünen wandern und verändern damit die Ab—
flußverhältniſſe; jo it der 200 m hohe Bitterſee Urre Lafquen heute nur eine Salzwüſte,
Salitral, mit Waſſeranſammlungen, durch die Verſtopfung des Bettes des Rio Salado oder
Chadi Leuvu mittels Sandmaſſen entſtanden, und auch der auf den Karten gezeichnete Abfluß
des Urre Lafquén, Rio Curaco, iſt keine Fortſetzung des Salado und Chadi Leuvu, ſondern
ein in den roten Granit der Sierra Lihuel Calel eingeſchnittenes Trockenbett, das nur Regen⸗
waſſer führt: der Salado erreicht alſo das Meer nicht.
Patagonien und Feuerland: Das Land. 261
Der Rio Colorado iſt ein Sohn der Anden Mittelchiles. Von deren Oſtabhang er—
gießen ſich die Flüſſe Rio Grande und Rio Barrancas nach Südoſten und Süden und ent—
wäſſern zuerſt in engen Gebirgstälern die Anden zwiſchen dem Vulkan von Tinguiririca und
dem Paſo del Sacco, vereinigen ſich öſtlich der Kordillere von Palau Mahuida und ſtrömen
als Rio Colorado unter 68“ auf die Pampa hinaus. Das Coloradotal iſt nach Siemiradzki
bei Choique Mahuida etwa 4 km breit, 80 mein die Sandſtein- und Gerölldecke eingeſchnitten
und ſehr arm an Vegetation; in ihm ſtrömt der zur Regenzeit 300 —400 m breite Strom gegen
Oſtſüdoſten und erreicht mit einem zweiarmigen Delta das Meer ſüdlich von Bahia Blanca.
Er iſt etwa 1000, unter Einrechnung des Salado jedoch 1300 km lang, führt im Unterlauf
zur Hochflutzeit 440, bei Niedrigwaſſer nur 40, ſonſt meiſt 60 cbm Waſſer in der Sekunde,
iſt 500 km weit ſchiffbar, erhält aber von Süden keinerlei Zuflüſſe, da wenig ſüdlich von
ihm der Rio Negro fließt.
Der Rio Negro, der größte Fluß Nordpatagoniens, entſteht aus zwei großen Quell—
flüſſen: dem 500 km langen Neuquén und dem 400 km langen Limay. Von dieſen ent-
ſpringt der Neuquén in verſchiedenen Lagunen im Oſten des Vulkans Chillan, nimmt in
600 m Höhe den Rio Agrio auf und iſt von hier an befahrbar. Dann vereinigt er ſich in 261 m
Höhe mit dem Abfluß des großen, landſchaftlich ſchönen Sees Nahuel Huapi, dem Limay,
der unter Bildung von 72 Stromſchnellen, darunter einigen beträchtlichen Waſſerſtürzen, durch
ein romantiſches Land fließt und von blumenreichen Gefilden umgeben iſt. Unterhalb des Zu—
ſammenfluſſes wird der nun noch 750 km lange Rio Negro von Baumreihen begleitet, die ſich
wie ein grünes Band von der Umgebung abheben, bildet bei Choéle-Choél die gleichnamige
große Inſel und erreicht endlich das Meer, in dem er eine Sandbarre ablagert. Sein Tal iſt
20-200 m tief und breiter als das des Colorado, da die Ufer nach Cipoletti 6—20 km von—
einander entfernt ſind; in ein Hochflutbett, das ſich als öde Wüſte von dem patagoniſchen Hoch—
lande kaum unterſcheidet, iſt die 150 —300 m breite, eigentliche Flutrinne eingeſchnitten. Das
rechte Ufer iſt hoch, das linke flach, gerade wie bei dem Limay. Die Tiefe des Waſſers beträgt
überall 1½ —3 m, ſo daß der Rio Negro nirgends zu Pferde paſſiert werden kann; ſeine Ge—
ſchwindigkeit erreicht 0,s—3 m in der Sekunde, das Gefälle 0,37 0,66 m auf das Kilometer.
Der Rio Negro kann auf einer Strecke von 250 km das ganze Jahr, auf 630 km 7—8 Monate
von Flußdampfern befahren werden, aber die Strömung iſt ſo reißend, daß nur Dampfer mit
ſtarken Maſchinen gegen ſie aufkommen können. Im November und Dezember ſchwillt er in—
folge der Schneeſchmelze, im Mai und Juni infolge der Regen an, die Zeiten des Niedrigwaſſers
ſind Februar bis April und Oktober. Bei normalem Stand führt der Strom 7001000, bei
Niedrigwaſſer 400, bei Hochwaſſer 2400—4000, ja bis zu 6000 ebm Waſſer in der Sekunde.
Der Colorado und Negro haben nach A. Bludau zuſammen ein Stromgebiet von 1202000 qkm.
Mittelpatagonien iſt infolge der geringen Niederſchlagsmenge, die es empfängt
(dal. S. 263), der ödeſte und unfruchtbarſte Teil Patagoniens. Schon die Karte läßt dies er-
kennen, indem zwiſchen 41 und 48% nur ein einziger Strom von der Kordillere aus das Meer
zu erreichen vermag, nämlich der Chubut. Dieſer entſpringt in der Kordillere zwiſchen 41 und
43159 in zwei Quellbächen, die nahe dem 71. Meridian zuſammentreten, zieht darauf von
Norden den Arroyo Norquinco, von Süden den Rio Teca an ſich und fließt in ſüdöſtlichem
Laufe an der ſogenannten Sierra de Olte entlang bis gegen den 44. Grad, biegt dann aber
nach Oſten um und durchſtrömt das patagoniſche Hochland in einem ziemlich breiten Tale.
Als ſüdlicher Arm des Chubut wurde anfangs der Rio Senger, Senguer oder Senguel
262 Das ungefaltete Land des Oſtens.
angeſehen. Dieſer kommt aus dem Lago Fontana, nimmt von Norden den Rio Genua, vom
Weſten den Rio Mayo auf, fließt um den Südrand der Cañodon Grande genannten ſüdlichen
Fortſetzung der Sierra de Olte herum und mündet nach Aufnahme eines Zufluſſes aus dem
270 m hohen Lago Muſters in den Lago Colhuapi. Aus dieſem tritt zwar ein Waſſerlauf
wieder heraus, aber er gewinnt weder das Meer noch den Rio Chico, der zum Chubut zieht.
Außerdem aber verſiegen in der Geröllebene im Norden der Rio Valcheta, der angeblich ein
altes Bett des Limay benutzt, und der Arroyo Perdido, ſo daß nur der Chubut das Meer
erreicht; aber auch dieſer leidet unter einer Barre an ſeiner Mündung.
In Südpatagonien nimmt die Feuchtigkeit wieder zu, und ſo vermögen denn mehrere
Flüſſe aus der Kordillere bis zum Ozean durchzubrechen. Der nördlichſte, der Rio Deſeado,
entſteht an den Vorbergen der Kordillere, um den Lago Pueyrredon herum, und nimmt
von Norden den Rio Fenix auf. Er hat durch Anzapfung ſeitens des pazifiſchen Rio Baker
oder Las Heras einen Teil ſeines Quellgebietes verloren, vermag aber noch nach Durch—
querung Patagoniens in einem tief eingeſchnittenen Tale am Puerto Deſeado in einem
weiten Trichter den Atlantiſchen Ozean zu gewinnen. Dann folgen die kleineren Flüſſe
Rio Seco und Rio Salado, beide Trockenbetten, und darauf das größere Syſtem des Rio
Santa Cruz. Dieſer beſteht aus zwei an der Mündung ſich vereinigenden Strömen, dem
Rio Chico und dem Santa Cruz. Erſterer entſpringt mit zwei Quellarmen unter 48“ und
fließt durch die Baſaltdecke (Tafel 11, Abbildung 4) nach Südoſten, weithin von Wieſen mit
hohem Gras umgeben. Nachdem er unterhalb von Corpen von rechts noch den Rio Chalia
oder Scheuen aufgenommen hat, einen ziemlich geradlinig von Weſten nach Oſten gerichteten
Fluß, ergießt er ſich in den weiten Mündungstrichter des Rio Santa Cruz. Dieſer ſelbſt ent-
quillt den Seen Viedma und Argentino, fließt ziemlich reißend durch das von Baſaltfelſen
gekrönte Tafelland in einem ſchmalen, engen Bette nach Oſten und mündet in einem ge—
waltigen Trichter. Im Unterlauf iſt er 270—360 m, ſein Tal 8—16 km breit; ſeine Tiefe
beträgt bis zu 5 m, die Waſſerfarbe iſt blau. In mächtigen Trichtern münden auch die
folgenden Flüſſe Coilé oder Coy und Gallegos, von denen der Coilé wenig bekannt und
nicht ſchiffbar, der 50—60 m breite Gallegos an ſeinen Ufern aber ſchon gut beſiedelt iſt,
obwohl er bei einer Tiefe von 1 m ebenfalls nicht ſchiffbar iſt; ſein meiſt 3 km breites Tal
verengert ſich einmal bis auf 280 m.
Feuerland. Die 71500 qkm große Inſel Feuerland, Tierra del Fuego, läßt
ſchon in ihrer Küſtenbeſchaffenheit verſchiedene Typen erkennen, was auf die abweichende
Bauart der einzelnen Teile der Inſel zurückzuführen iſt. Die Oſtküſte, der Rand eines Tafel⸗
landes mit einem mäßig hohen Steilabſturz, zeigt den patagoniſchen Küſtentypus (vgl. S. 58),
wobei die San Sebaſtian-Bai eine kleine Wiederholung des Golfes von San Jorge darſtellt;
auch im Norden und in der nördlichen Hälfte der Weſtküſte wiederholt ſich der Typus PBata-
goniens bis zur Bahia Inutil, dem letzten größeren Einſchnitt von patagoniſchem Typus;
dann aber folgt der andine, mit wildzerriſſenen fjordartigen Einriſſen an der ganzen Süd⸗
küſte. Daher beſtehen in Feuerland auch ſtarke Gegenſätze der Seehöhen zwiſchen dem Süden
und dem Norden, denn die Berge der weſtlichen Halbinſel, Mount Buckland mit 1200 und
vor allen Monte Sarmiento mit 2073 und Mount Darwin mit 2150 m Höhe, überragen weit
die Erhebungen des übrigen Feuerlandes, die jedenfalls 1000 m nicht überſteigen, während
das Tafelland ſelbſt kaum 300 m erreicht. Entſprechend der Umbiegung der Anden nach
Oſten ſenkt ſich das Tafelland Feuerlands nicht nach Oſten, ſondern nach Nordoſten, ſo daß
Patagonien und Feuerland: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 263
die meiſten Flüſſe in dieſer Richtung fließen; auch die Höhenzüge, wie die Sierra Balmaceda
im Nordoſten und die Sierra Carmen Sylva in der Mitte der Inſel, zwiſchen dem Admirali—
täts⸗Sund und dem Kap San Sebaſtian, ziehen nordöſtlich. Sie ſind die ſtehengebliebenen
höheren Teile der Hochebene, zwiſchen denen breite Täler gegen das Meer verlaufen, die
Sitze der Schafzucht und der künftigen Anſiedelungen. Zahlreiche Lagunen zwiſchen der
Bahia Inutil (Uſeleß) und der Bai von San Sebaſtian und der Rio San Martin bezeichnen
eine Tiefenlinie, einen früheren Meeresarm.
Auf die Ausbildung der Oberflächenformen Feuerlands hat die Eiszeit einen maß—
gebenden Einfluß ausgeübt: über den marinen tertiären Sanden, Tonen und Schiefertonen
liegen echter Geſchiebelehm und Grundmoränen von 60 m Mächtigkeit; ſie bilden bis zum
Rio Cullen (530) ein einförmiges Tafelland, dann aber tritt weiter im Süden die Moränen—
formation dicht an die Küſte heran und erzeugt ſofort eine wellige Oberfläche. Otto Norden—
ſkiöld ſchätzt die Fläche des früheren Inlandeiſes auf 60000 qkm, und manche Anzeichen,
Strandterraſſen und Blockanhäufungen, deuten auf einen früher höheren Stand des Meeres
in etwa 30—50 m Höhe über dem jetzigen Spiegel. Gegenwärtig iſt die Landſchaft im pata—
goniſchen Teil von Feuerland im ganzen öde: eine leicht gewellte Ebene mit Sphagnumtorf
im Süden, Wieſentorf im Norden, im Süden bewaldet und bebuſcht, im Norden kahl, mit
ſpärlichem Graſe beſtanden, gelbgrün ſchimmernd, von Lagunen bedeckt, aber meiſt ohne
Leben; nur die Wühlmäuſe durchfurchen dieſe Odungen, und an den kriſtallklaren Flüſſen
ſammeln ſich Waſſervögel, Marder und Huanacos, während in den Tälern reiches Weide—
land für Schafzucht vorhanden iſt. Im Moränengebiet erhält die Landſchaft den Charakter
eines großen Parkes, da ausgedehnter Buſchwald aus Zwergbuchen große Lichtungen mit
ſaftigem Gras umgibt, wie auch am Fuße der Kordilleren in Patagonien.
2. Klima, Pflanzendecke und Tierwelt.
Das Klima. Unſere Kenntnis vom Klima Patagoniens iſt erſt ſeit etwa 10 Jahren
dadurch ſicherer geworden, daß nicht bloß an den Küſten, ſondern auch im Inneren Stationen
errichtet worden ſind. Dieſe liegen aber in den Kordilleren oder an deren Fuß, und die
inneren Hochebenen entbehren genauer Beobachtungsreihen auch heute noch.
Wärmſter Kühlſter Niederſchlag
fa}
Jahr Monat Monat ng mm
ROUND N 15,0 23,50 8,40 15,19 310
Raden 13,3 21,20 5,50 15,79 560
Sante Erima oe 8,40 15,90 1,28 15,70 153
ölegss .„ - -,. 6,60 13,0 — 05,8“ 14,50 404
NT RER NER RETTET TRETERE 5,40 11,0% — 0,20 11,28 | 568
Sbaten nee 5,59 8,90 2,50 6, 1701
Chos Malal (866 mp) da 22,60 6,0% 16,1% 243
Limay ND 14,5 24,00 5,40 18,6 148
Valle 16 de Octubre (571 m) 8,90 16,1° 2,10 14,0° 491
Punta Arenas (28m) . . 6,30 10,9 0,90 10,0° 391
Die erſte Reihe enthält die Küſtenſtationen. Man erkennt eine deutliche Abnahme der Tem—
peratur, zugleich aber auch der Schwankung von Norden nach Süden, ſo daß das Klima nach
264 Das ungefaltete Land des Oſtens.
dem äußerſten Süden zu weniger extrem wird. Dies zeigt ſich auch beſonders bei den beiden
ſchon im ozeaniſchen Kordillerengebiet liegenden Stationen Uſhuaia und Staten-Inſel, wo
die Schwankung auf 11,2“ und 6,4“ hinabgeht, anderſeits aber auch die wärmſten Monate
im Mittel unter 11“ bleiben. Das Klima der Küſte Patagoniens iſt alſo überall ſehr kühl.
Im Inneren werden dagegen hohe Sommertemperaturen erreicht, während die Winter
kalt bleiben. Das ergeben auch die Extreme, die im Mittel zwiſchen 42,5 und —20° liegen.
Patagones hat 43,7 und —8,9°, Rawſon 42,2“ und —12,5°, Santa Cruz 33% und —17,0°,
Rio Gallegos 31,2“ und —19,0°, Chos Malal 39,1 und —10,0°, Limay 41,3 und —11,3°,
Valle 16 de Octubre 36,7 und — 20,0“. Noch ſtärkeren Extremen ſind die im ſüdlichen Chubut
liegenden Orte ausgeſetzt, wie Colonia Sarmiento mit — 33“. Hier erkaltet das Land ebenjo-
ſehr, wie es ſich im Sommer erwärmt, weil die Ausſtrahlung wegen des meiſt heiteren Him—
mels groß, die Luft trocken und die Vegetationsdecke gering iſt. Die ozeaniſchen Stationen
Uſhuaia und Staten-Inſel haben dagegen weit geringere Extreme, erſteres 25,0% und — 9,30,
letzteres 16,8“ und — 5,8, und auch Punta Arenas ergibt nur 23,20 und — 7,6“. Beſonders
auffallend iſt die Trockenheit der Luft. Die Niederſchlagsmenge beträgt an keinem der
Beobachtungsorte mehr als 600 mm, vielfach aber nur zwiſchen 200 und 404mm und in Santa
Cruz und Limay nur etwa 150mm. Nach Süden hin nimmt die Niederſchlagsmenge aber wie—
der etwas zu, wie Uſhuaia mit 568 und Punta Arenas mit 391 mm zeigen. Die ganz ozeaniſche
Staten⸗Inſel mit 1701 mm bildet eine Ausnahme. An der Küſte iſt kein Monat niederſchlags⸗
frei; überall liegt das eine Maximum im Dezember, alſo im Sommer, ein zweites im April
(Patagones), Juni (Rawſon und Puerto Gallegos) und Juli (Santa Cruz). In der Kor⸗
dillere dagegen iſt der Sommer faſt regenlos (Limay, Chos Malal), und das Maximum fällt
auf den Winter, in Chos Malal auf den Juli (46), in Limay auf den Auguſt (28), in Valle
16 de Octubre auf den Juni (83). Im äußerſten Süden treten dann wieder Sommerregen
mit Maxima im Februar (Uſhuaia und Staten-Inſel) oder im März (Punta Arenas) auf.
Am bezeichnendſten für das Klima Patagoniens aber ſind die kalten, ſtürmiſchen Weſt—
winde, deren heftige Stöße in faſt beſtändiger Folge über das Land brauſen.
Die Pflanzendecke. Die Begrenzung der patagoniſchen Vegetationsformation gegen
die Pampa iſt nicht ſcharf. Nach Joſef v. Siemiradzki liegt die Grenze in der Sierra Lihuel
Calel und am Urre Lafquen, weil hier die patagoniſche Dorngeſtrüppformation beginnt.
O. Drude läßt die Chanarjteppe der inneren Hochebenen ſüdwärts faſt bis zum Chubut
reichen, E. L. Holmberg die Monteformation noch bis 42°.
Für Charakterpflanzen hält O. Drude, wohl beſonders in den nördlichen Gebieten,
Monttea aphylla und Plantago patagonica, meterhohe Sträucher mit düſtergrauem Blatt⸗
werk ohne Blütenſchmuck. Ihnen geſellen ſich im Norden Akazien, Algarroben und der
Chaftarſtrauch Gourliaea decorticans bei. Die Kakteen erreichen mit Opuntia darwini unter
500 die Südgrenze. Dieſe Flora iſt in der Tat dürftig, jo daß es begreiflich erſcheint, wenn
manche Reiſende die patagoniſche Hochebene geradezu für eine Wüſte erklären, wie Muſters,
der von baumloſen Wüſten, und Darwin, der von verkümmerten, zwerghaften Pflanzen redet.
Man ſieht von weitem meiſt nur zahlreiche über die öde Hochebene verſtreute Büſchel von
Pflanzen, häufig aber auch gar keine Vegetation. Der „Anblick der niedrigen, verwelkten
Sträucher, des groben, verdorrten Graſes und der hier und da liegenden Flecke kieſelbeſtreuten
Landes“ macht nach Muſters einen außerordentlich öden Eindruck, zu dem die gefrorenen
Lagunen im Winter nicht wenig beitragen. Das Ganze iſt eine pfadloſe Wildnis, der Waſſer
Patagonien und Feuerland: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 265
oft völlig fehlt, und ſelbſt den Indianern iſt es ein Geheimnis, wo die Huanacos, wilden
Pferde, Pumas und andere in dieſer Wüſte lebende Tiere Waſſer finden. Wenn nun ſchon
die Gegenden am Rio Negro und Santa Cruz ſo trocken und wüſtenhaft ſind, ſo gilt das noch
viel mehr für das mittlere Patagonien, das Stromgebiet des Chubut; nur in den Flußtälern
findet ſich Grasland, das dann auch ſofort die Landſchaft belebt, hier und da, namentlich am
Rio Negro und am Rio Chico, gibt es auch offene Lagunen und Sümpfe mit Waſſervögeln.
Nach Weſten und Süden hin, wo der Niederſchlag reichlicher wird, geht die Geröll—
fläche allmählich in Buſchwald über, das Weideland in friſchere Wieſen. Die Grenze dieſer
friſcheren Formationen gegen das öde Land zieht in einem flachen, gegen Oſten offenen Bogen
von dem Zuſammenfluß des Limay und Neuquén nach Kap Orange auf Feuerland. Im
Weſten fand J. v. Siemiradzki die erſten verwilderten Apfelbäume im Tale des Collon-Cura,
die gegen die Kordillere zu bald zu wirklichen Hainen werden, und zugleich dringt friſches
Grasland in die Lücken der Kordillere ein. An den Grenzen des Gebirges erſcheinen Buchen,
Myrten, am Nahuel Huapi auch Zypreſſen und Taquararohr, jo daß die Landſchaft einen
parkartigen Charakter annimmt. Dieſer Buſchwald ſcheint ſich nach Ball unter 440, nach
Drude unter 46° dichter zu geſtalten, von wo an er nach Süden den Oſtfuß und das Djt-
gehänge der Kordillere bis zu 500 m Höhe überzieht. Die hauptſächlichen Vertreter dieſer
im ganzen ärmlichen Waldvegetation ſind die Buchen Fagus antarctica und Fagus betuloides,
die Magnolie Drimys winteri und die Koniferen Libocedrus tetragona und Fitzroya pata-
gonica, Cipres. Der Wald hat hier bereits den Charakter des Degenerierten: unter dem
Winde geduckt, verkümmern die Stämme, manche nehmen Krüppelformen an, alle Bäume
erſcheinen grau und alt; es fehlt das ſaftige Grün, Mooſe und Flechten mit grünlichen
und weißlichen Farben bedecken die unteren Teile der Bäume, langzottiges Bartmoos hängt
von den Aſten herab.
Über den Ebenen breitet ſich in den höheren Teilen, nicht nur in der Kordillere, ſondern
auch in Südpatagonien, eine antarktiſche Flora aus, ſo z. B. im Latorreplateau. Sie
beſteht im weſentlichen aus einer Adesmia mit kurzem Dorngezweig, aus borealen Ranun⸗
kulazeen, Alſineen, Gräſern, Erikazeen ſowie endemiſchen antarktiſchen Pflanzen, wie einer
Acaena und der Azorella (Bolax) glebaria. Letztere vermag weiche, ſchwankende Polſter und
förmliche Hügel zu bilden, und jede einzelne Pflanze kann bis zu 1m Ausdehnung erreichen,
ſo daß ſelbſt umfangreiche Decken nur aus wenigen Pflanzen beſtehen können; mit ihren
vielen, wenn auch unſcheinbaren gelblichen Blüten ſind dieſe Decken geeignet, der Landſchaft
einen grüngelblichen Anflug zu geben. Außerdem bildet das Tuſſockgras (Poa flabellata)
bis 2 m hohe Hügel.
Die Vegetation Feuerlands ſchließt ſich an die Patagoniens eng an, doch treten die
Dornſträucher gegen die Gräſer und Bäume zurück; Feuerland hat alſo entſprechend ſeinem
feuchteren Klima eine friſchere Vegetation, aber trotzdem eine Reihe xerophiler Arten. Die
ſüdlichen Gehänge, im Norden auch die Schluchten bis zu 300 m Höhe bedeckt der Wald, der
allmählich in Zwergformen übergeht; er beſteht auch hier aus den Buchen Fagus antaretica
und Fagus betuloides, die nahe der Baumgrenze ähnlich der Polarweide zwiſchen dem Mooſe
dahinkriechen. Die unteren Teile des Landes nehmen Grasland und beſonders Mooſe, meiſt
Lebermooſe, ein, während Torf- und Laubmooſe ſeltener ſind. Einförmigkeit und Armut an
Arten ſind für Feuerlands Vegetation ebenſo bezeichnend wie für die Patagoniens, nur daß die
antarktiſche Vegetation auf Feuerland in noch ſtärkerem Maße als in Patagonien erſcheint.
Das ungefaltete Land des Oſtens.
1
D
O
Tierwelt. Die Fauna Patagoniens iſt zurzeit ärmlich, war aber in der Tertiär—
und frühen Quartärzeit reich an Arten, an Individuen ſowie an eigentümlichen und
rieſigen Formen, zum Teil Stammformen der ſüdamerikaniſchen Tierwelt. Nachdem zuerſt
zur Zeit Cuviers ein Megatherium, von Darwin Reſte der Stammform der Llamas (Ma-
crauchenia) gefunden worden waren, hat neuerdings namentlich F. Ameghino zahlloſe Reſte
der tertiären und quartären Fauna aus den Santa Cruz-Schichten und anderen entnommen.
Die Megatherien, die Vorfahren der Faultiere, hatten die Größe von Elefanten und lebten
in bewaldeten Gebieten, während die Stammformen der Gürteltiere die rieſigen Glypto—
donten waren; auch ganz fremdartige Formen, wie Toxodon, Scelidotherium, und Zwiſchen—
formen zwiſchen den Ordnungen der Säugetiere ſind aufgedeckt worden. Sie alle ſcheinen der
Eiszeit erlegen, alſo erſt vor nicht allzu langer Zeit verſchwunden zu ſein, zuletzt jedenfalls
das Grypotherium, deſſen Fell Hauthal in einer Höhle am Fjord Ultima Eſperanza entdeckte.
Da die jetzige Fauna Patagoniens ſchon durch den Mangel an Wald und Grasland
beſchränkt wird, ſo fehlen ihr zum Teil die Tiere der Pampa; überdies liegt Patagonien
mehrere hundert Meter höher als die Pampa, jo daß auch das kühlere Klima eine Anzahl Pampa—
tiere ausſchließt. Endlich ſind zwar mehrfach die Gattungen in beiden Landſchaften dieſelben,
aber ſie werden durch andere Arten vertreten: ſo tritt ſüdlich des Rio Negro die Rhea Darwini,
die kleinere Straußenform, an die Stelle der größeren Rhea americana der Pampa, und die
Vizcacha ſowie alle Gürteltiere bis auf das kleine Gürteltier Dasypus minutus verſchwinden
an dieſer Grenze ganz. Eine zweite Grenze ſcheint die waſſerloſe Traveſia ſüdlich des Rio
Negro zu bilden, da ſie von dem Gama der Tehueltſchen, einer kleinen Hirſchart, nach Nor—
den nicht überſchritten wird, und eine dritte, ziemlich ſcharfe Grenze iſt in der bewaldeten
Kordillere gegeben; in ihr fehlen die Strauße, während umgekehrt der Huemul (Cervus
chilensis) meiſt nicht auf die Steppe hinaustritt.
Charaktertiere Patagoniens ſind das Huanaco und der Strauß. Das Huanaco
oder Guanaco (Auchenia huanaco), das Nou der Tehueltſchen, kommt zwar auch in den Kor—
dilleren, von Peru bis zum Feuerland, vor, iſt aber für keine Landſchaft bezeichnender als
für Patagonien, wo Llama, Alpaca und Vicufa fehlen. Es iſt ſelbſt im ſüdlichen Patagonien
noch jo häufig, daß man an den Quellen des Coilé und Gallegos Tauſende beiſammen weiden
ſehen kann. Der patagoniſche Strauß (Rhea darwini) iſt nicht nur kleiner, ſondern auch
heller als die Rhea americana und vermag infolge ſeiner dem Boden und den Felsblöcken
ähnelnden Schutzfarbe leicht der Nachſtellung zu entgehen. Strauß ſowohl wie auch Huanaco
haben für die Indianer ungeheuren Wert. Erſterer liefert ihnen die liebſte Speiſe, die Federn
werden verkauft, die Beinſehnen als Schnüre für Bolas, die Nacken als Tabaksbeutel benutzt,
das Fett füllt man in Schläuche, das Mark der Knochen verwendet man als Pomade. Auch
das Huanaco wird gegeſſen, ſein Fell wird als Mantel und Decke benutzt, die Sehnen des
Rückens dienen zu Zwirn, das Fell des Halſes zu Schnüren oder Laſſos für Bolas, das der
Kniekehle zu Schuhen, wogegen die Wolle bisher nicht in die Häfen verkauft wird.
Die übrigen Tiere Patagoniens ſind den beiden genannten gegenüber weniger wichtig;
der Puma kommt in ganz Patagonien vor und wird auch im Süden bei den Treibjagden auf
das Huanaco zuweilen noch mitgefangen, während der Steppenhaſe (Dolichotis patagonica)
nicht über den Limay nach Weſten vordringt. Dazu geſellen ſich die wilde Katze, der Fuchs
als Canis azarae im Norden, Canis magellanicus im Süden, das Stinktier (Mephitis pata-
gonica), der Fiſchotter (Lutra chilensis) und zahlreiche Nager; unter ihnen iſt am verbreitetſten
Patagonien und Feuerland: Bevölkerung, wirtſchaftliche Verhältniſſe und Beſiedelung. 267
der Tucutuco (Ctenomys magellanica), ein mit dem Cururu des Feuerlandes und Süd—
patagoniens vermutlich identiſches und für den Verkehr im Lande ſeiner unterirdiſchen
Gänge wegen ſchädliches Tier, aber die wichtigſte Nahrung der Feuerländer. Unter den
Vögeln ſind außer dem Strauß, dem Feldhuhn (Eudromia elegans) und der Singdroſſel
(Mimus patagonicus), die jedoch beide nur den Norden bewohnen, erwähnenswert der
bis zum Atlantiſchen Meere vorkommende Kondor, der Carancho (Polyborus tharus), der
Chimango (Milvago chimango), der kleine Kauz (Athene cunicularia), der Wüſtenibis
(Theristicus melanops) ſowie Seevögel an den Südküſten. Der grüne Papagei lebt noch
ſüdlich des Lago Argentino in den Grenzlandſchaften der Kordillere, und ein Kolibri (Patagona
gigas) iſt noch ziemlich häufig. An Fiſchen, Amphibien, Reptilien und Inſekten iſt Pata⸗
gonien dagegen recht arm.
Auf Feuerland kommt das Huanaco noch vor, nicht aber der Strauß, wie überhaupt
die Fauna an Reichhaltigkeit abnimmt. Von Säugetieren finden ſich außer dem Huanaco
nur die genannten Füchſe, ein wilder Hund, eine Ratte, eine Fledermaus, ein Fiſchotter
und ein Maulwurf ſowie das ſehr häufige Cururu. Auf den Klippen der Küſte leben
zahlloſe Scharen von Seevögeln, Pinguinen, Kormoranen, Albatroſſen und Möwen, die
in ungeheuren Wolken die Vorgebirge verdecken; ferner bewohnen Enten, Flamingos, Gänſe
und ſchwarze Schwäne den Strand. Um ſo geringer iſt aber die Zahl der Landvögel und
anderen Landtiere. An Vögeln ſind zu nennen der Baumläufer (Oxyurus Tupinieri), der
Zaunkönig (Scytalopus magellanicus) und der weißbebuſchte Fliegenfänger (Myiobius albi-
ceps), ferner Finken, Droſſeln, Stare, Falken und Eulen.
3. Bevölkerung, wirtſchaftliche Verhältniſſe und Beſiedelung.
Indianer. Die Eingeborenen Patagoniens werden gewöhnlich Tehueltſchen,
Südleute, genannt; in ihrer eigenen Sprache nennen ſie ſich Tſoneka, Menſchen. Sie be-
wohnen ganz Patagonien vom Rio Negro bis zur Magalhäesſtraße, man unterſcheidet jedoch
die nördlichen Tehueltſchen, vom Rio Negro bis zum Chubut, von kleinerem Körperbau, mit
ziemlich viel Pferde- und einiger Viehzucht, mit Bogen und Pfeilen, von den größeren, kräf—
tigeren, mit Bolas bewaffneten, vorwiegend Jagd und Fiſchfang treibenden ſüdlichen. Als
eine dritte Abteilung kann man ihnen die Ona auf Feuerland anſchließen.
Die Körpergröße der ſüdlichen Tehueltſchen iſt lange ſo überſchätzt worden, daß ſie
für die größten lebenden Menſchen gehalten wurden; immerhin ſoll ihre Größe 180 em
nicht ſelten überſchreiten. Der Körperbau iſt grob und knochig, das Geſicht oval, Naſe, Mund
und Lippen ſind groß. Haarwuchs wird allein auf dem Haupte geduldet, während Bart,
Brauen und Wimpern entfernt werden. Die Hautfarbe der ſüdlichen Stämme iſt im ganzen
dunkler (olivfarben) als die der nördlichen. Die Kleidung der Männer beſteht jetzt aus der
Chiripa, einem nur ſelten abgelegten Lendenſchurz, dem reich und grell bemalten Mantel
aus Huanacofell, Stiefeln aus Pferdeleder oder Pumafell und einer gewebten wollenen
Binde als Kopfbedeckung; für feſtliche Anläſſe kaufen die Tehueltſchen Hemden und Unter—
hoſen in den Hafenſtädten. Die Frauen tragen Röcke aus Kattun oder Leinen, die von den
Schultern bis an die Füße reichen, einen Mantel aus Fellen oder Wolle, Glasperlen und
Strohhüte. An die Stelle der früher häufigen Tätowierung iſt heutzutage die Bemalung mit
Ocker, ſchwarzer Erde und Fett getreten, und reicher Silberſchmuck iſt ſeit der europäiſchen
Einwanderung in Aufnahme gekommen.
268 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Zur Nahrung dient beſonders Huanaco- und Straußenfleiſch; außerdem werden
Beeren und Wurzeln, Knollen und Früchte verzehrt und aus einigen derſelben berauſchende
Getränke bereitet, denen jedoch jetzt der Branntwein den Rang abzulaufen beginnt. Fiſche
ſcheinen vor der Bekanntſchaft mit den Europäern nicht gegeſſen worden zu ſein, dagegen
beweiſen die ausgedehnten Muſchelbänke an der Seeküſte, welche hervorragende Rolle
früher Seetiere in der Ernährung geſpielt haben. Die Wohnungen ſind die ſogenannten
Toldos, Zelte, die zu einer Tolderia, Zeltlager, vereinigt werden. Die Beſchäftigung
der Tehueltſchen beſteht in Jagd und Fiſcherei. Mit Lanzen, Gewehren, Revolvern,
namentlich aber mit Wurfkugeln, Bolas, jagen ſie das Huanaco und den Strauß; überdies
treiben ſie etwas Pferdezucht, denn Pferde, die in größeren Tolderias zu Hunderten gehalten
werden, ſind ihr wichtigſtes Beſitztum. Die Weiber
nähen Mäntel aus Fellen vom Huanaco, Fuchs,
Puma, der Wildkatze und anderen Tieren und fertigen
Kopfbinden, Schärpen, Stiefel, Polſter, Kiſſen und
Schmuckſachen an. Man unterhält ſich mit Pferde⸗
rennen, Würfel- und Kartenſpiel, Ballſpiel und Tän⸗
zen. Den Charakter der Tehueltſchen rühmen die an-
geſehenſten Reiſenden, die unter ihnen geweilt haben,
wie Muſters und Liſta. Die Toten werden ſitzend, in
Mäntel oder Panzer gehüllt, mit dem Geſicht gegen
Oſten gewandt, begraben, ein Steinhaufen bildet das
Grabdenkmal des Verſtorbenen, deſſen Geräte ver—
brannt, deſſen Pferde, Hunde und Haustiere getötet
werden. Eine politiſche Organiſation fehlt offenbar
ganz, ſelbſt die ſonſt häufigen Clans gibt es nicht, jon-
dern die Horden ballen ſich durch Gewohnheit oder
CV Zufall zuſammen, und auf Reiſen wird ein erfahrener
Der Häuptling Shaihuequen der Man⸗ 2 P 3 -
zaneros. Mach Photographie.) Mann an die Spitze geſtellt. Die Zahl der Tehuel⸗
tſchen iſt ſtark im Zurückgehen begriffen: Muſters
nahm nur 1500 an, nach anderen ſollen ſie noch bis zu 3000 Seelen zählen.
Im Norden Patagoniens ſitzen noch die Reſte der 1880 über den Rio Negro zurüd-
gedrängten Pampasindianer, von den Tehueltſchen Penck genannt, die früher anſcheinend
bis zum Chubut zu ſchweifen pflegten. Eine andere Gruppe ſind die offenbar ſtark mit
Araukanern gemiſchten Manzaneros, die an den Gehängen der Kordillere ſitzenden
„Apfelleute“ (ſ. die obenſtehende Abbildung). Beide Stämme, deren Mitglieder heute halb⸗
ziviliſierte Chriſten ſind, waren urſprünglich Jäger-, ſpäter Reitervölker, treiben aber auch
Viehzucht und neuerdings ſogar Ackerbau; in der Hauptſache pflanzen ſie Mais in den Tälern
der Kordilleren und keltern Wein aus den Früchten der Apfelhaine.
Die Ona auf Feuerland ſcheinen einer Miſchung zwiſchen Tehueltſchen und Feuer⸗
ländern zu entſtammen. Ihrem Körperbau nach ſowie in ihrer Beſchäftigung mit der Jagd
auf das Huanaco und die Wühlmaus Cururu, auch in ihrer Bekleidung mit dem Mantel aus
Huanacofell ähneln ſie erſteren, aber in dem Mangel an Pferden und der Benutzung von
Pfeil und Bogen den letzteren. Auch wohnen ſie wie die Yahgans des gebirgigen Feuerlandes
in Erdhütten oder Holzbuden und leben des Fiſchfanges halber viel auf dem Waſſer, das ſie
Patagonien und Feuerland: Bevölkerung, wirtſchaftliche Verhältniſſe und Beſiedelung. 269
auf rohen Kähnen aus Buchenrinde befahren. Als die Schafe eingeführt waren, hielten die
Ona dieſe für eine willkommene Gabe Gottes und begannen die „weißen Huanacos“ zu
jagen. Die weißen Viehzüchter aber eröffneten darauf gegen ſie den Krieg, infolgedeſſen es
zu einem Kampf auf Leben und Tod zwiſchen den Anſiedlern und den Ona gekommen
iſt, in dem natürlich dieſe den kürzeren zogen. Neuerdings werden ſie in den Miſſionen
der Saleſianer auf Dawſon und in Uſhuaia angeſiedelt, doch dürften ihre Tage gezählt
ſein, zumal da die Cururus vor den Schafen ſich geradeſo zurückziehen wie die Indianer
vor den Weißen.
Fremde. Zu den Eingeborenen ſind nach und nach weiße Anſiedler getreten, die
ſich raſch über die fruchtbaren Teile Patagoniens verbreitet haben. Schon 1843 gründeten
die Chilenen in der Erkenntnis des Wertes der Magalhäesſtraße Punta Arenas, doch mit
ſo geringem Erfolge, daß ſie alsbald ihre Verbrecher dorthin ſandten; 1865 errichteten dann
Walliſer die Kolonie Rawſon am Chubut, und auch im Norden fanden Verſuche zu größerer
Beſiedelung ſtatt. Aber erſt in den 80er Jahren nahm dieſe ernſtlich zu, im Norden, weil die
Indianer über den Rio Negro und Limay ſüdwärts zurückgedrängt wurden, im Süden durch
die Erhebung von Punta Arenas zur Stadt und infolge der Entwickelung der Dampfſchiffahrt.
Seitdem gelangten Einwanderer im Norden in die Täler des Neuquén und Limay, im Süden
nach dem chileniſchen, neuerdings auch in den argentiniſchen Teil Patagoniens. Als im Jahre
1877 die Schafzucht auch im Süden eingeführt wurde, beſiedelten bald Viehzüchter die Pampa
am Gallegos, den Südweſten um die Laguna Blanca und das Feuerland, beſonders Schotten
und Deutſche. Dazu traten Goldſucher im Feuerland und auf den Inſeln ſowie Kaufleute
und Händler, und neuerdings haben die Petroleumfunde an der Oſtküſte ſowie der Entſchluß
der argentiniſchen Regierung, Patagonien wirtſchaftlich zu heben, endlich die Schlichtung
des Grenzſtreites mit Chile dem Lande Anſiedler zugeführt. Dennoch iſt ihre Zahl nicht höher
als 90000 im argentiniſchen und 30000 im chileniſchen Patagonien. Dieſe ſind naturgemäß
in erſter Linie Argentinier und Chilenen, aber ein beſonders hoher Prozentſatz fällt gerade in
Patagonien auf die Europäer germaniſcher Raſſe. Deutſche und Engländer haben einen
großen Teil des Handels von Punta Arenas in Händen, deutſch und engliſch ſind die wichtig-
ſten Schiffahrtsgeſellſchaften, Deutſche und Schotten beſitzen Eſtancias für Schafzucht in
der Ebene und Farmen in den inneren Tälern der Kordillere.
Wirtſchaftliches. Die natürlichen Hilfsquellen Patagoniens beruhen zunächſt auf der
Viehzucht. Im Jahre 1877 brachte Mario Marius die erſten Schafe von den Falklandinſeln
nach Südpatagonien, die ſich trotz anfänglicher Fehlſchläge jetzt außerordentlich raſch ver-
mehren, nach Raggi am unteren Gallegos jährlich um 70 Prozent. 1895 zählte man in Pata⸗
gonien ſchon 21, Millionen Nutztiere, und 1898 beſaß in Feuerland eine einzige Eſtancia
bereits 50000 Schafe. Die viehreichſten Gegenden Patagoniens ſind der Norden, Neuquén
und Rio Negro, doch weidet hier der größere Teil der Schafe in der Kordillere. In der pata—
goniſchen Ebene hat das Gobernacion Santa Cruz die meiſten Schafe aufzuweiſen, dann das
chileniſche Gebiet um Punta Arenas und ferner Feuerland; dagegen eignet ſich die Mitte,
Chubut, auch für die Viehzucht von allen Gebieten Patagoniens am wenigſten, und auch
der trockene Norden, Rio Negro und die Umgebungen des Rio Colorado, können wegen des
Zahlen über den Viehſtand liegen für 1910 vor, aber in ihnen iſt auch das Vieh der Kordilleren—
täler Patagoniens einbegriffen. Unter dieſer Vorausſetzung ergibt ſich folgendes Bild:
Das ungefaltete Land des Oſtens.
Schafe Rinder Pferde Ziegen Schweine Eſel und Maultiere
Neuquen 678000 | 194000 | 105000 | 171000 4800 7500
Rio Negro 4725000 280 000 183 000 77.000 3 300 5900
Chubunt 2124000 335 000 166 000 22000 1400 1820
Santa Cruz 2388 000 25000 36 400 — 1000 370
Feuerland 1342 000 11900 10000 — 600 100
Zuſammen: 11257000 845 900 500 400 270.000 11100 | 15 690
Bedenkt man ferner, daß die Zahl der Schafe im chilenischen Territorio Magallanes, d. h.
in Patagonien, von 185 im Jahre 1878 auf 930000 im Jahre 1897 geſtiegen iſt, ſo kann man
für 1913 auch dort 2 Millionen Schafe annehmen, ſo daß die Geſamtzahl der Schafe in Pata—
gonien etwa 13½ Millionen beträgt. Davon leben 5%, Millionen im Süden, 51, im Norden,
der Reſt von 2 Millionen in der Mitte. Manche Eſtancias enthalten über 100000 Schafe,
wie „El Condor“ im ſüdöſtlichen Santa Cruz; entſprechend groß ſind auch die Flächen,
welche dieſe Beſitzungen einnehmen: die Eſtancia San Julian in Santa Cruz mit 70000
Schafen bedeckt 120000 ha, die Patagonian Sheep und Farming Company beſitzt 191000,
die Banque d'Anvers 285000 ha (Mecklenburg-Strelitz 293000 ha), die Argentine Southern
Land Company ſogar 655226 ha, dieſe in Rio Negro und Chubut. Hier ſind bekannte
„Kolonien“ die Colonia Sarmiento am Senger und die Colonia Escalante an der Küſte,
ferner die Colonia San Martin am oberen Genua. Auch in Sarmiento fand Vallentin
1905 ſchon 75000 Schafe, 10000 Rinder und 10000 Pferde.
Gegenüber der Viehzucht tritt der Ackerbau im patagoniſchen Hochland ganz zurück.
Wenn für die einzelnen Gobernaciones kultivierte Flächen angegeben werden, ſo beziehen ſich
dieſe faſt ausſchließlich auf die Kordillerentäler. Die Anbauflächen ſind aber noch ſehr gering,
ſie betragen in Neuquén und Chubut 0,2 Prozent, in Rio Negro 0,3, in Santa Cruz 0,05, in
Feuerland 0,02 Prozent des Areals. In den Flußtälern des Limay, Neuquén, Rio Negro
und Colorado ſind 300, 450, 5500 und 2750 qkm für den Ackerbau geeignet. Bohnen und
Kartoffeln ſind in Chubut die wichtigſten Bodenfrüchte, aber auch der Weizen gedeiht gut,
wo genügend Waſſer iſt. Im Norden pflanzt man noch Mais und Wein, im übrigen noch
Gerſte, Hafer, Luzerne, Tabak, Gemüſe, Apfel und Kirſchen, auf Feuerland nur Kartoffeln,
Gemüſe und Erdbeeren, aber kein Getreide mehr. In Chubut geht man von der Weizen—
kultur zum Anbau der Alfalfa (Luzerne) über; 1894 wurden aus Puerto Madryn 4678
Tonnen Weizen und 17 Tonnen Alfalfa-Samen, 1904 aber 355 Tonnen Weizen, 101 Tonnen
Alfalfa-Samen und außerdem 751 Tonnen Wolle gegen 23 im Jahre 1894 ausgeführt; dazu
kamen noch 890 Tonnen getrocknetes Futter, pasto seco, vorwiegend Alfalfa, und 82 Ton—
nen Schaffelle, in Rawſon 300 Tonnen Wolle und 80 Tonnen Häute und Felle.
Der Wald des Südens liefert Holz zum Schiffs- und Hausbau, für Möbel und Fäſſer,
die Drimys Winteri in der Rinde auch einen zimtähnlichen Stoff. Die Jagd auf dem Lande
liefert Felle und Häute, die Jagd und die Fiſcherei auf dem Meere, namentlich um Feuer-
land, Seehundsfelle, Tran, Speck und Zähne in großen Mengen und ſind für die Zukunft
ſehr ausſichtsreich. Mittels des Bergbaues gewinnt man am Rio Negro Salz, bei Punta
Arenas lignitiſche Kohle. Wichtiger ſind zeitweiſe die Goldwäſchen an der Küſte zwiſchen
Dungeneß und Condorscliff ſowie im Schwemmland der Bahia San Sebaſtian auf Feuerland
geweſen, wo die Anſiedelung El Baramo entſtanden iſt. Obwohl aber auch auf den ſüdlichen
Inſeln von Feuerland und auf der Halbinſel Brunswick Gold gefunden wurde, iſ es ſeit 1907
Patagonien und Feuerland: Bevölkerung, wirtſchaftliche Verhältniſſe und Beſiedelung. 271
von den patagoniſch-feuerländiſchen Goldwäſchen ziemlich ſtill geworden. Dagegen entwickeln
ſich die Petroleumfundorte. Sie liegen teilweiſe am Kordillerenrande in Neuquén und da-
mit noch zu weit vom Verkehr entfernt, dann aber an der Küſte von Chubut bei Comodoro
Rivadavia und 40 km weſtlich von Punta Arenas, alſo für die Ausbeutung weit bequemer.
Die Induſtrie beſchränkt ſich noch auf Sägemühlen, Brauereien, Schlachthäuſer in
Punta Arenas. Der Handel beginnt ſich auch in denjenigen Teilen Patagoniens zu heben,
die bisher fern vom Verkehr lagen. Das waren bis vor kurzem die Küſten und ſind noch die
Kordillerentäler, von den inneren Hochebenen ganz zu ſchweigen. Die Küſten waren bis 1900
faſt ohne allen Verkehr; nur Punta Arenas wurde nach Entwickelung der Dampfſchiffahrt,
etwa ſeit 1860, ein wichtiger Hafen. Sonſt wurden die Küſten Patagoniens nur von Schiffen
der argentiniſchen Kriegsmarine monatlich in 6—7 Tagen abgelaufen, während die Handels—
ſchiffe der Linien Mihanovich und Baccaro ihre Fahrten in Carmen de Patagones beendeten.
Erſt ſeitdem im Jahre 1901 die Hamburg⸗Amerika⸗Linie und die Hamburg⸗Südamerikaniſche
Dampfſchiffahrtsgeſellſchaft ſich vereinigt haben, werden auch die Häfen der Oſtküſte regel-
mäßig angelaufen. Die hier in Betracht kommenden Häfen ſind San Antonio, Puerto
Madryn, Cabo Raſo, Camarones, die Rada de Tilly im Petroleumgebiet von Rivadavia,
Cabo Blanco, Puerto San Julian, Santa Cruz und Puerto Gallegos, auf Feuerland Uſhuaia
und auf der Staten-Inſel San Juan. Einige von ihnen könnten auch Flußſchiffahrt be⸗
treiben, wenn die Flüſſe alle ſchiffbar wären. In ihren Unterläufen ſind es der Colorado,
Chubut, Deſeado, Santa Cruz und Gallegos, aber befahren wird nur der Rio Negro. Auch
dieſer wird durch eine Barre von 3500 m Länge geſperrt, bietet indeſſen doch bei 5 bis
81%, m Tiefe von Patagones an eine lange gute Waſſerſtraße, die Dampfer in 90 Stunden
bis Roca zu befahren pflegen.
Der obere Teil des Rio Negro-Tales wird ſeit 1899 auch von einer Eiſenbahn be—
gleitet, der Großen Neuquén-Bahn, die in 25 Stunden von Buenos Aires über Bahia Blanca
nach Neuquén an der Vereinigung des Neuquén mit dem Limay führt. Sie ſoll künftig bis
zu einem Punkte der chileniſchen Längstalbahn fortgeſetzt werden, jedenfalls auch nach dem
Nahuel Huapi. Außerdem beſteht eine ſchon 1889 eröffnete 70 km lange Bahn von Puerto
Madryn nach der Walliſer Kolonie Trelew am unteren Chubut. Außerhalb der Eiſenbahn⸗
linien iſt das Fortkommen auf den primitiven Straßen noch recht ſchwierig. Die wichtigſten
ſind Bahia Blanca — Patagones, Patagones -Choséle-Choél, von denen jede aus zwei nahe
nebeneinander gelegenen Wegen beſteht, ferner die zur raſchen Beförderung von Reiſenden
mittels Bahn und Galera gebaute Straße von Parada, Station der Coloradobahn, nach
Pringles und Patagones. Nach Chubut führt von Negro Muerto die Balchetaſtraße über die
gefürchtete, waſſerloſe nördliche Traveſia zwiſchen den beiden genannten Orten; von ihr
zweigt ſich die Straße nach Nahuel Huapi ab. Im Süden iſt Punta Arenas mit Santa Cruz
durch Straßen verbunden, in der Mitte der Lago Colhuapi mit der Bahia de San Jorge.
Neuerdings werden auch die Straßen in Neuquen wichtiger, wie General Acha-Chos Malal,
600 km, Roca-Chos Malal, 400 km, und San Rafael-Chos Malal, 500 km, ſowie Norquin—
Chos Malal und die von dort in die Kordillere führenden. Endlich iſt die Rada de Tilly mit
dem Oberlauf des Deſeado, der untere Chubut mit dem des Senger durch Pfade verbunden,
und auch längs der Flüſſe Deſeado und Rio Chico laufen beginnende Straßen. Zum Teil
haben dieſe Straßen ſchon Telegraphenlinien, und eine ſolche zieht auch an der geſamten
Küſte von Bahia Blanca bis Punta Arenas entlang.
272 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Die Beſiedelung. Patagonien zerfällt politiſch in die fünf auf S. 257 angegebenen
argentiniſchen Gobernaciones und das chileniſche Gebiet. Auf rund 930000 qkm wohnten
1911 nur etwa 130000 Menſchen, jo daß die Volksdichte nur 0,14 beträgt. Aber die Bevölfe-
rung ſitzt nur in den Kordillerentälern und an den Flüſſen, zum Teil auch, beſonders im Süden,
an der Küſte, während die zwiſchen den Flüſſen gelegenen Hochebenen faſt menſchenleer ſind.
Im Norden hält ſich die Bewohnerſchaft zunächſt an die Flüſſe, beſonders den Rio
Negro, an dem eine Reihe kleiner Siedelungen aus feſten Plätzen entſtanden iſt. An der
Mündung liegt Boca de Rio Negro, etwas landeinwärts der Doppelort Viedma und
Carmen de Patagones. Letzterer wurde 1779 von Viedma gegründet, erſterer iſt jetzt
Hauptort der Gobernacion. Beide Orte zuſammen zählen aber noch nicht 10000 Einwohner.
Wo die Eiſenbahn den Rio Negro erreicht, liegt Choéle-Choél inmitten des wüſten⸗
haften Sandgebietes, weiter aufwärts Chelforo Roca und am Colorado Fortin Uno. Vielleicht
wird der Verkehr die öden Landſchaften am Rio Negro überhaupt überſpringen und ſich der
reicheren Gobernacion del Neuquén zuwenden, die den Oſtabhang der Kordillere zwiſchen
dem Rio Barrancas und dem Limay umfaßt und erſt langſam beſiedelt zu werden beginnt.
Ihr nördlicher Teil iſt wenig fruchtbar, der ſüdliche anſcheinend reicher; Soldaten und
Bauern, auch Chilenen, haben die erſten Siedelungen gegründet, wie den jetzigen Hauptort
Neuquen, ferner Chos Malal, Norquin, Coonuco am Agrio, Lescano am Limay, Chacabuco
Viejo, San Carlos und Moreno am Nahuel Huapi, wo ziemlich viele Deutſche leben.
In Mittelpatagonien gründeten Walliſer ſchon 1865 die Kolonie Chubut mit dem
Hauptort Rawſon und den kleineren Siedelungen Trelew und Gaiman, die ihre Produkte,
Wolle, Schaffelle, Alfalfa-Samen, Weizen, Federn und Roßhaare, über Puerto Madryn aus—
führen. Auf der Halbinſel San Joſé oder Veldes liegt inmitten von Salinen Puerto Pira-
mides, weiter im Süden Puerto Camarones mit Schafzucht, nahe dem innerſten Winkel
des Golfes von San Jorge der Petroleumdiſtrikt von Comodoro Rivadavia oder Rada de Tilly,
dahinter die Burenkolonie Escalante, ſüdlich des Lago Muſters die Kolonie Sarmiento. Die
fruchtbarſten Gebiete Mittelpatagoniens ſind wieder die am Kordillerenrande ſich ausdehnen—
den Grasflächen und die inneren Täler der Kordillere, wie das Valle 16 de Octubre und die
Landſchaften am oberen Carri Leufu; ſie ſind aber von Chile aus beſiedelt worden.
Südpatagonien iſt infolge reicherer Niederſchläge grasreicher als Mittel- und Nord—
patagonien. Daher iſt es vom Beginn der Beſiedelung an der Hauptſitz der Schafzucht
geweſen. Dieſe wird dem Lande auch in Zukunft eine große Wichtigkeit verſchaffen, während
der Ackerbau hier weniger wegen der Trockenheit als wegen der zunehmenden Häufigkeit der
Fröſte immer gegen die Viehzucht zurücktreten wird. Die Beſiedelung ſetzte im äußerſten
Süden ein, im chileniſchen Teile, wo Punta Arenas raſch eine große Bedeutung ge—
wonnen hat. Der Ort wurde 1843 von der chileniſchen Regierung als Strafkolonie gegründet,
dann wieder aufgegeben und erſt ſeit 1868 von freiwilligen Anſiedlern beſiedelt. Am Fuße
eines entwaldeten langen Rückens gelegen, machen die hellen Holzhäuſer mit teilweiſe rot-
geſtrichenen Zinkdächern heute einen freundlichen Eindruck; elektriſches Licht, Theater, Klubs,
Pferdebahnen ſind vorhanden, ſeit 1899 auch ein Zollhaus. Als einzige Station zwiſchen
Südchile und Buenos Aires wird Punta Arenas jetzt von allen europäiſchen Dampferlinien
regelmäßig angelaufen. Die Ausfuhr beſteht aus Wolle, Gold, Fellen von Huanacos, Pu⸗
mas, Hirſchen, Füchſen, Fiſchottern, Seehunden, Häuten von Rindern und Schafen, Strau—
ßenfedern, Holz und Lignit. Hier finden ſich Goldgräber, Jäger, Fiſcher, Händler, Kaufleute
Die Argentiniſche Republik als Staat. 273
und Seeleute zuſammen, und alle Eſtancias bis zum Gallegos ſenden ihre Erzeugniſſe nach
Punta Arenas. Ende 1907 hatte die Stadt über 12000 Einwohner, mehr als die Hälfte der
Geſamtzahl der Bewohner des chileniſchen Territorio Magallanes, deſſen Hauptort ſie iſt.
Leider fehlt immer noch ein Kabel von Punta Arenas nach Valparaiſo.
Im argentiniſchen Teil Südpatagoniens ſetzte die Beſiedelung, obwohl ſchon
im 18. Jahrhundert einige Hafenplätze gegründet worden waren, in größerem Maße erſt
ſpät ein. Die nördlichen Häfen Puerto Deſeado und Puerto San Julian ſind freilich noch
ſehr unbedeutend, verſchiffen aber Wolle. Wichtiger ſind Santa Cruz und Puerto Gallegos,
an den Mündungen der gleichnamigen Flüſſe, beſonders das letztere als Hafen für eine große
Reihe von Eſtancias in der Umgebung und am Gallegos und Coils.
Feuerland beſteht ſeit 1883 aus einem öſtlichen argentiniſchen und einem weſtlichen
chileniſchen Teil. Auch hier iſt die Schafzucht der wichtigſte Wirtſchaftszweig, neben dem die
Fiſcherei und der Bergbau auf Gold wenig bedeuten. Der chileniſche Teil ermangelt, mit
Ausnahme der Goldgräberſiedelungen zwiſchen der Bahia Lomas und der Bahia Inutil, der
Beſiedelung ganz, im argentiniſchen liegen die Goldwäſche El Päramo, die Saleſianer—
miſſion an der Mündung des Rio Pellegrini oder Grande, im kordilleriſchen Teile Harberton,
Lapataia mit einer Sägemühle und die Saleſianermiſſion Uſhuaia mit Zivil- und Militär⸗
gefängnis, eine Strafkolonie, alle drei am Beagle-Kanal.
Die Argentiniſche Republik als Staat.
Die Argentiniſche Republik, La Repüblica Argentina oder die Argentina,
enthält nach offizieller planimetriſcher Meſſung 2789642 qkm Fläche, nimmt alſo ein Sechſtel
Südamerikas ein und iſt etwa fünfmal ſo groß wie das Deutſche Reich. Davon entfallen etwa
900000 qkm auf Patagonien und 240000 auf den Chaco, jo daß 1650000 qkm für den Kern
des Landes, die Pampa und die andinen Provinzen, übrigbleiben.
Auf dieſer Fläche lebten Ende 1910, nach einer auf der Zählung von 1895 (die faſt 4 Mil⸗
lionen Einwohner ergeben hatte) beruhenden Schätzung, einſchließlich 30000 unabhängiger
Indianer, 7122000 Menſchen, ſo daß die Volksdichte 2,5 beträgt, nach einer Schätzung für Ende
1912 aber 8700000, was eine Volksdichte von 3,1 ergäbe. Von den 7122000 kommen allein
auf die Provinz Buenos Aires und die Hauptſtadt 3130000, ſo daß für das ganze übrige Land
nur 4 Millionen übrigbleiben. Von dieſen enthalten die meſopotamiſchen Provinzen wieder
800000, die andinen Provinzen Tucuman, Catamarca, La Rioja, Jujuy, Salta, San Juan
und Mendoza 1050000, die vorwiegend pampinen zentralen Provinzen Cordoba, Santiago
del Eſtero, Santa Fé und San Luis 1650000 und die Territorien in Patagonien, Miſiones,
dem Chaco und den Anden 270000, ſo daß für 1910 die Zahlen der Tabelle auf S. 274 gelten.
Das Wachstum der Bevölkerung warin den letzten Jahrzehnten bedeutend, von 1836000
im Jahre 1869 wuchs die Einwohnerzahl auf über 7 Millionen im Jahre 1910 an, in 40 Jahren
vervierfachte ſie ſich alſo beinahe, ſo daß ſie heute die Bayerns wohl ſchon überſteigt. Am
ſtärkſten iſt die Zunahme in der Stadt Buenos Aires, in Santa Fe, Cordoba, Entre Rios
und der Provinz Buenos Aires, alſo in den für Ackerbau geeigneten Gegenden geweſen, am
geringſten in den andinen Provinzen. Zu verdanken iſt ſie hauptſächlich der Einwanderung
aus Europa. Dieſe begann 1836, ſtockte 1843 —52 wegen politiſcher Wirren, ſtieg dann aber
mächtig bis 1889, um darauf etwas abzunehmen. Von 1857 bis 1912 betrug die Einwanderung
4194000, die Auswanderung 2188000 Menſchen, der Überſchuß alſo zu = Bon den
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl.
274 Das ungefaltete Land des Oſtens.
4248 000 Einwanderern waren über 2 Millionen Italiener, 1286000 Spanier und 200000
Franzoſen, alſo 3500000 Romanen, ſo daß für alle übrigen nur 750000 übrigbleiben. Davon
ſtellten die Deutſchen 54000, die Briten 50000, die Ungarn und Oſterreicher 80000, letztere
wohl meiſt Polen und Dalmatiner, die Schweizer 30000, die Ruſſen, auch wohl meiſt
Polen, 136000. Auch 1912 wanderten 348000 Menſchen ein und 142000 aus, jo daß durch
Einwanderung allein ein Zuwachs von 206000 Köpfen erfolgte. 1909 ſchätzte man, daß
unter den Bewohnern Argentiniens 5100000 Argentinier, 500000 Italiener, 425000 Spanier,
105000 Franzoſen und 23450 Deutſche ſeien.
Größe und Einwohnerzahl der Argentiniſchen Republik 1910.
Dfitometer | Einwohner | Volksdichte
Stadt Buenos Aires. 186 | 1330 000 | =
Provinz Buenos Aires 305121 1 796 000 6,0
Kern des Landes. 305307 3126000 10,0
SON nt 131 906 842 000 6,7
S ET 73 923 200 000 2,7
CCC lee ea 2 Ele 161 036 573000 3,5
Santiago del Ejte . . . . .. . 103016 216 500 2,1
Zentralprovinzen: 469 881 1831 500 4,0
ce DHBBA (// ö 74571 416 000 5,6
CFC 84 402 395000 4,7
Mejopotamien: 158 973 811 000 5,0
St We ee Ne 49162 62 400 1,2
FCC 161099 147 700 0,„
1 ĩͤ a, EHER 23124 303 150 13,0
G0 T REN 8 123 138 110 300 0,9
ee eee RT 89 498 89 300 1,0
Sar rr warten 84251 116 600 1,3
INEHODZA = ˖ ĩ ˙»A ade 146 378 225 250 | 1
Andine Provinzen: 676 650 1054 700 1,5
Provinzen zuſammen: 1611 811 6 823 200 4,2 Mr
Gobernacion Formofa . ag. 107 258 6300 0,06
Gobernacion del Chaco 136 635 13 800 0,1
Chaco: 243 893 20 100 0,08
Miſionesss erneisa 22229 38800 1,75
Gobernacion de la Pampa. 145 907 | 71700 | 0,5
Territorio de los Andes 64 900 1250 | 0,02
Gobernacion Neuquen . 2... 105.000 29000 0,28
- del Rio Negto: mr: 206 750 34000 0,17
- Del Chuan . 242 039 30 000 0,12
- de Santa Crunun . . . 282 750 6500 0,023
5 de la Tierra del Fuego. 21 499 2 500 0,12
Patagonien: 858 038 102 000 | 0,12
Territorien zuſammen: 1334 967 233 850 0,14
Geſamtſtaat: 2946 778 | 7.057000 | 2,4
Die Argentiniſche Republik als Staat. 275
Wenn auch die Argentiniſche Republik vorwiegend Viehzucht und Ackerbau treibt, ſo
iſt doch die ſtädtiſche Bevölkerung ebenfalls ziemlich bedeutend, denn die Städte über
20000 Einwohner beherbergten 1913 etwa 2210000 Menſchen, 30 oder 24 Prozent der Ge—
ſamtbevölkerung. Davon entfielen wieder auf Buenos Aires allein 1450000, gleich 20 Pro—
zent der Geſamtbevölkerung oder 65 Prozent der Bevölkerung der Orte mit über 20000 Ein-
wohnern. Eine andere Stadt, Roſario, hat 1913: 220000 Einwohner erreicht, zwei weitere,
La Plata und Cordoba, ſtanden dicht vor 100000, die Colonia Avellaneda in Santa Js ſoll
1910 ſchon 87000 gehabt haben und Tucuman 66000, während Santa Fsé ſelbſt 1912 nahe
an 50000 ſtand. Es folgen noch das alte Mendoza mit 40000, das neue, raſch wachſende
Bahia Blanca mit 35000, Parana mit 30000 und Corrientes mit 20000, wahrſcheinlich auch
Salta, das 1904 gegen 17000 hatte.
Wirtſchaftliche Verhältniſſe. Die Grundlage des Wohlſtandes der Argentina iſt
die Viehzucht. Seitdem 1527 die erſten Pferde, 1553 die erſten Rinder eingeführt waren,
verbreitete ſich die Viehzucht über die Pampa, nahm aber erſt ſeit Einführung der Schafe
und der Entwickelung der Schafzucht durch Deutſche und Engländer die rieſige Ausdehnung an,
die Argentina jetzt zu einem der erſten Viehzuchtländer macht. Die Viehzählung von 1908
ergab im Vergleich mit denen früherer Jahre folgende Ziffern:
Rinder Schafe Pferde Schweine
S DIR LEE 21 963 930 66 701 097 4262 917 403 203
SIEHE BETEN? 21 701526 74 379562 4 445 859 652 766
B 29 116 625 67 211 754 7531376 1 403 591
Außerdem gab es 465037 Maultiere und 285088 Ejel; die Bienen- Koſchenille- und Seiden—
raupenzucht beginnt zuzunehmen und damit die Ausfuhr ebenſo zu beeinfluſſen wie das
Halten größerer Llamaherden in den Anden; auch die Felle der Fiſchotter, der Chinchillas,
ferner Wachs, Honig und Straußenfedern gehören zu den Ausfuhrartikeln. Die Viehzucht
wird heute aber vielfach nicht mehr wie früher auf offener Weide, im „Corral“, geübt, ſondern
in Ställen, und ſtatt der einfachen Behauſungen der Gauchos erheben ſich in der Pampa die
ſchloßartigen Gebäude reicher Eſtancieros. Manche Eſtancias ſind außerordentlich groß; ſo
beherbergt die Eſtancia San Jacinto auf 62500 ha (Schwarzburg-Rudolſtadt = 86200 ha)
100000 Rinder, 100000 Schafe und 10000 Pferde, die Eſtancia Huetel auf derſelben Fläche
62000 Rinder, 87000 Schafe und 42000 Pferde. Noch größer ſind die Eſtancias in Pata—
gonien (vgl. S. 270). Der Wert des Viehbeſtandes der Republik erreichte bereits 1895: 1516,
1908 aber 2606 Millionen Mark, und der Wert der Ausfuhr von Viehzuchtprodukten betrug
1912 faſt 725 Millionen Mark.
Seit etwa 20 Jahren iſt aber der Ackerbau noch wichtiger geworden als die Viehzucht.
Auf den großen Eſtancias der Pampa wird Luzerne geſät, Mais, Weizen, Hafer, Lein gepflanzt.
So umfaßt die Eſtancia Huetel 4500 ha Luzernefelder, und 2000 ha ſind mit den anderen ge—
nannten Pflanzen beſtanden, auf San Jacinto gar 16250 ha mit Luzerne. Außerdem aber
gibt es in der Republik weite Flächen, in denen der Ackerbau überhaupt beſſer lohnt als die
Viehzucht, namentlich in Santa FE und Entre Rios ſowie in Corrientes und im Chaco.
Allmählich hat ſich eine Teilung der Kulturen herausgebildet: Buenos Aires, Cördoba, die
Pampa, Entre Rios und Santa FE bauen Mais, Weizen, Hafer und Hirſe; in den anderen
Provinzen gedeihen bei künſtlicher Bewäſſerung Reis und Reben, in Tucuman und dem
Chaco das Zuckerrohr, und auch die Olpflanzen, wie Mani (Erdnuß), Seſam, Rizinus und
18 *
276 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Mohn, ziehen den wärmeren Norden vor. Bebaut waren überhaupt 1888: 2422 955, 1908/09
etwa 14 Millionen ha. Im einzelnen verteilten ſich dieſe (in ha) wie folgt:
Weizen Mais Leinſamen Luzerne Hafer
1887/88. 815 438 801533 121073 390 009 —
1895) 2. 2007 IE 2049683 1244182 387 324 700 000 —
1902 r 3 695 343 1801 644 1307196 1730163 —
1908/09 . (1913) 6573000 2729000 (1913) 1779000 4706530 (1913) 1249 000
Dieſe Tabelle zeigt eine enorme Zunahme des Anbaues von Weizen, Luzerne und Lein—
ſamen, deren Flächen ſich verſiebenfacht, ja verzwölffacht haben. Die wichtigſten Provinzen
für alle dieſe Produkte ſind Buenos Aires, Santa Fé, Cördoba und Entre Rios, zu denen all—
mählich auch die Gobernacion Pampa tritt (vgl. S. 255). So erzeugte die Republik 1911 ſchon
4200000 Tonnen Getreide und nahm damit den fünften Platz unter den Getreideſtaaten der
Erde, nach den Vereinigten Staaten, Rußland, Frankreich und Oſterreich-Ungarn, ein; der Wert
der Ausfuhr von Ackerbauerzeugniſſen betrug 1912: 1065 Millionen Mark. Mit Zuckerrohr
waren 1909: 70000 ha beſtanden, davon 56800 in Tucuman; mit Weinſtöcken 1911: 56329 ha,
davon 38 723 in Mendoza und 14108 in San Juan; mit Tabak 1910: 20800 ha, davon 11300 in
Corrientes, 3500 in Salta und 3000 in Tucuman. Sehr gute Ausſichten für die Zukunft bieten
ferner Baumwolle und der für die Seidenzucht wichtige Maulbeerbaum. Von Fruchtbäumen
können jo gut wie alle in der Argentiniſchen Republik gezogen werden, am beiten aber die jub-
tropiſchen, unter denen der Pfirſichbaum und der Feigenbaum wohl die wichtigſten ſind. Die
Obſtbaumzucht und der Obſthandel ſind trotzdem heute in der Argentina erſt in den Anfängen.
Der Wald liefert den Paraguay-Tee oder die Verba, beſonders in Miſiones, aber
dieſes Erzeugnis ſpielt noch keine große Rolle; wahrſcheinlich werden jährlich etwa 5 Mil—
lionen kg geerntet, während von Paraguay 3 Millionen und von Braſilien 46 Millionen kg
eingeführt werden. Ebenſo iſt die Kautſchukproduktion der Wälder von Salta und Jujuy nörd—
lich von 26° und weſtlich von 62°, wo die Ficus elastica wächſt, noch ohne Bedeutung, wenn
auch ausſichtsreich. Dagegen hat das Quebrachoholz, namentlich vom roten Quebracho,
eine erhebliche Wichtigkeit gewonnen. Es findet ſich im Chaco bis 28° jüdl. Breite und zwiſchen
59 und 64° weſtl. Länge in ungeheuren Mengen, und ſchon 1899 wurden 160000 Tonnen Holz
im Werte von 6½ Millionen Mark ausgeführt. 1912 ſtieg der Wert der Ausfuhr von Que⸗
bracho auf faſt 34 Millionen Mark, und dieſer Artikel ſtand an zehnter Stelle der Ausfuhrliſte.
Das Quebrachoholz iſt Grundlage für eine große Induſtrie geworden. Mächtige
Sägewerke, Obrajes, ſind in Santa Fe und den Chaco Territorien angelegt worden (Tafel 10,
Abbildung 3); außerdem wird das Holz in großen Fabriken, beſonders in Santa Fé und
Corrientes, zur Gewinnung von Gerbſtoff benutzt. 1910 konnten ſchon 10000 Tonnen Extrakt
ausgeführt werden, meiſt nach Deutſchland und Nordamerika. Im übrigen beruht die In⸗
duſtrie hauptſächlich auf der Viehzucht und dem Ackerbau. Der bedeutendſte Induſtriezweig
des Landes iſt zurzeit die Gefrierfleiſchinduſtrie. Sie beginnt das Salzfleiſch der Sala-
deros zu verdrängen und wird hauptſächlich in Buenos Aires, Santa Fé, Entre Rios und
Corrientes betrieben. A. Martinez und M. Lewandowſfki zählen für 1910 zehn mächtige Ge—
ſellſchaften mit einem Geſamtkapital von 89 Millionen Mark auf, von denen 3414000 ganze
Schafe und 3040000 Rinderviertel, davon 1608000 gekühlt, das übrige gefroren, ausgeführt
wurden. In manchen dieſer Frigorificos werden täglich 150 Rinder und 700 Schafe ge—
ſchlachtet. Durch dieſe Induſtrie iſt die früher einzige auf die Viehzucht gegründete Induſtrie,
Die Argentiniſche Republik als Staat. 277
die der Einſalzereien, Saladeros, zurückgedrängt worden. Im ganzen wurde 1912 für
1718,86 Millionen Mark Fleiſch aus der Republik ausgeführt, dazu für 4 Millionen Mark
Fleiſchextrakt, für 222 Millionen Mark Häute, für 48,6 Millionen Talg und für 44,5 Millionen
Mark lebende Tiere. Auch die Milchinduſtrie beruht auf der Viehzucht; ſie ergab 1903 einen
Ausfuhrwert von 8,5 Millionen Mark für Butter, 1910 nur noch für 4,8 Millionen Mark.
Ferner wird viel Käſe hergeſtellt und die Milch in die Städte verkauft. Der Ackerbau hat
die großen Mühlen und die Mühleninduſtrie hervorgerufen, zunächſt zur Verſorgung der
Bevölkerung mit Brot, ſeit 1878 auch zur Ausfuhr von Mehl, die 1912 den Wert von 28,3
Millionen Mark erreichte. Sie geht beſonders nach Braſilien und Großbritannien; die Zahl
der Mühlen wird auf 600 —700, das darin angelegte Kapital auf 100 —120 Millionen Mark
geſchätzt. Weiter hat die Zuckerproduktion Bedeutung erlangt, da 1910, meiſt in Tucu—
man, 148 571 Tonnen Zucker erzeugt werden konnten, die in großen Raffinerien bejonders
in Roſario verarbeitet werden. Sie ergaben 62,5 Millionen kg Raffinadezucker, während
der Verbrauch 66,3 Millionen kg betrug, jo daß eine Ausfuhr noch nicht ſtattfindet. Zurück—
gegangen iſt die Spiritusinduſtrie, während die Brauereien einen mächtigen Aufſchwung
genommen haben; 1910 erzeugten ſie 98 Millionen Liter Bier, beſonders in Quilmes bei
Buenos Aires, dann auch in der Provinz Cordoba. Entwickelungsfähig, aber zurzeit noch
nicht entwickelt, ſind Weberei und Gerberei, obwohl die Baumwolle im Norden gut gedeiht
und das Quebrachoholz den denkbar beſten Gerbſtoff liefert. Dagegen fängt die Groß—
fiſcherei an, ſich in ungeahnter Weiſe zu entwickeln, teils an den Küſten Patagoniens, teils
durch die Ausnutzung der Reichtümer der antarktiſchen Meere. Erwähnenswert iſt ferner noch
die große elektriſche Induſtrie, während die chemiſche bis jetzt faſt ganz fehlt. Es werden
Seife, Kerzen, Farbwaren, Parfümerien in geringem Maße, Zündhölzer reichlich angefertigt,
und auch die Herſtellung von Papier und Glas iſt ſchon bemerkenswert.
Der Bergbau iſt in der Argentina noch am wenigſten von allen großen Wirtſchafts—
zweigen entwickelt. Zweifellos ſind auch die argentiniſchen Kordilleren nicht arm an Erzen,
an Kupfer, ſilberhaltigen Bleierzen, Mangan, Wolfram, auch wohl an Gold, allein ausgebeutet
werden bisher nur wenige Lagerſtätten, die beſten bei Chilecito in der Sierra Famatina und
im Diſtrikt Capillitas in Catamarca. Auf der Höhe des Despoblado de Jujuy findet ſich
Borax. Bequemer liegen die Erdölquellen an der Küſte von Patagonien, bei Comodoro
Rivadavia und die Goldfelder im Dünenſand von Feuerland und Santa Cruz.
Infolge des allgemeinen wirtſchaftlichen Aufſchwunges des Landes hat ſich auch der
Handel bedeutend gehoben. Im Jahre 1889 erreichte er mit faſt 1150 Millionen Mark den Bra-
ſiliens, dann ſank er infolge von Revolution und Kriſen, war aber 1901 wieder 1127 Millionen
Mark wert und iſt ſeitdem ziemlich gleichmäßig auf das Zweieinhalbfache geſtiegen. 1912 betrug
er nämlich 3505 Millionen Mark gegen 2795 in Braſilien. Davon kamen auf die Einfuhr 1559,
auf die Ausfuhr 1946 Millionen Mark. Die Einfuhr ſetzt ſich wie überall in Südamerika aus
Textilwaren, Eiſen und Eiſenwaren, Kohlen, Lebensmitteln, Steingut, Glaswaren, Seiden—
fabrikaten, Holzwaren, chemiſchen Fabrikaten, Maſchinen, Wein und hier auch aus Yerba zu—
ſammen. Die Ausfuhr beſtand 1912 aus folgenden 14 wichtigeren Artikeln (in Mill. Mk. Wert):
Mais 441,0 Häute 211,0 8 Hafer . . 88,7] Quebracho . . 34,0
Weizen. . 397,0 Fleiſch.. . 172,0 Fett. 47,4 Mehl. . 28,85
Wolle 235,0 Leinſamen . 138,5 Tiere.. 44,5 Kleie 2243
Wie, Fleiſchextrannkk . 4,
278 Das ungefaltete Land des Oſtens.
Von dieſen zuſammen 1841,86 Millionen Mark entfielen alſo auf die Erzeugniſſe des Acker—
baues: Mais, Weizen, Leinſamen und Hafer, 1065 Millionen, — 56,8 Prozent, auf die der
Viehzucht: Wolle, Häute, Fett, Tiere und Fleiſchextrakt, 543 Millionen, — 28,9 Prozent,
auf die der Induſtrie: Fleiſch, Mehl, Kleie, 233 Millionen, = 12,5 Prozent, und auf die
des Waldes, Quebracho, 34 Millionen, — 8,7 Prozent. Demnach iſt der Ackerbau für den
Handel ſchon wichtiger geworden als die Viehzucht, während 1901 letztere noch überwog. Aber
auch wenn man die auf die Induſtrie kommenden Ausfuhrwerte dem Ackerbau und der Vieh—
zucht zurechnet, ſo daß Mehl und Kleie zum Ackerbau, Fleiſch und Borſten zur Viehzucht
gezogen werden, jo ſteht der Ackerbau mit 1118 Millionen, = 60,7 Prozent, der Viehzucht
mit 723 Millionen, = 39,3 Prozent, noch immer voran.
Die Einfuhr kam 1911 vorwiegend, insgeſamt zu 72 Prozent, von Großbritannien
(30), Deutſchland (18), den Vereinigten Staaten (14) und Frankreich (10) und hatte bei dieſen
Staaten die hohen Werte von 432, 264, 208 und 152 Millionen Mark. Dann folgten Italien
mit 119 Millionen, = 8 Prozent, Belgien mit 80 Millionen, — 5,5 Prozent, und Braſilien
mit 33 Millionen, — 2,2 Prozent; der Reſt von 12,3 Prozent verteilte ſich auf Oſterreich—
Ungarn, Uruguay, die Niederlande, Paraguay, Kanada, Chile und eine Reihe anderer Länder.
Die Ausfuhr ging vorwiegend, insgeſamt zu 64,3 Prozent, nach Großbritannien (28),
Deutſchland (13,3), Frankreich (12) und Belgien (11 Prozent) mit 367, 172, 160, 144 Mil⸗
lionen Mark, dann erſt nach den Vereinigten Staaten, 97 Millionen Mark (7,5) und ferner
nach Braſilien, 72 Millionen Mark (5,5), Italien (4), den Niederlanden (2), Chile, Oſterreich—
Ungarn, Uruguay, Spanien und Paraguay ſowie mehreren anderen Ländern. Im Geſamt—
handel ſtand alſo Großbritannien mit 799 Millionen Mark, = 28,8 Prozent, voran, dann
folgten Deutſchland mit 436 Millionen oder 15,7 Prozent, Frankreich mit 312 und die Ver—
einigten Staaten mit 305 Millionen Mark, alſo je etwa 11 Prozent, Belgien mit 224 Mil⸗
lionen (8), Italien mit 173 Millionen (6) und Braſilien mit 105 Millionen (4), zuſammen
mit 2354 Millionen oder 85 Prozent; die Reihenfolge der wichtigeren Handelsgebiete beſchlie—
ßen Spanien, die Niederlande, Oſterreich-Ungarn, Uruguay, Chile, Paraguay und Kanada.
Der Schiffsverkehr hat daher auch mächtig zugenommen. Während 1901 in den
argentiniſchen Häfen 11960 Schiffe mit 7712000 Tonnen einliefen, waren es 1912: 50189
mit 25079000 Tonnen. Nach einer anderen Aufſtellung verteilte ſich der Verkehr in den
nördlichen Häfen 1910 (in Regiſtertonnen), wie folgt:
Buenos Aires 9 296473
ROSS ne 2473695 zuſammen: 12516603
Bahia Blanca . . . . 746435 J
Perun; 8 603193
Sang ER 583 494
Corrie? 520 664
Dia; 7, 419 840 kleinere Paranähäfen
Goya NE car 382145 | zujammen: 3358520
Eine 371 386
Empedrads TE 301 406
Bellg Iita; Erreeri3
Zuſammen: 15875123
Unter dieſen Häfen ragt Buenos Aires mit fait 52 Prozent über die anderen weit hinaus,
hat ſich aber ſeit langem als ungenügend erwieſen. Daher ſind 1911: 100 Millionen Mark
Die Argentiniſche Republik als Staat. 279
zur Vergrößerung des Hafens ausgeworfen worden. Die Bedeutung des Hafens Buenos
Aires liegt darin, daß er faſt die ganze Einfuhr des Landes aufnimmt, während von der Aus—
fuhr nur 44 Prozent über ihn gehen. Zur Entlaſtung von Buenos Aires iſt der Hafen von
La Plata ausgebaut worden, doch ermangelte er wenigſtens bis 1909 regen Lebens. Eine ſehr
große Bedeutung hat Roſario als Hauptausfuhrhafen für die landwirtſchaftlichen Erzeugniſſe
der Republik gewonnen. An dritter Stelle ſteht Bahia Blanca mit den beiden Nebenhäfen
Puerto Galvan und Puerto Ingeniero White als Toren für die Ausfuhr aus den mächtig
aufblühenden Ackerbaugebieten der ſüdlichen Pampa; ein dritter Nebenhafen, Puerto Bel—
grano, iſt im Bau. Die übrigen in der Tabelle angeführten Häfen liegen alle am Paranä.
Sie haben zuſammen 1910 einen Verkehr von 3378520, mit Roſario von 5850000 Regiſter⸗
tonnen gehabt. Abgeſehen von Santa FE gehören fie alle dem linken Stromufer an, Dia-
mante und Parana zu Entre Rios, die übrigen zu Corrientes.
Die Eiſenbahnen hatten 1901 eine Länge von 16600, Anfang 1913 eine ſolche von
32624 km. Nach geringen Anfängen in den 1860er Jahren wurden die wichtigeren Bahnen
in den 1870er und 1880er Jahren ausgebaut, wie die transandine Bahn bis Villa Mercedes
1875 und Cördoba-Tucuman 1876. Erſtere erreichte 1888 Mendoza und 1891 den Fuß der
Kordillere, dann aber blieb ſie ſtecken, weil zuerſt die inneren Unruhen, dann der drohende
Krieg mit Chile den Weiterbau verhinderten, und ſo konnte erſt 1910 der Betrieb im Kordilleren—
tunnel aufgenommen werden. Auch krankt dieſe Bahn an der ſchmalen Spur von nur einem
Meter zwiſchen Mendoza und Los Andes. Im Jahre 1900 wurde dann die Neuquén-Bahn
bis zur Vereinigung des Limay und Neuquén dem Betrieb übergeben, und bald darauf, 1908,
drang die Nordbahn über Jujuy bis an die bolivianiſche Grenze vor. Geplant ſind zwei weitere
Übergänge über die Kordillere nach Chile zu, einer im Norden in der Richtung auf Copiapo,
der andere im Süden über den Planchon- oder Pichachen-Paß. Am weſtlichen Rande des
Chaco iſt die Eiſenbahn über Oran hinaus vorgeſchoben, am öſtlichen bis San Tomé, und es
wird an Querbahnen über den Chaco gedacht. Auch iſt jetzt Poſadas am Paranä und da—
mit der Anſchluß an die Eiſenbahnen Paraguays erreicht worden.
Die hauptſächlichen argentiniſchen Bahnen ſind folgende:
Buenos Aires-Südbah . . . 4978 km Central-Buenos Aires. 269 km
Zentralargentiniſche Bahn .. 4281 - Cördoba und Roſario 291 =
Buenos Aires-Weftbahn . . . 2350 - Transandine Bahn. . . . . 1
SOC. 2 Central Chubb 86 -
n Privatbahnen: 23 352 km
ee J Terra orabane 2275
ee e een 152 VPordargentiniſche Bahn . . 1355
Entre Rios⸗Bahnen 1029 ⸗ —
Central- Cordoba. 1300 8
Provinz Buenos Aires... 976 - | Kleinbahnen und Dampfbahnen 399
Nordoſtargentiniſche Bahn. . . 911 - Zuſammen 1911: 27381 km
Das Telegraphennetz war 1911: 61000, das Telephonnetz 94300 km lang.
D. Das gefaltete Land des Weſtens.
Der alten Scholle des Oſtens ſteht der jüngere gefaltete Weſten des Erdteils gegen—
über. Ihn bildet ein gewaltiges Hochgebirge, die Kordilleren oder Anden, die Cor—
dillera de los Andes. Die Bezeichnung Kordilleren („Stränge“) iſt vorzuziehen, da ſie
im Lande allgemein üblich iſt und die Eigenſchaft des Gebirges als eines Kettengebirges
gut wiedergibt, während der Name Andes, der angeblich von den Antis-Indianern in Peru
herſtammt, künſtlich eingeführt worden iſt.
Die Kordilleren Südamerikas ſind ein Glied der gewaltigen Gebirgsumrahmung
des Großen Ozeans, alſo ein Teil des pazifiſch gebauten Landes der Erde. Sie ſind im Süden
durch 4000 m tiefes Meer von dem folgenden Gliede derſelben Umrahmung, dem antarktiſchen
Graham-Lande, getrennt (ſ. die Karte auf S. 53), aber eine Reihe von Inſelgruppen, die Süd⸗
Shetland, Sandwich- und Süd-Orkney-Gruppe, deuten in einem nach Oſten konvexen Bogen
die frühere Verbindung noch an. Auch im Norden führt ein derartiger Bogen von Venezuela
über die Antillen nach Yukatan und Honduras hinüber, und auch hier liegt innerhalb ſeiner
in Inſeln zerſplitterten Gebirgszüge ebenfalls tiefes Meer, die Karaibiſche See. Außerdem
aber ſind die Kordilleren in den Landengen von Darien, Panama und Veragua mit den von
Nordamerika her in Virgation auseinandertretenden Aſten der nordamerikaniſchen Kordilleren
durch eine junge Landbrücke verknüpft.
Laſſen ſchon dieſe Analogien in der Lage und Erſtreckung der Kordilleren auf Ein—
heitlichkeit des inneren Baues ſchließen, ſo gibt die allmählich vorgeſchrittene Unter—
ſuchung des Gebirges dafür immer deutlichere Beweiſe. Auf der weiten Strecke von 56° ſüdl.
Breite bis 23° nördl. Breite finden ſich überall dieſelben charakteriſtiſchen Geſteine, oft auch
derſelbe Bau. Eine mächtige Kette von älteren Schiefern und Eruptivgeſteinen zieht an den
Geſtaden des Großen Ozeans durch Chile, Peru und Ecuador. Auf ſie folgt gegen Oſten die
Weſtkordillere, von Patagonien bis Colombia überall aus Kreideſedimenten und enormen
Maſſen von Porphyren und Porphyriten beſtehend, die ganz allmählich in Andeſite über-
gehen und ſtellenweiſe heute noch Reihen und Gruppen tätiger Vulkane tragen. Nach Oſten
folgt dann eine Zone von Kreideſedimenten, beſonders Quarziten, Schiefern und Kalkſteinen,
die durch mächtige Eruptionen von Granodioriten durchſetzt und verändert ſind; auch dieſe
charakteriſtiſchen Lakkolithe finden ſich von Patagonien über Peru bis zu den Antillen.
Dort, wo die faltende Kraft am ſtärkſten war, etwa unter 10—40° ſüdl. Breite, ſind
nach E. Sueß auch die im Oſten ſich anſchließenden Beſtandteile der alten braſiliſchen Feſt—
landsmaſſe mit gefaltet und gehoben worden, und ſo hat ſich in Nordargentina, in Bolivia
und Peru eine Oſtkordillere aus alten Meeresſedimenten vom Kambrium bis zum Karbon
Das gefaltete Land des Weſtens. 281
ausgebildet, die frei von Vulkanen, aber ſehr hoch iſt. Sie verläuft von 23 an ſüdwärts durch
die Pampa, in einzelne Aſte, die ſogenannten Präkordilleren, zerſplittert, und verliert ſich
in Patagonien. Die faltende Kraft muß von Weſten, vom Ozean her, gekommen ſein, und
je mehr ſich der vor der Atacama bis 7000 m hinabreichende Meeresboden verdickt, deſto
ſtärker wird ſein Druck auf die öſtliche Nachbarſcholle, und deſto höher wird die Hebung der—
ſelben. Eine ganze Reihe von Anzeichen ſpricht dafür, daß auch in neueſter Zeit die Hebung
der Weſtküſte fortdauert, auch wird dieſe durch ſchwere Erdbeben, wie das von Valparaiſo
1906, noch oftmals heimgeſucht.
Die beiden Hauptbeſtandteile der Kordilleren, die pazifiſche Weſtkordillere und die Oſt—
kordillere, ſind nun vielfach miteinander durch plateauartige Landſchaften verbunden, die
äoliſcher, fluviatiler und glazialer, hier und da, wie in Ecuador, auch vulkaniſcher Aufſchüttung
ihre Entſtehung verdanken und zum Teil noch Reſte großer Waſſeranſammlungen, wie den
Titicaca-See, enthalten. Denn auch heute ſind die vulkaniſchen Kräfte noch wirkſam, und einen
großen Teil der höchſten Gipfel des Erdteils bilden Vulkane, die dem Grundgebirge auf—
geſetzt ſind und 6000 m Höhe nicht ſelten überſteigen. Sie finden ſich beſonders in drei Ge—
bieten: in Mittelchile bis Santiago, in Nordchile, Bolivia und Südperu von Copiapd bis
Arequipa und endlich in Ecuador und Südcolombia. Die oberen Teile der Kordilleren wurden
auch von der quartären Eiszeit verändert, und heute noch bedeckt Inlandeis den Kamm der-
ſelben zu beiden Seiten des weſtpatagoniſchen Baker-Fjords (ſ. die Karte auf S. 64).
Die Höhen der Kordilleren ſind ſehr bedeutend: an manchen Stellen überſteigt die
Kammhöhe 4000, an einigen 5000 m und bleibt mit Ausnahme weniger Landſchaften ſtets
über 2000, meiſt über 3000 m. Am geringſten iſt ſie im äußerſten Süden, von 420 aber be-
ginnt ſie raſch zuzunehmen und erreicht in Nordchile und Bolivia ihr größtes Maß. In Mittel-
chile ſind die Gipfelhöhen am gewaltigſten: gilt doch heute der Aconcagua mit 7000 m
Höhe für den höchſten Berg Amerikas, wenn auch mehrere ſeiner Nachbarn, ferner ein großer
Teil der Oſtkordillere von Bolivia, einzelne Gipfel in Südperu, der Nevado de Huaskaran
in Nordperü ſowie der Chimborazo in Ecuador nahe an dieſe Höhe herankommen. Auch die
Päſſe liegen im allgemeinen ſehr hoch. Den Verkehr erſchwert aber nicht die Höhe des Ge—
birges allein, ſondern auch die Geſtalt der Täler, die vielfach ſchlucht-, ja ſpaltenähnlich tief
eingeſchnitten und oft von ungeheuren Felswänden umſchloſſen ſind. Dennoch waren die
Hochländer in der Vorzeit der Sitz der ſüdamerikaniſchen Kultur.
Als das Rückgrat des ſüdamerikaniſchen Kontinents, dem ſie den größten Teil ſeiner
waſſerreichen Ströme liefern, find die Kordilleren nicht nur die Hauptwaſſerſcheide, ſon—
dern auch eine Wetterſcheide, indem fie zwiſchen 32 und 3° ſüdl. Breite den im ganzen
genommen fruchtbaren Oſten von dem trockenen Küſtenſtrich am Großen Ozean, zwiſchen 32
und 53° ſüdl. Breite dagegen den trockenen Oſten von dem feuchten Weſten trennen. Daher
tragen ſie die größten Gegenſätze der Vegetation: dichten Urwald auf der öſtlichen und
trockene Wüſte auf der weſtlichen Flanke, wenigſtens in den niederen Breiten, während im
äußerſten Süden gerade der Oſten, Patagonien, kahl, der Weſten, Südchile, bewaldet iſt.
Wegen der ungleichmäßigen Erforſchung der Kordilleren iſt eine Einteilung noch mit
Schwierigkeiten verbunden. Mit Sueß kann man ein ſüdliches und ein nördliches Bogenſtück
unterſcheiden, die ſich bei Arica ſcharen, und dieſe wieder nach Berückſichtigung des Baues und
der Pflanzendecke in Unterabteilungen gliedern. Geeigneter erſcheint es mir aber, die große
Anſchwellung der Kordilleren unter den Subtropen als Kern des Gebirges aufzufaſſen, dem
282 Das gefaltete Land des Weiten.
ſich nach Norden und Süden zu Teile mit geringerer Breite, allmählicher Auflöſung der Ketten
und Abnahme der Höhe anſchließen. Daraus ergeben ſich folgende Unterabteilungen:
I. Die ſüdlichen Kordilleren bis zum Aconcagua: vorwiegend eine Hauptkette,
vulkaniſch, der Weſten feuchter, der Oſten trockener; mäßig beſiedelt.
II. Die mittleren Kordilleren vom Aconcagua bis Arequipa: zunächſt im Oſten
noch zerſplittert, mit kahlen Gehängen auf beiden Seiten, dann mehr und mehr an Höhe und
Breite zunehmend. Ausbildung zweier Hauptketten und dazwiſchenliegender Hochbecken.
Meiſt abflußlos, im Inneren und im Weſten wüſtenhaft, im Oſten vom 25. Grad an bewaldet;
Sitz der Kulturen der Ketſchua und Aimar.
III. Die nördlichen Kordilleren, mit wechſelnder Zahl der Hauptketten, ab—
nehmender Breite und allmählich beginnender Veräſtelung. 1) Die peruaniſchen Kor—
dilleren: von Arequipa bis 4° ſüdl. Breite; Verengerung der großen Hochebenen zu kleine—
ren, Ausbildung von drei Ketten mit Abfluß zum Meere, ohne Vulkane, Weſtabhang kahl,
Oſtabhang bewaldet. 2) Die ecuatorianiſchen Kordilleren: vom 4. Grad ſüdl. Breite
bis 1. Grad nördl. Breite; zwei geſchloſſene Hauptketten, mit getrennten Hochbecken da—
zwiſchen, ſtark vulkaniſch, beide Abhänge bewaldet. 3) Die colombianiſch-weſtvenezo—
laniſchen Kordilleren: vom 1. bis 8. Grad nördl. Breite; drei Ketten und darauffolgende
Ausſtrahlung nach Darien und Coro, nur im Süden noch vulkaniſch, alle Abhänge bewaldet.
J. Die ſüdlichen Kordilleren.
1. Der ſüdliche Abſchnitt.
a) Das Land.
Der auf Seite 280 erörterte einheitliche Bau der Kordilleren läßt ſich gleich im äußer—
ſten Süden deutlich erkennen. Auf der öſtlichſten, zu den Anden gehörenden Inſel, Staten
Island, ſtehen Sandſteine, Quarzite und Tonſchiefer mit Foſſilien der Kreide und mit „dyna⸗
miſcher Beeinfluſſung der Sedimente“ an. Dieſe Geſteine ſowie Amphibolſchiefer bilden
auch einen großen Teil des ſüdlichen Feuerlandes, die Halbinſel Braunſchweig, die Umgebun-
gen von Otway-Waſſer und Monte Tarn, vermutlich auch das Gebirge im Weſten des Lago
Argentino; hier verhindert jedoch die ſtarke Vereiſung der Kordillere bisher genauere Unter-
ſuchungen. Weiter nach dem Großen Ozean hin beſteht das Land mehr aus Amphibol-,
Chlorit-, Quarz ⸗, Andalufit- und porphyriſchen Feldſpatſchiefern, zum Teil auch aus Amphibol⸗
gneis; dieſer Zone gehören die Umgebung des Beagle-Kanals, der Monte Sarmiento, zum
Teil auch die Inſeln Hope, Clarence und Dawſon an. Darauf folgt von Kap Hoorn bis 500,
beſonders auf den pazifiſchen Inſeln, ein langer ſchmaler Zug granitiſcher Geſteine, deſſen
Ahnlichkeit mit den Granodioriten der übrigen ſüdamerikaniſchen Anden und von Alaska
auffällt. Demgegenüber treten die porphyritiſchen und andeſitiſchen Geſteine der ſonſtigen
Weſtkordillere zurück, doch find fie z. B. auf Navarin, Grévy und Hardy vorhanden, und auf
Grévy erwähnt R. Hauthal den baſaltiſchen Vulkan Mont Oreille.
In der Gegend von Ultima Eſperanza geht das Streichen der Kordillere in meridionale
Richtung über, und zugleich wird die Zerſplitterung des Landes in Inſeln und Halbinſeln
ein wenig gemildert. Unter 510 erhebt ſich hier aus einem Kreidemantel der 2840 m hohe
Die ſüdlichen Kordilleren, ſüdlicher Abſchnitt: Das Land. 283
Cerro Payne, nach Hauthal ein Lakkolith, und als ein ſolcher gilt auch der unter 490 ſtehende
Chalten. Leider wiſſen wir über die Kordillere zwiſchen 50 und 400 in geologiſcher Hinſicht
jo gut wie nichts, dagegen haben Burckhardt und Hauthal zwiſchen 40 und 380 Beobachtungen
gemacht, aus denen ſich ergibt, daß die öſtlichen Züge hier unter der patagoniſchen Tafel zu
liegen ſcheinen, während die weſtlichen, im äußerſten Süden am ſchwächſten vertretenen
Zonen, die Porphyrite mit ihren Tuffen und Konglomeraten, gefalteter Jura und auch
junge Laven, hier weiter gegen Oſten, bis etwa 70° vortreten; doch vermerken beide Forſcher
auch Granitplatten unter den letzteren, der Vulkan Tronador ſteht über Granit, und in 400,
an den Seen Lacar und Lolog, fand Hauthal einen Gneiszug. Vor der Kordillere ſtehen im
Weiten, zum Teil als Halbinſeln zwiſchen den Fjorden, die hohen Vulkane Yanteles (2050 m),
Corcovado (2300 m), Minchinmävida (2470 m), Huequi, Hornopiren (1430 m) und Pate
(2124 m), zwiſchen den ſüdchileniſchen Seen Llanquihue und Todos los Santos die Vulkane
Calbuco und Oſorno, nördlich von 390 der Lonquimai und der Vulkan von Antuco. Aber
auch im Oſten treten hier in der Kordillere Vulkane auf, wie der Lanin (39 40°). Der großen
jungvulkaniſchen Tafeln Patagoniens iſt ſchon auf Seite 258 gedacht worden.
Nach den bisher vorliegenden Unterſuchungen wurde die patagoniſche Kordillere ſpä—
teſtens in der Kreidezeit, wahrſcheinlich früher, angelegt. Ihre weitere Geſchichte war aber
wechſelvoller als diejenige der übrigen Abſchnitte der Kordillere, weil ſie während der Tertiär-
zeit und auch noch im Quartär erheblichen Niveauſchwankungen des Meeres ausgeſetzt war
und überdies ſtärker als jene von Eruptivmaſſen durchſetzt ſowie vom Eis bearbeitet worden
iſt. Nach Otto Nordenſkiöld und Hatcher ragten in der mittleren Tertiärzeit nur die Gipfel
der Kordillere aus dem Meere hervor. Dann wurde am Ende der Miozänzeit das Land troden-
gelegt, aber im ſpäteren Pliozän wieder überflutet, ſo daß die Kordillere den Eindruck eines
langen Archipels bergiger Inſeln machte. Darauf folgte wieder eine Hebung, im Norden
wahrſcheinlich bis zu 1500 m, im Süden um 100—200 m, die das öſtliche Längstal in eine
Reihe von Fjorden und Einläſſen, ſpäter in Seen auflöſte; in dem erſteren Stadium befindet
ſich heute noch das weſtliche Längstal, jo daß wir zwiſchen der Magalhäesſtraße und dem Lago
Argentino noch heute die verſchiedenen Übergangsformen zwiſchen Meeresſtraße und Binnen-
ſee erkennen. Die Magalhäesſtraße (ſ. die Karte auf S. 56) iſt in ihrem weſtlichen Teil ein
tiefer Fjord, wie der Bakerkanal, im Oſten aber ein ſeichtes, breites Gewäſſer, das bei Troden-
legung einem patagoniſchen Quertal ähneln würde; bei geringer Hebung des Bodens würde
Bahia Inutil ein Fjord, ſpäter ein See werden, und alle Kanäle der Weſtküſte ließen ſich leicht
in Binnenſeen verwandeln, die dem öſtlichen Längstal angehören würden, wie denn bereits
eine Hebung, nicht aber glaziales Geröll Otway Water von der Magalhäesſtraße ſchied. Im
ganzen waren alſo die Täler und Seen auch der Kordillere ſchon im Miozän und Pliozän
angelegt; die Überflutung im Pliozän war ſtärker im Weſten als im Oſten.
Die verſchiedenen tektoniſchen Veränderungen erfolgten meiſt in der Richtung nach Nord—
weſten und nach Nordoſten. Dieſe Richtungen treten deutlich in der Magalhäesſtraße, im
Eſtero Ultima Eſperanza, im Smyth Canal, im Canal Eyre, im Oberlauf des Baker, im Lago
Buenos Aires ſowie in Teilſtücken der Flüſſe Aiſen, Cisnes, Palena, Yelcho, Puelo, im Nahuel
Huapi und an den Fjorden gegenüber den Guaitecas und Chiloe hervor. Manche der nach Nord—
weſten gerichteten Tiefenlinien ſind wohl frühere Meeresſtraßen zwiſchen den beiden Ozeanen.
Jedenfalls wird die Kordillere durch dieſe beiden tektoniſchen Richtungen in einzelne
Stücke aufgelöſt und erhält dadurch zum Teil wohl ihr eigenartiges Gepräge vieler kurzer,
284 Das gefaltete Land des Weſtens.
von Flußlinien und Fjorden begrenzter Blöcke; erklärlich wird dadurch auch die ſtellenweiſe
bedeutende Erniedrigung des Kammes. Man verſteht dann auch leichter, daß eine eigentliche
Hauptkette offenbar ganz fehlt, und begreift die ſonſt fremdartige Tatſache, daß die Waſſer⸗
ſcheide nicht auf den höchſten Gipfeln verläuft, ſondern hin und her ſpringt, zuweilen bis auf
das Hochland öſtlich der Kordillere. Unter dieſen Umſtänden läßt ſich die von J. B. Hatcher
verſuchte Einteilung der patagoniſchen Kordillere in drei parallele Züge, zwei Längstalzonen
dazwiſchen und Vorberge im Oſten nicht gut aufrechterhalten. Zuzugeben iſt allerdings wohl,
daß im Weſten ein großes Längstal liegt, das freilich vom Meere überſpült iſt und erſt von
Puerto Montt an über deſſen Spiegel liegt. Gewiß ſind auch im Oſten verſchiedene Täler
vorhanden, die zuſammen ein zweites Längstal geben könnten, z. B. die Colonia 16 de Octubre,
das Valle Nuevo und andere, aber die Hauptſache, die geſchloſſene innere Hauptkette, fehlt.
Eine weſentliche Veränderung im Relief der Kordillere führte zuletzt die quartäre Eis-
zeit herbei. In dieſer ſcheint die patagoniſche Kordillere ſo gut wie vollſtändig vom Inlandeis
bedeckt geweſen zu ſein, die Gletſchergrenze reichte jedenfalls ans Meer, vielleicht ſogar an
manchen Stellen, beſonders im feuchteſten Gebiet, um 46—47°, die Firngrenze. Mehrmals,
nach Hauthal dreimal, ſchob ſich das Eis von ſeinen hauptſächlichen Lagerſtätten gegen die
Umgebung vor, was vor allem am patagoniſchen Oſtrande erkennbar iſt, und auch Feuerland
wurde zum größten Teil von einer Eisdecke überzogen (ſ. die Karte auf S. 64). Von dieſer
eiszeitlichen Eisbedeckung iſt heute noch ein Teil übrig, nämlich das Inlandeis zu beiden
Seiten des Rio Baker, zwiſchen 46 und 50°, auch erreichen die von dieſem und anderen klei—
neren Eiszentren ausgehenden Gletſcher noch das Meeresniveau, wie in der Magalhäesſtraße
an der Gletſcherbai und an der Lagune von San Rafael. Heute liegt die Firngrenze im
äußerſten Süden in etwa 900 m Höhe und ſteigt von da aus nach Norden an, aber im Oſten
raſcher als im Weſten, jo daß ſie beiſpielsweiſe unter 46—47° im Oſten in 2000 m, im Weſten
in 1450 m Höhe liegt. Da nun die Kordillere großenteils 2000 m überſteigt, jo iſt ſie auf ihrer
ganzen Erſtreckung heute noch ſtark verſchneit und vereiſt, und die Gletſcher ziehen in die
Täler der Kordillerenflüſſe hinein, oder ſie brechen als gewaltige Eismauern in den Seen
des Oſtens ab (Tafel 12, Abbildung 1).
Mit der Vereiſung hängt eine weitere Eigentümlichkeit der Kordillere zuſammen, näm-
lich der Reichtum an Seen (j. die Karte auf S. 64). Von der Südſpitze des Erdteils bis etwa
390 wird die Kordillere von Seen begleitet, die vielleicht urſprünglich tektoniſchen Urſachen
zu verdanken ſind, aber ohne Zweifel durch die pflügende und anderſeits konſervierende
Wirkung des Eiſes wenigſtens in ihren oberen Teilen ſtark beeinflußt, zum Teil aber über⸗
haupt durch die eiszeitlichen Moränendämme aufgeſtaut worden ſind. Wo die Eiszeit am
kräftigſten wirkte, zwiſchen 50 und 46°, da liegen auch die größten Seen, alle im Oſten des
Gebirges; daß im Weſten Seen fehlen, iſt eine Folge der Ingreſſion des Meeres, denn
würden die Inſeln zu einer Küſtenkette zuſammengeſchloſſen, ſo hätten wir auch auf der
Weſtſeite lange Seen, wie den Baker⸗Fjord. Deutlich läßt ſich das nördlich von 43° erkennen,
wo auch an der Weſtſeite große Seen, Todos los Santos, Llanquihue, Ranco und andere
auftreten, weil hier das Längstal landfeſt iſt. Auch in dieſen Breiten ſchließen ſich an den
Oſtfuß der Kordillere Seen, darunter der große Nahuel Huapi. Zwiſchen 46 und 41° liegen
dagegen auf beiden Seiten des Gebirges nur kleine Seen. Faſt alle ſind Gebirgsſeen mit
ſteilen Ufern und wahrſcheinlich bedeutenden Tiefen; nur die öſtlicheren ſind teilweiſe flach
und von erratiſchen Blöcken umgeben, wie der Lago Fontana. Auch ſcheinen ſie früher höhere
Die ſüdlichen Kordilleren, ſüdlicher Abſchnitt: Das Land. 285
Waſſerſtände gehabt zu haben und an manchen Stellen ganz verſchwunden zu ſein; als ſolche
alte Seeböden ſind die großen Täler des Oſtens, das Valle 16 de Octubre, das Valle Nuevo
und das Valle Frio anzuſehen.
Die Seen beginnen im Süden mit den Lagos Sarmiento und Maravilla, denen die
Quellſeen des Rio Santa Cruz, der Lago Argentino und der mit ihm durch den Rio Leona
verbundene Lago Viedma folgen. Im Weſten ſind ſie von den hohen Bergen Stokes, Agaſſiz,
Chalten oder Fitzroy umgeben, von deren Gletſchern ſie geſpeiſt werden; auf dem Lago
Argentino ſowie auf anderen Seen treiben ſogar die von den Gletſchern abgebrochenen Eis—
berge. Der Charakter dieſer Seen iſt daher großartig und meerähnlich. Der früher meiſt dem
Rio Santa Cruz zugerechnete Lago San Martin wird durch den Rio de la Pascua nach dem
Baker⸗Kanal entwäſſert. Einer der auffallendſten, weil die Kordillere quer durchſchneidenden
Seen iſt der Cochrane in 156 m (nach Hauthal ſogar in kaum 100 m) Höhe, der größte von
allen der Lago Buenos Aires mit nur 200 m Meereshöhe, der den Rio Fenix aufnimmt und
ihn als Rio Baker entläßt. Nördlich von 45° liegen noch zahlreiche kleinere, die ſich von den
vorigen durch bedeutend größere Höhenlage unterſcheiden und zum Teil noch Gletſcher auf—
nehmen (Tafel 12, Abbildung 1); der Lago La Plata liegt 943, der Lago Fontana 940, der
Lago General Paz 900 m hoch, was auf die größere eingangs angeführte Hebung der nörd—
lichen Teile der Kordillere zurückzuführen iſt. Noch die bis 720 eingreifenden Lagos La Plata
und Fontana fließen nach Oſten zum Senger ab, während ſich der Lago General Paz bereits
durch den Carrileufu zum Palena entwäſſert und auch ſämtliche nördlicheren Seen ihr Waſſer
in den Großen Ozean ergießen, ſo daß die Waſſerſcheide nur am Lago La Plata weit nach
Weſten vorſpringt. Die nördlicheren Seen liegen teils im Stromgebiet des Futaleufu, wie
die Lagos Menendez, Barros Arana, Jorge Montt, Chico, Bravo, Nicolas, Cholila, teils in
dem des Puelo⸗Manſo, wie der Superior, der Inferior und der Epuyen.
Die Seen ſtehen in nahen Beziehungen zu den Tälern. Dieſe ſind im allgemeinen
ſehr tief eingeſchnitten. Ihre Offnungen, „Abras“, erſcheinen vom Meere aus geſehen als
mächtige Felſentore, „in deren Hintergrund ſich die Talwände kuliſſenartig vorſchieben, bis
eine Schnee oder Gletſcher tragende Mauer dem weiteren Verlauf der Abra ein ſcheinbares
Ende ſetzt“. H. Steffen macht jedoch darauf aufmerkſam, daß oft gerade die weiten Offnungen
nur kurzen Talzügen entſprechen, wie am Huemules, Corcovado, Renihue, Cochamo, während
die Mündungen der Täler langer, bedeutender Flüſſe gerade ſchmal ſind. Weit ins Innere
hinein laſſen ſich die Talböden in geringer Höhe verfolgen: der obere Puelo fließt in 200, der
obere Yelcho im Valle 16 de Octubre 350 m hoch, der See Buenos Aires hat kaum 200, der
Cochrane (Pueyrredon) ſogar kaum 100 m Höhe. Die Quertäler der Kordillere ſind alſo tief ein-
gegrabene Canons, und es wechſeln langgeſtreckte Talzüge in den öftlichen Teilen der Kordillere
mit ſchroffen Quertälern an den Durchbrüchen durch die Hauptkette ſowie mit aufeinander
rechtwinkelig ſtehenden Talſtücken, wie im Yelcho⸗, im Puelo-, im Manſo- und im Bakertal.
Die Flüſſe haben im Oſten lange meridionale Laufſtrecken, wie der Futaleufu, der
Rio Mayer, der Baker und der Pascua, während ſie in den Durchbrüchen den Charakter
wilder Gebirgsſtröme mit Stromſchnellen, Waſſerfällen, ſchäumenden Strudeln und engen
Betten tragen. Zum Teil erweitern ſie ſich an Verbreiterungen der Täler zu Seen, wie der
Futaleufu zum Lago Yelcho (Tafel 12, Abbildung 2), oder fie reichen mit ihren Oberläufen
noch in die öſtlichen Längstäler hinein, wie der Manſo, der Puelo, der Futaleufu, der Baker
und der Rio Mayer-Pascua.
286 Das gefaltete Land des Weiten.
Der ſüdlichſte Fluß iſt der aus dem Lago San Martin kommende, durch den Rio Mayer
verſtärkte, in den Baker⸗Kanal fallende Rio Pascua, der größte und waſſerreichſte unzweifel⸗
haft der die höchſten und ſchneereichſten Teile des Gebirges entwäſſernde Rio Baker. Letzterer
entſpringt auf dem patagoniſchen Tafelland, zieht das Waſſer aus den Seen Buenos Aires
und Cochrane und durchquert die ganze Kordillere. Kleiner iſt der Rio de los Huemules,
der Hirſchfluß, der im Norden des Lago Buenos Aires entſteht, einen kurzen, von zahl
reichen Gletſchern geſpeiſten Lauf hat und, in mehrere Arme geteilt, in die Enſenada Qui⸗
tralco fällt. Dagegen durchbricht der Aiſen wieder das ganze Gebirge und mündet in einen
breiten Fjord. Sein nördlicher Nachbar iſt der Cisnes, der ebenfalls das Gebirge in einer
tiefen Querſchlucht durchbricht. Der dann folgende Vuta Palena wird aus drei Flüſſen
gebildet: dem Rio Claro, dem Rio Frio und dem Hauptarm, Rio Carrileufu oder Corcovado.
Ihm benachbart iſt der Rio Futaleufu, der aus einem ganzen Syſtem von Seen, Lagos
Nicolas, Bravo, Montt und Barros, abfließt und aus dem Tal des 16. Oktober einen Neben⸗
fluß, Corintos, aufnimmt, dann den Lago Nelcho (Tafel 12, Abbildung 2) bildet und ſüd—
lich des Vulkans Minchinmävida mündet. Nördlich von dieſem fließt der kleine Reñihue
aus einem See ab, dann folgt der Vodudähue und endlich der Rio Puelo. Von ihnen
wiederholt der letztgenannte im kleinen den Lauf des Futaleufu-Yelcho: er durchfließt im
Oberlauf das Valle Nuevo, dann zwei Seen, Lagos Superior und Inferior, und bricht nach
Nordweſten zur Boca de Reloncavi durch; ſein nördlicher Zufluß, Rio Manſo, verläuft im
Oberlauf ruhig in einem Längstal, während der Mittellauf eine unpaſſierbare Cañonſchlucht
mit einer endloſen Reihe von ſtarken Stromſchnellen iſt.
Aus dieſen Erörterungen ergibt ſich, daß die Waſſerſcheide vielfach gar nicht in der
Kordillere, ſondern auf dem patagoniſchen Hochlande liegt, wie beim Rio Baker, beim Aiſen
und beim Cisnes. Ob dieſe Flüſſe älter ſind als die Kordillere und dieſe während ihrer Ent-
ſtehung durchſägt haben, oder ob ihr größerer Waſſerreichtum infolge der ſtärkeren Nieder—
ſchläge der Weſtküſte die Rückverlegung ihrer Quellen auf das patagoniſche Hochland er—
möglicht hat, iſt noch nicht bekannt; jedenfalls entſpringen ſie im Oſten der Kordillere und
durchſchneiden dieſe vollſtändig. In einzelnen Fällen läßt ſich nachweiſen, daß die nach Oſten
fließenden Flüſſe von den waſſerkräftigeren nach Weſten laufenden angezapft worden ſind,
wie der Deſeado vom Fenix; in anderen iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß derartige Verände⸗
rungen vor nicht allzu langer Zeit ſtattgefunden haben: ſo beim Lago San Martin, der wahr⸗
ſcheinlich zuerſt zum Chalia abfloß.
Die Orographie der Kordillere iſt wegen der Verkehrsſchwierigkeiten und der Eis⸗
bedeckung noch wenig, ſtellenweiſe gar nicht bekannt. Vulkane ſcheinen im Süden von 47°
ganz zu fehlen, da der Chalten oder Fitzroy (3344 m) weſtlich vom Lago Viedma und der
Payne (2672 m) unter 51°, die früher für Vulkane gehalten wurden, von Hauthal als gra-
nitiſche Lakkolithe erkannt worden ſind. Ob auch der 2354 m hohe Stokes und der Agaſſiz
(3150 m) dieſelbe Entſtehung haben, iſt unbekannt. Dagegen hält auch Hauthal den höchſten
Berg des ſüdlichſten Südamerika, den mit dem Monte San Clemente der Miſſionare iden⸗
tiſchen Cerro San Valentin (4050 m), das Zentrum des Inlandeiſes, für einen Vulkan.
Südlich des Lago Cochrane merkt Steffen einen anderen ſehr hohen Gipfel, Cerro Cochrane,
mit 3700 m Höhe an, am Nordufer des Lago Buenos Aires gibt Moreno einen 2630 m hohen
Berg, den Cerro Apoſtol San Juan, an, und weiter weſtlich zeigen die chileniſchen Karten den
Cüpula (2700 m). Die Höhe des Gebirges nördlich des Sees La Plata berechnet Moreno
Die ſüdlichen Kordilleren, ſüdlicher Abſchnitt: Das Land. 287
auf 18001900 m und gibt dem Cerro Minas über dem Roſario-See 2000, den Montes Riva⸗
dävia 2000, dem Cerro Pillaquitron 1970 m und dem Gebirge am oberen Rio Manſo 2100 bis
2400 m Höhe. Nach Steffen hat der Cerro Cutch 2013 m, der Nahuel Pan 2135 m, der Pilla—
quitron 2155 m, die Sierra 2265 m und die Cerros Carrera 2352 m Höhe. Wohl aber ver-
mag man bequem von Oſten her in die Kordillere einzudringen, da leicht gangbare Päſſe
eine Reihe von Einſchartungen benutzen, wie das Boquete Nahuel Pan unter 43°, das Bo-
quete de Valle Nuevo unter 42 und das an den Quellen des Manſo unter 41%“ ſüdl. Breite;
dieſe Übergänge haben 1300 — 2000 m Seehöhe.
Die öſtlichen Vorberge und Randketten der Kordillere ſind nicht überall deutlich
ausgeprägt. Im äußerſten Süden bilden niedrige Schwellen die Waſſerſcheide zwiſchen dem
Gallegos und Coile einerſeits und den kurzen Flüſſen, welche die das öſtliche Längstal ein-
nehmenden Seen Sarmiento, Toro und Maravilla entwäſſern, anderſeits. Einzelne Züge
führen die Namen Sierras, wie die Sierra Dorotea, Latorre, Cazador, in deren Umgebung
fruchtbare, mit Buchen beſtandene, von Huanacos, Hirſchen, Rehen, Füchſen, Mardern und
dem grünen Papagei belebte Täler liegen. Weiter nordwärts, wo der Rio Santa Cruz die
Randhöhen durchbricht, nehmen dieſe den Charakter von mächtigen, baſaltiſchen Plateaus
an, wie die Sierra Baguales (1500 m) ſüdlich des Lago Argentino, die Meſeta del Lago
Cardiel (1500 m) öſtlich des Lago San Martin, die Meſeta Belgrano (2300 m) ſüdlich des
Lago Cochrane und die Meſeta Zeballos (2600 m) ſüdlich des Lago Buenos Aires. Dieſe
Gebiete haben meiſt mehr patagoniſchen als andinen Typus.
Dagegen ſind die im Weſten der Kordillere liegenden Inſeln von durchaus
andinem Bau. Sie beginnen im Süden mit den Gruppen Navarin, Hoſte, Wollaſton, Her—
mite, Londonderry, Stewart, Gordon und der das Kap Hoorn tragenden Inſel gleichen
Namens (vgl. die Karte auf S. 56). An dieſem eigentümlich geformten, aber oft von Nebeln
und tiefhängenden Wolken verhüllten Kap beſtehen die Inſeln aus Kuppen und Kegeln von
alten Eruptivgeſteinen und verändertem Tonſchiefer. Sie erreichen Höhen von 500-600 m,
ſind zerklüftet, wild, mit nutzloſen Wäldern und wüſten Sümpfen bedeckt; ihre gebuckelte
Oberfläche zernagt der Regen, ihre ſteilen Gehänge die Brandung des Meeres, die bis zu
60 m hoch über die Felſenklippen ſchlägt. Die Stateninſel öſtlich von Feuerland iſt 70 km
lang, 10 km breit und zerfällt in zwei Teile; ihr höchſter Gipfel, Mount Buckland, erreicht
900 m. Den Süden von Feuerland durchzieht eine Gebirgskette in zwei Zügen; der nörd-
lichere enthält den Mount Hope, dann folgt der fjordartige Binnenſee Lago Fagnano mit
Abfluß zum Admiralitätsbuſen und ſüdwärts davon die zweite Gebirgskette, mit dem Drei-
Brüder⸗Berge, Tres Hermanos, dem angeblichen Vulkan Apaca, dem 2150 m hohen Mount
Darwin, dem 2070 m erreichenden Monte Sarmiento und dem 1200 m hohen Mount Buckland.
Von dieſen iſt der Sarmiento bis zu etwa 260 m Höhe mit düſterem Walde bekleidet, im
übrigen aber mit Schnee und Eis bedeckt; mehrere Gletſcher, die in gewundenen Zungen nach
der Küſte herabziehen, vergleicht Darwin mit gefrorenen Niagarafällen, wobei er das beryll—
artige Blau im Gegenſatz zu dem blendenden Weiß der Firnfelder rühmt. Eisberge ſchwimmen
in die benachbarten Meeresteile hinab, und Waſſerfälle ſtürzen in den Beagle-Kanal. Die—
ſer würde bei geringer Hebung des Meeresbodens in einen See verwandelt werden, gerade
wie der Lago Fagnano; ſeine Länge beträgt etwa 200 km bei einer Breite von nur 3 km.
Als Fortſetzung von Feuerland erſcheinen die Inſeln Clarence, Santa Ines und Deſo—
lacion, deren Weſtküſten aus abgerundeten, niedrigen, kahlen Hügeln von Granit und Diorit
288 Das gefaltete Land des Weſtens.
beſtehen und von ſo ungeheuren Mengen von Klippen und Inſeln begleitet werden, daß man
das Meer die Milchſtraße nennt. Hier bezeichnet das Kap Pilar (f. die beigeheftete farbige
Tafel) den weſtlichen Ausgang der Magalhäesſtraße. Dieſe kann als Fortſetzung des Ad—
miralitätsſundes angeſehen werden, doch liegt die Inſel Dawſon quer vor dieſer Meeres-
bucht. Die Halbinſel Brunswick (nur 860 m) trägt das Kap Froward und den Mount
Tarn, von deſſen Gipfel aus zahlreiche unregelmäßige Bergketten, tiefe gelblichgrüne Täler
und das Land überallhin zerlegende Meeresarme erblickt werden. Dagegen erhebt ſich auf
der benachbarten Isla del Rey Guillermo der Mount Burney zu 1770 m. Mächtige Meeres-
buchten, Otway Water, Skyring Water, und auf der anderen Seite der Obſtruction-Sund
und der Worsley-Sund, greifen hier in das Land ein. Vor den Ausgängen dieſer Fjorde
beginnt die Inſelkordillere nördliches Streichen anzunehmen, eine Richtung, die ſie im ganzen
bis nach Chiloés beibehält. Am weſtlichen Ende der Magalhäesſtraße wurde auf früheren
Karten die große Königin-Adelaide-Inſel gezeichnet, die aber nach neueren Unterſuchungen
ein Archipel iſt. Auf ſie folgen die Rennellinſel, Vidal, Cambridge, Hanover, Chatham,
die Madre de Dios-Gruppe, Mornington und der große Archipel von Wellington und
Campana mit mehreren großen und zahlreichen kleinen Inſeln. Lange Sunde greifen da—
zwiſchen ein, wie die Nelſonſtraße, die Concepcionſtraße, der Stoſch- und der in jeder Be—
ziehung dem Beagle-Kanal gleichende Meſſier-Kanal. Sie entſenden tiefeinſchneidende
Fjorde ins Feſtland, wie den Eyre-Fjord und den Baker-Kanal. Die Höhen bleiben ſich
anſcheinend ziemlich gleich: der Mount Cathedral auf Wellington erreicht etwa 1200, die
vorliegenden Inſeln haben 500 —1000 m Höhe. Dann folgt eine Lücke in Geſtalt des Golfo
de Penas und darauf die Halbinſel Taytao (1200 m), die zwar noch mit dem Feſtland
verbunden iſt, aber nur durch den ſehr niedrigen, 22½ km breiten Iſthmus von Ofqut.
Dieſer bildet eine Unterbrechung der meridionalen Meereskanäle und verdankt ſeine Ent-
ſtehung auch nur der aufſchüttenden Tätigkeit des rieſigen, aus dem Gebiete des Cerro San
Valentin herabſtrömenden Eisfeldes, das in die Lagune von San Rafael mündet.
Nördlich der Halbinſel Taytao beginnt aber ſogleich wieder die Inſelkordillere mit den
Chonosinſeln, die in die Guaitecasinſeln übergehen. Dieſe durch den Canal de
Moraleda vom Feſtland abgetrennte Gruppe beſteht aus etwa 1000 Inſeln und iſt überaus
gebirgig; hier erreicht die Inſel James 1270 m. Den Weſten dieſer Inſeln bildet Glimmer⸗
ſchiefer, im Gegenſatz zum Oſten, den Eruptivgeſteine einnehmen; faſt die ganze Gruppe
aber bedecken gewaltige Wälder. Am Moraleda-Kanal wiegen ſteile, glatte, dachförmig ab-
fallende Wände vor, während auf den Inſeln und der Halbinſel Taytao der Glimmerſchiefer
ſanfte runde Kuppen bildet. Die Gipfel einiger Inſeln ſind ſelbſt im Sommer mit Schnee
bedeckt. Auf die Chonosinſeln folgt nochmals eine breite Meeresſtraße und dann die 8394 km
große Inſel Chilos, die durch die Golfe von Coreovado und Ancud ſowie den Kanal von Chacao
vom Feſtlande abgetrennt, auf der Oſtſeite von zahlreichen Nebeninſeln begleitet wird und ohne
Zweifel ein Teil der Küſtenkordillere iſt. Im ganzen ein Tiefland von 150 bis 160 m Höhe,
erhebt ſie ſich mit ihren höchſten Gipfeln zu nicht ganz 800 m. Der Süden iſt noch ſehr wenig
bekannt, in der Mitte wird ſie durch eine Lagune in eine ſüdliche und eine nördliche Hälfte geteilt.
p) Klima, Pflanzendecke, Tierwelt.
Das Klima des Südens iſt ein ausgeſprochenes kühles Seeklima mit milden Wintern
und ſehr kühlen Sommern, was die folgende Tabelle erweiſt:
Copyright 191
=
in — —
— — —
Bei Kap Pilar.
Von H. Schnars-Alquiit. Nach einer Fakſimile-Gravüre im Verlag von Ludwig Möller, Lübeck.
Die ſüdlichen Kordilleren, ſüdlicher Abſchnitt: Klima, Pflanzendecke, Tierwelt. 289
ärmſter a i
eninſe!l! 5,90 8,90 2,50 6,40 1701
Orangebai (68° 7) . . . 5,40 8,10 2,10 6, —
Mſhun ia 5,40 11,0 — 0,20 11,20 568
Evangeliſtas (750 6). . . 6,30 8,90 3,50 5,40 2882
Aneundd 10,70 14,10 7,0 6,50 2146
Puerto Montt 10,80 14,70 7,30 7,40 2300
Valdes er 11,6° | 16,10 da | 8,90 | 2667
Vergleicht man dieſe Mitteltemperaturen mit denen in gleicher Breite in Europa, fo iſt Süd—
chile ſehr benachteiligt. Edinburg hat z. B. im Mittel 21/,0 mehr Jahreswärme als die Orange—
bai, nämlich 8,2, und Valdivia unter 399 49° bleibt gegen das in gleicher Breite gelegene Cagliari
um nicht weniger als 5,50 (11,6 gegen 17,1) zurück, aber auch gegen die gegenüberliegenden
patagoniſchen Stationen, wie Bahia Blanca, um volle 3%. Der Fehlbetrag im Jahresmittel
wird durch die mangelnde Sommerwärme erzeugt; denn während Bahia Blanca in bezug
auf den kühlſten Monat (7,5) mit Valdivia (7,20) ungefähr übereinſtimmt, übertrifft es mit
dem wärmſten Monat die chileniſche Station um nicht weniger als 6,4 (22,5 gegen 16,10),
und ebenſo iſt der Sommermonat Januar in Rawſon um 7,1 wärmer als in Ancud (21,2
gegen 14,10). Sehr kühle Sommer find alſo für Weſtpatagonien und Südchile typiſch.
Das zweite wichtige Merkmal ihres Klimas iſt der Niederſchlagsreichtum. Wäh—
rend Bahia Blanca nur 530, Rawſon 560 mm Niederſchlag im Jahre empfangen, erhalten
Valdivia und Ancud zwiſchen 2100 und 2700 mm, alſo vier- bis fünfmal ſoviel. Die geſamte
Küſte von Weſtpatagonien und Südchile iſt ſehr regenreich, ſchon die Stateninſel erhält 1700,
Islote Evangeliſtas gar faſt 2900 mm im Jahre, Valdivia noch faſt 2700, und erſt nördlich von
Valdivia geht die Regenmenge plötzlich auf 1500 mm zurück (Inſel Mocha, 38° 217 ſfüdl. Breite,
1511 mm). Plätze wie Evangeliſtas erhalten in einem Monat (Januar 324 mm) beinahe jo viel
Niederſchlag wie Santiago (372 mm) im ganzen Jahre. Beſtimmte Maxima treten im Süden
kaum hervor, doch hat z. B. Evangeliſtas vom Juli bis September nur je faſt 200 mm. Hier
fallen alſo Sommerregen mit dem Maximum im Januar, in Ancud aber, in Puerto Montt
und in Valdivia iſt der Herbſt die Regenzeit; die Maxima fallen in Ancud in den Mai, in
Puerto Montt in den Mai und Juli, in Valdivia in den Juni, womit ſich der Übergang zu
den Winterregen des mittleren und nördlichen Chile vollzieht.
Dieſe große Niederſchlagsmenge im Verein mit der niedrigen Temperatur machen das
Klima von Südfeuerland und Weſtpatagonien äußerſt unwirtlich, und die große Näſſe iſt auch
für Chiloé, Llanquihue und Valdivia noch bezeichnend. Schon auf der Stateninſel fallen
beſtändig Regen, Schnee, Graupeln, Hagel oder Eisnadeln, ſo daß man 278 Regen- und
80 Schneetage im Jahre verzeichnet. Dazu wird infolge des niedrigen Luftdruckes von 746 mm
bei Kap Hoorn der ganze Süden von Stürmen heimgeſucht, beſonders im Sommer, weniger
im Winter. Im Sommer herrſchen Weſtwinde faſt allein, während im Winter, namentlich
im Mai und Juni, auch nördliche und öſtliche Luftſtrömungen vorkommen. Leider beſitzen
wir über das Klima zwiſchen 52 und 420 ſüdl. Breite keine fortlaufenden meteorologiſchen
Beobachtungen, ſondern nur vereinzelte von Reiſenden, jo daß bis zur Inſel Chiloe eine
weite Lücke klafft; aber man weiß, daß in dieſen Gegenden der Regen tagelang in Strömen
fällt und daß trockene Tage ſelten ſind. Schnee fällt an der Weſtküſte bis g 125 auf Chiloe
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl.
290 Das gefaltete Land des Weſtens.
aber nicht mehr; auch liegt die Schneegrenze (ſ. das Diagramm auf S. 63) ſehr tief, im Süden
von Feuerland in 900 und 1000 m, wogegen im Winter die Berge in der Breite der ſchottiſchen
Hochlande bis 500 m abwärts dauernd beſchneit find. Über die Höhe der Schneegrenze zwi⸗
ſchen 52 und 44° ſüdl. Breite wiſſen wir nichts Näheres: unter 47 ſoll fie 1320, unter 46—45°
1400 m hoch liegen, unter 43—42°, der Region der ſtärkſten Niederſchläge, ſcheint fie bei dieſer
Höhe zu beharren, und am Vulkan von NRenihue unter 40° ſüdl. Breite ſoll fie 1600 m er-
reichen. Von hier beginnt nun die Regenmenge raſch abzunehmen und die Schneegrenze
demgemäß zu ſteigen. Auch die Gletſchergrenze liegt in Südchile und Weſtpatagonien ſehr
tief. Bekannt iſt, daß an die Magalhäesſtraße Gletſcher hinabragen, weniger dagegen, daß
ſchon unter 461/,° ſüdl. Breite, alſo nahezu in der Breite von Nantes auf dem Iſthmus von
Ofqui, ein mächtiger Gletſcher in die in Meereshöhe liegende Lagune von San Rafael eintritt.
Als Zentren beſonders ſtarker Vereiſung müſſen das Maſſiv des San Valentin und die Ketten
im Quellgebiet des Baker gelten; es unterliegt jedoch keinem Zweifel, daß von 46° an ſüd⸗
wärts an mehreren Stellen Gletſcher das Meer erreichen, und daß überall nahe über den
Wäldern der Flußtäler die Gletſcher hängen. Daher hat denn auch die Eiszeit in den ſüd—
lichen Kordilleren zahlreiche Spuren hinterlaſſen (vgl. S. 284 und die Karte auf ©. 64).
Die Pflanzendecke. Die Vegetation Chiles geſtattet deſſen Einteilung in drei
pflanzengeographiſche Abteilungen erſter Ordnung, nämlich das ſüdliche Chile bis zu 37°,
das mittlere Chile von 37 bis 30/8“ und das nördliche Chile von 30½ bis 18°. Dieſe Haupt⸗
abteilungen ſind von Karl Reiche wieder in Unterabteilungen gegliedert worden, von denen
für das Gebiet der patagoniſchen Kordillere vier in Betracht kommen. Im allgemeinen iſt
Südchile ein Waldland, deſſen Fülle und Üppigfeit mit zunehmender Trockenheit nach
Norden hin abnimmt. Am dichteſten und höchſten iſt der Wald etwa zwiſchen 49 und 430.
Über dem Ganzen breitet ſich in größeren Höhen der Kordillere die antarktiſche Vegetation
von alpinem und polarem Gepräge aus: Holzpflanzen, Gräſer, Stauden und Mooſe.
Im ſüdlichſten Küſtengebiet (56— 475) beſteht der Wald hauptſächlich aus der
Buche Nothofagus betuloides, der Magnolie Drimys Winteri und dem Nadelholz Libocedrus
tetragona, der „Cipres“ der Chilenen. Wo er geſchloſſen und feucht iſt, werden ſeine Stämme
von Schlingpflanzen und Flechten umſponnen; am Boden bilden Mooſe und Lebermooſe
eine dichte Schicht. An ſeinen Grenzen gegen die patagoniſche Steppe tritt 1½ m hohes
Krummholz aus Buchen oder Mooſe auf, aus denen antarktiſche Pflanzen emporwachſen,
während nahe der Küſte Dickichte, Colihuales, von Bambusrohren (Chusquea) für das
Eindringen ins Innere ein ſchweres Hindernis ſind. Auch findet man häufig an der Küſte
abgeſtorbene, unter Waſſer geſetzte Wälder, deren Zerſtörung dem ſtarken Rückgang der
mächtige Schmelzwaſſerſtröme ausſendenden Gletſcher zuzuſchreiben iſt. Ferner iſt in dieſen
Gegenden bereits die Vegetationsformation der Nadis zu finden, die ſich bis nach Valdivia
erſtreckt, ebene oder wellige, meiſt ſumpfige Flächen mit Stauden, Gräſern, Halb-
gräſern, auch Gebüſch, zwiſchen denen Kanäle Waſſer oder flüſſigen Schlamm führen.
Nördlich von 47° ſtellen ſich die Buchen Nothofagus Dombeyi und N. nitida, der Baum
Weinmannia und die Laurelia aromatica als Waldbäume ein, am Chonos-Archipel ſchon
Bromeliazeen und bei Puerto Montt ferner die mittelchileniſche Buche Nothofagus obliqua,
während bei Valdivia die bis 50 m hohe Alerce (Fitzroya patagonica) ihre Nordgrenze
erreicht. Auf das Gebiet zwiſchen 44 und 370 ift die Eucryphia cordifolia beſchränkt. Über⸗
haupt nehmen ſchon von Chiloé an die Wälder durch die Beimiſchung immergrüner Bäume
Die ſüdlichen Kordilleren, ſüdlicher Abſchnitt: Die Bevölkerung und Beſiedelung. 291
einen mehr tropiſchen Typus an, und zugleich treten die Nadelhölzer Araucaria imbricata,
A. excelsa und andere mehr hervor.
Das Unterholz beſteht aus Berberitzen, Escallonien, Bambus und Farnen, beſonders
dem rieſigen Alsophila pruinata; die Bromeliazee Pilotrichella mollis überzieht die Bäume,
läſtiger Modergeruch erfüllt den Wald, Sümpfe ſind zahlreich, das verfaulende Holz erhält
durch eine Alge einen grünbläulichen Schimmer, und Schimmel bedeckt die Stämme. In
dem bis 900 m Höhe aufſteigenden Kordillerenwald verſchwinden jedoch Drimys Winteri,
Eucryphia, Flotowia, Weinmannia und Laurelia und mit ihnen Farne und Epiphyten; ſie
werden verdrängt durch Nothofagus Dombeyi und Eugenia apiculata mit ihrer rotgelben
leuchtenden Rinde. Dieſe Höhenſtufe iſt anſcheinend häufigen Waldbränden ausgeſetzt, die
dann umfangreiche Lichtungen, Quemados, zurücklaſſen, in denen neben und zwiſchen den
verkohlten Stämmen friſche Vegetation emporſprießt. In 900 m Höhe wird der Wald lichter:
wohl bleiben die großen Waldbäume, namentlich Fagus Dombeyi, aber die Colihuales nehmen
ab, und ein ganz anderes Unterholz erfüllt den Wald, nämlich die zwerghaften Canelos der
Küſtenkordillere, Berberitzen, Ribes nemorosum, Kräuter und Stauden. In 1300 m Höhe
herrſcht zwar Nothofagus pumilio noch mit ihrem ſchlanken Wuchſe, aber bei 1400 m büßt
auch ſie ihn ein, wird zwerghaft und ſchmückt ſich mit den langen Bärten der Bromeliazee
Usnea barbata. Dazu treten Senecio-Arten, Ranunkulazeen, Viola maculata, Valeriana
lapathifolia, und an den Bachbetten leuchtet die rote Ourisia Poeppigi zwiſchen dem dunklen
Grün der Gunnera magellanica hervor; überhaupt zeigen ſich hier auf der Höhe leuchtende,
mannigfaltige Blumen, an denen es dem Küſtenwalde faſt ganz fehlt.
Auch die antarktiſche Hochgebirgsregion kann bis 48° in zwei Unterabteilungen
gegliedert werden, wo eine der für den Süden am meiſten bezeichnenden Pflanzen, Bolax
glebaria, ihre Nordgrenze hat. Zu den bekannteſten antarktiſchen Formen gehören Adesmia,
Azorella, Draba, Acaena, ferner Senecio, die Erikazee Pernettya und das Tuſſockgras, Poa
flabellata. In 420 enden Azorella ranunculoides und Oxalis magellanica, um 40° Primula
farinosa. Sehr allgemein iſt die Neigung der hochandinen Pflanzen zur Polſterbildung
ſowie zu herrlicher Blütenpracht. In Feuerland liegt die untere Grenze dieſer Vegetation
bei 450, im Quellgebiet des Puelo und Manſo bei 1400 m. Bei 1600 m findet ſich nur
noch die Flechte Neuropogon trachycarpus, und darüber liegt noch ein vegetationsloſer
Streifen, auf den der Schnee folgt.
c) Die Bevölkerung und Beſiedelung.
Die Bevölkerung. In Südchile leben nur wenige hundert Eingeborene, und zwar
auf ſehr niedriger Kulturſtufe. Sie entbehren ſo gut wie aller Grundlagen zu höherer Ge—
ſittung, denn ſie kennen weder Ackerbau noch Viehzucht, ſondern ſind Jäger und Fiſcher und
gehen zu Fuße. Den Übergang zu den eigentlichen Feuerländern bilden die Payos auf den
Chauques⸗ und Guaitecas⸗Inſeln. Sie find wohl die Reſte der früher weiter verbreiteten
Chonos, bedienen ſich der araukaniſchen Sprache, ſtehen aber ethnographiſch den Feuer—
ländern näher; heute beſchäftigen ſie ſich beſonders mit Holzfällen, Fiſchfang und Robbenjagd,
gehen aber ſchnell in der Spaniſch redenden Bevölkerung auf.
Auf ſie folgen an den weſtpatagoniſchen Fjorden die Alakaluf, ein noch ſehr un—
berührtes Völkchen von kaum 500 Köpfen, der reinſte Typus der ſogenannten Feuerländer.
Sie ſind mittelgroß, bräunlichrot, ihr Haar iſt ſchwarz, ſtraff, ihr Bart ſpärlich; Kleidung fehlt
19 *
292 Das gefaltete Land des Weſtens.
trotz des rauhen, an Regen und Schnee reichen Klimas faſt ganz, und auch die Hütten ſind
überaus ärmlich. Wohl aber verſtehen ſie Wege durch den Wald zu legen und auf ihnen ihre
Boote von einem Kanal zum anderen zu ſchleppen; denn ihr Leben ſpielt ſich, wie das ihrer
ſüdlichen Nachbarn, der Haghan, meiſt auf der See an der Küſte ab, weshalb die Chilenen
beide Stämme Indios de Canoa nennen. Die Yaghan bewohnen die Inſeln des äußerſten
Südens um den Beagle Canal und ſollen etwa 1000 an der Zahl ſein. Sie ſind ein kurz⸗
gewachſenes Volk mit mongoliſcher Augenſtellung, platter Naſe, dicken Lippen, kleinen
Händen und Füßen. Sie bemalen ſich mit weißer Farbe, tragen aber auch Mäntel aus Fellen,
die Weiber einen Schamſchurz, und bauen runde, zum Teil große Hütten aus Stäben. Meiſt
leben aber auch ſie in ihren Booten aus Birkenrinde, von denen aus ſie mit Harpunen, Wurf-
ſpieß und Angeln den Fiſchen oder mit Steinſchleudern den Vögeln nachſtellen. Als Haus⸗
tier halten ſie den Hund.
Endlich wohnen auf Feuerland die Ona, über die ſchon auf Seite 268 berichtet wordeniſt.
Die Beſiedelung des Südens iſt noch ſehr gering. Politiſch gehört er dem Territorio
Magallanes an, das Ende 1910 auf 171438 qkm Fläche nur 23 650 Einwohner hatte, und
von dieſen kommen allein über 12000 auf die Stadt Punta Arenas (vgl. S. 272). Außer⸗
dem aber ſind von der 91676 qkm umfaſſenden Provinz Llanquihue wohl 70000 qkm dem
unbewohnten Süden zuzurechnen, jo daß dieſer an 240000 qkm, ein Drittel von Chile, um—
faßt. Aber auch auf dieſem Gebiete ſind die Siedelungen noch ſehr ſpärlich. Dauernde Nieder-
laſſungen finden ſich an den Mündungen des Rio Baker, des Aiſen und des Palena ſowie in
Chaiten an der Mündung des Corcovado, ferner an der des Puelo, wo die Häuſer und Ge—
höfte bereits einige Kilometer weit ins Innere vorgeſchoben worden ſind. Steffen ſchätzte
1900 die Geſamtzahl der Anſiedler auf 600. Melinka auf der nördlichſten Guaitecasinſel gilt
als Stapelplatz für das geſchlagene Holz, das namentlich die Alerce und Cipres liefern; außer—
dem werden Kartoffeln und vereinzelt ſogar Weizen angebaut, und im Norden kommen Obſt⸗
gärten vor. Holzfäller und Muſchelfiſcher wandern im Sommer von Chiloé nach der gegen—
überliegenden Küſte. Von den auf argentiniſchem Gebiete liegenden Siedelungen in Feuer⸗
land und den inneren Längstälern der Kordillere ſowie von Punta Arenas und ſeiner
Umgebung iſt ſchon auf Seite 272 und 273 die Rede geweſen.
2. Der nördliche Abſchnitt: die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere.
a) Das Land.
Nördlich des Kanals von Chacao, des Buſens von Reloncavi und des Rio Manſo be—
ginnt der nördliche Abſchnitt der hier zu behandelnden ſüdlichen Kordillere. Er bildet
den Übergang aus der waldbedeckten, ſeenerfüllten, ſchneegekrönten, vergletſcherten ſüdchile—
niſchen zu der trockenen, ſchuttbedeckten, an Wald, Seen, Schnee und Eis ſehr armen
mittelchileniſchen Kordillere, weshalb er von Süden nach Norden eine allmähliche Abnahme
aller Eigenſchaften der ſüdchileniſchen Kordillere zeigt. Dagegen nehmen die Höhe der Ge—
birge, die Gangbarkeit der Päſſe und die Beſiedelung zu, und außerdem verſchwindet die
Waſſerbedeckung des großen Längstales. Statt ihrer erſcheint ein wirkliches Tal, das chile⸗
niſche Längstal, wodurch die Inſelkordillere landfeſt wird. Hier laſſen ſich daher die Küſten⸗
kordillere, das große Längstal und die Hauptkordillere unterſcheiden. Geologiſch iſt die mittel—
chileniſche Kordillere dadurch gekennzeichnet, daß die weiter im Norden auftretende öſtliche
Südliche Kordilleren. Tafel 12.
1. Lago Frio in der argentiniichen Gobernacion Chubut mit einmündendem Gleticher.
Nach Photographie von R. Hauthal in Hildesheim. (Zu S. 284.)
2. Der Austritt des Fluſſes Sutaleufu aus dem See Yelcho.
Nach Photographie von P. Krüger in Marienburg (Weitpr.). (Zu S. 285 u. 236.)
Tafel 12.
Südliche Kordilleren.
3. Der Vulkan Villarica im ſüdlichen Chile.
Der Vordergrund zeigt die Spuren des Ausbruches vom 31. Oktober 1908.
Nach Photographie von R.Lütgens in Hamburg. (Zu S. 295.)
4. Büßerichnee.
Nach Photographie von Paul Güßfeldt in Berlin. (Zu S. 295 u. 317.)
Die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere: Das Land. 293
paläozoiſche Abteilung hier noch vollſtändig fehlt und ſomit der Typus der Weſtkordilleren,
meſozoiſche Geſteine und Mengen von Eruptivgeſteinen, noch allein herrſcht. Die Eruptiv-
geſteine haben im Laufe der Zeit andere Zuſammenſetzungen erhalten; während des Jura
und der Kreide wurden Decken von Diabaſen und Porphyriten in die Sedimente eingeſchoben,
dann folgten Quarzdiorite und Quarzporphyre, und während der Tertiärzeit erſchienen Pla-
gioklas⸗Augit⸗Geſteine, ſpäter Liparite und Andeſite. Auch heute dauert die vulkaniſche
Tätigkeit an, die geförderten Laven aber ſind baſaltiſcher und pyroxenandeſitiſcher Natur.
Die Hauptkordillere. Das Grundgerüſt der Hauptkordillere bilden paläozoiſche
und meſozoiſche Schichten, beſonders Jura und Kreide ſowie Eruptivgeſteine, Granit, Diorit,
Diabas, Porphyr. Kriſtalline Schiefer ſind auf der Weſtſeite bei Llanquihue befannt-
geworden, auf der Oſtſeite aber häufiger. Zwiſchen Curicb und San Rafael fand Karl Burck—
hardt 10—15 Falten ziemlich einfacher Natur aus Porphyrkonglomeraten, Gips, Sand—
ſteinen, Kalken, Schiefern und Tonen. An anderen Stellen aber iſt der Gebirgsbau ſehr
verwickelt, Uberſchiebungen find häufig, Verwerfungen allgemein. Außerdem hat die Durch—
tränkung mit Eruptivgeſteinsmaterial die Sedimentgeſteine ſtark verändert.
Die vulkaniſchen Erſcheinungen ſpielen nämlich auch heute noch eine große Rolle
in der Kordillere. Um Chillan und Antuco ſind zahlreiche Lavaſtröme vorhanden, Haufen
von Lapilli, Aſchen, Auswürflingen bedecken die Flanken der Vulkane, und Obſidian und
Bimsſtein ſind häufig. Die Vulkane treten ausſchließlich in der Hauptkordillere auf, doch
begleiten vulkaniſche Tafeln und einzelne Gruppen von Eruptionspunkten dieſe auch im Oſten
bis zum Diamante. Die Vulkane bilden die Fortſetzung der vor dem Canal de Chacao ſtehen—
den; ſie beginnen, wenn man von dem gewaltigen Tronador (3400 m) abſieht, mit dem
1691 m hohen, 1893 tätig geweſenen Calbuco zwiſchen den Seen Chapo und Llanquihue.
Der Vulkan von Oſorno (2652 oder 2250 m) iſt bekannt geworden, weil an ihm die Baum—
grenze und die Schneegrenze am meiſten genähert ſind. In Hauthals Liſte folgen dann der
Puntiagudo oder Llanquihue (2400 m), der Puyéhue und der Renihue (2370 m), alle auf
der Weſtſeite der Kordillere, während auf deren Oſtſeite der andeſitiſche Kegel Lanin mit
Bimsſtein, Aſche, Laven und Tuffen an ſeinen Gehängen zu 3800 m Höhe emporragt. Auf
der Weſtſeite ſtehen ferner, gegen das Längstal vorgeſchoben, der Vulkan von Villarica
(Tafel 12, Abbildung 3; 2865 m), der 1908 einen Lavaſtrom ausſandte, der Zollipulli, der
1896 tätig geweſene Llaimas (3082 m), der Lonquimay (2870 m), der Collaqui (2972 m) und
der ſeit 1845 ruhige 2762 m hohe Vulkan von Antuco, während auf der Höhe der Kordillere
ſelbſt über der Lagune Huechu-Lafquén der 2425 m hohe Quetrupillan, nahe 38° der Trelope
ſtehen. Dagegen hält ſich die durch ihre berühmten Thermen ausgezeichnete Gruppe von
Chillan, die 1864 einen Ausbruch hatte, wieder vor der Kordillere. Auf eine längere Lücke
folgen dann weiter unter 36° der Volcan de las Yeguas (3457 m), der Descabezado Grande
(4200 m), deſſen Krater mit Schnee gefüllt iſt, der Descabezado Chico (3310 m), der 4000 m
erreichende baſaltiſche Peterboa, der Planchon (3800 m) und der Tinguiririca (4500 m).
Von dieſen war der Peteroa 1762 tätig, und neben dem Descabezado hatte der kleine Cerro
Azul 1847 einen Ausbruch. Von dem Maipu (5300 m) wird dasſelbe behauptet, während
der San Joſé (5000 m) als erloſchen gilt; dagegen ſoll nach Möricke der 6100 m hohe TZupun-
gato ein Vulkan ſein, und auch der Aconcagua (7000 m) galt lange als ſolcher, ebenſo der
Mercedario (6800 m). Geſchloſſen wird die Reihe durch den Volcan del Azufre (31°).
Wie man ſieht, nimmt die Höhe der Kordillere nach Norden hin bedeutend zu und
294 Das gefaltete Land des Weſtens.
ebenſo diejenige der Päſſe. Von dieſen ſind der vielgeſuchte Burilochepaß, den ſchon die
Jeſuiten im 17. und 18. Jahrhundert zum Übergang von der Küſte nach dem Nahuel Huapi
benutzten, den aber erſt A. Barrios als Paſo Barrios 1900 wieder aufgefunden hat, 1270, der
ſeit 1895 für den Viehtransport zugänglich gemachte Boquete de Perez Roſales 980 m hoch;
bis dahin war der Puyéhuepaß in 1483 m Höhe der ſüdlichſte für Tiere gangbare. Zu den
bekannteſten Päſſen gehören ferner der Pichachen (1990 m) zwiſchen Antuco und dem Neu-
quen, der Palanquen und der Saco zwiſchen dieſem und Linares⸗Nuble und der Planchon
(2500 m) zwiſchen dem Peteroa und dem Tinguiririca. Dann ſteigt die Höhe der Päſſe be-
deutend; der Atravieſo de la Lena ſüdlich des Maipo erreicht 3441 m und der berühmte Paß
von Uspallata oder La Cumbre zwiſchen Santiago und Mendoza 3760 m Höhe. Für Eiſen⸗
bahnen eignen ſich von dieſen vor allem der Pichachen-, der Planchon-, der Uspallata- und
vielleicht der Puyéhuepaß, doch iſt bisher nur der Uspallatapaß durchtunnelt worden. Die
Höhe der Kordillere iſt aber nicht nur deshalb bedeutend, weil zahlreiche aufgeſetzte Vulkane
ſie vergrößern, ſondern öſtlich von Santiago erreichen auch andere Berge eine beträcht—
liche Höhe, ſo der Cerro Overo 4740, der Campanario 4000 m.
Die Hauptkordillere iſt auch in Mittelchile noch reich an Seen. Dieſe werden zum Teil
noch zum Großen Ozean, aber auch ſchon zum Atlantiſchen entwäſſert, je nachdem die Waſſer⸗
ſcheide verläuft; ſie ſind mehrfach noch ſehr anſehnlich, nehmen aber nach Norden hin an
Größe bedeutend ab. Ein gutes Beiſpiel für das Übergangsſtadium zwiſchen Meer und Land
bietet der Lago de Todos los Santos. Er liegt in 155 m Höhe inmitten gewaltiger Ge—
birge und entſendet einen breiten Waſſerlauf, den Rio Petröhue, zur Boca de Reloncavi,
mit der er überdies durch den Rio und den Lago Cayutué in Verbindung ſteht. Auch der
Lago Chapo iſt durch einen ſolchen Waſſerlauf mit dem Buſen von Reloncavi verbunden,
wogegen der große See Nahuel Huapi (Tigerinſel) dem Stromgebiet des Rio Negro an—
gehört, da er ſich zum Limay entwäſſert. Er liegt zwar wie die chileniſchen Seen als Rand—
ſee am Oſtrande der Kordillere, aber doch, 753 m hoch, mehr im Gebirge als im flachen Lande,
wenngleich ſein Oſtufer flach iſt. Wahrſcheinlich verdankt er tektoniſchen Urſachen ſeine Ent—
ſtehung, aber die Formen ſeiner Ufer ſind durch eine große zur Eiszeit über ſie gebreitete
Eiskappe erzeugt worden. Seine Größe beträgt 535 qkm, ſeine Tiefe bis zu 200 m, die
Schwankungen feines Waſſerſtandes erreichen bis zu 3½ m, und wenn bei Stürmen feine
Wogen meerartig aufſchäumen, gleicht er einem großen in die Kordillere eindringenden Buſen
mit Fjorden, einer langen Inſel und vielen Inſelchen.
Die übrigen Seen ſind kleiner; von ihnen entwäſſert ſich der Traful aus 649 m Höhe
ebenfalls zum Limay, während die Lagos Villarino, Falkner (978 m), Matiquina und Hermoſo
(1040 m) ihre Abflüſſe zum Caleufu ſenden, der Lolog (949 m) und Huechu-Lafquén (940 m)
dieſe zum Quilquihue; Caleufu und Quilquihue find Zuflüſſe des großen Collon⸗Cura, der ein
Nebenfluß des Limay iſt. Auch die Lagunen Truomen und Quillen ſowie Alumine ſpeiſen
den Rio Collon-Cura, dagegen iſt der nahe dem Lago Lolog liegende Lago Lacar (689 m),
obwohl er öſtlich der Hauptkette liegt, doch dem Großen Ozean tributär geworden, inſofern der
Quellfluß des Rio Calle-Calle, Huahuin, ihn angezapft und feinem Gebiete einverleibt hat.
Die Schneebedeckung des Gebirges iſt trotz der großen Höhe verhältnismäßig gering.
Im Süden freilich tragen die Vulkane meiſt dicke Schneehauben, wie der Calbuco, der Oſorno
und der Tronador, aber ſchon in der Breite des Lanin (40°) hat die Eisbedeckung namentlich
neuerdings ſtarken Rückgang erfahren, und in der von Santiago ſind auch die höchſten Berge
Die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere: Das Land. 295
nicht vollkommen ſchneebedeckt; ſelbſt der Aconcagua zeigt ſchneefreie Stellen, und im März
1909 fand ich den 4000 m hohen Paß der Cumbre de Uspallata vollſtändig ſchneefrei. Immer⸗
hin ſind auch große Teile der Kordillere heute noch vergletſchert, beſonders der durch Reichert
genauer unterſuchte Stock des Juncal (6500 m) zwiſchen dem genannten Paß und dem Tu⸗
pungato; von ihm ziehen ſich mächtige Gletſcher bis 2800 m im Weſten, 3400 m im Oſten
hinab, aber ſie ſind, wie auch die des Aconcagua (Tafel 13, Abbildung J), meiſt im Rückgang.
Während der Eiszeit muß die ganze Umgebung des Juncal vergletſchert geweſen ſein, und
auch die Gletſcher des Cerro Las Polleras zogen ins Toscatal, etwa bis 2500 m, hinab. Heute
liegt die Gletſchergrenze unter 33° im Mittel bei 3700 m, die Schneegrenze über 4000 m, da-
gegen am Calbuco (42°) ſchon in 1500 m, und im ganzen reichen die Gletſcher und die Schnee—
bedeckung im Weſten um mehrere hundert Meter tiefer herab als im Oſten. So muß es auch
in der Eiszeit geweſen ſein, wie die Moränen und Rundhöcker erkennen laſſen. Der Zaden-
firn, Büßerſchnee oder Nieve penitente (Tafel 12, Abbildung 4) iſt eine beſonders häufige
Erſcheinung in den trockeneren Teilen der Kordillere, meiſt in 3700 — 4200 m Höhe.
Die größere Feuchtigkeit des Weſtens und die weit erheblichere Trockenheit des Oſtens
ſchaffen auch heute noch bedeutende landſchaftliche Gegenſätze zwiſchen den beiden
Abhängen des Gebirges. Im Weſten ſind die Täler tiefer eingeſchnitten und enden in Niſchen
und tiefen Trögen (Cajon), im Oſten ſind ſie mit Schutt erfüllt und mit Geröll bedeckt. Ode
erſcheinen aber beide Gehänge, im Weſten wegen der bis an 1200 m Höhe emporragenden
düſteren Wälder; wo dieſe fehlen, tritt nach Ochſenius das Graugrün der Ebene in ſcharfen
Gegenſatz gegen das düſtere Blaugrau der Gebirgsflanken, über die weiße Spitzen empor—
ragen. Einförmig und öde iſt auch der Blick vom Gebirge auf die Ebene von Valdivia und
Llanquihue, in der kaum ein Gegenſtand hervorſticht, da alle kleinen Unebenheiten durch
den Wald verdeckt werden.
Aber nicht nur die Gegenſätze in der Feuchtigkeit verurſachen dieſe Unterſchiede zwiſchen
Weſten und Oſten, ſondern auch die Tektonik und die Zuſammenſetzung des Gebirges tragen
dazu bei. Denn wenn z. B. im Quellgebiete des Limay und Neuquén gegenüber dem Steil-
abfall nach Weſten weit ſanftere Gehänge herrſchen, die friſche Weiden, ſmaragdgrüne Wieſen
und Apfelhaine tragen, und wenn von hier bis Mendoza ſchutterfüllte trockene Plateaus ſich
ausdehnen, ſo iſt als Grund dafür die größere Ebenheit des Landes heranzuziehen. Die
baſaltiſchen Deckenergüſſe Patagoniens ſetzen ſich auch bis zum Rio Diamante noch fort und
erzeugen weite ebene Hochflächen; werden dieſe von Flüſſen durchſchnitten, ſo erhalten ſie
Gebirgscharakter und heißen Sierras. Zum Teil tragen ſie hohe Vulkane, wie den Cerro
Nevado (4800 m) und den Cerro Payen (3600 m) nahe 36° ſowie den Cerro Diamante (am
gleichnamigen Fluſſe) und den Tromen (3850 m) bei Chos Malal mit Ausbruch im Jahre
1822. Von 35° an verläuft ferner die Sierra Pintada, ein aus Diabas und Porphyr zwiſchen
Sandſteinen und Tuffen beſtehender Höhenzug, gegen Südoſten in die Pampa.
Außerdem aber kommen im Grundgebirge, das im weſentlichen der meſozoiſchen Zeit
angehört, wieder die beiden Streichrichtungen nach Nordweſten und Nordoſten zur Geltung,
und dieſen folgen wieder die Flüſſe, der Limay, der Alumins, der Agrio, der Neuquen und
der Rio Grande. Sie ſind meiſt tief in das Hochland eingeſchnitten, gewunden und lang, ihre
Quellen liegen im Süden meiſt in Seen, im Norden aber nicht mehr, wo auch die Waſſer—
führung wegen der zunehmenden Trockenheit viel geringer als im Süden iſt. Daher bildet
ſich alsbald ein Unterſchied zwiſchen den urſprünglich gleichgroßen Quellflüſſen des Rio Negro
296 Das gefaltete Land des Weſtens.
und des Colorado aus: während erſtere ihr Waſſer behalten, verlieren es letztere zum Teil
ganz oder ſchrumpfen ſtark zuſammen. Der Rio Negro, der das Waſſer aus dem weiten
Gebiet von 41 bis 36 / zieht, fließt aus dem ſtromſchnellenreichen Limay im Süden und
dem ſanfteren Neuquen im Norden zuſammenz; erſterer fällt von 753 m bei ſeinem Austritt
aus dem Nahuel Huapi, letzterer von 650 m auf 260 m, wobei der Limay in einem tiefen
Canon zwiſchen Reſten älterer Talböden, der Neuquén aber in einem nach Südoſten ge—
richteten Längstal fließt. Jeder erhält einen großen Nebenfluß, der Limay den Collon-Cura
von Norden, der Neuquén den Agrio von Süden. Einen ähnlichen Lauf wie der Neuquén
hat der aus dem Rio Grande und dem Barrancas zuſammenfließende Oberlauf des Rio
Colorado, deſſen Quellen am Tinguiririca liegen, während die beiden Zuflüſſe des Colo—
rado, Atuel und Diamante, mehr öſtlichen Verlauf nehmen.
Das chileniſche Längstal zieht ſich durch zehn Breitengrade hindurch. Im Norden
liegt Santiago 569 m hoch, dann ſinkt die Talſohle beträchtlich, hat bei Curicb 228, bei Talca
nur noch 85 m Höhe, erhebt ſich bei Bulnes, ſüdlich von Chillan, wieder auf 192 m und ſinkt
darauf langſam bis zum Lago de Llanquihue auf 52 m, bei Puerto Montt bis zum Meeres⸗
ſpiegel. Abgeſehen von den zwiſchen dieſen Stationen befindlichen Querriegeln, die in größerer
Höhe liegen, hält ſich das Längstal im ganzen in der Höhe von 50—250 m. Ein großer Längs⸗
fluß kann wegen der Querriegel nicht entſtehen, aber einzelne Teile werden von nordſüdlich
ſtrömenden Flüſſen eingenommen, die dann quer zum Meere durchbrechen.
Den erſten großen Querriegel bilden die Cerros de Alhue, die bei Hoſpital das kaum
begonnene Längstal faſt völlig abſchnüren; daher tragen ſie die Waſſerſcheide zwiſchen den
Flüſſen Maipo und Cachapoal. Fruchtbare und blühende Landſchaften ſind dieſe Abſchnitte
des inneren Längstales: im Norden ſind ſie mit Weizen und Luzerne bebaut, von Pappel⸗
alleen durchzogen, und lachende Felder umgeben die meiſten Städte Mittelchiles, obwohl in
dem inneren Längstal, namentlich zwiſchen Concepcion und Antuco, infolge ſeiner Trocken—
heit der Charakter der Heide vorwiegt und weite Strecken dichte Beſtände großer Diſteln
tragen. Im ganzen iſt ſonach das chileniſche Längstal keine ausgeſprochene Ebene, ſondern
ein welliges Land, in dem Ackerbau getrieben wird und die meiſten Städte liegen. So ſetzt
ſich das Längstal weiter nach Süden fort, wo auf das Stromgebiet des Rio Teno-Mataquito
das des Rio Claro-Maule bei Talca folgt, der noch auf 30 km befahren werden kann und
auf 6 km von der Flut erfüllt wird. Bei Chillan erreicht man das Stromgebiet des Nuble
und tritt bald darauf in das Araukanerland am Rio Biobio ein, ein welliges Weizenland,
das von den zahlreichen Zuflüſſen des Biobio reichlich bewäſſert wird. Obwohl dieſer ein
Stromgebiet von 20000 qkm beſitzt, iſt er doch für die Schiffahrt wenig geeignet, da er erſt
30 km vor der Mündung tief wird und eine Barre hat.
Der zweite Fluß des Araukanerlandes iſt der Rio Cautin oder Imperial, der in zwei
Quellflüſſen der Hauptkordillere entſtrömt, 5 m tief und 150 m breit iſt, aber ebenfalls vor
der Mündung eine Barre hat; dagegen trägt der Calle-Calle oder Rio de Valdivia
Fahrzeuge von 300 Tonnen bis nach Valdivia trotz ungleicher Tiefe und treibender Baum—
ſtämme, da er ohne Barre in den ſicheren Hafen der Bahia de Corral mündet. Noch ein
größerer Fluß tritt in das Längstal ein: der Rio Bueno mit ſeinen Nebenflüſſen Pilmayquén
und Rahue ſowie dem dieſem zugehenden Rio Negro; von ihnen durchfließen die drei erſteren
die drei Seen Ranco, Puyéhue und Rupanco, während der letzte aus der Küſtenkordillere
her die Senke in nordöſtlicher Richtung durchzieht. Auch der Rio Bueno trägt kleine Dampfer,
Die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere: Das Land. 297
hat 7—10 m Tiefe und führt ſehr viel Waſſer, jo daß er für die Schiffahrt noch geeigneter iſt
als der Calle-Calle, zumal da die Flut 80 km in ihm emporſteigt; leider aber hat auch er eine
Barre vor der Mündung. Endlich wird noch der große Llanquihue-See durch den Rio
Maullin nach Südweſten entwäſſert, einen Fluß von einiger Bedeutung für den Holzhandel,
da er bis 80 km von der Mündung für flache Dampfer ſchiffbar iſt, die Flut bis 40 km
empfängt und eine freie Mündung hat.
In ſeinen ſüdlichen Teilen verändert das Längstal inſofern den Charakter, als es von
dichten Wäldern bedeckt wird und eine Anzahl von Seen trägt, die in geringen Höhen von
5080 m über dem Meere liegen, jo daß ſie bei einem Anſteigen des Meeres um weniger als
100 m in eine Meeresſtraße verwandelt werden würden. Sie bilden eine Zwiſchenſtufe zwiſchen
dem über und dem unter Waſſer befindlichen Teil des Längstales und waren vor noch nicht allzu
langer Zeit miteinander verbunden, da Strandmarken in beträchtlichen Höhen nachgewieſen
worden ſind. Alle Seen liegen an der Grenze des Längstales gegen die Kordillere und ſind
urſprünglich wohl mit Waſſer gefüllte Täler, deren Boden beim Llanquihue-See ſogar bis
unter den Meeresſpiegel hinabreicht, während ſie ihre jetzige Geſtalt ohne Zweifel mit Hilfe der
früheren Gletſcher erlangt haben. Ihr Waſſer iſt meiſt rein, durchſichtig, kühl, blau; im Sommer
hat der Llanquihue⸗See eine Waſſerwärme von 10,5. An Inſeln iſt beſonders der Lago de
Ranco reich, doch beſitzt auch die Laguna de Villarica eine größere Inſel. Um die Seen
herum dehnen ſich Sümpfe aus, welche die Annäherung an die Seen und den Verkehr er—
ſchweren und als weitere Beweiſe für die früher größere Ausdehnung derſelben gelten.
Die Küſtenkordillere und die Küſte. Die Küſtenkordillere beginnt am Kanal von
Chacao als ein ſteil aus dem Meer emporſteigendes, etwa 800 m hohes, in der Höhe ſtark
bewaldetes, plateauartiges Gebirge, das terraſſenförmig nach Oſten abſtürzt und von dem
Rio Bueno durchbrochen wird. Von Valdivia bis Nueva Imperial verliert ſie an Höhe, wird
ein unregelmäßiges Bergland und hat drei Flußeinſchnitte, die des Calle-Calle, des Tolten
und des Imperial. Jenſeits des letztgenannten folgt bis zum Biobio ein weiterer Abſchnitt,
die Kordillere von Nahuelvuta. Die Küſte, hier tonig, ſandig, wellig, gehört der Jura—
formation an und enthält bei Lebu Kohlen; darüber lagert Tertiär mit Muſchelreſten in be-
trächtlicher Höhe, die auf eine rezente Hebung ſchließen läßt. Die Kordillere ſelbſt beſteht aus
Granit und kriſtalliniſchen Schiefern, in denen ſie bei Cariete Gold führt. Nach der Anſicht
von Sieveking bildete zur Jurazeit die Hauptkordillere die Küſte des Ozeans; dann hob'ſich
zu Anfang der Kreidezeit die ganze Küſte über das Meer und ſenkte ſich wiederum am Schluſſe
der Eozänzeit, worauf erſt zu Ende des Miozäns große Eruptionen von Baſalt und Dolerit
erfolgten und die Kordillere von Nahuelvuta entſtand. Im Süden, wo ſie auch den Charakter
eines breiten Plateaus hat, über dem ſich einzelne Rücken erheben, erreicht ſie 1440 m Höhe.
Der Norden beſteht aus mehreren Wellen, deren weſtliche ſteil gegen das Meer abfällt, im
Gegenſatz zur öſtlichen, die ſanft in das Längstal übergeht. Erdbeben haben die Küſte häufig
erſchüttert, beſonders bei Concepeion und Talcahuano 1751 und 1835, bei Valparaiſo 1906.
Nördlich des Biobio verliert die Küſtenkordillere den Charakter eines einheitlichen
Gebirges, indem ſie ſich in eine Anzahl von niedrigen, ſchroffen Bergen auflöſt, die jedoch
nahe an das Meer herantreten und Steilküſten bilden; das Tertiär, das ſich an die Granite
und Gneiſe, Quarzite und Schiefer anlagert, fehlt auch hier nicht, die Höhen überſteigen aber
1000 m nicht mehr. Zugleich wird das Gebirge, dem trockeneren Klima gemäß, kahler und
waſſerärmer. Je weiter man nach Norden kommt, deſto mehr verſchwinden Kreide und
298 Das gefaltete Land des Weſtens.
Tertiär: Granit und Gneis, Glimmerſchiefer und Quarzit herrſchen allein. Überdies verengert
ſich das Längstal, indem die Hauptkordillere ſich der Küſtenkordillere nähert, bis ſie ſchließlich
bei Chacabuco mit ihr verſchmilzt. Daher wird auch die Küſtenkordillere höher, entwickelt
breitere Bergſtöcke, wie den Cerro del Quirineo, den Cerro de Tagua Tagua, die Cerros de
Alhue, und erreicht ſchließlich in den Altos de Coligua weſtlich von Santiago 2230 m. Hier
iſt ſie überall von Granitgrus bedeckt und mit kräftigem Graſe und Kräutern beſtanden,
weshalb ſie den Eindruck eines welligen Heidelandes macht. Im äußerſten Norden brechen
die Flüſſe Aconcagua und Ligua in kurzen Läufen zum Meere durch.
b) Klima, Pflanzendecke, Tierwelt.
Das Klima von Mittelchile iſt im Gegenſatz zu dem des Südens bereits trocken und
ziemlich warm. Sieht man ab von Llanquihue und Valdivia (S. 289), ſo haben die Stationen
des großen Längstales und der Küſte ungefähr gleiche Wärmegrade wie die auf der atlan—
tiſchen Seite und auch ähnliche Niederſchlagsmengen.
vr wee wen wee ee
Mocha, Inſel (38 21) 12,60 15,30 10,2 5,10 1511
Concepcion (360 50%). . . 13,40 17,30 10,20 7,19 1307
Talca (35 26“) 13,70 20,10 7,80 12,30 ie
Santiago ([519 m] 33% 27 13,59 Ee Ua 12,0° 372
Los Andes (522 m] 32° 50°) 13,70 19,90 8,20 11,70 &
Valparaiſo (330 117) 14,30 17,50 11,50 6,00 602
La Serena (290 54). . . 14,4 17,70 11789 6,1 161
Die Küſtenſtationen Mocha, Concepeion, Valparaiſo, La Serena unterſcheiden ſich durch ihre
geringen Schwankungen (5— 70) von den Binnenſtationen Talca, Santiago, Los Andes
(11, 12,30). Die wärmſten Monate ſind der Januar und, in Mocha und Valparaiſo, der
Februar, die kühlſten Juli und, in Mocha, Auguſt. Auch die Extreme ſind mäßig, in Santiago
36,3 und —1,4, in Concepcion 32,2 und —1,1. Charakteriſtiſch ſind die langſame Zunahme der
Wärme und die nur durch Valparaiſo unterbrochene raſche Abnahme des Niederſchlags nach
Norden zu. Überall in Mittelchile fallen ausgeſprochene Winterregen. In Mocha hat der
Juli das Maximum mit 463 von 1511 mm, alſo 30 Prozent in einem Monat, in Concepcion
ergeben Juni und Juli je etwa 272, zuſammen 545 von 1307, alſo 41 Prozent, in Valparaiſo
dieſelben 331 von 602, = 55 Prozent, aber in allen dieſen Stationen fallen auch in den übrigen
Monaten, mit Ausnahme des ganz trockenen Januar, Regen. Immerhin ſind in Santiago
die Monate November bis März mit zuſammen nur 21 mm recht regenarm, jo daß eine
Trockenzeit einer regenreichen Zeit entgegenſteht. Extrem wird dieſe Trockenzeit aber erſt
in Coquimbo, wo die 161 mm Regen auf die Monate Mai bis Auguſt mit zuſammen 144
zuſammengedrängt werden; hier herrſchen alſo ganz ſcharf ausgebildete Winterregen. Der
Grund für die Trockenheit des nördlichen Mittelchile liegt in der Exiſtenz des kühlen Küſten⸗
waſſers. Naturgemäß ſteigt auch die Schneegrenze in Mittelchile raſch nordwärts an. In
der Kordillere von Chillan, unter 379, liegen die heißen Quellen in 2100 m Höhe noch zwiſchen
Firnflecken, unter 360 dagegen dürfte die Schneegrenze ſchon zu 2600, unter 35° zu 2800 bis
3100 m anzuſetzen ſein, und unter 330 iſt ſelbſt der Uspallatapaß mit 3760 m oftmals ſchnee⸗
frei: die Schneegrenze liegt hier in 4000 —4500 m.
Die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere: Klima, Pflanzendecke, Tierwelt. 299
Die Pflanzendecke. Wie Mittelchile klimatiſch ein Übergangsgebiet zwiſchen dem
feuchten gemäßigten Süden und dem wüſtenhaften tropiſchen Norden iſt, ſo hat auch ſeine
Vegetation eine vermittelnde Stellung zwiſchen dem Süden und dem Norden. Außerdem
iſt an die Stelle der einheimiſchen vielfach die europäiſche Vegetation getreten.
Die einheimiſche Vegetation beſteht nur noch im Süden aus Wald, und auch
dieſer iſt hier vielfach auf die Hauptkordillere und die Küſtenkordillere beſchränkt. Nach Norden
hin nimmt er raſch ab und iſt ſchon unter 34° ſpärlich und licht, auch ſelbſt im Hochgebirge am
Abhange der Hauptkordillere zum großen Längstal hin. Über dem Ganzen erhebt ſich die
antarktiſche Vegetation von alpinem und polarem Gepräge: Holzpflanzen, Gräſer, Stauden
und Mooſe. Sie ſteigt natürlich mit der Schnee- und Baumgrenze, zunächſt langſam,
dann raſch in größere Höhen und verliert ihren Zuſammenhang etwa vom Aconcagua an
mit dem Eintritt in das trockene Land des nördlichen Chile.
Eine ganze Reihe von Pflanzen finden in Mittelchile ihre Nordgrenze: bei Concepcion
liegt die der Eucryphia cordifolia, wenig nördlich davon die des Podocarpus chilensis, unter
340 diejenige der Koniferen überhaupt; in der Breite von Valparaiſo ſtößt man auf die letzten
Robles ([Buchen] Nothofagus obliqua), und bis in die Provinz Aconcagua hinein dringen der
ſüdliche Waldbaum Peumo (Cryptocaria peumus) und der Lingue (Persea lingue). Dagegen
beginnt bei Concepcion mit Echinocactus das Reich der Kakteen, unter 340 das der Algarrobo—
Bäume (Prosopis), und mit 30° erreicht man ſchon das Gebiet der Oxalis gigantea. Hier ſind
noch am häufigſten der 15 m hohe Boldu chilenum, eine Laurinee, die 9 m hohe Roſazee Quil-
laia saponaria, der dornige Eſpino (Acacia cavenia) und die bis 1200 m Höhe vorkommende,
bis 9m hohe chileniſche Palme Jubaea spectabilis. An die Stelle des Waldes tritt hier buſchiges,
heideartiges, noch grünes Land, aber die grauen und braunen Farben wiegen doch ſchon vor.
Allerdings iſt das Landſchaftsbild wegen der Gegenſätze der Jahreszeiten recht verſchieden.
Wenn im trockenen Sommer die Winde Staubwolken über die Ebenen und Gebirge treiben,
ſind die Hänge der Hügel kahl, öde und faſt aller Vegetation bar, und die Landſchaft iſt dann
unſchön. Fangen aber die Winterregen an, ſo erblüht nach C. Ochſenius das Rebhuhnkraut
(Oxalis lobata) zu Millionen in leuchtendem Gelb, und die roten dürren Berge laſſen zahl-
loſe lilienartige Zwiebelgewächſe mit den verſchiedenſten Blüten und Farben aufſprießen.
Leider aber dauert dieſe ſchöne Zeit in Mittelchile nur von September bis November.
Reiche unterſcheidet an der Küſte zwiſchen 42 und 30° fünf Regionen. Von Süden
reicht bis zum Rio Imperial (38/0) im Küſtengebirge von Llanquihue und Valdivia die
ſüdliche Waldvegetation mit Myrtazeen, Drimys, Eucryphia, Persea, Laurelia, Nothofagus
Dombeyi, Farnen, Lianen und Chusquea-Gebüſchen. Dann folgen in der Kordillere von
Nahuelvuta Wälder von Aextoxicum punctatum und von Araukarien, in der Cordillera
Pelada noch Kolonien antarktiſcher Sumpfpflanzen. Bei Concepcion beginnt Mittelchile in
pflanzengeographiſcher Hinſicht erſt eigentlich, aber die ſüdlichen Formen ſetzen ſich noch bis
gegen Valparaiſo fort, Nothofagus obliqua bildet noch einen weſentlichen Beſtandteil der
Wälder, doch kommen ſchon häufiger Kraut- und Strauchſteppen vor, und nördlich von 33°
herrſchen dieſe faſt allein.
Die Kordillere iſt noch wenig bekannt. Reiche teilt ſie ebenfalls in fünf Abteilun—
gen. Im Süden herrſchen etwa bis Chillan in zwei ſolchen Abteilungen, die durch die Nord—
grenze der blattwechſelnden Buchen (Nothofagus pumilio und N. antaretica), ungefähr bei 400,
geſchieden werden, die Formen des Südens, auch in der Hochgebirgsvegetation. Von 37°
300 Das gefaltete Land des Weſtens.
an tragen auch die Kordilleren mehr das mittelchileniſche Gepräge; hier erreichen in 34 die
Koniferen, in 33° die Erikazeen ihre Nordgrenze, und bei Talca greift die küſtenbewohnende
Nothofagus obliqua auch auf die Kordillere über. Immerhin iſt der Gegenſatz zwiſchen den
ſüdlichen und den nördlichen Teilen von Mittelchile in der Kordillere nicht ſo ſcharf wie in
dem niedriger gelegenen Lande.
An Nutzpflanzen hat Chile nur wenige wichtigere hervorgebracht, und von ihnen
hat nur eine wirkliche Weltbedeutung erlangt, nämlich die Kartoffel. Daneben können noch
die Araucaria imbricata wegen ihrer mehligen Samen, ferner Erdbeeren (Fragaria chilensis)
und die ſüßen Saft gebende Palme Jubaea spectabilis erwähnt werden. Von fremden
Pflanzen ſind als Waldbäume die europäiſche Eiche, die Zeder und die Sequoia gigantea
eingebürgert, als Straßenbäume Pappeln und Eukalypten, als Gartenbäume Zypreſſen,
Trauerweiden, Eſchen, Ulmen, Ahorn, Nußbäume und Platanen. Obſtbäume ſind all⸗
gemein bis zum 40. Breitengrad, der den meiſten eine Grenze ſetzt, ſo dem häufigſten aller
mittelchileniſchen Obſtbäume, dem Pfirſichbaume, wie auch den Kirſchen, Pflaumen, Quitten,
Mandeln, Miſpeln, Aprikoſen, Feigen, Nüſſen; alle dieſe zeitigen ſüdwärts von Valdivia
meiſt keine Früchte mehr, weil ihnen die Sonne zu mangeln beginnt. Der Weinſtock gedeiht
vom Araukanerland an nordwärts, während die Agrumen verhältnismäßig ſelten ſind; dagegen
tritt dort, wo die übrigen Fruchtbäume nicht mehr fortkommen, der Apfelbaum in ganzen
Hainen auf, namentlich im Längstal ſüdlich von Valdivia und auf der Inſel Chiloe. Der
weiße Maulbeerbaum wächſt in ganz Mittelchile im Gegenſatz zum Olbaum, der ebenſo wie
Haſelnüſſe, Stachelbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren nicht häufig iſt; Brombeeren dagegen
wachſen wild. Unter den Getreidearten ſind Weizen und Gerſte die wichtigſten, während
Roggen und Hafer nur von deutſchen Koloniſten angebaut werden; auch Mais wird, außer
in Chiloé, in ganz Mittelchile gebaut. Von Futterkräutern erwähnt Philippi vor allem
die Alfalfa, Luzerne (Medicago sativa), als die wichtigſte Futterpflanze des Landes, die bis
Concepcion ſüdwärts reicht. Raps iſt zum Unkraut geworden, Lein und Tabak ſind von
Chiloé an allgemein, Hanf, Agave und Rizinus im Norden, der neuſeeländiſche Flachs im
Süden, wogegen ſich Hopfen nicht eingebürgert hat; wohl aber ſind Runkelrübe und Neger⸗
hirſe jetzt auf dem Wege dazu. Die Rolle der Kartoffel in Deutſchland ſpielt in Chile die
Kruppbohne, Frijol (Phaseolus nanus). Wichtig für die Ernährung des niederen Volkes ſind
Melonen, Tomaten, Artiſchocken, auch Zwiebeln, Knoblauch und Majoran.
Die Veränderung der Flora Mittelchiles durch eingeführte fremde Pflanzen iſt
außerordentlich groß. Zahlreiche europäiſche Unkräuter überziehen das Land, namentlich
Diſteln, der rote Fingerhut, Brunellen; „an den Wegen erblickt man (nach R. A. Philippi)
die Marien- und Saudiſtel, Fenchel, Schierling, Zichorien, Ampferarten, die großen Beſitzun⸗
gen ſind zum Teil eingefaßt von Hecken von Brombeeren, Pflaumen und Quitten; Pappel⸗
alleen, an denen oft Roſen emporklettern, führen von den Heerſtraßen nach den einzelnen
Landgütern, ja man muß nach einem einheimiſchen Gewächs ordentlich ſuchen“.
Die Tierwelt. Chile gehört nicht zu den Ländern, bei denen die Fauna beſonders
charakteriſtiſch wirkt, denn ſeine Säugetiere ſind unſcheinbar und nicht gerade zahlreich.
Das eigentliche Chile bewohnen der Puma (Felis concolor), Wildkatzen, Füchſe, das Stink⸗
tier, Chingue, und das marderartige Quique (Galictis vittata). Verhältnismäßig häufig
ſind auf den Seen der Fiſchotter, Huillin (Lutro), und in den Küſtengewäſſern der Seeotter,
Chinchimen (Lutra felina), beide im Süden des Landes. Zu den häufigſten Tieren gehören
Die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere: Die Bevölkerung und Beſiedelung. 301
im waldigen Süden der große Hirſch Huemul (Cervus chilensis) und der Zwerghirſch Pudu
(Cervus pudu), letzterer beſonders auf Chiloe. Dagegen belebt die Chinchilla (Chinchilla
laniger) die Felſen der nördlichen Kordilleren von 1000 m Höhe an, und im äußerſten Norden
ſieht man auch ſchon das Llama häufiger. Bewohner der Küſte ſind der Schweifbiber,
Coipu (Myopotamus Coipu), und die Beutelratte (Didelphys elegans), Bewohner des
Meeres Wale und Robben, Lobos, darunter der „Seelöwe“, beſſer die Mähnenrobbe
(Otaria jubata); der noch vor einem Jahrhundert häufigere See⸗Elefant (Macrorhinus leo-
ninus) hat die Küſte ganz verlaſſen.
Unter den Vögeln ragt der Kondor hervor, deſſen Reich beſonders Mittelchile, weniger
Nordchile, aber auch noch die Magalhäesſtraße und ſogar die patagoniſchen Steppen umfaßt,
während er den feuchten Wald des Südweſtens meidet. Daneben bilden die Aasgeier, Galli-
nazo (Cathartes urubu) und Jote (Cathartes aura), die Straßenpolizei. Mehrere Falken,
zwei Buſſarde, Peüco (Buteo unicinctus) und Buteo erythronotus, werden, wie auch ein
Habicht, Nanque (Accipiter chilensis), und Weihen, darunter der ſehr allgemeine Tiuque
(Polyborus chimango) und der ſtattliche Traro (Polyborus vulgaris), dem Geflügel gefährlich.
Zu den gewöhnlichſten Vögeln gehören der Fink Chincol (Fringilla matutina), der mit lauter
Stimme die in den Wäldern Reiſenden begleitende rötlichbraune Chucao (Pteroptochus
rubecula), der mehr in Mittelchile lebende Tapaculo (Pteroptochus albicilla) und die meiſt
auf dem Boden laufenden und daher auffallenden Taubenarten. Eine allgemeine Erjchei-
nung iſt ferner der Kolibri, Picaflor (Trochilus stephanoides), der ſogar bis Feuerland vor—
kommt und im Winter auch in die Häuſer dringt. Mit ihm gelangt bis an die Gletſcher der
Papagei Catita (Psittacus erythrofrons), während zwei andere Papageien, der Choroi
(Psittacus leptorhynchus) in Chilod und Valdivia, der Loro (Psittacus cyanolyseus) in
Mittelchile leben. Ferner kommen hinzu Spechte, Hühnervögel, Schwalben, Droſſeln,
Stare, Stelzvögel, beſonders Reiher (Garzas), und Schwimmvögel, darunter der ſchwarz—
halſige Schwan Cisne (Cygnus nigricollis). Sehr zahlreich ſind endlich die Seevögel, Alba-
troſſe, Möwen und Sturmvögel, in der Gegend der Magalhäesſtraße die den Schiffen fol-
genden Kaptauben und auch bereits die Pinguine (Aptenodytes Humboldtii), während die
Küſte hauptſächlich von den Kormoranen Yeco oder Cuervo (Rabe; Graculus brasilianus)
und Lile (Graculus Gaymardi) ſowie den Pelikanen aufgeſucht wird.
c) Die Bevölkerung und Beſiedelung.
Die Bevölkerung. Die heutigen Chilenen ſind aus den Nachkommen der Urbewohner
und der eingewanderten Spanier durch immer fortgeſetzte Miſchung hervorgegangen.
Die Indianer, urſprünglich wohl von gleichmäßig geringer Kultur, wurden zur Zeit
der Inkas mit deren Kulturfortſchritten bekannt. Da die Herrſchaft der Inkas um 1540 aber
nur bis zum Rio Maule reichte, ſo haben nur die nördlichen Stämme einen größeren Vorteil
von ihr gehabt, die in Mittel- und Südchile wohnenden aber geringen oder gar keinen.
Daher finden wir eine Abſtufung in der Kultur der Ureinwohner von Norden nach Süden.
Die nördlichen Stämme beſtanden zur Zeit der Eroberung aus den ſüdlichen Aus⸗
läufern der beiden großen Kulturvölker Südamerikas, der Ketſchua und Aimara, oder ſie redeten
wenigſtens deren Sprache. Durch die Kulturvölker des Nordens hatten ſie gelernt, Gewebe
anzufertigen, Metalle zu bearbeiten und Salz zu gewinnen, auch mittels künſtlicher Be—
wäſſerung Pflanzungen anzulegen. Im Laufe der Zeit aber ſind ſie aufgeſogen, chriſtianiſiert
302 Das gefaltete Land des Weiten.
und nivelliert worden; die Zahl der noch rein erhaltenen Indianer des Nordens ſchätzt
K. Martin auf 20000. Zu ihnen gehören die Fiſcherſtämme der Changos und die Bewohner
der Atacama, Atacameſos und Aillas. In der Gegend von Coquimbo und Aconcagua
ſprach die Bevölkerung ſchon Araukaniſch, lebte aber unter Inka-Beamten.
Das bedeutendſte Volk Chiles waren ohne Zweifel die Araukaner oder Mapuche,
d. h. Leute des Landes. Sie wohnten zur Zeit der Entdeckung ſüdlich vom Rio Maule, etwa
bis gegenüber Chiloé, zwiſchen 36 und 43. Pedro de Valdivia unterwarf zunächſt die
zwiſchen dem Maule und dem Biobio lebenden, war aber ſüdlich dieſes Fluſſes auf wenige
feſte Plätze, beſonders Valdivia, beſchränkt. Damals ſollen die Araukaner im Süden des
Biobio 500000 Köpfe ſtark geweſen ſein. Dieſe erhoben ſich alsbald gegen die fremden
Eindringlinge, töteten Pedro de Valdivia 1556 und vertrieben die Spanier bis 1598 ganz.
Erſt Mitte des 18. Jahrhunderts wurde Valdivia neu errichtet, erſt 1887 konnten die Arau—
kaner vollſtändig unterworfen werden; ihr Land wurde chileniſchen Bauern gegeben, ſie ſelbſt
ſind in die Kordillere und nach Patagonien hinübergedrängt worden. Ihre Zahl war aber
ſchon vorher zuſammengeſchmolzen: um 1750 auf 150000, um 1800 auf 100000 Seelen;
1880 ſchätzt Ochſenius fie auf 40000, Treutler auf nur 10000, während Karl Martin ihnen
1905 noch gegen 100000 Menſchen zuzählt, allerdings unter Einrechnung aller Araukaniſch
redenden Bewohner von Valdivia, Llanquihue und Chiloé. Naturgemäß vermiſchen auch
ſie ſich mit den Einwanderern, und ſie beginnen in den neuen Provinzen allmählich die untere
Klaſſe zu ſtellen. Die in Valdivia, Llanquihue und Chiloé wohnenden Araukaner nennen
ſich Huilliches, Südleute, die öſtlichen auf argentiniſchem Gebiete heißen Puenches, Oſtleute,
die in der Kordillere Pehuenches, Fichtenmänner; der nördlichſte Stamm hieß Pikunche.
Ihr Land teilten ſie in meridionale Streifen, Küſtenland, Ebene, Vorberge, Kordillere,
deren jedes von einem Toqui regiert wurde.
Die Araukaner ſind mittelgroß und ſehr kräftig; ſie haben kleine Hände und Füße und
rötlichbraune, gelegentlich auch hellere Hautfarbe. Urſprünglich faſt nackt gehend, haben ſie
offenbar durch die Inka-Kultur neben vielen anderen Beeinfluſſungen auch ihre Kleidung er-
halten. Sie beſteht jetzt aus dem Lendentuch, Chamal, und dem Poncho, der dicken Wolldecke,
die über den Kopf geworfen wird; dazu tragen ſie ein Haarband ſowie ein zuſammengefaltetes
Tuch, wozu im Süden, wo ſie noch am meiſten ziviliſiert worden ſind, Beinkleider, Ga—
maſchen und Filzhüte kommen. Die Frauen tragen ein Tuch um die Lenden und über die
linke Bruſt, ein zweites um Nacken und Schulter, das ſie am Halſe mit einer ſchweren ſilbernen
Nadel befeſtigen. Dorfſchaften gibt es nicht, ſondern nur Einzelhöfe, Blockhäuſer mit Stroh—
dächern und durch Rohrgeflecht geſchiedenen Abteilungen. In deren Umgebung bauten die
Araukaner ſchon früher Mais, Kartoffeln, Bohnen und hielten das Huanaco als Haus- und
Schlachttier. Natürlich liegen ſie auch der Jagd ob und entnehmen den Flüſſen und dem
Meere Fiſche, Muſcheln und Tange, dem Walde Araukarienzapfen. Ihre Lebensweiſe wurde
aber durch die Berührung mit der europäiſchen Kultur verändert, die ihnen den Apfelbaum,
Erbſen, Weizen und Gerſte, ferner Rinder, Schafe, Hunde, Katzen und Pferde brachte; letztere
haben ſie zu einem Reitervolk gemacht. Ihre Waffen waren die große Rohrlanze (Colihue),
Keulen, Schleudern, Schilde, Bogen, Pfeile und der Laſſo; aus Bäumen zimmerten ſie Kanus,
aus aufgeblaſenen Seehundsfellen die Balſas (Kanus) der Küſte. Gold und Silber wurden
zu Schmuckſachen, Kupfer zu Pfeil- und Lanzenſpitzen, Axten und Hämmern, Marmor und
Porphyr zu Axten verarbeitet. Des Weibes Beſchäftigung war Spinnen, Flechten der Matten,
Die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere: Die Bevölkerung und Beſiedelung. 303
Fiſchnetze und Körbe, Zubereiten der Kleidung und der Speiſen. Auch die Urbewohner
der Inſel Chiloe waren Araukaner; noch heute ſprechen viele Familien Araukaniſch, ihre
Beſchäftigung hängt aber meiſt mit der See zuſammen: ſie ſind gute Schiffer und Fiſcher.
Weiße. Die weiße Bevölkerung ſtellten zunächſt die eingewanderten Spanier,
die ſich mit eingeborenen Frauen verbanden; allein als auch weiße Frauen bald im Lande
häufiger wurden, entſtand in Chile eine rein weiße Bevölkerung, die zahlreicher war als in
allen anderen Ländern Südamerikas. Die eingewanderten Spanier waren teils Soldaten,
teils Kaufleute, Handwerker und Gewerbtreibende; erſtere erhielten den Grundbeſitz und
bildeten die herrſchende Klaſſe, letztere Gruppen ſiedelten ſich mehr in den Städten an und
machten mit den Urbewohnern die niedere Klaſſe aus. Die herrſchende Klaſſe wurde dann
im 19. Jahrhundert durch zahlreiche Nichtſpanier, namentlich Kaufleute, Bergwerks⸗
beamte und neuerdings auch Gelehrte, vermehrt, ſo daß heute noch ein Gegenſatz zwiſchen
einer oberen und einer niederen Klaſſe beſteht, zwiſchen denen die Verbindung, der Mittel-
ſtand, fehlt. Unter den fremden Koloniſten ſpielen wieder die Deutſchen die Haupt⸗
rolle, teils als Kaufleute, Induſtrielle, Gelehrte und Offiziere in den größten Städten, teils
aber als Bauern und Handwerker, in geſchloſſener Maſſe in Valdivia und Llanquihue. Haupt⸗
ſächlich ſeit dem Jahre 1852, ferner beſonders Anfang der 1870er Jahre ſind die Deutſchen
hier eingewandert und zählen jetzt (nach K. Martin) 9300, die Deutſch Redenden 20000
Köpfe, davon je 4000 in Llanquihue, Valdivia und Valparaiſo, 2000 in Santiago, 1500 in
Concepcion, je 1000 in Cautin und Malleco. Ihre Behauſungen ſtehen überall einzeln auf
den rechteckigen Grundſtücken, Chacaräs, nirgends haben ſich Dörfer gebildet; ein Teil der
Anbaufläche wird mit Honiggras beſät, ein anderer nach K. Martin mit Roggen, Weizen,
Hafer, Kartoffeln beſtellt, während Obſt- und Gemüſegärten die Höfe umgeben. 41 deutſche
Schulen, über hundert deutſche Lehrer und deutſche Geiſtliche ſorgen für die geiſtige Nahrung,
namentlich in Valdivia. Im ganzen ſind die deutſchen Bauern und Handwerker in Chile
meiſtens in günſtigen wirtſchaftlichen Verhältniſſen, da ſie fleißig, nüchtern, ſparſam und
tüchtig ſind. Die Geſamtzahl der Europäer in Chile berechnet Martin auf 41000.
Die Beſiedelung. Allgemeines. Chile oder Chili, urſprünglich Chiri = kalt, wurde
1535 von Diego de Almagro bis zum Rio Claro erobert; aber erſt 1541 gründete Pedro de
Valdivia Santiago, drang 1546 bis zum Biobio vor und unterwarf das Land nach und nach
bis zum Rio Bueno. Indem er überall Städte gründete, Villa Rica am Lauquen-See,
Imperial am Rio Cautin und Valdivia, Arauco, Puren, Tucapel und Angol, wurde er der
eigentliche Schöpfer des chileniſchen Volkstums. Während nun das übrige Chile ſich als ein
Teil des Vizekönigreichs Peru günſtig entwickelte, erregten die Araukaner Aufſtand über
Aufſtand und blieben während der Kolonialzeit ſo gut wie frei. Erſt 1797 wurde Chile zu
einem beſonderen Generalkapitanat erhoben, war aber ſo wenig entwickelt, daß es 1810 nur
eine fahrbare Straße zwiſchen den beiden Hauptſtädten und nur 400000 Peſos Einnahme
hatte. 1811 brach der Aufſtand gegen Spanien aus; er wurde zwar 1814 niedergeſchlagen,
führte aber 1817/18 unter San Martin zur Befreiung des Landes in den Gefechten von
Chacabuco und Maipu. Nach längeren Wirren entwickelte ſich die neue Republik Chile
kräftig und hatte von 1839 an Frieden im Inneren, mit Ausnahme der Revolution von 1891.
Ein 1879 gegen Bolivia und Peru erfolgreich durchgeführter Krieg brachte den Gewinn der
Provinzen Antofagaſta, Tarapaca und Tacna, von denen die letzte bis 1892 an Peru zurück⸗
gegeben werden ſollte, aber noch jetzt im Beſitze Chiles iſt. 1882 folgte dann die Feſtlegung
304 Das gefaltete Land des Weſtens.
eines Teiles der Grenze gegen Argentina, 1900 die Abtretung großer Strecken der Hoch—
atacama an dieſes Land und am 24. November 1902 die endgültige Regelung der Grenze
gegen Argentina durch Schiedsſpruch der britiſchen Krone (ſ. die Verkehrskarte von Süd⸗
amerika bei S. 93).
Heute beſteht Chile aus 23 Provinzen und einem Territorium und enthält auf
757 366 qkm 3415060 Einwohner (Ende 1910). Die Provinzen ſind von ſehr verſchiedener
Größe und Einwohnerzahl. Das Territorio Magallanes hat auf 171438 qkm nur 23650 Ein⸗
wohner, die Provinz Valparaiſo auf 5059 qkm 300000, die Volksdichte ſchwankt alſo zwiſchen
0,1 und 59; im Mittel beträgt ſie 4,5. Außerdem beſitzt Chile im Großen Ozean die Oſter⸗
inſel mit 120 qkm und 228 Bewohnern. Fremde lebten in Chile 1907: 134524, darunter
27000 Peruaner, 22000 Bolivianer, 18750 Spanier, 13000 Italiener, 10700 Deutſche,
9800 Engländer und ebenſoviele Franzoſen.
Auf Grund der Wirtſchaftsverhältniſſe laſſen ſich aber drei Hauptteile des Landes
auch für die Darſtellung der Beſiedelung mit Vorteil unterſcheiden, nämlich das Waldgebiet
des Südens, das Ackerbaugebiet der Mitte und das Bergbaugebiet des Nordens. Scheidet
man ſo, dann ergeben ſich klare und charakteriſtiſche Gegenſätze in den Einwohner- und
Volksdichtezahlen, wie folgt:
OKilometer Einwohner Dichte
Waldgebiet. . 243114 40 000 0,16
Aderbaugebit . . . 243034 3031 000 12,5
Bergbaugebit . . . 271218 345 000 1,3
Zuſammen: 757366 3 416 000 4,5
Der Schwerpunkt liegt alſo durchaus in Mittelchile, dem hauptſächlich Ackerbau trei-
benden Teil von Chile. Dies ſpricht ſich auch in der Größe der Städte aus, denn von den
ſieben Städten mit über 30000 Einwohnern liegen fünf mit 623000 Bewohnern in Mittel-
chile, zwei mit 73000 im Norden. Die Reihenfolge der Städte iſt: Santiago 333000, Val⸗
paraiſo 163000 (mit Vina del Mar 190000), Concepcion 55000, Iquique 40000, Talca 38000,
Chillan 34000, Antofagaſta 32000. Alle folgenden haben unter 20000, 16 zwiſchen 20000
und 10000 Einwohner.
Der waldige Süden. Zu dieſem ſind zu rechnen:
OKilometer Einwohner Dichte
Chiloé, Inſenn . . 22255 91 700 4,1
Llanquihue 20 000 105 000 5,2
Pede 21 637 131 750 6,2
Rund: 63900 328 000 5,1
Dieſe Provinzen find noch ſehr regenreich und daher für den Ackerbau noch nicht vollkommen
geeignet. Auf Chiloé und in Llanquihue werden die Ernten oft wegen Mangels an Sonne
in den Herbſtmonaten nicht reif. Immerhin gibt es in dem Waldlande Chiloés doch aus—
gedehnte Weizenfelder, beſonders um Caſtro, außerdem werden Kartoffeln in großen Mengen
ſowie auch Gerſte, Roggen und Hafer gepflanzt. Ferner führt die Inſel Holz aus und be-
treibt Schafzucht, Fiſcherei, Handel und Schiffahrt. Der Hauptort Ancud hat etwa 6000 (2)
Einwohner, Caſtro 2500, Achao 1800.
Die Provinzen Llanquthue und Valdivia werden charakteriſiert durch Seen, Vul—
kane, Wald und Ackerbau, Apfelhaine und Sägemühlen; die Zahl der Apfelbäume geht in
Die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere: Die Bevölkerung und Beſiedelung. 305
die Millionen, Apfelwein iſt das Nationalgetränk in Valdivia, und bei Überſchwemmungen
führen die Flüſſe Millionen von Apfeln ins Meer. An geſchützten Stellen reifen bereits
Feigen, der Weizen beginnt beſſere Ernte zu geben, und an der Nordgrenze ſtellen ſich Kaſta⸗
nien, Pflaumen und Pfirſiche ein. Die, wie alle Städte des Südens, meiſt aus Holz gebaute
Hauptſtadt von Llanquihue, Puerto Montt oder Melipulli mit 5000 Einwohnern, darunter
800 Deutſchen, mit deutſcher Schule und einem proteſtantiſchen Geiſtlichen, hat einen guten
Seehafen mit prachtvollem Dock, Gerbereien, Brennereien und Brauereien und führt Sohl—
leder, Holz, Honig und Getreide aus. Zwar beſitzt der See von Llanquihue jetzt Dampfſchiff—
fahrt, aber der Zuſtand der Wege an ſeinen Ufern iſt für ein raſches kmporkommen der Gegend
nicht ſehr geeignet; doch wohnen auch hier etwa 2500 Deutſche mit elf Schulen und machen
durch ihre Arbeit die ſumpfige Umgebung des Sees urbar. An ſeinem Südweſtende liegt das
ſchnell wachſende Puerto Varas mit etwa 1000 Bewohnern, darunter vielen Deutſchen,
die ſich bereits in ein proteſtantiſches und ein katholiſches Viertel getrennt haben, an ſeinem
Nordende Puerto Octai, zwiſchen beiden der Sitz des Pfarrers, Frutillar (Erdbeerfeld),
und Neu-Braunau; außerdem ſitzen die Deutſchen rund um den See in Einzelhöfen,
hauptſächlich mit Viehzucht und dem Handel mit Butter, Honig, Wachs beſchäftigt. Deutſch
iſt auch namentlich das Dorf Chamiſa am Rio Coihuin, zum Teil auch die Stadt Oſorno
mit 6000 Einwohnern, deutſcher Schule, deutſcher Gemeinde und ſtarkem Handel in Getreide,
Viehzuchtprodukten und Obſt. Am Fjord von Reloncavi iſt in Cochamö eine Niederlaſſung
zur Erzeugung von Gefrierfleiſch entſtanden, und die Siedelungen der Chiloten beginnen
an ſeinen Ufern häufig zu werden; Mittelpunkte des Holzhandels find Calbuco und Maullin
mit je etwa 1000 Einwohnern. Hauptort der Provinz Valdivia iſt die gleichnamige alte,
mehrfach verlaſſene und wieder beſiedelte, durch Erdbeben und Feuer häufig verwüſtete
Stadt, deren deutſches Gepräge ihr durch ſtarke deutſche Einwanderung 1850 —59 gegeben
worden iſt. Sie betreibt Gerberei, Schlachterei, Schiffbau und enthält die große Brauerei
Anwandter, iſt überhaupt der Sitz der ſüdchileniſchen Induſtrie. Auch hat ſie bedeutenden
Handel, da der Fluß ſchiffbar iſt und ihr Seehafen Corral von allen großen Dampferlinien
angelaufen wird. Valdivia beherbergt jetzt an 18000 (offiziell 1907: 15229) Einwohner und
hat in ſeiner Umgebung noch eine Reihe von kleinen Ortſchaften, gewiſſermaßen Vororten,
leidet aber daran, daß die Straßen nicht gepflaſtert ſind. Erwähnenswert ſind ferner San
Joſé (1300 Einwohner), im Süden La Union (4000 Einwohner) und Rio Bueno (1500
Einwohner), die beiden letzteren auch Sitze des Deutſchtums, und im Norden Pitrufquén
(2500 Einwohner) mit der nahegelegenen Burenkolonie Gorbea und der Kolonie Nueva
Italia. Dagegen iſt das einſt bedeutende Villarica nur noch ein kleines Dorf.
Araukanien umfaßt das Land zwiſchen dem Tolten und dem Biobio und zerfällt
ſeit 1887 in vier Provinzen: 5 a ö
OKilometer Einwohner (1910) Dichte
ff 15 105 162 000 11,0
Mallfee vd 7701 113 000 14,7
nme 6 366 62 300 10,0
Biobiy] N run 13587 100 000 7,4
Zuſammen: 42759 rund: 437000 10,0
Araukanien hat alſo nur eine geringe Fläche und ift überdies Neuland, iſt aber doch ſchon
wichtig geworden, weil es im Längstal reiche Weizenernten erzielt. In den drei Provinzen
Cautin, Malleco und Biobio iſt das Längstal bedeckt mit Weizenfeldern und Weingärten,
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 20
306 Das gefaltete Land des Weſtens.
oder es iſt eine Parklandſchaft, Wieſen- und Weideland, mit hochſtämmigen Buchen; auch
gibt es prachtvolle Beſtände von Araukarien. Daher wird neben Ackerbau auch Viehzucht
und Holzhandel getrieben, in Arauco, das allein nicht am inneren Längstal teil hat, auch
Bergbau auf die bei Lebü vorkommenden Kohlen. Araukanien verſendet ſeine Erzeugniſſe
hauptſächlich auf der Längsbahn, da es guter Häfen ermangelt. Die Siedelungen ſind im
Weizengebiet meiſt Einzelhöfe, aber die Städte Araukaniens wachſen ſchnell empor. Zwar
hat Arauco ſelbſt kaum 3500 Einwohner, aber die Städte des Weizenlandes überſchreiten
bereits 10000, wie Temuco mit Ende 1907 ſchon über 16000 Einwohnern, darunter 500
Deutſchen, die eine eigene Schule und eine eigene Zeitung haben. Nuevo Imperial hat 2500,
Bajo Imperial 600 Einwohner. Große Dörfer von je 1000 Bewohnern ſind ſchon Puren,
Sauces und Lumaco, Curacautin und Pua, während Traiguen es auf 7700, Victoria,
der Sitz des deutſchen Pfarrers, auf mehr als 10000 Einwohner gebracht haben und auch
Collipulli bereits 3000 überſchritten haben wird, Ercilla 1500. Im Norden liegen Angol
(9000) und Los Angeles (12000), Mulchen mit 4500 und Nacimiento mit 2500 Ein⸗
wohnern. Der wichtigſte, leider ſchlechte Hafen iſt der von Lebu, wo 4000 Menſchen leben.
Im Norden von Mittelchile ſind die Längstalprovinzen von den Küſtenprovinzen zu
unterſcheiden; bei jenen liegt der Schwerpunkt im Längstal und im Ackerbau, bei dieſen an der
Küſte und im Handel. Zu erſteren gehören Nuble, Linares, O' Higgins, zu letzteren Concepcion,
Maule, während Colchagua, Curicb und Talca ſowohl das Längstal wie auch die Küſte umfaſſen.
Dfilometer Einwohner Dichte
Concepeio wn 8422 225 000 25
FF 6410 116000 17
Tubes au Se 8823 170000 19
S8 =. vi ne Wir 10 210 112000 11
BSH an 9948 133000 13
B 7714 108 000 14
Colchagun ses 9987 159000 16
DB ee 6066 94000 16
Zuſammen: 67580 1117000 16,5
Die Volksdichte, die im Araukanerland bereits ungefähr 10 erreicht, ſteigt hier ſchon
auf 16,5, die Bevölkerung beträgt ziemlich genau ein Drittel der Geſamteinwohnerzahl des
Staates, drängt ſich im Längstal zuſammen und betreibt hauptſächlich Ackerbau, Obſtbau,
Weinbau im Süden, Ackerbau und Viehzucht im Norden. Das wichtigſte Getreide iſt der
Weizen, beſonders in Colchagua. Auch enthalten die Provinzen Bergwerksbetriebe und in
den Städten Anfänge von Induſtrie.
Die Städte ſind zahlreich, aber im allgemeinen noch klein. Größere Bedeutung haben
gewonnen Concepcion, der Haupthafen des Gebietes, mit 55000 und Talca, die größte
Binnenſtadt, mit 39000 Einwohnern, und auch Talcahuano hat 15000 überſchritten.
Unter den Häfen iſt Talcahuano der beſte, Concepcion hat einen Flußhafen, dem als See—
häfen Talcahuano und Tomé (6500) dienen, während Coronel (6000) und Lota (10000 Ein-
wohner) beſonders die Ausfuhr von Kohlen betreiben. Penco (4000 Einwohner) hat eine
bedeutende Zuckerraffinerie, Bellaviſta eine Tuchfabrik, die ganze Provinz Concepcion
Mühleninduſtrie. Die Stadt Concepcioniſt zwar mehrfach durch die Araukaner und durch
Erdbeben, zuletzt 1835, zerſtört worden, hat aber mehrere Kirchen, Theater, Lyzeum, Se⸗
minar, Ackerbauſchule, Banken, Mühlen, Ziegeleien und Brennereien und iſt auch Biſchofsſitz.
Die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere: Die Bevölkerung und Beſiedelung. 307
Ihr Handel, der meiſt in den Händen der Deutſchen liegt, hat einen Wert von 30—35 Millionen
Mark, da ein Teil des Getreides aus dem Araukanerland über Concepcion verſchifft wird.
In Conſtitucion (7000 Einwohner), das ein Lyzeum beſitzt, wird die Induſtrie durch
Sägemühlen vertreten; ſonſt treibt man Obſtbau und führt Getreide, Mehl, Fleiſch, Holz
und Fiſchereierzeugniſſe aus. Außerdem iſt Conſtitucion Seebad; als Handelsſtadt leidet
es unter der Barre des Rio Maule. Der Hauptort der Provinz Maule, Cauquenes, eine
der wenigen Anſiedelungen in der Küſtenkordillere, darf nicht mit dem Badeorte Cauquenes
am Cachapoal verwechſelt werden.
Nuble und Linares mit den Hauptſtädten Chillan (34000) und Linares (11000
Einwohner), von denen Chillan mit einem deutſchen Lehrerſeminar der Größe nach die ſechſte
Stadt Chiles iſt, leben von reichem Anbau an Getreide, Wein und Obſt, auch von Rinder—
und Pferdezucht, Holzausfuhr und enthalten Gerbereien, Brauereien, Mühlen; in Parral
(10000 Einwohner) beſteht eine Zuckerfabrik.
Die folgenden Provinzen Talca, Curico und Colchagua treiben Viehzucht und
Weizenbau, aber auch Bohnen-, Wein- und Obſtbau. Ihre Erzeugniſſe ſenden fie bereits
nach Valparaiſo, da ſie wohl ein Stück Küſte, an dieſer aber keine wichtigen Häfen beſitzen.
Die Stadt Talca iſt mit 40000 Einwohnern neuerdings gegen Concepcion zurückgeblieben,
droht aber Iquique zu überflügeln; fie führt Getreide, Wolle und Häute aus. Curicb hat
18000 Bewohner und bedeutenden Handel über den Planchonpaß nach Argentina, bejon-
ders Vieheinfuhr, während Colchaguas Hauptort San Fernando und auch Rengo Mittel-
punkte reicher Ackerbaugebiete, fetter Weiden und ergiebiger Bergwerksdiſtrikte, aber nur
kleine Wohnplätze von 7 8000 Einwohnern ſind. Die letzte Provinz O' Higgins wurde
erſt 1883 errichtet; ihr Hauptort Rancagua hat 10400 Einwohner. Größere Ortſchaften
können ſich hier wegen der Nähe der Landeshauptſtadt ſchon nicht mehr entwickeln.
Die beiden Provinzen Santiago und Valparaiſo nehmen eine beſondere Stellung
ein, da in ihnen die größten Städte des Landes liegen und der meiſte Handel ſowie die Regie
rungsgewalt vereinigt ſind; Santiago iſt vorwiegend Binnenprovinz, erſtreckt ſich jedoch auch
bis zum Meere, wogegen Valparaiſo nur das Küſtengebiet bis zur Küſtenkordillere umfaßt.
Odilometer Einwohner (1907) Dichte
Santig gs 1% 8. 14672 547000 37
Belper 2.2. 5059 300 000 59
Zuſammen: 19731 847000 42
Hiernach hätten die beiden Provinzen, die zuſammen ein Viertel der Einwohner Chiles be-
ſitzen, die bei weitem größte Volksdichte. Rechnet man aber die beiden Großſtädte Santiago
(333000) und Valparaiſo (190000) ab, ſo bleiben nur etwa 324000 Bewohner, und die
Dichte erhebt ſich mit 16,4 nicht über die der übrigen Längstalprovinzen. In der Tat iſt in
dieſen Provinzen die Dürre des nördlichen Chile oftmals ſchon fühlbar, die Rinder des Südens
werden hier durch Schafe und Ziegen erſetzt, und der Ackerbau iſt bereits weniger ergiebig,
während anderſeits der Bergbau noch nicht die Bedeutung hat wie im Norden.
Santiago, die Hauptſtadt der Republik, 1541 von Pedro de Valdivia angelegt, hat
ſich beſonders ſeit der Abſchüttelung der ſpaniſchen Herrſchaft gehoben. Durch zahlreiche
öffentliche Bauten, palaſtartige Gebäude, 20 Kirchen und das Hervortreten des chileniſchen
Elements in der Regierung und den höheren Geſellſchaftsklaſſen macht ſie den Eindruck einer
Reſidenz. Sie liegt in der Höhe von 569 m inmitten der weiten Ebene des chileniſchen
20*
308 Das gefaltete Land des Weſtens.
Längstales, wo Kaktushecken und Pappelalleen, Felder und Wieſen nur wenig Abwechſelung
bieten, und wird von dem Mapocho, einem Zufluß des Maipo, durchfloſſen, längs deſſen
eine an den Prado Madrids erinnernde große Alameda angelegt iſt. Von einem inmitten
der Häuſermaſſen ſich erhebenden Hügel Santa Lucia hat man einen guten Blick auf die aus
dem Grün der Gärten mit roten Ziegeldächern maleriſch ſich abhebende, ſchachbrettförmig
angelegte Stadt, auf die Ebene des Längstales und die mächtige Kordillere (Tafel 13, Ab⸗
bildung 3). Santiago iſt Sitz eines Erzbiſchofs, einer 1743 geſtifteten Univerſität, eines
Instituto pedagogico, einer Militärakademie und je einer Bergwerks-, Ackerbau- und Ge—
werbeſchule; auch hat es Sternwarte, naturhiſtoriſches und ethnographiſches Muſeum, Bo⸗
taniſchen und Zoologiſchen Garten, Bibliotheken und einen deutſchen wiſſenſchaftlichen
Verein. Handel, Wiſſenſchaft und Heerweſen haben zum Teil Deutſche in Händen, deren
Zahl in der Provinz 2000 unter 12000 Fremden, in der Stadt etwa 1000 beträgt.
Valparaiſo iſt im Gegenſatze zur Reſidenz-, Beamten- und Regierungsſtadt Santiago
eine reine Handelsſtadt: hier Vorwiegen der Chilenen, Ruhe und Reſidenzluft, Regierungs-
paläſte und öffentliche Amter, in Valparaiſo Anpaſſung der Eingeborenen an die Europäer
in Leben, Sitten und Anſchauungen, reges Treiben, Hafenbilder, Straßenlärm, überall
ſich zeigender Geſchäftsgeiſt, wenige öffentliche Gebäude und dieſe, wie das Zollhaus, meiſt
Handelszwecken dienend. Valparaiſo, d. h. Paradiestal, liegt, im Widerſpruch mit ſeinem
Namen, an den Gehängen ſteiler, rotbrauner, kahler Berge in unfruchtbarer Gegend um die
Bucht von Valparaiſo. Den weſtlichen Teil der Häuſermaſſe nimmt die Altſtadt El Puerto
ein, an der Bucht erhebt ſich der große Stadtteil El Almendral mit der ſüdlich vorliegenden
Vorſtadt Merced, im Oſten der Stadtteil El Baron. Die Oberſtadt und die Unterſtadt ſind
durch Aufzüge verbunden. Der befeſtigte Hafen hat ſchwimmende Docks, wird durch Hafen-
dämme geſchützt, iſt aber dem Nordwind derart ausgeſetzt, daß beſonders im Juli das Laden
und Löſchen oft unmöglich wird. Am Ufer entlang läuft die Eiſenbahn nach dem hübſchen
Villenort Via del Mar (26000 Einwohner), der erſten Station auf dem Wege nach San—
tiago, und auf der Höhe der Berge erheben ſich über der Stadt ebenfalls Villen. In Val—
paraiſo gibt es mancherlei induſtrielle Anlagen, namentlich Maſchinenfabriken, Wagenbau⸗
anſtalten, Zigarren- und Mineralwaſſerfabriken, Brennereien, Brauereien, Mühlen und
Zuckerraffinerien, dazu Werften und andere dem Schiffbau dienende Einrichtungen. 1820
hatte die Stadt erſt 2000 Einwohner, heute leben in ihr und ihren Vororten allein 12000
Fremde, darunter etwa 3000 Deutſche. 1906 wurde Valparaiſo durch das ſchwere Erdbeben
des 16. Auguſt zum Teil zerſtört, Santiago ſtark beſchädigt; in Valparaiſo wurde namentlich
der auf lockerem Boden ſtehende Stadtteil El Almendral faſt ganz umgeſtürzt und infolge-
deſſen durch Brand ganz vernichtet, iſt aber wieder aufgebaut worden. Im Norden der
Provinz liegt Quillota (12000 Einwohner).
Die beiden nördlichſten Provinzen Mittelchiles, Aconcagua und Coquimbo, bilden
mit ihrer zunehmenden Trockenzeit und infolgedeſſen abnehmendem Ackerbau den Übergang
zum Wüſtengebiet; nur der Bergbau nimmt zu.
OKilometer Einwohner (1907) Dichte
Heoncagua.. . . . 14210 133 000 9,3
Coquimbo .. . . . 34862 179000 5,1
Zuſammen: 49072 312 000 6,4
Die Volksdichte vermindert ſich von Süden nach Norden bei der Annäherung an die Wüſte
Tafel 13.
Mittlere Kordilleren.
ar] Os 144
..
J. Der vordere Horconesglefſcher am Cerro de los Almacenes (Aconcagua-Gruppe). Nach J. Habel, von K. Oenike. (Zu S. 295.)
Tafel 13.
Südliche und mittlere Kordilleren.
ra
2. Die Külte von Nordchile bei Tocopilla.
Nach Photographie von R.Lütgens in Hamburg. (Zu S. 316, 351 u. 344.)
3. Santiago de Chile, vom Cerro Santa Lucia geliehen. Dahinter die Kordillere.
nach Photographie von R. fütgens in Hamburg. (Zu S. 308.)
Die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere: Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. 309
ſehr ſtark. In Aconcagua iſt der Niederſchlag bereits ſo ſelten, daß neun Zehntel des Bodens
nicht bebaut werden können, während das letzte bei guter Bewäſſerung reiche Obſt- und
Getreideernten liefert; in Coquimbo finden ſich nur noch entlang den Waſſerläufen Luzerne⸗
felder und Fruchtgärten, in denen beſonders Roſinen (Elqui), Feigen und Pfirſiche gezogen
werden. Wohl aber beſitzt Aconcagua in den beiden Schienenwegen der Längsbahn und der
Transkontinentalbahn zwei wichtige Kulturförderungsmittel, Coquimbo aber reiche Minen,
Kupfer⸗ und Gold-, Silber- und Queckſilberminen. Die bekannteſten Kupferminen ſind die
von Tamaya, Ovalle, Higuera, ſilberreich iſt Condoriaco, das Queckſilber kommt von Puni⸗
taqui, Gold von Andacollo und Talinay, beſonders aber von Lampangui, früher auch von
Illapel. Der Erzreichtum hat zur Entſtehung von Eiſenbahnen nach den Häfen La Serena-
Coquimbo und Tongoi ſowie zur Anlage von Schmelz- und Hüttenwerken, namentlich in
Guayacan bei La Serena, Veranlaſſung gegeben. Die Siedelungen liegen, abgeſehen
von den Minen, meiſt in den Flußtälern. In Aconcagua hat San Felipe (10500 Ein-
wohner) lebhaften Handel über Santa Roſa de los Andes an der Transkontinentalbahn;
Llai Llai iſt Eiſenbahnknotenpunkt. In Coquimbo iſt der Hauptplatz die Doppelſtadt
La Serena (16000) -Coquimbo (12000, zuſammen alſo 28000 Einwohner), erſteres
ſauber, hübſch und freundlich, letzteres öde und häßlich. Der Hafen Tongoi hat nur 1550,
Illapel und Salamanca haben kaum 2500, Ovalle aber 6000 Bewohner.
d) Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe.
Chile iſt, wie kein anderes Land Südamerikas, ja der Erde, auf den Bergbau gegründet.
Würde man die aus dem Bergbau fließenden Einnahmen aus dem Staatshaushalt ſtreichen,
ſo wäre der Staat nicht mehr lebensfähig; denn die Ausfuhrzölle für Salpeter erhalten ihn
zu einem großen Teile. Heute werden acht Zehntel der Ausfuhr vom Bergbau geſtellt, kaum
ein Zehntel vom Ackerbau, der Reſt verteilt ſich unter Induſtrie und Viehzucht, der Wald
liefert faſt nichts dazu. Dennoch liegt der Schwerpunkt der Republik nicht in dem bergbau⸗
treibenden, aber ſehr ſchwach bewohnten wüſtenhaften Norden, ſondern in dem Ackerbau—
gebiet der Mitte, während der dritte Teil des Landes, die Waldwildnis des Südens, zurzeit
noch faſt unproduktiv und ohne Bedeutung iſt und die Viehzuchtdiſtrikte des äußerſten Südens
zu klein ſind, um ſtark in die Wagſchale zu fallen.
Der Bergbau beginnt, wenn man von den Kohlengruben des Südens abſieht, die
bei Lebü und Lota liegen, erſt nördlich von Valparaiſo. In Nordchile kann er zeitlich und
räumlich in mehrere Abſchnitte geteilt werden. Zeitlich, indem zuerſt Gold, dann Silber,
darauf Kupfer und ſchließlich Salpeter, Borax, Jod die größte Wichtigkeit erlangten. Räum—
lich, inſofern der Süden von Nordchile, beſonders Taltal und Copiapo, die Erze, der Norden,
namentlich Tarapaca, den Salpeter enthalten; einen ſehr großen Teil des Erzreichtums
beſtreitet auch die Puna. Die Goldminen wurden beſonders zur Inkazeit bearbeitet; aber
auch noch in ſpaniſcher Zeit, im 18. Jahrhundert, nahm Chile unter den golderzeugenden
Ländern die dritte Stelle ein mit einer Ausfuhr von 15000 kg Gold jährlich, während heute
die Goldwäſchen nicht mehr ſehr ergiebig ſind, obwohl die Ausfuhr von Gold aus Chile 1901
immer noch den Wert von 2,2 Millionen Mark hatte. Zu den merkwürdigſten Goldminen
gehören die von Andacollo in Coquimbo und vom Guanacoberge bei Taltal, und zu dieſen
ſind in Mittelchile neuerdings das Araukanergebiet, die Gegend von Carahue und Temuco,
die Küſte von Manillin und Carelmapo, die Inſel Chiloé und namentlich die Lager auf der
310 Das gefaltete Land des Weſtens.
Inſel Lenox vor Feuerland, die Goldbucht, Bahia del Oro, ferner Rio de Oro auf Feuerland
ſelbſt und die Bäche bei Punta Arenas getreten.
Als die Goldminen des Nordens nachzulaſſen begannen, kam die Silberförderung
auf, beſonders ſeit 1850. Die wichtigſten Silbergruben liegen bei Chanarcillo, Tres Puntas,
Huantajaya, Caracoles und Cachinal, öſtlich von Taltal, und enthalten in den Tiefen ſilber—
haltige Bleierze, Rotgülden und Silberglanz, in den höheren Teilen gediegenes Silber,
Chlor-, Brom- und Jodſilber. Im Jahre 1881 wurde für 1,2, 1885 für 7,5, 1900 für 13 Mil⸗
lionen Mark Silber ausgeführt. Nach Domeyko kommen Silbererze namentlich öſtlich der
ſogenannten Kontaktlinie, der Grenze zwiſchen den älteren Geſteinen der Küſte und den
Eruptivgebieten, vor. Chlorſilber, Bromſilber und Silberamalgam finden ſich in den Jura—
ſchichten bei Caracoles, Chaftarcillo, Tres Puntas, Ladrillos; Schwefel-, Antimon- und
Arſenverbindungen des Silbers ſind ebenfalls zahlreich vertreten. Nahe Iquique lag die
älteſte Silbermine Huantajaya, die beſonders von 1556 bis 1789 äußerſt ergiebig war und bis
dahin 720 Millionen Mark an Silberwert lieferte.
Auf die Silberzeit folgte etwa ſeit 1860 die Kupferperiode. Die Kupfererze lagern
meiſt in der Küſtenkordillere, nahe oder doch nicht weit vom Meere, in den Dioriten und
Syeniten und beſtehen in der Tiefe aus Kupferkies, in der Höhe aus oxydiſchen Erzen mit
etwas Goldgehalt, aber auch mit Silber, Blei, Zink, ſowie Schwefel-, Antimon- und Arjen-
verbindungen. Joſé Antonio Moreno eröffnete das Bergwerk El Cobre bei Taltal, dann
folgten Ojancos gegenüber Chatarcillo, ſpäter Freirina und Carrizal in Atacama, Higuera,
Brillador und Panulcillo bei Coquimbo, vor allem aber der 3 km lange Kupferberg Tamaya
bei Tongoi und endlich, 50 km von der Küſte entfernt, Punitaqui. In den 1860er Jahren
kamen aus Chile zwei Drittel allen Kupfers, das meiſt in Swanſea ausgeſchmolzen wurde:
1881 führte Chile für 25 Millionen Mark Kupfer aus, 1900 nur für 2, 1901 für 35,4, 1912
für 47 Millionen Mark.
Eiſen- und Manganerze ſind ſehr reichlich vorhanden, werden aber noch wenig
ausgebeutet; am reichſten ſcheinen die Atacama bei Totoralillo, die Gegend von Coquimbo
und Tarapacä zu ſein.
Kohlen ſind anſcheinend bereits den Araukanern bekannt geweſen, aber erſt Mitte
des 19. Jahrhunderts verwendete der Engländer Weelwright ſie zum Schmelzen des Silbers
und Kupfers der Atacama. Alsbald wurden die Gruben von Penco, Lota und Coronel in
Betrieb geſetzt, ſpäter diejenigen der Provinz Arauco, beſonders die von Tomé, Dichato,
Curanilähue, bei Lota, und es finden ſich Kohlen auch noch ſüdwärts bis Maullin und nord-
wärts bis Colchagua; ja auch an der Magalhäesſtraße hat man nahe Punta Arenas Kohlen
entdeckt. Während aber dieſe lignitiſcher Natur und wenig brauchbar ſind, können die tertiären
Braunkohlen von Lota, Lebu und Coronel zum Heizen der Schiffskeſſel verwendet werden.
Torf iſt auf Feuerland und den weſtpatagoniſchen Inſeln reichlich vorhanden, während die
wertvolle anthrazitiſche Steinkohle von Püquios bei Copiapd nur ein kleines Lager bildet.
Wichtiger aber als alles übrige iſt ſeit 1866 der Salpeter geworden, der 1879 den pazi-
fiſchen Krieg hervorrief. Die größten Salpeterlager (Tafel 14, Abbildung 2) ziehen ſich öſt—
lich von der Küſtenkordillere in dem Längstal der Pampa de Tamarugal oder Pampa de la
Paciencia und ſüdlich davon hin; die reichſten Lager liegen öſtlich von Iquique und Piſagua
ſowie bei Lagunas und Salinas. Abgebaut werden zurzeit nur die nördlich von Antofagaſta
gelegenen Salpeterlager, da die chileniſche Regierung, um einer Überproduktion vorzubeugen,
Die mittelchile niſch-argentiniſche Kordillere: Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. 311
die Erbauung von Eiſenbahnen in die ſüdlicheren Salpeterdiſtrikte bis vor kurzem verboten
hatte. Ochſenius vergleicht den erſten Eindruck der Salpeterſiedereien von Tarapaca auf
den Fremden mit dem, welchen eine durch Erdbeben zerſtörte mittelmäßige Fabrikſtadt ge-
währt, nahe deren Ruinen ſich proviſoriſche Nothütten und Haufen von Steinen, Lehm,
Aſche und Schmutz anhäufen. Heute gibt es gegen 100 mächtige Salpeterwerke, „Oficinas“,
deren Erzeugnis jo gut wie ganz ausgeführt wird. 1877 wurde zuerſt mit der Ausfuhr be-
gonnen, 1881 hatte ſie bereits einen Wert von 34,5, 1901 von 178 und 1912 gar von 447 Mil⸗
lionen Mark, 77,5 Prozent des Geſamtausfuhrwertes Chiles.
Neben dem Salpeter haben auch Borax und Jod eine Bedeutung erlangt. Boro—
natrokalzite finden ſich häufig in der Atacama, auch an den Salares der Puna; 1912 hatte
die Ausfuhr dieſes Stoffes einen Wert von 9,4 Millionen Mark. Etwas kleiner iſt der
Ausfuhrwert von Jod mit (1912) 8,2 Millionen Mark. Jod wird in etwa 30 Salpeter-
werken bereitet und beſonders von Iquique aus in den Handel gebracht, in dem es heute
nach Salpeter, Kupfer, Wolle und Borkalk die fünfte Stelle einnimmt. Endlich iſt auch die
Herſtellung von Kochſalz auf die Salpeterinduſtrie gegründet, während das übrige Salz
teils aus den Salares der Atacama, wie dem Salar Grande de Huanillos, teils aus den faſt
reinen Steinſalzbergen, den Cerros de la Sal, am Salar de Atacama ſtammt, aber auch
vielfach aus Salinen an der Küſte gewonnen wird. Endlich iſt Schwefel reichlich in den
alten Solfataren der Vulkane vorhanden.
Der Ackerbau beſchäftigt faſt zwei Dritteile der Bevölkerung Chiles, nämlich das
geſamte Volk auf dem Lande in Mittelchile. Infolge der großen Längenerſtreckung der
Republik ſind ſeine Erzeugniſſe aber recht verſchiedenartig. Im Norden kann ſo gut wie kein
Ackerbau getrieben werden, außer an den ſpärlichen Waſſerläufen und mittels künſtlicher
Bewäſſerung; hier wird faſt nur die wichtige Futterpflanze Alfalfa (Luzerne) angebaut,
dazu in den Gärten ſubtropiſches Obſt. Im äußerſten Süden geſtattet anderſeits das kühle
Klima nur den Anbau von Hafer und Gerſte ſowie von Kartoffeln, von denen Chiloé
ungefähr die Hälfte aller in Chile wachſenden liefert. In Valdivia baut man Hafer, Gerſte,
Roggen und auch ſchon Weizen, aber die Ernten leiden unter den Herbſtregen und unter
Nebeln. Das günſtigſte Gebiet für den Weizenbau ſind wohl die araukaniſchen Provinzen,
auch Nuble und Linares, alſo das Land zwiſchen 39 und 36°; denn nordwärts vom Rio Maule
muß ſchon künſtliche Bewäſſerung angewendet werden. Dennoch ſind für den Ackerbau
heute noch gerade die Provinzen die wichtigſten, welche künſtlicher Bewäſſerung bedürfen,
nämlich die zwiſchen dem Rio Maule und Coquimbo liegenden. Weizenfelder, Mais und die
Futterpflanze Alfalfa, auch die Zuckerrübe, Bohnen, die hauptſächliche Nahrung der
ärmeren Bevölkerung, ferner Erbſen, Kartoffeln und Tabak ſind die wichtigſten Kulturen,
dieſer, weil die niederen Klaſſen, auch die Frauen, beſtändig Zigarren rauchen. Sehr gut
gedeiht ferner Obſt; im Süden bilden die Apfelbäume geradezu Wälder, in Mittelchile
wachſen hauptſächlich ſubtropiſche Früchte, Orangen, Zitronen, Mandeln, Feigen, Pfirſiche
und Oliven ſowie Walnüſſe und Beerenfrüchte. Zuckerrohr wird aus Peru eingeführt und
zu Zucker verarbeitet. Beſonders weit verbreitet und einträglich iſt der Anbau des Wein—
ſtockes, und zwar abſeits vom kühlen Meere, ſüdwärts etwa bis 38% (Arauco). Zur Aus—
fuhr gelangen aber von allen Erzeugniſſen des Ackerbaues in größeren Mengen nur Hafer,
Weizen, Bohnen und Gerſte, 1912 im Werte von 3,6, 2,6, 2,5 und 1,6 Millionen Mark.
Die Viehzucht ſteuert zur Ausfuhr nur ein Produkt von Bedeutung bei, die Wolle,
312 Das gefaltete Land des Weſtens.
1912 im Werte von 12,8 Millionen Mark. Sie kommt aus der Gegend um Punta Arenas
und vom Feuerland, alſo aus dem patagoniſchen Hochland, und zum Teil aus den andinen
Längstälern, wo ſich im Anſchluß an die argentiniſche Wollſchafzucht große, mit vielen
Tauſenden von Schafen beſetzte Eſtancias gebildet haben. Auch in Chiloé wird noch Schaf—
zucht getrieben, in Valdivia und Llanquihue aber Schweine- und ſchon Rinderzucht. Dieſe
gedeiht beſonders im Araukanerland und im Längstal zwiſchen Talca und San Felipe,
und hier iſt auch das Gebiet der wertvollen Pferde und Maultiere. In Aconcagua und
Coquimbo bilden Ziegen, Eſel und Maultiere den Hauptteil des Viehſtandes, im Wüſten—
gebiet des Nordens iſt die Viehzucht überhaupt äußerſt gering. Wichtig iſt ferner die Ge—
flügel- und die Bienenzucht, dieſe beſonders im Süden, und um 1900 waren Honig und
Wachs ſowie Schinken und Häute ſogar Ausfuhrartikel.
Auf der Viehzucht beruht die Induſtrie, inſofern Leder, 1912 im Werte von 8,15
ſowie Fleiſch, 1912 für 5 Millionen Mark, ausgeführt wird; auch werden Schuhwaren und
Tuche im Lande hergeſtellt. Der Ackerbau gibt der Induſtrie Anlaß zur Herſtellung von Mehl
in großen Mühlen, die 1912 auch für 1,2 Million Mark zur Ausfuhr brachten, ſowie von
Kleie, 1912 für 2 Millionen Mark. Im übrigen werden in den Städten jetzt viele Induſtrie—
artikel, wie Ol, Seifen, Kerzen, Dochte, Parfümerien, Zigaretten, auch Wagen und Möbel,
Sattelzeug, Stricke, in ſehr großen Bierbrauereien Bier, ferner Zucker und Ziegel hergeſtellt.
Im Süden hat der Holzreichtum große Sägemühlen entſtehen laſſen, und als Hausinduſtrie
betreibt die Landbevölkerung Weberei, Töpferei, Flechterei. Außerordentlich wichtig ſind
endlich im Bergbaugebiet die Schmelzwerke und Hüttenbetriebe der verſchiedenſten Art,
und auch die Salinen verdienen Erwähnung.
Die Waldwirtſchaft könnte wegen des großen Waldreichtums Südchiles eine wichtige
Rolle ſpielen, da Bolivia, Peru und Nordchile ſelbſt äußerſt arm an Holz ſind, aber man
hat erſt vor kurzem auf dem Feſtlande gegenüber Chiloé Holzfällerſiedelungen angelegt;
ausgeführt werden an Waldprodukten außer wenigem Holz nur die Colihué-Rohre, die zum
Färben dienenden Früchte des Algarobillo, die zur Wollwäſche benutzte Quillorinde und
Avellanonüſſe (1912 für 1,9 Million Mark). Ebenſo beſchränkt ſich die Fiſcherei trotz der
4000 km langen Küſte auf geringe Mengen von Fiſchen, Seehundfellen und Tran, dieſer
1912 im Werte von 1,2 Million Mark.
Der Handel hat, mit Unterbrechung durch die Periode der Revolution gegen Balma—
ceda um 1890, im ganzen einen regelmäßigen Aufſchwung genommen, wenn auch die ſtarken
Rüſtungen gegen Argentina und wirtſchaftliche Kriſen ſeinen Fortſchritt verlangſamt haben.
1889, vor den erwähnten Störungen, hatte er einen Wert von etwa 260 Millionen Mark,
der ſich zu gleichen Teilen auf Ausfuhr und Einfuhr erſtreckte; 1901 betrug der Geſamtumſatz
476 Millionen Mark, davon 263 in der Ausfuhr, und für 1912 wird er auf 1069 Millionen
Mark angegeben. Davon kamen auf die Ausfuhr 557, auf die Einfuhr 512 Millionen Mark.
Die Einfuhr beſteht hauptſächlich aus Baumwoll-, Woll- und Seidenwaren, Steinkohlen,
Maſchinen, Zucker, Vieh, Petroleum, Schienen, Tee, Mate, Mehl, Eiſen, Holz, Ol, Garn, Reis,
Talg, Stahl, Stearin und Wein. Daran nahmen folgende Länder (in Prozenten der Geſamt—
einfuhr) teil: Großbritannien (31,6), Deutſchland (27), Vereinigte Staaten (13,7), Frankreich
(5,9), Peru (4), Argentina (3,4), Belgien (2,5), Italien (2,4), Auſtralien (2,4), Britiſch-Indien
(2,7), ferner Spanien, Braſilien, Uruguay, Ecuador, in ſehr geringem Maße auch Bolivia.
Die Ausfuhr beſteht von jeher hauptſächlich aus Bergwerksprodukten. Schon 1889
Die mittelchileniſch-argentiniſche Kordillere: Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. 313
fielen auf dieſe 89,6, 1901: 91 und 1912: 88 Prozent. Unter den Erzeugniſſen des Bergbaues
ſteht wieder der Salpeter an allererſter, völlig beherrſchender Stelle, nämlich mit 1889: 51,
1901: 70, 1911: 77,5 Prozent. Die übrigen Erzeugniſſe des Bergbaues haben größere Ver-
änderungen erfahren; 1888 waren es Kupfer, Silber, Steinkohlen und Gold, 1901 Kupfer,
Silber, Jod, Gold und Borkalk, 1912 Kupfer, Borkalk und Jod. Der Ackerbau hat keine
größere Wichtigkeit für die Ausfuhr; während er nämlich 1888: 8,6 Prozent derſelben beſtritt,
fiel fein Anteil 1912 auf 1,9 Prozent. Hafer, Weizen, Bohnen und Gerſte ſetzen die Acker-
bauerzeugniſſe zuſammen. Endlich tragen auch die Viehzucht mit Wolle und die Induſtrie
mit Fleiſch, Mehl, Leder und Kleie ihren Teil zur Ausfuhr bei. 1912 war die Reihenfolge
der Ausfuhrgegenſtände (in Millionen Mark) wie folgt: Salpeter (447), Kupfer (47), Wolle
(12,8), Borkalk (9,4), Jod (8,2), Leder (8,15), Fleiſch (5), Hafer (3,6), Weizen (2,6), Bohnen (2,5),
Kleie (2), Nüſſe (1,9), Gerſte (1,6), Mehl (1,2) und Tran (1,2). Die Ausfuhr ging 1912, in Pro—
zenten der Geſamtausfuhr, nach: Großbritannien (40,0), Deutſchland (20,4), den Vereinigten
Staaten (18) und Frankreich (5,5), zuſammen 83,9 Prozent, ferner nach Belgien, den Nieder-
landen, Uruguay, Braſilien, Spanien, Argentinien, Agypten, Japan, Peru, Bolivia, Italien.
Die Schiffahrt iſt lebhaft: 1912 verkehrten in den chileniſchen Häfen etwa 14800
Schiffe mit 26,5 Millionen Tonnen Gehalt, darunter ungefähr 13700 Dampfer mit 25 Mil-
lionen Tonnen. Gegen 1889 hat der Tonnengehalt der Schiffe um 15 Millionen zugenommen
(150 Prozent), die Zahl derſelben aber nur um 3400 (30 Prozent). Die größte Schiffahrts⸗
geſellſchaft in Chile iſt die britiſche Pacifie Steam Navigation Company, neben der
die chileniſche Compania Sudamericana de Vapores eine Bedeutung namentlich für
die Küſtenſchiffahrt gewonnen hat. Ferner werden die chileniſchen Häfen von der deutſchen
Kosmoslinie regelmäßig angelaufen. Die wichtigſten Häfen für die Dampfſchiffahrt
ſind außer Valparaiſo Punta Arenas als Stützpunkt aller Europadampfer, ferner Coronel,
Talcahuano für Eoncepeion und Corral für Valdivia, im Norden Coquimbo, Antofagaſta und
Iquique, für die Segelſchiffahrt, auch der großen Fünfmaſter der Hamburger Laeiſz-Linie,
aber die Salpeterhäfen Iquique, Piſagua, Tocopilla, Caleta Buena, Taltal, während Cobija
und Mejillones ganz zurückgegangen find; Mejillones ſoll aber jetzt ausgebaut werden. Ein
wichtiger Hafen iſt ferner Lota wegen der benachbarten Kohlengruben, und vermutlich wird
das ſeit dem Kriege mit Peru ſehr vernachläſſigte Arica durch die Eröffnung der Bahn nach
La Paz erneute Wichtigkeit erlangen. Sehr gering dagegen iſt die Binnenſchiffahrt, da ſich die
chileniſchen Flüſſe wegen ihres ſtarken Gefälles für ſie wenig eignen. Von den Seen werden
nur der Lago de Llanquihue und der See Todos los Santos mit kleinen Dampfern befahren.
An Verkehrswegen auf dem Lande beſtanden in Chile anfangs nur einfache
Pfade für Fußgänger. Nach der Einführung der Reittiere durch die Spanier wurden
Saumpfade für Reit- und Laſttiere angelegt, die nun auch heute noch in den weniger
bewohnten Teilen des Landes allgemein ſind. Oft ſind ſie nur, wie Martin ſagt, Reihen
von Hufſpuren und werden nur hier und da von den gröberen Geröllen geſäubert, welche die
Platzregen in ihnen abzulagern pflegen. Vielfach ſind ſie auch von Wühlmäuſen, Cururos,
untergraben und dann für die Reit- und Laſttiere gefährlich. Im ſüdlichen Waldgebiet be-
ſtehen dieſe Saumpfade häufig aus Knüppeldämmen, die mit Steinen, Kies, Sand, Erde
beworfen werden. Die Flüſſe überſchreitet man auf ihnen entweder mittels primitiver
Brücken oder auf Fährbooten, zum Teil auch in flachen, an Drahtſeilen laufenden Fähren,
Chatas. Im trockenen Norden führen dieſe Saumpfade durch die Kieswüſte, entlang an
314 Das gefaltete Land des Weſtens.
Salzſümpfen unterhalb der hohen Vulkane. An verkehrsreicheren Kordillerenpäſſen werden
an verſchiedenen Stellen Raſtplätze mit Waſſer, Weide und Holzvorräten eingerichtet.
Im ganzen ſchmal, werden die Saumpfade, Caminos de tropa, allmählich zu Straßen
ausgebaut und dienen dann nicht nur dem Viehtransport, ſondern auch dem Wagenverkehr.
Auf ihnen bewegen ſich zweiräderige Ochſenkarren, Carretas, Einſpänner, Birloches, größere
Kutſchen und Reiter. Über die Kordillere führen ſie oft in endloſen Serpentinen an ſchwin—
delnden Abgründen vorüber, wie die bis 1910 ſehr häufig benutzte Straße über die Cumbre
de Uſpallata; auf ihr verkehrten kleine, mit Segeltuchdach beſpannte Wagen zu vier Per-
ſonen, jeder von vier Maultieren gezogen, während das Gepäck zwiſchen den Endſtationen
der Querbahn auf Maultieren oft im Galopp befördert wurde.
An die Stelle der Poſtſtraßen ſind allmählich Eiſenbahnen getreten. Die erſte wurde
1852 erbaut und war eine Grubenbahn, von Caldera nach Copiapd. Erſt 1863 wurde die
großartige Gebirgsbahn zwiſchen den beiden Hauptſtädten Santiago und Valparaiſo eröffnet.
Von Santiago aus bot nun das große Längstal einen günſtigen Boden für Eiſenbahnbau,
und es entſtand der ſüdliche Zweig der großen chileniſchen Längsbahnz; dieſe er—
reichte ſchon 1868 Curicd und 1879 Angol, aber erſt 1889 Pitrufquen ſüdlich von Temuco
und erſt 1901 Oſorno, da anfangs die Kämpfe im Araukanerland, ſpäter die wirtſchaftliche
Lage den Fortſchritt verlangſamten, und erſt 1913 Puerto Montt. Von dieſer Längsbahn
gehen Zweigbahnen aus nach Traiguen, nach den Kohlenfeldern von Lebu und Cafnete,
nach Concepeion und Cauquenes. Eine weitere Abzweigung führt von Llai Llai nach
Santa Roſa de los Andes; dieſe wurde bis zum Jahre 1909 bis Caracoles weitergebaut
und nach Eröffnung des großen Tunnels 1910 mit der argentiniſchen Endſtation Las Cuevas
der transandinen Bahn verbunden.
Der nördliche Zweig der großen Längsbahn iſt 1913 bis Piſagua fertiggeſtellt.
Zunächſt iſt La Serena an die Bahn Valparaiſo-Santiago bei Calera angeſchloſſen worden,
und es kam nun darauf an, die Endpunkte der von der Küſte ausgehenden kleinen Stich—
bahnen, vielfach Privatbahnen, miteinander zu verbinden. Da dieſe Nordbahn die Ausläufer
der Kordillere oftmals zu queren hat, weil das Längstal im Norden weniger zuſammen⸗
hängend entwickelt iſt, ſo war ihre Erbauung mühſam, und man hat daher auch ihr, wie der
andinen Querbahn, eine Spurweite von nur einem Meter gegeben. Anderſeits erleichterte
die Exiſtenz vieler kleiner Stichbahnen, wie Caldera -Copiapö, Chanaral-Salado, Taltal-
Cachinal, Tocopilla-El Toco, Iquique-Noria-Lagunas, den Bau inſofern, als von mehreren
Punkten aus gleichzeitig gebaut werden konnte. 1892 iſt ferner die Bahn Antofagaſta—
Ascotan-Oruro ins Leben getreten, die rund 400 km weit in Chile verläuft, und endlich iſt
1912 noch die von einer engliſchen Geſellſchaft gebaute Bahn Arica-La Paz eröffnet worden,
von der etwa 150 km auf chileniſches Gebiet entfallen.
Chile hat daher 1913: 8500 km Eiſenbahnen gegen 4643 im Jahre 1900. Auch das
Telegraphenneg iſt von etwa 20000 im letztgenannten Jahre auf 36000 im Jahre 1913
geſtiegen. Das an der Weſtküſte entlanglaufende Kabel iſt von Valparaiſo nach Süden
bis Chiloé weitergelegt worden, und die drahtloſe Telegraphie beginnt ebenfalls ſich ein-
zubürgern. Dagegen fehlt noch eine Kabelverbindung mit Punta Arenas.
Die mittleren Kordilleren. 315
II. Die mittleren Kordilleren.
Allgemeines. In ihren mittleren Teilen, etwa zwiſchen 33 und 16°, ſchwellen
die Anden zu großer Breite an, ohne deshalb ihre Höhe zu vermindern (val. das unten—
ſtehende Profil). Zwiſchen Arica und Santa Cruz de la Sierra, unter 18°, erreicht ihre
Breite 800 km, nimmt aber von hier nach Norden und Süden ab. Zugleich ändert ſich nach
Norden hin die Achſenrichtung des Gebirges, ſie wird nordweſtlich. Zwiſchen 72 und 740
vermindert ſich die Breite auf 500 km, und auch nach Süden hin nimmt ſie ab, auf 650 km
in der Polhöhe von Jujuy (24°), auf 450 km in der von Coquimbo. Dieſe letztere Vermin⸗
derung iſt aber nur ſcheinbar, denn hier erheben ſich noch weit in die Pampa hinein kurze, mit
der Kordillere nicht zuſammenhängende, aber augenſcheinlich deren Fortſetzung bildende
Züge, wie die Sierras de la Huerta, de Malanzan, de Cördoba und andere; ſie ſind wohl
Ausläufer und zerſplitterte Fortſetzungen der Oſtkordillere von Bolivia. Jedenfalls beſtehen
ſie aus Schichten desſelben Alters.
Damit tritt, im Gegenſatz zu dem ſüdlichen Abſchnitt der Anden, ein neuer Faktor
auf, eine zunächſt zerſplitterte,
; Misti S aa ) 6617 Trinidad.
dann etwa von 290 an gejchlof- eden bed ge Auf case inniet0s Ei
Alto de Toledo : Ze 2094 i Rio Manor:
jene öſtliche ältere Kette aus c enen Aregaipa 230} wurden See be ö woscepa mou Aachue
vorwiegend paläozoiſchen Ge— 6000 1 i : i
ſteinen. Sie iſt der weſtlichen 55 RN
Kette an Höhe und Großartig- ET D
keit ebenbürtig oder überlegen welt |
und ſchließt mit ihr eine breitere Querprofil über die ere anna Hochbecken von Bolivia,
Erhebung ein, die ſchon im Sü—
den von Mendoza, vielleicht ſchon am Atuel, angedeutet, aber klarer erſt weſtlich von San
Juan (320) zu erkennen iſt, dann aber zwiſchen 28 und 15° den geſamten Gebirgsbau be—
herrſcht. Daher kann man in dieſen Gebieten eine Weſtkordillere, der vielfach noch die
Küſtenkordillere vorliegt, eine Oſtkordillere und die von Eduard Sueß ſo genannte innere
Altiplanicie unterſcheiden.
Das den ſüdlichen Anden fremde Element der Oſtketten erweiſt ſich bei der geologiſchen
Unterſuchung in der Tat auch innerlich als ein den Kordilleren fremdes Glied. Die
argentiniſchen und die oſtbolivianiſchen Ketten zeigen nämlich die charakteriſtiſche Schichten—
folge des mittleren und nördlichen Braſilien. Dort erlöſchen mit dem Karbon alle Meeres—
bildungen, und ſie beginnen erſt wieder mit der oberen Kreide; die dazwiſchen gelegenen
Perioden haben nur Landbildungen mit Floren, die denen Braſiliens und des Gondwana—
gebietes (Südafrika, Indien) gleichen. Aber auch das zwiſchen der Weſtkordillere und den
Oſtketten gelegene Hochland oder die Altiplanicie enthält noch die Schichtenfolge Braſiliens.
Somit ſind dieſe beiden letzteren Abteilungen der heutigen Kordillere Teile der bra—
ſiliſchen Maſſe, die nach Eduard Sueß von der gegen Oſten gerichteten andinen Faltung
überwältigt ſind; dieſer Vorgang ließ aber gegen Süden an Macht nach und erſtarb ſüd—
lich von Mendoza. Daher ſind die zerſplitterten Gebirgszüge zwiſchen 33 und 28° nicht
mehr mit der Weſtkordillere zuſammengeſchweißt worden, ſondern iſoliert, und das innere
Hochland iſt auf ſchmale Streifen beſchränkt, überdies auf den Weſten, der dem Ausgangs-
punkt der Faltung am nächſten lag. Die Zuſammenſetzung der Oſtkordillere und der
316 Das gefaltete Land des Weſtens.
Altiplanicie iſt alſo braſiliſch, die Faltung andin. Eine derartige Beeinfluſſung des Vorlandes
eines Faltengebirges durch die Faltung ſteht bisher einzig da. Wie weit dieſe Einflüſſe nach
Norden reichen, iſt nicht bekannt, die Hochkordillere von Bolivia endet jedenfalls etwa unter
13°, aber auch am Madeira und Beni zwiſchen 9 und 11° iſt das Streichen der alten Fels—
arten noch das andine. Lange Brüche und Horſte charakteriſieren den Süden zwiſchen 22
und 340, und noch unter dem 65. Meridian machen die Gebirge den Eindruck, als ob ſie von
Weſten nach Oſten über eine unſichtbare ältere Maſſe hinübergeſchoben ſeien.
Demgegenüber ſetzen die Weſtkordillere und die Küſtenkordillere den Typus der
ſüdlichen Anden fort, auch inſofern, als die Weſtkordillere im Gegenſatz zu der Oſtkordillere
noch Vulkane, darunter eine Reihe tätiger, trägt, von denen einige unter 24° und 66%“
noch auf die Altiplanicie übergreifen.
Jedenfalls rechtfertigt die erörterte Übereinſtimmung zwiſchen geologiſcher Zuſammen—
ſetzung, tektoniſcher Gleichartigkeit und orographiſcher Anordnung die Abgrenzung der mitt—
leren Kordilleren als eines beſonderen Abſchnittes, mit den Grenzen etwa in der Breite
von Mendoza und im Meridian von Arequipa.
1. Das Land.
Zur weiteren Gliederung kann man die mittleren Kordilleren in zwei Abſchnitte
teilen, einen ſüdlichen und einen nördlichen, deren Grenze zwiſchen 26 und 27 liegt. Im ſüd—
lichen tritt die Oſtkordillere in Form zerſplitterter Züge auf, die Altiplanicie iſt noch nicht
voll ausgebildet, und die Trockenheit herrſcht auf beiden Seiten des Gebirges. Etwa von
261,9 an wird die Altiplanicie geſchloſſen, die Oſtkordillere entwickelt ſich zu einem einheit—
lichen, zuſammenhängenden Gebirge, und die Trockenheit iſt auf den Weſten beſchränkt.
a) Der ſüdliche Abſchnitt.
Schon im ſüdlichen Abſchnitt laſſen ſich die Küſtenkordillere, die Weſtkordillere, die
Altiplanicie und die Oſtkordillere unterſcheiden.
Die Küſtenkordillere iſt nicht mehr ſo deutlich von der Weſtkordillere getrennt wie
in Mittelchile, aber ſie iſt doch noch gut erkennbar, zumal da ſie überall aus archäiſchen Schie—
fern und alten Eruptivgeſteinen beſteht. Dieſe ſetzen noch Berge von 1000—1800 m Höhe
zuſammen; bei La Serena erreicht der Cerro Paipaz 1700, nördlich von Illapel der Cerro
Blanco 1500 m. Grau, fahl und ziegelrot ſind ihre Farben, ihre Talwände ſind ſelten flach,
die Talſohle meiſt ſandig und vegetationsarm; in den höheren Teilen iſt die ganze Kordillere
eine große Geröllwüſte. Die Küſte ſelbſt iſt bereits bei Coquimbo ſehr öde, die gelblichen
Gehänge werden von Schluchten durchſchnitten und ſind nur ſelten noch von ſpärlichen
niedrigen Sträuchern bekleidet, wovon die Abbildung 2 auf Tafel 13 eine gute Vorſtellung
gibt. Von Flüſſen bemerkt man im Süden noch den Rio Choapa bei Illapel, den Limari
bei Ovalle und den von Coquimbo und La Serena, Elqui; dann aber wird die Bewäſſerung
ſpärlicher, wenn auch der Rio del Huasco bei Vallenar und der Rio de Copiapd noch ziemlich
viel Waſſer führen. Endlich hören gerade in der Breite der Veräſtelung der Kordillere die
dauernden Waſſerläufe auf und machen Trockenbetten Platz; auch der Rio Copiapo ver⸗
ſchwindet infolge der Entnahme ſeines Waſſers zu Bewäſſerungsanlagen in Sümpfen, und
ſelbſt der Huasco, deſſen Fluten für gewöhnlich das Meer erreichen, trocknet in den heißen
Monaten bisweilen aus.
Die mittleren Kordilleren: Das Land, ſüdlicher Abſchnitt. 317
Die Weſtkordillere beſteht im weſentlichen aus meſozoiſchen Sandſteinen, Kalken
und Mergeln von rätiſchem bis kretazeiſchem Alter ſowie aus großen Mengen von Eruptiv-
geſteinen, Dioriten, Dioritporphyriten, Melaphyren, Olivindiabaſen, Porphyriten mit ihren
Mandelſteinen, wozu ſich Augit- und Hornblende⸗Andeſite, Baſalte, Obſidiane, Perlite, Bims⸗
ſtein ſamt ſehr ausgedehnten Tuffablagerungen geſellen. Überdies finden ſich junge Grano-
diorite, ſo daß die Weſtkordillere hier dieſelbe Zuſammenſetzung hat wie in Bolivia, Peru und
Ecuador. Sie erreicht trotz der Denudation auch jetzt noch Gipfel von 6000-7000 m: der
Aconcagua hat 7000, der Mercedario 6800 m, der Cerro del Cobre 5580, der Cerro del Azufre
bei Copiapd 6000 m Höhe. Auch die Päſſe liegen hoch: die Cumbre de Uſpallata 3760, der
Boquete de Valle Hermoſo 3565, der Portillo de Azufre 3645, der Portillo de Valle Hermoſo
4112, der Portillo del Viento 4282 und der Portillo de las Vacas heladas, der Paß der erfro—
renen Kühe, 4670 m. Die Päſſe werden alſo nach Norden hin etwa bis 2815° höher, von wo
an ſie wieder an Höhe abnehmen, wie der oft begangene Paſo de las Flechas mit 4150 m,
der Paſo de la Peña Negra mit 4078 und der Portillo Come Caballos mit 4350 m.
Landſchaftlich iſt das Gebirge in der Höhe ein großes Schuttfeld. Auf der chile—
niſchen Seite leuchtet oftmals das Hochrot des Porphyrs in die engen dunklen Cajones
(Kaſten), die trümmerüberſchütteten Täler, hinab, deren Böden oft von den Gebirgswäſſern
durchfurcht oder von Gerölle jo überdeckt werden, daß Ackerbau und Viehweiden nicht auf-
kommen, während auf der Höhe hellblaue Lagunen zwiſchen leuchtenden Schneefeldern aus
Eiskränzen aufblinken und Schneegipfel ſich emportürmen. Nach Argentina zu folgen
wieder Schuttfelder und Trümmerhalden, aber die Färbung iſt anders, und die vulkaniſche
Natur des Gebirges tritt mehr zurück: grellfarbige Sandſteinmaſſen bilden ſcharfe Gegenſätze
gegen die ſchwarzen Laven, eine ſpärliche Vegetation erzeugt Gelb und Grün auf den roten
und weißen Talböden, und der Abfall iſt ſanfter, die Täler ſind flacher und weiter. Die Ver⸗
gletſcherung nimmt vom Aconcagua nordwärts raſch ab; in 28½ trägt der ſchneeerfüllte
Krater des Vulkans El Potro den letzten Gletſcher. Die Eiszeit freilich hat auch noch darüber
hinaus ihre Spuren hinterlaſſen (vgl. die Karte auf ©. 64), und der Büßerſchnee, Nieve
penitente (Tafel 12, Abbildung 4), findet ſich häufig.
Gleich am Aconcagua teilt ſich die Weſtkordillere in zwei Aſte, die eine Reihe von Hoch⸗
becken, die Vorläufer der Altiplanicie, einſchließen. Der weſtliche Aſt, die eigentliche Haupt⸗
kordillere, trägt als höchſten Gipfel den gewaltigen Mercedario, mit 6800 m einen Neben-
buhler des Aconcagua. Zwiſchen den Kordillerenäſten liegt die von Brackebuſch ſo genannte
Inka⸗Ebene. Sie iſt mit Schotter bedeckt, enthält einzelne iſolierte Höhen und wird nur
durch die Ströme ſo weit angeſchnitten, daß das Grundgeſtein, Granit, Quarzporphyr,
paläozoiſche und meſozoiſche Sedimente, bloßgelegt wird. Die in ihr verlaufenden Flüſſe
ſind der obere Rio de los Patos, der Calingaſta, der Caſtaño, der Palca, der San Guillermo
und der Rio Blanco, ſämtlich Quellflüſſe des Rio San Juan; zur Ausbildung eines Längs⸗
fluſſes kommt es nicht. Brackebuſch hält die in der Inka⸗-Ebene vorhandenen Schottermaſſen
für Grundmoränenreſte. Auch heute noch hängen Gletſcher an den Ausgängen der Quer-
täler des Blanco⸗Jachal und Caſtaño⸗San Juan nach Oſten hinab, wo ſie Veranlaſſung zur
Eroſion dieſer Schluchten gegeben haben. Die Höhe des Hochtales iſt im äußerſten Süden
3200 m, Lagunen ſind häufig, z. B. an den Quellbächen des Rio de los Patos, und Hochwieſen
liegen unterhalb der mächtigen Schneeberge. Überall findet ſich friſches Waſſer, reichliches
Viehfutter und Holz, auch reiche Jagd auf Vicufias und Huanacos, Enten und Wildgänſe.
318 Das gefaltete Land des Weſtens.
Der öſtliche Aſt der Kordillere beſteht meiſt aus Granit, Porphyr, Tonſchiefer und
Hornfels und hat zwar nicht jo hohe Gipfel wie der weſtliche, aber höhere Kämme. Vom
Aconcagua ziehen nordwärts die Cordilleras del Tigre, Anſilta und Totora zum 6000 m
hohen Cerro Manrique weſtlich von Calingaſta. Zwiſchen dem Rio Caſtaßio und dem Rio
Blanco erſcheinen Gipfel von 4500 bis gegen 6000 m, und nördlich derſelben erhebt ſich der
mächtige Gebirgsſtock des Cerro Bonete mit dem Nevado del Veladero und dem Nevado
Gallina Muerta ebenfalls zu ungefähr 6000 m Höhe, endlich nahe 27° der Nevado de San
Francisco. Gewaltig hohe Päſſe führen nach Oſten hinab: im Süden erreicht der Eſpinazito⸗
paß 4444, unter 29½ der Paſo del Fierro mit großartigſter Ausſicht 4700 m, der Paſo
de la Brea 4250, der Paſo del Eſtanzuelo 4150 m; am niedrigſten iſt der Ollitapaß mit 3900 m
Höhe. Über den Eſpinazitopaß ging bisher viel Vieh nach Chile, und über den Eſtanzuelo
führt die oft begangene Straße von Tinogaſta nach Copiapd. Landſchaftlich it die Kor⸗
dillere hier meiſt ſehr öde, aber farbenreich. Schnee liegt auf den meiſten Päſſen, wenngleich
in ſehr ungleicher Menge in den verſchiedenen Jahren, dann folgen abwärts kahle, öde und
nackte Felswände und abgerundete, oft noch kahle Gipfel; mächtige Sandberge und Sand—
maſſen reichen in die Täler hinab, zum Teil von roſtroter Farbe, und nur ſelten bemerkt man
einen verkümmerten Buſch oder eine Alpenmatte. So wenigſtens ſchildert H. Burmeiſter
die Landſchaft um den Cerro Bonete, der allerdings der Atacama bereits nahe liegt.
Vulkane ſind in der Weſtkordillere ſehr ſelten. Hauthal nennt zwar in ſeiner Auf—
zählung der Vulkane des ſüdlichen Südamerika zwiſchen 29 und 28° die Cerros Fierro (5000),
Flecha (5750), El Potro (6000) und Fandango (5000 m), aber ſie ſind anſcheinend nur ver-
einzelte Erſcheinungen, und tätige fehlen ganz; denn mit dem nördlichſten der ſüdlichen Reihe,
dem Mercedario, endet die mittelchileniſche Reihe, und auch die großen Baſaltdecken des
Oſtens hören am Rio Diamante (34°) auf.
Die Oſtkordillere. An den Hauptzug der Weſtkordillere ſcharen ſich bereits bei
Mendoza von Oſten her kleinere Züge, die nach Stappenbeck aus unterſiluriſchen Kalken
und Dolomiten, mitteldevoniſchen Grauwacken, Tonſchiefern, Sandſteinen und Konglome⸗
raten ſowie aus marinem Oberkarbon und aus Landablagerungen, meiſt weißen, grauen,
beſonders aber roten Arkoſen, Sandſteinen und Konglomeraten, darüber aus Kreide und
Tertiär und endlich aus Quarzporphyren, Diabaſen, Porphyriten, Andeſiten und Daziten
beſtehen. Sie können daher ſchon der Oſtkordillere zugerechnet werden, gehen aber unter
dem Namen „Vorkordilleren“ oder „Präkordilleren“. Ihre Höhe beträgt faſt 4000 m,
aber Schnee tragen ſie nicht dauernd.
Im Oſten der Tiefenlinie Mendoza-San Juan Vinchina folgen jedoch teilweiſe ſehr
mächtige Gebirge. Stelzner hat ſie „Pampine Sierren“ genannt, faßt ſie als Ausläufer
der Kordillere von Salta auf und bemerkt, daß ſie von Süden nach Norden höher und ge—
ſchloſſener werden; in der Tat nimmt ihre Höhe in dieſer Richtung von 1000 und 2000 bis
zu 6000 m zu. Die öſtlichen, aus der Pampa aufragenden Sierren, wie die von Cördoba,
von Ancaſte und Ambato, beſtehen faſt ausſchließlich aus Gneis und archäiſchen Schiefern,
während die den Anden näher liegenden, wie die Famatina, die Sierra de la Huerta, be-
deutende Auflagerungen von paläozoiſchen Tonſchiefern und rätiſchen Sandſteinen tragen.
Gegen Oſten treten alſo die älteren, gegen Weſten die jüngeren Geſteine auf, ganz wie im
Andenſyſtem überhaupt, aber auch Tertiär kommt hier und da auf den Höhen und in den
Flußtälern vor. Eigentümlich iſt es, daß der Weſtabhang faſt überall mauerförmig ſteile
Die mittleren Kordilleren: Das Land, ſüdlicher Abſchnitt. 319
Abſtürze, der Oſtabfall ſtaffelförmig gegliederte Stufen hat; die Schichtenſtellung iſt ſteil,
wobei zuweilen Eruptivgeſteine, namentlich Trachyt und Baſalt, die älteren Felsarten durch⸗
brechen. Da die weſtlichen Sierren meiſt an Waſſermangel leiden, ſo haben ſie häufig nur
kümmerlichen Pflanzenwuchs, wogegen ſich auf den öſtlichen hochandine Pflanzen aus⸗
breiten. Alle dieſe Sierren ſind freie Kordillerenäſte, die im Weſten von langen Brüchen
und Gräben begrenzt werden; doch durchſetzen auch Querbrüche die meiſt nördlich bis nord-
nordweſtlich, auch nordnordöſtlich ſtreichenden Falten. Sie ſind, wie bereits ausgeführt,
aufgefaltete Teile der braſiliſchen Maſſe.
Die öſtlichſte dieſer Sierras iſt die Sierra de Cördoba (Tafel 14, Abbildung J).
Sie bildet drei parallele, meridional ſtreichende Ketten von ungleicher Länge. Die öſtliche
heißt Sierra del Campo und iſt 1000 m hoch, nimmt weiter im Norden den Namen Sierra
Chica oder Sierra de Ischilin an und erreicht hier 1700 m Höhe. Unter 300 ſüdl. Breite
löſt ſie ſich in niedrige Granitkuppen auf, heißt aber weiter im Norden wiederum Sierra
de Quilino und iſt hier in der Tat ein Gebirge. Die mittlere Kette, Sierra de Achala, iſt bis
40 km breit und höher als die vorhergehende, erreicht im Cerro de los Gigantes und im Cerro
Champaqui je 2350 m, erſtreckt jich im Süden bis 34 25° und bricht im Norden bei Cruz del
Eje plötzlich ab. Die weſtliche Kette, Sierra Cerezuela oder Puela, auch de Pocho genannt,
hat etwa die Breite und Höhe der öſtlichen; nur einige Trachytgipfel erreichen 1900 m. Die
Sierra de Cördoba beſteht großenteils aus Granit und Gneis, ferner aus vorkambriſchen
Hornblendeſchiefern, Kieſelſchiefern und kriſtallinen Kalkſteinen, auch aus Tonſchiefer, Quarz⸗
porphyr, Trachyt und Baſalt. Morphologiſch unterſcheidet G. Rovereto eine präpaläozoiſche
Rumpflläche in 1800, zwei paläozoiſche in 1800 —1600 und 1250-950 m und eine meſozoiſche
in 750—600 m. Auch beſtanden zwei jetzt faſt abgetragene Vulkane bei El Pueblito und El
Salto. An wertvollen Mineralien ſind Spinell, Granat, Titanit, Turmalin bekannt, ferner
ſchöner weißer, blaßroter oder durch Serpentin grünlich gefärbter Marmor. An die Trachyt—
gänge iſt das Vorkommen von Edelmetallen gebunden, doch wird zurzeit wenig davon abgebaut.
Durch ein waſſerarmes Tal wird die Sierra de Cördoba von der Sierra de San Luis
getrennt. Dieſe zieht ebenfalls meridional, erreicht im Cerro Tomalaſta 2117 m Höhe, etwa
1400-1500 m über der Hochebene, iſt waſſerarm, ziemlich kahl und öde. Sie beſteht eben-
falls aus Gneis und bildet mit der Sierra de Ulapes und der Sierra de los Llanos eine einzige
große Gneiswelle, die zwiſchen den großen Salzwüſten von La Rioja nordwärts zieht und
anſcheinend in die Sierra de Ambato oder die Sierra de Velasco übergeht.
Oſtlich von San Juan erhebt ſich die Sierra de la Huerta am Oſtufer des Rio Ber⸗
mejo zu 2500 m Höhe. Sie iſt ſo trocken, daß nur kleine Bäche zur Regenzeit den Oſtabhang
bewäſſern, während der Weſtabhang ganz waſſerlos iſt, weshalb ſie wie die ihr vorgelagerte
Sierra Pie del Palo nicht einmal für Viehzucht verwendbar iſt. Nach einer Lücke von 1350 m
Höhe folgt auf die Sierra de la Huerta die mächtige Sierra Famatina, der bedeutendſte
aller zerſplitterten Züge der Oſtkordillere. Sie erreicht im Nevado de Famatina 6020 m Höhe,
womit ſie ſogar die Gipfel der Weſtkordillere überragt, und zeichnet ſich durch mannigfaltigere
Zuſammenſetzung, ſcharfe Faltung, größere orographiſche Gliederung und Erzreichtum aus.
Die Kammhöhe des nur 50 km breiten Gebirges beträgt 4000 —5000 m, fo daß die Fama⸗
tina mit ihren ſteilen Gehängen einen großartigen Eindruck macht. Ihre vielzackigen rötlichen
Felſenmaſſen tragen mehrere beſtändige Schneefelder, während alle Flanken bis 4000 m
abwärts mit ungeheuren Schuttmaſſen bedeckt ſind, die ſich ſtundenweit über den Tälern
320 Das gefaltete Land des Weſtens.
hinziehen; erſt unterhalb von 4000 m beginnt Graswuchs, dem Strauchwerk folgt, aber Wald
findet ſich nur in den Tälern von 2000 m Höhe abwärts.
Vor der Sierra Famatina erhebt ſich im Oſten der 4000 m hohe, gerade, ſchwarzgraue
Kamm der Sierra Velasco mit Steilabfall nach Weſten, der überhaupt für die Gebirge
weſtlich von La Rioja bezeichnend iſt. Sie ſcheint Beziehungen zu den hohen Ketten zu haben,
die ſich unter 67° an die Sierra Gulumpaja anſchließen. Auch hier ſind die Gebirgsflanken
noch in mächtige Schutthalden gehüllt, und Hochgebirgsdünen, die in die mittleren Höhen
hinabreichen, erfüllen das Campo del Arenal, Sandfeld (2600 m), zwiſchen den Sierras Gu—
lumpaja und Aconquija. Aus der Umlagerung dieſer Dünen entwickeln ſich die von Stelzner
ſo genannten Sandgletſcher, indem Fallwinde in die Täler hinab den Sand wehen, der, weiß
und in Wellen gelagert, Gletſchern und Firnfeldern täuſchend ähnelt; vielfach vorhandene
Dreikanter beweiſen die Beteiligung des Windes.
Auf die Sierra de Cördoba folgt die Sierra de Ancaſte. Sie bildet mit der Sierra
de Ambato und der Sierra de Aconquija ein weiteres Syſtem von Kordilleren, das
ſich bis öſtlich von Salta erſtreckt, hier als ein der dortigen öſtlichen Andenrandkette vor—
gelagertes Gebirge. Ihre Höhe iſt aber bedeutender als die der ſüdlichen Fortſetzungen dieſer
Züge, da die ſchneebedeckte Sierra de Aconquija im Nevado de Aconquija 4650 m erreicht.
Das ſchottererfüllte Tal von Catamarca ſcheidet die Sierra de Ancaſte von der Sierra de Am—
bato, die in den Cerros Ambato und Machado gipfelt und ein hohes, ſteiles, bebuſchtes Ge—
birge mit zackigem Kamm iſt, neben dem im Weſten die ſüdlichſten Ausläufer der Sierra
de Aconquija mit der für dieſe bezeichnenden fleiſchroten Färbung hervortreten.
Die Hochebenen. Zwiſchen der Hauptkordillere und den verſchiedenen Präkordilleren
erſtrecken ſich als Anfänge der Altiplanicie die innerargentiniſchen Hochebenen. Für
ihre Höhen ſind die Ortſchaften bezeichnend: La Rioja hat 540, San Juan 660, Mendoza
707, San Luis 569 m Höhe. Am öſtlichen Rande nimmt die Seehöhe ab, wie Cördoba mit
390, Frias mit 344, Tucuman mit 450m Höhe beweiſen. Als Einſenkungen inmitten der Hoch—
ebenen können die Gebiete der Pampa de las Salinas mit 350 m und der Salinas Grandes
mit nur 196 m Höhe gelten, und dieſe niedrigſten Teile der Hochebenen waren in der Tat noch
vor nicht allzu langer geologiſcher Zeit Meerbuſen.
Wir haben alſo eine faſt treppenförmige Abdachung nach Oſten und einen mehrfachen
Wechſel zwiſchen meiſt kahlen Gebirgen und wüſtenhaften, waſſerarmen Hochebenen, die
nicht ſelten das Gepräge von Salzwüſten, Salinas, annehmen. Sie liegen über einem
Untergrund von roten, gelben oder blauen Tonen oder Mergeln, unter denen häufig wieder
Süßwaſſer erſcheint; der Untergrund iſt waſſerundurchläſſig und hält nach dem Verdunſten
des Waſſers das Salz feſt. Daher iſt denn auch ihr Anblick verſchieden, je nachdem es geregnet
hat oder Trockenheit herrſcht. In erſterem Falle ſtellt die Saline (nach Stelzner) einen un⸗
geheueren Schlammſumpf dar, „auf dem ſich hier und da weite ſeichte Waſſerflächen aus—
breiten. In ſolchen Zeiten iſt die Saline gänzlich unpaſſierbar, und die Züge von Fracht⸗
karren, die ſie etwa überſchreiten ſollen, müſſen am Rande liegenbleiben.“ In der Trockenzeit
erſcheint dagegen die Saline als ein Rieſenfeld aus einem ebenen, harten, lehmig-ſandigen
Boden, auf dem ſich beim Austrocknen raſch allenthalben Salze entwickeln. Die Salina Grandes
haben nicht weniger als 8500 qkm Flächenraum, ſind alſo größer als das Großherzogtum
Heſſen, die Pampa de las Salinas etwa 5000 qkm, eine dritte Saline bedeckt weite Strecken
zwiſchen den Sierras Ambato und Velasco, ſüdlich von Andalgala. L. Brackebuſch erklärt die
Die mittleren Kordilleren: Das Land, nördlicher Abſchnitt. 321
Salzwüſten daraus, daß Flöze alten Steinſalzes von den Gewäſſern der Kordillere aufgelöſt
und talabwärts geführt wurden, wo ſie dann in Binnenſeen allmählich eintrockneten.
Eine zweite Eigentümlichkeit der inneren argentiniſchen Hochebenen find die Médanos
und Arenales: Flugſandbildungen, Dünen und Sandfelder, die auch noch hoch im Gebirge
vorkommen und in ihrem Zentrum ſowie an den Rändern meiſt kleine Waſſertümpel ent⸗
halten. „Kahl und nackt“, ſagt Stelzner, „breitet der Sand ſich aus, und das einzige, was
auf größeren Sandflächen das Auge des Reiſenden zu feſſeln vermag, ſind die durch Gegen—
ſtrömungen in der Atmoſphäre erzeugten Staubſäulen.“ Die Dünen entſtehen teils durch die
Abtragung der Schutthalden des Hochgebirges, teils infolge von Abwehung der Hochlands—
dünen unter dem Einfluß großer Trockenheit und der Heftigkeit der von den Kordilleren ſich
herabſtürzenden Fallwinde, und ihre Oberfläche befindet ſich in beſtändiger Bewegung. Die
Medanos find am ausgedehnteſten im äußerſten Süden nahe dem Colorado, im Flußgebiete
des Atuel und Diamante und in der Travejia Grande del Tunuyan, kommen aber auch im
Norden noch zahlreich vor und wandern ſeewärts. Ein langgeſtrecktes Sandfeld liegt öſtlich
von San Juan zu beiden Seiten des Rio Bermejo, kleinere findet man zwiſchen dem letzteren
und dem 67. Grade weſtl. Länge und öſtlich und nördlich von La Rioja, auch greifen kleine
Einſprenglinge in die ſüdlichen Teile der Pampa ſüdlich des Rio Cuarto über. Wo ſie in
größerer Zahl auftreten, kann man dreiſt von einer Sandwüſte ſprechen.
Inmitten dieſer ſterilen Gegenden verlaufen die Flüſſe aus dem Hochgebirge zur Ebene,
verſiegen aber meiſt bald in der Sandwüſte, wie der Rio de San Juan, der Bach von La Rioja
und der Fluß von Catamarca, und nur wenige haben einen längeren Lauf. Meiſt verlieren
ſie ihr Waſſer in der Trockenzeit faſt ganz, ſchwellen dagegen zur Regenzeit an; wohl aber
ſchaffen ſie mit ihrem Waſſer, gleich den ſpaniſchen Huertas, Oaſen in der Wüſte, in denen
eine üppige Fülle von Nutzpflanzen gedeiht und verſteckte Anſiedelungen liegen.
p) Der nördliche Abſchnitt.
Der nördliche Abſchnitt der mittleren Kordilleren beginnt etwa bei 27°, da, wo die Dit-
kordillere geſchloſſen auftritt und zugleich die Altiplanicie zwiſchen ihr und der Weſtkordillere
zuerſt vollkommen ausgebildet iſt. Die Oſtkordillere beſteht hier aus zahlreichen meridio—
nalen Ketten, die von Süden nach Norden nebeneinander herziehen und im allgemeinen an
Höhe und Breite zunehmen; letztere beträgt bei Salta 200, bei Cochabamba aber 400 km, ſo
daß die allmähliche Verbreiterung des Gebirges faſt allein auf Rechnung der Oſtkordillere zu
ſetzen iſt. Im Norden von Cochabamba ſcheinen die einzelnen Züge der Oſtkordillere unter
das Flachland hinabzutauchen; denn wenn auch die Karten hier eine einzige äquatorial lau—
fende Kette zeigen, jo laſſen die wie zwiſchen den Zinken einer Gabel aus der Kordillere hervor-
quellenden Zuflüſſe des Mamoré darauf ſchließen, daß hier die abgebrochenen Enden der von
Süden kommenden öſtlichen Glieder der Oſtkordillere vorliegen. Die mächtigere Entwickelung
der Oſtkordillere läßt dieſe daher auch als das größere Gebirge erſcheinen, ja die Weſtkordillere
hat vielfach ſo wenig Gebirgscharakter, daß R. A. Philippi ſogar an einigen Stellen der
Weſtſeite die Exiſtenz einer Kordillerenkette leugnet. Im allgemeinen aber iſt die Weſt—
kordillere wegen der ihr aufgeſetzten Vulkane höher, beſonders im Süden, während in Bolivia
die Oſtkordillere zwiſchen Cochabamba und Azängaro ebenfalls zu gewaltigen Höhen an—
ſchwillt und hier ſogar höher iſt als die Weſtkordillere.
Im übrigen hat das Geſamtgebirge gemeinſame Züge, die es von den ſüdlicher
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 21
322 Das gefaltete Land des Weſtens.
liegenden Kordilleren abheben: große Breite des inneren Hochlandes, Abflußloſigkeit und
Bedeckung des Inneren mit Seen, Waſſertümpeln, Lagunen, Salzſümpfen und Salzſteppen.
Da auch die Höhe den Baumwuchs hindert, jo iſt das Innere der Kordillere eine vollkommene
Wüſte, und nicht minder der ganze Weſten ſamt der Küſte, wo faſt völliger Regenmangel
herrſcht und nur ein einziger anſehnlicher Fluß, der Loa, das Meer erreicht. Demgegenüber
verdankt die Oſtkordillere dem Südoſtpaſſat reichliche Bewäſſerung und kräftigere Vegetation.
Zahlreiche Flüſſe durchbrechen die Ketten und fließen hinab zum Salado, Bermejo-Teuco,
Pilcomayo und Mamore, und üppige Bergwälder erklimmen die Gehänge des Gebirges,
an denen die Nutzpflanzen der Subtropen und Tropen in reicher Fülle angebaut werden.
Vergleicht man alſo dieſen Abſchnitt der Kordilleren mit Mittelchile, ſo ergibt ſich eine faſt
gänzliche Umkehrung der Verhältniſſe. Die früher wenigſtens noch leidlich bewäſſerte Küſte
wird waſſerlos, der bisher ſterile, trockene, mit Schutthalden überladene Oſten erhält Bewäſſe—
rung und Waldvegetation, die rutenförmig ausſtrahlenden Gebirgszüge verſchwinden, und
die Kordilleren bilden ein geſchloſſenes Gewölbe.
Die Oſtkordillere. Die Gebirgszüge der Oſtkordillere werden aus altkriſtallinen
und paläozoiſchen Schiefern ſowie aus älteren Graniten gebildet, zu denen ſich nach Oſten hin
meſozoiſche Schichten geſellen. Sie ſind teilweiſe großartig und wild, erreichen meiſt 2000 bis
3000 m nahe dem Oſtrande, 4000-6000 m nach dem Inneren zu, ſtreichen in nördlicher bis
nordnordöſtlicher Richtung und führen viele Lokalnamen, aber keine gemeinſame Benennung.
Nördlich der Aconquija zwingt die Sierra del Cajon (über 5000 m Höhe) den Oberlauf des
Rio Santa Maria zum weiten Ausbiegen nach Süden; weſtlich von Jujuy ſteigen die Nevados
de Chai und der Cerro Tres Cruces zu mehr als 6000 m empor und ſetzen ſich in der Sierra
de Aguilar fort. Weſtlich von Oran erhebt ſich die Sierra de Zenta, nahe der bolivianiſchen
Grenze die Sierra de Santa Victoria zu mehr als 4500 m Höhe. Größere Höhen erreichen
die mächtigen Nevados de Cachi und de Acay mit 6000 m, aus deren hufeiſenförmigem Schnee-
und Geröllgebiet der zweite Quellfluß des Juramento, der durch das Calchaqui-Tal fließende
Guachipas, quillt. Rieſige Felſenmaſſen, zerklüftete und zerriſſene, anſcheinend regellos auf—
getürmte, kuliſſenartig vortretende Gebirge erfüllen hier alles Land zwiſchen 66 und 64°.
Die Päſſe, hier bereits Abras, Offnungen, genannt, find 3700—4500 m hoch und im ganzen
gut gangbar; zwiſchen 27 und 220 unterſcheidet Brackebuſch 28 Paßübergänge, von denen die
meiſten über 4000 m Höhe haben. Die bekannteſten ſind die Abra de la Cortadera unter 250
mit 4300 m und die Abra de los Pedernales unter 26° mit 4400 m Höhe; erſtere führt von
Cafayate und Molinos über Lurucatao auf die Puna unterhalb des Nevado de Cachi, letztere
ebenfalls aus den Calchaquitälern nach Antofagaſta de la Sierra.
Meiſt ſind dieſe Päſſe im Sommer ſchneefrei, doch ſind die Gebirge früher ſtärker ver—
gletſchert geweſen. Steinmann, Hauthal und Franz Kühn haben in den Jahren 1905—11
erkannt, daß die Täler in ihren oberen Teilen glazial erweitert ſind; ſie haben uns Moränen
in mächtigen Maſſen, Blockbeſtreuung, Talſtufen, Kare und fluvioglaziale Geröllmaſſen kennen
gelehrt, die zum Teil der älteren Eiszeit zugehören, aber auch der jüngſtvergangenen zuzu⸗
rechnen find. An der Abra de las Peñas Blancas beginnt die glaziale Beeinfluſſung der Tal-
form in 4500 m Höhe, am Nevado de Cachi (6000 m) ſchon in 3000 m. Heute hat dieſer Schnee-
berg keinen Gletſcher mehr, der Nevado de Paſtos Grandes (6000 m) zwei Schneefelder.
Alle Flüſſe der argentinischen Kordillere ziehen öſtlich der Hauptkette in langen, nord-
nordöſtlich gerichteten Längstälern im Streichen der Kordilleren und durchbrechen dieſe darin
Die mittleren Kordilleren: Das Land, nördlicher Abſchnitt. 323
meiſt in kurzen Quertälern, fo daß fie in ſpitzen Winkeln aufeinandertreffen und ungeheure
Schlingen bilden. So fließt der vom Cerro Cajon kommende Quellfluß des Juramento,
Santa Maria, in ſcharfem Knie um dieſen Gebirgsſtock, der Rio San Carlos, ein zweiter
Quellfluß, um die Ausläufer der Nevados de Acay herum, und zwiſchen dieſen und den Ne—
vados de Chani gliedert ſich dem Syſtem des Juramento ein dritter Fluß an, der nahe bei
Salta vorbeifließt; erſt nach deſſen Aufnahme durchbricht der Juramento die Randkordillere.
Faſt noch deutlicher zeigen ſich dieſe hydrographiſchen Eigentümlichkeiten in der Provinz
Jujuy an dem Rio Grande de Jujuy. Dieſer entſpringt an der Abra de la Cortadera in nahezu
4000 m Höhe, fließt in langem Längstal ſüdwärts über Jujuy hinaus bis in die Gegend von
Santa Roſa, nimmt dann einen von Weſten kommenden, aber wieder ein nordnordöſtlich
gerichtetes Längstal bildenden Fluß, Lavayen, auf und ſtrömt in deſſen Richtung bis unter—
halb von Oran weiter. Dort fließt ihm abermals ein von Nordnordoſten kommender, bei
Tarija in Bolivia entſtehender Fluß, der Bermejo, entgegen, jo daß ein ausgedehntes Längs—
tal von Salta bis Tarija reicht.
Die Bewäſſerung des bolivianiſchen Teiles der Oſtkordillere iſt weniger charak—
teriſtiſch als die des argentiniſchen. Sie gliedert ſich zu zwei hydrographiſchen Gebieten, dem
des Pilcomayo und dem des Mamore, zwiſchen denen die Waſſerſcheide bei Sucre liegt. Der
Pilcomayo zerfällt wiederum in zwei große Quellgebiete: im Süden zieht der Pilayä das
Waſſer aus der Gegend zwiſchen dem Despoblado de Jujuy und Potoſi, im Norden ent—
wäſſert der eigentliche Pilcomayo die Landſchaft zwiſchen Potoſi und Sucre. Die ſüdlichſten
Quellbäche des Pilaya wieder ſind der Yavi und der Rio San Juan, während feine weſt—
lichſten Quellen an den Nevados de Lipez und an den Serranias de Chichas liegen, woher der
Cotagaita kommt. Nach der unterhalb Camargo erfolgenden Vereinigung dieſer Quellflüſſe
heißt der große ſüdliche Arm Camblaya, dann Bilaya, als welcher er in 500 m Höhe nahe dem
Kordillerenrande in den eigentlichen Pilcomayo mündet. Dieſer entſteht in der hohen Oſtkor—
dillere am Cerro Aſanaque und entwäſſert die Gebirge öſtlich der Laguna de Pampa Aullagas
nach Oſten hin. Bei all dieſen Flußläufen iſt zwar eine ſo ſcharfe Abhängigkeit von der Streich—
richtung der Gebirge wie in Argentina nicht erkennbar, immerhin aber halten der Yavi, der
San Juan und viele Zuflüſſe des Tumusla eine nordöſtliche, andere, wie der obere San Juan
und der Pilcomayo, eine ſüdöſtliche Richtung ein. Auch die Zuflüſſe des Mamoré haben dieſe
Richtungen, beſonders der Acero und der Mizque. Der Mamor« entſpringt am Cerro Aſa—
naque mitten in Bolivia, zieht aber auch aus der Cordillera Real nördlich von Cochabamba
Waſſer, namentlich vermittelſt des Rio Mizque, und durchbricht die Randketten bei Cabezas.
Hier zieht die Kordillere unzweifelhaft in nördlicher Richtung, da ſonſt keine Durch—
brüche durch die Randkette nötig wären, ſondern die Flüſſe in Längstälern das Gebirge
verlaſſen würden. Überhaupt darf man wohl annehmen, daß auch die bolivianiſche Oſt—
kordillere dieſelbe Streichrichtung hat wie die argentiniſche, denn eine Ausnahme würde
für einen den Anden angehörigen Gebirgsteil ſehr auffallend ſein. Dabei iſt aber zu beachten,
daß wir über die Gebirge von Bolivia ſehr wenig unterrichtet ſind, weshalb es ſchwieriger
iſt, zur Klarheit zu kommen als in Salta und Jujuy. Für den meridionalen Verlauf der Oſt—
kordillere auch in Bolivia ſpricht die Erniedrigung des Landes; denn die wenigen ſicheren
Höhenzahlen, wie Sucre 2694 m, Totora 2643 m, Cochabamba 2560 m, Tarija 1770 m,
beweiſen, daß von einer Ausdehnung des inneren Hochlandes nach Oſten keine Rede ſein kann,
ſondern vielmehr ein ziemlich raſcher, vermutlich ſtufenweiſer Abfall nach Oſten vorliegt.
N
324 Das gefaltete Land des Weſtens.
Dagegen erſtreckt ſich das hohe Despoblado de Jujuy offenbar auch über Bolivia in Form eines
ſchmalen, welligen Hochlandes weiter in der Richtung nach Potoſi, ſo daß hier ein Nebengebiet
des hohen inneren Gewölberückens, der Altiplanicie, jedoch mit Abfluß nach Oſten, entſteht.
Potoſi ſelbſt liegt noch 3160 m hoch, und der Silberberg von Potoſi erreicht ſchon 4688 m;
ebenſo hat Chayanta noch eine Höhe von 3612 m, wie die benachbarte Puna von Poopod.
Die Kordillere von Cochabamba bildet die Waſſerſcheide zwiſchen dem Rio Grande
und den gegen Norden ſtrömenden Flüſſen Yapacani, Chimoré und Chaparé. Sie beſteht
großenteils aus ſiluriſchen Schichten, ſcheint Höhen bis zu 5000 m zu erreichen und wird
zwiſchen San Antonio und Cochabamba in einem 3900 m hohen Paſſe überſchritten. Der
Südabhang fällt langſam zur Hochebene ab, wogegen der Nordabfall äußerſt ſteil und von
vielen tiefen Querſchluchten durchzogen iſt. Wie ſich nun dieſe Randkette zu den übrigen Oſt—
kordilleren verhält, iſt noch nicht bekannt, doch darf man vermuten, daß ſie nur die nördlichen
Ausläufer der nebeneinander nordwärts ziehenden Oſtkordilleren darſtellt, Ausläufer, die von
Weſten nach Oſten niedriger werden, gleichwie die Kordilleren ſelbſt von Weſten nach Oſten
an Höhe abnehmen. Die hohen Berge bei Cochabamba wären dann nur die nördlichen Aus—
läufer der Sierra de Aguilar und der Berge öſtlich von Potoſi, die Berge bei Santa Cruz die
der Sierra de las Miſiones. An ihrem Nordgehänge trägt die Kordillere die Quellen der
Rios Piray, Yapacani, Chimoré, Chaparé und Secure, der großen ſüdlichen Zuflüſſe des
Mamoré. Die Faltung iſt in dieſen Oſtkordilleren offenbar ſehr mächtig geweſen; namentlich
ſind die öſtlichen Randketten durch Wildheit der landſchaftlichen Bilder, gewaltige Felsformen
und außerordentlich ſteil gefaltete Schichten ausgezeichnet: gleich großen Waſſerwogen, die
im Begriffe ſind, ſich zu überſtürzen, folgen einander die einzelnen Faltenzüge.
Auch in Bolivia werden die Oſtkordilleren im Weſten durch mächtige, hohe Gebirge ab—
geſchloſſen, die ebenfalls den argentiniſchen Sierras de Acay, Cachi und Cajon ähnlich ſind.
Sie beſtehen auch hier im weſentlichen aus kriſtalliniſchen Schiefern, Gneis, Granit und alten
Eruptivgeſteinen und tragen eine Reihe von iſolierten Bergen, welche die weſtliche Puna von
dem öſtlich ſich ausdehnenden Gebiete der zum Pilcomayo und Madeira ſich entwäſſernden
Oſtkordilleren ſcheiden. Einige von ihnen erſcheinen als wirkliche Gebirgsketten, wie die
Serrania de Chichas, die im Chorolque 5624 m erreicht. Für dieſe öſtlichen Teile der
Kordillere von Bolivia iſt das Auftreten von Lakkolithen und Batholithen bezeichnend, und
ein ſolcher iſt nach Hauthal auch der Chorolque, eine andeſitiſche Quellkuppe, die etwa
600— 700 m aus der paläozoiſchen Umgebung herausragt. Der Chorolque zeigt ferner deut—
liche Spuren ſtarker früherer Vereiſung, indem ausgedehnte Moränen nach Südoſten und
Norden bis etwa 4100 m hinabreichen und Blockbeſtreuung bis 3600 m erkennbar iſt. Auch
iſt der Chorolque reich an Zinn- und Silbererzen, während der Tasna, ein ebenfalls bis
4200 m abwärts glaziale Züge tragender, aus paläozoiſchen Tonſchiefern und roten Sand—
ſteinen beſtehender Berg, der Sitz des Bergbaues auf Wismut iſt.
Beſonders ſtark vergletſchert war nach Steinmann und Hoek auch die Umgebung der
Stadt Potoſi; überall quollen Gletſcher in die Täler hinein, und die Sierra de Andacaba bei
der gleichnamigen Mine iſt geradezu das Modell einer glazialen Landſchaft, mit Lagunen
in Felsbecken, Rundhöckern und konzentriſchen Moränenwällen.
Weſtlich von Cochabamba erhebt ſich zwiſchen den Quellflüſſen des Mamoré und des
Beni der durch dieſe herausgeſchnittene Gebirgsſtock von Tunari (5200 m), in deſſen
Schluchten dauernd Schnee liegt, und der in der Eiszeit ebenfalls vergletſchert geweſen iſt.
Die mittleren Kordilleren: Das Land, nördlicher Abſchnitt. 325
Nun beginnt die eigentliche Cordillera Real, die „Hauptkordillere“ (Tafel 14, Ab⸗
bildung 3). Sie erſtreckt ſich von 18 bis 14° und hat, entſprechend der Beugung des Streichens
in der Breite von Arica, nordweſtliche Richtung. Nach der Stadt La Paz heißt ſie in ihrem
Kern auch Cordillera de la Paz und beſteht hier aus paläozoiſchen, beſonders ſiluriſchen
und devoniſchen Schiefern, zwiſchen denen wieder Lakkolithe oder Batholithe erſcheinen. Dieſe
ſind granitiſcher Natur und haben die umliegenden Sedimente durchbrochen und ſtark ver-
ändert, ſo daß mächtige Kontakthöfe entſtanden ſind. In dieſer Weiſe gebaut ſind die höchſten
Gipfel der Kette, im Oſten das gewaltige Maſſiv von Quimſa Cruz, ferner die Zoraberge
bei Palca, aber auch der Jlimani (6405 m), der Caca Aca oder Huaina Potoſi (6270 m)
und der höchſte Gipfel von allen, der Illampu oder Nevado de Sorata (6617 und 6560 m),
vielleicht auch der Chachacomani (6320 m) und der Condoriri (6000-6100 m), während der
Mururata (6000 m) nach Hauthal ſchon durch ſeine Form andere Entſtehungsweiſe zeigt. Da
er nämlich aus paläozoiſchen, kaum gefalteten Sedimenten beſteht, jo iſt er eine plumpe Wajje;
die großen Lakkolithe dagegen haben die Geſtalt von Domen, Kuppeln, Türmen oder Spitzen.
Die Schneegrenze liegt an der Cordillera Real noch immer in mehr als 5000 m,
aber während der Eiszeit war die Vergletſcherung allgemein, und auch heute noch hängen
von den gewaltigen Bergrieſen mächtige Gletſcher herab; gelegentlich kommen auch flache
Plateaugletſcher vor, wie der bis 5000 m abwärts reichende Chacaltaya-Gletſcher. Auffallen-
derweiſe wird die Cordillera de la Paz von dem Rio de la Paz und dem Mapiri bei Sorata
vollſtändig durchbrochen, vermutlich wegen der größeren Waſſerkraft der nördlicheren, zum
Tiefland gehenden Flüſſe.
Nordweſtlich vom Sorata werden die Höhen geringer. In dem unpaſſenderweiſe
Knoten (Nudo) von Apolobamba genannten, im Coololo mit 5370 m Höhe gipfelnden Ab—
ſchnitte beginnt ein neues gewaltiges Schneegebirge, die Kette von Coololo, über die der
gleichnamige Paß den einzigen Übergang bildet, und deren Querrippen noch mit Schnee
bedeckt ſind. Aus ihr brechen die Quellflüſſe des Beni, der Mapiri und der Tuichi, hervor,
während die ſich anſchließende Kette, die ſogenannten Andes von Carabaya, mit etwa
5000—5500 m Höhe den Zuflüſſen des ſchon zum Madre de Dios fließenden Inambari das
Leben gibt. Ganz im Gegenſatz zu dem öden Südweſthang aller dieſer Gebirge ſteht der
großartig ſchöne Nordoſthang, deſſen gewaltige grünbelaubte Montata einen wundervollen
Vordergrund bildet. Man nennt die dem Tieflande zugeneigten Abhänge Yungas; ſie
erſcheinen, von oben geſehen, als eine endloſe, bläulichgrüne Tiefe, in der Bergrücken hinter
Bergrücken zur weithin in die Ferne ſich ausdehnenden Ebene hinabzieht. „Hier und da
blinken (nach Middendorf) in der grünen Fläche kurze Strecken und Windungen von Flüſſen,
deren Schimmer endlich im Dufte des Horizontes verſchwinden“, und reicher Anbau macht
die Landſchaft der Yungas um ſo lieblicher.
Die Altiplanicie. Der hohe Rücken der mittleren Kordilleren erſtreckt ſich zwiſchen
27 und 15° in einer mittleren Breite von 180 km und einer Höhe von 3700—4500 m zwiſchen
der Oſtkordillere und der Weſtkordillere. Wie auf Seite 315 bemerkt, bildet er auch in geo—
logiſcher Hinſicht den Übergang zwiſchen der rein andinen Weſtkordillere und der aus Ge—
ſteinen der braſiliſchen Maſſe beſtehenden Oſtkordillere. Im Oſten liegen altpaläozoiſche
Schiefer, im Weſten die roten Sandſteine, Porphyre und Konglomerate des Weſtens der
Weſtkordillere und in der Mitte, z. B. am Titicaca, gefalteter Kohlenkalk.
Orographiſch iſt die Altiplanicie aber keine reine Ebene, ſondern vielfach ein gewelltes,
326 Das gefaltete Land des Weſtens.
durch Waſſerläufe zerſchnittenes Land, klimatiſch iſt ſie Puna in ihrer ganzen Ausdehnung.
Da aber die Niederſchläge nach Norden hin zunehmen, jo kann man landſchaftlich, klimatiſch
und hydrographiſch einen ſüdlichen trockenen, waſſerloſen Teil, die Puna de Atacama,
unterſcheiden von einem nördlichen, mit Süßwaſſerbecken oder mit Salzſümpfen bedeckten,
der Puna de Bolivia. i
Die Puna de Atacama. Reiſt man von Jujuy nach Weiten hinüber, jo gelangt man
zuerſt auf das ſogenannte Despoblado de Jujuy. Dieſes 34004000 m hohe Land it
zurzeit zwar abflußlos, da der Rio de las Burras, der Eſelinnenfluß, in den mächtigen Salz⸗
ſümpfen der Salinas Grandes verſchwindet, aber früher gab dieſer Fluß ſein Waſſer viel—
leicht an den jetzt bei Moreno endenden Oberlauf des Juramento ab. Erſteigt man von
Cafayate und Molinos aus die Puna bei Lurucatao, jo erblickt man von dem 4600 m hohen
Paſſe aus die große Wüſte des Inneren, die Atacama, mit ihren Salzſteppen, ihren vulka⸗
niſchen Domen und Schneebergen (Tafel 14, Abbildung 1) ſowie den zahlreichen Windhoſen,
die aus den Hochgebirgsdünen emporwirbeln. Ahnlich wird auch im Weſten die Puna de
Atacama geſchildert als eine weite, unendlich troſtloſe, anfangs ſandige, dann kieſige Wüſte
mit mächtigen Salzlagern und kleinen Salzſeen. An ihren Rändern ſtehen große Gruppen
des rieſigen Wüſtenkaktus und niedrige Sträucher, während gegen das Innere der oberen
Atacama hin überhaupt jede Vegetation verſchwindet und nur Kies und ſplitterförmiges Ge—
röll in der Form von Topfſcherben übrigbleiben. Gewaltige Sanddünen wechſeln mit ſteilen
Graten und ſandigen Strecken ab, über denen ſich ſcharf zugeſpitzte Gipfel erheben.
Darapsky unterſcheidet in der Puna de Atacama Salzſeen, Talläufe, Wieſen, Troden-
wannen und Rieſelmulden, von denen die Trockenwannen altem Seeboden entſprechen oder
unentwickelte Flußſyſteme erſetzen, während Rieſelmulden abgezirkelte, ebene, gleichförmig
abgedachte Becken ſind, die mit Hilfe des Windes entſtehen. Alle Salzſeen und Salzſee—
becken, Salares, die ſich jedoch nicht auf die Puna beſchränken, ſind flach, ſchlammig und
durchwatbar; ihr Salz iſt ein Auslaugungsprodukt der Breccien, Tuffe und Schuttmaſſen
der Gebirge, da ſich rinnendes Waſſer fortgeſetzt mit Salzen belädt. Sie fehlen offenbar nur
da, wo die Eroſion kräftiger iſt, aber es iſt ſchwer, die Salare von den Lagunen zu trennen,
da erſtere oft Waſſerlachen, letztere Salzkruſten aufweiſen. Vermutlich ſind die Salare früher
ausgedehntere Lagunen geweſen, deren Grenzen noch erkennbar ſind. Am bekannteſten ſind
die Salare von Antofalla und Arizaro in 3300 und 3650 m Höhe, erſteres 120 km lang.
Bäche und Flüſſe entwickeln ſich im allgemeinen nicht, und die wenigen Anſätze dazu
ſind meiſt den größten Teil des Jahres hindurch zugefroren und waſſerarm; nur ein einziges
abflußloſes Flußſyſtem bildet ſich im Norden der Atacama, ſchon auf dem Gebiet von Bolivia:
der Rio Lipez, der aber nach einem Laufe von 190 km in der Pampa Salada verſchwindet.
Auch die Vergletſcherung muß früher ſtärker geweſen ſein, obwohl echte Moränen ſehr
ſelten ſind; eine ſolche findet ſich über der Schlucht des Rio Salado vor der Laguna de Peder⸗
nales, wo der Flußlauf auch äquatorial zieht, während ſonſt überall die meridionale Richtung
eingehalten wird. Außerdem ſind Rundhöcker, Aſar und gerundete, auf die Wirkung des
Firnſchnees zurückzuführende Gleitflächen leicht erkennbar. Auf F. Kühns glaziale Beob-
achtungen iſt ſchon S. 322 hingewieſen worden. Jedenfalls muß auch am Weſtrand der
Kordillere früher weit kräftigere Eroſion geherrſcht haben, da der alte Chacofluß (69% 207;
250 25°) ſich 80 m tief in Schottermaſſen eingegraben und der Juncal etwas ſüdlich davon
dioritiſches Gebirge 120 m tief zerſägt hat. Die Wind wirkung, wobei Jaſpis, Milchquarz
Mittlere Kordilleren. Tafel 14.
1. Verwitterungsdecke, Salar und Sandfelder in der Puna de Atacama.
Nach Photographie von R. Hauthal in Hildesheim. (Zu S. 68, 326 u. 334.)
0
= RR —
2. Abbau eines Salpeterfeldes in der Tocopampa, Nordchile,
Nach Photographie von R. Lütgens in Hamburg. (Zu S. 310, 551 u. 344.)
Tafel 14.
Mittlere Kordilleren.
3. Das Tal von La Paz in Bolivia, vom ſüdlichen Alto aus geliehen, dahinter die Oſtkordillere.
Nach Photographie von W. Hauier in La Paz. (Zu S. 325 u. 346.)
4. Wachspalmen (Copernicia cerifera) und Buſchwald in der Sierra de Cördoba.
Nach Photographie von H. Bock in Leipzig. (Zu S. 319 u. 359.)
Die mittleren Kordilleren: Das Land, nördlicher Abſchnitt. 327
und Chalzedon emporgewirbelt werden, iſt beträchtlich, aber doch nicht außerordentlich, da
aller Boden backt und der mürbſte Ton nur ſchwer zerbrechlich ift; Dreikanter find ſelten.
Boronitrokalzit und Schwefel ſind die häufigſten abbauwerten Mineralien, während Gold
zu fein verteilt iſt, als daß ſein Abbau lohnte.
Die Gebirgsketten löſen ſich bei näherem Studium in Ebenen mit Ungleichheiten
und darüber ſtehende Vulkanberge auf; die Senken liegen 35004000 m, die ſanften Rücken
4500 —5000 m, die Vulkane 5000-6600 m hoch. Nur Lavaklippen erzeugen ſchroffe Hänge,
und ebenſo ſelten ſind wirkliche Ebenen; in der Nähe des 25. Breitengrades bildet eine majjiv-
artige Erhebung eine klimatiſche Scheide zwiſchen den Sommerregen des Inneren und den
Winterniederſchlägen der Küſte, und weiter im Oſten ſinkt die Paßhöhe gegen die großen
Salares bis auf 3628 m (Portezuelo Challacarhua) herab.
Die Puna von Bolivia nimmt, je weiter man nach Norden kommt, einen um ſo
friſcheren Typus an, und ſie erlaubt infolge ſtärkerer Einwirkung des Waſſers die Einteilung
in Unterabteilungen, indem auf die Salzpampas des Südens allmählich immer ausgedehntere
Waſſerbecken folgen, die allerdings ſämtlich ohne Abfluß zum Meere ſind.
Im Süden zeigt das Hochbecken von Lipez ein bald verſiegendes meridionales
Flußſyſtem, das des Rio Lipez, in der Höhe von 4200 —3700 m. Es ſtand früher wohl in
Verbindung mit dem Hochbecken von Uyuni. Hier liegt der tiefſte Punkt der Puna, das
Salar de Uyuni, das nur noch in der Regenzeit Waſſer hat, in der Pluvialzeit aber wohl
nicht nur von Süden den Rio Lipez, ſondern auch von Norden das Syſtem des Lago de Poopo
aufnahm. Durch niedrige Riegel find von dem Salar de Uyuni die Pampa de Empeza und
das Salar Carcote getrennt, je nach der Jahreszeit bald Salzſeen, bald Salzebenen. Auf
ihnen lagert eine 4 m dicke Kruſte reinen, blendend weißen Kochſalzes, die an den Rändern
in weichen, aſchgrauen, fetten, ſalzgetränkten Tonboden übergeht.
Um den 20. Breitenkreis trennt ein Riegel dieſen ſüdlichen Abſchnitt der Puna de Bo-
livia von dem mittleren. Isolierte Vulkane, wie der Cerro de Tahua (5320 m) und der Cerro de
Cuzco (5454 m), bilden zuſammen mit den Ausläufern der öſtlichen Ketten die Cordillera de
los Frailes, in der das berühmte Silberbergwerk von Pulacayo bei Huanchaca (4200 m) liegt.
Das wichtigſte geographiſche Objekt des mittleren Abſchnittes der Puna von Bo—
livia iſt die 120 km lange, 30 km breite, 3000 qkm bedeckende Laguna de Poops oder die
Pampa Aullagas, ein 3700 m hoch gelegener, in der Verlandung begriffener See mit der
Inſel Panza, während weiter im Weſten die Laguna de Coipaſa der Reſt eines weiteren
größeren Sees, des jetzigen Salars von Coipaſa, iſt. In dieſe Lagune fallen Trockenbetten
von den Vulkanen der Weſtkordillere her, von Norden der Rio Lauca, von Oſten der Laca
Ahuira, der Abfluß der Lagune von Poopo, ein in der Trockenzeit ebenfalls ganz verſiegen—
der, ſtreckenweiſe unter der Oberfläche fließender Fluß. Dagegen mündet in die Lagune von
Poops ein ſchiffbarer Fluß, der Rio Desaguadero (Entwäſſerer), auf dem nicht nur die
Schilfflöße der Aimarä, ſondern auch flachgehende Dampfer fahren. Durch welliges Land,
über dem im Weſten der mächtige Sajama (6415 m) ſteht, während ſich im Oſten die Anfänge
der Cordillera Real zeigen, führt der Desaguadero aufwärts zum Titicacabecken.
Das Hochbecken des Titicaca iſt der dritte, nördliche Abſchnitt der Puna
de Bolivia; wenn auch der weſtliche Teil des Sees zu Peru gehört, fo iſt doch das Hochbecken
bis an die Schwelle von Huillcanota zu rechnen. Der See ſelbſt liegt am Fuße der Cordillera
Real, alſo im öſtlichen Teil des Beckens, das er früher ſowohl gegen Nordweſten wie auch
328 Das gefaltete Land des Weſtens.
nach Süden zu weiter ausgefüllt hat. Heute werden ſeine nordweſtlichen wie ſeine ſüdöſtlichen
Ufer von flachen Ebenen umgeben, während im Weſten, namentlich aber im Oſten, höhere
Berge in das Waſſer hineinragen, ſo daß eine ungemein maleriſche Landſchaft entſtanden iſt
(ſ. die untenstehende Abbildung). Dieſe Steilufer werden in der Hauptjache von Kohlenkalk
und Eruptivgeſtein gebildet, die ebeneren Teile von roten Sandſteinen und Konglomeraten.
Der See Titicaca (Katzenfels) iſt etwa 200 km lang, an der breiteſten Stelle 66 km
breit und hat eine Fläche von etwa 8000 qkm. Durch zwei einander entgegengeſtreckte
Der Titicacaſee mit der Inſel Titicaca. Mach Photographie, von E. Heyn.)
Halbinſeln wird im Südoſten die Laguna de Unimarca von dem Hauptkörper des Sees ab—
getrennt, der im Weſten durch die Bucht von Puno, im Norden durch die von Huancana und
ferner durch die Inſeln Titicaca, Coati und kleinere gegliedert wird. Die größte Tiefe des
Sees beläuft ſich bei der Inſel Soto im Nordoſten auf 272 m, an der Südweſtſeite iſt er 100 —
200 m tief, im Südoſten viel ſeichter. Die Waſſertemperatur wechſelt zwiſchen 12 und 15°,
das Waſſer iſt brackig, aber doch genießbar und reich an Fiſchen. Von Nordweſten erhält
der Titicaca den größten Zufluß, von Nordoſten ſehr waſſerreiche Bäche, aber anderſeits iſt
die Verdunſtung auch wieder groß. Die Höhe des Titicaca iſt 3816 m.
Die mittlere Höhe der Puna kann auf 3800 m angegeben werden, Oruro liegt 3764,
das Kupferbergwerk Corocoro 4070 m hoch. An den Ufern des Titicaca ſind Felder häufig,
im übrigen dient die Puna nur der Viehzucht, weite Strecken ſind mit Sand und Weide bedeckt
Die mittleren Kordilleren: Das Land, nördlicher Abſchnitt. 329
und damit noch verhältnismäßig fruchtbar, andere aber ſind tonige, riſſige, ſterile, mit Salzen
bedeckte Flächen. Zwiſchen den einzelnen Höhenwellen führen Päſſe hindurch, und über dem
Ganzen erheben ſich gegen Weiten zu die Vulkane mit Höhen von 45006500 m.
Die Weſtkordillere beſteht auch hier teils aus meſozoiſchen Sedimenten, Sandſteinen,
Kalkſteinen und Mergeln rätiſchen bis kretazeiſchen Alters, teils aus zahlreichen Eruptiv—
geſteinen, und zwar älteren, Porphyrit, Diorit, Dioritporphyrit, Melaphyr, Olivindiabas,
ſowie auch jüngeren, Augit- und Hornblendeandeſit, Baſalt, Obſidian, Perlit, Bimsſtein; ſie
iſt alſo gegenüber der Oſtkordillere ein jüngeres Gebirge, zur paläozoiſchen und meſozoiſchen
Zeit noch vom Meere bedeckt, dann aber allmählich zu großen Höhen emporgetürmt und nun
durchwühlt von eruptivem Material, das auch noch jetzt aus den Schloten der zahlreichen
Vulkane quillt. Die Höhe des Grundgebirges, ohne die Vulkane, beträgt 4000 —4500 m.
Infolgedeſſen ſind auch ihre Päſſe meiſt über 4000 m hoch. Man erreicht die Paß—
übergänge gewöhnlich in ſteilem Aufſtieg durch die tief eingeſchnittenen Täler, deren ſchroffe
Wände nicht einmal eine Pflanzendecke tragen. Von allen Päſſen der Weſtkordillere zwiſchen
Ascotan und Arequipa liegt nach Hugo Reck nur der von Chacarilla unter 4000 m Höhe,
der von Silillica aber über 4700. Bekannter als dieſe Päſſe iſt der von Tacora (4180 m), der
von Tacna nach La Paz führt und lebhaften Handelsverkehr hatte, bis die Eiſenbahnlinie
Antofagaſta-Oruro ihn lahmlegte. Seit 1912 iſt er aber ebenfalls von einem Schienenweg
durchzogen. Auch im Süden fand Darapsky die Paßhöhen zwiſchen 26½ und 24149 zu
3363-4241 m, letzteres im Portezuelo de Pereda in 25% 34“.
Die Schneebedeckung iſt jo gering, daß es zweifelhaft iſt, ob ſelbſt der 6000 m hohe
Tacora dauernd Schnee trägt; dagegen iſt der Miſti bei Arequipa bis 5500 m abwärts mit
Schnee bedeckt, und zur Eiszeit hatte auch der Tacora eine Eiskappe, da er gewaltige Mo—
ränengürtel trägt.
Die Vulkane der Weſtkordillere. Die Verteilung der Vulkane in den mittleren
Kordilleren haben A. Stübel und R. Hauthal erörtert. In der Breite von Copiapo beginnt
eine Anſammlung von Vulkanen, wie ſie in den Anden an keiner anderen Stelle in ſo groß—
artigem Maße zu finden iſt. Zwiſchen 28% und dem Rio Loa benennt Hauthal nicht weniger
als 82, aber von dort bis Arequipa merkt Stübel noch weitere 32 an, womit die Zahl der
Vulkanberge wohl noch nicht erſchöpft iſt.
Im Süden unſeres Abſchnittes beginnen ſie mit dem Vulkan von Copiapd oder dem
Azufre (6100 m), der früher häufiger genannt wurde als heute. Von den weniger bekannten
iſt der an den Quellen des Jaguel ſtehende, daher Nacimientos de Jaguel heißende Vulkan
ſogar 6750 m hoch. Auch eine ganze Reihe der zwiſchen 27 und 26° liegenden Vulkane er—
reicht 6000, kaum einer bleibt unter 5400 m zurück; nur für den Cerro Blanco wird 5000 m
angegeben. Sehr hoch (6600 m) iſt auch der Vulkan Incahuaſi (Incahaus).
Von Antofalla an gruppiert Hauthal die Vulkane und unterſcheidet zuerſt die Gruppe
von Antofalla, ſieben an der Zahl, darunter den Volcan de Antofalla ſelbſt mit 6100 m.
Ferner liegt weiter im Oſten die Gruppe von Antofagaſta de la Sierra (26°), vier
Berge, von denen zwei erheblich niedriger ſind als die Vulkane ſonſt in dieſer Pung. Eine
weitere große Gruppe ſteht, in drei Reihen geordnet, auf der Weſtkordillere, nämlich vom
Vulkan Dona Ines (5200 m) bis zum Socompa (6080 m) und Pular (6340 m). Wahr-
ſcheinlich ſind ſie, wie auch die von Antofalla, an Bruchlinien und Gräben entſtanden, die,
wie der 5—8 km breite Graben von Antofalla, meridional ſtreichen. Alle dieſe Berge ſind
330 Das gefaltete Land des Weſtens.
düſter, ſchwarz und trotz ihrer großen Höhe meiſt ſchneefrei; einige, wie die von Antofalla,
ſind geborſten und zeigen in ihren Tuffſchichten lebhafte Farben. Hauthal wurde hier an
die Mondlandſchaft erinnert. In Solfatarentätigkeit iſt der Cerro Azufre (5680), beſonders
hoch iſt der Llullaiyaco (6600 m). Oſtlich von dieſem treten Vulkane auch auf der
Puna ſelbſt bis zum Vulkan von Paſtos Grandes auf, und nördlich von dieſen ſteht die
Sapaleri-Reihe, vier Vulkane von 5200 bis 5700 m Höhe, darunter der Sapaleri
(5350 m). Gegen den Rio Loa hin unterſcheidet Hauthal ferner eine Gruppe von 17 Vul⸗
kanen, die in mehrere Reihen zerfällt und einige bekanntere ſehr hohe Berge enthält, wie
den Licancaur (6000) und den Lascar (5870 m).
Nördlich vom Rio Loa erwähnt A. Stübel noch zehn verſchiedene Gruppen von Vul⸗
kanen, die alle auf der Weſtkordillere ſtehen, zunächſt die Gruppe des noch im Solfataren-
zuſtand befindlichen Oyagua (5860 m), zu der auch der San Pedro, der San Pablo, der Mino
(5520 m) und der Tua gehören. Nördlich von 20° kann man wieder eine innere und eine
äußere Reihe von Vulkanen bemerken: öſtlicher liegen der Lirima (5830), der Isluga, der
mächtige Nevado Huallatiri (6000) und der Rieſenkegel des Sajama (6415 m); weſtlicher
ſtehen der Tata Jachura, der Parinacota (6376), der Pomarape (6350) und der Tacora
(6017 m), die dem Sajama an Höhe nicht viel nachgeben. Auch nach Peru hinein dringt die
Vulkanreihe noch: zunächſt der Tutupaca, dann der Ubinas und endlich die nördlichſten von
allen, die drei Vulkane von Arequipa: Miſti, Pichu-Pichu und Chachani. Unter
dieſen ragt der Miſti mit regelmäßiger Domform zu 5800 m, 3500 m über die Stadt Arequipa,
auf, trägt aber nur wenig Schnee, und ſelbſt dieſe kleine Menge nicht dauernd.
Der Abfall der Weſtkordillere gegen die Küſte erfolgt zwiſchen Copiapo und
Tocopilla in Stufen. Die oberſte, die eigentliche Atacama, iſt eine bis 3000 m hohe
Terraſſe, die ſich in 80—100 km Breite am Weſtrande der Weſtkordillere von Rio Frio
im Süden bis gegen die Vulkane Mino und Tua im Norden hinzieht und jene zahlreichen
großen Salares enthält, die der Atacama ein beſonderes Gepräge geben. Das ganze Gebiet
iſt eine vollkommene Wüſte, mit ähnlichen Oberflächenformen wie auf der S. 326 gejchil-
derten höheren Terraſſe. „Der Boden“, ſchreibt R. A. Philippi, „zeigt faſt überall unter
der oberen lockeren Geröllſchicht Gipskruſten, und in den von den Hufen der Maultiere ge⸗
bildeten Vertiefungen war oft fadenartiges Salz ausgeblüht.“ Infolgedeſſen fehlt die Vege⸗
tation weithin vollſtändig, ſplitteriges Geröll bedeckt überall den Boden, Schluchten durch⸗
ziehen ihn nach allen Richtungen, und die Talformen haben den Typus derjenigen waſſer⸗
armen Gegenden, in denen nur ſelten durch große Gewitterregen plötzliche Hochfluten den
Schutt herabſchwemmen. Dieſer ſcharfkantige Schutt entſteht unter der Einwirkung großer
Temperaturſchwankungen, wodurch die Felſen in Grus und Schutt zerbröckeln. Daher kommt
es, daß ſich in der Wüſte, ſelbſt in den unteren Teilen der Atacama, faſt niemals ein
Felſen und ſo ſelten anſtehendes Geſtein findet, und daß die Berge der Atacama die Geſtalt
breiter Kegel oder abgerundeter Kuppen haben; niemals ſieht man Zacken, Nadeln, Hörner.
Auch inſofern bleibt der Charakter der Atacama in der Stufenlandſchaft derſelbe wie auf der
Puna, als hier wiederum gewaltige Salares auftreten; außer denen von Ascotan und von
Carcote, in deren Nachbarſchaft die großen Boraxwerke von Ascotan liegen, vor allem das
große Salar von Atacama zwiſchen San Pedro de Atacama und Tilopozo.
Weſtlich davon beginnt der von Weſten als Gebirge erſcheinende und deshalb Serrania
de Sarapana, Cordon de Varos, Altos de Purilari genannte Rand mit Gipfeln von mehr
Die mittleren Kordilleren: Das Land, nördlicher Abſchnitt. 331
als 4000 m (El Quimal 4160 m), der im Norden von dem Rio Loa, dem einzigen Fluſſe,
der zwiſchen Copiapd und Piſagua das Meer erreicht, durchbrochen wird. Der Loa kommt
von dem Vulkan Mifio herab, nimmt von der oberſten Randſtufe den Rio San Pedro und
den Salado auf, teilt ſich bei Calama in zwei Arme, fließt dann weſtwärts bis Chacance und
endlich nordwärts bis Calate, um dann ſcharf nach Weſten durchzuſtoßen. Er durchzieht die
zweite, 2500 —1000 m hohe Terraſſe, die nun wieder große Salzſümpfe und die be—
rühmten Salpeterlager (Tafel 14, Abbildung 2) enthält. Die bedeutendſten Salpeterlager
liegen alle auf der Strecke zwiſchen Taltal und Piſagua am Oſtrande der Küſtenkordillere:—
zuerſt die Salares und Salitrales bei Cachiyuyal und Cachinal de la Sierra (2270 m), dann
die von Aguas Blancas und die Pampa de la Paciencia, endlich die berühmte Pampa de
Tamarugal. Sie liegt zwiſchen der Küſtenkordillere und den Anden als eine langgeſtreckte,
1000 1100 m hohe Einſenkung, die anſcheinend dem chileniſchen Längstal entſpricht und im
Süden vom Loa ſelbſt eingenommen wird, deſſen nach Salpeter ſchmeckendes ungeſundes
Waſſer die Salze des Bodens aufnimmt. Der Salpeter findet ſich in den großen Salitrales der
Gegend weſtlich von Tarapaca, welche die Eiſenbahn Piſagua-Iquique durchſchneidet, aber
auch noch nordwärts bis Arica und ſüdwärts bis über den Rio Loa hinaus; überhaupt iſt die
öde Atacama reich an Bodenſchätzen, namentlich an Kupfer, Silber, Borax, aber auch an Gold,
Zinn, Wismut, Blei, Eiſen, Nickel, Schwefel, Kobalt. Die Pampa de Tamarugal iſt wohl noch
öder als die übrige Atacama, da hier faſt niemals Regen fällt und Vegetation durchaus mangelt.
Infolgedeſſen ziehen von der Weſtkordillere ſterile, nur ſelten Waſſer führende Trockenbetten
herab; nach Norden aber werden die Waſſerläufe häufiger, und von Piſagua an erreichen die
von der beſchneiten Kordillere herabkommenden Flüſſe wieder meiſtens das Meer.
Weſtlich vor dieſer Terraſſe dehnt ſich endlich wieder die Küſtenkordillere aus: hohe,
düſtere, faſt vegetationsloſe Berge von ödem Anſehen, die jenſeits des flachen, ſandigen
Strandes aufragen (Tafel 13, Abbildung 2). „Man kann ſich nichts Traurigeres denken“,
ſagt R. A. Philippi, „als dieſe Berge; es ſind graue, abgerundete Kuppen mit einzelnen
herablaufenden zackigen Graten, am Fuße und in den Vertiefungen zwiſchen den Graten
mit Geröll und Sand bedeckt, ohne alle Vegetation.“ Überdies ſind die Küſten ſchroff, ſteil,
meiſt ohne Uferrand, von Schluchten zerriſſen und nur hier und da von Einbuchtungen unter-
brochen. Die Kordillere beſteht hier wie in Südchile aus alten Eruptivgeſteinen, Granit,
Diorit oder aus verändertem Tonſchiefer, aus Sandſteinen und Kalkſteinen mit undeutlichen
organiſchen Reſten, ſowie aus fremdartigem Porphyr. Sie ſtreicht als geſchloſſener Zug von
Süden nach Norden bis über Tocopilla hinaus und enthält meiſtens Berge von 1200— 2800 m
Höhe, alſo recht anſehnliche Gipfel; ſolche ſteigen z. B. ſüdöſtlich des Hafens Blanco Encalada
und im Colupo (2187 m) öſtlich von Cobija auf, in deſſen Nähe der Paß Los Hornos 1525 m
hoch liegt. Nördlich von Tocopilla verliert die Küſtenkordillere aber ihr geſchloſſenes Gefüge,
iſt zwar am Cap Paquica noch 2230, im Monte Carrasco 1680, im Cerro Oyaroide bei Iquique
1770 m hoch, ermäßigt ihre Höhe dann aber bis auf etwa 1200 m und wird überdies ſchmal.
Auch das letzte Stück der Küſte, die Gegend zwiſchen Arica und Mollendo, iſt ähnlich gebaut
wie die chileniſchen Teile. An einen ſchmalen ſandigen Strand grenzt hier eine nur wenige
Kilometer breite, von Schluchten durchſchnittene und gewellte, nach hinten anſteigende Platte,
deren oberer Rand ungefähr in 400 m Meereshöhe liegt. Jenſeits eines 1100 m hohen Berg—
zuges betritt man dann eine öde, 1000 m hohe, gegen das Innere bis zu 1700 m anſteigende
Ebene, die Pampa de Islay, worauf eine zweite, ebenfalls aus Granit, Gneis und Syenit
332 Das gefaltete Land des Weiten.
beſtehende und 2500 m hohe Bergkette folgt, die zu der 2320 m hohen, am Rande der Kor-
dillere ſich ausdehnenden Ebene von Arequipa hinüberführt.
Gerade hier, im Gebiete der Scharung der beiden Kordillerenbogen, haben verheerende
Erdbeben im Laufe der Jahrhunderte faſt alle Städte der Küſte in Trümmer gelegt. In
den Jahren 1582 und 1784 wurde Arequipa vollſtändig zerſtört; von 1811 bis 1845 zählte man
daſelbſt 826 Erdbeben, darunter die großen von 1821, 1835, 1837, 1842, 1845. Darauf
folgte am 13. Auguſt 1868 jenes gewaltige Erdbeben, das außer Arequipa namentlich Arica,
Tacna und Iquique zerſtörte und bis Copiapô und Lima fühlbar war, und endlich jenes von
1877. Dieſe Erdbeben erſtreckten ſich alle über einen außerordentlich langen Streifen der
Weſtküſte, umfaßten aber nur ein ganz ſchmales Gebiet und wurden meiſt von ungeheuren
Flutwellen begleitet, die bei weitem mehr Schaden anrichteten als die Erdſtöße ſelbſt.
2. Klima, Pflanzendecke und Tierwelt.
Das Klima. Das Klima der mittleren Kordilleren iſt kühl und trocken, nur die öſtlichen
Gehänge find friſcher, vom 18. Grad an nordwärts ſogar ſehr regenreich. Überhaupt ergeben ſich
naturgemäß wieder drei Abteilungen, nämlich die Küſte, die Puna und die öſtlichen Gehänge.
Die Küſte ſteht zwiſchen 27 und 18° mehr als ſonſt irgendwo unter dem Einfluſſe des
kühlen Küſtenwaſſers.
Wärmſter Kühlſter ee Niederſchlag
Jahr En Monat ee | mm
pd 15,3 19,7 11,3 8,4 | 23
FFF 15,9 19,0 | 12,8 6,2 | 21
C 18,5 21,7 16,8 4,9 | 6
Ronnie ec u en 18,7 21,3 16,0 5,3 | 5
BIST WS 18,8 | 21,6 16,9 4,7 0
Malen nz ee 18,3 | 21,5 15,2 6,3 | 19
Die Temperatur iſt alſo weit niedriger, als der geographiſchen Breite entſpricht, und auch
die Extreme find gering: fie betragen im Mittel in Copiapd 30,7 und 2,0, in Caldera 27,6
und 7,4, in Iquique 33,9 und 9,9 und in Arica 30,7 und 11,2. Bezeichnender noch als die
niedrigen Temperaturen iſt der Mangel an Feuchtigkeit. In Arica und Tocopilla haben wir
tatſächlich Orte ohne jeden Regenfall, und in Iquique und Antofagaſta iſt der meßbare
Niederſchlag ſo gering, daß auch dieſe Orte nahezu regenlos ſind. Erſt in Caldera einerſeits
und Mollendo anderſeits fallen etwa 20 mm Regen. Wenn nun auch dieſe Niederſchlags⸗
menge erſtaunlich gering iſt, ſo kann man doch von ausgeſprochenen Winterregen reden,
da der Niederſchlag ausſchließlich zwiſchen Juni und Auguſt niedergeht, in Copiapd auch
ſchon im Mai, wie 1869. Dagegen gehört ſchon die Pampa de Tamarugal dem Sommer—
regengebiet des Inneren an. Meiſt fallen die Regen als Platzregen, die mit vernichtender
Gewalt die Verwitterungsprodukte fortſchwemmen, 1858 und 1859 in wenigen Stunden
an 300 mm. Regen von drei bis vier Tagen ſind ganz ſelten und wohl nur im äußerſten
Süden bei Coquimbo vorhanden, wo ſie nichts weiter find als Ausläufer der großen Regen⸗
ſtürme, Temporales, von Mittelchile. Allerdings ſoll es 1834, 1853 und 1888 in Cobija,
Iquique und Papoſo wochenlang geregnet haben, doch ſind ſolche Fälle an dieſer Küſte
ſeltener als Erdbeben.
Den Regen erſetzen nun bis zu einem gewiſſen Grade an der Küſte dichte Nebel, deren
Die mittleren Kordilleren: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 333
feiner, feuchter Niederſchlag Garua genannt wird. Die daher ſelbſt als Garüas bezeichneten
Nebel treten ebenfalls im Winter ein, beſonders im Juni bis September, zuweilen, nament-
lich im Süden des Gebietes, auch im Frühling, im September bis November, wo ſie dann
in dichten Maſſen bis 10 Uhr morgens an der Küſte lagern und den Boden völlig durchnäſſen.
C. Martin berichtet auch von Herbſtnebeln im März bis Mai. An der Küſte von Chile reichen
die Garuas bis 450 m Höhe und ſchneiden im Inneren genau dort ab, wo die zur Sommers—
zeit fallenden Regen der Weſtkordillere beginnen. Auch auf der ſchon höher gelegenen Pampa
liegt faſt jede Nacht dichter, Camanchaca genannter Nebel. Die Winde, meiſt ſchwach, ſind
als Süd⸗ und Südweſtwinde häufig, als Nordwinde ſelten, jo daß von einem abgelenkten
Paſſat geſprochen werden darf; außerdem wechſelt der während der Nacht wehende Land—
wind, Terral, mit dem Seewind, Virazon, am Tage.
Die Puna. Von der Küſte aus gegen das Innere wird das Klima extremer. Schon
die Pampa de Tamarugal hat an warmen Tagen bis zu 32, weil in der Höhe die Garuas
nicht mehr wirken und die Inſolation größer wird. Aber auch die nächtliche Ausſtrahlung
wird ſtärker, wenn auch in San Pedro de Atacama (2980 m) die Temperatur meiſt nicht unter
Null ſinkt; in der Puna dagegen friert es in den Nächten faſt immer, und zwar ziemlich erheb—
lich: v. Tschudi erlebte bei Quiron in der Puna —11“. Leider fehlen nähere Angaben über
die chileniſche Atacama; wir ſind auf Bolivia beſchränkt.
Wärmſter Kühlſter 5 Niederſchlag
e
| Jaht Monat | Monat Sn mm
Huanchaca (4100 m). .. 8,7 12,4 | 4,7 | 777 —
Potoſi (3960 m) 9, 14,2 aa 9,1 Oruro 54
La Paz (3690 m). . . 9,4 11,5 . W 45 553
Die Extreme betragen in La Paz im Mittel 23,5 und — 2,9. Das Klima iſt alſo ziemlich
gemäßigt, doch empfindet man wegen der ſtarken Inſolation infolge der großen Höhe doch
bedeutenden Wechſel, beſonders zwiſchen Nacht und Tag. Die Niederſchlagsmenge nimmt
nach Norden und Oſten zu. Oruro hat nur 54, La Paz ſchon 553 mm Niederſchlag im Jahre.
Davon entfallen 60 Prozent auf die Sommermonate Dezember bis Februar, jo daß aus⸗
geprägte Sommerregen herrſchen, während der Juni regenlos iſt. Dieſer Monat iſt auch
der kühlſte, der wärmſte aber iſt der November. Die Trockenzeit oder der ſonnige, aber kalte
Winter beginnt im April, iſt am reinſten in den wolkenloſen Monaten Mai bis Juli ausgebildet
und gilt als die Zeit der Stürme, nicht aber des Schnees, der im Gegenteil gerade zur wär—
meren, aber feuchteren Jahreszeit fällt. Dieſe dauert von Dezember bis März, doch regnet
es zuweilen ſchon vom Oktober ab, meiſt mehrere Tage hintereinander, im Norden früher
als im Süden. Auch Gewitter, Hagel, Schnee begleiten die Regenzeit. Je höher man in
der Puna aufſteigt, deſto abſcheulicher wird das Wetter, namentlich im Sommer, weshalb
man die höheren Teile von 3900 m bis zur Schneelinie die böſe Puna, Puna brava, nennt.
Schnee liegt häufig auf den Höhen und in den Tälern, aber die große Trockenheit der
Luft ſchränkt die Menge desſelben jo ein, daß nur die hohen Vulkandome der Weſtkordillere
dauernd Schnee tragen. Immerhin ſind Schneeſtürme in der Puna brava nicht ſelten, zumal
in den Monaten Mai bis Auguſt, und treten mit ſolcher Regelmäßigkeit ein, daß man ſie nach
den kirchlichen Feſten Nevado de la Cruz, am 3. Mai, Nevado de San Juan y de San Pedro,
Ende Juni, und Nevado de la Virgen, 15. Auguſt, genannt hat. Da ſie urplötzlich losbrechen,
334 Das gefaltete Land des Weſtens.
ſind ſie für die Reiſenden oft gefährlich. Die Schneegrenze liegt in der Weſtkordillere und
auf der Puna ſehr hoch, an der Oſtkordillere tiefer, in der Kordillere von Copiapb in 4900 bis
5500 m, in der Atacama anſcheinend nirgends unter 5000 m; der über 6000 m hohe Vulkan
Llullaiyaco ſoll faſt gar keinen Schnee tragen. Ebenſo erhebt ſich die Schneegrenze in der
Weſtkordillere am Pauchata unter 180 10’ zu 6120 m, am Sajama über 5900 m und hält ſich
auch noch am Miſti in 5500 m. Auch im Inneren von Bolivia trägt die Cordillera de los Frailes
Schnee erſt von 5300 m ab, ja der 5600 m hohe Chorolque iſt ſchneefrei. Wie weit der Schnee-
fall regelmäßig abwärts reicht, iſt nicht genau bekannt, wahrſcheinlich bis 2500 m.
Infolge der Trockenheit des Klimas bleibt der Schutt der Gebirge großenteils liegen;
im Weſten, wo überhaupt faſt kein Waſſer fließt, ſind die Formen des Landes völlig friſch,
jede Bruchkante des Geſteins iſt ſcharf, wie dies Abbildung J auf Tafel 14 ſehr deutlich zeigt.
Die Entwickelung von Gletſchern war daher auf der Puna ſchwierig, doch haben zur Eis—
zeit gerade auf ihr anſcheinend Plateaugletſcher gelegen, und die aus ihr nach Oſten hinab—
führenden Täler zeigen deutliche Glazialſpuren. Jedenfalls hat die Trockenzeit ſeitdem
zugenommen, die Seen trocknen aus, die Waſſerläufe ſind meiſt nur Trockenbetten, und die
Wälder verſchwinden: jo fand man zwiſchen Iquique und Huantajaya in einer jetzt vollſtändig
baumloſen Gegend einen früheren Wald, deſſen mächtige Stämme ſich noch erhalten haben,
und die zahlreichen breiten Flußbetten der Atacama ſowie die Strandlinien an den Gebirgen
um den Titicacaſee deuten auf frühere ſtärkere Bewäſſerung.
Die Oſtabhänge der Kordillere ſind weſentlich wärmer und feuchter als der
Weſten; je weiter man aber nach dem argentiniſchen Oſten vorgeht, deſto extremer wird das
Klima. Schon die öſtlichen Teile der Altiplanicie zeigen das, wenigſtens im argentiniſchen
Gebiet, während das Klima des Oſtabhanges der bolivianiſchen Sierra gleichmäßiger iſt.
Kühlſter Wärmſter Niederſchlag
[a7 —
Jahr Monat Monat en mm
La Quiaca (3490 m). . . 10,4 4,8 15,3 10,5 361
Humahuaca (3025 m). 12,3 8,0 17,2 9,2 202
Salta (10858 00 . 17,6 10, 21,7 11,2 540
Cochabamba (2560 m) 17,3 14,0 20,0 6,0 462
In La Quiaca ift das abſolute Minimum ſchon —16, 1, in Humahuaca —11,5, während
die Maxima bei 33 liegen; demgegenüber hat Cochabamba nur Extreme von — 2,7 und 30,2.
Der Niederſchlag iſt überall gering, auch noch in Cochabamba, und fällt faſt ausſchließlich
im Sommer, hier mit 65 Prozent, 300 mm, vom Dezember bis Februar, ebenſo in La
Quiaca mit 70 Prozent, 261 mm; in Salta fallen im Sommer 96 Prozent, in Humahuaca
ſogar aller Niederſchlag. Man hat alſo eine Trockenzeit und eine Regenzeit zu unterſcheiden.
un. ee ee an |"
Salta (1085 m )) 17,6 | 21,7 10,5 11,2 540
FF 19,9 26,8 10,8 16,0 270
e ee 0... 19,3 27,3 10,6 16,7 287
S o o | 17,3 25,8 8,4 17,4 49
Meins ul: 16,0 23,4 | 75,8 15,6 183
Die abſoluten Extreme betragen in San Juan 45,5 und —5,5, in Mendoza 43,0 und
— 9,2, in La Rioja 42,6 und —2,0. Außerdem wird das Klima wieder trockener. San Juan
Die mittleren Kordilleren: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 355
erhält noch nicht 50 mm im Jahre, Mendoza kaum 183, die Monate Mai bis Auguſt ſind jo
gut wie regenlos, es herrſchen alſo ausgeſprochene Sommerregen. In Molinos im Calchaqui-
Tal in 1970 m Höhe iſt die Trockenheit der Luft während der Trockenzeit jo groß, daß die
Fingernägel ſpröde werden und wie Glas brechen, die Haut riſſig und ſchmerzhaft wird und
Gänſekielfedern ſich ſpalten; in der Regenzeit dagegen iſt es heiß und feucht. Auch in Salta
beſteht ein ſcharfer Gegenſatz zwiſchen einer geſchloſſenen Trockenzeit von April bis September
mit kaum 40 mm Regen und einer heißen Regenzeit in den Gegenmonaten Oktober bis März,
doch führen die Täler auch in der Trockenzeit Waſſer.
Der Frühling beginnt nach H. Burmeiſter um Mendoza im September: trotz harter
Nachtfröſte und kalter Tage mit Schnee, den die Sonne jedoch raſch ſchmilzt, fangen oft
ſchon im Auguſt Bäume zu blühen an. Auch im Oktober wechſeln kalte Nächte mit bereits
heißen Tagen, Mitte November blühen die Weinſtöcke, Ende November kommen reife Erd—
beeren und Pfirſiche vor, im Dezember reifen nacheinander Waſſermelonen und Feigen,
Weizen und Gerſte, worauf die ſtärkſte Sommerhitze folgt. Im März gehen die Temperatur
und die Regen zurück, im April kommt Reif, im Mai Eis auf den Pfützen, im Juli ſogar
Schnee vor. Beſonders charakteriſtiſch iſt die Ruhe der Luft.
Die Trockenheit des Klimas dauert nach Norden zu etwa bis Santa Cruz de la Sierra
an. Dort, wo die Kordillere dann nach Nordweſten umbiegt, beginnt größere Feuchtigkeit,
und bald betritt man in den bolivianiſchen Vun gas ein ſehr feuchtes Gebiet. Leider fehlen
aus dieſem ſowohl Niederſchlags- wie auch Temperaturbeobachtungen, aber nach Analogie
der 1040 m hoch gelegenen peruaniſchen Station Santa Ana am Urubamba iſt das Klima
ſehr gleichmäßig, die Schwankung zwiſchen dem wärmſten und dem kühlſten Monat ſehr
klein, die Wärme im November am größten und im Juli am geringſten, die Niederſchlags—
menge wahrſcheinlich zwiſchen 3000 und 4000 mm, alſo ſehr erheblich. Dichte Nebel ver—
hüllen die Berge, überall rinnt Waſſer, und die hohen Wärmegrade werden wenig fühlbar.
Alles in allem ſind alſo die Yungas von Bolivia ein dem argentinischen Oſtfuß der Kordillere
in jeder Hinſicht völlig entgegengeſetztes Gebiet.
Die Pflanzendecke. Auch in den mittleren Kordilleren ſpiegelt ſich das Klima in
der Pflanzendecke deutlich wieder: die ſehr trockene geſamte Weſtſeite, das Innere und der
Oſten, etwa bis 18°, ſind ſehr arm an Vegetation, die feuchten Hungas von Bolivia aber tragen .
eine überaus reiche und dichte Pflanzendecke. Unter dem Einfluß der zunehmenden Troden-
heit verſchwinden unter 32“ die Wälder, unter 30° wird der Baumwuchs nahezu auf die Oaſen
beſchränkt. Dafür tritt in den friſcheren Gegenden die Krautſteppe auf, in den trockneren
die Kerophyten-Grasſteppe, aber weite Strecken ſind auch vollkommen vegetationslos. Dem—
gegenüber trägt der Oſtabhang ſchon in Salta Wald, in den Yungas dichten Wald.
Das Wüſtengebiet der Küſte iſt von Reiche in drei Regionen geteilt worden,
nämlich das Küſtengebiet von Coquimbo (30½ ) bis Caldera (270), das von Caldera bis
ſüdlich von Antofagaſta (24°) und den Reſt bis 18%. Dazu kommt das dieſem ähnliche perua-
niſche Küſtengebiet von Arica bis Camand. Alle dieſe Abteilungen ſind bezeichnet durch das
Vorwalten der Kakteen und Senecio-Arten, die Oxalis gigantea, Euphorbia lactiflua, Nico-
tiana solanifolia und Alstroemeria violacea. Nach Norden hin nimmt der Wüſtencharakter
etwa bis 22 (Tocopilla) zu, von 20° (Iquique) an wieder ab. Nur ein einziger Fluß führt
Waſſer, der Loa, aber auch an dieſem hat es bei Calama große Mühe gekoſtet, Alfalfa—
pflanzungen anzulegen, denn die ganze Atacama, auch das Gebiet der Salitrales, die ganze
336 Das gefaltete Land des Weſtens.
Pampa de Tamarugal ſowie ihre ſüdlichen Fortſetzungen ſind eine vollkommene Wüſte.
Zwiſchen Cachinal de la Sierra und Agua de Profetas fand Philippi auf zehn Reitſtunden
überhaupt keine Pflanze. So nennt denn auch Darwin die Wüſten Patagoniens fruchtbar
im Vergleich mit der Wüſte Atacama. Dennoch darf man ſich die Wüſte nicht als überall voll-
kommen vegetationslos vorſtellen. Wo die Camanchaca-Nebel auftreten, iſt das Küſtengebirge
zum Teil ſogar ziemlich gut mit farbenreichen und formenſchönen Pflanzen ausgeſtattet,
beſonders in den Schluchten, ſelbſt noch bei Iquique, Tocopilla und Taltal, oder es iſt durch
eine Strauchflechte (Ramalina ceruchis) wenigſtens mit einem grünen Anflug überzogen.
In den Schluchten zeigen ſich Opuntien und mit Flechten und Luftalgen bedeckte Cereus-
Arten, Kräuter und Stauden verſchiedener Art und der Churco, die erwähnte Oxalis gigantea,
ein Strauch mit fleiſchiger Rinde, zahlreichen kleinen Blättern und blaßgelben Blüten. Dieſe
werden im Sommer durch den niedrigen ſparrigen Strauch Lycium chanar erſetzt.
Vielfach können an den Küſtenbergen auch Höhenregionen feſtgeſtellt werden. Bei
Papoſo (250) fand Philippi fünf übereinander: unten am Strande größte Pflanzenarmut,
dann eine Region der Kakteen, eine mit Euphorbia lactiflua und Croton collinus, und bei
250 m eine ſolche mit größerem Pflanzenreichtum, beſonders Kräutern, Wicken, Klee, Grä—
ſern, Farnen, Kruziferen und Sinapis nigra. Wo aber die Garüas enden, alſo bei 700 m,
iſt auch die Vegetation zu Ende.
Im Süden und im Norden von 22—20° wird die Vegetation üppiger. Einer—
ſeits findet bei Coquimbo (270) der Übergang zum friſcheren Mittelchile ſtatt, anderſeits bei
Arica (180) zu der von Weberbauer Loma-Formation genannten Ausbildung mit Kräutern,
Mooſen und Flechten.
Nur wenige Kilometer von der Küſte entfernt liegen die pflanzenärmſten
Gebiete. Auch Reiche gibt zu, daß das Küſtengebirge von Iquique und das Salpetergebiet
eine „vegetationsloſe Sand- und Steinwüſte von unbeſchreiblicher Ode“ ſeien. Nach oben
hin nimmt die Vegetation wegen der zunehmenden Kälte weiter ab. Im Süden ſteigt der
Cereus quisco noch bis 1450, Nußbäume, Pfirſiche und Reben in friſcheren Bergſchluchten
bis zu 1200, Feigen und Luzerne bis 2000, die Baumgrenze ſelbſt bis 1750 m Höhe; in
1500 m kommen noch kräftige Bäume vor, aber alle kaum nördlicher als 28° ſüdl. Breite
und auf dem chileniſchen Abhang. Dann folgen in 2300 m Adesmien, Opuntien in Raſen⸗
form und Echinocactus bis 3000, Azorella, Senecio, Verbenen, Krüppeladesmien und Gräſer
bis 4000 m, während auf den Hochpäſſen über dieſer Höhe Vegetationsloſigkeit herrſcht. Auf
der argentiniſchen Seite reichen in den trockenen Gebieten ſüdlich vom 28. Grad Weiden bis
zu 1900, krüppelige Adesmienſträucher, die wegen ihrer knorrigen Aſte den Namen Ziegen⸗
horn, Cuerno de Cabra, führen, bis zu 2880 m, Wieſen bis 3500, an anderen Stellen bis
3800 m; von da an klingt die Vegetation mit Flechten aus.
Die Vegetation der Puna de Atacama beſteht aus der erwähnten Adesmia horrida
und der Barrilla (Adesmia trijuga), dem Tolaſtrauch (Lepidophyllum quadrangulare), der
Llareta (Azorella compacta) und Ephedra-Arten, alſo Pflanzen, die wir ſchon aus Südchile
als alpine kennen. Dazu treten die auffallenden Kakteen, darunter der bis 6 m hohe, roſa
blühende Cereus atacamensis, noch in 3500 m Höhe. Ihre ſäulen- und kandelaberartigen
Stämme wirken abenteuerlich, faſt geſpenſtiſch, ſtehen ſteif aneinandergedrängt wie Familien
beiſammen und liefern mit ihren Sträuchern und Stauden in der Puna das ſo wichtige
Brennholz; ferner bereitet man aus den Blättern der Eritricha gnaphaloides ſogar einen
Die mittleren Kordilleren: Klima, Pflanzen- und Tierwelt. 337
Tee. Im übrigen geſellen ſich die Pflanzen der Puna je nach der Beſchaffenheit des Bodens
zu Gemeinſchaften. So entwickelt ſich um die Salares lockeres Gebüſch aus Atriplex ata-
camense, Ephedra andina, Tessaria absinthoides, der „Brea“, während Triglochin maritima
var. atacamensis ſich weit in das Salz hinauswagt. Anderſeits beherbergen die Oaſen in
der Wüſte Algarrobobäume (Prosopis juliflora) und Chariarjträucher (Gourliaea decorti-
cans), auch die Weide Salix Humboldtiana, viele Stauden und Nutzpflanzen. Häufig ſind
ferner in der Puna die ſogenannten Vegas (Auen), nach Reiche „wieſenartige Beſtände
auf ſtark ſalzhaltigem, feuchtem, ſumpfigem Boden, welche von einem Gürtel weißen aus⸗
geblühten Salzes umrandet zu ſein pflegen und weiterhin in die Wüſte übergehen“. In den
äußerſten Höhen, nahe der Schneegrenze, treten auch die Kakteen und Tolaſträucher zurück,
aber das Gras Stipa chrysophylla erreicht 5000 m und bildet mit anderen Gräſern in 4000
bis 3000 m die Pajonales.
Eine Einteilung der Puna in Regionen iſt noch verfrüht, doch ſtellt Reiche acht von
Süden nach Norden aufeinanderfolgende Gruppen auf.
Im Nordweſten unterſcheidet Weberbauer die Tolazone als eine beſondere, von
der Tolaheide eingenommene, nordöſtlich von Arequipa ſich ausdehnende Formation, die
Miſtizone um Arequipa bis zum Vulkan Miſti, 2200—3400 m, in der die Steinfelder, die
ſteinarmen Flächen, die Mooſe, die Trockenbetten und die Flußufer ein jedes ſeine beſondere
Vegetation haben, und darüber die Puna, ausgezeichnet durch Polſter- und Raſettenmatten
krautiger Pflanzen und das maſſenhafte Auftreten des Graſes Festuca Haenkei.
Ahnlich iſt es auch im Nordoſten, da mit der Annäherung an das Becken des Titicaca
der Wüſtentypus allmählich zurückgeht; doch bleibt die für die Atacama charakteriſtiſche Eigen-
ſchaft, daß die Pflanzen den Boden nicht überdecken, ſondern einzeln in Abſtänden vonein—
ander in Büſcheln ſtehen. Man unterſcheidet hier die untere Puna von 3300 oder nach
Hugo Reck von 2900 m an von der oberen Puna oder Puna brava über 3900 m Höhe, auf
der nur noch der Tolaſtrauch, Gentianeen, Valerianeen, Verbenazeen, das Ichügras in ein—
zelnen Büſcheln, aber nicht mehr in Pajonales, ſowie die oben erwähnte Llareta vorkommen.
Wo Bäume noch leben können, da findet man den Quinuar (Polylepis), in tieferen Lagen,
um 3000 m, den Schinus molle. Auch zieht man in der Puna Kartoffeln, Oka, Quinua,
Gerſte, Kohl, Salate und Zwiebeln ſowie weichere Gräſer als Viehfutter.
Die Oſtgehänge. Unterhalb der Puna gelangt man in Bolivia in den oberſten Teil
der zum Tieflande führenden Täler, die Cabeceras del Valle. Sie geben Gelegenheit zu erfolg—
reichem Anbau von Gemüſen, Weizen, Mais, Gerſte, Luzerne und haben als Bäume bejon-
ders Prosopis und Sambucus und Kakteen in größerer Zahl aufzuweiſen. Es folgen dann
die Valles, Täler, oder die Medio Yunga, zwiſchen 2500 und 1500 m Höhe: die ſubtropiſche
Zone der Gebirge mit üppigem Baumwuchs und reichem Anbau von Nutzpflanzen aller Art,
namentlich Fruchtbäumen, Weizen und Mais. Den Beſchluß machen unten die Vungas:
alle tieferen tropischen Regionen, von 1500 m abwärts, ſeien es Täler, Ebenen oder Berg—
land; ſie ſind mit dichtem Walde bedeckt und liefern Koka, Kaffee, Zucker, Bananen, Ananas,
zahlreiche andere Früchte und im heißeren Lande ſelbſt Kakao.
Ganz ähnlich, wenn auch etwas gegen unten verſchoben und kaum noch tropiſch ſind die
Abſtufungen am Oſtrande der argentinischen Kordillere zwiſchen 22 und 28° oder, wenn
man die Hochwieſen berückſichtigt, bis 32%. Dieſe nehmen die Höhen zwiſchen 3000 und
2000 m ein, verdanken ihr Daſein dem reichlicheren Niederſchlag und ſind überall reich an
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 22
338 Das gefaltete Land des Weſtens.
Gräſern, Kräutern, Stauden, in Jujuy und Salta auch an einzelnen Bäumen. Die wichtigſten
der unter ihnen vertretenen Pflanzen ſind Ranunkulazeen, Malvazeen, Paſſifloren, Umbelli-
feren, Kompoſiten, Kakteen, Farne, Mooſe, Flechten, 6m hohe Roſazeen, namentlich Polylepis
racemosa, Eskallonien und wildwachſende Kartoffeln, die Ortsnamen veranlaſſen, wie Pa⸗
pachacra (Kartoffelfeld) im Quellgebiet des Rio Belen. Sogar die trockenen Präkordilleren
ſind zum Teil noch von dieſen Hochwieſen eingenommen, wie die Sierra de Famatina,
an der unterhalb der rieſigen Schutthalden von 4000-3400 m Höhe Graswuchs, dann Strauch-
werk und unterhalb von 2000 m, aber nur in den Tälern, Waldwuchs auftritt. Die Sierra
de Ambato iſt mit Buſchwald beſtanden, die Aconquija dagegen und alle Schutthalden, Schutt—
hügel, Schuttſtröme und Sandgletſcher ſind faſt vegetationslos.
An die Hochwieſen ſchließt ſich in den beſſer bewäſſerten Gegenden, namentlich in den
Tälern, der argentiniſche Bergwald an. In ihrer oberen Stufe (bis 1500 m abwärts)
ſind die Erle, Aliſo (Alnus ferruginea), von 16 m Höhe und der Pino (Podocarpus angusti-
folia), eine waldbildende, 29 m erreichende Tanne, bezeichnend, für die Baumgrenze der
8 m hohe Quinuar. Der obere Wald iſt dunkler, aber weniger licht als der untere, während
dieſer bereits den Wäldern des Chaco (ogl. S. 241) ähnelt. Die untere Stufe enthält mächtige
Laubbäume mit gewaltigen Kronen und hat noch einen ſubtropiſchen Charakter, obwohl die
Mannigfaltigkeit der Zuſammenſetzung bereits an die tropiſchen Wälder erinnert. An Stelle
des Pino der oberen Stufe tritt der Nogal (Juglans australis) mit ſchlankem Stamm, kleiner
Krone und Blattabwurf im Winter, der Cedro (Cedrela odorata) mit langen gefiederten
Blättern; der Lapacho, eine Bignoniazee, ſchmückt ſich im Auguſt mit roter Blütenkrone,
der Pacarä, eine Leguminoſe, Enterolobium timbouva, ähnelt einer echten Akazie, der
Arrayan (Eugenia uniflora) und der Mato (E. pungens) haben eine eßbare Beerenfrucht,
und der Guayacan (Caesalpinia melanocarpa) liefert wertvolles Holz. Alle dieſe Feucht—
wälder haben nach Brackebuſch kräftigen Waldboden, größeres Laub, höhere und ſtärkere
Bäume, großartigere Entwickelung von Schlingpflanzen und Epiphyten, ſtarkes Unterholz
von Myrtazeen, Farnen, wilden Orangen ſowie Reichtum an brauchbaren Nutzhölzern; ſie
ſind am häufigſten in den Kordilleren von Tucuman, Salta, Jujuy und Tarija.
Die Trockenwälder nehmen dagegen beſonders die Flußtäler in Salta und Jujuy
ſowie die Abhänge der trockenen Randgebirge von Catamarca und La Rioja ein; in ihnen
ſpielt der Cebil (Piptadenia cebil) wegen des reichen Gerbſäuregehaltes ſeiner Rinde eine
Rolle, der Quebracho liefert Holz für Eiſenbahnſchwellen und Tannin, und die Kapſeln des
Palo borracho (Chorisia insignis) ſpenden eine Art Baumwolle. Alle dieſe Bäume geben
aber wegen ihrer aufwärts gekehrten Blätter nur wenig Schatten. Unter ihnen iſt der wich—
tigſte der Quebracho, ein hoher kräftiger Baum von faſt 1m Durchmeſſer, mit einer mäc)-
tigen Krone, breiten, lanzettförmigen Blättern, kleinen weißen Blumen und großen, breiten
elliptiſchen Früchten. Man unterſcheidet zwei Arten, den Quebracho colorado (Loxopterygium
oder Quebrachia Lorentzii) und den Quebracho blanco (Aspidosperma quebracho). Que-
bracho- und Cebil-Wald gehen an trockeneren Stellen in den Algarrobo-Wald über, indem
bald Beſtände der einen, bald der anderen Baumart miteinander wechſeln; auch hier ſind
die lichten Mimoſenwälder noch gemiſcht mit rieſigen, bis 6 m hohen Kandelaber-Kakteen
(Cereus giganteus). Unter ihnen wuchern die wegen ihres großen Harzgehaltes in den holz⸗
armen Steppen als Brennholz geſchätzte Breapflanze (Tessaria absinthoides) und aloe-
förmige Yuccas. Aber der Trockenwald iſt nach Brackebuſch „von einer nur ſchwachen, oft
Die mittleren Kordilleren: Klima, Pflanzen- und Tierwelt. 339
ganz verſchwindenden Waldkrume bedeckt, bedingt durch das Vorherrſchen von feinblätterigen,
wenig Schatten gebenden Bäumen, verhältnismäßig geringen atmoſphäriſchen Niederſchlägen
und ſehr durchläſſigem, ſandigem oder lößartigem, zuweilen auch ſehr ſalzhaltigem Boden“.
An den Rändern gegen den Chaco, auch in der Sierra de Cordoba, erſcheinen endlich über
dem Buſchwald Palmen, beſonders die Copernicia cerifera (Tafel 14, Abbildung J).
Die oben geſchilderte noch verhältnismäßig üppige Vegetation bedeckt die Flußufer und
die Erhöhungen in der Umgebung der Vorkordilleren und im Norden der Monte-Region;
überaus troſtlos aber geſtaltet ſich die Vegetation in den Mulden und Vertiefungen zwiſchen
den Höhenzügen und namentlich auch am Fuße der Kordillere, in den Mödanos, Arenales
und Salitrales. Hier fehlt ſelbſt das ſonſt vorherrſchende niedere Geſträuch oft völlig, wäh—
rend Gräſer in ziemlich großer Zahl vorkommen. Im übrigen beſteht die Halophyten-Vege—
tation aus Atriplex-Arten, dem ſogenannten Salzkraut, Cachiyuyo, auch Kakteen, Cereus-
und Opuntia-Arten ſowie dem Chafarſtrauch. Weite Strecken find aber ganz vegetationslos,
meiſt wirkliche Salzlager oder doch ſolche Gebiete, in denen das Salz zur Trockenzeit ausblüht.
Die Dünen des Inlandes, in den höheren Teilen der Hochebenen und am Fuße der Kor—
dilleren enthalten nur das Cadillo-Gras (Cenchrus myosuroides), Mimoſen und Kaſſien,
Ephedra-Arten und namentlich die mitten im Dünenſand lebende Rétamo-Pflanze (Bulnesia
retamo und Bulnesia foliosa): eine Zygophyllazee von ungewöhnlich erhaltender Kraft und
wie unſer Sandhafer ein Hindernis für die Weiterbewegung der Dünen. Schließlich kommen
ſogar Wälder von Algarroben im Dünenſand vor.
Nach Süden geht der Trockenwald in einen verkrüppelten Buſch über. Dieſe Odungen
haben O. Drude und E. L. Holmberg als Monte-Region, L. Griſebach als Chafiar-Steppe,
Hieronymus als Eſpinale-Region unterſchieden. Holmberg teilt ſie in eine öſtliche und eine
weſtliche Abteilung und ſcheidet beide durch 66° ᷣ weſtl. Länge und den Rio Salado. Die wich—
tigſten Vertreter dieſer Formation ſind ſtachelige ſtruppige Leguminoſen, vor allem der
Chanarjtrauch(Gourliaea decorticans), eine Zäſalpinie, als niedrige, mimoſenartige Pflanze
mit ſehr ſtarken Stacheln ein faſt unnahbares Gewächs, das in Form dichter Gebüſchbeſtände
weite Strecken des flachwelligen Landes, offenbar die dürrſten und trockenſten, bedeckt. Da⸗
neben treten nach Lorentz eine Verbene, einige ſpärliche Gräſer und Rötamobüſche, eine
Ephedra, Palmengeſtrüpp, Kaktuſſe, gelbblühende Opuntien und Mamillarien auf. Weiter
nehmen daran teil die Algarroben, die Algorobilla (Prosopis adesmoides), Akazien von
5—7 m Höhe, meiſt mit gutem Nutz- und Brennholz, ferner der Quebracho blanco, der
Talabaum, der ſpaniſche Pfeffer Aji und ginſterartige Kaſſien ſowie vielfach als faſt aus-
ſchließliches Gebüſch die Zygophyllazee Larrea.
Die Tierwelt iſt den klimatiſchen Eigentümlichkeiten entſprechend eine Wüſten—
fauna. Unter den Säugetieren fehlen alle, die eines feuchteren Klimas bedürfen: die
Affen, Fledermäuſe, Raubtiere und Hirſche Perus und Südchiles. Dagegen kommen die
Vicuña und das Huanaco vor, erſtere im Norden, letzteres im Süden und in den niederen
Teilen der Gebirge, und Füchſe durchſtreifen die Atacama. Weitere Bewohner der Hoch—
atacama ſind von 32° ſüdl. Breite an die Chinchilla (Eriomys chinchilla), die Haſenmaus
oder Bergvizeacha (Lagidium cuvieri oder Lagotis cuvieri), ferner der Conejo (Cavia austra-
lis), der durch ſeinen rieſigen Kopf, die ebenſo gewaltigen Ohren und die Länge ſeiner Hinter—
beine auffallende Nager Mus capito und die Wühlmäuſe (Ctenomys fulvus ujw.): alle ver—
ſchieden in Farbe, Größe, Länge des Kopfes und des Schwanzes, aber alle gleich in ihrer
22 *
——
340 Das gefaltete Land des Weſtens.
den Boden wie ein Sieb durchwühlenden Tätigkeit. Unter den Vögeln ſteht der Kondor
oder Buitre (Sarcorhamphus condor) obenan, deſſen man in der Atacama öfters anſichtig
wird, da er den Spuren der Karawanen folgt und gefallene Maultiere raſch zu beſeitigen
pflegt. Ihm geſellen ſich die übrigen Raubvögel, als Weihen, Falken, wie Polyborus mon-
tanus oder Milvago montanus und Polyborus chimanga, hinzu. Am Oſtabhange find
Spechte, Tauben, Hühnervögel und Kolibris häufig, von denen ſich letztere ſelbſt in die Ata—
cama wagen, namentlich Trochilus leucopleurus. Den Reptilien, die in Mittelchile zurück—
treten, behagt das trockene Klima der Küſte, aber auch noch die kühle Höhe, vor allem den
Eidechſen, wie Helocephalus nigriceps, die bei Pajonal in 3000 m vorkommt.
3. Die Bevölkerung.
Nach Ausgrabungen, die Sénéchal de la Grange und Créqui de Montfort in der Gegend
von Calama, E. Boman in der Puna de Jujuy, G. Courty in Lipez und R. Lehmann Nitſche
ſowie J. B. Ambroſetti in Jujuy bewerkſtelligt haben, war das geſamte Gebiet zwiſchen der
Küſte und den Calchaqui-Tälern unter 22—24 von demſelben Volke bewohnt. Dieſes hatte
weniger hohe Kultur als die hochſtehenden Stämme in Calchaqui, in Nordbolivia und in
Südperu, aber die mumifizierten Leichen zeigen Einfluß von Norden. Es finden ſich Einzel—
gräber, Totenfelder, Ruinen von Wohnſtätten, Petroglyphen, viele Holzgeräte, grobe Ton—
gefäße, einige Bogen. Sicherheit über die Zugehörigkeit dieſer Völker zu den anderen Haupt—
völkergruppen Südamerikas beſteht nicht, vielleicht können ſie mit den Chichas von Süd—
bolivia in Verbindung gebracht werden. R. A. Philippi hält ſie für chileniſche Stämme
mit araukaniſcher, ſpäter durch das Ketſchua erſetzter Sprache, Créqui de Montfort ſchlägt
für ſie den Namen Atacamas vor. Noch heute leben nahe San Pedro de Atacama einige
hundert Menſchen mit beſonderer Kleidung, eigenartigen Sitten und einer von den übrigen
ſüdamerikaniſchen abweichenden Sprache, Cunza. Sie nennen ſich Lican-Antai, beſchäf—
tigen ſich mit der Zucht der Llamas und beſorgen als Maultiertreiber den Handel über die
Atacama. Nach Martin ſind ferner die Chango zu nennen, Fiſcher an der Küſte, die der
großen Gruppe der Aimarä angehören. Überdies ſitzen eigentliche Aimarä in den nordöſt—
lichen Teilen der Provinzen Antofagaſta, Tarapaca und Tacna, auf chileniſchem Gebiet, ja
auch noch in Atacama als äußerſte Vorpoſten der geſchloſſenen Aimaräbevölkerung. Zum
Teil dienen die Indianer der Atacama als Arbeiter in den höchſt primitiven und beſchwer—
lichen Minen, eine Beſchäftigung, der ſie offenbar auch vor der Eroberung obgelegen haben,
teils zu ihrem eigenen Nutzen, teils um den Tribut für die Inkas, die Herren des Landes,
zuſammenzubringen. Man findet nämlich in alten Goldgruben der Atacama Hämmer und
Meißel von gediegenem Kupfer, Erzkratzen und andere Geräte, die auf Bergbau hindeuten.
In Bolivia ſitzen die Aimara dagegen noch heute in dichtgedrängten Maſſen. Sie
bilden den größten Teil der Bevölkerung des Landes, ſcheinen aber früher eine noch weit
ausgedehntere Verbreitung in der Kordillere gehabt zu haben. An vielen Stellen von Nord—
und Mittelperu ſtößt man nämlich auf Ortsnamen, die ſich aus der herrſchenden Sprache,
dem Ketſchua, nicht erklären laſſen, wohl aber im Aimarä einen Sinn geben, wie Chavin
(Dorngebüſch) und Huari (Vicufa) in Ancachs. In Südperu find Aimarä-Ortsnamen häu⸗
figer, bis ſie in den Gegenden zwiſchen Cuzco und dem Titicaca, im Tale des Huillcanota,
wo jetzt Ketſchua geſprochen wird, ganz allgemein werden. Wahrſcheinlich ſind alſo die
Aimaräͤ von Norden eingewandert und haben auf dem Wege Anſiedelungen gegründet, die
Die mittleren Kordilleren: Die Bevölkerung. 341
in Mittelperü zu einem größeren Reiche zuſammenwuchſen, und deren Reſte die großen
Ruinen von Chavin ſind. Dauernde Wohnſitze fanden die Aimarä am Titicacaſee, breiteten
ſich nach Südoſten bis Chuquiſaca, nach Weſten bis zum Meere aus und brachten als Collas,
Hochländer, in verſchiedene Stämme geteilt, bereits vor der Inkazeit eine Kultur hervor.
Für die Abſtammung auch der Inkas von den Collas ſpricht der Umſtand, daß ſie die Aimard-
ſprache duldeten, während ſie ſonſt allen unterworfenen Völkern das Ketſchua aufzwangen;
ja, es iſt möglich, daß Aimarä ſogar die Hofſprache der Inkas war. Heute bildet Runo die
Grenze gegen das Ketſchua.
Die Aimarä ſind im ganzen eine kräftige, aber nach Middendorf „ſtumpfſinnige Raſſe
mit groben Geſichtszügen von oft abſchreckender Häßlichkeit“. Die Männer tragen zwei Hoſen
aus grobem Wollenzeug von heller und dunkelbrauner Farbe, Sandalen an den nackten
Füßen und einen buntgeſtreiften Poncho, auf dem Kopfe eine dicke, wollene Zipfelmütze mit
Ohrenklappen gegen die Kälte,
dazu auf Reiſen einen runden
Filzhut. Ihr Temperament iſt
melancholiſch und paſſiv; ſie
haben alle Eigenſchaften der
amerikaniſchen Raſſe in hohem
Maße: Mißtrauen, Schweigſam—
keit, Zurückhaltung, Faulheit,
zum Teil aber wohl erſt infolge
der jahrhundertelangen Unter⸗
drückung durch die Spanier.
Sehr bemerkenswert war
die Baukunſt der Aimarä, von 2 } =
der ſie in Tiahuanaco am Süd⸗ Monolithiſche Pforte von ie Bolivia.
oſtufer des Titicaca die vor—
nehmſten Proben hinterlaſſen haben. Hier ſtehen gewaltige Ruinen, anſcheinend unvoll-
endete Bauten aus rotem Sandſtein vom Titicaca und aus andeſitiſchen Laven, ſo daß
Tiahuanaco am beſten als großer Bauplatz bezeichnet wird. In den Höfen von Ak-Kapana
befinden ſich Reihen ungeheurer prismatiſcher Blöcke oder Pfoſten, Pfeiler, die wohl eine
Halle ſtützten, ein 2½ m hohes Götterbild aus rotem Sandſtein, mächtige Schieferplatten
und der aus einem Steinblock gehauene, vielleicht von Puma-puncu („Löwentor“) ſtam—
mende Torweg, deſſen oberer Teil einen merkwürdigen Fries, eine Mittelfigur und drei
Reihen von je acht quadratiſchen Feldern mit menſchlichen Geſichtern und Vogelköpfen
enthält (ſ. die obenſtehende Abbildung). Auf dem übrigen Ruinenfeld liegen zahlloſe Steine,
die zu beweiſen ſcheinen, daß der Ausbau dieſer Kultſtätte durch die ſonnenverehrenden
Inkas bei der Eroberung unterbrochen wurde.
Weitere Kultſtätten ſind die Halbinſel Copacabana im Titicacaſee, anſcheinend ein Wall—
fahrtsort, die Inſel Coati mit dem Hauſe der Sonnenjungfrauen und dem Tempel des Mon—
des, vor allem aber die Inſel Titicaca, die beſonders von den Inkas gepflegt wurde, da
ſie ihren Urſprung von dort ableiteten. Aber erſt der elfte Inka, Tupak Yupanki, baute einen
Sonnentempel mit ſonſtigen Gebäuden und Gärten, von dem nur noch die Grundmauern
und das Untergeſchoß mit drei Türmen ſowie ungeheure Steinſitze und Opferſteine vorhanden
ur
342 Das gefaltete Land des Weſtens.
ſind. Unterhalb des heiligen Felſens Titicaca liegen die Ruinen eines Palaſtes oder eines
Prieſterhauſes mit der für die Inkas bezeichnenden Türform, außerdem ein palaſtartiger
Bau mit zwei Stockwerken, Pillcocaima. Beſonders intereſſant ſind ferner in der Nachbar-
ſchaft von Puno die Grabſtätten von Silluſtani am Ufer des Sees Umayo. Dieſe Gräber,
Chullpas, ſind zum Teil roh und kunſtlos aus Lehmziegeln, zum Teil aber auch aus be—
hauenen Steinen hergeſtellt und dann beſſer erbaute runde Türme, in deren Grabzelle die
Leichen beigeſetzt wurden. An anderen Orten, z. B. bei Escoma am Titicacaſee, ſtehen auch
viereckige Grabtürme, die man in Mittelperu am oberen Mararion, bei Tarica und im Santa⸗
Tal bei Caraz wiederfindet; ſie ſtützen die Anſicht von der früher weiteren Verbreitung der
Aimarä. Auch große Steinkreiſe liegen
bei Silluſtani, von denen der innerſte eine
Menge unbehauene Steinſtücke aufweiſt,
wie ſie in den Höfen von Ak-Kapana
ſtehen; ſie dienten wahrſcheinlich religiö—
ſen Zwecken oder der Totenbeſtattung.
Die Indianer der Nungas jind
nicht mehr Aimarä, obwohl ſie vielfach
dieſe Sprache ſprechen. In der Provinz
Munecas kommen nach M. R. Paredes
Aimara, Ketſchua und Kampa, die älteſten
Einwohner, nebeneinander vor. Die Be-
wohner der Yungas ſind nach Midden—
dorf ſchlank, wohlgebaut, feiner, ernſter,
ſanfter, reinlicher, wähleriſcher in ihrer
Tracht und lebhafter als die Indianer der
Puna. Beſonders die Männer fallen durch
ihre angenehmen Züge auf. Sie bauen
Koka, ohne deren Blätter der Indianer
der Puna nicht leben zu können glaubt,
und gehen in dieſer Arbeit ſo ſehr auf, daß
Eine Chola im Feſtputz. (Nach Photographie von R. Hauthal.) die Frauen nicht einmal ſpinnen oder
weben können; daher beziehen ſie alle
Kleidung ſowie auch einen großen Teil ihrer Nahrung, getrocknetes Hammelfleiſch, Kar—
toffeln, Chuno (ein Kartoffelgericht) und Hülſenfrüchte, vom Hochlande.
Weiße und Miſchlinge. Weiße ſitzen an der Küſte von Chile in größerer Zahl,
weniger dicht in Bolivia, wo ſie meiſt Fremde, Kaufleute oder Bergbeamte ſind; am argen—
tiniſchen Oſtabhang dagegen iſt das weiße Element wieder zahlreich. Die Miſchlinge,
Meſtizen und deren Nachkommen, die Cholos (ſ. die obenſtehende Abbildung), nehmen in
Bolivia eine bedeutende Stellung, auch in politiſcher Beziehung, ein und ſind an Haut⸗
farbe ſehr verſchieden, oft nahezu weiß wie ihre weißen Stammväter, oft aber den In⸗
dianern ſehr ähnlich. Die Männer tragen europäiſche Kleidung, die Frauen grelle, hell—
grüne, goldgelbe, rote Röcke und Tücher, flache hellfarbige, runde Hüte und farbige, himmel⸗
blaue oder roſenrote Stiefel. Neger ſind im mittleren Kordillerenland ſelten, am häufig—
ſten wohl am Fuße der Yungas und an der Küſte von Peru.
Die mittleren Kordilleren: Beſiedelung und wirtſchaftliche Verhältniſſe. 343
4. Beſiedelung und wirtſchaftliche Verhältniſſe.
Auch in bezug auf die Beſiedelung laſſen ſich drei Abteilungen machen: die Küſte, die
Puna und die Oſtabhänge. Erſtere iſt chileniſch, mit Ausnahme eines kleinen, zu Peru ge-
hörigen Stückes; die Oſtabhänge gehören zu Bolivia und Argentina, die Puna iſt zwiſchen
dieſe und Chile geteilt.
Das Küſtenland zerfällt in vier chileniſche Provinzen:
OKilometer Einwohner (1911) Dichte
Atacama 79585 65000 0,3
Antofagajta . . . . 120718 119000 1,0
Borübasd 4-:&0 46957 116000 2,5
SUSE REEL. 23 958 43 000 1552
Zuſammen: 271 218 343 000 1,26
Von dieſen Provinzen war nur Atacama von jeher chileniſch, die drei anderen wurden 1880
im pazifiſchen Kriege erobert, Antofagaſta war bolivianiſch, Tarapaca und Tacna gehörten
Peru. Zuſammen machen dieſe vier Provinzen 35 Prozent der Fläche, aber nur 10 Prozent
der Einwohnerzahl des heutigen chileniſchen Staates aus; dennoch ſind ſie inſofern ſeine
wichtigſten Gebietsteile, als ſie ihm das bedeutendſte Stapelprodukt, den Salpeter, liefern.
Ferner gehören zum Küſtenland Teile der peruaniſchen Departamentos Moquegua
und Arequipa mit im ganzen etwa 20000 qkm und 90000 Einwohnern, ſo daß das geſamte
Küſtenland dieſes Abſchnittes rund 290000 qkm und 440000 Einwohner hat.
Die Provinz Atacama hat bereits recht deutlich das Gepräge der Wüſte, doch führen
einige Flüſſe noch dauernd Waſſer, andere wenigſtens zeitweiſe. Man erzielt daher an ihnen
Gemüſe, Obſt und Luzerne, in den Tälern von Copiapd und Huasco ſogar reichliche Obſt—
ernten. Der Feigenbaum ernährt vielfach die Bergleute faſt allein, aus Trauben bereitet
man die Paſas de Huasco, Roſinen; die Banane, die Cherimoya und die Aguacate (Persea
gratissima) kommen ſchon vor, und auch die Dattelpalme gedeiht gelegentlich. Die Vieh—
zucht iſt gering, nur Ziegen ſind häufiger, und auf den Höhen leben Huanacos. Im übrigen
iſt die Provinz eine Steinwüſte. Dennoch iſt Atacama eine der wichtigſten Provinzen Chiles,
da ſie 500 Silber-, 120 Kupferminen und 17 Goldwäſchen beſitzt, von denen freilich viele
nicht mehr betrieben werden. Die bekannteſten Minenorte ſind Chañareillo oder Yerbabuena
mit dem Hafen Carrizal Bajo ſowie Juan Godoi und San Antonio, die mit Copiapd und
Caldera durch Eiſenbahn verbunden ſind; auch Vallenar iſt in neuerer Zeit hervorgetreten.
Im ganzen aber iſt der Erzbergbau, namentlich auf Silber und Kupfer, zurückgegangen, und
die reichen Salz- und Salpeterlager werden noch nicht ausgebeutet, um einer Überproduktion
vorzubeugen; daher iſt denn auch die Bedeutung der Häfen Huasco und Caldera ſowie der
Stadt Copiapd, die durch Eiſenbahnen mit den Minenplätzen verbunden ſind, geſunken.
Andere Hafenſtädtchen ſind Chafiaral, Pan de Azucar im Norden, Carrizal Bajo im Süden.
Die größeren Siedelungen ſind naturgemäß an das rinnende Waſſer gebunden.
Wo der Copiapö gelegentlich in die See mündet, iſt jeit der Erbauung der Eiſenbahn nach
Copiapo 1851 der Hafenplatz La Caldera entſtanden. Zur Zeit der reichen Ausbeute von
Silber mag er an 8000 Einwohner gezählt haben, heute beherbergt er kaum 2000. Dagegen
iſt Copiapb zu einer Stadt von 10000 Einwohnern herangewachſen; erſt 1707 nach Entdeckung
der Minen gegründet und mehrfach durch Erdbeben zerſtört, hat es doch viele öffentliche
344 Das gefaltete Land des Weſtens.
Gebäude, geſchloſſene Häuſerreihen mit zahlreichen Gärten, Bergwerksſchule, mineralogiſches
Muſeum, Pochwerke und Maſchinenbauwerkſtätten, aber meiſt einſtöckige Häuſer.
Die 1883 von Bolivia an Chile abgetretene Provinz Antofagaſta hatte vor 1900:
187000 qkm Fläche, iſt aber durch die Abtretung der Puna de Atacama an Argentina auf
120718 verkleinert worden. Sie enthält die bei Caracoles in 2865 m Höhe 1870 entdeckten
wertvollen Silberminen und große Bodenſchätze an Salpeter, Salz und Guano. Die Sal⸗
peterlager von Salinas, der Pampa de la Paciencia und der Pampa de Tamarugal wurden
ſeit 1866 von Chilenen ausgebeutet, die von der bolivianiſchen Regierung die Ermächtigung
dazu erhalten hatten. Die Kündigung dieſer Verträge und der damit drohende Verluſt waren
für Chile der hauptſächliche Grund zur Kriegserklärung an Bolivia 1878. Die Bahn nach
dem Inneren erſchließt auch die berühmten Boraxlager von Ascotan. Der Ackerbau beſchränkt
ſich auf Oaſen, wie Calama am Rio Loa, deſſen ſalpeterhaltiges Waſſer den Pflanzungen
ſchädlich iſt; Grasland iſt überall ſpärlich, Waſſerplätze ſind ſelten.
Daher ſind die Ortſchaften klein. Wenn man von der Puna de Atacama vorläufig
abſieht, ſind nur einige Hafenſtädte erwähnenswert. Der älteſte Hafen dieſer Küſte iſt das
1619 gegründete Cobija (La Mar): ſeit 1829 Freihafen und ſeit 1839 Hauptſtadt eines De-
partamento Bolivias ſowie als einziger Hafen dieſer Republik hatte es eine gewiſſe Be—
deutung, indem es den Verkehr mit Potoſi vermittelte; ſeine frühere Einwohnerzahl 2000
iſt aber auf kaum 900 herabgeſunken, da der Bahnbau den Handel nach Antofagaſta gezogen
hat. Dieſe Stadt entſtand nach der Auffindung der Silberminen von Caracoles und kämpfte
anfangs mit Mejillones um den Vorrang. Obgleich aber dieſes einen guten Hafen hat,
Antofagaſta nur eine geradezu lebensgefährliche Reede, zog ſich der Handel doch nach letz—
terem Platze, weil er als Ausgangspunkt für die Eiſenbahn nach Bolivia gewählt wurde.
Daher iſt Mejillones jetzt völlig verlaſſen — die Wiedererrichtung der Stadt iſt allerdings
geplant —, Antofagaſta dagegen hat 33000 Einwohner und iſt als Eingangstor nach Bolivia
und als Sitz bergbaulicher Induſtrie, wie von Silberſchmelzen, Pochwerken, einer der wichtig—
ſten Häfen der Weſtküſte. Der zweitwichtige Hafen iſt Taltal (11500 Einwohner), durch
Eiſenbahn mit Cachiyuyal, Cachinal de la Sierra, Santa Luiſa und Placilla verbunden, der
dritte Tocopilla (Tafel 13, Abbildung 2), eine Stadt von 5000 Einwohnern, die von
den Salpeterfeldern von Toco (Tafel 14, Abbildung 2) lebt, mit denen ſie durch Eiſenbahn
verbunden iſt. Erwähnenswert ſind noch die ſchlechten Reeden von Papoſo und Caleta Oliva
im Süden und Gatico im Norden, die alle nur dem Salpeterreichtum des Hinterlandes
ihren Verkehr verdanken.
Tarapacäͤ war früher ein peruaniſches Departamento, wurde aber Ende 1879 von
den Chilenen beſetzt; zwar ſollte 1894 eine Volksabſtimmung über die politiſche Zugehörig-
keit entſcheiden, allein bisher iſt es nicht dazu gekommen. Angebaut werden nur in bewäſſerten
Oaſen, z. B. bei Pica, und in den Kordillerentälern Bananen, Obſt, Reben, Zucker, Baum⸗
wolle und Luzerne, aber kein Getreide; im übrigen herrſcht der Bergbau allein. Außer den
gewaltigen Salpeterlagern der Pampa de Tamarugal, die von der Rundbahn Piſagua—
Lagunas-Patillos berührt werden, gibt es Guano und Salz an der Küſte, Borax, Salz und
Jod ſowie Gold, Silber und Kupfer im Inneren, beſonders bei Collahuaſi.
Von den 116000 Einwohnern der Provinz entfallen nicht weniger als 40000, alſo ein
Drittel, auf die Hauptſtadt Iquique, den Ausgangspunkt der nach dem Inneren und nach
Piſagua führenden Salpeterbahn. Obwohl bei den furchtbaren Erdbeben von 1868 und
Die mittleren Kordilleren: Beſiedelung und wirtſchaftliche Verhältniſſe. 345
1877 Iquique mit Arica, Tocopilla, Mejillones, Piſagua beſonders infolge der entſtandenen
Flutwellen völlig zerſtört wurde, iſt es doch ſchon jetzt wieder ein Ort von großſtädtiſchem
Charakter und der Mittelpunkt des Salpeterhandels. Die Silbermine von Huantajaya, die
ſeit 1536 ungefähr 1400 Millionen Mark Silber ergeben haben ſoll, iſt jetzt zwar aufgelaſſen,
und auch der Guano iſt ſchon lange erſchöpft, aber ſolange Salpeter abgebaut wird, muß
Iquique ein blühender Handelsplatz bleiben. Der zweite große Salpeterhafen iſt Piſagua
mit 5000 Einwohnern und ebenfalls ſehr bedeutender Salpeterausfuhr, an der übrigens auch
andere kleinere Häfen teilnehmen, wie das 1877 faſt vollkommen zerſtörte Pabellon de Pica,
ein Ort von früher mehr als 3000 Einwohnern, dann Patillos, deſſen Verbindung mit Lagu⸗
nas ihm reiche Ausfuhr ſichert, und Caleta Buena mit großartigem Aufzug nach den 600 m
über ihm liegenden Salpeterfeldern. Die größten Siedelungen im Inneren ſind Huara
(7700 Einwohner), Pozo Almonte (3700), Negreiros (4800 Einwohner) und Noria; das ältere
Tarapacä inmitten einer Ackerbauoaſe hat 1400 Einwohner.
Die letzte chileniſche Provinz, Taena, die im Jahre 1880 den Peruanern abgenommen
wurde, trägt bereits den Charakter der peruaniſchen Küſtenprovinzen, indem einerſeits der
Bergbau nicht mehr allein herrſcht, ſondern auch etwas Obſt- und Ackerbau, namentlich in
den Tälern von Azapa, Llala und Tacna, getrieben wird, dann aber auch durch Beimiſchung
zahlreicher Neger in Arica. Sie iſt aber nur ſchwach bevölkert und war ſeit 1880 nicht mehr
von Bedeutung, da fie durch die Erbauung der Bahnen Antofagaſta-Oruro und Puno—
Arequipa den Handel nach Bolivia faſt ganz verloren hatte und wegen ihrer unſicheren poli-
tiſchen Stellung zwiſchen Peru und Chile ſich nicht entwickeln konnte. 1912 aber wurde die
ſchon zwiſchen den beiden Hauptſtädten, dem Hafen Arica und der Binnenſtadt Tacna be-
ſtehende Eiſenbahn bis La Paz verlängert, und die Provinz hat daher Ausſicht auf neues
Leben. Tacna iſt durch das Erdbeben vom 9. Mai 1877 ſchwer beſchädigt worden, Arica
wurde 1605, 1748 und 1868 durch Erdbeben faſt vollkommen zerſtört. Vor der Eröffnung
der Bahn nach La Paz hatte Tacna die Hälfte der Einwohner der Provinz, 11500, Arica 2800.
Perü nimmt zurzeit nur noch mit der Provinz Moquegua und Teilen von Arequipa
an unſerem Gebiete teil. In demſelben Verhältnis wie Tacna und Arica ſtehen die durch
Eiſenbahn verbundenen Städte Moquegua (4000 Einwohner) und Ilo zueinander, von denen
Moquegua in 1370 m Höhe am Gehänge der Weſtkordillere liegt und reiche Obſtgärten,
Weinberge und Fluren hat, während Ilo ein unbedeutender Hafen iſt. Wichtiger iſt Mol-
lendo, denn wenn es auch nur 2000 Einwohner hat, ſo iſt es doch durch Eiſenbahn mit Puno
verbunden und daher Träger des Handels eines großen Teiles von Bolivia, ſomit wird es
auch von den an der Weſtküſte fahrenden Schnelldampfern angelaufen. Von einem wirklichen
Hafen iſt auch hier keine Rede, ſondern der Landeplatz iſt nach Middendorfs draſtiſcher Be—
ſchreibung „nur eine Spalte in den Uferklippen, die durch einige flache, ſchwarze, mit Seetang
überwachſene Felſen gegen die Dünung etwas geſchützt wird, jedoch nur bei niedrigem Wellen—
gang“. Vor Mollendo war Islay der Hafen für Arequipa, zur Zeit der Spanier Quilca.
Zum Küſtenland kann man in gewiſſer Hinſicht auch noch Arequipa rechnen, da es
am Weſthang der Weſtkordillere liegt. Arequipa, mit 35—40000 Einwohnern die zweit—
größte Stadt Perus, liegt in 2325 m Höhe in einer weiten Ebene, die infolge künſtlicher Be—
wäſſerung zu einer aus Wieſen und Pflanzungen beſtehenden Oaſe in der umgebenden
Wüſte geworden iſt. 1868 und 1877 durch Erdbeben ſchwer geſchädigt, hat ſich Arequipa
raſch wieder erholt, ja es hat auch den Krieg mit Chile und die nachfolgenden Wirren
346 Das gefaltete Land des Weſtens.
überſtanden und iſt heute eine wichtige Handelsſtadt, in der die Verarbeitung von Baum—
wolle, Gold, Silber und Edelſteinſchleiferei getrieben wird.
Auch im chileniſchen Anteil iſt Ackerbau nur in den Oaſen der Atacama vorhanden,
Viehzucht iſt bedeutender, beſonders werden Llamas und Schafe gehalten, aber zur Aus—
fuhr von Wolle oder Tieren kommt es nicht. Dagegen werden Rinder aus Argentina über
die Atacama nach Chile gebracht. Der ſehr bedeutende Bergbau des chileniſchen Küſten—
gebietes iſt ſchon auf Seite 309 eingehend beſprochen worden.
Die Puna. In der peruaniſchen Buna iſt Puno am Südweſtende des Titicaca
der Hauptort, eine Stadt der Aimara und Ketſchua zugleich, wichtig als Vermittlerin des
Handels zwiſchen Peru und Bolivia, als Stadt unanſehnlich, wenn auch mit 10000 Ein⸗
wohnern eine der volkreicheren der hohen Sierra. Alle übrigen Ortſchaften am Titicaca
und um ihn herum ſind ohne Bedeutung, auch der bolivianiſche Endpunkt der Eiſenbahn,
Guaqui, und das peruaniſche Azaͤngaro. Sie treten alle zurück gegen La Paz (Tafel 14,
Abbildung 3), die größte Stadt der Buna. La Paz wurde 1548 in dem fruchtbaren Gelände
von Chuquiago von Diaz de Medina unter dem Namen Nueſtra Senora de la Paz ge—
gründet und nach der Schlacht von Ayacucho La Paz de Ayacucho genannt. 1780 von Tupaf
Amaru belagert und nur mit Mühe entſetzt, erhob La Paz 1809 die Fahne des Aufſtandes
gegen Spanien, wurde aber 1825 nicht Hauptſtadt der neuen Republik Bolivia, ſondern
mußte dieſen Rang Chuquiſaca oder Sucre überlaſſen. Der Anblick der zwiſchen Baumreihen
und Pflanzungen ſich erhebenden weißen Stadt am Fuße des gewaltigen Ilimani iſt be—
ſonders von der öden Puna der umgebenden Höhen aus großartig, die Stadt ſelbſt bietet
jedoch außer einigen alten ſpaniſchen Häuſern wenig Bemerkenswertes und beginnt auch
neuerdings ſich ſtark zu moderniſieren; was ihr aber nicht wird genommen werden können,
it der Farbenreichtum des Straßenbildes, in dem die Aimarä und die Cholos weitaus über—
wiegen. Heute hat La Paz 95000 Einwohner.
Im mittleren Teil der Puna von Bolivia iſt Oruro in 3764 m Höhe der Hauptplatz
für das Minenweſen, beſonders für den Handel mit Zinn. Urſprünglich als San Felipe
d'Auſtria de Oruro eine ſehr angeſehene Stadt mit 60000 Einwohnern am Ausgange des
17. Jahrhunderts, iſt es ſpäter raſch verfallen und hat heute 24000 Bewohner. Die graue
ſtille Stadt in ſehr vegetationsarmer Umgebung macht einen öden Eindruck, iſt aber infolge
des Aufſchwunges des Zinnbergbaues und durch den Eiſenbahnbau im Fortſchreiten begriffen.
Ahnliches gilt von der berühmten alten Silberſtadt Potoſt in 3960 m Höhe, einer Stadt
von Weltruf und um 1610: 160000 Bewohnern. Gegründet 1545 als Villa Imperial, ſchwang
ſich Potoſi bald zur erſten Bergſtadt Südamerikas, ja der Welt auf und hat aus dem Silber—
berge El Cerro etwa 6,5 Milliarden Mark Silber entnommen; allein mit dem Schwinden
der Ergiebigkeit der Bergwerke ſank auch der Glanz der Stadt, und heute zählt ſie nur
25000 Einwohner. Immerhin erinnern in der im übrigen ärmlichen, durch die Bürger—
kriege ganz beſonders mitgenommenen Stadt noch zahlreiche Bauwerke, beſonders die durch
ihre einfache Schönheit hervorragende Hauptkirche, an den alten Glanz. Neuerdings iſt
Potoſi durch die Schienenverbindung mit Rio Mulato an der Strecke Oruro-Antofagaſta
an das Bahnnetz angeſchloſſen.
Weiterer größerer Ortſchaften entbehrt die Puna. Wo wertvolle Minen liegen, da
freilich ſammelt ſich die Bevölkerung, aber dieſe Siedelungen ſind meiſtens nicht von langer
Dauer. Zu ihnen gehören das Kupferbergwerk Corocoro und der Ort Sicaſica, beide
Die mittleren Kordilleren: Beſiedelung und wirtſchaftliche Verhältniſſe. 347
zwiſchen Oruro und La Paz, dann aber namentlich Huanchaca, wo ſich zur Bearbeitung
der Silbererze von Pulacayo jetzt 8000 Menſchen zuſammengefunden haben. So iſt dieſe
Siedelung größer geworden als das weit ältere Uyuni an der Bahn Antofagaſta-Oruro.
Ascotan (3943 m) iſt durch ſeine Boraxlager bekanntgeworden, Portugalete iſt ein kleines
Dorf in faſt 4300 m Höhe, San Pedro de Atacama in 2980 m Höhe, noch in chileniſchem
Gebiet, der Hauptort der Puna de Atacama, eine Oaſe mit 2—3000 Einwohnern. Im
argentiniſchen Territorio de los Andes, das 1899 von Chile an Argentinien überging,
gibt es auf 64900 qkm nur 3100 Menſchen, die meiſten noch in den kleinen Siedelungen
Antofalla und Antofagaſta de la Sierra. Alle dieſe Wohnplätze leben hauptſächlich von den
Viehtransporten und der Pelztierjagd.
Die über die Puna de Atacama führenden Straßen kommen im Süden von Belen
und Fiambala in Catamarca ſowie von Copiapo in Antofagaſta zuſammen und laufen nach
Atacama weiter. Hier mündet auch die über das Despoblado de Jujuy ziehende Straße
von den Calchaqui- Tälern und Salta, und eine dritte verbindet Jujuy durch die Abra de la
Cortadera mit Gaciayo in Südbolivia. Auf dieſer letzteren Strecke iſt zum Teil wenigſtens
die Eiſenbahnlinie gebaut worden, die von Jujuy herauf nach Südoſtbolivia führt,
1909 La Quiaca erreicht hatte und jetzt nach Tupiza fortgeſetzt wird.
Der Oſtabhang. Am Oſtabhang der Kordillere nimmt die Argentina mit ihren
andinen Provinzen Mendoza, San Luis, San Juan, La Rioja, Catamarca, Teilen von Cör⸗
doba und Tucuman teil, dann aber namentlich mit Salta und Jujuy, und ferner ein Teil der
bolivianiſchen Departamentos Tarija, Potoſi, Chuquiſaca, Cochabamba und La Paz.
Die Beſiedelung der inneren Hochebenen der Argentina iſt ziemlich früh vor
ſich gegangen, früher als die der Pampa, und eine Reihe von Städten des Inneren gehört
zu den älteren in Südamerika: Mendoza ſtammt von 1560, San Luis von 1597, La Rioja
aus dem Jahre 1591, Santiago del Eſtero von 1553, Tucuman von 1585. Alle dieſe Land-
ſchaften hatten ihre älteren Beziehungen nicht zur La Plata-Mündung, ſondern zu Chile:
Mendoza iſt von Chile aus gegründet worden, und ſein Handel ging faſt ausſchließlich dahin,
bis die Eiſenbahn von Buenos Aires 1888 die Stadt erreichte. Der Schwerpunkt des Vize—
königreichs La Plata lag auch keineswegs an den Mündungen des Stromes, ſondern im
Inneren. Mendoza war die Hauptſtadt und der Sitz des Erzbiſchofs, und noch heute wohnt dort
der Biſchof von Cuyo, mit welchem indianiſchen Namen die inneren Hochebenen bezeichnet
werden. Die wirtſchaftliche Lage der andinen Provinzen hat deren Volkszahl und Volks—
dichte bisher niedrig gehalten. Für 1912 können folgende Zahlen angenommen werden:
Dfilometer Einwohner Dichte
Mendoza 146 378 225000 1,5
San Lus £ 73 923 200 000 2,7
Son Jun 87345 117000 1,3
Da Ro ... 998 89000 1,0
Eatamarca . a 123138 110000 0,9
Ducumann 23124 303 000 1,3
Sigg 161099 148 000 0,9
F 49162 63 000 1,3
Zuſammen: 753667 1255000 1,6
Hierbei ſind die der Kordillere angehörenden Teile von Cordoba nicht berückſichtigt worden,
aber da Salta ſich weit in die Ebene erſtreckt, ſo wird dieſer Fehlbetrag wieder ausgeglichen.
348 Das gefaltete Land des Weſtens.
Auf rund 760000 qkm wohnen wenig mehr als 1250000 Menſchen. So ſind denn auch
die Städte meiſt klein: über 10000 Einwohner haben, wenn man von Cordoba abjieht,
nur vier Städte, nämlich San Juan, eben über 10500, Salta (17000), Mendoza (39000)
und Tucuman (66000).
Im Süden beherrſcht Mendoza, die 1559 gegründete Hauptſtadt des Inneren, die
Lage; ſie weicht in ihrer Bauart nicht von den ſpaniſchen Städten ab, fällt aber durch ihre
ſehr breiten Straßen und ihre große Zahl von Türmen, Kirchen und Kapellen auf, wodurch
ſie ſich als kirchlicher Mittelpunkt von Cuyo kundgibt. Erſt ſeit fünfzig Jahren ſteht ſie an
ihrer heutigen Stelle, da das alte Mendoza am Aſchermittwoch 1861 durch Erdbeben völlig
zerſtört wurde. Als Vermittlerin des Handels nach Chile und Mittelpunkt ausgedehnten
Wein- und Obſtbaues hat Mendoza bereits früh eine Rolle geſpielt und verſpricht auch für die
Zukunft einen Aufſchwung. Im Süden beſtehen nur kleine Plätze als Deckung des Weges
nach dem Neuquén, wie San Carlos, San Rafael und San Martin, nach Oſten führen ein
anderes San Martin, Santa Roſa, Dormida, La Paz über zu der alten Stadt San Luis.
Dieſe 1597 gegründete Hauptſtadt der Provinz San Luis liegt am Fuße der Sierra de San
Luis in freier Umgebung, vermag ſich jedoch wegen des Waſſermangels in der Provinz
nur ſchwer zu entwickeln.
Mit den benachbarten Provinzen San Juan und La Rioja, zu denen auch Cata—
mar ca gerechnet werden kann, betritt man die am dünnſten bevölkerten Gebiete. Hier bilden
die Hauptſtädte Oaſen in wüſtenhafter Umgebung: San Juan und La Rioja inmitten von
Gärten und Pflanzungen, Catamarca aber an öderer Stelle. Die Bergbauſtädtchen Chilecito
und Andalgalä in 1150 und 1010 m Höhe haben 4000 und 3000 Einwohner, erſteres ſchon
Eiſenbahnverbindung nach Cördoba. Beide bearbeiten Silberminen, die ſich hoch in den
Gebirgen emporziehen, und treiben Handel, und zwar zum Teil nach Chile, mit Erzen,
Früchten, Wein, Lederwaren und Häuten, auch mit Eſeln und Maultieren. Die in Andal-
gala geförderten Erze werden in Pilciao verhüttet. Tinogaſta in 1200 m Höhe hat bereits
3500 Einwohner. In Jujuy nimmt die gleichnamige Stadt mit 5000 Einwohnern in
1300 m Höhe faſt die ſüdlichſte Lage ein; ſie pflegt lebhaften Handel mit Bolivia, wohin ſie
namentlich Salz, Früchte, Mais und Chicha ſendet, und wird auch von zahlreichen Boli—
vianern bewohnt. In Salta liegt die Hauptſtadt Salta mit 17000 Einwohnern in der
Ebene von Lerma, einem Gebirgskeſſel in 1200 m Höhe, und betreibt Ackerbau und leb—
haften Handel mit Chile und Tucuman. Die fruchtbaren Täler der Calchaqui-Indianer ent⸗
halten Pflanzungen von Wein und Weizen und kleine Ortſchaften, wie Cafayate, Molinos,
San Joſé, San Carlos, die ebenfalls an dem Handel nach Chile teilnehmen. An der Bahn
nach Tucuman liegen Metan, Roſario de la Frontera und Tala, im äußerſten Norden in nur
300 m Höhe über dem Rio Zenta Oran mit 2500 Einwohnern und lebhaftem Ackerbau.
Eine größere Bedeutung, und zwar als Mittelpunkt der Zuckerpflanzungen und der auf ſie
gegründeten Induſtrie ſowie auch als beſonders gutgebaute Stadt, hat nur Tucuman mit
(1910) 66000 Einwohnern; ſie liegt auf einer Terraſſe über dem Fluſſe Tala zwiſchen
blühenden Fluren und iſt reich an öffentlichen Bauten.
Der argentiniſche Oſtabhang hat viel mannigfaltigere Wirtſchaftsverhältniſſe als
Küſte und Puna. Freilich ſteht auch er im allgemeinen noch unter der Wirkung des trockenen
Klimas, und der Ackerbau kann meiſt nur mit künſtlicher Bewäſſerung betrieben werden,
aber er iſt doch weit ſtärker entwickelt als auf der Puna. Die Bewäſſerung des Landes
Die mittleren Kordilleren: Beſiedelung und wirtſchaftliche Verhältniſſe. 349
geſchieht meiſt noch in ziemlich primitiver Weiſe durch Aufſtauung des Regenwaſſers in ſo—
genannten Repreſas, lehmpfützenartigen Waſſerlachen; doch pflegen dieſe Tümpel meiſt nur
der Viehzucht, nicht dem Ackerbau zu dienen. Arteſiſche Brunnen ſind noch ganz ſelten, und
ſonſtige Brunnenbohrungen geben meiſt nicht viel Waſſer. Immerhin betrug die Saat—
fläche der acht Provinzen 1908: 1081000 ha, nämlich in San Luis 269000, Mendoza 194000,
Tucuman 171000, Salta 116000, San Juan 110000, La Rioja 89000, Catamarca 77000
und Jujuy 55000.
Brackebuſch unterſcheidet Weinland, Zuckerrohrgebiet und das mit Mais, Weizen und
Luzerne bepflanzte Land. Von dieſen Kulturen reicht das Zuckerrohr ſüdwärts nur bis
zum 28. Grad, nimmt aber im Norden alle tiefer gelegenen Flußauen ein, insbeſondere
ſüdlich von Tucuman. Von 61000 ha Zuckerfeldern beſaß die Provinz Tucuman 1900 allein
50000 gegen 10000 im Jahre 1887; die Geſamtproduktion ſtieg von 83000 Tonnen (1894) auf
150000 (1896); 1900 erzeugte Tucuman in 33 Ingenios (Zuckerfabriken) 80000 Tonnen
Zucker und 6824560 Liter Alkohol. Faſt ebenſo ausgedehnt ſind die Weinpflanzungen
iu der Ebene, meiſt ſüdlich des 28. Grades; vor allem begegnet man ihnen in der nächſten
Umgebung der Städte Mendoza und San Juan, weniger bei La Rioja und Catamarca.
Die übrigen Kulturen verteilen ſich auf die Flußufer. Weizen wurde 1909 in Catamarca
auf 11200, in San Juan auf 8500, in La Rioja auf 6100, in San Luis auf 3300, in Tucu-
man und Jujuy auf je 3000, in Salta auf 2700, in Mendoza auf 2500 ha, im ganzen
auf etwa 40300 ha gebaut. Mais iſt mit 128500 ha ſtärker vertreten; von dieſen entfallen
41000 auf Tucuman, 24000 auf Salta, je 15000 auf San Luis und Catamarca, 11000
auf Mendoza, je 8000 auf La Rioja und Jujuy und 6500 auf San Juan. Ferner wird
namentlich Luzerne angebaut, dann Tabak, Obſt, Reis, Kürbiſſe, Melonen, Gerſte,
Kartoffeln, Rizinus.
In Salta und Jujuy ſind die mittelhohen Kordillerentäler der Sitz des Ackerbaues.
1909 waren in Salta 24000, in Jujuy 8000 ha mit Mais bepflanzt, in Salta 2700 ha mit
Weizen, je etwa 1000 ha mit Wein, Zuckerrohr, Tabak und in Jujuy 3000 ha mit Weizen;
auch Luzerne wird viel in Jujuy gebaut, doch fehlen darüber genaue Zahlen. Raps, Anis,
Gerſte, Kichererbſen, Bohnen, Erdnüſſe, Ol, Lein, in den wärmſten Gegenden auch Indigo,
Reis, Maniok, um Oran Kaffee und Bananen, ſowie zahlreiche europäiſche Gartenfrüchte,
Kohl, Gurken, Zwiebeln, Rüben, ſind eingebürgert worden. An Obſtbäumen ſind häufig
Feigen, Quitten, Pfirſiche, Aprikoſen, Miſpeln, ſeltener Apfel, Birnen, Pflaumen, Kirſchen,
Mandeln. Wein wird in den Gebirgstälern des Calchaqut, um Cafayate und Molinos,
zwiſchen Chilecito und Tinogaſta im Coloradotale und bei Andalgalä und Belen gezogen,
in Churcal bei Molinos noch in 2000 m Höhe.
Die Viehzucht kann nicht in allen andinen Provinzen Argentiniens gedeihen, da
einige von ihnen ſo trocken ſind, daß ſelbſt Schafe nicht gut fortkommen, beſonders in San
Juan, La Rioja und Catamarca und auf weiten Strecken in Mendoza. Dennoch war der
Wert des Viehſtandes 1908 in allen acht Provinzen zuſammen 190,5 Millionen Mark, näm—
lich 44 in San Luis, 35 in Salta, 30 in Tucuman, 25 in Mendoza, 21 in La Rioja, 16 in
Catamarca, 11,5 in Jujuy und 8 in San Juan.
Der Bergbau tritt in Argentinien überhaupt zurück, doch find gerade die Kordilleren
und die Vorkordilleren nicht arm an Erzen. Salta liefert Kupfer, ſilberhaltigen Bleiglanz,
Antimon, Eiſen und Gold, Jujuy iſt reich an Quarzgängen mit gediegenem Gold, Schwefelkies
350 Das gefaltete Land des Weſtens.
und Limonit ſowie an Goldwäſchen und Boraxlagern auf dem Despoblado. Außerdem
kommen Bleiglanz, Kupfer und Antimonit, in den Kreideſchichten beider Provinzen auch
Erdöl vor. Von Metallen liefert Mendoza Kupfer, Bleiglanz, Selen, Gold, Fahlerz,
Rotgüldigerz, Pyrit, Malachit, Antimonit uſw., San Juan Gold, Kupfer, Bleiglanz, Fahl-
erz, Kupferkies, Malachit, teils in Granit und Quarzporphyr, aber auch in Gneis, ſiluriſchen
Kalken und Schiefern, meiſt in Höhen von 3000 m und darüber. In La Rioja ſind gold—
führende Kupfergänge häufig, und verſchiedene Kupfererze, Roteiſen, Nickel, Bleiglanz,
Magneteiſen treten bis zu 5000 m in großer Menge auf; die Kupfergrube La Mexicana
erreicht bei Eſpino faſt dieſe Höhe. Am bekannteſten ſind die Silber- und Kupfergruben
bei Chilecito in der Sierra de Famatina und die von Capillitas in der Provinz Catamarca.
Die Sierra de Cordoba enthält zwiſchen 30 und 32“ zahlreiche Fahlbänder von Stupfer-
erzen, Eiſenkies, Magnetit im archäiſchen Schiefer und Gneis, ſowie beträchtliche Bleiglanz—
gänge mit Schwefelkies, Vanadinerzen (bei Aguadita) und Silber, auch goldführende
Quarzgänge, Antimon, Wolfram und Molybdän. Die Sierra de San Luis hat bei Pilon
Goldgruben in 1000 m Höhe, mit gediegenem Gold, Kupferkies, Schwefelkupfer, Malachit,
ferner Wolfram, Manganerze, ſilberhaltigen Bleiglanz und Roteiſen; die Goldwäſchereien
im Süden des Gebirges führen auch viel Magneteiſen und Granaten. Graphit kommt
in den kriſtalliniſchen Kalken in Cördoba und Catamarca, Phosphat in dieſen Provinzen
und San Luis, Kaolin in Cördoba vor, wo es ſchon zur Porzellananfertigung benutzt wird;
Edelſteine fehlen anſcheinend ganz, während von Halbedelſteinen Amethyſte, Granate und
Berylle in der Sierra de Cördoba vorhanden ſind. Auf den Hochebenen im Grenzgebiet von
La Rioja, Tucuman, Santiago und Cördoba gewinnt man Salz aus den großen Salinen,
hier in der Form von Kochſalz; Steinſalz liefert die Gegend am Rio de la Sal in San Juan,
wo auch Salzquellen ſalzhaltige Bäche ſpeiſen: Agua Salada, Salado, Saladillo ſind dem—
zufolge hier häufige Ortsnamen. Kohlen fehlen ſo gut wie ganz, der vorhandene Alaun wird
zum Färben benutzt, bei Zonda in San Juan findet ſich Schwefel.
Die wichtigſten induſtriellen Anlagen ſind Mühlen, Bierbrauereien, Zucker- und
Tabakfabriken, Branntweinbrennereien, Likör- und Konſervenfabriken, Gerbereien, Säge—
mühlen, auch Möbelfabriken. Der Handel beſteht in der Ausfuhr der Landeserzeugniſſe
nach Buenos Aires und Roſario, beſonders von Zucker aus Tucuman und Wein aus Men-
doza und San Juan; der Viehhandel nach Chile iſt zurückgegangen.
Der bolivianiſche Oſtabhang. Im Südoſten haben ſich größere Ortſchaften nicht
zu entwickeln vermocht. Tupiza (3000 m), das beſonders vom Handel mit Argentina lebt,
aber auch Bergwerke in der Nähe beſitzt, und Camargo oder Cinti, das Bolivia mit Wein
verſorgt, ſind Landſtädtchen von 4000 und 2000 Einwohnern, das in 1770 m gelegene Tarija
hat 7000 Einwohner; größer find nur Sucre oder Chuquiſaca und Cochabamba. Von
dieſen hat es Sucre auf der Waſſerſcheide zwiſchen dem Pilcomayo und dem Rio Grande,
dank ſeiner Eigenſchaft als langjährige Hauptſtadt des Landes, auf 23000 Bewohner gebracht.
Suere wurde 1528 an der Stelle einer alten peruaniſchen Stadt gegründet und nach der
Schlacht von Ayacucho (1825) nach dem ſiegenden General Sucre genannt, hieß aber auch
Charcas, eine Bezeichnung, die als Propinzname auf das ganze Hochland übergegangen
iſt, und beim Volke Chuquichaca, das goldene Tor. Dieſer und noch ein anderer Name,
La Plata, deuten auf Reichtum an wertvollen Metallen, die denn auch in der Umgebung
vorhanden ſind. Der Hauptanziehungspunkt der Stadt für Fremde iſt das mit Gold, Perlen
Die mittleren Kordilleren: Beſiedelung und wirtſchaftliche Verhältniſſe. 351
und Edelſteinen geſchmückte Bild Unſerer Lieben Frau von Guadalupe, im Werte von
8 Millionen Mark. Die Höhe von 2694 m gejtattet noch lohnenden Acker- und Gartenbau,
auch wird Sucre infolge ſeines wärmeren Klimas von den Bewohnern Potoſis als Er—
holungsort benutzt. Eine faſt rein indianiſche Stadt iſt das 1573 als Oropeza gegründete
Cochabamba (Seefeld), in ähnlicher Höhe (2560 m) wie Chuquiſaca, aber in ähnlicher
Umgebung wie La Paz, nämlich am Südabhang der Cordillera Real und am Fuße des
Tunari. Die mäßige Höhe erlaubt auch Cochabamba den Anbau von Weizen, Mais und
Koka ſowie Viehzucht, doch verfertigen die Bewohner, deren Zahl jetzt 29000 betragen ſoll,
aus der Alpakawolle und aus Baumwolle auch Stoffe und erzeugen überdies Seife, Bier,
Lederzeug, Sättel, Stärke und Tonwaren. Am Oſtgehänge der Kordillere liegt Santa
Cruz de la Sierra in 440 m Höhe, ein weltferner Ort, aber Biſchofsſitz und als Randſtadt
gegen die Ebene größter Handelsplatz im oberen Madeiragebiet mit Ausfuhr von Zucker,
Kakao, Maniok, Tabak, Kautſchuk, Leder und angeblich 18000 Einwohnern.
Der Nordabhang der Kordillere zwiſchen Santa Cruz und Inquiſivi iſt menſchenleer.
Erſt bei dieſem Orte beginnt wieder ſtärkere Bevölkerung, und zwar meiſt in der Höhe von
10003000 m, in der Montaſſa, den Yungas. Hier ſind Inquiſivi, Yanacachi, Chulumani,
Coripata und Coroico, im Nordweſten Tipuani, Huanay, Mapiri und Apolobamba im Strom—
gebiete des Mapiri die bekannteſten Ortſchaften, ſämtlich Städtchen der Tierra fria und Tierra
templada, mit Handel nach La Paz und der Puna, von der ſie im Austauſch gegen die Haupt—
produkte der Yungas, Koka, Chinarinde, Kakao und etwas Kaffee, ihre Lebensmittel beziehen.
Die Ortſchaften liegen alle hoch über den Tälern, mit herrlicher Ausſicht auf die benachbarten
Gebirge und Gründe, die bewaldeten Gehänge und ſchneetragenden Gipfel, ſind aber meiſt
uneben, die Straßen oft ſteil, die Häuſer einſtöckig, unſcheinbar, aus Lehm gebaut.
Bolivia als Staat. Das jetzige Bolivia war lange die Hochburg des Vizekönigreichs
Peru, wurde erſt 1780 unter dem Namen Charcas von Peru losgelöſt und dem Vizekönig—
reich La Plata zugeteilt, geriet aber in demſelben Jahre faſt vollkommen in die Hände der
Indianer, die ſich unter dem Kaziken Condorkanki, einem Nachkommen des Inka Tupak
Amaru, in Maſſe erhoben hatten. Nachdem ſie ihre Macht drei Jahre lang zu halten vermocht
hatten, wurden ſie 1783 von den Spaniern niedergeworfen; immerhin ſind ſie auch heute
noch ein nicht zu unterſchätzender Faktor, der ſich namentlich bei Revolutionen im Lande
geltend macht und noch 1899 zur vorübergehenden Überwältigung der Gegend von Corocoro
durch die Indianer geführt hat. Die Erhebung des ſüdamerikaniſchen Kontinents gegen die
Fremdherrſchaft griff im Jahre 1809 auf Hochperu über, wo nun neun Jahre lang mit
wechſelndem Glück gekämpft wurde, bis es den Spaniern 1818 gelang, das Land wieder zu
unterwerfen. Während aber alle übrigen Teile des ſpaniſchen Kolonialreiches in Süd—
amerika ſchon 1822 von den Spaniern geräumt wurden, hielten ſich dieſe hier bis Anfang
des Jahres 1825, worauf aus den Provinzen Charcas (Potoſi), La Paz, Cochabamba und
Santa Cruz die Bolivar-Republik Bolivia gebildet wurde. Der neue Freiſtaat hat ſeitdem
wenig Ruhe gehabt, denn die Unbeſtändigkeit ſeiner Bevölkerung und die Eiferſucht ſeiner
Nachbarn ſtürzte ihn in beſtändige Bürgerkriege, ja auch in auswärtige Kriege mit Chile
1836-39 und 1878—83, die beide ungünſtig für Bolivia verliefen; der letztere der beiden,
der pazifiſche Krieg, koſtete ihm ſogar ſeine geſamte Küſte. Nachdem es dadurch den Zugang
zum Meere verloren hatte, war es etwa drei Jahrzehnte ein Spielball zwiſchen ſeinen Nach—
barn, unter denen ihm Braſilien 1903 faſt das ganze Acre-Gebiet abnahm. Seit einigen
352 Das gefaltete Land des Weſtens.
Jahren aber beginnt Bolivia infolge des Ausbaues ſeiner Eiſenbahnen wirtſchaftlich und
politiſch zu erſtarken und wird vorausſichtlich raſch zu größerer Bedeutung gelangen.
Nach Erledigung des Grenzſtreites mit Peru 1909 hat Bolivia auf 1440000 qkm
21% Millionen Einwohner. Auf einer Fläche von der Größe des Deutſchen Reiches und Dfter-
reich-Ungarns zuſammengenommen wohnen alſo noch nicht einmal ſo viel Menſchen wie in
der Stadt Berlin. Heute liegt der Schwerpunkt des Staates noch ganz in der Sierra, aber
bereits beginnt auch das Tiefland Wichtigkeit zu gewinnen. Von der Geſamtfläche des Landes
entfallen auf die Sierra allerdings nur etwa 445000 qkm, aber auf ihr leben 2100000 Ein⸗
wohner, alſo über 92 Prozent, in dem faſt 1 Million qkm großen Tieflande kaum 170000, mit
den freien Indianern vielleicht 250000. Daher iſt die Volksdichte auf dem Hochlande 5, im
Tieflande nur 0,16 bis 0,3 auf 1 qkm, und die des Geſamtſtaates wird durch die Menſchen—
armut und die große Fläche des Tieflandes auf 1,5 herabgedrückt.
Die Städte ſind im ganzen wenig volkreich. Gibt man La Paz 95000 Einwohner,
jo ragt dieſe Stadt über die anderen weit hervor. Ihr zunächſt kommt heute wohl Cocha-
bamba mit 29000, dann folgen Potoſi (25000), Oruro (24000) und Sucre (23000), weiter
Santa Cruz mit 18000 Einwohnern. Die Hauptſtadt iſt Sucre.
Das Verkehrsweſen. Bolivia war bis vor kurzem noch einer der verkehrsärmſten
Staaten Südamerikas. Bis zum Jahre 1879 beſaß es wenigſtens noch einen Küſtenſtrich
mit den Hafenplätzen Antofogaſta und Cobija. Seitdem iſt es aber vom Meere abgeſchnitten
und muß daher ſeine Erzeugniſſe über Chile, Peru, Braſilien oder Argentinien ausführen.
Außerdem ermangelte es bis zum Jahre 1892 jeglicher Eiſenbahnen und erhielt damals
als erſte die kleine Strecke Ascotan-Oruro. Daher litt auch ſeine wirtſchaftliche Entwickelung
Not, wenn auch ſein Handel 1887: 45 Millionen Mark betrug, wovon 32 auf die Ausfuhr
von Erzen, Wolle, Chinarinde und Cascarilla kamen. Mit dem Auslande ſtand es anfangs
ausſchließlich durch die peruaniſche Bahn Puno - Mollendo in raſcherer Verbindung.
Dieſer gegenüber erwies ſich die chileniſche Antofagaſta-Eiſenbahn (S. 314) als eine
ernſtliche Nebenbuhlerin, zugleich aber wurde ſie für Bolivia eine Kulturbringerin von
größerer Bedeutung als jene, da ſie mitten ins Herz des Landes dringt. Der wirtſchaft—
liche Aufſchwung Argentiniens geſtattete dieſem dann, ſein Eiſenbahnnetz bis an die
Grenze von Bolivia, nach La Quiaca, vorzuſchieben; dadurch erhielt der Südoſten Bo-
livias, die Gegend von Tupiza, für ihren Handel einen Ausgang nach Südoſten. Einen
ſolchen hatte Bolivia nach ſeiner Abſperrung von der Küſte ſchon lange geſucht und in dem
Rio Pilcomayo zu finden geglaubt, doch vergeblich, da dieſer Fluß ſich als ungeeignet
für die Schiffahrt erwies.
In allerletzter Zeit hat aber die Aufſchließung Bolivias größere Fortſchritte gemacht
als in Jahrzehnten vorher. Einerſeits baute Chile die alte Handelsſtraße Taena-La Paz,
die ſeit der Eröffnung der Eiſenbahn Antofagaſta-Oruro verödet war, zu einem Schienen-
weg aus (1912), dann wurde der Ausgang nach Nordoſten durch die Erbauung der braſiliſchen
Madeira-Mamoré-Bahn (S. 97, 136) beträchtlich erleichtert, und endlich iſt auch die
Strecke La Quiaca-Potoſi 1912 aus dem Stadium des Projektes in das des Baues ge-
treten. Da außerdem La Paz, Potoſi und Cochabamba an die Eiſenbahn nach Antofagaſta an-
geſchloſſen worden ſind, ſo hat das Land in kurzer Zeit ein ausreichendes Netz von Schienen⸗
wegen erhalten. Beſonders wertvoll würde ferner für Bolivia die Ausführung des geplanten
Anſchluſſes von Santa Cruz de la Sierra an die braſiliſche Bahn Säo Paulo -Corumbaͤ
Die mittleren Kordilleren: Beſiedelung und wirtſchaftliche Verhältniſſe. 353
(vgl. S. 216) ſein. 1913 beſtanden bereits 1891 km Eiſenbahnen im Lande, die ſich wie
folgt verteilen; im Bau und geſichert waren 840 km:
km Vollendet km Vobllendet
Ascotan-La Paz mit Anſchluß⸗ Cochabamba Elektriſche Bahn 75 (2)
linen nn: 900 1910 Uyuni — Tupizrsaa 241 (im Bau)
Oruro — Via cha 202 1910 (2) [Tupiza — La Duiaa . . 95 (im Bau)
La Paz — Tacoraa 208 1912 La Paz Puerto Pando . . 201 (im Bau)
Potoſi - Rio Mulato . . 170 1912 Cochabamba Rio Chimoré . 300 (im Bau)
Oruro - Cochabamba. . . 209 1914 Uyuni — Pulacayo (Privat) . 33 (fertig)
La Paz Gu aqui. . 97 (?) Zuſammen: 2731
Bon diejen Bahnen überjchreitet die Linie Potoſi-Rio Mulato das Gebirge in der
Höhe von 4820 m und iſt damit die höchſte Bahn der Erde.
Die Länge der Telegraphenlinien betrug 1912: 6133 km, Stationen für drahtloſe Tele-
graphie werden 7 eingerichtet, beſonders für den Verkehr von La Paz nach dem Tieflande.
Handel. Die Verbeſſerung der Verkehrsverhältniſſe hat, wenn ſie auch noch nicht
vollſtändig durchgeführt iſt, Bolivia doch ſchon großen Vorteil gebracht. Das geht aus dem
Vergleich der Zahlen für den Handelswert hervor: |
1887 1901 1912
4117385) SO AB Zr Ze 13 30 77,5
ISBN DER 32 66 139,5
Handel: 45 96 217,0
Demnach iſt die Einfuhr in 25 Jahren auf das Sechsfache, die Ausfuhr auf das Viereinhalb—
fache, der Handel überhaupt auf das Fünffache geſtiegen, ein Ergebnis, deſſen ſich kein anderes
Land des Erdteils rühmen kann. Die Einfuhr beſteht wie überall aus Lebensmitteln, In⸗
duſtrieerzeugniſſen, Halbfabrikaten und Rohſtoffen und kam 1911 zu faſt drei Fünfteln von
Großbritannien, dem Deutſchen Reiche und den Vereinigten Staaten. Von der Ausfuhr
nahmen 1912 die Produkte des Bergbaues über zwei Drittel, diejenigen des Waldes im
Tieflande nahezu ein Sechſtel ein, erſtere Erze (108,5 Millionen Mark), letztere Kautſchuk
(24 Millionen Mark). Im Verhältnis werden neuerdings die Erzeugniſſe des Tieflandes
immer wertvoller, obwohl 1903 eines der größten Kautſchukgebiete Bolivias, Acre, an
Braſilien abgetreten werden mußte.
Bergbau. Aber auch der Bergbau hat eine bedeutende Steigerung erfahren. Aller—
dings hat ſich auch darin eine Wandlung vollzogen, inſofern das frühere Hauptprodukt der
Minen Bolivias, Silber, gegen das Zinn zurückgetreten iſt. Der ſeit 1545 ausgebeutete
berühmte Cerro de Potoſi, deſſen Ertrag von 1552 —1802 auf 1800 Millionen Peſos
geſchätzt wird, iſt nicht mehr ſo ergiebig wie einſt. Noch im Jahre 1885 nahm die Silber—
ausfuhr mit 17,4 Millionen Mark 63 Prozent der Ausfuhr ein, 1911 aber ſtand Zinn mit
93 Millionen Mark, etwa 66 Prozent, an der Spitze, Silber erreichte nur noch 6,6 Millionen
Mark, rund 5 Prozent. Daneben ſpielen nur noch Kupfer mit 5,2 Millionen Mark wegen
der Menge, Wismut mit 3,4 Millionen Mark wegen ſeiner Seltenheit und Gold mit kaum
100000 Mark eine Rolle. Die bekannteſte Goldmine iſt die von Chuquiaguillo bei La Paz,
Kupfer kommt beſonders von Corocoro und Chacarilla, Wismut von Huayna Potoſt und
Tasna (1912 für 3,2 Millionen Mark) und Silber von Huanchaca, während Zinn hauptſächlich
in der Gegend von Oruro und Uyuni, aus den Minen Araca, Huanuno, Avicaya, Quechisla,
Llallagua, namentlich aber aus Uncia gefördert wird. Erwähnenswert ſind ferner noch Zink,
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 23
354 Das gefaltete Land des Weſtens.
Blei von Cochabamba, Platin von Potoſi, Wolfram und endlich Salz aus den Salinen der
Pampa de Empeza, während das Petroleum des Chaco noch kaum ausgenutzt wird.
Der Ackerbau ſteuert zur Ausfuhr zurzeit nur einen geringen Teil bei, weil die
Nungas, in denen er hauptſächlich ſeinen Sitz hat, guter Verbindungen nach den Küſten
noch ermangeln. Sehr bedeutend ſind die Quinapflanzungen, zu denen nur die beſten
Arten, die braunrote Quina morada, die Quina zamba und die Quina verde verwandt
werden; im Tale von Cuſilluni enthielt eine einzige Pflanzung 300000 Bäume von 3 bis
7 Jahren. Die Koka überwiegt in der Gegend von Coroico ſo, daß nur ausnahmsweiſe
Mais⸗ und Reisfelder ſichtbar werden. Sie
wird großenteils im Hochlande verbraucht, zum
Teil auch in den Salpeterminen um Iquique
und in Argentina, die Ausfuhr hatte 1912
1,1 Million Mark Wert. Kaffee wird in den
Yungas in der Gegend von PYanacachi nur als
Nebenerzeugnis gepflanzt, da die Transport-
koſten nach der Küſte zu hoch ſind. Außer—
dem werden namentlich in 5002000 m Höhe
Zuckerrohr, Kola, Baumwolle, Bananen, Ana—
nas, Reis, Pfeffer und Melonen, in der Tiefe
Kakao angebaut. Auch geſtatten die mittel—
hohen Landſchaften zwiſchen 2000 und 3000 m
um Sucre, Cochabamba und Tarija die Kultur
gemäßigt tropiſcher und ſubtropiſcher Pflan—
zen, z. B. Mais und Weizen, während aller—
dings die Puna für den Anbau von Nutz⸗
pflanzen kaum in Betracht kommt; nur um
. den Titicacaſee finden ſich Pflanzungen von
e Quinua, Gerſte, Oca, Kartoffeln, zum Teil
ſchon jeit den Zeiten der alten Aimaraä. Im
ganzen ſind in Bolivia bisher nur 5 Prozent des anbaufähigen Bodens bepflanzt.
Die Viehzucht liefert zur Ausfuhr nur geringe Mengen von Häuten (1912 für
430000 Mark) und die Wolle der Alpakas, Vicuñas und Llamas, aber ſie iſt doch von großer
Bedeutung, da ſie durch die Zucht der Llamas den meiſt ungeheuer hoch, über 5000 m, ge-
legenen Minen die Möglichkeit des Transports der Erze verſchafft. Überhaupt treten gerade
in den größten Höhen die Llamas an die Stelle der Maultiere und Pferde als ganz unentbehr-
liche Laſttiere zum Bewegen des Warenverkehrs jeder Art. Außerdem werden beſonders
Schafe gehalten.
Die Induſtrie iſt nur in einem ihrer Zweige, der Verhüttung der Erze, entwickelt und
wichtig, im übrigen hauptſächlich reine Hausinduſtrie, außer in La Paz, wo auch die Groß⸗
induſtrie aufkommt. Dagegen liefert der Wald des Tieflandes jetzt den zweitwichtigſten Aus⸗
fuhrgegenſtand, Kautſchuk, 1912 im Werte von 24 Millionen Mark.
Die peruaniſche Kordillere: Das Land. 355
III. Die nördlichen Kordilleren.
1. Die peruaniſche Kordillere.
a) Das Land.
Allgemeines. Gegenüber den mittleren Kordilleren zeigen die nördlichen einen etwas
anderen Typus inſofern, als die breiten, abflußloſen Gewölberücken des Inneren, die Alti—
planicie E. Sueß', verſchwinden. Sie machen einer gegliederteren Landſchaft Platz, deren
Entſtehung der größeren Feuchtigkeit auch im Inneren des Geſamtgebirges zu verdanken iſt.
Eine Anzahl waſſerreicher Flüſſe hat tiefe canonartige Täler eingeſchnitten und die Pung
in eine Reihe von Einzelſtücken aufgelöſt. Dadurch erhält das Gebirge ein ganz anderes
Gepräge als in Bolivia. Überdies fallen die Vulkanberge weg. Die Eigenart der öſtlichen und
weſtlichen Abdachung aber bleibt dieſelbe: feuchte, ſtark zerſchnittene Gehänge mit waſſer—
reichen Flüſſen im Oſten, völlig trockene im Weſten bis zu der im Wüſtencharakter verharrenden
Küſte, deren Trockenheit freilich nicht mehr ganz den hohen Grad der Atacama erreicht.
Daher unterſcheidet man in Peru mit Recht den feuchten Oſten, die Montana, von
dem trockenen Küſtengebiet, der Coſta; zwiſchen beiden liegt die Sierra, deren obere Teile
Puna, die über ſie hinausragenden Schneeketten Cordillera heißen, doch bezeichnet man
in Nordperü auch wieder jeden über das übrige Land hervorragenden Höhenzug als Cor—
dillera und nennt die Puna Jalca (ſprich: Halca). Außerdem wird der Übergang von der
Montana zur Puna die Ceja de la Montana, „Braue des Waldes“, genannt.
Der Bau des Gebirges bleibt in ſeinen Grundzügen derſelbe wie im Süden. Das
hat ſchon Antonio Raimondi (vgl. S. 38 und fein Bild auf S. 354) erkannt. Vor allem be-
ſteht der Gegenſatz zwiſchen dem Oſten und dem Weſten inſofern weiter, als die älteren Ge—
ſteine, Gneis, Glimmerſchiefer und alte Eruptivgeſteine, den Oſten, die jüngeren, meſozoiſchen
Alters, den Weſten zuſammenſetzen, der auch wieder durch maſſenhafte Eruption von Por-
phyriten und Andeſiten ausgezeichnet iſt, wenn auch tätige Vulkane fehlen. Aber die Faltung
hat den Untergrund der großen Tiefebenen nicht mehr ſo intenſiv ergriffen wie in Bolivia, und
es macht ſich daher ein ähnliches Abflauen der Gebirgsbildung bemerkbar wie ſüdlich von 28°.
Überquert man unter 90 die Sierra, jo ſtößt man erſt nahe deren öſtlichem Ende, kurz vor Er—
reichung des Marafion, auf die alten Geſteine des Oſtens; das Geſamtgebirge iſt hier alſo
weſentlich meſozoiſch. Überhaupt kann man ſagen, daß, je weiter man nach Norden kommt,
deſto mehr die Oſtkordillere ausfällt. Und doch finden wir bei Loja in Südecuador wieder die—
ſelben Geſteine, Glimmerſchiefer und alte Eruptivgeſteine, in der öſtlichen Kette wie in Bo—
livia, und doch bleibt der Bau des Geſamtgebirges in ſeiner urſprünglichen Anlage und in
ſeinen beſonderen Eigenheiten überall derſelbe. Die Lakkolithe und Batholithe, die wir ſchon
vom Cerro Payne in Südpatagonien kennen (vgl. S. 283), und die in der Oſtkordillere von
Bolivia im Ilimani und anderen Bergen erſcheinen, ſetzen auch noch die meiſten Haupt—
gipfel der großen Schneekette von Nordperu, der Cordillera Blanca, zuſammen, und ebenſo
fehlen faſt allgemein die marinen Ablagerungen bis in die Mitte der meſozoiſchen Periode.
Das Nachlaſſen der gebirgsbildenden Kraft nach Norden hin zeigt ſich aber
ferner auch in zwei äußeren Umſtänden, nämlich in der Abnahme der Breite des Gebirges
und in ſtarkem Rückgang der Höhe, letzteres allerdings erſt von 8° an. Vor allem verliert
23 *
396 Das gefaltete Land des Weſtens.
die Oſtkordillere an Höhe, die höchſten Gipfel liegen alle auf der Weſtſeite, darunter bei
15% 40“ der dreigipfelige Coropuna mit 6615, bei 9° der zweigipfelige Huaskaran mit 6765 m,
aber von 8° an hören die Schneeberge überhaupt auf, in geſchloſſener Reihe aufzutreten, die
Päſſe, welche ſüdlich von Lima in der Weſtkordillere meiſt über 5000, zwiſchen 12 und 8°
nahe 5000 m liegen, ſinken auf weniger als 4000 m, und nahe 6° fällt das geſamte Gebirge
unter 3500, der Paß von Huarmaca iſt kaum 2350 m hoch. Hier verſchmälert ſich die Kor—
dillere auch auf 180 km Breite, während ſie bei Puno am Titicaca noch 420, bei Cuzeo
375 km Breite hat, nördlich vom Cerro de Pasco gegen 300.
Hier freilich wird ſie an einer Stelle auch ſchon bis auf kaum 200 km Breite eingeſchnürt,
und hier, an der früher El Nudo de Pasco genannten Stelle, ergibt ſich eine natürliche Grenz—
linie zur Einteilung der peruaniſchen Sierra. Man könnte eine ſolche auch ſchon bei
Ica und Pisco (4%) machen, weil hier das bisher nordweſtliche Streichen in ein nordnord—
weſtliches übergeht, aber hydrographiſche und auch orographiſche Gründe ſprechen für eine
Abgrenzung bei El Cerro de Pasco. Der Süden wird nämlich durch den Ucayali mit ſeinen
Quellflüſſen Apurimac, Mantaro und Urubamba entwäſſert, der Norden durch den Marañon.
So ergeben ſich zwei Abſchnitte der Sierra, die Apurimac-Anden und die Maraſſon-Anden.
Die Apurimac-Anden. Von dem Paſſe Crucero Alto (4480 m), über den die Eiſen—
bahnlinie von Arequipa nach Puno führt, und über den Paß La Raya nach den Anden von
Macuſani verläuft die Grenzlinie gegen das Titicaca-Becken. Jenſeits dieſer Päſſe und Berge
beginnt die abwechſelungsreiche peruaniſche Sierra.
Die öſtlichen Randketten. Im Nordoſten wird die Waſſerſcheide zwiſchen dem
Inambari und dem Urubamba-Paucartambo durch mächtige Schneegebirge gebildet. In
der Fortſetzung der Andes de Carabaya liegt der ſehr hohe Gipfel Allin Ccapak, dann folgen
die Berge von Macuſani und eine Reihe von weniger bekannten Gipfeln. Der Abhang gegen
den Amazonas beſteht aus einem Gewirr von Bergzügen und ſchroffen Eroſionstälern und
iſt mit dichtem Walde beſtanden; über die Montaita ragen die mächtigen Schneegipfel der
Kordillere empor, meiſt ſtark gegliederte, ſchmale, weit abwärts verſchneite Berge, da die
Schneegrenze hier an der Oſtſeite verhältnismäßig tief liegt. Die Päſſe ſind allerdings meiſt
ſchneefrei, aber auf den Gipfeln lagern große Mengen Firn, und vielfach entſpringen aus
ihnen Hängegletſcher. Granit, Schiefer und Grauwacke ſetzen die Oſtkordillere zuſammen,
weiter im Inneren lagern Sandſteine und Porphyr, wie bei Cuzco und im Auzangate, einem
6000 m erreichenden Schneeberg nahe den Quellen des Paucartambo. Gegen Nordoſten
durchbrechen die Flüſſe Paucartambo und Urubamba die Kordilleren, ſo daß die höchſten
Gipfel nordweſtlich von Cuzco auf der Südſeite des letzteren auftreten, wie der Picacho Yaya
(5310 m) und die Sierra de Huilcaconga. Dieſe hochgelegenen Landſchaften ſind bedeckt
mit glazialen Lagunen, ernähren Herden von Llamas und Alpakas, ſtehen aber wegen ihrer
Schneeſtürme in üblem Rufe und werden nur von Indianern bewohnt.
Auch die Täler haben zum Teil den Charakter des Großartigen, da ſie kühne Formen
und mächtige Waldvegetation miteinander verbinden und hier und da bei Flußdurchbrüchen
zu vollkommenen Schluchten werden, in denen nicht einmal ein Weg am Boden entlang führt,
wie zwiſchen Urubamba und Santa Ana das Urubambatal oder unterhalb Paucartambo das
Paucartambotal; im ganzen aber liegen die Täler doch im Streichen der Schichten, und ſo—
wohl der Urubamba wie der Paucartambo, Yanatilde und Ocobamba bilden Längs—
täler. Der Urubamba entſpringt mit mehreren Armen an der Waſſerſcheide gegen den
Die peruaniſche Kordillere: Das Land. 357
Titicacaſee, ſtrömt als Huilcanota nahe Cuzco vorbei, erhält unterhalb Santa Ana den
Namen Urubamba und heißt nach Aufnahme des Paucartambo Quillabamba.
Überſchreiten wir die Sierra de Huilcaconga, jo erblicken wir das Tal des Apurimac,
des zweiten großen Quellfluſſes des Ucayali, der ebenfalls im ganzen der Streichrichtung der
Kordilleren parallel fließt; dennoch iſt ſein Tal verſchieden von dem des Urubamba: es iſt
ungemein tief eingeſchnitten, am Grunde herrſcht glühende Hitze und brüten gefährliche
Fieber, aus dem Flußbette ſteigen die kahlen, meiſt nur mit Kakteen und dornigem Gebüſch
beſtandenen, von Regenſchluchten zerriſſenen und in den bunten Farbentönen des Geſteines
ſchimmernden Hänge bis zu kalten Höhen empor, und nur an weniger ſteilen Stellen und
in den Seitentälern iſt für Anpflanzungen und Anſiedelungen Raum. Der Apurimac, „der
gewaltige Donnerer“, entſpringt in dem kleinen See Vilafro oder Huanana am Nordabhang
der hufeiſenförmigen Cordillera de Chila und behält die Richtung nach Weſtnordweſt bei bis
zu ſeiner Vereinigung mit dem Mantaro, alſo auf eine Länge von 400 km, in deren Verlauf
er von 2400 m Höhe ſüdlich Cuzco auf 430 m fällt. Seine Strömung iſt reißend, ſein Bett
großenteils dicht mit Felſen beſät und zuweilen durch Waſſerfälle geſperrt, ſein Tal nur ſpärlich
beſiedelt. Bei Chungui treffen die Gewäſſer abermals auf eine hohe Kordillere, wo Päſſe
von mehr als 4000 m und Gipfel von wahrſcheinlich 5000 m Höhe vorkommen. Durch dieſe
öſtliche Kordillere, die hier die letzte der ſtaffel- oder kuliſſenartig vorgeſchobenen iſt, brechen
der Apurimac und ſein großer Nebenfluß, der Mantaro, hindurch. Die vereinigten Flüſſe
nehmen den Namen Ené, nach Aufnahme des Perens von links den Namen Tambo an
und ſind auch jetzt noch eine außerordentlich beſchwerliche Waſſerſtraße, da ſich im Kanal
von Pacchapungo der vorher 600 m breite End auf eine Strecke von 1,5 km bis zu 50 m ver⸗
engert und mit einer Schnelligkeit von 42 km in der Stunde durch ein von ſenkrechten Wän⸗
den gebildetes Felſentor brauſt; der Perené aber verläuft in einem gegen Süden offenen
Bogen durch die Provinz Junin und iſt bis zum Puerto Wertheman in nur 650 m Höhe
ſchiffbar. Die Kordillere ſetzt ſich nördlich des Tambo fort und beſteht um den Gran Pajonal
aus 18002100 m hohen Sandſtein- und Kalkſteinzügen.
Im Südoſten entwickeln ſich noch mehrere Hochbecken, die ſich nach verſchiedenen
Seiten entwäſſern und zwiſchen ſich Hochkämme laſſen: die Cordillera de Chila, Cordillera
Solimana und Cordillera de Huanzo. Derartige Hochbecken ſind das Quellgebiet des Colca,
des Vitor und des Chili, mit 3000 m mindeſter Höhe und Anſtieg bis Vincocaya oder Huinco—
caya (4480 m), ferner das von Caylloma und das Punagebiet am Oberlaufe des Ocoña
um Cotahuaſi und Pauſa. Nördlich von dieſen Hochbecken ſtrömen zwiſchen Hauri und
Huanta der Pachachaca, der Andahuaylas, der Pampas mit dem Calcamayo und die Quell-
flüſſe des Apurimac ſelbſt quer über ein durch den Wechſel zwiſchen Puna und Tälern land—
ſchaftlich, klimatiſch und in ſeiner Vegetation mannigfaltiges Land. Da die Flußtäler oft
2000 m und tiefer eingeſchnitten ſind, erſchweren ſie den Verkehr außerordentlich, aber auch
klimatiſche Unbill bietet die wellenförmige Puna genug. Größere Flüſſe ſind mit Hängebrücken
aus Weidenſeilen, fußdick geflochtenen Weidenruten an ſteinernen Widerlagern, neuerdings
auch mit Kettenbrücken überſpannt. Kleinere Flüſſe überſchreitet man auf Baumſtämmen.
Im Nordweſten verengt ſich das Gebirgsland aus der Gegend von Huanta und
Ayacucho her allmählich bis auf nur 75 km Breite bei Tarma; hier liegen Huanta in 2646,
Huancayo in 3320, Tarma in 3050 und Oroya in 3712 m Höhe. Von Huanta an hat man
es nur noch mit einer einzigen Puna zu tun, die vom oberen Mantaro gegliedert wird, nun
398 Das gefaltete Land des Weſtens.
aber an Höhe ſo ſehr zunimmt, daß ſie bald dem Hochlande Bolivias nichts mehr nachgibt
und endlich bei Cerro de Pasco 4300 m Höhe überſteigt. Der meergrüne Mantaro entſpringt
aus dem Chinchay Cocha und heißt hier ſeines geräuſchloſen Laufes halber Upa Mayo, „der
ſtumme Fluß“; ſpäter nimmt er den Namen Rio de Oroya und Rio de Jauja an, wendet ſich
bei Huanta, gedrängt durch die Oſtkordillere, ſcharf nordweſtwärts zurück und durchbricht
dieſe darauf in rauſchendem Laufe. Oberhalb des Durchbruchs liegen um Huancayo und
Jauja fruchtbare und gut bewohnte, mit Erlen, Weiden, Quinuarbäumen (Polylepis race-
mosa) und Gerſten-, auch Weizenfeldern bedeckte alte Seebecken. Der noch vorhandene
Chinchay Cocha iſt 300 qkm groß, ein blaues Waſſerbecken mit moraſtigen Ufern, ſeichtem
Waſſer und zahlreichen Waſſervögeln, inmitten der kahlen Kordilleren, durch deren öſtliche
der Chanchamayo, der Oberlauf des Perené, zwiſchen Schneebergen hindurchbricht.
Die Weſtkordillere Perus iſt in den oberen Teilen und am Oſthange überwiegend
aus Kalkſtein aufgebaut, der in der Höhe von 4000 — 5000 m über dem roten Sandſtein ruht
und ſeinerſeits von hohen Kuppen, Domen und Tafeln der Andeſite und Trachyte gekrönt
wird; ſo erhält die Weſtkordillere gegenüber der Oſtkordillere den Charakter einer breit—
gewellten Maſſe, die nur wenig Hochgebirgscharakter hat. Aber die Gipfel ſind doch ſehr
hoch. Namentlich der im Nordweſten von Arequipa liegende Schneeberg Coropuna (Puna
von Coro), früher auch Ampato genannt, gehört zu den höchſten des Landes; er iſt zwar nicht,
wie bisher angegeben, 6970 m hoch und damit ein Rivale des Aconcagua, ſondern nach der
Meſſung von Bingham „nur“ 6615 m und damit ein ſolcher des Illampu. Die Kordillere
zieht nun mit Gipfeln von wahrſcheinlich 5500-6000 m Höhe weiter nach Nordnordweſten,
iſt aber auf dieſer Strecke ſehr wenig bekannt. Erſt dort, wo die Oroya-Bahn in 4768 m
Höhe in einem Kehrtunnel durch ſie hindurchführt, hat man Gipfel gemeſſen, wie den nur
zum Teil mit Schnee bedeckten Monte Meiggs. Hier konnte auch R. Hauthal im Toldo—
rumi (6000 m) ein Muſterbeiſpiel für die Wirkungen der eigentlichen Vergletſcherung auf—
ſtellen, und hier ſind die glazialen Lagunen, wie Moro Cocha, teils wegen der Waſſerverſor—
gung der Stadt Lima, teils weil ſie bekannten Minen naheliegen, näher unterſucht worden.
Die Päſſe haben meiſt zwiſchen 4200 und 5200 m Höhe. Sie führen nach Weſten zunächſt
in glazial erweiterte Hochtäler hinab, die dann unterhalb von etwa 33003500 m in ſcharfe
Eroſionstäler übergehen. In dieſen laufen ſtarke Bäche hinab, deren Waſſer anfangs milch—
weiß gefärbt iſt, da ſie aus Gletſchern entſtehen. Aber ſie ſind nicht imſtande, die Schutt—
maſſen des Hochgebirges nach dem Meere abzuführen, und ſo iſt dieſes in ſeinen eigenen
Schutt gehüllt. Enge Pfade, mühſam in die Berglehnen eingeſchnitten, ziehen ſteil und im
Zickzack abwärts, und ebenſo windet ſich die Eiſenbahnlinie von Chiella über Matucana nach
San Bartolomé im Rimac Tale an ſchwindelnden Abgründen durch Tunnels und über
kühne Brücken in bedenklichen Kurven abwärts.
Das Küſtenland ſelbſt ſinkt in Stufen zum Meere ab, deren breite Flächen als Pam—
pas, z. B. Pampa de Islay, bekannt ſind. Sanddünen, Medanos, die bei Ica bis zu 80 m
hoch werden, kahle Hügelketten, kieſige und ſandige Strecken, verkrüppelte Bäume, dorniges
Geſträuch, zahlloſe Trockenbetten geben der Küſte den Charakter einer Wüſte, deren Eigen-
art und matte Färbungen die Tafel „Das Totenfeld von Ancon an der Küſte von Peru“ bei
Seite 371 beſſer zeigt, als Worte zu ſchildern vermöchten. Etwa dreißig Flüſſe münden an
der Küſte von Peru, doch hat keiner von ihnen für den Verkehr eine Bedeutung, da ihr
Gefälle zu groß iſt und ihre Täler häufig faſt unzugängliche Schluchten ſind. Auch führen
Deruaniſche Kordilleren.
Tafel 15.
I. Sandwüſte mit Dünen im Küftenland von Nordperu bei Piura.
Nach Photographie von H. Bock in Leipzig. (Zu S. 364 u. 367.)
2. Die Stadt Hua
raz, darüber d
as Mittelgebi
or 5
rge und die Cordillera Blanca.
Nach Photographie von Maguina in Huaraz. (Zu S. 359, 362 u. 379.)
Tafel 15. Peruaniiche Kordilleren.
— — —
3. Die Erzichmelze El Veſuvio am Oſthang der Cordillera Blanca. Dahinter ein Schneeberg (Nevado).
Nach Photographie von W. Sievers in Gießen. (Zu S. 382.)
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4. Blühende Tupinen im Tal von El Veſuvio am Oſthang der Cordillera Blanca in 4540 m Höhe.
Nach Photographie von W. Sievers in Gießen. (Zu S. 368.)
Die peruaniſche Kordillere: Das Land. 359
ſie zum größeren Teile kein Waſſer, obwohl ſie vielfach aus Gletſchern entſpringen; die
Verdunſtung und die Entnahme von Waſſer zu Berieſelungszwecken machen ſie im unterſten
Laufe zu Trockenbetten. Wo ſie aber, wie der Rimac bei Lima, die Küſte noch waſſer—
führend erreichen, da ſteht ihre Waſſermenge nicht im Verhältnis zu der, die ihnen ihre
Quellbäche zuführen. Anderſeits ſchwellen ſie bei ſtarken Regenfällen in der Kordillere
gelegentlich ſo an, daß man ſie tagelang nicht überſchreiten kann.
Die Maranon-Anden. In der Gegend vom Cerro de Pasco beginnt der nördliche
Abſchnitt der peruaniſchen Anden, in dem der Maranon der Hauptfluß iſt. In ſeinem Quell⸗
gebiet um 10° 30“ wurde in früheren geographiſchen Darſtellungen der „Gebirgsknoten von
Cerro de Pasco“ angeſetzt. Mit derartigen Begriffen rechnet die moderne Geographie nicht
mehr, richtig aber iſt, daß ſich hier eine Verſchmälerung des Geſamtgebirges bis auf 275 km
und zugleich eine hydrographiſch wichtige Grenzzone zwiſchen dem ſüdlichen und dem nörd—
lichen Abſchnitt der peruaniſchen Kordillere einſtellen.
Der Hualläga fließt aus zwei in der Gegend nördlich vom Cerro de Pasco ent—
ſpringenden Quellflüſſen zuſammen: dem eigentlichen Huallaga, der dem Geſamtfluß die
Richtung gibt, und dem Huakar, der wohl waſſerreicher iſt. Im Oberlauf iſt das Tal des
Huallaga ſteil, eng und ſchluchtartig; der Fluß fällt dann aber raſch und erreicht bei Huänuco
ſchon 1800 m Höhe, ſo daß ſein breiter Talboden hier bereits üppige Vegetation, Kaffee—
pflanzungen und Obſtgärten trägt und von hohen, verdorrt und gelblich ausſehenden Wänden
eingefaßt wird. Dann durchbricht er die Randkette und wird bei Tingo Maria in nur noch
600 m Höhe für Boote ſchiffbar.
Die Kordillere zeigt auch nördlich von dieſer Grenzzone noch die Merkmale eines
einheitlichen Baues. Sie enthält im Oſten des Maranion ältere Geſteine, Gneis, Glimmer—
ſchiefer und alte Eruptivgeſteine, wie Syenit und Granit, und dieſe werden zum Teil
noch in dem tiefen Carion des Maraſſon angeſchnitten, ja ſie treten vereinzelt auch weſtlich
von ihnen auf. Der geſamte Reſt des Gebirges aber beſteht aus Sedimentgeſteinen der
meſozoiſchen Zeit, aus Konglomeraten, Sandſteinen und mächtigen Kalken, namentlich der
unteren Kreide. Dieſe ſind meiſt ſtark gefaltet und fallen großenteils gegen das Meer, alſo
nach Weiten, ein, aber gerade weſtlich vom Mararion liegen ſie vielfach auch faſt horizontal.
Auf der Weſtſeite der Sierra ſind ſie von Porphyriten und Andeſiten durchbrochen und durch—
zogen, und in der Mitte derſelben treten gewaltige Lakkolithe aus Granodiorit auf, einem
Geſtein, das aber auch nahe der Küſte hier und da erſcheint. Infolge ſeiner Härte bildet es
zum Teil die höchſten Gipfel, wenigſtens in der bekannteſten Schneekette der Mararion-
Anden, der Cordillera Blanca (Tafel 15, Abbildung 2), aber auch die harten Quarzite
der Kreide ragen in hohen Schneeketten über ihre Umgebung hervor, beſonders in der
zwiſchen 10° 30“ und 10° liegenden Cordillera de Huayhuaſh. Orographiſch bilden ſich
daher zwei deutlich unterſcheidbare Gebirgszüge, wenigſtens bis zu 8°, aus, die Schnee—
kette, Weſtkordillere oder Hauptkette, am beſten Cordillera Nevada zu nennen, in
der Mitte und die weniger auffallende, aber doch ausgeprägte Oſtkordillere öſtlich des
Marafion. Drittens gliedert das zwiſchen 10 und 80 30° tief eingeſchnittene Tal des Santa—
Fluſſes die orographiſch auch beſonders hervortretende Cordillera Negra ab. Nördlich
von 8e endet dieſe Gliederung ſowohl wie auch die Cordillera Nevada, unter 7° ijt die Oſt—
kordillere ſogar höher als der ganze Weſten, die orographiſche Anordnung wird alſo anders.
Zugleich tritt die eine der beiden Tiefenlinien, die durch den Santafluß bezeichnet wird,
360 Das gefaltete Land des Weſtens.
nach Oſten zurück und nähert ſich der anderen, der Maraßon-Furche. Dadurch erhalten die
Küſtenflüſſe mehr Raum zum Eingreifen in die Sierra. Endlich erniedrigt ſich das Geſamt—
gebirge unter 6—4° erheblich, und zugleich verbreitert ſich das Küſtenland bedeutend.
Orographiſch am beſten ausgeprägt iſt die Oſtkordillere, das von dem Quellgebiet
des Maranon zwiſchen dieſem und dem Huallaga bis gegen 5° verlaufende Gebirge. Es wird
auf den Karten vielfach unrichtig als Zentralkordillere bezeichnet, wogegen Oſtkordillere,
Cordillera Oriental, eine zwiſchen dem Ucayali und dem Huallaga ziehende Kette genannt
wird. Dieſe iſt aber nur eine meiſt aus Kalkſtein beſtehende Randkette ohne Selbitändig-
keit. Die Oſtkordillere iſt wiſſenſchaftlich bisher faſt unbekannt und meiſt niedriger als
5000 m; nur bei Huacrachuco (8° 30°) liegt ein Schneeberg, der Nevado de Acrotambo, mit
geringer Schneebedeckung, und unter 7° wird der Nevado de Cajamarquilla als ſolcher oder
als eine Gruppe von ſolchen angeſehen. Die größten Höhen werden vielfach von Kreide—
ſedimenten gebildet, aber der Grundſtock des Gebirges beſteht aus alten Schiefern und
Eruptivgeſteinen. Der Weſtabhang hat noch den kahlen ſteinigen Charakter der Sierra,
auf dem Oſtabhang aber entwickelt ſich infolge der dort herrſchenden Feuchtigkeit dichter
Wald. Deutlich nachweisbar iſt eine zur Eiszeit eingetretene ſtarke Vergletſcherung auch
der heute nicht mehr ſchneetragenden Teile der Oſtkordillere. -
Die heutige Bewäſſerung iſt im ganzen reichlich zu nennen, beſonders im Oſten,
wo eine große Zahl waſſerreicher Flüſſe, wie der Monzon, der Uchiza, der Frailetambo,
der Huayabamba und beſonders der Rio Mayo in Chachapoyas dem Huallaga zuſtrömen.
Sie durchziehen meiſt eine faſt unbewohnte Waldwildnis, die alten Pfade der Ordensgeiſt⸗
lichen ſind verwachſen und aufgegeben. Nur in Chachapoyas, zwiſchen den Tälern des
Mayo und Paranapura, wo der alte Handelsweg von Cajamarca über Moyobamba nach
dem Huallaga hinabführt, ſind die öſtlichen Gehänge etwas bekannter, aber auch hier iſt die
Oſtkordillere ein ſchwer zugängliches, waſſerreiches, mit dichter Vegetation beſtandenes Ge—
birge von kaum 2000 m Höhe, das ſich nach Oſten hin durch Vorberge offenbar ſtark ver-
breitert. Durch dieſe, die ſogenannten Cerros de Otanähui, bricht nahe 6½“ der Huallaga
in einem Pungo, Felſentor. In dieſer Breite entwickelt ſich auch auf der Weſtſeite ein
größerer Nebenfluß des Maranon, der Uteubamba (Baumwollfeld); er entſpringt ober-
halb von Leimebamba als Chiri (d. h. Kalt) und iſt hier ein prächtiger, von dichtbelaubten
Bäumen beſchatteter Bergſtrom, deſſen kriſtallhelles Waſſer in bläulich ſchimmernden Kas-
kaden dahinrauſcht; ſpäter nimmt er den Nebenfluß Timpic („der Siedende“) auf, hat bei
Chachapoyas noch 2300 m Höhe und fällt ſtärker erſt von Tingo (1500 m) ab, wo die Tal-
wände aus feinkörnigem Sandſtein beſtehen.
Der Marafson durchſtrömt die nordperuaniſchen Anden in einer Länge von mehr als
700 km mit einem ſehr regelmäßig nach Nordnordweſten gerichteten Laufe, alſo anſcheinend
im Streichen der Schichten, jedenfalls parallel der Längsachſe der Kordillere. Er bewegt
ſich aber nicht etwa in einer Längsfurche, ſondern in einem tiefen, durch langdauernde Eroſion
entſtandenen Caſton. Er entſpringt auf dem etwa 5500 m hohen Schneeberge San Lorenzo,
nahe der Mine Raura unter 100 30“, durchfließt als ein kleiner Bach die von einem Gletſcher
geſpeiſte Lagune von Santa Ana (4780 m), dann den Caballo Cocha, den ebenfalls von einem
Gletſcher erreichten Hinterſee, Anka Cocha, die Doppellagune Tinki Cocha, den Huaskar
Cocha und erſt dann den gewöhnlich als ſein Quellſee angegebenen Lauri Cocha. Aus
dieſem tritt er als ein klarer, ziemlich waſſerreicher Bach heraus und vereinigt ſich dann mit
Die peruaniſche Kordillere: Das Land. 361
dem ihm annähernd gleichwertigen Rio Nupe, der, wie der andere Quellfluß, aus der ver—
gletſcherten Kordillere von Huayhuaſh kommt und ſeinerſeits den ebenda entſtehenden Rio
Queropalca aufnimmt, endlich mit dem ihr ebenfalls entſpringenden Rio de Huallanca.
Auf der Strecke von Lauri Cocha (4000 m) bis hierher (3000 m) fließt der Maraſon
in mäßig weitem und nicht ſehr ſtark eingeſchnittenem Tale, aber etwa von Chuquibamba
(2700 m) an, wo der Weg nach Monzon ihn überſchreitet, beginnt die Cafionbildung. An
der Brücke von Chocchan, unterhalb Llamellin, iſt jedenfalls bereits ein 1200 m tiefer
Canon vorhanden, da die Brücke 2075 m, die benachbarten Berge über 3200 m hoch ſind.
Der Marafson iſt hier graugelbgrün, nur etwa 35 Schritt breit, dafür aber wahrſcheinlich
ſchon tief; er fließt in nordweſtlicher Richtung zwiſchen Kalkſteinbänken, die 45% gegen Oſt—
ſüdoſten fallen, in einer engen, nahezu kahlen Schlucht. Je weiter der Strom nun nach Norden
gelangt, deſto tiefer wird der Canon, jo daß man einen vollen Reiſetag braucht, um von einem
Ufer zum anderen zu gelangen. Unter 715°, nahe der Mündung des Lavaſen, ſind die Berge
noch 3000—3400 m hoch, die Talſohle 1100 m, die Tiefe des Cafſons beträgt alſo rund
2000 m. Man überſchreitet den Marafion entweder auf Brücken, von denen die tiefgelegenen
primitiveren Holzbrücken oft durch das Hochwaſſer weggeriſſen werden, oder auf 6m langen,
3 m breiten Flößen, Balſas. Die Übergangspunkte heißen Puertos, Häfen, ſind aber nur
kleine Anſammlungen von Hütten; der wichtigſte, weil auf dem Wege von Cajamarca nach
Chachapoyas gelegene, iſt Balſas, unter 7%, aber auch hier hat der Maranion nur 50—60,
bei hohem Waſſer bis zu 80 m Breite. Die Schwellhöhe des Fluſſes beträgt etwa 6 m, die
Strömung ift zur Regenzeit meiſt jo reißend, daß die Überfahrt auf Balſas unmöglich wird.
Unterhalb Jaͤen de Bracamoros durchbricht der Maraſton die Zentralkordillere in
einer Reihe von großartigen Felſentoren, Pongos, deren nicht weniger als 13 gezählt
werden. Sie beginnen unterhalb der Mündung des Chinchipe, eines von der Kordillere
Ecuadors kommenden Nebenfluſſes, mit dem Pongo de Rentema, wo der Strom zwiſchen
hohen Felſen in engem Bette dahinfließt: in einer Klamm wird er auf 30 m zuſammen—
gedrängt und fällt mit entſetzlichem Getöſe und unter Bildung von zerſtäubtem Dunſt über
eine 5 m hohe Stufe, Mayaſi, um dann noch zwei weitere kleinere, fallartige Strecken zu
paſſieren, bis bei der Mündung des Chuchunga (5°) wieder eine ruhigere erreicht wird.
Von hier bis zum Pongo de Manſeriche treten die Berge vom Fluſſe zurück; nur einzelne
Stromſchnellen, z. B. Cumbinama und Escurrebraga, wo der Strom auf 40 m eingeengt
wird, ſind noch zu paſſieren, dann aber folgt etwa 2 km unterhalb der Mündung des Santiago
der Pongo de Manſeriche, wo ſich der Maraſton von 490 m auf den zehnten Teil verengt
und mit einer Geſchwindigkeit von faſt 4m in der Sekunde zwiſchen den rieſigen Felswänden
tobend hindurchſtrömt. Man erſieht daraus, daß er zwei Aſte der Oſtkordillere durchbricht:
den Hauptaſt zwiſchen den Mündungen des Chinchipe und Chuchunga in 38 Stromſchnellen,
wovon drei förmliche Fälle ſind, den zweiten, kleineren Aſt aber im Pongo de Manſeriche.
An Zuflüſſen erhält der Marafion von rechts außer dem Utcubamba nur kleinere,
kurze, von links längere und waſſerreiche, da fie zwiſchen 10 und 8° alle von den Schnee—
ketten kommen, wie der Puccha, der Danamayo und der Rupac oder Rio Grande. Nördlich
von 80 wird das Einzugsgebiet des Marafton auch im Weſten ſchmal, nördlich von 7° fließt
ihm der Llaucan lange parallel, aber im Norden von 6° empfängt er von links die waſſer—
reichen Flüſſe Huancabamba und Chinchipe, letzteren bereits aus Ecuador, endlich den ſchon
faſt ganz zu dieſem Lande gehörenden Rio Santiago. Das Land ſteigt daher weſtlich des
362 Das gefaltete Land des Weſtens.
Maranon langſam auf, von Dörfern liegen Huari 3100, Chavin 3200, Pomabamba 3050 m
hoch. Über den Ortſchaften beginnt meiſt bald die Puna, das Land zwiſchen dem Maranion
und den Schneeketten iſt daher im ganzen 3000—3800 m hoch, vereinzelt auch noch über
4000, und wird von den Flüſſen in Tälern durchſchnitten, die meiſt quer gegen das Streichen
der Schichten gerichtet ſind.
Die Schneekette zieht aus der Gegend vom Cerro de Pasco faſt ohne Unterbrechung
bis Conchucos (80 15%). Im Süden führt ſie den Geſamtnamen Cordillera de Huayhuaſh,
von 10 bis 80 4“ heißt ſie Cordillera Blanca, nördlich davon Cordillera de Conchucos. Ihr
Geſamtgepräge iſt aber überall dasſelbe: öde Puna, mit ſpärlichem Graſe bedeckte Hoch—
täler, von Schneegipfeln umgebene Päſſe, Weiher, Sümpfe, Moräſte, wildſtrömende Bäche
in den Schluchten, Quinuarbäume, die bis an die Schneegrenze Gehölze bilden, und faſt
völliger Mangel an menſchlichen Anſiedelungen, an Vieh, ja an Tieren überhaupt. Die
Formen der über die Puna emporragenden Berge ſind ſchroffer als gewöhnlich, teils wegen
der Wirkung des Eiſes und Schnees, dann aber auch, weil vulkaniſche Geſteine und Quarzite
hier die ſonſt herrſchenden Schiefer verdrängen; unter den Tälern wiegen die engen, ſchlucht—
artigen vor, deren ſteile Wände von der Wirkung des Eiſes oder des Waſſers Kunde geben.
Überſät ſind die Gehänge der Schneeketten mit kleinen Lagunen (Cocha) glazialer Ent—
ſtehung, mit Karen, Stufen und Moränen früherer oder heute noch vorhandener Gletſcher.
Dieſe reichten zur Eiszeit bis etwa 3500 m herab, heute enden ſie bei 4400, während die
Firngrenze in 47004800 m Höhe liegt. Über ſie hinaus ragen aber noch beträchtliche Teile
des Gebirges, jo daß gewaltige Schneeketten ſich volle 300 km weit hinziehen. Im Süden
mögen die Gipfel 5500 —6000 m hoch ſein, im Norden aber überſteigen ſie häufig 6000 m.
An den Quellen des Santa-Fluſſes (100) beginnt das bekannteſte und höchſte Gebirge von
Nordperu, die Cordillera Blanca (Tafel 15, Abbildung 2), und endet erſt an der Scharte
von Tarica (80 40%). Es hat alſo eine Länge von faſt 200 km. Im Süden, zwiſchen den
Santa⸗Quellen und Huaraz, iſt die Cordillera Blanca anfangs nicht ganz geſchloſſen und
kann daher auf mehreren 46004800 m hohen Päſſen überſchritten werden; von da an wird
ſie aber höher, wenn auch hier noch zwei 4700 m hohe Päſſe, der der Quebrada Honda und
der von Yanganuco, ihre Überſchreitung ermöglichen. Aber ſchon oberhalb Huaraz ſcheinen
die Schneegipfel 6000 m zu überſteigen, und nördlich davon erreicht der Gebirgsſtock des
Hualjcan 6100 m. Dann folgt über Yungay der höchſte Berg des nördlichen Südamerika,
der in ſeinen beiden Gipfeln bis zu 6763 und 6650 m emporragende majeſtätiſche Huas—
karän, und daran ſchließen ſich der dreigipfelige Huandoy mit 6354, die dreiſeitige Pyra—
mide des Pico de Huaylas mit 6278 m und endlich der Champara mit mindeſtens 6000 m.
Nördlich des Champara liegt die tiefe Scharte von Tarica, aus der der nur 4150 m
hohe Paß von Condorhuaſi nach dem Mararion hinüberführt, aber noch einmal ſteigt das
Gebirge über die Schneegrenze in der ſchroffen Cordillera de Conchucos, über öden,
mit Punagras bewachſenen Tälern. Die Gehänge der Kordillere ſind ſägeförmig geſtaltet
und häufig ſo ſteil, daß der Schnee nicht liegen bleibt, ſondern ſich nur in ſchmalen, weißen
Säumen in den Senken zwiſchen den Gipfeln ſammelt. Nahe 8° liegt noch ein hoher, ſtark
vergletſcherter Schneeberg, der Nevado de Pelagatos, während der in 70 457 ſtehende
Nevado de Huaylillas ſeit 1905 keinen Schnee mehr hat. Waren es in Huayhuaſh haupt⸗
ſächlich harte Quarzite, welche die höchſten Gipfel bildeten, ſo haben in der Cordillera Blanca
die Granodiorite infolge ihrer Härte die mächtigſten Bergrieſen, auch den Huaskarän, geſtellt.
Die peruaniſche Kordillere: Das Land. 363
Im Weſten fällt die Cordillera Blanca zum Callejon (Hohlweg) de Huaylas ab,
zum Tale des Rio Santa oder Rio de Huaräz. Dieſes faſt 200 km lange Tal beginnt am
See Conoc Cocha in 4200 m Höhe, trägt hier durchaus das Gepräge glazial erweiterter
Täler, iſt mit fluvioglazialem Schotter gefüllt und überaus öde. Wo dieſer Charakter endet,
beginnt nahe Recuay das Waſſer die Talform zu beſtimmen, das Tal wird ſehr eng und
bleibt ſo, abgeſehen von wenigen Stellen, bis zum Durchbruch des Fluſſes durch die Kor—
dillere. Die engſte Stelle iſt der Caño de Pato, eine etwa 10 km lange Klamm; hier hat
der Fluß ein Gefälle von 1:42 und läßt keinen Weg frei.
Über dem Santa⸗Tale ſteigt im Weſten die aus Sedimenten der Kreide und Eruptiv—
geſteinen, beſonders Porphyriten und Andeſiten, beſtehende Cordillera Negra, die
„Schwarze Kette“, auf. Sie erreicht im Huancapeti 4850, ſonſt meiſt 4300 —4500 m, liegt
alſo noch unter der Firngrenze, war aber auf ihren oberſten Teilen zur Eiszeit ebenfalls
vergletſchert. Obwohl ihre Zuſammenſetzung von der der Cordillera Blanca im ganzen ab—
weicht, iſt das Santa-Tal doch urſprünglich zwar wohl ein tektoniſches, aber, wenigſtens in
ſeiner hauptſächlichen Ausgeſtaltung, ein Eroſionstal, jo daß Cordillera Blanca und Cor—
dillera Negra zuſammen die Weſtkordillere ſind.
Im Norden des Flußgebietes des Santa wird die geſamte Weſtkordillere nied—
riger und breitet ſich zugleich aus, indem ſich die öſtliche Kette mehr nordwärts wendet und
dem Maranion nähertritt, während die weſtliche ihre Richtung behält. Daher hat man vom
Meere aus hier zwei annähernd gleich hohe ſchneefreie Ketten zu überſteigen und dazwiſchen
ein nur wenig niedriger liegendes Gebiet zu paſſieren. In der weſtlichen Kette nahe
Otuzco (2780 m) ſcheint Porphyr und Andeſit die höchſten Gipfel zu bilden, mit mächtigen
Ablagerungen von Tuffen und grotesken, ruinenhaften Formen. Der Übergang über die
Kordillere geſchieht in Päſſen von 3900 m Höhe und entrollt weithin ein herrliches Pan—
orama von bläulichen Gipfeln und Bergrücken, aber ohne Schneeberge, obwohl die Höhen
4500 m überſteigen. Die Waſſerſcheide liegt aber nicht hier, ſondern öſtlicher, und rückt
namentlich im Quellgebiet des Chicama, Jequetepeque und Lambayeque immer weiter nach
Oſten vor. Die mittlere Senke zwiſchen den beiden hauptſächlichen Ketten wird nicht von
einem einheitlichen Fluſſe durchzogen. Sind auch in dieſen Gegenden die Gipfel nicht mehr
ſehr hoch, jo war doch die Kordillere, z. B. im Oſten von Cajabamba, ferner zwiſchen Caja⸗
marca und Hualgäyoc und endlich bei Querocotillo, nahe 6°, zur Eiszeit mäßig ver—
gletſchert. Auch liegen die Ortſchaften noch immer hoch, Huamachuco in 3260, Cajamarca
in 2750 m Höhe, zum Teil in Becken, alten Seeböden, wie dem von Cajamarca, in dem die
690 heißen Quellen von Baños ſchon von den Inkas benutzt wurden. Das Becken von Caja—
marca iſt 6 km breit, 12 km lang, wird von Bergen rings umgeben und von drei Bächen
bewäſſert, die als Rio de Llacanoya in tiefer Schlucht zum Mararion eilen. Weitere alte
Seebecken beſtehen bei Condebamba an dem Zuſammenfluß des Llacanora, Huamachuco und
San Marcos und an anderen Stellen. Sie werden alle durch wilde Gebirgsflüſſe aufgeſchloſ—
ſen, deren Täler ſpaltenartig in die Kordillere eingeſchnitten, daher aber oft auch heiß und
trotz der hohen Lage von 2500 m ungeſund find. Weiß und grün ſind die vorwaltenden
Farben, da eine mäßige Pflanzendecke den Kalkſtein, der vielfach die Höhen bildet, überzieht,
aber vielfach ſtehen auch wie zerfallene Burgen dunkle Kronen von Andeſit auf der Jalca.
Um Hualgayoc und bei Querocotillo überſchreitet das Gebirge nochmals 4000 m, dann
wird es niedriger, ſo daß unter 6° bei Huarmaca die Gipfel 3500, die Päſſe nur 2300 m hoch ſind;
364 Das gefaltete Land des Weiten.
um Ayavaca (2760 m) aber iſt das Gebirge auch in den Päſſen gegen 3000 m hoch. Hier iſt die
Zuſammenſetzung vorwiegend auf Porphyrite und Sedimentgeſteine der Kreide beſchränkt.
Das Küſtenland. Das Küſtenland iſt die unmittelbare Fortſetzung desjenigen des
Südens, und daher ſetzen ſich auch deſſen Eigenſchaften nach Norden weiter fort, doch ver—
mindert ſich der Raum zwiſchen dem Meere und dem Gebirge mehr und mehr, ſo daß
die Küſtenflüſſe mit Ausnahme eines einzigen, des Rio Santa, nicht mehr ſo lang ſind wie
im Süden. Dafür bringen ſie von der Kordillere um Cerro de Pasco reichlich Waſſer herab
und ſind daher meiſt reißend, wie der Huaura, Supe, Fortaleza und beſonders der Bar—
ranca; in der Trockenzeit aber verſiegt die Waſſerfülle der Küſtenflüſſe. Von der Schneekette
von Huardz ſtrömt alles Waſſer dem Santa oder Rio de Huaräz zu, dem bedeutendſten
Fluß der peruaniſchen Küſte und dem einzigen, deſſen Oberlauf ein großes Längstal, den
Callejon de Huaylas, durchſtrömt. Ebenſo nun, wie ſüdlich des Santa nur mäßige Ge—
wäſſer, der Huarmay, Casma und Nepeſſa, herabkommen, münden auch nördlich desſelben
nur geringe Waſſerläufe, der Chao, Viru und Moche, dieſer bei Salaverry. Hier beginnen
jedoch infolge erneuter Verbreiterung des Küſtenlandes längere Täler und fruchtbarere
Niederungen, zumal da einige der hier fließenden Flüſſe wieder tiefer ins Innere ein—
greifen, wie der Jequetepeque, der Sara und der Lambayeque.
Die Geſteine der Küſte ſind, etwa bis Casma, dieſelben wie im Süden. Weiter im
Norden aber drängen Tertiär und noch jüngere Bildungen die Kreide und deren Eruptiv⸗
geſteine zurück. Tone, Sande, Konglomerate und Schiefer miozänen Alters bilden die
Küſtenhügel und weite Ebenen und enthalten, beſonders bei Zorritos, Negritos und Talara,
nahe Tumbez, Petroleum. Immerhin kommen auch Granite noch vor, wie in der 1000 m
hohen Sierra de Amotape und der Silla de Payta, am Hafen gleichen Namens. Die tertiäre
Platte wird durch die Flüſſe in mehrere Teile getrennt. Freilich verſiegt der Rio de Piura
in der Trockenzeit ſchon 40 km vom Meere bei Piura ſelbſt, jo daß ſeine als Rio de Sechura
bezeichnete Mündung nur zur Hälfte des Jahres Waſſer führt; aber der folgende Fluß
Chira und auch der Tumbez haben ungewöhnlich viel Waſſer. Zwiſchen dieſen Flüſſen und
ſüdwärts bis Ferreriafe liegen die Wüſtengebiete, das Despoblado de Olmos (3500 qkm),
die Wüſte von Sechura (3000), das Despoblado de Piura (6000), das Tablazo de Payta,
zwiſchen dem Rio Piura und dem Chira (2500), die Pampa de Chira (2000) und das Deſierto
de Tumbez (6000), im ganzen 23000 qkm. Sanddünen ſind häufig, der vom Wind auf-
gewirbelte Sand verſchleiert mit gelbem Dunſte die Sonne, die Vegetation iſt auf die Ufer
der Flüſſe beſchränkt, kurz, hier breitet ſich eine vollkommene Wüſte aus, und das unter
4-61,° Breite (Tafel 15, Abbildung 1).
p) Klima, Pflanzendecke und Tierwelt.
Das Klima. Das Klima der peruaniſchen Kordilleren iſt an und für ſich ein rein
tropiſches, da das Land in den niederen Breiten von 15—3½“ liegt. Dennoch weicht es
von dem normalen tropiſchen Klima, deſſen hauptſächliche Eigenſchaften hohe Wärme und
große Feuchtigkeit ſind, aus zwei Gründen ab. Erſtens herrſcht an der Weſtküſte kühles
Küſtenwaſſer, wodurch das ganze Küſtengebiet weniger Wärme erhält, als ihm unter der
niederen geographiſchen Breite zukäme, und zweitens iſt die Sierra ſehr hoch und hat daher
ein ausgeſprochenes Höhenklima, ſo daß in ihr von dem rein tropiſchen Gepräge des Klimas
nur der gleichmäßige Gang der Temperatur und der regelmäßige Wechſel der Jahreszeiten
Die peruaniſche Kordillere: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 365
übrigbleiben. Wo dagegen die beiden genannten ſtörenden Faktoren, das Küſtenwaſſer und
die große Erhebung über den Meeresſpiegel nicht wirken können, da iſt das Klima denn auch
ein normales tropiſches; das iſt aber nur am Oſtabhange, in der Montana, der Fall.
Aus dem Geſagten ergibt ſich wieder eine Dreiteilung, in Küſtenland, Sierra
und Montaña. Das Küſtenland iſt nur in ſeinem ſüdlichen Teil klimatiſch mit ſicheren
Zahlen zu charakteriſieren, während im Norden meteorologiſche Stationen fehlen.
Wärmſter Kühlſter Niederſchlag
Ex .
Jahr | Monat Monat Haan mm
Molen? ae BE 6,3 | 21
nnn 19,2 21,6 16,9 4,7 | 46
a N a Ne | 19,0 23,0 15,9 | 7,1 | 46
S 21,5 26,5 16,6 9,9 | —
Von dieſen Stationen liegen Mollendo und Callao unmittelbar am Meere, Lima etwa 6,
Ica 60 km landein. Dieſer Gegenſatz ſpricht ſich bei letzteren in den größeren Unterſchieden
zwiſchen dem wärmſten und dem kühlſten Monat aus: das Klima wird landeinwärts extremer.
Für ihre geographiſche Breite ſind Mollendo und Callao um 5° zu kühl; der kühlſte Monat
iſt der Auguſt, der wärmſte der Februar. Auffallend gering ſind die Niederſchlagsmengen,
da ſie anſcheinend an der ganzen Küſte 100, ja vielfach 50 mm nicht erreichen. Sie fallen nur
ſelten in Form von Regen, in manchen Gegenden, wie um Piura, regnet es 5—12 Jahre
lang überhaupt nicht; wenn aber Regen fallen, ſo gehen ſie im Süden in der kälteſten Jahres⸗
zeit, von Juni bis September, nieder, in Piura allerdings vom Februar bis April, während
hier um den 1. Oktober kleine Sprühregen auftreten. Dieſe kommen von der Sierra her,
erſtere von der See. Bemerkenswert iſt, daß, wenn gelegentlich ein ſtarker Regenfall ein⸗
ſetzt, gewöhnlich eine der Küſte nahe rückläufige, gegen Süden gerichtete Meeresſtrömung
beobachtet wird, der ſogenannte Weihnachtsſtrom, El Niro.
Die regelmäßigen Niederſchläge bringen aber nicht die Regen, ſondern die Nebel,
Garuas, in der Gegend von Lima in der Zeit vom Mai bis September. Sie legen ſich in
der Form dünner Schleier in der Zeit von nachmittags 3 Uhr bis morgens 9 Uhr auf das
Küſtenland, überſteigen aber 400, höchſtens 450 m meiſt nicht; gelegentlich laſſen ſie auch
die Küſte frei und lagern an den Bergen zwiſchen 300 und 700 m Höhe. Dieſe Nebel machen
das Klima von Lima trotz der geringen Geſamtſumme des Niederſchlags doch in den Winter-
monaten feucht und wenig angenehm; in den Monaten Januar bis März iſt es dagegen ſehr
trocken, wolkenlos und warm, aber nachts kühlt es ſich doch ab.
Etwa 40 km von der Küſte hören die Winterniederſchläge auf, und es beginnt der
jahreszeitliche normale Typus der Sommerregen, durch welche das Klima der Sierra
charakteriſiert wird. Die Grenze zwiſchen den beiden Typen iſt ziemlich ſcharf.
In der Sierra ſind die unteren, mittleren und oberen Stufen zu unterſcheiden. In
den unteren Stufen herrſcht eine hohe Wärme, die Extreme werden größer, in La Joya
(1262 m) erreichen ſie ſchon 29,7 und 0,9“, die Niederſchläge nehmen zu, bei Choſica in
2012 m Höhe bis 156 mm, wovon allein 100 im Februar, alſo im Hochſommer, fallen. In
den mittleren Höhen, wie in Matucana (2374) und Arequipa (2451 m), iſt der kühlſte
Monat der Juni, der wärmſte der November, nicht mehr wie an der Küſte der Februar,
die Schwankung ſinkt auf 0,80, die Niederſchlagsmenge überſteigt 150 mm nicht, wovon allein
366 Das gefaltete Land des Weſtens.
im Februar 90 fallen. In den größten Höhen zwiſchen 3500 und 5000 m ſinkt das Jahres-
mittel raſch, La Oroya in 3780 m hat noch 10, San Ignacio de Caylloma in 3960 m 5,3°,
Huincocaya in 4377 m nur 30. Die Schwankung zwiſchen dem wärmſten und dem kühlſten
Monat beträgt in San Ignacio 7,3, in Huincocaya 6,7, die Gegenſätze zwiſchen Tag und
Nacht werden nach oben hin größer, in San Ignacio liegen die mittleren Extreme bei 24,80
und 13,70. Die Inſolation iſt in den ganz großen Höhen überaus ſtark, der Gegenſatz
zwiſchen Sonnen- und Schattentemperaturen ſehr bedeutend.
Für die Höhenſtufen der Sierra iſt die folgende Tabelle charakteriſtiſch:
Wärmſter Kühlſter i Niederſchla
| Jahr Net 9 11 feen 11 '
La Joya (1262 m) 16, 18,6 14,7 3,9 2
Bei Chofica (2012 m) . | 17,3 18,0 16,0 2,0 156
Matucana (2374 m)) 14,5 19,5 10,5 9,0 —
Arequipa (2451 ) 13,5 14,0 132 0,8 145
San Ignacio (3960 m) 58 7,7 0,4 7,3 547
Huincocaya (4377 m) | 3,0 5,9 —0,8 6,7 263
Miſtigipfel (5850 m). —7,9 — 5,9 — 10,3 4,4 —
Die Einteilung des Jahres in Jahreszeiten iſt nicht überall gleich. Normal iſt ſie
in Mittelperu um 9—10°, wo eine Trockenzeit von Ende April bis Oktober einer Regenzeit
von Oktober bis Ende April gegenüberſteht. Im Süden verkürzt ſich, z. B. in Arequipa,
die Regenzeit auf Januar bis März, im Norden aber beginnen die Anzeichen der eintretenden
Regenzeit ſchon Ende Auguſt, dafür aber tritt im November und Dezember eine Unter—
brechung derſelben ein, ſo daß hier alſo bereits eine Vierteilung des Jahres vorliegt.
Schnee fällt naturgemäß in den oberen Teilen der Kordillere, aber wohl erſt von
3500 m an. In Huaräz, in 3000 m Höhe, ſoll es allerdings auch vor etwa 30 Jahren geſchneit
haben, aber dieſe Nachricht iſt nicht beglaubigt; jedenfalls gefrieren dort im Juli die Pfützen.
In Höhen über 3500 m iſt Schneegeſtöber keineswegs ſelten, ſondern die Niederſchläge
fallen häufig in Form von Schneeböen und Graupeln; die Regenzeit beginnt mit heftigen
Gewittern, die oft in Schneeböen enden, aber auch Ende Mai habe ich noch Schneegeſtöber
in der Höhe von 4700 m erlebt. Dauernd liegen bleibt der Schnee erſt von 4700 m Höhe an
im Norden, von 5000-5400 im Süden, doch iſt das auch wieder verſchieden, je nach der
Lage der Berge im Weſten oder im Oſten des Landes. Im Weſten reicht die Schneegrenze
meiſt weiter abwärts als im Oſten. Die Vergletſcherung iſt heute noch ſehr allgemein bis
80 ſüdl. Breite, auch in der trockeneren, aber hohen Weſtkordillere, doch iſt über die gegen—
wärtige Vereiſung der Oſtkordillere wenig bekannt.
Erſt auf der Oſtkordillere liegt die Grenze gegen die oſtwärts folgende feuchte Mon—
tafia, wo von 2600 m an abwärts bis 2000 m dichte Nebel, in den tieferen Teilen reiche
Niederſchläge zu herrſchen pflegen: nicht nur die Regenzeit bringt auch hier vom Oktober
bis April ungeheure Feuchtigkeit mit ſich, ſondern auch die Trockenzeit iſt nicht frei von
Niederſchlägen, da der Paſſat beim Aufſteigen an der Kordillere Gelegenheit zur Abkühlung
erhält. La Merced in 775 m Höhe empfängt (1897) 3610 mm Regen an 217 Tagen und bei
gleichmäßiger Verteilung über das Jahr.
Da die Pflanzendecke in erſter Linie vom Klima abhängig iſt, ſo ergeben ſich für
ſie wiederum die drei großen geographiſchen Hauptabteilungen: Küſtenland, Sierra und
Die peruaniſche Kordillere: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 367
Montara. Das Küſtenland it eine von nur wenigen Flußläufen durchzogene Wüſten⸗
ſteppe, vielfach Wüſte, die Montarta ein feuchtes Waldland; die Sierra hat in ihrer Vege-
tation mehr Beziehungen zum Küſtenland als zur Montana und iſt nicht nur oberhalb der
Baumgrenze, ſondern auch unterhalb derſelben arm an Vegetation und ganz bar des Waldes.
Naturgemäß verändert ſich ihr Pflanzenkleid mit der Höhe, und ſo zerfällt ſie in über—
einanderliegende Regionen.
Das Küſtenland. A. Weberbauer unterſcheidet im Küſtenlande zwei hauptſächliche
Abteilungen, die Lomazone und die nordperuaniſche Wüſtenzone, doch kommen auch die
nordperuaniſche Sierrazone und die zentralperuaniſche Sierrazone mit in Betracht.
Die Lomazone umfaßt die ſüdlichen Teile des Küſtengebietes, die Lomas, mäßig
hohe Berge und Hügel von Arica bis Casma. Da ſie von den Garuas befeuchtet werden,
ſo entwickelt ſich an ihnen in den Wintermonaten eine friſchgrüne, von dem Grau der Um—
gebung abweichende Vegetation. Sie beſteht beſonders aus einjährigen Kräutern, Zwiebel—
und Knollengewächſen, Mooſen, Flechten, auch Sträuchern, in einiger Entfernung vom
Meere auch aus Kakteen, aber höher als 3 m wird keine dieſer Pflanzen. Der Strand ſelbſt
iſt faſt vegetationslos, aber an den Flußufern wachſen auch Bäume, wie die Leguminoſe
Inga Feuillei, die Weide Salix Humboldtiana, der Sapindus saponaria, auch höhere Sträucher
der Gattungen Caesalpinia, Baccharis, Rubus, Asclepias, dann Akazien und weiter nach
dem Inneren zu der bekannte Baum der Sierra, Schinus molle, endlich Gynerium-Gräſer.
Zwiſchen den Flußtälern aber breitet ſich an vielen Stellen nahezu vegetationsloſe Wüſte
aus, die jich 20—30 km weit ins Innere hineinzieht, aber in der nordperuaniſchen Wüſten—
zone (Tafel 15, Abbildung 1) größere Ausdehnung annimmt (vgl. S. 364). An den Flüſſen
aber ſtehen zum Teil noch mitten im Sande Gehölze des Algarrobo (Prosopis juliflora),
Sträucher, Halbſträucher und die durch lederartige Blätter ausgezeichnete Capparis mollis.
Die Sierra. Die untere, mehr tropiſche Stufe der Sierra, bis 2700 m, hat
Ahnlichkeit mit der Küſtenvegetation. In den heißen Flußtälern gedeihen die Kakteen in
großer Zahl und bedeutender Höhe, beſonders die Geſchlechter Cereus, Pilocereus, Melocactus
und Opuntien, ferner die Agave Foureroya und Euphorbiazeen, zum Teil behängt mit grauen
Tillandſien, oder es überziehen ſtachlige Roſetten der Puya die Wände der Täler. Vereinzelt
ſtehen bauchige Flaſchenbäume der Gattung Ceiba, die in ihren Stämmen Flüſſigkeit auf-
ſpeichern, vielfach aber in der Trockenzeit bis 2500 m Höhe keine Blätter tragen. An den
Flußufergehölzen nehmen Erlen (Alnus acuminata), Weiden, Inga Feuillei und Akazien teil,
Gebüſche und Sträucher führen von ihnen hinüber zu der Grasſteppe, und einige der wert—
vollſten Fruchtbäume, wie die Carica Papaya und die berühmte Cherimoya, geſellen ſich
dazu. Aber auch nach Abſchluß der Regenzeit macht ſich an den Bergen der Weſtſeite erſt
über 1600 m Höhe ein grüner Schimmer bemerkbar.
Die obere Stufe der andinen Trockenräume, etwa von 2700 m an, iſt durch das
Vorwalten der Sträucher bezeichnet. Dazu treten an den Waſſerläufen Gehölze von Erlen,
Holunder (Sambucus peruviana) und der Schinus molle. Die Grasſteppe überzieht weite
Strecken, große baumhohe Geſträuche von Heliotrop verbreiten weithin ihren herrlichen
Duft, und Agaven von mehr als Haushöhe ſtehen, oft künſtlich eingepflanzt, an den Wegen.
Die Kakteen ſteigen bis 4000 m, und in dieſen Höhen, ja ſelbſt bis dicht an die Schneegrenze,
fanden ſich noch geſchloſſene Beſtände des einheimiſchen Quiſuar (Budleia usush) und der
Roſazee Quinuar (Polylepis).
368 Das gefaltete Land des Weſtens.
Die oberſte Vegetationsregion der Sierra iſt die Puna, im Norden Jalea (Halca) ge—
nannt. Sie beginnt im Süden und in der Mitte etwa in 3800, im Norden in 3400 m Höhe
und enthält hauptſächlich niedere Pflanzen mit Polſterformen, Roſettenbildung und umfang⸗
reichem unterirdiſchen Holzgerüſt, ſowie mit krautigem Habitus und ſtarkem, grauem bis
weißem Haarkleid. Azorella-Arten, Plantago, Lucilia und Opuntien fallen beſonders auf.“
Den Boden bedeckt büſchelförmig das weitverbreitete Ichü-Gras, in den von Waſſer verlaſſenen
glazialen Lagunen bilden ſich Moore, namentlich aus Distichia-Arten und Junkazeen, aber
nicht aus Sphagnum, und Phanerogamen reichen noch bis über 5000 m. Charakteriſtiſch
ſind hier ferner die genannten Quinuares, große Beſtände von Lupinus-Arten (Tafel 15,
Abbildung 4) und die 10 m hohe eigentümliche Pourretia gigantea. Während der Regenzeit
zeigt auch die Puna einen herrlichen Flor von grell weiß, gelb, blau leuchtenden Blumen.
Wo im Norden die Nebelbildung häufiger wird, da liegt zwiſchen 2500 und 3600 m
die von Weberbauer ſo benannte Formation der immergrünen Gehölze der Nebel—
region. Es ſind Hartlaubſträucher und -bäume, die zu Buſchwäldern zuſammentreten und
mit zahlloſen Epiphyten, Flechten und Mooſen bekleidet ſind. Ihre Blätter glänzen leder—
artig, ihre Aſte werden knorrig, ihre Kronen abgeflacht. Sie führen hinüber zu der am ganzen
Oſtgehänge der Kordilleren liegenden Ceja de la Montana, der „Braue des Waldes“,
zwiſchen 3400 und 1800 m im Norden, 3800 und 2000 m im Süden. Hier erzeugen die Nebel
das ganze Jahr eine verhältnismäßig geringe Temperatur, eine Dämpfung des Lichtes und
eine der vorigen Formation ähnliche Vegetation, an der nun hauptſächlich mäßig hohe Bäume
in dichten Beſtänden teilnehmen. Charakteriſtiſch iſt hier das Fehlen vieler Familien und
Gattungen der Sierra, wie Polylepis, Budleia, Akazien, Kakteen, Caesalpinia, Schinus molle,
ferner das Auftreten von Pflanzen der Montana des Tieflandes, wie Palmen (Geonoma
und Ceroxylon), Cinchonen, Farnbäume, und das maſſenhafte Erſcheinen der Epiphyten,
Flechten, Mooſe. Je weiter man in der Ceja abwärts geht, deſto dichter, geſchloſſener, höher,
tropiſcher wird der Wald, bis endlich die völlig tropiſche Montag erreicht wird. Dieſe wird
aber auch von Grasſteppen und Geſtrauchbeſtänden, Matorrales, durchſetzt.
Von Nutzpflanzen wurde die einheimiſche Baumwolle ſchon während des ameri—
kaniſchen Bürgerkrieges auch in Peru in größerem Maße angepflanzt. Unter den wichtigſten
Erzeugniſſen der Küſte ſind Reis und Zucker für den Norden, Zucker für die Mitte, Oliven
und Wein ſeit 1566 für den Süden, Mais für die ganze Küſte zu nennen, von denen nur der
Mais ſchon vor der Entdeckung angebaut wurde. An Früchten gedeihen die Cherimoya
(Anona muricata), die Frucht eines baumartigen Strauches, bis 2500 m Höhe, die Grana-
dilla (Passiflora ligularis), die Banane, ſodann Melonen, Quitten, Miſpeln, Apfelſinen,
Zitronen, Feigen, Erdbeeren, auch Apfel, Birnen, Pflaumen, Aprikoſen, Pfirſiche. In den
tieferen Lagen wachſen allgemein der Mangobaum und der Guayabo, die Tuna (Opuntia
tuna), ſeltener die Ananas, ſehr häufig dagegen die Aguacate oder Palta, die Frucht der
Persea gratissima. Unter den ſonſtigen Nutzpflanzen der Küſte iſt Pfeffer, Aji (Capsicum),
zu erwähnen, das Lieblingsgewürz der Peruaner, ferner die Kartoffel, Batate, Yuca, Arra—
cache und die ſehr wichtige Luzerne. Die Yuca überſchreitet 2000, das Zuckerrohr 2700, der
Mais 3500 m nicht, aber in den heißen Flußtälern ſah ich auch noch den Kaffeebaum bis zu
2400, den Kakaobaum bis zu 1600 m Höhe. Ganz allgemein gedeiht bis zu 3500 m die Luzerne,
bis zu 2500 m die Banane und bis zu 3700 m der Weizen; noch etwas höher ſteigen die Gerſte
und die einheimiſchen Nutzpflanzen Quinua (Chenopodium quinua), Oca (Oxalis tuberosa)
Die peruaniſche Kordillere: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 369
und Ulluco (Ullueus tuberosus), ferner die Kartoffel und von Hülſenfrüchten die große
Bohne (Jaba). Reben, Pfirſiche, Nüſſe, Mandeln, Feigen, Birnen, Pflaumen ſah ich in
2500 m Höhe zuſammen mit der Cherimoya, der Miſpel, der Quitte und der Koka. Dieſe
und der Chinarindenbaum find die bezeichnenden Nutzpflanzen der öſtlichen Yungas, in
denen ſie ihre Heimat haben.
Die Tierwelt. Die Tierwelt der Kordillere iſt in ähnlicher Weiſe von den klima—
tiſchen Zonen und Regionen abhängig wie die Pflanzenwelt. Daher wird die öde
Küſte von anderen Tieren bewohnt als die feuchte Montaria, zwiſchen denen überdies die
Puna eine Höhengrenze bildet, und endlich ſind auch in der Sierra die Tiere nach Höhen—
regionen verſchieden. Im ganzen iſt die Fauna der Küſte ſpärlich, die der Sierra etwas
reicher, die der Montana überreich.
An der Küſte leben nur wenige Säugetiere: Fledermäuſe in mehreren Arten,
Mäuſe und Ratten, das Reh Taruca in Rudeln, Füchſe und Marder; zuweilen kommt auch
der Puma aus der Sierra herab. Die Vögel übertreffen an Zahl der Arten und Individuen
die Säugetiere beträchtlich. Abgeſehen von den die Küſtenklippen bevölkernden zahlloſen
Seevögeln, beſonders Pelikanen, Seeraben, Sturmtauchern, Lummen, Möwen, Meer-
ſchwalben und Floſſentauchern, unter denen namentlich die Lummen als Guano-Erzeuger
bekannt geworden ſind, gehören ſie meiſtens den Familien der Tauben, Papageien, Kuckucke,
Sperlingsvögel, Kolibris, Raubvögel, Hühnervögel und Waſſervögel an. Der grüne Sper—
lingspapagei (Psittacus passerinus) kommt bis zu 1700 m Höhe vor. Von Raubvögeln ſind
Adler und Habichte ſelten, Sperber, Steineulen und Käuze häufiger, am gewöhnlichſten
jedoch ſolche, die von gefallenen Tieren leben: die kleinen ſchwarzen Geier (Cathartes urubu)
und die rothaubigen (Coragyps atratus), beide Gallinazos genannt; auch die Kondore
ſtoßen eines Aaſes halber an die Küſte hinab. Eidechſen ſind häufig, in den Tälern ſowohl
wie auf den Sandebenen, der Leguan, Iguana, kommt in den nördlichen tropiſchen Küſten—
gegenden vor, Schlangen dagegen ſind ſelten, Fröſche wieder häufiger, und auch Kaimans
zeigen ſich bereits an den Mündungen der nördlichſten Flüſſe. In der Sierra iſt das wichtigſte
Tier das Llama, benutzt wird es jedoch nur zur Fortſchaffung von leichten Laſten, überdies
auch nur das männliche Tier. Die Llamas ſind ſtille, nur ſelten leiſe winſelnde Tiere, jo ſtill
wie die ſie nährende Puna; ihre Köpfe ſind ſehr verſchieden, bald Schafen, bald Möpſen
ähnlich, aber alle haben nach Middendorf den Ausdruck ſcheuen, dummen Staunens. Auch
die Wolle iſt der Färbung nach ſehr verſchiedenartig. Neben dem Llama und dem Alpaka
tritt namentlich das Vicuña in Rudeln von höchſtens zehn Stück auf, iſt aber ſcheu und
flüchtig, während das Huanaco ſehr ſelten iſt; auch das wichtigſte Raubtier, der Puma, iſt
ein Bewohner der Sierra. Im ganzen iſt aber die Zahl der Säugetiere, namentlich in
Nordperu, recht gering; je weiter man jedoch nach Oſten kommt, deſto mannigfaltiger wird
mit der zunehmenden Regenmenge und Vegetationsfülle auch die Tierwelt: bald treten
zwei Bären, Ursus ornatus und U. frugilegus, auf, erſterer ein Jäger, letzterer ein Mais-
liebhaber. Bemerkenswert ſind die ſcheue Viscacha und, wenigſtens im Süden, die Chin—
chilla. Die wenigen Vögel der Puna ſind erdfarben oder grau wie das vertrocknete Gras
derſelben und ſo ſtill wie dieſe; ſie zwitſchern wenig, fliegen immer nur niedrig und fallen
kaum auf, während diejenigen der Hochtäler prächtig gefärbt ſind. Am häufigſten iſt die
Huächua, die Puna⸗Gans, von Raubvögeln ſieht man außer kleinen Sperbern den Kinalinda,
der ſo groß iſt wie eine Ente, und den Kondor. Reptilien und Amphibien ſind ſehr ſpärlich.
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 24
370 Das gefaltete Land des Weſtens.
Die öſtlicheren tieferen Täler und die Montana. Erſt in den nach dem Oſt—
abhange hinabführenden Tälern wird die Tierwelt reicher an Formen und Farben, in den
tieferen Regionen ſogar ungeheuer mannigfaltig und maſſenhaft. In den Tälern leben
in 2000 m Höhe bereits Papageien in größerer Menge, vornehmlich der kleine Sperlings—
papagei Periquito, aber auch andere Vögel, namentlich Tauben. Überhaupt ſtellen ſich nach
und nach alle tropiſchen Tiere des Amazonasgebietes (vgl. S. 144) ein.
c) Die Bevölkerung.
Allgemeines. Als die Spanier 1535 Peru eroberten, fanden ſie das Land unter
der Königsfamilie der Inkas geeinigt. Bei näherer Unterſuchung ſtellte ſich jedoch heraus,
daß in dieſem Reiche eine Menge Stämme vereinigt waren, die durch Kultur und Sprache
voneinander abwichen. Leider hat der Fanatismus der ſpaniſchen Geiſtlichkeit dieſe ver—
ſchiedenen Kulturen ſo gut wie ganz vernichtet, ſo daß wir bei dem Mangel jeder ſchriftlichen
Überlieferung der Indianer ſelbſt einerſeits auf die nicht ſehr reichlichen Beſchreibungen
ſpaniſcher Schriftſteller, anderſeits auf die in Schuttanhäufungen (Huäcas) verwandelten
alten Bauten ſowie auf Grabfunde angewieſen ſind, wenn wir uns ein Bild von den Eigen—
ſchaften und Gewohnheiten der alten Bewohner Perus machen wollen.
Immerhin erkannten ſchon die Spanier einen Gegenſatz zwiſchen den Völkern
der Sierra und denen der Küſte, und dieſer Gegenſatz iſt bei der wiſſenſchaftlichen
Durchforſchung der vorhandenen Kulturreſte immer ſchärfer hervorgetreten. Bedauerlicher—
weiſe beſitzen wir über die Küſtenvölker faſt gar keine literariſchen Aufzeichnungen, dafür
aber um jo mehr Gegenſtände ihrer Kultur; beiſpielsweiſe ſtammen in der für Peru beſonders
wichtigen Keramik etwa drei Viertel aller Funde von der Küſte, nur ein Viertel aus der
Sierra. Umgekehrt beziehen ſich die von den Spaniern gemachten Beſchreibungen der Kultur
der alten Peruaner faſt nur auf das herrſchende Volk in der Sierra, auf die Ketſchua, ohne
daß dieſe Überlieferungen durch ausgiebige, über ihr Leben Zeugnis ablegende Funde ge—
nügend geſtützt würden. Unſere Kenntnis von den alten Bewohnern Perus iſt daher recht
lückenhaft, und der Erforſchung der inneren Zuſammenhänge der vorliegenden Tatſachen
ſtehen große Schwierigkeiten entgegen. Was wir heute wiſſen, iſt ungefähr folgendes:
Die Indianerſtämme der Sierra und des Küſtenlandes ſcheinen aus Mittelamerika ein-
gewandert zu ſein, vielleicht zu Lande, vielleicht zur See, oder auf beiden Wegen. Urſprüng⸗
lich befanden ſie ſich wahrſcheinlich auf einer ſehr primitiven Kulturſtufe, etwa wie heute noch
die Feuerländer. Dafür ſprechen die Grabfunde Max Uhles bei Supe nördlich von Lima und
an anderen Orten, wo eine Fiſcherbevölkerung in rohen Siedelungen ſaß. Sie hinterließ
Muſchelhügel (Kjökkenmöddinger), beſtattete ihre Toten in Matten und liegend und ſcheint
auch Anthropophagie getrieben zu haben. Ihre Gewebetechnik und ihre Keramik, rohe weiß
bemalte, nur mit eingeritzten Figuren bedeckte Gefäße aus Ton, waren ſehr einfach; dagegen
war ihre Netz- und Korbtechnik, entſprechend ihrem Berufe als Fiſcher, ſtark entwickelt, aber
ganz verſchieden von der der Sierra. Etwas höher ſtehen die Gefäße von Chancay bei Lima,
die weiß gemalte Ringe und Linien zeigen. Darüber erheben ſich die beſonders im ſüdlichen
Küſtengebiet bei Ica und Nazea gefundenen Tonwaren, mit weißroter und ſchwarzweißroter
Bemalung. Dieſe Kultur hat auch bereits Einfluß auf die der roheren Küſtenſtämme gehabt.
Im nördlichen Küſtengebiet entwickelte ſich die höhere Kultur der durch ihre Tempelbauten
bekannten Chimu, und in das Ganze greift von Süden her der Stil von Tiahuanaco (vgl. S. 341)
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Die peruaniſche Kordillere: Die Bevölkerung. 371
über. Dann eroberten die Inkas, vom Hochlande her, die Küſte und pfropften auf die vor—
handenen älteren Kulturen ihre eigene. Sie beſeitigten aber auch in der Sierra die vor—
gefundenen anderen Kulturen, wirkten alſo überall nivellierend. Wir vermögen daher in
Peru eine Anzahl von alten Kulturen übereinander zu erkennen, ohne daß deren zeitliche
Reihenfolge oder Alter bisher genügend ſichergeſtellt wären; Max Uhle nimmt für die Ent⸗
wickelung der Kulturen der Küſtenvölker 2000—3000 Jahre an.
Die Küſtenſtämme wurden von den Inkas als Yunca zuſammengefaßt, doch be—
deutet dieſer Name nur die nach der Küſte hinabführenden Täler und iſt von dieſen auf ihre
Bewohner übertragen worden. Überall, wo Waſſer rinnt, entwickelten ſich Siedelungen,
die bei zunehmender Kultur den Anbau von Baumwolle, Mais und Früchten betrieben.
Im Süden beſtanden anſcheinend nur unbedeutende Staatsweſen, weshalb denn auch
hier die hinterlaſſenen Ruinen großer Bauten ſpärlich ſind. Erſt im Norden der jetzigen
Provinz Ica gab es mächtigere Staaten, namentlich in den Tälern Chincha und Caßete.
Noch heute ſtehen im Tal von Chincha Tempelreſte, große Höfe, kleine Wohngebäude und
Reſte eines Palaſtes mit eigentümlicher Architektur, in dem von Cartete die Trümmer der
alten Inkafeſtung mit Türen und Niſchen, gewaltigen Steinen und allen Merkmalen von
Inkabauten. Nördlich von Cartete hatten die vier Täler von Lurin, Lima, Chancay
und Huaman einen gemeinſamen Herrſcher. Das bevölkertſte, namentlich aber wegen ſeiner
Kultſtätte berühmteſte Tal der ganzen Küſte war Lurin; hier erhob ſich der Tempel des
Pachacamac, ſowie ein Sonnentempel, ein Kloſter der Sonnenjungfrauen und die alte Stadt
Pachacamac ſelbſt. Auch im Tale des Rimac, um Lima, ſaß eine dichte Bevölkerung in
drei Städten: das alte Huadca iſt jetzt ein Haufen von Huacas, in denen eine Feſtung, ein
Palaſt, ein Tempel und viele Häuſer zu erkennen ſind; Armatambo und Cajamarquilla ſind
die beiden anderen. Sie alle zeigen keine Einwirkung der Inkas, während im Tale von
Huacho am Fluſſe Huaman wieder eine alte Inkafeſtung, Paramanga, mit zwei großen
Baſtionen, einer Ringmauer und mächtigen Terraſſen, ſowie am Meere in dem jetzigen Cerro
de la Horca eine alte Burg ſtanden. In dieſen Gegenden liegen, zum Teil an waſſerloſen
Stellen, wie bei Ancon (ſ. die beigeheftete Farbentafel), wo Reiß und Stübel umfangreiche
Grabungen veranſtaltet haben, ausgedehnte Nekropolen, weite Totenfelder mit unzähligen
Maſſen⸗ und Einzelgräbern. Überall wurden die Leichen in hockender Stellung im Wüſten⸗
ſande beigeſetzt, mit Baumwollzeug, dann mit Binden umwunden, mit einem Gewand be—
kleidet, darauf in dicke Lagen roher Baumwolle gehüllt oder auch in einen ſtarken Sack
oder in geflochtene Matten eingenäht, die mit Stricken zuſammengehalten wurden. Dieſen
Ballen ſetzte man einen künſtlichen Kopf aus Stoffen oder Holz auf. Allmählich erfolgte dann
in dem ſalpeterhaltigen Sande die Mumifizierung der Körper. Beigegeben wurden Grab—
tafeln, mit Wollfäden umſponnene Rohrſtäbe, Waffen, Werkzeuge, Schmuckſachen, Flöten,
Ruder, Zeremonialſtäbe und ſtandartenartige Ehrenzeichen.
Mit dem Tal von Casma beginnt eine andere Bauart. Die hier ſtehende Feſtung
Chancaillo hat ovale Rundmauern, niedrige runde Türme und quadratiſche Bauten. Auf
einem anderen Hügel ſieht man Mauertrümmer mit Stufen und Plattformen, vielleicht zwölf
Altäre, bei Mojeque Tempelruinen mit drei übereinanderliegenden Plattformen aus Granit,
ähnlich wie die mittelamerikaniſchen Stufenpyramiden. Ebenſo ſind im unteren Santa—
tale neben deutlichen Inkabauten Reſte früherer Häuptlingswohnungen und Feſtungen,
Caſtillos, bei Panamarquilla im Tale Nepeña ein pyramidenförmiger Tempelbau erhalten.
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372 Das gefaltete Land des Weſtens.
Endlich folgt nahe Trujillo das berühmte Trümmerfeld von Chanchan, gewöhnlich
Gran Chimu genannt. Hier ſtehen auf einer Fläche von 5—6 qkm graue Mauern mit
hofartigen Räumen ſowie drei künſtliche Hügel mit Baureſten. Von dieſen lieferte die Huaca
de Toledo 1577/78 den reichſten Fund in Peru im Werte von 7 Millionen Mark: goldene
Trinkgefäße, Schalen, Figuren, Schmuckſachen, Gürtel, Diademe und Götterbilder; ſie war
vielleicht eine mit einem Tempel verbundene Grabſtätte, während die Huaca de la Roſa
als ein alter Königspalaſt, die Huaca del Sol am Rio Mocha als ein Sonnentempel der Inkas
gilt. Die Stadt ſelbſt enthält 4—8 m hohe, oben ſpitz zulaufende Mauern, zwei angebliche
Paläſte, Waſſerbehälter, Waſſerleitung, Hafenanlagen und Staubecken, wurde aber von
den Inkas, anſcheinend durch die Zerſtörung der Waſſerleitungen, erobert, ſo daß ſie ſchon
bei Ankunft der Spanier verödet dalag. Die Bewohner von Chimu verehrten beſonders
den Mond, die Sonne und das Meer, Felſen und Götzenbilder; ſie trieben Ackerbau und
Fiſchfang, bauten Mais, Yuca und Bataten, brauten eine Art Chicha, hielten Hunde und
Meerſchweinchen und befuhren das Meer mit den noch jetzt üblichen floßartigen Caballitos
(Pferdchen) aus Schilf und Rohr. Sie waren ſehr geſchickt in der Metallbearbeitung und der
Töpferei, haben zahlloſe beachtenswerte Geſichtsvaſen und Geräte aller Art hinterlaſſen
und verſtanden auch die Anfertigung von Geweben gut, während die Baukunſt weniger ent—
wickelt war; doch wurden auch hier pyramidenförmige Tempel, wie der bei Eten noch
ſtehende, aus geſchichtetem Lehm erbaut.
Die Stämme der Sierra. In der Sierra war die Bevölkerung ebenſowenig ein—
heitlich wie an der Küſte. In Nordperu jagen kleinere Völker, mit einer Reihe von Kultur—
mittelpunkten, z. B. um Cajamarca, in der Nähe von Huamachuco, wo die Feſtung Marca
Huamachuco ein ſolcher geweſen iſt, dann in den Conchucos genannten Tälern um 8° ſüdl.
Breite, im Santa-Tale, wo der Puma Cayan über Huaraz einen Häuptlingsſitz bezeichnet,
weiter im Tale des oberen Puccha, bei Chavin de Huantar, wo ein großer, zum Teil unter—
irdiſcher Palaſt den berühmten Stein von Chavin geliefert hat und noch große Reſte eines
alten Tempels ſtehen. Weitere Stämme waren die Huanka um Huankavelica, die Huaman
bei Ayacucho und die Chanka um Andahuaylas.
Über dieſe kleineren Kulturen ragen zwei Völker hinaus, von denen das eine, die
Aimarä (vgl. S. 340), jetzt ſeine Wohnſitze hauptſächlich in Bolivia hat. Die Verbreitung
der Aimarä muß aber weit größer geweſen ſein, da ihr Einfluß ſich an der Küſte nordwärts
bis Lima nachweiſen läßt und ihre Grabtürme, Chullpas, noch in den Conchucos vorkommen.
Alle dieſe Stämme gingen in den letzten Jahrhunderten vor der Eroberung durch die Spanier
in dem Reiche der Inkas auf, deſſen Gründung dem bedeutendſten Volke der Sierra,
den Ketſchua, Quechua oder Quichua, auch Khechua, Keſhua, gelungen iſt. Sie er—
oberten nach und nach nicht nur das Hochland von Peru, ſondern auch das Küſtenland,
ferner das heutige Ecuador, das jetzige Bolivia und dehnten ihre Herrſchaft ſüdwärts bis
zum Rio Maule in Chile und bis über die Täler von Calchaqui in Nordweſt-Argentinien aus.
Überall verpflanzten ſie die unterworfenen Stämme in ihr urſprüngliches Gebiet, oder ſie
ließen die eroberten Landſchaften durch Beamte, die von ſtarken Garniſonen in Feſtungen
unterſtützt wurden, verwalten. Sie übten eine Art von Militärkoloniſation, zwangen den
Unterworfenen ihre Sprache, das Ketſchua, auf und errichteten über den Tempeln der⸗
ſelben ihre Sonnentempel, wie in Pachacamac bei Lima; auch ſicherten ſie ihre Herrſchaft
durch ein gut funktionierendes Syſtem des Schnellverkehrs.
Die peruaniſche Kordillere: Die Bevölkerung. 373
Die Ketſchua waren und ſind zum Teil auch heute noch echte Vertreter der ameri—
kaniſchen Raſſe mit olivenfarbener Haut, ſcharfen Geſichtszügen, kurzem Schädel und mächtig
entwickeltem Rumpf. Ihre Nahrung beſtand in Mais, Quinua, Oka, Arracache, Ulluco
und Kartoffeln. Koka wurde als Speiſe der Vornehmen betrachtet und nur ſelten an das
Volk verteilt; endlich wurden Fiſche und das Fleiſch der männlichen Llamas genoſſen. Die
Kleidung bildeten der baumwollene Poncho, Sandalen, Kopfbinden, kurze Mäntel und bei
den Frauen große Decken und Gürtel. Die Gewerbtätigkeit war überhaupt bei den Ketſchua
hoch entwickelt: namentlich die Töpfer und Metallarbeiter galten als ſehr geſchickt und be-
arbeiteten Gold, Silber, Kupfer zu allerlei Geräten und zu Waffen.
Die Bauten der Ketſchua waren ganz beſonders großartig. Die Häuſer freilich, deren
man noch heute einige erhalten findet, ſcheinen einfach geweſen zu ſein; ſie hatten einen
inneren Hof, um den die untereinander nicht verbundenen und fenſterloſen Zimmer lagen,
und ſpitze Dächer von Holz, Stroh, Gras. Die Feſtungen, darunter Sacſa Huaman über
Cuzco, Ollantai Tambo und Piſac im Urubamba Tale, enthielten gewaltige Tore, Stein—
mauern, rieſige konzentriſche Steinwälle, Turmanlagen. Vor allem aber ſind die Tempel
von Cuzeo berühmt geworden. Dieſe alte Herrſcherſtadt zerfiel in Ober-Cuzco oder Hanan—
Cuzco und Unter⸗Cuzco oder Hurin-Cuzco, über denen ſich am Fuße des Sacja Huaman die
Terraſſe Collcampata erhob. Mitten in der Stadt lag der große Feſtplatz, Hancaypata, und
an dieſem im Dreieck der Sonnentempel, die Königspaläſte, das Kloſter der Sonnenjung—
frauen und die Häuſer der Adligen. Heute ſind noch einige alte Mauern vorhanden, Grund—
mauern von Häuſern und eintönige Wände, alles von gewaltiger Feſtigkeit und aus mäch—
tigen Steinen zuſammengeſetzt. In dem großen Sonnentempel Intihuaſi, „Sonnenhaus“,
ſtand das Bild der Sonne in einer weiten, mit Goldplatten bekleideten Halle; auch das Bild
ſelbſt war aus goldenen Platten gearbeitet und hatte ein menſchliches Antlitz, von geflammten
Strahlen umgeben, deren Ränder mit Edelſteinen eingefaßt waren. In einem Neben-
gemach befand ſich das auf einer ſilbernen Platte eingemeißelte Bild der Mondgöttin,
wiederum inmitten von Silberplatten. Auch die Türen waren mit Gold und Silber belegt,
das Geſims beſtand aus goldenen Platten, und in einem Hofe waren die Reſervevorräte
an Gold zu Pflanzen, Blumen, Früchten und Tieren verarbeitet.
Weitere Inkabauten bietet namentlich Colpa oder Huänuco viejo, wo noch eine ganze
Lagerſtadt mit den Ruinen eines Sonnentempels und eines Inkapalaſtes und mehrere als
Vorratshäuſer benutzte Türme vorhanden ſind, und neuerdings mehrte ſich die Zahl der auf—
gefundenen alten Städte beſonders um den Apurimac. Sehr bemerkenswert ſind endlich
die Straßen und Brücken, wie die 42 m lange, 49 m hohe Steinbrücke von Pachachaca
in Junin. Von der Hauptſtadt Cuzco liefen nämlich nach den vier Himmelsrichtungen vier
Hauptſtraßen in die vier großen Provinzen des Reiches: die bekannteſte über Cajamarca nach
Quito, eine zweite nach Nazca an der Küſte, eine dritte nach der Gegend von Arequipa und
Arica und die vierte nach Chuquiabo, jetzt La Paz. Sie überquerten in möglichſt gerader
Richtung Berge und Täler, waren gepflaſtert, mit Mauern und Baumreihen eingefaßt und
in gewiſſen Abſtänden mit Unterkunftshütten, Tambos, verſehen, wo die Läufer der Inkas
zu übernachten pflegten, deren Nachrichten außerordentlich ſchnellübermittelt wurden. Waſſer—
leitungen führten vielfach aus feuchteren Gegenden in trockene, insbeſondere an der Küſte.
Die Familie, die Grundlage des Staates, beruhte im allgemeinen auf der Einzelehe,
außer bei dem hohen Adel. Die Kinder wurden ſtreng erzogen und früh abgehärtet, aber
374 Das gefaltete Land des Weſtens.
wenig unterrichtet, denn die Schulen waren nur für die Kinder der Vornehmen, die in dem
Hauſe der Wiſſenſchaften in Cuzco von den Anautas, Prieſtern, in der Beobachtung der
Geſtirne, der Feldvermeſſung und der Anlage von Bauten unterwieſen wurden. Im übrigen
beſtand eine durchaus kommuniſtiſche Verfaſſung. Von dem Lande erhielten der Inka
und die Sonne, d. h. die Prieſter, je einen Teil, der dritte und vierte Teil aber wurden
für die Bearbeiter und ihre Familien, für Schwache und Witwen gemeinſam beſtellt. Die
aus dieſen beiden Vierteln gewonnene Ernte wurde geteilt, die anderen beiden Viertel
aber, das für den Inka und das für die Sonne, zum Teil zu Reſervevorräten verwendet.
Angeſtellte der Regierung ſorgten für richtige Bearbeitung des Bodens, der künſtlich be—
wäſſert, mit dem Guano der Küſteninſeln gedüngt und den Familien je nach ihrer Kopfzahl
in größeren oder kleineren Parzellen zugeteilt wurde. Zweimal im Jahre wurde Wolle,
Baumwolle und Leder von Staats wegen ausgeteilt; nachdem unter Aufſicht der Beamten
die Kleidung angefertigt worden war, wurde der Reſt an die Behörde zurückgegeben. Ebenſo
wurden die Laſt- und Haustiere gleichmäßig verteilt. Über je 10, je 100, je 1000 Familien
waren beſondere Aufſeher geſetzt: niemand durfte einen anderen Beruf ergreifen als ſein
Vater, niemand ſeinen Wohnort wechſeln, niemand Hageſtolz bleiben; auch die religiöſen
und weltlichen Feſte wurden vollkommen ſchematiſch abgehalten.
Unter dieſen Umſtänden darf es nicht wundernehmen, daß das ganze Volk zum Kriegs—
dienſt herangezogen und militäriſch durchgebildet wurde, und dieſer ſtraffen Diſziplin iſt auch
die Unterwerfung der benachbarten Völkerſchaften zu danken. Infolge der guten Organi—
ſation des Staates konnten Statiſtiker genaue Verzeichniſſe über die Zahl der Bevöl—
kerung, über Geburten und Todesfälle ſowie über die Tribute und die in den Speichern des
Staates aufbewahrten Lebensmittel, Kleidungsſtücke und Waffen führen. Sie bedienten
ſich dazu in Ermangelung der Schrift einer eigentümlichen Bezeichnungsweiſe durch Knoten,
Kipus, die, aus wollenen Fäden von verſchiedener Farbe in mancherlei Weiſe geſchlungen
und gruppiert, an einer gemeinſamen dicken Schnur befeſtigt wurden und vereinzelt heute
noch zur Viehzählung im Gebrauch ſind.
Die Religion war der Sonnenkultus. Am Tage der Winterſonnenwende wurde das
Sonnenfeſt gefeiert, bei dem der Sohn der Sonne, der Inka ſelbſt, als Oberprieſter diente.
Neben der Sonne, Inti, verehrten die Ketſchua auch zwei andere Gottheiten: Viracocha oder
Huiracocha und Choke illa. Huiracocha, der „Lavaſee“, iſt wohl die Perſonifizierung des
feuerflüſſigen Elements, und Reſte ſeines großen Tempels befinden ſich bei Rajchi im Tale
des Huilcamayo bezeichnenderweiſe am Fuße eines erloſchenen Vulkans mit zahlreichen
Lavaſtrömen. Der zweite Gott war der Regen- und Blitzgott, die Religion war alſo eine
Verehrung der Naturkräfte. Die Prieſter zerfielen in mehrere Klaſſen; der Oberprieſter war
der angeſehenſte Mann nächſt dem Inka.
Über dem ganzen Staatsbau thronte als abſoluter Herrſcher der Inka, ein Sohn der
Sonne, der als Halbgott und nach ſeinem Tode geradezu als Gott verehrt wurde; die Mumien
der dreizehn Inkas ſtanden im Hauſe der Sonne in Cuzco und die der Inkafrauen, die ſtets
Halbſchweſtern der Inkas waren, in dem Saale des Mondes. Glanz und Pracht umgaben
den Inka, deſſen Abzeichen eine ſchwarzrote Kopfbinde und weiße und ſchwarze Federn
waren; ſeine Bedienung bildeten Söhne des Adels. Überlieferungen verlegen die Grün—
dung des Reiches in das 11. Jahrhundert n. Chr. und ſchreiben ſie dem Sonnengott ſelbſt
zu, der ſeinen Sohn Manko Kapac und deſſen Weib Mama Oello auf die Inſel Titicaca im
Die peruaniſche Kordillere: Die Bevölkerung. 375
gleichnamigen See ausſetzte. Von hier aus breitete ſich die Kultur zuerſt nach Nordweſten
aus, wo die Stadt Cuzco, die heilige Stadt der Indianer Perus, gebaut wurde. Dreizehn
Inkas folgten dem Manko Kapac auf dem Throne Perus, unter denen Thupac Jupanqui
das Reich bis nach Quito und Nordchile und Huaina Kapac deſſen Einfluß bis weit in das
Tiefland Amazoniens ausdehnte.
Während alle dieſe Stämme zu einer gemeinſamen Maſſe verſchmolzen ſind, haben ſich
die Antis als Volk noch erhalten, wenn auch bei weitem nicht in der Ausdehnung, die dieſer
Stamm unter dem Namen Kampa gehabt hat. Sie haben ihren Namen auf das Gebirge
der Kordilleren übertragen und bewohnen das Land zwiſchen dem Mantaro-Ené-Tambo
und dem Urubamba⸗Quillabamba; ſie tragen lange Gewänder, bemalen ſich rot und ſchwarz,
ſchmücken ſich mit Federn und bilden mit ihrem Leben in der Montana und ihrer Hinneigung
zu Jagd und Fiſchfang den Übergang von den Bewohnern der Sierra zu den Waldindianern
des Tieflandes. Ihrer ethnographiſchen Stellung nach gehören ſie zur Aruak-Gruppe, deren
weſtliche Vorpoſten ſie ſind.
Die eingewanderte Bevölkerung. Während die Indianerbevölkerung zurück—
ging, iſt die der Fremden, namentlich an der Küſte, raſch gewachſen. Schon bei der erſten
Landung in Tumbez führte Pizarro Neger mit ſich, aber zu größerer Einwanderung kam es
doch erſt um die Mitte des 16. Jahrhunderts, und bald war die Zahl der Neger größer als
die der Weißen: um 1625 betrug ihre Zahl 30000, davon in Lima und Umgebung 22000, der
Reſt im übrigen Küſtenlande, da die Neger die kalte Sierra und Puna nicht lieben. Gegen
1820 wurde die Einfuhr von Sklaven verboten, 1835—39 aber wieder zugelaſſen, nachdem
San Martin bereits alle nach 1821 Geborenen für frei erklärt hatte; endgültig abgeſchafft
wurde die Sklaverei erſt 1856. Damals ſollen noch 15000 Negerſklaven vorhanden geweſen
ſein. Seitdem nimmt ihre Zahl wegen Aufgehens in die anderen Raſſen ab.
Infolge des Verbotes der Sklaveneinfuhr und der Ausdehnung des Zuckerrohranbaues
wurden von 1850-75 auch in Peru gegen 90000 faſt nur männliche ſüdchineſiſche Kulis
eingeführt, meiſt als Arbeiter an den Eiſenbahnen und auf den Guano-Inſeln. 1876 war ihre
Zahl aber auf noch nicht 50000 geſunken, es waren alſo faſt 42 Prozent geſtorben. Seit 1882
erhielten die Chineſen freie Verfügung über ſich und haben ſich ſeitdem als kleine Händler,
Köche, Wirte über das Land verbreitet, zum Teil aber auch größere Firmen gegründet.
Die Weißen ſind die herrſchende Raſſe in Peru ſeit der Conquiſta, doch ſind jetzt die
Familien reinen weißen Blutes ſelten, die Meſtizen dagegen häufiger. Die Miſchung von
Spaniern und Negerinnen ergab eine zweite, allmählich der weißen ſich immer mehr nähernde
Miſchraſſe. Man unterſcheidet weiße Kreolen, weiße Meſtizen, Meſtizen, Mulatten und
Chinos (Abkömmlinge von Negern und Mulattinnen), ferner Quarteronen (ſolche von
Weißen und Mulattinnen), Quinteronen (die von Weißen und Quarteroninnen) und Cholos
(die Abkömmlinge von Meſtizen und Indianerinnen). Häufig heißen auch alle Negerblut
und Negerzüge zeigenden Miſchlinge Zambos, alle mit Indianermerkmalen Cholos, im
ganzen ſchlägt aber das indianiſche Element mehr und mehr wieder durch. Nach C. Wieße
kommen 50 Prozent aller Einwohner auf die Indianer, 32 auf Miſchlinge, 15 auf die Weißen
und 3 auf die Neger, nach meiner Meinung über 50 Prozent auf Miſchlinge.
Allmählich hat ſich ein Gegenſatz zwiſchen den Küſtenbewohnern, Cojterios, und den
Gebirgsbewohnern, Serranos, herausgebildet; erſtere ſind lebhafter, freier, betriebſamer und
beſitzen die politiſche Macht, letztere verſchloſſener, mißtrauiſcher, meiſt den Cojterios durchaus
376 Das gefaltete Land des Weſtens.
abgeneigt und rückſchrittlicher geſinnt. In den Städten beſteht die weiße Bevölkerung vor—
nehmlich aus Beamten, Offizieren, Geiſtlichen, Kaufleuten, Arzten und Ingenieuren, auf
dem Lande aus Gutsbeſitzern, kleineren Landwirten und Bergwerksbeſitzern. Die Fremden
ſind faſt ausſchließlich europäiſche Kaufleute, Eiſenbahn- und Bergwerksbeamte und haben
den Handel in Händen. Die Amerikaner beherrſchen durch den Ankauf der Minen von Cerro
de Pasco das Bergweſen, die Engländer durch ihre mächtige Peruvian Corporation Eiſen—
bahnen und induſtrielle Anlagen, die Deutſchen den Geſamthandel in ſteigendem Maße.
d) Die Beſiedelung.
Peru hat nach der offiziellen Angabe eine Fläche von 1833916 qkm, nach plani—
metriſcher Berechnung in Juſtus Perthes' geographiſcher Anſtalt aber nur 1137000. Hierzu
ſind aber noch 30000 qkm zu rechnen, die 1909 von Bolivia erworben wurden, ſo daß die
Geſamtfläche des Landes ungefähr 1170000 qkm betragen wird. Auf dieſem Raume
ſollen 5580000 Menſchen leben, aber dieſe Zahl iſt ganz unſicher, da ſeit 1876 keine Volks—
zählung ſtattgefunden hat. Von dieſen 5½ Millionen Einwohnern kann man wohl den
vierten Teil, 1400000, auf das Küſtengebiet rechnen, auf die Montafia aber, ungerechnet die
frei ſchweifenden Indianer des Tieflandes, kaum 150000. Der ganze Reſt, rund 4 Millionen,
alſo 72 Prozent, bewohnt die Sierra, die auch in dieſer Hinſicht der Kern des Landes iſt.
Demnach hat die Sierra bei rund 850000 qkm Fläche, wie das ganze Land, eine Volksdichte
von faſt 5, die Küſte bei 100000 eine ſolche von 14, die Montaita aber mit 220000 qkm eine
Dichte von 0,7 auf 1 qkm. Wieße rechnete für 1876 bei 3 Millionen Bewohnern für die
Sierra 1930000, für die Küſte 685000, für die Montana 385000. Im ganzen iſt die Volks—
dichte im Norden höher als im Süden.
Die Küſte. Nach dem auf S. 358 und 364 über die Küſte Geſagten konnten Ortſchaften
dort nur an Waſſerläufen entſtehen; ſie ſind naturgemäß meiſt Hafenorte, doch kommen auch
weiter aufwärts in den Flußtälern Dörfer und ſelbſt kleine Städte wie Ica vor. Auf die
bereits auf S. 345 beſprochenen Häfen Islay und Mollendo folgt eine ſehr wenig beſiedelte
Küſtenſtrecke mit der kleinen Hafenſtadt Camana (4000 Einwohner). Pisco ift ein ſandiger,
öder Ort mit bedeutender Vergangenheit; nachdem er jedoch 1687 durch eine Erdbeben—
flutwelle faſt vernichtet wurde, hat er ſich nicht wieder ganz erholt. Am Mittellauf des Rio
Ica liegt ca, ſchon 1563 gegründet und 1569, 1647 und 1664 durch Erdbeben beſchädigt,
mit 7000 Bewohnern, in 400 m Höhe, mit Anbau von Wein, Zucker und Herſtellung von
Zuckerbranntwein und ſogenannten Piscos, Tongefäßen für die Aufnahme des Weines.
Neuere Häfen ſind Tambo de Mora vor Chincha und Cerro Azul vor Cariete.
Lima, die Hauptſtadt von Peru, wurde 1535 von Francisco Pizarro gegründet, war
jahrhundertelang Sitz des Vizekönigs und wurde als Reſidenz desſelben und als Ausfuhrort
aller Schätze des Landes mit verſchwenderiſchem Luxus ausgeſtattet. Die ſchachbrettartig
in einer weiten, künſtlich bewäſſerten und gut angebauten Ebene zu beiden Seiten des Rimac
am Fuße des Berges San Criſtöbal angelegte Stadt enthält aus der ſpaniſchen Zeit noch
die gewaltige zweitürmige Kathedrale und den erzbiſchöflichen Palaſt, beide an dem Haupt⸗
platze, Plaza de Armas, und als beſondere Sehenswürdigkeit das alte Haus der Vizekönige,
Caſa de los Vireyes, und das Grab des Pizarro. In neuerer Zeit hat man an die alte innere
Stadt neue moderne Quartiere mit ſchönen Boulevards und großen Häuſern, auch vielen
öffentlichen Gebäuden, angebaut und hält die Straßen ſauber, ſo daß der Aufenthalt in der
Die peruaniſche Kordillere: Die Beſiedelung. 377
Stadt angenehm iſt. Lima hatte 1913: 150000 Einwohner, doch wird man mit dieſer Zahl
der Bedeutung des Wohnplatzes nicht gerecht. Dieſem ſind vielmehr die durch elektriſche
Bahn mit Lima verknüpften Vororte Miraflores, Barranco und Chorrillos mit zu—
ſammen vielleicht 10000 Einwohnern zuzuzählen, am Meere gelegene Villenorte und See-
bäder, Stätten des eleganten Lebens ſowohl wie auch der Zurückgezogenheit. Im Nord—
weſten von Lima iſt ferner Ancon ein kleines Seebad und eine Art Vorort von Lima.
Namentlich aber iſt der Verkehr zwiſchen Lima und der kaum 6 km entfernten Hafenjtadt
El Callao (Kallu = Zunge, Landzunge) lebhaft, wohin zwei Eiſenbahnen und eine elek—
triſche Linie führen. Callao, 1537 von Diego Ruiz auf einer La Punta genannten Land—
ſpitze gegründet, 1671 Stadt, wurde 1746 durch Erdbebenflutwellen zerſtört, iſt aber aus
allen Kriegen und Fährniſſen immer wieder erſtanden, da es einen durch die Inſel San
Lorenzo geſchützten guten Hafen hat. Heute iſt Callao eine lebhafte echte Hafenſtadt von
etwa 35000 Einwohnern. Im ganzen wohnen daher in Lima, Callao und den Vororten
von Lima mehr als 200000 Menſchen.
Die Küſte nördlich von Lima hat auf eine weite Strecke keine Anſiedelungen von
Bedeutung; zu erwähnen ſind nur Huacho an der Mündung des Huaura, Supe und Casma.
Chimbote, der Ausgangspunkt für die Bahn nach Huaräz, iſt nach anfänglichem Aufſchwung
ohne Fortſchritt geblieben, Salaverry iſt ein künſtlich geſchaffener Platz mit ſchlechter Reede
und wenig Bevölkerung, aber als Ausgangspunkt von Eiſenbahnen doch von Wichtigkeit.
Größer iſt Trujillo mit 7500 Einwohnern, ein Ort mit noch anſehnlichen alten Häuſern,
der ebenfalls im 16. und 17. Jahrhundert viel einflußreicher war: von Almagro 1535 gegrün-
det, wetteiferte er mit Lima, wurde auch 1614 Biſchofsſtadt, aber 1619, 1725 und 1759 durch
Erdbeben ſchwer mitgenommen. Auch Pacasmayo, der Ausgangspunkt der Bahn nach
Cajamarca, hat nur 500 Bewohner, Eten 5000, Monſefu 6000, aber meiſt einſtöckige
Häuſer und Rohrhütten, deren Inſaſſen, Indianer, noch die Chimüſprache jprechen. Hier
am Unterlaufe des Chancay-Fluſſes haben ſich im gut bewäſſerten Gelände überhaupt von
jeher größere Siedelungen befunden. Der bedeutendſte Ort war früher Lambayeque,
aber heute iſt dieſe Stadt ebenſo wie das am Rande der Wüſte gelegene Ferreſtafe gegen
Chiclayo zurückgetreten, das mit wahrſcheinlich 15—20000 Einwohnern jetzt den Handel
mit dem Inneren beherrſcht. Reiche und ſehr große Zuckerpflanzungen liegen oberhalb
Chiclayo an der Bahn nach Pätapo, die größte aber, Cayalty, weiter im Süden, nahe Sana.
Eine weitere Gruppe von Siedelungen hat ſich ſchon in früher Zeit an den Flüſſen Piura
und Chira entwickelt. Piura war die erſte ſpaniſche Gründung in Peru und hat ſich auch bis
heute als Hauptort der nördlichen Küſte erhalten. An ſeinen Ausgängen vom Wüſtenſande
überweht und nur ſehr ſelten von Regenfällen erquickt, hat Piura doch etwa 15000-20000
Einwohner und iſt auch durch Eiſenbahn mit dem kleinen, aber nicht ſchlechten Hafen Payta
verbunden. Neben dieſen alten Siedelungen hat ſich in neueſter Zeit die durch Kleinbahn
mit Piura verbundene Stadt der Strohhutflechterei, Catacaos, zu 15000 Einwohnern
entwickelt, während das alte Sechura zurückgegangen iſt. Auch die nördlichſte Stadt der
Küſte von Peru, die alte Inkafeſtung Tumbez, bei der Pizarro und Almagro 1526 landeten,
mit etwa 2500 Einwohnern, hat nicht mehr die frühere Bedeutung, dagegen iſt die ſüdlich
vor ihr liegende Küſte durch die Bohrungen auf Petroleum in neuerer Zeit belebt worden.
Die Sierra. In der Sierra ſind die Ortſchaften gleichmäßiger über das Land verteilt
als an der Küſte, aber im allgemeinen auch nur klein, da die Einwohnerzahl keiner 30000
378 Das gefaltete Land des Weſtens.
überſteigt. Die größte Stadt des Inneren, abgeſehen von Arequipa, und der Mittelpunkt
des alten Inkareiches iſt Cuzeo oder Kusko, das dem Indianer noch heute als heilige
Stadt gilt, bei deren Anblick er den Hut zieht und ein Gebet ſpricht. 1533 auf der alten
Hauptſtadt als ſpaniſche Stadt gegründet, wurde Cuzco 1536 durch die Indianer ſelbſt mittels
auf die Grasdächer geſchleuderter Brandpfeile zerſtört und dann von den Spaniern auf den
Ruinen der Tempel neu aufgebaut. Die Reſte der alten Inkabauten ſind ſchon S. 373 ge⸗
ſchildert worden, aber auch die von den Spaniern erbauten Kirchen und Klöſter ſind groß—
artige und ſchöne Gebäude, beſonders die Kathedrale, die Jeſuitenkirche Igleſia de la Com-
paſtia, die alte Dominikanerkirche von 1536, das auf den Trümmern des Sonnentempels
errichtete Dominikaner- und das Franziskanerkloſter ſowie vier Nonnenklöſter; ſie ſind alle
aus gut behauenen Quadern gebaut und ſehr feſt gefügt. Die Straßen ſind eng und ſchlecht
gepflaſtert, die Häuſer, von denen auch die geringeren aus Stein gebaut und mit Ziegeln
gedeckt ſind, zweiſtöckig; außerdem gibt es noch altſpaniſche Häuſer mit geräumigen Höfen.
Die Zahl der Bewohner wird 27000 betragen.
Etwas häufiger ſind die Siedelungen im Gebiete des Apurimac. Zwar gewährt
dieſer Fluß ſelbſt keiner größeren Ortſchaft Platz an ſeinen Ufern, aber über dem Tale liegen
Abancay und Andahuaylas mit 1500 und 2400 Einwohnern, erſteres ein ärmlicher Flecken,
aber Hauptort des Departamento Apurimac, letzteres ebenfalls ein unſcheinbarer Indianer⸗
platz, aber mit leidlichem Ackerbau und Viehzucht. Im benachbarten Departamento Aya-
cucho folgt dann Ayacucho, mit 20000 Einwohnern, 22 Kirchen, darunter 9 Kloſterkirchen,
nach Cuzco die bedeutendſte Stadt der Sierra; es wurde als San Juan de la Victoria 1539
von Pizarro angelegt, behielt aber den alten Namen Huamanga oder Huamankaka (Schnee,
Fels), bis es (1825) nach der Ebene von Ayacucho benannt wurde.
Unter den Orten im Mantarogebiet hat Huanta ſeinen Silberreichtum faſt ganz
verloren, ebenſo wie Huancavelica ſeinen Queckſilberreichtum, der ſeit 1567: 400 Millionen
Mark ergeben haben ſoll. In etwas weniger unwirtliche Gegenden führt Huan ca yo ein, eine
freundliche, jetzt von der Eiſenbahn erreichte Stadt mit nur einer breiten Hauptſtraße und
unvollendeter Kirche, aber lebhaftem Handel, namentlich in Koka. Jauja in 3500 m und
Tarma in 3080 m Höhe dienen als klimatiſche Kurorte, Oroya hat nur als Endpunkt der
Bahn nach Lima eine Bedeutung, Chiella zwar gute Häuſer und lebhaften Verkehr, aber faſt
keine Bewohner; es führt als beinahe einzige Fracht für die Bahn Silber aus. Der Hauptort
der ganzen Gegend iſt die unwirtlich in 4300 m Höhe gelegene Bergſtadt El Cerro de Pasco
mit jetzt etwa 10000-12000 Einwohnern, eine richtige Bergbauſtadt von ſehr unregelmäßiger
Bauart und mit rund 1000 Gruben, deren Stollen und Schächte ſich ſogar in den Häuſern
ſelbſt öffnen. Die Bedeutung der an die Oroya-Bahn angeſchloſſenen Stadt iſt heute weit
größer als die irgendeiner anderen in der Sierra.
Am Oberlaufe des Huallaga iſt Huänuco (1800 m) als Sitz des Präfekten, des Ober⸗
gerichts und eines Biſchofs mit 5300 — 7000 Einwohnern und großer Kathedrale, der Kirche
der Mercedarier, einer Brücke über den Huallaga und reichen Obſtgärten der Hauptort.
Dagegen entbehrt der Oberlauf des Mararion bedeutenderer Ortſchaften ganz, an ſeinen
Nebenflüſſen liegen das durch Silberreichtum bekannte Huallanca (3500 m) und die alte
Kultſtätte Chavin de Huantar.
In Ancachs drängt ſich die Bevölkerung viel mehr im Santa-Tale zuſammen, dem
beſtbeſiedelten Teil der Sierra. Von 90 45“ bis 8% 45“ reihen ſich hier in der Höhe von 3500
Die peruaniſche Kordillere: Die Bejiedelung. 379
bis 2000 m die Ortſchaften faſt aneinander. Von dem Schmelzwerk Ticapampa gelangt
man über Recuay nach dem Hauptorte des Tales, Huaräz (Tafel 15, Abbildung 2), in
3000 m Höhe mit etwa 8000 Bewohnern, einem ſchmutzigen, ſchlecht gehaltenen Platz
mit vorwiegend Ketſchua ſprechender Cholobevölkerung. Weit freundlicher und heller iſt das
500 m tiefer liegende Jungay mit 6000— 7000 Einwohnern und ſchöneren Häuſern; es hat
auch Caraz überflügelt, das ebenfalls an 6000 Einwohner haben mag, einen Ort mit ſehr
fruchtbarer Umgebung, und ebenſo Huaylas (5000-6000 Einwohner).
Zwiſchen 8½ und 714° liegen die kleinen Landſtädte und Provinzialhauptſtädte Co-
rengo, Cabana, Pallasca, Santiago de Chuco, Dtuzco, Huamachuco, Contumazä und Caja—
bamba zwiſchen Weizen-, Mais- und Luzernefeldern, die oft hoch über den Orten an den
Berghängen kleben, alles Städte, deren Dachbekleidung, rote Ziegel, freundlich wirkt.
Nördlich des 8. Grades iſt das altberühmte Cajamarca in 2860 m Höhe der Haupt—
ort. Es enthält einen rieſigen Platz mit mächtiger Hauptkirche und das Zimmer, das Ata—
huallpa mit Gold und Silber füllen ließ, um ſich loszukaufen, aber von den Inkabauten, die
zahlreich vorhanden waren und zum Teil den die heißen Quellen gebrauchenden Inkas zur
Wohnung dienten, nur noch den Königsſitz auf dem Hügel Santa Polonia, einen halbrunden,
in Tuff ausgehauenen Steinſitz, wahrſcheinlich einen Opferplatz. Die 15000 (2) Bewohner
der Stadt, meiſt Cholos, beſitzen große Geſchicklichkeit in der Anfertigung von Drellen, Teppi⸗
chen, Ponchos und feinen Frauenmänteln, aber auch als Großhandelsplatz kommt Cajamarca
in ſeiner Eigenſchaft als Endpunkt der Eiſenbahn von Pacasmayo und größter Ort der
geſamten Sierra im Norden von Lima immer mehr auf. Unbedeutender ſind Celendin
mit 4000, Hualgayoc mit 2000, Jäen de Bracamoros mit 1000 Einwohnern. Im äußerſten
Norden iſt die Form der Comunidades, über das Gebirge zerſtreuter Siedelungen, häufig,
aber es gibt auch noch geſchloſſene Ortſchaften, wie Huancabamba und Ayavaca.
Die Oſtkordillere iſt heute großenteils gegen früher zurückgegangen; ſo haben die Orte
Pataz, Parcoy, Pias gar keine Bedeutung mehr, ja nur noch wenige hundert Einwohner,
und nur vereinzelt halten ſich noch Ortſchaften in beſſerem Zuſtande, wie Huacrachuco und
Tayabamba. Der Grund für dieſen Rückgang liegt in dem Mangel ausreichender Verkehrs-
mittel, ſo daß die vorhandenen Produkte die Fracht nicht mehr ertragen. Nur die Provinz
Chachapoyas macht eine Ausnahme. Hier iſt es zur Ausbildung von größeren Ortſchaften
gekommen, weil die Verbindung der Sierra mit Loreto und dem Amazonas hergeſtellt wer—
den mußte. Chachapoyas iſt eine in 2323 m Höhe auf der mittleren Schwelle der Oſt—
kordillere gelegene Bergſtadt mit 4000 Einwohnern, mächtiger Plaza, Kathedrale, Läden,
Warenlagern und meiſt großen, aber kahlen und öden Häuſern und Anbau von Weizen,
Mais, Gemüſen und Früchten. Von Chachapoyas führt nach Moyobamba hinunter noch
immer derſelbe Handelsweg wie zur Zeit der Ankunft der Spanier, doch läßt er ſich jetzt mit
Maultieren zurücklegen. Moyobamba liegt nur 860 m Hoc) in ſehr freundlicher Umgebung,
wie auch der Name „Ebene mit Obſtgärten“ andeutet. Die ſehr ausgedehnte Stadt hat
7000 Einwohner, iſt regelmäßig gebaut, aber ungepflaſtert und hat nur unſcheinbare Häuſer
mit Palmſtrohdächern; ihre ſehr helle Bevölkerung flicht vornehmlich Strohhüte. Von
Moyobamba gelangt man einerſeits auf halsbrechendem Pfade durch Flüſſe und Waſſer—
lachen nach Balzapuerto, anderſeits den Rio Mayo hinab über Tabaloſos, Lamas und Tara-
poto (374 m) nach dem Huallaga. Die hier liegenden Siedelungen geben ſich mit Ackerbau,
der Anfertigung der Tocuyo genannten Gewebe und Tabakhandel ab.
7
380 Das gefaltete Land des Weiten.
Im übrigen ſind die feuchten, üppig bewaldeten Oſtabhänge der peruaniſchen
Kordilleren naturgemäß teils wegen des dichten Waldkleides und der Schwierigkeit des
Verkehrs, dann aber hier und da noch immer wegen der Indianergefahr und über allwegen
der weiten Entfernung von der Küſte ſehr menſchenarm und haben auf weite Strecken gar
keine Ortſchaften. In den Andes von Carabaya liegt Sandia (2000 m) im Tale des Inam⸗
bari in einem wegen ſeines Goldreichtums berühmten Gebiete. Auch die Oſtabhänge der
Kordilleren von Huanta und Huancayo ſind wenig bewohnt. Zwar hatte Tarma früher
regen Handel mit den Tälern des Perené, Chanchamayo und Paucartambo, aber
der Mangel an guten Wegen und die Gefährdung durch wilde Indianer haben dieſe Ort—
ſchaften zurückgehen laſſen. In der erſten Hälfte des 18. Jahrhunderts beſtanden am Perené
und Chanchamayo zahlreiche Ortſchaften, doch fielen ſie alle dem Aufſtande der Indianer
174252 zum Opfer, und erſt ſeit 1869 vermehren ſich die Haciendas unterhalb San Roman
wieder. An einem Nebenfluſſe des Pachitea liegt die 1857 gegründete deutſche Kolonie Pozuzu.
e) Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe.
Peru iſt trotz ſeines Reichtums an Erzen, ſeiner glänzenden Vergangenheit und ſeiner
fruchtbaren Täler ein armes Land. Die Bergwerke ſind teils erſchöpft, teils kommen ſie dem
Lande nicht zugute, ſondern ſind an Fremde verpachtet; die beſten Ackerbaudiſtrikte liegen
an den Oſtgehängen der Kordillere, haben daher keine Verkehrswege, weder nach der Küſte
noch nach dem Amazonastale, und geben nur geringen Ertrag. Die Viehzucht iſt ebenſo—
wenig entwickelt, die Induſtrie noch in den Anfängen, der Handel daher im Verhältnis zur
Größe und Einwohnerzahl des Landes ſehr gering, und die Eiſenbahnen befinden ſich in den
Händen der Fremden. Die wichtigſten Bodenprodukte der neueren Zeit, Guano und Sal—
peter, ſind teils verſchleudert, teils im Kriege gegen Chile verloren gegangen, und der Wohl—
ſtand Perus hat durch den pazifiſchen Krieg einen argen Stoß erlitten. Erſt in neueſter Zeit
beginnt das Land ſich von den empfangenen Schlägen entſchieden zu erholen und gewinnt
durch die Entwickelung des Ackerbaues an der Küſte ſowie durch die Ausfuhr von Kautſchuk
eine geſundere wirtſchaftliche Grundlage, als ſie der früher allein herrſchende Bergbau zu
geben imſtande war. Zugleich treten ſeitdem neben der Sierra noch die Küſte und die Mon—
taſta als Erzeugerinnen von Rohſtoffen auf, und heute überwiegen die Produkte des Ader-
baues bereits diejenigen des Bergbaues.
Der Bergbau auf Erze war während der Kolonialzeit und bis gegen das Ende des
19. Jahrhunderts der herrſchende Wirtſchaftszweig. Silber, Gold, Queckſilber waren die
Hauptprodukte des Landes. Seit der Eroberung bis 1803 lieferte Peru nach Humboldt
Silber im Werte von faſt 873 Millionen Peſos, und noch in den Jahren 1851—75 förderte
man für 322 Millionen Mark Silber ſowie für 26 Millionen Mark Gold. 1891 rechnete man
2641 Silbergruben, 427 Goldvorkommniſſe und 20 Queckſilberfundſtätten, und auch heute lieſt
man in den peruaniſchen Zeitungen beſtändig von Anmeldungen neuer Minen, und zwar
nicht nur von Metallen, ſondern namentlich auch von Kohle, die in der Sierra an ſehr vielen
Stellen anſteht. Die berühmteſten Silberminen waren und ſind noch die 1630 entdeckten
Gruben vom Cerro de Pasco, die bis 1878: 2100 Millionen Mark ergaben; bekannt ſind
auch die von Huallanca, von Ticapampa im Santatale, von Chilete bei Cajamarca und
von Hualgäyoc; neuerdings werden auch im Oſten der Cordillera Blanca, bei Tarica, El
Veſuvio und Pompei, zum Teil mit deutſchem Kapital, Silber, Blei und Kupfer gefördert.
Die peruaniſche Kordillere: Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. 381
Aber manche der berühmteſten Bergwerke, wie das von Hualgayoc und die Queckſilber—
minen von Huancavelica, ſind im Rückgang. Meiſt liegen die Metallfundſtätten in beſon⸗
ders großen Höhen von 5000 m, in Sandia wird Gold ſogar in noch größeren Höhen aus
dem Moränenſchutt der Gletſcher gewaſchen. Von den Minen wird das Erz auf Llamas
nach den meiſt in 3000 — 4000 m liegenden Erzſchmelzen hinuntergeſchafft. 1912 betrug
der Wert der Erzausfuhr aus Peru noch etwa 44 Millionen Mark. Dazu kommt als Aug-
fuhrgegenſtand Petroleum von Negritos, Zorritos und Talara bei Tumbez, wo die im
Tertiär aufgeſetzten Bohrtürme teilweiſe vor der Küſte im Meere ſtehen. 1912 hatte die
Ausfuhr von Petroleum einen Wert von 15 Millionen Mark. Dagegen gelangen Kohlen,
die meiſt in den Quarziten der Kreideformation und in ſtark geſtörter Lagerung vorkommen,
nicht zur Ausfuhr, ſondern es werden noch Kohlen eingeführt, und auch das Salz, das teils
in Salinen an der Küſte, teils aus dem großen Salzberg El Cerro de la Sal in Chancha—
mayo gefördert wird, bleibt im Lande. Der Verluſt der gewaltigen Salitrales von Tara—
paca bedeutet für Peru den Verluſt der wichtigſten Einnahmequelle; aber auch der ungeheure
Reichtum an Guano iſt für den Staat ohne Vorteil geweſen. Zwar haben die auf den
Inſeln der Küſte, namentlich der Chinchagruppe bei Pisco, vorhandenen Guanolager von
1840 - 70 für Peru erhebliche Einnahmen gebracht, aber zugleich wurde durch dieſes Ein-
ſtrömen von jährlich hundert Millionen Peſos in die öffentlichen Kaſſen eine arge Korrup—
tion großgezogen. Immerhin ſind gegen Verpfändung des Guanos ſeit 1867 die großen
Kordillerenbahnen Lima-Oroya und Mollendo-Arequipa-Puno ſowie die meiſten kleineren
Küſtenbahnen erbaut worden. Heute wird noch für 21, Millionen Mark Guano ausgeführt.
Die Viehzucht hat in Peru nie die Rolle geſpielt wie in Argentina, Uruguay oder
Venezuela, aber ſie erlaubt doch den Bewohnern der ſonſt ertragloſen Grasflächen der Puna,
Herden von Llamas, Alpakas, Schafen, Rindern und Pferden zu halten. Rinder ſind am
häufigſten im Norden; im chileniſchen Kriege aber iſt der Viehſtand ſehr zurückgegangen,
und der Preisfall der Wolle ſowie der Mangel an geeigneten Hirten ſind weitere Gründe
dafür. Schafe werden namentlich auf der Puna einerſeits und an der trockenen Küſte, z. B.
bei Piura, anderſeits gehalten, wo auch Ziegen- und Maultierzucht herrſcht, während die
Llamas und Alpakas hauptſächlich zwiſchen Cerro de Pasco und Puno und Pferde in Liber—
tad und am Santa gezogen werden. Im Jahre 1912 betrug der Ausfuhrwert an Schaf- und
Alpakawolle faſt 8 Millionen Mark, und auch Häute (2,5) und Vieh gelangen zur Ausfuhr.
Der Wald des Oſtabhangs liefert Kautſchuk, Kopaivabalſam, Kopal, Cascarilla, Sarſa—
parille, Vanille, Ipekakuanha, Ruku, Steinnüſſe, während Bauholz an der Küſte noch ein—
geführt wird. Chinarinde wurde früher in großen Mengen ausgeführt, litt aber unter ſtarken
Preisſchwankungen, und Peru vermochte nach der Anpflanzung großer Beſtände von China—
rindenbäumen in Java und Ceylon nicht mehr mit dieſen Inſeln zu wetteifern. Am wich—
tigſten iſt aber die erſt ſeit kurzem beſtehende Ausfuhr von Kautſchuk geworden, die 1912
den Wert von 25,6 Millionen Mark erreichte und die dritte Stelle unter den Erzeugniſſen
des Landes einnahm.
Der Ackerbau beſchränkte ſich zur Inkazeit auf die S. 368 und 369 angegebenen Pflan—
zen, zu denen die Spanier Weizen, Gerſte, Bananen, Zuckerrohr, auch Reben und Obſtbäume,
die Olive, Reis und Kaffee hinzufügten: Produkte, die jetzt zonenweiſe über Peru verteilt
ſind. Die Küſte liefert, meiſt mittels künſtlicher Bewäſſerung, im Norden Zucker in den
fruchtbaren Auen von Lambayeque, Chiclayo, Ferreñafe an den Flüſſen Lambayeque,
382 Das gefaltete Land des Weſtens.
Sana, Jequetepeque und Chicama, aber auch noch ſüdlich bis Lima und im Tal von Caftete,
Baumwolle am Rio Chira bei Piura und in den ſüdlichen Tälern, im Süden ferner Wein
und das Ol der Olive. Auch die meiſten tropiſchen Früchte gedeihen gut überall, wo Waſſer
fließt. Die Sierra erzeugt ebenfalls Zucker in den Flußtälern bis zu 2700 m, hauptſächlich im
Santa⸗Tale zwiſchen Caraz und Yungay, Luzerne und Mais bis 3000, Weizen bis 3500 m,
ſodann Gerſte, Quinua, Oka, Ulluco, Kartoffeln und Hülſenfrüchte, beſonders Bohnen, bis
über 3800 m Höhe. Tabak wird namentlich um Jaén gepflanzt, Koka um Huänuco, Tarma,
Otuzco, Huanta, am Urubamba und Paucartambo, Kaffee und Kakao in Chanchamayo,
Huänuco und Carabaya. Dieſe Produkte führen ſchon zur Montaria über, deren frucht-
barſte Teile, die Yungas, leider wegen Mangels an Verkehrswegen nach der Küſte wenig
Fortſchritte machen können. Das wichtigſte Erzeugnis iſt hier die Koka. Für die Ausfuhr find
nur Baumwolle mit (1912) 22 und Zucker mit 28 Millionen Mark Wert wichtig, aber ſie
übertrafen in einzelnen Jahren, z. B. 1909, bereits den Wert der Bergbauerzeugniſſe.
Die Induſtrie beſchränkt ſich zunächſt auf Verarbeitung des Zuckers zu Branntwein,
Aguardiente, und Rum, mit Ausfuhr von 1912: 7,6 Millionen Mark, auf die Herſtellung von
Wein aus den Trauben des Südens und auf Olgewinnung; auch führten die Reismühlen
von Ferreiiafe, Chiclayo und Pacasmayo 1909 für 1200000 Mark geſchälten Reis nach
Colombia, Ecuador und Chile aus. Stärkefabriken beſtehen in Chicama und Huacho, Kokain⸗
fabriken in Lima, Callao, Monzon und Huänuco; Faſer-, Farbe- und Parfümpflanzen,
beſonders die Agave, geben Anlaß zur Hausinduſtrie, die aber zurückgeht, da es bequemer
iſt, die aus dem Auslande eingeführten wertloſen und nicht haltbaren, aber fertigen Kleider
zu kaufen. Piura, Catacaos und Moyobamba führen Strohhüte, Lima Zigaretten aus.
Weiter werden Bier in Lima, Callao, Arequipa und Cuzco, Streichhölzer, Seife, Kerzen,
Eis, Teppiche, Hanfſeile, Hüte, Tuche, Möbel in größerem Maßſtabe nur in Lima und Callao,
Wollwaren in Lima, Cuzco und Huaräz, Baumwollwaren in Lima, Ica und Arequipa
erzeugt. Endlich gibt es Gerbereien, Ziegeleien und Eiſengießereien, am großartigſten iſt
aber die auf den Bergbau gegründete Induſtrie, mächtige Hüttenwerke, darunter der be-
rühmte „Smelter“ bei Cerro de Pasco, und kleinere Erzſchmelzen, wie die von El Veſuvio
in der Cordillera Blanca (Tafel 15, Abbildung 3).
Bei der Ausdehnung des Landes über 14 Breitengrade und dem Mangel einer Längs⸗
bahn ſtehen die einzelnen Teile Perus untereinander nur in ſehr loſer wirtſchaftlicher Ver—
bindung, der Norden mit dem Süden nur zur See. Es haben ſich daher Wirtſchaftszonen,
Querſtreifen, entwickelt, die von der Küſte bis nach der Montana reichen. In Nordperu
ſind ihre wichtigſten Ausgangspunkte die Häfen Payta, Eten, Pacasmayo, Salaverry, Sa⸗
manco, Chimbote, Casma, Supe, Huacho und Callao.
Der Handel hat durch den Verluſt der Salpeterlager von Tarapaca und durch den
chileniſchen Krieg einen ſchweren Schlag erhalten, von dem er erſt jetzt ſich zu erholen beginnt.
Bald nach dem Kriege, 1884, hatte er einen Wert von etwa 57 Millionen Mark, für ein Land
von 4 Millionen Einwohnern eine ſehr geringe Summe; 1891 war er auf etwa 67 Millionen
Mark geſtiegen, 1901 auf 141, und 1912 betrug er 292 Millionen Mark, immerhin fünfmal
ſo viel wie 1884. Davon entfielen auf die ſtark ſteigende (1909: 128) Ausfuhr 189, auf die
Einfuhr 103; überhaupt iſt die erſtere meiſt höher als die letztere. Eine Geſundung iſt erſt
mit dem Aufblühen des Ackerbaues an der Küſte eingetreten, und damit iſt auch eine voll—
ſtändige Veränderung in der Zuſammenſetzung der Ausfuhr erfolgt. Früher waren Guano,
Die peruaniſche Kordillere: Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. 383
Salpeter, Erze die wichtigſten Beſtandteile derſelben, heute ſind es neben Erzen Zucker und
Baumwolle und dazu der Kautſchuk des Tieflandes des peruaniſchen Amazonien.
Handel Perus (in Millionen Mark).
1901 1912 Proz. (1912) 1901 1912 Proz. (1912)
Erze 35, 44,24 23,3 Baumwolle. . 7,4 22,1 11,6
Zucker . 20,0 28,14 1478 Kautſchuailek — 25,6 13,4
Von ſonſtigen Ausfuhrgegenſtänden ſind erwähnenswert Petroleum (15,1), Wolle
(7,7), Rum (7,6), Guano (3,6) und Häute (2,4s Millionen Mark), auch Hüte, Reis, Salz,
Olkuchen. Auf die Ackerbauprodukte kamen 1909: 49 Millionen Mark oder 40 Prozent, auf
die des Bergbaues 36 oder 30, auf den Wald 25 oder 20, auf die Viehzucht 11 oder 9. Die
Ausfuhr ging 1911 zu 33,3 Prozent nach Großbritannien, während die Union 28,3, Chile
18, Frankreich 5 und Deutſchland 7,5 Prozent von ihr aufnahmen.
Die Einfuhr wird aus Induſtrieerzeugniſſen, Manufakturwaren, Rohſtoffen, Lebens—
mitteln, Holz, Kohlen, Eiſen gebildet. Daran nahmen 1911 Großbritannien mit 31,7 Prozent,
die Union mit 23 Prozent, das Deutſche Reich mit 17,4 Prozent, ferner Belgien, Frank—
reich, Auſtralien und Italien teil.
Der Schiffsverkehr iſt, wie derjenige der Weſtküſte überhaupt, vorderhand noch
gering. Eine genaue Statiſtik fehlt, aber der Haupthafen Callao beherbergte 1912: 562 Schiffe
mit 1388000 Tonnen Gehalt. Den Dampferverkehr vermitteln die Pacifie Steam Navigation
Company von Liverpool, die Compaſtia Sudamericana de Vapores aus Valparaiſo, die
Hamburger Kosmos⸗Linie und die 1910 eröffnete nationalperuaniſche Dampferlinie; die
englische Linie läßt ſeit 1909 auch raſchere Fahrten machen, die in Perü nur Mollendo und
Callao berühren. Die Häfen ſind meiſtens überhaupt nicht ſo zu benennen, ſondern ſie ſind
ſchlechte Reeden mit ſehr hohem Seegang, der das Ausbooten zuweilen lebensgefährlich
macht, beſonders in Mollendo, Salaverry, Pacasmayo und Eten. Aber gerade hinter dieſen
liegen die größeren Städte Arequipa, Trujillo, Cajamarca und Chiclayo. Beſſer iſt der
Hafen von Payta für Piura, gut der durch die Inſel San Lorenzo geſchützte Hafen von
Callao, die beſten Naturhäfen aber, die geſchützten Buchten von Chimbote und Samanco,
haben keinen größeren Verkehr nach dem Inneren, am meiſten noch Casma für Mittelancachs.
Auf dem Lande ſind die Verkehrswege im ganzen ſpärlich und ſchlecht gehalten.
Sie beſtehen, abgeſehen von den Eiſenbahnen, nur in ſeltenen Fällen aus Fahrſtraßen,
meiſt nur aus Maultierpfaden. Dieſe ſind in der Sierra während der Trockenzeit zwar
einigermaßen paſſierbar, aber doch holperig und ſehr ſteinig, zuweilen förmlich getreppt,
aber in der Regenzeit werden ſie oft durch Sümpfe ungangbar, und bei dem allgemeinen
Mangel an Brücken wird der Reiſende dann auch von kleinen Bächen oft tagelang auf—
gehalten. Zudem zwingt das unruhige Relief der Sierra, bald über ungeheuer hohe Päſſe
hinüberzureiten, bald wieder in ſehr tief eingeſchnittene Täler hinabzuſteigen. Um von einer
Seite des Marafion oder Apurimac auf deren andere Seite zu gelangen, braucht man meiſt
einen vollen Tag, da die Ströme bis zu 2000 m tief in die Sierra eingeſchnitten ſind und
überdies in den ſogenannten „Puertos“, d. h. Übergangsſtellen, häufig in mühſamer und zeit—
raubender Weiſe auf Flößen überſchritten werden müſſen. An der Küſte aber ſind es einer—
ſeits wieder die Flüſſe, die bei Hochwaſſer den Übergang verwehren, anderſeits die lockeren
Sandmaſſen der zwiſchen ihnen liegenden Wüſtenſtrecken, die das Reiſen außerordentlich
384 Das gefaltete Land des Weſtens.
anſtrengend machen. Dazu kommen der paſſive Widerſtand der Cholos und an vielen Orten,
ja in halben Provinzen, deren wirkliche oder angebliche Unkenntnis des Spaniſchen.
So iſt es denn nicht wunderbar, daß auch die Länge der Eiſenbahnſtrecken (2460 km)
bisher im Verhältnis zur Größe des Landes noch recht gering iſt, wenn auch 5400 km im
Bau ſein ſollen.
Überſicht der Eiſenbahnen Perus.
Strecke km | Eröffnung | Strecke km Eröffnung
IloMoqueguunn . . 100 | 1872 Chimbote- Limena. . . . | 104 | 1876-1909
Enſenada — Pampa Blanca 201905 Salaverry — Trujillo — Ascope 76 1876
Mollendo — Arequipa — Puno . 523 ' 1871—1876 | Huanchaco Tres Palos . 14 1898
Suliaca-Cuzo . . . .. 340 18761910 | Zuckerpflanzung Roma . . | 53,5) 1905 (2)
e 5 1868 Chicama - Pampass 45 2
Cerro Azul Caſiete | ? Trujillo -Menocuche . | 26 1906
Tambo de Mora-Chincha Alta 12 72 Pacasmayo Magdalena. . | 153 1876-1911
Callao — Liuaa [13,5 1871 Eten Ferreñafe | 43 1871
Lima Cerro de Pasco. .. 340 1871-1904] Pimentel — Chiclayo — Lam⸗
Oroya - Huanca yo . . 1125 | 1910 baheque 5 24 1873
Cerro de Pasco— Gollartsquisca 43 1907 Chiclayo — Pätapdo . . 24 1874
Lima An cn. 38 1876 Eten Cayaleiei g 37 1905 (2)
Chancay — Pala 25 1875 Puerto Bayovar — Reventazon 49 1903
Playa Chica — Salinas de Payta — Piua 97 1887
i 0 1873 Piura - Catacao s 11 1889
Supe — San Nicolas. 8 61899 La Palizada -Tumbez . 11 1911 (2)
Supe Pativilca . 12,2 1903 Zuſammen Peru etwa: 2460
Pativilca — Paramango . . 10 1901 Im Bau iſt Ancon-Huacho (? km).
Im öſtlichen Tieflande beſteht überhaupt noch keine Eiſenbahn, eine Überſchienung der
Sierra iſt bisher nicht erreicht worden, aber auch das Eindringen der Eiſenbahnen in die
Gebirgstäler iſt nur ganz vereinzelt gelungen, weil mehrfach die aufgeworfenen Dämme
durch Hochfluten in den engen Garios wieder weggeſpült wurden. So ſind denn bisher
nur drei Bahnen bis in das Innere der Sierra vorgeſchoben worden, eine im Süden
(Mollendo-Puno und Cuzco), die zweite in der Mitte des Landes (Callao-Lima-La Oroya-
Cerro de Pasco und Huancayo), die dritte im Norden (Pacasmayo-Cajamarcah.
Und doch hat der Eiſenbahnbau in Peru früher und in weit größerem Stile begonnen
als in anderen Ländern Südamerikas. Schon in den Jahren 1867-70 baute der nord-
amerikaniſche Ingenieur Henry Meiggs mit dem aus dem Erlös des Guanos der Küſte
gewonnenen Gelde die ſüdliche Hauptbahn von Mollendo über Arequipa nach Puno,
die im Crucero Alto 4471 m Höhe erreicht. 1870 begann er dann die bisher höchſte Gebirgs⸗
bahn der Erde, die durch ihre kühne Anlage und ihre Steilheit, ihren Reichtum an Brücken
über tiefe Schluchten und ihren über der Schneegrenze liegenden, 4775 m hohen Tunnel
berühmt gewordene Oroya-Bahn. Die erſtere iſt jetzt von der Station Juliaca nach Cuzco
weitergeführt worden, die zweite von La Oroya nach El Cerro de Pasco einerſeits und
Huancayo anderſeits, von wo ſie über Ayacucho nach Cuzco weiterlaufen ſoll. Die dritte
Bahn, Pacasmayo-Cajamarca, ſtammt in ihren Anfängen auch ſchon aus dem Jahre
1876, iſt aber drei Jahrzehnte hindurch nur bis Yonan fahrbar geweſen und erſt 1911 nach
Cajamarca gelangt. Noch eine vierte ſollte vom Hafen Chimbote im Santa Tale aufwärts
nach Huaraz und Recuay führen, aber ſie iſt, obwohl ebenfalls 1876 begonnen, nur bis
Die ecuatorianiſchen Kordilleren: Das Land. 385
La Limefña, 104 km weit, gebaut worden. Die übrigen Bahnen ſind ſämtlich kleine, von den
Häfen ausgehende Stichbahnen ins Innere, zum Teil, wie die Bahn Pisco-Ica (1868) und
Eten -Ferrefafe -Lambayeque -Chiclayo (1871 —73), ſehr alte, zum Teil aber ganz neue.
Natürlich hat der chileniſche Krieg auch den Eiſenbahnbau ſehr hintangehalten; zwiſchen
1876 und 1898 iſt nur die Nordbahn Payta-Piura-Catacaos (1887-89) entſtanden. Dieſe
ſoll nun über die Erniedrigung der Kordillere bei Huarmaca nach dem Maraiion bei Jaen
weitergeführt werden, ebenſo die Oroya-Bahn über Tarma nach Chanchamayo, doch liegt
die Ausführung dieſer Pläne noch in weitem Felde.
2. Die ecuatorianiſchen Kordilleren.
a) Das Land.
Während in Peru der Gegenſatz zwiſchen der älteren öſtlichen und der jüngeren weſt—
lichen Kordillere weniger ſcharf hervortritt als in Bolivia, erſcheint er in Ecuador wieder
ſehr klar und deutlich. Auch in Ecuador iſt die öſtliche Kordillere die ältere, die weſtliche die
jüngere. Erſtere beſteht im weſentlichen aus Gneis, Glimmerſchiefer, Urtonſchiefer und
granitiſchen Geſteinen, während letztere außer einem Gerüſt meſozoiſcher, wahrſcheinlich der
Kreide zugehöriger Sandſteine, Konglomerate und Kalkſteine vornehmlich Eruptivgeſteine,
Porphyr, Porphyrit, Propylit, Diorit, Diabas und andere, enthält. Ausgezeichnet ſind
beide ferner durch beträchtliche Ergüſſe junger Eruptivgeſteine, beſonders von Andeſit, aber
auch von Trachyt, und durch das Andauern der Eruptionen einiger tätiger Vulkane bis
in die Gegenwart.
Die von den Vulkanen herabgefloſſenen Lavaſtröme bilden an vielen Stellen Riegel
zwiſchen den beiden Kordilleren, und da auch das nichteruptive Gebirge Verbindungs—
glieder zwiſchen dieſen entwickelt, ſo entſtehen zwiſchen den beiden Hauptketten Querjoche.
Dieſe teilen das Hochland in deutlich abgegrenzte und geſondert nach Oſten und Weſten
entwäſſerte Abſchnitte, Hochbecken (Tafel 16, Abbildung 1 und 2) von 2000-3000 m Höhe
zwiſchen den 3000—6000 m hohen Kordilleren. Der Ausdruck Hochbecken iſt von Theodor
Wolf eingeführt und an die Stelle der früheren Bezeichnung Hochland oder Hochplateau
geſetzt worden, weil das Gelände faſt überall uneben und von Schluchten durchzogen, im ganzen
aber beckenförmig iſt. Von 4° füdl. Breite an findet eine Veränderung des Klimas ſtatt,
deſſen zunehmende Feuchtigkeit nun auch auf der Weſtſeite der Weſtkordillere dichteſten Wald
erzeugt, ſo daß vom Golf von Guayaquil an beide äußeren Abhänge der Kordilleren ein
üppiges Waldland ſind. Zugleich entwickelt ſich vor der Weſtkordillere ein großenteils feuchtes
Tiefland mit beträchtlicher Ausbildung von Waſſerläufen, wodurch auch in dieſer Be—
ziehung ein Gegenſatz zum Süden entſteht.
Landſchaftlich iſt Südecuador in mancher Beziehung vor Nordecuador bevorzugt.
Es fehlen ihm die wohl gewaltigen, aber öden Lavaſtröme und Lavafelder der Hochbecken des
Nordens, die dieſen ſo wüſt erſcheinen laſſen; die geringere Höhe der Hochbecken geſtattet im
Verein mit dem milderen Klima ausgedehnteren Anbau, der fruchtbarere Boden und die
friſchere Vegetation locken Anſiedler an, und die interandinen Landſchaften ſind beſſer be—
völkert. Anderſeits vermißt man wieder die großartige Krönung der Kordilleren durch ſchnee—
bedeckte Vulkane, und auch im Süden liegen weite Strecken der Hochbecken wüſt und öde.
Die Vulkane ſind es vor allem, die in Nordecuador die Aufmerkſamkeit auf ſich ziehen
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 25
386 Das gefaltete Land des Weſtens.
und zahlreichen Forſchern als ausschließliche Studienobjekte gedient haben. Aber das Auf—
treten der Vulkane iſt doch zu vereinzelt, um das Landſchaftsbild allein zu beſtimmen; dieſes
beherrſcht vielmehr vor allem die Kordillere. Der überaus gebirgige Oſtabhang der Weſt—
kordillere und der Weſtabhang der Oſtkordillere ſind am Fuße mit leichten Streifen von Wald
geſchmückt, die in den Schluchten aufwärts ziehen, im übrigen aber ſind ſie von der Paͤramo—
Vegetation bedeckt; der Mangel an reicherer Vegetation, der Wechſel der Grasflächen und
der am Fuße auftretenden kleinen Wälder gibt beiden etwas Gemeinſames, wiewohl die
Formen der Berge ſelbſt ein wenig voneinander abweichen: gleichartige, mächtig breite und
ſteil abfallende Bergrücken zeichnen die Oſtkordillere aus, ſchroffere Formen die Weſtkordillere.
Bis zu 3400 m Höhe erſtrecken ſich Ackerbau und Viehzucht, darüber hinaus das Paramo—
gebiet: die unwirtlichen, über die Baumgrenze aufragenden, von Sturm und Regen, Hagel
und Schnee gepeitſchten, mit grobem Graſe und hochandinen Pflanzen beſtandenen Regionen
des Hochgebirges (vgl. die farbige Tafel bei S. 390). In die äußeren Gehänge der Kordillere
haben die Ströme tiefe Furchen gezogen. Ein weiterer Beſtandteil des Landſchaftsbildes ſind
die im allgemeinen öden, rauhen, braunen, mit Sand und Lavatrümmern bedeckten langen,
ſchmalen Hochbecken, in denen das Grundgebirge nicht mehr hervortritt. Endlich fallen die
Schneeberge in der Landſchaft ins Auge. Sie find zwar nur vereinzelt, aber ſie geben ihr einen
überaus wirkungsvollen Abſchluß und gewähren einen außerordentlich großartigen Anblick.
Die ſüdlichen Hochbecken und ihre Umrandung. Die undeutliche Gliederung
der Kordillere im nördlichſten Peru ſetzt ſich auch in Südecuador etwa bis in die Gegend
von 315° fort. Die Oſtkordillere tritt zurück, die Weſtkordillere wird niedrig, die Päſſe ſind
daher ebenfalls nicht hoch, und die Flußtäler liegen tief. Zwiſchen Ayavaca (2760 m) in
Nordperu und Cariamanga (1990 m) in Südecuador bildet der Grenzfluß Rio Calvas oder
Marcara oder Eſpindula einen unter 1000 m Meereshöhe liegenden Einſchnitt. Das Land
in ſeiner Umgebung, meiſt Sedimentgeſteine und Eruptivgeſteine der Kreide, iſt noch zum
großen Teile kahl. Eine zweite tiefe Furche iſt das Tal des Catamayo, des nördlichſten Quell-
fluſſes des Rio Chira, das man zwiſchen Gonſanamä und Loja in nur 1150 m Höhe über-
ſchreitet. Hier tritt Tertiär bis weit gegen das Innere des Gebirges vor, aber anderſeits
begegnet man zwiſchen dem Rio Catamayo und Loja in dem Chonta Cruz genannten, 2620 m
hohen Bergrücken ſchon den Geſteinen der Oſtkordillere, nämlich Phylliten und Glimmer⸗
ſchiefern. Dieſe ſetzen die Oſtkordillere öſtlich von Loja zuſammen, treten aber auch in dem
Guagra Uma genannten Riegel auf, der die Stromgebiete des Chira und Tumbez von dem
des Jubones ſcheidet. Dagegen nimmt Tertiär mit gut erhaltener Flora das Innere des
Beckens von Loja (21002300 m) ein, in dem der Rio Zamora fließt, vielleicht auch das
des Beckens von Zaruma, des wichtigſten Bergwerkbezirkes Ecuadors, im Quellgebiete
des Tumbez. Dieſe beiden Becken ſind die ſüdlichſten, aber ſie ſind noch klein, das von
Loja ſchmal und lang.
Sehr viel größer iſt das Becken von Cuenca (27002500 m), in dem der Rio Paute
ſeine Quellflüſſe ſammelt. Es wird im Süden durch die Paͤramos von Silvan und Tinajillo,
3500 m hohe Rücken aus Hornblendeandeſit, abgeſchloſſen und enthält die ihrem Alter
nach nicht genau bekannte Sandſteinformation von Azogues und quartäre Bildungen. Eine
große Rolle ſpielen aber hier ſchon die Laven und Tuffe; ſchon im Süden des Beckens von
Loja kommen bei Suru nahe Palmira Laven vor, dann aber bedecken dieſe zuſammen mit
Tuffen beſonders die Gegend von Dita und Nabon, und die Tuffe reichen am Paͤramo Silvan
Die ecuatorianiſchen Kordilleren: Das Land. 387
bis über 3000 m Höhe aufwärts. Im übrigen beſtehen die Päramos der Oſtkordillere auch
hier aus älteren Geſteinen und erreichen 4000-4500 m Höhe, während die Weſtkordillere
hauptſächlich Porphyrite und Andeſite enthält. Dieſe iſt weſtlich von Cuenca auf dem Paſſe
von Cajas in der Eiszeit bis 3500 m abwärts vergletſchert geweſen.
Im Norden wird das Becken von Cuenca durch den Gebirgsſtock von Azuay be—
grenzt: eine 4500 m hohe, im oberen Teile aus jungeruptiven Laven, Tuffen und Geröllen
aufgebaute, die Weſtkordillere völlig zurückdrängende und ſich gleichſam ins Tiefland vor—
ſchiebende, zur Eiszeit vergletſchert geweſene Anſchwellung, welche die bisherigen Querjoche
an Mächtigkeit übertrifft und an Höhe um 1000 m überfteigt. Durch die Reſte der Weſt⸗
kordillere wird das kleine, 3100 m hohe, auch bereits von vulkaniſchen Tuffen gebildete Hoch—
becken von Cañar abgeſchloſſen, während ſich im Norden an den Gebirgsſtock von Azuay
das 2400 m hohe Becken von Alauſi mit dem Rio Chanchan anlehnt.
In dieſem ganzen Gebiete wird die Waſſerſcheide bald von der Weſtkordillere, bald
von der Oſtkordillere gebildet. So fließt der Zamora von Loja nach Oſten zum Santiago, der
Jubones als Rio Leon nach Weſten ab, erſterer von der Weſtkordillere, letzterer von der Oſt—
kordillere. Bedeutender iſt der Paute, der wiederum aus der Weſtkordillere oberhalb Cuenca
ſein Waſſer zieht und nach Aufnahme des Rio Pamar aus der Oſtkordillere dieſe durchbricht.
Hier liegt die Waſſerſcheide, auf dem Paſſe von Cajas, nur 40 km von der Küſte des
Großen Ozeans, öſtlich von Alauſi aber wieder auf der Oſtkordillere. Alle dieſe Flüſſe
find waſſerreich, da die Höhe der Kordillere zunimmt, der Gebirgsſtock von Azuay und auch die
Oſtkordillere oftmals im Jahre, wenn auch nicht dauernd Schnee tragen und das Klima feuchter
wird. Im Quellgebiet des Rio Zuña⸗Upano ſcheint der Schnee ſogar dauernd liegen zu bleiben.
Die nördlichen Hochbecken und ihre Umrandung. Im Norden folgt auf das
Becken von Alauſi das Becken von Riobamba (2800 m), deſſen brauner Boden in allen
Teilen einen äußerſt öden Eindruck macht, da er von Flugſand in mächtigen Lagen bedeckt
und von Staubſäulen überweht wird, die hier und da dünenartige Hügel gebildet haben;
erſt gegen die Kordilleren hin ſtellt ſich friſchere Landſchaft ein, in der man bis 3400 m Höhe
Ackerbau und überall Viehzucht treibt. Die Ebene von Riobamba wird von den Quellflüſſen
des Rio Chambo von Weſten nach Oſten durchſtrömt, die ſich dann mit dem dem Rio Chambo
entgegenkommenden Rio Patate aus dem Becken von Latacunga vereinigen. Auch liegt
hier der auf Tafel 16, Abbildung 2 abgebildete See Colta. Der Fluß durchbricht darauf
die Oſtkordillere in enger Schlucht bei Los Bartos (1800 m) unterhalb des Tunguragua und
heißt dann Paſtaza. Dieſer Durchbruch wird gelegentlich, wie 1886, durch Lavaſtröme des
Tunguragua geſchloſſen und dann zeitweiſe in ein Seebecken verwandelt.
Die Oſtkordillere wird auf der Höhe von unwirtlichen Päramos eingenommen, an
deren öſtlichen Gehängen feuchtigkeittriefende Bergwälder und monatelang ungangbare
Sümpfe liegen. Sie iſt hier eine faſt unbekannte, ſtark gegliederte, an Anſiedelungen ganz
außerordentlich arme Bergwildnis: erſt nach wochenlangen gefahrvollen Wanderungen über
die Päramos und durch die Waldgebirge erreicht man die Dörfer der wilden Jivaro. Die
Oſtkordillere trägt hier drei für Ecuador ſehr bezeichnende Vulkane: den Sangay am Oſt—
gehänge in verſteckter Lage, den an den Nordweſtabhang angelehnten Tunguragua und
den Altar, das Muſter eines aufgeſetzten Vulkanberges; von dieſen ſind die beiden erſteren
noch tätig, der Sangay ſogar beſtändig, während der Altar erloſchen iſt.
Der Sangay iſt der tätigſte aller Vulkane Südamerikas; ſeine Exploſionen folgen
25 *
388 Das gefaltete Land des Weſtens.
ſeit 1728 ſo raſch aufeinander, daß die Dampfſäule über dem Krater in ſtufenförmige Abſätze
zerfällt. Die Aſche erreicht bei Oſtwind Guayaquil und bedeckt in der Sierra wie an der Küſte
die Pflanzungen, ohne ihnen jedoch ernſtlich zu ſchaden, während der Sand auf den Paͤramos
in der Nähe des Vulkans das Gras ungenießbar macht. Der wohl nur durch Aufſchüttung,
anſcheinend ohne Laven entſtandene Sangay iſt ein 1600 —1700 m hoher regelmäßig ge⸗
formter Kegel über dem hier 3600 m hohen Grundgebirge, jo daß die Geſamthöhe des Berges
5323 m beträgt. An den Rändern des Kraters liegt Schnee, was bei der ſtarken Tätigkeit
des Berges befremdet, ja der ganze Kegel iſt ſogar bis weit herab vergletſchert, das Eis aber
von einer Aſchenſchicht überdeckt. So iſt die Sangaylandſchaft, wie A. Stübel bemerkt, „von
unvergeßlicher Großartigkeit und Eigentümlichkeit; denn mehr als jede andere trägt ſie das Ge⸗
präge der Wildheit, und zwar gründet ſich dieſer Eindruck auf das gleichzeitige Wirken und In⸗
einandergreifen gewaltiger vulkaniſcher Kräfte und rigoroſer Vorgänge in der Atmoſphäre,
auch wird die Ungaſtlichkeit durch keine ſichtbaren Spuren menſchlicher Exiſtenz gemildert“.
Während der Sangay wenig bekannt iſt, gehört der Altar oder Collanes zu den be—
kannteſten Vulkanen des Hochlandes. Seine drei zackigen, 5294 m, 5355 m und 5405 m hohen
ſchwarzen Gipfel ſind nichts anderes als die Umrandung eines großen Kraters, auf deſſen
Boden jetzt ein Gletſcher in der ſehr geringen Höhe von 1903: 4300 (1870: 4028) m endet.
Der Tunguragua fällt zuerſt dadurch auf, daß er ſich aus 1800—2000 m Höhe er-
hebt; über dieſe Baſis ragt er aber noch 3000 m, bei Baſſos ſogar 3200 m empor, da er auf
5087 m Höhe beſtimmt worden iſt. Er hatte 1641, 1773, 1781 und zuletzt 1886 Ausbrüche,
entſandte dabei mächtige Lavaſtröme in das Tal des Paſtaza hinab und ſtaute dieſen zu einem
See. Bis zu 4700 m abwärts trägt der Berg Schnee, dann folgt eine 300—400 m breite
ſandige Zone, das Arenal, graufarbiger, mit lockerem Geröll bedeckter, infolge der häufigen
Schneefälle vegetationsarmer Boden, und von 4000 m abwärts niederes Geſtrüpp, das in
3000 m Höhe von den Feldern der Bewohner von Bafſsos abgelöſt wird.
Die Weſtkordillere verläuft vom Querjoche von Tiocajas bis zum Chimborazo regel—
mäßig, doch ſcheidet ſich von ihr im Weſten eine dritte, ihr parallel laufende, 3000 m hohe
Kette, die mit ihr das Becken von Chimbo einſchließt, in dem der Chimbo ſüdwärts zieht;
man kann dieſes Becken als Seitenſtück zu dem von Zaruma im Süden und dem weſtlich des
Pululagua und Iliniza im Norden auffaſſen. Am Nordweſtende des Beckens von Riobamba
erhebt ſich nun über dem Chimbotale der Eisberg (Urcurazu) von Chimbo, Chimborazo
(Tafel 16, Abbildung 1), der bekannteſte Berg Südamerikas, zu der größten Höhe in Ecuador,
6310 m. Über dem 4000 m hohen Grundgebirge ſteigt er als einfacher vulkaniſcher Bau noch
2000 — 3000 m empor und bleibt als Vulkanberg ſomit gegen den Tunguragua und den
Cotopaxi zurück, auch iſt er nicht mehr tätig und in hiſtoriſcher Zeit nie tätig geweſen. Seine
mächtige Eishaube beginnt bei 4700 —4800 m, im Norden etwa in 5000 m Höhe, doch ſind
noch in 5800 m Höhe manche Stellen gelegentlich ſchneefrei. Man kann fünf Gipfel unter⸗
ſcheiden, den 6310 m hohen Südgipfel, den 6269 m hohen Weſtgipfel, ferner den Nord⸗
gipfel, den Mittelgipfel und den Oſtgipfel. Dieſe entſenden 16 Gletſcher, die längeren nach
Norden und Oſten, wie den 4 km langen Hans Meyer-Gletſcher, bis 4400 m, die kürzeren,
meiſt 2 km Länge nicht überſteigenden nach Süden, Weſten und Nordweſten. Vor dieſen
liegt im Süden ein mächtiger Moränengürtel wie eine koloſſale, freilich nimmer grüne Gir⸗
lande. Auch Nieve penitente oder Zackenfirn fand Hans Meyer auf dem Berge.
Der 4489 m hohe Sattel von Abraspungo verknüpft den Chimborazo mit dem
Die ecuatorianiſchen Kordilleren: Das Land. 389
Carihuairazo, deſſen ſteiler Südweſtgipfel 5106 m erreicht. Er iſt von der Gletſchereroſion
ebenfalls ſtark angegriffen und wurde am 29. Juni 1699 durch ein Erdbeben zerriſſen, wobei
er einen ungeheuren Schlammſtrom gegen die Ebene von Ambato ergoß. Dieſe Schlamm—
ſtröme, eine Eigentümlichkeit der ecuatorianiſchen Anden, entſtehen durch plötzliches Ab—
fließen von kleinen Seen oder durch die Schneeſchmelze bei Eruptionen. Der Carihuairazo
(Mann, Wind, Eis) iſt ein gewaltiger Calderaberg, d. h. Vulkanberg mit großem Srater-
keſſel, der dem Grundgebirge derart aufgeſetzt iſt, daß er von Riobamba ſich als 2000 m hoher
Berg präſentiert, am Sattel gegen den Chimborazo hin aber nur 700-1000 m Höhe zu
haben ſcheint. Der Kraterkeſſel iſt derart vergletſchert, daß der Carihuairazo dem Altar und
Antiſana an die Seite geſtellt werden kann.
Zwiſchen dem Chimborazo-Carihuairazo und dem Tunguragua wird das Becken von
Riobamba durch den mächtigen vulkaniſchen Querriegel des 4452 m hohen interandinen
Igualata geſperrt, der keinen Krater hat und wahrſcheinlich nicht durch Aufſchüttung ent—
ſtanden iſt. Zwiſchen ihm und dem Chimborazo führt der Paß vom Sanancajas in 3607 m
vom Becken von Riobamba in das Becken von Latacunga. Dieſes 2600-2800 m hoch
liegende Becken iſt mit dem Becken von Ambato verbunden, gehört durch den Rio Patate
dem Paſtazagebiete an und wird von den Flüſſen in Schluchten zerſägt, ſo daß es in Lava—
bänke und vulkaniſche Hügelzüge zerfällt. Seine Umgebung iſt arm an vulkaniſchen Rieſen:
auf der Oſtkordillere ſteht gar kein Vulkan, da der dafür gehaltene 4576 m hohe Cerro Hermoſo
de los Llanganates von Reiß als ein Schieferberg erkannt wurde, am Weſtgehänge der Weit-
kordillere nur der Quilotoa (4010 m) mit einem anſcheinend tiefen Kraterſee von 16
Waſſerwärme, ſalzigem, aber trinkbarem Waſſer und ſehr ſteilen Uferwänden. Dagegen
erheben ſich mehrere vulkaniſche Berge im Inneren und an der Weſtſeite des Hochbeckens,
jo der Llimpi (3850 m), der Sagoatoa (4158 m), ein einförmiger ſteiler Kegel mit radialen
Tälern und einem 150 m tiefen Krater, der Quispicaſha (4585 m) und der Caſaguala.
Im Norden wird das Becken von Latacunga durch den Nudo de Tiupullo (3600 m)
abgeſchloſſen, von dem die Cerros de Chaupi (4000 m) zum Iliniza, die Gehänge des
Numinahui zum Cotopaxi überführen. Nördlich von dieſem Riegel dehnt ſich in Höhen von
2900 m im Süden, 2400 m im Norden das langgeſtreckte Becken von Quito mit ſeiner groß—
artigen Umrahmung von ſchneebedeckten Vulkanbergen aus. Dieſen Höhenunterſchied durch—
mißt der am Iliniza entſpringende Längsfluß des Beckens, der im Oberlaufe Rio Grande,
dann Rio San Pedro, endlich Guaillabamba genannte große Quellfluß des Rio Esmeraldas.
Gegen den nördlichen Ausgang zu nimmt die Höhe des Beckens bis 2100 m ab, der Fluß
ſchneidet tief in das Land ein, bei Turo bis 1718, bei Perucho bis 1565 m Höhe, bis endlich
der Durchbruch nach Weſten in tiefer Schlucht erfolgt. Wie in dem Becken von Latacunga,
ſo erheben ſich auch in dem von Quito interandine Vulkanberge, darunter der alte Vulkan
Ruminähui (4757 m). Dieſer dem Cotopaxi naheſtehende noch unter der Schneegrenze
bleibende Berg iſt ein ganz beſonders ſchöner Kegel, der Typus eines Calderaberges mit
Kraterkeſſel und talartiger Einſchartung (Barranco) an einer Seite; gegenüber dem Cotopaxi
und Iliniza fällt er aber als unbedeutend weg. Ihm äußerſt ähnlich iſt ſein nördlicher Nach—
bar, der Paſochoa (4255 m), während der Jlald (3161 m) mehr dem aus Lavamaſſen erbauten
Sagoatoa gleicht.
Die Reihe der Vulkanberge der Weſtkordillere eröffnet der Iliniza. Er beſteht
ungewöhnlicherweiſe aus zwei Gipfelpyramiden von faſt gleicher Höhe, 5305 und 5162 m,
390 Das gefaltete Land des Weiten.
mit Schneebedeckung bis zu 4700 m herab. Der nun folgende Corazon (Herz) hat einen
mächtigen gerundeten Unterbau und eine angeblich herzförmige obere Felſenpyramide von
4816 m Höhe, trägt aber nur wenig Schnee. Der im Norden ſich anreihende Atacatzo iſt
mit 4539 m noch weniger hoch, hat die Form eines abgeſtumpften Kegels und iſt ſchneefrei;
am Oſtabhang trägt er Buſchwald, in Schluchten bis zu 3700 m Felder und Wieſen bis
3900 m, am Weſthang Hochwald. Beide Berge haben Calderas, der Corazon ſogar die größte
in Ecuador mit 1200 m Tiefe. Dann folgt als letzter der Pichincha, an deſſen Gehänge die
Stadt Quito ſich anlehnt. Er beſteht aus zwei Hauptteilen, dem Alten oder Rucu-Pichincha
und dem Kind- oder Guagua-Pichincha, mit im ganzen ſechs Gipfeln, von denen der höchſte,
Guagua (4787 m), beſtändig eine weiße Dampfſäule aus ſeinem 600 m tiefen, außerordentlich
ſteil abfallenden Krater entſendet. Wir kennen aber nur drei ſicher beglaubigte Ausbrüche
des Vulkans aus den Jahren 1566, 1575 und 1660; bei allen dreien wurde Quito von Aſchen—
regen heimgeſucht. Auf dieſe vier großen Vulkane folgen nordwärts bis zum Durchbruch
des Guaillabamba noch die kleineren Cerros de Calacali und der Pululagua: erſtere aus
lößartigem Tuff beſtehende Paͤramos von faſt 3700 m Höhe, letzterer ein 3300 m hoher
Vulkanberg mit großartiger Caldera, einem großen Eruptionskegel und tiefem Krater.
Nicht minder großartig iſt die öſtliche Umgebung des Beckens von Quito mit
ebenfalls vier großen Vulkanen, darunter dem tätigen Cotopaxi. Schon die 4919 m hohe
Pyramide des Quilindaña iſt ein bedeutender Vulkanberg mit einem weit ausgedehnten
domförmigen Unterbau und einem zentral geſtellten pyramidalen Oberbau von ſchroffen
Formen; er fällt aber wenig auf, da er auf einem öſtlichen Sporn der Oſtkordillere etwas
verſteckt liegt. Die großartigſten Maße hat dagegen der nur 6 km vom Quilindafſa entfernte,
aber auf der Weſtſeite der Oſtkordillere gelegene Cotopaxi (j. die beigeheftete farbige Tafel
„Der Cotopaxi in Ecuador“). Seine Geſtalt iſt von jeher als die reinſte Ausbildung einer
vulkaniſchen Kegelform berühmt geweſen, ſeine Höhe (6005 m) macht ihn zu dem höchſten
tätigen Vulkan der Erde, ſein 2000 m hoher Schneemantel zu einem der ſchönſten. Der
Krater des Cotopaxi hat 750—800 m Durchmeſſer, 400—500 m Tiefe, ſeine Ausbrüche haben
außerordentliche Verheerungen angerichtet. Abgeſehen von zwei Eruptionen im 15. Jahr⸗
hundert, war der Berg 1532—34 tätig, im 17. Jahrhundert dagegen ruhig. 1742 aber er-
eignete ſich jener entſetzliche Ausbruch, der das meiſte Unheil durch das plötzliche Schmelzen
der Schneemaſſen anrichtete; er dauerte bis 1750. 1766—68 tobte der Berg von neuem,
teilweiſe derart, daß der Donner in letzterem Jahre bis Honda in Colombia gehört wurde,
war dann aber untätig bis 1803. Erſt im Januar dieſes Jahres „verſchwand (nach A. v. Hum⸗
boldt) plötzlich in einer Nacht der dicke Schneemantel der Gehänge, und der grauſchwarze
Körper des Berges ſtand nackt vor den Augen der erſtaunten Umgebung; in dunkelroter Glut
erhob ſich die Feuerſäule des aufſprühenden Schlackenregens zu gewaltiger Höhe“. Kleinere
Ausbrüche fanden 1845, 1859 und in den 1860er Jahren, ein großer aber am 26. Juni 1877,
weitere 1880, 1883, 1885, 1886 und 1904 ſtatt.
In den Zeiten ſtarker Eruptionstätigkeit pflegt der Kraterrand des Cotopaxi nur geringe
Schneebedeckung zu haben, 1903 aber fand Hans Meyer eine gewaltige Firnkrone rund
um den mit Rauhfroſt bezogenen Krater. Der Berg ſelbſt iſt bis zu etwa 49004550 m
(Oſten) von einem Firnmantel bedeckt, aber die aus ihm herausragenden Gletſcherzungen
haben nicht mehr als 1½ km Länge, da Hohlformen fehlen; ebenſo gibt es wegen der Jugend
des Berges weder Kare, noch Tröge, noch Stufentäler.
DER COTOPAXI IN ECUADOR, von 3500 m Höhe aus Nordwesten gesehen.
Nach A. Stübel.
Die ecuatorianiſchen Kordilleren: Das Land. 391
Nördlich vom Cotopaxi folgt die maleriſche und immer mit Schnee bedeckte Spitze des
faſt 5000 m hohen Sincholagua, eines großartigen, aus Lavabänken beſtehenden Pyra-
midenbaues über einem breiten, reichgegliederten Unterbau, und dann, durch eine 4000 m
hohe Schwelle mit dem Sincholagua verbunden, der gewaltige, 5756 m hohe Antiſana,
einer der bedeutendſten Vulkanberge Ecuadors. Er iſt wie der Rumiftähui und der Paſochoa
ein Calderaberg auf ſehr hoher Baſis, liegt doch an ſeinem Weſtfuße in weiter Einöde, meiſt
inmitten von Nebeln und Wolken, der einſame Hato del Antiſana in 4095 m Höhe. Der
Antiſana hat einen ſchneebedeckten Nordgipfel und einen turmartigen Felsbau mit ſchwarzen
Felsbildungen; zwiſchen beiden liegt der 1800 m lange, über 1000 m tiefe Krater und in
dieſem wieder ein mächtiger, kaskadenartig bis 4200 m herabreichender Gletſcher. Auch der
Antiſana iſt jetzt erloſchen, doch berichten die Archive von zwei allerdings nicht genügend be—
glaubigten Ausbrüchen in den Jahren 1590 und 1728, und Humboldt ſah im Frühjahr 1801
mehrere Tage lang eine ſchwarze Rauchſäule über ihm aufſteigen. Beſonders befannt-
geworden iſt der große, auf den Ausbruch von 1728 zurückgeführte Lavaſtrom, der den See
Secas abgedämmt hat. Vergletſchert iſt der Antiſana in hohem Maße bis etwa 4200 m im
Südoſten, 4700—4900 m im Weſten.
Für einen Vulkan wurde lange der Sara-Urcu am Oſtrande der Oſtkordillere ge-
halten, aber er beſteht nach W. Reiß aus Gneis und Glimmerſchiefer. Hinter ihm ſteigt als
letzter großer Vulkan der Oſtkordillere der majeſtätiſche, ſchneeige Kegel des 5840 m hohen
Cayambe auf. Dieſer iſt der Höhe nach ein Nebenbuhler des Cotopaxi, die Mächtigkeit
ſeiner Eismaſſen aber bleibt ſogar nicht hinter der des Chimborazo zurück, namentlich an der
regelmäßig geneigten und daher völlig mit Eis gepanzerten Südſeite, deren Gletſcherzungen
weit auf die Rücken und in die Schluchten der Schneeanhäufungen hinabreichen, in denen
gelbliche, bräunliche und rötliche Töne mit dem Weiß des Bimsſteinſandes, den ſchwarzen
Felſen und dem grünlichblauen Farbenſpiel des Eiſes herrliche Gegenſätze bilden.
Das Becken von Quito wird im Norden durch den 4294 m hohen Mojanda und den
4012 m erreichenden Cuſin-Urcu begrenzt, von denen erſterer eine ſehr breite Gipfelfläche
und, in dieſe eingeſenkt, einen ſehr umfangreichen Kraterkeſſel mit einem großen und zwei
kleineren Kraterſeen ſowie einem alten Ausbruchskegel beſitzt, während letzterer ein Caldera—
berg iſt. Zwiſchen beiden führt eine kaum 3100 m hohe Schwelle, der Alto de Cajas, in das nur
2600 1600 m hohe Becken von Ibarra. Dieſes wird vom Rio Mira durchfloſſen, der die
Abflüſſe der Seen von San Pablo (2700 m) und Yahuar Cocha bei Ibarra aufnimmt, dann
Rio Ambi heißt, noch den Chota empfängt und nach der Vereinigung aller dieſer Arme in
1500 1200 m Seehöhe durch die Weſtkordillere bricht. Mitten in dieſem Becken liegt über
Ibarra der ſchwarze Rieſe Imbabura, ein 4582 m hoher, faſt 1900 m über dem See von
San Pablo aufſteigender, freiſtehender, aber nicht ſchneegekrönter Vulkan, mit deutlichem
Unter- und Oberbau, einer großen Caldera und einem Nebenkegel mit Lavaſtrömen.
Die Oſtkordillere führt öſtlich des Taguando den Namen Cordillera de Angochagua,
erreicht im Yurac Cruz nur noch 3577 m Höhe, erhebt ſich aber doch 1200 m über dem Tale
und trägt, obwohl ſie aus jungem Eruptivgeſtein beſteht, keinen Vulkan mehr. Auf der Weſt—
kordillere findet ſich nördlich von der Serrania de Chanchagran über dem 3080 m hohen See
Cuicocha der noch 4966 m hohe, erloſchene Cotacachi, ein ſehr auffallender Berg von regel—
mäßiger Kegelform mit ſteiler Gipfelpyramide. Im Norden wird das Hochbecken von Ibarra
durch die vulkaniſchen Querjoche des Päramo del Anjel und der Cerros de Boliche mit etwa
392 Das gefaltete Land des Weiten.
3400 m Höhe begrenzt, über die anſcheinend noch höhere Vulkane aufſteigen. Dann gelangt
man in das letzte Hochbecken, das kleine, aber hohe, um die Stadt Tulcan (2977 m) ſich
ausdehnende Becken, über dem im Norden die Vulkane Chiles und Cumbal mit 4780
und 4790 m Höhe gerade über die Schneegrenze emporragen, während der Cerro Negro nur
4470 m erreicht. Alle drei beſitzen bedeutende Calderas und Krater, ſind aber nicht mehr tätig.
Vor der Kordillere dehnt ſich im Weſten ein weites Tiefland von etwa 150 km Breite
aus, ein üppig bewaldetes, reich bewäſſertes Land mit großen Flüſſen und teilweiſe beträcht—
licher Kultur. Darin treten an einigen Stellen bis zu 700 m hohe Bergzüge auf, die vielleicht
als Fortſetzungen der Küſtenkordilleren des Südens aufzufaſſen ſind. Die Mitte ſtammt aus
der Kreidezeit und enthält wiederum Grünſteinkuppen, namentlich zwiſchen Guayaquil und
Porto Viejo, während der Norden, Esmeraldas und Manabti, dem Tertiär und frühen
Quartär angehört. Noch jünger iſt der äußerſte Süden, da er, wie ſchon die Umgebung von
Tumbez, aus jungen Sandſteinbildungen mit beträchtlichen Reſten von Maſtodon und Equus
andium beſteht. Zuletzt wurde das jetzige Flußgebiet des Guayas Land: dieſe Landſchaften
wurden noch in der Quartärzeit von einem Buſen eingenommen, der bis zu den Gehängen
der Kordillere und ſüdwärts bis Machala reichte, aber allmählich von den Sinkſtoffen der
Flüſſe zugeſchüttet wurde und ſich nur noch zu beiden Seiten der Inſel Bund erhalten hat.
Von dieſen verſchiedenen Beſtandteilen bilden die Kreidehügel Höhen bis zu 700 m, das
Tertiär Hügelland von 200 —300 m Höhe, die Quartärformation flachwellige Landſchaften
von 20—80 m Höhe und das alluviale Land vollkommene Ebenen.
Dadurch, daß der Kreidezug und das Tertiär der Küſte entlang meridional verlaufen,
ſind die Flüſſe gezwungen worden, in ebenfalls meridional verlaufenden Syſtemen der
Kordillere entlang zu fließen. Sie haben den Charakter ausgebildeter Tieflandsflüſſe, führen
viel Waſſer, ſind meiſt auch in der Trockenzeit ſchiffbar, beſitzen bedeutende Breite und Tiefe
und überſchwemmen zur Regenzeit durch Uferbreſchen weithin das Land, ſo daß namentlich
die Alluvialebene dann eine weite Waſſerwüſte iſt und das Waſſer des Golfs bis zur Inſel
Punä ſüß wird; aber die Ufer ſelbſt haben bis zu 1 m Höhe über dem höchſten Waſſerſtand
und bleiben daher meiſt trocken. Deshalb beſitzen dieſe Bancos genannten Uferbänke auch
großen Wert als Pflanzungsböden, zumal da ſie oft einen Kilometer breit ſind; am oberen
Guayas ſind ſie zu großen erhöhten Ebenen zuſammengewachſen. In ihren Unterläufen
verhalten ſich die Tieflandflüſſe freilich verſchieden: während der Rio Guayas die Lücke
gegenüber der Inſel Pund gewinnt und daher im Unterlauf ſchiffbar iſt, bricht der Rio
Esmeraldas durch das Küſtengebirge hindurch und wird infolgedeſſen für die Schiffahrt un—
brauchbar. Daher beſchränkt ſich die Kultur vollſtändig auf das Stromgebiet des Guayas.
Der Rio Gua yas war bis zur Erbauung der Bahn die Lebensader für ganz Ecuador.
Er entſteht aus zwei Quellflüſſen aus der Gegend zwiſchen dem Quilotoa und dem Cari—
huairazo. Die vereinigten Flüſſe nehmen dann vom Chimborazo her den Rio Chimbo auf,
der ſeinerſeits den Chanchan aus dem Becken von Alauſi empfängt. Bei Guayaquil geht
dem Guayas ein zweiter großer Parallelfluß zu, der Daule. Dieſer entſteht auf den flachen
Ebenen nahe dem Aquator mit zwei Quellflüſſen, die ſich unter 0% 30“ ſüdl. Breite vereinigen,
nimmt darauf den ihm parallel fließenden Rio Bobo oder Macul auf und empfängt auch
Waſſer aus dem tertiären Gebirge von Jipijapa. Die vereinigten Ströme Guayas und Daule
bilden ein 25000 qkm großes Mündungsgebiet. Schon 20 km oberhalb Guayaquil, bei
der Hacienda Calis, iſt der Guayas 1400 m, bei Guayaquil 2000 m breit und dazu 15 m tief;
Die ecuatorianiſchen Kordilleren: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 393
ſchließlich ſpaltet er ſich in zwei große Trichter, die um die Inſel Punä herum ihr Waſſer ins
Meer ergießen. In den öſtlichen Meeresarm, den Canal de Jambeli, fallen auch kleinere,
aber waſſerreiche, an ihren Ufern dicht bewaldete Flüſſe, wie der Naranjal, als Unterlauf
des Rio de Caſtar, der Jubones und der Tinajillas.
Infolge der Flachheit des quartären Landes iſt es für flache Fahrzeuge möglich, vom
oberen Daule in einen der Zuflüſſe des Esmeraldas zu gelangen, der ſeine Quellen tief
in der Kordillere am Iliniza und Cotopaxi hat, aber im Unterlauf für die Schiffahrt un-
brauchbar iſt, da größere Fahrzeuge nur mit Mühe bis nach Esmeraldas gelangen.
Ganz anders iſt das Land zwiſchen dem Unterlaufe des Guayas und dem des Esmeral—
das geſtaltet. Die Küſte erinnert hier an die von Peru; namentlich die Halbinſel ſüdlich des
2. Grades iſt eine Einöde, die kein Waſſer und deshalb auch keine Anſiedelungen, außer am
Meere, beſitzt. Trockenbetten, Salinen, Mangrovewälder nehmen das Küſtengebiet ein, auf
das nach dem Inneren zu mit Mimoſen und Kakteen beſtandene trockene Rücken und wirr
verſtreute Berge folgen, und jo iſt auch der Landſchaftscharakter der Inſel Bund. Aber ab—
geſehen von dieſem ſterilen Küſtengebiet beſteht auch in dem gut bewäſſerten Tiefland ein
großer Gegenſatz zwiſchen Norden und Süden: die nördliche Hälfte des Landes iſt eine Wild-
nis, der Süden dagegen ein gut bevölkertes Kulturland.
b) Klima, Pflanzendecke und Tierwelt.
Das Klima. Das Klima Ecuadors iſt durchaus äquatorial, wird jedoch durch die
Höhenunterſchiede ſehr mannigfaltig: man unterſcheidet das Klima des Küſtengebietes, das
des Hochlandes und das der Montaita und des Tieflandes im Oſten, macht aber an der Küſte
und im Hochlande noch Unterabteilungen.
Das Küſtenland wird im Süden noch durch das kühle Küſtenwaſſer beeinflußt und
hat daher ein noch ziemlich kühles Klima. In der Hacienda El Reereo unter 0 27 ſüdl. Breite
erreicht das Jahresmittel nur 23°, der Februar 25,2“, der Oktober 22,80, etwa 3-4“ weniger,
als die geographiſche Breite erforderte. Die mittleren Extreme ſind 30 und 20%. Auch die
Niederſchläge erinnern an das peruaniſche Küſtenklima, denn die Regen fallen nur während
zweier Monate, Februar und März, und zwiſchen Juni und November treten auch hier noch
Garuas auf, aber in Form von Staubregen. Die Niederſchlagsmenge iſt nicht bekannt, wahr—
ſcheinlich aber geringer als 1000 mm, da die Vegetation ſpärlich iſt und auf der Inſel Bund
ſowie der Halbinſel El Morro kein Süßwaſſerbach vorhanden iſt. Von der Küſte nach dem
Inneren zu ſteigen ſowohl die Temperatur wie die Niederſchlagsmenge. In en
überſteigt das Jahresmittel ſchon 26— 27.
Gerade umgekehrt verhält ſich der Norden des Küſtenlandes, weil hier das Meer warm
iſt. Daher iſt die Wärme an der Küſte hoch und die Niederſchlagsmenge bedeutend. Beide
nehmen im Gegenſatz zum Süden des Küſtenlandes nach dem Inneren hin ab. In Esmeral—
das haben die Küſtenſtationen wahrſcheinlich 27 im Jahresmittel, die weiter landeinwärts
liegenden Orte kaum 26°, doch fehlt es hier noch an genauen Meſſungen. Überdies regnet
es in Esmeraldas in allen Monaten, und es herrſcht daher große Waſſerfülle und in ihrer
Folge reiche Vegetation. Die Winde kommen hier beſonders aus dem Norden, in Manabi
und weiter ſüdlich aus dem Süden.
Die Gehänge der Kordilleren und die Täler. Weiter ins Innere hinein wird das
Klima im Süden wärmer, im Norden kühler, jedenfalls aber mit der Annäherung an die
394 Das gefaltete Land des Weſtens.
Kordillere überall feuchter. Während Guayaquil regelmäßige Jahreszeiten von fünf feuchten
Monaten, Januar bis Mai, und ſieben trockenen hat, nimmt gegen die Kordillere die
Trockenzeit immer mehr an Länge ab, bis man in die feuchte Urwaldregion gelangt.
Zuweilen wird eine zweite Regenzeit, Cordonazo de San Francisco, zu Ende September
und Anfang Oktober bemerkt, die das Jahr dann in vier Jahreszeiten gliedert.
In der Höhe von 300—1500 m Höhe kann man von Trockenzeit überhaupt nicht reden,
ſondern höchſtens ſagen, daß es in der Zeit von Juni bis November am Tage nicht ſo ſtark regnet
wie in der übrigen Zeit, während nachts auch dann Regen oder Garua fällt. Mit zunehmen—
der Höhe wird das Klima trockener, die Mitteltemperaturen nehmen ſo raſch ab, daß die
Haciendas Santa Inés im Paſtazatale und Mindo am Gehänge des Pichincha in 1244 und
1264 m Höhe 18,3 ſtatt 19,7 Mitteltemperatur haben. Auch die vom Tieflande in die Sierra
eindringenden Kordillerentäler, z. B. die des Catamayo in Loja, von Yunguilla in Azuay,
des Guaillabamba und Chota-Mira in der nördlichen Sierra, ſind jo tief eingeſchnitten, daß
die Luft in ihnen ſtagniert, und erleiden infolge Waldmangels am Tage hohe Wärme, nachts
beträchtliche Abkühlung, im ganzen Schwankungen bis zu 24%. Genaue Meſſungen liegen
aber nur von Faique im Becken von Zaruma in 840 m Höhe vor. Hier hat das Jahr eine
Mitteltemperatur von 22,10 und eine Schwankung von nur 1,8“, da dem wärmſten Monat
Februar mit 230 ein Juli mit auch noch 21,2“ gegenüberſteht. Die Extreme betragen 32,8“
und 13,10, die Niederſchlagsmenge 1433 mm, wovon 1299, alſo 91 Prozent, in den Monaten
Dezember bis Mai fallen.
Die Sierra. Das Klima der Sierra iſt je nach der Höhenlage wiederum verſchieden,
denn Lagen wie Loja mit 2073 m und der Hato am Antiſana in 4075 m Höhe laſſen ſich nicht
vergleichen. Man unterſcheidet daher eine untere Stufe von etwa 2000-3000 m und eine
obere von über 3000 m Höhe. In der unteren Stufe ſind im ganzen die Hochbecken ent—
halten, mit Jahresmitteln von 18—11P, zwiſchen welchen Grenzen freilich auch wieder ſehr
verſchiedene Klimate eingeſchloſſen find. So haben Orte wie Baños (1800 m), Loja (2073 m),
Ibarra (2225 m) und Cuenca (2560 m) ein warmes, angenehmes Klima von 18—15° Mittel-
temperatur, Quito dagegen mit 2850 m und einem Mittel von 12,6“ bei einem wärmſten
Monat von 12,8“, einem kühlſten von 12,4“ und Extremen von 23,5 und 6,1“ niemals rechte
Wärme, wohl aber recht niedrige Temperaturen und das ganze Jahr hindurch kühles, wenig
angenehmes Wetter. Ahnlich verhält ſich das Klima der in gleicher Höhe (2800 m) gelegenen
Orte Riobamba mit 13,7, Latacunga mit 14,3“ und Calacali mit 12,2“, und dabei ſind dieſe
Orte wegen des Schutzes der Kordilleren noch begünſtigt. Noch ungünſtiger iſt das Klima in
der Nähe von 3000 m: Tulcan (2977 m), Angamarca, Guamote und Mulalb haben noch Mittel
von 13—119, aber das Thermometer fällt des Nachts nicht ſelten auf 0e, und das Wetter
ähnelt ſchon ſehr dem Päramowetter. Ein das Klima verſchlechternder Umſtand iſt in dieſen
Höhen die Art, wie der Niederſchlag fällt. Quito erhält 1120 mm in Form kühler
Regenſchauer, Böen und Schlagregen, wie ſie unſerem April eigen ſind, und da auf dieſe
Regenſchauer auch dort Abkühlung zu folgen pflegt, ſo wechſelt das Wetter in Quito zwiſchen
Sonnenglut bei Tage, rauher Kälte des Abends und häufigen Regengüſſen, zu denen im Okto⸗
ber auch Gewitter und Hagel treten, ferner ganz allgemein die ſtarke Bewölkung und Nebel,
beſonders von Dezember bis Mai. Der meiſte Regen fällt in Quito und überhaupt in der
Sierra im April, Mai und März mit zuſammen 448 mm = 40 Prozent, ein zweites Maximum
zeigt ſich aber im Oktober, November und Dezember mit 289 mm = 26 Prozent, fo daß zwei
Die ecuatorianiſchen Kordilleren: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 395
Regenzeiten zwei Trockenzeiten gegenüberſtehen; die größere Trockenzeit tritt vom Juni
bis September mit 174 mm oder 15 Prozent, die kleinere im Dezember und Januar ein.
Die obere Stufe der Sierra von Ecuador hat Päramoklima. Dieſes unterſcheidet
ſich von dem Klima der vorigen Stufe durch weitere Abnahme der Temperatur, durch die
ſtürmiſche Luftbewegung und dadurch, daß der Niederſchlag häufig in Form von Graupeln,
Schloßen und Schnee fällt, während die Niederſchlagsmenge dieſelbe bleibt. Die Mittel-
temperaturen liegen unter 119, nach Wolf in Alao (3097 m), Provinz Chimborazo, um
10,5, in Frutillas am Pichincha (3133 m) nahe 10,20, in Tablon (3380 m) bei 9,2, auf dem
Antiſana in 4095 m bei 5%. Hier haben die Monate November bis Mai mehr als 5° Mittel-
temperatur, der Juli und Auguſt wenig mehr als 3°, das Klima iſt alſo ſüdhemiſphäriſch.
Das mittlere Maximum ſoll 11°, das mittlere Minimum —6,2° betragen. Die Jahresſchwan—
kung iſt alſo kaum höher als 20, ſomit durchaus noch tropiſch, der Unterſchied zwiſchen den
mittleren Extremen erreicht noch nicht 18°. Da nun aber die Temperaturen das ganze Jahr
hindurch nahezu dieſelben bleiben, ſo herrſcht das ganze Jahr hindurch Päramokälte und
Päramowetter, ein ins Schlechtere verändertes deutſches Aprilwetter mit ſehr ſtarken
Schwankungen an demſelben Tage. Am häufigſten beginnen und ſchließen die Tage mit
Sonne, während im Laufe des Mittags Nebel, Regen, Schnee, Hagel und Gewitter auf—
treten, ſo daß ein Tag alle europäiſchen Jahreszeiten umfaßt.
Schneebedeckung und Gletſcher. Von 3500 m an fällt vereinzelt, von 4000 m an
regelmäßig Schnee, aber liegen bleibt er erſt von etwa 4700 m an. Dieſe Grenze, die Firn—
oder Schneegrenze, iſt, wie überall, ſo auch in Ecuador im Rückgang. Vor 40 Jahren fand
Reiß ihre mittlere Höhe zu 4665 m, 1903 beſtimmte ſie Hans Meyer zu 4750, und zwar zu
4800 für die Weſtkordillere und zu 4700 für die Oſtkordillere. Lange Schneeketten fehlen aber
in Ecuador, die Schneebedeckung beſchränkt ſich auf einzelne Berge, beſonders die Vulkane.
Die mittlere Gletſchergrenze liegt bei 4500 —4600 m und iſt ebenfalls zurückgegangen,
da Reiß ſie um 1870 noch bei 4600—4700 m annahm; am tiefſten, bis 4200 m, zieht der
Gletſcher in der Caldera des Antiſana abwärts. Durch Hans Meyer iſt aber 1903 feſtgeſtellt
worden, daß die Zahl der Gletſcher in Ecuador bedeutend größer iſt, als bisher angenommen
wurde. Am ſtärkſten vergletſchert iſt der Chimborazo (Tafel 16, Abbildung J), der allein
16 Gletſcher entſendet, aber auch die breite Maſſe des Antiſana iſt der Vergletſcherung
förderlich, während andere Berge, wie der Cotopaxi, der Tunguragua und der Sangay, trotz
ihrer großen Höhe wegen ihrer vulkaniſchen Natur doch ſtärkerer Eisbedeckung ermangeln.
Wirkliche Talgletſcher finden ſich aber auch nur in den Calderas des Antiſana, Altar und
Carihuairazo, am Nordoſtrande des Chimborazo und am Weſtgehänge des Cayambe. Alle
übrigen ſind nur Firngletſcher, Eiszipfel oder etwas längere Hängegletſcher. Über die Firn—
grenze hinaus ragen nur 16 Berge, in der Weſtkordillere der Chimborazo, Carihuairazo,
Iliniza, Corazon, Cotacachi und Chiles, in der Oſtkordillere der Sangay, Altar, Tunguragua,
Cerro Hermoſo, Quilindaſta, Cotopaxi, Sincholagua, Antiſana, Sara Urcu und Cayambe.
In der Eiszeit war die Kordillere bis etwa 3500 m abwärts vergletſchert. Hans Meyer
hat die einſtige Firngrenze zu 4200—4250, die einſtige Gletſchergrenze zu 37003800 m
beſtimmt, aber vereinzelt gelangten die Gletſcher, wie ich am Oſtabhang des Paſſes von
Cajas weſtlich von Cuenca gefunden habe, bis 3500 m hinab; die Firngrenze lag alſo etwa
500 —600, die Gletſchergrenze rund 800 m tiefer als heute. Auch kann man zwei Perioden
der früheren Vergletſcherung unterſcheiden, von denen die erſte die ſtärkere war.
396 Das gefaltete Land des Weſtens.
Die Pflanzendecke. Die Vegetation Ecuadors wird, wie das Klima, durch die
vertikale Gliederung des Landes in Zonen und Regionen geſchieden, nämlich in die feuchte
und die trockene Küſtenregion, die amazoniſche Tieflandsregion, die Außenränder der Kor—
dilleren mit Waldbekleidung und die tiefen Kordillerentäler, ferner die ſubandine Region
oder die Hochbecken bis etwa 3400 m, mit dem Ackerbau der Sierra, und endlich die Paͤramo—
oder die hochandine Region, deren obere Grenze je nach der Höhe der Schneegrenze ſchwankt.
Die trockene Küſtenregion umfaßt die Umgebungen des Golfs von Guayaquil,
die Unterläufe der Flüſſe Guayas und Daule, die Inſel Bund und die Küſte von Guayas
und Manabi bis zur Caraques-Bai, mit Ausnahme der Gegend von Jipijapa, Olon und
Valdivia, weil hier gegen die Küſte eine Gebirgskette vorſtößt, die größere Niederſchlags—
mengen erhält. In dieſer trockenen Küſtenregion zwingt eine lange Trockenzeit die
Bäume, ihre Blätter abzuwerfen, um der Verdunſtung Schranken zu ſetzen, mit Aus—
nahme weniger, deren Organe die Verdunſtung an ſich ſchon auf ein Geringes herabdrücken.
Auf die Mangrovewälder der Küſten mit Rhizophora mangle und Avicennia nitida folgt
zunächſt eine Region der Halophyten: am ſalzigen Meeresſtrande meiſt Kräuter und Sträu—
cher, Chenopodium, Salsola, Portulak, ferner Dornſträucher, der Manzanillobaum (Hippo
mane mancinella), eine giftigen Milchſaft enthaltende Euphorbiazee, und die Kokospalme.
Auf den Halbinſeln Morro und Santa Elena wächſt eine an Perus Küſten erinnernde
Wüſtenflora: gewaltige Kakteen wie Cereus, Opuntien und Mimoſen, dazu ſpärliches Gras
und die Orſeilleflechte (Roccella). Im übrigen trockenen Küſtengebiet bilden ſich Savannen
aus, die an die Grasnarbe der friſcheren Teile der Küſte von Peru erinnern; auf ihnen ſtehen
hier und da, zwiſchen Guayaquil und Santa Elena ſowie auf der Inſel Bund, lichte Wälder
mit Algarrobo- und Ceibabäumen (Bombax ceiba), dem Nutzholz liefernden Guayacan
(Guayacum officinale), auch Cäſalpinien, Jacaranda und andere.
In der feuchten Küſtenregion erlaubt eine längere Regenzeit das Aufkommen
feuchttropiſcher Pflanzen, zahlreicher Palmen und wärmebedürftiger Produkte. Dieſe Region
nimmt das ganze übrige Tiefland der Weſtküſte ein, insbeſondere die Provinz Esmeraldas
bis zu den aufwärts folgenden Bergwäldern. Die Sabanen machen den Regenwäldern
Platz; wo erſtere noch vorhanden ſind, wie bei Babahoyo und Pueblo Viejo, werden die 3 m
hohen Gräſer Paspalum und Panicum von einzelnen oder in Gruppen ſtehenden Bäumen,
Mimoſen, Cassia, Piperazeen, Papilionazeen beſchattet. Im Walde fällt die Palma real
(Cocos butyracea) auf durch ihr geſelliges Wachstum und ihre große Zahl; die kleineren
Palmen Iriartea, Bactris, Euterpe liefern Material zum Hüttenbau, die Guilielma speciosa
eßbare Früchte, die Carludovica palmata Stroh für Hüte und die palmenähnliche Zyklan—
thazee Phytelephas macrocarpa Steinnüſſe, die in großen Mengen ausgeführt werden.
Wertvolles Holz geben außer dem Guayacan und Roble (Jacaranda) der Cedro (Cedrela
odorata), der Guayabo (Psidium), die Cañafiſtola (Cassia fistula) und die Ochroma pisca-
toria, letztere für den Bootbau; Kautſchuk ſpenden die Urtikazee Castilloa elastica (2), eßbare
Früchte Sapote (Matisia cordata), Mango (Mangifera indica), Brotbaum (Artocarpus),
letztere beiden fremde Bäume, ferner Miſpel (Achras sapota) und Aguacate (Persea gra-
tissima), Papaya (Carica papaya), die Naranjos und Limones, Citrusarten, der Kakaobaum,
deſſen Kultur ganz allgemein iſt, unter den Muſazeen mehrere Arten, Musa sapientum und
Musa paradisiaca. Ferner kommen zahlreiche Gräſer vor, wie Bambus, die Caita brava
(Guadua latifolia und G. angustifolia), von 30m Höhe, und Carrizos (Saccharum contractum
Die ecuatorianiſchen Kordilleren: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 397
und Gynerium saccharoides), Verwandte des Zuckerrohrs (Saccharum officinarum). Farne,
Aroideen, Bromeliazeen und Orchideen beleben in reichſter Fülle den Wald, darunter
die Vanille in zwei Arten, und unter den Lianen (bejucos) ragt die Sarſaparille (Smilax
officinalis) durch ihren Nutzwert hervor. Zur Ausfuhr gelangen von dieſen Nutzpflanzen
Kakao, Kaffee und Kautſchuk. Am häufigſten angebaut werden außerdem Reis, Mais, Zucker⸗
rohr, Tabak, Baumwolle, Ananas und Bananen (Tafel 16, Abbildung 3).
Die Gehänge der Kordilleren. Manche von den genannten Pflanzen ſteigen hoch
am Gebirge empor: die Phytelephas bis 800, die Orangen bis 2500, die Bananen bis 2400 m
Höhe; im allgemeinen aber beginnt die Bergwaldregion dort, wo die tropiſchen Tieflandg-
pflanzen in größerer Zahl ihre Grenze erreichen, bei 1300—1600 m, während Theodor Wolf
die untere Grenze der „feuchten Andenwälder“ ſchon bei 300 m Höhe legen will. Bis zu etwa
1000 m herrſchen noch Palmen, Skitamineen, Lianen und Muſazeen vor, weiter oben Farne,
Aroideen und Orchideen, Mooſe und Flechten. Zwiſchen 800 und 2800 m Höhe erreichen
die Farne die Größe von Bäumen und ihre größte Individuenzahl, die Cinchonen zwiſchen
2000 und 2600 m. Mit zunehmender Höhe wird der Wald niedriger, lichter, blumenreicher
und enthält zahlreiche Sträucher und Stauden, Fuchſien, die herrlichſten Orchideen und die
geſellige Wachspalme Ceroxylon andicola, mit ſchlanken, bis 35 m hohen Stämmen, befon-
ders um 2500 m Höhe. Die Bergwälder der Oſtkordillere entſprechen im allgemeinen
denen der Weſtkordillere, doch kommen, ſoweit wir die Flora überhaupt kennen, auch einige
Unterſchiede vor; ſo wachſen nur am amazoniſchen Abhange die Mauritiapalmen bis zu
1000 m, der Mahagonibaum (Swietenia mahagoni), eine dem Paraguay-Teebaum ähnliche
Ilex-Art, die giftige Strychnos toxifera, die Granadilla (Passiflora) mit überaus ſchmack—
haften Früchten und die balſamiſchen Kopaiferabäume, meiſt jedoch nur in den unteren Teilen
des Bergwaldes.
Die Vegetationsregion der Hochbecken. Zwiſchen den Kordilleren erſtreckt ſich
die interandine Region von 1800 bis 3400 m Höhe, deren Beſtandteile die Ergebniſſe eines
trockeneren und zugleich kühlen Klimas ſind. Daher verſchwinden hier, ausgenommen in
tiefen Tälern, die tropiſchen Formen faſt völlig und mit ihnen auch der Wald beinahe ganz,
ja es treten ſogar die Bäume überhaupt zurück. Dieſe beſchränken ſich in den Hochbecken auf
wenige Bäume (Tafel 16, Abbildung 1), den Capuli (Prunus salicifolius) mit dunkelbelaubter
Krone, feſtem Holz und herber Frucht, den Sauce (Salix humboldtiana) an Waſſerläufen,
die Erle, Aliſo (Betula acuminata) und einige Fruchtbäume in geſchützten Haciendas, bejon-
ders Apfelſinen und Limonen, Pfirſiche, Birnen, Mandeln, Quitten und Cherimoya, ſowie
den Schinus molle. Unter den Sträuchern ſpielen in den trockenen heißeren Tälern Algar-
toben (Prosopis horrida), Croton, Kakteen, zum Teil mit Tillandſien behangen, eine Rolle,
während die Agave americana und Foureroya unter dem Namen Cabuya die Indianerhütten
als Zäune umgeben. Über dieſer meiſt ſterilen Vegetation erheben ſich nun die blumigen
Raſen mit zahlreichen Stauden und blühenden Büſchen, wie Fuchſien, Senecio, Ribes;
unter den Gräſern wiegen Paspalum und Arundo nitida vor, und Vaccinium mortinia gibt
eßbare Beeren. An Nutzpflanzen baut man Weizen und Mais, in den tieferen Gebieten
Gerſte, Luzerne, Quinua, Kartoffeln, Oka, Bohnen, Erbſen bis zu 3400 m Höhe.
Die Päramo-Region. Die formenarme Paͤramo-Vegetation beginnt mit hohem
Graſe etwa in 3000 m Höhe und wird immer alpiner, je höher man ſteigt; nach Wolf ver-
ſchwinden aus der Flora der oberſten Teile des Gebirges bald ganze Familien, beſonders die
398 Das gefaltete Land des Weſtens.
Myrtazeen, Melaſtomazeen, Piperazeen. Auch die Baumvegetation hört in 3500 m fo gut
wie ganz auf, nur der Quinuar (Polylepis) und die Chuquiraga microphylla bilden am Chim-
borazo und anderen Bergen noch kleine Gehölze bis zu 4200 m, und 2 m hohe Gebüſche der
Chusquea aristata ſteigen am Antiſana bis zu 4000 m; meiſt aber kriechen in dieſen Höhen
die Sträucher, Baccharis, Rubus- und Gaultheria-Arten, am Boden. Die wichtigſte Vege-
tationsform find hier die Gräſer (ſ. die farbige Tafel bei S. 390), namentlich das Ichu⸗
Gras (Stipa ichü), dazu Andropogon- und Paspalum-Arten; ſie werden im Lande wegen
ihrer Trockenheit paja, Stroh, genannt und bilden die Pajonales, die in den tieferen Teilen
das ganze Land überziehen, von 4500 m lan aber ſich zu lichten beginnen, in einzelne Flecke
zerfallen und niedriger werden. Die Pajonales machen einen öden Eindruck und bilden
die Grundlage der Päramo-Vegetation, aber trotz aller Unwirtlichkeit jetzt den eigentlichen
Reichtum der oberen Sierra, denn ſie gewähren in Höhen, die dem Ackerbau verſchloſſen
ſind, der Viehzucht eine Stätte und den armen Indianern einen Lebensunterhalt.
Ihr Ton iſt das ganze Jahr hindurch bräunlichgelb, wird aber gemildert durch zahl—
reiche Blütenpflanzen, Stauden und Kräuter, die einen herrlichen Blumenflor ent—
falten. Zu ihnen gehören Kalzeolarien, Valeriana, Potentilla, die Werneria-, die weiter im
Süden ſelteneren Senecio-Arten und viele zu jeder Jahreszeit blühende Stauden, wie die
purpurrote Gentiana cernua, ein violetter Crocus, weiße Zichorien und gelbe Sternblumen.
Mit ihnen miſchen ſich rote Stengel des Lycopodium crassum, und auf dem Aſchenboden
der Vulkane täuſcht die rankende Gunnera magellanica mit ihren großen Blättern und ihrer
üppig grünen Farbe über die Unfruchtbarkeit des Bodens hinweg. Dazu kommen der ſonder—
bare Farn Jamesonia einnamona bis zu 4500 m Höhe, das wollige Frailejôn, die Cha-
rakterpflanze der Päramos, beſonders Culeitium nivale und C. rufescens, ferner Valeriana
alypifolia, Pernettya angustifolia und die weite Flächen überziehenden Stereocaulon-Flech⸗
ten, die Whymper noch in 5638 m Höhe gefunden haben will. Jedenfalls ſteigen die zuletzt
genannten Pflanzen über 4600 m empor, und die Frailejöon-Arten treten noch innerhalb
der Schneegrenze, angeblich bis zu 5000 m Höhe, auf, beſonders an den inneren Gehängen
der Kordilleren.
Die Tierwelt von Ecuador iſt noch wenig bekannt. Sie gliedert ſich nach Höhen-
regionen und klimatiſchen ſowie pflanzengeographiſchen Zonen; diejenige des amazoniſchen
Abhangs ſtimmt mit der Amazoniens großenteils überein, während die der Küſte, obwohl
noch durchaus tropiſch, etwas von der amazoniſchen abweicht. Auf der Sierra finden ſich
nahe Beziehungen zu Peru und Colombia.
Unter den Säugetieren ſind Affen in der Sierra nur an den tropiſchen Gehängen
bis zu etwa 1000 m Höhe verbreitet; das weſtliche Tiefland bewohnen die Gattungen Cebus,
Mycetes, Ateles, Roll- und Greifſchwanzaffen, Brüllaffen und Klammeraffen aus der Fa⸗
milie der Cebiden. An Fledermäuſen bevölkern 4—5 Arten die wärmeren Teile des Landes,
von Beuteltieren nur eine Zorro genannte Didelphys-Art, eine Beutelratte, die Küſte, wäh⸗
rend wir von Edentaten das zwei- und das dreizehige Faultier, Gürteltiere und Ameijen-
freſſer in allen wärmeren Gegenden finden. Die Raubtiere ſind ziemlich reich vertreten, zu⸗
nächſt durch 5 Arten von Katzen: den Jaguar an den wärmeren Gebirgshängen, den Puma
in allen Höhen bis zu den Päramos, und die Tigrillos (Felis pardalis, F. tigrina, F. macrura),
kleinere Katzen, die namentlich die Hühnerſtälle der Anſiedelungen heimſuchen. Die mittleren
Lagen der Sierra bevorzugen der Fuchs Canis azarae, im Lande Lobo, Wolf, genannt, und
Die ecuatorianiſchen Kordilleren: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 399
verſchiedene Marder, der Bär Ursus albifrons und das Stinktier (Mephitis vittata), während
der Rüſſelbär oder Cuchuche (Nasua socialis), ein Waſchbär (Procyon cancrivorus) und der
Wickelbär oder Cuſumbe (Cercoleptes caudivolvulus) die tieferen bewaldeten Gegenden auf—
ſuchen, wo ſie teils an den Flußufern, teils, wie der Wickelbär, auf den Bäumen leben. Fiſch⸗
otter gehen in den Flüſſen der Beute nach, der Tapir kommt in zwei Arten, Tapirus ameri-
canus und T. villosus, vor, erſterer im warmen Lande, letzterer, mit dickerem Pelz, aber
kleiner, in der Sierra, und zwei Wildſchweine, Jabali Dicotyles labiatus) und Saino (Dico-
tyles torquatus), ſchaden den Pflanzungen des tieferen Landes, namentlich an der Küſte.
Von Nagern leben in Ecuador das Aguti, hier Guatuſa genannt (Dasyprocta aguti), und die
Paca oder Guanta (Coelogenys paca) in der Tierra caliente, Eichhörnchen ſehr zahlreich in
den Wäldern, Haſen und Kaninchen, Conejos, ſowie das Cui (Cavia cobaya), ein als Haustier
gehaltenes Meerſchweinchen, endlich Mäuſe und Ratten in allen Höhen. Die Wiederkäuer
werden auch in Ecuador noch vom Llama (Auchenia lama) vertreten, das jedoch viel weniger
als in Peru und Bolivia benutzt wird. Von Hirſchen bewohnt der weitverbreitete Cervus
chilensis oder antisanensis die höchſten Teile des Gebirges, der Cervus virginianus die Küſte.
Unter den Vögeln iſt auch in Ecuador der Kondor (Sarcorhamphus gryphus) hervor-
zuheben, der aber die Sierra nicht verläßt; im Küſtengebiet erſetzen ihn der ebenfalls Buitre
genannte Geierkönig, Rey de Gallinazos (Sarcorhamphus papa), und die gewöhnlichen Aas—
geier, Gallinazos, Cathartes atratus und Cathartes aura. Große Falken und Weihen kommen
in der Sierra vor, die Schleiereule (Strix flammea) und große Uhus bewohnen ſowohl die
Küſtenwälder wie die Päramos, die Küſte die vom La Plata bekannte Eule Strix cunicularia.
Alle Gegenden der Tierra caliente enthalten zahlreiche Papageien der verſchiedenſten Art
und Größe, alle Wälder an den Gehängen der Sierra prachtvoll gefiederte Trogone, Tukane
und Spechte. Auch kommen etwa 20 Arten Tauben und viele Hühnervögel vor, darunter
der Pauji (Crax pauxi) und die Guacharacas, Penelope und Crax, ſowie Faſanen. Scharen
von Sing- und Sperlingsvögeln bewohnen Gebirge und Küſtenwälder, zeichnen ſich aber
mehr durch ſchönes Gefieder als durch lieblichen Geſang aus, die Kolibris oder Chupaflores
vor allem im wärmeren Lande, aber auch in den mittleren und ſehr großen Höhen.
Amphibien und Reptilien ſind bei weitem am zahlreichſten im Tieflande. Außer
großen Meeresſchildkröten, Chelonia midas und Chelonia imbricata, der Karettſchildkröte,
gibt es eine Anzahl Schildkröten auf dem Lande, im Küſtenlande Chelys- und Trionyx-
Arten. Hier leben auch in ungeheurer Zahl der bis 6 m lange Kaiman, Lagarto (Crocodilus
occidentalis), 1—11, m lange Iguanas, der Baſilisk (Anolis) und Eidechſen. Schlangen
ſind ſehr allgemein; giftige und ungiftige Korallenſchlangen, Elaps und Erythrolampus,
zeigen beide ſchwarze und rote Ringe, weshalb ſie ſchwer zu unterſcheiden ſind, die grüne
Papageienſchlange, Dryophis, iſt eine Baumſchlange, die Klapperſchlange fehlt auch nicht,
und bösartige Vipern, wie Lachesis und Trigonocephalus, werden mit Grund gefürchtet.
Auf den Päramos findet man noch in über 4000 m Höhe Fröſche, die in zahlreichen Arten
und Individuen auch im übrigen Lande häufig ſind, Fiſche dagegen kommen oberhalb
von 3000 m überhaupt nicht mehr vor, aber von etwa 2000 m an abwärts, beſonders in der
Tierra caliente beider Abhänge, häufig.
Als Haustiere ſind aus der urſprünglichen einheimiſchen Fauna nur das Llama, das
Cui (Meerſchwein) und der Hund hervorgegangen. Zu dieſen haben die Spanier eingeführt:
Maultiere als wichtigſte Verkehrsmittel, Pferde und Eſel, die weniger als ſolche benutzt
400 Das gefaltete Land des Weiten.
werden, Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine und Katzen, die ſämtlich alle Höhenſtufen des
Landes bewohnen, wenn auch die Schafe die Höhen und trockenen Teile der Sierra, die
Ziegen die trockene Küſte vorziehen.
c) Bevölkerung, wirtſchaftliche Verhältniſſe und Beſiedelung.
Die Indianer. Die urſprüngliche Bevölkerung des jetzigen Ecuador hat ihre alten
Namen und ihre Sprache aufgegeben, doch erhalten ſich die alten Stammesnamen zurzeit
in den bekannteren Ortsnamen wie Quito, Latacunga, Otavalo, Cayambe, Alauſi, Cariar,
Tumbez. Von dieſen Nationen waren die Quitu mit 34 Unterabteilungen die bedeutendſte,
doch gelangten ſie erſt dann zu politiſcher Macht, als das Volk der Cara, angeblich infolge
des ungeſunden Klimas von Manabi, von der Küſte auf die Sierra emporſtieg. Ihre Häupt⸗
linge beherrſchten nun unter dem Titel Schiri etwa bis zum Jahre 1300 das Hochbecken von
Quito und dehnten dann ihre Macht über das Hochbecken von Riobamba bis nach Piura aus.
Dadurch kamen ſie in Berührung mit dem Reiche der Inkas, dem ſie ſchließlich nach heftigen
Kämpfen kurz vor Anfang der Conquiſta erlagen. Zunächſt eroberte der Inka Tupak Pupanki
den nur loſe mit Quito verbundenen Süden, dann, 1450, Alauſi, ſpäter nahm der Inka
Huayna Kapak den Reſt. Aber nur wenige Jahrzehnte nach der Eroberung des Reiches der
Cara erſchienen die Spanier im Lande und vernichteten alsbald die Inkaherrſchaft.
Wenn nun auch die alten Stämme und Nationen als ſolche verſchwunden ſind, ſo iſt
immerhin doch noch die Hälfte der Bevölkerung Ecuadors rein indianiſch, zunächſt die
der Tiefländer zu beiden Seiten der Kordilleren, aber auch der größte Teil der auf den Pä—
ramos der Kordillere wohnenden Menſchen. Die rein indianiſche Bevölkerung unterſcheidet
ſich weſentlich nach den drei großen Abteilungen des Landes; läßt man hier die Jivaro (val.
S. 147) und Zaparo des öſtlichen Tieflandes unerwähnt, ſo bleibt ein Gegenſatz zwiſchen
den Indianern der Sierra und denen der Küſte beſtehen. Die Küſtenſtämme haben wahr⸗
ſcheinlich ſtets in großer Zerſplitterung gelebt, ſind aber höher ziviliſiert geweſen als die
Stämme des Inneren; viele von ihnen ſind in den Kämpfen mit den Inkas arg vermindert
und einige ganz ausgerottet worden. Nach der Einwanderung der Weißen und Neger ver-
miſchten ſie ſich mit dieſen und leben nun mit ihnen in Dörfern, außer in der Provinz
Esmeraldas, die ihrer dichten Wälder wegen von Inkas, Spaniern und Anſiedlern über-
haupt gemieden worden iſt. Hier haben noch einige Stämme den urſprünglichen geſchloſſenen
Verband bewahrt, namentlich die Cay apa mit etwa 2000 Seelen an den Flüſſen Cayapa,
Onzole und Grande. Sie bemalen den Körper, ſind Jäger und Fiſcher, betreiben aber auch
etwas Anbau von Bananen und Yuca, halten Hunde, Schweine und Federvieh, vertauſchen
ſelbſtangefertigte Ruder, Boote und Körbe ſowie Produkte des Waldes gegen Leinwand und
führen als Waffen Blasrohre und vergiftete Pfeile.
Die Indianer der Sierra weichen ſehr von der Küſtenbevölkerung ab, ſind ſeit Jahr—
hunderten Chriſten, ſprechen Ketſchua, zum Teil auch Spaniſch, und haben ſich an die Fremd⸗
herrſchaft gewöhnt. Das Ketſchua wurde ihnen aber weniger durch die Inkas als durch die
Spanier gebracht, die für den Religionsunterricht nach portugieſiſchem Muſter eine lingua
geral brauchten, und hat derart überhandgenommen, daß heute die alten Stammesſprachen
vollkommen vergeſſen ſind. Dagegen iſt die äußere Erſcheinung der verſchiedenen Stämme
noch ſehr mannigfaltig, ſo daß man annehmen darf, ihre körperlichen Merkmale werden
früher dieſelben geweſen ſein wie heute (ſ. die Abbildung auf S. 401): Kupferfarbe, glattes,
Die ecuatorianiſchen Kordilleren: Bevölkerung, wirtſchaftliche Verhältniſſe, Beſiedelung. 401
ſchwarzes, langes, üppiges, oft noch in Zöpfe geflochtenes Haar, Mangel an Bartwuchs,
ſchwarze, meiſt kleine Augen, breites Geſicht, weiße Zähne, ſchmale Schultern, kleine Füße
und mittlere Statur, wozu als Charaktereigenſchaften Phlegma, Melancholie, Schweigſam—
keit, Mißtrauen und Faulheit kommen. Wiewohl ſtark und kräftig, auch geneigt zum Weg⸗
ſchaffen ſchwerer Laſten, ſind ſie doch, weil faul und ſtumpfſinnig, außer im Rauſche, für
andere Arbeiten ſchwer zu haben. Sie tragen Hemd und Hoſe, einen wollenen Poncho und
Filzhüte, die Frauen den Anaco, ein den Unterkörper verhüllendes Tuch, ein anderes für den
Oberkörper und eine Art Mantel, der den ganzen Oberkörper bedeckt. Alle dieſe Kleidungs—
ſtücke werden aus grobem Tuch im Lande ſelbſt verfertigt. Ihre Wohnungen ſind Stroh—
und Lehmhütten (Tafel 16, Abbildung 2) mit
nur einem Raum, in dem einige Felle als Lager
und wenige Geräte den Hausrat ausmachen.
Seitdem die Spanier den Indianern die Fremd—
herrſchaft von neuem gebracht haben, ſind dieſe
durch allerlei ungerechte Behandlung, Sklaverei
und Unbill noch unzugänglicher geworden als vor—
her und haben ſich gegen die ihnen angetane Be—
drückung des öfteren ohne Erfolg aufgelehnt.
Wenngleich ihre Lage ſich ſeit Abſchüttelung der
ſpaniſchen Herrſchaft gebeſſert haben mag, ſo
ſtehen ſie doch noch auf einer ungemein niedrigen
Stufe und leben in großer Abhängigkeit.
Die Nichtindianer. Die Beſſergeſtellten
ſind aber häufig ſchon Miſchlinge, entweder
Meſtizen oder Cholos, meiſt Städtebewohner.
Ihre Zahl zu beſtimmen, iſt ſehr ſchwer, wahr—
ſcheinlich aber nehmen ſie nahezu die andere,
nicht rein indianiſche Hälfte der Bevölkerung ein, 5
denn die übrigen in Ecuador vertretenen Raſſen Indianer von Cotacachi im nördlichen Ceua—
ſind ſehr gering an Kopfzahl. Neger leben, jeit- lucber und Cotomsin, Berlin 1888) u & 10.
dem die Sklaverei 1854 aufgehoben worden iſt,
in reiner Raſſe kaum noch in Ecuador, ſondern vermiſchen ſich mit den Indianern zu Zam—
bos, beſonders aber mit den Weißen zu Mulatten, außer in Esmeraldas, wo es noch
Dörfer von reinen Negern gibt, die ſich hier auch deshalb erhalten haben, weil die Cayapa
mit ihnen keine Verbindungen eingehen. Auch die Weißen ſind wahrſcheinlich viel ſchwächer
an Zahl, als man im allgemeinen annimmt: nach Wolf in den Städten ein Achtel, auf
dem Lande ein Hundertſtel der Bevölkerung, aber ſie haben die Gewalt und alle guten
Stellungen in Händen. Die Zahl der Fremden in Ecuador iſt geringer als in anderen
Staaten Südamerikas.
Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. Die Sierra. Allgemein wird Ackerbau
betrieben, doch beſitzt das am dichteſten bewohnte Hochland nur einen größtenteils armen,
unfruchtbaren Boden. Die Haciendas ſind aber wenigſtens in Südecuador ſehr gut gehalten
und weit anſehnlicher als in der Sierra von Peru. Beſonders in den Tälern von Ibarra,
Cuenca, Chillo und Loja ſind reiche Ernten möglich. Der Mais iſt jetzt wie zu Zeiten der
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 26
402 Das gefaltete Land des Weſtens.
Schiris das wichtigſte Getreide des Hochlandes, wenngleich er in ſterilen Hochbecken, wie Rio⸗
bamba, Ambato, Latacunga, nicht gut ausfällt; aber noch dienen ungeheure Mengen Mais
zur Bereitung der Chicha. Der Anbau der vor der Eroberung allgemein gezogenen Quinua
(Chenopodium quinoa) iſt dagegen ganz zurückgegangen und durch den von Weizen und
Gerſte (Hordeum sativum) erſetzt worden. Obwohl dieſe bis 3000 und 3400 m Höhe ge-
pflanzt werden, reichen ſie doch zur Verſorgung der Sierra nicht aus, weshalb das Küſtenland
Mehl aus Kalifornien einführt. Ferner dienen zahlreiche Knollenpflanzen zur Ernährung der
Hochlandſchaften, vor allem die Kartoffel. Dazu kommen die altindianiſchen Knollenpflanzen
Oka (Oxalis crenata), Ulluco (Ullucus tuberosus) und Maſhua (Tropaeolum tuberosum),
ferner europäiſche und amerikaniſche Hülſenfrüchte: Erbſen, Linſen, Bohnen, Kichererbſen.
Hafer und Roggen ſind unbekannt. Als wichtigſte Futterpflanze iſt die Luzerne anzuſehen,
die im warmen Lande ſowohl wie auch in der Sierra gleich gute Ernten gibt, und endlich
ſteigen die Produkte der Tierra caliente in den Tälern empor, der Kaffee bis 1500 m Höhe.
Die Viehzucht iſt die Hauptbeſchäftigung der Bewohner der Sierra, da die weiten
Päramos eine ſtets brauchbare Weide liefern; der Reichtum der Landgüter der Sierra beſteht
daher nach Th. Wolf oft nur in einigen Quadratkilometern Paͤramos. Auf ihnen weidet auch
der arme Indianer ſeine Schafe, da die Weiden Gemeindeeigentum ſind, aber die Viehzucht
ſteht ebenſowenig wie der Ackerbau auf einer hohen Stufe, und weder für die Zucht der
Pferde noch für die der Rinder wird etwas getan. Immerhin nehmen Häute mit 1,1 Mil⸗
lion Mark Wert in der Ausfuhrliſte die ſiebente Stelle ein. Der Bergbau iſt im ganzen
ſchwach entwickelt; am meiſten begünſtigt in bezug auf Bodenſchätze iſt der Süden, aber die
Ausbeute an allen vorhandenen Metallen iſt gegenwärtig gering; am bekannteſten ſind wohl
die Goldminen von Zaruma, die 1911 für 2,5 Millionen Mark zur Ausfuhr beiſteuerten.
Bei Pilzhun in Cafſar liegen ferner anſehnliche Silbergruben, und überdies kommen Blei,
Kupfer, Zink, Antimon, Arſen, Platin, Schwefel in geringen Mengen vor.
Die Induſtrie der Sierra beſchränkt ſich auf die Weberei, Käſerei, Töpferei, die Be-
reitung von Seife und eingemachten Früchten. Namentlich die Bewohner von Imbabura,
Pichincha und Azuay liegen der Textilinduſtrie ob und erzeugen Tücher, Decken, Mäntel,
Leibgürtel, Binden aus Baumwolle und Wolle und in der verſchiedenſten Form und Güte,
ferner Spitzen und Seidenſtickereien, Körbe, Flechtwaren, Schuhe, Fußdecken, Seile und
Stricke, letztere aus den Faſern der Cabuya. Der Verkehr auf dem Hochlande leidet unter
dem Mangel an guten Wegen, ja nach Wolf ſcheinen die Wege eher da zu ſein, um den Ver-
kehr zu erſchweren. „Dörfer, ſcheinbar einen Büchſenſchuß voneinander entfernt, ſind durch
Schluchten und Wege getrennt, welche der Regen von ein paar Stunden unpaſſierbar macht,
oder nur auf ſtundenweiten Umwegen zu erreichen.“ Das Hochland wird aber jetzt durch
die großartige, 1908 vollendete, 563 km lange Eiſenbahn nach Quito aufgeſchloſſen. Dieſe
führte von Duran gegenüber Guayaquil ſchon vor 1890 über PYaguachi nach Puente de
Chimbo und iſt von einer amerikaniſchen Geſellſchaft weitergebaut worden.
Das Küſtenland. Das Küſtengebiet iſt ein Ackerbauland, aber nur in den feuchten
Teilen, während die trockenen, außer einigen Fruchtbäumen, ſpärlichen Bananenpflanzungen
und Gemüſen, faſt keinen Anbau geſtatten. In der feuchten Zone iſt das wichtigſte Ackerbau⸗
produkt der Kakao, der von Jahr zu Jahr mehr Fläche einnimmt, obwohl er ſich auf die
Täler der zum Guayas zuſammentretenden Flüſſe, die Küſte öſtlich von Bund und einige
Küſtenſtriche von Esmeraldas beſchränken muß. Die Ernte fällt je nach der Regenmenge
Ecuatorianiiche Kordilleren. Tafel 16.
= 2 EU sed 1 A N BE RATE
J. Der Chimborazo, aus 5440 m Höhe von Oſten geliehen; davor das Tuffplateau von Riobamba.
Nach Photographie von J.Horgan in Scranton, U. S. N. (Zu S. 388, 395 u. 397.)
— 332 A f VE 26 Be. 223
2. Der Coltaſee und das Indianerdorf Colta ſüdweſtlich von Riobamba,
Nach Photographie von J. Horgan in Scranton, U. S. H. (Zu S. 588, 401 u. 405.)
Tafel 16.
Ecuatorianiſche Kordilleren.
3. Rancho im tropiſchen Küſtengebiet, dahinter Bananenpflanzung.
Nach Photographie von J. Horgan in Scranton, U. S. A. (Zu S. 397, 403 u. 404.)
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Die ecuatorianiſchen Kordilleren: Bevölkerung, wirtſchaftliche Verhältniſſe, Beſiedelung. 403
verſchieden aus und iſt, wie Wolf ſagt, das Barometer für den Handel Guayaquils, alſo
Ecuadors. So wurden im Jahre 1890: 16740000 kg nach Guayaquil gebracht, 1883 nur
6906000, während 1901 der Kakao mit 23600000 kg mehr als 75 Prozent der Ausfuhr ein—
nahm. 1911 hatte die Kakabausfuhr einen Wert von 42 Millionen Mark. Neben Kakao wird
Zuckerrohr bis zur Höhe von 2000 m, jedoch am meiſten im Tieflande angepflanzt, aber
zum geringen Teil ausgeführt, und zwar wiederum meiſt aus dem Stromgebiet des Guayas
und Daule. Reis und Mais werden nur wenig gezogen und genügen durchaus nicht, um den
Bedarf des Landes zu decken. Der ziemlich allgemein an den Flußufern gepflanzte Tabak
vom Rio Daule, von Esmeraldas und Santa Roſa wird meiſt im Lande ſelbſt verbraucht
und gelangt nicht zur Ausfuhr, und Baumwolle wird faſt gar nicht mehr angebaut. Auch
die Kaffeekultur iſt zurückgegangen, doch ſtand Kaffee 1911 mit einem Wert von 3100000
Mark noch an fünfter Stelle der Ausfuhr. Sehr umfangreich ſind ferner die Bananen—
pflanzungen (Tafel 16, Abbildung 3), da die Banane die wichtigſte Nahrung für die Be—
völkerung bildet; dazu treten zahlloſe Nährfrüchte: die Duca, Batate, Tomate, Ananas,
Melone, Granadillo, Mamey, Miſpel, Aguacate, Sapote, Mango, Orange und Limone, die
Papaya, Cherimoya und zahlreiche andere. Von dieſen wird ein großer Teil, namentlich
Bananen, nach der trockenen Küſte von Peru ausgeführt, die außerdem in ihrem Bedarfe
an Holz auf das waldige Tiefland Ecuadors angewieſen iſt. Gewaltige Bambusrohre und
die Steinnuß, Tagua, find neben den ausgezeichneten Bauhölzern die wichtigſten Aus—
fuhrprodukte des ecuatorianiſchen Waldes, und zu ihnen tritt mehr und mehr der Kaut—
ſchuk. Dieſe beiden Produkte ſtanden 1911 mit 9,5 bzw. 4 Millionen Mark an zweiter und
vierter Stelle der Ausfuhrliſte. Endlich liefern die Faſern der Hutpalme (Carludovica pal-
mata) feine Panamahüte, die den drittwichtigſten Ausfuhrgegenſtand bilden, deſſen Wert
1911: 5,2 Millionen Mark betrug.
Viehzucht wird auf den Savannen der trockenen Küſte in geringem Maße getrieben,
während Bergbau, mit Ausnahme der Salzgewinnung aus den Salinen der Küſte, ganz fehlt;
dagegen hat ſich eine gewiſſe Induſtrie an den Anbau des Zuckerrohrs geknüpft, indem
zahlreiche Zuckermühlen, Trapiches, und Raffinerien, Ingenios, eingerichtet worden ſind,
in denen jedoch in erſter Linie Zuckerrohrbranntwein deſtilliert wird. Im übrigen iſt Induſtrie
nur in Guayaquil eingedrungen, wo eine Eisfabrik, eine Gasanſtalt, Eiſengießerei, Schofo-
ladefabriken, Bierbrauerei und anderes beſtehen. In Manabi iſt Jipijapa der Hauptſitz der
Strohhuterzeugung, und in den Küſtengebieten werden Hängematten geflochten.
Der Handel wird vorwiegend von Guayaquil aus beſorgt. An der Ausfuhr (1911:
56 [1912: 52,2] Millionen Mark) ſind großenteils Kakao (1911 für 42 Millionen Mark), ferner
Steinnüſſe (9,5), Hüte (5,2), Kautſchuk (4,13), Kaffee (3,1), Gold (2,5) und Häute (1,1 Mil—
lionen Mark) beteiligt ſowie geringe Mengen von Holz. Die wichtigſten Abſatzgebiete waren
1912 Frankreich (28), die Vereinigten Staaten (25), Deutſchland (17), England (8 Prozent),
für den Küſtenhandel Peru und Chile. Die Einfuhr hatte 1912 den Wert von 46,5 Millionen
Mark und kam vorwiegend von England (25), den Vereinigten Staaten (23), Deutſchland (21)
und Frankreich (7 Prozent). Der Geſamthandel erreichte 1912: 98,7 Millionen Mark Wert.
Deutſche, engliſche und chileniſche Dampferlinien ſetzen Ecuador mit der Außenwelt in Ver—
bindung: der Schiffsverkehr betrug 1911 in dem Haupthafen Guayaquil: 218 eingelaufene
Schiffe mit 403000 Tonnen Gehalt.
Die Beſiedelung. Ecuador hat 299600, mit den Galäpagos-Inſeln (vgl. S. 48)
267
404 Das gefaltete Land des Weiten.
307000 qkm Fläche und eine Einwohnerzahl von 1500000, wovon etwa 50000 auf die
Indianer des Tieflandes kommen ſollen, alſo eine Volksdichte von 5. Es iſt in Provinzen
geteilt, die zum Teil das Küſtenland, wie Esmeraldas, Manabi und Guayas, zum Teil die
Sierra, zum Teil aber außer dem Hochland auch noch Teile der tieferen Landſchaften des
Weſtens und Oſtens einnehmen, wie Imbabura, Pichincha, Leon, Chimborazo, Cuenca,
Azuay und Loja. Man unterſcheidet daher beſſer Küſtenland und Sierra.
Das Küſtenland. Das Leben der Küſte vereinigt ſich in der größten Hafen- und
Handelsſtadt des Landes, Guayaquil, mit 75000 Einwohnern. Der lebhafte Handel und
der ſtarke Schiffsverkehr unterſcheiden die am Unterlauf des Guayas liegende Stadt vorteil—
haft von den toten Städten der Sierra: oft verkehren 15—20 Dampfer und Hunderte von
anderen Fahrzeugen auf dem Fluſſe. Die Hauptſtraße, der Malecön, in einer Ausdehnung
von etwa 21, km am Ufer ſich erſtreckend, weiſt neben zahlreichen Holzhäuſern auch beſſere
Gebäude, elegante und geſchmackvolle Läden auf. Obwohl Guayaquil mehrfach, zuletzt im
Juli 1902, durch Brände ſchwer gelitten hat, entwickelt es ſich doch immer mehr und hat
Anwartſchaft auf weiteres Wachstum.
Neben Guayaquil kommt kein anderer Küſtenort auch nur im entfernteſten auf. Im
Norden hat ſich der gute Hafen Pailon am Golf von Ancon bisher keine Geltung verſchaffen
können, auch Esmeraldas iſt eine Anſiedelung von nur 3000 Einwohnern: beide ermangeln
eines volkreichen Hinterlandes und find auf die Ausfuhr der ſpärlichen Walderzeugniſſe an-
gewieſen, welche die faſt nackten, nach der Sklavenbefreiung 1854 angeſiedelten Neger
ſammeln. Im ganzen hat die Provinz Esmeraldas nur 14600 Einwohner, die Provinz
Manabi 64000; dieſe gehört ſchon dem trockenen Küſtengebiet an und führt Strohhüte
von Montecriſti und Jipijapa (6000 Einwohner) aus, während der Wald Holz, Steinnüſſe,
Kautſchuk, der Ackerbau etwas Kakao liefert. Hauptort iſt Puerto Viejo mit angeblich
10000 Einwohnern, Häfen ſind Manta und Charapoto ſowie Bahia de Caraques, von wo
eine franzöſiſche Geſellſchaft eine Eiſenbahn ins Innere baut, die bisher 54 km weit bis
Calceta gekommen iſt. In der Provinz Guayas liegen außer Guayaquil El Naranjal,
Balao, Santa Elena und Morro, in der Provinz del Oro Machala mit 5000 Einwohnern.
Im Inneren haben ſich auf den Bancos der Flüſſe die Kakao, Tabak und Zucker bauenden
Anſiedelungen Daule und Santa Lucia am Daule ſowie Babahoyo mit 5000 Einwohnern
am Guayas entwickelt; an der Eiſenbahn nach Quito ſind Yaguachi und Puento de Chimbo
die beiden bedeutendſten Tieflandsſtationen, aber das Land iſt voll von kleinen Weilern und
Einzelſiedelungen, Ranchos (Tafel 16, Abbildung 3), inmitten von Pflanzungen.
Die Sierra. Die Beſiedelung der Hochbecken gewährt völlig andere Eindrücke. Hier
iſt es zwar zu einer größeren Anzahl von Städten gekommen, dieſe ſind aber meiſtens klein,
wenn auch zum Teil lebhaft.
In der ſüdlichſten Provinz der Sierra, Loja, mit 66000 Bewohnern, iſt außer den
großen Dörfern Zaraguro, Cariamanga, Gonſanamä und Catacocha nur Loja ſelbſt zu er-
wähnen, eine Stadt von angeblich 10000, wahrſcheinlich aber weniger Einwohnern, wie denn
überhaupt meiſt außer einer Hauptſtadt in den einzelnen Hochbecken kein bedeutender Ort
aufkommt. So nimmt Cuenca mit mindeſtens 30—35000, vielleicht 50000 Einwohnern
den herrſchenden Platz in dem nach ihm genannten Hochbecken ein, eine ungemein lebhafte
Stadt, die drittgrößte der Republik, Biſchofsſitz, Hauptort des Südens und durch günſtiges
Klima im Beſitz einigen auf Viehzucht und Ackerbau beruhenden Wohlſtandes. Azogues
Die ecuatorianiſchen Kordilleren: Bevölkerung, wirtſchaftliche Verhältniſſe, Beſiedelung. 405
(5000 Einwohner) hatte früher Queckſilbergruben, Sigſig hat Goldwäſchen, Bafios heiße
Quellen; Gualaleo, ein Ort von 3000 Einwohnern, iſt ebenſowenig bedeutend wie Caſſar.
In dem folgenden Becken erreicht Alauſi etwa dieſelbe Einwohnerzahl wie Azogues; bei
La Matriz und Tixan liegen Alaun- und Schwefelgruben. Im Becken von Riobamba iſt der
Ort Guand mit 4—5000 Einwohnern bekannt als Sitz der Textilinduſtrie der Provinz Chim-
borazo (122000 Einwohner), zu der alle dieſe Orte gehören. Riobam ba hat es auf (offiziell)
18000 Einwohner gebracht. Obwohl dieſe Stadt damit die vierte der Republik an Größe iſt,
macht ſie doch einen toten Eindruck und iſt nur bekannt durch die furchtbaren Erdbeben,
die ſie während der Ausbrüche der Kordillerenvulkane zu erdulden hatte, und durch die voll—
kommene Verlegung, die ſie 1799 erfuhr.
In Bolivar (43000 Bewohner) kann der 6000 Seelen zählende Hauptort Guaranda,
freilich ſchon am Weſthang der Weſtkordillere, aber noch in der Höhe von 2700 m, der
Sierra zugezählt werden. Dort, wo der Patate die Hochbecken verläßt und durch die Oſt—
kordillere bricht, liegt Baſtos mit den bekannteſten Thermalquellen Ecuadors. Ambato
wird auf 10000, Latacunga auf 15000 Köpfe geſchätzt, ſo daß letzteres mit Riobamba
um den vierten Platz unter den Städten der Republik wetteifert; beide ſind ſtaubige Orte
auf öder Hochebene zwiſchen den Aſchenablagerungen der Vulkane und machen trotz ihrer
Umgebung von Gärten und Obſtbäumen einen traurigen Eindruck, da ſie zum Teil aus
Bimsſtein gebaut ſind.
Das folgende Hochbecken enthält die Hauptſtadt der Republik und der Provinz Pichincha
(205000 Einwohner), Quito. Dieſe Stadt baut ſich nach Stübel „amphitheatraliſch am
Hange des Pichincha auf, hat trotzdem aber eine abſonderlich geſchützte, man kann jagen ver—
ſteckte Lage; von den Landſtraßen aus wird Quito erſt ſichtbar, wenn man in die nächſte
Umgebung eingetreten iſt“. Der von der Stadt eingenommene Raum iſt ſehr begrenzt, die
in Quadrate zuſammengefaßten Häuſer ſind meiſt einſtöckig, der Reichtum an Kirchen, ſchwach
bewohnten Klöſtern (Tafel 16, Abbildung 4) und geräumigen Höfen iſt auffällig groß; auch
hat Quito durchaus ſpaniſchen Charakter und ermangelt aller Bauwerke aus der Zeit vor
der Eroberung. Miſchlinge und Indianer ſollen etwa ſieben Achtel der Bevölkerung aus-
machen, die 1906 zu 51000 feſtgeſtellt wurde.
Quito herrſcht in dem nach ihm genannten Becken ſo ſehr allein, daß auch nicht eine
Ortſchaft ſonſt noch erwähnenswert wäre. Weniger tritt dieſe beherrſchende Stellung bei
Ibarra in der Provinz Imbabura (68000 Einwohner) hervor, das mit 10000 Bewohnern
wenig über Otavalo und das Weberei treibende Cotacachi mit je 4000 Köpfen hinausragt; es
ſtammt aus dem Jahre 1606, wurde wie Otavalo 1868 durch Erdbeben zerſtört und erfreut
ſich ſchon eines milderen Klimas, etwa wie Loja und Cuenca im Süden Ecuadors. Gegen den
Imbabura zu lag die alte Feſtung der Caranqui-Indianer, die der Inka Huayna Kapak brach.
Die nördliche Grenzprovinz Carchi (36000 Einwohner) enthält die Grenzſtadt Tulcan mit
4000 Bewohnern, im übrigen nur kleine Dörfer (Tafel 16, Abbildung 2).
Der Oſtabhang der Kordillere birgt nur in den Flußtälern einige Haciendas und
Siedelungen. Im 16. und 17. Jahrhundert freilich waren die Ufer des Chinchipe und San—
tiago mit Miſſionen beſiedelt, die jedoch ſämtlich Opfer der Indianer geworden ſind. Heute
erblickt man nur noch die Trümmerſtätten von Loyola, Zamora und Logronio. Die Provinz
El Oriente hat angeblich 80000 Einwohner, der Hauptort Archidona iſt ein Dorf.
Über die Galäpagos⸗Inſeln ſiehe S. 48.
406 Das gefaltete Land des Weſtens.
3. Die colombianiſchen Kordilleren.
a) Das Land.
In Colombia vermag man, wie die Karte auf S. 407 zeigt, vier Gebirgszüge zu
unterſcheiden, die im Lande als Küſtenkordillere, Weſtkordillere, Zentralkordillere und Dft-
kordillere bezeichnet werden. Die Küſtenkordillere verläuft zwiſchen dem Großen Ozean
und einer Tiefenlinie, die durch die Flüſſe San Juan und Atrato deutlich gemacht wird. Die
Weſtkordillere liegt zwiſchen dieſer Tiefenlinie und einer zweiten, vom Caucatal ein—
genommenen. Die Zentralkordillere zieht zwiſchen dieſem und dem Tal des Magdalena
nordwärts, und jenſeits des letzteren entwickelt ſich als vierte die Oſtkordillere. Alle vier
zuſammen haben unter 1° nördl. Breite ihre geringſte Breite, nämlich 250 km, treten dann
aber fächerförmig auseinander und erreichen ihre größte Geſamtbreite unter 7“ mit 550 km.
Hier aber brechen die drei weſtlichen Kordilleren ab, und die öſtlichſte teilt ſich in zwei Aſte,
die Kordillere von Mérida in Venezuela und die Sierra de Perijä, die aber mit der iſolierten
Sierra Nevada de Santa Marta ſchon nahe 11° in Beziehung ſteht. Das Andengebirge klafft
in Colombia in Virgation auseinander, ähnlich wie die Oſtalpen in der Länge von Graz.
Unterſucht man dieſe äußere Anordnung auf ihre innere Berechtigung im Hinblick auf
Zuſammenſetzung und Tektonik, jo iſt man wegen der geringen wiſſenſchaftlichen Er—
forſchung der colombianiſchen Kordilleren zunächſt noch auf unſichere Ergebniſſe angewieſen.
Über die Küſtenkordillere und die Weſtkordillere wiſſen wir nämlich faſt gar nichts, über die
ſüdlichen Teile der Zentralkordillere ſehr wenig; nur über das Magdalenatal von 3“ an nach
Norden hin ſowie über die Oſtkordillere und die Nevada de Santa Marta liegen ausführlichere
Beobachtungen von A. Hettner 1882—84, W. Sievers 1885—86 und Hans Stille 1907 vor.
Nach der Anſicht von H. Stille fand gleichzeitig mit der vormeſozoiſchen Faltung des
ſüdlichen Andengebietes, Argentiniens, Bolivias und Perus auch in Colombia eine Faltung
ſtatt, die in allen einzelnen Zweigen der colombianiſchen Anden das aus kriſtallinen,
namentlich phyllitiſchen Geſteinen, aus Glimmerſchiefer, Quarzitſchiefer, Grauwackenſchiefer,
Tonſchiefer ſowie Gneis beſtehende Grundgebirge intenſiv zuſammenpreßte. Dieſes ge—
faltete Grundgebirge wurde von Graniten durchbrochen, wahrſcheinlich gegen das Ende der
Faltungsperiode, jedenfalls vor der Kreidezeit. Im Anfang derſelben erfolgte auch in
Colombia eine mächtige Transgreſſion, welche die Unebenheiten des beſtehenden Landes
ausglich. Sie beginnt mit Konglomeraten, roten Sandſteinen und Mergeln, zum Teil auch
weißen und gelben Sandſteinen, und wird in den oberen Stufen namentlich durch mächtige
Bänke von Kalkſteinen bezeichnet. Während der Kreidezeit ſcheint keinerlei Störung in der
Gebirgslagerung eingetreten zu ſein, wohl aber erfolgten Intruſionen von Andengraniten
und Porphyriten, ähnlich wie ſie von den übrigen Teilen der Kordilleren bekannt ſind. Dieſe
Intruſionen dauerten noch bis zum Alttertiär an, und während desſelben erfolgten nun
weitere Ablagerungen von Sandſteinen und Konglomeraten, den ſogenannten Honda—
ſchichten, ſowie auch von Mergeln und tuffartigen Geſteinen. Während der Tertiärzeit und
bis in unſere Tage hinein haben endlich Eruptionen jüngerer vulkaniſcher Geſteine, nament-
lich der Andeſite ſtattgefunden, aber anſcheinend nur in der Zentralkordillere, jedenfalls nicht
in der Oſtkordillere.
Dazu kamen vor Ablagerung der tertiären Hondaſchichten tektoniſche Bewegungen,
Die colombianiſchen Kordilleren: Das Land. 407
die namentlich im ſpäten Tertiär den Magdalenagraben zwiſchen der jetzigen Zentralkordillere
und der Oſtkordillere ſchufen. In Staffeln ſank, wie die Skizze auf S. 408 zeigt, das Land
zu beiden Seiten des jetzigen Magdalenatales ab. Nach Stille läßt ſich der Graben, nach kurzer
Unterbrechung bei Honda, bis gegen den Rio Rancheria verfolgen, wo er zwiſchen der Nevada
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Die Kordilleren von Colombia und Venezuela. Zu ©. 406.
de Santa Marta und der Sierra de Perija ausläuft; er hätte dann eine Länge von etwa
1000 km. Möglicherweiſe iſt auch das Caucatal das allerdings weniger augenfällige Ergebnis
derartiger Brüche, ſo daß die Zentralkordillere einen Horſt zwiſchen zwei Gräben bilden würde.
Vergleicht man nun die Kordilleren von Colombia mit denen von Ecuador und Peru,
ſo ſtellt ſich nach allem, was wir wiſſen, die Weſtkordillere als Fortſetzung der Weſtkordillere
408 Das gefaltete Land des Weſtens.
von Ecuador und Peru heraus; der Oſtkordillere dieſer Länder aber entſpricht in Colombia
die Zentralkordillere, und die Oſtkordillere bildet eine neue Erſcheinung.
Die ſüdlichen Hochbecken. Nach dem Geſagten iſt es verſtändlich, daß der Typus
der ecuatorianiſchen Anden ſich zunächſt wenigſtens fortſetzt, inſofern ſich Hochbecken bis in
die Gegend von Popayän erſtrecken. Ihre Abgrenzung gegeneinander iſt freilich bei dem
geringen über Südcolombia vorliegenden geographiſchen Material noch nicht möglich. Jeden—
falls können als Becken die Landſchaften um Paſto ſelbſt, um Almaguer und vielleicht um
Popayän angeſprochen werden, die in 2544 und 1740 m Höhe liegen. Dafür ſpricht auch die
Bewäſſerung, indem die erwähnten Landſchaften, ähnlich wie in Ecuador, von meridional
gerichteten Flüſſen durchzogen werden, die ſchließlich einen gemeinſamen Ausgang nach
Weſten in der Sammelrinne des Patia finden, während ſich erſt von Popayän an ein großer,
nordwärts zwiſchen den Kordilleren verlaufender Stromlauf, der Cauca, ausbildet. Der
hauptſächlichſte Fluß von Südcolombia iſt der Rio Pattaz; ſein ſüdlichſter Quellfluß, Guai-
tarä, kommt aus dem Becken von Tulcan, der nördlichſte, Patia, aus dem von Popayän.
Nach dem Zuſammenfluß beider und der Aufnahme des Rio Mayo bricht der Patia in einer
Zentr-Kordill®
8 Ost-Kordillere D
75 Rio Maßdalena-Senkungsfeld 8 7
. ita del Alto del Raizal Cn a
EN Santa Ana am.Rio Magdalena jenio Guaduas Las bares Filleta
Rio Seco
Kristallines Honda - schichten Suaduas- schichten VIIlets- Schichten
Grundgebirge
Profil durch das Magdalenatal und ſeine Randgebiete bei Honda. (Nach H. Stille.) Zu S. 407.
nur 40 m breiten, 500 m hoch gelegenen Schlucht durch die Weſtkordillere, zieht dann den Rio
Telembi von Tüquerres an ſich und mündet mit einem Delta bei Moro.
Das Gebirge ſelbſt iſt ſehr wenig bekannt, doch treten noch, wie in Ecuador, Vulkane
als bezeichnende Oberflächenformen auf; ſie ſind anſcheinend dem Grundgebirge aufgeſetzt,
wie in Ecuador, aber nicht mehr ſo hoch wie dort. Im Süden erheben ſich der Azufral von
Tuquerres (4070 m) auf der Weſtkordillere, der 4264 m hohe Vulkan von Paſto zwiſchen dieſer
und der Oſtkordillere und auf dieſer der Bordoncillo (3700 m) über dem Quellbecken des
Putumayo-Jca, dem 70 m tiefen See Cocha, d. h. See (2750 m), und dem ausgetrockneten
Seebecken von Sebondoi (2150 m). Etwas weiter nördlich iſt von dem Paͤramo de las Ani—
mas aus dem 19. Jahrhundert ein Ausbruch bekannt, dann folgt die Gruppe der Vulkane
im Quellgebiet des Cauca, zunächſt der Sotarä (4435 m) und weiter die Sierra Nevada de
Coconuco, die trotz ihres Namens die Schneegrenze nicht überſteigt, aber fünf die Zentral
kordillere von Nordweſten nach Südoſten durchſetzende Vulkane trägt. An dem Abhang gegen
das Caucatal ſteht der Puracé (4700 m), während der Pan de Azuücar (4670 m) zum
Magdalenatal abfällt; erſterer hatte 1849 einen Ausbruch, bei dem er Popayan bedrohte und
den Cauca aufſtaute, einen zweiten 1899. Auf dem benachbarten Päramo de las Papas
entſpringen die Quellflüſſe des Cauca und des Magdalena. Die Kordillere wird anſcheinend
im Süden vorwiegend aus kriſtalliniſchen Schiefern, im Norden auch aus Sedimentgeſteinen
der Kreide zuſammengeſetzt und hat im Oſten meiſt eine Höhe von 38004000 m, im Weſten
von nur 25003500 m. Weſtlich von Popayän ſteht den Vulkanen des Oſtens der Cerro
Munchique mit nur 3012 m Höhe gegenüber.
Die colombianiſchen Kordilleren: Das Land. 409
Die Weſtkordillere und die Küſtenkordillere. Die Weſtkordillere iſt der weſt—
lich des Caucatales gelegene Teil der colombianiſchen Kordilleren. Ihr Weſtabhang iſt nicht
näher bekannt, ihr Oſtabhang beſteht anſcheinend nur aus Sediment- und Eruptivgeſteinen
der Kreideformation; ſie iſt daher wahrſcheinlich jünger als die Zentralkordillere, erreicht
jedoch nördlich vom Cerro Munchique noch bedeutende Höhen, während gerade in dieſen
Breiten die Zentralkordillere auf 3500 m herabſinkt. Die Weſtkordillere hat auf ihrem langen
Verlaufe von Popayän bis zum Norden Antiöquias einen Kamm von etwa 2000 m Höhe,
über dem ſie ſcharfgeformte Gipfel von 3000-3400 m bildet. Zu ihnen gehören die Cerros
Tatamã und Caramante mit 3000, die ſchroffen Farallones von Citara mit 3300, der Päramo
Frontino mit 3400 und der Paramillo mit 3370 m Höhe. Die Päſſe mögen 2000—2500 m
hoch liegen, jo daß die Paßhöhen gegen die Gipfelhöhen um etwa 1000 m zurückbleiben.
Als ein 2000-3000 m hohes, dunkles Waldgebirge ſtreicht die Weſtkordillere gegen Norden
und bricht erſt in der Umgebung des Rio Sinu im Staate Bolivar ab, erhebt ſich nördlich
von Antiöquia, wo die Quellen des Rio San Jorge und Sin liegen, noch einmal zu größerer
Höhe, verzweigt ſich dann und löſt ſich in niederes Hügelland auf.
Die Küſtenkordillere oder Kordillere von Chocb ſcheint noch jünger als die Weſt—
kordillere zu ſein und den Küſtengebirgen von Ecuador zu entſprechen; ſie ſoll wie dieſe aus
jungen Ablagerungen, Sandſteinen, Mergelſchiefer und Geröllen beſtehen und dürfte daher
wohl dem Tertiär angehören. Die Küſtenkordillere tritt auch in der Küſtengeſtaltung hervor,
indem die Küſte ſich von der Bahia del Choco an mehr gegen Weſten vorſchiebt. Sie zieht
von Buenaventura an nordwärts bis zum Truando, einem Nebenfluſſe des Atrato, und bildet
zwiſchen 5 und 6° nördl. Breite ſogar zwei Ketten, wodurch Längstäler entſtehen, wie das
des Rio Baudo und das eines nördlich davon fließenden Zufluſſes des Atrato. Ihre Höhen
betragen angeblich 800 —1800, hier und da aber nur 300 — 500 m, jedoch gemeſſen hat ſie
niemand genau, da von wiſſenſchaftlichen Reiſenden das unwegſame Waldgebirge noch nicht
betreten worden iſt.
Ein großes, wohl tektoniſches Längstal iſt auch die zwiſchen der Küſtenkordillere und
der Weſtkordillere liegende Senke, in der zwei waſſerreiche Flüſſe, der Atrato im Norden und
der San Juan im Süden, fließen; die Höhe der Talwaſſerſcheide zwiſchen beiden beträgt
kaum 100 m. Der San Juan entſpringt in der Weſtkordillere, fließt in einem Quertale weſt—
wärts und tritt bei Tado in das Längstal ein, dem er bis gegen 4° nördl. Breite folgt; dann
ſchlüpft er durch eine Lücke in der Küſtenkette nach Weſten zum Meere hinaus, das er in einem
großen Delta erreicht. Leider liegen hier Barren mit nur 1½ —2 m Waſſer darüber vor, jo
daß der allerdings nur 300 km lange, aber mit ſeinen Zuflüſſen auf 500 km ſchiffbare und
ſehr waſſerreiche Strom dem Verkehr nicht den ſonſt möglichen Nutzen bringt; immerhin
wird er mit Dampfern, Booten und Barken befahren. Auch der in derſelben Senke nach
Norden fließende Atrato leidet an nur 2m tiefen Barren in den Armen ſeines Deltas, wäh—
rend er ſonſt tief iſt und Seeſchiffe bis weit ins Land hinein tragen könnte. Auch er entſtammt
der Weſtkordillere, tritt bei Llora in die Längsfurche, nimmt in dieſer mehrere waſſerreiche
Flüſſe von Oſten her auf, wird von zahlreichen Stauſeen umgeben und mündet, verſtärkt
durch den kräftigen, aus dem Paramillo der Weſtkordillere entquellenden Sücio, mit jo mäch—
tigen Sinkſtoffen, daß der hinterſte Teil des Golfes von Uraba, die Culata del Golfo, von
dieſem abgeſchnitten werden wird. Der Atrato hat eine Länge von 665 km, ein Flußgebiet
von gegen 30000 qkm und iſt mit ſeinen Nebenflüſſen etwa 1100 km weit ſchiffbar.
410 Das gefaltete Land des Weſtens.
Noch ein großer Fluß entſpringt in der Weſtkordillere und mündet in den Golf von
Darien: der Sinü. Seine Quellen liegen weſtlich von Ituango in Antidquia, ſeine Lauf⸗
länge beträgt 460 km, ſein Stromgebiet 16200 qkm. Er zieht zwiſchen den nördlichen Aus—
läufern der Weſtkordillere, den Cerros de Quinamari und de Murucucu, hindurch und er-
weitert ſich dann zu einer gewaltigen Lagune. Dampfer befahren ihn bis 180 km von der
Mündung aus, doch leidet auch dieſe wieder unter verkehrshindernden Barren. Nahe den
Quellen des Sinü befinden ſich auch diejenigen des erſten großen Nebenfluſſes des Magda—
lena, San Jorge, deſſen Lauf meiſt im Tieflande, deſſen Mündung bei Magangus liegt.
Das Caucatal. Der Cauca entſpringt am Päramo de las Papas in der Zentral-
fordillere, ſtrömt zwiſchen dem Puracé und dem Sotara hindurch und tritt dann in das quar-
täre Valle de Cauca, eine lange, vielleicht urſprünglich tektoniſche, dann durch Eroſion
vertiefte Senke, ein, in der er von Popayaͤn bis über Cartago hinaus fließt. Bei Quilichao
hat er Stromſchnellen, fällt aber von hier an bis Cartago um nur 170 m, von 1070 m bis
900 m, und iſt auch für Dampfer ſchiffbar, aber dieſer Vorteil iſt bedeutungslos, da eine lange
Strecke voller Stromſchnellen dieſes Stück vom ſchiffbaren Unterlaufe trennt. Dieſe Gebirgs⸗
ſtrecke beginnt unterhalb Cartago und beſteht in einem großen Bogenlauf, der in das Gebirge
von Antibquia eingeſchnitten iſt, während das Längstal von kleineren Nebenflüſſen benutzt
wird. Auf dieſer Strecke iſt ſein Tal eng, oftmals ſchluchtartig, mit Bambuswald beſtanden,
außerordentlich heiß und ungeſund. Unterhalb des Puerto de Caramanta wird der Cauca
wieder ſchiffbar bis in die Gegend von Antioguia, dann aber ſperren ihn abermals Strom-
ſchnellen und Untiefen bis Cäceres (Tafel 17, Abbildung 2), ſo daß hier nur der Unterlauf
unter 200 m Seehöhe befahren werden kann. Schließlich vereinigt ſich der Cauca in zwei
Armen mit dem Magdalena in der Ebene gegenüber von Mompös, nimmt aber vorher noch
den aus der Zentralkordillere kommenden Nechi mit dem Porce, den Hauptfluß des nörd-
lichen Antiöquia, auf. So erhält er eine Waſſermenge von 2200 ebm in der Sekunde,
faſt ſo viel wie der Magdalena.
Die Zentralkordillere. Die Zentralkordillere wird vom Puracs an niedriger, er—
reicht meiſt nicht mehr 3500 m, nördlich des Nevado de Huila allerdings wieder 4000 m, und
zeichnet ſich wegen des Vorwiegens der kriſtalliniſchen Schiefer durch ſanfte, rundliche Formen
aus. An ihrer Zuſammenſetzung nehmen ferner teil Sandſteine, Tonſchiefer, Kieſelſchiefer
der Kreide, am Weſtabhange Diabas, Porphyrit, Granitporphyr, am Oſtabhange Tuffe, auf
der Höhe des Kammes auch Sande, Bimsſtein und Andeſite, die den bis 5° nördl. Breite
noch vorhandenen, zugleich die Schneeberge bildenden Vulkanen entſtammen. Unter
30 nördl. Breite liegt der Nevado de Huila, ein erloſchener Berg von angeblich 5700 m Höhe,
mit ſtarker Eisbedeckung, den Reiß und Stübel 1869 bis zu 4800 m beſtiegen. Sehr wenig
bekannt iſt der Barragan oder Santa Catalina nahe 4° nördl. Breite, ein noch zuweilen mit
Schnee bedeckter, wohl 4500 m Höhe überſteigender Kegel, worauf nördlich des Quindiupaſſes
(3500 m) der regelmäßige Kegel des Tolima (5525 m), die ſchneebedeckte Kuppe des Ruiz
(5600 m) und kleinere Berge folgen. Der Tolima, eine der ſchönſten Vulkanformen der Erde,
erhebt ſich über dem 4300 m hohen kriſtalliniſchen Grundgebirge, raucht noch, ſoll 1826—29
erhöhte Zeichen von Tätigkeit gegeben und 1595 einen Ausbruch gehabt haben. Von anderen
wird dieſer aber dem Ruiz zugeſchrieben, von dem Schlammſtröme ins Land hinab—
gefloſſen ſein ſollen; er hat noch in 4900 m Höhe am Weſtfuße einen großen Krater, Olleta, iſt
der nördlichſte Vulkan der Kordilleren und wird auch als Meſa Nevado de Herveo bezeichnet.
Die colombianiſchen Kordilleren: Das Land. 411
Die Höhe der Kordillere ſinkt vom Ruiz an auf höchſtens 4000 m, und die Schärfe des
Kammes verliert an Klarheit. Das Gebirge fällt nach Weſten nicht gerade ſehr tief, aber
ſteiler ab als nach Oſten, wo etwa 50 km zwiſchen ihm und dem Magdalena zu durchmeſſen
ſind; daher führt eine Reihe von kurzen Quertälern dem Cauca, eine Menge von längeren
dem Magdalena Waſſer zu. In der Gegend von Salamina beginnt die Zentralkordillere ſich
zu verbreitern, zu erniedrigen und nach der Weſtkordillere hinüberzugreifen, mit der ſie nun
verſchmilzt; etwas weiter ſüdlich, bei Honda, wird auch das Magdalenatal eingeengt. Das
Gebirge erhält an Stelle einer ſcharfen Kammlinie nunmehr unregelmäßige Höhenzüge.
Dieſe Berglandſchaft, Antibquia, hat daher keine ſtark hervortretenden Gipfel mehr, ſon—
dern iſt ein im Süden und Weſten 2000-3000 m erreichendes, im Oſten und Norden unter
2000 m zurückbleibendes, an vielen Stellen geradezu in eine Art Tafel übergehendes Gebiet,
deſſen Zugehörigkeit zu der Zentralkordillere ſich aus der Ubereinſtimmung in der Zufammen-
ſetzung ergibt. Kriſtalliniſche Schiefer, Granit, Syenit und Diabas, zum Teil mit reichen Erz-
gängen, aber auch Tonſchiefer, Sandſtein, Konglomerat und Mergel mit Kohlenflözen bilden
das Bergland von Antiöquia; auch Goldſeifen ſind an mehreren Stellen bekannt. Alle dieſe
Schichten ſind, wie die Kordillere überhaupt, ſtark gefaltet.
Der Magdalena. Der Rio Magdalena, der größte Strom der nördlichen Kordilleren,
entſpringt auf demſelben Päramo wie der Cauca und fällt raſch ins Tal ab; bei San Aguſtin
liegt ſein Tal 1600, bei Timand 1000, bei Neiva nur 400 m hoch. Die Breite des Tales
beträgt bei Neiva 50 km, die des Fluſſes ſelbſt 200 m, die Länge der Senke von San Aguſtin
bis Jirardot 350 km. Leider wird die Bedeutung des Magdalena als Verkehrsader aber
durch die ihn unter 5° nördl. Breite ſperrenden Stromſchnellen und die Barre an ſeiner
Mündung erheblich beeinträchtigt. Er zerfällt daher in zwei ſchiffbare Teile, einen kaum be—
nutzten oberen und einen von Dampfern regelmäßig befahrenen unteren, der jedoch mit dem
Meere nicht in Verbindung ſteht.
Der Oberlauf kann bis Jirardot angeſetzt werden. Auf dieſer Strecke fließt der Magda⸗
lena in dem genannten Graben und erhält zahlreiche Zuflüſſe aus der Zentralkordillere, klei-
nere auch aus der Oſtkordillere, aber keinen von Bedeutung. Bei Jirardot beginnt der
Mittellauf (Tafel 17, Abbildung 1), den man bis zur Mündung des Sogamoſo rechnen kann.
Zunächſt wendet ſich der Magdalena weſtwärts, ſucht dann die Tiefenlinie zwiſchen der Oſt- und
Zentralkordillere auf und fließt in dieſer nordwärts bis Nare. Auf dieſer Strecke iſt der Graben
weniger deutlich. Der Strom hat zunächſt unterhalb der Mündung des Bogotäfluſſes eine Tal-
enge von nur 130m Strombreite und bildet nach allmählichem Fall von 280 bis 200 m unterhalb
Honda bei Pescaderias Stromſchnellen, die der Schiffahrt ein Ziel ſetzen. Eine zweite Enge
liegt bei Nare in 131 m Höhe, wo der Rio Nare aus Antiöquia mündet. Darauf empfängt der
Magdalena von Antibquia den Bartolomé, von Santander den Sogamoſo (vgl. S. 413). Im
Unterlaufe beginnt an der Mündung des Lebrija die Zone der Verzweigungen und Ver—
legungen des Strombettes. In dieſem Gebiete empfängt der Magdalena ſeinen dritten
größeren öſtlichen Nebenfluß, den Ceſär, aus der Sierra Nevada de Santa Marta und der
Sierra de Perijä, an deſſen Unterlauf auch die gewaltige Laguna de Zapatoſa, ein Stauſee
mit 68 m Tiefe und 1000 qkm Größe, liegt, der ſich aber zur Regenzeit auf das Doppelte
erweitert. An der Mündung des Ceſär beginnt die Teilung des Magdalena in zwei Arme,
deren Verhältnis zueinander nicht immer dasſelbe geweſen iſt. Die ſtärkſte Veränderung des
Stromlaufes hat ſeit Anfang der 1860er Jahre unter 9 ſtattgefunden, woſelbſt der Magdalena
412 Das gefaltete Land des Weſtens.
nach und nach den Hauptarm bei Mompos faſt ganz verlaſſen und ſtatt deſſen einem Seiten⸗
arm, dem Brazo de Loba, ſein Waſſer zugewendet hat, ſo daß die Dampfer jetzt meiſt dieſen
und den unteren Cauca benutzen. Nach der Vereinigung mit dieſem Fluſſe dehnen ſich die
auch in der Trockenzeit braungelben lehmigen Fluten des Magdalena weit aus, indem Sümpfe
und Lagunen weithin das ganze Oſtufer zwiſchen El Banco und Calamär begleiten. Bei
Calamar entſendet der Strom nach Weſten den Arm El Dique, der ſüdlich von Cartagena mün-
det und durch einen Kanal mit dieſer Stadt verbunden iſt. Weiterhin laufen mehrere Seiten-
arme nach Nordoſten ab, um in ein großes, ſeichtes Haff, die Ciénaga Grande, zu fallen.
Der Hauptſtrom behält ſeine nördliche Richtung bei und teilt ſich unmittelbar vor der
Mündung nochmals in zwei Arme, welche die Isla de los Gomez umſchließen, aber gerade
an der Mündung ſchieben ſich von Weſten her Hügel an den Magdalena heran und ſperren
die Flußarme durch eine unüberwindliche Barre. Der rechte Mündungsarm, Rio Viejo,
kommt überhaupt nicht in Betracht, da er bei einer Breite von 500—800 m nur 11, m Waſſer
führt; aber auch der linke weſtliche, die Boca Ceniza, wurde bis 1857 überhaupt nicht und
ſeitdem nur ſehr ſelten befahren, da er zwar zeitweilig bis zu 7m Waſſertiefe, aber ebenſooft
Verſperrungen aufzuweiſen hat, die eine regelmäßige Befahrung ausſchließen. Daher bleibt
der gewaltige, 8—15 m tiefe Unterlauf des Stromes den Seedampfern verſchloſſen, denen
ſonſt das Emporkommen bis Magangué oder Guamal möglich wäre, und ſo hat ſich am End—
punkte der Magdalenaſchiffahrt Barranquilla als Handelsſtadt entwickelt. Vor der Mündung
liegt eine ſandige Nehrung, Salamanca. Der Magdalena führt im Mittel 7500 ebm Waſſer in
der Sekunde, ſein Stromgebiet umfaßt 300000 qkm, ſeine Länge beträgt etwa 1350 km.
Die Oſtkordillere. Die Cordillera oriental de Colombia oder die Oſtkordillere,
die Waſſerſcheide zwiſchen dem Magdalena und dem Amazonas und Orinoco, entwickelt ſich
an den Quellen des Caquetä zu einem ſelbſtändigen Gebirge und zieht anfangs als einfache
geſchloſſene Kette mit wahrſcheinlich 3000 m Höhe nach Nordnordoſten. Die Cerros de la
Fragua, Miraflores und de Neiva im Süden und der Cerro Oſeras unter 4° ſind die ein-
zigen höheren Gipfel, die man vorläufig auf den Karten unterſcheidet. Nach Codazzi ſoll
die Oſtkordillere zwiſchen dieſen nur etwa 2000-3000 m hoch ſein und im Weſten von einer
langen Hügelreihe begleitet werden, die mit ihr den Lauf des Magdalena einſchließt.
Von 4 nördl. Breite an wird die Oſtkordillere breiter und wächſt allmählich zu einem
200 km breiten, bis 5000 m hohen Gebirge, der Kordillere von Bogota, heran. Sie
beſteht aus einem intenſiv gefalteten vorkretazeiſchen Grundgebirge und darauf lagernden,
vielfach noch faſt ungeſtörten Kreideſchollen. Ihre Tektonik wird nicht durch die Faltung,
ſondern durch die Verſchiebung der einzelnen Kreideſchollen gegeneinander beherrſcht. Da-
durch bilden ſich hervorragende Teile, welche die größten Höhen enthalten, und Senkungs⸗
felder; dieſe ſind häufig meridional nebeneinander aufgereiht. So veranlaſſen die höchſten
Teile eine im Oſten liegende Waſſerſcheide, die im Paͤramo de la Suma Paz 3900 m erreicht,
die Senkungsfelder aber ergeben die für die Oſtkordillere bezeichnenden Hochebenen. So
entwäſſert der Sogamoſo die große Hochebene von Sogamoſo, der Suarez die von Übaté
bis Chiquinquirä reichenden, zu denen noch zahlreiche kleinere kommen, wie die von Tunja
(Tafel 17, Abbildung 3), Toca, Santa Roſa am oberen Sogamoſo, von Samaca und Leiva
am oberen Suarez, während dem Rio Bogota die Hochebenen von Chocontä, Zipaquira und
Bogota zufallen. Dieſe liegen alle zwiſchen 2000 und 3000, die großen von Bogota, Ubate-
Chiquinquira und Sogamoſo zwiſchen 2500 und 2600, viele der übrigen zwiſchen 2600 und
Die colombianiſchen Kordilleren: Das Land. 413
2800 m Höhe. Ihr Boden beſteht aus Torf, Kies, Sand, Lehm; ihre Entſtehung iſt als Aus⸗
füllung von Seen zu denken, die durch allmählich erfolgendes tieferes Einſchneiden der Flüſſe
bereits ſtark vermindert waren. Die Hochebene von Bogota wird im Oſten von groß—
artigen Bergen begrenzt, im Weſten nur durch niedrige Höhenzüge, im Nordweſten durch
treppenförmig übereinander aufſteigende, inſelartige Höhen und den dahinter ſich erheben-
den zackigen Kamm der Randberge; nach Norden und Süden entſendet ſie eine Anzahl von
Ausläufern und macht noch jetzt bei Nebel den Eindruck eines großen Gebirgsſees. Der Abfluß
des einſtigen Waſſerbeckens erfolgt gegen Südweſten zum Rio Bogota, der die im ganzen
unfruchtbare Ebene in der Richtung nach Südſüdweſten durchzieht und darauf in dem ge-
waltigen, 146 m hohen Tequendama⸗Falle über die Randſtufe nach Süden hinabſtürzt.
Der Rio Sogamoſo entwäſſert den größten Teil der Oſtkordillere nördlich von Bogota
zwiſchen Füquene und Tunja im Süden, Bucaramanga und Malaga im Norden und führt
wie ſein großer Nebenfluß Suarez das Waſſer nach Nordnordoſten ab. Er kommt aus der
Gegend von Tunja von einem 2700-2800 m hoch gelegenen alten Seebecken und zieht aus
den ſchneebedeckten Kordilleren von Chita und Cocui zahlreiche Waſſerläufe an ſich. Dann
durchſchneidet er in tiefen, bis auf die Tierra caliente hinabreichenden Schluchten die einzelnen
Falten des Gebirges und vereinigt ſich mit dem Rio Suarez oder Garavita. Dieſer ent-
ſpringt im Süden der Laguna de Füquene und gibt dem Sogamoſo die Richtung, bis beide
unterhalb Jirön das Gebirge verlaſſen. Beide Flüſſe ſind wegen ihrer Stromſchnellen, Wirbel
und Engpäſſe für die Schiffahrt unbrauchbar.
Oſtlich des Sogamoſo-Oberlaufes, wo die Päramos bei Bogota und Tunja 3500 bis
4000 m Höhe erreichen, erhebt ſich die Kordillere in der Sierra Nevada de Cocui zu 5100 m;
aber in dieſer Gegend beginnt auch bereits ihre Auflöſung, denn in der Breite von Bucara—
manga teilt ſie ſich in zwei Aſte. Der kleinere, weſtliche, zieht als Kordillere von Ocaña
in der Richtung des Geſamtgebirges nordwärts und nimmt an der Laguna de Zapatoſa den
Namen Sierra de Perija an. Durch die Päramos zwiſchen Bucaramanga und Pamplona
von der Kordillere von Bogota abgegrenzt, beſteht die Kordillere von Ocaſta aus Graniten
und kriſtallinen Schiefern mit teilweiſer Überdeckung durch Kreide. In Längstälern zwiſchen
den einzelnen Ketten fließen die Quellflüſſe des Catatumbo (val. S. 431).
Nördlich von der Stelle, wo dieſer ſchiffbare Fluß oſtwärts durchbricht, liegt einer der
unbekannteſten Züge der Anden, die Sierra de Perija, jo genannt nach der venezolaniſchen
Stadt Perija, während man ſie in Colombia einfach Los Andes nennt. Sie beſteht am Weſt⸗
fuße bis 550 m Höhe aus Melaphyren und Quarzporphyren mit deren Breccien und Tuffen,
dann bis zu 1500 m aus mächtigen Bänken roten Sandſteins, in größeren Höhen aus weißem
Sandſtein und gewaltigen Maſſen weißen Kalkſteins, während der öſtliche Fuß des Gebirges
Granit enthalten ſoll. Das Gebirge ſtreicht nördlich und iſt in ſteile Falten gelegt; wo es ſich
jedoch der Sierra Nevada de Santa Marta nähert, biegt es nach Nordoſten um und verläuft
unter die ſandigen Flächen der Guajira. Hier liegen auch die größten Höhen im Cerro Pintado
mit 3000 m, einem impoſanten Gipfel aus weißem Kalkſtein über rotem Sandſtein, einem
überaus maleriſchen Berge, deſſen weiße und grüne Farben ſich von dem tiefen Blau des
Himmels ſehr wirkungsvoll abheben. Im Norden vereinigt ſich die Sierra de Perija mit der
Nevada de Santa Marta, im Oſten ſtürzt ſie ſteil zu dem Bruchfelde des Maracaiboſees ab.
Die Sierra Nevada de Santa Marta ift ihrer Zugehörigkeit nach nicht klar zu
beſtimmen. Stille hält ſie für eine Fortſetzung der Zentralkordillere von Colombia, von der
414 Das gefaltete Land des Weſtens.
ſie durch Einbruch getrennt worden iſt, während ich ſelbſt mehr dazu neige, ſie als ein den
Kordilleren fremdes Glied und als einen Beſtandteil des zertrümmerten Gebirgsbogens auf—
zufaſſen, der über die Guajira-Halbinſel, Paraguanä und die übrigen Küſteninſeln Venezuelas
nach Oſten verläuft und nahe Beziehungen zu den Antillen hat. Sie erhebt ſich auf drei
Seiten ſteil aus der Ebene zu der bedeutendſten Höhe des ganzen Nordens, 5200 m, und tritt
nur im Nordoſten mit dem Kordillerenzuge der Sierra de Perija in Berührung. An ihrer
Zuſammenſetzung nehmen Granite, Gneis, kriſtalliniſche Schiefer, alte Eruptivgeſteine,
Diabas, Diorit und namentlich Porphyr teil, am Südoſtrande auch rote Sandſteine, während
jüngere Eruptivgeſteine gänzlich fehlen. Dieſe Geſteine bilden ein gewaltiges, zerriſſenes,
von zahlreichen kleinen Flüſſen durchfurchtes Gebirge, das vom Meere aus einen großartigen
Anblick bietet, beſonders da der Nordrand allenthalben Wälder trägt, während im Inneren
und Süden meiſt nur die dem Meere zugekehrten Seiten bewaldet ſind. Eine Schneekette
von etwa elf Gipfeln, deren höchſter mit einem kleinen Jochgletſcher gekrönt iſt, und ein
von Weſten nach Oſten ſtreichender Kamm hoher Päramos mit einer mittleren Höhe von über
4000 m bilden die Hauptwaſſerſcheide.
Die Eiszeit hat auch hier ein Herabrücken der Schneegrenze und der Eisſtröme gebracht.
Das Innere iſt kahl, der Südabhang vielfach recht öde und nackt, außerordentlich zerriſſen,
wild und unzugänglich; ungemein tiefe Täler öffnen ſich nach Süden und enthalten die waſſer—
reichſten Quellflüſſe des Rio Ceſär, aber auch weſtwärts ſtrömen waſſerkräftige Flüſſe zum
Rio Aracataca, während den Oſten der Rio Ceſär und der Rio Rancherta umfließen.
Im Nordoſten geht die Sierra Nevada de Santa Marta in die 12000 qkm große Halb-
inſel Guajira über, den nördlichſten Vorſprung des ſüdamerikaniſchen Feſtlandes. Dieſe
beſitzt drei Gebirgsmaſſen aus alten Eruptivgeſteinen, erreicht im Nordoſten im Macuira und
Muripiche 700 —800 m Höhe und zeichnet ſich durch ihre Trockenheit aus; der Südweſten,
zwiſchen dem Rio Rancheria-Calancala, iſt eben und mit Savannen und Geſtrüpp beſtanden.
Die Küſten umſäumen ſalzige Lagunen und Strandvegetation.
p) Klima, Pflanzendecke und Tierwelt.
Das Klima. Das Klima Colombias iſt der Lage des Landes zwiſchen dem Aquator
und 12e nördl. Breite entſprechend vollkommen tropiſch, aber es wird infolge der Ausdehnung
und Höhe der Kordillere vielfach verändert. Die tiefe Senke des Magdalenatales läßt das
tropische Tieflandsklima bis gegen 2° füdl. Breite, alſo in der ganzen Ausdehnung Colombias,
zwiſchen die Gebirge eindringen und beſchränkt die Tierra templada und namentlich die Tierra
fria auf viel geringere Flächen als in Peru, Bolivia und Ecuador. Die ſtarke Erwärmung
der Tiefländer des Atrato, San Juan, Magdalena, unteren Cauca, ja auch des immerhin
900 —1500 m hoch fließenden oberen Cauca, ferner des Rio Ceſär und des Maracaibotief—
landes führt den benachbarten Gebirgen von unten her ſo viel warme aufſteigende Luft zu,
daß Colombias Gebirge auch aus dieſem Grunde viel wärmer ſind als die unter gleicher ſüd—
licher Breite gelegenen gleich hohen, aber völlig geſchloſſenen Kordilleren von Nordperi.
Beobachtungen über Temperaturen ſind im ganzen ſpärlich und nur für kurze Zeit
gemacht worden. In der Tierra caliente hat Puerto Berrio am Magdalena (165 m) ein
Jahresmittel von 25,9, Buenaventura am Großen Ozean ein ſolches von 26,1. Die wärm⸗
ſten Monate erreichen 26,3 und 26,70, die kühlſten 25,7 und 25,6“, die Schwankung beträgt
alſo in Puerto Berrio nur 0,6, in Buenaventura 1,1. In Rio Hacha erreicht die Temperatur
Die colombianiſchen Kordilleren: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 415
im Mai früh 27, nachmittags 30 und abends 29, in Santa Marta iſt ſie im Januar um je
einen Grad geringer. Wie wenig aber die Temperatur von der Sonnenſtellung abhängt,
zeigt der Umſtand, daß die Monate Januar und Februar in beiden Stationen die wärmſten
ſind, während die kühlſten auf Auguſt bis Oktober fallen; während alſo in der Regenzeit die
Wärme gemildert wird, entfaltet ſie ſich in der Trockenzeit voll. Gegenüber den Küſten⸗
ſtationen bieten die des Inneren extremere Werte: in Valle de Upar ſteigt die Temperatur
im Februar und März auf 31— 320, gelegentlich auch 34 — 35“, in Camperucho im Ceſärtale
erreicht fie im Februar mittags 35°, früh 24,5 und abends 9 Uhr noch 30,5%. Die trockenen
Täler des Inneren ſind alſo heißer als die Küſte.
In der Tierra templada, die man mit 600 m Höhe, der Grenze des Kakaos und der
Kokospalme, beginnen laſſen kann, ſind die Jahresmittel natürlich geringer. In der Sierra
Nevada de Santa Marta ſchwankt die Wärme in 1000 m Höhe an trüben Tagen an der
feuchten Nordſeite zwiſchen 21 und 24°, in 1960 m Höhe am Südabhange zwiſchen 13 und
220; hier fällt die Morgentemperatur auf 13°, während am Nordabhange in 1700 m um die-
ſelbe Zeit 18° ſind: der Nordabhang iſt alſo wärmer, gleichmäßiger, der trockene Südabhang
extremer. Medellin in Antiöquia (1510 m) hat eine mittlere Jahrestemperatur von 21,10,
im wärmſten Monat, Februar, 21,6%, im kühlſten, November, nur 20,2“; es herrſcht alſo das
ganze Jahr hindurch Sommerwärme, jedoch mit den mäßigen Extremen von 29,4 und 13,60.
Über 2000 m Höhe gelegene Orte leiden dagegen bereits an Wärmemangel während der
Nacht: in Pamplona (2300 m) empfindet man bei etwa 16—17 ſchon Kühle. Die Tierra
fria beginnt bei etwa 2200 m, der oberen Grenze der Bananen, der Nuca und des Zucker—
rohres. Hier hat Bogota (2660 m) nur noch ein Jahresmittel von 14,4, bei einem März und
April von 14,8, einem Juli von 13,90, alſo die ſehr geringe Schwankung von 0,9%. Da aber
die Wärme im höchſten Falle nur bis 23,5“ ſteigt, wohl aber unter 6° ſinken kann, fo herrſcht
hier bereits ein an Quito erinnerndes kühles Höhenklima mit Aprilmaximum.
Der Luftdruck iſt über dem ganzen nördlichen Südamerika ſehr regelmäßig. Die
hauptſächlichen Luftſtrömungen ſind der Nordoſtpaſſat in der Trockenzeit, weſtliche Winde in
der Regenzeit; die ſüdlichſten Gebiete beſtreicht in der Regenzeit auch der dann auf die nördliche
Halbkugel vordringende Südoſtpaſſat. Der Nordoſtpaſſat herrſcht vom Oktober oder November
bis März oder April und bringt im allgemeinen Trockenheit, an den nördlichen Gebirgsrän⸗
dern auch Niederſchläge mit ſich. Zuweilen wird er in den Monaten Dezember und Januar
durch heftige Nordwinde abgelöſt, die als Ausläufer der aus Nordamerika das Miſſiſſippital
abwärts wehenden Nordwinde anzuſehen ſind und die Temperatur herabſetzen. Schreiten
die nördlichen Winde, Paſſate und andere, nach dem Inneren vor, ſo erwärmen ſie ſich und
beſtreichen die Täler mit ſengender Glut (32—35°), wie ich im mittleren Ceſärtale im Februar
und März 1886 bemerken konnte. In den Monaten der Regenzeit, April-Mai bis Oftober-
November, wehen dagegen an den Nordküſten weſtliche Winde, oder es herrſcht Windſtille.
Das Maß der Feuchtigkeit iſt im allgemeinen in unſerem Gebiete noch ziemlich be—
deutend, ſinkt jedoch in manchen Gegenden ſchon unter 600 mm im Jahre herab; leider iſt
die Regenmenge aber noch weniger bekannt als die Temperatur. Cartagena hat im ganzen
Jahre nur 955 mm Regen, Antiöquia in 570 m Höhe 1009 mm, Medellin in 1509 m Höhe
1596, Bogotä in 2610 m Höhe ebenfalls 1614 mm. Die Regenmenge nimmt alſo nach
oben hin zu, iſt aber nirgends bedeutend, mit Ausnahme der pazifiſchen Küſte und der Nord—
gehänge der Sierra Nevada de Santa Marta, über welche Gebiete genaue Meſſungen aber nicht
416 Das gefaltete Land des Weſtens.
vorliegen. In den letztgenannten Gegenden bringt nicht nur die Regenzeit Regen, ſondern auch
zur Trockenzeit fallen Steigungsregen. Dagegen erhalten die im Regenſchatten gelegenen
inneren Täler und die Südabhänge der nördlichen Landſchaften geringere Niederjchlags-
mengen, z. B. das Ceſärtal und die Guajira, die Senke von Cucuta und das Magdalenatal.
Die Jahreszeiten ſind in dem weitausgedehnten Lande nicht überall dieſelben. Nach
der Theorie ſollte es von April bis Oktober regnen, oder es müßte das Jahr im Süden in zwei
Regenzeiten und zwei Trockenzeiten geteilt ſein. Das iſt auch der Fall im Caucatale, im
Patiatale, im oberen Magdalenatale und an der pazifiſchen Küſte, etwa bis 8“ nördl. Breite.
Hier zerfällt es in eine lleine Regenzeit vom März oder April bis Juni oder Juli und in eine
große vom September bis Dezember oder Januar, zwiſchen die ſich Trockenzeiten einſchieben.
Dieſen Typus hat auch Bogotä, wo vom Oktober bis Dezember 38 Prozent, vom Juni bis
September 19 Prozent des Niederſchlags fallen. Die Maxima zeigen ſich im April mit 244
und im November mit 243 mm. In Medellin und Antiöquia findet eine Abſchwächung der
Regen im Juni und Juli ſtatt, im Mai fallen wie im Oktober je 11 Prozent der geſamten
Regenmenge. Die Zeit der Unterbrechung der Regen nennt man den kleinen Johannis⸗
ſommer, El Veranito de San Juan. Demgegenüber erhält Cartagena von ſeinen 955 mm
Niederſchlag volle 935 von Mai bis November, davon wieder 224 im Oktober, es ſteht alſo
eine ausgeprägte Regenzeit einer Trockenzeit gegenüber, doch iſt auch hier noch eine Ab—
ſchwächung der Regen im Juli erkennbar.
Die Grenze regelmäßigen Schneefalles liegt in etwa 4000 m Höhe, die des gelegent-
lichen in 3300, die Schneegrenze ſelbſt in der Nevada de Santa Marta im Auguſt in 4560,
im Februar in 4710 m Höhe. Größere Firnmaſſen und kleine Gletſcher tragen einerſeits die
Nevada de Santa Marta und die Sierra Nevada de Cocui, anderſeits die hohen Vulkanberge
der Zentralkordillere, aber zur Ausbildung langer Schneeketten kommt es nicht. Kleine
Hängegletſcher ziehen bis etwa 4500 m abwärts, aber in der Eiszeit waren auch die Gebirge
Colombias bis etwa 4000 m abwärts vergletſchert.
Die Vegetation Colombias ſchließt ſich ziemlich eng an diejenige Ecuadors an, jo
daß man namentlich die Pflanzen des Tieflandes von Ecuador hier wieder antrifft. Auch
ſind die Höhenregionen recht ähnlich. Die Flora Colombias vermittelt zwiſchen derjenigen
Ecuadors und Zentralamerikas und iſt vollkommen tropiſch.
Die tieferen Teile des Landes bis zu 1300 m Höhe ſind die Träger der tropiſchen
Vegetation. Hier trifft man die Steinnüſſe liefernde Phytelephas, die zahlreichen Palmen
des Nordens von Südamerika, wie die Kokospalme, die Gattungen Iriartea und Attalea,
Kokosarten der Gruppe Syagrus, die Corozo-Palme (Attalea cohune) im Gejärtale, die
Curua⸗Palme auf den Savannen des Unterlandes, während die Königspalme der Antillen,
Oreodoxa regia, meiſt nur künſtlich gezogen wird. Unter den Dikotyledonen finden wir die
bekannten tropiſchen Waldbäume; zwei der ſchönſtblühenden Bäume, der Ceibo (Bombax)
und der Bucare (Erythrina umbrosa), laſſen ziegelrote Blüten weithin über die von ihren
Kronen beſchatteten Kaffeepflanzungen leuchten.
Die geſamte Region iſt urſprünglich ein großes Waldland von ähnlicher Üppigfeit wie
Amazonien. Die Täler des Atrato, San Juan, Magdalena und unteren Cauca, die ganze
Weſtküſte, die Gehänge der Gebirge Colombias, ferner die Umgebung der Lagune von Mara⸗
caibo find mit tiefdunklen Feucht wäldern überzogen. Hier bedeckt der Wald die Randketten
häufig ſo dicht, daß auf die Entfernung mehrerer Tagereiſen nicht einmal ein Ausblick auf
Die colombianiſchen Kordilleren: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 417
das umliegende Land möglich iſt. Die Kronen der höheren Bäume erheben ſich ſchichtenweiſe
über die niedrigen und bilden ein für die Sonnenſtrahlen kaum durchdringbares Dach, ge-
waltige, bruſthoch aufragende Wurzeln ſpannen ſich am Boden aus, und von oben herab
hängen Ranken und Luftwurzeln bis zur Dicke von Schiffstauen. Moräſte und Lagunen
durchziehen dieſen Tieflandswald, zwiſchen deſſen mauergleicher Vegetation ſich mühſam
die waſſerreichen Ströme hindurchwinden. In den trockeneren Teilen, wo Savannen eine
größere Verbreitung haben, tritt der Wald in der Form des Galerie waldes auf, jo im
Tale des Rio Ceſaͤr; häufiger iſt aber der Trockenwald, im Lande Montariuela ſeca ge-
nannt, ein meiſt nicht ſehr hoher, lichter, weißſtämmiger, zur Trockenzeit blattabwerfender
Wald mit vorwiegenden Mimoſen; er findet ſich vornehmlich zu ſeiten der Flußufer, auch
beſonders häufig im Regenſchatten der Gebirge, alſo an den Südhängen und inneren Ketten.
Wo die Bedingungen für die Entſtehung von Wald noch ungünſtiger oder wo Rodungen
in großer Zahl angelegt worden ſind, da bildete ſich die ſehr verbreitete Geſtrüppvege—
tation, der Monte, an dem beſonders Kakteen, Opuntien, Agaven, dornige Mimoſen, wie
Cuji, der Dividivi (Caesalpinia coriaria), Ananas und Maya (Bromelia chrysantha), ſowie
der Totumobaum (Crescentia cujete) teilnehmen. Dieſe Montegebiete ſchieben ſich unregel-
mäßig zwiſchen die feuchten und trockenen Wälder ein, gewöhnlich aber jo, daß der Troden-
wald den Übergang vom feuchten Regenwalde zum Monte bildet. Man ſcheidet fie in Unter-
abteilungen, Cujiſal, vorwiegend Mimoſazeengeſtrüpp, Cardonal, Cereusgewirre, und Tunal,
Haufwerke niedriger Kakteen, wie Echinocactus, Mamillaria, Melocactus, Pilocereus. Die
wichtigſten Montegebiete ſind das Ceſärtal und der Südoſtrand der Nevada de Santa Marta,
die ganze Guajira, die Umgebung von Rio Hacha und Maracaibo. Wo größerer Waſſer—
reichtum herrſcht, treten Savannen auf, wie im Ceſärtale, doch ſind dieſe in Colombia ver—
hältnismäßig ſelten. An den Küſten aber erſtrecken ſich Mangrovebeſtände weithin,
namentlich an der Oſtküſte von Coro, und eine Küſtenvegetation mit der Strandtraube,
Uva de Playa (Coccoloba uvifera), an ſalzigen Lagunen und auf Dünen, umgibt die Guajira
ſowie alle trockenen Küſten von Colombia.
Die oberen Teile des Landes von 1300 m Höhe an. Auf den unteren Wald folgt
in der Tierra templada zunächſt der nicht minder jchöne Bergwald. In ſeinen unteren
Teilen enthält er noch Palmen, wenn auch die Kokospalme und die herrliche weſtindiſche
Oreodoxa regia ſowie die Mauritia in 500-1000 m Höhe verſchwinden; ja eine Palme, die
merkwürdige andine Wachspalme (Ceroxylon andicola; ſ. die Abbildung auf S. 418) mit
ſchlanken Stämmen und ſchwanken Kronen, erſteigt das Gebirge bis zu 3000 m Höhe. Cha-
rakteriſtiſch ſind aber für den Bergwald die Baumfarne, die namentlich in 1300—1800 m
Höhe ſtehen, und die Cinchonen, Fieberrindenbäume, in 1600 —2500 m Höhe. Das knorrige
Geäſt der Bäume bekleiden in Menge die Epiphyten, namentlich Orchideen der verſchieden—
ſten, fremdartigſten Formen, Schlingpflanzen kommen noch vor, während Moos, Flechten
und Nebel dem Bergwalde einen mehr nordiſchen Zug verleihen.
Die Päramos. In den Höhen von 2800 m an geht der Baumwuchs allmählich in
Krüppelformen über, bis er ſchließlich ganz verſchwindet. Doch iſt die Baumgrenze keine
ſcharf abgegrenzte Linie und liegt auch nicht überall in gleicher Höhe, ſondern richtet ſich nach
dem Boden und der Bewäſſerung, namentlich aber nach dem Winde. Als die weiteſten
Höhengrenzen für die Bäume ſind 1450 und 3500 m anzuſehen: auf erſtere Höhe geht der Wald
am Südabhang der Nevada de Santa Marta zurück, letztere erreicht er im windgeſchützten
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 27
418 Das gefaltete Land des Weſtens.
Inneren der Kordilleren. Die Päramos find die über der Baumgrenze liegenden Kämme
der Gebirge: kahle, öde, unwirtliche Hochflächen mit Hochmooren, Sümpfen, Lagunen,
meiſt öden, ſchwermütigen Weihern, deren Ufer mit Schilf, Binſen und Gras beſtanden
Waldlandſchaft mit Wachspalmen am Quindiupaß, Colombia. Mach M. v. Thielmann.) Zu S. 417.
ſind. Die auf den Päramos wachſende Flora erinnert ſehr an die hochandine von Ecuador;
die Unterſchiede betreffen nach Th. Wolf meiſt die Arten, während Gattungen und Familien
dieſelben bleiben. Eine Pflanzenform aber iſt den Päramos Colombias beſonders eigen:
die filzbedeckten Espeletien, die durch ihre wolligen Filzüberzüge und ihren Harzreichtum
als Wärmeſpender in den unwirtlichen, kalten Höhen nützen. Ihr Name Frailejön, großer
Die colombianiſchen Kordilleren: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 419
Mönch, iſt von dem die Pflanze einhüllenden Filz entnommen, den das Volk mit einer
Mönchskutte vergleicht. Die größte, Espeletia grandiflora, wird bis zu 6 m, meiſt jedoch nur
2—3 m hoch und anſcheinend 1 m dick, was ſchwer zu erkennen iſt, da die abgeſtorbenen
trockenen Blätter über den dicken Stamm wie eine Panzerdecke herabhängen. Die Espeletien
beginnen an den Vulkanen Cumbal und Chiles die Kalzeolarien zu erſetzen und finden ſich
noch auf den Baramos der Sierra Nevada de Santa Marta. Eine Reihe anderer Kompoſiten
tritt hinzu, wie die großblütigen 8enecio-Arten Senecio silphioides der Zentralkordillere Co-
lombias und S. coceineus von der ecuatorianiſchen Grenze.
Einheimiſche Nutzpflanzen. Das bekannteſte Produkt des Waldes war lange die
Chinarinde, deren wertvollere Arten zwar noch in Colombia, nicht aber mehr in Venezuela
auftreten; heute wird faſt keine Chinarinde mehr ausgeführt, geſchweige denn der Baum
angepflanzt. Die Koka (Erythoxylon coca) wächſt noch in der Nevada de Santa Marta und
der Sierra de Perija; ſie ſpielt aber auch in Colombia keine Rolle mehr, während die harten
Steinnüſſe der Phytelephas macrocarpa ausgeführt und aus den Faſern der Carludovica
palmata, Jipijapa, Panamähüte gefertigt werden. Die Palme Ceroxylon andicola liefert
Wachs wie ihre braſiliſche Verwandte, verſchiedene Waldbäume geben Kautſchuk und Gummi,
der Kuhbaum, Palo de Vaca (Galactodendron utile), eine dicke, milchartige Flüſſigkeit, der
Algarrobo (Hymenaea curbaril) ein Harz, der Caoba (Swietenia mahagoni), die Vera
(Guayacum arboreum) Nutzholz, während die Frucht der Cafafiſtola als Heilmittel, die des
Dividivi (Caesalpinia coriaria) als Gerbſtoff dient und Copaifera officinalis den Kopaiva—
balſam erzeugt. Der von 1000 m an häufige Bambus, Guadua, iſt für die Herſtellung von
Brücken, Hütten und die Belegung von Straßen von Wert, der Rucu (Bixa orellana) gibt
ausgezeichneten, aber wenig benutzten Farbſtoff, und Orchideen der Bergwälder werden zum
Verſand nach Europa geſammelt. In den Trockenwäldern und dem Monte ſpielen der
Flaſchenbaum (Crescentia cujete), der Dividivi und die Agave (vgl. S. 429) eine Rolle.
Von einheimiſchen Nutzpflanzen, die in Pflanzungen angebaut werden, ſind neben
der überall im Lande wachſenden, aber vielleicht doch nicht einheimiſchen Banane ſowie
dem Zuckerrohr die wichtigſten Nahrungspflanzen Mais und Yuca. Der im Tieflande drei,
ja vier Ernten gebende Mais wird zu Broten, Arepas, gebacken oder in Rollen verzehrt oder
auch roh der Suppe beigegeben; die Yuca bildet wie die Kartoffel, Name, Arracache,
Ocumo, Apio, Batate entweder eine Zukoſt zur Suppe, oder ihr Mehl wird in Kuchenform
geröſtet. Auch die Baumwolle pflanzten die alten Bewohner der Kordilleren bereits, um
ihre Kleider davon herzuſtellen, die ſie mit Rucu, Indigo und anderen Farbſtoffen färbten;
ihr Anbau iſt aber, gleich dem des Indigos, infolge der Einführung billiger Zeuge zurück—
gegangen. Dagegen haben die Pflanzungen von Tabak, beſonders um Ambalema im
Magdalenatal, und die von Kakao im feuchtheißen Tieflande erſt ſeit der Abſchüttelung der
den Handel lähmenden ſpaniſchen Herrſchaft einen Aufſchwung genommen, doch iſt der
Anbau beider auf die tieferen Teile beſchränkt, wie der der Kartoffel auf die höheren. Die
Kokospalme wird ihres Oles wegen gezogen, aber nur in geringem Maße angepflanzt:
Erbſen und Bohnen waren den Ureinwohnern zum Teil bekannt, ſind aber durch zahlreiche
europäiſche Arten ergänzt worden und gedeihen meiſt in der Tierra fria und der Tierra tem—
plada. Die Ananas wächſt wild im Monte, die Melone bildet eine wichtige Nahrung für die
niederen Klaſſen, und die Vanille erreicht Höhen von 2000 m. Die wichtigſten Fruchtbäume
ſind Mango, Guayabo, Sapote, Aguacate, Granadillo und Orangenbäume.
27 *
420 Das gefaltete Land des Weſtens.
Von eingeführten Kulturpflanzen gedeiht der Kaffee am beſten in Höhen von
6001800 m, alſo in der Tierra templada, kommt dagegen in der Tierra fria nicht mehr,
in der Tierra caliente ſchlecht fort; namentlich in Santander finden ſich reiche, ausgedehnte
Kaffeepflanzungen, beſonders um Bucaramanga. Das Zuckerrohr iſt eine der allgemeinſten
und wichtigſten Nutzpflanzen auch Colombias geworden; in allen tieferen Tälern der Gebirge
wird es an den feuchten Flußufern angepflanzt, aber auch noch in über 2000 m Höhe. Weniger
allgemein iſt der Anbau von Weizen, doch nimmt er zu; er vermag ſchon in 500 m Höhe zu
gedeihen und ſteigt bis über 3000 man. Reis wird in Colombia häufiger angepflanzt, Gerſte
mit einigem Erfolge in den oberen Teilen der Tierra templada und in der Tierra fria, Hafer
und Roggen fehlen ganz. Überdies ſind eine Menge europäiſcher Fruchtbäume eingeführt
worden, die ſich den verſchiedenen klimatiſchen Höhenſtufen angepaßt haben, wie Apfel,
Pfirſiche, Quitten, Aprikoſen, Apfelſinen, ſeltener Birnen.
Die Tierwelt. Über die tiergeographiſchen Verhältniſſe Colombias ſind wir nur
ungenügend unterrichtet, da eine ſyſtematiſche Bearbeitung der Verbreitung der Tiere in
dieſen Gebieten noch ausſteht; die Ausſonderung geographiſcher Unterabteilungen iſt da—
her noch nicht möglich. Im ganzen ſtimmt die Tierwelt Colombias mit der Amazoniens in
der Tierra caliente, mit der von Ecuador in der Tierra templada und Tierra fria überein,
weshalb hier auf die an jenem Ort gegebene Darſtellung (vgl. S. 399) hingewieſen werden
kann; jedenfalls hat ſie einen rein tropiſchen Charakter und wird wie die Pflanzenwelt
namentlich durch die Höhenunterſchiede gegliedert.
() Bevölkerung und Beſiedelung.
Die Bevölkerung. In ähnlicher Weiſe wie die Pflanzen- und Tierwelt waren auch
die Ureinwohner in zwei große Hauptgruppen geſchieden: die das Tiefland bewohnenden
Stämme und die Gebirgsſtämme. Die erſteren gehören wenigſtens zum Teil zu den großen
Gruppen der ſüdamerikaniſchen Tieflandsindianer, die letzteren haben Beziehungen einer—
ſeits zu den Ketſchua von Peru, anderſeits zu den zentralamerikaniſchen Kulturvölkern. Jeden⸗
falls ſtanden ſie kulturell hoch über den Völkern des Tieflandes.
Die Stämme des Tieflandes zwiſchen den Kordilleren und an deren Rändern
können zum Teil ohne weiteres den Karaiben zugeſellt werden. Wenigſtens iſt das mit
Sicherheit der Fall bei den Motilones, die in den Wäldern zu beiden Seiten der Sierra
de Perija in ſehr primitivem Zuſtand haufen. Andere Stämme, die man als Chocövölker
zuſammenfaßt, weil fie den Weſtrand der Weſtkordillere und das Chocd genannte Küſten—
gebiet bewohnen, ſowie die auf dem Iſthmus von Darien lebenden Cuna gehören jedenfalls
auch den Indianern des tropiſchen Waldgebietes Südamerikas an. Endlich ſind der Aruak—
gruppe die Guajiro auf der Halbinſel Guajira zugewieſen, ein niemals unterworfener,
heute noch auf 50000 Köpfe veranſchlagter kräftiger Stamm. Ihre Hautfarbe iſt hell fupfer-
braun, ihre Haarfarbe ſchwarz; Geſtalt, Haltung und Gang ſind ebenmäßig, vornehm,
elaſtiſch. Die Frauen gelten für hübſch und leben häufig in Rio Hacha in Ehe mit Colom—
bianern, wozu fie für 150 —200 Mark zu erwerben find. Die Männer tragen meiſt nur ſchmale
Tuchſtreifen, auch ſchwarz gefärbte Mäntel und geſtickte Schärpen, auf dem Kopfe ein Stroh—
geflecht mit Federn, die Frauen ein leinenes, braunes, rotes oder ſchwarzes, ſackartiges Klei—
dungsſtück mit Löchern für Kopf und Arme, ſowie ſchwarze baumwollene Tücher über Bruſt
und Nacken. Beide Geſchlechter bemalen ſich gern mit der ſchwarzen Farbe des Dividivi und
Die colombianiſchen Kordilleren: Bevölkerung und Beſiedelung. 421
ſchmücken ſich mit Ketten aus Karneol, die den Wert von 15—30 Stück Vieh haben. Die
Guajiro zimmern zwar leichte Behauſungen, Ranchos, brechen ſie aber raſch wieder ab und
ſchlafen in Hängematten, die zwiſchen Pfählen aufgehängt werden; nur Vornehme beſitzen
mehrere Ranchos im Lande, die bis zu zwanzig in Gruppen vereinigt werden können. Sie
treiben Viehzucht mit Schafen und Ziegen, beſitzen auch Rinder, Pferde und Maultiere, ſind
gute Reiter und geben viel auf reiches Sattelzeug; ihre Waffen beſtehen aus Bogen und
dreierlei Arten Pfeilen, neuerdings auch aus Feuerwaffen. Ihre Beſchäftigung bilden außer
der Viehzucht der Salzhandel und das Sammeln von Dividivi und Braſilholz. Ihre Stammes—
einteilung erinnert an die ſchottiſchen Clans.
Die Gebirgsſtämme zerfielen wieder in zwei Gruppen, eine weſtliche und eine öſtliche.
Zu der Weſtgruppe rechnet man die frühere Bevölkerung des mittleren und oberen Caucatales,
die aber ausgeſtorben oder in der europäiſchen Einwanderung aufgegangen iſt. Sie hatte be—
reits eine hohe Kultur, deren Reſte heute nur noch in den Gräbern hervortritt; ihre Bauten
ſcheinen bedeutend geweſen zu ſein, ihre Metallbearbeitung ſtand auf ſehr hoher Stufe. Eine
große Menge ſehr wertvoller goldener Geräte und Figuren iſt im Gebiete der alten Quimbaya
nahe Cartago, der Nori um Antiöquia, der Caramanta, Arma, Pozo, Pancora, Carräpa und
Lile in der Gegend von Cartago gefunden worden. Während die tropiſchen Tieflandsſtämme
Pfeil und Bogen führen, waren die Gebirgsvölker mit Lanzen, Keulen, Wurfbrett und Wurf—
ſpeer bewaffnet. Die Wohnungen wurden aus Rohr und Palmblättern in Kegelform errichtet,
es gab auch große Wohnſtätten für mehrere Familien; die Kleidung war gering. Manche
Einrichtungen, beſonders bei den Coiba oder Cueva auf dem Iſthmus von Darien, erinnern
an die Kulturvölker von Zentralamerika, ſo der in keinem Dorfe fehlende Feſtplatz, auf dem
Menſchenopfer ſtattfanden. Die Religion war ein Ahnenkult, die ſtaatliche Organiſation locker.
Ob zu dieſen Stämmen auch die Bewohner der alten Kultſtätten von San Aguſtin
unter 20 nördl. Breite und von San Gabriel gehörten, deren merkwürdige Architektur neuer—
dings bekannt geworden iſt, ſteht noch nicht feſt.
In der Oſtgruppe der Gebirgsvölker ragen die Chibcha als Hauptkulturvolk der Oſt—
kordillere hervor. Sie nannten ſich Muisca, „Menſchen“, lebten zwiſchen 4½ und 7° nördl.
Breite in dem auch jetzt am beſten beſiedelten Teile der Kordillere, nördlich bis Mälaga,
weſtlich bis Zipaquirä und Velez, in den Stromgebieten des Bogota, Sogamoſo und Suarez,
im Oſten bis an den Fuß des Gebirges, und waren wahrſcheinlich aus verſchiedenen Stämmen
zu einem einheitlichen Volke zuſammengewachſen. Noch zur Zeit der Conquiſtadoren unter-
ſchieden ſie ſich in ihren körperlichen Merkmalen, redeten aber anſcheinend eine gemeinſame
Sprache, die in den zahlreichen auf a ausklingenden Ortsnamen noch erhalten iſt. Sie
wohnten in hölzernen Häuſern und Hütten, zum Teil von bedeutendem Umfange, mit kegel—
förmigen Dächern; ein jedes derartiges Gehöft wurde von Pfählen umgeben und ſtand allein.
Die Kleidung wurde aus Baumwolle verfertigt, Schmuck, namentlich Goldplatten, in Ohren,
Naſen, Lippen, war den Fürſten, Prieſtern und dem Adel vorbehalten. Schleudern, Speere,
Lanzen und Keulen waren die Waffen.
Ihre Kultur gab ſich in geſitteten Lebensverhältniſſen, Metallbearbeitung, Bergbau
und geordneter Staatseinrichtung kund. Beſonders geſchickt waren ſie in der Bearbeitung
des Goldes, verſtanden dagegen weder Eiſen noch Kupfer zu ſchmieden; aus Gold verfertigten
ſie namentlich Schmucksachen, Götterbilder, Amulette, Bruſtplatten, Bilder der von ihnen
verehrten Geſtirne, Kopfſchmuck in Kronenform und Naſenringe. Alljährlich pflegte ſich der
422 Das gefaltete Land des Weſtens.
Kazike von Guatavita bei Feſten zu Ehren der Gottheit mit Goldſtaub zu beſtreuen und in
die Fluten des heiligen Sees zu tauchen: ein Brauch, aus dem die Sage vom El Dorado,
dem Vergoldeten, entſtanden fein ſoll. Der Feldbau richtete ſich auf Quinua, Oka, Bohnen
und Kartoffeln in der Tierra fria, Mais, Yuca, Bataten und Arracache in der Tierra tem—
plada. Ausgeführt wurden Baumwollen- und Goldwaren ſowie Salz von Zipaquirä, bejon-
ders nach dem nahe dem heutigen Neiva gelegenen Hauptmarkte am oberen Magdalena.
Die Chibcha verehrten die Sonne, den Mond und die Geſtirne und errichteten ihnen
Altäre und Tempel, deren berühmteſter der Sonnentempel von Iraca war, jetzt Sogamoſo,
der Sitz der geiſtlichen Herrſcher der Chibcha. Jetzt bezeichnen daſelbſt nur noch abgeſchliffene
Sandſteinplatten von runder Form die Stelle, wo die Chibcha, nach Oſten gewendet, ihre
Gebete zu verrichten pflegten. Die Prieſter, Chiqui, bildeten eine beſondere Kaſte mit
klöſterlicher Erziehung und Zölibat, an ihrer Spitze ſtand der Oberprieſter und Vorſteher
des Tempels zu Iraca. Die weltliche Macht übten zwei Herrſcher aus, im Süden der Zipa
in Funza, im Norden der Zaque in Tunja. Außer den Prieſtern beſtanden die Kaſten der
Krieger, deren Amt im Frieden Polizei und Steuererhebung war, der Kaufleute und Hand—
werker und endlich der Bauern, zu denen noch als fünfte Kaſte die beſiegten Angehörigen
fremder Stämme kamen.
Die übrigen Stämme der Oſtkordillere waren von weit geringerer Bedeutung
als die Chibcha: unter anderen die Fuſagaſugä, die Gundai und die Sutagao, die Panche,
Colima, Naurä, Muzo und Yarigui, denen ſich nordwärts die Chitarero und oſtwärts die
Lache anſchloſſen, anſcheinend verwandte Völker von tieferer Kulturſtufe, die wilden Be—
wohner der Grenzgebiete gegen Venezuela. Vielleicht haben auch die Tairona, die alten
Bewohner der Nevada de Santa Marta, die in Reſten als Chimila noch am Weſthange des
Gebirges leben, der Chibchagruppe angehört, und in der Sprache ähneln dieſer die heutigen
Indianer der Nevada, die Köggaba und Bintukua, die Nachkommen der Arhuacos.
Dieſe ſcheinen die Reſte verſchiedener Stämme, die ſich vor dem Andringen der Spanier in
das Hochgebirge retteten, in ſich aufgenommen zu haben, wenigſtens hört man unter dem
kaum 3000 Köpfe zählenden Volke vier verſchiedene Dialekte. Sie ſind kleine, wohlbeleibte,
ſtramme Leute mit dunkelgelbbrauner Farbe, ſchwarzen Augen, ebenſolchem Haar und ſpär—
lichem Bartwuchs. Die Frauen gehen gebückt von der Laſt der mit Stirnbändern befeſtigten
Taſchen, in denen ſie Lebensmittel, Hausrat und Kinder befördern. Beide Geſchlechter
tragen mantelartige oder ſackförmige, ziemlich ſchwere, baumwollene Gewänder und auf dem
Südabhange eine ſchwarze oder graue baumwollene Mütze, auf dem Nordabhange meiſt
keine Kopfbedeckung oder den Strohhut. Ihre niedrigen, kreisrunden Hütten ſind oft bis an
den Boden mit Stroh bekleidet und ſtehen zu je zwei einander gegenüber, da die Geſchlechter
getrennt wohnen; es gibt aber nur vier Dörfer am Nordabhange und eins am Südabhange,
während die Hütten ſonſt vereinzelt oder in Gruppen verſtreut ſind. Die Nahrung beſteht aus
Vegetabilien: Arracache, Bananen, Yuca, Apio, Kartoffeln, Bohnen, Bataten, Kohl, Mais
und Zwiebeln, ſelten aus Fleiſch, ferner aus Zucker und Rum; auch fehlt gewöhnlich nicht
eine Pflanzung der hellgrünen Koka, deren Blätter ſie als Narkotikum mit gepulverten Meer⸗
muſcheln zuſammen kauen. Die Arhuaco ſind überaus friedfertig, paſſiv, ſchwerfällig, träge
und ungaſtfreundlich; ihre religiöſen Vorſtellungen ſind anſcheinend unentwickelt, doch gibt
es heilige Stätten mit Steinreihen und Granitblöcken, z. B. in Takina. Ihre Zauberer
und Arzte, Mamas, verlieren ihren Einfluß vor der eindringenden Kultur.
Die colombianiſchen Kordilleren: Bevölkerung und Beſiedelung. 423
Die Indianer ſind heute noch ein ſehr weſentlicher Beſtandteil der Gebirgsbevölkerung.
In Colombia nehmen fie etwa 4045 Prozent der Geſamtbevölkerung ein, in der Tierra fria
herrſchen ſie faſt allein, und auch in der Tierra templada dürften ſie noch über die Hälfte
der Bevölkerung ſtellen, während ſie in der Tierra caliente durch Neger und Mulatten viel—
fach erſetzt worden ſind.
Wie überall, ſo wurden auch in Colombia im 16. Jahrhundert Neger eingeführt, denen
namentlich die Arbeit in den Pflanzungen des Tieflandes, zum Teil auch in den Bergwerken
zufiel. Daher ſind die Neger vorwiegend in der Tierra caliente anſäſſig, zumal ſeit der Auf-
hebung der Sklaverei 1821 und 1852. Ihre Zahl mag gegenwärtig einſchließlich der aus
ihnen hervorgegangenen Miſchlinge 5 Prozent der Bevölkerung, alſo etwa 250000, betragen.
Für die Weißen nimmt Hettner 10 Prozent der Bevölkerung, etwa 500000, an. Wahr-
ſcheinlich beſtand die ſpaniſche Einwanderung in den erſten Jahrzehnten nach der Conquiſta
aus Andaluſiern und Basken, meiſt Beamten und Großgrundbeſitzern, die das Land unter
ſich verteilten und die Bearbeitung der Bergwerke in Angriff nahmen. Zu ihnen geſellten
ſich erſt nach der Abſchüttelung der ſpaniſchen Herrſchaft Fremde, meiſt Bergleute, Kauf—
leute, jpäter auch Ingenieure, Eiſenbahnbeamte, Gelehrte, Kapitäne, nicht aber Ackerbauer,
ebenſowenig wie ſpaniſche Bauern nach der Conquiſta ins Land kamen. Der Nationalität
nach ſind die Fremden jetzt größtenteils Italiener und Franzoſen, meiſt aus dem unteren
Mittelſtande, während Deutſche und Engländer ſeltener ſind, aber, wie die Germanen in Süd-
amerika überhaupt, in leitenden Stellen ſich befinden, die Deutſchen als Kaufleute, die Eng—
länder als Bergbaubeamte. Aus der Vermiſchung der drei Raſſen untereinander iſt auch in
Colombia eine Miſchlingsbevölkerung hervorgegangen, bei der das indianiſche Element die
bedeutendſte Rolle ſpielt, ſo daß jetzt die Zahl der Cholos, der Miſchlinge aus Weißen und
Indianern, 40—45 Prozent beträgt, Indianer und Indianerabkömmlinge alſo etwa 85 Pro—
zent, 44, Millionen, ausmachen. Dieſe Miſchlinge bewohnen vornehmlich die Tierra templada.
Die Beſiedelung. In bezug auf Beſiedelung beſteht ſchon ſeit der Zeit ſelbſtändiger
indianiſcher Reiche ein Gegenſatz zwiſchen der Weſt- und Zentralkordillere einerſeits und der
Oſtkordillere anderjeits: in erſteren war ſie mit Ausnahme von Antidquia ſtets im ganzen
gering, in letzterer ſtärker, weil die Hochebenen Gelegenheit zur Anſammlung von Menſchen
gaben. Daher verlegten die Spanier den Kern ihres Beſitzes in die Oſtkordillere, gründeten
nahe der alten Hauptſtadt der Zipas, Funza, 1538 die neue, Bogota, und ſchufen hier 1547
die erſte politiſche Einheit, die Preſidencia Nueva Granada. Dieſer wurden nach und
nach die wichtigen Gobiernos der Küſte, Cartagena und Santa Marta, ſowie die Landſchaften
der Zentralkordillere, Antibquia und Popayän, ja auch die Kordillere von Merida und die
Llanos ſamt Guayana unterſtellt. Aus der genannten Präſidentſchaft wurde 1719 das Vize—
königreich von Santa Fé de Bogota, dem das weſtliche Colombia und Quito hinzu—
gefügt wurden, ſo daß es bis 1777 die Ausdehnung der ſpäteren erſten colombianiſchen
Republik hatte. Im Jahre 1777 wurde jedoch das Generalkapitanat Caräcas, das heutige
Venezuela, dem Vizekönigreich entzogen, Quito aber beibehalten. Nach den Unabhängigkeits—
kämpfen gegen Spanien entſtand ſodann 1820 die große Republik Colombia, die Carä—
cas, Bogotä und Quito umfaßte, aber ſchon 1830 in ihre Beſtandteile, Venezuela, Ecuador
und das heutige Colombia, zerfiel. Dieſes hieß damals noch Nueva Granada, wurde
in 15 Provinzen geteilt, wechſelte mehrmals ſeine politiſche Einteilung und verwandelte
ſich 1861 in die Vereinigten Staaten von Colombia, alſo aus einem Einheitsſtaat
424 Das gefaltete Land des Weſtens.
in einen Staatenbund. Im Jahre 1886 veränderte die klerikale Revolution dieſe Staaten
in Departamentos, eine der häufigen neueren Einteilungen aber ſetzte 1911: 14 Departa⸗
mentos, zwei Intendanzen, Chocb und Meta, und die Kommiſſariate Guajira, Arauca,
Jurado, Uraba, Caquetä, Putumayo und Uaupes feſt. Dabei iſt jedoch zu bemerken, daß
am 3. November 1903 der Staat Panamä unter ſtillſchweigender Duldung der Vereinigten
Staaten ſich von Colombia unabhängig machte, ein ungeheurer Verluſt für dieſes Land.
Die Fläche Colombias beträgt nach neuerer planimetriſcher Berechnung der geogra—
phiſchen Anſtalt von Juſtus Perthes in Gotha 1206200 qkm. Im Nordoſten gehört ſeit 1891
die ganze Guajira zu Colombia, dagegen hat im Südoſten Venezuela den 1891 ergangenen
Schiedsſpruch der Königin Chriſtine von Spanien nicht anerkannt, und auch gegen Braſilien,
Ecuador und Peru find die Grenzen noch nicht vollkommen feſtgelegt.
Die Einwohnerzahl war bisher ganz ungenügend bekannt. 1912 fand aber eine
Zählung ſtatt, die 5072000 Einwohner ergab, jo daß die Volksdichte etwas über 4 beträgt.
Am dichteſten ſitzt die Bevölkerung in der Oſtkordillere, wo die Dichte 11—13 erreicht, in Cun—
dinamarca, das die Hauptſtadt Bogota enthält, ſogar 32. Auch die Departamentos Tolima
und Antioquia haben die Volksdichte von 12 —13, und im Caucatale ſteigt dieſe auf 20. Da-
gegen ſinkt ſie an der atlantiſchen Küſte, mit Ausnahme der Umgebung der größeren Städte,
auf 7 in Bolivar und 3 in Magdalena und fällt im ganzen Llano des Oſtens jedenfalls auf
weniger als 1. Die Verteilung der Bevölkerung über das Land gibt folgende Tabelle an:
Departamentos Fläche in QAkilom. Einwohnerzahl Volksdichte
ee IICDI BIN ZU. ST Srasrasgen 63 200 | 741000 | 12,0
em AR EEE aber san 2800 115.000 41,0
EI AA ERST UEER EN 62 000 421 000 7,0
r 45 723 587000 13,0
i 2:5 Vet se ehe 20 500 342 000 17,0
Gauge ieee SEIN IT enen. 56 675 212 000 4,0
Buraitemana OO BETT Re 22 350 714000 32,0
Si e ee ee eee ee 22 500 158 000 | 7,0
N ern N Yun dust, 53000 150 000 3,0
e N ONE RR 26000 293 000 11,0
Nee Van ai ahne 17 374 204 000 12,0
Sin ander 49 626 400 000 8,0
SO an a DELETED EREET 22 000 283 000 13,0
eee, ch Aria ara 10 825 | 217 000 20,0
a 1 221.000 29.000 0,1
N | 13.000 53.000 4,0
Arauca 0 is 4 900 | ?
Caqueta | ? 24500 ?
Uaupes ? 5500 ?
Putumayo, Kommiſſariate 2 31400 2
Uraba ? 6500 2
Jurado 2 8200 ?
Guajira 2 53 000 ?
Zuſammen: 5053 000
Die Ortſchaften ſind teils Fortſetzungen indianiſcher Anſiedelungen, teils Neugrün-
dungen der Spanier, was ſich meiſt aus den Namen entnehmen läßt. So ſind Tunja,
Die colombianiſchen Kordilleren: Bevölkerung und Beſiedelung. 425
Zipaquirä, Sogamoſo erſteren, Malaga, Pamplona, Salazar, Velez, Dcaria letzteren Ur—
ſprunges, während man bei zahlreichen Orten wie Santa Fé de Bogotä eine Verbindung
des ſpaniſchen mit dem indianiſchen Namen bemerkt, wobei meiſt letzterer beſtehen bleibt,
erſterer wieder verſchwindet. Die Orte liegen am häufigſten in der Tierra fria und zwar
meiſt wieder zwiſchen 2500 und 2800 m Höhe, alſo auf den Hochebenen: jo Paſto, Bogota,
Zipaquirä, Chocontä, Ubate, Chiquinquirä, Tunja, Sogamoſo; oder näher an 2000 m, wie
Velez, Malaga, Pamplona, Manizales. Mit Vorliebe wurden auch gemäßigte Teile der
Tierra templada ausgeſucht, z. B. für Ocaßa, Socorro, Bucaramanga, Moniquirä, Me-
dellin, Popayän. Nur wenige Orte dagegen liegen tiefer als 1000 m, wie Sirön, Salazar,
Cucuta und die Städte des Cauca- und Magdalenatales, Buga, Cartago, Antidquia,
Caceres, Neiva, Jirardot, Ambalema, Honda, endlich die Hafenſtädte Santa Marta, Barran-
quilla, Cartagena, Buenaventura.
Die Einwohnerzahlen der Städte waren bisher ſehr wenig geſichert; die Volkszählung
von 1912 geſtattet genauere Angaben. Wahrſcheinlich gelten aber auch dieſe Zahlen für die
Gemeinden, alſo die Städte ſamt ihrer nächſten Umgebung. Danach enthält Colombia fol—
gende Städte über 19000 Einwohner:
. 120000 | Sonſon 23000, Nees 22 000
eden 1.117000 Pad ds 28 000 | Cena 21000
Barranquilla . 49000 | Cali. 28000 | Yarumal . . . 21000
Cartagena. . 37000 | Ibagues 26000 Bucaramanga . . 20000
Manizales . . 34000 | Palmiraa . . . 24000 | Popay an 20000
Ferner werden noch angegeben für Lorica und Cartago je 19000, Salamina und Fredonia
je 18000, Santa Roſa und Abejorral je 17000, Carmen, Quibdo und Tüquerres je 16000.
Auffallend iſt das plötzliche Steigen von Bogotä, das bisher nur zu 85000 Bewohnern an—
genommen wurde. Von den oben genannten 15 Städten liegen drei, Bogotä, Cücuta und
Bucaramanga, in der Oſtkordillere, vier, Medellin, Manizales, Sonſon und Yarumal, in
Antiöquia, zwei, Barranquilla und Cartagena, an der Küſte, drei, Popayän, Palmira und
Cali, im Caucatal, zwei, Neiva und Ibagus, an oder nahe dem Magdalena.
Der Süden und Weſten des Landes, die Zentral- und Weſtkordillere, der
Chocb und das Atratogebiet ſind menſchenarm. An der Grenze gegen Ecuador liegen
Ipiales (15000) im Gebiete des oberen Patia in 3080 und Tüquerres (16000) in 3057 m
Höhe, ferner Paſto, Bolivar (18000) und Almaguer (11000), die dem nördlichen Patiaquell-
fluß angehören; von ihnen iſt Paſto mit 28000 Einwohnern der einzige volkreichere Ort.
An der Küſte haben die Häfen Buenaventura 6500 und Tumaco 12000 Einwohner. Ganz
unentwickelt ſind auch noch die Flußtäler des San Juan und des Atrato: zwar iſt das erſtere
reich an Platin und bei Novita an Gold, und der Atrato bietet eine Waſſerſtraße von 400 km
Länge, aber Barren ſperren die Flußmündungen, das Klima gilt als mörderiſch, und die Ein—
wohnerzahl iſt von jeher ſehr gering geweſen; nur die Ortſchaft Quibdo am Atrato hat bereits
16000 Einwohner. An der Küſte des Golfs von Uraba ſind jetzt um Puerto Ceſär mit deut—
ſchen Mitteln große Bananenpflanzungen angelegt worden.
Im Caucatale finden ſich ſchon beim Abſtieg von der Weſtkordillere einige Anſiede—
lungen und ſogar größere Ortſchaften, wie Tocoto in 1535 m Höhe über Cali, Anſerma über
Cartago und Rio Sucio (16000) an der Grenze der Departamentos Cauca und Antiöquia.
Dann folgt nahe den Quellen des Fluſſes die alte Stadt Popayän. Während der Kolonialzeit
426 Das gefaltete Land des Weiten.
weit mächtiger als jetzt, namentlich wegen ihrer zahlreichen Gold- und Silberbergwerke,
wurde ſie in den Unabhängigkeitskriegen und durch Erdbeben, wie 1827, ſehr mitgenommen.
Heute hat Popayaän nur noch 19000 Einwohner. Der Hauptort des mittleren Caucatales,
Cali, eine alte Stadt, ging in den letzten Jahrzehnten nicht ſo vorwärts wie das mit Tabak—
bau und Viehzucht beſchäftigte Palmira (24000), aber die Zählung von 1911 gibt Cali doch
wieder faſt 28000 Einwohner. Bekannt ſind ferner Buga (12000), mit Anbau von Zucker⸗
rohr, Bananen, Tabak, Futterkräutern, und Cartago (19000).
In Antibquia (740000 Einwohner) iſt jetzt Medellin mit 71000 Einwohnern Haupt-
ort, eine regelmäßig gebaute, von Pflanzungen und Weiden umgebene, durch ihr friſches
Klima ausgezeichnete, von Fremden, auch Deutſchen, ziemlich ſtark bewohnte Stadt. Die
alte Hauptſtadt Santa FE de Antidquia (11000) liegt in 572 m Höhe am linken Ufer des
Cauca, an deſſen Unterlauf Cäceres (5500; Tafel 17, Abbildung 2) und Nechi wohl wichtige
Plätze für die Dampfſchiffahrt, aber nur unbedeutende Siedelungen ſind. Der ſüdlichſte Ort
in Antibquia iſt Manizales mit 35000 Einwohnern, eine natürliche Bergfeſtung in 2130 m
Höhe und ein aufſtrebender Platz mit Kakaohandel und Viehzucht, deſſen Aufſchwung aber
durch zwei Erdbeben 1878 unterbrochen wurde; trotzdem hat er eine Anzahl von anderen
Ortſchaften überflügelt, wie Salamina (18000) mit anſehnlichen Salzlagern, Santa Roſa
(17000), Neiva und den Minenplatz Marmato am weſtlichen Ufer des Cauca. Um Medellin
gruppieren ſich das Strohhüte ausführende Sopetran, das durch ſeine Goldminen berühmte
Santa Roſa de los Oſos und Rio Negro; über dem Porce liegt Amalfi, am Oſtabhange
der Zentralkordillere Remedios und Zaragoza.
Im Magdalenatale ſind die Ortſchaften wenig volkreich. Den Süden beherrſcht
Neiva (22000 Einwohner), die Gegend nördlich von 49 Ibagué (26000 Einwohner) unterhalb
des Vulkans Tolima. Am mittleren Magdalena war Ambalema (6600) früher durch ſeinen
Tabakbau berühmt, Honda (8600) durch ſeine Lage nahe den Stromſchnellen des Fluſſes.
In neuerer Zeit iſt Jirardot (11000) als Ausgangspunkt der Eiſenbahn nach Bogotä empor-
gekommen, und von Puerto Berrio geht diejenige nach Medellin aus. Puerto Berrio und
Puerto Wilches nahe der Mündung des Sogamoſo ſind aber nur kleine Häuſergruppen. Am
unteren Magdalena folgt auf Puerto Nacional, das den Verkehr mit Ocaña vermittelt,
Tamalameque ſowie das an der Mündung des Ceſär gelegene El Banco. Zurückgegangen
ſind Simiti infolge der Erſchöpfung ſeiner reichen Minen und das alte, früher bedeutende
Mompös wegen der Veränderung des Stromlaufes des Magdalena; letzteres iſt durch Ma—
gangué ſowohl als Stapelplatz für die Waren des Magdalenahandels als auch wegen des
Reichtums an Vieh in den benachbarten Ebenen abgelöſt worden. In dieſen iſt Corozal
(11000) der Mittelpunkt für den Viehhandel, Carmen (16000 Einwohner) der für den Tabaf-
bau. Noch weiter abwärts haben Tenerife, Heredia und Calamar (6500), letzteres an der Ab—
zweigung des Dique, ferner Remolino, Sabana Grande und Soledad (8200) einigen Verkehr.
Alle genannten Orte werden jedoch vollkommen in den Schatten geſtellt durch die ein—
zige größere Handelsſtadt des Magdalenatales, Barranquilla, mit 49000 Einwohnern.
Barranquilla liegt inmitten einer weiten Sandwüſte zwiſchen Palmen und Geſtrüpp, hat
winkelige Straßen, große freie Plätze mit zweiſtöckigen Holzhäuſern, an der Peripherie viele
Strohhütten und einen Warenumſatz von jährlich etwa 47 Millionen Mark. Demgegenüber
vermag Cartagena, einſt die reichſte Stadt des Landes, nur noch einen Umſatz von 27 Mil-
lionen Mark aufzuweiſen. 1532 —40 von den Spaniern erbaut und nach der Eroberung durch
Colombianiiche Kordilleren. Tafel 17.
— Fe We | 2
J. Dampferitation für Kaffeeverladung am Mittellauf des Magdalenenſtromes.
Nach Photographie. (Zu S. 95, 411 u. 450.)
Tafel 17. Colombianiſche und venezolaniiche Kordilleren.
5. Tunja in der Oitkordillere von Colombia.
Nach Photographie aus dem Belit von F. Regel in Würzburg. (Zu S. 412 u. 427.)
4. Die Gipfel Humboldt (4942 m) und Bonpland (4835 m) in der Sierra Nevada von Merida.
Nach Photographie von f. Jahn. (Zu S. 432.)
Die colombianiſchen Kordilleren: Bevölkerung und Beſiedelung. 427
Franz Drake zu einer der größten Feſtungen umgeſchaffen, war es lange Zeit der angeſehenſte
Hafenplatz Südamerikas und der Sammelplatz der großen ſpaniſchen Silberflotten; heute
iſt es mit dem Magdalena durch den Canal del Dique und durch die Eiſenbahn nach Calamar
verbunden und hat neuerdings wieder einen Aufſchwung genommen, was ſich auch in dem
Anſteigen der Einwohnerzahl von 10000 auf 37000 ausdrückt. Leidlich beſiedelt iſt das Tal
des Sinu, wo Lorica (19000) der Mittelpunkt größerer Kakaopflanzungen geworden iſt.
Zu den ſchwächſtbevölkerten Teilen Colombias gehört das Departamento Magda—
lena. Einſt enthielt es drei der blühendſten Städte der Kolonialzeit, Santa Marta, Valle
de Upar und Rio Hacha, heute haben alle drei weniger als 10000 Einwohner. Die ſchon 1525
gegründete, noch zu den Mündungshäfen des Magdalena zu zählende, wenn auch nicht an
ihm liegende Stadt Santa Marta war bereits 1529 Biſchofsſtadt und hatte ſich trotz zahl—
reicher Plünderungen und Zerſtörungen immer wieder zu einem der wichtigſten Handels—
plätze des ſpaniſchen Reiches entwickelt. Nach der Begründung der Dampfſchiffahrt auf dem
Magdalena gab ſie ihre Stellung an Barranquilla ab und ſank zu einer lebloſen Klein—
ſtadt herab. Nachdem ſie aber Eiſenbahnverbindung nach dem Magdalena erhalten hat,
wird ſie wieder von größeren Dampfern angelaufen und hebt ſich allmählich. Ihre Ein-
wohnerzahl betrug 1912: 8400. Einen Teil der Bedeutung der Stadt hat La Ciénaga
übernommen, ein lebhafter, erſt 1870 entſtandener Handelsplatz mit nur wenigen größeren
Häuſern, aber vielen palmſtrohgedeckten Hütten, mit Tabak- und Kakaobau und 15000 Einwoh-
nern. Südlich davon entwickelt ſich Rio Frio an der Eiſenbahn von Santa Marta. Das Innere
des Staates Magdalena iſt dagegen ſehr geſunken. Die alte Stadt Valle de Upar mit früher
ſchwunghaftem Handel, großen Kirchen und alten, feſten Häuſern iſt auf 7000 Köpfe herab-
gegangen, und der Hafen Rio Hacha (9500), früher Stapelplatz für die Perlenfiſcherei, wurde
durch die Zerſtörung der Perlenbänke und die beſtändigen Revolutionen, beſonders die von
1860, ſehr geſchädigt. In den Indianerreſervationen der Nevada iſt Atanquez zu nennen.
Die Oſtkordillere iſt beſonders reich an Städten. In ihr liegt vor allem die Haupt—
ſtadt der Republik, Santa Fé de Bogota, mit jetzt angeblich 120000 Einwohnern am Fuße
zweier kapellengeſchmückter Berge, Monſerrate und Guadalupe. Sie gehört mit Quito,
La Paz, Aſuncion zu denjenigen ſüdamerikaniſchen Landeshauptſtädten, welche fern vom
Meere liegen, aber ſie iſt heute die von der Küſte aus am ſchwerſten zu erreichende unter
allen. Immerhin entwickelt ſie ſich mehr und mehr zu einer Großſtadt und entbehrt auch nicht
wiſſenſchaftlicher Anſtalten, wie eines botaniſchen Gartens, einer Univerſität, einer Stern—
warte ſowie eines Muſeums.
Die übrigen Orte der Oſtkordillere ſind meiſt kleine Landſtädtchen: ſo der Mittelpunkt
des Salzhandels und der Kohlengewinnung Zipaquirä am oberen Rio Funza, Guaduas
(10600), Tocaima und La Meſa am Wege zum Magdalena, Nemocon, Pacho, Facatativa
(10500), Ubate, Fuſagaſuga (13000) und Chocontä ſowie Gachetä und Guatavita. Nicht
größer als dieſe Anſiedelungen des Departamento Cundinamarca (717000 Einwoh-
ner) ſind diejenigen von Boya ca (587000 Einwohner), wie Moniquira, Leiva, Santa Roſa,
Soata, Cocui; Nemocon, Sesquile und Tauſa fördern Salz, Pacho, Samaca und Subachoque
Eiſen, Leiva und Moniquirä (11000) Kupfer, noch andere verfertigen Kleider, beſonders
Ruanas, wie Cocui. Über 5000 Einwohner haben in Boyaca aber nur Tunja und Soga—
moſo: Tunja mit 9000 Einwohnern, der alte Hauptſitz der weltlichen Herrſcher der Chibcha,
liegt in öder, grauer Ebene (Tafel 17, Abbildung 3) und iſt ſelbſt ebenſo öde und ſchmutzig,
428 Das gefaltete Land des Weſtens.
hat aber noch alte ſpaniſche Häuſer und ſchöne Kirchen. Sogamoſo (15000) iſt heller, freund—
licher und reinlicher und nimmt durch Handel mit dem Llano von Labranza Grande einen
Aufſchwung. An der Grenze gegen Santander liegt nahe dem Suarez die alte Stadt
Chiquinquirä mit etwa 14500 Einwohnern, ein Wallfahrtsort erſten Ranges, aber auch mit
bedeutender Viehzucht und einigem Handel.
Um den Suarez drängen ſich ferner die größeren Städte des Departamento San—
tander (604000 Einwohner): zunächſt die alte Stadt Velez mit 8600 Einwohnern, ferner
Puente Nacional (15000) an der Übergangsſtelle über den Suarez, das alte, ſchmutzige, ſchlecht
gehaltene Socorro in nur 1256 m Höhe, lange Zeit Hauptſtadt des Staates, mit 11500 Be-
wohnern, und San Gil (10000) mit bedeutender Induſtrie in Hängematten, Kleidern, Stoffen
ſowie anſehnlichem Zuckerbau. Über der Vereinigung des Suarez mit dem Sogamoſo liegt
Zapatoca mit 10000 Einwohnern, gegenüber die drei engverbundenen Orte Piédecueſta,
ron und Bucaramanga. Von dieſen iſt das tabakbauende Jirön der tiefſtgelegene Ort
mit nur 560 m Seehöhe und zugleich der kleinſte (6200), während Piédecueſta (8000) und
Bucaramanga (20000 Einwohner) größere Handelsſtädte ſind. Bucaramanga iſt auch Mittel—
punkt der hier im Norden blühenden Kaffeekultur, überhaupt des Handels des mittleren und
ſüdlichen Santander, während für den Norden San Joſé de Cücuta mit 21000 Einwoh—
nern dieſelbe Rolle ſpielt; es wurde nach dem Erdbeben von 1875 völlig neu errichtet, liegt
in nur 360 m Höhe und iſt Sitz bedeutenden deutſchen Handels. Pamplona (15000 Einwoh-
ner), inmitten von Baramos, ſtellt Körbe, Strohmatten, Flechtwaren, Bier her; Ocaña (17000)
und Salazar (9200) haben beträchtlichen Kaffeebau; auch Chinäcota hat 10000 Einwohner.
d) Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe.
Colombia iſt von der Natur reich ausgeſtattet und könnte in allen Höhenlagen ein
ſehr ergiebiges Ackerbauland ſein; es leidet aber unter dem Mangel an Verkehrswegen,
Unternehmungsgeiſt und Kapital.
Der Ackerbau gründet ſich auf die S. 419 genannten Nutzpflanzen. Mais, Yuca,
Bananen, Kartoffeln, Hülſenfrüchte und gewiſſe Gemüſe werden mit dem faſt allgemein an-
gepflanzten Zuckerrohr als Frutos menores (geringere Früchte) zuſammengefaßt, bilden aber
die Grundlage für die Ernährung des Volkes, auch für das Getränk, da das Zuckerrohr Gua—
rapo und Aguardiente, Saft und Branntwein, der Mais aber die allgemein übliche Chicha
liefert. Auf den Hochbecken von Bogota und Chiquinquirä baut man Weizen, doch wird dieſer
nirgends ausgeführt. Zur Ausfuhr gelangen dagegen Kaffee, Bananen und Tabak, die
wichtigſten Erzeugniſſe der Pflanzungen. Der Kaffee kommt vornehmlich aus Santander,
von Ocaſta, Bucaramanga, Cüucuta, vor allem von Chinäcota, Salazar, Rio Negro und
Carmen, dagegen erſchweren die hohen Frachten und der Rückgang der Kaffeepreiſe die
Kaffeekultur im Inneren und an den Llanosrändern ſowie in der Nevada de Santa Marta.
Immerhin nahm Kaffee 1909 mit 19,2 von 62 Millionen Mark Ausfuhrwert volle 31 Prozent
ein, 1911 von 89,5: 38, alſo 41 Prozent. Für die Ausfuhr gewinnen Bananen, beſonders
in Santa Marta, ſteigende Wichtigkeit; 1909 betrug ihr Ausfuhrwert erſt 1½, 1911 aber ſchon
8,7 Millionen Mark, womit ſie in der Ausfuhrlifte die dritte Stelle erreichten. Eine größere
Bedeutung für die Ausfuhr hat nur noch ein drittes Ackerbauerzeugnis, nämlich der Tabak,
mit allerdings nur 1,3 Million Mark Ausfuhrwert im Jahre 1911. Dieſe drei Pflanzungs⸗
produkte ergeben alſo zuſammen einen Wert von 48 Millionen Mark, 54 Prozent des
Die colombianiſchen Kordilleren: Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. 8 429
Ausfuhrwertes, womit die überragende Bedeutung des Ackerbaues deutlich gemacht iſt. Auf—
fallenderweiſe tritt in der Ausfuhrliſte von 1911 der Kakao ganz zurück, obwohl die feuchte
Weſtküſte und das Caucatal ſowie die Gegend von Neiva, Cücuta und Bucaramanga Kakao—
pflanzungen haben. Der Tabak wurde früher beſonders um Ambalema und Carmen am
Magdalena ſowie bei Jirön in beſonderer Güte gebaut, hat aber als Ausfuhrgegenſtand lange
nicht mehr den Wert wie früher. Der Anbau von Indigo hat faſt ganz aufgehört.
Ebenſo iſt die Ausfuhr von Chinarinde faſt erloſchen, während ſie 1880 rund 20 Mil—
lionen Mark Wert hatte; aber durch Raubbau iſt dieſes wichtige Erzeugnis vermindert und
in der Güte durch die Pflanzungen auf Ceylon, jetzt auf Java, überholt worden. Dagegen
liefert der Wald heute Kautſchuk, meiſt vom Oſtabhang und aus dem Amazonasgebiet, für
3,6 und Steinnüſſe, namentlich aus dem Weſten, für faſt 3 Millionen, zuſammen für 6,6
Millionen Mark oder 7 Prozent der Geſamtausfuhr. Außerdem ſind als Waldprodukte
Kopaivabalſam und edle Hölzer, auch Kokosnüſſe anzuführen, während in den trockeneren
Gegenden der atlantiſchen Küſte die Dividivi genannten Schoten der Caesalpinia coriaria
zum Gerben, die Faſern der Agave-Arten zur Herſtellung von Stricken, Hängematten,
Seilen, Säcken verwendet werden. Zur Induſtrie dient auch die Jipijapa-Palme Carlu-
dovica palmata, da ihre Blätter zur Anfertigung von Strohhüten benutzt werden; 1911
ſtanden Hüte mit 4,4 Millionen Mark an fünfter Stelle auf der Ausfuhrliſte. In der Sierra
beſteht eine Hausinduſtrie in der Herſtellung von Kleidern und Mänteln (Ruanas) aus Wolle
und Baumwolle, auch wird Töpferei, Sattlerei, Gerberei getrieben. Die moderne Groß—
induſtrie iſt erſt allmählich in die größeren Städte eingedrungen, aber die Induſtrieerzeug—
niſſe müſſen meiſtens noch aus dem Auslande eingeführt werden. Die Viehzucht iſt im
ganzen auch wenig entwickelt, am meiſten einerſeits in den Savannen der Tierra caliente,
anderſeits auf den Paͤramos der Tierra fria. Rinder, Eſel, Pferde, Maultiere, Ziegen
und Schafe ſind die Nutztiere. Ausgeführt wird Vieh in geringer Menge, obwohl die Llanos
ungeheure Herden ernähren könnten, dann Käſe, namentlich aber Häute, die 1911 mit
mehr als 7 Millionen Mark Ausfuhrwert die vierte Stelle in der Ausfuhrliſte einnahmen
und von der Geſamtausfuhr 8 Prozent ausmachten.
Der Bergbau iſt nicht mehr von der Bedeutung wie vor 200 oder 100 Jahren; bis
1720 und von 1800 —1820 war Colombia das reichſte Goldland der Erde und lieferte von
1520 —1820 etwa eine Million Kilogramm Gold. Nach 1820 ging der Bergbau infolge der
beſtändigen Revolutionen und Kriege zurück, und er leidet auch heute noch unter dem Mangel
an Verkehrswegen. Immerhin hat die Goldförderung neuerdings wieder zugenommen;
1911 hatte die Ausfuhr von Gold den Wert von 14 Millionen Mark, ſo daß Gold der zweit—
wichtigſte Gegenſtand derſelben war. Außerdem wurde nur noch Platin im Werte von
1,4 Million Mark ausgeführt, jo daß dieſe beiden Bergbauerzeugniſſe zuſammen 17 Prozent
der Geſamtausfuhr ausmachten. Von ſonſtigen Bodenſchätzen iſt beſonders das Salz von
Zipaquirä und von anderen Orten der Oſtkordillere zu erwähnen. Die reichen Smaragd—
gruben von Muzo haben keine Bedeutung mehr und ebenſowenig die Förderung von Kupfer,
Blei, Zinn, Eiſen und Kohle. Das wichtigſte Goldland iſt Antidquia.
Der Handel des reichen Landes hat unter denſelben Einwirkungen wie die anderen
Wirtſchaftszweige zu leiden gehabt. 1898 betrug er 120, 1911: 162 Millionen Mark, wovon
89,4 auf die Ausfuhr, 72,4 auf die Einfuhr kamen. Die Aus fuhr beſtand 1911 aus Kaffee
(37,9 Millionen Mark), Gold (14), Bananen (8,7), Häuten (7,2), Hüten (4,4), Kautſchuk (3,6),
450 Das gefaltete Land des Weſtens.
Steinnüſſen (2,96), Platin (1,4), Tabak (1,3 Million Mark). Die Erzeugniſſe des Ackerbaues
ergaben zuſammen 48 Millionen Mark- 54 Prozent der Geſamtausfuhr; der Wald lieferte
7,3, der Bergbau 17, die Viehzucht 8 und die Induſtrie 5 Prozent. Über die Ausfuhr von
Kakao, Vieh, Dividivi, Kokosnüſſen, Salz, Harzen fehlen genaue Zahlen. Die Einfuhr be—
ſteht aus Induſtrieartikeln, Manufakturwaren, Lebensmitteln, Eiſen, Kohlen uſw. Die
Vereinigten Staaten, Großbritannien, Deutſchland und Frankreich ſind die für Colombias
Handel wichtigſten Länder mit 43, 26, 13 und 6 Prozent.
Verkehr. Der bedeutendſte Hafen iſt Puerto Colombia (2500 Einwohner) vor
Barranquilla, eine neuere, an die Stelle von Salgar und Sabanilla getretene Reede. Daher
iſt das Zollhaus von Barranquilla für den Handel das wichtigſte, denn hier findet die Um—
ladung der Waren auf die Magdalenadampfer ſtatt. Der zweitwichtigſte Hafen iſt Cartagena,
dann folgen Buenaventura und Tumaco an der Weſtküſte, neuerdings aber kommt auch das
lange zurückgebliebene Santa Marta wieder empor, während Rio Hacha nur lokale Bedeu—
tung für den Handel mit Curacao hat. Ein nicht geringer Teil des Handels Colombias geht
auch über Maracaibo, da der frühere Staat Santander von Cucuta aus nach Nordoſten den
nächſten Ausweg zur Lagune von Maracaibo hat. Dieſe Verſchiedenheit der Handelsbedeu—
tung ſpricht ſich in der folgenden Tabelle der Zollhäuſer für 1909 gut aus:
Einfuhr Ausfuhr Handel 1909
Barranqui lla . 22960 000 22 760 000 45 720 000
Carens . 9040000 18 200 000 27 240 000
Buenaventura. 4120 000 4680 000 8 800 000
CCC ee 5160 000 8200 000
FCC 1880 000 4 840 000 6 720 000
Gate Din 2 600 000 5 240 000 5 840 000
ale Flaia .: 240 000 600 000 840 000
Ipiales (Ecuador). 132 000 336 000 468 000
Arauca (Yan) . . . . . 144 000 232 000 376 000
Die Eingangstore Colombias liegen alſo auf der atlantiſchen Seite, die allein 85,6 Millionen
Mark Handelswert hat gegen 14 Millionen Mark der pazifiſchen. Auf der atlantiſchen Seite
mündet nämlich der Magdalena, der die Hauptader des Inneren Colombias iſt und von
noch größerer Bedeutung ſein würde, wenn nicht ſeine Strömung ſehr ſtark, ſein Waſſerſtand
ſehr wechſelnd wären und zwei ſchwere Hinderniſſe für die ſeit 1845 beſtehende Dampfſchiff—
fahrt vorlägen, an der Mündung die Barre und im Mittellauf die Stromſchnellen bei Honda.
Befahren werden auch der Cauca bis Cäceres, der San Juan auf 300, der Atrato auf 400,
der Patia auf 150 km. Die Reiſe von Barranquilla bis Honda dauert ſechs bis ſieben Tage.
Außer den flachgehenden Schaufelraddampfern ſind auch die großen gedeckten, mit Stangen
fortbewegten Boote, Champanes, im Gebrauch (Tafel 17, Abbildung 1). In Puerto Colombia
liefen 1906: 279 Schiffe mit 505000 Tonnen Gehalt ein.
Die genannten Seehäfen und die Landeplätze am Magdalena ſind die Ausgangspunkte
kurzer Eiſenbahnlinien. Puerto Colombia iſt durch eine kurze Eiſenbahn mit Barran-
quilla verbunden, Santa Marta mit Ciénaga und Herédia am Magdalena, Cartagena mit
Calamar am Magdalena. Von Encontrados am Rio Catatumbo führt eine Bahn nach Cücuta,
und von Buenaventura aus iſt ein Stück der Bahn ins Caucatal fertig. Ferner führen Bahnen
von Puerto Berrio am Magdalena nach Medellin in Antiöquia, von Jirardot nach Bogota
und Chiquinquirä. Im ganzen gibt es aber noch nicht einmal 1000 Eiſenbahnkilometer.
Venezuela: Das Feſtland. 431
IV. Die gebirgigen Teile Venezuelas und die vorgelagerten
Inſeln.
a) Das Feſtland.
Von dem Päramo de Tama zieht ein Aſt der colombianiſchen Oſtkordillere gegen Nord—
oſten unter dem Namen Kordillere von Merida und ſchließt mit der Sierra de Perijd das
Senkungsfeld des Maracaiboſees ein. In der Gegend von Carache beginnt auch die Kor—
dillere von Merida ſich aufzulöſen. Ihre ſüdlichſten Zweige verlaufen bis zur Senke von
Yaritagua, die nördlicheren ſetzen ſich in dem Bergland von Coro fort. Jenſeits der Senke
von Yaritagua liegt das Venezolaniſche Küſtengebirge oder das Karaibiſche Gebirge, an—
ſcheinend ein den Kordilleren fremdes älteres Gebirge. Es iſt durch den Bruch von Barcelona
in zwei Teile, einen weſtlichen und einen öſtlichen, getrennt, wird aber ſchon vor der Senke
von Yaritagua durch das Yaracui-Gebirge eingeleitet und ſetzt ſich auch über die Boca
de Dragos bis zur Oſtſpitze von Trinidad fort. Demnach iſt das Gebirgsland Venezuelas
in mehrere Einzellandſchaften geteilt.
Das Senkungsfeld des Sees von Maracaibo. Zwiſchen der Guajira und Para—
guanä öffnet ſich der Eingang zum Tiefland von Maracaibo, das zwiſchen der Sierra
de Perija im Weſten, der Guajira im Norden, dem Bergland von Coro im Oſten und der
Kordillere von Merida im Süden ein Gebiet von etwa 60000 qkm umfaßt. Wahrſcheinlich
iſt dieſes große Flachland ein gewaltiges Einbruchsfeld zwiſchen den genannten Gebirgen,
das nach Geſtalt und Größe dem großen Tieflande des unteren Magdalena ähnelt. Es iſt
anzunehmen, daß das ganze Flachland von Maracaibo wie das Tiefland des Magdalena
urſprünglich Meeresbuchten geweſen ſind, die allmählich von den Sedimenten der aus den
benachbarten Gebirgen kommenden Flüſſe zugeſchüttet wurden, namentlich dort, wo die
Gebirge hoch und waſſerreich waren. Das iſt beſonders der Fall am Fuße der Sierra de
Perija und der Kordillere von Merida, weshalb auch das Flachland am Weſt- und Südufer
der Lagune von Maracaibo viel breiter als am öſtlichen Ufer iſt, über dem ſich die niedrigen
Gebirge von Coro erheben. Der ganze weſtliche und ſüdliche Teil der urſprünglichen Meeres-
bucht wird daher von einem jungen diluvialen und alluvialen Flachlande eingenommen, das
nirgends 50 m Höhe erreicht. Von den Flüſſen bietet der Catatumbo-Zulia eine für
Dampfer ſchiffbare Waſſerſtraße von 250 km Länge bis an die Grenze von Venezuela und
Colombia dar. Der Chama, der größte Fluß der Kordillere von Mérida, mündet auf der Süd—
ſeite des Maracaiboſees, und der kleinere Escalante erlaubt die Schiffahrt bis nach San Carlos.
Infolge der ſtarken Tätigkeit der Flüſſe iſt die urſprüngliche Meeresbucht auf ihren
öſtlichen Teil beſchränkt worden, der nun unter dem Namen Lagune von Maracaibo
bekannt iſt. Dieſer große See hat noch eine Fläche von etwa 13600 qkm, iſt 170 km lang,
am Südufer mit 120 km am breiteſten, hat im übrigen eine mittlere Breite von faſt 100 km
und verſchmälert ſich im Norden bis auf 15 km gegenüber Maracaibo. Am Ausgang gegen
den Golf von Maracaibo legen ſich zwei Nehrungen vor das ſchmale Becken, verengen es
bis auf 500 m, bilden die Inſel Zapara und erzeugen eine Barre mit nur 2 m Waſſertiefe
bei Ebbe, 31, m bei Flut. Vor dem Ausgange liegt die kleine Inſel Toäs mit anſcheinend
granitiſcher Unterlage, die eine Verbindung zwiſchen der Sierra Nevada de Santa Marta und
Paraguanä anzudeuten ſcheint. Schon ſüdlich von Maracaibo nimmt die Tiefe des Sees bis
432 Das gefaltete Land des Weſtens.
auf 150, im ſüdlichſten Teil der Lagune bis auf 250 m zu; ſein Waſſer hat überall eine gleich-
mäßige Wärme von 26° und iſt ſüß, außer bei Flut und nördlich von Tods, wo es brackig wird.
Im Oſten des auch El Saco genannten Golfs von Maracaibo liegt eine Halbinſel,
Baraguand. Sie wird nur durch eine ſchmale, ſandige Dünenlandenge an das Feſtland
geknüpft, iſt etwa 3000 qkm groß und weicht in ihrem Bau völlig von dem benachbarten
Feſtlande ab. Sie beſteht aus einem Kern von kriſtalliniſchen Schiefern und Granit, einem
Stock alter Eruptivgeſteine, einer Decke von Kreidegeſteinen und namentlich aus Tertiär,
iſt im allgemeinen kaum höher als 100 m, erreicht aber in dem ſchroff aufſteigenden Cerro
de Santa Ana, einem Berge aus Dioritporphyrit, 800 m Höhe und beſitzt Flüſſe und Bäche
überhaupt nicht, dagegen zahlreiche Tanke. So zeigt ſie nähere Beziehungen zu der Guajira
und zu Aruba und Curacao als zu Coro.
Die Kordillere von Mérida und ihre Ausläufer. Die Kordillere von Merida,
nach der Stadt Merida genannt, beſitzt wie die Oſtkordillere als echtes Faltengebirge eine
zentrale Achſe aus kriſtalliniſchen Schiefern und Granit und zwei Außenzonen aus Sand—
ſteinen, Kalkſteinen und Schiefern der Kreideformation. Auch Tertiär nimmt, beſonders im
Weſten und Oſten, an ihrem Aufbau teil und iſt noch mit gefaltet worden, wogegen junge
Eruptivgeſteine vollkommen fehlen und von älteren auch nur Granit vorkommt. Der nörd—
liche Abfall iſt bedeutend ſteiler als der ſüdliche. Aus der Senke von Cucuta erhebt ſich zu—
nächſt das aus Kreide und Tertiär gebildete, 1200—2000 m hohe Bergland des weſtlichen
Tächira, auf das öſtlich von San Criſtöbal die höheren Ketten und die kriſtalliniſchen Schiefer
folgen. Zunächſt bildet ſich eine, dann zwei Hauptketten aus, die Berghöhen ſchwellen bereits
bei La Grita zu 3700, nördlich von Merida zu 4000-4700 m an.
Am linken Ufer des reißenden Chama ſteigt nun der Kern der Kordillere, die Sierra
Nevada de Merida, auf. Dieſe iſt der höchſte Teil der Kordillere, beſteht großenteils aus
Gneis, in den größten Höhen auch aus Granit und trägt fünf Schneegipfel, von denen die
La Columna (die Säule) genannte Spitze 5000 m erreicht. Da die Schneegrenze hier in nur
4500—4700 m Höhe liegt, jo ſind die Columna und vier andere Gipfel dauernd mit Schnee
bedeckt und tragen eine Reihe von Gletſchern, die bis 4300 m hinabreichen (Tafel 17, Ab⸗
bildung J). Nach Oſten hin nähern ſich die Culata-Kette, die Sierra Nevada und alle ihr
ſüdlich folgenden, zum Teil noch 3500 m erreichenden Ketten und vereinigen ſich zu dem Berg-
lande von Mucuchies, deſſen granitiſche Gipfel in der 4700 m hohen Schneekette von Santo
Domingo und dem 4640 m hohen Pan de Azuüͤcar, einem ſchildförmigen Gipfel, der Sierra
Nevada wenig nachgeben. Zwiſchen beiden liegt der letzte, 4000 m überſteigende Paß der
Anden, der 4120 m hohe Päramo de Mucuchies.
Sehr reich iſt die Kordillere von Mérida an Schotterterraſſen, die der Periode nach
dem Abſchmelzen des in der Eiszeit bis zu 3500 m auf ihr lagernden Eiſes entſtammen.
Auf der höchſten dieſer Meſas liegt die Stadt Merida.
Nunmehr teilt ſich die Kordillere in drei Aſte. Der nördliche ſinkt ſchon bei Valera unter
2000 m herab, der mittlere und der ſüdliche ziehen, nur durch das tiefe Tal des Rio Bocond
getrennt, mit einer Reihe hoher, nahe an 4000 m herankommender Päramos nordoſtwärts
gegen Tocuyo, wo die mittlere Kette abbricht und in das niedere Bergland von Coro über-
geht, während die ſüdliche mit 1500 —1000 m Höhe noch den Rio Barquiſimeto erreicht.
Coro und Barquiſimeto. Zu den Kordilleren darf auch wohl noch das im Nordoſten
der Kordillere von Mérida gelegene Gebirgsſyſtem von Coro gerechnet werden, das die
Venezuela: Das Feitland. 433
Landſchaft Coro ganz und den Staat Barquiſimeto (Lara) zum Teil umfaßt, ſomit das ganze
Gebiet zwiſchen dem Maracaiboſee, Paraguanä und dem Golfo Triſte. Im Süden durch
eine Linie von Tucacas über Duaca nach Carora begrenzt, nimmt es in dieſer Ausdehnung
eine Fläche von 47000 qkm ein, etwa jo viel wie die Kordillere von Merida. Wahrſcheinlich
bildet das Gebirgsſyſtem von Coro als nordöſtlicher Ausläufer der Kordilleren die Fortſetzung
der zwiſchen San Criſtöbal im Tächira und Dcaria liegenden Gebirgsketten, deren nordöſtlich
ſtreichende Glieder unter dem Maracaiboſee zur Tiefe gegangen ſind. Coro beſteht nur aus
Kreide und Tertiär, Kalkſteinen, Sandſteinen, Schiefertonen und Mergeln in zonenförmiger
Anordnung und mit oſtnordöſtlichem Streichen. Das Gebirge gipfelt in der 1500 m hohen
Sierra de San Luis und der 1000 1500 m erreichenden Kordillere von Agua Negra. Die
Senke zwiſchen beiden Gebirgen erreicht nirgends 400, meiſt nur 200—300 m Höhe und iſt
in der Mitte mit Geſtrüpp, in den öſtlichen Teilen mit Wald und Gras beſtanden; im
Weſten waſſerarm, im Oſten waſſerreich, erzeugt ſie keinen einheitlichen Strom. Dagegen
fließt am Südrande der Kordillere von Agua Negra der größte Fluß des nördlichen Vene⸗
zuela, der waſſerreiche, zur Regenzeit oft unpaſſierbare Rio Tocuyo.
Südlich von Coro, öſtlich von der Kordillere von Mörida, gelangt man an ein Land
ohne ſcharf ausgeſprochenen Charakter, das Zwiſchenland von Barquiſimeto. Dieſes
500-900 m hohe Land beſteht durchweg aus gefalteten Tonſchiefern im Untergrunde, aus
Kreideablagerungen, gefalteten Sandſteinen und Kalkſteinen, Quarziten und Konglomeraten
und hat überall dieſelben Farben der Landſchaft: rötlichen Boden, mattgrüne Kakteen und
fahles Geſtrüpp. Die Anordnung der Höhenzüge und der Flüſſe iſt wirr; die mitten durch
Barquiſimeto hindurchziehende Waſſerſcheide entſendet im Weſten und Norden aus dem
Becken von Carora Waſſer zum Tocuyo und zum Atlantiſchen Ozean, im Süden durch den
Rio Barquiſimeto zum Apure. In den Höhenzügen ſtreiten eine oſtnordöſtliche und eine
nordnordweſtliche miteinander: die eine entſpricht der Streichrichtung der Gebirge von Coro
und der Kordillere von Merida, die andere derjenigen der Brüche des nun folgenden Gebirges
von Mittel- und Oſtvenezuela. Aus dieſem Wechſel erklärt ſich der unregelmäßige Verlauf
der Oberflächenformen.
Das Karaibiſche Gebirge. Alles öſtlich von Coro und Barquiſimeto gelegene Ge—
birgsland gehört dem Karaibiſchen Gebirge an. Dieſes erſtreckt ſich von der Senke von
Yaritagua und dem Rio Aroa im Weiten bis nach dem äußerſten Oſten von Venezuela und
umfaßt auch noch die Inſeln Margarita, deren Nebeninſeln ſowie Trinidad, vielleicht auch
Tobago. Während das Kordillerenſyſtem nur junge Faltungsgebirge enthält, muß das Ka-
raibiſche Gebirge als ein altes bezeichnet werden. Seine Bergformen haben den Ausdruck
des Abgenutzten, Abgehobelten und Greiſenhaften; ſie ſind ſtärker zerfurcht und gewiſſermaßen
runzelig, und ihre archäiſche Grundlage iſt in viel höherem Maße entblößt als bei den Kor—
dilleren. Auch befindet ſich das ganze Gebirge bereits im Zuſammenbruch, denn einerſeits
haben große Längsbrüche das früher offenbar viel breitere Gebirge zum Teil zerſtört: die
Inſel Margarita und ihre Nebeninſeln müſſen vormals eine dritte Längskette gebildet haben,
ein großer Längsbruch hat auch den Golf von Cariaco geſchaffen und die Halbinſeln Araya und
Päria abgegliedert, und Längsbrüche gliedern ferner Trinidad. Anderſeits wird das Gebirge
von großen Querbrüchen durchſetzt: der eine, die Yaracui-Senfe, trennt das Yaracui-
Gebirge von der Hauptmaſſe des Karaibiſchen Gebirges ab, der andere klafft in der Breite
von faſt 200 km zwiſchen dem Kap Codera und Araya und greift durch das ganze Gebirge
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 28
434 Das gefaltete Land des Weſtens.
hindurch gegen die Llanos hinein, der dritte hat in der Boca de Dragos Trinidad von dem
Feſtlande abgelöſt. Dadurch wird das Karaibiſche Gebirge in vier Abſchnitte zerlegt.
Das Yaracui-Gebirge und der Kern des Karaibiſchen Gebirges zwiſchen Nirgua und Rio
Chico bilden die Weſthälfte und nehmen eine Fläche von 36000 qkm ein, dann folgt der
große Bruch von Barcelona und öſtlich von ihm das Gebirge von Carüpano und Cumand
ſowie die Inſel Trinidad, welche die Oſthälfte des Karaibiſchen Gebirges ausmachen und
20000 qkm bedecken, davon Trinidad allein 4544.
Das ganze Gebirge beſteht aus zwei in öſtlicher Richtung ſtreichenden Hauptketten.
Dieſe ſind durch Querriegel miteinander verbunden, zwiſchen denen Senkungsfelder liegen:
teils trockene Seeböden oder bereits durch Flüſſe, wie den Tuy, ausgefüllte, teils aber noch
mit Waſſer bedeckte, wie der See von Valencia, der Golf von Cariaco und zum Teil auch der
Iſthmus von Caſanai. Auch in dieſer Beziehung ſowie durch die geringere Höhe, die 2800 m
nicht überſchreitet, unterſcheidet ſich das Karaibiſche Gebirge von den Kordilleren. Die beiden
Hauptketten ſtimmen darin überein, daß die nördliche ausſchließlich aus archäiſchem Geſtein
beſteht, weichen aber inſofern voneinander ab, als die ſüdliche Hauptkette im weſtlichen Ab—
ſchnitte aus archäiſchen Geſteinen, alten Eruptivgeſteinen und einer Anlagerung von Kreide
und Tertiär gebildet wird, während öſtlich des Bruches von Barcelona das Kreidegebirge die
archäiſchen Schichten völlig verdrängt. Das Streichen der Schichten iſt gegen die Antillen
gerichtet, was ebenſo für einen früheren Zuſammenhang mit dieſen ſpricht wie die Ahnlichkeit
der Zuſammenſetzung, denn auch die Antillengebirge beſtehen im weſentlichen aus einem
alten Schiefergebirge mit Eruptivgeſteinsſtöcken und einer Decke von Kreide und Tertiär.
Der weſtlichſte Teil des Karaibiſchen Gebirges, das Varacui-Gebirge, erhebt ſich aus
der Niederung des Aroa zur Höhe von 1500—1800 mund ſetzt ſich aus archäiſchen Schiefern
und Granitſtöcken zuſammen. Im Nordweſten, wo die Kupferminen von Aroa liegen, iſt es
ein düſteres Waldgebirge mit wenigen Lichtungen und ſpärlich verſtreuten Hütten, im Süd—
often erſtrecken ſich kahle, mit Savannen bedeckte Vorhöhen, in den mittleren Höhen Pflan⸗
zungen und nur ganz oben Wald. Die nun folgende Varacui-Senke, eine kaum 100-200 m
hohe, von Pflanzungen, Wald und Savannen bedeckte, grün und gelb ſchimmernde Niede—
rung, geht im Süden in die Senke von Yaritagua über, die der Rio Barquiſimeto und der
Rio Nirgua nach Süden entwäſſern. Die Waſſerſcheide zwiſchen dem Naracui und dem
Barquiſimeto liegt in nur 300 m Höhe, und wenn auch ihre Breite nur 12—24 km beträgt,
ſo bilden doch die beiden Niederungen zuſammen eine tiefe Furche, deren Bedeutung für
den Verkehr im Lande noch nicht genügend gewürdigt worden iſt. Dieſe Furche hat aber in
ihrem ſüdlichen Teile inſofern eine noch größere Wichtigkeit, als fie zwiſchen Yaritagua und
San Rafael das Kordillerenſyſtem von dem des Karaibiſchen Gebirges ſcheidet und ſomit als
eine tektoniſche Linie erſten Ranges gelten darf, deren Richtung ſich auch in den Llanos in
Form des Stromlaufes des Cojedes-Portugueſa-Apure (vgl. S. 122) fortſetzt. Geröll, Schutt,
Breccien und Konglomerate bilden den Boden, auf dem Wald und Savanne mannigfach
wechſeln, ganz ähnlich wie in den Llanos.
Oſtlich von dieſer Senke erſteigt man die dunkeln Waldgebirge von Nirgua und tritt in
den Hauptteil des Karaibiſchen Gebirges ein. Hier erhebt ſich die nördliche Kette aus
dem ſumpfigen Tieflande zwiſchen San Felipe und Puerto Cabello und zieht zunächſt mit
der mäßigen Höhe des Naracui-Gebirges, 1500 —1700 m, als ein im Norden mit dichtem
Walde bedecktes, im Süden von Savannen und Pflanzungen beſtandenes Gebirge oſtwärts.
Venezuela: Das Feitland. 435
Zwiſchen Puerto Cabello und Valencia ſchneidet der nur 600 m hohe, Las Trincheras genannte
Paß mit einer 93° warmen Quelle ein. Dann ſchwillt das Gebirge ganz allgemein zu 2000 m,
vereinzelt noch höher an, enthält nur wenige Päſſe und ſcheidet mauergleich die feuchte, wald—
bedeckte Küſte von dem trockeneren Inneren. Oſtlich des 1000 m hohen Paſſes von Catia
zwiſchen La Guaira und Caräcas erreicht die Nordkette (Tafel 18, Abbildung 1) die größten
Höhen des Karaibiſchen Gebirges überhaupt in dem Pico de Naiguataä mit 2782 und der Silla
de Caräcas mit 2665 m, verliert dann an Höhe und bricht am Kap Codera plötzlich ab. Nicht
ganz ſo ſchroff wie gegen das Meer fällt die Küſtenkette nach Süden ab; hier liegt der See
von Valencia oder von Tacarigua, anſcheinend in einer tektoniſchen Tiefenlinie, ein wun—
derſchönes, abflußloſes, von klippigen Inſeln belebtes, etwa 70 m tiefes Waſſerbecken von
faſt ovaler Form in 412 m Höhe. Durch die nur 530 m hohe Senke von La Victoria und
Conſejo, die berühmten Täler von Aragua, wird das Becken des Valenciaſees von dem
großen Flußtale des Tuy geſchieden.
Die ſüdliche Hauptkette, Serrania del Interior, weicht von der nördlichen durch
das häufigere Auftreten von Eruptivgeſteinen und Kreideablagerungen und durch geringere
Höhe und Geſchloſſenheit ab. Im Weſten nur 1000 m hoch, wird ſie bereits ſüdlich Valencia
durch den nur 400 m hohen Paß von Tinaquillo, der einen bequemen Weg nach den Llanos
von San Carlos darbietet, zerſchnitten, ſchwillt ſüdlich des Valenciaſees auf über 1500 m an,
erleidet aber eine abermalige Einſchartung durch den nur 560 m hohen Paß von Villa de Cura,
der die Verbindung zwiſchen Caräcas und den Llanos von Calabozo herſtellt. Erſt von da an
wird die Serrania del Interior ein geſchloſſenes Gebirge mit Höhen von 1500 m; ihre größte
Höhe (1800 m) erreicht ſie im Cerro Azul oder Luzero.
Damit gelangen wir bereits in die Nähe des Bruches von Barcelona. Die Nord—
kette fehlt hier ganz, die Höhen der Südkette aber, die im Stromgebiete des Unare in Hügel—
land aufgelöſt iſt, überſchreiten 500 m nicht mehr, weshalb der Unare als einziger Fluß der
Llanos nach dem Atlantiſchen Meere durchzubrechen vermag.
Der öſtliche Abſchnitt des Karaibiſchen Gebirges hat wiederum zwei Haupt—
ketten, von denen jedoch die ſüdliche die höhere iſt. Die braunroten Berge von Barcelona und
Cumanacoa beſtehen ausſchließlich aus Sandſtein und Kalkſtein, erreichen im Turumiquire
2010 m, ſind alſo etwas höher als die Serrania del Interior und zeigen deutliche Karſt—
erſcheinungen, Höhlen, wie die berühmte, von Humboldt beſuchte Guächarohöhle, und ſchroffe
Formen. Die Küſte iſt zwiſchen Barcelona und Cumanc eine Steilküſte, vor der in dem
braunen und grünen Meere graue und braune Inſeltrümmer liegen: ein großartiges
Ineinandergreifen von Land und Meer, von Inſeln, Halbinſeln, Klippen, Vorſprüngen
und blauen Buchten. .
Die Verbindung zwiſchen der Süd- und Nordkette wird durch einen nur SO km langen
Iſth mus gebildet, der aus der Lagune von Caſan ai im Weſten, dem ſumpfigen Flußgebiete
des Rio Pilar im Oſten und einem noch unzerſtörten Pfeiler des Kreidegebirges von nur
550 m Höhe mit 97° heißen Quellen beſteht und Schwefellager enthält. Nördlich davon be—
ginnt die Nordkette, ein archäiſches Gebirge aus Glimmerſchiefer, das in eine weſtliche
Halbinſel, Araya, und eine öſtliche, Päria, zerfällt. Obwohl von derſelben Zuſammenſetzung,
ſind beide doch ſehr verſchieden. Araya überſteigt kaum 500 m Höhe, iſt ſehr trocken, entbehrt
des Waldes vollſtändig, der Pflanzungen faſt ganz, wird nur von öder Geſtrüppvegetation
überzogen und hat ſandige, ſalzige Küſten, während man die Halbinſel Päria als ein dichtes
28 *
436 Das gefaltete Land des Weſtens.
Waldgebirge bezeichnen darf, vor dem ſich nach Süden ein feuchtheißes Küſtenland mit
reichem Anbau von Kakao ausbreitet, ſo daß die allergrößten Gegenſätze zwiſchen der weſt—
lichen und öſtlichen Hälfte der Nordkette, ähnlich wie in Coro, beſtehen.
b) Klima, Pflanzendecke und Tierwelt.
Das Klima. Das Klima des gebirgigen Teiles von Venezuela iſt noch wenig bekannt.
Meteorologiſche Stationen gibt es nur in Caräcas, Puerto Cabello, La Guaira ſowie auf
den Inſeln Curacao und Trinidad. Auch it 2½ Jahre lang in der deutſchen Kolonie Tovar,
nördlich von La Victoria, beobachtet worden; dagegen fehlen genaue Aufzeichnungen aus
dem geſamten Weſten zwiſchen Colombia und Valencia. Da überdies alle vorhandenen
Stationen, mit Ausnahme von Caracas und Tovar, am Meere liegen, jo iſt beſonders unſere
Kenntnis des Höhenklimas Venezuelas ſehr gering. Das Klima der Republik wird aber
gerade durch die verſchiedene Erhebung des Landes über den Meeresſpiegel mannigfaltig.
Alle tiefer gelegenen Teile haben ein heißes, tropiſches Klima. Dieſes iſt aber auch
bereits verſchieden, weil die dem Meere nahe gelegenen Landesteile meiſt reichere Nieder—
ſchläge empfangen als das Innere; doch gibt es auch davon Ausnahmen.
Die Küſtenſtationen La Guaira und Puerto Cabello haben ſehr hohe Jahresmittel,
nämlich 27“ und darüber, erſteres 27,1, letzteres 27,0 die Mittel der wärmſten Monate
erreichen und überſteigen 28°, die der fühlften gehen aum unter 26° herab, die Schwankung
iſt alſo gering, 1,7 2,50. Ein wenig kühler find die Inſeln Trinidad und Curacao, erſtere
mit 25,9, letztere mit 26,8“ Jahresmittel. Auf Trinidad aber erreichen die wärmſten Monate
Mai und September nur 26,6“ im Mittel, auf Curacao ſteigt das Septembermittel auf 28,10
und die kühlſten Monate weiſen als Mittel auf Trinidad 24,9, auf Curacao 25,6“ auf, beide
Male im Februar. Extreme ſind nur von Trinidad bekannt, 31,9 und 17,9. Die Schwankung
beträgt bei Trinidad 1,7, auf Curagao 2,8“. In der Tat iſt das Klima gleichmäßig heiß. Der
wärmſte Platz, La Guaira, leidet darunter, daß auch die Nächte in den wärmeren Monaten
wenig abkühlen, da die am Tage erhitzten Felswände dann ausſtrahlen; daher heißt der
Hafenplatz El Infierno, die Hölle. Friſcher ſind natürlich die Gebirgsländer: Caracas in
920 m Höhe hat ein Jahresmittel von 21,8“ bei einem Mai von 23,3 und einem Januar von
20,3“; die Schwankung beträgt alſo nur 3. Noch geringer iſt dieſe in der 1000 m höher ge—
legenen Kolonie Tovar, wo das Jahresmittel auf 14,4, der wärmſte Monat, April, auf 15,10,
der kühlſte Monat, Januar, auf 12,7, die Schwankung auf 2,4“ ſinkt. Die mittleren Extreme
ſind mäßig, in Caracas 26,8 und 14,4. Eine Überſicht über die genannten Stationen gibt
folgende Tabelle:
Wärmſter Kühlſter
Jahr Monat Monat een 1
Willemſtad auf e . 26,80 28,10 25,30 2,80 600
a Gugi roa rs 27,10 28,30 25, 80 2,50 —
Pee 27, % 27,90 26,20 1779 —
St. Anns auf Trinidad .. 25,90 26,60 24, 72 1698
Caräcas (920 m).. 2,80 23,30 20,30 3,00 811
Tovar (2040 m)) 14,40 15,1° 12,70 2,40 —
In der Kordillere von Mérida kommen nun aber weit niedrigere Temperaturen vor, weil
ſie zu einem großen Teile zwiſchen 2000 und 4000, in der Nevada de Merida und der Sierra
Venezuela: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 437
de Santo Domingo bis gegen 5000 m hoch iſt. In Höhen von 3000 m ſinkt das Jahresmittel
wahrſcheinlich auf 12“, in 4000 m auf 6°, und in den größten Höhen wird es nahe 0° liegen.
Die Niederſchläge ſind, abgeſehen von Curagao, nur in Caräcas und auf Trinidad
gemeſſen worden. Hier betragen ſie 1698 mm im Jahre, dort nur 811. Wollte man daraus
ſchließen, daß die Küſte überall feucht ſei, ſo wäre das ein Irrtum. Schon nahe Trinidad iſt
die Halbinſel Araya ein ſehr trockenes Gebiet, und ebenſo leiden die weſtlichen Teile von
Coro, die Halbinſel Paraguanä, die Inſeln vor der Küſte von Venezuela und die Umgebung
von Maracaibo an großer Trockenheit, während anderſeits die Halbinſel Päria, die Küſte
zwiſchen Kap Codera und Tucäcas, das öſtliche Coro, der Zulia und die nördlichen Gehänge
der Kordillere von Merida ſehr feucht ſind, zum Teil weil der Paſſat an den hohen Küſten⸗
gebirgen emporſteigt und Niederſchlag durch Abkühlung erzeugt. Nach dem Inneren zu
nimmt die Regenmenge im ganzen ab, namentlich in den ſüdlich der höheren Ketten ge—
legenen Tälern; daher hat Caracas nur 811 mm Niederſchlag. Sehr trocken iſt Barquiſimeto.
Die Verteilung der Jahreszeiten iſt ebenfalls recht verſchieden. Im Oſten, im
Karaibiſchen Gebirge, zerfällt das Jahr in zwei Hälften, die Trockenzeit von Dezember bis
April und die Regenzeit von Mai bis November. So hat Caräcas in erſterer nur 116 mm
Regen von 811, alſo 14 Prozent, in der Regenzeit faſt 86, und für Trinidad ſind dieſe Zahlen
350 von 1698 — 20 Prozent und 80 Prozent. Das Maximum des Regenfalles liegt auf
Trinidad im Auguſt mit 261 mm, dagegen macht ſich in Caracas gerade im Auguſt eine Ab⸗
ſchwächung der Regen bemerkbar, ſo daß die regenreichſten Monate Juli und Oktober ſind.
Im weſtlichen Venezuela tritt dieſe Abſchwächung etwas früher ein, im Juni und Juli, und
iſt auch deutlicher. Man kann daher von einer Vierteilung des Jahres reden, da in den ge—
nannten Monaten die Regenzeit durch den Veranito de San Juan, den kleinen Johannis-
ſommer, unterbrochen wird, wenn es auch zu einer wirklichen kleinen Trockenzeit nicht kommt.
Schnee fällt in der Kordillere von Mérida bis etwa 3500 m abwärts, bleibt aber
dauernd erſt über 4600 m Höhe liegen. Die Schneegrenze liegt aber auf den ſchneefreien
nördlichen Ketten derſelben höher als 4700 m, an anderen Stellen in 4500 m Höhe. Gletſcher
dringen bis 4300 m abwärts, und in der Eiszeit war die Kordillere ſicher an zwei Stellen,
in der Nevada de Merida und in der Sierra de Santo Domingo, weit herab vergletſchert,
nach A. Jahn ſogar bis 3250 m.
Die Pflanzendecke. Die Vegetation Venezuelas ähnelt der Colombias (vgl. S. 416).
Auch in Venezuela finden ſich der feuchte Regenwald, der Trockenwald, die Savannen, der
Monte, aber die Ausdehnung des Regenwaldes nimmt nach Oſten hin ab. Er bedeckt vor—
wiegend nur noch die Gehänge der Kordillere von Merida und der Sierra de Perija, ferner
das öſtliche Coro und den Nordabhang des Karaibiſchen Gebirges zwiſchen dem Yaracui und
dem Kap Codera und ferner von Rio Caribe bis Trinidad. Auch hier wachſen jene zahlloſen
Laubbäume und Baumrieſen, die wir ſchon in Colombia und Ecuador kennen gelernt haben,
deren Aufzählung hier jedoch zu weit führen würde.
Der Bergwald kommt wegen der niedrigen Waldgrenze im Oriente dort überhaupt
nicht, ſondern nur in Mittel- und Weſtvenezuela vor, namentlich am Nordhange des Karaibi—
ſchen Gebirges und in der Kordillere von Merida. Der Trockenwald bedeckt Weſtcoro,
Barquiſimeto, die Umgebung des Sees von Valencia, das Tuytal, die Südſeite der Serrania
del Interior, das Tal des Unare und die Südſeiten des Gebirges von Cumand und Carüpano
und geht beſonders auf Araya, Margarita, um Cumand, Barcelona und am Unare in den
438 Das gefaltete Land des Weiten.
Monte, die Geſtrüpplandſchaft, über, der auch den Norden der Lagune von Maracaibo um—
zieht, das weſtliche Coro und Barquiſimeto bedeckt und ſogar in das Innere der Kordillere
von Merida eindringt, während Savannen mit dicht ſtehenden Gräſern in den Becken von
Bejuma, Miranda, Montalban und Nirgua, vor allem aber in der Yaracui-Senke auftreten.
In der Höhe werden ſie durch die Bergwieſen erſetzt, die im Oriente ſchon von 400 —500 m
an erſcheinen, aber auch in der Serrania del Interior und auf der Cordillera coſtanera vor—
kommen. Dagegen ſind die Päramos mit den auf S. 418 geſchilderten Eigenſchaften für
einen großen Teil der Kordillere von Mérida bezeichnend. Die Nutzpflanzen ſind im ganzen
dieſelben wie in Colombia, nur fehlen die Chinarindenbäume, die Steinnußpalme und die
Koka im Oſten ganz.
Tierwelt. Die Fauna erinnert an die von Guayana einerſeits und die von Co—
lombia anderſeits. Die Waldtiere treten im ganzen zurück, doch hört man noch oft das
Heulen der Brüllaffen, Araguatos, im Walde und ſieht gelegentlich ein Faultier (Bradipus
torquatus), ſeltener Tapir, Jaguar, Vaͤquira oder Pekari, in den Höhen den Puma. Eine
Reihe von anderen Katzen kommt vor, und daneben ſind erwähnenswert der Fuchs Canis
azarae, der Huron (Galictis vittata), der Bär Ursus ornatus, der Wickelbär (Cercoleptes
caudivolvulus), der Waſchbär (Procyon cancrivora) und der Naſenbär (Nasua socialis).
Den Wald liebt noch der Ameiſenfreſſer, Oſo palmero (Myrmecophaga jubata), während
der Oſo melero (Myrmecophaga tetradactyla) die Savanne bevorzugt wie auch das
Gürteltier, Cachicamo (Dasypus novemeinctus), das Reh, Venado (Cervus virginianus
und C. savannarum), der Haſe (Lepus brasiliensis), die Lapa (Coelogenys paca), das Aguti
(Dasyprocta aguti) und das Stachelſchwein, Puerco-eſpin (Cercolabes prehensilis). An
Waſſertieren find häufig die Nutria (Lutra brasiliensis) und der Perro de Agua (Myo-
potamus brasiliensis). Auch zwei Beuteltiere leben noch in Mittelvenezuela, nämlich das
Rabopelado (Didelphys cancrivora) und der Perrito de Agua (Chironectes variegatus).
Während man von Vögeln am Gehänge der Kordillere von Merida noch die großen
roten Papageien, Guacamayos, fliegen ſieht, bekommt man in Mittelvenezuela und dem
Oriente nur die grünen Amazonen, Loros, und die kleinen Pericos und Periquitos zu
Geſicht. Häufig ſind außer dieſen in der Savanne der Trupial (Icterus xanthornus) und
der rote Kardinal (Phoenicothraupis rubra) ſowie die Paraulata (Mimus lividus). Der
Zamuro (Cathartes atratus) oder Aasgeier beſorgt die Straßenreinigung, weicht aber
ſcheu vor dem Rey de Zamuro, dem Geierkönig (Gyparchus papa), zurück, der Gavilan
(Thrasaetus harpyia) zieht ſeine Kreiſe hoch über dem Gebirge, und an den Waſſerläufen
hört man die gellende Stimme der Guacharaca (Penelope argyrotis), im Walde die melo—
diſchere des Paujt (Pauxi galeata) ſowie zahlreicher Tauben. Von Reptilien iſt der
Kaiman in Mittelvenezuela nur in den Llanoszuflüſſen und in den Küſtenflüſſen zu treffen,
während er im Zulia und am Magdalena in ungeheuren Mengen erſcheint. Überall häufig
ſind die großen Iguanas (Iguana delicatissima), welche Bäume erſteigen, und die Klapper⸗
ſchlange (Crotalus horridus), ſeltener die ſehr giftige Mapanare (Lachesis mutus) und die
Korallenſchlange (Erythrolampus venustissimus).
c) Bevölkerung und Beſiedelung.
Bevölkerung. In Mittelvenezuela iſt die Urbevölkerung faſt vollſtändig vernichtet
oder von den Einwanderern, Weißen und Negern, aufgeſogen worden. Wenn hier auch
Venezuela: Bevölkerung und Beſiedelung. 439
größere Reſte der Eingeborenen noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts exiſtiert haben müſſen,
ſo ſind heute doch nur im äußerſten Oſten noch geringe Reſte der Urbevölkerung in Ge—
ſtalt der Cumanagoto und Chaima in der Gegend von Barcelona, Cumand und Cumanacoa,
ſowie in den ſüdlich anſchließenden Llanos erhalten: Stämme, die Humboldt vor einem Jahr-
hundert noch wohl ſtudieren konnte, während ſie jetzt ihre Eigenart ſo gut wie ganz eingebüßt
haben. Ihre Sprache erlaubt jedoch den Schluß, daß ſie den Karaiben angehört haben, und es iſt
wahrſcheinlich, daß auch die Stämme von Mittelvenezuela, die kriegeriſchen Caräcas-Indianer
und die gefürchteten Jirajara in der Gegend von Yaritagua und Nirgua, Karaiben waren.
Neuerdings haben die Landſchaften um den Valenciaſee aber Altertümer geliefert,
welche die Ausdehnung des Einfluſſes der Chibcha bis hierher beweiſen. Die in der Kordillere
von Merida eingeſeſſenen Stämme, vor allem die Timotes ſtanden noch mehr unter der
Wirkung der Chibchakultur. Sie zerfielen in viele Unterabteilungen. Jeder Stamm bewohnte
eine Ortſchaft, deren Häuſer Bohio, deren Gotteshäuſer Caneyes genannt wurden. In den
wärmeren Gegenden ging man unbekleidet, bemalte aber den Körper mit dem Rot der Bixa
orellana, in den kühleren brauchte man baumwollene Mäntel, die den Männern bis zu den
Knien, den Frauen bis auf die Füße reichten. Angebaut wurden Mais Yuca, Arracache, Ba-
taten und Waſſermelonen auf Terraſſen am Gehänge der Berge, ſowie auch bereits der Kakao.
Neger wurden auch in Venezuela als Sklaven eingeführt, allerdings nicht in ſo großen
Mengen wie in Weſtindien, und ſollen zu Anfang des 19. Jahrhunderts 62000, 8 Prozent der
Bevölkerung, 1830 noch etwa 50000 Köpfe gezählt haben. Seitdem aber hörte der Sklaven—
handel auf, der Zugang an Negern war gering, und die Miſchung mit den übrigen Raſſen
nahm zu. Heute ſitzen reine Neger am häufigſten an der Küſte und im warmen Lande, werden
aber immer ſeltener: ihre Zahl wird kaum 5 Prozent der Bevölkerung, etwa 138000, betragen.
Noch geringer iſt die Zahl der Weißen, da die zuerſt beſonders aus den baskiſchen Pro—
vinzen, Kaſtilien und Katalonien eingewanderten Spanier ſich alsbald ſo ſehr mit den übrigen
Raſſen vermiſcht haben, daß nur noch wenige Familien ungemiſchtes weißes Blut aufzuweiſen
haben. In der Tat hat ſich allmählich eine Miſchlingsbevölkerung ausgebildet, die bei
weitem den größten Teil der Geſamtbevölkerung des Landes ausmacht, mit Ausnahme von
Guayana, wo reine Indianer noch häufig ſind (vgl. S. 120). Die Kordillere von Merida
beherbergt Neger in der Tierra caliente um San Criſtöbal und Valera, Indianer in der Tierra
fria und Tierra templada, Weiße und Miſchlinge in letzterer. Die Zahl der reinen Weißen
ſchätze ich um Mérida und La Grita auf 15—20, im Tächira und Trujillo auf 10 Prozent.
Die Fremden haben für die Entwickelung des Landes die größte Bedeutung ge—
wonnen: Deutſche haben den Außenhandel des Landes faſt vollkommen in der Hand und
ſind auch neuerdings durch die Erbauung der großen Eiſenbahn zwiſchen den beiden Haupt—
ſtädten von Venezuela die Beherrſcher der wichtigſten Verkehrsſtraße des Landes geworden.
Nordamerikaner vergrößern ihren Einfluß auf die nördlichen Küſtenländer mehr und mehr,
die Holländer ſtammen meiſt aus Curacao und haben daher ſehr enge Beziehungen zum
Feſtlande, und Korſen haben den Kakaobau im Oſten Venezuelas faſt monopoliſiert.
Die Beſiedelung. Auf den älteſten Karten heißt die Nordküſte Südamerikas Tierra
firme, der Oſten Päria, Macarapana oder Tierra Curiana, der Weiten bis zum Kap la Vela
Coſta Canchieto und Coquibacoa, auch ſchon Coro. 1520/21 wurde Cumand, 1527 Coro
und von hier aus 1545 Tocuyo, 1551 San Felipe, 1552 Barquiſimeto, 1555 Valencia,
1567 Caracas und 1572 Carora gegründet, 1578 die Hauptſtadt des nunmehr nach einem
440 Das gefaltete Land des Weſtens.
indianiſchen Pfahldorfe Klein-Venedig, Venezuela, genannten Landes nach Caräcas verlegt.
Im 17. Jahrhundert gründeten Dominikaner, Kapuziner, Franziskaner und Auguſtiner zahl-
reiche Städte, z. B. 1637 Barcelona, im 18. legten Miſſionare Carüpano an. Das 1777 von
dem Vizekönigreich von Neu-Granada losgelöſte Generalkapitanat Caräcas machte 1820 nach
der Befreiung Venezuelas von den Spaniern der großen Republik Colombia Platz, die aber
1830 wieder zerfiel. Seitdem beſteht die Republik Venezuela bald als Einheitsſtaat, bald
(jetzt wieder) als Bundesſtaat und blüht trotz beſtändiger Wirren im ganzen auf.
Die Geſamtzahl der Bevölkerung in Venezuela betrug zu Humboldts Zeit 800000,
fiel infolge der Kriege bis 1825 auf 660000 und ſtieg dann raſch; 1839 nahm Codazzi 954000,
1854: 1500000 an, für 1873 werden 1750000, für 1900: 2245000 angegeben. Heute rechnet
man für ganz Venezuela auf 942300 qkm 2756000 Einwohner, jo daß die Volksdichte 2,7 be-
trägt. Die hier behandelten Landſchaften find aber im Gegenſatz zu Guayana (vgl. S. 120) und
auch zu den Llanos (vgl. S. 126) verhältnismäßig dicht bewohnt; jo kommen in den Staaten
Miranda und Aragua 17—18, in Trujillo 20, in Lara und dem Yaracuy 10 —12 Menſchen
auf ein Quadratkilometer, in Carabobo ſogar 36, im ganzen gebirgigen Norden etwa 12.
Von den 2%, Millionen Einwohnern des Geſamtſtaates Venezuela leben etwa 100000
in Guayana, 300000 im Küſtenland des Nordens, 600000 in den Llanos und 13 Million
im Gebirgsland des Nordens, ſo daß alſo dieſes zuſammen mit dem Küſtenlande rund
2 Millionen Menſchen beherbergt.
Die Größe der Städte iſt noch gering. Nach den neueſten Angaben ſoll Caräcas
73000, Maracaibo 50000, Valencia 40000, Puerto Cabello 14000 und La Guaira 12000
Einwohner haben, doch iſt auch Ciudad Bolivar wohl eine Stadt von 13—15000 Bewohnern.
Seit 1909 zerfällt Venezuela in 20 Staaten, einen Federaldiſtrikt und zwei Territorien.
Bei dem häufigen Wechſel in der Einteilung des Landes empfiehlt es ſich nicht, die Ver—
teilung dieſer Staaten über das Land eingehend zu beſprechen. Der Bundesdiſtrikt umfaßt
Caraͤcas und deſſen nächſte Umgebung, die Territorien ſind Delta und Amazonas.
In der Kordillere von Meérida leben in drei Staaten 337000 Menſchen, nämlich in:
Kilometer Einwohner Dichte
EEE 11100 101 700 9,0
M 11300 88 500 8,0
S 7400 146 600 20,0
Zuſammen: 29800 336 800 11,2
Sie enthält eine Reihe freundlicher Aderbauftädte, deren Bewohner Kaffee und Kakao
pflanzen und nach Maracaibo ausführen, und hat auch mit dem Llano regen Handel. Die
Ortſchaften liegen mit geringen Ausnahmen in der Tierra templada, meiſt in 800 —1200 m
Höhe, alſo in der Zone der großen Kaffeediſtrikte, des Zuckers und der Maisfelder; unterhalb
von 600 m liegt nur San Antonio in der Senke von Cucuta, etwas über 600 m die andere
Ausgangspforte der Kordillere, Valera, mit dem benachbarten Betijoque. Über 2000 m
ſind nur ſechs Ortſchaften des zentralen Gebirges gelegen, zu denen die Bergſtadt Mucuchies
in 3030 m gehört. Der Hauptort der Kordillere iſt Mérida, ein Landſtädtchen von wahrſchein—
lich nur 78000 Einwohnern. Merida wurde 1812 und 1894 durch Erdbeben arg mitgenom⸗
men und leidet auch an mangelnder Verbindung nach der Küſte. San Criſtöbal, der Hauptort
der weſtlichen Landſchaft Tächira, mag 5000, Ejido bei Merida mit reichem Kaffeebau 4000,
La Grita wie Trujillo, der Hauptort der Landſchaft Trujillo, je 3000 Einwohner haben.
Venezuela: Bevölkerung und Beſiedelung. 441
Zulia heißt das Land um die Lagune von Maracaibo. Es beſitzt auf 65500 qkm
150000 Einwohner, von denen 50000 auf die einzige bedeutende Stadt, Maracaibo, ent-
fallen, in der gut gebaute Häuſer, namentlich am Hafen, und der ſchöne Platz La Concordia
mit der Kathedrale und einer Bildſäule Bolivars auffallen; die Deutſchen leben zum Teil
in der Vorſtadt Los Haticos. Das Fort San Carlos an der Barre iſt 1903 durch deutſche
Kriegsſchiffe zerſtört worden. Der Zulia war 188390 mit dem öſtlich daranſchließenden
Staate Falcon, der alten Landſchaft Coro (140000 Einwohner), zu einem Geſamtſtaate
verbunden, aber deſſen frühere Hauptſtadt, Capatärida, iſt nur ein kleines Landſtädtchen von
3000 Einwohnern. Dagegen iſt Coro, eine der älteſten Städte in Südamerika, 1527 von
den Augsburger Welſern angelegt worden, denen Karl V. die Landſchaft Coro verpfändet
hatte. Sie war zunächſt Sitz eines Biſchofs und bis 1578 der Regierung und iſt jetzt Haupt⸗
ſtadt des Staates Falcon, hat aber nur 9000 Einwohner, ihr Hafen, La Vela, kaum 2500, der
Hafen Cumarebo ebenfalls nur gegen 2000, San Luis noch nicht 900 Einwohner. Der Hafen—
platz Tucacas iſt im Aufſchwunge begriffen, da er 1869 durch die Erbauung der Eiſenbahn
nach den Kupferminen von Aroa der Hafen für dieſe, ſeit 1888 nach der Fortſetzung der
Eiſenbahn bis Barquiſimeto der Hafen für den Staat Lara wurde. Lara hat 190000 Ein-
wohner und eine Volksdichte von 10; der Hauptort Barquiſimeto iſt freilich ein wenig an—
mutiger Platz mit 10000 Einwohnern. Reichen Ackerbau treibt ferner das 5000 Einwohner
zählende Tocuyo, und auch der Handel von Carora mit 4000 Einwohnern iſt anſehnlich.
Der Yaracui iſt eine wohlangebaute, gut beſiedelte Landſchaft mit der Tabaksſtadt
Yaritagua nahe Barquiſimeto und der alten Stadt Real de San Felipe mit altſpaniſchem
Typus; erſtere hat 4000 Einwohner und treibt Handel, beſonders mit Barquiſimeto, San
Felipe (6500 Einwohner) mit Puerto Cabello. Dieſe Stadt iſt der Haupthafen des am
dichteſten bevölkerten, aber kleinſten Staates Carabobo und liegt auf einer Halbinſel an
der Mangrovenküſte. Ihr Hafen wurde durch das 1902 von Deutſchen und Engländern zer-
ſtörte Fort Libertador geſchützt und iſt nächſt Guanta der beſte des Landes, ihren Handel
haben die zahlreich vertretenen Deutſchen in Händen, die zum Teil in der maleriſchen Billen-
kolonie San Eſtéban leben. Hauptſtadt von Carabobo iſt die große Handelsſtadt Valencia
in einiger Entfernung vom See, eine regelmäßig gebaute Stadt mit ſchönen Plätzen, zahl-
reichen Kirchen und 40000 Einwohnern.
Zwiſchen Valencia und Caräcas liegt der am dichteſten beſiedelte Teil der Re—
publik. Hier drängen ſich die wohlbeſiedelten Ortſchaften, Kaffee- und Zuckerpflanzungen,
und hier verläuft auch die Eiſenbahn zwiſchen den beiden Hauptſtädten. An ihr und nahe
dem Valenciaſee liegen Guacara mit 4000, San Joaquin mit 3000 und Maracai mit 6000,
Turmero mit 5000, Cagua mit 4000 und La Victoria mit 9000 Einwohnern, während ſüdlich
davon Villa de Cura 9000 Einwohner erreicht hat. Der aus dem Staate Miranda aus-
geſonderte Bundesdiſtrikt, ein 1930 qkm großer Raum mit 113000 Bewohnern, enthält
im Tale des Rio Guaire ſüdlich der Küſtenkette des Karaibiſchen Gebirges in 922 m Höhe die
weitgedehnte Hauptſtadt Venezuelas, Caracas. Vom Bahnhofe aus durchfährt man eine
Reihe von Straßen mit niedrigen, einſtöckigen Häuſern, bis man auf die prachtvolle Plaza
Bolivar gelangt, auf der ein von F. v. Miller in München gegoſſenes Reiterſtandbild des
Befreiers ſteht, und um welche die Kathedrale, die Caſa Amarilla, die Amtswohnung des
Präſidenten der Republik, und die erzbiſchöfliche Reſidenz ſich gruppieren. Von anderen
öffentlichen Gebäuden ſind zu nennen die aus weißem Sandſtein aufgeführte ſchöne
442 Das gefaltete Land des Weſtens.
Univerſität, der Palacio de Artes y Oficios an der Plaza del Capitolio, der Bundespalaſt,
das prunkvolle Theater und viele Kirchen, endlich das Pantheon, das die Reſte Bolivars
und mehrerer anderer Heroen der Unabhängigkeitskämpfe enthält. Die ſchachbrettförmig
angelegte Stadt gewinnt durch den lebhaften Verkehr, die zahlreichen Straßenbahnlinien und
durch elektriſche Beleuchtung einen großſtädtiſchen, europäiſchen Charakter. La Guaira
(Tafel 18, Abbildung J), der wichtigſte Hafen des Landes, iſt nur eine ſchlechte, durch einen
Wellenbrecher gegen die Nordwinde geſchützte offene Reede, hat ſich aber wegen des ſtark
bevölkerten Hinterlandes zu einem lebhaften Platz entwickelt und iſt durch Straßenbahn
mit dem Vororte Maiquetia und dem Seebade Macuto verbunden.
Oſtlich von Caräcas iſt das Land weniger ſtark beſiedelt. Das Tuytal enthält noch
mehrere Ortſchaften von mehr als 2000 Einwohnern: El Conſejo, Cua und Ocumare und am
Ausgange Rio Chico mit 3000 Einwohnern inmitten von Kakaodiſtrikten. Die Küſte von
Barlovento iſt leidlich, die zwiſchen Rio Chico und Barcelona ſehr ſchwach bewohnt. Der
Oſten heißt im Lande El Oriente und iſt von allen Teilen des Nordens der Republik am
meiſten zurückgeblieben. Barcelona mit 7—8000 Einwohnern iſt eine tote Stadt trotz der
nahe gelegenen Kohlenminen und des vorzüglichen Hafens von Guanta. Lebhafter iſt das
wohlgehaltene, anſehnliche Cumanä mit 9000 Einwohnern, der älteſte und größte Ort des
Oſtens, früher deſſen Mittelpunkt, jetzt aber ohne guten Hafen und mehrmals durch Erdbeben
zerſtört. So hat die erſt 1740 gegründete Stadt Carüpano infolge des mehr und mehr
aufblühenden Kakaobaues im Inneren und wegen ſeines beſſeren Hafens 8000 Einwohner
erreichen und Cumanä in der Handelsbewegung überflügeln können. Gegenüber Trinidad
liegen Guiria und im Aſphaltgebiet Guariquen.
d) Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe.
Über die wirtſchaftlichen Verhältniſſe kann hier raſcher hinweggegangen werden, weil
der Ackerbau demjenigen von Colombia gleicht (vgl. S. 428). Die Frutos menores, geringeren
Früchte, ſind die Grundlage für die Ernährung des Volkes und umfaſſen Mais, Bohnen,
Erbſen, Yuca, Kartoffeln; dazu treten Bananen und Zuckerrohr. Ausgeführt wird von allen
dieſen Erzeugniſſen faſt nichts, auch Tabak nicht, der beſonders um Cabudare in Coro und
bei Yaritagua im Yaracui angebaut wird. Der Anbau von Indigo ergab um 1800 den be-
deutenden Ausfuhrwert von faſt 6 Millionen Mark, hat aber wie der von Baumwolle ſo gut
wie ganz aufgehört, und auch die Kokospalme liefert nur wenig Ol und Kopra zur Ausfuhr,
beſonders aus den Pflanzungen um Puerto Cabello, Cariaco, Cumand und auf Margarita.
Weizen wird nicht ausgeführt, weshalb das Wirtſchaftsleben vorwiegend auf Kaffee und
Kakao ruht. Der Kaffee wurde 1730—40 in Venezuela eingeführt, verbreitete ſich aber erſt
im 19. Jahrhundert über das Land; heute iſt er deſſen wichtigſtes Erzeugnis; von ſeinem
Preis ſind Wohlſtand und Verarmung abhängig. Er wird allgemein angebaut, beſonders in
den Valles de Aragua und öſtlich Caracas bei Guarenas, auch im Yaracui und bei Nirgua,
dann aber namentlich in der Kordillere von Mérida. 1885/86 hatte die Kaffeeausfuhr aus
Venezuela einen Wert von 28,5 Millionen Mark, 1895/96 von 68,6, und 1912/13 belief ſie
ſich auf 62 Millionen Mark. Das zweitwichtigſte Erzeugnis des Landes iſt der Kakao, be—
ſonders in der Gegend zwiſchen Carüpano und El Pilar, dann im Süden der Halbinſel Paria,
um Rio Chico, im unteren Tuytal, auf dem Nordabhange des Karaibiſchen Gebirges von
Kap Codera bis San Felipe, im Yaracui und am Nordrande der Kordillere von Merida.
Venezuela: Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. 443
1912/13 hatte der Kakao einen Ausfuhrwert von 19,6 Millionen Mark. Er ſtreitet mit dem
von Ecuador um den erſten Rang und wird beſonders nach Frankreich ausgeführt.
Der Wald lieferte bis vor einem Jahrzehnt Tonkabohnen von Guayana, ein wenig
Dividivi, die zum Gerben und Färben benutzten Schoten der Caesalpinia coriaria, ferner
Medizinalpflanzen und Bauholz, aber ſchon 1907 hatte der Kautſchuk aus Guayana die dritte,
1912/13 hat er die zweite Stelle in der Ausfuhrliſte erklommen, denn es wurde für 9,s Mil-
lionen Mark Kautſchuk ausgeführt. Die Fiſcherei beſchränkt ſich auf die Ausbeutung der
Perlenbänke von Margarita und iſt für die Ausfuhr ohne Bedeutung (1908/09: 184000
Mark), die Jagd ergibt von den Flußufern der Llanos und Guayanas Reiherfedern im Werte
von 1912/13: 1,5 Million Mark. Die Viehzucht iſt naturgemäß vor allem in den Llanos
entwickelt, wenn auch der Rinder- und Pferdebeſtand wohl nicht mehr ſo groß iſt wie zur
Kolonialzeit. Aber es werden doch zwei Erzeugniſſe der Viehzucht, nämlich lebendes Vieh,
auch Pferde, Eſel, Maultiere, ſowie Häute ausgeführt, 1912/13 für 0,9 und 8,8 Millionen
Mark. Der Bergbau iſt in Venezuela weniger ergiebig als in den meiſten übrigen Kordil-
lerenländern. Die Kordillere von Merida iſt arm an Bodenſchätzen, das Karaibiſche Ge-
birge etwas reicher; von Bedeutung iſt zurzeit nur der Goldbergbau in Guayana, der 1912/13
Gold im Werte von 4,9 Millionen Mark zur Ausfuhr beiſteuerte (vgl. S. 121). Im andinen
Teil Venezuelas gibt es nur Kupfer, Kohlen und Aſphalt. Die Kupferminen von Aroa im
Yaracui ſind ſchon ſeit dem 18. Jahrhundert in Betrieb, waren bis 1866 die einzigen Berg—
werke im Lande, förderten 1880 —83 jährlich für etwa 3, 1884 ſogar für 5 Millionen Mark
Kupfer, haben aber ſeit etwa 20 Jahren an Ergiebigkeit eingebüßt. Immerhin wurden auch
noch 1912/13 für 1328000 Mark Kupfer ausgeführt. Kohlen finden ſich an verſchiedenen
Stellen, im Tächira, in der Gegend von Ortiz und Parapara, aber meiſt in ſtark geſtörten,
ſchwer abzubauenden Flözen der oberen Kreide. Nur in Naricual, 19 km von Barcelona,
38 km vom Hafen Guanta, iſt eine größere Förderung möglich geweſen. Naphtha, Aſphalt
und Petroleum enthält das Tertiär ſowohl im Tächira, im äußerſten Weſten, wie auch bei
Guäriquen, im äußerſten Oſten. Hier beſteht ein Pechſee, ähnlich wie auf Trinidad, aus dem
von der New York Bermudez Company 1912/13 für 1,28 Million Mark Aſphalt ausgeführt
wurde. Endlich kommen Schwefel bei Mundo Nuevo und Chaguaramas nahe Carüpano,
Phosphate bei Agua Blanca nahe Acarigua und Guano an verſchiedenen Stellen der Küſte
vor; auch wird an dieſer Salz aus Salinen gewonnen.
Die Induſtrie iſt erſt in der Entſtehung, und Möbel, Kleider, Schuhe, Filzhüte,
Strumpf⸗, Wollen⸗, Leinen- und Seidenwaren, Drogen, Chemikalien, Farbwaren, Steingut>,
Glas- und Porzellanwaren müſſen daher eingeführt werden. Vorhanden find dagegen
Zuckerraffinerien, Schokoladen- und Likör⸗, Seifen-, Zündholz- und Wagenfabriken, und es
werden auch Nudeln, Eſſig, Ol, Limonade, Bier und Mineralwaſſer im Lande hergeſtellt.
1910 erſchien zum erſten Male Gefrierfleiſch im Werte von 620000 Mark auf der Ausfuhr-
liſte, ein Erzeugnis, das wegen des Viehreichtums der Llanos große Anwartſchaft hat, ein
wichtiger Gegenſtand des Handels zu werden.
Der Handel Venezuelas hat ſtets je nach den politiſchen Zuſtänden im Lande und
auch nach dem Kaffeepreiſe geſchwankt. Im Jahre 1897, als die Kaffeepreiſe noch hoch
ſtanden, hatte er einen Wert von 130 Millionen Mark, wovon 75 auf die Ausfuhr kamen;
als 1898 die große Kaffeekriſe eintrat, ſank er auf 94 Millionen, davon 59,6 für die
Ausfuhr. 1908/09 erreichte er wieder 105,6, 1910/11: 141,6 Millionen Mark und ſtieg,
444 Das gefaltete Land des Weſtens.
wiederum wohl wegen des erneut hochſtehenden Kaffeepreiſes, 1912/13 auf 190 Millionen
Mark. Davon kamen auf die Ausfuhr 104,7, auf die Einfuhr 85,3 Millionen; die Aus⸗
fuhr iſt ſtets größer als die Einfuhr.
Die Einfuhr beſteht hauptſächlich aus Manufakturwaren, Induſtrieerzeugniſſen, Le—
bensmitteln, Halbfabrikaten und Rohſtoffen, wie Kohlen, Eiſen. 1912/13 kamen von der Ein⸗
fuhr 33 Prozent aus den Vereinigten Staaten, 21 Prozent von Großbritannien, 16 Prozent
aus Deutſchland, 13 Prozent aus Frankreich, der Reſt hauptſächlich aus den Niederlanden,
Spanien und Italien. Die Ausfuhr richtete ſich 1912/13 zu 39 Prozent nach den Ver⸗
einigten Staaten; dann folgte Frankreich, das namentlich den Kakao aufnimmt, mit 27
Prozent, weiter Deutſchland mit 15,5, Großbritannien mit 6,5, Spanien mit 6 Prozent,
die Niederlande und Italien. In der Ausfuhr ſteht der Kaffee mit 1912/13: 62 Millionen
Mark Wert ſo ſehr voran, daß er faſt 60 Prozent der Geſamtausfuhr einnimmt. Dann folgen
Kautſchuk mit 9,s Millionen oder 7 Prozent, Kakao mit 9, Millionen oder 12 Prozent, Häute
mit 8,8, Gold im Werte von 4,9 Millionen Mark, und endlich ſind noch Reiherfedern mit 1,5,
Kupfer mit 1,33, Aſphalt mit 1,25 und Vieh mit 0,9 Million Mark nennenswert. Die früher
eine große Rolle in der Ausfuhr ſpielenden aromatiſchen Tonkabohnen des Sarrapiabaumes
in Guayana werden kaum noch ausgeführt. Im ganzen kommen auf die Erzeugniſſe des
Ackerbaues etwa 72 Prozent, der Wald liefert 10 Prozent, die Viehzucht ungefähr ebenſoviel,
der Bergbau 7,5 Prozent, und der Reſt entfällt auf Jagd, Fiſcherei und Induſtrie.
Der Schiffsverkehr ſtellte ſich 1911/12 auf 1950 eingelaufene Schiffe mit 1570000
Tonnen Gehalt. Flußdampfer befahren den Orinoco bis zu den Stromſchnellen von Atures
und ſeine Nebenflüſſe Meta, Apure, Portugueſa, ferner den Rio Escalante und den
Catatumbo-Zulia; ein Dampfer verkehrt auch auf dem See von Valencia. Die wichtigſten
Häfen ſind Maracaibo, La Guaira, Puerto Cabello und Ciudad Bolivar; der Handelswert in
den Zollhäuſern dieſer vier Häfen belief ſich 1908/09 für die Ausfuhr auf 29, 22, 20 und 18,
zuſammen 89 Prozent des Geſamthandelswertes. An dem Reſt nehmen Carüpano, Criſtöbal
Colon, Cano Colorado, Puerto Sucre (für Cumana), alſo die öſtlichen Häfen, ferner La Vela
für Coro, Guanta, Pampatar auf Margarita und Tucacas teil. Leider nötigt die Barre von
Maracaibo zur Umladung der Waren von den großen Seedampfern auf kleinere in Curagao.
Daß Maracaibo die erſte Stelle unter den Handelshäfen Venezuelas einnimmt, liegt an dem
Umſtande, daß es auch für den Handel des colombianiſchen Departamento Nordjantander
das Tor iſt. Die Einfuhr geht zu 45 Prozent durch La Guaira, da hinter dieſem die Hauptſtadt
liegt; dann erſt folgt Maracaibo mit 22 Prozent und in weiterem Abſtand Puerto Cabello
mit 14 und Ciudad Bolivar mit 9 Prozent, dieſe vier zuſammen mit 90 Prozent, endlich Caru⸗
pano, Tucacas, La Vela uſw.
An Eiſenbahnen beſaß Venezuela 1912: 925 km, als älteſte die 163 km lange Bahn
Tucacas-Barquiſimeto (anfangs nur bis Aroa). 1883 wurde die 37 km lange großartige
Gebirgsbahn von La Guaira nach Caräcas eröffnet, die in zahlreichen Kurven und ſieben
Tunnels das 1000 m hohe Gebirge erklimmt, und fünf Jahre ſpäter gelang es, den zweiten
Hafen des mittleren Venezuela, Puerto Cabello, mit der zweiten Stadt des Inneren, Va⸗
lencia, durch einen Schienenweg zu verbinden: beide Bahnen waren britiſche Gründungen.
Von 1888—94 wurde ſodann von den deutſchen Ingenieuren L. A. Müller und C. Plock
die ſogenannte Deutſche Eiſenbahn oder Gran Ferrocarril de Venezuela gebaut. Sie ver⸗
bindet Caräcas mit Valencia, durchmißt das Gebirgsland von Los Teques, iſt 196 km
Karaibiiches Gebirge und Trinidad. Tafel 18.
J. La Guaira und das Karaibiiche Gebirge.
Nach Photographie von G. Schott in Hamburg. Cu S. 438 u. 442.)
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2. Der Queenspark in Port of Spain auf Trinidad.
Nach Photographie von C. Abt in Frankfurt a. M. (Zu S.445 u. 446.)
Tafel 18. Weitindien.
3. Die Montagne Pelee auf Martinique und die Stätte der einitigen Stadt St. Pierre.
Nach Photographie von C. Abt in Frankfurt a. M. (Zu S. 452, 467 u. 468.)
4. Wochenmarkt in Fort Liberté auf Haiti.
Nach Photographie von 6. Schott in Hamburg. (Zu S. 84 u. 459.)
Venezuela: Die vorgelagerten Inſeln. 445
lang, enthält nicht weniger als 152 Viadukte und Brücken und 86 Tunnels und braucht
734 Stunden. Dazu kommen ferner die Ferrocarril Central von Caräcas nach Santa Lucia,
die kleine Bahn an der Küſte von Maiquetia über La Guaira nach Macuto, die 33 km lange
Bahn von Carenero nach Rio Chico, die Guanta-Bahn von dieſem Hafen über Barcelona
nach den Kohlenminen von El Naricual, die kleine Bahn von La Vela de Coro nach Coro
und die von den Flußhäfen ſüdlich des Lago de Maracaibo nach der Kordillere führenden
Bahnen, nämlich von La Ceiba nach Sabana de Mendoza (für Trujillo), die Tächira-Bahn
von Encontrados am Catatumbo nach Uraca und die allerdings zeitweiſe unterbrochene Bahn
von Santa Barbara am Rio Escalante nach El Vigia (für Mérida). Die Länge der Tele-
graphenlinien betrug 1912: 7889, die der Telephonlinien 5872 km.
e) Die vorgelagerten Inſeln.
Trinidad (britiſch). Trinidad (4544 qkm) iſt nichts anderes als ein durch den Quer-
bruch der Boca de Dragos losgelöſtes Stück des Feſtlandes, das mit dieſem in jeder Be—
ziehung übereinſtimmt. Es beſitzt daher auch eine aus Glimmerſchiefer und Kalkſtöcken be⸗
ſtehende Nordkette (Tafel 18, Abbildung 2) archäiſchen Alters, die im Tucutche zu 941, in
der Aripogruppe zu 856 m Höhe aufſteigt und durch im Weſten breitere, im Oſten engere
Quertäler ausgezeichnet iſt. Südlich von dieſer dichtbewaldeten, landſchaftlich ſehr ſchönen
Kette ziehen der waſſerreiche Caroni zwiſchen Sümpfen weſtwärts, der Oropuche oſtwärts
ins Meer. Dieſe Flüſſe entwäſſern bereits die mittleren Hügellandſchaften zwiſchen Point a
Pierre im Weſten und Point Noir im Oſten: 200 —300 m hohe, vielfach ſchroffe, aber leicht
gewellte, von lichten Wäldern beſtandene, der Kreide und dem Miozän angehörige Gebiete,
die man als Fortſetzung der Südkette des Karaibiſchen Gebirges anſehen kann. Darauf folgt
ſüdwärts eine zweite Niederung mit dem nach Oſten ablaufenden Ortoirefluſſe und endlich
an der Südſeite ein kaum 220 m hoher, aber in ſteile und abſchüſſige Grate zerteilter be-
waldeter Höhenzug aus tertiärem kalkigem Sandſtein und loſen Sanden. Die Küſten ent⸗
halten große, von den Gezeiten überflutete Sümpfe und bei San Fernando, Kap Cedros
und in der Lagoon Bluff eine Reihe von Schlammvulkanen, die aus kleinen Offnungen
flüſſigen Aſphalt und Gaſe heraustreten laſſen. Im November 1911 entſtand ein ſolcher
im Meere vor der Südweſtküſte. Am großartigſten iſt der ſogenannte Pechſee oder Pitch
Lake, der am Point La Brea auf einem 50 m hohen Sandſockel ruht und aus eiſenhaltigen,
mit 32—36 Prozent Aſphalt durchdrungenem Sande beſteht. Er iſt in der Sonne ſo weich,
daß ſeine Oberfläche nicht begangen, ſondern nur von den in Bewegung befindlichen Pferde—
bahnen, die zur Ausbeutung des Aſphalts dienen, eilig befahren werden kann. Die graue
bis ſchwarze Maſſe ſchmilzt wie Lack, hat einen muſcheligen glänzenden Bruch und wird
zum Pflaſtern, Kalfatern und Feuern verwendet. Außerdem liefert Trinidad Porzellanit.
Das Klima iſt bereits auf S. 436 beſchrieben worden; die Fauna und Flora ſind denen
des Feſtlandes ſehr ähnlich, doch erinnert letztere durch die maſſenhaft und hoch wachſenden
Bambusbeſtände bereits an die Antillen. Die Bevölkerung beſteht aus Negern, Miſch—
lingen, Weißen und etwa 90000 Indiern (ſ. die Abbildung auf S. 446), die faſt ein Drittel
der Bewohner ſtellen. Sie betrug für Trinidad und Tobago 1911: 333552; Tobago iſt nicht
beſonders erwähnt, hatte aber 1901: 18750 Bewohner. Man wird daher für Trinidad
allein ungefähr 315000 annehmen und die Volksdichte auf faſt 70 anſetzen können, was
den hohen Dichteziffern der Kleinen Antillen entſpricht. Wirtſchaftlich gehört Trinidad zu
446 Das gefaltete Land des Weiten.
den blühenderen Kolonien der britiſchen Krone, während die Inſel unter ſpaniſcher Herr-
ſchaft keine Bedeutung hatte. Die wichtigſten Erzeugniſſe ſind Kakao und Zucker, erſterer
1911/12 im Ausfuhrwerte von 22547440, letzterer von 15194400 Mark, in Prozenten der
Geſamtausfuhr: 54 und 36. Weiter nahmen an der Ausfuhr teil 20 Millionen Kokosnüſſe,
wohl meiſt ſchon aus Pflanzungen, im Werte von 1579300 Mark, Kopra für 265280 und
Kokosöl für 8860, zuſammen für 1853440 Mark, ferner Früchte für 293220, Ackerbauerzeug⸗
niſſe alſo für faſt 40 Millionen Mark = 96 Prozent. Endlich wird ein wenig Kautſchuk aus-
geführt, dann Aſphalt und 1911 zum erſten Male Petroleum im Werte von 656 780 Mark;
der Ausfuhrwert des Aſphaltes betrug
1900: 31, Millionen Mark. Der Han⸗
del hatte 1911/12 den Wert von 136,22
Millionen Mark, wovon 66,86 auf die
Einfuhr, 69,36 auf die Ausfuhr kamen;
die Ausfuhr an Landesprodukten belief
ſich aber nur auf 41,56, da der Reſt,
27,80 Millionen Mark, Durchgangs-
güter waren. Von der Einfuhr kamen
1911: 37 Prozent von Großbritannien,
29,3 von den Vereinigten Staaten, 10,7
von Venezuela, 7 von Kanada, mwäh-
rend dieſe Staaten von der Ausfuhr
20,6, 41,8, 3 und 8,2 Prozent, Frank⸗
reich (Kakao) 11,1 Prozent erhielten.
Der Schiffsverkehr betrug 1911: 4898
mit 3657695 Tonnen Gehalt, wovon
etwa 2500000 auf die britiſche Flagge
kamen. An Eiſenbahnen gab es 1910:
142 km, nämlich von Port of Spain
RER nach San Fernando, mit Abzweigun⸗
Indierin von Trinidad. Mad Photographie) Zu S. 43. gen nach Sangre Grande im Oſten und
Tabaquite im Inneren der Inſel.
Der Hauptort Port of Spain oder Puerto Espafa hat bereits 60000 Einwohner
und iſt als Sitz der Regierung und blühender Handelsplatz von großer Bedeutung. Er iſt im
Norden und Oſten von Hügeln umgeben und hat gerade, breite Straßen mit Baumgängen,
lange, niedrige, luftige Häuſer, Parke (Tafel 18, Abbildung 2), einen ſehr belebten Hafen,
Straßenbahn und eine wahre Perle in ſeinem wundervollen Botaniſchen Garten.
Tobago (britiſch). Tobago oder Tabago hat eine Fläche von 295 qkm und zerfällt
in zwei Teile, einen ſüdweſtlichen und einen nordöſtlichen, die durch eine zwiſchen den beiden
Hauptorten der Inſel, Scarborough und Plymouth, zu ziehende Verbindungslinie gegen⸗
einander abgegrenzt werden. Erſterer iſt flach und trocken, flußlos, eine Korallenbildung mit
Buſchwald, der die früheren Zucker- und Baumwollpflanzungen völlig verdrängt hat, letzterer
ein Hügel- und Bergland, das nach Norden ſteil, nach Süden ſanft abfällt, im Pigeon Point
700 m Höhe erreicht, aus Tonſchiefer und Eruptivgeſteinen beſtehen ſoll und nur an der
Süd⸗ und Weſtſeite einigermaßen entwickelte Flüſſe beſitzt. Der Südweſten erhält nur 1000,
vo
Venezuela: Die vorgelagerten Inſeln. 447
Scarborough 1600, die Mitte des Landes 1800 mm Regen; tropiſcher Urwald, aber mit
nur wenigen Farnen und Orchideen, bedeckt daher das bergige Innere. Die Bevölkerung
betrug 1901: 18750 Menſchen gegen 20626 im Jahre 1889, die Volksdichtenziffer iſt aber
mit 63 noch hoch. Auch auf Tobago iſt die Zuckerkultur zurückgegangen, der Anbau von
Kakao und der Kautſchuk liefernden Castilloa elastica vorgeſchritten.
Margarita und Tortuga (venezolaniſch). Wie Trinidad, jo gehört auch Mar-
garita mit ſeinen Nebeninſeln Coche, Cubagua, den Teſtigos und Frailes zum Karaibiſchen
Gebirge, von dem die genannten Inſeln eine frühere, nördliche Kette gebildet zu haben
ſcheinen. Margarita zerfällt in zwei, durch eine Landzunge verbundene Teile, deren beide
Berge, im Weiten der Macanao und im Oſten der Copei, 1200 —1300 m hoch ſein ſollen. Die
Inſel beſteht aus Gneisglimmerſchiefer, Graphitſchiefer, Quarzit, Marmor mit öſtlichem
Streichen der Schichten, aus einem älteren Eruptivgeſtein und einem Mantel von tertiärem
Kalk an den Küſten. Bäche zählt man nur vier, dagegen zahlreiche Tanke, und die Vegetation
enthält faſt ausſchließlich Geſtrüpp: Kakteen, Mimoſen und Agaven, doch laſſen ſich an
friſcheren Stellen Kokospalmen, Mais, Zuckerrohr, Bananen, Yuca, Ananas, Miſpeln, Aji,
Name, Papaya, Guayabo, Tabak und Baumwolle anpflanzen. Die Zahl der Einwohner
beträgt 40000, die Volksdichte bei 1270 qkm 32, aber die Hauptorte Aſuncion, Porlamar,
Pampatar und Juan Griego haben kaum mehr als je 1000 Einwohner, und der Weſten,
Macanao, iſt faſt unbewohnt. Tortuga iſt ein flaches, nicht dauernd bewohntes Riff.
Die Inſelreihe von den Hermanos bis Aruba. Dieſe Inſelreihe erſtreckt ſich von
64— 70 weſtl. Länge und beſteht aus Eruptivgeſteinsſtöcken, Reſten eines kriſtalliniſchen
Schiefergebirges und auf den größeren, weſtlichen Inſeln auch aus Kreide, Tertiär und
Quartär. So findet man auf Blanquilla und Orchila Gneis und Glimmerſchiefer, auf
Orchila auch Bronzitſerpentin, während die Hermanosklippen ſchroffe, von Seevögeln be-
wohnte Diabasfelſen ſind und Los Roques aus Granit und Quarzglimmerdiorit gebildet
iſt. Blanquilla hat nur 60, Orchila 120, Los Roques 250 m Höhe, und die Geſamtgröße
der Inſeln von den Hermanos bis zu den Aves beträgt nur 250 qkm. Auch ſind von
allen nur Blanquilla und Los Roques bewohnt, erſteres von einer Viehzucht treibenden
Familie, letzteres von venezolaniſchen Beamten, Leuchtturmwärtern und Fiſchern. Sämt⸗
liche Inſeln von Margarita bis zu dem baumloſen, heißen Koralleneiland Aves gehören
politiſch zu Venezuela.
Niederländiſch ſind dagegen die drei weſtlichen Inſeln Bonaire, Curagao und
Aruba mit 335, 550 und 165, zuſammen 1050 qkm Fläche. Bonaire enthält einen Kern
von Glimmerporphyrit und Diabas im 230 m hohen Brandaris ſowie Kreide und im Süd—
oſten ein jungquartäres Flachland. Aruba beſteht aus Quarzdiorit, Diabas und Altquartär,
im Südweſten aus jungen Korallenkalken und erhebt ſich im Hooiberg und Jamanota zu
180 m Höhe. Curacao wird aus einem Kern von alten Eruptivgeſteinen, daran gelagerter
Kreideformation und einem Mantel von alt- und jungquartären Korallenkalken gebildet,
erreicht im Nordweſten im Sankt Chriſtoffelberg 376 m, beſitzt zahlreiche Spitz- und Tafel-
berge von 100 —200 m, im übrigen aber im ganzen Inneren kaum 30 m Höhe. Seine jarg-
förmigen plateauartigen Berge fallen von oben faſt ſenkrecht ab, gehen gegen die Küſte in
eine 30—40° geneigte Fläche über und werden von ſchroffen Tälern in faſt völlig iſolierte
Klötze zerlegt. Alle dieſe Inſeln, ſamt den vorhergenannten, bilden die Pfeiler eines zer-
ſtörten Gebirges, das vielleicht Beziehungen zu dem Karaibiſchen Gebirge, wahrſcheinlicher
448 Das gefaltete Land des Weiten.
aber ſolche zu der Sierra Nevada de Santa Marta, der Guajira und Paraguanä einerſeits
und zu den Kleinen Antillen anderſeits gehabt hat.
Die Inſeln ſind ganz waſſerarm, auf weite Strecken baumlos und nur mit Monte
bedeckt, ſo daß das zur Bewäſſerung nötige Waſſer in Tanken aufgefangen werden muß;
doch hat die ſorgſame niederländiſche Regierung immerhin einige Pflanzungen, beſonders
von Orangen, Miſpeln, Aloe und Erdnüſſen, geſchaffen, die freilich in dürren Jahren nicht
zur Verſorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ausreichen (im Jahre 1911 fielen
größerer Menge geſammelt und ausgeführt, auf Bonaire auch etwas Braſilholz. Die Vieh—
zucht liefert auf Aruba und Bonaire Schafe, Eſel, Rindvieh, Ziegen und Pferde, auch
Ziegenfelle und etwas Wolle zur Ausfuhr, die Fiſcherei Schildkröten, Schildpatt und ge—
ſalzene Fiſche, die Salinen von Bonaire ziemlich viel Salz. Wichtiger als alles dieſes iſt
aber die Gewinnung von Phosphat, von dem 1881 — 1911: 500000 Tonnen, am meiſten
(34700) 1907/08, ausgeführt wurden, und zwar von Aruba, während die Santa-Barbara—
Mine auf Curagao ſtill liegt und die Vorkommniſſe von Little Curagao 1911: 2000 Tonnen
ergaben. Ferner förderte man auf Aruba 1910/11: für 190000 Mark Gold und Silber.
Neuerdings werden auf Curacao Verſuche gemacht, die Siſalkultur einzuführen und die ſehr
ausſichtsreiche Seefiſcherei, beſonders um Aruba, zu beleben. Der befannte Likör wird
nicht auf Curagçao, ſondern in Holland hergeſtellt. Im übrigen lebt die Kolonie haupt—
ſächlich vom Handel. Dieſer betrug 1911 (in Mark) für:
Einfuhr Ausfuhr Handel
Gass 5717 820 1969 040 7686 860
dg 598 560 802 000 1400 560
Bofidi re EUER 433 340 200 560 633 900
Zuſammen: 6749720 2 971 600 9721 320
Die Einfuhr beſtand weſentlich aus Lebensmitteln und Kleidern, die Ausfuhr aus Stroh—
hüten (739500), deren Fabrikation immer wichtiger wird, Dividivi (205440), Aloe (177420),
Pfirſichen (60860), Ziegenfellen (81200), Salz (52520), Orangenſchalen (28900), Holz
(15600), Häuten (6560), Eſeln (1920), dem erwähnten Gold und Silber (190000), Phosphat
und endlich Kohle (862000). Die Schiffahrt wird durch die Red-P-Line von New Pork,
die Hamburg-Amerika-Linie ſowie holländiſche, britiſche, ſpaniſche und italieniſche Dampfer
aufrechterhalten; auch findet Umladung nach Maracaibo und Coro auf kleinere Dampfer der
Red-⸗D-Line ſtatt. 1911 liefen 363 Dampfer und 1175 Segler mit zuſammen 2534000 cbm
Gehalt den Haupthafen des Schottegat auf Curacao an. An ihm iſt der holländiſch gebaute
Ort Willemſtad entſtanden, eine ſaubere, 15000 Einwohner große Stadt mit ſchönen alten
Gebäuden. Die Bevölkerung Curagaos betrug 1911: 32846, die von Aruba 9616, die von
Bonaire 6531, zuſammen 48993.
E. Mittelamerika.
Zwiſchen Süd- und Nordamerika dehnt ſich als Mittelglied zwiſchen dieſen beiden Erd—
teilen die Landmaſſe von Mittelamerika aus. Sie hängt in dem ſchmalen Iſthmus von Pa⸗
nama mit Südamerika zuſammen, iſt aber in ihrem öſtlichen Teil in Inſeln aufgelöſt. Daher
unterſcheidet man das Feſtland von Mittelamerika, Zentralamerika, im Weſten und das
Inſelland, Weſtindien oder die Antillen, im Oſten, über deren Flächeninhalt ſchon auf S. 47
berichtet worden iſt.
Das Verhältnis Mittelamerikas zu Süd- und zu Nordamerika iſt lange Zeit mangels
ausreichender Beobachtungen unſicher geweſen. Auch heute iſt es noch nicht völlig genügend
geklärt. Wahrſcheinlich iſt aber Mittelamerika ein Teil des andinen, nach pazifiſchem Typus
gebauten Landes, das in einem großen Bogen in Geſtalt der Antillen nach der atlantiſchen
Seite übergreift. Dieſer von E. Sueß die Kordillere der Antillen genannte, aus großen
und kleinen Inſeln beſtehende zerbrochene Gebirgszug trennt den nördlicheren flacheren von
dem ſüdlicheren höheren und zugleich in bezug auf die Meere tieferen Gebiet. Im Norden
liegt das nur 4000 m tiefe Mexikaniſche Meer, im Süden die bis zu 6269 m tiefe Karaibiſche
See. Dieſe Tiefe findet ſich ſüdlich von Groß-Cayman und wird für die Vortiefe der von
Jamaica nach dem Feſtland hinüberreichenden Schwelle jetzt vom Meere überſpülten Landes
gehalten, das in den Sierras del Mico und del Espiritu Santo ſowie in der Inſel Roatan
ſeine konvexe Seite gegen Norden kehrt. Der von dem Antillenbogen und dem nördlichen
Südamerika umgebene ſüdliche und Hauptteil des Karaibiſchen Meeres iſt im Meridian von
La Guayra 5200 m tief, dagegen findet ſich die größte Meerestiefe in ganz Mittelamerika
mit 8340 m nördlich von Puerto Rico, nahe 20% im Atlantiſchen Ozean. Dieſe wird von
Eduard Sueß für eine Vortiefe des großen Geſamtbogens der Antillen angeſehen; ſie erſtreckt
ſich oſtwärts bis Sombrero, wo ſie noch 6000 erreicht, weſtwärts bis gegen Haiti und bildet
im Atlantiſchen Ozean einen dieſem ſonſt fremden Graben.
Das pazifiſch gebaute Land erleidet alſo zwiſchen dem Wendekreis und 5° nördl. Breite
zwei Virgationen. Im Norden treten die Kordillerenäſte in Virgation auseinander und
ſtrahlen nach Yufatan und den Großen Antillen aus. Im Süden zerteilt ſich die Kordillere
von Colombia fächerförmig nach Nordoſten. Beide Virgationen vereinigen ſich in dem Bogen
der Antillen, gerade wie die Kordilleren von Patagonien und Grahamland in dem dazwiſchen
gelegenen Inſelgebiet (vgl. die Karte auf S. 450).
Im allgemeinen ſtellen die mittelamerikaniſchen Länder einen Übergang zwiſchen
Süd- und Nordamerika dar. Die von Mexiko ausgehende Virgation erſtreckt ſich bis an
das nördliche Coſta Rica, die von Südamerika kommende beherrſcht mehr den Oſten Mittel-
amerikas. Pukatan bildet mit Florida, großen Teilen von Texas und der Oſtküſte Mexikos
Länderkunde, Süd⸗ und Mittelamerika, 3. Aufl. 29
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Weſtindien oder die Antillen: Lage, Größe, Zuſammenſetzung und Bau. 451
den Reſt einer flachen tertiären Tafel, über die das Mexikaniſche Meer hinübergetreten iſt.
Außerdem werden im Antillenbogen ſowohl wie in Zentralamerika Reihen von Vulkanen
beobachtet, wie ſie auch ſonſt an den Grenzen der Länder des pazifiſchen Typs liegen.
Was jedoch ganz Mittelamerika mit Südamerika beſonders eng verknüpft, ſind Klima,
Vegetation, Tierwelt und Bevölkerung. Klimatiſch ſind ſowohl Weſtindien wie
Zentralamerika rein tropiſche Länder mit einem durchaus tropiſchen Klima, das demjenigen
Südamerikas faſt vollkommen gleicht. In der Pflanzenwelt beſtehen dieſelben nahen Be-
ziehungen bis nach Südflorida und den mexikaniſchen Küſtengebieten, etwa bis 25—300 nördl.
Breite, und zoologiſch wird ganz Mittelamerika mit den Küſten Mexikos zu der Südamerika
umfaſſenden zoologiſchen Region gerechnet. Auch die Bevölkerung Zentralamerikas iſt mit
ihrem Überwiegen der indianiſchen Raſſe und der Herrſchaft des romaniſchen Elements
durchaus an diejenige Südamerikas anzuſchließen, während in bezug auf Weſtindien dies
nur für Kuba und Puerto Rico uneingeſchränkt gilt. Politiſch beſteht Zentralamerika aus
ſechs Freiſtaaten von ähnlichem Charakter wie die ſüdamerikaniſchen, Weſtindien aus drei
etwas abweichend gearteten Republiken und zahlreichen Kolonien europäiſcher Mächte ſowie
der Vereinigten Staaten.
J. Weſtindien oder die Antillen.
1. Allgemeines.
a) Lage, Größe, Zuſammenſetzung und Bau.
Lage und Größe. Die Antillen bilden zwiſchen 12 und 28° nördl. Breite und 59
bis 850 weſtl. Länge einen mächtigen Bogen; der ſüdlichſte Punkt desſelben iſt die Südſpitze
von Grenada, der nordöſtlichſte das flache Eiland Sombrero, der weſtlichſte das Kap San
Antonio auf Kuba, der nördlichſte die Grand Cays der Kleinen Bahäma-Bank. Wenngleich
zwiſchen allen einzelnen Inſeln der Atlantiſche Ozean mit dem Karaibiſchen Meere in Ver—
bindung ſteht, ſo iſt doch an zwei Stellen eine etwas breitere Lücke zu erkennen, nämlich
zwiſchen Tobago und Grenada eine ſolche von etwa 120 und zwiſchen der Doginſel und
Anegada eine von 110 km. Durch dieſe beiden Lücken werden die Kleinen Antillen ab-
gegrenzt: im Süden von den feſtländiſchen Inſeln Südamerikas, im Nordweſten von den
Jungferninſeln und Großen Antillen. Die ebenſo breite Meerenge zwiſchen Puerto Rico
und Haiti wird durch die Inſel Mona in zwei engere Durchläſſe getrennt, die zuſammen die
Mona⸗Paſſage heißen. Haiti dagegen iſt von Kuba nur 75 km entfernt, und wenn auch die
Straße von Florida zwiſchen Cay Largo und Kuba über 220 km breit iſt, ſo liegen doch vor
dieſer breiten Offnung die Bahäma⸗Inſeln, deren Entfernungen voneinander und von Flo—
rida 100 km nicht überſchreiten.
Die Größe der Antillen beträgt unter Abrechnung der S. 444 — 447 genannten feſt⸗
ländiſchen Inſeln 231287 qkm, etwa zwei Drittel Preußens; die der einzelnen Glieder iſt aber
ſehr verſchieden, weshalb man früh zwei große Gruppen, die Großen und die Kleinen An—
tillen, unterſchied. Die Großen Antillen umfaſſen Kuba, Jamaika, Haiti und Puerto Rico,
die Kleinen Antillen alle übrigen Inſeln; erſtere bedecken 221885, letztere zuſammen nur
18 716 qkm, mit den feſtländiſchen Inſeln von Südamerika 24855 qkm. Man tut jedoch beſſer,
29 *
452 Mittelamerika.
die Kleinen Antillen in drei weitere Gruppen aufzulöſen, nämlich die Kleinen Antillen im
engeren Sinne (6372 qkm), die Virginiſchen oder Jungferninſeln (510 qkm) und die Bahäma⸗
Turks- und Caicosinſeln (11835 qkm), zu denen ſchließlich die Inſelreihe Aruba Tobago
mit 6139 als fünfte hinzukäme. Der Schwerpunkt liegt alſo bei den Großen Antillen und
unter dieſen wieder bei Kuba, das mit 114524 qkm ſeine Nachbarin Haiti mit 77253 weit
überragt, während Jamaika (ohne Caymansinſeln) nur 10896, Puerto Rico 9314 und die
Caymansinſeln 584 qkm bedecken.
Zuſammenſetzung und Bau. Das zerriſſene und zerſtückelte Faltengebirge der
Antillen beſteht aus drei teilweiſe noch vorhandenen Zonen. Die mittelſte und älteſte
bildet den Kern der alten Kordillere der Antillen, durchzieht Puerto Rico und Oſthaiti und
ſpaltet ſich in Weſthaiti in zwei Gebirgszüge, deren nördlicher auf Kuba die Sierra Maejtra
und nach Emil Deckert vielleicht auch das Bergland der Cinco Villas bildet, deren ſüdlicher
aber über die ſüdweſtliche Halbinſel Haitis nach Jamaika übertritt. Dieſe Zone beſteht aus
einem kriſtalliniſchen Schiefergebirge, zahlreichen Stöcken alter Eruptivgeſteine und daran
angelagerten Ablagerungen der Kreideformation, läßt ſich in Bruchſtücken noch auf den
Jungferninſeln, auf St. Martin, St. Barthélemy, Antigua und vielleicht auch noch auf
Guadeloupe erkennen und zeigt die nächſten Beziehungen zu dem Karaibiſchen Gebirge Ve—
nezuelas. Die äußere und jüngſte Zone beſteht nur aus mitteltertiären und quartären
Geſteinen. Sie bildet niedriges Land, wird auf den Kleinen Antillen nur noch in Barbados,
Barbuda, Anegada und Sombrero angetroffen, verbreitert ſich dann aber und zieht über die
Bahäma⸗Inſeln nach Florida; ihr gehören wahrſcheinlich auch die tertiären und quartären
Gebirge der Großen Antillen ſowie Yufatan an. Die dritte, innerſte Zone wird aus—
ſchließlich aus jungen Eruptivgeſteinen, Andeſit und Trachyt gebildet und trägt noch zahl—
reiche erloſchene ſowie einige tätige Vulkane, wie die Soufriere von St. Vincent und die
durch den Ausbruch von 1902 berühmt gewordene Montagne Belde auf Martinique (Tafel 18,
Abbildung 3). Ihr gehören ganz an Grenada, die Grenadinen, St. Vincent, Santa Lucia, Mar-
tinique, Dominica, Guadeloupes Weſthälfte, Montſerrat, Redonda, Nevis, St. Chriſtoph,
St. Euſtatius und Saba, von denen ſeit der Entdeckung St. Vincent, Santa Lucia, Mar-
tinique, Guadeloupe und St. Chriſtoph Ausbrüche gehabt haben ſollen. Wahrſcheinlich
ſind ihr aber auch Teile von Weſthaiti und Jamaika zuzurechnen, Inſeln, auf denen neuer-
dings Andeſite, Dolerite und Baſalte in größerer Ausdehnung gefunden worden ſind; an
der Nordküſte von Jamaika ſteht auch ein erloſchener Vulkan. Übrigens halten Lacroix und
Sapper auch die mittlere Reihe für vulkaniſch, weil im Unterbau von einigen ihrer Inſeln
Andeſite und Baſalte angetroffen worden ſind. Auch petrographiſch ſind die Gabbros und
Granite denen der Anden gleich.
Die Kordillere der Antillen iſt nun zerbrochen und großenteils unter das Meer ver—
ſenkt. Manche der ſtehengebliebenen Pfeiler bauen ſich auf gemeinſamem Sockel auf, der
nur ſeichtes Meer über ſich trägt, wie die Gruppe Grenada, Grenadinen, St. Vincent, die alle
innerhalb der 200 m-Linie liegen, und die Reihen Nevis, St. Chriſtoph, St. Euſtatius einerſeits,
St. Barthélemy, St. Martin, Anguilla, Doginſel anderſeits, ferner Antigua und Barbuda
ſowie alle Jungferninſeln von Anegada bis Puerto Rico einſchließlich. Zwiſchen anderen aber
gähnen gewaltige Abgründe, z. B. zwiſchen den Jungferninſeln und St. Croix ein 5000 m
tiefer Schlund. Die Bahäma⸗Inſeln liegen dagegen wieder auf einem breiten Sockel.
Im Verhältnis zu den Meerestiefen, zu denen der Gebirgsbogen der Antillen abfällt,
Weſtindien oder die Antillen: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 453
ſind die Berghöhen auf den Inſeln gering. Als höchſter Gipfel der geſamten Antillen
wird die 3140 m hohe Loma Tina auf Haiti angeſehen, wie denn überhaupt Haiti eine Reihe
von 2500 m überjteigenden Gipfeln beſitzt und als Kern der Antillen aufzufaſſen iſt. Damit
vermögen Kuba mit der 2560 m hohen Sierra Maeſtra und Jamaika mit den 2240 m er-
reichenden Blue Mountains nicht zu wetteifern, zumal da der Umfang ihrer höheren Gebirge
nur gering iſt, und Puerto Rico tritt mit 1132 m im El Yunque ganz zurück. Obwohl die
Kleinen Antillen keine ſo hohen Gebirge wie die Großen haben, machen ſie doch vielfach einen
bedeutenderen Eindruck, da ihre ſchroffen, vulkaniſchen Kegel ſteil aus dem Meere aufſteigen
und zum Teil noch anſehnliche Höhen erreichen. Als höchſter Gipfel auf den Kleinen Antillen
gilt die Grande Soufrière auf Guadeloupe mit 1677 m, der auf Dominica der Morne Diablo-
tin mit 1447 m wenig nachſteht. Die Montagne Peélée auf Martinique hat 1350, die Soufriere
von Santa Lucia 1200, der Kegel von Nevis 1100 m Höhe. Dagegen erheben ſich die äußeren
Inſeln nur zu 300—400, die Bahamas nur zu 100 m Höhe.
p) Klima, Pflanzendecke und Tierwelt.
Das Klima. Das Klima der Antillen iſt wegen der Lage der Inſeln in einem tropiſchen
Meere durchaus tropiſch, auch noch auf den ſich bis 28“ erſtreckenden Bahamas. Die Jahres-
mittel ſchwanken zwiſchen 26,4 in Santiago de Cuba und 24,6“ in Cienfuegos daſelbſt. Der
wärmſte Monat iſt im Süden der Auguſt, auf Barbados ſogar erſt der September, auf den
Großen Antillen meiſt der Juli; den höchſten Wert gibt Santiago de Cuba mit 28,1“, den
niedrigſten Sanchez an der Samanä-Bai auf Haiti mit 26,6%. Der kühlſte Monat iſt der
Februar, auf Kuba und den Bahämas der Januar; das niedrigſte Mittel hat Cienfuegos mit
20,9, das höchſte Barbados mit 25,30, ſonſt liegt es meiſt zwiſchen 23 und 24,5%. Die Schwan—
kung nimmt im ganzen nach Norden zu. In dem ganz in den Ozean vorgeſchobenen Bar-
bados beträgt fie nur 29, in Habana und Naſſau über 6°, das Klima wird alſo nach Norden zu
extremer. Das prägt ſich auch in den mittleren Extremen aus: Barbados hat 33,5 und 16°,
Habana 36,2 und 11,80, der Unterſchied ſteigt alſo von 17,5 auf 24,4. In den Höhenſtationen
ſinken die Temperaturen allerdings noch mehr, in Neweaſtle auf Jamaika auf 7,6 bei
einem Maximum von 320, einer Höhe von 1160 m und einem Jahresmittel von 19,6%. Das
niedrigſte Jahresmittel hat die Chinarindenpflanzung auf Jamaika in 1496 m Höhe, nämlich
16,4, die Schwankung beträgt aber hier auch nur 3,5 bei einem Auguſt von 18,2 und einem
Februar von 14,70. Vergleicht man dieſe Werte mit Guatemala in derſelben Höhe, jo zeigt
ſich, daß in der letzteren Stadt bei Werten von 18,2, 20 und 16,3“ die Temperaturabnahme
mit der Höhe langſamer erfolgt als auf der Inſelſtation.
Wärmſter Kühlſter Niederſchlag
Jahr Schwankun
Jah Monat Monat ch 9 mm
oo 26,30 27,10 25,00 2,0 1467
PFF DTD .;. .,. 25,60 27,30 23,40 3,9 1635
Safe Cum... . | 26,30 27,80 24,10 370 1208
|
San Junn ins 25,60 26,90 24,10 2,80 1450
King en ne: 26,00 27,60 | 24,30 3,30 964
Port-ausfrinee . . . . 26,20 27,80 24,40 3,0 1394
Haban ns rer 24,80 27,70 21,30 6,40 1314
Naſſ ark E c E 24,90 27,80 21,80 6, 1382
454 Mittelamerika.
Alle Antillen ſtehen den größten Teil des Jahres unter der Herrſchaft des Nordoſt—
paſſates, außer in den Monaten Auguſt bis Oktober, in denen wechſelnde Winde vorherrſchen.
Auf den öſtlichen Inſeln weht der Paſſat überhaupt allein und wird dort als ein faſt rein
öſtlicher Wind verſpürt, ebenſo meiſt auf den Oſt- und Nordſeiten der übrigen Inſeln.
während die Weſtſeiten auch Windſtillen und weſtliche Winde, beſonders in der Regenzeit,
kennen. In den Monaten Dezember und Januar treten die empfindliche Abkühlung bringen-
den Nortes oder Northers, nördliche Winde, häufig auf. Eine der auffallendſten meteoro—
logiſchen Erſcheinungen der Antillen ſind die Wirbelſtürme, Zyklone, Hurricanes. Sie
kommen faſt nur zur Zeit des Rücktritts des Paſſates, in den Monaten Auguſt bis Oktober
(88 Prozent) vor, beginnen in der Gegend von Barbados, ziehen an den Nordküſten der
Kleinen und Großen Antillen entlang und biegen dann ab, um dem Floridaſtrom nach Nord—
oſten zu folgen. Zuweilen jedoch entſtehen ſie ſchon an der afrikaniſchen Küſte, wie der Zyklon
von 1853, der in vier Tagen den Atlantiſchen Ozean zwiſchen Kap Verde und den Bahämas
überraſte. Sie beginnen meiſt mit Nordwind und raſchem Fallen des Barometers, dann
treten elektriſche Erſcheinungen im Norden und Nordoſten und Windſtöße mit Regenſchauern
aus derſelben Richtung ein, das Blitzen wird häufiger, und der Sturm erreicht bald ſo große
Stärke, daß keine Sprache genügt, um die Großartigkeit dieſer Naturerſcheinung zu be—
ſchreiben. Dazu kommt als ein die Bevölkerung erſchreckender Faktor die völlige Dunkelheit,
da die elektriſchen Entladungen mit fortſchreitendem Sturme verſchwinden. Nach dem
Paſſieren des Zentrums beginnt dann abermals der heftigſte Sturm von der entgegen—
geſetzten Richtung her, ſo daß die feſteſten Häuſer zittern und der Erdboden erſchüttert wird,
bis allmählich der Wind über Weſt nach Süd und Südoſt übergeht und ſchönem Wetter Platz
macht. Solche, Wohnſtätten und Pflanzungen verwüſtende, Schiffe vernichtende Orkane
ſchädigen den Wohlſtand der von ihnen heimgeſuchten Inſeln auf Jahre hinaus, ſind aber
nicht gerade häufig und hauſen auch nicht alle gleich ſchlimm. Zu den verheerendſten ge—
hörten der vom 10. Auguſt 1853 in Barbados, der vom 1. Oktober 1866 über den Bahamas,
der vom 11. September 1898 über Barbados, St. Vincent und Santa Lucia ſowie der vom
7. Auguſt 1899 auf Puerto Rico und den Bahämas.
Die Niederſchläge ſind ziemlich ungleich verteilt, auch ſogar auf den einzelnen
Inſeln: jo liegen auf Puerto Rico Stationen mit 1450 und 3439 mm Niederſchlag nahe bei-
ſammen, auf Jamaika ſolche mit 964 und 2820, und ſelbſt auf dem kleinen Guadeloupe
ſolche mit 1635 und 3765 mm. Der Gegenſatz wird teils durch die Höhenlage hervorgerufen,
da auf Guadeloupe Camp Jacob in 533 m 3765 mm empfängt, auf Jamaika Neweaſtle mit
2820 mm in 1160 m Höhe. Aber es kommt auch in weit höherem Maße noch die Lage gegen⸗
über dem Paſſat in Frage. Stationen, die dem Paſſat ausgeſetzt ſind, erhalten nicht nur in
der Regenzeit Niederſchlag, ſondern auch durch Aufſteigen des Paſſats an den Bergen wäh—
rend der Trockenzeit. Daher beſteht ein ſtarker Gegenſatz zwiſchen den an der Lupſeite und
den an der Leeſeite gelegenen Stationen.
Gute Beiſpiele dafür bietet die Tabelle auf S. 455.
Da ſich die weſtindiſchen Inſeln von 10—27 nördl. Breite erſtrecken, ſo darf man auf
den nördlichen eine einfache, auf den ſüdlichen eine doppelte Regenzeit und Trockenzeit er⸗
warten. Das trifft aber nicht überall zu, denn in einigen Fällen erſcheinen in der einfachen
Regenzeit zwei Maxima, während ſich in anderen die beiden Regenzeiten auch im Süden
zu einer zuſammenziehen, und außerdem verwiſcht der Paſſat mit ſeinen Steigungsregen
Weſtindien oder die Antillen: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 455
die Deutlichkeit der Jahreszeiten noch mehr. Eine ausgeſprochene einfache Regenzeit
findet ſich auf Kuba, wo Habana in den Monaten November bis April von 1314 mm 378,
alſo faſt 29 Prozent, in der Regenzeit aber 71 Prozent erhält; in Naſſau liegt die Sache ähn⸗
lich, auf Haiti und Jamaika findet ſich meiſt eine Abſchwächung der Regenzeit im Juli. Auf
Puerto Rico dagegen fällt das Maximum in den Juli, ein zweites in den November, dieſes
durch den Paſſat erzeugt. Auch die Kleinen Antillen zeigen im ganzen eine Trockenzeit im
Dezember bis April, doch iſt kein Monat regenlos. Auf Santa Cruz bringen Januar bis
April von 1208 mm 213 = 17,6 Prozent, in Baſſe Terre Dezember bis April von 1305 mm
374 = 29 Prozent, auf Barbados Januar bis Mai von 1467 mm 327 — 22 Prozent, aber
auf dem Eſtate Aromet in St. Kitts empfangen Dezember bis April von 2669 mm doch volle
727, allerdings auch nur 27,5 Prozent; und in Camp Jacob bringen die Monate Februar
bis April, die trockenſten, zuſammen noch 582 mm Regen, über 15 Prozent. Regenlos iſt
daher kein Monat, der trockenſte, der Februar, empfängt noch 50 —80 mm, nur in Santa Cruz
und Barbados geht der März auf 31 und 37 mm zurück. Zwei Maxima der Regenmenge
ſind auf St. Vincent, Barbados, Dominica, Guadeloupe und den Großen Antillen erkennbar,
meiſt im Sommer und Herbſt in verſchiedenen Monaten.
Niederſchlagsmengen auf der Leeſeite und der Lupſeite (in Millimetern).
Puerto Rico Dominica
San Juan La Perla, Paſſatſeite Port Roſeau Lupſeite
o 83 193 148 166
b 56 60 71 | 98
e 63 144 58 125
RA 94 | 267 61 131
C 126 395 73 267
F 5 366 | 207 | 290
mne 161 406 | 266 | 295
en 152 | 286 274 254
o [ 137 | 294 | 223 243
Oktober ar 166 345 176 269
November 1 425 | 200 290
C 112 | 257 | 145 193
Zuſammen: 1450 | 3408 | 1902 | 2621
Ahnlich ſtehen einander auf Haiti gegenüber Sanchez im Oſten mit 2061, Rort-au-Prince
im Weſten mit 1394, auf Jamaika Bort- Antonio im Nordoſten mit 3500 und Kingston im
Süden mit nur 964 mm.
Die Pflanzendecke. Im ganzen iſt die Flora Weſtindiens durchaus tropiſch,
wenngleich die Nähe von Nordamerika ihr bereits einen Übergangscharakter gibt. Eine er-
hebliche Verringerung des tropiſchen Charakters der Vegetation findet erſt auf den Bahämas
ſtatt, aber die Flora der Antillen iſt ärmer als die Südamerikas, da viele Pflanzen die Straße
zwiſchen Trinidad und Grenada nicht überſchreiten und, je weiter man ſich von Südamerika
entfernt, um jo eigenartiger werden; denn wenn auch die Kleinen Antillen noch ein gemein-
ſames Florengebiet bilden und wenige endemiſche Formen haben, ſo entſpricht wahr—
ſcheinlich jede der Großen Antillen einer floriſtiſchen Unterabteilung. Da aber die Flora der
Inſeln im einzelnen noch zu wenig bekannt iſt, ſo wird man die Vegetationsregionen
456 Mittelamerika.
am beſten nach der Höhe abgliedern; allerdings ſind die unteren durch die 400 jährige Herr-
ſchaft der Europäer mannigfach verändert und des Waldes vielfach entkleidet worden.
Auf den die Flachküſten begleitenden Mangrovengürtel folgt die Küſtenvegetation.
Vielfach, wie im Süden Jamaikas und auf den Jungferninſeln, durch den Regenmangel
hervorgerufen, enthält ſie vorzüglich Croton-Arten, Kakteen, den Blauholzbaum (Haemat-
oxylon campechianum), Strandtrauben (Coccoloba uvifera) mit runden Blättern und
Palmen, beſonders die Kokospalme. Der Regenwald iſt auf die feuchteren Inſeln, die
Großen Antillen und die ſüdlicheren Kleinen Antillen bis Guadeloupe beſchränkt. Er enthält
viele nutzbare Bäume: Caoba oder Mahagoni (Swietenia mahagoni) und Cedro (Cedrela
odorata), die auf Jamaika den Wald fat allein bildeten, ſowie Ebano (Caesalpinia ebano) und
Guayacan (Guayacum officinale). Schlingpflanzen und ein dürres Unterholz aus Kakteen,
Baumfarnen, kleinen Palmen und ſcharfen harten Gräſern erſchweren das Eindringen; oftmals
führt auf den Großen Antillen der Weg durch hohe Bambusdickichte, und in den höheren
Teilen des Waldes treten namentlich Laurazeen auf. Palmen ſind noch häufig und fallen
gerade in Weſtindien, wo der Wald weniger üppig iſt, beſonders auf, am meiſten die Oreo-
doxa regia (Tafel 19, Abbildung 1), die mit ihrem geraden Stamme, ihrer herrlichen Krone
und der Eleganz ihrer Geſtalt als Typus der Palmen und als Charakterbaum Weſtindiens
gelten darf und auf Kuba und Puerto Rico zu vielen Tauſenden in den trockeneren Gegenden
an den Gehängen der Hügel und auf der Savanne ſteht. Zu ihr geſellen ſich die Kohlpalme
(Oreodoxa oleracea), mehrere Arten von Fächerpalmen der Gattung Thrinax, die Sabal
umbraculifera und die ſtachelige Acrocomia lasiospatha. An die Stelle des Waldes ſind
vielfach Baumſavannen getreten, beſonders an den trockeneren Südſeiten der Inſeln: hier
finden ſich der Ceibabaum (Eriodendron anfractuosum) mit ſeinen in Wolle gehüllten Samen,
der Caoba und die Cedrela odorata, die harzreiche Bursera gummifera, der das Guahakharz
liefernde Guajacum officinale, hochſtämmige Mimoſen, in ganz trockenen Gebieten Kakteen
und Opuntien, die gelbe Heiligendiſtel und das Eſpartillogras (Kyllingia filiformis), während
die einheimiſchen Savannengräſer durch die Einführung des Guinea- und Parägraſes (Pani-
cum maximum und P. molle) verbeſſert worden ſind.
Der Bergwald erſtreckt ſich von 1200 bis 2300 m Höhe aufwärts und iſt daher nur auf
Haiti, Kuba und Jamaika rein ausgebildet, aber in ſeinen unterſten Teilen auch auf Guade⸗
loupe, Dominica und Martinique noch vorhanden. Ihn charakteriſieren geſellig wachſende
Farnbäume bis zu 18 m Höhe, Palmen der Gattung Euterpe, Epiphyten, Orchideen, Lyko⸗
podiazeen, Erikazeen und ſeltener auch Fuchſien. Im Gegenſatze zu den feuchteren Gebieten
werden die ſandigen und kieſigen Gehänge der Gebirge und das Land zwiſchen den Flüſſen
überhaupt von lichtem Kiefernwalde eingenommen. Dieſen bildet die für die Antillen
charakteriſtiſche Pinus occidentalis, die bei 1300 m Höhe mit 60 m hohen, 3—4 m dicken
Stämmen ihre beſte Entwickelung findet, auf Haiti bis 200 m, auf Kuba ſogar bis an die
Küſte herabſteigt, als waldbildender Baum aber nur in den höheren Teilen der Großen
Antillen erſcheint und bis 2300, als Krummholz noch bis 2630 m vorkommt. Weiter gehören
in dieſe Region die geſellige Konifere Podocarpus coriaceus, eine Zypreſſe, und die Wacholder⸗
arten Juniperus virginiana von Nordamerika und Juniperus barbadensis. Die Hoch—
gebirgsregion der Antillen iſt auf Haiti, Jamaika und Kuba beſchränkt. Von 2300 m an
verkrüppelt der Kiefernwald und macht Bergweiden und der Erikazeenvegetation Platz,
die, begleitet von borealen Stauden, die höchſten Höhen einnimmt. Die Rücken der Berge
Weſtindien oder die Antillen: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 457
ſind meiſt mit Gras in feſten, dichten Büſcheln bewachſen, und über dieſes Grasland ſind,
wenigſtens auf Haiti, einzelne Kiefern verſtreut.
Nutzpflanzen. Ganz beſonders reich ſind die Antillen an Nutzpflanzen, wenn auch
eine Reihe der jetzt wichtigſten erſt eingeführt worden iſt. Unter den einheimiſchen iſt
neben Mais die Baumwolle die wertvollſte. Sie wurde ſchon zur Zeit der Entdeckung
Amerikas ganz allgemein auf den Antillen angebaut und ſcheint in drei Arten in Weſtindien
einheimiſch geweſen zu ſein, nämlich der nach Barbados genannten Gossypium barbadense,
ferner G. hirsutum und G. religiosum. Der Melonenbaum (Carica papaya) und die
Pfeilwurz, Arrowroot (Maranta arundinacea) ſtammen ſicher aus dem Antillengebiete,
der Aguacate-Baum (Persea gratissima) nicht unbedingt, wahrſcheinlich aber wieder die
Anonen von Puerto Rico und Haiti, die Vanille und die Vamswurzel (Dioscorea) von Kuba,
ob aber auch der Tabak (Tafel 19, Abbildung J), iſt zweifelhaft. Zwar kommt die Gattung
Nicotiana in mehreren Arten auf den Antillen vor, aber N. tabacum ſoll aus Ecuador nach
Antigua eingeführt worden ſein. Von Wichtigkeit iſt auch der aromatiſche Myrtazeenbaum
Pimenta vulgaris, deſſen Früchte als Nelkenpfeffer beſonders von Jamaika ausgeführt werden.
Für die jetzige Produktion haben außer dem Tabak hauptſächlich die ſpäter eingeführten
Nutzpflanzen Bedeutung gewonnen, nämlich das ſchon ſehr früh eingeführte Zuckerrohr und
der erſt 1717 nach Martinique, 1727 nach Haiti, 1740 nach Kuba gelangte Kaffee. Beide
nehmen die größten Anbauflächen ein: das Zuckerrohr beſonders Oſtkuba, Puerto Rico, Bar-
bados, St. Chriſtoph, der Kaffee Weſthaiti, der Tabak Weſtkuba. Von Trinidad bis Dominica
wird Kakao gebaut, auf Dominica und Montſerrat Zitronen, auf St. Vincent auch Arrowroot,
auf den Bahamas Henequen (Agave rigida und A. angustifolia). Jamaika erzeugt jetzt haupt⸗
ſächlich Früchte, und auf den kleineren trockeneren Inſeln von Barbados bis zu der Jungfern—
gruppe kommt die lange vernachläſſigte Baumwollkultur wieder auf. Der Wald liefert Farb-
holz, beſonders Blauholz und Gelbholz in Nordhaiti, ferner Bauholz, Harze und Gummi.
Die Tierwelt. Die Tierwelt der Antillen ähnelt weit mehr derjenigen Südamerikas
als der Fauna Nordamerikas, worin eine Hauptſtütze für die Anſicht liegt, daß Weſtindien
zwar mit Südamerika, nicht aber, oder doch nur kurze Zeit, mit Nordamerika verbunden ge—
weſen ſei. Aber auch mit Südamerika wurde die Verbindung bereits gelöſt, ehe die größeren
Säugetiere überwandern konnten, und die Fauna der Antillen iſt daher um ſo eigenartiger,
als ſie infolge der langen Iſolierung inſulare Ausbildung erfahren hat. Auf den Antillen
fehlen nämlich Jaguare, Pumas, Faultiere, Ameiſenfreſſer, Gürtel- und Beuteltiere völlig.
Von Säugetieren find drei Familien Fledermäuſe vorhanden, die zum Teil auf die An-
tillen beſchränkt ſind; die charakteriſtiſche Gattung Solenodon der Insectivora kommt in zwei
Arten vor: einer auf Haiti und einer, Almiqui (Solenodon cubanus), auf Kuba. Bezeich-
nend iſt ferner die auf Kubas waldigere und unzugänglichere Teile beſchränkte Ferkelratte
(Capromys). Das größte Säugetier der Antillen iſt das Aguti, der Goldhaſe (Dasyprocta
aguti), dem man auf Haiti und einigen kleineren Inſeln, Grenada, St. Vincent, Santa Lucia
und vielleicht auch St. Thomas begegnet, während der Waſchbär Procyon lotor) und Affen
ausſtarben. Die heute vorhandenen Affen ſind von Europäern eingeführt.
Die Vögel ſind zwar nicht ſo zahlreich und ſchön wie in Südamerika, aber um ſo eigen—
artiger, da etwa ein Drittel der Gattungen und Arten den Inſeln eigentümlich ſind; ſehr
auffallend iſt aber, daß eine jede Inſel hauptſächlich von Vögeln bewohnt wird, die höchſtens
noch auf einer oder zwei der anderen Inſeln leben. Am ſchärfſten individualiſiert ſcheint die
458 Mittelamerika.
Vogelwelt Jamaikas zu ſein, ſodann die von Kuba. Von Schlangen ſind fünf eigentümliche
Gattungen Colubridae und die Lanzenſchlange (Trimeresurus lanceolatus) bekannt, die auf
Martinique, Santa Lucia und St. Vincent eine Plage geworden iſt. Zahlreich ſind ſowohl Land—
ſchildkröten wie mächtige Seeſchildkröten, von denen jeder Dampfer einige mit nach Europa
zu nehmen pflegt. Von Amphibien ſind Baumfröſche den Antillen faſt eigentümlich, da
ſieben Arten davon auf Kuba, Haiti, Jamaika leben. Die Landſchnecken ſind durch ihren
Artenreichtum und ihre Verwandtſchaft mit aſiatiſchen und afrikaniſchen Formen merkwürdig.
c) Bevölkerung, wirtſchaftliche und politiſche Verhältniſſe.
Die Bevölkerung. Die Indianer. Die Urbevölkerung der Antillen beſtand aus
Angehörigen der beiden großen Gruppen der Aruak und der Karaiben. Von dieſen ſind die
Aruakſtämme die älteren. Sie wohnten unter dem Namen der Cibuney auf Kuba und den
Bahamas, als Taino auf Jamaika, Haiti und Puerto Rico, als Allouages auf den Kleinen
Antillen. Auf dieſen waren ſie aber zur Zeit der Entdeckung ſchon durch die Karaiben oder
Calina verdrängt worden, die auch bereits Puerto Rico und Teile von Haiti erobert hatten.
Ihrem Vordringen ſetzten die Spanier ein Ziel, und um die Mitte des 16. Jahrhunderts
waren Aruak ſowohl wie Karaiben auf den Großen Antillen und den Bahämas vollſtändig
ausgerottet. Zwar ſind die Angaben über die Zahl der Indianer zur Zeit der Entdeckung
ſehr verſchieden, da Columbus die Bewohner von Haiti auf eine, Las Caſas gar auf drei
Millionen ſchätzte; aber auf alle Fälle iſt der Menſchenverluſt gewaltig geweſen. Schon 1524
ſollen die Indianer Kubas auf den dritten Teil, 1554 auf wenige Familien zuſammen⸗
geſchmolzen ſein; auf Haiti verſchwand die Raſſe im Laufe von 50 Jahren ganz, auf Ja-
maika waren bei der Übergabe an England 1655 keine Indianer mehr vorhanden, und auf
den Bahämas ſtarben ſie bereits nach 20 Jahren infolge von Übertragung nach Haiti zum
Erſatz der dortigen Indianer aus. Auf Puerto Rico erhielten ſich die Indianer länger und
reiner, weil dieſe Inſel keine Goldminen und daher nur eine geringe ſpaniſche Bevölkerung
hatte; ſie verſchmolzen hier mit den Spaniern zu den Jivaros, die jetzt den Hauptbeſtandteil
der Landbevölkerung bilden.
Auf den Kleinen Antillen haben ſich bis zum Jahre 1624 überhaupt keine Anſiedler
dauernd niedergelaſſen, ſo, daß die Karaiben hier ungeſtört leben konnten; dann aber er-
folgte raſch ihre Austreibung von den meiſten Inſeln durch Engländer, Franzoſen, Holländer,
Dänen und Flibuſtier. Nur auf St. Vincent, Santa Lucia und Dominica hielten ſie ſich,
begünſtigt durch das dichte Waldkleid dieſer Inſeln, lange rein und erreichten ſogar, daß dieſe
Inſeln 1748 für neutral erklärt wurden und ihnen überlaſſen blieben; in den folgenden Jahr⸗
zehnten ſind ſie freilich auf Santa Lucia und Dominica ſtark mit Negern und Weißen gemiſcht
worden. Nur auf St. Vincent behielten ſie bis zum Ende des 18. Jahrhunderts immer noch
Widerſtandskraft, wurden erſt 1796, noch 5000 an der Zahl, zwangsweiſe nach Honduras
gebracht, leben aber noch in geringen Reſten auf St. Vincent, wo ſie durch den Ausbruch
der Soufriere von 1902 noch weiter vermindert worden ſein ſollen.
Die Neger. Schon 1505 wurden von den Spaniern zum Erſatz für die ſchwindende
Arbeitskraft der Indianer in großer Zahl Neger zur Arbeit in den Bergwerken Haitis ein⸗
geführt: in der Zeit von 1680 bis 1786 jollen über zwei Millionen Neger auf die Antillen über-
haupt, 610000 davon nach Jamaika gebracht worden ſein, von 1628 bis 1807 nach dieſer Inſel
allein etwa eine Million, während die Zahl der noch nach Aufhebung der Sklaverei 1820 in
Weſtindien oder die Antillen: Bevölkerung, wirtſchaftliche und politiſche Verhältniſſe. 459
Kuba eingeſchmuggelten auf 500000 angegeben wird. Auch die Kleinen Antillen empfingen
ſeit 1624 Hunderttauſende von Negern, ſo daß dieſe an Zahl bald die Weißen über—
trafen. In Jamaika gab es 1655: 1500 Spanier und 1500 Nichtſpanier, Neger und Mijch-
linge, 1830: 20000 Weiße und 324000 Farbige, 1890 aber nur 15000 Weiße gegen 620000
Farbige; auf Puerto Rico zählte man 1775: 50000 Farbige gegenüber 29000 Weißen,
1830 beide Raſſen in gleicher Zahl; auf Kuba gab es 1774: 43,8 Prozent Neger, Freie und
Sklaven, 1817: 56, 1846: 35, 1907: 30 Prozent, der Zahl nach 75200, 314000, 472000,
621000. Auf Haiti iſt ihre Menge im Weſten derart gewachſen, daß ſie faſt die ganze Be⸗
völkerung allein ausmachen und für die Inſel charakteriſtiſch geworden ſind (Tafel 18, Ab-
bildung 4); hier haben ſie um die Wende des 19. Jahrhunderts die Weißen ganz verdrängt
und bilden, angeblich 2½ Millionen Köpfe ſtark, einen eigenen Staat, während im Oſten
mehr Miſchlinge als reine Neger vorhanden ſind. Und dabei gab es 1687 im Weſten Haitis
neben 4411 Weißen nur 3582 Farbige! Auch die Kleinen Antillen ſind, mit Ausnahme von
Barbuda, vorwiegend von Farbigen bewohnt, beſonders Martinique und Guadeloupe, wo
ſie auch politiſch den Weißen gleichberechtigt ſind; allmählich aber nehmen die Farbigen
die Eigenſchaften ihrer Beherrſcher an, ſo daß engliſche, franzöſiſche, däniſche und holländiſche
Neger ſich voneinander in der Art, ſich zu geben, unterſcheiden.
Die Weißen. Die erſten weißen Bewohner der Antillen waren Spanier, Katalanen
und Basken in den Städten, Galicier, Andaluſier, Kaſtilianer und Islenos von den Kanaren
auf dem Lande. So ſind die ehemals ſpaniſchen Inſeln die einzigen, auf denen das weiße
Element einen bedeutenden Teil der Bevölkerung bildet, wenn auch viele Farbige ſich den
Weißen zuzurechnen pflegen: Puerto Rico ſollte um 1890: 475000 Weiße und 324000 Far⸗
bige, Kuba 1875: 915000 Weiße und 455000 Farbige, 1907: 1428000 Weiße und 621000
Farbige enthalten. Von den übrigen Fremden lebten Franzoſen ſeit dem 18. Jahrhundert
auf Haiti und den Kleinen Antillen in größerer Zahl, ſind aber um 1800 aus Haiti zum
größten Teil nach Kuba ausgewandert. Dagegen beſtimmen ſie durch Sprache, Sitte, Orts-
namen vielfach heute noch die britiſchen Inſeln in ihrer Eigenart, beſonders St. Vincent,
Santa Lucia und Dominica. Engländer, Nordamerikaner und Deutſche haben meiſt den
Handel in Händen, die Deutſchen beſonders auf Kuba, die Engländer in ihren Kolonien,
die Nordamerikaner neuerdings auf Kuba und Puerto Rico.
Auch Aſiaten findet man auf den Antillen: auf Kuba 1877: 44000, 1907: 12000 Chi⸗
neſen, auf Guadeloupe 1888: 16000, auf Martinique 13000, auf Trinidad 1900: 84000, auf
Jamaika 1900: 15000 indiſche Kulis. Eine nicht geringe Bedeutung haben endlich die
Mulatten auf vielen Inſeln gewonnen, da ſie, zwiſchen den Weißen und Negern ſtehend,
den Ausſchlag gegeben haben, ſo bei den ſchweren Kämpfen um den Beſitz der Inſel Haiti
und in den Aufſtänden der farbigen Bevölkerung auf Martinique; ihre Zahl iſt aber gegen—
über der der reinen Neger noch immer nicht bedeutend.
Zahl und Volksdichte. Die Zahl der Bewohner Weſtindiens wird gegenwärtig
etwa 8370000 betragen, wovon auf die Großen Antillen 7, Millionen entfallen. Auf Kuba
lebten 1907: 2272000, auf Puerto Rico 1911: 1136000, auf Jamaika 831000 und auf Haiti
(wahrſcheinlich) 3225000 Menſchen; etwa 62000 enthalten die Bahama-, Caicos- und Turks⸗
inſeln, 33000 die Jungferninſeln und den Reſt von rund 856000 die übrigen Antillen, unter
Abrechnung der Inſeln vor der Küſte von Südamerika. Die Antillen haben daher bei der
dreifachen Größe Bayerns nahezu ſo viel Einwohner wie dieſes Land, und die Volksdichte
460 Mittelamerika.
übertrifft mit 35 auf 1 qkm bei weitem die Südamerikas und des größten Teiles von Nord-
amerika, ſchwankt aber zwiſchen 4 und 400. Im allgemeinen ſind die Kleinen Antillen mit
46 auf 1 qkm gut, die Großen mit 35 gut bewohnt, wobei vor allem Kuba und Haiti mit 20
und 42 den Ausſchlag geben, während Puerto Rico mit 120 ſehr gut, Jamaika mit 76 recht
gut beſiedelt ſind. Die Bahaͤma-, die Caicos- und Turksinſeln und Barbuda weiſen mit 5,
13 und 4 die geringſten Volksdichten überhaupt auf; dagegen haben Barbados 400, Grenada
197, Martinique 187, St. Chriſtoph 156, Saba 150, Montſerrat 147, Antigua 136, St. Thomas
124, St. Barthélemy 124, St. Vincent 122, Guadeloupe 116 als Volksdichte.
Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. In der wirtſchaftlichen Entwickelung der An—
tillen kann man ſechs Abſchnitte unterſcheiden. Die erſte Periode dauerte von 1492 bis
etwa 1550 und kannte nur Bergbau, der aber auch nur auf Haiti größere Mengen von
Gold lieferte. Der Ackerbau wurde nur zur Ernährung der geringen Bevölkerung, aber nicht
zum Zweck der Ausfuhr von Maſſenprodukten betrieben, und die Viehzucht ergab nur auf
Haiti Häute. Infolge der Ausrottung der Indianer und der Entdeckung der reichen Schätze
von Mexiko und Peru, welche die weiße Bevölkerung aus den Antillen herauslockten, hörte
der Bergbau jedoch ziemlich bald auf. Die zweite Periode iſt eine Übergangszeit, in
der alle Wirtſchaftszweige brach lagen, aber die Keime zu der ſpäteren Periode der großen
Pflanzungsbetriebe gelegt wurden. An die Stelle des Bergbaues trat der Anbau wichtiger
Nutzpflanzen: von Indigo, Zucker und Baumwolle auf Jamaika und Haiti, Tabak auf Kuba
und Puerto Rico, Kakao auf Jamaika und Haiti, Pfeffer auf Jamaika und ganz zum Schluß
von Kaffee auf Guadeloupe und Martinique.
Die Dauer dieſer Periode iſt auf den einzelnen Inſeln und ſelbſt in deren einzelnen
Teilen verſchieden geweſen, im allgemeinen darf man aber von 1750 an die dritte Periode
der wirtſchaftlichen Entwickelung der weſtindiſchen Inſeln anſetzen: die Zeit der hohen
Blüte des Ackerbaues und der Plantagenwirtſchaft, etwa bis zur Abſchaffung der
Sklaverei reichend, die auf den Inſeln zu verſchiedenen Zeiten eintrat. Nur auf Haiti begann
die Blüteperiode früher, endete aber auch früher; hier kann man ſie von dem Verluſt der
ſpaniſchen Herrſchaft über Haitis Weſten datieren. Nachdem dieſer 1697 an die Franzoſenüber—
gegangen war, folgte bald, beſonders ſeit 1722, ein ſehr erheblicher Aufſchwung der Kultur,
wodurch Haiti damals zum reichſten Lande der Antillen wurde, zum Teil auch wohl, weil
ſein Klima dem 1748 eingeführten Kaffeebaum beſonders zuſagte: 1789 erzeugte die Inſel
43 Millionen kg Kaffee und führte für 108 Millionen Mark Produkte aus. Auf Kuba begann
ebenfalls nach der Vertreibung der Spanier aus Haiti und Jamaika ein Fortſchritt, da die
flüchtigen Spanier ſich meiſtens nach Kuba wendeten, doch wirkte dazu auch die Einnahme
Habanas durch die Engländer 1763 mit. Eine weitere Steigerung erfuhr Kubas Ausfuhr
durch den Rückgang Haitis um 1800. So hob ſich die Zuckerausfuhr Kubas von 1764 bis
1853 von 1 Million kg auf 3,25, die Tabakausfuhr 1789 —1850 von 2,8 auf 18 und die Kaffee—
ausfuhr bis 1835 auf 25 Millionen kg. Jamaika entwickelten die Engländer ſeit 1655
glänzend, ſo daß dieſe Inſel zu Anfang des 19. Jahrhunderts die reichſte der Antillen
war und 1805: 10 Millionen kg Kaffee lieferte. Puerto Rico ergab 1824: 9 Millionen kg
Zucker und 70000 Tonnen Kaffee, und auch einige der Kleinen Antillen blühten auf,
wie Martinique, das 1827: 1 Million kg Kaffee und 24,5 Millionen kg Zucker ausführte.
Die vierte Periode iſt durch einen allgemeinen Rückgang des Wohlſtandes
infolge der Aufhebung der Sklaverei gekennzeichnet. Da dieſe eine unmittelbare Folge
Weſtindien oder die Antillen: Bevölkerung, wirtſchaftliche und politiiche Verhältniſſe. 461
der franzöſiſchen Revolution war, jo wurden zunächſt Guadeloupe, Martinique und der fran-
zöſiſche Teil von Haiti davon betroffen und alsbald in gefährliche, ja Haiti in verhängnisvolle
Kämpfe hineingeriſſen. Nachdem die Weißen bis 1804 von dieſer Inſel verdrängt worden
waren, verfielen die 12000 Pflanzungen des franzöſiſchen und die 5500 des ſpaniſchen Teiles
der Inſel und mit ihnen der Anbau von Baumwolle und Zucker und der Wohlſtand der
Inſel. Auf Jamaika ſank die Zuckerproduktion von 1833 bis 1841 von 60 auf 25 Millionen kg,
und die Grundbeſitzer wanderten aus, obwohl ſie über 117 Millionen Mark Entſchädigung
erhielten. Nur auf wenigen Inſeln ging die Aufhebung der Sklaverei ohne große Erjchütte-
rungen vorüber, ſo auf Barbados, Antigua und namentlich in den ſpaniſchen Kolonien, wo
ſich die Regierung erſt 1880 zur allmählichen, 1886 zur völligen Aufhebung der Sklaverei ent⸗
ſchloß. Die Maßregel betraf aber hier nur noch 25000 Sklaven, da die meiſten Grundbeſitzer
ihre Neger bereits nach und nach freigelaſſen hatten; obendrein war das Los der Sklaven auf
den ſpaniſchen Inſeln weit weniger hart als auf den engliſchen. Daher ſetzte ſich die Blüte
der ſpaniſchen Kolonien Kuba und Puerto Rico gerade in den Jahrzehnten 1830 —80 fort.
Die fünfte wirtſchaftliche Periode iſt die eines langſamen Aufſchwungs, wenn⸗
gleich in anderer Weiſe als bisher. Die Neger begannen allmählich einzuſehen, welchen
Wert die Arbeit für ihr eigenes Fortkommen habe, bebauten aber den Boden zunächſt nur
zur Gewinnung ihrer eigenen Nahrung: der Großgrundbeſitz zerfiel, und an ſeine Stelle
traten kleine Landgüter. Überdies drängte die Zuckerkultur den Anbau aller übrigen Nutz⸗
pflanzen zurück, namentlich auf den Kleinen Antillen, während Haiti den Kaffeebau bei-
behielt. So hob ſich die Ausfuhr von Martinique von 24,5 Millionen kg im Jahre 1827 auf
49,33 im Jahre 1884.
Dieſe Periode wurde um das Jahr 1885 durch eine ſechſte Periode abgelöſt, die noch
andauert. Sie wird auf den Kleinen Antillen durch den Rückgang der Zuckerkultur
infolge der Konkurrenz der Zuckerrüben und des Preisfalles des Zuckers überhaupt und
durch die Verſuche zur Einführung neuer Nutzpflanzen bezeichnet. Der Handel der
engliſchen Antillen fiel 1884—97 von 13,4 auf 10,2 Millionen Mark, die Rohzuckerproduktion
bis 1900 nach H. de R. Walker auf 2300000 kg. Letztere hat bei einigen Inſeln ganz auf⸗
gehört (Grenada), bei anderen faſt ganz (Tobago, Dominica, Jungferninſeln), und während
auf Jamaika und auf allen britiſchen Antillen 1881: 77 Prozent der Ausfuhr auf Zucker
kamen, waren es 1911 auf Jamaika nur noch 8,4 Prozent.
Dennoch wird auch heute noch auf vielen Inſeln, die durch Orkane zu leiden haben,
hauptſächlich Zucker angepflanzt, wie auf Barbados, da ein durch den Orkan zerſtörtes
Zuckerfeld bereits nach 115 Jahren wieder eine Ernte gibt, alle übrigen Nutzpflanzen aber
erſt ſehr viel ſpäter. So führten denn auch Barbados 1911 für faſt 8, St. Kitts und Nevis
für 2,7 Millionen Mark Zucker aus. Ebenſo blüht die Zuckerkultur noch auf den Großen
Antillen, Kuba und Puerto Rico, von wo 1911 für 235 und 98 Millionen Mark Zucker aus-
geführt wurden, aber auch die Dominikaniſche Republik lieferte für 16,7 und Jamaika für
5 Millionen Mark Zucker zur Ausfuhr. Der Geſamtwert der Zuckerausfuhr aus den Antillen
beläuft ſich demnach (1911) auf etwa 365 Millionen Mark, ſo daß Zucker immer noch das
weitaus wichtigſte Ausfuhrprodukt Weſtindiens iſt.
An zweiter Stelle ſteht Kaffee, deſſen Hauptausfuhrgebiet Haiti iſt, den aber auch
Puerto Rico, 1911 für 20 Millionen Mark, liefert; dann folgen Tabak (Tafel 19, Abbil-
dung J), allein aus Kuba für 112, aus Puerto Rico für 28 Millionen Mark, und Früchte,
462 Mittelamerika.
allein von Jamaika beinahe 30, von Kuba 8, von Puerto Rico S Millionen Mark, faſt ausſchließ⸗
lich Bananen, doch auch Kokosnüſſe, Orangen, Ananas und Limonen. Aus Zitronen bereitet
man auf vielen Kleinen Antillen Zitronenſaft, hauptſächlich auf Dominica, wo jährlich für
1% Million Mark davon ausgeführt wird, ſowie auf Montſerrat. Der Arrowroot hat
ſich beſonders auf St. Vincent eingebürgert, der Kakao auf Grenada, das für 41, Millionen
Mark liefert, ſowie auf Haiti, wo die Dominikaniſche Republik für 16 Millionen Mark aus-
führt, während Jamaika nur für 2 liefert. Neuerdings beginnt auf den nördlichen Kleinen
Antillen und auf Haiti der Anbau der Baumwolle wieder zuzunehmen, hauptſächlich auf
St. Kitts und Montſerrat, die zuſammen ſchon für 1 Million Mark zur Ausfuhr beiſteuern,
auf Antigua, Barbados (760000), St. Vincent (840000) und Grenada (180000 Mark). Letz⸗
tere Inſel erzeugt ferner Gewürze für 400000 Mark, Muskatnüſſe und Gewürznelken. Der
Anbau von Tee auf den Höhen der Antillen iſt noch nicht weiter entwickelt. Endlich ſind noch
Piment und Ingwer auf Jamaika erwähnenswert.
Holz, Blauholz, Gelbholz, Guayacanholz kommt hauptſächlich von Haiti, Häute, Vieh,
Wachs, Honig von allen Großen Antillen, Erze faſt nur von Kuba, wo die Ausfuhr von
Eiſenerzen 1910 faſt 16 Millionen Mark Wert hatte.
Die politiſche Geſchichte der Inſeln. Die gegenwärtige Beſitzverteilung zeigt
die Tabelle auf S. 463. Im 16. Jahrhundert waren alle Antillen im unbeſtrittenen
Beſitze der Spanier, doch beſiedelten dieſe ſeit 1496, dem Jahre der Gründung von Santo
Domingo, zunächſt nur Haiti, ſeit 1509 Jamaika und Puerto Rico, von 1511 an durch
Velasquez Kuba, die Kleinen Antillen dagegen ſo gut wie nicht, und überdies wanderten nach
der Eroberung von Mexiko und Peru viele Spanier von den Antillen dorthin aus. All-
mählich aber ging die Seeherrſchaft der Spanier zurück, und andere Mächte kamen empor.
In dieſer Übergangszeit blühte das Handwerk der See- und Landräuber, der Flibuſtier,
Bukanier und Korſaren, beſonders ſeit 1630. Sie vermochten nur deshalb eine ſo große
Bedeutung für die Geſchichte Weſtindiens zu gewinnen, weil Spanien, Frankreich und
England ſich damals die Wage hielten; erſt als ſie ſich gegen England wandten, vernichtete
dieſes ſie im Laufe von wenigen Jahren, um 1700.
Die Nichtſpanier nahmen im 17. Jahrhundert zunächſt die von den Spaniern un⸗
beſetzt gebliebenen Kleinen Antillen ein: die Franzoſen 1625 St. Chriſtoph, 1632 Mont⸗
ſerrat, 1635 Guadeloupe und Martinique, die Holländer 1634 Aruba, Curagao und Bonaire,
die Engländer 1624 Barbados, 1625 St. Thomas, 1627 Dominica, 1632 Antigua, 1635
Santa Lucia, aber auch 1655 das unbeſchützte Jamaika; doch hatte 1647 St. Thomas noch
keine feſte Anſiedelung. Nur die drei Inſeln St. Vincent, Santa Lucia und Dominica, die
Hauptſitze der Karaiben, wurden erſt im 18. Jahrhundert beſiedelt; St. Vincent und Santa
Lucia wurden noch Mitte des 17. Jahrhunderts den Karaiben ſogar geradezu überlaſſen unter
der Bedingung ihres Verzichtes auf die übrigen Inſeln. An Wirren fehlte es freilich auch
im 18. Jahrhundert nicht, denn der ſchon im 17. hervorgetretene Gegenſatz zwiſchen
Frankreich und England ſteigerte ſich immer mehr, und das Kriegsglück ſchwankte hin
und her. So wechſelten die Kleinen Antillen oft den Beſitzer, bis endlich 1815 Groß—
britannien, das 1781 auf Barbados, Antigua, Santa Lucia und Jamaika beſchränkt war,
alle Kleinen Antillen feſthalten konnte, mit Ausnahme von Martinique, Guadeloupe und
der Hälfte von St. Martin, die franzöſiſch, St. Barthélemy, das ſchwediſch, St. Thomas,
St. John und Santa Cruz, die däniſch blieben, ſowie der holländiſchen Inſeln Saba,
Weſtindien oder die Antillen: Bevölkerung, wirtſchaftliche und politiſche Verhältniſſe. 463
St. Euſtatius und St. Martin (halb). Im Jahre 1877 gelangte endlich das ſeit 1648 fran-
zöſiſche, ſeit 1784 ſchwediſche St. Barthͤlemy an Frankreich zurück.
Die gegenwärtigen Beſitzverhältniſſe auf den Großen Antillen.
I. Britiſche Beſitzungen: en OKilometer Ne Dichte
Bahäma⸗Jufenn Een 0 1783 11405 55 944 5
Turks⸗ und Caicos⸗Inſeln 1783 430 5615 13
0 RE Reed ar er 1655 10 896 31 400 76
Cam Üm)⁸ RE 584 (1909) 6 500 11
ine 9. 2 1667 (?) 150 5 562 3%
Anguilla .. . 88 4075 45
St. Chriſtoph = Kitts) t | 1783 176 | 26 283 156
Nevis r | 129 12 945 100
Barbuda . | 189 En 4
Antigua. ee e N 2 | 231 || 1 80
e eee 83 12 200 147
neee ed. 1783 (1805) 777 33 900 43
Santa Lucia ; 1803 (1814) 602 56 600 90
St. Vincent und nördl. Grenadinen BE 360 42 000 122
Grenada und ſüdl. Grenadinen. 1763 345 68 000 — 5
C 430 171500 400
Zufammen: | 2689 1564798 | 58
II. Franzöſiſche n
ale Er | 987 184.000 187
e AIR MEN KURT 1603 185 900 116
Deſirade 1770 1816 27 1484 55
Les Saintes und Petite Terre n 18 1728 96
CFCTCC | 149 1906 16 835 ib)
Brssertheletiß ., .. 2 ...% . . 1877 | 25 2 616 104
St. Martin (zum Teil). t | 1648 || 3 863 74
Zuſammen: | 2861 396 426 138
III. Niederländiſche Beſitzungen:
St. Martin =. Sei) eee Ai 47 2 891 61
S Ain rn 1814 13 1932 149
Ch Guſtatius ne ae 21 1334 63
Zuſammen: 81 6157 76
IV. Däniſche Beſitzungen:
Ste. Croix oder Santa Cruz . 218 15 478 71
%% V 1815 86 1901 10684 124
St. John enen | 85 942 17
Zuſammen: 398 27104 75
V. Puerto Rico:
(den Vereinigten Staaten gehörig) .. 1899 9314 1136 000 120
VI Selbſtändige Republiken:
Dominikaniſche 3 Nun ie 48 577 (1912) 725000 15
Holt r 28 676 2 500 000 92
Kuss en un, 114524 2472000 | 22
V. und VI. zuſammen: 201 0911 6833000 | 34
Antillen, Gefamtfumme: 251287 8 827 480 38
464 Mittelamerika.
Von den Großen Antillen ſind Jamaika ſeit 1655 unbeſtritten britiſch, Kuba und
Puerto Rico bis 1898 ſpaniſch geblieben. Erſt in dieſem Jahre ging Puerto Rico in den
Beſitz der Vereinigten Staaten über, Kuba aber, das dieſe ebenfalls Spanien entriſſen,
wurde zur Republik gemacht, ſo daß die Spanier als Kolonialmacht aus Amerika völlig ver—
drängt worden ſind. Auf Haiti verloren die Spanier den Weſten ſchon 1697 an die Fran-
zoſen und den Oſten in den Befreiungskriegen der ſpaniſchen Koloniſten 1809 an die Domini⸗
kaniſche Republik; der Weſten ging aber in fünfzehnjährigem Kampfe (1791—1804 auch den
Franzoſen wieder verloren und verwandelte ſich in die Negerrepublik Haiti.
2. Die Kleinen Antillen.
a) Die größeren ſüdlichen Inſeln.
Barbados (britijch) iſt trotz ſeiner geringen Größe von nur 430 qkm eines der wich—
tigſten Glieder der Antillen. Die Inſel beſteht aus tertiären Kalken und Mergeln mit bitu-
minöſen Quellen, Braunkohlenbildungen und Salzlagern, im Oſten aus quartären Korallen—
kalken. Sie ſteigt terraſſenförmig aus dem Meer empor, hat im Oſten eine ſteile Riffküſte
und iſt im ganzen ein hügeliges Flachland ohne hervorragende Berge; die größte Höhe er—
reicht der Mount Hillaby (350 m). Die Vegetation iſt wegen der Regenarmut und der häu—
figen Orkane weniger üppig als auf den Nachbarinſeln, zumal da auf Barbados der frucht—
bare vulkaniſche Boden völlig fehlt. Im Jahre 1624 von Jakob J. als Lehen an Lord Leigh
verliehen, beſaß Barbados 1806 ſchon über 60000, 1834: 84000, 1871: 146000 ſchwarze
Bewohner und enthält auch heute nur 10 Prozent Weiße. 1911 betrug die Bevölkerung:
171500, die Volksdichte 400. Das iſt nur möglich geworden, weil die Inſel von jeher dicht
bevölkert war und unter den zahlreichen politiſchen, wirtſchaftlichen und elementaren Kata—
ſtrophen verhältnismäßig wenig gelitten hat. Selbſt die große Zuckerkriſe zu Ende des
19. Jahrhunderts hat Barbados weniger geſchadet als anderen Inſeln, weil das Land keine
großen Pflanzungen enthält, ſondern nur kleine Güter, auf denen die für die Ernährung der
Bevölkerung notwendigen Nutzpflanzen: Bananen, Bataten, Yams, Mais, Zuckerrohr,
Fruchtbäume, angebaut werden. Immerhin führt Barbados bedeutende Mengen Zucker,
Rum und Melaſſe ſowie etwas Arrowroot aus. Viehzucht wird wenig betrieben, der Berg—
bau beſchränkt ſich auf die ſeit 1896 eröffneten Aſphalt- oder Manjak-Minen.
Die Bedeutung von Barbados liegt vielmehr im Handel, da es zum Hauptſtapelplatz
für die britiſchen Kolonien in Mittelamerika geworden iſt, ſeitdem die Royal Mail-Linie
die Inſel als Hauptſtation anläuft und von ihr aus Interkolonialdampfer nach den Häfen
um das Karaibiſche Meer und nach Guayana ſendet. Im Jahre 1910 hatte die Ausfuhr
den Wert von 21776600 Mark, wovon 15662550 auf Erzeugniſſe der Kolonie, 7,92 auf
Zucker, 6,22 auf Melaſſe, 0,76 Million Mark auf Baumwolle kamen; die Einfuhr, beſonders
Mehl, Holz, Getreide, Hülſenfrüchte, Fiſche, Butter und Induſtriegegenſtände, erreichte
26903880 Mark. Aus dieſem faſt 49 Millionen betragenden Geſamthandel erklärt ſich auch
die hohe Tonnenzahl der Schiffe, die 1910 dort verkehrten: 3397000. Eine 32 km lange
Eiſenbahn verbindet Bridgetown im Weſten mit St. Andrews im Nordoſten. Die Haupt-
ſtadt Bridgetown hat bereits 50000 Einwohner und ſtreitet mit Port of Spain um die
Stelle des lebhafteſten Hafens Weſtindiens nach Habana. Weiter im Norden der Weſtküſte
liegt Speightstown. Einige Küſtenplätze dienen jetzt als Seebäder und Winterſtationen.
Die Kleinen Antillen: Die größeren ſüdlichen Inſeln. 465
Grenada und die Grenadinen (britiſchß. Grenada, das mit den Grenadinen
345 qkm groß iſt, erhebt ſich im Mount Maitland zu 840 m Höhe über dem Meere, trägt
neben vielen kleinen Kraterſeen den Grand Etang in einem anſcheinend erloſchenen Krater
und beſteht wahrſcheinlich faſt ganz aus Andeſit. Die Formen der Berge ſind bald ſchroff,
bald ſanft gerundet, je nachdem Felſenmaſſen aus dem alles überziehenden Walde hervor—
ragen oder von ihm verdeckt werden. Grenada wurde 1498 von Kolumbus entdeckt und
Aſuncion genannt, blieb aber bis 1650 unbeachtet. Dann begann ein 130jähriger Streit
der Engländer und Franzoſen um die Inſel, der 1782 zugunſten der erſteren entſchieden
wurde. Während dieſer Zeit wurden die Karaiben ausgerottet und Neger an ihre Stelle
geſetzt, die heute noch den Hauptbeſtandteil der Ende 1911 auf gegen 68000 berechneten
Bevölkerung bilden. An die Stelle der 1897 völlig erloſchenen Ausfuhr von Zucker iſt die
von Kakao getreten, 1910 im Werte von 4426040 Mark, 83 Prozent der 5292800 Mark
betragenden Geſamtausfuhr. An dieſer nahmen ferner teil: Nelken und Muskatnüſſe im
Werte von 413460 und Baumwolle für 180000 Mark, ſowie kleinere Mengen von Kokos—
nüſſen und Zitronenſaft. Die Baumwolle und der Zitronenſaft kommen von Carriacou.
An Rum wurden 1911: 63356 Gallonen deſtilliert, aber nicht ausgeführt. Die Einfuhr betrug
1911:6 184540 Mark, vorwiegend Textilwaren, andere Induſtriegegenſtände, Mehl und Fiſch,
der Handel erreichte alſo 11477340 Mark. Die Tonnenzahl der 1911 an- und ausgelaufenen
Schiffe betrug 535161. Sie verkehrten faſt ausſchließlich in dem Haupthafen St. Georges,
der im Südweſten liegenden, 6000 Einwohner zählenden Hauptſtadt der Inſel.
Die Grenadinen ſind etwa 600 vulkaniſche Klippen und Inſeln, unter denen Carria⸗
cou, Cannouan, Mayero, Muſtique und Bequia die bekannteſten ſind. Sie haben ſehr geringe
Fläche, ſchroffe Formen, waldige Kuppen und machen einen romantiſchen Eindruck.
St. Vincent (britiſch). Die eiförmig geſtaltete, 360 qkm große Inſel St. Vincent iſt
der Hauptſitz der vulkaniſchen Tätigkeit der Antillen. Sie iſt die einzige, die ſeit der Entdeckung
mehrfach, 1718, 1812, 1902, vulkaniſche Ausbrüche gehabt hat, und zwar aus dem in ihrem
Norden ſtehenden Vulkane La Soufriere. Dieſer 1128 m hohe Kegelberg hatte vor dem letzten
Ausbruche einen Krater von 5 km Umfang und 150 m Tiefe. Am 7. Mai 1902 begann die
letzte große Eruption, die den Norden der Inſel verwüſtete und über 2000 Menſchen das Leben
gekoſtet hat. Sie fand wie diejenige vom 27. April 1812 am Anfang der Regenzeit ſtatt, gleich-
zeitig mit der der Montagne Pelée auf Martinique, und dauerte bis 1904. Aus dem wellen—
förmig hügeligen Gelände der Inſel, das von fruchtbaren, mit Pflanzungen bedeckten Tälern
durchzogen iſt, erhebt ſich ferner der Morne au Garou zu 900 m Höhe. Die Inſel iſt dicht be-
waldet und ſehr maleriſch, hat aber zuweilen, wie 1838 und 1898, unter Zyklonen gelitten.
St. Vincent iſt die einzige Inſel der Antillen, auf der ſich noch Reſte der urſprünglichen
Bevölkerung erhalten haben, nämlich Karaiben. Dieſe haben gerade hier der Beſiedelung
die größten Schwierigkeiten in den Weg gelegt, beſonders zwiſchen 1722 und 1740, in den
erſten Jahrzehnten der Pflanzungstätigkeit, aber auch nach der britiſchen Beſitzergreifung
(1762). Erſt nachdem 1796 ihrer 5080 nach Britiſch-Honduras geſchafft worden waren, trat
Ruhe ein. Heute beſteht die Bevölkerung zum größeren Teil aus Farbigen; 1881 zählte man
unter 40500 Bewohnern 28400 Neger und 7080 Miſchlinge, 2700 Europäer, meiſt ſeit 1850
eingewanderte Islenos von den Azoren, 2200 Indier, die ſeit 1861 auf die Inſel gekommen
waren, und endlich 200 Karaiben. Vor dem Ausbruch der Soufrière von 1902 hatte
St. Vincent 45—46000 Einwohner, am 2. April 1911: 41877.
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 30
466 Mittelamerika.
Der fruchtbare Boden St. Vincents ergab ſchon um 1740 einen Pflanzungsertrag von
1% Millionen Mark im Jahre, aber die Aufhebung der Sklaverei und der Orkan von 1838,
neuerdings der von 1898 und die Eruption der Soufrieère haben die Inſel ſchwer geſchädigt.
Der Handel betrug 1910: 3978340 Mark, wovon 2023600 auf die Ausfuhr, 1954740 auf
die Einfuhr entfielen. Dieſe kam meiſt von Großbritannien und den britiſchen Kolonien, jene
ging nach denſelben. Sie beſtand aus Baumwolle (842000 Mark = 41 Prozent), Arrow—
root (600000 Mark = 30 Prozent), Zucker, Sirup, Melaſſe (117000), Vieh (108000) und
Kakao (82000 Mark). Baumwolle wird jetzt auf 3600 Acres gepflanzt und hat Arrowroot
bereits überflügelt; 1903/04 war der Ausfuhrwert der Baumwolle erſt 16000 Mark. Der
Hauptort, Kingstown, mit 6000 Einwohnern nimmt den größten Teil des Handels und
der Schiffahrt (1910: 145394 Tonnen) auf ſich; er iſt, wie die weſtindiſchen Städte überhaupt,
aus Holz gebaut (Tafel 19, Abbildung 2), reich an Gärten und ſehr maleriſch. Georgetown
im Oſten und Chäteau Belair im Nordweſten haben durch den Ausbruch des Vulkans gelitten.
Santa Lucia (britiſch). Eine 2000 m tiefe Straße trennt St. Vincent von der
durch ihre malerische Schönheit ausgezeichneten, 602 qkm großen Inſel Santa Lucia. Dieſe
erhebt ſich im Grand Magaſin oder der Soufriere, einem erloſchenen Vulkan mit Kraterſee,
zu 1200 m Höhe und iſt durchaus vulkaniſch, verhielt ſich aber im Jahre 1902 trotz ihrer Lage
zwiſchen St. Vincent und Martinique ruhig; bemerkenswert iſt allerdings das Auftreten
einer heißen Springquelle im Meere öſtlich der Inſel im Sommer 1902. Vom Jahre 1766
wird ein Ausbruch des 550 m hohen Qualibou berichtet, doch iſt dieſe Nachricht nicht unbedingt
glaubhaft. Ein langer Höhenzug, von dem viele Täler zum Meere hinabziehen, verläuft
über die ganze Inſel, iſt wegen ſeiner gewaltigen Hochwälder bekannt und enthält noch zahl—
reiche heiße Quellen.
Die Verſuche der Engländer und Franzoſen, ſich ſeit 1635 auf Santa Lucia feſtzuſetzen,
blieben wegen des Widerſtandes der Karaiben lange vergeblich. Daher wurde die Beſie—
delung der Inſel erſt ſehr ſpät vollzogen: um 1700 wurde fie nur von Holzfällern aus
Martinique und Barbados beſucht, und erſt nach 1720 faßten franzöſiſche Anſiedler feſten
Fuß, nach einer Neutralitätsperiode, 1748 bis 1762, England endgültig 1814. Die Bevöl—
kerung, 1910: 56600, beſteht zum größten Teil aus Schwarzen; die Zahl der Weißen ſoll
1000 betragen, die Karaiben ſind ausgerottet worden, die Volksdichte iſt 90. Das Haupt-
erzeugnis, Zucker, iſt durch die Zuckerkriſe entwertet worden: während die Inſel um 1885
noch jährlich 9 Millionen kg Zucker ausführte, ergab die Zuckerausfuhr 1900 nur noch 1,1,
1911: 1,3 Million Mark. Ausgeführt wird ferner Kakao, meiſt nach Frankreich, 1910 für
818700 Mark, ſo daß Zucker und Kakao 92 Prozent der Ausfuhr beſtreiten. Der Reſt fällt
auf Baumwolle (26000), Holz (18520), Früchte (16000), Pfeffer (10920), Zitronenſaft
(6400), Rum (7800), und von Viehzuchtserzeugniſſen auf Häute (13640) und Honig (8000
Mark). Die Geſamtausfuhr hatte 1910 den Wert von 2326140 Mark, doch kamen noch
Kohlen im Werte von 2337220 Mark hinzu, da Santa Lucia Kohlenſtation für die Kriegs-
ſchiffe, auch deutſche, iſt, die dort Schießübungen vornehmen. Der Geſamthandel iſt bei
einer Einfuhr von 5544160 Mark: 7870300, mit Kohlen 10207520 Mark. Der Hauptort,
Port Caſtries, an der Nordweſtſeite iſt durch ſeinen gegen die Zyklone verhältnismäßig
ſicheren Hafen ausgezeichnet und hat 5000 Einwohner.
Martinique (franzöſiſch). Wiederum durch eine 2000 m tiefe Straße von ihrer ſüd—
lichen Nachbarin geſchieden it Martinique, mit 987 qkm die zweitgrößte der Kleinen Antillen,
Die Kleinen Antillen: Die größeren ſüdlichen Inſeln. 467
eine langgeſtreckte, durch die Bucht von Fort de France in zwei ungleiche Teile geſpaltene
Inſel. Der niedrigere Süden enthält den 505 m hohen Mont Vauclin und wird von dem
höheren Norden durch eine ſchmale Gebirgsbrücke geſchieden. An dieſe lehnt ſich nach Weſten
zu Schwemmland, das die Bai von Fort de France immer mehr einengt, während in der
Mitte fettes, toniges Land, vielfach auch Kalkſtein die Oberfläche bildet, wie denn auch Riffe
die Bucht von Fort de France umſäumen. Den Untergrund von Martinique bildet aber
überall Eruptivgeſtein. Der Norden beſteht aus den vulkaniſchen Pitons du Carbet (1207 m)
nördlich der Stadt Fort de France, dem Morne Jacob über St. Pierre und dem höchſten
Gipfel der ganzen Inſel, der 1350 m hohen Montagne Pelsée (Tafel 18, Abbildung 3).
Sie galten für erloſchen, auch die Montagne Pelée. Um jo furchtbarer war die gewaltige
Eruption dieſes Vulkans vom 8. Mai 1902, die binnen wenigen Minuten zur Zerſtörung
der Stadt St. Pierre und zur Vernichtung von 30000 Menſchen führte. Der Ausbruch
wurde bereits im April 1902 eingeleitet, erreichte ſeinen erſten Höhepunkt am 8. Mai
früh 8 Uhr in dem Ausſtrömen ungeheuer heißer, giftiger, erſtickender Gaſe, wahrſchein—
lich ſchwefliger Säure, und glühenden Schlammes, ſeinen zweiten am 20. Mai und nahm
dann langſam ab, wenn auch noch mehrfach im Juni, Auguſt und Oktober 1902 ſowie am
26. März 1903 heftige Eruptionen erfolgten.
Bis zu dem Ausbruche der Montagne Pelée war Martinique eine der blühendſten
weſtindiſchen Inſeln, da es auf nur 988 qkm 1901: 207000 Bewohner, alſo die hohe Volks—
dichte von 210 beſaß; ſeitdem es 1902 jedoch etwa ein Siebentel ſeiner Einwohnerzahl ein—
gebüßt hat, iſt dieſe auf 1911: 184000, die Volksdichte auf ungefähr 187 herabgegangen. Die
Bevölkerung iſt in Sprache, Sitten und Anſchauungen durchaus franzöſiſch und hat ſeit
1635 mit geringen Unterbrechungen zu Frankreich gehört; nur 1762/63, 1794—1802, 1809
bis 1816 waren die Engländer Herren der Inſel. Gleich darauf empörten ſich die 80000
Schwarzen gegen die 10000 Weißen und 11000 Mulatten, die Bevölkerung betrug alſo
damals bereits über 100000 Köpfe; auch 1902 rechnete man kaum 10000 Weiße, aber
100000 Neger und Mulatten. Den Reſt bilden indiſche Kulis.
Wirtſchaftlich nahm Martinique erſt nach dem Utrechter Frieden 1713 und ſeit der
Einführung des Kaffeebaums durch Desclieux (1717 oder 1723) einen Aufſchwung. Das
hauptſächlichſte Produkt war jedoch Zucker, wovon Martinique ſchon 1827: 24,5 Millionen kg
neben 1 Million kg Kaffee ausführte. Nach der Aufhebung der Sklaverei fiel die Ausfuhr
freilich von 14,8 auf 7,3 Millionen Mark in dem einen Jahr von 1847—48, aber 1884 ergab
die Inſel wieder 49,3 Millionen kg Zucker, 17,6 Millionen Liter Rum und die dieſem ähn—
liche, aber in geringeren Mengen zur Ausfuhr gelangende Täfia, dazu 481000 kg Kakao,
365000 kg Holz, 118000 kg Kaſſia und etwas Kaffee. Die Zuckerkriſe, der Orkan von 1891
und ungünſtige Handelsverhältniſſe haben allerdings ſeitdem einen Rückgang hervorgerufen;
der Ausbruch des Vulkans hat aber nur einen geringen Teil des bebauten Landes vernichtet.
Immerhin betrug die Ausfuhr 1901: 19, 1911: 22, die Einfuhr 1901: 21,6, 1911:
15,6 Millionen Mark; der Handel Martiniques 1911 alſo gegen 38 Millionen Mark. Eiſen—
bahnen gibt es etwa 200 km.
Die Hauptorte Martiniques waren bis 1902 St. Pierre und Fort de France.
Zwiſchen beiden beſtand inſofern ein Gegenſatz, als Fort de France, obwohl Sitz der Regie—
rung, des oberſten Gerichtes und mehrerer anderer hoher Behörden, nur 20000 Bewohner
hatte gegen 30000, die das ungeſundere, dem Paſſat abgekehrte St. Pierre zählte; dabei
30*
468 | Mittelamerika.
iſt der Hafen von Fort de France weit beſſer als der von St. Pierre. Dieſer Wettbewerb iſt
am 8. Mai 1902 durch die Vernichtung von St. Pierre ſeitens der Montagne Pelée ab-
geſchnitten worden: St. Pierre exiſtiert nicht mehr, und man geht kaum zu weit, wenn man
ſagt, es ſei dort kein Stein auf dem anderen geblieben. Von glühenden Steinen entzündet
und von ſiedenden Schlammaſſen überſchüttet, bildet St. Pierre jetzt ein ſchauerliches Trüm⸗
mer- und Totenfeld (Tafel 18, Abbildung 3), während früher die dicht aneinander gedräng-
ten Häuſer den Eindruck einer geſchäftigen Seehandelsſtadt machten gegenüber dem mehr
weſtindiſchen Kolonialſtadttypus zeigenden Fort de France. Die Orte Le Lamantin und
Le Francois hatten 14000 und 11000 Bewohner.
Dominica (britiſch). Dieſe Inſel hat eine ähnliche Geſtalt wie Santa Lucia, gehört
auch zu der vulkaniſchen Reihe der Kleinen Antillen und iſt die zweithöchſte derſelben, da ihr
Hauptgipfel, Morne Diablotin, mit 1447 m Höhe nur den Bergen von Guadeloupe nachſteht.
Auch er iſt ein alter Vulkan, in deſſen Kraterbecken ein mit ſiedendem Waſſer gefüllter See
lag; dieſer hat jedoch durch Bodenbewegungen ſeit 1880 ſeine Eigenart eingebüßt und iſt
1902 während der Ausbrüche auf Martinique und St. Vincent verſiegt, was auf ſtärkere
vulkaniſche Regungen auch auf dieſer Inſel ſchließen läßt. Überdies treten zahlreiche Kegel—
berge und heiße Quellen auf. Das oft lockere vulkaniſche Geſtein der Inſel iſt von vielen
Waſſerläufen in tiefen Eroſionstälern angeſchnitten worden, ſo daß die orographiſche Glie—
derung Dominicas mannigfaltig iſt. Da die Gebirge überdies mit mächtigen Wäldern bedeckt
und die aus Lavaſtrömen gebildeten Küſten wenig zugänglich ſind, ſo iſt Dominica ſtets von
geringer Bedeutung geweſen.
Überhaupt war die Entwickelung der Inſel langſam, da die Karaiben bis 1748 ſie allein
zu beherrſchen verſtanden; erſt 1756 ſetzte ſich England in den Beſitz Dominicas und hat es
mit Ausnahme der Jahre 1771—82 und 1805 gegen die Franzoſen gehalten. 1911 betrug
die Bevölkerung Dominicas nur 33900, die Volksdichte nur 43. Die Einwohner ſind
vorwiegend Farbige: Neger und Mulatten. Auch hier wurde die Entwickelung durch die
Abſchaffung der Sklaverei unterbrochen, und der Rückgang der Zuckerpreiſe ergab in den
1890er Jahren einen zweiten Rückſchlag: 1892 führte Dominica 110000 kg Zucker aus, 1901
nur noch 7500 kg, ſo daß die Zuckerinduſtrie auf der Inſel faſt völlig erloſchen iſt. An ihre
Stelle iſt der Anbau von Kakao und Zitronen getreten, der 1910/11 für 1406660 Mark
Zitronenſaft und für 475000 Mark Kakao ergab, und ferner kommen Früchte und wilder
Honig ſowie etwas Kaffee, Arrowroot, Baumwolle, Holz und Bay-Rum zur Ausfuhr.
70000 Hevea-Pflanzen ſowie Vanille bieten gute Ausſichten. Die Inſel enthält noch immer
faſt 158000 Acres unkultiviertes Land, von denen 80000 kultivierbar ſein würden. Die
Ausfuhr betrug 1910: 2242200, die Einfuhr 2946440, der Handel alſo 5188640 Mark, die
Tonnenzahl der Schiffe 695000. Der Hauptort Port Roſeau oder Charlottetown, maleriſch
an der Weſtſeite der Inſel vor den grünen, mit Kaffee bepflanzten Hügeln gelegen, iſt eine
ſtark zurückgegangene Stadt von 6000 Einwohnern mit langen, breiten Straßen.
Die Guadeloupe-Gruppe (franzöſiſch) nimmt zuſammen 1780 qkm ein: Guadeloupe
1586, Marie Galante 149, Dejirade 27, Les Saintes und Petite Terre 18. Geologiſch laſſen
ſich dieſe Inſeln zwei Zonen der Antillen einordnen, nämlich die Saintes und der hohe
Weſten von Guadeloupe, Baſſe Terre, der inneren vulkaniſchen, die anderen Inſeln und der
flache Oſten von Guadeloupe, Grande Terre, der äußeren tertiären Kalk- und Sandſteinzone,
doch ſollen nach Spencer im Weſten der Hauptinſel auch ältere Eruptivgeſteine vorkommen.
Die Kleinen Antillen: Die größeren ſüdlichen Inſeln. 469
Die weſtlichen, vulkaniſchen Inſeln ſind ſehr zerriſſen, mit bewaldeten Kuppen, Kegeln und
Klippen bedeckt und waſſerreich, die öſtlichen dagegen flach, niedrig, trocken und waſſerarm.
Die ſieben Saintes gelten als Reſte zweier zerſprengter Vulkane, enthalten Krater
und Lavahügel, erheben ſich im Chameau auf der öſtlichſten, Terre de Haut, zu 316 m und
haben nur wenig Vegetation, aber (1906) über 1700 Bewohner (Ackerbauer und Fiſcher),
alſo die Volksdichte von 96. Marie Galante iſt eine terraſſenförmig aufſteigende ebene
Kalkſteininſel von 205 m Höhe, mit poröſem Boden, geringer Vegetation und ſpärlichem
Anbau, doch 1906: 16800 Einwohnern und der Volksdichte von 113. Petite Terre wird
nur gelegentlich bewohnt, während La Dejirade, eine langgeſtreckte Kalkſteininſel von
278 m Höhe, 1906: 1500 Menſchen beherbergte (Volksdichte 55).
La Guadeloupe ſetzt ſich zuſammen aus einem flachen öſtlichen Teil, Grande Terre,
von 656 qkm und einem hohen weſtlichen, Baſſe Terre, von 930 qkm Fläche. Dieſe Namen
ſind irreführend, da Grande Terre der kleinere, Baſſe Terre der höhere Teil iſt; man bezeichnete
aber im 17. Jahrhundert die öſtlichen Küſten mit Capes Terre, die weſtlichen mit Baſſe Terre.
Grande Terre beſteht aus rotem, ſehr fruchtbarem Boden auf den Erhöhungen und
ſchwarzer Humusdecke in den Niederungen ſowie aus gelben Tonen und vulkaniſcher, von
Baſſe Terre ſtammender Aſche, im Oſten aus Korallenkalk und erreicht nur 130 m Höhe. Es
beſitzt keine Bäche, ja kaum Quellen, iſt in der Trockenzeit geradezu waſſerarm und daher,
namentlich auf der Oſtſeite, ſehr ſchwach bewohnt; im Weſten liegt die durch Eiſenbahn mit
La Bathie verbundene freundliche Stadt Point Pitre am Buſen Petit Cul de Sac. Sie
hat 15000 Einwohner in zweiſtöckigen Holzhäuſern, verdankt ihre Bedeutung dem geſchützten
Hafen, hat ſich ſeit ihrer Gründung, 1760, raſch entwickelt und iſt jetzt Haupthandelsplatz der
Inſel. Baſſe Terre hängt mit Grande Terre durch eine ſchmale, von der Rivière Salbe
durchfloſſene Landenge zuſammen und erhebt ſich in der Grande Soufriere, der höchſten
Spitze der Kleinen Antillen, zu 1677 m. Dieſer alte Vulkan enthält in ſeinem zerriſſenen,
nackt über den Wäldern emporſteigenden Kegel einen Krater, iſt in Fumarolenzuſtand und hat
ſich 1902 während der Eruption auf Martinique nicht geregt. Der Sans Toucher (1480 m),
die Deux Mamelles (773 m), die Groſſe Montagne (720 m) und der Caraibe (698 m) liegen
ſämtlich auf der nach Nordnordweſten ſtreichenden Achſe von Guadeloupe, ſind dicht be—
waldet und entſenden viele Waſſerläufe nach den Küſten. An dieſen findet man die meiſten
Pflanzungen ſowie die von grünenden Hügeln umgebene, aber ſonſt häßliche, aus Holz
gebaute Hauptſtadt von Guadeloupe, Baſſe Terre, mit 12000 Einwohnern.
Guadeloupe wurde im Jahre 1635 zuerſt von Franzoſen beſiedelt und hat eine ſehr
wechſelvolle Geſchichte gehabt, da die Engländer es nicht weniger als ſechsmal, 1666, 1691,
1703, 1759, 1794 und 1810, jedoch meiſt nur auf kurze Zeit, zuletzt auf 5 Jahre, in Beſitz
nahmen. Nach der Ausrottung der Karaiben beſteht die Bevölkerung von Guadeloupe
großenteils aus Negern und Mulatten, aber nur wenigen (1000) Weißen und etwa 15000
indiſchen Kulis, deren nach Aufhebung der Sklaverei etwa 40000 eingeführt worden ſind.
1911 zählte man 212000 Menſchen auf Guadeloupe, was eine Volksdichte von 119 ergibt,
doch hatte die Inſel ſchon 1794: 108000, um 1860: 132000 Einwohner. Wirtſchaftlich er—
lebte Guadeloupe von 1847 auf 1848 einen ſtarken Rückgang in der Erzeugung ſeines Haupt⸗
produktes Zucker, deſſen Ausfuhr von 38 auf 17 Millionen kg fiel, und nach langſamem Auf—
ſchwung der Zuckerinduſtrie die völlige Entwertung des Zuckers. Dagegen ſtieg in demſelben
Jahre die Kaffeeausfuhr auf 700000 kg, die von Kakao auf 300000 kg, und außerdem werden
470 Mittelamerika.
bedeutende Mengen Melaſſe ſowie in geringeren Mengen Rum und Vanille ausgeführt, Tabak,
Bananen, Orangen, Mais, Baumwolle und Rucu angepflanzt. Der Handel hatte 1911 einen
Wert von 31,7 Millionen Mark, wovon 15,5 auf die Einfuhr und 16,2 auf die Ausfuhr kamen.
p) Die kleineren nördlichen Inſeln.
Nördlich von Guadeloupe beginnt die ſchon ſeit Marie Galante vorbereitete Doppel—
reihe kleinerer Inſeln, welche die Engländer die Leewardinſeln nennen.
Montſerrat und Redonda britiſch). Montſerrat hat nur 83 qkm Fläche, aber
914 m Höhe, enthält im Süden zwei Soufrieres (Solfataren, Schwefelkrater), von denen
die eine noch Anzeichen von Tätigkeit geben ſoll, in der Mitte die niedrigeren Centre Hills,
im Norden die Silver Hills und iſt durch eine von 1897 bis 1900 dauernde Erdbebenperiode
neuerdings wieder bekannter geworden, weil man in dieſer den Vorläufer, wenn nicht die
Urſache für die Eruptionen der übrigen Antillenvulkane geſehen hat. Montſerrat war eine
der erſten von den Franzoſen 1625 beſetzten Kleinen Antillen, iſt aber ſeit 1815 in den Händen
der Engländer und hatte unter dieſen bis vor kurzem eine bemerkenswerte Blüte erreicht,
ſo daß es noch 1897 für 440000 Mark, beſonders Zucker und Zitronenſaft, ausführen konnte;
im Jahre 1899 zerſtörte jedoch ein großer Orkan die Pflanzungen und ſogar die Waldungen,
ſo daß die Ausfuhr 1900 nur 160000 Mark betrug. Im Jahre 1910 hat ſich aber wieder die
von Zitronenſaft von 7360 auf 180000 Mark gehoben, während die von Zucker nur noch
190 Tonnen betrug. Dagegen hat Baumwolle einen Ausfuhrwert von 314000 Mark erlangt;
überdies hat man begonnen, Zwiebeln in größerem Maßſtabe anzupflanzen. Die Ausfuhr
betrug 1910/11: 687860 Mark, die Einfuhr 762 120, der Handel alſo 1449980 Mark, die
Schiffstonnenzahl 1910: 360326. Der Hauptort New Plymouth an der Weſtküſte iſt ein
beſcheidenes, aber anmutig gelegenes Städtchen. Die ganze Inſel hat nur 12200 Einwohner,
aber die hohe Volksdichte von 147. Redonda iſt ein 182 m hoher vulkaniſcher Kegel von
1,3 qkm Fläche mit 18 Einwohnern.
Nevis und St. Chriſtoph (britiſch). Nevis und St. Chriſtoph oder St. Kitts ſind
politiſch, wirtſchaftlich und auch in bezug auf ihre Bodenbeſchaffenheit eng verbunden; beide
liegen auf einem gemeinſamen Sockel, find nur durch eine 3 km breite, 8 m tiefe, mit Riffen
beſetzte Meerenge getrennt und bilden zuſammen die Preſideney St. Kitts-Nevis der
Leeward Islands. Nevis iſt ein impoſanter erloſchener Vulkan von 129 qkm Fläche und faſt
1100 m Höhe, St. Chriſtoph (176 qkm) beſteht aus einer Nevis entgegengeſtreckten Halb—
inſel mit einem Salzſee und aus einem vulkaniſchen Hauptkörper mit dem 1300 m hohen
Mount Miſery, deſſen ſcharfgeränderter, 729 m tiefer Krater 1692 noch tätig geweſen ſein
ſoll, jetzt aber einen See und Beſtände von Kohlpalmen, Gras und Bäumen enthält. Der
vielfach aus vulkaniſcher Aſche beſtehende, poröſe, ſehr fruchtbare Boden erzeugte von
jeher viel Zucker, ſowohl zur Zeit der Malteſer von 1651 an, als auch in der zweiten Blüte—
periode zu Anfang des 19. Jahrhunderts und noch heute im Verhältnis zu den Nachbarinſeln.
Der Rückgang der Zuckerpreiſe hat die Inſeln jedoch geſchädigt. 1910 wurden nur für
2724120 Mark Zucker ausgeführt, dafür aber für 769500 Mark Baumwolle. Immerhin
war die Geſamtausfuhr faſt 4, die Einfuhr 3,8, der Handel 7,8 Millionen Mark. Der Schiffs-
verkehr betrug auf beiden Inſeln 1910: 593942 Tonnen.
St. Chriſtoph und Nevis haben auch politiſch dieſelben Schickſale gehabt. Im Jahre
1625 von den Franzoſen, dann von den Engländern beſiedelt, waren ſie ſeit 1651 Eigentum
Die Kleinen Antillen: Die kleineren nördlichen Inſeln. 471
des Malteſerordens, dann bis 1713 zwiſchen England und Frankreich geteilt und gehören
ſeitdem England, außer 1782/83. Die urſprünglich franzöſiſche Bevölkerung wurde nach und
nach durch Engländer erſetzt, die Hauptmaſſe der Bevölkerung aber ſind Neger und Mulatten.
Nevis hat mit 1911: 12945 Bewohnern die Volksdichte von 100, St. Chriſtoph mit 26283 Be-
wohnern 156. Hauptort von Nevis iſt Charlottetown an der Weſtſeite, von St. Chriſtoph die
an den grünen Hügeln des Affenberges langgeſtreckte typiſch weſtindiſche Stadt Baſſe Terre.
St. Euſtatius und Saba (niederländisch). Dieſe zwei ſeit 1635 niederländischen Inſeln
ſind die letzten der vulkaniſchen Kleinen Antillen; erſteres hat aber nur 20,7, Saba nur 13 qkm
Fläche. St. Euſtatius beſteht aus dem erloſchenen Vulkan Punchbowl im Süden (600 m)
und einem vulkaniſchen Bergland im Norden, die beide durch eine weite Ebene verbunden
ſind, auf welcher der Hauptort Oranjeſtad oder Orangetown liegt. Saba iſt ein erloſchener
Vulkan von 860 m Höhe. St. Euſtatius hatte 1911: 1344, Saba 1932 Einwohner. Der
Handel betrug in St. Euſtatius 151702 Mark, davon 73422 in der Einfuhr, 78280 in der
Ausfuhr. Dieſe beſtand beſonders aus Baumwolle und Baumwollſamen (17480 Mark), Ba⸗
taten und YHams (9000), Zitronenſaft und Vieh, während Saba Spitzen (14800), Zitronen-
ſaft, Kartoffeln (1640), Zwiebeln (1070) und Vieh zu der 20000 Mark betragenden Ausfuhr
lieferte. Die Einfuhr nach Saba hatte den Wert von 115080, der Handel den von 135000 Mark.
Die Bevölkerung ſitzt auf Saba ſehr dicht (Volksdichte 148) an den Gehängen des Vulkans;
auf St. Euſtatius iſt die Volksdichte mit 64 für die Kleinen Antillen normal.
Antigua (britiſch), St. Barthélemy (franzöſiſch), St. Martin (niederländiſch und
franzöſiſch), Anguilla (britiſchß). Im Oſten der inneren Zone der Kleinen Antillen beginnt
mit Antigua zuerſt die mittlere Zone dieſes Bogens, welche die eben genannten vier Inſeln
ſowie Dog Island umfaßt. Zwar treten nach J. W. Spencer ſchon auf Baſſe Terre (Guade—
loupe), St. Chriſtoph und St. Euſtatius ältere Exuptivgeſteine im Untergrunde auf, allein
auf Antigua bilden ſie zuerſt in Form porphyritiſchen Materials einen vollſtändigen Ab—
ſchnitt der Inſel. Dieſes Geſtein iſt wahrſcheinlich der Kreidezeit zuzurechnen und wird in
der Mitte von Antigua von veränderten Breccien begleitet, über denen tertiäre Tuffe und
Konglomerate mit marinen Kalken und Sanden, wahrſcheinlich tertiäre Süßwaſſerbildungen,
von etwa 1000 m Mächtigkeit in 12—20° nach Nordoſten fallende Bänke bilden, während der
Nordoſten der Inſel aus weißen, grauen, gelblichen Kalken und Mergeln, kalkigem Sandſtein
mit 10° Einfall nach Nordoſten ſowie aus Kieſen beſteht, die dem mittleren und oberen Tertiär
zugehören. Die Höhe von Antigua beträgt 400 m, und das trockene Klima verhindert mit
dem poröſen, ebenen Boden die Ausbildung von Bächen, ſo daß das Waſſer in Ziſternen
aufgefangen werden muß. Der trotzdem anfangs wohl vorhanden geweſene Wald hat infolge
der ſeit 1632 durch die Engländer begonnenen Beſiedelung zuerſt der Baumwollkultur, dann,
nach Abſchaffung der Sklaverei (1838), Zuckerpflanzungen Platz gemacht.
An Zucker wurden 1910 aber doch noch 13488 Tonnen ausgeführt. Auf 16481 von
52 794 kultivierbaren Acres Land pflanzt man außer Zuckerrohr neuerdings auch Baum—
wolle, deren Ausfuhrwert 1910: 171380 Mark betrug, und Zwiebeln und hat Verſuche mit
dem Anbau von ams, Bataten, Mais, Bohnen, Tabak, Baumwolle und Früchten gemacht,
beſonders von Ananas, Orangen, Zitronen, Limonen, Granatäpfeln, Guayabo und Mangos.
Die Ausfuhr geht faſt ausſchließlich nach den Vereinigten Staaten und betrug 1910: 3,92,
die Einfuhr 3,4, der Handel 7,32 Millionen Mark. Der Schiffsverkehr hatte 1910 die bedeu—
tende Tonnenzahl von 644705, da Antigua wegen ſeiner zentralen Lage zum Hauptplatz
472 | Mittelamerifa.
der Leewardgruppe gewählt worden iſt. In der Hauptſtadt St. John oder Johnstown ver—
einigen ſich etwa 15000 von den 30000 meiſt farbigen Bewohnern Antiguas; die Inſel hat
die hohe Volksdichte von 136. Antigua iſt nur 1666—88 franzöſiſch, ſonſt ſtets britiſch ge—
weſen und hat ſeine Blüte zum großen Teil der Familie Codrington zu verdanken.
St. Barthélemy beſteht aus einem Grundgerüſt von alten Eruptivgeſteinen, im
Norden aus tertiären Kalken, Tuffen, Konglomeraten und Sanden wie Antigua, erreicht nur
300 m Höhe, iſt hügelig, felſig, mit Salzſümpfen bedeckt und ermangelt ſüßen Waſſers völlig.
Die von den Engländern St. Barts genannte Inſel wurde zuerſt von Franzoſen beſiedelt,
1784 an Schweden abgetreten, aber 1877 an Frankreich zurückverkauft. Die Bevölkerung,
1906: 2616, ſitzt mit einer Dichte von 104 auf der nur 25 qkm großen Inſel, ſpricht zwar
Engliſch, hat aber franzöſiſche Sitten und Gebräuche und beſteht zu zwei Dritteln aus ſeit
1847 freien Negern. Dieſe bauen Zucker, Tabak, Früchte, Maniok, etwas Kakao und Baum-
wolle und leben zum Teil in dem Haupthafen Le Carénage und der kleinen Stadt Guſtavia.
St. Martin (franzöſiſch und niederländiſch) wird aus einem Grundgerüſt von Horn—
blendegranit, Quarzaugitdiorit, Diabas, Porphyrit, Quarzporphyr und deren Breccien ge—
bildet, enthält aber auch Kalkſilikathornfelſe und Malakolithſchiefer, alſo die Spuren eines
kriſtallinen Schiefergebirges, und darüber alttertiäre Tuffe, Konglomerate, marine Kalk—
ſteine und Sandſteine, mitteltertiäre Kalke und Mergel ſowie im Südoſten pliozäne kalkige
Mergel und Sandſteine, endlich Sand mit vulkaniſchen Bomben. Die Inſel (99 qkm) iſt
ein im Morne du Paradis zu 585 m Höhe aufſteigendes Hügelland, das im Oſten und
Weſten große Lagunen mit langen Nehrungen beſitzt. Die Bevölkerung beſteht zu einem
Viertel aus Weißen, meiſt Engländern, und betrug 1911 in dem 47 qkm umfaſſenden, ſeit
1648 niederländiſchen Teil 2891 Köpfe, während in dem 52 qkm großen nördlichen 1906:
3863 unter franzöſiſcher Herrſchaft lebten; die Volksdichte war alſo 67. Die Einwohnerzahl
iſt gegen 1889 um 1300 zurückgegangen. Hauptort des niederländiſchen Teils iſt Philipps⸗
burg, des franzöſiſchen Marigot. Erſterer hatte 1911 eine Handelsbewegung von 455300
Mark, wovon 271100 auf die Einfuhr, 184200 auf die Ausfuhr kamen; letztere beſtand in
Baumwolle, Baumwollſamen (146460), Salz (66640 Mark) und Vieh.
Dog Island und Anguilla (britiſch) beſtehen ebenfalls aus alten Eruptivgeſteinen
und tertiärem Kalkſtein. Anguilla (88 qkm) hat ihren Namen (Aal) von ihrer Geſtalt, iſt
flach und niedrig, enthält in der Mitte einen Salzſee und war 1911 von 4075 meiſt farbigen
Bewohnern beſiedelt, die Viehzucht treiben und Salz ausführen; die Volksdichte beträgt 46.
Barbuda und Sombrero (britifch). Im Oſten der mittleren Reihe der Kleinen
Antillen liegt Barbuda als ein Reſt der von Barbados über Marie Galante und Grande
Terre nach Sombrero und Anegada verlaufenden äußeren Zone derſelben und beſteht
daher aus einer tertiären und quartären 60 m hohen Kalkſteinplatte mit rezenten Riffen. Da
ihr Boden das Waſſer wie ein Schwamm einſaugt, fo iſt er für den Ackerbau ungeeignet;
überdies iſt die Inſel ohne Hafen. Da ſie außerdem ſeit 1860 ein Lehen der Familie
Codrington iſt, ſo hatte ſie 1901 nur 775 faſt ausſchließlich weiße Bewohner und damit die
ſehr geringe Volksdichte von 4; ſie bildet daher in vieler Beziehung einen Gegenſatz gegen
die übrigen Antillen. Der Hauptort iſt Codrington. Sombrero iſt ein flaches Eiland aus
Korallenkalk, Phosphat und Guano, die eine Zeitlang abgebaut wurden; es wird nur von
der Bedienungsmannſchaft eines Leuchtturms bewohnt.
Die Jungferninſeln (Virgin Islands; britiſch und däniſch). Ein 3000 m tiefes
Die Kleinen Antillen: Die kleineren nördlichen Inſeln. 473
Meer trennt die Doginſel und Sombrero von den Jungferninſeln oder Virgin Islands, die
wegen ihrer Abſonderung von den übrigen Kleinen Antillen gewöhnlich als eine Gruppe für
ſich angeſehen werden. Vier von ihnen liegen dicht beiſammen, nämlich Virgin Gorda,
Tortola, St. John und St. Thomas, Santa Cruz oder Ste. Croix 60 km im Süden der
letzteren, Anegada 30 km im Nordoſten von Tortola. Im ganzen gehören der Gruppe etwa
100 Eilande an, die jedoch zuſammen nur 509 qkm umfaſſen, unter Einrechnung von Vieques
und Culebra vor Puerto Rico 658. Von dieſer Fläche nehmen die größeren däniſchen Inſeln:
Santa Cruz, St. Thomas und St. John 218, 86, 55, zuſammen 359 qkm ein, während die
kleineren britiſchen: Tortola, Virgin Gorda und Anegada 150 qkm bedecken.
Von den genannten Inſeln vertritt das trockene, waſſerarme Anegada mit gefähr—
lichen Riffen und nur zeitweiliger Beſiedelung die äußere tertiäre Zone der Antillen. Die
übrigen Inſeln gehören der mittleren Zone an, da ſie aus kriſtallinen Schiefern und alten
Eruptivgeſteinen beſtehen, nämlich aus Tonſchiefer, Quarziten und Urkalk einerſeits, Granit,
Diorit, Quarzporphyr, Felſit und ihren Breccien, auch der in Weſtindien häufigen Diorit—
breccie Blue-Beache anderſeits. Daneben kommen aber auch jüngere Eruptivgeſteine, wie
Baſalte, vereinzelt vor, z. B. auf Copper Island. Die genannten Geſteine bauen im ganzen
hügelige, mäßig hohe, an den Küſten ſteile Hügel auf, deren früher gut bewaldete Rücken
jetzt kahl oder doch nur mit mäßiger Vegetation beſtanden ſind. Die Inſel Ste. Croix erreicht
350, St. Thomas 474 m Höhe, die übrigen ſind niedriger, manche Koralleninſeln, auch
Anegada, ganz eben. Der Wald iſt im Laufe der Jahrhunderte ausgerottet worden, und
an ſeine Stelle iſt Strauchwerk getreten, das mit Pflanzungen wechſelt und die Inſeln doch
im ganzen grün und einladend erſcheinen läßt; Waſſer iſt aber ſpärlich.
Die Jungferninſeln wurden 1625 zuerſt vorübergehend von Europäern, dann 1666 von
Holländern, 1667 von Engländern, 1671 von der Däniſch-Weſtindiſchen Geſellſchaft be-
ſiedelt. Seitdem ſind die Inſeln St. Thomas, Santa Cruz und St. John mit Ausnahme der
Jahre 1801 und 1807 ſtets däniſch, die übrigen dauernd britiſch, Culebra und Vieques bis
1899 ſpaniſch geweſen. In dieſem Jahre gingen dieſe beiden Inſeln mit Puerto Rico an
die Vereinigten Staaten über.
Die däniſchen Inſeln. St. Thomas hatte Mitte des 19. Jahrhunderts dieſelbe
Stellung wie heute Barbados, ja eine noch weit beherrſchendere, da es den Handel mit den
Uferländern des Karaibiſchen Meeres faſt allein vermittelte. Damals zur Blütezeit der
Segelſchiffahrt, aber auch noch Jahrzehnte darüber hinaus, war es ein Freihafen mit ge—
waltigen Warenniederlagen und der Mittelpunkt des interkolonialen Handels. Seitdem aber
die Dampfſchiffahrt erweitert und Barbados als Stützpunkt für die britiſchen Linien ge—
wählt worden iſt, hat das Monopol von St. Thomas ein Ende genommen; dazu kamen die
Entwertung des Zuckers, der ſchwere Orkan von 1867, Erdbeben und Cholera. Auf Santa
Cruz wurde der Rückgang durch die allerdings ſehr vorſichtig eingeleitete Abſchaffung der
Sklaverei hervorgerufen, die Negeraufſtände, Auswanderung, eine Zerſplitterung der großen
Zuckerpflanzungen und eine beträchtliche Abnahme ihrer Erträge zur Folge hatte. Da die
Regierung mit der Abſicht umging, die Inſeln an die Union zu verkaufen, ſo tat ſie für
ihre Hebung wenig. Nachdem aber im Mai 1902 ihr Verbleiben bei Dänemark entſchieden
war, ſucht man ſie durch Gründung von Handelsgeſellſchaften zu heben, und erwartet nach
Eröffnung des Panamäkanals einen größeren Aufſchwung.
Im Jahre 1911 zählte man auf Santa Cruz noch 15478, auf St. Thomas 10684
474 Mittelamerika.
Bewohner, gegen 1890: 12019, auf dem durch einen guten Hafen ausgezeichneten St. John
nur 942, im ganzen 27104, was Volksdichten von 71, 124, 17 und 75 ergibt. Die Hauptſtadt,
Charlotte Amalie, mit 10000 Einwohnern, liegt maleriſch in drei Abteilungen zwiſchen
den Bergen und dem wunderſchönen Hafen von St. Thomas und macht mit ihren weißen
Häuſern, den roten Dächern und den ragenden Kokospalmen auf dem öden Erdreich einen
farbenprächtigen Eindruck (ſ. die beigeheftete Farbentafel). Auf Santa Cruz liegen zwei
Ortſchaften, im Weſten Frederikſtaed, im Norden Chriſtianſtaed.
Die britiſchen Inſeln. Die britiſchen Jungferninſeln hatten 1911: 5562 Einwohner,
alſo eine Dichte von 37, und ſind nie bedeutend geweſen, obwohl Tortola einen guten Hafen
beſitzt. Doch hatte auch Tortola vor der Abſchaffung der Sklaverei 11000 Einwohner und
große Ausfuhr von Zucker, während neuerdings faſt kein Zucker ausgeführt wird; an ſeine
Stelle ſind Baumwolle und Zitronen getreten. Die Ausfuhr hatte 1910 den Wert von
132 200, die Einfuhr von 174430 Mark, und der Schiffstonnengehalt betrug 12770 (1891:
24000). Spaniſh Town und Road Town ſind kleine Anſiedelungen auf Tortola.
3. Die Großen Antillen.
a) Puerto Rico.
Puerto Rico iſt mit 9314 qkm die kleinſte Inſel der Großen Antillen und zugleich die
am regelmäßigſten gebaute, da ſie faſt rechteckig geſtaltet iſt und außer der Bucht von Guayama
im Südoſten keine größeren Einſchnitte aufweiſt. Ihre Küſten ſind weithin flach, einförmig
und ermangeln guter Häfen, von denen die beſten der bisher unbenutzte von Guanica im
Südweſten und der von San Juan im Nordoſten ſind, während Arecibo, Aguadilla, Maya—
guez und Ponce mehr oder weniger offene Reeden haben. Nach Bau und Zuſammen—
ſetzung beſteht Puerto Rico aus einem Grundgerüſt von roten und grauen Schiefern,
Dioritporphyrit, der Diabasbreccie Blue Beache und wahrſcheinlich auch Sandſtein, Ab—
lagerungen, die als Fortſetzung der mittleren Zone der Kleinen Antillen anzuſehen, aber dem
Alter nach nicht näher bekannt ſind. Außerdem kommt im Süden kretazeiſcher Kalkſtein, im
ganzen Norden von der Nordküſte bis zu dem Hauptgebirge der Inſel eine tertiäre Kalk—
ſteintafel vor, über welche die ziemlich waſſerreichen Flüſſe Loiza, Bayamon, La Plata,
Morovis, Manati und Grande in engen Tälern zum Meere hinablaufen. Das Hauptgebirge
ſelbſt fällt nach Norden ſanft, nach Süden ſchroff ab und ſcheint einfach gebaut zu ſein; es
beſteht aus den oben zuerſt genannten älteren Ablagerungen und erreicht etwa 700, im
Oſten in dem Gebirgsſtocke des Luquillo, und zwar im Gipfel El Yunque, 1130 m Höhe.
Wald iſt nur noch wenig vorhanden, da die Inſel großenteils bebaut iſt, und wo er noch auf—
tritt, iſt es meiſtens Trockenwald, kein feuchter Regenwald; den flachen Norden nehmen
weite Savannen ein. Die Inſel Vieques (Crab Island) iſt ein abgegliedertes Stück von
Puerto Rico, Culebra ähnelt St. Thomas.
An die Stelle der Aruak-Be völkerung der Inſel Boriquen oder Puerto Rico ſind ſeit
1509 Spanier getreten, doch haben ſich die beiden Raſſen zu den Jivaros, den jetzigen kleinen
Bauern des Landes, vermiſcht. Neger ſind ſeltener als auf den meiſten Antillen, da die
weiße Einwanderung ſtärker war als dort. Anfangs vernachläſſigte Spanien Puerto Rico
ſehr und nahm erſt ſeit 1763 Anteil an der Inſel; dann folgte ein Rückgang, bedingt durch
Kämpfe des Mutterlandes und durch Wirren auf der Inſel ſelbſt, von 1823 an aber führte
Copyright 1911.
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St. Thomas.
Von H.Schnars-Alquiit. Nach einer Saklimile-Gravüre im Verlag von Ludwig Möller, Lübeck.
Die Großen Antillen: Puerto Rico. Haiti. 475
der neue Statthalter Miguel de la Torre eine erſtaunliche Blüte der Inſel herbei. Im Jahre
1830 zählte man 319000 Einwohner, 1883: 447000 Weiße und 343000 Neger, während der
1899 nach der Eroberung Puerto Ricos durch die Vereinigten Staaten aufgenommene Zenſus
ſogar über 953000 Einwohner und ſomit eine Volksdichte von 102 ergab, die höchſte auf den
Großen Antillen; 1911 rechnet man 1136000 Bewohner, 120 auf 1 qkm. Am dichteſten
bevölkert iſt der Nordweſten, um Aguadilla und Mayaguez, wo auch die meiſten Weißen
leben, am geringſten der Südoſten, um Guayama, wo die Farbigen überwiegen.
In wirtſchaftlicher Beziehung war die Entwickelung Puerto Ricos anfangs lang—
ſam. Im Jahre 1783 brachte die Inſel nur 130000 kg Zucker, 560000 kg Kaffee und
350000 kg Tabak hervor, 1824 aber 9 Millionen kg Zucker und 3,5 Millionen kg Kaffee,
1888: 88,6 Millionen kg Zucker, 21,7 Millionen kg Kaffee, je 3,5 Millionen kg Tabak und
Honig und 31 Millionen kg Melaſſe, dazu als geringere Erzeugniſſe Wachs, Kokosnüſſe,
Früchte, Häute und Vieh. Dann machte ſich die Zuckerkriſis bemerkbar, und der ſchwere
Orkan vom 7. Auguſt 1899 ſchädigte die Kaffeepflanzungen. 1911/12 hatte die Zuckerausfuhr
wieder einen Wert von 126176000 Mark, die von Tabak ergab 29760000, Kaffee 27020000,
Früchten 9480000, zuſammen 192436000 Mark. Da die Geſamtausfuhr 219140000 Mark
betrug, ſo nehmen die Erzeugniſſe der Pflanzungen 87 Prozent derſelben ein: Puerto Rico
iſt alſo eine tropiſche Pflanzungskolonie von hohem Werte. Auch die Viehzucht iſt lohnend,
aber Wald- und Bergbauprodukte ſind nur in geringem Maße vorhanden: die Goldwäſchen
von Corozal ſind unbedeutend, und Eiſen gelangt noch nicht zur Ausfuhr. Die Induſtrie
erſtreckt ſich auf große Zucker- und Melaſſefabriken ſowie auf Herſtellung von Zigarren
und Zigaretten, Seife, Nudeln, Sodawaſſer, Eis und auf Eiſengießerei. Gegenüber der
Ausfuhr von 219140000 ſteht eine Einfuhr von 246672000 Mark, jo daß der Geſamthandel
465812000 Mark beträgt, der ſich naturgemäß zum bei weitem größten Teil nach den
Vereinigten Staaten richtet. Eiſenbahnen gab es 1911: 547 km, nämlich die Linien San
Juan Arecibo-Aguadilla, Mayaguez- San German Ponce, Telegraphen 1910: 950 km.
Schiffe verkehrten 1911/12 im äußeren Handel 845 mit 1146000 Tonnen.
Die genannten Orte ſind die wichtigſten Siedelungen der Inſel. Die im ganzen
eng und winkelig gebaute Hauptſtadt San Juan liegt auf einer Inſel gegenüber dem Feit-
lande und hat einen ſchwer zugänglichen, ſtark befeſtigten Hafen, anſehnliche Straßen, viele
einſtöckige Holzhäuſer, aber auch gute, alte, feſte ſpaniſche Steinhäuſer; ihre Einwohnerzahl
betrug 1910: 48 700. Mehr den Charakter einer weit und offen gebauten Handelsſtadt hat
die Hauptſtadt des Südens, Ponce, eine Gründung von 1752, mit ihrem regen Leben,
großen Warenlagern, weiten Plätzen und 35000 Einwohnern, ſie leidet aber an der un-
geeigneten Reede, an welcher der Vorhafen La Playa liegt. Arecibo, an ſeichter Fluß—
mündung an der Nordküſte, hatte vor dem Orkan von 1899: 10000 Einwohner und ſehr
ausgedehnte Zuckerkultur; Aguadilla und Mayaguez ſind die wichtigſten Häfen der Weſt—
küſte mit 10000 und 16000 Bewohnern, während das im Binnenlande gelegene Caguas
10000 erreicht hat. Guayama hat als Hafen für den Südoſten eine gewiſſe Bedeutung.
b) Haiti.
Phyſiſche Geographie. Haiti iſt mit 77253 qkm (etwa die Größe Bayerns) zwar
nicht die größte der Antillen, wohl aber der Kern Weſtindiens, da ſich die beiden Bogenſtücke
von Kuba und Jamaika hier ſcharen. Letzteres ſpricht ſich auch in den Umriſſen aus, da
476 Mittelamerika.
gegen Kuba und Jamaita zwei Halbinſeln, gegen Puerto Rico eine dritte vortreten. Im Nord—
oſten liegt ferner die Halbinſel Samana, im Süden ſpringt ein Zipfel gegen die Korallen—
inſel Beata und die baſaltiſche Inſel Alta Vela vor, im Weſten liegt die große Inſel Gonave
vor der Bucht von Port au Prince, im Norden die Flibuſtierinſel Tortuga gegenüber Port
de Paix, im Südoſten gegenüber Puerto Rico Saona und in der Mona-Paſſage Mona.
Über Zuſammenſetzung und Bau Haitis ſind wir nur ungenügend unterrichtet.
Anſcheinend wird der Kern der Inſel von einem kriſtalliniſchen Schiefergebirge gebildet.
Gneis, Glimmer⸗, Hornblende-, Chlorit-, Epidotſchiefer finden ſich in der waſſerſcheidenden
Hauptkette ſowohl im Oſten des Landes als auch im Inneren bei San Juan de la Maguana,
dazu als alte Eruptivgeſteine Granit, Diorit, Diabas, Olivinfels, Pikrit, Porphyrit, Quarz⸗
porphyr, zum Teil mit ihren Tuffen und Breccien, auch der charakteriſtiſchen Blue Beache,
und endlich Serpentin. Darüber liegen Kalkſteine, Schiefer und Konglomerate der Kreide,
die vielfach durch die Eruptivgeſteine ſtark beeinflußt und ebenſo ſcharf gefaltet ſind wie das
Grundgebirge, und ferner bilden tertiäre Schiefer und Sandſteine mit Lignit den größten
Teil der Gebirge des Nordens. Sie werden von Gabb dem Miozän zugewieſen, während
das ſogenannte Poſtpliozän, darunter zahlreiche junge Korallenkalke, an der Nordküſte einen
ſchmalen, an der Südküſte einen breiten Streifen einnimmt, an dem ſich auch Sabanen- und
Küſtenkonglomerate ſowie Sande beteiligen. Ferner haben die Unterſuchungen R. Ludwigs
die Exiſtenz ziemlich bedeutender Mengen junger Eruptivgeſteine ergeben, nämlich Baſalt
im Inneren bei San Juan und in der Gegend der Lagune von Enriquillo ſowie Andeſit,
Nephelindolerit und Trachyt öſtlich davon und auf der Inſel Alta Vela. Vervollſtändigt
wurde dieſes Ergebnis durch den von Gentil Tippenhauer geführten Nachweis eines umfang—
reichen Baſaltgebietes im ganzen Weſten der Inſel, an dem außerdem noch vorwiegend
tertiäre Kalkſteine, ältere Tonſchiefer und eozäne Sandſteine teilnehmen.
Die Faltung iſt ſteil, und große Brüche ſcheinen die Inſel in die jetzige Form zerlegt zu
haben; ſo durchſetzt ſie eine große Bruchlinie noch jetzt in der Länge von Oſten nach Weſten
in der Senke der Lagunen Rincon, Entiquillo und Dulce, de Fondo oder Azuay. Dieſe
Tiefenlinie liegt am Innenrande der Kordillere der Antillen, iſt teilweiſe mit Waſſer bedeckt,
enthält junges Eruptivgeſtein und ſetzt ſich nach dem Buſen von Port au Prince hinüber
fort. Auch die große Ebene des Yuna-Yaqui im Norden iſt ein Bruchfeld, deſſen öſtliche
Fortſetzung noch vom Meere, der Bai von Samana, bedeckt iſt. Beide Bruchfelder laufen in
weſtnordweſtlicher Richtung, teilen die Inſel in drei hauptſächliche Gebirgszüge und ſind noch
heute wie auch die Küſten, z. B. bei Cap Haiti, der Sitz ſchwerer und häufiger Erdbeben,
welche die Fortdauer im Zuſammenbruch des Landes erweiſen. Bodenſchätze ſind an—
ſcheinend in genügender Menge vorhanden, werden aber nicht abgebaut. Der Goldreichtum
des 16. Jahrhunderts iſt verſchwunden, wenn auch noch einige Goldwäſchen vorhanden ſind.
Am bekannteſten und anſcheinend recht reichlich vorhanden ſind jetzt Petroleum, Salz, Lignit
und Braunkohlen aus dem Tertiär der Bruchfelder.
Unter den Gebirgszügen Haitis iſt der nördlichſte und niedrigſte im Mittel 600 bis
700 m, im Diego de Ocampo 1220 m hoch und dicht bewaldet. Er beſteht aus tertiärem Kalk—
ſtein, ruht jedoch auf älteren Schiefern, heißt Sierra de Monte Criſti und ſetzt ſich in der
Halbinſel Samana nach Oſten fort. Das ſüdwärts davon liegende Tiefland von Nord—
haiti iſt 150—220 m hoch und ſehr fruchtbar, da der Kalkboden mit einer tiefen Schicht
ſchwarzer Erde bedeckt iſt. Nach Oſten fließt der Yuna mit ſeiner Fortſetzung Camu von
Die Großen Antillen: Haiti. 477
La Vega her in die Bucht von Samand und mündet hier zwiſchen Waldſümpfen, im Weiten
zieht der nördliche Daqui von der Gegend von Santiago nach der Bahia de Manzanillo bei
Monte Criſti, doch ſind beide Flüſſe trotz ihres Laufes in der Ebene zur Schiffahrt nicht geeignet.
Ihre Wurzeln haben beide Flußſyſteme in der großen Hauptkette von Mittelhaiti,
die in zwei Aſte zerfällt. Der nördliche verläuft von Dajabon ſüdlich des Yaqui in oſtſüd—
öſtlicher Richtung, trägt die Gipfel Jicora und Gallo, den 2440 m hohen Pico Entre los Rios
und den 2955 m hohen Pico de Yaqui, an dem beide Yaqui entſpringen, und vereinigt ſich
an den Quellen des Yuna mit dem ſüdlichen Hauptaſte. Hier liegen die unzugänglichſten
Gebirgsgegenden von Haiti, die Loma del Valle, das Längstal von Conſtanza in 1170 m
Höhe und der höchſte Gipfel des ganzen haitianiſchen Gebirgsſyſtems und überhaupt der
Antillen, die 3140 m hohe Loma Tina. Das Gebirge iſt landſchaftlich ſchön, von nicht be—
ſonders ſchroffen Formen und mit dichten Laub- und Nadelwäldern bedeckt, die reizvoll mit
Waldwieſen und Weiden abwechſeln. Der ſüdliche Hauptaſt enthält den 2630 m hohen Pico
del Valle, einen graſigen, blockbedeckten Rücken. An ihn ſchließen ſich nach Süden 1800 m
hohe Ketten, welche die Halbinſel zwiſchen Azua und Santo Domingo bilden und im Weſten
nördlich der Laguna Enriquillo noch 2300 m Höhe erreichen. Die Flüſſe des Südens, der
Ozama, Jaina, Nigua und Nizao, ſind nur kurz, länger ſchon iſt der Yaqui chico, am längſten
aber der weſtlich von San Juan entſtehende Artibonite, der das Waſſer aus dem größten
Teile von Nordweſthaiti an ſich zieht.
Südlich vor dem Gebirge entwickelt ſich die ſüdliche Bruchzone, zuerſt in der echten
Depreſſion der großen Laguna Enriquillo, deren Spiegel 34 m unter dem des Meeres
liegt, dann jenſeit einer Niederung in Geſtalt der Laguna Dulce oder Laguna de Azuay
oder des Etang Saumätre mit +33 m Höhe. Beide ſind mit Palmen umkränzt, land—
ſchaftlich ſchön und unterliegen ſtarken Schwankungen des Waſſerſtandes. Die Lagune
Enriquillo hat anſcheinend Seiches. Ein breites Band baſaltiſchen Geſteins begleitet das
Bruchgebiet auf der Südſeite, und ein Baſaltlavaſtrom liegt am Nordweſtende der Laguna
de Azuay. Über Waſſer liegt wieder der Einbruchskeſſel der Ebene Cul de Sac zwiſchen
dem Etang Saumätre und Port au Prince, während der Golf von Port au Prince wieder
ein unter Waſſer geſetztes Stück der großen Bruchzone iſt. Das ſüdliche Gebirge umfaßt
die anſcheinend baſaltiſche Sierra de Baburuco, auf welcher der Gipfel Montagne de Haut
noch 1500 m erreichen ſoll, aber auch die ſüdweſtliche Halbinſel Haitis mit dem Mont la
Hotte (2260) und dem 2700 m noch überſteigenden Mont la Selle.
Die wirtſchaftlichen und politiſchen Verhältniſſe. Wenn ſchon in phyſiſcher
Beziehung zwiſchen dem Oſten und dem Weſten Haitis manche Gegenſätze beſtehen, ſo ſind
dieſe in wirtſchaftlicher und politiſcher noch weit deutlicher. Nachdem nämlich Spanien 1697
den Weſten Haitis an Frankreich abgetreten hatte und die Bukanier, die auf den nördlichen
Savannen der Inſel das Fleiſch der verwilderten Rinder „boucanierten“ (trockneten), auch
aus ihrem Schlupfwinkel Tortuga vertrieben waren, empfing der Weſten franzöſiſche Kultur
und Sprache und blühte mächtig auf. Allein als im Jahre 1791 die freien Farbigen, meiſt
Mulatten, von der geſetzgebenden Verſammlung in Paris ihre Gleichſtellung mit den Weißen
erhalten hatten, erhob ſich ein gefährlicher Aufſtand der Sklaven gegen alle Grundbeſitzer,
Weiße und Farbige, worauf die letzteren in das Lager der Sklaven übergingen. Als aber
der Führer der Farbigen, Touſſaint l' Ouverture, ſich 1801 zum Präſidenten der ſelbſtändigen
Inſel Haiti erklärte, ſandte Napoleon Bonaparte ein Heer von 25000 Mann nach der Inſel:
478 Mittelamerifa.
Touſſaint fiel in die Hände des Generals Leclere und ſtarb 1803 in einem franzöſiſchen
Gefängnis. Dennoch führten die Farbigen den Guerillakrieg fort, vertrieben die Franzoſen
bis 1804 ganz von der Inſel, erwieſen ſich aber als unfähig, den vernichteten Wohlſtand
wieder zu ſchaffen. Der Oſten der Inſel, den die Spanier 1809 wieder beſetzt hatten,
machte ſich 1821 als Dominikaniſche Republik ebenfalls ſelbſtändig, wurde zwar 1822 von
dem Präſidenten des franzöſiſchen Weſtens, Boyer, erobert, aber nur bis 1843 behauptet.
Seitdem zerfällt Haiti wieder in die beiden noch jetzt beſtehenden Teile: den vor—
wiegend ſpaniſchen Oſten, die Dominikaniſche Republik, und den früher franzöſiſchen
Weſten, die jetzige Republik Haiti. Von dieſen beiden Staaten hat der weſtliche, obwohl
er kleiner iſt, doch bei weitem größere wirtſchaftliche Bedeutung und eine viel dichtere Be—
völkerung. Erſterer führt vorwiegend Kaffee und Blauholz, letzterer Kakao und Zucker aus.
Haiti hat auf 28676 qkm nach einer Schätzung von 1912: 2500000 Einwohner, alſo die
Volksdichte 89, während in der Dominikaniſchen Republik auf 48577 qkm 1913: 724500
Menſchen lebten, was die Volksdichte von 15 ergibt. Die ganze Inſel hat demnach auf
77253 qkm wahrſcheinlich 3225000 Einwohner, alſo die Volksdichte von 42.
Die Dominikaniſche Republik. Die Dominikaniſche Republik oder Santo Do—
mingo, fälſchlich San Domingo genannt, hat die dreifache Größe Sachſens, aber die Ein—
wohnerzahl der Stadt Leipzig. Die vorwiegend aus Mulatten, in den Städten jedoch auch
aus Weißen beſtehende, Spaniſch ſprechende Bevölkerung ſitzt am dichteſten in dem ſchon
von den Indianern und den älteſten ſpaniſchen Koloniſten bevorzugten nördlichen Tieflande,
wo etwa 300000 Menſchen leben, dann auch um die Hauptſtadt. Die Siedelungen ſind
aber von geringer Größe. Die alte Hauptſtadt Santo Domingo hat nur 22000 Ein—
wohner und macht den Eindruck einer alten ſpaniſchen Feſtung (ſ. die Abbildung auf S. 479).
Das berühmteſte ihrer Gebäude iſt die 1514—40 erbaute Kathedrale, in der Kolumbus bis
1794 beigeſetzt war. Als Hafenſtädte ſind Sanchez an der Samanä-Bucht, Puerto Plata
(6000) und Monte Criſti an der Nordküſte ſowie Enriquillo oder Barahona (4000 Ein-
wohner) an der Südküſte erwähnenswert. Die wichtigſten Städte des Inneren ſind das
freundliche, lebhafte Santiago mit 15000 und La Vega mit 10000 Einwohnern, im Süden
Azua, das wegen ſeiner Salz- und Petroleumlager eine Zukunft hat.
Wirtſchaftlich iſt die Dominikaniſche Republik noch wenig entwickelt. Ihre geſamte
Ausfuhr hatte 1912 den Wert von nur 50 Millionen Mark, die Einfuhr erreichte faſt 33, der
Geſamthandel alſo etwa 83 Millionen Mark. Von der Einfuhr kam für 20 Millionen Mark
von den Vereinigten Staaten, für 6,5 von Deutſchland, die Ausfuhr ging zu 58 Prozent
nach der Union, zu 14 nach Deutſchland. In der Ausfuhr hat Zucker ſtets vorangeſtanden:
1912 mit 23,36 Millionen Mark; dann folgte Kakao mit 17 und Tabak mit 2, Millionen
Mark, zuſammen 43 Millionen; der Reſt kommt auf Kaffee (2260000), Bananen (450000),
Häute (940000), Wachs (600000), Holz (500000) und Baumwolle (400000 Mark). Die
Ackerbauerzeugniſſe nehmen alſo 46,1 Millionen Mark, 90 Prozent der Ausfuhr, ein, der
Wald iſt mit feinem Mahagoni, Campeche, Mora-, Zedern- und Pockholz weiterer Aus-
beutung fähig, der Bergbau ergibt noch ein wenig Gold, am Marta, am Verde und am
Jaina, hat aber doch nicht entfernt mehr die Bedeutung wie in der erſten Kolonialzeit; am
hoffnungsreichſten ſind jetzt die Steinſalzlager zwiſchen der Yaquimündung und der Laguna
Enriquillo, das Petroleumgebiet im Umkreiſe von 80 km um Azua, die Lignite der Sierra
de Monte Criſti, Magneteiſenlager am oberen Yuna und Silbererze bei Yajica.
Die Großen Antillen: Haiti. 479
Die wichtigſten Häfen ſind, nach dem Handelswerte geordnet, San Pedro de Macoris,
Puerto Plata, Santo Domingo, Sanchez, Azua, Samana, Monte Criſti und Barahona;
die Zahl der eingelaufenen Schiffe betrug 1911: 607, darunter viele der Hamburg-Amerika⸗
Linie, die Tonnenzahl 478800. Die ältere Eiſenbahn von Sanchez nach La Vega iſt über
Santiago nach Puerto Plata fortgeſetzt worden, die Eiſenbahnkilometer betragen 282 und
362 in Plantagen, die Telegraphenlinien 2042 km.
Haiti. Haitis Bevölkerung enthält neun Zehntel Neger, ein Zehntel Mulatten; die
wenigen Tauſend Weiße, darunter 600 — 700 Deutſche, verſchwinden daher faſt ganz. Die
Santo Domingo: Blick vom Ozamafluß auf die Stadt, das Fort und die „Academia nautica“. (Nach Photographie von
Dr. G. Schott, Hamburg.) Zu S. 478. 5
Sprache, ein verdorbenes Franzöſiſch, und haitianiſche Art dringen in der Grenzzone gegen
Santo Domingo langſam, aber zähe vor. Grenzkriege ſind häufig und das Verhältnis beider
Staaten zueinander ſchlecht, Haiti iſt aber der Dominikaniſchen Republik wirtſchaftlich, poli—
tiſch und an Volkszahl durchaus überlegen, obwohl die Geſchichte der Republik eine fort—
laufende Folge von Revolutionen iſt.
Der großen Blüte der Inſel zur franzöſiſchen Zeit iſt tiefer Verfall gefolgt: die
Ebene von Port au Prince iſt zur Wüſte geworden, da die Bewäſſerungsanlagen verfielen,
der Kaffee iſt minderwertig, weil die Neger ihn nicht genügend reinigen, und der Zucker iſt
wegen mangelnder Verbindungswege oft nicht verkäuflich. Aber Haiti hat den Vorteil,
daß es im ganzen ein Küſtenland und daß feine Natur äußerſt üppig ift; daher ſind Pro—
duktion und Handel trotz aller Erbärmlichkeit der heutigen Zuſtände noch immer von Be—
deutung. Wirtſchaftlich hat ſich ſeit der Vertreibung der Franzoſen eine Veränderung voll—
zogen, indem die Neger die Zuckerkultur, die ihnen als das Symbol der Sklaverei erſchien,
480 Mittelamerika.
faſt ganz abgeſchafft und nur noch den Kaffeebau behalten haben. Die Kaffeeernte iſt
natürlich geringer geworden: 1789 betrug ſie 43, 1911/12: 39,4 Millionen kg. Zucker, der
1789: 73,5 Millionen kg ergab, wird überhaupt nicht mehr ausgeführt, und die Geſamt—
ausfuhr betrug 1911/12: 74,2 Millionen Mark gegen 108 im Jahre 1789. Die wichtigſten
Ausfuhrgegenſtände waren 1911/12: Kaffee und Holz, dann Baumwollſamen, Baumwolle
und Kakao, in kleineren Mengen Ziegenfelle, Honig, Wachs, Schildpatt, Zigarren, Rum
und Stärke. Das Holz iſt Blauholz, Gelbholz, Mahagoniholz, Pockholz, Guayacholz, meiſt
Campecheholz, 1911/12: 40 Millionen kg. Der Wert des Handels betrug 1911/12: 112,7
Millionen Mark, 38,5 für die Einfuhr und 74,2 für die Ausfuhr. Die wichtigſten Häfen
ſind für Blauholz Cap Haiti, Saint Marc, Gonaives, Port de Paix, Aux Cayes, Aquin und
Miragoane, für Kaffee Port au Prince, Jaemel, Gonaives, Aux Cayes, Cap Haiti, Petit
Goave, Jérémie, für Kakao Jérémie, Cap Haiti und Port au Prince. 1912 liefen 1227
Schiffe mit 2365000 Tonnen ein. Nach dem Wert der Zolleinnahmen iſt die Reihenfolge
der Häfen: Port au Prince, Cap Haiti, Jaemel, Gonaives, Aux Cayes, Petit Goave, Saint
Marc, Jérémie, Port de Paix, Aquin, Miragoane. Eiſenbahnen gab es 1913: 208 km.
Die Beſiedelung Haitis iſt im allgemeinen ſpäter erfolgt als die von Santo Do—
mingo. Während hier Santo Domingo, Santiago, La Vega und Azua aus den erſten Jahren
der Entdeckung ſtammen, wurde auf haitianiſchem Gebiete nur die Stadt Aux Cayes an der
Südküſte bereits im Jahre 1503 gegründet. Die übrigen Städte ſind viel jünger, aber weit
volkreicher als die dominikaniſchen. Port au Prince hat 105000, Jacmel 40000, Jèrémie
35000, Cap Haiti 30000, Aux Cayes 25000, Gonaives und mehrere Binnenorte an 15000
Einwohner. Die wichtigſte Stadt der Südküſte iſt Jaemel, das Aux Cayes überflügelt hat;
kleiner ſind Aquin, St. Louis und das ſeinen Namen mit Recht tragende Sale Trou, Petit
Trou, Miragoane und Léogane, ſämtlich, wie auch Jérémie, Grand Goave und Petit Goave,
auf der ſüdweſtlichen Halbinſel. Port au Prince, die erſt 1730 gegründete Hauptſtadt,
macht von weitem einen guten, beim Näherkommen jedoch einen um jo ungünſtigeren Ein⸗
druck, da ſie voll von Ruinen und in jeder Beziehung ſchlecht gehalten iſt. Saint Mare und
Gonaives leiden unter der Nähe von Port au Prince, der vorzügliche Hafen Möle St. Nicolas
an dem Mangel eines Hinterlandes, Port de Paix tritt gegen Cap Haiti, den Hauptort des
Nordens und Hauptſchauplatz der großen Revolutions- und Bürgerkriege, eine 1842 durch
ein Erdbeben in Ruinen gelegte Stadt, zurück. Im Inneren ſind die Orte des Artibonite-
Tales, Hincha, Las Caobas, Mirebalais, teilweiſe recht volkreich.
c) Kuba.
Phyſiſche Geographie. Kuba, die größte Inſel der Antillen, bedeckt mit Neben-
inſeln, bei einer Länge von 1100, einer Breite von 50—150 km, 114425 qkm, alſo etwa die
dreifache Fläche Hannovers. Eine weite Flachſee begleitet die Südküſte von Cabo Cruz bis
Trinidad und von Cienfuegos bis Kap San Antonio und trägt dort die durch ihre Schönheit
berühmten Inſeln Jardines de la Reina, hier die große Inſel Pinos; der Nordküſte ziehen
zwiſchen Nuevitas und Cärdenas die Islas de Camaguey und der Archipel de Sabana entlang.
Kuba erinnert in ſeiner Zuſammenſetzung an Haiti und die Jungferninſeln. Es
beſteht aus einem archäiſchen Schiefergebirge und Eruptivgeſteinsſtöcken von Diabas, Diorit,
Porphyr mit Eiſen- und Kupfererzen, aus meſozoiſchen Felsarten in der Mitte und im
Norden, einem großen Zug von Serpentin, der die Inſel in der Längsrichtung durchzieht,
Die Großen Antillen: Kuba. 481
und tertiären Schiefern, Sandſteinen und Kalkſteinen, deren Oberfläche verkarſtet und
mit roter Erde bedeckt iſt. Endlich ſind jüngere Eruptivgeſteine, Dolerite, vielleicht auch
Baſalte vorhanden. Wahrſcheinlich gehört die Sierra Maeſtra zu der kriſtalliniſchen Kern—
zone der Antillen, doch ſind von dieſer verhältnismäßig nur geringe Reſte übriggeblieben,
während die äußere tertiäre Zone ſtark entwickelt iſt. Das kubaniſche Land hat in der Tertiär—
und Quartärzeit bedeutende Veränderungen, Oszillationen, durchgemacht, die am beſten an
dem gewaltigen Kranz von Korallenkalk rund um die Inſel zu erſehen ſind und die hand—
förmig in das Land eingreifenden Häfen ſowie die engen Flußmündungen, zwei bezeich—
nende Eigentümlichkeiten Kubas, veranlaßt haben.
Gebirgsland beſitzt Kuba allein im Südoſten, alles übrige kann nur als Berg- oder
Hügelland gelten. Die 240 km lange Sierra Maeſtra aber erhebt ſich ſteil aus dem Meere,
trägt im Pico de Tarquino mit 2560 m den höchſten Gipfel der Inſel, enthält auch noch nahe
ihrem Weſtende im Ojo del Toro einen 1580 m hohen Berg und ebenſo weſtlich von Guan—
tanamo den 1588 m hohen Cerro Gran Piedra. Im Norden fällt die mit dichtem Walde,
namentlich auch mit Kiefern und Farnbäumen beſtandene Sierra Maeſtra im ganzen ſanft
ab, löſt ſich in einzelne Züge und Gruppen von Tafelbergen, Lomas, auf und hat hier im
Gegenſatz zu den ſonſt runden Bergformen infolge der Zerklüftung des Tertiärfalfes ſchroffe
Formen. Im Süden liegen die prachtvollen Buchten von Santiago und Guantänamo. Die
in engen Schluchten ſtrömenden Bäche und Flüſſe verſiegen in der Trockenzeit großenteils,
führen dagegen in der Regenzeit gewaltige Maſſen roten Schlammes in die Ebene hinab.
Im Oſten geht die Sierra Maeſtra in das Hügelland von Baracoa über, eine bis
600 m hohe Kalkſteintafel mit einzelnen ſchroffen Tafelbergen und mehreren Terraſſen, die
eine ruckweiſe Hebung dieſes Teiles von Kuba verraten. Man unterſcheidet hier unter den
Oberflächenformen Picos und Pans, zugeſpitzte und abgeſtumpfte Kegelberge, Arcos und
Tetas, abgerundete Kuppen, Sillas, Sattelberge, und endlich Meſas und Punques, Tafel-
berge. Nördlich der Sierra Maeſtra durchzieht der 330 km lange Cauto in feinem 11000 qkm
großen Stromgebiet vorwiegend junges Schwemmland und hat den früher größeren Golf
von Guacanayabo mit ſeinen Sedimenten zum Teil ausgefüllt.
Nördlich des Cauto beginnt jener lange Serpentinzug, der, begleitet von lichten, harten
Kalkſteinbergen, durch die ganze Inſel hindurchläuft, Kupfer, Chromeiſen, Gold führt und
zwar nur ein niederes Bergland, aber doch die Waſſerſcheide der Inſel bildet, ohne daß jedoch
Flüſſe von Bedeutung ſich entwickeln könnten. Dieſes Innere von Kuba, El Camaguey,
iſt deshalb recht unzugänglich, weil an beiden Küſten weite Sümpfe den Zugang zum Meere
und koralliniſche Inſelreihen den zum Lande ſperren. Das Innere ſelbſt iſt der Verwitterung
ſtark ausgeſetzt geweſen. Im Oſten beſtehen die ſteilwandigen, 200—300 m hohen Berge aus
Granit, Diorit, Serpentin und Tertiärkalk, im Nordweſten erhebt ſich das Kalkgebirge der
Sierra de Cubitas zu 500 m Höhe, aber im übrigen iſt das Camaguey eine weite, flache, von
der überall häufigen Tierra colorada bedeckte, mit Trockenwald und Savannen beſtandene,
waſſerarme, in der Regenzeit jedoch oft überſchwemmte Ebene, in der Corrales (Viehhöfe),
Potreros (Weiden), Herden und berittene Hirten das Vorwiegen der Viehzucht erkennen
laſſen. Im Weſten folgt das Bergland von Las Villas mit der Sierra de Sancti Spiritus
und der Sierra de Trinidad, die in der Loma de Banao 1700, in dem Pan de Azucar, „Zucker⸗
hut“, und den Lomas del Infierno und Lomas del Purial, den „Höllen- und Fegefeuer—
bergen“, 1500 m Höhe erreicht.
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 31
482 Mittelamerika.
Der Weſten Kubas beſteht von Cienfuegos an zuerſt aus dem Sumpfland der Halb—
inſel Zapata und dem Iſthmus von Matanzas, Guines und Habana, einem kaum 100 m
hohen Lande, deſſen Kreidekalkberge ſchroff, höhlenreich, rötlichweiß bis gelb gefärbt ſind,
in rote Erde verwittern und Feuerſteine enthalten. Der Reſt der Inſel zerfällt öſtlich und
weſtlich von Batäbano in die Vuelta Arriba und die Vuelta Abajo, von denen erſtere
mehr ein Hügel- und Flachland, letztere ein Terraſſenland iſt. Ein Unterſchied zwiſchen beiden
beſteht in bezug auf die Oberflächenformen darin, daß der urſprüngliche Stufen- und Ter-
raſſenbau in der Vuelta Abajo noch erhalten, in der Vuelta Arriba aber bereits verwittert
iſt: von der See geſehen, erſcheint daher die Vuelta Abajo als eine lange Mauer mit mehreren
Stufen, während die Vuelta Arriba nur eine Anzahl von Tafel- Zuckerhut- und Sattel⸗
bergen oder auch Gruppen von ihnen zeigt, wie den Pan de Matanzas mit 386 m Höhe.
Beide beſtehen aus Diorit, Serpentin und Tertiärkalk und enthalten Eiſen und Kupfer, ſind
aber nur mit ſpärlicher Vegetation von Eſpartogras, Heiligendiſteln und Opuntien be—
ſtanden. Die Vuelta Abajo erreicht größere Höhen, im Pan de Guajabon 800 m, und
beſitzt den einzigen Binnenſee Kubas, den Ariguanaboſee, inmitten einer Karſtlandſchaft
mit verſchwindenden Flüſſen, Höhlen, Dolinen, Naturbrunnen und Wieſenquellen. Im
Norden entwickelt die Sierra de los Organos ſteile Rücken, und im Weſten endet das Hügel⸗
land mit ſcharfen Graten, Cuchillas. Die häufigen Beſtände von Kiefernwald, Pinal, haben
der Provinz Pinar del Rio den Namen verſchafft, aber auch der Inſel de los Pinos, die
450 m Höhe erreicht und in Zuſammenſetzung und Bau durchaus der Vuelta Abajo gleicht.
Durch Erdbeben hat Kuba 1755, 1766, 1826 und 1852 gelitten, durch Zyklone 1768, 1791,
1810, 1844 und 1846.
Bevölkerung und wirtſchaftliche Verhältniſſe. Nach dem Ausſterben der In—
dianer hat die Bevölkerung Kubas durch die Einführung der Negerſklaven viel ſchwarzes
Blut erhalten. Die Zahl der nach Kuba gebrachten Negerſklaven wird für 1524—1821 auf
rund 400000 berechnet; da ſie aber das Recht hatten, ſich durch Arbeit freizumachen, jo gab
es 1774 neben 44000 Sklaven bereits 31000 freie Neger; 1875 waren noch etwa 16 Prozent
der Bevölkerung Sklaven, da aber bis 1886 über 200000 freiwillig freigelaſſen wurden,
waren bei der völligen Abſchaffung der Sklaverei 1886 nur noch 25000 vorhanden. 1907
war die Zahl der Farbigen etwa 620000, d. i. 29 Prozent, darunter 335000 Mulatten.
Die Zahl der Weißen betrug 1774: 96000, 1907: 1428000, darunter nur wenige
Fremde, ſo daß die weiße Bevölkerung Kubas ungewöhnlich gleichartig und der Inſel
ein typiſch ſpaniſcher Stempel aufgedrückt iſt. Dennoch beſtand von jeher und bis in die
neueſte Zeit hinein ein ſcharfer Gegenſatz zwiſchen den im Lande geborenen Weißen, Kreolen,
und den neuen Ankömmlingen aus Spanien, Gringos, ein Gegenſatz, der weſentlich zum
Verluſte Kubas für Spanien beigetragen hat. Die Peninſulares, Spanier, wurden vom
Mutterland in jeder Weiſe vor den in Kuba geborenen Weißen, Criollos, bevorzugt, ſo daß
dieſe ſich allmählich zu der Partei der Farbigen hielten und mit dieſen langſam verſchmolzen.
Da die Peninſulares vorwiegend in den Städten, die Criollos aber auf dem Lande als
Pflanzer und Viehzüchter lebten, ſo bildete ſich neben einem Proletariat von Farbigen und
Kreolen ein Gegenſatz zwiſchen Stadt und Land heraus. Ein weiteres Bevölkerungselement
ſtellen die Nichtſpanier, namentlich Deutſche, Nordamerikaner und Engländer. Außer⸗
dem leben ſeit 1847 chineſiſche Kulis auf Kuba, deren Zahl 1907: 11000 betrug. Die
Geſamtzahl der Bewohner der Inſel war 1910: 2,2, 1912: 2,47 Millionen, die Volksdichte 22.
Die Großen Antillen: Kuba. 483
Kuba ijt von 1512 bis 1898 mit alleiniger Ausnahme einer vorübergehenden Beſetzung
Habanas durch die Engländer, 1762 —63, in den Händen der Spanier verblieben, allein
während des 19. Jahrhunderts haben die eben geſchilderten Verhältniſſe zu blutigen Auf-
ſtänden gegen Spanien geführt, namentlich in den Jahren 1837, 1855 und 186878.
Wenn ſchon der letztgenannte nur mit Mühe von Spanien bewältigt werden konnte, ſo führte
die 1895 ausgebrochene Erhebung zum Verluſt Kubas für das Mutterland. Die Ver—
einigten Staaten nämlich, die Kuba bereits 1848 für 400 Millionen Mark Spanien hatten
abkaufen wollen, eroberten im Kriege von 1898 die Inſel und zwangen Spanien 1899 zum
Verzicht auf ſeine Souveränitätsrechte über Kuba. Dieſes wurde dann bis 1902 von ihnen
verwaltet und iſt jeitdem Republik.
In wirtſchaftlicher Beziehung trat Kuba in den erſten Jahrzehnten nach der
Conquiſta gegen Haiti ganz zurück, da es von 1515 bis 1534 nur 260000 Peſos Gold lieferte.
Der Tabak wurde zu Handelszwecken nicht vor Ende des 16. Jahrhunderts angebaut und
gewann erſt im 18. ſteigende Bedeutung, auch geſtattete die geringe Volksmenge anfangs
nur mäßigen Ackerbau: um 1700 erzeugte Kuba 50000, um 1750: 1 Million kg Tabak. Erſt
nachdem die aus Jamaika 1655 und aus Weſthaiti 1697 vertriebenen Spanier ſich auf Kuba
vereinigt hatten, erfolgte ein Aufſchwung, doch kam die Inſel erſt nach der Beſetzung durch
die Engländer und nach der Erklärung Habanas zum Freihafen, 1762/63, ſowie nach der Ver—
treibung der Franzoſen aus Haiti zur Blüte, namentlich auch weil die vorſichtige Abſchaf—
fung der Sklaverei hier geringere Erſchütterungen zeitigte als auf den übrigen Antillen.
Im Jahre 1895 erreichte die Ausfuhr der Inſel den hohen Wert von 352 Millionen Mark.
In den Jahren der Wirren ſank die Ausfuhr bedeutend, hob ſich aber wieder auf 185,6 Millio-
nen Mark für 1900 und auf 576 für 1910, worunter für 435 Millionen Mark Zucker und 111,5
Millionen Mark Tabak und Zigarren waren. 1912 betrug ſie ſogar 692 Millionen Mark.
Der Ackerbau nimmt 96 Prozent der Ausfuhr ein und wird ſtets die Grundlage des
Wohlſtandes Kubas bleiben. Er erſtreckt ſich auch heute noch beſonders auf Zucker und
Tabak (Tafel 19, Abbildung 1). Zucker wird faſt allein in den Gebieten zwiſchen Habana,
Cienfuegos und Remedios gebaut, Tabak in der Vuelta Abajo und der Provinz Pinar del
Rio, beide gemiſcht im Südweſten Habanas, um Santa Clara und um Holguin, ferner bei
Bayamo und Manzanillo, Zucker allein bei Puerto Principe und Nuevitas, Tabak allein an
der Nipebucht. Außerdem findet ſich Kaffeebau nur noch in geringer Ausdehnung bei Can—
delaria und bei Bayamo, beſonders aber in der Sierra Maeſtra zwiſchen Santiago und
Guantänamo. Im ganzen iſt aber Oſtkuba auch nicht entfernt das Ackerbaugebiet wie der
Weiten, der von Mantua bis Remedios und Sancti Spiritus ein weites Tabak- und Zuder-
land iſt, doch werden gerade hier Orangen, Ananas, Bananen in größeren Mengen gezogen.
1910 wurden für 8,4 Millionen Mark Früchte ausgeführt. Der Anbau anderer Nährfrüchte
und Nutzpflanzen, wie Mais, Reis, Bataten, Indigo, Baumwolle und Kakao, iſt nie über
beſcheidene Anfänge hinausgelangt.
Viehzucht wurde vor 1895 auf 4212 Potreros (Weiden) in den Sabanen des Cama⸗
guey und des Berglandes der Cinco Villas getrieben, kommt für die Ausfuhr aber nur mit
einem geringen Betrage für Häute, Wachs und Honig in Betracht. Der Wald liefert Holz,
beſonders aus den Wäldern der Sierra Maeſtra, 1911 für 8,5 Millionen Mark, die Fiſcherei
Schwämme, der Bergbau 1911 für 15,6 Millionen Mark Eiſenerze, daneben Mangan,
Salz und ein wenig Kupfer, die Induſtrie Rum und Liköre ſowie viele hundert Millionen
31*
484 Mittelamerifa.
Zigaretten und Zigarren. Wenn freilich ſchon vor 1895 ein großer Teil des Tabaks von
Puerto Rico in Habana verarbeitet wurde und als Habanazigarren die Inſel wieder ver—
ließ, ſo iſt heute nur ein geringer Bruchteil der aus Habana kommenden Zigarren als echtes
Erzeugnis Kubas anzuſehen.
Der Handel Kubas hat ſich 1912 auf die bedeutende Summe von faſt 1200 Millionen
Mark gehoben, wovon 692 auf die Ausfuhr, 504 auf die Einfuhr kamen. Die Ausfuhr be—
ſtand 1910 aus Zucker (435,2 Millionen Mark), Tabak und Zigarren (111,5), Eiſenerz (15,6)
und Früchten (8,4 Millionen Mark), endlich aus kleineren Mengen Holz, Schwämmen,
Häuten, Honig, Wachs, Kokosnüſſen und Kaffee. Sie richtete ſich 1912 vor allem nach den
Vereinigten Staaten, nämlich mit nicht weniger als 580 Millionen Mark, alſo 84 Prozent,
während auf England nur 6,5, auf Deutſchland 3,5, auf Frankreich 1,5 Prozent kamen.
Ebenſo kam die Einfuhr zu 52 Prozent, nämlich mit 262 Millionen Mark, von den Ver-
einigten Staaten, während aus England 12, aus Spanien 8, aus dem Deutſchen Reich 6,4,
aus Frankreich 6 Prozent nach Kuba gelangten. Sie beſteht aus Nahrungsmitteln und Vieh,
Fabrikaten, Rohſtoffen und Gebrauchs- und Luxusartikeln. Die Vereinigten Staaten
nahmen vom Geſamthandel 1912: 832 Millionen Mark, alſo nicht weniger als 70 Prozent
ein. Der Schiffsverkehr betrug 1911: 1573 Schiffe, die Eiſenbahnen hatten 1910 eine
Länge von 3433, die Telegraphenlinien eine ſolche von 8151 km. Obwohl die erſte Eiſen—
bahn Habana -Guines ſchon 1837 angelegt ward, erfolgte der Zuſammenſchluß der weſt—
lichen mit den öſtlichen Linien doch erſt 1903.
Die Beſiedelung. Im Jahre 1901 nahm man an, daß 23,3 Prozent der kubaniſchen
Bevölkerung in Städten über 8000, 47,1 Prozent in ſolchen über 1000 Einwohnern, in
Habana allein etwa 15 Prozent, alſo 52,9 Prozent auf dem Lande lebten. Die Hauptmaſſe
der Bevölkerung ſitzt in Weſtkuba; rechnet man dieſes bis an die Weſtgrenze der Provinz
Santa Clara, ſo ergibt ſich für Weſtkuba 1910:
O Kilometer Einwohner Dichte
Provinz Pinar del ioo 13 500 255 000 19
La Hab ang 8221 575000 70
ene er 8444 260 000 31
für Oftkub 30165 1090 000 36
ur Oſttuba:
Provinz Santa Clara 21411 514 000 24
Comaan ey 26 098 135 000 5
Driente 36 850 481000 13
84359 1130 000 13
Zuſammen: 114524 2220 000 19
Von den letzten drei Provinzen iſt aber nur El Oriente der wirkliche Oſten; die beiden anderen
können auch als Mittelkuba betrachtet werden und haben dann bei 47509 qkm 649000 Ein⸗
wohner, alſo eine Dichte von 14. Am ſchwächſten bewohnt iſt das Camaguey, vor allem die
Savannengebiete mit Viehzucht und ſehr wenig Ackerbau zwiſchen Remedios und Holguin.
Dem entſpricht auch die Verteilung der Städte, da ganz Mittel- und Oſtkuba im Oſten von
Remedios nur zwei Städte mit über 20000 und nur fünf mit mehr als 10000 Einwohnern
hat, während der Weſten vier mit über 20000 beſitzt. Der Größe nach überragt alle anderen
Städte Habana, das ſchon um das Jahr 1830 eine Großſtadt von 100000 Einwohnern war,
1877: 199000 erreichte, aber die 200000 erſt 1887 überſchritt und jetzt 300000 hat. In
Weitindien.
J. Tabakfeld unter Königspalmen (Oreodoxa regia) auf Kuba.
Nach Photographie von M. Rode in Berlin. (Zu S. 456, 457, 461 u. 483.)
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2. Eine Straße in Spaniſhtown auf Jamaika.
Nach Photographie der International preß Photo Co. in New Bork.
(Zu S. 487.)
Weſtindien.
Tafel 19.
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Die Großen Antillen: Kuba. 485
weitem Abſtand folgen dann Santiago mit 45000, Matanzas mit 36000, Cienfuegos mit
30000, Puerto Principe oder Camaguey mit 29000 und Cärdenas mit 24000 Einwohnern,
endlich Santa Clara, Trinidad und Sancti Spiritus mit 20—18000 Einwohnern.
In Oſtkuba iſt die bedeutendſte Stadt Santiago, die alte Hauptſtadt des Landes
bis 1607 und noch jetzt der Sitz des Erzbiſchofs der Inſel, die zweitälteſte Stadt Kubas. Sie
iſt der Ausfuhrhafen für den Kaffee, die Nutzhölzer, die Viehzuchtprodukte der Sierra Maeſtra,
die Eiſenerze von Jaragua und vermag in ihrer prachtvollen Bucht eine große Flotte zu be-
herbergen. Die Bevölkerung bilden aber vorwiegend Farbige. Baracoa (6000 Einwohner)
führt Ananas und Bananen aus, Mayari Tabak, Jibara und Manzanillo Früchte, Zucker
und Tabak, Produkte, die um die Binnenſtädte Holguin und Bayamo (je 10000 Einwohner)
angebaut werden. Guantänamo iſt der Stützpunkt der Union. Im Camaguey iſt Puerto
Prin eipe die einzige Stadt, und es fehlt hier wegen der Unzugänglichkeit der Küſte nament—
lich völlig an Hafenſtädten, mit Ausnahme von Nuevitas. Die fünf Städte, nach denen das
Bergland der Villas den Namen hat, ſind nicht unbedeutend: das alte Trinidad (von 1514)
und Sancti Spiritus haben zwar durch Aufſtände und Seeräuber viel zu leiden gehabt,
treiben aber lebhaften Anbau von Zucker und Kaffee und beſitzen gegen 20000 Einwohner,
während Remedios, ein bedeutender Ausfuhrhafen für Zucker und Tabak, bei 10000 ſtehen
geblieben iſt. Santa Clara iſt ein großer Tabakmarkt, Sagua La Grande verdankt ſeine
Wichtigkeit ſeiner Lage am Oſtende der großen Zuckerregion von Weſtkuba, und das erſt
1830 entſtandene Cienfuegos hat in kaum 75 Jahren alle übrigen überflügelt und iſt jetzt
ſchon die viertgrößte Stadt der Inſel.
In Weſtkuba hat die Vuelta Arriba ſowohl wie die Vuelta Abajo im Inneren nur
kleine Städte, da das ganze Land mit Zucker und Tabak bebaut iſt. Um ſo größer ſind die
Hafenſtädte, wie das ganz moderne Cärdenas und das im Gegenſatz dazu von 1587
ſtammende Matanzas, die einen großen Teil der Zuckerausfuhr der Vuelta Arriba ver—
mitteln. In der Vuelta Abajo fehlen aber auch die Hafenſtädte: Pinar del Rio hat nur
10000 Einwohner und auch die Vieh, Holz, Früchte und Marmor ausführende Inſel Pinos
nur 4000. Alle übrigen Städte werden nämlich erdrückt durch die Hauptſtadt La Habana,
die an dem Punkte der Vereinigung der größten Tabakregion der Vuelta Abajo mit dem
wichtigſten Zuckergebiet der Vuelta Arriba und überdies an der ſchmalſten Stelle der Inſel
liegt. Dieſe an der berühmten Bucht von Habana (Tafel 19, Abbildung 3) erbaute einzige
Großſtadt Weſtindiens hatte 1907: 297000 Einwohner. Die im Jahre 1702 beendigten
Umwallungen der alten Stadt ſind zwar ſeit 1863 nahezu gänzlich geſchleift worden, doch hat
es ſich bis heutigentages im Sprachgebrauch erhalten, von der inneren und äußeren Stadt
zu ſprechen. Während die erſtere, gegen den Hafen zu gelegene alte Stadt aus den engſten,
einen Wagenverkehr eben noch ermöglichenden Gaſſen und Gäßchen beſteht, ſind die äußeren,
neu angelegten Stadtteile nach einem einheitlichen Plan erbaut und weiſen vielfach ſchöne,
breite Boulevards mit ſchattigen Gehwegen auf. Der Verkehr in den Straßen iſt äußerſt
lebhaft, jedoch nicht ſehr geregelt. Ein Kranz von Vororten, wie La Regla und Guanabacoa,
im Oſten der Habana bringt deren Einwohnerzahl auf 350000.
In der weſtlichen Fortſetzung der Sierra Maeſtra liegen die Caymaninſeln, Little
Cayman und Grand Cayman, 584 qkm, mit 5600 Einwohnern und der Volksdichte 10. Sie
ſind britiſch, werden zur Kolonie Jamaika gerechnet und haben ähnliche Erzeugniſſe wie die
Bahämas, namentlich ſolche des Fiſchfanges.
486 Mittelamerifa.
d) Jamaika.
Von den Großen Antillen nimmt Jamaika mit 10896 qkm Fläche die dritte Stelle ein
und ähnelt auch in dem nahezu geradlinigen Verlauf ſeiner Küſten am meiſten Puerto Rico.
In bezug auf Entſtehung und Bau iſt es in ſeinem granitiſch-ſyenitiſchen Kern ein tertiärer
Lakkolith mit zahlreichen, von dieſem ausgehenden Gängen oder ein kriſtalliniſches Schiefer-
gebirge mit Eruptivgeſteinsſtöcken, Graniten, Syeniten, Porphyren und Serpentin, ähnlich
wie die Hauptgebirge Haitis und Kubas. Darüber liegen nun in Jamaika, wie in Haiti, be⸗
trächtliche Ablagerungen der Kreide ſowie tertiäre und zwar eozäne Bildungen, Sandſteine,
Schiefer, Konglomerate und loſe Sande; wahrſcheinlich kommen auch Baſalte in den jüngeren
Teilen der Inſel vor, und ſicher gibt es an der Nordküſte einen erloſchenen Vulkan von 200 m
Höhe, der wohl der Kern eines früheren Kegelberges iſt, da Aſchen vollkommen fehlen. Das
Grundgebirge der Inſel iſt gefaltet, aber im Norden und Süden liegt, ähnlich wie auf Haiti
und Puerto Rico, eine hohe junge Kalkſteinplatte mit ſteilen, an den Küſten oft ſchroff ab-
fallenden Rändern. In ſeiner äußeren Erſcheinung iſt das im Oſten Jamaikas hervortretende
Faltengebirge dem Hauptgebirge Haitis ähnlich, aber die Blue Mountains erreichen nur
2236 m Höhe; der Weſten iſt ein gewelltes, hügeliges Land mit höchſtens 1050 m Höhe im
Dolphin Head. Die Waſſerſcheide zieht mehr im Norden Jamaikas, weshalb an der Nord-
küſte nur ein größerer Fluß, der Great River, im Süden aber drei, der Cobre, Dry River
und Black River, münden.
Die Bevölkerung Jamaikas betrug beim Übergang der Inſel an England (1655)
kaum 3000, wurde aber in nur zwanzig Jahren von den Engländern durch Heranziehung von
Holländern, Indern und Negerſklaven auf 17000 gehoben; von letzteren ſollen in den Jahren
1680 1786 nach Jamaika 610000 überführt worden ſein. Um 1833 betrug die Volkszahl
etwa 360000 Seelen, darunter 322000 Sklaven. Dieſes Verhältnis, eines der ungünſtigſten
in Weſtindien, hat ſich ſeitdem nicht verbeſſert, ſondern im Gegenteil ſo weit verſchlimmert,
daß man 1890 unter 635000 Einwohnern nur 15000 Weiße, alſo nur 2,29 Prozent, zählte.
Die Zählung von 1911 ſtellte 831123 Menſchen feſt. Indiſche Arbeiter gab es 1899: 15000.
Die Volksdichte beträgt 76, iſt alſo beträchtlich.
Wirtſchaftliches. Jamaika lieferte ſchon 1670: 850000 kg Zucker, 90000 kg Kakao, je
25000 kg Kaffee und Indigo, auch Baumwolle, Tabak und Vieh ſowie 10000 Scheffel Salz
und war im Anfang des 19. Jahrhunderts die reichſte Inſel Weſtindiens, da ſie 1805: 859
große Zuckerfabriken beſaß und 137000 Fäſſer Zucker und 10 Millionen kg Kaffee ausführte.
Die plötzliche Abſchaffung der Sklaverei hat aber Jamaika auf lange Zeit und bis auf den
heutigen Tag aufs ſchwerſte getroffen. Das Grundeigentum wurde entwertet, der Grundbeſitz
zerſplittert, die Arbeiter den Pflanzungen entzogen und die Pflanzer trotz der Entſchädigung
von 120 Millionen Mark auf das äußerſte benachteiligt. Die Produktion ſank von 1833 bis
1841 um etwa zwei Drittel, Zucker von 60 auf 24,15 Millionen, Ingwer von 1,4 Million
auf 900000, Pfeffer von 4,2 auf 1,8 Million und Kaffee von 4,95 auf 3,2 Millionen kg;
ſtatt 755 Fäſſer Melaſſe wurden nur noch 51, ſtatt 35000 Fäſſer Rum nur etwa 12000
ausgeführt, und die Bevölkerung ging bis zum Jahre 1844 um 25000 Köpfe zurück. Später
erfolgte ein langſamer Aufſchwung, zu Ende des 19. Jahrhunderts eine wirtſchaftliche Um⸗
wälzung, inſofern an die Stelle des früher herrſchenden Anbaues von Zuckerrohr zunächſt der
von Kaffee, dann namentlich der von Früchten getreten iſt. Der Anteil des Zuckers an der
Die Großen Antillen: Jamaika. Die Bahamas. 487
Ausfuhr betrug 1901/02 nur noch 7 Prozent, der des Kaffees 7,9 Prozent, der von Rum
6,4 Prozent; 1911 aber war die Reihenfolge der Ausfuhrgegenſtände: Bananen 29131620,
Zucker 4948 260, Logholz und Extrakt daraus 5302 760, Kaffee 3682620, Kakao 2028960,
Kokosnüſſe 1973740, Rum 1718320, Piment 1665040, Ingwer 1172740, Orangen 939700,
Zigarren 718460, Honig 502040, Trauben 386200, Ziegenfelle 281040, Holz 260580, Häute
256480, Annatto 110600, Bienenwachs 75240, Zitronenſaft 68000 Mark. Von der Geſamt⸗
ausfuhr im Werte von 58961340 Mark nahmen Früchte überhaupt (Bananen, Orangen,
Trauben) 30457520 Mark, alſo faſt 52 Prozent, mit Kokosnüſſen zuſammen 32431260 Mark,
55 Prozent, Bananen allein aber faſt 50 Prozent ein, während Zucker 8,4, Kaffee 6,3, Kakao
3,5, dieſe drei zuſammen mit 10659840 Mark 18 Prozent beſtritten. Zu den Ackerbau⸗
produkten gehören auch noch Piment, Ingwer, Zitronenſaft, ſo daß der Ackerbau 45996880
Mark oder 78 Prozent zum Ausfuhrwert beiſteuert. Der Reſt entfällt auf Erzeugniſſe des
Waldes, der Viehzucht und der Induſtrie, allein von dieſen gehen Zigarren und Rum mit
2436 780 Mark — 4 Prozent dem Ackerbau ebenfalls zu, was deſſen Prozentſatz an der Aus—
fuhr auf 82 ſteigen läßt. Die Einfuhr hatte 1911 einen Wert von 57311060, der Handel
einen ſolchen von 117272400 Mark. Die Einfuhr kam zu 45 Prozent von Großbritannien,
zu 41,8 Prozent von den Vereinigten Staaten, zu 8,5 Prozent von Kanada; die Ausfuhr
ging zu 61,9 Prozent nach den Vereinigten Staaten, zu 14,7 Prozent nach Großbritannien,
zu 8,6 Prozent nach Kanada. 1911 verkehrten in Jamaika 1508 Schiffe mit 2158647 Tonnen,
davon 1390003 in Kingston, 556241 in Port Antonio, 76714 in Montego Bay, 53013 in
Port Morant und 37474 in Port Maria. Neben dem Haupthafen Kingston entwickelt ſich
jetzt raſch an der Oſtſeite der Inſel Port Antonio, das durch eine Eiſenbahn mit Kingston
einerſeits und Montego an der Nordweſtküſte anderſeits verbunden iſt. Die Geſamtlänge
der Eiſenbahnen betrug 1912: 300, die der Telegraphen 1674, die der Telephonlinien 864 km.
Die Beſiedelung hat auf Jamaika von jeher das Land bevorzugt. Die Spanier
gründeten 1525 an der Südküſte zuerſt Santiago de la Vega, jetzt Spaniſhtown (Tafel 19,
Abbildung 2), eine kleine Stadt mit jetzt 6000 Einwohnern, darunter vielen Franzoſen; ihr
alter Hafen Old Harbour iſt verſandet, die Hafenſtadt Port Royal vor dem Haff von Kingston
erlag 1693 einem Erdbeben, 1772 einem Zyklon. Die einzige größere Stadt auf Jamaika
iſt das erſt 1871 zur Hauptſtadt gemachte, 1907 durch Erdbeben verwüſtete Kingston mit
etwa 40000 Einwohnern. Die übrigen Siedelungen ſind meiſt Hafenplätze, im Südweſten
Black River und Savanna la Mar, im Nordweſten Lucea, Montego und Falmouth, im Nord—
oſten Port Maria und Port Antonio, der Haupthafen für Bananenausfuhr, im Südoſten
Moranttown, ein Stapelplatz für Orangen. Im Inneren liegen keine Anſiedelungen von
Bedeutung, das Land iſt aber bedeckt mit kleinen Dorfſchaften, Häuſergruppen und Einzel—
höfen; Mandeville iſt der Mittelpunkt der Orangen- und Kokosnußkultur.
e) Die Bahämas.
Die Bahämagruppe oder die Lucayiſchen Inſeln, wie ſie nach den Korallenriffen, Los
Cayos, genannt wurden, bildet eine in nordweſtlicher Richtung zwiſchen 70 und 80° weſtl.
Länge ſich erſtreckende Reihe von Inſeln und wird durch den Alten Bahäma-Kanal von Kuba
und durch den Neuen Bahäma⸗Kanal von Florida getrennt. Die Bahamas haben eine Fläche
von 11405 qkm, find aber durchweg ganz flache Koralleninſeln. Bereits im Nordoſten Haitis
ragen Bänke bis nahe an die Meeresoberfläche, dann folgt die Gruppe der Turksinſeln,
488 Mittelamerifa.
hierauf die mit den vorigen 430 qkm enthaltenden Caicosinſeln und endlich vom 73. Grad
an die eigentlichen Bahamas. Sie erheben ſich aus ſehr tiefem Meere meiſt nur zu 40—60,
Klein Salvador zu 125m Höhe, während andere oftmals von der Flut überſchwemmt werden.
Im ganzen zählt man 29 größere, 661 kleine Inſeln ſowie 2387 Felſen und Riffe, welche die
Schiffahrt außerordentlich erſchweren. Die größten Inſeln ſind Andros mit 3524 qkm, Groß
Abaco nebſt Klein Abaco mit 2313 qkm und Groß Bahäma mit 1542 qkm, ferner Inagua;
die übrigen, namentlich Eleuthera, Cat Island, Long Island, Acklin Island uſw., ſind faſt
raupenförmig geſtaltet. In ſich geſchloſſener, wenn auch kleiner, ſind Rum Cay, Crooked
Island, Mariguana und die durch Kolumbus' Landung berühmt gewordene Inſel Guanahani,
San Salvador oder Watlings Island. Manche umſchließen gemeinſam große, bis 3 m tiefe
Lagunen, die hier und da die Bewegung der Gezeiten mitmachen, ſelbſt wenn ſie Süßwaſſer
enthalten. Der Boden beſteht ausſchließlich aus Korallenſand und Korallenkalk, der durch—
löchert, porös, vom Waſſer zernagt, in der Tiefe weicher, an der Oberfläche äußerſt hart und
auf einigen Inſeln von einer durch Verwitterung entſtandenen überaus reichen Humusſchicht
bedeckt iſt, beſonders in den Mulden. Da der Kalkſtein das Waſſer raſch einſaugt, ſo kommt
es auch auf den größeren Inſeln nicht zur Ausbildung von Bächen und Waſſerläufen.
Die Bewohner der Bahämas wurden bereits in der erſten Hälfte des 16. Jahrhun—
derts, 40000 an der Zahl, von den Spaniern nach Haiti und Kuba überführt. Die Inſeln
lagen daher unbewohnt, bis 1629 Engländer ſich auf New Providence niederließen. Dieſe
wurden zwar 1641 und 1703 durch die Spanier vertrieben, kehrten aber 1667 und 1718 zurück
und brachten die Inſelgruppe nunmehr mit Hilfe der Neger zur Blüte. 1911 hatten die Bahä—
mas 55944, die Turks- und Caicosinſeln 5615 Einwohner, alſo Volksdichten von nur 5 und 13.
In wirtſchaftlicher Beziehung haben die Bahamas manchen Wechjel erlebt. Zuerſt
begründeten die Engländer die Baumwollkultur, die ſich aber nur bis 1800 erhielt, weil die
Ernten wiederholt durch Inſekten vernichtet wurden. Eine beſonders glänzende Zeit erlebten
die Inſeln während des amerikaniſchen Bürgerkrieges, da die Blockadebrecher meiſt die
Bahamas anliefen: 1864 erreichte die Einfuhr den Wert von 107, die Ausfuhr einen ſolchen
von 93,5 Millionen Mark. In den 1870er Jahren führten die Bahämas vorwiegend Früchte
aus, 1873 ſchon 51, Millionen Ananas und 2½ Millionen Orangen ſowie Bananen, Trau-
ben, Melonen und bis 1883 Zucker. Auch 1900 ergaben 7½ Millionen Ananas, beſonders
von Eleuthera, 1,2 Million Mark Ausfuhrwert, 1911 war die Ausfuhr von Früchten über⸗
haupt auf 183520 Mark = 4,4 Prozent geſunken. Dagegen hatte die von Siſal einen Wert
von 897100 Mark = 21 Prozent, die Erzeugniſſe des Ackerbaues ergaben alſo 25,4 Prozent.
Am wichtigſten iſt aber die Fiſcherei mit 56 Prozent des Ausfuhrwertes, woran Schwämme
mit 2227620 und Schildpatt mit 128 100 Mark Anteil haben. Auch Holz wurde für 681960
Mark- - 16 Prozent ausgeführt, während die Salzgewinnung gering iſt. Die Geſamtausfuhr
betrug 1912/13: 7160000, die Einfuhr 5520000, der Handel alſo 12680000 Mark. Für
den Import kamen 1911 die Vereinigten Staaten mit 71 Prozent, für den Export mit
48 Prozent in Betracht; nur 13 Prozent des erſteren kam von Großbritannien, und 14 Pro⸗
zent der Ausfuhr ging dorthin. Die Tonnenzahl der eingelaufenen Schiffe erreichte 1912/13:
624000. Eine neue Quelle des Wohlſtandes iſt auch auf den Bahämas die Fremdeninduſtrie
geworden, da viele Nordamerikaner den Winter auf den Inſeln zubringen, beſonders in
dem 10000 Einwohner zählenden Naſſau auf New Providence.
Die Turks- und Caicos-Gruppen mit 430 qkm und 1911: 5615 Einwohnern, davon
Zentralamerika: Bodengeſtalt und Gewäſſer. 489
3702 Farbige, 1681 auf Grand Turk, bilden ein beſonderes Department der Kolonie Ja-
maika. Sie ſind aber nur die ſüdöſtlichſte Fortſetzung der Bahäma-Inſeln, reine Korallen-
inſeln, und haben daher auch deren Produkte (Salz 390000, Schwämme 30600, Siſalhanf
24450 und Schildpatt 14860 Mark Ausfuhrwert), die größtenteils von den Vereinigten
Staaten aufgenommen werden. Die Ausfuhr hatte 1912/13 einen Wert von 520000 Mark;
die Einfuhr von 560000, der Handel alſo von 1080000 Mark. Die Tonnenzahl der ein-
laufenden Schiffe betrug 187000.
II. Zentralamerika.
1. Bodengeſtalt und Gewäſſer.
a) Allgemeines.
Begrenzung. Zentralamerika erſtreckt ſich in nordweſtlicher Richtung von Südamerika
nach Nordamerika und wird im Nordoſten deutlich durch das Karaibiſche Meer, im Südweſten
durch den Großen Ozean begrenzt. Weniger klar ſind die Landgrenzen. Diejenige gegen
Südamerika darf man wohl auf der Waſſerſcheide zwiſchen dem unzweifelhaft Südamerika
angehörenden, weil aus der Kordillere entſtrömenden, Atrato und dem Tuira anſetzen, der in
die Bai von San Miguel und den Großen Ozean fällt. Ob freilich dieſe Grenze als eine
Scheidelinie erſter Ordnung gelten darf, iſt nicht bekannt, ebenſowenig, ob die Kordillere ſich
von Südamerika auf die Landengen fortſetzt. Noch ſchwieriger iſt die Begrenzung gegen
Nordamerika. Ein altes Schiefergebirge zieht über die Landenge von Tehuantepec nach
Mexiko hinüber, ſo daß auch hier keine ſcharfe geologiſche Grenzlinie vorliegt; immerhin bildet
dieſe Landenge eine tiefe Senke zwiſchen dem Hochlande von Anahuac und den hohen Ketten
des ſüdlichen Chiapas und Guatemala. Danach wären alſo Chiapas, Tabasco, Campeche und
Vukatan noch zu Zentralamerika zu rechnen. Da aber dieſe Staaten zu Mexiko gehören, Mexiko
nur eine Halbinſel Nordamerikas iſt und Nordamerika ſamt Mexiko in einem anderen Bande
des vorliegenden Werkes behandelt werden, begrenzen wir hier Zentralamerika mit der poli—
tiſchen Grenze Mexikos gegen Guatemala und Britiſch-Honduras. In dieſem Umfange hat
Zentralamerika eine Größe von 535290 qkm, iſt alſo ſo groß wie das Deutſche Reich.
Zuſammenſetzung und Bau. Zentralamerika gehört dem andinen Teil Süd—
amerikas an. Seine Gebirgszüge treten von Mexiko her in Virgation gegen das Karaibiſche
Meer auseinander, wie die Karte auf S. 490 zeigt. Ein altes kriſtalliniſches Schiefergebirge
zieht aus Chiapas gegen Südoſten und Oſten nach Guatemala hinein und erreicht in der
Sierra de las Minas noch 3000 m Höhe. Dann bricht es am Golf von Honduras ab und findet
ſeine Fortſetzung wahrſcheinlich in Südkuba. Dieſes Gebirge war bereits während der paläo—
zbiſchen Zeit vorhanden, wurde während der meſozoiſchen Zeit abgetragen und mit einer
Decke von Kalkſteinen, Sandſteinen, Mergeln und Konglomeraten bedeckt, dann im mittleren
Tertiär wiederum gefaltet und durch Längs- und Querbrüche zerſtückelt, die denn auch die
Ablöſung von den Antillen hervorriefen. Während das Gebirgsland zu beiden Seiten des
Rio Motagua noch mehr nordöſtlich ſtreicht, erhält es im nördlichen Honduras eine mehr
öſtliche Streichrichtung, wird hier aber durch eine nordſüdliche Tiefenlinie von der Fonſeca—
bucht bis zur Mündung des Ulua durchſchnitten. Südöſtlich des Rio Patuca laſſen ſich auch
490
Mittelamerika.
in Nicaragua noch Bruchſtücke öſtlich bis nordöſtlich ſtreichender Ketten erkennen, die auf
eine frühere Verbindung mit Jamaika deuten. Nur die Cockscomb-Berge in Britiſch-Hon⸗
duras, ein 1000 m hohes, aus Granit und Quarzporphyr, Tonſchiefer, Quarzit und karbo—
niſchem Kalkſtein beſtehendes Horſtgebirge, ſcheinen ſich in den allgemeinen Bau nicht ein-
zufügen, ſtreichen aber doch auch nach Nordoſten bis Oſten.
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Die Gebirge sind durch Buchstaben, E
die Villkane durch Zahlen klärt.
Dektoniſche Karte von Zentralamerika. Nach C. Sapper. Zu ©. 489
Durch die in der Tertiärzeit eingetretenen Längsbrüche wurde namentlich der Süd—
flügel des geſamten Grundgebirges verſenkt und mit vulkaniſchen Maſſen überlagert. Daher
bilden vulkaniſche Geſteine einen weſentlichen Teil Zentralamerikas, einerſeits in Geſtalt
breiter Ergüſſe, beſonders in dem ebenen Teil von Nicaragua oder in den Baſaltgebirgen
von Honduras, anderſeits aber auch in Form von einzelnen Vulkanbergen, die nur auf der
pazifiſchen Seite auftreten. Es find 81 an der Zahl, darunter 44 in neuerer Zeit tätige, meiſt
Zentralamerika: Bodengeſtalt und Gewäſſer. 491
andeſitiſche Berge. Sie ſind in fünf Linien angeordnet, nämlich vom Chiriqui in Veragua
durch Coſta Rica, dann von der Inſel Madera im See von Nicaragua bis zum Coſeguina
am Golf von Fonſeca, ferner vom Conchagua bis zum Tecuamburo in Salvador, weiter
vom Pacaya bis zum Lacandon und endlich vom Tajamulco bis zum Tacand, dieſe letzteren
beiden in Guatemala. Dieſe heutige „Feuerlinie“ iſt nach Eduard Sueß der Reſt einer früher
weiter nach Norden ausgedehnten.
Inwiefern die großen Waſſerbecken Zentralamerikas, der Nicaraguaſee und der Ma-
naguaſee ſowie die Fonſecabucht, mit der Zerſtückelung des Landes durch Brüche zuſammen—
hängen, und ob ſie etwa Grabenbrüche ſind, läßt ſich noch nicht mit Sicherheit entſcheiden.
Ebenſowenig wiſſen wir genau, ob auch die Gebirge der Landengen von Veragua und
Panama dem geſchilderten Schema des Aufbaues einzufügen ſind.
Höhe. Im allgemeinen reicht die Höhe der Berge nicht an die im nördlichen Süd—
amerika und in Mexiko heran, übertrifft aber ſchon mit dem bei Huehuetenango 3500 m über-
ſteigenden Grundgebirge diejenige der Antillen. Darüber aber erreichen die Vulkane noch
größere Höhen: der Tajumulco und der Tacand bei San Marcos in Guatemala 4210 und
4064 m, der bekanntere Acatenango 3960, der Fuego 3835, der Agua 3753 und der Atitlan
3525, der wenig bekannte Vulkan Zunil bei Quetzaltenango 3533 m. Ihnen geben wenig
nach die bereits erloſchenen Kuppen Serchil bei San Marcos mit 3636 m, San Tomas und
Siete Orejas bei Quetzaltenango mit 3551 und 3362 ſowie der Quiché bei Totonicapan mit
3402 m. In Honduras und Nicaragua ſind die Berghöhen viel geringer und erreichen 3000 m
nicht, in Coſta Rica dagegen erwachſen den guatemaltekiſchen Vulkanen Nebenbuhler in dem
Turrialba (3342 m) und dem Irazu (3452 m), in Chiriqui in dem Chiriqui (3600 m).
Bewäſſerung. Zur Ausbildung größerer Flüſſe kommt es nicht, da Zentralamerika
nicht ſehr breit iſt und die ſüdöſtliche Längsrichtung durch Gebirge geſperrt wird. Die Waſſer—
ſcheide liegt ganz am pazifiſchen Rande, weshalb der Große Ozean nur Küſtenflüſſe erhält.
In den Atlantiſchen Ozean münden einige bedeutendere, aber nur auf kurze Strecken für
kleinere Dampfer ſchiffbare Flüſſe: der Uſumacinta in den Campechegolf, der Rio Grande
de Motagua in den Golf von Amatique; beide umfließen Yufatan. Dann folgen in Honduras
der Rio Ulua, der Coco oder Segovia und der Rio Grande, in Nicaragua der Rio San Juan,
der Entwäſſerer des großen Nicaraguaſees, der ſeinerſeits wieder mit dem Managuaſee zeit—
weilig in Verbindung ſteht. Dieſe beiden Waſſerbecken ſind die einzigen großen Seen Zen⸗
tralamerikas; geringer an Bedeutung ſind der Pojoa in Honduras, die Laguna Izabal oder
Golfo Dulce und der See von Flores in Nordguatemala, endlich der Bergſee von Atitlan
in den Altos von Guatemala.
Man unterſcheidet am beſten drei natürliche Landſchaften, die durch zwei Tiefen—
linien, die Furche des Nicaragua- und Managuaſees ſamt der Bucht von Amapala einerſeits
und die Guascaran-Ulua-Linie in Honduras anderſeits, voneinander getrennt werden.
Daraus ergeben ſich drei Abſchnitte: ein ſchmaler ſüdöſtlicher, die Kordilleren von Darien,
Panama, Veragua, Chiriqui und Coſta Rica; ein breiter mittlerer: Nicaragua und Oſthon—
duras, und ein etwas ſchmälerer nordweſtlicher: Weſthonduras, El Salvador und Guatemala.
b) Das ſüdöſtliche Zentralamerika.
Die Iſthmuskordilleren von Darien, Panamä und Veragua. In Darien
beginnt ein anſcheinend zuſammenhängendes, aus alten Eruptivgeſteinen, Granit, Syenit,
492 Mittelamerifa.
ſowie aus kriſtalliniſchen Schiefern beſtehendes, dichtbewaldetes Gebirge. Es zieht in nord-
weſtlicher Richtung zunächſt als Sierra Mali mauergleich dicht am Karaibiſchen Meere hin
und hat einen faſt gratförmig ſcharfen Kamm, aber im allgemeinen ſanfte Formen, breite
Gewölbe und lange Züge. Die Höhe ſcheint 700 m und mehr zu betragen.
Die Landenge von Panama iſt die ſchmalſte Stelle Zentralamerikas, zugleich eine
der niedrigſten, da der höchſte Punkt, La Culebra, nur 82 m erreicht. Er liegt nahe dem
pazifiſchen Hange und ſendet zum Atlantiſchen Ozean den Fluß Chagres. Eine geſchloſſene
Kette iſt hier aber nicht mehr vorhanden, ſondern Einzelberge werden von dichtem, hohem
Walde, auch von niedrigem Buſchwald überdeckt, und die Niederungen nimmt Sumpfland ein.
Ein tertiärer Sattel aus Breccien, Orbitoidenkalk und glaukonitiſchen Tonen bildet den
nordweſtlichen, Eruptivgeſtein, darunter Andeſit von La Culebra und Labradorit von den
kleinen Inſeln des Golfs von Panama, den ſüdöſtlichen Teil der Landenge.
Weſtlich derſelben ſchwillt das Gebirge wieder an. Eine mächtige Kette von 2500 m
Höhe, aus Granit, Syenit und Diorit beſtehend und von Tertiär und jungem Schwemmland
begleitet, bildet die Kordillere von Veragua. Nahe der atlantiſchen Küſte zeigen ſich
ſchroffe Höhenrücken, rundliche Hügel in Gruppen, iſolierte Kegel und Kuppen, während die
Kordillere als eine mächtige Mauer mit zwei hohen Ketten bis zum Golf von Chiriqui dahin—
zieht. Da aber im Süden bereits junge Eruptivgeſteine vorkommen, ſo ergibt ſich ſchon hier
der im übrigen Zentralamerika ſo allgemeine Gegenſatz zwiſchen dem älteren Norden und
dem jüngeren Süden, und ebenſo tritt der weitere Gegenſatz zwiſchen dem feuchten, wald—
bedeckten Norden und dem trockenen Süden auf, beſonders da, wo die tertiäre, mit Savannen
bedeckte flache Halbinſel Azuero gegen den Großen Ozean vorſpringt. Dieſe ſcheidet den
perlenberühmten Golf von Panamä mit der Inſel San Miguel im Oſten von dem von Mon-
tijo, der durch die Inſel Cöiba abgeſchloſſen wird. Weiter weſtlich liegen einander zwei
Buchten gegenüber: im Süden die flache Bahia de David mit einigen Küſteninſeln, im Nor-
den die durch einen Kranz von Inſeln und eine Halbinſel vom Meere getrennte, überaus ge—
räumige Laguna de Chiriqui.
Die Kordillere von Chiriqui und Coſta Rica. Hier tritt bereits ein Vulkan auf,
der ſchöngeformte, regelmäßige, noch kürzlich tätig geweſene Chiriqui. Er erreicht gleich
3600 m, mehr als die Vulkane von Coſta Rica, beherrſcht weithin die ganze Umgebung land—
ſchaftlich und enthält in ſeinem alten Krater einen SO m hohen jüngeren. Nördlich des tief
einſchneidenden Golfo Dulce im Süden Coſta Ricas beſteht die Kordillere von Tala—
manca im Norden aus alten Eruptivgeſteinen und kriſtallinen Schiefern, im Süden aus ſteil
aufgerichteten tertiären Kalken. Sie beginnt mit dem Cerro Rövalo und dem Pando, erreicht
im Kamuk oder Pico Blanco 2904 m, wird dann von einem 2265 m hohen Paß durchſchnitten
und ſchwillt hierauf über den Durika, früher fälſchlich Uyun genannten Berg zum höchſten
Gipfel Coſta Ricas und des ganzen ſüdlichen Zentralamerika, dem noch nicht beſtiegenen
Chirripö Grande an. Von hier aus bleibt ſie geſchloſſen bis zum Cerro de las Vueltas (3033 m)
und löſt ſich dann in drei Züge auf, die noch 2400 m Höhe erreichen. Von der Kordillere von
Talamanca aus ergießen ſich in den Atlantiſchen Ozean der Tararia, der Tarire, der Eſtrella,
der Chirripö-Matina und der Pacuare, nach dem Großen Ozean der Diquis und kleinere.
Die atlantiſchen Flüſſe ſind Hochfluten unterworfen, im Unterlauf für kleine Fahrzeuge
ſchiffbar, aber an ihren Mündungen wegen Verſumpfung meiſt unbenutzbar.
Unter 100 wird das Gebirge der Landengen von einer Senke unterbrochen, in der nach
Zentralamerika: Bodengeſtalt und Gewäſſer. 493
Weſten der Rio Grande de Tarcoles, nach Oſten der Reventazon abfließen. Vor dieſer Senke
erhebt ſich im Norden die ſogenannte Cordillera Central, vier Vulkane, Turrialba, Irazu,
Barba und Poas. Sie iſt mit den Ausläufern der Sierra de Talamanca durch eine hohe
Schwelle verknüpft, auf der die Hauptſtadt San Joſé in 1165 und die Stadt Cartago in
1451 m Höhe liegen. Den hohen Vulkanen eigentümlich ſind die Terraſſenbildung und das
in Zentralamerika häufig beobachtete Andern ihrer Ausbruchsſtellen gegen den Großen
Ozean hin. Auch fallen ſie weniger auf als ſonſtige Vulkane, da ſie der charakteriſtiſchen Kegel—
form faſt entbehren; von 2000 m an aufwärts tragen ſie keinen Wald mehr. Der Krater des
Jrazu hat 1000 m Durchmeſſer, der Turrialba beſitzt drei Krater, der Poäs zwei, in denen
Waſſer ſteht. Die beiden öſtlichen, Jrazu und Turrialba, liegen auf einem gemeinſamen,
2000 m hohen Unterbau und haben 3452 und 3342 m Höhe, während die von ihnen durch
eine nur 1550 m erreichende Senke getrennten weſtlichen, der Barba und der Poas, nur
2900 und 2678 m hoch ſind.
Die weſtliche Abteilung des Rückengebirges von Coſta Rica heißt Sierra de Guana—
caſte. Sie zieht von San Ramon gegen Nordweſten als ein 1500 m hohes Waldgebirge,
über dem ſich einzelne Gipfel erheben. Dieſe ſind meiſt Vulkane, wie der Miravalles (1600 m),
der Cuipilapa oder Rincon de la Vieja (1500 m) und der Oroſi (1571 m), während der
Tenorio (1500 m) von der Hauptkette nach Nordweſten vorgeſchoben liegt. Von dieſen war
nur der Cuipilapa 1851 und 1863 tätig.
Der Rio Tempisque ſcheidet von der Sierra de Guanacaſte die 1000 m hohe, lang—
geſtreckte Halbinſel Nicoya, die vielleicht mit den Halbinſeln Oſa und Burica eine wahrſchein—
lich ſedimentäre Parallelkette des Hauptgebirges der Landenge andeutet, der auch Azuero
angehört haben mag, doch enthält Nicoya, dem der junge Vulkan Herradura (791 m) gerade
gegenüberliegt, wahrſcheinlich auch jungeruptives Geſtein.
c) Das mittlere Zentralamerika.
Die Senke von Nicaragua (ſ. die Karte auf S. 494) beginnt im Südoſten mit dem
waldbedeckten Tieflande Coſta Ricas zwiſchen der Eiſenbahn und dem Rio San Juan und
enthält gegen den Großen Ozean zu flache Waſſerbecken, die Seen von Nicaragua und Mana-
gua und die Fonſecabai, mit der ſie endet. Dieſe Senke iſt wahrſcheinlich ein infolge eines
Grabenbruches entſtandenes Bruchfeld, doch läßt die Südſeite keinen ſo klaren Einblick in die
urſprünglichen Verhältniſſe zu. Im Süden liegen zwiſchen dem Großen Ozean und dem
See von Nicaragua tertiäre Schichten, die den nur 46,4 m über dem Meere gelegenen Iſthmus
von Rivas bilden und ſich auch in 300 m hohen Hügelzügen nach Coſta Rica ausdehnen.
Die Seen ſelbſt bildeten in tertiärer Zeit mit dem Golf von Fonſeca einen großen,
nach Nordoſten eingreifenden Meerbuſen, wahrſcheinlich ſogar eine Straße zwiſchen beiden
Meeren. Jüngere Laven trennten ſie dann vom Großen Ozean, tertiäre Schichten vom
Atlantiſchen. Auch würde eine Schließung des Ausgangs der Fonſecabai einen Landſee
entſtehen laſſen, der dem Lago de Managua ungefähr gleich wäre. Der von vielen kleinen
Flüſſen geſpeiſte Nicaraguaſee (Tafel 20, Abbildung 1) oder, wie er nach der Stadt Granada
auch genannt wird, Lago de Granada erſtreckt ſich in faſt eiförmiger Geſtalt von Südoſten
nach Nordweſten, iſt bei 163 km Länge und 72 km Breite etwa 7700 qkm groß (S Heſſen),
bis zu 80 m tief und liegt in nur 33 m Höhe. Das Waſſer iſt trinkbar und ſelbſt am Ufer oft
noch ſo tief, daß große Schiffe dicht an das Land herankommen können. Im Oſten entwäſſert
494 Mittelamerika.
ſich der Nicaraguaſee durch den 90—360 m breiten Rio San Juan. Die Uferberge dieſes
Fluſſes veranlaſſen die bei der geringen Höhendifferenz zwiſchen dem Nicaraguaſee und
dem Meere auffallende Bildung von Stromſchnellen, welche die Schiffahrt erſchweren.
Ein trockenes, nur hier und da mit Tümpeln erfülltes, mit heißen Quellen beſetztes
Flußbett und der Waſſerlauf des Eſtero de Panaloyo verbinden den Nicaraguaſee mit dem
Managuaſee. Diejer iſt 1134 qkm groß (= Rheinheſſen), langgeſtreckt, im Norden ſtark
gebuchtet, im Süden weniger gegliedert, 47 m hoch, 20—80 m tief.
Im See von Nicaragua beginnt mit der Inſel Ometepe eine neue Vulkanreihe,
deren Ende im Coſeguina liegt. Schon im Nicaraguaſee erheben ſich der waldbedeckte
Madera (1268 m) und der kegelförmige Ometepe (1720 m; Tafel 20, Abbildung 1), am Weſt⸗
rande der Zapatera und der 1400 m hohe Mombacho. Zwiſchen dieſem und dem folgenden
Pulkan Barba 2900
Madera 1268
Miraralles 1600 *
VV'Ic'uL̃ Ne 1:4 500.000
Ometepe 1720 20 20 5 AR
Telica 1028 e — —
Die Landenge von Nicaragua. Zu S. 493.
Doppelgipfel Maſaya (600 m) liegt das ſchöne Maar des Apoyoſees. Der 1670 noch tätige
Maſaya iſt wie ſein Nachbar Nindiri erloſchen, aber von Lavafeldern umgeben, beſonders im
Norden. Auf der Halbinſel Chiltepe im Süden des Managuaſees ragt der Vulkan Chiltepe
mit großem Krater über eine ganze Reihe von Maaren empor, im See ſelbſt der Momotombito,
mit dem die aus neun Vulkanbergen beſtehende Reihe des weſtlichen Nicaragua beginnt.
Der öſtlichſte von dieſen Vulkanbergen iſt der 1258 m hohe Momotombo, ein kühner, kahler,
geſchwärzter Gipfel, der beſtändig raucht und 1902 im Anſchluß an die Eruptionen auf
St. Vincent und Martinique einen Ausbruch hatte. Er gehört bereits zu den Maribios—
vulkanen, wie auch der 800 m hohe Aſocosco mit kleinem Krater, der Las Pilas, der Chichi-
galpa (1425 m) mit mehreren Kratern, der ziemlich zerſtörte Rota oder Orota (800 m), der
1028 m hohe Telica mit ſchwach tätigen Fumarolen und neuen Spalten und der Chonco
(1125 m). Die weſtlichſten in der Reihe find der 890 m hohe, nicht tätige, aber ſtark rauchende
Vulkan von Santa Clara und der Volcan Viejo (1780 m), ein gewaltiger Kegel, deſſen drei
ineinandergelagerte Krater Dampfſäulen ausſtoßen. Außer dieſen ſind aber in neuerer Zeit
noch zwei kleine Feuerberge an den Flanken der großen entſtanden: der eine wuchs am
13. April 1850 in acht Tagen bis 60 m am Fuße des Pilas empor, der andere, der Volcan
Nuevo, entſtand am 14. November 1867 nordweſtlich von Leon und hat es auf ebenfalls 60 m
Zentralamerika: Bodengeſtalt und Gewäſſer. 495
Höhe gebracht. Der letzte, außerhalb der Reihe der Vulkane von Leon ſtehende Feuerberg,
der Coſeguina an der Fonſecabucht, ein abgeſtutzter Kegel von 1100 m Höhe, iſt wegen
ſeines Ausbruches vom 20. Januar 1835 berühmt geworden.
Im Norden der großen Landſenke ſetzen ſich im ganzen die jungen Eruptivgeſteine mit
ihren Tuffen fort in Form des Berglandes von Nicaragua. Obwohl die Höhen nicht
bedeutend ſind, da 1800 m kaum irgendwo überſchritten werden, hat das Land doch vielfach
den Charakter eines Gebirgslandes, wie nördlich des Managuaſees, über dem ſich die blauen,
zerriſſenen Berge von Matagalpa erheben, während das Nordufer des Nicaraguaſees, das
wellenförmige Weidegebiet von Chontales, langſamer anſteigt. Aus der Gegend von Mata—
galpa und Jinotega ziehen drei Höhenzüge durch Nicaragua. Sie beſtehen zumeiſt aus
jüngerem Eruptivgeſtein, Baſalt, Andeſit, aber auch aus alten Eruptivgeſteinen, Porphyr,
Melaphyr, Diorit, Diabas, Granit; auch find Sedimentgeſteine der meſozoiſchen und Tertiär—
zeit nachgewieſen worden. Manche Flüſſe, wie der Rio Prinzapolca, führen Gold. Dieſe
ſtrömen in langem Laufe von der Waſſerſcheide nördlich der Seen aach Oſten zum Atlan⸗
tiſchen Ozean ab, wie der Siquia, der Rio Grande-Tuma, der Prinzapolca und der Coco,
Yare oder Segovia. Ihre Quellen liegen alle auf einer den Seen im Norden folgenden Linie
von Choluteca nach Libertad, ihr Mündungsgebiet iſt die ſumpfige, im Norden mit Sand
überdeckte Mosquitoküſte, die durch mächtige Strandſeen, wie die Laguna de las Perlas
und die an der Mündung des Vava, ausgezeichnet und überaus flach iſt.
Dieſer Küſtentypus ſetzt ſich auch nordweſtlich vom Kap Gracias d Dios über das
öſtliche Honduras in Form großer ſeichter, ſchlecht zugänglicher Lagunen fort, wie der
Caratasca-, der Brus- und der Eben-Lagune, und die waſſerreichen Flüſſe leiden unter
Barren; die des Rio Coco hat nur 1—1½% m Waſſer. Der Rio Patuca zieht den größten
Teil des Waſſers von Oſthonduras an ſich; nördlich von ihm entwickeln ſich nur noch die Rios
Negro und Aguan, während der Choluteca bereits ſüdwärts zur Fonſecabai fließt. Schon
am Rio Coco ſtehen kriſtalliniſche Schiefer an, von wo an archäiſche Gebirgszüge eine größere
Rolle zu ſpielen beginnen als im Südoſten Zentralamerikas. Das Streichen dieſer iſt öſtlich
bis nordöſtlich geweſen, doch ſind die alten Hochgebirgszüge großenteils zerſtört, und die
Höhen überſteigen 2500 m nicht mehr. Das Grenzgebirge zwiſchen Nicaragua und Honduras
erreicht 1700—1800 m, ungefähr ebenſoviel die ebenfalls archäiſche Zentralkette von Olancho,
die aus meſozoiſchen Kalkſteinen gebildete Sierra de Yoro und die archäiſche Kette von Su—
laco, während das Bergland um Tegucigalpa, die Sierras de Yuscaran und de Lepaterique
2000, der Cerro del Chile in der Sierra von San Juancito 2200 m Höhe haben. Die am
meiſten ausgeprägten Gebirge aber, die nördlichen Küſtenketten, erheben ſich im Cerro
Cangrejal (Congrehoy) zu 2450 m Höhe, beſtehen weſentlich aus alten Eruptivgeſteinen und
werden von einem in den Inſeln Utila, Ruatan (250 m) und Guanaja (400 m) noch bruchjtüd-
weiſe erhaltenen Gebirgszug begleitet, der wahrſcheinlich eine Fortſetzung der Sierra Omoa
oder del Eſpiritu Santo iſt.
d) Das nordweſtliche Zentralamerika.
Zwei Flüſſe ſcheiden Honduras in zwei Teile, der Guascoran im Süden und der
Humuya⸗Ulua im Norden; der ſüdliche iſt kurz, der nördliche lang, entſprechend der ſanften
Abdachung zur atlantiſchen Seite, die auch im nordweſtlichen Zentralamerika wieder her—
vortritt. Beide entſtehen in den nur 1500 —2000 m hohen Gebirgen zwiſchen Tegucigalpa
496 Mittelamerika.
und Comayagua, werden durch den nur 1000 m hohen Paß von Rancho Chiquito voneinander
getrennt und fließen beide in einer Tiefenlinie, die vermutlich tektoniſchen Störungen
ihre Exiſtenz verdankt, da das Streichen der Geſteinsſchichten und der Gebirge hier nord—
nordöſtlich bis nördlich wird. Als Fortſetzung der tektoniſchen Senke iſt der Grabenbruch von
San Pedro Sula im Norden anzuſehen. Weſtlich von ihr hat man nach Sapper drei orogra—
phiſche Zonen in Zentralamerika zu unterſcheiden: die Urgebirgskette im Norden, Reſte einer
meſozoiſchen Kette in der Mitte und jungeruptives Gebirge im Süden, das zugleich von der
Amapalabai an bis zur mexikaniſchen Grenze Vulkane trägt.
Das jungeruptive Gebirge des Südens, die Vulkanreihe. In der Fonſecabai
liegen der 840 m hohe Vulkan El Tigre auf der Inſel Amapala und die 720 m hohe Inſel
Sacata Grande. Auf dem Feſtlande eröffnet die Vulkanreihe der 1250 und 1170 m hohe
Doppelvulkan Conchagua, ein 1868 tätiger Berg, von dem ſich bis zu dem gewaltigen Kegel
des San Miguel (2132 m) ein weites Lavafeld hinzieht. Dann folgt auf den mit mächtigem
Krater verſehenen Chinameca (1402 m) die eigentümliche Reihe der Vulkane bis zum Rio
Lempa, die, von einer Hauptſpalte ausgehend, zwei Querſpalten entſendet. Den Ausgangs—
punkt dieſer Reihe bilden der Jucuapa (1700 m) und der durch einen See ausgezeichnete,
Spuren von Tätigkeit zeigende Tecapa (1604 m); ihre Endpunkte find der Uſulutan (1453 m)
und der Taburete (1170 m), die gegen den Großen Ozean vorgeſchoben ſind. Die übrigen
Vulkane ſind der Alegria, Berlin, Cerro Verde, Santa Elena, Tigre, Santiago, Unaria mit
1100 1800 m Höhe. Der 2174 m hohe Doppelvulkan San Vicente wird auf der Nordſeite
von zahlreichen Kegeln begleitet und hat einen wohlerhaltenen Krater im Oſtkegel.
Von ihm laufen zwei Spalten aus, die eine, ſüdliche, über San Salvador und Santa
Ana nach Guatemalas Küſte, die andere nach Nordweſten mehr ins Innere über den Guijaſee
nach der Stadt Guatemala. Die ſüdliche Reihe eröffnet der erſt im Januar 1880 ent-
ſtandene Vulkan in dem 200 m tiefen Jlopangoſee. Er bildete ſich nahe dem erloſchenen
Kegel des Cojutepeque nach ſehr heftigen Erdſtößen neben Klippen und Inſeln und wurde
etwa 50 m hoch. Auf ihn folgt im Weſten der Doppelvulkan von San Salvador, von denen
der eine, der 1950 m hohe Boquerön, einen mächtigen Krater von faſt 3 km Durchmeſſer mit
einem See beſitzt und Zeichen von Tätigkeit gibt; darauf der gegen das Meer vorgeſchobene,
merkwürdigſte aller Vulkane Zentralamerikas, der Izalco, der ſeit dem 29. März 1793 im
Südweſten des erloſchenen Cerro Redondo entſtand, 1885 m hoch iſt und zu den ununter—
brochen tätigen Vulkanen vom Typus des Stromboli gehört. Außer mehreren großen Aus-
brüchen (1798 und 1805—07) hat er ganz regelmäßige rhythmiſche Eruptionen und ähnelt
daher in Amerika nur dem ebenfalls erſt ſeit 200 Jahren tätigen, aber viel höheren Sangay
(vgl. S. 387); im Februar 1895 fanden alle 15—20, im Herbſt desſelben Jahres alle 5Minuten
Ausbrüche ſtatt. Der Vulkan von Santa Ana oder Lamatepec iſt mit 2385 m Höhe der
höchſte aller Vulkane der Republik El Salvador, beſitzt einen großen eigentümlichen Krater
mit einem gelbgrünen See und ſoll noch 1874, 1880 und 1882 Ausbrüche gehabt haben.
Die nördliche Reihe enthält weniger bedeutende Kegel als die ſüdliche: den Cojutepeque,
Tecomatepe und Guazapa, einen nur noch im Gerüſt erhaltenen älteren Vulkan, den vor—
trefflich konſervierten San Diego mit ſchönem Krater und mächtigen Lavaſtrömen und den
Iztepeque, einen Obſidianberg mit Obſidianlavaſtrömen und Millionen von fauſt- und kopf—
großen Obſidianrollſtücken. Alle dieſe Berge find nur 750—1450 m hoch, dagegen erreicht
der ſchöne Doppelvulkan Suchitan 2000 m, der folgende Tahual 1700 m; beide ſind ſchon
Zentralamerika: Bodengeſtalt und Gewäſſer. 497
ſtark zerſtört. Tätig ſind von allen genannten nur der San Miguel, der Chinameca, der
Tecapa, San Vicente, Boquerön, Santa Ana, beſtändig aber der Izalco. Dann folgen
der Chingo (1785 m), der Ipala, Monte Rico, Santa Catarina, Cuma und Amayo, die
Gruppe von Cerro Redondo, lauter erloſchene Berge, und ſchließlich ſüdlich der Stadt
Guatemala ſelbſt der 2570 m hohe tätige Pacaya. Eine weitere, vierte Linie von Vul—
kanen beginnt mit den drei großen Vulkanen bei Guatemala, dem Agua (3753 m; ſ. die
untenſtehende Abbildung), dem Acatenango (3960 m) und dem Fuego (3835 m). Der
Agua, der Waſſervulkan, gilt jetzt für erloſchen und hat ſeinen Namen von einem im
5 Aldi, PURE eee
Pu PA N ae .
Antigua Guatemala mit dem Vulkan Agua. Nach E. Reelus.
September 1541 eingetretenen Ausbruch, bei dem gewaltige Waſſerfluten große Ver—
wüſtungen anrichteten. Der Acatenango iſt ebenfalls erloſchen, beſitzt aber fünf Krater, die
in einer einfachen Linie von Norden nach Süden aufeinander folgen. Sein ſüdlicher Nach—
bar, der Fuego, iſt dagegen tätig, und zwar in dem ſüdlichen ſeiner drei Krater, von denen
der neueſte 1852 und 1856 Aſchen und Laven ausſtieß und auch ſchon zwiſchen 1581 und
1737 acht Ausbrüche gehabt haben ſoll; ſein letzter Ausbruch fand 1880 ſtatt. Wahrſchein—
lich muß man den Acatenango und den Fuego als ein gemeinſames Vulkanſyſtem auf—
faſſen, deſſen Tätigkeit von Norden nach Süden gegen den Großen Ozean wandert. Dasſelbe
gilt auch von dem aus drei Kegeln beſtehenden, 3525 m hohen Atitlan, deſſen ſüdlichſter
Kegel der höchſte und allein noch tätige iſt. Auf ihn folgt gegen Weſten, unmittelbar am
Südweſtende des 1500 m hohen, herrlichen, von 500 m hohen Steilwänden umrahmten
2
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl. 32
498 Mittelamerika.
Sees von Atitlan, der 3050 m hohe erloſchene San Pedro mit ſtark zerſtörtem Krater und
völlig bewaldetem Gipfel und weiter der 3533 m hohe Zunil. Weſtlich davon liegt über
Quetzaltenango die wiederum nordſüdlich gerichtete, anſcheinend ein Syſtem bildende Gruppe
des Cerro Quemado und Santa Maria (Tafel 20, Abbildung 2) mit 3179 und 3768 m
Höhe. Erſterer iſt ſeiner weſtlichen Kraterumwallung beraubt, ſtößt aber an zahlreichen
Stellen Waſſerdämpfe aus, letzterer galt für erloſchen und ſollte überhaupt keinen Krater
haben; jein furchtbarer Ausbruch vom 25.—27. Oktober 1902 mit dreitägigem Aſchenregen
war daher für ſeine Umgebung eine Überraſchung.
Die fünfte und letzte Linie umfaßt den 2500 m hohen Lacandon, den Tajumulco
und den Tacand, die zugleich mit 4210 und 4064 m Höhe die höchſten Gipfel Zentralamerikas
ſind, die einzigen, die über 4000 m Höhe hinausragen. Der Tajumulco hat viele Lavaſtröme
entſendet, iſt aber anſcheinend lange nicht mehr tätig geweſen. Der Tacanä iſt von zwei
Ringwällen, wahrſcheinlich früheren Kraterwänden, umgeben und hatte 1855 einen leichten
Ausbruch. Beide Vulkane machen wegen ihrer iſolierten Lage und zeitweiliger Schnee—
bedeckung einen majeſtätiſchen Eindruck.
Das geſamte Gebiet der mittelamerikaniſchen Vulkanreihe iſt der Sitz gewaltiger Erd—
beben, die vor allem Guatemala, Salvador und Nicaragua erſchüttern; die berühmteſten
ſind die von Cartago 1851, San Salvador 1854, Altguatemala 1773, Neuguatemala 1830,
San Salvador 1891 und Quetzaltenango 1902.
Die jungeruptive Landſchaft nördlich der Vulkanreihe. Auch über die Vulkan—
zone hinaus ſetzt ſich das jungeruptive Gebiet fort, von Südweſthonduras bis nach Chiapas
überall charakteriſiert durch anſcheinend regelloſe Anordnung der Kuppen, ſtarke Gliederung
und dürftige Vegetation. In Südweſthonduras treten andeſitiſche, baſaltiſche, rhyolitiſche
und auch porphyriſche Geſteine zu einem mächtigen, durch die Erojion tief zerſchnittenen
Berglande zuſammen, das zwiſchen Comayagua und San Salvador in den Montecillos, der
Sierra de Opatoro und der Sierra de Opalaca noch 2000 müberſchreitet, im kühn geformten
Erapuca 2500 und in den Bergen von Selaque vielleicht ſogar 2800 m Höhe erreicht. Alle
dieſe Gebirgszüge geben ihr Waſſer an den Rio Lempa ab, der in Guatemala entſteht, die
Laguna de Guija durchfließt und als Hauptfluß von El Salvador bei Zacatecoluca nach
einem 300 km langen Laufe, auf dem er ein Gebiet von 19000 qkm entwäſſert, mündet.
Eine Eigentümlichkeit des Gebirgslandes von Honduras, Nicaragua und Guatemala
ſind die kleinen Valles, Hochebenen, die in den Einſenkungen des Geländes nach Sapper durch
alluviale, äoliſche und vulkaniſche Aufſchüttung gebildet find, in Guatemala z. B. die Hoch-
ebenen von Quetzaltenango und San Marcos. Bei Soledad erreicht das Gebirgsland 2650,
öſtlich von Guatemala 2500 m Höhe; es ſteigt im Cerro Santa Maria zu 2623 m empor, ſinkt bei
Chimaltenango auf 1740 herab und gipfelt endlich in den Bergen Quiche und Cotzie mit 3400
und 3620 m. Seen find häufig, aber ſie find meiſt Kraterſeen und daher nur klein; von den be-
kannteren Vulkanen enthalten der Tecapa, der Boquerön, der Santa Ana und der Ipala ſolche.
Das ältere Gebirgsland von Nordweſthonduras und Mittelguatemala.
Nördlich des jungeruptiven Gebirges erſtreckt ſich durch Nordweſthonduras ein meſo—
zoiſches Gebirge, das in der Sierra de Merendon 2100 m Höhe überſteigt. Ihm folgt im
äußerſten Norden die 2100 m hohe archäiſche Sierra del Eſpiritu Santo, die durch den großen
atlantiſchen Bruch und den von San Pedro Sula abgeſchnitten iſt. Das Gebirgsland
von Mittelguatemala beſteht im Süden aus einer Glimmerſchieferkette, die ſich von
Zentralamerika: Bodengeſtalt und Gewäſſer. 499
Huehuetenango bis an den Golf von Amatique erſtreckt, der Sierra del Eſpiritu Santo alſo im
Norden parallel läuft, nördlich von San Aguſtin 3000 m, am Golfo Dulce aber nur 500 merreicht
und tiefe Täler, ausgebildete Kämme und tiefe Paßeinſchnitte enthält. Nördlich darauf folgt
ein aus Kalken und Dolomiten, Tonſchiefern, Sandſteinen und Mergeln aufgebautes paläo⸗
zoiſches und meſozoiſches Gebirge, das durch das tiefe, enge Tal des Rio Chixoy in zwei
Hälften geteilt wird. Die weſtliche Hälfte trägt den Namen Altos Cuchumatanes und iſt ein
gefaltetes Gebirge, deſſen paläozoiſcher Teil nördlich von Huehuetenango noch 3500, deſſen
meſozoiſcher Teil gar 3800 m Höhe erreicht. Der Nordabfall der öſtlichen Hälfte iſt die Alta
Berapaz: ein ſtaffelförmig abgebrochenes, 2500 m hohes Faltengebirge, das aus archäiſchen,
paläozoiſchen, meſozoiſchen und tertiären Schichten beſteht, wozu noch im Oſten und Nord-
oſten ein bedeutendes, 1000 m hohes Serpentingebirge tritt. Hieran ſchließt ſich etwa bis
zum 16. Grad nördl. Breite ein weites Gebiet von Kreidekalkſtein mit nur 600 —200 m Höhe,
das wie alle Kalkſteingebiete von Mittelguatemala Karſterſcheinungen, Dolinen und Einſturz—
löcher, zwiſchen denen kegelartige Hügel ſtehenbleiben, zeigt. Dieſes Kreidegebirge erſtreckt
ſich noch weit bis Chiapas hinein, wo es größere Höhen bis zu 2000 m erreicht, und fällt im
Norden zu dem großen Bruchfeld des jugendlichen Beten (ſ. unten) ab.
Die Flüſſe. In Nordweſthonduras verläuft, dem nordöſtlichen Streichen der
Sierra del Eſpiritu Santo entſprechend, der Rio Chamelecon ſcharf nordöſtlich und ebenſo,
nördlich der Sierra Atima, ein Quellfluß des Ulua, der Jicatuyo, der mit dem Sulaco und
Humayo in dem großen nördlichen Bruchgebiet zuſammenfließt. Der Ulua iſt im Unterlauf
von Pimienta an ſchiffbar und trägt einen kleinen Dampfer, ſeine Mündung leidet aber unter
der Brandung und einer Barre mit nur 2— 2,75 m Waſſer. Zum Flußgebiet des Ulua gehört
vielleicht auch der 20 km lange, 7—8 km breite, 15 m tiefe Yojoaſee, mit einem oberirdiſchen
und einem unterirdiſchen Abfluß. In Mittelguatemala iſt der Motagua der Hauptfluß.
Er hat ſeine Quellen bei Totonicapan, ſeine Mündung bei Omoa, wo er ein Delta bildet.
Da er aber eine Barre mit nur einem Meter Waſſer beſitzt und unter der Meeresbrandung
leidet, ſo kann er als Fahrſtraße kaum benutzt werden, obwohl ſeine Länge 415 km, ſein
Stromgebiet 15000 qkm beträgt. Geeigneter iſt der Polochie mit 300 km Länge und einem
Einzugsgebiet von 7500 qkm. Er ſetzt ſich aus zwei Quellflüſſen zuſammen, dem Polochic
und dem Coban, und durchfließt den großen Golfo Dulce oder den See von Mabal, einen
nur 15 m tiefen, 730 qkm großen Landſee, wahrſcheinlich der Reſt einer größeren Wajjer-
bedeckung, deren weſtliche Hälfte jetzt das Polochictal bildet. Alle dieſe Flüſſe find im Unter-
lauf ſchiffbar, der Polochic bis Panzös.
Nordguatemala, Britiſch-Honduras und Yukatan. In Britiſch-Honduras
erheben ſich die Cockscombberge als Reſt eines alten, durch Brüche auf allen Seiten, im
Oſten durch den großen atlantiſchen Bruch zerſtückelten archäiſch-paläozoiſchen Gebirges, das
die nächſten Beziehungen zu den Gebirgen der Antillen hat. Sie beſtehen aus kriſtalliniſchen
Schiefern, karboniſchen Tonſchiefern und Granit, im Süden auch aus Quarzporphyr, ſind
mit dichtem Walde bedeckt und gipfeln im Victoria Pic mit 1128 m. Tiefeingeriſſene Täler
beherbergen die waſſerreichen Flüſſe, die Formen des Waldgebirges ſind aber im ganzen
ſanfte Kämme im Tonſchiefer, runde Kuppen im Granit und jähe Wände im Quarzit. Nach
Weſten fallen die Cockscombberge in das Beten ab, ein tertiäres und kretazeiſches Hügelland
von 200-300 m Höhe, das im Süden ein Senkungsfeld mit flachgelagerten Schichten und
ebener Oberfläche iſt, im Norden aber ſchon zu dem tertiären Kalkplateau von Yukatan gehört.
32*
500 Mittelamerika.
Es zerfällt in eine Anzahl bogenförmig gekrümmter Bodenſchwellen und enthält den abfluß-
loſen See von Beten, der wahrſcheinlich tektoniſchen Vorgängen, aber auch dem Einſturz
von unterirdiſchen Hohlräumen ſeine Entſtehung verdankt und durch die Maya-Bauwerke auf
ſeinen Inſeln berühmt iſt.
Flüſſe entwickeln ſich im nördlichen Beten überhaupt nicht. Den Norden der Cocks⸗
combberge umfließt der 280 km lange, im Unterlauf ſchiffbare Belize; in der ſumpfigen,
mit Lagunen bedeckten Küſtenebene von Britiſch-Honduras münden zahlreiche waſſerkräftige,
aber kurze Küſtenflüſſe. In Nordguatemala vereinigen ſich die Flüſſe Lacantun, de la Paſion
und der große, bei Totonicapan entſpringende Chixoy zum Uſumacinta mit 1000 km Länge
und einem Einzugsgebiet von 73000 qkm, im äußerſten Nordweſten der Salegua und der
Cuilco zum Grijalva, der 51000 qkm Stromgebiet hat und mit 715 km Lauflänge Chiapas
durchzieht. Beide münden in Tabasco.
2. Klima, Pflanzendecke und Tierwelt.
Das Klima. Das Klima Zentralamerikas iſt ein rein tropiſches, da das Land zwiſchen
7 und 20° der Breite liegt. Es iſt infolge der Umgrenzung durch zwei Meere ozeaniſch, ent—
behrt aber nicht der Verſchiedenheiten, teils wegen der wechſelnden geographiſchen Breite,
dann infolge der Höhenunterſchiede, endlich aber, weil die atlantiſche Seite im ganzen
feuchter, die pazifiſche trockener iſt. Leider ſind die Beobachtungen nicht gleichwertig, be—
ſonders aus Nicaragua und Honduras ſpärlich und kurz.
Wärmſter Kühlſter Niederſchlag
N —
Jahr Monat Monat e mm
Colon | | 26,40 26,70 | 26,10 0,60 3235
Greytomwn Atlantiſche Seite . .. 26,20 27,10 25,30 155 6588
Belize | 26,30 28,10 23,10 5,00 2069
DE ehe 65 nike | | 26,20 27,00 25,10 1,9% 1436
San Salvador (640 m) | Pazifiſche Seite. 23,10 24,6° | 21,90 2,70 1734
Tegucigapla (920 m) . | | 22,00 ⁶ 24,589 18,9 5,60 1200
San Joſé de Coſtarica (1150 m | Höhen- | 19,70 205° | 18,80 1,70 1754
Guatemala (1480 m)) 5 4 5 Haren 18,20 20,0% 16,30 3,79 1330
Quetzaltenango (2350 m) | | 14,5° 16,80 10,90 5,90 710
Wie die Tabelle zeigt, ift die atlantiſche Küſte gleichmäßig warm, die pazifiſche wenig—
ſtens in ihrem nördlichen Teile, etwa von 130 nördl. Breite an, erheblich kühler. Die wärmſten
Monate ſind auf der atlantiſchen Seite Juli und Juni, auch ſchon Mai, auf der pazifiſchen
Juni, Mai und April, die kühlſten überall Januar, Februar, dieſer auf der atlantiſchen Seite,
und Dezember, in Belize und San Salvador. Die Schwankung ſteigt auf beiden Küſten
von etwa 1% auf dem Iſthmus bis zu 5 und 6° im Norden. Die Extreme ſind mäßig, im
Süden faſt 36, in Belize faſt 33° für das obere Extrem, etwas ſtärker für die Minima, die auf
dem Iſthmus 14 —19, in Belize 15—16° betragen. Von den Höhenſtationen zeigt die höchſte,
Quetzaltenango, 25,7 und —0,3, Guatemala 30,0 und 6,6 und San oje 29,6 und 13,1“.
In dieſen iſt der Mai der wärmſte Monat. Von ſonſtigen Binnenſtationen hat Chimax bei
Coban in Guatemala, 1300 m hoch auf der atlantiſchen Seite gelegen, 30,8 und 4,5“ als
Extreme bei einer Mitteltemperatur von 17,90 für das Jahr, 19,7 für den Mai und 15,4
für den Januar. Chimax hat alſo in 1300 m dieſelbe Jahrestemperatur wie Guatemala in
Zentralamerika: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 501
faſt 1500 m; in dieſen Höhen iſt alſo die atlantiſche Seite wohl wegen des Reichtums an
feuchten Wäldern kühler. Reif und Eis kommen von 1800 m an aufwärts alljährlich in den
Altos von Guatemala vor und ebenſo in allen übrigen hochgelegenen Teilen Zentralamerikas,
aber im Januar 1885 trat ſogar in Coban (1320 m), im Februar 1881 in Antigua Guatemala
(1520 m) verderblicher Froſt ein. Schnee fällt nur auf den höchſten Bergen, dem Tajumulco,
Tacand, Agua und Fuego, und iſt im ganzen ſelten, da die Winterzeit zugleich die Trockenzeit
iſt. Im Juli 1892 bedeckte ſich der Gipfel des Tajumulco bis 3500 m Höhe abwärts mit einer
Schneedecke, die aber nur zwölf Stunden anhielt, und in demſelben Monat lag ein Schneefeld
bis 3400 m abwärts an der Nordſeite des Berges.
Der herrſchende Wind iſt an der atlantiſchen Seite der Nordoſtpaſſat, während der
Weſten nur im Winter vom Paſſat, im übrigen beſonders von Südwinden beſtrichen wird,
wenigſtens nordwärts bis zur Fonſecabai. An der atlantiſchen Küſte bringen die ſogenannten
Northers oder Nortes, Temporales, ſtarke Abkühlung, mehrwöchige Landregen und Nebel
und treten als Papagayos bei Corinto auch auf die pazifiſche Seite über. Außerdem unter-
ſcheidet man trockene Nortes: nordöſtliche Winde mit klarem Wetter.
Im allgemeinen iſt die atlantiſche Seite weit regneriſcher als die pazifiſche, weil die
herrſchenden Oſt- und Nordwinde an erſterer Steigungsregen erzeugen, während die pazi—
fiſche im Regenſchatten liegt. Auf der Landenge von Panama empfangen Colon und Gamboa
auf der atlantiſchen Seite 3235 und 2370, auf der pazifiſchen Panamä nur 1436 mm Nieder-
ſchlag, in Coſta Rica und Nicaragua Puerto Limon, Greytown und Bluefields auf der atlan-
tiſchen 3091, 6588 und 2352, Rivas auf der pazifiſchen nur 1699 mm, Puerto Barrios in
Guatemala 3100, Tegucigalpa in Honduras 1200 mm. Von pazifiſchen Binnenſtationen
erhalten San Joſé de Coſta Rica (1135 m) 1754, Heredia (1100 m) 1614, Managua und
Maſaya (45 und 240 m) 1716 und 1346, Guatemala (1480 m) 1330, San Salvador (640 m)
1734, Quetzaltenango (2350 m) nur 710 mm, von atlantiſchen aber Chimax bei Coban (1306 m)
2382 mm, Setal und Tual (730 und 820 m) 5288, Cubilquitz (300 m) 4000, Chiacam (850 m)
2800 mm Niederſchlag. Die atlantiſche Seite iſt alſo auch im Inneren weit regenreicher als
die pazifiſche, wo die höchſte Niederſchlagsmenge in Mercedes an der Coſta Cuca in 1000 m
Höhe 3914 mm betragen ſoll. Belize endlich erhält 2069 mm Regen.
Dieſer Gegenſatz in der Niederſchlagsmenge hängt eng mit dem Verlauf der Jahres—
zeiten zuſammen. Auf der atlantiſchen Seite haben alle Monate Regen, wenn auch
von Januar bis April ein Nachlaſſen der Niederſchläge erkennbar iſt. So empfängt Gamboa
von 2370 mm in dieſen Monaten nur 182 mm = 7,7 Prozent, Belize von Februar bis April
von 2069: 190 mm = 9,1 Prozent. Greytown und Limon machen freilich eine Ausnahme
davon, während Colon von Januar bis April 8,9 Prozent erhält. Die regenreichſten Monate
ſind in Gamboa der Oktober und der Mai, in Colon der November und der Juli, in Limon
der Juli und der Dezember, in Greytown der November mit 926 mm (!) und der Juli mit
874 mm (1), in Belize endlich der Oktober und der November.
Auf der pazifiſchen Seite iſt eine Trockenzeit (Verano) von November bis April von
der Regenzeit (Invierno) zu unterſcheiden. Schon in Naos (Panama) bringen Dezember bis
April mit 139 mm nur 12,3 Prozent der Jahresſumme, in Rivas (Nicaragua) der November
bis April 9, in Maſaya 6, in San Salvador 6,s Prozent und auch in den Höhenſtationen San
Joſé 13, in Guatemala 6 Prozent. Die Maxima fallen hier meiſt in den Juni, doch gibt es noch
ein zweites Maximum im Oktober oder September; es liegen alſo zwei Regenzeiten vor oder
502 Mittelamerika.
eine mit Abſchwächung im Juli und Auguſt (El Veranillo). Man muß die regelmäßigen
tropiſchen Regen im Mai-Juni von den Herbſtregen trennen, die weſentlich durch den Nordoſt⸗
paſſat hervorgerufen werden, ſobald dieſer im September wieder ſtärker zu wehen beginnt.
Nach A. Merz laſſen ſich drei Zonen unterſcheiden, eine atlantiſche mit 3000 6500 mm,
eine pazifiſche mit 2000 mm und weniger, eine mittlere mit 1500 mm. In allen dieſen
regnet es zur Zeit der Zenitſtände der Sonne, auf der pazifiſchen Seite auch während
des Südweſtmonſuns, auf der atlantiſchen während des Nordoſtpaſſats.
Pflanzendecke. Allgemeines. Die Vegetation Zentralamerikas bildet, wie das
Klima, infolge der Lage des Landes einen Übergang von dem tropiſchen Südamerika zu dem
ſubtropiſchen Süden Nordamerikas. Hier miſchen ſich die Palmen Südamerikas mit den
Eichen und Kiefern Nordamerikas, und zwar ſowohl in horizontaler Beziehung in Nicaragua
als auch in vertikaler in den höheren Gebirgen. Demgemäß beſtehen Gegenſätze zwiſchen
dem Südoſten und dem Nordweſten und zwiſchen den Höhen und Tiefen, wozu als ein dritter,
ſehr auffallender Gegenſatz der zwiſchen der feuchten atlantiſchen Seite mit dichten Wäldern
und wenig Grasland und der trockenen pazifiſchen mit Savannen und Trockenwald, Blattfall
in der Trockenzeit und allen Eigentümlichkeiten trockener tropiſcher Länder kommt. Die
Tierra caliente rechnet Sapper etwa bis 600, die Tierra templada in Honduras bis 1700 oder
1800, in Darien und Panama bis etwa 2000 m Höhe; darüber folgt die Tierra fria. Die erſte
der drei Höhenregionen zeigt überall noch tropiſchen Typus, die zweite aber umfaßt bereits
immergrüne ſubtropiſche Formen, die dritte eine Miſchung von nordiſchen, auſtralen und
tropiſch-hochandinen Gewächſen. An der pazifiſchen Küſte dehnt ſich noch tropiſcher Küſten—
wald aus, in 1250 m Höhe aber findet man bereits Nadelwälder, und während in Coſta Rica
der Baumfarn bis 2300 und in Panama die Palme Chamaedorea pacaya bis 2100 m Höhe
ſteigen, kann man in Guatemala Kaffee- und Zuckerpflanzungen nicht über 1500-1600 m
Höhe anlegen; über 3250 m kommen nur noch alpine Kiefernwälder und Bergwieſen vor.
Die Grenzlinie zwiſchen dem Südoſten und dem Nordweſten liegt in der
großen Landſenke von Nicaragua, iſt aber nicht ſcharf ausgeprägt, da z. B. Guanacaſte⸗Nicoya
noch zum nordweſtlichen Abſchnitt gehört; aber im allgemeinen kann man Darien, Panama,
Veragua, Chiriqui, Talamanca, Coſta Rica zum ſüdöſtlichen, Nicaragua, Honduras, El Sal⸗
vador und Guatemala zum nordweſtlichen Abſchnitte rechnen. Die Flora der zuerſt genannten
Landſchaften ſchließt ſich auf das engſte an die tropiſche Flora von Colombia an, während die
der nordweſtlichen Landſchaften bereits zu Südmexiko neigt. Südlich der Seenlinie fehlen
die Nadelhölzer faſt ganz, die Kakteen werden ſeltener, die Farne erſcheinen in ganz anderen
Arten, und dafür treten die in Mexiko fehlenden Chinarindenbäume, zahlreiche Palmen und
eine unüberſehbare Reihe echt tropiſcher Bäume des feuchten Regenwaldes auf. Nördlich
der Seenlinie entwickeln ſich nach Nordweſten hin immer kräftiger die ſubtropiſchen Eichen-
und Kiefernwälder, ferner Baumſavannen an den feuchteren, Geſtrüppgebiete, Chaparrales
und Jicarales (vgl. S. 504), in den trockeneren Gegenden. Offenbar iſt die Grenzlinie
zwiſchen dem Südoſten und dem Nordweſten in der geologiſchen Geſchichte der Landengen
begründet; ſie iſt die eigentliche Trennungslinie zwiſchen Süd- und Nordamerika.
Die Küſte enthält auf beiden Seiten eine ziemlich übereinſtimmende Litoralflora,
zunächſt Mangroven, dann krüppelige Akazien, Mimoſen und Euphorbiazeen auf dem mit
Kochſalz durchtränkten Boden, ſowie Sumpfpflanzen; über die Dünen kriecht die bekannte Ipo-
moea pes caprae, und bei Panama wächſt auch die Baumwollſtaude Gossypium barbadense.
Zentralamerika. Tafel 20.
iu ug nr
—
l. Der Nicaraguaiee, links die Vulkaninſel Ometepe.
Nach Photographie von d. Cardenas. (Zu S. 493 u, 494.)
2. Der Vulkan Santa Maria (5768 m) in Guatemala, davor der Vulkan de! Valle (Sooo m).
Im Vordergrund Indianerhöfe zwiſchen Maisfeldern.
Nach Photographie von 6. Kurter in duetzaltenango. (Zu S. 498, 504 u. 508.)
Tafel 20. Zentralamerika.
—
3. Urwald bei San Andres de Ojuna in Guatemala.
Nach Photographie von J. I. Huber in Gelnhauien. (Zu S. 3053.)
4. Die Bai von Panamd. Nach Photographie von p. Faffold. (Zu S. 512.)
Zentralamerika: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 503
Von hochſtämmigen Bäumen ſind am häufigſten die Kokospalme, der Manzanillo (Hippo-
mane mancinella) und der Jicaro (Crescentia cucurbitina); auf die pazifiſche Küſte beſchränkt
ſind Prosopis horrida und Eugenia guayaquilensis. Lederartige, glänzende Blätter, Armut
an Arten, Reichtum an Individuen ſind auch hier für die Küſtenflora bezeichnend.
Der Südoſten. Die feuchten Regenwälder ſind die vorherrſchende Vegetations—
formation in Darien und Panama, werden aber in Veragua und Coſta Rica bereits auf
einen ſchmäleren Streifen an der atlantiſchen Küſte beſchränkt. Sie zeigen ſowohl in
der Tiefe wie in der Höhe noch die üppige Fülle der ſüdamerikaniſchen Feuchtwälder und
enthalten auch noch die ſüdamerikaniſchen Palmengattungen Bactris, Geonoma und Iriartea,
die Guilelmia speciosa und Elaeis melanococca, viele Scitamineen, eine Fülle von Laub—
bäumen und als Unterholz Aroideen, Helikonien mit rieſigen Blättern und vielgeſtaltigen
großen Blüten ſowie zahlreiche Bromeliazeen und Kompoſiten. In dem Bergwalde
wiegen von 1000 m an Baumfarne, Gräſer, Gebirgsorchideen vor, während Vanille, Sarſa—
parille, Indigoſtrauch, Melonenbaum und Kakaobaum verſchwinden. Die Palmen vertritt
noch die Chamaedorea pacaya. Von 1000 m an verändern auch Roſazeen, Labiaten und
Kompoſiten mit reichem Blütenflor den Charakter des Waldes, und Fuchſien, Salvien,
Lupinen, Kräuter, Pflaumenbäume und Brombeerſträucher erinnern an europäiſche Gärten,
während zwiſchen 1300 und 2400 m Eichen, Gebirgserlen und die Agave americana herrſchen.
Auf der pazifiſchen Seite treten die Schattenpflanzen gegen die Lichtpflanzen und
die blattabwerfenden Bäume und Sträucher zurück, und Savannen geben der Landſchaft
den Charakter. Es ſind Grasfluren mit inſelartigen Gruppen von Bäumen, alſo Baum—
ſavannen mit niedrigen, kriechenden Gräſern, beſonders von den Gattungen Digitaria, Pani-
cum und Eragrostris, ſie enthalten aber auch ſaure Gräſer und das für die Viehzucht wichtigſte
Paspalum notatum. Die berühmte Mimosa pudica, die Senſitiva der Meſtizen, bedeckt
nach Moritz Wagner in manchen Gegenden faſt die Hälfte der Savannenfläche. Der Guayabo—
baum erſcheint ebenfalls häufig auf der Savanne, die Ananas iſt allgemein, und in den
Gärten wachſen der Mangobaum und Anonazeen.
Der Nordweſten. Der feuchte Regenwald (Tafel 20, Abbildung 3) beginnt meiſt
in der Höhe von 100 bis 200 m und enthält die oftmals erwähnten tropiſchen Pflanzenfamilien.
Von Bäumen ſind ihm nach Sapper beſonders eigentümlich die Corozopalme (Attalea cohune),
der Kautſchukbaum (Castilloa elastica), der Mahagonibaum (Swietenia mahagoni) und der
Campecheholzbaum (Haematoxylon campechianum). Die Ceiba (Bombax ceiba) pflanzen
die Indianer in der Nähe ihrer Anſiedelungen auf freien Plätzen an, die Kokospalme tritt
nicht nur in der Nähe der Küſte, ſondern ſogar bis zur Höhe von 1200 m auf, wenn auch nur
in künſtlichen Anpflanzungen, die Corozopalme auf den ſüdlichen Baumſavannen bis 650, in
den nördlichen Wäldern bis 450 m Höhe. Bezeichnend für den Nordweſten Zentralamerikas
ſind auch die rieſigen Cereusformen, die ſich nur in trockenen Gebieten einſtellen, aber an
keine Höhenlage gebunden ſind. In der unteren Bergwaldregion zwiſchen 1000 und
2000 m erreichen die immergrünen Eichen das Maximum ihrer Verbreitung und bilden den
Wald auch auf der pazifiſchen Seite, während die Baumfarne auf die atlantiſche beſchränkt
ſind. Bezeichnend find ferner der Taxixcb (Perymenium Türckheimii), der 1600 m, ver-
einzelt aber noch 2100 m erreicht, und der Liquidambarbaum von 700-1900 m.
Die obere Bergwaldregion oberhalb von 2000 m Höhe iſt durch die Kiefern
charakteriſiert, beſonders durch Pinus leiophylla und P. montezumae, in Guatemala durch
504 Mittelamerifa.
P. occidentalis. Auf der pazifiſchen Seite reicht der Nadelwald bis 1500 m abwärts, auf
dem Wege von Quetzaltenango nach Retalhuleu bis 1660, in trockenen Gegenden jedoch bis
nahe an die Küſte, wie in den Tälern des Motagua und Polochie, wo noch in 50 m Höhe
Kiefern wachſen. Im ganzen aber nehmen ſie die kühleren Teile Zentralamerikas ein, ver⸗
binden ſich in den Gebirgen von Honduras und Guatemala mit den Eichen (Tafel 20, Ab—
bildung 2) und bedecken von 86° weſtl. Länge an nach Weſten das ganze Innere. Ihnen
geſellen ſich in großen Höhen die Zypreſſen und Tannen zu, von den letzteren jedoch nur
die Pinabete (Abies religiosa) in Guatemala und auch da nur weſtlich von Quetzaltenango
zwiſchen 2800 und 3550 m Höhe. Die Laubwaldgrenze liegt im allgemeinen in 3300, die
Nadelwaldgrenze in 3700-3800 m, doch kommen Kiefern noch in der Höhe von 3980 m auf
dem Gipfel des Tacanä fort.
Im allgemeinen aber beginnt über der Waldgrenze die alpine Region der Gräſer,
Stauden und Sträucher mit Myrten- und Vacciniengebüſchen, Erikazeen, ſtrauchigen und
halbſtrauchigen Kompoſiten, ferner Salvien, Kruziferen, Roſazeen, Umbelliferen, denen in
den höchſten Höhen Raſenflächen folgen. Eine Anzahl niederer alpiner Pflanzen, After,
Gentiana-, Saxifraga-, Ranunculus-Arten und Lupinen ſowie mexikaniſche Mooſe und
Flechten machen den Schluß.
In den trockeneren Teilen bilden ſich Trockenwälder aus, die einerſeits den pazi-
fiſchen Abhang der Gebirge in El Salvador und Nicaragua bedecken, anderſeits auch im
Hinterlande der atlantiſchen Küſte als Pineridges vom Rio Grande bis zum Rio Patuca
vorkommen und durch Blattfall während der Trockenzeit ausgezeichnet ſind. Gelegentlich
entwickelt ſich auch der von Sapper ſo genannte Halbwald, in dem hochgewachſene immer—
grüne Gräſer in großen Beſtänden auftreten, während an den Flußufern der Galeriewald
ſich einſtellt. Treten die Bäume noch mehr zurück, ſo erhält man die Baumſavanne, die
ſich bei weiterer Abnahme der Bäume zur Savanne entwickelt. Dieſe iſt in einem 50 bis
60 km breiten Streifen über das ganze jungeruptive Gebirge von Nicaragua bis Soconusco
verbreitet, enthält vorwiegend Gräſer und Kräuter und iſt im Verano gelblichbraun, im
Invierno friſch, lichtgrün und reizvoll. Der Chaparrobaum (Curatella americana) bereitet
den Boden für die Aufnahme weiterer Baumbeſtände vor, und zahlreiche Sträucher, Ver-
benazeen und Leguminoſen, unermeßliche Mengen von Mimoſen, auch viele Rubiazeen er⸗
zeugen zuſammen mit Opuntien, Mamillarien, Agaven und Kakteen die Strauchſteppe,
die namentlich Nord-Yukatan und Teile von Honduras bedeckt. Beſondere Formen dieſer
mit krüppeligen Bäumen beſtandenen Gras- und Strauchlandſchaften ſind die Jicarales,
in denen der Jicaro, und die Chaparrales oder Charascos, in denen der Chaparro vor—
wiegt. Dieſe bedecken auch Teile von Guatemala, einen bedeutenden Teil von El Salvador,
das Innere von Britiſch-Honduras und den Süden des Peten bei Flores, alſo meiſt die
Senken zwiſchen den Hauptgebirgszügen.
Nutzpflanzen. Der Wald liefert eine Reihe wertvoller Hölzer, namentlich Bau—
und Farbhölzer. Das Mahagoniholz iſt zerſtreut, nicht mehr in geſchloſſenen Beſtänden vor⸗
handen, aus den küſtennahen Wäldern vielfach ſchon verdrängt und jetzt am häufigſten in
Britiſch-Honduras, Campeche und Tabasco, am unteren Motagua und bei Livingſton zu
finden. Gelbholz (Maclura) iſt ſeltener, am reichlichſten noch in El Salvador, Blauholz
(Haematoxylon campechianum) dagegen wird noch in großen Mengen aus den Troden-
wäldern des Petén und von Yukatan, Tabasco und Britiſch-Honduras ausgeführt. Kautſchuk⸗
Zentralamerika: Klima, Pflanzendecke und Tierwelt. 505
Gummi⸗ und Milchſaft liefernde Bäume bietet der feuchte Regenwald der atlantiſchen
Seite, während der Kaugummi (Chicle) erzeugende Baum Chichopate in Mittel-Nufatan am
häufigſten iſt. Die Sarſaparille iſt vielfach ausgerottet, wird aber, wie der Kautſchukbaum
(Castilloa elastica), jetzt häufig angepflanzt. Dazu kommen Harze, Kakaofrüchte, der Peru—
balſam, das Produkt der Rinde des Myroxylon Pereirae, und an Fruchtbäumen Sapote
achras, der Melonenbaum (Carica papaya), die Anona squamosa und die Aguacate.
Wichtiger als alle dieſe Pflanzen ſind aber die dem Ackerbau zugrunde liegenden,
allerdings zum Teil eingeführten Nutzpflanzen. Der Kaffee hat jetzt für Zentral—
amerika, namentlich für Guatemala und Coſta Rica, bei weitem die größte Bedeutung: hier
bedecken Kaffeepflanzungen die Hochebenen, dort das jungeruptive Gebiet der pazifiſchen
Seite und die Umgebung von Coban in der Verapaz. Kakao wird beſonders im Südweſten
des Nicaraguaſees und weſtlich von Puerto Limon angepflanzt, Indigo iſt heute auf El Sal—
vador und Südhonduras ſowie die Gegend von Rivas in Nicaragua beſchränkt, Zucker wird
in ganz Zentralamerika, Tabak ganz allgemein angebaut, aber beide gelangen meiſt nicht zur
Ausfuhr. Zur täglichen Nahrung dienen Mais, Orangen und Bananen, weniger Reis und
Yuca. Sehr bedeutend iſt der Anbau der Bananen geworden, die an ſehr vielen Stellen der
atlantiſchen Küſte, beſonders an der Chiriqui-Lagune im nördlichen Coſta Rica, von Bluefields
bis zum Rio Grande, im nördlichen Honduras und in Britiſch-Honduras zu großen Pflan—
zungen vereinigt worden ſind, während die das Henequen (Agavefaſer) liefernde Siſalagave
im Gegenſatz dazu gerade in den trockenſten Gebieten, im Beten und in PYukatan, gedeiht.
Der Kakao erreicht 600 —900, der Indigo 700, Reis und Baumwolle 1000, Tabak 1400,
Kaffee 1550, Zuckerrohr 1600, Bananen 1800, Yuca 1950, Mais und Bohnen 3000 m Höhe,
und auf den Altos von Guatemala gedeihen Weizen und Kartoffeln von 18003100, Apfel
und Pfirſiche von 1800 — 2500 und Gerſte von 1500 m bis zu den höchſten Höhen.
Die Tierwelt. Die Fauna Zentralamerikas bildet ebenfalls einen Übergang von der
ſüdamerikaniſchen zu der nordamerikaniſchen, trägt aber im ganzen mehr das Gepräge der
erſteren und iſt daher eine tropiſche. Jedenfalls ſind aber nicht alle Tierklaſſen gleichmäßig
von beiden Erdteilen her auf das Iſthmusland eingewandert, ſondern viele Tiere, wie Süß—
waſſerfiſche, Reptilien, Landſchnecken, Spinnen und ungeflügelte Inſekten vermochten die
Meerengen zwiſchen den einzelnen Teilen von Zentralamerika nicht zu überſchreiten. Daher
beſitzt dieſes viele eigentümliche Arten von Tieren, deren Verbreitungsgrenzen durch die
Tiefenlinien gegeben zu ſein ſcheinen, aber die Grenze zwiſchen der ſüdamerikaniſchen und
der zentralamerikaniſchen Fauna liegt anſcheinend in Coſta Rica oder in Veragua, denn die
Fauna von Darien, Panama und Veragua iſt noch durchaus ſüdamerikaniſch; dann aber
treten nordamerikaniſche Formen auf, der Coyote, ein Schakal, z. B. auf den Savannen
von Guanacaſte.
Die Säugetiere bekunden den Übergangscharakter der Fauna am deutlichſten. Be—
zeichnend ſind der an den Gehängen des Chiriqui bis 1800 m ſteigende eigentümliche Tapir
Elasmognathus Bairdii mit abweichendem Bau des Rüſſels und ein auf Chiriqui beſchränkter
Affe der Gattung Chrysothrix, der die lichteren Wälder der pazifiſchen Seite bewohnt,
während die Brüll- und Klammeraffen der atlantiſchen Seite mit den ſüdamerikaniſchen
identiſch zu ſein ſcheinen; ihr Gebiet erſtreckt ſich bis Mexiko, das der Cebiden nur bis Guate—
mala. Der Jaguar, Tigre, und der Cuguar oder Puma, Leon, folgen dem Reh, Venado,
bis auf die Gipfel der Vulkane, ſind aber ſcheu und nicht häufig. Von Beuteltieren kommen
506 Mittelamerika.
Didelphys cancrivora, von Edentaten das Faultier Bradypus didactylus, von Gürteltieren
Dasypus novemeinctus und D. unicinctus vor, und auch das Nabelſchwein, Pecari (Dico-
tyles torquatus), der ſüdliche Waſchbär (Procyon cancrivorus), das Baumſtachelſchwein, der
Ameiſenbär, das Aguti, die wieſelartige Taira, die Paca (Coelogenys) ſind ſüdamerikaniſche
Formen. Ihnen ſtehen als nördliche Arten gegenüber der Cervus mexicanus, der Wolf, der
Haſe, das Eichhörnchen (Pteromys), die Spitzmaus, der Coyote der Prärien Nordamerikas,
während Cervus rufus, der Savannenhirſch, ſowohl in Südamerika wie in Mexiko vorkommt.
Die Vögel Zentralamerikas ſind ſehr zahlreich, da von Guatemala allein 600 Arten
bekannt geworden ſind, meiſt ſüdliche Arten, doch auch eine Anzahl von Wandervögeln Nord—
amerikas, die während des Winters nach Zentralamerika ziehen. Aber manche der eigen—
artigſten ſüdamerikaniſchen Vögel gelangen nur bis Coſta Rica, wie der Regenſchirmvogel
und der Glockenvogel, ſo daß auch die Vögel die Hauptgrenzlinie einzuhalten ſcheinen. Im
Südoſten ſind Papageien und Tukane noch jo häufig wie in Südamerika, und der durch ſeine
Farbenpracht auffallende Trogon resplendens erſcheint vereinzelt noch an den Gehängen
der Vulkane von Guatemala und Mexiko. Aus den ſeidenweichen gold- oder purpurglänzen—
den, auch ſmaragdgrünen Federn dieſes Quetzal genannten Vogels verfertigten die Azteken
ihre Königsmäntel, und heute führt ihn die Republik Guatemala im Wappen. Die großen
Gattungen Crax und Penelope bewohnen die Grenzen von Wald und Savanne, Schrei—
und Klettervögel bevorzugen jenen, Hühnervögel nach Moritz Wagner dieſe. Raubvögel ſind
ſelten, der Kondor fehlt.
Die Reptilien ſind wenig bekannt und, wie es ſcheint, nicht ſehr häufig, aber in be—
ſonderen Arten vertreten. Gefürchtet und ziemlich allgemein ſind Giftſchlangen, eigentümlich
die Eidechſen; der Kaiman bewohnt die Flüſſe und Seen der atlantiſchen Niederung ſowie den
Nicaraguaſee, Fröſche und Kröten ſieht man oft. Süßwaſſerfiſche ſind im ganzen ſelten,
aber wegen ihrer Mannigfaltigkeit in den Formen intereſſant. Sie haben die nächſten Be—
ziehungen zu den öſtlichen Flüſſen Südamerikas, faſt keine zu denen des Weſtabhanges der
Kordillere, aber eine große Zahl Fiſche kommt auf beiden Seiten der Landengen gleichzeitig
vor, und eine Verbreitungsgrenze ſcheint wieder etwa in Chiriqui zu liegen. Inſekten, na—
mentlich Käfer und Schmetterlinge, ſind noch häufig. Die ſpärlichen Landſchnecken
weichen von den ſüdamerikaniſchen ab und beweiſen die lange Iſolierung Zentralamerikas.
3. Die Bevölkerung.
Die Indianer. Allgemeines. Für Zentralamerika iſt das Überwiegen der india-
niſchen Urbevölkerung über die übrigen Raſſen in ähnlicher Weiſe charakteriſtiſch wie für
Bolivia, Peru und Ecuador. In allen Teilen des ausgedehnten Gebietes iſt die indianiſche
Raſſe noch heute die an Kopfzahl herrſchende, am meiſten in den Mexiko nächſtgelegenen
Teilen von Guatemala, aber auch in Honduras und Coſta Rica, ja ſogar in Nicaragua, wo
die Spanier wegen des Goldreichtums des Landes zur Zeit der Entdeckung die Urbevölkerung
am ſtärkſten vermindert hatten. Die aus der phyſiſchen Geographie Zentralamerikas hervor-
gehenden Gegenſätze zwiſchen einzelnen Teilen des Landengengebietes haben ſich auch in
ethnographiſcher Beziehung als wirkſam erwieſen: auf dem bewaldeten atlantiſchen Abhange
ſaßen zur Zeit der Spanier und haben ſich noch heute in Reſten erhalten vorwiegend un—
kultivierte Stämme, auf den lichteren pazifiſchen dagegen Kulturvölker, die Vorfahren der
jetzigen kompakten indianiſchen Bevölkerung Zentralamerikas. Außerdem beſtand ſchon
Zentralamerika: Die Bevölkerung. 507
damals ein Gegenſatz zwiſchen dem weniger kultivierten Südoſten und dem vorgeſchrittenen
Nordweſten, und dieſer Gegenſatz hat ſich ſeit dem 16. Jahrhundert wohl noch verſchärft,
da heute faſt alle Indianer des Südoſtens als Naturvölker, die des Nordweſtens als
Kulturvölker zu bezeichnen ſind. Nur wenige Reſte früherer Naturvölker wohnen im Nord—
weſten, und auch ſie ſind vielleicht nur von einer früher höheren Stufe herabgeſtiegen, was
übrigens auch für manche Naturvölker des Südoſtens angenommen wird. Man wird daher
die Indianer am beſten in Natur- und Kulturvölker einteilen, doch verſchwinden erſtere an
Zahl und Bedeutung völlig gegen die letzteren.
Die Naturvölker. In Darien, Panama, Veragua und Chiriqui ſcheint die Bevöl—
kerung niemals ſehr ſtark geweſen zu ſein, und da auch gerade hier die ſpaniſche Koloniſation
anfangs kräftig einſetzte, ſo iſt die indianiſche Bevölkerung dieſer Landſchaften auf geringe
Reſte zuſammengeſchmolzen. Zu ihnen gehören die Tula oder Cuna-Cuna, an den Flüſſen
wohnende und daher auch Ti, Flußleute, genannte Stämme von unſicherem Urſprunge.
Ihr Typus iſt der in Zentralamerika überhaupt herrſchende: ſie ſind klein, unterſetzt, fett—
leibig, verhältnismäßig hell von Hautfarbe, bartlos, aber ausgeſtattet mit üppigem ſchwarzen
Haarwuchs. Ihnen nahe ſtehen an Geſtalt, Größe, Hautfarbe, Sitten und Gebräuchen die
Guaimi in Veragua und Chiriqui. Ihre Webkunſt iſt ebenſo verfallen wie ihre Färbekunſt,
Töpferei, Waffenherſtellung und Goldſchmiedekunſt, wenngleich die Baumwolle noch an—
gepflanzt wird. An die Guaimi ſchließt ſich auf dem Gebiete von Coſta Rica eine Anzahl
von Stämmen, die meiſt als Talamanca-Indianer zuſammengefaßt werden; zu ihnen
gehören die Terraba und Boruca auf der pazifiſchen Seite, die Chirripd, Cabecare,
Bribri, Tiribie, Viceita und andere auf der atlantiſchen. Von dieſen ſind die Chirripo und
die Cabecare ſchon ſeit längerer Zeit Chriſten, die übrigen ſind meiſt in den 1880er Jahren
von dem ZBiſchof von Coſta Rica, Bernhard Auguſt Thiel, getauft worden. In mancher Be—
ziehung ſtehen die Talamancaſtämme noch auf verhältnismäßig urſprünglicher Stufe, da
ſie ihre Schmuckſachen, Federkronen, Zahnhalsbänder, Perlenſchnüre ſowie auch ihre alten
Waffen, Pfeile, Bogen und das Blasrohr zum Teil noch beibehalten haben; auch wohnen
ſie noch in ihren Strohhütten und verſtehen es, Seilbrücken über die Bäche und Flüſſe zu
ſpannen. Auch die Guatuſo am Rio Frio in Coſta Rica ſind den vorhergenannten Stämmen
ähnlich, tragen aber weniger europäiſche Kleidung als jene, früher überhaupt nur einen
Lendenſchurz. Sie find gute Ackerbauer, pflanzen Bananen und Zuckerrohr, Mais und Yuca
in ſauberen Pflanzungen und leben überdies von Fiſchen und Fleiſch, Kakao und Chicha.
Sie wohnen in Palenques, Gruppen von großen Häuſern, ſchlafen in Hängematten, kennen
die Töpferei und Korbflechterei, benutzen Mahlſteine, tragen neben Bogen und Pfeilen
heute auch Gewehre, fangen aber den Jaguar und den Tapir noch in Fallen. Ihre Zahl
iſt nur noch ſehr gering.
Dann folgen landeinwärts in Nicaragua die Wulwa, Cucra, Ulua, Laman, Siquia
und Rama ſowie die Sumo und Miskito oder Mosquito an den öſtlichen Zuflüſſen des Rio
Coco. Bekannter waren die Chontal, ein Stamm von großer Vergangenheit, der jedoch
zurzeit raſch abnimmt und mehr und mehr in die Meſtizenbevölkerung der Ladinos übergeht.
In Honduras leben ferner auf der atlantiſchen Seite die Toaca und Patuca, Jicaque
und die den Sumo ähnlichen Paya oder Poya: kräftige, ausdauernde, gedrungene, niedrig
gewachſene Waldbewohner, zum Teil von halb nomadiſcher Lebensweiſe, zum Teil in feſten
Wohnſitzen und mit großen, gemeinſamen Häuſern. Sie treiben Weberei, Flußſchiffahrt in
508 Mittelamerika.
Rindenkanus und Einbäumen und bauen auch Bananen, Mais, Rucu, Yuca und Frucht—
bäume an. Die Bewohner des Inneren von Honduras, die Leuka, ſcheinen früher ein
Kulturvolk geweſen zu ſein, da ſie Tempel, Städte und gute Wege beſeſſen haben ſollen.
In Guatemala hat ſich nur ein einziges Naturvolk allen fremden Einflüſſen zu ent—
ziehen gewußt, nämlich die noch 200—300 Köpfe ſtarken Lakandonen oder Karaiben im
Beten, in der nördlichen Alta Verapaz, am oberen Lacuntun und in Chiapas. Sie leben
von der Jagd, die ſie mittels Pfeil und Bogen ausüben, ſind erſt neuerdings zum Teil mit
eiſernen Werkzeugen bekannt geworden und ſammeln im Walde Kakao, Honig und Wachs,
die ſie gegen Salz und andere Gegenſtände eintauſchen; auch beſitzen ſie Rindenkanus, einige
wenige Hausgeräte, Töpfe, Teller und Schalen aus Ton, Holzlöffel, Mahlſteine, Körbe und
Stühle, Holztrinkſchalen und Hängematten. Ihre Wohnungen beſtehen aus leichten, offenen
Hütten, auch finden ſich Heiligtümer.
Neben den Urbewohnern des Landes leben ſeit 1796 auch Inſelkaraiben von St. Vin—
cent an der Küſte von Nordhonduras, Guatemala, Britiſch-Honduras und in geringen Reſten
auf Ruatan. Sie unterſcheiden ſich in mancher Beziehung von den zentralamerikaniſchen
Indianern. Zunächſt ſind ſie nicht reinen Blutes, ſondern mit Negerblut gemiſcht, alſo Zam—
bos, ziehen die Duca dem Mais vor, ſind Fiſcher, Holzſchläger, Gartenbauer, bauen Fahr—
zeuge und treiben Handel; auch haben ſie auf Grund der Zucker- und Tabakpflanzungen eine
geringe Induſtrie geſchaffen. Sie zeichnen ſich durch grelle Kleidung, wie die Neger der
Antillen, aber auch durch Sauberkeit in ihren Anſiedelungen und an ihrem Körper aus.
Die Kulturvölker. Die Kulturvölker Zentralamerikas haben weder jetzt noch zur
Zeit der Entdeckung mit einem einheitlichen Namen bezeichnet werden können. Es waren
wahrſcheinlich zahlreiche Völkerſplitter von geringer Widerſtandskraft gegen die Spanier, wie
die faſt ganz ausgerotteten Stämme des weſtlichen Nicaragua, die Nagrandan, Mangue,
Chorotega und Choluteca, ſowie die Nahua oder Nicarao, einigermaßen ziviliſierte Völker
mit anſehnlichen Bauten, deren Zerſtörung durch die Spanier tief zu beklagen iſt. Dieſe
Indianer waren meiſt wohlgebaut, von heller Farbe und trugen das Haar bis auf einen
Streifen am Rande der Stirn geſchoren; Tätowierung, Bemalung und Ohrſchmuck waren
ohne Zweifel bekannt, auch kam Deformation des Schädels im Kindesalter vor. Als Schmuck
wurden Goldſachen und Perlen getragen, die dem jetzigen Coſta Rica den Namen „reiche
Küſte“ verſchafft haben. Die Waffen waren Lanzen mit Spitzen aus Quarz, Obſidian,
Kupfer oder Fiſchgräten, ferner Holzſchwerter mit Obſidianklingen und hölzerne, hautüber—
zogene, federgeſchmückte Schilde. Als Kleidung dienten baumwollene Jacken und kurze,
die Schenkel bedeckende Hoſen.
Die Siedelungsform der alten Kulturvölker war der Einzelhof, der auch heute noch in
entlegeneren Gegenden bei weitem vorwiegt (Tafel 20, Abbildung 2). Außerdem aber gab es
beſtimmte Bevölkerungszentren, insbeſondere bei den Kultſtätten, in der Umgebung der
Häuptlingswohnſitze, in der Nähe von Salinen und Goldwäſchen und ferner an befeſtigten
Plätzen; Städte und Dörfer entſtanden aber erſt durch die Einwirkung der Spanier. Erhalten
ſind von den indianiſchen Wohnſtätten nur die öffentlichen Gebäude, Tempel, Feſtungen,
großen Plätze, nicht aber die eigentlichen Wohnungen, deren leichtes Material, Rohr und
Gras, raſch verfiel. Je nach den einzelnen Landesteilen und ihren wirtſchaftlichen und poli—
tiſchen Bedingungen war die Anlage der indianiſchen Siedelungen verſchieden. Im Hochlande
von Guatemala und in Chiapas überwiegen die befeſtigten Plätze, ſo daß die Siedelungen eng
Zentralamerika: Die Bevölkerung. 509
ſind. Feſtungsart haben auch die Bauten der ſüdlichen Maya im Peten, im Cholgebiete und
in Copan: umwallte, auf Hügeln gelegene Hofräume, Steinmauern von bedeutender Aus⸗
dehnung. Nur Erdwälle und Steinmauern pflegen die Ruinen von Südguatemala, Chiapas
und der Verapaz aufzuweiſen, während ſich größere Steinbauten im weſentlichen im
Gebiete der vorgeſchrittenen Maya finden, die im Tieflande die ſonſt auf den Platt-
formen ſtehenden
Holzbauten durch
Steinhäuſer erſetzt
zu haben ſcheinen.
An Tempeln, Bild-
werken und Opfer⸗
altären muß es un⸗
geheure Mengen
gegeben haben, da
ſich trotz aller Zer⸗
ſtörung durch die
Spanier ihrer noch
heute ſehr viele
vom Urwald über⸗
wuchert finden, da⸗
zu auch große Po⸗
ſtamente, auf de⸗
nen Götterfiguren
ſtehen.
Die Spra⸗
chen erlauben eine
Einteilung in
verſchiedene
Stämme. Die Pi⸗
pil, Azteken von
Herkunft, jchweig-
ſame, dunklere,
ernſte Leute, wei⸗
chen von den et⸗
was helleren und
lebhafteren, den
Maya ähnlichen Hochlandſtämmen Guatemalas, den Quiché und Cakchiquel, ab und haben
in bezug auf ihr Sprachgebiet ſtarke Einbuße erlitten zugunſten dieſer und der Pokoman und
Chorti. In der Gegend von Coban wohnen die Pokonchi und Kekchi, weiter im Norden,
von Flores und Machaquila an, die eigentlichen Maya.
Der gegenwärtige Zuſtand aller dieſer Völker kann als Halbziviliſation bezeichnet
werden. Sie kleiden ſich in Hemd, Hoſe, Jacke oder Bluſe, tragen um die Schultern Decken
und auf dem Kopfe unter dem Strohhut ein Tuch, deſſen Enden über die Bruſt herabfallen,
und gehen barfuß (j. die obenſtehende Abbildung). Die Wohnungen ſind Lehmhütten mit
Indianiſche Dorfalkalden in Guatemala. (Nach Photographie.)
510 Mittelamerika.
Blätterdächern oder noch einfachere Behauſungen, die ſich um das einzige beſſer gebaute
Gebäude, die Kirche, ſammeln. Sie bilden noch immer eine den Weißen und ſelbſt den Miſch—
lingen feindſelig gegenüberſtehende geſchloſſene Maſſe, in manchen Landſchaften, wie in der
Alta Verapaz, bis zu 95 Prozent der Bevölkerung. Überall wird in derſelben Weiſe Weberei,
Strickerei, Färberei, Mattenflechterei, Hutmacherei und Maismahlen, Säen und Ernten
betrieben, und die Nahrung ſowie deren Zubereitung iſt überall die gleiche. Immerhin
ſind in einigen Gegenden auch Veränderungen in der Lebensweiſe erfolgt, haupt—
ſächlich infolge der Zuſammenziehung der Einzelhöfe in Dörfer, der Einführung europäiſcher
Reit- und Zugtiere, der Anlage von Wegen und neuerdings von Eiſenbahnen.
Die Nichtindianer. Neger ſitzen an der atlantiſchen Küſte Zentralamerikas ziemlich
zahlreich, beſonders in Panama und Darien, weshalb Mulatten und Zambos dort am
häufigſten ſind. Die Weißen ſind gering an Zahl, da die eingewanderten ſpaniſchen Familien
viel fremdes Blut in ſich aufgenommen haben und die Zahl der Fremden gering iſt. Wenn
man die Geſamtzahl der Weißen in Zentralamerika auf 100000 ſchätzt, ſo dürfte dieſe Zahl
eher noch zu hoch als zu niedrig ſein. Am zahlreichſten unter ihnen ſind wohl die Nord—
amerikaner, beſonders in der Kanalzone, wo man ſie auf mindeſtens 60000 veranſchlagen kann.
Von Deutſchen leben etwa 900 in Guatemala; ſie haben einen großen Teil des Handels,
der Pflanzungen und der Eiſenbahnen, zum Teil auch bedeutenden Landbeſitz in Händen.
4. Staaten und Siedelungen.
Allgemeines. Zentralamerika bildete als ſpaniſche Kolonie das Generalfapitanat
Guatemala, welches das heutige colombianiſche Gebiet ausſchloß, aber Soconusco mit um—
faßte und in dieſer Ausdehnung 1778 etwa 5600000 Einwohner hatte. Im Jahre 1821
riß es ſich von Spanien los, verfiel aber alsbald in Wirren, die bis auf den heutigen Tag an—
dauern. Guatemala, das ſich 1821 gleich an Mexiko hatte anſchließen wollen, wurde 1822
dem mexikaniſchen Königreich des Iturbide einverleibt, nach deſſen Sturz aber mit den
übrigen neuen Staaten Zentralamerikas, El Salvador, Honduras, Nicaragua und Coſta Rica,
zu der Republik der Vereinigten Staaten von Zentralamerika vereinigt, zu der auch das
damals noch ſelbſtändige Quetzaltenango und Chiapas gehörten. 1833 ſchloſſen ſich aber
letztere beiden wieder an Mexiko an, wodurch die Union zerfiel. Nachdem 1839 Duebal-
tenango von Mexiko wieder an Guatemala übergegangen war, ergab ſich der heutige poli—
tiſche Zuſtand, aber die Bemühungen, die fünf Staaten zuſammenzufaſſen, wiederholten
ſich noch mehrfach und führten 1842—45, 1851, 1885, 1889-90 und 1898 zu vorübergehender
Vereinigung. Überdies haben Revolutionen in den einzelnen Staaten und Kriege derſelben
gegeneinander das ganze 19. Jahrhundert hindurch gedauert und ſich, mit Ausnahme von
Coſta Rica, auch in das 20. fortgeſetzt, ſo daß das Gedeihen Zentralamerikas oftmals und
ernſtlich aufgehalten worden iſt. Neben den fünf Staaten beſteht ferner noch die britiſche
Kolonie Britiſch-Honduras ſeit 1839, und 1903 riß ſich der zu Colombia gehörige Staat
Panamä auf Betreiben der Vereinigten Staaten von Colombia los; endlich „pachteten“ dieſe
letzteren von der neuen Republik Panamä einen 16 km breiten Streifen Landes zu beiden
Seiten des Kanals, die ſogenannte Kanalzone, und beginnen jetzt ihren Einfluß in immer
ſtärkerem Maße auch in den übrigen Staaten, hauptſächlich in Nicaragua, geltend zu
machen. Über die Größe und Einwohnerzahl der acht politiſchen Abteilungen in Zentral-
amerika unterrichtet folgende Tabelle:
Zentralamerika: Staaten und Siedelungen. 511
O Kilometer Einwohner Dichte
PPP er: ). 86 250] 387000 (1911), 4,5
Kanalzone (Vereinigte Staaten). 1160 7 63000 (1912) 5 54,0
VCC 520 Se 48410 400 000 (1912) 8,3
CCC 128 340 600 000 5,0
C 114 670 566000 (1911) 5,0
adadoer‚‚ ee 21 160 1200 000 (1913) 57,0 -
Fc 113.030 1991 000 (1912) 15,
Britiſch⸗ Honduras 22 270 41000 (1911) 1,8
Zuſammen: 535290 5248 000 10,
Demnach hat Zentralamerika ungefähr die Größe des Deutſchen Reiches, aber nur die Ein—
wohnerzahl des Königreichs Sachſen. Die drei Republiken Nicaragua, Honduras und Gua—
temala ſind annähernd gleich groß, Britiſch-Honduras ſtimmt mit El Salvador in der Größe
zuſammen. Während aber letzteres die Volksdichte von 57 hat, bringt es Britiſch-Honduras
nur auf 1,8, Ziffern, die zur Charakteriſierung des Gegenſatzes zwiſchen der pazifiſchen und
der atlantiſchen Seite Zentralamerikas geeignet ſind. Wären die anderen Republiken auch nur
auf je einen Abhang beſchränkt, ſo würde die Volksdichte ſich in ähnlichen Ziffern äußern; da
ſie aber beide Abhänge einnehmen, ſo ergeben ſich für ſie Mittelzahlen zwiſchen 4 und 18.
Panama. Der ſeit 1903 von Colombia losgeriſſene Landengenſtaat Panamä hat
die Größe von 86250 qkm und 1911: 387000 Einwohner, die Volksdichte 4,5. Er iſt daher
etwa ſo groß wie Maine, aber noch nicht ſo volkreich wie New Orleans, mit der Kanalzone
freilich faſt ſo wie Pittsburg. Die Bevölkerung beſteht aus 192000 Miſchlingen verſchiedenen
Urſprungs, aus 49000 Negern, 48000 Indianern, 46000 Weißen und 2300 Oſtaſiaten.
Das weiße Element wird durch die Bewohner der Kanalzone ſehr verſtärkt, aber auch
farbige Arbeiter, beſonders von den weſtindiſchen Inſeln und Venezuela, leben in ihr.
Daß der Staat noch zum größten Teile von feuchtem Urwald bedeckt iſt, erkennt man
leicht aus ſeinen Erzeugniſſen, welche die eines tropiſchen Waldlandes ſind. 1911
wurden nämlich ausgeführt für 9000000 Mark Bananen, für 676000 Mark Steinnüſſe, für
315000 Mark Kokosnüſſe und für 466000 Mark Kautſchuk und Gummi, dazu Sarſaparille,
Balſam, Holz. Die Viehzucht auf den pazifiſchen Savannen, namentlich um David und
auf der Halbinſel Azuero, liefert geringe Mengen Vieh und Häute für 386000 Mark, die
Fiſcherei Schildpatt, für 306000 Mark Perlmutterſchalen und an den Perleninſeln Perlen,
der Bergbau für 345000 Mark Gold. Die Geſamtausfuhr hatte 1911 den Wert von 12025000
Mark, die Einfuhr dagegen einen ſolchen von 42 Millionen Mark, worin ſich der Einfluß des
Kanalbaues deutlich zeigt, zum Teil auch der des Durchgangshandels über die Landenge, da
ſchon 1898 einer Ausfuhr von 4 eine Einfuhr von 13,4 Millionen Mark gegenüberſtand.
Die Beſiedelung iſt ſehr ungleichmäßig; nur an zwei Stellen liegen Ortſchaften in
größerer Nähe beieinander, einmal zwiſchen Colon und Panama kan der engſten Stelle der
Landenge und dann im Savannengebiet von Azuero. Die Stadt Panamã liegt am Großen
Ozean auf einer Landzunge (ſ. die Karte auf S. 523). Schon 1521 von den Spaniern ge-
gründet, 1671 von den Flibuftiern zerſtört und an anderer Stelle wieder aufgebaut, ſank
ſie ſchnell, als die ſpaniſche Herrſchaft über Süd- und Mittelamerika gebrochen wurde, iſt
aber ſeit dem Aufblühen Kaliforniens wieder gewachſen. Ein Teil der Kirchen und Klöſter,
darunter die Kathedrale und das Dominikanerkloſter, ſind maleriſche Ruinen, daneben aber
ſind neue Straßen entſtanden, beſonders ſeitdem die Amerikaner Licht und Luft in die
512 Mittelamerika.
Stadt gebracht haben. Neben Panama, das auf 37500 Einwohner geſchätzt wird, entwickelt
ſich an der Kanalmündung die neue Stadt Balboa oder La Boca, eine Gründung der
Amerikaner mit luftigen Holzhäuſern auf Pfählen, während Ancon das große Hojpital
enthält. Gegenüber der Stadt Panama liegen Küſteninſeln (Tafel 20, Abbildung 4),
darunter die Geſundheitsſtation Taboga und die Quarantäneſtation La Culebra, weiter
draußen der Perlenarchipel. Auf der anderen Seite der Landenge iſt Colön (18000 Ein-
wohner) eine neue, auf Urwaldgebiet errichtete, großenteils aus hölzernen Häuſern be—
ſtehende Stadt, die 1886 während der Revolution in Colombia vollſtändig eingeäſchert
wurde, ſich aber ſeitdem neu erhoben hat. Sie hat eine ungeſunde Lage, iſt aber wichtig
wegen ihres mächtigen Dampferverkehrs. Als reine Handelsſtadt mit Ausfuhr von Bananen
nach New York und ſtarkem Durchgangshandel nach und von der geſamten Weſtküſte, aus⸗
geſtattet mit Docks, Hafenanlagen und Bahnhof, macht Colön einen durchaus modernen
Eindruck, ganz beſonders in den durch die Amerikaner angebauten Vorſtädten, wie in Criſtö—
bal, wo nahe dem Eingang in den Kanal eine gute Bildſäule des Kolumbus ſteht. Zwiſchen
Colon und Panama haben ſich an der Eiſenbahn- und Kanalſtrecke kleine, ſaubere, ſchon volk—
reiche Ortſchaften entwickelt, wie Empire und Obispos, aber nach Eröffnung des Kanals
werden ſie verſchwinden. Immerhin iſt ſeit einem Jahrzehnt unter der rührigen Leitung
der Amerikaner reiches und friſches Leben in der ganzen Kanalzone erblüht.
Oſtlich von Panama liegen heute nur armſelige Dörfer früheſter Koloniſation, und auch
weſtlich von Panamsã herrſcht zunächſt Waldland. Aus der Halbinſel Azuero kommen
Vieh und Häute in Menge, doch treiben die Bewohner auch Töpferei und fertigen die
ſogenannten Panamähüte aus den Faſern der Carludovica palmata. Ahnliche Betriebe
hat auch die 15000 Einwohner zählende Stadt David am Iſthmus von Chiriqui, inmitten
ausgedehnter Savannen und eines in den 1860er Jahren Gold liefernden Gebietes. Wich—
tiger iſt der in der Laguna de Chiriqui höchſt maleriſch gelegene Hafenplatz Bocas del
Toro (10000 Einwohner) wegen ſeines mächtig anwachſenden Handels mit Bananen,
Kokosnüſſen, Sarſaparille, Kautſchuk, Holz, Balſam und Schildpatt.
Coſta Rica. Coſta Rica, die „reiche Küſte“, iſt mit 48410 qkm und 1912: 400 000 Ein⸗
wohnern der kleinſte Staat Zentralamerikas; ſeine Volksdichte beträgt 8,3. Die Bevölkerung
nahm anfangs nur langſam zu, 1675 betrug die Zahl der Spanier nur 500, die alle um das
1564 gegründete Cartago und um Esparta wohnten, aber Ende des 18. Jahrhunderts ſtieg
die Volkszahl, freilich unter Einrechnung der Indianer, auf 40000. Einen Vorteil freilich
brachte die langſame Entwickelung mit ſich: die Spanier vermochten keine Negerſtlaven zu
kaufen und hielten ſich daher raſſenreiner als anderswo; überdies ſtammen die Coſtaricaner
von Nordſpaniern ab, die als arbeitſam, nüchtern und gebildet gelten. Wilde Indianer zählt
man etwa 2800, Neger leben meiſt in den Küſtengegenden, die Einwanderung iſt aber ge⸗
ring: Spanier, namentlich Jslerios, Deutſche, Franzoſen, Engländer, Nordamerikaner, Neger
und Chineſen ſetzen ſie hauptſächlich zuſammen.
Die Siedelungen ſind ſehr ungleich verteilt, da etwa 320000 Menſchen auf dem
ſchmalen Streifen zwiſchen Puerto Limon und Punta Arenas, namentlich auf den faffee-
pflanzenden Hochebenen des Inneren wohnen. Für die Küſtengebiete rechnet man 80000,
davon auf Nicoya 20—25000 Menſchen; hier liegen im Gebiete der Savannen Nicoya und
Liberia oder Guanacaſte mit Viehzucht, während Talamanca anſehnlicher Ortſchaften völlig
entbehrt. Die beiden Häfen Punta Arenas und Puerto Limon ſind als Siedelungen klein,
Zentralamerika: Staaten und Siedelungen. a 513
aber Puerto Limon wächſt raſch. Nahe Punta Arenas liegt Esparta, die zweitälteſte, 1578
gegründete Stadt Coſta Ricas. Auf dem Hochlande erheben ſich Alajuela, Herédia und Car-
tago, kaffeepflanzende Städte von je etwa 5— 7000 Einwohnern um die Hauptſtadt San
Joſé de Coſta Rica mit 32500 Einwohnern. Dieſe Stadt hat wegen der häufigen Erdbeben
niedrige, aber ſolid gebaute Häuſer, gut gepflaſterte Straßen mit elektriſcher Beleuchtung,
anſehnliche öffentliche Gebäude, wie den Nationalpalaſt, die Kathedrale, Univerſität, Biblio⸗
thek, Muſeum, meteorologiſche Anſtalt, Archiv, Krankenhaus, Aſyl für Geiſteskranke, Lyzeum,
Banken. Sie iſt auch der Sitz aller wiſſenſchaftlichen Beſtrebungen, die in Coſta Rica im
ganzen beſſer gepflegt werden als in den übrigen Staaten, weshalb Coſta Rica als der
vorgeſchrittenſte Staat Zentralamerikas gilt.
Wirtſchaftlich war Coſta Rica von 1840—98 faſt ausſchließlich ein Kaffee land, da
noch 1898 von der 23,9 Millionen Mark betragenden Ausfuhr 17,8 auf Kaffee (S 74 Prozent),
nur 3,9 auf Bananen kamen; ſeitdem jedoch 1898 der Preis für Kaffee gefallen iſt, ſank die
Kaffeeausfuhr 1901 unter 50 Prozent; 1912 betrug ſie 15,25 Millionen Mark oder 35,5 Pro⸗
zent. Dagegen haben die ſeit 1880 angepflanzten Bananen ſeit 1898 einen immer mehr
ſteigenden Anteil an der Ausfuhr bekommen: 1912 führte man ihrer für 21,3 Millionen
Mark aus, das ſind 50 Prozent der Ausfuhr gegen 16 Prozent im Jahre 1898. Weiter wurde
für 366000 Mark Kakao und für 400000 Mark Kautſchuk ausgeführt, während Mais, Weizen,
Zucker, Reis, Bohnen, Kartoffeln nur der Ernährung der Bevölkerung dienen und der An—
bau von Tabak und Indigo zurückgegangen iſt. Als zweiter Wirtſchaftszweig iſt der Berg—
bau wichtig, da er aus den Minen von Aguacate und Guanacaſte 1912 für 3,25 Millionen
Mark Gold und Silber, 8 Prozent der Ausfuhr, ergab; als dritter liefert die Wald wirt—
ſchaft, abgeſehen vom Kautſchuk, für 510000 Mark Zedern-, Mahagoni- und Pockholz
(Guayacan) ſowie Sarſaparille und lebende Pflanzen in geringeren Mengen. Die Vieh—
zucht ergab 1912 für 500000 Mark Häute, in welcher Zahl freilich auch Rehfelle ein-
geſchloſſen ſind, und etwas Schlachtvieh, die Fiſcherei lieferte Schildpatt, die Jagd Vogel-
bälge und Reiherfedern. Die In duſtrie iſt in Coſta Rica in der Entwickelung begriffen,
beſonders Zucker- und Branntweinbrennerei, Brettſchneiderei, Mehlfabrikation, Ziegel-
brennerei, Gerberei, Seifenſiederei und neuerdings die Fabrikation von Rizinusöl, Schals,
Schokolade, Parfümerien, Eis, Bier, Mineralwaſſer und Patronen.
Der Handel hatte 1912 einen Wert von 79 (1890: 56) Millionen Mark, wovon 43 auf
die Ausfuhr und 36 auf die Einfuhr kamen. Erſtere, deren wichtigſte Gegenſtände oben er-
wähnt ſind, ging zumeiſt nach Nordamerika (50 Prozent), England (41 Prozent) und Hamburg
(6 Prozent), das mit Coſta Rica ſtärkeren Handelsverkehr hat als mit irgendeiner anderen
Republik Zentralamerikas. Die Einfuhr, in der Hauptſache aus Geweben aller Art, Lebens—
mitteln und Luxusartikeln beſtehend, kam 1912 vorwiegend von den Vereinigten Staaten (52),
Deutſchland (18 Prozent), England (17), Frankreich, Italien und Spanien. Die Schiffahrt
verzeichnete 1912 in Punta Arenas 87 eingegangene Schiffe mit 179000, in Puerto Limon
538 mit 1130000 Tonnen, jo daß im ganzen die Tonnenzahl der ein- und ausgelaufenen
Schiffe auf 1310000 Tonnen zu veranſchlagen iſt. Im Jahre 1891 war die Zahl der in Punta
Arenas eingelaufenen Schiffe noch etwas höher als die der nach Limon fahrenden.
Nicaragua. Nicaragua hat eine Größe von etwa 128340 qkm und angeblich 600000
Bewohner; die Volksdichte beträgt daher 5, weniger als in den meiſten anderen Staaten.
Die Hälfte der Bevölkerung ſollen Ladinos ſein, Miſchlinge von Weißen und Indianern,
Länderkunde, Süd⸗ und Mittelamerika, 3. Aufl. 33
514 Mittelamerika.
ein Drittel reine Indianer, ein Sechſtel Mulatten und Neger. 1778 ſoll Nicaragua 104000
Bewohner gehabt haben.
Die Beſiedelung begann 1523 an der pazifiſchen Seite, wo ſie auch heutzutage
weit ſtärker als im Oſten iſt. Die älteſte Anſiedelung, Leon, überführte man nach Subtiaba,
der Nagrandanerſtadt, wo ſie trotz Plünderung und Erdbeben erblühte und 50000 Bewohner
erreicht haben ſoll; in der republikaniſchen Zeit auf 25000 geſunken, ſoll Leon 1911 wieder
60000 Bewohner gehabt haben. Der Sitz der Regierung aber wurde in den 1860er Jahren
nach Managua verlegt, das jetzt 40000 Einwohner haben ſoll. Mitten in Kaffeepflanzungen
liegt Granada mit 25000 Einwohnern, eine ſchon 1523 gegründete Stadt am Nicaraguaſee,
während Maſaya mit 15000 Einwohnern Obſt, Gemüſe und Tabak liefert. Die alte Stadt
Chinandega, die durch Erdbeben ſtark gelitten hat, ſoll 13000 Bewohner haben, doch ſind
alle dieſe Zahlen wohl zu hoch gegriffen. Die pazifiſchen Hafenſtädte Corinto und Brito
ſind wenig volkreich, die atlantiſchen beginnen ſich beſſer zu entwickeln, jo Greytown oder
San Juan del Norte und der Hauptort des früheren Mosquito Territoriums, Bluefields,
mit angeblich 15000 Einwohnern und blühendem Handel in Bananen, Kokosnüſſen, Orangen,
Ananas, Holz und Auſtern. Die Mosquitoküſte iſt ein Land mit wechſelnden Schickſalen,
das von den Mosquito bevölkert und ſeit 1670 durch engliſche Anſiedler verſtärkt iſt; nach
langjährigem Beſitz verzichtete England aber 1783 auf die Mosquitoküſte, und 1860 fiel das
Gebiet an Nicaragua, dem es nach mancherlei Streitigkeiten 1881 durch Schiedsſpruch des
Kaiſers von Oſterreich zugewieſen wurde. Die Flußtäler der atlantiſchen Seite ſind bis auf
die durch den Bergbau entſtandenen Anſiedelungen menſchenleer, und auf den Höhen des
Inneren liegen auch nur kleine Ortſchaften, wie Libertad, Matagalpa, Jinotega, San Rafael
und Ocotal, alle am öſtlichen Gehänge.
Wirtſchaftlich iſt Nicaragua noch wenig entwickelt. Am wichtigſten iſt der Ackerbau,
der ſich wie in Coſta Rica beſonders auf Kaffee und Bananen erſtreckt; 1909 wurde für
6,2 Millionen Mark Kaffee ausgeführt, außerdem als Ackerbauerzeugniſſe Bananen, Zucker,
Kokosnüſſe, Indigo ſowie als Induſtrieprodukte des Ackerbaues Stärke und Melaſſe. An-
gepflanzt werden ferner Orangen und Zitronen, Tabak, Mais, Reis und Kakao, von denen
letzterer ebenfalls bereits zur Ausfuhr gelangt. An zweiter Stelle folgt der Bergbau mit
einem Ergebnis von 4,3 Millionen Mark an Gold, auch Salz von der pazifiſchen Küſte. An
dritter ſteht die Wald wirtſchaft, die 1909 Holz für 1600000 Mark, meiſt Mahagoni-, Gelb-
und Zedernholz ſowie Gelbholzextrakt, auch Sarſaparille und Kautſchuk ergab. Während
der Bergbau im Aufſchwunge begriffen iſt, da die Minen im Oſten, Bonanza, Conſtancia,
Vaspuc, Cuicuina am Prinzapolca, Colonia, Concordia nahe dem Salto Grande des Pispis,
reich zu ſein ſcheinen, geht die Viehzucht zurück. Sie wurde 1854 von Squier noch als
blühend geſchildert, um 1890 dagegen klagte die Regierung ſelbſt über den Rückgang an Vieh
und Pferden. Die Jagd liefert Rehfelle und Vogelfedern, die Fiſcherei Schildpatt.
Der Handel hatte 1910 einen Wert von 28,5 Millionen Mark, wovon 18,2 auf die Aus⸗
fuhr, 10,3 auf die Einfuhr kamen; für 1897/98 gibt Sapper erſtere zu 12,7, letztere zu 11,46
an. Die gegenwärtige Reihenfolge der Ausfuhrartikel iſt Kaffee (38,7 Prozent), Gold, Holz.
1910 ging die Ausfuhr zu 42 Prozent nach den Vereinigten Staaten, zu 10,8 Prozent nach
Deutſchland, zu 21 Prozent nach England, zu 19 Prozent nach Frankreich, während die
Einfuhr zu 52 Prozent von den erſteren, zu 24 Prozent von England, dann aus Frankreich
(5) und Deutſchland (11 Prozent) kam.
Zentralamerika: Staaten und Siedelungen. 515
Honduras. Honduras iſt der einzige Staat Zentralamerikas, der faſt ganz auf der
atlantiſchen Seite liegt und am Ufer der Fonſecabai nur einen ſchmalen Streifen Landes
beſitzt. Wohl wegen dieſes Nachteils iſt er unter allen Staaten der Landenge wirtſchaftlich
am ungünſtigſten geſtellt. Auf 114670 qkm Fläche rechnete man 1887: 382000, 1911:
566000 Menſchen, die Volksdichte zu 5. Im Jahre 1887 gab es 265000 Ladinos und 69000
Indianer, während die Zahl der Weißen ſehr gering iſt. Daher ſind auch die deutſchen
Intereſſen und Beſitzungen in Honduras geringer als in dem übrigen Zentralamerika.
Wirtſchaftlich fällt bei Honduras zunächſt auf, daß der Ackerbau, namentlich der
Kaffeebau, und der Wert des Handels gegen alle anderen Staaten Zentralamerikas erheblich
zurückſtehen: 1911/12 wurde für nur 300000 Mark Kaffee, aber für 4¼ Millionen Mark
Bananen ausgeführt. Die dünne Beſiedelung des Landes und der Mangel größerer Land—
gebiete auf der pazifiſchen Seite iſt die Urſache für das Zurücktreten des Kaffees gegenüber
den Früchten, von denen auch Kokosnüſſe (1911/12 für 750000 Mark) und Orangen in
größeren Mengen aus der Ebene von Sula und dem Nordküſtengebiete ſowie von den
Inſeln ausgeführt werden. Der Anbau von Indigo iſt jetzt auf Choluteca und del Valle be—
ſchränkt, ergab aber noch 1901: 192600 Mark zur Ausfuhr; Tabak wird namentlich um Copan
gut und viel erzeugt und, wie auch Ingwer, in kleinen Mengen ausgeführt, Zuckerrohr wird
allgemein, Reis oft, aber nur in kleinem Maße, gepflanzt, Weizen findet ſich gelegentlich von
1200 man. Mais, Bohnen, in Oſthonduras auch Yuca, bilden die Grundlage der Volksnahrung.
Im Gegenſatz zu den anderen Ländern ſtehen Produkte des Bergbaues in Honduras
an zweiter Stelle, da die Ausfuhrliſte für 1911/12: 3,2 Millionen Mark Edelmetalle, alſo
28 Prozent der Geſamtausfuhr, aufweiſt, namentlich Rohſilber, Gold und Eiſen. Für die
Viehzucht kommen beſonders Yoro und Olancho in Betracht, von wo viel Vieh nach Kuba,
Coſta Rica, Britiſch-Honduras und Guatemala ausgeführt wird, 1911/12 für 660000 Mark,
während die Ausfuhr an Häuten und den in der Ausfuhrſtatiſtik mitgerechneten Fellen von
Ziegen und Rehen 550000 Mark betrug. Der Wald liefert Holz, namentlich Mahagoni,
Zedern- und Gelbholz, ſowie ferner etwas Kautſchuk, 1911/12 für 240000 Mark, auch
Sarſaparille, Chicle (Kaugummi) und Vanille, die Fiſcherei ein geringes Quantum Schild—
patt, die Induſtrie Sohlleder und Strohhüte. Der Handel betrug 1911/12: 23,9 Millionen
Mark (gegen 10,23 im Jahre 1897/8), wovon 11,5 auf die Ausfuhr, Früchte, Metalle, Kokos—
nüſſe, Vieh, Häute, Felle, Kaffee, Kautſchuk, 12,4 Millionen Mark auf die Einfuhr kamen.
Während früher nur Amapala als Hafen für Honduras in Betracht kam, iſt ſeit 1900 auch
hier die Nordküſte für den Handel wichtiger geworden als die Südküſte, beſonders Puerto
Cortez. Die wichtigſten Verkehrsländer ſind die Vereinigten Staaten, die 1909/10 zwei
Drittel aller Einfuhr lieferten, dann England und das Deutſche Reich, während die Aus—
fuhr in demſelben Jahre zu 87 Prozent nach den Vereinigten Staaten, im übrigen vornehm—
lich nach Deutſchland, England, Zentralamerika und Kuba ging. Zurzeit leidet der Handel
noch unter dem Mangel an geeigneten Verkehrswegen. Eine 100 km lange Eiſenbahn
führt von der Fonſeca-Bai nach Tegucigalpa.
Die Beſiedelung iſt auf dem atlantiſchen Abhange ſehr gering. Der Haupt—
hafenort, Puerto Cortez oder Puerto Caballos mit gutem Ankergrunde, auch für tiefgehende
Schiffe, iſt noch ſehr wenig volkreich. Von 1524 ſtammt Trußillo mit wenigen hundert
Karaiben und Ausfuhr von Vieh, Häuten und Waldprodukten, neuer iſt La Ceiba; auf
Ruatan liegt Progreſo oder Puerto Real. Das Innere iſt wenig beſiedelt, die Ortſchaften
33*
516 Mittelamerika.
klein; erwähnenswert ſind Gracias, ein ſchon 1536 entſtandener Ort, Moro im Savannen—
gebiet, Olancho, San Pedro Sula, das tabakpflanzende Santa Roſa (10600 Einwohner),
das tempelberühmte Copan und Corquin mit Gerbereien. Auf dem pazifiſchen Ab—
hange ſind das Choluteca Tal mit Choluteca und Yuscaran, die Gegend von Comayagua und
Tegueigalpa ſowie die Küſte am beſten bewohnt, doch hat die jetzige Hauptſtadt Tegueigalpa
nur 22000, die ältere, Comayagua, nur 3000 Bewohner; dieſes wechſelte 1824—80 mit Tegu⸗
cigalpa als Landeshauptſtadt. 18000 Einwohner hat Juticalpa.
El Salvador. Die Heilandsrepublik, Repüblica del Salvador, hatte auf nur 21070 qkm
1913: 1200000 Einwohner, alſo eine Volksdichte von 57, die höchſte in Zentralamerika, weil
El Salvador nur den pazifiſchen Abhang bedeckt, dem atlantiſchen aber gar nicht angehört.
1778 wurden nur 147000 Bewohner gezählt, ſo daß ſich die Bevölkerung in 134 Jahren
verachtfacht hat. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beſtand ſie nach Pedro S.
Lamas zu 56 Prozent aus Indianern, zu 14 aus Weißen, zu 30 aus Ladinos, die faſt ſämt⸗
lich Ackerbauer ſind, meiſt in günſtigen Verhältniſſen leben und die Republik zu Wohlſtand
gebracht haben. Wer von den Nachbarſtaaten nach El Salvador kommt, bemerkt, nach Sapper,
eine günſtige Veränderung bei Land und Volk: die Felder ſind mit Stacheldraht eingezäunt,
das Nationalvermögen iſt gleichmäßiger verteilt, indem faſt jeder ſein Gütchen hat, das er mit
ſeinen Angehörigen und wenigen Arbeitern bewirtſchaftet, und in keinem zentralamerika—
niſchen Staate, außer Coſta Rica, iſt der Prozentſatz der Weißen höher als in El Salvador.
Wirtſchaftlich iſt El Salvador vor den übrigen Republiken durch den Anbau von
Indigo ausgezeichnet, der namentlich in der erſten Hälfte des 19. Jahrhunderts das be—
kannteſte Erzeugnis des Landes war, noch 1865 einen Ausfuhrwert von 10 Millionen Mark
gegen 1 Million für alle übrigen Produkte, 1912 aber nur von 341000 Mark ergab; er
kommt meiſt aus dem Tale des Lempa und der Gegend von San Vicente, Uſulutan, Lislique
und El Diviſadero. Seit dem Rückgange des Indigobaues iſt das wichtigſte Erzeugnis des
Ackerbaues der Kaffee, der bereits 1890: 56,5, 1912: 28 Millionen Mark (faſt 80 Prozent)
zur Ausfuhr ſtellte, und deſſen Pflanzungen jetzt den ganzen Abhang des Gebirges von
Ahuachapan bis San Miguel bedecken. Noch zwei andere Ackerbauerzeugniſſe gelangen zur
Ausfuhr, Zucker mit 600000 Mark und etwas Tabak, während Mais, Bananen, Orangen,
Weizen im Lande bleiben. Der trockene Wald liefert Peruͤbalſam, 1912 im Werte von
280000 Mark, auch etwas Kautſchuk, Chicle, Sarſaparille und ſehr wenig Holz, der Bergbau
1912 Gold und Silber im Werte von 2672000 Mark zur Ausfuhr, die Viehzucht Häute
für 256000 Mark. Der Handel der Republik belief ſich 1912 auf 62,84 Millionen Mark,
wovon 27, u auf die Einfuhr, 35,74 auf die Ausfuhr kamen. Die Einfuhr kam zu 36,5 Prozent
von den Vereinigten Staaten, zu 30 Prozent von Großbritannien, zu 13 von Deutſchland
und zu 7,4 von Frankreich. Die Ausfuhr beſtand zu 82 Prozent aus Ackerbauerzeugniſſen
und ging zu 30 Prozent nach der Union, zu 17 Prozent nach Frankreich, zu 23 Prozent
nach Deutſchland und zu 10 Prozent nach Italien. In den Häfen Acayutla, La Libertad
und La Union liefen 1909: 552 Schiffe mit 889000 Tonnen Gehalt ein.
El Salvador iſt nicht nur volk, ſondern auch ſtädtereich. Die Hauptſtadt San Sal-
vador ſtammt von 1525 und hatte um 1850: 60000 Einwohner, wurde aber 1854 und 1873
durch Erdbeben teilweiſe zerſtört und ſoll erſt 1897 wieder 50000 Einwohner erreicht haben;
heute hat ſie 60000. Wegen der Erdbeben iſt ſie großenteils aus einſtöckigen Häuſern gebaut,
aber regelmäßig und hübſch angelegt; größere Gebäude, wie die Kathedrale, ſind aus Holz und
Zentralamerika: Staaten und Siedelungen. 517
Blech errichtet. Im Oſten iſt San Miguel mit 20000 (2) Einwohnern, reicher Kaffeekultur
und beſuchten Jahrmärkten der Hauptort, im Weſten war Santa Ana mit ebenfalls ſtarkem
Kaffeebau bisher größer als die Hauptſtadt, da es 59000 Einwohner hat. Je 20000 Bewohner
haben die vier Städte Ahuachapan an der Grenze gegen Guatemala, San Vicente im Oſten,
Chalchuapa bei San Salvador und Zacatecoluca. Im Indigogebiet liegen Chalatenango
und Senſuntepeque, im Inneren Metapan, im Tabakdiſtrikt Cojutepeque und Chinameca,
alles Städte um 10000 Einwohner. Nahe der Küſte führen Uſulutan und Sonſonate, dieſes
nahe dem Izalco, inmitten von Ananaspflanzungen, zu den Hafenſtädten La Union an der
Fonſecabai, mit verſandendem Hafen, La Libertad, einer offenen Reede vor San Salvador,
und Acajutla vor Santa Ana über, dorfähnlichen Siedelungen mit bedeutendem Handel.
Guatemala. Guatemala iſt mit 113030 qkm einer der größten, mit 1991000 Ein⸗
wohnern der volkreichſte Staat Zentralamerikas, zählte aber 1778 nur 366000. Auf dem
pazifiſchen Abhange überſteigt die Volksdichte 20, erreicht zwiſchen der Hauptſtadt Guatemala
und San Marcos 50, ſinkt aber auf dem atlantiſchen Abhang in der Alta Verapaz zu 5—10, im
Petén zu 0—1 herab. Die Bevölkerung beſteht zur Hälfte aus reinen Indianern, zur
anderen faſt ausſchließlich aus Indianermiſchlingen: 1880 zählte man 845000 Indianer und
380000 Ladinos, und wenn für 1903: 1091519 Eingeborene und 750615 Weiße angegeben
werden, ſo ſind in letzterer Zahl wohl die Ladinos enthalten. Neger, Mulatten, Zambos und
Weiße ſind gering an Zahl, die alteingeſeſſenen ſpaniſchen Familien haben ſich jo weit mit in-
dianiſchem Blute gekreuzt, daß kaum noch eine ungemiſcht iſt, und die Einwanderung iſt auch
gering, da von den Fremden der größte Teil aus Mexiko und Zentralamerika gebürtig iſt.
In wirtſchaftlicher Beziehung beruht der Wohlſtand Guatemalas auf dem Kaffee,
der überall im Lande an die Stelle des Indigos und der Koſchenille getreten iſt und auch den
Kakao verdrängt hat. Die wichtigſten Kaffeegebiete ſind die Coſta Cuca, die Coſta Grande,
die Landſchaft Tumbador, alſo das Land zwiſchen dem Grenzfluſſe Suchiate und Mazate-
nango um San Marcos und Retalhuleu, dann das ganze pazifiſche Gehänge mit Alluvial—
böden oſtwärts bis Amatitlan und endlich auf dem atlantiſchen Abhange die Verapaz um
Coban. 1894 hatte der Kaffee einen Ausfuhrwert von 52, 1901/02 nur noch von 26,7 Mil-
lionen Mark, worin ſich der Einfluß des Kaffeepreisſturzes kundgibt; doch nahm Kaffee 1912
mit 46,2 Millionen Mark noch immer 84 Prozent der Geſamtausfuhr ein. Bananen ſtehen
an zweiter Stelle, 1912 mit 2,8 Millionen Mark, Zucker mit 1912: 2,4 Millionen Mark an
dritter. Kakao, früher eines der wichtigſten Erzeugniſſe Guatemalas, und Tabak werden faſt
nicht mehr, Baumwolle und Indigo überhaupt nicht mehr ausgeführt, und die Kokospalme
iſt zwar an den Küſten häufig, wird aber nicht in größeren Pflanzungen vereinigt. Da nun
auch alle übrigen Erzeugniſſe, Weizen, Gerſte, Agave und Kartoffeln aus den Altos, Mais,
Reis, Bohnen, Henequen vom übrigen Lande, nicht zur Ausfuhr kommen, ſo nehmen Kaffee,
Bananen und Zucker, 1912 zuſammen für 52,8 Millionen Mark, 95,8 Prozent der Ausfuhr ein.
Der Wald lieferte zur Ausfuhr 1912 Holz für 1 Million, Kautſchuk für 640000 und Chicle
(Gummi) für 634000, zuſammen für 2,3 Millionen Mark = 4 Prozent der Ausfuhr, auch
etwas Sarſaparille und Vanille: alles von der atlantiſchen Seite. Den viertwichtigſten Artikel
für die Ausfuhr ergab 1912 die Viehzucht, nämlich Häute mit 1400000 Mark, ferner etwas
Wolle und Käſe; auf den Höhen, namentlich in Lichtungen und am Waldrande, hält man aus⸗
gedehnte Herden. Der Bergbau iſt zurückgegangen, und ſelbſt jo gute Minen wie die Silber-
grube von Mataquescuintla ſind aufgelaſſen worden, ſo daß nur noch eine Bleiglanzgrube
518 Mittelamerika.
bei Chiantla, Goldwäſchen im Motaguatal und Salinen bei Nueve Cerros am Chixoy, bei
Santa Magdalena am Rio Negro und im Südoſten bei Chiquimulilla im Betriebe ſind.
Die Induſtrie liefert zur Ausfuhr Wollwaren, Wachstuch und Zigarren, aber nur in ge—
ringen Mengen, im übrigen in beſchränktem Maße Zeuge, Möbel, Bier, Zündhölzer, Seife
und Kerzen, die Hausinduſtrie der Indianer auch Steinzeug, Strohhüte, Körbe, Matten, Seile,
Stricke, Netze und Hängematten.
Der Handel hatte 1912 den Wert von 96,5 Millionen Mark, davon 55,25 in der Aus—
fuhr, 41,25 in der Einfuhr. Dieſe kam zu 46 Prozent von den Vereinigten Staaten, zu 23 Bro-
zent von Deutſchland (9,15 Millionen Mark), zu 17,5 Prozent von England. Die Ausfuhr
ging zu 54 Prozent (29,4 Millionen Mark) nach Deutſchland, beſonders Kaffee, zu 35 Pro—
zent nach der Union und zu 13 Prozent nach dem Vereinigten Königreich. Die wichtigſten
Gegenſtände waren (in Millionen Mark): Kaffee 46,2 (84 Prozent), Bananen 2,8, Zucker 2,4,
Häute 1,4, Holz 1,0, Kautſchuk 0,64 und Chicle 0,6. 819 Schiffe mit 1140000 Tonnen
Gehalt liefen die Häfen San Joſé, Champerico und Ocös am Großen, Livingſton und Puerto
Barrios am Atlantiſchen Ozean an. Die Eiſenbahnkilometer betrugen 1912: 722, die Tele-
graphenlinien 6160 km.
Die Beſiedelung Guatemalas vollzog ſich ohne Schwierigkeit. Die erſten Städte—
gründungen waren Sahcaja bei Totonicapan in den Altos, Iximché oder Santiago, das
älteſte Guatemala (1524) im Weſten und Nueva Sevilla nahe der Mündung des Polochie
im Oſten (1544), aber zu großen Städten iſt es in Guatemala nicht gekommen, ſondern die
Bevölkerung ſitzt großenteils in Landſtädten und in Dörfern. Außer der Hauptſtadt Guate—
mala (80000) gibt es nur drei Städte mit mehr als 20000 Einwohnern: Quetzaltenango
(30000), Totonicapan (26000) und Coban (25000).
Die pazifiſche Seite enthält zunächſt kleine Hafenſtädte: San Joſé de Guatemala,
der Haupthafen des Landes, iſt nur ein Dorf, Champerico, der zweite Hafenplatz, wird wegen
der Fiebergefahr faſt nur zur Trockenzeit bewohnt, und Ocöbs iſt ebenfalls als Ortſchaft ganz
unbedeutend. Dagegen liegen mehrere hervorragendere Orte in geringer Höhe über dem
Meere am Gehänge des Gebirges, wie Escuintla und Retalhuleu, früher ein indianiſcher
Markt für Kakao und Baumwolle, jetzt eine wichtige Eiſenbahnſtation mit Kaffeegärten
zwiſchen Kokospalmen und Bananen und mit 15000 Einwohnern. In den Höhen von
1200— 2500 m drängen ſich die Ortſchaften zuſammen. Hier erhebt ſich die Hauptſtadt
Guatemala mit 1911: 80000 Bewohnern zwiſchen den Vulkanen Agua und Fuego, die
ſie mehrmals zum Wechſel ihres Standorts gezwungen haben. 1527 zerſtörte der Vulkan
Agua die alte Stadt, Ciudad Vieja, 1773 Antigua Guatemala, und erſt ſeit 1776 ſteht das
heutige Guatemala. Zwar ſind auch in der jetzigen Stadt die Häuſer wegen der Erdbeben
einſtöckig, allein es gibt doch eine Anzahl ſchöner öffentlicher Gebäude: die große Kathedrale
an der Oſtſeite der Plaza de Armas, die ernſte, vornehme Univerſität, das kleine, hübſche
Theater und die intereſſante Markthalle. Die reinlichen, vielfach mit Steinplatten belegten
Straßen ſind jetzt elektriſch erleuchtet. Übrigens hat ſich auch Antigua Guatemala als eine
Stadt von 15000 Einwohnern erhalten (ſ. die Abbildung auf S. 497), in der die maleriſchen
Ruinen der alten Kathedrale, Klöſter und Paläſte mit den neuen Wohnhäuſern einen merk—
würdigen Gegenſatz bilden.
Unter den übrigen Städten hat Amatitlan, früher der Hauptſitz der Koſchenillezucht,
von ſeinen 13000 Einwohnern ſeit 1865 die Hälfte verloren, während Solola in 2140 m Höhe
entralamerifa: Staaten und Siedelungen. 519
9
heute noch mit 15000 Bewohnern eine der volkreicheren Städte des Landes tft; kleiner iſt
Chimaltenango. Weſtlich von Sololä beginnen die Altos, in denen der Weizenbau, die
Agavenkultur, die Viehzucht und die Induſtrie ihre Stätte haben. Hier liegen die beiden
größeren Städte Quetzaltenango mit 30000 und Totonicapan mit 26000 Einwohnern,
in denen Leinen- und Baumwollwaren, Muſikinſtrumente, Kleider, Mäntel, Tücher, Decken,
Möbel, Steingut angefertigt werden und Gerberei, auch Färberei beſteht.
Je weiter man nun nach Norden hinabſteigt, um ſo ſchwächer wird die Beſiedelung,
obwohl Huehuetenango bereits wieder in der Zone mit reichem Bodenertrag liegt und Zaca-
pulas am Rio Negro (1166 m) den Handel der Altos mit der Verapaz vermittelt. In dieſen
Höhenlagen befinden ſich auch die Bleigruben von Chiantla, die Silberminen von Alotepeque
und Mataquescuintla, die Salinen von Magdalena und Chiquimulilla ſowie die alte Stadt
Jalapa an der Grenze von El Salvador, tiefer unten jedoch Jutiapa und Santa Roſa. Über
dem oberen Motaguatale liegen Chiquimula, Esquipulas, ein Wallfahrtsort der Indianer,
und Escapa mit Tabakbau, am Strome ſelbſt die großartigen Ruinen von Quirigua. An der
Mündung entwickelt ſich der Hafen Puerto Barrios neben Livingſton, welches das
Polochic-Tal beherrſcht.
Zwiſchen den Oberläufen des Motagua und Polochie liegt die Baja Verapaz mit den
Ortſchaften Salama (7000 Einwohner), San Gerönimo und Rabinal inmitten von Ruinen
älterer Städte, aber auch zwiſchen Zucker-, Bananen- und Orangenpflanzungen. Bekannter
iſt der Mittelpunkt des atlantiſchen Kaffeebezirks, Coban in der Alta Verapaz, eine infolge
ihrer günſtigen Lage in 1313 m Höhe raſch auf 25000 Einwohner angewachſene, zerſtreut
gebaute Stadt mit einſtöckigen Häuſern. Weitere Sitze des Kaffeebaues ſind San Criſtöbal,
Tucuru, Tactic, Panzös und Languin; auf dem Wege nach dem Peteén liegt Chiſec. Das
Beten, mit noch nicht 10000 Einwohnern und der geringen Volksdichte von 0,3, führt noch
ein kulturfernes Leben; größer als der Hauptort Libertad oder Saclue mit nur 600 Einwoh—
nern und ſtarker Viehzucht iſt Flores auf einer mit Mayaruinen gekrönten Inſel im See von
Beten, inmitten ſehr fruchtbarer Umgebung, reicher Pflanzungen und dichter Wälder.
Britiſch-Honduras. Zentralamerika enthält auch eine europäiſche Kolonie, Bri—
tiſch-Honduras, mit 22270 qkm Fläche, aber (1911) nur 40500 Einwohnern und einer
Volksdichte von 1,3. Der Grund für dieſe geringe Beſiedelung liegt in der Zuſammenſetzung
des Landes aus einer feuchten, bewaldeten, ſumpfigen Küſte und dem faſt unbekannten Cocks⸗
combgebirge. Im Jahre 1717 ließ ſich hier der Flibuſtier Wallis nieder, hielt ſich gegen die
Angriffe der Spanier und ermöglichte auf dieſe Weiſe England, 1836 ſein Beſitzrecht auf Hon⸗
duras geltend zu machen, das es 1853 zur Kolonie erhob. Die Bevölkerung iſt an der Küſte
zuſammengedrängt, beſteht aus Karaiben von St. Vincent und Negern, Miſchlingen aus bei-
den Raſſen ſowie aus 500 Weißen. Sie beutet vorwiegend den Wald aus, der große Mengen
von Holz für die Ausfuhr liefert: 1911 wurden für 4012000 Mark Holz, davon für 22000
Mark Blauholz, für 3432000 Mark Mahagoniholz und für 360000 Mark Zedernholz aus-
geführt. Der Wald lieferte ferner Kautſchuk für 75000 und Kaugummi, Chicle, für 3888 000,
im ganzen alſo Produkte für faſt 8 Millionen Mark zur Ausfuhr. Dazu kommen noch Kokos—
nüſſe für 525000 Mark, von denen ein Teil freilich in Pflanzungen gewonnen wird. An
Früchten wurden Bananen für 373000 Mark ausgeführt und Ananas, Kakao, Zuckerrohr,
Kaffee, Pfeffer, Reis, Mais, Muskatnüſſe und Vanille in kleineren Mengen angepflanzt.
Die Fiſcherei ergab 1911 für 80000 Mark Schildpatt ſowie auch Schwämme, die Induſtrie
520 Mittelamerika.
53281 Gallonen Rum. Der Handel hatte 1911 den Wert von 22290400 Mark, wovon auf
die Ausfuhr 10743600, auf die Einfuhr 11546800 Mark kamen, doch waren von der Ausfuhr
6336000 Mark wieder ausgeführte, vorher eingeführte Waren. 1912 betrugen die Zahlen
22,9, 11,04 und 11,86 Millionen Mark. Die Ausfuhr richtete ſich 1911 zu 71 Prozent nach
den Vereinigten Staaten, zu 12 Prozent nach England, zu 9 Prozent nach Mexiko; die Einfuhr
kam zu 44 Prozent von den Vereinigten Staaten, zu 23 Prozent von Mexiko, zu 21 Prozent
von England. Die Tonnenzahl der Schiffe betrug 1911: 588000. Hauptorte ſind Belize
(10000 Einwohner) gegenüber der Inſel Turneffe, im Norden Coroſal (5000 Einwohner).
Eine Eiſenbahn führt von Belize 40 km ins Innere.
5. Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe.
Bergbau. Der älteſte Wirtſchaftszweig der Europäer in Zentralamerika, der Bergbau,
wurde von den Spaniern bis Mitte des 18. Jahrhunderts mit Erfolg betrieben, iſt aber jeit-
dem zurückgegangen. Heute wird in Panamä nur noch eine einzige Mine bearbeitet, und auch
in Guatemala trägt der Bergbau zur Ausfuhr ſo gut wie nichts mehr bei. In Coſta Rica,
Nicaragua, El Salvador und Honduras wird er dagegen neuerdings wieder etwas kräftiger
betrieben. Gold und Silber ſind vor allem die den Bergbau noch einigermaßen lohnenden
Metalle. 1911 wurden Erze ausgeführt (in Millionen Mark und Prozenten der Ausfuhr):
Honduras 32 30 Prozent Coſta Rica. . . . 5,00 13,0 Prozent
Nieatagun).. .. 418 26 = El Salvador .. 6,44 8,„8s
18,77 18,7 Prozent
In Honduras werden die Silberminen von San Juancito, Valle de los Angeles,
Santa Lucia, Aramecina und El Labor ſowie die goldquarzhaltigen von El Retiro und
Cuajinicuil in Olancho ſowie El Gobernador abgebaut. Auch Gold wäſchen kommen vor,
namentlich in den Flüſſen des Oſtens. Eiſen findet ſich bei Agalteca, Opale bei Erandique.
In Nicaragua, wo zur Zeit der Conquiſta am meiſten Gold angetroffen wurde, ſind am
bekannteſten die Gold- und Silberminen von Aguas Calientes in Leon, von El Golfo in
Nueva Segovia und von La Libertad im altberühmten Bezirke Chontales. Wichtiger ſind
aber die neuerdings erſchloſſenen Fundſtätten im Oſten, an den Rios Prinzapolca, Vaspue,
Vava, Coco, Pispis, die goldhaltige Quarze und Waſchgold liefern, ſowie die am Rio Siquia.
In Coſta Rica hat der Bergbau durch die Eröffnung der Goldminen von Monte Aguacate
eine Zunahme erfahren, wichtiger aber iſt das aus dem Meere in Salinen gewonnene Salz.
Auch in Guatemala wird Salz gewonnen, aber in ſehr primitiver Art in den Binnenſalinen.
Die Waldwirtſchaft, die Jagd und der Fiſchfang ſind in den zentralamerika—
niſchen Republiken noch in den erſten Anfängen; was man aber daraus machen könnte, zeigt
das Beiſpiel der britiſchen Kolonie Honduras, die für 8 Millionen Mark Erzeugniſſe dieſer
Wirtſchaftszweige ausführt, darunter für 3888000 Mark Chicle (Gummi), für 3,4 Millionen
Mark Mahagoni und für 576000 Mark andere Hölzer, auch für 73000 Mark Kautſchuk und
für 80000 Mark Schildkrötenſchalen. Demgegenüber iſt die Ausfuhr der ſelbſtändigen Repu⸗
bliken nur klein, da alle zuſammen 1911 nur für 2,6 Millionen Mark Kautſchuk und Chicle,
für 3,3 Millionen Mark Holz zur Ausfuhr brachten. Dazu kamen für 360000 Mark Balſam
aus El Salvador und ein wenig Sarſaparille. Im ganzen liefert alſo Zentralamerika Wald⸗
produkte für etwa 13 Millionen Mark zur Ausfuhr.
Zentralamerika: Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. 521
Zu den Waldprodukten ſind zum Teil auch noch die Kokosnüſſe zu rechnen, die aber
auch in Pflanzungen geerntet werden. 1911 führte Panama für 450000, Britiſch-Honduras
für 520000, Honduras für 440000 Mark Kokosnüſſe aus, Panamä ferner für 473000 Mark
Elfenbein- oder Steinnüſſe.
Ackerbau. Heute iſt der Ackerbau der wichtigſte Wirtſchaftszweig in Zentralamerika.
Schon im 18. Jahrhundert lieferten Indigopflanzungen in El Salvador und Guatemala
faſt allen Indigo, und Ende des 19. Jahrhunderts konnte von El Salvador allein jährlich Indigo
noch für 10 Millionen Mark zur Ausfuhr gebracht werden. Dann aber verfiel die Indigokultur
infolge der Entdeckung der Anilinfarben, und heute iſt ſie faſt auf El Salvador beſchränkt, wo
ſie 1911 noch einen Ausfuhrwert von 1 Million ergab. Aus demſelben Grunde iſt die früher
blühende Koſchenillezucht zurückgegangen, die auf die Anpflanzung von Nopalkaktus—
hecken gegründet war und Mitte des 19. Jahrhunderts noch 1 Million kg Koſchenille lieferte.
Seit dieſer Zeit iſt an die Stelle dieſer Kulturen der Kaffee getreten, das heute wich—
tigſte Erzeugnis Zentralamerikas. Er ergibt trotz des ſtarken Verbrauchs im Inlande einen
Überſchuß für die Ausfuhr und ſteht in Guatemala, El Salvador und Nicaragua an der Spitze
der Ausfuhrliſte. Es führten aus (in Millionen Mark und Prozenten der Geſamtausfuhr):
Guatemala (1912) .. 46,2 84 Prozent Nicaragua (1910) . . 6,19 38 Prozent
El Salvador (1912) . . 28 89 7 Coſta Rica (1912) 15,2 36 =
95,6 63 Prozent
Dazu kommen noch 256000 Mark für Honduras, ſo daß die geſamte Kaffeeausfuhr ſich auf
ungefähr 96 Millionen Mark beläuft. Dagegen muß in Panamä und in Britiſch-Honduras
Kaffee eingeführt werden. Welch große Bedeutung der Kaffee für die nördlichen Staaten
hat, geht aus den Prozentzahlen für Guatemala und El Salvador hervor, aber auch in Coſta
Rica nahm der Kaffee bis 1900: 50 Prozent des Ausfuhrwertes ein.
Neuerdings iſt er in Coſta Rica durch die Bananen überflügelt worden, deren Aus—
fuhrwert in Zentralamerika in ſtarkem Steigen iſt, wie folgende Tabelle für 1911 zeigt (in
Millionen Mark und Prozenten der Geſamtausfuhr):
Coſta Rica 21,3 50,0 Prozent | Guatemala. .. 2,8 5,0 Prozent
Panama 90 „ Britiſch⸗Honduras. 0,37 2.8 *
Honduras 40,0 = 38,0 20,0 Prozent
Während der Kaffee faſt nur auf der pazifiſchen Seite der Landengen oder, wie in
Coſta Rica, auf der Höhe gedeiht, iſt die Banane die Frucht der atlantiſchen Abdachung, teils
wegen des feuchteren Klimas, teils wegen der raſcheren Ausfuhrmöglichkeit nach Nord—
amerika. Die wichtigſten Bananenpflanzungen liegen um Puerto Limon in Coſta Rica
und bei Bocas del Toro in Panamä. Auch der Anbau anderer Früchte, wie Orangen, Zi—
tronen und ſelbſt der ſonſt trockenere Gegenden vorziehenden Ananas, kommt auf der atlan—
tiſchen Seite empor. Daher konnte die United Fruit Company in New York auf dieſen
neuen Wirtſchaftszweig die Errichtung einer eigenen Dampferlinie gründen.
Die übrigen Ackerbauprodukte ſind für die Ausfuhr von geringerer Bedeutung.
Zuckerrohr wird überall im heißen und gemäßigten Lande gebaut und hat in Guatemala
neuerdings ſogar zu einer größeren Ausfuhr (1912: 2400000 Mark), in Salvador zu einer
geringeren (0,6 Million Mark) geführt, während die übrigen Nahrungspflanzen: Mais, Reis,
Bohnen und Yuca, im Lande bleiben. Yuca wird beſonders in Honduras, Coſta Rica und
522 Mittelamerika.
Panamä von den Indianern gepflanzt. Auch Kakao, der an der feuchtheißen atlantiſchen Küſte
ſehr gut gedeiht und früher ein Ausfuhrartikel Guatemalas war, kommt nur in Coſta Rica ſeit
1899 zur Ausfuhr, jedoch in geringen Mengen (1912: 360000 Mark). Der Anbau von Baum⸗
wolle hat ſich nur noch in El Salvador erhalten, und hier zieht man auch die für Yukatan fo
wichtige Siſalagave, Henequen, in kleinen Pflanzungen. Weizen, Kartoffeln, Zwiebeln und
Gemüſe können nur in größeren Höhen in Guatemala, Salvador, Honduras und Coſta Rica
gedeihen, gelangen aber nicht zur Ausfuhr, und auch der Tabak ſpielt in dieſer keine Rolle.
Viehzucht. Die Viehzucht tritt gegen den Ackerbau ganz zurück, erſcheint aber in den
Ausfuhrliſten unbedeutender, als ſie in Wirklichkeit iſt. Das wichtigſte Land für die Vieh—
zucht iſt Honduras, das 1911/12 für 660000 Mark Vieh und für 550000 Mark Häute ausführte.
Auch Coſta Rica lieferte 1912 Häute für 500000, Guatemala ſolche 1912 für 1400000 Mark.
Induſtrie. Induſtrieerzeugniſſe gelangen in Zentralamerika noch nicht zur Ausfuhr.
Die Indianer haben die S. 518 erwähnte Hausinduſtrie, verfertigen aus Schafwolle Wollen—
ſtoffe und Decken, aus Agavefaſern Seile, Stricke, Sandalen, Matten, Hängematten, aus
Palmſtroh Hüte und Matten. Töpferei iſt namentlich in El Salvador in beſtimmten Gegen⸗
den, wie in und um Cojutepeque, üblich, auch ſtellt man hier die Maismahlſteine, und zwar
in drei Formen, her. Europäiſche Induſtrie iſt meiſt nur durch Bierbrauerei, Sodawaſſer⸗,
Seifen- und Kerzen, Eis- und Zündholzfabrikation in den Hauptſtädten vertreten, auf dem
Lande durch Hüttenwerke, Zementwerke, Holzſägereien, Zuckerfabriken, Branntweinbrenne⸗
reien, Mühlen, Kaffeeſchälereien und eine Baumwollſpinnerei.
Handel. Bis vor zweieinhalb Jahrzehnten war der Handel Zentralamerikas faſt ganz
auf die pazifiſche Seite beſchränkt, aber ſeitdem haben die atlantiſchen Häfen bedeutend
größere Wichtigkeit erlangt als bisher. Der Wert des Handels ergibt ſich aus der folgenden
Tabelle (in Millionen Mark und für 1912):
ee Tonnen Kilometer
S 1 5) f —
Staaten Einfuhr Ausfuhr Handel des Geſamt Schiffsverkehr Eiſenbahnen
handels
Britiſch⸗ Honduras. 11,04 11,s6 22,9 6,0 588 000 40
Guatemala 41,25 55,25 96,5 26,0 1140000 722
El Salvador 27,1 35,68 62,8 17,0 668 000 320
Honduras (1911/12) 12,4 11,5 23,9 6,5 629000 (1905) 171
Nicaragua (1910) | 10,3 18,2 28,5 7,8 474000 (1908) 260
Coſta Rica 36,0 43,0 79,0 21,5 1 310 000 687
Panama . 2 42,0 12,0 54,0 15,2 4027000 325
Zuſammen: 180,1 | 187,5 367,6 100, 8 836 000 2525
In dieſer Zuſammenſtellung fällt, wenn man von Panama, das wegen des Kanalbaues eine
abnorme Einfuhr hat, abſieht, auf, daß das kleine Coſta Rica an zweiter Stelle der Handels-
bewegung ſteht, während Honduras und Nicaragua ganz zurückbleiben. Für die Ausfuhr
waren die wichtigſten Gegenſtände: Kaffee mit 96, Bananen mit 38, Erze mit 18,67, Holz
mit 8, Chicle mit 3,9, Häute mit 2,5 und Kautſchuk mit 1 Million Mark. Es kommen alſo
13 Millionen Mark auf die Waldprodukte, 19 auf die Erze und unter Zurechnung von Zucker,
Kakao, Indigo 137 Millionen Mark auf die Ackerbauerzeugniſſe, mehr als 73 Prozent. Der
Handel richtete ſich meiſt nach den Vereinigten Staaten, die in Honduras 1910: 67, in
Nicaragua 1909: 52, in Guatemala 1910: 41, in Coſta Rica 1911: 46,5 Prozent der Einfuhr
Zentralamerika: Die wirtſchaftlichen Verhältniſſe. 523
und in den gleichen Jahren in Honduras 87, in Coſta Rica 56, in Nicaragua 41,7 Prozent
der Ausfuhr in Anſpruch nahmen. Das Deutſche Reich ſteht in beider Hinſicht meiſt an dritter
Stelle, nimmt aber in der Einfuhr bei Guatemala und Coſta Rica den zweiten, in der Aus-
fuhr bei Honduras den zweiten, bei Guatemala ſogar den erſten Platz ein, mit 1912 faſt 30
von 55 Millionen Mark, 54 Prozent. 1912 liefen 819 Schiffe mit 1140000 Tonnen ein;
an Eiſenbahnen gab es 722, an Telegraphen 1911: 6088 km.
Verkehr. Schiffahrt. Die Dampfſchiffahrt an den Küſten Zentralamerikas war
lange Zeit, mit Ausnahme des atlantiſchen Hafens Colön, faſt ganz auf die pazifiſche Seite
beſchränkt. Hier verkehren die Dampfer der engliſchen Pacifie Steam Navigation Company
und der Compania Sudamericana de Vapores von Südamerika her bis Panama, wo an ſie die
amerikaniſche Pacifie Mail Steamſhip Co. anſchließt, bis San Francisco; ſeit dem Jahre 1900
befährt aber auch die deutſche Kosmos⸗Linie die ganze Weſtküſte von Panama bis über San
N
5
Ay) Vi | 5 |
Der Panamäsrfanal. Zu S. 524.
Francisco hinaus. Die meiſtangelaufenen Häfen ſind Panama, Punta Arenas in Coſta Rica,
San Juan del Sur und Corinto in Nicaragua, Amapala in Honduras, La Union, Libertad und
Acajutla in El Salvador und San Joſé, Champerico und Deos in Guatemala. Benachteiligt
ſind daher die Landſchaften zwiſchen Panama und Punta Arenas, doch verkehren kleinere
Dampfer auch in Pedregal, dem Hafen von David, von Panama und Punta Arenas her.
Auf der atlantiſchen Seite hob ſich der Schiffsverkehr um jo mehr, je mehr Eiſen⸗
bahnen nach den atlantiſchen Häfen gebaut wurden, und manche Häfen der atlantiſchen Küſte
haben Ausſicht, ihre pazifiſchen Nebenbuhler in ähnlicher Weiſe zu überflügeln, wie es Puerto
Limon (1912: 538 Schiffe) mit Punta Arenas (1912: 87 Schiffe) getan hat. Immerhin
laufen auch heute noch die großen europäiſchen Dampferlinien von Hamburg, Bordeaux,
Southampton und Genua (vgl. S. 93) nur Colon an, mit Ausnahme der Hamburg-Amerifa-
Linie, die jetzt auch eine Linie über die Antillen nach Puerto Barrios in Guatemala ſchickt
und, da ſie überdies die ſeit den 1870er Jahren an der Oſtküſte verkehrende engliſche Atlas—
Linie 1901 angekauft hat, auch den Verkehr mit den von der Atlas-Linie früher angelaufenen
Häfen Puerto Limon und Greytown vermittelt. Die Häfen der atlantiſchen Küſte werden
aber jetzt namentlich von der New Porker United Fruit Line beſucht, darunter Bluefields an
der Mosquitoküſte, die Mündung des Rio Grande in Nicaragua, die des Rio Coco, ferner
Trujillo, La Ceiba, Puerto Cortez in Honduras, Puerto Barrios und Livingſton in Guate-
mala und Punta Gorda, Stann Creek, Belize in Britiſch-Honduras, endlich auch die Inſeln
Guanaja, Ruatan, Utila in der Bai von Honduras.
524 Mittelamerika.
Eine Veränderung in den Verkehrsverhältniſſen wird ohne Zweifel auch in Zentral-
amerika der Panamäkanal herbeiführen, doch ſind die Folgen dieſes Ereigniſſes noch nicht über—
ſehbar; jedenfalls wird die Weſtküſte des Gebietes der Landengen weſentlich dadurch gewinnen.
Flußſchiffahrt kann nur auf den Waſſerwegen der atlantiſchen Seite getrieben wer—
den, und auch hier werden nur der Polochie in Guatemala durch die Laguna de Mabal bis
Panzos und ferner der New River in Britiſch-Honduras befahren. Außerdem verkehren auf
dem Rio San Juan in Nicaragua Dampfer, die zugleich die Ufer des Nicaraguaſees anlaufen,
und endlich iſt der Managuaſee ein Feld für die Binnenſchiffahrt.
Eiſenbahnen. Infolge der geringen Breite der Landengen trat ſchon früh der Wunſch
hervor, die beiden Küſten miteinander durch Schienenwege zu verbinden. Zuerſt gelang das
naturgemäß auf der kürzeſten Strecke, der Landenge von Panama (j.die Karte auf S. 523),
wo Colon und Panamä bereits 1855 durch eine nur 75 km lange, aber hochwichtige Eiſenbahn
verbunden wurden. Seitdem haben alle zentralamerikaniſchen Staaten den Eiſenbahnbau
begonnen, aber zur Verknüpfung beider Küſten durch Schienenwege iſt es erſt ſehr ſpät und
auch erſt an zwei Stellen gekommen. Einmal in Coſta Rica, wo Puerto Limon mit Punta
Arenas jetzt endlich durch Eiſenbahn verbunden iſt, während noch bis 1903 die kleine Strecke
zwiſchen Alajuela und Esparta an der Weſtküſte fehlte. Ebenſo iſt es um dieſelbe Zeit ge—
lungen, in Guatemala die ältere pazifiſche Strecke San Joſé Guatemala mit der neueren
atlantiſchen, Puerto Barrios —San Aguſtin, zu einer Querbahn zu vereinigen; außerdem
führt nahe Escuintla eine Abzweigung nach dem pazifiſchen Hafen Champerico, und auch
Ocos hat Verbindung mit Mexiko. Dagegen iſt die in Honduras geplante Überlandbahn
bisher nicht über kurze Stücke an der pazifiſchen Seite, von San Lorenzo an der Fonſecabucht
bis Tegueigalpa, und an der atlantiſchen, von Puerto Cortez bis Potrerillos, hinausgekommen.
In Nicaragua beſteht die Strecke Corinto-Leon-Managua-Granada auf dem pazifiſchen
Abhange. Kleinere Unternehmungen ſind die Bahn Panzos-Pancajche und Ocöos-Coate—
peque in Guatemala und La Libertad —-San Salvador — Santa Ana in Salvador. An
Länge der Schienenwege ſtehen wieder Guatemala mit 722 und Coſta Rica mit 687 km
voran, dann folgen Panamä mit 325 und El Salvador mit 320, ferner Nicaragua mit 260
und Honduras mit 171, endlich Britiſch-Honduras mit 40 km. Die geplante panamerikaniſche
Längsbahn an der pazifiſchen Seite liegt daher noch in weitem Felde. Die Zahl der Tele⸗
graphenkilometer betrug 1912 in Guatemala 6068, in Nicaragua 4093, in Honduras 491,
in Salvador 3788. Dazu kommt noch Britiſch-Honduras mit 552, während die Zahlen
für Panama und Coſta Rica nicht bekannt ſind.
Verzeichnis der wichtigſten Literatur über Südamerika.
Allgemeine Werke
mit zum Teil grundlegenden Angaben für
die Geographie Südamerikas.
Sueß, Ed.: Das Antlitz der Erde III. Wien und
Leipzig 1882—1909. Enthält mehrere größere Ab⸗
ſchnitte über den Bau des Erdteils, die für die in
dieſem Bande gegebenen Angaben maßgebend ge—
weſen ſind.
Bludau, A.: Die Areale der außereuropäiſchen und der
europäiſchen Stromgebiete. Pet. Mitt. 1897-1900.
Krümmel, O.: Handbuch der Ozeanographie. 2. Aufl.
2 Bde. Stuttgart 1907 und 1911.
Schott, G.: Geographie des Atlantiſchen Ozeans. Ham⸗
burg 1912.
|
Im Erſcheinen ift auch die Neubearbeitung von
Kerner von Marilaun, A.: Pflanzenleben. 3 Bde. 3. Aufl.
von A. Hanſen. Leipzig und Wien 1912 —14.
Desgleichen fehlt eine Tiergeographie auf mo⸗
derner Grundlage. Man muß zurückgehen auf Einzel-
abhandlungen und auf
Wallace, A. R.: Die geographiſche Verbreitung der Tiere.
2 Bde. Dresden 1876.
Jacobi, A.: Lage und Form biogeographiſcher Gebiete.
Atlantiſcher Ozean. Ein Atlas von 39 Karten. Herausg.
von der Deutſchen Seewarte. 2. Aufl. Hamburg 1902.
Stiller Ozean. Ein Atlas von 31 Karten. Herausg. von
der Deutſchen Seewarte. Hamburg 1896.
Dieſe beiden Atlanten geben nicht mehr den neueſten
Stand der Kenntnis. Für die Tiefenmeſſungen ſind da⸗
gegen neu:
Groll, M.: Der Atlantiſche Ozean. Karte in 1:40 Mill.
Veröffentl. d. Inſt. f. Meereskunde, Berlin. Neue
Folge A, Heft 2. Abgeſchloſſen Januar 1912.
— Der Stille Ozean. Karte in 1:40 Mill. Ebenda.
Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie.
Hann, J. v.: Handbuch der Klimatologie. 3. Aufl. Stutt⸗
Ztſchr. Geſ. Erdk. Berlin 35, 1900.
Lydekker, R.: Die geographiſche Verbreitung der Säuge—
tiere. Jena 1901.
Müller, R.: Die geographiſche Verbreitung der Wirt⸗
ſchaftstiere. Leipzig 1903.
Kirchhoff, A.: ſ. oben.
Das Werk von W. Kobelt: Die Verbreitung der Tier⸗
welt, geht auf Südamerika ſo gut wie nicht ein.
Wirtſchaftsgeographiſche Darſtellungen ent⸗
halten die Lehrbücher der Wirtſchafts- und Handels⸗
geographie, am beſten
Andree, K.: Geographie des Welthandels. Herausg. von
F. Heiderich u. R. Sieger. 3 Bde. Frankfurt 1911—13.
Friedrich, E.: Geographie des Welthandels und Welt⸗
verkehrs. Jena 1911, mit vielen Karten.
Hierher gehören auch die beiden wertvollen Werke:
Semler, H.: Die tropiſche Agrikultur. 4 Bde. Wiesbaden.
gart 1908—11. Quelle für die meiſten klimatiſchen
Zahlen; dazu:
Supan, A.: Die Verteilung des Niederſchlags auf der
feſten Erdoberfläche. Ergzh. 124 zu Pet. Mitt. Gotha
1898, Karte in 1:100 Mill.
Meteorologiſche Zeitſchrift.
Eine neuere Darſtellung der Verteilung der Pflan⸗
zen fehlt. Man iſt angewieſen auf die bereits veralteten
Werke:
Griſebach, A.: Die Vegetation der Erde. 2 Bde. 2. Aufl.
Leipzig 1884. 8
Drude, O.: Handbuch der Pflanzengeographie. Stuttgart
1890.
— Die Florenreiche der Erde. Ergzh. 74 zu Pet. Mitt.
Gotha 1884.
Schimper, A. F. W.: Pflanzengeographie auf phyſiologi⸗
ſcher Grundlage. Jena 1898 (darin über Südamerika gufft, H.: Geſchichte Südamerikas. Berlin u. Leipzig 112.
Garcia Calderon, F.: Die lateiniſchen Demokratien Ame⸗
nur wenig).
Kirchhoff, A.: Pflanzen⸗ und Tierverbreitung. Allge-
meine Erdkunde. 5. Aufl. Leipzig, Prag, Wien 1899.
Mit Vorteil können dagegen benutzt werden die Ab- |
ſchnitte über die Verteilung der Pflanzen in:
Wagner, H.: Lehrbuch der Geographie. 9. Aufl. Hannover
und Leipzig 1912.
Supan, A.: Grundzüge der phyſiſchen Erdkunde. 5. Aufl.
Leipzig 1911. (Die ſechſte wird bald erſcheinen.)
2. Aufl. 1897-1900.
Engelbrecht, Th. K.: Die Landbauzonen in außertropiſchen
Ländern. 3 Bde. Berlin 1898—99.
Monographien einzelner Nutzpflanzen ſind:
Fiſcher, M.: Die geographiſche Verbreitung des Kaffee-
. baums. Leipzig 1886.
Oppel, A.: Der Reis. Bremen 1890.
— Die Baumwolle. Leipzig 1902.
Rung, R.: Die Bananenkultur.
Mitt. Gotha 1911.
Über die Handelsſtatiſtik, aber auch über die
Fläche der Staaten und deren Bevölkerungszahl
unterrichtet am beſten der
Gothaiſche Genealogiſche Hofkalender, der jährlich im
Dezember erſcheint.
Die Entſtehung und Entwickelung der Staaten des
romaniſchen Amerika behandeln:
Supan, A.: Die territoriale Entwickelung der europäiſchen
Kolonien. Gotha 1906.
Ergzh. 169 zu Pet.
rikas. Leipzig 1913.
Die gegenwärtig vorliegenden Lehr- und Handbücher
der Völkerkunde ſind entweder veraltet oder für die
Zbwecke dieſes Bandes wenig brauchbar. Amt beiten eignet
ſich zurzeit Buſchan, A.: Völkerkunde, Stuttgart 1910.
Von F. Ratzels „Völkerkunde“ iſt eine 3. Auflage (6 Bde.)
in Vorbereitung.
926
Allgemeine Werke über Südamerika.
Wappäus, J. E.: Mittel und Südamerika. In: Stein und
Hörſchelmann, Handbuch der Geographie und Statiſtik.
7. Aufl. Leipzig 185867.
Reclus, E.: Nouvelle Geographie Universelle. Bd. XIX,
XX. Paris 1892, 1894.
Beide Werke, namentlich das erſte, haben nur noch
hiſtoriſchen Wert, ſind aber wertvolle ältere Arbeiten, das
letztere reich an guten Abbildungen und Karten. Neuer ſind
Regel, F., und Ambroſius, E.: Abſchnitt Südamerika in
A. Scobel, Geographiſches Handbuch. Bd. II. Biele⸗
feld und Leipzig 1910, ſowie
Regel, F.: Abſchnitt: Das lateiniſche Amerika in K. An⸗
drees Geographie des Welthandels, Bd. III, dieſes
vorwiegend wirtſchaftsgeographiſch.
Erwähnenswert ſind ferner:
The South American Series, eine Sammlung von Ein⸗
zeldarſtellungen der Staaten Südamerikas mit einer
Geſamtdarſtellung von F. Garcia Calderon, Latin
America, als Einleitung. New York, ſeit 1910.
Einzelne Zweige der Geographie behandeln ſpeziell
für Südamerika:
Steinmann, G.: Diluvium in Südamerika. Zeitſchr. Dtſch.
Geol. Geſ. 1906, Mon.⸗Ber. 8—10.
— Gebirgsbildung und Maſſengeſteine in den Kordil—
leren Südamerikas. Geol. Roͤſch. I, 1910.
Voß, E. L.: Die Niederſchlagsverhältniſſe von Süd—
amerika. Ergzh. 157 zu Pet. Mitt. Gotha 1907.
Emmel, O.: Die Verteilung der Jahreszeiten im tropiſchen
Südamerika. Gießen 1908.
Sievers, W.: Die heutige und die frühere Vergletſcherung
Südamerikas, in: Verhandlungen der Geſellſchaft
deutſcher Naturforſcher und Arzte. 83. Verſ. zu Karls⸗
ruhe 1911.
Baſtian, A.: Die Kulturländer des alten Amerika. 2 Bde.
Berlin 1878.
Kartenwerke über Südamerika als ſolches
fehlen. Zum Studium der Geographie des Erdteils dient
am beſten die ſechsblätterige Karte in
Stielers Handatlas. 9. Aufl. Gotha 1906, Blatt 95-100,
ſowie die Karten 92—94. Ferner
Meyers Geographiſcher Handatlas. 4. Aufl.
1912, Blatt 106—116.
E. Debes' Neuer Handatlas. 4. Aufl. 1913 (die neueſte
Erſcheinung), Blatt 57—59.
Andrees Handatlas. 5. Aufl. Leipzig 1906, Blatt 189
bis 200.
Berghaus, H.: Phyſikaliſcher Atlas.
1886-92.
Dieſer Atlas enthält eine Fülle von Karten zur Geo⸗
logie, Hydrographie, Ozeanographie, Klimatologie, Bio⸗
logie und Anthropogeographie von Südamerika, aber ein
großer Teil dieſer ſonſt vorzüglichen Darſtellungen ent⸗
ſpricht, etwa 25 Jahre alt, nicht mehr dem heutigen Stande
der Anforderungen.
Leipzig
3. Aufl. Gotha
In und über Südamerika erſcheinende geogra—
phiſche Zeitſchriften.
Boletim do Museu Paraense de Historia Natural e
Ethnographia. Seit 1894.
Revista trimensal do Instituto de Ceara. Seit 1886.
Revista do Instituto Geographico e Archeologico Pernam-
bucano. Seit 1862.
Literaturnachweis.
Revista trimensal do instituto historico, geographico e
ethnographico do Brazil. Rio, ſeit 1837.
Revista da sociedade de geographia do Rio de Janeiro.
Seit 1885.
Boletim da Commissäo geographica e geologica do Estado
de Minas Geraes.
Boletim da Commissäo Geographica e Geologica do
Estado de Säo Paulo.
Anuario estadistico de la Republica oriental del Uru-
guay. Montevideo, ſeit 1896.
Boletin del Instituto Geogräfico Argentino.
Aires, jeit 1881.
Revista del Museo de la Plata. Geit 1891.
Anales de la Oficina meteorolögica Argentina. Seit 1883.
Mehrere Miniſterialveröffentlichungen, z. B. Boletin
de la Instruccion püblica und Anales del Ministerio
de Agricultura, Seccion Geologia, ſeit 1907.
Veröffentlichungen der Deutſchen Akademiſchen Ver—
einigung zu Buenos Aires. Seit 1900.
Boletin de la Academia Nacional de Ciencias en Cordoba.
Cordoba, ſeit 1886.
Anales de la Universidad de Chile. Santiago.
Verhandlungen des Deutſchen wiſſenſchaftlichen Vereins
zu Santiago. Seit 1880.
Anuario hidrogräfico de la Marina de Chile. Santiago,
ſeit 1876.
Memoria de la Marina de Chile. Santiago.
Boletin de la Sociedad Geogräfica de la Paz. La Paz,
ſeit 1898.
Boletin de la Sociedad Geogräfica de Lima. Lima, ſeit
1880.
Boletin del Cuerpo de Ingenieros de Minas del Peru.
Lima, ſeit 1903.
Publicacion de la Junta de vias fluviales. Lima, ſeit 1904.
Revista técnica. Caracas, ſeit 1911.
Buenos
Internationaler Amerikaniſten⸗Kongreß. 20 Tagungen.
1876-1914, meiſt mit je 2 Bänden.
Südamerikaniſche Rundſchau. Berlin, ſeit 1894.
Süd⸗ und Mittelamerika. Berlin, ſeit 1908.
O Transatlantico, Revista ilustrada. Stuttgart und
Berlin, ſeit 1914.
El Mensajero de Ultramar. Stuttgart und Berlin, jeit
1914.
Beides Organe des Deutſch-Südamerikaniſchen In⸗
ſtituts in Bonn, das auch herausgibt:
Mitteilungen des Deutſch-Südamerikaniſchen Inſtituts.
Ebenda, ſeit 1913.
Über die Fortſchritte der Erforſchung des ro—
maniſchen Amerika berichtet W. Sievers im Geogra—
phiſchen Jahrbuch. Gotha, zuletzt in Band XXXVI,
1914. S. 329.
Landesaufnahmen.
In Chile werden Karten in 1: 25000 und 1: 50000
vom Generalſtab herausgegeben, ſeit 1911 auch ſolche in
1:100000 als Mapa de Chile. Auch gab die Oficina de
Menſura de Tierras ſeit 1909 eine Karte von Chile in
1:500000 heraus; außerdem ſind eine Wandkarte, Mapa
escolar, in 1:1 Mill. und ein Atlas in 1:1½ Mill. nahezu
fertig.
Argentinien hat ſeit 1884 nach Gründung des Militär⸗
geographiſchen Inſtituts Meßtiſchblätter in 1:25000 ver⸗
öffentlicht. Die Karte des Landes, Carta de la Repü-
blica, wird in 1:100000 erſcheinen, außerdem in 1:1 Mill.
als Teil der Allgemeinen Karte der Erde und in 1:2 Mill.
als Wandkarte.
Literaturnachweis. 527
Uruguay hat von 1908—12: 18000 qkm in 1:25000
aufgenommen.
Venezuela gibt einen Plano Militar heraus, teils in
1:50000, teils in 1:250000 und in 1:1 Mill.
In Braſilien gehen die Einzelſtaaten ſelbſtändig vor,
bisher aber nur Minas Gerages, wo die Ausgabe
einer Karte in 1:100 000 ins Stocken geraten iſt, und Sao
Paulo, deſſen Karte in 22 Blättern und in 1:200000
der Vollendung nahe iſt.
Eine umfangreiche Literatur iſt aus den Grenz⸗
ſtreitigkeiten erwachſen; ein Verzeichnis der wichtigſten
Schriften dieſer Art findet ſich in W. Sievers, „All-
gemeine Länderkunde“, kleine Ausgabe, I 439, Leipzig
1907.
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La Condamine, Ch. Marie de: Journal d'un voyage fait
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Aguapehy 1905, des Parana 1906, des Peixe 1907, des
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Abras 285. 322.
Abraspungo, Sattel von 388.
Abrolhos 182. 191.
Abuna 29.
Acajutla 517. 523.
Acapulco 21.
Acara 137.
Acaray 222. 223.
Acarigua⸗Araure 122. 127.
Acatenango 43. 491. 497.
Acero 323.
Acevedo 27.
Achagua 125. 126.
Achao 304.
Ackerbau der Antillen 460.
— Argentiniens 275.
— Bolivias 354.
— Braſiliens 210.
— Chiles 311.
— Colombias 428.
— Ecuadors 401. 403.
— Paraguays 225.
— Patagoniens 270.
— Perus 377.
— Südamerikas 90.
— Uruguays 234.
— Venezuelas 442.
— Zentralamerikas 520.
Acklin Island 488.
Aconcagua (Berg) 37. 54. 69. 281.
293. 295. 317.
— (Provinz) 308.
Aconquija, ſ. Sierra de Aconquija.
Acre (Fluß) 27. 28. 29. 136.
— (Republik) 152.
— (Territorium) 209.
Adalbert von Preußen, Prinz 23.
Adam, Lucien 81.
Adelaide 57.
Admiralitätsbuſen 287.
Agalteca 520.
Agaſſiz 285. 286.
Agave 72.
Agreſte 178.
Regiſter.
Fettgedruckte Zahlen bedeuten Hauptſtellen.
Agrio 34. 295. 296.
Agua 491. 497. 501.
— Blanca 443.
Aguacate 513.
Aguadilla 474. 475.
Agua Negra, ſ. Kordillere von Agua
Negra.
Aguapey 235.
Aguaray⸗Mini 238. 239.
Agua Salada 350.
Aguas Blancas 331.
— Calientes 520.
Agua Suja 169.
Aguilar, Fort 246.
Aguirre, Lope de 19.
Agulhas Negras 181.
Ahuachapan 517.
Aillas 302.
Aimarä 78. 80. 83. 340. 341. 372.
Aiſen 35. 283. 286.
Ak⸗Kapana 341.
Akuä 81. 167.
Alagoas (Ort) 214.
— (Staat) 171. 176. 178. 209.
Alajuela 513.
Alakaluf 291.
Alaminos, Antonio de 11.
Alao 395.
Alauſi 405.
— Becken von 387.
Albarrazin 34.
Albatros (Schiff) 34.
i (Inſel), ſ. Iſabela (In⸗
il).
Alboff 30.
Albuquerque 218.
Alcalava, Simon de 17.
Alcantara 177.
Alcobaga 168.
Alegrete 208.
Alegria 496.
Alemquer 155.
Allin Ccapak 356.
Allouages 458.
Almagro, Diego de 17. 303.
Almeirim 155.
Alotepeque 519.
Alpaca 74.
Altar 388. 395.
Alta Vela, Inſel 476.
Alta Verapaz 499. 510. 519.
Alter do Chäo 137. 155.
Altiplanicie 315. 325.
Alto da Serra 185.
— Parancd 31. 96.
Altos 519.
— Cuchumatanes 499.
— de Coligua 298.
— de Purilari 330.
Alto Uruguay 208.
Aluminé 294. 295.
Alvarado, Pedro de 16.
Amalfi 426.
Amambayaplateau 160. 222.
Amapa 116.
Amapala (Inſel) 496.
— (Ort) 43. 515. 523.
Amarizano 125.
Amarragäo 177.
Amaru⸗Mayu 136.
Amatitlan 518.
Amayo 497.
Amazonas (Staat) 151. 152.
— (Strom) 10. 12. 13. 18. 19. 20.
22. 23. 26. 27. 28. 39. 40. 54.
55. 57. 62. 77. 9.
— (Territorium) 209.
Amazonastal 93.
Amazonien 26. 59. 66. 70. 78. 79.
99. 100. 128.
— bolivianiſcher Anteil 152.
— braſiliſcher Anteil 152.
— colombianiſcher Teil 150.
— ccuatorianiſcher Teil 150.
— peruaniſcher Anteil 151.
Amazon Steam Navigation Com-
pany 95.
Ambalema 425. 426.
Ambato 405.
— Becken von 389.
Ambroſetti, J. B. 31. 340.
Ameghino, F. 30. 266.
Ameiſenfreſſer 75.
Amerika (Name) 14.
Amparo 195.
Ampato 358.
Amucu⸗See 104.
Ananaz 155.
Ancachs 378.
Anchieta 191.
538
Ancon 377. 512; ſ. auch Golf von
Ancon.
— Totenfeld von 39. 358. 371.
Ancud 289. 304.
Andacollo 309.
Andagoya, Pascual de 17.
Andahuaylas (Fluß) 357.
— (Ort) 378.
Andalgalä 348.
Anden, ſ. Kordilleren.
Andes von Carabaya 325.
Andine Kulturvölker 83.
André, Eduard 25. 39. 40. 41.
Andros 488.
Anegada 45. 451. 452. 473.
Angamarca 394.
Angelina 207.
Angol 303. 306. 314.
Angoſtura, ſ. Ciudad Bolivar.
Anguilla 45. 452. 463. 471. 472.
Anhanduy 200.
Anicuns 169.
Anka Cocha 360.
Anſerma 425.
Anta 166.
nr Hochgebirgsregion
Yntiglia (Antilia) 5.
Antigua 45. 452. 460. 461. 462.
463. 471.
— Guatemala 501. 518.
Antillen 22. 44. 46. 47. 72. 73. 451;
ſ. auch die Namen der ein-
zelnen Inſeln.
— Große 451. 460. 464. 474.
— Kleine 8. 44. 45. 451. 452. 458.
460. 464.
Antibquia (Departamento, Land-
ſchaft) 40. 41. 411. 425.
— (Stadt) 424. 425. 426.
Antis 375.
Antiſana 391. 395.
e (Ort) 59. 304. 332.
344. 352
— (Provinz) 303. 343. 344.
— de la Sierra 37. 329. 347.
Antofagaſta⸗Eiſenbahn 352.
Antofalla 347.
— Vulkangruppe von 329.
Antonina 207.
Antonio Olynth 206.
— Vaz 178.
Antuco, Vulkan von 35. 283. 293.
Apa 222.
Apaca 287.
Apalai 114. 148.
Apaporis 28. 134.
Apeteré 227.
Apfelbaum 300.
Apiahy 196.
Apiafa 81. 166.
Apipe 229. 235.
Apolobamba 351.
Apoſtolos 230.
Apoto 148.
Apoyoſee 494.
Regiſter.
Appun, F. 25. 111.
Apure (Fluß) 107. 109. 122. 444.
— (Staat) 126.
Apurimac 357.
Apurimac⸗Anden 356.
Apurito⸗Guärico 109.
Aquidaban 222.
Aquidauana 161. 218.
Aquin 480.
Araca 353.
Aracaju 190.
Aracaty 177.
Aragua (Llano) 122.
— Täler von 435. 442.
Araguary 26.
Araguaya 24. 28. 55. 67. 161. 162.
163. 165.
Aramecina 520.
Arana, M. S. 31.
Arapah 230.
Arära 166.
Araracuara 134.
— Fall von 27.
Araraquara 195.
Arary 188.
Araryſee 155.
Araſſuahy 183.
Arauca (Fluß) 18. 108. 122. 126.
— (Ort) 126. 424. 430.
Araucaria brasiliensis 67.
Arauco (Provinz) 36. 305.
— (Stadt) 303. 306.
Araukaner 79. 83. 302.
Araukanien 305. 306.
Araukarie 203.
Araya (Halbinſel) 433. 435.
Arbolito, Lagune 248.
Archamazonas 73.
Archidona 405.
Archiguayana 73.
Arcos 481.
Areas 191.
Arecibo 474. 475.
Arekuna 82. 114.
Arenales 321. 339.
Arequipa (Departamento) 343.
345
— (Stadt) 332. 345. 365. 366.
384.
— Ebene von 332.
Argentina 22. 29. 31. 32. 36. 59.
61. 68. 72. 73. 88. 92. 273.
Argentiniſcher Bergwald 338.
Argentiniſche Republik, ſ. Argen⸗
tina.
— Weſtbahn 96.
Argentino, ſ. Lago Argentino.
Arhuaco 422
Arias, Fort 245.
Arica 39. 57. 60. 332. 345.
Arica⸗La Paz⸗Bahn 97.
Ariguanaboſee 482.
Arinos 162.
Arma 421.
Armatambo 371.
Aro 109.
Aroa, Kupferminen von 434. 441.
443.
Arowaken 82. 114.
Arroyo Azul 248.
— Julio Roca 238. 239.
— Norquinco 261.
— Perdido 262.
— Vanguardia 239.
Artibonite 477.
Artigas 233.
Aruak 82. 113. 114. 147. 166. 458.
Aruan 147.
Aruba 44. 447. 448. 462.
Ascotan 37. 352. 353.
Ascotan-Collahuaſi-Bahn 97.
Ascurra 207.
Aſhluſhlay 82. 243.
Aſiaten 84. 115. 459.
Aſocosco 494.
Aſſunguy 206.
Aſuncion (in Paraguay) 29. 31.
170. 224. 227. 228.
— (auf Margarita) 447.
Atabapo 25. 104. 107. 108.
Atacama (Provinz) 343.
— (Müſte) 36. 37. 61. 68. 330.
336.
Atacama-Graben 48.
Atacamas 340.
Atacameiios 302.
Atacatzo 390.
Atanquez 427.
Atitlan 43. 491. 497.
— See von 498.
Atläntico 424.
Atlantiſcher Ozean 3.
Atlantiſche Staaten 88. 92.
Atorai 114.
Atrato 57. 409. 430. 489.
Atrato-Gebiet 425.
Atrato⸗Tal 74.
Atravieſo de la Leña 294.
Atuel 36. 248. 296.
Atures (Indianer) 113.
— (Ort) 103. 120.
— Stromſchnellen von 56.
Auafe 113.
Auca Mahuida 260.
Auchenia alpaca 74.
— huanaco 74.
— lama 74.
— viceugna 74.
Auetö 81. 166.
Auguſto da Coſta 168.
Aux Cayes 480.
Auzangate 356.
Aveiro 155.
Avé-Lallemant, G. 30. 37.
— R. 23.
Avellaneda 246.
Aves 44. 447.
Avicaya 353.
Avila, Gil Gonzalez d' 16.
— Pedrarias de 11.
Ayacucho 38. 86. 378.
Ayala, E. 31.
Ayavaca 379. 386.
Aymore, ſ. Botokuden.
Ayolas 19.
Azängaro 346.
Azapa 345.
Azara, Felix de 21. 29.
Azogues 404.
Azua 479. 480.
Azuay, Gebirgsſtock von 387; ſ.
auch Laguna de Azuay.
Azuero (Halbinſel) 492. 493. 511.
512
Azufre 329.
Azul 254.
Babahoyo 404.
Bacabal 155.
Badenfurt 207.
Bagé 206. 208.
Bahäma⸗Bank, Kleine 451.
Bahämainſeln 451. 452. 453. 454.
457. 460. 463. 487. 488.
Bahia (Ort) 22. 184. 185. 190. 210.
214.
— (Staat) 12. 23. 179. 189. 190.
209.
— Blanca (Bucht) 58.
— — (Ort) 61. 249.254. 256.275
278. 279.
— de Caraques 404.
— de David 492.
— del Chocb 409.
— del Oro 310.
— de Manzanillo 477.
— de San Jorge 271.
— de Todos os Santos 58.
— Falſa 58.
— Grande 58.
— Sutil 262. 283.
— Nueva 58.
Baily, John 42.
Baja Verapaz 519.
Bajo Imperial 306.
Bakairi 81. 82. 166.
Bakerkanal 35. 288.
Bakhuis 26.
Balao 404.
Balata 71. 112.
Balboa (Stadt) 512.
Balboa, Vasco Nuniez de 3.11.17.
Balchetaſtraße 271.
Baldrich, J. A. 30. 31.
Ball 265.
Ballet, J. 45.
Balſapuerto 39.
Balſas 361.
Bananal, Inſel 162. 167.
Banane 71. 90. 521.
Banda Oriental 29.
Baniwa 114.
Baños 363. 394. 405.
Baracoa 485.
— Hügelland von 481.
Barahona 479.
Barba 493.
Barbacena 184. 193.
Regiſter.
Barbados 45. 93. 452. 453.
455. 457. 460. 461. 462.
464.
Barbuda 45. 452. 460. 463.
Barcellos 27. 154.
Barcelona 435. 440. 442. 445.
— Bruch von 435.
Bare 114.
Baria 104.
Barima Sand 120.
Barinas 126.
Barlovento 442.
Barquiſimeto (Ort) 439. 441. 444.
— (Staat) 42. 433. 437.
— Zwiſchenland von 433.
1
72.
Barra do Pirahy 191.
— do Rio de Contas 191.
— do Rio Doce 191.
— do Rio Grande 190.
Barragan, ſ. Santa Catalina.
Barra Manſa 192.
Barranca 364.
Barrancas 120. 151.
Barranco 377.
Barranquilla 412. 425. 426. 430.
Barreiras 155.
Barrios, A. 34. 294.
Barthélemy, j.Saint-Barthelemy.
Bartolomé 411.
Baſaltdecken, patagoniſche 258.
Baſſe Terre (Guadeloupe) 468.
469.
— — (Stadt) 471.
Baſtian, Adolf 39. 40. 41.
Baſtidas, Rodrigo de las 11.
Bates, H. W. 27. 144.
Batovy 24. 162.
Baumwolle 72. 90. 211. 378. 460.
462.
Baur, G. 41.
Baure 148. 166.
Baures 161.
Bayamo 483. 485.
Bayamon 474.
Beagle-Kanal 282.
Behaim, Martin 15.
Beiramar 176.
Belalcazar, j. Benalcazar.
Belém 156.
Belgrano, Fort 245.
Belize (Fluß) 500.
— (Stadt) 501. 520. 523.
Bella Viſta (Argentina) 278
— (Corrientes) 236.
Belleville 255.
Bello Horizonte 194.
Belmonte 191.
Benalcazar (Belalcazar), Seba⸗
ſtian 17. 18.
Beni 27. 28. 38. 136.
Bequia 465.
Berbice 105. 119.
Bergbau 89.
— Argentinas 277. 350.
— Bolivias 353.
— Braſiliens 212.
287.
539
4 | Bergbau Chiles 309. 343.
— Colombias 429.
— Perus 376.
— Venezuelas 442.
— Zentralamerikas 520.
Berger, H. 37
Bergwald, argentiniſcher 67.
| Beriberi 65. 110.
Berlin 496.
| Bermejo (Fluß) 30. 31. 96. 239.
| - "245. 323.
| Bermejo, Juan Rodriguez 7.
Bernouilli 43.
Berrio, Diego de 116.
Bertrand, Alexander 37.
Beſchoren, M. 23. 197.
Beſiedelung des Chaco 244.
E der mittleren Kordilleren 343.
— der La Plata⸗Länder 227.
— Patagoniens 272.
— Perus 376.
Betoya 82. 146.
Bettendorf 20.
Bevölkerung Amazoniens 145.
— der Antillen 458. 463.
— Argentinas 273.
— Bolivias 340.
— Braſiliens 209.
— des Chaco 242.
— Colombias 420.
— Ecuadors 400.
— Guayanas 113.
— Nordoſtbraſiliens 171. 177.
— Oſtbraſiliens 188.
— der Pampa 252.
— Paraguays 227.
— Patagoniens 267.
— Perus 366.
— Südamerikas 77.
— Südbraſiliens 204.
— Südchiles 291.
— Uruguays 232.
— Venezuelas 438.
— Zentralamerikas 506.
— Zentralbraſiliens 166.
Bexigas 208.
Bingham, Hiram 39. 358.
Binnenſchiffahrt 95.
Bintukua 422.
Biobio (Provinz) 305; ſ. auch Rio
Biobio.
Black River 486. 487.
Blanco, ſ. Rio Branco.
Blanquilla 44. 447.
Blasrohr 80.
Bludau, A. 55. 218. 261.
Bluefields 501. 514. 523.
Blue Mountains 453. 486.
Blumenau (Ort) 201. 202. 207.
Blumenau, Dr. 207.
Blumenbach 77.
Boa Viſta 116. 137. 169. 170.
178.
Boca Ceniza 412.
— de Dragos 57. 109. 434. 445.
— de Reloncavi 286. 294.
424.
|
540
Boca de Rio Negro 272.
Bocas del Toro 512. 521.
Bodenbender, W. 30. 36.
Boggiani 244.
Bogota 21. 40. 41. 415. 423; ſ. auch
Rio Bogota.
— Hochebene von 18. 412. 413.
Boim 155.
Bola 80.
Bolivar (Departamento) 424.
— (Provinz) 405.
— (Staat) 120.
— (Stadt), ſ. Ciudad Bolivar.
Bolivar, Simon 86.
Bolivia 21. 22. 28. 31. 38. 62. 69.
71. 74. 75. 79. 86. 88. 92. 351.
352.
Bolland 31.
Boman, E. 340.
Bomfim 169.
Bom Jardim 137.
Bonaire 44. 447. 448. 462.
Bonanza 514.
Bonari 148.
Boni 115.
Bonpland, Aimé 21.
Booth-Linie 93.
Boquerön 496. 497.
Boquete de Perez Roſales 34.294.
— de Valle Hermoſo 317.
— Nahuel Pan 287.
Borax 311.
Borba 154.
Bordoncillo 408.
Boriquen 474.
Bororb 79. 82. 167.
Boruca 43. 507.
Boruſſia 208.
Boſſi 33.
Botokuden 22. 23. 78. 81. 188.
Botucatu 195.
Bouguer, Pierre 20.
Bouſſingault, J. B. 38. 39. 41. 42.
Bovallius, C. 43.
Bove, G. 31. 33.
Boyaca 424. 427.
Brackebuſch, L. 30. 32. 37. 317.
320. 322. 338.
Braganga 156. 195.
Branco, ſ. Rio Branco.
Brandaris 447.
Branner, J. C. 23.
Braſil 5.
Braſilien 12. 13. 20. 22. 29. 52.
566. 67 70 2
73. 75. 78. 88. 92. 99. 100. 209.
Braſilio Legal 155.
Braſiliſches Bergland 100. 156.
Braſiliſch⸗Guayana 116.
Braunſchweig, Halbinſel 282. 288.
Brazo de Loba 412.
Brejo 172.
Brentano, Karl 20.
Breves 156.
Bribri 43. 507.
Bridgetown 464.
Regiſter.
Brillador 310.
Briſſon 126.
Britiſch⸗Guayana 88. 92.104.116.
1182119,
Britiſch⸗Honduras 43. 511. 519.
521. 522.
Brito 514.
Bröndſted 34.
Broß, H. 23.
Brown, C. B. 25. 27. 45.
Brüderthal 207.
Brunetti 117.
Brunswick, Halbinſel, ſ. Braun⸗
ſchweig.
Brus⸗Lagune 495.
Brusque 207.
Bucaramanga 425. 428.
Buenaguardia 103. 107.
Buenaventura 414. 425. 430.
Buenos Aires (Ort) 29. 30. 61.
249. 253. 256. 273. 274.
275. 276. 278. 279.
— — (Provinz) 246. 255. 256.
274
— — (See) 33.
Buga 425. 426.
Bugres 78. 81. 204.
Bukanier 462. 477.
Bulnes 296.
Burckhardt, Karl 36. 283. 293.
Burica, Halbinſel 493.
Burilochepaß, ſ. Paß von Buri⸗
loche.
Burmeiſter, Hermann 23. 29. 35.
231. 235. 253. 318. 335.
Burung, ſ. Botokuden.
Büßerſchnee, ſ. Nieve penitente.
Caa⸗Eté 142.
Caa⸗Igapb 142.
Caatinga 67. 164. 165. 174. 185.
186.
Caazapa 228. 229.
Caballo Cocha 360.
Caballu⸗Repoti 239.
Cabana 379.
Cabecare 507.
Cabeceras del Valle 337.
Cabedello 178.
Cabo Blanco 271.
Caboclos 149. 189.
Cabo Frio 182. 191.
— Raſo 271.
Cabral 10. 12.
Cabuyaro 101. 108. 126.
Caca Aca 325.
Cacequy 208.
Cäceres 410. 425. 426.
Cachapoal 296.
Cachinal de la Sierra 310. 331. 344.
Cachipur 104. 116.
Cachiyuyal 331. 344.
Cachoeira (Ort) 190. 208.
— de Upue 162.
Cachorro 135.
Caeteté 190.
Cafayate 348.
Cafuzos 189.
Cagua 441.
Caguas 475.
Caheté 176.
Cahuapana (Volk) 82.
Cahuapanas (Fluß) 27.
Caicara 108. 109. 120.
a. 452. 459. 460. 463.
Cairrid⸗Kette 104.
Cajabamba 379.
Cajamarca 39. 363. 379.
Cajamarquilla 371.
Cajas, ſ. Paß von Cajas.
Cajon 295.
Calchiquel 509.
Calabozo 123. 127.
Calacali 394.
Calama 335. 344.
Calamar 426.
Calbuco (Ort) 305.
— (Vulkan) 283. 293. 295.
Calcamayo 357.
Calceta 404.
Calchaqui 239.
Calchaqui⸗Täler 335. 340. 348.
Calgoene 116.
Caldas (Departamento) 424.
— (Ort) 193.
Caldas, F. J. 21.
Caldera 332. 343.
Caldera⸗Copiapb⸗Eiſenbahn 96.
Caleta Buena 345.
— Oliva 344.
Caleu⸗Cb 249.
Cali 425. 426.
Calina 458.
Calingaſta 317.
Callao 365. 382. 383.
Calle⸗Calle, ſ. Rio Calle⸗Calle.
Callejon de Huaylas 363.
Calvimonte, Z. 31.
Camacuam 199.
Camaguey (Ort) 485.
— (Provinz) 484.
Camanä 376.
Camanchaca 333. 336.
Camargo (Ort) 350.
Camargo, Alonſo de 17.
Camarones 271.
Camblaya 323.
Cambridge 288.
Gameta 137. 156.
Camiſea 28. 135.
Camocim 177.
Campana (Archipel) 288.
— (Ort) 254.
Campanario 294.
Campanha 193.
Campeche 489.
Camperucho 415.
Campinas 195. 210.
Camp Jacob 454. 455.
Campo aberto 203.
— del Arenal 320.
Campos 54. 67. 77. 142. 164. 165.
185. 186. 191.
Campo ſerrado 203.
— vero 203.
Camü 476.
Canal de Jambeli 393.
— de Moraleda 288.
— Eyre 283.
Cananea 13. 182. 196.
Cañar (Ort) 405.
— Becken von 387.
Candelaria 230. 483.
Canelones 233. 234.
Cañete (Ort) 376.
— Tal von 371. 382.
Canga 159.
Caniba 82.
Cannavieiras 191.
Cannouan 465.
Caño Colorado 444.
— de Pato 363.
Canodon Grande 262.
Caños 122.
Cantagallo 192.
Capanaparo 108. 122.
Caparro 109.
Capatärida 441.
Capaua 136.
Cap⸗Dampfer 94.
Capes Terre 469.
Capibaribe 173.
Capillitas 350.
Capim 137.
Capoeiras 67. 142. 164.
Capdes 67. 111. 142. 164. 187.
Caquetä (Fluß) 18. 134. 412; ſ.
auch Japurä.
— (Kommiſſariat) 126. 151. 424.
Cara 400.
Carabobo 440. 441.
Caraga 180.
Caracas (Generalkapitanat) 85.
440
— (Ort) 21. 42. 435. 436. 437.
439. 441. 444.
Caräcas⸗Indianer 439.
Carache 431.
Caracoles 97. 310. 314. 344.
Carahue 309.
Caraibe 469.
Caramanta 421.
Caranday 241.
Carangola 193.
Caranqui⸗Indianer 405.
Carapegud 228.
Caratasca-Lagune 495.
Caratirimani 135.
Caravellas 191.
Caraz 379.
Carcaranal 247.
Carchi, Provinz 405.
Cärdenas 485.
Carelmapo 309.
Carenero 445.
Cariaco, ſ. Golf von Cariaco.
Cariamanga 386. 404.
Regiſter.
Caribe 77.
Carihuairazo 389. 395.
Carijona 82.
Carinhanha 183.
Cario 43.
Carmen (Colombia) 425. 426.
— de Patagones 32. 33. 272.
Carnaubapalmen 175.
Carnaubawachs 212.
Carnier, K. 31. 222.
Carolina 22. 23. 170.
Caroni 107. 109. 110. 445.
Carora 439. 441.
Carrapa 421.
Carrascos 67. 165. 203.
|
Carriacou 465.
Carrileufu 34. 35. 285. 286; ſ. auch
Corcovado (Fluß).
Carrizal 310.
— Bajo 343.
Carſevenne 26.
Cartagena 21. 415. 426. 430.
Cartago (Colombia) 425. 426.
— (Cojta Rica) 493. 513.
Carupano 440. 442. 444.
Carvoeiro 154.
Caſado 228.
Caſaguala 389.
Caſanai, Iſthmus von 435.
Caſanare (Ort) 126.
Caſeros 208.
Caſiquiare 19. 20. 21. 103. 106.
107. 128.
TCasma (Bucht) 57.
— (Fluß) 377.
— (Ort) 382.
— (Tal) 371.
Caspajali⸗Manu 29.
Caſtanheiro 143.
Caſtanho 155.
Caſtaño 317.
Caſtelnau, Graf F. de 23. 27. 38.
Caſtillo, A. de 33.
Caſtro (Ort) 206. 304.
Caſtro, de 45.
Catacaos 377. 382.
Catacocha 404.
Cataläo 163. 168. 169.
Catamarca (Fluß) 321.
— (Ort) 35. 334. 349.
— (Provinz) 37. 273. 274. 347.
348. 350.
Catamayo 386.
— Tal des 394.
Catatumbo 413. 431. 444.
Cathedral of Peterborough 49.
Eatia, ſ. Paß von Caätia.
Cat Island 488.
Cauabury 104.
Cauca (Departamento) 424. 425. |
— (Fluß) 18. 21. 40. 95. 408. 410.
430.
Caucagua 109.
Caucho 211.
Caupolican 152.
Cauquenes 307.
Caura 25. 109. 110.
Cautin (Provinz) 303. 305.
Cauto 481.
Cavalcante, F. A. Braga 26.
Cavalcanti (Forſcher) 24.
— (Ort in Goyäz) 194.
Caviana 57. 132.
Cavinas 152.
Caxias 177. 208.
Caxoeira 95.
Cayalty 377.
Cayambe 391. 395.
Capyapa 400.
| Cayapd 167. 176.
Cayapoſinho 169.
Cayari 136.
| Cayenne (Kolonie), ſ. Franzöſiſch⸗
Guayana.
— (Ort) 110.
Caylloma 357.
Caymansinſeln 452. 463. 485.
Ceara (Ort), ſ. Fortaleza (Ort).
— (Staat) 23. 171. 172. 177. 209.
Cearenſer 176.
Cebollati 230.
Ceja de la Montana 355. 368.
Celendin 379.
Centre Hills 470.
Cerceau 31.
Cerrado 67. 111.
Cerrados 164.
Cerro Ambato 320.
— Apoſtol San Juan 286.
— Aſanaque 323.
— Azufre 330.
— Azul (Berg in Chile) 293.
— — (Berg in Venezuela) 435.
— — (Hafen) 376.
— Blanco 316. 329.
— Bonete 318.
— Cangrejal (Congrehoy) 495.
— Caramante 409.
— Champaqui 319.
— Chochii 170.
— Cochrane 286.
— Criſtian 238.
— Cunavano 106.
— Cutch 287.
— de Cuzco 327.
— de la Fragua 412.
— de las Vueltas 492.
— del Azufre 317.
— del Chile 495.
— del Cobre 317.
— de los Gigantes 319.
— del Quirineo 298.
— de Montevideo 220. 231.
— de Murucucu 410.
— de Neiva 412.
— de Pasco 38. 358. 359. 380.
— de Potoſi 353.
— de Quinamari 410.
— de San Joaquin 48.
— de Santa Ana 432.
— de Tagua Tagua 298.
— de Tahua 327.
542
Cerro Diamante 295.
— Gran Piedra 481.
— Hermoſo de los Llanganates
389. 395.
— Las Polleras 295.
— Machado 320.
— Manrique 318.
— Margarita 222.
— Mediano 238.
— Minas 287.
— Miraflores 412.
— Munchique 408. 409.
— Negro 392.
— Neiva 107.
— Nevado 36. 295.
— Oſeras 412.
— Oſeros 107.
— Overo 294.
— Oyaroide 331.
— Paipaz 316.
— Payen 295.
— Payne 283.
— Pillaquitron 287.
— Pintado 413.
— Quemado 498.
— Redondo 496. 497.
— Rövalo 492.
— San Lorenzo 130.
— San Miguel 238.
— Santa Maria 498.
— San Valentin 286.
Cerros Carrera 287.
— de Alhue 296. 298.
— de Boliche 391.
— de Calacali 390.
— de Chaupi 389.
— de la Sal 311.
— de Otanähui 135. 360.
— Yimbi 107.
Cerro Tatama 409.
— Tatuy 223.
— Tomalaſta 319.
— Tres Cruces 322.
— Verde 496.
Ceſär, ſ. Rio Ceſär.
Chacabuco 303.
— Viejo 272.
Chacaltaya-Gletſcher 325.
Chacaras 303.
Chacarilla 353; ſ. auch Paß von
Chacarilla.
Chachacomani 325.
Chachani 330.
Chachapoyas 39. 360. 379.
an 20. 30. 31. 59. 61. 68. 69.
1
— argentiniſcher 217. 245.
— Auſtral 237. 239.
— bolivianiſcher 217. 245.
— Boreal 237. 238.
— Central 237. 239.
— Miſſion 240.
— paraguayaniſcher 217. 245.
Chacofluß 326.
Chaco-Sndianer 79. 243.
Chacula 43.
Regiſter.
Chadi Leufu (Leuvu) 246. 248.
260; ſ. auch Rio Salado (Pata—
gonien).
Chaffanjon 25. 107. 121.
Chagres 492.
Chaguaramas 127. 443.
Chaima 82. 125. 439.
Chaiten 292.
Chalatenango 517.
Chalchuapa 517.
Chalten 283. 285. 286.
Chama 431.
Chamacoco 82. 244.
Chamiſa 305.
Champanes 430.
Champara 362.
Champerico 518. 523. 524.
Chanaral 343.
Chanarcillo 310. 343.
Chañ̃arſteppe 68. 339.
Chanarjtrauch 68. 246.
Chancaillo 371.
Chancay (Ort) 370.
— (Tal) 371.
Chanchamayo 358. 380.
Chanchan (Fluß), ſ. Rio Chanchan.
— (Trümmerfeld) 372.
Chandleß, W. 27.
Chané 242. 243.
Chango 302. 340.
Chanka 372.
Chao 364.
Chapada Alta 160.
— von Matto Groſſo 160.
Chapadäo dos Veadeiros 24.
Chapadaplateau 160.
Chapadas 160. 180.
Chaparé, ſ. Chimoré.
Chaparrales 125. 504.
Charakter der Südamerikaner 80.
Charapoto 404.
Charcas (Provinz) 351.
— (Stadt), ſ. Sucre (Ort).
Charles (Galäpagos-⸗Inſel) 48. 49.
Charles, C. 43.
Charlotte Amalie 474.
Charlottetown (Dominica), ſ. Port
Roſeau.
— (Nevis) 471.
Charnay, Deéſiré 43.
Charrua (Fort) 246.
— (Indianer) 83. 232.
Chascomus 254.
Chäteau Belair 466.
Chatham 48. 49. 288.
Chavantes 167. 204.
Chaves (Inſel) .. Indefatigable.
— (Ort auf Marajd) 156.
Chavin de Huantar 362. 372. 378.
Chayanta 324.
Cherentes 167.
Chiacam 501.
Chiantla 518. 519.
Chiapas 43. 44. 489. 510.
Chibcha 79. 83. 421. 422.
Chicama 363. 382.
Chichas 340.
Chichigalpa 494.
Chiclayo 377. 382.
Chicle 516.
Chiella 358. 378.
Chile 17. 20. 21. 22. 30. 32. 35. 36.
60. 61. 69. 70. 73. 75. 86. 88.
92. 304.
— (Generalkapitanat) 85. 303.
Chilea in Santiago del Eſtero 60.
Chilecito 350.
Chilenen 301.
Chileniſche Längsbahn 97. 314.
Chileniſches Längstal 296.
Chiles 392. 395.
Chilete 380.
Chili 357.
Chillan (Ort) 304. 307.
— (Vulkan) 293.
Chiloe 21. 32. 35. 57. 288. 309.
Chiloé-Archipel 17. 304.
Chiltepe, Halbinſel 494.
Chimaltenango 519.
Chimax 500. 501.
Chimbo, Becken von 388.
Chimborazo (Provinz) 405.
— (Vulkan) 40. 63. 281. 388. 395.
Chimbote 377. 382. 384.
— (Bucht) 57.
Chimoré 136. 324. 353.
Chimu 83. 370.
Chinäcota 18. 428.
Chinameca 496. 497. 517.
Chinandega 514.
Chinarindenbaum 38. 71.
Chincha 376.
— (Tal) 371.
Chinchagruppe 381.
Chinchay Cocha 358.
Chinchipe 361.
Chineſen 375.
Chingo 497.
Chinin 71.
Chinos 84. 375.
Chipayä 81.
Chipillas, Fort 246.
Chipwa 105.
Chiqui 422.
Chiquimula 519.
Chiquimulilla 518. 519.
Chiquinquirä 425. 428.
Chiquitos 147. 170.
Chira (Ort) 126. 364.
Chiri 360.
Chiribb 227.
Chiriguano 242. 243.
Chiriqui 44. 491. 492.
— (Landenge) 42. 43.
Chirripb 507. 1
— Grande 492.
Chirripb⸗Indianer 43.
Chirripb⸗Matina 492.
Chiſec 519.
Chitarero 422.
Chivilcoy 254.
Chixoy 500. 518.
Chocchan 361.
Chocb 424. 425.
Chocontd 425. 427.
— (Hochebene) 412.
Chocôvölker 420.
Choele-Choel 261.
Choique Mahuida 260.
Cholos 84. 342. 375. 423.
Choluteca (Fluß) 495. 516.
— (Ort) 515.
— (Volksſtamm) 508.
Chonco 494.
Chonos (Volksſtamm) 291.
Chonosarchipel 21. 34. 57. 288.
Chonta Cruz 386.
Chontal 507.
Chontales 520.
Chorolque 324. 334.
Choroti 82. 243.
Chorrillos 377.
Chorti 509.
Choſica 366.
Chos Malal 263. 264. 272.
Chota⸗Mira, Tal 394.
Chriſtianſtaed 474.
Chubut (Fluß) 33. 35. 261. 271.
— (Gobernacion) 59. 270.
— (Kolonie) 272.
Chuchunga 361.
Chullpas 342.
Chulumani 351.
Chungui 357.
Chuquiago 346.
Chuquiaguillo 353.
Chuquichaca 350.
Chuquiſaca, ſ. Sucre (Ort).
Church, G. E. 27. 38.
Cia, Policarpo 45.
Cibaogebirge 7.
Cibuney 458.
Ciénaga, La (Ort) 427
— Grande 412.
Cienfuegos 453. 485.
Cinchona officinalis 71.
Cinco Villas, Bergland 452. 483.
Cinti, ſ. Camargo (Ort).
Cipres 290.
Ciriubal 111.
Cisnes 35. 283. 286.
Ciudad Bolivar 21. 106. 107. 109.
120. 440. 444.
— Vieja 518.
Clarence, Inſel 56. 282. 287.
Clauß, O. 24.
Cleve, P. T. 45.
Coary 154.
Coatepeque 524.
Coati, Inſel 328. 341.
Coban 43. 501. 517. 518. 519.
Cobija 35. 344. 352.
Cobre 486.
Coca (Fluß) 133.
— (Ort) 101.
Cocha 362. 408.
Cochabamba (Ort) 63. 323. 334.
351. 352. 353.
Regiſter.
Cochamo (Fluß) 285.
Cochamb (Ort) 305.
Coche 447.
Cochi⸗Cb 249.
Cochilha Grande 198; ſ. auch
Cuchilla Grande.
Cochilhas 198.
Cochrane 285.
Cockscombberge 43. 44. 490. 499.
Coco 43. 491. 495. 520; ſ. auch
Segovia.
Cocui 427.
Gogh. Agoſtino 41. 42. 44. 412.
440.
Codrington 472.
Coiba (Inſel) 492.
— (Volksſtamm) 421.
Coilé 33. 262.
Cojedes (Staat) 127.
Cojedes⸗Portugueſa-Apure 434.
Cojutepeque (Ort) 517.
— (Vulkan) 496.
Colchagua 306. 307,
Colhué (See) 33.
Colihuales 290.
Colima 16. 422.
Collahuaſi 344.
Collanes, ſ. Altar.
Collaqui 293.
Collas 341.
Collcampata 373.
Collipulli 306.
Collon-Cura 294. 296.
Colombia 18. 21. 22. 39. 62. 63.
66. 72. 79. 86. 88. 92. 406—
430.
— Große Republik 423. 440.
Colombo, Criſtoforo, ſ. Kolumbus.
Colon (am Uruguay) 237.
— (Landenge von Panama) 500.
501. 512. 523.
Colon, Criſtöbal, ſ. Kolumbus.
Colonia (am La Plata) 234.
— (in Nicaragua) 514.
— Alpina 184.
— Avellaneda 275.
— Crevaux 31.
— Escalante 270.
— San Martin 270.
— Sarmiento 264. 270.
— Thereza 197.
Colbnias, Territorio de 151.
Colbn-Panamä⸗Eiſenbahn 95.
Colorado, ſ. Rio Colorado.
Colta, See 387.
Colupo 331.
Comayagua 516.
Comodoro Rivadavia 272.
Compagnie Generale
atlantique 93.
Compania Guipuzceoana 86.
— Sudamericana de Vapores 94.
313. 383. 523.
Eonceicäo 194.
Concepcion (Argentina) 255. 297.
298. 303. 304. 306.
Trans⸗
rn (Paraguay) 227. 228.
229
— (Uruguay) 237.
Concepcionſtraße 288.
Conchagua 496.
Conchucos 362.
Concordia (Entre Rios) 235. 237.
— (Nicaragua) 514.
Conde d' Eu 208.
Condorhuaſi 362.
Condoriaco 309.
Condoriri 325.
Conoc Cocha 363.
Conquiſtadoren 15.
Conſejo 435.
Conſtancia 514.
Conſtanza, Längstal 477
Conſtitucion 307.
Contumaza 379.
Conway, Sir Martin 39.
Coololo 325. N
Coonuco 272.
Copacabana 341.
Copan 516.
Copei 447.
Copiapb 17. 30. 35. 37. 332. 343.
— Vulkan von 63. 329.
Coppename 105.
Copper Island 473.
Coquibacao 439.
Coquimbo (Ort) 17. 60. 332.
— (Provinz) 308.
Cora 235.
Coratamung 104.
Corazon 390. 395.
Corcovado (Fluß) 35. 285. 286.
— (Vulkan) 283.
Cordillera 355.
— Anſilta 318.
— Blanca 63. 359. 362.
— Central 493.
— de Angochagua 391.
— de Chila 357.
— de Conchucos 362.
— de Huanzo 357.
— de Huayhuaſh 130. 359. 362.
— de la Paz 325.
— de los Andes 280.
— de los Frailes 327.
— del Tigre 318.
— Geral 160.
— Negra 359. 363.
— Nevada 359.
— Oriental (Peru) 360.
— — de Colombia 412.
— Real 325.
— Totora 318.
Cördoba (Ort) 30. 37. 59. 68. 247.
249. 255..275. 320.
— (Provinz) 246. 253. 255. 256.
273. 274. 276.
Cordoba, Hernandez de 11.
Cordon de Varos 330.
Corentijne 103.
Corentyne 104. 105.
Corinto 514. 523. 524.
544
Coripata 351.
Coro, Bergland von 42. 57. 66.
431. 432. 433. 437. 439. 441.
— (Ort) 18. 445.
Coroados 22. 188. 204.
Coroas 131.
Corocoro 328. 346. 353.
Coroico 351. 354.
Coronado 17.
Coronel 306. 310.
Corongo 379.
Coropuna 358.
Coroſal 520.
Corozal 426.
Corpus 230.
Corquin 516.
Corral 305.
Corrente 161.
Corrientes (Fluß), ſ. Rio Cor⸗
rientes.
— (Ort) 29. 31. 275. 278.
— (Provinz) 222. 234. 235. 236.
Cortez, Fernando 11. 12. 15. 16.
Corumbä 169. 218.
Coſa, Juan de la 10. 11. 12. 13.
Coſeguina 495.
Cosme 228.
Coſta (Peru) 355.
— Canchieto 439.
— Cuca 517.
— Grande 517.
— Rica 22. 42. 43. 44. 510.
511. 512. 513. 520. 521. 522.
523.
Coſteños 375.
Cotacachi 391. 395. 405.
Cotagaita 323.
Cotahuaſi 357.
Cotingo 25. 135.
Cotopaxi 40. 54. 390. 395.
Cottica 104. 105. 115.
Cotzie 498.
Coudreau, Henri 24. 26. 28. 115.
— O. 26.
County Eſſequibo 119.
Courty, G. 340.
Cox 34.
Coxim 161.
Coxipb 168.
Coy, ſ. Coilé.
Crab Island, ſ. Vieques.
Crandell, R. 23.
i e Graf G. de 39.
40.
Crevaux, Jules 25. 26. 27. 28.
31. 41. 103.
Criollos 84. 482.
Criſtallino 162.
Criſtöbal Colon 512.
Crooked Island 7. 488.
Crucero Alto (Arequipa - Buno-
Bahn) 97. 384.
Cruls 24. 184.
Cua 442.
Cuajinicuil 520.
Cuamby 134.
Regiſter.
Cuano 104.
Cuarterones 84.
Cubagua 8. 19. 447.
Cubilquitz 501.
Cuchilla de Haedo 230.
— de Santa Ana 230.
— Grande 230; ſ. auch Cochilha
Grande.
Cuchillas 482.
Cuchivero 109.
Cucra 507.
Cucuhy 116.
Cuculaia 43.
Cücuta 41. 425. 430.
Cuenca 394. 404.
— Becken von 386.
Cuerpo de Ingenieros de Minas
39
Cueva 421.
Cuicocha 391.
Cuicuina 514.
Cuilco 500.
Cuipilapa 493.
Culata del Golfo 409.
Culata-Kette 432.
Cul de Sac, Ebene 477.
Culebra (Inſel vor Puerto Rico)
473. 474.
Cuma 497.
Gumana 21. 435. 439. 442.
Cumanacoa 439.
Cumanagoto 82. 125. 439.
Cumarebo 441.
Cumbal 392.
Cumbinama 361.
Cumbre de Uſpallata 317.
Cuminäd 26. 135.
Cuna 420.
Cuna⸗Cuna, j. Tula.
Cunani 116.
Cundinamarca
424. 427.
Cunza 340.
Cupinhara 176.
Curacao 44. 436. 437. 447. 448.
462.
Curacautin 306.
Curagua 125.
Curanilähue 310.
Curaray 133.
Curare 80. 112.
Curicb (Ort) 296. 314.
— (Provinz) 306. 307.
Curitibanos 207.
Curityba 201. 202. 206. 210.
Curuahé 81.
Cury 155.
Cuſilluni 354.
Cuſin⸗Urcu 391.
Cuvier 266.
Cuyabä (Fluß), ſ. Rio Cuyaba.
— (Ort) 23. 24. 96. 101. 160.
163. 164. 169. 210. 214.
Cuyo 347. 348.
Cuyuni 25. 103. 105. 119.
Cuzco 38. 39. 373. 375. 378.
(Departamento)
Dajabon 477.
Dalfinger, Ambroſius 18.
Darapsky, L. 37. 326. 329.
Darien 11. 42. 47. 491.
Darwin, Charles 32. 35. 41. 70.
258. 266.
Daule (Anſiedelung) 404.
— (Fluß) 392.
David 511. 512.
Davis, 69 18. 51.
— W. G. 3
Dawſon, at 56. 282. 288.
Deckert, Emil 45. 452.
Declieux 73.
Dedo de Deos 181.
Del Oro, Provinz 404.
Del Valle 515.
Demarkationslinie 10.
Demerara (Fluß) 105.
— (Kolonie), ſ. Britiſch-Guayana.
Deſana 146.
Descabezado Chico 293.
— Grande 293.
Descalzi, N. 32.
Desclieux 467.
Deſeado 33. 260. 262. 271.
Deſierto de Tumbez 364.
Dejirade 463. 468.
Deſolacion, Inſel 56. 287.
Des poblado de Jujuy 37. 326. 347.
— de Olmos 364.
— de Piura 364.
Desterro 207. 210.
Dettmann, E. 216.
Deutſche 205. 207. 303.
Deux Mamelles 469.
Diamante (Fluß) 30. 248. 295. 296.
— (Hafen) 278.
Diamanten 22. 213.
Diamantina 22. 194.
Diamantino 160. 167. 169.
Dichato 310.
Diego de Ocampo 476.
Diquis 492.
Diſteiro 155.
Diſtricto federal, ſ. Bundesdiſtrikt
unter Oſtbraſilien und Vene⸗
zuela.
— Lages 201.
Dobrizhoffer 20.
Doce, ſ. Rio Doce.
Doginſel ( (Dog Island) 451. 452.
471. 472
Dollfus, A. 42.
Dolphin Head 486.
Dombey 21.
Domeyko, J. 36. 310.
Dominica 8. 45. 452. 453. 455.
457. 458. 459. 461. 462. 463.
468.
Dominikaner 20.
Dominikaniſche Republik 45. 461.
462. 463. 464. 478.
Dona Chriſtina-Bahn 207.
— Francisca 207.
— Ines, Vulkan 329.
Dona Iſabel 208.
Dorado-Fahrer 18.
Döring 30. 34.
Dormida 348.
Drachenſchlund, ſ. Boca de Dragos.
Dragones, Fort 245.
Drake, Francis 18. 427.
Drei⸗Brüder⸗Berge 287.
Dri Tabaki 115.
Drude, O. 68. 69. 264. 339.
Dry River 486.
Duida 101. 106.
Dulce, Lagune, ſ. Azuay, Lagune,
und Fondo, de.
Duran 402.
Durika 492.
Durnford 33.
Dürren 173.
Duſén, P. 33. 35.
Dysenterie 65. 110.
Eben⸗Lagune 495.
Ecuador 18. 20. 21. 22. 39. 63. 66.
69. 74. 79. 86. 88. 92. 385-405.
Ega, ſ. Teffé.
Eggers, Baron H. 45.
Ehrenreich, Paul 23. 24. 28. 78.
81. 136. 142. 154. 159. 164. 165.
167. 169. 170. 204.
Eigenmann, C. H. 73.
Eilerts de Haan 26.
Einzellandſchaften
Eiſenbahnen 96. 97.
— von Argentina 97. 279.
— von Bolivia 97.
— von Braſilien 97. 215.
— von Chile 97. 314.
— von Colombia 97.
— von Ecuador 97.
— von Mittelamerika 524.
— von Paraguay 97.
— von Peru 97. 384.
— von Südamerika 96.
— von Uruguay 97.
— von Venezuela 97.
Eiszeit 284. 290. 295. 362.
Ejido 440.
El Almendral 308.
— Aſtillero 152.
— Banco 426.
— Baron 308.
— Beni, Departamento 151.
— Callao 121. 377.
— Camaguey 481.
— Carmen 229.
— Cerro 233. 346.
— — de la Sal 381.
— — de Pasco 97. 378.
— Cobre 310.
— Condor 270.
— Conſejo 442.
— Dique 412.
— Diviſadero 516.
Eleuthera 488.
El Gobernador 520.
— Golfo 520.
199.
Südamerikas
Regiſter.
Eliſa 228.
El Labor 520.
Ellis, Evelyn 33.
El Morro, Halbinſel 393.
— Naranjal 404.
— Naricual 445.
— Nudo de Pasco 356.
— Oriente (Ecuador) 151. 405.
— — Kuba) 484.
— — (Venezuela) 442.
— Päramo 270. 273.
— Pilar (Colombia) 126.
— — (Venezuela) 442.
— Potro 317. 318.
— Pueblito 319.
— Puerto 308.
Elqui 309. 316.
El Quimal 331.
— Retiro 520.
— Rincon 245.
— Saco 432.
— Salto (Ort) 233.
— — (Vulkan) 319.
— Salvador 16. 42. 43. 44. 510.
511. 516. 520. 521. 522.
— Tigre 496.
— Valle de la Pascua 127.
— Veranito de San Juan 416.
— Veſuvio 380. 382.
— Vigia 445.
— Yunque 453. 474.
Emerillon 113.
Emmel, Otto 140.
Empedrado 236. 278.
Enagua 125.
Encarnacion 227. 229.
Enchente 130. 137.
Enciſo 11.
Encontrados 430. 445.
Ené 27. 357.
Engler, A. 68. 69. 70.
Enriquillo, Lagune 476.
Entre Rios (Ort) 191.
— — (Provinz) 222. 234. 236.
274. 276.
Epecuén, Lagune 248.
Epuyen 285.
Erandique 520.
Erapuca 498.
Ercilla 306.
Erdbeben 297. 308. 332. 440.
Erforſchungsgeſchichte 3.
Erythroxylon coca 71.
Escalante 272. 431. 444.
Escapa 519.
Eſchwege, L. W. v. 22. 23.
Escuintla 518.
Escurrebraga 361.
Esmeralda 25. 107. 121.
Esmeraldas (Fluß) 393.
— (Ort) 404.
— (Provinz) 396.
Eſpañola, ſ. Haiti.
Esparta 513.
Esperanza 255.
Eſpinale⸗Region 68. 339.
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl.
Eſpinazitopaß 318.
Eſpindula 386.
Eſpirito Santo (Ort) 58. 191.
— — (Staat) 23. 179. 189. 191.
209.
| Esquina 278.
Esquipulas 519.
Eſſequibo 10. 26. 103. 104. 105.
Eſtancia 190.
— San Julian 270.
Eſtancias 275.
Eſtate Aromet 455.
Eſtero de Panaloyo 494.
— Ultima Eſperanza 283.
| Eiteros 122. 223.
Eſtrella (Fluß) 492.
— (Kolonie) 208.
Etang Saumätre 477.
Eten 377. 382. 383.
Evangeliſtas 289.
Eyre-Fjord 288.
Facatativd 427.
Fahrſtraßen 98.
Faique 394.
Fajardo 115.
Falcon 441.
Falklandinſeln 18. 50. 51.
Falklandſund 51.
Falkner, Pater 21. 32.
Falmouth 487.
Famatina 318.
Fandango 318.
Farallones von Citara 409.
Faultier 75.
Faweett, P. H. 24. 29.
Fazenda de Marianno dos Caſa—
dos 163.
Federmann, Nikolaus 18.
Feilberg 32.
Feira de Sant' Anna 190.
Fernandina, ſ. Narborough.
Fernando de Noronha 52.
Ferreñafe 377. 382.
Ferrer, Rafael 153.
Feuerland 18. 33. 56. 59. 68. 69.
75. 78. 100. 257. 262. 270. 273.
282. 287; ſ. auch Patagonien.
Feuerländer 78. 83.
Feuillée, Louis 20.
Fiambala 37. 347.
Fieberrindenbaum 71.
Fierro 318.
Figueroa 245.
Fiscarrald, C. F. 28. 135.
Fiſcher, v. 35.
Fitzgerald 37.
Fitzroy (Berg) 285. 286.
— (Kapitän) 32.
Flachländer Südamerikas 54.
Flecha 318.
Flibuſtier 462. 511.
Floreana (Galäpagosinſel), ſ.
Charles.
Flores (Inſel) 220.
— (Ort in Braſilien) 170.
35
546
Flores (Ort in Guatemala) 519.
— (See) 491.
Florianopolis 207. 210.
Florida 11. 12.
— Straße von 451.
Flußſyſteme Südamerikas 54.
Fondo, de, Lagune 476.
Fonſeca-Bai 16. 496.
Fontana, L. J. 30. 31. 33. 34.
Fonteboa 154.
Formoſa (Gobernacion) 238. 274;
ſ. auch Villa Formoſa.
Formoza 170.
Forqueta 208.
Fortaleza (Fluß) 364.
— (Ort) 173. 174. 176. 177. 210.
214.
— da Barra do Rio Negro 27.
Fortas 170.
Fort de France 467.
— — — Bai von 467.
— Lagunita 259.
— Navidad 8.
Fowler, H. 43.
Frailejon 398. 418.
Fraile Muerto 230. 255.
Frailes 447.
Frailetambo 360.
Framboiſie 65.
Franca 195.
Francia, Joſé Gaſpar Tomas Ro—
driguez da 86. 227.
Frantzius, A. v. 42.
Franziskaner 20. 243.
Franzoſen 85. 116.
Franzöſiſch-Guayana 20. 88. 92.
104. 116. 117.
Fray Bentos 233.
Frazer 45.
Frederikſtaed 474.
Fredonia 425.
Freiheitskampf 86.
Freirina 310.
Frezier 20.
Friagem de Säo Joäo 139. 163.
Frias 320.
Frigorificos 256.
Fritz, Samuel 20. 153.
Frutillar 305.
Frutillas 395.
Frutos menores 428. 442.
Fuego 43. 491. 497. 501.
Funza 422. 423.
Furos 131. 162.
Fuſagaſuga 422. 427.
Futaleufu 34. 285. 286.
Gabb, Charles 45. 476.
— W. 42.
Gaboto 228.
Gachetd 427.
Gaciayo 347.
Gaiman 272.
Galäpagosinſeln 41. 48.
Galäpagosſchildkröte 49.
Galeras 98. 122.
Regiſter.
Galera-Tunnel 97.
Galera von El Baul 122.
— von Ortiz 122.
— von Pao 122.
Galeriewald 67. 165. 417.
Galibi 114.
Gallegos (Fluß) 33. 262. 263. 264.
271
— (Ort) 60.
Gallo 477.
Gamboa 501.
Garavita, ſ. Suarez.
Garay, Francisco de 12.
— Juan de 253.
Garrafäo 181.
Garuas 333. 365. 393.
Gatico 344.
Gauchos 253.
Gefrierfleiſchinduſtrie 256. 276.
Gelbes Fieber 65. 110. 185.
General Acha 249. 254.
General Acha-Chos Malal-Bahn
271.
Geographiſche Geſellſchaft in
Lima 39.
Georgetown (Britiſch-Guayana)
110. 118. 119.
— (St. Vincent) 466.
German 475.
Germania 208.
Geésvölker 78. 81. 167. 188. 204.
Gletſcher 63. 290. 334. 395.
Gobernacion Chaco 238. 274.
— Chubut 257. 274.
— Formoſa 238. 274.
— Neuquén 257. 272. 274.
— Pampa 30. 246. 253. 255. 256.
274. 276.
— Rio Negro 257. 274.
— Santa Cruz 257. 274.
— Tierra del Fuego 257. 274.
Godin 20.
Goeldi, E. 26. 28.
Goering, A. 42.
Gold, Goldwäſchen 22. 180. 212.
Goldsworthy, W. 43.
Golfo Dulce 16. 491. 499.
Golf von Amatique 44.
— von Ancon 404.
— von Ancud 288.
— von Barcelona 57.
— von Cariaco 433.
— von Corcovado 288.
— von Darien 11. 12. 16.
— von Guayaquil 57. 60.
— von Honduras 8. 16.
— von Maracaibo 57.
— von Mexiko 11. 12. 449.
— von Montijo 492.
— von Paria 57.
— von Pefſas 35.
— von San Blas 11.
— von San Jorge 58.
— von San Matias 58.
— von San Miguel 11.
— von Uraba 57. 409.
Gonaives 480.
Gonave, Inſel 476.
Gongalvo, ſ. Kanal von Gongalvo.
Gongo Soco 185.
Gonſanamä 386. 404.
Gonzalez 49.
Gorbea 305.
Gordon 287.
Gormaz, Vidal 41.
Gorriti, Fort 245.
Gossypium barbadense 72.
Gourliaea decorticans 68.
Goya 235. 278.
Goyatakä 188.
Goyaz (Ort) 23. 160. 164. 167.
168.
— (Staat) 22. 24. 25. 158. 169.
209.
Goytaca 82.
Gracias 516.
Granada 514. 524.
Gran Chaco 30. 79. 222.
— Chimu 372.
Grand Cays 451.
Grande, ſ. Rio Grande.
Grand Etang 465.
Grande Terre (Guadeloupe) 468.
469.
Grand Goave 480.
— Magaſin 466.
Gran Ferrocarril de Venezuela
444.
Gran Pajonal 357.
Gräo Parä 207.
Great River 486.
Grenada 44. 45. 451. 452. 457.
460. 462. 463. 465.
Grenadinen 45. 452. 463. 465.
Grenzen Südamerikas 48.
Grévy 282.
Greytown 500. 501. 514. 523;
ſ. auch San Juan del Norte.
Grijalva (Fluß) 500.
Grijalva, Juan de 11.
Gringos 482.
Griſebach 68. 339.
Groſſe Montagne 469.
Groſſer, Paul 41.
Groß Abaco 488.
— Bahäma 488.
— Cayman 449.
Großer Ozean 3. 8. 48.
Grumbkow, v. 30.
Grypotherium 266.
Guacara 441.
Guächarohöhle 435.
Guachipas 322.
Guacipati 121.
Guadeloupe 8. 45. 452. 455. 459.
460. 461. 462. 463. 468. 469.
— Grande Soufriere 453. 469.
Guaduas 427.
Guagra Uma 386.
Guahibo 82. 113. 125.
Guaica 114.
Guaicuhy 194.
Guaikuru 82. 243.
Guaillabamba 389.
— (Tal) 394.
Guaimi 507.
Guainia 104. 106. 121. 134.
Guaira, Fall 96.
Guaitard 408.
Guaitecasinſeln 288.
Guajahu 23. 95. 173.
Guajajara 166. 176.
Guajara Mirim 152. 161.
Guajira (Halbinſel) 10. 11. 41. 47.
57. 414. 431.
— (Kommiſſariat) 424.
Guajiro 82. 420.
Gualaleo 405.
Gualeguay (Fluß) 219.
— (Ort) 237.
Gualeguaychü 237.
Guamä 28.
Guamo 125.
Guamote 394.
Guanä 82.
Guanabacoa 485.
Guanacaſte 43. 512. 513.
Guanacoberge 309.
Guanahani 7. 488.
Guanaja, Inſel 495. 523.
Guanaparo 109.
Guanare (Fluß) 109.
— (Ort) 127.
Guanarito 109.
Guanb 405.
Guanta 442. 444.
Guanta-Bahn 445.
Guantänamo 485.
— Bucht 481.
Guapay, ſ. Mamoré.
Guaqui 346. 353.
Guarand 168. 212.
Guaranda 405.
Guarani 81. 227. 243.
Guarapary 191.
Guarapuava 197. 206.
Guaratinguetä 19.
Guarauno 82. 113. 127.
Guarayo 81. 149. 170.
Guärico (Fluß) 122.
— (Staat) 127.
Guäriquen 442. 443.
Guascoran 495.
Guasdualito 126.
Guatavita 427.
Guatemala (Ort) 500. 501.
— (Generalkapitanat) 510.
— (Republik) 16. 42. 48. > 510.
2. 523.
511. 517. 520. 521. 5
Guatb 79. 82. 244.
Guatuſo 43. 507.
Guaviare 25. 28. 41. 107. 122.
Guayabo 112.
Guayama 475.
Guayana 10. 12. 19. 20. 25. 52.
5. 7
57. 59. 61. 65. 67. 71. 7
116.
8.
99. 100. 101.
— vieja 109.
Regiſter.
Guayana-Indianer 101.
Guayaqui 227.
Guayaquil 65. 403. 404.
Guaymi-Indianer 43.
Guayparo 125.
Guayquire 125.
Guaytecas-Archipel 57.
Guazapa 496.
Guazu (Berg), ſ. Cerro Tatuy.
— (Wald) 142.
Guerra 11.
Guerrico 33.
Guevara 17.
Guillemain 31. 230.
Guillermo Tell 228.
Guire 125.
Guiria 442.
Gundai 422.
Gurgueio 172.
Gürteltier 75.
Gurupä 132. 155.
Güßfeldt, P. 37.
Guſtavia 472.
Gymnotus electricus 77.
Habana, ſ. La Habana.
Hacienda El Recreo 393.
Haiti 7. 8. 22. 44. 45. 451. 452.
453. 457. 458. 459. 460. 461.
462. 463. 464. 475. 479.
Halfeld 23.
Halle, Th. G. 33.
Hamburg-Amerika⸗Linie 93.
Hamburg-Südamerikaniſche
al chiffahrts-Geſellſchaft
Handel von Argentinien 256. 277.
— von Bolivia 353.
— von Braſilien 214.
— von Chile 312.
— von Colombia 429.
— von Ecuador 403.
— von Mittelamerika 522
— von Paraguay 226.
— von Peru 378.
— von Südamerika 92.
— von Uruguay 234.
— von Venezuela 443.
Hänke, Thaddäus 21.
Hannover (Inſel) 57. 288.
Hanſa 207.
Hans Meyer-Gletſcher 388.
Hardy 282.
Hartt, C. F. 2
daſſel, F. M. van 29.
Haßkarl, J K. 38.
AL M. 5 . B. 33. 257. 258.
3 am Antiſana 394.
Hatos 125.
Hauthal, R. 30. 33. 36. 37. 39. 63.
75. 266. 282. 283. 286. 322. 324.
325. 329. 330. 358.
Hayes, C. Willard 45.
Heath, E. 27. 38.
Heilprin, A. 43. 45.
Heredia (Argentinien) 246.
— (Colombia) 426.
— (Coſta Rica) 501. 513.
Hermanos 44. 447.
Hermite 287.
Hernandarias 237.
Herradura 493.
Herrmann, W. 31.
Herval 203.
Herva-Mate, ſ. Mate.
Herzog, Th. 31. 170.
Hettner, A. 23. 39. 41. 198. 406.
423.
Hevea brasiliensis 71.
— guyanensis 112,
Hieronymus 68.
Higuera 309. 310.
Hill, R. T. 45.
Hincha 480.
Hinojo 248.
Hochbecken des Titicaca 327.
— Ecuadors 385.
— in den Kordilleren 54.
— von Lipez 327.
— von Uyuni 327.
Hoek 324.
Hohenau 228.
Hohermuth, Georg 18.
Hojeda, Alonſo de 10. 11. 12. 13.
Hokkohühner 77.
Holguin 483. 485.
Holländer 85. 116.
Holmberg, E. L. 264. 339.
Holtermann, G. A. 23.
Holz 519.
Honda 40. 56. 407. 425. 426.
Hondius, Jodocus 19.
Honduras 8. 16. 43. 44. 495. 510.
511. 515. 520. 521. 522. 523.
— Golf von 489.
Hoorn (Inſel) 56.
— (Kap) 287.
Hope, Inſel 282.
Hornopiren 283.
Hoſt, J. 36.
Hoſte 56. 287.
Huaca de la Roſa 372.
— del Sol 372.
— de Toledo 372.
Huäcas 370.
Huacho 371. 377. 382.
Huacrachuco 360.
Huadca 371.
Huahuin 294. 5
Huaina Potoſi 325.
Huakar 359.
Hualgäyoc 363. 379. 380. 381.
Hualjcan 362.
Huallaga 19. 27. 2
135. 359.
Huallanca 378.
Huamachuco (Fluß) 363.
— (Ott) 379.
Huaman 372.
— (Tal) 371.
Huamba 39.
8. 38. 39. 55. 95.
548
Huanaco 74. 77. 252. 266.
Huanana, ſ. Vilafro.
Huanay 351. .
Huancabamba 361. 379.
Huancapeti 363.
Huancavelica 378. 381.
Huancayo 357. 378.
Huanchaca 37. 327. 333. 347. 353.
Huandoy 362.
Huanka 372.
Huanta 357.
Huantajaya 310. 345.
Huänuco 359. 378. 382.
— viejo 373.
Huanuno 353.
Huara 345.
Huaraz 17. 359. 362. 363. 364. 366.
379. 384.
Huari 362.
Huarmaca 363; ſ. auch Paß von
Huarmaca.
Huasco 343.
Huaskaran 54. 356. 362.
Huaskar Cocha 360.
Huaura 364. 377.
Huayabamba 360.
Huaylas 379.
Huayna Kapak 400.
— Potoſi 353.
Huber, J. 26. 28. 111. 141. 142.
Hübner, G. 25.
Huechu⸗Lafquén 294.
Huehuetenango 519.
Hue mules 285.
Huequi 283.
Huila 424.
Huilcanota 357.
Huilliches 302.
Huincocaya 366.
Humahuaca 334.
Humaita 229.
Humayo 499.
Humboldt, Alexander v. 21. 25. 42.
66. 81. 89. 103. 106. 108. 111.
113. 123. 140. 390. 435. 439.
440.
Humuya⸗-Ulua 495.
Hurricanes 454.
Huſſak 24.
Hutten, Philipp von 18.
Hydrographie 18. 55.
Hylacomylus, ſ. Waldſeemüller.
Ibagué 425.
Ibar 33.
Ibarra 394. 405.
— (Becken) 391.
Ibarreta 31.
Ibicuy (Ort) 229.
— Guazu (Fluß) 200.
Ica 365. 370. 376.
Ica 27. 28. 41. 55. 134; ſ. auch
Putumayo (Fluß).
Jeb 177.
Igapb 131. 142.
Igarapé 131.
Regiſter.
Igatimi (Fluß) 31. 222. 223.
— (Ort) 229.
Igualata 389.
Iguana 49.
Iguazu 23. 200.
Igurey 223.
Ihering, R. v. 23. 74. 168. 208.
Ijuhy Grande 208.
— Guazu 200.
Ilacomilus, ſ. Waldſeemüller.
Ilalb 389.
Iles du Salut 104. 117.
— Malouines, ſ. Falklandinſeln.
Ilex paraguayensis 67. 70.
Ilha da Vera Cruz 12. 13.
Ilheos 191.
Ilimani 39. 54. 325.
Iliniza 389. 395.
Illampu 39. 54. 325.
Illapel 309.
Illimani, ſ. Ilimani.
Ilo 345.
Ilopangoſee 43. 496.
Imbabura (Provinz) 40. 405.
— (Vulkan) 391.
Imbetiba 191.
Imperatriz 170.
Imperial (Fluß) 296. 297.
— (Ort) 303.
Im Thurm, E. 26. 111.
Inagua 488.
Inambari 28. 136.
Inca, Fort 245.
Incahuaſi 329.
Indefatigable 48.
Indianer 30. 77. 84. 113. 145. 400.
458. 506. 507. 515. 517.
Indigo 71. 516.
Induſtrie von Argentinien 245.
256. 276.
— von Bolivia 354.
— von Braſilien 206. 213.
— von Chile 312.
— von Colombia 429.
— von Ecuador 402.
— von Mittelamerika 522.
— von Paraguay 226.
— von Peru 378.
— von Südamerika 91.
— von Uruguay 233.
— von Venezuela 443.
Ines 56.
Inirida 25. 107.
Inka⸗Ebene 317.
Inka⸗Kultur 302.
Inkas 371. 372. 374. 400.
Inlandeis 281. 284.
Innerargentiniſche Hochebenen
320.
Inquiſivi 351.
Inſelkaraiben 508.
Inſeln Südamerikas 48.
Intihuaſi 373.
Ihpagarai, Lagune 223.
Ihpala 497.
Ihpaneé, ſ. Rio Ipané.
Ipekakuanha 143.
Ipiales 425. 430.
Ipoa, Lagune 223.
Ipota, Fort 246.
Ipurina 147. 148.
Iquique 60. 304. 310. 332. 344.
345.
Iquitos 28. 138. 151.
Iraca 422.
Irala 19.
Irazu 43. 491. 493.
Irigoyen, Fort 245.
Iſabel (Nordoſtbraſilien) 173.
— (Dftbrafilien) 192.
Iſabela, Inſel 48.
Isla de los Gomez 412.
— del Rey Guillermo 288.
— Grande 182.
— Rodrigo de 17.
| Islas de Camaguey 480.
— de los Pinos 8.
Islay 345.
Isluga 330.
Iſthmus von Caſanai 435.
— von Darien 16.
— von Matanzas, Guines und
Habana 482.
— von Ofqui 288. 290.
— von Panama 16. 74.
— bon Tehuantepec 16.
Itaboca 156.
Staboca-Fälle 137.
Itacaiu 169.
Itacoatiara 155.
Itacolumi 180. 181.
Itacurubi 224.
Itaimbey 223.
Itaituba 137. 155.
Itajahy (Fluß) 95. 199.
— (Kolonie) 207.
Itajahytal 207.
Italiener 189. 205. 208. 253.
Stambe 180.
Itapera de Fachina 195.
Itapetininga 195.
Itapicuru 95. 173.
Itapua, ſ. Encarnacion.
Itaqui 235.
Itatiaya 101. 181.
Itavaré 199.
Itiquira 161.
Itonamas, ſ. San Miguel (Fluß).
Itu 195.
Ituango 410.
Iturbide 510.
Ivahy 199.
Ivinhema 200.
Iximché 518.
Izalco 496. 497.
Iztepeque 496.
Jacaranda 136.
Jacmel 480.
Jacobi, A. 73.
Jacuhy 95. 198. 199.
Jacuhytal 208.
Sacunda 166.
Jäen de Bracamoros 361. 379.
Jaguaräo (Fluß) 199. 205.
— (Ort) 206. 208.
Jaguaribe 95. 173.
Jaguel 37.
Jahn, A. 25. 42. 437.
Jaina 477.
Jakarandaholz 143. 212.
Jalapa 519.
Jalca 355. 368.
Jamaika 8. 45. 451. 452. 453. 457.
458. 459. 460. 461. 462. 463.
464. 486. 487.
James (Inſel), ſ. San Salvador
(Galäpagos-Inſel).
James, G. P. 39.
Jannaſch, R. 23.
Januaria 183. 194.
Jaore 105.
Japoré 183.
Sapura 18. 27. 28. 41. 55. 134.
Jardines de la Reina 480.
Jary 135.
Jaryhana 134.
Satoba 183.
Jauapery 28. 135.
Jauareté 134.
Jauja 378.
Jaulapiti 82.
Javary 28. 130. 136.
Jejuy, ſ. Rio Jejuy.
Jequetepeque 363. 364. 382.
Jequitinhonha 95. 182.
Seremie 480.
Jerrmann, Kapitän 31.
Jeſuiten 20. 29. 32. 34. 205. 225.
227. 243.
Jeſus 229.
Jicaque 507.
Jicarales 504.
Jicatuyo 499.
Jicora 477.
Jinotega 514.
Jipijapa 404.
Jirajara 439.
Jirardot 411. 425. 426. 430.
Siron 425. 428.
Jivaro 82. 147. 458. 474.
Soao Enet, ſ. Boruſſia.
Joazeiro 23. 183. 190.
Jod 311.
Johnstown, ſ. Saint John (Anti
gua).
Joinville 201. 202. 207.
Juan de Ayolas 227.
— Fernandez 49.
— Godoi 343.
— Griego 447.
Juan, Jorge 21.
Jubones 387. 393.
Jucuapa 496.
Juiz de Fora 182. 184. 193.
Jujuy (Ort) 30. 37. 348.
— (Provinz) 273. 274. 347. 349. |
Jumana 147.
Regiſter.
Juncal (Berg) 295. |
— (Fluß) 326.
Juncal-Maſſiv 36. |
Jundiahy 195.
Jungferninſeln 45. 452. 459. 461.
463. 472. 473.
Junin 254.
Juradb 424. |
Juramento 322. 323.
Juri 82.
Surua 27. 28. 130. 136.
Juruana 162.
Juſſieu 21.
Jutahy 130. 136.
Jutiapa 519.
Kabel 98.
Kabiſchis 166.
Kadiueo 82. 244.
Kaffee 73. 90. 210. 428. 505. 517.
521.
Kaffeebaum 187.
Kaiateur 103.
Kaiman 76.
Kaingang 78. 81. 204.
Kaingud 204. 227.
Kakao 71. 90. 112. 143. 211.
Kaliäna 113.
Kamayurä 81. 166. |
Kams, ſ. Kaingang.
Kampa 375.
Kamuk 492.
Kanal von Chacao 288. 292. 297.
— von Gongalvo 199. |
— von Pacchapungo 357.
— von Tajipuru 155.
Kanalzone 510. 511.
Kap Agoſtinho 15.
— Branco 47.
— Catoche 11.
— Cedros 445.
— Codera 437. 442.
— Froward 288.
— Gallinas 47.
— Gracias a Dios 43.
— Haiti 480.
— Hoorn 18. 47. 282.
— La Vela 10.
— Paquica 331.
— Pilar 288. |
— Roſtro Hermoſo 12.
— Sao Agoſtinho 12.
— — Roque 13. 14. 58. 61.
Kapuziner 20.
Karahyaby 147.
Karaiben 8. 77. 81. 113. 114. 148.
166. 458. 465. 466. 519.
Karaibiſches Gebirge 101. 431.
433. 434.
— Meer 10. 47.
Karaya 167.
Kariguano 114.
Karijona 148.
Karipuna 146.
Karſten, H. 39. 41. 42.
Kartoffel 70.
287. 289.
549
Kaſchibo 146.
Kaſchinana 146.
Katarakt von Atures 108.
— von Maipures 108.
— von Paulo Affonſo 183.
Katauiſchi 147.
Katukina 147.
Katzer, Friedrich 23. 28. 128. 137.
155. 172.
Kauiſchana 147.
Kautſchuk 70. 90. 142. 211; ſ. auch
Balata.
Kayapod 81.
Kayriri 176.
Kayſer 26.
Kayua, j. Kaingua.
Keidel, H. 32. 36.
Kekchi 509.
Keller⸗Leuzinger 27. 137.
Ketſchua 78. 80. 83. 372. 373. 374.
Kingston 453. 455. 487.
Kingstown 466.
King William 57.
Kinikinau 82.
Kiriri⸗Sabuya 82.
Kiſſenbarth 24.
Klapperſchlange 76.
Klein Abaco 488.
— Salvador 488.
Klima Amazoniens 137.
— der Antillen 453.
— Bolivias 333.
— des Chaco 240.
— Colombias 414.
— von Corrientes und Entre Rios
235.
— Ecuadors 393.
— der Galäpagos 48.
— Guayanas 110.
— der mittleren Kordilleren 332.
— der peruaniſchen Kordilleren
364.
— der ſüdlichen Kordilleren 288.
— der Llanos 122.
— von Mittelchile 298.
— Nordoſtbraſiliens 173.
— Oſtbraſiliens 184.
— der Pampa 249.
— von Paraguay 223.
— Patagoniens 263.
— von Peru 364.
— Südbraſiliens 200.
— Uruguays 231.
— von Venezuela 436.
— von Zentralamerika 500.
— von Zentralbraſilien 163.
Knoche, W. 23.
Kobeua 146.
Koch⸗Grünberg, Theodor 24. 25.
26. 28. 81. 102. 145. 146.
Köggaba, j. Arhuaco.
Kohlen 310.
Koka 71. 143.
Kokain 71.
Kokama 81. 148.
Kokospalme 71.
550
Kolibris 77.
Kolonialherrſchaft, Zeit der 19.
Kolonie des 16. Oktober 60. 272.
Kolumbus 3. 4. 5. 6. 7. 10. 11. 13.
14. 15. 458.
Kommiſſion zur Beſtimmung der
Grenze zwiſchen Venezuela und
Braſilien 25.
Kondor 76. 301.
Konibo 146.
Königin⸗Adelaide-Inſel 288.
Kordilleren 34. 35. 36. 38. 39. 53.
60. 61. 62. 63. 65. 66. 69. 70.
71. 73. 74. 75. 76. 78. 100. 280.
— colombianiſche 406.
— ecuatorianiſche 385.
— mittelchileniſch-argentiniſche
292.
— mittlere 282. 315.
— nördliche 282.
— peruaniſche 355.
— ſüdliche 282.
Kordillere von Agua Negra 433.
— von Bogota 18. 412.
— von Bolivia 17. 23.
— von Chiriqui und Coſta Rica
492.
— von Chocb 409.
— von Cochabamba 324.
— von Huayhhuaſh, ſ. Cordillera
de Huayhuaſh.
— von Jujuy 17.
— von Merida 42. 406. 431. 432.
437.
— von Nahuelvuta 297.
— von Nordchile 17.
— von Ocaña 413.
— von Patagonien 17
— von Bertja 18.
— von Talamanca 492.
— von Veragua 492.
Koreguaje 146.
Koropô 82. 188.
Körperbau der Südamerikaner 79.
Körperbemalung 80.
Kosmos⸗Linie 94. 313. 383. 523.
Kraatz⸗Koſchlau, v. 28.
Krauſe, F. 24. 167.
Krauſſe, D. 31.
Krautmacher 35.
Kreolen 84. 375.
Kriſchana 114.
Kröff 208.
Krüger, P. 35.
Kuba 7. 8. 11. 21. 22. 45. 451. 452.
453. 457. 458. 459. 460. 461.
462. 463. 464. 480. 483. 484.
Kuereti 146.
Kühn, F. 34. 37. 322.
Kukenam 103. 106.
Kulis, chineſiſche 482.
— indiſche 467.
Kuliſehu 24. 162.
Kuluene 166.
Kundanamo 103.
Kupfer 310. 353.
326.
Regiſter.
Kurtz, H. 30. 36.
Kuru 117.
Kusko, ſ. Cuzco.
Küſten Südamerikas 56.
Kuſtenau 166.
Küſtenentwickelung Südamerikas
58.
Küſtenkordillere 297. 316. 331.
La Banda Oriental 232.
— Bathie 469.
— Boca 512.
Labre, Pereira 28.
Labrea 154. 5
Laca Ahuira 327.
Lacantun 500.
Lacar, See 260. 283.
La Ceiba (Honduras) 515. 523.
— (Venezuela) 445.
Lache 422.
La Ciénaga 427.
— Colonia del Sacramento 233.
— Columna 432.
Lacombe 41.
La Concepcion 43.
Lacroix, A. 45.
La Cruz 236.
La Culebra 492. 512.
La Cumbre 294.
La Deéſirade 469.
Ladinos 513. 515. 517.
Laeisz 94.
Laeisz⸗Linie 313.
La Espera 31.
Lafayette 193.
La Florida 233.
Lage Südamerikas 47.
Lagoa dos Patos 199.
— Feia 160.
— Formoſa 160.
— Meſtre 160.
— Mirim 198. 199. 231.
Lago Argentino 32. 33.
285.
— Barros Arana 285.
— Bravo 285. 286.
— Buenos Aires 259. 283. 285.
— Cayutué 294.
— Chapo 294.
— Chico 285.
— Cholila 285.
— Colhuapi 262. 271.
— d' Arary 142.
— de Granada 493.
— de Llanquihue 296.
— de Poopo 56. 327.
— de Ranco 297.
— de Todos los Santos 34. 294.
— Fagnano 287.
— Falkner 294.
— Fontana 33. 262. 285.
— General Paz 285.
— Grande de Monte Alegre 142.
— Hermoſo 294.
— Inferior 285. 286.
— Jorge Montt 285.
286.
259. 262.
|
Lago Lacar 294.
— La Plata 35. 285.
— Maravilla 285.
— Matiquina 294.
— Menendez 285.
— Montt 286.
— Muſters 33. 262.
— Nahuel Huapi 259.
— Nicolas 285. 286.
— Nuevo 35.
Lagoon Bluff 445.
Lago San Martin 33. 259. 260.
285.
— Sarmiento 285.
— Superior 286.
— Urre Lafquen 248. 257.
— Viedma 259. 285.
— Villarino 294.
— Velo 35.
La Grange, Senedhal de 39.
— Grita 432. 439. 440.
— Guaira 435. 436. 440. 442. 444.
Laguna 135. 207.
— Bebedero 248.
— Blanca 260.
— — Grande 248.
— Colorado Grande 248.
— Concepcion 238.
— de Azuay 476. 477.
— de Chiriqui 8. 492.
— de Coipaſa 327.
— de Fondo 476.
— de Füquene 413.
— de Guija 498.
— de Maracaibo 57. 431.
— de Poopo 327.
— de San Rafael 63. 284. 290.
— de Santa Ana 360.
— de Unimarca 328.
— de Villarica 297.
— de Mabal 524.
— de Zapatoſa 411.
— dos Patos 58.
— Dulce 477.
— Enriquillo 477.
— Gaiba 31.
— Huechu⸗Lafquén 293.
— Ibera 235.
— Szabal 491.
— Malaya 235.
— la Mangueira 58.
— Mirim 58.
Lagunas 310.
Lagunen 326.
Lagunenküſte 58.
— von Santa Ana 360.
La Habana (Provinz) 484.
— — (Stadt) 453. 483.
— Joya 366.
Lakandonen 508.
La Libertad (El Salvador) 517.
— — (Nicaragua) 520. 524.
— Limena 385.
Laman 507.
Lamas (Ort) 379.
Lamas, Pedro S. 516.
Lamatepec 496.
La Matriz 405.
Lambayeque (Fluß) 363. 364.
(Ort) 377.
La Mejicana 97.
— Merced 366.
— Meſa 427.
Lampangui 309.
Landſchnecken 77.
Lange, G. 31. 36.
— Henry 23.
Langhans, P. 23.
Languin 519.
Lanin 283. 293.
La Paz (Ort am Parana) 237.
— — (Ort in Bolivia) 38. 39. 332.
346. 348. 352. 353.
La Perla 455.
— Plata (Fluß in Puerto Rico)
474.
— — (Fluß in Südamerika) 14.
15. 19, 29. 30. 55
— — (Republik) 86.
— — (Stadt) 254. 275. 279.
— — (Vizekönigreich) 85.
— — Länder 21. 23. 29. 99. 100.
216.
— — Syſtem 96. 218.
La Quiaca 334. 347. 352. 353.
Lara 433. 440. 441.
La Regla 485.
— Rioja (Ort) 320. 334. 347. 349.
— — (Provinz) 37. 273. 274. 348.
350.
— — Bach von 321.
— Rivardiere 177.
— Romanche 33.
Las Baſtidas, Rodrigo de 18.
— Caobas 480.
— Caſas 458.
— Cenizas 245.
— Cuevas 97.
— Pilas 494.
La Serena 298. 309.
Las Trincheras 435.
— Villas, Bergland von 481.
Latacunga 394. 405.
— Becken von 389.
La Union (El Salvador) 517. 523.
— (ſüdliche Kordilleren) 305.
Lauri Cocha 360.
Lauritama 155.
Lavalle, Fort 245.
Lavaſen 361.
Lavayen 323.
La Vega 477. 479. 480.
— Vela de Coro 441. 444. 445.
— Victoria 435. 441.
Leach 31.
Lebrija 411.
Lebu 306. 310.
Le Carénage 472.
Lechiguanas, Inſel de las 219.
Leewardinſeln 470.
Le Frangois 468.
Leguan 76.
Regiſter.
Lehmann-Nitſche, R. 340.
Leif der Glückliche 4.
Leimebamba 360.
Leinſamen 91.
Leiva 412. 427.
Le Lamantin 468.
— Maire 18.
Lengua 82. 244.
Lenox 310.
Leon (Ort) 514. 524.
— Ponce de 11.
Leopoldina 162. 168. 170. 191.
Lepe, Diego de 12. 13.
Lescano 272.
Les Saintes 463. 468.
Leuka 508.
Levat 26.
Lewandowſfki, M. 276.
Liberia 43. 512.
Libertad 514. 519. 523; ſ. auch La
Libertad.
Lican⸗Antai 340.
Licancaur 37. 330.
Lile 421.
Lima 38. 39. 59. 365. 376. 382.
— Tal 371.
Limari 316.
Limay (Fluß) 32. 33. 34. 36. 261.
295. 296.
— (Ort) 34. 263. 264.
— Tal von 269.
Limeira 195.
Linares (Ort) 307.
— (Provinz) 306.
Linhares 191.
Lirima 330.
Lislique 516.
Liſta, Ramon 31. 33. 35.
Little Curacao 448.
Livingſton 519.
Livramento 155.
Llacanora 363.
Llai Llai 309.
Llaimas 293.
Llala 345.
Llallagua 353.
Llama 74. 77.
Llamellin 361.
Llaneros 126.
Llanos 18. 21. 42. 54. 67. 99.
100. 121. 126.
— Altos 122.
— Bajos 122.
— de Chiquitos 139.
— de Mojos 20. 152.
— de Santa Cruz 38.
Llanquihue (Ort) 34.
— (Provinz) 304.
— (Vulkan) 293.
Llanquihue⸗See 96. 284. 297.
Llaucan 361.
Llimpi 389.
Llora 409.
Lloyd Brazileiro 94. 96.
Llullaiyaco 54. 330.
Loayſa, Garcia Jofre de 17.
1
551
Lobos, Inſel 220.
Logrono 405.
Loiza 474.
Loja (Ort) 39. 386. 394.
— (Provinz) 404.
— Becken von 386.
Lolog, See 283. 294.
Loma de Banao 481.
— del Valle 477.
Lomas del Infierno 481.
— del Purial 481.
Loma Tina 453. 477.
Londonderry 287.
Long Island 7. 488.
Lonquimai 283. 293.
Lopez, Carlos 228.
— Solano 228.
Lorena 195.
Lorentz, P. G. 30. 34. 339.
Loreto, Departamento 151.
Lorica 425. 427.
Los Andes 298.
— Angeles 306.
— Baños 387.
— Hornos, Paß 331.
— Roques 447.
Löß 221. 247.
Lota 306. 310.
Loth 26.
Lowe 27. 38.
Loyola 405.
Luan Mahuida 260.
Lucea 487.
Ludwig, R. 44. 45. 476.
Luftdruck 60.
Luis Alvez 207.
Lumaco 306.
Luque (Ort) 228. 229.
— Fernando de 17.
Lurin, Tal 371.
Lurucatao 326.
Luſobraſilier 205.
Luzerne 300.
Luzero, ſ. Cerro Azul (Venezuela).
Lydekker, R. 73.
Macacu 192.
Macanao 447.
Macapa 155.
Macarapana 439.
Macareo 109.
Maceib 179. 210.
Machala 404.
Maclure 45.
Macuira 414.
Macul 392.
Macuſani 356.
Macuto 442. 445.
Madeira 22. 24. 27. 38. 55.
136. 137. 161.
Madeira-Mamore-Bahn 215.
Madera 49.
Madero, Fort 245.
Madre de Dios (Fluß) 28. 136.
— — — ($njelgruppe) 57. 288.
Magalhäes, Fernäo de 3. 12. 15.
352.
552
Magalhäesſtraße 17. 56. 63. 283.
Magallanes, Fernando de, ſ. Ma-
galhäes.
Magangué 426.
Magdalena (Departamento) 424.
427.
— (Fluß) 11. 18. 20. 21. 28. 40.
54. 55. 56. 57. 95. 408. 411.
412. 430.
— (Ort) 519.
Magdalena-Tal 41. 406. 426.
Magellan, Ferdinand, ſ. Magal⸗
häes.
Magnin 20.
Maguey 72.
Mahl 25. 135.
Maionggong 114.
Maipo 296.
Maipu 293. 303.
Maipure 114.
Maipures 103.
Maiquetia 442. 445.
Mais 72. 90. 91.
Makaguaje 146.
Makarapou 104.
Mafiritare 114.
Mafıı 82. 113. 145.
Makuſchi 82. 114.
Malaga 425.
Malaria 65. 110.
Maldonado 233.
Malleco (Ort) 303.
— (Provinz) 305.
Malocas 147.
Malvinen, ſ. Falklandinſeln.
Mamelucos 149. 189.
Mamore 136. 161. 323.
Man 258.
Manabi 404.
Managua 43. 501. 514. 524.
Managuaſee 491. 494. 524.
Manajo 176.
Manaos 20. 27. 28. 129. 138. 154.
210. 214.
Manati 474.
Manau 147.
Mandeville 487.
Mangabeira 211.
Manganerz 212.
Mangels, H. 224.
Mangrovewald 67.
Mangue-Chorotega 508.
Manicoba 211.
Manihot utilissima 70.
Manillin 309.
Maniok 70.
Manitjaua 81. 166.
Manizales 41. 425. 426.
Mansfeld 24.
Manſo, ſ. Rio Manjo.
Manta 404.
Mantaro 357. 358.
Manzaneros 268.
Manzanillo 483. 485.
Mapa 116.
Mapiri (Fluß) 136. 325.
Regiſter.
Mapiri (Ort) 351.
Mapocho 308.
Mapuche 302.
Mapuera 135.
Maraga 104. 116.
Maracai 441.
Maracaibo (Stadt) 440. 441. 444;
ſ. auch Laguna de Maracaibo.
— See von 54. 95.
— Tiefland von 431.
Maragogipe 190.
Maraguaca-Gebirge 105.
Marajo, Inſel 28. 57. 132. 155.
Maranguape 177.
Maranhäo (Hafen) 214.
— (Staat) 23. 171. 173. 176. 177.
209.
Marañon 20. 39. 360.
Maranon-Anden 356. 359.
Marary 25.
Marata 208.
Maraua 147.
Marca Huamachuco 372.
Marcara 386.
Mar Chiquita 30. 247.
Marco Polo 4.
Mar de Heſpanha 193.
— del Plata 249. 254.
Margarita 8. 10. 44. 447.
Mariante 208.
Maribiosvulkane 494.
Marie Galante 8. 463. 468. 469.
Marigot 472.
Mariguana 488.
Marinus von Tyrus 5.
Markham, Sir Clements 38.
Marmato 426.
Maroa 121.
Maroni (Fluß) 26. 105.
— (Forſcher) 20.
Martin, C. 36. 302. 303.
— K. 26. 44.
Martinez, A. 276.
Martinique 8. 45. 73. 93. 452. 453.
459. 460. 461. 462. 463. 466.
Martin Vaz 52.
Martius 22. 23. 26. 27. 66. 81.
137. 172.
Martius⸗Katarakt 162.
Marutani-Berge 102. 110.
Mas a fuera 49.
— d tierra 49.
Maſaya (Berg) 494.
— (Ort) 501. 514.
Maskoi 82.
Mataco 243.
Matagalpa 514.
— Berge von 495.
Mataguayo 243.
Matako 82.
Matanzas 484. 485.
Mataquescuintla 519.
Matara 239. 245.
Mate 70. 90. 211.
Matorral 67. 141.
Matta 178.
Matto geral 186.
— Groſſo (Ort) 164. 169.
— — (Provinz) 22. 24. 158. 167.
168. 209.
— virgem 186.
Matucana 358. 365. 366.
Maturin 127. |
Maud 215.
Mauabahn 96.
Maudjlay, A. P. 43.
Mauhe 149.
Maule (Provinz) 306.
Maullin (Ort) 305.
Maurain 41.
Mauritia flexuosa 112.
Maya 8. 509.
Mayaguez 474. 475.
Mayari 485.
Mayaſi 361.
Mayero 465.
Maynas 20.
Mayo, ſ. Rio Mayo.
Mayoruna 146.
Mazagäo 155.
Mazaruni 25. 103. 105.
Mbaticola 227.
Mbaya-Kadiuéo 243.
Mearim 95. 173.
Medanos 321. 339.
Medellin 41. 415. 425. 426.
Medio Yunga 337.
Mehinaku 82. 166.
Meia Ponte (Ort) 163. 170.
Meiggs, Henry 97. 384.
Mejillones 344. 345.
Mel, do (Inſel) 199.
Melinka 292.
Melo 233.
Mendoza (Ort) 30. 36. 37. 59.
— (Provinz) 273. 274. 275. 320.
334. 335. 347. 348. 349. 350.
Mendoza, Hurtado de 12. 16.
— Pedro de 253.
Menendez, Pater 32. 34.
Menocal 43.
Merced 308.
Mercedario 54. 293. 317. 318.
Mercedes 231. 233. 235. 236. 254.
Mercerat, A. 33.
Merevari 110.
Merida 440.
Meſa Nevada de Herveo 410.
Meſas 122. 481.
Meſeta Belgrano 287.
— del Lago Cardiel 287.
— Zeballos 287.
Meſſier⸗Kanal 288.
Meſtizen 84. 375.
Meta (Fluß) 18. 107. 108. 122. 444.
— (Intendencia) 126. 424.
Metan 348.
Metapan 517.
Mexikaniſches Meer, ſ. Golf von
Mexiko.
Mexiko 11. 16. 19. 21.
— Tal von 16.
Meyer, Hans 41. 388. 390. 395.
— Herrmann 24. 208.
Michagua 29.
Michoacan 16.
Middendorf, E. W. 39. 325. 342.
345.
Mieriſch, B. 43.
Mihanovich 96.
Milagros 245.
Miller, W. 43.
Mimusops balata 112.
Minas (Ort) 207. 233.
— Geraés (Provinz) 22. 23. 24.
25. 179. 189. 192. 209.
— Novas 194.
Minchin, J. B. 38.
Minchinmävida 283.
Mino 330.
Minuano 184.
Miraflores 377.
Miragoane 480.
Miranda (Fluß) 161. 168. 218.
— (Ort) 169.
— (Staat) 440. 441.
Miranda, Francisco de 86.
Miranya 82. 146.
Miravalles 493.
Mirebalais 480.
Miſchlinge 84. 125. 176. 189. 228.
342. 401. 439. 459.
Miſiones 20. 31. 221. 222. 223.
229. 274.
Miskito, ſ. Mosquito.
Miſſionen 20. 153. 227.
Miſti 329. 330. 334. 366.
Mittelamerika 47. 100. 449.
Mittelpatagonien 33.
Mixiana 57. 132.
Mizque 323.
Mocha, Inſel 298.
Moche 364.
Mocoa (Indianer) 125.
— (Ort) 18.
Moitaco 120.
Mojanda 391.
Mojeque 371.
Mojo 148. 170.
Mokovi 82. 243.
Möle St. Nicolas 480.
Molinos 37. 335. 348.
Mollendo 332. 345. 365. 383. 384.
Mombacho 494.
Momotombito 494.
Momotombo 44. 494.
Mompös 412. 426.
Mona, Inſel 451. 476.
Mona⸗Paſſage 451. 476.
Monazit 213.
Mönchsorden 83.
Monday 223.
Mondberge 104.
Mondego, ſ. Miranda (Fluß).
Moniquirä 425. 427.
Monnier, M. 28.
Monſefü 377.
Montagne de Haut 477.
Regiſter.
Montagne Pelée 45. 452. 453.
467.
Montalverne 208.
Montana 38. 355. 366. 370.
Monte (Lagune) 248.
— (Begetationzformation) 68.
417.
— Aguacate 520.
— Alegre 155.
— Carrasco 331.
— Chriſto 155.
Montecillos 498.
Monte Cochrane 35. 286.
Montecriſti (Ecuador) 404.
Monte Criſti (Haiti) 479.
Montego 487.
Montego-Bay 487.
Monte Meiggs 358.
— Pascual 12.
Monte⸗Region 339.
Monte Rico 497.
— San Clemente 286.
— Sarmiento 262. 282. 287.
Montes Rivadävia 287.
Monte Tarn 282.
Montevideo 231. 232. 233.
Montijo, ſ. Golf von Montijo.
Mont la Hotte 477.
— la Selle 477.
Montolieu, P. 25.
Mont Oreille 282.
Montſerrat 8. 42. 45. 452. 457.
460. 462. 463. 470.
Montuoſo 176.
Mont Vauclin 467.
Monzon (Fluß) 360.
— (Ort) 382.
Moquegua (Departamento) 343.
— (Provinz) 345.
— (Stadt) 345.
Moraleda-Kanal 57.
Moraleda y Montero, J. de 21. 34.
Moranttown 487.
Morawhanna 120.
Moreira 154.
Moreno (Ort) 126. 272.
Moreno, Francisco 32. 33. 35. 286.
— Joſeè Antonio 310.
Morichales 124.
Möricke 293.
Morne au Garou 465.
— Diablotin 453. 468.
— du Paradis 472.
— Jacob 467.
Mornington 288.
Moro 244.
— Cocha 358.
Morona 28. 133.
Morovis 474.
Morretes 207.
Morro 404.
— Amarillo, ſ. San Felix.
— Crundiuba 180.
— do Trombudo 198.
Morros 258.
Morro Velho 212.
Mosquito 507.
Mosquitoküſte 495.
Mosquito Territorium 514.
Motagua 499. 519.
Motaguatal 518.
Motilones 82. 420.
Mount Adam 51.
— Buckland 262. 287.
— Burney 288.
— Cathedral 288.
— Darwin 262. 287.
— Hillaby 464.
— Hope 287.
— Maitland 465.
— Miſery 470.
— Tarn 288.
Moura 154.
Mouſſy, de 29.
Moyano, Carlos M. 33.
Moyobamba 27. 39. 379. 382.
Mucajahy 135.
Mucambeiros 116. 150.
Mucuchies 432.
Mucury 95. 182.
Mucurykolonien 191.
Muisca 421.
Mulalb 394.
Mulatten 84. 114. 125. 189. 375.
401. 459. 467. 469. 471. 514.517.
Mulchen 306.
Müller, L. A. 444.
Munday 31.
Mundo Novo (Südbraſilien) 208.
— Nuevo (Venezuela) 443.
Munduruku 81. 166.
Munoz 28.
Mura 82. 146.
Mururata 325.
Muſters (See) 33.
Muſters, G. Ch. 32. 33. 38.
Muſtique 465.
Mutis 21.
Muzo 422. 429.
Nabon 386.
Nacimiento 306.
Nacimientos de Jaguel 329.
Nacional Yegros 228.
Nadis 290.
Nagoya 237.
Nagrandan 508.
Nahua, ſ. Nicarao.
Nahuel Huapi 21. 32. 34. 35. 56.
261. 283. 284. 294. 296.
— Pan 287.
Nahuqud 82. 166.
Nandu 77.
Naos 500. 501.
Napo 19. 20. 27. 28. 133.
Naranjal 393.
Narborough 48.
Nare 411.
Naricual 443.
Narino (Paſto) 424.
Naſſau 453. 488.
Natal 177.
554
Natterer 22. 23.
Nauräd 422.
Nauta 129. 151.
Navarin 56. 282. 287.
Nazareth 178.
Nazca 370.
Nechi 410.
Neger 84. 114. 125. 176. 189. 342.
375. 401. 423. 439. 458. 459.
467. 469. 471. 474. 482. 486.
510. 514. 517. 519.
Negreiros 345.
Negritos 364. 381.
Negro, ſ. Rio Negro.
— Muerto 271.
Neiva 41. 411. 425. 426.
Nelſonſtraße 288.
Nemocon 427.
Nepena, Tal 371.
Neu⸗Amſterdam 118.
Neu⸗Auſtralien 228.
Neu-Braunau 305.
Neudorf 207.
Neu-Germania 228.
Neugranada 85. 86. 423.
Neuquén (Fluß) 34. 36. 96. 261.
295. 296.
— (Gobernacion) 257. 272.
— (Ort) 270. 272.
— (Tal) 269.
Neuquén-Bahn 279.
Neuwürttemberg 208.
Nevada de Meérida 437.
— de Santa Marta 416. 417.422.
Nevado de Acay 322.
— de Aconquija 320.
— de Acrotambo 360.
— de Cachi 322.
— de Cajamarquilla 63. 360.
— de Famatina 319.
— de Huaskaran 281.
— de Huaylillas 362.
— de Huila 410.
— del Veladero 318.
— de Paſtos Grandes 322.
— de Pelagatos 362.
— de San Francisco 318.
— de Sorata 325.
— Gallina Muerta 318.
— Huallatiri 330.
Nevados 62.
— de Chani 322.
Nevis 45. 452. 453. 463. 470. 471.
New Amſterdam 119.
Newceaſtle 453. 454.
New Plymouth 470.
— River 524.
Nhamunda 135.
Nicaragua 16. 42. 43. 44. 510. 511.
513. 514. 520. 521. 522. 523.
— Bergland von 495.
Nicaraguaſee 43. 491. 493. 524.
Nicarao 508.
Nickerie (Fluß) 104. 105.
— (Ort) 118.
Nicoya (Halbinſel) 493.
Regiſter.
Nicoya (Ort) 512.
Nictheroy 192. 210.
Nicueſa 11.
Niederländiſch-Guayana 88. 92.
104. 116. 117.
Niederlein, G. 30. 31. 34. 238.
Niederſchläge 60.
Nieve penitente 295. 388.
Nigua 477.
Nindiri 494.
Nino, Andres 16.
— Per Alonſo 11.
Nipebucht 7. 483.
Nizao 477.
Nocten 243.
Noguera 33.
Nogy das Cruzes 195.
Nonohay 208.
Norddeutſcher Lloyd 94.
Nordenſkiöld, E. 31.
— Otto 33. 258. 263. 283.
Nordküſte 93.
Nordoſtbraſilien 158. 170—179.
Nordpatagonien 33.
Nord-Santander 424.
Nori 421.
Noria 345.
Normannen 4. 9.
Norquin 271. 272.
Nortes 501.
Northers 501.
Nötzli 39.
Nova Colonia do Sacramento 232.
— Friburgo 192.
— Italia 206.
— Petropolis 208.
— Santa Cruz 208.
Nuble (Fluß) 296.
— (Provinz) 306. 307.
Nudo von Apolobamba 325.
— de Pasco 356. 359.
— de Tiupullo 389.
Nueva Burdeos 228.
— Granada (Preſidencia) 423.
— — (Stadt) 423.
— Italia 305.
— Sevilla 518.
Nueve Cerros 518.
Nuevitas 483. 485.
Nuevo Imperial 306.
— Timbo 239.
Nutrias 126.
Nutzpflanzen Amazoniens 143.
— Bolivias 357.
— Braſiliens 176. 187. 203.
— des Chaco 242.
— von Chile 300.
— Colombias 419.
— Ecuadors 401.
— von Guayana 112.
— der Pampa 251.
— Paraguays 225.
— der peruaniſchen Kordillere
368.
— Südamerikas 70.
— Venezuelas 442.
Nutzpflanzen Weſtindiens 457.
— Zentralamerikas 504.
Oaxaca 16.
Obidos 138. 155.
Obligado 34.
Obrajes 226. 229.
Obſtruction-Sund 288.
Ocampo, Sebaſtian de 11.
Dcafia 425. 428.
Ochſenius, C. 299. 302. 311.
Ocobamba 356.
Ocoña 357.
O'Connor 34.
Ocbs 523. 524.
Ocotal 514.
Ocumare 442.
Odebrecht, H. 23.
Oeiras 177.
O' Higgins 306. 307.
Ojancos 310.
Ojo del Toro 481.
Olancho 515. 516.
Olascoaga 34.
Olid, Criſtobal d' 16.
Olin, A. 33.
Olinda 178.
Oliva 229.
Ollantai-Tambo 373.
Ollitapaß 318.
Olmes, Fort 245.
Omagua 81. 148.
Ombu, Fort 246.
Ometepe, Inſel 494.
Ona (Indianer) 78. 267. 268.
Ona (Ort) 386.
Onzole 400.
Oran 31. 348.
Orangebai 289.
Orangen 90.
Orangetown (Oranjeſtad) 471.
Orbigny, A. D. d' 23. 29. 38. 81.
Orchila 44. 447.
Ordinaire, O. 39.
Orellana, Francisco de 18. 129.
133
Orinoco 18. 19. 20. 21. 25. 28. 42.
54. 55. 56. 57. 95. 103. 106. 107.
108. 109. 444.
Orinoco-Delta 8.
Orkane 466. 470. 473. 475.
Orocué 108. 126.
Oroſi 493.
Orota, ſ. Rota.
Oroya 357.
Oroya-Bahn 97. 358. 378. 384.
Orſeille (Orchila) 49.
Ortega 43.
Ortiz (Chaco) 245.
— (Llanos) 127.
Ortmann, A. E. 74.
Ortoirefluß 445.
Orton (Fluß) 29. 136.
Orton, James 27.
Oruro 333. 346. 352. 353.
Oſa, Halbinjel 493.
Oſorno (Ort) 34. 305. 314.
— (Bulfan) 283. 293.
Oſpino 127.
Oſtbraſilien 158. 179.
Sa 179.189.191.
Oftfonbiflere 315. 318. 322. 323.
360. 386. 412. 427.
Otavalo 405.
Otomaken 82. 113.
Dtuzeo 363. 379.
Otway Water 282. 283. 288.
Ouricury 172.
Ouro Fino 169.
— Preto 22. 184. 193.
Ovalle 309.
Oyagua 37. 330.
Oyampi 113.
Oyana 82.
Oyapoc 26. 105.
Ozama 477.
Paat 238.
Pabellon de Pica 345.
Pacasmayo 39. 377. 382. 383.
Pacasmayo-Cajamarca-Bahn
384.
Pacaya (Indianer) 166.
— (Vulkan) 497.
Pacchapungo, ſ. Kanal von Paccha⸗
pungo.
Pachacamac 371.
Pachachaca 357.
Pachitea 27. 135.
Pacho 427.
Pacifie Mail S
— Steam Navigation Company
94. 313. 383. 523.
Pacimoni 107.
Padamo 25. 103.
Padauiry 25. 134.
Page, John 31.
— Th. 29.
Pailon 404.
Pajonales 337. 398.
Palanquen 294.
Palca 317.
Palcazu 135.
Palena 35. 283. 285.
Palenque 43.
Palikur 113.
Pallasca 379.
Palmella 82. 166.
Palmen 141.
Palmira 386. 425. 426.
Pamana 147.
Pampa 30. 61. 68. 69. 217. 222
246.
— Aullagas 327.
— de Chira 364.
— de Empeza 327.
— de Islay 331. 358.
— de la Paciencia 310. 331. 344.
— de las Salinas 320.
— de Tamarugal 310. 331. 333.
336. 344.
Pampasindianer 79. 83; ſ.
Regiſter.
Pampas (Fluß) 357.
Puelche.
Pampatar 444. 447.
Pampero 224. 231. 250.
Pampine Sierren 248. 251.
Pamplona 415. 425. 428.
Panama (Ort) 57. 501. 511.
523.
— (Staat) 510. 511. 522.
— Golf von 492.
— Landenge von 42. 43. 46. 47.
492.
Panamäkanal 95. 524.
Panamarquilla 371.
Pancajche 524.
Panche 422.
Pancora 421.
Pan de Azucar (Berg auf Kuba)
481.
— — — (Gipfel der Kordillere
von Merida) 432.
— — — (Ort in Chile) 343.
— — — (Vulkan in Colombia)
408.
— de Guajabon 482.
— de Matanzas 482.
| Pando (Berg) 492.
Pando, J. M. 28. 38.
a Graf 41.
Pano 82. 146.
Pans 481.
Pantanales 165.
Panulcillo 310.
Panza, Inſel 327.
teamſhip Co. 523.
Panzös 519. 524.
Pao (Fluß) 109. 122.
— (Ort) 127.
Päo de Azucar 182.
Papageien 77.
Papoſo 344.
Papuri 134.
Paquare 492.
Para (Fluß), ſ. Rio Para.
— (Ort) 20. 29 138. 156. 210.214.
— (Staat) 24. 26. 151. 153. 209.
Paracatu 183. 194.
Parada 271.
Paragua 107. 109.
Paraguana 57. 414. 432. 437.
Paraguarhy 229.
Paraguaſſu 183.
Paraguau 31. 161.
Paraguay (Fluß) 29. 55. 67. 161.
218.
— Repubii 20. 22. 29. 31. 61.
73. 86. 88. 92. 217. 221.
222.230. 238.
Paraguay⸗Tee, ſ. auch Mate.
Paraguay⸗Teebaum 67. 70.
Parahyba (Fluß) 55. 95. 171. 173.
176. 178. 182. 191. 209. 214.
Parahybuna, ſ. Juiz de Fora.
Paramacca 115.
| Raramaribo 110. 118.
Paramillo 409.
O
or
Oe
Päramo del Anjel 391.
— de las Animas 408.
— de las Papas 408. 410.
— de la Suma Paz 412.
— de Mucuchies 432.
— de Tama 431.
— Frontino 409.
— von Silvan 386.
— von Tinajillo 386.
Paäramoklima 395.
Paäramos 62. 386. 397. 417. 418.
438.
Päramo-Vegetation 69.
Parana (Fluß) 24. 29. 31. 55. 67.
68. 131. 158. 183. 199. 218.
219.
— (Ort) 206. 235. 237. 275. 278.
— (Staat) 23. 78. 196. 205. 209.
— de las Palmas 219.
Parana, Sebajtiäo 23.
Paranagud 206. 214.
— Bucht von 199.
Parana Guazu 219.
Paranahyba 55. 158. 199.
Parana Largo 219.
Paranäpanema, ſ. Rio Paranä⸗
panema.
Paranapixuna 134. 136.
Paranapura 27. 39. 135. 360.
Paranäſtaaten 196.
Paranatinga 162.
Paravilhana 114.
Parcoy 379.
Pardo (Fluß zum Rarand) 200.
208.
— (Fluß zum São Francisco) 183.
Parecis 166.
Paredes, M. R. 342.
Parentintin 81. 149.
Päria, Halbinſel 433. 435. 437. 442.
Parinacota 330.
Parintins 155.
Parnahyba (Fluß) 172.
— (Hafen) 177.
Parnahyba-Becken 171.
Parral 307.
Paru 26. 28. 104. 135.
Pascua, ſ. Rio Pascua.
Paſo Barrios 294.
Paſochoa 389.
Paſo de la Brea 318.
— de la Pena Negra 317.
— de las Flechas 317.
— del Eſtanzuelo 318.
— del Fierro 318.
— de Libres 236.
Paſſarge, ©. 25.
Paſſate 60.
Paſſé 147.
Päſſe der Kordilleren 287.
— — in Chile 294.
— der Weſtkordilleren 329.
Paſſo Fundo 208.
Paß, A Buriloche (Bariloche) 21.
294.
— 75 Cajas 55. 387. 395.
556
Paß von Cätia 435.
— von Chacarilla 329.
— von Huarmaca 356.
— von Rancho Chiquito 496.
— von San Francisco 37.
— von Tinaquillo 435.
— von Uspallata 294. 298.
— von Villa de Cura 435.
Paſtaza 28. 39. 133.
Paſtene, Juan Baptiſta 17.
Paſto 40. 425.
— Vulkan von 408.
Patagones 263.
Patagones-Choéle-Choél-Bahn
271.
Patagonien 21. 32. 54. 59. 60. 68.
69,70 73. 74. 75. 77. 78. 94. 99.
100. 257— 273. 274.
Patagonier 79. 83.
Pätapo 377.
Pataz 379.
Patia 408. 430.
Patillos 345.
Patos 137.
Patron, L. Riſo 36.
Patuca (Volksſtamm) 507.
Paucartambo 356.
Pauchata 334.
Pauliſtaner 20. 167. 188. 205.
Paumari 147.
Pauſa 357.
Paute 55. 386. 387.
Pavon 21.
Paya, ſ. Poya.
Payagud 243.
Payer, Richard 28. 39.
Payne 286.
Payos 291.
Payſandu 232. 233.
Payta 41. 65. 377. 382.
Pazifiſche Staaten 88. 92.
Paz Soldan, Mariano Felipe
38
Pebas 129. 151.
Pedrarias 16. 17.
Pedregal 523.
Pedro Affonſo 170.
Pedro I., Dom 87.
— II., Dom 87.
Péhua 146.
Pehuenches 302.
Pelée, Montagne, ſ. Montagne
Pelcée.
Pelotas 59. 201. 202. 206. 208.
Penck 268.
Penco 306. 310.
Pentland, J. B. 38.
Peperi Guazu 200.
Pereira Labre, Oberſt 154.
Perené 357. 380.
Pergamino 254.
Perlenarchipel 512.
Pernambuco (Ort) 61. 174. 210.
214.
— (Staat) 23. 171. 173. 176. 178.
209.
Regiſter.
Peru 16. 17. 19. 20. 21. 22. 27.
38. 63. 65. 68. 69. 71. 72. 73.
74. 79. 86. 88. 92. 355-385.
— (Vizekönigreich) 85.
Perucho 389.
Perüſtrom 58.
Pescaderias 411.
Peſt 65.
Petén 43. 44. 499. 519.
Peteroa 36. 293.
Petit Cul de Sac, Buſen 469.
Petite Terre 463. 468. 469.
Petit Goave 480.
Petropolis 192.
Pfeilgifte 80.
Pferd 91.
Pflanzendecke, ſ. Vegetation.
Philadelphia 191.
Philippi, Friedrich 37.
— Rudolf Amandus 36. 37. 300.
321. 330. 331. 336. 340.
Philippsburg 472.
Pianagoto 114.
Piapbko 114.
Piaroa 82. 113.
Pias 379.
Piauhy (Fluß) 172.
— (Staat) 23. 171. 176. 177. 209.
Pica 344.
Pic F. de Leſſeps 107.
Pichachen 294.
Pichachenpaß 36. 279.
Pichi Mahuida 260.
Pichincha (Berg) 390.
— (Provinz) 405.
Pichis 27. 135.
Pichu⸗Pichu 330.
Pico Blanco 492.
— de Huaylas 362.
— del Valle 477.
— de Naiquata 435.
— de Piedade 180.
— de Tarquino 481.
— de Yaqui 477.
— Entre los Rios 477.
Picos 481.
Piédecueſta 428.
Pigeon Point 446.
Pikunche 302.
Pilaga 82. 243.
Piläo Arcado 190.
Pilar (Ort in Goyäz) 169.
— (Ort in Paraguay) 228.
Pilaya 323.
Pilcomayo 30. 31. 55. 96. 238.
239. 323. 352.
Pilger 24.
Pillaquitron 287.
Pilmayquén 296.
Pilon 350.
Pimenteira 176.
Pimentel 24.
Pinar del Rio (Hafen) 485.
— — — (Provinz) 482. 483. 484.
Pinart, A. 43.
Pindaré 173.
Pineda, Alonſo Alvarez 12.
Pinhal 203.
Pinhel 137.
Pinos, Inſel 480. 482. 485.
Pinto 27.
Pinzon, Martin Alonſo 6. 7. 8.
— Vicente Paſez 6. 10. 11. 12.
13. 14. 18.
Pioje 146.
Pipil 509.
Piquiry 161. 169.
Piracicaba 195.
Pirahy 192.
Piranga 155.
Piranhaquara 152.
Pirapb (Fall) 200. 219.
— (Fluß) 223.
Pirapora 194.
Pirara 104.
Piray 324.
Piro 147.
Piſac 373.
Piſagua 310. 345.
Piſagua-Lagunas-Patillos-Bahn
344
Pisco 57. 376.
Pispis (Diſtrikt) 43.
Piſſis, A. 36.
Pitons du Carbet 467.
Pitrufquen 305. 314.
Pitta 188.
Pittier, H. 43.
Piura 365. 377. 382.
Pizarro, Fort 245.
Pizarro, Francisco 15. 17.
— Gonzalo 19.
Placilla 344.
Planchon (Berg) 293.
— (Paß) 279. 294.
Plock, C. 444.
Plüddemann 34.
Plymouth 446.
Poäs 43. 493.
Pohl 22.
Pöhlmann, R. 33. 37.
Point da Pierre 445.
— à Pitre 453. 469.
— La Brea 445.
— Noir 445.
Pokoman 509.
Pokonchi 509.
Polakowſky, H. 42.
Polen 205.
Poligudu 115.
Polochie 499. 524.
Polochic-Tal 519.
Polonia 206.
Pomabamba 362.
Pomarape 330.
Pompei 380.
Ponce 474. 475.
Poncho 80. 302.
Pongo de Aguirre 135.
— de Manſeriche 101. 130. 361.
— de Rentema 361.
Pongos 361. f
Ponta Groſſa 206.
Popayan 21. 40. 425. 426.
Popper, J. 33.
Pöppig, Ed. 27. 35. 38.
Porce 410.
Porcos 132.
Porlamar 447.
Pororoca 129. 132.
Portage 104.
Port Antonio 455. 487.
— au Prince 453. 479. 480.
— Caſtries 466.
— de Paix 480.
— Egmont vor Weſtfalkland 51.
Portezuelo Challacarhua 327.
— de Pereda 329.
Portillo Come Caballos 317.
— de Azufre 317.
— de las Vacas heladas 317.
— del Viento 317.
— de Valle Hermoſo 317.
Portillo, Pedro 28.
Port Louis auf Oſtfalkland 51.
— Maria 487.
— Morant 487.
Porto Alegre 59. 201. 208. 210.
214.
— da Cachoeira 191.
— da Rifano 184.
— de Iguapé 196.
— de Moz 137. 155.
— Fluvial 194.
— Franco 170.
Port of Spain 446.
Porto Nacional 163. 170.
— Rico, ſ. Puerto Rico.
— Seguro 12. 191.
— União 207.
Port Roſeau 455. 468.
— Royal 487.
— Stanley 52.
Portugalete 347.
Portugieſen 85.
Portugueſa (Fluß) 109. 122. 444.
— (Staat) 127.
Poſadas 224. 229.
Potaro 103.
Potiguarä 176.
Potoſi 63. 324. 333. 346. 352. 353.
Potoſi⸗Rio Mulato-Bahn 97.
Potrerillos 524.
Poty 172.
Poya 507.
Pozo (Völkerſchaft) 421.
— Almonte 345.
Pozuzu 380.
Praia 178.
Prainha 155.
Präkordilleren 281. 318. 338.
Prayas 131.
Preſidente Roca 245.
Prezidio de Santa Maria 162.
170.
Pringles 271.
Prinzapolca 43. 495. 520.
Progreſo 515.
Regiſter.
Propria 190.
Ptolemäus, Claudius 5. 9.
Pua 306.
Puccha 361.
Puelche 79.
Puelo 285. 286. 292.
Pueltſchen 83.
Puenches 302.
Puente de Chimbo 402. 404.
— Nacional 428.
Puerto Barrios 501. 519. 523. 524.
— Belgrano 279.
— Bello 11.
— Berrio 414. 426. 430.
— Caballos, ſ. Puerto Cortez.
— Cabello 435. 436. 440. 441.
444.
— Camarones 272.
— Colombia 430.
— Cortez 16. 43. 515. 523. 524.
— de Caramanta 410.
— de Pinas 17.
— Deſeado 32. 273.
— Espana, ſ. Port of Spain.
— Gallegos 271. 273.
— Galvan 279.
— Ingeniero White 279.
— Limon 501. 512. 513. 521.523.
— Madryn 271.
— Maldonado 152.
— Melendez 151.
— Montt 36. 289. 305. 314.
— Nacional 426.
— Octai 305.
— Pacheco 218. 245.
— Pando 353.
— Pirämides 272.
— Plata 479.
— Principe 483. 485.
— Real 515.
— Rico 8. 45. 451. 452. 453. 454.
457. 458. 459. 460. 461. 462.
463. 464. 474. 475.
— San Julian 15. 271. 273.
— Sucre (Bolivia) 152.
— — (Venezuela) 444.
— Tablas 115. 120. 121.
— Varas 305.
— Victoria 135.
— Viejo 404.
— Wertheman 357.
— Wilches 426.
Puertos 361. 383.
Pueyrredön, ſ. Cochrane.
Puinare 113.
Puinave 82.
Pulacayo 327. 347. 353.
Pular 329.
Pulque 72.
Pululagua 390.
Puma Cayan 372.
Puma⸗puncu 341.
Punä, Inſel 57. 392. 393. 396.
Puna 62. 63. 69. 326. 328. 333.
346. 355. 362. 368.
— brava 337.
557
Puna de Atacama 326. 336.
— de Jujuy 322. 326.
— von Bolivia 327. 328. 333.
337. 346.
— von Peru 355. 357. 362. 366.
368.
Punchbowl 471.
Punitaqui 309. 310.
Puno 39. 346. 384.
Punta Arenas (Chile) 32. 33. 263.
264. 269. 271. 272.
— (Cojta Rica) 512. 513. 523.
— Gorda 523.
— Pariña 47. 57.
Puntiagudo 293.
Püquios 310.
Puracé 408.
Purén 303. 306.
Puri 82. 188.
Purus 27. 28. 55. 95. 136. 154.
Putumayo (Fluß) 27. 41. 134;
ſ. auch Sea.
— (Kommiſſariat) 151. 424.
Puyeéhue (Paß) 34. 294.
— (See) 296.
— (Vulkan) 293.
Pyrenopolis 160. 163. 170.
Qualibou 466.
Quaqua 125.
Ouarahim 206.
OQuarteronen 375.
Quebracho 90. 226. 242. 276.
Quechisla 353.
Queimados 67. 166.
Queluz 185.
Quenſel 33.
Querocotillo 363.
Queſada, Gonzalo de 18.
— Hernan de 18.
Quetrupillan 293.
Quetzaltenango 500. 501. 510. 518.
519.
Quibdo 425.
Quiche (Ort) 43.
— (Volksſtamm) 509.
— (Vulkan) 491. 498.
Quilca 345.
Quilindana 390. 395.
Quillabamba 357.
Quillen 294.
Quillota 308.
Quilotoa 389.
Quilquihue 294.
Quimbaya 421.
Quimſa Cruz 325.
Quinteronen 84. 375.
Quirigua 519.
Quispicaſha 389.
Quito (Ort) 19. 20. 21. 39. 40. 97.
394. 405.
— (Volksſtamm) 83.
— Becken von 389.
Quitu 400.
Quixada 177.
Quixeramobim 61. 173.
558
Rabinal 519.
Racuri 200.
Rada de Tilly 271. 272.
Rafaela 255.
Raggi 269.
Rahue 296.
Raimondi, Antonio 38. 39. 355.
Raleigh, Sir Walter 19. 116.
Rama 507.
Ramon, Manuel 20.
Rancagua 307.
Rancho Chiquito, ſ. Paß von
Rancho Chiquito.
Ranco, See 284. 296.
Ranke 24.
Ratzel, Friedrich 46.
Raura 360.
Rawſon 60. 263. 264. 269. 272.
Recife 178.
Reck, Hugo 38. 329. 337.
Reclus, Eliſée 41. 117.
Reconquiſta 246.
Recuay 363.
Red D Line 93.
Redonda 8. 452. 470.
Regel, Fr. 41.
Regen, ſ. Niederſchläge.
Regencia, ſ. Barra do Rio Doce.
Regenwald, tropiſcher 66.
Reiche, Karl 33. 35. 37. 290. 336.
Reichert, F. 32. 36. 295.
Reiß, Wilhelm 27. 39. 40. 41. 371.
389. 391. 395. 410.
Reloncavi, Buſen von 292.
Remedios 426.
Remo 146.
Re molino 426.
Rengo 307.
Renihue (Fluß) 285. 286.
— (Vulkan) 293.
Rennellinſel 288.
Reſiſtencia 246.
Reſtauracion 236.
Retalhuleu 517. 518.
Rethwiſch 35.
Reunion 245.
Reventazon 493.
Re wa 105.
Reyes (Reiſender) 27.
— (Stadt) 27. 38. 152.
Rezende 192.
Rhea americana 77.
— Darwini 77.
Ribeira 182.
— de Iguapé 95.
Ribeirdo Preto 195.
Ribeiro, Diogo 15.
Riberalta 136. 152.
Rice, Hamilton 28.
Richer, Jean 20.
Rimac 358. 359. 371.
Rimbach, Gebrüder 39.
Rincon, Lagune 476.
— de la Vieja 493.
Rinder 91.
Rio Acarigua 109.
Regiſter.
Rio Agrio 261.
— Aguan 495.
— Alegre 161.
— Amana 127.
— Ambi 391.
— Apa 223.
— Aquidaban 223.
— Aroa 433. 434.
— Atuel 30. 36.
— Baker 35. 260. 262. 284. 285.
286.
Riobamba 40. 394. 405.
— Becken von 387.
Rio Barquiſimeto 434.
— Barrancas 261.
— Baudb 409.
— Belgrano 32. 33. 260.
— Beni, ſ. Beni.
— Bermejo, ſ. Bermejo.
— Biobio 296.
— Blanco, ſ. Rio Branco.
— Bobo 392.
— Bogota 413.
— Bonito 169.
— Branco 25. 26. 28. 104. 106.
135. 161.
— Bravo 35.
— Bueno (Fluß) 296.
— — (Ort) 305.
— Caca 136.
— Calle-Calle 260. 294. 296. 297.
— Calvas 386.
— Carrileufu, ſ. Carrileufu.
— Caſanare 18.
— Cauca, ſ. Cauca.
— Cautin 296.
— Cayutué 294.
— Ceſär 411. 414.
— Chadi Leufu, ſ. Chadi Leufu.
— Chalia 260. 262.
— Chambo 387.
— Chamelecon 499.
— Chanchan 387. 392.
— Chico (Fluß) 32. 33. 260.
— — (Ort) 442. 445.
— Chimbo 392.
— Chimore, ſ. Chimoré.
— Chira 382. 386.
— Choapa 316.
— Cisnes, ſ. Cisnes.
— Claro (Fluß) 286.
— — (Ort) 169. 195. 206.
— Claro-Maule 296.
— Coco, ſ. Coco.
— Coile, ſ. Coile.
— Colorado 34. 55. 56. 257.
296.
— Corcovado, ſ. Corcovado.
— Corrientes 68. 235.
— Cuarto (Fluß) 247.
— — (Stadt) 59. 249. 255.
— Cullen 263.
— Curacb 260.
— Cuyaba 29. 54. 55. 161.
— da Cinza 199.
— das Canvas 200.
261.
Rio das Mortes 162.
— das Pelotas 200.
— das Piranhas 173.
— das tres Barras 162.
— das Velhas 183. 199.
— de Belmonte, ſ. Jequitin⸗—
honha.
— de Cafiar 393.
— de Contas 183.
— de Copiapb 316.
— de Huallanca 361.
— de Huaräz 363. 364.
— de Janeiro (Ort) 15. 22. 58.
184. 192. 210. 214.
— — — (Staat) 23. 179. 182.
189. 191. 209.
— — — Bai von 58.
— de Jauja 358.
— de la Pascua 35. 285.
— de la Paſion 500.
— de la Paz 136. 325.
— de la Plata 58. 220.
— de las Burras 326.
— del Huasco 316.
— de Llacanora 363.
— de los Huemules 286.
— de los Patos 317.
— de Oro 310.
— de Oroya 358.
— de Piura 364.
— Desaguadero 248. 327.
— de San Juan 321.
— Deſeado, ſ. Deſeado.
— de Sechura 364.
— de Valdivia 296.
— Diamante, ſ. Diamante.
— Doce 23. 78. 95. 182.
— dos Bois 199.
— Escalante, ſ. Escalante.
— Esmeraldas 389.
— Fenix 260. 262. 285.
— Fresco 24.
— Frio (Fluß) 35. 286.
— — (Ort) 427.
— Futaleufu, ſ. Futaleufu.
— Gallegos, ſ. Gallegos.
— Genua 262.
— Grande (Fluß; Araguaya) 162.
— — Germejo) 239. 323.
— — (Colorado) 36. 261. 295.
— — de Bahia 23. 183.
— — de Minas 184. 199.
— — de Motagua 491.
— — de Tarcoles 493.
— — (Esmeraldas) 389.
— — (Mamore) 136.
— — Marauon) 361.
— — Nicaragua) 43. 491. 495.
— do Norte (Staat) 171. 176.
177. 209.
— — — — (Hafen) 214.
— — do Sul (Ort) 201. 206. 208.
— — — — (Staat) 23. 196. 198.
205. 207. 208. 209.
— Guainia, ſ. Guainia.
— Guajahu, ſ. Guajahü.
Rio Guaporé 24. 161.
— Guaratuba 183.
— Guayas 392.
— Guruph 170.
— Hacha 414. 420. 427. 430.
— Ipané 222. 223.
— Jejuy 222. 223. 226.
— Lauca 327.
— Lempa 496. 498.
— Leon 387.
— Leona 285.
— Limahy, ſ. Limay.
— Lipez 326. 327.
— Loa 331.
— Longa 172.
— Madrejon Grande 238.
— Magdalena, ſ. Magdalena.
— Maiten 35.
— Manſo 35. 285. 286. 292.
— Mapiri, ſ. Mapiri.
— Marombas 200.
— Maule 17.
— Maullin 297.
— Mayo 27. 135. 260. 262. 360.
408.
— Meia Ponte 199.
— Mirinay 235.
— Mocha 372.
— Mogy Guazuͤ 184.
— Mulato 346. 353.
— Napo, ſ. Napo.
— Negro (Fluß) 19. 20. 21. 27.
28. 30. 32. 33. 34. 55. 56.
96. 103. 130. 134. 154. 230.
261. 271. 296. 495.
— — (Gobernacion) 270.
— — (Ort in Colombia) 426.
— — (Ort in Südbraſilien) 206.
— Neuquén, ſ. Neuquén.
— Nirgua 434.
— Novo 191.
— Nupe 361.
— Otuquis 170. 238.
— Palena, ſ. Palena.
— Pamar 387.
— Panuco 11.
— Parä 26. 132. 133. 156.
— Paranäpanema 184.
— Parapiti 238.
— Pardenſe 208.
— Pardo, ſ. Pardo.
— Pascua 285. 286.
— Patate 387. 389.
— Patuca 495.
— Paute, ſ. Paute.
— Pellegrini 273.
— Petröhue 34. 294.
— Pilar 435.
— Pilcomayo, ſ. Pilcomayo.
— Pispis 520.
— Portugueſa, ſ. Portugueſa.
— Preto 182. 183. 192.
— Primero 247.
— Prinzapolca, ſ. Prinzapolca.
— Puelo 34. 35. 283. 285. 286.
— Queropalca 361.
Regiſter.
Rio Quinto 246. 248.
— Rancheria 407. 414.
— Saladillo 240. 246. 247. 248.
350.
— — amargo 239.
— — dulce 239.
— Salado (nördl. Pampa) 29.
238. 239.
— (patagonien) 262.
— (Provinz Buenos Aires) 247.
— (Provinz San Luis) 36. 246.
248. 260.
— San Carlos 109. 323.
— — Juan (Argentina) 317. 323.
— — — (Colombia) 406. 409.
430.
— — — (Nicaragua)
494. 524.
— — Martin 263.
— — Pedro 389.
— Santa, ſ. Huaraz.
— — Cruz 21. 32. 262.
— — Lucia 230.
— — Maria 322.
— Santiago, ſ. Santiago.
— Säo Francisco, ſ. Säo Fran⸗
cisco.
— — Manoel 162. 168.
— Seco 262.
— Segundo 247.
— Senger 33. 35. 261. 285.
— Siquia 495. 520.
— Sogamoſo 411. 413.
— Somno 23.
— Sucio 409. 425.
— Teca 261.
— Telembi 408.
— Tempisque 493.
— Teno-Mataquito 296.
— Tercero 247.
— Tigre, ſ. Tigre.
— Tocuyo, ſ. Tocuyo.
— Trombetas, ſ. Trombetas.
— Tumbez 364. 386.
— Turvo 199.
— Ulua 491. 499.
— Valcheta 262.
— Vaspuc 520.
— Vava 495. 520.
— Verde 24. 184. 199. 200.
— Viejo 412.
— Vuta Palena, ſ. Vuta Palena.
— Helcho, ſ. Velcho.
— M 230.
— Zamora 386. 387.
— Zußña⸗Upano 387.
Riſſo 228.
Rittersbacher 36.
Rivadävia 245. 271.
Rivas 501.
Rivera 233.
Rivet, P. 81. 146.
Roa, Lino de 33.
Road Town 474.
Roatan, Inſel 449.
Roca (Ort) 271.
43. 491.
[3
O
O
Roca, General 30. 34. 253.
Rochä 233. 8
Rockſtroh, E. 43.
Rodriguez, Barboza 28.
Rogers 33.
Roman, S. 37.
Rondon, C. M. 24.
Ronuro 24. 162.
Roques 44.
Roroima 25. 26. 101. 103. 106.
110.
Roſario (am Cuyabä) 169.
— (am Parana) 59. 247. 249.
254. 256. 275. 278. 279.
— de la Frontera 348.
Roſario⸗See 287.
Rota 494.
Roth, Santiago 30. 247.
Rovereto, G. 319.
Royal Geographical Society in
London 25.
Royal Mail 93.
Ruatan (Hafen von Honduras)
508. 515. 523.
— (Inſel) 495.
Rucuyenne 82. 101. 114.
Ruge, Sophus 13.
Ruiz (Vulkan) 63. 410.
Ruiz (Forſcher) 21.
Ruku 112. 143.
Rum Cay 7. 488.
Ruminähui 389.
Rupac 361.
Rupanco, See 296.
Rupununi 25. 104. 105.
Saba 452. 460. 462. 463. 471.
Sabana, Archipel de 480.
— de Mendoza 445.
— Grande 426.
Sabanilla 430.
Sabarad 22. 185. 193.
Sacata Grande, Inſel 496.
Sachs, C. 42.
Saclue 519.
Saco 294.
Sacſa Huaman 373.
Sacupana 109.
Sagoatoa 389.
Sagua la Grande 485.
Sahcaja 518.
Saint Anns 436.
Saint⸗Barthélemy (St. Barts) 45.
452. 460. 462. 463. 471. 472.
Saint Chriſtoph 45. 452. 455. 457.
460. 462. 463. 470. 471.
Sainte Croix, ſ. Santa Cruz.
Saintes 469.
Saint Euſtache (St. Euſtatius) 45.
452. 463. 471.
Saint Georges 465.
Saint⸗Hilaire, Geoffroy 22.
Saint⸗Jean 117.
Saint John (däniſche Inſel) 462.
463. 474.
— — (Ort auf Antigua) 472. 473.
560
Saint Kitts, |, Saint Chriſtoph.
Saint⸗Laurent 117.
Saint⸗Louis 117.
Saint Marc 480.
Saint Martin 8. 45. 452. 462. 463.
471. 472.
Saint⸗Maurice 117.
Saint Pierre (Martinique) 117.
467. 468.
Saint Thomas 44. 457. 460. 462.
463. 473.
Saint Vincent 45. 452. 454. 455.
457. 458. 459. 460. 462.
463. 465.
— — Soufrieère 452. 465.
Sajama 54. 327. 330. 334.
Sala 140.
Saladas 236.
Saladeros 206. 225. 233. 277.
Saladillo, ſ. Rio Saladillo.
Salado, ſ. Rio Salado.
Salama 519.
Salamanca (Hafen) 309.
— (Nehrung) 412.
Salamina 425. 426.
Salar Carcote 327.
— de Atacama 311. 330.
— de Uyuni 327.
Salares 326. 330. 337.
Salar Grande de Huanillos 311.
— von Antofalla 326.
— von Arizaro 326.
Salaverry 377. 382. 383.
Salazar 425. 428.
Salegua 500.
Salgado 194.
Salgar 430.
Salinas (Hafen am Atlantiſchen
Ozean) 156.
— (Ort in der mittelchileniſch⸗
argentiniſchen Kordillere) 310.
— (Salzwüſten) 320.
— Chicas 248.
— Grandes 320. 326.
— Iſthmus von 43.
Salitrales 339.
Saliva 82. 125.
Salpeter 310. 331.
Salta (Ort) 37. 275. 334. 348.
— (Provinz) 238. 245. 273. 274.
347. 349.
Salterain 45.
Salto 232. 234.
— Auguſto 24. 28. 162.
— de Guarapetendi 239.
— de Mucunäo 200.
— Grande 200.
— Guairäͤ des Parana 31.
— Inſel del 200.
— Oriental des Uruguay 219.
— Victoria 200.
Salvador (Kolonie in Südbraſilien)
208.
— (Republik), ſ. El Salvador.
Samaca 412. 427.
Samand (Bucht) 8. 453. 477.
an
Regiſter.
Samana (Hafen) 479.
— (Halbinjel) 476.
Samanco (Bucht) 57.
— (Hafen) 382.
Samanez 27.
Sambaquis 78. 204.
Samuku 82. 244.
Sana (Fluß) 364.
— (Ort) 377. 382.
San Aguſtin 411. 421. 524.
— Ambroſio 49.
Sanancajas, Paß 389.
San Antonio (Chile) 343.
— — (am Madeira) 138. 139.
151 182
— — (patagonien) 271.
— — (Venezuela) 440.
— — (Zentralbrajilien) 163.
Sanapana 82.
San Bartolomé 358.
— Bernardino 228. 229.
— Carlos (Fluß), ſ. Rio San
Carlos.
— — (Guayana) 121.
— — (Llanos) 127.
— — (patagonien) 272.
— — (ſüdlich von Mendoza) 348.
— Caſimiro 127.
Sanchez 453. 455. 479.
San Cosme 229.
— Criſtöbal (Galäpagos), ſ. Cha-
tham.
— — (Guatemala) 519.
— — (Venezuela) 439.
Sancti Spiritus 485.
Sandia 380. 381.
San Diego 496.
Sandoval 16.
Sandwich-Inſeln 280.
San Felipe (Chile) 309.
— — (Venezuela) 439. 441.
— Felix 49.
— Fernando (Chile) 307.
— — (Guayana) 108.
— — (Trinidad) 445. 446.
— — de Apure 109. 126.
— — de Atabapo 120.
— Francisco 255.
— Fructuoſo 233.
— Gabriel 421.
Sangay 63. 387. 395.
San Gerönimo 519.
— Gil 428.
— Gregorio 32.
Sangre Grande 446.
San Guillermo 317.
— Ignacio 366.
— Javier 230.
— Joaquin 441.
— Jorge (Fluß) 410.
— — (Ort) 231.
— Joſé (Chile) 305.
— — (Cojta Rica) 43. 493. 501.
523.
— — Entre Rios) 237.
— — (Halbinjel) 272.
|
San Joſé (Jujuy) 348.
— — (Uruguay) 230. 233. 234.
— — (Vulkan) 293.
— — Gentralbraſilien) 170.
— — de Chiquitos 31.
— — de Coſtarica 500. 513.
— — de Cuͤcuta 428.
— — de Guatemala 518.
Juan de Puerto Rico 453. 455.
474. 475.
— — (Flüſſe) ſ. Rio San Juan.
— — (Präkordillere) 36. 37.
— — (Provinz) 273. 274. 347—
350.
— — (Staten-Inſel) 271.
— — (Stadt) 59. 61. 320. 334.
348.
— Juancito 520.
— Juan del Norte 514.
— — del Sur 523.
— Julian 32.
— — Tal von 259.
Sankt Brandansinſel 5.
— Chriſtoffelberg 447.
— Matheus 191.
— Thomas 93.
San Lorenzo (Inſel) 57. 377. 383.
— — (Ort) 524.
— Luis (Argentina) 253. 320. 347.
348. 349.
— — (Provinz) 30. 246. 273. 274.
— — (Venezuela) 441.
— Marcos (Fluß) 199. 363.
— — (Ort) 517.
— Martin (Argentina) 348.
— — (Inſel), ſ. Saint Martin.
— — (See) 33.
San Martin, Joſé de 86.
San Miguel (Berg) 496. 497.
— — (Fluß) 136. 161.
— — CInſel) 492.
.
— — Bai von 489.
— Nicolas 254.
— Pablo (am Uruguay) 236.
— — (Zentralbraſilien) 170.
— — (See) 391.
— — (Vulkan) 330.
— Pedro (Bolivia) 330.
— — (Guatemala) 498.
— — (Paraguay) 228. 229. 254.
— — de Atacama 37. 333. 347.
— — del Durazno 233.
— — de los Cofanes 153.
— — de Macoris 479.
— — Sula 496. 516.
— Rafael (Argentina) 30. 348.
— — (Nicaragua) 514.
— — (Patagonien) 271.
— Roman 380.
— Roque 236.
— Salvador (Bahama-Inſel) 7.
— — GGaläpagos⸗Inſel) 48.288.
— — (Ort) 488. 500. 501. 516.
524.
— Vulkan von 496.
San Sebaſtian-Bai 262.
— Sebaſtian de los Reyes 127.
Sans Toucher 469.
Santa (Fluß), ſ. Huaraz.
— Ana (El Salvador) 497. 517.
524.
— — Miſiones) 230.
— — Vulkan von 496.
— Anna de Paranahyba 24. 170.
— Barbara 445.
— Catalina 410. 497.
— Catharina (Hafen) 214.
— — (Inſel) 199.
— — (Staat) 23. 78. 196. 205.
206. 207. 209.
— Clara (Inſel) 50.
— — (Kuba) 483. 485.
— — (Provinz) 484.
— Vulkan von 494.
— Cruz (Braſilien) 155. 191. 208.
— — (Departamento, Bolivia)
151 132.
— — Galäpagos⸗Inſel), ſ. Inde—
fatigable.
— — (Patagonien; Goberna—
cion) 257. 260. 270.
— — (patagonien; Fluß), ſ. Rio
Santa Cruz.
— — (patagonien; Ort) 33. 60.
263. 264. 271. 273.
— — (Weſtindien) 8. 453. 455.
462. 463. 473.
— — de la Sierra 31. 54. 97.
351. 352.
— Elena (Ort in Ecuador) 404.
— — (am Parana) 237.
— — (Vulkan) 496.
— Emilia 208.
— Fe (Provinz) 238. 245. 246.
255. 256. 273. 274. 276.
— — (Stadt) 29. 253. 254. 275.
278.
— — de Antibquia 426; ſ. auch
Antibquia (Stadt).
— — de Bogota (Ort) 425. 427.
— — — — (Vizekönigreich) 423.
Santa Ines, Inſel 287.
— Sjabel 207.
— Leopoldina 191.
— Lucia (Chile) 308.
— — (Ecuador) 404.
— — (Honduras) 520.
— — (Inſel) 452. 454. 458. 459.
462. 463. 466.
— — Soufriere 453. 466.
— Luiſa 344.
— Magdalena 518.
— Maria (Galäpagos-Inſel), ſ.
Charles.
— — (Paraguay) 229. 323.
— — (Vulkan) 498.
— — (am Papurä) 101.
— — da Bocca do Monte 208.
— — del Antigua 11.
— Marta 18. 40. 415. 425. 427.
430.
Regiſter.
el, Departamento 424.
428.
Santarem 137. 155.
Santaremzinho 155.
Santa Rita 169.
— Roſa 348.
— — (Antioquia) 425. 426.
— — (Guatemala) 519.
— — (Honduras) 516.
— — (Paraguay) 229.
— — (Santa Fe) 255.
— — (Sogamoſo) 412. 427.
— — de los Andes 309.
— — de los Oſos 426.
Santa⸗Tal 371. 378. 382.
Santa Tecla 230.
Santelices, Joſé 37.
Santiago (Bolivia) 170.
— (Chile; Provinz) 307.
— (Chile; Stadt) 17. 298.
— (Fluß) 361. 387.
— (Galapagos), ſ. James-Inſel
(Galäpagos).
— (Paraguay) 229.
— (Vulkan in Zentralamerika)
496.
— de Chuco (Peru) 379.
— de Cuba 453. 481. 485.
— del Eſtero (Stadt) 240. 245.
253. 350.
Santo Amaro 190. 208.
— Angelo 208.
— Domingo (Ort) 479. 480.
— — (Republik), ſ. Dominika⸗
niſche Republik.
— — Schneekette von 432.
San Tomas 491.
Santos 58. 65. 184. 185. 195. 210.
214.
Santo Tomé 236. 246.
San Valentin 290.
— Vicente (Ort in El Salvador)
516. 517.
— — (Vulkan) 496. 497.
Säo Antonio 154.
— Bento 207.
— Carlos do Pinhal 195.
— Feliciano 208.
— Felippe 154.
— Felix 190.
— Fidelis 191.
— Francisco (Fluß) 22. 23. 55.
67. 95. 158. 170. 183.
— — (Inſel) 199.
— — (Ort) 194. 207.
— Gabriel 206.
— Jeronimo 208.
— 3040 170.
— — da Barra 191.
— — de Araguaya 162.
— — del Rey 22. 192.
— Joaquim 116.
— oje 192.
— Leopoldo 205. 208.
— 2ourengo (Fluß) 24. 55. 161.
169. 218.
Länderkunde, Süd- und Mittelamerika, 3. Aufl.
561
Säo Lourengo (Ort in Braſilien)
208.
— Luis 208.
— Luiz 23. 174. 177.
— — de Cäceres 169.
— — de Maranhäo 23. 57.
Saona 476.
Säo Paulo (Ort) 184. 195. 210.
— — (Staat) 22. 23. 24. 25. 179.
189. 194. 209.
815 Paulo-Corumbä-Bahn 97.
352.
Säo Paulo de Olivenga 154.
— Pedro d' Alcantara 207.
— Romäo 183. 194.
— Salvador de Bahia, ſ. Bahia
(Ort).
— Sebaſtiäo (Hafen) 196.
— — (Inſel) 182.
— — Bucht von 199.
— Vicente 196.
Sapaleri 330.
Sapper, Karl 43. 45. 496.
Sapucahy 184.
Saramacca (Fluß) 104. 105.
— (Volksſtamm) 115.
Sara⸗-Urcu 391. 395.
Sarayacu 95. 135.
Sarmiento 60. 272.
Sarräpiabaum 112. 143.
Sarſaparille 143.
Sauce 236.
Sauces 306.
Savajé 167.
Savanna la Mar 487.
Savannen 67. 111. 141. 417.
Sawkins, J. G. 45.
Scarborough 446. 447.
Schafe 91.
Scheltze, J. 33.
Schenk, Friedrich v. 41.
Scherzer, Karl 42.
Schildkröten 76.
Schiller, W. 36.
Schipibo 146.
Schiri 400.
Schiriand 82.
Schlagintweit, O. 39.
Schmidt, Max 24.
Schmied, Adalbert und Arnold 31.
Schnee 333. 395. 416.
Schneeberge 62.
Schneegrenze 62. 290. 295. 298.
334. 366. 437.
Schoklang, |. Bugres.
Schollenland des Oſtens 100.
Schomburgk, Brüder 25. 45. 102.
106. 111. 113. 114.
Schöner, Joh. 15.
Schottegat 448.
Schouten 18.
Schwarzwaſſerflüſſe 142.
Schweine 91.
Sebondoi, See von 408.
Secas, See 391.
Sechura, Wüſte von 364.
36
562
Secure 324.
Seebach, Karl v. 42.
Seelſtrang, A. 31.
Seemann, Bertold 39. 40.
Seen 56. 284. 294. 297.
Seeſchiffahrt 93.
See von Izabal 16.
— von Peteén 16.
— von Valencia in Venezuela 56.
Segovia 491. 495.
Selaque, Berge von 498.
Seler, Eduard und Cäcilie 43.
Selfridge, T. O. 27.
Selkirk, Alexander 50.
Selle 35.
Selva de Camilo 124.
— de Ticoporo 124. *
— de Turen 124.
Selvas 54. 66. 141.
Sénéchal de la Grange 340.
Seneze 39.
Senger (Senguer), ſ. Rio Senger.
Seno de Reloncavi 34.
Senſuntepeque 517.
Serchil 491.
Sergipe 179. 189. 190. 209.
Seringa 211.
Serpa 155.
Serpents Mouth 57.
Serra Acarai 105.
— Arari 172.
— Borborema 172.
— Boticario 172.
— Cadias 181. 197.
— Cayapb 160. 162.
— da Aſſurud 180.
— da Chapada 180.
— da Cinta 158. 172.
— da Eſperanga 197.
— da Itaraca 181.
— da Mantiqueira 179. 181.
— da Matta da Corde 179. 180.
— da Miſſäo 172.
— das Almas 180.
— das Coroadas 158. 170. 172.
— da Gincora 181.
— das Mangabeiras 158. 172.
— da Tabatinga 158. 180.
— da Tiuba 180.
— de Almeirim 129. 135.
— de Erere 135.
— de Maracaju 160.
— de São Joao 197.
— Diviſdes de Rio Claro 160.
— do Andrequece 179.
— do Chifre 181.
— do Duro 158. 180.
— do Ejpinhaco 180.
— do Gaviäo 181.
— do Herval 198.
— dois Irmäos 171. 172.
— do Machado 172.
— do Mar 58. 181.
— do Negro 158. 172.
— do Paranan 22. 158. 180.
— do Piauhy 171.
Regiſter.
Serra dos Aymores 181.
— dos Dourados 158.
— dos Orgäos 181. 197.
— dos Parecis 160.
— dos Pyreneos 24. 160.
— dos Tapes 198.
— dos Vertentes 179. 180.
— Geral 198.
— Grande 172.
— Gurgueia 170. 172.
— Mangabeira 170.
Serrania 172.
— de Chanchagran 391.
— de Chichas 324.
— del Interior 435. 438.
— de Sarapana 330.
Serrano, Forſcher 34.
Serranos 375.
Serra Paranapiacaba 181.
— Paranaquära 129.
Serras 159. 180.
Serra Sangue 160.
— Vermelha 158. 170.
Serrinha 197.
Serro do Mar 197.
— Itabira 194.
Sertanejos 189.
Sertäo 67. 164. 165. 176. 186.
— von Camapuan 167. 199.
— von Minas Geraés 22.
Sesquilé 427.
Setal 501.
Sete Quedas, Fall von 96. 200.
Setibo 146.
Shambiſa 167.
Shehuen 260.
Siapa⸗Baria 107.
Sicaſica 346.
Siemiradzki, J. v. 23. 34. 197.198.
248. 251. 261. 264. 265.
Sierra 355. 367.
— Ancaſte 37.
— Baguales 287.
— Baja 248.
— Balmaceda 263.
— Carapo 106.
— Carmen Sylva 263.
— Cazador 287.
— Cerezuela 319.
— Chica 248. 249. 319.
— Curupira 106.
— de Achala 319.
— de Aconquija 37. 320. 338.
— de Aguilar 322.
— de Ambato 318. 319. 320.
338.
— de Amotape 364.
— de Ancaſte 318. 320.
— de Andacaba 324.
— de Azul 30. 248.
— de Baburuco 477.
— de Cordoba 30. 315. 318. 319.
350.
— de Guanacaſte 493.
— de Huilcaconga 356.
— de Ischilin 319.
Sierra de la Huerta 315. 318. 319.
— de las Minas 489.
— de la Ventana 248.
— del Cajon 322.
— del Campo 319.
— de Lepaterique 495.
— del Eſpiritu Santo 449. 498.
499.
— del Mico 449.
— de los Llanos 319.
— de los Organos 482.
— del Volcan 248.
— de Malanzan 315.
— de Merendon 498.
— de Monte Criſti 476.
— de Olte 262.
— de Opalaca 498.
— de Opatoro 498.
— de Perijd 41. 406. 413. 431.
— de Pocho 319.
— de Quilino 319.
— de Rincote 106.
— de San Juancito 495.
— de San Luis 319. 350. 433.
— de Sancti Spiritus 481.
— de Santa Victoria 322.
— de Santo Domingo 437.
— de Talamanca 493.
— de Tandil 248.
— de Trinidad 481.
— de Ulapes 319.
— de Velasco 37. 319.
— de Villa Rica 222.
— de Woro 495.
— de Yuscaran 495.
— de Zenta 37. 322.
— Dorotea 287.
— Famatina 37. 319. 338. 350.
— General Roca 259.
— Gulumpaja 320.
— Imeri 106.
— Latorre 287.
— Leone 13.
— Lihuel Calel 249. 260.
— Maeſtra 452. 453. 481. 483.
— Mali 492.
— Maraguaca 25.
— Nevada de Coconuco 408.
— — de Cocui 62. 413. 416.
— — de Merida 62. 432.
— — de Santa Marta 11. 18. 41.
57. 62. 406. 413. 419.
— Olavarria 30. 248.
— Dmoa 4%.
— Pacaraima 106.
— Parima 106.
— Pis del Palo 319.
— Pintada 295.
— Puela, ſ. Sierra Cerezuela.
— Tapiirapecb 106.
— Uſupamo 106.
— Uttak 259.
— Valcheta 259.
— Velasco 320.
— Ventana 30. 249.
Siete Orejas 491.
Sievefing 297.
Sievers, W. 39. 41. 42. 45. 406.
Sigſig 405.
Siharé 134.
Silber 310. 353.
Silillica 329.
Silla de Caräcas 435.
— de Payta 364.
Sillas 481.
Silveira Martins 208.
Silver Hills 470.
Simiti 426.
Simmons, W. E. 43.
Simons, F. A. A. 41.
Simpſon 34. 2
Simſon, A. 27.
Sincholagua 391. 395.
Sinclair, W. J. 74.
Sincora 190.
Sinu 57. 410.
— Tal des 427.
Sipapo 108.
Sipotuba 155.
Siquia (Fluß), ſ. Rio Siquia.
— (Indianer) 507.
Siriono 149.
Sklaverei 73. 87. 189. 458. 466.
469. 471. 477. 482. 486.
Skottsberg, C. 33.
Skyring Water 288.
Smelter 382.
Smyth 27. 38.
— Canal 283.
Snethlage 24.
Spata 427.
Sobral 177.
Socompa 329.
Soconusco 16. 510.
Socorro 425. 428.
Sogamoſo (Fluß), ſ. Rio Soga-
moſo.
— (Ort) 425. 428.
— Hochebene von 412.
Soledad (Colombia) 426.
— (Orinoco-Hafen) 109.
Solimana 357.
Solimöes 27.
Solis, Juan Diaz de 11. 14. 15.
Solola 518.
Sombrero 449. 451. 452. 472.
Sonnenſtern, M. v. 42.
Sonſon 425.
Sonſonate 517.
Sopetran 426.
Soriano 234.
Sorocaba 195.
Sorocabana-Bahn 216.
Soroche 65.
Sotarä 408.
Soto, de (Conquiſtador) 17.
— (Inſel) 328.
Soyaux 23.
Spanier 85.
Spaniſh Town (Tortola) 474.
Spaniſhtown (Jamaica) 487.
Spencer, J. W. 45. 468. 471.
Regiſter.
Spix, J. B. 22. 23. 26. 27.
Squier, E. G. 38. 42.
Stabroek, ſ. Georgetown (Brit.-
Guayana).
Stange, P. 34. 35. 36.
Stanley 228.
Stann Creek 523.
Stappenbeck 32. 33. 34. 36.
Staten Island 18. 263. 264. 271.
282. 287. 289.
Steffen, Hans 34. 35. 285. 287.
292.
Steinen, Karl von den 24. 78. 81.
159. 160. 162. 164. 165. 166.
167.
— Wilhelm von den 24.
Steinheil, E. 41.
Steinmann, G. 39. 322. 324.
en Alfred 30. 36. 318. 320.
Stephen, J. J. 42.
Stewart 287.
Stille, Hans 41. 406. 407.
Stokes 285. 286.
Stoll, Otto 43.
Storm 31.
Stoſch⸗Kanal 288.
Stradelli, Graf 25.
Strauß 77. 266.
Stuart, R. 45.
Stübel, Alphons 27. 39. 40. 41.
329. 330. 371. 405. 410.
Stutzer, G. 23.
Suapure 108.
Suarez 412. 413.
Subachoque 427.
Subtiabä 514.
Suchitan 496.
Sucio, ſ. Rio Sucio.
Sucre (Feldherr) 86.
— (Ort) 323. 350. 352.
Südamerikaniſche Längsbahn 97.
Südbraſilien 158. 196. 208.
Süd⸗Orkney⸗Inſeln 280.
Südpatagonien 33.
Süd⸗ Santander 424.
Süd⸗Shetland⸗Inſeln 280.
Sueß, Eduard 280. 315. 355.
449.
Sula, Ebene von 515.
Sulaco (Fluß) 499.
— Kette von 495.
Sumo 507.
Supe (Fluß) 364. 377.
— (Ort) 370. 382.
Superior 285.
Surinam (Fluß) 104.
— (Kolonie), j. Niederländiſch⸗
Guayana.
Suriname 105.
Suru 386.
Sutagao 422.
Suya 81. 167.
Tabak 72. 90.
Tabaloſos 379.
563
Tabaquite 446.
Tabasco 16. 44. 489.
Tabatinga 20. 27. 129. 153.
Tablazo de Payta 364.
Tablon 395.
Taboga 512.
Taburete 496.
Tacanä 44. 82. 491. 498. 501.
Tacarigua (See), ſ. Valencia, See
von.
— (Volksſtamm) 125.
Tächira 432. 440.
Tacna (Ort) 39. 332. 345.
— (Provinz) 303. 343. 345.
Tacna- La Paz⸗Bahn 352.
Tacora (Berg) 39. 330.
e (Paß) 329.
Tactic 519.
Tacuarembb 230.
Tacutu 104. 106. 135.
Tado 409.
Tahual 496.
Tahuamanü, ſ. Orton (Fluß).
Taino 458.
Tairona 422.
Tajipuru 132.
Tajumulco 491. 498. 501.
Takäna 147.
Tala 348.
Talamanca (Indianer) 507.
— (Provinz) 512.
Talara 364. 381.
Talca (Ort) 296. 298. 304.
— (Provinz) 306. 307.
Talcahuano (Halbinſel) 57.
— (Ort) 35. 297. 306.
Tal des 16. Oktober, ſ. Valle 16
de Octubre.
Talinay 309.
Taltal 37. 344.
Taluhet 83.
Tama 146.
Tamalameque 426.
Tamanako 114.
Tamaya 309. 310.
Tambo 27. 135. 357.
— de Mora 376.
Tampico 11.
Tandil 249. 254.
Tapajös 24. 27. 28. 55. 67. 130.
137. 155. 161. 162. 165. 168.
Tapanahoni 104. 105.
Taperas 143.
Tapieté 243.
Tapir 75.
Tapiranya, ſ. Anta.
Tapirape (Fluß) 163.
— (Indianer) 166.
Tapuya 149.
Tapuyo 149.
Taquary (Fluß) 161.
— (Kolonie) 208. 218.
Taquary⸗-mirim 161.
Tarapaca (Ort) 37. 331. 345.
— (Provinz) 303. 343. 344.
Tarapoto 379.
367
564
Tararia 492.
Tariana 147.
Tarica 380.
— Scharte von 362.
Tarija 323.
Tarire 492.
Tarma 357. 378.
Tasna (Berg) 324.
— (Ort) 353.
Tata Jachura 330.
Tätowieren 80.
Tatuhy 195.
Taubaté 195.
Taulipäng 82. 114.
Tauſa 427.
Tayabamba 379.
Taytao, Halbinſel 57. 288.
Tebicuary 222. 223.
Tecapa 496. 497.
Tecomatepe 496.
Teebaum 203.
Teffé 27. 134. 154.
Tegueigalpa 43. 500. 501. 516.
524.
— Bergland 495.
Tehuantepec 17.
— Landenge 47. 489.
Tehueltſchen 32. 83. 267. 268.
Tejera, M. 42.
Tejuco 22.
Tekuna 82.
Telegraphenlinien von Argentina
98
— von Bolivia 98.
— von Braſilien 98.
— von Chile 98.
— von Colombia 98.
— von Ecuador 98.
— von Paraguay 98.
— von Peru 98.
— von Südamerika 98.
— von Uruguay 98.
— von Venezuela 98.
— von Zentralamerika 24.
Telegraphie, drahtloſe 98. 152.
Telha Lavres 177.
Telica 494.
Temperatur 59.
Te muco 306. 309.
Tenerife 426.
Ten Kate 26.
Tenorio 493.
Tequendama-Fall 413.
Tereno 82.
Terjali-Manu 29. 135.
Terraba (Indianer) 507.
— (Ort) 43.
Terrafirme 131.
Terral 333.
Terre de Haut 469.
Territorio Amazonas (Guayana)
120.
— de las Miſiones, ſ. Miſiones.
— de los Andes 274. 347.
— Magallanes 292.
Teſtigos 44. 447.
Regiſter.
Tetas 481.
Teuco 30. 31. 238. 239.
Theophilo Ottone 191.
Theotoniofall 27. 136.
Thereſa Chriſtina 170.
Thereſe von Bayern 142.
Thereſienſtadt 207.
Thereſopolis 207.
Therezina 177. 210.
Therezopolis 192.
Thiel, Bernhard Auguſt 43. 507.
Thielmann, Max v. 39. 40. 41.
Thomar 154.
Thouar, A. 31.
Tiahuanaco 341. 370.
Tibagy 199.
Ticapampa 379.
Tiefländer 54. 101. 392.
Tierra caliente 62. 414. 502.
— Curiana 439.
— del Fuego 262.
— firme 439.
— fria 62. 415. 502.
— templada 62. 415. 502.
Tierwelt von Amazonien 143.
— der Antillen 457.
— des Chaco 242.
— von Chile 300.
— Colombias 420.
— von Ecuador 398.
— von Feuerland 267.
— Guayanas 112.
— Oſtbraſiliens 187.
— der Pampa 252.
— Patagoniens 266.
— der peruaniſchen
369.
— Südamerikas 74 — 77.
— Südbraſiliens 204.
— Uruguays 231.
— Venezuelas 438.
— Weſtindiens 457.
— Zentralamerikas 505.
Tiete 184. 199.
Tigre (Fluß) 28. 133.
— (Inſel) 496.
Tijuca, Bucht von 199.
Tikuna 82. 146.
Timanä 411.
Timotes 439.
Timpic 360.
Tinaco 127.
Tinajillas 393.
Tinaquillo, ſ. Paß von Tinaquillo.
Tingo Maria 135. 359.
Tinguiririca 293.
Tinki Cocha 360.
Tinogaſta 348.
Tintina 245.
Tippenhauer, Gentil 45. 476.
Tipuani 351.
Tiradentes 192.
Tiribie 507.
Tiriquin 121.
Tisnados 109. 122.
Titicaca (Inſel) 328. 341.
Kordillere
Titicaca (See) 39. 56. 74. 96. 281.
Tixan 405.
Toaca 507.
Toäds, Inſel 431.
Toba 31. 79. 82. 243.
Tobago 11. 45. 445. 446. 447. 451.
461.
Toca 412.
Tocaima 427.
Tocaiuna-Paraupeba 163.
Tocantins 22. 23. 24. 28. 67. 96.
132. 133. 137. 1622
Tocopilla 332. 335. 344. 345.
Tocoto 425.
Tocuyo (Fluß und Stadt) 18. 432.
433. 439. 441.
Todos los Santos 284.
Toeppen, Hugo 31.
Toldorumi 358.
Tolima (Berg) 410.
— (Departamento) 424.
Tolten 297.
Tomé 306. 310.
Tonantins 154.
Tongoi 309.
Tonkabohne 112. 143.
Topocuare 125.
Toqui 302.
Tordeſillas, Vertrag von 10.
Torres 208.
Tortola 473. 474.
Tortuga 7. 44. 447. 476.
Tosca 239. 247.
Toscanelli 5. 6. 9.
Toscatal 295.
Totonicapan 518. 519.
Totora 323.
Totoralillo 310.
Touſſaint l' Ouverture 477.
Tovar 436.
Traful 294.
Traiguen 306.
Transandine Bahn 96. 279. 314.
Traveſia Grande del Tunuyan 249.
251. 321.
Treinta y Tres 233.
Trelew 271. 272.
Trelope 293.
Tres Forquilhas 208.
— Hermanos 287.
— Puntas 310.
Treutler 302.
Triana, Rodrigo de 7.
Trinacria 228.
Trindade (braſiliſche Inſel) 52.
Trinidad (engliſche Inſel) 8. 44.
57. 431. 434. 436. 437. 445.
457.
— (Ort auf Kuba) 485.
— (Ort in Uruguay) 233.
Trio 114.
Triumpho (Nordoſtbraſilien) 172.
— (Südbraſilien) 208.
Trockenwälder 66.
Trombetas 26. 28. 104. 135.
Tromen 295.
Tronador 283. 293.
Truando 409.
Trujillo (Landſchaft und Ort in
Venezuela) 440.
— (Ort in Honduras) 523.
— (Ort in Peru) 377.
Trumai 82. 167.
Truomen 294.
Tſchudi, J. J. v. 23. 35. 38. 333.
Tua 330.
Tual 501.
Tubaräo 199.
Tucacas 444.
Tucapel 303.
Tucker, Admiral 27.
Tucuman (Ort) 37. 240. 275. 320.
347. 348. 349. 350.
— (Provinz) 245. 273. 274.
Tucuru 519.
Tucutche 445.
Tucuyus 132.
Tuichi 325.
Tuira 489.
Tukane 77.
Tukano 82. 146.
Tula 507.
Tulcan 41. 392. 394. 405.
Tuma 43.
Tumaco 425. 430.
Tumanaha 244.
Tumbador 517.
Tumbez (Fluß), ſ. Rio Tumbez.
— (Ort) 17. 377.
Tumuc⸗Humac-Berge 26. 104.
105.
Tumusla 323.
Tunari 324.
Tunguragua 387. 388. 395.
Tunja 412. 422. 424. 425. 427.
Tunnel 97.
Tunuyan 248.
Tupak Amaru 346. 351.
— Pupanki 341. 400.
Tupi 81. 113. 148. 166. 243.
Tupinambaras, Inſel dos 137.
Tupinambas 81.
Tupiza 350. 353.
Tupungato 293.
Tüquerres 425.
— Azufral von 408.
Turksinſeln 452. 459. 460. 463.
487. 488.
Turmero 441.
Turo 389.
Turrialba 491. 493.
Turyaſſu 177.
Tuſſockgras 51.
Tutupaca 330.
Tuy 435. 442.
Typhus 65.
Uainuma 147.
Uanäna 146.
Uaſſa 104.
Uatumä 28. 104. 135.
Regiſter.
Uaupeés (Fluß) 18. 27. 28. 134.
— (Kommiſſariat) 151. 424.
Uba 193.
Ubaté 412. 425. 427.
Ubatuba 185. 196.
Uberaba 184. 185. 194.
Ubinas 330.
Ucayali 27. 28. 55. 95. 130. 135.
Ucayali-Tal 38.
Uchiza 360.
Uhle, Max 370.
Uitoto 82. 146.
Ule, E. 24.
Ulloa, Antonio de 21.
Ultima Eſperanza 282.
Ulua (Fluß), ſ. Rio Ulua.
— (Volksſtamm) 507.
Umäua 82. 148.
Una 182.
Unare 122. 435.
Unaria 4%.
Uncia 353.
Uniana 108.
Uniäo 177.
United Fruit Company 521.
— — Line 93. 523.
Upa Mayo 358.
Upata 121.
Uraba 424; ſ. auch Golf von
Uraba.
Uraca 445.
Uraricuera 25. 102. 105. 106. 135.
Uriapari 125.
Uribante 109.
Uricuna 109.
Urre, Felipe de, ſ. Hutten, Philipp
von.
Urre Lafquen 246. 260.
Urſua, Pedro de 19.
Urubamba 135. 356.
Urubicha 170.
Urubu (Fluß) 28. 135.
— (Ort) 183.
Urucupa 183.
Uruguay (Fluß) 55. 96. 200. 218.
219
— (Republik) 22. 29. 31. 73. 86.
88. 92. 217. 222. 230.
Uruguayana 208.
Urwald 111. 164.
Uſhuaia 33. 263. 264. 271. 273.
289.
Uspallatapaß 35. 37. 94. 294. 298.
Uſulutan 496. 516. 517.
Uſumacinta 491. 500.
Uta 65.
Utcubamba 360.
Utila (Inſel) 495. 523.
Uxituba 155.
Uyun 492.
Uyuni 347. 353.
Uyuni-Huandaca-Bahn 97.
Vacacahy 199.
Valdivia (Ort in Chile) 289. 303.
304. 305.
565
Valdivia (Provinz) 69. 304.
Valdivia, Pedro de 17. 302. 303.
307.
Valenca 192.
Valencia 435. 439. 440. 441. 444.
— See von 96. 435.
Valencia-Caracas-Eiſenbahn 97.
Valentin, H. 30.
Valera 439. 440.
a Cauca (Departamento)
o..
— de los Angeles 520.
— de Upar 415. 427.
— Frio 285.
— Nuevo 35. 285.
— 16 de Octubre 263. 264. 272.
285. 286.
Vallenar 343.
Valles 337. 498.
Valparaiſo (Ort) 60. 297. 298. 303.
304. 308.
— (Provinz) 307.
Valverde 34.
Vanille 143.
Varzea 131.
Vaſante 130. 137.
Vaspuc 514.
Vaſſouras 192.
Vaughan, T. Wayland 45.
Vava, ſ. Rio Vava.
Vegetation Amazoniens 140.
— Argentinas 241. 250. 338.
— Bolivias 337.
— Braſiliens 164. 174. 185. 202.
— des Chaco 240.
— Chiles 290. 299. 335.
— Colombias 416.
— Ecuadors 396.
— Feuerlands 265.
— der Galäpagos 48.
— von Guayana 111.
— der Llanos 123.
— der Pampa 250.
— von Paraguay 224.
— von Patagonien 264.
— Perus 367.
— Südamerikas 65. 73.
— Sübbraſiliens 202.
— Venezuelas 437.
— Weſtindiens 454.
— Zentralamerikas 502.
— von Zentralbraſilien 164.
Veinteicimo de Noviembre 228.
Velasquez, Diego 11.
Veldes 272.
Velez 425. 428.
Venezolaniſches Küſtengebirge
431.
Venezolaniſch-Guayana 101. 116.
120.
Venezuela 18. 19. 21. 22. 39. 42.
59. 62. 63. 66. 71. 72. 86. 88.
92. 100. 121—127. 431—40.
— (Bundesdiſtrikt) 441.
Ventuari 25. 107. 108.
566
Veracruz 21.
Veragua 8.
Veranito de San Juan 437.
Verapaz 517.
Verde, ſ. Rio Verde.
Vergara, Francisco Ortiz de 19.
Verkehr Argentinas 278.
— Bolivias 352.
— Braſiliens 215.
— Chiles 313.
— Colombias 430.
— Ecuadors 402.
— Paraguays 227.
— Patagoniens 271.
— Perus 383.
— Südamerikas 93.
— Uruguays 234.
— Venezuelas 444.
— Zentralamerikas 523.
Verruga 65.
Vertiz, Juan Joſé de 32.
Vespucci, Amerigo 9. 10. 12. 13.
Vettor Piſani, Korvette 41.
Viacha 353.
Vianna 177.
Viceita 507.
Vichada (Fluß) 25. 107. 108. 122.
— (Indianer) 125.
Victoria (Araukanien) 306.
— (Argentiniſcher Chaco) 245.
— (Eſpirito Santo) 191. 214.
— (Nordoſtbraſilien) 173.
Victoria Pic 499.
Victorica, Fort 245.
— General 30. 31. 253.
Vicuña 74.
Vidal 288.
Viedma (Ort) 272.
— (See) 33. 262.
Viedma, Francisco 21. 32.
Viehzucht Argentiniens 275.
— Bolivias 354.
— Braſiliens 212.
— Chiles 311.
— Colombias 429.
— Ecuadors 402.
— Paraguays 225.
— Patagoniens 269.
— Perus 381.
— Südamerikas 91.
— Uruguays 223.
— Venezuelas 442.
— Zentralamerikas 522.
Viellerobe 29.
Vieques 473. 474.
Vigia 156.
Vilafro, See 357.
Villa Bella (Amazonien) 152. 155.
— (Zentralbraſilien) 167. 169.
— Benevente, ſ. Anchieta.
— boa de Goyaz 170.
— da Barra 191.
— de Cura 441; ſ. auch Paß von
Villa de Cura.
— de la Imperatriz 155.
— del Pilar 229.
Re giſter.
Villa Formoſa 240.
— Hayes 228. 229. 245.
— Iguapeé 196.
Villalta, J. S. 29.
Villa Maria 247. 255.
— Mercedes 247.
— Nova da Rainha 155.
— Nueva 247. 255.
— Rica (Chile) 303.
— — (Paraguay) 228. 229.
— — (Vulkan) 293.
— de Ouro Preto, ſ. Ouro Preto.
— Velha, ſ. Eſpirito Santo (Ort).
Villavicencio 126.
Villegas, General 34.
Vina del Mar 304. 308.
Vines 37.
Viraroſo 31.
Virazon 333.
Virgin Gorda 473.
Virgin Islands, ſ. Jungferninſeln.
Viru 364.
Vitor 357.
Vodudähue 286.
Vogel, Paul 24.
Volcan de las Yeguas 293.
— de la Ventana 258.
— del Azufre 293.
— Nuevo 494.
— Viejo 494.
Volksdichte von Argentinien 273.
— von Braſilien 209.
— der ſüdamerikaniſchen Staaten
88
Vorgeſchichte der Entdeckung Ame⸗
rikas 4.
Vorkordilleren 318.
Vuelta Abajo 482. 483.
— Arriba 482.
Vulkane 54. 281. 286. 293. 318.
329. 385. 408. 410. 453. 465.
466. 467. 469. 490— 498.
Vuta Palena 34. 286.
Waffen 80.
Wagner, Moritz 39. 40. 42.
Waika 114.
Wald 66.
Waldſeemüller
Martin 14.
Walker, H. de R. 461.
(Waltzemüller),
Wall, G. P. 45.
Wallace, A. R. 27. 73. 76. 77. 140.
Wallis, G. 38.
Walther, Karl 23. 31. 230.
Wapiſchiana 114.
Wärmeſchwankung 59.
Warnow 207.
Warrau, ſ. Guarauno.
Waſſerſcheide 103. 259. 286.
Waſſerwege 55.
Watlingsinſel (Watlings Island)
7. 488.
Waupes, ſ. Uaupeés.
Waura 166.
Wayana, |. Rucuyenne.
Weberbauer, A. 39. 337. 367. 368.
Wehrli 36.
Weinſtock 300.
Weiße 84. 125. 150. 176. 188. 204.
269. 303. 342. 401. 423. 439.
459. 467. 482. 486. 510. 515.
517.
Weißwaſſerflüſſe 131. 142.
Weizen 91.
Wellingtoninſeln 34. 57. 288.
Wells, J. W. 23.
Welſer (Familie) 18.
— Bartel 18.
Wertheman, A. 27. 39.
Weſtindien 100. 451.
Weſtkordillere 280. 316. 317. 329.
— R. B. 41.
Whitely 26.
Whymper, Edward 40.
Wickham Heights 51.
Wied⸗Neuwied, Prinz Maximilian
zu 22.
Wiener, Charles 28. 39.
Wieße, C. 375.
Wilckens, O. 33.
Wilcox, M. 33.
Wilde, Fort 245.
Wilhelmina-Gebirge 104.
Wilhelm IV.⸗Katarakt 105.
Willemſtad auf Curacao 436. 448.
Williams, F. 23.
Williamſon, E. 23.
Winde 60.
Wirbelſtürme 454.
Wirtſchaftliche Verhältniſſe Argen⸗
tiniens 275.
— — Bolivias 352.
— — Braſiliens 210—216.
— — von Chile 309.
— — Colombias 428.
— — Ecuadors 401.
— — der Pampa 255.
— — Paraguays 225.
— — Patagoniens 269.
— — Perus 380.
— — Südamerikas 89 — 98.
— — von Uruguay 233.
— — Venezuelas 442.
— — Weſtindiens 460 — 462.
— — Bentralamerifas520—524.
Wolf, Theodor 40. 41.48.69.140.
385. 395. 397. 401. 418.
Wolff, F. v. 36. 37.
Wollaſton⸗Inſeln 56. 287.
Worsley⸗Sund 288.
Woyawai 148.
Wright, M. R. 23.
Wulwa 507.
Wurfbretter 80.
Wüſte 337.
Xarqueadas 206.
Kingu (Fluß) 23. 24. 28. 55. 67.
130. 137. 161. 162. 168.
Xingu (Kolonie) 208.
Kiririca 196.
Nacaré 239.
Haciretä 219. 230.
Yagua 146.
Vaguachi 404.
Yaguara 170.
Yahgans 268. 292.
Yahua 146.
Yahuar Coca 391.
Yahuna 146.
Yamamadi 147.
Yamari 106.
Yamunda 28. 104.
Yanacadi 351. 354.
Yanamayo 361.
Yanatilde 356.
Yanganuco 362.
Yanteles 283.
Yapacana 106.
Yapacani 324.
Yapura, ſ. Japurä.
Yaqui 477.
— chico 477.
Varacui (Fluß) 57.
— (Landſchaft) 440. 441. 442.
Naracui-Öebirge 431. 434.
Naracui-Senfe 433. 434. 438.
Yare, ſ. Segovia.
Vari 26. 28. 104.
Yarigui 422
Yaritagua, Senke von 431. 434.
Yaruma 166.
Yarumal 425.
Yaruro 82. 125.
Regiſter.
Vary, ſ. Pari.
Hate 283.
Hauapery 105.
Yauri 357.
Navi 323.
Yavita 121.
e Tragplatz 107.
Yaws 65
Mbazeta 31. 240.
Nbicut 131.
Yelcho (Fluß) 35. 283. 285.
— (See) 286.
Verba 226. 276; ſ. auch Mate.
Yojoaſee 491. 499.
Yoro 515. 516.
Yotau 170.
Puberi 147.
Yuca 70. 115.
Yufatan 8. 11. 43. 44. 489.
Yuma 148.
Yumetto 188.
Yuna 476. 477.
Yunca 371.
Yungas 325. 335. 337. 342. 351.
354. 382.
Yungay 362. 379.
Yunguilla, Tal des 394.
Yunque, El 474.
Yunques 481.
Yupua 146.
Yurac Cruz 391.
Yurafare 147.
Yurimaguas 95. 135.
Yuripiche 414.
Yuruari (Fluß) 26. 105.
Puruari (Territorium) 121.
567
Yuruna 81. 166.
Yuscaran 516.
Mabal, See von, ſ. Golfo Dulce.
Zacapulas 519.
Zacatecoluca 517.
Zambos 84. 375. 517.
e (0555 ſ. Rio Zamora.
le 1525
Zapara, Inſel 431.
Zaparo 82. 147.
Zapatera 494.
Zaque 422.
Zaragoza 426.
Zaraguro 404.
Zaruma, Becken von 386.
Zentralamerika 42. 47. 100.
489.
Zentralbraſilien 158—170.
Zimmermann 26.
Zinn 353.
Zipa 422.
Zipaquird 425. 427. 429.
— Hochebene von 412.
Zitteraal 77.
Zollipulli 293.
Zonda 350.
Zorritos 364. 381.
Zucker 90. 277.
Zuckerrohr 73.
Zulia (Fluß) 431.
— (Landſchaft) 437. 441.
Zunil 491. 498.
Zurbriggen 37.
Zyklone 454. 482.
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